Der Zwangslizenzeinwand gegen Unterlassungsansprüche des Immaterialgüterrechts
 9783737001038, 9783847101031, 9783847001034

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Schriften zum deutschen und internationalen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht

Band 35

Herausgegeben von Professor Dr. Haimo Schack, Kiel, Direktor des Instituts für Europäisches und Internationales Privat- und Verfahrensrecht

Lena Vitols

Der Zwangslizenzeinwand gegen Unterlassungsansprüche des Immaterialgüterrechts

V& R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0103-1 ISBN 978-3-8470-0103-4 (E-Book) Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Studienstiftung ius vivum. Ó 2013, V& R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Druck und Bindung: CPI Buch Bücher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Bedeutung des Unterlassungsanspruchs im Immaterialgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zwangslizenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Immaterialgüterrechtliche Zwangslizenzen . . . . . . . . . . II. Kartellrechtliche Zwangslizenzen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Marktbeherrschende Stellung . . . . . . . . . . . . . b) Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kartellrechtliche Zwangslizenzen in den einzelnen Immaterialgüterrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Patent- und Gebrauchsmusterrecht . . . . . . . . . . b) Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geschmacksmusterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . d) Markenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zwischen immaterialgüter- und kartellrechtlicher Zwangslizenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsfolge einer Zwangslizenz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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19 21 22 23 26 26 27

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29 29 30 31 32

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34 35

6 2. Teil: Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz . . . . . . I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands . . . . . . . . . . . 2. Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwands . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliche Beachtlichkeit des Zwangslizenzeinwands im Patentverletzungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen für die Beachtlichkeit des Zwangslizenzeinwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsgrundlage des Zwangslizenzeinwandes . . . . . . . . . . 1. Missbräuchliche Geltendmachung gemäß § 8 IV UWG . . . . 2. § 853 BGB analog als Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . 3. Kartellrechtsvorschriften als Grundlage für den Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsmissbrauch gemäß § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . III. Einwand der Zwangslizenz gemäß § 242 BGB . . . . . . . . . . 1. Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorliegen eines tauglichen Gegenanspruchs . . . . . . . . . . 3. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Risikozuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorliegen eines unbedingten Angebots des Nutzungswilligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auskunftsanspruch des Nutzungswilligen gemäß § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zeitpunkt der Abgabe des Angebots . . . . . . . . . . . . dd) Kenntnis des Nutzungswilligen von der Nutzung des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Keine Ausnahme im Hochtechnologiebereich . . . . . . . ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektive Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Öffentliche Interessen und Interessen Dritter . . . . . . . 4. Weitere Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlen der Voraussetzungen einer Selbsthilfe gemäß § 229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kein Ausschluss des Einwands analog § 863 BGB . . . . . c) Vereinbarkeit des Zwangslizenzeinwands mit dem TRIPs-Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine Besonderheiten bei Standardpatenten aufgrund von Standardisierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhalt

37 37 38 38 42 42 47 52 52 54 55 56 59 59 59 62 63 64 65 68 72 74 76 76 78 80 80 81 82 84

7

Inhalt

IV. Verfassungsmäßigkeit des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundrechte des Patentinhabers . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundrechte des Patentnutzers . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abwägung der Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hauptsacheklage kein milderes Mittel . . . . . . . . . b) Widerklage kein milderes Mittel . . . . . . . . . . . . c) Einstweilige Verfügung als ebenfalls taugliches Mittel aa) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung . . . . . . . bb) Anforderungen an den Verfügungsgrund . . . . . . . cc) Anwendung der Dringlichkeitsvermutung . . . . . . . (1) Dringlichkeitsvermutung analog § 12 II UWG . . . . (2) Dringlichkeitsvermutung analog § 42a VI 2 UrhG . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einstweilige Verfügung als milderes Mittel . . . . . . aa) Allgemeine Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einstweilige Verfügung als weniger intensiver Eingriff cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfassungswidrigkeit des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Einwand aufgrund einer patentrechtlichen Zwangslizenz . . . .

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86 88 90 92 93 93 95 95 96 100 100 100 102 102 102 103 108

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108 109 109

3. Teil: Der Zwangslizenzeinwand gegen den gebrauchsmusterrechtlichen Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . .

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4. Teil: Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einwand aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz . I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz . . C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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113 114 114 117 121 123

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125 125

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5. Teil: Der Zwangslizenzeinwand gegen den geschmacksmusterrechtlichen Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . A. Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands . . . . . . . . . . . . . B. Keine Entbehrlichkeit des Zwangslizenzeinwands aufgrund § 73 I GeschmMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

Inhalt

6. Teil: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungsverzeichnis

a. A. a. F. Abs. AcP AEUV AfP Amtl. Begr. Anm. AöR Art. AT Az. BayObLG BB Bd. BeckRS BGB BGBl BGH BGHZ BPatG bspw. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwGE bzw. CR ders. DIN DVBl. e.V.

anderer Ansicht alte Fassung Absatz Archiv für die civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Archiv für Presserecht, ab 1994: Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht Amtliche Begründung Anmerkung Archiv des öffentlichen Recht Artikel Allgemeiner Teil Aktenzeichen Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Band Beck-Rechtsprechung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundespatentgericht beispielsweise Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise Computer und Recht derselbe Deutsches Institut für Normung e.V. Deutsches Verwaltungsblatt Eingetragener Verein

