Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff. SGB III: Rechtliche Probleme und mögliche Lösungen für die betriebliche Praxis [1 ed.] 9783428526994, 9783428126996

Im Zuge der sog. Hartz-Gesetzgebung wurde im Arbeitsförderungsrecht des SGB III für die in den §§ 77 ff. SGB III geregel

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Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff. SGB III: Rechtliche Probleme und mögliche Lösungen für die betriebliche Praxis [1 ed.]
 9783428526994, 9783428126996

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 271

Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff. SGB III Von

Christoph Roos

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTOPH ROOS

Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff. SGB III

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 271

Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§ 77 ff. SGB III Rechtliche Probleme und mögliche Lösungen für die betriebliche Praxis

Von

Christoph Roos

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel hat diese Arbeit im Sommersemester 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-12699-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die Arbeit wurde im Sommersemester 2007 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Ende Juni 2007 berücksichtigt. Mein besonderer, herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Andreas Hänlein. Er hat die Arbeit angeregt und ihre Anfertigung mit hilfreichen Anregungen sowie wertvoller Kritik optimal unterstützt. Die Betreuung des Promotionsvorhabens durch ihn – von den ersten Gesprächen über die Themenstellung bis hin zur zügigen Anfertigung des Erstgutachtens – war hervorragend und beispielhaft. Besonders zu Dank verpflichtet bin ich auch Herrn Prof. Dr. Bernhard Nagel, der die umfangreiche und mühevolle Arbeit der Zweitgutachtenerstellung übernommen hat. Frankfurt am Main, im Juni 2008

Christoph Roos

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

Teil 1 Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihre Träger und seine rechtlichen Probleme – Darstellung der rechtlichen Grundlagen sowie Erläuterungen zu Aufbau und Methodik der Untersuchung

36

I.

Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

II.

Regelungsziele und Motive des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

III.

Überblick über die rechtlichen Probleme der neuen gesetzlichen Regelung und über erste Stellungnahmen hierzu in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

Zur Methode und zum Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

IV.

Teil 2

I.

Verfahren der Anerkennung und Zulassung aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

49

Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen zur Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und zur Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO i. V. m. dem Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG)

50

II.

Die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz

63

III.

Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht. . . .

65

IV.

Die Zulassung und die Tätigkeit von Stellen zur Durchführung von Prüfverfahren nach § 11 i. V. m. §§ 2 Abs. 15 Nr. 1, 3 Abs. 3 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

V.

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und der gemeinsamen Strukturen betreffend die untersuchten Vergleichsverfahren aus den Gebieten des Umwelt- und Technikrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

10

Inhaltsübersicht Teil 3 Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen nach der AZWV

154

I.

Grundlagen der Förderung von Arbeitnehmern durch Übernahme von Weiterbildungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

II.

Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

III.

Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Teil 4 Das Zertifizierungsverfahren für Träger und Maßnahmen nach §§ 84 ff. SGB III, §§ 7 ff. AZWV

258

I.

Der Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

II.

Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens nach den §§ 7 ff. AZWV . . 262

III.

Sonderfall: Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU als Beliehene? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

IV.

Vergleich mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen gemäß § 113 SGB XI durch anerkannte unabhängige Sachverständige und Prüfstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

V.

Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“ im Rahmen eines privatrechtlichen „Sachverständigen-Vollzugsmodells“? . . . . . . . . . . . . 317

VI.

Vergleich des Beleihungsmodells mit den für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen genannten Argumenten und Endergebnis zur rechtlichen Stellung der Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

VII. Rechtsfolgen der Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 VIII. Rechtsschutz im Verhältnis zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 IX.

Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Teil 5 Die vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und den Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen, die eine Zulassung nach der AZWV beantragen 405

I.

Rechtsnatur des Zertifizierungsvertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406

II.

Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem Zertifizierungsverfahren nach §§ 84 f. SGB III/AZWV im Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der Privatautonomie bzw. der Vertragsfreiheit und der Gewährleistungsverantwortung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

Inhaltsübersicht

11

III.

Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 2 AZWV anerkannter Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460

IV.

Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern in Zusammenhang mit dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV – eine zweckmäßige Lösung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 Teil 6 Zusammenfassung

594

I.

Untersuchungsgegenstand, -interesse und -methode der Arbeit . . . . . . . . . . . 594

II.

Untersuchungsergebnisse und gemeinsame Strukturen betreffend die untersuchten Vergleichsverfahren aus den Gebieten des Umwelt- und Technikrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596

III.

Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV für fachkundige Zertifizierungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597

IV.

Das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach den §§ 7 ff. AZWV

V.

Untersuchung von drei in der Zertifizierungspraxis nach der AZWV verwendeten Formularverträgen sowie Allgemeiner Geschäftsbedingungen . . 604

602

Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

Teil 1 Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihre Träger und seine rechtlichen Probleme – Darstellung der rechtlichen Grundlagen sowie Erläuterungen zu Aufbau und Methodik der Untersuchung

36

I.

Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

II.

Regelungsziele und Motive des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

III.

Überblick über die rechtlichen Probleme der neuen gesetzlichen Regelung und über erste Stellungnahmen hierzu in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

Zur Methode und zum Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

IV.

Teil 2 Verfahren der Anerkennung und Zulassung aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab I.

Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen zur Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und zur Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO i. V. m. dem Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) 1. Die Hauptuntersuchung der Kraftfahrzeuge und Anhänger nach § 29 StVZO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Anerkennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anerkennung von Sachverständigen, die Untersuchungen nach §§ 29, 47 a StVZO vornehmen dürfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkennung von Überwachungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anerkennung von Kraftfahrzeugwerkstätten zur Durchführung von Abgasuntersuchungen nach § 47 a Abs. 2 StVZO. . . . . . . . . . . . . . . . . d) Öffentlich-rechtliches Anerkennungsverfahren/Anerkennung durch Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Tätigkeit als Kraftfahrzeugsachverständiger im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO sowie der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO – Tätigkeit als Beliehener. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

50 50 51 52 52 53 55 56

57 62

14

Inhaltsverzeichnis

II.

Die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz

63

III.

Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht . . . . 1. Gegenstand und Funktionsweise des Umwelt-Audit-Systems . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Abschnitte des Umwelt-Audit-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zulassung von Umweltgutachtern und Aufsicht im Umwelt-AuditSystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorgaben der EMAS-VO für das Zulassungs- und Aufsichtssystem b) Zulassung von und Aufsicht über Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . aa) Der Umweltgutachterausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Zulassung von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Aufsicht über Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die rechtliche Stellung des Umweltgutachters im Umwelt-AuditSystem, insbesondere seine Stellung gegenüber der zu prüfenden Organisation bzw. dem zu prüfenden Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die „schriftliche Vereinbarung“ zwischen dem Umweltgutachter und dem zu prüfenden Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Rechtscharakter des Vertrages zwischen Umweltgutachter und Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Gutachtervertrag als Gefahr für die Unabhängigkeit und Objektivität des Umweltgutachters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Kritik am Erfordernis eines Vertrages zwischen Umweltgutachter und Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Lösungsvorschläge zur Vermeidung von Interessenkonflikten und Gefahren für Unabhängigkeit sowie Objektivität des Umweltgutachters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Insbesondere: Die Kündbarkeit des Umweltgutachtervertrages und die Notwendigkeit von Beschränkungen des Kündigungsrechtes der Unternehmen . . . . . . . . (b) Doppelprüfungen – eine sinnvolle Sicherung? . . . . . . . (3) Weisungsrecht des „Auftraggebers“ gegenüber dem Umweltgutachter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Umweltgutachter als Beliehener? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Auffassungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 67 69

118 119 120 127 130

Die Zulassung und die Tätigkeit von Stellen zur Durchführung von Prüfverfahren nach § 11 i. V. m. §§ 2 Abs. 15 Nr. 1, 3 Abs. 3 Geräteund Produktsicherheitsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Formen und die Aufgaben der zugelassenen Stellen . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anerkennung (Zulassung) der zugelassenen Stellen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Öffentlich-rechtliches Anerkennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

132 132 135 141

IV.

79 80 82 85 87 95

100 101 101 104 104

110

115 117

V.

Inhaltsverzeichnis

15

4. Die Tätigkeit als zugelassene Stelle nach §§ 2 Abs. 15, 3 Abs. 3, 11 GPSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Privatrechtliche Tätigkeit oder Handeln als Beliehene? . . . . . . . . . . . . b) Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141 142 148 151

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und der gemeinsamen Strukturen betreffend die untersuchten Vergleichsverfahren aus den Gebieten des Umwelt- und Technikrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Teil 3 Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen nach der AZWV

154

I.

Grundlagen der Förderung von Arbeitnehmern durch Übernahme von Weiterbildungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

II.

Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 87 SGB III bzw. der §§ 2–6 AZWV über das Anerkennungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG? . . . . . . . . a) Argumente für die Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und seine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinreichende Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt in Verbindung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anerkannte Zertifizierungsstelle bzw. fachkundige Stelle nach § 2 AZWV als „Beruf“ i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG. . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eingriff in die Freiheit der Berufswahl und/oder in die Freiheit der Berufsausübung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eingeschränkter Schutz aufgrund der Stellung als Beliehener . . . . . . d) Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Rechtsgrundlage für subjektive Zulassungsvoraussetzungen und Berufsausübungsregelungen nach der sog. Wesentlichkeitstheorie in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anerkennungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Anerkennungsstelle bei der BA – Gibt es (bessere) Alternativen? b) Das „Anerkennungsmonopol“ der BA – Sinnvoll oder empfiehlt sich de lege ferenda eine Lösung mit mehreren Anerkennungsstellen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Ablauf des Anerkennungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155

156 156 157 162 165 166 167 168 172

173 176 177 178

181 184

16

Inhaltsverzeichnis 5. Der Anerkennungsbeirat gemäß § 6 AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Regelung des § 6 AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfassungsrechtliche Probleme der Beteiligung pluralistisch besetzter Gremien an Entscheidungen der Verwaltung am Beispiel des Umweltgutachterausschusses und des Gemeinsamen Bundesausschusses nach §§ 91 ff. SGB V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zusammensetzung des Umweltgutachterausschusses und Rechtsbeziehung zum BMU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfassungsrechtliche Probleme und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammensetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses, Aufgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses und Rechtsbeziehung zum Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verfassungsrechtliche Probleme in Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß §§ 91 ff. SGB V . . . . . c) Verfassungsmäßigkeit des Anerkennungsbeirates? . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Anforderungen des Demokratieprinzips nach Art. 20 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausübung von Staatsgewalt i. S. d. Art. 20 Abs. 2 GG durch den Anerkennungsbeirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbindlichkeit der „Empfehlungen“ nach § 6 AZWV . . . . (2) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation des Anerkennungsbeirates bzw. seiner Mitglieder . . . . . . . . . . . . (1) Die „staatlichen“ Mitglieder des Anerkennungsbeirates . . . (2) Die „nicht-staatlichen“ Mitglieder des Anerkennungsbeirates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation des Anerkennungsbeirates und seiner Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Weisungsfreiheit der Mitglieder des Anerkennungsbeirates? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fachliche Weisungsfreiheit und Entscheidungsbefugnisse der Mitglieder des Anerkennungsbeirates – verfassungsrechtliche Grenzen betreffend die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Fehlen einer den Anforderungen des Demokratieprinzips entsprechenden gesetzlichen Grundlage für den Anerkennungsbeirat und Überschreitung des Bereichs zulässiger Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes für Gremien mit Entscheidungsbefugnissen in den Bereichen der „ministerialfreien Räume“ und der funktionalen Selbstverwaltung

185 185

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191 194 195 195 197 200 203 204 205 206 210 210 212 216

216

219

220

Inhaltsverzeichnis

6.

7. 8.

9.

III.

(2) Fehlen einer (hinreichenden) parlamentsgesetzlichen Grundlage für den Anerkennungsbeirat und Fehlen von Möglichkeiten der Kompensation dieses Defizits an demokratischer Legitimation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Vereinbarkeit des § 6 AZWV mit den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG?. . . . . . . . . . . . . . . Die allgemeinen Anforderungen für die Anerkennung gemäß § 2 AZWV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organisatorische und finanzielle Anforderungen nach § 2 Nr. 1 AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fachliche Qualifikation und Kompetenz (§ 2 Nr. 2 AZWV) . . . . . . . c) Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen und Zuverlässigkeit ihres Personals sowie beauftragter Dritter (§ 2 Nr. 3 AZWV) . . . . . . . . . . . d) Weitere Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rechtsnatur des Anerkennungsverfahrens nach §§ 2 ff. AZWV . . . Rechtsschutz im Anerkennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Statthafte Klageart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Begründetheit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage . . . . . . . . . Sonderfall: Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU (§ 14 AZWV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verpflichtung der Anerkennungsstelle zur Prüfung der Vergleichbarkeit des ausländischen Zulassungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die „Gleichstellung“ von Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Probleme für die Zertifizierungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

223 232 233 233 233 236 236 238 240 241 241 242 242 243 244 244 244 245 248 248 249 252

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

Teil 4 Das Zertifizierungsverfahren für Träger und Maßnahmen nach §§ 84 ff. SGB III, §§ 7 ff. AZWV

258

I.

Der Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

II.

Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens nach den §§ 7 ff. AZWV . . 262 1. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Die Auffassungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

18

Inhaltsverzeichnis

3.

4. 5. 6. 7. 8. 9.

a) Argumente in der Literatur für eine Beleihung der Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumente in der Literatur für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff und Voraussetzungen der Beleihung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Natürliche oder juristische Personen des Privatrechts als Beliehene b) Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung . . . . . . . . . aa) Aufgaben- und Rechtsstellungstheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zertifizierung nach §§ 77 ff. SGB III/AZWV als öffentliche bzw. staatliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Übertragung von speziellen hoheitlichen Befugnissen – Zulassungsbzw. Zertifizierungsentscheidung durch Verwaltungsakt oder Zulassung als gesetzliche Folge einer Zertifizierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entscheidung der Zertifizierungsstelle über die Zulassung . . . . bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zulassung als Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Insbesondere: Die Bedeutung des Antragserfordernisses gemäß §§ 7, 9 AZWV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wortlaut. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung des Verordnungsgebers/Auslegung nach Sinn und Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Normenhistorische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zulassung und Zertifizierung als Verwaltungsakt „im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“ zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nichtiger öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag?. . . . . . . . (2) Gebührenerhebung durch Zertifizierungsstellen oder Kostenerstattungsanspruch aus öffentlich-rechtlichem Auftragsverhältnis?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vereinbarkeit der Tätigkeit als Beliehener mit dem gleichzeitigen Abschluss privatrechtlicher Verträge . . . . . . . Kritikpunkt: Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil . . . . . . . . . . Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „Entziehung“ der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Grundlage der Beleihung und Beleihungsakt. . . . . . . . . . . . . . Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit der Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nur Rechts- oder auch Fachaufsicht über Beliehene? . . . . . . . . . . . . . .

265 267 267 268 269 269 271

272 272 276

276 280 281 283 285 286

286 288

289 291 294 296 297 299 299 299 301 301 302

Inhaltsverzeichnis

19

b) Keine ausdrücklichen Regelungen über Rechts- und Fachaufsicht 304 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 10. Pflicht zur Zulassungs- bzw. Zertifizierungstätigkeit als Vorteil der Beleihung gegenüber einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 III.

Sonderfall: Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU als Beliehene? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

IV.

Vergleich mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen gemäß § 113 SGB XI durch anerkannte unabhängige Sachverständige und Prüfstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Erteilung der Leistungs- und Qualitätsnachweise nach §§ 113, 118 SGB XI bzw. nach dem Entwurf einer Verordnung zur Beratung und Prüfung von Pflegeeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zertifizierungstätigkeit bei Erteilung des Leistungs- und Qualitätsnachweises – öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich? . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgerungen für die rechtliche Einordnung des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V.

Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“ im Rahmen eines privatrechtlichen „Sachverständigen-Vollzugsmodells“? . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells . . . . . . . . . . 2. Von der Erfüllungsverantwortung zur Gewährleistungsverantwortung – der verwaltungswissenschaftliche und verwaltungsrechtliche Kontext eines privaten Sachverständigen-Vollzuges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Privatisierung und Übergang von der Erfüllungs- zur Gewährleistungsverantwortung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewährleistungsverwaltung und die Forderung nach einem „Privatverfahrensrecht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualitätssicherungsverfahren, Audit-Verfahren, Akkreditierungsverfahren (Anerkennungsverfahren) und Zertifizierungsverfahren: Verfahrensprivatisierung unter staatlicher Gewährleistungsverantwortung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtliche Probleme der Qualitätssicherungsverfahren sowie der Systeme von Akkreditierung und Zertifizierung infolge materieller Privatisierung und Lösungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zwingendes Recht als Mittel der Re-Regulierung . . . . . . . . . . . . bb) Re-Regulierung statt Deregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verwaltungsverfahrensrecht als „Auffangregelung“ . . . . . . . . . . dd) Beleihung als „sichere“ Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Einzelheiten des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells bzw. des Verifikateur-Modells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das „Funktions- und Steuerungskonzept“ des Verifikateurs und der privatrechtliche Vertrag zwischen Zertifizierungsstelle bzw. Sachverständigen und Normadressat als Steuerungsinstrument. . . . . . . . . .

310

311 313 315 315 317 319

322 324 326

329

334 335 336 337 338 339

339

20

Inhaltsverzeichnis b) Aufsicht über die bzw. Kontrolle der Verifikateure im System des privaten Sachverständigen-Vollzuges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Tätigkeit des beliehenen Sachverständigen als Gegenstück zum Verfikateur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die rechtliche Stellung des Beliehenen aus Sicht des Verifikateurmodells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erfüllung von Staatsaufgaben oder öffentlichen Aufgaben als Unterscheidungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Art und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Sachverständigen, insbesondere eventuelle Regelungs- und Bindungswirkung der Entscheidung, als Abgrenzungskriterium von beliehenen Sachverständigen und Verifikateuren? . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Adressat der Bescheinigung bzw. des Zertifikates als Abgrenzungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Veranlassung der Tätigkeit des Sachverständigen durch den Normadressaten als Unterscheidungs- und Abgrenzungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Der privatrechtliche Vertrag zwischen Sachverständigen und Normadressaten als Unterscheidungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . gg) Aufsicht als Abgrenzungskriterium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritik am Modell des Verifikateurs, Zusammenfassung und Ergebnis. . . 5. Einordnung des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV und Ergebnis

VI. Vergleich des Beleihungsmodells mit den für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen genannten Argumenten und Endergebnis zur rechtlichen Stellung der Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . VII. Rechtsfolgen der Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB für Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates durch die Zertifizierungsstellen . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundrechtsbindung der Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grundrechtsschutz für die Zertifizierungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sicherung der staatlichen Erfüllungsverantwortung statt fraglicher Sicherstellung der sogenannten Gewährleistungsverantwortung – ein Plädoyer für das Beleihungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Staatliche Erfüllungs- und staatliche Gewährleistungsverantwortung im Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III und nach der AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Gewährleistungsverantwortung ohne ausreichende Staatsaufsicht – Beleihung der Zertifizierungsstellen als Sicherung der staatlichen Erfüllungsverantwortung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Vertragsschluss zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ als Gefahr für die Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsentscheidung – Probleme und mögliche Lösungen . . .

343 348 349 353

353 361

362 363 366 367 371

373 374 374 378 378 381

384

384

387

391

Inhaltsverzeichnis VIII. Rechtsschutz im Verhältnis zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Statthafte Klageart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Klagegegner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Begründetheit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage . . . . . . . . . . . . IX.

21

394 394 396 397 397 401 401 402

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Teil 5 Die vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und den Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen, die eine Zulassung nach der AZWV beantragen 405

I.

II.

Rechtsnatur des Zertifizierungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle als Gegenstand des abzuschließenden Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verträge über ähnliche Leistungen und ihre rechtliche Einordnung . . . . 3. Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertrag über entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB? . . . . . 5. Vergleich mit der rechtlichen Einordnung der Verträge über die Prüfung und Validierung der Umwelterklärung durch Umweltgutachter nach dem UAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis: Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem Zertifizierungsverfahren nach §§ 84 f. SGB III/AZWV im Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der Privatautonomie bzw. der Vertragsfreiheit und der Gewährleistungsverantwortung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 2. Abschlussfreiheit oder Kontrahierungszwang für Zertifizierungsstellen? a) Ausdrücklicher bzw. unmittelbarer Abschlusszwang? . . . . . . . . . . . . . b) Kartellrechtlicher Kontrahierungszwang (§§ 19, 20 GWB)?. . . . . . . . aa) Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Diskriminierungsverbot/Verbot unbilliger Behinderung (§ 20 GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kontrahierungszwang gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kontrahierungszwang nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

406 406 407 409 410

415 417

417 419 421 423 426 428 434 444 444 448

22

Inhaltsverzeichnis aa)

Anwendbarkeit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf die Verträge zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung . . . . . . bb) Benachteiligungen nach §§ 1, 2 AGG und ihre Rechtsfolgen. . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkungen der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gründe für Beschränkungen der Vertragsfreiheit durch zwingende gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) §§ 84, 85 SGB III und die AZWV als zwingendes Recht oder als Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.

Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 2 AZWV anerkannter Zertifizierungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Auswahl der untersuchten Vertragsformulare und Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsformulare der Zertifizierungsstellen als Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Einbeziehung von AGB und Formularverträgen anerkannter Zertifizierungsstellen in die Verträge und die für eine AGB-rechtliche Prüfung anzuwendenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtliche Prüfung von drei in der Praxis verwendeten Vertragsformularen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formularvertrag A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der „Antrag“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Trägerzulassung bzw. Erteilung des Zertifikates nach § 10 AZWV als Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Weitere Regelungen über den Ablauf des Zertifizierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Befristung von Zulassung und Zertifikat/Durchführung von Vollprüfungen und „Überwachungsaudits“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Regelmäßige Vereinbarung der Höchstfrist des § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zulässigkeit der Vereinbarung von (zusätzlichen) Überwachungsaudits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Jährliche Überprüfung nach §§ 8 Abs. 4, 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV als „Überwachungsaudit“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die Regelung im Formularvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Gerichtsstandsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 38 Abs. 1 ZPO . . . . . (2) Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Einbeziehung der AGB im zu prüfenden Formularvertrag. . . . . gg) Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) Formularvertrag B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Einbeziehung der AGB und ihr Verhältnis zu den Regelungen des Formularvertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Einbeziehung der AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Verhältnis von Formularvertrag und AGB . . . . . . . . . . bb) Der Vertragsschluss und der Bestätigungsvorbehalt in den AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Selbstverpflichtung der Zertifizierungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Selbstverpflichtung zum Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Selbstverpflichtung zur Unabhängigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ausschluss der Beratungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fehlen des nach §§ 7, 9 AZWV vorgeschriebenen Antrages . . ee) Gegenstand des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Trennung von Zulassung und Zertifikat?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Befristung des Zertifikates sowie Umfang und Intensität der Prüfungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Rechte und Pflichten nach § 4 des Formularvertrages (Prüfbericht, Zertifikatserteilung, Verschwiegenheitspflicht, Qualifikation des Prüfpersonals) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Beauftragung Dritter mit Teilleistungen/Einsatz von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verschwiegenheitspflicht und ihre Absicherung im Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Verpflichtung zur Kooperation, Betretungsrechte und Recht zur Einsichtnahme in relevante Unterlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Informationsrechte und -pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Betretungsrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Vertragsdauer und Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Besondere Formerfordernisse an Kündigung . . . . . . . . . . . . (2) Wirksame Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von drei Jahren und Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Begutachtungsvertrag als Dauerschuldverhältnis? . . . . . . . . (4) Ausschluss des Kündigungsrechtes des Bestellers nach § 649 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . kk) Die Regelungen über „Nachbesserungen“ bei nicht (vollständig) erfolgreicher Prüfung und die Entziehung des Zertifikates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entziehung von Zulassung und Zertifikat bei Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen und fruchtlosem Ablauf einer „Nachbesserungsfrist“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Entziehung der Zulassung bei Verletzung „sonstiger“, außerhalb der AZWV begründeter Pflichten des Trägers?

23 481 481 481 482 483 484 484 485 485 486 487 488 488

490 490 491 493 493 495 496 496

496 499 501 502

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503 507

24

Inhaltsverzeichnis

ll)

mm) nn) oo)

pp)

qq)

rr)

(3) Kündigung des Vertrages als Grund für die (sofortige) Zulassungs- und Zertifikatsentziehung? . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Vergütungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Erhebung von „Gebühren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Monatliche Abrechnungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verzicht auf Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung?. . . . . . (4) Fälligkeit „sofort ohne Abzug“ nach Erhalt der Rechnung (5) Verzug ohne Mahnung nach Ablauf von 30 Tagen nach Rechnungszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form für Vertragsänderungen – Schriftformklausel . . . . . . . . . . . Regelung für den Fall, dass einzelne Vertragsbestimmungen nichtig sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schiedsgerichtsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anforderungen an die Wirksamkeit von Schiedsgerichtsklauseln nach §§ 1029 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit oder zumindest Wahlrecht zwischen Schiedsverfahren und staatlicher Gerichtsbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Schiedsfähige Ansprüche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Schiedsfähigkeit privat- und vermögensrechtlicher Ansprüche nach § 1030 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Formerfordernisse für Schiedsvereinbarungen bzw. Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wirksamkeit einer Schiedsklausel nach § 307 BGB . . . . . . Gewährleistung, Haftungsbegrenzungen und Haftungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Regelungen im Formularvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Regelungen zu Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung in den AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Beschränkung auf Nachbesserung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vollständiger Haftungsausschluss für Anerkennung des Zertifikates durch „Dritte“?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Vollständiger Haftungsausschluss für Verzugsschäden? (d) „Erlöschen“ von Schadensersatzansprüchen unabhängig von ihrer Begründung bereits sechs Monate nach Erbringung der Leistung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Unzulässige Haftungsbegrenzungen . . . . . . . . . . . . (bb) Unzulässige Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungen über die zulässige Verwendung des Zertifikates, insbesondere zu Werbezwecken, sowie über die Rechtsfolgen einer nicht zulässigen bzw. einer missbräuchlichen Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

508 511 511 511 512 514 515 516 517 518 519

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Inhaltsverzeichnis c) Formularvertrag C nebst zugehöriger „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/ §§ 7–9 AZWV“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Formularvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“ . . . . . . . . . . (1) „Allgemeine Bedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Auditoren . . (b) Antragstellung vor Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) „Geltungsbereich“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) „Verfahren zur Abwicklung der Dienstleistung“. . . . . . (2) Vertragsbedingungen über die Zertifizierung und die Nutzung des Zertifikates der Zertifizierungsstelle sowie die Nutzung des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle . . (a) Vertragsgegenstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) § 2 Pflichten und Rechte des Auftraggebers . . . . . . . . . (c) § 3 Pflichten der Zertifizierungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . (d) § 5 Umfang des Nutzungsrechtes für das Zertifikat und das Zeichen der Zertifizierungsstelle. . . . . . . . . . . . (e) § 7 Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) § 8 Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) § 6 Beendigung des Nutzungsrechtes/§ 9 Dauer . . . . . (aa) Unwirksamkeit des Vorbehalts des Rechts zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nur für die Zertifizierungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Die Definitionen „wichtiger“ Gründe für eine fristlose Kündigung durch die Zertifizierungsstelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Mitteilungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Falsche Angaben über bereits beantragte und abgelehnte Zulassungen. . . . . . . . . . . . . . . (g) Missbräuchliche oder vertragswidrige Verwendung des Zertifikates und/oder des Zeichens der Zertifizierungsstelle . . . . . . . . . . . . . (d) Feststellung der Nichterfüllung von Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen eines Überwachungsaudits. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Trägers/Ablehnung eines gegen den Träger gerichteten Antrages auf

25

540 540

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542 542 542 543 543

549 549 550 555 557 560 561 563

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568

26

Inhaltsverzeichnis

cc) IV.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (z) Nichtzahlung der Vergütung innerhalb der von der Zertifizierungsstelle gesetzten Frist (h) Nichtdurchführung von Überwachungsaudits (q) Ordnungsrechtliche oder gerichtliche Untersagung der Aufrechterhaltung des Zertifikates (i) Vertragswidrige Verwendung des Zertifikates als Grund für die sofortige Beendigung des Rechtes, das Zertifikat zu verwenden? (k) Erlöschen des Rechtes zur Zertifikatsnutzung bereits mit „ordnungsgemäßer Kündigung“?. . (cc) Laufzeit des Vertrages, Kündigungsfrist und stillschweigende Vertragsverlängerung . . . . . . . . . . (h) § 10 Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (i) § 11 Teilunwirksamkeit, Schriftform, Gerichtsstand . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern in Zusammenhang mit dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV – eine zweckmäßige Lösung? 1. Kritik von Betroffenen und Erfahrungen aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erheblicher Verbesserungsbedarf des Zulassungsverfahrens nach der AZWV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sicherung staatlicher Gewährleistungsverantwortung durch umfassende, zwingende gesetzliche Regelungen und ihre Vereinbarkeit mit einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

570 573 574 574

575 576 576 578 579 580 581 581 583

587

Teil 6 Zusammenfassung

594

I.

Untersuchungsgegenstand, -interesse und -methode der Arbeit . . . . . . . . . . . 594

II.

Untersuchungsergebnisse und gemeinsame Strukturen betreffend die untersuchten Vergleichsverfahren aus den Gebieten des Umwelt- und Technikrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596

III.

Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV für fachkundige Zertifizierungsstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597

IV.

Das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach den §§ 7 ff. AZWV

V.

Untersuchung von drei in der Zertifizierungspraxis nach der AZWV verwendeten Formularverträgen sowie Allgemeiner Geschäftsbedingungen . . . 604

602

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632

Abkürzungsverzeichnis AA a. A. a. a. O. ABl. EG Abs. ÄndG a. F. AFG AFRG AG AGB AGBG

AGG Agrarrecht Anm. AöR APAG

Art. Aufl. AZWV

BA BayVBl. BBB Bd. Bearb. Begr. BHO

Agentur(en) für Arbeit anderer Auffassung am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Gesetz zur Änderung/Änderungsgesetz alte(r) Fassung Arbeitsförderungsgesetz v. 13.05.1969, BGBl. I, 582 Arbeitsförderungsreformgesetz v. 24.03.1997, BGBl. I 594 Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen i. d. F. v. 29.06.2000, BGBl. I 946, aufgehoben durch Art. 6 Nr. 4 SMG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz v. 14.08.2006, BGBl. I 1897 Zeitschrift für das Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes Anmerkung Archiv für öffentliches Recht Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz) v. 27.12.2004, BGBl. I 3846 Artikel Auflage Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung) v. 16.06.2004, BGBl. I 1100 Bundesagentur für Arbeit Bayerische Verwaltungsblätter Berufsbildungsbericht Band Bearbeiter/Bearbeitung Begründung Bundeshaushaltsordnung v. 19.08.1969, BGBl. I 1284

28 BGB BGBl. BGH BGHZ Bek. BMG BMU BMWA BR-Drucks. Breithaupt BSG BSGE BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. CE DAR DAU DB ders. DGB d.h. DIN DöV DVBl. EDV EG EGV Einl. EMAS EMVG etc.

Abkürzungsverzeichnis Bürgerliches Gesetzbuch i. d. F. der Bek. vom 02.01.2002, BGBl. I 42 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Bekanntmachung Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Bundesrat-Drucksache Sammlung von Entscheidungen aus dem Sozialrecht Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts (zit. nach Band u. Seite) Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) beziehungsweise Communautés Européennes Deutscher Akkreditierungsrat Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter Der Betrieb derselbe Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt Deutsches Institut für Normung e. V. Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaft(en) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft v. 25.03.1957, BGBl. II 766 Einleitung Environmental Management and Audit Scheme Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten vom 18.09.1998, BGBl. I 2882 et cetera

Abkürzungsverzeichnis EU EuGH e. V. EWG f. ff. FN FS G GbR GebOSt

29

Europäische Union Europäischer Gerichtshof eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Fußnote Festschrift Gesetz Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr v. 26.06.1970, BGBl. I 865, 1298 GewArch Gewerbearchiv GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23.05.1949, BGBl. 1, BGBl. III 1 Nr. 100-1 GK Gemeinschaftskommentar GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GPSG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz v. 06.01.2004, BGBl. I 2 GS Geprüfte Sicherheit GSG Gesetz über technische Arbeitsmittel – Gerätesicherheitsgesetz i. d. F. der Bek. v. 11.05.2001, BGBl. I, 866; außer Kraft getreten durch Art. 28 des Gesetzes zur Neuordnung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten v. 06.01.2004, BGBl. I, 2 GVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Hessen GVG Gerichtsverfassungsgesetz i. d. F. v. 09.05.1975, BGBl. I 1077 GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen i. d. F. der Bek. v. 16.07.2005, BGBl. I 2114 Hervorh. d. Verf. Hervorhebung durch den Verfasser HessKAG Gesetz über kommunale Abgaben des Landes Hessen v. 17.03.1970, GVBl. I, 225 HGB Handelsgesetzbuch v. 10.05.1897, RGBl. 219, BGBl. III 4 Nr. 4100-1 Hk. Handkommentar h. M. herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber/herausgegeben i. d. F. in der Fassung IHK Industrie- und Handelskammer Insbes. insbesondere InsO Insolvenzordnung v. 05.10.1994, BGBl. I 2866 i. S. d. im Sinne des/der i. V. m. in Verbindung mit jew. jeweils

30 JR JURA JuS JZ Kap. KfSachvG

Kfz KG Lfg. LPK LSG MDR MMR MüKo m.w.Nachw. NJW NJW-RR Nr. NuR NVwZ NZS o. ä. OHG OLG OVG OWiG PflegePrüfVO

PVS RdJB Rdnr. RGBl. RGZ RsDE RVG S. s.

Abkürzungsverzeichnis Juristische Rundschau Jura/Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristen-Zeitung Kapitel Gesetz über amtlich anerkannte Sachverständige und amtlich anerkannte Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr (Kraftfahrzeugsachverständigengesetz) v. 22.12.1971, BGBl. I 2086 Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft Lieferung Lehr- und Praxiskommentar Landessozialgericht Monatsschrift für Deutsches Recht Multi Media & Recht Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Zivilrecht Nummer Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht oder ähnliche(s) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten i. d. F. v. 19.02.1987, BGBl. I 603 Verordnung zur Beratung und Prüfung von Pflegeeinrichtungen (PflegePrüfverordnung) v. 20.06.2002, BR-Drucks. 588/02; nicht In Kraft getreten, da durch Beschluss des Bundesrates vom 27.09.2002 Zustimmung versagt wurde, BR-Drucks. 588/02 Recht und Politik – Politische Vierteljahresschrift Recht der Jugend und des Bildungswesens Randnummer Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Beiträge zum Recht der sozialen Dienste und Einrichtungen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz v. 05.05.2004, BGBl. I 718 Seite siehe

Abkürzungsverzeichnis SDSRV SGB SGB SGB SGB SGB

I II III IV

SGB V SGB X SGB XI SGG SigG SigVO SMG sog. SozR SozSich StGB StGH st. Rechtspr. StVZO TÜV u. u. a. UAG

UGA UIG UPR UStG usw. u. U.

31

Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes Sozialgesetzbuch (mit römischen Zahlen für die einzelnen Bücher) Sozialgesetzbuch 1. Buch v. 11.12.1975, BGBl. I 3015 Sozialgesetzbuch 2. Buch v. 24.12.2003, BGBl. I 2954 Sozialgesetzbuch 3. Buch v. 24.03.1997, BGBl. I 594 Sozialgesetzbuch 4. Buch v. 23.12.1976, BGBl. I 3845, i. d. F. v. 23.01.2006, BGBl. I 86 Sozialgesetzbuch 5. Buch v. 20.12.1988, BGBl. I 2477, 2482 Sozialgesetzbuch 10. Buch, i. d. F. der Bek. v. 18.01.2001, BGBl. I 130 Sozialgesetzbuch 11. Buch v. 26.05.1994, BGBl. I 1014 Sozialgerichtsgesetz i. d. F. v. 23.09.1975, BGBl. I 2535 Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (Signaturgesetz) v. 16.05.2001, BGBl. I 876 Verordnung zur elektronischen Signatur (Signaturverordnung) v. 16.11.2001, BGBl. I, 3074 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001, BGBl. I 3138 sogenannte(r) Sozialrecht (Entscheidungssammlung), bearbeitet von Richtern des Bundessozialgerichts Soziale Sicherheit Strafgesetzbuch i. d. F. v. 13.11.1998, BGBl. I 3322 Staatsgerichtshof ständige Rechtsprechung Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung i. d. F. v. 28.09.1988, BGBl. I, 1793 Technischer Überwachungsverein und unter anderem Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.03.2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) – Umweltauditgesetz, i. d. F. der Bek. v. 04.09.2002, BGBl. I, 349 Umweltgutachterausschuss Umweltinformationsgesetz v. 22.12.2004, BGBl. I 3704 Umwelt- und Planungsrecht Umsatzsteuergesetz v. 09.06.1999, BGBl. I 1271 und so weiter unter Umständen

32 UWG v. VA VersR VerwArch VerwR VGH vgl. VO VSSR VVDStRL VwGO VwVfG WM WoBauG WPO z. B. Ziff. ZIP zit. ZLS ZPO ZustVO

Abkürzungsverzeichnis Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. 03.07.2004, BGBl. I, 1414 vom Verwaltungsakt Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv Verwaltungsrecht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Vierteljahresschrift für Sozialrecht Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. v. 19.03.1991, BGBl. I 686 Verwaltungsverfahrensgesetz i. d. F. v. 23.01.2003, BGBl. I 102 Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen 2. Wohnungsbaugesetz i. d. F. v. 19.08.1994, BGBl. I 2137, aufgehoben durch Art. 2 des G v. 13.09.2001, BGBl. I 2376 Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) i. d. F. v. 05.12.1975, BGBl. I 2803 zum Beispiel Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht; bis 1982: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik Zivilprozessordnung i. d. F. v. 05.12.2005, BGBl. I 3202 Verordnung zur Änderung der Zuweisungsverordnung und zur Bestimmung straßenverkehrsrechtlicher Zuständigkeiten v. 18.07. 2005, GVBl. I, 546

Einleitung Lebenslanges Lernen ist eine zentrale Forderung der deutschen und europäischen Bildungspolitik.1 Berufliche Weiterbildung ist Teil und Ausdruck eines solchen Konzeptes. Einmal erworbene Bildung genügt nicht mehr, um ein Arbeitsleben erfolgreich zu absolvieren. Gerade die rasante technische Entwicklung, z. B. im Bereich der Informationstechnologie, verlangt von den Arbeitnehmern immer wieder den Erwerb neuen und zusätzlichen Wissens, um die beruflichen Anforderungen erfolgreich erfüllen zu können. Insbesondere wenn Arbeitslosigkeit droht oder bereits eingetreten ist, ist berufliche Weiterbildung ein Schlüsselelement für die Vermeidung bzw. Beseitigung von Arbeitslosigkeit. Diese Erkenntnis kommt nicht zuletzt im Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III zum Ausdruck. Arbeitnehmer können unter bestimmten, noch im Einzelnen darzustellenden, Voraussetzungen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden. Der Markt der beruflichen Weiterbildung befindet sich derzeit im Umbruch – zumindest, soweit die staatlich geförderte berufliche Weiterbildung betroffen ist. Für das Jahr 2005 wurde ein Rückgang von fast 30% bei den Teilnehmerzahlen bei den staatlich geförderten Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung festgestellt.2 Es ist gar von „Schrumpfungstendenzen auf dem Weiterbildungsmarkt“ und einem „Paradigmenwechsel bei der SGB III geförderten Weiterbildung“ die Rede.3 Auch in rechtlicher Hinsicht haben sich grundlegende Veränderungen ergeben, auf die sogleich einzugehen ist und von denen einige zentraler Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind. Dabei geht es um wichtige „Schnittstellen“ zwischen Recht und Ökonomie: Der Gesetzgeber hat mit dem ersten und zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt4 die Anwendung von Qualitätssiche1 Vgl. hierzu statt vieler: Julia Gillen: Die Rolle beruflicher Zertifizierung im lebenslangen Lernen, in: Ute Clement/Isabelle Le Mouillour/Matthias Walter (Hrsg.): Standardisierung und Zertifizierung beruflicher Qualifikationen in Europa, 2006, S. 79 ff., 79 f. m. w. Nachw. 2 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Berufsbildungsbericht 2006 (im Folgenden kurz: BBB 2006), S. 248 f. 3 Vgl. BBB 2006, S. 249 f. 4 Vom 23.12.2002, BGBl. I 2002, S. 4607 u. 4621.

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Einleitung

rungssystemen durch Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihre Überprüfung eingeführt (§§ 84 Nr. 4, 85, 87 SGB III). Zugleich wurde ein – zumindest im Bereich des SGB III – vollkommen neues System der Anerkennung bzw. Zulassung von externen „fachkundigen Stellen“ geschaffen, die wiederum die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und deren Weiterbildungsmaßnahmen zertifizieren bzw. zulassen. Extern sind diese fachkundigen Stellen, da sie nicht Teil der Bundesagentur für Arbeit5 sind, die zuvor allein für die Zulassung von Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihren Maßnahmen zuständig war. Die Zulassung von Träger und Maßnahme sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zwingende Voraussetzung für die staatliche Förderung durch Übernahme der Weiterbildungskosten. Insoweit ist, wie noch eingehend dargelegt wird, bereits problematisch, ob mit dieser vorstehenden Veränderung eine teilweise oder vollständige „Privatisierung“ von Staats- bzw. öffentlichen Aufgaben gewollt und ob sie – wenn sie gewollt war – rechtlich auch erfolgt ist. Es geht in diesem Zusammenhang um die Frage, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen der Staat zunächst – und ausschließlich – von ihm selbst wahrgenommene Prüfungs- und Kontrollaufgaben auf private Dritte übertragen oder gar „privatisieren“ darf. Es geht zum anderen darum, ob und gegebenenfalls wie weit der Staat diese Aufgabenerfüllung durch Private regeln bzw. regulieren und kontrollieren muss. Insoweit stellt sich etwa das Problem der staatlichen Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgaben. Die Probleme verschärfen sich, wenn der Gesetzgeber, wie ebenfalls sogleich zu erläutern ist, mit einer solchen Aufgabenübertragung auf Private zugleich den Wechsel von einem Staatsmonopol zu einem durch Wettbewerb und marktwirtschaftliches Geschehen geprägten System bewältigen möchte. Wie kann, wie muss dieser Wettbewerb der Leistungserbringer im Bereich ehemaliger (oder gar unverändert bestehender) Staatsaufgaben oder öffentlicher Aufgaben reguliert und kontrolliert werden? Besonders komplex werden die Probleme schließlich, wenn die Aufgabenerfüllung durch die – tatsächlich oder vermeintlich – privaten Prüfer bzw. Kontrolleure letztlich darin besteht, den Zutritt zu einem ausschließlich durch staatliche finanzielle Förderung geprägten bzw. ebenfalls erst geschaffenen Markt zu kontrollieren. Letzlich geht es um die Rolle des Staates als „steuernder Akteur im Wirtschaftsleben“6. 5

Im Folgenden kurz: BA. Vgl. hierzu Andreas Hänlein: Sozialgerichtsbarkeit: Steuernder Akteur im Wirtschaftsleben, SozSich 2005, S. 273 ff., 274 u. 278. 6

Einleitung

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Neben den vorstehend – beispielhaft – genannten Problemen, die zunächst allgemein bzw. abstrakt anmuten, stellen sich eine Fülle weiterer rechtlicher Probleme gerade für die betriebliche Praxis der Unternehmen, die von diesem Systemwechsel betroffen sind. Dies sind zum einen die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, also gemäß § 21 SGB III i. V. m. §§ 77 ff. SGB III natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung selbst durchführen oder durch Dritte durchführen lassen. Sie sind mit dem neuen Zulassungsverfahren konfrontiert. Aber auch die fachkundigen Stellen, denen die Prüf- und Zulassungsaufgaben übertragen wurden, sind von der staatlichen Marktkonstituierung und -steuerung betroffen. Für die Träger und für die fachkundigen Stellen ist die Frage, ob und zu welchen Bedingungen Zugang zu diesen speziellen Märkten (dem der Tätigkeit als fachkundige Stelle und dem als zugelassener Träger) zu erhalten ist, schon mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit der Betroffenen nach Art. 12 Abs. 1 GG von herausragender Bedeutung. Aber auch für die tägliche Arbeit in den Unternehmen, die sich auf dem Markt der staatlich geförderten beruflichen Weiterbildung betätigen, stellen sich mit den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegende Fragen. Beispielhaft sie auf die Frage verwiesen, ob die Rechtbeziehungen zwischen dem Staat und den nunmehr eingeschalteten fachkundigen Stellen dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht oder gar einer Kombination aus beiden Rechtsbereichen unterliegen. Die gleiche Frage stellt sich für die Rechtsbeziehungen zwischen den den Marktzutritt kontrollierenden fachkundigen Stellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die einen solchen Marktzutritt anstreben. Sind hier privatrechtliche Verträge abzuschließen und, wenn ja, mit welchem Inhalt? Was gilt im Schadensfall – Staatshaftungsrecht oder privatrechtliches Schadensersatzrecht? Vor welchen Gerichten ist im Streitfall Rechtsschutz zu suchen? Für die unternehmerische Tätigkeit der Betroffenen sind dies grundlegende Fragen. Wirtschaftliche Betätigung auf einem Markt, dessen rechtliche Rahmenbedingungen nicht hinreichend geklärt sind, kann von hohem Risiko sein. Aufgabe dieser Untersuchung ist es, diese Probleme aufzuzeigen und Wege zu ihrer Lösung, gerade auch mit Rücksicht auf die Tätigkeit der betroffenen Unternehmen, zu entwickeln.

Teil 1

Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihre Träger und seine rechtlichen Probleme – Darstellung der rechtlichen Grundlagen sowie Erläuterungen zu Aufbau und Methodik der Untersuchung Im nachfolgenden Teil der Arbeit werden die rechtlichen Grundlagen des neuen Rechts der staatlich geförderten beruflichen Weiterbildung dargestellt, um ein (besseres) Verständnis der mit dem neuen Anerkennungsund Zulassungsverfahren für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihre Träger verbundenen rechtlichen Probleme, die ebenfalls im Überblick erläutert werden, zu erleichtern. Anschließend werden der Aufbau und die Methode dieser Untersuchung, mit der die rechtlichen Probleme der neuen Verfahren untersucht werden sollen, dargestellt.

I. Rechtliche Grundlagen Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III ist es u. a. zwingende Förderungsvoraussetzung, also Voraussetzung für eine staatliche Übernahme der Weiterbildungskosten, dass die konkrete berufliche Weiterbildungsmaßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung „zugelassen“ sind. Nach § 84 SGB III sind für die Förderung Träger zugelassen, bei denen eine „fachkundige Stelle“ das Vorliegen der dort näher aufgeführten Voraussetzungen „festgestellt“ hat. Für die Zulassung von Maßnahmen ist in § 85 SGB III ein entsprechender Anforderungskatalog normiert. Damit ist die Zulassung von erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung – und zwar für den Träger selbst, aber auch für die von Arbeitslosigkeit Bedrohten bzw. die Arbeitslosen: Der Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist ohne die begehrte Zulassung faktisch von einem durchaus wichtigen Markt ausgeschlossen:1 Zwar kann er seine Maßnahmen und Leistungen auch ohne 1 Vgl. zu diesem Aspekt auch: Andreas Hänlein: Förderung der beruflichen Weiterbildung, unveröffentl. Manuskript, 2005 (im Folgenden kurz: Skript), S. 26, der

I. Rechtliche Grundlagen

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Zulassung anbieten. Da eine Kostenübernahme aber an die vorherige Zulassung des Trägers und der Maßnahme gebunden ist und der betroffene Personenkreis typischerweise gerade nicht über die finanziellen Mittel verfügt, die Maßnahmen selbst zu bezahlen, wird kein Interessent bzw. kein Inhaber eines sog. Bildungsgutscheins i. S. d. § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB III das Angebot eines nicht zugelassenen Trägers auswählen. Auf der Nachfrageseite dieses Marktes ist die Wahlfreiheit für die Betroffenen entsprechend beschränkt: Zwar dürfen sie nach Feststellung des Vorliegens der persönlichen Förderungsvoraussetzungen und Aushändigung eines entsprechenden Bildungsgutscheins zwischen den verschiedenen Anbietern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihren Angeboten wählen. Nur für zugelassene Maßnahmen zugelassener Träger kann aber eine Förderung bzw. eine Kostenübernahme erfolgen. Kaum ein Betroffener wird in Kenntnis dieser Rechtslage wissentlich einen nicht zugelassenen Träger bzw. eine nicht zugelassene Maßnahme auswählen, weil er dann selbst zur Zahlung der Maßnahmekosten verpflichtet wäre. Angebot und Nachfrage nach zugelassenen und damit förderungsfähigen Maßnahmen konstituieren damit einen eigenen Markt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung: Der Weiterbildungsmarkt in Deutschland weist ein Volumen von rund 7 Milliarden Euro auf und über 80.000 Bildungsträger bieten auf diesem Markt ihre Leistungen an.2 Im Jahr 2005 begannen, nach dem erwähnten Rückgang um fast 30% im Vergleich zum Vorjahr, immerhin noch über 130.000 Personen eine staatlich geförderte berufliche Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 77 ff. SGB III.3 Gleichzeitig fehlte auf diesem Gebiet bis in die jüngere Vergangenheit eine verlässliche Qualitätsprüfung und effiziente Erfolgskontrolle,4 was nicht zuletzt mit Blick auf die möglichst sparsame und effektive Verwendung staatlicher Fördergelder geändert werden musste. Für den Bereich der staatlich geförderten Weiterbildung war zwar eine gewisse Qualitätskontrolle durch eine „Anerkennung“ der Maßnahmen durch die BA gegeben. Diese genügte dem Gesetzgeber aber nicht, der u. a. mehr Objektivität und Qualität erreichen wollte.5 zutreffend darauf verweist, dass die Ablehnung der Zulassung einen Träger davon ausschließt, „sich im durchaus relevanten Marktsegment der aus Mitteln der BA geförderten Weiterbildung zu betätigen, ein spürbarer Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit“. 2 Vgl. Jürgen Olk in: Gerhard Wissing/Bernd Mutschler/Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.): Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung, 2. Aufl., 2004, § 77, Rdnr. 2 m. weiterführenden Hinweisen. 3 Vgl. BBB 2006, S. 248 f. 4 Vgl. Olk in: Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 77, Rdnr. 4. 5 Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 30.

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Teil 1: Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren

Die Entscheidungen der fachkundigen Stellen haben für diesen Markt eine Schlüsselfunktion: Zulassung bedeutet die Möglichkeit zur Marktteilnahme, wobei die Kostenübernahme zugleich das Risiko ausschließt, dass die Weiterbildungskosten von den Maßnahmeteilnehmern u. U. nicht gezahlt werden (können). Versagung der Zulassung bedeutet dagegen Marktausschluss.6 Anerkennung bzw. Zulassung der fachkundigen Stellen und die Tätigkeit der fachkundigen Stellen selbst bedürfen damit einer rechtlichen Regelung. Diese wurde mit einer nach § 87 SGB III im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung ergangenen Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung7, der sog. AZWV (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung –), geschaffen. Sie enthält Regelungen über die entsprechenden Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren.

II. Regelungsziele und Motive des Gesetzgebers Mit der Neuregelung der §§ 77 bis 87 SGB III verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, das Recht der Weiterbildungsförderung insgesamt deutlich zu vereinfachen.8 Insbesondere sollten Regelungen, die den Wettbewerb zwischen Bildungsträgern nach Ansicht des Gesetzgebers verhinderten, aufgehoben werden. Gleichzeitig sollte durch die Neufassung eine „deutliche Verwaltungsvereinfachung erreicht“ werden.9 Als Hemmnis für den Wettbewerb der Bildungsträger wurde angesehen, dass ausschließlich das Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit10) sowohl über die individuelle Förderung der Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung als auch über die sog. Anerkennung der Träger entschied. Mit der Neuregelung, also der Prüfung der trägerbezogenen Qualitätskriterien durch „externe fachkundige Stellen, d.h. Zertifizierungsagenturen, deren Fachkunde durch eine Akkreditierung einer Stelle auf Bundesebene festgestellt werden“ muss, würden die AA deutlich entlastet.11 Zugleich werde „durch die künftige Trennung von Entscheidungen über die Förderung durch das Arbeitsamt, die Zulassung von Trägern durch eine fach6

Vgl. nur Hänlein, Skript, S. 26. Vom 16.06.2004, BGBl. 2004, S. 1100. 8 BT-Drucks. 15/25, S. 29. 9 Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 29. 10 Im Folgenden kurz: AA. 11 BT-Drucks. 15/25, S. 30. 7

III. Überblick über die rechtlichen Probleme der neuen gesetzlichen Regelung 39

kundige Zertifizierungsstelle und die Ausgabe von Bildungsgutscheinen eine größere Objektivität und mehr Wettbewerb gewährleistet“.12 Auf diese Weise sollte insbesondere auch sichergestellt werden, dass keine sachfremden Absprachen zwischen den Sozialpartnern Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen die Zulassung und die Auswahl einer Maßnahme haben, also z. B. gerade nicht maßgeblich ist, ob ein bestimmter Träger noch weitere Teilnehmer zur „Auslastung“ seiner Kapazitäten benötigt. Entsprechend verweist auch der Verordnungsgeber in der Begründung zur AZWV darauf, es sei „ein wichtiges Anliegen der Reform, das bisherige sogenannte Zulassungsverfahren von Weiterbildungsträgern und -lehrgängen nach dem SGB III aus der Zuständigkeit der Agenturen für Arbeit herauszunehmen und auf externe fachkundige Stellen zu übertragen“. Die den AA obliegenden Prüfaufgaben sollen „zukünftig externe Zertifizierungsagenturen übernehmen und über die Zulassung (Zertifizierung) von Bildungsträgern und Maßnahmen“ entscheiden.13

III. Überblick über die rechtlichen Probleme der neuen gesetzlichen Regelung und über erste Stellungnahmen hierzu in der Literatur Die vorstehend dargestellten rechtlichen Grundzüge des – für den Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung – neuen Systems der Akkreditierung und Zertifizierung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, aber auch die für die Rechtsanwendung erfolgten Konkretisierungen durch die AZWV, lassen wichtige rechtliche Fragen unbeantwortet, die im Rahmen der Untersuchung geklärt werden sollen. Schon die Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III ist heftiger Kritik aus der Literatur ausgesetzt. Sie wird für verfassungswidrig erachtet, da sie die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG an die Bestimmtheit einer Verordnungsermächtigung nicht erfülle.14 Für den Bereich des Anerkennungsverfahrens betreffend die Anerkennung der fachkundigen Stellen stellt sich u. a. die Frage, ob die alleinige Zuständigkeit der BA sachgerecht ist. Die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 AZWV weist der BA für die Durchführung des Verfahrens der Anerkennung als fachkundige Stelle i. S. d. §§ 84, 85 SGB III die alleinige Zuständigkeit zu. Die BA ist also bundesweit die einzige Anerkennungsstelle. An12

BT-Drucks. 15/25, S. 30. Vgl. S. 1 Begr. AZWV. 14 Vgl. Wolfgang Eicher in: Eicher/Schlegel: Kommentar zum SGB III, Stand März 2006, § 87, Rdnr. 20 ff. 13

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Teil 1: Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren

gesichts der Motive des Gesetzgebers, mehr Wettbewerb und einen Zertifizierungsmarkt zu schaffen, ist zumindest fraglich, ob diese „Monopolstellung“ der BA sachlich gerechtfertigt ist oder ob hier auch eine Mehrheit von Anerkennungsstellen tätig werden könnte bzw. sogar sollte. Ein zentrales, das gesamte Anerkennungs- und Zulassungsverfahren prägendes Problem ist schließlich die Frage, ob die Anerkennung der fachkundigen Stellen und deren Tätigkeit, also die Zertifizierung, in öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Form erfolgen. Auf der Beantwortung dieser Frage liegt einer der Schwerpunkte dieser Untersuchung. Für das Anerkennungsverfahren gibt es zwar einige Anhaltspunkte, die auf eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung hinweisen, etwa die Regelung nach § 13 AZWV über die Erhebung von Gebühren im Anerkennungsverfahren oder über „Widerruf oder Rücknahme einer Amtshandlung“. Für das Zertifizierungsverfahren fehlen solche Hinweise dagegen bzw. erschließen sich zumindest nicht ohne erheblichen Auslegungs- und Interpretationsaufwand. Die AZWV enthält zwar Vorgaben für die Anträge (§ 7 AZWV) und die Anforderungen an den jeweiligen Träger der Maßnahmen (§ 8 AZWV) sowie an die Maßnahmen (§ 9 AZWV). Ihr Text enthält aber keine Regelungen darüber, ob die Zertifizierungsstellen öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich tätig werden. Die Bestimmungen zu Prüfung und Entscheidung durch die Zertifizierungsstelle (§ 10 AZWV) sowie zu Geltungsdauer und Geltungsbereich der Zulassung (§ 11 AZWV) beantworten die zentrale Frage, in welcher Rechtsform die Entscheidungen der Zertifizierungsstelle ergehen, nicht. Lediglich der Begründung zur AZWV lässt sich entnehmen, dass „Beginn und Durchführung des Verfahrens . . . auf vertraglicher Basis zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Bildungsträger vereinbart“ werden. Erwähnt ist dort ferner eine „privatrechtliche Ausgestaltung“ bzw. ein „Vertragsabschluss über ein Zulassungsverfahren“.15 Auch diese Vorstellungen des Verordnungsgebers, die in der Verordnung kaum hinreichenden Ausdruck gefunden haben, lassen es aber möglich erscheinen, dass zwar das Verfahren durch einen privatrechtlichen Vertrag ausgestaltet wird, die Entscheidung über die Vergabe des Zertifikats aber dennoch hoheitlich erfolgt. Entsprechend werden in der Literatur unterschiedliche Auffassungen zur rechtlichen Einordnung der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen vertreten: Nach der überwiegenden Auffassung handeln die Zertifizierungsstellen als sog. Beliehene.16 15

Vgl. S. 9 Begr. AZWV. Vgl. Heinrich Stratmann in: Klaus Niesel (Hrsg.): SGB III, Kommentar, 4. Aufl., 2007, § 84, Rdnr. 2, allerdings ohne nähere Begründung; Eicher in: Eicher/ 16

III. Überblick über die rechtlichen Probleme der neuen gesetzlichen Regelung 41

Beliehene sind natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, denen durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes durch Verwaltungsakt oder verwaltungsrechtlichen Vertrag hoheitliche Kompetenzen zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen worden sind. So besteht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass die Sachverständigen, die nach dem Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) zugelassen werden und welche die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO an Kraftfahrzeugen durchführen, als sog. Beliehene, also hoheitlich tätig werden.17 Gleiches gilt für die Tätigkeit der Sachverständigen im Rahmen der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO.18 Die Möglichkeit der freien Kalkulation der Entgelte z. B. für die Untersuchung nach § 47 a StVZO durch die hierfür zugelassenen Kraftfahrzeugwerkstätten – wie sie auch nach der AZWV für die Zertifizierungsstellen besteht – soll dagegen für ihre Einordnung als Hoheitsträger bzw. Beliehene ohne Bedeutung sein.19 Dies gilt auch für den Bereich der Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO. Die Hauptuntersuchung und die Abgasuntersuchung sind im Namen und für Rechnung der jeweiligen Prüfbzw. Sachverständigenorganisation durchzuführen. Die vom Fahrzeughalter konkret zu entrichtenden Entgelte bzw. „Gebühren“ sind, wie noch im Einzelnen auszuführen ist, von der jeweiligen Organisation in eigener Verantwortung für den Bereich der örtlich zuständigen Prüfstelle einheitlich festzulegen und der zuständigen Aufsichtsbehörde rechtzeitig vor ihrer Einführung mitzuteilen. Die Festlegung der konkreten Höhe der finanziellen Gegenleistung wird damit, ungeachtet der Tätigkeit als beliehener Unternehmer, der Regelung durch den Sachverständigen bzw. seiner Organisation überlassen. In diesem System der staatlichen Anerkennung und Zulassung existiert also eine Kombination von öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Regelung. Die öffentlich-rechtliche Regelung betrifft nur die Durchführung der Hauptuntersuchung mit dem vorgeschriebenen Inhalt und die Feststellung des Prüfungsergebnisses. Die Höhe der finanziellen Gegenleistung für die Prüfung wird dagegen nicht bzw. nicht exakt vorgeschrieben. Die priSchlegel, Stand Januar 2006, § 87, Rdnr. 23; ders. in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.): SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, 2005, § 16, Rdnr. 82; Lampe in: Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III), Stand August 2005, § 77, Rdnr. 57; Niewald in: Alexander Gagel (Hrsg.): SGB III, Stand Oktober 2005, vor § 77, Rdnr. 16 u. § 87, Rdnr. 6. 17 Vgl. statt vieler nur BVerfG NJW 1987, S. 2501 f., 2502; Peter Hentschel: Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2005, § 29 StVZO, Rdnr. 22 m. w. Nachw. 18 Vgl. nur OLG Frankfurt am Main, NJW 2003, S. 1465 f., 1465; Hentschel, § 47 a StVZO, Rdnr. 3 m. w. Nachw. 19 Vgl. OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f., 1219.

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Teil 1: Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren

vatrechtliche Vereinbarung betrifft dann die nähere Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Sachverständigen und den Auftraggebern, vor allem hinsichtlich der konkret zu zahlenden finanziellen Gegenleistung und einer etwaigen Haftung. Übertragen auf den vorliegenden Untersuchungsstand könnte sich deshalb neben der Möglichkeit eines ausschließlich öffentlich-rechtlichen oder, wie eine andere Auffassung für die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen nach der AZWV annimmt,20 eines ausschließlich privatrechtlichen Handelns der Zertifizierungsstellen eine dritte Möglichkeit ergeben: Die Zertifizierungsstellen könnten – ungeachtet einer hoheitlichen Tätigkeit – auch aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages, der zwischen der jeweiligen Zertifizierungsstelle und dem Antragsteller geschlossen wird, tätig werden. Wie wichtig hier eine rechtliche Klärung ist, mag der Blick auf die Situation bei abschlägiger Entscheidung der Anerkennungs- bzw. der Zertifizierungsstelle über den Antrag verdeutlichen: Hier muss für den Antragsteller – aber auch für die Anerkennungs- und die Zertifizierungsstelle – Klarheit darüber herrschen, welche Rechtsbehelfe dem Antragsteller zur Verfügung stehen, um eventuell eine für den Antragsteller günstigere Entscheidung zu erlangen. Schon die Frage, welcher Rechtsweg eröffnet ist, zu den Sozial- oder zu den Zivilgerichten, bedarf daher dringend der Klärung. Ebenso müssen die möglichen Rechtsbehelfe und ihre Voraussetzungen geprüft werden. Für das Anerkennungs- und das Zertifizierungsverfahren ist ferner zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit den Antragstellern Grundrechtsschutz zur Verfügung steht. Auch im Rahmen einer privatrechtlich erfolgenden Zertifizierung könnte die Zertifizierungsstelle an die Beachtung grundrechtlicher Vorgaben gebunden sein. Die Frage nach der Haftung der Zertifizierungsstellen schließt sich an: Sind die Grundsätze der Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG anzuwenden oder handelt es sich ausschließlich um eine zivilrechtliche Frage der Vertragsverletzung und etwa zu leistenden Schadensersatzes? Folgt man den Vorgaben des Verordnungsgebers in der Begründung zur AZWV, wonach das Antragsverfahren „im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“21 zwischen Zertifizierungsstelle und Antragsteller durchgeführt wird, bedarf es der Untersuchung, welchen Inhalt diese vertragliche Vereinbarung haben muss oder haben darf. Insbesondere ist zu klären, welche Sanktionsmechanismen hier vorgesehen werden können bzw. dürfen. 20 21

Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274; ders., Skript, S. 26 u. 28 f. Vgl. S. 2 Begr. AZWV.

III. Überblick über die rechtlichen Probleme der neuen gesetzlichen Regelung 43

Neben der Frage, wie ein Vertrag zwischen Zertifizierungsstelle und Antragsteller einzuordnen ist (z. B. als Werkvertrag oder Dienstvertrag), ist auch zu untersuchen, ob sich die Vorgaben des Verordnungsgebers für den Inhalt solcher Verträge mit dem Grundsatz der Privatautonomie vereinbaren lassen. Je weitgehender der Inhalt solcher Verträge zwingend vorgeschrieben ist, desto fraglicher könnte es erscheinen, ob die zivilrechtliche Ausgestaltung hier im Vergleich zu einem Verwaltungsverfahren sinnvoll ist und noch Vorteile bietet. So hat das Bundesverfassungsgericht in der bereits erwähnten Entscheidung22 zur Einordnung der TÜV-Sachverständigen darauf hingewiesen, angesichts einer bis ins einzelne durch Gesetz, Verordnung oder durch Erlasse der Landesregierungen geregelten Tätigkeit bleibe von der „privatrechtlichen Selbständigkeit“ der Technischen Prüfstellen „nahezu nichts übrig“. Das von der Zertifizierungsstelle zu prüfende „Programm“, insbesondere aber das Verfahren bei der Entscheidung, ist durch die gesetzlichen Regelungen und die AZWV weitgehend vorgegeben (vgl. §§ 10, 11 AZWV): Bei Vorliegen der Voraussetzungen muss das Zertifikat erteilt werden. Die Möglichkeit einer (einmaligen) Nachbesserung ist befristet, die Schriftform für die Entscheidung ist vorgeschrieben. Der Wortlaut des Zertifikats ist ebenso normiert wie die Frage, welche Personen von einer Entscheidung ausgeschlossen sind. Gleiches gilt für die Umstände, unter denen die Zulassung zu entziehen ist und die Geltungsdauer der Zertifikate. Gestaltungsspielraum bliebe dagegen etwa in der zentralen Frage der Vergütung, eventuell aber auch für Haftungsvereinbarungen. Hier stellt der Verordnungsgeber offenbar auf frei verhandelbare Entgelte ab.23 Den Freiheiten zur Gestaltung im Rahmen privatrechtlicher Vereinbarungen, so sie denn etwa im Falle einer Beleihung überhaupt noch in erheblichem Umfang vorlägen, stünde der Grundsatz der sog. Gewährleistungsverantwortung des Staates gegenüber. Je mehr sich der Staat zugunsten selbstregulativer Beiträge zurücknehme und je größer die involvierten Risiken seien, desto stärker treffe den Staat, so eine verbreitete Ansicht in der Literatur, eine aus seiner Schutzpflicht folgende Gewährleistungsverantwortung. Es bleibe zumindest eine Beobachtungspflicht, der durch Wahrnehmung einer Begleitkontrolle nachzukommen ist. Bei der Überlassung von Prüftätigkeiten an Private habe der Staat deshalb eine dem jeweiligen Gefahrenpotential adäquate „Kontrolle der Kontrolle“ sicherzustellen.24 22

NJW 1987, S. 2501 f. Vgl. S. 18 Begr. AZWV. 24 Vgl. Matthias Schmidt-Preuß: Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997), S. 160 ff., 172 f. 23

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Teil 1: Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren

Damit ist an dieser Stelle das Spannungsverhältnis zwischen der Privatautonomie der Vertragsparteien und der sog. Gewährleistungsverantwortung des Staates zu untersuchen. Für die betriebliche Rechtsanwendung bzw. Rechtspraxis ist der Abschluss wirksamer Verträge von herausragender Bedeutung, um z. B. Haftungsrisiken möglichst zu erkennen und zu begrenzen. Welche Risiken sich hier für die Praxis bzw. die Marktteilnehmer ergeben können, mag der Umstand verdeutlichen, dass „in der Praxis zwischen Zertifizierungsstellen und zertifizierungswilligen Trägern privatrechtlich aufgefasste Zertifizierungsverträge geschlossen“ werden.25 Für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und den Inhabern von Bildungsgutscheinen ist es deshalb, wie nicht näher ausgeführt werden muss, von herausragender und entscheidender Bedeutung, ob und was sie überhaupt privatrechtlich regeln können. Hierfür soll die Untersuchung einen Beitrag leisten, indem neben der Frage einer öffentlich-rechtlichen und/oder privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen auch der mögliche Inhalt solcher Verträge, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Stellens sog. Allgemeiner Geschäftsbedingungen, untersucht wird.

IV. Zur Methode und zum Gang der Untersuchung Im Rahmen der Prüfung der vorgenannten Fragen ist jeweils zu berücksichtigen, dass das Zulassungsverfahren zwar für den Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung neu ist, in anderen Rechtsbereichen aber, wie im Einzelnen auszuführen ist, bereits Verfahren der Anerkennung und Zulassung bzw. der Akkreditierung und Zertifizierung angewandt werden. Methodisch bietet sich also an, strukturell möglichst ähnliche existierende Zulassungsverfahren zum Vergleich heranzuziehen und spezifische Kennzeichen dieser Zulassungsverfahren herauszuarbeiten. In einem weiteren Schritt ist dann die rechtliche Einordnung dieser Zulassungsverfahren zu untersuchen. Schließlich sind die Ergebnisse dieser Untersuchung dem neuen System der Anerkennung und Zulassung nach den §§ 77 ff. SGB III und der AZWV gegenüberzustellen und zu prüfen, welche Erkenntnisse sich im Wege der Analogie zu den zuvor untersuchten Zulassungsverfahren für die rechtliche Einordnung des Anerkennungs- und Zulassungsverfahrens nach der AZWV gewinnen lassen. Dabei lassen sich u. U. im Wege der sog. Gesamtanalogie allgemeine Grundsätze oder Prinzipien finden, die sich auf das zu konkretisierende Rechtsgebiet bzw. die zu konkretisierenden oder 25

Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274; ders., Skript, S. 26 u. 30.

IV. Zur Methode und zum Gang der Untersuchung

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auszulegenden Normen, hier also auf die §§ 77 ff. SGB III und die AZWV, übertragen lassen.26 Die Analogie, insbesondere der Vergleich mit Strukturen aus anderen Rechtsgebieten, ist nicht nur eine anerkannte (auch) juristische Methode.27 Sie ist eigentlich die juristische Methode: „Die Analogie (das Vergleichen) ist ein gemischt deduktiv-induktiver Schluss . . . Analogie ist die Weise, wie der Prozess der Rechtsfindung vonstatten geht . . . Bei der Analogie wird das zu Erkennende nicht in ihm bzw. an ihm (in seinem Wesen) erkannt, sondern in einem Bezug (Relation), den es zu einem anderen, das bekannter ist, hat“.28 Schon die „schlichte“ Rechtsanwendung ist Analogie: „Es ist ein „Zug um Zug“ vonstatten gehendes Sich-öffnen des Sachverhalts zur Norm und der Norm zum Sachverhalt hin und eben in diesem „Sich-öffnen“ liegt die der Analogie eigene „extensio“. Was man in der Jurisprudenz traditionell Analogie nennt, unterscheidet sich von der „normalen“ Rechtsfindung und namentlich von der sog. „teleologischen Interpretation“ nur durch den Grad der extensio, aber nicht durch die logische Struktur des Verfahrens. Auch die „gewöhnliche“ Subsumtion ist eine Analogie“. Danach ist „alle Rechtsfindung ein analogisches Verfahren“ und weist „darum die Struktur der extensio“ auf.29 Für die vorliegende Untersuchung werden mehrere Anerkennungs- und Zulassungsverfahren aus anderen Rechtsgebieten als Bezugspunkte für dieses analogische Verfahren herangezogen: Das Beispiel der Tätigkeit des Kfz-Sachverständigen im Rahmen der Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO wurde bereits erwähnt. Auf den verschiedenen vorgenannten Prüfungsstufen soll deshalb zunächst das Zulassungsverfahren für bzw. der Kfz-Sachverständigen vergleichend betrachtet werden. Anschließend wird ein relativ neues System der Anerkennung und Prüfungstätigkeit aus dem informationstechnologischen, datenverarbeitenden und datenschützenden Bereich zum Vergleich herangezogen: Es wird die Anerkennung und die Tätigkeit anerkannter Prüf- und Bestätigungsstellen 26 Vgl. zur Gesamtanalogie in der Rechtswissenschaft nur: Karl Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, S. 384 ff. 27 Vgl. nur: Friedrich Müller: Juristische Methodik, 3. Aufl., 1989, S. 211: „Die Analogie hält sich . . . im Rahmen der erlaubten normalen Konkretisierungsarbeit“; Arthur Kaufmann: Problemgeschichte der Rechtsphilosophie, in: Kaufmann/Hassemer, Winfried/Neumann, Ulfrid (Hrsg.): Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 7. Aufl., 2004, S. 26 ff., 132: „. . . sehen hier wieder bestätigt, dass Rechtsfindung deduktiv-induktiv: analogisch verläuft“. 28 Arthur Kaufmann: Grundprobleme der Rechtsphilosophie, 1994, S. 68 f. 29 Vgl. Kaufmann, S. 112; ders. in: Kaufmann/Hassemer/Neumann (Hrsg.)., S. 134 f.

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Teil 1: Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren

nach dem Signaturgesetz30 dargestellt und dabei insbesondere die Frage erörtert, ob das Anerkennungsverfahren für diese Stellen und ihre anschließende Tätigkeit öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich erfolgen. Auch im Umweltrecht wird (seit nunmehr rund zehn Jahren) ein Akkreditierungs- und Zertifizierungsverfahren praktiziert – und zwar für „zugelassene“ Umweltgutachter, die die Umwelterklärung von Unternehmen nach dem Umweltauditgesetz31 für gültig erklären. Dieses Zertifikat über die Gültigkeit der Umwelterklärung (und seine Registereintragung) ist Voraussetzung dafür, dass das betreffende Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit die Teilnahme am Umweltaudit dokumentieren darf. Zweck des UAG ist es, eine wirksame Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 19.01.2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) in der jeweils geltenden Fassung sicherzustellen.32 Das UAG regelt u. a. die Anforderungen an die Unabhängigkeit (§ 6 UAG), die Fachkunde (§ 7 UAG) und die Zulassung als Umweltgutachter (§ 9 UAG) bzw. als Umweltgutachterorganisation (§ 10 UAG) sowie das entsprechende Zulassungsverfahren (§§ 11, 12 UAG), die Überprüfung von Umweltgutachtern bzw. Umweltgutachterorganisationen (§ 15 UAG) sowie Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse für die Zulassungsstellen (§§ 16, 17 UAG) und das Widerspruchsverfahren gegen Entscheidungen der Zulassungsstelle (§§ 24, 24 UAG). Bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen besteht für den Antragsteller (vgl. § 11 Abs. 1 UAG) ein Anspruch auf Zulassung als Umweltgutachter (§ 9 Abs. 1 UAG). Die Zulassung umfasst insbesondere die Befugnis, gemäß Art. 12 Abs. 1 der VO-EWG Nr. 1836/93 oder gemäß Art. 9 Abs. 1 der VO-EG Nr. 761/2001 Zertifizierungsbescheinigungen nach den von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften anerkannten Zertifizierungsverfahren zu erteilen (vgl. § 9 Abs. 3 UAG). Nach § 28 UAG ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ermächtigt, eine oder mehrere juristische Personen des Privatrechts mit den Aufgaben der Zulassungsstelle durch Rechtsverordnung zu beleihen, wenn deren Bereitschaft und Eignung zur ordnungsgemäßen 30

Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 16.05.2001, BGBl. I S. 876 ff.; zuletzt geändert durch erstes Gesetz zur Änderung des Signaturgesetzes vom 04.01.2005, BGBl. S. 2 ff. 31 Im Folgenden kurz: UAG. 32 Vgl. § 1 Abs. 1 UAG.

IV. Zur Methode und zum Gang der Untersuchung

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Erfüllung der Zulassungs- und Aufsichtsaufgaben gegeben ist. Entsprechend wurde die DAU – Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH – beliehen. Nahezu sämtliche Fragen, die sich im Rahmen des Verfahrens nach der AZWV stellen, sind auch zum Zulassungsverfahren nach dem UAG gestellt worden: Muss nur eine Stelle als Akkreditierungsstelle tätig sein oder kommen auch mehrere Akkreditierungsstellen in Betracht? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten habe die Antragsteller, die sich um eine Zulassung als Umweltgutachter bewerben? Genießen diese Antragsteller Grundrechtsschutz, wenn ja, in welchem Umfang? In welcher Rechtsform erfolgt nach vorgenommener Zulassung die Erteilung der Zertifikate durch die Umweltgutachter, öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten gibt es für die eine Gültigkeitserklärung erstrebenden Unternehmen gegen die Entscheidungen der Umweltgutachter? Der Vergleich mit diesem System und der hierzu vorliegenden Literatur und Rechtsprechung kann also im Wege der Analogie u. U. helfen, offene Fragen für das Anerkennungs- und Zulassungsverfahren nach der AZWV zu beantworten. Um eine möglichst breite Vergleichsgrundlage zu schaffen, soll ein weiteres Anerkennungs- bzw. Akkreditierungs- und Zertifizierungsverfahren herangezogen werden: Die Akkreditierung und Zulassung sog. zugelassener Stellen für Prüfungen nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG). Schließlich wurde auch im Sozialrecht ein Versuch der Etablierung eines Systems der Akkreditierung und Zertifizierung unternommen – im Bereich der Pflegeversicherung. Nach § 113 SGB XI sind Leistungs- und Qualitätsnachweise durch „anerkannte unabhängige Sachverständige oder Prüfstellen“ zu erteilen. Mit diesen Nachweisen erbringe die Pflegeeinrichtung den Beleg, „dass sie den Qualitätsanforderungen des SGB XI entspricht“. Die Nachweise sollen als „einrichtungsexternes Prüfinstrument dazu dienen, die Erfolge der einrichtungsinternen Qualitätsanstrengungen zu dokumentieren“.33 Die Erteilung dieser Leistungs- und Qualitätsnachweise sei „eine öffentliche Aufgabe“, die „nur durch von den Landes- oder Bundesverbänden der Pflegekassen anerkannte unabhängige Sachverständige oder Prüfstellen wahrgenommen werden“ könne.34 Das Verfahren für die Erteilung der Leistungs- und Qualitätsnachweise sowie die Voraussetzungen und das Verfahren für die Aner33 34

Vgl. BT-Drucks. 14/5395, S. 40. Vgl. BT-Drucks. 14/5395, S. 40.

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Teil 1: Das neue Anerkennungs- und Zulassungsverfahren

kennung von Qualitätsprüfern wurde zwar als Rechtsverordnung ausgestaltet,35 ist aber nicht in Kraft getreten, nach dem ihr der Bundesrat die notwendige Zustimmung versagte.36 Nicht nur wegen der Systematik von Akkreditierung und Zertifizierung in dieser Verordnung erscheint es sinnvoll, diese Regelungen im Rahmen der Untersuchung zumindest als zusätzlichen Vergleichspunkt heranzuziehen. Es basieren auch zumindest einzelne Regelungen dieser Verordnung auf dem Zulassungssystem für Umweltgutachter nach dem UAG.37 Der erste Versuch einer Übertragung eines Akkreditierungs- und Zertifizierungssystems in das Sozialrecht könnte auch deshalb wichtige Erklärungen für das Akkreditierungs- und Zertifizierungssystem der §§ 77 ff. SGB III bzw. der AZWV bieten. Wegen der fehlenden Geltung der Pflege-Prüfverordnung wird sie allerdings nur zusätzlich zur Absicherung der Ergebnisfindung zu einzelnen Punkten, nicht aber – wie die drei anderen genannten Systeme – als Vergleichssystem in vollem Umfang herangezogen. Auf den verschiedenen Stufen der Untersuchung sollen diese vorgenannten Systeme der Zulassung jeweils vergleichend herangezogen werden. Mit Hilfe dieser Vergleiche, die sich auch auf Rechtsprechung und Literatur zu diesen Zulassungsverfahren erstrecken, könnte es gelingen, das Verfahren der Anerkennung und Zulassung nach der AZWV in ein bereits vorhandenes „System“ ähnlicher Verfahren einzuordnen und auf diese Weise weitere Erkenntnisse zu gewinnen bzw. gewonnene Untersuchungsergebnisse abzusichern.

35 36 37

Vgl. BT-Drucks. 588/02. Vgl. BT-Drucks. 588/02 – Beschluss. Vgl. Begründung zur Pflege-Prüfverordnung, BT-Drucks. 588/02, S. 170 f.

Teil 2

Verfahren der Anerkennung und Zulassung aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab In diesem Teil der Untersuchung werden die Anerkennung und die Tätigkeit von Kfz-Sachverständigen betreffend die Durchführung der Hauptuntersuchung für Kraftfahrzeuge nach § 29 StVZO und die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO (I.), die Anerkennung und die Tätigkeit von Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz (II.), die Zulassung und die Tätigkeit von Umweltgutachtern im Umwelt-Audit-Recht (III.) sowie die Anerkennung bzw. Zulassung und die Tätigkeit von Stellen zur Durchführung von Prüfverfahren nach § 11 i. V. m. §§ 2 Abs. 15 Nr. 1, 3 Abs. 3 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (IV.) dargestellt. Besonders eingehend wird dabei erörtert, ob es sich um öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verfahren und Tätigkeiten handelt oder ob eine Kombination aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen vorliegt. Diese entsprechenden Erkenntnisse können, wie bereits dargelegt, für die rechtliche Einordnung des Anerkennungs- und des Zertifizierungsverfahrens nach den §§ 77 ff. SGB III bzw. nach der AZWV wesentlich sein, weil auch hier drei Möglichkeiten bestehen: Es kann sich um ausschließlich öffentlich-rechtliche Verfahren handeln, so dass insbesondere auch die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen nach der AZWV ausschließlich öffentlich-rechtlich erfolgt. Ferner könnte es sich um rein privatrechtliche Verfahren bzw. Tätigkeiten handeln. Schließlich kann auch hier eine Kombination aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen vorliegen, indem die Tätigkeit als Beliehene mit dem gleichzeitigen Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung verbunden wird. Wenn es gelingt, gemeinsame bzw. parallele rechtliche Strukturen und Elemente aus diesen unterschiedlichen Verfahren aus verschiedenen Bereichen des Umwelt- und Technikrechts zu finden bzw. erkennbar zu machen, die jeweils die Einordnung als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich oder als Kombination aus beidem begründen, wäre, wie bereits dargelegt, ein Vergleichsmaßstab für die rechtliche Einordnung des neuen Systems der Anerkennung und Zulassung nach den §§ 77 ff. SGB III bzw. nach der AZWV gegeben.

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

I. Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen zur Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und zur Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO i. V. m. dem Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) Bevor das Verfahren der Anerkennung von Kfz-Sachverständigen zur Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und zur Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO („ASU“) dargestellt wird, werden beide Untersuchungsformen nachfolgend kurz beschrieben.

1. Die Hauptuntersuchung der Kraftfahrzeuge und Anhänger nach § 29 StVZO Die Halter von in § 29 Abs. 1 StVZO näher bezeichneten Kraftfahrzeugen haben ihre Fahrzeuge auf ihre Kosten nach Maßgabe der Anlage VIII i. V. m. der Anlage VIII a zur StVZO in regelmäßigen Zeitabständen untersuchen zu lassen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO).1 Der Halter hat gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 StVZO den Monat, in dem das Fahrzeug spätestens zur Hauptuntersuchung vorgeführt werden muss, durch eine Prüfplakette nach der Anlage IX zur StVZO auf dem amtlichen Kfz-Kennzeichen nachzuweisen. Die Prüfplaketten sind „von der Zulassungsbehörde oder den zur Durchführung von Hauptuntersuchungen berechtigten Personen zuzuteilen und auf dem hinteren amtlichen Kennzeichen dauerhaft und gegen Missbrauch gesichert anzubringen“ (§ 29 Abs. 2 Satz 2 StVZO). Eine Prüfplakette darf nur dann zugeteilt und angebracht werden, wenn keine Bedenken gegen die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeuges bestehen.2 Durch die nach durchgeführter Hauptuntersuchung zugeteilte und angebrachte Prüfplakette wird bescheinigt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt dieser Untersuchung vorschriftsmäßig entsprechend den Regelungen in der Anlage VIII Ziffer 1.2 zur StVZO ist.3 Weist das Fahrzeug lediglich geringe Mängel auf, so kann abweichend von § 29 Abs. 3 Satz 1 StVZO die Prüfplakette zugeteilt und angebracht werden, wenn die unverzügliche Beseitigung der Mängel zu erwarten ist.4 Monat und Jahr des Ablaufs der Frist für die nächste Hauptuntersuchung müssen von demjenigen, der die Prüfplakette zugeteilt und angebracht hat, 1 Ausnahmen StVZO geregelt. 2 § 29 Abs. 3 3 § 29 Abs. 3 4 § 29 Abs. 3

von dieser Untersuchungspflicht sind in § 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 Satz 1 StVZO. Satz 2 StVZO. Satz 3 StVZO.

I. Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen

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bei den im üblichen Zulassungsverfahren behandelten Fahrzeugen im Fahrzeugschein in Verbindung mit dem Prüfstempel der untersuchenden Person oder Stelle vermerkt werden.5 Für die Hauptuntersuchung hat der für ihre Durchführung Verantwortliche einen Untersuchungsbericht nach Maßgabe der Anlage VIII zur StVZO zu erstellen und dem Fahrzeughalter oder dessen Beauftragten auszuhändigen.6 Diesen Untersuchungsbericht hat der Halter mindestens bis zur nächsten Hauptuntersuchung aufzubewahren.7

2. Die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO Die Halter von Kraftfahrzeugen, die mit Fremdzündungsmotor oder mit Kompressionszündungsmotor angetrieben werden, haben (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) zur Verringerung der Schadstoffemissionen gemäß § 47 a Abs. 1 Satz 1 StVZO das Abgasverhalten ihres Kraftfahrzeuges auf ihre Kosten nach Maßgabe der Anlage XI a zur StVZO in regelmäßigen Zeitabständen untersuchen zu lassen. Solche Untersuchungen dürfen u. a. von hierfür anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten, amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfern für den Kraftfahrzeugverkehr oder von betrauten Prüfingenieuren einer für die Durchführung von Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO amtlich anerkannten Überwachungsorganisation vorgenommen werden.8 Die für die anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten in § 47 b Abs. 2 Nr. 5 u. 6 StVZO vorgegebenen Anforderungen gelten entsprechend auch für die vorgenannten Stellen.9 Als Nachweis über den ermittelten Zustand des Abgasverhaltens hat der für die Untersuchung Verantwortliche nach bestimmten Vorgaben eine Prüfbescheinigung nach einem im Verkehrsblatt bekanntgegebenen Muster auszuhändigen und bei vorschriftsgemäßen Abgasverhalten eine Plakette nach Anlage IX a zur StVZO zu erteilen und am vorderen amtlichen Kennzeichen nach Maßgabe der Anlage IX a zur StVZO dauerhaft und gegen Missbrauch gesichert anzubringen.10 Ferner hat der für die Untersuchung Verantwortliche dafür zu sorgen, dass die Prüfbescheinigung mindestens die in § 29 Abs. 3 Satz 2 StVZO vorgeschriebenen Angaben enthält. 5

§ 29 Abs. 6 Ziffer 1 a) StVZO. § 29 Abs. 9 StVZO. 7 § 29 Abs. 10 Satz 1 StVZO. 8 § 47 a Abs. 2 Satz 1 StVZO. 9 § 47 a Abs. 2 Satz 3 StVZO. 10 § 47 a Abs. 3 Satz 1 StVZO. 6

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Die Prüfbescheinigung ist vom Halter aufzubewahren und auf deren Verlangen vom Fahrzeugführer den in § 29 Abs. 4 Satz 1 StVZO bezeichneten Stellen auszuhändigen bzw. vorzulegen.

3. Das Anerkennungsverfahren Die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und die Zuteilung entsprechender Prüfplaketten dürfen nur durch entsprechend berechtigte Personen bzw. „Verantwortliche“ vorgenommen werden. Die Prüfung ist durch amtlich anerkannte Sachverständige oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr i. S. d. § 1 KfSachvG (im Folgenden kurz: Sachverständige) oder durch amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen freiberuflicher Kfz-Sachverständiger (im Folgenden kurz: Überwachungsorganisationen) vorzunehmen. Das Prüfungsverfahren ist den Anlagen VIII und VIII a zur StVZO geregelt. a) Anerkennung von Sachverständigen, die Untersuchungen nach §§ 29, 47 a StVZO vornehmen dürfen Die „amtliche Anerkennung“ (vgl. § 1 Abs. 1 KfSachvG) wird durch sog. Anerkennungsbehörden (vgl. nur §§ 3 Abs. 2, 5, 15 Nr. 3 KfSachvG, in Hessen: durch das Regierungspräsidium Darmstadt als Bezirksordnungsbehörde11) vorgenommen. Die Anerkennung erfolgt auf Antrag (§ 3 KfSachvG) und nach erfolgreicher Prüfung (§ 4 KfSachvG i. V. m. VO zur Durchführung des KfSachvG vom 24.05.1972, BGBl. 1972, S., 854 ff.). Zuvor hat der Bewerber bzw. Antragsteller eine spezielle technische Ausbildung zu absolvieren.12 Bei erfolgreicher Prüfung und Vorliegen der weiteren Anerkennungsvoraussetzungen (u. a. das Fehlen von Tatsachen, die den Bewerber für die Tätigkeit als Sachverständiger oder Prüfer als unzuverlässig erscheinen lassen)13 ist die Anerkennung zu erteilen.14 Die Anerkennung wird durch Aushändigung oder Zustellung eines Ausweises erteilt (§ 5 Satz 1 KfSachvG, § 13 Abs. 2 VO zur Durchführung des KfSachvG). Die Voraussetzungen für das Ruhen und Erlöschen der Anerkennung sind in § 7 KfSachvG, die Voraussetzungen für die Rücknahme15 11

Vgl. § 15 der Verordnung zur Änderung der Zuweisungsverordnung und zur Bestimmung straßenverkehrsrechtlicher Zuständigkeiten vom 18.07.2005, GVBl. I Nr. 18 vom 27.07.2005, S. 546 ff., im Folgenden kurz: ZustVO. 12 Vgl. § 1 ff. KfSachvG. 13 Vgl. hierzu und zu den weiteren Anerkennungsvoraussetzungen § 2 KfSachvG. 14 § 2 Abs. 1 KfSachvG. 15 Wenn bestimmte Anerkennungsvoraussetzungen bereits bei Erteilung der Anerkennung nicht vorlagen und auch keine Ausnahme genehmigt wurde, vgl. § 8 Abs. 1 KfSachvG.

I. Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen

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und den Widerruf16 der Anerkennung sind in § 8 KfSachvG geregelt. Bei Ruhen oder Rücknahme bzw. Widerruf der Anerkennung ist der Ausweis unverzüglich an die Anerkennungsbehörde zurückzugeben.17 Der Sachverständige wird für eine Technische Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr tätig, die Sachverständige in der erforderlichen Zahl anzustellen und die notwendigen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen hat (vgl. §§ 10, 11 KfSachvG). Die Technische Prüfstelle unterliegt der Aufsicht (§ 13 KfSachvG; in Hessen ist Aufsichtsbehörde das Regierungspräsidium Darmstadt als Bezirksordnungsbehörde, § 15 Abs. 1 Nr. 2 ZustVO). Schließlich werden für „Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen“ nach dem KfSachvG „Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben“ (§ 18 KfSachvG). Es besteht die Möglichkeit zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des KfSachvG und der auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen (§ 19 KfSachvG).18 b) Anerkennung von Überwachungsorganisationen Entsprechendes gilt für die Anerkennung von Überwachungsorganisationen freiberuflicher Kfz-Sachverständiger. Diese ist in der Anlage VIII b zur StVZO19 geregelt. Zuständige Behörde für die Anerkennung von Überwachungsorganisationen zur Durchführung von Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO sowie zur Durchführung von Abgasuntersuchungen nach § 47 a StVZO bzw. der Inhaber der Anerkennung nach Anlage VIII b zur StVZO sowie für die Ausübung der Aufsicht über die Anerkennungsstellen, das Anerkennungsverfahren sowie die Schulung nach Anlage VIII c zur StVZO ist in Hessen das Regierungspräsidium Darmstadt als Bezirksoberbehörde.20 Die Aufsichtsbehörde (oder die von ihr bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen) können selbst prüfen oder durch von ihnen bestimmte Sachverständige prüfen lassen, ob insbesondere die Voraussetzungen der Anerkennung noch gegeben sind, ob die Untersuchungen ordnungs16

Wenn bestimmte Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, vgl. § 8 Abs. 2 KfSachvG. 17 § 5 Satz 2 KfSachvG. 18 Z. B. die Verordnung zur Durchführung des Kraftfahrsachverständigengesetzes vom 24.05.1972, BGBl. 1972, S. 854 ff., in der Ausbildung und Prüfung näher geregelt sind. 19 BGBl. I 2002, S. 3580 ff., zuletzt geändert durch die 41. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 03.03.2006, BGBl. 470, 475. 20 § 12 Abs. 1 Nr. 1–3 ZustVO.

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

gemäß durchgeführt und die sich sonst aus der Anerkennung oder aus den Auflagen ergebenden Pflichten erfüllt werden und ob und in welchem Umfang von der Anerkennung Gebrauch gemacht worden ist.21 Im Gegensatz zur Anerkennung von Sachverständigen ist der Anerkennungsbehörde bei der Anerkennung von Überwachungsorganisationen Ermessen eröffnet, ob sie die Anerkennung bei Vorliegen der Voraussetzungen erteilt.22 Voraussetzung für die Anerkennung sind – neben dem Erfordernis, dass die Organisation ausschließlich von entsprechend fachlich qualifizierten Sachverständigen gebildet und getragen wird23 – u. a. die persönliche Zuverlässigkeit der nach Gesetz, Vertrag oder Satzung zur Vertretung der Organisation berufenen Personen,24 die Einrichtung eines innerbetrieblichen Revisionsdienstes, mit dessen Hilfe jederzeit die Untersuchungs- und Prüfqualität für einen beliebigen Zeitraum innerhalb der letzten drei Jahre nachvollzogen und diese Ergebnisse mit denen anderer Überwachungsorganisationen verglichen werden können25 und die Sicherstellung der regelmäßigen, im Einzelnen näher vorgeschriebenen, Fortbildung der mit der Durchführung der Untersuchungen betrauten Personen.26 Erforderlich sind darüber hinaus der Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung und die Freistellung des Bundeslandes, in dem die Sachverständigen tätig werden, von sämtlichen Schadensersatzansprüchen aus der Tätigkeit der Sachverständigen.27 Des Weiteren enthalten die betreffenden Regelungen detaillierte Eignungsvoraussetzungen für die Kraftfahrzeugsachverständigen und ihre Angestellten28 sowie für den technischen Leiter der Organisation und seinen Vertreter.29 Die Prüfingenieure dürfen nicht von der Zahl und vom Ergebnis der durchgeführten Hauptuntersuchungen bzw. Abgasuntersuchungen wirtschaftlich abhängig sein. Auf Verlangen ist der Aufsichtbehörde der Nachweis über das Abrechnungs- und Vergütungssystem der Organisation mitzuteilen.30 Im Rahmen der Innenrevision hat die Organisation insbesondere sicherzustellen, dass die Qualität von Hauptuntersuchungen und Abgasuntersuchungen durch eine zu hohe Zahl von Einzelprüfun21

Ziffer 9.1, 9.1.1–9.1.3 Anlage VIII b zur StVZO. Vgl. Ziff. 2. Anlage VIII b zur StVZO: „Die Anerkennung kann erteilt werden, wenn . . .“. 23 Ziff. 2.1 Anlage VIII b zur StVZO. 24 Ziff. 2.2 Anlage VIII b zur StVZO. 25 Ziff. 2.4 Anlage VIII b zur StVZO. 26 Ziff. 2.5 Anlage VIII b zur StVZO. 27 Ziff. 2.6 Anlage VIII b zur StVZO. 28 Ziff. 3 Anlage VIII b zur StVZO. 29 Ziff. 5 Anlage VIII b zur StVZO. 30 Ziff. 6.1 Anlage VIII b zur StVZO. 22

I. Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen

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gen nicht beeinträchtigt wird.31 Schließlich dürfen zur Vermeidung von Interessenkollisionen die die Organisation bildenden und tragenden selbständigen und hauptberuflichen Kraftfahrzeugsachverständigen, die nach Gesetz, Vertrag oder Satzung zur Vertretung der Organisation berufenen Personen sowie die mit der Durchführung der Untersuchungen betrauten Prüfingenieure weder direkt noch indirekt mit Herstellung, Handel, Leasing, Wartung und Reparatur von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen befasst sein.32 c) Anerkennung von Kraftfahrzeugwerkstätten zur Durchführung von Abgasuntersuchungen nach § 47 a Abs. 2 StVZO Das Anerkennungsverfahren ist im Wesentlichen in der Anlage VIII c zur StVZO33 geregelt. Die Anerkennung wird auf Antrag erteilt.34 Bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen ist die Anerkennung zu erteilen.35 Voraussetzung für die Anerkennung ist u. a. die Zuverlässigkeit des Antragstellers bzw. bei juristischen Personen die Zuverlässigkeit der zur Vertretung berufenen sowie der für die Untersuchungen verantwortlichen Personen.36 Ferner ist z. B. der Nachweis bestimmter fachlich-technischer Qualifikationen der für die Durchführung der Untersuchungen verantwortlichen Personen und der anderen dafür eingesetzten Fachkräfte erforderlich.37 Zudem hat der Antragsteller das (Bundes-)Land, in dem er tätig wird, von allen Ansprüchen Dritter wegen Schäden freizustellen, die im Zusammenhang mit den Untersuchungen nach der Anlage XI a Nr. 3.1, 3.2 oder 3.3 zur StVZO von ihm oder den von ihm beauftragten Fachkräften verursacht werden. Hierfür hat der Antragsteller ferner den Abschluss einer entsprechenden Versicherung nachzuweisen.38 Die Anerkennung erfolgt durch die örtlich zuständige Handwerkskammer, die diese Befugnis auf die örtlich und fachlich zuständige Kraftfahrzeuginnung übertragen kann (vgl. Ziffer 1.1. Anlage VIII c zur StVZO). Die Anerkennung kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden, die erfor31

Ziff. 6.5 Anlage VIII b zur StVZO. Ziff. 6.6 Anlage VIII b zur StVZO. 33 I. d. F. der 41. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 03.03.2006, BGBl. 470, 493. 34 Vgl. Ziffer 2. Anlage VIIIc zur StVZO. 35 Vgl. Ziffer 2. Anlage VIIIc zur StVZO: „Die Anerkennung wird erteilt, wenn . . .“. 36 Vgl. Ziffer 2.1. Anlage VIIIc zur StVZO. 37 Vgl. Ziffer 2.2., 2.4., 2.5., 2.6. Anlage VIII c zur StVZO. 38 Vgl. Ziffer 2.9. und 2.10. Anlage VIII c zur StVZO. 32

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

derlich sind, um sicherzustellen, dass die Abgasuntersuchungen und die Schulungen der sie durchführenden Personen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Sie ist nicht übertragbar. Die Anerkennung ist zu widerrufen, wenn nachträglich eine der Voraussetzungen nach § 47 b Abs. 2 oder 3 StVZO weggefallen oder wenn die Abgasuntersuchungen oder Schulungen wiederholt nicht ordnungsgemäß durchgeführt oder wenn sonst grob gegen die Pflichten aus der Anerkennung oder gegen Nebenbestimmungen verstoßen worden ist (Ziffer 1.2., 4. und 5. Anlage VIII c zur StVZO). Nach Ziffer 6. i. V. m. Ziffer 1.1. Anlage VIII c zur StVZO obliegt die Aufsicht über das Anerkennungsverfahren, über die Durchführung der Abgasuntersuchung sowie über die Schulungen der obersten Landesbehörde, der von ihr bestimmten oder der nach Landesrecht zuständigen Stelle (Anerkennungsstelle). Die Aufsichtsbehörde kann die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung noch gegeben sind, ob die Abgasuntersuchungen ordnungsgemäß durchgeführt werden und ob die sich aus Nebenbestimmungen ergebenden Pflichten erfüllt werden, selbst vornehmen oder sie durch von ihr bestimmte sachverständige Personen oder Stellen vornehmen lassen. Diese Prüfung ist mindestens alle drei Jahre durchzuführen.39 Die mit der Prüfung beauftragten Personen sind gemäß Ziffer 6.2. i. V. m. Ziffer 8.1.1. Anlage VIIIc zur StVZO befugt, Grundstücke und Geschäftsräume des Inhabers der Anerkennung während der Geschäfts- und Betriebszeiten zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen und die vorgeschriebenen Aufzeichnungen einzusehen. Diese Maßnahmen hat der Inhaber der Anerkennung gemäß Ziffer 8.1.1. Anlage VIIIc zur StVZO zu dulden, soweit erforderlich die beauftragten Personen dabei zu unterstützen und auf Verlangen die vorgeschriebenen Aufzeichnungen vorzulegen. Schließlich hat er die Kosten der Prüfung zu tragen.40 d) Öffentlich-rechtliches Anerkennungsverfahren/ Anerkennung durch Verwaltungsakt Die drei vorstehend dargestellten Formen der Anerkennung erfolgen durch Verwaltungsakte in öffentlich-rechtlichen Anerkennungsverfahren. Die Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs, insbesondere durch präventive Kontrolle und Untersuchung der zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassenen Kraftfahrzeuge, ist eine staatliche Aufgabe. Die StVZO und ihre Ausführungsbestimmungen sind öffentliches Recht. 39 40

Vgl. Ziffer 6.1., 8.1. Anlage VIIIc zur StVZO. Vgl. Ziffer 8.1.1. Anlage VIIIc zur StVZO.

I. Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen

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Die Anerkennung ist eine von den Anerkennungsbehörden zu treffende Entscheidung bzw. hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls, die unmittelbare Rechtswirkung nach außen (gegenüber dem Sachverständigen, der Überwachungsorganisation oder der Kraftfahrzeugwerkstatt) hat (vgl. § 35 S. 1 VwVfG). Die Erteilung der Anerkennung ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der mit Nebenbestimmungen (§ 36 VwVfG) versehen werden kann und für dessen Rücknahme (§ 48 VwVfG) bzw. Widerruf (§ 49 VwVfG), wie ausgeführt, teilweise besondere Rechtsgrundlagen geschaffen wurden.

4. Die Tätigkeit als Kraftfahrzeugsachverständiger im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO sowie der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO – Tätigkeit als Beliehener Nach der Feststellung, dass die Anerkennung durch Verwaltungsakt im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahrens erfolgt, ist für die Tätigkeit der anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen, Überwachungsorganisationen und Kraftfahrzeugwerkstätten darzustellen, ob die Untersuchung der Fahrzeuge und die anschließende Entscheidung über die Vergabe der Prüfplakette öffentlich-rechtlich, privatrechtlich oder in einer Kombination aus hoheitlichen und privatrechtlichen Handeln erfolgt. In Rechtsprechung41 und Literatur42 besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die nach dem KfSachvG anerkannten Sachverständigen, die die 41 Vgl. BVerfG NJW 1987, S. 2501 f., 2502; BVerwGE 29, S. 166; VGH München, NJW 1975, S. 1796 f., 1797; BGH WM 2001, S. 151 f., 152; BGH NJW 1993, S. 1784 ff., 1784; BGH NJW 1968, S. 443 ff., 444 f.; BGHZ 49, S. 108 ff., 113; 122, S. 85 ff., 87 ff.; OLG Koblenz, NJW 2003, S. 297 ff., 298; OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 1629 f., 2629; OLG Köln, NJW 1989, S. 2065 f., 2065; für die Prüfung nach § 21 StVZO ebenso: BGH NJW 2004, S. 3484. 42 Hentschel, § 29 StVZO. Rdnr. 22 m. w. Nachw.; Münchener Kommentar zum BGB/Papier, 4. Aufl., 2004, § 839 BGB, Rdnr. 133; Jörn Ipsen: Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., 2005, Rdnr. 329, FN 32 u. Rdnr. 1259; Berthold Kastner in: Michael Fehling/Kastner/Volker Wahrendorf (Hrsg.): Verwaltungsrecht VwVfG/ VwGO Handkommentar, 2006, § 1 VwVfG, Rdnr. 35; Peter Badura/Peter M. Huber: Öffentliches Wirtschaftsrecht, in: Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.): Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Aufl., 2005, 3. Kap., S. 277 ff., Rdnr. 84; Paul Stelkens/ Herbert Schmitz in: Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.): VwVfG, 6. Aufl., 2001, § 1, Rdnr. 239; Rudolf Schweickhardt in: Ute Vondung (Hrsg.): Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., 2004, Rdnr. 25 u. 1173; Dirk Ehlers: Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: HansUwe Erichsen/Ehlers (Hrsg.): Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl., 2006, § 1, Rdnr. 16; Martin Burgi: Verwaltungsorganisationsrecht, in: Erichsen/Ehlers, § 9, Rndr., Rdnr. 23: TÜV-Sachverständiger ist bei Erteilung oder Verweigerung der

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO an Kraftfahrzeugen durchführen, insoweit als sog. Beliehene, also hoheitlich tätig werden. Gleiches gilt für die Tätigkeit der Sachverständigen im Rahmen der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO.43 Als Beliehene handeln auch die Sachverständigen der anerkannten Überwachungsorganisationen44 hinsichtlich der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO, ebenso die Sachverständigen bzw. Prüfer der zur Durchführung der Abgasuntersuchung anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten.45 Beliehene sind, wie dargelegt, natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, denen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt oder verwaltungsrechtlichen Vertrag hoheitliche Kompetenzen in begrenzten Umfang zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen worden sind.46 Privatrechtssubjekten (natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts) können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes47 die Wahrnehmung bestimmter, einzelner öffentlicher Aufgaben übertragen werden. Die Beliehenen sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation stehen.48 Gleichwohl handeln sie in Prüfplakette nach § 29 StVZO „klassischer Repräsentant“ der Beleihung, vgl. auch Rdnr. 25; Fritz Ossenbühl: Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., 1998, S. 16 ff.; Palandt/ Hartwig Sprau: BGB, 66. Aufl., 2007, § 839 BGB, Rdnr. 135; Erman/Jan Hecker: BGB, 11. Aufl., 2004, § 839 BGB, Rdnr. 35; Jauernig/Teichmann: BGB, 11. Aufl., 2004, § 839, Rdnr. 6; Hk-BGB/Staudinger, 4. Aufl., 2005, § 839, Rdnr. 6; Udo Steiner: Anm. zu VGH München, NJW 1975, S. 1796 f., S. 1797 f.; ders.: Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 123 ff., insbes. 125 f.; Sibylle von Heimburg: Verwaltungsaufgaben und Private, 1981, S. 120–122; Jutta Stuible-Treder: Der Beliehene im Verwaltungsrecht, 1986, S. 47 ff., 50 u. 52; Volkmar Götz: Technischer Überwachungs-Verein und Verfassungsrecht, in: Volkmar Götz/Rudolf Lukes: Zur Rechtsstruktur der Technischen Überwachungs-Vereine, 2. Aufl., 1980, S. 9 ff., 33, 35 u. 48 f.; Rudolf Lukes: Technischer Überwachungs-Verein und Vereinsrecht, in: Götz/Lukes, S. 51 ff., 91–94, 107. 43 Vgl. OLG Frankfurt am Main, NJW 2003, S. 1465 f., 1465; OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f.; Hentschel, § 47 a StVZO, Rdnr. 3 m. w. Nachw.; Hk-VerwR/ Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 35. 44 Hentschel, § 29 StVZO, Rdnr. 22 u. § 47 a StVZO, Rdnr. 3. 45 Vgl. Rolf Stober: Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 14. Aufl., 2004, § 40 I; OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f.; Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 1, Rdnr. 239. 46 Vgl. nur: Martin Trockels in: Vondung (Hrsg.): Rdnr. 25; Ehlers in: Erichsen/ Ehlers (Hrsg.), § 1, Rdnr. 16; Erichsen in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 12, Rdnr. 18; Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 24 f. u. 27. 47 Vgl. hierzu: OVG Münster, JZ 1980, S. 93. 48 Ipsen, Rdnr. 329.

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„Ausübung eines öffentlichen Amtes“, sind also „Behörde“ i. S. d. § 1 Abs. 4 VwVfG.49 Die (zwingenden) öffentlich-rechtlichen Regelungen betreffen die Durchführung der Hauptuntersuchung bzw. der Abgasuntersuchung mit dem vorgeschriebenen Inhalt und die Feststellung des Prüfungsergebnisses. Das Prüfergebnis ist dann allein entscheidend dafür, ob die begehrte Plakette erteilt bzw. auf dem Fahrzeugkennzeichen angebracht oder ihre Anbringung versagt wird. Die Erteilung (oder Versagung) der Prüfplakette durch den Sachverständigen ist ein Verwaltungsakt, weil der Sachverständige mit seiner Entscheidung gemäß § 29 Abs. 7 Satz 4 u. 5 StVZO i. V. m. § 17 StVZO verbindlich über die weitere Zulassung des Kraftfahrzeuges zum Straßenverkehr entscheidet,50 auch wenn der Gesetzesvollzug in Form der Beschränkung oder Untersagung des Betriebes des Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehr nicht durch ihn, sondern durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde erfolgt.51 Entscheidend für die Einordnung als Beliehene ist, dass die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde in diesen Fällen im Hinblick auf die Tätigkeit des Sachverständigen „nur pro forma erhalten geblieben“ ist, also „nur noch eine leere Hülse“ darstellt.52 Die strikten gesetzlichen Vorgaben für die Tätigkeit der Beliehenen lassen hinsichtlich Ablauf und Inhalt der Prüfung insbesondere auch keinen Raum für abweichende oder unterschiedliche Regelungen der einzelnen Prüforgane bzw. Prüfinstitutionen oder gar für Vereinbarungen mit den betroffenen Fahrzeughaltern. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht zur Einordnung der TÜV-Sachverständigen darauf hingewiesen, angesichts einer bis ins einzelne durch Gesetz, Verordnung oder durch Erlasse der Landesregierung geregelten Tätigkeit bleibe von der „privatrechtlichen Selbständigkeit“ der Technischen Prüfstellen „nahezu nichts übrig“.53 49

Vgl. nur: Ehlers in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 1, Rdnr. 16. Vgl. nur: von Heimburg, S. 120 f.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 126; Stuible-Treder, S. 49 f. 51 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 126 u. 132 f.; ders.: NJW 1975, S. 1797 f.; OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f.: Unterscheidung, ob Sachverständiger selbst VA erlässt oder nur weitestgehend vorbereitet, ist wegen der weitreichenden Befugnisse der Sachverständigen hinsichtlich der Entscheidung über die Zuteilung der Prüfplaketten „weitgehend bedeutungslos“; ebenso: BGH NJW 1993, S. 1784 ff., 1784; BGH NJW 1968, S. 443 ff., 444; OLG Köln, NJW 1989, S. 2065 f., 2065; OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 2629 f. 2629. 52 Vgl. Oliver Freitag: Das Beleihungsrechtsverhältnis, 1. Aufl., 2005, S. 40: „verwaltungsverfahrensinterne Beleihung“. 53 NJW 1987, S. 2501 f. 50

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Gleichwohl sind die Rechtsbeziehungen zwischen den Fahrzeughaltern und den Sachverständigen bzw. den Organisationen oder Werkstätten, für die diese tätig sind, nicht auf den hoheitlichen bzw. verwaltungsrechtlichen Bereich beschränkt. Neben die öffentlich-rechtliche tritt eine privatrechtliche, in aller Regel vertraglich ausgestaltete Rechtsbeziehung. Der Fahrzeughalter schließt z. B. mit einer Überwachungsorganisation einen privatrechtlichen Vertrag über die Durchführung der Untersuchung bzw. Prüfung des Kraftfahrzeuges durch einen anerkannten Sachverständigen, der nach Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verpflichtet ist, die Prüfplakette entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu erteilen und am Fahrzeugkennzeichen anzubringen. Der privatrechtliche Vertrag betrifft lediglich die nähere Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Sachverständigen und den Auftraggebern (Fahrzeughaltern), vor allem hinsichtlich des konkret zu zahlenden Entgelts bzw. der „Gebühr“ und der Haftung für etwaige Pflichtverletzungen. Die Höhe der Vergütung ist auch nicht exakt gesetzlich geregelt. Vielmehr bestimmt, wie ausgeführt, z. B. die Regelung für die anerkannten Überwachungsorganisationen gemäß Ziffer 6.2 der Anlage VIII b zur StVZO nur, dass die vom Fahrzeughalter zu entrichtenden „Entgelte“ für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO von der anerkannten Überwachungsorganisation „in eigener Verantwortung für den Bereich der jeweils örtlich zuständigen technischen Prüfstelle . . . einheitlich festzulegen“ sind. Ferner sind sie der zuständigen Aufsichtsbehörde rechtzeitig vor ihrer Einführung mitzuteilen. Ziffer 6.3. der Anlage VIII b zur StVZO bestimmt darüber hinaus, dass die nach Ziffer 6.2. festgelegten Entgelte von der Organisation „nach Massgabe der Preisangabenverordnung in der jeweils geltenden Fassung bekannt zu machen (sind). Ein vereinbartes Entgelt für die Untersuchung . . . durch eine Kraftfahrzeugwerkstatt ist von ihr gesondert bekannt zu machen und . . . vom Fahrzeughalter zu erheben“. Und schließlich ist das Entgelt nach Ziffer 6.2. der Anlage VIII b zur StVZO gemäß Ziffer 6.3. Anlage VIII b zur StVZO „einschließlich Umsatzsteuer auf allen Ausfertigungen der Untersuchungs- und Abnahmeberichte sowie der Prüfprotokolle anzugeben“. Die Verweise auf die Preisangabenverordnung, auf die Erhebung von Umsatzsteuer und der Begriff eines zu vereinbarenden Entgeltes verdeutlichen, dass insoweit eine privatrechtliche, vertragliche Vereinbarung über das konkret zu zahlende Prüfungsentgelt zwischen dem Halter des Kraftfahrzeuges einerseits und der Prüfungsorganisation bzw. der Kraftfahrzeugwerkstatt andererseits geschlossen wird.

I. Die Anerkennung von Kfz-Sachverständigen

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Dem stehen die Regelungen in § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) i. V. m. der Anlage zu dieser Gebührenordnung (Gebührenverzeichnis)54 gegenüber. Dort sind unter der Gebühren-Nummer 413 Rahmengebühren auch für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und die Abgasuntersuchung ausgewiesen. § 1 GebOSt verweist auf Gebühren für Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen i. S. d. § 6 a StVG, also gemäß § 6 a Abs. 1 Nr. 1 a) StVG i. V. m. § 6 StVG auch solche nach der StVZO. Die gesetzliche Vorgabe solcher „Rahmengebühren“ ändert aber nichts daran, dass jedenfalls die anerkannten Überwachungsorganisationen und die anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten mit den Fahrzeughaltern privatrechtliche Vereinbarungen über das konkret von diesen für die Fahrzeuguntersuchung zu entrichtende Entgelt schließen. Denn die Preisangabenverordnung gilt nicht für öffentlich-rechtliche Gebühren. Auch bezeichnet der Begriff „Entgelt“ keine – notwendig öffentlich-rechtliche – Gebühr. Ferner werden öffentlich-rechtliche Gebühren auch nicht „vereinbart“, sondern festgesetzt. Erst recht wird auf öffentlich-rechtliche Gebühren keine Umsatzsteuer erhoben (vgl. §§ 1, 2 Abs. 3 Satz 1 UStG). Der Fahrzeughalter als Auftraggeber hat zudem die freie Wahl, an welche anerkannten Sachverständigen bzw. an welche Organisation oder Werkstatt er sich wendet. Die Entgelte für ihre Untersuchungs- und Prüfungsleistung sowie für die Erteilung der Prüfplaketten legen diese in eigener Verantwortung fest und machen sie über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zum Gegenstand des abzuschließenden Vertrages. Es besteht also hinsichtlich der Preisgestaltung grundsätzlich ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den anerkannten Sachverständigen, den anerkannten Überwachungsorganisationen und den anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten. Auch die Rechtsprechung betont, dass es zusätzlich zu der hoheitlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO bzw. der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO zwischen dem Halter des Kraftfahrzeuges und der Prüfstelle privatrechtliche Rechtsbeziehungen gibt, etwa im Hinblick auf die Beachtung von Verkehrssicherungspflichten für den Aufenthalt des Fahrzeugführers bzw. -halters auf dem Prüfgelände.55 Insoweit 54 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr v. 26.06.1970, BGBl. I 865, 1298, zuletzt geändert durch Art. 2 der 41. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 03.03.2006, BGBl. I 470, 476, 477. 55 Vgl. OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 2629 f., 2629: „Der Senat teilt die Auffassung . . ., daß ein Sachverständiger bei der Überprüfung eines Fahrzeuges im Rahmen der Untersuchung nach § 29 StVZO hoheitlich tätig wird und insoweit nicht ein privatrechtliches Vertragsverhältnis im Vordergrund steht“ und „Daneben gibt es die Verkehrssicherungspflichten für den Aufenthalt des Fahrzeughalters oder

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

wird ebenfalls hervorgehoben, dass sich der öffentlich-rechtliche Teil der Rechtsbeziehungen ausschließlich und unmittelbar auf die Durchführung der Hauptuntersuchung mit dem vom Gesetz- bzw. vom Verordnungsgeber vorgeschriebenen Inhalt bezieht. Die Möglichkeit der „freien“ Kalkulation der Entgelte z. B. für die Untersuchung nach § 47 a StVZO durch die Sachverständigen soll für ihre Einordnung als Hoheitsträger bzw. Beliehene ohne Bedeutung sein.56 Dies gilt auch für den Bereich der Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO.

5. Zwischenergebnis Übertragen auf die fachkundigen Stellen nach der AZWV könnten sich aus dem Beispiel der anerkannten Sachverständigen bzw. Überwachungsorganisationen bzw. Werkstätten wichtige Aufschlüsse für die rechtliche Einordnung der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ergeben. Neben der Möglichkeit eines ausschließlich öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Handelns der Zertifizierungsstellen besteht eine dritte Möglichkeit: Die Zertifizierungsstellen könnten, sofern man eine hoheitliche Tätigkeit als Beliehene annimmt, auch aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages, etwa eines Werkvertrages nach §§ 631 ff. BGB in Form eines sog. Gutachtenerstellungsvertrages, der zwischen der jeweiligen Zertifizierungsstelle und dem Antragsteller geschlossen wird, tätig werden. Die Hinweise in der Begründung zur AZWV auf den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages könnten deshalb allein nicht ausreichen, um von einer rein privatrechtlichen Tätigkeit auszugehen. Es bedarf daher einer vertieften Untersuchung und Klärung dieser Frage. Zu diesem Zweck sollen nachfolgend, wie bereits erwähnt, zwei weitere Beispiele der Tätigkeit von Privatrechtssubjekten im Rahmen technischer Überwachungs- und Zulassungsverfahren untersucht werden. Es könnte allerdings eingewendet werden, dass es sich bei dem Beispiel der anerkannten Sachverständigen, Überwachungsorganisationen und Kraft-führers auf dem Gelände des TÜV, der nach privatrechtlichen Kriterien mit einer Anspruchsverpflichtung des TÜV zu klären ist“ sowie S. 2630: „Vielmehr geht es allein darum, wie der TÜV durch seine Mitarbeiter privatrechtlich Besuchern und Benutzern den Aufenthalt in der Prüfhalle überhaupt ermöglicht, einen solchen Aufenthalt zulässt und diesen Aufenthalt regelt . . . Im Vordergrund stehen die Sicherheitsbelange eines Besuchers, um die sich der TÜV bei privatrechtlicher Beziehung zu sorgen hat“; Hervorh. d. Verf. 56 Vgl. OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f., 1219.

II. Die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz 63

fahrzeugwerkstätten, die Untersuchungen nach §§ 29, 47 a StVZO vornehmen, um ein seit vielen Jahrzehnten existierendes System handelt, welches auf das vom „modernen“ Gesetz- und Verordnungsgeber geschaffene System der Akkreditierung und Zertifizierung nicht übertragbar sei. Deshalb soll zuvor kurz an einem Beispiel erläutert werden, dass auch speziell im Bereich von Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren, die erst kürzlich geschaffen wurden, der Dualismus von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Rechtbeziehungen bzw. Handlungsformen keineswegs unüblich ist.

II. Die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz Das System einer Kombination von öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Handlungsform ist auch in anderen Akkreditierungs- und Zertifizierungsverfahren zu finden. Beispiel hierfür ist die Tätigkeit von Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz.57 Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form im Bereich des Zivilrechts durch die elektronische Form ersetzt werden, muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem SigG versehen (§ 126 a Abs. 1 BGB). Die qualifizierte elektronische Signatur ist gemäß § 2 Nr. 3 SigG durch einen hohen Sicherheitsstandard gekennzeichnet.58 Besonders sicher sind allerdings die sog. akkreditierten elektronischen Signaturen.59 Bei diesen handelt es sich, wie sich der Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 4 SigG entnehmen lässt, um qualifizierte elektronische Signaturen, deren Anbieter (Zertifizierungsstelle) in einem speziellen, freiwilli57 Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 16.05.2001, BGBl. I S. 876 ff.; zuletzt geändert durch Gesetz zur Vereinheitlichung der Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste vom 26.02.2007, BGBl. S. 179 ff.; im Folgenden kurz: SigG. 58 Vgl. Soergel/Marly: BGB, 13. Aufl., 2002, § 126 a BGB, Rdnr. 10 u. 13; Palandt/Helmut Heinrichs, § 126 a BGB, Rdnr. 3; Erman/H. Palm, § 126 a BGB, Rdnr. 5. 59 Vgl. hierzu: Alexander Roßnagel: Das neue Signaturgesetz – Grundlage des elektronischen Rechtsverkehrs, MMR 2001, S. 201 f., 202; ders.: Das neue Recht elektronischer Signaturen, NJW 2001, S. 1817 ff., 1818 u. 1821 f.; Susanne Hähnchen: Das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, NJW 2001, S. 2831 ff., 2832, FN 3; Hans-Christoph Thomale: Haftung und Prävention nach dem Signaturgesetz, 2003, S. 54 f. u. 141 f.

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

gen60 Verfahren akkreditiert wurde. Wenn die Zertifizierungsstelle nachweist, dass die Vorschriften nach dem SigG und der Signaturverordnung61 erfüllt sind, ist die Akkreditierung der Zertifizierungsstelle zu erteilen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SigG). Die Zertifizierungsstelle darf sich dann als akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter bezeichnen und sich im Rechts- und Geschäftsverkehr auf die nachgewiesene Sicherheit berufen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 5 SigG). Akkreditierte elektronische Signaturen sind also qualifizierte elektronische Signaturen, die mit einem Zertifikat einer vorab umfassend auf technische und administrative Sicherheit überprüften Zertifizierungsstelle versehen sind.62 Diese Prüfungen (und auch die weiteren nach §§ 17 Abs. 4 und 15 Abs. 7 Satz 1 SigG) nehmen gemäß §§ 15 Abs. 2, 18 SigG anerkannte Prüf- und Bestätigungsstellen vor. Zuständige Behörde hierfür und auch nach der SigV ist gemäß § 3 SigG63 die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. Die Anerkennung der Prüf- und Bestätigungsstelle erfolgt auf Antrag, wenn die Prüf- und Bestätigungsstelle die für die Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Fachkunde nachgewiesen hat. Die Anerkennung kann inhaltlich beschränkt, vorläufig oder mit einer Befristung versehen erteilt werden und mit Auflagen verbunden sein (vgl. § 18 Abs. 1 SigG). Die anerkannten Prüf- und Bestätigungsstellen haben ihre Aufgaben unparteiisch, weisungsfrei und gewissenhaft zu erfüllen. Sie haben die Prüfungen und Bestätigungen zu dokumentieren und die Dokumentation im Falle der Einstellung ihrer Tätigkeit an die zuständige Behörde zu übergeben (vgl. § 18 Abs. 2 SigG). Für das Verfahren der Anerkennung enthält die SigV in § 16 nähere Regelungen. Insbesondere sind dort die Begriffe der Zuverlässigkeit, der Unabhängigkeit und der Fachkunde definiert.64 Für die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen gilt Folgendes: Sie werden von einem Hersteller, Importeur, Vertreiber oder einer Zertifizierungsstelle ausgesucht und im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages mit der Erstattung eines Gutachtens bzw. mit der Durchführung der Prüfung und Erteilung der Bestätigung bei Vorliegen der Voraussetzungen beauftragt. Die Ausstellung der Bestätigung ist aber hoheitliches Handeln, die 60

Vgl. § 2 Nr. 15 SigG. Vgl. § 24 SigG u. Verordnung zur elektronischen Signatur vom 16.11.2001, BGBl. S. 3074 ff., zuletzt geändert durch 1. SigÄndG vom 04.01.2005, im Folgenden kurz: SigV. 62 Soergel/Marly, § 126 a BGB, Rdnr. 10 u. 16. 63 I. d. F. des 1. SigÄndG. 64 Die Legaldefinitionen sind allerdings nur wenig konkret, vgl. zur entsprechenden Kritik etwa: Ivo Geis in: Gerald Spindler/Peter Schmitz/Geis: Teledienstegesetz/Teledienstedatenschutzgesetz/Signaturgesetz, 2004, § 18 SigG, Rdnr. 4. 61

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht

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Prüf- und Bestätigungsstellen werden hier als Beliehene tätig.65 Gesetzliche Grundlage der Beleihung ist die Regelung in § 18 Abs. 1 SigG, die Anerkennung als Prüf- und Bestätigungsstelle durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen ist zugleich der Beleihungsakt.66 Zwar trifft die Prüf- und Bestätigungsstelle im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine unmittelbare und abschließende Entscheidung gegenüber den Antragstellern. Sie arbeitet vielmehr der Bundesnetzagentur zu und bereitet deren Entscheidung vor. Im Rahmen des ihnen übertragenen Aufgabenbereichs handeln sie aber selbständig und determinieren die Entscheidung der Bundesnetzagentur weitgehend.67 Ungeachtet der privatrechtlichen Grundlage des Gutachtervertrages ist die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstelle integraler Bestandteil des Genehmigungsverfahrens durch die Bundesnetzagentur und daher hoheitliches Handeln. Die Bestätigung oder deren Versagung ist mithin ein Verwaltungsakt.68 Die Literatur verweist als Parallele insbesondere auf die Tätigkeit der anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO.69

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht Mit der EG-Umweltaudit-Verordnung (EMAS I70) wurde bereits im Jahre 1993 auf dem Gebiet des Umweltrechts ein System der Anerkennung und Zulassung geschaffen, das die Tätigkeit von Sachverständigen bzw. Umweltgutachtern betrifft. Für die rechtliche Prüfung des Systems der Aner65 Vgl. Roßnagel: Anerkennung von Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz, MMR 1999, S. 342 ff., 343 f.; ders. in: Roßnagel (Hrsg.): Recht der Multimediadienste, § 4 SigG, Rdnr. 98 u. Ulrich Pordesch in: Roßnagel (Hrsg.), § 14 SigG, Rdnr. 157, 158; unklar dagegen: Thomale, S. 142: „anerkannte private Prüf- und Bestätigungsstellen“. 66 Roßnagel, MMR 1999, S. 344; Pordesch in: Roßnagel (Hrsg.), § 14 SigG, Rdnr. 158. 67 Roßnagel in: Roßnagel (Hrsg.), § 4 SigG, Rdnr. 98. 68 Roßnagel, MMR 1999, S. 344; Pordesch in: Roßnagel (Hrsg.), § 14 SigG, Rdnr. 159. 69 Roßnagel in: Roßnagel (Hrsg.), § 4 SigG, Rdnr. 98, FN 3 u. Rdnr. 99, FN 5 u. Pordesch in: Roßnagel (Hrsg.), § 14 SigG, Rdnr. 157, FN 4; Roßnagel, MMR 1999, S. 342 ff., 343, insbes. FN 10, S. 344. 70 Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29.06.1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung, ABl. Nr. L 168/1, veröffentlicht am 10.07.1993; EMAS = Environmental Management and Audit Scheme.

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

kennung und Zulassung nach der AZWV soll dieses System sowie die – inzwischen umfangreiche – Literatur zum sog. Umwelt-Audit-System als weiteres Vergleichsobjekt herangezogen werden. Da die EMAS I-VO inzwischen durch die EMAS II-VO71 ersetzt wurde,72 wird nur letztere den nachfolgenden Ausführungen zugrundegelegt. Das System der Anerkennung und Zulassung von Umweltgutachtern wird nachfolgend besonders eingehend und detailliert dargestellt. Dies geschieht zum einen, weil dieses System einschließlich seiner Abläufe und der Einzelheiten des Verfahrens wenig bekannt ist. Ein Verständnis der rechtlichen Einordnung der Tätigkeit des Umweltgutachters ist aber nur möglich, wenn seine Aufgaben, seine Funktion und seine Stellung im Umwelt-Audit-System bekannt sind. Zum anderen ist, dies sei hier bereits im Vorgriff auf die spätere Darstellung mitgeteilt, der zwischen dem Umweltgutachter und dem zu prüfenden Unternehmen abzuschließende privatrechtliche Vertrag Gegenstand umfangreicher Erörterungen in der Literatur.73 Diese betreffenden insbesondere die Frage, welche Auswirkungen dieser Vertrag und seine Gestaltung auf die Unabhängigkeit und Objektivität des Umweltgutachters hat und welche Korrektive erforderlich sind, um den Umweltgutachter (und letztlich das gesamte Umwelt-Audit-System) vor sachfremden Einflussnahmen zu schützen. Diese Diskussion ist ebenfalls ohne Kenntnis der Abläufe des UmweltAudit-Verfahrens nicht verständlich. Zudem könnte sie wertvolle Hinweise für die im Rahmen dieser Untersuchung betreffend das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV vorzunehmende Prüfung von Fragen des Vertragsschlusses und der Vertragsgestaltung liefern.

71 Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 19.03.2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS), ABl. Nr. L 114 S. 1, ber. ABl. EG 2002, Nr. L 327 S. 10; EU-Dok.- Nr. 3 2001 R 0761, geänd. durch EU-Beitrittsakte 2003 v. 16.04.2003, ABl. Nr. L 236 S. 706; im Folgenden kurz: EMAS-VO; die EMAS-VO ist gemäß Art. 18 am dritten Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft getreten. Die Veröffentlichung erfolgte am 24.04.2001. 72 Vgl. zur Übergangsregelung für Zulassungen und Begutachtungen nach EMAS I die Regelung in Art. 17 EMAS-VO. 73 Dagegen findet sich betreffend die anderen für diese Untersuchung herangezogenen Verfahren der Anerkennung und Zulassung keine Literatur, die sich umfassend mit Fragen des Vertragsschlusses und der Vertragsgestaltung auseinandersetzt.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht

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1. Gegenstand und Funktionsweise des Umwelt-Audit-Systems Gemäß Art. 1 Abs. 1 EMAS-VO wurde ein „EMAS“ genanntes „Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung zur Bewertung und zur Verbesserung der Umweltleistung von Organisationen und zur Unterrichtung der Öffentlichkeit und der anderen interessierten Kreise74 geschaffen, an dem sich Organisationen freiwillig beteiligen können“. Ziel dieses Systems ist die Förderung einer kontinuierlichen Verbesserung der Umweltleistung75 von Organisationen u. a. durch die Schaffung und Anwendung von Umweltmanagementsystemen76 durch Organisationen gemäß Anhang I zur EMAS-VO sowie durch eine systematische, objektive und regelmäßige Bewertung der Leistung dieser Systeme gemäß Anhang I zur EMAS-VO.77 Beteiligen kann sich an diesem System jede Organisation,78die ihre Umweltleistung79 verbessern möchte (Art. 3 Abs. 1 EMAS-VO). Ziel der sich an dem Umwelt-Audit-System beteiligenden Organisationen ist es, neben 74 „Interessierte Kreise“ sind Personen oder Gruppen, auch Behörden, die die Umweltleistung einer Organisation betrifft oder die hiervon berührt sind, vgl. Art. 2 p) EMAS-VO. 75 „Kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung“ ist gemäß Art. 2 b) EMAS-VO ein Prozess jährlicher Verbesserungen der messbaren Ergebnisse des Umweltmanagementsystems, bezogen auf die Managementmaßnahmen der Organisation hinsichtlich ihrer wesentlichen Umweltaspekte auf der Grundlage ihrer Umweltpolitik und ihrer Umweltzielsetzungen und -einzelziele, wobei diese Verbesserungen nicht in allen Tätigkeitsbereichen zugleich erfolgen müssen. 76 „Umweltmanagementsystem“ ist der Teil des gesamten Managementsystems, der die Organisationsstruktur, Planungstätigkeiten, Verantwortlichkeiten, Verhaltensweisen, Vorgehensweisen, Verfahren und Mittel für die Festlegung und Durchführung, Verwirklichung, Überprüfung und Fortführung der Umweltpolitik betrifft, vgl. Art. 2 k) EMAS-VO. 77 Vgl. hierzu näher Art. 1 Abs. I u. II a)-d) EMAS-VO sowie Anhang I zur EMAS-VO und die umfangreichen Begriffsdefinitionen in Art. 2 EMAS-VO. 78 „Organisation“ ist gemäß Art. 2 s) Satz 1 eine Gesellschaft, eine Körperschaft, ein Betrieb, ein Unternehmen, eine Behörde oder eine Einrichtung bzw. ein Teil oder eine Kombination hiervon, mit oder ohne Rechtspersönlichkeit, öffentlich oder privat, mit eigenen Funktionen und eigener Verwaltung. 79 „Umweltleistung“ sind die Ergebnisse des Managements der Organisation hinsichtlich ihrer Umweltaspekte, vgl. Art. 2 c) EMAS-VO. „Umweltaspekt“ in diesem Sinne ist gemäß Art. 2 f) EMAS-VO ein Aspekt der Tätigkeiten, Produkte oder Dienstleistungen einer Organisation, der Auswirkungen auf die Umwelt haben kann (Vgl. Anhang VII zur EMAS-VO); wenig hilfreich bzw. schlicht überflüssig sind allerdings Definitionen der EMAS-VO wie z. B.: „ein wesentlicher Umweltaspekt ist ein Umweltaspekt, der wesentliche Umweltauswirkungen hat bzw. haben kann“.

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einer Verbesserung ihrer „Umweltleistung“ und etwaiger Erleichterungen im Hinblick auf die Überwachungs- und Prüftätigkeiten der Umweltbehörden80, eine Eintragung durch die „zuständige Stelle“81 gemäß Art. 6 EMAS-VO zu erlangen und so die Berechtigung zu erhalten, das EMASZeichen82 entsprechend der Vorgaben in Art. 8 EMAS-VO verwenden zu dürfen. Auf diese Weise kann die Organisation öffentlichkeitswirksam83 ihre freiwillige84 und erfolgreiche Teilnahme am Umwelt-Audit-System dokumentieren. Verwendet werden darf das Zeichen gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 EMAS-VO nur, wenn die Organisation eine „laufende“, also aktuelle und gültige, EMAS-Eintragung besitzt. Das EMAS-Zeichen darf sie dann u. a. auf ihren Briefköpfen, auf Unterlagen, in denen die Beteiligung der Organisation an EMAS mitgeteilt wird und – in bestimmten Fällen – in der Werbung für Produkte, Tätigkeiten und Dienstleistungen verwenden, soweit in dieser Werbung jegliche Verwechslung mit Umwelt-Produktkennzeichnungen (z. B. der „blaue Umweltengel“) ausgeschlossen ist.85 Nicht verwendet werden darf das EMAS-Zeichen dagegen auf Produkten oder ihrer Ver80 Vgl. hierzu insbes. die Verordnung über immissionsschutz- und abfallrechtliche Überwachungserleichterungen für nach der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 registrierte Standorte und Organisationen (EMAS-Privilegierungs-Verordnung), vom 24.06.2002, BGBl. I, S. 2247, zul. geändert durch Art. 6 Bürokratieabbau- und Deregulierungsgesetz v. 21.06.2005, BGBl. I, S. 1666; im Folgenden kurz: EMASPrivilegVO; vgl. hierzu etwa: Lothar Knopp: EMAS II – Überleben durch „Deregulierung“ und „Substitution“?, NVwZ 2001, S. 1098 ff., 1100 ff. sowie kritisch zu Defiziten der EMAS-PrivilegVO S. 1102. 81 „Zuständige Stellen“ = die gemäß Art. 5 EMAS-VO von den Mitgliedstaaten zur Erfüllung der in dieser Verordnung festgelegten Aufgaben benannten Stellen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, vgl. Art. 2 u) EMAS-VO. Gemäß Art. 5 Abs. 4 EMAS-VO sind die zuständigen Stellen für die EMAS-Eintragung von Organisationen verantwortlich und überwachen daher die Eintragung und die weitere Führung von Organisationen in dem entsprechenden Verzeichnis. 82 Vgl. Anlage IV zur EMAS-VO; vgl. hierzu insbes. Wolfgang Ewer, Öko-Audit, in: Hans-Werner Rengeling (Hrsg.): Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, Bd. I, 2. Aufl., 2003, Rdnr. 75 ff. (im Folgenden: Ewer, Öko-Audit). 83 Die Einführung des EMAS-Zeichens löste die frühere Teilnahmeerklärung ab. Es soll zur Erhöhung der Öffentlichkeitswirksamkeit des EMAS-Verfahrens beitragen, vgl. Ewer, Öko-Audit, Rdnr. 75 u. 78. 84 Freiwilligkeit bedeutet hier insbesondere, dass die Organisation bzw. das Unternehmen ihre/seine Teilnahme an dem Umwelt-Audit-System jederzeit beenden kann, also auch bereits vor der ersten Veröffentlichung einer Umwelterklärung. Vgl. zu den Nachteilen einer solchen Vorgehensweise, insbes. für das Image des Unternehmens: Gerhard Feldhaus: Öko-Audit, in: Hans-Werner Rengeling (Hrsg.): Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht, Bd. I, 1. Aufl., 1998, § 36, Rdnr. 17. 85 Vgl. zu den Einzelheiten die in Art. 8 Abs. 2 EMAS-VO aufgeführten Fälle und die gemäß Art. 8 Abs. 2 e) i. V. m. Art. 14 Abs. 2 EMAS-VO zu beachtenden, verabschiedeten Leitlinien der Kommission.

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packung sowie in Verbindung mit Vergleichen mit anderen Produkten, Tätigkeiten und Dienstleistungen.86

2. Die einzelnen Abschnitte des Umwelt-Audit-Systems Folgende Schritte hat die Organisation nach der EMAS-VO zu unternehmen, um erstmals das EMAS-Zeichen verwenden zu dürfen: Die organisationsinternen Schritte sind folgende: Zunächst muss die Organisation ihre Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen im Hinblick auf die in Anhang VI zur EMAS-VO genannten Aspekte einer Umweltprüfung gemäß Anhang VII zur EMAS-VO87 unterziehen und auf der Grundlage dieser Prüfung ein Umweltmanagementsystem schaffen, das alle in Anhang I zur EMAS-VO genannten Anforderungen berücksichtigt, insbesondere die Einhaltung der einschlägigen Umweltvorschriften.88 Die oberste Leitung der Organisation hat im Rahmen der Schaffung bzw. Aufrechterhaltung des Umweltmanagementsystems die Umweltpolitik89 der Organisation festzulegen, die in Ziffer I-A.2 a)–f) der Anlage I zur EMAS-VO näher bestimmte Mindestinhalte und Eigenschaften aufweisen muss. Daran schließt sich eine Planung der Organisation nach den Vorgaben der Ziffer I A 3. Anhang I zur EMAS-VO an. Für den Zweck dieser Untersuchung bedarf es keiner weiteren Darstellung der Einzelheiten dieser Planungsleistungen. Es sei nur darauf hingewiesen, dass sich aus dieser Planung die Erstellung und Einführung eines Umweltmanagementsystems für die Organisation ergeben muss. Zudem enthält der Abschnitt B des Anhang I zur EMAS-VO eine Aufstellung von Fragen, auf die die an EMAS teilnehmenden Organisationen bei Einführung und Durchführung des Umweltmanagementsystems eingehen müssen. 86 Vgl. Art. 8 Abs. 3 a) und b) EMAS-VO; verboten ist damit also insbesondere vergleichende Werbung gemäß § 6 UWG unter Verwendung des EMAS-Zeichens. 87 „Umweltprüfung“ = erste umfassende Untersuchung der Umweltfragen, der Umweltauswirkungen und der Umweltleistung in Zusammenhang mit den Tätigkeiten einer Organisation, vgl. Art. 2 e) EMAS-VO. 88 Art. 3 Abs. 2 a) Satz 1 EMAS-VO. Verfügt die Organisation bereits über ein bestimmten Anforderungen genügendes und zertifiziertes Umweltmanagementsystem, muss gemäß Art. 3 Abs. 2 a) Satz 2 EMAS-VO unter den dort genannten Voraussetzungen keine formelle Umweltprüfung vorgenommen werden. 89 „Umweltpolitik“ sind gemäß Art. 2 a) EMAS-VO die umweltbezogenen Gesamtziele und Handlungsgrundsätze einer Organisation, einschließlich der Einhaltung aller einschlägigen Umweltvorschriften und der Verpflichtung zur kontinuierlichen Verbesserung der Umweltleistung; die Umweltpolitik bildet den Rahmen zur Festlegung und Prüfung der Umweltzielsetzungen und -einzelziele.

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Wichtig ist hier vor allem, dass die Organisationen nachweisen können müssen, dass sie alle relevanten Umweltvorschriften ermittelt haben und deren Auswirkungen auf ihre Organisation kennen, dass sie für die Einhaltung der Umweltvorschriften sorgen und schließlich, dass sie über Verfahren verfügen, die es ihnen ermöglichen, diese Anforderungen dauerhaft zu erfüllen.90 Anschließend ist eine Umweltbetriebsprüfung gemäß den Anforderungen nach Anhang II zur EMAS-VO91 durchzuführen bzw. durchführen zu lassen, bei welcher die Umweltleistung der Organisation bewertet wird.92 Durch interne Umweltbetriebsprüfungen soll gewährleistet werden, dass eine Organisation die zuvor festgelegten Verfahren einhält. Zu den Zielsetzungen der Umweltbetriebsprüfungen gehören insbesondere die Bewertung der bestehenden Managementsysteme und die Prüfung, ob diese mit der Politik und dem Programm der Organisation übereinstimmen und ob die einschlägigen Umweltvorschriften eingehalten werden.93 Die Durchführung der Umweltbetriebsprüfung erfolgt durch Personen oder Personengruppen, die über die erforderlichen Kenntnisse hinsichtlich der geprüften Sektoren und Bereiche, einschließlich Kenntnissen und Erfahrungen in Bezug auf einschlägige Umwelt- und Managementfragen sowie technische und rechtliche Fragen, verfügen und deren Ausbildung und Erfahrung in der spezifischen Prüftätigkeit gewährleisten, dass die gesetzten Ziele erreicht werden. Dabei müssen die Betriebsprüfer gegenüber den Tätigkeiten, die sie kontrollieren, ausreichend unabhängig sein, um eine objektive und neutrale Bewertung abgeben zu können.94 Nach Abschluss der Umweltbetriebsprüfung mit einem schriftlichen Umweltprüfungsbericht sowie der Erstellung und Umsetzung eines Planes für etwa erforderliche Korrekturmaßnahmen95 ist eine Umwelterklärung96 ge90

Vgl. Ziffer B 1. a)–c) Anhang I zur EMAS-VO. „Umweltbetriebsprüfung“ = ein Managementinstrument, das eine systematische, dokumentierte, regelmäßige und objektive Bewertung der Umweltleistung der Organisation, des Managementsystems und der Verfahren zum Schutz der Umwelt umfasst und folgenden Zielen dient: Erleichterung der Managementkontrolle von Verhaltensweisen, die eine Auswirkung auf die Umwelt haben können und Beurteilung der Übereinstimmung mit der Umweltpolitik der Organisation, einschließlich ihrer Umweltzielsetzungen und -einzelziele, vgl. Art. 2 l) EMAS-VO. 92 Art. 3 Abs. 2 b) EMAS-VO. 93 Vgl. Ziffer 2.2. Anhang II zur EMAS-VO. 94 Vgl. Ziffer 2.4. Anhang II zur EMAS-VO. 95 Vgl. hierzu Ziffer 2.7. und 2.8 Anhang II zur EMAS-VO. 96 „Umwelterklärung“ sind gemäß Art. 2 o) EMAS-VO die Informationen nach Anhang III Abschnitt 3.2 Buchstaben a bis g zur EMAS-VO; vgl. zur Umwelterklärung die eingehende Darstellung – allerdings noch zu EMAS I – von Werner Wohl91

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mäß Anhang III Abschnitt 3.2 zu erstellen, die insbesondere darauf eingeht, welche Ergebnisse die Organisation im Hinblick auf ihre Umweltzielsetzungen97 und -einzelziele98 erzielt, und die besonderen Wert auf eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung legt, wobei das Informationsbedürfnis der einschlägigen Kreise zu berücksichtigen ist.99 Ziel der Umwelterklärung ist es, die Öffentlichkeit und andere interessierte Kreise über die Umweltauswirkungen und die Umweltleistung der Organisation sowie über die kontinuierliche Verbesserung dieser Umweltleistung zu informieren. Deshalb sind die Umweltinformationen klar und zusammenhängend zu präsentieren und in gedruckter Form für Interessenten vorzulegen, die keine Möglichkeit haben, diese Information auf andere Weise zu erlangen.100 Die Umwelterklärung ist also ein Instrument für die Kommunikation und den Dialog mit der Öffentlichkeit und den anderen interessierten Kreisen in Bezug auf die Umweltleistung. Entsprechend ist deren Informationsbedarf bei der Abfassung der Umwelterklärung Rechnung zu tragen.101 Daher ist ein bestimmter Mindestinhalt bzw. sind bestimmte Mindestangaben vorgeschrieben.102 Die Umwelterklärung ist standortbezogen.103 Es wird eine sog. lokale Rechenschaftspflicht angestrebt: Auch wenn es Organisationen womöglich vorziehen, eine Art Gesamt-Umwelterklärung zu erstellen, die verschiedene Standorte umfasst, müssen die Organisationen dafür sorgen, dass die wesentlichen Umweltauswirkungen eines jeden Standorts104 eindeutig beschrieben und in der Gesamt-Umwelterklärung erfasst sind.105 Entsprechend farth/Jeanette Signon: Aufbau und Inhalt der Umwelterklärung, in: Wolfgang Ewer/ Rainer Lechelt/Andreas Theuer (Hrsg.): Handbuch Umweltaudit, 1998, Teil D. 97 „Umweltzielsetzung“ = ein sich aus der Umweltpolitik ergebendes und nach Möglichkeit zu quantifizierendes Gesamtziel, das sich eine Organisation gesetzt hat, vgl. Art. 2 i) EMAS-VO. 98 „Umwelteinzelziel“ = eine detaillierte Leistungsanforderung, die nach Möglichkeit zu quantifizieren ist, für die gesamte Organisation oder Teile davon gilt, sich aus den Umweltzielsetzungen ergibt und festgelegt und eingehalten werden muss, um diese Zielsetzungen zu erreichen, vgl. Art. 2 j) EMAS-VO. 99 Art. 3 Abs. 2 c) EMAS-VO. 100 Ziffer 3.1. Anhang III zur EMAS-VO. 101 Ziffer 3.2 Anhang III zur EMAS-VO. 102 Vgl. Ziffer 3.2. a)–g) Anhang III zur EMAS-VO. 103 Dies gilt auch für die EMAS-II VO, obwohl hier mehr auf die betreffende Organisation als auf den einzelnen Standort abgestellt wird, vgl. Ewer: Öko-Audit, Rdnr. 55 ff. 104 „Standort“ ist das gesamte Gelände an einem geographisch bestimmten Ort, das der Kontrolle einer Organisation untersteht und an dem Tätigkeiten ausgeführt, Produkte hergestellt und Dienstleistungen erbracht werden, einschließlich der gesamten Infrastruktur, aller Ausrüstungen und aller Materialien, vgl. Art. 2 t) EMAS-VO.

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muss die Umwelterklärung die verschiedenen Teilbereiche der Organisation, für die EMAS gilt, klar angeben.106 Zwar ist die Umwelterklärung, wie ausgeführt, für die Öffentlichkeit bestimmt. Bis zur Gültigerklärung durch einen zugelassenen Umweltgutachter wird die Umwelterklärung aber lediglich als nichtöffentlicher Entwurf verfasst, der dem anschließenden externen Begutachtungsverfahren zugrunde gelegt wird.107 Nach diesen unternehmensinternen Phasen des Umwelt-Audit-Systems folgen unternehmensexterne Schritte: Die Umweltprüfung (sofern diese durchgeführt wurde), das Umweltmanagementsystem, das Verfahren für die Umweltbetriebsprüfung und die Umwelterklärung muss die Organisation durch einen zugelassenen Umweltgutachter108 für gültig erklären lassen, um sicherzustellen, dass die Anforderungen nach Anhang III zur EMAS-VO eingehalten werden.109 Die Zulassung der Umweltgutachter und der Umweltgutachterorganisationen ist in der Bundesrepublik Deutschland entsprechend der Vorgaben der EMAS-VO110 im Umweltauditgesetz111 sowie in diversen Verordnungen zum Umweltauditgesetz geregelt. Zweck des UAG ist die Sicherstellung einer wirksamen Durchführung der EMAS-VO und insbesondere die Sicherstellung der Zulassung von unabhängigen, zuverlässigen und fachkundigen Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen sowie die Sicherstellung der Ausübung einer wirksamen Aufsicht über zugelassene Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen. Sichergestellt werden soll mit dem UAG schließlich, dass ein Register über die überprüften Organisationen geführt wird.112 105

Vgl. Anhang III 3.7 zur EMAS-VO. Vgl. Anhang V 5.4.4 zur EMAS-VO. 107 Vgl. nur: Gertrude Lübbe-Wolff: Die EG-Verordnung zum Umwelt-Audit, DVBl. 1994, S. 361 ff., 366; Andreas Wiebe: Umweltschutz durch Wettbewerb, NJW 1994, S. 289 ff., 291. 108 „Umweltgutachter“ ist eine von der zu begutachtenden Organisation unabhängige Person oder Organisation, die gemäß den Bedingungen und Verfahren des Art. 4 EMAS-VO zugelassen worden ist, vgl. Art. 2 q) EMAS-VO; soweit im Folgenden der Begriff „Umweltgutachter“ verwendet wird, sind damit – außer wenn dies besonders kenntlich gemacht ist – sowohl Einzelumweltgutachter, als auch Umweltgutachterorganisationen bezeichnet. 109 Art. 3 Abs. 2 d) EMAS-VO. 110 Vgl. insbesondere Art. 4 EMAS-VO und Anhang V zur EMAS-VO. 111 Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.03.2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) – Umweltauditgesetz, i. d. F. der Bekanntmachung vom 04.09.2002, BGBl. I S. 349, zul. geänd. durch Art. 8 Abs. 1 Bilanzrechtsreformgesetz v. 04.12.2004, BGBl. I S. 3166; im Folgenden kurz: UAG. 106

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Das Zulassungssystem und die Voraussetzungen der Zulassung werden aufgrund ihrer Bedeutung für den Vergleich mit dem Zulassungssystem der AZWV für die vorliegende Untersuchung unten in einem eigenen Abschnitt näher dargestellt. Nur mit einer von einem zugelassenen Umweltgutachter für gültig erklärten Umwelterklärung kann die Organisation ihre Eintragung erreichen.113 Stellt der Umweltgutachter entsprechend den Vorgaben gemäß Ziffer 5.4.– 5.6. Anhang V zur EMAS-VO, die die Aufgaben des Umweltgutachters sowie Inhalt und Ablauf der Prüfung näher umschreiben, fest, dass die Organisation am betreffenden Standort die Anforderungen der EMAS-VO an die Umweltpolitik, das Umweltprogramm, das Umweltmanagementsystem, die Umweltbetriebsprüfungsverfahren und an die Umwelterklärung erfüllt, hat er die Umwelterklärung für gültig zu erklären (zu validieren). Die Gültigerklärung gewährleistet allerdings nicht die Erreichung einer bestimmten Qualität des Umweltschutzes, sondern stellt auf die Erfüllung der von der Organisation selbst definierten Umweltziele, Umweltpolitik etc. ab.114 In jedem Fall, also auch dann, wenn die Voraussetzungen für eine Validierung (noch) nicht vorliegen, erstellt der Umweltgutachter einen Bericht für die Leitung der Organisation. Dieser Bericht umfasst alle für die Arbeit des Umweltgutachters relevanten Sachverhalte und die Ausgangssituation der Organisation im Hinblick auf die Anwendung eines Umweltmanagementsystems.115 Ferner enthält er generell die festgestellten Verstöße gegen die EMAS-VO und dabei insbesondere die bei der Methode der Umweltprüfung oder der Umweltbetriebsprüfung oder dem Umweltmanagementsystem oder allen sonstigen relevanten Verfahren aufgetretenen technischen Mängel sowie die Einwände gegen den Entwurf der Umwelterklärung sowie Einzelheiten der Änderungen oder Zusätze, die in die Umwelterklärung aufgenommen werden sollten.116 Schließlich enthält der Bericht den Vergleich mit den früheren Umwelterklärungen und die Bewertung der Umweltleistung der Organisation.117 112

Vgl. § 1 Abs. 1 UAG. Vgl. Art. 3 Abs. 2 e) u. Art. 6 Ziffer 1 EMAS-VO. 114 Vgl. Wiebe, NJW 1994, S. 289 ff., 292; zur Gefahr der Erzeugung falscher Vorstellungen der Öffentlichkeit über Gegenstand und Aussagekraft der Zertifizierung im Rahmen des Umwelt-Audit-Systems vgl. eingehend Gerhard Emmerich: Öko-Audit, Wirtschaftsprüfer und Erwartungslücken, in: FS für Wolfgang Ritter, 1997, S. 839 ff., insbes. S. 852 u. 855 ff.; Verbesserung des Umweltschutzes ist und bleibt aber die Zielsetzung des Umwelt-Audit-Systems, vgl. nur Gertrude LübbeWolff: Das Umweltauditgesetz, NuR 1996, S. 217 ff., 220. 115 Ziffer 5.5.4. a) und b) Anhang V zur EMAS-VO. 116 Ziffer 5.5.4. c) Anhang V zur EMAS-VO. 117 Ziffer 5.5.4. d) Anhang V zur EMAS-VO. 113

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Damit können nach Abschluss der Prüfung drei verschiedene Ergebnisse vorliegen: Wenn alle Voraussetzungen nach der EMAS-VO erfüllt sind, muss der Umweltgutachter die Umwelterklärung für gültig erklären.118 Bestehen einzelne Defizite, die derzeit eine Validierung verhindern, benennt der Umweltgutachter diese in seinem Bericht und zeigt auf, was die Organisation zur Behebung dieser Probleme tun muss. Zudem erörtert er die einzelnen klärungsbedürftigen Fragen mit der Organisation. Er erklärt die Umwelterklärung erst dann für gültig, wenn die Mängel entsprechend seinen Ergänzungs- bzw. Änderungsvorschlägen behoben sind und er dies durch entsprechende Prüfung festgestellt hat.119 Schließlich besteht die Möglichkeit, dass durch „Nachbesserungen“ keine Validierung erreicht werden kann, etwa weil systematisch gegen einschlägige gesetzliche Regelungen verstoßen wurde oder schon die Umwelterklärung der Organisation als erster „Baustein“ des Systems nicht gesetzeskonform ist. In einem solchen Fall darf der Umweltgutachter die Umwelterklärung nicht für gültig erklären.120 Eine Einschränkung der Gültigerklärung oder eine „Ungültigerklärung“ bzw. eine Publizierung einer solchen negativen Entscheidung erfolgt dagegen nicht.121 Für den Prüfungszyklus schreibt Ziffer 5.6. Anhang V zur EMAS-VO vor, dass der Umweltgutachter in Abstimmung mit der Organisation ein Programm erstellt, durch das die Überprüfung aller für die EMAS-Eintragung erforderlichen Komponenten spätestens innerhalb von 36 Monaten sichergestellt wird. Ferner hat der Umweltgutachter danach in Abständen von höchstens 12 Monaten122 sämtliche aktualisierten Informationen der Umwelterklärung für gültig zu erklären. 118

Vgl. Rainer Lechelt: System des Umweltaudits, Entstehungsgeschichte, in: Ewer/Lechelt/Theuer, Teil A Rdnr. 39; Wolfgang Ewer: Aufgaben und Pflichten des Umweltgutachters sowie das Verfahren seiner Zulassung, in: Ewer/Lechelt/ Theuer, Teil E, Rdnr. 35; Peter Kothe: Das neue Umweltauditrecht, 1997, Rdnr. 337. 119 Vgl. Lechelt, Rdnr. 40; Ewer, Rdnr. 36 f.; Kothe, Rdnr. 338. 120 Vgl. zum Verbot der Validierung bei Feststellung von Verstößen gegen „Rechtsvorschriften“ Ziffer 5.4.3 Anhang V zur EMAS-VO; auch hier gibt der Umweltgutachter aber Empfehlungen zur Beseitigung der Eintragungshindernisse ab, vgl. Lechelt, Rdnr. 41; Ewer, Rdnr. 38; Kothe, Rdnr. 339. 121 Vgl. Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 368, FN 71; Gerhart Förschle/ Silke Hermann/Udo Mandler: Umwelt-Audits, DB 1994, S. 1093 ff., 1099; Marcus Otto Grühn: Der Umweltgutachter. Berufsrecht und Haftungsrecht im Vergleich zum Wirtschaftsprüfer, 2000, S. 61; Ulrich Nissen: Die EG-Öko-Audit-Verordnung. Determinanten ihrer Wirksamkeit, 1999, S. 92 f. 122 Vgl. zu hier nicht relevanten Ausnahmemöglichkeiten Ziffer 5.6. Anhang V zur EMAS-VO.

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Schließlich hat die Organisation die für gültig erklärte Umwelterklärung der zuständigen Stelle des Mitgliedstaates, in dem die Organisation, die die Eintragung anstrebt, niedergelassen ist, zu übermitteln und nach der Eintragung öffentlich zugänglich zu machen.123 Die Eintragung von Organisationen erfolgt bei den zuständigen Stellen, die das EMAS-Register führen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Führung des Registers und die übrigen Aufgaben gemäß den Art. 5–7 EMAS-VO den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern übertragen worden.124 Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern können gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 UAG schriftlich vereinbaren, dass die von ihnen nach § 32 Abs. 1 Satz 2 UAG wahrgenommenen Aufgaben auf eine Industrie- und Handelskammer oder eine Handwerkskammer ganz oder teilweise übertragen werden.125 Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern können nach Maßgabe des § 35 UAG das Verfahren für die Eintragung und Streichung von Standorten oder Teilstandorten kammerzugehöriger Unternehmen und für die vorübergehende Aufhebung von Eintragungen durch Satzung näher regeln. In das EMAS-Register wird eingetragen, an welchen Standorten oder Teilstandorten die Organisation ein den EMAS-Anforderungen entsprechendes Umweltmanagementsystem betreibt.126 Nach Maßgabe des Umweltinformationsgesetzes ist jeder berechtigt, das EMAS-Register einzusehen.127 Ein besonderes Einsichtsrecht besteht für die Zulassungsstelle, auch hinsichtlich der für die Aufsicht relevanten Daten oder Unterlagen der Register führenden Stellen.128 Die zuständige Stelle trägt die betreffende Organisation ein129 und vergibt eine Eintragungsnummer, wenn die zuständige Stelle eine für gültig erklärte 123 Art. 3 Abs. 2 e) EMAS-VO; zum Eintragungsverfahren und seinen Voraussetzungen vgl. z. B.: Hermann Hüwels: Die Registrierung geprüfter Betriebsstandorte im Umweltauditsystem, in: Ewer/Lechelt/Theuer, Teil H. 124 § 32 Abs. 1 Satz 2 UAG. 125 Diese Vereinbarung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der zuständigen Umweltbehörde, vgl. § 32 Abs. 3 Satz 2 UAG; von dieser Möglichkeit ist in der Praxis auch erheblich Gebrauch gemacht worden. Vorteil dieser Übertragung und Konzentrierung ist etwa eine besonders schnelle Herausbildung spezifischer Fachkenntnisse der nunmehr zentral zuständigen Kammer. Hiermit ist die Erwartung an eine schnellere Bearbeitung der Anträge und etwaige Kostenvorteile verbunden, vgl. Hüwels, Rdnr. 9. 126 § 32 Abs. 1 Satz 1 UAG. 127 § 32 Abs. 4 UAG; Umweltinformationsgesetz vom 22.12.2004, BGBl. I S. 3704, im Folgenden kurz: UIG. 128 § 32 Abs. 5 UAG. 129 Auch die Eintragung erfolgt standortbezogen, vgl. §§ 32 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 2 u. 3 UAG.

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Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Umwelterklärung und ein von der Organisation ausgefülltes Formular erhalten hat, das wenigstens die in Anhang VIII zur EMAS-VO genannten Mindestangaben enthält. Voraussetzung für die Eintragung ist ferner, dass die zuständige Stelle die gegebenenfalls gemäß Art. 16 EMAS-VO zu entrichtende Gebühr erhalten hat. Schließlich ist für die Eintragung erforderlich, dass die zuständige Stelle aufgrund der vorgelegten Informationen und insbesondere aufgrund von Erkundigungen bei der zuständigen vollziehenden Behörde über die Einhaltung der einschlägigen Umweltvorschriften durch die Organisation „davon ausgehen kann“, dass die Organisation alle Anforderungen der EMAS-VO erfüllt.130 Das UAG verwendet statt dessen den Begriff der „Glaubhaftmachung“ und führt einen Katalog von Beispielsfällen auf, in denen die erforderliche Glaubhaftmachung der Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen der EMAS-VO „insbesondere“ nicht gegeben ist.131 Für die Glaubhaftmachung hat die vorzulegende, von einem zugelassenen Umweltgutachter für gültig erklärte Umwelterklärung erhebliche Bedeutung. Die Vorlage dieser Umwelterklärung ist eine zwingende Eintragungsvoraussetzung.132 Zur Frage, ob ggfls. und welche eigenen weiteren Prüfungen die Eintragungsstelle vorzunehmen hat, werden in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten. Teilweise wird angenommen, aufgrund der vorgelegten, für gültig erklärten Umwelterklärung müsse die Eintragungsstelle „in der Regel“ von der Verlässlichkeit der Arbeit des Umweltgutachters ausgehen und von einer Vor-Ort-Nachprüfung absehen. Nur wenn ihr zufällig, aufgrund eigener Stichproben oder aufgrund von Hinweisen Dritter Anhaltspunkte für eine mangelnde Verordnungskonformität des Standortes bzw. der Umwelterklärung bekannt werden, habe sie eigene, weitergehende Überprüfungen zu veranlassen bzw. selbst vorzunehmen.133 Die weit überwiegende Auffassung hebt dagegen hervor, die Eintragungsstelle dürfe sich zwar im Regelfall auf die für gültig erklärte Umwelterklärung und die Angaben des Umweltgutachters verlassen, müsse dies aber nicht.134 Der Eintragungsstelle stehe also ein eigenes Prüfungsrecht zu.135 130

Vgl. Art. 6 Ziffer 1 EMAS-VO. Vgl. im Einzelnen § 33 Abs. 1 UAG. 132 Vgl. Art. 6 Ziffer 1 EMAS-VO. 133 Vgl. Hüwels, Rdnr. 17–19; noch weitgehender: Dieter Sellner/Jörn Schnutenhaus: Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung („Umwelt-Audit“) – ein wirksames, nicht ordnungsrechtliches System des betrieblichen Umweltschutzes?, NVwZ 1993, S. 928 ff., 931, die bereits die „Richtigkeitsbestätigung“ des Umweltgutachters als „ausreichend“ ansehen, während eine Glaubhaftmachung allenfalls für andere Punkte, etwa hinsichtlich der Zulassung als Umweltgutachter oder der Unabhängigkeit des Umweltgutachters, in Betracht komme. 134 Vgl. Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 371; Torben Erbrath: Der Umweltgutachter nach der EMAS-Verordnung als Vollzugsorgan des europäischen und nationalen Umweltrechts, 2001, S. 42; unklar insoweit Heinz-Joachim Peters: Umwelt131

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Eine Organisation, die bereits eingetragen ist und das EMAS-Zeichen verwenden durfte, hat, wenn sie die Eintragung aufrechterhalten und das Zeichen weiter verwenden will, folgende Schritte zu unternehmen: Die Organisation hat zunächst das Umweltmanagementsystem und das Programm für die Umweltbetriebsprüfung gemäß den Anforderungen nach Anhang V Abschnitt 5.6 zur EMAS-VO begutachten zu lassen. Ferner muss sie – von näher beschriebenen, hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – die erforderlichen, jährlichen für gültig erklärten Aktualisierungen der Umwelterklärung der zuständigen Stelle übermitteln und sie öffentlich zugänglich machen.136 Wird der zuständigen Stelle von der Zulassungsstelle ein Aufsichtsbericht übermittelt, dem zufolge die Tätigkeiten des Umweltgutachters nicht ausreichend gründlich durchgeführt wurden, um zu gewährleisten, dass die Organisation, die eine Eintragung beantragt, die Anforderungen der EMAS-VO erfüllt, wird die Eintragung verweigert oder, je nach Sachlage, ausgesetzt, bis nachgewiesen ist, dass die Organisation die EMASVorschriften einhält.137 Kommt eine zuständige Stelle „zu irgendeinem Zeitpunkt“ aufgrund der ihr vorliegenden Informationen zu dem Schluss, dass die Organisation eine oder mehrere Bedingungen der EMAS-VO nicht mehr erfüllt, wird die Eintragung der Organisation je nach Art und Umfang des Versäumnisses ausgesetzt oder gestrichen. Wird eine zuständige Stelle von der zuständigen vollziehenden Behörde über einen Verstoß der Organisation gegen einschlägige Umweltvorschriften unterrichtet, verweigert sie je nach Sachlage die Eintragung der betreffenden Organisation oder setzt die Eintragung aus.138 Die zuständige Umweltbehörde ist gemäß 34 Abs. 1 UAG verpflichtet, die Register führende Stelle zu informieren, wenn sie feststellt, dass eine eingetragene Organisation gegen Umweltvorschriften verstößt. Umgekehrt hat sich die Register führende Stelle bei Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen an einem Standort der Organisation geltende Umweltvorschriften bei verwaltungsrecht, 2. Aufl., 1996, Rdnr. 157, wonach die Eintragung „auf Basis“ einer für gültig erklärten Umwelterklärung erfolge; missverständlich auch Kothe, Rdnr. 349, wonach die Validierung „grundsätzlich als ausreichend zu erachten“ sei. An anderer Stelle wird aber erläutert, die Registrierungsstellen könnten sich zwar regelmäßig auf die Gültigerklärung der Umwelterklärung durch den unabhängigen Umweltgutachter verlassen, „müssen es aber nicht“, vgl. Kothe, Rdnr. 352. 135 Vgl. nur Kothe, Rdnr. 352. 136 Vgl. Art. 3 Abs. 3 a) und b) EMAS-VO. 137 Vgl. Art. 6 Ziffer 2 EMAS-VO. 138 Vgl. Art. 6 Ziffer 4 EMAS-VO; vgl. zu den weiteren Einzelheiten der vorübergehenden Aufhebung oder Streichung der Eintragung einer Organisation die Regelung in § 34 UAG.

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der zuständigen Umweltbehörde zu erkundigen, ob ein Umweltrechtsverstoß vorliegt.139 Vor der Verweigerung, Aussetzung oder Streichung der Eintragung sind die beteiligten interessierten Kreise anzuhören, damit die zuständige Stelle die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen hat.140 Selbstverständlich erhält auch die betroffene Organisation Gelegenheit zur Stellungnahme.141 Die Verweigerung oder Aussetzung einer Eintragung wird rückgängig gemacht, wenn die zuständige Stelle „hinreichend darüber informiert worden ist“, dass die Organisation nunmehr die EMAS-Vorschriften einhält oder wenn sie von der zuständigen vollziehenden Behörde hinreichend darüber informiert wurde, dass der Verstoß „abgestellt“ wurde und dass die Organisation hinreichende Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, „dass die Situation nicht mehr erneut eintritt“.142 Auch für die Aufrechterhaltung der Eintragung hat die Register führende Stelle bei Vorlage der „konsolidierten“ Umwelterklärung der Organisation zu prüfen, ob ihr Informationen über bzw. Anhaltspunkte für Verstöße gegen Umweltvorschriften vorliegen.143 Für Rechtsstreitigkeiten zwischen der Organisation und der das Register führenden Kammer wegen der Nichteintragung in das Verzeichnis bzw. wegen der Streichung oder wegen der vorübergehenden Aufhebung von Eintragungen gilt: Die Eintragung eines Standortes in das EMAS-Register, aber auch die Ablehnung der Registrierung oder die Streichung des Standortes aus dem EMAS-Register sowie die vorübergehende Aufhebung der Eintragung sind nach einhelliger Auffassung in der Literatur Verwaltungsakte i. S. d. § 35 VwVfG. Es handele sich jeweils um hoheitliche Maßnahmen, die die Registerstelle als Behörde i. S. d. § 1 Abs. 4 VwVfG zur Regelung von Einzelfällen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes treffe und die auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet seien.144 Zunächst ist daher ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Danach ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.145 Wichtig ist insbesondere die Regelung des § 34 Abs. 4 Satz 2 UAG: Bestreitet danach eine Organisation „mit 139

§ 34 Abs. 2 UAG. Vgl. Art. 6 Ziffer 5 EMAS-VO. 141 Vgl. § 34 Abs. 4 Satz 1 UAG. 142 Vgl. Art. 6 Ziffer 6 EMAS-VO. 143 § 34 Abs. 3 UAG. 144 Vgl. statt vieler Kothe, Rdnr. 366. 145 Vgl. Lechelt, Rdnr. 54; Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 371, FN 85; Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928 ff., 934; Kothe, Rdnr. 389. 140

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vertretbaren Gründen“ das Vorliegen von Verstößen gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Ziffer 1–3 UAG und macht sie zudem glaubhaft, dass die Streichung oder die vorübergehende Aufhebung der Eintragung zu erheblichen wirtschaftlichen oder sonstigen Nachteilen für sie führen würde, darf die Streichung oder vorübergehende Aufhebung der Eintragung erst erfolgen, wenn wegen der betreffenden Verstöße ein vollziehbarer Verwaltungsakt, ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid oder eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung vorliegt.

3. Zulassung von Umweltgutachtern und Aufsicht im Umwelt-Audit-System Der Tätigkeit des Umweltgutachters und der Verlässlichkeit und Qualität seiner Leistungen kommt im Umwelt-Audit-System die zentrale Bedeutung zu.146 Er prüft und testiert, ob eine Organisation an einem bestimmten Standort die Anforderungen nach der EMAS-VO erfüllt. Die von ihm für gültig erklärte Umwelterklärung ist notwendige und in der Praxis in vielen Fällen auch die entscheidende Grundlage für die Eintragung der Organisation in das EMAS-Register. Das Vertrauen in die Richtigkeit seiner Entscheidung ist damit eine, wenn nicht sogar die wesentliche, Grundlage für die Glaubhaftigkeit bei der Verwendung des EMAS-Zeichens und für die Akzeptanz des Umwelt-Audit-Systems insgesamt.147 Der Umweltgutachter bzw. seine Prüfungstätigkeit und Prüfungsentscheidung bilden die Schnittstelle zwischen der unternehmens- bzw. organisationsinternen Selbstkontrolle und der behördlichen Registrierung durch Eintragung und Erteilung der Befugnis zur Verwendung des EMAS-Zeichens.148 In der Literatur wird ihm teilweise sogar gegenüber der Öffentlichkeit eine „Garantenstellung“ zuerkannt, da er mit seiner Unterschrift unter der Umwelterklärung für die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der vom Unternehmen bzw. der Organisation gemachten Angaben und Beurteilungen garantiere.149 An den Gutachter und seine Tätigkeit sind 146 Vgl. nur: Lechelt, Rdnr. 120; Heiko Falk/Stefan Frey: Die Prüftätigkeit des Umweltgutachters im Rahmen des EG-Öko-Audit-Systems, UPR 1996, S. 58 ff., 58; Franka Michaela Schäfer: Öko-Audit als Instrument des Umweltschutzes und Mittel der Deregulierung, 2003, S. 99: „Herzstück des Öko-Audits“; Charlotte Streck: Der EMAS-Umweltgutachter und die Deregulierung des deutschen Umweltrechts, 2001, S. 81: „Dreh- und Angelpunkt eines funktionstüchtigen EG-Öko-Audit-Systems. 147 Vgl. Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 368; Erbrath, S. 35; Kothe, Rdnr. 429; Grühn, S. 33; Volker Schneider: Öko-Audit und Deregulierung im Immissionsschutzrecht, 1999, S. 46. 148 Vgl. Erbrath, S. 42 f. 149 Wohlfarth/Signon, Rdnr. 99.

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demnach „höchste Anforderungen zu stellen“.150 Diesen hohen Erwartungen und Anforderungen muss auch das Zulassungs- und Aufsichtssystem gerecht werden, um die Funktionsfähigkeit und Glaubwürdigkeit des UmweltAudit-Systems zu sichern.151 a) Vorgaben der EMAS-VO für das Zulassungs- und Aufsichtssystem Die EMAS-VO enthält für das Zulassungs- und Aufsichtssystem der Mitgliedstaaten eine Reihe von Vorgaben: Gemäß Art. 4 Abs. 1 EMAS-VO sollten die Mitgliedstaaten ein System für die Zulassung unabhängiger Umweltgutachter und für die Beaufsichtigung ihrer Tätigkeiten schaffen. Dabei konnten sie bereits bestehende Zulassungsstellen oder die zuständigen Stellen i. S. d. Art. 5 EMAS-VO beauftragen oder eine andere Stelle mit entsprechendem Status schaffen oder benennen. Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, dass aufgrund der Zusammensetzung dieser Systeme eine unabhängige und neutrale Aufgabenwahrnehmung gewährleistet ist. Für die Zulassung der Umweltgutachter und die Beaufsichtigung ihrer Tätigkeiten sind gemäß Art. 4 Abs. 4 EMAS-VO die Regelungen in bzw. Anforderungen von Anhang V zur EMAS-VO einschlägig. Wichtig ist schließlich die Regelung in Art. 4 Abs. 5 EMAS-VO, wonach die in einem Mitgliedstaat zugelassenen Umweltgutachter in Übereinstimmung mit den in Anhang V zur EMAS-VO festgelegten Anforderungen in allen anderen Mitgliedstaaten gutachterlich tätig werden dürfen. Die Aufnahme der Tätigkeit ist lediglich in dem Mitgliedstaat, in dem die gutachterliche Tätigkeit erfolgt, zu „notifizieren“. Die Tätigkeit des Umweltgutachters unterliegt dann der Aufsicht des Zulassungssystems dieses Mitgliedstaates. In Ziffer 5.1. Anhang V zur EMAS-VO ist nochmals klargestellt, dass die Zulassungsstellen Einzelpersonen, Organisationen oder beide als Umweltgutachter zulassen können. Neben Anforderungen an nachzuweisendes Fachwissen, etwa hinsichtlich einschlägiger umweltrechtlicher Vorschriften, enthält Ziffer 5.2.1. Anhang V zur EMAS-VO eine besonders bedeutsame Regelung für die rechtliche 150 Falk/Frey, UPR 1996, S. 58 ff., 60; ebenso: Feldhaus, Rdnr. 153; vgl. auch Dieter Schottelius: Anforderungen an die Prüfungstiefe des zugelassenen Umweltgutachters, DB 1996, S. 1169 ff., 1170: „Der Umweltgutachter tritt damit mehr in die Rolle eines beglaubigenden Notars, der feststellt, dass das dokumentierte EGAudit-System eingehalten worden ist und so funktionieren kann“. 151 Vgl. nur Claudia Benecke: Europarechtliche Aspekte des Umweltaudits, 2001, S. 197.

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Stellung des Umweltgutachters: Der Umweltgutachter muss „bei der Ausübung seiner Tätigkeit unabhängig – insbesondere unabhängig von dem Betriebsprüfer oder Berater der Organisation –, unparteiisch und objektiv sein“.152 Darüber hinaus muss der Umweltgutachter oder die Umweltgutachterorganisation „die Gewähr bieten, dass er oder die Organisation und deren Personal keinem kommerziellen, finanziellen oder sonstigen Druck unterliegen, der ihr Urteil beeinflussen oder das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit und Integrität bei ihrer Tätigkeit in Frage stellen könnte, und dass sie allen in diesem Zusammenhang anwendbaren Vorschriften gerecht werden“.153 Wegen der Komplexität der Prüfungsaufgaben und des für ihre ordnungsgemäße Ausführung erforderlichen Fachwissens werden an die Zulassung von Einzelgutachtern, die eigenständig Begutachtungen durchführen, besondere Anforderungen gestellt. Sie müssen in vollem Umfang über die fachliche Qualifikation verfügen, die für die Begutachtungen in Bereichen, für die sie zugelassen werden, erforderlich ist. Zudem ist die Zulassung entsprechend der fachlichen Qualifikation zu begrenzen.154 Wegen dieser hohen Anforderungen, die für einzelne Umweltgutachter oft nur schwer zu erfüllen sein werden, wurde gemäß § 8 UAG die Möglichkeit der Erteilung sog. Fachkenntnisbescheinigungen geschaffen: Danach muss, wer für einen Umweltgutachter oder eine Umweltgutachterorganisation gutachterliche Tätigkeiten nach der EMAS-VO wahrnimmt, ohne selbst als Umweltgutachter zugelassen zu sein, ebenfalls bestimmte Anforderungen an das Vorliegen von Fachkenntnissen sowie im Hinblick auf die Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit erfüllen.155 Bei Erfüllung der Vorgaben ist dem Betreffenden für die entsprechenden Zulassungsbereiche eine Fachkenntnisbescheinigung zu erteilen, die ihm – entsprechend den inhaltlichen bzw. fachspezifischen Beschränkungen – eine gutachterliche Tätigkeit „nur im Zusammenwirken mit einem Umweltgutachter gestattet, der Berichte und die Gültigkeitserklärung von Umwelterklärungen verantwortlich zeichnet“.156 Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, besonders ausgewiesene Experten für Spezialfragen im Rahmen der Begutachtung einzusetzen, die selbst nicht die Gesamtanforderungen für eine Zulassung als Umweltgutachter erfüllen.157 Die Aufsicht über die Umweltgutachter erfolgt durch die Zulassungsstelle, die die Zulassung erteilt hat. 152 153 154 155 156 157

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Ziffer 5.2.1. g) Satz 2 Anhang V zur EMAS-VO. Ziffer 5.2.1. g) Satz 3 Anhang V zur EMAS-VO. Ziffer 5.2.3. Anhang V zur EMAS-VO. § 8 Abs. 1 UAG. § 8 Abs. 2 UAG. Ewer, Rdnr. 69 ff.

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Der Umweltgutachter ist verpflichtet, die Zulassungsstelle unmittelbar über alle Veränderungen zu unterrichten, die Einfluss auf die Zulassung oder ihren Umfang haben. Durch mindestens alle 24 Monate erfolgende Überprüfungen durch die Aufsichtsbehörde hat diese sicherzustellen, dass der Umweltgutachter weiterhin die Zulassungsanforderungen erfüllt. Die Überprüfung hat sich insbesondere auf die Qualität der vorgenommenen Begutachtungen zu erstrecken. Für die Überprüfung werden verschiedene Möglichkeiten eröffnet:158 Es kann eine Überprüfung im Gutachterbüro erfolgen (sog. Office-Audit). Ferner kann ein sog. Witness-Audit vorgenommen werden. Hier überprüft die Zulassungsstelle durch Begleitung und Begutachtung der praktischen Tätigkeit des Umweltgutachters „vor Ort“ im Rahmen der Durchführung einer oder mehrerer Audits bei Organisationen die Arbeit des Umweltgutachters. Ferner besteht auch die Möglichkeit der Überprüfung durch Fragebögen oder durch Prüfung der von den Umweltgutachtern für gültig erklärten Umwelterklärungen und der erstellten Begutachtungsberichte. b) Zulassung von und Aufsicht über Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland Die Bundesrepublik Deutschland ist der einzige Mitgliedsstaat der EU, der ein vollkommen eigenständiges Zulassungssystem durch Gesetz errichtet hat.159 Das Zulassungs- und Aufsichtssystem ist entsprechend den Vorgaben der EMAS-VO wie folgt ausgestaltet worden: Die Regelungen über die Zulassung und die Aufsicht mussten, da sie mit Eingriffen in die gemäß Art. 12 GG geschützte Freiheit der Be158

Vgl. Ziffer 5.3.1. Anhang V zur EMAS-VO. Vgl. Benecke, S. 210, die zugleich darauf hinweist, im Unterschied zu vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten habe in Deutschland keine Orientierung an der Norm EN 45012 stattgefunden. Ferner stellt sie fest, ebenfalls im Unterschied zu Deutschland, wo der Einzelumweltgutachter als gesetzlicher Regelfall angesehen wird, stellten die Zulassungssysteme der meisten anderen Mitgliedstaaten der EU auf die Zulassung einer Umweltgutachterorganisation als Regelfall ab, vgl. Benecke, S. 219. Benecke erachtet die Zulassung von Umweltgutachterorganisationen im Regelfall für sinnvoller, da diese über eine bessere Qualifikation bzw. über breiteres Fachwissen verfügen dürften, vgl. S. 283; ähnlich: Sandra Mirjam van Bon: Der Umweltgutachter und vérificateur in Deutschland und Frankreich im System der EG-UmweltAudit-Verordnung, 2000, S. 211, die eine „tendenziell höhere Prüfungsqualität“ für Umweltgutachterorganisationen annimmt und die Auffassung vertritt, es bestehe „eine Korrelation zwischen der Größe der Umweltgutachterorganisation und ihrer Prüfungsqualität . . . Je größer eine Umweltgutachterorganisation ist, desto höhere Prüfungsqualität wird durch sie angeboten“. 159

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rufswahl und der Berufsausübung verbunden sind160, durch Gesetz – das UAG – erfolgen.161 Der Beruf des Umweltgutachters ist ein freier Beruf162, also insbesondere kein Gewerbe.163 Damit solle auch herausgestellt werden, dass der Gutachter seiner Verpflichtung gegenüber dem Umweltschutz nachkomme und seine Tätigkeit nicht reinen Gewinnerzielungsabsichten diene. Zugleich bedeute die Qualifizierung als freiberufliche Tätigkeit eine „gewisse Staatsferne und auch Unabhängigkeit von der Umweltverwaltung“.164 Da es sich bei dem Beruf des Umweltgutachters um einen neuen,165 eigenständigen166 Beruf handelt, sind die Zulassungsregelungen im UAG keine bloßen Berufsausübungsregelungen i. S. d. Art. 12 GG, die eine Ausweitung oder Spezialisierung einer bereits bestehenden beruflichen Tätigkeit betreffen. Als Berufszulassungsregelungen – und zwar als sog. subjektive Zulassungsbeschränkungen, die zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt sind sollen – betreffen sie vielmehr die Freiheit der Berufswahl.167 Dagegen handelt es sich bei den im UAG geregelten Aufsichtsmaßnahmen um Eingriffe in die bzw. Beschränkungen der Freiheit der Berufsausübung i. S. d. Art. 12 GG, die vorliegend durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls als gerechtfertigt und insgesamt verhältnismäßig beurteilt werden.168 Zulassungsstelle ist zentral für alle Umweltgutachter169, Umweltgutachterorganisationen170 und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen die 160

Vgl. nur Kothe, Rdnr. 20. Vgl. Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 367; Förschle/Hermann/Mandler, DB 1994, S. 1093 ff., 1099. 162 Vgl. Patrick Scheuß: Die Zulassung und Beaufsichtigung der Umweltgutachter, UPR 2000, S. 104 ff., 104; Erbrath, S. 171 u. 229 f.; vgl. auch Matthias Schmidt-Preuß: Umweltschutz ohne Zwang – das Beispiel des Öko-Audit, in: FS für Martin Kriele 1997, S. 1157 ff., 1172: „neues Berufsbild des unabhängigen Umweltgutachters“; Siegfried Waskow: Betriebliches Umweltmanagement. Anforderungen nach der Audit-Verordnung der EG und dem Umweltauditgesetz, 2. Aufl., 1997, S. 106: „eigenständige berufliche Tätigkeit und nicht nur Ausübungsform einer anderweitigen beruflichen Tätigkeit, etwa als Umweltberater oder als (anerkannter) Sachverständiger“. 163 Vgl. § 4 Abs. 2 UAG. 164 Erbrath, S. 171. 165 Vgl. statt vieler Grühn, S. 35. 166 Vgl. hierzu nur Streck, S. 143. 167 Vgl. nur Erbrath, S. 230 ff. 168 Vgl. nur Erbrath, S. 230 u. 232 f. 169 § 2 Abs. 2 UAG enthält eine eigene Definition des Umweltgutachters i. S. d. UAG. Umweltgutachter sind danach natürliche Personen, die zur Wahrnehmung von Aufgaben i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Buchstabe d, Abs. 3, Anhang III Abschnitte 3.4 und 3.5 und Anhang V Abschnitte 5.4 und 5.5 der EMAS-VO zugelassen sind oder die in 161

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Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter m. b. H. mit Sitz in Bonn (im Folgenden kurz: DAU). Die DAU ist als GmbH eine juristische Person des Privatrechts, die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung gemäß § 28 UAG mit den Aufgaben der Zulassungsstelle beliehen wurde.171 Sie nimmt – als Teil der mittelbaren Bundesverwaltung172 – die Aufgaben der Zulassung und Beaufsichtigung der Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen sowie der Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen gemäß Art. 4 u. 7 Abs. 1 sowie gemäß Anhang V zur EMAS-VO wahr.173 Insbesondere führt sie gemäß § 14 UAG das Zulassungsregister für Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen. Nach Maßgabe des UIG ist jeder berechtigt, das Zulassungsregister einzusehen.174 Sie untersteht gemäß § 29 UAG der Aufsicht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (im Folgenden kurz: BMU), wobei die Aufsicht weitgehend auf eine Rechtsaufsicht hinsichtlich der Zulassungs- und Aufsichtstätigkeit beschränkt ist.175 Nur bei den besonders grundrechtsrelevanten und für die betroffenen Umweltgutachter besonders bedeutsamen Entscheidungen nach §§ 16 Abs. 2 (vorläufige ganz oder teilweise Untersagung der Tätigkeit), 17 Abs. 3 Nr. 2 und 3 (bestimmte Fälle des Widerrufs der Zulassung) und nach § 18 Abs. 2 Satz 3 UAG (entsprechende Eingriffe gegenüber Umweltgutachtern aus anderen Mitgliedstaaten) erstreckt sich die Aufsicht auch auf die Zweckmäßigkeit, es wird also Fachaufsicht ausgeübt.176 Für die gewählte Beleihungslösung wird als Begründung vor allem angeführt, dass Zulassung und Aufsicht damit „letztlich im hoheitlichen Verantwortungsbereich“ liegen. Hierdurch solle die Vertrauenswürdigkeit des Syseinem anderen Mitgliedstaat der EU im Rahmen des Art. 4 und Anhang V Abschnitte 5.1 und 5.2 der EMAS-VO nach dessen innerstaatlichem Recht zugelassen sind. 170 Umweltgutachterorganisationen sind in § 2 Abs. 3 UAG definiert und auf bestimmte Gesellschaftsformen beschränkt – und zwar auf eingetragene Vereine, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragene Genossenschaften, offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften. Zudem zählen hierzu die konform zu den Vorgaben der EMAS-VO in einem anderen Mitgliedstaat der EU zugelassenen Umweltgutachterorganisationen. 171 Vgl. zu den Einzelheiten die Umweltauditgesetz-Beleihungsverordnung vom 18.12.1995, BGBl. I S. 2013, geändert durch Verordnung vom 13.09.2001, BGBl. I, S. 2427. 172 Vgl. Schäfer, S. 172; Kothe, Rdnr. 444. 173 § 28 Satz 2 UAG. 174 § 14 Abs. 2 UAG. 175 Vgl. § 29 Satz 2 UAG. 176 Vgl. § 29 Satz 2 UAG.

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tems gestärkt werden,177 da die Öffentlichkeit (und die Behörden) einem rein privatwirtschaftlichen Zertifizierungssystem „naturgemäß weniger Vertrauen“ schenkten.178 Eine effektive Aufsicht über die Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen sei zudem eine „Grundvoraussetzung für den Ersatz von Behördentätigkeit“.179 Über das Zulassungssystem übe der Staat die Kontrolle über das Umwelt-Audit-System aus und stehe somit für das Ergebnis des Audits selbst mit ein.180 Diese Form von Zulassung und Aufsicht durch eine Beliehene ist neu und ihr wird „Modellcharakter“ zugeschrieben, weil „Berufszulassungen, die bislang eher eine Angelegenheit der unmittelbaren Staatsverwaltung waren, einem beliehenen Privaten übertragen werden“. Die DAU GmbH ist die erste privatrechtlich organisierte Stelle, der die komplette Durchführung eines Berufszulassungsverfahrens übertragen wurde.181 aa) Der Umweltgutachterausschuss Eine Besonderheit im Zulassungs- und Aufsichtssystem des UAG ist der sog. Umweltgutachterausschuss, der gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UAG beim BMU gebildet wurde.182 Seine Aufgaben bestehen u. a.183 darin, Richtlinien für die Auslegung und Anwendung der §§ 4–18 UAG und der aufgrund dieser Rechtsvorschriften ergangenen Rechtsverordnungen zu erlassen,184 ferner das BMU in allen Zulassungs- und Aufsichtsangelegenheiten zu beraten185 und die Verbreitung von EMAS zu fördern.186 Der Umweltgutachterausschuss ist mitgliedschaftlich strukturiert und pluralistisch mit Mitgliedern verschiedener an EMAS beteiligter oder betroffener Behörden und gesellschaftlichen Gruppierungen nach den Vorgaben des § 22 UAG, also keineswegs nur mit Umweltgutachtern, besetzt.187 Den mit 6 Mitgliedern größten Anteil stellen Vertreter der Unternehmen oder ihrer 177

Vgl. Feldhaus, Rdnr. 153. Vgl. Schäfer, S. 111. 179 Vgl. Schäfer, S. 181. 180 Vgl. Streck, S. 95 u. 99. 181 Vgl. Erbrath, S. 187. 182 Vgl. hierzu die eingehenden Darstellungen von Thomas Mayen: Der Umweltgutachterausschuß, in: Lechelt/Ewer/Theuer, Teil G. 183 Vgl. zu Einzelheiten Mayen, Rdnr. 26 ff.–43. 184 § 21 Satz 2 Ziffer 1 UAG. 185 § 21 Satz 2 Ziffer 4 UAG. 186 § 21 Satz 2 Ziffer 5 UAG. 187 Der Umweltgutachterausschuss ist damit weiterer Ausdruck der mit dem UAG verfolgten Ziel einer Kooperation von Staat und Wirtschaft, vgl. Mayen, Rdnr. 11 f. 178

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Organisationen, die nächst größeren Gruppen von Mitgliedern sind Vertreter der Umweltgutachter oder ihrer Organisationen sowie Vertreter der Umweltverwaltung der Länder.188 Die Mitglieder des Umweltgutachterausschusses unterliegen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 UAG keinen Weisungen und sind ehrenamtlich tätig.189 Der Umweltgutachterausschuss ist eine teilrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts.190 Er hat keine eigene Rechtspersönlichkeit, ist aber gleichwohl rechtlich verselbständigt191 und hat gemäß § 26 UAG eine eigene Geschäftsstelle, die den Weisungen des Vorsitzenden des Umweltgutachterausschusses unterliegt. Teilrechtsfähigkeit bedeutet insoweit, dass der Umweltgutachterausschuss „nur im Hinblick auf die ihm durch das UAG zugewiesenen Aufgaben, also etwa im Hinblick auf den Erlass von Richtlinien über die Zulassung und Aufsicht der Umweltgutachter, rechtsfähig ist“.192 Gemäß § 27 UAG übt das BMU die Rechtsaufsicht über den Umweltgutachterausschuss aus. Die Möglichkeiten der Aufsichtsmaßnahmen reichen bis zur Auflösung des Umweltgutachterausschusses.193 Verstößt die Zulassungsstelle z. B. gegen die Empfehlungen des Umweltgutachterausschusses, greift die Rechtsaufsicht des BMU ein. Überschreiten die Richtlinien bzw. einzelne darin enthaltene Regelungen dagegen die Kompetenz des Umweltgutachterausschusses, wird ebenfalls die Rechtsaufsicht durch das BMU ausgeübt.194 Umgekehrt kann auch die Zulassungsstelle die Rechtaufsicht des BMU einschalten, um Maßnahmen des Umweltgutachtersausschusses überprüfen zu lassen. Schließlich besteht für den Umweltgutachterausschuss und für die Zulassungsstelle die Möglichkeit, gemäß § 43 VwGO einen verwaltungsgerichtlichen Organstreit in Form einer Feststellungsklage zu führen.195 In der Literatur wird ausgeführt, mit dem Umweltgutachterausschuss habe „ein Gegengewicht zur privaten Zulassungsstelle geschaffen und die 188

Vgl. zu den Einzelheiten § 22 Abs. 1 Satz 1 UAG. Vgl. zu den Einzelheiten der fachlichen Anforderungen an die Mitglieder des Ausschusses und zum Verfahren ihrer Benennung die Regelungen in § 22 Abs. 2 u. 3 UAG sowie zur Geschäftsordnung, zur Organisation und Beschlussfassung die Regelung des § 23 UAG. Insbesondere besteht die Weisungsfreiheit auch gegenüber den Gruppen bzw. Institutionen, die Vertreter in den Umweltgutachterausschuss entsenden, vgl. Mayen, Rdnr. 53. 190 Vgl. Lechelt, Rdnr. 90; Waskow, S. 121; Kothe, Rdnr. 481. 191 Vgl. im Einzelnen Mayen, Rdnr. 3 f. 192 Erbrath, S. 209; vgl. auch Grühn, S. 89. 193 Vgl. § 27 Abs. 4 UAG. 194 Vgl. § 27 Abs. 3 UAG. 195 Vgl. zu Einzelheiten Mayen, Rdnr. 95 f. 189

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öffentliche Kontrolle verstärkt werden (sollen), um das Vertrauen in die überwiegend private Zulassungstätigkeit herzustellen“. Dies sei jedoch „nur teilweise gelungen. Denn der Umweltgutachterausschuss nimmt nur indirekt über seine Richtlinien Einfluss auf den Gutachter (bzw.) eine Kontrollfunktion wahr“.196 Wegen vielfältiger Parallelen zwischen dem Umweltgutachterausschuss und dem Anerkennungsbeirat nach § 6 AZWV werden die verfassungsrechtlichen Probleme der Einbindung von Gremien, in denen Sachverständige und Interessenvertreter an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Zusammenspiel mit der Verwaltung beteiligt sind, im Rahmen der rechtlichen Untersuchung der Regelungen über den Anerkennungsbeirat nach § 6 AZWV dargestellt. bb) Die Zulassung von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen Das Zulassungssystem unterscheidet grundsätzlich zwischen den Zulassungsvoraussetzungen für Umweltgutachter, für Umweltgutachterorganisationen und für Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen. Im Folgenden bleiben die Zulassungsvoraussetzungen für Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen außer Betracht, da sie für den Vergleich mit den Regelungen der AZWV nicht benötigt werden. Das Zulassungsverfahren beginnt für die Zulassung als Umweltgutachter bzw. für die Zulassung als Umweltgutachterorganisation mit einem schriftlichen Antrag, dem die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen beizufügen sind.197 Die erforderlichen Fachkenntnisse des Umweltgutachters werden in einer mündlichen Prüfung198 von einem Prüfungsausschuss der Zulassungsstelle nach Maßgabe der Vorgaben gemäß § 11 Abs. 2 u. 3 UAG festgestellt. Die Einzelheiten zum Prüfungsverfahren sind in der gemäß der Ermächtigung in § 11 Abs. 5 UAG erlassenen Umweltauditgesetz-Zulassungsverfahrensverordnung199 geregelt. Die materiellen Zulassungsvoraussetzungen200 für Umweltgutachter sind vor allem in § 9 UAG geregelt. 196

Erbrath, S. 210. § 11 Abs. 1 UAG. Ferner ist bei Antragstellung gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 UAG eine zustellungsfähige Anschrift im Bundesgebiet anzugeben. 198 Vgl. zur mündlichen Prüfung insbes. § 12 UAG. 199 I. d. F. der Bekanntmachung v. 12.09.2002, BGBl. I S. 3654. 200 Vgl. hierzu eingehend: Stefan Lütkes: Die materiellen Voraussetzungen der Zulassung des Umweltgutachters, in: Lechelt/Ewer/Theuer, Teil F, S. 141 ff. 197

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Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 UAG ist die Zulassung von der Zulassungsstelle zu erteilen, wenn der Antragsteller die Anforderungen nach § 4 Abs. 1 und §§ 5–7 UAG erfüllt. Ermessen ist danach nicht eröffnet.201 Sofern der Umweltgutachter für bestimmte Zulassungsbereiche nicht selbst über die erforderliche Fachkunde verfügt, ist die Zulassung unter den in § 9 Abs. 1 Satz 2 u. 3, Abs. 2 UAG genannten Voraussetzungen dennoch auf diese Zulassungsbereiche zu erstrecken. Nach diesen Bestimmungen kann der Antragsteller selbst fehlende Fachkunde durch Anstellung von bzw. Zusammenarbeit mit für diese Zulassungsbereiche qualifizierten Personen ersetzen. Der Umweltgutachter muss gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UAG den Nachweis erbringen, dass er über dokumentierte Prüfungsmethoden und -verfahren (einschließlich der Qualitätskontrolle und der Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit) zur Erfüllung seiner gutachterlichen Aufgaben verfügt. Kern der materiellen Zulassungsvoraussetzungen sind die Regelungen der §§ 5–7 UAG über die Anforderungen an die Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Fachkunde der Umweltgutachter. Sind deren Voraussetzungen erfüllt, haben die Umweltgutachter zugleich auch die nach der EMAS-VO erforderliche Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Fachkunde.202 Ein Umweltgutachter besitzt gemäß § 5 Abs. 1 UAG die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn er aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines Verhaltens und seiner Fähigkeiten zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist. In § 5 Abs. 2 UAG ist dann ein Katalog von Fällen normiert, in denen „in der Regel“ die Zuverlässigkeit nicht gewährleistet ist. Dies sind z. B. bestimmte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten,203 wiederholte oder grob pflichtwidrige Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des Umweltschutzrechts und anderer für eine Tätigkeit als Umweltgutachter relevanter Rechtsgebiete, aber auch Verstöße gegen das Betäubungsmittel-, Waffen- oder Sprengstoffrecht.204 Auch fehlt demjenigen in der Regel die erforderliche Zuverlässigkeit, der sich „nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber oder anderer Personen nicht gefährdet sind“.205 Für die Unabhängigkeit des Umweltgutachters verweist § 6 Abs. 1 UAG zunächst auf die entsprechenden Anforderungen in Anhang V Abschnitt 5.2.1. Unterabsatz 3 u. 4 der EMAS-VO, die bereits oben dargestellt wurden. In § 6 Abs. 2 UAG ist ein Katalog von Fällen aufgeführt, in denen der Antragsteller für die erforderliche Unabhängigkeit i. S. d. EMAS-VO-Vor201 202 203 204 205

Vgl. nur Erbrath, S. 191. Vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 UAG. Vgl. im Einzelnen § 5 Abs. 2 Ziffer 1 a)–e) und Ziffer 3 UAG. Vgl. hierzu § 5 Abs. 2 Ziffer 2 a) und b) UAG. § 5 Abs. 2 Ziffer 4 UAG.

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gaben „in der Regel“ keine Gewähr bietet. § 6 Abs. 2 Ziffer 1 UAG betrifft verschiedene Formen der wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Verbundenheit zwischen dem Antragsteller bzw. Umweltgutachter und Organisationen, die er aufgrund seiner Fachkunde begutachten dürfte. Ein solcher Grund liegt dann vor, wenn der Antragsteller Inhaber einer solchen Organisation oder der Mehrheit ihrer Anteile ist.206 Umgekehrt darf er auch nicht Angestellter einer solchen Organisation sein, auf die sich seine Tätigkeit als Umweltgutachter nach dem Umfang seiner Fachkunde bzw. seiner Zulassung beziehen könnte.207 Ausdrücklich ausgenommen von den vorgenannten Regelausschlussgründen ist die Begutachtung von Umweltmanagementsystemen anderer Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhabern von Fachkenntnisbescheinigungen.208 Ein Ausschlussgrund liegt ferner in der Regel vor, wenn der Betreffende eine Tätigkeit aufgrund eines Beamtenverhältnisses, Soldatenverhältnisses oder eines Anstellungsvertrages mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ausübt.209 Ausgenommen davon sind nur Beratungstätigkeiten als Bediensteter einer Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Berufskammer oder sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts, die eine Selbsthilfeeinrichtung für Unternehmen ist, die sich an EMAS beteiligen können – allerdings nur dann, wenn der Bedienstete im Hinblick auf seine Tätigkeit als Umweltgutachter nicht für Registrierungsaufgaben in Zusammenhang mit EMAS zuständig ist oder weisungsgebunden i. S. d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 UAG ist.210 Diese Weisungsgebundenheit ist ein weiterer Ausschlussgrund: Der Antragsteller bzw. Umweltgutachter ist in der Regel dann nicht in der erforderlichen Weise unabhängig, wenn er bei seiner Tätigkeit als Umweltgutachter aufgrund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen Weisungen auch dann zu befolgen hat, wenn sie ihn zu gutachterlichen Handlungen gegen seine Überzeugung verpflichten. Schließlich fehlt in der Regel die Unabhängigkeit des Antragstellers bzw. Umweltgutachters, wenn er organisatorisch, wirtschaftlich, kapital- oder personalmäßig mit Dritten verflochten ist – sofern nicht deren Einflussnahme auf die Wahrnehmung der Aufgaben als Umweltgutachter, insbeson206

§ 6 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 a) UAG. § 6 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 b) UAG. 208 § 6 Abs. 2 Satz 2 UAG. 209 § 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 c) UAG. Ein weiterer regelmäßiger Ausschlussgrund besteht in der Tätigkeit aufgrund eines Richterverhältnisses, öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Wahlbeamter auf Zeit oder eines öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses, es sei denn, der Betreffende übt die ihm übertragenen Aufgaben ehrenamtlich aus, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 d) UAG. 210 § 6 Abs. 3 UAG. 207

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dere durch Festlegungen in Satzung, Gesellschaftsvertrag oder Anstellungsvertrag ausgeschlossen ist.211 Dies wird in der Literatur kritisch gesehen und als unzureichend bewertet. Es sei keine Garantie dafür gegeben, dass sich der Umweltgutachter oder die Umweltgutachterorganisation an die Regelung in der Satzung oder im Vertrag halte.212 Ferner stelle sich die Frage, wer einen solchen Verstoß rügen und die Zulassungsstelle informieren sollte, da Einblick in die Verträge in der Regel nur Auftraggeber und Umweltgutachter hätten. Von diesen werde aber keiner den Verstoß melden, da der Umweltgutachter für den Verstoß verantwortlich wäre und zudem im Interesse der Organisation gehandelt hätte.213 Dabei wird allerdings nicht hinreichend beachtet, dass es kaum je eine „Garantie“ gegen rechtswidriges, kollusives Zusammenwirken der Akteure in Zertifizierungssystemen geben dürfte. Im Übrigen sei hier nur darauf hingewiesen, dass Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen gemäß § 15 Abs. 6 Nr. 1 a) UAG verpflichtet sind, Vereinbarungen mit den Unternehmen über Gegenstand und Umfang der Begutachtung bis zur Überprüfung durch die Zulassungsstelle bis zu fünf Jahren aufzubewahren. Nach § 15 Abs. 6 Nr. 4 UAG sind dann der Zulassungsstelle auf Verlangen die zur Überprüfung erforderlichen Unterlagen bereits zur Vorbereitung der Überprüfung vorzulegen, zu denen eben auch die Verträge mit den zu prüfenden Unternehmen gehören dürften.214 Bei hinreichend gründlicher Durchführung der Aufsicht bedarf es also keiner Meldung von Verstößen durch die Betroffenen selbst. Vereinzelt wird darüber hinaus kritisiert, aus den vom Umweltgutachter aufzubewahrenden Unterlagen lasse sich im Rahmen der Aufsicht nicht hinreichend ersehen, wie der Umweltgutachter zu dem Ergebnis der Gültigerklärung gelangt sei, da diese über den Prüfungshergang keine Aussagen enthielten. Gefordert wird daher eine weitergehende Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht, insbesondere auch hinsichtlich der Aufzeichnungen über die vom Umweltgutachter vorgenommenen Prüfungen.215 Erweiterte Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten ermöglichen sicher eine noch bessere Überprüfung im Rahmen der Aufsicht. Schon bisher hat der Umweltgutachter aber gemäß § 15 Abs. 6 Ziffer 1 b), c) und e) UAG die Berichte an die Leitung der Organisation, die in Abstimmung mit der Organisation erstellten Begutachtungsprogramme sowie die Nieder211

§ 6 Abs. 2 Ziffer 3 UAG. Vgl. Schäfer, S. 176. 213 Vgl. Schäfer, S. 176. 214 Vgl. auch Grühn, S. 115, der zutreffend darauf verweist, im Rahmen solcher Kontrollen könnten z. B. berufswidrige Entgeltvereinbarungen festgestellt werden. 215 Vgl. Grühn, S. 115. 212

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schriften über die Besuche auf dem Betriebsgelände und über die Gespräche mit dem Betriebspersonal zur Überprüfung aufzubewahren. Diese müssten hinreichenden Aufschluss über Inhalt, Umfang und Ablauf der Begutachtung ermöglichen, so dass eine noch weitergehende Verpflichtung zur Dokumentation zwar wünschenswert sein mag, aber nicht zwingend notwendig erscheint. Streitig ist die Frage, ob es zulässig ist, wenn der Antragsteller selbst oder die Organisation, der er angehört, zuvor im Einzelfall in einer Frage beratend tätig geworden ist, die mit dem Validierungsverfahren in Zusammenhang steht. Im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedsstaaten fehlt in Deutschland eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dieser Frage.216 Nach einer Auffassung steht dies der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Umweltgutachters entgegen. Wenn und soweit der (künftige) Umweltgutachter als Berater tätig war, könne eine „Selbstbindung“ bzw. Vorfestlegung eintreten, die eine unvoreingenommene Begutachtung verhindern könnte. Dann fehle i. S. d. § 6 Abs. 1 UAG die erforderliche Unabhängigkeit. Daher sei dem betreffenden Antragsteller die Zulassung zu versagen. Für den Regelfall sei – in Analogie zu den Wirtschaftsprüfern – ein zeitlicher Abstand von 3–5 Jahren erforderlich.217 Nach anderer Auffassung ist nicht die Zulassung zu versagen bzw. zu entziehen, wenn eine beratende Tätigkeit für ein bestimmtes Unternehmen erfolgt ist. Die erforderliche Unabhängigkeit des Umweltgutachters sei dann nur für Validierungen betreffend dieses Unternehmen nicht gegeben.218 Es bestünden hier keine durchgreifenden Probleme, auch wenn sich der spätere Umweltgutachter gerade bei Vorbefassung mit technischen Fragen bereits vorab „festgelegt“ haben könnte. Ferner sei es gerade Wirtschaftsprüfern nicht generell untersagt, für bestimmte Zeiträume nach einem Beratungsmandat Kapitalgesellschaften zu prüfen, also ihren Beruf auszuüben, sondern eben nur solche, die tatsächlich beraten wurden. Einer Zulassung als Umweltgutachter stehe dies nicht entgegen, sondern es sei im Einzelfall im Wege der Aufsicht zu prüfen, ob ein Verstoß gegen die Unparteilichkeit vorliegt.219 Mit Blick auf den Schutz der Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 GG ist der letztgenannten Ansicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen ein bestimmtes Beratungsmandat gleichsam zu einer Berufszulassungssperre für mehrere Jahre führen sollte. Weder 216

Vgl. Benecke, S. 226; kritisch zu dieser Regelungslücke auch Streck, S. 111 f. Vgl. Hans-Jürgen Müggenborg: Der Prüfungsumfang des Umweltgutachters nach der Umwelt-Audit-Verordnung, DB 1996, S. 125 ff., 125. 218 Vgl. Schneider, S. 47. 219 Vgl. Kothe, Rdnr. 434. 217

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sind zwingende Gründe des Schutzes Dritter für eine derart drastische Maßnahme ersichtlich noch dürfte die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Sofern ein Umweltgutachter aufgrund bestehender Vorbefassung den Prüfungsauftrag nicht bereits selbst ablehnt, ist es nach derzeitiger Rechtslage Aufgabe der Aufsicht, hier sorgfältig im Hinblick auf etwaige Verstöße gegen die Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Umweltgutachters zu prüfen. In Betracht kommt danach ein Verbot, das konkret beratene Unternehmen zu prüfen, keinesfalls aber eine Verweigerung der Berufszulassung. In aller Regel dürfte einem Umweltgutachter jedoch die erforderliche Unabhängigkeit fehlen, der in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Prüfung nach der EMAS-VO zugleich einen Beratungsauftrag für das betreffende Unternehmen übernommen hat. Zumindest dürften erhebliche und durchgreifende Bedenken gegen die erforderliche Unparteilichkeit bestehen. Zudem „besteht die Gefahr, dass der Umweltgutachter sich zunehmend mehr als Berater denn als Prüfer versteht“.220 Ein „beratender Umweltgutachter entspricht . . . nicht der Intention der Verordnung, denn ein solcher verliert den notwendigen kritischen Abstand zu dem Objekt seiner Prüfung“.221 Hier allein auf die Wirksamkeit der Aufsicht zu vertrauen, dürfte nicht ausreichen, um eine Vorbefassung auszuschließen. Die Ausschließungsgründe müssten klar geregelt sein und zudem Verstöße mit erheblichen Sanktionen geahndet werden. Aus diesen Gründen erscheint es vorzugswürdig, einen eindeutigen gesetzlichen Ausschlussgrund zu schaffen, der eine beratende Vorbefassung in derselben Angelegenheit verbietet und den Verstoß mit erheblichen rechtlichen Folgen belegt, z. B. Nichtigkeit der Vereinbarung, Verlust des Honoraranspruchs und, für Fälle beharrlicher, wiederholter oder besonders schwerwiegender Zuwiderhandlung, den Verlust der Zulassung als Umweltgutachter. Im Hinblick auf die vorstehend dargelegten Probleme des neuen Berufs Umweltgutachter sind in der Literatur – unter Bezugnahme auf die Parallele zum Beruf des Wirtschaftsprüfers – die berufsrechtlichen Anforderungen an Umweltgutachter wie folgt formuliert worden:222 a) Unabhängigkeit und Unbefangenheit Der Umweltgutachter muss bei seinen Feststellungen, Beurteilungen und Entscheidungen frei von Einflüssen, Bindungen und Rücksichten sein. Er 220

Vgl. Streck, S. 180. Vgl. Streck, S. 181. 222 Vgl. Grühn, S. 107 f., der aber selbst auf bestimmte Korrektur- und Anpassungsbedürfnisse, die sich im Zuge der weiteren Etablierung des neuen Berufsbildes ergeben können, hinweist. 221

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darf weder in unmittelbarer noch mittelbarer Beziehung zu dem zu prüfenden Gegenstand stehen. Der Umweltgutachter muss seine Prüfungstätigkeit ablehnen, wenn ein sachlich vernünftiger Grund besteht, aus dem die Besorgnis abgeleitet werden kann, er sei befangen, also innerlich nicht frei. b) Gewissenhaftigkeit Der Umweltgutachter hat seine Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen und sich vom Grundsatz der getreuen und sorgfältigen Rechenschaftslegung leiten zu lassen. c) Eigenverantwortlichkeit Der Umweltgutachter hat sich sein Urteil selbst zu bilden und seine Entscheidungen selbst zu treffen. Er muss die Tätigkeit seiner Mitarbeiter derart überblicken und überwachen können, dass er sich eine auf Kenntnissen beruhende eigene Überzeugung bilden kann. Für jeden Umweltgutachter dürfen maximal fünf Mitarbeiter als ständige Prüfer oder Berater, d.h. auch maximal fünf Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen, tätig sein. d) Verschwiegenheit223 Den Umweltgutachter trifft die Verpflichtung zur absoluten Verschwiegenheit. Die Verschwiegenheit des Umweltgutachters erstreckt sich auf alle fremden Geheimnisse, die ihm anvertraut worden sind, sie gilt zeitlich unbegrenzt und personell gegenüber jedermann und kann nur durch die ausdrückliche Entbindung von der Schweigepflicht durch den Auftraggeber aufgehoben werden. e) Unparteilichkeit Der Umweltgutachter hat alle wesentlichen Tatbestände nach sachlichen Gesichtspunkte objektiv und frei zu beurteilen. Die Unparteilichkeit erfordert die Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und verbietet die Rücksichtnahme auf eigene und fremde Interessen. f) Berufswürdiges Verhalten Der Umweltgutachter ist zur Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet, des Weiteren hat er die Standesregeln einzuhalten, wie die Treuepflicht gegenüber dem Auftraggeber, das Gebot kollegialen Verhaltens, das Verbot der Vereinbarung von Erfolgshonoraren und das Verbot der Provisions- und der Geschenkannahme. 223 Diese Pflicht war in Art. 4 Abs. 7 EMAS I-VO normiert. In der EMAS II-VO findet sich dagegen keine entsprechende Regelung mehr.

