Des Preußischen Staabsfeldpredigers Küster, Bruchstück seines Campagnelebens im siebenjährigen Kriege [Reprint 2021 ed.]
 9783112512623, 9783112512616

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Des Preußischen Staabsfeldpredigers

Küster, B r n ch st ü ck seines Campagnelebens im siebenjährigen Kriege. [ Le enthält die Beschreibung der Hochkircher Nachtschlacht 1758 » mit einigen vorangehenden Und folgenden KriegesbegebenheUen und Bemerkungen.)

Nebst

einem Vorbericht des König!.

Herrn Oberkonsiftorialraths Sack.

Berlin/ in Kar! Matzdorffs Vuchhandl. 1791.

Den

«och rühmlich lebende«

edlen

Preußischen Kriegesmannern, mit welchen

Friedrich der Große die

Hier beschriebenen Thaten gethan; UNd

Ihren noch lebenden rechtschaffenen

Feldlehrern;

Auch

denen ruhmwürdigen

Helden und Lehrern, welche

Ihnen künftig nacheifern wollen; widmet

dieses Bruchstück mit Ehrerbietung und Herzlichkeit

der Verfasser.

ie folgende Schrift war von dem Herrn Verfasser derselben *) ursprünglich blos für einige Freunde bestimmt, die ihn, wie von

*) Der Königs. Konsistorialrath, Inspektor und erste

Prediger der evangelisch reforinirten Gemeine zu Magdeburg, Herr Rüster.

VT

Vorbericht.

Len auf immer merkwürdigen Begebenheiten Les siebenjährigen Krieges, deren Augenzeuge

er gewesen war,

so insbesondere von der

schrecklichen Nacht des Hochkircher Ueberfal«

les oft mit vielem Vergnügen hatten erzählen gehört, und deren Wünschen er mit Aufzeich­ nung seiner Erfahrungen ein Genüge thun

wollte. Da sie verschiedene interessante Nach­ richten enthält, und sowohl den Geist des großen Mannes, der zu jener Zeit Europas Aufmerksamkeit fesselte, als auch die Tapfer­

keit und Weisheit verschiedener

von ihm

gebildeten Helden anschaulich macht, überdem auch mancherley nützliche Betrachtungen an»

giebt oder veranlaßt:

so habe ich mir die

Erlaubniß, sie durch den Druck allgemeiner bekannt zu machen erbeten, und glaube damit

Vorbericht.

vn

Leser» von allerley Art einen nicht unange­

nehmen Dienst geleistet zu haben.

Man wird eS leicht wahrnehmen können, daß es bey dieser Erzählung anfänglich nicht

auf eine Belehrung otzer Unterhaltung deS Publikums angesehen gewesen; denn es sind darin verschiedene kleine Vorfälle und persön­

liche Ereignisse angeführt, von denen man zwar in Privatschreiben Nachricht giebt, oder

zu eigener und seiner Familie Erinnerung et­

was ^ufschreibt, die man aber des Druckes, als zu geringfügig, nicht werth hält.

Aber

eben dieses giebt der Geschichte, nach meiner Empfindung, ein besonderes Interesse, wel­

ches sie, ohne diesen Umstand, nicht haben

würde. Alle diese kleinen Vorfälle, Gespräche, persönlichen Beschwerlichkeiten, Beweise von

viii

Vorbericht.

Muth, von Güte des Herzens, von patrioti«

fchen Sinn tt. f. w. bringen in die Erzählung nicht nur Wahrheit und Mannichfaltigkeit, sondern stellen auch ein sehr lebendiges Bild

her mannichfaltigen Scenen des Krieges dar.

Die Art, wie der Transport der bey

Hochkirch Verwundeten das

Nachtlager

in

beschrieben

der

ist;

Dorfkirche;

der mitleidig abgegebene Stiefel;

die

Zerreißung des feinen Hemdes----------

•— das alles wird

gewiß

sehr interessant seyn.

für manchen Solche

kleine

Züge, die den Menschen in seiner Noth und in seiner Kraft schildern, sind in der That nicht

weniger merkwürdig, als die

Anschläge und Thaten deö Feldherrn.

ix

Vorbericht.

Aber noch in einer

andern Rücksicht

hat mir dieses Fragment eines

militairi-

schen Tagebuchs der Bekanntmachung wür­

Man wird nemlich daraus

dig geschienen.

den Werth eines rechtschaffenen Feldpredi« gerö,

und wie viel gutes derselbe mitten

im unruhigen Gewühls des Krieges fliftett

Ist er der Mann,

kann, ersehen können.

der er seyn soll;

weiß er die Wahrheiten,

deren Lehrer er ist, zur Beruhigung un­ ter Drangsalen geschickt und mit Klugheit anzuwenden; wahrem

er Einsichten mit

verbindet

Eifer,

Menschenliebe

Ernst

mit

mit Menschenkenntniß;

ist er von Leichtsinn und von

gleich weit entfernt, licher,

Gefälligkeit,

Pedanterie

und dabey ein red­

in der Gefahr unerschrockener, .in

x

Vorbericht.

Leiden geduldiger und mit allen Gefühlen

der

menschlichen

sympathisirender

Natur

Mann: so ist er auch gewiß in einem ho­ hen Grade nützlich, und der Hochachtung

derer, die den Werth der Dinge zu beur­ theilen wissen, sehr würdig.

In der Gar­

nison hat er mancherley Gelegenheit, sich

um das Regiment,

insbesondre was die

Unterweisung und Erziehung

der Solda-

tenkinder betrift, verdient zu machen; int Felde aber wird die Sphäre seiner Nutz­ barkeit noch erweitert. für seine Mitbürger,

Streitenden auf;

Er streitet nicht aber er muntert die

er steht nicht gerüstet

wider die Feinde des Staats, aber er be­

kämpft die Gegner innerlicher Ordnung und Hofnung; er stärkt die Edlen, und schreckt

Vorbericht. die

Feigen, durch

xr

Erinnerung

die

an

Gott; er ist der berufene Fürsprecher der

der

leidenden Menschheit,

Beystand

der

der Tröster der

verlassenen Verwundeten,

UebrigenS theilt er

einsam Sterbenden.

redlich das Ungemach und die Noth des Heeres, und hat Gelegenheit genug, selbst

Tapferkeit und hohe Selbstverleugnung durch eigenes Beyspiel zu empfehlen. Denn ob er gleich nicht den feindlichen Kugeln entgegen gehen darf: so muß er doch, mit nicht weniger

Gefahr,

und

weder von

von Schlacht - Tumult

Ehrbegierde

noch

angefeuert,

im Lazareth oft mitten unter

pestartigen

Ausdünstungen

verweilen.



Ein solcher Mann war auch der würdige Herr Verfasser dieser

Nachrichten;

und

Vorbericht.

xii

die preußische Armee hat daß Glück, noch mehrere Geistliche zu haben, die ihm ähnlich

sind, und die sich gleiche Verdienste er­ werben.

Berlin, den 4. Jun. 1790.

Sack, Königs. Hofprediger, Oberkonö ststorial- und Kirchenrath.

Vorrede zur zweyten Ausgabe.

«i^/a

die

gütige

Aufnahme

und

der

schnelle Abgang der ersten Auflage dieses Bruchstücks, eine zweyte Ausgabe fordert; so wiederhole ich

Nachsicht.

die Bitte um

geneigte

Sie ist schon in dem gefälligen

Vorberichk geschehen.

Gern würde ich allen

Mir fühlbaren Mängeln abgeholfen haben,

wenn es meine Gefchäfte und Fähigkeiten erlaubt hätten.

Indessen wird die Verglei»

chung der ersten und zweyten Auflage zeigen: -aß ich pflichtmäßige große Achtung für das Publikum,

für historifche und moralifche

Wahrheit habe.

Hoffentlich wird kein wohl

XIV

Vorrede

unterrichteter Zeitgenosse jener wichtigen Krie-

gesperiode, einen erheblichen Gefchichtsum«

stand unrichtig dargestellt finden.

Und die

ringestreueten Bemerkungen über praktisch« nühliche militairische Religionsgrundjatze sind

das Resultat dessen,

was die kaltdenkende

Vernunft und reine Bibelreligion mich schon vor dem Feldzuge gelehret hatten; —

was

ich im Tumult des Krieges durch Heere von

Beweisen bestätigt sahe;

— und was ich

bey redlich ruhigem Forschen,

auf jenen

zwey vereinten Probiersteinen Mensch,

kicher Kenntnisse, einstimmig bewährt gefun­

den habe.

Man war anfangs willens: Stoff, ZU einer Anzahl von wahrhaften Charak­ terzeichnungen einiger vortreflichen. ho­ hen und niedern Kriegsmanner beyzu-

xv

zur zweyten Ausgabe.

fügen, und ihr Betragen bey Hochkirch oder

auf andern ernsthaften Schauplätzen psychologisch ins Licht zu setzen; aber der Zeikman» gel verbietet eö jetzt.

Eö sind der Gesichts­

punkte und der sich aufdringenden Berner»

hingen über Seelenereignisse gar zu viel.

Indessen wird der Leser acht im Anhänge

angezeigke Z u sa tz e finden, welche ihm Stoff zum Denken und Empfinden geben können.

Ein Privatkriegestagebuch enthält Begeben­ heiten und Gedanken, welche dem Verfasser

persönlich interessant waren; sie können nicht

allen Lesern gleich erheblich seyn; rechne sehr auf Ihr gütiges Urtheil.

und ich

Denn

sie waren ursprünglich nicht für das Publikum geschrieben.

Dienen indessen diese wenigen

Bogen nur dazu:

daß Gottesverehtung,

Vaterlandsliebe und Heldenmuth in edlen

xvi

Vorrede rc.

Seelen genährt wird, so ist mein Zielpunkt

getroffen.

Dann gereuet mir nicht die Zeit,

die ich zur Auffrischung der Gemälde einiger

wichtigen Begebenheiten verwendet

habe.

Manche Originale werden nach Jahrhunder­

ten dem Historiker, Krieger und Seelen« beobachter beschauenswerth bleiben,

und

Friedrich Bewunderung erwecken.

Magdeburg, bat if. März 1791.

Küster.

Inhalt -es Bruchstücks.

Erster Abschnitt. Was die Preußische Armee in den zwölf Monaten vor demUeberfall bey Hochkirch gehan har. # # * t # i Zweyter Abschnitt. Stand der Prußischen und -Oestreich!schen Armee vor der Hochkircher Schlacht, rz Dritter Abschnitt. Beschreibung des Abends vor dem Ueberfall und der Nacht bis früh um drey Uhr. 29 Vierter Abschnitt. Was in den fünf Schlachtstunden von drey Ähr früh bis acht Uhr geschehen ist. 34

xvin Seite.

Fünfter Abschnitt. Wie zwischen acht und zehn Uhr die Preu­ ßische. Armee beym Rückzug Ordnung, Klugheit und Tapferkeit bewiesen hat. - 48 Sechster Abschnitt. Das Lazareth für die Verwundeten und Kranken wird in Bautzen errichtet; und was vom i4ten bis zum 22sten Oktober geschehen ist. « - 75 Siebenter Abschnitt. Die glorreichen Folgen des Hochkircher Ueberfalls. Vom 2§sten Oktober bis letzten December 1758. * # #93 Achter Abschnitt. Ankunft der Verwundeten in Glogau,und einige persönliche Ereignisse. $ 140

Inhalt des Anhangs.

I. Kurze Nachricht von der Verrätherey des Baron von Wargotsch. - Seite 165 II. Einige Erfahrungen über Todesahndungen der Helden. - # 171 III. Der Landgraf von Hessen - Cassel. - 177 IV. Die Heldenthat des preußischen Lieute­ nants von Marwitz, und gemeiner Sol­ daten auf dem Hochkircher Kirchhofe. - i8z V. Wodurch ist der König so sicher gewor­ den, daß er den Hochkircher Ueberfall gar «icht vermuthet hat? 191

XX

Seite. VI. Etwas zur Entschuldigung des GeneralMutenants von Retzow, welcher den Stromberg bey Weissenberg nicht attaquiret hat. r r # # 195

VH. Der König steht nach der Schlacht ans dem Hügel vor Bantzen. Was er hier gedacht und gethan hat? # - 200 VIII. Warum ich nicht sogleich beym ersten Anfang des nächtlichen Ueberfalls vom Schlachtfeld? entflohen bin? - - 206

Einleitung.

es Helden-Regimentes zerstreuet wieder zurück,

und schloß sich an das Kannackersche Regiment an. Der Feind, welcher dieses bemerkte, und nun, da es

helle geworden war, sahe, daß er zu hoch geschossen hatte, um Schaden zu thun, richtete seine Kano­ nen kürzer; und nun fielen'die Haubihen, gerade wie

Hagelsteine, und schlugen rottenweise nieder.

Ich

stand neben dem Herrn Hauptmann von Y>ittingbo
Zch würde, da ich bett Feldmarschall sehr hoch/ schätzte, Pflichten der Menschlichkeit ihm zu erweisen gesucht haben, und zu ihm gesprungen seyn, wenn

nicht in eben diesem Augenblicke das kleine Ueberbleib/ scl des Regiments Prinz von Preußen unter einer solchen Kugelsaat aus dem Dorfe wäre herausgestürzt

gekommen, und sich wieder so gesetzt hätte, daß ich den gefallenen Marschall nicht mehr sehen konnte.

Fünfter Abschnitt. Wie zwischen acht und zehn Uhr die preußische Arnree beym Rückzug Ordnung, Klugheit und Tapferkeit bewiesen hak.

diesem Augenblicke, etwa eine Viertelstunde nach des Fcldmarschalls Tode, kam Zhro Köntgl. Hoheit

der MarggrasRarl, von einem Detaschement Garde dü Korps begleitet, und brachte die Königl. Ordre: „ daß das Kannqckersche Regiment und das Uebrige

der Bataillons, welche so lange im Feuer gestanden, sich zusammen ziehen und abmarschiren sollten, mit

dem Beyfügen: daß der König mit dem linken Flügel zum Sukkure käme."

„ Das ist brav, sagten die Ge/

„meinen.

c

49

)

„meinen, es fehltuns nicht an Muth, sondern an Leu-

„ tcn, die Nachtgespensrer wieder bey Tage anzugreir

„ fen.

Wenn sie brav sind, mögen sie ane ihren Bet?

„gen und 'aus dem Dorfe aufs Freye kommen."

Und das muthigfreundliche Angesicht des Marggrafen, der nie den Heldentod gefcheuet hatte, vermehrte

den guten Muth eines geschlagenen Korps.

Er war,

außer feinen Adjudantcn, Herrn ron ASerkas und

von Schönfeld, von keinem feiner Bedienten, als

von dein treuen Mohr, pierro, begleitet, welcher

ihm zur Seite ritt.

Da ich diesen Menschen zwey

Zahr vorher in Pirna unterrichtet und getauft, und

in dem letzten Winterquartier zum heiligen Abend, mahl angenommen hatte; so gab ich ihm die Hand

und sagte: Pietro, zeige er sich als ein treuer Christ gegen seinen Herrn!