10 ebd. EG EGV Einl. EIPR ETSI EU EuGH Eu-GRCharta EUV EuZW EWS

Abkürzungsverzeichnis

ebenda Europäische Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG-Vertrag) Einleitung European Intellectual Property Review European Telecommunication Standards Institute Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Charta der Grundrechte der Europäischen Union Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht – Betriebsberater für Steuerrecht f., ff. folgende FG Festgabe FK Frankfurter Kommentar Fn. Fußnote FRAND fair, reasonable and non-discriminatory FS Festschrift FuR Film und Recht – Zeitschrift des Instituts für Urheber- und Medienrecht GebrMG Gebrauchsmustergesetz GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte GeschmMG Gesetz über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen GewRS Gewerblicher Rechtsschutz GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ggf. gegebenenfalls GGVO Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR Int. Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Internationaler Teil GRUR-RR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report GS Gedächtnisschrift GWB Gesetz vom 26. 8. 1998 gegen Wettbewerbsbeschränkungen Hs. Halbsatz i.E. im Ergebnis i. S. d. im Sinne des i.S.v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit IIC International Review of Intellectual Property and Competition Law InstGE Rechtsprechung der Instanzgerichte zum Recht des geistigen Eigentums ISO International Organization for Standardization JA Juristische Arbeitsblätter JURA Juristische Ausbildung jurisPR-WettbR juris Praxisreport Wettbewerbsrecht JuS Juristische Schulung

Abkürzungsverzeichnis

JZ Kfz LG lit. LMK m.w.N. MarkenG Mitt. MüKo NJOZ NJW NJWE-WettbR NJW-RR NVwZ NZM OLG P/W/W PatG PatR RG RGZ RIW Rn. Rs. Rspr. S. s. o. / u. SchuldR Slg. sog. TRIPS u. a. u. U. UFITA UrhG UrhR UrhWahrnG Urt. UWG v. Var. VerwA

11

Juristenzeitung Kraftfahrzeug Landgericht littera Kommentierte BGH-Rechtsprechung – Lindenmaier/Möhring mit weiteren Nachweisen Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen Mitteilungen der deutschen Patentanwälte Münchener Kommentar Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Entscheidungsdienst Wettbewerbsrecht Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport Zivilrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Oberlandesgericht Prütting/Wegen/Weinreich – BGB Kommentar Patentgesetz Patentrecht Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Rechtssache (beim EuGH) Rechtsprechung Seite siehe oben / unten Schuldrecht Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sogenannte Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums unter anderem unter Umständen Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Urheberrecht Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) Urteil Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Variante Verwaltungsarchiv

12 VG vgl. VO WRP WTO WuW WuW/E z.B. ZGE ZHR zit. ZNR ZPO ZUM ZWeR

Abkürzungsverzeichnis

Verwertungsgesellschaft vergleich Verordnung Wettbewerb in Recht und Praxis Welthandelsorganisation (World Trade Organization) Wirtschaft und Wettbewerb – Zeitschrift für deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht Wirtschaft und Wettbewerb – Zeitschrift für deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht – Entscheidungssammlung zum Beispiel Zeitschrift für Geistiges Eigentum Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für neuere Rechtsgeschichte Zivilprozessordnung Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Wettbewerbsrecht

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/2013 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Oktober 2012 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Haimo Schack für die umfangreiche Betreuung der Arbeit, die schnelle Korrektur und die Aufnahme in die Schriftenreihe »Schriften zum deutschen und internationalen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht«. Darüber hinaus möchte ich Herrn Prof. Dr. Jickeli für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens danken. Der Studienstiftung ius vivum danke ich für den großzügigen Druckkostenzuschuss. Schließlich möchte ich von ganzem Herzen all denjenigen danken, die mich während dieser Arbeit unterstützten und immer ein offenes Ohr hatten. Januar 2013

Lena Vitols

Einführung

A.

Problemstellung

Nahezu jeder Mensch wird täglich mit Immaterialgüterrechten konfrontiert die Gegenstand eines sog. Standards sind, d. h. Rechte, die aufgrund von Marktdurchsetzung oder Normung zu einem Standard geworden sind. So ist beispielsweise jedes neuere Smartphone heutzutage in der Regel UMTS-fähig. UMTS1 ist durch Patente geschützt, welche Gegenstand eines Standards sind. Ebenfalls wird mit Sicherheit jeder Autofahrer früher oder später damit konfrontiert werden, dass an seinem Auto ein sichtbares Ersatzteil ausgewechselt werden muss, beispielsweise der durch einen Unfall beschädigte Kotflügel. An den Ersatzteilen eines Autos hat dessen Hersteller ein Geschmacksmusterrecht. Dieses Ersatzteil des Autos muss aufgrund der spezifischen Funktion und Erscheinungsform in einer ganz bestimmten Art und Weise ausgestaltet sein. Durch diesen Umstand begründet ein solches Geschmacksmusterrecht eine marktbeherrschende Stellung des Rechtsinhabers. Allgemein können allerdings nicht nur Patent- und Geschmacksmusterrechte sondern auch die übrigen Immaterialgüterrechte unter bestimmten Voraussetzungen zu einer marktbeherrschen Stellung des Rechtsinhabers führen. Missbraucht der Rechtsinhaber diese marktbeherrschende Stellung indem er beispielsweise gegenüber einem Nutzungswilligen, der ein UMTS-fähiges neues Smartphone auf den Markt bringen will und daher bei dem Rechtsinhaber um eine Lizenz an dem Patent nachsucht, missbräuchliche Lizenzkonditionen fordert, so kann dies unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Anspruch des Nutzungswilligen auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz führen. Diese kartellrechtlichen Zwangslizenzen sind allerdings nicht die einzigen Ansprüche, die im Rahmen des Zwangslizenzeinwands von Relevanz sind. In vielen Immaterialgüterrechtsgesetzen bestehen Vorschriften, die aus unterschiedlichen Gründen einen Anspruch auf eine sog. immaterialgüterrechtliche 1 Universal Mobile Telecommunications System.