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g) Unvereinbare Tätigkeiten Der Umweltgutachter darf keine gewerbliche Tätigkeit, keine Tätigkeit auf Grund eines Anstellungsvertrages, Beamtenverhältnisses oder eines nicht ehrenamtlich ausgeübten Richterverhältnisses ausüben. h) Kundmachung, Werbeverbot Den Umweltgutachter trifft die Verpflichtung zu berufswürdigem Verhalten bei der Kundmachung seiner Tätigkeit und bei der Auftragsübernahme. Berufswidrige Werbung, die nicht über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist, ist verboten. Der Umweltgutachter darf sich nicht um die Übernahme eines Auftrages bemühen, ohne vom Unternehmen dazu aufgefordert worden zu sein“. Nach § 7 Abs. 1 UAG besitzt ein Umweltgutachter die erforderliche Fachkunde, wenn er aufgrund seiner Ausbildung, beruflichen Bildung und praktischen Erfahrung zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist. In § 7 Abs. 2 u. 3 UAG sind dann die Anforderungen an den Nachweis der erforderlichen Fachkunde im Einzelnen dargestellt. Erste Voraussetzung224 für die Zulassung von Umweltgutachterorganisationen ist gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 UAG, dass mindestens ein Drittel der persönlich haftenden Gesellschafter oder Partner oder der Mitglieder des Vorstandes oder der Geschäftsführer als Umweltgutachter zugelassen sind oder aus bei der Umweltgutachterorganisation angestellten Personen mit Fachkenntnisbescheinigungen und mindestens einem Umweltgutachter besteht. Ferner müssen bei der Umweltgutachterorganisation „geordnete wirtschaftliche Verhältnisse bestehen“.225 Eine weitere Zulassungsvoraussetzung besteht darin, dass kein wirtschaftlicher, finanzieller oder sonstiger Druck die gutachterliche Tätigkeit beeinflussen oder das Vertrauen in die unparteiische Aufgabenwahrnehmung in Frage stellen können.226 Zu den Zulassungsvoraussetzungen gehören (auf Verlangen) auch die Vorlage eines Organigramms durch die Organisation, das ausführliche Angaben über die Strukturen und Verantwortungsbereiche innerhalb der Organisation enthält, sowie (ebenfalls auf Verlangen) die Vorlage einer Erklärung über den Rechtsstatus, die Eigentumsverhältnisse und die Finanzierungsquellen gegenüber der Zulassungsstelle.227 224

Vgl. zu den Zulassungsvoraussetzungen insgesamt die Regelung des § 10

UAG. 225

Vgl. § 10 Abs. 1 Ziffer 4 UAG. Vgl. § 10 Abs. 1 Ziffer 5 UAG, wobei ergänzend auf die Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und Nr. 2 u. 3 UAG verwiesen wird. 227 Vgl. § 10 Abs. 1 Ziffer 6 UAG. 226

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Bei Vorliegen aller Zulassungsvoraussetzungen muss die Zulassungsstelle die Zulassung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 UAG erteilen. Wie bei der Zulassung eines Einzelumweltgutachters liegt auch hier eine gebundene Entscheidung vor. Die Zulassung hat sich nach Maßgabe der Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 2 u. 3, Abs. 3 UAG (nur) auf die Zulassungsbereiche bzw. Fachgebiete zu erstrecken, für die entsprechend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Als Rechtschutzmöglichkeit gegen Verwaltungsakte228 der Zulassungsstelle ist zunächst die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gemäß §§ 24, 25 UAG gegeben. Über die Widersprüche entscheidet gemäß § 24 Abs. 1 UAG das Bundesverwaltungsamt, das insoweit den fachlichen Weisungen des BMU unterliegt. Für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens enthält § 25 UAG nähere Regelungen.229 Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Da die abschließenden Entscheidungen der Zulassungsstelle über die Erteilung der Zulassung bzw. der Fachkenntnisbescheinigung Verwaltungsakte sind, sind sie – je nach Rechtsschutzziel – mit der Anfechtungsoder Verpflichtungsklage angreifbar.230 cc) Die Aufsicht über Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen Entsprechend den Vorgaben der EMAS-VO enthalten die §§ 15–20 UAG die Regelungen über die Aufsicht über Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen.231 Es ist zwischen Maßnahmen der Regelaufsicht und der Aufsicht aus besonderem Anlass zu unterscheiden. Die Regelaufsicht ist wie folgt ausgestaltet: Umweltgutachter – und auch Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen – sind von der Zulassungsstelle in regel228 Die Zulassungsentscheidungen der Zulassungsstelle sind unstreitig Verwaltungsakte i. S. d. § 35 VwVfG, vgl. statt vieler Grühn, S. 87; van Bon, S. 244; Nissen, S. 87. 229 Eine Besonderheit enthält vor allem die Regelung des § 25 Abs. 2 UAG. Danach sind, soweit der Widerspruch gegen Entscheidungen der beliehenen Zulassungsstelle erfolgreich ist, die Aufwendungen des Widerspruchsführers gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 u. 2 VwGO „von dem privaten Rechtsträger der Zulassungsstelle zu erstatten“; vgl. hierzu etwa Kothe, Rdnr. 484. 230 Vgl. Erbrath, S. 191 u. 266 f.; Kothe, Rdnr. 485; Grühn, S. 87; Peter Zimmermann: Öko-Audit – Umweltauditgesetz des Bundes, Agrarrecht 1996, S. 137 ff., 143; van Bon, S. 248. 231 Vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen, insbesondere im Hinblick auf Art. 12 GG die Ausführungen von Scheuß, UPR 2000, S. 104 ff., 105 f.

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mäßigen Abständen, mindestens jedoch alle 24 Monate nach Wirksamwerden der Zulassung bzw. der Fachkenntnisbescheinigung daraufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung nach den §§ 9 (Umweltgutachter), 10 (Umweltgutachterorganisationen) und 8 (Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen) UAG weiterhin vorliegen.232 Diese Überprüfung erstreckt sich in jedem Fall auch auf die Qualität der vorgenommenen Begutachtungen, wobei in diesem Zusammenhang – ebenfalls mindestens alle 24 Monate – eine Überprüfung der vom jeweiligen Umweltgutachter bzw. von der Umweltgutachterorganisation für gültig erklärten Umwelterklärungen sowie der von den jeweiligen Inhabern der Fachkenntnisbescheinigungen mitgezeichneten Umwelterklärungen und der erstellten Begutachtungsberichte zu erfolgen hat.233 Ferner haben sich Umweltgutachter und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen spätestens 6 Jahre nach Wirksamwerden der Zulassung einer „praktischen Überprüfung bei ihrer Arbeit zu unterziehen“.234 Des Weiteren besteht, soweit erforderlich, die Möglichkeit einer sog. Geschäftstellenprüfung.235 Wenn es für die Zwecke der Aufsicht bzw. Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlich ist, dürfen die Geschäftsräume der zu überprüfenden Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und – wenn eine praktische Überprüfung vor Ort nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UAG bei dem begutachteten Unternehmen erfolgt – auch die Geschäftsträume der begutachteten Organisation zu den üblichen Geschäftszeiten betreten werden.236 Unabhängig von der Durchführung der Regelaufsichtsmaßnahmen können „aus besonderem Anlaß“ Aufsichtsmaßnahmen ergriffen werden – und zwar, wenn die Zulassungsstelle Anhaltspunkte dafür hat, dass der Umweltgutachter, die Umweltgutachterorganisation oder der Inhaber der Fachkenntnisbescheinigung die Voraussetzungen für die Zulassung nicht mehr erfüllt oder seinen Aufgaben nach der EMAS-VO „nicht ordnungsgemäß nachgeht“.237 Die Zulassungsstelle ist gemäß § 15 Abs. 5 UAG verpflichtet, die Register führende Stelle über im Rahmen der Aufsicht festgestellte Mängel in 232

§ 15 Abs. 1 Satz 1 UAG. § 15 Abs. 1 Satz 2 u. 3 UAG. 234 Vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 UAG. Die Umweltgutachterorganisation hat eine solche Überprüfung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 UAG zu dulden. Vgl. aber auch Scheuß, UPR 2000, S. 104 ff., 105 f., der ein sog. Witness-Audit, bei dem der Umweltgutachter bei seiner praktischen Arbeit vor Ort beobachtet und geprüft wird, mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage für verfassungswidrig hält. 235 Vgl. hierzu § 15 Abs. 3 UAG. 236 Vgl. § 15 Abs. 8 UAG; diese Regelung wird mit Blick auf die Vorgaben des Art. 13 GG als verfassungsgemäß beurteilt, vgl. Erbrath, S. 234. 237 § 15 Abs. 4 UAG. 233

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der Qualität einer Begutachtung oder sonstige Tatsachen zu informieren, die einen Grund für eine vorübergehende Aussetzung oder eine Streichung der Zulassung darstellen können. Ein umfassender Pflichtenkatalog für Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen ist in § 15 Abs. 6 und 7 UAG normiert. Sie unterliegen gemäß § 15 Abs. 6 UAG Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten, um der Zulassungsstelle bzw. der Aufsicht einen Nachvollzug und eine Überprüfung ihrer Tätigkeit zu ermöglichen. Höchstens fünf Jahre aufbewahrt werden müssen danach u. a. Zweitschriften der Vereinbarungen mit den Unternehmen über Gegenstand und Umfang der Begutachtung, Zweitschriften der Berichte an die Leitung der Organisation und Zweitschriften der für gültig erklärten Umwelterklärungen sowie ihrer Aktualisierungen bzw. Konsolidierungen.238 Ebenfalls geregelt ist ihre Verpflichtung, die Zulassungsstelle unverzüglich über alle Veränderungen zu unterrichten, die auf die Zulassung bzw. die Fachkenntnisbescheinigung Einfluss haben können.239 Ferner sind sie verpflichtet, der Zulassungsstelle zur Vorbereitung der regelmäßig durchzuführenden Aufsichtsverfahren die erforderlichen Angaben zu machen und ihr die zur Überprüfung erforderlichen Unterlagen vorzulegen.240 Schließlich ist die Fortbildungspflicht für die Umweltgutachter und die Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen normiert.241 Außer den Regelungen über das Verhältnis zwischen der Zulassungsstelle und den Umweltgutachtern, den Umweltgutachterorganisationen und den Inhabern von Fachkenntnisbescheinigungen ist in § 15 Abs. 6 Ziffer 3 UAG die Verpflichtung für die Umweltgutachter, die Umweltgutachterorganisationen und die Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen geregelt, sich bei Begutachtungen unparteiisch zu verhalten. Ebenfalls das Verhältnis zu den zu begutachtenden Unternehmen bzw. Organisationen betrifft die Regelung des § 15 Abs. 6 Ziffer 5 UAG. Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen sind danach verpflichtet, bei der Überprüfung von Organisationen neben den an den einzelnen Standorten der Organisation geltenden Rechtsvorschriften auch die hierzu ergangenen amtlich veröffentlichten Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder zu berücksichtigen. 238

Vgl. im Einzelnen § 15 Abs. 6 Ziffer 1 UAG. Vgl. § 15 Abs. 6 Ziffer 2 UAG. 240 Vgl. § 15 Abs. 6 Ziffer 4 UAG; zur vereinzelt geäußerten Kritik im Hinblick auf einen vermeintlich nicht ausreichenden Schutz von Betriebsgeheimnissen in diesem Zusammenhang vgl. Claus-Peter Martens/Oliver Moufang: Kritische Aspekte bei der praktischen Durchführung der Öko-Audit-Verordnung, NVwZ 1996, S. 246 f. 241 § 15 Abs. 7 UAG. 239

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Im Rahmen der Aufsicht stehen den Zulassungsstellen folgende Maßnahmen bzw. Möglichkeiten gegenüber den Umweltgutachtern, den Umweltgutachterorganisationen und den Inhabern von Fachkenntnisbescheinigungen zu: Allgemein haben sie gemäß § 16 Abs. 1 UAG die Befugnis, die zur Erfüllung der EMAS-Vorschriften und der Normen des UAG sowie der aufgrund des UAG erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Maßnahmen bzw. Anordnungen zu treffen. Insbesondere kann die Zulassungsstelle gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UAG die Fortführung der gutachterlichen Tätigkeiten ganz oder teilweise vorläufig untersagen, wenn eine Umwelterklärung mit unzutreffenden Angaben und Beurteilungen – insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der an einem Standort einer Organisation geltenden Umweltvorschriften – für gültig erklärt wurde. Ob diese Regelung ausreichend ist, wird in der Literatur bezweifelt. Zwar sei die Untersagung der Gutachtertätigkeit eine „wirksame Sanktion, insbesondere wenn der Lebensunterhalt des Gutachters davon abhängt. Gerade bei wiederholten Verstößen kann es aber angebracht sein, die Tätigkeit über einen längeren Zeitraum oder im Ganzen zu untersagen“.242 Zudem bestünde in jedem Fall ein Ermessen der Behörde, so dass im „Extremfall“ bei schweren oder wiederholten Verstößen gegen die Pflichten eines Umweltgutachters noch immer nicht zwingend auch nur die vorübergehende Untersagung der Tätigkeit erfolge. Der Umweltgutachter könne dann weiter Validierungen vornehmen, obwohl er gröblich gegen deren Voraussetzungen verstoße, ohne dass eine Behörde oder eine andere staatliche Stelle dagegen etwas unternehmen könne. Daher wird eine Pflicht zur Untersagung bei besonders schweren Verstößen gefordert.243 Zwar ist es richtig, dass schwerste bzw. wiederholte grobe Verstöße gegen die Pflichten eines Umweltgutachters zwingend die Untersagung der weiteren Tätigkeit zur Folge haben sollten. Dies müsste allerdings auch schon aufgrund der bisherigen Gesetzeslage hinreichend sichergestellt sein.244 Denn die Ermessensausübung der Aufsicht erfolgt nicht etwa frei. Bei derart gravierenden Fehlverhalten eines Umweltgutachters dürfte sich das Ermessen auf Null reduzieren, die Untersagung also die einzig rechtmäßige Maßnahme sein. Allerdings muss dies, wie auch die Kritiker der Regelung nicht verkennen245, die „ultima ratio“ sein, um dem grundrechtlichen Schutz der Berufsfreiheit des Umweltgutachters nach Art. 12 GG ge242 243 244 245

Schäfer, S. 188. Schäfer, S. 188. Ebenso, z. B. für sog. Gefälligkeitsbegutachtungen, Erbrath, S. 213. Vgl. Schäfer, S. 189.

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recht zu werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass für die Zulassungsstelle ein etwa pflichtwidrig erfolgendes Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen nicht etwa folgenlos bliebe. Sie unterliegt gemäß § 29 UAG der Rechtsaufsicht des BMU und – insbesondere für den Fall des § 16 Abs. 2 UAG! – auch der Fachaufsicht. Es ist also zumindest fraglich, ob der Kritik in der Literatur, wonach eine strenge Sanktionierung von Verstößen durch die DAU GmbH keineswegs gewährleistet sei,246 gefolgt werden kann – zumal von der Kritik zugleich – und zutreffend – eingeräumt wird, die DAU GmbH könne kein Interesse daran haben, schwere Verstöße von Umweltgutachtern oder Inhabern von Fachkenntnisbescheinigungen sanktionslos zu lassen.247 In der neueren Literatur wird das Aufsichtssystem entsprechend auch als hinreichend wirksam angesehen.248 Eine vorläufige Untersagung kommt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UAG auch dann in Betracht, wenn Verstöße gegen die Pflichten nach § 15 Abs. 6 oder 7 UAG vorliegen oder – gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UAG, wenn eine vollziehbare Anordnung der Zulassungsstelle nicht befolgt wurde.249 Des Weiteren ist gemäß § 17 Abs. 1 UAG unter den dort aufgeführten Voraussetzungen die Zulassung bzw. die Fachkenntnisbescheinigung mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. § 17 Abs. 2 u. 3 UAG enthalten spezielle Regelungen für den Widerruf der Zulassung bzw. der Fachkenntnisbescheinigung. Schließlich sind in § 37 UAG eine Reihe von bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeitstatbeständen normiert. Ordnungswidrig handelt danach insbesondere, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen der Regelung in Ziffer 5.4.3. Satz 3 Anhang V zur EMAS-VO eine Umwelterklärung für gültig erklärt (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 12 UAG). Wenn der Umweltgutachter also vorsätzlich oder fahrlässig eine Umwelterklärung für gültig erklärt, obwohl er festgestellt hat, dass die Organisation Rechtsvorschriften nicht einhält, kann dies mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 e (vgl. § 37 Abs. 3 UAG) geahndet werden. Davon nicht erfasst wären aber nach dem Wortlaut der Regelung Fälle, in denen der Umweltgutachter von Anfang an – vorsätzlich oder fahrlässig – 246

Vgl. Schäfer, S. 189. Vgl. Schäfer, S. 192, die an anderer Stelle auch zu dem Ergebnis gelangt, eine zureichende Aufsicht über die Umweltgutachter, die die Letztverantwortung des Staates über das EG-Öko-Audit-System sichere, sei gewährleistet, vgl. Schäfer, S. 193. 248 Vgl. etwa Ewer, Öko-Audit, Rdnr. 116. 249 Vgl. zu den Voraussetzungen, unter denen die Untersagung zu unterbleiben hat oder wieder aufzuheben ist die Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 UAG. 247

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nicht hinreichend sorgfältig prüft, also erst gar keine Feststellungen über entsprechende Rechtsverstöße trifft.250 Für den Rechtsschutz der Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen gegen Maßnahmen der Aufsicht durch die Zulassungsstelle ist ebenfalls der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.251

4. Die rechtliche Stellung des Umweltgutachters im Umwelt-Audit-System, insbesondere seine Stellung gegenüber der zu prüfenden Organisation bzw. dem zu prüfenden Unternehmen Der Umweltgutachter übt seine Tätigkeit gemäß Ziffer 5.5.1. Anhang V zur EMAS-VO entsprechend dem Umfang seiner Zulassung „auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung mit der Organisation aus. Diese legt den Gegenstand und den Umfang der Arbeiten fest und gibt dem Umweltgutachter die Möglichkeit, professionell und unabhängig zu handeln. Sie verpflichtet die Organisation zur Zusammenarbeit im jeweils erforderlichen Umfang“. In der Literatur werden vor dem Hintergrund dieser wenig konkreten Vorgaben insbesondere zwei Fragen diskutiert: Wird der Umweltgutachter ausschließlich auf der Grundlage dieser Vereinbarung tätig, ist er also rein privatrechtlich tätig oder übt er als Beliehener hoheitliche Befugnisse gegenüber den zu prüfenden Organisationen bzw. Unternehmen aus? Und: Wie ist die „schriftliche Vereinbarung“ rechtlich genau zu qualifizieren?252 Wie oben am Beispiel der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO gezeigt, schließen sich die Tätigkeit als Beliehener und eine Tätigkeit auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages nicht aus. Zunächst soll daher der Meinungsstand in der Literatur zur Frage der rechtlichen Qualität der Vereinbarung zwischen Umweltgutachter und zu prüfender Organisation dargestellt werden. Anschließend werden die Auffassungen in der Literatur zur Frage dargestellt, ob der Umweltgutachter Beliehener ist.

250

Kritisch hierzu u. a. van Bon, S. 243. Vgl. nur Erbrath, S. 267 f. 252 Zur erheblichen Bedeutung einer exakten Einordnung schon mit Blick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten vgl. nur Erbrath, S. 244. 251

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 101

a) Die „schriftliche Vereinbarung“ zwischen dem Umweltgutachter und dem zu prüfenden Unternehmen aa) Der Rechtscharakter des Vertrages zwischen Umweltgutachter und Unternehmen In der Literatur wird nicht selten ohne nähere Konkretisierung allein die Vorgabe wiederholt, der Umweltgutachter werde aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung bzw. eines privatrechtlichen Vertrages mit dem betreffenden Unternehmen tätig.253 Andere nehmen zwar eine rechtliche Einordnung als Werkvertrag vor, begründen sie aber nicht.254 Die deutlich überwiegende Ansicht qualifiziert den Vertrag als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB, wobei hervorgehoben wird, der geschuldete Erfolg bestehe nicht in der unbedingten Validierung, sondern in der Vornahme der Prüfungen, Begutachtungen und Berichte sowie einer Abschlussentscheidung, in deren Rahmen die Gültigkeitserklärung (nur) bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen geschuldet wird.255 Schließlich wird – mit256 oder ohne257 Begründung – die Auffassung vertreten, es handele sich um einen Vertrag über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB. Für diesen Fall wird allerdings präzisierend darauf verwiesen, es handele sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter, weshalb ergänzend Werkver253 Vgl. Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 368; Wiebe, NJW 1994, S. 289 ff., 291; Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928 ff., 934; Michael Langerfeldt: Das novellierte Environmental Management and Audit Scheme (EMAS II), NVwZ 2001, S. 538 ff., 539; Wolfgang Köck: Das Pflichten- und Kontrollsystem des Öko-AuditKonzepts nach der Öko-Audit-Verordnung und dem Umweltauditgesetz, VerwArch 87 (1996), S. 644 ff., 662; Werner Hoppe/Martin Beckmann/Petra Kauch: Umweltrecht, 2. Aufl., 2000, § 9, Rdnr. 59; van Bon, S. 94 u. 98; Rainer Lechelt: System des Umweltaudits, Entstehungsgeschichte, in: Ewer/Lechelt/Theuer (Hrsg.), Teil A, Rdnr. 34 f.; vgl. auch Claudio Franzius: Die Prüfpflicht des Umweltgutachters nach der EG-Umweltauditverordnung, NuR 1999, S. 601 ff., 601: „im Auftrag des Unternehmens tätig“. 254 Vgl. Müggenborg, DB 1996, S. 125 ff., 129; Nissen, S. 171; Feldhaus, Rdnr. 63: „i. d. R. Werkvertrag“. 255 Vgl. Falk/Frey, UPR 1996, S. 58 ff., 58; Erbrath, S. 261 f. u. 264; Streck, S. 177; Jochen Ritter: Die rechtliche Stellung des Umweltgutachters, 1998, S. 127 u. 129; Schneider, S. 55; Kothe, Rdnr. 279 u. 382 ff.; Schäfer, S. 209: „Werkvertrag nach § 631 BGB, angereichert mit dienstvertraglichen Elementen“; Wolfgang Ewer: Aufgaben und Pflichten des Umweltgutachters sowie das Verfahren seiner Zulassung, in: Ewer/Lechelt/Theuer, Teil E, Rdnr. 40. 256 Grühn, S. 128 f. 257 Vgl. Schmidt-Preuß, a. a. O., S. 1166: „privater Dienstleister, der auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Unternehmen tätig wird“.

102 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

tragsrecht anzuwenden sei.258 Die entsprechende Begründung für den Umweltgutachtervertrag stellt auf Parallelen zum Wirtschaftsprüfervertrag ab. Auch der Umweltgutachter nehme, wie der Wirtschaftsprüfer, eine selbständige entgeltliche Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen in dessen Interesse wahr.259 Der Umweltgutachter sei daher nicht nur verpflichtet, das übernommene Geschäft, den Auftrag, sachgemäß auszuführen, dabei sorgsam zu verfahren und das Interesse des Auftraggebers nach bestem Wissen und Können wahrzunehmen.260 Für den Inhalt der schriftlichen Vereinbarung wird in der Literatur darauf verwiesen, dass die Aufgaben des Gutachters „im Kern nicht zur Disposition dieser Vereinbarung (stehen), sondern sind bereits in der Verordnung selbst festgelegt“ sind.261 Der Vertragsgegenstand werde also allein durch die EMAS-VO bestimmt und unterliege nicht der vertraglichen Gestaltung durch die Parteien. In der Vereinbarung zwischen Umweltgutachter und Unternehmen könne der Untersuchungsgegenstand nur standort- oder organisationsspezifisch konkretisiert werden.262 Wie diese Vorgaben zivilrechtlich einzuordnen sind, wird in der Literatur allerdings nicht beantwortet. Insbesondere wird nicht erörtert, ob es sich um Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB handelt und welche Rechtsfolgen eine gegen die Vorgaben der EMAS-VO bzw. des UAG verstoßende Vereinbarung haben soll, also z. B. die teilweise oder vollständige Nichtigkeit der „schriftlichen Vereinbarung“. Der Vertrag hat also nach Auffassung der Literatur in weiten Teilen lediglich die Funktion einer Klarstellung.263 Für den Inhalt, soweit er gestaltet werden kann, werden verschiedene Regelungen empfohlen: 258 Grühn, S. 129 f., der maßgeblich auf das Ziel der Begutachtung abstellt, bei Vorliegen der Voraussetzungen die Umwelterklärung für gültig zu erklären. 259 Grühn, S. 128. 260 Vgl. Grühn, S. 134. 261 Vgl. Ritter, S. 22; Schneider, S. 55; Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 368; Schäfer, S. 207 u. 209; Franzius, a. a. O., S. 604: „privater Umweltgutachter“; ähnlich Müggenborg, DB 1996, S. 125 ff., 129, wonach der Inhalt des Vertrages in der EMAS-VO „weitgehend vorgeschrieben“ sei; Kothe, Rdnr. 279: „. . . in der EGVerordnung festgelegt und sind deshalb nicht disponibel“; Köck, S. 662: „. . . dass der Gegenstand der vertraglichen Leistung nicht zur freien Disposition der Vertragspartner steht, sondern durch die Öko-Audit-Verordnung weitgehend vorgegeben ist“; Erbrath, S. 244: „Das Unternehmen kann den Umweltgutachter zwar frei wählen, doch die Aufgaben des Umweltgutachters sind nach Abschluss des Vertrages nicht mehr disponibel, da sie von der EMAS-VO vorgegeben sind“. Dies sind sie allerdings auch vor Abschluss des Vertrages. 262 Vgl. Streck, S. 187 f. 263 Vgl. Schäfer, S. 209 f.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 103

– genaue Bezeichnung des zu prüfenden Standortes264 – Darstellung der zu prüfenden Anlagen bzw. Einrichtungen sowie des Umfangs der Prüfung265 – voraussichtliche Dauer der Prüfung bzw. der gutachterlichen Tätigkeit266 – Hinweis, unter welchen Voraussetzungen eine Validierung der Umwelterklärung des Unternehmens erfolgt267 – Honorarvereinbarung (Zeit- oder Pauschalhonorare) einschließlich (zur weiteren Absicherung der Neutralität des Umweltgutachters) der vorsorglichen Bestätigung, dass der Honoraranspruch auch bei begründeter Ablehnung der Validierung der Umwelterklärung besteht und zu einem zu bestimmenden Zeitpunkt fällig wird268 – Erklärung der eigenen Unabhängigkeit des Umweltgutachters269 – Verschwiegenheitspflicht des Umweltgutachters270 – Zusicherung der Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung271 und entsprechend die Zusicherung, dass die Unternehmensleitung und das Fachpersonal, insbesondere die Betriebsbeauftragten für den Umweltschutz, mit dem Umweltgutachter zusammenarbeiten und ihn unterstützen272 – Zusicherung der unbehinderten Einsicht in „alle“ Unterlagen273 sowie Versicherung ihrer Vollständigkeit274 – Zusicherung der Ermöglichung des ungehinderten Betretens des Standortgeländes und der Betriebsgebäude275 – Zusicherung von Gesprächen mit dem Personal276 und entsprechend die Zusicherung, diese Gespräche ungehindert führen zu können277 264

Vgl. Kothe, Rdnr. 280. Kothe, Rdnr. 280; Schäfer, S. 209. 266 Kothe, Rdnr. 280; Schäfer, S. 209. 267 Kothe, Rdnr. 280. 268 Schäfer, S. 209; Kothe, Rdnr. 280. 269 Schäfer, S. 209; Kothe, Rdnr. 280. 270 Schäfer, S. 209; eine solche Regelung ist seit Inkrafttreten von EMAS II dringend erforderlich, da in EMAS-II, wie ausgeführt, im Unterschied zu EMAS I keine Verschwiegenheitspflicht ausdrücklich normiert wurde. 271 Schäfer, S. 209. 272 Kothe, Rdnr. 280. 273 Schäfer, S. 209; gemeint ist aber wohl Beschränkung auf alle Unterlagen, die entsprechend dem Zweck der Begutachtung eingesehen werden müssen. 274 Kothe, Rdnr. 280. 275 Schäfer, S. 209; Kothe, Rdnr. 280. 276 Schäfer, S. 209. 277 Kothe, Rdnr. 280. 265

104 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

– Versicherung, dass keine Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren wegen umweltrelevanter Vorgänge bezogen auf den Standort anhängig sind bzw. deren Offenlegung278 – Verpflichtung des Umweltgutachters zur Erstellung und Weiterleitung eines Berichtes für die Unternehmensleitung über Verstöße und technische Mängel des Öko-Audit-Systems am Standort einschließlich möglicher Änderungs- und Ergänzungsvorschläge279 – Verschwiegenheitspflicht des Umweltgutachters, insbesondere im Hinblick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse,280 deren Verletzung mit einer Vertragsstrafe sanktioniert werden soll281 – Haftungsregelungen282 Entsprechend der privatrechtlichen Einordnung des Vertrages ist nach Auffassung der Literatur dann der Zivilrechtsweg eröffnet, also etwa für den Fall einer Weigerung des Umweltgutachters, eine Umwelterklärung für gültig zu erklären oder bei Haftungs- oder Regressansprüchen gegenüber dem Gutachter.283 bb) Der Gutachtervertrag als Gefahr für die Unabhängigkeit und Objektivität des Umweltgutachters (1) Die Kritik am Erfordernis eines Vertrages zwischen Umweltgutachter und Unternehmen In der Literatur wird der Umstand, dass der Umweltgutachter mit dem zu prüfenden Unternehmen einen Begutachtungsvertrag zu schließen hat, häufig kritisch bewertet. 278

Kothe, Rdnr. 280. Schäfer, S. 209; Kothe, Rdnr. 280. 280 Schäfer, S. 209 u. 214 f., die darauf hinweist, auch ohne ausdrückliche Vereinbarung stelle die Verschwiegenheitspflicht eine Nebenpflicht des Umweltgutachters aus dem Begutachtungsvertrag mit der Organisation dar, bei deren Verletzung der Umweltgutachter nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung hafte. 281 Kothe, Rdnr. 280 unter Hinweis darauf, dass die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzsansprüche „problematisch“ sein dürfte und anderweitige Sanktionen, insbesondere strafrechtliche, fehlten. 282 Schäfer, S. 209; Kothe, Rdnr. 280. 283 Schneider, S. 55, FN 213; Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928 ff., 934; ebenso Müggenborg, DB 1996, S. 125 ff., 129, der dies ausdrücklich damit begründet, der Gutachter stehe zum Unternehmen „in einem privatrechtlichen Verhältnis“ und trete ihm „nicht hoheitlich, auch nicht als Beliehener, gegenüber“; Feldhaus, Rdnr. 63; Kothe, Rdnr. 382. 279

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 105

Die Kritik weist auf die wirtschaftliche Situation bzw. die wirtschaftlichen Interessen des Umweltgutachters hin, die seine Unabhängigkeit gefährden könnten – gerade auch mit Blick auf einen mit dem zu prüfenden Unternehmen zu schließenden Vertrag. Problematisch sei schon die Stellung des Unternehmens als Auftraggeber des Umweltgutachters. Ausgangspunkt ist die Regelung in Ziffer 5.5.1. Anhang V zur EMASVO, wonach der Vertrag dem Umweltgutachter die Möglichkeit gebe, „professionell und unabhängig zu handeln“. Im Gegensatz zu dieser Regelung wird von Teilen der Literatur der abzuschließende Vertrag gerade als Risiko für die Unabhängigkeit des Umweltgutachters gesehen: „Einen gravierenden Angriffspunkt für die Unabhängigkeit des Gutachters bietet die Tatsache, dass dieser auf Angebote zum Abschluss eines Vertrages durch an der EGUmwelt-Audit-Verordnung teilnehmende Unternehmen angewiesen ist. Von seiner Auftragslage abhängig sind dabei sowohl die Möglichkeiten des erstmaligen Abschlusses von Gutachterverträgen als auch deren Erneuerung“.284 Der Umweltgutachter habe selbst ein Interesse daran, dass er eine Validierung vornehmen könne und dadurch Folgeaufträge von weiteren Unternehmen bekomme.285 „Denkbar“ sei daher eine Einflussnahme des Unternehmens auf die gutachterliche Tätigkeit, wenn der Umweltgutachter entgegen den Interessen des Unternehmens eine Validierung (zumindest nicht ohne Korrekturmaßnahmen) vornehmen wolle.286 Der Umweltgutachter werde von dem geprüften Unternehmen für seine Prüfungstätigkeit bezahlt. Dies schaffe Abhängigkeiten, soweit es um Folgeaufträge gehe.287 „Da der Gutachter dem zu prüfenden Unternehmen seine Anstellung zu verdanken hat, besteht der begründete Verdacht der Anfälligkeit einer Einflussnahme des Unternehmens gegenüber dem Gutachter“.288 Zu284

van Bon, S. 153. Vgl. hierzu auch Streck, S. 182: „Für den Umweltgutachter bedeutsam sind zunächst die ihm entstehenden Kosten der Begutachtung im Verhältnis zu dem Preis, den er für die Validierung erzielt. Der Gutachter ist von dem Gewinn aus dem Prüfungsaufträgen abhängig. Dabei liegen die Kosten der Prüfung bei der Erstprüfung erheblich höher als bei den Folgeprüfungen. Der Umweltgutachter bietet dennoch einen einheitlichen Preis an und investiert damit in die Erstprüfung. Die Investition besteht in dem Erlangen von spezifischen Wissen über den Standort oder die Organisation, welches sich noch nicht unmittelbar bezahlt macht. . . . Der Vorteil des Umweltgutachters besteht darin, dass er das Wiederholungsaudit deutlich kostengünstiger anbieten kann als ein Umweltgutachter, der die Organisation zum ersten Mal prüft. Dieser Vorteil ist eine Quasirente, da der Vorteil schon bei der Annahme des ersten Auftrages antizipiert wird“. 286 Vgl. Frank Möller: Öko-Audit und Substitution. Dargestellt anhand des Umweltpaktes Bayern, 2001, S. 123. 287 Vgl. Waskow, S. 146. 288 van Bon, S. 153. 285

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dem wird auf einen harten Wettbewerb zwischen den Umweltgutachtern hingewiesen:289 Um wirtschaftlich arbeiten zu können, seien die Umweltgutachter auf Gewinnerzielung angewiesen. Dabei bestehe die Konkurrenz mit anderen Umweltgutachtern, „da die Unternehmen selbst entscheiden können, welchen Gutachter sie engagieren. Um seine Kosten zu decken, ist der Umweltgutachter daher vielleicht eher versucht, Abstriche bei Prüfungsdauer und damit Prüfungsintensität vorzunehmen, als einen höheren Preis zu verlangen und dadurch eventuell seinen Auftraggeber zu verlieren. Hat sich ein Umweltgutachter erst einmal in einem Unternehmen etabliert und nimmt regelmäßig Prüfungen vor, können die Kosten zwar geringer werden. Dann besteht allerdings die Gefahr, dass er sich an „sein“ Unternehmen gewöhnt hat und die sichere Einnahmequelle nicht durch zu strenge Prüfungen wieder verlieren will“.290 Es könne also die Situation entstehen, „dass auf den Umweltgutachter, wenn auch unbeabsichtigt, Druck ausgeübt wird, die Validierung trotz vielleicht „kleinerer Mängel“ vorzunehmen. Das alles könnte einen Umweltgutachter letztendlich dazu motivieren, den Erwartungen des Unternehmens gerecht zu werden, um seine Kosten zu senken“.291 Dies sei Folge des Umstandes, dass in Deutschland das Prüfhonorar des Umweltgutachters keiner Regelung unterliegt, sondern das Ergebnis von zwischen dem Umweltgutachter und dem zu prüfenden Unternehmen stattfindender Vertragsverhandlungen ist.292 Auch die Unabhängigkeit beeinträchtigende Absprachen zwischen Umweltgutachtern werden für möglich erachtet, also etwa „wenn der Umweltgutachter mit dem Unternehmen ein erfolgsabhängiges Gutachterhonorar vereinbart hat oder wenn etwa der Gutachter A gegenüber dem Gutachter B, der das zu prüfende Unternehmen bei der Einrichtung des Managementsystems beraten hat, eine „wohlwollende Prüfung“ des vom Gutachter B ge289

Vgl. Feldhaus, Rdnr. 153. Schäfer, S. 181 f.; ebenso z. B. Grühn, S. 111 f.; vgl. auch Streck, S. 182: „Wenn der Umweltgutachter jedoch dem Unternehmen größere Beanstandungen vorlegt oder aber für eine umfangreichere Prüfung ein höheres Honorar fordert, so gefährdet er hiermit seine Quasirente. Er muss fürchten, dass das Unternehmen sich im Falle eines Wiederholungsaudits für einen anderen, günstigeren oder weniger kritischen Umweltgutachter entscheiden wird. Dieses Verhalten findet sich in der Praxis bestätigt. So gilt die langfristige vertragliche Bindung und das damit erwachsene Vertrauensverhältnis als wichtigstes Akquisitionsinstrument der Umweltgutachter“. 291 Schäfer, S. 182; ebenso van Bon, S. 236; vgl. auch Grühn, S. 112, wonach im Wege geeigneter Aufsichtsmaßnahmen verhindert werden müsse, „dass Umweltgutachter darum miteinander konkurrieren, wer am schnellsten und unproblematischsten die Gültigkeitserklärung erteilt“. 292 Vgl. van Bon, S. 153. 290

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 107

planten Umweltmanagementsystems zugesagt hat, um im Gegenzug eine „wohlwollende Prüfung“ des Gutachters B bei der Prüfung des Unternehmens, in dem Gutachter A ein Managementsystem eingerichtet hat, zu erreichen („Über-Kreuz-Validierung“)“.293 Insgesamt seien, so die Kritik, die Regelungen über die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit der Umweltgutachter im UAG „nicht geeignet, jegliche Interessenkonflikte auszuschließen. . . . Die Abhängigkeit beginnt vielmehr bereits in dem Moment, in dem das Unternehmen den Umweltgutachter engagiert und für seine Tätigkeit bezahlt, da jeder Umweltgutachter auf Aufträge aus der Wirtschaft angewiesen ist. Eine vertragliche Bindung zwischen Unternehmen und Gutachter besteht also in jedem Fall. Diese beinhaltet zwar nicht per se, dass er gegen seine gutachterliche Überzeugung verstoßen muss oder das Unternehmen zur Einflussnahme berechtigt ist. Die Gefahr ergibt sich aber allein aus dem Umstand, dass der Umweltgutachter auf eine erneute Beauftragung oder Weiterempfehlung durch das Unternehmen angewiesen ist und daher selbstverständlich auch ein Interesse daran hat, es mit seiner Arbeit zufrieden zu stellen. Einem solchen Konflikt ist eine Umweltbehörde im Gegensatz zu jedem privaten Umweltgutachter . . . nicht ausgesetzt“.294 Diese Punkte sind aus wirtschaftlicher Sicht für den Umweltgutachter in einem System, das den Unternehmen die freie Wahl zwischen konkurrierenden Gutachtern und eine freie Kalkulation der Begutachtungspreise ermöglicht, von erheblicher Bedeutung, wie in der Literatur mehrfach hervorgehoben wird: Es wird darauf vewiesen, dass die Unternehmen bereits vor dem ersten Vertragsschluss Preisvergleiche vornehmen werden. „Der Umweltgutachter müsste also seine Leistung so günstig wie möglich anbieten, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu sein. . . . Bei einer Erstprüfung werden die auf den Umweltgutachter zukommenden Kosten aber schwer abschätzbar sein, da er die Prüftätigkeit nur grob einschätzen kann. Er geht daher ein relativ hohes Risiko ein und muss mit Verlusten rechnen. In vollem Umfang rentabel wird die Tätigkeit daher erst bei den jährlichen Folgeprüfungen. Der Umweltgutachter hat dann bereits spezifisches Wissen über die Tätigkeit der Organisation erworben, welches er einsetzen und damit Kosten sparen kann. Er wird daher in aller Regel daran interessiert sein, das Unternehmen als Auftraggeber über die Erstprüfung hinaus zu behalten. Das wiederum birgt eine Gefahr für die Unabhängigkeit des Umweltgutachters in sich. Er würde diese für ihn günstige Stellung bei Unstimmigkeiten mit der Ma293 294

Waskow, S. 146. Schäfer, S. 175 f.

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nagementebene gefährden, zum Beispiel wenn er die Änderung des Umweltmanagementsystems verlangt und dafür ein höheres Honorar geltend macht. Er müsste befürchten, dass sich das Unternehmen bei folgenden Prüfungen für einen anderen Gutachter entscheidet“.295 Denn verfolge der Umweltgutachter unabhängig von den Interessen des ihn beauftragenden Unternehmens im Sinne der EMAS-VO „ausschließlich das Ziel der Bewertung und Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes, so riskiert er, dass sich das Unternehmen nach der Durchführung der für den Gutachter finanziell unprofitablen Erstbegutachtung für einen anderen Gutachter entscheidet und der normgerecht agierende Gutachter seine anfallenden Kosten nicht mehr erwirtschaften kann. Statt dessen muss er wieder einen auf eine Erstbegutachtung gerichteten Vertrag annehmen und erneut im Rahmen der Marktzwänge mit niedrigen Kosten kalkulieren. Ein zweites Mal wird es sich der Umweltgutachter nicht leisten können, seine Unabhängigkeit durchzusetzen und sich letztendlich dem Druck der ökonomischen Abhängigkeiten beugen“.296 Durch die nunmehr jährlich vorzunehmende Validierung und eine damit verbundene häufige und intensive Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Umweltgutachter werde sich noch leichter ein „Näheverhältnis“ herausbilden, das die unabhängige und objektive Validierung der Umwelterklärung erschwere.297 Es bestehe daher die Gefahr, dass der Umweltgutachter seinen „opportunistischen Spielraum“, sofern dieser nicht beschränkt wird, nutzt.298 Eine weitere Stellungnahme aus der Literatur beschreibt den Konflikt, in dem sich der Umweltgutachter hinsichtlich seiner Unabhängigkeit und seiner Objektivität gerade durch die Notwendigkeit des Vertragsschlusses befindet, wie folgt: Die Angewiesenheit auf einen Vertragsschluss und entsprechende Verhandlungen, also dieses „sich nach den Grundsätzen der Privatautonomie richtende Verhalten beeinträchtigt dabei die Urteilsfreiheit des Umweltgutachters“. Gutachter würden als Folge des Konkurrenzkampfes zu anderen Bewerbern die Honorarkosten trotz Kenntnis der tatsächlich anfallenden Kosten bei der Erstbegutachtung unterhalb der Schwelle der Gewinnerzielung ansetzen. Ein derartig finanziell negativ ausfallendes Verhalten könne sich der Umweltgutachter aber nur leisten, wenn er sich in der Folgezeit weitere Begutachtungsverträge mit demselben Standort sichere, deren tatsächliche Kosten dann in Anbetracht der in der Erstbegutachtung gewonnenen Erkenntnisse niedriger ausfielen und dem Gutachter den in der ersten 295 296 297 298

Schäfer, S. 208. Vgl. van Bon, S. 154. Vgl. Streck, S. 194. Vgl. Streck, S. 183.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 109

Begutachtung fehlenden Gewinn sicherten. Der Gutachter sei für seine wirtschaftliche Existenz auf weitere, über die Erstbegutachtung hinausgehende Verträge eines Standortes angewiesen. „Rückzieher der Unternehmensleitung kann sich der Gutachter wirtschaftlich nicht erlauben, so dass er versuchen wird, Konflikten mit der Unternehmensleitung aus dem Weg zu gehen“.299 Eine weitere Beschreibung der schwierigen Situation des Umweltgutachters gerade infolge der Notwendigkeit des Vertragsschlusses einschließlich der Honorarvereinbarung soll das Bild vervollständigen: „Die Unternehmen werden bestrebt sein, die Kosten für die Validierung durch den Umweltgutachter möglichst gering zu halten, und sie werden dies auch bei der Auftragsvergabe berücksichtigen“. Daher werde der Umweltgutachter beauftragt, der seine Leistung möglichst günstig anbiete. Dies führe zu einer Preissituation, die eine zeitlich aufwändige Prüfung nicht zulasse. Diese Tendenz werde durch den Wettbewerb zwischen den Umweltgutachtern verstärkt. Der Umweltgutachter werde außerdem in der Regel wirtschaftlich auf die Validierungsaufträge angewiesen sein. Er sei damit faktisch nicht unabhängig. Hierfür spreche, dass Validierungsverweigerungen kaum vorkämen. Insbesondere sei es eine Verkennung wirtschaftlicher Realitäten zu glauben, dass eine flexible Ausgestaltung des Umweltgutachtervertrages eine unabhängige und professionelle Prüfungstätigkeit des Umweltgutachters sicherstellen könne. Der Vertrag, soweit er nicht durch die Vorgaben der EMAS-VO gebunden sei, könne dem Umweltgutachter seine Unabhängigkeit weder feststellen noch garantieren. Der Prüfungsumfang, so wie er in dem Vertrag festgeschrieben werde, der Kosten- und Zeitaufwand, seien vielmehr Ausdruck der Marktsituation.300 Letztlich werde bei dem Umweltgutachter eine „im Prinzip marktwidrige Bereitschaft zum Konflikt mit dem eigenen Auftraggeber“ vorausgesetzt.301 Insgesamt gewährleiste das aktuelle System keine hinreichende Qualität der Prüfung durch den Umweltgutachter. „Der prüfende Umweltgutachter ist wirtschaftlich abhängig von seinen Auftraggebern, und wer beißt schon gerne die Hand, die ihn nährt? . . . Die Qualität der Prüfung durch den Umweltgutachter hängt somit in der Hauptsache an dem seidenen Faden seiner Berufsethik“.302

299 300 301 302

Vgl. van Bon, S. 153 f. Vgl. Streck, S. 180. Streck, S. 95. Streck, S. 185 f.

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(2) Lösungsvorschläge zur Vermeidung von Interessenkonflikten und Gefahren für Unabhängigkeit sowie Objektivität des Umweltgutachters Angesichts solcher – durchaus plausibler und nachvollziehbarer – Bedenken könnte man eine Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Prüfungen durch denselben Umweltgutachter bzw. dieselbe Umweltgutachterorganisation für sinnvoll erachten.303 Von den gleichen kritischen Literaturstimmen, die die Gefahren einer rein privatwirtschaftlich und auf vertraglicher Basis erfolgenden Zertifizierung anschaulich darstellen, wird ein solcher Schritt allerdings abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, die Unabhängigkeit des Umweltgutachters könne durch das bestehende Zulassungs- und Aufsichtssystem hinreichend gewährleistet werden, so dass ein regelmäßiger Wechsel der Umweltgutachter nicht notwendig sei.304 Ferner könne ein solcher Wechsel für das Unternehmen auch mit Nachteilen verbunden sein, da höhere Kosten entstehen und „negative Reaktionen“ in der Öffentlichkeit hervorgerufen werden könnten. Die Gründe für den Gutachterwechsel würden hinterfragt und in der Öffentlichkeit könne sich die Meinung bilden, das Unternehmen könne Kosten für notwendige Umweltinvestitionen sparen. Dann sei der gesamte Imagegewinn für das Unternehmen, der ja u. a. durch die Teilnahme am Umwelt-Audit-System erzielt werden solle, verloren.305 Diese Argumente überzeugen nicht: Die Teilnahme am Umwelt-Audit-System bringt für das zu prüfende Unternehmen ohnehin nicht unerhebliche Kosten mit sich. Ist ein Gutachterwechsel nach z. B. drei Begutachtungen vorgeschrieben, ist für das Unternehmen von Anfang an erkennbar, dass eine dauerhafte Bindung an einen Umweltgutachter nicht möglich ist. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sich ein Unternehmen gerade wegen der mit einem Gutachterwechsel u. U. verbundenen höheren Kosten – die angesichts des Wettbewerbs zwischen den Gutachtern nicht zwingend entstehen müssen – gegen eine Teilnahme am Umwelt-Audit-System entscheidet. Die Bedenken über vermeintlich negative Rückschlüsse der „Öffentlichkeit“ erscheinen fernliegend. Ist der Gutachterwechsel gesetzlich vorgeschrieben, ist nicht im Ansatz ersichtlich, warum hier negative Rück303

Vgl. etwa Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 373; ähnlich auch Streck, S. 194, die aber zugleich ein Recht des Gutachters auf Durchführung einer bestimmten Anzahl von Begutachtungen durch ein Unternehmen bzw. eine entsprechende Regelung in der EMAS-VO vorschlägt. 304 Schäfer, S. 155 u. 208. 305 Schäfer, S. 208.

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schlüsse auf das Unterlassen notwendiger Umweltinvestitionen erfolgen sollten. Auch dürfte das Interesse der Öffentlichkeit an Einzelheiten über die Teilnahme eines Unternehmens am Umwelt-Audit-Systems erheblich überbewertet sein.306 Schließlich dürfte auch der Hinweis, der Umweltgutachter lerne einen Standort nach mehreren Prüfungen immer besser kennen, zwar richtig sein, nicht aber zugleich den Schluss erlauben, hiermit könne „eine stetige Verbesserung der Prüfungen“ verbunden sein.307 Denn Routine hinsichtlich des zu prüfenden Objektes kann – abgesehen von den dargelegten Kosteneinsparungen für den Umweltgutachter bei der Durchführung von Folgeprüfungen – auch dazu verführen, weniger genau zu prüfen als bei einer Erstbegutachtung. Im Sinne einer Verbesserung der Kontrolle der Umweltgutachter bzw. der Verbesserung der Aufsicht wäre zumindest eine Beschränkung auf drei nacheinander folgende Untersuchungen durch einen Umweltgutachter bzw. eine Umweltgutachterorganisation wünschenswert. Diese hätte zusätzlich den Effekt, den Wettbewerb unter den Umweltgutachtern zu fördern und die Festlegung auf „Haus-Gutachter“ zu vermeiden. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass es z. B. bei der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO eine solche Beschränkung nicht gibt, obwohl auch dort die Höhe der Entgelte für die Untersuchung selbst für die amtlich anerkannten Kfz-Sachverständigen nicht exakt vorgeschrieben, sondern lediglich ein Gebührenrahmen vorgegeben ist. Die Intensität der Prüfung, die Höhe der Entgelte und die wirtschaftliche Bedeutung für Gutachter und Auftraggeber sind nicht vergleichbar. Die Forderung einer Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Prüfungen durch den Umweltgutachter wird in der Literatur auch mit dem Vorschlag verknüpft, dem Umweltgutachter zugleich ein Recht auf eine bzw. diese bestimmte Anzahl von Prüfungen zu gewähren und dies in der EMAS-VO zu regeln.308 Ein solches „Recht auf Wiederholungsvalidierungen“ ist aber im Hinblick auf die Vertragsfreiheit der Unternehmen problematisch. Zwar wird der Umweltgutachter, der ein Recht auf eine bestimmte Anzahl von Prüfungen bei einem Unternehmen erworben hat, im Regelfall eine größere Unabhängigkeit als derjenige Umweltgutachter haben, der be306 Vgl. nur Erbrath, S. 210: „Im Übrigen ist es bisher nicht gelungen, die Wahrnehmung und Akzeptanz des EMAS-Systems in der Öffentlichkeit und damit die öffentliche Kontrolle merklich zu verstärken“. 307 Vgl. Waskow, S. 146. 308 Vgl. Streck, S. 194.

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reits in Sorge um mögliche Folgeaufträge durch dieses Unternehmen ist. Eine solche Regelung würde das Unternehmen aber auf Jahre an einen bestimmten Umweltgutachter (bzw. eine Umweltgutachterorganisation) binden. Die Vertragsfreiheit der Unternehmen würde drastisch eingeschränkt. Auch scheint es mit der Idee eines von Wettbewerb geprägten freien Marktes der Zertifizierungsleistungen nur schwer vereinbar, solche mehrjährigen Bindungen vorzuschreiben. Hinzu kommt, dass eine „Garantie“ von Folgeaufträgen auch dazu verführen könnte, die Prüfung gerade deshalb weniger sorgfältig vorzunehmen, weil die Folgeaufträge ja „sicher“ sind. Schließlich muss berücksichtigt werden, dass es durchaus auch sachliche und berechtigte Gründe für Unternehmen geben kann, die Zusammenarbeit mit einem Umweltgutachter nach einer Validierung zu beenden, so etwa bei mangelhafter Leistung oder wichtigen Gründen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden. Zumindest für diese Fälle müsste dann eine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen werden. Schließlich wird aus den genannten Gründen auch erwogen, den Gutachter der Unternehmensleitung durch die DAU GmbH oder das Umweltministerium oder eine andere unabhängige Stelle zuzuweisen. „Eine derartige Zuweisung würde die finanzielle Unabhängigkeit des Gutachters vom Auftraggeber sichern, da dieser bei Nichtvalidierung keine negativen finanziellen Sanktionen zu befürchten hätte. Zugleich würde eine Belastung der Arbeitskraft des Gutachters mit mühseligen Vertragsvorarbeiten oder Vertragsaufrechterhaltungsarbeiten verhindert“.309 Über diese behördliche Gutachterzuweisung hinausgehend müssten, so die weitere Forderung, Vergütungsmodelle entwickelt werden, „die der Gefahr einer grenzenlosen Vergütungsfreiheit entgegenwirken“. Optimal im Sinne der Unabhängigkeit der Umweltgutachter sei, wenn „die Gutachter, ebenso wie die Sachverständigen des TÜV, nicht von der Ertragslage ihrer Tätigkeit abhängig sind“.310 Die Forderung nach einem feststehenden Vergütungsmodell bzw. einer Vergütungsordnung ist im Sinne einer Stärkung der Unabhängigkeit des Umweltgutachters zu begrüßen und auch sinnvoll. Wenn die gleiche Leistung bundesweit einheitlich vergütet würde, würde dies sicher zur Stärkung der Unabhängigkeit der Umweltgutachter beitragen. Gesetzliche Vergütungsregelungen sind auch für freie Berufe keineswegs unüblich, wie etwa das Beispiel des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zeigt.311 In 309

van Bon, S. 154. Vgl. van Bon, S. 154. 311 van Bon, S. 155, FN 471, verweist ausdrücklich auf die Gebührenordnungen für Architekten und Rechtsanwälte. Da der Wert eines Begutachtungsauftrages oft schwer festzustellen sei, empfiehlt sie, ein vom Wert des Begutachtungsobjektes unabhängiges Vergütungssystem einzuführen. 310

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 113

Verbindung mit einer Beschränkung auf höchstens drei aufeinander folgende Prüfungen dürfte eine erhebliche Stärkung der Unabhängigkeit der Umweltgutachter zu erzielen sein. Allerdings darf dies nicht zur Annahme einer völligen Absicherung der Unabhängigkeit verleiten. Die Gefahr von Abhängigkeiten kann mit einer gesetzlichen Vergütungsregelung zwar vermindert, nicht aber ausgeschlossen werden. Denn der Konkurrenzkampf um Aufträge kann durchaus dazu führen, versteckte „Rabatte“ anzubieten bzw. von Unternehmensseite zu fordern.312 Eine wirksame Kontrolle wäre hier nur möglich, wenn auch die Rechnungslegung und die tatsächlichen Einnahmen einer externen Kontrolle, deren Ziel eine Überprüfung der Unabhängigkeit der Umweltgutachter sein müsste, unterliegen würden. Dies wäre mit dem Bild eines freien Berufes kaum vereinbar. Der Vergleich mit den „TÜV-Sachverständigen“ trifft ebenfalls nur bedingt zu. Diese sind, wenn auch mittelbar, sehr wohl von Aufträgen abhängig. Denn sie bzw. ihre Organisationen (z. B. die DEKRA GmbH) schließen, wie ausgeführt, ebenfalls Verträge über die Durchführung der jeweiligen Begutachtungen. Die konkreten Preise, Entgelte und „Gebühren“ werden von ihnen selbst kalkuliert und festgesetzt und müssen sich im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO behaupten. Auch wenn der einzelne Sachverständige also sein Gehalt bzw. Honorar über die entsprechende Organisation erhält bzw. abrechnet, ist auch er daran interessiert, dass weitere Aufträge eingehen und die Kunden den nächsten Auftrag nicht der Konkurrenz erteilen. Damit ist der Sachverständige also zumindest am wirtschaftlichen Erfolg der betreffenden Organisation interessiert und mithin nicht völlig unabhängig von den Bedingungen des Wettbewerbs. Hier ermöglicht allerdings die wirtschaftliche Größe der Zusammenschlüsse der Sachverständigen, dem einzelnen Sachverständigen hinreichende Unabhängigkeit zu sichern.313 312 Solche Entwicklungen wird auch ein von van Bon, S. 155, vorgeschlagenes Verbot, Honorare frei zu verhandeln bzw. ein Zwang zur Abrechnung nach einer Gebührenordnung kaum verhindern, allenfalls abmildern können. Dafür müssten Sanktionen für den Fall eines Verstoßes gegen die Gebührenordnung vorgesehen werden. 313 Vgl. aber hierzu van Bon, S. 155, die eine den TÜV-Sachverständigen vergleichbare Lösung ablehnt, da die TÜV-Gutachter im Unterschied zu den Umweltgutachtern in keinem bzw. keinem erheblichen Wettbewerb stünden und die auf den Wettbewerb von Umweltgutachtern aus anderen EU-Mitgliedsstaaten hinweist. Ihre Annahme eines Monopols des TÜV trifft allerdings nicht zu. Auch wenn man für den deutschen Markt ein Oligopol annähme, müssten die Instrumente des Kartellrechts ausreichen, um hinreichenden Wettbewerb zu sichern. Im Übrigen ist es den Umweltgutachtern ja unbenommen, sich zu Umweltgutachterorganisationen nach dem „Vorbild“ etwa der DEKRA GmbH zusammenzuschließen. An anderer Stelle

114 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Gegen die Forderung einer Zuweisung des Umweltgutachters durch eine dritte, unabhängige Stelle – zumal in Kombination mit einer gesetzlichen Vergütungsregelung – bestehen erhebliche Bedenken. Prüfungsinhalt und Prüfungsumfang wären dann ebenso weitgehend gesetzlich vorgeschrieben wie die Höhe der Vergütung. Selbst die Wahl des „Vertragspartners“ wäre dann ausgeschlossen. Von der das Zivilrecht prägenden Privatautonomie wäre nichts mehr übrig. Dann könnte auch eine behördliche Prüfung bzw. Begutachtung erfolgen, ohne dass mit ihr noch nennenswerte, weitere Freiheitsbeschränkungen verbunden wären. Im Übrigen wäre der Umweltgutachter dann zwar nicht von den Aufträgen der Unternehmen abhängig, dafür aber vollständig auf die staatliche Zuweisung von „Vertragspartnern“ angewiesen. Für einen freien Beruf wäre dies mindestens problematisch. Zudem wäre der Vorteil gegenüber einem rein staatlichen Prüfverfahren nicht mehr erkennbar. Selbst wenn man „nur“ die Zuweisung des „Vertragspartners“ ohne entsprechende Vergütungsordnung vorsehen würde, wäre dies ebenfalls mit erheblichen Problemen behaftet: Es würden auch bei dieser Variante Elemente des Kontrahierungszwangs (Zuweisung eines bestimmten Gutachters) mit Elementen der Vertragsfreiheit (Honorarvereinbarung, Haftung usw.) kombiniert. Wie dann etwa der Fall gelöst werden sollte, dass sich Umweltgutachter und Unternehmen nicht auf ein Honorar einigen können, ist gänzlich unklar: Soll dann ein anderer Gutachter benannt werden? Wenn ja, wo ist dann der Vorteil für die Unabhängigkeit des Gutachters? Wenn nein, welchen Sinn macht dann noch eine vertragliche Vereinbarung, wenn sie gleichsam erzwungen werden soll, aber über einen so zentralen Punkt wie die Höhe des Honorars keine Einigung erzielt wird – und letztlich dann doch von dritter Seite die Honorarfrage entschieden werden muss? Zudem wäre auch insoweit wieder fraglich, was dann noch von der Privatautonomie der Parteien übrig bliebe.

hebt van Bon auch hervor, dass Einzelgutachter im Vergleich zur Gutachterorganisationen „weniger unabhängig“ seien, vgl. van Bon, S. 210 ff. Richtig ist allerdings, dass eine Monopolstruktur die Umweltgutachter aus anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht erfassen würde, so dass Wettbewerbsverzerrungen die Folge wären. Davon abgesehen, wäre die Zulässigkeit eines solchen Monopolsystems, auch wenn es „nur“ für die deutschen Umweltgutachter gelten würde, im Hinblick auf europarechtliche sowie kartellrechtliche Vorgaben äußerst fraglich.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 115

(a) Insbesondere: Die Kündbarkeit des Umweltgutachtervertrages und die Notwendigkeit von Beschränkungen des Kündigungsrechtes der Unternehmen Eine erhebliche Gefahr für die Unabhängigkeit des Umweltgutachters wird ferner im Hinblick auf die gesetzlichen Möglichkeiten des zu prüfenden Unternehmens gesehen, die Zusammenarbeit mit dem Umweltgutachter zu beenden und den Vertrag zu beenden: Hinsichtlich der Möglichkeiten zur Beendigung des Vertrages zwischen Umweltgutachter und zu prüfender Organisation wird in der Literatur kritisiert, es fehlten Regelungen, die denen des § 318 Abs. 1, 2 und 6 HGB für Wirtschaftsprüfer ähnelten. Mit diesen Regelungen solle die Möglichkeit der jederzeitigen Abberufung des Wirtschaftsprüfers, aber auch der Kündigung durch den Wirtschaftsprüfer, insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten, eingedämmt werden.314 Für die Beendigung des Umweltgutachtervertrages wird, ungeachtet einer Einordnung als Werkvertrag oder als Vertrag über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung, die Regelung des § 649 BGB als einschlägig angesehen, da im Falle eines Vertrages über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung dieser Vertrag jedenfalls Werkvertragscharakter habe.315 Folglich kann der Besteller (das Unternehmen) den Vertrag jederzeit kündigen. Der Umweltgutachter hat dann zwar Anspruch auf sein – u. U. um ersparte Aufwendungen und etwaige anderweitige Verdienstmöglichkeiten verringertes – Honorar. Gleichwohl kann das Unternehmen nach § 649 BGB bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Umweltgutachter – gerade auch zur Frage, ob die Voraussetzungen für eine Gültigerklärung der Umwelterklärung vorliegen – den Vertrag jederzeit kündigen. Dies beeinflusst, wie zutreffend hervorgehoben wird, die Unabhängigkeit der Umweltgutachter.316 Zu Recht werden daher Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten gefordert.317 Eine naheliegende Lösung dürfte darin bestehen, die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Unternehmen so zu gestalten, dass diese keine jederzeitige Kündigung durch das Unternehmen, die in seinem Belieben steht, ermöglichen. Vorzugswürdig sind aber im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Umwelt-Audit-Systems und die Sicherung einer einheitlichen Vertragspraxis zu dieser wichtigen Frage entsprechende gesetzliche Vorgaben bzw. 314

Vgl. Grühn, S. 131. Vgl. Grühn, S. 131. 316 Vgl. auch Streck, S. 184: „Solange die wirtschaftliche Bindung an den Kunden allein von dessen Zufriedenheit mit der Prüfung abhängt, lohnt die aufwändige und unter Umständen mit unangenehmen Konfrontationen einhergehende Prüfung nicht“. 317 Vgl. Grühn, S. 131. 315

116 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Beschränkungen. Die genannten Regelungen für Wirtschaftsprüfer bieten sich hier als Vorlage an. Solche – zwingenden – gesetzlichen Vorgaben würden die Unabhängigkeit des Umweltgutachters schließlich auch deshalb stärken, weil er einem „Begründungszwang“ für entsprechende Vertragsgestaltungen gegenüber den zu prüfenden Unternehmen enthoben wäre und auf die zwingende gesetzliche Regelung verweisen könnte. Erwogen wird ferner, das Unternehmen, das einen im Sinne der EMAS-VO und zu Lasten des Unternehmens handelnden Umweltgutachter aus dem Vertragsverhältnis entlasse, mit „einer negativen Marktreaktion zu belasten: Mit einer negativen Marktreaktion für das sich des lästigen Gutachters entledigende Unternehmen ist dann zu rechnen, wenn der Gutachter für die Öffentlichkeit erkenntlich und unter Bekanntgabe seines Namens und seiner Adresse bestellt werden würde und die Beendigung seines Vertragsverhältnisses der Öffentlichkeit dargelegt werden müsste. In einem solchen Fall wäre das Unternehmen dann gezwungen, zwischen Reputationsverlust in der Öffentlichkeit und den durch den ordnungsgemäß handelnden Gutachter entstehenden Nachteilen abzuwägen“. Zusätzlich sei die öffentliche Darlegung der Gründe für die Vertragsbeendigung und ihre Bestätigung von dem aus dem Vertragsverhältnis entlassenen Gutachter zu fordern.318 Eine solche Regelung würde allerdings mehr schaden als nützen und wäre insbesondere unpraktikabel. Unternehmen, die gleichsam eine öffentliche Prangerwirkung bei Lösung des Vertrages mit dem Gutachter befürchten müssen, werden sich eher von Anfang an gegen die Teilnahme an EMAS entscheiden. Andererseits dürfte auch hier die Öffentlichkeitswirksamkeit von EMAS überschätzt werden. Ob es wirklich eine breite Öffentlichkeit interessiert, aus welchen Gründen der Gutachtervertrag gekündigt wurde und ob diese Kündigung zu Recht erfolgt ist, darf bezweifelt werden. Die Versagung der Gültigerklärung wird nach den Bestimmungen der EMAS-VO nicht veröffentlicht. Mit dieser Regelung sollte, so ist anzunehmen, eine Hemmschwelle für Unternehmen beseitigt werden, sich an EMAS zu beteiligen. Die Veröffentlichung eines abgebrochenen Prüfverfahrens dürfte aber die gleiche Wirkung haben wie die Veröffentlichung der Versagung der Gültigerklärung. Im Übrigen wird in nicht wenigen Fällen Dissens zwischen dem Unternehmen und dem Umweltgutachter über die Gründe für die Kündigung des Vertrages herrschen. Kaum ein Unternehmen wird, ob öffentlich oder nicht, darlegen, man entlasse einen Umweltgutachter, weil er die gesetzlichen Vor318

Vgl. van Bon, S. 156 f.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 117

gaben beachte und sich vertragskonform verhalte. Hier werden, so ist realitätsnah anzunehmen, andere Kündigungsgründe geltend gemacht, um einen Imageschaden zu vermeiden. Eine Bestätigung des Umweltgutachters hinsichtlich der vom Unternehmen geltend gemachten Kündigungsgründe dürfte hier nicht weiterhelfen. Wer soll entscheiden, wenn der Umweltgutachter eine solche Bestätigung versagt, insbesondere, ob er sie zu Recht versagt? Unklar ist auch, ob die Bestätigung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung sein soll. Wenn nein, hätte die rein deklaratorische Bedeutung der Bestätigung wohl kaum hinreichendes Gewicht, um die Unabhängigkeit des Umweltgutachters zu stärken. Wenn ja, würde die Kündigung drastisch erschwert und einem Aufhebungsvertrag angenähert. Zwar wäre die Stellung des Umweltgutachters gegenüber dem Unternehmen damit gestärkt. Nicht wenige Unternehmen werden aber von einer Teilnahme am UmweltAudit-System absehen, wenn sie für eine Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Umweltgutachter dessen Zustimmung benötigen. (b) Doppelprüfungen – eine sinnvolle Sicherung? Des Weiteren wird in der Literatur eine jeweils vollständige Überprüfung des Unternehmens durch zwei von einander unabhängige Umweltgutachter, also eine Doppelprüfung, vorgeschlagen. Das Problem der Mehrkosten dieser Lösung soll durch geringere Gutachterkosten ausgeglichen werden.319 Dieser Ansatz bietet zwar sicherlich eine sehr gute Möglichkeit, die Unabhängigkeit des einzelnen Umweltgutachters zu stärken. Problematisch ist hier aber die Kostenfrage, da zwei vollständige Prüfungen in der Regel zu einer Verdoppelung der Kosten führen dürften. Vor dem Hintergrund einer frei zu vereinbarenden Vergütung ist auch nicht zu erkennen, mit welcher Berechtigung und wie konkret „geringere Gutachterkosten“ zu erzielen sein sollten. Da die beiden Umweltgutachter jeweils eine Vollprüfung durchführen, ist kein sachlicher bzw. rechtlicher Grund für eine Honorarreduzierung ersichtlich.320 Würde eine Gebührenordnung entsprechend reduzierte Vergütungen vorsehen, dürfte sich für die Umweltgutachter die Frage nach dem wirtschaftlichen Sinn ihrer Tätigkeit stellen. Zudem dürfte eine geringere Vergütung die wirtschaftliche Abhängigkeit der Umweltgutachter von den entsprechenden Aufträgen noch erhöhen, da sie noch stärker auf jeden einzelnen Prüfauftrag angewiesen wären. Auch eine Gebührenordnung, die auf den Wert der geleisteten Arbeit abstellt, wird also letztlich nichts daran 319

Vgl. van Bon, S. 157 f. Das erkennt auch van Bon, S. 158, FN 474, und plädiert deshalb für eine Gebührenordnung. 320

118 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

ändern können, dass für doppelte Arbeit in etwa auch die doppelte Vergütung zu zahlen sein wird. (3) Weisungsrecht des „Auftraggebers“ gegenüber dem Umweltgutachter? Problematisch für die Unabhängigkeit des Umweltgutachters ist es zudem, soweit man mit der genannten Mindermeinung einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag, wenn auch mit Werkvertragscharakter, annimmt. Denn im Unterschied zum Werkvertrag steht beim Geschäftsbesorgungsvertrag die Weisungsgebundenheit des „Auftragnehmers“ im Vordergrund. Der Umweltgutachter als Auftragnehmer wäre gemäß § 665 BGB grundsätzlich an die Weisungen des Auftraggebers, also des zu prüfenden Unternehmens, gebunden.321 Der Gesetzgeber hat aber zumindest mit der Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UAG hervorgehoben, dass der Umweltgutachter auch aufgrund vertraglicher Beziehungen keine Weisungen befolgen darf, die ihn zu gutachterlichen Handlungen gegen seine Überzeugung verpflichten würden. Zwar wird ausgeführt, Weisungsgebundenheit bedeute dabei „nicht blinden, sondern denkenden Gehorsam, d h. dass der Beauftragte mitdenken muss und ggfls. von den Weisungen abweichen darf oder muss“.322 Die Umweltgutachter haben (auch) nach dieser Auffassung ihre Unabhängigkeit zu wahren und darauf zu achten, dass sie unabhängig den Prüfungsauftrag selbst durchführen können. Folglich seien Weisungen bzgl. der Prüfungsgegenstände und des Prüfungsumfangs im Umweltgutachtervertrag unzulässig, da andernfalls die berufsrechtlichen Pflichten des Umweltgutachters verletzt würden.323 Zu ergänzen ist hier, dass nach Ziffer 5.5.1. Anhang V zur EMAS-VO die abzuschließende Vereinbarung dem Umweltgutachter die Möglichkeit geben muss, professionell und unabhängig zu arbeiten. Zudem ist die Organisation bereits nach dieser Vereinbarung zur Zusammenarbeit im jeweils erforderlichen Umfang verpflichtet. Mit diesen Vorgaben wäre aber ein Weisungsrecht des Unternehmens hinsichtlich der sachlich-fachlichen Tätigkeit des Umweltgutachters unvereinbar. Dann fragt sich bereits, warum auf Auftragsrecht statt auf das kein derart umfassendes Weisungsrecht beinhaltende Werkvertragsrecht zurückgegriffen wird. Dies wird offenbar auch von den Vertretern der betreffenden Mindermeinung gesehen. Denn weiter wird 321 322 323

Vgl. Grühn, S. 138. Vgl. Grühn, S. 138 f. Vgl. Grühn, S. 139.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 119

von ihnen ausgeführt, auch die Anwendung der werkvertraglichen Regelungen gebiete die Einschränkung des Weisungsrechts. Denn es sei „im Wesentlichen die Sache des Unternehmers, wie das Werk hergestellt oder der Erfolg herbeigeführt wird. Auch hier ist ein Weisungsrecht daher abzulehnen“.324 Für die Anwendbarkeit des Weisungsrechts des Auftraggebers verbliebe „nur der Bereich der Dauerberatung in bestimmten Fragen oder die Erstellung von Gutachten“.325 Die dauerhafte Beratung darf aber nach wohl einhelliger Auffassung nicht Aufgabe des Umweltgutachters sein, der das gleiche Unternehmen, u. U. sogar noch parallel, nach der EMAS-VO prüft und über die Gültigerklärung der Umwelterklärung entscheidet. Nach der betreffenden Mindermeinung verbleibt damit für Weisungsrechte des Unternehmens aus dem Vertrag mit dem Umweltgutachter über die Gültigerklärung einer Umwelterklärung nach der EMAS-VO kein Raum. Wenn sogar ausgeführt wird, die Anwendbarkeit von Werkvertragsrecht schließe die Weisungsbefugnis des Unternehmens aus, wäre es nur konsequent, mit der weit überwiegenden Meinung in der Literatur direkt Werkvertragsrecht anzuwenden. c) Der Umweltgutachter als Beliehener? Der Umweltgutachter könnte Beliehener sein, also selbständig hoheitliche Befugnisse im eigenen Namen wahrnehmen, die ihm durch oder aufgrund eines Gesetzes übertragen worden sein könnten. Im Hinblick auf die mit der Einführung des Umwelt-Audit-Systems auf Seiten der Unternehmen verbundene Hoffnung auf Deregulierungseffekte wird gerade das Instrument einer Beleihung als „besonders interessant“ bewertet. Eine größere „Staatsnähe“ des Umweltgutachters aufgrund der Beleihung könne eher eine Deregulierung bzw. Substitution unterstützen als eine rein privatrechtliche Lösung.326 Der Umweltgutachter wäre dann Teil der mittelbaren Staatsverwaltung, könnte also Verwaltungsakte erlassen und Gebühren erheben. Durch ein Gebührensystem könne zudem ein die Qualität der Begutachtung beeinträchtigender Preiswettbewerb zumindest eingeschränkt werden. Ferner könne er das betreffende Unternehmen durch die verwaltungsrechtliche allgemeine Leistungsklage zu einer Mitwirkung im Rahmen der Prüfung nötigenfalls zwingen.327 Insgesamt stelle sich bei ei324

Vgl. Grühn, S. 140. Vgl. Grühn, S. 140. 326 Vgl. van Bon, S. 93. 327 Vgl. van Bon, S. 93; dies dürfte allerdings nicht zutreffen, weil das Unternehmen ja jederzeit – ob der Umweltgutachter nun Beliehener ist oder nicht – die freiwillige Teilnahme am Umwelt-Audit-System beenden kann. 325

120 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

nem beliehenen Umweltgutachter „eine höhere Wahrscheinlichkeit eines ordnungsgemäßen Vollzugs ein, da sich eine stärkere Nähe zur Aufgabenwahrnehmung und Unabhängigkeit des Behördenapparates“ ergebe.328 aa) Die Auffassungen in der Literatur Da der Umweltgutachter seine Tätigkeit „auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung mit der Organisation“ ausübt, wird von Teilen der Literatur ohne weiteres unter Hinweis auf den „privatrechtlichen Charakter der Vereinbarung“ angenommen, für Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Umweltgutachter und dem Unternehmen sei der Zivilrechtsweg eröffnet. Dies betreffe etwa Streitigkeiten darüber, ob die Voraussetzungen für die Gültigerklärung der Umwelterklärung vorliegen, aber auch Streitigkeiten über Haftungs- und Regressansprüche des Unternehmens gegenüber dem Umweltgutachter.329 Andererseits wird ausgeführt, obwohl der Umweltgutachter seinem Auftraggeber aufgrund des mit ihm geschlossenen Vertrages zivilrechtlich hafte, bekleide er „ein zumindest quasi-öffentliches und auch hoheitlich kontrolliertes Amt“.330 Seine Tätigkeit sei „zum Teil öffentlich-rechtlicher und zum Teil privatrechtlicher Natur“.331 Der Umweltgutachter werde „an der funktionalen Schnittstelle zwischen privater und hoheitlicher Rechtsordnung tätig“.332 Vereinzelt wird ohne jede Begründung angenommen, Umweltgutachter seien „Private“, aber keine „Behörden“, „Beamte“ oder Beliehene.333 Nur mit 328

Vgl. van Bon, S. 94. Vgl. Lechelt, Rdnr. 35; Ewer, Rdnr. 40; Feldhaus, Rdnr. 69; Schneider, S. 55, FN 213. 330 Schottelius, DB 1996, S. 1169 ff., 1170. 331 Schäfer, S. 212. 332 Vgl. Streck, S. 109. 333 Vgl. z. B. Michael Langerfeldt: Das novellierte Umweltauditgesetz, NVwZ 2002, S. 1156 ff., 1157; Schmidt-Preuß, a. a. O., S. 1166, 1170 u. 1175, der allerdings zugleich feststellt, im Hinblick auf die strikten Regelungen zur Unabhängigkeit und Objektivität der Umweltgutachter bestünden „bemerkenswerte Gemeinsamkeiten“ zwischen privater und administrativer Kontrolle, vgl. S. 1171; Hans-Joachim Koch: Immissionsschutzrecht, in: Hans-Joachim Koch (Hrsg.): Umweltrecht, 2002, Rdnr. 137 ff., 164; Viola Schmid: „Umweltaudit“ – Ein Schritt zu mehr Umweltschutz?, JURA 1997, S. 11 ff., 13. Sie führt aus, das Umweltauditrecht sei wegen der Beteiligung unternehmensexterner Kontrolleure, also der Umweltgutachter, eine Ausformung des Subsidiaritätsprinzips, vgl. a. a. O. Auch dann ist es aber keineswegs ausgeschlossen, dass die betreffenden Aufgaben durch Beliehene wahrgenommen werden, sich der Staat hier also Privater im Wege der Beleihung zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient. 329

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 121

dem Hinweis auf den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages wird teilweise ausgeführt, die Tätigkeit des Umweltgutachters sei „daher“ ausschließlich dem Privatrecht zuzuordnen.334 Ohne weiteres wird eine Beleihung verneint und auf den Abschluss des zivilrechtlichen Vertrages verwiesen.335 Differenzierend wird von anderen die rein privatrechtliche Einordnung der Tätigkeit des Umweltgutachters damit begründet, dass er keine Hoheitsbefugnisse ausübe.336 Insbesondere genüge es auch nicht für eine öffentlichrechtliche Einordnung der Tätigkeit des Umweltgutachters, dass die Validierung der Umwelterklärung durch ihn eine unabdingbare Voraussetzung für die amtliche Registrierung und damit für die Erlangung der Berechtigung zur Führung des Umwelt-Audit-Zeichens, eines „öffentlich-rechtlichen Zeichens“, sei.337 Schließlich wird hervorgehoben, der Umweltgutachter stelle dem Unternehmen auch kein Zertifikat aus, mit dem dieses eigenständig agieren könne. Der Umweltgutachter sei nur berechtigt, die vom Unternehmen vorgelegte Umwelterklärung mit einem Prüfvermerk, der das Datum ihrer Gültigkeitserklärung und eine Unterschrift trage, zu versehen.338 Ferner wird vereinzelt die Tätigkeit der Umweltgutachter als „Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private“ beschrieben, wobei „hoheitliche Prüfund Kontrollaufgaben auf Private“ verlagert würden.339 Offen bleibt danach allerdings, ob es sich tatsächlich – wie die Formulierung nahe legt – um eine Tätigkeit als Beliehene handeln soll. Der Umweltgutachter übe zumindest im weiteren Sinne Staatsaufgaben aus, da er selbst die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzvorschriften durch die zu begutachtende Organisation zu prüfen habe.340 Der Begutachtungsvertrag sei rein privatrechtlicher Natur. Zudem könnten sich Umweltgutachter und zu prüfende Unternehmen den Vertragspartner jeweils ohne staatliche Einflüsse aussuchen. Ungeachtet öffentlich-rechtlicher „Ansatzpunkte“ sei die Tätigkeit des Umweltgutachters daher von Privatautonomie gekennzeichnet.341 Es könne „eine Qualifikation der Gutachtertätigkeit als 334

Vgl. Nissen, S. 93. Vgl. Nissen, S. 171. 336 Vgl. Köck, S. 662: Der Umweltgutachter könne seine Prüfungsbefugnisse ausschließlich auf den Vertrag stützen; ähnlich Schneider, S. 55, FN 213. 337 Köck, a. a. O., S. 662 f., allerdings ohne weitere Begründung. 338 Vgl. Waskow, S. 160. 339 Vgl. Reinhard Sparwasser/Rüdiger Engel/Andreas Vosskuhle: Umweltrecht, 5. Aufl., 2003, IV, Rdnr. 53. 340 Vgl. Schäfer, S. 212, vgl. zur entsprechenden Prüfpflicht Ziffer 5.4.3. Anhang V zur EMAS-VO. 341 Vgl. Schäfer, S. 212. 335

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hoheitliches Handeln nicht erfolgen, da es dem Staat nicht zurechenbar ist. Der Umweltgutachter trifft keine behördliche Entscheidung, indem er die Umwelterklärung validert“.342 Die Validierung sei „nicht mit der Eintragung der Organisation in das Register nach § 33 UAG gleichzusetzen, welche als Behördenentscheidung qualifiziert werden kann. Denn die Registrierungsstellen . . . sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, also öffentlichrechtliche Organisationen. Mit der Registrierung geprüfter Organisationen üben sie staatliche Verwaltungsaufgaben aus, handeln dabei also als Behörden. Zwar ist die Validierung der Umwelterklärung wichtigste Voraussetzung für die Registrierung, aber nicht die alleinige. Des Weiteren muss sich die zuständige Stelle vor der Eintragung davon überzeugen, dass die Organisation alle Anforderungen an die Verordnung erfüllt. Die Validierung der Umwelterklärung hat somit keine unmittelbare Wirkung auf die Eintragung der Organisation, sondern kann sie als nachfolgende behördliche Entscheidung lediglich beeinflussen. Daher übt der Umweltgutachter mit seiner Tätigkeit auch keine hoheitliche Gewalt aus“.343 Eine sehr differenzierte Untersuchung, die ebenfalls zum Ergebnis einer rein privatrechtlichen Tätigkeit des Umweltgutachters gelangt, setzt bei der Frage an, ob es sich tatsächlich, wie zumeist ohne jede weitere Begründung angenommen, bei dem Vertrag zwischen dem Umweltgutachter und dem zu begutachtenden Unternehmen um einen zivilrechtlichen Vertrag handelt. Es wird geprüft, ob nicht ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vorliegen könnte.344 Dabei wird als Kriterium für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages darauf abgestellt, dass die Aufgaben des Umweltgutachters in Übereinstimmung mit der Verordnung stehen müssen, also in weiten Teilen durch zwingende, öffentlich-rechtliche Regelungen vorgeschrieben sind und der Umweltgutachter im Rahmen der grundsätzlich öffentlichen Aufgabe des Umweltschutzes tätig wird. Ferner ist eine durch einen zugelassenen Umweltgutachter für gültig erklärte Umwelterklärung – unstreitig – zwingende Voraussetzung für die Eintragung in das EMAS-Register, die ebenfalls unstreitig öffentlich-rechtlich erfolgt.345 Dagegen wird die Gewährung von Privatautonomie als Kriterium für die zivilrechtliche Natur des Vertrages angesehen und darauf verwiesen, der Vertrag komme auf Initiative des zu prüfenden Unternehmens zustande, das sich den Umweltgutachter frei aussuchen könne.346 342 343 344 345 346

Vgl. Schäfer, S. 213. Vgl. Schäfer, S. 213 f. Erbrath, S. 248 ff. Vgl. Erbrath, S. 248 f. Vgl. Erbrath, S. 249.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 123

Aufgrund dieser Vermischung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente wird dann von der betreffenden Ansicht ein sog. gemischter Vertrag angenommen. Dieser sei allerdings insgesamt als privatrechtlich zu beurteilen, weil die Validierungsentscheidung des Umweltgutachters, die den Vertrag präge, keine öffentlich-rechtliche, „sondern eine gegenüber dem Unternehmen abgegebene privatrechtliche Erklärung“ darstelle.347 Insbesondere erkläre der Umweltgutachter auch nichts unmittelbar gegenüber der Registerstelle, sondern werde die Umwelterklärung nebst Gültigkeitserklärung von dem Unternehmen an die Registerstelle weitergeleitet.348 Gegenüber der Öffentlichkeit entfalte die Validierung „für sich isoliert betrachtet keine Rechtswirkung“. Erst die Verwendung der Umwelterklärung mit der Validierungserklärung des Umweltgutachters durch das Unternehmen dokumentiere gegenüber der Öffentlichkeit die EMAS-VO-Konformität des Standortes.349 Die Validierung stelle daher „einen neuen Typus auf der Ebene des europäischen Umweltrechts dar. Sie ist ein von einem staatlich zugelassenen privaten Gutachter (erteilter) privatrechtlicher Bestätigungsvermerk, der mittelbare öffentlich-rechtliche Wirkungen hat. Seine Tätigkeit entbindet die Eintragungsstelle zwar nicht völlig von der Tatsachenfeststellung, erleichtert ihr aber diese Feststellung in erheblichem Maße“.350 Im Unterschied zur Prüfung und Entscheidung der Sachverständigen des TÜV nach § 29 StVZO, die die Entscheidung der Behörde gleichsam zwingend bestimme und mit der Erteilung der Prüfplakette auf das engste zusammenhänge, nehme der Umweltgutachter die Entscheidung der Eintragungsstelle nicht vorweg. Die Eintragung könne immer noch abgelehnt werden, etwa wenn der Eintragungsstelle aus anderen Quellen Umweltrechtsverstöße des geprüften Unternehmens bekannt würden. Die Validierung sei zwar eine wichtige, nicht aber die einzige Eintragungsvoraussetzung. Weil die Eintragungsstelle eine eigene Entscheidung treffe, die der Umweltgutachter nicht vorwegnehme, handele er auch nicht hoheitlich.351 347

Vgl. Erbrath, S. 258. Erbrath, S. 258; es darf aber nicht übersehen werden, dass sich die Gültigerklärung der Umwelterklärung durch den Umweltgutachter – selbstverständlich – auch an die Registerstelle wendet. Denn diese ist zwingende Eintragungsvoraussetzung und damit ihr Vorliegen von der Registerstelle zu prüfen. Adressat der Gültigerklärung sind darüber hinaus auch Umweltbehörden, denen gegenüber unter Vorlage der für gültig erklärten Umwelterklärung die Einhaltung der einschlägigen Umweltrechts- bzw. Umweltschutzbestimmungen dokumentiert werden kann. Zugleich verdeutlicht das Unternehmen auf diese Weise (auch) gegenüber den zuständigen Umweltbehörden, dass es den Umweltschutz weiter verbessern möchte, vgl. Kothe, Rdnr. 35. 349 Erbrath, S. 263. 350 Vgl. Erbrath, S. 264. 351 Vgl. Erbrath, S. 265. 348

124 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Auch zeige der Umstand, dass dem Gutachter als Rechtsmittel Widerspruch und verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Zulassungs- bzw. Aufsichtsbehörde zur Verfügung stehen, die Stellung des Umweltgutachters als außerhalb der Verwaltung stehendes Subjekt.352 Schließlich erhalte der Umweltgutachter seine Befugnisse betreffend die Validierung gegenüber dem Unternehmen ausschließlich aufgrund des abgeschlossenen Vertrages, auch wenn dessen Inhalt in weiten Teilen von der EMAS-VO vorgegeben sei.353 Den vorgenannten Auffassungen und Begründungen steht die – vereinzelt gebliebene – Ansicht gegenüber, der Umweltgutachter handele bei Ausübung seiner Tätigkeit bzw. bei Erteilung der Gültigerklärung hoheitlich und werde als Beliehener tätig. Ein Begründungsansatz stützt sich auf folgende Argumente: Der Umweltgutachter übe eine hoheitliche Tätigkeit aus, soweit er die Umwelterklärungen der Unternehmen für gültig erkläre. Die Gültigerklärung sei „keine private Dienstleistung mehr. Sie verleiht dem Dokument einen besonderen Status, der dem einer amtlich geprüften Unterlage ähnlich, wenn nicht sogar vergleichbar ist“. Zur Begründung dieser Ansicht wird darauf verwiesen, die Prüfung des Betriebsstandortes sei Voraussetzung für die Eintragung in das EMAS-Register.354 Gleichzeitig wird festgestellt, die EMAS-VO und das UAG würden die Rechtsbeziehungen zwischen dem Umweltgutachter und dem beauftragenden Unternehmen als privatrechtlich voraussetzen.355 Weil, so die weitere Argumentation, die abzuschließende schriftliche Vereinbarung zwischen Umweltgutachter und Unternehmen – bei Vorliegen der Voraussetzungen – auf die Gültigerklärung der Umwelterklärung gerichtet sei, könne kein Werkvertrag vorliegen. Vielmehr liege ein Dienstvertrag i. S. d. § 611 BGB vor, der als Dienstleistung die Überprüfung des Unternehmens und seiner Umwelterklärung „zur Vorbereitung von deren Gültigkeitserklärung“ betreffe.356 Diese Begründungen vermögen in entscheidenden Punkten nicht zu überzeugen: Die Begründung, die Gültigerklärung verleihe der Umwelterklärung einen einer „amtlich geprüften Unterlage“ ähnlichen bzw. vergleichbaren Status, sei also keine „private Dienstleistung“, setzt voraus, was erst zu prüfen und zu begründen wäre. 352 353 354 355 356

Erbrath, S. 196. Erbrath, S. 261. Vgl. Zimmermann, S. 144. Vgl. Zimmermann, S. 144. Vgl. Zimmermann, S. 144.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 125

Wenn die – unstreitig – öffentlich-rechtliche Eintragung in das EMASRegister die Vorlage einer von einem Umweltgutachter aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung für gültig erklärten Umwelterklärung erfordert, erlaubt dies keineswegs den zwingenden Rückschluss, damit sei auch die Gültigerklärung selbst öffentlich-rechtlicher Natur. Denn es ist ohne weiteres möglich, Erklärungen und Feststellungen privater Sachverständiger zur Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Entscheidung zu machen, ohne dass diese Feststellungen bzw. Zeugnisse der Sachverständigen damit schon öffentlich-rechtlichen Charakter hätten. Ferner fehlt jegliche Prüfung der Voraussetzungen für die Annahme eines hoheitlichen Handels bzw. einer Beleihung des Umweltgutachters.357 Nicht zutreffend erscheint auch die Annahme, es liege kein Werk-, sondern ein Dienstvertrag vor, der die „Vorbereitung“ der Gültigerklärung zum Gegenstand habe. Die Vertragsparteien wollen, dass der Umweltgutachter bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen verpflichtet ist, die Gültigerklärung vorzunehmen bzw. den Prüfvermerk zu erteilen. Der Umstand, dass gesetzliche Vorgaben für die Prüfung und für die Gültigerklärung vorliegen, hindert die Annahme eines Werkvertrages nicht. Gleiches gilt für die öffentlich-rechtliche Vorgabe, dass die Gültigerklärung bei Vorliegen der Voraussetzungen vorzunehmen ist, also kein Ermessen besteht. Gerade weil es dem Unternehmen vor allem darauf ankommt, die Gültigerklärung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erhalten, ist keine Verpflichtung zur „Vorbereitung“ gewollt, sondern soll der entsprechende Erfolg vertraglich geschuldet werden. Zutreffend ist aber ungeachtet der Einordnung als Dienstvertrag, dass die Tätigkeit als Beliehener den parallelen Abschluss zivilrechtlicher Verträge nicht ausschließt.358 Wesentlich differenzierter ist ein anderer Begründungsansatz:359 Nach der Darstellung der Voraussetzungen einer Beleihung360 wird die Frage untersucht, ob es sich bei den dem Umweltgutachter übertragenen Aufgaben um Staatsaufgaben handelt. Staatliche Aufgaben seien alle vom 357

Vgl. Zimmermann, S. 144. Ebenso z. B. Streck, S. 170: „. . . zeigt, dass hoheitliches Handeln auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages grundsätzlich möglich ist“. 359 Vgl. Ritter, S. 42 ff.; erstaunlich ist, dass diese sehr umfangreiche und differenzierte Untersuchung – soweit ersichtlich – im gesamten Schrifttum zur EMASVO fast ausnahmslos übergangen bzw. nicht erwähnt wird. 360 Ritter, S. 47 unter Bezugnahme auf die sog. Kombinationstheorie, wonach auch schlicht-hoheitliches Handeln von der Beleihung erfasst sein könne und der Begriff der Staatsaufgaben formell und nicht im Sinne eines dem positiven Recht vorgegebenen Aufgabenkatalogs zu bestimmen sei, vgl. Ritter, S. 44. 358

126 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Staate beanspruchten und von ihm zu erledigenden Aufgaben, die er selbst bestimme.361 Unter Verweis auf die zur Tätigkeit der TÜV-Sachverständigen vertretenen Rechtsauffassungen wird sodann festgestellt, wenn private Bewertungen (durch Sachverständige) „unmittelbare oder präjudizielle Wirkung für den Erlass eines Verwaltungsaktes“ hätten, müssten sie „nach öffentlich-rechtlichen Maßstäben erfolgen“.362 Maßgeblich sei demnach, ob der Umweltgutachter – vergleichbar dem TÜV-Sachverständigen – Aufgaben wahrnehme, die ebenfalls die entscheidende Grundlage für einen behördlichen Verwaltungsakt bildeten.363 Da die Eintragung in das EMAS-Register – unstreitig – ein Verwaltungsakt ist,364 bildet die Frage der Bindungswirkung der Gültigerklärung der Umwelterklärung für die Eintragungsstelle den zentralen Untersuchungspunkt. Hierzu wird ausgeführt, vergleichbar der Rechtslage bei den TÜVSachverständigen könne die Gültigerklärung nur dann als hoheitliche Tätigkeit angesehen werden, wenn sie „eine verbindliche Grundlage für die Eintragung“ darstelle.365 In § 33 Abs. 1 UAG seien außer der für gültig erklärten Umwelterklärung keine anderen Mittel der „Glaubhaftmachung“ angegeben. Daher werde es „in aller Regel“ ausreichen, wenn eine Gültigkeitserklärung eines zugelassenen Umweltgutachters vorgelegt werde.366 Dagegen müsse die Eintragungsstelle keine eigenen Prüfungen vornehmen, insbesondere müsse auch die Umwelterklärung nicht auf ihre Plausibilität hin überprüft werden. Daher biete der Umweltgutachter der Eintragungsstelle „nicht nur eine Entscheidungsgrundlage, indem er ihr etwa ein Gutachten zur Verfügung stellt, sondern er trifft kraft normativer Anordnung die im materiellen Sinne maßgebliche Entscheidung für den Erlass eines Verwaltungsaktes“.367 Dabei 361 Ritter, S. 48; vgl. auch van Bon, S. 96: „Staats- und Verwaltungsaufgaben sind solche, die der Staat nach der jeweils geltenden Verfassungsordnung zulässigerweise für sich in Anspruch nimmt, indem er eine Aufgabe erkennbar an sich gezogen hat oder diese ihm durch geschichtliche Entwicklung eines Lebensbereiches zugefallen ist“, m. w. Nachw. 362 Ritter, S. 51. 363 Ritter, S. 51; vgl. zur Parallele mit den TÜV-Sachverständigen auch Streck, S. 154 ff. 364 So auch Ritter, S. 57. 365 Ritter, S. 57; ebenso Streck, S. 156: „. . . auch im Hinblick auf den Umweltgutachter zu klären ist, ob er eine letztverbindliche Entscheidung trifft. Nur dann wäre die Erfüllung staatlicher Aufgaben gegeben. Eine Beleihung wäre notwendig“, vgl. auch Streck, S. 172: „Entscheidend für die rechtliche Qualifikation der Tätigkeit des Umweltgutachters ist somit, ob die Gültigerklärung der Umwelterklärung selbst unmittelbar bindend für die nachfolgende Behördenentscheidung ist“. 366 Ritter, S. 57 f. 367 Ritter, S. 58.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 127

wird durchaus gesehen, dass die Eintragung bei einem Widerspruch der Umweltbehörde gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 UAG zu unterbleiben hat. Darin sei aber keine behördliche Kontrolle des Umweltgutachters zu sehen. Auch führe die Umweltbehörde keine gesonderten Kontrollen durch. Mit der betreffenden Regelung sollten „nur“ Widersprüche zwischen den Kenntnissen der Umweltbehörden über Rechtsverstöße am Standort und der Eintragung vermieden werden.368 Insgesamt sei die Gültigerklärung „eine entscheidende und verbindliche Voraussetzung für die Eintragung in das Standortregister. Die infolge der Eintragung der Öffentlichkeit zugänglichen Informationen beruhten im Wesentlichen auf den Prüfungsergebnissen des Umweltgutachters. Entsprechend stütze sich das EMAS-Zeichen zumindest mittelbar auf die Feststellungen eines Privaten.369 bb) Eigene Auffassung Die vorgenannte zentrale Argumentation für die Annahme einer Beleihung des Umweltgutachters vermag nicht zu überzeugen: Schon der Vergleich mit dem TÜV-Sachverständigen im Rahmen der Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO ist in einem entscheidenden Punkt unzutreffend. Die Prüfplaketten werden in den meisten Fällen selbst vom Sachverständigen erteilt. Zudem hört die zuständige Behörde auch keine weiteren Behörden an oder bittet sie um Auskünfte, um die Richtigkeit der Feststellungen des TÜV-Gutachters zu überprüfen. Dies ist bei der Eintragung in das EMAS-Register anders: Hier hat die Registerstelle vor der ersten Eintragung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 UAG den zuständigen Umweltbehörden zwingend Gelegenheit zu geben, sich zur der beabsichtigten Eintragung zu äußern. Wird dann ein Verstoß gegen geltende Umweltvorschriften mitgeteilt, hat die Eintragung – ebenfalls zwingend – zu unterbleiben, bis der Nachweis einer Behebung dieses Verstoßes vorliegt (§ 33 Abs. 3 Satz 3 UAG). Gemäß § 33 Abs. 3 Satz 6 UAG finden dann u. a. Gespräche zwischen den Umweltbehörden und der Registerstelle statt. Bei einem Eingreifen der Umweltbehörden hat die Registerstelle also nicht einmal ein Ermessen, welche Maßnahmen sie ergreift. Sie muss die Eintragung verweigern – und zwar vollkommen unabhängig davon, welche Feststellungen der Umweltgutachter in der von ihm für gültig erklärten Umwelterklärung getroffen hat. Dagegen werden an das vom Umweltgutachter ermittelte Prüfergebnis keine unmittelbaren Rechtsfolgen geknüpft.370 Es 368 369 370

Ritter, S. 58. Ritter, S. 58. Vgl. nur van Bon, S. 97.

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geht demnach nicht „nur“ um die Vermeidung von Widersprüchen zwischen dem Inhalt der Eintragung und den Kenntnissen der Umweltbehörden. Es geht vielmehr um eine zusätzliche, eigenständige Sicherung gegen inhaltlich unzutreffende oder unzureichende Feststellungen durch den Umweltgutachter. In einer so wichtigen und für die Glaubwürdigkeit des gesamten EMAS-Systems so bedeutsamen Frage wie des Vorliegens von Verstößen gegen Umweltvorschriften soll durch Einschaltung der Umweltbehörden zusätzliche und größere Sicherheit erreicht werden. Ein solches Korrektiv fehlt für den Bereich der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO. Hinzu kommt, dass es sich bei den Versagungsgründen in § 33 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 UAG nur um Regelbeispiele handelt, bei denen die Eintragungsvoraussetzungen nicht glaubhaft gemacht sind. Auch dies ist bei der Einschaltung der TÜV-Sachverständigen anders geregelt. Hier findet weder eine Glaubhaftmachung noch eine Anhörung anderer Behörden statt, sondern die Prüfplakette wird bei Vorliegen der Voraussetzungen direkt erteilt. Unzutreffend ist schließlich die Begründung, die Gültigerklärung sei eine „verbindliche“ Voraussetzung für die Eintragung. Die für gültig erklärte Umwelterklärung ist eine notwendige, aber eben wegen der eigenen Entscheidungsbefugnisse der Registerstellen und der „Interventionsrechte“ der Umweltbehörden keine verbindliche Eintragungsvoraussetzung. Eine andere Beurteilung könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Umweltgutachter mit seinen Feststellungen zwingend die Eintragung vorschreiben oder gar das EMAS-Zeichen selbst erteilen bzw. verleihen würde. Dies ist aber gerade nicht der Fall: Die für gültig erklärte Umwelterklärung ist eine maßgebliche, aber nicht die allein maßgebliche Eintragungsvoraussetzung.371 Der Eintragungsstelle „ist die letztendliche Entscheidung über die Verordnungskonformität“ vorbehalten.372 Es handelt sich um eine Tatsachenfeststellung, die der Entscheidung der Eintragungsstelle zwar – sogar in erheblichem Umfang – unterstützend zugrundegelegt wird, die die Eintragungsstelle aber nicht zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet.373 Vielmehr kommt der Eintragungsstelle „ein gewisses Maß an materieller Prüfungskompetenz“ zu.374 Zutreffend wird insoweit darauf verwiesen, die Eintragungsstelle könne gemäß Art. 6 Ziffer 4 EMAS-VO, wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt zu dem Schluss komme, die Organisation erfülle eine oder mehrere Bedingungen 371 372 373 374

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

statt vieler nur Streck, S. 173. van Bon, S. 99. van Bon, S. 98. Streck, S. 173.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 129

der EMAS-VO nicht mehr, die Eintragung, je nach Art und Umfang des „Versäumnisses“ aussetzen oder streichen.375 Daraus ergebe sich, dass die Eintragungsstelle ermächtigt sei, jederzeit die Verordnungskonformität selbst festzustellen.376 Die Eintragungsstelle macht sich also die Prüfungsentscheidung des Umweltgutachters gerade nicht ohne weiteres und immer zu eigen, sondern fügt einen eigenen, wertenden Akt der Überzeugungsbildung hinzu.377 „Die Notwendigkeit der Glaubhaftmachung beinhaltet die Möglichkeit, dass diese durch die Gutachterentscheidung nicht gelingt. Die Behörde muss sich ein eigenes Urteil bilden“.378 Da bereits dieses zentrale Argument für eine Beleihung nicht durchgreift, soll im Rahmen dieser Untersuchung nur ergänzend darauf hingewiesen werden, dass es noch weitere Bedenken gegen die Annahme einer Beleihung des Umweltgutachters gibt. Es wird zum einem darauf abgestellt, dass der für eine wirksame Beleihung erforderliche Übertragungsakt durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag fehle. Das UAG sehe keinen öffentlich-rechtlichen Akt vor, durch den dem Umweltgutachter als Beliehenem öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen würden. Vielmehr werde der Umweltgutachter von der Leitung des zu prüfenden Unternehmens ausgewählt und vertraglich verpflichtet, während eine behördliche Anordnung nicht erfolge.379 Zum anderen wird darauf verwiesen, bei Annahme einer Beleihung müsste die Bundesrepublik Deutschland im Wege der Staatshaftung auch für solche Umweltgutachter haften, auf deren Zulassung sie überhaupt keinen Einfluss habe, also für die Umweltgutachter aus anderen EU-Mitgliedsstaaten.380 Gleichwohl finden auch Vertreter der weit überwiegenden Auffassung, wonach der Umweltgutachter selbständig, weisungsfrei und nicht-hoheitlich tätig wird, dass eine Beleihung vorteilhaft wäre. So wird insbesondere hervorgehoben, die hoheitliche Stellung würde den Umweltgutachter unabhängiger machen, da sein Handeln dem Staat zuzurechnen sei. Auch werde eine intensivere staatliche Bindung sich vorteilhaft auf die Effektivität und Intensität der Aufsicht auswirken. Insgesamt werde bei der Beleihung die staatliche Verantwortung und damit die Glaubwürdigkeit des EMAS-Zeichens gestärkt. Schließlich könne die Entlohnung des Umweltgutachters für 375 Nach dem Wortlaut des Art. 6 Ziffer 4 EMAS-VO muss sie sogar entsprechend handeln, hat also kein Ermessen. 376 Vgl. Streck, S. 173. 377 Vgl. Streck, S. 174. 378 Streck, S. 174. 379 Vgl. van Bon, S. 94. 380 Vgl. van Bon, S. 99; ebenso Streck, S. 174, FN 738.

130 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

seine Tätigkeit auf der Grundlage einer Gebührenordnung erfolgen, „was entscheidend zu der Unabhängigkeit des Umweltgutachters und damit auch zur Qualität der Prüfungsleistung beitragen könnte“.381 Insbesondere wird auch kein Widerspruch zwischen einer Tätigkeit als Beliehener und dem gleichzeitigen Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages gesehen. Denn „ein beliehener Unternehmer als Person des Privatrechts kann neben ihm übertragenen hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen weiterhin eigenen privaten Tätigkeiten nachgehen. Daraus folgt, dass der Umweltgutachter auch als Beliehener tätig werden könnte, obwohl er weiterhin auch auf vertraglicher Grundlage für den Unternehmer tätig wird. Es muss jedoch für den Privaten erkennbar sein, ob in dem Umweltgutachter ihm die Privatperson oder die Umweltverwaltung gegenübertritt. Eindeutigkeit in dieser Hinsicht ist schon im Hinblick auf Haftungs- und Rechtswegfragen rechtsstaatliche Notwendigkeit. Der Umweltgutachter dürfte somit nicht dieselbe Tätigkeit zugleich als Privater und als Beliehener vornehmen“.382

5. Zusammenfassung Der Umweltgutachter (bzw. die Umweltgutachterorganisation) wird in einem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahren durch die beliehene DAU GmbH zugelassen. Er unterliegt einer umfassenden Aufsicht durch die DAU GmbH. Der Umweltgutachter erklärt die Umwelterklärung des Unternehmens, das ihm einen entsprechenden Prüfauftrag erteilt und mit ihm einen privatrechtlichen Vertrag über die Prüfung einschließlich der Gültigerklärung der Umwelterklärung abgeschlossen hat, bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen für gültig. Die für gültig erklärte Umwelterklärung ist anschließend der zuständigen IHK oder Handwerkskammer als registerführender Stelle zur Eintragung in das EMAS-Register vorzulegen. Erst durch die Eintragung erlangt das Unternehmen die Berechtigung, das EMAS-Zeichen, z. B. für Werbezwecke, zu verwenden und kann etwa im Bereich des Immissionsschutzrechts Prüfungserleichterungen in Anspruch nehmen. Die für gültig erklärte Umwelterklärung ist eine notwendige, aber keine in jedem Fall bereits hinreichende Bedingung für die Eintragung. Die das EMAS-Register führende Stelle hat ein eigenständiges Prüfungsrecht und muss die Eintragung – ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer für gültig 381 Vgl. Streck, S. 175. Die Einführung einer Gebührenordnung ist allerdings unabhängig von einer Beleihung der Umweltgutachter möglich. 382 Streck, S. 175 f.

III. Das System der Anerkennung und Zulassung im Umwelt-Audit-Recht 131

erklärten Umwelterklärung – dann versagen, wenn ihr (z. B. durch Informationen der Umweltschutzbehörden) Erkenntnisse darüber vorliegen, dass die Eintragungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Sie allein entscheidet, endgültig und abschließend, über die Eintragung in Form eines entsprechenden Verwaltungsaktes. Die Tätigkeit des Umweltgutachters erfolgt nach nahezu einhelliger Ansicht, ungeachtet der vielfältigen öffentlich-rechtlichen Regelungen betreffend die Ausübung seiner Tätigkeit, vor allem deshalb rein privatrechtlich, weil die Gültigerklärung der Umwelterklärung nicht bereits unmittelbare öffentlich-rechtliche Folgewirkungen hat. Der Umweltgutachter entscheidet gerade nicht abschließend und mit Bindungswirkung gegenüber der das EMAS-Register führenden Stelle oder sonstigen Dritten. Vielmehr trifft die das EMAS-Register führende Stelle die bindende Entscheidung mit unmittelbarer öffentlich-rechtlicher Rechtswirkung gegenüber dem Unternehmen. Die Tätigkeit des Umweltgutachters dient lediglich der Vorbereitung dieser Entscheidung. Sie ist privatrechtlich und basiert auf dem mit dem Unternehmen abgeschlossenen, privatrechtlichen Vertrag über die Durchführung der Prüfung. Die bisherigen rechtlichen Vorgaben für den Inhalt der Verträge zwischen Umweltgutachter und Unternehmen sind nach verbreiteter Ansicht in der Literatur nicht geeignet, Unabhängigkeit und Objektivität der Umweltgutachter hinreichend sicherzustellen. Zentraler Kritikpunkt ist die erhebliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Umweltgutachter von den Prüfaufträgen der Unternehmen, insbesondere von Folgeaufträgen. Zur Vermeidung sachwidriger Einflüsse auf die Entscheidungen der Umweltgutachter werden verschiedene Regulierungsinstrumente diskutiert: Während das Instrument einer Doppelprüfung unpraktikabel und äußerst kostenintensiv ist, versprechen andere Korrektive mehr Erfolg. In Betracht kommen eine verbindliche Honorarordnung für Umweltgutachter, die Beschränkung auf eine bestimmte Höchstzahl aufeinander folgender Prüfaufträge für den gleichen Umweltgutachter bzw. die gleiche Umweltgutachterorganisation und weitreichende Beschränkungen des Rechtes für die Unternehmen, den mit dem Umweltgutachter geschlossenen Begutachtungsvertrag zu kündigen. Die privatrechtlich handelnden zugelassenen Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen, deren Prüfungsergebnisse eine Behördenentscheidung lediglich vorbereiten, unterliegen einer umfassenden staatliche Aufsicht. Die Aufsichtsbehörde kann – und muss – jederzeit unmittelbar gegenüber den Umweltgutachtern bzw. den Umweltgutachterorganisationen einschreiten, wenn ihr Mängel in der Begutachtungspraxis zur Kenntnis gelangen.

132 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

IV. Die Zulassung und die Tätigkeit von Stellen zur Durchführung von Prüfverfahren nach § 11 i. V. m. §§ 2 Abs. 15 Nr. 1, 3 Abs. 3 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz Im Bereich von Prüfungen nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz383 gibt es ebenfalls Formen der gutachterlichen Prüftätigkeit, die sich auf eine staatliche Anerkennung bzw. Zulassung stützen. Im Folgenden sollen deshalb die Anerkennung bzw. Zulassung sowie die Tätigkeit dieser Stellen einschließlich der rechtlichen Einordnung von Anerkennung bzw. Zulassung und Tätigkeit (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) dargestellt werden.

1. Die Formen und die Aufgaben der zugelassenen Stellen Zugelassene Stellen gibt es gemäß § 2 Abs. 15 Nr. 1 GPSG in drei Formen: Benannte Stellen384 = jede Stelle für die Durchführung der Verfahren der Feststellung der Übereinstimmung mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen gemäß den Rechtsverordnungen nach § 3 Abs. 1 GPSG;385 Sie prüfen die Voraussetzungen für die Vergabe der CE-Kennzeichnung.386 Rechtsverordnungen nach § 3 Abs. 1 GPSG sind vor allem solche zur Umsetzung oder Durchführung der von den Europäischen Gemeinschaften erlassenen Rechtsvorschriften, also der von der EG erlassenen Richtlinien, die gemäß Art. 95 EGV zur unmittelbaren Verbindlichkeit in den Mitgliedstaaten der Umsetzung durch entsprechende nationale gesetzliche Regelungen bedürfen.387 Damit sind die benannten Stellen in die Anwendung europäischen Rechts eingebunden. Der Hersteller bringt das CE-Kennzeichen selbst auf seinen Produkten an und bestätigt damit die Sicherheit bzw. Konformität seiner Produkte. Es ist 383

Gesetz zur Neuordnung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten vom 06.01.2004, BGBl. I 2004, S. 2 ff., Art. 1 technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte – Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, im Folgenden kurz: GPSG. 384 Von engl. „notified bodies“. 385 § 2 Abs. 15 Nr. 1 a) GPSG. 386 Vgl. zur CE-Kennzeichnung § 6 GPSG. CE = Communautés Europeennes = Europäische Gemeinschaften (Erkennungsmerkmal für europäisch harmonisierte Produkte im Binnenmarkt, vgl. Joachim Geiß/Wolfgang Doll: Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, 2005, § 6, Rdnr. 2. 387 Vgl. Geiß/Doll, § 3, Rdnr. 5.

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

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gemäß § 6 Abs. 1 GPSG aber ausdrücklich verboten, ein Produkt in den Verkehr zu bringen, wenn dieses, seine Verpackung oder ihm beigefügte Unterlagen mit der CE-Kennzeichnung versehen sind, ohne dass die Rechtsverordnungen nach § 3 GPSG oder andere Rechtsvorschriften dies vorsehen und die weiteren Voraussetzungen des § 6 GPSG eingehalten sind.388 Dies und der Umstand, dass eine Vielzahl europäischer Produktrichtlinien eine CE-Kennzeichnung vorsehen, verdeutlichen, dass es keine freiwillige Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen gibt.389 Die CE-Kennzeichnung ist weder ein Verbraucherzeichen noch ein Qualitäts- oder Herkunftszeichen oder ein Gütesiegel. Es handelt sich vielmehr um ein Verwaltungszeichen für die zuständigen Behörden, mit dem den Behörden signalisiert wird, dass das Produkt allen dafür zutreffenden Gemeinschaftsrichtlinien entspricht und frei im europäischen Binnenmarkt in den Verkehr gebracht werden darf.390 Das CE-Zeichen ist also das nach außen sichtbare Symbol für einen erfolgreichen Abschluss eines Konformitätsbewertungsverfahrens, das in den einzelnen EG-Richtlinien angeordnet, geregelt und vorgesehen ist.391 Die CE-Kennzeichnung auf Industrieerzeugnissen bedeutet danach, dass die natürliche oder juristische Person, die die Anbringung durchführt oder veranlasst, sich vergewissert hat, dass das Erzeugnis alle Gemeinschaftsrichtlinien zur vollständigen Harmonisierung erfüllt und allen vorschriftsmäßigen Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen worden ist“.392 Gemäß § 6 Abs. 5 GPSG dürfen zusätzlich zur CE-Kennzeichnung keine Kennzeichnungen angebracht werden, durch die Dritte hinsichtlich der Bedeutung und der Gestalt der CE-Kennzeichnung irregeführt werden können. Jede andere Kennzeichnung darf angebracht werden, wenn die Sichtbarkeit und Lesbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigt wird. Die Bedeutung der CE-Kennzeichnung wird schließlich daran deutlich, dass die zuständige Behörde bei Produkten, die einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 GPSG unterliegen und mit einer CE-Kennzeichnung ver388 Die Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot ist gemäß § 19 Abs. 1 Ziffer 3 GPSG eine Ordnungswidrigkeit. 389 Vgl. Thomas Klindt/Dirk von Locquenghien/Hans-J. Ostermann: Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, 1. Aufl., 2004, Teil A, S. 33, Ziffer 5.5. 390 Vgl. Thomas Klindt: Das Recht der Produktsicherheit: Ein Überblick, VersR 2004, S. 296 ff., 298; Geiß/Doll, § 6, Rdnr. 3; Heinz. W. Adams: Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, 2004, S. 32: „freier Warenpass in Europa – mehr nicht“ bzw. „Verwaltungszeichen, es dient der Marktüberwachung – mehr nicht“. 391 Vgl. Klindt/von Locquenghien/Ostermann, a. a. O. 392 Vgl. Geiß/Doll, § 6, Rdnr. 4 m. w. Nachw.; vgl. auch Klindt/von Locquenghien/Ostermann, Teil A, S. 34, Ziffer 5.5.: „. . . letztlich die Eigenaussage des Herstellers, sein Produkt halte das geltende europäische Sicherheitsrecht ein“.

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sehen sind, gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 GPSG davon ausgeht, dass sie den dort jeweils festgelegten Anforderungen entsprechen. Die CE-Kennzeichnung ersetzt allerdings nicht die Überwachung und Überprüfung durch die zuständigen Behörden. GS-Stellen = jede Stelle für die Zuerkennung des GS-Zeichens (GS= Geprüfte Sicherheit);393 Die Regelung in § 7 Abs. 1 GPSG ermöglicht eine freiwillige Kennzeichnung von technischen Arbeitsmitteln und verwendungsfertigen Gebrauchsgegenständen mit dem GS-Zeichen nach Zuerkennung durch eine nach § 11 Abs. 2 GPSG zugelassene Stelle. Das GS-Zeichen soll die Sicherheit der Produkte und das Vertrauen der Verbraucher in die Sicherheit der Produkte erhöhen.394 Es ist im Handel besonders beliebt und wird gerne zu Werbezwecken genutzt, weil mit seiner Hilfe die Sicherheit des betreffenden Produktes gegenüber den Käufern dokumentiert und entsprechendes Vertrauen in Anspruch genommen werden kann.395 Entsprechend haben Produkte mit dem GS-Zeichen gegenüber solchen ohne dieses Zeichen am Markt bessere Absatzchancen.396 Das GS-Zeichen ist „ein rein nationales Zeichen, das eingeführt wurde, um die besonders hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards sichtbar werden zu lassen und bewerben zu können“.397 Hierfür sind gegenüber den GS-Stellen bestimmte Nachweise zu erbringen, etwa der Nachweis der Übereinstimmung des geprüften Baumusters mit den Anforderungen nach § 4 Abs. 1–3 GPSG sowie anderer Rechtsvorschriften hinsichtlich der Gewährung von Sicherheit und Gesundheit (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GPSG). Zusätzlich darf das GS-Zeichen nur zuerkannt werden, wenn der GS-Stelle ein Nachweis vorliegt, dass die Voraussetzungen eingehalten werden, die bei der Herstellung der technischen Arbeitsmittel und verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstände zu beachten sind, um ihre Übereinstimmung mit dem geprüften Baumuster zu gewährleisten (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GPSG). Schließlich darf der Hersteller gemäß § 7 Abs. 4 GPSG auch kein Zeichen verwenden oder mit ihm werben, das mit dem GS-Zeichen verwechselt werden kann. Ähnlich dem CE-Kennzeichen hat auch das GS-Zeichen eine besondere Signalwirkung: Bei technischen Arbeitsmitteln und verwendungsfertigen 393

§ 2 Abs. 15 Nr. 1 b) GPSG; GS = Geprüfte Sicherheit; zum GS-Zeichen vgl. die Regelung in § 7 GPSG; vgl. auch Klindt/von Locquenghien/Ostermann, Teil A, S. 34 f., Ziffer 5.6., die darauf hinweisen, das Zeichen stehe schon nach seinem Namen dafür, dass tatsächlich eine Prüfung durch dritte Stellen stattfindet bzw. dass die Zeichenaussage eine Sachaussage über eine Überprüfung durch Dritte ist. 394 Vgl. Dirk Moritz: Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, 2004, S. 86. 395 Vgl. Geiß/Doll, § 7, Rdnr. 5. 396 Vgl. Moritz, S. 86. 397 Klindt/von Locquenghien/Ostermann, Teil A, S. 34, Ziffer 5.6.

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

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Gebrauchsgegenständen, die mit dem GS-Zeichen nach § 7 Abs. 1 GPSG versehen sind, ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 GPSG davon auszugehen, dass diese den Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit nach § 4 Abs. 1 und 2 GPSG sowie anderen Rechtsvorschriften entsprechen. Die Zuerkennung des GS-Zeichens entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 GPSG ist gemäß § 19 Abs. 1 Ziffer 4 GPSG eine Ordnungswidrigkeit. Eine Ordnungswidrigkeit begeht auch, wer entgegen § 7 Abs. 3 Satz 3 oder Abs. 4 GPSG das GS-Zeichen oder ein mit diesem verwechslungsfähiges Zeichen verwendet oder mit ihm wirbt.398 Die Bedeutung des GS-Zeichens wird weiter durch einen speziellen Straftatbestand unterstrichen: Gemäß § 20 GPSG ist die beharrliche Wiederholung eines vorsätzlichen Verstoßes nach § 19 Abs. 1 Nr. 5 GPSG ebenso strafbar wie der Fall, dass durch einen vorsätzlichen Verstoß gegen diese Vorschrift Leben oder Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden. Diese Sanktionen im Hinblick auf das GS-Zeichen sind offenbar auch notwendig, da vielfach Produkte mit gefälschten GS-Zeichen in den Verkehr gebracht werden, aber auch, weil z. B. von zugelassenen Stellen das GSZeichen zuerkannt wurde, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlagen.399 Prüflaboratorien = jedes Prüflaboratorium, das für eine der vorgenannten Stellen tätig ist,400 Ferner sind gemäß § 2 Abs. 15 Nr. 2 GPSG zugelassene Stellen solche Stellen, die der Kommission der Europäischen Gemeinschaften von einem EU-Mitgliedstaat aufgrund eines Rechtsaktes des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder von einer nach dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum zuständigen Behörde aufgrund dieses Abkommens mitgeteilt worden sind.

2. Die Anerkennung (Zulassung) der zugelassenen Stellen Nach § 3 Abs. 3 GPSG ist das BMWA unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt, in der die Anforderungen an zugelassene Stellen hinsichtlich – Unabhängigkeit, technischer Kompetenz und beruflicher Zuverlässigkeit der Stelle; 398 Vgl. § 19 Abs. 1 Ziffer 5 GPSG, wobei die Geldbuße gemäß § 19 Abs. 2 GPSG bis zu 30.000 e betragen kann. 399 Vgl. Klindt/von Locquenghien/Ostermann, Teil A, S. 35, Ziffer 5.6.; Geiß/ Doll, § 7, Rdnr. 27; Moritz, S. 86 u. 93. 400 § 2 Abs. 15 Nr. 1 c) GPSG; den benannten Stellen und den GS-Stellen steht es allerdings frei, auch Prüflaboratorien zu beauftragen, die keine zugelassenen Stellen sind, vgl. Moritz, S. 61, Ziffer 2.4.4.

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– Verfügbarkeit des erforderlichen Personals, der notwendigen Mittel und Ausrüstungen; – Bestehen einer angemessenen Haftpflichtversicherung; – Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; – Unterauftragsvergabe; – Teilnahme an Erfahrungsaustauschkreisen und – Qualitätsmanagement näher bestimmt werden sollen. Bisher ist keine solche Rechtsverordnung erlassen. Bis zum Erlass einer solchen Rechtsverordnung ist gemäß § 21 Abs. 1 GPSG bei der Benennung einer zugelassenen Stelle ein Akkreditierungsverfahren nach § 9 Abs. 2 S. 2 u. 3 des – außer Kraft getretenen – Gerätesicherheitsgesetzes401 durchzuführen.402 Der Antrag auf Anerkennung als zugelassene Stelle kann gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 GPSG bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Diese ist die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) mit Sitz in München.403 Die Behörde prüft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 GPSG, ob die Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 3 GPSG eingehalten sind. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens kann eine Akkreditierung auf der Grundlage harmonisierter Normen berücksichtigt werden.404 Die Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 3 GPSG soll die Anforderungen hinsichtlich der Unabhängigkeit, der technischen Kompetenz und der beruflichen Zuverlässigkeit der Stelle,405 hinsichtlich der Verfügbarkeit des erforderlichen Personals, der notwendigen Mittel und Ausrüstungen,406 hinsichtlich des Bestehens einer angemessenen Haftpflichtversicherung,407 hinsichtlich der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen,408 hinsichtlich von Unterauftragsvergaben,409 hinsichtlich der Teilnahme an Erfahrungsaustauschkreisen410 und hinsichtlich des Qualitätsmanagements411 näher be401

Im Folgenden kurz: GSG. Vgl. Geiß/Doll, § 3, Rdnr. 34. 403 Vgl. nur: Thomas Klindt: Das neue Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, NJW 2004, S. 465 ff., 469; Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 8. 404 Dies bezieht sich auf die Normenreihe EN 45000. Dabei liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde, inwieweit sie eine Akkreditierung nach dieser Normenreihe berücksichtigt, vgl. Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 12; Moritz, S. 88, Ziffer 4.3. 405 Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1 GPSG. 406 Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 2 GPSG. 407 Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 3 GPSG. 408 Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 4 GPSG. 409 Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 5 GPSG. 410 Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 6 GPSG. 402

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

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stimmen. Bis eine solche Rechtsverordnung erlassen ist, ist gemäß § 21 Abs. 1 GPSG bei der Benennung einer zugelassenen Stelle ein Akkreditierungsverfahren412 nach § 9 Abs. 2 Satz 2 u. 3 GSG in der am 31.12.2000 geltenden Fassung durchzuführen. In diesem Akkreditierungsverfahren muss gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 GSG für die Zulassung und Benennung festgestellt werden, dass insbesondere folgende allgemeine Anforderungen gewährleistet sind: 1. Unabhängigkeit der Stelle, ihres mit der Leitung oder der Durchführung der Fachaufgaben beauftragten Personals von Personen, die an der Planung oder Herstellung, dem Vertrieb oder der Instandhaltung des technischen Arbeitsmittels beteiligt oder in anderer Weise von den Ergebnissen der Prüfung oder Bescheinigung abhängig sind;413 2. Verfügbarkeit der für die angemessene unabhängige Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Organisationsstrukturen, des erforderlichen Personals und der notwendigen Mittel und Ausrüstungen; 3. Ausreichende technische Kompetenz, berufliche Integrität sowie fachliche Unabhängigkeit des beauftragten Personals; 4. Bestehen einer Haftpflichtversicherung; 5. Wahrung der im Zusammenhang mit der Tätigkeit der zugelassenen Stelle bekannt gewordenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor unbefugter Offenbarung; 6. Einhaltung der für die Durchführung von Prüfungen oder die Erteilung von Bescheinigungen festgelegten Verfahren. Schon betreffend die Regelung in § 9 GSG war die Frage einer hinreichenden Unabhängigkeit der zugelassenen Stelle einer der wichtigsten Punkte, die in der Literatur diskutiert wurden. Ausgeschlossen war z. B. ein 411

Vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 7 GPSG. Der Begriff Akkreditierungsverfahren wurde noch im GSG verwendet. Das GPSG verwendet dagegen den Begriff des Anerkennungsverfahrens. Es handelt sich um eine gezielte Umbenennung, um den Unterschied zu Akkreditierungen nach der Normenreihe EN 45000 zu betonen, mit der der Begriff der Akkreditierung meist assoziiert wird, vgl. Thomas Wilrich: Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, 2004, § 11, Rdnr. 2; Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 11; Moritz, S. 87, Ziffer 4.3. 413 Damit soll abgesichert werden, „dass keine Beeinflussung der Ergebnisse stattfindet als Folge einer Interessenverbindung der Prüfer mit denjenigen, die am Prüfungsergebnis aus welchen Gründen auch immer ein Interesse haben. Insoweit vollkommene Unabhängigkeit der sachlichen Institution und der in ihr beschäftigten Personen ist gewollt und muss vorhanden sein. Nur auf diese Weise ist zu sichern, dass die Prüfungen und Bescheinigungen im Einklang mit dem geltenden Recht durchgeführt und erteilt werden“, vgl. Franz-Josef Peine: Gesetz über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz), 3. Aufl., 2002, § 9, Rdnr. 5. 412

138 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

„paralleles gegenwärtiges Dienst- oder Werkvertragsverhältnis, also ein Nebeneinander von Tätigkeiten bei der Prüf- und Zertifizierungsstelle und bei einem Konstrukteur oder einem Verkaufunternehmen für technische Arbeitsmittel“.414 Dagegen wurde es teilweise sogar noch als zulässig erachtet, wenn eine Prüf- und Zertifizierungsstelle ausschließlich oder überwiegend von Aufträgen eines einzelnen oder einiger weniger Auftraggeber lebe, obwohl durchaus die Gefahr einer Drohung mit Auftragsentzug oder Auftragsminderung im Raum stehe und zu einer Existenzvernichtung der Zertifizierungsstelle führen könne.415 Abhilfe soll hier ein besonders strenger Maßstab hinsichtlich der Unabhängigkeit des Leitungs- und Fachpersonals bringen: Je stärker ein Zertifizierungsinstitut an eines oder wenige Unternehmen gebunden sei, desto stärker müsse auf die finanzielle und arbeitsvertragliche Entflechtung des Personals von diesem Großunternehmen Wert gelegt werden. Insofern sei dann die beantragende Stelle beweis- und darlegungspflichtig.416 Ob dies ausreicht, erscheint zumindest zweifelhaft. Denn es liegt nahe, dass die auf Seiten der Zertifizierungsstelle tätigen Personen das wirtschaftliche Schicksal ihres Unternehmens nicht völlig außer acht lassen werden. Wenn also die Prüfstelle tatsächlich nur für ein Großunternehmen tätig ist, dürfte es faktisch nicht möglich sein, die wirtschaftliche Abhängigkeit der Prüfstelle von diesem Großunternehmen bei der Durchführung der Prüftätigkeit gleichsam „auszublenden“. Kritisch wird auch die Beratungstätigkeit einer zugelassenen Stelle für ein- und dasselbe Unternehmen außerhalb eines Prüf- und Zertifizierungsauftrages gesehen. Bedenken betreffend die Gewährleistung einer hinreichenden Unabhängigkeit wurden sogar im Hinblick auf eine mögliche Beleihung der zugelassenen Stellen geäußert. So wurde explizit für die benannten Stellen – noch nach dem GSG – ausgeführt, die Einordnung in die staatliche Verwaltungsorganisation und die daraus resultierende „Anbindung“ an staatliche Behörden über Aufsichts- und Weisungsbefugnisse widerspräche dem für benannte Stellen geltenden Unabhängigkeitserfordernis.417 414

Vgl. Norbert Kollmer: Die Unabhängigkeit von Prüf- und Zertifizierungsstellen nach dem Gerätesicherheitsgesetz, GewArch 1999, S. 48 ff., 52. 415 Vgl. Kollmer, S. 52; zumindest bei ausschließlichem Tätigwerden für ein Unternehmen erscheint diese Betrachtung zu großzügig. In einem solchen Fall ist die Zertifizierungsstelle faktisch wirtschaftlich von diesem einen Unternehmen abhängig. Die Grenze zu einer, wohl unstreitig unzulässigen – vgl. Kollmer, S. 52 f. –, unternehmenseigenen Zertifizierungsstelle wäre dann zumindest in bedenkliche Nähe gerückt. So erscheint es zumindest auch nicht gänzlich widerspruchsfrei, wenn Kollmer zugleich – und durchaus zutreffend – „globale Verträge“ als problematisch erachtet, mit denen ein sehr hohes Kontingent von Prüfungsaufträgen erteilt wird, vgl. Kollmer, S. 52. 416 Vgl. Kollmer, S. 52.

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

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Die Bedenken hinsichtlich der Beratungstätigkeit einer zugelassenen Stelle für ein bestimmtes Unternehmen, für das auch eine Prüftätigkeit nach dem GPSG ausgeführt wird, erscheinen zumindest nachvollziehbar. Zumal durch eine häufige oder gar ständige Zusammenarbeit bzw. Beauftragung können hier durchaus wirtschaftliche Abhängigkeiten bestehen, die u. U. zu einer nicht hinreichend unabhängigen und unparteilichen Prüfung führen könnten. Unbegründet erscheinen dagegen die Bedenken im Hinblick auf eine Beleihung. Betrachtet man den „klassischen“ Fall einer Beleihung, die Tätigkeit der anerkannten Sachverständigen im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO, so ist nicht ersichtlich, dass gegen die Unabhängigkeit der Sachverständigen gerade mit Blick auf ihre Beleihung Bedenken geäußert worden wären. Die Tätigkeit der freiberuflichen Notare, die ebenfalls Beliehene sind,418 wäre ein weiteres Beispiel, wie sich Unabhängigkeit und Beleihung durchaus vereinbaren lassen. Selbst wenn die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Beliehenen zu Weisungen im Rahmen einer Fachaufsicht berechtigt ist, dürfen diese doch nie den Rahmen der Rechtmäßigkeit überschreiten. Zudem ist eine Fachaufsicht über Beliehene zwar in vielen Fällen vorgesehen, aber keineswegs zwingend.419 Bedenken gegen eine reine Rechtsaufsicht sind erst recht nicht begründet, da die Unabhängigkeit der zugelassenen Stellen – selbstverständlich – nur im Rahmen der Rechtmäßigkeit ihres Handelns gewährleistet werden kann. Hinzu kommt, dass die benannten Stellen, wie von der betreffenden Literaturmeinung selbst ausgeführt wird, einer laufenden Überwachung unterliegen, auf deren Grundlage eine Aufhebung der Anerkennung „jederzeit möglich“ sein soll.420 Das ist dann aber kaum eine tatsächliche „Unabhängigkeit von staatlichem Einfluss“, wie sie die betreffende Literaturansicht fordert.421 Überzeugende Gründe, aus denen eine Beleihung gerade mit Blick auf die Unabhängigkeit der zugelassenen Stellen auszuschließen wäre, sind damit nicht ersichtlich. Zur Frage, ob eine Beleihung der zugelassenen Stellen tatsächlich vorliegt, wird nachfolgend noch gesondert Stellung genommen. Liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung vor, hat die zuständige Behörde der beauftragten Stelle – dies ist die Bundesanstalt für Arbeitsschutz 417 Vgl. Hans Christian Röhl: Akkreditierung und Zertifizierung im Produktsicherheitsrecht, 2000, S. 27 u. 88. 418 Vgl. nur Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 35. 419 Vgl. nur Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33 m. w. Nachw. 420 Vgl. Röhl, S. 75. 421 Vgl. Röhl, S. 87, der im Übrigen einschränkend hinzufügt, es sei jedenfalls „zweifelhaft“, ob eine Stelle noch unabhängig sei, wenn sie als Beliehene einem „Einzelweisungsrecht“ einer Aufsichtsbehörde unterliege, vgl. Röhl, S. 88.

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und Arbeitsmedizin422 – den Antragsteller als zugelassene Stelle für bestimmte Produkte und Verfahren zu benennen (§ 11 Abs. 1 Satz 4 GPSG).423 Vergleichbares gilt gemäß § 11 Abs. 2 GPSG hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens für GS-Stellen. Die beauftragte Stelle macht dann gemäß § 11 Abs. 4 GPSG die zugelassenen Stellen bekannt. Dieser „deklaratorische Publikationsakt“ erfolgt durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger.424 Nach erfolgreichem Abschluss des Anerkennungsverfahrens ergeht von der ZLS ein Anerkennungsbescheid gegenüber dem Antragsteller, der regelmäßig mit Nebenbestimmungen (Auflagen) versehen ist, die die Informationspflichten gegenüber der benennenden Behörde sowie die Teilnahmeverpflichtung am Erfahrungsaustausch mit anderen zugelassenen Stellen vorsehen.425 Bei Missachtung gesetzlicher Bestimmungen oder Auflagen kann die ZLS die – in der Regel auf fünf Jahre befristete426 – Anerkennung und damit auch die Benennung zurücknehmen.427 Für die Anerkennung als zugelassene Stelle ist für benannte Stellen, GSStellen und Prüflaboratorien jeweils zusätzlich gemäß § 2 Abs. 15 GPSG erforderlich, dass sie von der zuständigen Behörde für einen bestimmten Aufgabenbereich der beauftragten Stelle benannt und von dieser im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sind. Die zuständige Behörde, also die ZLS, ist auch Überwachungsbehörde.428 Sie überwacht gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 GPSG die Einhaltung der in § 11 Abs. 1 u. 2 GPSG genannten Anforderungen. Sie kann von der zugelassenen Stelle und ihrem mit der Leitung und der Durchführung der Fachaufgaben beauftragten Personal die zur Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichen Auskünfte und sonstige Unterstützung verlangen sowie die dazu erforderlichen Anordnungen treffen. Es bestehen für die zuständige Behörde gesetzlich normierte Betretungs- und Besichtigungsrechte im Hinblick auf Grundstücke, Geschäftsräume und Prüflaboratorien sowie das Recht, die Vorlage bestimmter Urkunden zu verlangen (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 3 GPSG). Spiegelbildlich ist eine entsprechende Duldungs422

Vgl. § 2 Abs. 14 GPSG u. hierzu näher: Geiß/Doll, § 2, Rdnr. 76. Ermessen ist der zugelassenen Stelle also auch insoweit nicht eingeräumt und es besteht ein Anspruch auf Zulassung; vgl. nur Peine, § 9, Rdnr. 14; Wilrich, § 11, Rdnr. 11. 424 Vgl. Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 13 u. 24. 425 Vgl. Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 14; Klindt, NJW 2004, S. 465 ff., 469. 426 Vgl. Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e. V. (Hrsg.): Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN), Bericht 30: Akkreditierung von Prüfund Zertifizierungsstellen, bearbeitet von Jürgen Ensthaler/Michael Funk/Roderich Schultze/Rainer Edelhäuser/Gerd-Hinrich Schaub, S. 75; Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 15. 427 Vgl. Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 15. 428 Vgl. nur Wilrich, § 11, Rdnr. 14. 423

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

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pflicht für die zugelassene Stelle und ihr Personal normiert (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 4 GPSG429). Schließlich können gemäß § 11 Abs. 6 GPSG die für die Überwachung des Inverkehrbringens zuständigen Behörden von der zugelassenen Stelle und ihrem mit der Leitung und der Durchführung der Fachaufgaben beauftragten Personal die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen. Sie haben dann die für das Anerkennungsverfahren zuständige Behörde zu unterrichten.

3. Öffentlich-rechtliches Anerkennungsverfahren Die Gesamtschau der vorstehend dargestellten Regelungen verdeutlicht, dass das Anerkennungsverfahren nach dem GPSG öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist.430 Es handelt sich nach einhelliger Auffassung um ein Verwaltungsverfahren i. S. d. § 9 VwVfG.431 Dies zeigt bereits der Umstand, dass das Zulassungsverfahren gemäß § 11 GPSG auf Antrag von einer „Behörde“ durchgeführt wird. Die Anerkennung bzw. Zulassung oder ihre Versagung durch die ZLS ist – unstreitig – ein Verwaltungsakt.432 Der Antragsteller kann die Anerkennung folglich im Wege der Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht geltend machen.433

4. Die Tätigkeit als zugelassene Stelle nach §§ 2 Abs. 15, 3 Abs. 3, 11 GPSG Die CE-Kennzeichung und das GS-Zeichen werden von den Herstellern bzw. Importeuren in eigener Verantwortung an den betreffenden Produkten angebracht. Ihnen steht es frei, für welche der zugelassenen Stellen sie sich 429 Wobei § 11 Abs. 5 Satz 5 GPSG aber ein Auskunftsverweigerungsrecht vorsieht, um zu vermeiden, dass die Betroffenen sich selbst oder bestimmte Angehörige belasten und damit der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem OWiG aussetzen. 430 Vgl. nur KAN-Bericht 30, S. 141. 431 Vgl. Peine, § 9, Rdnr. 3; Röhl, S. 62, 70, 74 ff., jeweils noch für das Zulassungsverfahren nach § 9 GSG. 432 Vgl. Wilrich, § 11, Rdnr. 12; vgl. auch Klindt: NJW 2004, S. 465 ff., 469; Dies entsprach bereits der Rechtslage nach dem GSG: vgl. Peine, § 9, Rdnr. 15; Kurt-Christian Scheel: „Benannte Stellen“: Beliehene als Instrument für die Verwirklichung des Binnenmarktes, DVBl. 1999, S. 442 ff., 447 f.; Kollmer, S. 50, der darauf verweist, die Zulassung könne – außer durch Verwaltungsakt – auch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen. 433 Vgl. nur Wilrich, § 11, Rdnr. 12.

142 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

entscheiden. Sie haben – im Rahmen des Zulassungsumfangs der betreffenden Stellen – die freie Wahl. Nach Abschluss des jeweiligen Prüfungsverfahrens wird von der zugelassenen Stelle festgestellt, ob die Voraussetzungen für die Vergabe der CE-Kennzeichnung bzw. des GS-Zeichens vorliegen. Über die Zuerkennung des GS-Zeichens ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 GPSG eine Bescheinigung auszustellen. Die Geltungsdauer der Zuerkennung des GS-Zeichens ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 GPSG auf die Dauer von höchstens fünf Jahren zu befristen.434 Die GS-Stelle i. S. d. § 11 Abs. 2 GPSG hat gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 GPSG Kontrollmaßnahmen zur Überwachung der technischen Arbeitsmittel bzw. der verwendungsfertigen Gebrauchsgegenstände und der rechtmäßigen Verwendung des GS-Zeichens durchzuführen. Sofern die Voraussetzungen für die Zuerkennung des GS-Zeichens nicht mehr vorliegen, hat die GSStelle gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 GPSG die Zuerkennung zu entziehen. Sie unterrichtet dann die anderen GS-Stellen und die zuständige Behörde über die Entziehung.435 Mit dieser Regelung soll ausgeschlossen werden, dass ein Hersteller, dessen Produkte nicht mehr mit dem GS-Zeichen gekennzeichnet werden dürfen, sich an eine andere GS-Stelle wendet, um im Wege des sog. Prüftourismus doch noch eine Zuerkennung des GS-Zeichens zu erlangen.436 a) Privatrechtliche Tätigkeit oder Handeln als Beliehene? Fraglich ist, ob die benannten Stellen und die GS-Stellen öffentlich-rechtlich als Beliehene oder privatrechtlich tätig werden. Bereits für die Regelung über die zugelassenen Stellen in § 9 GSG war dies umstritten. Nach einer Ansicht handeln die zugelassenen Stellen i. S. d. § 2 Abs. 15 GPSG rein privatrechtlich bzw. ausschließlich auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages.437 Diese Auffassung wurde bzw. wird wie folgt begründet: 434 Dies ist gegenüber den Regelungen im GSG eine gesetzliche Neuerung, mit der nach Ansicht der Literatur das Vertrauen in die Aussage und die Verlässlichkeit des GS-Zeichens erheblich gestärkt wird, vgl. Harald W. Potinecke: Das Geräteund Produktsicherheitsgesetz, DB 2004, S. 55 ff., 59. Schon vorher war allerdings eine Befristung in der Praxis üblich, vgl. Geiß/Doll, § 7, Rdnr. 16. 435 Vgl. § 7 Abs. 3 Satz 3 GPSG. 436 Vgl. Moritz, S. 86. 437 Vgl. zur Regelung in § 9 GSG: OLG Hamm, NVwZ 1990, S. 1105 f.; Peine, § 9, Rdnr. 21 ff., insbes. Rdnr. 25; Klindt: 30 Jahre Gerätesicherheitsgesetz – Schieflagen in der Praxis, NVwZ 1999, S. 1177 ff., 1180, FN 59, ohne Begründung u. unter Hinweis auf OLG Hamm, NVwZ 1990, S. 1105 f.; Martin Burgi: Die Funktion des Verfahrensrechts in privatisierten Bereichen – Verfahren als Ge-

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Das GSG438 enthalte keine Bestimmung, wonach technische Arbeitsmittel nur dann in Verkehr gebracht werden dürften, wenn sie zuvor einer staatlichen Sicherheitsprüfung unterzogen worden seien. Insoweit gebe es keine allgemeine staatliche Präventivkontrolle.439 Es bleibe vielmehr „in erster Linie“ der Eigenverantwortung der Hersteller und Importeure überlassen, für den zur Abwendung von Gefahren erforderlichen Sicherheitsstandard ihrer Geräte zu sorgen. Nur wenn dies nicht geschehe, sei für die zuständigen Behörden die Möglichkeit des Eingriffs zur Gefahrenabwehr gegeben.440 Der Gesetzgeber habe die Einschaltung einer Prüfstelle zur Untersuchung der Gerätesicherheit der freien Entscheidung des Herstellers bzw. des Importeurs überlassen. Vor allem dieser Umstand spreche gegen ein hoheitliches Tätigwerden der Prüfstellen.441 Dies verdeutliche, dass keine Verwaltungsaufgabe auf die zugelassenen Stellen übertragen worden sei, sie also keine Beliehenen seien.442 Entsprechendes ergibt nach der betreffenden Ansicht auch der Vergleich mit der Fahrzeuguntersuchung durch amtlich anerkannte Sachverständige im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO: Dort sei die Feststellung der Verkehrssicherheit unabdingbare Voraussetzung für die Zulassung des Fahrzeuges zum öffentlichen Straßenverkehr, während das GSG eine solche generelle Präventivkontrolle für das Inverkehrbringen oder Ausstellen von technischen Arbeitsmitteln nicht vorschreibe. Angesichts dieses „gravierenden“ Unterschiedes lasse sich die Tätigkeit der amtlichen Sachverständigen nach § 29 StVZO nicht mit der Tätigkeit anerkannter Prüfstellen nach dem GSG vergleichen.443 genstand der Regulierung nach Verantwortungsteilung, in: Wolfgang HoffmannRiem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.): Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, 1. Aufl., 2002 (im Folgenden kurz: VerwVerf), S. 155 ff., 182 f.; ebenso zur Regelung in § 11 GPSG Klindt, NJW 2004, S. 465 ff., 469, FN 44, allerdings wiederum ohne Begründung, sondern ebenfalls ausschließlich unter Hinweis auf die „überzeugende“ Argumentation von OLG Hamm, a. a. O.; Eberhard Schmidt-Aßmann: Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee. Grundlagen und Aufgaben der verwaltungsrechtlichen Systembildung, 2. Aufl., 2006, 3. Kap., Rdnr. 55 ff. 438 Bzw. für die frühere Rechtslage das Maschinenschutzgesetz vom 24.06.1968, BGBl. I S. 717 ff. 439 BGH NJW 1978, S. 2548 ff., 2548 f. zum Maschinenschutzgesetz; zum GSG vgl. etwa Peine, § 9, Rdnr. 21. 440 Vgl. BGH NJW 1978, S. 2548 ff., 2548 u. 2549 unter Hinweis auf den bloßen Vorbehalt behördlicher Aufsichtsmaßnahmen bei Nichterfüllung der an die Eigenverantwortung gestellten Anforderungen; OLG Hamm, NVwZ 1990, S. 1105 f., 1105. 441 Vgl. OLG Hamm, a. a. O., S. 1105. 442 Vgl. Peine, § 9, Rdnr. 21. 443 Vgl. OLG Hamm, a. a. O., S. 1105 f.

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Dem stehe schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass die zuständigen Behörden in der Regel auf die Sicherheitsprüfung eines technischen Arbeitsmittels verzichten sollten, wenn eine anerkannte Prüfstelle für das betreffende Gerät eine Prüfbescheinigung erteilt oder ein Prüfzeichen vergeben habe.444 Mit dieser Regelung445 sollten nur unnötige Doppelprüfungen vermieden werden.446 Zudem mache sich der Staat zwar insoweit die besondere Sachkunde der Prüfstelle auf ihrem Fachgebiet zu eigen. Damit werde die Prüfstelle aber nicht zum beliehenen Unternehmer. Sie werde auch – im Unterschied zur Tätigkeit eines Sachverständigen im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO – nicht derart eng in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit der zuständigen Behörde eingeschaltet, dass man ihre Prüftätigkeit der staatlichen Behörde zurechnen könne. Dies gelte umso mehr, als die zuständige Behörde keine allgemeine vorbeugende Kontrolle ausübe, sondern „vielfach“ nur auf einen Anstoß durch andere Behörden oder Stellen hin einschreite.447 Den zuständigen Behörden werde lediglich angeraten, auf die Sachkunde der Prüfstellen zu vertrauen und das von diesen Stellen gewonnene Prüfergebnis als „im Allgemeinen richtig zu betrachten“. Auch hierdurch würden „die Prüfstellen aber nicht so eng in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit der für die Gerätesicherheit zuständigen Behörden eingebunden, dass sie als sog. „beliehene Unternehmer“ angesehen werden müßten“. Zwischen Prüfstelle und Unternehmen bestehe also nur ein privatrechtlicher Vertrag.448 Für die Vergabe des CE-Kennzeichens gelte, so ein differenzierender Ansatz, in den Fällen, in denen die Einschaltung der benannten Stelle für die Befugnis, das CE-Kennzeichen anbringen zu dürfen, nicht zwingend vorgeschrieben sei, auch nichts anderes: Eine Beleihung sei nur anzunehmen, wenn eine private Stelle in den Verwaltungsvollzug in der Weise maßgeblich eingebunden sei, dass deren Arbeitsergebnisse, wie etwa bei der Tätigkeit der Sachverständigen nach § 29 StVZO, das Verwaltungsverfahren determinieren. Die Zertifizierung mit dem CE-Kennzeichen entfalte aber in der überwiegenden Zahl der Fälle keine solche determinierende Wirkung. Aus sich heraus entfalte die Zertifizierung durch eine benannte Stelle „keinerlei rechtliche Wirkung“, wie sich etwa daran zeige, dass Hersteller und Importeure in den meisten Fällen die Wahl hätten, ob sie eine benannte Stelle einschalten oder harmonisierte Normen anwenden. „Die benannten 444 445 446 447 448

BGH NJW 1978, S. 2548 ff., 2549. § 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum GSG. Vgl. OLG Hamm, a. a. O., S. 1106. BGH NJW 1978, S. 2548 ff., 2549. Vgl. OLG Hamm, a. a. O., S. 1106; Peine, § 9, Rdnr. 25.

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Stellen werden also nur optional nach freier Entschließung des Herstellers tätig“.449 Die Einschaltung einer benannten Stelle sei „nur eine alternative Voraussetzung für die Befugnis des Herstellers, sein Produkt mit dem CEZeichen versehen zu dürfen. Dies ergibt sich aus der Pflicht des Herstellers, in eigener Verantwortung das CE-Zeichen anzubringen“.450 Die Tätigkeit der benannten Stellen sei dann in diesen Fällen rein privatrechtlich und erfolge auf der Grundlage eines Vertrages mit dem Hersteller.451 Die zuständigen Behörden seien in diesen Fällen aufgrund der CE-Kennzeichnung nicht generell im Rahmen einer Präventivkontrolle tätig, sondern führten nur stichprobenartige Prüfungen aus. Im Rahmen dieser behördlichen Prüfungen entfalteten die vorangegangenen Feststellungen von benannten Stellen bzw. deren Sachverständigen, im Unterschied zu den Feststellungen der Sachverständigen gemäß § 29 StVZO, keine unmittelbaren Rechtsfolgen.452 Grundlegend hiervon zu unterscheiden seien dagegen die Fälle, in denen die Einschaltung einer benannten Stelle zwingend vorgeschrieben sei. Hier sei das Zertifikat der benannten Stelle eine positive Voraussetzung für das Inverkehrbringen des betreffenden Produktes.453 Damit sei die Parallele zu den – nach nahezu einhelliger Meinung durch beliehene Sachverständige erfolgenden – Prüfungen nach § 9 Abs. 3 DruckbehälterVO gegeben. Entsprechend seien dann in diesen Fällen auch die benannten Stellen nach dem GSG als Beliehene anzusehen.454 Demgegenüber sei der Umstand, dass der Hersteller und nicht etwa die benannte Stelle die CE-Kennzeichnung anbringe, nicht von Bedeutung.455 Entscheidend sei vielmehr, dass in den betreffenden Fällen der vorgeschriebenen Einschaltung der benannten Stelle 449

Vgl. Kurt-Christian Scheel: Privater Sachverstand im Verwaltungsvollzug des europäischen Rechts, 1999, S. 96 f. 450 Vgl. Scheel, 1999, S. 97. 451 Vgl. Scheel, 1999, S. 97; ebenso Röhl, S. 23 ff., 80 ff., 92 ff., der allerdings zugleich darauf hinweist, die Tätigkeit der benannten Stellen habe „trotz ihrer privatrechtlichen Einkleidung hoheitlichen Charakter“, vgl. Röhl, S. 26. 452 Vgl. Scheel, 1999, S. 97. 453 Vgl. Scheel, DVBl. 1999, S. 442 ff., 446; ähnlich Röhl, S. 29, FN 28, der auf Sonderfälle der Ausgestaltung von Zertifikaten als sog. transnationale Verwaltungsakte verweist, die aber jeweils spezialgesetzlich normiert seien. Als Beispiel hierfür wird die Zulassung bestimmter Baumuster genannt, vgl. Röhl, S. 61; ähnlich differenzierend z. B.: Andreas Voßkuhle: Strukturen und Bauformen neuer Verwaltungsverfahren, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf, S. 277 ff., 312 f.; Patrick Scholl: Der private Sachverständige im Verwaltungsrecht, 2005, S. 80 u. 248, der allerdings auf Fälle einer ausdrücklichen Beleihung der benannten Stellen, z. B. nach dem Gesetz über elektromagnetische Verträglichkeit – EMVG, abstellt. 454 Vgl. Scheel, 1999, S. 97; ähnlich: Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), S. 312 f. 455 Vgl. Scheel, DVBl. 1999, S. 442 ff., 446.

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diese hinsichtlich der Richtlinienkonformität des Produktes eine abschließende Beurteilung bzw. Entscheidung vornehme. Im Ergebnis werde also mit der Prüfpflicht nicht nur eine im öffentlichen Interesse liegende Handlungspflicht normiert, sondern die Wahrnehmung einer grundrechtlich geschützten Freiheit an die positive, auf die Anwendung einer Rechtsnorm gestützte Entscheidung der benannten Stelle geknüpft.456 Ferner sei diese Differenzierung des Status der benannten Stellen auch „unproblematisch“, weil die Akkreditierung jeweils differenziert für ein bestimmtes Modul einer bestimmten Richtlinie erfolge, so dass jeweils erkennbar sei, ob eine benannte Stelle auch für solche Module akkreditiert sei, die eine Beleihung voraussetzten.457 Aus den gleichen Gründen sei es auch kein Problem für die Annahme einer Beleihung in den betreffenden Fällen, dass die benannte Stelle im Auftrag des Herstellers auch privatwirtschaftlich tätig werden könne. Weil die Akkreditierung arbeitsgebietsspezifisch für bestimmte Produkte oder Produktgruppen ausgesprochen werde, sei jederzeit feststellbar, ob eine benannte Stelle als Beliehene auf der Basis einer gesetzlichen Pflicht des Herstellers oder rein privatrechtlich tätig werde.458 Als zentrales Argument gegen eine Beleihung benannter Stellen459 wird genannt, dass dies mit dem „europäischen Charakter der Benannten Stellen“ kollidieren würde. Weder das mit der Beleihung „einhergehende Rechtsregime“ noch die „Systemfolgen“ eigneten sich für die benannten Stellen.460 Denn mit einer Beleihung würden sich die Rechtsbeziehungen zwischen Hersteller und benannter Stelle nach deutschem öffentlichen Recht richten. Dieses „Rechtsregime“ sei aber für die internationale Tätigkeit der benannten Stellen „unbrauchbar“.461 Zur Begründung wird ausgeführt, gegen alle Handlungen einer benannten Stelle müsse dann vor deutschen Gerichten Rechtsschutz gesucht werden, auch wenn es sich um eine im Ausland erteilte Konformitätsbescheinigung für ein Produkt eines ausländischen Herstellers handele.462 Weitere Kompli456 Vgl. Scheel, DVBl. 1999, S. 442 ff., 447; vgl. auch Voßkuhle in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), S. 327, der auf die Zertifizierung der Produkte als zwingende Voraussetzung für den Marktzutritt in den betreffenden Fällen und die hierdurch bewirkte Eingriffsintensität in die Grundrechte der Betroffenen, also der Hersteller, verweist. 457 Vgl. Scheel, 1999, S. 97 f. 458 Vgl. Scheel, DVBl. 1999, S. 442 ff., 447. 459 außer für die Fälle, in denen eine Beleihung gesetzlich vorgeschrieben ist, vgl. hierzu Röhl, S. 29, FN 28. 460 Vgl. Röhl, S. 26. 461 Vgl. Röhl, S. 26.

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kationen könnten entstehen, wenn der andere Mitgliedstaat die Beziehung zwischen Hersteller und benannter Stelle als privatrechtlich qualifiziere und insofern seine Gerichte zur Entscheidung berufe. Ferner könne Handlungen ausländischer benannter Stellen in Deutschland mangels Beleihung und damit mangels Behördeneigenschaft keine öffentlich-rechtliche Qualität zuerkannt werden. Im Ergebnis seien dann identische Regelungstypen unterschiedlichen Rechtsregimen unterworfen.463 Wesentlich seien die europaweite Tätigkeit der benannten Stellen in Verbindung mit der europaweiten Regelungswirkung ihrer Zertifikate, die mit einer Unterwerfung unter nationales öffentliches Recht nicht vereinbar seien. Gerade die europaweite Tätigkeit aufgrund europäischer Regelungen bzw. Normen bedinge, dass die Frage der Rechtsbeziehungen zwischen Hersteller und benannter Stelle nicht aus „nationaler Perspektive“ beantwortet werden könne. Entscheidend sei die transnationale Geltung der Zertifikate benannter Stellen auf Grundlage europäischer Richtlinien.464 Bei den benannten Stellen handele es sich um die Schaffung einer „europäischen Zuständigkeitsordnung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber, es werden also . . . Verwaltungskompetenzen der Gemeinschaft den Mitgliedstaaten bzw. den Benannten Stellen zur Ausübung zugewiesen“.465 Die Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf die EG und ihre Ausübung durch die anderen Mitgliedstaaten sei im Binnenmarktprinzip vorgezeichnet, so dass auch deshalb ein einheitliches, gemeinschaftsweites Zulassungssystem sinnvoll sei.466 Da ein eigenständiges europäisches Recht insoweit nicht zur Verfügung stehe, bedürfe es daher der Einkleidung der Rechtsbeziehungen in allen Mitgliedstaaten zwischen Hersteller und benannter Stelle in „den vorhandenen Mantel des Privatvertragsrechts“.467 Die Gegenmeinung nimmt eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der zugelassenen Stellen an.468 Sie begründet die Annahme einer Beleihung der zugelassenen Stellen mit folgenden Argumenten: 462

Vgl. Röhl, S. 27. Vgl. Röhl, S. 27. 464 Vgl. Röhl, S. 32 f. u. 43. 465 Vgl. Röhl, S. 35, der zugleich, S. 36, auf die Maßstäbe für die Errichtung einer europäischen Verwaltungsstruktur hinweist. 466 Vgl. Röhl, S. 37. 467 Vgl. Röhl, S. 28. 468 Vgl. Streck, S. 160 f.; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 35, für die Technischen Überwachungsvereine TÜV e. V. als zugelassene Stellen, allerdings ohne Begründung, ob bzw. warum dies nur für die TÜV e. V. gelten soll sowie insgesamt ohne Begründung bzw. weitere Nachw.; BGH NJW-RR 1998, S. 1198 f. zur Verleihung des GS-Zeichens durch die „Staatliche Technische Überwachung Hessen“, S. 1198: Verwaltungsakt. 463

148 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

Nach § 9 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 4 Nr. 3 GSG sei die zugelassene Stelle berechtigt, Kontrollmaßnahmen zur Überwachung der Herstellung und rechtmäßigen Verwendung des GS-Zeichens vorzunehmen. Zwar fehle eine ausdrückliche Beleihung der zugelassenen Stellen im GSG. Folge der Zulassung sei aber, dass eine privatrechtliche Organisation zur Durchführung einer bestimmten Aufgabe durch eine Rechtsnorm im materiellen Sinne ermächtigt werde. Diese Aufgabe sei hoheitlich.469 Ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer hoheitlichen Tätigkeit sei die Grundrechtsrelevanz der betreffenden Aufgabe. Diese Grundrechtsrelevanz sei bei der Tätigkeit der zugelassenen Stellen gegeben. Denn durch die Entscheidung der zugelassenen Stelle werde maßgeblich über die Vermarktungsfähigkeit des Produktes entschieden. Durch eine Entscheidung der zugelassenen Stelle, mit der eine fehlende Richtlinienkonformität des Produktes festgestellt würde, würde zugleich das Produkt nicht wettbewerbsfähig gestellt. Mit dieser Entscheidung sei dann der Eingriff gegenüber dem Hersteller des Produktes verbunden, der hoheitlich sei – und zwar ungeachtet der Tatsache, dass ein Privater die Entscheidung treffe.470 Die – notwendige – gesetzliche Grundlage für eine Beleihung könne nur in der Zulassungsentscheidung durch die Akkreditierungsstelle liegen. Ob diese Regelung über die Zulassungsentscheidung bzw. die Zulassung der „Stelle“ den Anforderungen des institutionellen Gesetzesvorbehalts genüge, sei zwar durchaus zweifelhaft. Auch eine mangelnde gesetzliche Grundlage könne aber an der Rechtsnatur der Aufgabe nichts ändern.471 b) Eigene Auffassung Soweit die letztgenannte Auffassung in der Rechtsprechung vertreten wurde, ist sie nicht näher begründet worden. Abgestellt wurde allein darauf, die betreffende „Staatliche Überwachung Hessen“ habe die Vergabe des GS-Zeichens vorgenommen, so dass ein Verwaltungsakt vorliege.472 Dem Sachverhalt lassen sich keine näheren Aufschlüsse darüber entnehmen, ob im betreffenden Fall u. U. auch ein Prüfungsvertrag abgeschlossen wurde. Die betreffende Entscheidung beschäftigt sich zudem in erster Linie mit der Frage, ob die Bewerbung eines Produktes mit dem GS-Zeichen irreführend i. S. d. § 3 UWG a. F. war. Mit den Einzelheiten der Vergabe des GS-Zeichens durch die Prüfstelle und deren Voraussetzungen setzt sie sich nicht 469 470 471 472

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Streck, S. 160. Streck, S. 160. Streck, S. 160. BGH NJW-RR 1998, S. 1198 f., 1198.

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

149

auseinander. Gleiches gilt für die speziell zu diesen Fragen früher ergangene Entscheidung.473 Für die generelle Tätigkeit der zugelassenen Stellen nach § 11 GPSG lassen sich aus dieser Entscheidung also keine weiteren Erkenntnisse gewinnen. Die erwähnte Literaturauffassung474 verkennt offenbar die Unterscheidung zwischen den Fällen, in denen die Einschaltung einer benannten Stelle für die Vergabe der CE-Kennzeichnung zwingend vorgeschrieben ist und in denen Produkte ohne diese Kennzeichnung überhaupt nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen im Vergleich zu den Fällen, in denen es dem Hersteller überlassen ist, wie er die Voraussetzungen für die CE-Kennzeichnung ermittelt hat.475 So zutreffend die Argumentation hinsichtlich der Grundrechtsrelevanz der Eingriffe durch die zwingende Einschaltung von zugelassenen Stellen ist, so hätte doch dahingehend differenziert werden müssen, dass diese Einschaltung eben nur in ganz bestimmten Fällen vorgeschrieben ist. Ist sie nicht vorgeschrieben, kann der Hersteller frei entscheiden, wie er die Richtlinienkonformität sicherstellen will. Für die Vergabe der CE-Kennzeichnung gilt wie für die Zuerkennung des GS-Zeichens, dass die zuständigen Überwachungsbehörden, wie ausgeführt, zwar im Regelfall wegen der Vermutungswirkung, die beiden Zeichen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 u. 4 GPSG zukommt, auf eigene Nachprüfung verzichten, dies aber nicht müssen. Es ist ihnen unbenommen, im Wege der Stichprobe die Voraussetzungen für die Vergabe des Zeichens bzw. die Einhaltung der für das jeweilige Produkt einschlägigen Rechtsvorschriften zu überprüfen.476 Für sie besteht damit keine zwingende Bindung an die Feststellungen der benannten Stellen bzw. der GS-Stellen. Ihre Entscheidung wird dann in diesen Fällen auch durch die Zeichen-Vergabe nicht determiniert. Die Situation ist damit derjenigen bei Vorlage einer für gültig erklärten Umwelterklärung vergleichbar: Dort kann sich die Registerstelle im Regelfall auf die Feststellungen des Sachverständigen verlassen, muss dies aber, wie ausgeführt, nicht. Sie hat eine eigene, nicht durch die Einschaltung des zugelassenen Umweltgutachters eingeschränkte Prüfungskompetenz. Für die Marktüberwachungsbehörden gilt dies bei freiwilliger CE-Kennzeichnung und der in jedem Fall freiwilligen Kennzeichnung mit dem GS-Zeichen 473 Vgl. BGH NJW-RR 1998, S. 1198 f., mit keinem Wort wird dort auf die abweichende Ansicht eingegangen, die noch in der Entscheidung BGH NJW 1978, S. 2548 ff. vertreten wurde. 474 Streck, S. 160 f. 475 Streck, a. a. O., verweist ausdrücklich auf die von Scheel in DVBl. 1999, S. 442 ff., 445 f. vertretene Ansicht und macht sich diese zu eigen. Gleichwohl werden von ihr unterschiedslos unter Verweis auf die von Scheel vertretene Ansicht alle benannten Stellen als Beliehene angesehen. 476 Vgl. Geiß/Doll, § 8, Rdnr. 16.

150 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

ebenfalls: Sie gehen zwar grundsätzlich davon aus, dass die Voraussetzungen für diese Zeichen ordnungsgemäß geprüft und als vorliegend festgestellt wurden. Sie dürfen dies und die Einhaltung der einschlägigen rechtlichen Vorgaben für die Geräte- bzw. Produktsicherheit aber – zumal im Verdachtsfall einer rechtswidrigen Zeichenvergabe oder Zeichenverwendung – selbst prüfen und feststellen. Insbesondere für das freiwillige GS-Zeichen477 ist auch nicht ersichtlich, dass hier ein grundrechtsrelevanter Eingriff vorliegen würde. Die Marktteilnahme ist auch für Produkte ohne GS-Zeichen möglich. Die Vermarktungsfähigkeit ist zudem nicht an die Zuerkennung des GS-Zeichens gebunden. Dass Produkte, die das GS-Zeichen tragen, bessere Marktchancen haben, begründet noch keinen relevanten Eingriff. Dagegen ist die Situation bei der vorgeschriebenen Einschaltung einer zugelassenen Stelle und der gleichzeitigen Voraussetzung der Zuerkennung des CE-Kennzeichens für eine Marktteilnahme gänzlich anders: Hier besteht zwar noch die Freiheit der Auswahl, an welche zugelassene Stelle sich der Hersteller wenden möchte. Er muss aber eine solche Stelle einschalten und diese muss seinem Produkt das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anbringung der CE-Kennzeichnung bescheinigen, damit er seine Produkte überhaupt auf den Markt bringen darf. Hier findet dann eine gesetzlich vorgeschriebene Vorabprüfung bzw. Präventivkontrolle der Geräte- bzw. Produktsicherheit statt. Dies spricht dafür, die benannten Stellen für diese Prüfungen als Beliehene anzusehen. Der Gesetzgeber hat hier die präventive Überprüfung der Sicherheit der betreffenden Geräte und Produkte aus Gründen der Gefahrenabwehr vorgeschrieben und sie eben nicht der bloßen Eigenverantwortung der Hersteller überlassen. Die Sicherstellung der Geräte- und Produktsicherheit ist damit in diesen Fällen keine Privataufgabe mehr,478 sondern eine öffentliche Aufgabe, deren Erfüllung der Staat den hierfür zugelassenen bzw. benannten Stellen – neben den Marktüberwachungsbehörden – übertragen hat. Die benannten Stellen sind dann mit ihren Prüfungen und Entscheidungen zwingend und eng in die staatliche Überwachung der Geräte- und Produktsicherheit eingebun477 Vgl. etwa Geiß/Doll, § 7, Rdnr. 24: „. . . dass der Hersteller nicht gezwungen ist, das GS-Zeichen zu verwenden. Es handelt sich hier . . . um ein „Verwender- oder Verbraucherzeichen“ mit freiwilligen Prüfungen durch eine unabhängige, zugelassene Prüfstelle. Entschließt sich jedoch der Hersteller zur Vergabe des GS-Zeichens, hat er sich den Verpflichtungen des § 7 (GPSG) bedingungslos zu unterwerfen“. 478 In diesen Fällen kann also gerade nicht mehr gegen eine Beleihung mit dem Argument operiert werden, die Produktsicherheit sei nicht nur substantiell und haftungsrechtlich die Verantwortung der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern sei auch kompetentiell dort belassen worden. So aber z. B. Schmidt-Aßmann, 3. Kap., Rdnr. 57.

IV. Durchführung von Prüfverfahren nach GPSG

151

den. Ihre Entscheidungen determinieren die grundrechtsrelevante Frage, ob mit den betreffenden Geräten oder Produkten überhaupt eine Marktteilnahme möglich ist.479 Die Argumente betreffend die europaweite Tätigkeit der benannten Stellen aufgrund europäischer Richtlinien, die gegen eine Beleihung angeführt werden, überzeugen nur teilweise. Nicht vollständig überzeugend ist der Hinweis auf eine Aufsplitterung des Rechtsschutzes in den verschiedenen Mitgliedstaaten bei einer Beleihung. Eine Einheitlichkeit des Systems und des Rechtsschutzes sind zwar sicher wünschenswert und vorzugswürdig. Übersehen wird dabei aber, dass eine rein privatrechtliche Tätigkeit der benannten Stellen noch nicht zu einer einheitlichen Rechtsanwendung führt. Zwar nähern sich auch die europäischen Privatrechtsordnungen an. Im Einzelnen bestehen aber zwischen den Privatrechtsordnungen der Mitgliedstaaten der EU doch noch erhebliche Unterschiede. Ein einheitliches „Privatrechtsregime“ bzw. eine einheitliche Privatrechtsordnung gibt es insoweit nicht. Richtig ist allerdings, dass ein einheitlicher Rechtsmaßstab bei einer europaweiten Tätigkeit von Zertifizierungsstellen auf der Grundlage europäischer Normen bzw. Richtlinien vorzugswürdig ist und die Rechtsanwendung zwar nicht einfach macht, aber doch zumindest einfacher machen dürfte. Bei europaweiter Anwendung der gleichen Richtlinien und einer europaweiten Geltung der Zertifikate sollte zumindest insoweit Klarheit bestehen, dass europaweit auch ausschließlich die Zivilgerichte zuständig sind. Somit spricht die europaweite „Kompatibilität“ der Tätigkeit der benannten Stellen und ihrer Entscheidungen für die einheitliche Anwendung des jeweiligen nationalen Privatrechts in den Mitgliedstaaten. c) Ergebnis Damit ist in erheblichen Teilen der Begründung und zumindest im Ergebnis dem differenzierenden Begründungsansatz innerhalb der h. M., wie er von Scheel vertreten wird,480 zu folgen und sind die benannten Stellen als Beliehene anzusehen, sofern ihre Einschaltung zwingend vorgeschrieben ist und die betreffenden Produkte also nur nach vorheriger erfolgreicher Prüfung durch eine benannte Stelle mit CE-Kennzeichnung in den Verkehr gebracht werden dürfen.

479

Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), S. 327. Vgl. Scheel, DVBl. 1999, S. 442 ff., 445 ff.; ders., 1999, S. 96 f.; ähnlich, wie ausgeführt, auch Röhl. 480

152 Teil 2: Verfahren aus dem Umwelt- und Technikrecht als Vergleichsmaßstab

V. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und der gemeinsamen Strukturen betreffend die untersuchten Vergleichsverfahren aus den Gebieten des Umwelt- und Technikrechts Die Untersuchung der Anerkennungs- und Zulassungsverfahren aus der StVZO i. V. m. dem KfSachvG, dem SigG, dem UAG iVM der EMAS-VO sowie nach dem GPSG hat zu folgenden Ergebnissen geführt: 1. Die Anerkennungsverfahren, mit denen die Prüf-, Überwachungs- und Kontrollaufgaben auf die jeweiligen Sachverständigen bzw. sachverständigen Institutionen übertragen werden, sind stets öffentlich-rechtlich. Die Anerkennung erfolgt jeweils durch Verwaltungsakt und kann auch von einer speziell hierfür beliehenen Stelle vorgenommen werden (Beispiel: DAU GmbH im Bereich des Umwelt-Audit-Verfahrens). 2. Die rechtliche Stellung als Beliehener schließt für die Sachverständigen bzw. für die sachverständigen Institutionen den gleichzeitigen Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit den „Antragstellern“ bzw. Auftraggebern nicht aus (Beispiele: Hauptuntersuchung und Abgasuntersuchung von Kraftfahrzeugen nach §§ 29, 47 a StVZO durch anerkannte Überwachungsorganisationen und – nur für die Abgasuntersuchung – anerkannte Kraftfahrzeugwerkstätten; Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach §§ 15 Abs. 2, 18 SigG; Tätigkeit benannter Stellen nach dem GPSG, soweit ihre Prüfung für das Inverkehrbringen der Produkte den Herstellern zwingend vorgeschrieben ist). Gegenstand der privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen dem Sachverständigen und dem „Antragsteller“ bzw. Auftraggeber ist nicht die hoheitliche Tätigkeit bzw. die Erteilung des Verwaltungsaktes, sondern lediglich die reine Prüf- und Untersuchungstätigkeit im Vorfeld der hoheitlichen Entscheidung. 3. Zwar dürfen Gebühren ausschließlich für eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Sachverständigen bzw. für die Erteilung eines Verwaltungsaktes durch beliehene Sachverständige erhoben werden – und dies auch nur bei entsprechender gesetzlicher Ermächtigung. Für die reine Prüftätigkeit, also nicht für den Bereich der öffentlich-rechtlichen bzw. hoheitlichen Tätigkeit, der Sachverständigen können allerdings auch privatrechtlich in den jeweiligen Verträgen Honorare vereinbart werden (Beispiel: privatrechtliche Entgelte für Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen nach § 29 StVZO und die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO).

V. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

153

4. Entscheidende Abgrenzungskriterien für die Frage, ob die Zulassungsverfahren durch die Sachverständigen bzw. die sachverständigen Institutionen als Beliehene öffentlich-rechtlich oder rein privatrechtlich durchgeführt werden, sind folgende: – Liegt eine selbständige, abschließende Entscheidung des Sachverständigen bzw. der sachverständigen Institution mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen gegenüber dem „Antragsteller“ vor? – Ist die Verwaltungsbehörde an diese Feststellungen, an das Gutachten oder an das Votum des Sachverständigen gebunden und determiniert es die Zulassungsentscheidung der Behörde umfassend oder ersetzt es sie gar? Treffen diese Punkte für den Sachverständigen bzw. die sachverständige Institution zu, liegt (zumindest auch) öffentlich-rechtliches Handeln als Beliehene(r) vor. – Oder bereiten die Tätigkeit und das Votum bzw. das Arbeitsergebnis des Sachverständigen eine sodann erfolgende, abschließende Entscheidung einer Behörde lediglich vor, binden diese aber nicht (Beispiel: Gültigerklärung der Umwelterklärung durch Umweltgutachter)? Dann handelt der Sachverständige ausschließlich privatrechtlich. 5. Auch wenn die Tätigkeit des Sachverständigen bzw. Gutachters, wie im Fall des zugelassenen Umweltgutachters, ausschließlich privatrechtlich erfolgt, unterliegt er einer umfassenden staatlichen Aufsicht durch die Anerkennungsbehörde. Die Überwachung erfolgt fortlaufend im Sinne einer begleitenden Kontrolle. Insbesondere kann (und muss) die Aufsichtsbehörde jederzeit direkt gegenüber dem Gutachter mit Aufsichtsmaßnahmen eingreifen, wenn sie Anhaltspunkte für eine mangelhafte Aufgabenwahrnehmung durch den Gutachter hat.

Teil 3

Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen nach der AZWV I. Grundlagen der Förderung von Arbeitnehmern durch Übernahme von Weiterbildungskosten Der zweite Abschnitt der AZWV trägt die Überschrift „Zertifizierungsverfahren“. Die §§ 7–14 AZWV regeln entsprechend das Verfahren der Zulassung von Trägern und von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung i. S. d. §§ 84 f. SGB III. Nur zugelassene Maßnahmen zugelassener Träger eröffnen den Arbeitnehmern die Möglichkeit, dass ihre berufliche Weiterbildung durch die Übernahme der Weiterbildungskosten1 gefördert wird. Die Zulassung des Trägers und der Maßnahme ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zwingende Voraussetzung für die Übernahme der Weiterbildungskosten. Der Arbeitnehmer, der die persönlichen Förderungsvoraussetzungen des § 77 Abs. 1 u. 2 SGB III erfüllt, erhält gemäß § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB III einen sog. Bildungsgutschein.2 Der Bildungsgutschein ist eine Bescheinigung über die Feststellung der persönlichen Förderungsvoraussetzungen. Er kann gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 SGB III zeitlich befristet und regional sowie auf bestimmte Bildungsziele beschränkt werden. Da die Förderung durch Übernahme der Weiterbildungskosten im Ermessen der BA steht,3 enthält der Bildungsgutschein zugleich die Ermessensentscheidung der BA, dass dem Grunde nach eine Förderung durch Über1

Vgl. zum Begriff der Weiterbildungskosten §§ 79–83 SGB III. Vgl. zur Kritik am Bildungsgutschein-Modell: Christine Fuchsloch: Die Umsetzung der Hartz-Vorschläge und die Neuordnung der beruflichen Weiterbildung durch Bildungsgutscheine, RdJB 2003, S. 68 ff., 77 ff.; Karl-Jürgen Bieback: Umbau der Arbeitsförderung nach den Vorschlägen der Hartz-Kommission – Analyse und Würdigung der Reformen, SDSRV 52 (2003), S. 59 ff., 68 f. u. insbes. 76 ff. 3 Vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III: „kann“; B. Schmidt in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), § 77, Rdnr. 54 f. 2

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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nahme von Weiterbildungskosten erfolgt.4 Der Bildungsgutschein ist ein Verwaltungsakt.5 Mit dem Bildungsgutschein kann sich der Arbeitnehmer aus dem Angebot zugelassener Maßnahmen zugelassener Träger und unter Beachtung der inhaltlichen Beschränkungen des Bildungsgutscheins den Träger und die konkrete Weiterbildungsmaßnahme frei aussuchen. Mit dieser Regelung sollen die Entscheidungs- und Wahlrechte der Arbeitnehmer gestärkt werden.6 Hat der Arbeitnehmer seine Wahl getroffen, muss er den Bildungsgutschein dem Träger aushändigen, da dieser gemäß § 77 Abs. 3 Satz 3 SGB III den Bildungsgutschein der zuständigen AA vor Beginn der Maßnahme vorzulegen hat. Leistungen können dann gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB III unmittelbar an den Träger der Maßnahme ausgezahlt werden, soweit dort unmittelbar Kosten entstehen, insbesondere also die Lehrgangskosten i. S. d. § 80 SGB III. Soweit keine unmittelbare Auszahlung an den Träger der Maßnahme erfolgt, werden Weiterbildungs- und Teilnahmekosten gemäß § 337 Abs. 3 Satz 3 SGB III monatlich im Voraus an den Arbeitnehmer ausgezahlt.7 Für die Zulassung von Trägern und Maßnahmen verweist der Gesetzgeber in §§ 84, 85 SGB III jeweils auf die Feststellungen fachkundiger Stellen. Fachkundige Stellen sind gemäß § 1 AZWV von der Anerkennungsstelle nach den §§ 2 f. AZWV anerkannte Zertifizierungsstellen.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV Die §§ 2–6 AZWV enthalten die Regelungen über das Anerkennungsverfahren für die fachkundigen Stellen bzw. Zertifizierungsstellen. Bevor das Anerkennungsverfahren und die Anerkennungsvoraussetzungen nachfolgend dargestellt8 und geprüft werden, sind zunächst grundlegende verfassungsrechtliche Einwände zu untersuchen, die gegen die Regelungen der §§ 2–6 AZWV und gegen § 87 SGB III, soweit das Anerkennungsverfahren und die Anerkennungsvoraussetzungen betroffen sind, vorgebracht werden. 4

Vgl. nur Stratmann in: Niesel (Hrsg.), § 77, Rdnr. 32; GK-SGB III/Lampe, § 77, Rdnr. 59: Grundlagenbescheid; Jürgen Olk in: Wissing/Mutschler/Bartz/ Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 77, Rdnr. 38. 5 Vgl. Stratmann in: Niesel (Hrsg.), § 77, Rdnr. 32; Olk, a. a. O., § 77, Rdnr. 38: Zusicherung i. S. d. § 34 SGB X dar“. 6 Vgl. Olk, a. a. O., § 77, Rdnr. 13 u. 39. 7 Vgl. Stratmann in: Niesel (Hrsg.), § 79, Rdnr. 7. 8 Vgl. allgemein zum Ablauf des Anerkennungsverfahrens unten Punkt 4. und zu den Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen Punkt 6.

156

Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

1. Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 87 SGB III bzw. der §§ 2–6 AZWV über das Anerkennungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG? a) Argumente für die Verfassungswidrigkeit In der Literatur wird die Ansicht vertreten, die Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III verstoße im Hinblick auf das Anerkennungsverfahren gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt sein müssen. Dem werde die Bestimmung des § 87 SGB III nicht gerecht, so dass die §§ 2–6 AZWV insgesamt verfassungswidrig bzw. unwirksam seien.9 Zwar müsse das normierte „Programm“ in der Ermächtigungsnorm nicht ausdrücklich geregelt sein und reiche es aus, wenn dieses durch Auslegung anhand des Gesamtkonzeptes der gesetzlichen Regelung zumindest ermittelbar sei.10 Diese Anforderungen seien aber bezüglich des Anerkennungsverfahrens in den §§ 84–87 SGB III nicht erfüllt. Der Gesetzestext enthalte keinerlei Vorgaben bzw. nicht einmal Hinweise auf die Voraussetzungen eines solchen Verfahrens, das durch externe, also gerade nicht der Verwaltung angehörende Stellen erfolgen solle. Da ein solches Anerkennungsverfahren im Arbeitsförderungsrecht vollkommen neu sei, existierten insoweit auch keine rechtlichen Vorbilder, auf die für die Auslegung zurückgegriffen werden könne.11 Insgesamt enthielten die §§ 84–87 SGB III „eine unzulässige Blankobzw. Pauschalermächtigung ohne irgendwelche Leitlinien und Orientierungspunkte. . . . Der zu akzeptierende Grad der Bestimmtheit ist jedoch spätestens dadurch unterschritten, dass die §§ 84–87 SGB III nicht einmal die für die Anerkennung zuständige Stelle normieren, deren Bezeichnung also ins Belieben des VO-Gebers stellen“.12 Aufgrund der Unwirksamkeit der §§ 2–6 AZWV seien auch die erfolgten Anerkennungen rechtswidrig. Dies berühre allerdings nicht die Rechtmäßigkeit der von „anerkannten“ Zertifizierungsstellen vorgenommenen Zertifizierungen. Diese blieben rechtmäßig, solange die Anerkennung nicht zurückgenommen sei. Für die Rücknahme der Anerkennung sei § 45 SGB X einschlägig.13 Nur die Anerken9 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), Vor §§ 84–87, Rdnr. 13 u. 21 sowie § 87, Rdnr. 20 ff. 10 Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 20 m. w. Nachw. 11 Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 20. 12 Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 20.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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nung einer Zertifizierungsstelle durch die BA sei damit rechtmäßig, so dass entgegen der Regelung des § 14 AZWV auch Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland ihre Tätigkeit nicht bloß anzeigen müssten, sondern der Anerkennung durch die BA bedürften.14 Im Gegensatz zur Bestimmung des § 12 AZWV müsse die Zertifizierung von Trägern und Maßnahmen – wegen der Rechtswidrigkeit der bisherigen Anerkennungen – weiterhin regelmäßig, also nicht nur im Ausnahmefall, auch durch die BA selbst vorgenommen werden.15 Gebühren könne die BA für ihre Zertifizierungstätigkeit mangels entsprechender Regelung nicht erheben.16 b) Das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und seine Voraussetzungen Die soeben dargestellte Literaturmeinung hätte, träfe sie zu, wie ausgeführt, weitreichende Folgen für die Durchführung von Anerkennungsund Zertifizierungsverfahren. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hätte die Nichtigkeit der Ermächtigungsgrundlage und die Nichtigkeit der auf dieser Norm beruhenden Rechtsverordnung zur Folge.17 Daher ist zu prüfen, ob die verfassungsrechtliche Kritik an der Verordnungsermächtigung durchgreift. Hierzu ist zunächst der Maßstab des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu erläutern. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist eine spezielle Regelung bzw. Ausprägung des allgemeinen, rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebotes18 sowie des Demokratieprinzips,19 insbesondere des Gewal13

Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 21. Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 21. 15 Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 21. 16 Vgl. Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 24. 17 Vgl. statt vieler: Manfred Lepa: Verfassungsrechtliche Probleme der Rechtsetzung durch Rechtsverordnung, AöR 105 (1980), S. 337 ff., 342. 18 Vgl. nur Jörg Lücke in Michael Sachs (Hrsg.): Grundgesetz – Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 80, Rdnr. 21; Hans Spanner: Grenzen des Rechts zum Erlass von Verordnungen und Satzungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BayVBl. 1986, S. 225 ff., 225 u. 228; Gerhard Leibholz/Hans-Justus Rinck/Dieter Hesselberger/Axel Burghart: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Kommentar, Stand Nov. 2005, Art. 80, Rdnr. 136; Hartmut Bauer in: Horst Dreier (Hrsg.): Grundgesetz – Kommentar, Bd. II, 1998, Art. 80, Rdnr. 27. 19 Vgl. nur Bauer in: Dreier (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 27; Fritz Ossenbühl in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 1988, § 64, Rdnr. 17: „Im Vordergrund steht . . . nicht der Rechtsschutz des Bürgers, sondern die Bewahrung der politischen Verantwortung des Parlamentes, nicht die Sicherung des Rechtsstaatsprinzips, sondern die Funktionsfähigkeit des Demokratiegebotes“. 14

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

tenteilungsgrundsatzes.20 Ferner dient das Bestimmtheitsgebot dem bürgerbezogenen Grundsatz der Rechtssicherheit im Sinne einer Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Handelns.21 Wegen der Gefahren für die Bürger, aber auch für den parlamentarischen Gesetzgeber, die sich aus der Ermächtigung der Exekutive zum Erlass von Rechtsverordnungen und ihrem damit verbundenen Kompetenzzuwachs ergeben, enthält Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG einen „dreifachen Delegationsfilter“ (Inhalt, Zweck, Ausmaß).22 Diesem Delegationsfilter ist aber bereits ein anderer „Filter“ vorgeschaltet: Der sog. „Parlamentsvorbehalt“ für „wesentliche“ Entscheidungen als besondere Ausprägungen des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes. Danach hat der parlamentarische Gesetzgeber bei wesentlichen Entscheidungen diese selbst, also durch Gesetz, zu treffen und darf sie nicht der Verwaltung überlassen.23 Nur wenn der allgemeine „Parlamentsvorbehalt“ nicht trägt, ist Raum für eine Anwendung des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.24 Weitgehende Einigkeit herrscht in Literatur und Rechtsprechung darüber, dass sich aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG keine allgemeinen Regelungen dazu gewinnen lassen, wann genau eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung (noch hinreichend) bestimmt ist. Es müsse „von Fall zu Fall“ entschieden werden.25 Ferner besteht Einigkeit darüber, dass durch die Vorgabe, das Ausmaß der erteilten Ermächtigung zu bestimmen, zumindest „maßlose“, also sog. Global- u. Pauschalermächtigungen, untersagt 20 Vgl. Siegfried Magiera: Allgemeine Regelungsgewalt („Rechtsetzung“) zwischen Parlament und Regierung, Der Staat 13 (1974), S. 1 ff., 22. 21 Vgl. Christoph Degenhart: Staatsrecht I – Staatsorganisationsrecht, 19. Aufl., 2003, Rdnr. 274. 22 Vgl. Lücke in Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 22. 23 Vgl. hierzu etwa: Peter Axer: Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S. 332 ff.; Ingo von Münch: Staatsrecht I, 6. Aufl., 2000, Rdnr. 856; Michael Brenner in: Christian Starck (Hrsg.): Das Bonner Grundgesetz – Kommentar, Bd. 3, 2001, Art. 80, Rdnr. 29. 24 Vgl. nur Georg Nolte: Ermächtigung der Exekutive zur Rechtsetzung, AöR 118 (1993). S. 378 ff., 400 f.; Lücke in Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 20 f.; Wolfram Cremer: Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG und Parlamentsvorbehalt – Dogmatische Unstimmigkeiten in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 122 (1997), S. 248 ff., 263; von Münch, Rdnr. 856; Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 136; vgl. insbes. auch: Bernhard Busch: Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, 1992, S. 113 ff. 25 Vgl. Horst Hasskarl: Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, AöR 94 (1969), S. 85 ff., 99; Brun-Otto Bryde in: Ingo von Münch/Philip Kunig (Hrsg.): Grundgesetz-Kommentar, Bd. 2, 5. Aufl., 2001, Art. 80, Rdnr. 21 u. 23; von Münch, Rdnr. 858; Lepa, S. 342; Alfred Katz: Staatsrecht, 16. Aufl., 2005, Rdnr. 446; Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 146.

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sind.26 Das Parlament soll daran gehindert werden, sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft zu entäußern.27 Für die Anwendung des Bestimmtheitsgebotes sind dessen Anforderungen in verschiedenen „Formeln“ zusammengefasst worden:28 Nach der sog. „Selbstentscheidungsformel“ muss der Gesetzgeber selbst die Entscheidung treffen, welche Fragen durch die Verordnung geregelt werden sollen, also deren Inhalt bestimmen. Des Weiteren muss der Gesetzgeber die Grenzen einer solchen Regelung bestimmen, also das Ausmaß der Regelungsbefugnis festsetzen. Schließlich muss der Gesetzgeber auch angeben, welchem Zweck bzw. Ziel die gesetzliche Regelung dienen soll.29 „Inhalt“ bezeichnet hier den „thematischen Bereich, der mittels Rechtsverordnung normiert werden kann“. Der Gesetzgeber muss insoweit den „Lebenssachverhalt bezeichnen, den die Exekutive in der Rechtsverordnung regeln kann“.30 Nach der sog. Vorhersehbarkeitsformel ist eine Ermächtigungsgrundlage dann noch hinreichend bestimmt, wenn vorausgesehen werden kann, „in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung zu erlassenden VOen haben können. Die Ermächtigung muss so genau bestimmt sein, dass schon aus ihr und nicht erst aus der auf sie gestützten VO erkennbar und vorhersehbar sein muss, was vom Bürger gefordert werden kann“.31 26 Vgl. Lücke in Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 23; Thomas von Danwitz: Rechtsverordnungen, JURA 2002, S. 93 ff., 98; Brenner in: Starck (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 38. 27 Vgl. BVerfGE 78, S. 249 ff., 272; Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 137; von Danwitz, S. 98; vgl. auch Busch, S. 128. 28 Vgl. hierzu Hasskarl, S. 85 ff.; Spanner, S. 225 ff., Lücke in: Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 25; Cremer, S. 255 ff.; Bodo Pieroth in: Hans D. Jarass/Pieroth: Grundgesetz – Kommentar, 8. Aufl., 2006, Art. 80, Rdnr. 11; Brenner in: Starck (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 33. 29 Vgl. Hasskarl, S. 101; BVerfGE 23, S. 62 ff., 72; 2, S. 307 ff., 334; Brun-Otto Bryde in: von Münch/Kunig (Hrsg.): Grundgesetz – Kommentar, Bd. 3, 5. Aufl., 2003, Art. 80, Rdnr. 20; von Danwitz, S. 98; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 80, Rdnr. 11; Bauer in: Dreier (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 29. 30 Vgl. Axer, S. 368 f. 31 Vgl. Hasskarl, S. 100 f.; BVerfGE 101, S. 1 ff., 31 ff.; 78, S. 249 ff., 272 ff.; 68, S. 319 ff., 332 f.; 58, S. 257 ff., 277; 20, S. 257 ff., 269; 7, S. 282 ff., 302 f.; von Danwitz, S. 98; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 80, Rdnr. 11; Leibholz/Rinck/ Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 181; Theodor Maunz in: Maunz/Günter Dürig/Roman Herzog/Rupert Scholz/Matthias Herdegen/Hans H. Klein (Hrsg.): Grundgesetz – Kommentar, Stand August 2005, Art. 80, Rdnr. 28; Bauer in: Dreier (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 29.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Schließlich muss nach der sog. Programmformel die gesetzliche Ermächtigung selbst „ein Minimum an materieller Regelung enthalten, die dem VO-Geber als Programm und als Rahmen dienen soll und kann. Dem VOGeber darf nur ein berechenbarer Spielraum an Rechtsetzungsbefugnissen belassen werden“.32 Das „Programm“ des Gesetzgebers gründet wiederum auf dem von ihm verfolgten Zweck bzw. Ziel. Folglich hat der Gesetzgeber „das Ziel zu bezeichnen, das vom Ermächtigungsadressaten bei der Normierung zu verfolgen ist“.33 Die Auffassungen in der Literatur und der Rechtsprechung stimmen darin überein, dass das Bestimmtheitsgebot in Relation zur Grundrechtsrelevanz der Regelung zu sehen ist: Je schwerwiegender die Grundrechtseingriffe seien, desto höhere Anforderungen seien an die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage zu stellen.34 Entsprechend wird auch danach differenziert, ob und in wieweit die betreffende Regelung für die Betroffenen zu Belastungen führe. Ferner sei „nach der Art und der Intensität des Verhaltens“ zu differenzieren, „zu dem die Verwaltung ermächtigt wird“.35 So seien etwa bei bloßen Disziplinarmaßnahmen im Schulrecht geringere Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage zu stellen als im Bereich des Strafrechts.36 Zunächst war, insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, gefordert worden, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung müssten im Gesetz „grundsätzlich ausdrücklich, jedenfalls aber mit einwandfreier Deutlichkeit“ angegeben werden.37 Diese strikten Anforderungen hat das Bundesverfassungsgericht allerdings aufgegeben. Nach nahezu einhelliger Auffassung38 und auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundessozialgerichts ist es vielmehr ausreichend, wenn Inhalt, Zweck und Ausmaß bzw. das vom Gesetzgeber intendierte „Programm“ im Wege der Auslegung aus dem Zweck der Ermäch32 Vgl. Hasskarl, S. 101; BVerfGE 20, S. 257 ff., 270; von Danwitz, S. 98; von Münch, Rdnr. 858; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 80, Rdnr. 11; Bauer in: Dreier (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 29. 33 Vgl. Axer, S. 369. 34 Vgl. BVerfGE 62, S. 203 ff., 210; 58, S. 257 ff., 277 f.; Bauer in: Dreier (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 32; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 80, Rdnr. 12; Degenhart, Rdnr. 280; Lücke in: Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 27; von Münch, Rdnr. 858; Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 150. 35 Vgl. BVerfGE 48, S. 210 ff., 222; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 80, Rdnr. 12. 36 Vgl. BVerfGE 51, S. 60 ff., 70 f.; 14, S. 174 ff., 185 f.; Lepa, S. 344 f.; Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 151. 37 Vgl. nur BVerfGE 5, S. 71 ff., 77; 4, S. 7 ff., 21; 2, S. 307 ff., 335. 38 Vgl. etwa: Lücke in Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 28; Degenhart, Rdnr. 278; von Münch, Rdnr. 858; Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 180 f.; Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz/Herdegen/Klein (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 31.

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tigung, der Entstehungsgeschichte der Norm, aus dem vom Gesetzgeber mit dem gesamten Gesetz verfolgten Ziel oder auch aus dem Zusammenhang der Ermächtigungsregelung mit anderen Gesetzen ermittelt werden können.39 Für die vorzunehmende Auslegung der Ermächtigungsnorm ist nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht vor allem auf den Zweck der Ermächtigung abzustellen, da Inhalt und Ausmaß gut zu erschließen seien, wenn der Zweck bestimmt sei.40 Allerdings folgt daraus, „dass Schwächen in der Konkretisierung des Zwecks am wenigsten hinnehmbar sind“.41 In der Literatur ist vereinzelt Kritik daran geübt worden, dass sich Argumente für die Bestimmtheit einer Verordnungsermächtigung nicht nur aus dem Gesetz ergeben könnten, dessen Bestandteil die Ermächtigungsnorm ist, sondern dass auch auf andere Gesetze zurückgegriffen werden könne. Hierzu wird ausgeführt, diese Auslegungspraxis vertrage „sich schlecht mit der beliebten Sentenz, dass der Bürger schon aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung den möglichen Verordnungsinhalt voraussehen können müsse. Wie soll der Bürger in die normative Zukunft schauen können, wenn Voraussetzung einer Prognose die Kenntnis der gesamten Rechtsordnung ist?“.42 Zu bedenken ist aber, dass auch der Bürger nicht den gesamten möglichen Inhalt einer Rechtsverordnung im Detail voraussehen können muss. Sonst wäre eine so genaue, detaillierte Ermächtigungsgrundlage notwendig, dass die Rechtsverordnung kaum noch weitergehende, konkretisierende Regelungen enthalten könnte und insgesamt der Erlass einer Rechtsverordnung obsolet würde.43 Demnach muss es „ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht möglich sein, dass das zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigende Gesetz keine vollständige sachliche Entscheidung trifft, da die Rechtsverordnung als Regelungsinstrument typischerweise dort zur Anwendung kommt, wo das jeweilige delegierende Gesetz gerade darauf angelegt ist, 39

Vgl. BVerfGE 101, S. 1 ff., 31 ff.; 68, S. 319 ff., 332 f.; 33, S. 358 ff., 364 ff.; BSG SozR 4-4220, § 3 Nr. 1, S. 4 f., Rdnr. 11; BSGE 91, Nr. 15, S. 95 ff., 98, Rdnr. 17. 40 Vgl. Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 80, Rdnr. 12; Lepa, S. 345 f. 41 Vgl. Lepa, S. 345. 42 Vgl. Dieter Wilke: Bundesverfassungsgericht und Rechtsverordnungen, AöR 98 (1973), S. 196 ff., 230, der zugleich darauf verweist, es sei bedenklich, „das ganze Gesetz, dem sie (die Rechtsverordnung) angehört, als interpretatorische Fundgrube zur Rettung der Bestimmtheit zu verwenden; unzulässig ist es jedenfalls, den Rahmen des Gesetzes zu überschreiten und auf diese Weise das – dem Gesetzgeber lästige und vielleicht nicht mehr zeitgemäße – Gebot des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zu mildern“. 43 Ebenso: Lepa, S. 343.

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ausfüllungsfähig und ausfüllungsbedürftig zu sein“.44 Ferner würde eine „restriktive Handhabung des Bestimmtheitsgebotes . . . überdies die Vorteile der Verordnungsgebung neutralisieren und dem Entlastungsinteresse des Bundestages entgegenwirken. Mehr Bestimmtheit bedeutet mehr Vorausschau und mehr Festlegungen des parlamentarischen Gesetzgebers“.45 Schließlich fordert das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht die größtmögliche, sondern nur hinreichende Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm, gerade weil durch die Übertragung der Regelungsbefugnis auf die Exekutive die gesetzliche Regelung selbst entlastet und die Regelung von Detailfragen der sachnäheren Verwaltung überlassen werden soll.46 Es steht der Gültigkeit einer Ermächtigung folglich nicht entgegen, dass etwa eine präzisere Umschreibung des Zwecks möglich gewesen wäre.47 Es genügt daher, wenn „der Bürger“ allgemein erkennen kann, was mit der betreffenden Rechtsverordnung geregelt werden soll und – je nach Gegenstand der Regelung – auch mehr oder weniger genau, welches „Programm“ der Verordnungsgeber dabei zu befolgen hat. c) Hinreichende Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III? Anhand des soeben dargestellten Maßstabes ist nun zu prüfen, ob die Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III tatsächlich, wie in der Literatur angenommen, im Hinblick auf das Anerkennungsverfahren nicht hinreichend bestimmt ist. Hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens enthält § 87 SGB III lediglich die Vorgabe, in der betreffenden Rechtsverordnung seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als fachkundige Stelle festzulegen, die Erhebung von Gebühren für die Anerkennung vorzusehen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze zu bestimmen und das Verfahren für die Anerkennung als fachkundige Stelle zu regeln. Weiteres lässt sich zwar nicht dem Wortlaut des Gesetzes, aber der Begründung entnehmen: Für die fachkundigen Stellen wird ausgeführt, deren Fachkunde müsse „durch eine Akkreditierungsstelle auf Bundesebene festgestellt“ werden.48 44

Vgl. Busch, S. 133. Vgl. Ossenbühl in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 64, Rdnr. 19. 46 Vgl. BVerfGE 101, S. 1 ff., 31; 58, S. 257 ff., 277 f.; Degenhart, Rdnr. 281; Lücke in: Sachs (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 26; Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz/ Herdegen/Klein (Hrsg.), Art. 80, Rdnr. 32. 47 Vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger/Burghart, Art. 80, Rdnr. 147. 48 Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 30 zu § 84. 45

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Richtig ist danach, dass der Gesetzgeber nicht geregelt hat, welcher Stelle die Aufgaben der Anerkennungsstelle übertragen werden sollen. Aus der für die Auslegung heranzuziehenden Gesetzesbegründung lässt sich aber entnehmen, dass „eine Akkreditierungsstelle auf Bundesebene“ diese Aufgaben übernehmen solle. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Erhebung von Gebühren für das Anerkennungsverfahren vorgesehen hat. Die Erhebung von Gebühren ist aber ausschließlich den Trägern öffentlicher Verwaltung für Amtshandlungen vorbehalten. Damit ist der gesetzlichen Regelung zu entnehmen, dass ein öffentlich-rechtliches Anerkennungsverfahren durch eine Akkreditierungsstelle auf Bundesebene durchgeführt werden soll. Der Exekutive ist hierdurch zwar ein Entscheidungsspielraum eröffnet, welche Stelle diese Aufgabe übernehmen soll. Ob dies allerdings bereits, wie die Kritik annimmt, eine Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit begründen kann, erscheint fraglich. Es ist verbreitete Gesetzgebungspraxis, dass z. B. die Länder die für die Ausführung von Bundesgesetzen zuständigen Behörden selbst bestimmen. Im Übrigen muss die Regelung der Zuständigkeit einer Behörde im Verhältnis zum Bürger nicht in jedem Fall durch Gesetz erfolgen, es genügt auch eine Zuständigkeitsregelung durch Verordnung oder Satzung aufgrund eines Gesetzes.49 Es sind keine Umstände ersichtlich, warum dann nicht auch im vorliegend zu beurteilenden Fall die Bestimmung der zuständigen „Anerkennungsstelle“ der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen bleiben durfte. Zwar können von der Entscheidung der Anerkennungsstelle Grundrechte, etwa das der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG oder der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG mit Blick auf die „Antragsteller“, berührt sein. Es ist aber für die Frage, ob überhaupt ein Grundrechtseingriff vorliegt und welche Intensität diesem Eingriff zukommt, ohne Bedeutung, durch welchen Träger staatlicher Verwaltung dieser Eingriff erfolgt. Durch eine gesetzgeberische Festlegung der konkreten Verwaltungsbehörde wäre also kaum eine Verbesserung des Grundrechtsschutzes der Betroffenen zu erwarten. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber sich für ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren durch eine Stelle auf Bundesebene entschieden hat, die für ihre Tätigkeit Gebühren erhebt. Die Betroffenen können damit erkennen, in welchen Strukturen das Anerkennungsverfahren konkret zu regeln ist. Für sie ist hinreichend erkennbar, dass sie Rechtsschutz gegen die betreffenden Entscheidungen in der Zuständigkeit der Sozial- oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit suchen müssen. Gleichfalls ist ersichtlich, dass es 49

Vgl. nur HK-VerwR/Kastner, § 3 VwVfG, Rdnr. 12 m. w. Nachw.

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sich nicht um ein kostenloses Antragsverfahren handelt, sondern dass Gebühren anfallen. Für welche Tatbestände Gebühren in welcher Höhe zu zahlen sind, kann der Gesetzgeber der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen, da Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wie ausgeführt, keine Voraussehbarkeit in Detailfragen fordert. Damit sind Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigungsgrundlage hinsichtlich der Frage der Anerkennungsstelle (noch) hinreichend bestimmt. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung wäre allerdings nicht zuletzt im Hinblick auf eine verstärkte Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit vorzugswürdig. Die Kritik weist ferner darauf hin, dass ein „Programm“ des Gesetzgebers für die Anerkennungsvoraussetzungen gänzlich fehle. Dies trifft für den Wortlaut des § 87 SGB III zu. Ziel und Zweck der gesetzlichen Regelung könnten sich aber im Wege der Auslegung ermitteln lassen. Der Gesetzgeber wollte zwar ausweislich der Gesetzesbegründung eine „deutliche Verwaltungsvereinfachung“.50 Ferner sollten die „Arbeitsämter deutlich entlastet“ werden.51 Dies bedeutet aber nicht, dass inhaltlich eine Abkehr von den bisherigen Grundsätzen des Arbeitsförderungsrechts erfolgen sollte. Der Gesetzgeber hat, wie bereits die Regelung des § 86 SGB III erkennen lässt, besonderen Wert auf eine Sicherung und Verbesserung der Qualität beruflicher Weiterbildung gelegt und hierfür einer Qualitätsprüfung zentrale Bedeutung zugesprochen.52 Qualitätsmanagement und Qualitätskriterien sind besonders vom Gesetzgeber hervorgehobene Aspekte der neuen gesetzlichen Regelung.53 Da der Gesetzgeber somit die Qualität des bisherigen Arbeitsförderungsrechts im Bereich der Prüfung und Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung sichern und verbessern wollte, kann nicht angenommen werden, dass er für das Anerkennungsverfahren Raum für eine beliebige Regelung schaffen wollte. Vielmehr müssen die Zertifizierungsstellen selbst über hinreichende Qualifikation, personelle und materielle Ressourcen verfügen, um an einer Sicherung und Verbesserung der Qualität der beruflichen Weiterbildung mitwirken zu können. Gleiches gilt für die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit des Personals. Schließlich müssen die Personen, die mit den Aufgaben der Zertifizierung betraut werden, auch hinreichend zuverlässig sein, damit nicht etwa durch die Aufgabenübertragung eine – vom Gesetzgeber nicht gewollte – Verschlechterung der „Qualität“ des Zulassungsverfahrens eintritt. 50 51 52 53

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

BT-Drucks. BT-Drucks. BT-Drucks. BT-Drucks.

15/25, 15/25, 15/25, 15/25,

S. S. S. S.

29 30 30 30

zu zu zu zu

Nr. 14 (§§ 77–86). § 84. § 86. § 84.

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Zudem stellt der Gesetzgeber mit seinen Hinweisen auf Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement54 auf bereits in der Wirtschaft existierende Strukturen und Programme der Qualitätssicherung und -verbesserung ab. Es handelt sich um Begriffe, die u. a. durch Normung für einzelne Bereiche näher bestimmt sind. Dieses „Programm“ des Gesetzgebers für eine Sicherung und Verbesserung der Qualität der Leistungen im Bereich der beruflichen Weiterbildung lässt sich nur umsetzen, wenn auch das Anerkennungsverfahren so gestaltet ist, dass die fachliche, finanzielle und personelle Eignung der „fachkundigen“ Stellen bzw. des von ihnen eingesetzten Personals sichergestellt ist. Hinreichende Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Fachkunde sind hierfür unerlässliche, aber auch weithin übliche Kriterien. Damit ist – zugegeben nur in denkbar groben Zügen – bezeichnet, welches „Programm“ der Gesetzgeber für das Anerkennungsverfahren vorgegeben hat. Schließlich ist auch der Aspekt der Rechtssicherheit (gerade noch) hinreichend gewahrt, denn „Rechtssicherheit ist vielmehr auch dann noch gewährleistet, wenn erst die Rechtsverordnung in vorhersehbarer Weise normiert, wie die einzelfallbezogene Entscheidung auszufallen hat. Würde man demgegenüber bereits von dem zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigenden Gesetz fordern, dass aus ihm die spätere konkrete Entscheidung des Verordnungsgebers entnommen werden kann, so stünde dies im Widerspruch zu der einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung wesensmäßig anhaftenden Eigenschaft, die eigentliche Entscheidung unter Einräumung von Entscheidungsspielraum in den Funktionsbereich der exekutiven Gewalt zu verlagern“.55 d) Ergebnis Die Verordnungsermächtigung des § 87 SGB III ist hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens (gerade noch) verfassungsgemäß, soweit dies die Anforderungen nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG betrifft. Ungeachtet dieser Feststellung ist nicht zu verkennen, dass sich der Gesetzgeber mit seinen nur noch durch Auslegung zu ermittelnden und immer noch sehr allgemeinen Vorgaben bzw. mit seinem nur sehr grob erkennbaren „Programm“ am äußersten Rand des verfassungsrechtlich Zulässigen bewegt. Dem in der früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungs54 55

Vgl. BT-Drucks. 15/15, S. 30 zu § 84. Busch, S. 135 f.

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gerichts vertretenen Kriterium der „einwandfreien Deutlichkeit“ wäre jedenfalls nicht im Ansatz genügt. Für künftige Verordnungsermächtigungen ist daher dringend zu empfehlen, das gesetzgeberische Programm „sichtbarer“ im Gesetz zum Ausdruck zu bringen. Ein anderer verfassungsrechtlicher Aspekt könnte dies sogar zwingend erforderlich machen:

2. Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt in Verbindung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG? Zunächst ist festzustellen, dass auch nach Auffassung der dargestellten Kritik aus der Literatur jedenfalls kein Verstoß gegen den Grundsatz des Parlamentsvorbehalts bzw. gegen den Grundsatz, dass die wesentlichen Fragen vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst zu regeln sind, vorliegt. Die Frage, wie das Anerkennungsverfahren für fachkundige Stellen ausgestaltet werden soll, wird offenbar mit Blick auf die etwa betroffenen Grundrechte nicht als derart wesentlich bzw. bedeutsam angesehen, dass ausschließlich eine Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber in Frage käme. Dessen ungeachtet ist festzustellen, dass sich dem Anerkennungsverfahren nach den §§ 2–6 AZWV entsprechende Regelungen jedenfalls in den für die vorliegende Untersuchung zum Vergleich herangezogenen Rechtsgebieten in aller Regel56 nicht in Rechtsverordnungen, sondern in Gesetzen finden57 oder die Verordnungsermächtigung weiterführende inhaltliche Vorgaben enthält, als dies bei § 87 SGB III der Fall ist,58 wobei die Kriterien Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Fachkunde jeweils im Gesetz genannt werden. Dass sich die Kritik ausschließlich gegen eine mangelnde Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung richtet, ist erstaunlich – und zwar mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Wenn vorliegend das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berührt ist, ist zu prüfen, ob Regelungen über den Zugang zu diesem Beruf und über seine Ausübung in einer Rechtsverordnung nach § 87 SGB III in seiner geltenden Fassung verfassungsrechtlich zulässig getroffen werden können oder ob wegen der Relevanz der Regelungen für das Grundrecht der Berufsfreiheit eine Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber erforderlich war (und ist). Die Prüfung erfolgt zunächst ohne Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei den anerkannten Zertifizierungsstellen um Beliehene handeln 56

Ausnahme hiervon sind die Regelungen in § 47 a StVZO i. V. m. Anlage VIII b sowie in § 47 b StVZO. 57 Vgl. §§ 4 ff., 28 f. UAG; §§ 1–4 KfSachvG. 58 Vgl. § 3 Abs. 3 GPSG; §§ 3, 18 Abs. 1 i. V. m. § 24 Nr. 6 SigG.

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könnte. Die bei Vorliegen einer Beleihung geltenden Besonderheiten werden nach der allgemeinen verfassungsrechtlichen Prüfung behandelt. a) Anerkannte Zertifizierungsstelle bzw. fachkundige Stelle nach § 2 AZWV als „Beruf“ i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG Wie ausgeführt, ist nach nahezu einhelliger Meinung der Umweltgutachter nach dem UAG ein neuer, eigener Beruf i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG. Für eine Tätigkeit als Zertifizierer im Bereich des Sozialrechts wird in der Literatur dagegen vereinzelt bezweifelt, ob es sich um einen Beruf i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG handele. Es liege näher, davon auszugehen, „dass die Tätigkeit als Zertifizierer nur Teil einer umfangreicheren beruflichen Praxis von sachverständigen Personen ist, die Zulassung also nur die Berufsausübung regelt“.59 Abgesehen davon, dass auch Berufsausübungsregelungen, wie noch darzulegen ist, die Berufsfreiheit beeinträchtigen können, konstatiert aber auch diese Ansicht die Grundrechtsrelevanz einer Zulassung zur Tätigkeit als Zertifizierer, „wenn es sich um ein öffentlich-rechtliches System der Akkreditierung und hoheitlichen Regelung der Anforderungen an die Qualifikation als Zertifizierer handelt“.60 Wie dargelegt, erfolgt die Anerkennung als fachkundige Stelle nach § 2 AZWV durch Verwaltungsakt,61 so dass die Berufsfreiheit selbst nach der genannten Ansicht betroffen sein kann. Dies gilt nach Art. 19 Abs. 3 GG auch für inländische juristische Personen und z. B. Handelsgesellschaften sowie teilrechtsfähige Personenvereinigungen.62 „Beruf“ i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG ist jede erlaubte Tätigkeit, die auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.63 Geschützt sind insbesondere auch neue Berufe.64 59 Vgl. Karl-Jürgen Bieback: Qualitätssicherung in der Pflege im Sozialrecht, 2004, S. 170. 60 Vgl. Bieback, a. a. O. 61 Vgl. S. 2 Begr. AZWV: „Anerkennung als öffentlich-rechtlicher Akt“ u. S. 6 Begr. AZWV: „Für das Verwaltungsverfahren der Anerkennungsstelle ist das SGB X einschlägig“. 62 Vgl. nur Peter J. Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 22; Manfred Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 6 f.; jew. m. w. Nachw.; BVerwGE 75, S. 109 ff., 114. 63 Vgl. statt vieler nur Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 8; Bodo Pieroth/Bernhard Schlink: Grundrechte – Staatsrecht II, 22. Aufl., 2006, Rdnr. 810 u. 812; Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 29 ff.; jew. m. w. Nachw.; BVerfGE 7, S. 377 ff., 397; 97, S. 228 ff., 252 f.; BVerfG NJW 2006, S. 1261 ff., 1262; st. Rechtspr. 64 Vgl. Pieroth/Schlink, Rdnr. 810 m. w. Nachw.