Der Marggraf sagte mit freu»

digem Gesichte: Pietro und brave Preußen scheuen

kein Feuer.

Die Haubitzgranaten flogen häufig auf

die langsam abmarschirenden Züge: denn wir kamen wieder in den Strich der feindlichen Kanonen, und

da ich einem Reiter den Hut aufnehmen wollte, wel­ cher ihm entfallen war, stürzte ein Garde dü Korps

dicht neben mir vom Pferde, dessen blanker Küraß von einer dreypfündigew Kanonenkugel durchboret

war.

Ich eilte wieder zum Marggrafen, um an die

Tete zu kommen, und um, wie ich hoffte, unter den

ersten zu seyn, welche aus der Linie des feindlichen D

c Feuers kämen.

hernach,



)

Aber es ward, einige Augenblicke

wider meinen Wunsch und Vermuthen,

meine Bestimmung, erst nach zwey Stunden mit der

allerletzten Arriergarde vom Schiachtfeide abzugehen. Dettt da das heldenmüthige Regiment des Here

zogs Ferdinand von Braunschweig neben dieser abgehenden Kolonne anmarschirt kam, so ward mich der Herr Obristlieutenant von Lignowsky gewahr,

rief mich an und sagte: ich mögtebey demFcrdinaNd-

schen Regimcnte bleiben; ich weigerte, mich, da ich

seit drey Uhr fünf Stunden in Gefahr und Feuer ge­ standen hatte, und antwortete ihm: ich würde nun mit der streitenden Gemeinde abgehen und.bey den Schaafen bleiben, unter welchen der Wolf schon ge;

wesen wäre.

Es traten aber noch einige reformirte

gemeine Leute zu und sagten: wir gehören auch «u der Gemeinde, und die Schaafe habe^i gern den Hir«

ten bey sich, wenn der Wolf kommt.

Das Regiment

hatte eben Halte gemacht, und der Marggraf war

mit dem Kannackerschen Regimente 200 Schritte weiter linke marschirt, weil ein Strich der Kanonen das Regiment erreicht hatte.

Da ich mich nicht ohne

Noth in Gefahr begeben wollte, durch diesen gewal­ tigen Kugelregen wieder! zum Kannackerschcn Regi,

mente zu gehen; so kam ich durch diesen Ruf und Zufall gleichsam gezwungen zum Ferdinandschen Re»

Oimwt,

Es kann mir dieses anch nie gereuen: denn

L

si

)

eS eröffnete sich nun ein neuer Schauplatz großer Tha­ ten, welche Gott, Friedrich und der General von

Saldern that. Der gütige Herr ObristlieUtenant vonLignows«

$y wollte mir auch Erleichterung geben, und ließ mir fein Pferd bringen; gefällige Gemeine halfen mir schnell dieses große Roß besteigen.

Da aber ohnwejt

von mir ein eben anreitender Adjudant vom Pferde geschossen ward, stieg ich geschwind demüthig herab,

und ging zwischen den Zügen der lieben Krieges« Männer.

Hier fand ich nun meinen Gönner, den Gott und König ehrenden braven Obrist von Saldern.

Er

kommandirce die Brigade, unter welcher das Ferdi, nandscheRegimenr stand.

Dieser hatte den wichtigen

Auftrag, die Rclraite des geschlagenen rechten Flü,

gels so zu decken, daß er möglichst die zerstreueten Leute und zurückgebliebene Artillerie an sich zöge, uni» der großen feindlichen Armee das Verfolgen hinderte.

Dieses that sein Kopf und Herz meisterhaft, ohn» einen Muequecenschuß thun zu lassen r durch Taktik und Contenance.

Er ließ das Regiment aufmarschiren, und der Feind glaubte, wie mir hernach ein gefangener Officier ge, sagt, daß dieses die Avantgarde eines frischen Heere» vom linken Flügel der Preußen wäre, weiches ihren

Flügel angreifen wollte.

Als aber der Feind merkte, D-

(

52

)

daß es dieArriergarde des preußischen rechten Flügels wäre, und daß ihm der Stand dieses Regiments schäd­ lich sey, weil unsere zerstreueten Leute, Dagage und Artillerie Zeit gewonnen, sich zu diesem deckenden Re-

gimente zu begeben, so legte er eine Batterie an, von welcher er das Regiment beschießen und vertreiben

wollte. Aber der Herr Obrist vonSaldern vereitelte bloß durch Veränderung der Stellung den feindlichen

Zweck.

Und als der starke aber furchtsame Feind es

endlich wagte/ aus dem Dorfe und zwischen den ho­

hen Bergen seines linken Flügels herauszukommen: so zog der Herr Obrist von Saldern seine zwey Ba­ taillons langsam zurück.

Da auch der König in eben

diesem Momente zur Unterstützung eines rühmlichen Rückzuges heranrückte, so ward der Feind aufs neue

in die Illusion gesetzet: das Ferdinandsche Regiment

sey der Vortrupp eines zum neuen Angriffe anrückenr den preußischen Korps.

Zhre aufmarschirenden

können machten Halt, sie errichteten vor ihrer Fronte

eine starke Batterie.

Diese arbeitete mörderisch auf

die preußischen Bataillons, welche der König aus der Mitte und vom linken Flügel gezogen hatte.

Der

König selbst sahe mit ernsthaft heiterm Gesichte, mit­

ten unter diesem Feuer durch einen Tubus die feind­ liche Stellung; und würde gewiß, wenn der Feind Blöße gegeben hätte, ihn angegriffen haben.

Aber

derFeind blieb halb debouschirr unthätig stehen, und

c

f;

)

ließ die Artillerie agiren: die Preußische antwortete

zwar mit Bogenschüssen, und es war furchtbar schön, bey dem Ferdinandschen Regimcnte unter einem Bo,

gen von durcheinander fliegenden Kugeln zu stehen,

ohne daß beym Regimcnte ein beträchtlicher Schad» geschahe.

Der König aber, welcher zwanzig Schritte

hinter dem Ferdinandschen Regimente mit seinem Korps hielt, war in naher Lebensgefahr, da der Fuß seines Pferdes verwundet ward.

Kaltblütigkeit vom Pferde,

Er stieg aber mit

und fehle .sich auf ein

anderes, ohne den Platz merklich zu verändern, bis

Er cs gut fand, sein Korps in die Ebene von Bautzen zu führen.

Der wüthige Herr Obrist von Saldern, ließ zwar dem Könige durch seinen Adjutanten, Herrn von

Rlitzing *), sagen: er hqbe noch 5 frische Bataillons, ober mit diesen noch einen Angriff wagen solle? Wäh­

rend des Sprechens fiel und wühlte eine Granate im Sande, crepirte aber ohne beyden zu schaden.

Herr

von RUtzing eilte zum König, er fand ihn mit dem Marggras Karl und Sepdliy in Unterredung, und eröffnete den Auftrag seines Obristen zur Erneuerung des Angriffs.

Der König sahe den Marggras und

General Sepdliy stillschweigend an. Da auch beyde *) Dieser verstandvolle Officier lebt noch als Kanu mandeur des ausgezeichnet braven Jnfantericreg^ mcuts von woldeck in Minden,

C

f4

)

chtviegett, sagte er nach einigen bedachtsamen Mo«

menten mit voller Gegenwart des Geistes: „der An« „griff muß ja noch nicht erneuert werden , sehe er >,hier, da liegt Bautzen vor uns; ich werde auf die

„Anhöhen marsthiren, dahin soll mir Saldern lang« „sam folgen, und jenseits des Baches stehen blei« „ben".

Er wiederholte dieses nochmals mit deut«

kicher Stimme, und bezeichnete genau den Weg, wel«

chen er selbst nehmen wollte, und wie Saldern mar« schiren sollte. Es. war ohngefähr io Uhr.

Während daß wir

unter den vorhingenannten Bogenschüßen standen,

und ich so mancherley stille Betrachtungen machte, kam der Herr Generallieutenant von Reyow zu mir.

Ich wunderte mich, ihn hier zu finden, las

auf seinem Gesichte Bekümmerniß, und vermuthete,

daß er leicht verwundet sey; denn ich wußte noch nicht, daß ihm das Kommando über sein bisheriges Korps genommen war.

Er sagte mit trauriger

Stimme: sie haben gewiß an der mißlungenen große»

Sache, und an meinem Unglücke' Theil genommen. Zch antwortete ihm: das erste wäre ich als Patriot

schuldig, und das zweyte würde die Menschheit von mir fordern, wenn er mir auch nicht so viel Gutes

erwiesen hätte.

Ich beklagte aber in diesem Augen,

blick noch nicht das, was ich einige Minuten hernach sahe,

da er mit der Hand auf seine linke Hüfte

schlug, utib sagte: „es ist hart, unschuldig den De/ „gen zu verlieren."

Haut wäre.

Und so erfuhr ich, daß er Arre-

Beym Wiederaufsteigen auf das Pferd,

fragte er: ob ich wüßte, daß der General von Geist

glücklicher wäre, als er? Der sey auf dem rechten Flügel auf der Stelle todtgeschossen und aller Ver/ antwortung rühmlich entnommen worden" *).

Als der König wegen der kleinen buschichten An­ höhen uns und dem Feinde aus dem Gesichte war, machte der Herr Obrift von Galdern einige Beu,

zungen mit dem Regiments, welche dem Feinde die

Vermuthung gaben, die Preußen wollten noch einen

verzweifelten Angriff wagen. Da es ihnen aber nicht langer konnte verborgen bleiben, daß es Rückzug wäre, und daß nur ein Paar Bataillons ihrer großen Macht die Spitze böten: so sahe man deutlich: daß

sie immer näher verrückten; feindlichen Officierö sagten

und die gefangenen hernach:

daß sie eben

Willens gewesen, diese ihnen trotzenden wenigen Ba­ taillons anzugreifen, oder vielmehr nur zu umzingeln und gefangen zu nehmen, oder zusammen zu hauen; denn sie waren diesseits des Dorfes und in der Nähe schon mit 30,000 Mann in jedem Momente zum An-

*) Der Leser findet in den Zusätzen zu diesem Bruch­ stück eine nähere Nachricht von dem bey Weißenberg gestandenen Retzowschen Korps; und wie wichtig es für den glücklichen Ausgang dieses ges geworden ist.

griffe bereit gewesen.

Aber ein aufgestiegener Nebel

hatte uns ihnen ganz verdecket, und sie in Sorge ge-

sehet: daß der König ihnen eine Maske mache, sich mit seinen linken Flügel hinter den Anhöhen verbor­ gen hielt und mit ihnen sich schlagen würde, wenn

sie diese zwey exponieren Bataillons angriffen.

Es

war auch in der That wahr, daß Gort durch diesen

aufsteigenden Nebel ein zwiefaches Gute stiftete: er hielt den Feind auf, die Arriergarde cttijußteifen;

Und gab dem Könige Zeit, sich mit destomehr Ord­ nung über die buschichten Hügel in die freie Pläne

zu ziehn *).

Der Herr Obrist von Saldern nutzte diesen Ne­

bel, sich ruhig zurückzuziehen.

Denn ob zwar einige

Haubitzgranaten in das Regiment fielen; so konnte der Feind doch nicht wegen des Nebels die Kanonen

auf das Regiment richten.

Nach verschwundenem

Nebel erreichten sie zwar das Regiment; aber unser

Befehlshaber führte uns im Zickzack so weislich und

menschenschonend, daß nur wenige Kugeln schadeten. Bisher hatten wir auf her kleinen Route noch kein *) Als der König in dem vesten Lager bey Bunzelwitz in Schlesien 1761 von dem großen östreichischen Heer und einem Korps. Russen umzogen war, bet günstigte-der Himmel auch durch einen frsih auf­ steigenden Nebel den Heldenmuth des Königs, im Angesicht des Feindes aufzubrechen und seinen Marsch ohne Verlust anzutreten.

(

s7

)

Dorf gefunden, bey welchem sich das Regiment hatte sehen können.

Nun aber stießen wir auf ein kleines

durch die Oestreichs abgebranntes Dorf.

Hier ließ

unser Heldenführer Halt machen, weil er sahe: daß es zum Dienste des Königs nützlich wäre, noch mög­

lichst viel zerstreuete Leute an sich zu ziehen, und es

kamen auch hier, besonders vom Negimente Prinz von Preußen, viele, welche sich selbst ranzionirt hatten,

und einige Kanonen und Pulverwagenö zu uns. Wir standen hier wohl eine Halde Stunde.

Ich sprach

mit dem Kommandeur, Herrn Major von beging?) Wir bewunderten die gute Disposition und Kaltblü­ tigkeit des Herrn Brigadiers von Galdern, mit

welcher er zwey Bataillons nicht hinter dem Dorfe

versteckt, sondern vor dem Dorfe im Angesichte des

Mächtigen Feindes stellte, und den Feind abhieit, uns «nzugreifen.

Er hatte.die Kanonen des Regiments

auf den rechten Flügel führen lassen, und das Regi­

ment etwas weit auseinander gezogen, daß es eine ziemliche Fronte machte.

Plötzlich sagte, als mit ei­

nem Munde, die ganze Linie: die feindlicheInfanterie kommt gerade auf uns zu.

Und die Kavallerie

kam schon in voller Carriere im halben Zirkel auf un­ sern rechten Flügel auf uns zu, aber in solcher Ent-

•) Dieser würdige Officier ist bernach iu ter Schlacht bei Torgau erschossen, und batte das Besondere, daß er mit einem gewissen Kapitain, mit welchem «r einen Zwist hatte, in ein Grab gelegt wurde.

(

T8

)

fcrnung, daß man es n»p mit guten Augen sehen konnte.

„Nun, sagten einige Gemeinen: „nun ist

uns das letzte Brod gebacken; die Infanterie kommt von vorne und die Kavallerie von der Seite."

Atu

dcre antworteten: „laß sie kommen, wlr sind auch

da!"

Ich erwiederte: ,, Gott ist auch da! Gottes

Schrecken kann sie zurücktreiben."

Indem kam der

etwas vorwärts gerittene Major von Deging zurück und gebot Stille.

Der Herr Obrist von Gal«

dern, welcher die Bewegung des Feindes beobachtet

hatte, näherte sich mit Kaltblütigkeit att die Linie, und sagte: wenn sie nur kommen, so wollen wir ih«

nen entgegen bürsten, daß sie das Wiederkommen ver­ gessen! Schnell befahl er abzuprohen und der Kaval­

lerie schon von weitem entgegen zu schießen, damit sie wüsten, wir hatten Kanonen.

Dies geschah, und

kaum waren einigeSchüsse gegen die von weitem mit

Geschrey anjagcnde zahlreiche feindliche Kavallerie geschehen, als sie mit einer unglaublichen Furchtsam­

keit zurückstürzte, und sich wieder nach dem linken

Flügel ihrer Infanterie zog.