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Einführung

Zwangslizenz begründen. So gewährt beispielsweise im Urheberrecht § 42a UrhG Herstellern von Tonträgern unter bestimmten Voraussetzungen einen Zwangslizenzanspruch an einem Musikwerk, wenn das Nutzungsrecht an diesem Werk bereits einem anderen Tonträgerhersteller eingeräumt wurde. Trotz eines solchen Anspruchs auf eine Zwangslizenz – sei es aus kartell- oder immaterialgüterrechtlichen Gründen – erlangt der Lizenzsucher jedoch kein Nutzungsrecht, sondern »nur« einen Anspruch auf Vertragsschluss. Dies bedeutet, dass der Lizenzsucher bei Verweigerung der Lizenz durch den Rechtsinhaber eine Leistungsklage auf Abschluss eines Lizenzvertrages erheben muss, bevor er das Immaterialgüterrecht nutzen darf. Fängt der Nutzungswillige trotz fehlender freiwilliger oder gerichtlicher Lizenzeinräumung an das Immaterialgüterrecht zu nutzen, so ist diese Nutzung rechtswidrig und dem Rechtsinhaber steht gegenüber dem Nutzer ein Unterlassungsanspruch zu. Seit relativ kurzer Zeit ist in der Rechtsprechung und Literatur die Situation aufgekommen, dass der Nutzungswillige bei Inanspruchnahme auf Unterlassung wegen rechtswidriger Nutzung gegen den Unterlassungsanspruch einwendet, dass der Rechtsinhaber seinen Anspruch nicht erfolgreich durchsetzen könne, weil dem Nutzungswilligen ein Anspruch auf Zwangslizenz zustehe. Mit dieser Konfliktsituation befasst sich die vorliegende Arbeit. Immaterialgüterrechte gewähren ihrem Inhaber ein Ausschließlichkeitsrecht, das diesen dazu befähigt, andere von der Nutzung seines Rechts auszuschließen. Dieses Ausschließlichkeitsrecht ist der Kern des gesamten Immaterialgüterrechts. Demgegenüber steht dem Nutzungswilligen an dem Immaterialgüterrecht allerdings ein Anspruch auf eine Zwangslizenz zu. Besonders in die Diskussion geraten ist der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand im Patentrecht durch die im Jahr 2009 ergangene Entscheidung des BGH »Orange-Book-Standard«.2 In ihr hat der BGH erstmals unter strengen Voraussetzungen den Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch zugelassen. Der Zwangslizenzeinwand wurde zwar bereits vielfach im Patentrecht behandelt, jedoch bestehen bisher lediglich zwei umfassendere Arbeiten die sich mit dem Einwand befassen, allerdings ausschließlich in Bezug auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz gegenüber dem patentrechtlichen Unterlassungsanspruch.3 Kaum behandelt wurde der Einwand, wenn dieser auf einer immaterialgüterrechtlichen Zwangslizenz basiert oder gegenüber einem anderen immaterialgüterrechtlichen Unterlassungsanspruch eingewendet wird, als dem des patentrechtlichen. Darüber hinaus bezieht sich ein Großteil der Rechtsprechung und Literatur ausschließlich auf die Voraussetzungen, die an den Zwangslizenzeinwand zu 2 BGHZ 180, 312 = GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard. 3 Hötte, S. 1 ff.; Maume, S. 1 ff.

Ziel und Gang der Untersuchung

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stellen sind, ohne zu erörtern ob der Einwand überhaupt grundsätzlich zulässig ist. Problematisch an dem Zwangslizenzeinwand ist, dass hierdurch das verfassungsrechtlich geschützte Ausschließlichkeitsrecht des Rechtsinhabers stark eingeschränkt wird. Besonders verwunderlich ist daher, dass die Verfassungsmäßigkeit des Zwangslizenzeinwands bisher noch nicht in Rechtsprechung oder Literatur untersucht wurde. Dies soll u. a. in der vorliegenden Arbeit nachgeholt werden.

B.

Ziel und Gang der Untersuchung

Im Folgenden soll untersucht werden, ob der Zwangslizenzeinwand grundsätzlich zulässig ist. Entscheidend ist letztlich die Interessenabwägung im Rahmen von § 242 BGB, die den verfassungsmäßigen Anforderungen genügen muss. An dieser Stelle soll insbesondere untersucht werden, ob dem Nutzungswilligen verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand mildere Mittel zur Verfügung stehen, um seinen Zwangslizenzanspruch durchzusetzen. Im grundlegenden ersten Teil der Arbeit wird nach der Bedeutung der Unterlassungsansprüche für die Immaterialgüterrechte erörtert, in welchen Bereichen es überhaupt immaterialgüterrechtliche Zwangslizenzen gibt. Es geht allgemein darum, unter welchen Voraussetzungen kartellrechtliche Zwangslizenzen gewährt werden und in welchem Verhältnis diese zu den immaterialgüterrechtlichen Zwangslizenzen stehen. Ersteres ist wichtig, um feststellen zu können, bei welchen Immaterialgüterrechten die kartellrechtlichen Zwangslizenzen überhaupt von Bedeutung sind und ob es solche Zwangslizenzen auch im Markenrecht geben kann. In den nächsten vier Teilen der Arbeit werden die verschiedenen Zwangslizenzeinwände der einzelnen Immaterialgüterrechte behandelt. Hier wird insbesondere untersucht, ob die beim patentrechtlichen Unterlassungsanspruch gewonnenen Erkenntnisse auf die übrigen immaterialgüterrechtlichen Unterlassungsansprüche übertragen werden können.

1. Teil: Grundlagen

A.