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Die Tätigkeit als Zertifizierungsstelle nach der AZWV schließt zwar nicht aus, dass daneben noch andere Tätigkeiten, insbesondere Zertifizierungen auf anderen Gebieten, durchgeführt werden. Bei der Zertifizierungstätigkeit nach der AZWV handelt es sich allerdings um einen abgegrenzten, speziellen Bereich der Zertifizierung. Das Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung und seine Voraussetzungen nach den §§ 77 ff. SGB III und der AZWV ist so speziell, dass auch die Zertifizierungstätigkeit nicht einfach „austauschbar“ ist bzw. keine relevanten Unterschiede zu anderen Zertifizierungen bestünden. Auch ist es ohne weiteres möglich, dass nach § 2 AZWV anerkannte Zertifizierungsstellen ausschließlich Zertifizierungen nach der AZWV vornehmen. Die Tätigkeit einer anerkannten Zertifizierungsstelle ist zudem vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vollkommen neu geschaffen worden, indem er zuvor von der BA allein vorgenommene „Zulassungen“ nun durch externe Zertifizierungsstellen vornehmen lassen wollte. Damit ist Tätigkeit als Zerifizierer bzw. Zertifizierungsstelle nach der AZWV ein neuer, eigenständiger Beruf i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG. b) Eingriff in die Freiheit der Berufswahl und/oder in die Freiheit der Berufsausübung? Für den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG wird zwischen der Freiheit der Berufswahl und der Freiheit der Berufsausübung unterschieden, die aber gleichwohl einen einheitlichen Schutzbereich bilden.65 Mit der Freiheit der Berufswahl ist die Freiheit bezeichnet, dass der angestrebte Beruf unbeeinflusst von fremdem Willen gewählt werden kann. Sie umfasst als negative Berufswahlfreiheit auch das Recht, keinen Beruf zu ergreifen.66 Die Freiheit der Berufsausübung gewährleistet die Gesamtheit der mit der Berufstätigkeit zusammenhängenden Modalitäten der beruflichen Tätigkeit, also das „Wie“ der beruflichen Tätigkeit.67 Bei Eingriffen in den Schutzbereich des Grundrechts der Berufsfreiheit wird unter Rückgriff auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte „Stufentheorie“68 zwischen den Stufen der Berufsausübung (dem „Wie“) 65 Vgl. statt vieler: Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 55–57; BVerfGE 97, S. 228 ff., 255; 103, S. 172 ff., 183; BVerfG NJW 2006, S. 1262 f., 1263. 66 Vgl. Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 37; Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 56; jew. m. w. Nachw. 67 Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 38; Tettinger: in Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 57; jew. m. w. Nachw. 68 Vgl. BVerfGE 7, S. 377 ff., 402 f.; 33, S. 125 ff., 160; 75, S. 246 ff., 274 f.; 85, S. 248 ff., 259; 94, S. 372 ff., 389 f.; 97, S. 228 ff., 255; 103, S. 172 ff., 183 f.;

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der beruflichen Tätigkeit und der Berufswahl sowie bei Letzterer zwischen sog. subjektiven und objektiven Zulassungsvoraussetzungen unterschieden. Ergänzend und modifizierend werden vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit69 sowie Zumutbarkeitserwägungen70 in die Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe einbezogen. Eine objektive Zulassungsvoraussetzung liegt vor, wenn der Zugang zu einem bestimmten Beruf an Voraussetzungen geknüpft wird, die außerhalb der Person des Berufsbewerbers liegen, also mit seinen persönlichen Eigenschaften und Möglichkeiten nichts zu tun haben und auf deren Erfüllung er keinen Einfluss nehmen kann.71 Beispiel für eine solche Zulassungsvoraussetzung ist etwa die Durchführung einer Bedürfnisprüfung als Voraussetzung für den Zugang zum Beruf.72 Für sie gelten verfassungsrechtlich die strengsten Maßstäbe: Objektive Zulassungsvoraussetzungen sind nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut und bei strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Die Anforderungen des § 2 AZWV knüpfen die Anerkennung nicht an Merkmale oder Umstände, die von den Antragstellern nicht zu beeinflussen wären. Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Qualifikation sind nicht vom Einfluss des Antragstellers unabhängig. Insbesondere besteht nach § 2 AZWV bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf Anerkennung. Die Anerkennung ist gerade nicht an das Bestehen eines bestimmten Bedürfnisses für weitere Zertifizierungsstellen geknüpft bzw. durch eine Höchstzahl von Zertifizierungsstellen beschränkt. Somit handelt es sich bei den Regelungen des § 2 AZWV nicht um objektive Zulassungsvoraussetzungen i. S. d. sog. Stufentheorie. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen sind dagegen solche, die die Wahl des Berufs an persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse 104, S. 357 ff., 364 f.; 110, S. 226 ff., 262; BVerfG NJW 2006, S. 1261 ff., 1263; vgl. zur Stufentheorie z. B. Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 100 ff.; Pieroth/Schlink, Rdnr. 846 ff. 69 Vgl. BVerfGE 33, S. 125 ff., 168; 94, S. 372 ff., 390; 97, S. 228 ff., 255 u. 259 f.; 103, S. 172 ff., 183 u. 190 ff.; 104, S. 357 ff., 364; 110, S. 226 ff., 262; BVerfG NJW 2006, S. 1261 ff., 1263 ff. 70 Vgl. BVerfGE 75, S. 246 ff., 276; 85, S. 248 ff., 259 u. 261; 94, S. 372 ff., 390 u. 393. 71 Vgl. Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 65; Joachim Wieland in: Horst Dreier (Hrsg.): Grundgesetz – Kommentar, Bd. I, 2. Aufl., 2004, Art. 12, Rdnr. 76; jew. m. w. Nachw. 72 Vgl. nur Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 70 m. weiteren Beispielen; Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 76; Pieroth/Schlink, Rdnr. 826.

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und/oder Erfahrungen sowie an erworbene Abschlüsse oder erbrachte Leistungen knüpfen, also die Aufnahme der Berufstätigkeit an von der Person des Berufsanwärters abhängige und für diesen (generell) erfüllbare Voraussetzungen binden.73 Solche subjektiven Zulassungsvoraussetzungen sind zulässig, soweit durch sie wichtige Gemeinschaftsgüter, die der Freiheit des einzelnen vorgehen, geschützt werden sollen.74 Dabei kann der Gesetzgeber diese Gemeinschaftsgüter auch erst aus seinen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen entwickeln.75 Auch für subjektive Zulassungsvoraussetzungen gilt schließlich das Verhältnismäßigkeitsprinzip: Die Voraussetzungen dürfen zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen. Dem Einzelnen wird durch das Gebot einer formalen Ausbildung oder Qualifikation nur etwas zugemutet, was er grundsätzlich der Sache nach ohnehin auf sich nehmen muss, um den Beruf ordnungsgemäß ausüben zu können.76 Auf diese Weise fixiert der Gesetzgeber zugleich bestimmte Berufsbilder.77 Die Voraussetzungen des § 2 AZWV für die Anerkennung als fachkundige Stelle knüpfen vor allem an die Qualifikation, an die Zuverlässigkeit sowie an die persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Antragsteller bzw. bei ihnen tätiger Personen an. Diese Faktoren beziehen sich damit auf subjektive, von den Antragstellern grundsätzlich zu beeinflussende Faktoren. Es handelt sich damit um subjektive Zulassungsvoraussetzungen im vorgenannten Sinne. Die Anforderungen sollen die Qualität und Verlässlichkeit der Zulassungstätigkeit durch die Zertifizierungsstellen sicherstellen. Es soll insbesondere im Vergleich zur bisher ausschließlich durch den Staat vorgenommenen Zulassungstätigkeit keine Verschlechterung, sondern eine Verbesserung eintreten. Insgesamt soll sichergestellt werden, dass die staatlichen Gelder für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III zielgerichtet, effektiv und sinnvoll eingesetzt werden. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern und der möglichst effektive und sinnvolle Einsatz staatlicher Gelder zu diesem 73 Pieroth/Schlink, Rdnr. 832; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 53; BVerfGE 73, S. 280 ff., 295. 74 Vgl. Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 55; Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 125; Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 104. 75 Vgl. Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 56 m. w. Nachw.; Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 126; Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 104; BVerfGE 33, S. 125 ff., 159. 76 Vgl. Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 124; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 59. 77 Vgl. Pieroth/Schlink, Rdnr. 833.

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Zweck sind wichtige Gemeinschaftsbelange, deren Bedeutung der Gesetzgeber durch die Regelungen der §§ 77 ff. SGB III, insbesondere durch die Betonung der Qualitätssicherung und Verbesserung nach § 86 SGB III, hervorgehoben hat. Der Gesetzgeber hat nach den vorstehend erläuterten Grundsätzen das Recht, zum Schutz dieser wichtigen Gemeinschaftsgüter bzw. -belange subjektive Zulassungsschranken für Zertifizierungsstellen zu schaffen, die in diesem vormals rein staatlichen Tätigkeitsbereich arbeiten wollen. Wie der Vergleich mit den oben dargestellten Zulassungsverfahren aus anderen Rechtsbereichen zeigt, sind Anforderungen an Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und fachliche Qualifikation üblich und der Sache nach unverzichtbar. Es ist auch nicht zu erkennen, dass eine der Anforderungen des § 2 AZWV die Antragsteller unzumutbar und unangemessen belasten würde. So kann etwa nur eine Zertifizierungsstelle sinnvoll Prüfungen von Qualitätssicherungssystemen nach § 8 Abs. 4 AZWV vornehmen, wenn sie selbst ein entsprechendes System anwendet (vgl. § 2 Nr. 6 AZWV). Die Anforderungen an die Qualifikation, an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, an die Unabhängigkeit und an die persönliche Zuverlässigkeit sind damit zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles geeignet, erforderlich und in der Form des § 2 AZWV auch angemessen. Bei den Regelungen der §§ 4, 7 ff. AZWV handelt es sich schließlich um Berufsausübungsregelungen für die Zertifizierungsstellen. Sie regeln, wie die anerkannten Zertifizierungsstellen ihre Tätigkeit auszuüben haben. Zu ihrer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung als Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit genügen bereits vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, wobei der Gesetzgeber zur Erreichung dieser Ziele weitgehende Gestaltungsfreiheit hat.78 Die von den Zertifizierungsstellen zu prüfenden Anforderungen an die Träger und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die eine Zulassung erhalten wollen, dienen ebenfalls dem Zweck, eine möglichst effektive und sparsame Verwendung der öffentlichen Gelder im Bereich der staatlichen Förderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern zu erreichen. Dies sind vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls im vorgenannten Sinne. Eine unverhältnismäßige Belastung ist jedenfalls für die Zertifizierungsstellen, die diese Anforderungen zu prüfen haben, nicht zu erkennen.

78

Vgl. Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 101; Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 118, 119; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 48, 49; BVerfG NJW 2006, S. 1261 ff., 1263.

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c) Eingeschränkter Schutz aufgrund der Stellung als Beliehener Sofern, was unten noch eingehend erörtert wird, die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als Beliehene anzusehen sind, wäre dies auch für den Grundrechtsschutz der Zertifizierungsstellen von Bedeutung. Denn für Beliehene bzw. Angehörige von sog. staatlich gebundenen Berufen gelten aufgrund ihrer „Staatsnähe“ besondere Regelungen insbesondere für den Schutz der Berufsfreiheit. Bei staatlich gebundenen Berufen bzw. bei Beliehenen erfolgt eine Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private. „Staatlich gebunden“ sind solche Berufsgruppen, denen funktionell die Wahrnehmung solcher öffentlicher Aufgaben übertragen worden ist, die der Gesetzgeber auch dem eigenen Verwaltungsapparat hätte vorbehalten können.79 Für sie wird die Garantie der Berufsfreiheit von den Sonderregelungen des Art. 33 GG überlagert und eingeschränkt. Einschränkungen der Berufsfreiheit sind eher verhältnismäßig als bei „freien“ Berufen. Je stärker die öffentlich-rechtlichen Bindungen und Auflagen für den Beruf sind, desto eher ist eine Annäherung an den öffentlichen Dienst i. S. d. Art. 33 GG anzunehmen und desto weitreichendere Beschränkungen sind möglich.80 Dies gilt erst recht, wenn die staatliche Bindung durch eine Beleihung die stärkste Form erreicht hat.81 Ist die Beleihung erfolgt, kann sich der Beliehene, der ja nun selbst Behörde und Träger der Staatsverwaltung ist, dagegen nicht mehr auf den Schutz von Grundrechten berufen, soweit die Erfüllung der staatlichen Aufgaben als Beliehener betroffen ist. Dies gilt insbesondere für Weisungen der beleihenden Stelle im Wege der Rechtsaufsicht.82 Da die Regelungen der §§ 2 ff. AZWV bereits den „allgemeinen“ Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG in Bezug auf die Zulässigkeit von Beschränkungen der Berufsfreiheit genügen, bedarf es hier keiner weiteren Erörte79 Vgl. nur Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 46; Jarass in: Jarass/ Pieroth, Art. 12, Rdnr. 63; jew. m. w. Nachw. 80 Vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 12, Rdnr. 62; Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 47 f.; Pieroth/Schlink, Rdnr. 818; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 21. 81 Vgl. hierzu etwa von Heimburg, S. 156, die Einschränkungen der Berufsfreiheit aufgrund des Art. 33 GG im Unterschied zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur bei Beliehenen, nicht aber bei sonstigen staatlich gebundenen Berufen für zulässig erachtet. 82 Vgl. Martin Burgi: Der Beliehene – ein Klassiker im modernen Verwaltungsrecht, in: FS für Maurer, 2001, S. 581 ff., S. 592; Hans J. Wolff/Otto Bachof/Rolf Stober: Verwaltungsrecht, Bd. 3, 5. Aufl., 2004, § 90, Rdnr. 47; Dreier in: Dreier (Hrsg.), Art. 19 III, Rdnr. 53; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 19, Rdnr. 18.

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rung, welche Einschränkungen darüber hinaus mit Blick auf die staatliche Bindung bzw. Beliehenenstellung der Zertifizierungsstellen zulässig wären. d) Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Rechtsgrundlage für subjektive Zulassungsvoraussetzungen und Berufsausübungsregelungen nach der sog. Wesentlichkeitstheorie in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG In erheblichem Maße problematisch ist die Frage, ob die vorstehend erörterten Einschränkungen der Berufsfreiheit auch in einer Rechtsverordnung zulässig sind oder ob für sie der Parlamentsvorbehalt gilt. Der sog. Parlamentsvorbehalt bedeutet, dass eine Entscheidung vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst zu treffen ist, also nicht delegiert werden darf. Die Frage, wann der vor allem auf das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip gegründete Parlamentsvorbehalt eingreift, wird von der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur nach der sog. Wesentlichkeitstheorie beantwortet: Grundlegende (wesentliche) Entscheidungen, insbesondere solche, die grundrechtlich geschützte Lebensbereiche berühren, sind dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten, weniger wichtige können an die Exekutive delegiert werden.83 Ist das Grundrecht der Berufsfreiheit berührt, haben sich folgende Grundsätze herausgebildet: Die Freiheit der Berufsausübung kann nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“ geregelt bzw. eingeschränkt werden. Möglich sind danach also auch dieses Grundrecht berührende Regelungen und Einschränkungen durch eine Rechtsverordnung.84 Entscheidend ist allerdings, dass nach Auffassung von Rechtsprechung und Literatur die wesentlichen Regelungen auch in diesen Fällen nicht durch Rechtsverordnung getroffen werden können, sondern der Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers vorbehalten bleiben, soweit sie einer gesetzlichen Regelung zugänglich sind.85 Danach sind insbesondere sog. statusbildende Rege83

Vgl. nur: Andreas Hänlein: Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht. System und Legitimation untergesetzlicher Rechtsquellen des deutschen Sozialversicherungsrechts, 2001 (im Folgenden kurz: Rechtsquellen), S. 29 f., 101; Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 116 f.; Friedrich E. Schnapp in: von Münch (Hrsg.), Bd. 2, Art. 20, Rdnr. 56; jew. m. w. Nachw. 84 Vgl. z. B. Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 85; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 74. 85 Pieroth/Schlink, Rdnr. 845; Tettinger in. Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 85; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 74; BVerfGE 82, S. 209 ff., 224; 73, S. 280 ff., 295.

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lungen, die die Freiheit der Berufswahl, also auch der Berufsanwärter, berühren, vom Gesetzgeber selbst zu treffen, während Regelungen zur Berufsausübung auch durch Rechtsverordnung erfolgen können.86 „Die zugrunde liegende maßgebende verfassungspolitische Erwägung ist, den Eingriff nur auf der Grundlage einer parlamentarischen Entscheidung zuzulassen, die sich der Gründe für und gegen einen Eingriff in die Berufsfreiheit bewusst ist; denn nur unter dieser Voraussetzung ist ein gerechter Ausgleich zwischen dem Grundrecht der Berufsfreiheit als Ausdruck des Schutzes menschlicher Persönlichkeit und den Belangen der Allgemeinheit zu gewährleisten“.87 Zudem ist es „gerade der Sinn des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, die Regelung der Berufsausübung der vollziehenden Gewalt zu entziehen und dem Gesetzgeber zu überweisen“.88 Der Gesetzgeber muss daher „nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zumindest die grundlegenden Eignungsanforderungen und Auswahlgesichtspunkte selbst regeln“.89 „Allenfalls Einzelfragen fachlich-technischen Charakters können in dem vom Gesetzgeber gezogenen Rahmen“ auf der Ebene einer Rechtsverordnung oder Satzung geregelt werden.90 Für Regelungen durch den Verordnungsgeber gilt zudem, dass sein Gestaltungsspielraum „insofern enger ist, als dieser sich nur innerhalb der jeweils auf Grund des Art. 80 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen bewegen darf“.91 Mängel in der Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung schlagen daher auch auf die verfassungsrechtliche Beurteilung nach dem Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG durch. „Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erlaubt Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Diesem Gesetzes86 Vgl. Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 74; Tettinger in: Sachs (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 90 u. 93; Pieroth/Schlink, Rdnr. 845; Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 98 u. 99; BVerfGE 33, S. 125 ff., 160 u. 163; 65, S. 248 ff., 258; 51, S. 166 ff., 173; 46, S. 120 ff., 139. 87 BVerwG NVwZ 1995, S. 484 ff., 485. 88 Vgl. BVerwGE 75, S. 109 ff., 116 f.; dies gilt erst recht für Regelungen, die in die Freiheit der Berufswahl eingreifen. 89 Vgl. BVerfGE 73, S. 280 ff., 295; vgl. auch BVerfGE 33, S. 125 ff., 160. 90 Vgl. BVerfGE 33, S. 125 ff., 160; vgl. auch Hänlein, Rechtsquellen, S. 101 f. für den Bereich der Zulassung von Ärzten zur vertragsärztlichen Versorgung nach §§ 95 ff. SGB V. 91 Vgl. BVerfGE 46, S. 120 ff., 145; vgl. auch BVerfGE 65, S. 248 ff., 258 f., insbes. S. 264: „. . . was Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verhindern will: Der Gesetzgeber wäre überspielt. Der zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigte Bundesminister hätte nahezu gänzlich freie Hand, ohne an Grundlinien gebunden zu sein, deren Bestimmung Aufgabe des Gesetzgebers ist“; ebenso z. B. BVerfGE 51, S. 166 ff., 173; vgl. z. B. für den Bereich der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung: Hänlein, Rechtsquellen, S. 102.

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vorbehalt unterliegen Maßnahmen, die die Freiheit der Berufswahl betreffen, ebenso wie solche, die lediglich die Ausübung des Berufes berühren“.92 Insbesondere kann auch bei den sog. staatlich gebundenen Berufen nach Art. 33 GG nicht auf eine entsprechende gesetzliche Grundlage verzichtet werden.93 „Die Nähe zum öffentlichen Dienst ermöglicht zwar nach Art. 33 Abs. 5 GG Sonderregelungen, lässt aber keine geringeren formellen Anforderungen an die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche gesetzliche Regelung zu“.94 Für Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl in Gestalt subjektiver Zulassungsvoraussetzungen gilt danach auch hier: „Das bedeutet, dass der Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zumindest die grundlegenden Eignungsanforderungen und Auswahlgesichtspunkte selbst regeln muss“.95 Art. 33 Abs. 5 GG ermöglicht lediglich betreffend den Inhalt von Normen Sonderregelungen, die die Wirkungen des Grundrechts der Berufsfreiheit zurückdrängen. „Dies betrifft jedoch nur den Inhalt der Normen. An ihre nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotene Form sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei anderen, nicht „staatlich gebundenen“ Berufen“.96 Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben werden die Regelungen in § 87 SGB III und § 2 AZWV nicht gerecht: Bei den Regelungen des § 2 AZWV handelt es sich, wie ausgeführt, um subjektive Zulassungsvoraussetzungen und damit um sog. statusbegründende Regelungen. Mit diesen Anforderungen wird entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Zugang zu dem neuen Beruf des Zertifizierers nach der AZWV gegeben ist. Eine staatliche Bindung aufgrund einer etwa durch die Anerkennung erfolgenden Beleihung der Zertifizierer bzw. Zertifizierungsstellen würde, wie dargelegt, nichts am Erfordernis einer gesetzlichen Regelung der Berufszulassungsvoraussetzungen ändern. § 87 SGB III überlässt die Regelung der Anerkennungsvoraussetzungen und des Anerkennungsverfahrens aber vollständig der Exekutive. Es ist 92

BVerfGE 73, S. 280 ff., 294. Vgl. BVerfGE 80, S. 257 ff., 265; 73, S. 280 ff., 294 f.; BVerwGE 75, S. 109 ff., 114 ff.; BVerwG NVwZ 95, S. 484 ff., 485; Pieroth/Schlink, Rdnr. 844; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 12, Rdnr. 63; Wieland in: Dreier (Hrsg.), Art. 12, Rdnr. 97. 94 BVerwGE 75, S. 109 ff., 114; BVerfGE 73, S. 280 ff., 294 f.: „. . . ermöglicht für diesen Beruf zwar grundsätzlich Sonderregelungen, die sich an die für den öffentlichen Dienst nach Art. 33 Abs. 5 GG geltenden Grundsätze anlehnen. Daraus ergibt sich aber nicht, dass an die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotene gesetzliche Regelung geringere Anforderungen zu stellen wären als bei anderen Berufen“. 95 BVerfGE 73, S. 280 ff., 295. 96 BVerfGE 80, S. 257 ff., 265. 93

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

auch nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber eine Regelung, wie sie etwa in den §§ 4 ff. UAG für die Zulassung der Umweltgutachter geschaffen wurde, nicht möglich gewesen sei. Vielmehr wäre es ohne weiteres möglich gewesen, die – im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG wesentlichen – Anerkennungsvoraussetzungen im SGB III zu regeln. Eine Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung besteht nicht, da der Gesetzgeber hier zwar Vorstellungen über den Inhalt der zu regelnden Berufszulassungsvoraussetzungen gehabt haben mag, diese aber jedenfalls nicht in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck gekommen sind. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr, was die strengen Maßstäbe des Art. 12 Abs. 1 GG und der einschlägigen Rechtsprechung gerade verhindern wollen, seiner eigentlichen Aufgabe der Normierung der wesentlichen, das Grundrecht der Berufsfreiheit besonders berührenden Anerkennungsvoraussetzungen und des insoweit einzuhaltenden Verfahrens, vollständig entzogen. Die Frage, wann wer unter welchen Voraussetzungen den Beruf des Zertifizierers nach der AZWV ausüben kann oder ihm eine entsprechende Berufsausübung durch Entzug der Anerkennung unmöglich gemacht wird, ist durch die Regelung des § 87 SGB III in das Belieben des Verordnungsgebers gestellt. Die damit wegen Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt in Verbindung mit einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG gegebene Verfassungswidrigkeit des § 87 SGB III, soweit er die Anerkennung und das Anerkennungsverfahren betrifft, sowie des § 2 AZWV ist besonders misslich, weil – wie dargelegt – die Regelungen in § 2 AZWV der Sache nach ohne weiteres mit den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren sind. Einzig die Regelung in einer Rechtsverordnung ohne ausreichende Vorgaben in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage führt vorliegend zur Verfassungswidrigkeit. e) Ergebnis Die „Regelungen“ in § 87 SGB III zu den Anerkennungsvoraussetzungen und zum Anerkennungsverfahren sowie ihre Umsetzung durch § 2 AZWV sind wegen Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt in Verbindung mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig und damit nichtig. Eine Neuregelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber ist zwingend und dringend erforderlich. Nach § 2 AZWV vorgenommene Anerkennungen sind mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.97 Gleichwohl handelt es sich um wirksame und nicht etwa um nichtige Verwaltungsakte. Nichtig97

Im Ergebnis ebenso: Eicher in: Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 21.

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keitsgründe liegen nicht vor. Insbesondere führt nicht bereits das Fehlen einer wirksamen gesetzlichen Grundlage bereits zwingend zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes.98 Dies gilt vor allem auch dann, wenn der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die später durch ein Gericht für nichtig erklärt wurde oder deren Nichtigkeit zumindest inzidenter festgestellt worden ist.99 Da die Anerkennung der Zertifizierungsstelle ungeachtet ihrer Rechtswidrigkeit wirksam und lediglich anfechtbar ist, bleiben auch die von den „anerkannten“ Zertifizierungsstellen erteilten Zulassungen wirksam. Sie sind zudem rechtmäßig, solange die Anerkennung nicht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen wurde.100 Für die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes „Anerkennung“ wird insbesondere der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu prüfen sein und aus diesem Gesichtspunkt regelmäßig zumindest eine Rücknahme der Anerkennung mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 4 SGB X ausscheiden. Das Anerkennungsverfahren einschließlich der Anerkennungsvoraussetzungen wird, da es zu einer vollständigen Untersuchung der neuen Verfahren nach der AZWV gehört und zudem bisher keine Gerichtsentscheidungen über eine Nichtigkeit der Regelungen in § 2 AZWV vorliegen, nachfolgend eingehend dargestellt.

3. Die Anerkennungsstelle Der Gesetzgeber hat hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens einen denkbar großen Gestaltungsspielraum eröffnet. Nach dem Wortlaut des § 87 SGB III gibt es nicht einmal eine Beschränkung auf „eine Stelle auf Bundesebene“, die die Aufgaben der Anerkennungsstelle wahrnehmen soll.101 Der Verordnungsgeber hat diesen Gestaltungsspielraum wie folgt genutzt: Zuständig für die Durchführung des Anerkennungsverfahrens102 ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AZWV „die BA (Anerkennungsstelle)“. Diese Lösung erscheint zumindest nicht zwingend und wäre insbesondere vor dem Hintergrund der Motive und Begründungen des Gesetz- und des Verordnungsgebers auch ein System mit mehreren Anerkennungsstellen in Erwägung zu ziehen: 98

Vgl. nur: Hk-VerwR/Schwarz, § 44 VwVfG, Rdnr. 12 m. w. Nachw. Vgl. Hk-VerwR/Schwarz, § 44 VwVfG, Rdnr. 12 m. w. Nachw. 100 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 21. 101 Vgl. aber BT-Drucks. 15/25, S. 30, zu § 84 u. S. 1 Begr. AZWV. 102 Vom Verordnungsgeber auch als „Kompetenzfeststellungsverfahren“ verstanden, vgl. S. 1 Begr. AZWV. 99

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

In der Literatur wird ausgeführt, die Zentrale der BA sei die Anerkennungsstelle103 bzw. genauer: eine bei der BA „angesiedelte . . . Stelle“.104 Der Verordnungsgeber führt zwar ebenfalls aus, die BA nehme die „Funktion der Anerkennungsstelle“ wahr,105 wobei die Entscheidung über die organisatorische Zuordnung innerhalb der BA deren Vorstand obliege.106 Zugleich soll allerdings die „Unabhängigkeit der Stelle von der Geschäftspolitik“ der BA sicherzustellen sein.107 Im Wortlaut der AZWV hat dies keinen Niederschlag gefunden. Unabhängigkeit von der Geschäftspolitik der BA besteht hier nur insofern, als die Anerkennung als gebundene Entscheidung ausgestaltet ist. Sie muss (auf entsprechenden Antrag nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AZWV hin) erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 2 AZWV erfüllt sind. a) Die Anerkennungsstelle bei der BA – Gibt es (bessere) Alternativen? Eine organisatorische Unabhängigkeit, die eine Unabhängigkeit von der Geschäftspolitik der BA wohl ungleich deutlicher zum Ausdruck gebracht hätte, gibt es dagegen gerade nicht. Die BA bzw. die bei ihr eingerichtete betreffende Stelle ist die (einzige) Anerkennungsstelle. Insbesondere wurde auch von der Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, eine rechtlich selbstständige, von der BA organisatorisch unabhängige Anerkennungsstelle zu schaffen. So hätte z. B. die Möglichkeit bestanden, wie im Bereich des UmweltAudit-Verfahrens eine privatrechtlich verfasste, externe Stelle wie die DAUGmbH mit den Aufgaben einer Anerkennungsstelle zu beleihen.108 Auf diese Weise wäre, neben einer organisatorisch deutlicheren Abgrenzung zur BA, auch – und sogar in noch größerem Umfang – die vom Verordnungsgeber gewünschte Entlastung der BA109 erreicht worden. 103 Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 5 unter Hinweis auf die Regelung des § 367 Abs. 1 Satz 1 SGB III. 104 Vgl. GK-SGB III/Lampe, § 84, Rdnr. 25; S. 1 Begr. AZWV. 105 Vgl. S. 1 Begr. AZWV, vgl. auch S. 2 Begr. AZWV: „Die Bundesagentur für Arbeit als Anerkennungsstelle . . .“. 106 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 107 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 108 Vgl. hierzu auch Niewald in: Wolfgang Spellbrink/Wolfgang Eicher (Hrsg.): Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 4, Rdnr. 409 l: „Auch die Akkreditierungsstelle auf Bundesebene muss keine Dienstelle der BA, sondern kann auch eine andere öffentliche oder zur Akkreditierung zertifizierte private Stelle sein“. Missverständlich ist allerdings der Hinweis auf eine „Zertifizierung“ der privaten Stelle, da die Übertragung der Aufgaben einer Anerkennungsstelle nicht durch „Zertifizierung“ sondern durch entsprechende Regelung in der AZWV als Rechtsverordnung nach § 87 SGB III erfolgt ist.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Gegen die „enge Anbindung“ an die BA und die „Schlüsselrolle“ der BA im Anerkennungsverfahren gab es Einwände des DGB und von der Arbeitgeberseite. Der DGB kritisierte, durch diese Organisationsform werde die – vom DGB grundsätzlich beanstandete – Dominanz der schnellen und kostengünstigen Vermittlung als wichtigstes Kriterium der Neuregelungen weiter verstärkt.110 Ferner widerspreche diese Konstruktion der Intention der Hartz-Gesetzgebung, die Qualitätssicherung der beruflichen Weiterbildung von der BA zu trennen. Um die Unabhängigkeit von der Geschäftspolitik der BA sicherzustellen, sei die Anerkennungsstelle besser beim Bundesinstitut für Berufsbildung anzusiedeln.111 Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat gefordert, die Akkreditierung solle, entsprechend den Qualitätsstandards der Wirtschaft und der für andere Bereiche von ihr praktizierten Verfahren der Akkreditierung und Zertifizierung, auch für diesen neuen Bereich durch ein Mitglied des Deutschen Akkreditierungsrats (DAR) erfolgen. Gefragt sei „ein privatwirtschaftlicher Akkreditierer, der über hinreichend Erfahrung und Sachverstand im Bereich der Akkreditierung von Weiterbildungsanbietern verfügt, der offen und transparent arbeitet und national wie auch auf europäischer Ebene und international aufgestellt und akzeptiert“ sei. Schon die Akkreditierung der Zertifizierer müsse „ein Qualitätssignal für den Markt“ sein. Und: „Ganz klar als akkreditierende Stelle auszuschließen sind öffentlich-rechtliche Einrichtungen sowie deren Tochtergesellschaften“, weil das System Förderung der beruflichen Weiterbildung „nicht noch stärker behördlich administriert“ werden solle.112 Zutreffend ist, dass sich eine organisatorisch und rechtlich verselbständigte Anerkennungsstelle, die etwa der DAU GmbH für den Bereich der Zulassung von Umweltgutachtern vergleichbar wäre, besser zu den vom Gesetzgeber genannten Gründen für die Neugestaltung des „Zulassungsverfahrens“ nach den §§ 77 ff. SGB III gefügt hätte. In der Literatur wird dementsprechend unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzgebers, es sollten mit der Reform eine größere Objektivität und mehr Wettbewerb erreicht werden,113 kritisiert, schon der angebliche Mangel an Objektivität der AA sei nicht recht nachvollziehbar. Ob mehr Objektivität mit der nun ge109

Vgl. S. 6 Begr. AZWV. Vgl. Stellungnahme des DGB zur AZWV vom 16.03.2004, S. 1. 111 Vgl. DGB, a. a. O., S. 2. 112 Vgl. Stellungnahme der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände zur Qualitätssicherung in der Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) vom 04.12.2002, S. 5. 113 s. BT-Drucks. 15/25, S. 30. 110

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

wählten Lösung erreicht werde, sei in erheblichem Maße fraglich, da die BA als Anerkennungsstelle tätig werde, also „die Behörde, an deren Objektivität der Gesetzgeber Zweifel hatte“.114 Als Argument für die Einrichtung der Anerkennungsstelle bei der BA lässt sich allerdings deren besondere Erfahrung und Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet anführen. Diese wird nicht zuletzt daran deutlich, dass nach § 15 AZWV die BA für eine Übergangszeit auch die Zulassungen bzw. Zertifizierungen weiter durchgeführt hat. Auf diese Sachkunde vertraut der Verordnungsgeber andererseits aber offenbar nicht vollständig, wie die Möglichkeit der Hinzuziehung externer Sachverständiger nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AZWV verdeutlicht, mit der „die Kompetenz von am Markt vorhandenen Unternehmen“ genutzt werden soll.115 Dessen bedarf es wohl nur, wenn die Kompetenz der BA insoweit nicht für ausreichend oder zumindest als in erheblichem Maße verbesserungswürdig erscheint. Gleiches gilt für die Einrichtung des sog. „Anerkennungsbeirates“ nach § 6 AZWV. Der Anerkennungsbeirat soll gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AZWV die Anerkennungsstelle bei der Durchführung ihrer Aufgaben beraten und kann für die Anerkennungen und Zertifizierungen Empfehlungen aussprechen. Damit wird also zusätzlicher Sachverstand offenbar für erforderlich gehalten. Noch deutlicher kommt dies in der Begründung zur AZWV zum Ausdruck. Danach soll der Anerkennungsbeirat eine „Schlüsselfunktion“ für „eine den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragende Konkretisierung der fachlichen Anforderungen im Anerkennungsund Zertifizierungsverfahren und ihrer Fortentwicklung“ übernehmen.116 Mehr noch: „Zur Gewährleistung eines praxisnahen Anerkennungsverfahrens wird die Anerkennungsstelle vom Anerkennungsbeirat beraten“.117 Folglich hat der Verordnungsgeber insoweit offenbar bisher erhebliche Defizite angenommen. Drei der neun Mitglieder dieses Anerkennungsbeirates sind „unabhängige Experten“. Damit soll sichergestellt werden, „dass die Entscheidungen der Anerkennungsstelle und der Zertifizierungsstellen auch den Bedürfnissen der Praxis entsprechen“.118 Dann liegt es zumindest nicht fern zu fragen, warum nicht externe Experten auch direkt in entsprechenden Anerkennungsstellen Anerkennungsverfahren durchführen können sollten. 114

Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 5. Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 116 Vgl. S. 2 Begr. AZWV. 117 Vgl. S. 6 Begr. AZWV; vgl. auch S. 8 Begr. AZWV: „Um sicherzustellen, dass die Entscheidungen der Anerkennungsstelle und der Zertifizierungsstellen auch den Bedürfnissen der Praxis entsprechen, wird die Anerkennungsstelle durch einen Anerkennungsbeirat unterstützt“. 118 Vgl. S. 8 Begr. AZWV. 115

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass besondere Sachkunde Dritter zwar ihre Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren sinnvoll erscheinen lässt, aber nicht bereits dazu zwingt, ihnen die betreffenden Aufgaben gleich vollständig zu übertragen. Zudem ist es der Anerkennungsstelle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AZWV unbenommen, Begutachtungen auch ohne Hinzuziehung externer Sachverständiger durchzuführen. Die Kernkompetenz und die Sachkunde der BA in ihrer Funktion als Anerkennungsstelle wird also auch vom Verordnungsgeber nicht in Zweifel gezogen. Ein Beleihungsmodell analog § 28 UAG wäre damit lediglich eine mögliche, aber keine zwingende Alternative. Davon zu unterscheiden ist die nun zu erörternde Frage, ob die Beschränkung auf eine einzige Anerkennungsstelle sinnvoll ist. b) Das „Anerkennungsmonopol“ der BA – Sinnvoll oder empfiehlt sich de lege ferenda eine Lösung mit mehreren Anerkennungsstellen? Alternative bzw. weitere Anerkennungsstellen zu der bei der BA eingerichteten sind zwar, wie ausgeführt, nicht vorgesehen. Da der Gesetzeswortlaut aber nicht ausschließt, dass die Anerkennung auch durch mehrere Stellen erfolgen kann, stellt sich die weitere Frage, ob die gewählte Lösung einer „Monopol-Akkreditierungsstelle“ sinnvoll ist und ob sich zumindest de lege ferenda eine Struktur mit mehreren Akkreditierungsstellen empfehlen könnte. Schon aus dem bereits erwähnten Anliegen des Gesetzgebers, mehr Wettbewerb im Bereich der zugelassenen Träger und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zu schaffen und zu fördern, könnte sich ergeben, dieses Ziel auch auf die Zertifizierung und die Anerkennung zu erstrecken. Als Argument für eine plurale Anerkennungsstruktur ist wiederum auf den Umstand zu verweisen, dass auch das vom Verordnungsgeber gestaltete Anerkennungsverfahren keineswegs auf „externen“ Sachverstand verzichtet: Die Anerkennungsstelle kann sich, wie dargelegt, für die Begutachtung externer Sachverständiger bedienen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AZWV). Diese dürfen nach § 3 Abs. 1 Satz 3 AZWV mit einer Zertifizierungsstelle weder wirtschaftlich, personell noch organisatorisch verbunden sein. Dass „die Kompetenz von am Markt vorhandenen Unternehmen für die Durchführung des Anerkennungsverfahrens genutzt werden“ könne,119 spricht aber ebenfalls für ein plurales System bereits im Bereich des Aner119

Vgl. S. 6 Begr. AZWV.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

kennungsverfahrens. Denn wenn externer Sachverstand vom Verordnungsgeber offenbar für erforderlich oder zumindest zweckmäßig gehalten wird, um das Anerkennungssystem zu verbessern, insbesondere im Bereich der Dokumentenprüfung oder für ein Audit bei den Zertifizierungsstellen,120 kann dieser auch durch ein System nutzbar gemacht werden, in dem mehrere mit entsprechend qualifizierten Sachverständigen besetzte Anerkennungsstellen im Bundesgebiet tätig werden. Schließlich gibt es, wie ausgeführt, etwa auch bei den anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen keine „Monopolanerkennungsstelle“. Bei hinreichend qualifizierten Vorgaben des Gesetz- und des Verordnungsgebers für die Arbeit externer Anerkennungsstellen und einem wirksamen Aufsichtssystem ist nicht zu erkennen, warum nicht auch im Bereich der Anerkennungsstellen mehr „Wettbewerb“ – wenn auch aufgrund der einheitlichen Gebührenregelung nicht beim Preis für die Durchführung der Anerkennungsverfahren – geschaffen werden sollte. Als Argument für die Schaffung weiterer Anerkennungsstellen lässt sich des Weiteren die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 4 AZWV anführen. Danach „sollen“ Zertifikate, die „in einem der Anerkennung entsprechenden Verfahren erteilt“ wurden, „ganz oder teilweise“ berücksichtigt werden. Dabei hat die Anerkennungsstelle zu prüfen, ob das Verfahren, das der Erteilung des vorgelegten Zertifikats zugrunde liegt, in seinen Voraussetzungen dem Verfahren nach den §§ 2, 3 AZWV entspricht (§ 3 Abs. 2 Satz 5 AZWV). Mit dieser Regelung sollen „unnötige Doppelprüfungen“ vermieden werden.121 Die Existenz von Zertifikaten, die „in einem der Anerkennung entsprechenden Verfahren“ erteilt wurden, wird ausdrücklich vorausgesetzt.122 Für die Berücksichtigung dieser Zertifikate hat die Anerkennungsstelle dann zu prüfen, „ob das Verfahren, das der Erteilung des vorgelegten Zertifikats zugrunde liegt, in seinen Voraussetzungen dem nach §§ 2 und 3 dieser Verordnung entspricht und ob alle Anforderungen an die Zertifizierungsstelle abgeprüft wurden“.123 Wenn danach aber die Anerkennung durch private Dritte bzw. entsprechende Zertifikate „zur Vermeidung von Doppelprüfungen“ auch ganz anerkannt werden können, ist es zumindest erwägenswert, den Sachverstand dieser bereits existierenden „Anerkennungsstellen“ außerhalb der BA zu nutzen und so das Marktgeschehen auch auf den Bereich der Anerkennung selbst zu erstrecken bzw. auch insoweit Wettbewerb zu ermöglichen. 120 121 122 123

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

S. S. S. S.

2 7 7 7

Begr. Begr. Begr. Begr.

AZWV. AZWV. AZWV. AZWV.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Des Weiteren könnten europarechtlich begründete Regelungen dazu führen, ein monopolistisches Anerkennungsverfahren durch die BA auszuschließen. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AZWV stehen Zertifizierungsstellen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union „nach einem vergleichbaren Verfahren“ zugelassen sind, in Deutschland zugelassenen Zertifizierungsstellen gleich. Eine erneute Prüfung der Voraussetzungen durch die Anerkennungsstelle ist also nicht erforderlich.124 Die Prüfung wird sich dann auf die „Vergleichbarkeit“ des jeweiligen Anerkennungsverfahrens beschränken. Lässt sich also eine monopolistische Anerkennungsstruktur für den „deutschen Markt“ ohnehin nicht halten, verstärkt dies den Begründungsdruck für die bisher gewählte Struktur des Anerkennungsverfahrens. Auch der Verweis auf Anerkennungsverfahren aus anderen Rechtsgebieten ist nicht geeignet, eine Monopol-Anerkennungsstelle zu rechtfertigen. Zwar hat der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber, wie ausgeführt, die Anerkennungsstellen für die Zulassung von Umweltgutachtern125 sowie für die Zulassung von „zugelassenen Stellen“ nach dem GPSG jeweils ausschließlich einer einzigen Stelle übertragen: der Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH (DAU) bzw. der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS). Zwingend vorgegeben war diese Entscheidung für eine monopolistische Anerkennungsstelle allerdings auch in diesen Fällen nicht: § 28 UAG enthält die Ermächtigung, „eine oder mehrere juristische Personen des Privatrechts“ mit den Aufgaben der Zulassungsstelle zu beleihen. Gleiches gilt für die „zuständige Behörde“ i. S. d. § 11 Abs. 1 GPSG. Denn da die Zuständigkeit für die Durchführung des Anerkennungsverfahrens in die Kompetenz der Bundesländer fällt, hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass in 16 Bundesländern jeweils entsprechende Behörden tätig werden.126 Auch nach § 22 der PflegePrüfVO war eine plurale Anerkennungsstruktur vorgesehen. Das Anerkennungsverfahren sollte von den Landes- oder Bundesverbänden der Pflegekassen als Anerkennungsstellen durchgeführt werden. Diese sollten wiederum berechtigt sein, „Arbeitsgemeinschaften zu bilden und diesen die Entscheidung über die Anerkennung zu übertragen“.127 Im Ergebnis ist damit de lege ferenda eine Lösung mit mehreren Anerkennungsstellen vorzuziehen, während für die bisherige Monopollösung, ge124 125 126 127

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

S. 17 Begr. AZWV. § 28 UAG i. V. m. UAG-Beleihungsverordnung. Geiß/Doll, § 11, Rdnr. 8. § 22 Abs. 1 PflegePrüfVO, BT-Drucks. 588/02, S. 23.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

rade mit Blick auf die Motive des Gesetz- und Verordnungsgebers, keine überzeugenden Gründe ersichtlich sind. Gegebenenfalls kann dies im Rahmen einer geplanten Evaluierung des nunmehr eingeführten Verfahrens berücksichtigt werden, mit der „die Organisation, die Effizienz und die Effektivität der Anerkennungsstelle mittelfristig überprüft werden“ soll.128

4. Der Ablauf des Anerkennungsverfahrens Das Anerkennungsverfahren beginnt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 AZWV mit einem schriftlichen Antrag der die Anerkennung begehrenden Zertifizierungsstelle, dem die „erforderlichen Unterlagen“129 beizufügen sind. Für die Begutachtung kann sich die Anerkennungsstelle, wie ausgeführt, gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 u. 3 AZWV externer Sachverständiger bedienen,130 wobei diese Sachverständigen weder wirtschaftlich, personell noch organisatorisch mit „einer“ Zertifizierungsstelle verbunden sein dürfen. Diese Regelung dient dem Schutz der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Entscheidungsfindung. Sofern die Anerkennungsvoraussetzungen des § 2 AZWV, die noch darzustellen sind, vorliegen, besteht ein Anspruch der Zertifizierungsstelle auf Anerkennung. Ein Ermessen der Anerkennungsstelle ist gemäß § 2 AZWV nicht eröffnet. Die Anerkennung ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AZWV auf längstens drei Jahre zu befristen. Danach ist, sofern die Tätigkeit fortgesetzt werden soll, ein neuer Antrag zu stellen, wie aus der Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 2 AZWV ersichtlich ist. In diesem neuen Antrag ist insbesondere auch mitzuteilen, ob von anderen Zertifizierungsstellen abgelehnte Bildungsträger zugelassen wurden. Für ihre Tätigkeit erhebt die Anerkennungsstelle nach Maßgabe des § 13 Satz 1 AZWV und der entsprechenden Gebührentabelle Gebühren und Auslagen.131 Für den Widerruf oder die Rücknahme einer „Amtshandlung“ sowie für die Ablehnung eines Antrages auf Vornahme einer Amtshandlung 128

Vgl. S. 7 Begr. AZWV. Dies betrifft den Katalog der allgemeinen Anforderungen für die Anerkennung nach § 2 AZWV und die insoweit erforderlichen Nachweise. 130 Dies scheint in der Praxis sogar der Regelfall zu sein und umfassend zu erfolgen, vgl. www.arbeitsagentur.de/Berufliche Qualifizierung/Anerkennung fachkundiger Stellen, Stand 14.08.2006: „Die Prüfung des Inhalts der Antragsunterlagen wird im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens durch vertraglich gebundene Begutachter vorgenommen“. 131 Vgl. im Einzelnen die Gebührentabelle, Anlage zu 13 AZWV. 129

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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werden Gebühren nach § 15 des Verwaltungskostengesetzes erhoben (vgl. § 13 Satz 2 AZWV). Die anerkannten Zertifizierungsstellen werden gemäß § 5 AZWV von der Anerkennungsstelle in einem Verzeichnis mit Namen, Anschriften und verantwortlichen Personen sowie Angaben über den Geschäftsbereich und die Dauer der Anerkennung erfasst. Nach erfolgter Anerkennung hat die Zertifizierungsstelle die Mitteilungspflichten des § 4 AZWV zu beachten. Sie ist verpflichtet, der Anerkennungsstelle Änderungen, die „Auswirkungen“ auf die Anerkennung haben können unverzüglich anzuzeigen und hierbei darzulegen, dass die Anforderungen des § 2 AZWV weiterhin erfüllt werden (vgl. § 4 Abs. 1 AZWV). Ferner sind die Zertifizierungsstellen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AZWV verpflichtet, der Anerkennungsstelle auf deren Verlangen Auskünfte über das Zertifizierungsverfahren zu erteilen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Zudem müssen sie die Kosten der zugelassenen Maßnahmen erfassen und der BA vorlegen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 AZWV).

5. Der Anerkennungsbeirat gemäß § 6 AZWV a) Die Regelung des § 6 AZWV Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AZWV wurde „bei der Anerkennungsstelle“ ein Beirat, der Anerkennungsbeirat, eingerichtet, der gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 AZWV von der Anerkennungsstelle unterstützt wird. Die eigentliche Aufgabe des Anerkennungsbeirates ist in der AZWV nur sehr kurz beschrieben. Er berät die Anerkennungsstelle bei der Durchführung ihrer Aufgaben und kann für die Anerkennung und Zertifizierung „Empfehlungen“ aussprechen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 AZWV). In der Begründung zur AZWV wird hervorgehoben, die wichtigste Aufgabe des Anerkennungsbeirates sei es, „konkretisierende Empfehlungen zum fachlichen Anforderungsprofil im Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren auszusprechen, die geeignet sind, die Qualität der beruflichen Weiterbildung nachhaltig zu verbessern.“ Bei der Ausübung seiner „Schlüsselfunktion“ müsse der Anerkennungsbeirat arbeitsförderungs- und bildungspolitischen Belangen wie auch Belangen der Qualitätstestierung und Qualitätssicherung gleichermaßen Rechnung tragen.132 Der Erreichung dieser Ziele soll die Zusammensetzung des Anerkennungsbeirates dienen, die zugleich „das Spektrum der verschiedenen 132

Vgl. S. 2 Begr. AZWV.

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von der beruflichen Weiterbildung betroffenen gesellschaftlichen Gruppen“ repräsentiere:133 Der Anerkennungsbeirat besteht aus neun Mitgliedern,134 wählt aus seiner Mitte eine(n) Vorsitzende(n) sowie eine(n) stellvertretende(n) Vorsitzende(n) und gibt sich eine Geschäftsordnung.135 Wie sich der Anerkennungsbeirat zusammensetzt, ist in § 6 Abs. 2 Satz 2 AZWV geregelt: Je ein(e) Vertreter(in) der Länder, der Arbeitnehmer(innen), der Arbeitgeber, der Bildungsverbände, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie „drei unabhängige Expertinnen oder Experten“. Die Mitglieder des Anerkennungsbeirates werden durch die Anerkennungsstelle im Einvernehmen mit den beiden beteiligten Ministerien berufen.136 Vorschlagsberechtigt sind gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 1–4 AZWV für die Vertreter(innen) der Länder der Bundesrat, der Arbeitnehmer(innen) der DGB, der Arbeitgeber die BDA und für die Vertreter(innen) der Bildungsverbände die Bildungsverbände, die sich auf einen Vorschlag einigen müssen. Für die Abberufung der Mitglieder verweist § 6 Abs. 4 Satz 2 AZWV auf die Regelung des § 377 Abs. 3 SGB III. Der Verordnungsgeber hat ausgeführt, der Anerkennungsbeirat wirke „nicht über Richtlinien“, sondern spreche Empfehlungen aus. Auf diese Weise solle vor allem der „Sachverstand des Beirates genutzt werden, um inhaltliche Vorgaben zur Beurteilung der in . . . (der AZWV) aufgeführten Anforderungen auszuarbeiten“. Es sollen insbesondere die Anforderungen des § 2 AZWV hinsichtlich der Anerkennung einer Zertifizierungsstelle näher konkretisiert werden und „Empfehlungen zum Zulassungsverfahren von Zertifizierungsstellen“ (gemeint ist wohl zum Zulassungsverfahren, das die Zertifizierungsstellen durchführen) erarbeitet werden.137 Der Hinweis des Verordnungsgebers, es würden keine Richtlinien erlassen, lenkt den Blick auf ein Gremium, das ebenfalls pluralistisch besetzt ist und an Anerkennungs- und Zulassungsverfahren mitwirkt, allerdings eben über den Erlass von Richtlinien: den Umweltgutachterausschuss. Um die rechtlichen Probleme der Regelung des § 6 AZWV zu untersuchen, soll nachfolgend zunächst am Beispiel des strukturell in vielen Punkten ähnlichen Umweltgutachterausschusses nach § 21 ff. UAG der Meinungsstand in der Literatur zu gleichen oder zumindest vergleichbaren 133 134 135 136 137

Vgl. S. 9 Begr. AZWV. § 6 Abs. 2 Satz 1 AZWV. § 6 Abs. 3 Satz 1 AZWV. § 6 Abs. 2 Satz 3 AZWV. Vgl. S. 8 f. Begr. AZWV.

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rechtlichen Fragen, insbesondere mit Blick auf verfassungsrechtliche Probleme, dargestellt werden. Ein weiteres, pluralistisch besetztes Gremium betrifft zwar nicht, wie beim Umweltgutachterausschuss, den Bereich der Berufszulassung, aber immerhin den Bereich der Berufausübung. Zudem übt es über den Erlass von Richtlinien erheblichen Einfluss im Bereich des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V aus: der Gemeinsame Bundesausschuss nach den §§ 91 ff. SGB V. Es handelt sich dabei um eine Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung der Verbände der Leistungserbringer und der Krankenkassen, die gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 SGB V rechtsfähig ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann u. a. gemäß § 92 SGB V die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschließen.138 In jüngster Zeit werden betreffend dieses Gremium, wie noch auszuführen ist, ähnliche verfassungsrechtliche Fragen erörtert, wie sie sich auch für den Anerkennungsbeirat nach § 6 AZWV stellen.139 Die betreffenden Probleme werden daher ebenfalls – wenn auch nur, da es dort lediglich um den Bereich der Berufsausübungsregelungen geht, ergänzend – als Vergleichsmaßstab für die rechtliche Beurteilung herangezogen. b) Verfassungsrechtliche Probleme der Beteiligung pluralistisch besetzter Gremien an Entscheidungen der Verwaltung am Beispiel des Umweltgutachterausschusses und des Gemeinsamen Bundesausschusses nach §§ 91 ff. SGB V aa) Zusammensetzung des Umweltgutachterausschusses und Rechtsbeziehung zum BMU Wie bereits ausgeführt, wird der Umweltgutachterausschuss140 gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UAG „beim“ BMU gebildet. Zu seinen Aufgaben zählt neben der Beratung des BMU in allen Zulassungs- und Aufsichtsangelegenheiten141 u. a. der Erlass von Richtlinien für die Auslegung und Anwendung 138 Vgl. zur rechtlichen, auch verfassungsrechtlichen, Einordnung der Richtlinien nach § 92 SGB V a. F., der den Richtlinienerlass durch einzelne Bundesausschüsse betraf: Hänlein, Rechtsquellen, S. 464 ff. 139 Vgl. Stefanie Seeringer: Der Gemeinsame Bundesausschuss nach dem SGB V. Rechtliche Form, normative Befugnisse und Steuerung der Qualität der medizinischen Versorgung, 1. Aufl., 2006, S. 149 ff. 140 Im Folgenden kurz: UGA. 141 § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UAG.

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der §§ 4–18 UAG und der aufgrund dieser Normen ergangenen Rechtsverordnungen.142 Diese Richtlinien sind vom BMU gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 UAG im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Es handelt sich um allgemeine Verwaltungsvorschriften i. S. d. Art. 86 GG.143 Der UGA ist gemäß § 22 UAG pluralistisch besetzt, u. a. mit Vertretern der Umwelt- und der Wirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder sowie der Gewerkschaften und der Umweltverbände. Diese – 25 – Mitglieder bzw. Vertreter unterliegen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 UAG keinen Weisungen und sind ehrenamtlich tätig. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 UAG sind die Regelungen der §§ 83, 84 VwVfG anzuwenden.144 Es bestehen auch fachliche Anforderungen an die Mitglieder. Sie müssen gemäß § 22 Abs. 2 UAG in Angelegenheiten des betrieblichen Umweltschutzes über gründliche Fachkenntnisse und mindestens dreijährige praktische Erfahrungen verfügen. Die Mitglieder und ihre Vertreter werden vom BMU nach § 22 Abs. 3 UAG für die Dauer von drei Jahren berufen – und zwar auf Vorschlag der Bundesdachverbände der Wirtschaft, der freien Berufe im Einvernehmen mit den Organisationen der Umweltgutachter, der Gewerkschaften und der Umweltverbände sowie der zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden. Nach § 23 Abs. 1 UAG bedarf die Geschäftsordnung des UGA der Genehmigung des BMU. Nach § 23 Abs. 3 UAG beschließt der UGA in Angelegenheiten nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 u. 2 UAG (also insbesondere in die Richtlinien betreffenden Angelegenheiten) mit der Mehrheit von 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl. Schließlich unterliegt der UGA gemäß § 27 Abs. 1 der Rechtsaufsicht des BMU.145 Insbesondere die Beschlüsse betreffend die Richtlinien bedürfen nach § 27 Abs. 3 Satz 1 UAG der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Diese kann rechtswidrige Beschlüsse des UGA beanstanden und nach vorheriger Beanstandung aufheben.146 Ferner sind Anordnungsbefugnisse und ein Selbsteintrittsrecht der 142 143

§ 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UAG. Vgl. nur Köck, S. 670; Feldhaus, Rdnr. 89; Erbrath, S. 207 f.; Schneider,

S. 78. 144 Die Mitglieder des UGA haben gemäß § 83 Abs. 1 VwVfG ihre Tätigkeit gewissenhaft und unparteiisch auszuüben und sind gemäß § 83 Abs. 2 VwVfG bei Übernahme ihrer Aufgaben zur gewissenhaften und unparteiischen Tätigkeit und zur Verschwiegenheit besonders zu verpflichten. § 84 VwVfG enthält die Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht. 145 Zu diesem Zweck enthält § 27 Abs. 2 UAG für die Aufsichtsbehörde die Befugnis, an den Sitzungen des UGA teilzunehmen. Ferner ist ihr auf Verlangen das Wort zu erteilen und kann sie schriftliche Berichte und Aktenvorlage fordern. 146 § 27 Abs. 3 Satz 2 UAG.

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Aufsichtsbehörde gegeben.147 Als ultima-ratio-Maßnahme ist in § 27 Abs. 4 UAG das Recht der Aufsichtsbehörde geregelt, den UGA aufzulösen und neue Mitglieder nach § 22 Abs. 3 UAG zu berufen.148 bb) Verfassungsrechtliche Probleme und Kritik Der Umweltgutachterausschuss als neue Form der Einbindung von sachverständigen Personen und Interessenvertretern in das Verwaltungsverfahren hat in verschiedener Hinsicht Kritik hervorgerufen. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht sind die Regelungen betreffend den UGA verfassungswidrig, weil sie gegen das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) verstoßen sollen.149 Weil der UGA die Richtlinien selbst erlasse, seine Mitglieder aber – mit Ausnahme von Weisungen im Rahmen der Rechtsaufsicht – nicht an Weisungen gebunden seien, werde der demokratische Legitimationszusammenhang nicht mehr gewahrt. Denn der Erlass der Richtlinien für das Funktionieren des Umwelt-Audit-Systems sei von derart großer politischer Tragweite, dass eine Delegation der Entscheidungskompetenz auf ein weisungsfreies Gremium nicht zulässig sei. Die Möglichkeit der Rechtsaufsicht genüge nicht, um die demokratische Legitimation des UGA bzw. seiner Tätigkeit herzustellen.150 Der Staat, so die weitere Kritik, begebe sich mit der Einrichtung des UGA seiner eigenständigen und unabhängigen Kompetenz zum Erlass bindender Vorgaben für die Zulassungsstelle und übertrage die Kompetenz einer Einrichtung, in der staatliche Vertreter deutlich in der Minderheit seien.151 Ein dem Demokratieprinzip (noch) entsprechendes Legitimationsniveau sei nicht mehr gegeben. Schon die personelle Besetzung des UGA sei mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar, da die Mehrheit der Mitglieder nicht durch dem Demokratieprinzip entsprechende öffentliche und transparente Verfahren bestimmt würden.152 Ein Verzicht auf staatliche Steuerung durch eine Bindung hoheitlicher Aufgabenträger an Regelwerke, die von nicht-staatlich dominierten Gremien festgelegt werden, bedürfe ei147

§ 27 Abs. 3 Satz 3–5 UAG. Vorgeschlagene Personen, die Mitglieder des aufgelösten UGA waren, braucht sie nicht zu berücksichtigen. 149 Vgl. Lübbe-Wolff, NuR 1996, S. 217 ff., 220 f.; vgl. auch Möller, S. 127, FN 367, der ebenfalls kritisiert, der UGA erlasse Richtlinien, ohne dass es einen durchgehenden demokratischen Legitimationszusammenhang gebe. Der UGA entscheide letztverbindlich und weisungsunabhängig. 150 Vgl. Lübbe-Wolff, NuR 1996, S. 217 ff., 220. 151 Vgl. Streck, S. 99. 152 Vgl. Streck, S. 101. 148

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ner besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung:153 „Es ist kein Grund erkennbar, warum der UGA in seiner jetzigen Form für eine unabhängige und neutrale Aufgabenwahrnehmung notwendig wäre“.154 Schließlich sei der UGA auch kein Modell für eine gelungene Kooperation von Staat und Gesellschaft. Denn eine solche könne nur stattfinden, wenn beide Partner hinreichenden Einfluss auf die gemeinsamen Aufgaben und Problemlagen behielten. Kooperation bestehe aber dann nicht mehr, wenn der Staat sich seiner Einflussnahme, wie im Zulassungs- und Aufsichtssystem des UAG, weitgehend selbst entledige.155 Die überwiegende Auffassung in der Literatur erachtet dagegen die Regelungen betreffend den UGA als verfassungsgemäß. Ungeachtet der pluralistischen Zusammensetzung seien die Anforderungen des Demokratie- und des Rechtsstaatsprinzips beachtet. Die staatliche Letztentscheidungskompetenz sei hinreichend gewahrt, da die Vertreter des Bundes und der Länder insbesondere betreffend den Erlass von Richtlinien über eine Sperrminorität im UGA verfügten. Nach §§ 11 Abs. 5, 20 UAG könne die Bundesregierung gegenüber den Richtlinien des UGA vorrangige und außenverbindliche Regelungen durch Rechtsverordnung treffen.156 Auch müssten Besetzungsvorschläge für den UGA nur bis zur Ermessensgrenze des § 22 Abs. 2 UAG beachtet werden.157 Zudem bedürften die Beschlüsse des UGA noch der Genehmigung des BMU.158 Die fachliche Weisungsfreiheit rechtfertige sich aus den Vorgaben der EMAS-VO, wonach die Zulassungsaufgaben unabhängig und neutral erfüllt werden sollten.159 Die Richtlinien seien auch keine Entscheidungen von politischer Tragweite, sondern konkretisierten lediglich Vorgaben des Gesetzgebers und der EMAS-VO.160 Schließlich habe das BMU nach § 27 UAG erhebliche auf153

Vgl. Streck, S. 102. Vgl. Streck, S. 101. 155 Vgl. Streck, S. 103. 156 Vgl. Ewer in: Rengeling (Hrsg.), 2. Aufl., § 36, Rdnr. 147; Ritter, S. 113. 157 Vgl. Waskow, S. 128; Erbrath, S. 242: „kein Benennungsautomatismus“; Schneider, S. 80; einschränkend allerdings Thomas Mayen: Der Umweltgutachterausschuß, in: Ewer/Lechelt/Theuer, Teil G, Rdnr. 21, der die Regelung des § 22 Abs. 3 UAG mit Rücksicht auf die organisatorisch- personellen Anforderungen an die demokratische Legitimation dahingehend verfassungskonform auslegen will, dass die Zahl der Vorschläge für die nicht-staatlichen Vertreter im UGA die Zahl der zu besetzenden Stellen um mehr als 50% überschreiten und zudem ein Zurückweisungsrecht des BMU hinsichtlich der unterbreiteten Vorschläge gegeben sein müsse. 158 Vgl. Ewer, a. a. O., Rdnr. 147; Kothe, Rdnr. 482. 159 Vgl. Schneider, S. 81. 160 Vgl. Erbrath, S. 241 f.; Grühn, S. 102; Schneider, S. 81 f. 154

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sichtsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten auf den UGA.161 Damit sei ein „beträchtliches Steuerungspotential“ des Staates gegeben.162 cc) Zusammenfassung Nach weit überwiegender Ansicht genügen die Regelungen betreffend den UGA (noch) den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG. Begründet wird dies mit den weitgehenden, bis zum Auflösungs- und Selbsteintrittsrecht reichenden Möglichkeiten des BMU im Wege der Rechtsaufsicht, mit der staatlichen Letztentscheidungskompetenz über die Benennung der Mitglieder des UGA, wobei die fachliche Eignung über die Regelung des § 22 Abs. 2 UAG sichergestellt sein soll, mit der Sperrminorität staatlicher (und damit demokratisch legitimierter) Mitglieder des UGA gerade im bedeutsamen Fall des Erlasses von Richtlinien sowie mit der fehlenden politischen Tragweite der Entscheidungen und Richtlinien des UGA. Teilweise wird ergänzend ein Zurückweisungsrecht des BMU gegenüber Besetzungsvorschlägen und ein Auswahlrecht des BMU unter verschiedenen Besetzungsvorschlägen gefordert. dd) Zusammensetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses, Aufgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses und Rechtsbeziehung zum Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Bundesverbände der Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und die Verbände der Ersatzkassen bilden gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Gemeinsamen Bundesausschuss. Dieser setzt sich gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 SGB V aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, vier Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einem Vertreter der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, vier Vertretern der Deutschen Krankenhausgesellschaft, drei Vertretern der Ortskrankenkassen, zwei Vertretern der Ersatzkassen und je einem Vertreter der Betriebskrankenkassen, der Innungskrankenkassen, der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der Knappschaftlichen Krankenversicherung zusammen. Sofern sich die in § 91 Abs. 1 SGB V genannten Verbände, entgegen der Regelung in § 91 Abs. 2 Satz 2 SGB V, nicht über den Vorsitzenden, über 161 Vgl. Waskow, S. 128; Erbrath, S. 241; Grühn, S. 103; Kothe, Rdnr. 482; Ritter, S. 113 f. 162 Vgl. Matthias Schmidt-Preuß: Umweltschutz ohne Zwang, S. 1175 f.

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die weiteren unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter einigen, erfolgt gemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 SGB V eine Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung163 im Benehmen mit den betreffenden Verbänden. Die Vertreter der Ärzte sowie deren Stellvertreter werden gemäß § 91 Abs. 2 Satz 4 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Vertreter der Krankenhäuser (und ihre Stellvertreter) von der Deutschen Krankenhausgesellschaft und die Vertreter der Krankenkassen (und ihre Stellvertreter) von den in § 91 Abs. 1 SGB V genannten Verbänden der Krankenkassen bestellt. Es handelt sich, wie der Verweis des § 91 Abs. 2 Satz 5 SGB V auf die Regelung des § 90 Abs. 3 Satz 1 u. 2 SGB V verdeutlicht, um eine Amtsausübung als Ehrenamt und es besteht keine Bindung an Weisungen. Der Gemeinsame Bundesausschuss unterliegt gemäß § 91 Abs. 10 SGB V der Aufsicht durch das BMG. Der Verweis in § 91 Abs. 10 SGB V auf die Regelungen der §§ 88, 89 SGB IV verdeutlicht, dass es sich um eine Rechtsaufsicht handelt. Neben der Befugnis der Aufsichtsbehörde zur Prüfung der Geschäfts- und Rechnungsführung (§ 88 Abs. 1 SGB IV) kann die Aufsichtsbehörde danach verlangen, ihr bzw. ihren Beauftragten alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts auf Grund pflichtgemäßer Prüfung gefordert werden (§ 88 Abs. 2 SGB IV). Dem BMG stehen gemäß § 91 Abs. 10 SGB V i. V. m. § 89 SGB IV die dort aufgeführten Aufsichtsmittel zur Verfügung. Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV soll die Aufsichtsbehörde bei einer Rechtsverletzung durch ein Handeln oder Unterlassen des Gemeinsamen Bundesausschusses zunächst darauf hinwirken, dass dieser die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss dieser Aufforderung nicht binnen angemessener Frist nach, kann die Aufsichtsbehörde gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine entsprechende Verpflichtung zur Behebung der Rechtsverletzung vornehmen. Diese Verpflichtung kann dann gemäß § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB IV unter den dort genannten Voraussetzungen mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden. Schließlich kann die Aufsichtsbehörde gemäß § 89 Abs. 3 SGB IV verlangen, dass eine Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses einberufen wird und, bei Nichtbefolgung, selbst eine solche Einberufung vornehmen und die Sitzung leiten. 163

Im Folgenden kurz: BMG.

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Der Gemeinsame Bundesausschuss fasst seine Beschlüsse gemäß § 91 Abs. 2 Satz 8 SGB V mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern seine Geschäftsordnung164 nichts anderes bestimmt. Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses sind gemäß § 91 Abs. 9 SGB V – von hier nicht zu erörternden Ausnahmen abgesehen – für die Versicherten, für die Krankenkassen und für die an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer sowie für die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich. Es handelt sich bei den Richtlinien folglich um untergesetzliche Rechtsnormen.165 Insbesondere beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss, wie bereits erwähnt, gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten.166 Ferner ist ein umfassender Katalog von Bereichen vorgegeben, für die der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 Abs. 1 Satz 2 SGB V Richtlinien beschließen soll. Für die einzelnen Richtlinien finden sich ferner in § 91 SGB V weitere inhaltliche Vorgaben oder Vorgaben für zu beachtende Stellungnahmen.167 Wirksam werden die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien, die nach § 94 Abs. 2 SGB V im Bundesanzeiger bekannt zu machen sind, gemäß § 94 Abs. 1 SGB V erst, nachdem sie dem BMG vorgelegt und von diesem nicht innerhalb einer zweimonatigen Frist beanstandet wurden. Kommen die erforderlichen Beschlüsse nicht oder nicht innerhalb einer vom BMG gesetzten Frist zustande oder werden Beanstandungen durch das BMG nicht fristgerecht behoben, erlässt das BMG die Richtlinien gemäß § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB V selbst.168 164 Vgl. zum Beschluss einer Verfahrens- und einer Geschäftsordnung die Regelung des § 91 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 u. 2 SGB V. Die Verfahrens- und die Geschäftsordnung bedürfen nach § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB V der Genehmigung des BMG. 165 Vgl. hierzu eingehend: Hänlein, Rechtsquellen, S. 464 ff., 469 u. 506; Christian Auktor in: Jürgen Kruse/Andreas Hänlein (Hrsg.): Das neue Krankenversicherungsrecht, 1. Aufl., 2004, Rdnr. 527. 166 Dabei hat er den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Er kann insbesondere die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind, vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V. 167 Vgl. z. B. § 91 Abs. 1 a), 1 b), 2, 3 a), 4 und 6 SGB V. 168 Vgl. zu dieser Verfahrensweise: Hänlein, Rechtsquellen, S. 470 f. m. w. Nachw.

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ee) Verfassungsrechtliche Probleme in Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß §§ 91 ff. SGB V Da der Gemeinsame Bundessausschuss als pluralistisch besetztes Gremium, wie dargelegt, über die Richtlinien nach § 92 SGB V Rechtsnormen schafft, die für die Adressaten verbindlich sind, stellt sich auch insoweit vor allem die Frage, ob er mit Blick auf das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG169 und den Grundsatz des Parlamentsvorbehalts bei wesentlichen Grundrechtseingriffen170 hinreichend verfassungsrechtlich legitimiert ist. Erörtert wird insbesondere, ob und gegebenenfalls wie Defizite im Bereich der demokratischen Legitimation betreffend die nicht-staatlichen Ausschussmitglieder durch andere Legitimationsstrategien ausgeglichen werden können.171 Als Ergebnis wird hinsichtlich der derzeitigen Regelung in §§ 91 ff. SGB V vertreten, dass der Gemeinsame Bundesausschuss über ein „Mindestlegitimationsniveau“ verfüge, das durch verschiedene hinzutretende Komponenten, insbesondere durch die Gewährleistung einer umfassenden staatlichen Aufsicht, angehoben werde. Dieses Aufsichtsrecht und die Beanstandungsmöglichkeit des BMG nach § 94 SGB V sorgten für eine genügende staatliche Kontrolle.172 Auch die Beteiligung nicht-staatlicher bzw. privater Mitglieder an der Normsetzung durch den Beschluss der Richtlinien sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten der funktionalen Selbstverwaltung vor allem aufgrund der umfassenden Aufsichtsrechte mit den Anforderungen des Demokratieprinzips vereinbar.173 Nach anderer Auffassung sind jedenfalls die Aufsichts- und Beanstandungsrechte des BMG nicht geeignet, eine gänzlich fehlende personell-demokratische Legitimation auszugleichen.174 Ebenso soll eine Kompensation von Defiziten betreffend die personell-demokratische Legitimation weder durch den Gedanken der Betroffenen-Partizipation175 noch durch besonderen Sachverstand176 möglich sein. Unstreitig ist hingegen durch die Regelungen der §§ 91 ff. SGB V der Parlamentsvorbehalt gewahrt, da der Gesetzgeber für die Richtli169

Vgl. zu diesem Problem betreffend § 92 SGB V a. F. umfassend: Hänlein, Rechtsquellen, S. 476 ff.; zur aktuellen Regelung: Seeringer, S. 164 ff. 170 Vgl. hierzu eingehend: Seeringer, S. 156 ff. 171 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 486 ff.; Seeringer, S. 180 ff., 211 ff. 172 Vgl. Seeringer, S. 225 f. 173 Vgl. Seeringer, S. 228 ff. 174 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 503 f. 175 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 497 ff. 176 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 500 ff.

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nien des Gemeinsamen Bundesausschusses hinreichende Vorgaben gemacht habe.177 Diese Argumente werden nachfolgend in Zusammenhang mit der Erörterung, ob der Anerkennungsbeirat hinreichend demokratisch legitimiert ist, im Einzelnen dargestellt. c) Verfassungsmäßigkeit des Anerkennungsbeirates? Unter Berücksichtigung der Argumente, die für und gegen eine Verfassungsmäßigkeit des UGA und des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgebracht wurden, ist nachfolgend zu untersuchen, ob die Regelung über den Anerkennungsbeirat mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Prüfungsmaßstab sind zum einen die Anforderungen des Demokratieprinzips nach Art. 20 Abs. 2 GG, zum anderen die des Rechtsstaatsprinzips bzw. des Vorbehalts des Gesetzes nach Art. 20 Abs. 3 GG. aa) Die Anforderungen des Demokratieprinzips nach Art. 20 Abs. 2 GG Aus dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG bzw. aus dem Grundsatz der Volkssouveränität folgt, dass für jegliche Ausübung staatlicher Gewalt und insbesondere auch für alle staatlichen Organe ein ununterbrochener Legitimationszusammenhang mit dem durch Wahlen bekundeten Volkswillen bestehen muss.178 In aller Regel ist keine unmittelbare demokratische Legitimation erforderlich, sondern genügt ein bloß mittelbarer, wenn auch ununterbrochener Legitimationszusammenhang.179 Das Demokratieprinzip fordert zum einen, dass sämtliche Bereiche der Staatsgewalt in ihrer verfassungsrechtlichen Ausgestaltung über eine funktionell-institutionelle Legitimation verfügen.180 Dies betrifft die Konstitution der gesetzgebenden, der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt als je eigene Funktionen und Organe durch den Verfassungsgeber.181 177

Vgl. Seeringer, S. 158 ff., insbes. S. 161 f. Vgl. nur BVerfGE 47, S. 253 ff., 272 u. 275; 83, S. 60 ff., 71 f.; 93, S. 37 ff., 66 f.; 107, S. 59 ff., 87; Böckenförde, HdbStR II, 3. Aufl.,2004, § 24, Rdnr. 11 f. u. 16; Schnapp in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Bd. 2, Art. 20, Rdnr. 18. 179 Vgl. etwa Böckenförde, § 24, Rdnr. 16; Schnapp in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 18; BVerfGE 47, S. 253 ff., 275; 83, S. 60 ff., 72 f. (st. Rechtspr.). 180 Vgl. hierzu Schnapp in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 21 m. w. Nachw.; Böckenförde, § 24, Rdnr. 15. 181 Vgl. Böckenförde, a. a. O., Rdnr. 15. 178

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Weiter wird – und dies ist für die vorliegende Untersuchung wesentlich – zwischen der organisatorisch-personellen und der sachlich-inhaltlichen demokratischen Legitimation unterschieden:182 Die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation besteht in einer ununterbrochenen, auf das Volk zurückzuführenden Legitimationskette für die mit der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben betrauten Amtswalter.183 Für die Bundesverwaltung ergibt sie sich aus der Parlamentswahl des Bundeskanzlers, dessen Regierungsbildung und den sodann erfolgenden Personalentscheidungen in den Ressorts.184 Für das Personal der Verwaltung ergibt sich daraus eine zwar mittelbare, aber immer noch ununterbrochene Rückführung ihrer Tätigkeit auf die durch die Parlamentswahl zum Ausdruck gebrachte Entscheidung des Wahlvolkes. Die uneingeschränkte organisatorisch-personelle demokratische Legitimation hat ein Amtsträger folglich dann, „wenn er verfassungsgemäß sein Amt im Wege einer Wahl durch das Volk oder das Parlament oder dadurch erhalten hat, dass er durch einen seinerseits personell legitimierten, unter Verantwortung gegenüber dem Parlament handelnden Amtsträger oder mit dessen Zustimmung bestellt worden ist (sog. ununterbrochene Legitimationskette)“.185 Sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation erfordert, dass die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und staatlicher Befugnisse auf das Volk zurückzuführen und diesem gegenüber zu verantworten ist. Entsprechend müssen dem Staat hinreichende Einfluss-, Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten vorbehalten bleiben.186 Für die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation wird vor allem die Weisungsunterworfenheit der Verwaltung bzw. der für sie konkret Handelnden für erforderlich erachtet.187 182 Vgl. im Einzelnen etwa: Michael Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 35 m. w. Nachw.; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 9 a u. 10. 183 Vgl. nur Böckenförde, § 24, Rdnr. 16; Schnapp in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 20; BVerwGE 106, S. 64 ff., 68. 184 Vgl. Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 39; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 9 a; BVerwGE 106, S. 64 ff., 73 ff. 185 Vgl. Martin Vomhof: Rechtsprobleme der Einbindung von sachverständigen Gremien in das Umwelt- und Technikrecht, 2000, S. 158 m. w. Nachw.; BVerfGE 93, S. 37 ff., 67; 107, S. 59 ff., 87; BVerwGE 106, S. 64 ff., 68. 186 Vgl. nur Streck, S. 99; Vomhof, S. 158 f.; Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 41, jeweils m. w. Nachw.; BVerfGE 93, S. 37 ff., 67; 107, S. 59 ff., 88; BVerwGE 106, S. 64 ff., 73 u. 75. 187 Vgl. Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 41; BVerfGE 93, S. 37 ff., 67: „. . . setzt voraus, dass die Amtsträger im Auftrag und nach Weisung der Regierung – ohne Bindung an die Willensentschließung einer außerhalb parlamentarischer Verantwortung stehenden Stelle – handeln können und die Regierung damit in die Lage versetzen, die Sachverantwortung gegenüber Volk und Parlament zu übernehmen“; vgl. auch BVerfGE 107, S. 59 ff., 88.

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Insbesondere für den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung, die als organisierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen an den sie berührenden Entscheidungen beschrieben werden kann,188 wurden spezielle, abgeschwächte Anforderungen für ein (noch) hinreichendes demokratisches Legitimationsniveau entwickelt, die in gewissem Umfang Einschränkungen bezüglich der demokratischen Legitimation ermöglichen sollen.189 Bevor die einzelnen Anforderungen des Demokratieprinzips zu prüfen sind, müsste aber zunächst einmal festgestellt werden, ob der Anerkennungsbeirat überhaupt Staatsgewalt (auch) im Sinne des Art. 20 Abs. 2 GG ausübt. Nur wenn dies zu bejahen ist, bedarf es einer Prüfung am Maßstab des Demokratieprinzips. bb) Ausübung von Staatsgewalt i. S. d. Art. 20 Abs. 2 GG durch den Anerkennungsbeirat Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts soll entscheidendes Kriterium sein, ob das betreffende Handeln (des Gremiums) Entscheidungs- oder bloßen Beratungscharakter hat, wobei bereits Mitentscheidungsbefugnisse für die Annahme der Ausübung von Staatsgewalt ausreichen:190 „Entscheidungen steuern die staatliche Herrschaft und müssen sich daher vom Volk herleiten. Dies gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch einen anderen Verwaltungsträger umgesetzt werden müssen, sofern dieser dazu rechtlich verpflichtet ist. Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen; dazu gehört auch die Ausübung von Vorschlagsrechten, wenn ein anderer Verwaltungsträger bei der Ausübung seiner Entscheidungsbefugnisse von ihnen rechtlich abhängig ist“.191 188 Vgl. etwa Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 10 a; vgl. hierzu auch Andreas Musil: Das Bundesverfassungsgericht und die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, DöV 2004, S. 116 ff., 117 m. w. Nachw., der die funktionale Selbstverwaltung dahingehend beschreibt, dass eine bestimmte Aufgabe aus der unmittelbaren Staatsverwaltung ausgegliedert und zur eigenverantwortlichen Erledigung einem eigenständigen öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekt übertragen werde. 189 Vgl. hierzu grundlegend BVerfGE 107, S. 59 ff., 89 ff.; vgl. hierzu: Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 10 a; Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 44; kritisch so solchen abgeschwächten Anforderungen z. B.: Matthias Jestaedt: Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, 1993, S. 492 ff. 190 Vgl. BVerfGE 26, S. 186 ff. (196 f.); 47, S. 253 ff., 273; 83, S. 60 ff., 73 f.; 93, S. 37 ff., 68; BVerwGE 106, S. 64 ff., 75 f. 191 BVerfGE 83, S. 60 ff., 73; BVerwGE 106, S. 64 ff., 76.

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Selbst eine weitgehende Weisungsunterworfenheit schließt danach eine für das Demokratieprinzip relevante Entscheidungsbefugnis nicht aus: „Das Mittel der Weisung kennzeichnet vor allem die zentralisierte und dekonzentrierte Verwaltung; die Zuständigkeiten der weisungsunterworfenen Organe verlieren dadurch ihren Charakter als Entscheidungskompetenzen nicht. Das gilt ebenso beim Bestehen von Selbsteintrittsrechten, Letztentscheidungsoder Abänderungsrechten eines übergeordneten aufsichtsführenden Organs in Konfliktfällen. Solange und soweit derartige Ingerenzrechte nicht ausgeübt werden, kommt die Entscheidungsgewalt des weisungsunterworfenen Amtsträgers zur Geltung; er übt insoweit, auch wenn er eine ihm bekannte allgemeine Haltung der Aufsichtsbehörde bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt, selbst staatliche Herrschaft aus“.192 Aus dem Bereich des demokratisch zu legitimierenden Handelns sollen danach nur lediglich vorbereitende und rein konsultative Tätigkeiten ausscheiden: „Die Tätigkeit von Beiräten und sonstigen Expertengremien, die mit beratenden Aufgaben befasst sind, ohne Mitbestimmungsbefugnisse zu haben, muss daher insoweit nicht auf das Volk zurückgeführt werden. In diesem Bereich können Vertreter gesellschaftlicher Interessen an der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben teilnehmen. Verdichtet sich indes die unverbindliche, bloß beratende Teilhabe an der Verwaltung zur Mitentscheidung, . . . so wird staatliche Herrschaft ausgeübt, die stets demokratisch, d.h. vom Staatsvolk, legitimiert sein muss“.193 Schon diese Rechtsprechungsnachweise zeigen, dass es für die verfassungsrechtliche Beurteilung entscheidend darauf ankommt, welche genauen Befugnisse der Anerkennungsbeirat hat. In der Literatur ist umstritten, ob auf rein formale Entscheidungsbefugnisse abzustellen ist oder ob auch materielle bzw. faktische Entscheidungsbefugnisse von Gremien dem Begriff der Ausübung von Staatsgewalt unterfallen. Nach der überwiegenden Ansicht ist in den Fällen, in denen die Behörden mit den Gremien beraten und sie ihre Entscheidungen faktisch entsprechend den Stellungnahmen der betreffenden Gremien treffen, eine materielle, demokratisch zu legitimierende Mitentscheidungsbefugnis der Gremien anzunehmen.194 Speziell für den Bereich der „beratenden“ Erarbeitung von technischen Regelungen durch ein sachverständiges Gremium, die sodann einem Ministerium zugeleitet werden, wird darauf verwiesen, schon mangels ausreichenden Sachverstandes könne das Ministerium hier bei Bedenken oder Zweifeln an der inhaltlichen Richtigkeit der technischen Regeln diese nur mit entsprechenden Hinweisen an das Gremium zurückrei192 193 194

BVerfGE 83, S. 60 ff., 73; BVerwGE 106, S. 64 ff., 76. BVerfGE 83, S. 60 ff., 74; vgl. auch BVerfGE 47, S. 253 ff., 273. Vgl. Vomhof, S. 161 ff. m. w. Nachw.

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chen, nicht aber die technischen Regeln selbst erarbeiten oder Dritte damit beauftragen.195 Zudem könne das Ministerium nicht nach Belieben nur Teile der Regeln verwenden oder veröffentlichen. Damit sei der Entscheidungsspielraum durch die Vorgaben des sachverständigen Gremiums so erheblich begrenzt, dass es sich bereits bei den Erarbeitung der technischen Regeln durch das Gremium um die legitimationsbedürftige Ausübung von Staatsgewalt handele.196 Zutreffend ist, dass eine rein formalistische Betrachtungsweise das Erfordernis demokratischer Legitimation nicht hinreichend beachtet, wenn die inhaltliche, wesentliche Entscheidung eben nicht von dem „beratenen“ Ministerium, sondern tatsächlich vom „beratenden“ sachverständigen Gremium getroffen wird. Dem Ministerium bleibt dann in aller Regel mangels ausreichender eigener fachlicher Einschätzungsmöglichkeiten nur eine „Plausibilitätskontrolle“ und als Regelfall die Umsetzung der vom Gremium erarbeiteten Vorgaben. Daraus kann sich ein „Wissensproblem“ des Staates ergeben: „In dem Maße, in dem der Staat auf privates Wissen zurückgreift . . . verliert er selbst an Handlungswissen, das er aber weiterhin benötigt, um den Regelungsrahmen zu formulieren, Ergebnisse zu beurteilen und . . . (im Bedarfsfall) selbst die Aufgabe wahrnehmen zu können“.197 Auch wenn die „Letztentscheidungskompetenz“ dem zuständigen Ministerium formal vorbehalten ist, kann die inhaltliche Entscheidung also faktisch durch das sachverständige Gremium getroffen werden. Dann ist es nur konsequent, bei einer solchen Mitentscheidungsbefugnis auch den Maßstab des Demokratieprinzips anzulegen. Zudem ist auch das Demokratieprinzip nicht „formal“ zu betrachten: „Aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidend ist nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau“.198 Vorliegend ist also danach zu fragen, ob es sich bei den „Empfehlungen“ i. S. d. § 6 AZWV tatsächlich um reine Anregungen mit unverbindlichem Charakter oder um die Anerkennungsstelle und/oder die Zertifizierungsstellen bindende Regelungen handelt. 195

Vgl. Vomhof, S. 165. Vgl. Vomhof, S. 166. 197 Vgl. Andreas Voßkuhle: Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 308; vgl. hierzu auch Udo Di Fabio: Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997), S. 235 ff., 251 f., der vor der Gefahr einer bloßen „Notarfunktion“ des Staates für tatsächlich von privaten Dritten erarbeiteten Entscheidungen warnt. 198 Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 87; 93; S. 37 ff., 67; 83, S. 60 ff., 72. 196

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(1) Verbindlichkeit der „Empfehlungen“ nach § 6 AZWV Der Hinweis des Verordnungsgebers, es würden keine Richtlinien erlassen, und der Begriff der „Empfehlung“ könnten zu der Annahme führen, es sei keine bzw. keine unmittelbare Verbindlichkeit der „Empfehlungen“ gewollt, sondern es handele sich lediglich um Arbeitshilfen für die Anerkennungsstelle und die Zertifizierungsstellen. Der Begriff der Empfehlung wird als Gegensatz zum Begriff der Verwaltungsvorschrift bzw. der Richtlinie verwendet.199 Nur (bundesrechtliche) Verwaltungsvorschriften bzw. Richtlinien entfalten rechtliche Verbindlichkeit200 – und zwar (mit Ausnahme einer sog. Selbstbindung der Verwaltung nach Art. 3 Abs. 1 GG) nur gegenüber Stellen der bundeseigenen Verwaltung sowie gegenüber Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts.201 Der Hinweis darauf, der Anerkennungsbeirat erlasse keine Richtlinien, kann als Abgrenzung zu den Funktionen und Befugnissen von Gremien nach dem Vorbild des UGA oder des Gemeinsamen Bundesausschusses gesehen werden. Fraglich ist aber, ob aus der Beratung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AZWV schon die Unverbindlichkeit der „Empfehlungen“ abzuleiten ist. Dagegen spricht bereits der Hinweis des Verordnungsgebers, mit den „Empfehlungen“ solle „bundesweit eine einheitliche Zertifizierung“ sichergestellt werden.202 Dies kann nur gelingen, wenn die Empfehlungen für die Zertifizierung auch tatsächlich bundesweit umgesetzt bzw. verbindlich beachtet werden. Im Übrigen ist die Sicherstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis in der Regel durch den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften bzw. von Richtlinien bezweckt. Bereits diese Begründung des Verordnungsgebers verweist also auf eine gewollte Bindungswirkung der „Empfehlungen“. Tatsächlich sind die „Empfehlungen“ zumindest für die Zertifizierungsstellen durchaus verbindlich und kann ihre Nichtbeachtung für die Zertifizierungsstellen erhebliche rechtliche Konsequenzen haben: Voraussetzung für die Anerkennung ist nach § 2 Nr. 4 AZWV, dass die Zertifizierungsstelle „Gewähr dafür bietet, dass die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates zur Durchführung der Zertifizierung von Trägern und deren Maßnahmen bei der Prüfung beachtet werden“. Werden diese nicht „beachtet“, müsste die Zertifizierungsstelle dies konsequent nach § 4 Abs. 1 199 Vgl. nur Hans-Heinrich Trute in: Christian Starck (Hrsg.): Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 5. Aufl., 2005, Art. 84, Rdnr. 32. 200 Vgl. statt vieler: Martin Burgi in: Starck (Hrsg.), Art. 86, Rdnr. 63. 201 Vgl. Burgi in: Starck (Hrsg.), Art. 86, Rdnr. 64; Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 86, Rdnr. 18 f. 202 Vgl. S. 5 Begr. AZWV.

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AZWV der Anerkennungsstelle unverzüglich anzeigen. Da die „Beachtung“ der Empfehlungen eine Anerkennungsvoraussetzung ist, müssen Zertifizierungsstellen, die dem nicht nachkommen, „mit dem Entzug des Zertifikats bzw. der Ablehnung eines erneuten Antrags nach Ablauf des Zertifikats rechnen“.203 Ebenso wie Richtlinien nachgeordnete Verwaltungsbehörden binden, sind damit faktisch und zumindest mittelbar auch rechtlich die Zertifizierungsstellen an die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates gebunden. Von dem „bei“ der BA angesiedelten Gremium „Anerkennungsbeirat“ werden auf diese Weise für die Zertifizierungsstellen Regelungen geschaffen, die sie bei Meidung eines Entzugs ihrer Anerkennung bzw. einer Versagung einer erneuten Anerkennung zu beachten haben. Wie die Richtlinie eine generalisierte Weisung für die betreffenden Verwaltungsorgane darstellt, ist auch die „Empfehlung“ für die Zertifizierungsstellen bindend. Den Inhalt der „Empfehlungen“ bestimmt überdies nicht einmal die BA als Anerkennungsstelle mit. Vielmehr überlässt sie die Entscheidung dem pluralistisch besetzten Gremium „Anerkennungsbeirat“. Für die Verbindlichkeit der „Empfehlungen“ jedenfalls gegenüber den Zertifizierungsstellen spricht ferner die Begründung des Verordnungsgebers, diese sollten künftig den noch übergangsweise fortgeltenden Anforderungskatalog der BA in der am 31.12.2002 geltenden Fassung ersetzen.204 Auch deshalb kann nicht angenommen werden, dass diese Anforderungen oder sie ersetzende Regelungen dann für die Zertifizierungsstellen unverbindlich sein sollten. Fraglich ist, ob sich aus der Verwendung des Begriffs der „Beachtung“ eine abweichende Beurteilung ableiten lässt. Hier könnte erwogen werden, die Bindungswirkung dahingehend zu relativieren, dass diese nur im Regelfall bestehe und ein Abweichen im Einzelfall einer besonderen, sachlichen Begründung bedürfe. Eine einheitliche Zertifizierung, wie sie der Verordnungsgeber sicherstellen wollte, ließe sich aber kaum erreichen, wenn Abweichungen nur einer – mehr oder weniger detaillierten und nachvollziehbaren – Begründung bedürften. Zudem ist der Begriff der „Beachtung“ dem Verwaltungs- und Sozialrecht keineswegs fremd, wie etwa die Regelungen der §§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, 131 Abs. 3 SGG zeigen. Die Verpflichtung zur Neubescheidung „unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts“ bezeichnet nichts anderes als den Umstand, dass die Behörde an die Rechtsauffassung des Gerichts bei der erneuten Entscheidung gebunden ist.205 203

Vgl. S. 5 Begr. AZWV. Vgl. S. 2 Begr. AZWV. 205 Vgl. nur Konrad Redeker/von Oertzen, Hans-Joachim (Hrsg.): Verwaltungsgerichtsordnung – Kommentar, 14. Aufl., 2004, § 113, Rdnr. 41; Hk-VerwR/Holger 204

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Insgesamt ist damit festzustellen, dass den „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates Bindungswirkung gegenüber den Zertifizierungsstellen zukommen soll und die Zertifizierungsstellen nicht von den „Empfehlungen“ abweichen dürfen. Ob die Anerkennungsstelle insoweit Einflussmöglichkeiten über Weisungen oder Korrekturen hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für das Erfordernis demokratischer Legitimation, wie ausgeführt, nicht entscheidend. Aufgabe des Anerkennungsbeirates soll es nach Auffassung des Verordnungsgebers, wie dargelegt, gerade sein, anstelle der BA bzw. der beteiligten Ministerien für die Anerkennungs- und Zertifizierungspraxis konkretisierte Regelungen zu schaffen, die zumindest von den Zertifizierungsstellen zwingend zu beachten sind. Nach Wortlaut der und Begründung zur AZWV soll der Anerkennungsbeirat eben nicht nur „beraten“, sondern verbindliche, konkretisierende Regelungen schaffen. Die zu beachtenden „Empfehlungen“ sind für die betroffenen Zertifizierungsstellen mehr als nur ein unverbindlicher Rat oder eine Anregung. Damit liegt mit Blick auf die Anforderungen des Demokratieprinzips zumindest eine Mitentscheidungsbefugnis vor. Bindungswirkung könnte den „Empfehlungen“ sogar gegenüber der Anerkennungsstelle zukommen. Denn die „Empfehlungen“ betreffen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AZWV ausdrücklich nicht nur die Zertifizierung, sondern auch die Anerkennung. Tatsächlich geht offenbar die BA von einer umfassenden Bindungswirkung aus: „Die inhaltliche Ausgestaltung geschieht durch den Anerkennungsbeirat mittels Aussprache von Empfehlungen, die für alle am Geschehen Beteiligten bindenden Charakter besitzen“.206 Im Ergebnis würde eine Bindungswirkung auch gegenüber der Anerkennungsstelle aber bedeuten, dass der Anerkennungsbeirat befugt wäre, auch gegen den Willen der Anerkennungsstelle die näheren Anforderungen für das Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren zu regeln. Die Problematik wird im Vergleich mit dem UGA und dem Gemeinsamen Bundesausschuss deutlich: Der UGA nach § 27 UAG und der GeKröninger/Volker Wahrendorf, § 113 VwGO, Rdnr. 153, m. w. Nachw., wonach sich die Bindungswirkung auf die das Bescheidungsurteil tragenden Gründe erstreckt; ebenso für § 131 SGG: Martin Bolay in: Peter-Bernd Lüdtke (Hrsg.): Sozialgerichtsgesetz, Handkommentar, 2. Aufl., 2006, § 131 SGG, Rdnr. 27 u. § 141 SGG, Rdnr. 15; Jens Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Wolfgang Keller/Stephan Leitherer: Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl., 2005, § 131, Rdnr. 16. 206 Vgl. www.arbeitsagentur.de/Berufliche Qualifizierung/Bildungsträger/Zulassung/Vordrucke/Zulassung von Bildungsträgern und Maßnahmen (Zertifizierung), Stand 14.08.2006; Hervorh. d. Verf.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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meinsame Bundesausschuss gemäß § 91 Abs. 10 SGB V i. V. m. §§ 67, 88, 89 SGB IV unterliegen der Rechtsaufsicht. Hier sind bis zur Auflösung und zum „Selbsteintrittsrecht“ weitreichende Befugnisse für das BMU gegeben bzw. bestehen mit dem Beanstandungs- und Selbsteintrittsrecht des BMG nach § 94 SGB V und den Regelungen der §§ 88, 89 SGB IV erhebliche Einwirkungsmöglichkeiten. Solche Regelungen fehlen nach dem Wortlaut des § 6 AZWV für die Anerkennungsstelle und sogar für die beteiligten Ministerien vollständig: Weder ist eine Rechtsaufsicht ausdrücklich geregelt, noch finden sich Eingriffsbefugnisse der beteiligten Ministerien bzw. der Anerkennungsstelle mit Blick auf „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates. Eine „Schlüsselfunktion“ des Anerkennungsverfahrens würde dann nicht nur nicht mehr durch die Anerkennungsstelle ausgeübt, sondern die Anerkennungsstelle wäre dann gezwungen, jegliche Vorgaben des Anerkennungsbeirates ohne weiteres umzusetzen. Gegen eine Bindungswirkung zumindest bei rechtswidrigen „Empfehlungen“ spricht, dass die Anerkennungsstelle zugleich gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 AZWV für die Berufung und gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 AZWV i. V. m. § 377 Abs. 3 SGB III für die Abberufung der Mitglieder des Anerkennungsbeirates zuständig ist. Mit dieser Zuständigkeit wäre ein gleichzeitiger Zwang für die Anerkennungsstelle, jegliche, also insbesondere auch rechtswidrige „Empfehlungen“ ohne weiteres zu übernehmen, kaum vereinbar. Schließlich erschiene im Hinblick auf die Vorgaben des Demokratieprinzips, wie nachfolgend noch eingehend dargestellt wird, eine solche gleichsam autonome Entscheidungsbefugnis des Anerkennungsbeirates äußerst problematisch. An dieser Stelle mag der Hinweis genügen, dass sich die staatliche Letztverantwortlichkeit kaum gewährleisten ließe, wenn der Staat gezwungen wäre, die Festlegungen eines autonomen Gremiums ungeprüft und ohne auch nur die Möglichkeit einer Kontrolle zumindest in rechtlicher Hinsicht zu übernehmen bzw. diktiert zu erhalten. (2) Ergebnis Als Ergebnis kann hier bereits festgestellt werden, dass zumindest gegenüber den Zertifizierungsstellen die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates zwingend sind, also Entscheidungs- und nicht lediglich Beratungscharakter haben. Damit steht fest, dass die Mitglieder dieses Gremiums der demokratischen Legitimation bedürfen. Fraglich ist nun, in welchem Umfang dies der Fall ist und ob die Regelung des Verordnungsgebers diesen Vorgaben entspricht.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

cc) Die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation des Anerkennungsbeirates bzw. seiner Mitglieder Gegen die Zusammensetzung des Anerkennungsbeirates werden in der Literatur unter Hinweis auf das Anliegen des Gesetzgebers, die Zulassung objektiv und unabhängig von sachfremden Einflüssen zu gestalten, Bedenken vorgetragen. Dem Anerkennungsbeirat gehörten Körperschaften und Organisationen bzw. Repräsentanten von Organisationen an, die mit staatlichen oder privaten Bildungsträgern unmittelbar verbunden seien. Auch wenn sie lediglich an der Anerkennung der Zertifizierungsstellen beteiligt seien und keine Entscheidungsbefugnis hätten, seien sie als Interessenvertreter doch keine Garanten für die vom Gesetzgeber gewünschte Objektivität.207 Unzutreffend an dieser Ansicht ist aus den bereits dargelegten Gründen die Annahme, der Anerkennungsbeirat bzw. seine Mitglieder hätten keine Entscheidungsbefugnis. Im Übrigen ist es zwar zutreffend, dass der Anerkennungsbeirat eine Objektivität des Anerkennungsverfahrens nicht garantieren kann – er soll es allerdings auch nicht. Der Anerkennungsbeirat soll vielmehr den in der Praxis betroffenen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen, die vom Anwendungsbereich der AZWV betroffen sind, Gelegenheit geben, die Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren den Bedürfnissen der Praxis entsprechend mit zu gestalten.208 Das ist ein sinnvoller Ansatz, wenn es tatsächlich entsprechende Defizite im Bereich der bisherigen Zulassungspraxis gegeben haben sollte. Die – durchaus unterschiedlichen – Interessen und Vorstellungen der Mitglieder des Anerkennungsbeirates münden in die „Empfehlungen“, die in vielen Fällen einen Kompromiss darstellen dürften. Objektivität der Verfahren und Entscheidungen zu sichern, ist aber nicht die Aufgabe des Anerkennungsbeirates, sondern Aufgabe des Gesetz- und des Verordnungsgebers sowie der Anerkennungsstelle. Gegen die Beteiligung des Anerkennungsbeirates bestehen mithin insoweit keine grundsätzlichen Bedenken. Die Art und Weise seiner Beteiligung ist dagegen (nicht nur), wie ausgeführt, rechtlich äußerst problematisch, sofern er sich nicht auf eine bloße Beratung der Anerkennungsstelle beschränkt, die diesen „Empfehlungen“ folgen kann, aber nicht muss. Bisher in der Literatur nicht erörtert ist ein möglicher Verstoß der Regelung des § 6 AZWV gegen das Demokratieprinzip, insbesondere unter dem Blickwinkel der organisatorisch-personellen demokratischen Legitimation. 207 208

Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 5. Vgl. S. 2 u. 8 f. Begr. AZWV.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Betreffend kollegial strukturierte Gremien werden, wie bereits oben erläutert, in der verfassungsrechtlichen Literatur und in der Rechtsprechung unterschiedliche Ansichten vertreten: Nach einer Auffassung bedarf jedes einzelne Mitglied eines solchen Gremiums einer individuellen demokratischen Legitimation, da jedes Mitglied die Entscheidung des Gremiums mit bestimmen könne. Die Entscheidungen von Kollegialorganen müssten der Gesamtheit der jeweiligen Mitglieder materiell zurechenbar sein.209 Nach anderer, insbesondere auch vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht vertretener, Auffassung soll auch die Möglichkeit einer Vermittlung hinreichender demokratischer Legitimation bei Gremien vorliegen können, die sich nur teilweise aus demokratisch legitimierten Mitgliedern zusammensetzen. Voraussetzung ist allerdings, dass die die Entscheidung tragende Mehrheit sich ihrerseits aus einer Mehrheit unbeschränkt demokratisch legitimierter Mitglieder des Gremiums zusammensetzt, wobei die betreffenden Personen ihrerseits bei der Entscheidung parlamentarisch verantwortlich handeln (sog. Prinzip der doppelten Mehrheit).210 Einer Entscheidung zwischen diesen Ansichten bedürfte es vorliegend nur dann, wenn zumindest die Anforderungen der zweiten Auffassung durch die Regelung des § 6 AZWV eingehalten wären. Zu prüfen ist damit, ob und gegebenenfalls für welche Mitglieder des Anerkennungsbeirates die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation gegeben ist: (1) Die „staatlichen“ Mitglieder des Anerkennungsbeirates Über hinreichende organisatorisch-personelle demokratische Legitimation verfügen nach der Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 AZWV zunächst allein die Vertreterin/der Vertreter der Länder, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, also gerade drei von neun Mitgliedern. Ihre demokratische Legitimation beruht, wenn auch mittelbar, auf der (Wahl-)Entscheidung des Volkes. Die drei „unabhängigen Experten“ i. S. d. § 6 Abs. 2 Satz 1 AZWV lassen sich dagegen nicht ohne weiteres als „staatliche Vertreter“ ansehen. Bei ihnen soll es sich um „Fachexperten im Bereich der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik und der Qualitätstestierung und -normierung“ handeln.211 209

Vgl. nur Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 40; Vomhof, S. 168 f.; jew. m. w. Nachw. 210 Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 88; 93, S. 37 ff., 67 f. u. 72; BVerwGE 106, S. 64 ff., 73; Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 19 f.; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 9 a. 211 Vgl. S. 2 Begr. AZWV.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Da die „Experten“ in der Regelung über die Vorschlagsberechtigung nach § 6 Abs. 4 AZWV nicht aufgeführt sind, liegt das „Vorschlagsrecht“ insoweit – notwendig – bei der Anerkennungsstelle, die dieses – wohl analog dem Berufungsrecht nach § 6 Abs. 2 Satz 3 AZWV – im Einvernehmen mit den beiden beteiligten Ministerien ausübt. Es liegt mithin ein unmittelbares Berufungsrecht (und Abberufungsrecht) der Anerkennungsstelle im Einvernehmen mit den beiden beteiligten Ministerien nach § 6 Abs. 2 Satz 3 AZWV bzw. § 6 Abs. 4 Satz 2 AZWV i. V. m. § 377 Abs. 3 SGB III vor. Dann wäre durch das unmittelbare, von Vorschlägen Dritter unabhängige, staatliche Auswahlrecht die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation gegeben. Der Begriff der „Unabhängigkeit“ steht dem nicht entgegen. Denn er betrifft jedenfalls nicht die Frage, wer die Experten vorschlägt oder beruft. Er dürfte den Gegensatz zum Begriff des interessengeleiteten und -gebundenen „Vertreters“ bezeichnen. Für die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation kommt es aber auf den Bestellungsakt an, der die ununterbrochene Legitimationskette fortsetzen muss.212 Auch die drei „unabhängigen Experten“ sind damit zumindest insoweit der „staatlichen“ Seite des Anerkennungsbeirates zuzurechnen, als dies ihre organisatorisch-personelle demokratische Legitimation betrifft. (2) Die „nicht-staatlichen“ Mitglieder des Anerkennungsbeirates Für die nicht-staatlichen (im Sinne nicht von staatlicher Seite vorgeschlagener) Mitglieder des Anerkennungsbeirates ist die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation dagegen weitaus weniger ersichtlich: Über die Benennung der Vertreter(innen) der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Bildungsverbände ist nichts näheres in der AZWV geregelt. Wie bzw. auf welche Weise die betreffenden Vorschlagsberechtigten die Vorschläge ermitteln bleibt ebenso unbekannt wie die Antwort auf die Frage, wer auf Seiten der jeweiligen Vorschlagsberechtigten die Entscheidung trifft und wie diese Personen ihrerseits zur Entscheidung berufen wurden. Damit ist schon für die Vorschlagsberechtigten nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2–4 AZWV keine hinreichende organisatorisch-demokratische Legitimation ersichtlich. Ihre Vertreter sind Interessenvertreter gesellschaftlicher bzw. wirtschaftlicher Gruppen und teilweise nicht einmal (schon gar nicht demokratisch) „gewählt“. Für drei der neun Mitglieder des Anerkennungsbeirates würde damit eine organisatorisch-personelle demokratische Legitimation fehlen. 212

Vgl. nur BVerfGE 107, S. 59 ff., 88.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Zutreffend wird in diesem Zusammenhang in der Literatur hervorgehoben, dass die demokratische Legitimation auf das Staatsvolk als Gesamtheit bezogen ist und sich daher „Gruppen und Organisationen von Bürgern, auch wenn sie zahlenmäßig stark sind, nicht auf sie berufen (können). Was diese zusammenführt und eint, sind bestimmte Eigenschaften (berufsmäßiger Art), wirtschaftliche und soziale Interessen oder geistig-kulturelle, gegebenenfalls auch politische Bestrebungen . . . Aber sie stehen dabei nicht in irgendeiner Weise schon für die Gesamtheit der Staatsbürger, selbst wenn sie zahlenmäßig über ein „demokratisches“ Potential verfügen. Demokratisch gesehen sind und bleiben sie zunächst „pouvoirs de fait“, deren Ziele und Bestrebungen nicht bereits demokratisch legitimiert sind, sondern zuallererst der demokratischen Legitimation von der Gesamtheit der Bürger her bedürfen“.213 Auch gewisse demokratische Strukturen in den betreffenden Gruppierungen wie z. B. Wahlen ihrer Vertreter etc. lösen das Problem nicht. Denn die „so erreichbare Legitimation ist demokratisch gesehen immer nur eine Schein-Legitimation. Sie bleibt gruppen- und verbandsintern, funktions- und interessenbezogen von den jeweiligen Mitgliedern bzw. Interessenträgern her . . ., erreicht aber keinen Bezug zur Selbstbestimmung der Gesamtheit der Bürger“.214 Diesen Gruppen bzw. Interessenverbänden kommt schließlich auch kein allgemeinpolitisches Mandat zu: „Das würde diese Organisationen, voran die Gewerkschaften, in eine Nebenstellung und ein Konkurrenzverhältnis zu den demokratisch-repräsentativ legitimierten politischen Instanzen bringen, die dadurch geschwächt würden, und erschwerte überdies ihre tatsächliche und notwendige Mittlerfunktion für die politische Willensbildung“.215 Zwar wird in der Literatur erörtert, für die nicht-staatlichen Mitglieder von im Verwaltungsrecht mit Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten Gremien könne sich eine (noch) hinreichende organisatorisch-personelle demokratische Legitimation aus den Regelungen über das Berufungsverfahren für diese Mitglieder ergeben.216 Es wird aber auch von dieser Ansicht nicht auf eine demokratische Legitimation der nicht-staatlichen Gremienmitglieder verzichtet, sondern danach differenziert, ob trotz des Vorschlagsrechts für bestimmte gesellschaftliche Gruppen die erforderliche demokratische Legitimationskette (noch) durch die Berufung des zuständigen Bundesministers erzeugt wird.217 Auch nach dieser Auffassung ist die Mitwirkung nicht-staatlicher und als solcher nicht demokratisch legitimierter Instanzen 213 214 215 216 217

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 29. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 30. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 30. hierzu eingehend und mit weiteren Nachweisen Vomhof, S. 170 ff. Vomhof, S. 170.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

bzw. Gruppen am Berufungsverfahren der Gremienmitglieder rechtlich aber äußerst problematisch. Kein ausreichender Grund für eine Unterbrechung des demokratischen Legitimationszusammenhangs ist auch nach dieser Ansicht die Festlegung der Mitwirkung nicht-staatlicher Gruppen im Berufungsverfahren durch entsprechende gesetzliche Regelungen, da – was keiner weiteren Erläuterung bedarf – das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht.218 Grundsätzlich unvereinbar mit dem Demokratieprinzip wäre es nach dieser Ansicht ebenfalls, wenn man eine strikte Bindung des Ministers an die Vorschläge der gesellschaftlichen Gruppen annehmen würde. Die Bestellung der betreffenden Mitglieder wäre danach, so die Argumentation, lediglich noch ein formaler Akt. Die maßgebliche materielle Auswahlentscheidung träfen aber die demokratisch nicht legitimierten gesellschaftlichen Gruppen und Interessenvertreter.219 Dem ist zuzustimmen. Tatsächlich wäre bei einer rein formalen Betrachtungsweise die Mitwirkung des zuständigen Ministers darauf beschränkt, eine demokratisch nicht legitimierte Auswahlentscheidung Dritter zu „vollstrecken“. Mit den Grundlagen des Demokratieprinzips, der Rückführbarkeit jeglicher staatlicher Entscheidung auf die (Wahl-)Entscheidung des Volkes, hätte das nichts mehr zu tun. Auch die Verantwortung gegenüber dem Parlament könnte der betreffende Minister schwerlich übernehmen, der jegliche Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeit bezüglich der Besetzungsvorschläge Dritter für das betreffende Gremium verloren hat. Damit ist insgesamt den Anforderungen des Demokratieprinzips in organisatorisch-personeller Hinsicht jedenfalls genügt, wenn die Vorschläge der Interessenverbände etc. nicht bindend sind.220 In begrenztem Umfang wird auch noch eine partielle Bindungswirkung der Vorschläge als mit dem Demokratieprinzip vereinbar angesehen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der zuständige Bundesminister zwar niemand in das Gremium berufen könnte, der nicht vorher von den jeweils Vorschlagsberechtigten vorgeschlagen wurde, die Anzahl der Vorschläge allerdings die Anzahl der zu besetzenden Sitze deutlich – um das 2- od. 3-fache – übersteigen würde, so dass eine Auswahl möglich bleibt.221 218

Vgl. Vomhof, S. 171. Vgl. Vomhof, S. 171 mit Nachw. zur vereinzelt vertretenen Gegenansicht, wonach die bloße Ernennung bzw. Berufung durch den Bundesminister die notwendige demokratische Legitimation vermittle. 220 Vgl. Vomhof, S. 172 m. w. Nachw.; vgl. hierzu auch BVerfGE 26, S. 186 ff., 196. 221 Vgl. Mayen, Rdnr. 21 f., zur Besetzung des UGA; allgemein: Vomhof, S. 172 m. w. Nachw. 219

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Zutreffend ist allerdings die Einschätzung, dass es mit Blick auf das Demokratieprinzip wesentlich unbedenklicher ist, wenn dem zuständigen Minister gleichwohl das Recht vorbehalten bleibt, die Vorschläge sämtlich zurückzuweisen und neue zu fordern.222 Die zusätzliche Absicherung zur Wahrung der verfassungsrechtlichen Anforderungen durch ein unbeschränktes Zurückweisungsrecht auch gegenüber „Auswahllisten“ der gesellschaftlichen Gruppen bzw. anderer nicht-staatlicher Vorschlagsberechtigter ist notwendig: Es ist ohne weiteres denkbar, dass für einen Sitz im Gremium mehrere schon aus fachlicher Sicht ungeeignete Vorschläge gemacht werden. Der zuständige Minister kann seiner aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortung dann aber nur gerecht werden, wenn er befugt ist, auch sämtliche der drei, vier oder fünf Besetzungsvorschläge abzulehnen. Die Bindung an eine nur wenige Auswahlmöglichkeiten belassende Vorschlagsliste würde es demokratisch nicht legitimierten (Interessen-)Gruppen dagegen ermöglichen, den Minister zur Ernennung auch persönlich oder fachlich vollkommen ungeeigneter Personen zu zwingen. Besonders deutlich wird dies, wenn, wie vorliegend nach § 6 AZWV, keinerlei fachliche Vorgaben hinsichtlich der vorzuschlagenden Personen gegenüber den betreffenden Verbänden bzw. Gruppen bestehen. Wollte man bereits eine – verbindliche – „Auswahlliste“ genügen lassen, wäre keinerlei Schutz und Kontrolle vor der Benennung fachlich oder persönlich ungeeigneter Personen gegeben und die Vertrauenswürdigkeit des Anerkennungsbeirates von Anfang an zweifelhaft. Fraglich erscheint, ob § 6 AZWV verfassungskonform entsprechend der hier vertretenen Ansicht ausgelegt werden kann. Ansatzpunkt hierfür ist die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 AZWV, wonach die Berufung der Mitglieder des Anerkennungsbeirates durch die Anerkennungsstelle „im Einvernehmen“ mit den beiden beteiligten Ministerien erfolgt. Das Erfordernis eines solchen Einvernehmens ist nur dann sinnvoll, wenn überhaupt Raum für eine Mitwirkung der Ministerien besteht. Bei bereits zwingenden Besetzungsvorschlägen wäre aber keinerlei Raum mehr für die Herstellung eines solchen Einvernehmens gegeben, es käme auf das Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien überhaupt nicht an. Im Übrigen enthält z. B. die Regelung des § 379 Abs. 3 Satz 3 SGB III eine ausdrückliche Regelung über die bindende Wirkung eines Vorschlages. Im Umkehrschluss kann daher für die Regelung des § 6 AZWV angenommen werden, dass auch dort eine etwa gewollte Bindungswirkung der Vorschläge für die Anerkennungsstelle und für die beteiligten Ministerien ausdrücklich normiert worden wäre. 222

Vgl. Vomhof, S. 173 m. w. Nachw.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

(3) Ergebnis Dem Demokratieprinzip ist bei der pluralistischen Besetzung von Gremien, denen staatliche Entscheidungsbefugnisse übertragen werden bzw. die an solchen Entscheidungen mitwirken, mithin auch im Fall des Anerkennungsbeirates, in organisatorisch-personeller Hinsicht nur genügt, wenn die Anzahl der Vorschläge der Vorschlagsberechtigten für nicht-staatliche Mitglieder des Gremiums die Anzahl der jeweils zu besetzenden Sitze um das 3-fache übersteigt und der zur Berufung der Mitglieder zuständigen staatlichen Stelle, vorliegend also der Anerkennungsstelle, gleichwohl ein Zurückweisungsrecht gegenüber allen Vorschlägen vorbehalten bleibt. Die Regelung des § 6 AZWV kann dahingehend ausgelegt werden, dass ein solches umfassendes Zurückweisungsrecht für die Anerkennungsstelle und die beteiligten Ministerien besteht. dd) Die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation des Anerkennungsbeirates und seiner Mitglieder Da, wie soeben ausgeführt, ein Teil der Mitglieder des Anerkennungsbeirates nur bei einer verfassungskonformen Auslegung des § 6 AZWV (gerade noch) hinreichend organisatorisch-personell demokratisch legitimiert ist, stellt sich um so mehr die Frage, wie es um die zweite Komponente der demokratischen Legitimation, die sachlich-inhaltliche, bestellt ist. Denn im Rahmen der Gesamtbetrachtung ist, wie dargelegt, darauf abzustellen, ob (noch) ein hinreichendes demokratisches Legitimationsniveau vorliegt. Sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation erfordert, wie ausgeführt, dass dem Staat hinreichende Einfluss-, Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten über die Tätigkeiten der jeweiligen Amtsträger zukommen, um die ministerielle Verantwortung gegenüber dem Parlament für das staatliche Handeln sicherzustellen. Die Regelung des § 6 AZWV enthält keine Bestimmungen über eine Sperrminorität nach dem Vorbild des § 23 Abs. 3 Nr. 1 UAG für die Aufstellung der „Empfehlungen“. Da auch für die Beschlussfähigkeit des Gremiums keine zwingenden Vorgaben in der AZWV existieren, könnte der Anerkennungsbeirat damit, wenn seine Geschäftsordnung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AZWV223 dies zuließe, mit der einfachen Mehrheit der erschienenen Mitglieder gegen die Stimmen der demokratisch legitimierten Vertreter der 223

Diese Geschäftsordnung bedarf zudem, im Unterschied z. B. zu der Verfahrens- und der Geschäftsordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB V, keiner Genehmigung.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Länder und der beiden Ministerien entscheiden. Schließlich fehlen – im Unterschied zu den Gremien UGA und Gemeinsamer Bundesausschuss – Regelungen über Aufsichtsmaßnahmen und Weisungen gänzlich. Deshalb ist zu untersuchen, ob und gegebenenfalls wie der Staat seinen Einfluss im Anerkennungsbeirat sicherstellt bzw. im Bedarfsfall durchsetzen kann. Ferner stellt sich zugleich die bereits oben erwähnte Frage, ob den „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates auch gegenüber der Anerkennungsstelle strikte Verbindlichkeit zukommt bzw. ob und gegebenenfalls welche Weisungsbefugnisse gegenüber den Mitgliedern des Anerkennungsbeirates bestehen. Der direkte Zusammenhang der Frage der Weisungsbefugnisse mit der sachlich-inhaltlichen demokratischen Legitimation224 zeigt sich an Anforderungen, die Literatur und Rechtsprechung insoweit geltend machen: Die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation dient dazu, „die Ausübung der Staatsgewalt ihrem Inhalt nach vom Volk herzuleiten bzw. mit dem Volkswillen zu vermitteln und auf diese Weise die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk sicherzustellen“.225 Hierfür ist entscheidend, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch die betreffenden Staatsorgane hat. Deren Akte müssen sich daher auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden. Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird u. a. „durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt“.226 Eine ausreichende sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation erfordert daher, dass „die Amtsträger im Auftrag und nach Weisung der Regierung handeln und die Regierung damit in die Lage versetzt wird, die Sachverantwortung gegenüber Volk und Parlament zu übernehmen“.227 Zunächst ist damit die Frage der Weisungsgebundenheit oder Weisungsfreiheit der Mitglieder des Anerkennungsbeirates zu klären. Wären diese tatsächlich nicht an Weisungen gebunden, wäre zu fragen, ob dies sich gleichwohl noch mit den Erfordernissen des Demokratieprinzips in sachlich-inhaltlicher Hinsicht vereinbaren lässt.

224

Vgl. hierzu Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 22. Vgl. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 21. 226 Vgl. BVerfGE 83, S. 60 ff., 72; vgl. zur entsprechenden Literaturauffassung nur Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 10. 227 Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 88; BVerwGE 106, S. 64 ff., 73 f. 225

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

(1) Weisungsfreiheit der Mitglieder des Anerkennungsbeirates? Für den gesamten Bereich des Einsatzes sachverständiger Gremien im Umwelt- und Technikrecht wird die Auffassung vertreten, dass die Weisungsfreiheit ihrer Mitglieder ein „Wesensmerkmal“ dieser Gremien sei.228 Teilweise ist diese Weisungsfreiheit und zugleich auch die Unabhängigkeit der Mitglieder ausdrücklich geregelt. So enthält z. B. § 22 Abs. 1 Satz 2 UAG die ausdrückliche Regelung, dass die Mitglieder des UGA nicht an Weisungen gebunden sind.229 Weisungsfreiheit besteht auch aufgrund ausdrücklicher Regelung gemäß § 91 Abs. 2 Satz 5 i. V. m. § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB V für die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses. Aber auch in den Fällen, in denen keine solche ausdrückliche Regelung der Weisungsfreiheit vorgenommen wurde, wird die Weisungsfreiheit der Mitglieder der sachverständigen Gremien „zwingend aus sachlichen Gründen“230 angenommen und mit der Funktion des Gremiums begründet: Die Mitwirkung gesellschaftlicher Gruppen bzw. ihrer Vertreter sowie von Sachverständigen solle die Überzeugungskraft der Gremien und ihrer Entscheidungen erhöhen. Nicht zuletzt, um dieses Ziel zu erreichen, sollten die Mitglieder der Gremien unbeeinflusst von Einwirkungen Dritter eigenverantwortlich ihrer Tätigkeit nachgehen können.231 Die Weisungsfreiheit bestehe danach in doppelter Richtung: zum einen gegenüber den vorschlagsberechtigten Gruppen bzw. Institutionen, zum anderen gegenüber dem Staat, so dass staatliche Einflussnahme ausgeschlossen sein soll. Insoweit gehe es um die „Abkoppelung des Gremiums und seiner Mitglieder von dem jeweils zuständigen Bundesminister bzw. der zuständigen Behörde“.232 Gerade die Weisungsfreiheit gegenüber dem Staat sei auch in den Fällen fehlender ausdrücklicher gesetzlicher Regelung zwingend aus sachlichen Gründen geboten: „Die mit der Einbindung von sachverständigen Gremien verbundenen Ziele und Absichten, also die Gewinnung von Sachverstand und Informationen für die Verwaltung, die Integration gesellschaftlicher Gruppen und die Akzeptanzsteigerung in der Öffentlichkeit, werden nicht erreicht bzw. verwirklicht, wenn die einzelnen Mitglieder weisungsgebunden sind, da die Arbeit der Gremien dann erheblich an Überzeugungskraft verlöre“.233 Ferner werden praktische Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Weisungen gegenüber einem Teil der Gremienmitglieder angeführt: 228

Vgl. Vomhof, S. 131. Vgl. die weiteren Beispiele ausdrücklicher Regelungen bei Vomhof, S. 102, FN 90 u. 91. 230 Vgl. Vomhof, S. 174. 231 Vgl. Vomhof, S. 102, 131 174, jew. m. w. Nachw. 232 Vgl. Vomhof, S. 131 u. 174. 233 Vomhof, S. 132 m. w. Nachw. 229

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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„Für die nicht-staatlichen Mitglieder, die nicht in den öffentlichen Dienst eingegliedert sind, stellen weder disziplinarische Maßnahmen noch die Drohung mit der Abberufung aus dem Gremium ein allzu empfindliches Übel dar“.234 Die betreffende Problematik wird in der Literatur unter der Bezeichnung des sog. ministerialfreien Raums behandelt. Ministerialfreie Räume sind dadurch gekennzeichnet, dass Verwaltungsstellen den sachlichen Weisungen des zuständigen Ressortministers nicht oder nur eingeschränkt unterliegen.235 Dagegen wird vielfach gerade im Hinblick auf die Anforderungen des Demokratieprinzips (auch) für den Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung für solche ministerialfreien Räume, so sie überhaupt für zulässig erachtet werden,236 zumindest die Notwendigkeit einer Rechtsaufsicht angenommen.237 Da Regelungen über eine Weisungsgebundenheit der Mitglieder des Anerkennungsbeirates ebenso wie ausdrückliche Regelungen über eine Rechtsaufsicht fehlen, ist zunächst zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Mitglieder des Anerkennungsbeirates Weisungen in fachlicher oder auch nur rechtlicher Hinsicht unterworfen sind. Das Fehlen von den §§ 22 Abs. 1 Satz 2 u. 27 UAG bzw. den §§ 91 Abs. 2 Satz 5, Abs. 10 SGB V entsprechender Regelungen über Weisungsfreiheit und Aufsichtsrechte könnte zu der Annahme führen, hier sei völlige Weisungsfreiheit und sogar Freiheit von Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegeben. Eine solche vollständige Weisungs- und Kontrollfreiheit wäre mit Blick auf die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation zumindest in hohem Maße problematisch. Aus dem Regelungszusammenhang sowie aus Sinn und Zweck des Anerkennungsbeirates lassen sich aber im Wege der Auslegung bestimmte Konturen herausarbeiten: Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 AZWV i. V. m. § 377 Abs. 3 SGB III ist ein Mitglied des Anerkennungsbeirates u. a. dann (zwingend) abzuberufen, wenn das Mitglied seine Amtspflichten grob verletzt oder die vorschlagende Stelle es beantragt. Eine grobe Verletzung der Amtspflichten dürfte insbesondere bei schweren und/oder fortgesetzten Rechtsverstößen des Mitgliedes gegeben sein. Eine daraus folgende Abberufung setzt aber voraus, dass die Rechtmäßigkeit des Handelns des Anerkennungsbeirates und seiner 234

Vomhof, S. 133. Vgl. Georg Hermes in: Dreier (Hrsg.), Art. 86, Rdnr. 43; Martin Burgi in: Starck (Hrsg.), Art. 86, Rdnr. 61; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 86, Rdnr. 3; Siegfried Broß in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Bd. 3, Art. 86, Rdnr. 15. 236 Kritisch etwa Sachs in: Sachs (Hrsg.), Art. 20, Rdnr. 41 u. Art. 86, Rdnr. 41. 237 Vgl. Hermes in: Dreier (Hrsg.), Art. 86, Rdnr. 43; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 86, Rdnr. Rdnr. 3. 235

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Mitglieder überhaupt der Rechtsaufsicht unterliegen, weil andernfalls solche Verstöße kaum festgestellt werden könnten. Die fachlichen Aufgaben des Anerkennungsbeirates lassen ebenfalls nicht erkennen, warum dieser nicht einmal einer Rechtaufsicht unterliegen sollte. Die „Konkretisierung der fachlichen Anforderungen im Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren und ihre Fortentwicklung“ sowie die Beachtung arbeitsförderungs- und bildungspolitischer Belange sowie die Beachtung von Belangen der Qualitätstestierung und Qualitätssicherung238 mögen zwar eine fachliche Weisungsfreiheit geboten erscheinen lassen, nicht aber eine auch rechtliche. Auch ein „unabhängiger Experte“ kann seinen Sachverstand hinreichend in ein Gremium einbringen, das einer Rechtsaufsicht unterliegt. Ein staatliches oder auch nur öffentliches Interesse an einer auch in rechtlicher Hinsicht bestehenden Weisungs- und Aufsichtsfreiheit ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Staatliche Kontrolle und Letztverantwortung für die Entscheidungen dieses Gremiums könnten nicht gesichert werden, wenn nicht zumindest eine Rechtsaufsicht und ein entsprechendes Weisungsrecht bestünden. Die Verfassung fordert gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, dass (auch) die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist. Mit diesem grundlegenden Verfassungsgebot ist die Annahme eines zur Mitentscheidung im Bereich der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung berufenen Gremiums, das nicht einmal in rechtlicher Hinsicht der Aufsicht einschließlich einem entsprechenden Weisungsrecht unterliegt, unvereinbar. „Ministerialfreie“ Räume sind keine rechtsfreien Räume. Schließlich wäre es auch mit den Anforderungen des Demokratieprinzips in sachlich-inhaltlicher Hinsicht unvereinbar, wenn Staatsgewalt ausgeübt würde, ohne dass zumindest eine Rechtsaufsicht besteht. Denn andernfalls bestünde eben (überhaupt) keine staatliche Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeit auf das betreffende Gremium mehr. Entsprechend ist eine Aufsicht für solche Gremien durch personell demokratisch legitimierte Amtswalter auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts mit Blick auf das Demokratieprinzip unverzichtbar.239 Dagegen ist eine Weisungsfreiheit in fachlicher Hinsicht für die Mitglieder des Anerkennungsbeirates sinnvoll und zur Erfüllung der dem Gremium zugewiesenen Aufgaben notwendig: Schon die Beratungsaufgabe könnte der Anerkennungsbeirat kaum erfüllen, wenn zugleich durch die Anerkennungsstelle über fachliche Weisungen jedes beliebige Ergebnis dieser Beratungen erreicht werden könnte. Insbeson238 239

Vgl. S. 2 Begr. AZWV. Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 97 f.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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dere der ausdrückliche Hinweis auf die Einbindung externen Sachverstandes durch „unabhängige Experten“ kann nur dann sinnvoll und zweckmäßig sein, wenn diese Experten gerade in sachlich-fachlicher Hinsicht keinen Weisungen unterliegen. Bei Annahme eines fachlichen Weisungsrechts wäre der Anerkennungsbeirat insgesamt überflüssig. Denn die Ausübung des fachlichen Weisungsrechts erfordert, dass der Sachverstand der das Weisungsrecht Wahrnehmenden dem der Anzuweisenden zumindest gleichwertig, wenn nicht überlegen ist. Wäre dies bei der Anerkennungsstelle bzw. bei den beiden Ministerien der Fall, wäre überhaupt nicht erkennbar, wozu es des Anerkennungsbeirates, seiner Ratschläge und „Konkretisierungen“ bedürfte. Wie weitgehend hier „externer“ Sachverstand eingebunden werden soll, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass nicht nur die Zertifizierungsstellen die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates beachten müssen, sondern selbst die innerhalb der BA für Zulassungen nach § 12 AZWV zuständige Stelle gemäß § 12 Satz 1 AZWV ihre Tätigkeit „unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Anerkennungsbeirates“ auszuüben hat. Damit wäre es unvereinbar, wenn dann aber wieder die BA im Weisungswege Einfluss auf die fachlichen Inhalte dieser Empfehlungen nehmen könnte. Will man ein (auch) mit Fachexperten besetztes Beratungs- und Entscheidungsgremium an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligen, ist der Verzicht auf ein fachliches Weisungsrecht zwar aus den dargelegten Gründen geboten. Zugleich ist aber zu berücksichtigen, dass der Staat damit auch auf die oben erörterte doppelte Mehrheit in diesem Gremium nur noch einen beschränkten Einfluss hat. Zwar stellen im Anerkennungsbeirat die staatlichen Vertreter, zu denen auch die drei unabhängigen Experten zu rechnen sind, die Mehrheit. Wie diese aber jeweils entscheiden bzw. abstimmen, lässt sich jedoch nicht durch fachliche Weisungen beeinflussen – zumindest nicht für die „unabhängigen Experten“. Da sie in aller Regel nicht Beamte sind, unterliegen sie schon deshalb keiner fachlichen Weisungsbefugnis vorgesetzter Verwaltungsorgane oder -stellen. Dieser weitgehende Verzicht auf Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten muss dann im Rahmen der gebotenen und nachfolgend noch vorzunehmenden Gesamtabwägung, ob eine hinreichende bzw. effektive demokratische Legitimation gegeben ist, beachtet werden. Unbeantwortet lässt die Regelung des § 6 AZWV schließlich noch das Problem von Weisungen durch die jeweils vorschlagsberechtigten nichtstaatlichen Gruppen bzw. Verbände. Der Gesetzgeber hat für den UGA mit der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 UAG und für den Gemeinsamen Bundesausschuss mit der Regelung des § 91 Abs. 2 Satz 5 i. V. m. § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB V gerade auch der

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Einflussnahme Dritter auf die sachlich-fachliche Arbeit des UGA bzw. des Gemeinsamen Bundesausschusses durch Weisungen vorgebeugt. Ein fachliches Weisungsrecht für die vorschlagsberechtigten nicht-staatlichen Verbände und Gruppen wäre aber schon mit der Funktion des Anerkennungsbeirates kaum zu vereinbaren. Ein mit speziellen Beratungs- und Entscheidungsaufgaben betrautes Gremium würde seine Handlungsfähigkeit verlieren, wenn man für sämtliche vorschlagsberechtigten Verbände jeweils ein fachliches Weisungsrecht annehmen wollte. Auch wenn es sich um Interessenvertreter handelt, würde ein fachliches Weisungsrecht die betreffenden Mitglieder auf die Funktion bloßer Erfüllungsgehilfen der sie vorschlagenden Gruppen bzw. Verbände reduzieren. Wenn schon die organisatorisch-personelle demokratische Legitimation der betreffenden Vertreter gerade noch gerechtfertigt werden kann, dann muss zumindest mit Blick auf die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation der Mitglieder des Anerkennungsbeirates darauf geachtet werden, dass diese nicht bloße „Werkzeuge“ demokratisch nicht legitimierter Gruppen und Verbände sind. (2) Ergebnis Die Mitglieder des Anerkennungsbeirates unterliegen der Rechtsaufsicht und haben rechtliche Weisungen zu beachten. Ein fachliches Weisungsrecht besteht dagegen weder für die Anerkennungsstelle bzw. für die beteiligten Ministerien, noch für die vorschlagsberechtigten Gruppen und Verbände. (3) Fachliche Weisungsfreiheit und Entscheidungsbefugnisse der Mitglieder des Anerkennungsbeirates – verfassungsrechtliche Grenzen betreffend die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation Fachliche Weisungsfreiheit pluralistisch besetzter Entscheidungsgremien im Verwaltungsrecht und insoweit ministerialfreie Räume sind wegen der Anforderungen des Demokratieprinzips allenfalls in sehr engen Grenzen zulässig. Denn „Organe innerhalb der Verwaltung, die von ministerieller Weisung freigestellt sind (sog. ministerialfreier Raum), durchbrechen die Verantwortlichkeit und den durch sie vermittelten Legitimationsstrang“.240 Es entsteht eine „substantielle Steuerungs- und Legitimationslücke“.241 In diesem Be240 241

Vgl. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 24. Vgl. Vomhof, S. 178.

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reich ist auch keine Kompensation des Defizits an sachlich-inhaltlicher demokratischer Legitimation möglich. Insbesondere reicht es nach zutreffender Ansicht nicht aus, wenn nur einige oder auch die Mehrheit der Mitglieder des Gremiums weisungsgebunden sind, da jeder einzelne weisungsfreie (Mit-)Entscheidungsträger über „ständige virtuelle Vollentscheidungsgewalt verfügt“.242 Auch Einwirkungsmöglichkeiten im Wege der Rechtsaufsicht oder durch Abberufungsmöglichkeiten können ein solches Demokratie-Defizit nicht ausgleichen, da sie in konkret zu entscheidenden Fragen aufgrund fehlender fachlicher Weisungsbefugnis nicht ein bestimmtes Abstimmungsund Entscheidungsverhalten sicherstellen können.243 In der Literatur wird, wie ausgeführt, die Ansicht vertreten, „zwingende sachliche Gründe“ könnten das sachlich-inhaltliche demokratische Legitimationsdefizit ministerialfreier Räume rechtfertigen.244 Ein solcher Grund soll in der Einbringung speziellen Sachverstandes liegen. Dies führe zu einer sachgerechteren Entscheidung als sie ohne den speziellen Sachverstand getroffen würde.245 Zumindest bei komplexen, schwierigen Entscheidungsgegenständen naturwissenschaftlich-technischer Art fehle dem zuständigen Minister ohnehin meist die nötige Kompetenz, um einer Kontroll- und fachlichen Weisungsfunktion gerecht werden zu können. Dies rechtfertige im begrenzten Bereich des überlegenen Fach- und Sachwissens eine Schaffung ministerialfreier Räume.246 Ministerialfreie Entscheidungsräume können danach „allenfalls insoweit gerechtfertigt sein, als die gesetzlich übertragene und umschriebene Aufgabe nach ihrer spezifischen Eigenart solche Weisungsfreiheit notwendig erfordert, etwa wie im Prüfungswesen oder bei verwaltungsinternen Kontrollinstanzen, nicht aber darüber hinaus“.247 Ferner wird als Grund die höhere Akzeptanz von Entscheidungen genannt, die bei Beteiligung betroffener gesellschaftlicher Gruppen an den Entscheidungen erzielt werden könne. Diese Akzeptanz werde aber bei einem fachlichen Weisungsrecht erheblich reduziert.248 242

Vgl. Vomhof, S. 177. Vgl. Vomhof, S. 177 m. w. Nachw. 244 Hierzu eingehend Vomhof, S. 182 ff. 245 Vgl. Vomhof, S. 185. 246 Vgl. Vomhof, S. 182 f. m. w. Nachw. 247 Vgl. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 24. 248 Vgl. Vomhof, S. 183 ff. m. w. Nachw.; vgl. auch BVerfGE 107, S. 59 ff., 92 f.: „Gelingt es, die eigenverantwortliche Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe mit privater Interessenwahrung zu verbinden, so steigert dies die Wirksamkeit des parlamentarischen Gesetzes. Denn die an der Selbstverwaltung beteiligten Bürger nehmen die öffentliche Aufgabe dann auch im wohlverstandenen Eigeninteresse wahr“. 243

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Die – vermeintlich oder tatsächlich – höhere Akzeptanz einer Entscheidung, an der Vertreter von betroffenen Interessengruppen beteiligt sind, rechtfertigt sicher eine Anhörung und Einbeziehung dieser Vertreter im Rahmen des Entscheidungsprozesses, nicht aber eine Delegation der Entscheidungsbefugnis. Gerade weil, wie dargelegt, die Binnenstrukturen der betreffenden Gruppen und Verbände nicht geeignet sind, die Anforderungen des Demokratieprinzips zu relativieren, kann eine höhere Akzeptanz bei diesen Verbänden und Gruppen auch keinen Verzicht auf eine hinreichende sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation rechtfertigen. Staatliche Entscheidungen dürften im Übrigen nicht zuletzt deshalb „Akzeptanz“ genießen, weil sie dem Grundsatz der Volkssouveränität entsprechen, sich also letztlich vom Willen des Volkes ableiten. Diese Akzeptanz würde leiden, wenn staatliche Entscheidungen an nicht demokratisch legitimierte Vertreter von Partikularinteressen delegiert würden.249 Gegen „Sachverstand“ als Legitimationsmuster für fehlende demokratische Legitimation250 wird in der Literatur zutreffend eingewandt, dass Sachverstand kein originärer oder primärer Verfassungswert ist.251 Ferner stehe das Demokratieprinzip, das insoweit durch Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG vorbehaltlos Geltung beanspruchen könne, nicht unter einem „Expertokratievorbehalt“.252 Eine „fremdwirkende Expertenherrschaft“253 ist, wie in der Literatur zutreffend betont wird, mit dem Demokratieprinzip ebenso unvereinbar wie ein „sachverstandfundiertes Misstrauen gegen den politischen Charakter des (parlamentarisch -)demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses dem Grundgesetz fremd“ ist.254 Ferner wird darauf verwiesen, angesichts der Beliebigkeit der rechtspraktischen Einsetzbarkeit der Kategorie „Sachverstand“ habe es der parlamentarische Gesetzgeber, wenn man diesen Topos als Legitimationsquelle für demokratische Defizite anerkenne, weitgehend in der Hand, sich selbst seiner Verantwortung für Normsetzung und Entscheidung zu entziehen. Ingesamt könne die Rettung bzw. Stützung des parlamen249 Ebenso z. B. Hänlein, Rechtsquellen, S. 500, der zutreffend darauf hinweist, dass „letztlich auch Sachverstand erfordernde Entscheidungen stets von bestimmten Personen vor dem Volk verantwortet werden müssen. Erscheint die Sachkompetenz eines Staatsorganes zweifelhaft, mag es notwendig sein, sachverständigen Rat einzuholen. An der Notwendigkeit der verantwortlichen Entscheidung durch demokratisch legitimierte Organe ändert dies nichts“. 250 Vgl. zu einem solchen Begründungsansatz z. B. BSGE 78, S. 70 ff., 82 und hierzu: Hänlein, Rechtsquellen, S. 501 f. 251 Vgl. Jestaedt, S. 592. 252 Vgl. Jestaedt, S. 592; vgl. auch Hänlein, Rechtsquellen, S. 500. 253 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 501. 254 Vgl. Jestaedt, S. 592.

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tarisch-demokratischen Systems nicht durch seine (partielle) Überwindung erfolgen.255 Des Weiteren sei nicht überzeugend zu begründen, warum anstelle der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen nicht auch bloße Beratungsbefugnisse ausreichen sollten.256 Auch das Argument einer höheren Sachgerechtigkeit der Entscheidung durch Beteiligung von Sachverständigen vermag nicht vollständig zu überzeugen – zumindest nicht für den Fall des Anerkennungsbeirates. Bisher ist nichts darüber bekannt, dass es der BA etwa am nötigen Sachverstand für die zu treffenden Entscheidungen gemangelt hätte. Zudem sieht § 3 Abs. 1 Satz 2 AZWV vor, dass sich die Anerkennungsstelle für die Begutachtung externer Sachverständiger bedienen kann. Hier bleibt aber die Letztverantwortung der Anerkennungsstelle gewahrt, selbst wenn externer Sachverstand herangezogen werden muss. Schließlich ist auch der Anerkennungsbeirat aufgrund seiner personellen Zusammensetzung kein „Garant“ für eine besondere Sachkunde. Wie ausgeführt, stellt die AZWV keinerlei fachliche Anforderungen an die Mitglieder des Anerkennungsbeirates. Ausschließlich aus dem Begriff der „Experten“ lassen sich im Wege der Auslegung – vage – Anhaltspunkte für das Erfordernis besonderer Sachkunde entnehmen. Dass auf diese Weise also überlegenes Sachwissen für die Entscheidungsfindung gewonnen wird, steht damit aufgrund fehlender fachlicher Anforderungen bzw. Qualifikationsvoraussetzungen für die Mitglieder des Anerkennungsbeirates keineswegs fest.257 Letztlich bedarf dies aber keiner Entscheidung, weil, wie sogleich auszuführen ist, jedenfalls eine besondere Anforderung des Demokratieprinzips in sachlich-inhaltlicher Hinsicht nicht gewahrt ist, die auch von denjenigen gestellt wird, die ministerialfreie Räume (in engen Grenzen) für zulässig erachten. ee) Fehlen einer den Anforderungen des Demokratieprinzips entsprechenden gesetzlichen Grundlage für den Anerkennungsbeirat und Überschreitung des Bereichs zulässiger Selbstverwaltung Die Einrichtung des Anerkennungsbeirates ist lediglich durch Rechtsverordnung nach § 6 AZWV erfolgt. Der parlamentarische Gesetzgeber hat insoweit, insbesondere in der betreffenden Ermächtigung zum Erlass der 255

Vgl. Jestaedt, S. 593. Vgl. Jestaedt, S. 594; Hänlein, Rechtsquellen, S. 502. 257 Vgl. zur Parallelproblematik der Bundesausschüsse nach §§ 91 ff. SGB V a. F.: Hänlein, Rechtsquellen, S. 500 f. 256

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

AZWV in § 87 SGB III, die Schaffung eines solchen Gremiums mit keinem Wort erwähnt. Das gesamte Anerkennungsverfahren wurde der Disposition des Verordnungsgebers überlassen. Damit fehlt eine Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers über die Einrichtung des Anerkennungsbeirates. (1) Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes für Gremien mit Entscheidungsbefugnissen in den Bereichen der „ministerialfreien Räume“ und der funktionalen Selbstverwaltung Für den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung werden zwar, wie dargelegt, von Rechtsprechung und Literatur verminderte Anforderungen hinsichtlich der zu erfüllenden Vorgaben des Demokratieprinzips für pluralistisch besetzte Entscheidungsgremien gestellt. Auch werden sog. ministerialfreie Räume, wie ausgeführt, zur Einbindung von besonders sachverständigen Dritten teilweise für zulässig erachtet. Über eine Voraussetzung besteht allerdings, bei allen Unterschieden in Einzelheiten, Einigkeit: Der parlamentarische Gesetzgeber – und nur dieser, nicht etwa der Verordnungsgeber – darf, solche Gremien, sofern sie Entscheidungsbefugnisse haben, schaffen: Für Gremien, die ministerialfrei agieren, also zumindest keinen fachlichen Weisungen unterliegen sollen, ist in jedem Fall eine gesetzliche Grundlage erforderlich, die durch den parlamentarischen Gesetzgeber zu schaffen ist.258 „Jedenfalls erfordert etwa die Konstituierung sachlich unabhängiger Organe, dass deren organisatorisch-personelle Legitimation umfassend gewährleistet und auch ihr Handlungsbereich gesetzlich geregelt und umgrenzt ist“.259 Demnach können ministerialfreie Räume „allenfalls insoweit gerechtfertigt sein, als die gesetzlich übertragene und umschriebene Aufgabe“ dies erforderlich machen sollte.260 Es könnte nun argumentiert werden, der Verordnungsgeber habe sich, ungeachtet der Aufnahme der „unabhängigen Experten“ in den Anerkennungsbeirat, weniger am Modell des ministerialfreien Raumes orientieren wollen, als an dem Modell und den Formen der funktionellen Selbstverwaltung. Hierfür spricht immerhin, dass dem Sozialversicherungsrecht Elemente der funktionalen Selbstverwaltung keineswegs fremd sind und dass der Verordnungsgeber als Begründung für die Schaffung des Anerkennungsbeirates gerade darauf verwiesen hat, dieses Gremium solle den gesellschaftlichen 258 259 260

Vgl. etwa Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 86, Rdnr. 3. Vgl. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 23, Hervh. d. Verf. Vgl. Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 24, Hervh. d. Verf.

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Gruppen und Institutionen, die vom Anwendungsbereich der AZWV in der Praxis betroffen sind, Gelegenheit geben, die Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren den Bedürfnissen der Praxis entsprechend mit zu gestalten.261 Für den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung und die dort geschaffenen Gremien zur Beteiligung der Betroffenen gelten die vorstehend erläuterten Grundsätze für die Anforderungen des Demokratieprinzips, wie das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben hat, ebenso: „Das demokratische Prinzip des Art. 20 Abs. 2 GG erlaubt deshalb, durch Gesetz – also durch einen Akt des vom Volk gewählten und daher klassisch demokratisch legitimierten parlamentarischen Gesetzgebers – für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen. Dadurch darf . . . ein wirksames Mitspracherecht der Betroffenen geschaffen und verwaltungsexterner Sachverstand aktiviert werden“.262 Zudem ist verbindliches Handeln (auch) von Organen der funktionalen Selbstverwaltung mit Entscheidungscharakter „aus verfassungsrechtlicher Sicht nur gestattet, weil und soweit das Volk auch insoweit sein Selbstbestimmungsrecht wahrt, indem es maßgeblichen Einfluss auf dieses Handeln behält. Das erfordert, dass die Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe in einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell-demokratisch legitimierter Amtswalter unterliegt“.263 Auch wenn die betreffende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht in allen Teilen der Begründung Zustimmung gefunden hat, besteht doch zumindest über die Richtigkeit der Kriterien der Regelung durch Parlamentsgesetz und der staatlichen Aufsicht Übereinstimmung auch mit kritischen Stimmen in der Literatur.264 Diese jüngster tionaler Art. 20 261

Grundsätze und Kriterien hat das Bundesverfassungsgericht in Zeit nochmals bekräftigt und hervorgehoben, die Einrichtung funkSelbstverwaltung als Ausprägung des Demokratieprinzips des Abs. 2 GG mit dem Ziel der Verwirklichung der freien Selbst-

Vgl. S. 2 u. 8 f. Begr. AZWV. BVerfGE 107, S. 59 ff., 92; ähnlich bereits BVerfGE 37, S. 1 ff., 25 ff. betreffend den „Stabilisierungsfonds für Wein“. 263 Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 94; ähnlich BVerfGE 37, S. 1 ff., 26 f. 264 Vgl. zur Kritik an der Begründung etwa: Joachim Becker: Das Demokratieprinzip und die Mitwirkung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, DöV 2004, S. 910 ff., 912 ff., der den beiden Kriterien der parlamentsgesetzlichen Grundlage und der staatlichen Aufsicht ebenfalls zustimmt, vgl. S. 914; ebenso z. B. Musil, S. 120; zustimmend im Übrigen z. B. Pieroth in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 10 a; Seeringer, S. 156, 162, 181, 229. 262

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bestimmung dürfe nicht dazu führen, dass sich der Gesetzgeber seiner Regelungsverantwortung entäußere.265 Dies gelte erst recht bei Regelungen, die mit Grundrechtseingriffen verbunden seien. Insbesondere hier gewährleiste der Parlamentsvorbehalt nicht nur, dass der demokratische Gesetzgeber die Aufgaben und Regelungsgegenstände festlege, die zur selbstverantworteten Gestaltung freigegeben werden. Wähle der parlamentarische Gesetzgeber für bestimmte öffentliche Aufgaben eine Organisationsform der Selbstverwaltung, müsse er institutionelle Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen der von ihr erfassten Personen treffen.266 Vor allem jedoch gelte: „Die Bildung der Organe, ihre Aufgaben und Handlungsbefugnisse müssen in ihren Grundstrukturen in einem parlamentarischen Gesetz ausreichend bestimmt sein; das Gesetz muss außerdem mittels Vorgaben für das Verfahren der autonomen Entscheidungsfindung eine angemessene Partizipation der Berufsangehörigen an der Willensbildung gewährleisten. Die Organe müssen nach demokratischen Grundsätzen gebildet werden; es sind institutionelle Vorkehrungen vorzusehen, damit die Beschlüsse so gefasst werden, dass nicht einzelne Interessen bevorzugt werden“.267 Hinzu kommen müssen schließlich, ebenfalls durch Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers, Bestimmungen über die „Wahrnehmung der im Zusammenspiel mit autonomer Selbstverwaltung erforderlichen Staatsaufsicht. Ohne solche Regelungen des parlamentarischen Gesetzgebers fehlen die Maßstäbe für eine wirksame Kontrolle“ der von dem betreffenden Gremium ausgeübten Staatsgewalt.268 Für den Bereich der Normsetzungsermächtigung von Bundesausschüssen durch die Möglichkeit zum Erlass von Richtlinien nach § 92 SGB V a. F. hat auch das Bundessozialgericht darauf verwiesen, die Normsetzungsermächtigung müsse durch Parlamentsgesetz erfolgen, das den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspreche. Zudem sei eine ausreichende Einwirkungs- und Überwachungsmöglichkeit der dem demokratischen Gesetzgeber verantwortlichen Exekutive erforderlich.269 Das Bundessozialgericht hat insoweit maßgeblich auf die Verpflichtung des parlamentarischen Gesetzgebers zur Beachtung des Parlamentsvorbehalts für wesentliche, insbesondere grundrechtsrelevante Entscheidungen abgestellt.270 265

Vgl. BVerfGE 111, S. 191 ff., 216. Vgl. BVerfGE 111, S. 191 ff., 217. 267 Vgl. BVerfGE 111, S. 191 ff., 217; betreffend den Parlamentsvorbehalt für Selbstverwaltungskörperschaften mit Rechtsetzungsbefugnis vgl. auch Hänlein, Rechtsquellen, S. 50. 268 Vgl. BVerfGE 111, S. 191 ff., 218. 269 Vgl. BSGE 78, S. 70 ff., 80 u. 83 f. 270 Vgl. BSGE 78, S. 70 ff., 84. 266

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(2) Fehlen einer (hinreichenden) parlamentsgesetzlichen Grundlage für den Anerkennungsbeirat und Fehlen von Möglichkeiten der Kompensation dieses Defizits an demokratischer Legitimation Mit den soeben dargestellten, von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Anforderungen an mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Gremien im Bereich der „ministerialfreien Räume“ oder der funktionalen Selbstverwaltung, die (auch nur teilweise) mit nicht-staatlichen Mitgliedern besetzt sind, ist zugleich das zentrale verfassungsrechtliche Problem der Regelung des § 6 AZWV beschrieben: Es handelt sich um eine Regelung lediglich im Rahmen einer Rechtsverordnung. Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des § 87 SGB III ist zwar – wenn überhaupt – wie dargelegt, gerade eben noch hinreichend bestimmt. Dies enthebt den Gesetzgeber nach den vorstehend erläuterten Grundsätzen des Demokratieprinzips in Verbindung mit dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts aber nicht der Verpflichtung, selbst die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu schaffen, wenn ein Organ funktionaler Selbstverwaltung mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet werden soll. Dem werden die Regelungen des § 87 SGB III und des § 6 AZWV nicht einmal im Ansatz gerecht. Der parlamentarische Gesetzgeber hat schon das Gremium „Anerkennungsbeirat“ nicht geschaffen oder auch nur ansatzweise die Möglichkeit der Schaffung dieses Gremiums vorgegeben. Der Regelung des § 87 SGB III lässt sich nichts über ein solches Gremium oder gar über Vorgaben für die Zusammensetzung und die Tätigkeit dieses Gremiums entnehmen. Den verfassungsrechtlichen Vorgaben, nach denen bereits die Bildung der betreffenden Organe bzw. Gremien, aber auch ihre Aufgaben und Handlungsbefugnisse zumindest in ihren Grundstrukturen in einem parlamentarischen Gesetz ausreichend bestimmt sein müssen,271 ist damit schon insoweit ersichtlich nicht genügt. Erst recht fehlen die erforderlichen Vorgaben durch Parlamentsgesetz für das Verfahren der Entscheidungsfindung dieses Gremiums.272 Von einer hinreichenden demokratischen Legitimation insbesondere der nicht-staatlichen Mitglieder des Anerkennungsbeirates kann somit bereits aus diesem Grund keine Rede sein. An dieser Stelle zeigt sich auch der grundlegende Unterschied zu den Regelungen der §§ 21 ff. UAG und der §§ 91 ff. SGB V: Dort hat der parlamentarische Gesetzgeber, wie dargelegt, bereits das „Programm“ der zu erlassenden Richtlinien vorgezeichnet.273 Zudem sind 271 272 273

Vgl. BVerfGE 111, S. 191 ff., 217. Vgl. hierzu BVerfGE 111, S. 191 ff., 217. Vgl. hierzu nur: Seeringer, S. 157 ff.

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die betreffenden Organe bzw. Selbstverwaltungsgremien jeweils durch Parlamentsgesetz geschaffen worden. Der zweite für die verfassungsrechtliche Beurteilung mit Blick auf das Demokratieprinzip wesentliche Aspekt betrifft die personelle Zusammensetzung des Anerkennungsbeirates: Die „unabhängigen Experten“, aber auch der Vertreter oder die Vertreterin der „Bildungsverbände“ (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 AZWV) können keinesfalls als – zumal demokratisch legitimierte – Vertreter der Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder der Zertifizierungsstellen angesehen werden. Es ist bereits völlig offen, konkret welche Bildungsverbände hier gemeint sind. Erst recht ist nicht zu erkennen, dass dort – und auf welche Weise – alle oder auch nur die überwiegende Anzahl der Träger und der Zertifizierungsstellen „organisiert“ bzw. als Mitglieder beteiligt sind. Weder für die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung noch für die Zertifizierungsstellen ist die Mitgliedschaft in „Bildungsverbänden“ vorgeschrieben. Dem steht gegenüber, dass die Zertifizierungsstellen – und mittelbar auch die Träger – den verbindlichen „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates unterworfen sein sollen und für die Zertifizierungsstellen sogar bei Nichtbeachtung der Entzug der Anerkennung droht (vgl. § 2 Nr. 4 AZWV). Damit liegt für die Zertifizierungsstellen und die Träger der Sache nach nicht einmal eine funktionale Selbstverwaltung vor, für die die betreffenden Erleichterungen hinsichtlich der Bindung an das Demokratieprinzip zumindest in der Rechtsprechung und in Teilen der Literatur anerkannt sind. Es handelt sich tatsächlich um Fremdverwaltung, die in die für die Träger und die Zertifizierungsstellen garantierte Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreift: Ohne strikte Beachtung der „Empfehlungen“ ist nach § 2 Nr. 4 AZWV keine Anerkennung zulässig bzw. ist diese wieder zu entziehen. Da die „Empfehlungen“ ausdrücklich auch das Zertifizierungsverfahren betreffen, ist zugleich auch die Freiheit der Berufswahl der Träger berührt, für deren Zulassung die „Empfehlungen“ ebenfalls bindend sind. Schon mitgliedschaftlich-partizipatorische Ansätze im Bereich des Art. 20 Abs. 2 GG setzen aber zwingend voraus, dass die Aufgaben der Selbstverwaltungskörperschaft aufgrund der durch die Mitglieder vermittelten Autonomie nicht prinzipiell die Gesamtbevölkerung betreffen, sondern sie „müssen zentral an den Angelegenheiten der Mitglieder ausgerichtet sein“.274 274

Vgl. Seeringer, S. 177 m. w. Nachw.

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Selbstverwaltung und Autonomie „bedeuten notwendigerweise, dass eigene Angelegenheiten von Betroffenen selbst wahrgenommen werden.275 Nicht umfasst vom Gedanken der Selbstverwaltung ist die Entscheidung gegenüber Dritten. Ihnen gegenüber erscheinen derartige Entscheidungen nicht als Ausdruck der Selbstbestimmung, sondern als Fremdbestimmung. Ein Dritter kann eine Entscheidung nicht als demokratisch legitimiert empfinden, wenn er auf den Entscheidungsprozess keinerlei Einfluss nehmen konnte. Selbstverwaltung kann also bereits begrifflich einen fehlenden Bezug zum Volk nicht kompensieren, soweit Staatsgewalt gegenüber Nichtmitgliedern ausgeübt wird“.276 Eine autonome Legitimation ist damit nicht in der Lage, die Ausübung von Staatsgewalt gegenüber Dritten kompensatorisch zu legitimieren, „da sie eben nicht vom Volk gespeist wird“.277 Auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird hervorgehoben, dass funktionale Selbstverwaltung die „organisierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen an den sie berührenden Entscheidungen“ ist, wozu auch „ein wirksames Mitspracherecht der Betroffenen“ zählt.278 Wähle also der parlamentarische Gesetzgeber für bestimmte öffentliche Aufgaben die Organisationsform der Selbstverwaltung, dürfe er „keine Ausgestaltung vorschreiben, die mit dem Grundgedanken autonomer interessengerechter Selbstverwaltung einerseits und effektiver öffentlicher Aufgabenwahrnehmung andererseits unvereinbar wäre. Deshalb müssen Regelungen über die Organisationsstruktur der Selbstverwaltungseinheiten auch ausreichende institutionelle Vorkehrungen dafür enthalten, dass die betroffenen Interessen angemessen berücksichtigt und nicht einzelne Interessen bevorzugt werden“.279 Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass – wie bereits der Wortsinn nahelegt – von demokratisch legitimierter „Selbstverwaltung“ keine Rede sein kann, wenn wesentliche Teile der Betroffenen keinerlei Einflussmög275

Vgl. z. B. Seeringer, S. 168 f.: „Die funktionale Selbstverwaltung . . . ist dadurch gekennzeichnet, dass ihre Entscheidungsorgane aus den von der Verwaltungsaufgabe Betroffenen, die regelmäßig körperschaftlich zusammengeschlossen sind und dann als Mitglieder auftreten, zusammengesetzt sind“. 276 Vgl. Musil, S. 120; ebenso z. B. Ingwer Ebsen: Autonome Rechtssetzung in der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung als Verfassungsproblem, VSSR 1990, S. 57 ff., 70 u. 73, der bei Geltungserstreckung der Entscheidungen auf Dritte eine entsprechende, besondere gesetzliche Ermächtigung für erforderlich erachtet. 277 Vgl. Musil, S. 120; vgl. zu diesem sog. Korrespondenzgebot umfassend m. w. Nachw. Seeringer, S. 189 f. 278 Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 92. 279 Vgl. BVerfGE 107, S. 59 ff., 93; vgl. auch BVerfGE 37, S. 1 ff., 26 f., wo auf „den vertretbaren Gedanken“ abgestellt wird, „möglichst sämtlichen relevanten Gruppen . . . ein Mitspracherecht zu geben, um auf diese Weise einen sachgerechten Interessenausgleich zu erreichen“.

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lichkeiten auf die Entscheidungsfindung des betreffenden Gremiums der funktionalen „Selbstverwaltung“ haben, sie aber in ihrer grundrechtlich geschützten Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung durch die Entscheidungen dieses Gremiums erheblich beeinträchtigt bzw. „betroffen“ sind. Zwar wird vertreten, dass auch Dritte bzw. Nicht-Mitglieder oder nicht in dem betreffenden Entscheidungsgremium repräsentierte Personen im Einzelfall von den betreffenden Regelungen erfasst werden könnten. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit bei der Schaffung und näheren Ausgestaltung von Organisationseinheiten der Selbstverwaltung erlaube es auch, den Selbstverwaltungsträger zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter auch gegenüber Dritten bzw. Nichtmitgliedern zu ermächtigen, allerdings nur in begrenztem Umfang.280 Entscheidend ist aber, dass dies nach übereinstimmender Auffassung nur hingenommen werden kann, wenn es sich bei der Ausübung von Staatsgewalt gegenüber diesen Dritten „um atypische Ausnahmefälle oder Annextätigkeiten im Rahmen der Aufgabenerfüllung des Selbstverwaltungsträgers handelt“. Erforderlich sei jedoch immer ein „dominierendes Element der Selbstbetroffenheit der Mitglieder“.281 Am Beispiel der von den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses betroffenen, aber in ihm nicht repräsentierten nicht-ärztlichen Leistungserbringer wurde zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieser „Außenseiterbetroffenheit“ auf effektive Möglichkeiten zum Schutz der Interessen dieser Betroffenen abgestellt. Diese seien über Stellungnahmemöglichkeiten zumindest mittelbar am Rechtssetzungsverfahren beteiligt. Zudem bestehe die (auch) ihre Interessen schützende Vorlagepflicht der Richtlinien nach § 94 SGB V.282 Für den Bereich der AZWV gibt es solche – zumal effektiven – Stellungnahmemöglichkeiten zugunsten der Zertifizierungsstellen und der Träger nicht. Auch existiert hinsichtlich der „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates keine Vorlagepflicht. Auf beides kommt es aber nicht einmal entscheidend an. Denn auch die betreffende Auffassung stellt maßgeblich darauf ab, dass es sich bei der Betroffenheit Dritter durch die Richtlinien bzw. Entscheidungen um eine bloße „Außenseiterbetroffenheit“ dieser Dritten handeln muss.283 Die Geltungserstreckung der Entscheidungen des Gremiums auf diese „Außenseiter“ 280 281 282 283

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

BVerfGE 107, S. 59 ff., 94. Musil, S. 120; BVerwGE 106, S. 64 ff., 76 f. Seeringer, S. 185. Seeringer, S. 189.

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setze für ihre Zulässigkeit zudem voraus, dass die Geltungserstreckung in einem engen Zusammenhang mit der Sachaufgabe der jeweiligen autonomen Körperschaft stehe, nach ihrem Gewicht und dem erfassten Personenkreis lediglich von „nachgeordneter Bedeutung“ sei284 und nur eine geringe Anzahl von Außenseitern „fremdbestimmt“ werde.285 Ob die vorgenannten Kriterien noch den Vorgaben des Demokratieprinzips entsprechen, kann für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung dahinstehen. Denn es handelt sich, wie dargelegt, bei den Empfehlungen des Anerkennungsbeirates im Verhältnis zu den Zertifizierungsstellen und zu den Trägern nicht um eine „Außenseiterbetroffenheit“ oder eine atypische Betroffenheit in einigen, wenigen Fällen. Die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates betreffen das Anerkennungs- und das Zertifizierungsverfahren. Zentral betroffen von ihnen sind damit die Zertifizierungsstellen und die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die beide nicht bzw. nicht hinreichend im Anerkennungsbeirat repräsentiert sind. Von einer bloßen Außenseiterbetroffenheit oder von Annexregelungen, die solche Dritten beträfen, kann somit ersichtlich keine Rede sein. Die hauptsächlich und direkt von den „Empfehlungen“ betroffenen Zertifizierungsstellen sind an ihrer Entstehung gerade nicht beteiligt! Hinzu kommt, dass die vorgenannten Voraussetzungen nur dann zu einer noch hinreichenden demokratischen Legitimation des mit staatlicher Entscheidungsbefugnis ausgestatteten Selbstverwaltungsgremiums führen sollen, wenn auch die oben genannten grundlegenden Bedingungen erfüllt sind: eine ausreichend bestimmte Regelung des Gremiums, seiner Zusammensetzung und seiner Aufgaben durch Parlamentsgesetz und eine umfassende staatliche Aufsicht über das betreffende Selbstverwaltungsgremium.286 Für den Anerkennungsbeirat fehlen, wie bereits dargelegt, jegliche Regelungen des parlamentarischen Gesetzgebers. Auch eine staatliche Aufsicht über dieses Gremium lässt sich, wie ausgeführt, nur im Wege der Auslegung sichtbar machen und ist als Rechtsaufsicht wenig ausgeprägt. Für das Fehlen einer parlamentsgesetzlichen Grundlage betreffend ein Gremium im Bereich der „ministerialfreien Räume“ oder der funktionalen Selbstverwaltung mit Entscheidungs- oder Normsetzungsbefugnis gibt es – unstreitig – auch keine Kompensationsmöglichkeit. Solche Kompensa284 Vgl. Seeringer, S. 190 m. w. Nachw., vgl. auch S. 196: „geringfügige Auswirkungen“. 285 Vgl. Seeringer, S. 194 u. 205. 286 Vgl. Seeringer, S. 207, 223 u. 229 unter Hinweis auf BVerfGE 107, S. 59 ff., 92 f.

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tionsmöglichkeiten werden vielmehr ausschließlich für pluralistisch und auch mit nicht-staatlichen Mitgliedern besetzte Gremien diskutiert, die auf einer dem Parlamentsvorbehalt entsprechenden gesetzlichen Grundlage ruhen. Nur der Vollständigkeit wegen sei daher auf einige dieser Legitimationsbzw. Kompensationsargumente kurz eingegangen: Die fehlende Repräsentation der Zertifizierungsstellen und der Träger im Anerkennungsbeirat verschließt jegliche Möglichkeit einer Kompensation demokratischer Defizite durch die Argumentationslinien einer Betroffenenpartizipation. Die Beteiligung der Betroffenen – aber eben aller oder nahezu aller Betroffenen – an den Entscheidungen von Gremien der funktionalen Selbstverwaltung durch Entsendung von Vertretern in diese Gremien wird in Teilen der Rechtsprechung287 und der Literatur288 zwar als Möglichkeit gesehen, Defizite in der demokratischen Legitimation dieser Gremien auszugleichen. Dagegen wird allerdings eingewandt, die Kategorie der „Betroffenheit“ könne schon nicht als Volksangehörigkeitsmerkmal im Rahmen des Art. 20 Abs. 2 GG angesehen werden.289 Auch sei dieses Kriterium nicht mit dem Prinzip einer parlamentarischen Demokratie und mit dem demokratisch-formalen Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren.290 Zutreffend wird schließlich darauf verwiesen, in diesen Gremien handelten nicht etwa unmittelbar Betroffene hinsichtlich (nur) ihrer eigenen Angelegenheiten, sondern würden zumindest einige, nicht einmal gewählte, abstrakt Betroffene „gewissermaßen fürsorglich die Interessen aller Betroffenen wahrnehmen“. Einen solchen Ansatz trage aber das Demokratieprinzip nicht, weil Legitimationsquelle nach Art. 20 Abs. 2 GG das Staatsvolk insgesamt ist. Fürsorgende Fremdbestimmung sei mit dem Grundgesetz unvereinbar.291 Diesen Begründungen ist, da weder Zertifizierungsstellen noch Träger im Anerkennungsbeirat vertreten bzw. repräsentiert sind, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht weiter nachzugehen. 287 Vgl. BSGE 78, S. 70 ff., 80 ff.: Der Gedanke der Betroffenen-Partizipation müsse bei der Ausgestaltung der Entscheidungsgremien wenigstens durch Beteiligung der relevanten Gruppen seinen Niederschlag finden bzw. es müssten alle in erster Linie von der Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung betroffenen Gruppen durch dieses Gremium in diesem auch repräsentiert sein. 288 Vgl. z. B. Seeringer, S. 198 ff., allerdings mit der bereits erwähnten Einschränkung, dass Dritte, nicht in dem betreffenden Gremium Repräsentierte, nur in wenigen Ausnahmefällen oder als „Außenseiter“ von den Entscheidungen des Gremiums betroffen sein dürfen. 289 Vgl. Jestaedt, S. 504. 290 Vgl. Jestaedt, S. 505. 291 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 499 f.

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Vereinzelt wird des Weiteren angenommen, mit Rücksicht auf die Anerkennung vorkonstitutioneller, historischer Entwicklungen in der Sozialversicherung durch die Regelung des Art. 87 Abs. 2 GG lasse das GG in diesem Bereich verringerte Anforderungen an die demokratische Legitimation zu.292 Dies wird weit überwiegend abgelehnt, etwa mit dem zutreffenden Hinweis, aus einem Schweigen des Verfassungsgebers mit Blick auf die früheren Traditionen in der Sozialversicherung lasse sich nicht ein für diesen Bereich vermindertes demokratisches Legitimationsniveau begründen. Insbesondere verdeutliche die Regelung des Art. 123 Abs. 1 GG, dass solche (vermeintlichen) Traditionen nur dann übernommen werden könnten, wenn sie den Vorgaben des Grundgesetzes eben nicht widersprechen.293 Auch für die funktionale Selbstverwaltung im Bereich der Sozialversicherung gelten daher keiner geringeren Anforderungen des Demokratieprinzips. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand gibt der „vorkonstitutionelle“ Argumentationsansatz zudem nichts her, weil der Anerkennungsbeirat eine Neuschöpfung des Verordnungsgebers ist, für die es folglich aus der Zeit vor Inkrafttreten des Grundgesetzes keine Traditionen gibt, die zum Ausgleich demokratischer Defizite taugen könnten. Ebenfalls nur vereinzelt vertreten wurde die Idee einer „kollektiven demokratischen Legitimation“ für Organe und Mitglieder von Selbstverwaltungskörperschaften. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, bei ihnen fehlten zwar individuelle, auf das Parlament zurückzuführende Bestellungsakte. Es gebe allerdings einen hinreichenden kollektiven Bestellungsakt durch die gesetzliche Gründung der betreffenden Körperschaft und der mit ihr verbundenen Heranziehung zur Mitgliedschaft.294 Dieser Ansatz bedarf hier keiner weiteren Erörterung, da hinsichtlich des Anerkennungsbeirates eine parlamentsgesetzliche Grundlage – und damit das wesentliches Element dieser Begründung – fehlt.295 Der weitere Ansatz einer tarifautonom-mitgliedschaftlichen Legitimation für untergesetzliche Rechtsquellen des Sozialversicherungsrechts296, der auf 292

Vgl. Axer, S. 300 ff. Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 185 f.; ebenso z. B. Volker Neumann: Zur verfassungsrechtlichen Legitimation des untergesetzlichen Sozialversicherungsrechts, RsDE 50 (2002), S. 60 ff., 67 u. 73; Friedrich E. Schnapp, AöR 128 (2003), S. 488 ff., 491 f. 294 Vgl. Winfried Kluth: Funktionale Selbstverwaltung, 1997, S. 376 ff., insbes. S. 382. 295 Gegen eine solche Legitimationsmöglichkeit vgl. z. B. Hänlein, Rechtsquellen, S. 47 f., FN 150; Seeringer, S. 174 f. 296 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 57 ff., 151 ff. 293

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die Bestimmungen des Art. 9 Abs. 3 GG über die Vereinigungsfreiheit als Legitimationsquelle zurückgreift, verzichtet ebenfalls nicht auf den Parlamentsvorbehalt.297 Zudem betrifft er nur die Rechtssetzungsbefugnis gegenüber Mitgliedern bzw. gegenüber in den betreffenden Gremien repräsentierten Gruppen, so dass danach eine demokratische Legitimation von Fremdbestimmung gegenüber „Außenseitern“ bzw. nicht Nicht-Mitgliedern grundsätzlich ebenfalls nicht möglich ist.298 Nur in Ausnahmefällen – und zwar dann, wenn die Außenseiterbetroffenheit die „unvermeidbare Folge primär binnenorientierter Regelungen“ sei, sei eine Bindungserstreckung auch auf Dritte zulässig.299 Im Fall des Anerkennungsbeirates handelt es sich nicht um eine „Außenseiterbetroffenheit“. Die zentral betroffenen Zertifizierungsstellen und Träger sind dort nicht bzw. nicht hinreichend repräsentiert. Ferner ist nicht ersichtlich, dass die gewählte Zusammensetzung des Anerkennungsbeirates unter Verzicht auf Repräsentanten der Zertifizierungsstellen und der Träger eine unvermeidbare Folge lediglich binnenorientierter Regelungen wäre. Im Gegenteil: Gerade vor dem Hintergrund der Motive des Verordnungsgebers, die vom Anerkennungs- und Zulassungsverfahren in der Praxis Betroffenen an der Erarbeitung der Richtlinien zu beteiligen,300 ist unverständlich, warum die zentral Betroffenen bei der Besetzung des Anerkennungsbeirates nicht berücksichtigt werden. Auch diese Lehre kann damit vorliegend nicht für Kompensationsmöglichkeiten hinsichtlich einer defizitären demokratischen Legitimation des Anerkennungsbeirates herangezogen werden. Des Weiteren wird erwogen, staatliche Beanstandungs-, Ersatzvornahmeund Aufsichtsmöglichkeiten, wie sie z. B. in § 27 Abs. 1, Abs. 3 und 4 UAG sowie in §§ 91 Abs. 10, 94 Abs. 1 SGB V vorgesehen sind, als Kompensation für Defizite in der demokratischen Legitimation heranzuziehen.301 Auch diese Kompensationsversuche verzichten aber nicht auf die grundlegende Voraussetzung der Beachtung des Parlamentsvorbehalts.302 Bereits 297

Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 50. Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 43 ff. 299 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 154 f., der zudem auf die zusätzliche – vorliegend nicht in Betracht kommende – Möglichkeit einer Legitimation durch Staatsakt, z. B. nach dem Vorbild einer tarifrechtlichen Allgemeinverbindlichkeitserklärung als positive, selbständige Entscheidung einer staatlichen Stelle, verweist. 300 Vgl. S. 2 u. 8 f. Begr. AZWV. 301 Vgl. etwa BVerfGE 37, S. 1 ff., 27; BSGE 78, S. 70 ff., 84; Seeringer, S. 218 ff., insbes. S. 222 ff. 302 Vgl. BVerfGE 37, S. 1 ff., 25; BSGE 78, S. 70 ff., 84; Seeringer, S. 156 f., 161. 298

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deshalb taugt auch dieser Kompensationsansatz für den Anerkennungsbeirat nach § 6 AZWV nicht. Zudem enthält die AZWV gerade keine Vorlagepflicht bzw. ein Beanstandungsrecht oder gar ein Recht zur Ersatzvornahme nach dem Vorbild der §§ 27 UAG, 94 SGB V und sind auch, wie dargelegt, die Möglichkeiten der Aufsicht über den Anerkennungsbeirat auf eine, wenig ausgeprägte, Rechtsaufsicht beschränkt. Abgesehen davon wird in der Literatur mit Bezug auf die Bundesausschüsse bzw. den Gemeinsamen Bundesausschuss nach §§ 91 ff. SGB V zutreffend darauf hingewiesen, das bloße Beanstandungsrecht ermögliche es dem Minister, „sich gewissermaßen hinter dem Ausschuss zu verstecken“. Dies führe „in der öffentlichen Wahrnehmung dazu, dass die Verantwortung dem Bundesausschuss zugeschrieben wird“. Dieser Effekt lasse sich nur vermeiden, wenn der Minister durch positives Handeln sichtbar Verantwortung übernehme.303 Schließlich soll eine Kompensationsmöglichkeit auch nur dann bestehen, wenn bereits ein demokratisches Mindestlegitimationsniveau erreicht ist.304 Daran fehlt es für den Anerkennungsbeirat aber ersichtlich, da keine parlamentsgesetzliche Grundlage für dieses Gremium existiert und die zentral betroffenen Zertifizierungsstellen und Träger dort nicht repräsentiert sind. In Betracht kommt schließlich eine Kompensation durch den Akt der staatlichen Benennung der Mitglieder des Anerkennungsbeirates. Die – bei entsprechend großzügig-verfassungskonformer Auslegung – gerade noch gegebene organisatorisch-personelle demokratische Legitimation auch der nichtstaatlichen Mitglieder des Anerkennungsbeirates könnte ausreichen, das vollständige Fehlen der parlamentsgesetzlichen Grundlage auszugleichen. Insbesondere für den Bereich der Selbstverwaltung ist vertreten worden, eine solche „Totalsubstitution“, also der vollständige Ausgleich der organisatorisch-personellen durch die sachlich-inhaltliche Komponente des Demokratieprinzips und umgekehrt, sei grundsätzlich möglich.305 Diese Ansicht wird überwiegend und mit überzeugenden Gründen abgelehnt.306 Selbst wenn man aber eine Totalsubstitution grundsätzlich für zulässig erachten wollte, würde sie für den Fall des Anerkennungsbeirates ebenfalls keine Kompensation ermöglichen: 303

Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 503 f. Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 504. 305 Vgl. Ebsen, 61 ff., der allerdings bei Betroffenheit Dritter bzw. von Außenseitern bereits deshalb eine parlamentsgesetzliche Grundlage fordert, vgl. S. 70 u. 73; Jestaedt, S. 283 f.; ähnlich auch: BSGE 78, S. 70 ff., 80 u. 84. 306 Vgl. Hänlein, Rechtsquellen, S. 59 ff., insbes. 62; Seeringer, S. 166 f. m. w. Nachw.; vgl. auch BVerfGE 107, S. 59 ff., 87 f., 91; 93, 37 ff., 66 f.; 83, 60 ff., 71 ff., BVerwGE 106, S. 64 ff., 74. 304

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Es ist bereits äußerst fraglich, ob die überhaupt nur im Wege der Auslegung zu ermittelnde, eben noch gegebene personelle demokratische Legitimation durch die von der BA vorzunehmende Benennung so viel „überschießenden“ Gehalt an demokratischer Legitimation hätte, um Defizite im Bereich der sachlich-inhaltlichen Legitimations-Komponente auszugleichen. Dies kann hier aber ebenfalls dahinstehen, da auch diejenigen, die eine Totalsubstitution grundsätzlich für zulässig erachten, in jedem Fall eine dem Parlamentsvorbehalt genügende gesetzliche Grundlage für das betreffende (Selbstverwaltungs-)Gremium fordern.307 Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung, die ein Selbstverwaltungsgremium mit pluralistischer Betroffenen-Besetzung betraf und bei dem die Repräsentanten vom zuständigen Bundesminister jeweils auf Zeit berufen wurden, die Verfassungsmäßigkeit dieses Gremiums maßgeblich damit begründet, dass der Gesetzgeber die Aufgaben und Befugnisse dieses Gremiums „selbst mit genügender Bestimmtheit festgelegt“ hat.308 Allein der Umstand der staatlichen Benennung der Gremienmitglieder ist somit, wie bereits ausgeführt, keine hinreichende demokratische Legitimationsgrundlage. Für ein hinreichendes Legitimationsniveau ist die parlamentsgesetzliche Grundlage schlechthin unverzichtbar. ff) Ergebnis Den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Parlamentsvorbehalts und des Demokratieprinzips wird die Regelung in § 6 AZWV nicht gerecht. § 87 SGB III enthält nicht einmal ansatzweise Vorgaben für die Schaffung und die Befugnisse eines Anerkennungsbeirates. Nur eine Regelung über Schaffung, Aufgaben und wesentliche Verfahrensgrundsätze des Anerkennungsbeirates durch Parlamentsgesetz entspräche aber den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Damit ist die Regelung des § 6 AZWV wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG insgesamt verfassungswidrig. Daraus folgt, dass auch sämtliche „Empfehlungen“ dieses Gremiums nichtig sind und insbesondere im Gegensatz zur Regelung in § 2 Nr. 4 AZWV keine Bindungswirkung entfalten können. Dieses Ergebnis ist keineswegs nur aus „formalen“ Defiziten der Regelung des § 6 AZWV begründet. Insbesondere geht es „nicht um einen Legitimationsfetischismus, sondern um den Bestand und Erhalt des strukturellen Rahmens für staatlich-amtliches Handeln, der dessen effektive, nicht nur 307

Vgl. Jestaedt, S. 284; Ebsen, a. a. O., S. 61 f.; BSGE 78, S. 70 ff., 84. Vgl. BVerfGE 37, S. 1 ff., 25; vgl. zu dieser Entscheidung auch: Hänlein, Rechtsquellen, S. 61 f. 308

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virtuelle, Rückbeziehbarkeit auf den Willen nicht bestimmter einzelner oder Gruppen, sondern auf den Willen der Gesamtheit der einzelnen, also auf das Volk ermöglicht“.309 Es ist Aufgabe des Gesetz-, nicht des Verordnungsgebers, die entsprechenden Regelungen zu treffen. gg) Vereinbarkeit des § 6 AZWV mit den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG? Wegen der bereits festgestellten Verfassungswidrigkeit aufgrund des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage soll hier nur kurz dargestellt werden, dass auch ein Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gesetzes- bzw. Parlamentsvorbehalt vorliegt. Insbesondere mit Blick auf die Grundrechte Betroffener wesentliche Entscheidungen dürfen danach nicht dem Verordnungsgeber überlassen werden, sondern hat der Gesetzgeber selbst zu treffen.310 Nach Ansicht der Literatur ist für die Schaffung von sachverständigen Gremien im Verwaltungsrecht auch insoweit entscheidend, ob diesen materielle bzw. faktische (Mit-)Entscheidungsbefugnisse zukommen sollen.311 Ist dies der Fall, bedarf es auch mit Blick auf den Parlamentsvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG einer Entscheidung des Gesetzgebers.312 Da dem Anerkennungsbeirat, wie dargelegt, solche faktischen bzw. materiellen (Mit-)Entscheidungsbefugnisse zukommen sollen, war bzw. ist auch insoweit eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Damit ist die Regelung des § 6 AZWV auch wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip nichtig.

6. Die allgemeinen Anforderungen für die Anerkennung gemäß § 2 AZWV Welche Voraussetzungen die Zertifizierungsstellen für ihre Anerkennung erfüllen müssen, ist dem Katalog des § 2 AZWV zu entnehmen. a) Organisatorische und finanzielle Anforderungen nach § 2 Nr. 1 AZWV Die Zertifizierungsstelle muss über die für ihren Betrieb und die ordnungsgemäße Durchführung des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV 309 310 311 312

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Böckenförde in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 24, Rdnr. 23. nur Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 55 m. w. Nachw. Vomhof, S. 196 f. m. w. Nachw. nur Vomhof, S. 197 f. m. w. Nachw.

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erforderlichen Organisationsstrukturen sowie personellen und finanziellen Mittel verfügen.313 Die „Verfahren“ der Zertifizierungsstelle müssen, so die Begründung des Verordnungsgebers, so gestaltet sein, dass die für die Zertifizierung vorgegebenen Kriterien für alle Bildungsträger gleichermaßen Anwendung finden. Die Zertifizierungsstelle muss so strukturiert sein, „dass die Bildungsträger und andere Beteiligte Vertrauen in die Kompetenz, Unparteilichkeit und Integrität der Zertifizierungsstellen haben können“.314 Sicher dienen eine durchschaubare, klar strukturierte Organisation und ein transparentes Arbeitsverfahren der Zertifizierungsstelle dem Aufbau eines solchen Vertrauens. Entsprechend fordert der Verordnungsgeber weiter, dass – in Anlehnung an die Regelungen in der DIN 45012 – die verantwortliche(n) Person(en) „für wesentliche Entscheidungen, wie z. B. die Durchführung des Audits, Festlegung der grundsätzlichen Regelungen, Entscheidungen über die Zertifizierung und Aufsicht über die Umsetzung der Regelungen“ klar bestimmt sein müssen.315 Dagegen ist der weitere Hinweis, insbesondere müsse die Zertifizierungsstelle „verantwortlich sein für ihre Entscheidungen hinsichtlich Erteilung, Aufrechterhaltung, Erweiterung, Einschränkung, Aufhebung und Entzug der Zertifizierung“,316 nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Denn § 10 Abs. 1 AZWV sieht ja ausdrücklich eine Entscheidung der Zertifizierungsstelle vor. Wenn aber eine solche Entscheidungsbefugnis mit der Anerkennung ausdrücklich übertragen wird, ist die „Verantwortlichkeit“ der Zertifizierungsstelle für ihre Entscheidungen eine Selbstverständlichkeit. Umgekehrt ist keine Zertifizierungsstelle vorstellbar, die selbständig Entscheidungen treffen sollte, zugleich aber für ihre Entscheidungen nicht verantwortlich wäre. Die betreffenden Ausführungen des Verordnungsgebers sind wohl dahin zu verstehen, dass die selbständige Entscheidungsbefugnis der Zertifizierungsstellen betont wird, es sich also gerade nicht um bloße Verwaltungshelfer handeln soll, die mit ihren Feststellungen die Entscheidungen einer Behörde nur vorbereiten. Welche Anforderungen an die Zertifizierungsstellen in wirtschaftlicher Hinsicht gestellt werden sollen bzw. müssen, lässt sich der Begründung zur AZWV nicht konkret entnehmen. Abgestellt wird dort auf die „wirtschaftliche Seriosität“ und auf die „finanzielle Leistungskraft“, die erwarten lassen müssten, dass der Antragsteller in der Lage sei, die Zertifizierungen ordnungsgemäß durchzuführen.317 Dabei wird – zutreffend – der Bezug zwi313 314 315 316 317

§ 2 Nr. 1 AZWV. Vgl. S. 4 Begr. AZWV. Vgl. S. 4 Begr. AZWV. Vgl. S. 4 Begr. AZWV. Vgl. S. 4 Begr. AZWV.

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schen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und der Unabhängigkeit herausgestellt und darauf verwiesen, ohne ausreichende finanzielle Leistungskraft sei die Gefahr von „Gefälligkeitszertifikaten ohne ausreichende Prüfung“ erhöht.318 Der in diesem Zusammenhang erfolgte Hinweis, eine Bankbürgschaft für den Antragsteller könne in bestimmten Fällen sinnvoll sein,319 weist in die richtige Richtung. Fraglich erscheint dagegen, ob die „Seriosität“ des Antragstellers durch die in der Regel geforderte Angabe der Rechtsform des Unternehmens und gegebenenfalls der Gesellschafter nachgewiesen werden kann.320 Die Seriosität und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann sich nicht verlässlich (nur) nach Gesellschaftsform und Gesellschaftern beurteilen. Hierzu bedürfte es vielmehr der Vorlage von Bilanzen, der Testate von Wirtschaftsprüfern und aussagekräftiger Kreditauskünfte, was aber offenbar nicht gefordert werden soll. Auch wenn man im Anerkennungsverfahren nicht auf diese Erkenntnisquellen zurückgreift, ist dennoch nicht verständlich, warum der Verordnungsgeber bzw. die Anerkennungsstelle an den Nachweis der wirtschaftlichen Seriosität und Leistungsfähigkeit der Zertifizierungsstellen geringere Anforderungen stellen sollte, als die dann anerkannten Zertifizierungsstellen sie an die Träger im Rahmen des § 8 AZWV, insbesondere nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 u. 2 AZWV zu stellen haben. Die Anerkennungsstelle sollte daher insoweit (mindestens) ebenso weitreichende Auskünfte und Nachweise von den Antragstellern, die eine Anerkennung begehren, verlangen, wie sie letztere nach § 8 AZWV von den Trägern verlangen müssen. Weder mit dem Wortlaut des § 2 Nr. 1 AZWV noch mit der Begründung des Verordnungsgebers ist es schließlich vereinbar, wenn die BA die Ansicht vertritt, um als fachkundige Stelle tätig werden zu dürfen, müsse die fachkundige Stelle „als Mindestkriterium . . . die Form einer juristischen Person nachweisen“.321 Zudem ist nicht ersichtlich, welche sachlichen Gründe für ein solches „Mindestkriterium“ sprechen sollten. Im Gegenteil: Gerade bei Haftungsfragen kann es sich für die „Antragsteller“ als vorteilhaft erweisen, wenn die Zertifizierungsstelle die Form einer Personengesellschaft gewählt hat und die für eine Haftung zur Verfügung stehende Vermögensmasse nicht, wie in aller Regel, auf das (Mindest-)Stammkapital einer GmbH beschränkt ist. 318

Vgl. S. 4 Begr. AZWV. Vgl. S. 4 Begr. AZWV. 320 Vgl. S. 4 Begr. AZWV. 321 Vgl. www.arbeitsagentur.de/Berufliche Qualifizierung/Anerkennung fachkundiger Stellen, Stand 14.08.2006. 319

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b) Fachliche Qualifikation und Kompetenz (§ 2 Nr. 2 AZWV) Der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung dienen auch die Anerkennungsvoraussetzungen des § 2 Nr. 2 AZWV über den Nachweis einer hinreichenden fachlichen Qualifikation der Antragsteller bzw. ihres Personals oder von ihnen beauftragter Dritter.322 Die Zertifizierungsstellen können ihre Aufgaben nach der AZWV nur dann mit Erfolg wahrnehmen, wenn sie bzw. das von ihnen eingesetzte Personal hinreichend für die Tätigkeit qualifiziert sind. Wer die Leistungsfähigkeit und die Qualität von Bildungsträgern und -maßnahmen einschließlich von Systemen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung prüfen und bewerten soll (vgl. § 2 Nr. 2 AZWV), muss hierfür – selbstverständlich – ausgebildet sein und diese Fachkompetenz auch belegen können. Es bedarf angesichts der Ausrichtung der Prüfung und Bewertung auf den Bereich der beruflichen Weiterbildung hinreichenden Fachwissens im Bereich der Zertifizierung und im Bereich der Bildung.323 Bedienen sich die Zertifizierungsstellen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter, so müssen sie sicherstellen, dass auch diese entsprechend qualifiziert sind.324 c) Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen und Zuverlässigkeit ihres Personals sowie beauftragter Dritter (§ 2 Nr. 3 AZWV) Von herausragender Bedeutung sind, wie in den anderen bereits dargestellten Anerkennungsverfahren, auch im Anerkennungsverfahren nach der AZWV die Sicherung der Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen und die Zuverlässigkeit ihres Personals sowie etwa zur Begutachtung von ihnen eingeschalteter Dritter. Die betreffenden Regelungen in § 2 Nr. 3 AZWV enthalten – im Unterschied z. B. zu den §§ 5, 6 UAG – keine „Negativ-Kataloge“ über Fälle, in denen in der Regel die erforderliche Unabhängigkeit bzw. Zuverlässigkeit nicht gegeben ist. Vielmehr werden die Voraussetzungen „positiv“ formuliert: Die Zertifizierungsstellen müssen über die erforderliche Unabhängigkeit verfügen, um die Zertifizierung ordnungsgemäß durchzuführen. Gleiches gilt hinsichtlich der erforderlichen Zuverlässigkeit für die bei den Zertifizierungsstellen mit der Durchführung der entsprechenden Aufgaben beauftragten Personen. 322 323 324

Vgl. zu Letzteren S. 5 Begr. AZWV. Vgl. S. 4 Begr. AZWV. Vgl. S. 5 Begr. AZWV.

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Die erforderliche Unabhängigkeit liegt nach der Regelung des § 2 Nr. 3 Satz 2 AZWV vor, wenn gewährleistet ist, dass die Zertifizierungsstelle nicht über die Zulassung von Bildungsträgern bzw. -maßnahmen entscheidet, mit denen sie wirtschaftlich, personell oder organisatorisch verflochten ist oder zu denen ein Beratungsverhältnis besteht oder bestanden hat. Zur Überprüfbarkeit dieser Punkte sind die Zertifizierungsstellen gemäß § 2 Nr. 3 Satz 3 AZWV bei der Antragstellung verpflichtet, personelle, wirtschaftliche und organisatorische Verflechtungen oder Beratungsverhältnisse offen zu legen. Weder im Wortlaut des § 2 Nr. 3 AZWV noch in der Begründung zur AZWV wird auf die Anforderungen eingegangen, die hinsichtlich der Zuverlässigkeit an die mit der Durchführung der Aufgaben nach der AZWV betrauten Personen zu stellen sind. Insoweit kann ein Rückgriff auf die Regelungen in § 5 UAG zur Zuverlässigkeit von Umweltgutachtern aufschlussreich sein. Nach § 5 Abs. 1 UAG besitzt ein Umweltgutachter die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn er aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines Verhaltens und seiner Fähigkeiten zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist. Dieser sich an dem Zuverlässigkeitsbegriff des Gewerberechts orientierende Maßstab dürfte auch zur Beurteilung des Personals der Zertifizierungsstellen, die eine Anerkennung nach der AZWV erstreben, geeignet sein. Der Verordnungsgeber hat es allerdings offenbar nicht für notwendig erachtet, einen Katalog von Ausschlussgründen, wie ihn die Regelung des § 5 Abs. 2 UAG enthält, zu normieren. Gerade weil der Verordnungsgeber immer wieder die Wichtigkeit der Unabhängigkeit von fremden wirtschaftlichen Einflüssen betont, überrascht diese Regelungslücke. Um der Gefahr sachwidriger Einflüsse und der Erstellung von „Gefälligkeitsbegutachtungen“ vorzubeugen, reicht es nicht aus, die konkret vor Ort tätigen Prüfer von einer (End-)Entscheidung über die Zertifizierung auszuschließen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 6 AZWV). Wenn der Verordnungsgeber wirklich ein möglichst großes Vertrauen in die Entscheidungen der Zertifizierungsstellen schaffen und sichern möchte,325 sollten auch mögliche und zumutbare Sicherungen ausgeschöpft werden. Es sollte, z. B. vergleichbar der Regelung in § 5 Abs. 2 UAG, ein Katalog von Tatbeständen geschaffen werden, bei deren Vorliegen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht gewährleistet ist. Hierzu sollten insbesondere „einschlägige“ Verurteilungen (etwa Vermögensdelikte wie Betrug und Untreue gemäß §§ 263, 266 StGB, aber auch Insolvenzstraftaten 325

Vgl. nur S. 4 Begr. AZWV.

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nach §§ 283 ff. StGB) sowie der Fall zählen, dass sich die betreffenden Personen „nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befinden, es sei denn, dass dadurch die Interessen“ der Antragsteller im Zertifizierungsverfahren oder anderer Personen oder der Öffentlichkeit bzw. staatliche Interessen nicht gefährdet sind.326 Eine solche transparente, nachvollziehbare Katalogregelung würde die Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht zuletzt auch für die betroffenen Zertifizierungsstellen erleichtern. Mit Blick auf den Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ist zumindest fraglich, ob der schlichte Hinweis, eine erforderliche Zuverlässigkeit müsse gegeben sein, ohne jede Konkretisierung in einer Rechtsverordnung noch hingenommen werden kann. Eine Katalogregelung hätte den Vorteil, mehr Rechtssicherheit zu bieten und wohl auch die Rechtsanwendung zu vereinfachen, da sonst der Begriff der Zuverlässigkeit mit Analogien aus anderen Rechtsbereichen erst „definiert“ werden müsste. d) Weitere Anerkennungsvoraussetzungen Die Anerkennungsvoraussetzung nach § 2 Nr. 4 AZWV betreffend die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates wurde oben bereits erläutert. Da sie zudem aus den dargelegten Gründen verfassungswidrig ist, sind an dieser Stelle keine weiteren Ausführungen zu ihr mehr erforderlich. Da der Zertifizierungsstelle in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der „Antragsteller“ bekannt werden können, muss sie nach § 2 Nr. 5 AZWV die Gewähr dafür bieten, dass diese Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor unbefugter Offenbarung durch sie (einschließlich ihres Personals und etwa beauftragter Dritter327) geschützt sind. Ferner muss die Zertifizierungsstelle gemäß § 2 Nr. 6 AZWV ein dokumentiertes, den anerkannten Regeln der Technik entsprechendes System der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung anwenden, wobei ein bestimmtes Qualitätsmanagementsystem nicht vorgeschrieben ist.328 Diese Anforderung ist auch notwendig und konsequent, da die Zertifizierungsstellen selbst das Vorhandensein und die Funktionsfähigkeit solcher Systeme bei den „Antragstellern“ zu prüfen haben (vgl. § 8 Abs. 4 und § 7 Abs. 4 Satz 1 AZWV). Zu den Prüfkriterien selbst enthält § 2 Nr. 6 AZWV keine weiteren Angaben. Die Begründung zur AZWV verweist, wenn auch in anderem Zusammenhang, darauf, die auch dort nicht näher definierten Kriterien 326 327 328

Vgl. hierzu die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 4 UAG. Vgl. S. 5 Begr. AZWV. Vgl. S. 6 Begr. AZWV.

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müssten „den Anforderungen der Normen für Qualitätsmanagementsysteme entsprechen (vgl. u. a. DIN EN 45012)“.329 Die von der Anerkennungsstelle insoweit zu prüfenden Vorgaben hinsichtlich des dokumentierten Systems der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung können jedenfalls nicht geringer sein als die Anforderungen, die die anerkannten Zertifizierungsstellen dann bei den Trägern nach § 8 Abs. 4 AZWV zu prüfen haben.330 Wer Qualität fordern und überprüfen soll, muss sie selbst bieten. Schließlich müssen die Zertifizierungsstellen für eine Anerkennung gemäß § 2 Nr. 7 AZWV über ein Verfahren zur Prüfung von Beschwerden verfügen und die Möglichkeit haben, bei erheblichen Verstößen gegen die AZWV eine Zulassung zu entziehen. Die Regelung betreffend die Entziehung der Zulassung ist in Zusammenhang mit § 11 Abs. 3 AZWV zu sehen.331 Danach ist die Zertifizierungsstelle in den dort aufgeführten Fällen „verpflichtet, die Zulassung zu entziehen“. Um zu gewährleisten, dass die Zertifizierungsstelle im Falle festgestellter Mängel in der Lage ist, die bereits erteilte Zulassung wieder zu entziehen, seien entsprechende vertragliche Regelungen in den Verträgen der Zertifizierungsstelle mit den Antragstellern vorzusehen, wobei diese Verträge auch das insoweit einzuhaltende Verfahren regeln müssten.332 Ob es einer solchen Regelung bzw. Vertragsgestaltung bedarf, hängt unmittelbar von der Rechtsnatur der anerkannten Zertifizierungsstellen und der rechtlichen Einordnung ihrer Tätigkeit ab. Es wird daher auf diese Fragen unten bei der Untersuchung der entsprechenden Punkte näher eingegangen. Dies gilt in ähnlicher Weise für die Regelung betreffend die Bearbeitung von „Beschwerden“. Mit dieser Regelung will der Verordnungsgeber „verhindern, dass in jedem Konfliktfall zwischen Bildungsträger und Zertifizierungsstelle sofort ein Rechtsstreit droht“. Es gehe um die Einführung bzw. das Vorhandensein eines „Beschwerdemanagements“.333 Im Konfliktfall solle „zunächst intern in der Zertifizierungsstelle eine Überprüfung“ stattfinden und der Bildungsträger „eine Mitteilung“ erhalten, „die für ihn verständlich die Entscheidung der Zertifizierungsstelle erläutert“.334 Folglich müsse die Zertifizierungsstelle „Regeln und Verfahren für die Bearbeitung von Einsprüchen und Beschwerden über das Zertifizierungsverfahren einrichten“. Dieses Verfahren 329

Vgl. S. 5 Begr. AZWV. Ausgenommen sind aber ersichtlich nicht einschlägige Regelungen wie z. B. § 8 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2–5 AZWV. 331 Vgl. S. 16 Begr. AZWV. 332 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 333 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 334 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 330

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müsse sicherstellen, dass Einsprüche und Beschwerden in einer unvoreingenommenen Weise untersucht würden.335 Der Verordnungsgeber bedient sich der Begriffe „Einsprüche“ und „Beschwerden“ offenbar nicht mit Blick auf gesetzlich geregelte Fälle eines „Einspruchs“ oder einer „Beschwerde“, sondern verwendet diese Begriffe synonym für jegliche Art der Gegenvorstellung gegenüber der Zertifizierungsstelle und ihren Mitarbeitern, also eben allgemein bei Vorliegen eines „Konfliktfalls“. Praktisch ist damit offenbar die Installierung und Durchführung eines „internen“ bzw. gerichtlichen Schritten vorgeschalteten Güteoder Schlichtungsverfahrens verbunden. Unmittelbare Rechtsfolgen werden diesem System für das Verhältnis zwischen Zertifizierungsstelle und Antragsteller nicht zugeschrieben. Entsprechend ist gegen die Entscheidung der Zertifizierungsstelle nach § 13 Abs. 1 AZWV auch kein „Einspruch“ oder eine „Beschwerde“ vorgesehen. Ferner ist auch nicht geregelt, dass die Durchführung eines solchen „Beschwerdeverfahrens“ zwingend vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfolgen müsste.

7. Die Rechtsnatur des Anerkennungsverfahrens nach §§ 2 ff. AZWV Zu prüfen ist, nicht zuletzt mit Blick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten, welcher Rechtnatur das Anerkennungsverfahren nach den §§ 2 ff. AZWV ist. Die Anerkennung erfolgt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AZWV durch die BA (Anerkennungsstelle) auf entsprechenden Antrag hin und bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen nach § 2 AZWV. Für den Antrag sind gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 AZWV die Antragsvordrucke der Anerkennungsstelle zu verwenden. Mit der BA handelt folglich ein Träger öffentlicher Verwaltung auf dem Gebiet des Arbeitsförderungsrechts der §§ 77 ff. SGB III, also im Bereich des öffentlichen Rechts. Das Antragserfordernis, auf das später noch in Zusammenhang mit den Zertifizierungsstellen näher einzugehen ist, ist notwendige Voraussetzung für den Erlass begünstigender Verwaltungsakte, wie z. B. die Regelung des § 22 VwVfG verdeutlicht. Auch das Erfordernis der Verwendung amtlicher Formblätter für die Antragstellung ist weithin üblich und zulässig, sofern hierdurch die Antragstellung nicht unzumutbar erschwert wird und die Antragsformulare kostenlos zur Verfügung gestellt werden.336 335 336

Vgl. S. 6 Begr. AZWV. Vgl. nur Hk-VerwR/Schwarz, § 22 VwVfG, Rdnr. 30 m. w. Nachw.

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Die Befristung der Anerkennung, wie sie § 3 Abs. 3 Satz 1 AZWV vorschreibt, ist für Verwaltungsakte eine typische Nebenbestimmung.337 Schließlich zeigt die Regelung über die Befugnis (und die Verpflichtung) der Anerkennungsstelle, gemäß § 13 AZWV „Gebühren“ für den „Widerruf oder die Rücknahme einer Amtshandlung, die Ablehnung eines Antrags auf Vornahme einer Amtshandlung sowie in den Fällen der Zurücknahme eines Antrags auf Vornahme einer Amtshandlung“ nach Maßgabe des § 15 des Verwaltungskostengesetzes sowie gemäß der Anlage zu § 13 AZWV Gebühren für die dort aufgeführten Tatbestände zu erheben, dass das Anerkennungsverfahren – wie es auch einhellige Auffassung in der Literatur ist und auch der Begründung des Verordnungsgebers entspricht – ein öffentlichrechtliches Verwaltungsverfahren ist, auf das die Regelungen des SGB X anzuwenden sind.338 Dies entspricht der Rechtsnatur der anderen oben dargestellten Anerkennungsverfahren, die ebenfalls ausschließlich öffentlichrechtlich ausgestaltet sind. Die Anerkennung erfolgt durch Verwaltungsakt der Anerkennungsstelle.339 Entsprechend finden für die Rücknahme oder die Aufhebung bzw. den Widerruf der Anerkennung die §§ 45 ff. SGB X (i. V. m. § 330 SGB III) Anwendung.340

8. Rechtsschutz im Anerkennungsverfahren Da die Entscheidung über die Anerkennung als fachkundige Stelle – unstreitig – durch einen Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X erfolgt, ist der Rechtsschutz gegen die Versagung einer Anerkennung bzw. gegen den Widerruf oder die Rücknahme einer Anerkennung weitgehend unproblematisch.341 a) Rechtsweg Da es sich um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Arbeitsförderung handelt und Verwaltungsakte der Anerkennungsstelle bei 337

Vgl. nur § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG. Vgl. S. 6 Begr. AZWV; vgl. statt vieler: Hänlein, Skript, S. 33. 339 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel, vor §§ 84–87, Rdnr. 21; Hänlein, Skript, S. 33; vgl. auch S. 2 Begr. AZWV: „Anerkennung als öffentlich-rechtlicher Akt“. 340 Vgl. S. 7 Begr. AZWV; Eicher in: Eicher/Schlegel, vor §§ 84–87, Rdnr. 23. 341 Da Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland gemäß § 14 AZWV keiner Anerkennung bedürfen und auch keine gesetzliche Möglichkeit geschaffen wurde, wird hier von einer Darstellung des Rechtsschutzes für diese Zertifizierungsstellen abgesehen. Nach hier vertretener Ansicht sollte allerdings zumindest de lege ferenda die Anerkennungsstelle die Befugnis erhalten, über die „Gleichwertigkeit“ des betreffenden Anerkennungs- bzw. Zulassungsverfahrens durch Verwaltungsakt zu entscheiden. 338

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der BA betroffen sind, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG eröffnet.342 b) Statthafte Klageart Bei der statthaften Klageart ist nach dem Begehren des Klägers zu unterscheiden: Begehrt der Kläger die Erteilung der Anerkennung, also eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes, ist die Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. SGG statthaft. Da sich das Klagebegehren des Klägers in diesen Fällen auf den Erlass des abgelehnten Verwaltungsaktes beschränkt, also keine „Leistung“ begehrt wird, handelt es sich um eine isolierte, also nicht mit einer Leistungsklage verbundene, Verpflichtungsklage.343 Wendet sich der Kläger gegen den Widerruf oder gegen die Rücknahme des ihn begünstigenden Verwaltungsaktes „Anerkennung“ nach §§ 45 ff. SGB X, ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGG statthafte Klageart.344 Das Rechtsschutzziel des Klägers ist hier allein die Aufhebung des ihn belastenden Verwaltungsaktes der Rücknahme bzw. des Widerrufs der Anerkennung. Mit der Aufhebung dieses Verwaltungsaktes besteht die erteilte Anerkennung fort. Der Kläger muss also nicht etwa einen neuen Antrag auf Anerkennung stellen und nach dessen Ablehnung eine Verpflichtungsklage erheben. Da sich das Rechtsschutzziel des Klägers in der Aufhebung des ihn belastenden Verwaltungsaktes des Widerrufs oder der Rücknahme der Anerkennung erschöpft, also keine (weitere) „Leistung“ begehrt wird, kommt auch hier keine Kombination mit einer Leistungsklage (nach § 54 Abs. 4 SGG) in Betracht. c) Klagebefugnis Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG reicht es für die Klagebefugnis aus, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Es genügt also die schlüssige Behauptung der Betroffenheit in eigenen Rechten. Auf Erteilung der Anerkennung besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 2 AZWV ein Rechtsanspruch für den Antragsteller. Damit ist 342

Vgl. statt vieler: Hänlein, Skript, S. 33. Vgl. nur Wolfgang Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54, Rdnr. 20 a; Hänlein, Skript, S. 33. 344 Vgl. z. B. Hänlein, Skript, S. 33. 343

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bei Versagung der Anerkennung bzw. Ablehnung des Antrages auf Erteilung der Anerkennung die Betroffenheit in eigenen Rechten ohne weiteres gegeben. Gleiches gilt, wenn der Zertifizierungsstelle die Anerkennung durch Widerruf oder Rücknahme entzogen wird. Es genügt daher insoweit für die Klagebefugnis, wenn der Kläger darlegt, einen Anspruch auf Erteilung der Anerkennung zu haben bzw. dass die Anerkennungsvoraussetzungen (weiterhin) vorliegen. Zusätzlich kommt die Möglichkeit in Betracht, dass sich der Antragsteller auf die Verletzung von Grundrechten, insbesondere auf das der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG beruft. Die Frage, ob und ggfls. in welchem Umfang sich die Antragsteller im Anerkennungsverfahren (und in einem etwaigen Rechtsstreit) auf Grundrechte berufen können, ist, um den Ergebnissen der Untersuchung zur Rechtsnatur und Stellung der Zertifizierungsstellen nicht vorzugreifen, im dortigen Zusammenhang zu klären. d) Vorverfahren Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG ist vor Erhebung einer Anfechtungsklage die Durchführung eines Vorverfahrens erforderlich. Gleiches gilt nach § 78 Abs. 3 i. V. m. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG, für die Verpflichtungsklage, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes abgelehnt worden ist. Vorliegend kommt aber ein Ausnahmefall in Betracht, in dem die Durchführung eines Vorverfahrens nicht erforderlich ist. Ein solcher Ausnahmefall wäre bei einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG gegeben. Die AZWV erwähnt weder Rechtsschutzfragen noch ist dort etwas über die Durchführung eines Vorverfahrens hinsichtlich der Anerkennung geregelt. Selbst wenn man das Fehlen einer solchen Regelung als „Bestimmung“ i. S. d. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG ansehen wollte, was kaum vertretbar sein dürfte, wäre jedenfalls diese „Bestimmung“ nicht durch Gesetz, sondern lediglich durch Rechtsverordnung erfolgt. Eine Rechtsverordnung ist aber kein „Gesetz“ i. S. d. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG und kann daher nicht wirksam eine Ausnahme vom Vorverfahrenszwang regeln.345 Eines Vorverfahrens bedarf es nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG auch dann nicht, wenn der Verwaltungsakt (hier also die Ablehnung oder der Widerruf bzw. die Rücknahme der Anerkennung) von einer obersten Bundesbehörde oder vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist. 345 Vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 78, Rdnr. 5 m. w. Nachw.

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Die Anerkennungsstelle ist zwar bei der BA eingerichtet worden. Die betreffenden Aufgaben werden allerdings nicht vom Vorstand der BA346 wahrgenommen, so dass auch dieser Ausnahmefall nicht gegeben ist. Damit ist ein Vorverfahren nach den §§ 83 ff. SGG durchzuführen. Hilft die Anerkennungsstelle dem (form- und fristgerecht) eingelegten Widerspruch nicht gemäß § 85 Abs. 1 SGG ab, hat, da es sich um eine Angelegenheit der Bundesagentur für Arbeit i. S. d. § 85 Abs. 2 Nr. 3 SGG handelt, die vom Verwaltungsrat der BA insoweit bestimmte Stelle über den Widerspruch zu entscheiden und den Widerspruchsbescheid zu erlassen.347 e) Klagefrist Die Klagefrist beträgt gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. Sie beginnt, da ein Vorverfahren durchgeführt wird, gemäß § 87 Abs. 2 SGG, mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. f) Begründetheit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage Hier gelten keine Besonderheiten: Der Kläger ist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert bzw. die Anfechtungsklage ist begründet, wenn der Verwaltungsakt (hier also der Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung als Zertifizierungsstelle) rechtswidrig ist. Insbesondere besteht, wenn die Anerkennungsvoraussetzungen (weiterhin) vorliegen, nach § 2 AZWV kein Ermessen für die Anerkennungsstelle. Für die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt entsprechend, dass sie begründet ist, wenn die Ablehnung der Erteilung der Anerkennung rechtswidrig ist.

9. Sonderfall: Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU (§ 14 AZWV) Besondere Regelungen gelten nach § 14 AZWV für Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Solche Zertifizierungsstellen stehen 346

Vgl. § 381 SGB III. Vgl. hierzu: Binder in: Lüdtke (Hrsg.), § 85, Rdnr. 10; Leitherer in: MeyerLadewig/Keller/Leitherer, § 85, Rdnr. 3 e; Düring in: Johannes Jansen (Hrsg.): Sozialgerichtsgesetz – Kommentar, 2. Aufl., 2005, § 85, Rdnr. 4; jew. m. w. Nachw.: Widerspruchsstelle ist die Geschäftsführung oder der Leiter der Dienststelle, die/der den Verwaltungsakt erlassen hat. 347

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gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AZWV den in Deutschland zugelassenen Zertifizierungsstellen gleich, wenn sie „nach einem vergleichbaren Verfahren“ (im EU-Ausland) „zugelassen“ sind. Diese Zertifizierungsstellen haben der Anerkennungsstelle ihre Tätigkeit lediglich anzuzeigen, wobei in der Anzeige (nur) der Name und eine zustellungsfähige Anschrift im Bundesgebiet anzugeben sind (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 u. 3 AZWV). Ferner sind der Anzeige gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 AZWV die Zulassung in Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift sowie eine beglaubigte deutsche Übersetzung beizufügen. Gebühren werden von der Anerkennungsstelle insoweit nicht erhoben.348 Das ist zumindest überraschend, da – auch wenn die betreffenden Zertifizierungsstellen ihre Tätigkeit im Bundesgebiet vor Aufnahme der Tätigkeit lediglich anzuzeigen haben – die Anerkennungsstelle nicht lediglich die Anzeige der Zertifizierungsstelle entgegennimmt, sondern ebenfalls eine Prüftätigkeit entfalten muss. a) Verpflichtung der Anerkennungsstelle zur Prüfung der Vergleichbarkeit des ausländischen Zulassungsverfahrens Zwar sind nach dem Wortlaut des § 14 AZWV die Anerkennungsvoraussetzungen nach den §§ 2 ff. AZWV für Zertifizierungsstellen aus dem EUAusland nicht zu prüfen. Auch soll eine „erneute Prüfung der Voraussetzungen durch die Anerkennungsstelle nicht erforderlich“ sein.349 Es fragt sich allerdings, wie die Anerkennungsstelle die Vergleichbarkeit des ausländischen Zulassungsverfahrens ohne entsprechende Prüfung feststellen können soll. Denn die Vergleichbarkeit des Zulassungsverfahrens mit in Deutschland „zugelassenen“ (gemeint ist entsprechend der Terminologie der §§ 1 ff. AZWV wohl „anerkannten“)350 Zertifizierungsstellen lässt sich nur dann beurteilen, wenn die einzelnen Komponenten des ausländischen Zulassungsverfahrens bekannt und auf ihre Vergleichbarkeit mit den deutschen Regelungen der §§ 2 ff. AZWV hin geprüft sind. Dieser Vergleich dürfte bereits wegen der fremdsprachigen Texte mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden sein. Im Übrigen ist die Anerkennungsstelle nach § 14 Abs. 2 Satz 1 AZWV verpflichtet, in regelmäßigen Abständen und mindestens alle drei Jahre 348

Die Gebührentabelle zu § 13 AZWV enthält keinen entsprechenden Gebührentatbestand; vgl. auch Eicher in: Eicher/Schlegel, vor §§ 84–87, Rdnr. 21. 349 Vgl. S. 17 Begr. AZWV. Eine solche Prüfung gemäß §§ 2 ff. AZWV dürfte aber nicht nur nicht erforderlich, sondern nach dem Wortlaut des § 14 AZWV schon nicht zulässig sein. 350 So zutreffend Eicher in: Eicher/Schlegel, § 87, Rdnr. 22.