In diesem Augenblick

aber ließ der Herr Obrist von Saldern das Regiment

Anfangs mit langsamen und dann mit starken Schrit­

ten, immer in geschlossener Linie abmarschieren, und wir wurden auf dem übrigen Theil des Weges von keiner feindlichen Kavallerie weiter beunruhigt; auch

die feindliche Infanterie näherte sich auf keinen FliM

X tenschuß.

s- )

Nur noch ein paarmal mußten wir de»

Strich von ihren Haubitzgranaten passiren, den aber

unser Heldenführer dadurch unschädlich machte, daß

er immer sein Augenmerk auf den Strich der Km zeln hatte, und das Regiment rechts oder links so ziehen ließ, daß es nicht mehr als iz Todte und 30

Verwundete an diesem sonst so mörderischen Tage verloren hat.

Gegen i i Uhr fanden wir den König schon wie«

der auf der Pläne vor Bautzen, dichte vor dem Ab»

hange des Hügels, mit dem RcyowscHen Korps und dem Reste der Armee aufmarschirt, und dem Feinde

ein Treffen anbietend, wenn er sich herunter wagen würde.

Es ward verschiedentlich darüber gesprochen;

ich sagte: ihre Götter sind Berggötter, sie werden sich nicht inö flache Feld wagen. Hier verließ ich da« gute Ferdrnaridsche Regi­

ment mit Dank zu dem Gott des Lebens, der mich

so mächtig aus den ungesuchten Lebensgefahren ge­ rettet und mir Muth und Kraft gegeben hatte, durch

die siebenstündigen Todesgefahren ohne schädliche Feig­ herzigkeit hinduechzugehen.

Zch sage ohne schädliche

Feigherzigkeit. Denn wenn ich während der Schlacht

um mein Leben gewinselt hätte, furchtsam hin- und hergelaufen wäre, und mich hinter Graben und Bäu­ men versteckt hätte; so würde es für starke Helden

Nicht schädlich gewesen seyn, aber schwache Heiden

c

)



pürden an mir ein schlechtes Exempel gesehen haben.

Es würde indessen die schändlichste Lüge seyn, wenn ich sagte: daß ich gar keine Furcht gehabt hätte. DaS

sogenannte Lanonenfieber oder Schlachtschauer, habe id). auch in seiner ganzen Stärke empfunden. Aber Gott that mir die «Gnade, daß id) es erst spät,

und diesseits des letzten Dorfes Kitlitz bekam, da fast alle Lebensgefahr vorüber war.

Id) ging einsam ne­

ben dem Regimente, und schnell überfiel mich eine so

entmannende Furcht, und ein mit Zittern derGlieder begleitender Schreck,

daß mich ein schwaches Kind

hätte umstoßen können *).

Nicht der Gedanke des

Todes machte mich allein so furchtsam, denn als ich tnid) etwas erholet hatte, gingen geschwind d i e Ge­ danken durch meine Seele; Gott wird dir Barmher­ zigkeit um seiner Liebe und um des Verdienstes Christi

willen widerfahren lassen; du komst zu so vielen dei­

ner seligen Freunde, die du in diesem Kriege hast in

*) Virgil und Plantus schildern diesen Schauer der Furcht ganz richtig.

Ob ftupui steteruntque comae, 8c vox faucibus hae‘ fit. ( Aeneid. Lib. II.) Timco totus torpco Non, aede pol, nunc ubi terrarum fim feio, ft quis roget. Non mifer me commovere poflum prae formidine, Neque vivus neque mortuus sum, neque quid nunc faciam feio. Neque ut hinc äbeam, neque ad hunc adeam scio 3 timore torpeo»

c 6i > die Ewigkeit gehen sehn! — und dn machst durch bei# um Tod keine Frau und Kinder unglücklich! — Da# durch ward die mich anwandelnde Todesfurcht schnell

vermindert. Aber es trat ein anderer schreckender Ge#

danke in die Seele: wenn du krumm und lahm ge­ schossen und außer Stande gesetzt würdest, deinem

Amte vorzustehen, wer würde dich versorgen; todt

könntest du hoffen bey Gott glücklich zü werden; aber wirst du es auch als Invalide bey Menschen seyn? Aber in diesen Augenblicken der Anfechtung ward

Meine Seele durch die allenthalben auf Mcnschensee#

len würkcnde Leitung Gottes, auf zwey Aussprüche des göttlichen Wortes geführet, welche auf einmal

meine Bekümmerniß aus der Seele wegscheuchten, mir nicht nur den guten Muth Wiedergaben, sondern

auch, meine Seele Mit Freudigkeit erfüllten.

Diese beyden Aussprüche des göttlichen Wortes wa­

ren i) der Rath des erfahrnen Kriegcshelden Davide: Befiehl dem -Herrn deine Wege und hoffe auf

ihn, er wirds wohl Machen; 2) die göttliche Ver­ heißung : Ich will dich nicht verlassen noch ver­

säumen.

Es ward nach dieser Viertelstunde, in wel­

cher ich einsam und allein neben dem Negimente ge# gangen war, wieder Licht in meiner Seele.

Zch

kehrte mit dem Gcllertschen Gedanken und Gebet ztt

der Heldengesellschast zurück:

c 6r > Was kann mir widerfahren,

Menn Gott mich will bewahren!

Und Du mein Gott bewahre mich!

Dieser letzte Gedanke hat überhaupt in vielen und -roßen Lebensgefahren meinem Gemüthe große De, ruhigung zugesprochen*). *) Da ich oft vertraulich mit Officieren vom erstem und niedrigem Range sowohl, als mit braven (5c* meine«, über das sogenannte Ranonensieber ge, sprechen, so haben sie mir alle einmüthlg gesagt! daß der ein prablerhafter Lügner sey, wer sich rühmte, daß er nie in Bataillen von diesem Schauer der Todesfurcht etwas empfunden habe. Aberdas' sagten sie, und habe auch ich vielfältig bemerkt; daß es auf den Anfang, die' Mitte und das Ende der Schlacht, unter den Helden so vertheilt ist,, daß der Starke den Schwachen halt, und erst dann die allgemeine Flucht erfolgt, wenn diese entmann ttende Furcht sich der Seelen des größten Haufenbemächtiget, und die Schwachen die Starken mit wegreißen. Es sind Beyspiele bekannt, daß die entmannende Todesfurcht, welche in entscheidenden Augenblicken einen oder wenige Helden überfällt, und sie außer Stand gesetzt hat zu denken und zn stehen, das Denken und Steden eines ganzen Hee, res weggenommen, und es fiüchrig gemachet, welchesonst Wunder der Tapferkeit würde gethan haben. Da dieses außer dem Würkungskreise des kom, mandirenden Feldherrn liegt; so muß er hier seine Augen zu dem Gott der Heerschaaren aufheben, der Macht geben und nehmen kann; wie es der von ihm bestimmte Plan des Ausgangs menschlicher Begebenheiten erfordert.

c 6z ) Nun ging ich von demFerdinandschenRegrmente

)u den andern größtentheils sehr zusannnen geschmol/

zenen Bataillone, zu sehen: wer von meinen Freum den oder Bekannten lebend aus dieser Mordnacht gekommen wäre? Muthig war alles noch, aber gleich­ wohl sehr betrübt, und derHinblickauf das Schlachtselb rmd aus die fast aller Bagage, alles Provian­ tes und so' vieler Artillerie beraubten Armee, war schauervoll.

Nur zwey Gattungen der Gesichter wa­

ren herrschend: betrübtes, nachdenkendes und niedere

gebeugtes Gesicht — und Xad>e drohende Augen. Nur wenige Gemeinen hatten ihre Tornister, und fast kein Officier des rechten Flügels seine Bagage

gerettet.

Eines jeden Reichthum bestand in dem

Rocke, welchen er auf dem Leibe hatte.

Ich fand

mich auch in dieser Zahl der Armen, und konnte nicht

hoffen, daß ich von meinen Pferden, Wagen und Feldgeräthe das Mindeste würde wieder bekommen. Mein Geld hatte ich auch bis auf einige im Rocke

und Beinkleidern verborgene Dukaten weggegeben. Ich beruhigte mich aber leicht durch Vertrauen aus

die Vorsehung über diesen Verlust.

Ein leichtsinni-

ger Bekannter, der manches Pferd in Feindesland geraubt,

Geld erpreßt, und nun auf einmal feine

Bagage und Beute verlohren hatte, sagte scherzend zu mir: „wir werden wohl wieder in Feindesland „kommen, dann will ich wieder nehmen, was mir

c

64

>

„der Feind genommen hat: man fleht es ja doch, „daß das mit Recht erworbene Gut eben so wohl „verrohren geht, als das mit Unrecht erworbene.

„Sie haben ja eben so gut als ich nur das Hemde „auf d«m Leibe davon gebracht^.

Das ist wahr,

antwortete ich, darüber mache ich auch ein trauriges Gesicht, aber ich kann auch gleichwohl wieder ein

herzlich freundliches Gesicht machen, weil mir mein

Gewissen sagt: daß der Verlust meiner Bagage keine

Strafe für das geraubte Gut ist.

Also habe ich bei

dem Verluste meiner Wagen und Pferde noch immer

eine Gewissensfreude, und wer weiß,

ob Mir der

Himmel nicht von meinem zertrümmerten Glücks,

schiffe wieder ein Paar Bretter zuführet, auf welchen ich in deii Hafen einschwimmen kann.

Ich fragte ihn, ob er von dem braven armen

Carlschen Regimente nichte gesehen hätte? Denn die vielen gute»» Freunde, welche ich bey diesem Regimente hatte, lagen mir am Herzen, ich hoffte auch

von ihnen Nachricht von meiner Bagage zu bekom,

Men.

Er wies mich zu dm Carlschen Grenadiers,

wo ich die Freude hatte, den Herrn Hauptmann von

-Hombois lebend und gesund zu sehen.

Da aber

dieser auf dem linken Flügel gestanden hatte, so wußte

er nichts vom Reglmeiite und meiner Equipage, ich

verließ sie, und bestieg den nächstgelegenen niedrigen

Hügel, auf welchen» viele Officiers standen.

Und

hiec

hier wat mir eine große und vielfache Freude zuke-

teitet.

Zch fand Meinen lieber! braven Röntg unter;

dem Trupp Officiers unvermuthet so heiter, schon frisirt und leutselig, mit den ihre Regimenter suchen­

den Officiers und Gemeinen sprechend, daß ich er­ staunte.

Meine Seele war ganz Preiß Gottes, daß

ich ihn unverwundet, auch die Helden Matggraf Carl

und "Ziethen gesund sahe.

Meine Freude ward ver­

größert, da Ich den von mir so sehr geliebten Lekteur

Des Monarchen, Monsieur de Catt, hinter ihm ste­

hen sah und noch am Leben fand, denn man hatte ibn mir tobt gesagt.

Der König hatte eben mit ihm

gescherzt, daß er als ein friedfertiger Gelehrter auch

in Gefahr gewesen, vom Mars getödtet zu werden,

daß er aber noch mit dem Verluste eines Stückes sei­ nes Haarzopfes davon gekommen;

denn zwischen

diesem und dem Halse war eine Kugel durchgestreift.

Zch fand hier auch viele gute Freunde der Königs. Adjudantur, welche man für todt ober gefangen ge­

halten, und freuete mich, sie lebend zu sehen. Meine Freude ward »«vermuthet durch einen

persönlichen Vortheil vergrößert; denn ich hörte vom Fuße des Berges herauf meinen Namen rufen, und trblüfte meinen Knecht auf meinem besten Wagen­

pferde !

Ich winkte ihm mit der Hand; weil er aber

nicht wußte, daß unter diesem Trupp Officiers der König wäre; so fuhr er fort mirzuzuruftG ich möchte

(

66

)

herunter kommen und mich freuen, daß er und das Pferd da sey.

Zch mußte also hinter dem Hügel ei,

lend herunter zu ihm gehen, seine Treue loben und mich seines und des Pferdes Daseyns freuen.

Er

sagte, daß der Feind früh nach drei Uhr von hinten

aus dem Busche gekommen, und es habe in einem .Augenblicke so viel große und kleine Kugeln geregnet, daß er nur so viel Zeit gehabt hätte, sich auf das um gezäumte Pferd zu werfen - und so sey er zwischen

den immer in Finsterniß hauenden

Schwerdtern

glücklich hinter der Batterie weggeritten, und hätte

mir wollen das Pferd ins Dorf bringen- damit ich

mich retten können; es wäre aber in dem Dorfe ein solches Gedränge- Schießen- Hauen und Stv chen gewesen, daß er nicht hätte herein kommen köm nett.

Auf das andere Wagenpferd hätte sich ein an,

derer Knecht geworfen, er wisse aber nicht, ob er noch tebend und ungefangen davott gekommen sey.

Zch

befahl ihm, nach der nahe belegenett Stadt Banhe» zu reiten, und bei dem da kommandirenden Herrn General von Bornstedt mir ein Quartier aüszu,

machen, weil da das Lazareth würde errichtet wer, den, und ich in einigen Stunden auch zu den Bles, sirten kommen würde.

Zch ging wieder auf den Hü,

gel herauf, wo Zhre Majestät noch standen. Es kani eben eilte von den zusammengeschmolzenen Grenadier,

Bataillons vorbey, welches kaum 8° oder ioö Mann

( stark seyn mogte.

67

)

Man konnte die Wehmitth beS

Königs bei dein ersten Hinblick üi den Augen lesen.Aber auf einmal erheiterte sich sein Gestcht;

Er

fragte die vor dem Bataillon hervorgehendett Kano,

nierS mit lauter aber nicht ungnädiger Stimme: Kanoniers, wo habt ihr eure Kanonen gelas­ sen?

Einer von ihnen antwortete:

Der Teufet

har sie bei Nachzeit durch Deserteurs geholt. So wollen wir, erwiederte der König , sie ihm

bei Tage wieder abnehmen l Nicht wahr, Gre­ nadiers? Ja, sagte» diese im Vorbeigehen, da» ist recht, sie sollen uns auch Interesse dazu gebett;

Der König, lächelte und sagte: Ich werde auch Öftbcy seyn *).

Der König hatte sich so gestellt,

daß er das Gesicht mehrentheils halb nach'Hoch, kirch > rechts von Bauzen und halb vorwärts nach

Görlitz zu hatte, er sahe und ließ rekognosciren: oh

der Feind würde Muth haben, weiter vorwärts nach der Pläne zu avanciren,

und außer diesent

trachtlichen Ueberfall.Noch einen nämliche» Kampf

•) Ls war den Dorten nach wahr, daß die ersten preußischen Kanonen durch verstelike östreichische Deserteurs wäre» geraubt worden. ES kamen ganze Haufen, welch» sich vor Deserteurs ausg« Len, auf die mittelste Batterie. Ihrer wurden schnell soviel, daß sie die Flechen und Batterie, wacht mit denen schon hinter ihnen eindringendeN bewaffneten östreichischen Bataillons überwältigtem

E X

c 68 ) bei Tage zu wagen.