Die Bedeutung des Unterlassungsanspruchs im Immaterialgüterrecht

Das Immaterialgüterrecht umfasst alle Rechte, die an unkörperlichen geistigen Gütern bestehen. Diese Güter können in der Regel auf eine bestimmte Person zurückgeführt werden, haben jedoch eine von deren Persönlichkeit ablösbare selbstständige Erscheinungsform angenommen.4 Zu diesen Immaterialgüterrechten zählt der gesamte Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, der den Schutz des geistigen Schaffens auf gewerblichem Gebiet umfasst, mit dem Patent-, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht und dem Markenrecht.5 Der Begriff des Immaterialgüterrechts umschließt auch das Urheberrecht. Im Gegensatz zu den gewerblichen Schutzrechten liegt beim Urheberrecht die geschützte geistige Leistung nicht auf gewerblichem, sondern auf kulturellem Gebiet.6 Von dem Immaterialgüterrecht streng zu unterscheiden sind die einzelnen Immaterialgüter. Bei ihnen handelt es sich um Erzeugnisse geistigen Schaffens, die sich auf irgendeine Art und Weise ideell oder materiell nutzen lassen.7 Diese Immaterialgüter werden erst dadurch zu einem Immaterialgüterrecht, dass sie von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugeordnet und somit als Rechtsobjekt verfügbar gemacht werden.8 Die Unterlassungsansprüche des Immaterialgüterrechts sind in § 97 I 1 UrhG, §§ 14 V, 15 IV MarkenG, § 139 I PatG, § 24 I GebrMG, § 42 I 1 GeschmMG enthalten. 4 Kohler, S. 1; Schönherr, FS Troller, S. 59; Schack, Rn. 19; Ilzhöfer/Engels,Rn. 6; Ahrens, Rn. 19; Peukert, FS Schricker, S. 149, 151. 5 Götting, § 1 Rn. 1; Ilzhöfer/Engels, Rn. 5; Ahrens, Rn. 24. 6 Schack, Rn. 2; Ilzhöfer/Engels, Rn. 6. Zum auf Josef Kohler zurückgehenden Begriff des Immaterialgüterrechts vgl. auch Klippel ZNR 1982, 132 ff. 7 Ilzhöfer/Engels Rn. 2; Schack, Rn. 20; Schönherr, FS Troller, S. 62. 8 Schack, Rn. 21.

20

Grundlagen

Den Einwand der Zwangslizenz gegen die Unterlassungsansprüche des Immaterialgüterrechts zuzulassen, stellt einen gravierenden Eingriff in die Rechte des Immaterialgüterrechtsinhabers dar. Um die Auswirkungen dieses Einwands auf die Immaterialgüterrechte vollständig erfassen zu können, ist zunächst herauszuarbeiten, welche Bedeutung der Unterlassungsanspruch für ein Immaterialgüterrecht hat. Hieraus könnten sich Konsequenzen für die Zulässigkeit des Einwandes ergeben. Bei den Immaterialgüterrechten handelt es sich um absolute Rechte, die ihrem Inhaber ein positives Benutzungsrecht und ein negatives Ausschließungsrecht gewähren. Dieses Ausschließungsrecht befähigt den Inhaber dazu, Dritten die Nutzung seines Rechts zu untersagen.9 Dem dient der Anspruch auf Unterlassung. Wurde bereits in die Rechte des Schutzrechtsinhabers eingegriffen, stehen diesem zur Kompensation seiner erlittenen Einbußen daneben auch Ansprüche auf Schadensersatz10 und auf Beseitigung11 zu. Dazu kommen unter den jeweiligen Voraussetzungen Auskunfts-12, Vernichtungs-13 und Entschädigungsansprüche.14 Im Patentrecht wird dem Patentinhaber darüber hinaus auch ein Entschädigungsanspruch bei Verletzungen während des Anmeldeverfahrens gewährt (§ 33 I PatG). Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird vermutet, wenn bereits in das Recht eingegriffen wurde, solange nicht besondere Umstände diese Vermutung widerlegen.15 Da der Unterlassungsanspruch aber schon bei Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr durchgesetzt werden kann und die übrigen Ansprüche erst nach einer Verletzung des Schutzrechts geltend gemacht werden können, werden die Immaterialgüterrechte im negativen Bereich primär durch den Unterlassungsanspruch geschützt, der damit von wesentlicher Bedeutung für die Immaterialgüterrechte ist.16 Im Urheberrecht hingegen gibt es einige Fälle, in denen dem Urheber der 9 Schack, Rn. 4; Ilzhöfer/Engels, Rn. 13; Ahrens, Rn. 22. 10 vgl. § 97 II 1 UrhG, § 139 II PatG, § 24 II GebrMG, § 42 II 1 GeschmMG,§§ 14 VI, 15 V MarkenG. 11 § 97 I 1 UrhG, für das Patent und Gebrauchsmuster § 1004 BGB analog, § 42 I 1 GeschmMG, § 144 IV MarkenG. 12 § 101 UrhG, § 140b PatG, § 24b GebrMG, § 46 GeschmMG, § 19 MarkenG. 13 § 98 I UrhG, § 140a PatG, § 24a GebrMG, § 43 I GeschmMG, § 18 I MarkenG. 14 § 100 UrhG, § 33 PatG, § 45 S. 1 GeschmMG. 15 BGH GRUR 2000, 605, 607 – comtes/ComTel; BGH GRUR 1994, 394 – Bilanzanalyse; Ahrens, Rn. 303, 689; Schmid-Petersen, in: Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, Rn. 164; Kraßer, PatR, S. 870; Eichmann/von Falckenstein, GeschmMG, § 42 Rn. 13; Ingerl/ Rohnke, MarkenG, vor § 14 – 19, Rn. 53; Rogge/Grabinski, in: Benkard, PatG, § 139 Rn. 28; Bodewig GRUR 2005, 632. 16 So auch Schmid-Petersen, in: Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, Rn. 164; Schönherr, FS Troller, S. 64; Uhrich ZGE 2009, 59, 62, der vom Unterlassungsanspruch als Kern des Ausschließlichkeitsrechts spricht.