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nach Zugang der Anzeige zu überprüfen, ob die Zertifizierungsstelle weiterhin über eine gültige Zulassung des Mitgliedstaates verfügt. Eine solche Prüftätigkeit dürfte wegen des Auslandsbezuges ebenfalls erheblichen Aufwand verursachen, sofern sich die „Prüfung“ nicht in der Entgegennahme einer erneuten Zulassungsbescheinigung erschöpfen soll, sondern tatsächlich Überprüfungen und Nachfragen im betreffenden Mitgliedstaat erfolgen. Einfacher dürfte dagegen die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AZWV zusätzlich erforderliche Überprüfung der Qualität vorgenommener Begutachtungen sein, da hier entsprechende Prüfmaßstäbe und Erfahrungswerte aus der Prüfung der Tätigkeit deutscher Zertifizierungsstellen herangezogen werden können. Die Begründung zur AZWV enthält zu dieser Problematik keine weiteren Ausführungen, sondern verweist nur auf die europarechtlichen Erfordernisse der Dienstleistungsfreiheit.351 Mit „Voraussetzungen“ i. S. d. Begründung des Verordnungsgebers, die nicht erneut zu prüfen sein sollen, können aber nur die Voraussetzungen der Anerkennung nach der AZWV gemeint sein, da sonst die bloße Vorlage (irgendeines) ausländischen Zulassungsdokumentes genügen würde. Nicht zuletzt der die Reform des Rechts der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III prägende Gedanke der Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung erfordert, dass die Vergleichbarkeit ausländischer Zulassungen von Zertifizierungsstellen bzw. der entsprechenden Zulassungsverfahren auch und gerade vor Beginn ihrer Tätigkeit in Deutschland sorgfältig geprüft wird. Für die Notwendigkeit einer solchen Prüfung spricht schließlich auch die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 4 u. 5 AZWV. Wie ausgeführt, sollen nach § 3 Abs. 2 Satz 4 AZWV im Rahmen des Anerkennungsverfahrens für deutsche Zertifizierungsstellen solche Zertifikate ganz oder teilweise berücksichtigt werden, die „in einem der Anerkennung entsprechenden Verfahren“ erteilt wurden. Insoweit sieht die AZWV in § 3 Abs. 2 Satz 5 ausdrücklich vor, dass die Anerkennungsstelle dabei zu prüfen hat, ob das Verfahren, das der Erteilung des vorgelegten Zertifikats zugrunde liegt, in seinen Voraussetzungen dem Verfahren nach den §§ 2 und 3 AZWV entspricht. Wenn die teilweise oder vollständige Berücksichtigung von Zertifikaten für deutsche Zertifizierungsstellen im Anerkennungsverfahren für diese Zertifizierungsstellen eine Prüfung erfordert, ob die betreffenden Zertifizierungsverfahren in ihren Voraussetzungen den Anforderungen der §§ 2 u. 3 AZWV entsprechen, kann für Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland nicht auf eine sachliche Prüfung der Vergleichbarkeit des Zulassungsverfahren nach § 14 Abs. 1 AZWV verzichtet werden. Da einzige Voraussetzung 351

Vgl. S. 17 Begr. AZWV.

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für die Gleichstellung einer ausländischen Zulassungsstelle mit einer nach der AZWV anerkannten Zertifizierungsstelle (neben dem formellen Akt der Anzeige der Tätigkeit) die Zulassung nach einem vergleichbaren Verfahren im EU-Ausland ist, muss diese Vergleichbarkeit nicht nur behauptet, sondern inhaltlich überprüft werden, um die Rechtsfolge der „Gleichstellung“ sachlich zu begründen. Zwar könnte das Fehlen einer ausdrücklichen Prüfpflicht in § 14 AZWV im Vergleich zu der Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 5 AZWV darauf hinweisen, dass der Verordnungsgeber eine solche Prüfpflicht nicht statuieren wollte. Es wäre dann aber nicht ersichtlich, wie die „Vergleichbarkeit“ i. S. d. § 14 Abs. 1 AZWV sonst gewährleistet werden sollte. Diese muss aber im Interesse aller am Zertifizierungsmarkt nach der AZWV Beteiligten sein. Nicht nur die deutschen Wettbewerber der ausländischen Zertifizierungsstellen, auch die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und ihre Kunden, die Arbeitnehmer, müssen ein starkes Interesse daran haben, dass der Weiterbildungsmarkt einen qualitativ hohen Standard erfüllt. Dies kann nur gelingen, wenn alle insoweit tätigen Zertifizierungsstellen hinreichend qualifiziert sind. Erst recht muss die BA schon aus haushaltspolitischen Gründen und zur Sicherstellung der sparsamen und effektiven Verwendung öffentlicher Gelder gewährleisten, dass die Vergleichbarkeit im Hinblick auf die Qualität auch der Zertifizierungsstellen gesichert ist. Daher bedürfen auch ausländische Zertifizierungsstellen einer, wenn auch verkürzten, „Kompetenzfeststellung“. Schließlich gebietet auch die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union keine Diskriminierung bzw. sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der deutschen Zertifizierungsstellen im Vergleich zu solchen aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Handelshemmnisse, die sich aus den autonomen Regelungen der Mitgliedstaaten ergeben, hinzunehmen, wenn sie notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden.352 Dies gilt entsprechend auch für die Dienstleistungsfreiheit, die von den Mitgliedstaaten aufgrund zwingender Gründe des Allgemeininteresses eingeschränkt werden darf, sofern die Einschränkung verhältnismäßig ist.353 Als solche zwingenden Gründe des Allgemeininteresses wurden z. B. der Verbraucher- und der Gläubigerschutz, die Lauterkeit des Handelsverkehrs, die wirksame steuerliche Kontrolle 352

Vgl. hierzu nur: EuGHE 1979, Rs. 120/78, Rz. 8 – Cassis-de-Dijon. Vgl. hierzu statt vieler: Andreas Haratsch/Christian Koenig/Matthias Pechstein: Europarecht, 5. Aufl., 2006, Rdnr. 885; Rudolf Streinz: Europarecht, 7. Aufl., 2005, Rdnr. 830; Stephan Hobe: Europarecht, 3. Aufl., 2006, Rdnr. 696, 699; jew. m. w. Nachw. 353

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sowie das Ziel, die Qualität durchgeführter handwerklicher Arbeiten zu sichern und deren Abnehmer vor Schäden zu bewahren, anerkannt.354 Die Sicherung hinreichender Qualität im Rahmen der Zertifizierung von Tätigkeiten, die aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, ist nach diesen Maßstäben dann ebenfalls als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen. Umstände, die eine sachliche Prüfung der für eine Ausübung der Zertifizierungstätigkeit notwendigen Voraussetzungen als unverhältnismäßig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Da deutsche Zertifizierungsstellen und Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU eben unter dem Aspekt der Vergleichbarkeit ihrer Qualifikation zu prüfen wären, ist auch eine europarechtswidrige Diskriminierung nicht ansatzweise ersichtlich. b) Ergebnis Das ausländische Zulassungsverfahren muss aus den genannten Gründen bereits bei Beginn der Tätigkeit der Zertifizierungsstelle in Deutschland bzw. nach entsprechender Anzeige und Vorlage der Zulassungsurkunde (in Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift) von der Anerkennungsstelle auf seine Vergleichbarkeit hin geprüft werden. c) Die „Gleichstellung“ von Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU Die Anzeige über den Beginn der Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wenig ein Verwaltungsakt wie eine bloße Prüfung der Anerkennungsstelle, ob das ausländische Zulassungsverfahren dem Anerkennungsverfahren nach der AZWV vergleichbar ist. Auch wenn nach hier vertretener Auffassung schon aus Qualitätssicherungsgründen eine solche Prüfung erfolgen muss, steht an ihrem Ende keine regelnde Entscheidung der BA mit Außenwirkung über die Vergleichbarkeit oder über die Anerkennung. Es ergeht, wie der Vergleich mit dem Antragsverfahren nach § 3 AZWV verdeutlicht, gerade keine Entscheidung über die Anerkennung. Vielmehr wird, entsprechend der Befristung der Anerkennung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AZWV, lediglich mindestens alle drei Jahre überprüft, ob noch eine gültige Zulassung der Zertifizierungsstelle durch den Mitgliedstaat vorliegt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 AZWV). Erst recht ist keine Bekanntgabe einer Entscheidung gegenüber der betroffenen Zertifizierungsstelle vorgesehen. 354 Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Rdnr. 886; Hobe, Rdnr. 698; jew. m. w. Nachw.

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aa) Probleme für die Zertifizierungspraxis Diese Regelungen über die Tätigkeit von Zertifizierungsstelle aus dem EU-Ausland dürften zu einer Reihe von Problemen führen: Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 AZWV stehen Zertifizierungsstellen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat nach einem vergleichbaren Verfahren zugelassen sind, einer in Deutschland „zugelassenen“ (also bereits anerkannten) Zertifizierungsstelle – ohne besondere Entscheidung der Anerkennungsstelle – gleich. Die Zertifizierungsstellen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU dürfen ihre Tätigkeit im Bundesgebiet nach der Regelung des § 14 Abs. 1 AZWV unmittelbar nach erfolgter Anzeige aufnehmen, also insbesondere ohne das Vorliegen einer Entscheidung der Anerkennungsstelle, ob denn tatsächlich eine „Vergleichbarkeit“ des Zulassungsverfahrens gegeben ist. Die Vergleichbarkeit ist aber die zentrale Grundlage der Tätigkeit dieser Zertifizierungsstellen in Deutschland. Wird die Zertifizierungsstelle ohne entsprechende Anzeige tätig, besteht die Gefahr, dass die Zertifizierungsstelle, obwohl das Verfahren ihrer „Zulassung“ nicht vergleichbar ist, vor einer entsprechenden Feststellung der Anerkennungsstelle Zulassungen vorgenommen hat. Diese Gefahr besteht auch nach erfolgter Anzeige, wenn noch keine „Vergleichbarkeit“ der Verfahren festgestellt wurde. Nach Sinn und Zweck des Anerkennungs- und Zulassungsverfahren gemäß der AZWV, aber auch zum Schutz der Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und der Arbeitnehmer und der bereits dargelegten öffentlichen Interessen an einem qualitativ hochwertigen, verlässlichen Zulassungsverfahren, dürfen solche Zulassungen keine rechtliche Wirkung i. S. d. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III entfalten. Entsprechend sieht § 14 Abs. 1 Satz 1 AZWV vor, dass bei fehlender Vergleichbarkeit ohne weiteres, also insbesondere ohne eine besondere Entscheidung der Anerkennungsstelle, keine „Gleichstellung“ gegeben ist. Dies schafft erhebliche Rechtsunsicherheit. Es läge auch im schutzwürdigen Interesse der betreffenden Zertifizierungsstellen, wenn sie ihre Tätigkeit erst aufnehmen dürften, sofern die BA die Vergleichbarkeit des ausländischen Zulassungsverfahren festgestellt und den Zertifizierungsstellen durch entsprechenden feststellenden Verwaltungsakt bestätigt hätte. Denn diese gehen ohne Vorliegen einer solchen Entscheidung das Risiko ein, ihren Vertragspartnern rechtlich bedeutungslose Zertifikate auszustellen und deshalb u. U. Schadensersatz leisten zu müssen. Die „Fehlerkette“ würde sich dann weiter zu Lasten der Arbeitnehmer fortsetzen, die die vermeintlich „zugelassenen“ Maßnahmen von auf diese Weise „zugelassenen“ Trägern in Anspruch nehmen. Mangels „Zulassung“ bestünde kein Anspruch

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auf Übernahme der betreffenden Weiterbildungskosten. Schon aus diesen Gründen empfiehlt sich de lege ferenda eine Regelung, dass die Zertifizierungsstelle vor der Aufnahme der Tätigkeit eine Entscheidung der Anerkennungsstelle über die Gleichwertigkeit des ausländischen „Zulassungsverfahrens“ abzuwarten hat und die Tätigkeit nur bei festgestellter Gleichwertigkeit aufnehmen darf. Für die Notwendigkeit einer Vorab-Entscheidung über die Vergleichbarkeit des Zulassungsverfahrens für die Zertifizierungsstellen aus dem EUAusland sprechen auch folgende Erwägungen: Die Rechtsfolge der „Gleichstellung“ muss konsequent sein, dass die Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland ihre Zertifizierungstätigkeit gemäß §§ 7 ff. AZWV wie nach den §§ 2 ff. AZWV anerkannte Zertifizierungsstellen durchführen, obwohl keine „Anerkennung“ erfolgt ist. Diese Regelung dürfte in der Praxis zu weiteren Schwierigkeiten führen: Von den ausländischen Zertifizierungsstellen werden nur die – wenigen – in § 14 Abs. 1 AZWV erwähnten Nachweise verlangt. Insbesondere brauchen sie keinen Antrag auf Anerkennung zu stellen. Ferner unterliegen sie auch nicht den Mitteilungspflichten nach § 4 Abs. 1 AZWV. Denn in einer solchen Mitteilung wäre anzugeben, dass die in § 2 AZWV genannten Voraussetzungen „weiterhin“ vorliegen. Solche Angaben braucht die ausländische Zertifizierungsstelle nach § 14 AZWV aber von Anfang an nicht zu machen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Klarstellung geboten, dass für die ausländischen Zertifizierungsstellen gleichwohl die Mitteilungspflichten des § 4 Abs. 2 AZWV gelten. Denn es fragt sich, wie ohne solche Mitteilungspflichten die Anerkennungsstelle ihrer Pflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 AZWV nachkommen können sollte, die Qualität der von der betreffenden Zertifizierungsstelle im Bundesgebiet vorgenommenen Begutachtungen sachgerecht zu überprüfen. Ein weiteres Problem stellt sich in der praktischen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen bereits bei Durchführung der ersten Zertifizierung: Da die Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland inländischen Zertifizierungsstellen gleichgestellt sein sollen, dürfen sich in ihrer praktischen Tätigkeit, insbesondere bei ihren Befugnissen, auch keine Unterschiede zu den Leistungen und Entscheidungen deutscher Zertifizierungsstellen ergeben. Auch die Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland entscheiden also ohne Einschränkung über die Zulassung der Träger bzw. der konkreten Maßnahmen. Mit der Zulassung ist allerdings gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 AZWV ein Zertifikat zu vergeben, dessen Wortlaut § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV ausdrücklich vorschreibt. Diese Zertifikate enthalten den Zusatz: „. . . von der Anerkennungsstelle der BA anerkannte Zertifizierungsstelle“.

II. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Für ausländische Zertifizierungsstellen würde das bedeuten, dass diese das Zertifikat so nicht ausstellen dürfen, da sie eben nicht von der BA „anerkannt“ wurden. Eine Alternativregelung sieht die AZWV aber nicht vor. Mit Rücksicht auf die Entscheidung des Verordnungsgebers, eine „Gleichstellung“ vorzunehmen, müssen aber auch diese Zertifizierungsstellen das Zertifikat so vergeben dürfen, da andernfalls eine Diskriminierung bzw. Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit gegeben sein könnte. Der zusätzliche Hinweis auf die Anerkennung durch die Anerkennungsstelle der BA dient ja gerade auch der Schaffung von Vertrauen in die Kompetenz und Zuverlässigkeit der Zertifizierungsstellen. Fehlt bei einer Zertifizierungsstelle dieser Zusatz, ist diese immer wieder zu Erklärungen gezwungen und muss u. U. Wettbewerbsnachteile befürchten. Andererseits: Wenn die betreffenden Zertifizierungsstellen Zertifikate mit dem nach § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV vorgeschriebenen Wortlaut vergeben dürfen, muss zumindest eine der Anerkennung nach den §§ 2 ff. AZWV gleichwertige Prüfung und Entscheidung durch die Anerkennungsstelle vorliegen, da sonst der Wortlaut des Zertifikates schlicht irreführend ist. Ein weiteres: Wenn die Anerkennungsstelle nach entsprechender Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Vergleichbarkeit der Verfahren zur Anerkennung nicht gegeben ist, fragt sich, wie sie weiter vorzugehen hat. Die Folge des Prüfungsergebnisses wäre, dass die betreffenden Zertifizierungsstellen keine „fachkundigen Stellen“ i. S. d. §§ 1 ff. AZWV bzw. der §§ 84 ff. SGB III wären, ohne dass es noch einer regelnden Entscheidung mit Außenwirkung gegenüber der ausländischen Zertifizierungsstelle bedürfte. Ein Widerruf oder eine Rücknahme der Anerkennung durch die Anerkennungsstelle könnte schon deshalb nicht erfolgen, weil ein entsprechender „actus contrarius“, eben die Anerkennung durch die Anerkennungsstelle, fehlt. Sie stünde dann zwar einer deutschen Zertifizierungsstelle nicht gleich. Dies würde aber nichts daran ändern, dass diese Zertifizierungsstellen am Markt auftreten und Zertifikate – zumal noch mit dem vorgegebenen Wortlaut – vergeben, da sie aufgrund einer bloßen Anzeige ihrer Tätigkeit uneingeschränkt tätig werden dürfen. Erst bei der Frage der Kostenerstattung für bereits durchgeführte Maßnahmen würde dann für die Betroffenen klar, dass keine Zertifizierung durch eine fachkundige Stelle i. S. d. §§ 77 ff. SGB III bzw. der §§ 2 ff. AZWV vorliegt. Dies würde die Glaubwürdigkeit des gesamten Zertifizierungssystems nach der AZWV nachhaltig beeinträchtigen und wäre mit den wohlverstandenen Interessen aller Beteiligten, wie ausgeführt, nicht vereinbar.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

bb) Ergebnis Zur Vermeidung solcher Probleme müsste die Anerkennungsstelle, wie bereits ausgeführt, de lege ferenda die Vergleichbarkeit i. S. d. § 14 Abs. 1 AZWV nicht nur inhaltlich prüfen, sondern auch eine Entscheidung treffen, die der betreffenden Zertifizierungsstelle bekannt zu machen wäre. Denn nur, wenn die betroffene Zertifizierungsstelle frühzeitig – und möglichst zeitnah zur Anzeige der Aufnahme ihrer Tätigkeit – von der negativen Entscheidung der Anerkennungsstelle erfährt, lassen sich die oben dargestellten Probleme vermeiden oder zumindest wesentlich reduzieren. Die Entscheidung über die Vergleichbarkeit wäre dann ein feststellender Verwaltungsakt, gegen den die Zertifizierungsstelle entsprechend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnte. Europarechtliche Bedenken dürften insoweit nicht durchgreifen, da es, wie dargelegt, wichtige und sachliche Gründe für eine solche Vorab-Entscheidung gibt und die Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland auch im Vergleich zu inländischen Zertifizierungsstellen nicht schlechter gestellt würden. Schließlich würden auch keine unzumutbaren Hürden für eine Marktteilnahme dieser Zertifizierungsstellen geschaffen bzw. Regelungen, die faktisch Ausländer härter treffen,355 da eine hinreichend kompetente und entsprechend zugelassene Zertifizierungsstelle keine Schwierigkeiten im Hinblick auf die Vergleichbarkeit des Zulassungsverfahrens zu besorgen hätte.

III. Zusammenfassung 1. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern durch Übernahme der Weiterbildungskosten setzt u. a. gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zwingend voraus, dass der Träger der Weiterbildungsmaßnahme und die Maßnahme selbst für die Förderung zugelassen sind. Für die Zulassung von Trägern und Maßnahmen verweisen §§ 84, 85 SGB III jeweils auf die Feststellungen „fachkundiger Stellen“. Fachkundige Stellen sind gemäß § 1 AZWV von der Anerkennungsstelle nach den §§ 2 f. AZWV anerkannte Zertifizierungsstellen. 2. Das Anerkennungsverfahren nach den §§ 2 ff. AZWV begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken: Es wird geltend gemacht, der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der AZWV in § 87 SGB III fehle mit Blick auf die Ausgestal355

Vgl. hierzu etwa Hans-Wolfgang Arndt: Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Udo Steiner (Hrsg.): Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, S. 875 ff., Rdnr. 109 m. w. Nachw.

III. Zusammenfassung

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tung des Anerkennungsverfahrens bereits die nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche hinreichende Bestimmtheit. Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Ermächtigung seien bezüglich des Anerkennungsverfahrens zu unbestimmt, das „Programm“ des Gesetzgebers, das der Verordnungsgeber umzusetzen habe, nicht erkennbar. Aus den Gesetzesmaterialen und insbesondere aus den Motiven des Gesetzgebers lassen sich allerdings (gerade noch) ausreichende Anhaltspunkte für das gesetzgeberische „Programm“ hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens gewinnen. Allerdings bewegt sich der Gesetzgeber hier im äußersten Grenzbereich des verfassungsrechtlich nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG Zulässigen. § 87 SGB III und § 2 AZWV sind dagegen wegen Verstoßes gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. dem sog. Parlamentsvorbehalt bzw. der Wesentlichkeitstheorie verfassungswidrig und nichtig. Die Tätigkeit als Zertifizierungsstelle nach der AZWV ist ein Beruf i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen in § 2 AZWV sind sog. subjektive Zulassungsvoraussetzungen, die die Wahl des Berufs an persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse und/oder Erfahrungen sowie an erworbene Abschlüsse bzw. an erbrachte Leistungen anknüpfen. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der weit überwiegenden Literaturmeinung nur durch Parlamentsgesetz verfassungsgemäß zu regeln, da sie wesentlich in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingreifen. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Zertifizierungsstellen als sog. Beliehene ansieht, da auch Art. 33 GG insoweit keine weitergehenden Eingriffsmöglichkeiten erlaubt. Diesen Vorgaben wird die Regelung in § 87 SGB III hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens nicht ansatzweise gerecht. Vielmehr werden – verfassungswidrig – sämtliche Regelungen über die Zulassung zum Beruf des Zertifizierers nach der AZWV dem Verordnungsgeber überlassen. Obwohl § 2 AZWV damit ebenfalls mangels Rechtsgrundlage nichtig ist, sind die bisher erfolgten Anerkennungen lediglich rechtswidrige, aber nicht nichtige Verwaltungsakte. Damit bleiben auch die bisher erteilten Zulassungen wirksam und sind rechtmäßig, solange die Anerkennung nicht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen wurde. 3. Die bisher gewählte Lösung einer einzigen Anerkennungsstelle auf Bundesebene erscheint nicht zwingend. Mit Blick auf das Anliegen des Gesetzgebers, mehr Wettbewerb zu schaffen, um so auch eine Verbesserung der Qualität zu erreichen, könnte durch eine Struktur mit mehreren, selbstverständlich entsprechend gut qualifizierten Anerkennungsstellen auch im

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

Anerkennungsverfahren der Sachverstand schon existierender Zertifizierungsstrukturen genutzt werden. 4. Die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates nach § 6 AZWV sind keineswegs lediglich unverbindliche Vorschläge oder Anregungen für die am Zertifizierungsverfahren Beteiligten, insbesondere für die Zertifizierungsstellen. Vielmehr sind sie zumindest für die Zertifizierungsstellen zwingend zu beachten, da diese nach § 2 Nr. 4 AZWV Gewähr dafür bieten müssen, dass die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates zur Durchführung der Zertifizierung beachtet werden. „Beachten“ bedeutet hier schlicht „befolgen“. Andernfalls drohen Widerruf bzw. Rücknahme der Anerkennung. Der Anerkennungsbeirat und seine Mitglieder nehmen im Rahmen ihres Auftrages nach § 6 AZWV staatliche Aufgaben wahr und üben Staatsgewalt i. S. d. Art. 20 Abs. 2 GG aus. Die Zwangswirkung der „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates für die Zertifizierungsstellen ist insbesondere vor dem Hintergrund beachtlich, dass die Zertifizierungsstellen als von diesen „Empfehlungen“ hauptsächlich Betroffene nach der Regelung des § 6 AZWV im Anerkennungsbeirat nicht repräsentiert sind. Hinzu kommt, dass der Anerkennungsbeirat nicht nur mit „staatlichen“, sondern auch mit „nicht-staatlichen“ Mitgliedern besetzt ist, z. B. den Vertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber. Bei solchen pluralistisch besetzten Gremien mit Entscheidungsbefugnis stellt sich die Frage der hinreichenden Legitimation insbesondere ihrer „nicht-staatlichen“ Mitglieder mit Blick auf das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG. Diese Fragen werden z. B. auch bezüglich des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 ff. SGB V diskutiert. Das Demokratieprinzip stellt Legitimationsanforderungen in organisatorisch-personeller und sachlich-inhaltlicher Hinsicht: Organisatorisch-personelle demokratische Legitimation erfordert für die Mitglieder der besagten Gremien eine ununterbrochene, auf das Volk zurückzuführende Legitimationskette. Sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation bedingt, dass die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und Befugnisse auf das Volk zurückzuführen und diesem gegenüber zu verantworten ist. Dies setzt hinreichende staatliche Einfluss-, Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten voraus, insbesondere grundsätzlich auch eine Weisungsunterworfenheit der Verwaltung bzw. der für sie Handelnden Gremien und Personen. Für den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung werden wegen des Gesichtspunkts der organisierten Beteiligung der sachnahen Betroffenen teilweise weniger strenge Bindungen für erforderlich gehalten.

III. Zusammenfassung

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Den organisatorisch-personellen Anforderungen des Demokratieprinzips genügt der Anerkennungsbeirat nur, wenn die Anzahl der Vorschläge der Vorschlagsberechtigten für die nicht-staatlichen Mitglieder des Anerkennungsbeirates die Anzahl der jeweils zu besetzenden Sitze um das 3-fache übersteigt und der für die Berufung der Mitglieder zuständigen Anerkennungsstelle gleichwohl ein Zurückweisungsrecht gegenüber allen Vorschlägen vorbehalten bleibt. § 6 AZWV kann (noch) entsprechend ausgelegt werden. Für die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation der Mitglieder des Anerkennungsbeirates ist deren bestehende fachliche, umfassende Weisungsfreiheit zu beachten. Eine sachlich-fachliche Weisungsgebundenheit der Mitglieder des Anerkennungsbeirates wäre mit dem Ziel des Verordnungsgebers, besonderen Sachverstand, nicht zuletzt auch von nicht-staatlichen Vertretern, nutzbar zu machen, unvereinbar. Sämtliche Mitglieder des Anerkennungsbeirates unterliegen dagegen – zwingend – der Rechtsaufsicht. Es fehlt die für die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation der Mitglieder des Anerkennungsbeitrages unverzichtbare parlamentsgesetzliche Grundlage. § 87 SGB III enthält keinerlei Regelungen über einen Anerkennungsbeirat. Die Regelung lediglich durch Rechtsverordnung in § 6 AZWV ist nicht ausreichend. Die Tätigkeit pluralistisch besetzter Gremien erfordert auch für die Bereiche der sog. ministerialfreien Räume und der funktionalen Selbstverwaltung insbesondere nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwingend, dass deren organisatorisch-personelle Legitimation umfassend gewährleistet und auch ihr Handlungsbereich durch Parlamentsgesetz umgrenzt ist. Die Übertragung der Aufgabe auf das Gremium und die möglichst exakte Umschreibung seiner Aufgabe müssen danach durch Parlamentsgesetz erfolgen. Diese Defizite des Anerkennungsbeirates nach § 6 AZWV lassen sich nicht kompensieren. Da die zentral von den „Empfehlungen“ betroffenen Zertifizierungsstellen im Anerkennungsbeirat nicht repräsentiert sind, könnten schon deshalb nicht einmal Gesichtspunkte der Betroffenenpartizipation oder der Selbstverwaltung herangezogen werden. Gegenüber den Zertifizierungsstellen handelt es sich tatsächlich um Fremdverwaltung. Die Regelungen des § 87 SGB III und des § 6 AZWV sind wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG insgesamt verfassungswidrig. Zudem liegt wegen des Fehlens einer parlamentsgesetzlichen Grundlage auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG in seiner Ausprägung als Gesetzes- bzw. Parlamentsvorbehalt vor.

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Teil 3: Anerkennung von fachkundigen (Zertifizierungs-)Stellen

5. Das Anerkennungsverfahren nach den §§ 2 ff. AZWV ist ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren, auf das die Regelungen des SGB X anzuwenden sind. Die Anerkennung ist ein Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X. Für die Zertifizierungsstellen besteht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG sozialgerichtlicher Rechtsschutz gegen eine Versagung der Anerkennung bzw. gegen einen Widerruf oder eine Rücknahme der Anerkennung. Zuvor ist ein Vorverfahren nach den §§ 83 ff. SGG durchzuführen. 6. Ein Sonderfall ist die nach § 14 AZWV mögliche Tätigkeit von Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Diese bedürfen – im Gegensatz zu den deutschen Zertifizierungsstellen – keiner Anerkennung, sondern müssen ihre Tätigkeit vor Beginn derselben lediglich bei der Anerkennungsstelle anzeigen. Sie stehen anerkannten Zertifizierungsstellen gleich, sofern sie „nach einem vergleichbaren Verfahren“ im EU-Ausland „zugelassen“ worden sind. Die Anerkennungsstelle soll zwar nicht verpflichtet sein, bei diesen Zertifizierungsstellen Anerkennungsvoraussetzungen zu prüfen. Schon die Prüfung der Vergleichbarkeit der „Zulassungs-“Verfahren setzt aber auch eine vertiefte inhaltliche Prüfung voraus. Zudem ist eine Überprüfung der fachlichen Kompetenz auch dieser Zertifizierungsstellen schon mit Blick auf den für alle Zertifizierungen geltenden Qualitätsanspruch unerlässlich. Auch die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union gebietet keine Diskriminierung bzw. sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der deutschen Zertifizierungsstellen im Vergleich zu solchen aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Vielmehr ist eine Prüfung der Vergleichbarkeit der Qualifikation und eine damit verbundene Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit (auch) europarechtlich zulässig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses geboten und verhältnismäßig ist. Die Sicherung hinreichender Qualität im Rahmen der Zertifizierung von Tätigkeiten, die aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, ist ebenfalls als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen. Umstände, die eine sachliche Prüfung der für eine Ausübung der Zertifizierungstätigkeit notwendigen Voraussetzungen als unverhältnismäßig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Die derzeitige Rechtslage nach § 14 AZWV mit der bloßen Verpflichtung zur „Anzeige“ der Tätgkeit durch ausländische Zertifizierungsstellen führt dazu, dass diese – im Unterschied zu deutschen Zertifizierungsstellen – bereits in der Bundesrepublik tätig werden dürfen, ohne dass ihre Kompetenz, ihre Qualifikation und die sonstigen im Anerkennungsverfahren zu prüfenden Punkte von der Anerkennungsstelle überprüft wurden. Diese Zertifizie-

III. Zusammenfassung

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rungsstellen erteilen zudem Zertifikate mit dem durch § 10 Abs. 2 AZWV vorgeschriebenen Zusatz „. . . von der Anerkennungsstelle der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Zertifizierungsstelle“. Mit der bloßen „Anzeige“ der Tätigkeit dieser Zertifizierungsstellen liegt aber eben keine Anerkennung vor. Selbst die nach § 14 AZWV vorgesehene Gleichstellung wird erst nach Aufnahme der Tätigkeit geprüft. Dies kann dazu führen, dass eine ausländische Zertifizierungsstelle (auch über einen längeren Zeitraum) tätig ist und Zertifikate erteilt, bevor die Anerkennungsstelle die fehlende Vergleichbarkeit feststellt und eine Gleichstellung mit nach den §§ 1 ff. AZWV anerkannten Zertifizierungsstellen ablehnt. Der Schaden für das gesamte Zertifizierungssystem und seine Glaubhaftigkeit wäre erheblich. Daher ist es zu empfehlen und sollte gesetzlich entsprechend geregelt werden, dass vor Aufnahme der Tätigkeit durch eine Zertifizierungsstelle aus dem EU-Ausland die Vergleichbarkeit umfassend geprüft und von der Anerkennungsstelle festgestellt worden sein muss.

Teil 4

Das Zertifizierungsverfahren für Träger und Maßnahmen nach §§ 84 ff. SGB III, §§ 7 ff. AZWV Der Bereich der Anerkennung der Zertifizierungsstellen wirft, wie oben im Einzelnen erläutert, zwar einige rechtliche Probleme auf. Über die grundsätzliche rechtliche Einordnung des Anerkennungsverfahrens nach den §§ 2 ff. AZWV als öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren besteht allerdings kein Streit. Gänzlich anders ist dies, wie noch eingehend dargestellt wird, hinsichtlich der in diesem Teil der Untersuchung zu überprüfenden Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III bzw. nach der AZWV, insbesondere bezüglich der rechtlichen Stellung der Zertifizierungsstellen. Dieser Teil der Untersuchung betrifft den Kern des neuen Systems der Anerkennung und Zulassung: Die Zulassung bzw. Zertifizierung von Trägern und von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 84 ff. SGB III bzw. nach der AZWV. Die betreffenden Regelungen stehen aus mehreren Gründen im Fokus des Interesses: Zum einen handelt es sich um den für die Praxis wichtigsten Teil des neuen Systems. Der Zulassung von Trägern und Maßnahmen kommt, wie bereits erläutert, eine Schlüsselfunktion zu. Ohne Zulassung von Träger und Maßnahme erfolgt keine staatliche Förderung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gemäß §§ 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 84, 85 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Zum anderen besteht gerade hinsichtlich der rechtlichen Stellung der Zertifizierungsstellen die größte Unsicherheit. Das Spektrum der Auffassungen reicht, wie noch eingehend dargelegt wird, von einer ausschließlich hoheitlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen bis hin zu einer rein privatrechtlichen Tätigkeit. Für alle an dem neuen System Beteiligten, für die BA, die AA, die Träger und für die Zertifizierungsstellen, ist diese bisher nicht geklärte Frage von herausragender Bedeutung. So unterscheiden sich vor allem Haftung und Rechtsschutz, wie ebenfalls noch auszuführen ist, grundlegend je nachdem, welcher Auffassung über die rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen gefolgt wird. Auch stellt sich die für die Praxis bedeutsame Frage, ob die Zertifzierungsstellen Verträge mit den Trägern bzw. „Antragstellern“ über die Zertifizie-

I. Der Ablauf des Verfahrens

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rung schließen (dürfen) und welchen Inhalt diese Verträge haben können oder gar müssen. Nachfolgend wird zunächst der Ablauf des Zertifizierungsverfahrens dargestellt (I.). Anschließend wird die rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen und die Rechtsnatur ihrer Zertifizierungstätigkeit unter Berücksichtigung der genannten, gänzlich unterschiedlichen Ansichten untersucht (II.– VI.). Insbesondere wird geprüft, ob für die Zertifizierungsstellen, wie vielfach angenommen wird, die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Beleihung vorliegen (II.). Berücksichtigt wird dabei insbesondere auch die Problematik der Rechtsstellung der Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (III.). Zur zusätzlichen Absicherung der gewonnenen Untersuchungsergebnisse wird ein Vergleich mit einem Modell der Beteiligung von Sachverständigen aus einem anderen Bereich des Sozialrechts vorgenommen: mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen nach den §§ 113, 118 SGB XI durch anerkannte unabhängige Sachverständige und Prüfstellen (IV.). Anschließend werden die Untersuchungsergebnisse nochmals anhand neuer Entwicklungen im Verwaltungsrecht betreffend eine Beteiligung privater Sachverständiger bzw. Zertifizierungsstellen an der Erfüllung (ehemals oder noch immer) öffentlicher Aufgaben überprüft. In diesem Zusammenhang wird insbesondere eingehend erörtert, ob anstelle einer Beleihung nicht ein gänzlicher neuer Typ einer Beteiligung von Sachverständigen vorliegen könnte: die sog. Verifikateur-Beteiligung (V.). Danach wird – vor Feststellung des Endergebnisse betreffend die rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen nach der AZWV – eine abschließende Erörterung der Untersuchungsergebnisse im Vergleich zu den in der Literatur für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen genannten Argumente vorgenommen (VI.). Des Weiteren werden die Rechtsfolgen der Beleihung der Zertifizierungsstellen dargestellt (VII.). Dabei wird insbesondere der Gesichtspunkt der Haftung erörtert, aber z. B. auch der Aspekt der Sicherstellung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung durch das Beleihungsmodell. Abschließend werden die für die Praxis wichtigen Fragen des Rechtsschutzes im Verhältnis zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern untersucht (VIII.).

I. Der Ablauf des Verfahrens Die (anerkannten) Zertifizierungsstellen bzw. fachkundigen Stellen werden gemäß § 7 AZWV auf Antrag des Trägers tätig und prüfen nach Maßgabe der §§ 84 (Anforderungen an Träger) und 85 (Anforderungen an Maß-

260

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

nahmen) SGB III sowie nach den §§ 7 ff. AZWV die Zulassungsvoraussetzungen.1 Diese Zulassungsvoraussetzungen sind zwingendes Recht, so dass die Zulassung nur erteilt werden darf, wenn sämtliche Zulassungsvoraussetzungen vorliegen.2 Die Prüftätigkeit endet gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AZWV mit einer Entscheidung über den Zulassungsantrag des Trägers. Liegen die Voraussetzungen der §§ 8 bzw. 9 AZWV vor, hat die Zertifizierungsstelle die Zulassung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV zu erteilen. Ein Ermessen ist danach nicht eröffnet. Insbesondere findet keine Beschränkung der Zulassungen auf ein vom Staat vorgegebenes Kontingent oder eine ökonomisch begründete Bedürfnisprüfung statt. Dies hat zur Folge, dass die Entscheidung der Zertifizierungsstelle nicht als öffentlicher Auftrag i. S. d. § 99 Abs. 1 GWB anzusehen, also auch nicht unter vergaberechtlichen Aspekten zu prüfen ist.3 Liegen einzelne Voraussetzungen nicht vor bzw. sind einzelne Kriterien nicht erfüllt, steht es dagegen im Ermessen der Zertifizierungsstelle, das Zulassungsverfahren einmalig zur „Nachbesserung“ auszusetzen oder aber die Zulassung endgültig abzulehnen (§ 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV). Die Entscheidung (Zulassung, Aussetzung oder Ablehnung der Zulassung) bedarf gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV der Schriftform. Personen, die im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens gutachterliche oder beratende Funktionen ausgeübt haben, dürfen nach § 10 Abs. 1 Satz 6 AZWV an der Entscheidung nicht „beteiligt“ sein. Mit dieser Regelung will der Verordnungsgeber das Vertrauen in die Zertifizierungsstellen fördern und sicherstellen, dass „die Dienstleistungen und Tätigkeiten . . . in keinem Falle die Vertraulichkeit, Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsstelle verletzen“. Gemeinsam mit den Anforderungen an die Unabhängigkeit nach § 2 Nr. 3 AZWV soll die betreffende Ausschlussregelung auch die „interne Unparteilichkeit bei Auditierungen und Zulassungsentscheidungen gewährleisten“.4 Von der Zertifizierungsstelle wird daher verlangt, dass „kein Antragsteller den Eindruck vermittelt bekommt, durch Nutzung bestimmter Angebote einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen“.5 1

Gemäß § 12 AZWV kann bei Vorliegen eines „besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses“, also insbesondere zur Förderung individuell ausgerichteter Weiterbildungsmaßnahmen, im Einzelfall die BA die Aufgaben einer fachkundigen Stelle vornehmen. 2 Vgl. S. 15 Begr. AZWV. 3 So zutreffend: Christian Storost: Die Bundesagentur für Arbeit an den Schnittstellen von Sozial- und Vergaberecht, NZS 2005, S. 82 ff., 85. 4 Vgl. S. 15 Begr. AZWV. 5 Vgl. S. 15 Begr. AZWV.

I. Der Ablauf des Verfahrens

261

Dieser Ausschließungsgrund der Vorbefassung dient einem sinnvollen Ziel. In der Praxis dürfte es aber schwierig sein, Unparteilichkeit auf diesem Wege sicherzustellen. § 10 AZWV unterscheidet in der Überschrift klar zwischen Prüfung und Entscheidung. Die Entscheidung wird sich aber im Wesentlichen auf die Ergebnisse der gutachterlichen Prüfungen und Feststellungen stützen. Es wird in aller Regel keine Wiederholung der Prüfungsschritte durch die zur Entscheidung berufenen Personen erfolgen, sondern lediglich ein Nachvollzug dieser Prüfungen anhand der Feststellungen der gutachterlich tätigen Personen. Dann fällen die Entscheidung zwar nicht direkt die Personen, die die örtlichen Prüfungen und Auditierungen durchgeführt haben.6 Indirekt dürfte die Entscheidung der Zertifizierungsstelle durch die Feststellungen der Prüfer und ihre Voten aber weitgehend determiniert sein. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV ist die Zulassung auf längstens drei Jahre zu befristen. Die wirksame Anwendung eines Systems zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung ist dagegen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV in jährlichen Abständen zu überprüfen. Nach § 11 Abs. 2 AZWV bestehen Möglichkeiten, eine Zulassung maßnahmebezogen oder örtlich einzuschränken. In § 11 Abs. 3 AZWV sind schließlich – zwingende – Gründe für den Entzug einer Zulassung durch die Zertifizierungsstelle normiert. Mit der Zulassung wird gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 AZWV ein Zertifikat mit dem in § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV vorgeschriebenen Wortlaut vergebenen. Dieses soll als Nachweis einer erfolgten Zulassung des Trägers bzw. der Maßnahme dienen.7 Der Träger ist zudem, wie in der Begründung zur AZWV ausgeführt wird, berechtigt, das Zertifikat in Anzeigen und Unterlagen „zum Zwecke der Teilnehmergewinnung“, also zur Werbung, sowie zur Information zu verwenden.8 Die Zertifizierungsstelle habe allerdings, wie ebenfalls in der Begründung zur AZWV ausgeführt wird, eine „missbräuchliche“ Verwendung des Zertifikates bei der Entscheidung über die Zulassung zu berücksichtigen. Einen Entzug der Zulassung soll die missbräuchliche Verwendung dagegen offenbar nicht in jedem Fall begründen, da in der Begründung zur AZWV weiter ausgeführt wird, die Zertifizierungsstelle solle auf die Möglichkeit eines solchen Entzuges bei Missbrauch hinweisen.9 6 Was der Verordnungsgeber mit der betreffenden Regelung sicherstellen wollte, vgl. S. 15 Begr. AZWV. 7 Vgl. S. 16 Begr. AZWV. 8 Vgl. S. 16 Begr. AZWV. 9 Vgl. S. 16 Begr. AZWV: „. . ., dass eine missbräuchliche Verwendung zum Entzug auch der Zulassung des Trägers führen kann“.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Ein zwingender Entziehungsgrund soll also danach bei missbräuchlicher Verwendung des Zertifikates nicht gegeben sein. Andererseits weist der Verordnungsgeber darauf hin, insbesondere dürfe die Zertifizierungsstelle nicht gestatten, dass das Zertifikat für Maßnahmen verwendet werde, die nicht nach § 9 AZWV zugelassen seien.10 Ob diese Regelung sinnvoll ist, erscheint fraglich. „Missbraucht“ ein Träger ein Zertifikat, indem er sich selbst oder eine Maßnahme unzutreffend als von einer anerkannten Zertifizierungsstelle zugelassen bezeichnet, wird dies in aller Regel vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig geschehen und eine Tatsache sein, die die Unzuverlässigkeit des „Antragstellers“ nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AZWV begründet. Da mit dem Zertifikat ein werbewirksamer Nachweis bzw. ein „Gütesiegel“ geschaffen werden soll, muss der Schutz auch entsprechend ausgestaltet sein. Wie dies geschehen kann, mag ein Blick auf das EMAS-Zeichen aus dem UmweltAudit-Verfahren zeigen: Die Verwendung des EMAS-Zeichens ohne entsprechende gültige Registereintragung ist gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 11 UAG eine Ordnungswidrigkeit, die gemäß § 37 Abs. 3 UAG mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 e geahndet werden kann. Schon aus Präventionsgründen, aber auch zum wirksamen Schutz des Zertifikates nach § 10 Abs. 2 AZWV, sollte der Missbrauch eines Zertifikates zumindest als zwingender Grund für den Entzug der Trägerzulassung vorgesehen werden. Einen solchen Entziehungsgrund sieht die Regelung des § 11 Abs. 3 AZWV bisher nicht vor. Zusätzlich wäre die Schaffung eines § 37 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 3 UAG entsprechenden Ordnungswidrigkeitentatbestandes zur weiteren Absicherung vorzunehmen.

II. Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens nach den §§ 7 ff. AZWV Die rechtliche Einordnung der Rechtsbeziehungen zwischen der Zertifizierungsstelle und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die gemäß §§ 7 u. 9 AZWV einen Antrag auf Zulassung stellen, ist problematisch, weil weder die §§ 77 ff. SGB III noch die AZWV ausdrücklich regeln, ob ein öffentlich-rechtliches oder ein zivilrechtliches Zulassungsverfahren oder eine Kombination aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen geschaffen werden sollte bzw. geschaffen wurde. Nur in der Begründung zur AZWV findet sich der Hinweis, dass „Beginn und Durchführung des Verfahrens . . . auf vertraglicher Basis zwischen der 10

Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

II. Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens

263

Zertifizierungsstelle und dem Bildungsträger vereinbart“ werden. Erwähnt ist dort ferner eine „privatrechtliche Ausgestaltung“ bzw. ein „Vertragsabschluss über ein Zulassungsverfahren“.11 „Die Prüfung und Zulassung (Zertifizierung) der Bildungsträger und ihrer Bildungsangebote erfolgt durch externe (private) Agenturen“.12 Entsprechend stehe „im Mittelpunkt des Zertifizierungsverfahrens . . . die Zulassung der Bildungsträger durch einen Zertifizierer ihrer Wahl und im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“.13 Auch diese Ausführungen des Verordnungsgebers sind aber nicht eindeutig, da sie sowohl eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen möglich erscheinen lassen als auch eine Tätigkeit als Beliehene, die zugleich privatrechtliche Begutachtungsverträge abschließen. Danach wäre es auch möglich, dass zwar das Verfahren durch einen privatrechtlichen Vertrag ausgestaltet wird, die Entscheidung über die Vergabe des Zertifikats aber dennoch hoheitlich erfolgt. Eine Klärung dieser Frage ist von herausragender Bedeutung für alle am neuen Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren Beteiligten: Für die Rechtsbeziehung zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist etwa auf den Bereich der Haftung zu verweisen. Wenn die Zertifizierungsstelle bei der Erteilung der Zulassung und des Zertifikates hoheitlich als Beliehene handelt, ist der Bereich der Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB eröffnet. Handelt es sich dagegen um eine rein zivilrechtliche Rechtsbeziehung, haftet die Zertifizierungsstelle nach den entsprechenden Regelungen, z. B. nach den §§ 280 ff., 823 ff. BGB auf Schadensersatz. Verbunden mit diesen Fragen ist die Problematik, wie der Rechtsschutz ausgestaltet ist. Bei Versagung der Zulassung stellt sich bereits die Frage, welcher Rechtsweg eröffnet ist, ob also für eine Klage des Trägers auf Erteilung der versagten Zulassung das Sozialgericht oder ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig ist. Hinzu kommen die ebenfalls für die Praxis der Zertifizierungsstellen äußerst bedeutsamen Fragen der Vertragsgestaltung. Wie noch im Einzelnen zu zeigen sein wird, begründet es gravierende Unterschiede für die Vertragsgestaltung, ob die Zertifizierungsstellen bei der Erteilung der Zulassung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich handeln.

11 12 13

Vgl. S. 9 Begr. AZWV. Vgl. S. 1 Begr. AZWV. Vgl. S. 2 Begr. AZWV.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

1. Gang der Untersuchung Zunächst werden die Argumente dargestellt, die für und gegen eine öffentlich-rechtliche bzw. eine rein privatrechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Zertifizierungsstellen und „Antragstellern“ in der Literatur genannt werden. Daran schließt sich eine Darstellung der Voraussetzungen für eine Beleihung an. Sodann wird anhand der Voraussetzungen einer Beleihung geprüft, ob diese vorliegend für die Zertifizierungsstellen nach der AZWV erfüllt sind. Schließlich werden die Argumente geprüft, die für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen sprechen.

2. Die Auffassungen in der Literatur Nach weit überwiegender Ansicht in der Literatur ist die Entscheidung der Zertifizierungsstelle über die Zulassung und die Vergabe des Zertifikats öffentlich-rechtlich und erfolgt durch Verwaltungsakt, wobei die Zertifizierungsstellen als sog. Beliehene handeln.14 Nach anderer Ansicht ist das Verhältnis zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 7 ff. AZWV ausschließlich privatrechtlicher Natur.15 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales,16 das Bundesministerium für Bildung und Forschung17 und auch die BA18 vertreten offenbar ebenfalls die Ansicht, dass das Zulassungsverfahren für Träger und Maßnahmen rein privatrechtlich auf vertraglicher Basis erfolgt. 14 Vgl. Heinrich Stratmann in: Klaus Niesel (Hrsg.), § 84, Rdnr. 2; Niewald in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 m u. 409 n; ders. in: Gagel (Hrsg.), vor § 77, Rdnr. 16, § 87, Rdnr. 6; GK-SGB III/Lampe, § 77, Rdnr. 57 f.; B. Schmidt in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), § 77, Rdnr. 52; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15, 17, 18 f., § 87, Rdnr. 23, 26 ff.; ders. in: Eicher/Spellbrink (Hrsg.), SGB II, § 16, Rdnr. 82; Olk in: Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 84, Rdnr. 6, 9 u. 11, § 86, Rdnr. 12; Bieback, SDSRV 52 (2004), S. 59 ff., 67; 15 Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274; ders., Skript, S. 26, 29 f. 16 Vgl. www.bmas.bund.de/Presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilung vom 06.12. 2005: „. . . nicht mehr durch die Agenturen für Arbeit, sondern durch private Zertifizierungsagenturen geprüft . . . Übergang dieser Aufgaben auf private Zertifizierungsagenturen bis Ende 2005“. 17 Vgl. BBB 2006, S. 280: Die AZWV „sieht vor, dass unabhängige, privatwirtschaftlich organisierte, fachkundige Stellen die am Markt tätigen Weiterbildungsträger und deren Bildungsmaßnahmen prüfen und zertifizieren“, ebenso S. 282. 18 Vgl. www.arbeitsagentur.de/Berufliche Qualifizierung/Bildungsträger/Zulassung/Vordrucke, Stand 14.08.2006: „Die Zulassung von Bildungsträgern und -maßnahmen erfolgt ausschließlich durch private, fachkundige Stellen (FKS), die wiederum von der im Service-Haus der Bundesagentur für Arbeit eingerichteten Anerkennungsstelle anerkannt werden“.

II. Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens

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Die Auffassung, dass sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Beziehungen zwischen den Zertifizierungsstellen und den „Antragstellern“ bestehen könnten, wird bisher nicht vertreten. a) Argumente in der Literatur für eine Beleihung der Zertifizierungsstellen Teilweise wird von Vertretern der h. M. zwar darauf verwiesen, der Verordnungsgeber sei wohl von einer privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen bzw. einer privatrechtlichen Zertifikatserteilung ausgegangen.19 So sei etwa die besondere Regelung des § 2 Nr. 7 AZWV über die Möglichkeit einer Entziehung der Zulassung nur dann verständlich, wenn die Zulassung kein Verwaltungsakt sei und die fachkundige Stelle daher nicht auf die §§ 45 ff. SGB X zurückgreifen könne.20 Schon der Wortlaut und die Konkretisierungen der AZWV ließen aber nur den Schluss zu, dass es einer expliziten Zulassungsentscheidung bedürfe und diese einen Verwaltungsakt darstelle.21 Die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X seien erfüllt: Nach § 10 AZWV „entscheide“ die Zertifizierungsstelle über den Antrag und „erteile die Zulassung“, bzw. werde „mit der Zulassung ein Zertifikat vergeben“. Ferner sei die Zertifizierungsstelle nach § 11 Abs. 3 AZWV verpflichtet, die „Zulassung“ unter bestimmten Voraussetzungen „zu entziehen“. Diese Formulierungen ließen nur den Schluss zu, dass die Zertifizierungsstellen als beliehene Unternehmer Verwaltungsakte erlassen.22 Es handele sich sämtlich um spezifisch verwaltungsrechtliche Begriffe. Insbesondere werde das Ergebnis des Zulassungsverfahrens dem Antragsteller direkt bekannt gegeben.23 Im Übrigen könne zwar für eine privatrechtliche Einordnung der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen der Wortlaut der §§ 84, 85 SGB III angeführt werden, wonach Träger und Maßnahmen bei entsprechenden Feststellungen der fachkundigen Stellen „zugelassen“ und nicht „zuzulassen“ seien. Dies genüge jedoch nicht, um einen vollständigen Systemwechsel bzw. Paradigmenwechsel vom bisher rein öffentlich-rechtlich gestalteten Anerkennungs19 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 14 u. 17 sowie § 87, Rdnr. 23 u. 26; Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6. 20 Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6. 21 Vgl. GK-SGB III/Lampe, § 77, Rdnr. 57; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15. 22 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15 sowie § 87, Rdnr. 23. 23 Vgl. GK-SGB III/Lampe, § 77, Rdnr. 57.

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bzw. Zulassungsverfahren zu einem privatrechtlichen Zulassungsverfahren zu begründen.24 Ungeachtet der sprachlichen Unklarheit dieser Formulierungen sei eine „automatische“ Zulassung „schwer vorstellbar“. Vielmehr müsse formell festgestellt werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien – und zwar durch ein hoheitliches Zulassungsverfahren.25 Damit ist bereits auf ein weiteres Argument für eine Beleihung der Zertifizierungsstellen verwiesen: Vor Einführung des neuen Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahrens, das in der AZWV geregelt ist, wurde die entsprechende Entscheidung über die „Zulassung“ (seinerzeit: Anerkennung) von Trägern und Maßnahmen – auch nach Ansicht des Bundessozialgerichts26 – durch Verwaltungsakt getroffen. An dieser Rechtslage bzw. an dem Charakter der Entscheidung habe sich nichts geändert.27 Auch in den Gesetzesmaterialien finde sich kein Hinweis darauf, dass mit der Einführung des Zulassungsverfahrens eine Änderung des Rechtscharakters der Entscheidung habe erfolgen sollen.28 Ferner wird auf die Grundrechtsrelevanz der Zulassungsentscheidung, vor allem im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG der „Antragsteller“, verwiesen29 und ausgeführt, „allein aufgrund des ausdifferenzierten Antragsverfahrens, einer eindeutig zu treffenden Entscheidung, die dem Antragsteller bekannt zu geben ist und die Vergabe einer Zertifizierung, die Voraussetzung für die Förderungen ist, kann die Entscheidung einen wesentlichen Eingriff in die Tätigkeit der Träger darstellen. Vor diesem Hintergrund muss die Entscheidung auch anfechtbar sein, da mit der gesetzlichen Regelung eine Entlastung der Agentur für Arbeit einhergehen sollte, nicht aber eine Verlagerung der Hoheitsaufgaben zu Lasten der Träger“.30 Schließlich wird auf die Einheitlichkeit der Zertifizierungsentscheidungen abgestellt: Da die BA weiterhin nach § 12 AZWV Zertifizierungen vornehmen könne und dies öffentlich-rechtlich erfolge,31 müsse dies entsprechend auch für die Zertifizierungen durch die Zertifizierungsstellen gelten.32 24

Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15. Vgl. Bieback, SDSRV 52, S. 59 ff., 67. 26 Vgl. BSG SozR 4-4300 § 86, Nr. 1, Rdnr. 8 u. 10. 27 Vgl. Niewald in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 m; ders. in: Gagel (Hrsg.), vor § 77, Rdnr. 16 u. § 87, Rdnr. 6; Stratmann in: Niesel (Hrsg.), § 84, Rdnr. 2; B. Schmidt in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), § 77, Rdnr. 52; Olk in: Wissing/ Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 84, Rdnr. 6. 28 Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6. 29 Vgl. Niewald in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 m. 30 Vgl. GK-SGB III/Lampe, § 77, Rdnr. 58. 31 Unstreitig, vgl. nur GK-SGB III/Lampe, § 77, Rdnr. 58. 32 Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6. 25

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b) Argumente in der Literatur für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen Für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen wird zunächst damit argumentiert, die Zulassung von Träger und Maßnahme knüpfe als gesetzliche Folge an die Zertifizierung an, welche aufgrund von Zertifizierungsverträgen zwischen den Zertifizierungsstellen und den „Kunden“ erfolge.33 Zudem würden in der Praxis zwischen den Zertifizierungsstellen und ihren „Kunden“ privatrechtlich aufgefasste Zertifizierungsverträge abgeschlossen.34 Des Weiteren sehe die AZWV keine Gebührenerhebung durch die Zertifizierungsstellen für die Zertifizierung vor.35 Auch könne nur die Annahme einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstelle die Konsequenz vermeiden, auch die gemäß § 14 AZWV tätigen Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland ebenfalls als mit deutscher Staatsgewalt Beliehene anzusehen.36 Schließlich wird auf die Vergleichbarkeit mit dem System der Leistungs- und Qualitätsnachweise nach § 113 SGB XI verwiesen.37

3. Begriff und Voraussetzungen der Beleihung Nach einer verbreiteten und bereits oben in Zusammenhang mit der Tätigkeit der Kraftfahrzeugsachverständigen im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO wiedergegebenen Definition sind Beliehene natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, denen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt oder verwaltungsrechtlichen Vertrag die Zuständigkeit bzw. Kompetenz eingeräumt bzw. übertragen wurde, bestimmte öffentlich-rechtliche Aufgaben grundsätzlich selbständig und in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts, also durch Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlichen Vertrag oder schlichthoheitlich wahrzunehmen.38 In der 33

Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274; ders., Skript, S. 26 u. 31. Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274; ders., Skript, S. 26 u. 30. 35 Vgl. Hänlein, Skript, S. 26. 36 Vgl. Hänlein, Skript, S. 26. 37 Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274, FN 7. 38 Vgl. Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 31; Burgi, Der Beliehene, S. 585; ders. in Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 24; Trockels in: Vondung (Hrsg.), Rdnr. 25; Hubert Meyer in: Hans Joachim Knack: Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), 8. Aufl., 2003, § 1, Rdnr. 16; W. Krebs in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), § 69, Rdnr. 39; Wolff/Bachof/Stober, § 90 I, Rdnr. 4; Hartmut Maurer: Verwaltungsrecht, 16. Aufl., 2006, § 23, Rdnr. 56; Ipsen, Rdnr. 329; Trockels in: Vondung (Hrsg.), Rdnr. 25; Gabriele Britz: Die Mitwirkung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, VerwArch 91 (2000), S. 418 ff., 433 f.; Jan Ziekow: Verwaltungsverfahrensgesetz, 2006, § 1, Rdnr. 34. 34

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Rechtsprechung finden sich entsprechende Definitionen.39 Beliehene sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation stehen.40 Gleichwohl sind sie Behörden i. S. d. § 1 Abs. 4 VwVfG41 bzw. des § 1 Abs. 2 SGB X. Da der Beliehene Verwaltungsträger ist, ist er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben an die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und insbesondere an die Grundrechte gebunden.42 Als Gründe für eine Beleihung werden genannt, der Staat (oder der sonstige beleihende Verwaltungsträger) mache sich auf diese Weise die Sachkunde, Initiative sowie technische oder betriebliche Mittel und Möglichkeiten der Privaten nutzbar und entlaste zugleich den eigenen Verwaltungsapparat.43 Ferner ist der Beliehene nach einhelliger Ansicht zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.44 Der Beliehene ist schließlich vom bloßen Verwaltungshelfer zu unterscheiden. Letzterer nimmt nicht öffentlich-rechtliche Befugnisse im eigenen Namen wahr, sondern erbringt lediglich – ein Verwaltungsverfahren nur vorbereitende oder unterstützende – Dienstleistungen für einen Träger öffentlicher Verwaltung.45 a) Natürliche oder juristische Personen des Privatrechts als Beliehene Wie ausgeführt, können Beliehene nach einhelliger Auffassung in Literatur46 und Rechtsprechung47 sowohl natürliche als auch juristische Personen 39 Vgl. BVerwGE 97, 117 ff., 119 f.; BVerwG DVBl. 1990, S. 712 f., 713; BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 ff., 83 ff. 40 Vgl. Ipsen, Rdnr. 329. 41 Vgl. Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 31 u. § 4 VwVfG, Rdnr. 21; Maurer, § 23, Rdnr. 59; Knack/Meyer, § 1, Rdnr. 18; BremStGH a. a. O., S. 83; Paul Stelkens/Herbert Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), § 1, Rdnr. 231. 42 Vgl. Maurer, § 23, Rdnr. 59; Franz-Joseph Peine: Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., 2006, Rdnr. 110. 43 Vgl. Stelkens/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), § 1, Rdnr. 231; Maurer, § 23, Rdnr. 57; Udo Steiner: Der „beliehene Unternehmer“, JuS 1969, S. 69 ff., 72; Stober, § 40 I, S. 355. 44 Vgl. Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33: Betriebspflicht; Maurer, § 23, Rdnr. 58; Stelkens/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), § 1, Rdnr. 231. 45 Vgl. Stelkens/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), § 1, Rdnr. 236; HkVerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 37. 46 Vgl. nur: Stuible-Treder, S. 32 ff.; Steiner: Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 201 ff., 215 ff.; Burgi, Der Beliehene, S. 587; ders. in Erichsen/Ehlers

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des Privatrechts sein. In Betracht kommen danach z. B. der eingetragene Verein, die AG und die GmbH, aber auch die GbR, die OHG und die KG.48 Diese Voraussetzung wird von Zertifizierungsstellen nach der AZWV unproblematisch erfüllt: Der Verordnungsgeber hat darauf hingewiesen, dass die Aufgabe der Zertifizierung durch „externe (private) Agenturen“ wahrgenommen wird.49 § 2 AZWV enthält keine Einschränkung, dass etwa nur natürliche oder nur juristische Personen des Privatrechts als fachkundige Stelle anerkannt werden könnten. Nach der Begründung des Verordnungsgebers können Antragsteller vielmehr ausdrücklich „sowohl natürliche wie juristische Personen sein“.50 Erläuternd wird ferner darauf hingewiesen, zum Nachweis der Seriosität müssten im Antragsverfahren in der Regel die Rechtsform des Unternehmens und ggf. die Gesellschafter angegeben werden.51 Folglich bestehen auch bei der Wahl der Rechtsform des Unternehmens nach der AZWV keine Beschränkungen für die Antragsteller. Nicht ausgeschlossen wäre danach z. B. auch eine Zertifizierungsstelle in der Rechtsform einer Limited z. B. nach englischem Recht.52 Damit können Zertifizierungsstellen unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen des Privatrechts handelt, beliehen werden. b) Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung Voraussetzung einer Beleihung ist ferner, dass der zu Beleihende Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im eigenen Namen wahrnehmen soll. aa) Aufgaben- und Rechtsstellungstheorie Darüber, ob die Übertragung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bereits hinreichende Bedingung für eine Beleihung ist oder ob darüber (Hrsg.), § 9, Rdnr. 25; ders.: Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 80; Knack/Meyer, § 1, Rdnr. 20; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rndr. 4; Benedikt Wolfers/Marcel Kaufmann: Private als Anstaltsträger, DVBl. 2002, S. 507 ff., 509 f. 47 Vgl. nur: BremStGH, a. a. O., S. 81 u. 83. 48 Vgl. nur Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 31. 49 Vgl. S. 1 Begr. AZWV. 50 Vgl. S. 3 Begr. AZWV. 51 Vgl. S. 4 Begr. AZWV. 52 Vgl. beispielhaft zur Möglichkeit der Verwendung dieser Gesellschaftsform in Deutschland: Volker Römermann: Die Limited in Deutschland – eine Alternative zur GmbH?, NJW 2006, S. 2065 ff.

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hinaus spezifische hoheitliche Befugnisse übertragen werden müssen, besteht in der Literatur keine Einigkeit:53 Nach der heute kaum mehr vertretenen sog. Aufgabentheorie54 soll es für die Beleihung bereits ausreichen, wenn dem betreffenden Privatrechtssubjekt die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung als Staatsaufgaben übertragen wird. „Staatlich sind danach alle (öffentlichen) Aufgaben, die der Staat in erkennbarer Weise an sich gezogen hat oder die ihm durch die geschichtliche Entwicklung eines bestimmten Lebensbereichs zugewachsen sind“.55 Als Vorteil dieser Theorie wird genannt, dass sie auch das schlichthoheitliche Handeln bzw. verwaltungsprivatrechtlich zu vollziehende Kompetenzen56 in den Bereich der Beleihung einbezieht.57 Die Kritik an der Aufgabentheorie stellt wesentlich darauf ab, dass der Aufgabenbereich des Staates letztlich nicht hinreichend konkret bestimmbar sei.58 Die sog. Rechtsstellungstheorie in ihrer heutigen Ausprägung verlangt darüber hinaus, dass die betreffenden Privatrechtssubjekte mit der „hoheitlichen (obrigkeitlichen oder schlichthoheitlichen) Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben betraut sind, d.h. dazu befugt sind, Staatsaufgaben in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts selbständig wahrzunehmen. Ausschlaggebendes Kriterium für die Zurechnung ihres Tätigwerdens ist also die Berechtigung zum Einsatz des von Rechts wegen ausschließlich dem Staat vorbehaltenen öffentlich-rechtlichen Instrumentariums“.59 Auch nach dieser „Kombinationstheorie“ sind damit schlicht-hoheitliche Tätigkeiten von der Beleihung erfasst.60

53 Vgl. zu diesem Meinungsstreit im Einzelnen: Stuible-Treder, S. 6 ff.; von Heimburg, S. 31 ff.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 11 ff.; ders.: JuS 1969, S. 69 ff., 70. 54 Vgl. aber z. B. Torsten Fett: Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, 2000, S. 252; Franz-Joseph Peine: Grenzen der Privatisierung – verwaltungsrechtliche Aspekte, DöV 1997, S. 353 ff., 362; grundlegend: Steiner: Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 46 ff. 55 Vgl. Steiner, JuS 1969, S. 69 ff., 70 f. 56 Vgl. Steiner: Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 47. 57 Vgl. Steiner, JuS 1969, S. 69 ff., 71. 58 Vgl. von Heimburg, S. 32. 59 Vgl. Burgi, Der Beliehene, S. 585; ders.: Funktionale Privatisierung, S. 79 ff.; von Heimburg, S. 34 u. 36 f. 60 Vgl. Stuible-Treder, S. 9 f.

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bb) Zertifizierung nach §§ 77 ff. SGB III/AZWV als öffentliche bzw. staatliche Aufgabe Zunächst ist zu prüfen, ob vorliegend die Übertragung einer öffentlichen oder staatlichen Aufgabe auf Private zur Durchführung als Staatsaufgabe erfolgt ist, da dies nach sämtlichen Beleihungstheorien zwingende Voraussetzung einer Beleihung ist: Der Gesetz- und der Verordnungsgeber haben keine ausdrückliche Klarstellung getroffen. Im Unterschied dazu bestimmt etwa § 113 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, dass die Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen nach § 113 Abs. 1 SGB XI „eine öffentliche Aufgabe“ ist. Unstreitig ist allerdings, dass die Anerkennung bzw. Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung vor Einführung des Systems der Zertifizierung nach der AZWV als öffentliche bzw. staatliche Aufgabe wahrgenommen wurde. Die Entscheidung der BA erfolgte durch Verwaltungsakt.61 Nach §§ 7 ff. AZWV soll die Zulassung bzw. Zertifizierung nunmehr durch private Zertifizierungsstellen erfolgen. Weder den Gesetzesmaterialien noch der Begründung zur AZWV lässt sich entnehmen, dass die Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung keine öffentliche bzw. staatliche Aufgabe mehr sein soll. Vielmehr sind die §§ 77 ff. SGB III und die Regelungen der AZWV Normen des öffentlichen Rechts. Die Zulassung bzw. Zertifizierung ist zwingende Voraussetzung für die öffentlich-rechtliche Förderung der Arbeitnehmer nach den §§ 77 ff. SGB III. Der Staat hat daher zwar die öffentliche bzw. staatliche Aufgabe der Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung auf externe private Zertifizierungsstellen übertragen – aber eben zur Durchführung als Staatsaufgabe. Dafür spricht auch die Regelung des § 12 AZWV über Zertifizierungen durch die BA, wonach die BA unter den dort genannten Voraussetzungen „im Einzelfall die Aufgaben einer fachkundigen Stelle wahrnehmen“ kann. Die „Aufgabe“ der Zulassung bzw. Zertifizierung wird also einheitlich verstanden und wird der Charakter der Aufgabe nicht danach differenziert, ob die BA als Behörde oder ob eine private Zertifizierungsstelle die Aufgabe ausführt. Schließlich zeigt das Instrumentarium der unstreitig öffentlich-rechtlichen Anerkennung der Zertifizierungsstellen, dass auch die Zulassung von Trägern und Maßnahmen weiterhin eine öffentliche bzw. staatliche Aufgabe 61

Vgl. BSG SozR 4-4300, § 86, Nr. 1, Rdnr. 8.

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ist. Denn für eine „private“ Aufgabe trägt der Staat, wie unten noch eingehend auszuführen ist, nicht einmal eine Gewährleistungsverantwortung, sondern er überlässt diese Aufgabe gerade ohne staatlichen Eingriff ausschließlich privater Regelung. Dann bedarf es auch keiner Regelungen, mit denen Sachkunde, Zuverlässigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit der die betreffende Aufgabe Ausübenden sichergestellt werden sollen. Somit (war und) ist die Zulassung bzw. Zertifizierung von Trägern und Maßnahmen nach §§ 7 ff. AZWV eine öffentliche bzw. staatliche Aufgabe i. S. d. Aufgabentheorie. c) Übertragung von speziellen hoheitlichen Befugnissen – Zulassungs- bzw. Zertifizierungsentscheidung durch Verwaltungsakt oder Zulassung als gesetzliche Folge einer Zertifizierung? Einer Entscheidung zwischen den verschiedenen Beleihungstheorien bedürfte es vorliegend nur dann, wenn sie hinsichtlich der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden. Insbesondere ist unstreitig, dass jedenfalls die Ausübung hoheitlich-obrigkeitlicher Befugnisse (also z. B. der Erlass von Verwaltungsakten) durch Privatrechtssubjekte ein Fall der Beleihung ist.62 Nachfolgend ist deshalb zu untersuchen, ob die Zertifizierungsstellen nach der AZWV die Befugnis haben, Verwaltungsakte i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X zu erlassen. Wesentlich für die Klärung der Frage, ob den Zertifizierungsstellen die Befugnis übertragen wurde, Verwaltungsakte zu erlassen, ist gemäß § 31 Satz 1 SGB X, ob von ihnen mit der Zertifizierung eine „Entscheidung“ zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen wird, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. aa) Entscheidung der Zertifizierungsstelle über die Zulassung In der Literatur wird zum einen die Ansicht vertreten, nach dem Gesetzeswortlaut der §§ 84, 85 SGB III sei „unklar, wie sich die Zertifizierung zur Zulassung der Maßnahme“ verhalte. Gesetzestext und Materialien gingen davon aus, dass neben der Zertifizierung die BA noch endgültig zulasse. Eine solche letzte Prüfung entspreche zwar nicht der staatsentlastenden Funktion solcher Systeme der Zertifizierung, trage aber der Gewährleistungspflicht der BA Rechnung.63 62 63

Vgl. statt vieler: Stuible-Treder, S. 11. Vgl. Bieback, SDSRV 52, S. 59 ff., 68.

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Nach einer weiteren Auffassung knüpfe an die Zertifizierung die gesetzliche Folge der Zulassung von Trägern und Maßnahmen an.64 Dann träfe die Zertifizierungsstelle keine „Entscheidung“ über die Zulassung, sondern sei diese die gesetzliche Folge der Zertifizierung. Entgegen der vorgenannten Auffassung lassen sich weder dem Gesetzestext noch den Materialien Hinweise darauf entnehmen, dass die BA „neben“ einer Zertifizierung durch die externen Zertifizierungsstellen noch eine „endgültige“ Zulassung vornehme. Richtig ist, dass der Wortlaut der §§ 84, 85 SGB III („zugelassen . . . sind . . ., bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, . . .“) als Hinweis auf eine „gesetzliche“ Zulassung verstanden werden kann. Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber eine „endgültige“ Zulassung durch die BA habe regeln wollen, lassen sich dem Gesetzestext aber nicht zu entnehmen. Eine Zulassung durch die BA – ob nun „endgültig“ oder nicht – wird in den §§ 84, 85 SGB III nicht erwähnt. Die Gesetzesmaterialien erwähnen eine „endgültige“ Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch die BA, die den Prüfungen der externen fachkundigen Stellen gleichsam nachgelagert wäre, ebenfalls nicht.65 Damit ist dieser in der Literatur vertretenen Ansicht nicht zu folgen. Für die Auffassung, dass die Zulassung von Trägern und Maßnahmen die gesetzliche Folge einer privatrechtlichen Zertifizierung sei, könnten dagegen sowohl der Wortlaut der §§ 84, 85 SGB III, als auch die Materialien zu diesen Normen sprechen. Die Formulierung „zugelassen sind . . ., bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat“ könnte für eine Unterscheidung zwischen den „Feststellungen“ der Zulassungsvoraussetzungen durch fachkundige Stellen einerseits und der Zulassung andererseits sprechen. Zwingend ist dieses Verständnis allerdings nicht. Ebenso ist eine Auslegung möglich, wonach mit der Feststellung zugleich die Zulassung erfolgt, die Feststellung der Voraussetzungen also untrennbar mit der Zulassung verbunden ist. Der Gesetzgeber hat zur Begründung und Erläuterung der betreffenden Regelungen ausgeführt, es erfolge eine „Trennung von Entscheidungen über die Förderung durch das Arbeitsamt“ und über die „Zulassung von Trägern durch eine fachkundige Zertifizierungsagentur“.66 Zudem könne „unabhängig von der vorgesehenen externen Prüfung . . . auch das Arbeitsamt als fachkundige Stelle über die Zulassung von Trägern entscheiden . . .“.67 64 65 66 67

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274; ders., Skript, S. 26 u. 31. BT-Drucks. 15/25, S. 29 f. BT-Drucks. 15/25, S. 30, zu § 84. BT-Drucks. 15/25, S. 30, zu § 84, Hervorh. d. Verf.

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Diese Ausführungen des Gesetzgebers lassen nur den Schluss zu, dass die Zertifizierungsstellen selbst Entscheidungen über die Zulassung treffen sollen und nicht etwa, dass die Zulassung lediglich die gesetzliche Folge der Feststellungen der Zertifizierungsstellen ist. Denn eine „Trennung“ bzw. „Unabhängigkeit“ der Entscheidungen setzt voraus, dass auch die Zertifizierungsstellen Entscheidungen treffen. Bereits die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der AZWV in § 87 SGB III umfasst ferner ausdrücklich die Befugnis zur Regelung auch des Verfahren „der Zulassung von Trägern und Maßnahmen“. Wäre die Zulassung schon die gesetzliche Folge einer bloßen Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen durch die Zertifizierungsstellen, bedürfte es keines Verfahrens der Zulassung mehr, sondern lediglich eines Verfahrens zur Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen. Der Verordnungsgeber hat im Übrigen – in Übereinstimmung mit der Ermächtigung des § 87 SGB III – an verschiedenen Stellen in der AZWV ausdrückliche Regelungen zur Frage der Entscheidungen über die Zulassung getroffen: – Nach § 2 Nr. 7 AZWV muss die Zertifizierungsstelle die Möglichkeit haben, bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen „eine Zulassung wieder zu entziehen“. Entsprechend ist die Zertifizierungsstelle nach § 11 Abs. 3 AZWV unter den dort genannten Voraussetzungen zur Entziehung der Zulassung verpflichtet. Wenn die Zertifizierungsstelle eine „Zulassung wieder entziehen“ können muss, spricht bereits dies dafür, dass sie auch eine Zulassung erteilt. Eine gleichsam automatisch kraft Gesetzes erteilte Zulassung könnte die Zertifizierungsstelle dagegen nicht entziehen. – § 7 AZWV regelt einen „Antrag des Trägers auf Zulassung für die Förderung“. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AZWV ist „die Zulassung des Trägers für die Förderung . . . bei einer anerkannten Zertifizierungsstelle zu beantragen“. Das Verfahren ist also, wie bereits aus dieser Bestimmung ersichtlich ist, auf die Erteilung einer „Zulassung“ und nicht nur auf eine Zertifizierung gerichtet. – § 7 Abs. 2 Satz 2 AZWV sieht eine Verpflichtung des Antragsstellers vor, eine etwa vorangegangene andere „Entscheidung“ einer anderen Zertifizierungsstelle mitzuteilen. Auch dies verdeutlicht, dass die Zertifizierungsstellen selbst Entscheidungen treffen. – § 9 Abs. 1 AZWV regelt ebenfalls den Antrag auf „Zulassung“ von Maßnahmen und dessen Voraussetzungen. § 9 Abs. 3 AZWV erwähnt ausdrücklich die Beantragung der Zulassung „bei der Zertifizierungsstelle“. Bei gesetzlicher Zulassung als Folge einer bloßen Zertifizierung wäre dies unverständlich.

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– § 10 AZWV erwähnt bereits in der Überschrift „Prüfung und Entscheidung der Zertifizierungsstelle“. Die AZWV unterscheidet also deutlich zwischen der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen einerseits und der feststellenden Entscheidung über ihr Vorliegen andererseits, weist aber beide Aufgaben ausdrücklich den Zertifizierungsstellen zu. – Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AZWV „entscheidet“ die Zertifizierungsstelle „über den Antrag auf Zulassung“, also nicht nur über einen Antrag auf Feststellung von Zulassungsvoraussetzungen. – § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV enthält die eindeutige Regelung: Die Zertifizierungsstelle hat bei Vorliegen der Voraussetzungen „die Zulassung zu erteilen“. Nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV bedarf diese „Entscheidung“ der Schriftform. – Schließlich wird „mit der Zulassung“ ein Zertifikat vergeben (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AZWV). Es handelt sich bei den Zertifikaten gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV um „Zertifikate für die Zulassung“. Diese Fülle der Verweise und ausdrücklichen Regelungen des Verordnungsgebers auf bzw. betreffend „Entscheidungen“ der Zertifizierungsstellen „über die Zulassung“ lassen keine Auslegung zu, wonach die Zertifizierungsstellen lediglich im Rahmen einer Zertifizierung die Voraussetzungen einer Zulassung feststellen, während die Zulassung selbst dann kraft Gesetzes erfolgt.68 Die Ansicht, nach der ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren vorliegt, verkennt auch nicht, dass die Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens – insbesondere aufgrund der verwendeten Begriffe wie „Antrag“ und Zulassung – zumindest an ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren nach dem SGB X erinnert.69 Diese Wortwahl passe schlecht zu einem Konzept einer privatrechtlichen Abwicklung des Zertifizierungsgeschehens. Es handele sich, nicht zuletzt mit Blick auf die Formulierung der §§ 84, 85 SGB IIII, um eine terminologische Inkonsequenz.70 Das gesamte Zulassungssystem nach der AZWV stellt jedoch, wie dargelegt, klar und ausdrücklich auf eine eigene Entscheidungs- und Zulassungskompetenz der Zertifizierungsstellen ab. Dahinter steht demnach nicht lediglich eine bloße Falschbezeichnung an einzelnen Stellen oder durch einzelne unzutreffende Begriffe. 68 Ebenso: Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15; § 87, Rdnr. 27; zur „Entscheidung“ durch die Zertifizierungsstelle über die Zulassung vgl. auch: Stratmann in: Niesel (Hrsg.), § 84, Rdnr. 2 u. § 87, Rdnr. 7; GK-SGB III/ Lampe, § 77, Rdnr. 58; Olk in: Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt – De Caluwe, § 84, Rdnr. 9 u. 11. 69 Vgl. Hänlein, Skript, S. 30. 70 Vgl. Hänlein, Skript, S. 26 u. 28.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Nur folgerichtig ist auch in der Begründung zur AZWV vielfach von „externen Zertifizierungsagenturen“ die Rede, die nicht nur Prüfungsaufgaben übernehmen, sondern „über die Zulassung von Bildungsträgern und Maßnahmen zur Weiterbildungsförderung entscheiden“.71 Die „Zulassung der Bildungsträger durch einen Zertifizierer ihrer Wahl“ steht nach Ansicht des Verordnungsgebers sogar „im Mittelpunkt des Zertifizierungsverfahrens“.72 Sie „erfolgt bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag“,73 also gerade nicht kraft Gesetzes. Schließlich wird auch in der Begründung zu § 10 AZWV mehrfach die Erteilung der Zulassung durch die Zertifizierungsstelle hervorgehoben.74 Die Funktion des Zertifikats ist nach der Begründung des Verordnungsgebers der „Nachweis für erfolgte Zulassungen“.75 Es wird also exakt zwischen der Erteilung der Zulassung einerseits und der des Zertifikates andererseits unterschieden. Ein etwaiges Konzept einer Zulassung kraft Gesetzes nach Feststellung von Zulassungsvoraussetzungen durch die Zertifizierungsstellen wurde folglich gerade nicht umgesetzt. bb) Ergebnis Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV stellen nicht nur die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung fest, sondern entscheiden selbst über die Zulassung. Die Zulassung ist also nicht lediglich die automatische gesetzliche Folge einer Zertifizierung. cc) Zulassung als Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist Nach § 31 Satz 1 SGB X ist für einen Verwaltungsakt erforderlich, dass die Entscheidung der Zertifizierungsstelle zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts erfolgt. Die §§ 77 ff. SGB III und die AZWV sind Normen des öffentlichen Rechts, die die staatliche Förderung von Maßnahmen der beruflichen Wei71 Vgl. S. 1 Begr. AZWV, vgl. auch a. a. O.: „Die Prüfung und Zulassung (Zertifizierung) der Bildungsträger und ihrer Bildungsangebote erfolgt durch externe (private) Agenturen“ u. „. . . damit Zertifizierungsstellen zukünftig über die Zulassung von Bildungsträgern und Bildungsangeboten . . . entscheiden können“. 72 Vgl. S. 2 Begr. AZWV. 73 Vgl. S. 9 Begr. AZWV. 74 Vgl. S. 15 f. Begr. AZWV. 75 Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

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terbildung für Arbeitnehmer betreffen. Die Entscheidung der Zertifizierungsstelle erfolgt auch nicht abstrakt-generell, sondern betrifft jeweils Einzelfälle, also konkret-individuelle Anträge betreffend bestimmte Träger und/oder Maßnahmen. Problematisch könnte das Merkmal der Regelung sein: Das Merkmal der „Regelung“ erfordert, dass ein die Rechtslage gestaltender Rechtsakt vorliegt, also mit dem Verwaltungsakt eine verbindliche Rechtsfolge gesetzt werden soll. Es müssen also Rechte bzw. Pflichten begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden.76 Es darf sich also insbesondere nicht lediglich um Vorbereitungen für spätere Verwaltungsentscheidungen, also etwa bloße Gutachtenerstellungen, handeln.77 An dieser Stelle ist auf die obigen Ausführungen zu den verschiedenen Anerkennungs- und Zulassungsverfahren aus anderen Rechtsgebieten zu erinnern: Wie dargelegt, wird insgesamt für die Frage, ob eine Beleihung vorliegt bzw. ob Privaten die Befugnis übertragen wurde, hoheitliche Aufgaben im eigenen Namen wahrzunehmen, maßgeblich darauf abgestellt, ob die Entscheidung des Privaten die Entscheidung einer Behörde lediglich vorbereitet und dieser Behörde ein eigenständiger Beurteilungsspielraum verbleibt. Entsprechend wird von der ganz h. M., wie dargelegt, angenommen, die Gültigerklärung der Umwelterklärung durch den Umweltgutachter sei zwar eine notwendige Bedingung für die Eintragung in das EMAS-Register, aber der Registerstelle verbleibe ein eigener Entscheidungsspielraum. Zudem berechtige erst die Eintragung zur Führung des EMAS-Zeichens. Gegenbeispiel ist die Tätigkeit der amtlich anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen im Bereich der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO: Hier entscheidet der Sachverständige zumindest faktisch abschließend und ist die Kraftfahrzeugzulassungsstelle an sein Votum gebunden. Eine eigenständige Prüfung durch die Zulassungsstelle erfolgt nicht. Insbesondere handelt der Sachverständige nicht nur „kompetenzanteilig“ gleichsam „neben“ einer Verwaltungsbehörde, sondern „kompetenzausschließlich“: Er allein trifft die maßgebliche und auch die zuständigen Behörden bindende Entscheidung.78 In sämtlichen in Teil 2 dieser Arbeit untersuchten Vergleichssystemen der Zulassung bzw. Anerkennung bildet, wie oben im Einzelnen dargelegt, die Frage der eigenständigen, abschließenden Entscheidungsbefugnis der 76 77 78

Vgl. nur Hk-VerwR/Schwarz, § 35 VwVfG, Rdnr. 91. Vgl. Hk-VerwR/Schwarz, § 35 VwVfG, Rdnr. 93 u. 95 m. w. Nachw. Vgl. hierzu: von Heimburg, S. 120 ff.

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„Zulassungsstelle“ bzw. des „Sachverständigen“ das entscheidende Kriterium für die Unterscheidung zwischen der Frage, ob eine Tätigkeit als Beliehener und die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten vorliegt oder nicht. Entsprechend wird „dem privaten Sachverständigen dort ein öffentliches Amt“ zuerkannt, „wo sein am Maßstab staatlich gesetzter Normen getroffenes Urteil über Zustände, Verhaltensweisen oder Eigenschaften die zuständige Verwaltungsbehörde kraft gesetzlicher Anordnung . . . bindet“.79 Wenn also „die Feststellungen des Sachverständigen für den Vollzug eines Gesetzes . . . maßgeblich (sind), so muss seine Stellung und seine Funktion staatsrechtlich bewertet werden. Der Sachverständige kann dann seine Legitimation nur vom Staat ableiten; seine Tätigkeit ist als Staatsfunktion zu verantworten und zu regulieren. Sind Sachverständigenvoten Privater für die Staatswillensbildung verbindlich, so wird stets die Schwelle vom privaten Tun zum öffentlichen Verwaltungshandeln überschritten“.80 Die Fähigkeit, autoritativ Entscheidungen treffen zu können, wird geradezu als „Charakteristikum staatlicher Gewalt“ angesehen: „Nur der Staat verfügt über die Mittel, einseitig Entscheidungen zu treffen, die andere rechtlich binden, und diese auch durchzusetzen . . . Kollektiv bindende Entscheidungen können Private hingegen nicht aus eigener, d.h. aus nicht abgeleiteter Macht treffen; dafür bedürfen sie vielmehr der „Ermächtigung“ durch den Staat, wie sie beispielsweise durch verwaltungsrechtliche Beleihung erfolgt“, weshalb etwa öffentlich-rechtliche Einrichtungen immer dann Staatsgewalt ausüben, „wenn sie rechtlich bindende Entscheidungen treffen“.81 Die Übertragung der Staatsgewalt auf Private ändert nichts daran, dass die Entscheidungen dieser „Privaten“ als Ausübung von Staatsgewalt anzusehen sind: „Das Charakteristikum der Staatsgewalt geht mit der Übertragung auf Private nicht verloren, es wird lediglich das „Medium“ der Staatsgewalt ausgewechselt“, so dass der staatliche Charakter bindender Entscheidungen durch die Mitwirkung Privater nicht verloren geht.82 Diese Grundsätze sind nun auf die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen nach der AZWV zu übertragen: Die Zertifizierungsstellen entscheiden, wie ausgeführt, selbst über die Zulassung – und sie entscheiden verbindlich und abschließend ohne Einschaltung einer weiteren Behörde, etwa der BA. Entweder die Zulassung und 79 80 81 82

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 131. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 132 f. Britz, VerwArch 91 (2000), S. 418 ff., 428 f. Britz, a. a. O., S. 429 f.

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das Zertifikat werden nach § 10 AZWV erteilt oder sie werden verweigert. Es handelt sich insbesondere nicht lediglich um eine gutachterliche Stellungnahme, die das Handeln und die Entscheidung einer anderen Behörde erst vorbereitet. Ihre Entscheidung entfaltet unmittelbare Rechtswirkung: Nach §§ 84, 85 SGB III sind Träger und Maßnahmen aufgrund der Feststellungen (und Entscheidungen) der Zertifizierungsstellen bzw. fachkundigen Stellen zugelassen oder nicht. Dieses Ergebnis ist insbesondere im Vergleich zur Tätigkeit der amtlich anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen nach §§ 29, 47 a StVZO zu sehen: Für diese wird, wie dargelegt, heute übereinstimmend angenommen, sie handelten als Beliehene. Dies wird ungeachtet des Umstandes vertreten, dass sie selbst keine Verwaltungsakte erlassen, sondern lediglich die Verwaltungsakte der Verwaltungsbehörden vorbereiten.83 Maßgeblich sei vielmehr die Bindungswirkung ihrer Tätigkeit gegenüber der zuständigen Behörde: „Die Entscheidung über die Erteilung der Prüfplakette ist praktisch gefallen, wenn der Sachverständige sein Gutachten erstattet hat . . . Die Prüf- und Gutachtertätigkeit des Sachverständigen nach § 29 StVZO hängt danach mit der Erteilung der Prüfplakette durch die Verwaltungsbehörde aufs engste zusammen, so dass es berechtigt ist, die Tätigkeit es Sachverständigen selbst insoweit als hoheitlich anzusehen“.84 Die Rechtsordnung knüpft also unmittelbar an die Entscheidung des Sachverständigen den Eintritt bzw. Nichteintritt von Rechtsfolgen.85 Sie entscheiden damit abschließend und bindend.86 Gleiches gilt für die Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz: Zwar trifft die Prüf- und Bestätigungsstelle im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, wie bereits dargelegt, keine unmittelbare und abschließende Entscheidung gegenüber den Antragstellern. Sie arbeitet vielmehr der Regulierungsbehörde zu und bereitet deren Entscheidung vor. Im Rahmen des ihnen übertragenen Aufgabenbereichs handeln sie aber selbständig und determinieren die Entscheidung der Regulierungsbehörde weitgehend87 – und werden gerade deshalb als Beliehene angesehen. 83 Vgl. nur OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f., 1218 f.; OLG Köln, NJW 1989, S. 2065 f., 2065. 84 Vgl. OLG Köln, NJW 1989, S. 2065 f., 2065; ebenso z. B. BGH NJW 1993, S. 1784 ff., 1784; NJW 1968, S. 443 ff., 444; OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 2629 f., 2629. 85 Vgl. VGH München, NJW 1975, S. 1796 ff., 1797 f. 86 Vgl. Steiner, JuS 1969, S. 69 ff., 73. 87 Roßnagel, Recht der Multimediadienste, § 4 SigG, Rdnr. 98.

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Wenn schon eine so weitgehende Vorbereitung einer Behördenentscheidung, dass diese mit den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen „praktisch“ gefallen ist, die Tätigkeit des Sachverständigen selbst als hoheitlich qualifiziert, muss dies erst recht gelten, wenn – wie vorliegend die Zertifizierungsstellen nach der AZWV – die „Sachverständigen“ selbst mit unmittelbarer Rechtswirkung für und gegen die „Antragsteller“ aufgrund ihrer Feststellungen über die Zulassung entscheiden. Es wäre nicht einzusehen, warum die Tätigkeit Sachverständiger, die zwar selbst „formal“ keinen Verwaltungsakt erlassen, diesen aber inhaltlich bis ins Detail präjudizieren, eine hoheitliche Tätigkeit durch Beliehene darstellen soll, andererseits aber die Tätigkeit von Sachverständigen – nichts anderes sind die fachlich entsprechend qualifizierten, anerkannten Zertifizierungsstellen nach der AZWV – auf einem anderen Gebiet des öffentlichen Rechts, dem Arbeitsförderungsrecht nach dem SGB III, nicht hoheitlich sein soll, obwohl diese hier endgültig, abschließend und unmittelbar gegenüber den „Antragstellern“ entscheiden, also Zulassung und Zertifikat erteilen oder nicht. Eine Einordnung der Zertifizierungstätigkeit als rein privatrechtlich würde einen nicht auszugleichenden Wertungswiderspruch zwischen der ständigen zivil- und verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung und einer verbreiteten Auffassung in der Literatur zu den Kriterien einer Einordnung des Handelns von Sachverständigen als Beliehene im Bereich der technischen Überwachung einerseits und im Rahmen der Prüfung bzw. Zertifizierung nach der AZWV andererseits begründen. dd) Insbesondere: Die Bedeutung des Antragserfordernisses gemäß §§ 7, 9 AZWV Zur weiteren Überprüfung, ob die Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Verwaltungsakt der Zertifizierungsstellen erfolgt, wird nachfolgend eingehend das Antragserfordernis nach den §§ 7, 9 AZWV untersucht. Die Zulassung des Trägers für die Förderung ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 AZWV unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen bei einer anerkannten Zertifizierungsstelle zu beantragen. Die §§ 7–9 AZWV enthalten detaillierte Vorgaben für den Inhalt des Antrages auf Zulassung des Trägers bzw. von einzelnen Weiterbildungsmaßnahmen für die Förderung. Dass auch die Zulassung der Maßnahmen eines Antrages des betreffenden Trägers bedarf, ergibt sich aus § 9 AZWV, der in den Absätzen 1–4 jeweils einen entsprechenden Antrag des Trägers erwähnt. Warum ein Antrag erfolgen muss, hat der Verordnungsgeber in der Begründung zur AZWV wie folgt begründet: „Die Zulassung von Bildungsträ-

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gern für die Förderung nach dem SGB III erfolgt bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag, um – unabhängig von der privatrechtlichen Ausgestaltung – der Zertifizierungsstelle anzuzeigen, dass ein Vertragsabschluss über ein Zulassungsverfahren angestrebt wird“.88 Mit dem Antrag des Trägers gegenüber einer anerkannten Zertifizierungsstelle seiner Wahl beginnt das Zertifizierungsverfahren. Das Antragserfordernis könnte wichtige Aufschlüsse darüber geben, ob es sich bei dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV um ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren oder ein rein privatrechtliches Vertragsverhältnis handelt. Denn mit Beginn der Rechtsbeziehungen zwischen „Antragsteller“ und Zertifizierungsstelle müsste bereits Klarheit dahingehend geschaffen werden, ob der Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes durch den „Antragsteller“ begehrt wird oder ob er einen privatrechtlichen Vertrag schließen möchte, der auf die Verleihung eines privatrechtliches Zertifikates gerichtet wäre. Insbesondere ist die Begründung des Verordnungsgebers für das Antragserfordernis zu überprüfen. Es wird u. a. untersucht, ob es eines solchen Antrages entsprechend der Begründung überhaupt bedarf. Zudem sind eine Reihe von rechtlichen Problemen zu klären, die sich durch die Verwendung des Begriffs „Antrag“ in den §§ 7–9 AZWV und durch die Begründung des Verordnungsgebers für das „Antragsverfahren“ ergeben. (1) Wortlaut Der Wortlaut der AZWV bietet, nicht zuletzt mit Blick auf die oben wiedergegebene Begründung des Verordnungsgebers, Raum für Interpretationen, ob mit dem „Antrag“ eine öffentlich-rechtliche oder eine zivilrechtliche Erklärung gemeint ist. Der Begriff „Antrag“ findet, wie unten näher dargestellt wird, sowohl im öffentlichen Recht als auch im Zivilrecht Verwendung. Unklarheiten und Widersprüche werden dadurch verstärkt, dass für die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die eine Zulassung erstreben, der Begriff „Antragsteller“ verwendet wird.89 Der Antrag wird als „Ausgangspunkt für die Zulassung“ bezeichnet.90 Sodann „entscheidet“ die Zertifizierungsstelle „über den Antrag auf Zulassung“.91 Diese Formulierungen des Verordnungsgebers sprechen – zumal unter Berücksichtigung des Hinweises des Verordnungsgebers auf eine von der 88 89 90 91

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

S. 9 Begr. AZWV. nur § 7 Abs. 2 Satz 2, § 8 Abs. 1 Satz 1 AZWV und S. 10 Begr. AZWV. S. 15 Begr. AZWV. § 10 Abs. 1 Satz 1 AZWV.

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privatrechtlichen Ausgestaltung „unabhängige“ Funktion des Antrages – für einen öffentlich-rechtlichen Antrag:92 Das Verwaltungsverfahren i. S. d. § 9 VwVfG beginnt gemäß § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG in Fällen, in denen die Behörde nur auf Antrag tätig werden darf, mit der Stellung des Antrages. Der „Antragsteller“ ist gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Beteiligter. Nichts anderes gilt für das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren (vgl. § 18 SGB X). Eine der wichtigsten Funktionen des Antrages – einer Willenserklärung des öffentlichen Rechts – ist es, den Gegenstand und das Ziel des Verwaltungsverfahrens zu bestimmen.93 Entsprechend ist im Sozialverwaltungsrecht jede Erklärung als Antrag anzusehen, durch die jemand gegenüber einer zuständigen Stelle das Begehren zum Ausdruck bringt, Leistungen zu erhalten. Die Erklärung muss erkennen lassen, dass eine regelnde Entscheidung begehrt wird und muss auf eine bestimmte Leistung gerichtet sein.94 Zugleich ist es die Funktion des Antrages, das konkrete Verfahrensverhältnis zwischen Antragsteller und Behörde zu begründen.95 Gesetzgeberische Vorgaben für den Inhalt des Antrages, wie sie §§ 7 u. 9 AZWV enthalten, sind im Verwaltungs- und Sozialrecht üblich und vielfach notwendig.96 Zwar findet der Begriff „Antrag“ auch im Zivilrecht Verwendung: Dort ist der Antrag gemäß § 145 BGB zwingende Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrages. Anträge i. S. d. § 145 BGB werden aber nicht „gestellt“, es erfolgt keine „Beantragung“ wie im Verwaltungs- oder Sozialrecht. Vielmehr werden solche Anträge nach dem Gesetzeswortlaut „gemacht“ (vgl. § 147 BGB). Es wird auch nicht über Anträge „entschieden“, sie werden vielmehr angenommen oder abgelehnt (§§ 146, 147 BGB). Derjenige, der den Antrag „macht“, wird nicht als „Antragsteller“, sondern als „Antragender“ bezeichnet.97 Insgesamt sprechen damit die sprachliche Fassung des Verordnungstextes, aber auch die erwähnten Formulierungen in der Begründung zur AZWV, klar für einen öffentlich-rechtlichen Antrag.

92 So unter Hinweis auf den Wortlaut der §§ 7 ff. AZWV auch Eicher in: Eicher/ Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15. 93 Vgl. Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer: VwVfG, 9. Aufl., 2005, § 22, Rdnr. 25; Hk-VerwR/Schwarz, § 22 VwVfG, Rdnr. 23; Gernot Dörr: Sozialverwaltungsrecht, 2002, Kapitel 11, Rdnr. 17. 94 Harald Pickel/Andreas Marschner: SGB X, Kommentar, Stand: August 2005, § 18, Rdnr. 19, 20 m. w. Nachw. 95 Vgl. Hk-VerwR/Schwarz, § 22 VwVfG, Rdnr. 38. 96 Vgl. nur Hk-VerwR/Schwarz, § 22 VwVfG, Rdnr. 31. 97 Vgl. §§ 146 ff. BGB.

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(2) Begründung des Verordnungsgebers/ Auslegung nach Sinn und Zweck der Regelung Mit diesem Ergebnis der Wortlautinterpretation ist allerdings die ausdrückliche Begründung des Verordnungsgebers für das Erfordernis einer Antragstellung kaum vereinbar. Denn dann läge zwar tatsächlich ein von einer privatrechtlichen Ausgestaltung „unabhängiger“ Antrag vor. Die Unabhängigkeit des Antrages hat der Verordnungsgeber aber, wie ausgeführt, gänzlich anders begründet. Unterstellt man, dass der Verordnungsgeber eine ausschließlich „privatrechtliche Ausgestaltung“ der Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ wollte, bleibt die Funktion des „Antrages“ gänzlich unverständlich: Der Verordnungsgeber hat, wie ausgeführt, die Zulassung „auf Antrag“ gerade damit begründet, der Zertifizierungsstelle solle „unabhängig von der privatrechtlichen Ausgestaltung“ „angezeigt“ werden, dass ein Vertragsschluss über ein Zulassungsverfahren angestrebt wird. Wenn aber die Antragstellung tatsächlich „unabhängig“ von der privatrechtlichen Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens erfolgen soll, kann der „Antrag“ keinesfalls ein Antrag gemäß § 145 BGB sein. Denn letzterer wäre nicht „unabhängig“ von der zivilrechtlichen Ausgestaltung sondern im Gegenteil zwingende Voraussetzung für einen Vertragsschluss zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“: Der Antrag i. S. d. § 145 BGB auf Abschluss eines Vertrages muss nach wohl einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur inhaltlich so bestimmt oder zumindest gemäß §§ 133, 157, 315 ff. BGB bestimmbar sein, dass die Annahme des Antrages durch ein schlichtes „Ja“ möglich ist.98 Der Vertragsantrag muss also bereits den späteren Vertragsinhalt in dem Umfang enthalten, dass er die wesentlichen Vertragspunkte bzw. essentialia negotii sowie alle Punkte umfasst, über die nach dem Willen des Antragenden eine Einigung erzielt werden soll.99 Ein Antrag gemäß § 145 BGB auf Abschluss eines Zertifizierungsvertrages muss also – selbstverständlich – bereits für den Empfänger dieser Willenserklärung erkennen lassen, dass „ein Vertragsschluss über ein Zulas98 BGH NJW 1990, S. 1234 ff., 1235; Hk-BGB/Heinrich Dörner, § 145, Rdnr. 3; Staudinger/Reinhard Bork: Kommentar z. BGB, 13. Bearb. 1996, § 145, Rdnr. 17; Jauernig, § 145, Rdnr. 2; Erman/Armbrüster, § 145, Rdnr. 2; MüKo z. BGB/Ernst A. Kramer, 4. Aufl., 2001, § 145, Rdnr. 4; Palandt/Heinrichs, § 145, Rdnr. 1; Karl Larenz/Manfred Wolf: BGB, Allgemeiner Teil, 9. Aufl., 2004, § 29, Rdnr. 16. 99 Vgl. nur Erman/Armbrüster, § 145, Rdnr. 2; Larenz/Wolf, § 29, Rdnr. 17; Müko/Kramer, § 145, Rdnr. 4.

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sungsverfahren angestrebt wird“. Erfüllt er schon diese Voraussetzung nicht, kann kein Zertifizierungsvertrag zustande kommen. Erfüllt er dagegen diese (Mindest-)Voraussetzung, ist schon deshalb unerfindlich, dass und warum es noch eines weiteren, unabhängigen Antrages bedürfen sollte, mit dem dieser Wille des Antragenden nochmals „angezeigt“ würde. Der „Antrag“ i. S. d. der AZWV ist auch aus anderen Gründen in keinem Fall von der privatrechtlichen Ausgestaltung zu trennen: Die §§ 7–9 AZWV enthalten, wie dargelegt, eine Reihe von Vorgaben für den Inhalt des „Antrages“. Es ist vorgeschrieben, welche Angaben der Antrag enthalten muss. Damit ist zugleich ein wesentlicher Teil des Inhaltes des Vertrages, den die Zertifizierungsstelle und der „Antragsteller“ schließen sollen, vorgegeben. Die Vorgaben der Verordnung beschränken, wie unten noch näher auszuführen ist, die Vertragsfreiheit der Parteien. Sie haben damit privatrechtsgestaltende Wirkung. Gerade weil der Antrag aber in wesentlichen Teilen bereits den Rahmen des Prüfprogramms für die Zertifizierungsstelle gestaltet bzw. beeinflusst, ist nicht nachvollziehbar, warum der Verordnungsgeber die Funktion des Antrages „unabhängig von der privatrechtlichen Ausgestaltung“ der Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ sieht. „Unabhängig“ wäre der Antrag nur insofern, als sein vom Gesetz- bzw. vom Verordnungsgeber vorgeschriebener Inhalt nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Bedenkt man des Weiteren, dass Zertifizierungsverträge nach der AZWV nur zwischen Unternehmern gemäß § 14 BGB, die oft zugleich auch Kaufleute sein dürften, geschlossen werden, ist erst recht nicht erkennbar, welchen Sinn der „unabhängige“ Antrag im System einer privatrechtlichen Rechtsbeziehung zwischen Zertifizierungsstelle und Antragsteller haben sollte. Beide Vertragsparteien dürften hier so geschäftserfahren sein, dass sie auch ohne eine solche zusätzliche „Anzeigefunktion“ erkennen können, welcher Vertrag hier geschlossen werden soll. Dem „Antragsteller“ ist als Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen – selbstverständlich – bekannt, welche Zertifizierung er möchte und wo er sie erhalten kann. Andernfalls würde er seinen „Antrag“ schon nicht an die richtige Stelle richten können. Die Zertifizierungsstelle, deren ständige Aufgabe eine Zertifizierung nach der AZWV ist, weiß erst recht, welchen Vertrag ein Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen mit ihr schließen möchte. Geht man dagegen davon aus, dass die Zertifizierungsstelle nicht nur die Zertifizierungsverträge abschließt, sondern als Beliehene zugleich ein Verwaltungsverfahren durchführt, ist das Antragserfordernis ohne weiteres schlüssig. Die Zulassung des Trägers bzw. der Maßnahme sowie die Vergabe des Zertifikates sind Verwaltungsakte, deren Erlass der Antragsteller begehrt. Mit seinem Antrag will er das auf die Erteilung dieser ihn begüns-

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tigenden Verwaltungsakte gerichtete Verfahren in Gang setzen. Zudem ist der Antrag auf Durchführung des Verwaltungsverfahrens tatsächlich „unabhängig“ von der zivilrechtlichen Ausgestaltung, allerdings in gänzlich anderer Weise, als dies der Verordnungsgeber in der amtlichen Begründung dargelegt hat. Nicht zu vergessen ist, dass auch die Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach EMAS II/UAG sowie nach dem GPSG, die bereits eingehend dargestellt wurden und die nach weit überwiegender Auffassung rein zivilrechtlich ausgestaltet sind, kein besonderes „Antragserfordernis“ kennen, mit dem der Zertifizierungsstelle gleichsam doppelt und gesondert „angezeigt“ werden müsste, welchen Vertrag der künftige Vertragspartner schließen möchte. „Antragsteller“ sind im Rahmen dieser Zertifizierungsverfahren also unbekannt. (3) Normenhistorische Auslegung Für die bisherigen Ergebnisse spricht auch die Normengeschichte: Das Anerkennungsverfahren nach § 86 SGB III a. F.100 wurde durch einen entsprechenden Antrag des Trägers der Weiterbildungsmaßnahme eingeleitet. Es handelte sich, wie bereits ausgeführt, um ein Verwaltungsverfahren, über den Antrag war durch Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 SGB X zu entscheiden.101 Die Aufrechterhaltung des Antragserfordernisses durch die auf der Ermächtigung des § 87 SGB III n. F. beruhende AZWV spricht dafür, dass der Antrag noch die gleiche Funktion hat, also ein Verwaltungsverfahren einleiten soll. Wäre ein vollständiger „Systemwechsel“ gewollt gewesen, hätte dieser gerade in Anbetracht der bisherigen Ausgestaltung als Verwaltungsverfahren im Normtext hinreichenden Ausdruck finden müssen. Es wurden aber typisch verwaltungsverfahrensrechtliche Begriffe wie „Antragsteller“, „Zulassung“ und „Entscheidung über einen Antrag“ weiter verwendet. Dies spricht dafür, dass der Antrag seine bisherige Funktion behalten sollte. Wollte man anderes annehmen, hätte nicht zuletzt mit Blick auf die bisherige Verfahrensgestaltung eine ausdrückliche Klarstellung in Gesetz oder Verordnung erfolgen müssen. Zumindest hätte die Funktion eines besonderen Antrages bei einer rein zivilrechtlichen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Zulassungsstelle und „Antragstellern“ nachvollziehbar dargelegt werden müssen. Daran fehlt es, wie ausgeführt, vollständig.

100 101

I. d. F. des AFRG vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594. Vgl. nur BSG SozR 4-4300 § 86 SGB III, Rdnr. 8 u. 10.

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(4) Ergebnis Als Ergebnis bleibt insoweit festzuhalten, dass das Erfordernis eines besonderen, „unabhängigen“ Antrages i. S. d. §§ 7, 9 AZWV für eine rein zivilrechtliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ gänzlich überflüssig und sinnlos ist. Es fragt sich angesichts dieses Befundes in der Tat, „ob der Gesetzgeber“ (bzw. der Verordnungsgeber) „eine Vorstellung davon hatte, welchen Rechtscharakter die „Zulassung“ durch die fachkundige Stelle haben soll“.102 Wenn der Verordnungsgeber ein rein zivilrechtliches Zertifizierungsverfahren schaffen wollte bzw. möchte, müsste das Antragserfordernis der §§ 7, 9 AZWV de lege ferenda schon aus Gründen hinreichender Klarheit dahingehend überarbeitet und vor allem begründet werden, welche Bedeutung der „Antrag“ dann haben soll. Die bisherige Begründung für das Antragserfordernis überzeugt aus den genannten Gründen nicht, sondern verkennt offenbar Bedeutung und Inhalt eines Antrages im öffentlichen Recht einerseits und im Zivilrecht andererseits. Bei rein zivilrechtlicher Ausgestaltung sollte auf die Begriffe „Antrag“ und „Antragsteller“ völlig verzichtet werden. Im Rahmen des Beleihungsmodells bedürfte es dagegen keiner Korrektur, weil sich, wie sogleich dargelegt wird – nur – hier die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens „auf Antrag“ und der parallele Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages verbinden lassen. ee) Zulassung und Zertifizierung als Verwaltungsakt „im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“ zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“? Zu untersuchen ist, ob der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ eine andere Beurteilung rechtfertigt, also einer Einordnung der Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates als Verwaltungsakt entgegensteht. Weder die §§ 77 ff. SGB III noch die AZWV sehen nach ihrem Wortlaut den Abschluss eines – zumal privatrechtlichen – Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ vor. Lediglich nach der Begründung zur AZWV erfolgt die Zulassung der Bildungsträger „durch einen Zertifizierer ihrer Wahl und im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“.103 Zudem sehen die §§ 2 Nr. 7 u. 11 Abs. 3 AZWV, wie ausgeführt, 102 103

Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6. Vgl. S. 2 Begr. AZWV.

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vor, dass die Zertifizierungsstellen die Möglichkeit haben müssen, unter den dort genannten Voraussetzungen die Zulassung wieder zu entziehen. Entsprechend verlangt der Verordnungsgeber in der Begründung, die Zertifizierungsstelle müsse durch entsprechende vertragliche Regelungen „in der Lage“ sein, eine erteilte Zulassung wieder zu entziehen.104 Würde die Zulassung ausschließlich im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses durch Verwaltungsakt erfolgen, wäre nicht nachvollziehbar, wozu es solcher Regelungen bedürfte. Dann wären vielmehr die allgemeinen Regelungen der §§ 45, 47 SGB X einschlägig. Sofern ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ abzuschließen ist, ist dagegen eine solche Vorgabe durchaus sachgerecht. Der offenbar vom Verordnungsgeber gewollte Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ spricht, wie auch Vertreter der überwiegenden Auffassung, die eine Tätigkeit der Zertifizierungsstellen als Beliehene annehmen, einräumen – zumindest auf den ersten Blick – gegen eine Beleihung bzw. gegen eine Zulassung durch Verwaltungsakt.105 In der Literatur wird allerdings, wie sogleich auszuführen ist, die Ansicht vertreten, es handele sich bei diesen Verträgen nicht um privatrechtliche, sondern um öffentlich-rechtliche Verträge, die zudem nichtig seien. Wäre dies zutreffend, würden sich Zulassung und Abschluss eines Vertrages betreffend das Zulassungsverfahren tatsächlich ausschließen. Dies hätte für die Praxis, die privatrechtliche Zertifizierungsverträge über die Zertifizierung nach der AZWV abschließt,106 weitreichende und schwerwiegende Folgen: Sämtliche Verträge könnten nichtig sein! Wegen der einschneidenden Rechtsfolgen nichtiger Verträge für alle Beteiligten, u. a. „Rückabwicklung“ nach Bereicherungsrecht gemäß §§ 812 ff. BGB, ist diese für die Praxis der Zertifizierung äußerst wichtige Frage nachfolgend zu klären. Es ist zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen tatsächlich öffentlich-rechtliche Austauschverträge geschlossen werden und welche Rechtsfolgen dies hätte. Ferner ist zu klären, ob nicht doch – und wenn ja, unter welchen Bedingungen – privatrechtliche Verträge über die Zertifizierung nach der AZWV möglich sind.

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Vgl. S. 6 Begr. AZWV. Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 14, 17 u. § 87, Rdnr. 23, 26. 106 Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274. 105

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(1) Nichtiger öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag? In der Literatur wird argumentiert, die Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und „Antragstellern“ über die Zertifizierung nach §§ 7 ff. AZWV seien „in Wahrheit (subordinationsrechtliche) Austauschverträge i. S. von § 55 SGB X (Erlass eines Verwaltungsakts gegen Honorar), die allerdings gemäß § 58 SGB X nichtig“ seien.107 Es liege ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes vor. Zudem komme ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot des § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X in Betracht.108 Die Problematik wird daran deutlich, dass der „Antragsteller“ bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Zulassung hat. Für gebundene Entscheidungen schränkt die Regelung des § 55 Abs. 2 SGB X die Möglichkeiten für den Abschluss wirksamer öffentlich-rechtlicher Austauschverträge (also Verträgen, in denen sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet) stark ein: Besteht auf die Leistung der Behörde ein Anspruch, kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 32 SGB X sein könnte. Nach § 32 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung aber nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Gegenleistung des „Antragstellers“ wäre die Zahlung eines Honorars bzw. eines Entgeltes für die Zulassung. Da weder die §§ 77 ff. SGB III noch die AZWV hierzu Regelungen enthalten, wären die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 SGB X nicht erfüllt. Auch die weiteren möglichen Nebenbestimmungen nach § 32 Abs. 2 SGB X betreffen nicht die Verpflichtung zur Zahlung. Damit würde genau das erfolgen, was durch das sog. Koppelungsverbot verhindert werden soll: Der „Verkauf“ eines Verwaltungsaktes.109 Da die Zulassung nach §§ 7 ff. AZWV also ein Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X ist, wären Verträge, in denen sich die „Antragsteller“ zur Zahlung eines Honorars, Entgelts o. ä. für die Zulassung verpflichten, nach §§ 55 Abs. 2, 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X nichtig, weil sich die Zertifizierungs107 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 14 a u. § 87, Rdnr. 26 a. 108 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 26 a. 109 Vgl. hierzu BVerwGE 111, S. 162 ff., 169; Hk-VerwR/Fehling, § 56 VwVfG, Rdnr. 37.

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stellen als Behörden eine nach § 55 Abs. 2 SGB X unzulässige Gegenleistung für den Erlass der Verwaltungsakte versprechen ließen. Nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ist der gesamte Vertrag nichtig. Es besteht also keine Möglichkeit, nur eine Teilnichtigkeit bzw. eine Nichtigkeit einzelner Vertragsbestimmungen analog § 139 BGB anzunehmen. (2) Gebührenerhebung durch Zertifizierungsstellen oder Kostenerstattungsanspruch aus öffentlich-rechtlichem Auftragsverhältnis? Mit der Frage, ob und auf welche Weise die Zertifizierungsstellen als Beliehene eine finanzielle Gegenleistung für ihre Tätigkeit fordern dürfen und wie diese Gegenleistung wirksam geregelt werden kann, ist das Problem verbunden, ob die Zertifizierungsstellen als Beliehene Gebühren für die Prüfung des Antrages bzw. der Zulassungsvoraussetzungen und für die Zulassung selbst erheben dürfen. Bestünde diese Möglichkeit, wäre die Notwendigkeit vertraglicher „Entgeltvereinbarungen“ nicht gegeben und könnte auf diese Weise die Nichtigkeit der betreffenden Verträge vermieden werden. Die Literatur lehnt eine Befugnis der Zertifizierungsstellen zur Erhebung von Gebühren für ihre Tätigkeit einhellig und grundsätzlich ab, da hierzu weder in den §§ 77 ff. AZWV noch in der AZWV eine Regelung enthalten ist.110 Vielmehr wird als „Kostenschuldner“ die BA angesehen, da die Förderung der beruflichen Weiterbildung zu ihrem Aufgabenkreis gehöre. Damit obliege es ihr auch, die Leistungsvoraussetzungen zu prüfen. Prüfe ein anderer an ihrer Stelle, nehme er diese Aufgaben teilweise wahr, so dass ein öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis nach §§ 97, 91 SGB X entstehe, aus dem sich für die Zertifizierungsstellen ein Anspruch auf Kostenersatz ergebe.111 Aus der Regelung des § 13 AZWV zu „Gebühren“ ist zu ersehen, dass der Verordnungsgeber die Befugnis zur Erhebung von Gebühren ausschließlich für das Anerkennungsverfahren vorgesehen hat. Nach der Begründung zur AZWV entstehen den Bildungsträgern „Kosten für die Inanspruchnahme von fachkundigen Stellen. Auch diese Kosten sind abhängig vom jeweiligen Umfang der Inanspruchnahme, den erforderlichen Prüfungen und dem hierfür zwischen Bildungsträger und fachkundiger Stelle vereinbarten Entgelt. 110 Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6; ders. in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 n; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 26; vgl. auch Hänlein, Skript, S. 26 u. 30. 111 Vgl. Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6.

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Bildungsträger haben die Möglichkeit, sich am Markt für eine zugelassene fachkundige Stelle ihrer Wahl zu entscheiden und diese Wahl unter Qualitäts- und Kostengesichtspunkten zu treffen“.112 Der Verordnungsgeber hat also bewusst die Vereinbarung eines zivilrechtlichen Honorars für die Prüfungsleistungen der Zertifizierungsstellen vorgesehen, um Wettbewerb und Marktgeschehen zu schaffen und zu fördern. Eine rechtmäßige Möglichkeit, dass die Zertifizierungsstellen als Beliehene auch ohne gesetzliche Regelung Gebühren für ihre hoheitliche Tätigkeit erheben dürften, besteht nicht: Eine Gebührenerhebung ist auch für Beliehene nur dann zulässig, wenn ihnen hierfür durch Gesetz oder Rechtsverordnung die entsprechende Befugnis eingeräumt wurde.113 „Soll bzw. kann die Aufgabenerfüllung nicht gebührenpflichtig sein, so ist der Beliehene auf die Geltendmachung von Ansprüchen im Verhältnis zu den verantwortlichen staatlichen Stellen angewiesen. Fehlen spezielle Bestimmungen oder ausdrückliche Vereinbarungen, so kommen Ansprüche auf der Grundlage eines „öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses“ in Betracht“.114 Insbesondere wird es weit überwiegend als unzulässig erachtet, dass Beliehene für ihre öffentlich-rechtlichen Verwaltungsleistungen privatrechtliche Entgelte in Rechnung stellen.115 Es sei sogar ein gewohnheitsrechtlicher Grundsatz, dass der Bürger für öffentlichrechtliches Handeln der Verwaltung einen öffentlich-rechtlichen „Preis“ schulde – die „Gebühr“.116 Dies entspricht der oben dargestellten Ansicht in der sozialrechtlichen Literatur zur Frage der Gebührenerhebung durch die Zertifizierungsstellen nach der AZWV. Aus dem Fehlen einer Gebührenregelung und dem Hinweis des Verordnungsgebers auf ein zu vereinbarendes Entgelt kann aber nicht zwingend auf das Fehlen einer Beleihung und auf eine rein privatrechtliche Tätigkeit geschlossen werden.117 112

Vgl. S. 18 Begr. AZWV, Hervorh. d. Verf. Einhellige Auffassung, vgl. nur: von Heimburg, S. 116; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 34; Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 25; Freitag, S. 205 u. S. 207: „. . . fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung, können Beliehene die Kosten ihrer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit nicht bei ihnen (den Aufgabenbegünstigten bzw. -betroffenen) geltend machen, weil der Staat dies ohne gesetzliche Grundlage auch nicht könnte“. 114 Vgl. Burgi, Der Beliehene, S. 588; ders. in. Erichsen/Ehlers, § 9, Rdnr. 25; Freitag, S. 217 ff. 115 Vgl. nur Peine, DöV 1997, S. 353 ff., 362; anders offenbar Freitag, S. 213, der dies bei einer entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts für zulässig erachtet. 116 Vgl. Peine, DöV 1997, S. 353 ff., 362 f. 117 Vgl. aber Hänlein, Skript, S. 26. 113

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Das Recht zur Gebührenerhebung ist für den Status als Beliehener keine zwingende Voraussetzung.118 Die Gebührenfinanzierung ist kein Element des Beleihungstatbestandes. Vielmehr „verhält sich der Beleihungsbegriff neutral zur finanziellen Situation“.119 Das fehlende Recht zur Gebührenerhebung besagt also nichts über die Zulässigkeit einer Beleihung der Zertifizierungsstellen. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV sind mangels entsprechender Rechtsgrundlage im SGB III bzw. in der AZWV nicht befugt, für ihre Tätigkeit Gebühren120 zu erheben. Einer Einordnung als Beliehene steht der Umstand, dass kein Recht zur Gebührenerhebung besteht, nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, wie sogleich zu zeigen sein wird, welches die Tätigkeit ist, für die Zertifizierungsstellen auch als Beliehene ein – privatrechtliches – Entgelt vereinbaren dürfen. (3) Vereinbarkeit der Tätigkeit als Beliehener mit dem gleichzeitigen Abschluss privatrechtlicher Verträge Zu prüfen ist, ob die oben genannten Rechtsfolgen der Nichtigkeit der Verträge über Zulassungen bzw. Zertifizierungen nach den §§ 7 ff. AZWV, des Verbotes der Gebührenerhebung und des Bestehens eines öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruchs der Zertifizierungsstellen für ihre Tätigkeit gegenüber der BA zwingend sind oder ob und gegebenenfalls wie sich die vom Verordnungsgeber gewollte Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstellen und „Antragstellern“ – und insbesondere der Vereinbarung eines Entgelts – wirksam im Rahmen privatrechtlicher Verträge vornehmen lässt. Der Erlass von Verwaltungsakten durch Beliehene und die gleichzeitige Regelung von Rechtsbeziehungen zwischen dem Beliehenen und den Adressaten der Verwaltungsakte durch privatrechtliche Verträge ist grundsätzlich möglich. Entsprechend sind die Rechtsverhältnisse zwischen Beliehenen und Dritten nur öffentlich-rechtlich, soweit sie auf einem öffentlichrechtlichen Rechtssatz beruhen bzw. soweit die Beliehenen gegenüber Dritten von ihren übertragenen speziellen Befugnissen Gebrauch machen, im 118 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 109 f.; Wolff/Bachof/ Stober, § 90, Rdnr. 52. 119 Vgl. Burgi, Der Beliehene, S. 587. 120 Im Sinne einer Verwaltungsgebühr, also finanziellen Gegenleistung bzw. eines Entgeltes für die Vornahme einer öffentlich-rechtlichen Amtshandlung, die auf Veranlassung oder im Interesse des Gebührenpflichtigen vorgenommen wird, vgl. hierzu nur: Hk-VerwR/Kastner, § 8 VwVfG, Rdnr. 5.

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Übrigen dagegen privatrechtlich.121 Hierzu ist insbesondere auf die Rechtslage bei der Tätigkeit der amtlich anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen sowie der anerkannten Überwachungsorganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO sowie bei der Tätigkeit dieser Beliehenen und der anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten im Rahmen der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO zu verweisen: Wie oben eingehend dargelegt, schließen die Fahrzeughalter mit einer Überwachungsorganisation einen privatrechtlichen Vertrag über die Durchführung der Untersuchung bzw. Prüfung des Kraftfahrzeuges durch einen anerkannten Sachverständigen, der bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Prüfplakette erteilt und am Fahrzeugkennzeichen anbringt. Der privatrechtliche Vertrag betrifft aber nicht die Vergabe der Prüfplakette, also die hoheitliche Tätigkeit des Sachverständigen bzw. den Erlass des Verwaltungsaktes. Vielmehr werden vertraglich nur die nicht-hoheitlichen Rechtsbeziehungen zwischen den anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen, Überwachungsorganisationen oder Werkstätten einerseits und den Auftraggebern (Fahrzeughaltern) andererseits geregelt, vor allem hinsichtlich des zu zahlenden Entgeltes und der Haftung für etwaige Pflichtverletzungen. Die Höhe der Vergütung ist, wie dargelegt, nicht exakt gesetzlich geregelt. Vielmehr bestimmt, wie ausgeführt, z. B. die Regelung für die anerkannten Überwachungsorganisationen gemäß Ziffer 6.2 der Anlage VIII b zur StVZO lediglich, dass die vom Fahrzeughalter zu entrichtenden „Entgelte“ für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO von der anerkannten Überwachungsorganisation „in eigener Verantwortung für den Bereich der jeweils örtlich zuständigen technischen Prüfstelle . . . einheitlich festzulegen“ sind. Ferner sind sie der zuständigen Aufsichtsbehörde rechtzeitig vor ihrer Einführung mitzuteilen. Die Entgelte für ihre Untersuchungs- und Prüfungsleistung legen diese in eigener Verantwortung fest und machen sie über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zum Gegenstand des abzuschließenden Vertrages. Die Vorgabe eines „Gebührenrahmens“ ändert, wie ausgeführt, daran nichts. Es besteht also hinsichtlich der Preisgestaltung grundsätzlich ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den anerkannten Sachverständigen, den anerkannten Überwachungsorganisationen und den anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten. Das „Entgelt“ ist demnach für die Untersuchung bzw. Überprüfung des Fahrzeuges zu zahlen, nicht aber für den Erlass des Verwaltungsaktes. 121 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 52; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 34.

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Die Fahrzeughalter haben als Auftraggeber – wie die „Antragsteller“ nach der AZWV – zudem die freie Wahl, an welche anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen, Überwachungsorganisationen oder Werkstätten sie sich wenden. Diese Kombination von öffentlich-rechtlicher Tätigkeit der Beliehenen mit dem gleichzeitigen Abschluss privatrechtlicher Verträge ist auch in der Rechtsprechung, wie bereits dargelegt, einhellig anerkannt: Raum für privatrechtliche Rechtsbeziehungen und Regelungen gibt es danach z. B. im Hinblick auf die Beachtung von Verkehrssicherungspflichten für den Aufenthalt des Fahrzeugführers bzw. -halters auf dem Prüfgelände.122 Ebenso steht nach Auffassung der Rechtsprechung die Möglichkeit der „freien“ Kalkulation der Entgelte z. B. für die Untersuchung nach § 47 a StVZO durch die Sachverständigen einer Einordnung als Hoheitsträger bzw. Beliehene nicht entgegen.123 Dies gilt auch für den Bereich der Durchführung der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO, wie der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung bekräftigt hat: Es ist „daher nicht selten so, dass die Stelle, die für die hoheitliche Nachprüfung zuständig ist, ihrem „Auftraggeber“ gegenüber auch werkvertragliche Erfüllungs- und Gewährleistungspflichten hat“.124 Der gleiche Befund ergibt sich bei dem anderen oben erläuterten Beispiel der Tätigkeit Beliehener – bei der Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem Signaturgesetz: Die Prüf- und Bestätigungsstellen werden, wie bereits ausgeführt, von Herstellern, Importeuren, Vertreibern oder von Zertifizierungsstellen ausgesucht und im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages mit der Erstattung eines Gutachtens bzw. mit der Durchführung der Prüfung und Erteilung der Bestätigung bei Vorliegen der Voraussetzungen beauftragt. Die Ausstellung der Bestätigung ist aber hoheitliches Handeln, die Prüf- und Bestätigungsstellen werden hier als Beliehene tätig.125 Ungeachtet der privatrechtlichen Grundlage des Gutachtervertrages ist die Erteilung der Prüfungsbescheinigung durch die Prüf- und Bestätigungsstelle somit integraler Bestandteil des Genehmigungsverfahrens durch die Regulierungsbehörde und daher hoheitliches Handeln. Die Bestätigung oder deren Versagung ist mithin ein Verwaltungsakt.126 Die Literatur verweist insoweit, 122

Vgl. OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 2629 f., 2629. Vgl. OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f., 1219. 124 Vgl. BGH NVwZ 2002, S. 375 ff., 376. 125 Vgl. Roßnagel, MMR 1999, S. 342 ff., 343 f.; ders. in: Roßnagel (Hrsg.): Recht der Multimediadienste, § 4 SigG, Rdnr. 98 u. Roßnagel/Pordesch, § 14 SigG, Rdnr. 157, 158. 126 Roßnagel, MMR 1999, S. 344; Roßnagel/Pordesch, § 14 SigG, Rdnr. 159. 123

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wie dargelegt, ausdrücklich auf die Tätigkeit der anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen im Rahmen der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO.127 Eine von der Vereinbarkeit der Tätigkeit als Beliehener bei gleichzeitigem Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages streng zu unterscheidende Frage ist allerdings, ob diese Kombination aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen wirklich sinnvoll ist und im Vergleich zu der bisherigen Gestaltung tatsächlich nennenswerte Vorteile bietet. Hierauf wird unten noch gesondert eingegangen.

4. Kritikpunkt: Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil Dem hier vertretenen Modell einer Kombination aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen kann entgegen gehalten werden, es trenne einen einheitlichen Lebenssachverhalt in zwei unterschiedliche Rechtssphären und kompliziere damit etwa die Frage des Rechtsschutzes. Eine solche Kritik würde allerdings verkennen, dass der Gesetz- und – mehr noch – der Verordnungsgeber durch unklare Regelungen und vor allem durch die Intention, den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrag zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ zu verlangen, keine vollkommen widerspruchsfreie und systematische Lösung zugelassen haben. Im Vergleich zu den anderen hier dargestellten Zulassungsverfahren, bei denen das maßgebliche Kriterium für die Einordnung als hoheitliche Tätigkeit durch Beliehene die Frage einer eigenen, abschließenden Entscheidung der „Zulassungsstelle“ mit unmittelbarer Rechtswirkung gegenüber Dritten ist, lässt sich eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen nicht tragfähig begründen. Hinzu kommt der Umstand, dass die „Zulassung“ bisher unstreitig öffentlich-rechtlich durch Verwaltungsakt erfolgte. Wenn also der Gesetz- und der Verordnungsgeber einen grundlegenden „Systemwechsel“ in ein rein privatrechtliches Zulassungsverfahren wollte, hätte er dies entsprechend klar und nachvollziehbar regeln müssen. Im Übrigen gibt es auch in anderen Bereichen die Kombination von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen – die sog. Zwei-StufenTheorie:128 127 Roßnagel, Recht der Mulitmediadienste, § 4 SigG, Rdnr. 98, FN 3 u. Rdnr. 99, FN 5 u. Roßnagel/Pordesch, § 14 SigG, Rdnr. 157, FN 4; Roßnagel, MMR 1999, S. 342 ff., 343, insbes. FN 10, S. 344. 128 Vgl. hierzu statt vieler: Hk-VerwR/Unruh, § 40 VwGO, Rdnr. 120 ff.

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Besteht z. B. ein öffentlich-rechtlich begründeter Zulassungsanspruch zu Einrichtungen der Gemeinden, ist die Frage, ob eine Zulassung erteilt wird, öffentlich-rechtlich zu beurteilen, während die Abwicklung bzw. konkrete Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses („wie“) privatrechtlich geregelt sein kann.129 Ein weiterer Anwendungsfall ist das Subventionsrecht: Dort ist die Entscheidung über die Vergabe der Subvention nach überwiegender Ansicht öffentlich-rechtlich, während die nähere Ausgestaltung z. B. durch privatrechtlichen Darlehensvertrag erfolgen kann.130 Schließlich ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung die Zwei-Stufen-Theorie wiederholt zur Anwendung gelangt.131 Zwar wird auch gegenüber der Zwei-Stufen-Theorie in den genannten Anwendungsfällen kritisch eingewandt, sie trenne ein einheitliches Lebensverhältnis in zwei Rechtsverhältnisse und weise diese verschiedenen Rechtsbereichen und damit verschiedenen Rechtswegen zu.132 Wie ausgeführt, ist dies aber im vorliegend zu beurteilenden Fall eine Folge der Entscheidungen des Verordnungsgebers. Die Kritik ist damit gegen die nicht hinreichend klaren Vorgaben und Regelungen des Verordnungsgebers zu richten. Schließlich würde das für die Rechtspraxis wohl bedeutsamste Argument einer Komplizierung des Rechtsschutzes durch „Aufspaltung“ in einen privatrechtlichen und einen öffentlich-rechtlichen Teil vorliegend dann nicht durchgreifen, wenn und soweit auch über Streitigkeiten aus den abzuschließenden Zertifizierungsverträgen von den Sozialgerichten zu entscheiden wäre. Diese Frage wird unten noch näher geprüft. Hier mag der Hinweis genügen, dass selbst die Ansicht, wonach eine rein privatrechtliche Zertifizierung nach den Regelungen nach der AZWV erfolgt, annimmt, Streitigkeiten zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ aus dem privatrechtlichen Vertrag seien von den Sozialgerichten zu entscheiden.133 Der 129 Vgl. hierzu m. w. Nachw. Maurer, § 3, Rdnr. 26, der aber im Zweifel für eine rein öffentlich-rechtliche Gestaltung der Zulassung eintritt, vgl. a. a. O.; Hk-VerwR/ Unruh, § 40 VwGO, Rdnr. 123 m. w. Nachw. 130 Vgl. Maurer, § 17, Rdnr. 12 m. w. Nachw., der selbst aber eine einheitlich öffentlich-rechtliche Lösung durch Verwaltungsakt mit Auflagen und Bedingungen vorzieht, vgl. § 17, Rdnr. 26; Hk-VerwR/Unruh, § 40 VwGO, Rdnr. 121 m. w. Nachw. u. unter Hinweis auf das Beispiel der Regelung des § 102 Abs. 2 WoBauG. 131 Vgl. etwa BSG Breithaupt 68 (1979), S. 750 ff., 752 f. („Pendlerdarlehen“ nach § 220 Abs. 1 AFG a. F.); BSGE 38, S. 40 ff., 41 f. (Entziehung der Zulassung als Knappschaftsarzt); 21, S. 104 ff., 108 ff. (Antrag eines Arztes auf Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung). 132 Vgl. Maurer, § 17, Rdnr. 15. 133 Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274, wonach die Zuständigkeit der Sozialgerichte aus einer Analogie zu § 51 Abs. 2 SGG abgeleitet werden könne.

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Zivilrechtsweg wäre dann, wie unten im Einzelnen dargelegt wird, nur für die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegen die beliehenen Zertifizierungsstellen eröffnet. Die Schwierigkeiten durch Aufspaltung des Rechtsschutzes in dieser Form dürften in der Praxis allerdings überschaubar sein: Amtshaftungsansprüche kommen nur dann in Betracht, wenn die Zertifizierungsstelle dem „Antragsteller“ die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates rechtswidrig und schuldhaft versagt (oder eine bereits erteilte Zulassung „entzogen“, also rechtswidrig widerrufen oder zurückgenommen) hat. Vor Geltendmachung der Amtshaftungsansprüche hat der Betroffene „Antragsteller“ aber nach § 839 BGB zunächst einmal sämtliche gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Ablehnung der Zulassung bzw. der Zertifikatserteilung auszuschöpfen. Da die zentrale Frage, ob eine Zulassung zu erteilen war, vorab von den Sozialgerichten zu entscheiden wäre, dürfte die Frage des Vorliegens eine Amtspflichtverletzung und eines zu leistenden Schadensersatzes für die insoweit zuständige Zivilgerichtsbarkeit dann ohne besondere Schwierigkeiten zu beantworten sein.

5. Ergebnis Die Tätigkeit als Beliehener ist mit dem gleichzeitigen Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages, der Regelungen über Haftungsfragen und Entgelte bzw. Honorare enthalten kann, vereinbar – wenn Gegenstand des Vertrages nicht die Verpflichtung zur Erteilung eines Verwaltungsaktes gegen „Entgelt“ oder „Honorar“ ist. Die finanzielle Gegenleistung des Vertragspartners des Beliehenen in einem abzuschließenden privatrechtlichen Vertrag darf sich also – zur Vermeidung der Nichtigkeit des gesamten Vertrages – gerade nicht auf die Erteilung eines Verwaltungsaktes, sondern nur auf die den Erlass des Verwaltungsaktes vorbereitende Untersuchungs- bzw. Prüfungsleistung beziehen. Entsprechend gilt für das Verhältnis zwischen den Zertifizierungsstellen und den „Antragstellern“ nach der AZWV: Gegenstand der Zertifizierungsverträge darf, soll der Vertrag wirksam sein, nicht die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates nach § 10 AZWV, zumal gegen „Honorar“ oder „Entgelt“ sein. Die finanzielle Gegenleistung der „Antragsteller“ darf ausschließlich für die zivilrechtliche Prüf- und Untersuchungstätigkeit der Zertifizierungsstellen, also für den Erlass des Verwaltungsaktes vorbereitende Tätigkeit, vereinbart werden, nicht aber für die öffentlich-rechtliche Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates selbst. Eine Gebührenerhebung für diese letztgenannte Tätigkeit kommt, wie dargelegt, mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht.

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Die Folgen dieses Ergebnisses für die bisherige Vertragspraxis und die insoweit vorzunehmende Vertragsgestaltung werden an anderer Stelle noch eingehend erläutert.

6. Die „Entziehung“ der Zulassung Einer Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates durch Verwaltungsakt einer beliehenen Zertifizierungsstelle könnte die Regelung in § 2 Nr. 7 AZWV entgegenstehen, nach der die Zertifizierungsstelle die „Möglichkeit“ haben muss, bei erheblichen Verstößen gegen die AZWV eine Zulassung wieder „zu entziehen“. § 11 Abs. 3 AZWV regelt, wie ausgeführt, besondere Fälle der Entziehung der Zulassung. Wenn die Erteilung der Zulassung ein Verwaltungsakt ist, müsste für das Gegenteil ebenfalls die öffentlich-rechtliche Handlungsform, also ein Widerruf oder eine Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes nach §§ 45 ff. SGB X i. V. m. § 330 SGB III, gelten.134 Der Verordnungsgeber hat zur Begründung der Regelung des § 2 Nr. 7 AZWV darauf verwiesen, es müsse „gewährleistet sein, dass im Falle festgestellter Mängel bei einem Bildungsträger die Zertifizierungsstelle in der Lage ist, die bereits erteilte Zulassung wieder zu entziehen“.135 Handelte es sich bei der Erteilung der Zulassung um einen Verwaltungsakt, wäre diese Regelung angesichts der §§ 45 ff. SGB X überflüssig. Der Verordnungsgeber verweist statt dessen auf „entsprechende vertragliche Regelungen“, die in den Verträgen der Zertifizierungsstelle mit den Antragstellern vorzusehen seien. „Die Verträge müssen auch das Verfahren, das bei einem solchen Entzug der Zulassung einzuhalten ist, regeln“.136 Nach der hier vertretenen Ansicht dürfen die betreffenden Verträge solche Regelungen gerade nicht enthalten, da ansonsten der gesamte Vertrag nichtig wäre. Es ist deshalb zu prüfen, ob die Auffassung, wonach Erteilung (und Entziehung) der Zulassung durch Verwaltungsakt erfolgen, mit der Regelung des § 2 Nr. 7 AZWV vereinbar ist. Die erforderliche „Möglichkeit“ zur „Entziehung“ der Zulassung i. S. d. § 2 Nr. 7 AZWV bei erheblichen Verstößen gegen die AZWV hat die Zerti134

Vgl. Niewald in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 m; ders. in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 6, hier allerdings mit dem nicht näher begründeten Hinweis, es könne (insoweit) keinen Unterschied machen, ob die BA oder ein privates Rechtssubjekt als fachkundige Stelle tätig werde; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15 u. 17; Olk in: Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 86, Rdnr. 12. 135 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 136 Vgl. S. 6 Begr. AZWV.

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fizierungsstelle nach der hier vertretenen Ansicht bereits nach den §§ 45 ff. SGB X. Da der Verordnungsgeber eine vertragliche Regelung dieser Frage nicht vorgeschrieben, sondern nur in der Begründung zur AZWV erwähnt hat, steht dies einer Auslegung nicht zwingend entgegen, nach der die §§ 45 ff. SGB X anwendbar sind. § 2 Nr. 7 AZWV ist dann ein überflüssiger, aber eben auch unschädlicher Hinweis an die Zertifizierungsstellen, dass sie erteilte Zulassungen bei Fehlen oder Wegfall der Zulassungsvoraussetzungen entziehen müssen. Zwar erwähnt § 2 Nr. 7 AZWV nur eine „Möglichkeit“ der Entziehung bei „erheblichen“ Verstößen gegen die AZWV. Die Regelung des § 11 Abs. 3 AZWV stellt aber klar, dass damit nicht etwa ein Ermessen der Zertifizierungsstelle eröffnet ist. Die Zertifizierungsstellen müssen bei Fehlen (oder Wegfall137) der Zulassungsvoraussetzungen die Zulassung entziehen. Zu beachten ist allerdings, dass die spezielle Regelung in § 11 Abs. 3 AZWV im Rahmen ihres Anwendungsbereichs gemäß § 37 SGB I die Regelungen des § 48 SGB X verdrängt.138 Die „Entziehung“ der Zulassung nach § 11 Abs. 3 AZWV bzw. §§ 45 ff. SGB X durch die Zertifizierungsstellen ist schließlich von Möglichkeiten der BA nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB III zu unterscheiden, die Geltung von Bildungsgutscheinen für bestimmte Träger bei im Rahmen der Qualitätsprüfung nach § 86 Abs. 1 SGB III festgestellten Mängeln auszuschließen und die Förderungsentscheidung insoweit aufzuheben. Mit dieser Entscheidung wird nicht etwa die von der Zertifizierungsstelle erteilte Zulassung „entzogen“.139 Die BA hat nach der AZWV gerade keine Möglichkeit, von den externen Zertifizierungsstellen erteilte Zulassungen zu entziehen. Auch § 86 Abs. 4 SGB III sieht lediglich eine Mitteilungspflicht der BA gegenüber den Zertifizierungsstellen hinsichtlich der nach § 86 Abs. 1–3 SGB III „gewonnenen Erkenntnisse“ vor. Vielmehr handelt es sich um eine von der Entziehung der Zulassung zu unterscheidende, unabhängige Sanktionsmöglichkeit, die der BA gegenüber den Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung steht.140 In der Wirkung kommt sie einer Entziehung der Zulassung allerdings nahe, da ohne entsprechend gültige Bildungsgutscheine keine Förderung erfolgt.141 137 Vgl. hierzu S. 16 Begr. AZWV: „Die Zertifizierungsstellen sind verpflichtet, erteilte Zulassungen zu entziehen, wenn die Träger die von ihnen für die Zulassung zu erfüllenden Anforderungen tatsächlich nicht mehr erfüllen“. 138 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 15 u. 17. 139 Vgl. Olk in: Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 86, Rdnr. 12; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 18. 140 Vgl. Olk, a. a. O., Eicher, a. a. O. 141 Vgl. nur Olk, a. a. O.

II. Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens

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Die Entscheidung der BA ergeht gegenüber dem Träger durch Verwaltungsakt, den dieser wiederum mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifen kann.142 Ergebnis Die „Entziehung“ der Zulassung durch die Zertifizierungsstellen erfolgt nicht auf „vertraglicher“ Basis, sondern – wie die Erteilung der Zulassung – durch Verwaltungsakt. Die Spezialregelung des § 11 Abs. 3 AZWV geht in ihrem Anwendungsbereich den allgemeinen, im Übrigen anwendbaren Regelungen der §§ 45 ff. SGB X vor.

7. Zusammenfassung Die Entscheidungen der Zertifizierungsstellen über die Erteilung bzw. den Widerruf/die Rücknahme der Zulassung sind auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtete Regelungen von Einzelfällen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X, also Verwaltungsakte, die durch die Zertifizierungsstellen als Beliehene erteilt werden. Da durch die Übertragung der Befugnis, Verwaltungsakte zu erlassen, auch die Voraussetzungen der sog. Rechtsstellungstheorie erfüllt sind, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob der Aufgaben-, der Rechtsstellungs- oder einer Kombinationstheorie, die die Kriterien beider Theorien vereinigt, zu folgen ist. Die Regelungen der §§ 31 ff. u. 45 ff. SGB X über den Erlass bzw. Widerruf und Rücknahme von Verwaltungsakten werden durch die spezielleren Regelungen der AZWV in deren Anwendungsbereich verdrängt bzw. ergänzt. Solche spezielleren Regelungen sind etwa die Regelungen über den Antrag nach § 7 AZWV, das Schriftformerfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV und die Regelung über die Befristung der Zulassung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV. Zu untersuchen ist allerdings, ob auch die weiteren Voraussetzungen einer rechtmäßigen Beleihung erfüllt sind.

8. Gesetzliche Grundlage der Beleihung und Beleihungsakt Nach einhelliger Ansicht ist eine Beleihung nur durch oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag zu142 Vgl. nur Stratmann in: Niesel (Hrsg.), § 86, Rdnr. 9; Olk, in: Wissing/ Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), § 86, Rdnr. 13.

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lässig.143 Sie unterfällt als „bedeutsame Abweichung von dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Einheit der Staatsorganisation“ dem institutionellen Gesetzesvorbehalt.144 Es genügt danach bereits die Beleihung aufgrund einer Rechtsverordnung.145 Fehlt eine gesetzliche Grundlage der Beleihung, liegt lediglich eine – rechtswidrige – sog. faktische Beleihung vor.146 Die Beleihung erfolgt, so sie nicht bereits durch Gesetz, sondern aufgrund eines Gesetzes vorgenommen wird, durch zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt147 oder öffentlich-rechtlichen Vertrag.148 Voraussetzungen für die konkrete Übertragung sind neben der fachlichen Eignung die persönliche und institutionelle Zuverlässigkeit der mit den betreffenden Verwaltungsfunktionen betrauten Personen.149 Übereinstimmend wird angenommen, dass es keiner ausdrücklichen „Beleihung“ bedarf, sondern dass sich die Beleihung vielfach erst durch Auslegung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen ergibt.150 Eine ausdrückliche gesetzliche Beleihung, etwa nach dem Vorbild des § 28 UAG, gibt es für die Zertifizierungsstellen nicht. Da die Beleihung nicht bereits durch ein Gesetz erfolgt ist, kommt nur eine Beleihung aufgrund eines Gesetzes durch einen speziellen Beleihungsakt in Frage. Als solcher Beleihungsakt kommt vorliegend die Anerkennung der Zertifizierungsstellen durch die Anerkennungsstelle der BA in Betracht.151 Die Anerkennung erfolgt auf Antrag und ist unstreitig ein zustimmungsbedürftiger Verwaltungsakt. Sie setzt, wie für die Beleihung typisch, fachliche Eignung und persönliche sowie wirtschaftliche Zuverlässigkeit der 143 Vgl. nur: BVerfG NJW 1987, S. 2501 f., 2502; BVerwGE 98, S. 280 ff., 298; BVerwG DVBl. 1970, S. 735 f., 736; BremStGH NVwZ 2003, S. 81 ff., 82; HkVerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32; Kopp/Ramsauer, § 1, Rdnr. 58; Stuible-Treder, S. 85 ff.; Burgi, Der Beliehene, S. 588; Knack/Meyer, § 1, Rdnr. 20; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 44. 144 Vgl. BremStGH, a. a. O., S. 82; Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 27; Wolfers/Kaufmann, DVBl. 2002, S. 507 ff., 509; Knack/Meyer, § 1, Rdnr. 20; Stelkens/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), § 1, Rdnr. 232; Stober, § 40 I, S. 356. 145 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 44. 146 Vgl. nur Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32. 147 Bzw. durch Verwaltungsakt auf Antrag des Betroffenen, vgl. Stuible-Treder, S. 88; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32. 148 Vgl. Stuible-Treder, S. 87; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32. 149 Vgl. Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32 m. w. Nachw.; Stuible-Treder, S. 87 f. 150 Vgl. Ziekow, § 1, Rdnr. 34; Burgi, Der Beliehene, S. 589; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32. 151 Vgl. Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 23.

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Zertifizierungsstellen bzw. der für sie handelnden Personen voraus. Erst mit der Anerkennung erhält die Zertifizierungsstelle die Befugnis, die speziellen Aufgaben einer Zulassung nach den §§ 7 ff. AZWV auszuüben. Nach erfolgter Anerkennung übt die Zertifizierungsstelle, wie ausgeführt, die Aufgaben der Zulassung von Trägern und von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung umfassend und abschließend aus. Sie entscheidet endgültig und mit unmittelbarer Rechtswirkung gegenüber den „Antragstellern“. Damit wird den Zertifizierungsstellen mit der Anerkennung die Ausübung der hoheitlichen Befugnisse, die bisher von der BA selbst wahrgenommen wurden, übertragen. Ergebnis Somit ist die Anerkennung der Zertifizierungsstellen der Beleihungsakt. Gesetzliche Grundlage der Beleihung ist § 87 SGB III i. V. m. mit den Regelungen über die Anerkennung nach §§ 2 ff. AZWV.

9. Notwendigkeit der Staatsaufsicht Beleihung ohne Aufsichtsrechte (und Aufsichtspflichten) des Staates über den Beliehenen ist nicht möglich. Das Erfordernis der Staatsaufsicht gründet sich auf die Notwendigkeit der demokratischen Legitimation des Verwaltungshandelns des Beliehenen, für das eine Steuerung und Kontrolle durch die Exekutive gegeben sein muss.152 Hinzu kommt der Aspekt der Sicherung bzw. Gewährleistung der ordnungsgemäßen Durchführung der dem Beliehenen übertragenen staatlichen Aufgaben.153 Da die Beliehenen Teil der mittelbaren Staatsverwaltung sind, müssen sie aus den gleichen Gründen zumindest einer Rechtsaufsicht unterliegen.154 Für den Regelfall wird – wegen des Erfordernisses demokratischer Legitimation – auch eine Fachaufsicht für erforderlich gehalten.155 152 Vgl. BremStGH, a. a. O., S. 83; Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 29; Britz, VerwArch 91 (2000), S. 418 ff., 423 f. 153 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 281 u. 283; Hk-VerwR/ Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 46; vgl. auch Gunnar Folke Schuppert: Staatsaufsicht im Wandel, DöV 1998, S. 831 ff., 835, der als Entsprechung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung die Wahrnehmung einer „Gewährleistungsaufsicht“ durch den Staat fordert. 154 Vgl. Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33; Ehlers in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 1, Rdnr. 16; Stuible-Treder, S. 106; Britz, VerwArch 91 (2000), S. 418 ff., 433 f. 155 Vgl. Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 29; ders.: Der Beliehene, S. 592; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33; Steiner, JuS 1969, S. 69 ff., 72;

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Die Staatsaufsicht bedarf bei Beliehenen keiner besonderen oder gar ausdrücklichen Legitimation156 oder Institutionalisierung.157 Entsprechend bedarf auch das mit der Staatsaufsicht einhergehende Weisungsrecht keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung.158 a) Nur Rechts- oder auch Fachaufsicht über Beliehene? Wie ausgeführt, wird als Regelfall eine Fachaufsicht angenommen. Dies schließt aber nach nahezu einhelliger Auffassung nicht aus, dass im Einzelfall auch eine bloße Rechtsaufsicht ausreichend ist. Dies soll dann zulässig sein, wenn eine solche Begrenzung der Aufsicht „gesetzlich gedeckt ist und besondere Gründe diese Regelung rechtfertigen“.159 Als „verfassungsrechtlicher Mindesttatbestand der staatlichen Einwirkungs- und Disziplinierungsrechte“ gegenüber den Beliehenen wird lediglich die staatliche Befugnis genannt, die Funktionsübertragung zu widerrufen, sofern eine ordnungsgemäße Erfüllung der Verwaltungskompetenz nicht mehr gewährleistet ist.160 Vereinzelt wird dagegen angenommen, eine hinreichende demokratische Legitimation der Beliehenen sei nur dann gewährleistet, wenn diese ausnahmslos einer Fachaufsicht unterlägen.161 Teilweise wird die Notwendigkeit einer Fachaufsicht auch daran geknüpft, ob und inwieweit das Handeln des Beliehenen bereits durch gesetzliche Vorgaben „gesteuert“ ist. Existieren nur in geringem Maße gesetzliche Vorgaben für die Tätigkeit der Beliehenen, sei Fachaufsicht notwendig.162 Maßstab für die Zulässigkeit der Beleihung sei insoweit, dass „die Exekutive . . . eine effektive Steuerung und Kontrolle des Handelns des beliehenen Unternehmens gewährleistet ders.: Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 283; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 46; ähnlich: von Heimburg, S. 116 f., die allerdings eine sog. Organaufsicht befürwortet, nach der eine „Kontrolle der Recht- und Pflichtmäßigkeit der Tätigkeit des Beliehenen“ stattfindet. Unklar bleibt, welchen eigenständigen Regelungsbereich die „Pflichtmäßigkeit“ gegenüber der Rechtmäßigkeit haben soll. Der Begriff „Pflichtmäßigkeit“ dürfte dem der Rechtmäßigkeit weitgehend entsprechen, kennzeichnet jedenfalls aber keine Fachaufsicht im Sinne einer Überprüfung auch der Zweckmäßigkeit. 156 Vgl. Udo Steiner: Öffentliche Verwaltung durch Private, DöV 1970, S. 526 ff., 530. 157 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 283. 158 Vgl. BremStGH a. a. O., S. 84; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 283; ders.: Öffentliche Verwaltung durch Private, DöV 1970, S. 526 ff., 530; Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 326. 159 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 283. 160 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 284. 161 Fett, S. 261 f. 162 Vgl. BremStGH a. a. O., S. 84.

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und dadurch die mit der Delegation der Aufgabenerfüllung vorgenommene Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft mit der fortbestehenden Garantenstellung und rechtsstaatlich-demokratischen Aufgabenverantwortlichkeit des Staates in Einklang bringt“.163 Dagegen wird vereinzelt selbst das Vorliegen detaillierter gesetzlicher Vorgaben, deren Einhaltung im Wege der Rechtsaufsicht zu kontrollieren wäre, nicht als hinreichend angesehen, um auf eine Fachaufsicht zu verzichten. Eine Kontrolle auch der Zweckmäßigkeit des Handelns des Beliehenen sei aufgrund des Erfordernisses demokratischer Legitimation unabdingbar. Nur dann sei eine vollständige „Anbindung an die Ministerialbürokratie“ gewährleistet.164 Eine bloße Rechtsaufsicht erlaube „dem Beliehenen stets, unter verschiedenen zweckmäßigen Entscheidungsalternativen diejenige auszuwählen, die er selbst für richtig hält“. Einfluss darauf, welche der Alternativen der Beliehene wähle, könne im Wege der Rechtsaufsicht nicht genommen werden.165 Die vorstehend erläuterte Ansicht verkennt, dass es in vielen Fällen gerade der maßgebliche Sinn und Zweck einer Beleihung ist, „externen“ Sachverstand hinzuzuziehen, um zusätzliche Erkenntnisse bzw. überlegenes Fachwissen zu nutzen. Zudem vertraut der Staat vielfach Entscheidungen wertender Art weisungsfreien, mit Sachverständigen und/oder Interessenvertretern besetzten Ausschüssen an, etwa im Bereich der Indizierung jugendgefährdender Schriften.166 Wenn dort eine hinreichende demokratische Legitimation angenommen wird, ist nicht zu erkennen, warum dies bei der Tätigkeit der Beliehenen, die einer uneingeschränkten Rechtsaufsicht unterliegen, anders sein sollte. Bereits im Zusammenhang mit der Untersuchung der demokratischen Legitimation des Anerkennungsbeirates wurde zudem oben im Einzelnen dargelegt, dass eine hinreichende demokratische Legitimation auch dann gegeben sein kann, wenn keine Fachaufsicht vorgesehen ist. Wesentlich ist dies vor allem dann der Fall, wenn sich der Staat gezielt der Mitwirkung Dritter bedient, um deren besonderen Sachverstand zu nutzen. Mit diesem Ziel lässt sich eine Fachaufsicht schwerlich in Einklang bringen. Die Gesetzmäßigkeit des Handelns der Beliehenen wird durch die Rechtsaufsicht sichergestellt, was die erwähnte Literaturmeinung auch ausdrücklich einräumt: Mit der Entscheidung des Beliehenen zwischen mehreren zweckmäßigen Alternativen bewege er sich „immer noch innerhalb des öffent163

Vgl. BremStGH a. a. O., S. 84. Vgl. Fett, S. 118 u. 260 ff. 165 Vgl. Fett, S. 262. 166 Vgl. hierzu u. zu weiteren Beispielen Maurer, § 7, Rdnr. 40; Hk-VerwR/ Schwarz, § 114 VwGO, Rdnr. 64, jew. m. w. Nachw. 164

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lichen Auftrags, da die Maßnahme ansonsten rechtswidrig wäre und von der Rechtsaufsicht korrigiert werden könnte“.167 Entscheidend ist für die demokratische Legitimation vor allem, dass jederzeit die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns durch den Beliehenen sichergestellt ist. Dieser Verantwortung wird der Staat durch das Instrument der Rechtsaufsicht gerecht. Wählt der Staat, wie im Bereich der Zertifizierung nach der AZWV, aber gerade bewusst den Weg einer externen Zertifizierung, um Sachverstand „von außen“ zu nutzen und zugleich die Verwaltung zu entlasten, und gibt er ein entsprechendes „Prüfprogramm“ vor, dessen Einhaltung überprüft wird, ist nicht zu erkennen, warum hier aus Gründen der demokratischen Legitimation noch eine Fachaufsicht erforderlich sein sollte. Ob die Zertifizierungsvoraussetzungen vorliegen und damit ein Anspruch auf Erteilung der Zulassung besteht, lässt sich zudem in vollem Umfang gerichtlich überprüfen, es liegt gerade im Unterschied zu den genannten weisungsfreien Gremien kein gerichtlich nicht (voll) überprüfbarer Beurteilungsspielraum vor. Wenn aber schon solche nicht bzw. nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielräume nicht als Verstoß gegen den Grundsatz demokratischer Legitimation gesehen werden, muss dies erst recht für fachliche Entscheidungen Beliehener gelten, denen die Maßstäbe für ihre Entscheidung vorgegeben sind und deren Einhaltung in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist. Damit sprechen insgesamt die besseren Gründe dafür, betreffend die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen nach der AZWV einen der nach weit überwiegender Ansicht grundsätzlich möglichen Fälle anzunehmen, in denen ein Beliehener lediglich der Rechtsaufsicht unterliegt. b) Keine ausdrücklichen Regelungen über Rechts- und Fachaufsicht Problematisch ist allerdings, dass weder die §§ 77 ff. SGB III noch die AZWV ausdrückliche Regelungen über eine Rechts- oder gar eine Fachaufsicht enthalten. Die Regelung in § 86 SGB III über die Qualitätsprüfung enthält keinerlei fachaufsichtsrechtliche Elemente. Zwar kann die AA bei im Rahmen der Qualitätsprüfung festgestellten Mängeln bei dem Träger oder bei Maßnahmen und fruchtlosem Ablauf einer Frist zur Behebung der Mängel gemäß § 86 Abs. 2 SGB III die Geltung des Bildungsgutscheins für diesen Träger 167

Vgl. Fett, S. 262.

II. Die Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens

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ausschließen. Dies begründet aber weder Eingriffs- noch Weisungsbefugnisse gegenüber der Zertifizierungsstelle. Diese wird gemäß § 86 Abs. 4 SGB III lediglich über die gemäß § 86 Abs. 1–3 SGB III gewonnenen Erkenntnisse informiert. Damit soll die Zertifizierungsstelle lediglich in die Lage versetzt werden, diese Feststellungen bei späteren Prüfungen verwerten zu können.168 Die schlichte Mitteilungspflicht ist kein Element einer Fachaufsicht. Die Regelung über die jährliche Prüfung der Anwendung eines Systems der Qualitätssicherung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 AZWV betrifft lediglich eine von mehreren Anerkennungsvoraussetzungen, ist also der Rechtsaufsicht zuzuordnen. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle selbst wird insoweit nicht fachlich geprüft und überwacht. Zwar müssen Aufsichtsrechte, wie dargelegt, nicht ausdrücklich normiert sein. Ohne Anhaltspunkte zumindest für eine (umfassende) Rechtsaufsicht wäre allerdings fraglich, ob der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber die Notwendigkeit zumindest einer Rechtsaufsicht überhaupt erkannt hat. Andererseits gehört es zum Kern der Beleihung, dass der Beliehene zumindest der Rechtsaufsicht unterliegt und daher Weisungen ihm gegenüber nicht auf einer speziellen gesetzlichen Grundlage beruhen müssen.169 Das Fehlen ausdrücklicher Aufsichts- und Weisungsbefugnisse für staatliche Behörden spricht somit nicht bereits gegen das Bestehen einer (Rechts-)Aufsicht oder gar gegen das Bestehen einer Beleihung. Gegen das Bestehen zumindest einer Rechtaufsicht könnte allerdings der Vergleich mit den anderen oben dargestellten Zulassungsverfahren sprechen: Selbst in den Fällen, in denen die Zulassung nicht durch Beliehene erfolgt, finden sich ausdrückliche gesetzliche Aufsichts- bzw. Überwachungsregelungen (vgl. §§ 15 ff. UAG; § 11 Abs. 5 u. 6 GPSG). Da eine ausdrückliche Regelung der Aufsicht aber, wie dargelegt, nicht notwendig ist, könnte sich vorliegend das Bestehen zumindest einer Rechtsaufsicht im Wege der Auslegung aus der AZWV entnehmen lassen. Für das Vorliegen einer Rechtsaufsicht spricht bereits die Regelung des § 4 AZWV über die Mitteilungspflichten der Zertifizierungsstellen gegenüber der Anerkennungsstelle bezüglich der Änderung von Anerkennungsvoraussetzungen. Zudem hat der Verordnungsgeber darauf verwiesen, für das Verwaltungsverfahren der Anerkennungsstelle sei das SGB X einschlägig:170 „Wenn der Anerkennungsstelle vor dem Ablauf der Befristung be168 169 170

Vgl. nur: Niesel/Stratmann, § 86, Rdnr. 11 m. w. Nachw. Vgl. nur: Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 326. Vgl. S. 6 Begr. AZWV.

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kannt wird, dass die Zertifizierungsstelle ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß wahrnimmt, so richtet sich eine Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) der Anerkennung nach den allgemeinen Regeln des SGB X“.171 „Nicht ordnungsgemäß“ ist in Zusammenhang mit der Überwachung des Vorliegens der Anerkennungsvoraussetzungen dahingehend zu verstehen, dass eine Rechtsaufsicht erfolgt. Dagegen reicht der Hinweis in der Begründung zur AZWV in Verbindung mit den Möglichkeiten über Rücknahme bzw. Widerruf der Anerkennung nicht aus, um auch eine Fachaufsicht der Anerkennungsstelle über die Zertifizierungsstellen anzunehmen. Hinzu kommt, dass der Anerkennungsbeirat für die Zertifizierungsstellen verbindliche Vorgaben für das Zertifizierungsverfahren erarbeitet. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist nach § 2 Nr. 4 AZWV aber bereits als zwingende Anerkennungsvoraussetzung ausgestaltet, wird demnach schon im Wege der Rechtsaufsicht überprüft. Schließlich muss, wie dargelegt, eine Rechts- bzw. Fachaufsicht über den Beliehenen nicht ausdrücklich normiert sein. Auch bei anderen Beliehenen, die z. B. aufgrund besonderen technischen Sachverstandes tätig werden, beschränkt sich der Gesetzgeber auf Regelungen über Widerruf und Rücknahme der Anerkennung (vgl. § 8 KfSachvG). c) Ergebnis Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV unterliegen – auch ohne entsprechende ausdrückliche Regelungen – der Rechtsaufsicht durch die Anerkennungsstelle. Eine Fachaufsicht besteht dagegen nicht.

10. Pflicht zur Zulassungs- bzw. Zertifizierungstätigkeit als Vorteil der Beleihung gegenüber einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen Eine Beleihung der Zertifizierungsstellen hat gegenüber einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen zumindest einen wesentlichen Vorteil: Der Beliehene steht im Verhältnis zum Staat in einem öffentlich-rechtlichen Auftrags- und Treuhandverhältnis.172 Hauptpflicht aus diesem Rechts171

Vgl. S. 7 Begr. AZWV. Vgl. nur Stuible-Treder, S. 100; Hk-VerwR-Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 45. 172

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verhältnis ist für den Beliehenen die Pflicht (und das Recht) zur tatsächlichen Erfüllung der anvertrauten Aufgabe (sog. Betriebspflicht).173 Hierdurch ist sichergestellt, dass die vom Staat auf den Privaten übertragene Aufgabenerfüllung auch tatsächlich erfolgt und der Beliehene nicht einfach untätig bleibt. Damit kommt der Staat seiner Gewährleistungsverantwortung nach. Bei einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen müsste diesen gesetzlich die Pflicht zur Ausübung der Zertifizierungstätigkeit auferlegt werden. Dies könnte man in Ansehung der bisherigen Regelungen der AZWV allenfalls aus § 10 Abs. 1 Satz 1 AZWV entnehmen, wonach die Zertifizierungsstelle über den Antrag entscheidet, also offenbar eine Bearbeitung vorausgesetzt wird. Andererseits sieht die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 2 AZWV eine Entziehung der Zulassung für einen Träger durch die Zertifizierungsstelle vor, wenn der Träger die Tätigkeit auf Dauer einstellt. Wenn der Verordnungsgeber also bereits hinsichtlich der Tätigkeit der zugelassenen Träger eine solche Regelung für notwendig erachtete, hätte es nahe gelegen, eine solche erst recht auch für die Zertifizierungsstellen selbst vorzusehen. Dass dies nicht erfolgt ist, spricht dafür, keine Betriebspflicht für die Zertifizierungsstellen nach der AZWV anzunehmen, wenn lediglich eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen vorliegt. Die bloße Möglichkeit, eine Anerkennung nach Ablauf der Befristung nicht zu erneuern, sichert nicht hinreichend die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung für den Zeitraum bis zum Ablauf der Befristung. Ohne das öffentlich-rechtliche Auftragsverhältnis im Rahmen der Beleihung bestünde keine hinreichende Einwirkungsmöglichkeit zur Sicherstellung der tatsächlichen Aufgabenerfüllung durch die Zertifizierungsstellen. Hinzu kommt der bereits erörterte Aspekt des Fehlens ausdrücklicher Regelungen über eine (Rechts-)Aufsicht. Bei Annahme einer rein privatrechtlichen Tätigkeit bestünden, da die bloße Untätigkeit nicht als Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung vorgesehen ist, keine hinreichenden Einwirkungsmöglichkeiten, um eine Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Es ist nicht ersichtlich, wie der Staat hier seiner Gewährleistungsverantwortung im Hinblick auf eine flächendeckende Zertifizierung nachkommen sollte – es sei denn, die BA würde selbst als „Notlösung“ aufgrund eines „besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses“ i. S. d. § 12 AZWV zulassen bzw. zertifizieren. Zudem kann, wie an anderer Stelle noch in Zusammenhang mit der Vertragsgestaltung auszuführen ist, im Einzelfall problematisch sein, ob die 173 Vgl. Maurer, § 23, Rdnr. 58; Stuible-Treder, S. 100; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 33; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 45.

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Zertifizierungsstelle bei einer rein privatrechtlichen Tätigkeit einen konkreten „Antrag“ überhaupt bescheiden muss oder ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen sie eine Bearbeitung ablehnen darf. Ohne ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung des Privaten zur Ausübung der Tätigkeit ist schon mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zumindest äußerst fraglich, ob und gegebenenfalls wie hier eine Aufgabenerfüllung außerhalb einer Beleihung sicherzustellen wäre. Demgegenüber bietet die Beleihung der Zertifizierungsstellen den Vorteil einer klaren Rechtslage: Die Zertifizierungsstellen müssen als Behörden die Anträge entgegennehmen und sind auch zur Bescheidung des Antrages bzw. zur Entscheidung über den Antrag verpflichtet.174 Der Staat hat im Wege der Rechtsaufsicht auch ohne ausdrückliche Normierung hinreichende Einwirkungsmöglichkeiten, um eine Aufgabenerfüllung durch die Beliehenen sicherzustellen.

III. Sonderfall: Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU als Beliehene? Im Hinblick auf das Ergebnis der vorstehenden Ausführungen, wonach die Zertifizierungsstellen nach der AZWV Beliehene sind und die Erteilung der Zulassung sowie die Vergabe des Zertifikates als Verwaltungsakt erfolgen, ist zu prüfen, ob dies auch für Zertifizierungsstellen gilt, die nach § 14 AZWV ihre Tätigkeitsaufnahme nur anzuzeigen haben. Für die Annahme einer Beleihung könnte sprechen, dass dann für alle Fälle der Zulassung – durch die BA und durch deutsche Zertifizierungsstellen sowie durch solche aus dem EU-Ausland – diese systematisch einheitlich hoheitlich durch Verwaltungsakt erfolgen würde.175 Der Annahme einer Beleihung dieser Zertifizierungsstellen steht aber in jedem Fall entgegen, dass bei ihnen der zwingend erforderliche Beleihungsakt fehlt.176 Wie bereits dargelegt, müssen sie ihre Tätigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 AZWV der Anerkennungsstelle lediglich anzeigen und sieht die AZWV insoweit keine Entscheidung der Anerkennungsstelle vor. Nach der derzeitigen Rechtslage ist es also ausgeschlossen, die Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU als Beliehene anzusehen. 174 Vgl. nur Hk-VerwR/Schwarz, § 24 VwVfG, Rdnr. 63 m. w. Nachw., auch zu Ausnahmefällen wie etwa bei querulatorischen Anträgen. 175 Vgl. zu dieser Konsequenz: Hänlein, Skript, S. 26. 176 Ebenso: Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 21 u. § 87, Rdnr. 23.

III. Sonderfall

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Die hier vertretene Auffassung hat zwar zur Folge, dass die Zulassung durch Zertifizierungsstellen nach § 14 AZWV rein privatrechtlich erfolgt und damit ein systematischer Bruch im Vergleich zur Rechtslage bei den deutschen Zertifizierungsstellen gegeben ist. Diese Problematik ist aber in der AZWV selbst angelegt, die, wie bereits eingehend dargelegt, keine widerspruchsfreie „Integration“ der Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland zulässt. Erinnert sei nur daran, dass schon der Wortlaut des auch von diesen Zertifizierungsstellen nach § 10 Abs. 2 AZWV zu vergebenden Zertifikats insoweit irreführend ist, als eben keine von der Anerkennungsstelle „anerkannte“ Zertifizierungsstelle geprüft und entschieden hat. Für eine etwaige Novellierung der AZWV wäre zu prüfen, ob die Sonderregelung des § 14 AZWV überhaupt notwendig ist. Sofern man der hier vertretenen Auffassung folgt, wonach eine Beleihung der Zertifizierungsstellen erfolgt, kann die vom Verordnungsgeber als Begründung genannte Dienstleistungsfreiheit177 jedenfalls nicht für die Notwendigkeit einer solchen Sonderregelung geltend gemacht werden. Sofern der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 ff. EGV grundsätzlich eröffnet wäre, wäre jedenfalls die Bereichsausnahme gemäß Art. 55 i. V. m. Art. 45 EGV zu beachten: Danach findet die Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit keine Anwendung auf solche selbständigen Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Dies gilt insbesondere auch für Fälle der Beleihung.178 Die Mitgliedstaaten der EU können also diese Tätigkeiten ihren eigenen (Staats-)Angehörigen vorbehalten. Die hierfür ebenfalls erforderlichen zwingenden Gründe des Allgemeininteresses bzw. der unbedingten Erforderlichkeit der Beschränkung zur Wahrung der Interessen des Mitgliedstaates sowie die Wahrung der Verhältnismäßigkeit179 lassen sich durchaus darlegen: Die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten erfolgt ausschließlich durch den Einsatz öffentlicher Finanzmittel. Die Kontrolle und Steuerung der Verwendung dieser Finanzmittel darf dann ebenfalls staatlichen Stellen vorbehalten werden. Die nach den §§ 77 ff. SGB III und nach der AZWV zu prüfenden Kriterien setzen zudem eine besondere Vertrautheit mit den Besonderheiten des deutschen Arbeitsförderungsrechts und den Gegebenheiten auf dem deutschen Arbeits- und Weiterbildungsmarkt voraus, die – wie noch im Einzelnen ausführen ist – ebenfalls intensiver staatlicher Kontrolle und Aufsicht bedarf, die am effektivsten ge177

Vgl. S. 17 Begr. AZWV. Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Rdnr. 813 m. w. Nachw.; vgl. auch Hobe, Rdnr. 659. 179 Vgl. Hobe, Rdnr. 659, 662–664; Haratsch/Koenig/Pechstein, Rdnr. 813; jew. m. w. Nachw. 178

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

genüber Zertifizierungsstellen ausgeübt werden kann, die selbst Verwaltungsbehörden sind. Schließlich ist wegen der Grundrechtsrelevanz der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnisse der Zertifizierungsstellen (vor allem mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG) deren strikte und unmittelbare Bindung an die Grundrechte wesentlich, wie sie eben nur für Träger öffentlicher Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland besteht. Diese Gesichtspunkte sind geeignet, eine Bereichsausnahme von der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit zu begründen. Ist demnach die Erteilung der Zulassung bzw. der Zertifikate hoheitliche Tätigkeit, ist es ohne Verstoß gegen EU-Recht möglich, diese Tätigkeit deutschen natürlichen oder juristischen Personen vorzubehalten.

IV. Vergleich mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen gemäß § 113 SGB XI durch anerkannte unabhängige Sachverständige und Prüfstellen Wie bereits ausgeführt, soll zur zusätzlichen Absicherung der gewonnenen Ergebnisse noch ein Vergleich mit der Erteilung von Qualitäts- und Leistungsnachweisen nach § 113 SGB XI durch anerkannte unabhängige Sachverständige und Prüfstellen vorgenommen werden. Ein solcher Vergleich bietet sich bereits deshalb an, weil in der Literatur teilweise für die rechtliche Einordnung des Systems der Zertifizierung nach der AZWV auf Stellungnahmen zum System der Prüfung nach § 113 SGB XI verwiesen wird.180 Die Träger zugelassener Pflegeeinrichtungen sind gemäß § 113 Abs. 1 SGB XI verpflichtet, den Landesverbänden der Pflegekassen in regelmäßigen Abständen die von ihnen erbrachten Leistungen und deren Qualität durch sog. Leistungs- und Pflegenachweise nachzuweisen. Die Erteilung dieser Pflegenachweise kann gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 SGB XI wirksam nur durch von den Landes- oder Bundesverbänden der Pflegekassen anerkannte unabhängige Sachverständige oder Prüfstellen wahrgenommen werden. Aus diesem Verfahren könnten sich für die rechtliche Einordnung des Systems der Anerkennung und Zulassung nach der AZWV wichtige Hinweise und Parallelen aus dem Bereich des Sozialrechts ergeben. Das betreffende Verfahren wurde zudem zeitlich vor der AZWV entwickelt, so dass sich auch deshalb aus einem Vergleich beider Systeme 180 Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274, FN 7; Bieback, Qualitätssicherung in der Pflege im Sozialrecht, S. 129 ff., 134 f.

IV. Vergleich mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen

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Aufschlüsse für die rechtliche Einordnung des Zertifizierungsverfahrens ergeben könnten. Des Weiteren hat der Gesetzgeber betont, mit der Regelung des § 113 SGB XI solle ein bislang gesetzlich nicht verankertes System zur externen Qualitätssicherung eingeführt werden. Als Vorteile wurden vom Gesetzgeber u. a. genannt, es werde auf diese Weise „zusätzlicher Sachverstand in die Prüfungen eingebunden“. Ferner werde mit dem für alle Einrichtungen gleichen Nachweis „ein verlässliches und einheitliches Qualitätszertifikat geschaffen“ und biete „der Nachweis für die Einrichtungen eine Möglichkeit, ihre gute Qualität nach außen darzustellen“.181 Diesen Zwecken soll aber, wie ausgeführt, auch das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV mit dem nach § 10 AZWV zu vergebenden Zertifikat dienen, so dass auch deshalb ein vergleichender Blick auf die entsprechenden Regelungen im SGB XI zur Überprüfung der hier gefundenen Ergebnisse sinnvoll erscheint.

1. Die Erteilung der Leistungs- und Qualitätsnachweise nach §§ 113, 118 SGB XI bzw. nach dem Entwurf einer Verordnung zur Beratung und Prüfung von Pflegeeinrichtungen Der Gesetzgeber hat mit § 113 Abs. 2 Satz 1 SGB XI klargestellt, dass die Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen nach § 113 Abs. 1 SGB XI eine „öffentliche Aufgabe“ ist. Eine Anerkennung setzt nach § 113 Abs. 2 Satz 3 SGB XI voraus, dass der Sachverständige oder die Prüfstelle die Anforderungen einer Rechtsverordnung nach § 118 SGB XI erfüllt. Schließlich ist nach § 113 Abs. 2 Satz 4 SGB XI ausdrücklich eine Rechtsaufsicht über Sachverständige und Prüfstellen vorgesehen, die vom Bundesversicherungsamt ausgeübt wird, soweit die Anerkennung sich über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus erstreckt, ansonsten ist die nach Landesrecht zuständige Behörde zuständig. Das Anerkennungsverfahren i. S. d. § 113 Abs. 2 SGB XI ist öffentlichrechtlich bzw. hoheitlich ausgestaltet:182 Das Anerkennungsverfahren sollte auf Antrag des Sachverständigen bzw. der Prüfstelle beginnen,183 die entsprechend als „Antragsteller“ bezeichnet wurden.184 Zuständig für die Durchführung der Anerkennungsverfahren waren nach § 22 Abs. 1 E-Pfle181

Vgl. BT-Drucks. 14/5395, S. 40, zu § 113. Vgl. nur Bieback, Qualitätssicherung, S. 135 u. 171; Gerald Orthen in: Siegfried Wiesner/Jürgen Didong/Sonja Mühlenbruch/Orthen/Axel Wagner: SGB XI – Soziale Pflegeversicherung, Stand: 21. Lfg./04, § 113, Rdnr. 7. 183 Vgl. § 21 E-PflegeprüfVO. 184 Vgl. § 21 Abs. 4 E-PflegePrüfVO. 182

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

gePrüfVO die Landes- oder Bundesverbände der Pflegekassen als „Anerkennungsstellen“. Nach § 20 Abs. 1 E-PflegePrüfVO bestand bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen (u. a. Zuverlässigkeit, Geeignetheit185 und Unabhängigkeit186 sowie Qualifikation187) ein Anspruch auf Anerkennung. Die Anerkennungsentscheidung sollte durch Anerkennungsbescheid erfolgen und war bei vollständiger oder teilweiser Verweigerung der Anerkennung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.188 Zudem war die Anerkennung unter bestimmten Umständen „zu entziehen“.189 Für den Inhalt des Leistungs- und Qualitätsnachweises bestimmt § 113 Abs. 3 Satz 1 SGB XI, dass er nur die Feststellung enthalten darf, wonach die geprüfte Pflegeeinrichtung zum Zeitpunkt der Prüfung wenigstens die Qualitätsanforderungen nach dem SGB XI erfüllt. Sofern die Anforderungen erfüllt sind, haben die Träger nach § 113 Abs. 3 Satz 2 SGB XI ausdrücklich einen Anspruch auf Erteilung eines Leistungs- und Qualitätsnachweises gegenüber den für die Prüfung verantwortlichen Sachverständigen oder Prüfstellen. Für Rechtsstreitigkeiten betreffend die Regelungen in § 113 SGB XI ist gemäß § 113 Abs. 6 SGB XI i. V. m. § 73 Abs. 2 SGB XI der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, wobei ein Vorverfahren nicht stattfindet und die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Die Verordnungsermächtigung des § 118 SGB XI enthält Vorgaben für Regelungen über die Beratungs- und Prüfvorschriften. Die Pflege-Prüfverordnung190 wurde aufgrund einer erfolgten Ablehnung durch den Bundesrat191 nicht verabschiedet.192 Gleichwohl könnte sie zumindest Hinweise bzw. Aufschlüsse über Vorstellungen des Verordnungsgebers betreffend die Einführung von Anerkennungsverfahren bzw. von Prüfverfahren durch unabhängige Sachverständige auf dem Gebiet des Sozialrechts geben. Das Verfahren zur Erteilung des Leistungs- und Qualitätsnachweises war in § 13 E-PflegePrüfVO dergestalt vorgesehen, dass die nachweispflichtige Pflegeeinrichtung einen anerkannten unabhängigen Sachverständigen oder 185

Vgl. § 16 E-PflegePrüfVO. Vgl. § 17 E-PflegePrüfVO. 187 Vgl. § 18 E-PflegeprüfVO. 188 Vgl. § 20 u. § 22 Abs. 2 E-PflegePrüfVO. 189 Vgl. § 21 Abs. 5 E-PflegePrüfVO. 190 BR-Drucks. 588/02, im Folgenden kurz: E-PflegePrüfVO. 191 BR-Drucks. 588 a/02. 192 Zu den daraus für die Praxis entstehenden Problemen vgl. etwa Bieback: Keine Vergütungsvereinbarungen in der Pflege mehr? Probleme der Qualitätssicherung im SGB XI, NZS 2004, S. 337 ff., 343 ff. 186

IV. Vergleich mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen

313

eine anerkannte Prüfstelle „beauftragt“.193 Nach Abschluss der Prüfung wäre die prüfende Stelle nach § 13 Abs. 3 Satz 1 E-PflegePrüfVO verpflichtet gewesen, die Prüfergebnisse mit der zugelassenen Pflegeeinrichtung in einem Abschlussgespräch zu erörtern und einen Prüfbericht zu erstellen. Erfüllte die zugelassene Pflegeeinrichtung die Prüfanforderungen, hätte die prüfende Stelle nach dem Abschlussgespräch gemäß § 13 Abs. 4 E-PflegePrüfVO den Leistungs- und Qualitätsnachweis unverzüglich erteilen müssen.

2. Zertifizierungstätigkeit bei Erteilung des Leistungs- und Qualitätsnachweises – öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich? Ob die Rechtsbeziehungen zwischen den Pflegeeinrichtungen und den unabhängigen Sachverständigen bzw. Prüfstellen öffentlich-rechtlich, privatrechtlich oder als Kombination öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente ausgestaltet sind, ist in der Literatur bisher nicht geklärt. Für eine öffentlich-rechtliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Sachverständigen bzw. den Prüfstellen und den Pflegeeinrichtungen könnte der ausdrückliche Hinweis des Gesetzgebers in § 113 Abs. 2 Satz 1 SGB XI sprechen, wonach die Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen eine „öffentliche Aufgabe“ ist. Der Gesetzgeber verweist in seiner Begründung auf eine „aus verfassungsrechtlichen Gründen“ erfolgende Klarstellung.194 Die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben könnte, wie oben eingehend ausgeführt, auf eine Belieheneneigenschaft der anerkannten Sachverständigen bzw. Prüfstellen hinweisen. In die gleiche Richtung weist die Regelung über die Rechtsaufsicht nach § 113 Abs. 4 SGB XI. Hierzu führt der Gesetzgeber aus, diese Regelungen über eine Rechtsaufsicht seien „erforderlich, weil die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben stets der Einführung einer öffentlich-rechtlichen Aufsichtsinstitution bedarf“.195 Entsprechend wird in der Literatur ausgeführt, die ausdrückliche Regelung der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen als „öffentliche Aufgabe“ sei „im Sinne der TÜV-Tradition“ zu verstehen.196 Diese „TÜVTradition“ ist aber, wie bereits oben eingehend dargelegt, eine „Tradition“ der Tätigkeit als Beliehener. 193

Vgl. § 13 Abs. 1 E-PflegePrüfVO. Vgl. BT-Drucks. 14/5395, S. 40 zu § 113 Abs. 2. 195 Vgl. BT-Drucks. 14/5395, S. 40 f. zu § 113 Abs. 2. 196 Vgl. Thomas Klie in: Klie/Utz Kramer (Hrsg.): Soziale Pflegeversicherung – Lehr- und Praxiskommentar (LPK – SGB XI), 2. Aufl., 2003, § 113, Rdnr. 2. 194

314

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Allerdings lässt sich der Hinweis auf die „öffentliche Aufgabe“ auch anders verstehen: Eine öffentliche Aufgabe wäre die Zertifizierung danach lediglich insoweit, „als mit ihr (auch) die Einhaltung gesetzlicher und untergesetzlicher, öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur Sicherung der Qualität der Pflege kontrolliert werden soll“. Ferner regele das Gesetz für die Zertifizierung einen Rahmen, wodurch der Gesetzgeber eine gewisse „Gewährleistungsverantwortung“ übernehmen wolle.197 Zwingend ist die Einordnung des Zertifizierungsverfahren als Verwaltungsverfahren, etwa durch Beliehene, danach nicht. Die gleiche Literaturmeinung verweist aber an anderer Stelle auf ein „vom SGB XI gewähltes öffentlich-rechtliches System der Zertifizierung“.198 Ferner findet sich in der Literatur die Einordnung des Zertifizierungsverfahrens nach der 113 SGB XI als „gebundene Gutachtenerstellung“, was allerdings nichts anderes besagt, als dass gesetzgeberische Vorgaben für die Ausübung der gutachterlichen Tätigkeit bestehen.199 Für eine zivilrechtliche Einordnung der Rechtsbeziehungen zwischen den Sachverständigen bzw. Prüfstellen und den Pflegeeinrichtungen spricht die Regelung des § 13 Abs. 1 E-PflegePrüfVO, wonach die Sachverständigen bzw. Prüfstellen von den Pflegeeinrichtungen „beauftragt“ werden sollten. Sie sollten „im Auftrag der geprüften Einrichtung tätig“ werden.200 Diese Wendungen verweisen auf das Zivilrecht,201 etwa auf eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB oder einen Werkvertrag nach §§ 631 ff. BGB. Entsprechend wird in der Literatur die Ansicht vertreten, die Zertifizierung bleibe „ein Akt, der auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht und dem Privatrecht untersteht“. Insbesondere seien die Sachverständigen und Prüfstellen nicht ermächtigt, mit der Zertifizierung hoheitlich zu handeln, nur weil für die Pflegeeinrichtungen nach § 113 Abs. 3 Satz 2 SGB XI bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung des Leistungsund Qualitätsnachweises bestehe.202 197

Vgl. Bieback, Qualitätssicherung, S. 141. Vgl. Bieback, NZS 2004, S. 337 ff., 343, der ferner (vgl. a. a. O., S. 345) „Verfahren der gesellschaftlich-privaten Zertifizierung“ als Alternative zu dem „derzeit nicht umsetzbaren LQN-Verfahren“ erörtert. 199 Vgl. Jan E. Gültekin/Anna Liebchen: Pflegerische Begutachtung, 1. Aufl., 2003, S. 85. 200 Vgl. BR-Drucks. 588/02, S. 151 zu § 2 Abs. 1 u. S. 166 zu § 13 Abs. 1. 201 Vgl. nur Bieback, Qualitätssicherung, S. 136. 202 Vgl. Bieback, Qualitätssicherung, S. 142; ähnlich Orthen in: Wiesner/Didong/ Mühlenbruch/Orthen/Wagner, § 113, Rdnr. 7, der zwar auf die „Staatsnähe“ der betreffenden Regelungen hinweist, zugleich aber ausführt, die Leistungs- und Qualitätsnachweise sollten die öffentlich-rechtliche externer Qualitätsprüfung nach § 114 SGB XI nicht ersetzen oder präjudizieren. Offenbar wird also die Erteilung der 198

IV. Vergleich mit der Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen

315

Hinzu kommt die Begründung des Gesetzgebers für die Regelung des § 113 Abs. 6 SGB XI, mit dem i. V. m. der Regelung des § 73 Abs. 2 SGB XI der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet wird. Mit dieser Regelung, so die Begründung des Gesetzgebers, werde „im Interesse der Rechtswegvereinheitlichung sichergestellt, dass auch Streitigkeiten über die Erteilung der Leistungs- und Qualitätsnachweise vor den Sozialgerichten zu führen sind“.203 Einer solchen besonderen Regelung zur „Rechtswegvereinheitlichung“ kann es aber nur dann bedürfen, wenn ohne diese Regelung ein anderer Rechtsweg eröffnet wäre. Wegen der vertraglichen Beziehungen zwischen den Sachverständigen bzw. Prüfstellen und den Pflegeeinrichtungen wäre demnach der Zivilrechtsweg eröffnet gewesen. Schließlich ist auf die Regelung des § 116 Abs. 4 SGB XI zu verweisen: Sie enthält eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, mit der u. a. die „Entgelte für die Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen“ zu regeln sind, wobei u. a. den „berechtigten Interessen . . . der zur Zahlung der Entgelte verpflichteten Pflegeeinrichtungen Rechnung zu tragen“ ist. „Entgelt“ ist aber, wie hier nicht nochmals erläutert werden muss, nicht für öffentlich-rechtliche „Leistungen“ zu zahlen, sondern für Leistungen aufgrund eines zivilrechtlichen Vertrages.

3. Ergebnis Gerade der letztgenannte Umstand der Zahlung eines „Entgeltes“ für die Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen dürfte entscheidend dafür sprechen, dass der Gesetzgeber hier die Prüfung und die anschließende Erteilung von Leistungs- und Qualitätsnachweisen als zivilrechtliche Tätigkeit angesehen hat, für die eine Art Vergütungsordnung geschaffen werden soll. Auch die Regelung des § 113 Abs. 6 SGB XI wäre nicht verständlich, wenn der Gesetzgeber von einer hoheitlichen Tätigkeit bei Erteilung der Leistungs- und Qualitätsnachweise ausgegangen wäre.

4. Folgerungen für die rechtliche Einordnung des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV Für die rechtliche Einordnung des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV lässt sich aus den Regelungen und der Literatur zur Zertifizierung nach § 113 SGB XI bzw. aus dem E-PflegePrüfVO nur wenig ableiten: Leistungs- und Qualitätsnachweise durch unabhängige Sachverständige oder Prüfstellen nach § 113 SGB XI nicht als öffentlich-rechtlich verstanden. 203 Vgl. BT-Drucks. 14/5395, S. 41 zu § 113 Abs. 6.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Dies liegt nicht nur daran, dass bisher eine Rechtsverordnung nach § 118 SGB XI, die näheres hierzu regeln müsste, nicht erlassen ist. Selbst wenn man auf Basis der bisherigen Regelungen und des Entwurfs einer Verordnung nach § 118 SGB XI, wie hier, eine Einordnung der Zertifizierungstätigkeit als zivilrechtlich vornimmt, ist dies nicht ohne weiteres auf das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV übertragbar. Denn in den §§ 77 ff. SGB III bzw. in der AZWV fehlen gerade konkrete, ausdrückliche Regelungen über die Frage, ob „Entgelte“ für die Zertifizierung zu zahlen sind und welcher Rechtsweg eröffnet ist. Wenn man überhaupt verlässliche Rückschlüsse für das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV ziehen kann, dann ist das Fehlen von Regelungen über „Entgelte“, „Auftragserteilung“ und den eröffneten Rechtsweg in den §§ 77 ff. SGB III und der AZWV ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber des SGB III ein öffentlich-rechtliches Zertifizierungsverfahren wollte. Der Gesetz- und der Verordnungsgeber haben mit den Regelungen der §§ 113, 116, 118 SGB XI und des E-PflegePrüfVO verdeutlicht, dass sie zwischen zivilrechtlichen Begriffen wie „Auftrag“ und „Entgelt“ einerseits und öffentlichrechtlichen Begriffen wie „Antragsteller“ und „Gebühren“ – zumindest bisher – auch im Sozialrecht unterscheiden. Insbesondere wurde im E-PflegePrüfVO der Begriff „Antragsteller“ ausschließlich für das unstreitig öffentlich-rechtliche Akkreditierungs- bzw. Anerkennungsverfahren verwendet. Diese Umstände sprechen dafür, dass der Gesetz-, aber auch der Verordnungsgeber mit den Regelungen der §§ 77 ff. SGB III und der AZWV bewusst auf „Entgeltregelungen“ für die Zertifizierung oder Regelungen über eine „Auftragserteilung“ an die Zertifizierungsstellen verzichtet haben und statt dessen der Begriff „Antragsteller“ korrekt entsprechend seiner öffentlich-rechtlichen Bedeutung verwendet wurde. Dies sind allerdings bloße Indizien, die das hier gefundene Ergebnis weiter unterstützen, aber keinesfalls als alleinige Begründung für eine rechtliche Einordnung der Zertifizierungsstellen als Beliehene ausreichen würden. Abschließend sei angemerkt, dass auch in der Literatur zum System der Akkreditierung und Zertifizierung nach dem SGB XI keine abschließende Bewertung bzw. exakte rechtliche Einordnung des Zulassungsverfahrens nach der AZWV, etwa in Parallele zu § 113 SGB XI, vorgenommen wird.204 Es finden sich lediglich Ausführungen, wonach § 87 SGB III selbst nicht zwingend vorschreibe, eine Akkreditierung bzw. Anerkennung der Zulassungsstellen im Bereich der hoheitlichen Verwaltung vorzunehmen, wenngleich dies dem Staat aber unbenommen sei.205 Insbesondere wurde 204 205

Vgl. Bieback, Qualitätssicherung, S. 162. Vgl. Bieback, Qualitätssicherung, S. 134 f.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

317

von Bieback an anderer Stelle, wie ausgeführt, die Notwendigkeit eines hoheitlichen Zulassungsverfahrens für Träger und Maßnahmen nach den §§ 84 f. SGB III betont.206

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“ im Rahmen eines privatrechtlichen „Sachverständigen-Vollzugsmodells“? Der Befund, dass die Voraussetzungen einer Beleihung vorliegend erfüllt wären, genügt allerdings noch nicht, um die rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen nach der AZWV abschließend und zutreffend einzuordnen. Denn die offenbare Absicht des Verordnungsgebers, öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Elemente im Anerkennungs- und Zulassungssystem nach der AZWV zu kombinieren, die etwa in dem Hinweis des Verordnungsgebers auf den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und Träger zum Ausdruck kommt, könnte auf neue Entwicklungen und Formen von Kombinationen aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen Bezug nehmen, die, wie sogleich zu erörtern ist, in der verwaltungsrechtlichen Literatur intensiv diskutiert werden. In jüngster Zeit ist gerade am Beispiel der Einschaltung Sachverständiger an der Schnittstelle von öffentlichem Recht und Privatrecht ein neuer, eigenständiger Verfahrenstyp beschrieben worden: die Einschaltung privater Sachverständiger bzw. von privaten Zertifizierungsstellen als sog. Verifikateure – und zwar in ausdrücklicher Abgrenzung und Unterscheidung zum beliehenen Sachverständigen.207 Dieses neue System wird als „privatrechtliches Sachverständigen-Vollzugsmodell“ bezeichnet, der in seinem Rahmen tätige Sachverständige bzw. Zertifizierer als „Verifikateur“: Da der private Sachverständige in dieser neuen Verfahrensform jeweils die Aufgabe habe, „die Konformität eines Regelungsgegenstandes gegenüber dem Normadressaten und dem ihn instrumentalisierenden Staat zu bestätigen“, dränge sich die Beschreibung als „verifizierender Sachverständiger“ geradezu auf.208 Es handele sich, so die weitere Erläuterung, um einen bislang nicht wahrgenommenen Sachverständigentyp. Selbst dem Gesetzgeber gelinge diese Wahrnehmung häufig nicht: „Bezeichnenderweise“ sei „sich nicht einmal der Gesetzgeber selbst über die kategoriale Einordnung der von ihm etablierten Sachverständigen sicher. So erklärt der Gesetzgeber in Bezug auf 206 207 208

Vgl. Bieback, SDSRV 52, S. 59 ff., 67. Scholl, S. 281 ff. Scholl, S. 281.

318

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

die Sachverständigenbeteiligungen im Signaturgesetz, dass die behördlich anerkannten Prüf- und Bestätigungsstellen entweder als Beliehene oder als Verwaltungshelfer qualifiziert werden könnten“. Die Einordnung als Verwaltungshelfer scheitere aber an dem Umstand, dass der Normadressat selbst den anerkannten Sachverständigen auswähle und beauftrage. Die Existenz eines „neuen“ Sachverständigenbeteiligungstyps dränge sich im Themenbereich der „Modernisierung und Deregulierung“ des Verwaltungsrechts gleichwohl zunehmend auf und verlange daher, „die bisherige verengte Blickrichtung aufzugeben“.209 Der Vorwurf der „verengten Blickrichtung“ geht vor allen Dingen gegen die „klassische“ Beleihungsdogmatik. In Literatur und Rechtsprechung würden, so die Kritik, die genannten neuen Sachverständigenbeteiligungen zwar grundsätzlich wahrgenommen. Sie würden jedoch „nicht spezifiziert und typologisch im Wege einer strikten Konturenbildung verselbständigt, sondern ausschließlich negativ vom sachverständigen Verwaltungshelfer und dem beliehenen Sachverständigen abgegrenzt“.210 Die Bestätigung von Konformität gegenüber dem Normadressaten und gegenüber dem den Sachverständigen „instrumentalisierenden“ Staat – diese Beschreibung passt auch auf die Funktion der Zertifizierungsstellen nach der AZWV. Als natürliche oder juristische Personen des Privatrechts haben sie die Aufgabe, die Erfüllung der Zulassungsanforderungen der §§ 84, 85 SGB III und der §§ 7–9 AZWV mit verbindlicher Wirkung für und gegen die Träger sowie für und gegen den Staat festzustellen, also insoweit „Konformität“ zu prüfen und zu bestätigen. Obwohl die Voraussetzungen der Beleihung bei den Zertifizierungsstellen nach der AZWV, wie dargelegt, erfüllt sind, könnte dieser neue Verfahrenstyp die Alternative zu einer Beleihung sein und zugleich die beschriebenen Schwierigkeiten der rechtlichen Einordnung von Stellung und Tätigkeit der Zertifizierungsstellen beseitigen. Er könnte, da der Sachverständige bzw. die Zertifizierungsstelle nach diesem Modell rein privatrechtlich tätig wird, sogar die rechtlich zulässige Möglichkeit eröffnen, das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach der AZWV, wie in der Literatur bereits teilweise vertreten wird,211 als rein privatrechtliches Verfahren anzusehen, das allein auf der Basis eines Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und Träger durchgeführt wird. Die vorliegende Untersuchung kann sich deshalb nicht auf die Feststellung beschränken, dass, wie von der überwiegenden Auffassung angenom209 210 211

Vgl. Scholl, S. 279, FN 709. Vgl. Scholl, S. 279 f. Vgl. Hänlein, Skript, S. 26, 30 f.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

319

men, die Voraussetzungen einer Beleihung bei den Zertifizierungsstellen nach der AZWV erfüllt sind. Das „private Sachverständigen-Vollzugsmodell“ ist vielmehr daraufhin zu prüfen, ob es auf rechtlich zutreffenden Erwägungen beruht und ob es auf das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV anwendbar ist. Eng damit verbunden ist die Untersuchung, ob und gegebenenfalls wie sich ein solches Verfahren von einer Beleihung der Zertifizierungsstellen unterscheiden würde und ob ein solcher neuer Verfahrenstyp, so er denn überhaupt vorliegend angewendet werden könnte, einer Beleihung der Zertifizierungsstellen vorzuziehen ist.

1. Grundlagen des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells Der private Sachverständige soll nach der besagten Theorie als Kontrollinstanz innerhalb einer staatlichen Regulierung tätig sein.212 Der Verifikateur sei „in seiner Grundform ein gesetzlich gesteuerter Sachverständigentyp“.213 Grundlage des Systems ist die Anforderung des Gesetzgebers an den Normadressaten, sich ein bestätigendes Urteil über die Konformität des Regelungsgegenstandes mit dem öffentlich-rechtlichen Maßstab von einem privaten Sachverständigen einzuholen. Anschließend werde „das Sachverständigenvotum normativ – und nicht mehr administrativ – in die jeweilige Regelungsstruktur eingebunden und vom Gesetzgeber mit bestimmten Rechtsfolgen versehen (normative Gutachtenrezeption)“.214 Dadurch werde das öffentlich-rechtliche Normprogramm unmittelbar und vollständig durch den privaten Sachverständigen vollzogen.215 Das „Konformitätsurteil“ des privaten Sachverständigen ist nach diesem Modell entsprechend nicht mehr darauf ausgerichtet, von der Verwaltungsbehörde inhaltlich verarbeitet zu werden. Der Gesetzgeber verlasse „das Konzept der behördlichen Letztverantwortung zugunsten einer privatrechtlich ausgerichteten Implementierung des materiellen Verwaltungsrechts. Die Verantwortungsübertragung auf den privaten Sachverständigen ist enorm“.216 Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber installiert ein öffentlich-rechtliches Normenprogramm, dessen Prüfung und Feststellung ein privatrechtlich täti212 213 214 215 216

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

280. 285. 280. 280. 281.

320

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

ger Sachverständiger durchführt. An die in privatrechtlicher Form vorgenommene Feststellung knüpft der Gesetzgeber dann wiederum unmittelbare rechtliche Folgen – und zwar öffentlich-rechtliche. Damit wird nach diesem Modell das öffentlich-rechtliche Normprogramm in einem rein privatrechtlichen Verfahren mit öffentlich-rechtlicher Wirkung vollzogen. Im Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells halte es, so die weitere Begründung dieser Auffassung, der Gesetzgeber für ausreichend, dass nur noch der private Sachverständige die Normkonformität des Normgegenstandes vor dessen Markteinführung, Inbetriebnahme bzw. Ausübung bestätige und mit Außenwirkung signalisiere. Ein „(primärer) verwaltungsbehördlicher Normvollzug“ wird aufgegeben.217 Die private Bescheinigung oder das Zertifikat wird zum „Konformitätssignal“.218 Mit der Verifikateurbeteiligung korrespondiere „in diesem Strategiezusammenhang immer ein staatlicher Verfahrens-, Entscheidungs-, oder Prüfverzicht. Der Verifikateur ist ein Instrument zur Kompensation eines staatlichen Kontrollverzichts unter Aufrechterhaltung des materiellen Normprogramms. Die Strategie der präventiven gesellschaftlichen Selbstzertifizierung wird also nicht in letzter Konsequenz verwirklicht, sondern im Wege einer Verifikateurbeteiligung zur Gewährleistung eines sachgerechten und vor allem vom Interesse des Normadressaten abgekoppelten Normvollzugs sogleich re-reguliert“.219 Damit ist aber nicht etwa ein Abbau von Normen bzw. eine Verfahrensvereinfachung verbunden. Verifikateurbeteiligungen lösen vielmehr nach der betreffenden Lehre „immer einen erhöhten Rechtsetzungsbedarf aus“.220 Das öffentliche Interesse am Vollzug des materiellen Verwaltungsrechts wird nach diesem Modell „in private Hände gelegt. Der Rückgriff des Staates auf diesen Sachverständigentyp ist damit Ausdruck eines ausgeprägten Vertrauens in die Qualität privater Aufsichtssysteme. Der Gesetzgeber instrumentalisiert im privatrechtlichen Sachverständigen-Vollzugsmodell einen privaten Sachverständigen in der Garantiefunktion“. Der private Sachverständige wird so zum „Verifikateur“, der Konformität für die privaten Normadressaten und zugleich für den Staat bestätigt.221 Der Staat entlaste sich auf diese Weise von der ihm eigentlich obliegenden Überwachungstätigkeit, indem er die Eigenverantwortung der Privat217 218 219 220 221

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

286 f. 292. 287. 335. 281.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

321

wirtschaft stärke. Das Konzept des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells stelle sich somit als eine Kontrollform dar, die dem Modus der hoheitlich regulierten Selbstregulierung folge. Die Interessen der Normadressaten würden durch den Verifikateur „gemeinwohlgetrimmt“.222 Das private Sachverständigen-Vollzugsmodell verzichtet zudem vollständig auf eine präventive Verwaltungskontrolle des Normgegenstandes. Dies soll auch für die Fälle gelten, in denen den Normadressaten vom Gesetzgeber die Beteiligung an einem privatrechtlichen Bescheinigungs- bzw. Zertifizierungsverfahren, im Rahmen dessen ein privater Sachverständiger die Normkonformität des Regelungsgegenstandes feststellt, vorgeschrieben wird. Die Vermarktung eines Produktes, die Inbetriebnahme einer Sache oder die Handlung eines Normadressaten stehe dann unter dem Vorbehalt der privaten Bescheinigung bzw. Zertifizierung. Bei der privaten Bescheinigung bzw. Zertifizierung handele es sich demnach „niemals um eine staatliche Zulassung bzw. einen staatlichen Zulassungsakt“.223 Unter Aufrechterhaltung des Erlaubnisvorbehaltes werde, das behördliche Prüfungsprogramm nachträglich oder originär reduzierend und kompensierend, vom Antragsteller die Vorlage einer Bescheinigung eines Verifikateurs verlangt, in der dieser die Einhaltung der von der behördlichen Prüfung ausgenommenen öffentlich-rechtlichen Normen prüft und bestätigt. Die Vorlage der Sachverständigenbescheinigung wird zur Genehmigungsvoraussetzung.224 Der Bescheinigungs- bzw. Zertifikatsvorbehalt gewährleiste, so die betreffende Ansicht, eine dem verwaltungsbehördlichen Normvollzug entsprechende Absicherung des staatlichen Schutzziels und bei den Normadressaten, die in einem Wettbewerb stehen, eine Wettbewerbsverzerrungen vermeidende Distribution der Zertifikate – aber eben ohne Beleihung.225 Die „Garantiefunktion“ des Verifikateurs sei, so die weitere Begründung, auch vollkommen anders als beim beliehenen Sachverständigen zu verstehen: Im Unterschied zu diesem erwachse die Garantiefunktion des Verifikateurs nicht aus einer öffentlich-rechtlichen Begutachtungskompetenz. Die Beteiligung eines Verifikateurs sei vielmehr „untrennbar mit einer auf Selbstregulierung bzw. Verantwortungsteilung bauenden staatlichen Verhaltungssteuerung verbunden. Der Verifikateur ist ein privater Sachverständiger des privaten Bereichs, da der Gesetzgeber sein Dienstleistungspotenzial in 222 223 224 225

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S.

284 f. 289. 294. 291.

322

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

eine Steuerungsstrategie integriert, die auf eine Mobilisierung des privaten Eigeninteresses der Normadressaten als Steuerungsressource zur Erreichung von Gemeinwohlzielen setzt“.226 Eine auf Selbstregulierung ausgerichtete Regulierungsintention werde durch den Gesetzgeber mit einer Sachverständigenkontrolle gekoppelt. Charakteristikum dieses Sachverständigentyps sei folglich, dass der Verifikateur im Bereich einer Selbstregulierung selbst keine staatliche Aufgabe wahrnehme.227 Richtig daran ist, dass ein privater Sachverständiger ohne Beleihung keine staatlichen Aufgaben wahrnehmen kann. Der Verifikateur soll allerdings nach dem betreffenden Modell auch keine privaten Aufgaben wahrnehmen. Vielmehr werde „eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe durch Privatrechtssubjekte unter den Bedingungen des Privatrechts bei gleichzeitiger Lenkung durch öffentlich-rechtliche (Regulierungs-)Normen erbracht“.228

2. Von der Erfüllungsverantwortung zur Gewährleistungsverantwortung – der verwaltungswissenschaftliche und verwaltungsrechtliche Kontext eines privaten Sachverständigen-Vollzuges Bevor die Einzelheiten des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells bzw. der Lehre vom Verifikateur näher betrachtet und geprüft werden, ist zum besseren Verständnis der verwaltungswissenschaftliche und verwaltungsrechtliche Kontext dieses Modells darzustellen. Die Lehre vom Verifikateur knüpft, wie bereits oben angesprochen, an eine umfangreiche Diskussion in der verwaltungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Literatur an, die sich mit der Frage befasst, unter welchen Bedingungen sich der Staat, wie auch vom Verifikateur-Modell gefordert, von der Erfüllung seiner Aufgaben zurückziehen und diese in „private Hände“ legen kann. Für die vorliegende Untersuchung besonders bedeutsam ist der Befund, es bestehe eine „zunehmende Attraktivität der Zertifizierung als funktionales Äquivalent für rein staatliche Qualitätssicherungsverfahren . . . Nicht von ungefähr existieren schon seit längerem vielfältige Zertifizierungsverfahren als Bestandteil des privaten Qualitätsmanagements in privaten Unternehmen 226 227 228

Vgl. Scholl, S. 282. Vgl. Scholl, S. 282. Vgl. Scholl, S. 283.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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oder sozialen Einrichtungen“.229 Das System der Anerkennung und Zertifizierung nach der AZWV in Verbindung mit den Elementen der Qualitätssicherung könnte genau auf diese Entwicklungen Bezug nehmen. Bis heute existiert allerdings, wie in der Literatur konstatiert wird, kein juristisches System der Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben230 – zumindest kein umfassendes und widerspruchsfreies. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit kann und soll ein solches System auch nicht entwickelt werden. Dargestellt werden sollen aber die wesentlichen Diskussionslinien und Argumente in ihren Grundzügen. Sie bilden den „Rahmen“ zur Beurteilung der Lehre vom Verifikateur und für die Entscheidung, ob sich das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach der AZWV nicht doch diesem neuen Verfahrenstyp zuordnen lässt, so dass ein Rückgriff auf eine Beleihung nicht notwendig wäre. Das Institut der Beleihung, das seit langem für die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben steht, wird in Teilen der verwaltungsrechtlichen Literatur nicht als geeignete Lösung gesehen. Der Staat ziehe sich bei der Beleihung zwar auch zurück, der Beliehene handele aber gleichfalls als Behörde (zumindest auch) in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts. Dies passt nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung in der Literatur nicht zu dem Ziel, „gesellschaftliche Handlungsrationalität“ nutzbar zu machen und ein „Mehr an Freiheit“ zu schaffen.231 Die Beleihung führe zu einer „Etatisierung“, die wegen ihrer „überschießenden Innentendenz“ gerade nicht die Zielperspektive der meisten Kooperationsformen sei.232 Mehr Überzeugungskraft besäßen solche Ansätze, die auf eine Eingliederung des Privaten in das staatliche Handlungsgefüge verzichteten und auf den verbleibenden hoheitlichen Anteil an der Aufgabenerfüllung abstellten, um im Sinne einer vor- und nachwirkenden „Legitimationsverantwortung“ des Staates und einer damit einhergehenden „staatlichen Strukturschaffungspflicht“ das Rechtsfolgenregime zu erweitern. Für die Bereiche der funktionalen Privatisierung lasse sich auf diesem Wege eine verfassungsrechtliche Verpflichtung begründen, den Mangel an tatsächlicher inhaltlicher Entscheidungsbeherrschung durch entsprechende Sicherungsvorkehrungen auszugleichen.233 229

Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 317. Vgl. Markus Heintzen: Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 220 ff., 226. 231 Vgl. Andreas Voßkuhle, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 220 ff., 296. 232 Vgl. Schmidt-Aßmann, 5. Kap., Rdnr. 58. 233 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 296. 230

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a) Privatisierung und Übergang von der Erfüllungszur Gewährleistungsverantwortung des Staates Bei der materiellen Aufgabenprivatisierung verzichtet die Verwaltung auf die Wahrnehmung einer genuin staatlichen Aufgabe und überträgt sie auf Unternehmen, an denen der Staat gar nicht oder nicht mehrheitlich beteiligt ist.234 Dann werden die ehemals staatlichen Aufgaben von Privaten wahrgenommen, zumeist allerdings als öffentliche Aufgaben, da sie unverändert im öffentlichen Interesse liegen.235 Staatsaufgabe ist jede öffentliche Aufgabe, mit der sich der Staat in rechtlicher Form befasst und von Verfassungs wegen befassen darf oder muss. Der Staat hat insoweit ein einseitiges Bestimmungsrecht. Einem Privaten eine Staatsaufgabe als solche zu übertragen, ist wegen der mit diesem Begriff verbundenen, nur für den Staat passenden, gesetzlich nicht einzeln formulierbaren Bindungen nicht möglich.236 Öffentliche Aufgaben und Staatsaufgaben sind nicht gleichzusetzen. Es gibt öffentliche Aufgaben, die keine Staatsaufgaben sind, für deren Wahrnehmung der Staat aber gleichwohl verantwortlich ist.237 Der Staat zieht sich bei der Aufgabenprivatisierung ganz aus der Erfüllungsverantwortung238 zurück und „überlässt die Erledigung gewisser, bislang von ihm wahrgenommener Aufgaben dem privaten, gesellschaftlichwirtschaftlichen Bereich und dem dort herrschenden Wettbewerbsprinzip. Er vertraut auf die gesellschaftliche Selbstregulierung, kann und muss aber dann selbst regulierend eingreifen, wenn diese (noch) nicht ausreichend funktioniert, um die erforderliche Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten“.239 Da mit der Aufgabenerledigung staatliche Ingerenzmöglichkeiten verloren gingen, gleichwohl aber das Bedürfnis nach gesetzlich normierter Steuerung und Kontrolle bestehen bleiben könne, stelle sich insoweit (auch) die Frage nach der Konzeption eines sog. Gewährleistungsverwaltungsrechts.240 „Aus der Leistungsverwaltung wird die Gewährleistungsverantwortung,241 234

Vgl. Hk-VerwR/Schwarz, Einl. VwVfG, Rdnr. 71. Vgl. Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 35. 236 Vgl. Heintzen, S. 228. 237 Vgl. Heintzen, S. 228. 238 Vgl. hierzu etwa: Schmidt-Aßmann, 3. Kap., Rdnr. 111: „Die Erfüllungsverantwortung umschreibt im Verantwortungsspektrum Fälle, in denen der betreffende Sozialbereich ganz in staatliche, d.h. vor allem administrative Regie genommen worden ist“. 239 Vgl. Maurer, § 23, Rdnr. 63. 240 Vgl. Hk-VerwR/Schwarz, Einl. VwVfG, Rdnr. 73. 241 Vgl. hierzu z. B. Schmidt-Aßmann, 3. Kap., Rdnr. 114: „Gewährleistungsverantwortung wird wirksam, wenn die Exekutive – regelmäßig im Rahmen gesetz235

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aus der Eigenverwaltung die Regulierungsverwaltung, aus der De-Regulierung vielleicht sogar die Re-Regulierung“.242 Der Begriff eines „Gewährleistungsstaates“ und die mit ihm verbundenen „Schlüsselbegriffe“ der „regulierten Selbstregulierung“ und der „Verantwortungsteilung“ richten nach Ansicht der Literatur die Aufmerksamkeit „auf den Umstand, dass sich die staatliche Steuerung zunehmend auf die Initiierung und Anleitung der selbständigen Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Akteure im Sinne einer normativen Umhegung beschränkt. An die Stelle der ehemals vollen staatlichen Erfüllungsverantwortung treten damit die staatliche Regulierungs-, Überwachungs-, Beobachtungs- und Auffangverantwortung“.243 Die Auffangverantwortung bzw. Einstandsverantwortung ist der Gegenpol und stellt dabei die letzte Ebene staatlicher Verantwortung dar: „Erst wenn in einem bestimmten Bereich Gefahrenlagen oder gravierende Versorgungslücken auftreten, wird Auffangverantwortung wirksam und hält die Verwaltung an, im Wege der „Ersatzvornahme“ selbst entsprechende Leistungen anzubieten oder für ihre Beschaffung konkret Sorge zu tragen“.244 Die „regulierte Selbstregulierung“ schließlich ist dadurch gekennzeichnet, „dass sich die staatliche Steuerung auf die Initiierung, Anleitung und Absicherung der eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Akteure im Sinne einer normativen Umhegung beschränkt“.245 Insoweit wird die Schaffung eines Privatverfahrens- bzw. Privatorganisationsrechtes gefordert.246 „Regulierte Selbstregulierung“ bezeichnet demnach den Versuch der „Mobilisierung gesellschaftlicher Kräfte, welche sich zwar in ihrer eigenen Handlungsrationalität bewegen und durch spezifische Dienstleistungen eine eigene kollektive Ordnung hervorbringen, deren Tätigwerden also nicht funktional auf eine Staatsaufgabe bezogen, aber auch nicht „schlicht gesellschaftlich“ und lediglich der allgemeinen Aufsicht unterworfen ist. Vielmehr vollzieht es sich innerhalb eines staatlich gesetzten Rahmens, innerhalb eines gemeinsamen Ordnungssystems . . .“.247 Ein Fall licher Vorgaben – darauf hinwirkt, dass öffentliche Aufgaben von Privaten gemeinwohlförderlich wahrgenommen werden“. 242 Vgl. Maurer, § 23, Rdnr. 63. 243 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 284 f. 244 Vgl. Schmidt-Aßmann, 3. Kap., Rdnr. 112. 245 Vgl. Andreas Voßkuhle: „Schlüsselbegriffe“ der Verwaltungsrechtsreform, VerwArch 92 (2001), S. 184 ff., 214. 246 Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 155 ff., 157. 247 Vgl. Burgi, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 164; ders. in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 37.