Da aber Mittags um i Uhr

hierzu keine Wahrscheinlichkeit war;

so ward da«

Kager so gut al« möglich größtentheils ohne Zelter aufgeschlagen. Die Officiere und Kompagnien mach, ten sich Gruben in die Erde, und die von den Bür,

gern und Landleuten Um Bautzen gelieferten Küchen» geräthe, Betten und Leinewand wurden vertheilt, den Mangel de« Kochgeräths zu ersetzen; die Wa­

gen, welch« Blesilrte nach Bautzen gefahren, führ, ten den Regimentern Brod zu; es ward sogleich ge­ schlachtet, den ermüdeten Helden Fleisch anegethei, let, und den Nachmittag des ig.Oktobers um ; Uhr,

war alles wieder in Preussischer Ordnung, Es fehlte aber so stark an Ammunition, Kanonen und Pro, viant, daß denkend« Offerier« und Gemeine sich oft

einander in« Ohr sagten: mich soll wundern, wie Gott und der König une au« dieser Mausefalle ret,

ten wird.

Denn vorwärts nach Schlesien ist e« nun

nicht möglich, und rückwärts nach Dresden zurück,

werden sie uns gewiß die holen Wege so besehen, daß

Prinz -Heinrich» von seinem bei Dresden stehenden Korps uns keinen Sukkurs schicken kann.—Und doch werben wir in der Folg« sehen, daß beides beglückt

geschahe. Der König, welcher nach dent Abgänge von dem Hügel noch durch« Lager geritten, war nach dem

Hauptquartier gegangen, und sandte einige Feldjk

C

L)

)

ger weg, welche, wie man nachher gesehen, durch

verschiedene Wege einerley Ordre an des Prinzen -Heinrich K. H. gebracht hatten: so (bald und so viel als möglich, Kugeln, Patronen, Gewehre und Pro«

viant zu senden.

Als ich auf dem Wege nach dem

Hauptquartier war, um zu hören,

ob außer dem

Bauhenschcn noch auch ein Lazareth auf einem Dorfe

würde errichtet werden, wo ich hin müßte? so begegr nete mir einer meiner Verwandten, der preußische

Herr Feldjäger wache, welcher in vollen Freudeir

auf mich zugeritten kam, und mir sagte, er suche Mich schon seit zwei Stunden, mir die frohe Nach-"

richt zu geben: daß mir meine ; Pferde gerettet wär ren.

Mein Knecht habe eins; ein Carlschex Regkr

mentöknecht habe das zweite Wagenpferd, und sey ungefange« davon gekommen; nnd, setzte er hinzu,

worüber Sie sich gewiß sehr freuen werden, auch Ihr schönes Reitpferd bekommen Sie wieder; der

Feldprediger des Earlschen Regiments, Herr Grothe, hat sich in dem Tumulte darauf geworfen, und ist

ohne Zaum mit bloßer Halfter glücklich durch die schneidenden Kugeln davon gekommen. Er wird Sie in Bautzen suchen, aber alle Zhrer übrige Bagage ist mit dem Wagen im Lager stehen geblieben und ver­

kehren. Zch hob mit inniger Bewegung meines Herzens

meine Augen dankend zu Gott auf, der mir Umständen Unserer Armee erführe, und Niemande» spräche/^welcher ihm etwas sagte, waö der Armee schädlich seyn könnte.

Er war sehr geschickt Fragen

borzulegen, durch welche er die Größe imsereö Verlu, steö, und die Beschaffenheit Unserer Armee erfahren

wollte.

Zch sagte ihm mit Höflichkeit; daß ich die,

seö als Prediger nicht genau wüßte; und denn wäre

ihm ja, setzte ich im Scherz hinzu, bekannt, daß die Verschwiegenheit bei den Preussen eine eben so heili­ ge Tugend sey,

als sie es den rimischkatholischeN

Beichtvätern seyn müsse.

Er fand dieses billig,

drang nicht weiter etwas zu wisse»/ wen» ich ihni

sagte: daß ich es nicht sagen könnte.

Und setzte ich

Hinz», da ich immer gerne lerne, Und auch kleine

Kriegesbegebenheiten in ihrem wahren Lichte sehe; so bitte ich mir gütig zu sagen: wie Sie unsern

heldcnmürhigen Fürsten Moritz haben gefan«

Ken genommen J.

Dies wird Ihnen gewiß Neider

erwecken, und Ehre erwerben-

Za, antwortete er,

geistlicher Heck, Sie haben wohl recht, Ihrs Durch,

taucht einen heldenmüthigen Fürsten zu nennen, sein Heldenmuth hätte beynahe ihm und mir, da er schon

gefangen war/ das Leben gekostet.

Die Geschichte

hiervon ist kürzlich diese: „Mein Regiment gehört

>,zu dein Korps, welches der brave Prinz von Baden -,Durlach kommandiret.

Zch ritt, als die Bataille

„heutt früh um 3 Uhr anging, mir einem Detafchv

c 79 ) „tiient Husaren von dem linken Flügel unsers Lagers „ab, mit der Ordre zu patroulliren und zu avertiren, -,wenn von Bautzen aus preußische Truppen marschi, „ren würden.

Als ich gegen Bautzen über zwischen

„Bergen und Gebüschen bei den Dorfe Barath ver, „deckt ritt, sahe ich von weitem eine Kutsche mit vier „Pferden und eine kleine preußische Bedeckung. Zch

„urtheilte gleich, daß dieses ein hoher preußischer &tf „neral oder der König vielleicht selbst verwundet „seyn müsse, weil kein gesunder General an diesem „Tage führen würden

Zch rief meine Hufaren zu.'

„fammcn, machte meine Disposition, befahl ihnen

-,aber auf das schärfste, das Leben dessen zu schonen, „her im Wagen säße, und drohete den auf der Stelle „niederzuschießen, „würde.

der ihn verwunden oder tödten

UnverMuthet brach ich nach Dertheilung

„meiner Leute ane dem Gebüsche hervor, ließ schon „von weitem, aber in die Luft, immer mit Pistolen

„feuern, und prellte mit dem Säbel in der Hanb auf „den Wagen an.

Die kleine Eskorte wollte sich

„zwar wehren, ich war ihnen aber zu stark, und da „ich Pardon rief, so beugte sich der im Wagen sitzen,

„de Herr vor, und sagte: Ich bin her Surft Mo,

„ritz von Dessau; ich bitt stark blcfiirt, gebe -Mich zu Ihrem Gefangenen, bitte aber auf

-,parole mich nach Bautzen ;ü bringen, unv „ihren -Husaren will ich mich mit ieo Dukatett

t

86 -

„eanzioniren. Der Kroatenhauptmann LaboniM

„witz wollte ihn zwar durchaus die Kugel durch den „Kopf jagen;

die Menschlichkeit und Kriegöraison

„befahl mir aber, ihm die Parolgefangenschaft zu be« „willigen.

Jedoch ward dem Fürsten und mir die

„Ausführung hiervon sehr sauer gemacht.

Denn

„als wir kaum ein kurzes Stückweges zurückgelegt „hatten, wurden wir in der Ferne von einem starken „Detaschemenk preußischer Husaren bemerkt.

Diese

„glaubten, da sie den Wagen mit 4 Pferden und die

„Eskorte dabey sahen,

es müße dieses ein großer

„östreichischer General seyn.

Zch sahe, daß sie Di,

„spositionen machten, mich anzugreifen, und sagt»

„zum Fürsten: wenn dieses geschähe, und ich Gefahr „liefe, ihn wieder zu verlieren, eS nicht in meiner „Macht stände, ihm das Leben zu erhalten; er mögt«

„also, wenn sie hier ankämen, seine Autorität ge, „brauchen.

Der Fürst versprach dieses, und «rplötz»

„sich kamen sie herangesirrengt.

Der Fürst rief il>

„nen, so schwach er war, doch mit starker Stimme „entgegen r Ex sey es, Er habe sich auf Parole „ergeben.

Aber die Preußischen Herren Husaren

„kehrten sich daran nicht. Ihr Muth verdoppelte sich

„vielmehr, mir meinen hohen Gefangenen mit Ge«

„walt wieder abzunehmcn.

Sie schoßen und hieben

»,sich mit meinen Husaren herum, und nun ging ich

„mit -er Pistole in der Hand an den Wagen, un­ sagte

< „sagte -em Fürsten:

81

)

ich müßte Zhn sogleich auf der

„Stelle todt schießen , wenn Er seinen Leuten nicht „Waffenstillstand geböte, und seine Parole erneuerte.

„Dies i that! Er wiederholt;

mit Bitten und Be,

„fehl brachte Er es endlich dahin:

daß! sich die preu»

„ßischen Herren Husaren einen Waffenstillstand bie# „r>g Scharmüzels gefallen ließen.

Sie disputirten

„aber immer, jedoch ohne mich gefangen zu nehmen,

„und behaupteten: daß der Fürst nicht mehr mein „Gefangener wäre, und daß sie nur aus kameradi, „scher Gefälligkeit mir erlaubten, mit nach Bauhen

„zu gehen, um das zu empfangen, was der Fürst

„mir dafür versprochen hätte, daß ich ihn nicht zn „unserer, sondern zu seiner Armee habe führen wol,

„len."

Es

erkannte indessen der König die vom

Fürsten gegebene Parole für gültig.

Und nachdem noch in der Nacht die Bezahlung der Diskretion an den Herrn Rittmeister von Veit»

net regulirt war; Ruhe *).

so legten wir uns etwas zur

Mit Tagesanbruch aber ward der Ritt,

•) Unser gütiger Wirth hatte uns ein schönes Stroh, lager bereitet. Und ich segnete den neben uns lie, -enden Säbel und Pistolen, daß sie den Fürsten nicht gemordet hatten. Beym Ausstehen lachten wir beyde: daß wir so treulich neben einander ge, schlafe» hatten; und wir wünschten, daß ein guter Friede, bald allen Preuße» und Oestreichern «V lauben möchte, so sicher neben einander zu schlafen' F

c

si

)

meister mit einem Trompeter nach dem feindlichen Lager, mit verbundenen Auge» transporliret.

Er

hat, wie man nachher gehöret, einen ungnädigen

Abschied bekommen, weil er eigenmächtig den Für» sten auf Parole zu uns kommen lassen.

hätte diesen gefangenen Prinz gern

Denn man

zu Wien im

Triumph eingeführet.

Ich fing den i sten früh an, mein Amt bey den verwundeten unter beständigem Wechsel von inniger Wehmuth und Freude zu verrichten. Mein Herz jam­

merte, wenn ich die vielen braven Leute auf dem Schmerzenslager leiden sah, und bey manchem nicht

die nützliche Gemüthsbeschaffenheit

sand,

wohl dem denkenden MaNne anständig

welche

ist, wenn

er der wichtigsten Veränderung und seinem Rich­

ter entgegen

Aber

gehet.

auch

unausdrücklich

frohe Empfindungen belebten meine Seele, ich

wenn

so manchen zum getrosten Uebergange in die

bessere

Welt

schon

Geschickten oder

sich Anschi­

ckenden; so manchen in großen Schmerzen Gedul­ digen,

Starken,

unter

diesen

Selbst die Thränen der Helden, ihren

Augen quollen,

wenn sie

Leidenden

fand.

welche dann aus

einen Rückblick

Lenkend auf ihre zurückgelegte Lebensbahn thaten,

und dann mit Unzufriedenheit, Reue und Verlan­ gen nach göttlicher Begnadigung sich betend zu dem

erbarmenden Vater der Menschen wandten; selbst


n Schönseldt ersuchet: den HeegemeisterHerrn Rappel deglaubtuerdören zulasizn. Dieses ist gütigst geschehen. Ich habe den Original­ aufsatz des Herrn Heegcincisters in Händen. ES

wird dieser sobald alS möglich in Karl MatzdorffS Buchhandlung unter dem Titel: LebensreltunA

( I7i )

II. Einige Erfahrungen über To-esahndttngen der Helden. Die preußische und östreichische Armee stand i7T7

einige Tage vor der Schlacht von Prag so nahe ge­ gen einander, daß nur die Moldau sie trennte.

Sie

konnten einen großen Theil unseres, und wir ihr La­

ger übersehen.

Wir wußten auch, daß die Belage­

rung und Blutkämpse bevorständen, welche Tausen­

den das Leben kosten würden.

Da war es denn na­

türlich, daß mancher das innere Orakel seiner Ahn-

dungen fragte: ob er hier verwundet, oder todt nie­

dergestreckt werde, oder gesund und lebend bleibe? Es wurde darüber im Scherz und Ernst bey Wacht­

feuern, in Zelten und bey zusammen stehenden Trupps mancherley Interessantes gesprochen.

Am besten ge­

fiel mir der Ausspruch eines verständigen braven Feld­ webels.

Er sagte: „der Soldat muß gar keine

Friedrich des Unbesiegbaren im siebenjährig gen Rricge erscheinen. Es soll auch das vortrefliche Gedicht beygefügt werden, in welchem die preußische Dichterin Rarsch:n , mit dem Feuer einer Mirjam, Friedrichs Rettung besinget. Es ist der Text zu einer Kantate, mit welcher der da, mals in Magdeburg residirende Königliche Hof und Stadt die schützende Hand des Gottes pries, dessen Schild den König vor seinen Mördern schützte.

c in s UdSssahndunge» glauben, Venn die können zus vnrechreuAeit den bravesten Mann zum Schurs

ken machen,

wenn man Belagerung und

Schlacht vor sich siehet, so muß man denken. Gort kann dir das Leben erhall en, und ohne seinen willen kann dir kein Sabel oder keine

Äugel schaden." Nicht wahr Herr Prediger, habe ich nicht recht? Zch antwortete ihm: ja, er hat den

rechten Soldatenglauben; was er sagt, das ist

gewiß, und Ahndungen sind ungewiß. mir indessen vor,

Ich nahm

einige Beobachtungen über bas

Eintreffen der Ahndungen zu machen.

Den 4ten May 1757, Nachmittags um 1 Uhr, kam die Ordre: daß die Hälfte unserer auf dem Weift

senberge stehenden Armee schnell aufbrechen, bey Tft soley über die Schiffbrücken gehen, sich in der Nacht

vom4ten auf den sten May 1757 mit dem ausSchle«

sie» kommenden Schwertnschen Korps vereinen sollte. Denn am folgenden Morgen wollte der König die auf

den Felsenbergen stehenden Oestreicher angreifen. Er sahe ein jeder: daß dieses ein blutiger Kampf werde»

würde.

Der König ritt an der Spitze der Bataillone-

welche unter dem Schuh des aufgeführten Geschützes im Angesichte des Feindes auf der andern Seite der

Stroms Posto fassen, eine Brückfchanze aufwerfe»

und den Uebergang decken sollten.

Als das Gros der

Armee folgte, und des Königs Roß mit de» neben ihm

(

173

)

fahrenden zwey Kanonen auf die tönende und sich keugende Schiffbrücke niedertrat, durchschauerte mich

»in kalter Schreck.

Ein neben mir stehender Freund

fragte mich: Haben Sie übleAhndung? ich antwor­

tete kurz: „nein, .ich hoffe Gutes, fürchte aber für

das Leben des Königs; doch, Gott wird schon mir «ns seyn.,.

Da ich indessen noch nie in meinem Le­

ben eine Schlacht gesehen hatte, so grauete mich schon zum voraus vor dem Orkan ungewohnter Empfinbun, gen, welche am folgenden Tage durch meine Seele «nd Körper stürmen würden.