Zwangslizenzen

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Unterlassungsanspruch versagt wird und an dessen Stelle ein Vergütungsanspruch tritt. In diesen Fällen ist das Urheberrecht nicht als Ausschließungsrecht ausgestaltet, sondern als bloßer gesetzlicher Vergütungsanspruch. Auf diese Weise wird die Werkherrschaft des Urhebers durch einen Kompensationsanspruch ersetzt.17 Zu solchen Beschränkungen des Ausschließlichkeitsrechts zählen die Vergütungsansprüche in §§ 20b II, 26, 27 I, II 1, 45a II 1, 46 IV, 47 II 2, 49 I 2, 52 I 2, II 2, 52a IV 1, 52b Satz 3, 53a II 1, 54, 54c UrhG. Bei diesen Fallgestaltungen muss jedoch beachtet werden, dass es sich lediglich um Ausnahmen von dem Grundsatz handelt, wonach dem Urheber das Recht zusteht, andere von der Nutzung seines Werkes auszuschließen. Diese Verweisung des Urhebers auf einen bloßen Vergütungsanspruch wurde damit begründet, dass in bestimmten Ausnahmefällen das öffentliche Interesse an einer ungehinderten Nutzung das Interesse des Urhebers derart überwiegt, dass die Werke der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden müssen und der Urheber lediglich eine angemessene Vergütung verlangen kann.18 Solche Ausnahmen gibt es auch in anderen Bereichen des Immaterialgüterrechts, etwa im Patentrecht bei der Anordnung von Zwangslizenzen i. S.v. § 24 PatG. Hier ist allerdings zu beachten, dass bei § 24 PatG die Nutzung grundsätzlich erst nach der freiwilligen oder zwangsweisen Einräumung der Lizenz vorgenommen werden darf, während bei den gesetzlichen Vergütungsansprüchen im Urheberrecht die Nutzung ohne Rücksicht auf eine Zustimmung des Urhebers erlaubt ist. Bei diesen Beschränkungen des Ausschließlichkeitsrechts handelt es sich allerdings um eng begrenzte Ausnahmefälle. Von ihnen abgesehen wird auch im Urheberrecht dem Urheber ein negatives Ausschließungsrecht gewährt. Damit kann auch im Urheberrecht von einer wesentlichen Bedeutung des Unterlassungsanspruchs ausgegangen werden.

B.

Zwangslizenzen

Die vorliegende Arbeit befasst sich ausschließlich mit der Frage, inwiefern die Möglichkeit besteht, gegen die Unterlassungsansprüche des Immaterialgüterrechts den Einwand der Zwangslizenz zu erheben. Hierfür ist jedoch vorab ein kurzer Überblick19 nötig, bei welchen Immaterialgüterrechten und unter welchen Voraussetzungen es immaterialgüterrechtliche oder kartellrechtliche 17 Schack, Rn. 4. 18 BVerfGE 31, 229, 243 – Kirchen- und Schuldgebrauch; 49, 382, 400 – Kirchenmusik; 79, 29, 41 – Vollzugsanstalten; Kirchhof, FS Zeidler S. 1655; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 197a; Söllner, FS Traub, S. 374. 19 Für eine ausführliche Darstellung der Voraussetzungen siehe u. a. Wolff, S. 23 ff.; Meinberg, S. 45 ff.; Pohl, S. 8 ff.; Kraft, Zwangslizenz, S. 25 ff.; Hötte, S. 38 ff; Rauda, S. 74 ff.

22

Grundlagen

Zwangslizenzen gibt. Die dem Schutzrechtsinhaber dabei vorgeworfenen Verhaltensweisen können für die spätere Interessenabwägung im Rahmen des § 242 BGB relevant werden. Bei einer Zwangslizenz wird dem Nutzer eines Immaterialgüterrechts ohne oder gegen den Willen des Schutzrechtsinhabers die Befugnis eingeräumt, dieses Recht in einer bestimmten Weise zu nutzen.20 Hierbei müssen zwei verschiedene Arten von Zwangslizenzen unterschieden werden: die immaterialgüterrechtlichen und die kartellrechtlichen Zwangslizenzen.

I.

Immaterialgüterrechtliche Zwangslizenzen

Die immaterialgüterrechtlichen Zwangslizenzen sind ausdrücklich in den Immaterialgüterrechtsgesetzen geregelt. Hierzu zählen § 24 PatG, § 20 GebrMG i. V. m. § 24 PatG, §§ 42a, 87 V, 5 III 2 und 3 UrhG, § 11 I UrhWahrnG. Vergleichbare Regelungen sind weder im Markenrecht noch im Geschmacksmusterrecht enthalten. Im Patent- und Gebrauchsmusterrecht ist die Zwangslizenz einschlägig, wenn das öffentliche Interesse die Erteilung der begehrten Nutzung der Erfindung gebietet. Hierbei reicht allerdings nicht irgendein öffentliches Interesse. Vielmehr muss das öffentliche Interesse das des Patentinhabers deutlich überwiegen.21 Ein hinreichendes öffentliches Interesse liegt nicht vor, wenn dieses mit im Wesentlichen gleichwertigen Produkten befriedigt werden kann.22 Zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses können insbesondere technische, wirtschaftspolitische, sozialpolitische und medizinische Gesichtspunkte führen.23 Durch die Zwangslizenz des § 24 PatG wird dem Patent- bzw. Gebrauchsmusternutzer eine privatrechtliche Benutzungserlaubnis erteilt.24 Die Zwangslizenzerteilung wirkt allerdings nur für die Zukunft25 und gewährt dem Nutzer nicht das Recht, Dritten eine Benutzung zu gestatten oder zu verbieten.26 Gemäß § 24 VI 4 PatG erhält der Patentinhaber als Gegenleistung einen Anspruch auf Vergütung. In der Praxis wird das Rechtsinstitut der patent- und auch der gebrauchsmusterrechtlichen Zwangslizenz als kaum von Bedeutung ange20 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1063, zum Patentrecht. 21 BGH GRUR 1996, 190, 192 – Polyferon; BGHZ 160, 67, 72 = GRUR 2004, 966, 967 – StandardSpundfass; Scheffler GRUR 2003, 97, 99. 22 BGH GRUR 1996, 190, 193 – Polyferon; BGHZ 160, 67, 72 – Standard-Spundfass. 23 BGH GRUR 1996, 190, 193 f. – Polyferon; BGHZ 160, 67, 72 – Standard-Spundfass; Rogge, in: Benkard, PatG, § 24 Rn. 17; Mes, PatG, § 24 Rn. 15. 24 Kraßer, PatR, S. 838. 25 Vgl. § 24 VI 1 PatG. 26 Kraßer, PatR, S. 838; Rogge, in: Benkard, PatG, § 24 Rn. 28.