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der „regulierten Selbstregulierung“ liegt also dann vor, wenn gesellschaftliches Handeln durch Einbeziehung in einen gemeinsamen Ordnungsrahmen mit dem Staat für das Gemeinwohl nutzbar gemacht wird“.248 Diese kurze Beschreibung des Prozesses der Privatisierung von Verwaltungstätigkeit enthält sämtliche für die betreffende, umfassende Diskussion wesentlichen Begriffe. b) Gewährleistungsverwaltung und die Forderung nach einem „Privatverfahrensrecht“ Die Gewährleistungsverwaltung249 unterscheidet sich von der Leistungsverwaltung dadurch, „dass der Staat nicht selbst Leistungen für den Bürger erbringt, sondern von anderer, insbesondere privatwirtschaftlicher Seite aus erfolgende Leistungen gewährleistet“. Der Staat übertrage oder überlasse bestimmte, bislang von ihm wahrgenommene Tätigkeiten der Daseinsvorsorge dem privatwirtschaftlichen, durch Markt und Wettbewerb geprägten Bereich, müsse aber, „wenn und weil sie im Interesse der Bevölkerung notwendig sind, durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass sie von den Privatunternehmern auch in ausreichendem Maße und in angemessener Weise wahrgenommen werden. Der Staat muss insoweit regulierend in das Marktgeschehen eingreifen“.250 Angesichts der bei ihm verbleibenden Gewährleistungsverantwortung müsse der Staat durch einen entsprechenden Regulierungsrahmen dafür Sorge tragen, dass die Verfahrensprivatisierung nicht zu einer Missachtung rechtsstaatlicher Verfahrensstandards und einseitiger Interessendurchsetzung führe.251 Die Notwendigkeit eines solchen staatlichen Eingreifens wird an der Feststellung deutlich, die organisatorische und verfahrensrechtliche Absicherung der Einhaltung der einschlägigen Vorgaben durch die privaten Akteure erweise sich „als eigentliche Achillesferse des Gewährleistungsverwaltungsrechts“. Die Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben führe „unweigerlich zu staatlichen Lenkungs- und Kontrollverlusten, deren Abbau aber in der Regel mit den ursprünglichen Zielen der Zusammenarbeit kollidiert. Dieses Dilemma tritt vollends zutage, wenn der Private nicht als Beliehener in die staatliche Verwaltungsorganisation eingebunden ist und folg248

Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 165. Vgl. hierzu z. B. Schmidt-Aßmann, 3. Kap., Rdnr. 116: „Entscheidend aber ist für die Gewährleistungsverwaltung, dass es ihr um eine gemeinsame Gemeinwohlkonkretisierung mit Privaten geht“. 250 Vgl. Maurer, § 1, Rdnr. 16 b. 251 Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 329. 249

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lich nicht der Staatsaufsicht unterliegt“. Es bedürfe daher einer speziellen „Gewährleistungsaufsicht“, die den Besonderheiten arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung Rechnung trägt.252 Unter die Gewährleistungsaufsicht könne insbesondere auch die sog. Regulierungsaufsicht in privatisierten Infrastrukturbereichen rubriziert werden.253 Gefordert werden hierfür u. a. die organisatorische Verselbständigung der aufsichtführenden Verwaltungseinheiten, z. B. durch die Einrichtung spezieller Regulierungsbehörden, die sich durch besondere Unabhängigkeit und Sachverstand auszeichnen müssten, oder durch die Übertragung der Aufsicht auf Beliehene.254 Die Einrichtung einer funktionierenden, effektiven Aufsicht ist aber auch nach Auffassung der Literatur eines der gravierenden Probleme der „regulierten Selbstregulierung“. Denn in diesen Konstellationen bleibe die Letztentscheidungskompetenz lediglich „formal gesehen“ bei der staatlichen Verwaltungsbehörde. Realistisch betrachtet verfügten die jeweiligen Amtsträger aber „regelmäßig weder über das notwendige Wissen noch über die erforderlichen personellen und zeitlichen Ressourcen, die privaten Aufgabenbeiträge zu überprüfen und – wenn nötig – zu korrigieren“. Daher müssten den privaten Akteuren ebenfalls „bestimmte inhaltliche, organisatorische und verfahrensrechtliche Pflichten“ auferlegt werden.255 Es bestehe insoweit eine „Strukturschaffungspflicht“. Dieser – bereits oben erwähnte – Begriff bringe zum Ausdruck, „dass im Hinblick auf die Formalanforderungen eine Abweichung vom Normal- und Regelfall staatlicher Entscheidungsverantwortung vorliegt und eine aufgabenspezifische Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen sowie der privaten Handlungsrationalität indiziert“ sei.256 Die betreffende Struktur soll durch ein spezielles Verfahrensrecht, teilweise als sog. Privatverfahrensrecht bezeichnet, geschaffen werden, „eines Verfahrensrechts für private Verantwortungsübernahme im Bereich der Verfolgung öffentlicher Aufgaben“.257 252

Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 320 f. Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266, 322. 254 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 324. 255 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003, S. 266 ff., 295. 256 Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 180. 257 Vgl. z. B. Wolfgang Hoffmann-Riem: Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen – Systematisierung und Entwicklungsperspektiven, in: ders./Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.): Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1. Aufl., 1996 (im Folgenden kurz: ÖR), S. 261 ff., 319; ablehnend zum Begriff des „Privatverfahrensrechts“ z. B. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 188: „Das Privatrecht . . . sollte nicht zur Heimstatt des Verfahrens-Regulierungsrechts gemacht werden. Daher wird . . . auch nicht der Begriff des „Privatverfahrensrechts“ verwendet“. 253

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Die Notwendigkeit eines solchen speziellen Verfahrensrechtes wird zum einen damit begründet, schon für die bloße private Mitwirkung zur Vorbereitung staatlicher Entscheidungen sei darauf zu achten, dass die rechtsund sozialstaatlichen Sicherungen staatlicher Verfahrensherrschaft nicht geopfert würden. Bereits die nach privater Vorarbeit erforderliche Transformation der Verfahrensergebnisse in behördliche Entscheidungen erlaube zwar eine staatliche Kontrolle und Filterung, ermögliche „aber nicht eine rückwirkende Nutzung der rationalisierenden Kraft des Verfahrens, wenn dies suboptimal gewesen sein sollte. Daher ist vorzusorgen, dass bei Nutzung privater Verfahrenshilfe die rechtsstaatlich gebotenen Verfahrensgarantien nicht entfallen“.258 Dies muss dann erst recht gelten, wenn das Verfahren vollkommen den privaten Akteuren überlassen, also über eine bloße Vorbereitungshandlung derselben weit hinausgegangen wird. Zum anderen wird darauf verwiesen, es entspreche einem „Gebot der funktionalen Äquivalenz“, die Rücknahme der staatlichen Erfüllungsverantwortung (auch) durch verfahrensrechtliche Instrumente des öffentlichen Rechts und/oder des Privatrechts auszugleichen.259 Eine „privat“ verantwortete Verfahrensherrschaft müsse in einen verfahrensrechtlichen Rahmen eingeordnet werden, der funktionale Äquivalente für die traditionellen öffentlich-rechtlichen Verfahrenssicherungen enthalte.260 „Funktionale Äquivalenz“ bedeute in diesem Zusammenhang die Gewährleistung der „Sicherungs- und Schutzfunktionen des Verfahrens unter veränderten Rahmenbedingungen und unter Berücksichtigung des politisch erwünschten Hinzutretens der gesellschaftlichen Handlungsrationalität“.261 Zentral für dieses Verfahrensrecht ist die Sicherstellung einer hinreichenden Kooperation zwischen den Privaten und der die Letztverantwortung tragenden Verwaltung. Diese müsse, wie in der Literatur gefordert wird, „die Möglichkeit laufender Information und behördliche Verfahrenskontrolle umfassen. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die erhofften Beschleunigungsund Flexibilitätsvorteile zum Teil wieder entfallen oder sich erst an anderen Stellen . . . zeigen. Der in der jüngeren Vergangenheit erkannte Vorteil der Rechts- und Interessensicherung durch Verfahren darf jedenfalls nicht durch Privatisierung wieder verspielt werden“.262 Ist das Verfahren entsprechend ausgestaltet, soll es zum „Richtigkeitsgaranten“ der in seinem Rahmen gewonnenen Ergebnisse werden.263 Das 258 259 260 261 262 263

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 323. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 174 f. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 323 f. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 175. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 324. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 177.

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Verfahrensrecht sei dann sogar als besonders wichtiges Hilfsmittel einer „Freiheitserweiterung auf Gegenseitigkeit“ und der „Entfaltung der Menschen durch die Menschen“ zu verstehen.264 c) Qualitätssicherungsverfahren, Audit-Verfahren, Akkreditierungsverfahren (Anerkennungsverfahren) und Zertifizierungsverfahren: Verfahrensprivatisierung unter staatlicher Gewährleistungsverantwortung265 In der Literatur wird die Notwendigkeit von Verfahrensregelungen, die dem Äquivalenzprinzip entsprechen müssten, besonders für Systeme der regulierten Selbstregulierung hervorgehoben, in denen „professionelle Dritte“ als „private Implementationsinstanzen“ mit der Selbstregulierung bzw. den entsprechenden Prüfungs- und Überwachungsaufgaben betraut werden. Für diese bilde die Selbstregulierung regelmäßig den Gegenstand ihrer grundrechtlichen Berufs- und Geschäftstätigkeit, ebenso wie bei den Verwaltungshelfern, die stets Nicht-Aufgabenbetroffene sind.266 Als Beispiel hierfür wird insbesondere die Installation von „Qualitätssicherungsverfahren“ genannt,267 deren anspruchsvollste Variante das Audit-Verfahren, wie z. B. im Bereich des Umwelt-Audit-Verfahrens, sei. Als staatlich kontrollierte Form eigenverantwortlich durchgeführter Selbstkontrolle seien diese Verfahren nicht nur auf die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards, sondern auf eine kontinuierliche Verbesserung derselben gerichtet.268 Qualitätssicherungsverfahren stünden „neben den klassischen administrativen Prüfungsverfahren“.269 Typisch für das Qualitätssicherungsverfahren sei die Kombination öffentlich-rechtlich und zivilrechtlich ausgestalteter Verfahrensschritte. Während die Akkreditierung bzw. Anerkennung dem öffentlichen Recht unterliege, werde zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Zertifizierungsnachfrager ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen.270 Die Zertifizierungsstelle sei insbesondere kein Beliehener.271 264

Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 318. Vgl. hierzu allgemein Pünder in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 14, Rdnr. 54. 266 Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 182, der als wichtige Beispiele solcher privaten Implementationsinstanzen die Öko-Audit-Gutachter, die benannten Stellen im Produktsicherheitsrecht und die anerkannten Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem SigG anführt. 267 Vgl. Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 309. 268 Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 319. 269 Vgl. Schmidt-Aßmann, 6. Kap., Rdnr. 163. 270 Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 329; Schmidt-Aßmann, 6. Kap., Rdnr. 163. 271 Vgl. Pünder in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 14, Rdnr. 54. 265

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Die Erwartungen an diese neuen Verfahren und Institutionen sind hoch: Die Installation von Qualitätssicherungsverfahren im Rahmen einer „Verfahrensprivatisierung“ führe nicht nur zu einer Entlastung der Behörde im Sinne größerer Verfahrenseffektivität und einer gemeinwohlorientierten Nutzbarmachung gesellschaftlicher Problemlösungskapazität und Innovationskraft. Vielmehr werde „im Rahmen des Qualitätssicherungsverfahrens unter Einbezug der Öffentlichkeit ein dichtes Handlungsnetz zwischen staatlicher Aufsichtsbehörde, unterschiedlichen verselbständigten Verwaltungseinheiten, privaten Normungsorganisationen und Fachgutachtern sowie privaten Unternehmen geknüpft, die ihrerseits wieder hoheitsähnliche Funktionen übernehmen. An die Stelle punktueller hoheitlicher Dezision treten damit zunehmend kontinuierliche Kommunikations- und Lernprozesse zwischen Behörde und Privaten“.272 Ferner trete auch das Element der Abschlussentscheidung in neueren Verfahren zugunsten permanenter Kontroll-, Beobachtungs- und Kommunikationspflichten zurück.273 Gleichwohl besteht auch bei diesen Verfahrenstypen, wie in der Literatur ausgeführt wird, die Notwendigkeit funktionaler Verfahrens-Äquivalenz gerade deshalb, weil erst gar kein Verfahrensrechtsverhältnis mit einer staatlichen Stelle bestehe, sondern die betroffenen Dritten vielmehr auf einen privaten Selbstregulierungsträger bzw. die eingeschaltete Implementationsinstanz angewiesen seien.274 Als eine Möglichkeit zur Herstellung einer funktionalen Äquivalenz wird – zumindest im Grundsatz – die Vorschaltung eines staatlichen Akkreditierungs- bzw. Anerkennungsverfahrens vor Aufnahme der Prüftätigkeit durch die private Implementationsinstanz angesehen, das als Verwaltungsverfahren den Regelungen des VwVfG unterliegt:275 Bei der regulierten Selbstregulierung entstehe eine vergleichbare Beziehung zwischen dem Staat und den Kräften der Selbstregulierung erstens, „wenn die Verwaltung mit begünstigenden oder belastenden Maßnahmen – also mit einem Verzahnungsakt – auf die Ergebnisse einer Selbstregulierung reagiert und zum zweiten (und vor allem) dann, wenn private Implementationsinstanzen eingeschaltet sind, die einer staatlichen Akkreditierung bedürfen, wie es bei den Öko-Audit-Gutachtern, den Benannten Stellen oder 272 Vgl. S. 309 f. 273 Vgl. S. 345. 274 Vgl. 275 Vgl. S. 319.

Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 182 f. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf.,

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bei den anerkannten Prüf- und Bestätigungsstellen nach dem SignaturG der Fall“ sei.276 Durch die Akkreditierung bzw. Anerkennung übernehme der Staat nach außen hin die Gewähr dafür, dass private Akteure, die am Markt gemeinwohlrelevante Dienstleistungen erbringen, dauerhaft spezielle Qualitätsstandards erfüllen.277 Entsprechend sei die für die gesteuerte Selbstregulierung typische Kontrolle der Kontrolle dadurch gekennzeichnet, dass der Staat fachlich-qualitative Maßstäbe normativ vorgebe und sich im Übrigen auf die administrative Kreation (Zulassung, Anerkennung, Benennung, Akkreditierung etc.) und eine maßstabssichernde Überwachung „privater Kontrolleure“ konzentriere.278 Die Anerkennung bzw. Zulassung, durch die staatliche Verantwortung geltend gemacht werde, ermögliche dem Staat, „die Problematik von Dritten – von übergegangenen Beteiligungsinteressenten, von Außenstehenden – zu steuern und seiner Gewährleistungsverantwortung für eine öffentliche Aufgabe nachzukommen“.279 Im Rahmen der staatlichen Akkreditierung bzw. Anerkennung sind insbesondere die Zuverlässigkeit und die Fachkunde der Zertifizierungsstelle und ihres Personals, die ausreichende personelle und sachliche Ausstattung, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Zertifizierungsstelle und ihres Personals sowie die Einrichtung von Qualitätsmanagementsystemen zu prüfen.280 Durch diese ausdifferenzierten Anforderungsprofile soll eine sachlich kompetente und vor allem neutrale Aufgabenwahrnehmung durch die privaten Akteure gewährleistet werden. Es handele sich zudem um vertrauensbildende Maßnahmen, mit denen die geringe demokratische Legitimation der Zertifizierungsstellen „zusätzlich abgestützt“ werden könne.281 Die Regelungen für die Akkreditierung, aber auch für die nachfolgende Zertifizierung dienen folglich mehreren Zwecken: Zum einen sollen mit den betreffenden Regelungen, die das von den privaten Akteuren zu beachtende Verfahren konstituieren, Distanz, Neutralität und Objektivität der privaten Akteure bei der Wahrnehmung ihrer Prüfungs276

Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 183. Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 318, in der bloßen Sicherstellung der Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards liegt gerade der Unterschied zu den sog. Audit-Verfahren, die auf eine stetige Verbesserung der Qualitätsstandards zielen, vgl. Voßkuhle, a. a. O., S. 320. 278 Vgl. Schmidt-Preuß, S. 173, FN 38. 279 Vgl. Heintzen, S. 258. 280 Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 318 f. 281 Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 319. 277

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aufgaben gesichert werden.282 Der „Schutzauftrag“ dieses speziellen Verfahrensrechts soll zum anderen „all diejenigen Teilfunktionen“ zusammenfügen, „die dem frühzeitigen, vom gerichtlichen Rechtsschutz abgesetzten Schutz der betroffenen Rechte und Interessen gewidmet sind“.283 Der Zertifizierungsstelle soll aufgrund dieser verfahrensrechtlichen Regelungen „ein ähnliches Vertrauen in bezug auf eine sachgerechte und neutrale Aufgabenwahrnehmung entgegengebracht werden können wie einem Hoheitsträger, ohne dass damit notwendig eine Beleihung im herkömmlichen Sinne verbunden wäre“. Vielmehr verlagere der Staat seine Überwachungsverantwortung weitgehend in den privaten Sektor und beschränke sich auf eine begleitende Kontrolle der privaten Kontrolleure.284 Akkreditierung, Zertifizierung und Auditierung seien daher eng miteinander verbunden. Die staatliche Verwaltungsbehörde trete hier, „wenn überhaupt, letztlich nur einmal aktiv in Erscheinung, und zwar bei der Akkreditierung eines privaten Akteurs, der dann seinerseits am eigenverantwortlich durchgeführten Auditierungsverfahren mitwirkt oder private Produkte zertifiziert“.285 Dieser „private Akteur“ steht im Mittelpunkt der Qualitätssicherungsund Zertifizierungsverfahren: der – so der Idealtypus – „unabhängige, fachlich kompetente und persönlich zuverlässige private Gutachter“. Seine Funktion unterscheide sich deutlich von der sonstiger Sachverständiger im Verwaltungsrecht, da er, im Unterschied zu den meisten sonstigen Verwaltungsverfahren, keine hoheitliche Abschlussentscheidung treffe.286 Zumindest bei der Zertifizierung laste auf ihm als faktisches Vollzugsorgan die wesentliche Prüflast hinsichtlich der Einhaltung der vorgegebenen Qualitätsstandards. Da die akkreditierte Stelle zudem im Wettbewerb mit anderen Stellen stehe, was eine gewisse Abhängigkeit vom Kunden impliziere und „gefällige Nachlässigkeiten“ fördern könne, müssten an die Akkreditierungsvoraussetzungen und die kontinuierliche Überwachung ihrer Einhaltung durch den Staat sehr hohe Ansprüche gestellt werden.287 Die Funktionsfähigkeit und Legitimation des Qualitätssicherungsverfahrens hänge maßgeblich von dem Vertrauen ab, das den akkreditierten Personen und den von ihnen zertifizierten Produkten im Rechtsverkehr entgegengebracht werde. Dieses Vertrauen basiere auf der staatlichen Gewährleistung fest282

Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 172 u.

185 f. 283 284 285 286 287

Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 171. Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 318. Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 328. Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 328. Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 328.

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gelegter Qualitätsstandards und bedürfe kontinuierlicher Pflege durch regelmäßige Kontrolle. Solche äußerlichen Qualitätsgarantien verlören ihren Wert, wenn sich Missstände häuften.288 Als ausreichende Sicherung der funktionalen Äquivalenz mit einem staatlichen Verwaltungsverfahren, deren Notwendigkeit sich nach der vorstehend wiedergegebenen Feststellung geradezu aufdrängt, werden aber auch die Regelungen über Akkreditierung und Zertifizierung nicht angesehen. Vielmehr seien diese ergänzungsbedürftig, trügen aber zumindest zur Bewirkung funktionaler Verfahrens-Äquivalenz bei.289 Auch das Konzept der „begleitenden Kontrolle“ nach einer erfolgten Akkreditierung bzw. Anerkennung wird jedoch skeptisch beurteilt: „Die mit dieser hyperselbstregulativen Konstruktion einhergehende Verantwortungsdiversifizierung wirkt sich schnell kontraproduktiv aus: Wo alle (mit-)verantwortlich sind, ist oft keiner verantwortlich“. Eine kontinuierliche Überwachung der Einhaltung der Akkreditierungsvoraussetzungen werde, so die Annahme, in der Praxis erhebliche Vollzugsprobleme aufwerfen.290 Um so wichtiger sei eine intensive und strenge Kontrolle bzw. Aufsicht.291 Dem Problem einer hinreichenden Aufsicht eng verwandt ist das Problem, wie der Staat reagieren kann (und muss), wenn die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den jeweiligen privaten Leistungsträger in der vorgesehenen Weise dauerhaft nicht gesichert ist. Hier müsse der Staat, so wird in der Literatur gefordert, entsprechende Vorsorge treffen. Denn in diesen Fällen lebe die unmittelbare Erfüllungsverantwortung des Staates wieder auf.292 Die „Rückfallebene“ eines staatlichen Selbsteintritts in die Aufgabenerfüllung bei mangelhafter Erledigung durch die Privaten kann allerdings nur dann gelingen, wenn der Staat dann noch zu einer entsprechenden Aufgabenerledigung in der Lage ist bzw. hierfür die erforderlichen Ressourcen bereithält. Sonst besteht die Gefahr, dass der Staat die Zusammenarbeit mit den Privaten schon deshalb nicht beenden kann, weil er „nicht notfalls aus 288

Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 329. Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 191. 290 Vgl. Voßkuhle in: Hoffman-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 328; vgl. auch Heintzen, S. 233: „. . . Begriffe wie Verantwortungsteilung oder kooperative Verwirklichung des Gemeinwohls haben zwar einen gewissen Charme, bergen aber auch Gefahren, indem sie Zuordnungen und damit Verantwortlichkeiten unklar machen können, die im Hinblick vor allem auf die demokratische Legitimation und auf die grundrechtlich-rechtsstaatliche Bindung der Staatsgewalt erforderlich sind“. 291 Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 327. 292 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 326. 289

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

dem Stand heraus in der Lage ist, die Aufgabe selbst zu erfüllen, was bei längerer Aufgabenabstinenz indes kaum zu erwarten ist.“293 d) Rechtliche Probleme der Qualitätssicherungsverfahren sowie der Systeme von Akkreditierung und Zertifizierung infolge materieller Privatisierung und Lösungsversuche In der Literatur wird nicht verkannt, dass der Wechsel des Staates aus der Erfüllungs- in die bloße Gewährleistungsverantwortung, wie er insbesondere bei Systemen der Qualitätssicherung bzw. bei Systemen der Akkreditierung und Zertifizierung zum Teil vorgenommen wird, eine ganze Reihe von Problemen zur Folge hat. Nicht selten leistet, wie in der Literatur hervorgehoben wird, „die vom Staat selbst bewirkte Übertragung bestimmter Aufgabenteile auf private Akteure der Verflüchtigung staatlicher Verantwortung Vorschub . . ., weil die disziplinierenden Vorgaben des Grundgesetzes für die staatliche Binnenorganisation nicht mehr unmittelbar greifen“.294 Die Probleme, so eine weitere Einschätzung, würden bei einer Rücknahme der staatlichen Verfahrensherrschaft, etwa durch Verfahrensprivatisierung, nicht nur andere, sondern zum Teil größere sein.295 Ein Kernproblem bestehe darin, „dass die vielfältigen Bindungen der Verfassung, die aus dem Erfordernis der demokratischen Legitimation, dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG), den Grundrechten und rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien resultieren, nur dort unmittelbare Wirkung entfalten, wo die jeweiligen Akteure Staatsgewalt ausüben. Dazu reicht es nicht aus, dass sie eine wichtige öffentliche Aufgabe wahrnehmen oder gesellschaftliche Macht nutzen, vielmehr muss ihr Handeln dem Staat jeweils als eigenes zugerechnet werden können“.296 Solange zumindest die staatliche Letztverantwortung für den Entscheidungsinhalt nicht in Frage gestellt werde, bleibe „die behördliche Handlungsmacht als Drohpotential verfügbar. Wird nun aber weitergegangen und die Problemlösung ganz oder teilweise privatautonomer Regelung überlassen, dann fehlt dieser Filter“.297 Die bei einigen Typen von Qualitätssicherungs- und Zertifizierungsverfahren bestehende „Freiwilligkeit“ der Teilnahme ist nach Ansicht der Lite293

Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 326. Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 298. 295 Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 319. 296 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 292 ff.; vgl. hierzu auch Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 179. 297 Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 320. 294

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ratur kaum geeignet, die fehlende unmittelbare Grundrechtsbindung der privaten Prüf- und Kontrollinstanzen auszugleichen. Zum einen zeige etwa das Produktsicherheitsrecht, dass die Zertifizierung von Produkten durchaus auch zwingende Voraussetzung für den Marktzutritt sein könne. Zum anderen dürfe nicht übersehen werden, dass aus der „formalen Freiwilligkeit“ schnell ein – durchaus intendierter – „faktischer Zwang“ werden könne – und zwar immer dann, wenn die Akzeptanz eines Unternehmens auf dem Markt wesentlich von der Durchführung eines Qualitätssicherungsverfahrens abhängig sei. Dies seien dann Fälle „freiwilligen Zwanges im Sinne ökonomischer Unentrinnbarkeit“. Auch hier sei aber die Eingriffsintensität in Bezug auf die Grundrechte der Betroffenen unverändert gegeben.298 Es sei daher Sache des Staates, allein bzw. im Zusammenwirken mit den jeweiligen gesellschaftlichen Kräften die notwendigen funktionalen Äquivalente auf der normativen Ebene des einfachen Rechts und/oder auf der Ebene administrativer Regulierung zu schaffen. Diese Probleme lassen sich, wie die betreffende Ansicht selbst zutreffend konstatiert, durch eine Beleihung der privaten Akteure vermeiden.299 Wolle man dennoch keine Beleihung, sei es gleichwohl Aufgabe „des Staates, allein bzw. im Zusammenwirken mit den jeweiligen gesellschaftlichen Kräften die notwendigen funktionalen Äquivalente auf der normativen Ebene des einfachen Rechts und/oder auf der Ebene administrativer Regulierung zu schaffen“, um diese Verluste an rechtsstaatlichen Garantien und Rechten auszugleichen.300 aa) Zwingendes Recht als Mittel der Re-Regulierung Mit dem dargelegten Zwang zur Regulierung der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ergibt sich ein weiteres Problem dieses neuen Verfahrenstyps: Da die Zertifizierungsstellen bei einer materiellen Privatisierung, wie ausgeführt, keine Beliehenen sind und zudem privatrechtliche Verträge mit ihren „Kunden“ bzw. den „Normadressaten“ abschließen, gleichzeitig aber die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Zertifizierungsstellen gesichert werden muss, bedarf es entsprechender gesetzlicher Vorgaben. Da der Staat gegenüber den Unternehmen, die einer Zertifizierungspflicht unterworfen werden, eine Schutzpflicht aus Art. 12 GG habe, müsse er, so eine in der Literatur verbreitete Ansicht, den Grundrechtsschutz durch Verfahren auch 298 299 300

Vgl. Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 327. Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 294. Vgl. Burgi in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., S. 179.

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bei einer Verfahrensprivatisierung gewährleisten. Folglich sei das Zertifizierungsverfahren „rechtsstaatlich vorkonturiert“: Die Zertifizierungsstellen hätten Beratungs-, Anhörungs-, Geheimhaltungs- und Begründungspflichten.301 Ein wichtiges Regulierungs- bzw. Steuerungsmittel für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die privaten Akteure und die Zertifizierungsstellen besteht demnach darin, dass für die zwischen ihnen und den Zertifizierungsnachfragern abzuschließenden Verträge zwingende gesetzliche Vorgaben geschaffen werden. Im Wege der Re-Regulierung werden, etwa aus Gründen „sozialstaatlicher Rücksichtnahmen“, die – grundsätzlich – in das Privatrecht entlassenen Rechtsverhältnisse im öffentlichen Interesse besonderen Bindungen unterworfen.302 Es handele sich, so wird in der Literatur ausgeführt, um Interventionen des Gesetzgebers zur Einengung der Privatautonomie, durch welche die „unterschiedlich orientierten Akteure“ formell „verzahnt“ würden.303 Diese Bindungen änderten, wie in der Literatur des Weiteren hervorgehoben wird, jedoch nichts an dem privatrechtlichen Charakter des Handelns der Vertragsparteien.304 Dies gelte auch, wenn in zentrale Elemente der Vertragsfreiheit, wie z. B. die Vereinbarung des Entgeltes für die Leistung, eingegriffen werde.305 Das zwingende Recht dient gleichsam als „normative Umhegung“ der privatrechtlichen Tätigkeit der privaten Sachverständigen und der Zertifizierungsstellen. Der eigentlich gewollten Privatisierung steht dann allerdings, wie unten noch auszuführen ist, ein umfassender Eingriff in das Privatrecht gegenüber. Je weitgehender diese Eingriffe in das Privatrecht sind, desto weniger bleibt vom postulierten Rückzug des Staates. bb) Re-Regulierung statt Deregulierung Damit ist ein weiteres, erhebliches Problem der neuen Verfahren angesprochen: der Befund, dass durch eine Deregulierung, mit der eigentlich eine Verringerung der Normen oder gar ein „Mehr an Freiheit“ erfolgen bzw. gestaltet werden soll, vielfach das Gegenteil bewirkt wird: Denn „die propagierte Deregulierung (führt) nicht selten zu einem Mehr an Normen und komplizierteren Regelungsstrukturen . . . Statt Deregulierung . . . geht es daher um eine Re-Regulierung oder Umregulierung“.306 Ein deutlicher Zu301 302 303 304 305 306

Vgl. Pünder in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 14, Rdnr. 54. Vgl. hierzu: Hoffmann-Riem, in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 288 ff. Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 290 f. Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 289. Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 290. Vgl. Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), S. 184 ff., 207.

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wachs an neutralitäts- und gemeinwohlsichernden Regelungen sowie eine weitere Ausdifferenzierung des Verwaltungsverfahrens seien aber der notwendige „Preis“ für diese Aufgabenverlagerung „in“ das Verwaltungsverfahren und auf private Akteure.307 Auf diesen Aspekt wird ebenfalls noch ausführlich einzugehen sein. An dieser Stelle mag der Hinweis genügen, dass der erhebliche, zusätzliche Normierungsbedarf für Verfahren der materiellen Privatisierung kaum mit dem Anliegen des Gesetzgebers vereinbar wäre, eine Vereinfachung und De-Regulierung eines (ehemaligen) Verwaltungsverfahrens zu erreichen. cc) Verwaltungsverfahrensrecht als „Auffangregelung“ Nicht selten fehlen normative Vorgaben für die Zertifizierungspraxis. Der Gesetzgeber hat in diesen Fällen – sofern eine materielle Privatisierung überhaupt gewollt ist – seine Regulierungsaufgabe nicht bzw. nicht hinreichend wahrgenommen. Fraglich ist, ob und welche Lösungsmöglichkeiten für solche Fälle existieren. In der Literatur wird vertreten, soweit es an ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben fehle, müssten verwaltungsverfahrensgesetzliche Regelungen analog angewendet werden. Das Verwaltungsrecht sei insoweit eine Auffangordnung, ein „Privatverwaltungsrecht“ entstehe.308 Mit der Idee der Auffangordnungen werde lediglich eine tatsächliche Entwicklung der Kooperation nachvollzogen und in einen Analyse- und Bewertungsrahmen eingefügt, „die in der Gesetzesrealität – offen oder verdeckt – längst existiert“.309 Durch die neuen Formen der Kooperation von Verwaltung und Privaten rückten auch das öffentliche Recht und das Privatrecht „insofern näher zusammen, als ihre Institute als funktionale Äquivalente und die Regime selbst als sich wechselseitig stützende und ergänzende Auffangordnungen genutzt“ würden.310 Es sei jeweils danach zu fragen, wie sich Regelungsbedürfnisse, die im Rahmen der einen Teilrechtsordnung nicht hinreichend befriedigt werden könnten, durch Rückgriff auf Gestaltungselemente der anderen Teilrechtsordnung erfüllen ließen. Bei den Auffangvorgängen müsse es gleichwohl darum gehen, „gerade die Unterschiedlichkeit der Instrumente der beiden Rechtsordnungen zu wahren und durch einen bewussten Ausbau ihrer komplexen Strukturen die Problemlösungsfähigkeit des 307 Vgl. S. 343 f. 308 Vgl. 309 Vgl. 310 Vgl.

Voßkuhle in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.): VerwVerf., Pünder in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 14, Rdnr. 54. Schmidt-Aßmann, 6. Kap., Rdnr. 30. Schmidt-Aßmann, 6. Kap., Rdnr. 29.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Rechtssystems insgesamt zu erhöhen. Es gilt das Gesetz möglichst weitgehenden Erhalts von Eigenrationalität“.311 Dieser Ansatz wird in der Literatur allerdings skeptisch beurteilt: Es wird eingewandt, „angesichts der neuen Welle einer Instrumentalisierung privater Handlungstypen, privatrechtlicher Organisationsformen und Instrumente zur Aufgabenerfüllung“ drohe ein „Wildwuchs zu entstehen, der außer acht lässt, dass die Teilrechtsordnungen“, also das öffentliche Recht und das Privatrecht, „auf unterschiedlichen Handlungsrationalitäten aufbauen“. Zudem erscheine die Idee des öffentlichen Rechts als „Auffangordnung“ nach erfolgter materieller Privatisierung „um so problematischer, als die Wahl der einen oder anderen Handlungsform erhebliche Konsequenzen für den Grundrechts-, insbesondere Verfahrensschutz, für die Maßgeblichkeit staatlicher Zielvorgaben, für die Beteiligungsmöglichkeiten, für Rechtsschutz u. a. und damit insgesamt für die inhaltliche Qualität der Problemlösung“ habe.312 Der „Systemwechsel“ werde noch dadurch verschärft, dass den privatrechtlich organisierten bzw. handelnden Akteuren öffentlichrechtliche Bindungen so auferlegt werden, als wären sie staatliche Akteure, oder wenn den privaten Akteuren finanzielle Risiken vom Staat abgenommen werden. Die Folge dieser Probleme seien Ausweichkonstruktionen, die letztlich zu einem Re-Regulierungsbedarf im öffentlichen Recht führten.313 Dieser Aspekt wird gleichfalls unten noch eingehend erörtert. Tatsächlich besteht die Gefahr, dass mit Hilfe der Idee des Verwaltungsverfahrensrechts als „Auffangrechtsordnung“ auch Verfahren einer materiellen Privatisierung zugeführt werden, die mangels entsprechender gesetzgeberischer Entscheidung und Normierung diesem neuen Verfahrenstyp nicht zugeordnet werden können. Zudem erscheint ein Konzept einer „Privatisierung“ zumindest fraglich, das gezwungen ist, auf Regelungen des öffentlichen Rechts gleichsam hilfsweise bzw. im Wege der Analogie zurückzugreifen, weil hinreichende Regelungen des Privatrechts fehlen. Grundvoraussetzung der Analogie ist schließlich die Vergleichbarkeit. Öffentliches Recht und Privatrecht unterscheiden sich allerdings grundlegend. dd) Beleihung als „sichere“ Lösung Erstaunlich ist, dass gerade eine Literaturstimme, die als eine der ersten und grundlegend den Wechsel des Staates aus der Erfüllungs- in die Gewährleistungsverantwortung und die Übertragung staatlicher Aufgaben auf 311 312 313

Vgl. Schmidt-Aßmann, 6. Kap., Rdnr. 30. Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 330. Vgl. Hoffmann-Riem in: ders./Schmidt-Aßmann (Hrsg.): ÖR, S. 331.

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Private im Wege der Schaffung von Systemen der regulierten Selbstregulierung positiv beurteilt hat, angesichts der doch erheblichen und in weiten Teilen nicht zufriedenstellend gelösten Probleme auf eine Lösung verweist, die „altbekannt“ ist – auf das Institut der Beleihung: „Ihre – trotz verbleibender Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall – unverminderte Praxistauglichkeit lässt sich gerade anhand der Beleihung anschaulich demonstrieren, die wie Phönix aus der Asche zum neuen Hoffnungsträger für die dogmatische Bewältigung staatlich-gesellschaftlicher Kooperation aufgestiegen ist. Der Grund für diese Entwicklung dürfte die gelungene Verschmelzung von privatem Status und staatlicher Funktion sein, die eine Nutzbarmachung privater Ressourcen erlaubt, ohne auf hoheitliche Handlungsbefugnisse und Einflussmöglichkeiten sowie eindeutige Zuordnungen innerhalb der herkömmlichen verfassungsrechtlichen Systemzäsuren verzichten zu müssen“.314 Diese Einschätzung wird bei der noch vorzunehmenden endgültigen Entscheidung, ob das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV als Beleihung oder als Fall der materiellen Privatisierung anzusehen ist, zu berücksichtigen sein.

3. Die Einzelheiten des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells bzw. des Verifikateur-Modells a) Das „Funktions- und Steuerungskonzept“ des Verifikateurs und der privatrechtliche Vertrag zwischen Zertifizierungsstelle bzw. Sachverständigen und Normadressat als Steuerungsinstrument Nach Darstellung des verwaltungsrechtlichen Kontextes des VerifikateurModells ist nun zunächst die Frage der Lenkung bzw. Steuerung des privaten Sachverständigen bzw. Verifikateurs näher zu betrachten: Der Gesetzgeber habe sich nach Ansicht der Lehre vom privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell „durch die Beteiligung eines Verifikateurs vom Steuerungskonzept der behördlichen Verfahrens- und Letztentscheidungsverantwortung und vom Organisationsmodus der Beleihung beim Vollzug des materiellen Normprogramms durch private Sachverständige verabschiedet. Beim Verifikateur instrumentalisiert der Gesetzgeber die Eigenlogik des Privatrechts zur Erreichung und vor allem aufgrund der Ga314 Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 300 f.; Heintzen, S. 259: bewährtes Rechtsinstitut.

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rantiefunktion der jeweiligen Sachverständigenbeteiligung zur Gewährleistung von Gemeinwohlzielen“.315 Hierzu bedient sich der Gesetzgeber verschiedener Steuerungs- und Kontrollinstrumente: Die Gemeinwohlorientierung der privaten Sachverständigentätigkeit lässt sich nach der betreffenden Ansicht dauerhaft nur durch eine Sachverständigenaufsicht sicherstellen. Dabei stehe es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, wie er eine staatliche Aufsicht organisiere. Beim privaten Sachverständigen in Garantiefunktion genüge der Gesetzgeber seiner Gewährleistungsverantwortung aber im Regelfall nur, wenn er schon präventiv die Qualität und Vertrauenswürdigkeit aller Marktteilnehmer überprüfe. Der Staat könne sich nicht wie im Gewerberecht auf die Funktionsfähigkeit einer freiwilligen privatrechtlichen Zertifizierung, einer Anzeige bei der Sachverständigenaufsicht und/oder einer nachträglichen Tätigkeitsuntersagung verlassen. Die präventive Aufsicht durch einen Anerkennungs- bzw. Zulassungs- oder Akkreditierungsvorbehalt für die Aufnahme der Tätigkeit als Verifikateur sei damit das zentrale Regulierungsinstrument für das private Sachverständigen-Vollzugsmodell.316 Wesentliche Elemente seien gesetzliche Regelungen zur Sicherung der notwendigen sachlichen Qualifikation und Unabhängigkeit der Verifikateure.317 Weiteres Element der Steuerung der Sachverständigentätigkeit ist der Vertrag zwischen dem Sachverständigen und den Nachfragern von Zertifizierungsleistungen. Der „verifizierende“ Sachverständige erbringe „eine staatlich geforderte oder induzierte Sachverständigenleistung unter Marktbedingungen, unabhängig davon, ob der Marktzugang bspw. einem Anerkennungsverfahren unterliegt“. Der Auftraggeber eines Verifikateurs sei immer nur der jeweilige Normadressat. Dieser könne aus dem Kreis der begutachtungsbefugten privaten Sachverständigen einen Anbieter seiner Wahl mit der Begutachtung beauftragen. Mit dieser Auswahlfreiheit korrespondiere allerdings kein Kontrahierungszwang des Verifikateurs. Die anschließende Prüftätigkeit des Verifikateurs vollziehe sich auf einer vertraglichen Grundlage. Diese richte sich ausschließlich nach Privatrecht.318 Diesem privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Sachverständigen bzw. der Zertifizierungsstelle und dem Normadressaten kommt im Rahmen des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells eine herausragende Bedeutung zu. Der Verifikateurvertrag wird zum zentralen Instrument der Steuerung der Sachverständigentätigkeit erklärt:319 315 316 317 318

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S.

315. 338 f. 337. 316.

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Die staatliche Regulierung des Begutachtungsgegenstandes erlange „als maßgeblicher Begutachtungsmaßstab ihre Rechtsverbindlichkeit und damit ihre Steuerungskraft im Rahmen des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells erst durch die Implementierung in den jeweiligen Begutachtungsvertrag. Der Vertrag legt des Weiteren rechtsverbindlich den konkret zu begutachtenden Gegenstand sowie die Begutachtungsbedingungen und das Begutachtungsverfahren fest. Das materielle öffentliche Recht ist beim Abschluss des Verifikateurvertrags von beiden Seiten einzuhalten“.320 Dieser letztgenannte Gesichtspunkt hat für das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Sachverständigen und Normadressaten nach diesem Modell erhebliche Auswirkungen. Denn Gegenstand und Inhalt der Verträge können, entgegen den zivilrechtlichen Grundsätzen der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit, auf die unten noch ausführlich einzugehen ist, nicht frei bestimmt bzw. geregelt werden. Die Privatautonomie werde vielmehr, so die weitere Begründung der betreffenden Auffassung, im Rahmen einer Verifikateurbeteiligung modifiziert. Die Maßstäbe der Begutachtung sowie in Abhängigkeit vom Umfang der staatlichen Regulierung auch die Durchführung der Begutachtung seien infolge der Einbindung des privaten Sachverständigen in den Vollzug eines öffentlich-rechtlichen Normprogramms in dessen Garantiefunktion gesetzlich vorgegeben und der individuellen Disposition verschlossen.321 Der Vertrag bestimme zudem die privatrechtlichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner während der Begutachtung. Der Verifikateur sei demnach insbesondere an die Reichweite der sich aus dem Vertrag ergebenden Ermittlungsberechtigung gebunden.322 Vor allem ergebe sich die Berechtigung zur Durchführung der Kontrolle und zur Ausführung der erforderlichen Kontrollmaßnahmen für den zertifizierenden Sachverständigen alleine aus dem privatrechtlichen Vertrag.323 Der privatrechtliche Zertifizierungsvertrag begründe ein privates, auf Dauer angelegtes Überwachungssystem. Er sei auf die Erteilung eines konformitätsbestätigenden Zertifikats, teilweise in Kombination mit der Erteilung des Zertifizierungszeichens, gerichtet – allerdings immer unter der Voraussetzung der Einhaltung der Zertifizierungsregeln.324 Ferner enthalte er die Vereinbarung einer periodischen Prüfpflicht. Ein Dauerrechtsverhältnis zwischen dem privaten Sachverständigen und dem Normadressaten entstehe 319 320 321 322 323 324

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S. S.

319 u. 321. 319. 320. 320. 321. 321.

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damit jedoch nicht. Allenfalls könne sich eine dauerhafte Geschäftsbeziehung entwickeln. Die Sachverständigenbescheinigung erzeuge hier die Konformitätswirkung bis zum nächsten Prüfungstermin. Danach habe sie sich erledigt. Der Sachverständigenvertrag müsse insoweit auch keine Regelungen über eine Sanktion oder zur Rücknahme des Zertifikates enthalten.325 Aus dem Vertrag ergibt sich für den Normadressaten auch der für ihn wichtigste Anspruch gegen den Sachverständigen: Wenn das Prüfverfahren positiv ausfällt, besteht für den Normadressaten als Vertragspartner des Sachverständigen ein privatrechtlicher Anspruch auf Erteilung des Zertifikats.326 Ein negatives Prüfungsergebnis führt nach diesem Modell dagegen zu dem Recht des Zertifizierers, das Zertifikat zurückzunehmen und dessen zukünftige Verwendung zu untersagen. Die Entziehung des Zertifikates erfolge „damit wiederum alleine auf der Grundlage der in den Vertrag ausdrücklich oder schlüssig implementierten Vertragsbestimmungen, denen sich der Normadressat mit Vertragsabschluss unterworfen hat. Der Entzug wird regelmäßig mit einer zivilrechtlichen Kündigung des Dauerschuldverhältnisses verbunden sein“.327 Die Eingriffsrichtung der Maßnahme dürfe, so die weitere Begründung dieser Ansicht, hierbei nicht zum Anlass genommen werden, die Handlung der Zertifizierungsstelle dem öffentlichen Recht zu unterstellen. Vielmehr müsse die Funktionslogik des privatrechtlichen Zertifizierungssystems zur Kenntnis genommen und akzeptiert werden. Den notwendigen Schutz des Normadressaten stelle das AGB-Recht oder das auf den Grundsätzen von Treu und Glauben beruhende Institut der zivilrechtlichen (Vertrags-)Inhaltskontrolle zur Verfügung.328 Zentrales Regelungsinstrument in einem privaten Zertifizierungssystem sind nach der betreffenden Ansicht schließlich die Zertifizierungsbedingungen des Zertifizierungsanbieters, die zum Teil auch als allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen werden könnten. „Die Zertifizierungsbedingungen konstituieren das private Zertifizierungssystem und binden den Zertifikatsnachfrager an die Zertifizierungsnormen. Die Zertifizierungsbedingungen sind folglich bei einem vom Gesetzgeber als privates Sachverständigen-Vollzugsmodell aufgegriffenen privaten Zertifizierungssystem das maßgebliche Instrumentarium zur dauerhaften privatrechtlichen Umsetzung des öffentlich-rechtlichen Normprogramms“.329 325 326 327 328 329

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

321, FN 926. 322. 323. 323 f. 321 f.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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b) Aufsicht über die bzw. Kontrolle der Verifikateure im System des privaten Sachverständigen-Vollzuges Die Frage, ob und ggfls. wie die Aufsicht über bzw. die Kontrolle der privaten Sachverständigen bzw. Verifikateure erfolgt, ist von herausragender Bedeutung. Der Verzicht auf eine staatliche Präventivkontrolle der nunmehr nach dem betreffenden Modell rein privatrechtlich tätigen Sachverständigen bzw. Zertifizierungsstellen vermindert – ebenso wie oben für die neuen Qualitätssicherungsverfahren ausgeführt – nicht etwa die Anforderungen an Kontrolle und Aufsicht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung. Im Gegenteil: Die Bedeutung staatlicher Kontrolle und Regulierung nimmt zu. Entsprechend zählt die betreffende Ansicht zum „abstrakten Ausgestaltungsprogramm des Verifikateurs“ vor allem eine materielle Regulierung der privaten Sachverständigentätigkeit und eine Sachverständigenaufsicht.330 Ohne solche Regelungen wäre auch nicht ersichtlich, wie ein ordnungsgemäßes Funktionieren des privaten Sachverständigen-Vollzugssystems gesichert sein sollte. Diese Problematik wird von der Lehre des privaten SachverständigenVollzugsmodells auch erkannt, denn jeder staatliche Rückzug aus einer präventiven Kontrolle eines Überwachungsgegenstandes trage „das Risiko in sich, dass die behördliche Informationsbasis über die Regelungsgegenstände nicht nur anfänglich verarmt, sondern darüber hinaus selbst bei einer erhöhten – mitunter aber illusorischen – repressiven Überwachungsintensität kaum mehr ein vergleichbares Niveau erreichen kann“.331 Auch beim nicht beliehenen privaten Sachverständigen in Garantiefunktion wird es folglich als „Pflichtaufgabe“ des Gesetzgebers angesehen, die Sachverständigenbeteiligung konkret auszugestalten. Denn das in der Garantiefunktion des privaten Sachverständigen zum Ausdruck kommende Vertrauen in die Leistungsfähigkeit bzw. Gemeinwohlfähigkeit eines privaten Kontrollsystems könne sich nur einstellen, wenn dieses System funktioniere. Der Gesetzgeber habe daher sicherzustellen, dass „mit Hilfe der einbezogenen Selbstregulierungskräfte die angestrebten Gemeinwohlziele wirksam erreicht werden, indem er den Risiken der marktförmigen Koordination instrumentell begegnet. . . . Unter der Determinante der Gewährleistungsverantwortung kann sich der Staat eben nicht ohne weiteres auf die Selbstregulierung des Sachverständigenmarktes durch den Allokationsfaktor Reputation verlassen“.332 Die gesetzgeberische Leitung der privaten Sach330 331 332

Vgl. Scholl, S. 336. Vgl. Scholl, S. 288. Vgl. Scholl, S. 335 f.

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verständigentätigkeit zur Absicherung der Gemeinwohlfähigkeit des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells sei „unverzichtbar“.333 Welche Lösung, welche Kompensation für den weitreichenden Wegfall staatlicher Prüfung bzw. Kontrolle bietet das private Sachverständigen-Vollzugsmodell insoweit an? Der Gesetzgeber verfolgt nach Ansicht der Lehre vom Verifikateur-Modell in den betreffenden Fällen ein indirektes Vollzugskontrollkonzept, das im Sinne einer „Strategie des verlängerten Armes“ auf die gesetzlich gelenkte private Kontrolltätigkeit setze.334 Mit der gesetzlichen Einführung einer vollständigen Substitution finde eine unmittelbare behördliche Überwachung der Normgegenstände überhaupt nicht mehr statt. Die Konformität der Normgegenstände werde ausschließlich im Rahmen eines Systems der Verifikateurüberwachung überprüft. Die zuständige Verwaltungsbehörde fungiere nur noch als formale Kontrollinstanz. Sie kontrolliere nur, ob die Normadressaten sich an dem privaten Kontrollsystem beteiligten und setze die Beteiligung eines Normadressaten erforderlichenfalls direkt über eine vollstreckbare Anordnung oder indirekt mittels einer Verbotsverfügung bezogen auf den Überwachungsgegenstand durch. Ferner komme ein behördliches Einschreiten gegen den Normadressaten zur Ausräumung einer durch den Verifikateur festgestellten Normwidrigkeit in Betracht.335 Zumindest die behördliche Teilnahmeaufsicht ist auch nach diesem Konzept wegen der fehlenden Durchsetzungsmacht des Verifikateurs unverzichtbar. Eine eigene Befugnis der Behörden zur Begutachtung des Normgegenstandes bestehe dagegen z. B. nur noch für den Fall einer Gefahrenlage aufgrund der jeweiligen polizeirechtlichen Generalklauseln.336 Im Kern basiert das private Sachverständigen-Vollzugsmodell auf der Idee von der – so jedenfalls der Anspruch – qualitätsabsichernden „Kontrolle der Kontrolleure“ als regulativen Leitprinzip.337 Der Staat ziehe sich durch eine Verifikateurbeteiligung nicht aus seiner Verantwortung zurück. „Der Staat dankt nicht ab. Er geht unter Verzicht auf die Eigenerledigung in den Erfüllungsmodus des „Enabling“ über. In der Verwaltungswissenschaft wird diese Rochade des Staates durch die einpräg333 Vgl. Scholl, S. 338, allerdings mit der nicht näher erläuterten Einschränkung: „mitunter unverzichtbar“. 334 Vgl. Scholl, S. 301. 335 Vgl. Scholl, S. 303 f. 336 Vgl. Scholl, S. 304. 337 Vgl. Scholl, S. 324.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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same Formel des staatlichen Rückzugs aus der Erfüllungsverantwortung und den Übergang in die Gewährleistungsverantwortung beschrieben“.338 Die Beteiligung von Verifikateuren habe demnach keinen Verfall des Normvollzuges zur Folge, denn den Staat treffe eine uneingeschränkte Gewährleistungsverantwortung, wenn er sich aus der Erfüllungsverantwortung zurückziehe. Die in dieser Regulierungsverantwortung zum Ausdruck kommende Aufforderung zur materiellen Lenkung und Aufsicht sei dem Verifikateur, da er auf dem Konzept der Kontrolle der Kontrolleure aufbaue, immanent.339 Die verbleibende Gewährleistungsverantwortung des Gesetzgebers sei fortan darauf gerichtet, innerhalb der Regelungsstruktur einer Verifikateurbeteiligung durch geeignete Regulierungsinstrumente die Einhaltung der Gemeinwohlziele bei privater Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Die gesetzliche Regulierung sei Voraussetzung und Grund des staatlichen Rollenwechsels und seines Vertrauens in die Verifikateurbeteiligung und damit die Kehrseite der Abrufung der Garantiefunktion des privaten Sachverständigen. Die gesetzgeberische Sachverständigenregulierung sei folglich bei jeder Sachverständigenbeteiligung des Typs Verifikateur konstitutiv. Im Gegensatz zum beliehenen Sachverständigen vollziehe sich die Regulierungsaufsicht des Gesetzgebers aber nicht mehr mit dem Instrument der Beleihung. Vielmehr wirke der Gesetzgeber strukturierend und beaufsichtigend auf die Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Verifikateurtätigkeit ein. Die staatliche Regulierung unterfalle fortan dem „Regulierungsverwaltungsrecht“ bzw. dem „Gewährleistungsverwaltungsrecht“.340 Um dieser (auch) nach diesem Modell beim Staat verbliebenen Gewährleistungsverantwortung nachkommen zu können, muss der Staat aber über entsprechende Eingriffsmöglichkeiten verfügen. Die Lehre von der Verifikateurbeteiligung thematisiert insbesondere die Möglichkeit einer „Fehlerkorrektur“ durch die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde bei „defizitärer“ Tätigkeit des Sachverständigen als „Korrekturinstanz“ im Rahmen einer sog. behördlichen Auffangverantwortung.341 Zunächst wird auf die Möglichkeit eines unbeschränkten behördlichen Auffangnetzes verwiesen, das aus der allgemeinen Zuständigkeit für die Aufgabe der Gefahrenabwehr folge.342 In einigen, aber eben längst nicht allen Varianten einer Verifikateurbeteiligung sei zudem „strukturbedingt ein 338 339 340 341 342

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

324 f. 331. 325 f. 326. 326.

346

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

behördliches Auffangnetz für Falschbegutachtungen“ gegeben.343 Die behördliche repressive Überwachungstätigkeit könne bei materiell rechtswidrigen Regelungsgegenständen jederzeit nachträglich korrigierend eingreifen und das Schutzziel des öffentlich-rechtlichen Normenprogramms verwirklichen.344 Auch dann gelte aber, dass nach dem System eines privaten Sachverständigenvollzuges ein Vollzugsdefizit und damit ein partielles Versagen des Auffangnetzes nicht zu vermeiden seien.345 Zur Begründung wird ausgeführt, solche „Auffangnetze“ seien dem Typus des Verifikateurs „inhärent“.346 Ein behördliches Auffangnetz sei „bei der vollständigen Substitution und vor allem bei den auf Selbstreflexion aufbauenden indirekten Steuerungsinstrumenten im Grundsatz nicht“ gegeben.347 Der Gesetzgeber sei vielmehr „zur Verhinderung von Doppelprüfungen und damit zur Sicherung der Kosteneffizienz oder Akzeptanz einer Verifikateurbeteiligungsstrategie mitunter angehalten, die behördliche Befolgungskontrolle einzuschränken, insbesondere, wenn der Verifikateur die Vor- und Nachmarktkontrolle im Rahmen eines dauerhaften Zertifizierungssystems“ ausübe.348 Gerade bei den – für die vorliegende Untersuchung relevanten – Zertifizierungssystemen obliege der öffentlichen Verwaltung deshalb lediglich die Aufgabe der Teilnahme- und Zertifikatskontrolle. Sie habe „rechtswidrig erteilte Zertifikate, d.h. solche, die entweder gefälscht oder durch einen Sachverständigen erteilt wurden, der die normalen Voraussetzungen der Begutachtung (z. B. eine staatliche Anerkennung) nicht erfüllt, aufzuspüren und eine Neuzertifizierung anzuordnen oder ein Verbot auszusprechen“.349 Dagegen könne die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde korrigierende Anordnungen gegenüber dem Verifikateur nur auf der Grundlage einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung erlassen.350 Insbesondere bestehe keine allgemeine Berechtigung der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde zur unmittelbaren Kassation bzw. Entwertung einer Sachverständigenbescheinigung. Die behördliche Bescheinigungsverwerfung stelle einen Eingriff in das private Sachverständigen-Vollzugsmodell dar und erfordere gleichfalls eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Zuständig für die Korrektur einer fehlerhaften Sachverständigentätigkeit sei unmittelbar nur der private 343 344 345 346 347 348 349 350

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S. S. S. S.

326. 327. 327. 326. 328. 327. 328. 328 f.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

347

Sachverständige selbst. Eine Pflicht zur Korrektur könne nur durch eine Maßnahme der Sachverständigenaufsicht begründet werden.351 Dagegen bestehe gerade nicht die Möglichkeit einer behördlichen Ersatzzuständigkeit. Die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde könne daher nicht als Ersatzbzw. Widerspruchsinstanz eine Sachverständigenbescheinigung anstelle des Verifikateurs erteilen.352 Die schlichte Konzentration auf das Instrument der Anerkennung reicht auch nach dem privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell allerdings nicht aus, um ein funktionsfähiges, auf hohem Niveau operationalisierendes privates Vollzugssystem dauerhaft zu gewährleisten, da der Verifikateur seine Dienstleistung unter Marktbedingungen anbiete. Nur staatliche Begleitkontrollen könnten „ein Gegengewicht gegen den werthaltigkeitsgefährdenden Kostensenkungs- und Nachfragererwartungsdruck auf einem Sachverständigenmarkt aufbauen. Die Garantiefunktion des privaten Sachverständigen verlangt auch hier vom Gesetzgeber die Etablierung einer funktionsfähigen und qualitätsabsichernden Sachverständigenaufsicht. Die Intensität der Aufsicht wird vom Risiko eines Marktversagens und dessen Auswirkungen auf geschützte Rechtspositionen dirigiert. Die staatlichen Schutzpflichten kommen hier voll zur Entfaltung“.353 Einzige verbliebene „Reaktionsinstanz“ ist nach diesem Modell folglich die Sachverständigenaufsicht. Nach diesem Modell kann die Sachverständigenaufsicht allerdings nur „indirekt“ über entsprechende Aufsichtsmaßnahmen gegenüber dem Sachverständigen bei rechtswidrig erteilten oder versagten Zertifikaten tätig werden – und das auch nur bei entsprechenden gesetzlichen Eingriffsermächtigungen. „Insoweit kommt es also zu einem vollkommenen informatorischen Defizit auf Seiten der Verwaltungsbehörden über die Überwachungslage und unter Umständen auch zu einem Verlust an Sachverstand oder zumindest an Routine, weshalb sich dieses Beteiligungskonzept nur für diejenigen Überwachungsgegenstände eignet, bei denen eine Reduzierung des behördlichen Auffangnetzes bis zur Grenze der Gefahrenabwehr hinnehmbar ist, also bei Normgegenständen, die keine besondere Gefahrenlage verursachen oder kein bestimmtes oder gar notwendiges Schutzziel beeinträchtigen können“.354

351 352 353 354

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S.

329. 329. 339. 304, FN 836.

348

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

c) Die Tätigkeit des beliehenen Sachverständigen als Gegenstück zum Verfikateur Die betreffende Ansicht entwickelt ihr „privates Sachverständigen-Vollzugsmodell“ in ausdrücklicher und strikter Abgrenzung und als Gegenstück zum beliehenen Sachverständigen, schon weil die Zuordnung zu einem der beiden Sachverständigentypen durch den damit verbundenen Wechsel des Rechtsregimes fundamentale Rechtsfolgen habe: Der beliehene Sachverständige sei grundrechtsgebunden und unterliege – unter anderem – dem die Privatautonomie verdrängenden Gebührenprinzip.355 Entscheidend ist daher die Frage, wie und wodurch der beliehene Sachverständige konkret vom Verifikateur zu unterscheiden ist. Hierzu stellt die Ansicht, die das private Sachverständigen-Vollzugsmodell postuliert, zunächst fest, der Verifikateur werde in der Rechtswissenschaft bisher häufig nur negativ unter Berücksichtigung der Beleihungstheorien und der Beleihungsrechtsprechung vom beliehenen Sachverständigen abgegrenzt. Die „gesetzgeberische Regulierungsstrategie“ werde dabei aber nicht einbezogen.356 „Positive Konturen“ erhalte der Verifikateur jedoch „aus der Veranlassungsbeziehung zum Normadressaten, dem privatrechtlichen Leistungsaustausch unter Marktbedingungen und vor allem konstitutiv aus seiner Garantiefunktion innerhalb eines auf Selbstregulierung aufbauenden staatlichen Regulierungsansatzes, der den privaten Sachverständigen gerade anstatt einer öffentlich-rechtlichen Überwachungstätigkeit“ aufgreife. Der beliehene Sachverständige und der Verifikateur stünden „auf festen, in entgegengesetztem Zusammenhang stehenden Fundamenten“. Für den Verifikateur spreche dabei „nicht nur lediglich eine Vermutung, sondern eine eigene typusprägende Beteiligungsstruktur für die Zuordnung in den privaten Bereich“.357 Diese und weitere, sogleich noch zu erörternde, Unterscheidungskriterien gilt es zu überprüfen. Nur wenn der Verifikateur tatsächlich klar und eindeutig vom beliehenen Sachverständigen zu unterscheiden wäre, wäre die rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen nach der AZWV anhand dieser Kriterien zu untersuchen und könnte eine Einordnung anhand dieser Kriterien zu dem Ergebnis führen, dass vorliegend doch keine Beleihung, sondern ein Fall des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells gegeben wäre. Eine solche Zuordnung begegnet aber auch nach Ansicht der Lehre vom Verifikateur nicht unerheblichen Schwierigkeiten gerade in den Fällen, 355

Vgl. Scholl, S. 342, der a. a. O. allerdings diese Eigenschaften – offensichtlich irrtümlich und unzutreffend – dem „privaten“ Sachverständigen zuschreibt. 356 Vgl. Scholl, S. 283. 357 Vgl. Scholl, S. 284.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

349

„in denen der Gesetzgeber die typusprägende Beteiligungsstruktur nicht aufdeckt“.358 aa) Die rechtliche Stellung des Beliehenen aus Sicht des Verifikateurmodells Zunächst ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Beleihung von Sachverständigen von der besagten Ansicht zutreffend dargestellt werden. Nur bei einem zutreffenden Verständnis von Beleihung kann eine Abgrenzung und die Konstruktion eines neuen Verfahrenstyps als Gegenstück zur Beleihung gelingen. Der beliehene Sachverständige wird von der betreffenden Auffassung als privater Sachverständiger in einer öffentlich-rechtlich organisierten „Garantiefunktion“ beschrieben.359 Bei beliehenen Sachverständigen gebe es vier miteinander kombinierbare, typusprägende Beteiligungsbausteine, von denen der erste eine öffentlich-rechtliche Begutachtungs- und Entscheidungskompetenz des Sachverständigen sei. Hier werde das öffentlich-rechtliche Normprogramm vollzogen, indem der private Sachverständige ohne Beteiligung einer Verwaltungsbehörde eine staatliche Genehmigung oder eine sonstige öffentlich-rechtliche Berechtigung, bspw. eine Verbots- oder Untersagungsanordnung bei festgestellter Rechtswidrigkeit des Regelungsgegenstandes erlasse bzw. erteile.360 Insbesondere könne der Gesetzgeber in diesen Fällen neben der Verfahrensherrschaft auch noch die sog. Letztentscheidungskompetenz auf den privaten Sachverständigen delegieren. Die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde habe daraufhin weder die Kompetenz zum Eintritt in den Begutachtungsvorgang noch könne sie bei dieser umfassenden Delegation die Sachverständigentätigkeit auf der Rezeptionsebene kontrollieren.361 Der Gesetzgeber ersetze in diesen Fällen den öffentlich-rechtlichen Zulassungsakt vollständig oder in Teilen durch einen öffentlichrechtlichen Akt des beliehenen Sachverständigen. Die „ausdrückliche“ Beleihung sei daher eine gesetzgeberische „Abkehr“ vom Sachverständigentyp des Verifikateurs.362 So richtig die Feststellung ist, dass bei einer ausdrücklichen Beleihung kein „privates Sachverständigen-Vollzugsmodell“ vorliegen kann, so fraglich ist es, ob das Merkmal der „Ausdrücklichkeit“ der Beleihung als gene358 359 360 361 362

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

340. 244 ff. 251. 245. 251 f.

350

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

relles Abgrenzungsmerkmal zum neuen Verfahrenstyp der „Verifizierung“ taugt. Die Betonung der „Ausdrücklichkeit“ der Beleihung und eine vermeintliche „Abkehr“ des Gesetzgebers vom Sachverständigentyp des Verifikateurs verdeutlicht zwei zentrale, grundlegende Thesen, die die gesamte Theorie vom Sachverständigentyp des Verifikateurs prägen: Zum einen sei die Beleihung die Ausnahme, der ausschließlich privatrechtlich handelnde Verifikateur sei die Regel. Zum anderen müsse eine Beleihung grundsätzlich ausdrücklich erfolgen. Sei dies nicht der Fall, bleibe es beim „Regelfall“ des ausschließlich privatrechtlich tätigen Sachverständigen – des Verifikateurs. Diese beiden Thesen werden insbesondere auch für den Bereich von sog. Konformitätsbescheinigungen im Rahmen von Zertifizierungsverfahren durch Sachverständige von der betreffenden Meinung vertreten: Auch hier seien die privaten Sachverständigen „grundsätzlich keine beliehenen Sachverständigen. Eine Beleihung liegt vielmehr nur vor, wenn der Gesetzgeber den normativen Sachverständigen ausdrücklich zum Beliehenen bestimmt und den Verifikateur entgegen der Strategie des staatlichen Kontrollverzichts in den beliehenen Sachverständigen umwandelt“.363 Auch die öffentlich-rechtliche Pflicht des Normadressaten zur Teilnahme an einem Zertifizierungssystem, also der Vorbehalt der Sachverständigenbescheinigung, habe nicht die Beleihung des privaten Sachverständigen zur Folge. Vielmehr setze der gesetzgeberische Verfahrens-, Entscheidungs- oder Prüfungsverzicht, also der Wechsel von der staatlichen Erfüllungs- zur Gewährleistungsverantwortung, einer „ausufernden Beleihungsdogmatik unüberwindbare Grenzen“. Nur eine ausdrückliche gesetzliche Beleihung könne die – vermeintlich – originäre Verifikateurbeteiligung in das Rechtsinstitut der Beleihung überführen.364 Eng verbunden mit der Frage, ob eine Beleihung stets ausdrücklich erfolgen muss, ist die Frage, durch welchen Anerkennungsakt die Beleihung erfolgt. Nach Ansicht der Lehre vom Verifikateur-Modell besagt jedenfalls der Umstand einer amtlichen oder staatlichen Anerkennung des Sachverständigen nichts über eine Beleihung. Die amtliche bzw. staatliche Anerkennung sei im Sachverständigenrecht vielmehr ein „typenübergreifender Rechtskonkretisierungsakt. Dieser Natur der Anerkennung folgend wird dem privaten Sachverständigen durch einen behördlichen Anerkennungsakt daher keine öffentlich-rechtliche Begutachtungskompetenz verliehen“.365 363 364 365

Vgl. Scholl, S. 291 f. Vgl. Scholl, S. 348. Vgl. Scholl, S. 271.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

351

Kann man dieser Aussage wegen ihrer Allgemeinheit bzw. wegen des Abstellens auf den jeweiligen Einzelfall noch problemlos zustimmen, gelingt dies bei der Folgerung des betreffenden Erklärungsansatzes nicht mehr. Denn es wird weiter ausgeführt, „alleine der Gesetzgeber“ beantworte die Frage einer möglichen Beleihung „im Wege der Beleihung des anerkannten Sachverständigen durch Gesetz“366 bzw. durch eine „ausdrückliche gesetzliche Beleihung“.367 Das ist unzutreffend. Oben wurde eingehend dargelegt, dass nach heute wohl einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung eine Beleihung auch aufgrund eines Gesetzes erfolgen kann, also eben nicht stets „durch Gesetz“ erfolgen muss.368 Das Modell vom privaten Sachverständigen-Vollzug beruht also bereits insoweit auf einem unzutreffenden Verständnis der Beleihungsdogmatik. Hinzu kommt die Auffassung, eine Beleihung müsse stets ausdrücklich erfolgen. Auch davon kann aber, wie oben bereits eingehend dargelegt, keine Rede sein. Vielmehr ist es vielfach notwendig, die Frage einer Beleihung und ihres Umfanges gerade wegen fehlender ausdrücklicher Regelung im Wege „mühevoller Interpretation“ zu ermitteln.369 Schließlich wird selbst der – unzutreffende – Grundsatz, eine Beleihung liege nur bei ausdrücklicher entsprechender Regelung vor, von der besagten Auffassung nicht konsequent vertreten. An anderer Stelle wird ausgeführt, eine Sachverständigenbeteiligung mit lediglich feststellender Begutachtungstätigkeit, die auf der Begutachtungsveranlassung durch den Normadressaten aufbaue, unterfalle dem Typus des beliehenen Sachverständigen, wenn der Gesetzgeber den normativen Sachverständigen ausdrücklich beleihe oder wenn der Sachverständigenbeteiligung eindeutige Anzeichen für eine Beleihung wie etwa eine angeordnete Fachaufsicht entnommen werden könnten.370 Des Weiteren sind z. B. die Sachverständigen im Rahmen der Untersuchung nach § 29 StVZO auch nach Ansicht der Lehre vom Verifikateur-Modell als Beliehene anzusehen.371 Eine ausdrückliche Beleihung der Sachverständigen für die Durch366

Vgl. Scholl, S. 271. Vgl. Scholl, S. 348. 368 Vgl. statt vieler: Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 110; Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 27; Maurer, § 23, Rdnr. 58; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 31. 369 Vgl. nur: Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 27; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32. 370 Vgl. Scholl, S. 361. 371 Vgl. Scholl, S. 265 f., der darauf abstellt, dass die Feststellungen des Sachverständigen die Behörde binden, sowie ausdrücklich: S. 357, FN 1121, S. 360 u. 361, FN 1132. 367

352

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

führung dieser Prüfung enthält aber – unstreitig – weder die StVZO noch eine andere gesetzliche Regelung. Ferner wird von der betreffenden Ansicht ausgeführt, ohne ausdrücklichen Beleihungsakt sei die Annahme einer Beleihung ausgeschlossen, „wenn das Zertifizierungssystem dem Modus der regulierten Selbstregulierung folgt“.372 Danach wäre eine nicht ausdrückliche Beleihung im Bereich der Zertifizierungsverfahren also durchaus möglich – und zwar dann, wenn das betreffende Zertifizierungssystem eben nicht dem Prinzip der regulierten Selbstregulierung folgt. Damit wird das Unterscheidungskriterium der Ausdrücklichkeit der Beleihung im Vergleich zum neuen Typus des Verifikateurs selbst von der betreffenden Ansicht nicht nur nicht konsequent vertreten, sondern aufgegeben. Zudem mag Fachaufsicht ein „eindeutiges“ Anzeichen für eine Beleihung sein. Ihr Fehlen bzw. eine Beschränkung auf eine reine Rechtsaufsicht besagt allerdings nichts darüber, ob nun eine Beleihung vorliegt oder nicht. Eine Beleihung ist, wie ebenfalls bereits dargelegt, zwar in der überwiegenden Anzahl der Fälle mit einer Fachaufsicht verbunden, notwendig ist dies jedoch nicht.373 Dies wird auch von der betreffenden Ansicht nicht anders beurteilt.374 Somit geht das Modell betreffend den Verifikateur bzw. den privaten Sachverständigen-Vollzug von einem in Teilen unzutreffenden Beleihungsverständnis aus. Das Kriterium der Ausdrücklichkeit der Beleihung, das ohnehin nicht konsequent vertreten wird, taugt nicht zur Abgrenzung des Verifikateurs vom beliehenen Sachverständigen. Ist der Sachverständige ausdrücklich beliehen, liegt – selbstverständlich – kein privater Sachverständigen-Vollzug vor. Ist er nicht ausdrücklich beliehen, besagt dies jedoch, entgegen der betreffenden Ansicht, nichts darüber, ob der Sachverständige nun als Beliehener oder als Verifikateur handelt. Folglich ist auch die zweite Grundthese dieses Modells betreffend das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Verifikateur-Tätigkeit und Beliehenentätigkeit unzutreffend. Das Fehlen einer ausdrücklichen Beleihung macht den Sachverständigen eben nicht schon zum rein privatrechtlich agierenden Verifikateur. Daher lässt sich unter Rückgriff auf dieses Abgrenzungskriterium auch kein Regel-Ausnahme-Verhältnis von Verifikateur und Beleihung begründen. 372

Vgl. Scholl, S. 348, FN 1068. Vgl. Burgi in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 29: „. . . und führt zur Unterwerfung des Beliehenen unter die Rechts- und regelmäßig auch Fachaufsicht“; ebenso z. B. Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 32; vgl. auch Heintzen, S. 242: Rechts- oder Fachaufsicht. 374 Vgl. Scholl, S. 267 f. u. FN 652, der – durchaus zutreffend – darauf verweist, nach h. M. könne die Aufsicht über den Beliehenen als Rechts- oder Fachaufsicht konzipiert werden. 373

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

353

bb) Erfüllung von Staatsaufgaben oder öffentlichen Aufgaben als Unterscheidungskriterium? Nach der Lehre vom Verifikateur stellt die feststellende Tätigkeit des privaten Sachverständigen in einem mit der Verwaltung im weitesten Sinne kooperativ ausgerichteten Gesetzesvollzug für die Abgrenzungsaufgabe eine hohe dogmatische Herausforderung dar. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung zwischen der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Begutachtungstätigkeit des privaten Sachverständigen scheine zwar dasjenige der Verwaltungsaufgabe zu sein. Die Ausrichtung der Analyse einer Sachverständigenbeteiligung an den Kriterien der Staatsaufgabe „Gefahrenabwehr“ oder „Umweltschutz“, dem Normimplementierungsmodus „Überwachung der Normadressaten“ oder gar am öffentlich-rechtlichen Charakter des zu vollziehenden Normprogramms und dem öffentlichen Interesse an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch den privaten Sachverständigen führe jedoch zu einer undifferenzierten Verstaatlichung aller privaten Sachverständigen in Hilfs- und Garantiefunktion.375 Dieser Ansicht kann bereits wegen ihrer Undifferenziertheit nicht gefolgt werden. Wie dargelegt, unterscheiden sich Staatsaufgaben und öffentliche Aufgaben. Staatsaufgaben können niemals von Privaten als Private durchgeführt werden, sondern nur im Wege der Beleihung. Bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist dagegen eine Übertragung zur Durchführung auf Private in privatrechtlicher Form, wie ausgeführt, zumindest nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Richtig ist allerdings, dass der öffentlich-rechtliche Charakter des zu vollziehenden Normprogramms und das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung keine tauglichen Unterscheidungskriterien darstellen. Dies wurde oben am Beispiel des erheblichen Regulierungsbedarfs insbesondere bei Formen der materiellen Aufgabenprivatisierung und der regulierten Selbstregulierung zur Wahrung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung erläutert. cc) Art und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Sachverständigen, insbesondere eventuelle Regelungsund Bindungswirkung der Entscheidung, als Abgrenzungskriterium von beliehenen Sachverständigen und Verifikateuren? Als weiteres Kriterium der Abgrenzung des Verifikateurs vom beliehenen Sachverständigen könnte die Frage der Entscheidungsbefugnis des Sachver375

Vgl. Scholl, S. 348 f.

354

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

ständigen im Verhältnis zur Verwaltungsbehörde und zum Normadressaten geeignet sein. Für den Bereich der Beleihung von Sachverständigen verweist die Lehre vom privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell auf Gestaltungen, bei denen eine gesetzliche Trennung der Begutachtungskompetenz des privaten Sachverständigen und der Entscheidungskompetenz der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde vorliege. Die Aufgabe der Durchsetzung des materiellen Normprogramms im Anschluss an eine Begutachtung in Form der Erteilung einer Genehmigung oder durch den Erlass und die Durchsetzung einer Maßnahme der repressiven Überwachung bleibe der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde vorbehalten.376 Diese Variante einer Beleihung mache die „arbeitsteilige Bauweise“ besonders deutlich, indem das Begutachtungsergebnis des beliehenen Sachverständigen in ein behördliches Erlaubnisverfahren integriert werde.377 Auch bei dieser Form der Beleihung bestehe eine ausschließliche öffentlich-rechtliche Begutachtungs- bzw. Prüfungskompetenz des Sachverständigen. Hiervon strikt getrennt sei aber die Entscheidungs- bzw. Zwangsbefugnis der zuständigen Verwaltungsbehörde.378 Die betreffende Ansicht verkennt aber nicht, dass es auch Fälle der Beleihung von Sachverständigen gibt, in denen die Trennung der Aufgabenbereiche nicht nach dem vorstehend erläuterten System erfolgt. So werden als weiterer Typ der beliehenen Sachverständigen die Gestaltungen bezeichnet, in denen die Sachverständigengutachten Bindungswirkung haben – und zwar (auch) gegenüber der entscheidungszuständigen Verwaltungsbehörde. Diese werde in den betreffenden Fällen an das Ergebnis des Gutachtens gebunden. Die „Letztentscheidungsverantwortung“ für den Zustand des Überwachungsgegenstandes verlagere sich damit auf den beliehenen Sachverständigen.379 Des Weiteren führt die Lehre vom Verifikateur auch Fälle einer Beleihung an, in denen die Rechtsfolge in Form eines subjektiv-öffentlichen Rechts oder eines Verbots durch das Votum eines privaten Sachverständigen unmittelbar ausgelöst wird. Damit wird über eine „bloße“ Bindungswirkung für eine entscheidungszuständige Verwaltungsbehörde durch das Sachverständigenvotum erheblich hinausgegangen. Gleichwohl soll die Sachverständigenbescheinigung auch in diesen Fällen keine zusätzliche rechtsgestaltende Erklärung beinhalten.380 Ob ein beliehener Sachverständiger mit dem Ausstellen einer Bescheinigung oder eines Prüfberichts einen Verwaltungs376 377 378 379 380

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

252. 252 f. 252. 254. 263.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

355

akt erlasse, sei vielmehr abhängig von der jeweiligen „Bauweise“ der Sachverständigenbeteiligung. In den arbeitsteilig organisierten Beteiligungsstrukturen könne der beliehene Sachverständige „allenfalls einen feststellenden Verwaltungsakt erlassen“.381 Dies gelte auch dann, wenn der Gesetzgeber an das Vorliegen der feststellenden Bescheinigung unmittelbar eine Rechtsfolge, etwa eine Inbetriebnahmeberechtigung, anschließe. Die Bescheinigung enthalte hier keine Erlaubnis zur Inbetriebnahme o. ä., sondern nur die Feststellung, dass der Untersuchungsgegenstand mit dem Begutachtungsmaßstab übereinstimme. Die Qualität eines Verwaltungsaktes erfahre eine feststellende Sachverständigenbescheinigung jedoch nur, „wenn der beliehene Sachverständige die rechtlich erheblichen Eigenschaften des Untersuchungsgegenstandes gegenüber der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde verbindlich feststellt. Darüber hinaus muss der Entscheidung des beliehenen Sachverständigen eine intendierte unmittelbare Außenwirkung entnommen werden können“.382 Insgesamt soll deshalb die Feststellung, ob der Begutachtungsgegenstand ordnungsgemäß und rechtmäßig ist, kein taugliches Unterscheidungsmerkmal sein, da die Voten des beliehenen Sachverständigen und des Verifikateurs diese Feststellung immer enthielten.383 Auch in den Fällen, in denen die Feststellungen des Sachverständigen mit der Erteilung eines Prüfzeichens verbunden sei, wie etwa im Falle der Prüfung nach § 29 StVZO, sei für die Annahme einer Beleihung alleine entscheidend, ob die Feststellungen des beliehenen Sachverständigen die Zulassungsbehörde binden.384 Das Kriterium der Bindungswirkung wird von der betreffenden Ansicht des Weiteren in intensiver Auseinandersetzung mit der bereits oben dargestellten Rechtsprechung – insbesondere zu § 29 StVZO – erörtert, nach der eine Beleihung dann vorliege, wenn die Entscheidung des Sachverständigen mit derjenigen der Behörde „auf das Engste zusammenhänge“ bzw. wenn die Entscheidung der Behörde durch die Tätigkeit und Entscheidung des Sachverständigen praktisch gefallen sei.385 Die entscheidende Frage, ob der private Sachverständige eine Verwaltungsaufgabe ausübe, habe der BGH aber nur damit begründet, dass die Sachverständigenüberwachung der öffentlichen Aufgabe der Gefahrenabwehr diene. Da dieses Kriterium jedoch nach Ansicht der Lehre vom Verifi381 382 383 384 385

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

263. 264. 351. 264 f. 352 ff. u. FN 1095–1097 mit Rechtsprechungsnachweisen.

356

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

kateur nicht den beliehenen Sachverständigen vom Verifikateur abgrenzen könne, „stürzt die Zurechnungsmethode des BGH in sich zusammen“.386 Zudem werde auf diese Weise jeder kooperativ organisierte Normvollzug zwischen der öffentlichen Verwaltung und einem Verifikateur in die Beleihung und die Staatshaftung gedrängt, denn die Tätigkeit der Behörde und des Verifikateurs hingen aufgrund der strikten Zuständigkeitstrennung systembedingt „aufs Engste zusammen“. Schließlich sei auch aus Sicht der Gewährleistungs- und Auffangverantwortung des Staates bei einer Verifikateurbeteiligung dem Ansatz der Rechtsprechung zu widersprechen. Durch die Weite der BGH-Formel knüpfe die Rechtsprechung ein vom Gesetzgeber nicht vorgesehenes Auffangnetz in Form der Staatshaftung und übernehme damit die Aufgabe, die dem Gesetzgeber vorbehalten sei.387 Diese Argumentation verkennt grundlegend bzw. berücksichtigt nicht, dass die eigentlich tragende Erwägung der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht etwa die Erfüllung einer Staatsaufgabe durch die Kfz-Sachverständigen ist. Deren Einordnung als Beliehene gründet sich vielmehr maßgeblich und hauptsächlich auf den Umstand, dass die Sachverständigen mit der Erteilung (oder Versagung) der Prüfplakette zugleich verbindlich gemäß § 29 Abs. 7 Satz 4 u. 5 StVZO i. V. m. § 17 StVZO über die weitere Zulassung des Kraftfahrzeuges zum Straßenverkehr entscheiden,388 auch wenn der Gesetzesvollzug in Form der Beschränkung oder Untersagung des Betriebes des Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehr nicht durch sie, sondern durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde erfolgt.389 Die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde wird hier vom Sachverständigen gleichsam ersetzt. Nach zutreffender (und nahezu einhelliger) Ansicht wäre es vielmehr gerade im Hinblick darauf, dass in diesen Fällen oft eine erhebliche Einflussnahme des Privaten auf die Letztentscheidung der Behörde bis hin zur faktischen Ersetzung der Entscheidung besteht, nicht sachgerecht, eine Beleihung auszuschließen. Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde sei im 386

Vgl. Scholl, S. 353. Vgl. Scholl, S. 354. 388 Vgl. nur nochmals: von Heimburg, S. 120 f.; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 126; Stuible-Treder, S. 49 f.; BGH NVwZ 2002, S. 375 ff., 375; NJW 1993, S. 1784 ff., 1784; OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f.; OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 2629 f., 2629; OLG Köln, NJW 1989, S. 2065 f., 2065. 389 Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 126 u. 132 f.; ders.: NJW 1975, S. 1797 f.; OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f.: Unterscheidung, ob Sachverständiger selbst VA erlässt oder nur weitestgehend vorbereitet, ist wegen der weitreichenden Befugnisse der Sachverständigen hinsichtlich der Entscheidung über die Zuteilung der Prüfplaketten „weitgehend bedeutungslos“; ebenso: BGH NJW 1993, S. 1784 ff., 1784; BGH NJW 1968, S. 443 ff., 444; OLG Köln, NJW 1989, S. 2065 f., 2065; OLG Braunschweig, NJW 1990, S. 2629 f., 2629. 387

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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Hinblick auf den vorbereitenden Teilakt nur pro forma erhalten geblieben, sei nur noch eine leere Hülse. Die Fälle der Einschaltung Privater in die Vorbereitung staatlicher Aufgabenwahrnehmung seien deswegen dann als Beleihungssachverhalte zu beurteilen, wenn zwei Voraussetzungen vorlägen: Erstens müsse der private Vorbereitungsbeitrag zumindest eine eigenständige Zwischenentscheidung enthalten, die nicht notwendiger Weise die Merkmale des Verwaltungsaktes erfüllen müsse. Ausgenommen davon seien also rein technische Vorbereitungsakte von Verwaltungshelfern ohne eigenen Entscheidungsspielraum. Zweitens müsse die letztentscheidende Behörde rechtlich an die vorbereitende Zwischenentscheidung gebunden sein.390 Tatsächlich erfüllen gerade die anerkannten Kfz-Sachverständigen im Rahmen ihrer Prüftätigkeit nach § 29 StVZO exakt die Kriterien, die auch die Lehre vom privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell an anderer Stelle als für die Beleihung ausschlaggebend erachtet: Sie stellen die rechtlich erheblichen Eigenschaften des Untersuchungsgegenstandes gegenüber der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde verbindlich fest. Ferner hat ihre Entscheidung eine intendierte unmittelbare Außenwirkung,391 wie schon die Erteilung oder Versagung von Prüfbescheinigung und Prüfplakette durch die Sachverständigen direkt gegenüber den Fahrzeughaltern zeigen. Auch die Lehre vom Verifikateur ordnet daher letztlich die anerkannten Kfz-Sachverständigen bei ihrer Begutachtungstätigkeit gem. § 29 StVZO dem Typ des beliehenen Sachverständigen zu.392 Fraglich und von erheblicher Bedeutung ist, wie sich nun die Tätigkeit des Verifikateurs bzw. die rechtliche Bedeutung des „Produktes“ seiner Tätigkeit von den rechtlichen Wirkungen, die die Bescheinigung oder das Zertifikat eines beliehenen Sachverständigen entfaltet, unterscheidet. Hierfür verweist die Lehre vom Verifikateur auf zwei Punkte: die Frage der Regelungswirkung der Bescheinigung bzw. des Zertifikates und die Frage der Bindungswirkung derselben, insbesondere für eine Verwaltungsbehörde. Die Bescheinigung des Verifikateurs sei, so die betreffende Auffassung „selbstverständlich rein privatrechtlicher Natur“. Sie habe „nur feststellenden Inhalt. Eine Rechtsfolge kann ihr bereits systembedingt nicht zugeschrieben werden. Die Rechtsfolge ergibt sich bei den Verifikateurbescheinigungen ausschließlich aus dem jeweiligen Gesetz“.393 Die Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Normadressaten werde vom Gesetzgeber bei einer Konformitätsbestätigung schlicht an die Existenz der Bescheinigung und bei einer Begutachtungsbescheinigung an den positiven Inhalt der Bescheinigung 390 391 392 393

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

so in jüngster Zeit z. B. Freitag, S. 40. Scholl, S. 264. Scholl, S. 357, FN 1121. Scholl, S. 317 f.

358

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

angebunden, wenn er nicht gar vor dem Eintritt der Rechtsfolge eine Informationsaufnahme durch die Verwaltungsbehörde vorgesehen habe.394 Eine besondere Variante der Konformitätsbescheinigung sei das Sachverständigenzertifikat. Dieses sei das Produkt eines gesetzlich etablierten Zertifizierungsverfahrens.395 Als Konformitätszeichen signalisiere es den staatlichen Stellen und interessierten Dritten die Einhaltung des maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Normprogramms.396 Die vorgenannten Punkte treffen aber, wie ausgeführt, nach der Lehre vom Verifikateur jeweils auch auf mögliche Fälle der Beleihung von Sachverständigen zu: Die nur „feststellende“ Bescheinigung bzw. Erklärung des Sachverständigen nach Abschluss des Prüfverfahrens, an die dann das Gesetz eine öffentlich-rechtliche Rechtsfolge knüpft, soll es ebenso bei beliehenen Sachverständigen geben, wie sich etwa ein „Konformitätszeichen“ in Form der sog. „TÜV-Plakette“ nach § 29 StVZO ebenfalls im Bereich beliehener Sachverständiger findet. Auch überzeugt es nicht, wenn von der betreffenden Ansicht ausgeführt wird, die Sachverständigentätigkeit finde eindeutig auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Vollzugskompetenz statt, wenn ein Gesetz eine Handlung unter staatlichen Erlaubnisvorbehalt stelle und „diese Erlaubnis durch den privaten Sachverständigen erlassen“ werde, eine solche rechtsgestaltende Wirkung Sachverständigenzertifikaten dagegen generell abgesprochen wird, da diese keine Regelungswirkung hätten.397 Für die Tätigkeit beliehener Sachverständiger führt die betreffende Ansicht aus, wenn ein privater Sachverständiger gestützt auf eine öffentlichrechtliche Ermächtigungsgrundlage im Anschluss an seine Begutachtungstätigkeit etwa in Form einer Untersagungsverfügung in subjektive Rechte des Normadressaten eingreife, dann setze der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt die Beleihung des Privaten voraus.398 Betrachtet man die Situation aus der Perspektive eines von einer solchen Entscheidung betroffenen Normadressaten, wird ersichtlich, dass die rechtsgestaltende Wirkung einer Sachverständigenentscheidung in gleicher Weise vorliegt und in die Grundrechte des Betroffenen eingreift, wenn der Sachverständige keine Untersagungsverfügung erlässt, sondern die Ausstellung eines Zertifikates verweigert oder ein erteiltes Zertifikat „entzieht“ und der Gesetzgeber an das Vor394 395 396 397 398

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S.

318, FN 910. 319. 319. 347. 344.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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liegen bzw. Fehlen eben dieses Sachverständigenzertifikates ohne jede weitere behördliche Prüfung weitreichende rechtliche Folgen knüpft. In beiden Fällen entscheidet der Sachverständige materiell ausschließlich und allein darüber, ob eine bzw. welche Rechtsfolge eintritt. Sein Zertifikat (oder seine Versagung) hat – aufgrund entsprechender gesetzlicher Regelung – unmittelbare öffentlich-rechtliche Wirkungen. Die Differenzierung zwischen einer regelnden Entscheidung des Sachverständigen, die durch Erteilung oder Versagung einer Erlaubnis erfolgt einerseits und einem Zertifikat, an dessen Erteilung oder Versagung das Gesetz unmittelbar und insbesondere ohne jede weitere Prüfung verbindlich eine bestimmte, öffentlich-rechtliche Rechtsfolge knüpft, erscheint angesichts des materiell gleichen Entscheidungsgehalts gekünstelt. Dass das Unterscheidungskriterium der Regelung letztlich nicht überzeugt, wird auch daran deutlich, dass die Lehre vom Verifikateur zusätzlich darauf hinweist, die Qualifizierung einer Handlung als Verwaltungsakt könne nicht alleine am Verwaltungsakt-Merkmal der „Regelung“ festgemacht werden.399 Wäre das Merkmal der Regelungswirkung der Sachverständigenentscheidung tatsächlich aussagekräftig, bedürfte es eines solchen Hinweises nicht. Nur angemerkt sei, dass auch der in diesem Zusammenhang erfolgte Hinweis auf das weitere Verwaltungsakt-Merkmal der „Behörde“ nicht zur Klärung beiträgt. Denn hierzu trägt die betreffende Ansicht lediglich weiter vor, wenn der Gesetzgeber mit dem privaten Zertifizierungssystem die Strategie der regulierten Selbstregulierung verfolge, dann könne die Beleihung nicht mit der angeblichen rechtsgestaltenden Wirkung der Zertifizierung begründet werden.400 Schwierig und wirklich abgrenzungsbedürftig sind aber gerade die Fälle, in denen eine entsprechende Strategie des Gesetzgebers nicht ersichtlich ist. Insoweit ist auf die Feststellung der betreffenden Ansicht zu verweisen, dass der Gesetzgeber sich bezeichnenderweise selbst nicht einmal über die kategoriale Einordnung der von ihm etablierten Sachverständigen sicher sei.401 Dann hilft ein Rückgriff auf eine – vermeintliche – Strategie des Gesetzgebers kaum. Führt demnach das Merkmal der Regelungswirkung der Sachverständigenentscheidung nicht zu einer tragfähigen Abgrenzung von Beliehenen, könnte dies eventuell durch das Kriterium der Bindungswirkung der Sachverständigenentscheidung, insbesondere gegenüber einer Verwaltungsbehörde gelingen. 399 400 401

Vgl. Scholl, S. 347. Vgl. Scholl, S. 347 f. Vgl. Scholl, S. 279, FN 709.

360

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Nach der Lehre vom Verifikateur nehme der private Sachverständige eine Verwaltungsaufgabe wahr, wenn er direkt an einer Staatsfunktion beteiligt werde. Eine Staatsfunktion bzw. eine öffentlich-rechtliche Garantiefunktion des privaten Sachverständigen liege vor, wenn die Behörde in einem arbeitsteilig organisierten Entscheidungsverfahren bei der Rezeption des Sachverständigenvotums in die Verwaltungsentscheidung an das Votum gebunden sei und zusätzlich der Gutachteninhalt an der Feststellungswirkung der Verwaltungsentscheidung partizipiere. Das Demokratieprinzip erfordere hier eine Beleihung des privaten Sachverständigen. Dagegen sei eine öffentlich-rechtliche Garantiefunktion des privaten Sachverständigen zu verneinen, wenn der Gesetzgeber die Partizipation der Sachverständigenbescheinigung an einer Verwaltungsentscheidung „mittels eines gesetzestechnischen Tricks durch eine Beweisregel, insbesondere über das Instrument der Konformitätsfiktion, aber auch mittels der Vermutungswirkung,“ herbeiführe.402 Der gesetzgeberische „Trick“ bestehe hier – wie bereits oben beim Abgrenzungskriterium der Regelungswirkung erwähnt – darin, dass nicht das Sachverständigengutachten eine bestimmte Rechtsfolge auslöse, sondern erst das Gesetz: Der Gesetzgeber müsse in den betreffenden Fällen, „um die auf rein privat-rechtlichen Grundsätzen basierende Sachverständigenbeteiligung in den Vollzug öffentlich-rechtlicher Normprogramme zu integrieren, die Handlungsform des privaten Sachverständigen mit einer Rechtsfolge belegen, um den öffentlich-rechtlichen Normenvollzug zu ersetzen und gleichzeitig den Gesetzesvollzug (wieder) in Gang zu setzen“.403 Sei die Sachverständigenbeteiligung also gerade „Ausdruck eines gesetzgeberischen Verfahrensverzichts“, werde der Anwendungsbereich des Verifikateurs berührt. Insbesondere in Verfahren, deren wesentliches Element ein „Vorbehalt der Sachverständigenbescheinigung“ sei, setze der Gesetzgeber und nicht der Verifikateur die Rechtsfolge. Der private Sachverständige „vertrete“ insoweit nicht die öffentlich-rechtlich handelnde Behörde in ihrer Handlungsform, sondern er kompensiere „ihr Nichthandeln, indem der Gesetzgeber den Inhalt einer privatrechtlichen Leistung als Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Rechtsfolgenautomatik wählt“.404 Der vermeintliche „Trick“ des Gesetzgebers wird aber auch hier, wie schon am Beispiel der Regelungswirkung dargelegt, den grundlegenden Anforderungen an einen Systemwechsel in das Privatrecht nicht gerecht. Es ist ohne weiteres auch möglich, eine solche Gestaltung nicht als gesetzgeberischen Verfahrensverzicht anzusehen, sondern lediglich als Verlagerung des Verfahrens – einschließlich der Entscheidungsbefugnis – auf 402 403 404

Vgl. Scholl, S. 358. Vgl. Scholl, S. 355. Vgl. Scholl, S. 355.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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den Sachverständigen, wie es für die Beleihung typisch ist. Wenn schon für eine Beleihung, wie am Beispiel der anerkannten Kfz-Sachverständigen im Rahmen der Prüfung nach § 29 StVZO erläutert, nach nahezu einhelliger Ansicht ausreicht, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde „praktisch“ mit der Entscheidung des Sachverständigen gefallen bzw. mit dieser auf das engste verknüpft ist, ist nicht ersichtlich, warum dann die vollständige Übertragung der Entscheidung auf den Sachverständigen unter gänzlichem Ausschluss einer vorgeordneten Verwaltungsbehörde kein Fall der Beleihung sein, sondern lediglich eine rein privatrechtliche Sachverständigentätigkeit darstellen sollte. Wenn auch nach der Lehre vom Verifikateur, wie dargelegt, die Bindungswirkung eines Sachverständigenvotums für eine Verwaltungsbehörde nebst zumindest intendierter Außenwirkung charakteristisch für eine Stellung des Sachverständigen als Beliehener sein soll, ist es widersprüchlich, den noch weitergehenden Schritt einer vollständigen Ersetzung einer behördlichen Entscheidung durch das Sachverständigenvotum nicht als Beleihung anzusehen. Richtig ist zwar, dass das Gesetz Sachverständigen nach diesem Modell nicht ausdrücklich eine „Entscheidung“ überträgt. Materiell und insbesondere hinsichtlich der rechtlichen Wirkungen liegt eine Entscheidung des Sachverständigen aber auch dann vor, wenn er – selbstverständlich in voller Kenntnis der rechtlichen Folgen – die betreffende Bescheinigung oder das Zertifikat erteilt oder versagt. Denn die unmittelbare und gewollte Konsequenz dieses Verhaltens ist der Eintritt der vom Gesetz an das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen der Bescheinigung geknüpften Rechtsfolge. Auch ist zu bedenken, dass selbst in Fällen einer ausdrücklichen Entscheidungsübertragung auf den Sachverständigen das Gesetz an die Entscheidung des Sachverständigen rechtliche Folgen knüpft, so dass auch insoweit kein wesentlicher Unterschied zu erkennen ist. dd) Der Adressat der Bescheinigung bzw. des Zertifikates als Abgrenzungskriterium? Hinsichtlich des Adressaten der Verifikateurbescheinigung gibt es nach der betreffenden Ansicht demnach mehrere Möglichkeiten, wobei der endgültige Adressat der Bescheinigung von der jeweiligen inhaltlichen Ausgestaltung der Sachverständigenbeteiligung abhängig sei. Regelmäßig diene sie ausschließlich zur Vorlage bei einer Verwaltungsbehörde. Sie könne sich allerdings als Informationsinstrument aber auch an Dritte richten.405 Damit 405

Vgl. Scholl, S. 318.

362

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

ist dies kein taugliches Abgrenzungskriterium zum beliehenen Sachverständigen. Die Prüfbescheinigung des Kfz-Sachverständigen nach § 29 StVZO richtet sich z. B. ebenfalls sowohl an die zuständige Straßenverkehrsbehörde (mit zumindest faktischer Bindungswirkung), als auch an den Halter als „Veranlasser“ der Untersuchung. „Interessierten Dritten“ signalisieren PrüfPlakette und Prüfbericht schließlich die ordnungsgemäße Durchführung der vorgeschriebenen Untersuchungen und den Zeitpunkt der nächsten durchzuführenden Hauptuntersuchung des Fahrzeuges. ee) Veranlassung der Tätigkeit des Sachverständigen durch den Normadressaten als Unterscheidungs- und Abgrenzungskriterium? Auf den ersten Blick könnte sich die Frage, wer die Tätigkeit des Sachverständigen veranlasse, also die Verwaltungsbehörde oder der Normadressat selbst, als geeignetes Unterscheidungskriterium erweisen. Denn, wie ausgeführt, soll es gerade charakteristisch für den Verifikateur sein, dass seine Tätigkeit immer nur durch den jeweiligen Normadressaten auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages veranlasst wird.406 Die Frage, wer die Sachverständigentätigkeit „veranlasse“, lässt nach der betreffenden Auffassung aber ebenfalls für Beleihungskonstellationen mehrere Möglichkeiten zu. Der Gesetzgeber könne den „Veranlasser“ der Begutachtung beim beliehenen Sachverständigen frei bestimmen, ohne dadurch den Sachverständigentyp zu wechseln. Beim beliehenen Sachverständigen werde ja zumindest immer die Verfahrensherrschaft von der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde auf den privaten Sachverständigen verlagert.407 Möglicher Veranlasser der Tätigkeit des beliehenen Sachverständigen könne etwa die Verwaltungsbehörde sein – aber eben auch der Normadressat. Die Erteilung des konkreten Prüfungsauftrags müsse beim beliehenen Sachverständigen nicht allgemein einer Verwaltungsbehörde obliegen, da der Beliehene seiner Definition folgend selbständig handele. Der Gesetzgeber könne somit „den Auftragsweg verkürzen und dem Normadressaten die Veranlassung der Begutachtung durch den beliehenen Sachverständigen vorschreiben bzw. vorgeben. Die Begutachtung wird ohne Beteiligung einer Verwaltungsbehörde initiiert. . . . Von außen betrachtet treten hier zwei Privatpersonen in einen direkten Kontakt, der rein äußerlich nicht von einer privatrechtlichen Rechtsbeziehung unterschieden werden kann. In rechtlicher Hinsicht wird das konkrete Auftragsverhältnis aber von dem Belei406 407

Vgl. Scholl, S. 316. Vgl. Scholl, S. 255.

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hungsakt überlagert. Das privatrechtliche Erscheinungsbild der Sachverständigentätigkeit wird zerstört“.408 Die Veranlassung der Begutachtung eines Regelungsgegenstandes durch den Normadressaten ist damit nach dem privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell bei dem Verifikateur konstitutiv und beim beliehenen Sachverständigen, wie der Fall des § 29 StVZO zeige, eine potenzielle Bauform.409 Als Abgrenzungs- bzw. Unterscheidungskriterium ist dieses Merkmal somit nicht geeignet. ff) Der privatrechtliche Vertrag zwischen Sachverständigen und Normadressaten als Unterscheidungskriterium? Die Lehre vom Verifikateur geht, wie dargelegt, davon aus, dass das „privatrechtliche Erscheinungsbild der Sachverständigentätigkeit“ durch den Beleihungsakt zerstört werde.410 Diese Kennzeichnung ist wesentlich. Denn auch wenn danach ein Kontakt zwischen beliehenem Sachverständigen und Normadressat entsteht, der „rein äußerlich“ nicht von einer privatrechtlichen Rechtsbeziehung unterschieden werden könne, wird hervorgehoben, das „privatrechtliche Erscheinungsbild“ der Sachverständigentätigkeit werde durch den Beleihungsakt „überlagert“ bzw. „zerstört“. Diese Formulierungen weisen bereits darauf hin, dass nach dieser Ansicht offenbar kein privatrechtlicher Vertragsschluss zwischen beliehenen Sachverständigen und Normadressaten erfolgt. Hierfür spricht auch die weitere Begründung, das Begutachtungsverhältnis zwischen dem Veranlasser und dem beliehenen Sachverständigen entstehe „analog zum privatrechtlichen Vertragsschluss durch Auftrag (Angebot) und Annahme“. Analog bedeutet aber gerade nicht „durch“ privatrechtlichen Vertragsschluss. Andererseits wird von der betreffenden Ansicht ausgeführt, der jeweilige Veranlasser habe bei der Vergabe des „Begutachtungsauftrags“ die freie Auswahl aus dem Kreis der beliehenen Sachverständigen.411 Des Weiteren habe der beliehene Sachverständige bei der Entgegennahme der Begutachtungsaufträge seine aus dem Beleihungsverhältnis abgeleitete „Betriebspflicht“ zu beachten. Dies bedeute aber keinen ausnahmslosen, die faktische Auftragslage ausblendenden „Kontrahierungszwang“. Dies gelte auch für Fälle, in denen die Begutachtungsveranlassung den Normadressaten ob408 409 410 411

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S.

256. 360. 256. 259.

364

Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

liege.412 Überlegungen betreffend einen Kontrahierungszwang und die Bezeichnung als „Auftrag“ sprechen aber gerade für das Bestehen einer zumindest auch privatrechtlichen Rechtsbeziehung. Gleichwohl schließen sich nach der betreffenden Ansicht offenbar privatrechtlicher Vertragsschluss und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse aus: Zwar präge den Beliehenen „konstitutionell die Inkongruenz von Handlungsform (öffentlich-rechtlich) und Rechtsform (privatrechtlich). Diese Inkongruenz setzt sich jedoch nicht auf der Handlungsebene in dem Sinne fort, dass die Kontaktaufnahme des privaten Sachverständigen zu dem Normadressaten weiterhin privatrechtlich erfolgt und nur die Erfüllungshandlung auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime“ unterfalle. Bei der Erfüllung der delegierten öffentlich-rechtlichen Begutachtungskompetenz sei der Beliehene vielmehr an die Handlungsformen der Verwaltung gebunden, da sich der Staat andernfalls durch die Beleihung eine der Verwaltung nicht zustehende Handlungsform anmaße bzw. eine „Flucht ins Privatrecht“ vornehme.413 Eben dieser Punkt des privatrechtlichen Vertragsschlusses verdient besondere Beachtung für die vorliegende Untersuchung. Denn diese hat gerade bestätigt, dass eine beliehene Zertifizierungsstelle ohne weiteres auch aufgrund privatrechtlicher Verträge mit den Normadressaten tätig werden kann und darf. Lediglich die Erteilung des begehrten Verwaltungsaktes darf nicht Gegenstand des Vertrages sein. Damit lässt sich die Frage, ob ein Verifikateur oder ein beliehener Sachverständiger auf Veranlassung des Normadressaten tätig wird, entgegen der betreffenden Ansicht, nicht mit dem Kriterium beantworten, ob überhaupt ein privatrechtlicher Vertragsschluss erfolgt. Der privatrechtliche Vertragsschluss als solcher sagt nichts darüber aus, ob es sich um eine Tätigkeit eines Beliehenen handelt oder nicht. Der Inhalt des Vertrages ist maßgeblich. Entscheidend ist die exakte Trennung zwischen den hoheitlichen Befugnissen und privatrechtlichen Vereinbarungen: Wie oben eingehend dargelegt, können die hoheitlichen Entscheidungen – darin ist der betreffenden Auffassung durchaus beizupflichten – keinesfalls als „Erfüllung“ eines privatrechtlichen Vertrages angesehen werden. Entsprechend besteht auch kein privatrechtlicher Anspruch auf Erteilung des betreffenden Verwaltungsaktes bzw. einer Zulassung oder eines Zertifikates. Beim Verifikateur dagegen richte, so die Begründung der betreffenden Ansicht, der Gesetzgeber „seine Perspektive auf die Handlungsform der 412 413

Vgl. Scholl, S. 259. Vgl. Scholl, S. 260.

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Sachverständigenbescheinigung bzw. des Sachverständigenzertifikats. Demzufolge ist die ordnungsgemäß erteilte Sachverständigenbescheinigung die essentielle vertragliche Leistungspflicht des Verifikateurs“.414 Falle die Begutachtung positiv aus, bestehe für den „Nachfrager“, „Veranlasser“ bzw. den Normadressaten ein privatrechtlicher Anspruch auf die Erteilung der Bescheinigung bzw. des Zertifikates.415 Stelle der Verifikateur dagegen fest, dass der Zertifizierungsgegenstand nicht mehr die jeweiligen Normen einhalte und nehme er daraufhin das Zertifikat zurück oder entferne er ein Prüfsiegel, dann hätten diese Maßnahmen ebenfalls nicht die Beleihung eines privaten Sachverständigen zur Folge. Rechtsgrundlage dieser Maßnahmen sei vielmehr der privatrechtliche Zertifizierungsvertrag. Die Eingriffsbefugnisse des privaten Sachverständigen könnten demnach auch mit privatrechtlichen Mitteln erklärt werden. Nur eine ausdrückliche Beleihung durch den Gesetzgeber schließe das private Sachverständigen-Vollzugsmodell hier aus.416 Das alles spricht aber – darin liegt ein entscheidender Unterschied zu der betreffenden Ansicht – keineswegs gegen den Dualismus von öffentlichrechtlicher Handlungsform und privatrechtlichen Vertrag. Beide lassen sich, wie gezeigt und wie auch in der Praxis vielfach bewährt, durchaus vereinbaren. Die Gefahren eines privatrechtlichen Vertragsschlusses vor allem für die Unabhängigkeit des Beliehenen werden von der betreffenden Auffassung zwar ebenfalls zutreffend gesehen, indem etwa auf die Gefährdung der Unabhängigkeit durch eine vertragliche Vergütungsvereinbarung hingewiesen wird.417 Zumindest in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend ist dagegen die Annahme, die „Freiheit einer mitunter unabhängigkeitsgefährdenden vertraglichen Vergütungsvereinbarung“ werde durch die Beleihung ausgeschlossen.418 Richtig ist daran, dass eine „Gebührenerhebung“ durch den beliehenen Sachverständigen gegenüber dem Normadressaten als Partei der Begutachtungsbeziehung eine entsprechende gesetzgeberische Gebührenerhebungsermächtigung voraussetzt.419 Gleichwohl bleibt, wie oben dargelegt, die Möglichkeit, dass eine privatrechtliche Vergütung für die Prüfungsleistungen des Sachverständigen oder der Zertifizierungsstelle gezahlt wird, die Erteilung des Verwaltungsaktes aber entweder gegen öffentlich-rechtliche 414 415 416 417 418 419

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S. S. S.

317. 322. 344. 260. 260. 260 f.

366

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Gebühr erfolgt oder – mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage – kostenlos. Entscheidend ist demnach, wofür der Sachverständige eine Vergütung erhält. Schließlich ist auch nach der Lehre vom Verifikateur das Fehlen einer Gebührenordnung zwar ein „mögliches“ Zeichen gegen eine Beleihung und z. B. für den Verifikateur. Allerdings könne, so wird durchaus zutreffend hinzugefügt, der Gesetzgeber hier auch einen beliehenen Sachverständigen schlicht ungenügend ausgestattet haben.420 Wird also nicht ausdrücklich eine – notwendig öffentlich-rechtliche – Gebührenregelung durch den Gesetzgeber getroffen, ist die Frage der finanziellen Gegenleistung für die Sachverständigentätigkeit als Teilaspekt zwischen den Sachverständigen und privaten Dritten zu schließender privatrechtlicher Verträge ebenfalls kein taugliches Abgrenzungskriterium. gg) Aufsicht als Abgrenzungskriterium? Zutreffend wird von der betreffenden Auffassung hervorgehoben, die „inhaltliche Ausgestaltung des beliehenen Sachverständigen“ sei durch eine sach- und funktionsgerecht organisierte Sachverständigenaufsicht abzusichern.421 Der Beliehene bedürfe der Aufsicht bzw. der „Steuerung“, da der Beteiligung eines privaten Sachverständigen in Garantiefunktion „systemgemäß eine abstrakt generelle Sachverständigensteuerung inhärent“ sei. Die Funktionsfähigkeit der Sachverständigenbeteiligung des Typs beliehener Sachverständiger werde nicht mehr durch die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde, sondern mittels des Instruments der Beleihung gesteuert und in ihrer Wirksamkeit abgesichert. Die Beleihung begründe ein öffentlichrechtliches Auftrags- und Treueverhältnis, welches die Rechte und Pflichten des „privatrechtlichen Sachverständigen“ fundiere und dessen Aufgabenerfüllung leite.422 Die „Determinanten des Begutachtungsverfahrens“ liefere beim beliehenen Sachverständigen unmittelbar das öffentliche Recht. Die Sachverständigenbegutachtung sei „vollständig gesetzlich vorprogrammiert“.423 Eine potenzielle, also gerade nicht in jedem Fall zwingende, Fachaufsicht sei, so führt die betreffende Ansicht weiter aus, „sachverständigenspezifisch auszugestalten“ bzw. fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen seien sachverständigenkonform zu begrenzen. Demnach müsse sich der beliehene Sachverständige insbesondere einer „konkreten Begutachtungslenkung oder Ergebnisweisung nicht beugen“. Die Ergebnisweisung sei struktur- und daher 420 421 422 423

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S.

352. 278. 258. 258.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

367

rechtswidrig. Der Staat verhalte sich widersprüchlich, wenn er zur Normimplementierung eine gegenüber Dritten unabhängig agierende private Person instrumentalisiere, „ohne sich selbst dieser Unabhängigkeitsdoktrin zu unterwerfen, indem er den beliehenen Sachverständigen zwingen würde, ein fremdes Votum als eigenes zu übermitteln“.424 Dem ist aus den bereits dargestellten Gründen uneingeschränkt zuzustimmen. Schon am Beispiel der Einbindung von Sachverständigen und anderen externen Sachverständigen wurde ausgeführt, dass eine Fachaufsicht mit den Gründen und Zielen der Einbindung von externen Sachverständigen in das Verwaltungsverfahren unvereinbar ist. Ist der Sachverständige allerdings, wie zutreffend gefordert wird, vor jeglicher fachlicher Einflussnahme durch fachliche Weisungen geschützt, dürfte für fachaufsichtsrechtliche Maßnahmen nur wenig Raum bleiben. Als Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung von beliehenen Sachverständigen und Verifikateuren taugt das Kriterium einer staatlichen Aufsicht aber nur dann, wenn sich diese Aufsicht in jedem Fall einer Verifikateurbeteiligung signifikant von der Aufsicht über den beliehenen Sachverständigen unterscheiden würde. Das ist aber, wie oben dargelegt, gerade nicht der Fall. Auch nach dem privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell sind ohne weiteres Varianten möglich, in denen der Verifikateur einer so weitgehenden staatlichen Aufsicht unterliegt, dass die Aufsichtsbehörde aufgrund einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage die Entscheidung des Sachverständigen aufheben und an seiner Stelle selbst die Entscheidung treffen kann. Daneben soll die Möglichkeit bestehen, auf den Sachverständigen im Wege der Aufsicht einzuwirken und ihn so zu veranlassen, seine Entscheidung zu korrigieren. Beides sind grundsätzlich auch für den beliehenen Sachverständigen zulässige Gestaltungsvarianten. Damit ist auch die Frage des Bestehens und der Ausgestaltung einer Sachverständigenaufsicht kein geeignetes Abgrenzungskriterium.

4. Kritik am Modell des Verifikateurs, Zusammenfassung und Ergebnis Die Lehre vom Verifikateur bzw. vom privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell bietet, wie ausgeführt, keine verlässlichen Abgrenzungskriterien für die von ihr selbst als zentral bedeutsam bezeichnete Unterscheidung von beliehenen Sachverständigen und Verifikateuren gerade in den schwierigen Fällen, in denen keine ausdrückliche gesetzliche Regelung vorliegt. 424

Vgl. Scholl, S. 268.

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Insbesondere führen Hinweise wie die Aufforderung, der Rechtsanwender habe sich dem Willen des Gesetzgebers zu beugen, denn die Beteiligung eines privaten Sachverständigen in Garantiefunktion sei ein gesetzgeberisches Normvollzugsinstrument,425 eben in diesen Fällen nicht weiter. Denn wie die betreffende Ansicht zutreffend feststellt, „wird die Abgrenzungsproblematik ja erst durch die fehlende Bestimmtheit des gesetzlichen Sachverständigenbeteiligungsaktes ausgelöst“.426 Die für diese Abgrenzungsprobleme vorgeschlagene Interpretation des gesetzgeberischen Willens427 wird zudem in nicht wenigen Fällen kaum zu eindeutigen Ergebnissen gelangen können, wenn nicht zumindest in den Gesetzesmaterialien eindeutige Festlegungen des Gesetzgebers auf das private Sachverständigen-Vollzugsmodell enthalten sind. Selbst dann bliebe aber das Problem, wie Fälle zu behandeln sind, in denen der Gesetzgeber diesen Willen nicht entsprechend umgesetzt hat. Hinzu kommt der von der betreffenden Ansicht – durchaus zutreffend – hervorgehobene Gesichtspunkt, dass selbst der Gesetzgeber in einigen Fällen den neuen Sachverständigentyp des Verifikateurs nicht wahrnehme, sich also „nicht einmal der Gesetzgeber selbst über die kategoriale Einordnung der von ihm etablierten Sachverständigen sicher“ sei.428 Dann ist allerdings die Grenze für eine Interpretation des gesetzgeberischen Willens erreicht. Ein derart grundlegender, vollständiger Systemwechsel wie der vom öffentlichen in das private Recht muss vom Gesetzgeber gewollt sein und darf nicht im Wege der Interpretation dem Gesetzgeber schlicht unterstellt werden. Es wurde eingehend ausgeführt, welche zusätzlichen, erheblichen Anforderungen ein solcher Systemwechsel an Regulierung, Kontrolle und Aufsicht erfordert. Erinnert sei nur an die Fragen der unmittelbaren Grundrechtsbindung der Sachverständigen und an die Frage des Rechtsschutzes. Diese grundlegenden Entscheidungen können dem Gesetzgeber nicht im Wege der Interpretation abgenommen werden. Es ist die verfassungsrechtliche Aufgabe und Pflicht des Gesetzgebers, solche grundlegenden, wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und sie so klar zu treffen, dass sie hinreichend erkennbar sind. Für die tatsächlich problematischen Fälle, bei denen entsprechend eindeutige Indizien für einen Systemwechsel und eine hinreichende „Interpretationsbasis“ fehlen, bietet das private Sachverständigen-Vollzugsmodell damit ebenfalls keine Lösung. 425 426 427 428

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Scholl, Scholl, Scholl, Scholl,

S. S. S. S.

343. 343. 343. 279, FN 709.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

369

Zutreffend ist des Weiteren zwar die Feststellung, der Verifikateur sei nicht von vornherein verfassungswidrig, da der Gesetzgeber weiterhin der staatlichen Gewährleistungsverantwortung verpflichtet bleibe und die funktionale Äquivalenz sicherstellen müsse.429 Dafür reicht es aber, entgegen der Ansicht vom privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell, nicht aus, dass das staatliche Kontrollkonzept, also das private Überwachungssystem, funktioniert und die erwarteten Leistungen erbringt.430 Ebenso wenig ist es zutreffend, wenn die betreffende Ansicht ausführt, eine funktionsfähig ausgestaltete präventive Verifikateurbeteiligung liege „grundsätzlich innerhalb der dem Gesetzgeber in Erfüllung der sekundären Schutzpflicht zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen, denn sie entspricht dem Kriterium der funktionalen Äquivalenz“.431 Die Aufsicht ist, wie ausgeführt, nur ein Element im Rahmen einer Gesamtbewertung, ob das private Verfahren dem öffentlich-rechtlichen tatsächlich funktional äquivalent ist. Eine funktionierende Aufsicht ist folglich eine notwendige, aber bei weitem keine hinreichende Bedingung der funktionalen Äquivalenz. Neben einer funktionsfähigen Aufsicht muss vielmehr das gesamte Verfahren – von der Auswahl und Anerkennung der Zertifizierer bis zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine die Zertifizierungsnachfrager benachteiligende Entscheidung – dem Kriterium der funktionalen Äquivalenz entsprechen. Insoweit ist, wie dargelegt, eine umfassende Regulierung durch den Gesetzgeber notwendig. Dies kann ebenfalls nicht im Wege der Interpretation oder gar durch einen „Trick“ des Gesetzgebers vermieden werden. Ferner basiert die Lehre vom Verifikateur, wie ausgeführt, auf zwei unzutreffenden Annahmen hinsichtlich der Beleihung. Nur bei einer ausdrücklichen oder gar einer Beleihung durch Gesetz soll einerseits überhaupt eine Beleihung vorliegen und sollen alle nicht ausdrücklichen Beleihungen dem – vermeintlichen – Regelfall des Verifikateurs zugeordnet werden. Andererseits wird dieser Grundsatz von der betreffenden Ansicht selbst nicht konsequent beachtet, sondern ist durch diverse Ausnahmen („eindeutige“ Indizien für Beleihung etc.) obsolet. Eine ausdrückliche Beleihung ist, wie dargelegt, nach nahezu einhelliger und zutreffender Ansicht nicht erforderlich. Problematisch und abgrenzungsbedürftig sind die Fälle der nicht ausdrücklichen Beleihung, für die das Verifikateur-Modell, wie ausgeführt, keine belastbaren, trennscharfen Abgrenzungskriterien zum privaten Sachverständigen-Vollzugsmodell entwi429 430 431

Vgl. Scholl, S. 334. Vgl. Scholl, S. 334. Vgl. Scholl, S. 333.

370

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ckelt hat. Vielmehr verweist diese Lehre für die klärungsbedürftigen Konstellationen, wie dargestellt, letztlich immer wieder auf eine Interpretation des gesetzgeberischen Willens. Besonders deutlich wird dies an der These, ohne ausdrücklichen Beleihungsakt sei die Annahme einer Beleihung ausgeschlossen, „wenn das Zertifizierungssystem dem Modus der regulierten Selbstregulierung folgt“.432 Kann dies, z. B. weil der Gesetzgeber einen solchen gewünschten Systemwechsel nicht bzw. nicht hinreichend deutlich gemacht oder weil der Gesetzgeber einen solchen Wechsel eben gar nicht gewollt hat, auch im Wege der Interpretation nicht festgestellt werden, ist nach der Lehre vom Verifikateur überhaupt keine verlässliche Abgrenzung möglich. Dies gilt schließlich insbesondere für die Idee einer Abgrenzung nach den Kriterien eines privatrechtlichen Vertragsschlusses sowie nach der Regelungs- oder nach der Bindungswirkung der Sachverständigenentscheidung. Die Unterscheidung zwischen der bindenden, eigenständigen Entscheidung eines beliehenen Sachverständigen einerseits und dem „schlichten“ Zertifikat, an dessen Vorliegen bzw. an dessen Versagung der Gesetzgeber dann eine öffentlich-rechtliche Rechtsfolge knüpft, überzeugt weder mit Blick auf die grundrechtliche Situation der von einer solchen Entscheidung Betroffenen noch in Bezug auf den – vermeintlichen – gesetzgeberischen Trick. Materiell liegt in beiden Fällen eine abschließende, die Verwaltung – und den betroffenen Dritten bzw. Antragsteller – bindende Entscheidung des Sachverständigen vor, die unmittelbar öffentlich-rechtliche Folgen hat. Ob der Sachverständige die betreffende Rechtsfolge selbst in seiner Bescheinigung ausdrücklich und in Übereinstimmung mit den entsprechenden öffentlichrechtlichen Normen benennt oder ob sie die direkte Folge der Entscheidung des Sachverständigen durch die Anknüpfung öffentlich-rechtlicher Rechtsfolgen kraft Gesetzes ist, ist kein so wesentlicher Unterschied, dass gerade durch dieses Kriterium die Entscheidung zwischen einer (auch) öffentlichrechtlichen und einer rein privatrechtlichen Tätigkeit eines Sachverständigen oder einer Zertifizierungsstelle begründet werden könnte. Selbst wenn man ungeachtet der vorstehenden Einwände dem Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzuges folgen wollte, gerät dieses Modell jedenfalls dann an seine Grenzen, wenn der Gesetzgeber – unterstellt, er möchte ein Zertifizierungsverfahren nach dem Vorbild der Qualitätssicherungsverfahren und der regulierten Selbstregulierung einführen – die Grundsätze des Systems nicht beachtet und den Sachverständigen bzw. Zertifizierungsstellen ausdrücklich eine Zulassungsentscheidung überträgt. Genau dies ist, wie nun zu zeigen ist, bei dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV der Fall. 432

Vgl. Scholl, S. 348, FN 1068.

V. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV als „Verifikateure“?

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5. Einordnung des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV und Ergebnis Die Begriffe der Anerkennung, der Zertifizierung und der Qualitätssicherung, die sich in der gesamten AZWV finden, deuten, wie dargelegt, zunächst darauf hin, dass der Verordnungsgeber ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren, wie es den Vorbildern der materiellen Privatisierung bzw. regulierten Selbstregulierung und der Lehre vom Verifikateur entspricht, schaffen wollte. Hierzu fügt sich auch, wie mehrfach dargelegt, die Begründung des Verordnungsgebers, die Zertifizierungsstellen würden im Rahmen privatrechtlicher Verträge mit den „Antragstellern“ tätig. Vor allem scheint aber die Fassung der §§ 84, 85 SGB III für das private Sachverständigen-Vollzugsmodell zu sprechen: „Zugelassen für die Förderung sind Träger bzw. Maßnahmen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass . . .“. Hier finden sich exakt die Elemente des gesetzgeberischen „Tricks“, der für dieses Modell typisch sein soll. Eine „Feststellung“ der Zertifizierungsstelle, an die das Gesetz dann eine unmittelbare, öffentlich-rechtliche Rechtsfolge, die Zulassung des Trägers bzw. der Maßnahme, knüpft. Schon der Umstand, dass, wie ausgeführt, sämtliche Voraussetzungen für eine Beleihung der Zertifizierungsstellen erfüllt sind, weist aber darauf hin, dass ein solcher Systemwechsel, so er überhaupt gewollt war, tatsächlich nicht gelungen ist. Tatsächlich hat auch der Verordnungsgeber einen vollkommen anderen Weg als den eines privaten Zertifizierungssystems mit Verifikateuren gewählt: Wie dargelegt, beantragen die Antragsteller keine bloße fachkundige „Feststellung“ und auch kein bloßes „Zertifikat“, sondern gemäß §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 2 AZWV eine Zulassung. Die Zertifizierungsstellen entscheiden gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AZWV selbst, unmittelbar und abschließend über die Anträge auf Zulassung. Ferner erteilen sie gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV bei Vorliegen der Voraussetzungen auch die Zulassung und entziehen sie gemäß § 11 Abs. 3 AZWV wieder. Schließlich unterscheidet die AZWV auch klar zwischen der Zulassung und dem Zertifikat. Das Zertifikat wird zusätzlich zur Zulassung bzw. gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 AZWV „mit der Zulassung“ vergeben. Der Wortlaut der AZWV ist insoweit, wie nicht nochmals dargelegt werden muss, eindeutig. Es liegt damit eben nicht ein rein feststellendes Sachverständigenvotum bzw. ein bloßes Sachverständigenzertifikat vor, an das dann (nur) der Gesetzgeber über §§ 84, 85 SGB III unmittelbar eine öffentlich-rechtliche

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Rechtsfolge knüpft. Das System der AZWV verlässt diesen Rahmen eines privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells und überträgt den Zertifizierungsstellen eine umfassende, den Staat, die Antragsteller und letztlich auch die Arbeitnehmer bindende Entscheidungsbefugnis. Der Wortlaut der §§ 84, 85 SGB III („zugelassen sind . . ., bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat . . .“) lässt sich mit diesem Verfahren auch ohne weiteres vereinbaren. Es ist eben zutreffend, dass solche Träger bzw. Maßnahmen, bei denen eine fachkundige Stelle die betreffenden Feststellungen getroffen hat, auch für die Förderung zugelassen sind. Die Zulassung wird allerdings nicht gleichsam kraft Gesetzes ohne weiteres Zutun der Zertifizierungsstellen erteilt, sondern durch besonderen Akt der Zertifizierungsstelle, der über die bloße Feststellung des Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen hinausgeht: Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV hat die Zertifizierungsstelle bei Vorliegen der Voraussetzungen, also nach entsprechender fachkundiger Feststellung, die Zulassung zu erteilen. Das Zertifikat kommt als weitere Bestätigung hinzu. Auch sein Wortlaut verweist aber nicht etwa nur auf eine erfolgreiche Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen, sondern bezieht die Zulassung ausdrücklich mit ein. Wäre die Zulassung tatsächlich bereits die gesetzliche Folge eines lediglich feststellenden Zertifikates, hätte die Formulierung „gemäß § 84 SGB III zugelassener Träger“ bzw. „gemäß § 85 SGB III zugelassene Maßnahme“ näher gelegen. Erst recht ist dieses Verfahren mit der Ermächtigung des § 87 SGB III vereinbar, die auch „das Verfahren . . . der Zulassung von Trägern und Maßnahmen“ der Regelung durch den Verordnungsgeber überträgt. Schließlich besteht ein erheblicher Unterschied zu einem Zustand nach erfolgter materieller Privatisierung und Installierung eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens darin, dass exakt die gleiche Aufgabe, die den Zertifizierungsstellen nach der AZWV übertragen wurde, also Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen und Erteilung sowie Entziehung der Zulassungen, weiterhin auch vom Staat wahrgenommen wird. Die BA kann, wie ausgeführt, gemäß § 12 Satz 1 AZWV weiterhin – bei Vorliegen eines besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses – im Einzelfall die Aufgaben einer fachkundigen Stelle wahrnehmen. Die Zulassung durch die BA erfolgt dann unstreitig hoheitlich. Materielle Privatisierung und die Installation eines privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells widersprechen aber einer Konstruktion, in der die identische „Leistung“ unverändert auch hoheitlich durch eine staatliche Stelle vorgenommen werden kann. Damit ist insgesamt festzustellen, dass das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV nicht den Anforderungen und Voraussetzungen des privaten Sachverständigen-Vollzugsmodells entspricht. Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV sind keine Verifikateure.

VI. Vergleich des Beleihungsmodells

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VI. Vergleich des Beleihungsmodells mit den für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen genannten Argumenten und Endergebnis zur rechtlichen Stellung der Zertifizierungsstellen Die Zertifizierungsstellen nach der AZWV sind nach überwiegender und auch hier vertretener Auffassung Beliehene, denen die Befugnis, die Zulassung und das Zertifikat nach § 10 Abs. 1 AZWV zu erteilen, auf Antrag – und bei Vorliegen der Voraussetzungen – durch die Anerkennung, also einen begünstigenden Verwaltungsakt, übertragen wurde. Zugleich schließen die Zertifizierungsstellen mit den „Antragstellern“ privatrechtliche Verträge über die Zertifizierung ab, in denen u. a. die Frage des Entgelts bzw. Honorars für die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen zu regeln ist. Zu beachten ist dabei, dass diese Verträge zur Vermeidung der Nichtigkeit so gestaltet werden müssen, dass das Entgelt bzw. Honorar nur für die Prüfungstätigkeit der Zertifizierungsstellen, nicht aber für die Zulassung als solche bzw. für die Erteilung des Zertifikats vereinbart und gezahlt wird. Die in der Literatur genannten Argumente für eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen greifen dagegen nicht durch: Die Zulassung ist gerade nicht die gesetzliche Folge der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen. Vielmehr regelt die AZWV ausdrücklich, dass die Zertifizierungsstellen über die Zulassung selbst und abschließend entscheiden und bei Vorliegen der Voraussetzung die Zulassung bzw. das Zertifikat auch selbst erteilen. Damit ist, wie dargelegt, auch das Modell einer Verifikateur-Beteiligung bzw. eines privaten Sachverständigen-Vollzuges nicht umgesetzt worden. Dass die Praxis privatrechtliche Zertifizierungsverträge abschließt, reicht nicht aus, um eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen anzunehmen. Ein vollständiger und grundlegender Systemwechsel von einer rein öffentlich-rechtlichen zu einer rein privatrechtlichen Zulassung hätte vom Gesetz- und vom Verordnungsgeber hinreichend deutlich geregelt werden müssen. Daran fehlt es. Im Übrigen lassen sich nach der hier vertretenen Auffassung der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages und die Erteilung der Zulassung durch Verwaltungsakt verbinden. Diese Kombinationslösung wird, wie die Beispiele der Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und der Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO zeigten, in der Praxis seit Jahrzehnten ohne ersichtliche Probleme angewendet. Der Nachteil des Auseinanderfallens eines einheitlichen Rechtsverhältnisses in einen öffentlichrechtlichen und einen privatrechtlichen Teil ist also zwar gegeben, aber

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

nicht derart gravierend, dass die hier gefundene Lösung in der Praxis nicht umsetzbar wäre. Das Fehlen einer klaren, widerspruchsfreien Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen in der AZWV hat für die betroffenen Zertifizierungsstellen und die „Antragsteller“ allerdings die Konsequenz, dass bisher in der Praxis geschlossene Verträge, sofern sie auf eine Erteilung der Zulassung gegen Entgelt gerichtet sind, nichtig sind. Um so wichtiger ist es, Hinweise für eine wirksame Vertragsgestaltung zu geben. Diese Aufgabe soll mit den unten noch vorzunehmenden Ausführungen zur Vertragsgestaltung erfüllt werden. Dass die Zertifizierungsstellen für ihre Tätigkeit keine Gebühren – im originären, öffentlich-rechtlichen Sinn – erheben dürfen, steht der hier vertretenen Lösung ebenfalls nicht entgegen. Wie ausgeführt, darf nur für die hoheitliche Tätigkeit, also die Erteilung der Zulassung, kein privatrechtliches Entgelt vereinbart und aufgrund fehlender Ermächtigung auch keine Gebühr erhoben werden. Für die vorbereitenden Prüfungstätigkeiten dagegen ist es, wie dargelegt, ohne weiteres möglich, ein privatrechtliches Entgelt zu vereinbaren. Die Sonderstellung der Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland nach § 14 AZWV lässt sich, wie dargelegt, mit einer Beleihung der deutschen Zertifizierungsstellen vereinbaren. Insbesondere besteht für die Regelung des § 14 AZWV keine (europa-)rechtliche Notwendigkeit, da es – wie oben erläutert – bei einer Beleihung zulässig ist, die Tätigkeit deutschen Zertifizierungsstellen vorzubehalten. Schließlich lässt auch die Regelung des § 113 SGB XI, wie dargelegt, keine hinreichend sicheren Rückschlüsse auf ein rein privatrechtliches Zulassungsverfahren nach der AZWV zu.

VII. Rechtsfolgen der Beleihung 1. Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB für Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates durch die Zertifizierungsstellen Da die Entscheidung über die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates nach § 10 AZWV durch Verwaltungsakt erfolgt und die Zertifizierungsstellen insoweit als Beliehene handeln, zugleich aber privatrechtliche Verträge abgeschlossen werden, ist auch hinsichtlich möglicher Haftungstatbestände bzw. Anspruchsgrundlagen zwischen der hoheitlichen und der privatrechtlichen Tätigkeit zu unterscheiden:

VII. Rechtsfolgen der Beleihung

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Die Haftung Beliehener folgt, soweit diese hoheitlich bzw. in Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben handeln, den Grundsätzen der Amtshaftung gemäß Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB, da Beliehene Beamte im Sinne der Amtshaftungsgrundsätze sind.433 Anspruchsgegner für die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ist nach der sog. Anvertrauenstheorie derjenige Träger öffentlicher Verwaltung, der dem Beliehenen die Durchführung der staatlichen Aufgabe zur Ausführung übertragen bzw. anvertraut hat.434 Zur Begründung dieser Regelung wird darauf verwiesen, zum einen solle der Geschädigte einen leistungsfähigen Schuldner erhalten, zum anderen obliege dem Staat, wie etwa bei den Kraftfahrzeugsachverständigen, die Anerkennung und die Aufsicht.435 Der Gesetzgeber hat eine solche Amtshaftung für Beliehene jedoch vielfach ausgeschlossen oder Regelungen getroffen, wonach der Staat im Verhältnis zum Beliehenen Regress nehmen kann. Zusätzlich ist in diesen Fällen als Voraussetzung für die Beleihung normiert worden, dass der Beliehene eine Haftpflichtversicherung abschließt und für die Dauer der Beleihung unterhält.436 Gerade im Bereich der Tätigkeit der anerkannten Kraftfahrzeugsachverständigen bei der Durchführung der Untersuchungen nach §§ 29, 47 a StVZO hat der Gesetzgeber allerdings den Innenregress zwischen Staat und Beliehenen klar geregelt: Nach § 10 Abs. 4 KfSachvG besteht ein Freistellungsanspruch des beleihenden Landes gegen die technischen Prüfstellen wegen Schadensersatzansprüchen Dritter, die durch Sachverständige, Prüfer oder Hilfskräfte in Ausübung der ihnen übertragenen Aufgaben verursacht werden.437 Ferner ist auch in diesem Bereich eine Versicherungspflicht normiert, um die Haftungsrisiken abzudecken.438 433 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 17 f.; Stuible-Treder, S. 120 ff.; Burgi: Der Beliehene, S. 593; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 56; Maurer, § 26, Rdnr. 13; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 34, Rdnr. 6; Palandt/Sprau, § 839, Rdnr. 20; st. Rechtspr., vgl. nur BGH NJW 2005, S. 286 ff., 287. 434 Vgl. Ossenbühl, S. 17 m. w. Nachw.; Maurer, § 23, Rdnr. 59; Hk-VerwR/Kastner, § 1 VwVfG, Rdnr. 34; Burgi, Der Beliehene, S. 593; ders.: Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 326; Maurer, § 26, Rdnr. 42 f.; Palandt/Sprau, § 839, Rdnr. 25 u. 28; st. Rechtspr.: vgl. BGH NJW 2005, S. 286 ff., 287; BGH NVwZ 2002, S. 375 ff., 375; BGH WM 2001, S. 151 f., 152; OLG Schleswig, NJW 1996, S. 1218 f.; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 56. 435 Vgl. Ossenbühl, S. 17 m. w. Nachw. 436 Vgl. hierzu mit Beipielen: von Heimburg, S. 115 f.; Steiner: Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 284, Rdnr. 149. 437 Vgl. z. B. Ziffer 2.6 Anlage VIIIb StVZO; Ziffer 2.10 Anlage VIII c zur StVZO; vgl. auch BGH NVwZ 2002, S. 375 ff., 377. 438 Vgl. z. B. Ziffer 2.6 Anlage VIIIb StVZO; Ziffer 2.9 Anlage VIII c zur StVZO.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Für den Bereich der AZWV fehlen solche Haftungsregelungen. Dies mag auf den ersten Blick konsequent erscheinen, wenn man von einer Vorstellung des Verordnungsgebers ausgeht, ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren zu schaffen. Gerade bei einem Systemwechsel aus einem staatlichen Zulassungsverfahren in ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren erscheint es aber schon zur Stärkung des Vertrauens der betroffenen Verkehrskreise in die Leistungsfähigkeit und Sicherheit dieses neuen Zertifizierungsverfahrens sinnvoll und geboten, eine Haftpflichtversicherung für Risiken aus der Zertifizierungstätigkeit zur Anerkennungsvoraussetzung zu machen, deren Bestehen jeweils nachzuweisen ist. Andernfalls müssten die Vertragspartner der Zertifizierungsstellen nach dem „Systemwechsel“ nunmehr das Insolvenzrisiko der Zertifizierungsstelle tragen, während bisher mit dem Staat ein „sicherer“ Anspruchsgegner zur Verfügung gestanden hätte. Sofern, wie hier angenommen, die Zulassungstätigkeit weiterhin hoheitlich durch die Zertifizierungsstellen als Beliehene erfolgt, wirkt sich das Fehlen von Haftungsregelungen in der AZWV gravierend aus – und zwar zum Nachteil des Staates bzw. konkret der BA: Für Fehler bzw. Pflichtverletzungen der beliehenen Zertifizierungsstellen bei der Erteilung der Zulassung bzw. der Zertifikate haftet die BA als „anvertrauende“ staatliche Institution. Sie hat mit der Anerkennung, dem Beleihungsakt, der betreffenden Zertifizierungsstelle die Befugnis zur Ausübung hoheitlicher Aufgaben übertragen, dieser also die entsprechende staatliche Aufgabe zur Ausführung „anvertraut“. Dies birgt für die BA, wie nicht näher erläutert werden muss, erhebliche finanzielle Risiken – zumal ein Regress bei den Zertifizierungsstellen nach bisheriger Rechtslage nicht möglich ist. Denn eine Amtspflichtverletzung i. S. d. Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB liegt, da jeden Amtsträger die Pflicht zur gesetzmäßigen Verwaltung trifft, – zumal im Bereich der gebundenen Verwaltungsentscheidungen – in jedem Gesetzesverstoß bzw. jeder Rechtsverletzung.439 Diese Amtspflichten bestehen auch und gerade gegenüber den „Antragstellern“ als „Dritten“ i. S. d. § 839 BGB. Da gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung zugunsten der „Antragsteller“ ein Anspruch auf Zulassung besteht, sind ihre Interessen zumindest auch440 vom 439 Vgl. statt vieler: Palandt/Sprau, § 839 BGB, Rdnr. 32; Maurer, § 26, Rdnr. 16 f.; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 34, Rdnr. 11. 440 Dass daneben auch andere Interessen, z. B. staatliche geschützt sind, ändert daran nichts. Es genügt, wenn der Schutzzweck auch gegenüber dem Geschädigten bestand, vgl. nur: Maurer, § 26, Rdnr. 19; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 34, Rdnr. 12.

VII. Rechtsfolgen der Beleihung

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Schutzzweck der §§ 7 ff. AZWV umfasst. Jeder Verstoß einer Zertifizierungsstelle gegen die Regelungen der AZWV im Rahmen der Zulassungstätigkeit ist zugleich eine Amtspflichtverletzung. Für lediglich fahrlässige Amtspflichtverletzungen, die in der Praxis die weitaus meisten Amtspflichtverletzungen darstellen dürften, hilft auch ein Verweis auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht weiter. Denn der Vertrag mit der Zertifizierungsstelle betrifft ja gerade die hoheitliche Tätigkeit der Zulassungs- bzw. Zertifikatserteilung nicht. Ferner wären etwaige vertragliche Haftungsbeschränkungen für den Bereich der hoheitlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen unwirksam, weil solche Haftungsbeschränkungen nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes möglich wären441 und solche Regelungen gerade fehlen. Schließlich besteht bei „einfacher“ Fahrlässigkeit keine Regressmöglichkeit der BA gegen die Zertifizierungsstellen, da die entsprechende Regelung des Art. 34 S. 2 GG den Rückgriff gegen den Amtsträger auf die Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit beschränkt. Es ist daher dringend geboten, durch entsprechende Ergänzungen in der AZWV die Haftungsfrage zu regeln. Es sei nur auf den Aspekt verwiesen, dass die BA hier die volle und unbeschränkte Haftung für Amtspflichtverletzungen trifft, während nicht einmal Gebühren für die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen erhoben werden, die der BA als – sicherlich nicht ausreichender – „Ausgleich“ für das Haftungsrisiko zugute kämen. Eine Regelung zur Haftungsbegrenzung bzw. zum Innenregress könnte ohne weiteres nach dem „Muster“ der Haftung für die hoheitliche Tätigkeit im Bereich der §§ 29, 47 a StVZO geschehen: Es wäre also zum einen eine Abwälzung der Haftung für die Zulassungserteilung in Form von Freistellungsansprüchen auf die Zertifizierungsstellen vorzunehmen und diesen zum anderen der Abschluss einer diese Risiken abdeckenden Haftpflichtversicherung zwingend vorzuschreiben. Handelt der Beliehene dagegen privatrechtlich, vorliegend also in Erfüllung des privatrechtlichen Vertrages, den die Zertifizierungsstellen nach der AZWV mit den „Antragstellern“ abschließen, richtet sich seine Haftung insoweit nach den einschlägigen privatrechtlichen Normen.442 Diese wird unten im Zusammenhang mit den Ausführungen über die Vertragsgestaltung dargestellt. 441 Vgl. nur Ossenbühl, S. 96; Brun-Otto Bryde in: von Münch (Hrsg.), Art. 34, Rdnr. 33 m. w. Nachw.; ebenso: Maurer, § 26, Rdnr. 39; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 34, Rdnr. 22; jew. m. w. Nachw., beide verweisen a. a. O. insbesondere auch auf die weitere Voraussetzung, dass die gesetzliche Haftungsbeschränkung aus sachlichen Gründen geboten und verhältnismäßig sein muss. 442 Vgl. nur Stuible-Treder, S. 122; BGH NVwZ 2002, S. 375 ff., 376 f.

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Zusammenfassung Die BA haftet für (auch nur fahrlässige) Pflichtverletzungen der Zertifizierungsstellen, die diese im Rahmen der hoheitlichen Zulassungs- bzw. Zertifikatserteilung begehen. Eine Amtspflichtverletzung in diesem Sinn ist jeder Verstoß gegen die Regelungen der AZWV. Die Möglichkeit eines Regresses der BA gegen die Zertifizierungsstellen besteht nach bisher geltender Rechtslage in aller Regel nicht. Es ist wegen der Haftungsrisiken für die BA dringend geboten, umgehend eine gesetzliche Regelung zu schaffen, nach der die BA zumindest im Innenverhältnis zu den Zertifizierungsstellen von der Haftung für deren Pflichtverletzungen freigestellt wird. Zugleich ist es im Interesse der „Antragsteller“ geboten, den Abschluss und die Aufrechterhaltung einer die betreffenden Risiken aus der Zulassungstätigkeit der Zertifizierungsstellen abdeckenden Haftpflichtversicherung zur Voraussetzung für die Anerkennung einer Zertifizierungsstelle zu machen.

2. Grundrechtsbindung der Zertifizierungsstellen Beliehene sind für den Bereich ihrer hoheitlichen Aufgabenerfüllung als Träger der staatlichen Verwaltung nach Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar an die Grundrechte gebunden.443 Dies gilt dann ohne Einschränkungen auch für die Zertifizierungsstellen nach der AZWV, soweit diese in Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben hoheitlich tätig werden, also im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung oder den Entzug der Zulassung. Darin besteht, wie bereits oben in Zusammenhang mit dem Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzuges erläutert, ein weiterer, wesentlicher Vorteil gegenüber einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren. Während Private allenfalls mittelbar an die Grundrechte gebunden sind, etwa indem sie betreffende Normen unter Berücksichtigung der Grundrechte ausgelegt werden, können sich aufgrund der unmittelbaren Grundrechtsbindung der beliehenen Zertifizierungsstellen die „Antragsteller“ auf die einschlägigen Grundrechte berufen. In Betracht kommt hier vor allem das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG, da die Entscheidung über die Zulassung eines Trägers oder einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung für die Freiheit der Berufs443

Vgl. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 264; Stuible-Treder, S. 111 f.; Burgi, Der Beliehene, S. 592; ders., Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 325; Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 46; Philip Kunig in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 1, Rdnr. 60; Horst Dreier in: Horst Dreier (Hrsg.), Art. 1 III, Rdnr. 39.

VII. Rechtsfolgen der Beleihung

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ausübung der Träger von erheblicher Bedeutung ist. Ohne Zulassung erfolgt keine Förderung, so dass die Verweigerung oder die Entziehung der Zulassung dem Ausschluss von dem betreffenden Markt gleichkommt. Zwar sind sowohl die Entscheidung über die Zulassung des Trägers als auch diejenige über die Zulassung einer konkreten Maßnahme nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV gebundene Entscheidungen. Raum für die Wirkung bzw. Beachtung des Grundrechtes der Berufsfreiheit der „Antragsteller“ bleibt gleichwohl: Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AZWV muss die finanzielle und fachliche Leistungsfähigkeit des Trägers gewährleistet sein und es dürfen keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des „Antragstellers“ oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen „darlegen“. Zur Beurteilung dieser Fragen muss der Träger die nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AZWV vorgegebenen Angaben machen. Ihre Beurteilung ist aber der Zertifizierungsstelle vorbehalten, die die Angaben bewerten und dann zur Grundlage ihrer – wertenden – Entscheidung machen muss. Gleiches gilt für die weiteren nach § 8 Abs. 2–4 AZWV und nach § 9 AZWV erforderlichen Bewertungen der Angaben der Träger. Im Rahmen des auf diese Weise gegebenen Beurteilungsspielraum ist das Grundrecht der Berufsfreiheit bei der Bewertung zu berücksichtigen. Für die Entscheidung der Zertifizierungsstelle über die Entziehung der Zulassung ist der Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG zu beachten. Dieses kann hier insbesondere in Form eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb betroffen sein. Mit der Entziehung vor allem der Trägerzulassung kann dem Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen zugleich die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb444 wird nach (noch) überwiegender Ansicht in Literatur und Rechtsprechung als eigenständiges Schutzgut innerhalb der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG angesehen und soll weitgehend alles umfassen, was den wirtschaftlichen Wert eines Betriebes ausmacht.445 Dieser Schutz des Gewerbebetriebes soll aber andererseits auch nicht weiter gehen als der Schutz seiner wirtschaftlichen Grundlage und nur solche Vorteile umfassen, auf deren Fortbestand der Betriebsinhaber vertrauen kann.446 Geschützt wird zudem nur der Bestand des 444 Vgl. zum Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Bryde in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 14, Rdnr. 18 ff.; Jarass in: Jarass/ Pieroth, Art. 14, Rdnr. 10, jew. m. w. Nachw. 445 Vgl. Pieroth/Schlink, Rdnr. 905 m. w. Nachw.; Bryde in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 14, Rdnr. 18 m. w. Nachw. 446 Vgl. BVerfGE 58, S. 300 ff., 353; Bryde in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 14, Rdnr. 20; Rudolf Wendt in: Sachs (Hrsg.), Art. 14, Rdnr. 47.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

Eigentums – auch am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb –, nicht aber bloße Umsatz-, Erwerbs- und Gewinnchancen.447 Insgesamt ist zu beachten, dass eine nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Regelung der Berufsausübung keinen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt.448 Speziell für die Entscheidung über die Entziehung der Zulassung ist zu beachten, dass eine widerruflich erteilte Konzession oder Genehmigung auch mit Blick auf den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs grundsätzlich widerruflich bleibt. Allerdings sind beim Gebrauchmachen von der Widerrufsbefugnis der Eigentumsschutz des Gewerbebetriebes zu berücksichtigen und die Folgen für das Unternehmen zu beachten.449 Bei der Frage, ob einer der zwingenden Entziehungsgründe des § 11 Abs. 3 AZWV vorliegt, hat dies insofern Bedeutung, als die Anforderungen der AZWV, auf die § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV Bezug nimmt, wie ausgeführt, Wertungs- bzw. Beurteilungsspielräume bieten. Insoweit ist dann das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu beachten. Für eine Entziehung nach den §§ 45 ff. SGB X gilt dies entsprechend. Ferner ist das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG zu beachten. Die Zertifizierungsstellen haben danach, insbesondere im Bereich der bereits erwähnten Beurteilungs- und Bewertungsspielräume, bei ihren Entscheidungen darauf zu achten, dass sie wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich – also ohne sachlichen Grund – gleich behandeln.450 Für die Anwendung der AZWV durch die Zertifizierungsstellen wirkt sich die unmittelbare Bindung an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wiederum im Rahmen der Beurteilungsspielräume aus, die die AZWV hinsichtlich der Anforderungen nach den §§ 8, 9 AZWV eröffnet.451 Auf den Schutz der vorgenannten Grundrechte können sich gegenüber der Zertifizierungsstelle natürliche Personen als „Antragsteller“ berufen, die eine Zulassung für sich als Träger oder für eine einzelne Maßnahme erhal447 Vgl. Pieroth/Schlink, Rdnr. 912 m. w. Nachw.; kritisch dagegen und für einen weitergehenden Schutz: Wendt in: Sachs (Hrsg.), Art. 14, Rdnr. 48. 448 Vgl. Bryde in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 14, Rdnr. 21 m. w. Nachw. 449 Vgl. Wendt in: Sachs (Hrsg.), Art. 14, Rdnr. 50 m. w. Nachw. 450 Vgl. zum Inhalt des sog. Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nur Pieroth/ Schlink, Rdnr. 436 ff.; Gubelt in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 3, Rdnr. 11; Lerke Osterloh in: Sachs (Hrsg.), Art. 3, Rdnr. 83; jew. m. w. Nachw. 451 Zur Anwendung des Gleichheitssatzes im Rahmen des Gesetzesvollzuges bei Beurteilungsspielräumen der Verwaltung vgl. nur Osterloh in: Sachs (Hrsg.), Art. 3, Rdnr. 116 m. w. Nachw.

VII. Rechtsfolgen der Beleihung

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ten wollten. Für inländische juristische Personen452 gilt dies ebenso, da nach Art. 19 Abs. 3 GG die vorgenannten Grundrechte nach einhelliger Ansicht „ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind“.453

3. Grundrechtsschutz für die Zertifizierungsstellen Mit der Frage, welche Grundrechte die Zertifizierungsstellen bei ihrer Tätigkeit vor allem zu beachten haben, ist die Frage verbunden, auf welche Grundrechte sich die Zertifizierungsstellen selbst gegenüber der Anerkennungsstelle berufen können. Oben wurde dies zwar bereits in Zusammenhang mit der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 87 SGB III sowie des § 2 AZWV betreffend die Regelungen über das Anerkennungsverfahren unter Bezugnahme auf die Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 GG erörtert. Nachfolgend sind aber weitere Aspekte des Grundrechtsschutzes für die Zertifizierungsstellen, die oben in Zusammenhang mit dem Rechtsschutz im Anerkennungsverfahren offen gelassenen wurden, um der Frage einer Beleihung nicht vorzugreifen, zu untersuchen. Dabei ist grundlegend zwischen der Situation vor und nach einer Anerkennung und Beleihung zu unterscheiden: Vor der Anerkennung und Beleihung steht den Zertifizierungsstellen Grundrechtsschutz zu, der, wie oben bereits dargelegt, allerdings im Hinblick auf die angestrebte Stellung als Beliehener nach Art. 33 Abs. 5 GG weitergehenden Einschränkungen unterliegen kann. Zertifizierungsstellen können sich danach im Anerkennungsverfahren insbesondere auf die Grundrechte der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG berufen. Dagegen kommt der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes nach Art. 14 Abs. 1 GG nicht in Betracht, weil danach zwar der Bestand, nicht aber bereits der Erwerb eines solchen Gewerbebetriebes geschützt ist. Eine Berufung auf die Verfassungswidrigkeit der Regelungen über das Anerkennungsverfahren wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Parlamentsvorbehalt dürfte in der Sache allerdings lang452 Der Begriff der juristischen Person nach Art. 19 Abs. 3 GG ist weit auszulegen und umfasst nach einhelliger Ansicht auch (teil-)rechtsfähige Personengesellschaften und Vereinigungen des Privatrechts wie z. B. die BGB-Gesellschaft, die oHG und die KG, vgl. Walter Krebs in: von Münch (Hrsg.), Bd. 1, Art. 19, Rdnr. 31; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 19, Rdnr. 17; Dreier in: Dreier (Hrsg.), Art. 19 III, Rdnr. 46–49. 453 Vgl. nur: Walter Krebs in: von Münch (Hrsg.), Art. 19, Rdnr. 46.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

fristig kaum weiterführen. Denn die betreffenden Regelungen in § 2 AZWV sind, wie ausgeführt, grundsätzlich als subjektive Zulassungsvoraussetzungen mit den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar – wenn auch nur bei Vorliegen einer den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 GG entsprechenden gesetzlichen Regelung oder zumindest einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG könnte im Anerkennungsverfahren z. B. dann gerügt werden, wenn die Anerkennungsstelle bei gleichen Sachverhalten im einen Fall die erforderliche Unabhängigkeit i. S. d. § 2 Nr. 3 AZWV annimmt, im anderen Fall aber verneint. Als Zertifizierungsstellen nach der AZWV können, wie dargelegt, natürliche und juristische Personen des Privatrechts anerkannt werden. Daneben können nach § 14 AZWV Zertifizierungsstellen, also natürliche oder juristische Personen, aus dem EU-Ausland in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden, die ihre Tätigkeit lediglich vorher der Anerkennungsstelle anzuzeigen haben. Für natürliche Personen, die eine Anerkennung als Zertifizierungsstelle nach den §§ 2 ff. AZWV begehren, gilt: Deutsche könnten sich, wie bereits eingehend ausgeführt, grundsätzlich auf den Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG berufen. Für ausländische natürliche Personen gilt der Schutz des Art. 12 GG dagegen nicht. Ihre berufliche Betätigung wird nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.454 Die gleichen Grundsätze gelten für in- und ausländische Personen- und Handelsgesellschaften.455 Ferner käme, wie dargelegt, ein Grundrechtsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG mit Blick auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht,456 der für deutsche und ausländische Zertifizierer gelten würde.457 Schließlich könnte, wie oben erläutert, der Schutz des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG eingreifen – und zwar ebenfalls für deutsche und ausländische Zertifizierer. Hinsichtlich juristischer Personen ist auch in diesem Zusammenhang die Sonderregelung des Art. 19 Abs. 3 GG zu beachten. Danach gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, wenn sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. 454 Vgl. Brun-Otto Bryde in: von Münch, Bd. 1, 5. Aufl., 2000, Art. 12, Rdnr. 5 m. w. Nachw. 455 Vgl. Bryde in: von Münch, Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 7 m. w. Nachw. 456 Vgl. hierzu z. B. Bryde in: von Münch, Bd. 1, Art. 14, Rdnr. 18 m. w. Nachw. 457 Vgl. zur Geltung von Art. 14 GG auch für ausländische natürliche Personen nur Bryde in: von Münch, Bd. 1, Art. 14, Rdnr. 6.

VII. Rechtsfolgen der Beleihung

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Der Begriff der juristischen Person ist, wie bereits erläutert, „untechnisch“ zu verstehen, so dass auch Personen- und Personenhandelsgesellschaften diesem Begriff unterfallen.458 Dies wird für die Grundrechte der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG und auf Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG einhellig bejaht.459 Gleiches gilt für den Schutz nach Art. 3 GG.460 Für ausländische juristische Personen weist bereits der Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG darauf hin, dass diese in der Bundesrepublik Deutschland keinen Grundrechtsschutz nach dem GG genießen.461 Entscheidend dafür, ob es sich um eine in- oder ausländische juristische Person handelt, ist insoweit, wo die Gesellschaft ihren effektiven Sitz bzw. den tatsächlichen Mittelpunkt ihrer Tätigkeit hat.462 Die Ablehnung des Grundrechtsschutzes nach dem GG für ausländische juristische Personen entspricht auch der weit überwiegenden Ansicht – auch mit Blick auf juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der EU.463 Nach erfolgter Anerkennung und Beleihung ist zu beachten, dass nicht nur nach Art. 33 Abs. 5 GG weitergehende Einschränkungen insbesondere der Berufsfreiheit möglich sind. Danach könnte insbesondere eine detailliertere Regelung von Vorgaben für das Zertifizierungsverfahren erfolgen. Grundrechtlicher Schutz bestünde insoweit für die anerkannten Zertifizierungsstellen nicht. Da die deutschen Zertifizierungsstellen nach der hier vertretenen Ansicht Beliehene sind, gelten, wie bereits oben in Zusammenhang mit der Erörterung des Schutzes der Berufsfreiheit im Anerkennungsverfahren erläutert, die Besonderheiten des Art. 33 Abs. 5 GG. Zudem sind die Zertifizierungsstellen selbst Träger öffentlicher Verwaltung. Soweit sie als Beliehene öffentliche Aufgaben erfüllen (hier also im Bereich der Zulassungstätigkeit nach der AZWV), entfällt ihre Grundrechtsfähigkeit:464 „Dies bedeutet kon458

Vgl. Volker Epping: Grundrechte, 2004, Rdnr. 133. Vgl. Bryde in: von Münch, Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 6 u. Art. 14, Rdnr. 6 m. w. Nachw. 460 Vgl. Manfred Gubelt in: von Münch, Bd. 1, Art. 3, Rdnr. 6 m. w. Nachw. 461 Vgl. hierzu ausführlich: Annette Guckelsberger: Zum Grundrechtsschutz ausländischer juristischer Personen, AöR 129 (2004), S. 618 ff., insbes. mit Hinweisen auf den vom Verfassungsgeber gewollten Ausschluss ausländischer jur. Personen, vgl. a. a. O., S. 622 f. 462 Vgl. Epping, Rdnr. 138; Guckelsberger, S. 628. 463 Vgl. hierzu Bryde in: von Münch, Bd. 1, Art. 19, Rdnr. 33 u. 33 a m. w. Nachw.; Guckelsberger, S. 626, betreffend jur. Personen aus dem EU-Ausland vgl. S. 632 f. 464 Unstreitig, vgl. nur Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 19, Rdnr. 18; Dreier in: Dreier (Hrsg.), Art. 19 III, Rdnr. 53; Burgi, Der Beliehene, S. 592; Wolff/Bachof/ Stober, § 90, Rdnr. 47; grundlegend hierzu: BVerfG NJW 1987, S. 2501 f., 2502 459

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kret, dass er (der Beliehene) sich gegenüber staatlichen Weisungen ebenso(wenig) auf die Grundrechte berufen kann wie gegen Veränderungen in dem für ihn maßgeblichen Gebühren- und Zuständigkeitsumfeld; auch gegenüber der Tatsache der Beendigung des Beleihungsverhältnisses als solcher besteht kein Grundrechtsschutz. Innerhalb des durch die Beleihung gezogenen Handlungsrahmens handelt es sich nicht um Freiheitsausübung, sondern um die Teilnahme an der Erfüllung einer Staatsaufgabe“.465

4. Sicherung der staatlichen Erfüllungsverantwortung statt fraglicher Sicherstellung der sogenannten Gewährleistungsverantwortung – ein Plädoyer für das Beleihungsmodell a) Staatliche Erfüllungs- und staatliche Gewährleistungsverantwortung im Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III und nach der AZWV Die Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III war und ist, wie ausgeführt, auch nach der AZWV noch immer eine staatliche Aufgabe. Der Gesetzgeber wollte zwar mit der Verlagerung von Prüfungsaufgaben auf die externen Zertifizierungsstellen mehr Wettbewerb und größere Objektivität schaffen.466 Das bedeutete aber keinesfalls einen (zumal völligen) Rückzug des Staates aus der Verantwortung für den Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach den §§ 77 ff. SGB III. Im Gegenteil: Zur „Sicherung und Steigerung beruflicher Weiterbildung“ wurde der Qualitätsprüfung und -sicherung durch die Agenturen für Arbeit vom Gesetzgeber besondere Bedeutung zugemessen467 und auch der Verordnungsgeber hat diesen Aspekt mit der Regelung über die jährliche Prüfung der wirksamen Anwendung eines Systems zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung nach §§ 8 Abs. 4, 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV hervorgehoben. Es wird also noch mehr Wert auf die Verbesserung der beruflichen Weiterbildung gelegt, damit die staatliche Förderung gezielt wirken kann. betreffend die TÜV e. V.: „Wollte man insoweit den Beschwerdeführern (Beliehenen) als Träger öffentlicher Verwaltung im materiellen Sinne den Schutz der Eigentumsgarantie zuteil werden lassen, wären Inhalt und Zweck der Grundrechte in ihr Gegenteil verkehrt“. 465 Burgi, Der Beliehene, S. 592. 466 Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 30, zu § 84. 467 Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 30 zu § 86.

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Der Staat entledigt sich somit im Bereich der Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nicht seiner Aufgaben, sondern überträgt die Ausführung der Prüfung und Zulassung nach Maßgabe der AZWV auf Private. Bei einer rein privatrechtlichen Zertifizierungstätigkeit der fachkundigen Stellen würde sich die staatliche Beteiligung am System der Zulassung von Trägern und Maßnahmen dagegen auf die sog. Gewährleistungsverantwortung reduzieren: Der Staat würde die Erfüllung der betreffenden Aufgaben Privaten übertragen und seine „Mitwirkung“ darauf beschränken, dass die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgaben in privatrechtlicher Form durch staatliche Kontrolle gewährleistet wird. Statt voller staatlicher Erfüllungsverantwortung bestünde dann, wie oben eingehend ausgeführt, die staatliche Regulierungs-, Überwachungs-, Beobachtungs- und Auffangverantwortung.468 Bei dieser Form der „Privatisierung“ ist allerdings, wie ebenfalls bereits dargelegt, zu beachten, dass den Staat in dem Maße, in dem er sich zugunsten selbstregulativer Beiträge zurücknimmt und je größer die involvierten Risiken sind, desto stärker eine aus der (grundrechtlichen) Schutzpflicht folgende Gewährleistungsverantwortung trifft. Sie bedeutet eine Beobachtungspflicht, der er durch Wahrnehmung einer Begleitkontrolle nachkommen muss. Dabei kann der Staat, wie bereits ausgeführt, zwar Prüftätigkeiten auch Privaten überlassen, hat dann aber eine dem Gefahrenpotential adäquate „Kontrolle der Kontrolle“ sicherzustellen.469 Dieser Wechsel von einer staatlichen Aufgabenerfüllung hin zu einer bloßen Gewährleistungsverantwortung hat gerade für diejenigen, die die betreffenden „Leistungen“ der Privaten in Anspruch nehmen wollen oder müssen, wie bereits in Zusammenhang mit dem Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzuges erläutert, keineswegs nur Vorteile: So sind etwa diejenigen, die an die Stelle des früher die betreffenden Aufgaben ausführenden Staates treten, nicht Grundrechtsgebundene, sondern Grundrechtsträger. „Für den einzelnen Bürger wird damit der Weg zur Durchsetzung grundrechtlicher Abwehr oder Leistungsansprüche länger und kann in relativierenden Abwägungen enden“.470 Daher sei es „nicht ausgemacht, ob diese Staatsentlastung nicht bedenklich auf die Grundrechtspositionen Betroffener“ einwirke. So sei es für den Betreiber einer genehmigungspflichtigen Anlage mit seinen Grundrechten aus Art. 12 und 14 GG „nicht belanglos, ob er Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einem Beamten 468 469 470

Vgl. nur: Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 285. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), S. 160 ff., 172 f. Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 ff., 256.

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der staatlichen Gewerbeaufsicht offenbaren muss oder dem Ingenieur einer Privatfirma, der vielleicht schon morgen bei der Konkurrenz tätig wird oder der ein wirtschaftliches Interesse an möglichst eingehender Überprüfung aller Unterlagen hat, weil seine Firma nach aufgewendeter Arbeitzeit bezahlt wird“. Es bestehe daher „die Gefahr einer schleichenden Verformung grundrechtlicher Schutzfunktionen für die individuelle Freiheit . . ., wo eine osmotische Verschränkung staatlicher Herrschaftsgewalt mit gesellschaftlichen Kräften“ stattfinde.471 Bei einem rein privatrechtlichen Zulassungsverfahren nach der AZWV bestehen grundsätzlich die gleichen Risiken: Eine ausschließlich privatrechtlich tätige Zertifizierungsstelle ist durch die bloße Vorgabe von „Prüfkriterien“ durch den Verordnungsgeber nicht etwa unmittelbar an die Grundrechte der Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gebunden, sondern, wie dargelegt, selbst Grundrechtsträger. Wer am Markt zugelassener Weiterbildungsmaßnahmen als Anbieter teilnehmen will, hat dann zwar die Wahl, durch welchen Privaten er die Zulassung vornehmen lassen will. Nach dem nahezu vollständigen Rückzug der BA aus dem Bereich der Zertifizierung hätte er aber nur die Wahl zwischen ausschließlich privatrechtlich tätigen Zertifizierungsstellen. Nicht nur mit Blick auf den Schutz der einschlägigen Grundrechte ist mindestens zweifelhaft, ob dieses Modell bzw. Verfahren einer rein privatrechtlichen Zulassung durch anerkannte Zertifizierungsstellen wirklich eine Verbesserung für die „Antragsteller“ bewirken würde. In der Literatur unter Bezug auf Vorschriften des Umwelt- und Technikrechts geäußerte Bedenken lassen sich durchaus auch auf den Bereich der AZWV übertragen: „Rechtsvorschriften, die einem Betrieb eine aufwendige Organisationsform abverlangen, die ihn zwingen, Beauftragte zu bestellen, Alarmpläne zu erlassen, private Gutachter oder Sachverständige zu beauftragen und zu entlohnen, können im Sinne einer Beschneidung unternehmerischer Dispositionsfreiheit ebenso tief in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingreifen, wie es präventive Verbote oder spezielle Anforderungen an Anlagen oder Produkte tun. Aber die Belastung ist subtiler, erfolgt häufig suk471 Vgl. Di Fabio, S. 257 f.; vgl. hierzu auch Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 292 ff.: „Das Kernproblem besteht darin, dass die vielfältigen Bindungen der Verfassung, die aus dem Erfordernis der demokratischen Legitimation, dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG), den Grundrechten und rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien resultieren, nur dort unmittelbare Wirkung entfalten, wo die jeweiligen Akteure Staatsgewalt ausüben. Dazu reicht es nicht aus, dass sie eine wichtige öffentliche Aufgabe wahrnehmen oder gesellschaftliche Macht nutzen, vielmehr muss ihr Handeln dem Staat jeweils als eigenes zugerechnet werden können. Das ist unschwer zu bejahen im Fall der Beleihung“.

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zessive und seltener in der Form des prozessual gut bekämpfbaren Verwaltungsaktes, sondern durch Gesetz und unter dem Geleitschutz des Verursacher- und des Vorsorgeprinzips“.472 Zwar kann für den Bereich der AZWV argumentiert werden, der Staat schaffe und fördere den betreffenden Markt durch die Übernahme der Weiterbildungskosten erst. Wenn man wirklich einen privatrechtlich organisierten Markt mit Wettbewerb schaffen will, ändert dies aber an der Frage, wie weit in die Grundrechte der Beteiligten eingegriffen werden darf und auf welcher Grundlage diese Eingriffe erfolgen dürfen, nichts. b) Keine Gewährleistungsverantwortung ohne ausreichende Staatsaufsicht – Beleihung der Zertifizierungsstellen als Sicherung der staatlichen Erfüllungsverantwortung Ein – weiterer – Vorteil des hier vertretenen Beleihungsmodells für den Bereich der Anerkennung und Zulassung von Trägern und Maßnahmen nach der AZWV liegt darin, dass der Staat die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Zertifizierungsstellen im Wege der Rechtsaufsicht sicherstellen kann. Die staatliche Erfüllungsverantwortung besteht fort,473 also nicht nur eine bloße Gewährleistungsverantwortung. Bei einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ist dies – zumindest nach der derzeitigen Rechtslage – nicht möglich, da sich in der AZWV, wie bereits ausgeführt, – im Unterschied z. B. zu den §§ 28, 29 UAG – keinerlei Regelungen über eine Aufsicht finden. Ohne Annahme einer Beleihung fehlen, wie bereits erläutert, hinreichende staatliche Einwirkungsmöglichkeiten, wie folgendes Beispiel nochmals verdeutlichen mag: Liegen schwerwiegende Mängel bei einem zugelassenen Träger bzw. einer zugelassenen Maßnahme vor, müsste die Zertifizierungsstelle im Rahmen eines privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen die Zulassung entziehen, wenn die Mängel bzw. Verstöße gegen die AZWV nicht innerhalb einer längstens dreimonatigen Frist beseitigt werden (vgl. §§ 2 Nr. 7, 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV). Erfüllt die Zertifizierungsstelle diese Aufgabe nicht, käme nach der AZWV nur ein Widerruf bzw. eine Rücknahme der Anerkennung der Zertifizierungsstelle in Betracht – wenn der Anerkennungsstelle entsprechende Erkenntnisse vorliegen. Diese kann sie allerdings nur über den „Umweg“ der 472

Vgl. Di Fabio, S. 259. Vgl. hierzu Burgi, Der Beliehene, S. 592; ders. in Erichsen/Ehlers (Hrsg.), § 9, Rdnr. 29. 473

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Qualitätskontrolle nach § 86 SGB III bei dem Träger gewinnen. Eine direkte Einwirkungsmöglichkeit, die eine effektive Aufgabenerfüllung und Aufsicht über die anerkannten Zertifizierungsstellen sichern würde, etwa durch entsprechende Überprüfungs- und Weisungsrechte, bestünde nicht. § 4 Abs. 2 Satz 1 AZWV sieht nur eine Pflicht der Zertifizierungsstellen gegenüber der Anerkennungsstelle zur Auskunftserteilung und zur Vorlage von Unterlagen vor. Stellt die Agentur für Arbeit im Rahmen der Qualitätsprüfung Mängel fest, hat sie gemäß § 86 Abs. 4 SGB III lediglich die fachkundige Stelle (Zertifizierungsstelle) über ihre gewonnenen Erkenntnisse zu unterrichten. Weitergehende Befugnisse hat auch sie, wie bereits oben dargelegt, gegenüber der Zertifizierungsstelle nicht.474 Dagegen könnte die Anerkennungsstelle eine beliehene Zertifizierungsstelle ohne weiteres – und zwar auch ohne entsprechende, ausdrückliche gesetzliche Regelung475 – im Wege der Rechtsaufsicht anweisen, die Zulassung zu entziehen. Dies wäre auch im Vergleich zum sofortigen Widerruf bzw. Rücknahme der Anerkennung das verhältnismäßige, weil mildere, aber dennoch wohl in aller Regel ausreichende Mittel. Schließlich überlässt es der Verordnungsgeber den Zertifizierungsstellen, wie sie – vertraglich – sicherstellen, dass die Zulassung in den einschlägigen Fällen entzogen und das Zertifikat nicht weiter verwendet wird. Insbesondere kann die unbefugte Verwendung des Zertifikates auch nicht etwa als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Ob vertragliche Vereinbarungen ausreichenden Schutz gegen einen Missbrauch durch unseriöse Anbieter gewährleisten, muss bezweifelt werden. So kann leicht das Problem entstehen, dass durch unzureichende oder ungenaue Formulierungen in den Verträgen keine bzw. keine effektive Möglichkeit besteht, die Entziehung der Zulassung vorzunehmen und – zumal sofort – eine missbräuchliche Verwendung des Zertifikates zu verhindern. Sieht man die Erteilung und die Entziehung der Zulassung als Verwaltungsakt an, sind diese äußerst wichtigen Punkte gesetzlich in den §§ 45 ff. SGB X geregelt. Selbst für erteilte Zertifikate findet sich bereits eine Regelung: Nach § 51 Satz 1 SGB X kann, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen wurde oder wenn seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist, die Behörde die auf Grund dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung be474 Gegenüber dem Träger steht der AA allerdings die Möglichkeit zur Verfügung, gemäß § 86 Abs. 2 S. 2 SGB III als „ultima ratio“ die Geltung des Bildungsgutscheins für diesen Träger auszuschließen. 475 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 326.

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stimmt sind, zurückfordern. Nach § 51 Satz 2 SGB X besteht eine Herausgabepflicht. Die Annahme einer Beleihung vermeidet also den Verlust wichtiger staatlicher Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten.476 Der Beliehene ist, wie dargelegt, zur gesetzeskonformen Erfüllung der staatlichen Aufgabe verpflichtet.477 Daher wird die Beleihung als eine (wichtige) Möglichkeit angesehen, um im Rahmen einer Verfahrensprivatisierung die staatliche Gewährleistungsverantwortung zu sichern478 – indem der Staat die Erfüllungsverantwortung weiterhin trägt. Selbst wenn man von einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ausginge, bliebe, wie dargelegt, die staatliche Gewährleistungsverantwortung bestehen. Denn bei der Aufgabenprivatisierung ist, wie bereits oben eingehend dargelegt, zu berücksichtigen, „dass der Staat nicht nur vormals Träger der betreffenden Aufgabe war, sondern dass er innerhalb des jeweiligen Aufgabenfeldes in aller Regel auch nach erfolgter Privatisierung noch tätig ist, sei es überwachend, konkurrierend oder fördernd. Die Aufgabenprivatisierung führt nicht zum viel beschworenen Totalrückzug des Staates, sondern bewirkt eine Veränderung der staatlichen Aufgabenverantwortung von der Erfüllungsverantwortung hin zur funktional auf die private Vollverantwortung bezogenen Teilverantwortung“.479 Die Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung ist aber, wie nochmals hervorzuheben ist, untrennbar mit entsprechenden staatlichen Kontroll-, Überwachungs- und Eingriffsbefugnissen verbunden, damit „nicht der anspruchsvolle Begriff der Gewährleistungsverantwortung zur hohlen Beruhigungsvokabel verkümmer(t)“.480 Zu berücksichtigen ist, dass „der Staat, der mit seiner Ausgestaltung der Rechtsordnung Organisationen faktisch mächtig macht und ihnen die Erfüllung von öffentlichen Aufgaben überträgt, die Privatrechtsordnung mit Elementen öffentlicher Gewalt imprägniert; man ist fast versucht, einen Kampfbegriff der achtundsechziger Kulturrevolution zu bemühen und von „struktureller Gewalt“ zu sprechen“.481 Effektive Kontrolle und Einwirkungsmöglichkeiten sind aber gerade in den Bereichen unverzichtbar, „in denen die vom Staat selbst bewirkte Übertragung bestimmter Aufgabenteile auf private Akteure der Verflüchtigung staatlicher Verantwortung Vorschub 476 Vgl. auch Stuible-Treder, S. 106: „Nur wenn die . . . Aufsichtsrechte des Staates gewährleistet sind, ist die Ausübung der Aufgabe als Staatsaufgabe gesichert“. 477 Vgl. nur Stuible-Treder, S. 74. 478 Vgl. Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 34 III 7, S. 324 f. 479 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 86. 480 Vgl. Di Fabio, S. 262 f. 481 Vgl. Di Fabio, S. 264.

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leistet, weil die disziplinierenden Vorgaben des Grundgesetzes für die staatliche Binnenorganisation nicht mehr unmittelbar greifen“.482 Zur Sicherung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung müssten, sofern wirklich im Hinblick auf die Zulassung nach § 7 ff. AZWV eine vollständige Aufgabenprivatisierung gewollt wäre, entsprechende Aufsichtsund Einwirkungsrechte, etwa nach dem Vorbild der §§ 28, 29 UAG, erst geschaffen werden. Daran fehlt es, wie oben ausgeführt, bisher. Zugleich zeigt sich an diesem Punkt wieder das, was als „eigentliche Achillesferse des Gewährleistungsverwaltungsrechts“ bezeichnet worden ist: die „organisatorische und verfahrensrechtliche Absicherung der Einhaltung der einschlägigen Vorgaben durch die privaten Akteure. Ihre Beteiligung an öffentlichen Aufgaben führt unweigerlich zu staatlichen Lenkungs- und Kontrollverlusten . . . Dieses Dilemma tritt vollends zutage, wenn der Private nicht als Beliehener in die staatliche Verwaltungsorganisation eingebunden ist und folglich nicht der Staatsaufsicht unterliegt“.483 Die Annahme einer Beleihung sichert dagegen, wie bereits oben in der Auseinandersetzung mit dem Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzuges bzw. dem Modell einer Verifikateur-Beteiligung eingehend dargelegt wurde, schon nach der derzeit geltenden Fassung der AZWV die staatliche Gewährleistungsverantwortung durch Erfüllungsverantwortung. Sie sichert zugleich einen umfassenden Grundrechtsschutz für die dem Zulassungssystem unterworfenen „Antragsteller“. Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass der Beleihung, wie bereits im Vergleich mit dem Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzuges ausgeführt, gerade in Ansehung der Privatisierungstendenzen in verschiedenen staatlichen Bereichen eine „unverminderte Praxistauglichkeit“ attestiert wird: Die Beleihung sei „wie Phönix aus der Asche zum neuen Hoffnungsträger für die dogmatische Bewältigung staatlich-gesellschaftlicher Kooperation aufgestiegen . . . Der Grund für diese Entwicklung dürfte die gelungene Verschmelzung von privatem Status und staatlicher Funktion sein, die eine Nutzbarmachung privater Ressourcen erlaubt, ohne auf hoheitliche Handlungsbefugnisse und Einflussmöglichkeiten sowie eindeutige Zuordnungen innerhalb der herkömmlichen verfassungsrechtlichen Systemzäsuren verzichten zu müssen“.484 Es sind keine Gründe ersichtlich, warum angesichts der bisher unzureichenden Aufsichts- und Einwirkungsmöglichkeiten der AZWV die dogmatische Figur der Beleihung nicht genutzt werden sollte, um die staatliche Verantwortlichkeit (ob nun in Form der Erfüllungs- oder der Gewährleis482 483 484

Vgl. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff., 298. Vgl. Voßkuhle, a. a. O., S. 320 f. Vgl. Voßkuhle, a. a. O., S. 301.

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tungsverantwortung) zu sichern – zumindest, solange eine effektive Gewährleistungsaufsicht485 über die Zertifizierungsstellen fehlt. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass – wie oben eingehend dargestellt – die Voraussetzungen für ein Verifikateurmodell nach der AZWV in ihrer derzeitigen Fassung gerade nicht erfüllt sind. c) Der Vertragsschluss zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ als Gefahr für die Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsentscheidung – Probleme und mögliche Lösungen Ein letzter Aspekt mag die Defizite der reinen „Vertragslösung“ verdeutlichen: Der Verordnungsgeber legt, wie insbesondere die Regelung des § 2 Nr. 3 AZWV zeigt, besonderen Wert auf die Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen und der konkret zur Prüfung eingesetzten Personen von sachwidrigen Einflüssen der Träger von Weiterbildungsmaßnahmen. Die Sicherung der Unabhängigkeit und der Objektivität der Prüfer, Gutachter, Sachverständigen und Zertifizierungsstellen ist, wie dargelegt, auch in anderen Rechtsgebieten ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers. Der Verordnungsgeber hat allerdings die erheblichen Bedenken, die insbesondere für den Bereich des Umweltauditverfahrens gegen das Erfordernis eines Vertragsschlusses zwischen Gutachter bzw. Prüfer und dem zu prüfenden Unternehmen bestehen, nicht berücksichtigt: Oben wurde eingehend dargelegt, dass schon für die Tätigkeit des Umweltgutachters keine Rede davon sein kann, diesem gebe der abzuschließende Vertrag die Möglichkeit, „professionell und unabhängig“ zu handeln. Das Gegenteil ist der Fall: Gerade der Zwang, sich mit dem auszuhandelnden und vertraglich zu vereinbarenden Honorar am Markt bzw. im Wettbewerb behaupten zu müssen, weckt, wie hier nicht nochmals dargelegt werden muss, erhebliche Bedenken, ob das Erfordernis des Vertragsschlusses wirklich der Unabhängigkeit und der Objektivität des Prüfers bzw. Gutachters dient. In der Literatur werden deshalb, wie ausgeführt, ergänzende Regelungen wie die Zuweisung des Gutachters für bestimmte Unternehmen, die Beschränkung der Anzahl der Prüfungen eines Gutachters für ein Unternehmen auf drei folgende Prüfungen, Kündigungsbeschränkungen und die Schaffung eines einheitlichen Vergütungsmodells bzw. einer Vergütungsordnung gefordert. Diese Forderungen sind insbesondere deshalb beachtlich, 485

Zu deren Notwendigkeit vgl. nur Voßkuhle, a. a. O., S. 321 f.

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weil für den Umweltgutachter bereits umfassende gesetzliche Regelungen über die Aufsicht existieren. Hinsichtlich der Beschränkungen des Rechts zur Kündigung des Prüfungsvertrages kann zudem auf die Regelungen des § 318 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 u. 6 HGB für Wirtschaftsprüfer verwiesen werden. Der zwischen dem zu prüfenden Unternehmen und dem Wirtschaftsprüfer geschlossene Vertrag über die Prüfung des Jahresabschlusses kann gemäß § 318 Abs. 1 Satz 5 HGB von der betreffenden Kapitalgesellschaft nur nach gerichtlicher Bestellung eines anderen Prüfers gemäß § 318 Abs. 3 HGB widerrufen bzw. gekündigt werden – und nur dann, wenn dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 319 Abs. 2–5 HGB. Zur Begründung für diesen Sonderfall einer Kündigung aus wichtigem Grund wird neben dem Ziel einer Vermeidung einer Abschlussprüferlosigkeit vor allem auf die Stärkung und unbedingte Notwendigkeit der Unabhängigkeit des Prüfers verwiesen.486 Ferner ist auch die Kündigung des Prüfungsvertrages durch den Wirtschaftsprüfer selbst gemäß § 318 Abs. 1 Satz 1 HGB nur aus wichtigem Grund möglich. Als wichtiger Grund gilt nach § 318 Abs. 1 Satz 2 HGB insbesondere nicht das Bestehen von Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt des Bestätigungsvermerks, seine Einschränkung oder Versagung. Auch mit dieser Regelung soll die Stellung des Abschlussprüfers gegenüber der Kapitalgesellschaft gestärkt und verhindert werden, dass Probleme bei der Kapitalgesellschaft einfach durch einverständliche Kündigung unterdrückt werden oder dass der Prüfer unter Umgehung einer gerichtlichen Entscheidung zum Schutz seines Rufes einfach von sich aus kündigt.487 Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich die gleichen Fragen regulierender und die Vertragsfreiheit erheblich beschränkender Eingriffe erst recht stellen, wenn aufsichtsrechtliche Regelungen wie im Falle der AZWV fehlen bzw. allenfalls im Wege der Auslegung bruchstückhaft zu erkennen sind. Der Staat überlässt nach der AZWV die Vereinbarung eines Honorars für die Zertifizierungsleistungen der freien Vereinbarung der Vertragsparteien und möchte ausdrücklich „mehr Wettbewerb“. Wettbewerb bedeutet Kampf um Kunden und Marktanteile und in vielen Fällen auch Kampf um das wirtschaftliche „Überleben“. In dieser Situation ist der Preis der Leistung ein, wenn nicht der entscheidende Aspekt, der über die Marktposition ent486 Vgl. Baumbach/Klaus J. Hopt/Hanno Merkt: Handelsgesetzbuch. Kommentar, 32. Aufl., 2006, § 318, Rdnr. 4 u. § 319, Rdnr. 4 u. 6 m. w. Nachw. 487 Vgl. Baumbach/Hopt/Merkt, § 318, Rdnr. 13 m. w. Nachw.

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scheidet. Die Höhe des Preises steht wiederum im Verhältnis zum Aufwand und Umfang der Leistungen, die hierfür erbracht werden. Qualität, auf die der Gesetz- und der Verordnungsgeber – zu Recht! – besonderen Wert legen, hat eben ihren Preis. Es ist durchaus nicht fernliegend, dass insbesondere neu auf den Markt gelangende Zertifizierungsstellen gerade über den Preis Kunden und Marktanteile gewinnen wollen. Zudem ist es zumindest nicht unwahrscheinlich, dass eine Zertifizierungsstelle, die in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ist, sich die Entscheidung nicht leicht machen wird, einen (u. U. jahrelangen) Kunden durch die Verweigerung der Zulassung oder kritische Einwände zu verärgern oder gar zu verlieren. Wie der Verordnungsgeber diesen Gefahren für die Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsstellen angesichts der unzureichenden Regelungen über die Aufsicht begegnen wollte, bleibt unklar. Die Qualitätskontrolle nach § 86 SGB III ersetzt, wie ausgeführt, keine Aufsicht über die Zertifizierungsstellen. Zudem ist die Qualitätskontrolle zwar eine zwingende Verpflichtung der AA. Wie und in welchem Umfang sie dieser Verpflichtung nachkommen, stellt § 86 SGB III aber in ihr Ermessen. Eine staatliche Zuweisung der Gutachter ist, wie bereits dargelegt, kein sinnvolles Korrektiv, um Probleme der Sicherung von Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsstellen zu lösen, wenn zugleich die Grundsätze der Privatautonomie bzw. der Vertragsfreiheit gelten sollen. Von Privatautonomie könnte dann keine Rede mehr sein. Dagegen wäre die Beschränkung auf drei aufeinander folgende Zulassungen und Zertifizierungen eine durchaus sinnvolle Lösung, um allzu große Abhängigkeiten und Bindungen zwischen den Zertifizierungsstellen und den „Antragstellern“ zu vermeiden. Dies wäre allerdings ebenfalls ein, wenn auch weniger gravierender, Eingriff in die Privatautonomie. Besonders positiv für die Unabhängigkeit und die Objektivität der Zertifizierungsstellen würde sich eine bundeseinheitliche Vergütungs- bzw. Honorarordnung auswirken. Dann würde eben nicht mehr der Preis, sondern zumindest eher die Qualität der Zertifizierungsleistung entscheiden. Gleiches gilt für Beschränkungen des Kündigungsrechtes nach dem Vorbild des § 318 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 und 6 HGB. Das Zertifikat und die Zulassung nach der AZWV kann für ein Unternehmen ebenso bedeutend sein wie die Erteilung des Prüfvermerks durch einen Wirtschaftsprüfer. Warum der Gesetzgeber im einen Fall drastische Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten zur Sicherung und Stärkung der Unabhängigkeit für erforderlich erachtet, im anderen aber keinerlei Beschränkungen vornimmt, ist nicht verständlich.

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An der Notwendigkeit einer effektiven und umfassenden staatlichen Aufsicht zur Sicherung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung würden aber auch solche Korrektive nichts ändern. Insgesamt ist damit äußert fraglich, ob ein reines „Vertragsmodell“ die Erwartungen des Gesetz- und des Verordnungsgebers gerade im Hinblick auf eine Verbesserung der Qualität bei gleichzeitiger Gewährleistung von Unabhängigkeit und Objektivität der Zulassungsentscheidung erfüllen kann. Nimmt man die Sicherung der Gewährleistungsverantwortung ernst, kommt nach derzeitiger Rechtslage angesichts der dargestellten Defizite im Bereich der Aufsicht und der Sicherungen für die Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsstellen nur das Beleihungsmodell als hinreichende Sicherung in Betracht. Grundrechtsbindung und Rechtsaufsicht können hier zumindest einen Teil des Verlustes an Steuerungsmitteln auffangen, der mit der Einführung der AZWV verbunden ist.

VIII. Rechtsschutz im Verhältnis zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen 1. Rechtsweg Die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates nach §§ 10 Abs. 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 AZWV ist, wie dargelegt, ein Verwaltungsakt. Da aber zugleich auch privatrechtliche Verträge zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ abgeschlossen werden, ist hinsichtlich des eröffneten Rechtsweges zu differenzieren: Sofern mit einer Klage ein Amtshaftungsanspruch gemäß Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB geltend gemacht wird, weist § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG diese Streitigkeiten ausschließlich der Zivilgerichtsbarkeit zu. Für sie sind – unabhängig vom Streitwert – gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG die Landgerichte in erster Instanz sachlich zuständig. Wegen der ausschließlichen Zuweisung dieser Streitigkeiten zu den Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit, können Amtshaftungsansprüche in keinem Fall vor den Sozialgerichten geltend gemacht werden.488 Für Streitigkeiten über die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates zwischen „Antragsteller“ und Zertifizierungsstelle sind nach der weit über488

Unstreitig, vgl. nur: Wolfgang Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 51, Rdnr. 10 b u. Rdnr. 41 m. w. Nachw.; BSG SozR 3-1200 § 14, Nr. 28, S. 90; SozR 3-1500 § 51, Nr. 13, S. 15 u. 17 f.

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wiegenden Ansicht in der Literatur die Sozialgerichte gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG zuständig, da es sich um Angelegenheiten der Arbeitsförderung, also um solche handelt, die im SGB III geregelt sind.489 Gleiches gilt für den Fall des Widerrufs oder der Rücknahme, also der „Entziehung“ der Zulassung bzw. des Zertifikates. Für die Zuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG wird entscheidend darauf abgestellt, dass die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB III findet490 bzw. die Streitigkeit ein Rechtsverhältnis nach dem ersten bis sechsten Kapitel des SGB III zum Gegenstand hat.491 Da die AZWV, aus der sich die Ansprüche eines Klägers auf Erteilung bzw. Aufrechterhaltung einer Zulassung ergeben können, ihrerseits ihre Rechtsgrundlage in § 87 SGB III hat und es sich um spezielle Regelungen des Arbeitsförderungsrechts handelt, ist es sachgerecht, auch Streitigkeiten zwischen den „Antragstellern“ und den Zertifizierungsstellen über die Erteilung bzw. Aufrechterhaltung der Zulassung nach § 10 AZWV als Streitigkeiten i. S. d. § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG anzusehen. Für Streitigkeiten zwischen „Antragsteller“ und Zertifizierungsstelle, die nicht die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates betreffen, also etwa die Höhe des zu zahlenden Entgelts bzw. Honorars, könnte aufgrund des privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ dagegen die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit begründet sein. Nach der Literaturmeinung, die eine rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen annimmt, soll gleichwohl die Zuständigkeit der Sozialgerichte für die betreffenden Streitigkeiten begründet sein – und zwar über eine Analogie zu § 51 Abs. 2 SGG.492 Nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG entscheiden die Sozialgerichte auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber Klarheit durch eine einheitliche Zuweisung der betreffenden Streitigkeiten – ob zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich – zu den Sozialgerichten schaffen.493 Zudem ist es wegen der besonderen Sachkunde der Sozialgerichte in Fragen der gesetzlichen Krankenversicherung auch sachgerecht, diese Sachkunde durch entsprechende Zuständigkeit der Sozialgerichte umfassend zu nutzen. 489 Vgl. Niewald in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 q; im Ergebnis ebenso: Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 17. 490 Vgl. zu dieser Voraussetzung nur: Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 51, Rdnr. 29; LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 79 (1990), S. 506 ff., 508. 491 Vgl. Ruth Düring in: Jansen (Hrsg.), § 51, Rdnr. 12. 492 Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274. 493 Vgl. Jung in: Jansen (Hrsg.), § 51, Rdnr. 28.

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Die gleichen Gründe sprechen dafür, eine umfassende Zuständigkeit der Sozialgerichte für Streitigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsförderungsrechts anzunehmen, auch wenn Streitfragen aus einem privatrechtlichen Zertifizierungsvertrag nach der AZWV betroffen sind. Für die Zivilgerichtsbarkeit wären Rechtsstreite aus dem Gebiet des Arbeitsförderungsrechts vollkommen neu. Zudem wird z. B. für die Frage, ob ein bestimmtes Honorar fällig ist, nicht selten wesentlich sein, ob die Zertifizierungsstelle ihre Tätigkeit ordnungsgemäß durchgeführt hat. Dies beurteilt sich aber wiederum nach den speziellen Regelungen der AZWV. Die Sozialgerichte dürften aufgrund ihrer Erfahrung mit dem Arbeitsförderungsrecht solche Streitigkeiten ungleich leichter beurteilen können als die sonst zuständigen Amts- oder Landgerichte. Ferner wäre es bei Annahme einer Zuständigkeit der Sozialgerichte auch für privatrechtliche Streitigkeiten zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ nach der AZWV analog § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG möglich, Fallgestaltungen einer einheitlichen Entscheidung zuzuführen, in denen Streit über die Rechtmäßigkeit der Versagung der Zulassung und über Fragen aus dem geschlossenen Vertrag, etwa über die Fälligkeit und die Höhe eines Honorars, besteht. Aufgrund der vorstehend dargestellten Gründe ist die Zuständigkeit der Sozialgerichte analog § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG auch für Streitigkeiten zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ begründet, die nicht die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates betreffen, sondern (auch) Streitfragen aus dem zwischen ihnen abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrag. Im Sinne einer wünschenswerten Klarstellung, die schon zur Regelung des § 51 Abs. 2 SGG geführt hat, wäre es allerdings geboten, die Regelung des § 51 Abs. 2 SGG dahingehend ausdrücklich zu erweitern, dass auch privatrechtliche Streitigkeiten zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ nach der AZWV aus den zwischen ihnen geschlossenen Zertifizierungsverträgen den Sozialgerichten zur Entscheidung zugewiesen sind.

2. Statthafte Klageart Für Streitigkeiten über die Erteilung der Zulassung, also eines Verwaltungsaktes, auf den gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch für den Antragsteller besteht, ist die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthafte Klageart, wenn die Zertifizierungsstelle einen Antrag auf Erteilung der Zulassung ablehnend beschieden hat. Hat die Zertifizierungsstelle dem Träger von Weiterbildungsmaßnahmen dagegen die erteilte Zulassung durch Widerruf oder Rücknahme nach

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§§ 45 ff. SGB X oder nach § 11 Abs. 3 AZWV wieder entzogen, ist die Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft. Für die übrigen Streitigkeiten zwischen Zertifizierungsstelle und dem Träger von Weiterbildungsmaßnahmen, also solchen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Zertifizierungsvertrag (z. B. über die Frage der Fälligkeit oder der Höhe des Honorars) ist eine Leistungsklage (auf Zahlung des Honorars, auf Schadensersatz usw.) zulässig.

3. Klagebefugnis Für die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage genügt es hinsichtlich der Klagebefugnis gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung des Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Macht der „Antragsteller“ mit der Klage einen Anspruch auf Erteilung bzw. auf Aufrechterhaltung der Zulassung bzw. des Zertifikates geltend, ist die Klagebefugnis in aller Regel unproblematisch gegeben, da nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Erteilung bzw. Aufrechterhaltung der Zulassung (bis zum Ende der Befristung) besteht. Bei Rechtswidrigkeit der Versagung der Anerkennung bzw. des Widerrufs oder der Rücknahme der Anerkennung ist eine Rechtsverletzung und damit eine „Beschwer“ i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG gegeben. Entsprechend liegt etwa bei der Verpflichtungsklage die Beschwer grundsätzlich vor, wenn der Kläger mit seinem Antrag im Verwaltungsverfahren nicht oder nicht voll durchgedrungen ist.494

4. Vorverfahren Die für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG bzw. der Verpflichtungsklage nach § 78 Abs. 3 i. V. m. Absatz 1 SGG grundsätzlich erforderliche Durchführung eines Vorverfahrens ist für Klagen auf Erteilung einer Zulassung nach § 10 AZWV bzw. gegen den Widerruf oder die Rücknahme einer solchen Zulassung durch eine Zertifizierungsstelle problematisch. In der AZWV ist insoweit lediglich die Regelung enthalten, dass die Zertifizierungsstellen ein „Verfahren zur Prüfung von Beschwerden“ einrichten müssen (vgl. § 2 Nr. 7 AZWV). Ob damit die Notwendigkeit der Durchführung eines Vorverfahrens i. S. d. §§ 78, 83 ff. SGG bezeichnet ist oder ob es 494

Vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54, Rdnr. 22 a.

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sich lediglich um das privatrechtliche Äquivalent eines Widerspruchsverfahrens handelt,495 ist fraglich. Der Verordnungsgeber ging, auch wenn der Wortlaut der AZWV dies nicht erkennen lässt, davon aus, dass die Zertifizierungsstellen die Zulassung auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages vornehmen. In der Praxis werden bisher offenbar lediglich privatrechtliche Zertifizierungsverträge abgeschlossen, die auch die Frage der Erteilung der Zulassung regeln.496 Mit der Regelung des § 2 Nr. 7 AZWV wollte der Verordnungsgeber „verhindern, dass in jedem Konfliktfall zwischen Bildungsträger und Zertifizierungsstelle sofort ein Rechtsstreit droht“ und sollte daher die Einführung eines „Beschwerdemanagements“ erfolgen.497 Mit diesem Beschwerdemanagement solle „sichergestellt werden, dass bei einem Konfliktfall zunächst intern in der Zertifizierungsstelle eine Überprüfung stattfindet und der Bildungsträger eine Mitteilung erhält, die für ihn verständlich die Entscheidung der Zertifizierungsstelle erläutert“. Entsprechend müsse die Zertifizierungsstelle „Regeln und Verfahren für die Bearbeitung von Einsprüchen und Beschwerden über das Zertifizierungsverfahren einrichten. Dieses Verfahren muss sicherstellen, dass Einsprüche und Beschwerden in einer unvoreingenommenen Weise untersucht werden“.498 Die Begriffe „Vorverfahren“, „Widerspruch“, „Einspruch“ und „Beschwerde“ bezeichnen jeweils besondere Möglichkeiten des außergerichtlichen, aber auch des gerichtlichen Rechtsschutzes.499 Der Verordnungsgeber hat hier die Begriffe „Beschwerde“ und „Einspruch“ aber offenbar nicht im „rechtstechnischen“ Sinn verwendet, sondern auf für privatrechtliche Zertifizierungsverfahren typische Strukturelemente zur Überprüfung von Beanstandungen von „Kunden“ oder „Auftraggebern“ abstellen wollen.500 Nach der hier vertretenen Ansicht wäre ein solches „Beschwerdemanagement“ gleichsam automatisch im Rahmen eines Vorverfahrens nach den §§ 83 ff. SGG zu leisten. Ein solches Vorverfahren erfüllt die gleichen Funktionen, die der Verordnungsgeber hier im Wege eines Beschwerdemanagements erfüllt sehen wollte: Es dient zum einen der Selbstkontrolle (der Verwaltung) hinsichtlich der Recht- und Zweckmäßigkeit der Entscheidung,501 zum anderen soll es im Wege einer „Filterfunktion“ die Gerichte 495

Vgl. Hänlein, Skript, S. 32. Vgl. hierzu Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 274. 497 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 498 Vgl. S. 6 Begr. AZWV. 499 Vgl. etwa zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil die §§ 338 ff. ZPO und zur Beschwerde die §§ 567 ff. ZPO. 500 Vgl. Hänlein, Skript, S. 32. 501 Vgl. nur Binder in: Lüdtke (Hrsg.), § 83, Rdnr. 2. 496

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vor Überlastung schützen,502 also ebenfalls vermeiden, dass „sofort ein Rechtsstreit droht“. Da dem Verordnungsgeber das sozialrechtliche Vorverfahren der §§ 83 ff. SGG bekannt war und er gleichwohl ein „Beschwerdemanagement“ schaffen wollte, kann nicht angenommen werden, bei dem „Verfahren zur Prüfung von Beschwerden“ i. S. d. § 2 Nr. 7 AZWV handele es sich um ein Vorverfahren i. S. d. §§ 83 ff. SGG. Abgesehen vom Wortlaut spricht auch die soeben dargestellte Begründung des Gesetzgebers gegen eine solche Auslegung.503 Dieses Ergebnis schließt aber nicht aus, dass noch vor einem Vorverfahren, das nach § 83 SGG mit der Erhebung eines Widerspruchs beginnen würde, ein weiteres, internes Überprüfungsverfahren im Sinne einer Überprüfung von Beschwerden und einer (nochmaligen) Erläuterung und Begründung getroffener Entscheidungen erfolgen könnte. Auf diese Weise könnte noch vor Einlegung des förmlichen Rechtsbehelfs „Widerspruch“ eine Konfliktlösung bzw. Einigung angestrebt werden.504 Die „Beschwerde“ bzw. das entsprechende interne Überprüfungsverfahren i. S. d. § 2 Nr. 7 AZWV ist also unabhängig von einem etwaigen Vorfahren nach §§ 83 ff. SGG. Zu beachten ist aber, dass die AZWV zwar die Einrichtung eines solchen Beschwerdemanagements für die Zertifizierungsstellen vorschreibt, den „Antragstellern“ die Nutzung dieser Möglichkeit jedoch nicht vorschreibt. Ein „Antragsteller“ ist nach der AZWV nicht verpflichtet, vor der Durchführung eines Vorverfahrens bzw. eines Rechtsstreits den Weg einer „Beschwerde“ zu wählen. Da es sich bei der Erteilung bzw. der „Entziehung“ der Zulassung um einen Verwaltungsakt handelt, ist – ungeachtet des Beschwerdemanagements nach § 2 Nr. 7 AZWV – die Notwendigkeit eines Vorverfahrens nach den §§ 83 ff. SGG als Voraussetzung einer Anfechtungs- oder einer Verpflichtungsklage zu prüfen. Hat die Zertifizierungsstelle die Erteilung einer Zulassung bzw. eines Zertifikates abgelehnt oder eine zuvor erteilte Zulassung wieder „entzogen“, ist grundsätzlich nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG bzw. § 78 Abs. 3 i. V. m. § 78 Absatz 1 Satz 1 SGG ein Vorverfahren durchzuführen.505 Es liegt insbesondere auch keiner der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG genannten Ausnahmefälle vor, in denen es eines Vorverfahrens nicht bedarf. Wie oben in Zu502

Vgl. nur Binder in: Lüdtke (Hrsg.), § 83, Rdnr. 2. So zutreffend Hänlein, Skript, S. 32. 504 Vgl. hierzu auch Eicher in: Eicher/Schlegel, vor §§ 84–87, Rdnr. 17. 505 Ebenso: Niewald in: Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 q; GK-SGB II/ Lampe, § 77, Rdnr. 68; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 17. 503

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sammenhang mit den Ausführungen zum Anerkennungsverfahren bereits dargelegt, könnte auch das Fehlen von Regelungen zur Durchführung eines Vorverfahrens in der AZWV schon deshalb keine Ausnahme vom Erfordernis eines Vorverfahrens begründen, weil eine Rechtsverordnung kein Gesetz i. S. d. § 78 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist.506 Gleichwohl könnte eine Anfechtungsund Verpflichtungsklage ohne Vorverfahren zulässig sein: In der Regel ist gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 VwGO die nächsthöhere Behörde Widerspruchsbehörde, der Beliehene ist also nicht selbst Widerspruchsbehörde.507 Die „nächsthöhere Behörde“ ist bei dem Beliehenen diejenige Behörde, die ihn mit hoheitlicher Gewalt beliehen hat.508 In Angelegenheiten der BA entscheidet gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 3 SGG die vom Verwaltungsrat bestimmte Stelle. Dies ist, wie bereits oben in Zusammenhang mit dem Rechtsschutz im Anerkennungsverfahren ausgeführt, die Geschäftsführung oder der Leiter der Dienststelle, die bzw. der den Verwaltungsakt erlassen hat.509 Damit könnte angenommen werden, die Geschäftsführung oder die Leiter der Zertifizierungsstellen seien insoweit zuständig. Dem steht aber entgegen, dass die BA entsprechend der Begründung des Verordnungsgebers die Zertifizierungsstellen nicht als ihre „Dienststellen“ und die Erteilung der Zulassung bzw. die Ablehnung einer Zulassung als privatrechtliche Entscheidung ansieht. Für diese Fälle ist also vom Verwaltungsrat der BA keine Stelle i. S. d. § 85 Abs. 1 Nr. 3 SGG bestimmt. Rechtsfolge des Fehlens der Bildung einer Widerspruchsstelle ist, dass die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage dann ohne Vorverfahren zulässig ist.510 In Betracht käme zwar auch, bei ohne Durchführung eines Vorverfahrens erhobener Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage den Rechtsstreit analog § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, das Vorverfahren nachzuholen.511 Dann müsste aber erst eine Widerspruchsstelle gebildet werden. Damit würde die Entscheidung nicht unerheblich verzögert. Daher ist die Zulässigkeit der Klage ohne Vorfahren im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes vorzuziehen. 506 Vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 78, Rdnr. 5 m. w. Nachw. 507 Vgl. Burgi, Der Beliehene, S. 594; Stuible-Treder, S. 119. 508 Vgl. Ziekow, § 79, Rdnr. 24. 509 Vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 85, Rdnr. 3 e m. w. Nachw. 510 Vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 78, Rdnr. 8 a m. w. Nachw. u. § 85, Rdnr. 3 i; Eicher in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 17. 511 Vgl. allgemein hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 78, Rdnr. 3 a; Düring in: Jansen (Hrsg.), § 78, Rdnr. 2 m. w. Nachw.; Binder in: Lüdtke (Hrsg.), § 78, Rdnr. 8 m. w. Nachw.

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5. Klagefrist Die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist gemäß 87 Abs. 1 Satz 1 SGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (hier: Entscheidung über die Ablehnung der Erteilung oder den Entzug der Zulassung) zu erheben. Sofern ein Vorverfahren bzw. Widerspruchsverfahren stattgefunden hat (was aus den dargelegten Gründen aber nicht zu erwarten ist), beginnt die Frist gemäß § 87 Abs. 2 SGG mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt allerdings nur, wenn dem Verwaltungsakt, also der Entscheidung über die Erteilung oder den Entzug der Zulassung, eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung nach § 36 SGB X beigefügt war. Daran wird es aber in der Praxis nach derzeitigem Stand stets fehlen, da die Zertifizierungsstellen von einer privatrechtlichen Zulassung ausgehen. Die – konsequente – Folge ist, dass keine oder unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrungen vorgenommen werden dürften. Für die Klagefrist bedeutet dies: Ist die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden, ist die Einlegung des Rechtsbehelfs gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig. „Rechtsbehelf“ i. d. S ist insbesondere auch die Klage.512 Die Klagefrist ist also auf ein Jahr ab Bekanntgabe der Entscheidung verlängert.

6. Klagegegner Für die Frage, ob der Beliehene oder ein hinter ihm stehender Rechtsträger (hier also die BA) Klagegegner ist, wird in der Literatur darauf abgestellt, ob der Beliehene eine Entscheidung in eigener Verantwortung trifft. Wenn ja, soll der Beliehene einer Körperschaft des öffentlichen Rechts i. S. d. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gleichzustellen und selbst Klagegegner sein.513 Diese Auffassung greift auf die gleichen Kriterien zurück, die bereits für die Frage der Belieheneneigenschaft entscheidend sind: die eigene, selbständige und abschließende Entscheidung. Es ist konsequent und zutreffend, die Beliehenen mit eigener und umfassender Entscheidungsbefugnis auch als 512

Unstreitig, vgl. statt vieler: Jörg Littmann in: Lüdtke (Hrsg.), § 66, Rdnr. 2 u. 3. Vgl. Wolff/Bachof/Stober, § 90, Rdnr. 55; Stuible-Treder, S. 118 f.; Burgi, Der Beliehene, S. 594; ders.: Funktionale Privatisierung, S. 326; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 123 ff. u. S. 227/228, ders.: Der „beliehene Unternehmer“, JuS 1969, S. 69 ff., 75; von Heimburg, S. 121 f. 513

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Klagegegner anzusehen. Dies gilt auch für die Zertifizierungsstellen nach der AZWV. Diese treffen die Entscheidung über die Zulassung in Ausübung der ihnen übertragenen Befugnis eigenverantwortlich und abschließend. Sie entscheiden selbst und bereiten nicht nur eine fremde Entscheidung vor. Dieser Befugnis muss dann auch in prozessualer Hinsicht Rechnung getragen werden. Der Entscheidungsbefugnis sollte auch die prozessuale Stellung der Zertifizierungsstelle entsprechen. Es ist zudem zweckmäßig, denjenigen, der die umstrittene Entscheidung eigenverantwortlich und abschließend getroffen hat, selbst als Klagegegner und nicht etwa nur als Beizuladenden anzusehen. Denn der Beliehene kann seine eigene Entscheidung, so darf unterstellt werden, selbst am besten erklären und vertreten. Die Klage ist damit gegen die Zertifizierungsstelle zu richten, die als Beliehene den Antrag auf Zulassung abgelehnt oder die Zulassung entzogen hat.

7. Begründetheit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage Begründet ist die Verpflichtungsklage gegen eine Zertifizierungsstelle auf Erteilung der Zulassung eines Trägers bzw. einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach der AZWV, wenn die Ablehnung der Zulassung rechtswidrig und der Kläger dadurch beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dies ist der Fall, wenn die Verwaltungsbehörde (hier also die Zertifizierungsstelle) nach materiellem Recht (hier: nach der AZWV) gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, den Verwaltungsakt (hier: die Zulassung) zu erteilen.514 Für eine Anfechtungsklage gegen den Entzug der Zulassung durch die Zertifizierungsstelle gilt dies gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG entsprechend. Sie ist begründet, wenn die Zulassungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen, also ein Anspruch auf Zulassung besteht und die Entziehung der Zulassung mithin rechtswidrig war.

IX. Zusammenfassung 1. Das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV stellt eine Kombination öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente dar. 2. Die anerkannten Zertifizierungsstellen handeln bei Erteilung der Zulassung und bei der Vergabe des Zertifikates nach § 10 AZWV als Beliehene. Die Zulassung ist ein Verwaltungsakt. 514 Vgl. hierzu statt vieler: Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 54, Rdnr. 23.