Denn schon jetzt, da

ich die Helden nach dem Wahlplatz hineiien sahe,

beunruhigten mich traurige Vorgefühle; wenn mir viele Gemeine im Vorbeymarschieren die Hande reich­

ten, drückten, und mancher zu sagen schien: „es

ahndet mich,

daß wir uns im Leben nicht wieder

sehen.,,

Einige brave Officier kamen vor dem Ueberganz über die Brücke zu mir, nahmen auf ewig Abschied ;

verschiedene gaben mir Aufträge, die ich nach ihrem Tode besorgen mögte»

Sie wollten mir auch ihr«

Hauptbörsen in Verwahrung geben, welches ich aber

verbat.

Und einer, welcher jetzt noch lebt, sagte es

mit einer so entscheidenden Gewißheit, daß ich fast selbst nicht zweifelte, ihn am folgenden Tage unter

den Todten zu findeir. Er eröffnete mir seine Ver­ sprechung mit der GrafinS., händigte mir den Schlüjs

C 174 ) fel stt^lnev Schatoulle eln, und erklärte seine Braut

für Erbin seines Vermögens.

Hingegen gaben mir

andere Offteiere ernsthaft muthig die Hand, und sag­ ten: sie hätten Ahndung, daß wir uns morgen Abend nach gethaner Arbeit gesund wieder sehen, würden.

Besonders zeichnete sich mein Gönner und frommer

Herzensfreund, der Berliner Herr Hauptmann von

Reck, sehr aus*).

Er umarmte mich mit ausneh­

mender Innigkeit und sagte: „meine Seele befehle ich Gott, mein Leben gehört dem König; wegen mei­

ner Verlaffenschaft bestelle ich nichts, denn ich weiß

gewiß, daß ich gesund aus der Bataille komme.,. Er

sagte dieses mit einer Heiterkeit und Zufriedenheit, welche mich aufmerksam machte.

Zch zweifelte fast

nicht, seine mit so viel Zuverläßigkeit geäußerte Ahn­ dung vergnügt erfüllt zu sehen.

Aber die Auflösung

*) Die nähere Bekanntschaft dieses würdigen Mannes hatte ich den Winter vorher, bey Bereisung der Ar.tuet im sächsischen Gebürge, gemacht. Denn nach gehaltener Vorbereitungspredigt eröffnete er mir, daß er bey seiner Selbstprüfung über eine Sache gewiffeUnruhe habe. Es betraf eine höchst wich­ tige Angelegenheit: er hatte aus Liebe für den Kö­ nig und für das Land etwas äußerst Erhebliches ge­ than, wovon er jetzt glaubte, daß es nicht recht vor Gott sey. Ich freuete mich, daß ich ihm eine gründ­ lich beruhigende Auflösung seiner Gewlssenszweifet geben konnte. Der König schätzte ihn als Officier und hatte ihn als Staatsmann zu Versendungen gebraucht.

(

»75

)

dieses Räthsels ward für mein Herz sehr betrübt.

Denn als ich am folgenden Prager Schlachttage, den stenMay 1757, des Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr mit dem damaligen grünen Husarenrittmeister

«nd nachmaligen General Herrn von Kleist, und dem würdigen Feldprediger des Wiuterfeldtschen Re,

gimentö, Herrn Dietrich, (einen würdigen Bruder des noch nützlichlebenden vortreflichen Herrn Ober,

konsistorialrarhe Dietrich,) aus dem mit Leichen und Verwundeten besäeten und beladenen Wahlplatz ritt, meine Pflicht bey den Dlesflrten zu thun, und Herr

Dietrich die Verwundeten seines Regiments suchte,

so kam uns eine Kutsche entgegen.

Wir ließen sie

halten, und wie erschrack mein Herz, als ich beym Hineinsehen in den Wagen den sterbenden Herrn

Hauptmann von Reck erblickte! Er war tödtlich am Kopf verwundet, und ging wenige Stunde» hernach

in die Ewigkeit.

Hingegen die Herren, welche sich

den Tod prophezeihet hatten, fand ich zu meinem Vergnügen gesund.

Zwar will ich die Möglichkeit der Ahndung, ober

halb lichten Blicke der Seele in die sonst dunckle Zu, sonst nicht laugnen.

Oder wenn es eine, wenigen

Seelen eigenthümliche Kraft ist, welche ihnen der

Schöpfer durch die Natur gegeben hat; so ist diese

Voraussehungskrast, wie unser Verstand, und wie alle unsere Sinne, nicht Irrthums frey.

Diese Fehl,

c

»76

)

barkeit ist für unsere Gemüth«ruhe Wohlthat deck Schöpfer«.

Er hat auch au« weisen Ursachen, In

leiblichen Angelegenheiten, viel Zukünftige« verhüt, let; sich aber die Freiheit Vorbehalten, der Seele lm

Wachen de« Körper« oder durch Träume, einige Vor, blicke auf die Zukunft zu geben, wenn ein ihm gefäl­

liger, nützlicher Zweck, für un« ober andere dadurch erreicht wird.

Wenn man Ahndungen har, so stellet sich der Seele, mit mehr, oder weniger Bewußtseyn, eine

größere »der kleinere Gedankenreihe dar; und ein schnelle«, aber nicht völlig deutliche« Urtheil giebt

un« eine» Fingerzeig, oder sagt un« gleichsam in« Vhr, welcher von den dargestellten Fällen zur Wirk,

ltchkeit kommen werde.

Aber e« bestehet die eintref­

fende Ahndung doch Immer nur in einem glücklichen

Rathen.

E« Ist ein Treffer In der trügerischen Zah,

lenlottcrie, wo sich die Gewinste gegen die Nieten wie

i zu so verhalten. Da« Resultat von allen diesen bestehet also bar, ln r jedem Menschen, und also auch dem Sol­

daten, ist der gewisse und ruhige Glaube am Gortesverchrung nützlicher, als der Glaube aw

ungewiss« Ahndungen.

Jener stärkt, und die«

f«r schwächt denMurh.

HL

C

r?7

)

in.

Der Landgraf von Hessen-Cassel. Da ick) im Bruchstück einigemal des Herrn Land» grafen von Hessen Cassel gedacht habe, so bemerke ich

hier noch beyläufig:

daß Ihrs Hochfürstliche

Durchlaucht, Ihrer brannten traurigen Religions»

Veränderung ohngeachtet, keinen Haß gegen mich als

reformirten Prediger hegten*), ich habe vielmehr oft Merkmahle Ihres Zutrauens empfangen.

Sie be­

fahlen mir sogar im Iuiy i7i3, auf dem Rückzüge von Olimiitz, in zwey gefahrvollen Stunden bey Ska»

litz in Böhmen, während eines sehr heftigen fetndlü

chen Kanoneufeucrs Ihnen beständig nahe zur Seite zu bleiben.

Durch diese gnädigen Aeußerungen ließ

ich mich aber nicht abhalten. Ihm aufrichtig mein gegründetes Mißfallen über seine Religionsverände»

rung mit Ehrerbietung zu eröffnen.

Und da er gern

über diesen Gegenstand sprach, so konnte ich meine •) Ich nenne dies« Religionsveranderuog traurig, weil Ihm in ernsthaften Stunden, di« Ursachen dieses UebertrittS nicht nur oft geäußerte Unruhe machten; sondern auch im hohe» Landgräsiichen Hause betrübende Folgen batten. Indessen war das abgewendet, was man befurchte: daß in Hessen das traurige Schicksal der Pfalz erfolgen, dir Pro» testante« unter fürchterlichen Joch seufzen, ge» drücket und ihrer Kirchen würd«» beraubt werden, M

c

178

)

Ueberzeugungen aus MenschengefSlligkelten nicht vor/ läugnen. Aber ich hegte auch innerlich keinen Sekten/

haß gegen Ihn*). Der Landgraf betheuerte mir einst in MärschNeustadt, im May 175*8 während der Belagerung vonOllmütz: ,/daß man ihm sehr unrecht thäte, wenn man glaubte/ er habe aus Ambition, um Kurfürst, zu werde«/ die katholische Religion angenommen; denn in der güldenen Dulle sey nicht verordnet, wie viel Kurfürsten von jeder Religion seyn sollten. Und ich versicherte Ihre Durchlaucht: daß ich nicht von der Partey derer wäre, die dieses geglaubt hätten.— *) Von Gektenhaß, weiß man in der preußischen Armee gar nichts. Die lutherischen, reformirten und katholischen Officier und Gemeinen; und wir Prediger der drey Confeffionen, lebten in brüder­ licher Einigkeit. Der Landgraf selbst mißbilligte eS sehr: daß man in der östreichischen und französischen Armee, so grausam gegen die Protestanten verführe, und nicht nach preußischem Muster, Religionstole, ranz dadurch zeigte, daß man im Kriege protestan­ tische Staabsprediger ansetzte, und ihnen freye Re, ligionsübung gestattete. Daran sagte er, ist aber nicht die Kaiserin, und der König von Frankreich, sondern die Beichtväter schuld. Der Landgraf selbst hatte keinen eigenen Beicht, vater bey sich; sondern einer der Staabsfeldpaster las die Messe im Zelte oder Zimmer. Und wo wir katholische. Kirchen fanden besuchte er solche und kvmmunicirte sehr oft, um die Absolution öfter zu empfangen»

(

179 )

Er setzte hinzu: „die wahre Ursache'sey: weil der öffentliche reformirte Gottesdienst so einfach und von aller Pracht entfernt wäre.

Er habe deshalb eine

Religion erwählt, in welcher Gott mit vieler Pracht verehret würde;,, ich eröffnete hierüber meine Mei­ nung, als der nun verstorbeneHcrrObrtste von Meu-

ßel hinzutrat, und eine interessante Fortsetzung dieser

Unterredung veranlaßte. Wir standen vor dem Quartiere des Marggrafen Karl auf dem Markte, unter

einem schönen großen Marienbilde, dessen Piedestal

mit vier steinernen Heiligen war geziert gewesen, von denen aber nur noch drey vorhanden waren.

Der

Obrist sagte: daß der lehtverstorbene vernünftige Pabst Lenedikrus xrv. dieses heilige Bild habe herunter

stürzen lassen, weil man gefunden, daß der angebli­

che Heilige ein schlechter Mensch gewesen*)".

Der

•) Die Sache hatte ihre Richtigkeit. Denn da über jeden Heiligen, ehe er kanonisirt werden kann, «in Jnquifitionsgericht gehalten wird, so hatte der sogenannte Diabulus contradictionis erwiesen: daß der zu früh in Mähren aufgestellete Heilige, nicht würdig sey, neben dem großen Marienbilde aufgesetzt zu werden. Man hatte ihn also wieder herunter nehmen müssen. Er stand nun in einem Winkel des Klosters. Denn der gelehrte Pabst Be«edictus XIV, Friedrichs großer Freund, machte den Anfang, die Zahl unbefugter Heiligen zu ver­ mindern r und kündigte den Jesuiten den Dor­ krieg an. Dafür starb er, nicht ohne Verdacht empfangenen Giftes. Der König und alle Recht­ schaffenen in der Armee, beklagten seinen Lodk M r

( I8o ) Landgraf ward roth; und ich sagte im Scherzi eS wäre ja wohl möglich, daß der Pabst sich einmal ge,

irrt, und das steinerne Bild eines guten Mannes

gestürzt hätte; da doch auch weltliche große Herrn

sich zuweilen irrten, wenn sie einen guten Mann

stürzten.

Hier nahm der Landgraf eine ernsthafte

Miene an, und wollte ,t>a6 VernünstMLssige in der Verehrung der heiligen Bilder und die an sie gerich­ teten Gebete vertheidigen.

Denn, sagte er: „Gott

ist ein so großer Herr, daß man nicht geradezu zü

ihm gehen und beten, sondern durch Heilige, als

durch seine Minister, sein Anliegen vor ihm bringen Muß.

Zch antwortete ihm hierauf:

,,daß Zhrü

Durchlaucht ihren braven Hessischen Unterthanen so

viel werther und diese so viel glücklicher seyn würden; wenn sie ihre Bitten unmittelbar an Sie bringen könn­ ten.

Und, setzte ich hinzu, Gottes Größe bestehet ja

eben darinn: daß er nicht nöthig hat durch fremde Augen und Ohren unser Anliegen zu erfahren, weit

vor seiner Allwissenheit nichts verborgen ist.

Wir

Protestanten glauben auch: baß die wahren -Heili­

gen rechte gute Menschen gewesen, Und gewiß auch

Noch jetzt im Himmel, allen Leuten Gutes gönnet»

Und wünschen; wir schätzen auch die Männer und

Als der König die Nachricht bekam, sagte er i „Rom hat einen großen General verlohren, schwerlich wird sich dir päbstlichr Gewalt noch lange schützen"

c

isi

)

Frauen sehr hoch, die viel Gutes gedacht und gethan

haben.

Aber vor allwissend können wir keinen En-

gel und Menschen halten,

Und die Schrift sagt:

„Abraham weiß von uns nicht und Israel kennet uns

nicht",

Ja, versetzte der Landgraf: die Engel und

Heiligen sehen alles in dem Angesichte Gottes wie in einem Spiegel,

ein Räthsel.

Dies, sagte ich, ist für mich

Za, erwiederte er: das ist auch Ge­

heimniß! ich antwortete: wir Protestanten, wollen

immer jn wichtigen Sachen gern klar sehen, und freuen uns, daß uns Gottes Wort deutlich sagt: „Gott könne und wplle unsere Gebete erhören, ohne

daß wir nöthig haben, sie erst durch den Mund einer Reihe von Heiligen oder Ministers vor ihn zu brin­

gen". Za, setzte jemand aus derGescllschaft noch hinzu:

dies sey besonders für die Preußen sehr nützlich; denn die Preußen liebten die Geschwindigkeit, und durch die vielen Heiligen oder Schutzpatrone, würden die

Expeditionen sehr ausgehqlten.

Die Ankunft des Marggrafens Rarl, Königl, Ho, heit, unterbrach das Gespräch.

Bey der Mittagstafel, wo der Herr Landgraf und der Herr Obrist von Meußel zugegen waren, sagte jemand im Scherz zum Marggrafen:

daß Zhre

Durchlaucht der Landgraf mit mir disputiret, und mich zum Proselyten zu machen gesucht; daß sich das

Blatt aber vielleicht wenden, und Zhre Durchlaucht wieder zur reformirten Kirche zurückkehren würden.

(

182

)

Ich versicherte, daß beydes nicht geschehen' werbe.

Indessen bezeugten die, welche den Herrn Landgra­ fen sehr nahe kannten, daß er über die Ursachen seiner Religioneveränderung oft sehr ängstlich sey. Er erwarb sich übrigens in der Armee den Ruhm ei­ nes gutmüthigen Fürsten. Er und MarkgrafStarl such­

ten niemand zu schaden, sondern den Kreiß derer zu ver­

größern, denen sie Vergnügen machen sonnten. Er hin­ derte auch seine bravenHausoffictanlen, welche ohne alle

Ausnahme reformirt waren, nicht an der Abwartung

ihres Gottesdienstes. Und sie dienten ihm, seiner Religionsveränderuug ohngeachtet, mit Treue.