Zwangslizenzen

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sehen.27 Die bislang einzige vom BPatG gewährte Zwangslizenz nach § 24 PatG wurde vom BGH wieder aufgehoben.28 Aus dieser Entscheidungspraxis kann jedoch nicht auf die praktische Bedeutungslosigkeit des § 24 PatG geschlossen werden. Tatsächlich entfaltet er eine wichtige präventive Funktion.29 Im Urheberrecht stellt sich die Lage ähnlich dar. §§ 42a, 87 V, 5 III UrhG und § 11 I UrhWahrnG gewähren Zwangslizenzen, deren Regelungsgrund wettbewerbs- und kulturpolitischer Art sind.30 § 42a UrhG will Monopole einzelner Tonträgerhersteller an bestimmten Musikwerken, nach § 42a V UrhG einschließlich der mit ihnen verbundenen Texte, verhindern.31 § 42a UrhG greift allerdings nicht ein, wenn die Nutzungsrechte von einer Verwertungsgesellschaft, hier von der GEMA, wahrgenommen werden, § 42a I 1 Hs. 1 UrhG. In diesem Fall greift der Kontrahierungszwang der Verwertungsgesellschaft gemäß § 11 UrhWahrnG. Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift mag infolgedessen relativ gering sein,32 doch hat sie wie § 24 PatG eine präventive Funktion.33 Bereits die Existenz dieser Vorschrift hat eine abschreckende Wirkung und fördert damit die Lizenzierungsbereitschaft.34 § 87 V UrhG legt Sende- und Kabelunternehmen einen wechselseitigen Kontrahierungszwang auf, um eine Kabelweitersendung zu ermöglichen. Die Rechte der Sendeunternehmen werden in der Regel nicht durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen, so dass der Kontrahierungszwang des § 11 II UrhWahrnG nicht greift.35 § 87 V UrhG hat deshalb eine größere praktische Bedeutung als § 42a UrhG. Eine weitere Zwangslizenz ist in § 5 III 2 und 3 UrhG vorgesehen, wenn sich ein privates urheberrechtliches Werk zu einer (DIN-)Norm entwickelt hat.

II.

Kartellrechtliche Zwangslizenzen

Von hoher praktischer Bedeutung ist die kartellrechtliche Zwangslizenz. Dies zeigt besonders die Entscheidung »Orange-Book-Standard« des BGH.36 Eine 27 Scheffler GRUR 2003, 97, 98; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 98; Kraßer, PatR, S. 834; Kübel, S. 93; Beier GRUR 1998, 185, 189. 28 BPatG GRUR 1994, 98 ff. – Polyferon; BGH GRUR 1996, 190 ff. – Polyferon. 29 Kraßer, PatR, S. 834; Rogge, in: Benkard, PatG, § 24 Rn. 4; Demaret GRUR Int. 1987, 1, 2; Straus GRUR Int. 1996, 179, 201. 30 Schack, Rn. 897; hinsichtlich der Wettbewerbspolitik auch Jung ZWeR 2004, 379, 404. 31 Kraft, Zwangslizenz, S. 71; Schack, Rn. 897; Dreier/Schulze, UrhG, § 42a, Rn. 1; Melichar, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 42a Rn. 1. 32 Wandtke/Bullinger, UrhG, § 42a Rn. 4; Melichar, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 42a Rn. 1; Schaefer/Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, § 42a Rn. 4. 33 Schack, Rn. 899; anscheinend auch: Dreier/Schulze, UrhG, § 42a Rn. 3. 34 Schack, Rn. 899. 35 Vgl. OLG Dresden GRUR 2003, 601 – Kontrahierungszwang. 36 BGHZ 180, 312 – Orange-Book-Standard.