IX. Zusammenfassung

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3. Das Zulassungsverfahren nach den §§ 7 ff. AZWV ist kein Fall eines privaten Sachverständigen-Vollzuges oder einer Verifikateurbeteiligung. Insbesondere handelt es sich bei dem Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV nicht um ein privates Sachverständigengutachten oder eine private Sachverständigenbescheinigung, an das bzw. an die lediglich kraft Gesetzes die „automatische“ Rechtsfolge der Zulassung des Trägers bzw. der Maßnahme geknüpft wäre. Auch wenn der Wortlaut der §§ 84, 85 Abs. 1 SGB III Raum für eine solche Konstruktion ließe, hat der Verordnungsgeber mit der AZWV doch einen gänzlich anderen Weg gewählt: Nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 7 ff. AZWV stellen die Träger nicht nur Anträge auf Zulassung bei den Zertifizierungsstellen, sondern entscheiden die Zertifizierungsstellen auch selbst, unmittelbar und abschließend über die Erteilung der Zulassung bzw. über deren Entziehung bzw. nehmen diese selbst vor. Dieses Verfahren ist mit dem Modell einer durch Gesetz erfolgenden Zulassung als „automatische“ Folge einer rein privatrechtlichen Sachverständigenbescheinigung, mit der lediglich das Vorliegen von Zulassungsvoraussetzungen festgestellt wird (Verifikateur/privater Sachverständigen-Vollzug), unvereinbar. 4. Für den Bereich der Erteilung und Entziehung von Zulassung und Zertifikat gelten die Grundsätze der Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB. 5. Für die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates dürfen mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage keine Gebühren durch die Zertifizierungsstellen erhoben werden. 6. Elemente einer staatlichen Aufsicht über die anerkannten Zertifizierungsstellen sind nur bruchstückhaft zu erkennen. Ausschließlich durch das Instrument der Beleihung ist eine hinreichende, begleitende Aufsicht über die Zertifizierungsstellen mit direkten, jederzeit verfügbaren Eingriffsbefugnissen nach derzeitiger Rechtslage gewährleistet. 7. Parallel zu der öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung besteht zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern eine privatrechtliche Rechtsbeziehung aufgrund des zwischen ihnen abzuschließenden privatrechtlichen Vertrages. Gegenstand dieses Vertrages ist u. a. die Vereinbarung eines Honorars bzw. Entgelts für die Prüfleistungen der Zertifizierungsstelle, die diese zur Vorbereitung der Entscheidung über die Zulassung erbringt, nicht aber eine Honorarvereinbarung für die Erteilung des Verwaltungsaktes „Zulassung“ und des Zertifikates. Für Pflichtverletzungen, die den privatrechtlichen Vertrag betreffen, gelten die Schadensersatzregelungen der §§ 280 ff., 823 ff. BGB.

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Teil 4: Das Zertifizierungsverfahren

8. Der Vertragsschluss zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern ist, wie insbesondere der Vergleich mit den Verträgen zwischen Umweltgutachtern und Unternehmen zeigt, in erheblichem Maße problematisch. Ohne zusätzliche Korrektive bzw. Regulierungen bestehen beachtliche Gefahren für die Unabhängigkeit und die Objektivität der Zertifizierungsstellen. Sinnvolle Korrektive wären eine Honorarordnung für die Zertifizierungsstellen, die Beschränkung auf eine Höchstzahl von z. B. drei aufeinanderfolgenden Zertifizierungen durch die gleiche Zertifizierungsstelle und erhebliche Beschränkungen des Kündigungsrechts, insbesondere für die Träger, etwa nach dem Vorbild des § 318 Abs. 1, 3 und 6 HGB. 9. Die staatliche Gewährleistungsverantwortung für die Erfüllung der Zulassungsaufgaben im Bereich der §§ 77 ff. SGB III kann nach derzeitiger Rechtslage nur mit dem Instrument der Beleihung der Zertifizierungsstellen gesichert werden. Der Staat behält auf diese Weise auch die Erfüllungsverantwortung. Selbst wenn die rechtlichen Voraussetzungen für ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren nach der AZWV vorlägen, wären signifikate Vorteile eines solchen Verfahrens nicht erkennbar. Dies liegt insbesondere an den erheblichen, zusätzlichen „Sicherungen“, die der Staat im Wege der Regulierung schaffen müsste. Eine Vereinfachung des Verfahrens, die der Gesetzgeber ausdrücklich bewirken wollte, kann auf diese Weise erst recht nicht erreicht werden. 10. Gegen die Versagung oder die Entziehung der Zulassung können die Träger im Wege der Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage vor den Sozialgerichten Rechtsschutz suchen. Soweit Streitigkeiten aus dem privatrechtlichen Vertrag zu entscheiden sind, ist ebenfalls der Rechtsweg zu den Sozialgerichten – und zwar vor allem in Form der Leistungsklage – eröffnet.

Teil 5

Die vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und den Trägern von Weiterbildungsmaßnahmen, die eine Zulassung nach der AZWV beantragen Nach hier vertretener Ansicht erfolgen die Zulassung und die Vergabe des Zertifikates nach § 10 AZWV durch Verwaltungsakte anerkannter und hierdurch beliehener Zertifizierungsstellen. Gleiches gilt für den Entzug der Zulassung bzw. des Zertifikates. Da der Verordnungsgeber den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ für erforderlich gehalten hat und auch die Praxis, wie dargelegt, privatrechtliche Zertifizierungsverträge abschließt, ist nachfolgend zu untersuchen, wie diese Verträge rechtlich zutreffend einzuordnen sind, welche rechtlichen „Rahmenbedingungen“ für diese Verträge gelten und wie sie konkret gestaltet werden können, dürfen und/oder müssen. Zu diesem Zweck wird zunächst dargestellt, welchen rechtlichen Charakter der Zertifizierungsvertrag nach der AZWV hat. Anschließend wird erörtert, ob und wie sich die weitreichenden Vorgaben der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV mit den das Zivilrecht prägenden Grundsätzen der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit vereinbaren lassen. Danach wird untersucht, ob die Zertifizierungsstellen überhaupt verpflichtet sind, mit „Antragstellern“ Verträge abzuschließen und, wenn ja, in welchen Fällen. Ferner wird geprüft, welche genaue rechtliche Bedeutung die Vorgaben der AZWV für die Vertragsgestaltung haben und welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen die §§ 84 ff. SGB III bzw. die AZWV für den Zertifizierungsvertrag hat. Abschließend werden dann mehrere in der Praxis tatsächlich verwendete Vertragsmuster auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin untersucht. In diesem Zusammenhang wird an den jeweiligen Beispielen erläutert, wie solche Verträge nach den Vorgaben der AZWV gestaltet werden müssen und welche Regelungen sie enthalten können, aber auch, welche sie auf keinen Fall enthalten dürfen, wenn nicht Teile des Vertrages oder gar der ganze Vertrag nichtig sein sollen.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

I. Rechtsnatur des Zertifizierungsvertrages 1. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle als Gegenstand des abzuschließenden Vertrages Der zwischen der Zertifizierungsstelle und den jeweiligen „Antragstellern“ abzuschließende Vertrag über die Zulassung von Trägern bzw. Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung bedarf der rechtlichen Einordnung. Insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Folgen möglicher Leistungsstörungen ist zu klären, welche Vertragsart vorliegt. Die Inhalte des Zertifizierungsvertrages sind in erheblichen Teilen durch die Vorschriften der §§ 77 ff. SGB III und der AZWV vorgegeben. Wie diese Vorgaben des Gesetz- bzw. des Verordnungsgebers rechtlich exakt einzuordnen sind, wird unten noch eingehend gesondert geprüft. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 SGB III ist, wie ausgeführt, eine der Voraussetzungen für die Förderung von Arbeitnehmern bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten, dass die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. Die fachkundige Stelle hat die Voraussetzungen für die Zulassung nach §§ 84, 85 SGB III zu prüfen und „festzustellen“ (vgl. §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 1 SGB III). Sie führt die Prüfung der Voraussetzungen durch, entscheidet – nach hier vertretener Ansicht durch Verwaltungsakt – über die Zulassung (also erteilt bzw. versagt diese) und vergibt das Zertifikat mit dem von § 10 Abs. 2 AZWV vorgeschriebenen Inhalt (vgl. § 10 Abs. 1 AZWV). Bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8 bzw. 9 AZWV hat die Zertifizierungsstelle die Zulassung zu erteilen und das Zertifikat zu vergeben (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV). Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle besteht folglich aus den Leistungen Prüfung bzw. Begutachtung und Entscheidung. Die Begründung zur AZWV enthält zur Frage, welcher Vertragstyp hier Verwendung findet bzw. Verwendung finden kann, wie der Gesetzes- und der Verordnungstext, keine Angaben. Erwähnt ist lediglich, dass die Zulassung „im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“ erfolgt.1 „Beginn und Durchführung des Verfahrens werden auf vertraglicher Basis zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Bildungsträger vereinbart, nachdem sich der Bildungsträger an eine Zertifizierungsstelle seiner Wahl gewandt hat“.2 1 2

Vgl. Begr. AZWV, S. 2. Vgl. Begr. AZWV, S. 9.

I. Rechtsnatur des Zertifizierungsvertrages

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Die Literatur hat sich mit dieser Frage bisher kaum beschäftigt. Einzig die Ansicht, die ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren annimmt, hat festgestellt, es handele sich um einen Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB.3

2. Verträge über ähnliche Leistungen und ihre rechtliche Einordnung Für die rechtliche Einordnung des Zertifizierungsvertrages, der in der Kommentar-Literatur zumindest bisher nicht als eigenständiger Vertragstyp wahrgenommen wird, ist es zweckmäßig, Verträge mit vergleichbarem Inhalt als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle mit den Komponenten Prüfung und Entscheidung bzw. Zulassung und Zertifikatsvergabe ist der Tätigkeit eines Gutachters vergleichbar. Je nach Verwendungszweck des Gutachtens ist nicht nur die reine Überprüfung geschuldet, sondern auch die Feststellung eines bestimmten Prüfergebnisses (Erreichen oder Verfehlen von Vorgaben, etwa aus dem Bereich der Baustatik oder aus dem rechtlichen Bereich). Die Zulassung bzw. die Vergabe des Zertifikats weist insbesondere Parallelen zu den Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers auf: Nach § 2 WPO4 hat der Wirtschaftsprüfer die berufliche Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen (§ 2 Abs. 1 WPO). Hinzu kommt die Befugnis der Wirtschaftsprüfer, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften zu beraten und zu vertreten (vgl. § 2 Abs. 2 WPO). Im Rahmen seiner Zuständigkeit kann der Wirtschaftsprüfer insbesondere Prüfungsberichte und Gutachten erstatten (vgl. § 43 WPO). Wichtigster Fall einer solchen Prüfung ist die sog. Abschlussprüfung und der Bestätigungsvermerk (§ 322 HGB), in dem der Abschlussprüfer das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses (bzw. zum Konzernabschluss) zusammenfasst. Der Bestätigungsvermerk enthält also das Gesamturteil des Prüfers über die auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen durchgeführte Abschlussprüfung. Sind Einwendungen zu erheben, hat der Abschlussprüfer seinen Bestätigungsvermerk entsprechend einzuschränken oder seine Erteilung zu 3

Vgl. Hänlein, Skript, S. 30. Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 05.11.1975 (BGBl I S. 2803), zuletzt geändert durch Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG – vom 27.12.2004, BGBl I S. 3846. 4

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versagen (vgl. § 322 Abs. 4 Satz 1 HGB). Der Abschlussprüfer hat den Bestätigungsvermerk (oder den Versagungsvermerk) unter Angabe von Ort und Tag sowie unter Verwendung der Berufsbezeichnung eigenhändig zu unterzeichnen (§ 322 Abs. 5 HGB) und zu siegeln.5 Der (u. U. eingeschränkte) Bestätigungsvermerk (bzw. der Vermerk über die Versagung des Bestätigungsvermerks, vgl. § 322 Abs. 4 Satz 2 HGB) richtet sich nicht nur an den Auftraggeber, sondern z. B. auch an die Arbeitnehmer der betreffenden Gesellschaft und allgemein an die interessierte Öffentlichkeit.6 Hat das Ergebnis der Prüfung keine wesentlichen Einwendungen erbracht, ist der Bestätigungsvermerk – vergleichbar der Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV betreffend Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikats – zu erteilen. Es besteht also ein Rechtsanspruch der geprüften Gesellschaft auf Erteilung des Vermerks.7 Der Bestätigungsvermerk bzw. das Testat des Wirtschaftsprüfers entspräche dann – bei allen inhaltlichen Unterschieden8 – dem Zertifikat der Zulassungsstelle. Vorangegangen ist jeweils eine gutachterliche, prüfende Tätigkeit und anschließende Entscheidung über das Vorliegen gesetzlich definierter Voraussetzungen. Der Vertrag über die Erstellung eines Gutachtens (z. B. durch einen Wirtschaftsprüfer, einen Rechtsanwalt, einen Steuerberater, einen Bauingenieur oder Architekten) wird in Literatur und Rechtsprechung weit überwiegend als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB angesehen.9 Ferner hat der Bundesgerichtshof erst kürzlich wieder bekräftigt, dass auch ein Vertrag, nach dem 5 Vgl. näher: Münchener Kommentar zum HGB/Werner F. Ebke, 4. Aufl., 2001, § 322, Rdnr. 30. 6 Vgl. MüKo/Ebke, § 322, Rdnr. 2; Baumbach/Hopt/Merkt, § 322, Rdnr. 1. 7 Baumbach/Hopt/Merkt, § 322, Rdnr. 1; MüKo/Ebke, § 322, Rdnr. 3. 8 Die Regelungen über den Bestätigungsvermerk nach § 322 HGB sind z. B. weitaus detaillierter, insbesondere auch zur Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers einschließlich einer – zwingenden – Schadensersatzpflicht (§ 323 HGB) und im Hinblick auf die (straf-)rechtlichen Folgen einer bewusst unrichtigen Erteilung (§ 332 Abs. 1 HGB). Ausdrücklich geregelt ist auch das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Abschlussprüfer und der zu prüfenden Kapitalgesellschaft (§ 324 HGB). Ferner ist, im Unterschied zum früheren Recht (und im Gegensatz zur Regelung in § 10 Abs. 2 AZWV), der Wortlaut des Bestätigungsvermerks nun nicht mehr vorgeschrieben, sondern nur der zwingende Inhalt des Vermerks. Hintergrund der Änderung war, dass der früher vorgeschriebene Wortlaut Anlass zu Missverständnissen und übersteigerten Erwartungen an die Aussagekraft des Vermerks gegeben hatte, vgl. hierzu: MüKo/Ebke, § 322, Rdnr. 4–6; Claus-Wilhelm Canaris/Wolfgang Schilling/Peter Ulmer (Hrsg.): HGB, Großkommentar, Bd. 3, 2. Tb., 4. Aufl., 2002, § 322, Rdnr. 7. 9 Vgl. Palandt/Sprau, Einf v § 631, Rdnr. 24, 28, 32; Jauernig/Schlechtriem, vor § 631, Rdnr. 8; Erman/Schwenker, vor §§ 631–651, Rdnr. 24; Münchener Kommentar z. BGB/Busche, § 631, Rdnr. 261; MüKo/Müller-Gloge, § 611, Rdnr. 141;

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ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugunfallschadens zu erstellen hat, ein Werkvertrag ist.10 Dabei ist aber jeweils zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines Werkvertrages tatsächlich vorliegen. Neben einem Werkvertrag kommen auch ein Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB und ein Vertrag über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung gemäß §§ 675 Abs. 1, 663, 665 ff. BGB in Betracht. In Rechtsprechung und Literatur wird, wie nachfolgend dargestellt wird, für Gutachter- und insbesondere für Wirtschaftsprüferverträge neben der Ansicht, es handele sich um Werkverträge, auch vertreten, es lägen Dienstverträge oder Geschäftsbesorgungsverträge vor.

3. Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB? Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgeblich, dass der Dienstverpflichtete lediglich eine Tätigkeit, der Werkunternehmer dagegen die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges schuldet.11 Es wird demnach beim Werkvertrag vom Unternehmer die vertragliche Garantie für einen bestimmten Erfolg seiner Tätigkeit übernommen.12 Die Tätigkeit des Werkunternehmers ist hier also nicht ausreichend, sondern dient der Herbeiführung des vertraglich geschuldeten Erfolges. Der Gegenstand des Werkvertrages kann nach § 631 Abs. 2 BGB neben der Herstellung oder Veränderung einer Sache auch in jedem anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg bestehen. Dagegen liegt ein Dienstvertrag vor, wenn z. B. der Sachverständige oder der Gutachter über eine längere Zeit hinweg beratend oder überwachend für den Auftraggeber tätig wird.13 Nach anderer Auffassung soll etwa beim Wirtschaftsprüfervertrag ein Dienstvertrag, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB zum Gegenstand hat, vorliegen.14 Schließlich wird vertreten, dass sich der Wirtschaftsprüfer aufgrund eines „Geschäftsbesorgungswerkvertrages“ zur Erstellung eines Jahresabschlusses mit Prüfungs- und Bestätigungsvermerk verpflichtet.15 Gegen eine Einordnung des Zertifizierungsvertrages als Dienstvertrag spricht, dass die Zertifizierungsstelle eben nicht nur die reine Prüf- bzw. BGH NJW 2002, S. 749 f.; 2001, S. 514 ff., 514 f.; 2000, S. 1107 f., 1107; 1995, S. 392 ff., 393; 1979, S. 214 f.; 1976, S. 1502 f.; 1967, S. 719 f.; 1966, S. 539 f. 10 Vgl. BGH NJW 2006, S. 2472 ff., 2472. 11 Vgl. nur: Palandt/Sprau, Einf v § 631, Rdnr. 8. 12 Erman/Edenfeld, § 611, Rdnr. 14. 13 MüKo/Müller-Gloge, § 611, Rdnr. 141. 14 MüKo/Müller Gloge, § 611, Rdnr. 133. 15 Erman/Ehmann, § 675, Rdnr. 7, Stichwort „Wirtschaftsprüfer“.

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Untersuchungstätigkeit schuldet. Eine solche Beschränkung auf die Untersuchungstätigkeit läge etwa dann vor, wenn die Zertifizierungsstelle lediglich die „Vorarbeit“ für die Entscheidung einer anderen Stelle leisten würde oder vorwiegend beratende Funktion hätte. Den Zertifizierungsstellen ist neben der Prüfung der Voraussetzungen aber ausdrücklich auch die Entscheidung – nach hier vertretener Ansicht durch Verwaltungsakt – über die Erteilung der Zulassung und die Vergabe des Zertifikates zugewiesen (vgl. § 10 AZWV). Zwar ist das Ergebnis dieser Entscheidung, wie ausgeführt, bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8, 9 AZWV vorgeschrieben: Die Zulassung ist dann zu erteilen, das Zertifikat zu vergeben (§ 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV). Gleichwohl kommt der Entscheidung der Zertifizierungsstelle gegenüber der Prüfung eine eigenständige Bedeutung zu. Sie schließt den Vorgang der Prüfung ab und begründet nach den Ergebnissen dieser Prüfung eine abschließende Wertung. Diese Entscheidung wird als selbständiger Leistungsinhalt vereinbart und damit von der Zertifizierungsstelle auch geschuldet. Dies gilt unabhängig davon, dass die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates nach hier vertretener Ansicht, wie oben eingehend ausgeführt, nicht Vertragsgegenstand sein darf, damit die entsprechende Vereinbarung und mit ihr der gesamte Vertrag wirksam bleibt. Gleichwohl wird von der Zertifizierungsstelle ein „Erfolg“ geschuldet: Sie muss nach der gutachterlichen Prüfung zu einem bestimmten, begründeten Prüfungsergebnis gelangen und dies dann auch dokumentieren. Das nach den entsprechenden fachlichen Regeln und Sorgfaltsanforderungen ermittelte und begründete gutachterliche Votum wird damit von der Zertifizierungsstelle nach dem Zertifizierungsvertrag ebenfalls geschuldet, nicht aber ein bestimmtes Ergebnis oder gar die Erteilung der Zulassung bzw. die Vergabe des Zertifikates. Bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8, 9 AZWV wird ferner die Erteilung der Zulassung und die Vergabe des Zertifikates, also ein über die bloße Prüfungstätigkeit hinausgehender „Erfolg“ geschuldet. Der Antragsteller will mit dem Vertragsschluss ja gerade die Erteilung der Zulassung und die Vergabe des Zertifikates erreichen. Somit ist der Zertifizierungsvertrag kein Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB.

4. Vertrag über entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB? Da die Zertifizierungsstelle nicht nur eine Tätigkeit schuldet, sondern – bei Vorliegen der Voraussetzungen – auch einen bestimmten „Erfolg“, spricht dies dafür, einen Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB anzunehmen.

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Nach § 675 Abs. 1 BGB findet aber auf einen Dienstvertrag oder Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, in Teilen das Auftragsrecht der §§ 663 ff. BGB Anwendung. Nur ergänzend – soweit das Auftragsrecht keine spezielleren Regelungen enthält – ist Dienst- bzw. Werkvertragsrecht anzuwenden.16 Daher ist vorliegend die Abgrenzung vorzunehmen, ob der Zertifizierungsvertrag eine Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB zum Gegenstand hat. Kennzeichnend für den Geschäftsbesorgungsvertrag ist die durch Dienst-, Werk- oder sonstigen Vertrag eingeräumte Geschäftsbesorgungsmacht in einem fremden Rechtskreis, die „idealtypisch“ überwiegend in fremdem Interesse ausgeübt wird.17 Nach der h. M. erfolgt die Abgrenzung zwischen einem reinen Werkvertrag und einem solchen, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, indem ein im Vergleich zu § 662 BGB engerer Begriff des Geschäftes, das zu besorgen ist, angewendet wird. Die Geschäftsbesorgung gemäß § 675 BGB soll nur vorliegen, wenn es sich um eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen handelt.18 Teilweise wird weiter danach differenziert, dass bei § 675 Abs. 1 BGB die Übernahme einer Tätigkeit verlangt werde, die schon vor der Übertragung dem Geschäftskreis des Geschäftsherrn angehört habe.19 Nach anderer Auffassung ist dagegen von einem einheitlichen Geschäftsbegriff im Auftragsrecht auszugehen und sollen vor allem auch unselbständige Tätigkeiten erfasst sein. Die Abgrenzung soll danach aufgrund von Ordnungsprinzipien (Inhalt der Machtbefugnisse des Geschäftsbesorgers, Dauer und Gegenstand der Geschäftsbesorgung, Verhältnis von Fremd- und Eigeninteresse des Geschäftsbesorgers, Entstehungsgrundlage der Macht des Geschäftsbesorgers) erfolgen und eine Typisierung von Verträgen und damit ihre Einordnung als Geschäftsbesorgungsverträge erlauben.20 Die Frage der Einbeziehung auch unselbständiger Tätigkeiten in den Bereich der Geschäftsbesorgung stellt sich für die vorliegende Untersuchung nicht. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle erfolgt nach deren Akkreditierung bzw. Anerkennung selbständig. Abgesehen davon spricht schon der Wortlaut des § 675 Abs. 1 BGB dafür, dass ein Begriff der Geschäftsbesor16

Palandt/Sprau, § 675, Rdnr. 7. Erman/Ehmann, § 675, Rdnr. 1. 18 Palandt/Sprau, § 675, Rdnr. 3; Jauernig/Teichmann, § 675, Rdnr. 4–8; MüKo/ Heermann, § 675, Rdnr. 3 ff., 11 f. 19 Hartmut Oetker/Felix Maultzsch: Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., 2004, § 11 C I 1, S. 616; ähnlich BGHZ 45, S. 223 ff., 228 f.: „selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die ursprünglich der Geschäftsherr selbst zu besorgen hatte, die ihm aber durch einen anderen (den Geschäftsführer) abgenommen wird“. 20 Erman/Ehmann, vor § 662, Rdnr. 26 ff. 17

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gung von einer Dienstleistung oder einer Werkerstellung abzugrenzen ist. Das Abstellen des Gesetzes auf „einen Dienst- oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat“ und die Verweisung auf einzelne Bestimmungen des Auftragsrechts wäre nicht nachvollziehbar, wenn Dienst- oder Werkverträge immer eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hätten.21 Die Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 Abs. 1 BGB muss also eine besondere Form eines Dienst- oder Werkvertrages darstellen. Dann dürfte die Abgrenzung nur über die Kriterien gelingen, mit denen die Geschäftsbesorgung vom „allgemeinen“ Dienst- bzw. Werkvertrag unterschieden werden kann. Dies spricht entscheidend für die von der h. M. vorgenommene Eingrenzung des Geschäftsbesorgungsbegriffes. Auch greift das Argument der Gegenmeinung, die h. M. sei aufgrund unterschiedlicher Geschäftsbegriffe in § 675 BGB einerseits bzw. § 662 BGB andererseits, wenig systematisch, nicht durch. Denn die Gegenauffassung bietet keine überzeugendere Systematik, sondern bildet – ohne Rückgriff auf den Wortlaut der gesetzlichen Regelungen – Fall- bzw. Typgruppen. Worin dann der entscheidende Vorteil zur h. M. liegen soll, wird nicht deutlich. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ist, wie ausgeführt, eine selbständige Tätigkeit. Sie ist zugleich „wirtschaftlicher Art“. Fraglich erscheint aber, ob auch das weitere Kriterium erfüllt ist, wonach die Tätigkeit zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen vorgenommen werden muss. Nicht ausreichend ist, dass der Leistung als solcher überhaupt wirtschaftlicher Wert zukommt, da auch die im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages vorzunehmenden Tätigkeiten entgeltlich erbracht werden.22 Die Tätigkeit muss vielmehr Einfluss auf den Vermögensstatus des Geschäftsherrn nehmen, sei es durch Vermögensmehrung, sei es durch Halten des status quo im Wege der Abwehr von Vermögensgefahren.23 Auch wenn der Geschäftsbesorger nicht nur die Interessen des Geschäftsherrn, sondern auch eigene verfolgen darf, ist die Interessenwahrung zugunsten des Geschäftsherrn charakteristisch für die Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB.24 Hier ist bereits zweifelhaft, ob man die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle überhaupt als Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, vor allem aber als Wahrnehmung von Vermögensinteressen gerade der zu zertifizierenden Unternehmen ansehen kann. 21 Vgl. ähnlich: BGHZ 45, S. 223 ff., 227 zur Regelung des § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB a. F., der ebenfalls nach seinem Wortlaut zwischen der „Besorgung fremder Geschäfte“ und der „Leistung von Diensten“ unterschied. 22 MüKo/Heermann, § 675, Rdnr. 8. 23 MüKo/Heermann, § 675, Rdnr. 8. 24 MüKo/Heermann, § 675, Rdnr. 8.

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Wenn die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ein solches, gleichsam treuhänderisches Element beinhaltet, dann besteht dieses vor allem – zumal sie nach hier vertretener Ansicht Beliehene sind – in der Wahrung staatlicher Vermögensinteressen. Die öffentlichen Mittel der Arbeitsförderung sollen möglichst effektiv und sparsam verwendet werden. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung des Zertifizierungsverfahrens zudem neben mehr Wettbewerb ausdrücklich auch eine „größere Objektivität“ gewährleisten.25 Die Zertifizierungsstellen üben ihre Prüfungs- und Zulassungsfunktion, unabhängig davon, ob sie als Beliehene anzusehen sind oder nicht, aufgrund einer gesetzlichen Aufgabenzuweisung nach gesetzlichen Vorgaben aus. Die Zertifizierungsstellen und ihre Entscheidungen sollen, so zumindest die Intention des Verordnungsgebers, gerade unabhängig von einer – zumal finanziellen – Einflussnahme durch die zu zertifizierenden Unternehmen sein. Nach § 2 Nr. 3 AZWV ist es u. a. Voraussetzung für die Anerkennung als fachkundige Stelle, dass die Zertifizierungsstelle über die erforderliche Unabhängigkeit verfügt. Diese liegt nach § 2 Nr. 3 Satz 2 AZWV vor, wenn gewährleistet ist, dass die Zertifizierungsstelle nicht über die Zulassung von Bildungsträgern bzw. -maßnahmen entscheidet, mit denen sie wirtschaftlich, personell oder organisatorisch verflochten ist oder zu denen ein Beratungsverhältnis besteht oder bestanden hat. Anliegen des Verordnungsgebers ist es insbesondere, eine objektive Zertifizierung sicherzustellen. Eine unabhängige und unbefangene Begutachtung soll gewährleistet sein.26 Mit diesen Zielen des Gesetz- und des Verordnungsgebers wäre es unvereinbar, die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen – zumindest überwiegend – als Wahrnehmung der Vermögensinteressen der zu zertifizierenden Unternehmen anzusehen. Die Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen lässt sich nicht mit der Tätigkeit eines Geschäftsbesorgers für die jeweiligen Unternehmen vereinbaren, der ausschließlich oder doch vorwiegend gerade die Vermögensinteressen seines Geschäftsherrn wahrzunehmen hat. Entscheidend gegen die Einordnung der Zertifzierungsverträge als Geschäftsbesorgungsverträge spricht die Weisungsgebundenheit des Geschäftsbesorgers (vgl. §§ 675 Abs. 1, 665 BGB), die nach allen dargestellten Auffassungen Element einer Geschäftsbesorgung ist. Eine von den Weisungen der zu zertifizierenden Unternehmen abhängige Tätigkeit ist grundsätzlich nicht mit der Stellung als unabhängige und objektive Zertifizierungsstelle zu vereinbaren. Des Weiteren fügt sich die Tätigkeit einer Zertifizierungsstelle auch nicht zu dem Kriterium, dass die Tätigkeit ursprünglich zum Geschäftsbereich 25 26

BT-Drucks. 15/25, S. 30, zu § 84 SGB III. Vgl. Begr. AZWV, S. 5 zu § 2 Nr. 3.

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des Geschäftsherrn gehört haben muss, er also selbst für das dann vom Geschäftsbesorger Übernommene zu sorgen hatte.27 Die Zertifizierung ist originäre Aufgabe der Zertifizierungsstellen und gehört keinesfalls zum Geschäftsbereich der zu zertifizierenden Unternehmen. Diese haben lediglich ein Interesse an der Zertifizierung. Dementsprechend wird von Teilen der h. M., insbesondere aber von der Rechtsprechung das Vorliegen einer Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 Abs. 1 BGB abgelehnt, wenn der Aufgabenkreis des Geschäftsherrn mit Hilfe des Vertragspartners bzw. Geschäftsbesorgers überhaupt erst geschaffen werden soll.28 Vergleichbar liegt es hier: Die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle soll den zu zertifizierenden Unternehmen durch Erteilung der Zulassung erst ermöglichen, gemäß §§ 77 ff. SGB III förderungsfähige Weiterbildungsleistungen anzubieten. Die Prüfung und Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen ist Gegenstand des Zertifizierungsvertrages. Es geht also um eine konkrete, gutachterliche Tätigkeit, die nicht dauerhaft29 begleitend erfolgen, sondern bestimmte Träger und Maßnahmen betreffen soll. Es ist ein fest umrissener Leistungsgegenstand Inhalt der vertraglichen Vereinbarung und nicht eine allgemeine, laufende Tätigkeit. Für den Fall eines Wirtschaftsprüfers, der aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen konkrete Einzelleistungen in Form von Jahresabschlüssen zu erstellen hatte, hat der Bundesgerichtshof auch in jüngster Zeit aufgrund dieser letztgenannten Kriterien entschieden, dass es sich nicht um einen Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. d. § 675 BGB, sondern um einen Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB handelt.30 Elemente der dauerhaften Beratung und Unterstützung, die die Verträge als Dienstverträge, ggfls. in Form der entgeltlichen Geschäftsbesorgung, erscheinen lassen könnten, würden gegen die Regelung des § 2 Nr. 3 Satz 2 AZWV verstoßen, wonach die erforderliche Unabhängigkeit der Zertifizierungsstelle dann nicht vorliegt, wenn zwischen ihr und dem Antragsteller bzw. dem zu zertifizierenden Unternehmen ein Beratungsverhältnis besteht oder bestanden hat. Hinzu kommt die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 6 AZWV, nach der bereits Personen, die „im Rahmen des Zertifizierungsver27 Vgl. BGHZ 45, S. 223 ff., 228 f.; so bereits auch RGZ 97, S. 61 ff., 65 f.; 109, S. 299 ff., 301; Palandt/Sprau, § 675, Rdnr. 4; Oetker/Maultzsch, § 11 C 1, S. 616 f. 28 BGHZ 45, S. 223 ff. 229; Palandt/Sprau, § 675, Rdnr. 4; Jauernig/Teichmann, § 675, Rdnr. 7. 29 Nur für den Fall einer jahrelangen Beauftragung einer Wirtschaftsprüfungsund Steuerberatungsgesellschaft mit der Erstellung von Jahresabschlüssen eines Unternehmens und mit der laufenden steuerlichen Beratung wurde von der Rechtsprechung eine Geschäftsbesorgung angenommen, vgl. BGH NJW 1982, S. 1516 ff. 30 BGH NJW 2000, S. 1107 f., 1107.

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fahrens“ gutachterliche oder beratende Funktionen ausgeübt haben, an der Entscheidung über die Zulassung nicht beteiligt sein dürfen.

5. Vergleich mit der rechtlichen Einordnung der Verträge über die Prüfung und Validierung der Umwelterklärung durch Umweltgutachter nach dem UAG Wie vorstehend dargelegt, ist der Vertrag über die Zertifizierung bzw. Zulassung eines Trägers oder eine Maßnahme nach §§ 7 ff. AZWV ein Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB.31 Zur Absicherung soll dieses Ergebnis noch mit der rechtlichen Bewertung der Verträge zwischen Unternehmen und Umweltgutachtern über die Prüfung und Gültigerklärung (Validierung) der Umwelterklärungen verglichen werden. In der Literatur wird nicht selten ohne nähere Konkretisierung allein die Vorgabe wiederholt, der Umweltgutachter werde aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung bzw. eines privatrechtlichen Vertrages mit dem betreffenden Unternehmen tätig.32 Andere nehmen zwar eine rechtliche Einordnung als Werkvertrag vor, begründen sie aber nicht.33 Die deutlich überwiegende Ansicht qualifiziert den Vertrag als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB, wobei hervorgehoben wird, der geschuldete Erfolg bestehe nicht in der unbedingten Validierung, sondern in der Vornahme der Prüfungen, Begutachtungen und Berichte sowie einer Abschlussentscheidung, in deren Rahmen die Gültigkeitserklärung (nur) bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen geschuldet wird.34 Schließlich wird – mit35 oder ohne36 Begründung – die 31

So zutreffend: Hänlein, Skript, S. 30. Vgl. Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, S. 361 ff., 368; Wiebe, NJW 1994, S. 289 ff., 291; Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993, S. 928 ff., 934; Langerfeldt, NVwZ 2001, S. 538 ff., 539; Köck, VerwArch 87 (1996), S. 644 ff., 662; Hoppe/Beckmann/ Kauch, § 9, Rdnr. 59; van Bon, S. 94 u. 98; Lechelt in: Ewer/Lechelt/Theuer (Hrsg.), Teil A, Rdnr. 34 f.; vgl. auch Franzius, NuR 1999, S. 601 ff., 601: „im Auftrag des Unternehmens tätig“. 33 Vgl. Müggenborg, DB 1996, S. 125 ff., 129; Nissen, S. 171. 34 Vgl. Falk/Frey, UPR 1996, S. 58 ff., 58; Erbrath, S. 261 f. u. 264; Streck, S. 177; Ritter, S. 127 u. 129; Schneider, S. 55; Kothe, Rdnr. 279 u. 382 ff.; Schäfer, S. 209: „Werkvertrag nach § 631 BGB, angereichert mit dienstvertraglichen Elementen“; Ewer, in: Ewer/Lechelt/Theuer, Teil E, Rdnr. 40. 35 Grühn, S. 128 f. 36 Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Kriele, S. 1157 ff., 1166: „privater Dienstleister, der auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Unternehmen tätig wird“. 32

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Auffassung vertreten, es handele sich um einen Vertrag über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB. Für diesen Fall wird allerdings präzisierend darauf verwiesen, es handele sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter, weshalb ergänzend Werkvertragsrecht anzuwenden sei.37 Zu prüfen bleibt damit, ob die für einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag hinsichtlich des Umweltgutachters genannten Argumente vorliegend dazu führen könnten, auch den Vertrag zwischen der Zertifizierungsstelle und dem „Antragsteller“ als entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter anzusehen. Die entsprechende Begründung für den Umweltgutachtervertrag stellt auf Parallelen zum Wirtschaftsprüfervertrag ab. Auch der Umweltgutachter nehme, wie der Wirtschaftsprüfer, eine selbständige entgeltliche Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen in dessen Interesse wahr.38 Nach der hier vertretenen Auffassung handelt die Zertifizierungsstelle im Rahmen der Zertifizierung nach der AZWV aber nicht, zumindest nicht vorwiegend, im Interesse des „Antragstellers“. Dies gilt auch dann, wenn man die anerkannten Zertifizierungsstellen nicht, wie hier vertreten, als Beliehene ansieht. Mit dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV wurde zwar das System der ausschließlich staatlichen Zulassung in eine neue rechtliche Form überführt. Gleichwohl sind es vorwiegend die staatlichen Interessen an der möglichst hohen Effektivität der Weiterbildungsmaßnahmen und am sparsamen, optimalen Einsatz finanzieller Förderungsmittel, die mit dem Anerkennungsund Zertifizierungsverfahren nach der AZWV geschützt werden sollen. Aufgrund der zwingenden Vorgaben der AZWV, insbesondere auch zur strikten Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen, unterliegt die Zertifizierungsstelle auch nicht etwa den Weisungen des „Antragstellers“. Besonders deutlich wird dies, wenn man – wie vorliegend vertreten – die Zertifizierungsstellen als Beliehene ansieht. Mit dem hoheitlichen Charakter der Entscheidung über die Zulassung und die Vergabe des Zertifikats wäre es unvereinbar, eine entgeltliche Geschäftsbesorgung im (vorwiegenden) Interesse des „Antragstellers“ anzunehmen. Für den Umweltgutachter dürfte, auch wenn dies hier keiner abschließenden Entscheidung bedarf, nichts anderes gelten. Der Umweltgutachter darf die Validierung der Umwelterklärung – ungeachtet etwaiger abweichender 37 Grühn, S. 129 f., der maßgeblich auf das Ziel der Begutachtung abstellt, bei Vorliegen der Voraussetzungen die Umwelterklärung für gültig zu erklären. 38 Grühn, S. 128.

II. Verträge mit Zertifizierungsstellen

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vertraglicher Vereinbarungen mit dem zu prüfenden Unternehmen – nur dann vornehmen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Weisungen des zu prüfenden Unternehmens darf der Umweltgutachter für den Kernbereich seiner Tätigkeit bzw. für die zentrale Entscheidung nach Abschluss seiner Prüfung also nicht beachten. Auch die von der betreffenden Auffassung gezogene Parallele zum Wirtschaftsprüfervertrag dürfte hier nicht zu dem Ergebnis führen, einen Geschäftsbesorgungsvertrag anzunehmen. Denn ihre Prämisse, es bestehe zumindest darüber Einigkeit, dass der Wirtschaftsprüfer bei der Prüfung von Jahresabschlüssen aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages handele,39 dürfte nicht zutreffen.40

6. Ergebnis: Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB Damit ist insgesamt festzustellen, dass die Verträge mit Zertifizierungsstellen über die Zulassung von Trägern und Maßnahmen nach §§ 7 ff. AZWV Werkverträge gemäß §§ 631 ff. BGB sind.

II. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem Zertifizierungsverfahren nach §§ 84 f. SGB III/AZWV im Spannungsverhältnis zwischen den Grundsätzen der Privatautonomie bzw. der Vertragsfreiheit und der Gewährleistungsverantwortung des Staates Nach der Feststellung, dass die Verträge über die Zertifizierung nach den §§ 84, 85 SGB III bzw. nach der AZWV Werkverträge gemäß §§ 631 ff. BGB sind, bedarf es nun einer näheren Untersuchung der rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Verträge. In den §§ 84, 85 SGB III und der AZWV haben der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber eine Fülle von Vorgaben geregelt, die bei Gestaltung, bei Abschluss und bei Durchführung der Verträge zu beachten sind. Diese Vorgaben sind unabhängig davon, ob man mit der hier vertretenen Ansicht von 39

Grühn, S. 123. Vgl. nur: Palandt/Sprau, Einf. vor § 631, Rdnr. 28 u. 32, Stichworte: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, m. w. Nachw., wonach bei einer konkret als Vertragsinhalt geschuldeten Einzelleistung, etwa einem Gutachten, ein Werkvertrag vorliegt. 40

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einer Kombination öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente im Rahmen einer Beleihung ausgeht oder ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren annimmt. Mit Blick auf die weitreichenden Vorgaben des Gesetz- und des Verordnungsgebers stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie sich eine (bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens) vollständige oder (bei Annahme des vorliegend vertretenen Beleihungsmodells) teilweise Transformation des ursprünglich öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahrens in ein Verfahren auf „vertraglicher“ bzw. „privatrechtlicher“ Basis mit dem System des Schuldrechts bzw. mit wesentlichen Grundgedanken des zivilrechtlichen Vertragsrechts vereinbaren lässt. Während weder die §§ 77 ff. SGB III noch der Text der AZWV einen (zumindest hinreichend deutlichen) Hinweis auf die Form der Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zwischen den Zertifizierungsstellen und den zu zertifizierenden Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung enthalten, verweist die Begründung zur AZWV, wie oben bereits ausgeführt, darauf, die Zulassung erfolge „im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)vertrages“ bzw. auf „vertraglicher Basis“ im Rahmen einer „privatrechtlichen Ausgestaltung“.41 Für die Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragstellern“ enthalten die §§ 84 ff. SGB III und die Regelungen der AZWV eine Fülle von Vorgaben. Diese reichen vom Antragserfordernis des § 7 Abs. 1 AZWV mit den vorgeschriebenen Angaben der §§ 7 ff. AZWV i. V. m. §§ 84, 85 SGB III über Vorgaben für die Durchführung der Antragsprüfung, also etwa der Berücksichtigung von anderen Stellen erteilter Zertifikate (§ 10 Abs. 1 Satz 2 AZVW) bis zur Pflicht, Zulassung und Zertifikat bei Feststellung des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen zu erteilen. Ferner ist z. B. die Geltungsdauer der Zertifikate (§ 11 Abs. 1 AZWV) ebenso vorgeschrieben wie die Verpflichtung, Zulassungen bzw. Zertifikate in bestimmten Fällen wieder zu entziehen (§ 11 Abs. 3 AZWV). Sofern man mit der hier vertretenen Ansicht die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates nach § 10 AZWV als Verwaltungsakt eines/einer Beliehenen ansieht, sind die Regelungen der §§ 84 ff. SGB III und die Regelungen der AZWV über die Zulassung und die Zertifikatserteilung einer vertraglichen Änderung oder Abwandlung ohne weiteres und in vollem Umfang entzogen. Es handelt sich um zwingendes Recht, wie nicht zuletzt die sprachliche Fassung der Regelungen deutlich macht.42 Einzelheiten zur 41

Vgl. S. 2 u. S. 9 Begr. AZWV. Vgl. nur § 7 Abs. 1 AZWV: „Die Zulassung . . . ist . . . bei einer anerkannten Zertifizierungsstelle zu beantragen. Im Antrag ist anzugeben, . . .“, Hervorh. d. Verf. 42

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Frage, in welcher rechtlichen Form dieser zwingende Charakter der Regelungen genau zum Ausdruck kommt, werden unten noch eingehend erörtert. Raum für vertragliche Regelungen und Gestaltungen bleibt nur in den Bereichen, in denen die AZWV keine Vorgaben macht, so z. B. bei der Frage der Höhe des Honorars. Insbesondere ist, wie bereits ausführlich dargelegt, kein Raum für Vereinbarungen, die die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates oder seine Entziehung betreffen. Es handelt sich um Verwaltungsakte, die einer vertraglichen Disposition der Parteien entzogen sind. Folgt man dagegen der Auffassung, die ein rein privatrechtliches Zulassungsverfahren annimmt, gilt zwar der gleiche Grundsatz, dass die §§ 84 ff. SGB III und die AZWV zwingendes Recht darstellen. In bestimmten Bereichen, etwa bei der Entziehung der Zulassung, sind dann aber vertragliche Regelungen erforderlich. Die Zertifizierungsstelle müsste hier nach §§ 2 Nr. 7, 11 Abs. 3 AZWV durch vertragliche Regelungen das sicherstellen, was sie als Beliehene bereits mit den verwaltungsrechtlichen Instrumenten des Widerrufs oder der Rücknahme der Zulassung (und des Zertifikates) umsetzen kann. Unabhängig davon, welcher Auffassung zur Rechtsstellung der Zertifizierungsstellen und zur rechtlichen Einordnung der Erteilung von Zulassungen und Zertifikaten man folgt, stellt sich die Frage der Vereinbarkeit der weitreichenden gesetzlichen Vorgaben für diese Verträge mit den das Zivilrecht prägenden Grundsätzen der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit.

1. Grundlagen der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit Die Fülle der zwingenden gesetzlichen Vorgaben für die Gestaltung der Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und „Antragstellern“ könnte sich insbesondere im Hinblick auf wichtige Grundsätze des Zivilrechts als problematisch erweisen. Das Zivilrecht, insbesondere das Schuldrecht und dort das Vertragsrecht, ist vom Grundsatz der Privatautonomie geprägt. Privatautonomie bezeichnet das „Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen“.43 Der Bürger kann danach „seine eigenen privatrechtlichen Angelegenheiten nach seinem eigenen Willen selbst regeln“, weshalb das Prinzip der Privatautonomie „zugleich die entsprechende Freiheit und Befugnis des Bürgers“ kennzeichnet.44 43 Werner Flume: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II: Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., 1992, Kap. I § 1 1. 44 Günther Hönn: Zur Problematik der Privatautonomie, JURA 1984, S. 57 ff., 57.

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Haupterscheinungsform der Privatautonomie ist die Vertragsfreiheit, also die Freiheit des Einzelnen, seine Lebensverhältnisse durch Vertrag eigenverantwortlich zu gestalten.45 Privatautonomie und Vertragsfreiheit unterliegen grundrechtlichem Schutz. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Privatautonomie grundrechtlich gewährleistet und haben die Zivilgerichte „die grundrechtliche Gewährleistung der Privatautonomie in Art. 2 Abs. 1 GG“ zu beachten.46 Es dürfe insbesondere „nicht nur“47 bzw. „nicht das Recht des Stärkeren gelten“.48 Auch nach Auffassung der Literatur besteht ein grundrechtlicher Schutz der Privatautonomie nach Art. 2 Abs. 1 GG.49 Je nach Gegenstand des berührten Rechts- bzw. Vertragsverhältnisses wird aber auf den – vorrangigen – Schutz durch spezielle Grundrechte, etwa der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG50, den Schutz des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG51 oder den Schutz der Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 u. 3 GG,52 verwiesen. Ausprägungen der Vertragsfreiheit sind die Abschlussfreiheit und die inhaltliche Gestaltungsfreiheit. Diese Bereiche der Vertragsfreiheit sind durch die Vorgaben des Gesetz- und des Verordnungsgebers für Zertifizierungsverträge, etwa für die Gegenstände der vorzunehmenden Prüfungen, für die Voraussetzungen der Zertifikatserteilung und der Zertifikatsentziehung, betroffen. Es ist deshalb zu prüfen, inwieweit die Vertragsfreiheit vorliegend berührt ist. Je intensiver diese Einwirkungen sind, desto wichtiger ist die Prüfung, ob diese (noch) zulässig sind oder ob der grundrechtlich geschützte Bereich der Vertragsfreiheit verletzt ist. Die Prüfung beginnt mit der Frage, ob und gegebenenfalls welche Beschränkungen der Abschlussfreiheit vorliegen und ob diese Beschränkungen gerechtfertigt sind. An45 Vgl. nur: Erman/Armbrüster, vor § 145, Rdnr. 26; Hk-BGB/Dörner, vor §§ 145–157, Rdnr. 3; Palandt/Heinrichs, vor § 104, Rdnr. 1, vor § 145, Rdnr. 7; jew. m. w. Nachw. 46 Vgl. nur BVerfG NJW 1994, S. 36 ff., 38; NJW 1994, S. 2749 f. 47 BVerfG NJW 1994, S. 36 ff., 38. 48 BVerfG NJW 1994, S. 2749 f., 2750. 49 Hönn, S. 60; Karl Larenz/Manfred Wolf: Allgemeiner Teil des bürgerlichen Schuldrechts, 9. Aufl., 2004, § 34, Rdnr. 5, 22; Dirk Looschelders: Schuldrecht Allgemeiner Teil, 3. Aufl., 2005, § 3, Rdnr. 50; Dieter Medicus: Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., 1998, § 10 II 3, Rdnr. 71, § 10 III 2, Rdnr. 74. 50 Vgl. etwa Rolf Stober: Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 14. Aufl., 2004, § 18 I 1 mit Beispielen; Larenz/Wolf, § 34, Rdnr. 22. 51 Christoph G. Paulus/Wolfgang Zenker: Grenzen der Privatautonomie, JuS 2001, S. 1 ff., 1; Wolfram Höfling: Vertragsfreiheit. Eine grundrechtsdogmatische Studie, 1991, S. 14 ff. 52 Vgl. Matthias Cornils: Vertragsfreiheit und kartellrechtlicher Kontrahierungszwang, NJW 2001, S. 3758 ff., 3758 mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen; Höfling, S. 16 f.

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schließend ist zu klären, welche Rechtsfolgen ein Verstoß in den Zertifizierungsverträgen gegen die Vorgaben des Gesetz- bzw. des Verordnungsgebers haben kann. In diesem Rahmen ist insbesondere zu erörtern, welche rechtliche Bedeutung die Vorgaben des Gesetz- und des Verordnungsgebers haben bzw. in exakt welcher rechtlichen Form der „Zwang“ zum Ausdruck gebracht wird. In Betracht kommen z. B. „gesetzliche Verbote“ i. S. d. § 134 BGB. Die Vertragsfreiheit ist zwar grundrechtlich geschützt bzw. gewährleistet, aber nicht schrankenlos. Vertragsfreiheit besteht nur insoweit, als ihr nicht zwingendes Recht entgegensteht.53 Der Gesetzgeber hat hier einen äußerst breiten Raum zur Einschränkung der Vertragsfreiheit: „Als Begrenzung der Gesetzgebung in Hinsicht auf die Vertragsfreiheit lässt sich aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht mehr entnehmen, als dass die Maxime jeder Gesetzgebung, das ius suum cuique tribuere, nach dem Grundgesetz die Achtung vor dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in der selbstverantwortlichen Gestaltung der Rechtsverhältnisse mit einschließt“, sein muss.54 Die Vertragsfreiheit ist also ein Recht, das – abgesehen von einem Kernbereich unantastbarer Freiheit – weitgehend durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt werden kann.55 Welche Schranken dies sind, wird nachfolgend untersucht.

2. Abschlussfreiheit oder Kontrahierungszwang für Zertifizierungsstellen? Das bisherige Verwaltungsverfahren nach dem SGB X über die Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III begann gemäß § 18 Satz 2 SGB X auf entsprechenden Antrag der jeweiligen Bildungsträger. Die BA hatte Anträge von Antragstellern auf Zulassung grundsätzlich zu bescheiden, das Verwaltungsverfahren gemäß § 8 SGB X war, wie das Bundessozialgericht in einer grundlegenden Entscheidung ausgeführt hat, auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet.56 Insbesondere hatte eine Prüfung der eingereichten Anträge zu erfolgen. Es galt der Untersuchungsgrundsatz des § 20 Abs. 1 SGB X. 53 Vgl. nur Reinhard Bork: Allgemeiner Teil des BGB, 2. Aufl., 2006, Rdnr. 663; Larenz/Wolf, § 34, Rdnr. 49; Flume, Kap. I § 1 2 u. 3 e) sowie 8 a): „Auch für das Schuldrecht gilt jedoch, daß die privatautonome Gestaltung nach Form und möglichem Inhalt durch die Rechtsordnung bestimmt ist“. 54 Flume, Kap. I § 1 10 a). 55 Vgl. nur Erman/Armbrüster, vor § 145, Rdnr. 26; Jauernig: BGB, 11. Aufl., 2004, vor § 145, Rdnr. 8; Palandt/Heinrichs, Einf vor § 145, Rdnr. 7 u. 13. 56 Vgl. BSG, Urteil vom 05.06.2003, SozR 4-4300 § 86 SGB III, Rdnr. 8 u. 10.

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Bei einem Zulassungsverfahren, das durch Beliehene durchgeführt wird, gelten die gleichen Grundsätze. An der grundsätzlichen Pflicht zur Entgegennahme und Bescheidung der Anträge hat sich nach hier vertretener Ansicht nichts geändert. Problematisch ist die rechtliche Beurteilung dagegen, wenn man annimmt, dass die Zulassung auf Basis eines privatrechtlichen Vertrages erfolgt. Hier stellt sich die Frage, ob die Zertifizierungsstellen bei ihnen eingereichte „Anträge“ überhaupt entgegennehmen und bearbeiten müssen. Wenn die alleinige rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ein privatrechtlicher Vertrag ist, ist also zu fragen, ob die Zertifizierungsstellen gezwungen sind, mit bestimmten „Antragstellern“ Zertifizierungsverträge abzuschließen und Leistungen für sie zu erbringen (und sei es auch nur, sich inhaltlich mit vorgelegten „Anträgen“ auseinander zu setzen) oder ob sie schon den Vertragsschluss – mit (welcher?) oder ohne Begründung – ablehnen dürfen. Diese Fragestellung ist auch praktisch bedeutsam: Zwar haben die „Antragsteller“ grundsätzlich die freie Wahl, an welche anerkannte Zertifizierungsstelle sie sich mit ihrem Antrag wenden.57 Rechtlich beschränkt ist die Wahlfreiheit zwischen den für die jeweilige Zertifizierung anerkannten Zertifizierungsstellen nur durch eine etwa erfolgte regional begrenzte Anerkennung (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AZWV) und durch den Ausschluss von Zertifizierungsstellen, die im konkreten Fall, etwa aufgrund beratender Vorbefassung oder durch wirtschaftliche Verflechtung, nicht die erforderliche Unabhängigkeit gewährleisten (vgl. § 2 Ziffer 3 AZWV). Obwohl inzwischen eine ganze Reihe anerkannte Zertifizierungsstellen eine Zertifizierung nach der AZWV bundesweit anbieten, also für „Antragsteller“ eine gewisse Auswahl besteht, kann sich ohne weiteres die Frage nach einem Kontrahierungszwang stellen: Wendet sich ein „Antragsteller“ an eine der Zertifizierungsstellen, stellt sich die Frage, ob diese grundsätzlich verpflichtet ist, einen Vertrag über die Zertifizierung mit gleichsam „jedem“ „Antragsteller“ zu schließen oder ob sie den Vertragsschluss nach freiem Ermessen oder nur aus sachlichen Gründen ablehnen kann. Gründe für eine Verweigerung des Vertragsschlusses können z. B. „schlechte Erfahrungen“ aus früherer Zusammenarbeit, Hinweise auf eine fehlende Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungswilligkeit des Antragstellers oder auch eine vollständige Auslastung der Zertifizierungsstelle mit bereits vorliegenden „Anträgen“ darstellen. Muss die Zertifizierungsstelle also z. B. in die Sachprüfung eines „Antrages“ eintreten, wenn ihr eine negative Kreditauskunft über den „Antragsteller“ vorliegt, so dass 57 Vgl. S. 2 Begr. AZWV: „durch einen Zertifizierer ihrer (der Bildungsträger) Wahl“; S. 9 Begr. AZWV: „Zertifizierungsstelle seiner (des Bildungsträgers) Wahl“.

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sie besorgen muss, ihre Vergütung – ganz oder teilweise – nicht zu erhalten? Muss die Zertifizierungsstelle bei vollständiger Auslastung zusätzliche Sach- und Personalmittel beschaffen, um auch weitere Anträge zu bearbeiten? Diese für die Vertragspraxis nicht unbedeutsamen Fragen sind nachfolgend zu klären. a) Ausdrücklicher bzw. unmittelbarer Abschlusszwang? Zwar kennt auch das Sozialrecht unmittelbare Abschlusszwänge (vgl. § 23 Abs. VI SGB XI). Ob sich den §§ 84, 85 SGB III und den Regelungen der AZWV ein Kontrahierungszwang für die Zertifizierungsstellen entnehmen lässt, erscheint aber äußerst fraglich. Ausgangspunkt der Untersuchung ist der Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Eine ausdrückliche Verpflichtung der Zertifizierungsstellen, in jedem Fall (oder auch nur im Regelfall) mit Antragstellern Verträge zu schließen und ihre Anträge zu prüfen bzw. zu bearbeiten, gibt es nicht. Für einen Kontrahierungszwang könnte allerdings sprechen, dass im früheren, unstreitig öffentlich-rechtlichen Verfahren ein Anspruch auf Tätigwerden und Entscheidung bestand. Mit der Übertragung der Aufgaben auf die anerkannten Zertifizierungsstellen könnte also – auch wenn man keine Beleihung annehmen will – zugleich die Verpflichtung für diese verbunden sein, ihre Tätigkeit auch auszuüben bzw. nicht zu verweigern. Dagegen lässt sich allerdings einwenden, dass der Gesetzgeber selbst bei der Übertragung eines „öffentlichen Amtes“ eine Pflicht zum Tätigwerden ausdrücklich regelt. So ist etwa für Notare in § 15 Abs. 1 BNotO die Pflicht zur Amtsausübung normiert: „Der Notar darf seine Urkundstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern“. Wenn der Gesetzgeber aber bereits bei der Übertragung eines öffentlichen Amtes solche ausdrücklichen Regelungen für die Pflicht zum Tätigwerden geschaffen hat, wäre doch anzunehmen, dass er für eine Tätigkeit von Zertifizierungsstellen, wenn diese tatsächlich rein privatrechtlich erfolgen sollte, erst recht eine solche spezielle und ausdrückliche Pflicht zum Tätigwerden normiert hätte. Eine solche ausdrückliche Regelung gibt es jedoch nicht. Für einen Kontrahierungszwang aus den Regelungen der §§ 84, 85 SGB III bzw. aus den Regelungen der AZWV könnte des Weiteren damit argumentiert werden, dass die Verweigerung eines Vertragsschlusses oder einer Antragsprüfung weder im Gesetz noch in der Verordnung geregelt ist. Vielmehr befassen sich die betreffenden Regelungen nur mit dem „wie“ einer Prüfung, nicht dagegen damit, „ob“ überhaupt eine Prüfung vorgenommen wird:

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Ist die Zertifizierung bei der Zertifizierungsstelle gemäß § 7 AZWV beantragt und liegen die nach §§ 84, 85 SGB III bzw. §§ 8, 9 AZWV erforderlichen Angaben vor, wird offenbar ohne weiteres eine Sachprüfung vorausgesetzt. Besonders deutlich wird dies an der Formulierung des § 9 Abs. 2 Satz 1 AZWV: „Die Zertifizierungsstelle prüft auf Antrag des Bildungsträgers . . .“. Auch die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AZWV spricht für die Verpflichtung zur sachlichen Prüfung eingereichter Anträge bzw. für einen Kontrahierungszwang: „Die Zertifizierungsstelle entscheidet über den Antrag . . . nach Prüfung der eingereichten Unterlagen und örtlicher Prüfungen“. Für diese Auslegung sprechen auch folgende Regelungen: § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV enthält die Verpflichtung, bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8 bzw. 9 AZWV die Zulassung zu erteilen. § 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV regelt die Möglichkeit, das Zulassungsverfahren auszusetzen oder eine Zulassung abzulehnen. Auch hier wird die Möglichkeit, bereits eine Prüfung des Antrages bzw. einen Vertragsschluss abzulehnen, nicht erwähnt. Zwingend sind diese Argumente allerdings nicht. Die erheblichen Auswirkungen auf die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die mit einem solchen Kontrahierungszwang verbunden wären, und auf die sich nicht beliehene Zertifizierungsstellen ohne weiteres berufen könnten, sprechen – wenn man die anerkannten Zertifizierungsstellen eben nicht als Beliehene einordnet – dagegen, dass sich aus den spezialgesetzlichen Regelungen über die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ein Abschlusszwang ergeben sollte. Ein derart weitreichender Eingriff in die grundrechtlich geschützte Rechtsposition der Zertifizierungsstellen müsste gesetzlich – und zwar ausdrücklich – geregelt sein. Für diese Ansicht spricht auch, dass weniger gravierende Punkte für die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen ausdrücklich geregelt sind, so z. B. die Dauer der Befristung der Zulassung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV) oder die einmalige Nachbesserungsmöglichkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV). Dann hätte der besonders intensive Eingriff eines Kontrahierungszwanges erst recht gesetzlich geregelt werden müssen. Der Umstand, dass die vorstehenden Regelungen weder ausdrücklich einen Kontrahierungszwang enthalten, noch die grundsätzliche Abschlussfreiheit der Zertifizierungsstellen erwähnen, erlaubt allerdings noch keine eindeutige Einordnung. Denn, wie ausgeführt, erwähnen die Regelungen in §§ 84, 85 SGB III bzw. der AZWV schon das Erfordernis des Abschlusses eines privatrechtlichen Vertrages nicht. Aufschluss könnte allenfalls die Begründung zur AZWV bieten, die an mehreren Stellen auf die Notwendigkeit eines privatrechtlichen Vertragsschlusses Bezug nimmt.

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Die Begründung zur AZWV enthält den Hinweis, wenn der Anerkennungsstelle vor Ablauf der befristeten Anerkennung bekannt werde, dass die Zertifizierungsstelle ihre Aufgaben „nicht ordnungsgemäß“ wahrnehme, richte sich eine Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) der Anerkennung nach den allgemeinen Regeln des SGB X.58 Was aber „nicht ordnungsgemäß“ bedeutet, wird nicht näher dargestellt. In Betracht kommt hier wohl eine generelle Verweigerung der Zertifizierungstätigkeit oder schlichte Untätigkeit. Denn wenn schon Mängel in der Ausübung der Tätigkeit der Zertifizierungsstelle eine Aufhebung der Anerkennung rechtfertigen können, muss dies erst recht für eine generelle Verweigerung der Zertifizierungstätigkeit oder für eine von der Zertifizierungsstelle zu vertretende generelle Untätigkeit gelten. Es lässt sich aber nicht erkennen, dass mit „nicht ordnungsgemäß“ auch die Verweigerung eines Vertragsschlusses im Einzelfall – zumal aus sachlichen Gründen – erfasst sein sollte. An anderer Stelle wird ausgeführt, „Beginn und Durchführung des Verfahrens werden auf vertraglicher Basis zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Bildungsträger vereinbart, nachdem sich der Bildungsträger an eine Zertifizierungsstelle seiner Wahl gewendet hat“.59 Hier sind zwei Auslegungen möglich: Zum einen kann angenommen werden, mit „Beginn“ sei nur das „wie“ bzw. „wann“ der Zusammenarbeit zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ gemeint. Dass eine Zertifizierungstätigkeit der Zertifizierungsstelle stattfindet, stehe dagegen außer Frage. Zum anderen kann die Formulierung dahin verstanden werden, da schon der „Beginn“ ausdrücklich einer „vertraglichen Vereinbarung“ bedarf, stehe es der Zertifizierungsstelle eben frei, eine solche Vereinbarung auch nicht zu schließen bzw. abzulehnen. Ein eindeutiges Ergebnis, welche Auslegung zutreffend wäre, lässt sich insoweit nicht gewinnen. Weiter wird in der Begründung zur AZWV für das weitere Verfahren nach Antragstellung gegenüber einer frei ausgewählten Zertifizierungsstelle ausgeführt: „Die Zertifizierungsstelle darf in keinem Falle diskriminierend arbeiten. Auch Formen versteckter Diskriminierung, z. B. durch verzögerte Bearbeitung von Anträgen, sind nicht zulässig. Im Bereich der sonstigen Konformitätsbewertung ist es national wie international üblich, dass Zertifizierungsstellen ihre Dienstleistungen allen Antragstellern zur Verfügung stellen müssen (s. z. B. DIN EN 45012). Dies schließt nicht aus, dass Zertifizierungsstellen einen Service in einem bestimmten Bereich anbieten, in dem sie besonders qualifiziert sind, oder ihren Service nur regional anbieten“.60 58 59 60

S. 7 Begr. AZWV. S. 9 Begr. AZWV. S. 9 f. Begr. AZWV.

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Zumindest die Formulierung, wonach es üblich sei, dass Zertifizierungsstellen ihre Leistungen allen Antragstellern zur Verfügung stellen „müssen“, könnte auf einen beabsichtigten Kontrahierungszwang hinweisen. Der Hinweis auf „übliche“ Regelungen in anderen Bereichen in der Begründung zur AZWV ersetzt aber noch keine verbindliche Regelung dieser, wie dargelegt, auch grundrechtsrelevanten, Frage in der AZWV selbst. Zudem ist nach § 2 Nr. 6 AZWV nur „ein“ den anerkannten Regeln der Technik entsprechendes System der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung von den Zertifizierungsstellen anzuwenden, es erfolgt also gerade keine Festlegung auf ein bestimmtes Qualitätsmanagementsystem61 – und damit auch keine Festlegung auf eine DIN oder ein anderes Normensystem, das etwa einen „Kontrahierungszwang“ für die Anbieter von Zertifizierungsleistungen festlegen würde. Gegen einen Kontrahierungszwang spricht schließlich, dass der Gesetzbzw. der Verordnungsgeber detaillierte Vorgaben für das Verfahren der Zertifizierung, angefangen vom erforderlichen „Antrag“ (§ 7 AZWV) bis hin zur Entscheidung über den Antrag (§ 10 AZWV) und zur Geltungsdauer der Zulassung bzw. des Zertifikates (§ 11 AZWV) gestaltet hat. Dann hätte es, wie oben bereits ausgeführt, zumindest nahe gelegen, wenn der Gesetzbzw. der Verordnungsgeber einen so wichtigen Punkt wie einen Kontrahierungszwang, der ja die grundlegende Frage betrifft, ob die einzelne Zulassungsstelle im konkreten Fall tätig werden muss, geregelt hätte. Das Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Regelung zu dieser Frage spricht in Ansehung detaillierter Regelungen zu sonstigen Fragen des Zulassungsverfahrens dagegen, dass hier ein Kontrahierungszwang überhaupt gewollt war. Selbst wenn der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber ein Tätigwerden der Zertifizierungsstellen ohne weiteres vorausgesetzt oder aber die Problematik eines Kontrahierungszwanges schlicht nicht erkannt haben sollte, würde dies nicht als Begründung genügen, für rein privatrechtlich tätige Zertifizierungsstellen einen Kontrahierungszwang als gegeben anzunehmen. Denn im Privatrecht ist die Vertragsfreiheit die – grundrechtlich geschützte – Regel, der Kontrahierungszwang die Ausnahme, die besonderer Rechtfertigung bedarf. Wenn der Verordnungsgeber einen Kontrahierungszwang regeln wollte, hat er dies jedoch nicht in der AZWV umgesetzt bzw. normiert. b) Kartellrechtlicher Kontrahierungszwang (§§ 19, 20 GWB)? Liegen, wie ausgeführt, keine hinreichenden Gründe für die Annahme eines spezialgesetzlich geregelten Kontrahierungszwangs für die Zertifizie61

Vgl. S. 5 Begr. AZWV.

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rungsstellen vor, bleibt zu prüfen, ob sich ein Kontrahierungszwang aus anderen Normen ergeben kann. Es kommt zunächst ein Kontrahierungszwang gemäß §§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB i. V. m. § 33 GWB in Betracht. Unstreitig kann Rechtsfolge eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder eines Verstoßes gegen das Verbot diskriminierender Behandlung bzw. gegen das Verbot unbilliger Behinderung gemäß § 20 GWB die Verpflichtung sein, den zuvor abgelehnten Vertragsschluss zu den sonst üblichen Konditionen vorzunehmen. Die dogmatische Begründung ist allerdings umstritten. Die §§ 19, 20 GWB sind Schutzgesetze i. S. d. § 33 GWB.62 Denn sie bezwecken den Schutz eines anderen (hier: der „Antragsteller“, die eine Zertifizierung und damit einen Marktzugang erhalten wollen). Es besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen dann für die betroffenen Unternehmen, denen von dem Normadressaten (hier: Zertifizierungsstelle) der Vertragsschluss versagt wurde, gegen Letzteren ein Unterlassungsanspruch. Bei Verschulden des Normadressaten ist zudem ein Schadensersatzanspruch gegeben. Die höchstrichterliche Rechtsprechung begründet den Kontrahierungszwang gemäß § 33 GWB als Schadensersatz in Form der Naturalrestitution des § 249 BGB.63 Demgegenüber wendet die inzwischen überwiegende Literaturauffassung ein, hier werde für den Anspruchsteller, der schon die tatbestandlichen Voraussetzungen darlegen und beweisen müsse, auch noch der Beweis eines Verschuldens beim Anspruchsgegner verlangt. Richtiger sei es, die dogmatische Grundlage in einem – verschuldensunabhängigen – vorbeugenden Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch in Analogie zu § 1004 BGB zu sehen.64 Zwar ist der Umstand, dass für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch kein Verschulden erforderlich ist (vgl. hierzu auch den Wortlaut des § 33 GWB) noch kein hinreichendes Argument, die dogmatische Grundlage für einen Kontrahierungszwang dort und nicht bei einem Schadensersatzanspruch zu sehen. Für die Auffassung der überwiegenden Litera62 Rainer Bechtold: Kartellgesetz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 4. Aufl., 2006, § 33, Rdnr. 4 u. 18, § 20, Rdnr. 54; Ulrich Immenga/Ernst-Joachim Mestmäcker (Hrsg.)/Kurt Markert: GWB, 3. Aufl., 2001, § 20, Rdnr. 227. 63 Vgl. die Nachweise zur ständigen Rechtsprechung des BGH bei Immenga/ Mestmäcker/Markert, § 20, Rdnr. 228, FN 640. 64 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20, Rdnr. 228; Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht/Siegfried Rixen, Stand: Mai 2005, § 20 GWB, Rdnr. 271 ff.; Gerhard Wiedemann (Hrsg.)/Hans-Dieter Lübbert: Handbuch des Kartellrechts, 1999, § 30, Rdnr. 4 ff.

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tur spricht jedoch, dass Schadensersatz für in der Vergangenheit erlittene Nachteile gewährt wird. Die Situation ist bei der Zertifizierung nach den Regelungen der AZWV aber gerade dadurch gekennzeichnet, dass der „Antragsteller“ durch die Verweigerung des Vertragsschlusses erst künftige Nachteile zu besorgen hat. Ihm kommt es darauf an, dass die Zertifizierungsstelle die Verweigerung des Vertragsschlusses und der Zertifizierung künftig unterlässt, er erstrebt also ihre Beseitigung – und letztlich den Marktzutritt. Dies entspricht dem in die Zukunft ausgerichteten Unterlassungsanspruch des § 33 GWB bzw. einem Beseitigungsanspruch. aa) Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB? Die Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen. Ein solcher Missbrauch liegt gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB u. a. insbesondere dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter einer bestimmten Art von gewerblichen Leistungen die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Voraussetzung wäre zunächst, dass eine Zertifizierungsstelle eine marktbeherrschende Stellung in diesem Sinne hat. Dies ist zunächst am Katalog des § 19 Abs. 2 GWB sowie an den Vermutungsregelungen des § 19 Abs. 3 GWB zu prüfen. Ein Unternehmen ist gemäß § 19 Abs. 2 GWB u. a. dann marktbeherrschend, soweit es als Anbieter einer bestimmten Art von gewerblichen Leistungen ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB) oder wenn das Unternehmen eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB). Dann wäre für die betreffende Zertifizierungsstelle ein Monopol anzunehmen. Zwei oder mehr Unternehmen sind u. a. dann marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB erfüllen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 GWB). Bei dieser Variante hätten einige wenige Zertifizierungsstellen ein sog. Oligopol. Die Zertifizierungsstellen unterfallen dem (weiten) Unternehmensbegriff des GWB. Davon sind alle (natürlichen oder juristischen) Personen oder

II. Verträge mit Zertifizierungsstellen

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Personenvereinigungen erfasst, die durch Betätigung in der Erzeugung oder im Geschäftsverkehr – außerhalb der Deckung persönlicher Bedürfnisse – aktiv am Wirtschaftleben teilnehmen, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist.65 Der relevante Markt für die Ermittlung der Marktstellung ist der Zertifizierungsmarkt nach den §§ 84 ff. SGB III bzw. nach der AZWV im gesamten Bundesgebiet, wobei etwaige regionale oder inhaltliche Beschränkungen der Zertifizierungstätigkeit entsprechend zu berücksichtigen sind. Eine rein privatrechtlich verstandene Zertifizierungstätigkeit wäre auch eine gewerbliche Leistung i. S. d. §§ 19, 20 GWB, da hier ein sehr weiter Leistungsbegriff angewendet wird. Erfasst vom Begriff der „gewerblichen Leistung“ ist „jeder Gegenstand des Geschäftsverkehrs“.66 Auf die Ursache des fehlenden Wettbewerbs, also hier z. B. die erst kürzlich erfolgte Begründung bzw. Schaffung des Marktes für Zertifizierungsleistungen nach der AZWV und die erst wenigen Zulassungen von Zertifizierungsstellen, kommt es für die kartellrechtliche Prüfung nicht an.67 Für die Prüfung einer marktbeherrschenden Stellung sind weiter die Vermutungsregelungen des § 19 Abs. 3 GWB zu beachten, die die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung erleichtern sollen. So wird Marktbeherrschung z. B. vermutet, wenn ein Unternehmen einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat (§ 19 Abs. 3 Satz 1 GWB). Beim derzeitigen Stand der Schaffung eines entsprechenden Marktes bzw. relativ kurz nach Beginn der Anerkennungen kann sich ohne weiteres für ein oder mehrere Zertifizierungsstellen eine „Marktbeherrschung“ i. S. d. § 19 GWB ergeben – sofern man die Zertifizierungstätigkeit durch die Bundesagentur für Arbeit nicht berücksichtigt. Da bereits etliche Anerkennungen von Zertifizierungsstellen erfolgt sind, dürfte die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB, die auf eine Situation „ohne“ bzw. ohne „wesentlichen Wettbewerb“ abstellt, aber kaum einschlägig sein. Wahrscheinlicher ist, dass eine Zertifizierungsstelle (oder mehrere, vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB) eine im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern überragende Marktstellung (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB) erlangen könnte(n). Dies kann deshalb auf dem „Markt“ der Zertifizierungsleistungen nach der AZWV eintreten, weil neben einigen wenigen bundes65

Vgl. Bechtold, § 19, Rdnr. 2; Immenga/Mestmäcker/Markert, § 19, Rdnr. 3 u. § 20, Rdnr. 22, wonach es auch nicht darauf ankommt, dass das Unternehmen noch in anderer Weise, z. B. hoheitlich tätig wird. 66 Vgl. Bechtold, § 19, Rdnr. 8. 67 Vgl. Bechtold, § 19, Rdnr. 22, wonach auch gesetzlich begründete Monopole eine „Marktbeherrschung“ i. S. d. § 19 GWB nicht ausschließen.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

weit tatsächlich seit Jahren im Bereich der Zertifizierung (etwa im TechnikBereich) tätigen Organisationen mit sehr erheblicher finanzieller, organisatorischer und personeller Ausstattung auch kleine, vorwiegend regional tätige Unternehmen am Markt teilnehmen (wollen). Eine Marktkonzentration auf einige, wenige große Unternehmen ist also durchaus möglich. Bei der entsprechenden Prüfung der Marktbeherrschung wäre aber u. a. zu berücksichtigen, ob für die „Marktgegenseite“ (also die „Antragsteller“) die Möglichkeit besteht, „auf andere Unternehmen auszuweichen“ (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB). Bereits in diesem Zusammenhang kommt der Zertifizierungstätigkeit der BA Bedeutung zu. Dies gilt schon deshalb, weil die Prüfung der Ausweichmöglichkeiten nicht auf den betreffenden Markt, für den die Marktbeherrschung untersucht wird, beschränkt ist, sondern sich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung auch auf Ausweichmöglichkeiten außerhalb des relevanten Marktes erstreckt.68 Selbst wenn man also die Zertifizierungstätigkeit der BA (nach der inzwischen erfolgten Beendigung der Übergangsregelung des § 15 Abs. 1 AZWV nur noch) gemäß § 12 AZWV, also bei Vorliegen eines besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses, nicht als Teil des Marktgeschehens ansehen wollte, bliebe doch zu prüfen, ob nicht gleichwohl eine Zertifizierung durch die BA eine solche „Ausweichmöglichkeit“ ist. Es ist aber zutreffend, die BA als Marktteilnehmer zu behandeln: Die Zertifizierung durch die BA stellt für den „Antragsteller“ sachlich weitestgehend die gleiche Leistung dar, wie sie eine Zertifizierungsstelle im Rahmen eines ausschließlich privatrechtlich aufgefassten Zertifizierungsverfahrens auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages erbringen würde. Der „Antragsteller“ erhält eine Zulassung und ein Zertifikat mit der gleichen rechtlichen Wirkung. Wenn und soweit die BA Zertifizierungen durchführt, prägt sie das Marktgeschehen und die Wettbewerbssituation mit. Auf eine etwa fehlende Gewinnerzielungsabsicht kommt es, wie ausgeführt, nach dem weiten Unternehmensbegriff des GWB nicht an. Hinzu kommt, dass bei der Prüfung der Markt- und Wettbewerbssituation neben aktuellem auch potenzieller Wettbewerb zu berücksichtigen ist. Selbst ein Unternehmen, das noch nicht auf dem Markt tätig ist, aber dazu fähig wäre, übt allein durch diese Fähigkeit realen Einfluss auf den Wettbewerb aus. Dabei genügt es schon, wenn die Tätigkeit auf dem Markt aus der Sicht der Marktteilnehmer zumindest möglich erscheint.69 Dann muss die BA erst recht als Marktteilnehmer behandelt werden, weil sie über die Regelung des § 12 AZWV jederzeit die Möglichkeit hat, Zertifi68 69

Vgl. etwa: Bechtold, § 19, Rdnr. 42. Vgl. Bechtold, § 19, Rdnr. 26 f.

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zierungen durchzuführen. Das Erfordernis eines „besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses“ i. S. d. § 12 AZWV ist insoweit kein „trennscharfes“ Kriterium, das die Zertifizierungstätigkeit der BA auf krasse Ausnahmefälle beschränken würde. Denn dieses besondere arbeitsmarktpolitische Interesse soll „insbesondere“ bereits dann vorliegen, „wenn individuell ausgerichtete Weiterbildungsmaßnahmen im Einzelfall gefördert werden sollen“ (§ 12 Satz 2 AZWV). Das wird man aber auch annehmen können, wenn sich ein „Antragsteller“ direkt an die BA mit der Bitte um Zertifizierung wendet – vor allem dann, wenn er hinzufügt, dass er auf andere Weise nicht oder nicht hinreichend schnell eine Zertifizierung erhalten kann. Gerade das Bedürfnis, im Einzelfall „kurzfristig“ eine Zertifizierung zu erhalten, ist in der Begründung zur AZWV als Rechtfertigung für diese Regelung besonders erwähnt.70 Dies bedeutet: nur wenn man von einem „Markt“ ausginge, der ausschließlich anerkannte Zertifizierungsstellen unter Ausschluss der BA erfasst oder wenn der „Marktanteil“ der BA an den Zertifizierungen sich entsprechend drastisch reduziert hätte, könnte eine „Marktbeherrschung“ durch eine nach der AZWV anerkannte Zertifizierungsstelle, wie ausgeführt, überhaupt entstehen. Ob nun mit oder ohne Berücksichtigung der BA als Marktteilnehmer – für die Frage der Marktbeherrschung ist in jedem Fall eingehend zu prüfen, ob und welche „Ausweichmöglichkeit“ besteht. Je mehr für die „Marktgegenseite“ – hier also für den „Antragsteller“ – die Möglichkeit besteht, auf andere Unternehmen auszuweichen, desto eher ist die Marktbeherrschung des Anbieters (hier: der Zertifizierungsstelle) ausgeschlossen.71 Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob die Voraussetzungen einer Marktbeherrschung für den Bereich der Zertifizierungsstellen überhaupt eintreten werden. Wenn und soweit die Möglichkeit besteht, eine Zertifizierung auch von der BA zu erlangen, erscheint eine „Marktbeherrschung“ eher fernliegend. Würde man dennoch zum Vorliegen einer „Marktbeherrschung“ gelangen, wäre, was hier zur Vervollständigung erfolgen soll, im Fall des verweigerten Vertragsschlusses zu prüfen, ob ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung i. S. d. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB vorliegt. Der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB kommt neben den in § 19 Abs. 4 GWB normierten Beispielsfällen praktisch keine Bedeutung zu.72 Missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung setzt voraus, dass die Marktbeherrschung das Instrument des Handelns ist. Es muss 70 71 72

Vgl. S. 17 Begr. AZWV. Vgl. Bechtold, § 19, Rdnr. 41. Vgl. Hermann-Josef Bunte: Kartellrecht, 2003, S. 202; Bechtold, § 19, Rdnr. 65.

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also eine Kausalität zwischen der Marktbeherrschung und dem missbräuchlichen Marktverhalten bestehen.73 Für den Behinderungsmissbrauch gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB genügt bereits jede Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen, also jede für ein Unternehmen wettbewerblich nachteilige Maßnahme.74 Dabei ist kein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Anbieter der gewerblichen Leistungen und dem sich um die Leistung bemühenden Unternehmen erforderlich. Von einer Behinderung betroffen sein können auch Abnehmer des marktbeherrschenden Unternehmens.75 Entsprechend ist auch nicht erforderlich, dass ein Wettbewerbsverhältnis zwischen der Zertifizierungsstelle und dem „Antragsteller“ besteht. Die Versagung eines Vertragsschlusses über die Zertifizierung hat für die „Antragsteller“ gegenüber anderen Wettbewerbern eine nachteilige Wirkung, da sie nur nach erfolgreicher Zertifizierung an dem entsprechenden Markt für zugelassene Weiterbildungsmaßnahmen (erfolgreich) teilnehmen können. Entscheidende Bedeutung kommt dann dem Tatbestandsmerkmal „ohne sachlich gerechtfertigten Grund“ gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB zu. Es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen den Interessen des marktbeherrschenden Unternehmens und den Interessen des sich um die Leistung bemühenden Unternehmens. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Ziele des GWB, also vor allem die Aufrechterhaltung eines freien Wettbewerbs und der Gesichtspunkt der Leistungsgerechtigkeit.76 Sachlich gerechtfertigt sind Maßnahmen, die das marktbeherrschende Unternehmen auch bei Bestehen wesentlichen Wettbewerbs (also ohne Marktbeherrschung) anwenden könnte,77 bzw. wenn es an einem inhaltlichen Zusammenhang mit der marktbeherrschenden Stellung fehlt. Übertragen auf die oben genannten Beispielsfälle sind der Fall der bekannten oder auch der ernsthaft zu besorgenden Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsunwilligkeit eines „Antragstellers“ oder die Kapazitätsausschöpfung der Zertifizierungsstelle „sachliche“ Gründe, stellen also keinen „Missbrauch“ dar. Beide Fälle wären auch ohne Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung ohne weiteres als sachliche Gründe anzusehen, einen Vertragsschluss zu verweigern. Zwar ist für den Fall einer Kapazitätserschöpfung durchaus anzuerkennen, dass (auch) der „Antragsteller“ diese nicht zu verantworten hat. Gerade in einem erst im Aufbau befindlichen Markt können solche Situationen 73 74 75 76 77

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Bunte, S. 202; Bechtold, § 19, Rdnr. 65. Bechtold, § 19, Rdnr. 67. Bunte, S. 203. Bunte, S. 204. Bechtold, § 19, Rdnr. 70.

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aber eintreten und ist es Teil der staatlichen Gewährleistungsverantwortung, hierfür Korrektive vorzusehen. Der Verordnungsgeber hatte mit der Regelung des § 15 Abs. 1 AZWV eine – befristete – Möglichkeit geschaffen, fehlende Marktkapazitäten durch eine Zertifizierungstätigkeit der BA auszugleichen. Eine Zertifizierungsmöglichkeit durch die BA gemäß § 12 AZWV erscheint gegenüber einem Kontrahierungszwang für die Marktteilnehmer, die sachliche Gründe für eine Verweigerung ihrer Tätigkeit geltend machen können, eindeutig vorzugswürdig. Wenn der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber einen Markt für die betreffenden Leistungen schaffen möchte, die nicht mehr durch staatliche Stellen erbracht werden sollen, hat er entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Bis zu einem hinreichenden Wettbewerb bzw. bis zum Aufbau eines entsprechenden Marktes hat deshalb die BA weiter Zertifizierungsleistungen jedenfalls für Fälle anzubieten, in denen von den bereits tätigen Zertifizierungsstellen sachliche Gründe für eine Verweigerung ihrer Tätigkeit geltend gemacht werden. Dem entspricht, wie ausgeführt, das Fortbestehen der Zertifizierungsmöglichkeit durch die BA gemäß § 12 AZWV. Für den Fall der zu besorgenden Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit eines „Antragstellers“ könnte im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau bzw. Interessenabwägung eine hinreichende Absicherung für die Zertifizierungsstelle darin liegen, dass sie den Beginn ihrer Tätigkeit von der Zahlung des Honorars für die Zertifizierungstätigkeit abhängig macht. Hier bestünde aber zum einen die Schwierigkeit, dass sich die Honorarhöhe nicht in jedem Fall bereits abschließend bestimmen lassen wird, sondern sich z. B. im Zuge der Prüfungstätigkeit weiterer zu vergütender Aufwand ergeben könnte. Der Honoraranspruch – und eine entsprechende Vorauszahlung – ließe sich dann schon nicht genau bestimmen. Zum anderen wird eine Zertifizierungsstelle eine solche Möglichkeit bereits in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. in ihren Standardverträgen über die Zertifizierung vorsehen wollen. Hier besteht aber auch im Verkehr zwischen Unternehmern i. S. d. § 14 BGB keine völlige Gestaltungsfreiheit. Vielmehr hat der Gesetzgeber für die hier einschlägigen Werkverträge mit § 632 a BGB eine Regelung über Abschlagszahlungen getroffen. Danach kann der Werkunternehmer für bereits erbrachte Leistungen Abschlagszahlungen verlangen. Diese Regelung hat damit Leitbildfunktion, die für eine Inhaltskontrolle von AGB insbesondere nach § 307 BGB zu berücksichtigen ist mit der Folge, dass Regelungen unwirksam sind, die die gesetzliche Regelung in ihr Gegenteil verkehren und eine komplette Vorauszahlungspflicht des Bestellers begründen.78 Eine solche Klausel dürfte auch überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB sein. 78

Vgl. Palandt/Sprau, § 632 a, Rdnr. 3; Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 14.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Die Vereinbarung einer Vorleistung des „Antragstellers“ ist daher erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Es erscheint deshalb auch unter Berücksichtigung der Angemessenheit nicht gerechtfertigt, die Zertifizierungsstelle auch in Fällen, in denen Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit ernsthaft zu besorgen ist, mit einem entsprechenden Risiko zu belasten. Eine negative Kreditauskunft rechtfertigt damit die Versagung des Vertragsschlusses – zumal dem „Antragsteller“ auch hier die Möglichkeit der Zertifizierung durch die BA bliebe. Ein sachlich nicht gerechtfertigter Grund für eine Verweigerung der Tätigkeit würde dagegen geltend gemacht, wenn eine rassistische Begründung oder eine Begründung, die darauf abzielt,79 einem missliebigen „Antragsteller“ gezielt zu schaden, für die Verweigerung des Vertragsschlusses gegeben würde. Dies ist allerdings nicht sonderlich wahrscheinlich, da nach erfolgter Anerkennung der Zertifizierungsstelle diese ihre Arbeit in aller Regel schon im eigenen Interesse gesetzeskonform betreiben wird. Die Beweislast für das Fehlen der sachlichen Rechtfertigung trägt in der zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Zertifizierungsstelle und „Antragsteller“ letzterer.80 Es erscheint kaum realistisch, dass eine Zertifizierungsstelle den Vertragsschluss mit einer unsachlichen, z. B. einer rassistischen, ethnischen oder ähnlich angreifbaren „Begründung“ verweigert. Wenn überhaupt eine Verweigerung des Vertragsschlusses aus unsachlichen Gründen erklärt werden sollte, dürften – wie praxisnah zu vermuten ist – „unanfechtbare“ Gründe (z. B. Kapazitätsausschöpfung) geltend gemacht werden. bb) Diskriminierungsverbot/Verbot unbilliger Behinderung (§ 20 GWB) Vergleichbare Probleme ergeben sich bei der Prüfung eines Kontrahierungszwangs nach § 20 Abs. 1 u. 2 GWB i. V. m. § 33 GWB. Gemäß § 20 Abs. 1 GWB dürfen marktbeherrschende Unternehmen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln. Für die Prüfung, ob eine Zertifizierungsstelle ein marktbeherrschendes Unternehmen i. S. d. § 20 Abs. 1 GWB ist, gelten die gleichen Kriterien wie in § 19 Abs. 2 u. 3 GWB.81 79

Auf den Schutz der „Antragsteller“ vor solchen Diskriminierungen wird unten noch gesondert eingegangen. 80 Vgl. hierzu Bechtold, § 19, Rdnr. 72. 81 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 9 u. 10.

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Für das Tatbestandsmerkmal des Geschäftsverkehrs, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, wird eine weite Auslegung vorgenommen.82 Geschäftsverkehr ist u. a. jeder privatrechtlich geregelte Verkehr mit gewerblichen Leistungen, auch wenn für die Durchführung bestimmter Tätigkeiten gesetzliche Vorschriften bestehen.83 Eine rein privatrechtliche Zertifizierungstätigkeit der anerkannten Zertifizierungsstellen nach den Regelungen der AZWV wäre ein solcher Geschäftsverkehr. Der Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, bestünde hier in der Zulassung und Zertifizierung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Die „Antragsteller“ wären gleichartige Unternehmen in diesem Sinne, wenn sie im Verhältnis zur Zertifizierungsstelle als Normadressaten die gleiche Grundfunktion ausüben.84 Dies ist bei den diversen „Antragstellern“ der Fall, weil sie die gleiche Leistung von dem gleichen Unternehmen für eine Tätigkeit als nach der AZWV zugelassener Träger begehren. Für das Tatbestandsmerkmal der Üblichkeit ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Regelung den Zugang zu und die behinderungsfreie Betätigung auf Märkten, die durch die Präsenz marktstarker Unternehmen gekennzeichnet ist, gewährleisten soll. Deshalb genügt für eine Öffnung des Marktes in diesem Sinne, dass für gleichartige Unternehmen die Möglichkeit zum Marktzugang eröffnet ist, während es nicht darauf ankommt, wie häufig dieser Marktzugang genutzt wird.85 Mit der vom Verordnungsgeber durch die AZWV geschaffenen Regelung der Zulassung durch anerkannte Zertifizierungsstellen ist die grundsätzliche Möglichkeit zum Marktzutritt für die „Antragsteller“ eröffnet. Wie bereits die Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AZWV über das Vorliegen der für den Betrieb einer Zertifizierungsstelle und die ordnungsgemäße Durchführung des Zertifizierungsverfahrens erforderlichen Organisationsstrukturen sowie die personellen und finanziellen Mittel als Anerkennungsvoraussetzung zeigt, geht der Verordnungsgeber davon aus, dass die Zertifizierungsstelle ihre Tätigkeit auch tatsächlich anbietet. Damit besteht auch die grundsätzliche Möglichkeit für „Antragsteller“, ihr Unternehmen und die von ihnen angebotene Maßnahmen dort zertifizieren zu lassen – und damit besteht auch die grundsätzliche Möglichkeit des Marktzutritts. Zu untersuchen ist ferner, ob in dem Ablehnen eines Vertragsschlusses durch die Zertifizierungsstelle mit dem „Antragsteller“ eine „unbillige Be82

Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 115. Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 117 m. w. Nachw. 84 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 34; Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 119 f. 85 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 130 f. 83

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

hinderung“ oder eine unterschiedliche Behandlung ohne sachlich gerechtfertigten Grund vorliegt. Zu prüfen ist zunächst, ob eine Behinderung oder eine unterschiedliche Behandlung gegeben ist. Erst in einem zweiten Schritt folgt dann eine Bewertung, ob es sich um ein unbilliges oder ein sachlich nicht gerechtfertigtes Verhalten handelt.86 Für die Untersuchung ist zu beachten, dass das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot nicht nur auf dem Markt gilt, auf dem die marktbeherrschende Stellung besteht (hier: Zertifizierung nach der AZWV), sondern auch für den Markt gilt, auf dem sie sich darüber hinaus auswirkt (hier: Marktteilnahme für förderungsfähige Weiterbildungsangebote nur für nach der AZWV zugelassene Träger und Maßnahmen).87 Eine Behinderung und eine Ungleichbehandlung weisen erhebliche Übereinstimmungen auf und lassen sich oftmals nicht gänzlich voneinander trennen. Vielfach wird danach unterschieden, dass das Behinderungsverbot primär die Wettbewerber des Normadressaten schützen soll, während das Verbot der Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung in erster Linie die Behandlung des die Behinderung geltend machenden Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern betrifft.88 Behinderung ist eine für das Wettbewerbsverhalten des betroffenen Unternehmens (hier: „Antragsteller“) objektiv nachteilige Maßnahme.89 Unter diesen weiten Begriff der Behinderung fällt auch die Diskriminierung bzw. Ungleichbehandlung, da durch die unterschiedliche Behandlung von Abnehmern in aller Regel deren Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu ihren Konkurrenten beeinträchtigt wird.90 Damit ist die Ungleichbehandlung ein spezieller Fall der Behinderung, so dass § 20 Abs. 1 GWB vielfach als einheitlicher Verbotstatbestand angesehen wird. Ein wichtiger Unterschied besteht aber im Hinblick auf die Verteilung der Darlegungs- und der Beweislast: Während der darlegungs- und beweispflichtige Betroffene (hier: der „Antragsteller“) seine Behinderung und deren Unbilligkeit darzulegen und zu beweisen hat, ändert sich dies, wenn eine Diskriminierung dargelegt und gegebenenfalls bewiesen ist. Dann muss der Normadressat (hier: die Zertifizierungsstelle) darlegen und u. U. beweisen, dass die ungleiche Behandlung sachlich gerechtfertigt ist.91 86

Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 136. Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 9 m. w. Nachw. 88 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 137. 89 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 40 m. w. Nachw.; Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 139. 90 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 137. 91 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 138. 87

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Die unterschiedliche Behandlung des betroffenen Unternehmens (hier: „Antragsteller“) im Vergleich zu gleichartigen Unternehmen bzw. zu seinen Wettbewerbern kann insbesondere im Hinblick auf das Eingehen einer Geschäftsbeziehung bestehen.92 Die unterschiedliche Behandlung liegt dann vor, wenn dem betroffenen Unternehmen der Vertragsschluss über die Zertifizierung verweigert wird, während mit Wettbewerbern dieses Unternehmens Zertifizierungsverträge abgeschlossen werden. Für die normativen Tatbestandsmerkmale der „Unbilligkeit“ der Behinderung und der „sachlich nicht gerechtfertigten“ Ungleichbehandlung gelten im Wesentlichen die gleichen Abwägungsgrundsätze wie für die Prüfung nach § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB: Zunächst sind die betroffenen Interessen, insbesondere des Normadressaten und des einen Verstoß gegen § 20 Abs. 1 GWB geltend machenden Unternehmens, zu ermitteln. In eine sodann vorzunehmende Abwägung der Interessen sind aber nur solche Interessen einzustellen bzw. zu berücksichtigen, die von der Rechtsordnung anerkannt sind. Gesetzeswidrige oder auf einen Gesetzesverstoß hinauslaufende Interessen sind deshalb nicht zu berücksichtigen.93 Gleichfalls nicht berücksichtigungsfähig sind Interessen, deren Durchsetzung mit keinerlei wirtschaftlich sinnvollen Erwägungen begründet werden können und deshalb willkürlich sind. Insbesondere widersprechen rein willkürliche Behinderungen und Diskriminierungen durch einen Normadressaten dem Schutzzweck des § 20 GWB, also dem Interesse am Freihalten des Marktzugangs und an der Gewährleistung gleicher Wettbewerbschancen.94 Ein besonderes Problem stellt die Frage dar, in welchem Umfang Interessen Dritter und der Allgemeinheit in die Abwägung einzustellen sind. Als Interesse Dritter kommen hier die Belange der Arbeitnehmer in Betracht, die einen zugelassenen Träger von Weiterbildungsmaßnahmen zur Einlösung ihres gemäß § 77 Abs. 3 SGB III erteilten Bildungsgutscheins suchen. Hier könnte es sich nachteilig auswirken, wenn eine marktbeherrschende oder zumindest marktstarke anerkannte Zertifizierungsstelle ihre Tätigkeit versagt. Als Interesse des Verordnungsgebers bzw. als öffentliches Interesse käme in Betracht, dass ein entsprechender Markt mit Wettbewerb zwischen den anerkannten Zertifizierungsstellen geschaffen werden und zugleich eine flächendeckende „Versorgung“ mit solchen Zertifizierungsleistungen weiterhin sichergestellt werden sollte.95 92

Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 145. Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20, Rdnr. 131 u. 133; Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 153. 94 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 154. 95 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt S. 2 Begr. AZWV: Sicherstellung von ausreichenden Kapazitäten für die Zulassung von Bildungsträgern. 93

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Die Interessen der Inhaber von Bildungsgutscheinen sind aber allenfalls mittelbar betroffen. Solange eine flächendeckende Zertifizierungstätigkeit sichergestellt ist, was nicht zuletzt durch die weitere Tätigkeit der BA als Zertifizierungsstelle gewährleistet werden sollte,96 wären sie durch die im Einzelfall vorgenommene Versagung der Zulassung bzw. der Zertifizierung nur dann betroffen, wenn sie ihren Weiterbildungsbedarf nur und ausschließlich bei diesem bestimmten, von der Versagung betroffenen Träger von Weiterbildungsmaßnahmen decken können. Dies erscheint kaum realitätsnah. Zudem kann der Bildungsgutschein gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 SGB III regional und auf bestimmte Bildungsangebote beschränkt werden. Die „freie Wahl“ besteht also schon insoweit nicht. Auch ist das Wahlrecht des Bildungsgutscheininhabers auf zugelassene Maßnahmen und Träger beschränkt (vgl. § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Weil die Zulassung aber Voraussetzung der „Wählbarkeit“ des Trägers und der Maßnahme bzw. für die Übernahme der entsprechenden Weiterbildungskosten ist, erscheint ein „Anspruch“ des Bildungsgutscheininhabers auf Zulassung gerade eines bestimmten Weiterbildungsträgers bzw. einer bestimmten Weiterbildungsmaßnahme oder ein sich dahin auswirkendes Interesse systemwidrig. Die Entscheidung über die Zulassung soll ja gerade den Zertifizierungsstellen vorbehalten bleiben. Dann können die Interessen eines einzelnen Bildungsgutscheininhabers – zumal, wenn er die freie Wahl hat, auf andere Anbieter mit vergleichbaren Angeboten auszuweichen – auch keine, zumindest keine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Versagung der Zulassung für einen Träger von Weiterbildungsmaßnahmen haben. Öffentliche Interessen sind vorwiegend dann abwägungsrelevant, wenn Unternehmen der öffentlichen Hand Normadressat sind.97 Voraussetzung für eine Berücksichtigung ist in jedem Fall, dass sich die Interessen der Allgemeinheit bzw. die öffentlichen Interessen auf die Gewichtung der gegeneinander abzuwägenden Interessen des Normadressaten und des betroffenen Unternehmens auswirken.98 Vorliegend besteht eine Überschneidung zwischen dem Schutzzweck des § 20 GWB, den Marktzutritt offen zu halten und die Chancengleichheit im Wettbewerb zu gewährleisten einerseits und dem Anliegen des Gesetz- und des Verordnungsgebers, mit dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV einen neuen Markt und (mehr) Wettbewerb für diese Leistungen zu schaffen. Andererseits ist der Staat über die BA selbst Marktteilnehmer und hat damit bereits die Möglichkeit, über die eigene Zulassungspraxis Wettbewerb 96

Vgl. die Übergangsregelung in § 15 Abs. 1 AZWV und die Zertifizierungsmöglichkeit nach § 12 AZWV. 97 Vgl. Wiedemann/Lübbert, § 29, Rdnr. 26. 98 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20, Rdnr. 158.

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und Marktgeschehen nachhaltig zu beeinflussen. Damit dürften die öffentlichen Interessen zwar grundsätzlich geeignet sein, den Interessen des „Antragstellers“ an einem Marktzutritt und an einer Teilnahme am Wettbewerb besonderes Gewicht zu verleihen.99 Die Auswirkung im Einzelfall ist aber zweifelhaft, solange die BA die öffentlichen Interessen selbst effektiver und schneller durch Selbstvornahme der Zertifizierung wahrnehmen kann. Vorrangig sind aber die Interessen der beteiligten Unternehmen, hier also der Zertifizierungsstellen und der „Antragsteller“, in der Abwägung zu berücksichtigen. Mit ihnen dürften sich bereits ohne den Rückgriff auf Drittoder öffentliche Interessen hinreichend klare Ergebnisse erzielen lassen: Zu berücksichtigen ist etwa, dass kein Unternehmen verpflichtet ist, einen Wettbewerber zum eigenen Schaden zu fördern.100 Ferner sind Verhaltensweisen, die dem Leistungswettbewerb zuzuordnen sind, in der Regel nicht als Verstoß gegen das Behinderungs- bzw. Diskriminierungsverbot anzusehen. Kann also festgestellt werden, dass ein Interesse des Normadressaten mit Mitteln des Leistungswettbewerbs realisiert wird, ist keine weitere Abwägung mehr nötig.101 Auch wird aufgrund der Marktstellung des Normadressaten und der Zielsetzung des § 20 GWB die Abwägung in aller Regel zu seinen Lasten ausfallen, wenn er für sein Verhalten keinerlei plausible und nachvollziehbare Gründe nennen kann, also schlicht Willkür vorliegt.102 Insofern ist somit der Grundsatz der Vertragsfreiheit zwar ein für die Abwägung wichtiger Gesichtspunkt. Reine Willkür bzw. die gänzlich freie Entscheidung des Normadressaten hat der Gesetzgeber hier aber eben nicht als hinreichend schutzbedürftige Gesichtspunkte des Normadressaten angesehen. Vielmehr steigen die Anforderungen, die an die Schutzwürdigkeit der vom Normadressaten verfolgten Belange zu stellen sind, in dem Maße, in dem die Abhängigkeit der Marktgegenseite vom Normadressaten zunimmt.103 Dem Grundsatz der Achtung der freien unternehmerischen Entscheidung und der Vertragsfreiheit soll in der Abwägung das gleiche Gewicht zukommen wie dem Zweck der gesetzlichen Regelung, die Freiheit des Marktzugangs zu erhalten bzw. zu erreichen.104 Schließlich ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere die Angemessenheit zu berücksichtigen und daher stets zu untersuchen, ob nicht eine für das be99 Vgl. zu dieser Funktion öffentlicher Interessen im Rahmen der Abwägung: Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 162. 100 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 53 m. w. Nachw.; Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20, Rdnr. 141 m. w. Nachw. 101 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 168 f. u. 171. 102 Vgl. hierzu: Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 172. 103 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 173. 104 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 177 m. w. Nachw.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

troffene Unternehmen weniger belastende Maßnahme unter Beachtung der Interessen des Normadressaten angemessen ist.105 Für das Verhältnis zu einem „Nachfrager“, also einem Unternehmen, das die angebotene Dienstleistung begehrt, ist nicht ersichtlich, warum anderes gelten sollte. Eine Lieferverweigerung bzw. die Ablehnung eines Vertragsschlusses durch den Normadressaten wird danach nur dann für zulässig erachtet, wenn gerade im Hinblick auf das die Belieferung begehrende Unternehmen sachliche Rechtfertigungsgründe vorliegen. Willkür scheidet danach aus und führt zu einem Kontrahierungszwang. Sachliche Gründe können z. B. Kapazitätsüberlegungen, die mangelnde Bonität des Abnehmers,106 dessen nachweisliche Unzuverlässigkeit oder begründete Zweifel an seiner Fähigkeit, die bei beratungsintensiven Produkten erforderlichen Beratungsleistungen zu erbringen,107 sein. Auch ist der Normadressat nicht verpflichtet, unwirtschaftliche Maßnahmen durchzuführen.108 Schließlich soll mit der Regelung des § 20 GWB auch weder ein Anspruch auf Existenzsicherung noch auf Sozialschutz für die betroffenen Nachfrager bzw. Abnehmer oder gar auf Meistbegünstigung geschaffen werden.109 Daraus folgt: Aus § 20 GWB lässt sich kein Anspruch auf Abschluss eines Zertifizierungsvertrages entnehmen, wenn die begründete bzw. nachweisliche Besorgnis mangelnder Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungswilligkeit gegen den „Antragsteller“ besteht, also etwa eine negative Kreditauskunft vorliegt. Jede andere Bewertung liefe darauf hinaus, die Zertifizierungsstelle zu einer Gefährdung ihres Vermögens zu zwingen. Auch eine besonders starke Marktstellung kann es nicht rechtfertigen, eine Zertifizierungsstelle mit einem Kontrahierungszwang zu belegen, der das erhebliche Risiko einer wirtschaftlichen Schädigung beinhaltet. Während der zugelassene Träger bei Vorlage des Bildungsgutscheins darauf vertrauen darf und kann, sein Honorar zu erhalten, ist dies für die Zertifizierungsstelle gerade nicht der Fall. Hier besteht insbesondere keine „Ausfallhaftung“ der öffentlichen Hand bzw. der BA. Dem „Antragsteller“ kann auch kein Recht zuerkannt werden, andere zu schädigen oder zu „Sonderopfern“ zu nötigen. Ein Kontrahierungszwang wäre hier unangemessen. Verhältnismäßigkeitserwägungen könnten dazu führen, der Zertifizierungsstelle den Vertragsschluss dann zuzumuten, wenn sie Vorkasse nehmen 105 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 43: „Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs“; Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20, Rdnr. 142; Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 173. 106 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 54. 107 Vgl. Frankfurter Kommentar/Rixen, § 20 GWB, Rdnr. 173 m. w. Nachw. 108 Vgl. Wiedemann/Lübbert, § 29, Rdnr. 6. 109 Vgl. Wiedemann/Lübbert, § 29, Rdnr. 20 m. w. Nachw.

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oder andere gleichwertige Sicherheiten verlangen darf.110 Wie ausgeführt, ist es aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen aber nur schwer möglich, hier eine adäquate Absicherung der Zertifizierungsstelle zu erreichen. Diese wäre z. B. nur dann gegeben, wenn sie eine Garantie bzw. Bürgschaft über die gesamten, anfallenden Kosten erhalten würde – und zwar eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern. Gerade bei mangelnder Bonität bzw. negativer Kreditauskunft dürften solche Sicherheiten vom „Antragsteller“ kaum zu beschaffen sein. Kapazitätserschöpfung der Zertifizierungsstelle ist auch hier als sachlicher und ausreichender Grund anzusehen, wenn im Einzelfall die Zertifizierung versagt wird. Es erscheint nicht verhältnismäßig, die Zertifizierungsstelle hier wegen eines Einzelfalls faktisch zu zwingen, neue Kapazitäten zu schaffen oder gar die Qualität der Zertifizierung einzuschränken, um auch diesen Vorgang noch bearbeiten zu können. Gegen eine „Lieferpflicht“ spricht schließlich auch im Rahmen des § 20 GWB, wenn und soweit andere zugängliche Lieferquellen bestehen.111 Der Grundsatz der Vertragsfreiheit und die Annahme eines Kontrahierungszwangs als ganz besondere Ausnahme führen hier zu dem Abwägungsergebnis, dass diese andere Liefer- bzw. Zertifizierungsmöglichkeit in diesem Fall vom „Antragsteller“ genutzt werden muss – und zwar selbst dann, wenn die Verweigerung des Vertragsschlusses tatsächlich einmal willkürlich „begründet“ worden sein sollte. Soweit die BA weiterhin Zulassungen durchführt, ist nicht zu erkennen, warum es einem „Antragsteller“ nicht zumutbar sein sollte, dieses Angebot auch wahrzunehmen. Dort war und ist die nötige Kompetenz und auch die nötige Kapazität zur Durchführung von Zertifizierungsverfahren vorhanden. Was also derzeit noch ohne weiteres zumutbar ist, kann nicht unzumutbar werden, nur weil neue Anbieter zunehmend auf diesem neuen Markt aktiv werden. Dieses Abwägungsergebnis ist die Konsequenz aus der andauernden Marktpräsenz der BA gemäß § 12 AZWV. Würde diese ihre Zertifizierungstätigkeit vollständig einstellen, wäre ein anderes Abwägungsergebnis ohne weiteres denkbar. Das Verbot des § 20 Abs. 1 GWB gilt darüber hinaus nicht nur für marktbeherrschende Unternehmen. Es betrifft auch nicht marktbeherrschende Unternehmen, soweit von ihnen kleinere oder mittlere Unternehmen als Nachfrager einer bestimmten Art von gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 GWB). Hinsichtlich der Größeneinordnung der Unternehmen sei darauf hin110 111

Vgl. zu diesen Möglichkeiten: Wiedemann/Lübbert, § 29, Rdnr. 22. Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 54 m. w. Nachw.

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gewiesen, dass Unternehmen mit weniger als 10–25 Millionen Euro Umsatz immer als Kleinunternehmen angesehen werden.112 Abhängig kann ein Unternehmen bereits dann sein, wenn es seine Tätigkeit erst aufnehmen will.113 Deshalb kommt es für die Frage der Abhängigkeit hier nicht darauf an, ob man die Tätigkeit des „Antragstellers“ im Anbieten von Weiterbildungsmaßnahmen allgemein sieht oder ob man auf die erst beabsichtigte Tätigkeit als Anbieter von nach der AZWV zertifizierten Weiterbildungsmaßnahmen abstellt. In beiden Fällen könnte Abhängigkeit von einer Zertifizierungsstelle vorliegen. Eine Abhängigkeit des kleinen oder mittleren Unternehmens („Antragsteller“) läge vor, wenn dieses Unternehmen zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit auf das andere Unternehmen (Zertifizierungsstelle) angewiesen ist und Alternativen für den „Nachfrager“ nicht in ausreichendem Umfang bestehen oder nicht zumutbar sind. Die Zumutbarkeit soll dann fehlen, wenn die „Alternativen“ rechtswidrig oder zumindest bedenklich wären.114 Auch nach dem Auslaufen der Übergangsregelung gemäß § 15 AZWV besteht, wie ausgeführt, gemäß § 12 AZWV weiterhin die Möglichkeit einer Zertifizierung durch die BA. Voraussetzung ist zwar das „Vorliegen eines besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses“. Dieses soll, wie bereits dargelegt, „insbesondere“ dann gegeben sein, wenn individuell ausgerichtete Weiterbildungsmaßnahmen im Einzelfall gefördert werden sollen (vgl. § 12 Satz 2 AZWV). Die Begründung zur AZWV erwähnt hier allgemein die mögliche Notwendigkeit, auf Einzelfälle ausgerichtete Individualmaßnahmen kurzfristig und personenbezogen zu konzipieren und durchzuführen. Insbesondere geht es um die „Verkürzung individueller Arbeitslosigkeit“.115 Ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse kann – wie oben bereits zu § 19 GWB dargelegt – aber auch in einer Situation bestehen, in der ein „Antragsteller“ keine andere Zertifizierungsstelle findet, die seinen „Antrag“ bearbeiten möchte. Hier dürfte der kürzeste und für den betroffenen „Antragsteller“ effektivste Weg darin bestehen, die Zulassung von der BA vornehmen zu lassen. Denn eine direkte Einwirkungsmöglichkeit der BA auf die einzelne Zertifizierungsstelle, die Zertifizierung vorzunehmen, bestünde bei einer rein privatrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen nicht. Bei Annahme einer Beleihung bestünden dagegen, wie dargelegt, Weisungsbefugnisse der BA. Die Zertifizierungsstelle könnte im Wege der 112 Vgl. die Umsatzgrenzen des § 35 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 GWB; Bechtold, § 20, Rdnr. 17. 113 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 19 m. w. Nachw. 114 Vgl. Bechtold, § 20, Rdnr. 18 m. w. Nachw. 115 S. 17 Begr. AZWV.

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Rechtsaufsicht dazu angehalten werden, eine rechtswidrig verweigerte Zulassungstätigkeit nunmehr vorzunehmen. Bei systematischer Verweigerung bzw. einer Verweigerung aus sachfremden Gründen kommt ferner als lediglich mittelbar wirkende Maßnahme, unabhängig von der Annahme einer Beleihung oder einer rein privatrechtlichen Zertifizierungstätigkeit, eine Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) der Anerkennung116 bzw. die Ablehnung einer erneuten Anerkennung nach Ablauf der Befristung in Betracht. Es ist aber davon auszugehen, dass die Verweigerung der Antragsbearbeitung in den weitaus meisten Fällen – schon im Hinblick auf die erheblichen Interessen der Zertifizierungsstellen an der Durchführung von Zulassungen und an der Erhaltung ihrer Anerkennung – sachlich begründet und nachvollziehbar ist. Zu denken ist etwa an die bereits mehrfach genannten Fälle bekannter Zahlungsschwierigkeiten oder der Kapazitätserschöpfung. Schon für diese Fälle dient eine Zulassungsmöglichkeit durch die BA als „Ausweichmöglichkeit“. In einer Situation, in der das vom Gesetz- und Verordnungsgeber gewünschte Marktgeschehen und der Wettbewerb nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße – gleich aus welchem Grund – existieren, ist ein „besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse“ anzunehmen: Denn es geht – ob der Abschluss eines Zertifizierungsvertrages durch eine Zertifizierungsstelle nun aus sachlichen oder willkürlichen Gründen versagt wurde – auch hier lediglich um Einzelfälle, in denen die Verkürzung bzw. schnelle Beseitigung von Arbeitslosigkeit i. S. d. § 12 AZWV erreicht werden soll. Dieses vordringliche Ziel lässt sich im Interesse der betroffenen „Antragsteller“ und der sich für ihre Maßnahmen interessierenden Arbeitnehmer im Rahmen eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsfahrens ohne Weisungsbefugnisse durch vorgesetzte Behörden gegenüber den Zertifizierungsstellen schneller und einfacher durch ein von der BA durchgeführtes Zertifizierungsverfahren erreichen als durch einen Rechtsstreit zwischen Zertifizierungsstelle und dem betroffenen „Antragsteller“ über die Voraussetzungen eines Kontrahierungszwanges nach §§ 19, 20 GWB. Schließlich entspricht dies auch dem Sinn der früheren Übergangsregelung gemäß § 15 AZWV, die eingreifen sollte, „soweit nicht Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig werden“. Der Verordnungsgeber hatte hier auf eine Situation abgestellt, die „bis zur Anerkennung einer ausreichenden Zahl von Zertifizierungsstellen“ besteht. Von einer ausreichenden Zahl von Zertifizierungsstellen sei erst auszugehen, „wenn die Prüfung sowohl regional als auch von verschiedenen Qualitätsmanagementsystemen 116

Vgl. S. 7 Begr. AZWV.

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gewährleistet ist“.117 Die Prüfung ist aber keinesfalls „gewährleistet“, wenn ein Monopol oder ein Oligopol auf dem „Markt“ für die betreffenden Zulassungen vorliegt und sich die Zertifizierungsstelle(n) weigert (weigern), eine Zulassung vorzunehmen. Von einer „Wahl“ des „Antragstellers“118 oder von dem Wettbewerb, den der Gesetzgeber schaffen wollte, könnte dann keine Rede sein. Da der Gesetz- und der Verordnungsgeber keinen Kontrahierungszwang speziell für die Zertifizierungsstellen normiert hat und zumindest bei Ablehnung der hier vertretenen Beleihungslösung auch keine unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten auf die Zulassungspraxis der Zertifizierungsstellen bestehen, ist im Interesse der betroffenen „Antragsteller“ an einer möglichst raschen Entscheidung eine Durchführung des Zertifizierungsverfahrens durch die BA auf der Grundlage des § 12 AZWV als zumutbare „Ausweichmöglichkeit“ anzusehen. cc) Ergebnis Die Voraussetzungen für einen kartellrechtlichen Kontrahierungszwang werden damit in der Praxis kaum vorliegen bzw. zumindest tatsächlich vom „Antragsteller“ kaum beweisbar sein. Die fortgesetzte Marktteilnahme der BA prägt auf verschiedenen Stufen der kartellrechtlichen Prüfung die Beurteilung und wird letztlich selbst in den Fällen, in denen sonst sämtliche Voraussetzungen für die Annahme eines Kontrahierungszwangs vorliegen würden, dazu führen, dass ein solcher „Zwang“ zum Vertragsschluss über eine Zertifizierungstätigkeit abzulehnen ist. Das Ausweichen auf die BA wird kaum je für einen „Antragsteller“ unzumutbar sein. Schließlich werden Zertifizierungsstellen in aller Regel schon im eigenen Interesse so „professionell“ sein, dass sie Zertifizierungen nicht aus unsachlichen Gründen ablehnen. Selbst wenn als seltene Ausnahme doch einmal eine Verweigerung des Vertragsschlusses aus sachfremden Gründen erfolgen sollte, wären diese für den „Antragsteller“ kaum beweisbar. c) Kontrahierungszwang gemäß § 826 BGB In Betracht kommt ferner ein Kontrahierungszwang gemäß § 826 BGB. Rechtsfolge einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB ist die Verpflichtung zum Schadensersatz. Dieser Schadensersatz kann im Wege der zu leistenden Naturalrestitution auch in der Verpflichtung zum 117 118

S. 17 Begr. AZWV. Vgl. S. 2 u. 9 Begr. AZWV.

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Vertragsschluss bestehen.119 § 826 BGB hat zwar gerade für den soeben geprüften Fall einer missbräuchlichen Ausnutzung einer Monopol-, Oligopoloder wirtschaftlichen Machtstellung weitgehend seine Bedeutung verloren, ist aber weiterhin neben den §§ 19, 20 GWB anwendbar.120 Zu prüfen ist zunächst, unter welchen Voraussetzungen die Verweigerung des Vertragsschlusses eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB ist. Erstes Tatbestandsmerkmal ist die Zufügung eines Schadens. Dies kann dadurch geschehen, dass eine Zertifizierungsstelle den Vertragsschluss über die Zertifizierung verweigert und so – je nach Ausweichmöglichkeiten für den „Antragsteller“ – die Zertifizierung erheblich erschwert oder gar verhindert. Ohne Zulassung und Zertifikat findet keine Förderung nach den §§ 77 ff. SGB III statt. Damit kann der Anbieter von Weiterbildungsleistungen auf diesem Markt nicht tätig werden. Die Folge können erhebliche Vermögenseinbußen sein, aber auch Wirkungen, die einem faktischen „Berufsverbot“ nahe kommen können. Eine Verursachung des Schadens wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass lediglich eine mittelbare Verursachung vorliegt (z. B. dadurch, dass sich die Interessenten für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung mit ihren Bildungsgutscheinen nicht an einen Träger solcher Maßnahmen wenden oder mit ihm einen Vertrag schließen werden, der nicht zugelassen bzw. zertifiziert ist).121 Zu berücksichtigen ist hier aber auch insoweit wieder, ob der „Antragsteller“ nicht auf andere Weise an die begehrte Zulassung gelangen kann. Besteht eine solche Möglichkeit, kann der Zertifizierungsstelle ein etwaiger Schaden nicht zugerechnet werden. Als anderweitige Zertifizierungsmöglichkeit kommt auch hier insbesondere eine Zulassung durch die BA in Betracht, solange diese Zulassungen gemäß § 12 AZWV durchführt. Weiter erforderlich ist eine sittenwidrige Schädigung. Mit der von der Rechtsprechung geprägten Formel, die den Sittenverstoß als „Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ 119

Ganz h. M.: vgl. Jauernig, vor § 145, Rdnr. 11; Palandt/Heinrichs, vor § 145, Rdnr. 9; Hk-BGB/Dörner, vor §§ 145–157, Rdnr. 4; Erman/Gottfried Schiemann, § 826, Rdnr. 56; kritisch hinsichtlich einer dogmatischen Begründung eines Kontrahierungszwang aus § 826 BGB allerdings Staudinger/Jürgen Oechsler: BGB, 13. Bearb. 1998, § 826, Rdnr. 433, der statt dessen das gleiche Ergebnis über eine Rechtsanalogie zu den gesetzlich begründeten Kontrahierungspflichten erreichen bzw. aus den Schutzzwecken der grundrechtlich geschützten, betroffenen Rechtsgüter entwickeln will. 120 Vgl. Erman/G. Schiemann, § 826, Rdnr. 25 u. 56; MüKo/Gerhard Wagner, § 826, Rdnr. 106 f.; vgl. auch BGH NJW 1959, S. 880 ff., 880 f. u. NJW 1964, S. 1617 ff., 1619 f. 121 Vgl. MüKo/Wagner, § 826, Rdnr. 5.

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ansieht,122 ist wenig bis nichts gewonnen – schon weil unklar bleibt, wer nach welchen Kriterien bestimmt, was „billig“ und „gerecht“ ist und wer entsprechend „denkt“. Wegen dieser Unwägbarkeit wird versucht, möglichst nach objektiven Kriterien eine wertende Beurteilung vorzunehmen. Maßstäbe können hier allgemeine Rechtsprinzipien123 oder z. B. berufsrechtliche Standards124 sein. Zu berücksichtigen und zu bewerten sind ferner die innere Einstellung des „Täters“ und die von ihm verfolgten Ziele sowie die hierfür eingesetzten Mittel.125 Erforderlich ist letztlich eine Gesamtbetrachtung und Würdigung des Verhaltens unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls.126 Wird der Vertragsschluss z. B. verweigert, weil eine negative Kreditauskunft vorliegt, scheidet eine sittenwidrige Schädigung offensichtlich aus. Die Verfolgung eigener Interessen bei der Ausübung von Rechten ist grundsätzlich auch dann legitim, wenn damit eine Schädigung Dritter verbunden ist.127 Muss die Zertifizierungsstelle befürchten, dass sie ihr Honorar nicht oder nicht vollständig erhalten wird, ist sie auch nicht zum Vertragsschluss verpflichtet. Es erscheint unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen gänzlich unangemessen, hier eine Kontrahierungspflicht anzunehmen. Dies gilt schon, weil Vertragsfreiheit die Regel und ein Kontrahierungszwang die absolute Ausnahme darstellt. Hinzu kommt, dass eine bestehende oder ernstlich zu besorgende Zahlungsunfähigkeit des „Antragstellers“ meist von diesem, in keinem Fall aber von der Zertifizierungsstelle zu vertreten sein wird. Es ist dann keinerlei Rechtfertigung ersichtlich, die Zertifizierungsstelle zum Vertragsschluss zu verpflichten. Weitere Gründe, die keine Bewertung als sittenwidrig rechtfertigen, sind z. B. negative Erfahrungen aus früherer Zusammenarbeit oder eine bereits erfolgte Ausschöpfung vorhandener Kapazitäten.128 Es handelt sich jeweils um sachliche, nachvollziehbare und auch in sonstigen rechtlichen Beziehungen ohne weiteres anerkannte Gründe für die Ablehnung eines Vertragsschlusses. Insgesamt darf nicht das Regel-AusnahmeVerhältnis von Vertragsfreiheit und Abschlusszwang aus dem Blick geraten. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit schließt es aus, die Verweigerung des Vertragsschlusses aus „willkürlichen“ Gründen generell als sittenwidrig an122 Vgl. nur die Nachweise bei Jauernig, § 826, Rdnr. 3; kritisch zu dieser Leerformel: Erman/G. Schiemann, § 826, Rdnr. 3; MüKo/Wagner, § 826, Rdnr. 8. 123 Vgl. MüKo/Wagner, § 826, Rdnr. 9. 124 Vgl. Erman/G. Schiemann, § 826, Rdnr. 7. 125 Vgl. Jauernig, § 826, Rdnr. 3. 126 Vgl. Hk-BGB/Ansgar Staudinger, § 826, Rdnr. 7. 127 Vgl. Palandt/Sprau, § 826, Rdnr. 2. 128 Vgl. MüKo/Wagner, § 826, Rdnr. 109 m. w. Nachw.

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zusehen.129 Wenn zudem über spezielle gesetzliche Regelungen wie die §§ 19, 20 GWB der Missbrauch einer wirtschaftlichen Macht- bzw. Sonderstellung erfasst ist und die dortigen Voraussetzungen für einen Kontrahierungszwang nicht vorliegen, hat dies auch Auswirkungen auf die Prüfung im Rahmen des § 826 BGB. Obwohl § 826 BGB weiter anwendbar bleibt, ist es nicht ersichtlich, wie hier der Bereich der Fallgruppe des Ausnutzens einer besonderen wirtschaftlichen Machtstellung zu anderen Ergebnissen als bei den §§ 19, 20 GWB führen sollte. Sofern feststünde, dass die Zertifizierungsstelle einem „Antragsteller“ in sittenwidriger Weise Schaden zugefügt hat, müsste die Zertifizierungsstelle vorsätzlich gehandelt haben. Insoweit genügt der sog. Eventualvorsatz130: Die Zertifizierungsstelle als Schädiger müsste also den Schadenseintritt zumindest für möglich gehalten und ihn jedenfalls in Kauf genommen haben. Teilweise, insbesondere bei grober Verletzung beruflicher Pflichten, wird von der Rechtsprechung ein leichtfertiges Handeln, also eine gesteigerte Form der groben Fahrlässigkeit, nicht nur zur Begründung der Sittenwidrigkeit des Handelns herangezogen, sondern soll es zugleich Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Eventualvorsatzes erlauben.131 Das Bewusstsein, sittenwidrig zu handeln, ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, wenn der Schädiger die Umstände, die die Bewertung als sittenwidrig tragen, gekannt hat.132 Problematisch kann der Vorsatz etwa dann sein, wenn die Zulassungsstelle darauf verweist, mit der Möglichkeit eines Schadenseintritts habe sie nicht gerechnet, weil andere Zertifizierungsmöglichkeiten, z. B. durch die BA, bestünden. Wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt als Folge der Kontrahierungszwang in Betracht. Selbst dann ist aber die praktisch äußerst bedeutsame Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu berücksichtigen: Derjenige, der eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung behauptet und die Verpflichtung zum Vertragsschluss als Schadensersatz begehrt, ist für 129

So zutreffend: MüKo/Wagner, § 826, Rdnr. 108. Vgl. Palandt/Sprau, § 826, Rdnr. 10; Hk-BGB/Staudinger, § 826, Rdnr. 9; Jauernig, § 826, Rdnr. 9; oft auch unzutreffend als „bedingter“ Vorsatz bezeichnet. Unzutreffend deshalb, weil der Schädiger die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zumindest ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden muss. Er nimmt die sittenwidrige Schädigung zumindest billigend in Kauf. „Bedingt“ ist der Vorsatz also nicht. 131 Vgl. etwa BGH NJW 1991, S. 3282 ff., 3283 f.: wenn der Schädiger die Leichtfertigkeit seines Handelns selbst erkannt hat; ähnlich bereits RGZ 72, S. 175 ff., 176 f. u. 90, S. 106 ff., 109 f., wobei das RG aber jeweils die Trennung von vorsätzlicher Schadenszufügung einerseits und der Feststellung der Sittenwidrigkeit andererseits betont. 132 Vgl. Erman/G. Schiemann, § 826, Rdnr. 11; Jauernig, § 826, Rdnr. 4; Palandt/Sprau, § 826, Rdnr. 11; Hk-BGB/Staudinger, § 826, Rdnr. 10. 130

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die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale einschließlich der haftungsbegründenden Kausalität zwischen dem Handeln des Schädigers und dem Schadenseintritt sowie des Vorsatzes darlegungs- und beweisbelastet.133 Hier dürfte die für die Praxis relevante Hürde liegen: Die Verweigerung des Vertragsschlusses braucht von der Zertifizierungsstelle eigentlich überhaupt nicht begründet werden. Gerade wegen der Geltung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit kann grundsätzlich auch kein „Begründungszwang“ für die Verweigerung des Vertragsschlusses angenommen werden. Wie ausgeführt, ist es auch fernliegend anzunehmen, dass eine Zertifizierungsstelle, wenn sie tatsächlich diskriminierend arbeiten wollte, diese Absicht durch entsprechende Aussagen erkennbar machen würde. Zudem wird der Nachweis, dass eine „unanfechtbare“ Begründung (z. B. Kapazitätsausschöpfung oder Terminschwierigkeiten) tatsächlich nur vorgeschoben ist, kaum möglich sein. Es ist deshalb insgesamt äußerst fraglich, ob der Nachweis einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in der Praxis gelingen wird. d) Kontrahierungszwang nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz aa) Anwendbarkeit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf die Verträge zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz134 ist am 18.08.2006 in Kraft getreten. Es ist zu untersuchen, ob und inwieweit die Zertifizierungsstellen die Vorgaben des AGG bei dem Abschluss von zivilrechtlichen Verträgen mit den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zu beachten haben. Nach § 1 AGG ist es „Ziel“ dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Da Träger von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen bzw. Antragsteller nach den §§ 7 ff. AZWV auch eine natürliche Person sein kann, sind solche Benachteiligungen in der Rechtspraxis zumindest möglich. Ob sie auch wahrscheinlich sind, sei hier dahingestellt, erscheint aber äußerst fraglich. Gleichwohl ist auch diese Möglichkeit eines Kontrahierungszwangs zur Vervollständigung der Untersuchung zu prüfen. 133 134

Vgl. Hk-BGB/Staudinger, § 826, Rdnr. 12; Jauernig, § 826, Rdnr. 11. BGBl. I 2006, S. 1897; im Folgenden kurz: AGG.

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Den Anwendungsbereich des Gesetzes regelt § 2 AGG. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG sind u. a. Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nach Maßgabe des AGG unzulässig in Bezug auf den Zugang zu und die Versorgung mit Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dienstleistungen i. d. S. sind insbesondere auch Werkverträge gemäß §§ 631 ff. BGB.135 Der Öffentlichkeit stehen Dienstleistungen nach Ansicht des Gesetzgebers bereits dann zur Verfügung, wenn sie öffentlich, etwa durch Anzeigen, Veröffentlichungen im Internet oder auf vergleichbare Weise öffentlich, also „über die Privatsphäre des Anbietenden hinaus“ angeboten werden.136 Dies wird vielfach als zu weitgehend angesehen und eine einschränkende Auslegung vorgenommen.137 Teilweise soll darauf abzustellen sein, dass die Dienstleistungen typischerweise in einer Vielzahl von Fällen und ohne Ansehen der Person der anderen Partei kontrahiert werden.138 Andere wollen darauf abstellen, dass es sich um Angebote handeln müsse, die mehrfach erbracht werden können, also etwa Kinovorführungen sowie die Leistungen von Hotels, Restaurants etc.139 Vorliegend bedarf der Streit keiner Entscheidung, da die Leistungen der Zertifizierungsstellen nach allen genannten Kriterien der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Die Leistungen der Zertifizierungsstelle werden in einer Vielzahl von Fällen erbracht. Auf das „Ansehen der Person“ kommt es hierfür typischerweise nicht an, sondern auf die Erfüllung der in den §§ 7 ff. AZWV vorgegebenen Voraussetzungen, die eine Differenzierung nach den in § 1 AGG genannten Kriterien (selbstverständlich) nicht vorsehen. Die Anwendung des AGG könnte aber fraglich sein, sofern es sich bei der Tätigkeit der Zertifizierungsstellen um „Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch“ handeln würde. Denn für diese gelten gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG die speziellen Regelungen des § 33 c SGB I und des § 19 a SGB IV. Die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen auf der Grundlage des § 87 SGB III i. V. m. der AZWV könnte zwar noch als „Leistungen“ nach dem Sozialgesetzbuch aufgefasst werden. Der Verweis auf § 33 c SGB I und § 19 a SGB IV verdeutlicht allerdings, dass sich diese Regelung nicht auf die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen bezieht: 135

BT-Drucks. 16/1780, S. 32; Gerhard Ring/Jana Siebeck/Steffen Woitz in: Eckhard Flohr/Ring (Hrsg.): Das neue Gleichbehandlungsgesetz, 2006, Rdnr. 87; Palandt/Heinrichs, § 2 AGG, Rdnr. 9. 136 Vgl. BT-Drucks. 16/1780, S. 32. 137 Vgl. zu einschränkenden Auslegungen z. B. Palandt/Heinrichs, § 2 AGG, Rdnr. 9 m. w. Nachw. 138 Vgl. Georg Maier-Reimer: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Zivilrechtsverkehr, NJW 2006, S. 2577 ff., 2579. 139 Vgl. Ring/Siebeck/Woitz in: Flohr/Ring (Hrsg.), Rdnr. 90 u. 91 m. w. Nachw.

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Ein Träger, der bei einer Zertifizierungsstelle eine Zulassung nach den §§ 7 ff. AZWV beantragt, nimmt insoweit keine „sozialen Rechte“ i. S. d. § 33 c SGB I in Anspruch. Das Benachteiligungsverbot des § 19 a SGB IV betrifft zwar auch den Bereich der beruflichen Weiterbildung, allerdings nur die Rechtsstellung der Arbeitnehmer. Auf die rechtlichen Beziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und Träger findet diese Regelung ebenfalls keine Anwendung. Die Bereichsausnahmen des § 2 Abs. 2 AGG für das Sozialrecht sind vorliegend also nicht einschlägig. Damit ist das AGG grundsätzlich auf die Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern anwendbar. bb) Benachteiligungen nach §§ 1, 2 AGG und ihre Rechtsfolgen Bei den Benachteiligungen i. S. d. §§ 1 u. 2 AGG ist zwischen unmittelbaren und mittelbaren zu unterscheiden: Eine unmittelbare Benachteiligung liegt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als sie eine Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 2 AGG vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können – es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich. Da die Zertifizierungsstellen zivilrechtliche Verträge mit den Trägern abschließen, sind die Regelungen §§ 19 ff. AGG über den Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr zu beachten. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse unzulässig, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (sog. Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen. Letzteres trifft, wie dargelegt, auf die zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern abzuschließenden Verträge zu. § 20 AGG regelt sodann einzelne Fälle einer zulässigen unterschiedlichen Behandlung. § 21 AGG enthält die Bestimmungen über die Ansprüche

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bzw. Rechtsfolgen, die eine unzulässige Benachteiligung nach den Bestimmungen der §§ 19, 20 AGG hat. Neben einem Beseitigungsanspruch (§ 21 Abs. 1 AGG) besteht insbesondere nach § 21 Abs. 2 AGG ein Schadensersatzanspruch, sofern der „Benachteiligende“ die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Für die Zertifizierungsstellen könnte von Interesse sein, ob als „Beseitigung“ der Benachteiligung oder als Schadensersatz auch ein Anspruch auf Abschluss des (zunächst verweigerten) Vertrages besteht. Dies wird in der Literatur teilweise angenommen.140 Tatsächlich kann, wie etwa bereits im Anwendungsbereich des § 826 BGB bereits möglich, auch nach dem AGG die Verpflichtung zum zunächst verweigerten Vertragsschluss die rechtliche Folge einer unzulässigen Benachteiligung sein. Denn schon ein Beseitigungsanspruch würde nach der ratio des AGG, unzulässige Benachteiligungen zu vermeiden bzw. zu beseitigen, wenig nützen, wenn der Benachteiligende sein Verhalten fortsetzen könnte. Der Schadensersatzanspruch, also der Anspruch auf Naturalrestitution, wäre ebenfalls darauf gerichtet, den zunächst verweigerten Vertragsschluss nunmehr vorzunehmen. Auf diese Weise würde gemäß § 249 Abs. 1 BGB der Zustand hergestellt, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Denn ohne die unzulässige Benachteiligung wäre der Vertrag zumindest bei Massengeschäften bzw. Geschäften, bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat, in aller Regel zustande gekommen. Für die Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern gilt nichts anderes. Nochmals sei allerdings betont, dass es sich um krasse Ausnahmefälle handeln dürfte, die in der Vertragspraxis der Zertifizierungsstellen kaum vorkommen dürften. cc) Ergebnis Das AGG ist auf die Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und den Trägern anzuwenden. Für unzulässige Benachteiligungen nach §§ 19, 20 AGG stehen dem betroffenen Träger die Ansprüche auf Beseitigung der Benachteiligung und Schadensersatz nach § 21 AGG zu. Liegen die Anspruchsvoraussetzungen vor, kann damit die Zertifizierungsstelle verpflichtet sein, den zunächst verweigerten Vertrag mit einem Träger nunmehr abzuschließen.

140

Vgl. hierzu: Maier-Reimer, NJW 2006, S. 2577 ff., 2582; a. A. etwa Palandt/ Heinrichs, § 21 AGG, Rdnr. 7, der lediglich nach den allgemeinen Grundsätzen, etwa nach § 826 BGB, einen Anspruch auf Vertragsschluss für möglich erachtet.

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e) Gesamtergebnis Ein gemäß §§ 19, 20 GWB, gemäß § 826 BGB oder gemäß §§ 19 ff. AGG begründeter Kontrahierungszwang wäre eine äußerst seltene Ausnahme. Insbesondere wird es mit den für extreme Fallkonstellationen entwickelten Lösungen der §§ 19, 20 GWB bzw. des § 826 BGB und der §§ 19 ff. AGG auch nicht möglich sein, auf Umwegen einen faktischen Kontrahierungszwang mit „jedermann“ für die Zertifizierungsstellen zu entwickeln. Ein Kontrahierungszwang ist ein so weitreichender Eingriff in den zivilrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit und in grundrechtlich geschützte Rechtsgüter der Zertifizierungsstellen, dass schon eine entsprechende gesetzliche Regelung äußerst problematisch wäre. Der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber hat es versäumt, hier eine klare und eindeutige Regelung zu treffen. Wo die besonderen, selten erfüllten und noch seltener beweisbaren Voraussetzungen der §§ 19, 20 GWB bzw. des § 826 BGB oder der §§ 19 ff. AGG für einen Kontrahierungszwang nicht vorliegen, ist damit insgesamt kein Raum für die Annahme eines Kontrahierungszwangs für die Zertifizierungsstellen. Dies ist die konsequente Folge einer gewollten „Privatisierung“ der Zertifizierungstätigkeit.

3. Beschränkungen der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit Ein wesentlicher Teil der Vertragsfreiheit ist, neben der vorstehend erläuterten Abschlussfreiheit, die Freiheit, den Inhalt eines Vertrages frei zu gestalten. Auch die inhaltliche Gestaltungsfreiheit ist aber als Teil der Vertragsfreiheit nur in den durch Gesetze bestimmten Grenzen gewährleistet. Das zwingende bzw. das nicht dispositive Recht begrenzt die Gestaltungsfreiheit.141 Es geht im Folgenden also um die Frage, welche rechtliche Bedeutung die Bestimmungen der AZWV für privatrechtliche Verträge zwischen den Zertifizierungsstellen und den „Antragstellern“ haben. Vor allem ist wichtig, welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen die Regelungen der AZWV bei der Vertragsgestaltung hat. Die Möglichkeiten reichen dabei von der Nichtigkeit des gesamten Vertrages bis zur vollständigen Wirksamkeit. Auch diese Frage ist für die Rechtspraxis von erheblicher Bedeutung. Bei vollständiger Nichtigkeit eines Vertrages ergäbe sich u. a. die Folge, dass die Zertifizierungsstelle keinen Anspruch auf das vereinbarte Honorar hätte. Es bedarf daher der Klärung, welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen 141

Vgl. nur: Flume, Kap. I § 1 8 a), 10 a); Larenz/Wolf, § 34, Rdnr. 49.

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die AZWV für die zivilrechtlichen Verträge zwischen den Zertifizierungsstellen und den „Antragstellern“ hätte. Die gesetzlichen Grenzen bzw. Schranken der Gestaltungsfreiheit sind von Verbotsgesetzen i. S. d. § 134 BGB zu unterscheiden. Nach dieser Norm ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Neben der Frage, ob überhaupt ein Verbotsgesetz vorliegt, ist damit stets zusätzlich zu klären, ob auch die Rechtsfolge der Nichtigkeit eintreten soll bzw. ob sich aus dem Gesetz „ein anderes ergibt“. Dagegen ist bei Überschreitung der gesetzlichen Grenzen der Vertragsfreiheit das Rechtsgeschäft endgültig oder schwebend unwirksam, weil es jenseits des rechtsgeschäftlichen Könnens – also im Unterschied zum rechtlichen Dürfen, für das § 134 BGB einschlägig ist – liegt.142 Es fehlt den Beteiligten dann bereits die entsprechende Gestaltungsmacht. Eine Anwendung des § 134 BGB setzt also das grundsätzliche Bestehen einer rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeit voraus.143 a) Gründe für Beschränkungen der Vertragsfreiheit durch zwingende gesetzliche Regelungen Die Gründe für zwingende gesetzliche Regelungen, die Vertragsfreiheit von vornherein im betreffenden Regelungsbereich ausschließen und für Beschränkungen grundsätzlich gegebener Vertragsfreiheit sind vielfältig. Sie reichen vom Schutz der Privatautonomie anderer, insbesondere des Vertragspartners, über den beabsichtigten Schutz eines oder beider Vertragspartner, den Schutz Dritter bis zum Schutz des Rechtsverkehrs und zum Schutz gesellschaftlicher Standards und sonstiger öffentlicher Interessen.144 Insbesondere wird eine Zunahme öffentlich-rechtlicher Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit konstatiert.145 Die Regelungen der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV über die Zertifizierung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung sollen sowohl öffentlichen als auch individuellen Interessen dienen: Im öffentlichen Interesse liegt eine möglichst effektive, kostengünstige und zielgenaue Verwendung der Leistungen für Maßnahmen der beruflichen 142

Vgl. Jauernig, § 134, Rdnr. 2 m. w. Nachw. Vgl. MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, § 134, Rdnr. 5 m. w. Nachw. 144 Vgl. die Darstellung bei Paulus/Zenker, JuS 2001, S. 1 ff., 2–4; Hönn, JURA 1984, S. 57 ff., 71 f. 145 Vgl. Medicus: Schuldrecht I, § 10, Rdnr. 78. 143

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Weiterbildung. Es soll sichergestellt werden, dass nur solche Träger und Maßnahmen zugelassen sind, die einen Erfolg der Maßnahmen zwar nicht garantieren können, aber zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten Gewähr für einen Erfolg der Maßnahmen bieten.146 Im individuellen Interesse der Teilnehmer an zugelassenen und geförderten Maßnahmen liegt es, dass diese Maßnahmen nachweislich geeignet sind dazu beizutragen, ihre Arbeitslosigkeit abzuwenden oder die Dauer ihrer bereits eingetretenen Arbeitslosigkeit zu verringern bzw. ihre Arbeitslosigkeit zu beenden. b) §§ 84, 85 SGB III und die AZWV als zwingendes Recht oder als Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB? Dafür, dass die Vorgaben der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV für das Anerkennungs- und Zulassungsverfahren zwingendes Recht sind, sprechen eine Reihe von Gründen: Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetz- oder der Verordnungsgeber durch die Novellierung des Zulassungsverfahrens und die Einführung der Zertifizierung durch „externe fachkundige Stellen“ im Vergleich zum früheren Verfahren weniger Verbindlichkeit der inhaltlichen Vorgaben für die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen erreichen wollte. Ziel des Gesetzgebers war es, die Agenturen für Arbeit zu entlasten sowie größere Objektivität und mehr Wettbewerb im Zulassungsverfahren zu schaffen.147 Objektivität und Vergleichbarkeit der Zulassungen setzen aber ein zwingendes, für alle Zertifizierungsstellen verbindliches „Programm“ für die Durchführung der Zulassungsverfahren voraus. So müssen die Zertifizierungsstellen etwa „Gewähr“ dafür bieten, dass sie die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates zur Durchführung der Zertifizierung von Trägern und deren Maßnahmen bei der Prüfung beachten (vgl. § 2 Nr. 4 AZWV). Zweck dieser Regelung ist es, „bundesweit eine einheitliche Zertifizierung von Bildungsträgern und deren Maßnahmen sicher zu stellen“ (vgl. S. 5 Begr. AZWV). 146 Vgl. zur Bindung an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit allgemein § 7 Abs. 1 Satz 1 BHO und im Bereich des Sozialrechts z. B. § 3 Abs. 1 Satz 2 SGB II und speziell für Weiterbildungsmaßnahmen § 85 Abs. 1 Satz 4 SGB III, wonach Zulassungsvoraussetzung u. a. ist, dass die betreffende Maßnahme nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird sowie insbesondere die Kosten und die Dauer angemessen sind; vgl. auch § 61 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. 147 BT-Drucks. 15/25, S. 30.

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Dafür, wie dieses Ziel erreicht werden kann, gibt es, wie bereits dargelegt, verschiedene Möglichkeiten: Der Gesetz- und der Verordnungsgeber kann zwingendes Recht schaffen. Es steht nicht zur Disposition der Normadressaten oder Dritter. Regeln die Vertragsparteien dann Abweichendes, sind diese Vereinbarungen ohne weiteres nichtig. Den Vertragspartnern fehlt bereits die rechtliche Gestaltungsmacht. Nur dort, wo es vom Gesetz- und vom Verordnungsgeber zugelassen ist, können die Vertragsparteien, hier also die Zertifizierungsstellen und die Träger, zusätzliche Vereinbarungen treffen. In Betracht kommen ferner Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB. Verstößt das Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot, ist es nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB können auch Rechtsverordnungen sein148, so dass die AZWV bzw. einzelne ihrer Regelungen Verbotsgesetz(e) sein könnten. Darüber, wann ein Verbotsgesetz vorliegt bzw. welche Voraussetzungen es erfüllen muss, bestehen eine Fülle von Ansichten. Einigkeit besteht insoweit, als das Verbotsgesetz das betreffende Verhalten nicht ausdrücklich verbieten muss. Es genügt vielmehr, wenn sich das Verbot aus dem Zusammenhang des Gesetzes ergibt.149 Fehlt eine ausdrückliche Anordnung eines gesetzlichen Verbotes, muss im Wege der Auslegung geprüft werden, ob ein Verbotsgesetz vorliegt. Dabei bietet der Wortlaut oftmals wichtige Anhaltspunkte. So sollen nach teilweise vertretener Ansicht Formulierungen wie „darf nicht“ oder „kann nicht“ auf Verbotsnormen hindeuten, die Formulierung „soll nicht“ dagegen nicht.150 Nach anderer Ansicht besagt dagegen die Formulierung „darf nicht“ nichts darüber, ob ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB vorliegt.151 Auch die Formulierung „kann nicht“ wird teilweise nicht als hinreichend sicherer Hinweis auf das Vorliegen eines Verbotsgesetzes angesehen.152 Des Weiteren wird teilweise danach differenziert, ob sich das Verbot nur an eine oder an beide Vertragsparteien richtet. Sei nur eine Vertragspartei Verbotsadressat, sei das Rechtsgeschäft in der Regel gültig, während bei ei148 Einhellige Auffassung, vgl. statt vieler: Erman/Palm, § 134, Rdnr. 8; MüKo/ Mayer-Maly/Armbrüster, § 134, Rdnr. 30; Palandt/Heinrichs, § 134, Rdnr. 2; Bork, Rdnr. 1091; jew. m. w. Nachw. 149 Vgl. etwa Palandt/Heinrichs, § 134, Rdnr. 2; MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, § 134, Rdnr. 41 ff.; Bork, Rdnr. 1092. 150 Vgl. z. B. Erman/Palm, § 134, Rdnr. 9. 151 Vgl. z. B. Palandt/Heinrichs, § 134, Rdnr. 6 a); MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, § 134, Rdnr. 44; Bork, Rdnr. 1092; jew. m. w. Nachw. 152 Vgl. MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, § 134, Rdnr. 44 m. w. Nachw.; Bork, Rdnr. 1092.

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nem an beide Vertragsparteien gerichteten Verbot das Rechtsgeschäft in der Regel nichtig sei.153 Schließlich wird nach Sinn und Zweck des Gesetzes unterschieden: bei bloßen Ordnungsvorschriften sei das Rechtsgeschäft gültig. Unwirksam sei das Rechtsgeschäft dagegen, wenn es nach Sinn und Zweck des betreffenden Gesetzes gerade verhindert werden soll.154 Da sämtliche genannten Ansichten die Einschränkung enthalten, das von ihnen für maßgeblich erachtete Unterscheidungskriterium würde „in der Regel“ zur Rechtsfolge der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäftes führen, ist letztlich in jedem Einzelfall eine Gesamtschau unter Verwendung der verschiedenen Kriterien durchzuführen. Ergäbe sich im Übrigen bei Anwendung aller genannten Kriterien bereits ein eindeutiges Ergebnis, bedürfte es auch deshalb für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung keiner Entscheidung, welche Abgrenzungskriterien nun zutreffend sind oder nicht. Weder die §§ 84, 85 SGB III noch die AZWV verwenden Formulierungen wie „kann nicht“, „darf nicht“ oder „soll nicht“. Auch sind keine Regelungen über Ordnungswidrigkeiten o. ä. vorgenommen worden, die auf das Vorliegen eines Verbotsgesetzes hinweisen könnten. Eine Unterscheidung nach möglichen Verbotsadressaten lässt keine einheitliche Beurteilung zu: Die Zulassungsvoraussetzungen der §§ 84, 85 SGB III und der §§ 7 ff. AZWV richten sich sowohl an die Zertifizierungsstellen als auch an die Träger. Ferner gibt es Pflichten und Vorgaben, die sich entweder nur an die Träger oder nur an die Zertifizierungsstellen richten. So gilt die Mitteilungspflicht des § 4 AZWV nur für die Zertifizierungsstellen, während sich die Mitteilungspflichten der §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV nur an die Träger richten. Pflichten der Zertifizierungsstellen regeln wiederum die §§ 10, 11 AZWV. Den Bestimmungen der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV sind zudem, wie dargelegt, nicht einmal Hinweise darauf zu entnehmen, dass überhaupt 153 Vgl. BGH NJW 2000, S. 1186 ff., 1187; Palandt/Heinrichs, § 134, Rdnr. 8 u. 9; Erman/Palm, § 134, Rdnr. 11; jew. m. w. Nachw.; gegen das alleinige Abstellen auf dieses „Dogma“ dagegen z. B. MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, § 134, Rdnr. 48; Claus-Wilhelm Canaris: Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft, 1983, S. 21: Grundsätzlich Nichtigkeit bei beiderseitigen, vgl. S. 21, und bei lediglich einseitigen inhaltlichen Verstößen, vgl. S. 23, bei beiderseitigen Verstößen gegen bloße Ordnungsvorschriften dagegen grundsätzliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, vgl. S. 36. 154 Vgl. Bork, Rdnr. 1092; BGH NJW 1981, S. 387 f.; 1981, S. 399 f.; 1986, S. 1104 f., 1104; 1992, S. 1159 ff., 1160; 1992, S. 2021 ff., 2021; 2000, S. 1186, ff., 1187 f.

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privatrechtliche Verträge zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern abzuschließen sein sollen. Die Begründung zur AZWV erwähnt zwar, wie ausgeführt, an verschiedenen Stellen mit wenigen Worten den Abschluss privatrechtlicher Verträge. Auch sie enthält allerdings keinerlei Angaben dazu, welche Rechtsfolgen für vertragliche Vereinbarungen eintreten sollen, die den Vorgaben der AZWV bzw. der §§ 84, 85 SGB III widersprechen. Der Gesetzgeber des SGB III hat an anderer Stelle ein Verbotsgesetz geschaffen und die Rechtsfolgen abweichender Vereinbarungen zugleich klar geregelt: nach § 297 SGB III sind eine Reihe von die Arbeitsvermittlung betreffenden Vereinbarungen „unwirksam“. Eines Rückgriffs auf die allgemeine Regelung des § 134 BGB bedarf es insoweit nicht, da hier spezialgesetzlich auch die Rechtsfolge von gegen § 297 SGB III verstoßenden Vereinbarungen geregelt wurde. Es ist daher anzunehmen, dass der Gesetzund der Verordnungsgeber auch in anderen Bereichen des Arbeitsförderungsrechts, soweit er Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB hätte schaffen wollen, ähnlich formuliert hätte. Das Fehlen von für Verbotsgesetze typischen Formulierungen in den §§ 84, 85 SGB III und in der AZWV könnte allerdings auch dafür sprechen, dass abweichende Vereinbarungen zulässig wären. Einer solchen Annahme widerspricht aber bereits die Normierung von Pflichten für die Zertifizierungsstellen und die Träger. Solche Pflichten wären sinnlos, wenn die Zertifizierungsstellen und die Träger z. B. nach Belieben auf Zulassungsvoraussetzungen verzichten könnten. Gegen die Annahme, die Regelungen der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV stünden zur Disposition der Vertragsparteien, spricht auch die Entstehungsgeschichte der Regelungen: Der Gesetz- und der Verordnungsgeber wollten die Zulassungstätigkeit auf „externe“ sachkundige Stellen übertragen. Es gibt dagegen nicht den geringsten Anhaltspunkt für die Annahme, dass sich der Gesetz- und der Verordnungsgeber mit dieser Änderung des Zulassungsverfahrens ihrer Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des Zulassungsverfahrens und der Zulassungsvoraussetzungen begeben wollten. Im Gegenteil: wenn schon die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates nach § 6 AZWV für die Zertifizierungsstellen (und für die Träger) gemäß § 2 Nr. 4 AZWV verbindlich zu beachten sein sollen, dann muss dies erst recht für die Vorgaben des Gesetz- und des Verordnungsgebers gelten. Andernfalls wäre keine geordnete Zulassung mehr möglich. Jede Zertifizierungsstelle könnte von den Vorgaben der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV abweichen, so dass keine einheitliche Zulassungstätigkeit mehr gewährleistet wäre. Exakt die Einheitlichkeit der Zulassungsvoraussetzungen und die Vergleichbarkeit der Zulassungen sind aber Kernstücke des Zulassungsverfahrens.

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In Zusammenhang mit dem Erfordernis der Beachtung der Empfehlungen des Anerkennungsbeirates hat der Verordnungsgeber dieses Ziel auch ausdrücklich formuliert: „Um bundesweit eine einheitliche Zertifizierung von Bildungsträgern und deren Maßnahmen sicherzustellen, bedarf es für die Beurteilung konkretisierender Prüfungsempfehlungen, die vom Anerkennungsbeirat erarbeitet werden. § 2 Nr. 4 (AZWV) regelt, dass die Zertifizierungsstellen diese Empfehlungen auch zu beachten haben“.155 Der Verordnungsgeber hat dieser Zielrichtung entsprechend in § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV die Regelung aufgenommen, dass die Zulassung bei Vorliegen der – gesetzlich bzw. in der AZWV normierten – Voraussetzungen zu erteilen ist. Ein Ermessen besteht insoweit nicht. Insbesondere dürfen dann auch weder geringere bzw. weniger noch höhere bzw. weitere Zulassungsanforderungen vereinbart, geprüft und bestätigt werden. In der Begründung zur AZWV hat der Verordnungsgeber hierzu ausgeführt: „Die Kriterien, nach denen die Träger und Maßnahmen begutachtet werden, müssen den Anforderungen des SGB III, dieser Verordnung und den Empfehlungen des Anerkennungsbeirates für die ausgeführte Tätigkeit entsprechen. Die Zertifizierungsstelle hat ihre Entscheidung über die Zulassung auf solche Inhalte zu beschränken, die sich ausdrücklich auf den Geltungsbereich der Zulassung beziehen“.156 Insgesamt ist damit festzustellen, dass ungeachtet des Fehlens der typischen Kennzeichen von Verbotsgesetzen i. S. d. § 134 BGB und ungeachtet der besonderen Regelung eines Verbotsgesetzes nach dem Vorbild des § 297 SGB III die Regelungen der §§ 84, 85 SGB III und der AZWV nicht zur Disposition der Vertragsparteien, also der Zertifizierungsstellen und der Träger stehen. Es handelt sich damit nicht um Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB, bei denen aufgrund fehlender ausdrücklicher Rechtsfolgenregelung jeweils zu prüfen wäre, ob die Rechtsfolge der Nichtigkeit eintreten soll, sondern um zwingendes Recht, das von vornherein der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht der Vertragsparteien entzogen ist. Jedes andere Ergebnis wäre mit dem Ziel des Gesetz- und des Verordnungsgebers, ein einheitliches, einer Überprüfung und Kontrolle noch zugängliches Zulassungsverfahren zu schaffen, nicht mehr zu vereinbaren. Die Gestaltung als zwingendes, jeglicher vertraglicher Disposition entzogenes, Recht kommt auch im Wortlaut der einzelnen Regelungen zum Ausdruck: Der Wortlaut der §§ 84, 85 SGB III („Zugelassen . . . sind . . ., bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass“ § 84 Abs. 1 u. § 85 Abs. 1 155 156

Vgl. S. 5 Begr. AZWV. Vgl. S. 15 Begr. AZWV.

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SGB III; „Zugelassen werden kann . . . nur, wenn“, § 85 Abs. 3 SGB III; „Ausgeschlossen von der Zulassung sind . . .“, § 85 Abs. 4 SGB III) lässt keinerlei Spielraum für Ermessen oder abweichende Gestaltungen der Vertragsparteien. Ob „Feststellungen“ der Zertifizierungsstellen nach diesem „Anforderungskatalog“ tatsächlich zutreffend bzw. sachlich richtig sind, ist eine andere Frage. Entscheidend ist, dass für die Zulassung entsprechende Feststellungen der Zertifizierungsstelle erforderlich sind. Der Wortlaut der §§ 7–9 AZWV bestätigt dieses Ergebnis. Formulierungen wie „im Antrag ist anzugeben“ (§ 7 Abs. 1 Satz 2 AZWV), „Der Antrag muss . . .“ (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AZWV), „. . . hat die Antragstellerin oder der Antragsteller . . . mitzuteilen“ (§ 7 Abs. 2 Satz 2 AZWV), „Der Zertifizierungsstelle sind wesentliche Änderungen . . . mitzuteilen“ (§ 7 Abs. 4 Satz 1 AZWV) und „Der Träger hat dabei darzulegen . . .“ lassen die Annahme nicht zu, hier bestünde Raum für abweichende vertragliche Vereinbarungen. Gleiches gilt für die Regelungen in § 8 AZWV: Formulierungen wie „Leistungsfähigkeit des Trägers . . . setzt insbesondere voraus, dass . . .“ (§ 8 Abs. 1 Satz 1 AZWV), „Zu ihrer Beurteilung hat der Träger folgende Angaben zu machen“ (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AZWV) oder z. B. „Der Antrag muss insbesondere Angaben enthalten zu“ (§ 8 Abs. 3 Satz 2 AZWV; ähnlich § 8 Abs. 2 Satz 2 AZWV) sind ersichtlich zwingend. § 9 AZWV enthält vergleichbare Formulierungen. Für das Zulassungsverfahren und für die Entscheidung sowie für die Erteilung von Zulassung und Zertifikat nach §§ 10, 11 AZWV gilt nichts anderes: Weder das Schriftformerfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV noch der Ausschluss von Personen von der Entscheidung über die Zulassung, die zuvor gutachterlich oder beratend im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens tätig waren (§ 10 Abs. 1 Satz 6 AZWV) stehen nach ihrer klaren Formulierung zur Disposition der Zertifizierungsstellen und/oder der Träger. Den Wortlaut der Zertifikate schreibt § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV ebenfalls zwingend vor (Die Zertifikate . . . werden wie folgt bezeichnet“). Wo nach dem Willen des Verordnungsgebers Spielraum für abweichende Vereinbarungen besteht, wurde dies ebenfalls deutlich gemacht: Beispiel ist etwa die Regelung in § 7 Abs. 3 AZWV, nach der im Einvernehmen mit der Zertifizierungsstelle ein Selbstreport durch den Träger vorgelegt werden kann.157 Die Verbindlichkeit der AZWV beschränkt sich in einer Reihe von Punkten allerdings darauf, dass die Verträge zwischen den Zertifizierungsstellen 157 Weitere Beispiele für Gestaltungsmöglichkeiten sind die Regelungen der §§ 10 Abs. 1 Satz 4, 11 Abs. 2 AZWV.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

und den „Antragstellern“ hierzu Regelungen enthalten. Das „wie“, also die konkrete Ausgestaltung, bleibt aber den Vertragsparteien vorbehalten. Besonders deutlich hat der Verordnungsgeber dies in der Begründung zu § 2 Nr. 7 AZWV hinsichtlich der Einrichtung eines „Beschwerdemanagements“ durch die Zertifizierungsstellen hervorgehoben: „Entsprechende vertragliche Regelungen sind in den Verträgen der Zertifizierungsstelle mit den Antragstellern vorzusehen. Die Verträge müssen auch das Verfahren, das bei einem solchen Entzug der Zulassung einzuhalten ist, regeln“.158 Gleiches gilt etwa für die vertragliche Umsetzung der Verpflichtung, die Zulassung in den in §§ 2 Nr. 7, 11 Abs. 3 AZWV bezeichneten Fällen zu entziehen. Auch insoweit besteht danach Raum für Vereinbarungen der Vertragsparteien. Schließlich sind die Fälle zu erwähnen, in denen die AZWV keine Regelungen vorsieht, aber Raum für Vereinbarungen eröffnet. Diese werden nachfolgend noch eingehend an drei Vertragsmustern aus der Zertifizierungspraxis dargestellt. Beispiele sind hier das für die Leistungen der Zertifizierungsstelle zu zahlende Entgelt oder Regelungen über die Zusammenarbeit zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern. Die AZWV ist also keine vollkommen abschließende Regelung. Andernfalls wäre überhaupt kein Raum für den vom Verordnungsgeber gerade vorausgesetzten Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und Träger. Sie lässt allerdings keinen Raum für die wirksame Vereinbarung von Regelungen, die ihren Bestimmungen widersprechen oder diese abändern.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 2 AZWV anerkannter Zertifizierungsstellen 1. Zur Auswahl der untersuchten Vertragsformulare und Geschäftsbedingungen Die nachfolgend im Einzelnen zu untersuchenden drei Vertragsformulare nebst zugehöriger Geschäftsbedingungen, die im Folgenden kurz mit A, B und C bezeichnet sind, werden von gemäß §§ 1 ff. AZWV anerkannten Zertifizierungsstellen in der täglichen Praxis gegenüber Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung verwendet. Die betreffenden Zertifizierungsstellen gehörten zu den ersten, die für das neue Zulassungsverfahren nach der AZWV – jeweils für eine bundesweite Tätigkeit – anerkannt wurden. Der Stand der jeweils zu Anfang der vorliegenden Untersuchung 158

S. 6 Begr. AZWV.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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übergebenen Vertragsunterlagen ist Ende 2004/Anfang 2005 (B) bzw. Anfang 2005 (A) und Mitte 2005 (C). Die Verwender der betreffenden Vertragsformulare haben diese für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung nur mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt, dass die Vertragsformulare anonymisiert werden. Um diese Anonymität zu wahren, können keine näheren Hinweise auf diese Unternehmen, die sämtlich in der Rechtsform der GmbH betrieben werden, gegeben werden als diese: Das Unternehmen, das den Formularvertrag A verwendet, ist auf die Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen in der beruflichen Bildung spezialisiert. Der Formularvertrag B und die zugehörigen Geschäftsbedingungen werden von einem Unternehmen verwendet, das die Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen zum Gegenstand hat. Formularvertrag und Geschäftsbedingungen C werden schließlich von einem großen deutschen Konzern verwendet, der Prüf-, Kontroll- und Zertifizierungsaufgaben für eine Fülle unterschiedlicher Bereiche anbietet. Die Palette reicht von der technischen Prüfung industrieller Großanlagen und Kraftwerke, über Kraftfahrzeuguntersuchungen, u. a. nach § 29 StVZO, bis hin zu Zertifizierungsleistungen auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements. Dieses Unternehmen bzw. der dahinter stehende Konzern dürfte mit Abstand über die größten Finanz-, Personal- und Sachmittel der drei hier zum Vergleich herangezogenen Zertifizierungsstellen und damit auch über eine entsprechende Marktmacht verfügen. Wegen der jahrzehntelangen Marktpräsenz in unterschiedlichsten Bereichen des Prüfungs-, Kontroll- und Zertifizierungswesens ist auch eine entsprechende Erfahrung und Professionalität bei der Gestaltung der Vertragsunterlagen gerade bei diesem Unternehmen zu erwarten. Da aber auch die beiden anderen Unternehmen keine Neugründungen darstellen, sondern über Erfahrungen im Bereich der Qualitätsprüfung und Zertifizierung verfügen, darf dies in ähnlichem Maße von ihnen erwartet werden. Die Beschränkung auf drei Vertragsformulare bzw. Geschäftsbedingungen war notwendig, um den Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht zu sprengen. Da zwischen den – zufällig ausgewählten – Unternehmen aber keinerlei wirtschaftliche oder sonstige Verflechtung besteht, könnte die Untersuchung typische Probleme der Vertragsgestaltung für den Bereich des Zulassungsverfahren nach der AZWV sichtbar machen – wenn auch nicht mit dem Anspruch strikter Repräsentativität. Welche Bedeutung die einwandfreie Vertragsgestaltung hat, mag der bisher in der Literatur kaum gewürdigte Aspekt verdeutlichen, dass es zu den Routineaufgaben der Zertifizierungsstellen im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Maßnahmen gehört, gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III die „Angemessenheit“ der von dem jeweiligen Träger verwendeten Teilnah-

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

mebedingungen zu prüfen, insbesondere im Hinblick auf die Rücktritts- und Kündigungsregelungen und die Ferienregelungen. Dies bedeutet, dass die Zertifizierungsstellen die Formularverträge und die zugehörigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Träger insbesondere einer AGB-rechtlichen Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB zu unterziehen haben.159 Einem solchen Prüfungsmaßstab muss der Prüfer zunächst einmal selbst gerecht werden.

2. Vertragsformulare der Zertifizierungsstellen als Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB Die anerkannten Zertifizierungsstellen, die Zulassungsverfahren nach der AZWV durchführen, werden sich in aller Regel vorformulierter Vertragsbedingungen bzw. Vertragsformulare bedienen, die sie gegenüber den „Antragstellern“ verwenden. So wurde z. B. in den nachfolgend noch eingehend zu untersuchenden drei Beispielsfällen verfahren. Es wurden jeweils Formulare für die mit den „Antragstellern“ zu schließenden Verträge geschaffen. Gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen160 i. S. d. §§ 305 ff. BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Nach § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB ist es dabei insbesondere gleichgültig, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden. Den Gegensatz zu AGB bilden gemäß § 305 Abs. 1 BGB Vertragsbedingungen, die zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Nach § 2 AZWV anerkannte Zertifizierungsstellen schließen in ihrer täglichen Arbeit immer wieder Verträge über Zertifizierungen nach §§ 77 ff. SGB III bzw. nach der AZWV. Die Schaffung einheitlicher, typisierter und standardisierter Verträge bzw. von Vertragsformularen drängt sich in dieser Situation geradezu auf. Die Schwelle der „Vielzahl“ von Verträgen, für die die Vertragsbedingungen nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vorformuliert worden sein müssen, ist ohne weiteres erreicht: In aller Regel wird eine Zertifizierungsstelle die AGB für eine unbestimmte Anzahl von Verwendungsfällen vorformulieren, da die Anzahl späterer Vertragsschlüsse nicht absehbar sein wird. Ist die Vorformulierung für eine solche unbestimmte Anzahl von Verwendungsfällen erfolgt, liegen ohne weiteres AGB i. S. d. §§ 305 ff. BGB vor.161 Die „untere Grenze“ von 159

Vgl. hierzu: Hänlein, Skript, S. 29. Im Folgenden kurz: AGB. 161 Vgl. nur: Peter Ulmer in: Ulmer/Brandner/Horst-Diether Hensen: AGB-Recht, 10. Aufl., 2006, § 305 BGB, Rdnr. 24 m. w. Nachw. 160

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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zumindest drei vorausgesehenen bzw. beabsichtigten Anwendungsfällen162 bei einer bestimmten Zahl von Anwendungsfällen würde, wenn tatsächlich eine solche Vorhersehbarkeit bestünde, ebenfalls unproblematisch erreicht. So liegt es auch bei den hier exemplarisch zu untersuchenden drei Beispielen von Vertragsformularen. Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass in der täglichen Praxis der anerkannten Zertifizierungsstellen, die Zulassungen nach §§ 7 ff. AZWV vornehmen, die in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Verträge in aller Regel auf AGB bzw. Vertragsformularen beruhen werden, die von der jeweiligen Zertifizierungsstelle verwendet bzw. „gestellt“ werden.

3. Die Einbeziehung von AGB und Formularverträgen anerkannter Zertifizierungsstellen in die Verträge und die für eine AGB-rechtliche Prüfung anzuwendenden Vorschriften Vor einer Prüfung der einzelnen AGB bzw. Vertragsformulare ist zu klären, wie diese wirksam in die abzuschließenden Verträge einbezogen werden können und welche Vorschriften der §§ 305 ff. BGB für die rechtliche Prüfung dieser Regelungen zur Anwendung gelangen. Nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB finden die Regelungen der §§ 305 Abs. 2 u. Abs. 3, 308 und 309 BGB u. a. keine Anwendung auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Für die vorliegende Untersuchung ist also entscheidend auf die (künftigen) Vertragspartner der Verwender der AGB abzustellen, d.h. auf die „Antragsteller“ bzw. auf die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Es ist zu prüfen, ob sie „Unternehmer“ im genannten Sinne sind. Unternehmer ist gemäß § 14 Abs. 1 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft,163 die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Danach ist Unternehmer jede natürliche oder juristische Person, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen ein Entgelt anbietet, also auch Freiberufler und Selbständige.164 Selbstän162

Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 305, Rdnr. 9 m. w. Nachw.; Ulmer in: Ulmer/ Brandner/Hensen, § 305 BGB, Rdnr. 25 a m. w. Nachw.; MüKo/Jürgen Basedow, § 305, Rdnr. 18. 163 Rechtsfähige Personengesellschaft ist gemäß § 14 Abs. 2 BGB eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten zu begründen. 164 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 14, Rdnr. 2 m. w. Nachw.; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB, Rdnr. 18 f.; MüKo/Basedow, § 310, Rdnr. 4.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

digkeit bedeutet, dass die Ausübung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit in eigener Verantwortung und nicht als angestellter Vertreter oder Gehilfe eines Dritten geschieht.165 Auf die Organisationsform des Unternehmers kommt es für § 14 BGB dagegen nicht an. Insbesondere sind neben juristischen Personen des Privatrechts auch die Personenhandelsgesellschaften und die gewerblich bzw. beruflich tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts vom Unternehmerbegriff des § 14 BGB erfasst.166 Die Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, die – gegen Entgelt – dauerhaft entsprechende Qualifizierungen für Arbeitnehmer anbieten, sind Unternehmer im vorgenannten Sinne, ohne dass es auf die konkrete Rechtsform ankäme, in der der „Antragsteller“ sein Unternehmen führt. Problematisch könnte dagegen sein, dass für die Anwendung des § 310 Abs. 1 BGB der Vertragsschluss „als Unternehmer“ erforderlich ist. Zwar wird bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften dieser sachliche Zusammenhang immer vorliegen, bei natürlichen Personen als Unternehmern wird er entsprechend § 344 Abs. 1 HGB vermutet.167 Zweifel könnten hier aber in Fällen bestehen, in denen sich ein Träger erstmals um eine Zulassung bemüht. Hier ist zwar der erforderliche Zusammenhang des Vertragsschlusses mit der beruflichen Tätigkeit des Vertragspartners des Verwenders der AGB gegeben. Fraglich und umstritten ist aber, ob auch solche Fälle bereits von § 310 Abs. 1 BGB erfasst sind, in denen erst der Vertragsschluss den Vertragspartner zum „Unternehmer“ macht, also die sog. Existenzgründerfälle. Teilweise wird hier eine Anwendung des § 310 Abs. 1 BGB wegen der mit dem Vertragsschluss beginnenden, eine gesteigerte Geschäftserfahrung erwarten lassenden unternehmerischen Betätigung bejaht.168 Wer einen Vertrag gerade abschließe, um den Schutzbereich der Konsumentenschutzgesetze zu verlassen, bedürfe ihres Schutzes nicht mehr und verdiene ihn auch nicht.169 Nach anderer Ansicht soll Existenzgründern bei der Existenzgründung noch der volle Schutz als Verbraucher i. S. d. § 13 BGB zuteil werden.170 165

Vgl. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB, Rdnr. 20. Vgl. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB, Rdnr. 21 m. w. Nachw.; Palandt/Heinrichs, § 14, Rdnr. 3 m. w. Nachw. 167 Vgl. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB, Rdnr. 22 m. w. Nachw.; Palandt/Heinrichs, § 14, Rdnr. 2. 168 Vgl. etwa Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB, Rdnr. 23 m. w. Nachw. 169 Vgl. MüKo/Basedow, § 310, Rdnr. 46. 170 Vgl. etwa Palandt/Heinrichs, § 13, Rdnr. 3 m. w. Nachw. 166

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Vorliegend bedarf dieser Streit allerdings keiner Entscheidung, da eine Zulassung als Träger nicht beantragt und auch kein Vertragsschluss über Prüfungsleistungen nach der AZWV begehrt wird, wenn sich Träger und Maßnahmen noch „im Aufbau“ befinden. Vielmehr wird eine Antragstellung nach § 7 AZWV und ein Vertragsschluss erst in einem Stadium erfolgen, in dem es bereits „etwas zu prüfen bzw. zu zertifizieren gibt“. Es wird die Zulassung bzw. Zertifizierung für bereits fertig geschaffene Strukturen bzw. Leistungen begehrt. Zwar wird der Zugang zu einem „speziellen Markt“ erstrebt. In Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit ist der „Antragsteller“ aber bereits vor der Antragstellung tätig geworden. Hier ist bereits eine Betätigung als „Unternehmer“ erfolgt, so dass auch der Vertragsschluss durch den Vertragspartner der anerkannten Zertifizierungsstelle als Unternehmer i. S. d. § 14 BGB erfolgt. Der Vertragsschluss durch die Vertragspartner der anerkannten Zertifizierungsstellen erfolgt also durch diese „als Unternehmer“ und nicht als „Existenzgründer“. Die Regelung des § 310 Abs. 1 BGB ist damit auf die betreffenden AGB bzw. Formularverträge anzuwenden. Dies hat für die AGBrechtliche Prüfung folgende Konsequenzen: Da nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB die Regelungen des § 305 Abs. 2 u. 3 BGB nicht anzuwenden sind, kommen die Verträge unter Einbeziehung der von den Zertifizierungsstellen gestellten AGB bzw. Formulare mit den „Antragstellern“ aufgrund einer entsprechenden Einigung der Vertragsparteien zustande, die insbesondere auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann. Es genügt etwa, dass die Zertifizierungsstelle erkennbar auf die Geltung ihrer AGB verweist, dem „Antragsteller“ hiermit die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme eröffnet wird und der „Antragsteller“ ihrer Geltung nicht widerspricht.171 Für die inhaltliche Überprüfung bildet § 307 BGB den Prüfungsmaßstab, während die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB nicht anwendbar sind. Gleichwohl sind die betreffenden Klauselverbote auch für die Prüfung von AGB bedeutsam, die gegenüber Unternehmern verwendet werden: Sie indizieren, wie § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB verdeutlichen soll, in vielen Fällen eine unangemessene Benachteilung des Vertragspartners des Verwenders (vorliegend also der Träger bzw. „Antragsteller“), ihre Wertungen sind also zumindest mittelbar bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu beachten.172 171 Vgl. zu Möglichkeiten einer konkludenten Einbeziehung von AGB bei Verträgen mit Unternehmern nur: Palandt/Heinrichs, § 305, Rdnr. 52 m. w. Nachw.; MüKo/ Basedow, § 305, Rdnr. 91; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310, Rdnr. 29. 172 Vgl. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310, Rdnr. 27; Andreas Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 307, Rdnr. 381; MüKo/Basedow, § 307, Rdnr. 68 sowie § 310, Rdnr. 7; jew. m. w. Nachw.; Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 41.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

4. Rechtliche Prüfung von drei in der Praxis verwendeten Vertragsformularen Nachfolgend werden die erwähnten drei in der Praxis von nach § 2 AZWV anerkannten Zertifizierungsstellen verwendeten Formularverträge sowie die zugehörigen AGB rechtlich geprüft. Mit dieser Prüfung sollen insbesondere für die Vertragsgestaltungspraxis Hinweise und Hilfestellungen gegeben werden. Insbesondere sollen Regelungen aufgezeigt werden, die unwirksam sind und daher schwerwiegende Folgen für die Vertragspraxis haben können. a) Formularvertrag A aa) Der „Antrag“ Bei der Gestaltung dieses Formularvertrages wurde, offenbar um dem Antragserfordernis für eine Trägerzulassung nach § 7 AZWV zu entsprechen, der Vertragspartner der Zertifizierungsstelle als „Antragsteller“ bezeichnet. Die Formulierung „Der Antragsteller . . . beauftragt die (Zertifizierungsstelle), das Verfahren zur Trägerzulassung gem. SGB III (AZWV) durchzuführen“, lässt die Unsicherheiten erkennen, zu denen das – zumindest bei einer rein zivilrechtlichen Tätigkeit der Zertifizierungsstellen – sinnlose Antragserfordernis in der Praxis führt. Aus dem „Antrag“ nach § 7 AZWV wird hier eine „Beauftragung“. Damit bleibt unklar, ob der „Antrag“ schlicht das Angebot zum Abschluss eines Vertrages über Zertifizierungsleistungen sein soll oder ob tatsächlich der Antrag i. S. d. § 7 AZWV gestellt werden soll. Im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB kann der Hinweis darauf, es solle ein Verfahren zur Trägerzulassung nach SGB III bzw. der AZWV durchgeführt werden, aber dahin verstanden werden, dass mit dieser Formulierung der Antrag nach § 7 AZWV gestellt werden soll. Wäre formuliert worden, dass ein Vertrag über eine Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen für eine Trägerzulassung nach §§ 7 ff. AZWV geschlossen werde, wäre der Gegenstand des Vertrages deutlich festgelegt, ohne dass es eines besonderen, unabhängigen „Antrages“ bedürfte, wie ihn der Verordnungsgeber vorgegeben hat. Dies zeigt nochmals die Überflüssigkeit des Antragserfordernisses nach § 7 AZWV in einem rein privatrechtlich geregelten Zertifizierungsverfahren. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen wird ein solcher „Antrag“, wie er im betreffenden Formularvertrag gestaltet wurde, den Anforderungen des § 7 AZWV nicht gerecht: Es fehlt jeglicher Hinweis, dass und welche Unterlagen außerdem nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AZWV dem Antrag beizufügen sind. Es fehlt die nach § 7

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Abs. 1 Satz 2 AZWV erforderliche Angabe, ob die Zulassung nur für einen bestimmten Wirtschafts- oder Bildungsbereich, das gesamte Bundesgebiet oder nur für einen regional begrenzten Raum beantragt wird. Auch Hinweise auf bzw. Angaben nach § 7 Abs. 2 AZWV i. V. m. § 84 SGB III fehlen. In Ziffer 1 des Vertrages („Anmeldestufe und Prüfvorbereitung“) ist dann auch eine „Ausgabe der Prüfdokumente“ erwähnt, zu denen u. a. auch ein „Antrag auf Trägerzulassung“ gehören soll. Anschließen soll sich nach Ziffer 2. des Vertrages dann die Antragsprüfung sowie eine Ergebnisdokumentation. Geht man davon aus, dass die nach Vertragsschluss auszuhändigenden Antragsformulare den Erfordernissen des § 7 AZWV entsprechen, bleibt das Problem der zeitlichen Abfolge: Der „Antragsteller“ schließt zunächst mit der Zertifizierungsstelle den Vertrag und erst im Rahmen der Vertragsdurchführung erfolgt dann die Antragstellung nach § 7 AZWV. Diese Abfolge entspricht nicht der Regelung des § 7 AZWV, wie sie durch den Verordnungsgeber erläutert wurde: Wie dargelegt, soll der Antrag nach Auffassung des Verordnungsgebers dazu dienen, der Zertifizierungsstelle anzuzeigen, dass ein bzw. welcher Vertragsschluss angestrebt wird.173 Im vorliegenden Beispielsfall ist es umgekehrt: Nach Ziffer 1 erfolgt die Ausgabe der „Prüfdokumente“, zu denen auch ein „Antrag auf Trägerzulassung“ gehören soll, erst nach Vertragsschluss. Zulässig dürfte es, wenn man von der Begründung des Verordnungsgebers ausgeht, allenfalls sein, den Antrag mit dem Vertragsschluss zu verbinden, so dass der Antrag nach § 7 AZWV mit dem zivilrechtlichen Antrag auf Abschluss des Vertrages nach § 145 BGB verbunden wird. Nur so könnte der Antrag seine vom Verordnungsgeber angenommene Funktion, wenn überhaupt, erfüllen. Die gemäß § 7 AZWV benötigten Angaben müssten dann in entsprechenden Formularen enthalten sein, die den künftigen „Antragstellern“ bereits vor Vertragsschluss zu überlassen und ihnen gegebenenfalls näher zu erläutern wären. bb) Die Trägerzulassung bzw. Erteilung des Zertifikates nach § 10 AZWV als Vertragsgegenstand Der „Antragsteller“ beauftragt die Zertifizierungsstelle, das Verfahren zur Trägerzulassung gemäß SGB III bzw. der AZWV durchzuführen. Da auch die Zertifikatserteilung ausdrücklich Vertragsgegenstand ist (vgl. Ziffer 4. des Vertrages), kann nicht angenommen, dass die Erteilung der Zulassung vom Vertragsgegenstand nicht umfasst wäre. Vielmehr sind Erteilung der 173

Vgl. S. 9 Begr. AZWV.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Zulassung und Erteilung des Zertifikates gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 u. 2 AZWV untrennbar miteinander verbunden: „Mit der Zulassung wird ein Zertifikat vergeben. Die Zertifikate für die Zulassung des Trägers . . .“. Dem entspricht auch die Begründung des Verordnungsgebers: Nicht nur die Prüfung und die Vergabe des Zertifikates, sondern auch die Erteilung der Zulassung selbst soll „durch externe (private) Agenturen“ erfolgen. Die Zertifizierungsstellen sollen „zukünftig über die Zulassung von Bildungsträgern und Bildungsangeboten für die individuelle Weiterbildungsförderung entscheiden“.174 Insgesamt steht nach der Begründung des Verordnungsgebers „im Mittelpunkt des Zulassungsverfahrens“ nicht (nur) die Erteilung des Zertifikates, sondern „die Zulassung der Bildungsträger durch einen Zertifizierer ihrer Wahl und im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“.175 Abgesehen davon bringt diese zwingende Verbindung von Zulassung und Zertifikat auch der Wortlaut des Zertifikates nach § 10 Abs. 2 AZWV in aller Deutlichkeit zum Ausdruck: „Zugelassener Träger“ bzw. „Zugelassene Weiterbildungsmaßnahme für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach dem Recht der Arbeitsförderung zugelassen durch (Name der Zertifizierungsstelle – von der Anerkennungsstelle der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Zertifizierungsstelle)“.176 Wegen dieser nach § 10 Abs. 2 AZWV bestehenden notwendigen Verbindung der Erteilung der Zulassung mit der Erteilung des Zertifikates ist hier auch die Erteilung der Zulassung nach § 10 Abs. 1 AZWV Gegenstand des Vertrages, auch wenn nur die Erteilung des Zertifikates ausdrücklich erwähnt wird. Diese Vertragsgestaltung liegt zwar nach der Begründung des Verordnungsgebers, die Zulassung erfolge „im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrages“, nahe. Sie führt, wie oben eingehend erläutert, aber zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages. Wenn, wie auch im betreffenden Beispiel, der Vertrag zudem keine Regelung darüber enthält, dass die übrigen Vereinbarungen bei Nichtigkeit einer einzelnen Vertragsbestimmung wirksam bleiben sollen, ist die Nichtigkeit des gesamten Vertrages die notwendige Folge.177 Hier müsste dann eine „Rückabwicklung“ der Leistungen nach den Grundsätzen der §§ 812 ff. BGB erfolgen. 174

Vgl. S. 1 Begr. AZWV. Vgl. S. 2 Begr. AZWV. 176 Hervorh. d. Verf. 177 Streng davon zu unterscheiden ist die oftmals in diesem Zusammenhang formulierte weitere Klausel, dass an die Stelle der unwirksamen Regelung eine Regelung treten soll, die dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am nächsten kommt. Die Unwirksamkeit einer solchen Bestimmung wegen Verstoßes gegen § 306 Abs. 2 BGB wird unten noch eingehend dargelegt. 175

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Da es sich um einen nichtigen öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag handeln würde und die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nach §§ 55 Abs. 2, 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X die zwingende Rechtsfolge wäre, könnte der Vertrag auch nicht mit Hinweis auf die Regelung des § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen aufrechterhalten werden. Für die Vertragsgestaltung ist damit vor allem zu beachten, dass die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates selbst nicht Vertragsgegenstand sind. Vertragsgegenstand ist statt dessen die gutachterliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen, die mit einem bestimmten Ergebnis abzuschließen ist. cc) Weitere Regelungen über den Ablauf des Zertifizierungsverfahrens In Ziffer 3. werden als weitere Leistungen die Erstellung einer Prüfplanung, die Planung und Durchführung einer Prüfung vor Ort und die Dokumentation des Ergebnisses genannt. Der Vertrag enthält damit zu den eigentlichen Inhalten der Prüfung und Zertifizierung kaum Anhaltspunkte. Durch die, wenn auch äußerst knappe, Erwähnung des Verfahrens einer Trägerzulassung nach der AZWV im Eingang des Vertrages lässt sich der Inhalt dieser Prüfungen aber im Wege der Auslegung näher konkretisieren. In Ziffer 4. ist dann eine „Sitzung des Zertifizierungsausschusses“ erwähnt. Dieser entscheidet offenbar über die Zertifizierung. Daran anschließend erfolgt die Zertifikatserteilung. Insoweit gilt wiederum, dass solche Regelungen zur Vermeidung der Nichtigkeit nicht in den Vertrag aufgenommen werden dürfen. Alternativ kann zwar das Verfahren auch in seinen öffentlich-rechtlichen Elementen im Vertragstext dargestellt werden. Dann muss aber deutlich gemacht werden, dass es sich lediglich um deklaratorische Ausführungen handelt und die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates öffentlich-rechtlich durch die Zertifizierungsstelle als Beliehene erfolgt. Abgesehen davon ist dem Vertrag nicht zu entnehmen, wie viele Mitglieder der Zertifizierungsausschuss hat, welche Regelungen für die Entscheidungsfindung gelten (z. B. Einstimmigkeits- oder Mehrheitsprinzip?), usw. Für den Vertragspartner muss aber erkennbar sein, wie die Entscheidung zustande kommt. Zudem fehlen Regelungen über das nach § 2 Nr. 7 AZWV erforderliche Verfahren zur Prüfung von Beschwerden vollständig. Die ferner erwähnte „Koordination mit der BA“ obliegt der Zertifizierungsstelle bereits aufgrund ihrer Verpflichtung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AZWV bzw. als Beliehene im Rahmen des Aufsichtsverhältnisses zur Anerkennungsstelle. Einer Aufnahme dieser „Leistung“ in den Vertrag bedarf es daher nicht. Erfolgt sie, sollte näher erläutert werden, was unter dem Be-

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

griff „Koordination“ im Einzelnen zu verstehen und vom Vertragspartner u. U. zu verlangen sein soll. Die Zahlung des zu vereinbarenden Honorars nach Leistungsabschnitten ist durchaus sachgerecht und aus Sicht der „Antragsteller“ zu empfehlen. Geht man mit der vorliegend vertretenen Auffassung vom Abschluss eines Werkvertrages aus, entspricht diese Regelung auch der gesetzlichen Wertung, wie sie in den §§ 632 a Abs. 1 Satz 1, 641 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommt: Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, ist die Vergütung nach § 641 Abs. 1 Satz 2 BGB für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. Zudem kann der Unternehmer nach § 632 a Abs. 1 Satz 1 BGB von dem Besteller für in sich abgeschlossene Teile des Werkes Abschlagszahlungen für die erbrachten vertragsmäßigen Leistungen verlangen. dd) Befristung von Zulassung und Zertifikat/ Durchführung von Vollprüfungen und „Überwachungsaudits“ In Abschnitt II des Vertragsformulars ist die „Durchführung der Überwachungsaudits“ geregelt. Diese sog. Überwachungsaudits unterscheiden sich in Umfang und Intensität von einer Erst- bzw. „Vollprüfung“, wie auch aus dem vorliegenden Vertrag deutlich wird. Während nach der vollständigen Prüfung aller Zulassungsvoraussetzungen Zulassung und Zertifikat bei positiven Prüfergebnis befristet erteilt werden, soll mit Überwachungsaudits im Zeitraum bis zum Ablauf der befristeten Zulassung eine zusätzliche, stichprobenartige Überprüfung bestimmter Zulassungsvoraussetzungen erfolgen. (1) Regelmäßige Vereinbarung der Höchstfrist des § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV? An erster Stelle findet sich im zu prüfenden Vertragsformular im betreffenden Zusammenhang allerdings die Regelung, dass das Zertifikat eine Gültigkeit von drei Jahren hat. Dies schöpft den Rahmen der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV vorgesehenen Befristung des Zertifikates voll aus. Es erscheint zunächst nicht unproblematisch, wenn die gesetzliche Höchstfrist ausnahmslos zur Anwendung gelangt. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der flexiblen Regelung ersichtlich auch Raum für kürzere Prüfintervalle eröffnen. Kürzere Prüfintervalle hätten den Vorteil, dass etwaige Mängel früher entdeckt werden. Ferner dürfte eine dichtere zeitliche

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Abfolge der Prüfungen auch einen „erzieherischen“ bzw. „präventiven“ Effekt haben. Wenn die nächste Prüfung bereits in überschaubarer Zeit ansteht, ist mit einer höheren Sorgfalt zu rechnen als bei einer Prüfung, die erst in mehreren Jahren erfolgen wird. Für die Zulässigkeit der regelmäßigen Ausschöpfung der Frist spricht aber die Regelung betreffend die Qualitätssicherungssysteme in § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV: Wenn der Verordnungsgeber nicht in den übrigen Fällen eine Frist von drei Jahren für ausreichend erachtet hätte, wäre die Regelung der Prüfintervalle anders erfolgt und wären etwa jährliche Prüfintervalle bzw. Befristungen der Zulassungen auf ein Jahr vorgesehen worden. Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber die generelle Durchführung von Überwachungsaudits offenbar nicht für notwendig erachtet hat, wie aus dem Fehlen einer entsprechenden Verpflichtung zur generellen Durchführung solcher „Zwischenüberprüfungen“ zu schließen ist. Die Durchführung von Überwachungsaudits ist schließlich ebenfalls geeignet, etwaigen Bedenken gegen eine gleichsam automatische Ausschöpfung der 3-Jahres-Frist zu begegnen. Insgesamt bestehen damit keine durchgreifenden Bedenken, in den Formularverträgen die Höchstfrist des § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV voll auszuschöpfen. (2) Zulässigkeit der Vereinbarung von (zusätzlichen) Überwachungsaudits Ob die Vereinbarung von sog. Überwachungsaudits, wie im Beispielsfall geregelt, ohne weiteres möglich ist, erscheint aber fraglich. Der Formularvertrag sieht im Beispielsfall die Durchführung von mindestens zwei Überwachungsaudits vor, die „notwendig“ sein sollen. Die Durchführung solcher Überwachungsaudits, die für Zertifizierungen keineswegs ungewöhnlich sind, ist nach dem Wortlaut der AZWV allerdings nicht vorgesehen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV ist, worauf noch gesondert einzugehen ist, lediglich die wirksame Anwendung des Systems der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung nach § 8 Abs. 4 AZWV in jährlichen Abständen zu überprüfen. Der Begriff des „Überwachungsaudits“ findet sich dort ebenfalls nicht. Auch in der Begründung zur AZWV findet sich kein Hinweis, dass allgemein solche „Überwachungsaudits“ zu erfolgen hätten.178 178

Lediglich in Zusammenhang mit der jährlichen Prüfung der Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungssysteme der Zertifizierungsstellen nach §§ 2 Nr. 6, 3 Abs. 3 Satz 3 AZWV und der Träger nach §§ 8 Abs. 4, 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV wird in der Begründung zur AZWV der Begriff des Überwachungsaudits verwendet, vgl. S. 7 u. 16 Begr. AZWV.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Es bedarf daher der Prüfung, ob abweichend vom Wortlaut der AZWV zusätzlich zur Zertifizierungsprüfung sog. Überwachungsaudits innerhalb der Zertifizierungsfrist von längstens drei Jahren vereinbart werden dürfen. Gegen die Zulässigkeit einer entsprechenden Vereinbarung könnte zum einen argumentiert werden, dass die AZWV grundsätzlich abweichende Vereinbarungen nicht zulasse, also auch insoweit zwingendes Recht enthalte, von dem zum Nachteil der Träger nicht abgewichen werden dürfe. Wie sich aus der besonderen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV ergebe, habe der Verordnungsgeber dort, wo er eine Überprüfung in kürzeren Abständen für notwendig erachtet habe, eine entsprechende Regelung getroffen. Ferner könnte auch mit den zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Träger durch solche weiteren Überprüfungen gegen deren Zulässigkeit argumentiert werden. So ist im Beispielsfall für die Durchführung der zwei Überwachungsaudits eine gesonderte Vergütung zu entrichten. Speziell gegen entsprechende Regelungen in AGB könnte, wenn nicht bereits zwingendes Recht vorläge, unter Hinweis auf das Abweichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, hier also der AZWV, i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, argumentiert werden, die solche generellen Überwachungsaudits nicht vorsieht. Diese Argumentation würde aber nicht hinreichend berücksichtigen, dass die Sicherung und Steigerung der Qualität auf dem Gebiet der beruflichen Weiterbildung und ihrer Förderung nach den §§ 77 ff. SGB III ein, wenn nicht das zentrale Anliegen des Gesetzgebers war.179 Maßnahmen, die einer zusätzlichen Sicherung und Überwachung der Qualität dienen, entsprechen diesem Motiv des Gesetzgebers. Aus der Spezialregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV folgt ebenfalls nicht, dass ansonsten keine entsprechenden Vereinbarungen zulässig wären. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Grenze für die Gültigkeit der Zulassung und des Zertifikates von drei Jahren nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV den äußerst zulässigen Zeitraum für die Gültigkeit bezeichnet, aber auch deutlich kürzere Prüfzyklen möglich wären. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass nicht auch jährliche Vollprüfungen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV zulässig wären. Dann kann erst recht nicht angenommen werden, bloße Überwachungsaudits mit ihrem eingeschränkten Prüfungsumfang und/ oder ihrer eingeschränkten Prüfungsintensität wären nicht zulässig. Da weder der Gesetz- noch der Verordnungsgeber Vorgaben für die Höhe des Prüfungsentgeltes gemacht haben, ist auch das Kostenargument hinsichtlich bloßer Überwachungsaudits nicht überzeugend. Eine Abweichung 179

Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 30.

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von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist somit ebenfalls nicht erkennbar. Zudem dürfte die betreffende finanzielle Mehrbelastung im Vergleich zum finanziellen Aufwand für Vollprüfungen überschaubar sein. Schließlich spricht Folgendes entscheidend für die Zulässigkeit der Vereinbarung von Überwachungsaudits: Der Verordnungsgeber hat in der Begründung zu § 7 Abs. 4 AZWV ausgeführt, die Vorschrift verdeutliche, dass die Zulassungsvoraussetzungen „für die Geltungsdauer der Zulassung vorliegen müssen“. Die Zertifizierungsstellen hätten „sicherzustellen, dass die von ihnen zugelassenen Träger für die Geltungsdauer der Zulassung die Anforderungen erfüllen“ und müssten „die dafür erforderlichen Verfahren anwenden“.180 Ein solches Verfahren ist die laufende Überwachung und stichprobenartige Kontrolle der Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen im Wege der Durchführung von Überwachungsaudits. Hier verlässt sich die Zertifizierungsstelle nicht auf die Erfüllung der Mitteilungspflichten durch die Träger, sondern kann selbst vor Ort prüfen, ob die Zulassungsvoraussetzungen noch erfüllt werden. Diese effektive, wenn nicht effektivste, Möglichkeit, die dauerhafte Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen sicherzustellen, kann dann nicht unzulässig sein. Damit ist festzustellen, dass die Vereinbarung von zusätzlichen, nicht durch die AZWV vorgeschriebenen Überwachungsaudits (auch in Formularverträgen) zulässig ist. (3) Jährliche Überprüfung nach §§ 8 Abs. 4, 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV als „Überwachungsaudit“? Für die Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungssysteme ist nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV, wie ausgeführt, eine Überprüfung in jährlichen Abständen vorgeschrieben. Der Verordnungsgeber hat insoweit, wie auch für die entsprechende Prüfung der Zertifizierungsstellen durch die Anerkennungsstelle,181 ausgeführt, die Prüfung erfolge „im Rahmen eines so genannten Überwachungs-Audits“.182 Der Wortlaut der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV gibt allerdings für eine Prüfung, deren Umfang und/oder Intensität im Vergleich zu einer Vollprüfung eingeschränkt wäre, nichts her. Allenfalls der Umstand, dass nur auf eine „wirksame Anwendung“ abgestellt wird, nicht aber auch auf eine ständige Verbesserung, wie sie in § 8 Abs. 4 Satz 1 AZWV 180 181 182

Vgl. S. 10 Begr. AZWV. Vgl. S. 7 Begr. AZWV. Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

erwähnt ist, könnte auf einen verringerten Prüfumfang schließen lassen. Dem widerspricht aber, dass § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV ausdrücklich auch die Prüfung der wirksamen Anwendung eines Systems der Qualitätsentwicklung in jährlichen Abständen fordert. Hinzu kommt, dass auf die Regelung des § 8 Abs. 4 AZWV insgesamt verwiesen wird. Des Weiteren hat bereits der Gesetzgeber mit der Regelung des § 84 Nr. 4 SGB III, aber auch in der Gesetzesbegründung, wie dargelegt, den Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungssystemen besondere Bedeutung beigemessen. Auch dies spricht dagegen, dass die Prüfung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV durch den kurzen, jährlichen Prüfungszyklus eine geringere Intensität oder einen verminderten Umfang als eine „Vollprüfung“ haben sollte. Wegen der herausragenden Bedeutung der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung ist insgesamt festzustellen, dass die Prüfung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV (und die Prüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 AZWV, für die diese Erwägungen entsprechend gelten) eine Vollprüfung ist, die gegenüber der Prüfung nach § 8 Abs. 4 AZWV weder einen verringerten Umfang noch eine verminderte Intensität haben darf. Der vom Verordnungsgeber in der Begründung zur AZWV insoweit verwendete Begriff des „Überwachungsaudits“ ist in diesem Zusammenhang dahingehend auszulegen, dass zwar eine Überwachung erfolgt, die Prüfung selbst aber den Umfang einer Vollprüfung hat. (4) Die Regelung im Formularvertrag Die Regelung in dem zu prüfenden Formularvertrag ist schon insoweit nicht hinreichend bestimmt, als sie den Zeitpunkt und den Gegenstand der Überwachungsaudits nicht näher festlegt. Es bleibt damit unklar, was wann geprüft werden soll. Da es sich bei der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV um zwingendes Recht handelt, kann (auch und erst recht formular-)vertraglich wirksam insoweit keine Abweichung vereinbart werden. Unter Bezugnahme auf die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV müsste im Vertrag also klargestellt werden, dass zumindest diesbezüglich eine jährliche Prüfung erfolgen muss und vereinbart wird. Dagegen bleibt dies im vorliegenden Beispielsfall, da der Zeitpunkt der „Überwachungsaudits“ nicht näher bezeichnet ist, offen, so dass nicht einmal die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Prüfungen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV sichergestellt ist. Sollen im Übrigen zusätzlich Überwachungsaudits durchgeführt werden, ist dies im Vertrag entsprechend deutlich zu regeln. Kann der Vertragspartner des Verwenders nicht erkennen, auf welche Regelung sich die jährlichen

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Überprüfungen beziehen, läge eine mehrdeutige Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 2 BGB vor. Die Unklarheit ginge zu Lasten der Zertifizierungsstelle als Verwender der AGB. Da mit den gesetzlich nicht vorgeschriebenen Überwachungsaudits ein erhöhter Aufwand und im Regelfall zusätzliche Kosten für die Träger verbunden sind, wäre die Vereinbarung in diesen Fällen dahin auszulegen, dass nur die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV vorgeschriebene Überprüfung als „Überwachungsaudit“ i. S. d. Vertrages anzusehen ist. ee) Gerichtsstandsvereinbarung Im Beispielsfall wurde im Formularvertrag der Sitz der betreffenden Zertifizierungsstelle als Gerichtsstand vorgegeben. Dies wird in aller Regel den Interessen der Zertifizierungsstellen entsprechen. Es ist aber zu prüfen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen solche Gerichtsstandsvereinbarungen zulässig sind. (1) Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 38 Abs. 1 ZPO Nach § 38 Abs. 1 ZPO kann ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarungen der Parteien dann zuständig werden, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind. Sowohl die Zertifizierungsstelle als auch ihre jeweiligen Vertragspartner, die Träger bzw. „Antragsteller“, müssten also Kaufleute sein, um wirksam eine Gerichtsstandsvereinbarung schließen zu können. Unproblematisch ist dies in den Fällen, in denen die Rechtsform des Unternehmens der Zertifizierungsstelle und der jeweiligen Antragsteller dazu führt, dass die Kaufmannseigenschaft gegeben ist. Dies ist z. B. gemäß § 6 Abs. 1 HGB i. V. m. § 13 Abs. 3 GmbHG für die GmbH der Fall, die Kaufmann kraft Rechtsform ist.183 Darauf, ob Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Handelsgewerbes ist, kommt es insoweit nicht an. Kaufmann sind auch die Personenhandelsgesellschaften oHG und KG nach §§ 105, 161 HGB – und zwar entweder, weil ihr Gewerbebetrieb bzw. Unternehmen gemäß § 1 Abs. 2 HGB nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert oder jedenfalls durch Eintragung der Firma in das Handelsregister. Sowohl die Zertifizierungsstelle als auch die Träger werden in vielen Fällen einen Gewerbebetrieb unterhalten, der nach Art oder Umfang einen Geschäftsbetrieb i. S. d. § 1 Abs. 2 HGB erfordert: Der handelsrechtliche Be183

Gleiches gilt für die AG, vgl. § 3 Abs. 1 AktG.

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griff des Gewerbebetriebes erstreckt sich auf eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte, selbständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt. Dann sind sie als Kaufleute prorogationsfähig. Dagegen sind Freiberufler nach der (noch) weit überwiegenden Auffassung nicht prorogationsfähig.184 Geht man mit der hier vertretenen Auffassung von einer Beleihung der Zertifizierungsstellen aus, kann insoweit bereits wegen der Stellung als Behörde nicht die Ausübung eines „freien“ Berufs angenommen werden. Nach § 38 Abs. 1 ZPO können neben Kaufleuten aber auch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen wirksam Gerichtsstandsvereinbarungen schließen. Bei rechtsgeschäftlicher Tätigkeit des Staates wird demnach eine Kaufleuten vergleichbare Erfahrung und Gewandtheit in wirtschaftlichen und rechtlichen Belangen angenommen. Dann kann aber für Beliehene, denen die Ausübung staatlicher Befugnisse übertragen wurde und die staatliche Aufgaben wahrnehmen, nichts anderes gelten. Sie sind ebenfalls Träger staatlicher Verwaltung. Ein Unterschied, der hier eine besondere Schutzbedürftigkeit der Beliehenen begründen würde, ist nicht ersichtlich: Die Regelung des § 38 Abs. 1 ZPO beruht auf dem Grundgedanken, dass die dort aufgeführten Personen typischerweise so geschäftsgewandt und rechtserfahren sind, um die Bedeutung einer Prorogation zu erkennen und diese gegebenenfalls abzulehnen. Zudem sind sie in aller Regel auch an einem Gerichtsort, der nicht ihrem allgemeinen Gerichtsstand nach § 12 ZPO entspricht, zu einer hinreichend sachgemäßen Rechtsverfolgung in der Lage.185 Diese besondere geschäftliche Gewandtheit und Erfahrenheit im rechtsgeschäftlichen Verkehr ist bei einem Beliehenen, der als Verwaltungsbehörde am Rechtsverkehr teilnimmt, ebenso gegeben. Im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung sind die beliehenen Zertifizierungsstellen nach der AZWV, so sie nicht bereits Kaufleute sind, daher ebenfalls nach § 38 Abs. 1 ZPO als prorogationsfähig anzusehen. Sie sind im Rahmen ihrer Tätigkeit somit immer nach § 38 Abs. 1 ZPO in der Lage, wirksame Gerichtsstandsvereinbarungen abzuschließen. Zu prüfen ist, ob sich an dieser Beurteilung etwas ändert, wenn man die Zertifizierungsstellen nicht als Beliehene und ihre Tätigkeit als ausschließ184 Vgl. nur: Baumbach/Klaus J. Hopt: Handelsgesetzbuch, Kommentar, 32. Aufl., 2006, § 1, Rdnr. 12 ff. m. w. Nachw.; Harry Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 375; Reinhard Bork in: Stein/Jonas: Kommentar zur ZPO, Bd. 1, 22. Aufl., 2003, § 38, Rdnr. 11. 185 Vgl. Bork in: Stein/Jonas:, § 38, Rdnr. 10; Vollkommer in: Zöller: Zivilprozessordnung, Kommentar, 26. Aufl., 2007, § 38, Rdnr. 17; jew. m. w. Nachw.

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lich privatrechtlich ansieht. In diesem Zusammenhang könnte es darauf ankommen, ob die Zertifizierungsstellen ihre Tätigkeit „freiberuflich“ ausüben. Dies erscheint fraglich: Die AZWV enthält, wie oben dargelegt, eine Fülle staatlicher Bindungen für die Tätigkeit der Zertifizierungsstellen. Insbesondere sind ihnen die zwingend zu prüfenden Punkte vorgegeben. Darüber hinaus stellt die AZWV klar, dass die Zertifizierungsstelle auch keine zusätzlichen Anforderungen stellen darf, sondern nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV bei Vorliegen der Voraussetzungen Zulassung und Zertifikat erteilen muss. Diese Einbindung und die stetige staatliche Überwachung durch z. B. Mitteilungspflichten, insbesondere aber die nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AZWV längstens auf drei Jahre erfolgende Befristung der Anerkennung als fachkundige (Zertifizierungs-)Stelle, lassen sich mit dem Bild eines „freien“, also von staatlichen Zwängen weitgehend unbeeinflussten, Berufes nicht vereinbaren. Die Berufsausübung ist vielmehr – insbesondere durch die jeweils nur befristete Anerkennung – „staatlich gebunden“. Die staatliche Bindung würde aber noch nicht hinreichen, die Zertifizierungsstellen als Verwaltungsbehörde und damit als Rechtssubjekt anzusehen, das den juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder den öffentlich-rechtlichen Sondervermögen gleichzustellen wäre. Sie wären dann zwar „staatliche gebundene“ Unternehmer. Aber nur wenn sie auch Kaufleute wären, bestünde für anerkannte Zertifizierungsstellen nach § 38 Abs. 1 ZPO Progrogationsfähigkeit. Es bleibt zu untersuchen, ob Träger bzw. „Antragsteller“, die nicht bereits aufgrund ihrer Rechtsform Kaufmann und damit prorogationsfähig sind, wirksam Gerichtsstandsvereinbarungen schließen können. Sie könnten als Freiberufler anzusehen sein, so dass der Meinungsstreit über die Prorogationsfähigkeit dieser Berufsgruppe zu entscheiden wäre. Ob man die Tätigkeit als nach der AZWV zugelassener Träger und Anbieter von ebenfalls nach der AZWV zugelassenen Maßnahmen als Ausübung eines freien Berufes ansehen kann, erscheint nicht zuletzt deshalb fraglich, weil hier die Ausübung der Berufstätigkeit immer an das Vorliegen einer jeweils auf längstens drei Jahre befristeten Zulassung geknüpft wäre. Selbst wenn man aber die Ausübung eines „freien“ Berufes annehmen wollte, wäre keine Prorogationsfähigkeit gegeben: Zwar sind die Gründe, die für eine Prorogationsfähigkeit der Freiberufler sprechen durchaus beachtlich. So wird etwa für den Fall, in dem Freiberufler sich in der Rechtsform der GbR zusammenschließen argumentiert, es sie nicht einzusehen, warum diese – z. B. als Rechtsanwälte – eine GmbH gründen dürften und dann voll prorogationsfähig seien, sie dagegen bei ei-

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nem Zusammenschluss in Form einer GbR keine wirksamen Gerichtsstandsvereinbarungen schließen können sollten.186 Richtig ist, dass in diesen Fällen kein Unterschied im Hinblick auf die geschäftliche Erfahrung und die Schutzbedürftigkeit der betreffenden Freiberufler besteht. Zu beachten ist aber, dass die Begriffe des „Unternehmers“ nach § 14 BGB und des Kaufmanns nach § 1 ff. HGB nicht deckungsgleich sind. Der Begriff des Unternehmers i. S. d. § 14 BGB ist weiter als der des Kaufmanns187 und umfasst auch Freiberufler.188 Gerade weil der Gesetzgeber auch in jüngerer Zeit den Begriff des Unternehmers in Unterscheidung zum Kaufmannsbegriff eingeführt hat, können diese Begriffe nicht im Wege der Auslegung gleichgesetzt werden. Auch das Argument der fehlenden Schutzbedürftigkeit greift nicht durch. So wie die Wahl der Rechtform eines Unternehmens gezielt zur Gestaltung, insbesondere zur Begrenzung oder zum Ausschluss der persönlichen Haftung der Gesellschafter, eingesetzt werden kann, kann die Wahl der Rechtsform des Unternehmens dann auch darüber entscheiden, ob wirksam Gerichtsstandsvereinbarungen geschlossen werden können oder nicht. Damit ist in den (wahrscheinlich nicht allzu zahlreichen) Fällen, in denen auf Seiten der Träger nicht bereits aufgrund einer Kaufmannseigenschaft die Prorogationsfähigkeit besteht, keine Möglichkeit gegeben, eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 Abs. 1 ZPO zu schließen. Daher gilt: Anerkannte Zertifizierungsstellen sind, sofern man sie – wie vorliegend – als Beliehene ansieht, stets nach § 38 Abs. 1 ZPO prorogationsfähig, Träger von Weiterbildungsmaßnahmen dagegen nur, wenn sie durch die Rechtsform ihres Unternehmens oder selbst Kaufleute sind. (2) Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB Von der vorstehend erörterten Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen nach § 38 Abs. 1 ZPO ist die Frage zu unterscheiden, ob und gegebenenfalls inwieweit Gerichtsstandsvereinbarungen auch in AGB zulässig sind. Zunächst ist festzustellen, dass Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB, die gegenüber Nicht-Kaufleuten verwendet werden, gegen § 38 Abs. 1 ZPO verstoßen, so dass sie zugleich wegen Verstoßes gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirk186

Vgl. Vollkommer in: Zöller, § 38, Rdnr. 18 m. w. Nachw. Vgl. nur: Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310, Rdnr. 12. 188 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 14, Rdnr. 2; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310, Rdnr. 19 m. w. Nachw. 187

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sam sind.189 Denn § 38 Abs. 1 ZPO stellt keine reine Zweckmäßigkeitsregelung dar, sondern wurde auch aus Gerechtigkeits- und Billigkeitsgründen geschaffen.190 Dagegen sind sie im rechtsgeschäftlichen Verkehr zwischen Kaufleuten vielfach üblich und grundsätzlich zulässig.191 Insbesondere ist keine ausdrückliche Beschränkung des betreffenden Klauseltextes auf Vollkaufleute erforderlich.192 Auch im kaufmännischen Rechtsverkehr sind Gerichtsstandsklauseln allerdings nicht mit beliebigem Inhalt zulässig. So liegt etwa auch im Rechtsverkehr zwischen Kaufleuten eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 2 BGB, vielfach zudem auch eine überraschende Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB, vor, wenn der Verwender in den AGB einen Gerichtsstand vereinbaren möchte, zu dem keine der Vertragsparteien einen Bezug hat.193 Vorliegend wurde von der Zertifizierungsstelle ihr Sitz als Gerichtsstand gewählt, der mit der Verwendung der betreffenden AGB-Klausel vereinbart werden soll. Eine solche Klausel ist im Rechtsverkehr zwischen Kaufleuten vielfach üblich und verstößt weder gegen § 307 BGB noch ist sie überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB.194 (3) Ergebnis Damit ist die vorliegend verwendete Gerichtsstandsklausel wirksam, wenn sie gegenüber Kaufleuten verwendet wird. Entsprechend können Zer189 Vgl. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 375; Palandt/ Heinrichs, § 307, Rdnr. 107 m. w. Nachw.; Vollkommer in: Zöller, § 38, Rdnr. 9. 190 Vgl. nur: BGH NJW 1987, S. 2867; 1983, S. 1320 ff., 1322. 191 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 107 m. w. Nachw.; OLG Karlsruhe, NJW 1996, S. 2041; OLG Frankfurt am Main, MDR 1998, S. 664 f., 664 und NJW-RR 1999, S. 604 f., 605; OLG Hamburg, MDR 2000, S. 170 f., 171; Vollkommer in: Zöller, § 38, Rdnr. 22; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310 BGB, Rdnr. 378; MüKo/Basedow, § 307, Rdnr. 320 u. 321, der allerdings auf „Unternehmer“ abstellt u. damit den Unterschied zwischen „Unternehmern“ und „Kaufleuten“ nicht hinreichend beachtet. 192 OLG Frankfurt am Main, MDR 1998, S. 664 f., 664; Vollkommer in: Zöller, § 38, Rdnr. 22 m. w. Nachw. 193 Vgl. nur MüKo/Basedow, § 307, Rdnr. 321; Vollkommer in: Zöller, § 38, Rdnr. 22 m. w. Nachw.; Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 107; Schmidt in: Ulmer/ Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 378; Erman/Roloff, § 307 BGB, Rdnr. 116; OLG Karlsruhe, NJW 1996, S. 2041. 194 Vgl. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 378; MüKo/Basedow, § 307, Rdnr. 321; Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 107; Vollkommer in: Zöller, § 38, Rdnr. 22; OLG Karlsruhe, NJW 1996, S. 2041; OLG Frankfurt am Main, MDR 1998, S. 664 f., 664; OLG Hamburg, MDR 2000, S. 170 f., 171.