Diese

Grundsätze brachten sie schon mit ins Feld, und üb­

ten sie in den gefahrvollen Tagen des Feldzuges. Es ist ganz ungegründet, was man gesagt: daß der Landgraf unwillig und gleichsam gezwungen bey

der preußischen Armee gewesen sey.

Demi ob er

zwar nach einer ihm natürlichen Besorglichkeit oft be­ kümmert war,

ob das kleine preußische Heer der

mächtigen feindlichen Armee würde gewachsen seyn,

so äußerte er doch immer große Ergebenheit gegen den König und feurige Liebe für Preußens brave Helden. Der König aber verschonte ihn mit solchen Kom­

mandos, bey welchen die nächsten unb. augenschein­ lichsten Lebensgefahren unvermeidlich waren.

Und

als der Krieg nach dem Jahre 1759 sehr heftig ward,

so vertrauere er ihm das Gouvernement von Magde-

-C 18$ ) bürg an. Der gute General Aßeburg, der wachsame

Obrist Reichmann, und der geschickte Zngenieurobrist Daiby,

standen mit f Bataillonen unter seinem

Kommando.

Mit dieser kleinen Besatzung, machte

er sich den Feinden in nnd außer der Stadt furchtbar,

und sicherte den damals hier anwesenden Königlichen Hof.

Er zerstöhrte die glücklich entdeckte Verschwö­

rung «nd Revolte der östreichischen Kriegesgefangene» Officlere und Gemeinen, welche sich von innen

der Festung Magdeburg bemächtigenden hier befind­

lichen Schatz in Besitz nehmen, oder doch Braud und Elend über die Stadt bringen wollten.

IV. Die Heldenthat des preußische« Lieutenants von Marwiß, und gemeiner Soldaten auf dem Hochkircher Kirchhofe. Es wird gewiß jedem Leser interesiänt seyn, hier

die nähere Anzeige der Heldenthat eines Subalternofficiers ins Licht gefehet zu sehen, dessen Kopf, und Bravour den ersten

Grund zur langen Vertheidi­

gung des Kirchhofs zu Hochkirch gelegt hat.

Und es

ist allgemein bekannt, von weicher hohen Erheblich­ keit die möglichst lange Vertheidigung dieser kleinen

geistlichen Vestung war.

-C 18$ ) bürg an. Der gute General Aßeburg, der wachsame

Obrist Reichmann, und der geschickte Zngenieurobrist Daiby,

standen mit f Bataillonen unter seinem

Kommando.

Mit dieser kleinen Besatzung, machte

er sich den Feinden in nnd außer der Stadt furchtbar,

und sicherte den damals hier anwesenden Königlichen Hof.

Er zerstöhrte die glücklich entdeckte Verschwö­

rung «nd Revolte der östreichischen Kriegesgefangene» Officlere und Gemeinen, welche sich von innen

der Festung Magdeburg bemächtigenden hier befind­

lichen Schatz in Besitz nehmen, oder doch Braud und Elend über die Stadt bringen wollten.

IV. Die Heldenthat des preußische« Lieutenants von Marwiß, und gemeiner Soldaten auf dem Hochkircher Kirchhofe. Es wird gewiß jedem Leser interesiänt seyn, hier

die nähere Anzeige der Heldenthat eines Subalternofficiers ins Licht gefehet zu sehen, dessen Kopf, und Bravour den ersten

Grund zur langen Vertheidi­

gung des Kirchhofs zu Hochkirch gelegt hat.

Und es

ist allgemein bekannt, von weicher hohen Erheblich­ keit die möglichst lange Vertheidigung dieser kleinen

geistlichen Vestung war.

(

184

)

Die Umstände hiervon sind diese; das erste Ba­ taillon desMarggraf Larlschen jetzt Herzoglich Frie-

-richschen Regiments stand nebst dem Düringshofenschen, Benkendorfschen und Plothoscl-en Grenadier'

Bataillon, Dorfe *),

in

der rechten Flanke nahe über dem

Und es ist im Bruchstück gewiesen, wie

heldenmüthig diese 4 Bataillone sich gegen den wüten­

den Anfall der von allen Seiten einstürmenhen öst­ reichischen Bataillone gewchret haben,

Auch da sie

hier übermannet wurden, fochten die Lebenden in der Dorfgasse wie Löwen gegen den andringenden Feind.

Das Dorf selbst aber, war mit dem aten Bataillon des Karlschen Heldenregimcnks besehet; dessen Gär­

ten durch das iste Bataillon des braven Geistscheu Regiments vertheidigt wurden,

Auf dem verpalli-

sadirtcn aber nicht sehr vestem Kirchhofe, hatte in

der Schlachtnacht der Lieutenant Marwitz mit $q

Mann die Wacht,

Wahrend der Zeit, daß das iste

Bataillon «och über dem Dorfe mit der überlegenen

Macht des Feindes kämpfte, war vom General MOo-

nell befohlen: daß 100 freywillige Kayserliche Bär­ mützen Grenadiere, unter Anführung zweyer Spione, sich nach hem Kirchhofe hinschlagen oder vor Deser-

•) Im Bruchstück ist aus Derschen Has Bataillon Unruh genannt. Es war das Bataillon piotho, welches hier angegriffen ward, und redlich kämpfte. Das Unruhsche Bataillon stritt auf der linken Flanke.

(

teurti ausgeben sollten.

Ns

)

Diese kamen; fanden aber

den Lieutenant Marwitz auf seiner Huth.

sie zurück.

Er schlug

Und ohneracht beym zweyten Angriff 40

Mann durch die Hinterthüre des Kirchhofs einge­

drungen waren, ließ er sich doch nicht übermannen. Sie wurden niedergestoßen oder herausgejagt, auch einige zu Gefangnen gemacht. Er selbst aber warö seitwärts durch die Brust geschossen,

Demohngeacht

verließ er den Kirchhof doch nicht;

er lehnre sich,

da.er

>jcht mehr aufrecht stehen konnte, an

dje innere Rirchhofsinauer, kommandiere, en-

courggirre, und vertheidigte seinen Posten so lange, bis der Major Lange mit dem zweyten

Bataillon, so wie es im Bruchstück beschrieben ist,

ihm zuHülfe eilen, durchbrechen und d?n Kirch­ hof besetzen konnte.

Mit Recht hatte sich der

Lieutenant von Marwitz durch diese überaus tapfere

Vertheidigung die Achtung des ganzen Regiments erworben.

Der König würde ihn gewiß belohnt ha­

ben, wenn es nicht fein früher Todt verhindert hätte. Denn er starb an seiner empfangenen Wunde in

Glvgau, wo wir ihn Wk Ruhm seiner Heldenthat begruben.

Daß der Myjor von Lange ein biederer vor, treflicher und

braver Offieier war,

Bruchstück gewiesess.

ist schon im

Hier sehe ich nur noch das

Ausgezeichnete hinzu: daß er. der überlegenen feindln

(

'86

)

chen Macht zween Stürme abgeschlagen hat. Der erste geschahe früh. Der zweyte mit verstärkter Wuth

später.

Der Kaiserliche General, bewunderte die

Bravour, wollte dem braven Preußen und seinen

Leuten das Leben schonen, und bot dem Major Lange

eine Capitulation an.

Aber der Major wies dieses

Anerbieten mit Verachtung ab, und antwortete: so lange ich mich rühren kann, werde ich mich mit mei,

nen braven Leuten vertheidigen.

„Der Kaiserliche

General unternahm hierauf gegen! Mittag dendrit-

ten Sturm und eroberte den Rirchhof erst, da

die preußische Armee schon wieder in wehrhaf­

tem Stande war, und sich auf den Spitzbergen vor der kleinen Spree, den Feind wieder furcht­

bar zeigte. Der Major von Lange, welcher durch­

aus keinen Pardon haben wollte, bekam 9 Wunden. Und ich habe schon oben erwähnt, daß der brave Kai­ serliche General, für seine und des Lieutenants Mar­

witz erwiesene Tapferkeit so große Achtung bezeigte,

daß er sie nicht als Kriegesgefangene behielt, solidem sie sogleich vom Kirchhofe quf einem Wagen legte und

dem Könige als ausgezeichnete Heldenmänneri nach Bautzen sandte.

Als der Monarch am,folgenden

Tag, die Regimenter musternd, das Lager durchritte,

Lob und Tadel, Drohungen und Versprechungen anstheilte, so sagte er laut: das rte Bataillon hat sich

gestern ausnehmende Ehre erworben; ich werde es

c

187

)

Ihm auch gewiß nie vergessen; es iss schade um. den braven Major Lange". Zn der Folge ward viel darüber gesprochen; ob

der Major Lange nicht am Ende seine Tapferkeit über,

trieben habe, und vielen Leuten Todt oder Gefangen, schäft habe ersparen können? Die Meisten rechtfertig,

ten ihn, weil er die Wichtigkeit des Postens gekannt;

sein Ehrgefühl und der Befehl deS Königs auch nicht den geringsten Verdacht mangelnder Bravour vertra« gen konnte.

Es ist auch ganz gewiß, daß in der

Kette der Dinge dieser Hochkircher Kirchhof ein er, heblicher Ning war.

Wäre dieser zu früh gerissen;

so wäre eine ganz andere Reihe der Dinge erfolgt. Die vorsichtige östreichische Generalität, wollte dieses

kleine noch nicht eroberte Fort, sich nicht im Rücken lassen; und darüber verstrich der Zeitpunkt, das kleine

geschlagene preußische Heer völlig zu Boden zu drü­ cken.

So lenket die -Hand der göttlichen Vorse­

hung kleine Umstande zur Erreichung großer Absichten! So kann ein Major undLieurenan, ohne Anwesenheit eines kommandirenden (Beste1

»als mir Ropfund Degen wichtige Thaten thun.

Zch schreibe diese« hier nieder, um eine der ab, scheulichsten Verläumdungen zu widerlegen, welche

wahrscheinlich einer des geheimen Pariser KomplotS, der sogenannten Propaganda, aufgesetzt hat, um auch der Welt die Achtung vorMen preußischen Truppen

(

KU benehmen,

188

)

Er sagt: Les troupes prufllennes tont

au vrai mediocres; 8c la preuve est, que toutes les fois.

qu/i le fort du combat a dependu de leur valeur, 8c que leurs generaux jf ont pii xnanoeuvrer elles ont et£

battues *).

Der unwissende und boshafte Schrift­

steller lese doch die Geschichte des Hochkircher Ueberfalls, und sehe beim: was nach dem Tode des Feld-

Marschalls Aeith, des General Geist, des Prinz von, Braunschweig, ja. in Abwesenheit des Königs, eint

zelue Regimenter, Bataillone und Officiep, Ge-

niereiches und Tapferes gechan haben, so y?irtz er sich rref beschämt findenDenn hier in der Dunkelheit, wo, keines Hffft ciers Auge und Gewalt den gemeinen Mann in Reihe und Glied halten, oder in die getrennten Glieder

wieder zurückrufen konnte,

hier wies auch das

Gros der Gemeinen rNusqucrier, daß es ohne; Officierkommando

und erfülle.

seine Pflicht kenne, fühle

Vom Regimente Prinz von Preu­

ßen habe ich es selbst gesehen, wie sie, phnerachtet ihre Officiere kddk geschossen waren, hey der Rückkunft

*) De Fesprit militaire par M. de LaifTac Parts 1790. Die so berühmte Propaganda,, ist eine seit 1790 entstandene geheime Gesellschaft in Paris, welche Schriftsteller und Ermssarienin der verabscheuungs­ würdigen Absicht besoldet: „die Unterthanen gegen ihre Obrigkeit, und Soldaten gegen ihre Officiere, in Aufruhr zu setzen. Alle jetzige Fürsten und ihre Heere suchen sie verläumderisch herabzuwürdigen, und die Blurfahne der Rebellion aufzustecken.

£

189

)

aus dem Dorfe sich sammleten, und durch den feind­

lichen Kugelregen gingen, sich theils beym Kannackerschen theils beym Ferdinandschen Regiment zu uns

anschlossen, und wieder Mit uns Fronte gegen den Feind Machten.

Die Garde und das Regiment

Bornstedt, in welches die feindlichen Kugeln und 'Schwerdter so gräßlich gewüthet hatten- daß einige Kompagnien kaum 30 gesunde Mann zahlten, de-

bandirte sich doch nicht in der Äacht *).

Religion,

Eyd, Mir dem daraus erwachsenden Pflicht- und Ehrgefühl/ hielt den gemeinen Mann stand­

haft bey der Fahne. —

Als der Hochkircher Kirchhof zum zweytenmale ZestürMet würd, und der Major LaNge die angebo­

tene Kapitulation abschlug, sagten brave Gemeine': „daß ist recht, dreymal ist preußische Losungehe sie nicht zurrt drittenmale gestürmt, und wir uns

tapfer gewehret haben, müssen wir uns nicht ergeben." Auch

solche

MuthgesinnungeN

des

gemeinen

Cannes verdienen bemerkt zu werden **). Sie zei*) Das Bornstädtsche Regiment verlohr 800 Mann.

**) Auch kleine Nebenumstände öder Ermunterungen können in der Seele des Officiers und gemeinen Mannes in Schlachtstunden eine Exaltation der Tapferkeit würken. Der Major Lange und einige der Gemeinen, welche sich auf dem Kirchhofe so löwenmüthig wehrten, waren iö Monat vorher in der Leutbener Bataille, mit dem Karlschen Regi­ ment, unter den unglaublich muthigen Streitern

c

>

gen, wie wichtig es ist, in Lriedenszeit da­ für zu »sorgen: daß der gemeine Soldar ein Gorrverrrauendes, seine Officier hochschätzen,

gewesen, »welche den so viel Llutkostenden Leuth, ner Kirchhof endlich« erobert, und dadurch den Gewinnst der Schlacht vollendet hatten. Und nun wollten hier eben diese Preußen zeigen: daß sie ihren Hochkircher Kirchhof noch länger behaupten könnten, als -ie Oestreicher den Leuthener Kirch, Hof vertheidigt hatten. Denn einer dieser gemei­ nen Leute, welcher vom Kirchhofe verwundet zu uns nach Bautzen kam, sagte mir mit einer Art von Triumph: „wir haben uns doch auf dem Hoch­ kircher Kirchhof länger gehalten, als die Oestreicher auf den Leuthener! Hieraus erhellet: daß auch partikulaire Aemulation den Muth der Hochkircher Kirchhofshelden gestählt hat, ihren Posten 6 Stunden lang gegen eine überlegene Macht zu behaupten. Für den Psychologen und Held würde es sehr interessant seyn, wenn ein Augenzeuge oder Mit­ kämpfer das fast übertapfere Betragen des Halli­ schen Regiments, in der Liegnitzer Nachtschlacht, mit reinen Wahrheitsfarben beschriebe. Es stand das Regiment im zweyten Treffen; Officier und der gemeine Mann forderten mit Un­ gestüm, gegen den Feind ins Feuer geführt zu wer­ den. Unaufhaltbar brachen diese Helden wüthend, aber in festgeschloßenen Gliedern hervor. Als eine schäumende Mecreswelle stürzten sie auf den löwenartig angreiffenden Feind. Das laut tönende Feldgeschrey der Hallischen Officiere und Gemeinen war ; „Heute Ehre oder Tod! Ehre verlohren

(

1-l

)

Ves, und die Ehre seiner Armee liebende» Denkungssystem, mit im Kriege bringt. Wie viel können Feldherr«/ — Officiere — und Feldpre« diger — hierzu beytragen!—! Sie müssen aber alle drey vereint an dieser höchst wichtigen Zubereitung zum

Kriege arbeiten. Wie viel fehlet noch hier?— —

V.