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Grundlagen

Zwangslizenz aus kartellrechtlichen Gründen kommt in Betracht, wenn der Inhaber des Immaterialgüterrechts eine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Das Immaterialgüterrecht ist einer Kontrolle durch das Kartellrecht nicht entzogen.37 Zwischen dem Kartellrecht und dem Immaterialgüterrecht besteht ein natürliches Spannungsverhältnis.38 Dieses Spannungsverhältnis entsteht dadurch, dass die Zielsetzungen der beiden Rechtsgebiete einander auf den ersten Blick widersprechen. Das Kartellrecht zielt grundsätzlich darauf ab, einen funktionierenden Wettbewerb zu gewährleisten.39 Demgegenüber verschafft das Immaterialgüterrecht dem Rechtsinhaber eine Monopolstellung.40 Durch diese Monopolstellung wird der Wettbewerb aber nicht beschränkt.41 Vielmehr wird dadurch erst ein Markt geschaffen, auf dem Wettbewerb um Immaterialgüterrechte stattfinden kann.42 Dieses immaterialgüterrechtliche Monopol kann nicht ohne Weiteres mit einem kartellrechtlichen Monopol gleichgesetzt werden.43 Zu einem solchen wird das immaterialgüterrechtliche Monopol erst, wenn es aus der Sicht der Nachfrager kein anderes Recht gibt, durch welches das benötigte Immaterialgüterrecht substituiert werden kann.44 Bei einer Anwendung des Kartellrechts auf das Immaterialgüterrecht ist zu beachten, dass die bloße Ausübung eines Ausschließlichkeitsrechts, wie es die Immaterialgüterrechte gewähren, noch keinen Missbrauch im Sinne des Kartellrechts darstellt, dass vielmehr besondere Umstände hinzutreten müssen, um einen Missbrauch zu begründen.45 Eine andere Betrachtungsweise würde gegen den Zweck eines Ausschließlichkeitsrechts verstoßen, der gerade darin besteht, andere von der Nutzung des Rechts ausschließen zu können. Durch die Gewährung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz werden die 37 Jan Bernd Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GWB, § 1 Rn. 204; Jan Bernd Nordemann GRUR 2007, 203, 204; Heinemann GRUR 2008, 949, 951 und in GRUR 2006, 705, 706; Wielsch, S. 173; Mennicke ZHR 160 (1996), 626, 648; Jung ZWeR 2004, 379, 382; a. A. Beier, FS Quack, S. 32; Jabbusch, S. 3; Kübel, S. 188. 38 Schwarze ZUM 2003, 1, 16; Götting JZ 1996, 307, 308; Osterrieth, Rn. 327; Jaecks/Dörner, FS Säcker, S. 97; Jung ZWeR 2004, 379, 380; Casper ZHR 166 (2002), 685, 686. 39 Emmerich, Kartellrecht, § 1 Rn. 1; Bunte, S. 4; Ernsthaler/Bock GRUR 2009, 1. 40 Wolff, S. 131; Casper ZHR 166 (2002), 685, 686; Conde Gallego GRUR Int. 2006, 16, 17; Weck NJOZ 2009, 1177; Spindler/Apel JZ 2005, 133. 41 Wolff, S. 131. 42 Wolff, S. 131. 43 Wolff, S. 132; Kraft, Zwangslizenz, S. 48, 49; vgl. auch Böck, S. 53; Mailänder, FS Schmidt, S. 279; Götting JZ 1996, 307, 308; v. Welser EWS 2004, 314; Conde Gallego GRUR Int. 2006, 16, 17; Conde Gallego, S. 68 f. 44 Ullrich/Heinemann, in: Immenga/Mestmäcker, EG/Teil 2, GRUR B Rn. 42. 45 Ständige Rspr., EuGH 05. 10. 1988, Rs. 238/87, Slg. 1988, 6211 Rn. 7, 8 – Volvo/Veng; 06. 04. 1995 Rs. C-241/91, Slg. 1995, I-743 Rn. 49 – Magill; 29. 04. 2004 Rs. C-418/01, Slg. 2004, I5039, 5081 – IMS Health; vgl. auch Conde Gallego GRUR Int. 2006, 16, 18; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407, 413.

Zwangslizenzen

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Ausschließlichkeitsrechte des Immaterialgüterrechtsinhabers stark eingeschränkt. Es bedarf insofern einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die kartellrechtliche Zwangslizenz ableiten lässt. Weder den Vorschriften des europäischen noch des deutschen Kartellrechts lässt sich eine direkte Regelung der kartellrechtlichen Zwangslizenz entnehmen. Ihre gesetzliche Grundlage wurde von der Rechtsprechung und Literatur entwickelt und ergibt sich aus § 33 I GWB i. V. m. Art. 102 AEUV (ex Art. 82 EGV) bzw. §§ 19, 20 GWB. Zweifelhaft an dieser Anspruchsgrundlage könnte sein, dass § 33 GWB keine direkte Regelung zur Erteilung einer Zwangslizenz als Sanktion eines rechtswidrigen Wettbewerbsverhaltens enthält. Allgemein sieht das GWB keine Regelungen vor, die einen Kontrahierungszwang unmittelbar zum Gegenstand haben. Es ist jedoch mittlerweile anerkannt, dass der Schadensersatzanspruch des § 33 I GWB als Rechtsfolge zu einem Kontrahierungszwang und damit zu einem Anspruch auf Erteilung einer Zwangslizenz führen kann.46 Dabei ist zu beachten, dass ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Bereich des Immaterialgüterrechts nicht zwangsläufig zur Gewährung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz führt. Dies ist lediglich dann der Fall, wenn der Missbrauch nur durch Erteilung einer Lizenz kompensiert werden kann und wenn bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorschriften des europäischen Kartellrechts, namentlich Art. 101 AEUV (ex Art. 81 EGV), gelten in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar.47 Dem europäischen Kartellrecht wird jedoch trotz des Anwendungsvorrangs des europäischen Rechts vor dem nationalen Recht kein genereller Vorrang vor den nationalen Immaterialgüterrechten eingeräumt.48 Die unmittelbare Geltung des europäischen Kartellrechts wird durch Art. 1 VO 1/ 200349 bestätigt. Sie begründet für die Gerichte der Mitgliedstaaten die Pflicht, die Regelungen des europäischen Kartellrechts von Amts wegen zu beachten.50 Allerdings ist das Verhältnis des nationalen zum europäischen Kartellrecht problematisch.51 Jedenfalls im Verhältnis von Art. 102 AEUV und deutschem Kartellrecht gilt der grundsätzliche Vorrang des Gemeinschaftsrechts.52 Inner46 BGHZ 180, 312 – Orange-Book-Standard; BGH WuW/E BGH 2683, 2687 – Zuckerrübenanlieferungsrecht; Wolff, S. 132; Jung ZWeR 2004, 379, 385; Dittmann, S. 182. 47 EuGH 20. 09. 2001 Rs. C-453/99, Slg. 2001, I-6297 Rn. 23 – Courage/Crehan; De Bronett WuW 2009, 899, 900. 48 EuGH 06. 04. 1995 Rs. C-241/91, Slg. 1995, I-743 Rn. 28 – Magill; Schwarze EuZW 2002, 76; Lober GRUR Int. 2002, 7. 49 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrages niedergelegten Wettbewerbsregeln. 50 De Bronett WuW 2009, 899, 901, m. w. N. zur Rspr. des EuGH; BVerfG NJW 1988, 1459, 1462; BVerfG NJW 1992, 964; Wolff, S. 149. 51 Vgl etwa Emmerich, Kartellrecht, § 3 Rn. 57 ff.; Rehbinder, FS Immenga,S. 303 ff. 52 Emmerich, Kartellrecht, § 3 Rn. 76.