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tifizierungsstellen in ihren AGB für den Rechtsverkehr mit Trägern, die Kaufleute sind, ihren Sitz als Gerichtsstand wirksam vereinbaren. ff) Einbeziehung der AGB im zu prüfenden Formularvertrag Im vorliegend zu prüfenden Formularvertrag findet sich am Ende der Hinweis: „Es gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen“. Die Kombination von Formularverträgen und weiteren AGB des Verwenders ist durchaus üblich und ohne weiteres möglich. Vorliegend ist allerdings fraglich, ob und welche AGB denn Vertragsinhalt geworden sein sollen. Die betreffende Zertifizierungsstelle ist nicht nur im Bereich der Zertifizierung nach der AZWV tätig. Sie verwendet AGB, die eine Zertifizierung nach der AZWV mit keinem Wort erwähnen, sondern sich auf andere Zertifizierungsverfahren und Zertifikate beziehen: Es handelt sich um „Allgemeine Vertragsbedingungen für die Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen sowie zur Führung des (Name der Zertifizierungsstelle)-Zertifikates“. Weder wird auf das Zertifikat nach § 10 AZWV eingegangen noch darauf, dass das Qualitätsmanagementsystem zwar auch nach § 84 Nr. 4 SGB III sowie nach § 8 Abs. 4 AZWV ein – durchaus wichtiger – Prüfungspunkt ist, aber eben nicht der einzige. Auf den Abdruck dieser nicht – zumindest nicht erkennbar – einschlägigen AGB wurde daher vorliegend verzichtet. Insgesamt kann somit aus dem Hinweis „Es gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ nicht darauf geschlossen werden, dass die vorgenannten AGB tatsächlich für Zertifizierungen nach der AZWV Vertragsinhalt werden sollen. Hierzu hätte eine Anpassung der AGB an die Erfordernisse der AZWV-Zertifizierung erfolgen müssen. Dass dies ohne besonderen Aufwand möglich ist, wird an den nachfolgend zu prüfenden Formularverträgen und AGB deutlich werden. Dieses Ergebnis entspricht zudem der Regelung des § 305 c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel und Unklarheiten bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. gg) Gesamtergebnis Der Formularvertrag A ist nicht empfehlenswert. Insbesondere fehlen AGB, die die Besonderheiten des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV berücksichtigen. Zertifizierungsverfahren weisen zwar eine Reihe von Parallelen auf. Diese Übereinstimmungen gehen aber nicht so weit, dass – wie hier – einfach die bisher verwendeten AGB für die Erteilung

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eines eigenen Zertifikates für Qualitätsmanagementsysteme 1:1 unbesehen übernommen werden könnten. So enthalten die betreffenden AGB z. B. die Regelung, dass das Recht zur Verwendung des betreffenden Zertifikates auf juristische Personen beschränkt ist, was mit den Vorgaben der AZWV unvereinbar wäre. Zudem hätte etwa das nach § 10 Abs. 2 AZWV zu erteilende Zertifikat ohne nennenswerten Aufwand in die bereits vorliegenden AGB über Zertifizierungen integriert werden können. b) Formularvertrag B Die Regelungen des nachfolgend zu prüfenden Formularvertrages gliedern sich ebenfalls in den Formularvertrag im engeren Sinne und die zugehörigen AGB. aa) Die Einbeziehung der AGB und ihr Verhältnis zu den Regelungen des Formularvertrages (1) Die Einbeziehung der AGB Der Formularvertrag erwähnt die AGB der Zertifizierungsstelle und ihre Einbeziehung in den Vertrag mit keinem Wort. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob und gegebenenfalls wie die AGB Vertragsinhalt werden können. Ausgangspunkt der Prüfung ist die Feststellung, dass es sich um einen Vertragsschluss zwischen Unternehmern i. S. d. § 14 BGB handelt. Die strengen Regelungen über die Einbeziehung von AGB nach § 305 Abs. 2 u. 3 BGB gelten daher, wie oben bereits dargelegt, gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Gleichwohl bedarf es zumindest einer, wenn auch stillschweigenden, Vereinbarung der Parteien (auch) über die Einbeziehung der AGB.195 Voraussetzung für eine solche Einbeziehung durch schlüssiges Verhalten ist, wie bereits ausgeführt, dass der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der Vertragspartner ihrer Verwendung nicht widerspricht. Da der Formularvertrag vorliegend die Einbeziehung der AGB nicht erwähnt, können diese nur dann Vertragsbestandteil werden, wenn die AGB dem Vertragspartner der Zertifizierungsstelle bereits bekannt sind oder wenn sie zumindest zusammen mit dem Vertragsformular vorgelegt werden bzw. auf andere Weise auf sie hingewiesen wird, so dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht.196 Nur wenn diese Anforderungen von der be195 196

Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 305, Rdnr. 50 u. 52 m. w. Nachw. Vgl. hierzu etwa Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310, Rdnr. 29.

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treffenden Zertifizierungsstelle stets beachtet werden, werden die AGB Inhalt des Vertrages. Ein entsprechender mündlicher Hinweis oder die Beifügung der AGB wird aber in der täglichen Geschäftspraxis nicht selten vergessen oder übersehen. Es empfiehlt sich daher für die Vertragsgestaltung, im Formularvertrag ausdrücklich auf die Einbeziehung der AGB hinzuweisen. (2) Das Verhältnis von Formularvertrag und AGB Ein weiteres Problem ist das Verhältnis zwischen dem Formularvertrag und den AGB – nicht nur, weil der Formularvertrag die Einbeziehung der AGB nicht erwähnt. Zu prüfen ist, ob es ein „Rangverhältnis“ zwischen den AGB und dem Formularvertrag gibt. So ist etwa denkbar, dass die AGB nur eingreifen sollen, wenn der Formularvertrag zu einem bestimmten Punkt keine Regelung enthält. Fraglich ist zudem, wie die nicht wenigen Fälle zu behandeln sind, in denen die Regelungen des Formularvertrages und der AGB nicht übereinstimmen, sich teilweise sogar widersprechen. Für den „Geltungsbereich“ der AGB wird ausgeführt, diese sollten für „alle“ von der Zertifizierungsstelle und ihren Auftraggebern geschlossenen Verträge gelten, soweit darin nicht „einzelvertraglich“ von ihnen abgewichen wird. Die Formulierung „alle“ macht deutlich, dass die AGB auch dann gelten sollen, wenn eine Zertifizierung nach der AZWV erfolgen soll. Unklar bleibt dagegen, welche Bedeutung der Begriff „einzelvertraglich“ haben soll. „Einzelvertraglich“ kann Verträge oder Regelungen in Verträgen bezeichnen, die individuell ausgehandelt sind. Dann würde lediglich der ohnehin bestehende Vorrang der Individualabrede nach § 305 b BGB deklaratorisch wiederholt. Die Formulierung kann aber auch bedeuten, dass die einzelnen Verträge mit ihren Regelungen in deren jeweiligen Umfang vorgehen. Diese Formularverträge sind, wie ausgeführt, ebenfalls AGB, so dass es hier spezielle und allgemeine AGB gäbe. Da – auch hier – Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders der AGB gehen, ist zugunsten der Vertragspartner die für sie günstigste Regelung anzunehmen.197 Dies führt, wie im Einzelnen noch zu zeigen sein wird, gerade in Fällen zu erheblichen Problemen, in denen sich Regelungen in den Formularverträgen und den AGB nur teilweise entsprechen oder gar widersprechen. Schon an dieser Stelle sei also darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Vertragsgestaltung bzw. der Gestaltung der AGB unbedingt das „Rangverhältnis“ zwischen Formu197

Vgl. zu diesem Grundsatz statt vieler: Palandt/Heinrichs, § 305 c, Rdnr. 20.

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larvertrag und in Bezug genommener weiterer AGB zweifelsfrei geregelt werden sollte. Ein erster Problemfall ist sogleich zu erörtern, da er bereits das Zustandekommen des Vertrages betrifft. bb) Der Vertragsschluss und der Bestätigungsvorbehalt in den AGB In den AGB ist unter der Überschrift „Form“ geregelt, dass Verträge erst durch die schriftliche Bestätigung der Zertifizierungsstelle zustande kommen sollen. Bereits auf der ersten Seite des Vertragsformulars finden sich aber die Unterschriftsfelder für die Zertifizierungsstelle und den Vertragspartner. Zudem enthält § 8 des Formularvertrages die Regelung, dass der Vertrag mit seiner Unterzeichnung in Kraft tritt. Mit einem schriftlichen, gesonderten Bestätigungsvorbehalt zugunsten der Zertifizierungsstelle ist dies unvereinbar. Die betreffende Klausel ist damit mehrdeutig: Zum einen kann mit der schriftlichen Bestätigung eben jene Unterzeichnung des Vertrages gemeint sein. Denkbar ist aber zum anderen auch, dass damit ungeachtet einer Vertragsunterzeichnung durch beide Parteien der Zertifizierungsstelle ein nochmaliger Bestätigungsvorbehalt eingeräumt werden soll. Wäre letzteres von der Zertifizierungsstelle gewollt, gilt: Schon weil der Formularvertrag die Einbeziehung von (weiteren) AGB nicht erwähnt, muss hier auch der unternehmerische Vertragspartner der Zertifizierungsstelle nicht damit rechnen, dass ungeachtet der beiderseitigen Vertragsunterschriften der Vertrag erst mit einer nochmaligen, gesonderten schriftlichen Bestätigung der Zertifizierungsstelle zustande kommen sollte. Wollte man anderes annehmen, wäre z. B. auch bei gleichzeitiger Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch beide Parteien nur für den Vertragspartner der Zertifizierungsstelle eine Bindung eingetreten. Er würde zu den von ihm nicht vorformulierten und nicht ausgehandelten Bedingungen der Zertifizierungsstelle ein Angebot zum Abschluss des Vertrages machen, das diese noch immer ablehnen können sollte. Damit muss aber auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern bei einer beiderseits erfolgenden Vertragsunterzeichnung nicht mehr gerechnet werden. Dies gilt erst recht, wenn im Formularvertrag, wie hier in § 8, ausdrücklich ausgeführt ist, dass der Vertrag mit Unterzeichnung in Kraft tritt. Die betreffende Klausel in den AGB wäre somit bereits als überraschende Klausel nach § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam. Da kein sachlicher Grund für einen solchen Vorbehalt einer nochmaligen schriftlichen Bestätigung ersichtlich ist, ist die Klausel auch wegen unangemessener Benachteiligung der Vertragspartner der Zertifizierungsstelle nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

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cc) Selbstverpflichtung der Zertifizierungsstelle (1) Selbstverpflichtung zum Vertragsschluss Gerade bei einem rein privatrechtlichen Zulassungsverfahren lässt sich, wie dargelegt, nur in ganz besonderen, wenigen Ausnahmefällen ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages mit einer konkreten Zertifizierungsstelle für den Träger begründen. Die zu prüfenden AGB enthalten im Abschnitt „Pflichten und Verantwortung“ der Zertifizierungsstelle eine Selbstverpflichtung der Zertifizierungsstelle zum Vertragsschluss. Danach verpflichtet sich die Zertifizierungsstelle, „alle Aufträge anzunehmen, sofern die Vertragsvoraussetzungen erfüllt werden und keine begründeten Bedenken gegen die Bonität des Auftraggebers bestehen“. Diese Selbstverpflichtung ist zwar (auch) aus der Sicht der Träger zu begrüßen, dürfte in der Praxis aber im konkreten Fall kaum eine tragfähige Anspruchsgrundlage bilden. Der Begriff „Vertragsvoraussetzungen“ ist derart unbestimmt, dass sich hier ohne weiteres Gründe subsumieren lassen, um einen Vertragsschluss abzulehnen. Denn was konkret „Vertragsvoraussetzung“ sein soll, bestimmt letztlich die Zertifizierungsstelle selbst. Um die Antragsvoraussetzungen nach §§ 7 ff. AZWV kann es sich nicht handeln, da ein solcher Antrag (worauf unten noch eingegangen wird) nicht einmal erwähnt wird und es grob widersprüchlich wäre, die gerade von der Zertifizierungsstelle zu prüfenden Antragsvoraussetzungen schon zur Voraussetzung für einen Vertragsschluss zu machen. Zudem wird mit dem Kriterium der „begründeten Bedenken gegen die Bonität des Auftraggebers“ einer, wenn nicht der in der Praxis wichtigste, Grund für die Ablehnung eines Vertragsschlusses hervorgehoben. Schließlich lässt sich eine Vertragsverweigerung auch nach Inkrafttreten des AGG etwa mit einer (vielleicht nur vorgeblichen) Kapazitätsauslastung begründen. Andererseits müsste eine konkretere Selbstverpflichtung der Zertifizierungsstelle, so sie denn gewollt wäre, schon zum Schutz der Zertifizierungsstelle zumindest den Vorbehalt ausreichender Bearbeitungskapazität enthalten. Eine Selbstverpflichtung wie die vorliegende dient somit sicher einer positiven Darstellung der Zertifizierungsstelle und mag durchaus „gut gemeint“ sein. Im Streitfall lässt sich aus ihr kaum ein tragfähiger Anspruch auf einen Vertragsschluss ableiten. Sie erscheint daher für die Vertragsgestaltungspraxis verzichtbar.

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(2) Selbstverpflichtung zur Unabhängigkeit Offenbar zur Betonung und Stärkung der Unabhängigkeit der Zertifizierungsstelle und ihrer Mitarbeiter enthalten die AGB im betreffenden Abschnitt eine weitere Selbstverpflichtung: Danach wird jeder Antragsteller unabhängig von Größe, Mitgliedschaft in besonderen Vereinigungen oder bisherigem Kundenstamm nach denselben festgelegten Kriterien bedient. Auch insoweit handelt es sich aber nicht um eine Regelung, die für den Träger in der Praxis einen konkreten – und vor allem tatsächlich durchsetzbaren – Anspruch begründet. Es ist dem Träger in aller Regel kaum möglich festzustellen, ob sich die Zertifizierungsstelle an diese Selbstverpflichtung hält. Einen Anspruch auf Einsicht in die interne Terminvergabe, Preiskalkulation etc. gewährt diese Regelung dem Träger nicht. Er muss folglich darauf vertrauen, dass sich die Zertifizierungsstelle an ihre Selbstverpflichtung hält. Damit dient diese Bestimmung in den AGB eher der Außendarstellung der Zertifizierungsstelle (was durchaus nicht negativ sein muss), nicht zuletzt mit Blick auf § 2 Nr. 3 AZWV gegenüber der Anerkennungsstelle, und eventuell als „Hinweis“ bzw. „Mahnung“ für die eigenen Mitarbeiter. Notwendig ist eine solche Regelung in den Verträgen der Zertifizierungsstellen nicht. (3) Ausschluss der Beratungstätigkeit Im gleichen Abschnitt der AGB findet sich eine weitere Selbstverpflichtung hinsichtlich des Ausschlusses von Beratungsleistungen: Die Zertifizierungsstelle, so der Hinweis, sei keine Beratungsgesellschaft. Sie gewährleiste, dass kein Mitarbeiter für den Auftraggeber beratend tätig ist und sein werde. Hier wird offensichtlich auf die Regelung des § 2 Nr. 3 AZWV abgestellt. Dabei geht die Selbstverpflichtung bzw. Selbstbeschränkung der Zertifizierungsstelle aber über die dortige Regelung hinaus, indem sie kategorisch auch jegliche spätere Beratungstätigkeit ausschließt. Damit soll offenbar vermieden werden, dass sich bei späteren Zertifizierungen Probleme hinsichtlich der Unabhängigkeit ergeben. Dies ist im Interesse einer Stärkung der Unabhängigkeit zu begrüßen. Nur muss bei einer derart weitgehenden Formulierung bedacht werden, dass damit auch die spätere Beratungstätigkeit von inzwischen ausgeschiedenen Mitarbeitern für Träger umfasst sein könnte. Einen solch weitgehenden Ausschluss könnte die Zertifizierungsstelle aber keinesfalls gewährleisten. Selbst nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Konkurrenzausschlussvereinbarungen würden, so sie überhaupt wirksam wären, allenfalls auf we-

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nige Jahre einen Schutz vor entsprechender Beratungstätigkeit bieten, aber nicht auf Dauer. Da hier die Regelung über das nach § 2 Nr. 3 AZWV Erforderliche hinausgeht, also weder für die Anerkennungsstelle noch für Dritte eine rechtliche Möglichkeit bestünde, spätere Beratungsleistungen ausgeschiedener Mitarbeiter zu verhindern, bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen eine solche Formulierung. Da sie jedoch geeignet ist, eine unzutreffenden Eindruck vom Umfang der rechtlich möglichen Bindung der Zertifizierungsstelle zu erwecken, sollte auf sie verzichtet werden. dd) Fehlen des nach §§ 7, 9 AZWV vorgeschriebenen Antrages Weder der Formularvertrag noch die in diesem Zusammenhang von der betreffenden Zertifizierungsstelle verwendeten AGB erwähnen auch nur die Notwendigkeit eines Antrages nach § 7 bzw. § 9 AZWV. Insbesondere fehlen Hinweise darauf, dass etwa auf einem gesonderten Formular ein Antrag nach § 7 bzw. § 9 AZWV zu stellen sei. Lediglich in den AGB wird im letzten Absatz der Regelungen über „Pflichten und Verantwortung“ der Zertifizierungsstelle ausgeführt, jeder „Antragsteller“ werde nach denselben festgelegten Kriterien bedient. Der Begriff „Antragsteller“ wird hier offenbar gleichbedeutend mit dem ansonsten verwendeten Begriff des „Auftraggebers“ verwendet. Auch wenn das Erfordernis der gesonderten Antragstellung, wie dargelegt, in einem rein zivilrechtlichen Zertifizierungsverfahren vollkommen überflüssig und irreführend ist, ändert dies nichts daran, dass das Antragserfordernis der §§ 7, 9 AZWV zwingendes Recht ist, von dem die Zertifizierungsstelle in ihrer Vertragsgestaltung nicht wirksam abweichen kann. Möglich wäre, wie ausgeführt, den Antrag vor oder jedenfalls zugleich mit dem Vertragsschluss zu stellen. Eine erst nach Vertragsschluss erfolgende „Antragstellung“ wäre mit dem vom Verordnungsgeber angegebenen Sinn dieser Regelung, also ihrer „Anzeigefunktion“, unvereinbar. Da die §§ 7, 9 AZWV auch den Inhalt der betreffenden Anträge vorschreiben, ist es zudem nicht zulässig, in der allgemeinen Verweisung auf die „Maßgaben“ der AZWV in der Überschrift des Formularvertrages und in § 2 eine „Antragstellung“ zu sehen. Die betreffende Vertragsgestaltung ist damit in einem entscheidenden Punkt unvollständig, weil sie das Antragserfordernis der §§ 7, 9 AZWV nicht berücksichtigt.

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ee) Gegenstand des Vertrages Im zu prüfenden Formularvertrag wird bereits eingangs in vorbildlicher Deutlichkeit hervorgehoben, worum es geht – um einen „AZWV – Zulassungsvertrag“, also einen „Vertrag zur Durchführung eines Zulassungsverfahrens für Träger und/oder Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV“. Mit dieser Gestaltung wird in aller Klarheit der Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung bezeichnet und zugleich – auch das ist sinnvoll – die AZWV-Konformität des Verfahrens durch die Bezugnahme („gemäß“) zum Inhalt des Vertrages. Gut gelöst ist die – notwendige – Bezugnahme auch durch die Regelungen in § 2 des Vertrages: Dort wird klargestellt, dass für die vorzunehmende Prüfung die AZWV „in der aktuell gültigen Ausgabe“ maßgebend ist. Die AZWV wird auf diese Weise mit ihren Regelungen in den Vertrag einbezogen, um die Erfüllung der Anforderungen nach der AZWV zu sichern. Hier könnte allerdings statt „aktuell“ der Begriff „jeweils“ verwendet werden, damit etwaige Änderungen der AZWV während der Laufzeit des Vertrages von der Regelung mit umfasst sind. Aus den bereits eingehend erläuterten Gründen müsste allerdings ein klarstellender Zusatz erfolgen, dass die Zulassung und Zertifikatserteilung selbst öffentlich-rechtlich vorgenommen wird, also nicht Gegenstand des Vertrages ist. Die Bezeichnungen „Auftraggeber“ und „Auftragnehmer“ weisen auf das Vorliegen eines Dienstvertrages i. S. d. §§ 611 ff. BGB hin. Dies ist irreführend, da tatsächlich ein Werkvertrag über die gutachterliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zu schließen ist. Besser wären daher Bezeichnungen der Vertragspartner wie „Zertifizierungsstelle“ und „Träger“ oder „Besteller“. In § 1 wird der Gegenstand des Vertrages näher bezeichnet: die „regelmäßige Prüfung und Zertifizierung von Auftraggeber und seinen genannten Betriebsstätten gemäß § 3 dieses Vertrages“. Was unter „regelmäßiger“ Prüfung zu verstehen ist, wird in § 3 erläutert. Zunächst nach Vertragsschluss und nach wesentlichen Änderungen des Betriebes bzw. von Betriebsteilen und im Übrigen jährlich soll der „Auftragnehmer“ den „Auftraggeber“ gemäß den Maßgaben der AZWV „im Hinblick auf die Eignung des Bildungsträgers und/oder der Bildungsmaßnahmen des Trägers für die Zulassung zur Förderung der beruflichen Weiterbildung“ überprüfen. Wieder ist hier durch die Bezugnahme auf die AZWV, wie zu empfehlen ist, gesichert, dass deren Vorgaben zugleich Gegenstand der vertraglich ver-

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einbarten Überprüfung sind. Zusätzlich erfolgt der – ebenfalls schon aus Gründen der Klarstellung – zu empfehlende Hinweis, dass bei der Überprüfung von der Zertifizierungsstelle „neben allen einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder auch die hierzu ergangenen amtlich veröffentlichten Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder berücksichtigt werden“. Allenfalls wäre hier erläuternd zu ergänzen, dass auch die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates nach § 6 Abs. 1 AZWV berücksichtigt werden. ff) Trennung von Zulassung und Zertifikat? Die Verpflichtung, bei Vorliegen der Voraussetzungen die Zulassung zu erteilen, ist dagegen nicht ausdrücklich Gegenstand der Leistungen der Zertifizierungsstelle. Vielmehr stellt § 3 ausschließlich auf die Erteilung des Zertifikates ab. Entsprechend ist in § 4 bei den Pflichten der Zertifizierungsstelle lediglich die Verpflichtung formuliert, „bei positivem Ergebnis ein Zertifikat zu erteilen. Schließlich ist auch in den weiteren Regelungen des Formularvertrages nicht die Zulassung, sondern das Zertifikat Gegenstand der Regelungen. So finden sich in § 5 ausschließlich Bestimmungen über die Gültigkeitsdauer und den Entzug des Zertifikates, nicht aber der Zulassung. Zusammen mit der Regelung in § 3 Abs. 1 des Vertrages, nach der die „Eignung . . . für die Zulassung zur Förderung der beruflichen Weiterbildung“ geprüft wird, könnte diese Vertragsgestaltung darauf hindeuten, dass die Zulassung selbst nicht Vertragsgegenstand sein soll. Eine solche „Aufspaltung“ von Zulassung einerseits und Zertifikat andererseits ist aber nach § 10 AZWV nicht zulässig. Insbesondere ist dies kein tauglicher Weg, um dem Umstand einer Beleihung Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck ist es zwar durchaus richtig und aus den genannten Gründen notwendig, die Zulassungserteilung nicht zum Gegenstand des Vertrages zu machen. Dann darf aber auch die Erteilung des Zertifikates nicht Gegenstand des Vertrages sein. Vielmehr ist dieser auf die Prüfung der „Eignung zur Zulassung“ nach den Maßgaben der AZWV zu begrenzen und allenfalls deklaratorisch und erläuternd darauf hinzuweisen, dass die Zulassung und Zertifikatserteilung öffentlich-rechtlich erfolgt. gg) Befristung des Zertifikates sowie Umfang und Intensität der Prüfungen Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages erfolgt die Überprüfung nach Vertragsschluss und sodann jährlich bzw. nach wesentlichen Änderungen des Betrie-

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bes bzw. eines Betriebsteiles nach den Maßgaben der AZWV. Bei positivem Prüfergebnis wird nach § 3 Abs. 3 das Zertifikat (und die Zulassung) erteilt. Da hier keinerlei Einschränkung des Prüfungsumfangs und der Prüfungsintensität vorgesehen ist und insbesondere auch jeweils nach Abschluss der Prüfung das Zertifikat erteilt werden soll, handelt es sich um jährlich wiederkehrende Vollprüfungen. Eine solche Vertragsgestaltung ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV, wie dargelegt, zulässig. Nicht ohne weiteres verständlich ist dann aber, warum in § 5 des Vertrages die Gültigkeitsdauer des Zertifikates mit „max. drei Jahre“ angegeben wird. Dies entspricht zwar der Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV, widerspricht aber der in § 3 vorgesehenen jährlichen Prüfung und Zertifikatvergabe. Richtig müsste hier also eine Gültigkeitsdauer bzw. Befristung des Zertifikates (und der Zulassung) von einem Jahr vereinbart werden. Vollkommen widersprüchlich ist dann aber die Regelung in den AGB zur „Gültigkeitsdauer der Zertifikate“: Wie die AGB etwa im Abschnitt „Werbung“ erkennen lassen, betreffen Regelungen in den AGB über die „Zertifikate“ auch die Zertifikate nach § 10 AZWV. Die betreffenden AGB-Regelungen sind aber mit den Regelungen in den Formularverträgen nicht vereinbar: Die AGB-Klausel regelt – unterschiedslos – eine Gültigkeitsdauer der Zertifikate von drei Jahren. Von einer jährlichen Prüfung und Zertifikatserteilung, wie im Formularvertrag vorgesehen, ist dort keine Rede. Ferner ist dort geregelt, innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren würden zwei „Überwachungsaudits“ durchgeführt, während zur „Verlängerung“ des Zertifikates im dritten Jahr ein „Rezertifizierungsaudit“ durchgeführt werde. Offenbar wird hier also doch hinsichtlich Prüfungsumfang und Prüfungsintensität zwischen Vollprüfungen und bloßen Überwachungsaudits differenziert. Eine solche Differenzierung enthält der Formularvertrag nicht, insbesondere auch nicht die Regelung in § 3 des Vertrages. Hinzu kommt, dass der Formularvertrag jährliche Vollprüfungen vorsieht, während nach der AGB-Klausel innerhalb von drei Jahren zwei Überwachungsaudits vorgesehen sind, die aber mangels näherer Eingrenzung keineswegs jährlich erfolgen müssen. Die jährliche Vollprüfung ist aber, wie dargelegt, zumindest für die Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungssysteme nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV zwingend vorgeschrieben. Angesichts dieser Widersprüche bedarf der Vertrag der Auslegung. Weil der Formularvertrag speziell auf die Zulassung und Zertifizierung nach der AZWV eingeht, während die AGB offenbar auch andere Zertifizierungen betreffen, ist ein Vorrang der formularvertraglichen Regelung anzunehmen.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Damit ist die AGB-Klausel über die „Gültigkeitsdauer der Zertifikate“ nicht anzuwenden und wird durch die spezielleren formularvertraglichen Vereinbarungen über die jährlich durchzuführenden Vollprüfungen verdrängt. Ungeachtet dieser Auslegungsmöglichkeit sollten solche Widersprüche zwischen Formularverträgen und AGB vermieden werden. Dies alles gilt allerdings nur bei einer rein privatrechtlichen Zertifizierung. Auf der Grundlage der hier vertretenen Beleihungslösung verbieten sich vertragliche Vereinbarungen über die Erteilung und die Gültigkeitsdauer der Zulassung und des Zertifikates. hh) Rechte und Pflichten nach § 4 des Formularvertrages (Prüfbericht, Zertifikatserteilung, Verschwiegenheitspflicht, Qualifikation des Prüfpersonals) Auch ohne die gesonderte Erwähnung in § 4 wäre die Zertifizierungsstelle nach §§ 2 und 3 des Formularvertrages verpflichtet, die entsprechenden Prüfungen durchzuführen. Die Regelung dient daher lediglich der Klarstellung. Der Transparenz und Verständlichkeit für den Träger dient es, wenn – wie in § 4 vorgesehen – nach jeder Prüfung ein Prüfbericht erstellt und dem Träger zugesandt wird. Für die nach der AZWV vorgeschriebenen Prüfungen wird damit zugleich die in § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV vorgegebene Schriftform eingehalten. Die ebenfalls in § 4 (und zusätzlich in § 3 Abs. 3) des Formularvertrages geregelte Verpflichtung der Zertifizierungsstelle, bei „positivem Ergebnis“ das Zertifikat (und die Zulassung) zu erteilen, darf aus den bereits eingehend erläuterten Gründen dagegen nicht in den Vertrag aufgenommen werden. Eine solche Regelung wäre auch nach der Ansicht, die ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren für gegeben erachtet, nicht notwendig. Die entsprechende Verpflichtung der Zertifizierungsstelle ergibt sich bereits aus § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV. (1) Beauftragung Dritter mit Teilleistungen/ Einsatz von Erfüllungsgehilfen Gegen die weitere Regelung, dass die Zertifizierungsstelle Dritte mit der Durchführung von „Teilleistungen“ beauftragen darf, bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit die Zertifizierungsstelle – wovon hier auszugehen ist – die Dritten lediglich als Erfüllungsgehilfen für einzelne Sachfragen einsetzt, selbst aber die umfassende und abschließende Verantwortung für

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das gesamte Zertifizierungsverfahren behält, also insbesondere auch für die „Teilleistungen“ Dritter.198 In der Begründung zur AZWV wird insoweit vor allem auf die Möglichkeit des Einsatzes „freier Mitarbeiter“ Bezug genommen. Werde eine solche „Beauftragung von Dritten“ vorgesehen, müsse eine ausreichend dokumentierte Vereinbarung über die Beauftragung einschließlich der Gewährleistung der Vertraulichkeit – wie sie nach § 2 Nr. 5 AZWV erfolgen muss – und der Vermeidung von Interessenkonflikten vorliegen.199 Zwingend zu beachten sind auch insoweit die Anforderungen nach § 2 Nr. 2 und 3 AZWV hinsichtlich der Qualifikation und Unabhängigkeit der betreffenden „Dritten“. Denn auch sie sind im Sinne dieser Vorschriften „mit der Durchführung der entsprechenden Aufgaben beauftragte Personen“. Der Formularvertrag berücksichtigt diese Vorgaben, indem er in § 4 die ausdrückliche Verpflichtung der Zertifizierungsstelle enthält, für Überwachung und Zertifizierung nur „qualifizierte“ Auditoren einzusetzen und sämtliche im Rahmen der Prüfungen enthaltenen Informationen vertraulich zu behandeln. Die dort vorgesehene Ausnahme für die Information Dritter aufgrund öffentlich-rechtlicher Pflichten ist sinnvoll und zu empfehlen. Nicht übersehen werden darf in der Praxis, dass auch die Verträge mit den „Dritten“ unbedingt entsprechende Regelungen zum Geheimnisschutz enthalten müssen. (2) Verschwiegenheitspflicht und ihre Absicherung im Vertrag Die vertragliche Regelung einer Verschwiegenheitspflicht ist von herausragender Bedeutung, wenn man von einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ausgeht, während sie auf der Grundlage des hier vertretenen Beleihungsmodells auch ohne solche Vereinbarungen bereits effektiv durch strafrechtliche Bestimmungen abgesichert ist: Die beliehene Zertifizierungsstelle bzw. ihre Geschäftsführung und ihr Personal sind bereits zur Meidung einer Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 i. V. m. §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 b), c), Nr. 4 a), b) und § 14 StGB zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Träger verpflichtet. Die Zertifizierungsstelle bzw. ihre Geschäftsführung sind Amtsträger i. S. d. 198 Vgl. hierzu S. 4 Begr. AZWV: „Insbesondere muss die Zertifizierungsstelle verantwortlich sein für ihre Entscheidungen hinsichtlich Erteilung, Aufrechterhaltung, Erweiterung, Einschränkung, Aufhebung und Entzug der Zertifizierung“ und S. 5 Begr. AZWV: „Die Zertifizierungsstelle muss weiterhin die gesamte Verantwortung für die Arbeiten tragen, die sie in Unterauftrag vergibt“. 199 Vgl. S. 5 Begr. AZWV.

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§ 11 Abs. 1 Nr. 2 b) StGB, da die Beleihung ein „sonstiges öffentlichrechtliches Amtsverhältnis“ i. S. d. Norm ist. Selbst wenn man dies nicht annehmen wollte, wären sie sowie das Personal der Zertifizierungsstelle zumindest gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 c) StGB „sonst dazu bestellt . . ., bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen“. Wollte man sie – unzutreffend – nicht bereits als Amtsträger ansehen, wären Geschäftsführung und Mitarbeiter der Zertifizierungsstelle aber in jedem Fall gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 a) bzw. b) StGB „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete“, die „bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“ bzw. „bei einem Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen“ beschäftigt oder für sie tätig sind und auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten aufgrund eines Gesetzes förmlich verpflichtet wurden. Problematisch wäre insoweit allenfalls, ob die Zertifizierungsstelle ihr Personal entsprechend förmlich verpflichtet hat. Eine solche Verpflichtung müsste sie vornehmen, um die Anforderungen nach § 2 Nr. 5 AZWV zu erfüllen. Die zusätzliche vertragliche Absicherung ist auch bei Annahme einer Beleihung sinnvoll: Sie gewährt dem Träger bei schuldhafter Verletzung der Verschwiegenheitspflicht – grundsätzlich – den Anspruch auf Schadensersatz. Zudem wird auf diese Weise den Vertragsparteien die Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht nochmals verdeutlicht. Bei einem rein zivilrechtlichen Zertifizierungsverfahren sind vertragliche Regelungen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dagegen schlechthin unerlässlich. Strafrechtlicher Schutz für die Träger besteht insoweit nicht. Insbesondere darf die Regelung des § 11 Abs. 1 Nr. 4 b) StGB nicht „extensiv“ dahingehend ausgelegt werden, dass eine rein privatrechtlich tätige Zertifizierungsstelle „für eine Behörde“ Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführt. Basis eines solchen rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens ist gerade keine Tätigkeit „im Auftrag“ der BA, sondern eine selbständige Tätigkeit aufgrund der Regelungen der AZWV. Das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) steht einer solchen „extensiven“ Auslegung zwingend entgegen. Hier ist also die vertragliche Regelung bzw. Verpflichtung durch die Zertifizierungsstelle der einzige Schutz für die Träger. Entsprechend der Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht wird diese auch in den AGB nochmals im Abschnitt „Pflichten und Verantwortung“ der Zertifizierungsstelle hervorgehoben.

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ii) Verpflichtung zur Kooperation, Betretungsrechte und Recht zur Einsichtnahme in relevante Unterlagen (1) Informationsrechte und -pflichten Die ferner vorgesehene Verpflichtung des Trägers zur Gewährung aller für die Prüfung erforderlichen Informationen ist sinnvoll und verdeutlicht, dass eine erfolgreiche Prüfung nur durch Kooperation der Vertragspartner möglich ist. In den AGB ist im Abschnitt „Pflichten und Verantwortung des Auftraggebers“ zusätzlich insbesondere die Verpflichtung des Trägers geregelt, der Zertifizierungsstelle alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die sich auf das Managementsystem des Trägers beziehen. Ferner hat der Träger der Zertifizierungsstelle nach dieser Bestimmung vor jedem Überwachungsund Rezertifizierungsaudit die gültige Managementdokumentation sowie die durchgeführten Änderungen und die Liste der festgestellten Abweichungen zur Verfügung zu stellen. Diese speziellen Regelungen können für besonders wichtige Punkte im Einzelfall durchaus die Zusammenarbeit vereinfachen und Streit vermeiden helfen. Sie sind deshalb durchaus sinnvoll – allerdings nur in Verbindung mit einer Art Generalklausel, die die Vertragsparteien allgemein zum Informationsaustausch und zur Zusammenarbeit verpflichtet. So wird sichergestellt, dass nicht durch die Aufzählung nur einiger spezieller Punkte Lücken bleiben, die dann u. U. selbst durch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht mehr geschlossen werden können. Besser ist allerdings eine Regelung, wie sie in § 4 des Formularvertrages getroffen wurde: Der Träger ist danach verpflichtet, der Zertifizierungsstelle „alle Änderungen im Betrieb, die für die Erfüllung der Anforderungen gemäß der AZWV erheblich sind, unverzüglich anzuzeigen“. Auch damit wird allerdings nur wiederholt, was bereits in §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV geregelt ist, so dass eine solche Regelung nicht notwendig ist. Einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und berechtigten Interessen der Träger entspricht es zudem, dass nicht nur einseitig Informations- und Kooperationspflichten für die Träger statuiert werden. Vielmehr sollten diese Pflichten auch für die Zertifizierungsstelle gelten. Entsprechend wurden auch in den vorliegend zu prüfenden AGB im Abschnitt „Rechte des Auftraggebers“ Informationsrechte geregelt: Danach kann jeder Träger über die von der Zertifizierungsstelle eingesetzten Auditoren und Experten nähere Auskünfte anfordern. Ferner hat er das Recht, jederzeit „aufgrund gewichtiger Gründe“ bzw. aus wichtigem Grund die Audito-

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ren oder Experten abzulehnen. Ein solcher wichtiger Grund kann es insbesondere sein, wenn die betreffende Person entgegen der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 6 AZWV an der Entscheidung über die Zulassung bzw. über die Erteilung des Zertifikates mitwirken möchte. Bei Vorliegen einer Beleihung ergibt sich für den Bereich der Entscheidung über die Zulassung und die Erteilung des Zertifikates mit § 17 SGB X auch die Möglichkeit, Auditoren bzw. Prüfpersonen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Im Abschnitt „Pflichten und Verantwortung“ der Zertifizierungsstelle ist in den AGB des Weiteren die Pflicht der Zertifizierungsstelle geregelt, den Träger unverzüglich über Änderungen der dem Zertifikat zugrundeliegenden Normen zu unterrichten. Diese Informationspflicht ist im vorliegenden Fall schon deshalb unverzichtbar, weil die Zertifizierungsstelle eine Entziehung der Zulassung bzw. des Zertifikates u. a. für den Fall vorgesehen hat, dass Änderungen der dem Zertifikat zugrundeliegenden Norm von dem Träger nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten der Norm „implementiert“ werden. Hierauf ist noch gesondert einzugehen. Ferner verpflichtet sich die Zertifizierungsstelle, sofern sie das Zertifizierungssystem in wesentlichen Punkten verändert, zertifizierte bzw. zugelassene Unternehmen darüber unverzüglich zu unterrichten. Diese Informationspflicht ist zwar sicher vorteilhaft. Sie darf allerdings nicht dahin missverstanden werden, dass es im Ermessen der Zertifizierungsstelle liegt, die Zulassungsanforderungen nach der AZWV selbst zu ändern bzw. zu bestimmen. Es kann sich insoweit also nur um eine Änderung der praktischen Verfahrensabläufe handeln. In § 4 des Formularvertrages ist ferner die Pflicht der beiden Vertragspartner geregelt, den anderen unverzüglich zu informieren, wenn er während des „Projektverlaufs“ erkennt, dass die Aufgabenstellung und/oder der Zeitplan gegenüber dem Vertragsgegenstand verändert werden muss. Konkrete Folgen oder Ansprüche werden sich aus einer derart allgemeinen Formulierung allerdings kaum ableiten lassen. Erst recht lässt sich unter Hinweis auf diese Bestimmung nicht ableiten, dass zuvor verbindlich vereinbarte Zeitvorgaben praktisch beliebig veränderbar bzw. bedeutungslos sein sollen. Die des Weiteren in § 4 des Formularvertrages geregelte Verpflichtung der Zertifizierungsstelle, dem Träger jederzeit auf Verlangen in angemessener Form über die Durchführung des Auftrages und den Stand der Arbeiten zu berichten, ist sinnvoll. Auch ohne ausdrückliche Regelung wäre eine Informations- und Auskunftspflicht der Zertifizierungsstelle gegeben – und zwar als vertragliche Nebenpflicht. Schließlich ist im Abschnitt der AGB „Beanstandungen durch Dritte“ die Verpflichtung geregelt, dass der Träger aller Beanstandungen bzgl. des Ma-

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nagementsystems, die von Dritten an den Träger herangetragen werden, zu archivieren und bei Überwachungs- und Rezertifizierungsaudits den Auditoren unaufgefordert vorzulegen hat. Mit dieser durchaus sinnvollen Regelung kann vor allem zusätzlich abgesichert werden, dass Beanstandungen im Rahmen der Qualitätsprüfung nach § 86 SGB III, die der Zertifizierungsstelle nach § 86 Abs. 4 SGB III von den AA mitzuteilen sind, nicht übersehen werden. Zugleich wird die Arbeit der Zertifizierungsstelle erleichtert, indem die benötigten Unterlagen aufzubewahren und bei der Prüfung vorzulegen sind. Allerdings erscheint (auch) hier die Beschränkung auf das „Managementsystem“ zu eng. Zu empfehlen ist daher eine Regelung, die ausdrücklich sämtliche Beanstandungen der AA nach § 86 SGB III einbezieht. (2) Betretungsrechte Die Regelung über das Betretungsrecht in § 4 des Formularvertrages ist, wie auch die Regelung des § 86 Abs. 1 Satz 3 u. 4 SGB III verdeutlicht, notwendig, um die Prüfungen durchführen zu können. Da aber, anders als für die AA, für die Zertifizierungsstellen kein gesetzliches Betretungsrecht geschaffen wurde, ist eine entsprechende vertragliche Vereinbarung dringend anzuraten. Andernfalls müsste im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung versucht werden, entsprechende Betretungsrechte für die Durchführung der Prüfungen als vereinbart anzusehen. Gleiches gilt für das Recht zur Einsichtnahme in die – einschlägigen, für die Zwecke der Prüfung benötigten – Unterlagen und zur Vornahme von „Ermittlungen“ vor Ort beim Träger. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch die Regelung im Abschnitt „Pflichten und Verantwortung“ des Trägers, wonach der Träger den Auditoren Zugang zu allen notwendigen Stellen im Betrieb zu gewähren hat. Zumindest missverständlich ist dagegen die weitere Regelung, wonach der Träger verpflichtet sein soll, „Arbeitskräfte und Werkzeuge“ zur Verfügung zu stellen. Obwohl mehrdeutig, ist mit dieser Formulierung wohl nicht gemeint, dass der Träger der Zertifizierungsstelle das für die Durchführung ihrer eigenen Prüfungsleistungen benötigte Personal und Material zu stellen hat. Tatsächlich dürfte mit dieser Formulierung eine Verpflichtung zur Kooperation gewollt sein. Hierfür spricht auch die Regelung in den AGB zu „Pflichten und Verantwortung des Trägers“, nach der der Träger der Zertifizierungsstelle einen Ansprechpartner zu nennen hat. Sofern der Träger, wie anzunehmen ist, zur Kooperation und Mitwirkung etwa durch die Zurverfügungstellung seiner EDV oder von Mitarbeitern zur

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Beantwortung etwaiger Fragen verpflichtet sein soll, wäre dies entsprechend deutlich zu formulieren. jj) Vertragsdauer und Kündigungsrechte Nach § 8 des Formularvertrages tritt der Vertrag mit Unterzeichnung in Kraft und beträgt seine Laufzeit drei Jahre. Eine Kündigung (gemeint ist offensichtlich eine ordentliche Kündigung) kann von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende per Einschreiben/Rückschein erfolgen. Die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund erwähnen weder der Formularvertrag noch die AGB. (1) Besondere Formerfordernisse an Kündigung Im Hinblick auf das Erfordernis einer schriftlichen Kündigung, die per Einschreiben mit Rückschein zu erfolgen hat, ist mit Rücksicht auf die Regelung des § 309 Nr. 13 BGB zu prüfen, ob eine solche Klausel wirksam ist. Nach § 309 Nr. 13 BGB sind in AGB Bestimmungen unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Dies wäre hier durch das Erfordernis der Versendung per Einschreiben mit Rückschein der Fall. Dieses Klauselverbot gilt allerdings gemäß § 310 Abs. 1 BGB nicht für AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Seine Wertung ist auf solche Verträge auch nicht entsprechend anzuwenden.200 Zur Begründung wird – zutreffend – ausgeführt, der Unternehmer könne, anders als der Verbraucher, den in den AGB seines Vertragspartners bestimmten Formen regelmäßig ohne Schwierigkeiten genügen.201 Insoweit ist die betreffende Klausel damit wirksam. (2) Wirksame Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von drei Jahren und Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund? Obwohl es sich vorliegend um einen Werkvertrag handelt, wurde eine Laufzeit von drei Jahren vereinbart, innerhalb der jährlich ein „Werk“, also 200

Vgl. Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 107 m. w. Nachw. Horst-Diether Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 13, Rdnr. 12; MüKo/Basedow, § 309 Nr. 13, Rdnr. 6. 201

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eine gutachterliche Prüfung, zu erstellen bzw. vorzunehmen ist. Es handelt sich damit um ein Dauerschuldverhältnis gemäß § 314 BGB, also um ein Vertragsverhältnis, bei dem i. S. d. § 309 Nr. 9 BGB die regelmäßige Erbringung von Werkleistungen durch den Verwender Gegenstand des Vertrages ist. Auch Werkverträge können als Dauerschuldverhältnisse ausgestaltet werden.202 Da vorliegend das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund im Formularvertrag und in den AGB nicht erwähnt wird, sondern unterschiedslos bzw. auf eine ordentliche Kündigung bezogen in § 8 eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende bestimmt wird, könnte dies als Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung angesehen werden. Die Klausel ist damit unklar und mehrdeutig i. S. d. § 305 c Abs. 2 BGB. Weil die Regelung in § 314 BGB in ihrem Kern zwingendes Recht ist, kann sie auch durch AGB nicht eingeschränkt oder abbedungen werden.203 Eine solche Regelung in AGB, die gegenüber Unternehmern verwendet werden, wäre ohne weiteres auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Wegen ihrer Mehrdeutigkeit ist die Klausel zumindest zugunsten der Vertragspartner der Zertifizierungsstelle gemäß § 305 c Abs. 2 BGB dahin auszulegen, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt bleiben soll. Sofern eine Laufzeitklausel im Übrigen zulässig ist, bedarf es nach verbreiteter Ansicht zwar keines gesonderten Hinweises, dass das Recht auf eine außerordentliche Kündigung unberührt bleibt.204 Im Hinblick darauf, dass die vorliegende Klausel aber nicht nur Regelungen über die Laufzeit, sondern auch über die Kündigung enthält, ist keineswegs gesichert, dass eine solche Klausel noch in der beschriebenen Weise „verwenderfreundlich“ ausgelegt werden wird. Bei der Gestaltung eines Formularvertrages bzw. von AGB wäre aus den vorstehenden Gründen dringend zu empfehlen, eine entsprechende Regelung zur Klarstellung aufzunehmen. Ob die Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis überhaupt zulässig ist, wird sogleich eingehend erörtert. Zu prüfen ist ferner, ob eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende und eine Vertragslaufzeit von drei Jahren, wie in § 8 des Formularvertrages vorgesehen, wirksam vereinbart werden können. Für Dauerschuldverhältnisse enthält § 309 Nr. 9 a) BGB die Regelung, dass eine den Vertragspartner des Verwenders der AGB länger als zwei 202

Vgl. statt vieler: Guido Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 9, Rdnr. 10; Palandt/Grüneberg, § 314, Rdnr. 2; MüKo/Basedow, § 309 Nr. 9, Rdnr. 7. 203 Vgl. nur: Palandt/Grüneberg, § 314, Rdnr. 3 m. w. Nachw. 204 Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 86 m. w. Nachw.

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Jahre bindende Laufzeit des Vertrages nicht wirksam vereinbart werden kann. Auch diese Regelung, wie die anderen Alternativen des § 309 Nr. 9 BGB, ist jedoch nur dann anwendbar, sofern der Vertragspartner des Verwenders der AGB Verbraucher ist. Bei AGB, die – wie hier – gegenüber Unternehmern verwandt werden, lassen sich die verbraucherbezogenen Wertungen des § 309 Nr. 9 BGB nicht auf die Prüfung der Laufzeitklauseln am allgemeinen Maßstab des § 307 BGB übertragen.205 Anlass für eine Inhaltskontrolle nach den Maßstäben des § 307 BGB bei im unternehmerischen Rechtsverkehr verwendeten Laufzeitklauseln besteht im Übrigen nur dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Entscheidung über die Vertragsdauer nicht in voller Kenntnis der erheblichen Tatsachen getroffen wurde.206 Vorliegend wäre eine Prüfung nach § 307 BGB nur dann erforderlich, wenn die Klausel den Inhalt hätte, dass in jedem Fall eine Mindestvertragslaufzeit von drei Jahren bestehen soll und von der in § 8 eingeräumten Kündigungsmöglichkeit erstmals zu diesem Termin Gebrauch gemacht werden könnte. Die Klausel lässt jedoch ohne weiteres auch die Auslegung zu, dass der Vertrag zwar grundsätzlich auf drei Jahre befristet sein, aber bereits vorher jeweils unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist eine Lösung vom Vertrag möglich sein soll: Wäre eine Kündigung erstmals zum Ablauf der dreijährigen Vertragslaufzeit möglich, wäre nicht nachvollziehbar, welche Bedeutung der Hinweis auf die Ungültigkeit der Zertifikate haben sollte oder warum diese zurückzugeben wären. Denn ihre Gültigkeit wäre ja ohnehin mit Ablauf der betreffenden Vertragslaufzeit beendet. Auch hätte es nahe gelegen, ausdrücklich eine Mindestvertragslaufzeit von drei Jahren zu regeln, wenn diese gewollt gewesen wäre (ob dies zulässig wäre, wird unten noch eingehend erörtert). Nicht zuletzt mit Blick auf den Auslegungsgrundsatz des § 305 c Abs. 2 BGB ist deshalb davon auszugehen, dass nach Vertragsschluss jederzeit eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der betreffenden Kündigungsfrist möglich ist. Betreffend die Leistungen, die über einen längeren Zeitraum erbracht werden sollen, also etwa eine fortlaufende Überwachung und stichprobenartige, unangemeldete Kontrollen, bestehen hinsichtlich der Vereinbarung einer solchen Kündigungsfrist – zumal im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern – keine durchgreifenden Bedenken. Es schließen sich allerdings zwei Fragen an: Darf ein Vertrag zwischen Zertifizierungsstelle und Träger nach der AZWV überhaupt als Dauerschuldverhältnis ausgestaltet werden? 205 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 89; Christensen in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 309 Nr. 9, Rdnr. 20; MüKo/Basedow, § 309 Nr. 9, Rdnr. 21. 206 Vgl. MüKo/Basedow, § 309 Nr. 9, Rdnr. 22.

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Wenn ja, darf auch das gesetzliche, jederzeitige Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 BGB durch eine AGB-Klausel abbedungen werden? (3) Begutachtungsvertrag als Dauerschuldverhältnis? Problematisch ist, ob die Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis für Verträge nach der AZWV überhaupt zulässig ist. Notwendig ist sie nach der AZWV nicht: Es ist – sofern man ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren als gegeben erachtet – ohne weiteres möglich, die vertraglichen Beziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und Träger auf die Prüfung und Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen sowie auf die Erteilung von Zulassung und Zertifikat zu beschränken. Treten wesentliche Änderungen ein, ist der Träger bereits nach §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV verpflichtet, die Zertifizierungsstelle entsprechend zu informieren, so dass diese über ein Weiterbestehen oder einen Entzug der Zulassung entscheiden kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die jährliche Prüfung nach §§ 8 Abs. 4, 11 Abs. 1 Satz 2 AZWV zwingend durch die gleiche Zertifizierungsstelle erfolgen müsste, die Zulassung und Zertifikat erteilt hat, auch wenn hierfür praktische Erwägungen sprechen könnten. Der Gesetzgeber wollte (auch) mit der freien Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen anerkannten Zertifizierungsstellen mehr Wettbewerb schaffen.207 Auch der Verordnungsgeber hat mehrfach die freie Wahl der Zertifizierungsstelle durch die Träger hervorgehoben, die z. B. nach Qualitätsund Kostengesichtspunkten erfolgen solle.208 Diesem Ziel würde eine Vertragsgestaltung zuwiderlaufen, die auf eine langfristige, u. U. jahrelange Bindung der Träger an eine Zertifizierungsstelle hinausliefe. Hinzu kommen die bereits erörterten Gefahren, die sich aus einer – zumal längeren – vertraglichen Bindung für die Unabhängigkeit und Objektivität der Zertifizierungsstellen ergeben können. Diese Gründe sprechen dafür, Zertifizierungsverträge nach der AZWV nicht als Dauerschuldverhältnisse auszugestalten. Streng davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob die AZWV eine Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis bzw. eine Vertragsbindung für einen längeren Zeitraum, z. B. bis zur nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV äußerst möglichen Geltungsdauer der Zulassungen von drei Jahren, verbietet. Der Verordnungsgeber hat ausgeführt, die Zertifizierungsstellen hätten „sicherzustellen, dass die von ihnen zugelassenen Träger für die Geltungs207 208

Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 30, zu § 84. Vgl. S. 2, 9 u. 18 Begr. AZWV.

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dauer der Zulassung die Anforderungen erfüllen“.209 Wie dies zu geschehen hat, wurde vom Verordnungsgeber nicht näher erläutert. Eine laufende „Überwachung“, die über das Bestehen der genannten Mitteilungspflichten hinausginge, sieht die AZWV nicht vor. Gleichwohl kann durch eine laufende Überwachung der Zulassungsvoraussetzungen besonders zuverlässig sichergestellt werden, dass diese während der gesamten Dauer der Zulassung vorliegen. Gerade unter dem immer wieder hervorgehobenen Aspekt der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung ist eine Regelung zu bevorzugen, die eine laufende Überwachung und Kontrolle beinhaltet. Diese darf sich dann aber freilich nicht darin erschöpfen, zur Entgegennahme von etwaigen Änderungsmitteilungen zur Verfügung zu stehen. Vielmehr müsste die Möglichkeit geschaffen werden, unangemeldet und stichprobenartig Überprüfungen einzelner Zulassungsvoraussetzungen vorzunehmen. Exakt dies hat der Gesetzgeber auch gesehen – und diese Aufgabe in § 86 SGB III den AA zugewiesen. Im Rahmen der Qualitätsprüfung können nach § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III Zulassungsvoraussetzungen für Träger und Maßnahmen durch Einsicht in alle die Maßnahme betreffenden Unterlagen des Trägers geprüft werden. In § 86 Abs. 1 Satz 3 u. 4 SGB III sind zu diesem Zweck Betretungsrechte normiert. In § 86 Abs. 2 SGB III ist den AA die Möglichkeit eingeräumt, direkt vom Träger die Beseitigung festgestellter Mängel zu verlangen. Der betreffenden Zertifizierungsstelle sind die nach § 86 Abs. 1–3 SGB III gewonnenen Erkenntnisse gemäß § 86 Abs. 4 SGB III lediglich mitzuteilen. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob sich auch die Zertifizierungsstellen in Formularverträgen entsprechende Überwachungsbefugnisse einräumen lassen können. Zwar hat der Gesetz- und der Verordnungsgeber den Zertifizierungsstellen nicht ausdrücklich entsprechende Überwachungsbefugnisse eingeräumt, diese also offenbar nicht als notwendig erachtet. Es ist im Interesse der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung aber zu begrüßen, wenn eine Kontrolle stattfindet, die über das vom Gesetz- und vom Verordnungsgeber vorgesehene Minimum hinausgeht. Gravierende Nachteile für die Träger sind insoweit nicht ersichtlich: Da der Preis für die Leistungen der Zertifizierungsstellen ohnehin ausgehandelt wird, ist das Argument etwaiger Mehrkosten, die durch eine entsprechende Überwachung entstehen, nicht überzeugend. Der Träger, der hiermit nicht einverstanden ist, könnte sich zudem an eine andere Zertifizierungsstelle wenden, die entweder keine oder nur eine geringere Zusatzvergütung (zumindest offensichtlich) geltend macht. Hinzu kommt, dass eine laufende Überwachung erteilter Zertifikate 209

Vgl. S. 10 Begr. AZWV, ebenso S. 14 Begr. AZWV.

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im Bereich privatrechtlicher Zertifizierungen keineswegs ungewöhnlich ist. Ein Unternehmer als Vertragspartner der Zertifizierungsstelle würde deshalb durch eine entsprechende Klausel nicht überrascht. Eine unangemessene Benachteiligung ist ebenfalls nicht ersichtlich. Träger, die ihre (gesetzlichen) Mitteilungspflichten gewissenhaft befolgen, dürften mit unangemeldeten, stichprobenartigen Überwachungsprüfungen keine durchgreifenden Probleme haben. Insgesamt ist daher festzustellen, dass eine Vertragsgestaltung, die eine Bindung der Träger über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren an eine Zertifizierungsstelle zum Zwecke der Durchführung einer laufenden Überwachung der Zulassungsvoraussetzungen vorsieht, grundsätzlich in den Formularverträgen wirksam vereinbart werden kann. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes könnte sich allerdings mit Rücksicht auf die Regelung des § 649 BGB ergeben. (4) Ausschluss des Kündigungsrechtes des Bestellers nach § 649 BGB? Von der vorstehenden Frage, ob für „Dauerleistungen“ eine Kündigungsfrist in AGB geregelt werden kann, ist die Frage zu unterscheiden, ob – wie im zu beurteilenden Beispielsfall – durch Vereinbarung einer nicht nach verschiedenen Leistungstypen differenzierenden Kündigungsfrist zugleich für den Bereich der eigentlichen Werkleistungen, also gutachterliche Prüfung und Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen der „Vollprüfungen“, das Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 BGB ausgeschlossen werden kann. Da die zu beurteilende Klausel nicht zwischen „Dauerleistungen“ wie Überwachung etc. einerseits und den Begutachtungsleistungen zur Feststellung des Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen andererseits unterscheidet, ist sie dahingehend auszulegen, dass die Kündigungsfrist in sämtlichen Fällen zur Anwendung gelangen soll. Damit würde das Recht des Bestellers ausgeschlossen, nach § 649 Satz 1 BGB bis zur Vollendung des Werkes „jederzeit“ den Vertrag zu kündigen. Die Rechtsprechung nimmt an, dass eine Klausel, mit der das Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 Satz 1 BGB ausgeschlossen wird, wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Der Besteller habe nach der gesetzlichen Regelung des § 649 Satz 1 BGB das Recht, den Werkvertrag jederzeit zu kündigen. Der Werkunternehmer sei durch seinen Vergütungsanspruch nach § 649 Satz 2 BGB ausreichend gesichert.210 210

Vgl. BGH NJW 1999, S. 3261 ff. 3262.

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Dem folgt die Literatur211, allerdings teilweise mit der Einschränkung, ein solcher Ausschluss könne ausnahmsweise zulässig sein, wenn besondere Interessen des Unternehmers dies rechtfertigten.212 Vorliegend handelt es sich um einen als Dauerschuldverhältnis gestalteten, also längerfristigen Werkvertrag. Es ist auch nicht zu erkennen, welches berechtigte Interesse der Unternehmer, der ja einen Vergütungsanspruch nach § 649 Satz 2 BGB für seine bis dahin erbrachten gutachterlichen Prüfungsleistungen für den Fall der Kündigung hat, an einem Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB haben könnte. Damit ist auch vorliegend kein wirksamer Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB durch die Regelung einer Kündigungsfrist möglich. (5) Ergebnis Da die Klausel in § 8 des Formularvertrages über die Bestimmung der Kündigungsfrist nicht zwischen Werkleistungen im engeren Sinne, also der gutachterlichen Prüfung und Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen der „Vollprüfungen“, und sonstigen Leistungen wie etwa Überwachung differenziert, ist die gesamte Regelung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB unwirksam. Für die Vertragsgestaltung ist, wenn eine Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis gewollt ist, eine Formulierung der Kündigungsregelung zu empfehlen, die a) das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt lässt, b) die Bestimmung der Kündigungsfrist ausdrücklich auf die „Dauerleistungen“ beschränkt bzw. klarstellt, dass dem Besteller das gesetzliche Kündigungsrecht des § 649 Satz 1 BGB betreffend die gutachterliche Tätigkeit der Zertifizierungsstelle unbenommen bleibt und c) die Wirksamkeit der Zulassung bzw. des Zertifikates, wenn nicht tatsächlich laufend eine echte Kontrolle bzw. Überwachung zu leisten ist, bis zum Ablauf ihrer Befristung unberührt lässt.

211

Vgl. Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 195. Vgl. Erman/Schwenker, § 649, Rdnr. 9; Frank Peters in: Staudinger, Neubearbeitung 2000, § 649, Rdnr. 13; ähnlich: Palandt/Sprau, § 649, Rdnr. 12; MüKo/Busche, § 649, Rdnr. 6; jew. mit der Einschränkung, der Ausschluss des Kündigungsrechts sei zumindest bei längerfristigen Werkverträgen unwirksam. 212

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kk) Die Regelungen über „Nachbesserungen“ bei nicht (vollständig) erfolgreicher Prüfung und die Entziehung des Zertifikates Zunächst ist nochmals festzustellen, dass die Entziehung der Zulassung bzw. des Zertifikates durch Verwaltungsakt erfolgt. Einer vertraglichen Regelung ist sie also, entgegen dem durch § 2 Nr. 7 AZWV erweckten Eindruck, nicht zugänglich. Zur Klarstellung kann in den Verträgen allerdings darauf hingewiesen, dass die Zertifizierungsstelle die Zulassungen und Zertifikate bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 11 Abs. 3 AZWV entziehen bzw. nach §§ 45 ff. SGB X widerrufen oder zurücknehmen wird. Folgt man dagegen der Ansicht, die Zulassung nach der AZWV erfolge rein privatrechtlich, müssen die Verträge tatsächlich, wie von § 2 Nr. 7 AZWV gefordert, Regelungen über die Entziehung der Zulassung und des Zertifikates enthalten. (1) Entziehung von Zulassung und Zertifikat bei Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen und fruchtlosem Ablauf einer „Nachbesserungsfrist“ Vor der Entziehung der Zulassung ist nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV eine längstens dreimonatige Frist zur Erfüllung der Anforderungen nach der AZWV zu setzen. Dem entspricht die hier vorgenommene Regelung im Formularvertrag: Während nach § 3 des Formularvertrages bei „positivem“ Ergebnis (d.h. wohl, dass sämtliche nach der AZWV genannten Zulassungsvoraussetzungen vorliegen) das Zertifikat (und die Zulassung) erteilt werden, soll bei Feststellung „gravierender Abweichungen“ entweder eine Wiederholungsprüfung vor Ort erfolgen oder eine Überprüfung nachgereichter fehlender oder fehlerhafter Unterlagen bei der Zertifizierungsstelle erfolgen. Für die Behebung der festgestellten Mängel gilt eine 3-Monatsfrist. Ist bis dahin die Mängelbeseitigung nicht erfolgt, wird das Zertifikat nicht erteilt bzw. entzogen. Für Mängel, die im Rahmen der Erstprüfung festgestellt wurden, wird damit zugleich die 3-Monatsfrist des § 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV, die fakultativ ist, vertraglich zum Regelfall gemacht. Wegen des durch die AZWV insoweit eingeräumten Entscheidungsspielraums bestehen hiergegen keine Bedenken. Nicht mit den zwingenden Vorgaben der AZWV vereinbar ist aber die Beschränkung auf „gravierende“ Abweichungen. Die Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 4 und § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV enthalten keine solche Einschränkung. Auch aus den entsprechenden Begründungen des Verordnungsgebers lässt sich nichts für eine solche Einschränkung herleiten. Im

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Gegenteil lassen die Regelungen der §§ 8, 9 AZWV schon durch ihre sprachliche Fassung („muss“, „hat darzulegen“ . . .) erkennen, dass insoweit keinerlei Einschränkungen zulässig sind. Zwar erwähnt § 2 Nr. 7 AZWV die Möglichkeit, bei „erheblichen“ Verstößen die Zulassung wieder zu entziehen. Zum einen ist „erheblich“ im Gegensatz zu „unerheblich“, also bloßen Bagatellen zu sehen, während „gravierend“ besonders schwerwiegende Verstöße bezeichnet. Zudem enthält auch die Begründung des Verordnungsgebers zu § 2 Nr. 7 AZWV keinerlei Einschränkung hinsichtlich der einzuhaltenden Zulassungsvoraussetzungen,213 so dass insoweit allenfalls Verstöße im Bagatellbereich nicht zur Entziehung der Zulassung führen. Keinesfalls darf also ein Formularvertrag, wie hier, weitergehende Einschränkungen des durch die AZWV vorgeschriebenen Prüfumfangs enthalten. Weitere Regelungen über den Entzug des Zertifikates enthält § 5 des Formularvertrages: Zunächst findet sich auch dort wieder die dreimonatige Beseitigungsfrist hinsichtlich „bei der Überwachung“ festgestellter „Nichtkonformitäten“. Hier wird – durchaus zutreffend – ohne jede Einschränkung auf die Vorgaben der AZWV abgestellt. Warum dies nicht auch in § 3 des Formularvertrages so geregelt wurde, erschließt sich nicht. Die hier vorausgesetzte fortlaufende „Überwachung“ des Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen durch die Zertifizierungsstelle ist zwar, wie dargelegt, nicht zwingend, aber durchaus sinnvoll. Der Verordnungsgeber hat allerdings offen gelassen, auf welchem Wege die Zulassungsstelle von entsprechenden Defiziten des Trägers erfährt und allgemein ausgeführt, die Zertifizierungsstellen seien „verpflichtet, erteilte Zulassungen zu entziehen, wenn Träger die von ihnen für die Zulassung zu erfüllenden Voraussetzungen tatsächlich nicht mehr erfüllen“. Ferner sei dem Träger vor dem Entzug die längstens dreimonatige Frist einzuräumen, innerhalb der die Erfüllung der Anforderungen noch erfolgen könne.214 Wichtig ist deshalb für die Vertragsgestaltung, dass auch die vertraglichen Regelungen diesen Bereich nicht unzulässig verkürzen. Exakt dies wäre aber hier mit dem Abstellen auf die Kenntniserlangung „bei der Überwachung“, obwohl sicher nicht gewollt, der Fall. Denn nicht erfasst wäre davon der Fall, dass die Zertifizierungsstelle einen entsprechenden Hinweis auf die Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen nicht durch eigene Überwachung, sondern durch die der AA nach § 86 Abs. 4 SGB III erhält. 213 214

Vgl. S. 6 Begr. AZWV. Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

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Solche durch nicht präzise Formulierungen begründeten Probleme schafft auch die parallele Regelung im Abschnitt „Entzug von Zertifikaten“ in den AGB, die für die Beseitigung von „Nichtkonformitäten“ auf eine „vereinbarte Frist“ Bezug nimmt. Hier fehlt bereits die Begrenzung der Frist auf längstens drei Monate. Zudem ist es wenig hilfreich, die Bestimmung der einzuhaltenden Frist einer „Vereinbarung“ der Parteien zu überlassen, da ein Träger u. U. geneigt sein könnte, durch Verzögerung oder gar Ablehnung einer solchen Vereinbarung „Zeit zu gewinnen“. Die Regelung wäre daher besser so zu formulieren, dass die Entziehung der Zulassung erfolgt, sofern die Zertifizierungsstelle (im Rahmen einer Überwachung oder auf andere Weise) davon Kenntnis erlangt, dass der Träger bzw. die Maßnahme die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen und sie auch innerhalb der nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV von der Zertifizierungsstelle zu setzenden „Nachbesserungsfrist“ nicht erfüllt werden. Eng verbunden mit der vorstehend erörterten Regelung ist die Bestimmung zum „Entzug von Zertifikaten“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der eine Entziehung der Zulassung bzw. des Zertifikates erfolgt, sofern Änderungen der dem Zertifikat zugrundeliegenden Norm vom Träger nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten der Norm „implementiert“ werden. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass der Träger auch bei Änderung der Zulassungsvoraussetzungen nach den §§ 8, 9 AZWV verpflichtet ist, die (neuen) Voraussetzungen einzuhalten. Dies ist mit der Regelung in § 11 Abs. 1 Nr. 3 AZWV vereinbar, da diese auf „die in dieser Verordnung genannten Anforderungen“ abstellt, also nicht lediglich auf den Zeitpunkt der Zulassungserteilung Bezug nimmt. Im Übrigen entspricht es auch Sinn und Zweck der Zulassungsregelungen der AZWV, dass diese nicht nur zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung, sondern über deren gesamte Dauer hinweg aktuell erfüllt werden. So wird sichergestellt, dass nicht u. U. über Jahre eine nunmehr als notwendig oder zumindest sinnvoll erkannte Zulassungsvoraussetzung durch einen Träger nicht erfüllt wird. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Zertifizierungsstelle im Abschnitt über ihre „Pflichten und Verantwortung“ in den AGB verpflichtet hat, den Träger unverzüglich über Änderungen der dem Zertifikat zugrundeliegenden Normen zu informieren. Sofern man von einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ausgeht, wird mit dieser Informationspflicht der Zertifizierungsstelle erreicht, dass sich der Träger keinesfalls auf eine fehlende Kenntnis von der Änderung der Normen und ein für ihn etwa aus diesem Grunde (vermeintlich) nicht gegebenes Verschulden an der Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen berufen könnte.

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Weiter wurde – offenbar vorsorglich – in § 5 des Formularvertrages die Vereinbarung aufgenommen, dass eine Entziehung erfolgt, wenn die „zuständige Behörde“ die Zertifizierungsstelle dazu verpflichtet hat. Nach der hier vertretenen Beleihungslösung bedarf es solcher Vereinbarungen schon deshalb nicht, weil sich Vereinbarungen über Erteilung und Entziehung von Zulassung und Zertifikat ohnehin verbieten. Gleiches gilt, wenn im Wege der Rechtsaufsicht eine entsprechende Weisung der Anerkennungsstelle an die Zertifizierungsstelle erfolgen würde. Vor dem Hintergrund eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens fragt sich dagegen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage hier eine Verpflichtung zur Entziehung einer erteilten Zulassung bzw. eines Zertifikates erfolgen sollte. Eine solche gibt es, wie oben dargelegt, in einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren aufgrund der unzureichend geregelten staatlichen Aufsicht nicht. Der des Weiteren in § 5 des Formularvertrages geregelte Entziehungsgrund der dauerhaften Einstellung der zertifizierten Tätigkeit entspricht der Vorgabe des § 11 Abs. 3 Nr. 2 AZWV. Unklar ist aufgrund der Formulierung in § 5 des Formularvertrages, wann genau Zulassung und Zertifikat ihre Wirksamkeit verlieren sollen. Der Auftraggeber soll, so ist die entsprechende Passage in § 5 wohl zu verstehen, nach der Entziehung von Zulassung und Zertifikat nicht mehr berechtigt sein, diese zu verwenden. Zugleich ist die Verpflichtung vorgesehen, das Zertifikat an die Zertifizierungsstelle zurückzugeben. Das Wort „hiermit“ könnte zu einem Verständnis der Regelung führen, wonach erst mit der tatsächlichen Herausgabe des Zertifikates dieses seine Wirksamkeit verliert. Schon weil völlig ungewiss ist, ob und wann der Träger seiner vertraglichen Herausgabepflicht nachkommen wird, könnte von einer derartigen Regelung nur abgeraten werden. So wichtig eine vertragliche Herausgabepflicht in einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren sein mag, um etwaigen Missbrauch zu verhindern, ist doch – wie im Rahmen des Beleihungsmodells ohnehin selbstverständlich – nicht auf den ungewissen Zeitpunkt einer tatsächlichen Herausgabe des Zertifikates, sondern auf den Zeitpunkt der Entziehung abzustellen. „Hiermit“ verlieren Zulassung und Zertifikat bereits ihre Wirksamkeit. Im Übrigen soll für den Fall der Kündigung in § 8 des Formularvertrages das Zertifikat bereits mit Erklärung der Kündigung unwirksam sein, so dass – insoweit zutreffend – nicht erst an die tatsächliche Herausgabe des Zertifikates angeknüpft wird. Dies legt nahe, dass auch die Regelung in § 5 des Vertrages auf den Zeitpunkt der Entziehung abstellt. Schon wegen

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der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB sollte die entsprechende Regelung in Formularverträgen aber klar und unmissverständlich formuliert werden. (2) Entziehung der Zulassung bei Verletzung „sonstiger“, außerhalb der AZWV begründeter Pflichten des Trägers? Die Notwendigkeit einer präzisen, Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten vermeidenden Abfassung der Formularverträge bzw. der AGB zeigt sich schließlich auch in einem weiteren Fall, für den in den AGB der „Entzug von Zertifikaten“ vorgesehen ist: Die Entziehung von Zertifikaten soll danach u. a. dann erfolgen, wenn „der Auftraggeber seinen sonstigen Pflichten nicht nachkommt“. Der Wortlaut dieser Klausel ermöglicht eine Entziehung des Zertifikates bei jeglicher Pflichtverletzung durch den Träger, ungeachtet der Schwere der Pflichtverletzung und ungeachtet der Frage, ob der Träger die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Für den Träger ist die Entziehung der Zulassung und des Zertifikates die schwerste Sanktion. Vielfach wird die Zulassung nach der AZWV eine, wenn nicht sogar die wichtigste rechtliche und wirtschaftliche Existenzgrundlage für das Unternehmen des Trägers sein. Im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Entscheidung über die Entziehung der Zulassung nach der AZWV ist dem Träger schon zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zunächst Gelegenheit zu geben, die Zulassungsvoraussetzungen doch noch zu erfüllen. Besonders deutlich wird dies an der Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV, der auf eine von der Zertifizierungsstelle „gesetzte“, also zu setzende Frist zur Behebung der Mängel bzw. zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen abstellt. Zudem stellen sämtliche in der AZWV genannten Gründe und Möglichkeiten, eine Zulassung zu entziehen, auf eine Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen nach der AZWV bzw. auf die dauerhafte Einstellung der Tätigkeit durch den Träger ab (vgl. §§ 2 Nr. 7, 11 Abs. 3 AZWV). Für die Möglichkeiten des Widerrufs und der Rücknahme der Zulassung und des Zertifikates nach §§ 45 ff. SGB X gilt dies entsprechend. Es spricht nichts dafür, dass im Rahmen eines etwa privatrechtlich aufzufassenden Zertifizierungsverfahrens anderes gelten sollte. Insbesondere stellt auch die Begründung zur AZWV ausschließlich auf die Nichterfüllung von Zulassungsvoraussetzungen bzw. auf die dauerhafte Einstellung der Tätigkeit als Gründe für eine Entziehung der Zulassung ab.215 Schließlich wäre dem Gesetz- und dem Verordnungsgeber auch jegliche Steue215

Vgl. S. 6 u. 16 Begr. AZWV.

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rungsmöglichkeit aus den Händen genommen, wenn bereits jede noch so geringfügige Verletzung „sonstiger Pflichten“, also solcher außerhalb der AZWV, die die Zertifizierungsstelle nach Belieben definieren könnte, zu einer Entziehung der Zulassung berechtigen würde. So könnte die Zertifizierungsstelle etwa unter Hinweis auf eine noch offene Restzahlung dem Träger ohne weiteres die Zulassung wieder entziehen, statt die Vergütung notfalls gerichtlich geltend zu machen. Hierdurch wäre der Träger wegen der gravierenden Folgen eines Zulassungsentzuges unangemessen benachteiligt. Damit sind insgesamt keine vertraglichen Regelungen zulässig, die über den Bereich der in der AZWV genannten Voraussetzungen hinaus Gründe für die Entziehung einer Zulassung bzw. eines Zertifikates statuieren. Ergebnis Die betreffende Klausel ist somit gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da sie den Träger unangemessen benachteiligt und insbesondere mit dem in §§ 2 Nr. 7, 11 Abs. 3 AZWV zum Ausdruck kommenden Grundgedanken der Beschränkung auf Entziehungsgründe aus dem Bereich der AZWV unvereinbar ist. (3) Kündigung des Vertrages als Grund für die (sofortige) Zulassungs- und Zertifikatsentziehung? Besondere Beachtung verdient ein weiterer in § 5 des Formularvertrages geregelter Entziehungsgrund: die Kündigung des „Überwachungsvertrages“ oder seine Unwirksamkeit aus „anderen Gründen“. Während für die Unwirksamkeit des Überwachungsvertrages, etwa durch eine Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 BGB, die Folge der Entziehung des Zertifikates – im Rahmen eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens – nachzuvollziehen ist, erschließt sich nicht, warum bei Kündigung des Vertrages eine Entziehung des Zertifikates erfolgen sollte. Im vorliegenden Beispielsfall sollen die Zertifikate bzw. die Zulassungen nach der AZWV jährlich erneuert werden. Innerhalb dieses Zeitraumes sind keine Prüfungen oder „Überwachungen“ vorgesehen. Wenn also insoweit nichts geprüft wird, ist nicht ersichtlich, warum der Vertragspartner der Zertifizierungsstelle mit sofortiger Wirkung das für ein Jahr gültige Zertifikat bzw. die Zulassung verlieren sollte. Das Erfordernis einer „Überwachung“ ist insoweit kein überzeugendes Argument.

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Zum einen ist eine solche „Überwachung“ nach dem Wortlaut der AZWV überhaupt nicht vorgesehen. Zum anderen ist der Träger bereits nach §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV verpflichtet, der Zertifizierungsstelle wesentliche Änderungen von sich aus mitzuteilen – ob nun eine vertragliche Vereinbarung besteht oder nicht. Der Träger ist also gleichsam zur „Selbstüberwachung“ gesetzlich verpflichtet. Darüber hinaus enthält auch der Formularvertrag in § 4 eine entsprechende Mitteilungsverpflichtung für den Träger. Die AGB enthalten hinsichtlich des Managementsystems noch eine zusätzliche Mitteilungspflicht für den Träger bzw. Auftraggeber. Die „Leistung“ der Zertifizierungsstelle für die gemäß § 6 des Formularvertrages monatlich zu zahlende Vergütung bestünde dann in der Bereitschaft, etwaige Anzeigen der Träger über wesentliche Änderungen entgegenzunehmen. Stichproben, unangemeldete „Überwachungsaudits“ oder sonstige Überwachungsleistungen sind nicht, zumindest nicht erkennbar, vorgesehen. Gleichwohl ist in § 5 des Formularvertrages unvermittelt von einem „Überwachungsvertrag“ die Rede. Das Zertifikat nach der AZWV wird als „Überwachungszertifikat“ bzw. als „Überwachungszeichen“ bezeichnet. Auch diese Begriffe finden sich, wie ausgeführt, in der AZWV nicht. Hinzu kommt, dass die betreffenden Regelungen ohne weiteres dahin verstanden werden können, bereits mit Erklärung der Kündigung durch den Träger und nicht erst zum Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsbeendigung würden Zulassung und Zertifikat entzogen bzw. ungültig. In § 5 des Formularvertrages ist ausgeführt, die Entziehung erfolge u. a., wenn der „Überwachungsvertrag . . . gekündigt wird“. Dann soll der Träger nicht mehr berechtigt sein, „das das Überwachungszertifikat an Auftragnehmer zurückzugeben“. Gemeint ist hier offenbar, der Auftraggeber solle nicht mehr berechtigt sein, das Zertifikat zu verwenden und verpflichtet sein, es an den Auftragnehmer zurückzugeben. „Hiermit“ verliere das „Überwachungszeichen“ seine Wirksamkeit. Die Formulierung lässt zwar offen, ob auf die Kündigungserklärung oder auf die Rückgabe des Zertifikates abgestellt wird. Die Wendung „gekündigt wird“ verweist aber auf die Erklärung der Kündigung und nicht erst auf den Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsbeendigung. Auch die Fassung des § 8 des Formularvertrages spricht dafür, dass die Zertifikate bereits mit Erklärung der Kündigung ihre Wirksamkeit verlieren sollen: Die erteilten Zertifikate sollen „damit“ – mit der Kündigung – ihre Gültigkeit verlieren und umgehend an den Auftragnehmer zurückzugeben sein. Die betreffende Vertragsgestaltung hätte zur Folge, dass kaum ein Träger während der Gültigkeit der Zulassung bzw. des Zertifikates eine Kündigung erklären würde. Denn auch wenn keinerlei mitteilungspflichtige Änderun-

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gen vorlägen, würde er umgehend mit Erklärung der Kündigung seine Zulassung verlieren. Ein sachlicher Grund für eine solche Vertragsgestaltung ist nicht ersichtlich. Diese Vertragsgestaltung muss auch vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Anliegens gesehen werden, mehr Wettbewerb im Bereich der Zertifizierung zu schaffen. Eine Regelung, mit der die Träger dauerhaft und ohne sachliche Gründe an eine Zertifizierungsstelle gebunden werden sollen, würde diesem Anliegen krass widersprechen. Den berechtigten Interessen der Zertifizierungsstelle des Schutzes vor einem Missbrauch der Zertifikate ist ausreichend durch die gesetzliche (und vertragliche) Mitteilungspflicht der Träger Rechnung getragen. Die Verträge können – sofern man ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren für gegeben hält – daher ohne weiteres so gestaltet werden, dass sie kündbar sind, die Zertifikate aber bis zum Ablauf der Befristung gültig bleiben. Dies gilt, wie oben dargelegt, auch unabhängig davon, ob zusätzlich eine laufende Überwachung der Zulassungsvoraussetzungen vereinbart wurde. Die faktische Beschränkung des Kündigungsrechts durch sofortigen Verlust der Zulassung widerspricht damit wesentlichen Grundgedanken der AZWV, mit der mehr Wettbewerb auch zwischen den Zertifizierungsstellen geschaffen werden sollte. Sie benachteiligt den Vertragspartner der Zertifizierungsstelle auch unangemessen, da kein sachlicher Grund dafür ersichtlich ist, Zulassung und Zertifikat vor Ablauf ihrer Befristung zu entziehen, ohne dass sich an den Zulassungsvoraussetzungen irgend etwas geändert hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Zertifizierungsstelle Zulassung und Zertifikat für bis zu drei Jahre erteilen kann. Denn die Dauer der Gültigkeit des Zertifikates muss, wie oben bereits ausgeführt, keineswegs eine entsprechende Dauer der Vertragslaufzeit bedingen. Da die Träger bereits gesetzlich zur Mitteilung wesentlicher Änderungen verpflichtet sind, die dann ohnehin eine neue Entscheidung über Zulassung und Zertifikat erfordern, ist, wie ebenfalls bereits erläutert, auch die Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis nicht notwendig. Ergebnis Die untersuchte Vertragsgestaltung ist damit wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB unwirksam. Auch nach erfolgter ordentlicher Kündigung des Vertrages muss das befristet erteilte Zertifikat bei Vorliegen der Voraussetzungen bis zum Ende der Befristung gültig bleiben, eine Koppelung von Kündigungsrecht und Gültigkeit von Zulassung und Zertifikat ist unzulässig.

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ll) Die Vergütungsregelung (1) Keine Erhebung von „Gebühren“ In den zu prüfenden AGB der Zertifizierungsstelle ist ein Abschnitt betreffend „Gebühren“ enthalten. Wie die sogleich noch zu erörternden Regelungen im Formularvertrag zeigen, sind damit allerdings keine Gebühren im eigentlichen, öffentlich-rechtlichen Sinn gemeint, sondern schlicht die für die Leistungen der Zertifizierungsstelle zu zahlende Vergütung. Ein Recht der Zertifizierungsstelle, „Gebühren“ im eigentlichen Sinne zu erheben, besteht aus den bereits dargelegten Gründen auch nicht. Zudem ist aus den ebenfalls bereits hinreichend dargestellten Gründen für eine wirksame Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass auch das Honorar nicht etwa für die Zulassung bzw. für die Erteilung des Zertifikates gezahlt wird, sondern lediglich für die gutachterliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen und die Feststellung, ob diese vorliegen bzw. welche Mängel bestehen. (2) Monatliche Abrechnungen? In § 6 des Formularvertrages sind nach seiner Überschrift Regelungen über die Vergütung, ihre Berechnung und die Erstattung von Auslagen enthalten. Tatsächlich wird allerdings auf ein offenbar vor Vertragsschluss für den Träger zu erstellendes Angebot Bezug genommen. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich der vorgesehenen monatlichen Abrechnung ist fraglich, ob diese wirklich den tatsächlichen Erfordernissen entspricht, da nach vollständiger Zertifizierung nicht ersichtlich ist, welche monatlichen Leistungen die Zertifizierungsstelle bis zur nächsten jährlichen Zertifizierung erbringt. Hier sollte besser auf tatsächliche Leistungsabschnitte wie die Feststellung einzelner Zulassungsvoraussetzungen, soweit dies im Einzellfall möglich und sinnvoll ist, sowie auf sonstige abgrenzbare Einzelleistungen wie die Durchführung von Überwachungsaudits abgestellt werden. Hier kann nach dem Vorbild des § 632 a BGB für in sich abgeschlossene Teile des Werkes die Leistung von Abschlagszahlungen vereinbart werden. Da dies dem gesetzlichen Leitbild entspräche, wäre dies insbesondere auch keine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB – zumal im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern.

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(3) Verzicht auf Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung? Ferner ist in § 6 geregelt, dass die Rechnungen bei Vorlage ohne Abzug zur Zahlung fällig sein sollen. Soweit es sich um Abschlagszahlungen handelt, bestehen keine Bedenken. Sofern dagegen bereits die „endgültige“ Vergütung berechnet wird, sind die gesetzlichen Regelungen der §§ 640, 641 BGB für die Abnahme und die Fälligkeit zu berücksichtigen. Nach § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Vergütung grundsätzlich bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und eine Vergütung für einzelne Teile bestimmt, ist die Vergütung gemäß § 641 Abs. 1 Satz 2 BGB für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. Ist die Abnahme des Werks wegen seiner Beschaffenheit nach § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen, tritt an die Stelle der Abnahme gemäß § 646 BGB die Vollendung des Werks. Wenn vorliegend eine Abnahme des Werks wegen seiner Beschaffenheit ausgeschlossen und auf die Vollendung abzustellen wäre, bestünde keine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild. Denn die „Vollendung“ i. S. d. § 646 BGB entspräche dem in § 6 des Formularvertrages vorgesehenen „Abschluss einer getätigten Leistung“. „Werk“ ist bei Verträgen nach der AZWV, wie dargelegt, nicht die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates, sondern die gutachterliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen und die Feststellung, ob sie vorliegen, in einem Gutachten. Es ist daher zu prüfen, ob das Gutachten der Zertifizierungsstelle abnahmefähig ist. Eine Abnahmeunfähigkeit wird lediglich bei unkörperlichen Werken, wie etwa Theateraufführungen angenommen, ferner bei solchen immateriellen Werken, die eine Nachprüfung nicht zulassen und bei solchen körperlichen Werken, deren Prüfung dem Besteller nicht zugemutet werden kann.216 Durch das Gutachten, das zumindest in der schriftlichen Entscheidung nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV über das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen – im Beispielsfall zudem aus dem Prüfbericht nach § 4 des Formularvertrages – besteht, liegt allerdings eine Verkörperung des Werkes vor. Es ist auch nicht zu erkennen, warum eine Nachprüfung eines solchen Gutachtens nicht zumutbar sein sollte. Denn zumindest kann der Träger feststellen (lassen), ob der Katalog der Zulassungsvoraussetzungen vollständig geprüft wurde und ob die Feststellungen zu den tatsächlichen Gegebenheiten zutreffend sind. Entsprechend wird die Abnahmefähigkeit bei Sachverständigengutachten als gegeben erachtet.217 216 Vgl. Erman/Schwenker, § 640, Rdnr. 8 u. 9; Palandt/Sprau, § 640, Rdnr. 4; MüKo/Busche, § 640, Rdnr. 8 u. § 646, Rdnr. 3; jew. m. w. Nachw.

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Damit gilt für den Begutachtungsvertrag betreffend die Zulassungsvoraussetzungen nach der AZWV: Das Gutachten bedarf nach der gesetzlichen Regelung des § 640 Abs. 1 BGB der Abnahme. Die Abnahme ist gemäß § 641 Abs. 1 BGB Fälligkeitsvoraussetzung für die Vergütung der Zertifizierungsstelle. Insbesondere ist auch die bloße stillschweigende Entgegennahme eines Sachverständigengutachtens nicht bereits als Abnahme anzusehen.218 Die betreffende Klausel ist mehrdeutig. Die Wendung „nach Abschluss der Leistung“ kann bedeuten, dass damit die abgenommene Leistung gemeint ist. Möglich ist ohne weiteres aber auch eine Auslegung, nach der auf die bloße Vollendung des Werks abzustellen ist und die Abnahme nicht Fälligkeitsvoraussetzung sein soll. Die Klausel kann folglich durchaus so verstanden werden, dass von den gesetzlichen Fälligkeitsvoraussetzungen zum Nachteil der Träger abgewichen werden soll, indem für die Fälligkeit der Vergütung nicht auf eine zuvor erfolgte (Teil-)Abnahme abzustellen wäre. Individualvertraglich kann grundsätzlich auch eine von der Regelung des § 641 Abs. 1 BGB abweichende Fälligkeitsvereinbarung getroffen werden.219 Fraglich ist aber, ob die hier getroffene Regelung, wenn sie einen Verzicht auf das Erfordernis der Abnahme enthalten soll, dem Prüfungsmaßstab des § 307 BGB standhält. Für die Wirksamkeit einer solchen Regelung könnte geltend gemacht werden, dass nicht nur die Leistung der Zertifizierungsstelle eine besondere Sachkunde erfordert, sondern auch die Abnahme. Ohne entsprechendes Spezialwissen wird es für den Träger im Regelfall nur schwer bzw. nur mit erheblichem Aufwand möglich sein, die ordnungsgemäße Prüfung sämtlicher Zulassungsvoraussetzungen in allen Einzelheiten nachzuvollziehen. Die mit einer Abnahme verbundene Prüfmöglichkeit für den Besteller könnte insoweit also von nachrangiger Bedeutung sein. Andererseits ist durchaus vorstellbar, dass der Träger im Rahmen einer Prüfung vor der Abnahme Mängel in der Leistung der Zertifizierungsstelle feststellt und daher ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse daran hat, dass die Fälligkeit der Vergütung nicht bereits mit der Vollendung der Leistung unabhängig von ihrer Qualität eintritt. Es sprechen daher durchaus auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern Gründe dafür, einen Ausschluss der Fälligkeitsvoraussetzung Abnahme als unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB anzusehen. 217 Vgl. MüKo/Busche, § 640, Rdnr. 8 m. w. Nachw.; BGH NJW-RR 1992, S. 1078 ff., 1078 f. 218 Vgl. BGH NJW-RR 1992, S. 1078 ff., 1079. 219 Vgl. nur: MüKo/Busche, § 641, Rdnr. 12; Erman/Schwenker, § 641, Rdnr. 3; Palandt/Sprau, § 641, Rdnr. 9.

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Ergebnis Wegen der besonderen Geschäftserfahrenheit von Unternehmern und der für eine Abnahme erforderlichen besonderen Sachkunde wäre die Klausel, sofern sie einen Verzicht auf die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung regeln soll, trotz erheblicher Bedenken noch als wirksam anzusehen. Eine solche Klauselgestaltung würde sich allerdings im Grenzbereich der Zulässigkeit bewegen. Es bestünde zumindest ein erhebliches Risiko, dass sie in der Rechtsprechung als Verstoß gegen § 307 BGB angesehen wird. (4) Fälligkeit „sofort ohne Abzug“ nach Erhalt der Rechnung In § 6 des Formularvertrages und in den zu prüfenden AGB im Abschnitt „Gebühren“ ist die Regelung enthalten, dass Rechnungen „bei Vorlage“ „sofort ohne Abzug zahlbar“ bzw. fällig sind. Die Zertifizierungsstelle muss den Trägern keine Zahlungsfristen einräumen. Gleiches gilt für die Gewährung von Skonti bei sofortiger Zahlung. Insoweit bestehen gegen die betreffende Regelung folglich keine rechtlichen Bedenken. Die „Zahlbarkeit“ bzw. Fälligkeit (auch) des Werklohns kann aber nicht allein an die Vorlage bzw. den Erhalt einer Rechnung anknüpfen: Die Erteilung, die Vorlage bzw. der Erhalt einer Rechnung ist grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung – u. a. mit Rücksicht darauf, dass sonst der Verjährungsbeginn zum Nachteil des Schuldners von der Erteilung der Rechnung abhängen würde.220 Auch im Bereich des Werkvertragsrechts gilt nichts anderes. Hier ist, wie dargelegt, neben der Leistungserbringung gemäß § 641 Abs. 1 BGB die Abnahme zusätzliche Fälligkeitsvoraussetzung. Auch die betreffende Regelung in den AGB ist in Verbindung mit dem Hinweis in § 6 des Formularvertrages auf den „Abschluss der getätigten Leistung“ dahin auszulegen, dass hier die Fälligkeit nach Vollendung des Werks (bzw. gegebenenfalls, wie oben erläutert, nach Abnahme) und mit Zugang der Rechnung eintreten soll. Ohne Vollendung des vereinbarten Werks kann also keinesfalls Fälligkeit eintreten, auch wenn eine Rechnung vorliegen würde. Eine abweichende Regelung wäre selbst im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders bzw. wegen Unvereinbarkeit mit dem gesetzlichen Leitbild der §§ 271, 641 Abs. 1 BGB nach § 307 BGB unwirksam. 220 Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 271, Rdnr. 7; Erman/Kuckuk, § 271, Rdnr. 4; jew. m. w. Nachw.

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Im Übrigen bestünden, sofern die gesetzliche Fälligkeitsvoraussetzung der Abnahme abbedungen werden soll, die bereits dargestellten Wirksamkeitsbedenken nach § 307 BGB. (5) Verzug ohne Mahnung nach Ablauf von 30 Tagen nach Rechnungszugang Im Abschnitt „Gebühren“ ist die weitere Regelung enthalten, dass Verzug nach Ablauf von 30 Tagen nach Rechnungszugang eintreten soll, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Näheres hierzu regele der Zertifizierungsvertrag. Misslich ist hier, dass der Zertifizierungsvertrag zur Frage des Verzugseintritts, entgegen der Ankündigung in den AGB, gerade keine Regelungen enthält. Im Übrigen stellt die betreffende Regelung offenbar auf § 286 Abs. 3 BGB ab, so dass – sieht man von einem etwaigen Verzicht auf die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung ab – keine Wirksamkeitsbedenken gegen diese Klausel bestehen. Sie dürfte aus Sicht der Zertifizierungsstelle aber eher schaden als nützen: Nach § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Gegenüber Schuldnern, die Verbraucher sind, gilt dies gemäß § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB zwar nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen ist. Da vorliegend aber ausschließlich Unternehmer Vertragspartner der Zertifizierungsstellen werden, ist ein solcher Hinweis nicht notwendig – und in AGB überflüssig. Für Verträge mit Unternehmern enthält § 286 Abs. 3 Satz 2 BGB eine schärfere Regelung: Für den Fall, dass der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommen Unternehmer (auch) spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug. Aufgrund der in den hier zu prüfenden AGB gewählten Formulierung können sich für die betreffende Zertifizierungsstelle erhebliche Rechtsnachteile ergeben, die kaum gewollt sein dürften: Zum einen kann durch den Verzicht auf die gesetzlich gewählte Einschränkung „spätestens“ durchaus nach § 305 c Abs. 2 BGB eine Auslegung zugunsten der Träger eingreifen, nach der Verzug nur im betreffenden Fall eintreten soll, also nicht in den übrigen in § 286 Abs. 1 u. 2 BGB genannten Fällen. Zum anderen ist ein Hinweis auf die Regelung des § 286 Abs. 3 BGB in den AGB aus den genannten Gründen überhaupt nicht notwendig. Wenn er dennoch erfolgt, ist

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aber nicht verständlich, warum die Zertifizierungsstelle hier dann nicht die für sie günstigere gesetzliche Regelung für den Fall der Unsicherheit über den Zugang der Rechnung mit in den Hinweis einbezogen hat. Diese für den Rechtsverkehr mit Unternehmern in § 286 Abs. 3 Satz 2 BGB eröffnete Möglichkeit soll ja gerade das in der Rechtspraxis recht häufige – und nahezu immer vorgeschobene – Argument des Schuldners entkräften, er habe keine Rechnung erhalten. Diese gesetzliche und den Bedürfnissen der Praxis entgegenkommende Möglichkeit nimmt sich die betreffende Zertifizierungsstelle durch die betreffende Formulierung in den AGB. Ergebnis Da die Zertifizierungsstellen ausschließlich mit Unternehmern Verträge nach der AZWV schließen, sind Regelungen und Hinweise in den Formularverträgen bzw. in den AGB betreffend § 286 Abs. 3 BGB gänzlich unnötig. Da sie bei ungenauer Formulierung sogar zu erheblichen Nachteilen für die Zertifizierungsstellen führen können, sollte auf solche überflüssigen Bestimmungen verzichtet werden. mm) Form für Vertragsänderungen – Schriftformklausel § 7 des Formularvertrages enthält – neben der zulässigen Bestimmung des Sitzes der Zertifizierungsstelle als Gerichtsstand221 – die Regelung, dass Änderungen, Nebenabreden222 und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Dies soll auch für den beiderseitigen Verzicht der Vertragsparteien auf die Schriftform gelten. Was unter „Schriftform“ zu verstehen ist, ist der Regelung des § 126 BGB zu entnehmen. Für Schriftformklauseln in AGB gelten folgende Grundsätze: Schriftformklauseln sind, soweit sie nicht lediglich deklaratorisch die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform erwähnen, bereits wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam, wenn sie dem Verwender der AGB nach Vertragsschluss ermöglichen sollen, nach Vertragsschluss getroffene mündliche Vereinbarungen als unwirksam zu behandeln.223 Denn „eine solche Klausel221

Auch in den AGB ist unter „Sonstiges“ nochmals eine entsprechende Gerichtsstandsbestimmung getroffen. 222 In den AGB ist unter „Sonstiges“ hinsichtlich von Nebenabreden nochmals eine Schriftformklausel enthalten. 223 Vgl. MüKo/Basedow, § 305 b, Rdnr. 13; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 305 b, Rdnr. 32; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 719; Erman/Roloff, § 305 b, Rdnr. 11; jew. m. w. Nachw.; BGH NJW 1991, S. 1750 ff., 1751 f.; 1984, S. 2468 f. 2469.

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gestaltung, die dem Verwender die Gelegenheit eröffnet, begründete Ansprüche unter Hinweis auf eine in der Sache nicht – stets – zutreffende Darstellung der Rechtslage in seinen AGB abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“.224 Wegen des Vorrangs der Individualabrede sind Schriftformklauseln, selbst wenn sie einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB standhalten, nach § 305 b BGB unwirksam, die für Nebenabreden und Vertragsänderungen konstitutiv die Einhaltung der Schriftform fordern.225 Bereits nach § 307 BGB unwirksam ist aber (auch) nach Ansicht der Rechtsprechung eine Klausel, nach der Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen.226 Für die Verwendung solcher Klauseln gegenüber Kaufleuten gelten die gleichen Grundsätze.227 Ergebnis Die vorliegend zu beurteilende Schriftformklausel ist nach den vorstehend erläuterten Grundsätzen wegen Verstoßes gegen §§ 305 b, 307 BGB unwirksam. Die Unwirksamkeit nach § 307 BGB folgt schon daraus, dass auch etwaige mündliche Erklärungen vertretungsberechtigter Personen auf Seiten der Zertifizierungsstelle keine Wirksamkeit entfalten sollen, was die Möglichkeit zu einer unzulässigen Freizeichnung der Zertifizierungsstelle für solche Erklärungen eröffnen würde. Sie verstößt ferner gegen § 307 BGB, aber auch gegen § 305 b BGB, indem Nebenabreden und Vertragsänderungen der Schriftform unterworfen werden sollen, was mit dem Vorrang der Individualabrede unvereinbar ist. nn) Regelung für den Fall, dass einzelne Vertragsbestimmungen nichtig sind Schon wegen der nichtigen vertraglichen Vereinbarung, bei Vorliegen der Voraussetzungen das Zertifikat und die Zulassung zu erteilen, aber auch wegen der Nichtigkeit anderer vom Verwender der AGB meist gar nicht als 224 BGH NJW 1995, S. 1488 ff., 1489; 1991, S. 1750 ff., 1752; OLG Frankfurt am Main, WM 1981, S. 598 ff., 599; ebenso: BGH NJW 2001, S. 292 ff., 292 f. 225 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 b, Rdnr. 5 u. § 307, Rdnr. 146; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 305 b, Rdnr. 33; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 713; jew. m. w. Nachw.; BGH NJW 2006, S. 138 f., 139; 1988, S. 2463 ff., 2464; vgl. auch BGH NJW-RR 1995, S. 179 f., 180; 1994, S. 631. 226 BGH, st. Rechtspr., vgl. nur NJW 2006, S. 138 f., 138; 1995, S. 1488 ff., 1489. 227 Vgl. nur: BGH NJW-RR 1990, S. 613 f., 613.

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nichtig erkannter Regelungen in den Formularverträgen und den AGB ist für die Vertragsgestaltung dringend die Aufnahme einer Klausel zu empfehlen, die für diese Fälle eine Regelung enthält. Mit ihr ist zu bestimmen, dass die Nichtigkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Wirksamkeit der übrigen vertraglichen Regelungen nicht berühren, der Vertrag also im Übrigen wirksam bleiben soll. In § 7 des Formularvertrages ist eine solche Klausel enthalten. Die Aufnahme einer solchen Klausel erklärt sich wohl aus dem Umstand, dass nach § 139 BGB bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts im Zweifel das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist. Da es sich vorliegend allerdings um AGB handelt, würde auch bei Unwirksamkeit einer Klausel nach der Regelung des § 306 Abs. 1 BGB in der Regel der Vertrag im Übrigen ohnehin wirksam bleiben. Ist also eine einzelne Vertragsklausel unwirksam, wären vorliegend die Träger aufgrund der entsprechenden vertraglichen Regelung z. B. weiter dahingehend abgesichert, dass die Zertifizierungsstelle ihr bekannt gewordene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unbefugt offenbart. Eine Nichtigkeit des gesamten Vertrages nach §§ 55 Abs. 2, 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X als unzulässiger Austauschvertrag, wenn die Erteilung der Zulassung bzw. des Zertifikates gegen ein privatrechtliches Entgelt bzw. Honorar vereinbart wird, wäre aber, wie dargelegt, auch auf diese Weise nicht abzuwenden. oo) Schiedsgerichtsklauseln In den zu prüfenden AGB der Zertifizierungsstelle findet sich bereits in Zusammenhang mit der Verschwiegenheitspflicht die Ausnahmeregelung, die Zertifizierungsstelle sei berechtigt, „in Schiedsgerichtsfällen . . . das Schiedsgericht umfassend zu informieren“. Im Abschnitt über den „Einspruch“ und das „Beschwerdeverfahren“ ist geregelt, der „Auftraggeber“ habe das Recht, „gegen Entscheidungen“ der Zertifizierungsstelle „oder deren Auditoren bzw. Sachverständigen, welche das Zertifizierungs- oder Zulassungsverfahren betreffen, Einspruch einzulegen“. Betreffe der Einspruch das Zertifizierungsverfahren, fälle die Entscheidung hierüber der „Beschwerdeausschuss“. Dies muss auch für das „Zulassungsverfahren“, das ohnehin mit dem „Zertifizierungsverfahren“ identisch ist, gelten – zumal auch jede Regelung fehlt, wer denn insoweit über den „Einspruch“ entscheiden sollte. Für den Fall, dass der „Beschwerdeausschuss“ mit seiner Entscheidung dem Einspruch bzw. der Beschwerde nicht abgeholfen hat, also keine Einigung zwischen Zertifizierungsstelle und Träger erzielt werden konnte, ist vorgesehen, dass das „Schiedsgericht“ angerufen werden könne. Dessen

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Entscheidung sei dann „endgültig und verbindlich“ für den Träger und die Zertifizierungsstelle. Weitergehende Regelungen sind nicht erfolgt. Es ist zu untersuchen, ob eine solche Schiedsgerichtsklausel wirksam ist. (1) Anforderungen an die Wirksamkeit von Schiedsgerichtsklauseln nach §§ 1029 ff. ZPO Eine Schiedsvereinbarung ist gemäß § 1029 Abs. 1 ZPO eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Sie kann, wie aus § 1029 Abs. 2 ZPO ersichtlich, auch in Form einer Klausel in einem Vertrag geschlossen werden. Unter den Voraussetzungen des § 1031 Abs. 3 ZPO ist auch eine Schiedsvereinbarung in AGB möglich. Gemeint ist eine Bestimmung, mit der Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden und damit der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen wird.228 (a) Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit oder zumindest Wahlrecht zwischen Schiedsverfahren und staatlicher Gerichtsbarkeit? Wesensmerkmal einer Schiedsgerichtsvereinbarung ist der Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit. Dass Schiedsgerichtsverfahren muss anstelle der staatlichen Gerichtsbarkeit gewünscht sein. Dagegen ist – unabhängig von der konkreten Bezeichnung als „Schiedsverfahren“ – nur die Einschaltung einer Güte- oder Schlichtungsstelle gewollt, wenn der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nach dem Scheitern des Versuchs, die Meinungsverschiedenheiten durch ein „Schiedsgericht“ beizulegen, offen bleiben soll. Eine „Aufgabenteilung“ hinsichtlich des gleichen Streitgegenstandes zwischen staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten ist unzulässig.229 Zweifel daran, was die betreffende Zertifizierungsstelle vorliegend regeln wollte – einen Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit oder eine bloße Güteregelung – ergeben sich, weil der Formularvertrag in § 8 eine Gerichts228 Vgl. Geimer in: Zöller, § 1029, Rdnr. 29; Karl-Heinz Schwab/Gerhard Walter: Schiedsgerichtsbarkeit, Kommentar, 7. Aufl., 2005, Kap. 3, Rdnr. 21; Karl Heinz Schwab/Peter Gottwald: Zivilprozessrecht, 16. Aufl., 2004, § 174, Rdnr. 5; Münchener Kommentar zur ZPO, herausgegeben von Gerhard Lüke und Peter Wax, Bd. 3, 2. Aufl., 2001/Münch, § 1029, Rdnr. 42. 229 Vgl. nur: Geimer in: Zöller, § 1029, Rdnr. 29 m. w. Nachw.; Schwab/Walter, Kap. 3, Rdnr. 21; Schwab/Gottwald, § 174, Rdnr. 5.

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standsvereinbarung, aber keinerlei nähere Regelungen über das Schiedsverfahren enthält, dieses nicht einmal erwähnt. Auch die AGB regeln das Schiedsgerichtsverfahren nur bruchstückhaft. Dass für ein Schiedsgericht nur der Gerichtsstand bestimmt wird, aber keinerlei nähere Regelungen über seine Zusammensetzung und sein Verfahren getroffen werden, ist ungewöhnlich. Dies könnte ein Verständnis nahe legen, wonach das „Schiedsverfahren“ der AGB nur als Güteverfahren erfolgen soll und die Gerichtsstandsvereinbarung ein Hinweis auf das Offenstehen des Weges zu den staatlichen Gerichten auch in diesen Fällen ist. Dem steht aber die eindeutige Formulierung in den AGB entgegen, wonach die Entscheidung des Schiedsgerichts „endgültig und verbindlich“ ist. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass eine gleichzeitige oder spätere Anrufung der staatlichen Gerichte in den betreffenden Streitigkeiten nicht möglich sein soll. Die Gerichtsstandsvereinbarung hat aber, wie sogleich auszuführen ist, weiterhin ihre Bedeutung auch für die staatliche Gerichtsbarkeit. Die AGB enthalten die Formulierung, dass der Träger gegen die ablehnende Entscheidung des Beschwerdeausschusses das Schiedsgericht anrufen „kann“. Diese Formulierung ist mehrdeutig. Zum einen kann sie dahin verstanden werden, der Träger könne als einzige weitere Rechtsschutzmöglichkeit das Schiedsgericht anrufen oder eben auf Rechtsschutz völlig verzichten. Eine Anrufung der staatlichen Gerichte sei in keinem Fall möglich. Zum anderen kann die Formulierung auch bedeuten, es stehe dem Träger frei, das Schiedsgericht anzurufen. Rufe er dieses an, solle es allerdings endgültig entscheiden und die staatliche Gerichtsbarkeit ausgeschlossen sein. Es soll dem Träger aber auch unbenommen sein, auf eine Anrufung des Schiedsgerichts zu verzichten und sich an die staatlichen Gerichte zu wenden. Die zweite Verständnismöglichkeit, die fakultative Zuständigkeit des Schiedsgerichts bzw. ein entsprechendes Wahlrecht zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit für eine oder beide Parteien, kann ebenfalls wirksam vereinbart werden.230 Da beide Verständnismöglichkeiten bestehen, könnte sich der Träger nach § 305 c Abs. 2 BGB auf das für ihn günstigere Wahlrecht berufen. Es bedarf hier daher keiner abschließenden Entscheidung, welche Auslegung der Regelung zutreffend ist. Da in der Praxis aber auch eine Formulierung gewählt werden könnte, die eindeutig die staatliche Gerichtsbarkeit ausschließt, soll noch geprüft werden, ob dies überhaupt zulässig wäre: 230 Vgl. Geimer in: Zöller, § 1029, Rdnr. 35 m. w. Nachw.; Schwab/Walter, Kap. 3, Rdnr. 22; MüKo ZPO/Münch, § 1029, Rdnr. 43; Schwab/Gottwald, § 174, Rdnr. 5.

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Der Verordnungsgeber hat zum Erfordernis eines Verfahrens zur Prüfung von Beschwerden i. S. d. § 2 Nr. 7 AZWV ausgeführt, dieses bestehe, „um zu verhindern, dass in jedem Konfliktfall zwischen Bildungsträger und Zertifizierungsstelle sofort ein Rechtsstreit droht“. Bei einem Konfliktfall solle „zunächst intern in der Zertifizierungsstelle eine Überprüfung“ stattfinden und der Bildungsträger eine Mitteilung erhalten, die für ihn verständlich die Entscheidung der Zertifizierungsstelle erläutere.231 Die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidung der Zertifizierungsstelle in einem späteren Rechtsstreit wurde also nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern vom Verordnungsgeber vorausgesetzt. Der Begriff „Rechtsstreit“ könnte allerdings auch auf ein Schiedsgerichtsverfahren verweisen. Der Verordnungsgeber hat aber auch ausgeführt, was er mit dem Beschwerdemanagement bzw. dem Einspruchsverfahren erreichen möchte: Der Bildungsträger soll nach Überprüfung seiner Beschwerde eine Mitteilung erhalten, „die für ihn verständlich die Entscheidung der Zertifizierungsstelle erläutert“.232 Daraus lässt sich, wie bereits ausgeführt, nicht ansatzweise die Möglichkeit zum Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit ableiten. Vielmehr verweist diese Formulierung auf ein bloßes Güte- und Schlichtungsverfahren, das die Möglichkeit zur Anrufung der staatlichen Gerichtsbarkeit unberührt lassen soll. Es handelt sich um die Möglichkeit, im Wege der Gegenvorstellung eine Überprüfung zu erreichen, um Konflikte außergerichtlich und in einem frühen Stadium beizulegen. Es darf auch nicht übersehen werden, dass derjenige Träger, der sich an eine „private“ Zertifizierungsstelle wendet, kaum schlechter gestellt werden darf als derjenige, der durch die BA eine Zertifizierung nach § 12 AZWV erhält. Da gegen Zulassungsentscheidungen der BA uneingeschränkt Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten besteht, könnte keinesfalls angenommen werden, dass in AGB ein vollständiger Ausschluss der Überprüfung vor staatlichen Gerichten zulässig sein soll. Wäre dies zulässig, bestünde bei Verbreitung solcher Klauseln die Möglichkeit, dass die genuin sozialrechtliche Materie der AZWV und der §§ 77 ff. SGB III in wesentlichen Teilen einer Überprüfung durch staatliche Gerichte entzogen wäre. Dafür, dass dies vom Gesetz- oder vom Verordnungsgeber gewollt gewesen wäre, besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. Zudem sprechen die Erfahrung mit dem Recht der Arbeitsförderung und die entsprechend hohe fachliche Kompetenz der Sozialgerichtsbarkeit dafür, dass eine Überprüfung vor staatlichen Gerichten erfolgt. Schließlich bliebe vollkommen unklar, wie der Staat bei – zumal „flächendeckender“ – Ver231 232

Vgl. S. 6 Begr. AZWV, Hervorh. d. Verf. Vgl. S. 6 Begr. AZWV.

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einbarung von Schiedsgerichtsverfahren noch seiner Gewährleistungsverantwortung nachkommen sollte. Zu dieser Verantwortung zählt auch die Gewährung effektiven staatlichen Rechtsschutzes. (b) Schiedsfähige Ansprüche Voraussetzung einer wirksamen Schiedsvereinbarung wäre im Übrigen, dass es sich um schiedsfähige Ansprüche handeln würde. Dies ist zu untersuchen. Schiedsfähig ist nach § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO jeder vermögensrechtliche Anspruch. Bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen kommt es nach § 1030 Abs. 1 Satz 2 ZPO für die Schiedsfähigkeit darauf an, ob die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen. Für die Verträge nach der AZWV ist insoweit zu beachten: Ebenso wie die Zertifizierungsstelle nach hier vertretener Ansicht nicht befugt ist, die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates zum Gegenstand einer vertraglichen Verpflichtung zu machen, ist es den Zertifizierungsstellen auch verwehrt, über die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates Vergleiche mit den Trägern zu schließen. Die Zulassungsvoraussetzungen sind zwingend nach den §§ 7 ff. AZWV vorgegeben. Ob sie vorliegen, ist verbindlich zu entscheiden. Raum für den Abschluss von Vergleichen gibt es insoweit nicht. Es gibt insbesondere keinen „Handel“ hinsichtlich der Erfüllung von Zulassungsvoraussetzungen oder eine im Wege eines Vergleiches zu erreichende „Zulassung light“. Diese Grundsätze gelten wegen des zwingenden Charakters der §§ 7 ff. AZWV auch dann, wenn man lediglich ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren für gegeben erachtet. Entsprechend ist auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts Schiedsgerichtsbarkeit nur insoweit möglich, soweit die Parteien über den Streitgegenstand einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen können.233 Exakt das können die Zertifizierungsstellen aber, wie oben eingehend dargelegt, hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen und der Erteilung der Zulassung gerade nicht. Dies müsste auch in den AGB der Zertifizierungsstellen klargestellt werden. Bei der vorliegenden Formulierung über den „Einspruch“ bzw. das „Beschwerdeverfahren“ in den AGB wurde dies offenbar verkannt. Denn der „Auftraggeber“ soll ausdrücklich das Recht erhalten, gegen „Entscheidungen“ der Zertifizierungsstelle im Wege des Einspruchs vorzugehen. Über 233 Vgl. Geimer in: Zöller, § 1030, Rdnr. 23; Ingo Saenger in: Saenger (Hrsg.): Zivilprozessordnung, Handkommentar, 1. Aufl., 2006, § 1030, Rdnr. 4.

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diesen hätte dann gegebenenfalls das Schiedsgericht zu entscheiden. „Entscheidungen“ der Zertifizierungsstelle betreffen aber vor allem die Frage, ob Zulassungsvoraussetzungen vorliegen und ob die Zulassung zu erteilen ist. Zwar hat der Verordnungsgeber in der Begründung zu § 2 Nr. 7 AZWV neben allgemeinen „Konfliktfällen“, die durch das Beschwerdemanagement zu klären sein sollen, auch darauf verwiesen, die „Entscheidung“ der Zertifizierungsstelle solle für den Träger „verständlich . . . erläutert“ werden.234 Die (nochmalige) Erläuterung einer getroffenen Entscheidung über die Zulassung oder über das Vorliegen einzelner Zulassungsvoraussetzungen ist aber scharf von einem schiedsgerichtlichen Verfahren zu unterscheiden, in dem hierüber entschieden oder ein Vergleich abgeschlossen werden soll. Letzteres wäre, wie dargelegt, nicht zulässig. Der betreffenden Begründung lässt sich schließlich auch nicht entnehmen, dass der Verordnungsgeber, worauf noch gesondert einzugehen ist, hier die Einsetzung von Schiedsgerichten vorausgesehen und gebilligt oder gar gefordert hätte. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber Streitigkeiten über die Zulassungsvoraussetzungen oder gar die Zulassung selbst als schiedsfähig angesehen hätte. Ergebnis Konsequenz der strikten Bindung der Zertifizierungsstellen an die Zulassungsvoraussetzungen nach der AZWV ist, dass sämtliche Fragen und Streitigkeiten, die mit den Zulassungsvoraussetzungen nach der AZWV und mit der Erteilung der Zulassung und des Zertifikates verbunden sind, nicht schiedsfähig sind. Dagegen wäre etwa die Frage, ob ein Honorar in einer bestimmten Höhe geschuldet wird, grundsätzlich schiedsfähig, da insbesondere die Höhe des zu vereinbarenden Honorars der Disposition der Vertragsparteien unterliegt. Nur für privatrechtliche Teile der Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und Trägern kommen daher Schiedsvereinbarungen bzw. Schiedsklauseln in Betracht. Für eben diese haben die hier zu prüfenden AGB aber gerade keine Schiedsregelung getroffen. Das Verfahren bezieht sich ausdrücklich nur auf „Entscheidungen“ der Zertifizierungsstelle oder der Auditoren, die das „Zertifizierungs- oder Zulassungsverfahren“ betreffen. Gleichwohl soll mit Blick auf die Bedürfnisse der Rechtspraxis geprüft werden, ob Schiedsvereinbarungen zumindest insoweit zulässig sind, als sie die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und 234

Vgl. S. 6 Begr. AZWV.

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Trägern betreffen, oder ob auch insoweit ein striktes Verbot zum Abschluss von Schiedsvereinbarungen besteht. (c) Schiedsfähigkeit privat- und vermögensrechtlicher Ansprüche nach § 1030 Abs. 1 ZPO Streitpunkt dürfte in der Praxis vor allem die Frage der Höhe des Honorars sein. Diesen Bereich hat der Verordnungsgeber gezielt dem Wettbewerb und der freien Vereinbarung zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern überlassen. Treten insoweit Streitigkeiten auf, sind die Vertragsparteien grundsätzlich berechtigt, einen privatrechtlichen Vergleich zu schließen. Es ist nicht ersichtlich, warum sie dann nicht auch berechtigt sein sollten, von vornherein entsprechende Streitigkeiten der Entscheidung durch die staatlichen Gerichte zu entziehen und Schiedsgerichten zur Entscheidung zuzuweisen. Der Gesetz- und der Verordnungsgeber haben durch das Unterlassen jeglicher Regelungen zur Frage der Vereinbarung und zur Höhe von Entgelten einen so weiten Gestaltungsspielraum geschaffen, dass es nur konsequent erscheint, diesen auch auf die Entscheidung diesbezüglicher Streitigkeiten auszudehnen. Zwar spricht die besondere Sachkunde der Sozialgerichtsbarkeit betreffend das Recht der Arbeitsförderung dafür, auch diese Streitigkeiten von den Sozialgerichten entscheiden zu lassen. Ferner wird die Frage, ob ein Honorar überhaupt bzw. in der begehrten Höhe geschuldet wird, eng mit der Frage verknüpft sein, ob die Zertifizierungsstelle die Zulassungsvoraussetzungen ordnungsgemäß geprüft und gutachtlich festgestellt hat. Dann spricht der enge sachliche Zusammenhang dafür, entsprechende Streitigkeiten der Entscheidung durch die Sozialgerichte nicht zu entziehen. Diese Gesichtspunkte reichen allerdings nicht aus, um ein Verbot des Abschlusses von Schiedsvereinbarungen für diesen Bereich anzunehmen. Dies zu regeln, wäre Aufgabe des Gesetzgebers. Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob Schiedsvereinbarungen in diesem Rechtsbereich zweckmäßig und sinnvoll sind. Die vorstehend genannten Argumente sprechen dafür, die betreffenden Streitigkeiten durch die Sozialgerichte entscheiden zu lassen. Ergebnis Schiedsvereinbarungen sind ausschließlich für den Bereich der privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstelle und Trägern zulässig. Davon ausgenommen sind aber in jedem Fall Streitigkeiten über das Vorliegen einzelner Zulassungsvoraussetzungen oder über die Erteilung

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(sowie die Entziehung) der Zulassung. Diese sind – auch wenn man das Zertifizierungsverfahren als rein privatrechtlich betrachtet – einer Entscheidung durch die staatlichen (Sozial-)Gerichte vorbehalten. Unabhängig davon sind Schiedsvereinbarungen für den verbleibenden Anwendungsbereich nicht zweckmäßig, da die besondere Kompetenz und Sachkunde der Sozialgerichtsbarkeit sowie der oftmals enge sachliche Zusammenhang zu Fragen der Zulassungsvoraussetzungen für eine Entscheidung durch die (Sozial-)Gerichte auch in diesen Fällen sprechen. Für den Fall, dass in der Praxis dennoch Schiedsvereinbarungen abgeschlossen werden sollen, wird nachfolgend noch auf die entsprechenden Voraussetzungen eingegangen. (d) Formerfordernisse für Schiedsvereinbarungen bzw. Schiedsklauseln Da in den vorliegend zu beurteilenden Fallkonstellationen nur Verträge zwischen Unternehmern abgeschlossen werden, gelangen die besonders strengen Formvorschriften des § 1031 Abs. 5 ZPO nicht zur Anwendung. Nach § 1031 Abs. 1 1. Alt. ZPO muss die Schiedsvereinbarung in einem von den Parteien unterzeichneten Schriftstück enthalten sein.235 Der von den Vertragsparteien hier zu unterzeichnende Vertrag enthält aber keinerlei Hinweis auf die erst in den AGB enthaltene Schiedsklausel. Insoweit bestimmt § 1031 Abs. 3 ZPO: Nimmt ein den Formerfordernissen des § 1031 Abs. 1 ZPO entsprechender Vertrag auf ein Schriftstück Bezug, das eine Schiedsklausel enthält, begründet dies eine Schiedsvereinbarung, wenn die Bezugnahme dergestalt ist, dass sie diese Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages macht. Problematisch ist hier, dass der Vertragstext selbst, wie ausgeführt, die Einbeziehung der AGB mit keinem Wort erwähnt. Es ist nicht zwar erforderlich, dass ein spezieller Hinweis auf die Schiedsklausel erfolgt.236 Es genügt danach eine allgemeine Bezugnahme auf die eine Schiedsklausel enthaltenden AGB, so dass sich die Gegenpartei bewusst wird oder werden kann, dass die Parteien den Zugang zu den staatlichen Gerichten ausschließen.237 Es erscheint allerdings fraglich, ob ein „Schriftstück“ bzw. ein Vertrag, der die Einbeziehung von AGB nicht erwähnt, noch als Bezugnahme i. S. d. § 1031 Abs. 3 ZPO angesehen werden kann. 235

Die weiteren in § 1031 Abs. 1 und 2 ZPO genannten Möglichkeiten sind für die hier zu beurteilenden Vereinbarungen nicht einschlägig. 236 Vgl. Geimer in: Zöller, § 1031, Rdnr. 9 m. w. Nachw. 237 Vgl. Geimer in: Zöller, § 1031, Rdnr. 10.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Dagegen spricht die sprachliche Fassung dieser Regelung, die eine Bezugnahme des „den Formerfordernissen des (§ 1031) Absatzes 1 oder 2“ entsprechenden Vertrages auf die AGB fordert. Nach Ansicht der Literatur ist den Formerfordernissen des § 1031 Abs. 3 ZPO für eine in AGB enthaltene Schiedsklausel genügt, wenn die AGB durch ihre Einbeziehung nach § 305 BGB Vertragsbestandteil geworden sind.238 Der besonderen Form des § 305 Abs. 2 BGB bedarf es gemäß § 310 Abs. 1 BGB nicht, also auch nicht für die Bezugnahme auf die eine Schiedsklausel enthaltenden AGB. Es genügt vielmehr jede, auch stillschweigende Willensübereinstimmung.239 Damit würde eine Schiedsklausel auch dann, wenn keine ausdrückliche Bezugnahme im Vertrag erfolgt, Vertragsinhalt, wenn die AGB nach § 305 Abs. 1 BGB wirksam Vertragsbestandteil geworden sind. Einfacher und sicherer ist es allerdings auch insoweit, wenn der Formularvertrag ausdrücklich auf die Einbeziehung der (weiteren) AGB verweist. Fraglich könnte noch sein, ob die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung vorliegend dadurch berührt wäre, dass jegliche weiteren Regelungen über das Schiedsgericht, seine Zusammensetzung und sein Verfahren fehlen. Für diesen Fall ergeben sich die näheren Einzelheiten allerdings aus den gesetzlichen Regelungen, z. B. gemäß §§ 1034 Abs. 1 Satz 2 (Anzahl der Schiedsrichter), 1035 Abs. 2–5 ZPO. Der insoweit fehlende Regelungsgehalt der vorliegend zu prüfenden AGB-Klausel würde durch die gesetzlichen Regelungen der §§ 1034 ff. ZPO ausgeglichen. (2) Wirksamkeit einer Schiedsklausel nach § 307 BGB Schiedsgerichtsvereinbarungen bzw. Schiedsklauseln sind, auch wenn die Wirksamkeitsvoraussetzungen der §§ 1029 ff. ZPO erfüllt sind, im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern zusätzlich am Maßstab des § 307 BGB auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.240 Zumindest im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern ist eine in AGB enthaltene Schiedsklausel als solche nicht überraschend gemäß § 305 c Abs. 1 BGB.241 238

Vgl. HK-ZPO/Saenger, § 1031, Rdnr. 7; Schwab/Gottwald, § 174, Rdnr. 29; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 707. 239 Vgl. Schwab/Walter, Kap. 5, Rdnr. 9; MüKo ZPO/Münch, § 1031, Rdnr. 19; Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 707. 240 Vgl. statt vieler: Geimer in: Zöller, § 1031, Rdnr. 31; Erman/Roloff, § 307 BGB, Rdnr. 155; Oliver Spieker: Schiedsvereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Bereich des nicht kaufmännischen Verkehrs, ZIP 1999, S. 2138 ff., 2139.

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Die Regelung der Schiedsklausel, wonach die staatliche Gerichtsbarkeit im Rahmen der Zuständigkeit des Schiedsgerichts (notwendig) ausgeschlossen wird, verstößt nicht gegen das gesetzliche Leitbild, ist also nicht bereits nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam bzw. begründet keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners.242 Dies folgt aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Schiedsgerichtsbarkeit als der staatlichen Gerichtsbarkeit grundsätzlich gleichwertig angesehen und in den §§ 1029 ff. ZPO entsprechend ausgestaltet hat.243 Zudem besteht gerade im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern häufig ein gemeinsames Interesse an einer schnellen Streitbeilegung im Wege eines Schiedsgerichtsverfahrens.244 Gründe für eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB wurden in Literatur und Rechtsprechung vor allem hinsichtlich bestimmter Regelungen über die Besetzung und das Verfahren des Schiedsgerichts angenommen.245 Da vorliegend keine weiteren Regelungen über die Besetzung des Schiedsgerichts und das von ihm zu beachtende Verfahren getroffen wurden und auf die gesetzliche Regelung zurückgegriffen wird, wäre die Klausel – beträfe sie schiedsfähige Ansprüche – im Rechtsverkehr zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern wirksam. pp) Gewährleistung, Haftungsbegrenzungen und Haftungsausschlüsse (1) Die Regelungen im Formularvertrag In § 9 enthält der Formularvertrag Regelungen über die Gewährleistung und die Haftung. Nach § 9 Abs. 1 „sichert (die Zertifizierungsstelle) eine sorgfältige und sachgerechte Erbringung aller Leistungen nach dem bei der Beauftragung geltenden Stand der Technik und der einschlägigen Normen, Richtlinien und Auflagen zu“. 241

Vgl. BGH NJW 2005, S. 1125 ff., 1126; MüKo ZPO/Münch, § 1029, Rdnr. 11 a. Allg. Meinung, vgl. nur: Geimer in: Zöller, § 1031, Rdnr. 31; Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 143; Schwab/Walter, Kap. 5, Rdnr. 14; BGH NJW 2005, S. 1125 ff., 1126. 243 Vgl. BGH NJW 2004, S. 2898 ff., 2899; MüKo ZPO/Münch, § 1029, Rdnr. 11 a. 244 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 143. 245 Vgl. hierzu Geimer in: Zöller, § 1031, Rdnr. 32 f.; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 707; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 310, Rdnr. 28; MüKo/Basedow, § 307, Rdnr. 329; Schwab/Walter, Kap. 5, Rdnr. 14; jew. m. w. Nachw. 242

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Die Beachtung des „Standes der Technik“ sowie der einschlägigen Normen gehört bereits zu den ohnehin für den Werkunternehmer bestehenden Pflichten. So liegt etwa ein Mangel i. S. d. § 633 BGB vor, wenn die gutachterliche Prüfung von den zwingenden Regelungen der §§ 7 ff. AZWV abweicht, indem deren Voraussetzungen verkannt oder nur unvollständig berücksichtigt werden. Der Begriff der „zugesicherten Eigenschaft“, auf den die betreffende Formulierung offensichtlich abstellt und der auch im Abschnitt „Haftung“ der AGB verwendet wird, ist heute weitgehend durch den Begriff der Garantie (§ 276 Abs. 1 BGB) ersetzt worden. (Auch) im Bereich des Werkvertragsrechts kommen Beschaffenheitsvereinbarungen nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB, unselbständige und selbständige Garantien vor. Was jeweils gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Mit der Beschaffenheitsvereinbarung wird geregelt, welche Eigenschaften das Werk haben soll. Ein Sachmangel liegt nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Bei der unselbständigen Garantie, die nicht ausdrücklich so bezeichnet zu werden braucht, verpflichtet sich der Werkunternehmer darüber hinaus, für einen bestimmten Erfolg im Rahmen des Werkvertrages einzustehen und insoweit verschuldensunabhängig zu haften.246 Mit der selbständigen Garantie erklärt der Unternehmer, für einen über die Pflicht zur vertragsgemäßen Herstellung hinausgehenden Erfolg einstehen zu wollen.247 Bei der vorliegend zu beurteilenden Regelung ist nicht ersichtlich, dass die Zertifizierungsstelle für einen über die Werkleistung hinausgehenden Erfolg einstehen wollte. Verbunden mit den weiteren Regelungen, die die Haftung für Sachmängel auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln beschränken, ist auch nicht ohne weiteres anzunehmen, dass die Zertifizierungsstelle insoweit eine verschuldensunabhängige Haftung übernehmen wollte. Mit der gewählten Formulierung (Zusicherung), die gerade auf eine verschuldensunabhängige Haftung verweist, wäre es aber schlechthin unvereinbar, lediglich eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn z. B. die einschlägigen Normen der AZWV nicht beachtet würden. Denn dann läge entgegen der gewählten Bezeichnung als „Zusicherung“ in Wahrheit keine Haftungsverbesserung zugunsten des Kunden vor, sondern eine – erhebliche – Haftungsbeschränkung bzw. ein Haftungsausschluss. Da die Klausel mehrdeutig ist, ist sie hier gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zugunsten der Träger dahingehend auszulegen, dass für die in § 9 Abs. 1 246 Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 276, Rdnr. 29 u. Palandt/Sprau, § 634, Rdnr. 25 m. w. Nachw. 247 Vgl. nur: Palandt/Sprau, § 276, Rdnr. 26 m. w. Nachw.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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des Formularvertrages genannten Punkte eine verschuldensunabhängige Haftung übernommen werden soll. Die Haftungsbegrenzungen des § 9 Abs. 2 und 3 des Formularvertrages entsprechen den einschlägigen Vorgaben des § 309 Nr. 7 a) und b) BGB für die Gestaltung von Haftungsausschlüssen und -begrenzungen. Dies ist notwendig, weil diese Vorgaben bzw. die in ihnen enthaltene Wertung nach § 307 BGB auch für AGB gelten, die gegenüber Unternehmern verwendet werden.248 Äußerst problematisch ist dagegen die Regelung des § 9 Abs. 4 des Formularvertrages, nach der die Haftungsbegrenzung im Hinblick auf alle Schadensersatzansprüche gelte, „unabhängig von ihrem Rechtsgrund“. Zu beachten ist insoweit, dass die Zertifizierungsstelle im Bereich der Erteilung der Zulassung und des Zertifikates hoheitlich handelt. Für Amtspflichtverletzungen besteht, wie dargelegt, die Haftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB. Über die gesetzlich bestehenden Haftungsbeschränkungen des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Bereich fahrlässiger Amtspflichtverletzungen hinaus besteht keine Möglichkeit zu Haftungsbeschränkungen, auch nicht vertraglich oder gar in AGB. Die betreffende Erstreckung der Haftungsbegrenzung auf alle Ansprüche „unabhängig von ihrem Rechtsgrund“ ist damit unvereinbar mit Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB und damit (auch) nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Für die Vertragsgestaltung ist klar zwischen dem Bereich der Amtshaftung, in dem weder Haftungsausschlüsse noch Haftungsbeschränkungen zulässig sind, und dem Bereich der privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zu differenzieren. (2) Weitere Regelungen zu Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung in den AGB (a) Beschränkung auf Nachbesserung Im Abschnitt „Haftung“ der AGB ist (mit der Ausnahme zugesicherter Eigenschaften) eine Beschränkung der Gewährleistung unter Ausschluss aller weitergehenden Ansprüche auf Nachbesserung geregelt. Sofern die Nachbesserung fehlschlägt, bestehe ein Anspruch auf Minderung bzw. auf „Rückgängigmachung“ des Vertrages. Diese Regelung beachtet die Vorgaben des § 309 Nr. 8 b) bb) BGB, nach der eine Klausel in AGB (auch zu Werkverträgen) unwirksam ist, die Ansprüche gegen den Verwender auf ein Recht zur Nacherfüllung beschränkt, 248 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 48; Christensen in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 43.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten. Dies ist auch notwendig, da die Wertung des § 309 Nr. 8 b) bb) BGB über § 307 BGB auch für den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern gilt.249 (b) Vollständiger Haftungsausschluss für Anerkennung des Zertifikates durch „Dritte“? Die AGB enthalten im Punkt „Haftung“ die weitere Regelung, die Zertifizierungsstelle könne nicht dafür haftbar gemacht werden, dass Dritte das Zertifikat der Zertifizierungsstelle nicht anerkennen. Gegen diese Regelung bestehen erhebliche Bedenken: Auch wenn die Zertifizierungsstelle neben dem Zertifikat nach der AZWV noch andere Zertifikate erteilt bzw. erteilen darf, ist im Hinblick auf die Formulierung in den AGB nicht ersichtlich, dass diese Regelung nicht auch für die Zertifikate nach der AZWV gelten sollte. Wer als „Dritter“ eine „Anerkennung“ der Zertifikate vornehmen sollte, wird nicht näher erläutert. Daher liegt es nahe, insbesondere die BA und die AA, für die die Zertifikate in der täglichen Arbeit relevant sind, als „Dritte“ in diesem Sinne anzusehen. Nach der hier vertretenen Auffassung erfolgt die Zulassung und Zertifikatserteilung ohnehin öffentlich-rechtlich. Insoweit ist ein vertraglicher Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung, wie dargelegt, schlechthin unzulässig. Wenn die fehlende „Anerkennung“, wie sie z. B. durch den Ausschluss der Geltung von Bildungsgutscheinen für einen Träger zum Ausdruck kommen kann, trotz ordnungsgemäßer Zulassung und Zertifizierung rechtswidrig erfolgt, liegt keine Amtspflichtverletzung der Zertifizierungsstelle vor. Wenn die fehlende „Anerkennung“ dagegen darauf beruht, dass das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren mit Mängeln behaftet war, das Zertifikat also nicht hätte erteilt werden dürfen, läge eine Amtspflichtverletzung der Zertifizierungsstelle vor. Insoweit kommt ein Haftungsausschluss, wie dargelegt, keinesfalls in Betracht. Aber auch bei einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ist ein diesbezüglicher Haftungsausschluss, erst recht in AGB, nicht zulässig: Die ordnungsgemäße gutachterliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen (und bei Annahme eines privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens auch die rechtmäßige Erteilung der Zertifikate) ist ja gerade die Hauptleis249 Vgl. Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 100; Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 64; Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 8, Rdnr. 76; jew. m. w. Nachw.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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tungs- bzw. Kardinalpflicht der Zertifizierungsstelle. Wenn die BA und die AA rechtswidrig eine „Anerkennung“ der Zulassungen und Zertifikate verweigern, indem etwa die Geltung der Bildungsgutscheine für die betreffenden Träger ausgeschlossen wird, kann klarstellend eine Haftung hierfür abgelehnt werden. Unzulässig ist es aber auch hier, für eine fehlende „Anerkennung“, die die Zertifizierungsstelle selbst durch mangelhafte Leistung zu vertreten hätte, eine Haftung auszuschließen. Soweit die Verletzung von Kardinal- bzw. Hauptleistungspflichten betroffen ist, kann sich der Verwender der AGB nicht einmal für leichte Fahrlässigkeit seiner Erfüllungsgehilfen freizeichnen. Dies gilt auch im unternehmerischen Rechtsverkehr.250 Eine abweichende Regelung in AGB ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB unwirksam. Dies gilt auch für die vorliegend zu beurteilende Klausel, da sie nicht bzw. nicht hinreichend deutlich mit Blick auf die eigenen Hauptleistungspflichten der Zertifizierungsstelle differenziert. (c) Vollständiger Haftungsausschluss für Verzugsschäden? In den AGB ist in der Regelung über „Termine“ die Bestimmung enthalten, eine Fristüberschreitung bei einzelvertraglich vereinbarten Terminen durch die Zertifizierungsstelle berechtige nicht zur Geltendmachung von Verzugsschäden oder sonstigem Schadensersatz. Für den Vertragspartner der Zertifizierungsstelle kann dies einschneidende Folgen haben: Da der Träger – schon um sich im Wettbewerb mit anderen Anbietern zu behaupten – meist möglichst rasch die geplanten Weiterbildungsmaßnahmen anbieten möchte, wird er ein gesteigertes Interesse an einer Einhaltung vertraglich vereinbarter Fristen und Zertifizierungstermine haben. Eine – zumal eine erhebliche – Verzögerung kann für den Träger gravierende Wettbewerbsnachteile bewirken, da sich Arbeitnehmer in der Zwischenzeit eben an andere, bereits zugelassene Träger mit zugelassenen Maßnahmen wenden werden. Auch würde die Regelung völlig unabhängig davon eingreifen, ob und welches Verschulden die Zertifizierungsstelle an der Verzögerung trifft, also selbst bei grob fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Nichteinhaltung vereinbarter Termine. Für die Beurteilung dieser Klausel im Rahmen des § 307 BGB ist maßgeblich, dass die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung je nach Ausgestaltung 250

Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 307, Rdnr. 48; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 77; Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7 BGB, Rdnr. 43; jew. m. w. Nachw.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

der Vereinbarung Hauptleistungspflicht sein kann, deren Verletzung für den Träger einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB begründen würde. Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Träger mit Blick auf die eigene Terminplanung und abzuschließende Verträge mit Arbeitnehmern fixe Prüftermine vereinbart hat. In diesen Fällen wäre ein vollständiger Ausschluss der Haftung eine unangemessene Benachteiligung des Trägers. Aber auch in Fällen, in denen die fristgerechte Leistung durch die Zertifizierungsstelle nicht als Hauptpflicht anzusehen wäre, ist zu berücksichtigen, dass die fristgerechte Leistung zumindest eine vertragswesentliche Pflicht darstellt.251 Auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern ist die Einhaltung „einzelvertraglich vereinbarter Termine“ vertragswesentlich. Zudem ist der hier gewollte vollständige Ausschluss des Anspruchs auf Ersatz von Verzugsschäden nicht mit dem gesetzlichen Leitbild der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu vereinbaren. Während das Gesetz bereits bei einfacher Fahrlässigkeit Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens gewährt, soll mit der betreffenden Klausel selbst für grob fahrlässige und vorsätzliche Nichteinhaltung von Terminen kein Schadensersatzanspruch bestehen. Ein schutzwürdiges Interesse der Zertifizierungsstelle an einer derart weitreichenden Freizeichnung für Verzugsschäden ist nicht zu erkennen. Ergebnis Der vollständige Ausschluss des Ersatzes von Verzugsschäden verstößt gegen das gesetzliche Leitbild der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB und benachteiligt die Vertragspartner der Zertifizierungsstelle unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB. Für die Vertragsgestaltung zu erwägen wäre etwa eine Beschränkung der Haftung für Verzugsschäden auf die Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit. (d) „Erlöschen“ von Schadensersatzansprüchen unabhängig von ihrer Begründung bereits sechs Monate nach Erbringung der Leistung? Im Abschnitt „Haftung“ der AGB ist ferner geregelt: „Alle Schadensersatzansprüche, soweit sie gegeben sind, erlöschen – gleich aus welchem Rechtsgrund – 6 Monate nach Erbringung der Leistung durch“ die Zertifizierungsstelle. Auch gegen die Wirksamkeit dieser Klausel bestehen gravierende Bedenken: 251 Vgl. hierzu: Andreas Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 307, Rdnr. 291 m. w. Nachw.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Mit einer solchen Klausel würde der Träger bereits nach 6 Monaten begründete Schadensersatzansprüche verlieren, ohne dass er von der Existenz dieser Ansprüche überhaupt Kenntnis erlangt hat und sogar unabhängig davon, ob er die betreffenden Ansprüche und die ihnen zugrundeliegenden Tatsachen überhaupt innerhalb dieser Frist erkennen konnte. Zudem geht die Klausel mit ihrem Wortlaut noch über eine Verjährungsregelung hinaus: Während mit Eintritt der Verjährung der Anspruch als solcher bestehen bleibt, der Anspruchsgegner aber die Einrede der Verjährung erheben kann, sollen hier begründete Ansprüche „erlöschen“. Damit würden nicht einmal die für den Bereich der Verjährung gegebenen Möglichkeiten der Hemmung der Verjährung nach §§ 203 ff. BGB eingreifen. Der Vertragspartner der Zertifizierungsstelle wäre hier – wenn er von seinem Anspruch und den ihn begründenden Tatsachen innerhalb der 6-Monatsfrist überhaupt Kenntnis erlangt hat – gezwungen, seine Ansprüche zur Vermeidung des Rechtsverlusts rechtshängig zu machen. Die Klausel differenziert zudem gerade nicht zwischen den verschiedenen Arten von Schadensersatzansprüchen, also etwa vertraglichen oder z. B. deliktischen nach §§ 823 ff. BGB, für die jeweils unterschiedliche Verjährungsfristen gelten. Sie soll ausdrücklich alle Schadensersatzansprüche unabhängig von ihrem Rechtsgrund erfassen. In jedem Fall würden, selbst wenn die Klausel nur die Verjährung von Ansprüchen, nicht aber ihr Erlöschen betreffen würde, für die Träger gravierende Rechtsverkürzungen entstehen: (aa) Unzulässige Haftungsbegrenzungen Für die Prüfung der Klausel ist zunächst die Regelung des § 309 Nr. 7 a) und b) BGB zu berücksichtigen, da mit der Klausel zugleich die Beschränkung der Haftung auf Schadensersatz verbunden ist, also z. B. auch für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit der Vertragspartner. Betroffen wäre weiter die Haftung auf Schadensersatz für grob fahrlässige oder sogar vorsätzliche Pflichtverletzungen durch den Verwender oder seine Erfüllungsgehilfen. Das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB gilt, wie dargelegt, über § 307 BGB auch für den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern.252 Eine unzulässige Haftungsbegrenzung nach § 309 Nr. 7 BGB kann insbesondere auch in einer Abkürzung der Verjährungsfristen liegen.253 252 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 48 m. w. Nachw.; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 76; Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 43. 253 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 44; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 69; jew. m. w. Nachw.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Auch im unternehmerischen Rechtsverkehr sind aber nach einhelliger Ansicht Begrenzungen der Haftung in AGB für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Verwenders, seines gesetzlichen Vertreters oder seiner leitenden Angestellten nahezu ausgeschlossen.254 Zulässig sind sie – betreffend die grobe Fahrlässigkeit – nur in zwei Fällen: wenn sie branchentypisch und allseits gebilligt sind oder wenn der Schaden der Höhe nach auf den typischerweise in den betreffenden Fällen entstehenden Schaden beschränkt wird.255 Diese Ausnahmen liegen hier nicht vor. Ein Haftungsausschluss für vorsätzliches Handeln wäre bereits nach § 276 Abs. 3 BGB unzulässig. Ergebnis Die in keiner Weise differenzierende Klausel ist also bereits wegen Verstoßes gegen die Wertung des § 309 Nr. 7 b) BGB i. V. m. § 307 BGB unwirksam. Sie ist insgesamt unwirksam und es ist (auch) bei unwirksamen Haftungsbegrenzungsklauseln nicht möglich, sie im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion auf einen eben noch zulässigen Inhalt „umzuinterpretieren“.256 Um die Gestaltung für die Vertragspraxis zu erleichtern, ist nachfolgend noch auf die weiteren Verstöße, die eine solche undifferenzierte Klausel begründet, einzugehen: Die Klausel verstößt wegen ihrer undifferenzierten Fassung, die auch Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit begrenzen soll, gegen § 307 BGB, da die Wertung des § 309 Nr. 7 a) BGB missachtet wird. Von der einzig in Betracht kommenden Möglichkeit, insoweit eine summenmäßige Haftungsbegrenzung vorzunehmen, wurde kein Gebrauch gemacht. Die Klausel geht, wie dargelegt, über eine Verjährungsverkürzung hinaus. Im Interesse der Vertragsgestaltungspraxis ist aber noch zu prüfen, ob sie zumindest als Verjährungsregelung zulässig wäre. (bb) Unzulässige Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen Nach § 309 b) ff) BGB ist u. a. eine Klausel unwirksam, in der die Verjährungsfrist von Ansprüchen gegen den Verwender auf weniger als ein 254

Vgl. nur: Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 78; Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 48; jew. m. w. Nachw. 255 Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 48; einschränkend: Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 39 u. 46, der eine Pauschalierung ohne Rücksicht auf den Verschuldensgrad ebenfalls für unzulässig erachtet; jew. m. w. Nachw. 256 Einhellige Ansicht, vgl. nur: Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 40; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 71; jew. m. w. Nachw.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Jahr ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn verkürzt wird. Mit diesem Klauselverbot soll gewährleistet werden, dass der Vertragspartner des Verwenders in zeitlicher Hinsicht die Sach- und Rechtslage ausreichend prüfen kann und nicht seine Rechtsposition durch schlichten Zeitablauf vorzeitig verliert.257 Schadensersatzansprüche gegen die Zertifizierungsstelle kommen hier vor allem wegen Mängeln in der Begutachtung in Betracht. Anspruchsgrundlagen wären dann § 634 Nr. 4 BGB i. V. m. §§ 636, 280, 281, 283 BGB bzw. § 311 a BGB. Diese Schadensersatzansprüche verjähren gemäß § 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 634 a Abs. 2 BGB mit der Abnahme. Bei arglistigem Verschweigen eines Mangels durch den Unternehmer gilt gemäß § 634 a Abs. 3 Satz 1 BGB die regelmäßige, dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Diese beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Besteller von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Zwar sind abweichende Individualvereinbarungen grundsätzlich im Rahmen des § 202 BGB möglich, auch eine Abänderung des Verjährungsbeginns.258 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind aber Regelungen gegenüber Verbrauchern gemäß § 309 b) ff) BGB unwirksam, wenn eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird.259 Dies gilt in aller Regel – gemäß § 307 BGB – auch für den unternehmerischen Rechtsverkehr.260 Teilweise wird auch in diesen Fällen im Rahmen des § 307 BGB, ungeachtet der Wertung des § 309 b) ff) BGB, eine Interessenabwägung gefordert. Bei dieser sei insbesondere zu fragen, ob der Verwender ein berechtigtes Interesse an einer – zumal erheblichen – Abkürzung der Verjährungsfrist gelten machen könne.261 Dabei sei aber ebenfalls der Leitbildcharakter der gesetzlichen Verjährungsregelungen zu berücksichtigen.262 Ein berechtigtes und vor allem schutzwürdiges Interesse der Zertifizierungsstelle, die Verjährung für Schadensersatzansprüche – zumal ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund und das Verschulden – auf 6 Monate zu ver257

Vgl. statt vieler: Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 118. Vgl. nur: MüKo/Busche, § 634 a, Rdnr. 59. 259 Vgl. statt vieler: Palandt/Sprau, § 634 a, Rdnr. 26; MüKo/Busche, § 634 a, Rdnr. 61. 260 Vgl. BGHZ 90, S. 273 ff., 276; MüKo/Busche, § 634 a, Rdnr. 62; Palandt/ Sprau, § 634 a, Rdnr. 26. 261 Vgl. Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 123. 262 Vgl. etwa Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310, Rdnr. 887. 258

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

kürzen, ist nicht ersichtlich: Die gesetzlichen Verjährungsregelungen sind ausgewogen und belasten die Zertifizierungsstelle nicht unangemessen. Hinzu kommt, dass von der gesetzlichen Regelung selbst für die besonders gravierenden Fälle der Arglist zum Vorteil der Zertifizierungsstelle abgewichen werden soll. Die Kenntnis oder auch nur die Möglichkeit einer Kenntnisnahme hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen soll nach der zu prüfenden Klausel gerade keine Rolle spielen. Zudem soll, wie in anderem Zusammenhang erläutert, nicht einmal eine Abnahme erfolgen. Diese Abweichungen von der gesetzlichen Regelung sind für die Vertragspartner der Zertifizierungsstelle mit erheblichen Nachteilen verbunden. Schutzwürdige Interessen der Zertifizierungsstelle an einer Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist auf ein Viertel der gesetzlichen Dauer sind demgegenüber nicht erkennbar. Ergebnis Die Klausel wäre daher auch als bloße Verjährungsregelung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB unwirksam. Für die Vertragsgestaltungspraxis ist darauf zu achten, dass bei einer gewünschten Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche in AGB diese Frist mindestens noch ein Jahr betragen muss. Schließlich sei angemerkt, dass selbst bei einer ansonsten zulässigen Verjährungsverkürzung in den betreffenden Klauseln – aus den oben erläuterten Gründen – unbedingt eine Ausnahme für die Schadensersatzansprüche erforderlich wäre, die dem Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 BGB unterfallen.263 qq) Regelungen über die zulässige Verwendung des Zertifikates, insbesondere zu Werbezwecken, sowie über die Rechtsfolgen einer nicht zulässigen bzw. einer missbräuchlichen Verwendung Der Träger erhält „bei positivem Ergebnis der Prüfung“ gemäß § 3 des Formularvertrages ein „den Anforderungen der AZWV entsprechendes Zertifikat“, das ihn als zugelassenen Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung bzw. die Maßnahme als zugelassene Weiterbildungsmaßnahme für die Förderung der beruflichen Weiterbildung ausweist. Damit wird auf die Regelung des § 10 Abs. 2 AZWV Bezug genommen. Wie das Zertifikat verwendet werden darf, wird im Abschnitt „Werbung“ der zu prüfenden AGB – in Ansätzen – erläutert. 263 Vgl. hierzu: Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 28 u. Anh. § 310, Rdnr. 886 m. w. Nachw.

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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Zunächst wird dort die Selbstverständlichkeit erwähnt, dass der Träger das Zertifikat „im zulässigen Rahmen“ nutzen darf. Als Beispielsfälle werden sodann der Nachweis gegenüber Kunden oder der Nachweis der Sorgfaltspflicht in Produkthaftungsfällen genannt. Für den Bereich der AZWV ist der Nachweis gegenüber „Kunden“ einschlägig. Der Inhaber des Zertifikates soll das Recht haben, auf sein zertifiziertes „Managementsystem“ mit dem Zertifikat hinausweisen. Diese Beschränkung des Umfangs der Verwendung der Zertifikate auf das Managementsystem entspricht nicht den Vorgaben der AZWV und ist wegen Verstoßes gegen die zwingenden Regelungen der §§ 8–10 AZWV unzulässig. Das Managementsystem ist lediglich ein, wenn auch wichtiger, Bestandteil der Zertifizierung nach den §§ 7 ff. AZWV. Eine solche Beschränkung wäre zudem irreführend, weil sie einen unzutreffenden Eindruck vom Umfang der Zertifizierung vermitteln kann. Tatsächlich dürfte eine solche Beschränkung von der Zertifizierungsstelle auch im hier zu beurteilenden Fall nicht gewollt sein. Die betreffende Regelung kann zwar wegen der Bezugnahme auf „ein den Anforderungen der AZWV entsprechendes Zertifikat“ in § 3 des Formularvertrages noch dahin ausgelegt werden, dass auch seine Verwendung den Vorgaben der AZWV entsprechen soll (und muss). In jedem Fall müssen aber solche unzutreffenden Einschränkungen oder Beschreibungen des Umfangs der Zertifizierung bzw. der zulässigen Verwendung der Zertifikate vermieden werden. Zumindest missverständlich ist allerdings die Regelung, es werde das Recht gewährt, mit dem sodann in den AGB abgebildeten „Logo“ auf die Zertifizierung hinzuweisen. Gleiches gilt für die weitere Regelung, es sei ein „Hinweis auf die entsprechende Norm bzw. Gesetzesvorlage der . . . AZWV“ vorzunehmen. In § 10 Abs. 2 AZWV ist der Wortlaut der Zertifikate vorgegeben. Der Verordnungsgeber hat hierzu ausgeführt, als Nachweis für erfolgte Zulassungen werde von der Zertifizierungsstelle ein Zertifikat ausgestellt, „dass (wohl gemeint: das) mit dem in § 10 Abs. 2 (AZWV) bezeichneten Text versehen ist. . . . Der Träger ist berechtigt, in Anzeigen und Unterlagen das Zertifikat zum Zwecke der Teilnehmergewinnung und der Information zu verwenden“.264 Diese Begründung spricht – ebenso wie die Formulierung des § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV („. . .Die Zertifikate . . . werden wie folgt bezeichnet“) – dafür, dass exakt dieser Wortlaut (auch in der werblichen bzw. informatorischen Nutzung) der Zertifikate – zu verwenden ist. Es soll gerade nicht in das Belieben der Zertifizierungsstellen oder der Träger gestellt 264

Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

sein, welchen Wortlaut das Zertifikat hat. Hierfür spricht schließlich auch die Wahrung einer einheitlichen Zertifizierungspraxis. Mit einem „Logo“ der Zertifizierungsstelle kann also, soweit dies nicht irreführend ist, durchaus auf die erfolgte Zertifizierung hingewiesen werden, aber eben nur zusätzlich zu dem und nicht anstelle des nach § 10 Abs. 2 AZWV vorgeschriebenen Inhalt. Für den Bereich der AZWV und das Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV gilt also ebenfalls das, was die betreffende Zertifizierungsstelle hier lediglich für das Akkreditierungsszeichen des Deutschen Akkreditierungsrates geregelt hat: Es darf „nur in Verbindung mit der vollständigen, unveränderten Wiedergabe des Zertifikates verwendet werden“. Gegen die Vorgabe einer Nennung der entsprechenden Normen der AZWV, einer Mindestgröße für die drucktechnische Verwendung der Zertifikate und die Angabe der Zertifikatsnummer bestehen im Übrigen keine rechtlichen Bedenken. Sie sind zwar nicht in der AZWV vorgesehen, dienen aber einer besseren Übersichtlichkeit und der leichteren Kontrolle der Zertifikatsverwendung. Zudem werden die Träger durch diese Vorgaben nicht erheblich oder gar unzumutbar belastet. Eine weitere in den zu prüfenden AGB enthaltene Vorgabe lautet: Durch die Verwendung des „Logos“ (und des Zertifikates) dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, „dass das Produkt des Auftraggebers zertifiziert wurde. Somit ist auch eine Verwendung des Logos direkt auf Produkten oder Produktverpackungen untersagt. Weiterhin untersagt ist auch eine Verwendung in Verbindungen mit Leistungen, welche nicht den Zertifizierungsumfang abdecken“. Damit nimmt die Zertifizierungsstelle Bezug auf eine Vorgabe des Verordnungsgebers: Nach § 2 Nr. 7 AZWV muss die Zertifizierungsstelle die Möglichkeit haben, bei erheblichen Verstößen gegen die AZWV – also nicht zuletzt bei einem Missbrauch des Zertifikates – eine Zulassung wieder zu entziehen. Ferner darf die Zertifizierungsstelle „insbesondere nicht gestatten, dass das Zertifikat für Maßnahmen verwendet wird, die nicht nach § 9 (AZWV) zugelassen sind und soll darauf hingewiesen werden, dass eine missbräuchliche Verwendung zum Entzug auch der Zulassung des Trägers führen kann“.265 Diesen Vorgaben entspricht es, dass die AGB im Abschnitt „Entzug von Zertifikaten“ die Entziehung des Zertifikates bzw. der Zulassung ausdrücklich auch für den Fall vorsehen, dass das „Logo“ oder das Zertifikat nicht „den Vorgaben gemäß“ (gemeint sind hier offenbar die Regelungen im Abschnitt „Werbung“ der AGB) „verwendet werden und auch nach einer Ab265

Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

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mahnung“ durch die Zertifizierungsstelle nicht innerhalb der darin festgelegten Frist eine Änderung veranlasst wird. Da nach hier vertretener Ansicht auch die Entziehung der Zulassung öffentlich-rechtlich durch Verwaltungsakt erfolgt, wäre in den AGB lediglich in Form eines Hinweises auf die öffentlich-rechtlichen Rechtsfolgen einer unzulässigen oder gar missbräuchlichen Verwendung des Zertifikates einzugehen. Folgt man dagegen der Auffassung, nach der es sich um ein rein privatrechtliches Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren handelt, sind vertragliche Regelungen über die Möglichkeit der Entziehung der Zulassung und des Zertifikates gerade für den Fall einer unzulässigen Verwendung des Zertifikates unerlässlich, um die Anforderungen des § 2 Nr. 7 AZWV zu erfüllen. Das vorliegend in die Regelung aufgenommene Erfordernis einer Abmahnung stellt dabei sicher, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird und die Entziehung nur erfolgt, wenn der Träger die unzulässige Verwendung zu vertreten hat. Zudem hat die Entziehung der Zulassung für den Träger ähnlich einschneidende Folgen wie die fristlose Kündigung des Vertrages durch die Zulassungsstelle. Diese wäre, da es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt und der Träger durch die unzulässige Zertifikatsverwendung eine vertragliche Frist verletzen würde, gemäß § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB, erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Diese Grundsätze sind auf die Entziehung des Zertifikates, der praktisch die gleiche Wirkung wie eine fristlose Kündigung des Vertrages zukommt, zu übertragen. Wichtig und zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang die hier in den AGB verwendete Bestimmung, dass die Verwendung des Zertifikates im Zweifelsfall mit der Zertifizierungsstelle abzustimmen ist. Ergebnis Bei der Formulierung von Bestimmungen über die Zulässigkeit der verschiedenen Möglichkeiten der Zertifikatsverwendung ist darauf zu achten, dass präzise und zutreffende Regelungen erfolgen. Vor allem sind unzulässige Verkürzungen bzw. Beschränkungen des Zertifizierungsumfangs und der Verwendungsmöglichkeiten für die Zertifikate zu vermeiden. Zu empfehlen sind ferner Regelungen, nach denen die Verwendung der Zertifikate in Zweifelsfällen mit der Zertifizierungsstelle abzustimmen ist. Schließlich ist für die Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass ein Hinweis auf die Rechtsfolge der Entziehung von Zulassung und Zertifikat bei unzulässiger oder gar missbräuchlicher Verwendung erfolgt. Bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens sind Regelungen, die für diesen

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Fall eine Entziehung der Zulassung und des Zertifikates vorsehen, unerlässlich. Sie müssen vorsehen, dass der Träger vor Ausspruch der fristlosen Kündigung zuvor erfolglos abgemahnt worden ist. rr) Endergebnis Formularvertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen B sind im Vergleich zu Vertragsmuster A erheblich detaillierter und bieten eine ganze Reihe wichtiger und gut verwendbarer Formulierungen. Insgesamt sind sie allerdings ebenfalls nicht empfehlenswert. Der Formularvertrag und die AGB einhalten eine Fülle unwirksamer Klauseln, die in nicht wenigen Fällen auf unpräzise Formulierungen und mangelhafte Umsetzung der Vorgaben der AZWV zurückgehen. c) Formularvertrag C nebst zugehöriger „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“ Untersucht werden sollen schließlich der von einem weiteren überregional tätigen Anbieter verwendete „Vertrag zur Träger- bzw. Maßnahmenzulassung gemäß SGB III/AZWV“ sowie die zugehörigen „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“. aa) Der Formularvertrag Der Formularvertrag enthält bereits zu Beginn den nach §§ 7, 9 AZWV erforderlichen Antrag des Trägers, wobei sorgfältig zwischen der Trägerzulassung einerseits und der Maßnahmenzulassung andererseits unterschieden wird. Dabei ist besonders gelungen, dass schon im Vertragsformular der Hinweis auf die auch im Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV zu verwendende Formulierung „– von der Anerkennungsstelle der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Zertifizierungsstelle“ erfolgt. Ferner wird, den nicht überzeugend begründeten Vorgaben der AZWV folgend, zwischen dem Antrag auf Zulassung und dem privatrechtlichen Vertragsschluss unterschieden: „. . .und erteilen den Auftrag gemäß ihrem Angebot vom . . ..“. Auf die hierbei möglichen „Optionen“ eines „Voraudits“ und eines „Nutzungsrechtes“ am Zeichen der betreffenden Prüforganisation wird noch gesondert eingegangen. Das in Bezug genommene Angebot ent-

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hält dann offenbar die Regelungen über die zu erbringenden Tätigkeiten und die hierfür zu zahlende Vergütung. Für die Zwecke der weiteren Prüfung ist es vorteilhaft, wenn – wie hier – bereits im Formularvertrag mitgeteilt wird, ob und gegebenenfalls welches Qualitätsmanagementsystem verwendet wird und durch wen und wann es zertifiziert wurde. Zum einen sind solche Angaben ohnehin im Rahmen des § 8 Abs. 4 AZWV notwendig. Zum anderen findet so bereits die Möglichkeit Beachtung, nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AZWV in einem dem Zulassungsverfahren entsprechenden Verfahren erteilte Zertifikate oder Anerkennungen unabhängiger Stellen zu berücksichtigen. Schließlich enthält das Vertragsformular auch die nach §§ 7 Abs. 2 Satz 2, 9 Abs. 3 AZWV vorgeschriebene Angabe über bereits bei anderen Zertifizierungsstellen erfolgte Anträge und Zulassungen. Die dargelegten Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage einer wirksamen Einbeziehung von AGB werden vermieden oder doch zumindest vermindert, wenn der Formularvertrag – wie hier – eine ausdrückliche Bezugnahme auf die AGB enthält.266 Im vorliegend zu prüfenden Fall wird auf zwei unterschiedliche Klauselwerke verwiesen: die „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach SGB III/AZWV“ und die „Allgemeine Geschäftsbedingungen“. Geprüft wird vorliegend nur das erstgenannte Klauselwerk. Die „allgemeinen“ AGB der betreffenden Prüforganisation finden auf ihre gesamte, breit gefächerte Prüftätigkeit Anwendung und enthalten für die hier vorzunehmende Untersuchung speziell mit Blick auf die AZWV keine besonderen Regelungen. Eine allgemeine Prüfung der AGB ohne Bezug zur AZWV würde den Rahmen dieser Untersuchung verlassen. Die Bezeichnung des Trägers als „Auftraggeber“ ist zwar, wie bereits oben erläutert, nicht zutreffend, da es sich um einen Werkvertrag handelt. In der Praxis wird der Begriff des Auftraggebers allerdings vielfach auch zur Bezeichnung eines Bestellers i. S. d. §§ 631 ff. BGB verwendet. Da rechtlich kein Auftrag vorliegt, sollte gleichwohl die korrekte Bezeichnung verwendet werden. 266 Dann sollte allerdings auch die Verweisung exakt formuliert sein bzw. sollten die Bezeichnungen der AGB, auf die verwiesen wird, und ihre tatsächliche Bezeichnung übereinstimmen. Vorliegend wird die Bezeichnung der betreffenden AGB im Formularvertrag jedoch ungenau wie folgt angegeben: „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach SGB III/AZWV“. Die betreffenden AGB tragen jedoch die Bezeichnung: „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“.

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bb) „Allgemeine Bedingungen und Vertragsbedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“ Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der betreffenden anerkannten Zertifizierungsstelle sind in die „Allgemeine Bedingungen“ und die „Vertragsbedingungen“ unterteilt. Entsprechend dieser Aufteilung erfolgt die nachstehende rechtliche Prüfung. (1) „Allgemeine Bedingungen für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gemäß §§ 84, 85 SGB III/§§ 7–9 AZWV“ (a) Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Auditoren Unter der Bezeichnung „Allgemeines“ wird hier vor allem die Unabhängigkeit der Zertifizierungsstelle erläutert und betont. Dabei wird – offenbar mit Blick auf die Regelung des § 2 Nr. 3 AZWV – ausgeführt, die Verpflichtung und Sicherstellung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der berufenen Auditoren werde durch eine „Verpflichtungserklärung der Auditoren“ gewährleistet. Diese Verpflichtungserklärung, deren Inhalt nicht näher mitgeteilt wird, müsste dann die Vorgaben des § 2 Nr. 3 AZWV beachten. Insbesondere wären diese Verpflichtungserklärungen im Rahmen der „Offenlegung“ nach § 2 Nr. 3 Satz 3 AZWV der Anerkennungsstelle vorzulegen. Vermieden werden sollten allerdings rechtlich nicht zutreffende und daher irreführende Bezeichnungen wie das Anbieten von „Diensten“. Dies könnte zu dem Missverständnis führen, es werde ein Dienstvertrag i. S. d. §§ 611 ff. BGB abgeschlossen. (b) Antragstellung vor Vertragsschluss Mit der betreffenden Regelung wird ferner klargestellt, dass vom Träger ein Antrag nach § 7 bzw. § 9 AZWV auf Zulassung gestellt werden muss. Zutreffend wird außerdem geregelt, dass „gleichzeitig der Vertrag zur Zertifizierung abzuschließen“ ist. Dies ist im Vergleich zu einer Antragstellung vor Vertragsschluss, wie dargelegt, die deutlich sinnvollere Lösung. Eine Antragstellung erst nach Vertragsschluss wäre aus den erläuterten Gründen nicht zulässig.

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(c) „Geltungsbereich“ Unter der Bezeichnung „Geltungsbereich“ wird zunächst ausgeführt, dass die betreffenden „Allgemeine Bedingungen“ für den gesamten Bereich von der Vorbereitung und Durchführung des Zertifizierungsaudits über die Zertifikatserteilung bis hin zur Aufrechterhaltung des Zertifikates nach erfolgreichen „Überwachungsaudits“ gelten sollen. Nicht zur Regelung des Geltungsbereichs der AGB gehören allerdings die weiteren Bestimmungen dieses Abschnitts, die die rechtlichen Grundlagen der vertraglichen Vereinbarung bezeichnen. Danach sind SGB III und AZWV bzw. die in ihnen enthaltenen „Akkreditierungsanforderungen“ die „verbindliche Grundlage für die Zulassung der Träger und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung“. Eine solche ausdrückliche Einbeziehung der Zulassungsvoraussetzungen (nicht „Akkreditierungsanforderungen“) und der gesamten einschlägigen Normen als Vertragsgrundlage ist, wie bereits dargelegt, dringend zu empfehlen. Sie sollte allerdings nicht unter einer irreführenden Überschrift wie „Geltungsbereich“ erfolgen. Besonders ist hervorzuheben, dass auch die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates nach § 6 AZWV zur verbindlichen Vertragsgrundlage gemacht werden. Dieses Verfahren ist zu empfehlen, da auf diese Weise zugleich die vertragliche Grundlage für die Einhaltung der Anforderungen des § 2 Nr. 4 AZWV durch die Zertifizierungsstelle geschaffen wird.267 (d) „Verfahren zur Abwicklung der Dienstleistung“ In diesem Abschnitt der AGB wird der Ablauf des Zertifizierungsverfahrens ausführlich dargestellt und zusätzlich durch Bezugnahme auf ein in Ziffer 4. der AGB enthaltenes Ablaufdiagramm veranschaulicht. Diese Vorgehensweise ist beispielhaft und sehr empfehlenswert, weil sie für den (künftigen) Vertragspartner das Zertifizierungsverfahren nachvollziehbar macht, so dass bereits im Stadium vor Vertragsschluss durch Information Transparenz geschaffen wird. Die Gestaltung des Verfahrens ist ebenfalls besonders an den Informationsbedürfnissen der Träger ausgerichtet und „kundenorientiert“: Die Zertifizierungsstelle führt auf Wunsch des Trägers vor und unabhängig von einem späteren Vertragsschluss ein Informationsgespräch mit dem Träger. Inhalt dieses Gesprächs können u. a. Ziel und Nutzen der Zertifizierung, die grundsätzlichen Zulassungsvoraussetzungen, der Ablauf des Ver267 Sofern für diese Empfehlungen dann eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage besteht. Diese fehlt, wie ausgeführt, derzeit.

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fahrens und die voraussichtlichen Kosten sein. Ob diese Information kostenlos erfolgt, lässt sich den Vertragsunterlagen zwar nicht entnehmen. Auch wenn hierfür ein „Entgelt“ zu zahlen wäre, ist diese vorvertragliche Information wichtig und zu empfehlen, da in einem möglichst frühen Stadium bereits etwaige Unklarheiten und Missverständnisse beseitigt werden. Insbesondere ist es im Interesse der Träger, nicht erst nach einem Vertragsschluss den Ablauf des Zertifizierungsverfahrens zu erfahren, sondern sich frühzeitig mit den Anforderungen des Zertifizierungsverfahrens und den Zulassungsvoraussetzungen vertraut zu machen. Im Abschnitt 3.1 der AGB erfolgt – unter Bezugnahme auf das Ablaufdiagramm zu Ziffer 4. der AGB – eine Beschreibung des Zertifizierungsbzw. Zulassungsverfahrens. In diesem Zusammenhang werden die Träger auf ihre Verpflichtungen zur Information nach §§ 7 Abs. 2 Satz 2, 9 Abs. 3 AZWV über anderweitige Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren hingewiesen. Ferner erfolgt die Information über die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 AZWV eröffnete Möglichkeit, in einem dem Zulassungsverfahren nach der AZWV entsprechenden Verfahren erteilte Zertifikate ganz oder teilweise zu berücksichtigen. Einer effizienten Bearbeitung ist es dienlich, dass hier der Träger bereits vor Eröffnung des Zertifizierungsverfahrens entsprechende Informationen und Dokumente vorlegen muss. Die Zertifizierungsstelle kann so den Umfang der durchzuführenden Prüfungen und die Frage, ob und ggfls. inwieweit sie eine Berücksichtigung dieser Zertifikate vornehmen wird, frühestmöglich beurteilen. Auch diese Regelungen sind für die Vertragsgestaltung uneingeschränkt zu empfehlen. Das bereits im Antragsformular erwähnte optionale Voraudit wird im Abschnitt 3.2 der AGB näher erläutert. Die Durchführung eines Voraudits ist gerade in den Fällen erstmaliger Zulassung und Zertifizierung eines Trägers bzw. einer Maßnahme eine sinnvolle und zu empfehlende Lösung, da hier ebenfalls frühzeitig mögliche Probleme erkannt und gelöst oder zumindest Hinweise für eine Lösung gegeben werden können. Da bereits in diesem Stadium die Antragsunterlagen an das Unternehmen versandt werden, ist eine zielgerichtete Vorprüfung anhand der Antragsunterlagen möglich. Mit diesem Verfahren wird die Wahrscheinlichkeit erheblich erhöht, dass das Zertifizierungsaudit erfolgreich verläuft und keine „Nachbesserung“ gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV erforderlich ist. Gut gelöst ist auch die Gestaltung der Phase der Prüfung der Antragsunterlagen, wie sie im Abschnitt 3.3 der AGB beschrieben wird. Die Gründlichkeit der Gestaltung zeigt sich etwa daran, dass selbst die Möglichkeit der Erstellung eines sog. Selbstreportes nach § 7 Abs. 3 AZWV erwähnt wird. Dem Ziel einer erfolgreichen Zertifizierungsprüfung dient es auch, dass nach Prüfung der Antragsunterlagen eine Dokumentation der Prüfungs-

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ergebnisse erfolgt und Unklarheiten oder Mängel sodann mit dem Träger zu klären sind. Mit dieser Verfahrensweise wird das eigentliche Zulassungsverfahren von Problemen entlastet und zugleich zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass in die Phase der Zulassung im engeren Sinne nur eingetreten wird, wenn keine gravierenden Probleme für die Erteilung der Zulassung ersichtlich sind. Der Transparenz des Verfahrens ist es ferner dienlich, wenn – wie hier – der Träger vor Beginn des Zertifizierungsaudits einen mit ihm abgestimmten Auditplan erhält. Die vorliegend gestalteten Regelungen für die Phase bis zum Beginn des Zertifizierungsaudits sind damit insbesondere auch aus Sicht der Träger für die Praxis zu empfehlen. Der Abschnitt 3.4 der AGB enthält Bestimmungen zur eigentlichen Zertifizierung bzw. zum Zertifizierungsaudit. Durch die Formulierung „Audit im Unternehmen“ ist klargestellt, dass in jedem Fall eine Prüfung vor Ort bei dem Träger erfolgt. Damit wird zugleich der Vorgabe des Verordnungsgebers entsprochen, der eine Entscheidung „lediglich nach Aktenlage“ ausschließen wollte.268 Der Prüfungsumfang bzw. -inhalt wird zutreffend auf die Zulassungsvoraussetzungen der §§ 84, 85 SGB III und §§ 7–9 AZWV beschränkt.269 Zudem sind auch hier die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates ausdrücklich einbezogen, wodurch die Einhaltung der Anforderungen des § 2 Nr. 4 AZWV270 durch die Zertifizierungsstelle auch in dieser wichtigsten Phase des Zulassungsverfahrens gesichert wird. Nach Durchführung des Audits beschränkt sich die Zertifizierungsstelle hier nicht darauf, das Prüfungsergebnis in einem Auditbericht zu dokumentieren und so die nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AZWV für die Entscheidung vorgeschriebene Schriftform zu erfüllen. Vielmehr wird unmittelbar nach Beendigung des Audits der Träger in einem „Abschlussgespräch“ über das Auditergebnis unterrichtet. Auf diese Weise erfährt der Träger, was für seine weitere Planung von erheblicher Bedeutung sein dürfte, möglichst frühzeitig, ob die Zulassung erteilt wird bzw. ob „Nachbesserungen“ nach § 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV verlangt werden. Speziell zu den nicht erfüllten Anforderungen werden sog. Abweichungsberichte gefertigt. Dieses Verfahren dient ebenfalls nicht zuletzt den Interessen der Träger. Die Träger werden über das Untersuchungsergebnis und etwaige Mängel schnell und nachvollziehbar unterrichtet. Zugleich wird auf diese Weise ver268

Vgl. S. 15 Begr. AZWV. Vgl. hierzu S. 15 Begr. AZWV. 270 Deren Verbindlichkeit aufgrund einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die bisher fehlt, einmal unterstellt. 269

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mieden, dass der Träger allein aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen „Beschwerde“ erhebt. Die Zertifizierungsstelle wiederholt in den AGB sodann die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 AZWV, nach der sie das Zulassungsverfahren einmalig zur Nachbesserung nicht erfüllter Kriterien für längstens drei Monate aussetzen oder die Zulassung endgültig ablehnen kann. Durch diese Gestaltung vermeidet es die Zertifizierungsstelle, ihren Entscheidungsspielraum unnötig einzuengen. Sie ist damit insbesondere nicht gezwungen, in jedem Fall die Gelegenheit zur Nachbesserung zu gewähren oder immer eine dreimonatige Frist einzuräumen. Dieses Entscheidungsspielraumes hat sich etwa die Zertifizierungsstelle, die den oben geprüften Formularvertrag B verwendet, unnötigerweise begeben. Wichtig ist auch der Hinweis in den hier zu prüfenden AGB, dass über den Umfang des Nachaudits der Auditleiter entscheidet, also nicht etwa eine Vereinbarung mit dem zu prüfenden Träger zu schließen ist. Wäre dies nicht geregelt, könnten Träger u. U. versuchen, über den Umfang vorzunehmender Nachprüfungen zu verhandeln, um so die Anforderungen an die Erteilung der Zulassung zu verringern. Gerade in den Fällen, in denen ein Nachaudit erforderlich ist, ist besonders intensiv und sorgfältig zu prüfen, ob die Zulassungsvoraussetzungen (nunmehr) eingehalten werden. Wenn trotz umfangreicher Vorbereitung des Audits noch immer einzelne Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt werden, spricht dies für erhebliche Probleme des Trägers in diesem Bereich. Die zu prüfenden AGB enthalten ferner in den Abschnitten 3.4 und 3.8 besondere Bestimmungen zur Prüfung einer Referenzauswahl von Maßnahmen nach § 9 Abs. 2 AZWV. Mit dieser Regelung wollte der Verordnungsgeber eine „wirtschaftliche“, also für den Träger möglichst kostengünstige Prüfung auch bei einer Vielzahl angebotener Maßnahmen ermöglichen.271 Damit soll aber keine Verringerung der Prüfungsintensität oder der Zulassungsanforderungen verbunden sein. Der Verordnungsgeber hat zur entsprechenden Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 AZWV ausgeführt, hinsichtlich jeder einzelnen in der Auswahl enthaltenen Maßnahme müssten die Zulassungsvoraussetzungen voll erfüllt werden. Sei dies auch nur bei einer einzigen Maßnahme nicht der Fall, scheide eine Zulassung nach dem Referenzauswahlverfahren aus.272 Diese Anforderungen werden hier in den AGB wiederholt und klargestellt, dass auch keine „Nachbesserungen“ in dieser speziellen Form des Zulassungsverfahrens möglich sind. Durch diese Regelungen dürfte vermieden werden, dass bei Trägern unzutreffende Vorstellungen über eine „vereinfachte“ Zulassung nach § 9 Abs. 2 AZWV ent271 272

Vgl. S. 13 Begr. AZWV. Vgl. S. 14 Begr. AZWV.

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stehen. Im Übrigen setzt die Regelung in Ziffer 3.8 der AGB eine entsprechende Empfehlung des Anerkennungsbeirates zur Referenzauswahl um und stellt – in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Verordnungsgebers – klar, dass die Referenzauswahl allein der Zertifizierungsstelle bzw. dem Auditor obliegt.273 Gleiches gilt für die Regelung, dass aus jedem Wirtschaftszweig jeweils mindestens eine Maßnahme zur Prüfung vorzulegen ist.274 Im Abschnitt 3.5 der AGB sind Bestimmungen über die Erteilung der Zertifikate und ihre Überwachung enthalten. Hier – wie auch bei den anderen geprüften Formularverträgen und AGB – wird nicht klar zwischen Zulassung und Zertifikaten getrennt. Beide Begriffe werden abwechselnd und nahezu synonym verwendet. So ist hier im Abschnitt 3.4 der AGB das „Zulassungsverfahren“ erwähnt, während sich Abschnitt 3.5 der AGB ausschließlich mit der Erteilung der Zertifikate, nicht aber mit der Erteilung der Zulassung beschäftigt. Dass auch diese Zertifizierungsstelle nicht nur Zertifikate, sondern auch Zulassungen erteilt, wird etwa an der Regelung in § 1 der Vertragsbedingungen deutlich, nach der die Zulassung ausdrücklich Vertragsgegenstand ist. Abgesehen davon, dass weder Zulassungs- noch Zertifikatsvergabe aus den genannten Gründen Vertragsgegenstand sein dürfen, sollte auch bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens – der Regelung des § 10 AZWV folgend – zwischen Zulassung und Zertifikat unterschieden werden. Im Übrigen wahrt die Zertifizierungsstelle hier wiederum den ihr vom Verordnungsgeber eröffneten Entscheidungsspielraum und vermeidet in den AGB eine Festlegung auf eine bestimmte Dauer der Zulassung. Es wird lediglich die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV mit der dreijährigen Höchstfrist wiederholt. Eine solche Gestaltung ist zu empfehlen. Die Zertifizierungsstelle kann hier flexibel und den Gegebenheiten bei dem jeweiligen Träger bzw. seiner Maßnahmen entsprechend entscheiden. Nicht für jeden Träger und jede Maßnahme dürfte von vornherein eine dreijährige Zulassung sinnvoll sein. So kann die Zertifizierungsstelle mit einer kürzeren Zulassung etwa ein zusätzliches Korrektiv schaffen, wenn sie Zweifel an der dauerhaften Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen hegt. Die Bestimmungen über die Durchführung von Überwachungsaudits stellen zunächst auf die jährliche Prüfung des Qualitätssicherungssystems gemäß § 8 Abs. 4 AZWV ab. Wichtig und zutreffend ist der Hinweis in den AGB, wonach die Zertifikate bei nicht fristgerechter Durchführung dieser Prüfung ihre Gültigkeit verlieren. 273 274

Vgl. S. 13 Begr. AZWV. Vgl. S. 13 Begr. AZWV.

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Wie bereits dargelegt, ist diese Prüfung aber – ob sie nun Überwachungsaudit genannt wird oder nicht – keinesfalls mit einem verminderten Prüfungsumfang im Vergleich zu einem Vollaudit zulässig. Vorliegend sollen insoweit „mindestens die wesentlichen Standard-/Normanforderungen des QMS“ geprüft werden. Hier sollte besser darauf hingewiesen werden, dass nach § 8 Abs. 4 AZWV eine Vollprüfung erfolgt, die dann mit der Überwachung der übrigen Zulassungsvoraussetzungen verbunden wird. Für diese Überwachung enthalten die AGB die klare und zu empfehlende Regelung, dass „stichprobenartig die wesentlichen Anforderungen der §§ 84, 85 SGB III und §§ 7, 8, 9 AZWV geprüft werden“. Ferner werden die ordnungsgemäße Nutzung des Zertifikates und Beanstandungen bezüglich des Managementsystems sowie die Wirksamkeit von Korrekturmaßnahmen aus den vorherigen Audits „bewertet“. Hier ist, im Unterschied zu anderen oben geprüften Regelungen anderer Zertifizierungsstellen, nachvollziehbar, was unter „Überwachung“ zu verstehen ist und was genau überwacht wird. Eine so gestaltete Überwachung ist sinnvoll und schafft die Voraussetzungen, dass die Erwartungen des Gesetz- und des Verordnungsgebers an eine Verbesserung der Qualität im Bereich der zu fördernden beruflichen Weiterbildung tatsächlich erfüllt werden. Die betreffenden Bestimmungen sind schließlich in Zusammenhang mit der Regelung in § 4 der Vertragsbedingungen zu sehen. Danach kann in „besonderen, begründeten Fällen“ auch ein außerordentliches Überwachungsaudit erforderlich werden. Wann dies erforderlich ist, liegt im Ermessen der Zertifizierungsstelle. Damit kann die Zertifizierungsstelle insbesondere auf Mitteilungen der AA nach § 86 Abs. 4 SGB III unmittelbar und zügig reagieren. Zudem werden Träger mit Rücksicht auf die Möglichkeit solcher außerordentlichen Prüfungen noch stärker auf die kontinuierliche Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen achten. Die Regelungen über den Entzug des Zertifikates in Abschnitt 3.5 der AGB stellen auf die Feststellung „schwerwiegender Abweichungen“ ab. Wie dargelegt, ist die Entziehung der Zulassung bei „erheblichen“ Verstößen i. S. d. § 2 Nr. 7 AZWV und nach erfolglosem Ablauf einer Frist nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV vorzunehmen. Erheblich sind aber alle Verstöße gegen die Zulassungsvoraussetzungen, wobei allenfalls Bagatellen ausgenommen werden können. Die Zertifizierungsstelle definiert die „schwerwiegende Abweichung“ als „Verstoß zu Anforderungen der §§ 84, 85 SGB III und der §§ 7–9 AZWV sowie der Empfehlungen des Anerkennungsbeirates im gesamten Unternehmen“. Diese Regelung stellt zwar zutreffend auf die grundsätzliche Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen ab. Es erschließt sich aber nicht, warum auf einen Verstoß „im gesamten Unternehmen“ abzustellen sein sollte und was genau darunter zu verstehen

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sein soll. Der Verordnungsgeber hat z. B. mit der Regelung des § 9 Abs. 2 AZWV zur Referenzauswahl hervorgehoben, dass auch in diesem „vereinfachten“ Zulassungsverfahren keine Abstriche an der Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen zulässig sind. Mit dieser Zielrichtung der AZWV wäre es unvereinbar, wenn man Mängel nur für erheblich erachten würde, wenn sie im gesamten Unternehmen des Trägers auftreten. Zudem würden mit diesem Kriterium Träger begünstigt, die überregional tätig sind bzw. über mehrere Standorte verfügen. Es ist aber nicht erkennbar, warum derjenige, der seine Tätigkeit auf mehrere Standorte verteilt, weniger streng beurteilt werden sollte, als der „kleine“ Träger mit nur einem Standort und wenigen Maßnahmen. Diese Bedenken gelten auch hinsichtlich der Regelungen über eine Verbundzertifizierung in Abschnitt 3.6 der AGB. Hier wäre klarzustellen, dass die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen an jedem Standort und in jeder Niederlassung, für die die Zulassung Gültigkeit haben soll, erfüllt sein müssen. Nur wenn dies sichergestellt ist, ist die Verbundzertifizierung zulässig. Die Bestimmungen über die Erweiterung des Geltungsbereiches der Zulassung im Abschnitt 3.7 der AGB wären ebenfalls zu präzisieren: Zwar besteht die Möglichkeit, den Geltungsbereich einer Zulassung geographisch oder fachlich zu erweitern. Bei einem bzw. im Rahmen eines Überwachungsaudits dürfte dies kaum möglich sein. Die Formulierungen könnten zu dem Missverständnis führen, eine solche Erweiterung könne durch eine Beschränkung auf eine stichprobenartige Prüfung oder eine Prüfung nur der wesentlichen Zulassungsvoraussetzungen erreicht werden. Dies wäre aber nicht zulässig. Gerade die dort erwähnte Zulassung zusätzlicher Maßnahmen kann keinesfalls im Wege eines Überwachungsaudits erlangt werden, wie es in Ziffer 3.5 der AGB definiert ist. Es ist für die Fälle der Erweiterung des inhaltlichen oder geographischen Zulassungsbereichs eine Vollprüfung der betreffenden Voraussetzungen erforderlich. (2) Vertragsbedingungen über die Zertifizierung und die Nutzung des Zertifikates der Zertifizierungsstelle sowie die Nutzung des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle (a) Vertragsgegenstand Die im 5. Kapitel der AGB zusammengefassten Vertragsbedingungen enthalten in § 1 Regelungen zum Vertragsgegenstand. Hier ist lediglich nochmals darauf hinzuweisen, dass die Zulassung von Trägern und Maßnahmen im Gegensatz zur dortigen Regelung nicht Ver-

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tragsgegenstand sein darf. Vielmehr ist der Vertragsgegenstand die gutachterliche Prüfung und Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen nach den §§ 7 ff. AZWV. Ferner unterscheiden die Vertragsbedingungen hinsichtlich der Verwendung des Zertifikates nach der AZWV und dem eigenen Unternehmenszeichen der Zertifizierungsstelle. Gegen die Verwendung bzw. die Gestattung der Verwendung eines zusätzlichen Unternehmenszeichens der Zertifizierungsstelle bestehen keine Bedenken, soweit hinreichend deutlich zwischen diesem Unternehmenszeichen einerseits und dem Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV unterschieden wird. Insbesondere ist es nicht zulässig, den nach § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV vorgeschriebenen Wortlaut abzuändern oder zu ergänzen. Dies wird mit der Regelung in § 1 beachtet, indem der Wortlaut des Zertifikates korrekt wiedergegeben und lediglich das Zeichen der Zertifizierungsstelle hinzugefügt wird. Zudem wird in § 1 zutreffend erläutert, dass die „Basis“ für die Erteilung des Zertifikates die Anforderungen der §§ 84, 85 SGB III und der §§ 7–9 AZWV sowie die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates sind. Zusätzlich wird als Grundlage der Zertifikatsverwendung auch die Überwachung genannt. Damit wird das Erfordernis einer laufenden Überwachung nochmals ausdrücklich zum Vertragsgegenstand erklärt. Dies ist im Sinne einer transparenten Vertragsgestaltung zu begrüßen. Den Trägern wird so nochmals deutlich gemacht, dass sie nicht nur zu bestimmten Prüfzeitpunkten, wenn die Verlängerung der Zulassung ansteht, die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen müssen, sondern ständig. (b) § 2 Pflichten und Rechte des Auftraggebers Die Ziffern 1–3 der Regelung enthalten wichtige und notwendige Bestimmungen für die Zusammenarbeit zwischen Zertifizierungsstelle und Träger. Die Informationspflicht des Trägers einschließlich der Pflicht, benötigte Dokumente und Unterlagen vorzulegen ist ebenso geregelt wie die Verpflichtung, den Auditoren Zugang im erforderlichen Umfang zu den relevanten Unternehmensbereichen zu gewähren. Einer möglichst reibungslosen und effektiven Zusammenarbeit ist es auch förderlich, wenn der Träger – wie hier – zur Benennung von Auditbeauftragten verpflichtet wird. In den Ziffern 4 und 5 werden die gesetzlichen Informations- und Mitteilungspflichten der Träger nach §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV wiederholt. Eine solche Wiederholung ist zwar aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht notwendig. Zu empfehlen ist sie gleichwohl, um den Träger umfassend zu informieren. Zugleich wird mit der (auch) vertraglichen Regelung dieser Pflichten der Zertifizierungsstelle eine weitere rechtliche

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Möglichkeit eingeräumt, die Träger zur Erfüllung ihrer entsprechenden Pflichten anzuhalten. Schließlich hat die Zertifizierungsstelle die gesetzlichen Auskunfts- und Mitteilungspflichten vertraglich erweitert, indem die Träger über den Wortlaut des § 7 Abs. 4 AZWV hinaus verpflichtet werden, auch Änderungen der Unternehmensstruktur und der Organisation mitzuteilen. Gegen eine solche „Ergänzung“ der gesetzlichen Mitteilungspflichten bestehen keine rechtlichen Bedenken. Denn tatsächlich handelt es sich nicht um eine Ergänzung, sondern lediglich um eine Präzisierung, wie die Formulierung „insbesondere“ in § 7 Abs. 4 AZWV verdeutlicht. Mit der Bestimmung zu Ziffer 5 zur Verpflichtung des Trägers, Beanstandungen bezüglich des Managementsystems „von außerhalb des Unternehmens, etwa von Kunden“ und ihre Behebungen aufzuzeichnen und dem Auditor im Audit vorzulegen, wird eine weitere wichtige und zu empfehlende Regelung vorgenommen: Zum einen wird damit nochmals sichergestellt, dass die Zertifizierungsstelle über Beanstandungen durch die AA nach § 86 SGB III informiert wird, so dass hier in Ergänzung zu § 86 Abs. 4 SGB III eine „doppelte Sicherung“ geschaffen wird. Zum anderen werden gerade die besonders wichtigen Beanstandungen durch die „Kunden“ des Trägers berücksichtigt und der Träger dazu angehalten, diesen nachzugehen und ihre Ursachen bei begründeter Beanstandung von sich aus zu beheben. Schließlich wird durch die Vorlagepflicht gegenüber der Zertifizierungsstelle die Kontrolle der Beanstandungen und ihrer Behebungen ermöglicht. So richtig und empfehlenswert solche Bestimmungen sind, dürfen sie allerdings nicht zu der Annahme verleiten, damit lückenlos jede Beanstandung erfassen zu können. Zwar werden viele Träger ihrer Verpflichtung nachkommen und die Beschwerden von Kunden dokumentieren und bei Berechtigung auch beheben. Nicht selten dürfte in der Praxis aber auch das Bestreben bestehen, für den Träger wenig vorteilhafte Beschwerden von Kunden nicht zu berücksichtigen, um so keine Schwierigkeiten für eine erneute Zertifizierung zu schaffen. Die Versuchung, so zu agieren, wird um so größer sein, je weniger der Träger damit rechnet, dass sich der Kunde mit seiner Beschwerde auch an Dritte, etwa an die AA oder die Zertifizierungsstelle wendet. Gleichwohl ist die hier getroffene Regelung sinnvoll. Kann einem Träger in diesem Bereich Manipulation bzw. eine Verletzung der vertraglichen Offenbarungspflicht doch einmal nachgewiesen werden, dürfte allein dies die Versagung einer neuen Zulassung begründen. Empfehlenswert ist des Weiteren die in Ziffer 6 getroffene Regelung über die Betretungsrechte. Gelungen ist vor allem, dass diese nicht nur auf die Mitarbeiter der Zertifizierungsstelle beschränkt sind, sondern – soweit erforderlich – auf Vertreter bzw. Gutachter der BA oder des Anerken-

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nungsbeirates erstreckt werden. Hier hat die Zertifizierungsstelle vertraglich abgesichert, dass die Anerkennungsstelle und sogar der Anerkennungsbeirat die Arbeit der Zertifizierungsstelle bei Bedarf umfassend auch „vor Ort“ bei den Trägern prüfen können. Zugleich dokumentiert die Zertifizierungsstelle durch eine solche Regelung, dass sie eine Kontrolle ihrer Arbeit möglichst erleichtern will. Dies wird nur eine Zertifizierungsstelle tun, die keine bzw. keine gravierenden Beanstandungen ihrer Arbeit zu erwarten hat. Die Regelung in Ziffer 7 stellt auf das Beschwerderecht des Trägers speziell gegen die Benennung der Auditoren ab. Damit wird nicht nur der Anforderung des § 2 Nr. 7 AZWV auch für diesen Bereich des Zertifizierungsverfahrens entsprochen. Zugleich sichert diese Beschwerdemöglichkeit zusätzlich, dass gemäß § 2 Nr. 3 und 4 AZWV nur hinreichend qualifiziertes und unabhängiges Personal für die Auditierungen eingesetzt wird. Aus der betreffenden Bestimmung ist allerdings nicht ersichtlich, wie Beschwerden hier weiter behandelt werden, also insbesondere, wie im Falle der Begründetheit oder Unbegründetheit der Beschwerde verfahren wird. Es ist zwar anzunehmen, dass die allgemeine Regelung des § 3 Nr. 6 der Vertragsbedingungen wohl auch eine Beschwerde nach § 2 Nr. 7 der Vertragsbedingungen erfasst. Ein dies klarstellender Hinweis wäre gleichwohl zu empfehlen, um den Verfahrensablauf für diese Fälle verständlicher darzustellen. Mit der Regelung in Ziffer 8 der Vertragsbedingungen wird der Einsatz von externen Auditoren von der Zustimmung des Trägers abhängig gemacht. Die AZWV sieht dies nicht vor und auch die Begründung des Verordnungsgebers enthält hierzu keine entsprechenden Hinweise.275 Gleichwohl kann auf Seiten der Träger durchaus die Besorgnis bestehen, dass die ihnen angedienten externen Auditoren nicht gleich strengen Bindungen und Qualifikationsanforderungen unterliegen wie fest angestellte Auditoren. Solche Besorgnisse könnten mit einer Zustimmungsregelung vermindert oder ausgeschlossen werden. Nicht verkannt werden darf allerdings die Gefahr, dass auf diese Weise gerade „kleine“ Zertifizierungsstellen, die nur über wenig eigenes Personal verfügen, in Schwierigkeiten geraten können. Denn leicht kann hier die Situation eintreten, dass – zumal ohne sachliche Begründung, die in der betreffenden Klausel auch nicht gefordert wird – hinreichend qualifizierte und zuverlässige externe Auditoren abgelehnt werden und keine Ersatzkräfte zur Verfügung stehen. Zertifizierungsstellen sollten demnach sorgfältig abwägen, ob sie den Trägern hinsichtlich externer Auditoren – wie hier – einen unbeschränkten 275

Vgl. S. 4 f. Begr. AZWV.

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Zustimmungsvorbehalt einräumen. Ein Ablehnungsrecht aus wichtigen, sachlichen Gründen dürfte vorzuziehen sein. Hinzu kommt, dass die rechtliche Ausgestaltung der Zustimmungsregelung vorliegend nicht unproblematisch ist. Die rechtlichen Bedenken betreffen die weitere Bestimmung, nach der die Zustimmung als erteilt gilt, wenn der Träger nicht innerhalb einer Woche nach Benennung des externen Auditors gegen dessen Einsatz Einspruch einlegt. Da der „Einspruch“, wie aus der unterschiedlichen Bezeichnung hervorgeht, keine „Beschwerde“ i. S. d. § 3 Nr. 6 der Vertragsbedingungen ist, ist mit dem ohne jede Begründung möglichen Einspruch die Zustimmung versagt und der Auditor endgültig abgelehnt. Rechtlich problematisch ist hier die Fiktion der Zustimmung, also einer Willenserklärung, wenn innerhalb einer Woche nach „Benennung“ kein Einspruch erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass „Benennung“ hier auch die entsprechende Information und Benachrichtigung des Trägers umfasst, also die Frist erst ab Kenntnis des Trägers oder zumindest Möglichkeit zur Kenntnisnahme für den Träger beginnt. Auch wenn man die Regelung aber entsprechend versteht, bleibt das Problem der Fiktion einer Willenserklärung. Nach § 308 Nr. 5 BGB ist in AGB u. a. eine Bestimmung unwirksam, nach der eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders (hier: die Zustimmung) bei Unterlassung einer bestimmten Handlung (hier: des Einspruchs) als von ihm abgegeben gilt – es sei denn, dem Vertragspartner ist eine angemessene Frist zur Abgabe der ausdrücklichen Erklärung eingeräumt und der Verwender verpflichtet sich, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Das Klauselverbot des § 308 Nr. 5 BGB ist zwar nicht unmittelbar anwendbar, da hier gemäß § 310 Abs. 1 BGB der Vertragspartner des Verwenders Unternehmer ist. Über § 307 BGB gelangen die Wertungen dieses Klauselverbotes aber auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern grundsätzlich zur Anwendung.276 Fraglich ist bereits, ob die Erklärungsfrist von einer Woche angemessen ist. Für Verträge mit Verbrauchern wird vielfach (von Ausnahmen besonders eilbedürftiger Rechtsgeschäfte abgesehen) eine Frist von mindestens zwei Wochen für erforderlich erachtet.277 Bei gegenüber Unternehmern verwen276 Vgl. MüKo/Basedow, § 308 Nr. 5, Rdnr. 15; Palandt/Heinrichs, § 308, Rdnr. 30; Erman/Roloff, § 308, Rdnr. 51; jew. m. w. Nachw. 277 Vgl. etwa: Erman/Roloff, § 308, Rdnr. 45 m. w. Nachw.; ähnlich: Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 308 Nr. 5, Rdnr. 11; weniger streng dagegen z. B. Palandt/Heinrichs, § 308, Rdnr. 26: 1–2 Wochen.

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deten AGB wird allerdings vielfach eine Berücksichtigung der geringeren Schutzbedürftigkeit dieses Personenkreises bei Bemessung der Frist gefordert und werden kürzere Fristen für zulässig erachtet.278 Für den vorliegend zu beurteilenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Zertifizierungsstelle ein berechtigtes Interesse an einer schnellen Entscheidung darüber hat, ob der benannte externe Auditor akzeptiert wird und eingesetzt werden kann oder nicht. Sie wird selbst gegenüber dem externen Auditor, der über seine Arbeitszeit disponieren muss, in aller Regel zu einer schnellen Entscheidung und einem raschen Vertragsschluss gezwungen sein. Zudem muss die Zertifizierungsstelle, um dem Zertifizierungsverfahren rasch Fortgang geben zu können, im Falle des „Einspruchs“ durch den Träger schnellstmöglichst einen anderen externen Auditor finden und benennen. Dem geschäftlich regelmäßig erfahrenen Träger ist es zumutbar, eine etwaige Ablehnung des externen Auditors innerhalb einer Frist von einer Woche mitzuteilen. Da der Träger hier keine Begründung angeben muss, ist er insbesondere nicht gezwungen, innerhalb dieser Frist umfangreiche Erkundigungen über den externen Auditor einzuholen, so dass kein erheblicher „Entscheidungsdruck“ zu erkennen ist. Damit ist die hier vorgesehene Frist von einer Woche in der vorgenommenen Gestaltung der Klausel, die vom Träger keine Begründung seines Einspruchs fordert, angemessen. Problematisch ist ferner, dass kein besonderer Hinweis der Zertifizierungsstelle an den Träger über die rechtliche Bedeutung seines Verhaltens bei Beginn der Frist vorgesehen ist. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Benennung des externen Auditors und der Information des Trägers ein Hinweis auf die Erklärungsfrist und die rechtlichen Folgen eines Schweigens vorgenommen wird. Im Verkehr zwischen Unternehmern kann allerdings nach teilweise vertretener Auffassung die Verpflichtung, nochmals gesondert auf die rechtliche Bedeutung des Verhaltens des Vertragspartners bei Beginn der Frist hinzuweisen, entfallen, wenn ein berechtigtes Interesse des Verwenders der AGB an einer raschen Herbeiführung klarer Verhältnisse besteht.279 Ein solches Interesse besteht hier. Hinzu kommt, dass die Zertifizierungsstelle nicht verpflichtet ist, dem Träger ein – zumal ohne jegliche Begründung auszuübendes – Ablehnungsrecht hinsichtlich der externen Auditoren einzuräumen. Dann ist auch nicht zu erkennen, warum gegenüber den regel278 Vgl. z. B. Erman/Roloff, § 308, Rdnr. 51; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 308 Nr. 5, Rdnr. 18. 279 Vgl. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 308 Nr. 5, Rdnr. 18; Palandt/ Heinrichs, § 308, Rdnr. 30 m. w. Nachw.

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mäßig geschäftlich erfahrenen Trägern bei Beginn der Frist nochmals ein gesonderter Hinweis auf die rechtlichen Folgen ihres Erklärungsverhaltens erforderlich sein sollte. Der gesonderte Hinweis ist daher nicht notwendig. Um das Risiko einer Unwirksamkeit der Bestimmung allerdings zu minimieren, sollte in der Praxis ein entsprechender Hinweis erfolgen. Er dürfte die Zertifizierungsstelle auch nicht unzumutbar belasten, da sie den Träger ohnehin über die Benennung informieren muss. (c) § 3 Pflichten der Zertifizierungsstelle Die in Ziffer 1 getroffenen Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht sind grundsätzlich bereits nach § 2 Nr. 5 AZWV notwendig. Zwar nicht notwendig, aber zu empfehlen ist die hier vorgesehene Möglichkeit, die Zertifizierungsstelle vom Träger von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbinden zu lassen. Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass der Träger als von der Verschwiegenheitsverpflichtung der Zertifizierungsstelle Geschützter das Recht hat, diese von ihrer entsprechenden Verpflichtung zu entbinden. Nicht verständlich ist dagegen die vorgesehene Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht zugunsten einer „Schiedsstelle“. Es lässt sich den Vertragsunterlagen nicht entnehmen, dass überhaupt eine Schiedsvereinbarung getroffen werden und was unter der „Schiedsstelle“ zu verstehen sein soll. Die BA kann nicht gemeint sein, da insoweit besondere Bestimmungen in Ziffer 6 enthalten sind. In Ziffer 2 wird in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV wiederholt, unter welchen Voraussetzungen Zulassung und Zertifikat erteilt werden bzw. zu erteilen sind. Ergänzend ist die Durchführung von Überwachungsaudits einbezogen und nochmals klargestellt, dass die Zulassungen bzw. Zertifikate (nur) ihre Gültigkeit bis zum Ablauf der Befristung behalten, wenn auch die Überwachungsaudits erfolgreich verlaufen. Wichtig und aus den bereits dargelegten Gründen zutreffend geregelt ist in diesem Zusammenhang, dass ausdrücklich und ohne jegliche Einschränkung der Nachweis der Einhaltung der Anforderungen nach den §§ 84, 85 SGB III und der §§ 7–9 AZWV auch für den Bereich der Überwachungsaudits vereinbart wird. In Ziffer 3 ist lediglich nochmals regelt, dass die Zertifizierungsstelle dem Träger die Nutzung ihres Zeichens für Werbezwecke zur Verfügung stellt. Näheres hierzu ist in § 5 geregelt. Wie bereits erörtert, ist es im Interesse aller am Zertifizierungsverfahren Beteiligten oder von ihm Betroffenen wichtig, dass die Zertifizierungsstelle

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den Träger, wie hier in Ziffer 4 vorgesehen, während der Vertragslaufzeit über Änderungen im Zertifizierungsverfahren, die direkte Auswirkungen auf ihn haben, unterrichtet. Hierzu dürften insbesondere Änderungen der Zulassungsvoraussetzungen nach §§ 7–9 AZWV zählen. Die in Ziffer 5 geregelte Freischaltung der (zugelassenen) Maßnahme in der KURS-Datenbank280 dient den Interessen der Träger, da so eine weitreichende Information über die Tatsache der Zulassung und ihren Inhalt ermöglicht wird. Näher zu untersuchen ist die Regelung in Ziffer 6 über den Umgang mit „Beschwerden“ der Träger. Zutreffend ist zunächst geregelt, dass die Zertifizierungsstelle die Beschwerden der Träger zum Zertifizierungsverfahren schriftlich aufnimmt und im Rahmen des „internen Beschwerdemanagements“ bearbeitet. Damit nimmt die Zertifizierungsstelle offensichtlich Bezug auf die Anforderung nach § 2 Nr. 7 AZWV. Besonders positiv ist die weitere Regelung, dass die Zertifizierungsstelle von sich aus bei fachlichen Beschwerden den Anerkennungsbeirat bzw. die BA unterrichtet. Die Zertifizierungsstelle geht damit freiwillig über die Mitteilungspflichten des § 4 AZWV hinaus. Vorteilhaft ist auch – grundsätzlich – der weitere Hinweis, die Träger könnten sich auch selbst an die BA bzw. an den Anerkennungsbeirat wenden. Gleiches gilt für den Hinweis, der Träger habe das Recht, sich bei Beschwerden über die Zertifizierungsstelle „auch“ direkt an die Anerkennungsstelle der BA zu wenden. Gänzlich offen bleibt allerdings, in welchem rechtlichen Rahmen diese Einschaltung der Anerkennungsstelle der BA und/oder des Anerkennungsbeirates erfolgt. Dies gilt erst recht für die weitere Bestimmung, nach der die Anerkennungsstelle der BA „entscheidet“, wenn zwischen dem Träger und der Zertifizierungsstelle keine Einigung erzielt wird. Den oben erläuterten gesetzlichen Anforderungen einer Belehrung über die rechtliche Möglichkeit, gegen die Versagung der Zulassung und des Zertifikates im Wege des Widerspruchs die Anerkennungsstelle der BA für die Durchführung eines sozialrechtlichen Vorverfahrens gemäß §§ 78, 83 ff. SGG anzurufen, genügen derart allgemeine Ausführungen ersichtlich nicht. Der Hinweis wäre auch unzutreffend, da – wie dargelegt – derzeit von der BA keine Widerspruchsstelle bestimmt ist, so dass auch kein Vorverfahren durchzuführen ist. 280 Die KURS-Datenbank der BA hat die Aufgabe, einen bundesweiten Überblick über Angebote der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu bieten und Transparenz auf einem schwer überschaubaren Markt herzustellen, vgl. hierzu etwa: BBB 2006, S. 256 m. w. Erläuterungen.

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Der Gesichtspunkt der fehlenden Bestimmung einer Stelle, die bei der BA über etwaige Widersprüche der Träger entscheiden würde, weist auf ein grundsätzliches Problem der hier getroffenen Regelung hin: Es ist nicht ersichtlich, dass die Anerkennungsstelle der BA überhaupt von einer Zertifizierungsstelle als „Entscheidungsinstanz“ über „Beschwerden“ von Trägern vorgesehen werden kann und darf. Mit der Regelung des § 2 Nr. 7 AZWV ist, wie die Begründung zur AZWV verdeutlicht, ausschließlich ein internes Beschwerdeverfahren bezeichnet, also ein solches, das innerhalb der Zertifizierungsstelle durchzuführen ist.281 „Die Zertifizierungsstelle muss Regeln und Verfahren für die Bearbeitung von Einsprüchen und Beschwerden über das Zertifizierungssystem einrichten“, damit nicht in jedem Konfliktfall gleich ein Rechtsstreit drohe.282 Damit war aber kaum gemeint, dass Zertifizierungsstellen nunmehr die BA – zumal ohne deren Einwilligung – in die Bearbeitung rein privatrechtlicher „Beschwerden“ bzw. in die Umsetzung eines rein privatrechtlichen „Konfliktmanagements“ einbeziehen können und sollen. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, wenn die BA einerseits nicht einmal für die Bearbeitung etwaiger Widersprüche eine entsprechende Stelle einrichtet, dann aber auf die willkürliche Entscheidung einzelner Zertifizierungsstellen hin „gezwungen“ wäre, eine Stelle für die Entscheidung über diese privatrechtlichen Streitigkeiten einzurichten. Mit der vorliegend zu beurteilenden Regelung wird die Anerkennungsstelle der BA aber kurzerhand in das – privatrechtliche – Beschwerdemanagement der Zertifizierungsstelle einbezogen und zur „Entscheidung“ über die „Beschwerden“ berufen. Schon weil nichts für eine Zustimmung der BA zu einer solchen Einbeziehung als Entscheidungsinstanz ersichtlich ist, wäre eine solche Bestimmung bereits zivilrechtlich als Vertrag zu Lasten Dritter mit dem Grundsatz der Privatautonomie unvereinbar und unzulässig.283 Aus diesen Gründen ist von einer solchen Vertragsgestaltung dringend abzuraten. (d) § 5 Umfang des Nutzungsrechtes für das Zertifikat und das Zeichen der Zertifizierungsstelle Gemäß Ziffer 1 dürfen das Zertifikat und das eigene Zeichen der Zertifizierungsstelle ausschließlich für die Unternehmensbereiche und Maßnahmen des Trägers verwendet werden, die vom Geltungsbereich des Zertifikates er281

Vgl. S. 6 Begr. AZWV. Vgl. S. 6 Begr. AZWV, Hervorh. d. Verf. 283 Vgl. zur unbestrittenen Unzulässigkeit eines solchen Vertrages nur: Palandt/ Grüneberg, vor § 328, Rdnr. 10 m. w. Nachw. 282

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fasst sind, so dass eine Nutzung über den Zulassungsumfang hinaus unzulässig ist. Nimmt man, wie hier, an, dass Zulassungs- und Zertifikatsvergabe öffentlich-rechtlich durch Verwaltungsakt erfolgen, handelt ein Träger ohne weiteres rechtswidrig, wenn er den Umfang seiner Zulassung überschreitet und z. B. das erteilte Zertifikat für nicht zugelassene Maßnahmen verwendet. Aber auch bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens sind die nicht dispositiven Regelungen der §§ 84, 85 SGB III und der §§ 7 ff. AZWV zu beachten – und zwar auch von den Trägern. Überschreitet der Träger den Geltungsbereich seiner Zulassung oder einer Maßnahme, liegt keine Zulassung i. S. d. §§ 84, 85 SGB III bzw. der §§ 7 ff. AZWV vor. Der Träger handelt rechtswidrig. Unabhängig von diesen zwingenden gesetzlichen Regelungen ist es dagegen bei Annahme einer privatrechtlichen Zulassung bzw. Zertifizierung sinnvoll und empfehlenswert, mit entsprechenden vertraglichen Regelungen eine ausdrückliche rechtliche Grundlage zu schaffen, um vom Träger im Falle einer rechtswidrigen Verwendung z. B. Unterlassung verlangen zu können. Ohne entsprechende vertragliche Regelungen müssten solche Anspruchsgrundlagen für die Zertifizierungsstelle erst im Wege der Auslegung unter Rückgriff auf die zwingenden gesetzlichen Regelungen – z. B. in Verbindung mit den Rechten der Zertifizierungsstelle an ihrem im Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV enthaltenen Unternehmensnamen – geschaffen werden. In einem privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren kann die Zertifizierungsstelle mit ausdrücklichen vertraglichen Regelungen über die Nutzung der Zertifikate selbst hinreichend klare rechtliche Voraussetzungen schaffen, um eine missbräuchliche Verwendung der Zertifikate zu verhindern. Sie muss dies sogar, um der Forderung des Verordnungsgebers zu entsprechen, sie dürfe „insbesondere nicht gestatten, dass das Zertifikat für Maßnahmen verwendet wird, die nicht nach § 9 (AZWV) zugelassen sind“.284 Eine vertragliche Festlegung des Nutzungsumfangs der Zertifikate ist daher bei Annahme eines privatrechtlichen Zulassungsverfahrens schon aus Gründen der Rechtssicherheit geboten. Für den Schutz eigener Zeichen des Unternehmens, deren Nutzung, wie hier, zusätzlich gestattet werden soll, liegt es im eigenen Interesse der Zertifizierungsstelle, den Umfang dieser Nutzung klar zu definieren und die Folgen einer missbräuchlichen Verwendung des Zeichens zu regeln. Ferner hat der Träger nach Ziffer 2 „dafür einzustehen“, dass das Zertifikat und das Zeichen der Zertifizierungsstelle im Wettbewerb nur so eingesetzt werden, dass eine der Zertifizierung entsprechende Aussage über das 284

Vgl. S. 16 Begr. AZWV.