Wodurch ist der König so sicher geworden, daß er den Hochkircher Ueberfall gar nicht vermuthet hat? Es wurden dem Könige, im Lande und in der Armee, geheime und laute bittere Vorwürfe gemacht, daß er sich habe überfallen lassen. Za, die Frechheit ging gar so weit, daß von schlechten Kriegesleuten ein Lied gesungen ward, welches man bey schwerer Strafe verbieten mußte; weil es diesen Vorgang auf das Schimpflichste schilderte. Und allgemein war dir Mißbilligung der Sicherheit des Königs. Er selbst wies sich so großmüthig, daß er sich die Schuld bei« maß. Denn der General Geist hatte ihn gegen Abend rapportiren lassen: daß man in der Flanke und alles verlohren! Ehre verkehren alles verlohren!" Mik wechselnd feuerndem und gefälltem Gewehr brachen sie ein, errungen und beschleunigten den hohen, den merkwürdigen, den uavergesiliche» Sieg. — Heißer Durst nach Privatehre des Regi» rnents würkte Hier di« Exaltation der Tapferkeit.—

(

1-l

)

Ves, und die Ehre seiner Armee liebende» Denkungssystem, mit im Kriege bringt. Wie viel können Feldherr«/ — Officiere — und Feldpre« diger — hierzu beytragen!—! Sie müssen aber alle drey vereint an dieser höchst wichtigen Zubereitung zum

Kriege arbeiten. Wie viel fehlet noch hier?— —

V.

Wodurch ist der König so sicher geworden, daß er den Hochkircher Ueberfall gar nicht vermuthet hat? Es wurden dem Könige, im Lande und in der Armee, geheime und laute bittere Vorwürfe gemacht, daß er sich habe überfallen lassen. Za, die Frechheit ging gar so weit, daß von schlechten Kriegesleuten ein Lied gesungen ward, welches man bey schwerer Strafe verbieten mußte; weil es diesen Vorgang auf das Schimpflichste schilderte. Und allgemein war dir Mißbilligung der Sicherheit des Königs. Er selbst wies sich so großmüthig, daß er sich die Schuld bei« maß. Denn der General Geist hatte ihn gegen Abend rapportiren lassen: daß man in der Flanke und alles verlohren! Ehre verkehren alles verlohren!" Mik wechselnd feuerndem und gefälltem Gewehr brachen sie ein, errungen und beschleunigten den hohen, den merkwürdigen, den uavergesiliche» Sieg. — Heißer Durst nach Privatehre des Regi» rnents würkte Hier di« Exaltation der Tapferkeit.—

(

)

•im Rücken des rechten Flügels verdächtige feindliche

Bewegungen bemerke. Der König hatte ihm hierauf

eine harte Antwort gegeben; und der General wagte es nicht, späterhin den König wecken zu lassen, und

diesen Rapport zu wiederholen.

Hierzu kam noch,

daß des Nachmittags gegen.; Uhr ein östreichischer Deserteur anlangte.

Dieser w.r ehmalö Königlicher

Bedienter gewesen.

Wegen seiner mit Windbeuteley

vereinten höchst schlechten Aufführung aber hatte ihn

der König die Trommel umhängen lassen.

Er war

desertirt und zu den Oestreichern gegangen, wo er Offieierbedienter geworden war.

Er kam aber jetzt, wie

er vorgab, aus Liebe für den König wieder, weil er so eben von seinem Herrn vernommen habet „daß

die Hestreicher vorstehende Nacht einen großen Ueber-

fall thun wollten."

Der König hörte ihn Und sagte

zu den neben ihm stehenden AdManten: „der Kerl ist von jeher ei« Windbeutel gewesen; man gebe ihm

zu Essen und Nehme ihn in Verwahr; diese Nacht

sind wir sicher 1" Freylich würde es Unbegreiflich und Unverzeihlich

seyn, wenn nicht große Entschuldigungsgründe eine mächtige Vertheidigung des Königs machten.

Und

da es die moralische Pflicht eines jeden unpar-r chemischen Landcsfreundes ist, feinen lebenden

-der verstorbenen Landeeherrn möglichst zu

vertheidigen, so weit es mir Wahrheit gesche­

hen

c

94

)•

Daun ließ sogleich bett Officier kommens und

sagte ihm: Herr,-Sie verdienen vor der Fronte gehangen zu werden!

Mer es ist Halter doch noch

ein einziges Drittel, ihren Kopf zu retten; dieses

bestehet darin,

daß Sik sich sogleich niedersehen

und schreiben dem König: „t>ie kaiserliche Ar, lnee endigt die Minrerkampagne aus dieser

Seite.

Sie wird sich heute Mittag, diese

Nacht und Morgen durch Böhmen nach Gberschlesien ziehen.

Armee ist Rückmarsch.

Die Bewegung in der Die schwere Artille,

rie und Gepäcke gehet schon heute über

-HerrNhuth und Äirtau nach Böhmen; wir . thun jetzt in dieser Gegend Nichts weiter. Den izteN Dcrober 1758."

Dieses Schreiben, welches mit allen coNveist tionrllen Zeichen der Authentizität versehen war, sandte Daun durch «inen getreuen Spion an den

König, Und dieses veranlaßte die große Sicherheit des Königs. Diese Erzählung des östreichischen Öbrjstlieute,

nants stimmet ganz mit dem überein, was man auch

zu der Zeit zur Entschuldigung des Königs in der Armee sagte.

Denn man konnte gewiß glauben,

daß geheime wichtige Ursachen die Handlungsart des sonst so weisen Monarchen bestimmten. Er glaubte den», eigenhändigen Briefe eines östreichischen

(

19S

)

Gfficiers, dessen Hand et kannte, und dessen Nachrichten et immer.authentisch gefunden

harre.

Er glaubte diesem Officier mehr, als dem

Deserteur, den er schon in Potsdam als Windbeutel gekannt und gestraft hatte.

Und allwissend konnte

der König nicht seyn * die Täuschung zu sehen, oder

auch nur zu ahnden.

Daun spielte diese unerwartete

Kriegslist mit Klugheit und Glück.

Setzet man nun noch das hinzu,

was ich im

Bruchstück gesagt habe, daß der König willens war

am folgenden Tage eine wichtige und fatigante Un­ ternehmung mit der Armee zu thun; so zeigen sich noch mehr Ursachen, warum er für sich und für das

ermüdete Heer nach dreytägigen Nachtunruhen eine Nachtrast nöthig fand.

Vs. Etwas zur Entschuldigung des GenerallieutknantS

von Reßow,

welcher den

Stromberg bey Weissenberg nicht atta-

quirek hak. §)er König hatte dem General den Befehl gegeben,

zweyerley zu thun. Er sollte das Städtchen Weissenberg nebst der dasigen klejne"Brücke besetzen,und den jenseit?

nahe liegenden Stromberg seeupiren. Zur Erreichung

N i

(

19S

)

Gfficiers, dessen Hand et kannte, und dessen Nachrichten et immer.authentisch gefunden

harre.

Er glaubte diesem Officier mehr, als dem

Deserteur, den er schon in Potsdam als Windbeutel gekannt und gestraft hatte.

Und allwissend konnte

der König nicht seyn * die Täuschung zu sehen, oder

auch nur zu ahnden.

Daun spielte diese unerwartete

Kriegslist mit Klugheit und Glück.

Setzet man nun noch das hinzu,

was ich im

Bruchstück gesagt habe, daß der König willens war

am folgenden Tage eine wichtige und fatigante Un­ ternehmung mit der Armee zu thun; so zeigen sich noch mehr Ursachen, warum er für sich und für das

ermüdete Heer nach dreytägigen Nachtunruhen eine Nachtrast nöthig fand.

Vs. Etwas zur Entschuldigung des GenerallieutknantS

von Reßow,

welcher den

Stromberg bey Weissenberg nicht atta-

quirek hak. §)er König hatte dem General den Befehl gegeben,

zweyerley zu thun. Er sollte das Städtchen Weissenberg nebst der dasigen klejne"Brücke besetzen,und den jenseit?

nahe liegenden Stromberg seeupiren. Zur Erreichung

N i

(

i?6

)

beyder Absichten war es nothwendig: daß er in der Ger

schwindigkeit denOestreichern denRang nahm. Er kam auch glücklich des Nachmittags bey guter Zeit eine

viertel Stunde früher nach Weissenberg, als ein grö­ ßeres östreichisches Detaschement zur Behauptung

dieses Städtchens erschien, und den Uebergang über den kleine» Fluß von den Preußen besetzet fand. Zscjoxv meldete dieses vergnügt dem König; er for­ derte aber noch eine ansehnliche Verstärkung, wem»

er den Stromberg forschiren und mainteniren sollte. Er bekam eine Verstärkung, aber bey ihrer Ankunft

hatte der Feind den Stromberg so mächtig mit Ka­ nonen und Mannschaft besetzt, daß kein Angriff konnte gewagt werden. Denn schon vor Mitternacht

war der wachsame Prinz v. Baden mit seinem gan­ zen Korps auf dem Stromberg erschienen.

Die Ge-

wishett hievon war. durch mehrere Deserteurs be­

stätiget. Eö bleibt also nur die Frager warum der Ge­

neral nicht sogleich bey seiner Ankunft, da der Berg noch gar nicht oder wenig besetzet war, die Kö­

nigliche Ordrt befolgt hat?

Hierauf antworteten

einsehende preußische unpartheyische Generals: Re, yoro habe gefurcht, es möchte ihm und feinem

Lorps der Stromberg eben das «erden, wa»

der Mopsberg bey Görlitz im vorjährigen un­ glücklichen -Herbst 17^7 dem braven General

c 197 ) Winterfeldt und dem hier unnütz aufgeopfer-

ten Bataillonen geworden war *).

Und dieses

wäre für Retzow so vielmehr zu befürchten gewesen,

da der ganze östreichische rechte Flügel diese Attaque

habe unterstützen können.

Zumal da der vor ihm

bey Reichenbach stehende kluge und tapfere Prinz

von Baden Durlach ihn habe von Hinten angrei­

sen und seine Lage gefährlicher machen können, als es ihm vor dem König verantwortlich geschienen. Ich bin kein militairischer Richter; melde aber

lieber das Wahre historisch, was ich zu Reyows Ent­

schuldigung von seinen Freunden gehört habe; als

was ihm seine Feinde aus Haß nachsagten.

Denn

da er Generalintendant von allen Magazinen war, so konnte er nicht den Bedürfnissen und Haabsucht

aller durch Ueberfiuß an Fourage genügen.

Zumal

da Königlicher Befehl und die Zeitumstanoe strenge

Oekonomie nöthig machten. Und nach dem einstimmigen Urtheil der Freunde

und Feinde hatte er den Rückzug von Weissenberg meisterhaft gemacht.

Denn sobald er in der Nacht

-qs Feuer des zwey Stunden von ihm entlegenen

*) Der König hatte es sehr gemißbilliget, daß sein größter Liebling, der brave General von Winter­ feld, sich opiniatriret hatte, den Berg zu behaupten, dessen Avgrif durch die davorstehende ganze feind­ liche Heereskraft konnte unterstützet werden, und ihm und viel braven Leuten das Leben kostete.

(

i?8

)

preußische« rechten Flügels losgehen sahe, riefer sein Korps sogleich in die Waffen.

Er hielt Kriegerath.

Zn diesem vermuthete man, daß der Angriff auf das

Retzowsche Korps würde gerichtet seyn.

Zn solcher

Vermuthung glaubten sich der General Rebentifd)

und Werner so vielmehr bestärkt, da das kayserliche Löwensteinsche und Ahrembergsche Korps sie angriff.

Aber Reyow behauptete-standhaft das Gegentheil. Er sagte: „MeineHerren, ich betrüge mich gewiß nicht.

Der Hauprangriff des Feindes gilt uns jetzt

noch nicht; die mächtigste Attaque ist auf des König«

rechten Flügel und zieht sich schon in die Mitte. Un«

sucht der Feind hier nur mit seinen schwachen Angrift

fen zu amüsiren,

Bleiben wir noch eine Stunde hier

stehen, so sind wir von der Armee abgeschnitten. Wir müßen dem König auf dem linken Flügel zu Hülfe

eilen. „ Dies geschah urplötzlich, mit so viel Ordnung

und Kontenanze, daß, ohnerachtet der Prinz »ott

Baden den Stromberg beseht harte, Prinz Löwen« stein und Herzog von Ahremberg mit dreyßig Ba­ taillonen ihn anzufallen und abzuschneiden suchten; sie seinen Heldenmarsch nicht hemmen konnten.

Und

es war Triumph für ihn, als er unterweges die Kö«

niglicheDrdre bekam, sich schnell nach der Gegend von

Bautzen zu ziehen,

Benn er hatte glücklich den Wil­

len des Königs errathen. Ein aufsteigender Nebel und hohle Wege begünstigten die Mannheit dieses preußft

(

*99

)

schen Korps, welches sich unter unaufhörlichen An­

griffen, sogar mit Erhaltung seiner Bagage, auf den bestimmten Platz hinkämpfte, woxe den bewunderten Rückzug des Königs deckte,

Ein Theil des Korps

besetzte schnell die berühmten Spitzbexge vor Bautzen: denn diese tfatte der König zu seinem neuen dem Fein­ de trotzenden Lager exkohren.

Der größte Theil eilte

unserm linken Flügel zu Hülfe, und gab dem trüben Tage einen heitern Auegang.