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Unternehmen, den Unternehmensbereich, den Geltungsbereich, die regionale Begrenzung und die Maßnahmen des Trägers gemacht wird. Die Formulierung „hat dafür einzustehen“ weist auf die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung bzw. einer Garantie i. S. d. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Träger hin. Denn der Zertifizierungsstelle ist hier gerade daran gelegen, den Träger in jedem Fall für die unzutreffende Verwendung des erteilten Zertifikates haftbar zu machen. Wäre eine verschuldensabhängige Haftung gewünscht, hätte es keiner besonderen Regelung bedurft, da der Träger nach der allgemeinen Regelung des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hätte. Diese in den AGB der Zertifizierungsstelle enthaltene Verschärfung der gesetzlichen Haftung zu Lasten des Trägers könnte gegen § 307 BGB verstoßen. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Zertifizierungsstelle ein erhebliches und begründetes Interesse daran hat, dass unzutreffende bzw. missbräuchliche Verwendungen der Zertifikate generell unterbleiben. Denn sie muss die Zertifikate, wie durch §§ 2 Nr. 7, 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV klargestellt ist, bei unzutreffender Verwendung entziehen. Im Vergleich dazu ist eine möglichst strenge Regelung, die Missbrauch nach Möglichkeit von Anfang an unterbindet, vorzuziehen. Dies dient zugleich den Interessen der anderen am Zertifizierungssystem Beteiligten: Dem Gesetz- und dem Verordnungsgeber muss schon deshalb an einer möglichst strengen Überwachung der Zertifikatsverwendung gelegen sein, weil Missbrauch der Zertifikate diese als „Gütesiegel“ entwertet und zugleich die Gefahr besteht, dass öffentliche Gelder fehlgeleitet werden. Eine Einstandspflicht für eine rechtmäßige Zertifikatsverwendung dient aber auch den Interessen der betroffenen Arbeitnehmer, die eine Förderung eben nur bei zugelassenen Trägern und Maßnahmen erlangen können. Des Weiteren dienen solche Regelungen auch den Trägern selbst. Denn durch ihre Einhaltung wird sichergestellt, dass kein wirtschaftlicher Vorteil durch Rechtsbruch zum Nachteil der Wettbewerber erlangt werden kann. Schließlich ist es einem Träger zuzumuten, dass er die Grenzen der Zulassung beachtet. Da es sich um die wirtschaftliche Grundlage seiner Tätigkeit handelt, kann insoweit auch besondere Sorgfalt und Verantwortung erwartet werden und wird der Träger nicht unangemessen benachteiligt. Aufgrund dieser Interessenabwägung ist eine verschuldensunabhängige Haftung des Trägers für die rechtmäßige Verwendung der Zertifikate auch in AGB wirksam und verstößt nicht gegen § 307 BGB. Zumindest zur Klarstellung ist auch die in Ziffer 3 enthaltene Regelung zu empfehlen, dass der Träger – selbstverständlich – nicht befugt ist, Änderungen auf dem Zertifikat vorzunehmen, sondern im Falle gewünschter Änderungen ein entsprechender Antrag (auf Zertifizierung) zu stellen ist.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

In Ziffer 4 ist schließlich geregelt, dass der Träger das nicht ausschließliche und nicht übertragbare Recht erhält, das Zeichen der Zertifizierungsstelle zu nutzen. Diese Regelung ist wichtig, um den Umfang der Nutzung dieses Unternehmenszeichens abzusichern. Fehlt eine solche Regelung, müsste der Umfang der Nutzungsbefugnis u. U. mit erheblichem Aufwand im Wege der Auslegung ermittelt werden. (e) § 7 Gewährleistung Die Zertifizierungsstelle übernimmt nach der Regelung in § 7 der Vertragsbedingungen keine Gewähr für die Rechtswirksamkeit und Rechtsbeständigkeit der „Vertragsschutzrechte“ sowie für die Freiheit von Rechtsoder sonstigen Mängeln. Insbesondere übernimmt sie keine Gewähr dafür, dass das Zertifikat und das eigene Zeichen der Zertifizierungsstelle zu Zwecken des Wettbewerbs uneingeschränkt genutzt werden können. Unklar ist bereits, was unter „Vertragsschutzrechten“ zu verstehen sein soll. Aus dem weiteren Text betreffend die Verwendung des Zertifikates und des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle zu Zwecken des Wettbewerbs dürfte sich allerdings ergeben, dass diese die „Vertragsschutzrechte“ darstellen sollen. Zumindest für das Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV kann aber, wie bereits oben zu einer ähnlichen Regelung im Formularvertrag B ausgeführt, nicht jegliche Haftung ausgeschlossen werden. Vor allem kann die Haftung für die Rechtswirksamkeit des Zertifikates nicht wirksam ausgeschlossen werden. Die Erteilung einer rechtmäßigen Zulassung bzw. eines wirksamen Zertifikates ist, bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen, die vertragliche Hauptleistungs- bzw. Kardinalpflicht der Zertifizierungsstelle (bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens). Sie ist hierzu nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AZWV auch gesetzlich verpflichtet. Wer sonst als die Zertifizierungsstelle sollte also dafür einstehen müssen, dass das Zertifikat und die Zulassung bei Vorliegen der Voraussetzungen rechtswirksam erteilt wird? Entsprechend wäre es ersichtlich eine unangemessene Benachteiligung der Träger, wenn diese aus von der Zertifizierungsstelle zu vertretenden Gründen unwirksame Zulassungen und Zertifikate erteilt bekämen, die sie folglich nicht verwenden dürfen und hierdurch u. U. gravierende Schäden erleiden, die Zertifizierungsstelle hierfür aber nicht haften sollte. Damit ist die betreffende Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 BGB insgesamt unwirksam.

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(f) § 8 Haftung Ziffer 1 der Regelung enthält eine Begrenzung der Schadensersatzhaftung durch Bestimmung einer Höchstgrenze. Da die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates nach vorliegend vertretener Auffassung hoheitlich durch Verwaltungsakt erfolgt und insoweit die zwingenden Amtshaftungsregelungen des Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB gelten, ist die betreffende Klausel unwirksam. Sie betrifft ausdrücklich „alle Schäden, die in Zusammenhang mit der Auditierung und Zertifizierung entstehen“ und verstößt damit für den Bereich der Amtshaftungsansprüche gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Für eine wirksame Klauselgestaltung müssen Schadensersatzansprüche, die die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates betreffen, ausdrücklich ausgenommen werden. Im Übrigen ist für den Bereich der Schadensersatzansprüche, die nicht die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates betreffen, zu prüfen, ob eine entsprechende Haftungsbegrenzung zulässig wäre. Diese Prüfung ist auch notwendig, um die Frage zu beantworten, ob und gegebenenfalls wie hier die Haftung bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens begrenzt werden könnte. Zu berücksichtigen ist hier die Regelung in § 309 Nr. 7 a) und b) BGB. Wie bereits oben dargelegt, ist die Wertung dieser Klauselverbote im Rahmen des § 307 BGB auch im Verkehr zwischen Unternehmern zu beachten.285 Ausgenommen von der Haftungsbeschränkung ist die vorsätzliche Schadensverursachung. Dies ist notwendig, da die Haftung für vorsätzliches Handeln (auch) in AGB, die gegenüber Unternehmern verwendet werden, weder beschränkt noch ausgeschlossen werden kann.286 Gemäß § 309 Nr. 7 a) BGB ist in AGB unwirksam ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen. Verboten sind danach insbesondere auch Haftungsbegrenzungen in Form von Haftungshöchstbeträgen287 oder eine Begrenzung der Haftung auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Verwenders. 285 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 48; Christensen in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 43; jew. m. w. Nachw. 286 Vgl. statt vieler: Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 76 u. 78 m. w. Nachw. 287 Vgl. nur: Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 29; Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 44; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 68; jew. m. w. Nachw.

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Vorliegend differenziert die Haftungsbegrenzungsklausel nicht zwischen den verschiedenen Schadensarten und soll sogar für grobe Fahrlässigkeit des Verwenders und seiner Erfüllungsgehilfen gelten. Sie ist bereits insoweit wegen Verstoßes gegen die Wertung des § 309 Nr. 7 a) BGB gemäß § 307 BGB unwirksam. Nach § 309 Nr. 7 b) BGB ist auch in AGB ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam. Für den Bereich dieser sonstigen Schäden kommt eine Haftungsbegrenzung durch Regelung einer Haftungshöchstsumme lediglich für den Bereich der einfachen Fahrlässigkeit grundsätzlich in Betracht – aber nur in sehr engen Grenzen: Der durch die Bestimmung der Haftungshöchstsumme verbleibende Schadensersatzanspruch muss – auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern – die vertragstypischen vorhersehbaren Schäden abdecken.288 Ob der vorliegend vorgesehene Höchstbetrag den vorhersehbaren, typischen Schaden abzudecken vermag, lässt sich nicht abschließend beurteilen, bedarf aber hier auch keiner Entscheidung. Denn die Haftungsbegrenzung soll vorliegend auch insoweit die grob fahrlässige Schadensverursachung durch die Zertifizierungsstelle (einschließlich ihrer Mitarbeiter, ihrer leitenden Angestellten und durch ihre Organe) erfassen. Sie ist deshalb auch insoweit wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unter Berücksichtigung der Wertung des § 309 Nr. 7 b) BGB unwirksam. Wenn die Zertifizierungsstelle also überhaupt eine Haftungsbegrenzung durch eine Haftungshöchstsumme in AGB wirksam gestalten möchte, ist Folgendes zu beachten: – der Bereich der Amtshaftungsansprüche nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB für die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates muss ausdrücklich ausgenommen werden, – die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 a) und b) BGB sind bei der Gestaltung zu berücksichtigen, – die Haftungshöchstsumme für „einfach“ fahrlässige Verursachung sonstiger Schäden (also mit Ausnahme der Verletzungen von Leben, Körper und Gesundheit) muss den typischen und vorhersehbaren Schaden abdecken. 288 Vgl. Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 7, Rdnr. 39 u. 46; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 78; jew. m. w. Nachw.

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Zu Ziffer 2 ist ein Freistellungsanspruch zugunsten der Zertifizierungsstelle für den Fall geregelt, dass sie aufgrund vertragswidriger Nutzung des Zertifikates oder des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle in Anspruch genommen wird. Gegen eine solche Regelung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Den Trägern ist es zuzumuten, das Zertifikat nur rechtmäßig und vertragskonform zu verwenden. Verstoßen sie gegen diese Verpflichtung und wird die Zertifizierungsstelle deshalb von Dritten in Anspruch genommen, ist die Freistellungsverpflichtung der Träger sachgerecht und angemessen. Dies gilt auch für den weiteren in den AGB genannten Fall der Inanspruchnahme der Zertifizierungsstelle wegen Werbebehauptungen eines Trägers, sofern – wie zu ergänzen ist – die Werbeaussage auf einer vertragswidrigen Verwendung des Zertifikates beruht. Insoweit könnte die betreffende Regelung präziser formuliert werden. (g) § 6 Beendigung des Nutzungsrechtes/§ 9 Dauer Vertragliche Regelungen zur Beendigung des Nutzungsrechtes an einem Zertifikat nach § 10 AZWV sind nur dann vorzunehmen, wenn man, entgegen der hier vertretenen Ansicht, von einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ausgeht. Die nachstehenden Ausführungen erfolgen daher nur, um auch für diese hier nicht vertretene Ansicht Lösungs- und Gestaltungswege aufzuzeigen. § 6 Ziffer 1 der Vertragsbedingungen enthält eine Fülle von Regelungen, die die Beendigung des Rechtes der Träger, das Zertifikat und das Zeichen der Zertifizierungsstelle zu führen mit einer fristlosen Kündigung des Vertrages durch die Zertifizierungsstelle nach § 9 Abs. 2 der Vertragsbedingungen verknüpfen. Beide Bestimmungen sind daher im Zusammenhang zu beurteilen. Gemäß § 9 Ziffer 2 der Vertragsbedingungen behält sich die Zertifizierungsstelle das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund vor. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn die Voraussetzungen für die Beendigung des Nutzungsrechtes nach § 6 der Vertragsbedingungen gegeben seien. (aa) Unwirksamkeit des Vorbehalts des Rechts zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nur für die Zertifizierungsstelle Da es sich, wie bereits oben ausgeführt, bei den hier zu beurteilenden Verträgen um Werkverträge handelt, die als Dauerschuldverhältnisse ausgestaltet sind, steht der Zertifizierungsstelle (aber auch den Trägern) das Recht zur außerordentlichen Kündigung bereits gemäß § 314 Abs. 1 BGB zu. Ferner wurde erläutert, dass in AGB nicht ausdrücklich auf die Mög-

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lichkeit einer fristlosen Kündigung des Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund hingewiesen werden muss. Wenn gleichwohl Regelungen zur Frage der fristlosen Kündigung in die AGB aufgenommen werden sollen, ist – wie ebenfalls bereits dargelegt – grundlegend zu beachten, dass das Kündigungsrecht nach § 314 Abs. 1 BGB (auch) in AGB nicht wirksam ausgeschlossen werden kann.289 Ein Ausschluss dieses Kündigungsrechts verstieße gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB, nicht zuletzt deshalb, weil die Wertung des § 309 Nr. 8 a) BGB auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern bei der Prüfung im Rahmen des § 307 BGB zu beachten ist.290 Vor diesem Hintergrund ist die hier zu prüfende Klauselgestaltung äußerst problematisch. Die Formulierung, „das Recht zur fristlosen Kündigung durch die Zertifizierungsstelle aus wichtigem Grund bleibt unberührt“, ist dahingehend zu verstehen, nur der Zertifizierungsstelle sei dieses Recht vorbehalten. Andernfalls wäre auch erwähnt worden, dass das gesetzliche Recht des Trägers zur außerordentlichen Kündigung ebenfalls unberührt bleibe. Für diese Auslegung spricht auch, dass im Folgenden ausschließlich „wichtige Gründe“ aufgeführt sind, die eine außerordentliche Kündigung der Zertifizierungsstelle tragen sollen. Über die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung durch den Träger findet sich weder hier noch an anderer Stelle eine Regelung. Das Risiko einer Mehrdeutigkeit dieser Bestimmung trägt gemäß § 305 c Abs. 2 BGB die betreffende Zertifizierungsstelle. Die Bestimmung ist deshalb bereits wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB unter Berücksichtigung der Regelungen der §§ 309 Nr. 8 a), 314 Abs. 1 BGB unwirksam. Auf die in § 6 Ziffer 1 der Vertragsbedingungen genannten „wichtigen Gründe“ käme es danach nicht an. Sollen – wie hier – die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung durch die Zertifizierungsstelle näher geregelt werden, ist bei der Formulierung unbedingt darauf zu achten, dass ausdrücklich das Recht der Träger zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen unberührt bleibt.

289 Vgl. statt vieler: Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 52; Palandt/Grüneberg, § 314, Rdnr. 3; Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 81; Erman/Hohloch, § 314, Rdnr. 3; jew. m. w. Nachw. 290 Vgl. Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 8, Rdnr. 16; Erman/ Roloff, § 309, Rdnr. 85; jew. m. w. Nachw.

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(bb) Die Definitionen „wichtiger“ Gründe für eine fristlose Kündigung durch die Zertifizierungsstelle Fraglich ist, ob die in den hier zu prüfenden AGB vorgenommene Verweisung auf die Regelungen zur Beendigung des Nutzungsrechtes nach § 6 wirksam und sinnvoll ist. Unpräzise ist bereits die Verweisung, die die gesamten in § 6 der Vertragsbedingungen genannten Voraussetzungen, unter denen das Nutzungsrecht an den Zertifikaten und den Zeichen der Zertifizierungsstelle endet, als wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung übernimmt. § 6 Ziffer 5 passt bereits ersichtlich nicht, da dort ausdrücklich auf eine ordentliche Kündigung nach § 9 Abs. 1 der Vertragsbedingungen verwiesen wird. Auch die Regelung in § 6 Ziffer 4 nennt keine wichtigen Gründe, die eine fristlose Kündigung des Vertrages tragen könnten. Denn eine nicht näher definierte „Zuwiderhandlung gegen vertragliche Bestimmungen“ mag zwar die dort zugunsten der Zertifizierungsstelle vorbehaltenen Schadensersatzansprüche begründen. Es bedarf allerdings keiner weiteren Ausführungen, dass es mit der Regelung des § 314 Abs. 1 BGB, aber auch mit dem Verständnis eines „durchschnittlichen“ (auch unternehmerischen) Vertragspartners kaum vereinbar ist, wenn schlechthin jede Zuwiderhandlung gegen vertragliche Bestimmungen ungeachtet ihrer Schwere und eines Verschuldens die fristlose Kündigung durch die Zertifizierungsstelle begründen soll. Vielmehr ist selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 314 Abs. 2 BGB, sofern der wichtige Grund in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht besteht, die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Ferner ist § 6 Ziffer 3, der die Herausgabepflicht nach Beendigung des Nutzungsrechtes betrifft, ersichtlich nicht einschlägig. Diese Beispiele verdeutlichen bereits, dass die pauschale Verweisung in der – aus den genannten Gründen ohnehin unwirksamen – Regelung in § 9 Ziffer 2 der Vertragsbedingungen grundlegend verfehlt ist. Unterzieht man die in § 6 Ziffer 1 und 2 genannten „wichtigen Gründe“ einer näheren Betrachtung, ergibt sich eine unterschiedliche Beurteilung: (a) Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Mitteilungspflichten Verletzt der Träger seine Mitteilungspflichten nach dem Vertrag und nach den §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV über für die Zulassung relevante Änderungen, kann dies grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Denn die Zertifizierungsstelle ist hier auf die Erfüllung der Mitteilungspflicht angewiesen, um eine kontinuierliche Erfüllung der Zulas-

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sungsvoraussetzungen sicherzustellen. Da es sich zugleich um gesetzliche Mitteilungspflichten handelt, kann hier auch eine fristlose Kündigung ohne Rücksicht darauf erfolgen, ob der Träger schuldhaft gehandelt hat. Zu weit geht es allerdings, wenn – wie hier – sogar bei nicht unverzüglicher Mitteilung von bloßen „Anzeichen“ für Veränderungen hinsichtlich der Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen die fristlose Kündigung möglich sein soll. Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Zertifizierungsstelle und Träger durch nicht rechtzeitige Information über solche Veränderungen nachhaltig oder irreparabel gestört werden kann. Dem Träger kann aber nicht zugemutet werden, nicht näher definierte „Anzeichen“ für solche Veränderungen bei Meidung einer fristlosen Kündigung unverzüglich zu melden. Eine derartige „Meldepflicht“ – zumal verbunden mit der denkbar schärfsten Sanktion, dem Entzug der Zulassung und der fristlosen Kündigung des Vertrages, im Falle auch der unverschuldeten Nichterfüllung – ginge weit über das nach der AZWV Erforderliche hinaus und würde die Träger unzumutbar sowie unverhältnismäßig belasten. Die gesetzliche Meldepflicht, die vertraglich übernommen werden kann, reicht aus, um die Interessen aller am Zertifizierungsverfahren Beteiligten ausreichend zu schützen. Fraglich ist zudem, ob als Absicherung der den gesetzlichen Mitteilungspflichten nachgebildeten vertraglichen Mitteilungspflichten für den Fall ihrer Nichterfüllung eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung oder Fristsetzung zur Abhilfe nach § 314 Abs. 2 BGB zulässig ist. Eine Fristsetzung zur Abhilfe i. S. d. § 314 Abs. 2 BGB kommt für die vorliegenden Fälle insoweit nicht in Betracht, als die Erfüllung der Mitteilungspflicht selbst betroffen ist. Denn die Pflichtverletzung ist hier bereits eingetreten, eine „Abhilfe“ ist hier nicht mehr möglich. Dagegen kommt eine Abmahnung durchaus in Betracht. Gegen das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung sprechen folgende Erwägungen: Die Zertifizierungsstellen – und mit ihnen das gesamte Zertifizierungssystem nach der AZWV – sind auf die rechtzeitigen Informationen der Träger über Veränderungen hinsichtlich der Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen angewiesen. Auch Überwachung und stichprobenartige Prüfungen ersetzen keine strikte Erfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflichten. Werden diese wesentlichen Pflichten nicht erfüllt, spricht dies dafür, zum Schutz des Zertifizierungssystems eine fristlose Kündigung des Vertrages sowie die sofortige Entziehung der Zulassung und des Zertifikates (im Rahmen eines privatrechtlich aufgefassten Zertifizierungsverfahrens) ohne vorherige Abmahnung für zulässig zu erachten. Für die Erforderlichkeit einer vorherigen Abmahnung spricht allerdings, dass nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV die Setzung einer Nachfrist für die Er-

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füllung der Zulassungsvoraussetzungen zu erfolgen hat und die Entziehung der Zulassung (und des Zertifikates) erst nach erfolglosem Ablauf dieser Nachfrist zulässig ist. Der Verordnungsgeber hat hierzu ausgeführt: „Vor dem Entzug der Zulassung hat die Zertifizierungsstelle dem Bildungsträger eine Frist einzuräumen, innerhalb derer der Bildungsträger die Anforderungen für die Zulassung erfüllen muss“.291 Aus dieser Formulierung ist ersichtlich, dass es sich (auch) bei dieser Bestimmung um zwingendes Recht handelt, von dem nicht zum Nachteil der Träger abgewichen werden darf. Danach ist die Setzung einer „Nachfrist“ selbst dann erforderlich, wenn feststeht, dass die Zulassungsvoraussetzungen (derzeit) nicht erfüllt werden. Dann muss dies aber erst recht gelten, wenn lediglich „wesentliche Änderungen“ vorliegen, die „Auswirkungen auf die . . . Zulassung haben können“ (vgl. § 7 Abs. 4 AZWV) und der Träger verpflichtet ist, diese gemäß §§ 7 Abs. 4 bzw. 9 Abs. 5 AZWV mitzuteilen und zugleich darzulegen, dass die Zulassungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen. Denn die Mitteilungspflichten stellen gerade auf eine Situation ab, in der die Zulassungsvoraussetzungen wohl noch erfüllt sind. Dann darf die – zumal u. U. nicht einmal schuldhafte – Verletzung dieser Pflichten nicht ohne entsprechende erfolglose Abmahnung dazu führen, dass der Träger seine Zulassung verliert, während er diese bei sicherem Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV zumindest bis zum Ablauf der Frist behalten dürfte – und zwar ohne Rücksicht darauf, wie die Zertifizierungsstelle von der nunmehr fehlenden Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erfahren hat. Damit ist die untersuchte Klausel wegen Verstoßes gegen § 314 Abs. 2 BGB (i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam. Im Rahmen eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens kann daher die fristlose Kündigung des Vertrages und die Entziehung der Zulassung sowie des Zertifikates wegen Nichterfüllung der Mitteilungspflichten nach §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV bzw. ihnen nachgebildeter vertraglicher Pflichten durch den Träger nur für den Fall in AGB wirksam vereinbart werden, dass der Träger von der Zertifizierungsstelle erfolglos wegen eines vergleichbaren Verstoßes abgemahnt wurde. Die fristlose Kündigung wäre hier also nur bei wiederholter Nichterfüllung der Mitteilungspflichten ungeachtet erfolgter Abmahnung zulässig. (b) Falsche Angaben über bereits beantragte und abgelehnte Zulassungen Als weiterer wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung und die Beendigung der Nutzung des Zertifikates ist – wie hier – der Fall anzusehen, dass der Träger falsche Angaben über bereits beantragte und abgewiesene 291

Vgl. S. 16 Begr. AZWV, Hervorh. d. Verf.

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Zulassungen macht. Der Träger verstößt dann nicht nur gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 AZWV. Er zerstört auch das für die weitere Durchführung des Vertrages unverzichtbare grundsätzliche Vertrauensverhältnis zur Zertifizierungsstelle so nachhaltig, dass keine Abmahnung nach § 314 Abs. 2 BGB gefordert werden kann. Vorsätzliche falsche Angaben über vorherige Zulassungsanträge können durchaus als Betrug nach § 263 StGB angesehen werden. (g) Missbräuchliche oder vertragswidrige Verwendung des Zertifikates und/oder des Zeichens der Zertifizierungsstelle Einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung (und einen Grund für die Beendigung der Nutzungsbefugnis für das Zertifikat) kann grundsätzlich auch die missbräuchliche bzw. grob fahrlässige oder gar vorsätzliche vertragswidrige Verwendung des Zertifikates darstellen. Hier gelten die vorstehenden Erwägungen zum Schutz des Zertifizierungssystems und der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Zulassungsstelle entsprechend. Für die „lediglich“ fahrlässige vertragswidrige Verwendung des Zertifikates könnte dies zweifelhaft sein. Der Träger wird hier aber eindringlich und mehrfach darauf hingewiesen, dass er – wie sich auch aus den §§ 7 ff. AZWV ergibt – das Zertifikat nur in Übereinstimmung mit seinem Geltungsbereich verwenden darf. Wird hiergegen verstoßen, ist zum Schutz des Zertifizierungssystems eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung und eine Entziehung des Zertifikates bzw. eine Beendigung des Nutzungsrechtes auch in diesen Fällen notwendig. Denn der materielle und immaterielle Schaden, der durch unzutreffende Zertifikatsverwendungen entstehen kann, ist unabhängig von der Frage, ob der Träger fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Den Trägern kann dagegen ohne weiteres zugemutet werden, eine derart zentrale gesetzliche und vertragliche Pflicht wie die rechtmäßige Verwendung des Zertifikates und die Beachtung seines Geltungsbereiches zu erfüllen. (d) Feststellung der Nichterfüllung von Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen eines Überwachungsaudits Des Weiteren soll es einen wichtigen Grund für die Zertifizierungsstelle zur fristlosen Kündigung des Vertrages und zur Beendigung des Nutzungsrechtes an dem Zertifikat darstellen, wenn „die Ergebnisse der Überwachungsaudits die Aufrechterhaltung der Gültigkeit des Zertifikates“ und des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle „nicht mehr rechtfertigen“.

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Hinsichtlich der Nutzung des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle spricht für eine solche Regelung, dass die Zertifizierungsstelle ein hohes und grundsätzlich schutzbedürftiges Interesse daran hat, ihr eigenes „Gütezeichen“ nur von Trägern nutzen zu lassen, die die Zulassungsvoraussetzungen jederzeit selbst und für ihre Maßnahmen erfüllen. Gleiches gilt grundsätzlich für die Verwendung der Zertifikate nach § 10 AZWV, schon weil die Zertifizierungsstelle hier gehalten ist, jeglichen Missbrauch zu unterbinden. Werden die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt, liegt zugleich (auch) eine Verletzung gesetzlicher und vertraglicher Pflichten vor. Der Träger wird in aller Regel seine Meldepflicht nach §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 5 AZWV sowie die ihnen entsprechende vertragliche Verpflichtung verletzt haben. Auch dann ist allerdings zu bedenken, dass gemäß § 314 Abs. 2 BGB bei Dauerschuldverhältnissen bei Verletzung vertraglicher Pflichten die erfolglose Abmahnung bzw. der erfolglose Ablauf einer zur Abhilfe gesetzten Frist als weitere Voraussetzung für eine fristlose Kündigung normiert ist. Die gesamte Regelung des § 314 BGB ist, wie bereits dargelegt, in ihrem Kerngehalt zwingendes Recht und kann nicht durch AGB eingeschränkt werden.292 Der Verzicht auf das Abmahnungs- bzw. Fristerfordernis berührt den Wesensgehalt der gesetzlichen Regelung des § 314 Abs. 2 BGB und ist deshalb bereits aus diesem Grund gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Speziell für die Entziehung der Zulassung und des Zertifikates nach der AZWV hat der Verordnungsgeber zudem, wie ebenfalls bereits ausgeführt, in § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV das Erfordernis einer vorherigen, erfolglosen Fristsetzung betreffend die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen geregelt. Es handelt sich, wie bereits dargelegt, um zwingendes Recht, so dass von dieser Regelung nicht zum Nachteil der Träger abgewichen werden kann. Mit dem Erfordernis der Fristsetzung in § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV ist es unvereinbar, wenn allein die Feststellung der Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen eines Überwachungsaudits ohne weiteres für eine fristlose Kündigung des Vertrages ausreichen soll. § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV enthält keine Einschränkung auf bestimmte Fälle der Feststellung des Fehlens der Zulassungsvoraussetzungen, gilt also für alle betreffenden Fallgestaltungen. Dann muss dies erst recht gelten, wenn die Feststellungen über das Fehlen bzw. die Nichterfüllung von Zulassungsvoraussetzungen im 292

Vgl. Erman/Hohloch, § 314, Rdnr. 3; Palandt/Grüneberg, § 314, Rdnr. 3; entsprechend zur Rechtslage nach dem früheren AGBG: BGH NJW 1986, S. 3134 ff., 3134.

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Rahmen eines Überwachungsaudits getroffen werden, da die Durchführung von Überwachungsaudits vom Verordnungsgeber nicht einmal vorgeschrieben wurde. Die betreffende Klausel ist damit auch wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV unwirksam. Für eine fristlose Kündigung der Zertifizierungsverträge und die Entziehung von Zulassung und Zertifikat (bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens), die auf die Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen gestützt werden, ist grundsätzlich gemäß § 314 Abs. 2 BGB bzw. § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV erforderlich, dass eine zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen gesetzte Frist erfolglos abgelaufen ist. (e) Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Trägers/Ablehnung eines gegen den Träger gerichteten Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Als weiterer wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des Vertrages durch die Zertifizierungsstelle und für die Beendigung der Nutzungsbefugnis hinsichtlich des Zertifikates ist der Fall genannt, dass über das Vermögen des Trägers „der Konkurs“ eröffnet oder ein gegen ihn gerichteter Antrag auf Insolvenzeröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Unzutreffend ist diese Regelung bereits insoweit, als mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung293 am 01.01.1999 der Begriff des Konkurses durch den der Insolvenz ersetzt worden ist. Über das Vermögen eines Schuldners wird seither gemäß §§ 11 ff. InsO das Insolvenzverfahren eröffnet und nicht der „Konkurs“. Des Weiteren stellt die Klausel darauf ab, dass ein Antrag auf „Insolvenzeröffnung“ mangels Masse abgelehnt wird. Damit wird offenbar auf die Bestimmung in § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO Bezug genommen, nach der das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ablehnt, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Von diesen Unrichtigkeiten bei der Klauselformulierung abgesehen, ist die Regelung auch inhaltlich mit erheblichen rechtlichen Problemen behaftet. Die InsO enthält eine Reihe von Beschränkungen von Kündigungsmöglichkeiten für die Vertragspartner von Schuldnern, die vorliegend zu beachten sein könnten. Die Regelung des § 108 Abs. 1 InsO über das Fortbestehen von Dauerschuldverhältnissen könnte insoweit einschlägig sein, als sie auch „Dienst293

Im Folgenden kurz: InsO.

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verhältnisse“ des Schuldners erfasst. Wie dargelegt, handelt es sich bei den Verträgen zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern nach der AZWV aber nicht um Dienstverträge gemäß §§ 611 ff. BGB. Damit bestünde vorliegend kein Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 108 Abs. 1 InsO. Aus den gleichen Gründen gelangt hier auch die Regelung über die Kündigung von Dienstverhältnissen nach § 113 Abs. 1 InsO nicht zur Anwendung. Mit dem Begriff des Dienstverhältnisses ist hier ebenfalls ein Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB bezeichnet.294 In Betracht kommt ferner die Regelung über das Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen nach § 116 InsO. Diese betrifft gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 InsO aber nur den Fall, dass sich jemand gegenüber dem Schuldner durch einen Dienst- oder Werkvertrag verpflichtet hat, entgeltlich ein Geschäft für diesen zu besorgen. In den hier zu beurteilenden Fällen liegen zwar Werkverträge vor. Diese haben aber, wie oben eingehend begründet wurde, keine Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB für die Träger zum Gegenstand. Auf Werkverträge ohne Verpflichtung zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB ist aber nicht die Regelung des § 116 InsO anzuwenden. Einschlägig ist in diesen Fällen vielmehr die allgemeine Regelung des § 103 InsO über das Wahlrecht des Insolvenzverwalters.295 Ist – wie vorliegend der Werkvertrag zwischen Zertifizierungsstelle und Träger – ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, kann der Insolvenzverwalter gemäß § 103 Abs. 1 InsO anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil (hier: von der Zertifizierungsstelle) verlangen. Streitig ist, ob vertragliche Lösungsklauseln für den Fall der Insolvenz wirksam vereinbart werden können. Die weit überwiegende Ansicht verneint dies vor allem unter Hinweis auf den Wortlaut des § 119 InsO.296 Danach sind u. a. Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, unwirksam. Nach anderer 294

Vgl. statt vieler: Andres in: Dirk Andres/Rolf Leithaus/Michael Dahl: Insolvenzordnung, 1. Aufl., 2006, § 113, Rdnr. 3 m. w. Nachw. 295 Vgl. statt vieler: Marotzke in: Dieter Eickmann/Axel Flessner/Friedrich Irschlinger/Hans-Peter Kirchhof/Gerhart Kreft/Hans-Georg Landfermann/Wolfgang Marotzke/Guido Stephan (Hrsg.): Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl., 2006, § 116, Rdnr. 1. 296 Vgl. etwa: Kroth in: Eberhard Braun (Hrsg.): Insolvenzordnung, Kommentar, 2. Aufl., 2004, § 103, Rdnr. 72 u. 74 sowie § 119, Rdnr. 10 ff.; Marotzke in: Eickmann u. a. (Hrsg.), § 103, Rdnr. 82 u. § 119, Rdnr. 4; Andres in: Andres/Leithaus/ Dahl, § 103, Rdnr. 36 u. § 119, Rdnr. 3.

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Auffassung sollen solche Vereinbarungen zulässig sein, da es sonst etwa der besonderen Kündigungssperre des § 112 InsO nicht bedurft hätte.297 Grenze einer jeden Auslegung ist der Wortlaut des Gesetzes – und dieser ist im vorliegend zu beurteilenden Fall eindeutig: auch die Regelung des § 103 InsO ist gemäß § 119 InsO nicht im voraus durch Vereinbarungen zwischen dem Schuldner und Dritten abdingbar. Zudem sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung für die überwiegend vertretene Ansicht: Wäre der andere Vertragsteil weiterhin zum Rücktritt oder zur fristlosen Kündigung berechtigt, könnte das Wahlrecht des Insolvenzverwalters mühelos ausgehöhlt und dem Unternehmen u. U. gerade dadurch endgültig die Sanierungsfähigkeit genommen werden. Im Übrigen ist der Vertragspartner des Schuldners hinreichend dadurch geschützt, dass sich der Insolvenzverwalter gemäß § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO unverzüglich auf eine entsprechende Aufforderung durch den Vertragspartner hin zu erklären hat, ob er Erfüllung verlangen will. Damit steht die Regelung des § 119 InsO der wirksamen Vereinbarung vertraglicher Lösungsklauseln, insbesondere auch der Vereinbarung eines Rechts zur fristlosen Kündigung des Vertrages, zwingend entgegen. Dies gilt auch – und erst recht – für Regelungen in AGB. Die hier zu beurteilende Regelung soll – ungeachtet der unzutreffenden Formulierung – ausdrücklich auch für den Fall gelten, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Exakt hier greift allerdings das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ein. Die betreffende Klausel ist daher wegen Verstoßes gegen §§ 103, 119 InsO (sowie gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam. Für dieses Ergebnis spricht auch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 2 AZWV, nach der die Zulassung (und das Zertifikat) zu entziehen ist, wenn der Träger die Tätigkeit auf Dauer einstellt. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, ist also hinreichende Masse vorhanden, ist keineswegs in jedem Fall ausgeschlossen, dass eine Sanierung des Unternehmens gelingen kann und der Betrieb weitergeführt wird. Eine dauerhafte Einstellung der Tätigkeit wird hier in vielen Fällen also gerade nicht vorliegen. Damit fehlt in den AGB hier zugleich eine vertragliche Regelung, die die Zertifizierungsstelle in Übereinstimmung nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 AZWV zur Entziehung der Zulassung berechtigt, wenn der Träger seine Tätigkeit auf Dauer einstellt. Eine solche Regelung muss bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahrens unbedingt in die Verträge mit den Trägern aufgenommen werden, damit die Zertifizierungsstelle ihre gesetzliche Pflicht nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 AZWV erfüllen kann. 297

Vgl. etwa Huber in: Hans-Peter Kirchhof/Hans-Jürgen Lwowski/Rolf Stürner (Hrsg.): Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Bd. 2, 2002, § 119, Rdnr. 28 ff.

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Zulässig wäre dagegen die zweite genannte Alternative, die Ablehnung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 26 InsO. (z) Nichtzahlung der Vergütung innerhalb der von der Zertifizierungsstelle gesetzten Frist Als wichtiger Grund ist ferner aufgeführt, dass die Vergütung nicht innerhalb der von der Zertifizierungsstelle gesetzten Frist entrichtet wird. Auch gegen die Zulässigkeit dieser Klausel bestehen erhebliche rechtliche Bedenken. Bei der Formulierung der Klausel ist bereits unklar, ob es sich um eine nach Fälligkeit der Forderung zu setzende Zahlungsfrist handeln soll oder ob die Zahlungsfrist und ihre Folgen unabhängig von der Fälligkeit der Forderung gelten sollen. Diese Unklarheit wirkt sich gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zum Nachteil der Zertifizierungsstelle aus, so dass für die Prüfung von der zweitgenannten Verständnismöglichkeit auszugehen ist. Die fristlose Kündigung als Folge der Nichtzahlung einer nicht einmal fälligen Forderung ist ohne weiteres als unangemessene Benachteiligung der Träger anzusehen. Zudem weicht eine solche Regelung in krasser Weise vom gesetzlichen Leitbild des § 641 Abs. 1 BGB ab. Zu berücksichtigen ist ferner auch in diesem Zusammenhang, dass § 314 Abs. 2 BGB die fristlose Kündigung wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht nur nach vorheriger Abmahnung bzw. erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe gesetzten Frist zulässt. Die hier zu beurteilende Klausel würde es der Zertifizierungsstelle ermöglichen, den Vertrag bereits dann fristlos zu kündigen, wenn ein dem Träger vorgegebener Zahlungstermin auch nur um einen Tag überschritten wird. Hinzu kommt, dass nach § 309 Nr. 4 BGB eine Bestimmung in AGB unwirksam ist, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen. Wie bereits dargelegt, kann auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern das Erfordernis der Mahnung ebenso wenig wirksam abbedungen werden wie das Erfordernis der Frist- bzw. Nachfristsetzung.298 Die von der Zertifizierungsstelle hier gemeinte Frist ist aber offensichtlich bereits die Nennung des Zahlungszieles. Auf diese Weise würde der Zertifizierungsvertrag praktisch zum Fixgeschäft. Auch im unternehmerischen Verkehr erscheint dies unangemessen. 298

Vgl. nur: Palandt/Heinrichs, § 309, Rdnr. 23; Hensen in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 309 Nr. 4, Rdnr. 11; einschr. Erman/Roloff, § 309, Rdnr. 40: nur Setzen der Nachfrist gegenüber Unternehmern unabdingbar; jew. m. w. Nachw.

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Die Zertifizierungsstelle ist durch die gesetzlichen Regelungen über den Verzugseintritt und seine Rechtsfolgen hinreichend geschützt, zumal nach § 286 Abs. 3 Satz 2 BGB im unternehmerischen Rechtsverkehr Verzug spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung eintritt. Aus diesen Gründen ist die Klausel nach § 307 BGB insgesamt unwirksam. (h) Nichtdurchführung von Überwachungsaudits Ein wichtiger Grund soll auch sein, dass Überwachungsaudits nicht durchgeführt werden. Auch in diesem Zusammenhang sind wiederum die Regelungen der §§ 314 Abs. 2 BGB und 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV zu beachten. Oben wurde bereits eingehend erläutert, dass und warum bereits in den Fällen, in denen die Zulassungsvoraussetzungen nicht (mehr) vorliegen, eine erfolglose Nachfristsetzung Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist. Die betreffenden Erwägungen gelten erst recht für Fälle, in denen die Zulassungsvoraussetzungen durchaus noch vorliegen können und der Träger „lediglich“ seiner Verpflichtung zur Durchführung eines – gesetzlich nicht vorgeschriebenen – Überwachungsaudits nicht nachkommt. Erfolglose Fristsetzung bzw. Abmahnung zur Durchführung eines Überwachungsaudits sind daher, wie hier nicht nochmals eingehend begründet werden muss, zur Wirksamkeit der fristlosen Kündigung zwingend erforderlich. Auch diese Klausel ist daher wegen Verstoßes gegen § 314 Abs. 2 BGB (i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB sowie § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV) unwirksam. (q) Ordnungsrechtliche oder gerichtliche Untersagung der Aufrechterhaltung des Zertifikates Ein wichtiger Grund soll ferner vorliegen, wenn ordnungsrechtlich oder gerichtlich die Aufrechterhaltung des Zertifikates untersagt wird. Dies ist zulässig, da der Träger in diesem Fall kein schutzbedürftiges Interesse an der Fortsetzung des Vertrages und der weiteren Verwendung des Zertifikates hat. Die Zertifizierungsstelle hat dagegen ein nachvollziehbares und schutzbedürftiges Interesse daran, dass sie dem Träger gegenüber in den genannten Fällen nicht mehr vertraglich zur weiteren Leistungserbringung und zur Gewährung der Nutzung des Zertifikates verpflichtet ist. Zudem werden in diesen Fällen ohnehin erhebliche Verstöße gegen die AZWV i. S. d. § 2 Nr. 7 AZWV vorliegen und wird eine Entziehung der Zulassung bereits nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV vorzunehmen sein.

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(i) Vertragswidrige Verwendung des Zertifikates als Grund für die sofortige Beendigung des Rechtes, das Zertifikat zu verwenden? Gemäß § 6 Ziffer 2 der Vertragsbedingungen soll der Träger das Recht, das Zertifikat und das Zeichen der Zertifizierungsstelle zu führen bzw. zu verwenden, auch dann mit sofortiger Wirkung verlieren, ohne dass es einer Kündigung des Vertrages bedarf, wenn das Zertifikat unter Verstoß gegen die Regelung in § 5 Ziffer 1–4 der Vertragsbedingungen oder sonst in vertragswidriger Weise verwendet wird. Betreffend die Nutzung des eigenen Zeichens der Zertifizierungsstelle bestehen insoweit keine rechtlichen Bedenken. Für diese Zeichenverwendung gibt es keine weiteren gesetzlichen Vorgaben und ist die Zertifizierungsstelle nach der AZWV auch nicht gehalten, weitere Zeichen zur Nutzung durch die Träger zu überlassen. Hinsichtlich der Nutzung der Zertifikate nach § 10 Abs. 2 AZWV bestehen dagegen erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klausel: Gegen die Regelung kann zwar nicht eingewandt werden, sie verstoße gegen das Gebot einer Abmahnung nach § 314 Abs. 2 BGB, da gerade keine Kündigung des Vertrages erfolgt. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV, nach der eine Entziehung der Zulassung und des Zertifikates erst nach erfolglosem Ablauf einer Frist zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen zulässig ist. Die sofortige Beendigung des Rechtes zur Nutzung des Zertifikates steht in ihrer Wirkung der Entziehung der Zulassung und des Zertifikates gleich. Denn ein Zertifikat, das er nicht mehr verwenden darf, ist für den Träger wertlos. Wenn die Entziehung der Zulassung selbst bei Fehlen mehrerer oder wichtiger Zulassungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 AZWV nur nach erfolglosem Ablauf einer Nachfrist erfolgen darf, kann für Fälle nichts anderes gelten, in denen z. B. lediglich „fahrlässig“ der Geltungsbereich nicht beachtet wurde. Eine sofortige Beendigung des Rechtes zur Zertifikatsnutzung ohne Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes und des Verschuldensgrades ist unverhältnismäßig und benachteiligt die Träger unangemessen. Es gelten die gleichen Maßstäbe wie in den Fällen, in denen die Zertifizierungsstelle im Wege der Überwachung das Fehlen der Erfüllung von Zulassungsvoraussetzungen oder eine vertragswidrige Verwendung des Zertifikates feststellt. Die Interessen der Zulassungsstelle sind ausreichend gewahrt, wenn sie den Träger wegen der vertragswidrigen Verwendung abmahnt, also die sofortige Beendigung der vertragswidrigen Verwendung vom Träger verlangt und ihm für eine nochmalige vertragswidrige Verwendung die sofortige Entziehung der Zulassung androht. Anderes kann nur bei

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systematischer, besonders schwerer oder vorsätzlich vertragswidriger Zertifikatsverwendung gelten. Dann überwiegen die schutzwürdigen Interessen der Zertifizierungsstelle, der Arbeitnehmer und der anderen am Zertifizierungssystem nach der AZWV Beteiligten. Da die Klausel nicht nach dem Grad des Verschuldens und der Schwere des Vertragsverstoßes differenziert, ist sie wegen unangemessener Benachteiligung der Träger gemäß § 307 BGB insgesamt unwirksam. (k) Erlöschen des Rechtes zur Zertifikatsnutzung bereits mit „ordnungsgemäßer Kündigung“? Nach § 6 Ziffer 5 der Vertragsbedingungen soll das Recht zur Nutzung des Zertifikates erlöschen, „wenn entsprechend Kap. 5, § 9 Abs. 1 ordnungsgemäß gekündigt wurde“. Wie bereits oben bei einer ähnlichen Regelung des Formularvertrages B festgestellt, ist auch bei der hier zu beurteilenden Regelung ohne weiteres eine Auslegung bzw. ein Verständnis dahin möglich, dass bereits mit Ausspruch der Kündigung das Recht zur Nutzung des Zertifikates endet. Die Klausel ist mehrdeutig, so dass gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Zertifizierungsstelle von dieser für die Träger nachteiligeren Auslegung auszugehen ist. Wie schon zu der entsprechenden Regelung des Formularvertrages B ausgeführt, stellt eine derartige Regelung eine unangemessene Benachteiligung der Träger dar und ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Für die Vertragsgestaltung ist anzuraten, präzise zu formulieren, dass die Berechtigung zur Zertifikatsnutzung zu dem Zeitpunkt endet, zu dem die Kündigung des Vertrages wirksam wird. cc) Laufzeit des Vertrages, Kündigungsfrist und stillschweigende Vertragsverlängerung Die Regelung in § 9 Ziffer 1 zur Laufzeit des Vertrages knüpft zunächst an die Gültigkeitsdauer der Zertifikate an. Diese ist der Regelung im Einzelfall überlassen, kann aber gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV bis zu drei Jahren betragen. In Verbindung mit dem – ohnehin aus den dargestellten Gründen unzulässigen – Ausschluss des Rechtes zur außerordentlichen Kündigung entsteht auf diese Weise eine u. U. bis zu dreijährige Mindestvertragslaufzeit. Denn im Unterschied zu den Regelungen im Formularvertrag B soll hier die sechswöchige Kündigungsfrist ausdrücklich zum Ende der Vertragslaufzeit einzuhalten sein. Damit kann die Bestimmung, im Unterschied zum Formularvertrag B, nicht mehr dahin ausgelegt werden, die ordentliche Kündigung sei auch zu früheren Zeitpunkten als zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit möglich.

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Wie oben bereits in Zusammenhang mit dem Formularvertrag B ausgeführt, ist auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern der Ausschluss des Rechtes des Bestellers zur jederzeitigen Kündigung nach § 649 BGB gemäß § 307 BGB unwirksam. Da die hier zu beurteilende Laufzeitklausel zumindest durch die Bestimmung einer einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Ende der Vertragslaufzeit das Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 BGB ebenfalls ausschließt, ist sie bereits insofern nach § 307 BGB unwirksam. Wie oben erläutert, müssen die AGB das Kündigungsrecht der Träger nach § 649 BGB hinsichtlich der Werkerstellung, also der gutachterlichen Prüfung und Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen der „Vollprüfungen“, unberührt lassen, was durch eine entsprechende, ausdrückliche Regelung klarzustellen ist. Im Unterschied zur Laufzeitregelung im Formularvertrag B enthält die hier zu prüfende Laufzeitklausel auch eine Regelung, wonach sich der Vertrag jeweils um drei Jahre verlängert, wenn er nicht unter Einhaltung der sechswöchigen Frist zum Ende der Vertragslaufzeit schriftlich gekündigt wird. Auf diese Gestaltungsvariante soll im Hinblick auf die Bedürfnisse der Vertragsgestaltungspraxis noch eingegangen werden, obwohl die Laufzeitklausel bereits aus den genannten Gründen insgesamt unwirksam ist. Schriftformerfordernis und sechswöchige Kündigungsfrist sind, wie oben dargelegt, zulässig. Obwohl es aus den oben erläuterten Gründen für AGB, die gegenüber Unternehmern verwendet werden, nicht einschlägig ist, ist im Rahmen der Beurteilung nach § 307 BGB auf das Klauselverbot des § 309 Nr. 9 b) BGB zur Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen hinzuweisen. Danach ist (auch) in Verträgen, die – wie hier – die regelmäßige Erbringung von Werkleistungen betreffen, eine Klausel unwirksam, wenn sie eine den Vertragspartner des Verwenders bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr zum Gegenstand hat. Dieser Zeitraum wird vorliegend mit der Verlängerung um jeweils drei Jahre ganz erheblich überschritten. Für die bei der Beurteilung solcher Klauseln im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern nach § 307 BGB vorzunehmende Interessenabwägung kommt wirtschaftlichen Erwägungen besonderes Gewicht zu, etwa dem Amortisationsinteresse des AGB-Verwenders hinsichtlich seiner getätigten Aufwendungen.299 Nicht zu verkennen ist, dass die Zertifizierungsstellen ein gesteigertes Interesse daran haben, Träger möglichst langfristig an sich zu binden. Der 299 Vgl. Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 309 Nr. 9, Rdnr. 20 m. w. Nachw.

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bei einer Erstprüfung erforderliche Aufwand wird für Folgeprüfungen erheblich geringer sein, da das zu prüfende Unternehmen, insbesondere seine Organisationsstrukturen, bereits bekannt sind. Auch die Überwachung der Zulassungsvoraussetzungen dürfte mit der zunehmenden Vertrautheit mit den Abläufen des zu prüfenden Unternehmens einfacher werden. Hinzu kommt, dass es einem Unternehmer als Vertragspartner des AGB-Verwenders aufgrund seiner regelmäßig gesteigerten geschäftlichen Erfahrung durchaus zumutbar ist, die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer auch stillschweigend möglichen Vertragsverlängerung abzuschätzen und im Bedarfsfall rechtzeitig zu kündigen. Fraglich ist allerdings, ob dies ausreicht, um eine stillschweigende Verlängerung der Vertragslaufzeit um jeweils drei Jahre zu rechtfertigen. Wie dargelegt, sind sämtliche längerfristigen Bindungen zwischen Zertifizierungsstelle und Träger kritisch zu beurteilen, da sie negative Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Zertifizierungsstelle und die Qualität der vorgenommenen Prüfungen haben können. Ferner ist es einem Wettbewerb zwischen den Zertifizierungsstellen, den der Gesetz- und der Verordnungsgeber, wie eingehend ausgeführt, gerade schaffen und fördern wollen, abträglich, wenn langfristige Bindungen, zumal durch stillschweigende Vertragsverlängerungen, möglich sind. Zwingend sind diese Argumente allerdings nicht. So könnte Wettbewerb auch dadurch gefördert werden, wenn die Träger als geschäftlich erfahrene Unternehmer Zertifizierungsstellen bevorzugen würden, die kürzere Vertragslaufzeiten bzw. keine stillschweigenden Verlängerungsklauseln anbieten bzw. verwenden. Zudem überschreitet die dreijährige Verlängerung nicht den Zeitraum, für den die Zulassung und das Zertifikat höchstens gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AZWV erteilt werden dürfen. Entscheidend ist aber, dass auch eine solche Verlängerungsklausel nach hier vertretener Auffassung das Recht der Träger zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund und das Kündigungsrecht nach § 649 BGB unberührt lassen muss. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, sind die Interessen der Träger hinreichend geschützt. Werden diese Punkte bei der Klauselgestaltung berücksichtigt, ist demnach eine stillschweigende Verlängerung der Vertragslaufzeit um drei Jahre, wie sie hier vorgesehen ist, zulässig. (h) § 10 Vergütung Die Regelung über die Vergütung in § 10 der Vertragsbedingungen ist nur insoweit problematisch, als der unzutreffende Begriff der „Gebühr“ verwendet wird. Nimmt man mit der hier vertretenen Meinung an, dass die Er-

III. Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen

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teilung der Zulassung und des Zertifikates öffentlich-rechtlich erfolgt, wäre nur insoweit eine finanzielle Gegenleistung als „Gebühr“ zu bezeichnen.300 Für die Erhebung von „Gebühren“ fehlt allerdings, wie dargelegt, eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Bei einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ist die finanzielle Gegenleistung für die Tätigkeit der Zertifizierungsstelle ebenfalls keine „Gebühr“, da dieser Begriff Zahlungen für öffentlich-rechtliche Leistungen bezeichnet. Die Zahlungen sind demnach als „Entgelt“ oder „Honorar“ oder – wie hier in der Überschrift der betreffenden Regelung – als „Vergütung“ zu bezeichnen. (i) § 11 Teilunwirksamkeit, Schriftform, Gerichtsstand In den Vertragsbedingungen sind in § 11 Regelungen zu „Teilunwirksamkeit, Schriftform, Gerichtsstand“ enthalten. Mit der Klausel, dass Nebenabreden nicht getroffen wurden, wird nicht gegen das Gebot des Vorrangs der Individualabrede nach § 305 b BGB verstoßen. Mit der betreffenden Regelung soll nur die negative Tatsache bestätigt werden, dass die Parteien keine weiteren, aus der Vertragsurkunde nicht ersichtlichen Vereinbarungen getroffen haben.301 Für eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB bestehen hier, zumal im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern, ebenfalls keine Anhaltspunkte. Mit einer solchen Vollständigkeitsklausel wird nur die ohnehin bestehende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde bestätigt.302 Dagegen sind die Bestimmungen zur Schriftform für Nebenabreden aus den bereits dargelegten Gründen wegen Verstoßes gegen §§ 305 b, 307 BGB unwirksam. Die in Ziffer 2 in § 11 der Vertragsbedingungen enthaltene Regelung zu den Rechtsfolgen der Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen des Vertrages ist problematisch. Zwar sind solche sog. salvatorischen Klauseln in der Vertragspraxis durchaus üblich. Übersehen wird allerdings nicht selten, dass solche Klauseln in AGB unzulässig sind. 300 Vgl. zum Begriff der Gebühr statt vieler: Hk-VerwR/Kastner, § 8 VwVfG, Rdnr. 5: „Verwaltungsgebühren sind Entgelte für die Vornahme von Amtshandlungen, die auf Veranlassung oder im Interesse des Gebührenpflichtigen vorgenommen werden“; Eine entsprechende gesetzliche Definition des Gebührenbegriffs findet sich z. B. in § 9 Abs. 1 Satz 1 Hess. KAG (Gesetz über kommunale Abgaben). 301 Vgl. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 305 b, Rdnr. 30; Palandt/Heinrichs § 305 b, Rdnr. 5; Erman/Roloff, § 305 b, Rdnr. 11; jew. m. w. Nachw. 302 Vgl. MüKo/Basedow, § 305 b, Rdnr. 13; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 305 b, Rdnr. 39.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

§ 306 Abs. 2 BGB regelt bereits, was geschieht, wenn einzelne Bestimmungen der AGB nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind: dann richtet sich der Inhalt des Vertrages insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften. Daher ist eine Klausel, nach der für den Fall der Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen nicht das dispositive Recht, sondern eine Regelung gelten soll, deren wirtschaftlicher Erfolg dem der unwirksamen Regelung so weit wie möglich entspricht, wegen Verstoßes gegen §§ 306 Abs. 2, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nichtig.303 „Mit solchen Klauseln wird versucht, das Risiko der AGB-Kontrolle zu minimieren, das aber ein notwendiges Gegenstück zu dem einseitigen Formulierungsvorrang des Verwenders darstellt und deshalb auch bei diesem verbleiben muss.“304 Nichts anderes gilt für die vorliegend zu beurteilende Klausel, auch wenn sie nach ihrer Formulierung („werden die Vertragspartner . . . vereinbaren“) eine Abwandlung zu den üblichen Klauseln (z. B. „eine Regelung gelten soll, die dem rechtlich und wirtschaftlich Gewollten am nächsten kommt“) enthält. Denn auch hier soll der Vertragspartner des Verwenders gezwungen werden, statt der dann eigentlich geltenden dispositiven gesetzlichen Regelung eine dem ursprünglich Gewollten möglichst nahestehende Vereinbarung zu treffen. Solche Gestaltungen sollen mit § 306 Abs. 2 BGB gerade verhindert werden. Für die Gestaltung von Formularverträgen und AGB der Zertifizierungsstellen ist daher von der Aufnahme sog. salvatorischer Klauseln abzuraten. Für die Regelungen über den Gerichtsstand kann auf die obigen Ausführungen zu den entsprechenden Bestimmungen im Formularvertrag A verwiesen werden. cc) Ergebnis Formularvertrag C und die zugehörigen AGB sind von den hier geprüften, in der Praxis verwendeten Vertragsgestaltungen am umfangreichsten und in weiten Teilen zu empfehlen – sofern man von einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ausgeht. Nach hier vertretener Ansicht sind allerdings sämtliche Regelungen zu entfernen bzw. zu unterlassen, die die Erteilung und die Entziehung der Zulassung und des Zertifikates betreffen. Gelungen ist insbesondere die detaillierte Darstellung des bzw. die Information über das Zertifizierungsverfahren(s) und die Möglichkeit für die 303 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 306, Rdnr. 9; MüKo/Basedow, § 306, Rdnr. 29; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 306, Rdnr. 39; jew. m. w. Nachw. 304 MüKo/Basedow, § 306, Rdnr. 29; ebenso z. B. Schmidt in: Ulmer/Brandner/ Hensen, § 306, Rdnr. 39.

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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Träger, sich bereits im Vorfeld der Zertifizierung (und vor einem Vertragsschluss) informieren zu lassen. Gleiches gilt für die Einrichtung eines (optionalen) Voraudits, mit dem die Erfolgschancen für die Träger, eine Zulassung bzw. ein Zertifikat zu erhalten, vielfach deutlich erhöht werden dürften. Zudem besteht auf diese Weise die Möglichkeit, insbesondere gravierende Mängel frühzeitig zu erkennen, zu beheben und zumindest die Kosten für ein etwa von vornherein aussichtloses Zertifizierungsverfahren für den Träger zu vermeiden. Auch dieser Formularvertrag und die zugehörigen AGB enthalten aber, wie die Untersuchung gezeigt hat, eine ganze Reihe unwirksame Regelungen und Klauseln, wobei die Unwirksamkeit in nicht wenigen Fällen aus einer zu ungenauen Formulierung bzw. einer zu pauschalen, undifferenzierten Regelung folgt.

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern in Zusammenhang mit dem Zertifizierungsverfahren nach der AZWV – eine zweckmäßige Lösung? Zum Abschluss dieser Untersuchung ist die Frage zu erörtern, ob das Modell eines Vertragsschlusses zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zweckmäßig und gegenüber dem früheren reinen Verwaltungsverfahren vorzuziehen ist. Nur wenn signifikante und erhebliche Vorteile des Vertragsmodells gegenüber dem früheren reinen Verwaltungsverfahren feststellbar wären, wäre der „Systemwechsel“ überzeugend zu begründen – zumal auch von staatlicher Seite eingeräumt wird, dass dieser Wechsel für die Träger mit erheblichen Belastungen verbunden ist.305 Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen es allerdings fraglich erscheinen, ob die vom Gesetz- und vom Verordnungsgeber intendierte Verbesserung des Zulassungsverfahrens tatsächlich eingetreten ist bzw. gerade auf den Abschluss privatrechtlicher Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern zurückzuführen wäre.

1. Kritik von Betroffenen und Erfahrungen aus der Praxis Von den Bildungsträgerinnen und Bildungsträgern wird die Entwicklung ihrer Kooperationsbeziehungen zu den AA, wie dem Evaluationsbericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am 305

Vgl. BBB 2006, S. 250.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Arbeitsmarkt zu entnehmen ist, „sehr kritisch gesehen“.306 Dies hänge, so die Klage der Bildungsträger, zum einen mit Mängeln in der Kommunikation zwischen den AA und den Trägern zusammen, wie z. B. weniger kompetenten Ansprechpartnern auf Seiten der AA.307 Zum anderen bemängeln die Bildungsträger, dass die Qualitätsprüfungen nicht hinreichend auf die „eigentlichen Fragen der Bildungsqualität“ bezogen seien.308 In einer Befragung von Trägern im Jahre 2004 haben zudem 64% eine (erhebliche) Zunahme des Aufwandes für die Teilnehmergewinnung angegeben. Immerhin noch 38% der Träger haben eine solche Zunahme für den Bereich der Angebotserstellung und nahezu 32% für den Bereich der Qualitätssicherung angegeben.309 Solcher zusätzliche Aufwand ist zumeist mit zusätzlichen Kosten verbunden. Dem steht dann gegenüber, dass immerhin 62% der Befragten einen Rückgang ihrer Auslastung zu verzeichnen hatten.310 Für die vorliegend zu untersuchende Übertragung des Zulassungsverfahrens auf externe fachkundige Stellen fällt die Kritik besonders deutlich aus: Schon die Umsetzung gestaltete sich offenbar schwierig, da bis zum Frühjahr 2005 „in 98 Prozent von 163 befragten Agenturen“ das neue Element der Qualitätssicherung in Form der Zulassung durch externe fachkundige Stellen noch nicht umgesetzt werden konnte.311 Der wichtigste Befund aus der Praxis hinsichtlich des neuen Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren ist aber ein anderer: Sowohl die Träger als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AA betrachten den Einsatz der „externen“ Stellen „eher kritisch“. Von Seiten der AA-Mitarbeiter wird eingewandt, diese Stellen könnten kaum unabhängig sein, weil potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten selbst Anbieterinnen und Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen seien. Zudem werde der Arbeitsaufwand für die AA erhöht, da sie weiterhin Qualitätssicherung betreiben sollten, während die Zulassung selbst den externen fachkundigen Stellen überlassen werde.312 Entsprechend ist die Qualitätssicherung durch externe fachkundige Stellen in einer Befragung der Mit306 Vgl. Bericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drucks. 16/505, S. 93; der Bericht beruht auf einer entsprechenden Entschließung des Deutschen Bundestages, die Wirksamkeit des ersten bis dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt für den Zeitraum bis Mitte 2006 einer eingehenden Evaluation zu unterziehen (BT-Drucks. 15/98), vgl. hierzu BT-Drucks. 16/505, S. 9 ff. 307 Vgl. BT-Drucks. 16/505, S. 93. 308 Vgl. BT-Drucks. 16/505, S. 93. 309 Vgl. BBB 2006, S. 250 u. 251, Schaubild 28. 310 Vgl. BBB 2006, S. 249. 311 Vgl. BT-Drucks. 16/505, S. 93. 312 Vgl. BT-Drucks. 16/505, S. 93.

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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arbeiter der AA mit signifikant großem Abstand die am wenigsten positiv bewertete Neuerung im Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung.313 Aus den Kreisen der Träger wird ferner die Erwartung eines „neuen Kostendrucks“ durch das externe Verfahren geäußert, der zu „weiteren Qualitätsverlusten“ bei den Maßnahmen führen könne.314

2. Erheblicher Verbesserungsbedarf des Zulassungsverfahrens nach der AZWV Die vorstehend wiedergegebene Kritik kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht auf ihre Berechtigung hin überprüft werden. Hierzu wären u. a. empirische Untersuchungen unter Einschluss einer umfassenden Prüfung der auf dem betreffenden Zertifizierungsmarkt zu zahlenden Honorare und des Personal- und Materialeinsatzes bei den AA nach dem alten und dem neuen Zulassungsverfahren vorzunehmen. Gleichwohl ist die Kritik gerade an der Einschaltung externer fachkundiger Stellen für die vorliegende Untersuchung aus mehreren Gründen beachtlich: Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einigen Mitarbeitern der AA Ärger und Skepsis über die Übertragung früherer Kompetenzen der AA auf externe Dritte oder u. U. „Private“ die Einschätzungen und Antworten zumindest beeinflusst hat. Auch muss der beklagte – vermeintlich oder tatsächlich – erhöhte Arbeitsaufwand für die AA nicht notwendig zu Lasten der insoweit verfolgten Hauptziele der Reform gehen, nämlich Qualität besser zu sichern und mehr Qualität zu erreichen. Auf mehrere Institutionen und Personen verteilte, von einander unabhängige Prüfungen und Überprüfungen können vielmehr durchaus auch zu einem höheren Qualitätsniveau führen. Die Kritikpunkte der fraglichen Unabhängigkeit der externen fachkundigen Stellen und die Frage der Kosten für die Träger treffen gleichwohl den Kern des neuen Zulassungsverfahrens: Mit der Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen steht und fällt die Glaubwürdigkeit des neuen Zertifizierungsverfahrens. Bestünden insoweit nachvollziehbare Zweifel, könnte keine Rede davon sein, dass „mehr Wettbewerb und Transparenz“ geschaffen worden sei.315 Denn wo die Unabhängigkeit der Prüfer bzw. der Prüfinstitutionen ernsthaft in Frage steht, kann sich weder fairer Wettbewerb entfalten noch ist offenbar die gewünschte Verbesserung der Transparenz gegeben. Die Besorgnis richtet sich gerade auf nicht hinreichend nachvollziehbare Verbindungen zwischen der Rolle 313 314 315

Vgl. BT-Drucks. 16/505, S. 94, Abbildung 31. Vgl. BT-Drucks. 16/505, S. 93. Vgl. zu dieser Zielsetzung S. 1 Begr. AZWV.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

als sachverständige Prüfstelle und als Wettbewerber auf dem Markt der beruflichen Weiterbildung. Auch eine Verringerung der Kosten, jedenfalls aber die Vermeidung von Kostensteigerungen für die Träger war ein erklärtes Ziel des Verordnungsgebers. Es sei „geboten, kostengünstige Zertifizierungsverfahren zu ermöglichen“, um eine Umlage von Kostensteigerungen auf die öffentlichen Kassen zu vermeiden. Denn diese würden erhöhte Zertifizierungskosten letztlich durch eine entsprechende Erhöhung der Preise für die von den Trägern angebotenen Maßnahmen tragen müssen.316 Beide Aspekte hängen unmittelbar mit dem neu eingeführten Erfordernis privatrechtlicher Beziehungen zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern zusammen: Die Unabhängigkeit der BA und der AA als Verwaltungsbehörden nach dem früheren Zulassungsverfahren dürfte weniger zweifelhaft gewesen sein, auch wenn sachwidrige Einflussnahmen selbstverständlich auch dort nicht gänzlich ausgeschlossen werden konnten. Insbesondere war die Unabhängigkeit, wie sie nach § 2 Nr. 3 AZWV heute für eine Anerkennung als fachkundige Stelle vorausgesetzt wird, bereits zuvor für die BA und die AA zumindest den rechtlichen Rahmenbedingungen nach gewährleistet.317 Wenn dies noch eines besonderen Nachweises bedurft hätte, so wäre dieser jedenfalls darin zu sehen, dass der Verordnungsgeber für die von der BA nach § 12 AZWV durchgeführten Zulassungsverfahren keinerlei spezielle Nachweise der Unabhängigkeit oder Objektivität für bzw. von der BA sowie des jeweils für die Zulassungen eingesetzten Personals fordert. Die rechtliche Stellung als Verwaltungsbehörde hat gerade im Hinblick auf die notwendige Unabhängigkeit der Entscheidungsfindung eine Reihe von Vorteilen: Die Behörde erhebt in aller Regel Gebühren als Gegenleistung für ihre Verwaltungstätigkeit. Weder die Behörde noch der einzelne Beamte oder Angestellte ist vom Umfang und von der Höhe der Gebühren abhängig. Er erhält seine Besoldung bzw. sein Gehalt unabhängig davon, ob der „Kunde“ zufrieden ist oder nicht. Auch ist von Anfang an ausgeschlossen, dass die Sorge um mögliche „Folgeaufträge“ die Prüfungsund Entscheidungstätigkeit beeinflusst. Nebentätigkeiten bedürfen der Genehmigung. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist, wie 316

Vgl. hierzu S. 13 Begr. AZWV. Vgl. zu diesem Gesichtspunkt Niewald in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 5, der zutreffend darauf hinweist, ein Mangel an Objektivität bei den AA hinsichtlich ihrer Entscheidungen über die Zulassung von Trägern und Maßnahmen für den Zeitraum vor Inkrafttreten der AZWV sei nicht erkennbar. Anderes könne man nur annehmen, wenn es in größerem Umfang zu Amtspflichtverletzungen oder gar Straftaten gekommen wäre. 317

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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oben erläutert, strafrechtlich abgesichert. Dagegen bedürfte es bei einem rein privatrechtlichen Sachverständigen-Vollzugsmodell, wie dargelegt, erheblicher und zusätzliche Regulierung durch den Gesetzgeber, um auch insoweit eine funktionale Äquivalenz sicherzustellen. Schließlich kann auch die Qualität der Leistungen von Verwaltungsbehörden ohne Weiteres ebenfalls im Wege der Qualitätskontrolle überprüft und gesichert sowie durch Qualitätsentwicklungsmaßnahmen verbessert werden. Wenn, wie hier nach § 86 SGB III, Behörden selbst Qualitätsprüfungen betreiben, kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, es bedürfe eines rein privatrechtlichen Zulassungsverfahrens aus Gründen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung. Bereits am Beispiel der rechtlichen Stellung des Umweltgutachters im Umwelt-Audit-Verfahren wurde oben dargelegt (vgl. Teil 2 III. 4. a) bb), insbes. 4. a) bb) (1)), dass auch dort gerade im Erfordernis des Abschlusses eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Umweltgutachter und zu prüfendem Unternehmen gravierende Gefahren für die Unabhängigkeit der Prüfung gesehen werden. Die dort genannten Lösungswege reichen von einer straffen Aufsicht über eine Gebührenordnung für Umweltgutachter bis hin zur Beschränkung der Anzahl der Prüfungen, die ein Umweltgutachter unmittelbar hintereinander für ein bestimmtes Unternehmen durchführen darf. Diese Probleme stellen sich sämtlich auch für die Verträge, die zwischen den anerkannten Zertifizierungsstellen und den Trägern abgeschlossen werden sollen. Im Unterschied zum Umwelt-Audit-Verfahren fehlt für das Zulassungsverfahren nach der AZWV allerdings, wie dargelegt, bei Annahme eines rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren ein hinreichendes Aufsichtssystem. Wenn schon dort Handlungsbedarf mit Blick auf die Unabhängigkeit gesehen wurde (und wird), muss dies erst recht für ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren nach der AZWV gelten. Zumindest ergänzende Regelungen über die Aufsicht sind, wenn man ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren annimmt, dringend erforderlich und vom Verordnungsgeber zu schaffen, um die Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen zu sichern und entsprechenden Besorgnissen in der Praxis Rechnung zu tragen. Nochmals (vgl. bereits Teil 4 V. 4., VII. 4.2.) sei an das Erfordernis der funktionalen Äquivalenz erinnert, das, wie ausgeführt, Grundvoraussetzung für eine materielle Privatisierung ist, wenn dem Staat weiterhin die Gewährleistungsverantwortung verbleibt. Mit dem hier angenommenen Beleihungsmodell wird zumindest dem Erfordernis einer hinreichenden Aufsicht zur Sicherung der Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung entsprochen. Bei einem rein privatrechtlichen Zulassungsverfahren ist dies, wie ausgeführt (vgl. Teil 4 VII. 4. a) u. b)), nach derzeitiger Rechtslage nicht der Fall.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Eine „Vergütungsordnung“ bzw. (nach dem hier vertretenen Beleihungsmodell) eine Gebührenordnung für die Zertifizierungsstellen und Beschränkungen der Anzahl der vorzunehmenden Prüfungen könnten, wie oben dargelegt (vgl. Teil 2 III. 4. a) bb) (2) u. Teil 4 VII. 4. c)), ebenfalls helfen, Gefahren für die Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen wirksam zu verhindern bzw. zu beseitigen. Zugleich dürfte sie den Trägern die Besorgnis vor unkalkulierbaren Kostenrisiken nehmen. Lehnt man dagegen solche weiteren Regulierungen ab, z. B., um mehr Wettbewerb zu ermöglichen, muss gesehen werden, dass Wettbewerb kein Selbstzweck ist. Wenn Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung die Hauptziele der Reform des Zulassungsverfahrens sind, muss auch das Ziel der Schaffung von (mehr) Wettbewerb unter diesem Vorzeichen interpretiert werden. Freier Wettbewerb zwischen den anerkannten Zertifizierungsstellen bedeutet nicht zuletzt auch einen Preiswettbewerb. Dieser kann durchaus auch zu einer Verschlechterung von Qualität führen, wenn die Preisgestaltung als Mittel eingesetzt wird, Marktanteile zu gewinnen. Eine „Vergütungsordnung“ bzw. Gebührenordnung würde solchen Markttendenzen vorbeugen. Dem Problem, dass „sicheres Geld“ durch festgelegte Gebühren ebenfalls der Leistungsqualität abträglich sein könnte, wird durch die gesetzlich vorgeschriebene Qualitätsprüfung nach § 86 SGB III und nach §§ 2 Nr. 6, 3 Abs. 3 Satz 3 AZWV – so sie tatsächlich und wirksam durchgeführt wird – ausreichend begegnet. Dass die „Reputation“ einer Zertifizierungsstelle hier ein ausreichendes Korrektiv ist, erscheint jedenfalls unter den gegenwärtigen „Marktbedingungen“ ausgeschlossen: Der „Markt“, auf dem sich die anerkannten Zertifizierungsstellen betätigen, ist neu. Schon deshalb kann sich kaum bereits ein hinreichendes „Qualitätsbewusstsein“ bei den Trägern von Zertifizierungsmaßnahmen herausgebildet haben. Sicher mag die Verwendung z. B. eines zusätzlichen Prüfsiegels einer bundesweit tätigen Prüforganisation mit hohem Bekanntheitsgrad zusätzliches Vertrauen schaffen. Am Ende der Leistungskette steht aber der Arbeitnehmer, für den wegen der staatlichen Kostenübernahme zunächst und vor allem wichtig sein dürfte, ob Träger und Maßnahme zugelassen sind. Hier dient das Zertifikat mit dem nach § 10 Abs. 2 Satz 2 AZWV vorgeschriebenen Wortlaut als entscheidendes Kennzeichen und Auswahlkriterium. Welche anerkannte Zertifizierungsstelle dieses Zertifikat verliehen hat, dürfte dagegen für die weitaus meisten Arbeitnehmer nicht von Interesse sein. Sei werden meist schon mit der für sie neuen Wahlfreiheit aufgrund des Bildungsgutscheins hinreichend „gefordert“ sein. Die Voraussetzung auch eines Qualitätsbewusstseins hinsichtlich der Zertifizierungsstelle, die den Träger zugelassen hat, dürfte die Arbeitnehmer dagegen in

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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aller Regel überfordern – schon weil ihnen entsprechende Fachkenntnisse fehlen. Vor diesem Hintergrund werden auch die Träger von Weiterbildungsmaßnahmen in erster Linie die Faktoren Preis und Leistung der Zertifizierungsstellen als entscheidend für die Wahl der Zertifizierungsstelle erachten. Da ihr „Kundenkreis“ der Qualität des Ausstellers der Zertifikate meist keine weitere Beachtung schenken dürfte, wird dies auch auf die Träger selbst zutreffen. Selbstverständlich schließt das nicht aus, dass in Einzelfällen gezielt eine besonders bekannte und bewährte Prüforganisation gewählt wird, die u. U. auch ein eigenes Prüfsiegel vergibt. Fehlende staatliche Aufsichts- und Eingriffsmöglichkeiten kann das schlichte Vertrauen in solche, schwer überprüfbaren, Mechanismen eines noch jungen Marktes nicht, jedenfalls nicht im Sinne einer funktionalen Äquivalenz, ersetzen.

3. Sicherung staatlicher Gewährleistungsverantwortung durch umfassende, zwingende gesetzliche Regelungen und ihre Vereinbarkeit mit einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren Die vorstehend genannten, zusätzlichen gesetzlichen Sicherungen, die die in der Praxis geltend gemachten Bedenken gegen das neue Zulassungsverfahren wirksam entkräften könnten, würden weitere regulierende bzw. drastisch beschränkende Eingriffe in die „Vertragsfreiheit“ der Zertifizierungsstellen bedeuten. Schon jetzt lässt die Fülle von zwingenden gesetzlichen Vorgaben, wie dargelegt, nur noch wenig Raum für die Ausübung der Vertragsfreiheit. Würde etwa – aus Gründen eines Schutzes der Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen – auch die Höhe der Honorare vorgeschrieben und eine Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Prüfungen für ein Unternehmen vorgenommen, wäre die Vertragsfreiheit der Zertifizierungsstellen kaum mehr der Rede wert. Schließlich hat die Untersuchung von in der Praxis verwendeten Formularverträgen und AGB gezeigt, dass diese jeweils eine ganze Reihe unwirksamer Regelungen enthalten – und zwar Regelungen, die sich jeweils zu Lasten der Träger als „Antragsteller“ auswirken (sollen). Von ihrer verbliebenen Vertragsfreiheit machen die Zertifizierungsstellen also nicht selten in einer Weise Gebrauch, der unsere Rechtsordnung die Anerkennung versagt – und zwar zum Schutz der Vertragspartner der Zertifizierungsstellen, also der Träger. Diese Befunde lassen es grundsätzlich fraglich erscheinen, ob ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren nach der AZWV zweckmäßig ist.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Der vom Verordnungsgeber gewollte Vertragsschluss zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern spiegelt eine Gestaltungsfreiheit und „Staatsferne“ des Zulassungsverfahrens vor, die tatsächlich nicht besteht und auch nicht bestehen darf: Die formellen und materiellen Zulassungsvoraussetzungen müssen weiterhin gesetzlich zwingend geregelt bleiben, um überhaupt ein einheitliches und staatlicher Steuerung unterliegendes Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung erhalten zu können. Zugleich muss, aus den bereits oben umfassend dargelegten Gründen der funktionalen Äquivalenz und der staatlichen Gewährleistungsverantwortung, mit einer Fülle zwingender gesetzlicher öffentlich-rechtlicher Vorgaben gesichert werden, dass das Zulassungsverfahren den – zu Recht – hohen Erwartungen an Qualität, Unabhängigkeit und Objektivität der Zulassungen genügt. Die bisherigen Regelungen reichen jedenfalls bei einem rein privatrechtlichen Zertifizierungsverfahren, wie ausgeführt, keinesfalls aus. Der Staat wird demnach als „steuernder Akteur im Wirtschaftsleben“ tätig318 – und muss dies aus den genannten Gründen noch verstärken. Das Sozialrecht, konkret die Regelungen der §§ 77 ff. SGB III und der AZWV, werden zum „Markt- und Wirtschaftsrecht“. Die sozialrechtlichen Normen, „die intentional diesen Markt konstituieren und regulieren, lassen sich als Leistungserbringungsrecht eigener Art verstehen, dem es . . . um den Marktzutritt und um die Sicherung der Qualität der Dienstleistungen der einmal zugelassenen Anbieter geht“.319 Diese treffende Kennzeichnung macht zugleich den Widerspruch deutlich, der zur Privatautonomie und zur Vertragsfreiheit als das Zivilrecht prägende Grundsätze besteht. Je mehr Regulierungen und Sicherungen notwendig sind, desto weniger bleibt von der Vertragsfreiheit übrig. Ob angesichts des Umfangs der bestehenden und darüber hinaus erforderlichen, weiteren Regulierung ein „Systemwechsel“ bzw. „Paradigmenwechsel“ tatsächlich zweckmäßig ist, muss nachhaltig bezweifelt werden. Mehr noch: Es ist fraglich, ob angesichts dieses Befundes überhaupt ein echter System- oder Paradigmenwechsel vorliegt. An dieser Stelle ist auf den oben bereits erörterten Gedanken (vgl. Teil 4 V. 2. d) cc)) zurückzukommen, das allgemeine Verwaltungsrecht als „Auffangordnung“ für unzureichende gesetzliche Regelungen im Bereich der regulierten Selbstregulierung bzw. der materiellen Privatisierung zu verwenden. Entweder wird (bzw. muss) also aus Gründen der staatlichen Gewährleistungsverantwortung massiv in die das Privatrecht prägenden Grundsätze 318 319

So für die Sozialgerichtsbarkeit: Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 273. Vgl. Hänlein, SozSich 2005, S. 273 ff., 278.

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit eingegriffen (werden) oder das öffentliche Recht bzw. das allgemeine Verwaltungsrecht, also exakt das Normengefüge, von dem durch die Privatisierung eigentlich eine Trennung erfolgen soll, muss doch wieder eingesetzt werden, wenn auch „nur“ analog oder hilfsweise. Überzeugend ist eine solche „Privatisierung“ kaum. Erst recht kann eine materielle Privatisierung im Bereich des Rechts der staatlichen Förderung der beruflichen Weiterbildung nach dem Vorbild privatrechtlicher Zertifizierungsverfahren bzw. der regulierten Selbstregulierung nicht mit dem ausdrücklich formulierten Ziel des Gesetzgebers in Einklang gebracht werden, das Verwaltungsverfahren deutlich zu vereinfachen:320 Soll ein Verwaltungsverfahren lediglich vereinfacht werden, bleibt es gleichwohl Verwaltungsverfahren. Dies lässt sich mit einer Beleihung der Zertifizierungsstellen vereinbaren, nicht aber mit einer materiellen Privatisierung nach dem Vorbild rein privatrechtlicher Zertifizierungsverfahren. Will der Gesetzgeber dagegen tatsächlich eine materielle Privatisierung in diesem Bereich, dann kann erst recht keine Rede von einer – zumal deutlichen – Vereinfachung eines Verfahrens sein. Wie ausgeführt, verringert sich der Regulierungsbedarf in diesen Fällen nicht, sondern nimmt – erheblich – zu. Der Staat trägt weiterhin die Gewährleistungsverantwortung für ein dem früheren Verwaltungsverfahren funktional äquivalentes Zulassungsverfahren, wie bereits aus dem Gebot einer effizienten und sparsamen Verwendung der staatlichen Gelder folgt. Hinzu kommen, wie dargelegt, die Grundrechte der von den Zulassungsverfahren Betroffenen, also der Zertifizierungsstellen, der Träger und mittelbar auch der Arbeitnehmer. Raum für eine deutliche Verfahrensvereinfachung bei gleichzeitiger materieller Privatisierung bietet das Zulassungsverfahren i. S. d. §§ 77 ff. SGB III also nicht. Ein weiterer Aspekt: Die Ansicht, die das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV als rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren ansieht, verweist, wie bereits oben ausgeführt, zutreffend darauf, dass die Zertifizierungsstellen im Rahmen der Maßnahmenzertifizierung insbesondere auch zu prüfen haben, ob die Maßnahmen gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III angemessene Teilnahmebedingungen bieten. Dies betrifft die mit den Teilnehmern abzuschließenden Verträge, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AZWV insbesondere im Hinblick auf Rücktritts- und Kündigungsrechte sowie bezogen auf die Ferienregelungen angemessen sein sollen.321 Die Zertifizierungsstelle hat insoweit die für die Verträge vorgesehenen Allgemeinen 320 321

Vgl. BT-Drucks. 15/25, S. 29. Vgl. Hänlein, Skript, S. 29.

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

Geschäftsbedingungen, wie erläutert (vgl. Teil 5 III. 1.), einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen, die sich an den §§ 307 ff. BGB ausrichten muss.322 Eine solche Prüfaufgabe setzt aber selbstverständlich, wie oben bereits hervorgehoben (vgl. Teil 5 III. 1.), voraus, dass die Zertifizierungsstellen selbst einwandfreie und in jedem Punkt wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden. Einen entsprechenden Prüfauftrag kann eine Zertifizierungsstelle nur dann glaubwürdig erfüllen, wenn sie selbst den betreffenden Prüfungsmaßstäben gerecht wird. Dies ist, wie oben eingehend belegt, jedenfalls bei den hier untersuchten Zertifizierungsstellen, bei weitem nicht der Fall. Da auch die Vertragsbedingungen eines seit Jahrzehnten mit Prüf- und Kontrollaufgaben in den verschiedensten Bereichen befassten Unternehmens mit beachtlicher Marktmacht (Fall C) eine Fülle unwirksamer Regelungen aufweisen, können diese Probleme nicht mit fehlender Erfahrung oder mit den personellen und finanziellen Schwierigkeiten eines „jungen“ oder „kleinen“ Unternehmens erklärt werden. Auch die beiden anderen untersuchten Beispielsfälle betreffen Unternehmen, für die Zertifizierungsaufgaben – wenn auch privatrechtliche – keineswegs neu sind. Als Erklärungsansatz für die aufgezeigte Fülle unwirksamer Regelungen, die sich jeweils zum Nachteil der Träger auswirken sollen, taugt auch der Umstand, dass das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV nicht nur neu ist, sondern sich auch an der problematischen Schnittstelle zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit entsprechenden Abgrenzungsschwierigkeiten bewegt, nur bedingt. Denn nicht wenige der unwirksamen Regelungen haben, wie dargelegt, mit den speziellen Gegebenheiten dieses neuen Zertifizierungsverfahrens überhaupt nichts zu tun. Es handelt sich um Regelungen, die auch in Formularverträgen und allgemeinen Geschäftsbedingungen über gänzlich andere Regelungsgegenstände nach den §§ 305 ff. BGB unwirksam wären. Da die betreffenden Unternehmen seit Jahren Verträge über – wenn auch andere – Prüf- und Zertifizierungsleistungen schließen, kann fehlende Erfahrung bei der Vertragsgestaltung ebenfalls kaum als Erklärung dienen. Es besteht, ungeachtet der Gründe für die Verwendung unwirksamer Regelungen in den Formularverträgen und den allgemeinen Geschäftsbedingungen, erheblicher Handlungsbedarf. Ein direkter „Durchgriff“ der Anerkennungsbehörde ist insoweit aber nur möglich, wenn die Zertifizierungsstellen Beliehene sind. Dann kann die Anerkennungsstelle im Wege der Rechtsaufsicht einschreiten und die Zertifizierungsstellen, die bereits als Verwaltungsbehörden nach dem Grundsatz 322

Vgl. Hänlein, Skript, S. 29.

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu rechtmäßigem Verhalten verpflichtet sind, zunächst im Wege der Weisung, zu einem entsprechenden Verhalten bewegen. Einem rein privatrechtlich organisierten Zertifizierungssystem wäre dieser Weg verschlossen, da, wie dargelegt, insoweit wesentliche Aufsichtsregelungen fehlen. Die in erheblichem Umfang unwirksamen Regelungen in den Formularverträgen und den allgemeinen Geschäftsbedingungen lassen erkennen, dass eine wirklich effektive Aufsicht über die Zertifizierungsstellen bisher fehlt. Die bloße Möglichkeit, dass eine Zertifizierungsstelle nach Ablauf der befristeten Anerkennung aufgrund von Mängeln etwa in der Vertragsgestaltung keine neue Anerkennung erhält, reicht als Korrektiv nicht aus. Der Staat würde seiner Gewährleistungsverantwortung, die nicht zuletzt die Rechtmäßigkeit der Aufgabenerfüllung durch die Zertifizierungsstellen umfasst, nicht ansatzweise gerecht, wenn er über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 AZWV) die Verwendung rechtswidriger bzw. unwirksamer Vertragsgestaltungen dulden würde. Ein Widerruf oder eine Rücknahme der Anerkennung dürfte bereits mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ebenfalls nicht als Reaktion in Betracht kommen. Für die schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit des gesamten Zertifizierungssystems gebotene schnelle, direkte Reaktion fehlt somit das geeignete „Instrumentarium“. Mit einer Beleihung der Zertifizierungsstellen nebst Gebührenregelung, die auf den Abschluss privatrechtlicher Zertifizierungsverträge verzichten würde, würden dagegen auch die gesamten mit der Vertragsgestaltung zusammenhängenden Probleme vermieden. Erhebliche Vorteile einer rein privatrechtlichen Lösung sind dagegen kaum zu erkennen. So werden die Zweifel an der „Vertragslösung“ durch den Umstand verstärkt, dass mit den Mitarbeitern der AA und den Trägern gerade wesentliche Akteure des neuen Zulassungssystems dem neuen Marktgeschehen mit Skepsis oder gar Ablehnung gegenüberstehen. Wenn die „Kontrolleure“ und die Nachfrager der Zertifizierungsleistungen keine signifikante Verbesserung durch das neue Verfahren erkennen, sondern sogar erhebliche Nachteile befürchten, spricht dies nicht für eine geglückte Neuerung. Zugleich kann sich ein echtes Marktgeschehen mit funktionierendem Wettbewerb sicher leichter entwickeln, wenn die Beteiligten die Notwendigkeit dieses Marktgeschehens im Vergleich zu anderen Gestaltungsmöglichkeiten erkennen und akzeptieren. Auch insoweit besteht Handlungsbedarf: Wesentliche Bedingungen für die Akzeptanz und den „Erfolg“ eines neuen Anerkennungs- und Zulassungsverfahrens dürften schließlich Rechts-

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Teil 5: Vertragliche Regelung von Rechtsbeziehungen nach der AZWV

sicherheit und Rechtsklarheit sein. Die vorliegende Untersuchung hat allerdings gezeigt, dass genau dies nicht bzw. nicht hinreichend gewährleistet ist. Es hat sich damit zugleich die entsprechende Kritik der Literatur am neuen Zulassungsverfahren bestätigt.323 Insbesondere sollte die Zielsetzung, mehr „Transparenz“ zu schaffen,324 nicht nur nicht zuletzt, sondern vor allem anderen für die rechtlichen Regelungen gelten, mit deren Hilfe ein transparenteres Zulassungsverfahren geschaffen werden soll. Davon kann jedoch keine Rede sein. Das Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren nach der AZWV ist vor allem deshalb kritikwürdig, weil selbst grundlegende Fragen vom Gesetzund vom Verordnungsgeber nicht bzw. nicht mit hinreichender Deutlichkeit geregelt wurden. Dies gilt insbesondere für die rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen. Es ist, wie in dieser Untersuchung gezeigt wurde, von fundamentaler rechtlicher Bedeutung für alle am Zulassungsverfahren Beteiligten, ob die Zertifizierungsstellen als Verwaltungsbehörden bei der Erteilung der Zulassungen und Zertifikate öffentlich-rechtlich bzw. hoheitlich handeln oder ob die Zulassungstätigkeit rein privatrechtlich ist. An dieser Stelle mag der Hinweis auf die oben erörterten Haftungs- und Rechtsschutzfragen genügen. Wenn ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren vom Gesetz- und vom Verordnungsgeber gewollt wird, dann ist es ihm zumutbar und ist es notwendig, diesen Willen hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen – und zwar im betreffenden Gesetz bzw. in der Verordnung selbst. Unverzichtbar sind zudem, wie mehrfach betont, umfassende Regulierungsmaßnahmen, eben die „normative Umhegung“, die nach dem Prinzip der funktionalen Äquivalenz zwingend ist. Dem werden, wie dargelegt, weder die §§ 77 ff. SGB III noch die AZWV gerecht. Der Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber steht hier letztlich vor dem – durchaus nicht neuen325 – Problem, die Folgen der von ihm geplanten Regelungen abzuschätzen und diese bereits bei der Normsetzung zu berücksichtigen. Verfahren der prospektiven Gesetzesfolgenabschätzung sollen bereits zu Beginn des Gesetzgebungsprozesses helfen, Folgen verschiedener 323 Exemplarisch sei hier nochmals auf die Kritik von Niewald in Spellbrink/Eicher (Hrsg.), Rdnr. 409 o) u. q) und in: Gagel (Hrsg.), § 87, Rdnr. 5 sowie von Eicher in Eicher/Schlegel (Hrsg.), vor §§ 84–87, Rdnr. 13 ff. und § 87, Rdnr. 1 u. 20 ff. verwiesen. 324 Vgl. S. 1 Begr. AZWV. 325 Vgl. hierzu z. B. Götz Konzendorf: Gesetzesfolgenabschätzung als zentrales Element von Better Regulation, in: Michael Becker/Ruth Zimmerling (Hrsg.): Politik und Recht, Politische Vierteljahresschrift PVS, Sonderheft 36/2006, S. 540 ff., 541 f.

IV. Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern

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möglicher Regelungsalternativen abzuschätzen und zu bewerten. Sie werden in dem Stadium der Gesetzgebung eingesetzt, in dem „noch überlegt wird, ob man überhaupt und in welcher „Denk-“Richtung man eine rechtsförmige Regelung erwägen könnte“.326 Die prospektive Gesetzesfolgenabschätzung dient also „der Auswahl einer optimalen Regelungsalternative und Mitprüfung der Null-Alternative (d.h. keine (Neu-)Regelung)“.327 Der Null-Alternative komme dabei eine „Warnfunktion“ zu, indem stets zu hinterfragen sei, ob eine (Neu-)Regelung tatsächlich überhaupt notwendig ist.328 Angesichts der erheblichen und vorliegend untersuchten rechtlichen Unsicherheiten, die mit der Einführung des neuen Anerkennungs- und Zulassungsverfahren verbunden sind, steht zumindest in Frage, ob die prospektive Gesetzesfolgenabschätzung hinsichtlich der AZWV in ausreichendem Maße vorgenommen wurde. Als Fazit dieser Untersuchung ist daher auch für den Bereich der §§ 84 ff. SGB III und der AZWV dem Befund aus der Praxis zuzustimmen: „Die Neukonzeption der beruflichen Weiterbildung ist gut gemeint, aber nicht in jeder Hinsicht gut gemacht“.329

326 327 328 329

Vgl. Konzendorf in: Becker/Zimmerling (Hrsg.), S. 546 f. Vgl. Konzendorf in: Becker/Zimmerling (Hrsg.), S. 549. Vgl. Konzendorf in: Becker/Zimmerling (Hrsg.), S. 554. Fuchsloch, RdJB 2003, S. 68 ff., 77.

Teil 6

Zusammenfassung I. Untersuchungsgegenstand, -interesse und -methode der Arbeit 1. Der Markt der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern differenziert sich maßgeblich danach, ob es sich um Anbieter (Träger) und Leistungen (Maßnahmen) handelt, die für die staatliche Förderung zugelassen sind. Die staatliche Förderung der beruflichen Weiterbildung erfolgt gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III durch Übernahme der Weiterbildungskosten. Das Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung ist in den vergangenen Jahren durch die sog. Hartz-Gesetze in wichtigen Punkten geändert worden. Wesentliche Änderungen betreffen das Verfahren der Prüfung und Feststellung der Voraussetzungen, unter denen die staatliche Kostenübernahme erfolgen kann. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III ist u. a. zwingende Förderungsvoraussetzung, dass die konkrete Weiterbildungsmaßnahme und deren Träger für die staatliche Förderung „zugelassen“ sind. Zugelassen für die Förderung sind nach § 84 SGB III Träger bzw. nach § 85 SGB III Maßnahmen, bei denen eine „fachkundige Stelle“ das Vorliegen der dort im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen „festgestellt“ hat. Die fachkundigen Stellen bedürfen, wie die Regelung des § 87 SGB III zeigt, einer „Anerkennung“. Aufgrund der Ermächtigung in § 87 SGB III hat der Verordnungsgeber die Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV) erlassen. Die Anerkennungsvoraussetzungen sind insbesondere in § 2 AZWV geregelt. Die §§ 84, 85 SGB III präzisierenden und ergänzenden Zulassungsvoraussetzungen für Träger sind in §§ 7, 8 AZWV und für Maßnahmen in § 9 AZWV normiert. 2. Insbesondere für die äußerst praxisrelevanten Fragen der Haftung und des Rechtsschutzes ist es von herausragender Bedeutung, ob die Anerkennung und die Zulassung öffentlich-rechtlich durch Verwaltungsakt oder pri-

I. Untersuchungsgegenstand, -interesse und -methode der Arbeit

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vatrechtlich erfolgen. Während für das Anerkennungsverfahren weitgehende Einigkeit darüber besteht, dass es sich um ein öffentlich-rechtliches, sozialrechtliches Verwaltungsverfahren handelt, ist dies für die Zulassung von Trägern und Maßnahmen bisher streitig. Teilweise wird hier ebenfalls ein sozialrechtliches Verwaltungsverfahren angenommen, das durch die anerkannten fachkundigen Stellen bzw. Zertifizierungsstellen als sog. Beliehene durchgeführt ist. Die Entscheidung über die Zulassung wäre dann ein Verwaltungsakt. Ferner ist nach dieser Ansicht der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und Träger in Zusammenhang mit einer Zulassung bzw. Zertifizierung nach der AZWV grundsätzlich ausgeschlossen. Dagegen wird von anderen ein grundlegender Systemwechsel vom Verwaltungsverfahren in ein rein privatrechtliches „Zulassungsverfahren“ auf Basis eines privatrechtlichen Vertrages angenommen. Unter Hinweis auf die Begründung des Verordnungsgebers zur AZWV wird vertreten, das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach der AZWV erfolge ausschließlich privatrechtlich auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und Träger. Dem Zweck, diese Fragen zu untersuchen und zu klären, dienen weite Teile der vorliegenden Untersuchung. 3. Weder der Wortlaut noch die Materialien zu den einschlägigen Regelungen in den §§ 77 ff. SGB III und der AZWV lassen hinreichend sichere Schlüsse darauf zu, welche der vorgenannten Auffassungen zutrifft. Zudem bleibt eine dritte, bisher nicht diskutierte Möglichkeit: die Kombination öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente durch Beleihung der Zertifizierungsstellen und das gleichzeitige Handeln dieser Zertifizierungsstellen (auch) auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge mit den jeweiligen Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Für die Untersuchung dieser Fragen wurde ein analoges Verfahren gewählt, in dem bereits existierende Anerkennungs- und Zulassungsverfahren aus anderen Rechtsgebieten als Vergleichsmaßstab herangezogen wurden. Ihre rechtliche Einordnung durch Literatur und Rechtsprechung könnte, so die Annahme, entscheidenden Aufschluss darüber geben, wie das Zulassungsverfahren nach der AZWV rechtlich einzuordnen ist. Zu diesem Zweck wurden die betreffenden Verfahren in dieser Arbeit zunächst dargestellt – zumal sie teilweise weniger bekannt sind. Danach wurde anhand der Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung die rechtliche Einordnung vorgenommen. Ziel dieser Methode war es herauszufinden, ob und gegebenenfalls welche gemeinsamen Strukturen der verschiedenen Anerkennungs- und Zulassungsverfahren existieren und ob bzw. wie sich solche Strukturen auf das Anerkennungs- und Zulassungsverfahren nach der AZWV übertragen lassen.

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Teil 6: Zusammenfassung

II. Untersuchungsergebnisse und gemeinsame Strukturen betreffend die untersuchten Vergleichsverfahren aus den Gebieten des Umwelt- und Technikrechts Die Untersuchung der Anerkennungs- und Zulassungsverfahren aus der Straßenverkehrszulassungsordnung in Verbindung mit dem Kraftfahrzeugsachverständigengesetz, dem Signaturgesetz, dem Umweltauditgesetz i. V. m. der EMAS-VO sowie nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz hat zu folgenden Ergebnissen geführt: 1. Die Anerkennungsverfahren, mit denen die Prüf-, Überwachungs- und Kontrollaufgaben auf die jeweiligen Sachverständigen bzw. sachverständigen Institutionen übertragen werden, sind stets öffentlich-rechtlich. Die Anerkennung erfolgt jeweils durch Verwaltungsakt und kann auch von einer speziell hierfür beliehenen Stelle vorgenommen werden (Beispiel: DAU GmbH im Bereich des Umwelt-Audit-Verfahrens). 2. Die rechtliche Stellung als Beliehener schließt für die Sachverständigen bzw. für die sachverständigen Institutionen den gleichzeitigen Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit den „Antragstellern“ bzw. Auftraggebern nicht aus (Beispiele: Hauptuntersuchung und Abgasuntersuchung von Kraftfahrzeugen nach §§ 29, 47 a StVZO durch anerkannte Überwachungsorganisationen und – nur für die Abgasuntersuchung – anerkannte Kraftfahrzeugwerkstätten; Tätigkeit der Prüf- und Bestätigungsstellen nach §§ 15 Abs. 2, 18 SigG; Tätigkeit benannter Stellen nach dem GPSG, soweit ihre Prüfung für das Inverkehrbringen der Produkte den Herstellern zwingend vorgeschrieben ist). Gegenstand der privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen dem Sachverständigen und dem „Antragsteller“ bzw. Auftraggeber ist nicht die hoheitliche Tätigkeit bzw. die Erteilung des Verwaltungsaktes, sondern lediglich die reine Prüf- und Untersuchungstätigkeit im Vorfeld der hoheitlichen Entscheidung. 3. Zwar dürfen Gebühren ausschließlich für eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Sachverständigen bzw. für die Erteilung eines Verwaltungsaktes durch beliehene Sachverständige erhoben werden – und dies auch nur bei entsprechender gesetzlicher Ermächtigung. Für die reine Prüftätigkeit, also nicht für den Bereich der öffentlich-rechtlichen bzw. hoheitlichen Tätigkeit, der Sachverständigen können allerdings auch privatrechtlich in den jeweiligen Verträgen Honorare vereinbart werden (Beispiel: privatrechtliche Entgelte für Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen nach § 29 StVZO und die Abgasuntersuchung nach § 47 a StVZO).

III. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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4. Entscheidende Abgrenzungskriterien für die Frage, ob die Zulassungsverfahren durch die Sachverständigen bzw. die sachverständigen Institutionen öffentlich-rechtlich als Beliehene oder rein privatrechtlich durchgeführt werden, sind folgende: – Liegt eine selbständige, abschließende Entscheidung des Sachverständigen bzw. der sachverständigen Institution mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen gegenüber dem „Antragsteller“ vor? – Ist die Verwaltungsbehörde an diese Feststellungen, an das Gutachten oder an das Votum des Sachverständigen gebunden und determiniert es die Zulassungsentscheidung der Behörde umfassend oder ersetzt es sie gar? Treffen diese Punkte für den Sachverständigen bzw. die sachverständige Institution zu, liegt (zumindest auch) öffentlich-rechtliches Handeln als Beliehene(r) vor. – Oder bereiten die Tätigkeit und das Votum bzw. das Arbeitsergebnis des Sachverständigen eine sodann erfolgende, abschließende Entscheidung einer Behörde lediglich vor, binden diese aber nicht (Beispiel: Gültigerklärung der Umwelterklärung durch Umweltgutachter)? Dann handelt der Sachverständige ausschließlich privatrechtlich. 5. Auch wenn die Tätigkeit des Sachverständigen bzw. Gutachters, wie im Fall des zugelassenen Umweltgutachters, ausschließlich privatrechtlich erfolgt, unterliegt er einer umfassenden staatlichen Aufsicht durch die Anerkennungsbehörde. Die Überwachung erfolgt fortlaufend im Sinne einer begleitenden Kontrolle. Insbesondere kann (und muss) die Aufsichtsbehörde jederzeit direkt gegenüber dem Gutachter mit Aufsichtsmaßnahmen eingreifen, wenn sie Anhaltspunkte für eine mangelhafte Aufgabenwahrnehmung durch den Gutachter hat.

III. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV für fachkundige Zertifizierungsstellen 1. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern durch Übernahme der Weiterbildungskosten setzt u. a. gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zwingend voraus, dass der Träger der Weiterbildungsmaßnahme und die Maßnahme selbst für die Förderung zugelassen sind. Für die Zulassung von Trägern und Maßnahmen verweisen §§ 84, 85 SGB III jeweils auf die Feststellungen „fachkundiger Stellen“. Fachkundige Stellen sind gemäß § 1 AZWV von der Anerkennungsstelle nach den §§ 2 f. AZWV anerkannte Zertifizierungsstellen.

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Teil 6: Zusammenfassung

2. Das Anerkennungsverfahren nach den §§ 2 ff. AZWV begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken: In der Literatur wird vertreten, der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der AZWV in § 87 SGB III fehle mit Blick auf die Ausgestaltung des Anerkennungsverfahrens bereits die nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche hinreichende Bestimmtheit. Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Ermächtigung seien bezüglich des Anerkennungsverfahrens zu unbestimmt, das „Programm“ des Gesetzgebers, das der Verordnungsgeber umzusetzen habe, nicht erkennbar. Aus den Gesetzesmaterialien und insbesondere aus den Motiven des Gesetzgebers lassen sich allerdings (gerade noch) ausreichende Anhaltspunkte für das gesetzgeberische „Programm“ hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens gewinnen. Allerdings bewegt sich der Gesetzgeber hier im äußersten Grenzbereich des verfassungsrechtlich nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG Zulässigen. § 87 SGB III und § 2 AZWV sind dagegen wegen Verstoßes gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. dem sog. Parlamentsvorbehalt bzw. der Wesentlichkeitstheorie verfassungswidrig und nichtig. Die Tätigkeit als Zertifizierungsstelle nach der AZWV ist ein Beruf i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen in § 2 AZWV sind sog. subjektive Zulassungsvoraussetzungen, die die Wahl des Berufs an persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse und/oder Erfahrungen sowie an erworbene Abschlüsse bzw. an erbrachte Leistungen anknüpfen. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der weit überwiegenden Literaturmeinung nur durch Parlamentsgesetz verfassungsgemäß zu regeln, da sie wesentlich in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingreifen. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Zertifizierungsstellen als sog. Beliehene ansieht, da auch Art. 33 GG insoweit keine weitergehenden Eingriffsmöglichkeiten erlaubt. Diesen Vorgaben wird die Regelung in § 87 SGB III hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens nicht ansatzweise gerecht. Vielmehr werden – verfassungswidrig – sämtliche Regelungen über die Zulassung zum Beruf des Zertifizierers nach der AZWV dem Verordnungsgeber überlassen. Obwohl § 2 AZWV damit ebenfalls mangels Rechtsgrundlage nichtig ist, sind die bisher erfolgten Anerkennungen lediglich rechtswidrige, aber nicht nichtige Verwaltungsakte. Damit bleiben auch die bisher erteilten Zulassungen wirksam, solange die Anerkennung nicht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen wurde. 3. Die bisher gewählte Lösung einer einzigen Anerkennungsstelle auf Bundesebene erscheint nicht zwingend. Mit Blick auf das Anliegen des Ge-

III. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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setzgebers, mehr Wettbewerb zu schaffen, um so auch eine Verbesserung der Qualität zu erreichen, könnte durch eine Struktur mit mehreren, selbstverständlich entsprechend gut qualifizierten, Anerkennungsstellen auch im Anerkennungsverfahren der Sachverstand schon existierender Zertifizierungsstrukturen genutzt werden. 4. Die „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates nach § 6 AZWV sind keineswegs lediglich unverbindliche Vorschläge oder Anregungen für die am Zertifizierungsverfahren Beteiligten, insbesondere für die Zertifizierungsstellen. Vielmehr sind sie zumindest für die Zertifizierungsstellen zwingend zu beachten, da diese nach § 2 Nr. 4 AZWV Gewähr dafür bieten müssen, dass die Empfehlungen des Anerkennungsbeirates zur Durchführung der Zertifizierung beachtet werden. „Beachten“ bedeutet hier schlicht „befolgen“. Andernfalls drohen Widerruf bzw. Rücknahme der Anerkennung. Der Anerkennungsbeitrat und seine Mitglieder nehmen im Rahmen ihres Auftrages nach § 6 AZWV staatliche Aufgaben wahr und üben Staatsgewalt i. S. d. Art. 20 Abs. 2 GG aus. Die Zwangswirkung der „Empfehlungen“ des Anerkennungsbeirates für die Zertifizierungsstellen ist insbesondere vor dem Hintergrund beachtlich, dass die Zertifizierungsstellen als von diesen „Empfehlungen“ hauptsächlich Betroffene nach der Regelung des § 6 AZWV im Anerkennungsbeirat nicht repräsentiert sind. Hinzu kommt, dass der Anerkennungsbeirat nicht nur mit „staatlichen“, sondern auch mit „nicht-staatlichen“ Mitgliedern besetzt ist, z. B. den Vertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber. Bei solchen pluralistisch besetzten Gremien mit Entscheidungsbefugnis stellt sich die Frage der hinreichenden Legitimation insbesondere ihrer „nicht-staatlichen“ Mitglieder mit Blick auf das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG. Diese Fragen werden z. B. auch bezüglich des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 ff. SGB V diskutiert. Das Demokratieprinzip stellt Legitimationsanforderungen in organisatorisch-personeller und sachlich-inhaltlicher Hinsicht: Organisatorisch-personelle demokratische Legitimation erfordert für die Mitglieder der besagten Gremien eine ununterbrochene, auf das Volk zurückzuführende Legitimationskette. Sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation bedingt, dass die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und Befugnisse auf das Volk zurückzuführen und diesem gegenüber zu verantworten ist. Dies setzt hinreichende staatliche Einfluss-, Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten voraus, insbesondere grundsätzlich auch eine Weisungsunterworfenheit der Verwaltung bzw. der für sie handelnden Gremien und Personen. Für den Bereich

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Teil 6: Zusammenfassung

der funktionalen Selbstverwaltung werden wegen des Gesichtspunkts der organisierten Beteiligung der sachnahen Betroffenen teilweise weniger strenge Bindungen für erforderlich gehalten. Den organisatorisch-personellen Anforderungen des Demokratieprinzips genügt der Anerkennungsbeirat nur, wenn die Anzahl der Vorschläge der Vorschlagsberechtigten für die nicht-staatlichen Mitglieder des Anerkennungsbeirates die Anzahl der jeweils zu besetzenden Sitze um das 3-fache übersteigt und der für die Berufung der Mitglieder zuständigen Anerkennungsstelle gleichwohl ein Zurückweisungsrecht gegenüber allen Vorschlägen vorbehalten bleibt. § 6 AZWV kann (noch) entsprechend ausgelegt werden. Für die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation der Mitglieder des Anerkennungsbeirates ist deren bestehende fachliche, umfassende Weisungsfreiheit zu beachten. Eine sachlich-fachliche Weisungsgebundenheit der Mitglieder des Anerkennungsbeirates wäre mit dem Ziel des Verordnungsgebers, besonderen Sachverstand, nicht zuletzt auch von nicht-staatlichen Vertretern, nutzbar zu machen, unvereinbar. Sämtliche Mitglieder des Anerkennungsbeirates unterliegen dagegen – zwingend – der Rechtsaufsicht. Es fehlt die für die sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation der Mitglieder des Anerkennungsbeirates unverzichtbare parlamentsgesetzliche Grundlage. § 87 SGB III enthält keinerlei Regelungen über einen Anerkennungsbeirat. Die Regelung lediglich durch Rechtsverordnung in § 6 AZWV ist nicht ausreichend. Die Tätigkeit pluralistisch besetzter Gremien erfordert auch für die Bereiche der sog. ministerialfreien Räume und der funktionalen Selbstverwaltung insbesondere nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwingend, dass deren organisatorisch-personelle Legitimation umfassend gewährleistet und auch ihr Handlungsbereich durch Parlamentsgesetz umgrenzt ist. Die Übertragung der Aufgabe auf das Gremium und die möglichst exakte Umschreibung seiner Aufgabe müssen danach durch Parlamentsgesetz erfolgen. Diese Defizite des Anerkennungsbeirates nach § 6 AZWV lassen sich nicht kompensieren. Da die zentral von den „Empfehlungen“ betroffenen Zertifizierungsstellen im Anerkennungsbeirat nicht repräsentiert sind, könnten schon deshalb nicht einmal Gesichtspunkte der Betroffenenpartizipation oder der Selbstverwaltung herangezogen werden. Gegenüber den Zertifizierungsstellen handelt es sich tatsächlich um Fremdverwaltung. Die Regelungen des § 87 SGB III und des § 6 AZWV sind wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG insgesamt verfassungswidrig.

III. Das Anerkennungsverfahren nach §§ 2 ff. AZWV

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Zudem liegt wegen des Fehlens einer parlamentsgesetzlichen Grundlage auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG in seiner Ausprägung als Gesetzes- bzw. Parlamentsvorbehalt vor. 5. Das Anerkennungsverfahren nach den §§ 2 ff. AZWV ist ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren, auf das die Regelungen des SGB X anzuwenden sind. Die Anerkennung ist ein Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X. Für die Zertifizierungsstellen besteht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG sozialgerichtlicher Rechtsschutz gegen eine Versagung der Anerkennung bzw. gegen einen Widerruf oder eine Rücknahme der Anerkennung. Zuvor ist ein Vorverfahren nach den §§ 83 ff. SGG durchzuführen. 6. Ein Sonderfall ist die nach § 14 AZWV mögliche Tätigkeit von Zertifizierungsstellen aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Diese bedürfen – im Gegensatz zu den deutschen Zertifizierungsstellen – keiner Anerkennung, sondern müssen ihre Tätigkeit vor Beginn derselben lediglich bei der Anerkennungsstelle anzeigen. Sie stehen anerkannten Zertifizierungsstellen gleich, sofern sie „nach einem vergleichbaren Verfahren“ im EU-Ausland „zugelassen“ worden sind. Die Anerkennungsstelle soll zwar nicht verpflichtet sein, bei diesen Zertifizierungsstellen Anerkennungsvoraussetzungen zu prüfen. Schon die Prüfung der Vergleichbarkeit der „Zulassungs-“Verfahren setzt aber auch eine vertiefte inhaltliche Prüfung voraus. Zudem ist eine Überprüfung der fachlichen Kompetenz auch dieser Zertifizierungsstellen schon mit Blick auf den für alle Zertifizierungen geltenden Qualitätsanspruch unerlässlich. Auch die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union gebietet keine Diskriminierung bzw. sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der deutschen Zertifizierungsstellen im Vergleich zu solchen aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Vielmehr ist eine Prüfung der Vergleichbarkeit der Qualifikation und eine damit verbundene Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit (auch) europarechtlich zulässig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses geboten und verhältnismäßig ist. Die Sicherung hinreichender Qualität im Rahmen der Zertifizierung von Tätigkeiten, die aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, ist ebenfalls als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen. Umstände, die eine sachliche Prüfung der für eine Ausübung der Zertifizierungstätigkeit notwendigen Voraussetzungen als unverhältnismäßig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Die derzeitige Rechtslage nach § 14 AZWV mit der bloßen Verpflichtung zur „Anzeige“ der Tätgkeit durch ausländische Zertifizierungsstellen führt dazu, dass diese – im Unterschied zu deutschen Zertifizierungsstellen – be-

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Teil 6: Zusammenfassung

reits in der Bundesrepublik tätig werden dürfen, ohne dass ihre Kompetenz, ihre Qualifikation und die sonstigen im Anerkennungsverfahren zu prüfenden Punkte von der Anerkennungsstelle überprüft wurden. Diese Zertifizierungsstellen erteilen zudem Zertifikate mit dem durch § 10 Abs. 2 AZWV vorgeschriebenen Zusatz „. . . von der Anerkennungsstelle der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Zertifizierungsstelle“. Mit der bloßen „Anzeige“ der Tätigkeit dieser Zertifizierungsstellen liegt aber eben keine Anerkennung vor. Selbst die nach § 14 AZWV vorgesehene Gleichstellung wird erst nach Aufnahme der Tätigkeit geprüft. Dies kann dazu führen, dass eine ausländische Zertifizierungsstelle (auch über einen längeren Zeitraum) tätig ist und Zertifikate erteilt, bevor die Anerkennungsstelle die fehlende Vergleichbarkeit feststellt und eine Gleichstellung mit nach den §§ 1 ff. AZWV anerkannten Zertifizierungsstellen ablehnt. Der Schaden für das gesamte Zertifizierungssystem und seine Glaubhaftigkeit wäre erheblich. Daher ist es zu empfehlen und sollte gesetzlich entsprechend geregelt werden, dass vor Aufnahme der Tätigkeit durch eine Zertifizierungsstelle aus dem EU-Ausland die Vergleichbarkeit umfassend geprüft und von der Anerkennungsstelle festgestellt worden sein muss.

IV. Das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach den §§ 7 ff. AZWV 1. Das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV stellt eine Kombination öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente dar. 2. Die anerkannten Zertifizierungsstellen handeln bei Erteilung der Zulassung und bei der Vergabe des Zertifikates nach § 10 AZWV als Beliehene. Die Zulassung ist ein Verwaltungsakt. 3. Obwohl die Voraussetzungen einer Beleihung erfüllt sind, war zusätzlich zu prüfen, ob die Zertifizierungsstellen nach der AZWV nicht doch dem sog. Verifikateur-Modell bzw. dem Modell eines privatrechtlichen Sachverständigenvollzuges unterfallen, da die Fassung der §§ 84, 85 SGB III nach ihrem Wortlaut Raum für dieses in jüngster Zeit in der Literatur diskutierte Modell einer privatrechtlichen Sachverständigenbeteiligung im Rahmen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben lassen könnte. Im Rahmen dieses neuen Verfahrenstyps, der im Detail diverse Abgrenzungsprobleme zum beliehenen Sachverständigen bietet, knüpft das Gesetz an das Vorliegen einer privatrechtlichen Prüfbescheinigung oder eines privatrechtlichen Zertifikates eines Sachverständigen, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit „Antragstellern“ tätig wird, unmittelbar eine öffentlichrechtliche Rechtsfolge (z. B. eine Zulassung).

IV. Das Zulassungs- bzw. Zertifizierungsverfahren nach den §§ 7 ff. AZWV 603

Das Zulassungsverfahren nach den §§ 7 ff. AZWV ist aber kein Fall eines privaten Sachverständigen-Vollzuges oder einer Verifikateurbeteiligung. Insbesondere handelt es sich bei dem Zertifikat nach § 10 Abs. 2 AZWV nicht um ein privates Sachverständigengutachten oder eine private Sachverständigenbescheinigung, an das bzw. an die lediglich kraft Gesetzes die „automatische“ Rechtsfolge der Zulassung des Trägers bzw. der Maßnahme geknüpft wäre. Auch wenn der Wortlaut der §§ 84, 85 Abs. 1 SGB III Raum für eine solche Konstruktion ließe, hat der Verordnungsgeber mit der AZWV doch einen gänzlich anderen Weg gewählt: Nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 7 ff. AZWV stellen die Träger nicht nur Anträge auf Zulassung bei den Zertifizierungsstellen, sondern entscheiden die Zertifizierungsstellen auch selbst, unmittelbar und abschließend über die Erteilung der Zulassung bzw. über deren Entziehung bzw. nehmen diese selbst vor. Dieses Verfahren ist mit dem Modell einer durch Gesetz erfolgenden Zulassung als „automatische“ Folge einer rein privatrechtlichen Sachverständigenbescheinigung, mit der lediglich das Vorliegen von Zulassungsvoraussetzungen festgestellt wird (Verifikateur/privater Sachverständigen-Vollzug), unvereinbar. 4. Für den Bereich der Erteilung und Entziehung von Zulassung und Zertifikat gelten die Grundsätze der Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB. 5. Für die Erteilung der Zulassung und des Zertifikates dürfen mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage keine Gebühren durch die Zertifizierungsstellen erhoben werden. 6. Elemente einer staatlichen Aufsicht über die anerkannten Zertifizierungsstellen sind nur bruchstückhaft zu erkennen. Ausschließlich durch das Instrument der Beleihung ist eine hinreichende, begleitende Aufsicht über die Zertifizierungsstellen mit direkten, jederzeit verfügbaren Eingriffsbefugnissen nach derzeitiger Rechtslage gewährleistet. 7. Parallel zu der öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung besteht zwischen den Zertifizierungsstellen und den Trägern eine privatrechtliche Rechtsbeziehung aufgrund des zwischen ihnen abzuschließenden privatrechtlichen Vertrages. Gegenstand dieses Vertrages ist u. a. die Vereinbarung eines Honorars bzw. Entgelts für die Prüfleistungen der Zertifizierungsstelle, die diese zur Vorbereitung der Entscheidung über die Zulassung erbringt, nicht aber eine Honorarvereinbarung für die Erteilung des Verwaltungsaktes „Zulassung“ und des Zertifikates. Für Pflichtverletzungen, die den privatrechtlichen Vertrag betreffen, gelten die Schadensersatzregelungen der §§ 280 ff., 823 ff. BGB.

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Teil 6: Zusammenfassung

8. Der Vertragsschluss zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern ist, wie insbesondere der Vergleich mit den Verträgen zwischen Umweltgutachtern und Unternehmen zeigt, in erheblichem Maße problematisch. Ohne zusätzliche Korrektive bzw. Regulierungen bestehen beachtliche Gefahren für die Unabhängigkeit und die Objektivität der Zertifizierungsstellen. Sinnvolle Korrektive wären eine Honorarordnung für die Zertifizierungsstellen, die Beschränkung auf eine Höchstzahl von z. B. drei aufeinanderfolgenden Zertifizierungen durch die gleiche Zertifizierungsstelle und erhebliche Beschränkungen des Kündigungsrechts, insbesondere für die Träger, etwa nach dem Vorbild des § 318 Abs. 1, 3 und 6 HGB. 9. Die staatliche Gewährleistungsverantwortung für die Erfüllung der Zulassungsaufgaben im Bereich der §§ 77 ff. SGB III kann nach derzeitiger Rechtslage nur mit dem Instrument der Beleihung der Zertifizierungsstellen gesichert werden. Der Staat behält auf diese Weise auch die Erfüllungsverantwortung. Selbst wenn die rechtlichen Voraussetzungen für ein rein privatrechtliches Zertifizierungsverfahren nach der AZWV vorlägen, wären signifikate Vorteile eines solchen Verfahrens nicht erkennbar. Dies liegt insbesondere an den erheblichen, zusätzlichen „Sicherungen“, die der Staat im Wege der Regulierung schaffen müsste. Eine Vereinfachung des Verfahrens, die der Gesetzgeber ausdrücklich bewirken wollte, kann auf diese Weise erst recht nicht erreicht werden. 10. Gegen die Versagung oder die Entziehung der Zulassung können die Träger im Wege der Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage vor den Sozialgerichten Rechtsschutz suchen. Soweit Streitigkeiten aus dem privatrechtlichen Vertrag zu entscheiden sind, ist ebenfalls der Rechtsweg zu den Sozialgerichten – und zwar vor allem in Form der Leistungsklage – eröffnet.

V. Untersuchung von drei in der Zertifizierungspraxis nach der AZWV verwendeten Formularverträgen sowie Allgemeiner Geschäftsbedingungen 1. Da der Verordnungsgeber, wie sich der Begründung zur AZWV entnehmen lässt, den Abschluss privatrechtlicher Verträge zwischen den Zertifizierungsstellern und den Trägern vorausgesetzt hat und in der Praxis tatsächlich auch privatrechtliche Verträge über Zertifizierungen nach der AZWV abgeschlossen werden, wurden in einem weiteren Teil der Arbeit die rechtlichen „Rahmenbedingungen“ für diese Verträge untersucht. Ihre Umsetzung in der betrieblichen Praxis der Zertifizierungsstellen wurde sodann in einem weiteren Schritt überprüft. Hierzu wurden drei in der Zertifizierungspraxis ver-

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wendete Formularverträge nebst der zugehörigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin untersucht. 2. Die Verträge zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern über eine Zertifizierung nach der AZWV sind Werkverträge gemäß §§ 631 ff. BGB und keine Dienstverträge gemäß §§ 611 ff. BGB oder Verträge über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i. S. d. § 675 BGB. Die Zertifizierungsstelle schuldet, wie auch der Vergleich mit den Verträgen über die Tätigkeit der Umweltgutachter zeigt, als „Werk“ ihrer gutachterlichen Prüftätigkeit die gutachterliche Feststellung über das Fehlen oder das Vorliegen der einzelnen Zulassungsvoraussetzungen nach den §§ 84, 85 SGB III und §§ 7 ff. AZWV. Geschuldet wird dagegen kein „bestimmtes“ Prüfungsergebnis, insbesondere auch keine Zulassung oder Zertifikatserteilung. 3. Den rechtlichen „Rahmen“ und zugleich die Grenze für die privatrechtlichen Zertifizierungsverträge bestimmen die Regelungen der §§ 77 ff. SGB III und der AZWV. Sie sind fast ausnahmslos zwingendes Recht, das sich jeglicher wirksamer abweichender vertraglicher Gestaltung entzieht. Verstöße gegen diese Regelungen führen ohne weiteres zur Nichtigkeit der betreffenden Vereinbarungen, da den Vertragsparteien bereits die rechtliche Gestaltungsmacht fehlt. Dagegen handelt es sich nicht um Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB. 4. Während die inhaltliche Gestaltungsfreiheit insbesondere durch das zwingende Recht der AZWV massiv eingeschränkt ist, lässt sich eine weitere Beschränkung der Vertragsfreiheit in Form eines Zwangs der Zertifizierungsstellen, Verträge über Zertifizierungen nach der AZWV mit Trägern – zumal einem bestimmten Träger – abschließen zu müssen, nicht begründen. Ein spezialgesetzlicher Abschlusszwang besteht nicht. Ein Abschlusszwang über die allgemeinen Regelungen der §§ 19, 20 GWB bzw. des § 826 BGB oder nach den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist allenfalls in extremen Fallgestaltungen denkbar, die in der Praxis kaum je vorliegen und noch seltener beweisbar sein werden. 5. Die untersuchten Formularverträge und Allgemeinen Geschäftsbedinungen wurden insgesamt auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin überprüft, also nicht nur mit Blick auf ihre Vereinbarkeit mit den Regelungen der §§ 77 ff. SGB III und der AZWV. Maßstab waren dabei insbesondere auch die Regelungen der §§ 305 ff. BGB. Da die Zertifizierungsstellen und Träger Unternehmer i. S. d. § 14 BGB sind, waren die §§ 308, 309 BGB nicht anwendbar. In bestimmten Fällen waren ihre Wertungen aber bei der Beurteilung nach § 307 BGB zu berücksichtigen. Hinzu kamen insbesondere Untersuchungen, ob bestimmte Regelungen überraschende Klauseln i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB enthalten.

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Teil 6: Zusammenfassung

6. Sämtliche geprüften Verträge und alle untersuchten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielten eine ganze Reihe unwirksamer Regelungen. Neben Verstößen gegen das zwingende Recht der AZWV enthalten sie eine Fülle von Verstößen gegen die §§ 305 ff. BGB. Beispiele: – Trotz beiderseitiger Vertragsunterzeichnung behält sich die Zertifizierungsstelle die Bestätigung des Vertragsschlusses in AGB vor. – Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund für die Träger, während sich die Zertifizierungsstelle dieses Recht vorbehält. – Ausschluss des Kündigungsrechts des Trägers nach § 649 BGB. – Entziehung von Zulassung und Zertifikat bei jeglichen, nicht näher bestimmten Pflichtverletzungen des Trägers, die nicht den Bereich der AZWV betreffen (und auch solche, die der Träger nicht zu vertreten hat). – Entziehung von Zulassung und Zertifikat bereits mit der Erklärung der Kündigung, nicht erst zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung. – Unwirksame, einseitige Haftungsbeschränkungen schlüsse zu Gunsten der Zertifizierungsstelle.

und Haftungsaus-

– Unzulässige Abkürzungen von Verjährungsfristen, einseitig zu Lasten der Träger. – Unwirksame Lösungsklauseln für den Fall eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. – Versuch einer geltungserhaltenden Reduktion durch salvatorische Klauseln für den Fall der Nichtigkeit einzelner Vertragsbestimmungen. 7. Der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Zertifizierungsstelle und Träger ist nach dem hier vertretenen Beleihungsmodell zumindest verzichtbar. Zudem sind Vorteile eines solchen Vertragsmodells nicht erkennbar: Für die das Privatrecht prägenden Institute der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit lassen bereits die Fülle der zu beachtenden zwingenden gesetzlichen Regelungen nur wenig Raum. Mit Blick auf die untersuchten Beispiele aus der Vertragspraxis der Zertifizierungsstellen wird insbesondere deutlich, dass die Grenzen der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit in einer Vielzahl von Fällen – und teilweise gravierend – überschritten werden – und zwar fast ausnahmslos zu Lasten der Träger als „Antragsteller“. Dies begründet grundlegende Zweifel an der Eignung des offenbar vom Verordnungsgeber verfolgten Modells einer vertraglichen Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung: Es ist nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III

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und § 9 Abs. 1 Nr. 1 AZWV u. a. Aufgabe der Zertifizierungsstellen, die Angemessenheit der Teilnahme- bzw. Vertragsbedingungen der Träger zu prüfen. Dies bedeutet insbesondere auch eine rechtliche Prüfung nach den §§ 305 ff. BGB. Wer diese Prüfung ordnungsgemäß leisten soll, muss zunächst einmal selbst einwandfreie Vertragsbedingungen bieten. Daran fehlt es, wie jedenfalls die hier untersuchten Beispiele zeigen, in nicht wenigen Fällen. Abhilfe könnte nur eine wesentlich intensivere staatliche Aufsicht über die Zertifizierungsstellen bringen. Mit dieser noch engeren staatlichen Bindung wäre erst recht nicht ersichtlich, welche nennenswerten Vorteile ein Vertragsmodell noch haben sollte. Der gänzliche Verzicht auf vertragliche Rechtsbeziehungen zwischen Zertifizierungsstellen und Trägern wäre mit einer Gebührenregelung für die Leistungen der beliehenen Zertifizierungsstellen ohne weiteres möglich und zumindest zu erwägen.

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Sachwortverzeichnis AA 38–39, 155, 179, 258, 304, 388, 393, 495, 500, 504, 530–531, 548, 551, 581–584, 591 Abgasuntersuchung 41, 45, 49–51, 56–61, 152, 277, 292, 373 Abgrenzungskriterien 153, 367, 369 Abhängigkeit 107, 117, 131, 138, 332, 341 Abkürzung der Verjährungsfristen 533 Ablauf der Befristung 443, 510, 555 Ablauf des Zertifikats 201 Ablaufdiagramm 543–544 Ablehnung der Registrierung 78 Ablehnung einer erneuten Anerkennung 443 Ablehnung eines Antrags 241 Ablehnung eines Vertragsschlusses 440, 446, 484 Ablehnungsrecht 553–554 Abmahnung 539, 565–569, 573–575 Abnahme 470, 512–515, 535–536 Abnahmefähigkeit 512 Abschlagszahlungen 433, 470, 511–512 Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages 49, 62, 121, 130, 152, 286–287, 294, 296, 317, 373, 405 Abschlussfreiheit 420–421, 424, 452 Abschlussgespräch 545 Abschlussprüfer 407–408 Abschlussprüfung 407 Abschlusszwang 423–424, 446 AG 269 AGB 433, 462–466, 472, 475, 478–486, 489, 492–497, 499, 501, 505, 507, 509, 511, 514–523, 525–526, 528–532, 534, 536–541,

543–549, 553–554, 559, 561–563, 565, 567, 569, 572–573, 577–581, 587, 606 Agentur für Arbeit 38, 266, 388 Agenturen für Arbeit 39, 264, 384 AGG 448–452, 484 akkreditierte elektronische Signaturen 63 akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter 64 Akkreditierung 38–39, 44, 47–48, 63–64, 136–137, 139–140, 146, 167, 178–179, 316, 329–334, 411 Akkreditierungs- und Zertifizierungssystem 48 Akkreditierungs- und Zertifizierungsverfahren 46–47, 63 Akkreditierungsstelle 47, 148, 162–163, 178, 181 Akkreditierungsverfahren 136–137 Akkreditierungsvoraussetzungen 332–333 Akkreditierungszeichen des Deutschen Akkreditierungsrates 538 Allgemeine Geschäftsbedingungen 44, 61, 292, 462, 540–541, 590 allgemeine Handlungsfreiheit 424 allgemeine Leistungsklage 119 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 448–449 Amtshaftung 42, 263, 374–375, 403 Amtshaftungsansprüche 296, 394, 561–562 Amtshandlung 40, 184, 241, 291 Amtspflichten 213, 376 Amtspflichtverletzung 296, 376, 378, 530

Sachwortverzeichnis Amtsträger 196, 210–211, 327, 376–377, 491 Amtswalter 196, 214, 221 Analogie 44–45, 47, 91, 295, 338, 395 Analogieverbot 492 Anbieter 63, 284, 340, 379, 386, 388 Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen 284, 379 anderweitige Ersatzmöglichkeit 377 Anerkennung 34, 37–41, 44–45, 48–50, 52–57, 64–66, 132, 135–136, 139–141, 152, 154, 156, 162, 167, 169–170, 175–178, 181–186, 200, 202, 204, 224, 229, 233–235, 237, 239–244, 246, 248, 250–251, 253–254, 256–258, 266, 271, 277, 300–301, 306–307, 310–312, 316, 323, 329, 331, 333, 346–347, 350, 369, 371, 373, 375–376, 378, 381–383, 387–388, 397, 411, 413, 425, 434, 443, 477, 530–531, 584, 587, 591, 594, 596, 598–599, 601–602 Anerkennung als fachkundige Stelle 162, 167, 170, 241, 413 Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung 38 Anerkennungsbehörde 52–54, 57, 153 Anerkennungsbeirat 87, 180, 185–187, 195, 197–198, 200–202, 204, 210–211, 214–215, 219–220, 223, 227–229, 231, 233, 254–255, 306, 458, 552, 556, 599–600 Anerkennungsbescheid 140, 312 Anerkennungsmonopol 181 Anerkennungsstelle 39, 56, 155, 163–164, 167, 177–186, 199–204, 206, 209–211, 214, 216, 219, 235, 239–241, 244–246, 248–253, 255–256, 264, 300, 305–306, 308–309, 381–382, 387–388, 425, 468–469, 473, 485–486, 506, 540, 542, 552, 556–557, 590, 597–598, 600–602

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Anerkennungsverfahren 40, 46, 52–53, 55–56, 141, 152, 155–156, 162–166, 176–177, 179–184, 220, 235–236, 240–241, 243, 246, 248, 252, 254, 256, 285, 289, 311–312, 316, 329, 340, 381–383, 400 Anerkennungsvoraussetzungen 52–53, 55, 155, 164, 175–177, 184, 236, 238, 243–245, 256, 305–306, 312 Anfechtung wegen Irrtums 508 Anfechtungsklage 242–244, 299, 397, 402, 404 Anforderungen des Demokratieprinzips 194–195, 197, 202, 208, 213–214, 216, 218–219, 221, 229, 255 Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung 395 Angemessenheit 434, 439, 461, 607 Anlage VIII zur StVZO 51 Anlage VIII b zur StVZO 53–55, 60, 292 Anlage VIII c zur StVZO 53, 55–56, 375 Anlage IX zur StVZO 50 Anlage IX a zur StVZO 51 Anlage XI a zur StVZO 51 Annexregelungen 227 Annextätigkeiten 226 Anordnungen 98, 140, 346 Anspruch auf Anerkennung 169 Anspruch auf Erteilung der Anerkennung 243 Anspruch auf Kostenersatz 289 Antrag 42, 52, 55, 64, 87, 136, 141, 178, 184, 240, 242–243, 250, 259, 262, 265, 274–276, 280–286, 295, 299–300, 307–308, 311, 373, 396–397, 402, 418, 421–424, 426, 442, 459, 466–467, 484, 486, 540–542, 559, 570, 603 Antragender 282 Antragserfordernis 240, 280–281, 284–286, 418, 466, 486 Antragsprüfung 418, 423, 467

634

Sachwortverzeichnis

Antragsteller 42–43, 46–47, 52, 55, 62, 88–89, 91, 140–141, 152–153, 163, 170–171, 234–236, 238, 240, 242–243, 260, 265–266, 269, 280–288, 293–294, 296, 311, 316, 321, 370–372, 374, 376, 378–380, 386, 390–391, 394–397, 399, 410, 414, 416, 422, 425, 427–428, 430–432, 434–437, 439–445, 447–448, 459, 463–467, 470, 475, 477, 485–486, 587, 596–597, 606 Antragstellung 87, 237, 240, 283, 425, 465, 467, 486, 542 Antragsverfahren 42, 164, 248, 269, 281 Antragsvoraussetzungen 484 Anvertrauenstheorie 375 Anzeige 245–249, 251–252, 256, 340 Äquivalenzprinzip 329 Arbeitgeber 186, 206, 254 Arbeitnehmer 33, 154–155, 186, 206, 247, 249, 254, 271, 277, 372, 408 Arbeitsamt 38, 273 Arbeitsförderungsrecht 41, 156, 280, 396 Arbeitslosigkeit 33, 36 Arglist 536 atypische Betroffenheit 227 Auditbericht 545 Auditoren 491, 493, 495, 518, 523, 542, 550, 552, 554 Auditplan 545 Auffangrechtsordnung 338 Auffangverantwortung 325, 345, 356, 385 Aufgaben der öffentlichen Verwaltung 214, 269–270, 492 Aufgaben der Zulassungsstelle 84 Aufgaben des Umweltgutachters 73, 102, 122 Aufgabenbereich des Staates 270 Aufgabenerfüllung durch Private 34 Aufgabenprivatisierung 324, 353, 389–390

Aufgabentheorie 270, 272 Aufgabenübertragung 34, 164 Aufgabenübertragung auf Private 34 Aufgabenverantwortlichkeit des Staates 303 Aufgabenwahrnehmung 80, 94, 120, 153, 190, 225, 331–332, 345, 357 Aufhebung der Eintragung 78–79 Aufhebungsvertrag 117 Auflagen 54, 64, 140, 172, 295 aufschiebende Wirkung 312 Aufsicht 53, 56, 72, 75, 79–82, 84–86, 90–92, 95–100, 111, 129–131, 153, 192, 194, 214, 221, 227, 231, 234, 302, 305, 307, 309, 325, 327, 333, 340, 343, 345, 347, 352, 366–369, 375, 387–388, 392–394, 403, 506, 585, 591, 597, 603, 607 Aufsicht aus besonderem Anlass 95 Aufsichts- und Einwirkungsmöglichkeiten 390 Aufsichts- und Einwirkungsrechte 390 Aufsichts- und Weisungsbefugnisse 138, 305 Aufsichtsbehörde 41, 53, 54, 56, 60, 75, 82, 124, 131, 139, 153, 188, 192, 198, 292, 330, 367 Aufsichtsmaßnahmen 83, 86, 96, 99, 106, 143, 153, 211, 347 Aufsichtsmittel 192 Aufsichtspflichten 301 Aufsichtsrechte 194, 213, 301, 305, 389 Aufsichtsverfahren 97 Auftrag 101–102, 113, 146, 196, 211, 260, 314, 316, 363–364, 415, 492, 540–541 Auftraggeber 485, 487, 506–507, 509, 518, 522, 541, 596 Auftragnehmer 487, 509 Auftragsentzug 138 Auftragsminderung 138

Sachwortverzeichnis ausdrückliche Beleihung 351–352, 365 Auskünfte 127, 140–141, 185, 192, 235 Auskunftserteilung 388 Auslagen 53, 184, 511 ausländische juristische Personen 383 Auslegung 85, 156, 161, 163–165, 176, 187, 210, 213, 219, 227, 231–232, 273, 275, 283, 285, 298, 300, 305, 392, 399, 424–425, 435, 449, 455, 466, 469, 478, 480, 489, 492, 498, 513, 515, 520, 528, 558, 560, 564, 572, 576 Ausschließungsgrund 261 Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit 519, 521 Ausschluss des Kündigungsrechts 502 Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung 497 Ausschlussgrund 89, 92 Außenseiter 226, 228 Außenseiterbetroffenheit 226–227, 230 Ausübung eines freien Berufes 477 Ausübung öffentlicher Gewalt 309 Ausübung von Staatsgewalt 199, 225, 278 Auswahlrecht 191, 206 autonome Legitimation 225 Autonomie 224 AZWV 38–44, 47–49, 62, 66, 73, 87, 154–156, 166–172, 175–187, 199–206, 209–210, 213–215, 219, 221, 223–224, 226, 230–256, 258–267, 269, 271–272, 274–276, 278–282, 284–291, 293, 295–299, 301, 304–311, 315–319, 323, 339, 348, 370–374, 376–387, 390–400, 402–406, 408, 410, 413–416 BA 34, 37, 39, 154, 157, 168, 177–183, 185, 201–202, 215, 219, 232, 235, 240, 242, 244, 247–251, 258, 260, 264, 266, 271–273, 278,

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289, 291, 297–301, 307–308, 372, 376–378, 386, 400–401, 421, 430–431, 433–434, 438, 440–445, 447, 469, 492, 521, 530–531, 551, 555–557, 584 Bankbürgschaft 235 BDA 186 Beanstandungen 188, 494–495, 548, 551–552 Beanstandungsmöglichkeit 194 Beanstandungsrecht 231 Beauftragung 466, 490–491, 527 Bedürfnisprüfung 169, 260 Beendigung des Nutzungsrechtes 563, 565, 568 Beendigung des Umweltgutachtervertrages 115 Beendigung des Vertrages 115 Befangenheit 494 Befristung 64, 142, 241, 248, 299, 305, 307, 397, 424, 470, 477, 488–489, 502, 510 Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten 278 Begleitkontrolle 43, 385 Begründung zur AZWV 180, 185, 237–238, 261, 271, 286, 289, 298, 418, 424–426, 431, 442, 457–458, 471, 474, 491, 507, 557, 604 Begutachtung 81–82, 89–91, 97, 102–103, 105, 109, 114, 119, 181, 184, 219, 236, 314, 340–341, 344, 346, 354, 362, 365, 406, 413, 416 Begutachtungskompetenz 321, 350, 354, 364 Begutachtungspraxis 131 Begutachtungsveranlassung 351, 363 Begutachtungsvertrag 104, 121, 131, 341 Behörde 53, 59, 64, 67, 76–78, 85, 98, 120, 122–123, 127–129, 133–136, 138–145, 153, 163, 172, 180, 183, 198, 201, 212, 234, 268, 271, 277–279, 282, 288–289, 305,

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Sachwortverzeichnis

308, 311, 323, 330, 344, 351, 355–356, 359–360, 388, 400 Behördenentscheidung 122, 126, 131, 280 behördliche Anordnung 129 behördliche Entscheidung 122 Bekanntgabe 116, 244, 248, 401 Beleihung 43, 58–59, 65, 119–121, 125–127, 129–130, 138–139, 144–148, 150–151, 167, 172, 175, 259, 264–272, 277–278, 287, 290–291, 299–303, 305–309, 317–319, 321–323, 332, 335, 338–339, 345, 348–361, 364–366, 369, 371, 374–375, 381, 383–384, 386–387, 389–390, 403–404, 418, 423, 442–443, 476, 488, 492, 494, 589, 591, 595, 602–604 Beleihung des Umweltgutachters 125, 127, 129 Beleihungsakt 65, 299–301, 308, 352, 363, 370, 376 Beleihungsdogmatik 318, 350–351 Beleihungslösung 444, 490, 506 Beleihungsmodell 181, 259, 384, 394 Beleihungstheorien 271–272, 348 Beliehene 40–41, 49, 57–59, 62, 65, 85, 100, 104, 119–121, 124–125, 130, 139, 141–142, 145–146, 149–153, 166, 172, 253, 263–264, 267–268, 270, 278–280, 284, 287, 289–291, 293–294, 296, 299–306, 308, 313–314, 316, 318, 323, 326–327, 329, 351–352, 356, 361–362, 364, 366, 373–378, 381, 383–384, 387, 389–390, 400–402, 413, 416, 419, 422, 424, 469, 476, 478, 590, 595, 597–598, 602 beliehene Sachverständige 355 beliehene Unternehmer 144, 265, 268, 401 beliehener Sachverständiger 354, 358, 364, 366 beliehener Unternehmer 41, 130 Benachteiligungsverbot 450

Benannte Stellen 132, 141 Benennung 86, 136–137, 140, 191, 206, 209, 231–232, 331 Beobachtungspflicht 43, 385 Berater 81, 91–93 Beratungsauftrag 92 Beratungsleistungen 440, 485–486 Beratungstätigkeit 138–139, 485 Beratungsverhältnis 237, 413–414 Bereicherungsrecht 287 Bereichsausnahme 309 Beruf 83, 91–92, 114, 166–170, 172, 175–176, 253 Beruf des Umweltgutachters 83 berufliche Weiterbildung 33, 35–37, 39, 44, 154, 164–165, 170–171, 179, 185, 236, 246, 252, 271, 289, 309, 378, 384, 402 Berufsausübung 83, 167–168, 174, 176, 226, 380 Berufsausübungsregelungen 83, 167, 171, 173, 187 Berufsbilder 170 Berufsfreiheit 98, 163, 166–168, 172–176, 238, 243, 379, 381–383, 420, 424, 591, 598 Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit 91 Berufszulassung 92, 187 Berufszulassungsregelungen 83 Berufszulassungsvoraussetzungen 175–176 Berufungsrecht 206 Beschaffenheitsvereinbarungen 528 Bescheidung 308 Bescheinigung 137, 142, 154, 320–321, 354–355, 357–358, 361, 365, 370 Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses 193 Beschränkung des Kündigungsrechts 510 Beschränkungen des Bildungsgutscheins 155

Sachwortverzeichnis Beschränkungen des Kündigungsrechtes 115, 393 Beschwer 397 Beschwerde 239–240, 397–399, 518, 521, 546, 551–553 Beschwerdeausschuss 518 Beschwerdemanagement 398–399, 521, 523, 557 Beseitigungsanspruch 428, 451 Bestätigungsvermerk 123, 407–409 Bestätigungsvorbehalt 483 Besteller 470, 487, 501–502, 512–513, 535 Bestellungsakt 206, 229 Bestimmtheit 39, 156, 160–163, 166, 174, 232, 253, 368 Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage 160 Bestimmtheitsgebot 156–157, 160, 162 Beteiligung der Betroffenen 221, 228 Beteiligung privater Sachverständiger 259 Betretungs- und Besichtigungsrechte 140 Betretungsrechte 493, 495, 500, 551 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 104, 137, 238, 385 Betriebskrankenkassen 191 Betriebspflicht 268, 307, 363 Betroffenen-Partizipation 194, 228 Betroffenenpartizipation 228, 255 Betroffenheit Dritter 226, 231 Betroffenheit in eigenen Rechten 242–243 Beurteilungsspielraum 277, 304, 379 BGB 42, 57, 61, 63–64, 101, 115, 124, 263, 282–284, 287, 289, 292, 296, 376–377, 381, 403, 408–415 Bildung 33, 38, 94, 186, 205, 222–223, 236, 264, 400 Bildungsgutschein 154–155, 438 Bildungsträger 37–38, 40, 184, 202, 234, 239, 263–264, 276, 286, 289,

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297, 398, 406, 421–422, 425, 468, 521, 567, 582 Bildungsverbände 186, 206, 224 Bildungsziele 154 Bindung 106–107, 110, 115, 149, 189, 192, 196, 208–209, 224, 310, 333, 380 Bindungswirkung 126, 131, 200–203, 208–209, 232, 279, 353–355, 357, 359, 361–362, 370 Binnenmarkt 132–133 Binnenmarktprinzip 147 Bundesagentur für Arbeit 34, 178, 243–244, 257, 260, 264, 429, 468, 540, 602 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 140 Bundesanzeiger 140, 188, 193 Bundesgerichtshof 293, 408, 414 Bundesinstitut für Berufsbildung 179 Bundesländer 183 Bundesnetzagentur 64–65 Bundesrat 48, 186, 312 Bundesregierung 190 Bundessozialgericht 222, 421 Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände 179 Bundesverfassungsgericht 43, 59, 160–161, 168, 197, 205, 221, 232 Bundesverwaltung 84, 196, 213 Bundesverwaltungsgericht 205 Bürgschaft 441 CE-Kennzeichen 132, 134, 144 CE-Kennzeichnung 132–133, 142, 145, 149–151 CE-Zeichen 133, 145 Darlehensvertrag 295 Daseinsvorsorge 326 DAU 47, 84–85, 99, 112, 130, 152, 178–179, 183 Dauer der Zulassung 500 Dauerberatung 119

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dauerhafte Beratung 119 dauerhafte Einstellung der Tätigkeit 507, 572 Dauerschuldverhältnis 497–499, 502, 510, 539 Dauerschuldverhältnisse 497, 499, 563 De-Regulierung 325, 337 Delegation der Entscheidungsbefugnis 218 Delegation der Entscheidungskompetenz 189 Delegationsfilter 158 Demokratieprinzip 173, 189, 191, 194–195, 197–199, 204, 208–210, 214, 218, 221, 224, 228, 232, 254–255, 360, 599–600 demokratische Defizite 218 demokratische Legitimation 189–190, 194–197, 204–208, 210–211, 213, 215–216, 218, 229–232, 254–255, 302–304, 331, 333 demokratischer Legitimationszusammenhang 189 Deregulierung 68, 79, 119, 318, 336 Deregulierungseffekte 119 Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter m. b. H. 84 Deutsche Krankenhausgesellschaft 191 Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 191 DGB 179, 186 Dienstleistung 124, 347, 409, 412 Dienstleistungsfreiheit 246–247, 251, 256, 309 Dienstvertrag 43, 124–125, 409–411, 542, 571 DIN 45012 234 DIN EN 45012 239, 425 Diskriminierung 247, 251, 256, 425, 436, 601 Diskriminierungsverbot 434, 439

Disziplinarmaßnahmen 160 Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht 90 Doppelprüfungen 117, 131, 144, 182, 346 doppelte Mehrheit 215 DruckbehälterVO 145 Duldungspflicht 141 Durchführung von Prüfungen 137 EDV 495 EG 46, 65–66, 68, 72, 74, 79–80, 82–83, 99, 101–102, 105, 132–133, 147 EGV 132, 309 ehrenamtlich 86, 89, 94, 188 Eigenverantwortung 143, 150, 320 Einbeziehung der AGB 481–482 Einbringung speziellen Sachverstandes 217 Eingriffsbefugnisse 46, 203, 365 Einheitlichkeit der Zulassungsvoraussetzungen 457 Einschränkung der Vertragsfreiheit 421 Einschränkung des Weisungsrechts 119 Einschränkungen der Berufsfreiheit 172 Einschreiben 496 Einspruch 240, 398, 518, 522, 553 Eintragung 68, 73, 75–79, 122–130, 277 Eintragungsstelle 76, 123, 126, 128 Eintragungsvoraussetzungen 76, 123, 128, 131 Einvernehmen 38, 75, 186, 188, 206, 209 EMAS 46, 65–85, 88–89, 92–93, 95–96, 98–103, 105, 108–111, 116, 118–119, 121–131, 152, 190, 262, 277, 285 EMAS-Eintragung 68, 74 EMAS-Register 75, 78–79, 131

Sachwortverzeichnis EMAS-VO 66–70, 72–73, 75–77, 80– 81, 84, 88, 102, 119, 124, 129, 190 EMAS-Zeichen 68–69, 130 Empfehlungen 74, 86, 180, 185–186, 199–204, 210–211, 215, 224, 226–227, 232, 238, 254–255 Empfehlungen des Anerkennungsbeirates 200, 215, 227, 254, 454, 458, 488, 543, 545, 548, 550, 599 Entflechtung 138 Entgelt 60–61, 289–292, 296, 315–316, 373–374, 460, 463–464, 544, 579 Entgelte 41, 43, 60–62, 111, 113, 152, 290, 292–293, 296, 315–316 entgeltliche Geschäftsbesorgung 101, 115, 314, 409–410, 416 Entscheidung 38–40, 42–43, 46–47, 57, 59, 65, 74, 79, 84, 92–93, 95, 122–123, 125–126, 128, 131, 143, 146–153, 158–159, 161, 163, 165, 173–174, 178, 180, 183, 187, 190–191, 196–199, 201, 204–206, 208, 210, 212, 214, 217–222, 225–226, 228, 230, 232–234, 237, 239–241, 248–252, 260–261, 263–264, 266, 271–279, 282, 285, 288, 293–295, 298–299, 303–304, 308, 323, 328, 338–339, 353, 355–359, 361, 364, 367–370, 374, 378–380, 392–393, 396, 398–401, 403, 406–408, 410, 413, 415–416 Entscheidung der Regulierungsbehörde 279 Entscheidung der Zertifizierungsstelle 234, 239–240, 260, 264, 272, 275–277, 379, 398, 410 Entscheidungs- und Wahlrechte der Arbeitnehmer 155 Entscheidungsbefugnis 198, 203–204, 227, 234, 254, 277, 353, 360, 372, 401 Entscheidungsbefugnisse 128, 197–198, 210, 216, 220, 233, 310 Entscheidungskompetenz 349, 354

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Entscheidungsspielraum 163, 165, 199, 277, 357 Entziehung der Zulassung 274, 297–298, 379, 388, 402, 503–504, 508, 539–540, 572, 575 Entziehung des Zertifikates 201, 342, 488, 503–504, 507–508, 538–539, 548, 568 Entziehungsgrund 262 Entzug der Zulassung 261, 297, 405, 499, 567 Erfüllungsgehilfen 490, 531, 533, 561–562 Erfüllungsverantwortung 322, 324–325, 328, 333, 345, 384–385, 387, 389–390, 404 Erhebung von Gebühren 163, 289 Erlass von Richtlinien 186 Ermächtigungsgrundlage 157, 159–161, 163–164, 176, 223, 252, 274, 296, 346, 358, 367, 382 Ermächtigungsnorm 156, 161–162 Ermessen 54, 88, 98, 125, 127, 129, 136, 140, 154, 184, 244, 260, 298, 393, 422, 458–459, 494, 548 Ermessensentscheidung 154 Ermessensgrenze 190 Ersatzkassen 191 Ersatzvornahme 230, 325 Erstbegutachtung 108, 111 Erstprüfung 105, 107 Erteilung der Zulassung 263, 276, 296–297, 299, 373, 396, 398, 403, 410, 419, 468, 522, 545, 547, 561, 603 Erteilung des Zertifikates 467–468, 488, 494, 511, 550 Erteilung von Bescheinigungen 137 EU-Mitgliedsstaaten 82, 91, 113, 129, 135, 249 EuGH 247 Evaluationsbericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt 582

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Evaluierung 184 Exekutive 158–159, 162–163, 173, 175, 222, 301–302, 324 Existenzgründer 465 Existenzgründerfälle 464 Experten 81, 180, 186, 205–206, 215, 219–220, 224, 493 Expertengremien 198 externe fachkundige Stellen 38–39, 454, 582 externe Zertifizierungsstellen 168 Fachaufgaben 137, 140–141 Fachaufsicht 84, 99, 139, 301–306, 351–352, 366–367 Fachkenntnisbescheinigung 81, 95–97, 99 Fachkenntnisse 75, 87, 188 Fachkunde 38, 46, 64, 88–89, 94, 162, 165–166, 331 fachkundige Stelle 34–36, 38–40, 62, 155, 162, 167, 170, 235, 241, 251, 259, 265, 269, 273, 279, 286, 289–290, 297, 371–372, 385, 388, 406, 413, 458, 584, 594 fachliche Eignung 191, 300 fachliche Qualifikation 81, 171 fachliche Weisungsfreiheit 190, 214 fachliches Weisungsrecht 216 Fachwissen 80, 82, 303 Fahrzeughalter 41, 51, 60–61, 292–293 Fahrzeugkennzeichen 59–60, 292 Fahrzeugschein 51 faktische Beleihung 300 Fälligkeit 512–515, 573–574 Fälligkeitsvereinbarung 513 Fälligkeitsvoraussetzungen 513–514 Fehlen einer parlamentsgesetzlichen Grundlage 227 Feststellung der persönlichen Förderungsvoraussetzungen 154 Feststellung der Zulassungsvoraussetzungen 274, 372

Feststellungen des Sachverständigen 278 Feststellungsklage 86 Fiktion einer Willenserklärung 553 Folgeaufträge 105, 112 Folgeprüfungen 105, 107, 111 Förderung 33–34, 36–39, 44, 67, 140, 154, 168, 170–171, 179, 252, 258, 260, 271, 273–274, 276, 280–281, 289, 298, 309, 371–372, 379, 384, 406 Förderung der beruflichen Weiterbildung 33, 36, 39, 44, 168, 170–171, 179, 252, 289, 309, 384 Förderungsvoraussetzungen 36–37, 154 Formularvertrag 461–462, 465–466, 471, 474–475, 480–483, 486–487, 489, 491, 496–497, 503–504, 507, 509, 511, 519, 526–527, 540–541, 546, 560, 576–577, 580–581, 605 Freiberufler 463, 476–478 freie Entfaltung der Persönlichkeit 421 freier Beruf 83 Freihalten des Marktzugangs 437 Freiheit der Berufsausübung 83, 168, 173, 379 Freiheit der Berufswahl 83, 168, 174–175, 224, 226 Freistellung 54 Freistellungsanspruch 375, 563 freiwillige Kennzeichnung 133–134 Fremdbestimmung 225, 227–228, 230 Fremdverwaltung 224, 255 fristlose Kündigung 539, 565–567 Fristsetzung 566, 569, 574 Führung des Umwelt-Audit-Zeichens 121 Funktionale Äquivalenz 328 funktionale Selbstverwaltung 197 funktionell-institutionelle Legitimation 195 für gültig erklärte Umwelterklärung 76

Sachwortverzeichnis Garantenstellung 79, 303 Garantie 441, 528, 559 Garantiefunktion 320–321, 340–341, 343, 345, 347–349, 353, 360, 366, 368 Garantiefunktion des privaten Sachverständigen 343, 345, 347, 360 GbR 269, 477 GebOSt 61 Gebot der funktionalen Äquivalenz 328 Gebühren 40–41, 53, 60–61, 76, 113, 119, 152, 157, 162–163, 184, 241, 245, 289–291, 316, 366, 374, 377, 384, 403, 511, 514–515, 579, 584, 586, 596, 603 Gebührenerhebung 267, 289–291, 296, 365 Gebührenordnung 61, 113, 117, 130, 366, 585–586 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr 61 Gebührenrahmen 111 Gebührensätze 162 Gebührensystem 119 Gebührenverzeichnis 61 Geeignetheit 312 Gefahrenabwehr 143, 150, 345, 347, 353, 355 Gefälligkeitsbegutachtungen 98, 237 Gegenvorstellung 240, 521 Gehalt 113, 232 Geheimnisschutz 491 Geldbuße 99, 135, 262 Geltungsdauer der Zertifikate 43, 418 Geltungsdauer der Zulassung 473 Gemeinsamer Bundesausschuss 187, 192–194, 203 Gemeinschaftsrichtlinien 133 Gemeinwohl 326 Genehmigung 75, 188, 190, 193, 210, 349, 354, 380 Generalklausel 428, 431, 493 Geprüfte Sicherheit 134

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Geräte- und Produktsicherheit 150 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz 47, 49, 132–134, 136–137, 142 Gerätesicherheit 143–144 Gerätesicherheitsgesetz 137–138, 142 Gerichtsstand 475–476, 479–480, 516, 520, 579–580 Gerichtsstandsklauseln 479 Gerichtsstandsvereinbarungen 475–478, 520 Geschäftsbesorgung 115, 411–414 Geschäftsbesorgungsvertrag 101, 118, 411, 414, 416–417 Geschäftsführung 491 Geschäftsordnung 86, 186, 188, 193, 210 Geschäftsräume 56, 96, 140 Geschäftstellenprüfung 96 Gesellschafter 94, 235, 269 Gesellschaftsform 235, 269 Gesetz 33, 41, 43, 46, 54, 58–59, 62–63, 72, 82–83, 129, 132, 137, 145, 156, 158, 160–161, 163, 165–166, 168, 173, 177, 182–184, 204, 214, 221–223, 233, 243, 267, 271, 284–285, 290, 294, 300, 305, 314, 316, 338, 351, 357–361, 369, 371, 373, 387, 393–394, 400, 403, 406–407, 413 Gesetzesbegründung 163–164 Gesetzesvorbehalt 175, 300, 358 Gesetzgeber 33–34, 37–38, 118, 143, 150, 155, 158–161, 163–166, 170–177, 179, 194, 204, 215, 218–220, 222–223, 225, 232–233, 253, 273, 286, 306, 311, 313–317, 319–322, 337, 339–340, 342–347, 349–351, 355–360, 362, 364–366, 368–371, 375, 384, 393, 395, 404, 413 gesetzliche Verbote 421 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 591 Gestaltungsfreiheit 171, 226, 420, 433, 452–453, 588, 605–606 Gestaltungsspielraum 43, 174, 177

642

Sachwortverzeichnis

Gewährleistung 420, 437, 491, 527, 529, 560 Gewährleistungsaufsicht 301, 327, 391 Gewährleistungspflicht 272 Gewährleistungsverantwortung 43–44, 259, 272, 301, 307, 314, 322, 324, 326, 331, 334, 338, 340, 343, 345, 350, 353, 369, 384–385, 387, 389–391, 394, 404, 417, 433, 522, 585, 587–589, 591, 604 Gewährleistungsverwaltung 326 Gewährleistungsverwaltungsrecht 345 Gewerbeaufsicht 386 Gewerkschaften 188, 207 Gewinnerzielung 106, 108 Gewinnerzielungsabsicht 429–430 Glaubhaftmachung 76, 126, 128–129 Glaubwürdigkeit 79, 115, 128–129, 251 Gleichbehandlungsgebot 380 Gleichheitsgrundsatz 163, 228 GmbH 84–85, 99, 112–113, 130, 152, 178–179, 235, 269, 461, 475, 477, 596 GPSG 47, 132–137, 139–143, 149–150, 152, 166, 183, 285, 305 Gremienmitglieder 207, 212, 232 Gründe für eine Verweigerung des Vertragsschlusses 422 Grundrecht der Berufsfreiheit 35, 37, 166, 171, 173–174, 176, 253, 266, 308, 378–379, 386 Grundrechte 146, 163, 166–167, 233, 243, 268, 310, 335, 358, 378, 380–384, 386–387 Grundrechtsbindung 335, 368, 378, 394 Grundrechtseingriff 163 Grundrechtsrelevanz 148–149, 160, 167, 266, 310 Grundrechtsschutz 42, 47, 172, 335, 381–384, 390

Grundsatz des Parlamentsvorbehalts 166, 194, 223 Grundstücke 56, 140 GS-Stellen 134–135, 140, 142, 149 GS-Zeichen 134–135, 141–142, 148–150 GSG 136–138, 141–145, 148 Gültigerklärung 72–74, 77, 90, 115–116, 119–120, 123–128, 131, 153, 277, 415 Gültigkeit der Umwelterklärung 46 Gültigkeitsdauer des Zertifikates 489 Gültigkeitserklärung 47, 81, 101, 106, 121, 123–124, 126, 130, 415 Gutachten 119, 126, 153, 279, 407, 409, 417, 512–513, 597 Gutachter 79, 83, 87, 104–108, 111–114, 116, 123–124, 153, 329, 332, 386, 391, 393, 409 Gutachterentscheidung 129 gutachterliche Stellungnahme 279 Gutachtervertrag 104, 116 Gutachterwechsel 110 Gutachterzuweisung 112 Gütesiegel 133, 262, 559 Güteverfahren 520 GVG 394 GWB 260 Haftpflichtversicherung 54, 136–137, 375–378 Haftung 42, 60, 63, 84, 114, 235, 258–259, 263, 292, 375, 377–378 Haftung für Sachmängel 528 Haftungsausschluss 528–531 Haftungsbegrenzung 529–530, 533–534, 561–562 Haftungsbeschränkung 377, 528, 561 Haftungshöchstsumme 562 Haftungsrisiken 44, 375, 377–378 Haftungsvereinbarungen 43 Halter 50–52, 60–61, 362 Handelsregister 475

Sachwortverzeichnis Handlungsformen des öffentlichen Rechts 267, 270, 323 Handwerkskammer 55, 75, 89, 130 Hartz-Gesetzgebung 179 Hauptleistungspflichten 531 Hauptuntersuchung 41, 45, 49–52, 57–62, 65, 100, 111, 127–128, 139, 143–144, 152, 267, 277, 292–294, 362, 373 Herausgabepflicht 389, 506, 565 Herkunftszeichen 133 Hersteller 64, 132, 134, 142–150 hinreichend bestimmt 159, 162, 164, 223 Höchstzahl aufeinander folgender Prüfauftrage 131 Höhe des Honorars 114, 397, 419, 524 hoheitlich 40–41, 58, 61, 104, 120, 123–124, 129, 148, 263, 272, 279–280, 308, 311, 314, 321, 372, 375–376, 378 hoheitliche Abschlussentscheidung 332 hoheitliche Aufgaben 277 hoheitliche Befugnisse 100, 119, 270 hoheitliche Gewalt 122 hoheitliche Kompetenzen 41, 58 hoheitliche Maßnahmen 78 hoheitliche Stellung 129 hoheitliche Tätigkeit 62, 124, 126, 152, 280, 290, 292, 294, 310, 374, 377 hoheitliches Handeln 64–65, 122, 125, 144, 293 Hoheitsbefugnisse 121 Hoheitsträger 41, 62, 293, 332 Honorar 106, 108, 113–115, 288, 296, 373, 391, 396, 440, 446, 452, 511, 523–524, 579 Honoraranspruch 433 Honorarordnung 131, 393, 404 Honorarvereinbarung 103, 109, 114, 403

643

Imageschaden 117 Immissionsschutzrecht 79, 120 Implementationsinstanz 330 Importeur 64 Individualabrede 482, 517, 579 Indizierung jugendgefährdender Schriften 303 Industrie- und Handelskammer 75, 89, 130 Information Dritter 491 Informationsaustausch 493 Informationsgespräch 543 Informationspflicht 140, 494, 505, 550 Informationsrechte 493 Inhaltskontrolle 433, 465, 498, 517 inländische juristische Personen 167, 381–382 Innenregress 375, 377 Innungskrankenkassen 191 Insolvenz 570–571 Insolvenzrisiko 376 Insolvenzverfahren 570, 572 Intensität der Prüfung 111 Interessenkonflikte 107 Interessenverbände 208 Interessenvertreter 87, 204, 206, 208, 216 internes Beschwerdeverfahren 557 Inverkehrbringen 143, 145, 152 juristische Personen 463, 475–476, 481 juristische Personen des öffentlichen Rechts 475–476 Kapazitätserschöpfung 432, 434, 441, 443, 448 Kardinalpflicht 531, 560 Kassenärztliche Bundesvereinigungen 191–192 Kaufleute 284, 475–478, 480 Kaufmann 475, 477

644

Sachwortverzeichnis

Kenntniserlangung 504 KfSachvG 41, 50, 52–53, 57, 152, 166, 306, 375 KG 269, 381, 475 Klageart 242, 396 Klagebefugnis 242–243, 397 Klagebegehren 242 Klagefrist 244, 401 Klagegegner 401–402 Klauselverbote 465, 561–562 Kombination öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Elemente 41, 49, 262, 294, 313, 402, 418, 595, 602 Kombinationstheorie 125, 270, 299 Kompatibilität 151 Kompensation demokratischer Defizite 228 Kompensationsmöglichkeiten 228, 230 Konformitätsbescheinigung 146, 358 Konformitätsbestätigung 357 Konformitätsbewertungsverfahren 133 Konkurrenzausschlussvereinbarungen 485 Kontrahierungspflicht 446 Kontrahierungszwang 340, 363, 420–424, 426–427, 433, 440, 444–448, 452 Kontrahierungszwang gemäß §§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB iVm § 33 GWB 427 Kontrolle 43, 56, 71, 85, 87, 111, 113, 120, 127, 144, 153, 194, 203, 209, 214, 222, 247, 301–303, 309, 324, 328, 331–333, 341, 343–345, 368, 385, 389 Kontrolle der Kontrolle 43, 331, 385 Kontrolleure 34, 120, 331–332, 344–345 Kontrollmaßnahmen 142, 148, 341 Kooperation 493, 495 Koppelungsverbot 288 Körperschaften des öffentlichen Rechts 89, 122, 401

Kosten 50–51, 53, 56, 105–110, 117, 155, 185, 289–290 Kostenübernahme 37–38 kraft Gesetzes erteilte Zulassung 274 Kraftfahrzeuginnung 55 Kraftfahrzeugwerkstätten 41, 51, 55, 57–58, 61, 63, 152, 292 Kraftfahrzeugzulassungsstelle 277 Krankenkassen 187, 191–193 Kündigung 112, 115–117, 342, 392, 496–498, 502, 506, 508–510, 539–540, 563–578, 606 Kündigungsbeschränkungen 391 Kündigungserklärung 509 Kündigungsfrist 497–498, 501–502, 576–577 Kündigungsgründe 117 Kündigungsmöglichkeit 112, 115, 393 Kündigungsrecht 499, 501–502, 510, 564, 577–578 Kündigungsrecht des Bestellers 499, 501, 577 Kündigungssperre 572 KURS-Datenbank 556 Laufzeitklausel 497–498, 577 Legitimation des Anerkennungsbeirates 230, 303 Legitimationskette 196, 206–207, 254 Legitimationsniveau 189, 197, 199, 210, 229, 232 Legitimationsverantwortung 323 Lehre vom privaten SachverständigenVollzugsmodell 354, 357 Lehrgangskosten 155 Leistungs- und Pflegenachweise 310 Leistungs- und Qualitätsnachweise 47, 267, 311, 314–315 Leistungserbringer 187, 193, 226 Leistungsfähigkeit 459 Leistungsklage 242, 397, 404 Leistungsverwaltung 324, 326 Letztentscheidungskompetenz 190–191, 199, 327, 349

Sachwortverzeichnis Letztverantwortung 99, 214, 219, 319, 328, 334 Lieferverweigerung 440 Limited 269 Mahnung 485, 515, 573 Managementdokumentation 493 Managementsystem 70, 493, 495, 537 Mangel 528, 584 Mängelbeseitigung 503 Manipulation 551 Markt 33–38, 107, 113, 134, 150, 179–181, 183, 251, 264, 290, 326, 331, 335, 379, 386–387, 391, 393 Markt der beruflichen Weiterbildung 33 marktbeherrschende Stellung 428, 436 marktbeherrschende Unternehmen 432, 434, 441 Marktbeherrschung 429–432 Marktteilnahme 38, 150–151, 252 Marktteilnehmer 44, 340 Marktzugang 427, 435 Marktzutritt 35, 146, 335, 428, 435, 438, 588 Massengeschäfte 450 Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung 33–39, 44, 49, 57, 92, 98, 154–155, 164, 171, 181, 189, 224, 227, 247, 249, 252, 258, 261–264, 267, 271–272, 276–277, 280–281, 284, 301, 304, 342, 347, 354, 371, 378–380, 384–387, 402–403, 406, 415 Maßnahmenzulassung 540 Materielle Privatisierung 372, 585, 589 Meldepflicht 566, 569 Minderung 529 Mindestlegitimationsniveau 194, 231 Mindestvertragslaufzeit 498, 576 ministerialfrei 220 Ministerialfreie Räume 213, 216, 219–220

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Missbrauch 50–51, 261–262, 388, 428, 431–432, 447, 506, 510, 538, 559, 569 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB 428 missbräuchliche Verwendung 261, 388 Mitentscheidungsbefugnisse 197 Mitglieder des Anerkennungsbeirates 186, 203–206, 209–214, 216, 219, 223, 231, 255 Mitgliedsstaat der Europäischen Union 68, 80, 82, 84, 132, 147, 151, 183, 244, 246–249, 256, 259, 308–309, 383 Mitteilungspflichten 185, 250, 298, 305, 456, 473, 477, 500–501, 509–510, 550, 556, 565–567 Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzuges 390 Monopol 428, 444–445 Monopolstellung 40 Motive des Gesetzgebers 38, 40 mündliche Prüfung 87 Nachaudit 546 Nachbesserung 43, 74, 260, 529, 544, 546 Nachbesserungsfrist 503, 505 Nachbesserungsmöglichkeit 424 Nacherfüllung 529, 573 Nachfrist 566, 573, 575 Nachprüfung 76, 149, 293 nachvertragliche Wettbewerbsverbote 485 Naturalrestitution 427, 444, 451 natürliche Personen 83, 380, 382 Nebenabreden 516–517, 579 Nebenbestimmungen 55–57, 140, 241, 288 negative Kreditauskunft 422, 434, 440, 446 Neutralität 103, 331 Nichtigkeit 92, 102, 157, 177, 289, 291, 296, 373, 452–453, 456, 458, 468–469, 517, 605–606

646

Sachwortverzeichnis

Nichtigkeitsgründe 177 Normimplementierung 367 Normkonformität 320–321 Normsetzungsermächtigung 222 Notare 423 Nutzung des Zertifikates 548–549, 563, 567, 574–576 Nutzungsrecht 565 objektiv 81, 93, 204 objektive Zulassungsvoraussetzung 169 Objektivität 37, 39, 66, 104, 108, 110, 120, 131, 179, 204, 260, 331, 384, 391, 393–394, 404, 413, 454, 499, 584, 588, 604 Offenbarungspflicht 551 öffentliche Aufgaben 34, 47, 58, 87, 121, 150, 172, 199, 217, 221–222, 225, 259, 267, 271, 311, 313–314, 323–327, 331, 334, 353, 383, 386, 389–390 öffentliches Amt 278 öffentliches Recht 56, 147 öffentlich-rechtlich 40, 46–47, 49, 57, 122, 132, 141–142, 152–153, 241, 263–266, 291, 294–295, 311, 313, 315, 329, 349, 360, 364, 395 öffentlich-rechtliche Aufgaben 267 öffentlich-rechtliche Austauschverträge 287 öffentlich-rechtliche Befugnisse 129, 268 öffentlich-rechtliche Folgewirkungen 131 öffentlich-rechtliche Sondervermögen 475–476 öffentlich-rechtlicher Vertrag 122 öffentlich-rechtliches Zertifizierungsverfahren 316 Office-Audit 82 OHG 269, 475 Oligopol 428, 444–445 ordentliche Kündigung 496–498, 576

ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung 307, 333, 335–336, 387 Ordnungswidrigkeit 88, 133, 135, 262, 388, 456 Organisation 41, 54, 60–61, 67–75, 77–79, 81, 86, 89–91, 94, 96–100, 104–105, 107, 113, 115, 118, 120–121, 128, 148, 184, 234 Organisationsform der Selbstverwaltung 222, 225 Organisationsstruktur der Selbstverwaltungseinheiten 225 organisatorisch-personelle demokratische Legitimation 196, 206 Organstreit 86 Parlament 158–159, 196, 208, 210–211, 229 Parlamentsgesetz 221–224, 227, 232, 253, 255 Parlamentsvorbehalt 158, 166, 173, 176, 194, 222, 228, 230, 232–233, 253, 255, 381 Parlamentswahl 196 Pauschalermächtigung 156 Personal 81, 95, 103, 140–141, 196, 236 personell-demokratische Legitimation 194 Personengesellschaft 235 Personenhandelsgesellschaften 464, 475 Pflege-Prüfverordnung 48, 312 Pflegeeinrichtung 47, 312 Pflegekassen 47, 183, 310, 312 Pflegenachweise 310 PflegePrüfVO 183, 311–316 Pflegeversicherung 47, 311, 313 Pflicht zum Tätigwerden 423 Pflicht zur Entgegennahme und Bescheidung 422 Pflicht zur gesetzmäßigen Verwaltung 376 Pflichtverletzungen 60, 292, 376, 378, 403, 451, 507, 561–562, 566

Sachwortverzeichnis Plakette 51, 59, 358, 362 Plausibilitätskontrolle 199 pluralistisch besetzte Entscheidungsgremien 220 pluralistisch besetztes Gremium 187, 194, 201 präventive Aufsicht 340 Präventivkontrolle 143, 145, 150 Preisangabenverordnung 60–61 Preise 113 Preiswettbewerb 119 Prinzip der doppelten Mehrheit 205 Privatautonomie 43–44, 108, 114, 121–122, 336, 341, 348, 393, 405, 417, 419–420, 453, 557, 588–589, 606 Private 43, 58–59, 120–121, 172, 268, 270–271, 278, 291, 301–302, 326, 339, 353, 356, 375, 378, 385, 390, 401 private Dritte 34, 182 private Sachverständige 317 private Sachverständigen-Vollzugsmodell 340, 346, 365 privater Sachverständiger 125, 317, 321–322, 349, 358 privatisieren 34 Privatisierung 34, 269–270, 302, 305, 323–324, 326, 328, 334–339, 371–372, 375, 378, 385, 388–389, 401, 452, 588–589 Privatperson 130 Privatrecht 35, 121, 314, 317, 327, 336–338, 340, 360, 364 privatrechtlich 40, 42, 44, 46–47, 49, 57, 62, 85, 100, 123–124, 131–132, 142, 145–147, 152–153, 178, 263–264, 267, 280, 292, 295, 309, 313, 318–319, 338, 343, 350, 352, 364, 377, 386–387 privatrechtliche Ausgestaltung 40, 263–264, 283 privatrechtliche Erklärung 123 privatrechtliche Verträge 35, 60, 287, 291–292, 335, 373–374, 394

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privatrechtlicher Anspruch auf Erteilung des Zertifikats 342 Privatrechtsordnung 151, 389 Privatverfahrensrecht 326–327 Privatverwaltungsrecht 337 Produktrichtlinien 133 Produktsicherheitsrecht 139, 329, 335 Prognose 161 Programm 43, 70, 74, 77, 156, 160–162, 164–165, 223, 253 Programmformel 160 Prorogation 476 prorogationsfähig 476–478 prospektive Gesetzesfolgenabschätzung 593 Prüf- und Bestätigungsstellen 45, 49, 63–65, 152, 279, 293, 318, 329, 331 Prüf- und Zertifizierungsstelle 138 Prüf- und Zulassungsaufgaben 35 Prüfaufgaben 39 Prüfauftrag 117, 130 Prüfbericht 313, 362, 490, 512 Prüfbescheinigung 51–52, 144, 357, 362 Prüfer 34, 52, 58, 92–93, 137, 237, 261, 375, 391–392 Prüfergebnis 59, 127, 144, 470, 489 Prüfintervalle 470–471 Prüflaboratorien 135, 140 Prüfpflicht 101, 121, 146, 247, 341 Prüfplakette 50, 52, 57–61, 123, 127–128, 279, 292, 356–357 Prüfprogramm 304 Prüfsiegel 365, 587 Prüfstelle 41, 43, 47, 53, 59–61, 138, 143–144, 148, 150, 259, 292, 310–315, 375 Prüftätigkeit 70, 79, 107, 132, 138–139, 144, 152, 245–246, 260, 330, 340, 357 Prüftourismus 142 Prüfung 38, 40–41, 44, 52–53, 56–57, 59–60, 64–66, 69–70, 73–74, 82, 87, 92, 103, 105–106, 109, 112,

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Sachwortverzeichnis

114–115, 119, 123–125, 130–131, 134, 137, 139, 151–152, 164, 166, 183–184, 192, 197, 200, 235–236, 239, 245–246, 248, 251, 256, 261, 263, 272–273, 275–277, 280, 289, 292–293, 305, 310–313, 315, 319, 321, 344, 352, 355, 359, 361, 372, 384–385, 391–392, 397, 399, 406–407, 410, 414–415, 417 Prüfungs- und Kontrollaufgaben 34 Prüfungsauftrag 92, 118 Prüfungsausschuss 87 Prüfungsentscheidung 79, 129 Prüfungsergebnis 131, 545, 605 Prüfungserleichterungen 130 Prüfungsinhalt 114 Prüfungsintensität 472, 489, 546 Prüfungskompetenz 128, 149, 354 Prüfungsleistung 61, 130, 292, 296 Prüfungsrecht 76, 130 Prüfungsumfang 91, 109, 114, 472, 489, 545, 548 Prüfungsverfahren 52, 87, 329 Prüfungsvertrag 148 Prüfvermerk 121, 125 Prüfzeichen 144 Qualifikation 81–82, 121, 126, 164, 167, 169–171, 236, 248, 256, 312, 340, 490–491, 601–602 qualifizierte elektronische Signaturen 63 Qualität 37, 54, 73, 79, 82, 96–97, 100, 109, 119, 130, 147, 164–165, 170, 185, 187, 236, 239, 246–248, 250, 253, 256, 310–311, 314, 320, 338, 340, 345, 355, 393–394 Qualitätsentwicklung 236, 238, 261, 384, 426, 471, 474, 585 Qualitätskontrolle 37, 88, 246, 388, 393, 585 Qualitätskriterien 38, 164 Qualitätsmanagement 136, 164–165

Qualitätsmanagementsystem 238, 426, 480, 541 Qualitätsprüfung 37, 164, 298, 304, 314, 384, 388, 461, 495, 500, 586 Qualitätssicherung 165, 167, 171, 179, 185, 214, 236, 238, 246, 261, 305, 310–312, 314, 316, 323, 334, 371, 384, 426, 471, 474, 500, 582, 585–586 Qualitätssicherungsverfahren 322, 329–330, 334, 343, 370 Qualitätstestierung 185, 205, 214 Qualitätsverbesserung 246, 500, 586 Qualitätszertifikat 311 Rahmengebühren 61 Re-Regulierung 325, 335–336 Rechnungslegung 113 Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb 379–380, 382, 424 Recht der Förderung der beruflichen Weiterbildung 33, 168, 384, 588, 594 Recht der Weiterbildungsförderung 38 Recht zur Ersatzvornahme 231 Recht zur Gebührenerhebung 291 rechtliche Stellung der Zertifizierungsstellen 258–259 rechtliche Stellung des Umweltgutachters 81, 100–101 Rechtmäßigkeit 139, 156, 213, 302, 304, 357, 396 Rechtsanwalt 408 Rechtsaufsicht 84, 86, 99, 139, 172, 188–189, 191–192, 203, 213–214, 216–217, 227, 231, 255, 301–306, 308, 313, 352, 387–388, 394, 443, 506, 590, 600 Rechtsbehelfe 42 Rechtsbehelfsbelehrung 401 rechtsfähige Personengesellschaft 463 Rechtsform 40, 47, 235, 269, 364 Rechtsgrundlage 173, 176, 253, 291, 365, 395

Sachwortverzeichnis Rechtsmittel 124 Rechtsmittelbelehrung 401 Rechtsnatur des Zertifizierungsverfahrens 262 Rechtsnatur des Zertifizierungsvertrages 406 Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 157–158, 160, 166, 172, 197, 202, 225, 253, 255, 420, 598, 600 Rechtsschutz 35, 100, 146, 157, 163, 241, 252, 256, 258, 263, 332, 338, 381, 394, 400, 404, 520–521, 601, 604 Rechtsschutzmöglichkeiten 47, 95, 100, 240, 296, 369 Rechtssicherheit 158, 164–165, 238, 558, 592 Rechtsstaatsprinzip 233, 255 Rechtsstellung der Zertifizierungsstellen 419 Rechtsstellungstheorie 269–270, 299 Rechtsstreit 239, 243, 398–400 Rechtsverordnung 38, 46, 48, 133, 135–136, 157–159, 161–166, 173–174, 176, 178, 190, 219, 223, 238, 243, 255, 290, 300, 311, 315–316, 400 Rechtsweg 42, 241–242, 263, 312, 315–316, 394, 404, 519, 604 Rechtswidrigkeit 157, 177, 349, 397 Rechtswirksamkeit 560 Referenzauswahl von Maßnahmen 546 Regelaufsicht 95 Regelung 38–41, 57, 60, 63, 65–66, 77–78, 80, 86, 90–91, 93–99, 103, 105–106, 110, 112, 115–116, 118, 127, 134, 137, 142, 144, 148, 155–157, 159–160, 162–164, 166–167, 173–176, 178, 182, 184–186, 190–195, 203–206, 209–210, 212, 215, 221–223, 227, 229, 232–233, 237–241, 243, 246–247, 249–250, 253–255,

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260–262, 265–266, 271–272, 274–277, 283, 288–292, 295, 297–299, 302, 304–305, 307, 311, 313–315, 334, 351–352, 359, 367, 372, 374–375, 377–378, 380–384, 388, 391–392, 395–398, 405, 408, 412, 414 Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers 173, 222 Regelung eines Einzelfalls 57, 272, 276 Regelungen des parlamentarischen Gesetzgebers 222, 227 Regelungsalternative 593 Regelungsbefugnis 159, 162 Regelungslücke 91, 237 Regelungsverantwortung 222 regional begrenzte Anerkennung 422 Register 72, 75, 77–78, 96, 122, 124–127, 130–131, 277 Register führende Stelle 77–78, 96, 130 Registereintragung 46, 262 Registerstelle 78, 123, 127, 149, 277 Registrierung 75, 79, 121–122 Regress 375–376 Regressansprüche 120 Regressmöglichkeit 377 Regulierungsaufsicht 327, 345 Regulierungsbedarf 589 Regulierungsbehörde 279, 293 Regulierungsinstrumente 131, 345 Regulierungsverantwortung 345 Regulierungsverwaltung 325 rein privatrechtliche Tätigkeit der Zertifizierungsstellen 307 Reputation 343, 586 Rezertifizierungsaudit 489, 493 Richtlinien 85–87, 132–133, 147, 151, 186–191, 193–195, 200–201, 222–223, 226, 230 Richtlinienkonformität 146, 148–149 Routine 111, 347 Rückgabe des Zertifikates 509

650

Sachwortverzeichnis

Rücknahme 40, 52, 57, 156, 177, 184, 241–244, 251, 254, 256, 297, 299, 306–307, 328, 334, 342, 387–388, 395–397, 419, 425, 443, 507, 591, 599, 601 Rücknahme der Zulassung 419, 507 Rücktritts- und Kündigungsregelungen 462 RVG 112 Sach- und Personalmittel 423 Sachgerechtigkeit 219 Sachkunde 144, 180–181, 219, 268, 272, 395 Sachlich-inhaltliche demokratische Legitimation 254 Sachmangel 528 Sachverstand 145, 179–182, 186, 194, 212, 214–215, 217–219, 221, 254–255, 303–304, 311, 327, 347 Sachverständige 41–43, 45, 47, 49–54, 57–62, 65, 87, 111–113, 123, 125–128, 139, 143–145, 149, 152–153, 182, 184, 212, 219, 259, 277–280, 292–293, 303, 310–315, 317–322, 336, 339–373, 375, 385–386, 390–391, 403, 409 Sachverständigenaufsicht 340, 343, 347, 366–367 Sachverständigenbescheinigung 321, 342, 346, 350, 354–355, 360, 365, 403 Sachverständigenbeteiligung 340, 343, 345, 351, 353, 355, 360–361, 366 Sachverständigenentscheidung 358–359, 370 Sachverständigenorganisation 41 Sachverständigensteuerung 366 Sachverständigenüberwachung 355 Sachverständigenvotum 319, 354, 361, 371 Sachverständigenzertifikat 358, 371 sachverständiges Gremium 198 Sanktionen 92, 104, 112–113, 135 Satzung 54, 75, 90, 163, 174

Schadensersatz 249, 263, 397, 427–428, 444, 447, 451, 492, 531–533 Schadensersatzansprüche 427, 451, 529, 532–536, 561–562, 565 Schadensersatzrecht 35 Schiedsfähigkeit 522, 524 Schiedsgericht 518–520, 523, 526 Schiedsgerichtsbarkeit 519–520, 522, 527 Schiedsgerichtsklausel 519 Schiedsgerichtsvereinbarung 519 Schiedsgerichtsverfahren 519–522 Schiedsklausel 525–527 Schiedsvereinbarung 519, 522, 525–526, 555 Schiedsverfahren 519–520 schlichthoheitlich 267 Schriftform 43, 260, 275, 490, 496, 516–517, 545, 579 Schriftformerfordernis 299, 459, 577 Schriftformklauseln 516–517 schriftliche Bestätigung 483 schriftliche Vereinbarung 100–101, 124 Schuldrecht 419–421, 453 Schutz des Zertifikates 262 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen 492 Schutzpflicht 43, 335, 369, 385 Schweigepflicht 93 Selbständige 463 Selbstbestimmung 207, 222, 225 Selbstbestimmungsrecht 221 Selbstbindung der Verwaltung 200 Selbsteintrittsrecht 188, 191, 203 Selbstentscheidungsformel 159 Selbstregulierung 43, 199, 321–322, 324–325, 327, 329–330, 339, 343, 348, 352–353, 359, 370–371 Selbstregulierungsträger 330 Selbstreport 459 Selbstüberwachung 509

Sachwortverzeichnis Selbstverpflichtung 484–485 Selbstverwaltung 187, 194, 197, 217, 219–229, 231, 254–255 Selbstverwaltungsgremium 224, 227, 232 Selbstverwaltungskörperschaft 222, 224, 229 Selbstverwaltungsträger 226 SGB IV 192, 203 SGB V 174, 187, 191–194, 203, 210, 212–213, 216, 219, 222–223, 226, 230–231, 254 SGB X 155, 167, 177, 241–242, 256, 265, 268, 272, 275–276, 282, 285, 287–289, 297–299, 305, 380, 388, 397, 401, 421, 425, 494, 503, 507, 598, 601 SGB XI 47, 259, 271, 310–316, 423 SGG 201–202, 242–244, 256, 295, 395–402 Sicherheitsprüfung 143–144 SigG 63–65, 152, 166, 279, 293–294, 329 Signalwirkung 134 Signatur 63–64 Signaturgesetz 46, 49, 63–65, 279, 293, 318 Signaturverordnung 64 SigV 64 Sozialgerichte 263, 295, 395–396 Sozialgerichtsbarkeit 521, 524–525, 588 Sozialrecht 47–48, 167, 201, 282, 310, 316, 423, 450, 588 Sozialversicherungsrecht 173, 220 Sozialverwaltungsrecht 282 sparsame und effektive Verwendung staatlicher Fördergelder 37 Sperrminorität 190–191, 210 Staat 34–35, 43, 85, 120, 122, 126, 129, 144, 150, 158, 170, 189, 196, 199, 203, 210–212, 215, 260, 268, 270–272, 278, 290, 301, 303–304, 306–308, 316–318, 320, 322–324,

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326, 330–335, 338, 340, 343–345, 364, 367, 372, 375–376, 385–387, 389, 392, 404 Staatlich gebunden 172 staatliche Aufgabe 34, 56, 121, 125, 270–272, 322, 324–325, 353, 356, 376, 384, 389, 476, 599 staatliche Begleitkontrollen 347 staatliche Bindung 129, 172–173, 175, 477 staatliche Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeit 214 staatliche Gerichtsbarkeit 520, 527 staatliche Herrschaft 197–198 staatliche Ingerenzmöglichkeiten 324 staatliche Letztverantwortlichkeit 203 staatliche Präventivkontrolle 143, 343 staatliche Regulierung 341, 345 staatliche Überwachung 477 staatliche Verantwortung 34, 129, 199, 323, 331 staatliche Vertreter 189, 205 staatliche Verwaltungsaufgaben 122 Staatsaufsicht 222, 301–302, 327, 387, 390 Staatsfunktion 278, 360 Staatsgewalt 195, 197–198, 211, 214–215, 222, 225–226, 254, 267, 278, 333–334, 386 Staatshaftung 129, 356 Staatshaftungsrecht 35, 58, 375 Staatsnähe 119, 172, 314 Staatsverwaltung 85, 119, 172, 197, 301 Staatsvolk 198, 207, 228 Stammkapital 235 Standortregister 127 statusbegründende Regelungen 175 statusbildende Regelungen 174 Stellung des Umweltgutachters 117, 124 Steuerberater 408, 417 Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten 196, 210, 215, 254

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Sachwortverzeichnis

StGB 237, 491–492, 568 Stichprobe 149, 509 Strafbarkeit 491 Straftatbestand 135 Straftaten 88 Straßenverkehrsbehörde 59, 356, 362 Strukturschaffungspflicht 323, 327 Stufentheorie 168–169 subjektive Zulassungsbeschränkungen 83 subjektive Zulassungsvoraussetzungen 170 Substitution 68, 105, 119, 344, 346 Subventionsrecht 295 Systemwechsel 35, 265, 285, 294, 338, 360, 368, 370–371, 373, 376 Tätigkeit der fachkundigen Stellen 38 Tätigkeit der Zertifizierungsstellen 40, 42, 44, 49, 62, 250, 258–259, 263–265, 267, 272, 278, 287, 294, 304, 306–307, 318, 335, 373, 377, 389, 395, 406, 412–413 Tätigkeit des Umweltgutachters 66, 79–80, 82, 118, 121–122, 126, 131, 391 Tatsachenfeststellung 123, 128 Technische Prüfstelle 53 Teilleistungen 490 Teilnahmebedingungen 462, 589 teilrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts 86 Teilrechtsfähigkeit 86 Testat des Wirtschaftsprüfers 408 Totalsubstitution 231–232 Träger 34–38, 40, 155, 163, 171–172, 181, 224, 226–228, 230–231, 235, 240, 247, 249–250, 252, 258–259, 261–262, 264–268, 277, 279, 281, 298–299, 304, 307, 310, 312, 317–318, 371–372, 375, 378–380, 383–384, 386–389, 391, 396–397, 403–404, 406, 414 Träger staatlicher Verwaltung 476

Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung 34, 36, 155, 406, 448, 463–464 Trägerzulassung 262, 379, 466–467, 469, 540 Treu und Glauben 517 TÜV 43, 57, 59, 62, 112–113, 123, 126–128, 147, 313, 358, 384 UAG 46–48, 72–73, 75–78, 81, 83–91, 94–99, 102, 107, 118, 122, 124, 126–129, 152, 166–167, 176, 181, 183, 186–191, 202, 210, 212–213, 215, 223, 230, 236–238, 262, 285, 300, 305, 387, 390, 415 überlegenes Sachwissen 219 Übernahme der Weiterbildungskosten 33–34, 36, 154, 252, 258, 309, 387, 406 Überprüfung von Umweltgutachtern bzw. Umweltgutachterorganisationen 46 Übertragungsakt 129 Überwachung 134, 139, 141–142, 147–148, 150, 153, 280, 306, 331–333, 344, 353–354, 472–474, 491, 498, 500–502, 504–505, 508–510, 547–548, 550, 559, 566, 575, 578, 597 Überwachungsaudit 470–476, 489, 509, 511, 543, 547–549, 555, 568–569, 574 Überwachungsaufgaben 140, 329 Überwachungsbefugnisse 500 Überwachungsbehörden 149 Überwachungsorganisation 51, 57, 60, 292 Überwachungsverantwortung 332 Überwachungsvertrag 509 Überwachungszeichen 509 Überwachungszertifikat 509 UGA 187–191, 195, 200, 202, 208, 211–212, 215 Umsatzsteuer 60–61 Umwelt-Audit-Recht 49, 65

Sachwortverzeichnis Umwelt-Audit-System 66–68, 79, 85, 100, 110, 117, 119 Umwelt-Audit-Verfahren 262, 585 Umweltaudit 46, 65, 71, 120 Umweltauditgesetz 46, 72–73, 83–84, 87, 95, 101, 120 Umweltbehörden 68, 75, 77, 107, 123, 127–128 Umweltbetriebsprüfung 46, 65–67, 70, 72–73, 76–77 Umwelterklärung 46, 68, 70–79, 98–99, 102–104, 108, 115, 119–128, 130–131, 149, 153, 277, 415–416 Umweltgutachter 46–48, 66, 72–74, 76, 79–131, 153, 167, 176, 183, 188, 237, 277, 392, 415–416, 585, 597, 605 Umweltgutachterausschuss 85–87, 186–187, 189 Umweltgutachterorganisationen 46, 72, 81–85, 87, 89–90, 94–98, 100, 110–113, 130–131 Umweltgutachtervertrag 102, 118, 416 Umweltleistung 67, 69–71, 73 Umweltmanagement 46, 65–67, 72, 76, 83 Umweltmanagementsystem 67, 69, 72–73, 75, 77 Umweltpolitik 67, 69–71, 73 Umweltprogramm 73 Umweltprüfung 69, 72–73 Umweltprüfungsbericht 70 Umweltrecht 46, 68, 101, 120–121 Umweltrechtsverstöße 123 Umweltschutz 72, 83, 103, 120, 123, 191, 353 Umweltschutzvorschriften 121 Umweltverbände 188 Umweltverwaltung 83, 86, 130 Umweltvorschriften 69–70, 76–78, 98, 127 Unabhängigkeit 46, 64, 66, 76, 81, 83, 88–89, 91–92, 103–118, 120, 130–131, 135–139, 164–166,

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169–171, 178–179, 184, 206, 212, 235–237, 260, 274, 283, 312, 327, 331, 340, 365, 382, 391–394, 404, 413–414, 416, 422, 485, 491, 499, 542, 578, 583–588, 604 Unabhängigkeit der Umweltgutachter 113 unangemessene Benachteiligung 465, 479, 501, 511, 513, 527, 532, 560, 573, 576 Ungleichbehandlung 247, 256 unmittelbare Außenwirkung 355, 357 unmittelbare Rechtswirkung 57, 78, 272, 276, 279 unmittelbare Rechtswirkung nach außen 57, 78, 272, 276 unparteiisch 64, 81, 97, 188 Unparteilichkeit 91–93, 107, 184, 234, 260–261, 331, 542 Untätigkeit 425 Unterbrechung des demokratischen Legitimationszusammenhangs 208 untergesetzliche Rechtsnormen 193 Unterlagen 68, 75, 87, 90, 97, 103, 133, 141, 184–185, 192, 261, 280, 386, 388 Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch 427 Unterlassungsanspruch 427–428 Unternehmer 463–465, 470, 477, 479, 496, 501–502, 515, 528, 535, 553, 578, 605 Untersagung der Tätigkeit 84, 98 Untersuchungsbericht 51 Untersuchungsgrundsatz 421 ununterbrochener Legitimationszusammenhang 195 Unzuverlässigkeit 262, 379 Validierung 73–74, 77, 101, 103, 105–109, 112, 121–124, 415–416 Validierung der Umwelterklärung 122 Validierungsentscheidung 123 Validierungserklärung 123

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Sachwortverzeichnis

Veranlassung der Begutachtung 362–363 Verantwortungsdiversifizierung 333 Verbot unbilliger Behinderung 427, 434 Verbotsgesetze 102, 453–455, 457–458, 605 Verbraucher 464, 496, 498, 515 Verbraucherzeichen 133, 150 Verbundenheit 89 Verbundzertifizierung 549 Verein 58, 140, 269 Vereinigungsfreiheit 230, 420 Verfahrensherrschaft 328, 334, 349, 362 Verfahrensprivatisierung 326, 329–330, 334, 336, 389 Verfassungswidrigkeit 156, 163, 176, 233, 381 Verflechtungen 237 Vergabe des Zertifikats 40, 263–264, 284, 308, 402, 405, 407, 410, 416 Vergleich 437, 454, 461, 473, 522–524, 540, 542, 548, 559, 591, 601, 604–605 Vergleichbarkeit der Zulassungen 454, 457 Vergleichbarkeit des ausländischen Zulassungsverfahrens 245 Vergütung 43, 60, 114, 117, 292, 365, 423, 470, 472, 508–509, 511–513, 541, 573, 578 Vergütungsanspruch 501–502 Vergütungsfreiheit 112 Vergütungsmodell 112 Vergütungsordnung 112, 114, 315, 391 Verhältnismäßigkeit 92, 169, 309, 439, 539, 591 Verhältnismäßigkeitsprinzip 170 Verifikateur 259, 317, 319–323, 339–341, 344–348, 350–354, 356–367, 369, 371, 373, 390, 403 Verifikateur-Beteiligung 259, 373, 390

Verifikateur-Modell 322 Verifikateurbeteiligung 320, 341, 344–345, 350, 356, 367, 369, 403 Verifikateure 317, 340, 343, 372 Verifikateurmodell 391 Verifikateurüberwachung 344 Verifikateurvertrag 340 verifizierender Sachverständiger 317 Verjährung 533, 535 Verjährungsbeginn 514, 535 Verjährungsfrist 534–536 Verkehrssicherheit 143 Verkehrssicherungspflichten 61, 293 Vermeidung von Interessenkonflikten 491 Vermutungswirkung 149, 360 Veröffentlichung 66, 68, 116, 140 Verordnung 40, 43, 46, 48, 52–53, 59, 64–66, 68, 72, 74, 76, 82–84, 91–92, 97, 101–102, 105, 122, 159, 163, 182, 193, 284–285, 311, 316 Verordnungsermächtigung 39, 156–157, 161–162, 165–166, 174, 312 Verordnungsgeber 39, 43, 62–63, 162, 168, 174, 177–178, 180–183, 186, 201, 220, 233–235, 237, 239–240, 247, 253, 260–262, 265, 269, 271, 274, 280, 283–287, 289, 291, 294, 297–298, 305, 307, 309, 316, 371–373, 384, 386, 388, 391, 393, 398–399, 403, 405 Verordnungskonformität 76, 128 Verpflichtungserklärung 542 Verpflichtungsklage 95, 141, 242–244, 396–397, 399–402 Versagung der Anerkennung 243 Versagung der Gültigerklärung 116 Versagung der Zulassung 38 Versagung des Vertragsschlusses 434 verschuldensunabhängige Haftung 528–529, 559 Verschwiegenheit 93, 188

Sachwortverzeichnis Verschwiegenheitspflicht 103–104, 188, 490–492, 518, 555 Versicherungspflicht 375 Verstaatlichung 353 Vertrag 40–41, 43, 54, 58, 60, 66, 90, 101–102, 105, 108–109, 115, 119, 121–123, 129–131, 141, 144, 263, 267, 281, 284–285, 287, 289, 292, 294–297, 299–300, 314, 329, 339–342, 363, 365, 377, 391–392, 396, 403–406, 408–411, 415–416 vertragliche Nebenpflicht 494 vertragliche Vereinbarung 42, 60, 114 Vertragsabschluß 40, 263 Vertragsauslegung 493, 495 Vertragsbedingungen 462, 480, 540–542, 547–550, 552–553, 560, 563–565, 575–576, 578–579, 590, 607 Vertragsbeendigung 116, 509, 606 Vertragsbindung 499 Vertragsdauer 496, 498 Vertragsformulare 460–463 Vertragsfreiheit 111–112, 114, 284, 336, 341, 392–393, 405, 417, 419–421, 426, 439, 441, 446, 448, 452–453, 587–589, 605–606 Vertragsgegenstand 467, 469, 488, 494, 547, 549–550 Vertragsgestaltung 66, 239, 263, 297, 307, 374, 377, 405, 452, 461, 468–469, 482, 486, 488–489, 493, 499, 501–502, 504, 509–511, 518, 529, 532, 539, 544, 550, 557, 576, 590–591 Vertragsgestaltungspraxis 466, 484, 534, 536, 577 Vertragslaufzeit 496–498, 510, 556, 576–578 Vertragsmuster 405 Vertragspartner 102, 121, 285, 288, 341–342, 376 Vertragspraxis 115, 297, 423, 451, 466, 534, 579, 606 Vertragsrecht 419

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Vertragsschluss 107–108, 283, 363–364, 391, 404, 410, 422, 424, 427, 432, 434, 437, 440, 444–447, 451, 464–465, 467, 481, 483–484, 486–488, 498, 511, 516, 540, 542–543, 554, 581, 588, 604 Vertragsstrafe 104 Vertragsverhältnis 61, 116, 281 Vertrauensverhältnis 566, 568 Vertraulichkeit 88, 260, 491 Vertreiber 64 Verwaltungsakt 41, 56–59, 65, 79, 126, 129, 141, 147–148, 152, 155, 167, 177, 241–244, 248–249, 252, 256, 264–267, 271–272, 276–277, 280, 285–288, 293–295, 297, 299–300, 308, 354–355, 359, 373–374, 388, 394, 397, 399–402, 406, 410, 418, 503, 539, 558, 561, 594, 596, 601–602 Verwaltungsaufgaben 58, 126, 143, 198, 225, 268, 270, 353, 355, 360 Verwaltungsbehörde 59, 153, 163, 277–279, 319, 327, 332, 344–346, 349, 354–359, 361–362, 366, 402 Verwaltungsgericht 141 Verwaltungsgerichtsbarkeit 163 Verwaltungshelfer 234, 268, 318 Verwaltungsorganisation 58, 138, 268, 326, 390 Verwaltungsrat der BA 400 Verwaltungsrecht 43, 57, 143, 145, 172, 199, 207, 216, 233, 252, 259, 267–268, 332, 337, 351 Verwaltungsrechtsweg 78, 95, 100 Verwaltungsträger 197, 268 Verwaltungsvereinfachung 38, 164 Verwaltungsverfahren 43, 130, 141, 143–145, 163, 167, 181, 189, 241, 256, 258, 268, 275, 281–282, 284–285, 305, 314, 330, 332–333, 337, 367, 397, 421, 581, 589, 595, 601 Verwaltungsvorschriften 53, 97, 144, 188, 200

656

Sachwortverzeichnis

Verwaltungszeichen 133 Verweigerung der Zertifizierungstätigkeit 425 Verweigerung des Vertragsschlusses 428, 434, 441, 444–446, 448 Verwender der AGB 463 Verzugsschäden 531–532 VO zur Durchführung des KfSachvG 52 Volkssouveränität 195, 218 Vollendung des Werkes 501, 512–514 Vollprüfung 117, 470, 473–474, 489, 548–549 Vollzugsdefizit 346 Vollzugsprobleme 333 Voraudit 544 Voraussehbarkeit 164 Vorauszahlung 433 Vorauszahlungspflicht 433 Vorbefassung 91–92, 261, 422 Vorbehalt des Gesetzes 158, 288 Vorformulierung 462 Vorhersehbarkeit 158, 164 Vorhersehbarkeitsformel 159 Vorschlagsrecht 206 Vorverfahren 243–244, 256, 312, 397–401, 556, 601 vorvertragliche Information 544 VwGO 57, 86, 95, 201–202, 294–295, 303, 400–401 Wahlfreiheit 37, 422, 586 Wahlrecht des Bildungsgutscheininhabers 438 Wahlrecht des Insolvenzverwalters 571–572 Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen 411–412 Wahrnehmung im eigenen Namen 41, 58 Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben 313 Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 491

Weisungen 86, 89, 95, 118, 139, 172, 188–189, 192, 196, 198, 201–202, 211–216, 220, 305, 367, 384, 413, 416–417, 506, 591 Weisungs- und Aufsichtsfreiheit 214 Weisungsbefugnisse 119, 215, 217, 442–443 Weisungsbefugnisse der BA 442 weisungsfrei 64, 129 weisungsfreies Gremium 189 Weisungsfreiheit 86, 211–214, 216–217, 255 weisungsgebunden 89, 212, 217 Weisungsgebundenheit 89, 118, 211, 213, 255, 413 Weisungsrecht 118, 214–217, 302 Weisungsunterworfenheit 196, 198, 254 Weiterbildungskosten 38, 154–155, 250 Weiterbildungsmarkt 33, 37, 247, 309 Weiterbildungsmaßnahmen 34, 36–37, 155, 252, 260, 280, 284–285, 298, 379, 386, 391, 394, 397, 405, 416 Werbezwecke 130 Werbung 489, 536, 538 Werk 119, 125, 411 Werkunternehmer 433, 501, 528 Werkvertrag 43, 101, 115, 118, 124, 314, 407–412, 414–415, 417, 487, 496, 501–502, 541, 571 Werkvertragscharakter 101, 115, 118, 416 Werkvertragsrecht 102, 118–119, 411, 416 Wesentlichkeitstheorie 173, 253 Wettbewerb 34, 38, 40, 72, 106, 109, 111–113, 179, 181–182, 253, 290, 321, 326, 332, 384, 387, 391–392, 413 Wettbewerb der Leistungserbringer 34 Wettbewerbsnachteile 251 Wettbewerbsverhältnis 61, 292

Sachwortverzeichnis Widerruf 40, 53, 57, 99, 184, 241–244, 251, 254, 256, 297, 299, 306–307, 387–388, 396–397, 425, 443, 591, 599, 601 Widerspruch 95, 124, 127, 130, 165, 244, 299, 398–399 Widerspruchsbescheid 244 Widerspruchsstelle 556 Widerspruchsverfahren 46, 78, 95, 401 Wiederholungsprüfung 503 wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 171, 235 wirtschaftliche Verflechtung 422 Wirtschafts- oder Bildungsbereich 467 Wirtschaftsprüfer 73–74, 102, 115–116, 392–393, 407–409, 416–417 Wirtschaftsprüfervertrag 102, 409, 416–417 Wissensproblem 199 Witness-Audit 82, 96 Wortlaut des Zertifikats 43 WPO 407 Zahlungsfähigkeit 422, 440 Zahlungsfristen 514 Zahlungsunfähigkeit 432–434, 446 Zahlungsunwilligkeit 432–434 Zahlungswilligkeit 422, 440 Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik 136, 183 Zertifikat 43, 46–47, 64, 121, 145, 147, 151, 182, 246, 249–251, 257, 261–262, 265, 275, 279–280, 310–311, 320–321, 342, 346, 357–359, 361, 365, 370–373, 376, 388, 393, 403, 406, 408, 410, 418, 430, 445, 459, 468, 470, 477, 480–481, 488–490, 494, 499, 503, 505–506, 508–510, 517, 530, 536–540, 547, 550, 555, 557–560, 563, 568, 572, 575, 578, 581, 586, 603, 606 Zertifikatsentziehung 420, 508

657

Zertifikatserteilung 265, 296, 377–378, 418, 420, 467, 469, 487–490, 530, 543, 605 Zertifikatsvergabe 407 Zertifikatsverwendung 538–539, 550, 559, 576 Zertifikatvergabe 489 Zertifizierer 167, 175, 179, 263, 276, 286, 317, 369, 382 Zertifizierung 33, 39–40, 42, 44, 47–48, 63, 73, 110, 139, 144, 146, 157, 164, 168, 178–179, 181, 185, 200–202, 234, 236–237, 248, 250–251, 254, 256, 258–259, 263, 266–267, 269, 271–276, 280, 284, 286–288, 295, 304, 307, 310, 314–316, 321–322, 331–335, 340, 359, 371, 373, 386, 413–417, 422, 424, 426–428, 430–439, 441–442, 445, 453–454, 458, 461, 465, 469, 480, 482, 487, 489–491, 510–511, 521, 530, 537–538, 542–545, 549, 551, 558–559, 561, 570, 581, 595, 599, 601, 605 Zertifizierung nach der AZWV 284 Zertifizierungsagenturen 38–39, 264, 273, 276 Zertifizierungsausschuss 469 Zertifizierungsbedingungen 342 Zertifizierungsinstitut 138 Zertifizierungsleistungen 112, 340, 392 Zertifizierungsmarkt 40, 247, 429, 583 Zertifizierungspflicht 335 Zertifizierungspraxis 460, 538, 604 Zertifizierungsstelle 39–44, 49, 62–64, 138, 140, 151, 155–157, 164, 166–173, 175, 177, 180–186, 199–204, 215, 224, 226–228, 230–231, 233–241, 243–267, 269, 271–278, 280–281, 283–291, 293–301, 305–310, 316–319, 329, 331–332, 335–336, 339–340, 342–343, 348, 364–365, 370–374, 376–384, 386–388, 391, 393–407,

658

Sachwortverzeichnis

409–414, 416–419, 421–452, 454–463, 465–469, 471, 473, 475–488, 490–495, 497–519, 521–524, 527–533, 535, 537–552, 554–560, 562–581, 583–592, 595, 597–607 Zertifizierungsstellen aus dem EU-Ausland 157, 246, 250, 267, 309 Zertifizierungssystem 85, 257, 342, 350, 352, 359, 370 Zertifizierungstätigkeit 157, 168, 248, 250, 256, 259, 280, 306–307, 313, 316, 376, 385 Zertifizierungsverfahren 40, 42, 46, 63, 66, 154, 157, 180, 185, 202, 204, 214, 221, 224, 227, 238–239, 246, 254, 258, 263, 275, 281, 285–286, 306, 311, 314, 316, 318–319, 321–323, 329, 332, 334, 336, 339, 350, 352, 370–372, 376, 378, 383, 387, 398, 402, 404, 407, 416 Zertifizierungsvertrag 44, 267, 284, 287, 293, 365, 373, 396–398, 405, 410–411, 420, 422, 437, 499, 515, 573, 591, 605 Zertifizierungsvoraussetzungen 304 Zivilgerichtsbarkeit 296, 394–396 Zivilrecht 114, 281–282, 286, 314, 405, 419, 588 Zivilrechtsweg 104, 120, 296, 315 ZLS 136, 140–141, 183 Zugang der Rechnung 514, 516 zugelassene Maßnahmen 37, 154, 372 zugelassener Träger 35, 37, 154–155, 372 Zulassung 34, 36–41, 43–44, 46–49, 59, 65–66, 72–74, 76, 79–89, 91–92, 94–97, 99–101, 129, 132, 135, 137, 140–141, 143, 145, 148, 154–155, 164, 167, 171, 174, 176, 179, 183, 202, 204, 224, 237, 239, 245–250, 252–253, 258, 260–267, 271–278, 280–281, 283–289, 294–299, 301, 304–305, 307–310, 321, 331, 356, 364, 371–374, 376, 378–380, 384–388, 390, 393–408, 410,

413–419, 421–422, 424, 426, 430, 435, 437–438, 442, 444–445, 450, 457–460, 464–465, 467–470, 472–473, 477, 487–490, 494, 499–500, 502–512, 517, 522–523, 525, 529–530, 538–551, 555–556, 558–562, 565–567, 569–570, 572, 574–575, 578–582, 584, 594, 597–598, 602–606 Zulassung der fachkundigen Stellen 38 Zulassung der Umweltgutachter 72, 80, 176 Zulassung kraft Gesetzes 276 Zulassung von Trägern von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung 34 Zulassungs- und Aufsichtssystem 80, 82, 85, 110, 190 Zulassungsanforderungen 82, 318, 458, 494, 546 Zulassungsbescheinigung 246 Zulassungsentscheidung 148, 153, 265–266, 370, 394 Zulassungserteilung 488, 505 Zulassungsschranken 171 Zulassungsstelle 46–47, 75, 77, 80–83, 86–88, 90, 94–100, 132, 134, 136, 140–141, 148, 150, 183, 189, 247, 277–278, 285, 294, 316, 408 Zulassungssystem 48, 73, 82, 85, 87, 147, 275, 317, 390 Zulassungstätigkeit 87, 170, 376–378, 383 Zulassungsurkunde 248 Zulassungsverfahren 35–36, 39–40, 44–48, 51, 62, 87, 141, 152–153, 171, 186, 230, 246, 248–249, 260, 262–264, 266, 277, 281, 283–284, 287, 294, 305, 374, 376, 386, 403, 419, 422, 424, 454, 458–462, 484, 518, 523, 541, 544–547, 549, 583–585, 587–589, 592–593, 595–597, 603 Zulassungsvoraussetzungen 46, 87–88, 94–96, 169–170, 173, 175, 253, 260,

Sachwortverzeichnis 273–276, 402–403, 469–470, 510–513, 545–550, 574–575, 603, 605

289, 298, 372, 382, 414, 454, 456–457, 466, 473, 487, 499–505, 507, 522–525, 530, 543, 556, 560, 566–570, 577–578, 588, 594, 598,

Zurücknahme eines Antrags 241 Zurückweisungsrecht 190–191, 209–210, 255 Zusammensetzung des Anerkennungsbeirates 185, 204, 224, 230 zuständige Stelle 68, 75, 77–78, 122, 156, 215

659

Zuständigkeit 39, 59, 163, 183, 203, 267, 295, 345, 356, 395–396, 407 Zuständigkeit der Sozialgerichte 396 Zuverlässigkeit 54–55, 64, 79, 81, 88, 135–136, 165–166, 169–171, 236–238, 251, 272, 300, 312, 331 Zuweisung 112, 114, 391, 393–395 Zwei-Stufen-Theorie 294–295 zwingende gesetzliche Regelung 116 zwingende gesetzliche Vorgaben 336 zwingender Entziehungsgrund 262 zwingendes Recht 260, 335, 418–419, 421, 454–455, 458, 472, 474, 486, 497, 567, 569, 605