Der König hatte selbst

das Kommando übernommen und Reyow den De­ gen verlohnn,

'

Die im Bruchstück angezeigte Betrübniß des Ge­ nerals, milderte der gerechte unb gütige König bald nachher dadurch; daß er ihm vor dem Heldenmarsch

nach Neisse den Degen wiedergab,

C 100 ) VII. Der König steht nach der Schlacht auf dem Hügel vor Bautzen. Was er hier gedacht

und gethan hat? *) * - Pellens quicquid sibi summa, petenti abstaret• -Pier stand er, auf dem kleinen grünen Hügel, von dessen Gipfel er den Rest feines kleinen Heeres im Thal,

*) Es ist im Bruchstück erwähnet, daß der König, vom Schlachtfelde kommend, auf der Areckryitzee Anhöhe, nahe vor dem Feind, festen Fuß gefetzet hat. Vielleicht ist es für einige Leser nicht unange, nehm, hier eine kleine Schilderung des Großen zu lesen, was Friedrich binnen einer Stunde auf biefem Hügel gethan har. Noch jetzt, nach zwey und dreyßig Jahren werde ich mit lebhafter Bewunderung eingenommen. Gern sahe ich es, daß der Zufall mir beym Abgänge vom bluti­ gen Lumultfelde den ersten Ruheplatz auf die­ sem Hügel anwieß, wo ich den größten Mann sei­ nes Zeitalters so nahe konnte handeln sehen. Der Herr von «tat, welcher von 1758 bis fast zum Lode des Monarchen Vorleser, und immer naher edler Beobachter gewesen, war auch hier auf diesem Hügel mit mir Genosse dieser lehrreichen Stunde. Dieser gelehrte und moralischwürdige Mann hat mir kürzlich eröffnet, daß er jetzt beschäftigt ist: das in Ordnung zu bringen, was er aus dem ihm ei­ genthümlichen Gesichtspunkte im Leben des Königs Bcmerkungswerthes niedergeschriebcu hat. Erst bann, wenn diese Handschrift die Publizität erbal-

(

101

)

Und das von seinem siegenden Feinde besetzte hohe

Schlachtfeld überschauen konnte.

Er stand vor einem

gedrängten halben Kreiß von Generalen und Helden. Alles schwieg.

Man druckte sich still dieHände, man

zuckte anfangs die Achsel; man sahe traurig nachdem Blutfelde hin; aber es endete sich mit einem leisen,

dann lauttönendcn Gott Lob! daß der König lebt l

Sein -Haupthaar war ungewöhnlich schön ftk sirt.

Vorbeymarschtrende Grenadiere sagten unter

sich: „das ist brav, er sieht so schön und munter

«us, als wenn er erst mit uns auf den Exercier/ platz gehen wollte. „

Sein ruhiges Gesicht verscheuchte dieSchreckensbilder, welche die Niederlage bey den Muthigen und

Feigen erzeugt hatte oder erzeugen konnte.

Durch

seine ernsthaft freundlichen Blicke schloß er die Thü­ ren der Furchtsamkeit, und öffnete das Thor, durch welches schnell gestärkter Muth in die Seelen seiner

Krieger einziehen konnte.

Er jagte die Furcht aus

seinem neuen Lager, und trieb sie in das Heer der feindlichen Sieger zurück. Die Leutseligkeit seiner Stimme erweckte Liebe And Vergnügen;

denn jeder befürchtete scheltende

ten kann; wird das immer unvollkommen bleibende Gemälde Friedrichs des Zweyten mehr Wahrheit empfangen. Schmeichler, VcrläumLcr und Unkundige stellen «s der Welt mir manchen falschen Zügen dar«

( ryr

)

Ausbrüche ungnädiger Vorwürfe.

Aber nein! Er

sprach im Ton eines ernsthaft gütigen Feldherrn.

Seine Augen schwebten in wechselnden Scharf,

blicken auf den Feind und auf den Rest seines vorbey­ ziehenden Heeres,

Nur minutenweise sahe er, mit

beyden Händen auf die Krücke gelehnt, vor sich nie­

der, und dann bemerkt? man sehr deutlich, haß sein Geist stark arbeite. Denn h'ier war es, wo seine Seele den großen Operariynsplan für den neuen Schauplatz schuf,

auf welchem er, das Heer und der Staat jetzt stand, und aus weichen er gehen sollte. Sein Vorhersehungs-

vermSgen rückte ihm schnell die Möglichkeiten dex

Zukunft vors Auge,

Seine slrtheilskraft wählte,

mit geschwinder Dedachtsamkeit, die beste Entschlie­ ßung.

Ehe er dm Hügel verließ, war alles bey

ihm schnell, klug, muthig und vest beschloßen, was

er auf jeden Fall thun wollte.

Noch wüste er nicht,

pb der Feind seinen Sieg träge vernachläßigen, oder

mit Tapferkeit nutzen ror.be, — Man denke sich, wie vielumfassend diese zwey entgegengesetzten Plane

waren,

Wie er sich in Daune, Laudons und Lascys

Denkart eindenken, daraus Vermuthungen ziehen,

kalkuliren, vnh sich auf jeden der möglichsten Fälle mit Hülfsmitteln waffnen mußte! —>

find daß fein Geist alles dieses vor dem Herab­

steigen vom Hügel bearbeitet hatte, ist redende Wahr-


6 )

vm. Warum ich nicht sogleich beym ersten Anfang

des nächtlichen Ueberfalls vom Schlacht«

felde entstehen bin?*) hierauf ist kürz meine Antwort: weil ich durch

die Lluchr mein Leben nicht zu erhalten hoffen Jeder Feldprediger hat Erlaubniß, während einer Schlackt seinen Sicherheitsorr da zu nehmen, wo er es gutfindet, und das ist auch billig, denn er hat roe* der Beruf noch Waffen zum blutigen Angrif oder Vertheidigung. Es würde auch zum Schaden der Gesunden und Kranken gereichen, wenn er sich ohne Noth in Verwundungs- oder Lebensgefahr setzen müste. Und wenn er es thäte, so wäre es strafbare Verwegenheit. Es ist auch nicht nöthig, daß er Lis zum wirk, licken Anfang des Treffens bleibt. Denn aberqläubische Einsegnungen beym Anfang der Schlacht find beyden Preußen nicht gewöhnlich. Zunächst ist der Prediger angewiesen, sich mit dem Unter­ stabe bey der Bedeckung der Bagage zu halten. Weil aber diese bey der preußischen Armee gemei­ niglich nur sehr schwach geschützet, und der feind­ lichen Raubsucht am meisten exponirt ist, so war hier keine zuverlässige Lebenssicherheit zu suchen. Da überdem das kleine preußische Heer gemeinig­ lich während der Schlacht durch die zahlreichen feindlichen Schaaren umzogen wurde, so trat nicht selten der Fall ein, daß dem Feldprediger gar keine Wahl übrig bleibt. Und dann kam es nur darauf an, auf den ihm von der Vorsehung angewie­ senen Platz, die persönlichen Pflichten der Selbst­ erhaltung mit seinen mannhaften Amtspflichten zu vereinen. Er darf dur ch seine Feigheit kein döses Exempel geben. Der jetzt noch lebende sanfte Herr Hofprediger Hahn in Stargardt war

(

sonnte.

207

)

Denn ich sahe mich allenthalben von nahen

und entfernten Feinden umgeben.

Durch die schon

von Kroaten Und Bärmützett - Grenadieren eingenom­

mene Hochkircher Dötsgasse konnte ich nicht zu mei­

nen über dem Dorfe stehenden Pferden und Bagage kommen.

Wäre dieses Möglich gewesen, so würde ich

mich vielleicht auf Mein trefliches Pferd geworfen Und

Sicherheit gesucht haben.

Aber dann würde Tod,

Verwundung oder Gefangenschaft wahrscheinlich mein

Loos geworden seyn. Denn Hätte ich meine Flucht rückwärts genom­

men, so Ware ich gewiß unter die ;r Schwadronen

feindliche mörderisch einhauende Kavallerie gerathen.

Hätte ich vor der Fronte meinen Weg gesucht; so wäre ich der Mit kleinem Gewehr Und Geschütz feuern­

den feindlichen großen Armee in Schuß geritten, Die Ohnmöglichkeit übet,

Mein Pfero zu finden,

rettete mich aus der Gefahr, es zu einer gefährlichen Flucht zu gebrauchen.

im Jnly 1757 bey dem Unglücklichen Äusmarsck aus Bbbmen. Als ein übermächtiges östreichichcS Heer bey Gabel und Zittau bas kleine preußische Korps eingeschlvffen, und züM Durchschlagen die Verbrennung der Bagage nöthig ward- muste er seinen Wagen selbst anstccken, und zum, Besten des Allgemeinen mit veraschen sehen. Und dennoch ging er unfeige mit seinen Heidenbrüdern durch die bohlen Wege und Gebüsche, in welchen viel brave Männer ihr Grab fanden.

(

log

)

Und tollkühn würde es von mir gewesen seyn, wenn ich mick) zu Fuße auf flüchtigen Fuß sehen, zwi­ schen wütenden Schwerdtern und mordenden Feuer­ gewehren in Nacht und Nebel herumirrend, hätte flüchten wollen. Die Sorge für mein Leben und mein Pflichtgefühl bestimmten mich also, auf den Plätzen in Reche und Glied zu stehen und zu wallen, wo mich der Leser stehet; wo ich das schuldige Beyspiel der in Gott gefaßten Entschlossen­ heit geben konnte; wo ich die Thaten Gottes und der Helden bewundernd sahe; und wo Gott mein Leben erhalten wollte. Hat dieses etwas beygetragen, den Muth einiger Heldenmänner im fünfstündigen Schlachtkampf zu stärken; so habe ich diesen Lehrplatz nicht gesucht, sondern bin dahin gedränget worden. Zch stand also auf der mir angewiesenen blutigen Feldkanzel. Wenn der Feldherr, Officier, Soldat oder Pre­ diger im Kriege auf einem gefährlichen Lerufsplays stehet, auf welchem ihn Tod, Verwundung oder Ge­ fangenschaft drohet, so muß er den Glauben des braven, gottergebenden und gottvertrauenden Da­ vids haben. Dieser vortrefliche König und Held sagt in seinen göttlich- schönen Kriegesliedern: ob tausend fallen zu meiner Seite; und zehntau­ send zu meiner Rechten; so weiß ich doch, daß mich kein Pfeil, kein Schwerdr und kein Un­

fall treffen kann, wenn mitfy der Allmächtig« bewahren will.

Die

Die Verlagshandlung erbietet sich, gefällige

Bestellung auf folgende Schriften der Herrn Konsistorialrathö Küster anzue nehmen.

stcherer Weg Gott zu gefallen und seelig zu werden. Zwey Theile, aus dem Eng» tischen übersetzt. 8. 1762. 12 gr.

Es ist dieses eine der lehrreichsten Schriften des englischen Bischofs; deren Lesung in England und Deutschland für das wahre theoretische und praktische Christenthum viel Gutes gestiftet hat. 2. pkeuiahrspredigien. 8. 1762. 10 gr. Es ist diesen die bey der Armee gehaltene histo­ risch-moralische Abschiedöpredigc beygefügt.

z. Predigt, welche am ersten Lommunionrage des Prinzen von Preußen, den z isten Januar 1762, im Cabinel Jhro Majestät der Königin über Ps. 61, 6. gehalten worden. 8. 1762. 2 gr. 4. Daß die abgeschiedenen Seelen der Fromme» von ihren Freunden Nachricht haben Eon» nen. 8. 1763. i gr. s. Die (Quellen der öffentlichen und häusliche» Ärmurh. 8. 1771. t gr.

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6. Her Witwen« und Waysenverforgcv; oder Grundsätze, nach welchen dauerhafte Witwen- und WaisensocietäleN auch Sterbekassen gestiftet und verbessert werden können. 4« 1772. >6 gr. Es finden sich hierin die berechneten Tabellen, aus welchen man die vermuthliche Witwenzahl bestimmen kann, und die nöthigen Vorsichtigkeiteregeln, welche tn dieser wichtigen Angel« genheit zu beobachten sind. 7. Sittliches Erziehnngslexieön, oder Erfahrun­ gen und geprüfte Anweisungen, wie Kinder von hohem und Mittlerin Stande zu guten Gesinnun­ gen von Eitern, Lehrern und Kinderfreunden kön­ nen gebildet werden. Erste Probe. 8. 1774. s gr. 8. Biblischer GcschichtskarechisMus, für Kinder von guter Erziehung. 8. 1774- 6gr. Da, dieses Buch alle Häuptbegebenheite», Wahrheiten und Pflichten des alten und neuen Testaments In einer leichte» Lehrart vorträgt; so wird es in Schulen und von Privatlehrern mit Vortheil gebraucht. Und um die Benu­ tzung, zu erleichtern, ist der Preis von 12 gr. auf 6 gr. gemindert» 9. kleine preussische Länderkennrnifi, mit einet Situationskarre aller brandenburgischen Länder, zwey Theile. 8. Magdeburg und Dessau, in der Buchhandlung der Gelehrten; auch in Stendal bey Grosse. 1782. 16 gr. Es sind sämmtliche preußische Länder auf bet illuminltten Karte verzeichnet; und eine An­ weisung gegeben, wie die Lage der Länder dem Gedächtnisse der Zugend sehr leicht eingeprägt. Und die nöthigen geographisch , statistischen Kenntnisse können gegeben werden. Da dieses Buch IM Schulen und bey PrivatUnterweisungen gebraucht wird, so ist der Preis von 1 Gul­ den auf 16 gr. gemildert.

in

jo. Die Religionsgeschichte der vier ersten Jahrtausende von Schöpfung der Welt bis auf die Geburt Christi. 8. 1781. 1 rhlr. (Der Verfasier hat sich genannt.) Es ist dieses eine von geschickten Katechumenen nachgeschriebene Darstellung aller Hauptlehren und Vorschriften, welche Gott zur Zeit der palriarchalischen, mosaischen und prophetischen Pe« tiobe nach und nach bekannt gemacht har: um gute und zufriedene Menschen zu bilden. Bey jedem Zeitraum smd die biblischen Stellen angeführet, aus welchen man siehet, daß diese Wahrheiten schon damals bekannt und nützlich gewesen stnd. Man bekommt dadurch eine Ue# bersichk vom Hauptinhalt des alten Testaments,

ii. Einzelne evangelische und philosophische Dlicke auf die -Hoheit und Nutzbarkeit de» -Heilandes, von Eukrist, - Theile, 8. 1781. 10 gr. Hier wird in 47 kurzen Darstellungen gewiesen, daß sich die Redlichkeit und göttliche Hox heit des Heilandes vor den Augen der unbei fangeneu Vernunft und des guten Herzens höchstschätzenswürdig sinder; auch wie nach und nach ehrliche Forscher des Lebens Christi, ihre Hochschatzung vor ihm und ihre L>ebe zu ihm werden wachsen sehen.

11. Des vortreflichen Religionsverbesserer Fwinglii Anmerkungen über den Evangelisten Mat­ thaus und die Lebensgeschichte Christi. Nebst einer Zeittafel des Lebens Zwinglii. Aus dem Lax reinischen übersetzt, s. 1783. l thlr. i-gr. Es enthalten diese Anmerkungen so viel Lehrreix ches und Erweckendes, daß man diese Schrift des großen Mannes gewiß nicht ohne vermehr­ te Kenntniß und ohne Herzenerührung lesen wird.

rz. Krankheit und TsdeszubereitUttgAridrich TVilhelms des großen Rnrfürften von Bran­ denburg. 8. 1788. r gr. (Der Verfasser hat sich nicht genannt.) Weil es den aysten April 1788. hundert Zähe rvar, daß der kluge Fürst gestorben ist, so ward diese kleine Schrift zu dessen Andenken aufge, setzt. Sie wird noch immer von denen mit Er» bauung gelesen werden, welche zu sehen wün< schen, wie sich ein großer denkender Christ an den nahen Pforten der Ewigkeit musterhaft verhalten kann.