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Grundlagen

halb des Verbotes von Art. 102 AEUV besteht kein Raum für abweichende nationale Vorschriften.53 Dagegen bleiben Missbrauchsverbote im nationalen Recht, die parallel zu denen des europäischen Rechts ausgestaltet sind, anwendbar, Art. 3 I 2 VO 1/2003, § 22 III 1 GWB. Strengere nationale Verbote, die über das Missbrauchsverbot des Art. 102 AEUV hinausgehen, können allerdings unter bestimmten Voraussetzungen angewandt werden.54

1.

Voraussetzungen

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit dem Nutzer des Immaterialgüterrechts ein Anspruch auf Erteilung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz zusteht, ist gesetzlich nicht normiert. Diese Voraussetzungen wurden im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung entwickelt.55 Grundvoraussetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz nach § 33 I GWB i. V. m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB ist, dass der Inhaber des Immaterialgüterrechts seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt. a) Marktbeherrschende Stellung Wie bereits dargestellt, führt ein Immaterialgüterrecht nicht automatisch zu einer marktbeherrschenden Stellung.56 Vielmehr müssen bestimmte Umstände gegeben sein, damit eine marktbeherrschende Stellung überhaupt in Betracht kommt. Dies ist dann der Fall, wenn das Immaterialgüterrecht eine wesentliche Einrichtung (essential facility) darstellt, also nicht substituierbar oder Gegenstand technischer Standards oder Normen geworden ist.57 Für die Bestimmung der marktbeherrschenden Stellung kommt es lediglich auf denjenigen Markt58 an, auf dem die Lizenz für das entsprechende Immaterialgüterrecht angeboten 53 EuGH 16. 11. 1977, Rs. C-13/77, Slg. 1977, 2115 – GB-INNO/ATAB;Emmerich, Kartellrecht, § 3 Rn. 76. 54 § 22 III 3 GWB. Da eine umfassende Darstellung dieser Voraussetzungen den Rahmen dieser Arbeit übersteigen würde, soll an dieser Stelle lediglich verwiesen werden auf: Emmerich, Kartellrecht, § 3 Rn. 77; Rehbinder, FS Immenga, S. 303 ff. m. w. N. 55 Vgl. hierzu u. a. EuGH 06. 04. 1995 Rs. C-241/91, Slg. 1995, I-743– Magill; Rs. C-418/01, Slg. 2004, I-5039 – IMS Health; BGHZ 160, 67 – Standard-Spundfass. 56 BGHZ 160, 67, 73 – Standard-Spundfass; Heinemann GRUR 2006, 705, 706; Rombach, FS Hirsch, S. 312; Beier, FS Quack, S. 29; Podszun JURA 2010, 437, 439; Möhring GRUR 1952, 469, 470. 57 BGHZ 160, 67, 77 – Standard-Spundfass; Ohly GRUR Int. 2008, 787, 793 f.; Rombach, FS Hirsch, S. 312; Höppner ZWeR 2010, 395, 409. 58 Die Bestimmung des relevanten Marktes erfolgt mit Hilfe des Bedarfsmarktkonzepts. Danach ist auf die geringe Austauschbarkeit der Produkte, die wegen ihrer Eigenschaften zur Befriedigung eines gleichbleibenden Bedarfs gleichermaßen geeignet sind, aus der Sicht der Marktgegenseite abzustellen; vgl. BGHZ 170, 299, 305 = GRUR 2007, 520, 522 – National Geographic II.

Zwangslizenzen

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wird. Bei den Immaterialgüterrechten muss zwischen zwei verschieden Märkten unterschieden werden: Dem Markt, auf dem die Lizenz als solche angeboten wird, und dem nachgelagerten Markt, auf dem die mittels des Immaterialgüterrechts hergestellten Produkte vertrieben werden.59 Da es im vorliegenden Zusammenhang jedoch um die Erteilung von Zwangslizenzen geht und auf dem nachgelagerten Markt nicht diejenigen Mitbewerber auftreten, die eine Lizenz nachfragen, sondern vielmehr nur die Endabnehmer der fertigen Produkte, kann es hier nur auf den Markt ankommen, auf dem die Lizenzen für die Immaterialgüterrechte vertrieben werden.60 b) Missbrauch Eine missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung i. S. d. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB ist bei zwei Verhaltensweisen des Schutzrechtsinhabers denkbar. Zum einen könnte ein Missbrauch vorliegen, wenn sich der Inhaber des Immaterialgüterrechts generell weigert, an seinem Recht Lizenzen zu erteilen. Zum anderen ist es auch denkbar, dass der Schutzrechtsinhaber lediglich bestimmten Marktteilnehmern Lizenzen einräumt, jedoch ohne sachlichen Grund andere Interessenten von der Nutzung des Immaterialgüterrechts ausschließt. Im ersten Fall stellt das bloße Verweigern einer Lizenz noch keinen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung dar. Eine andere Betrachtungsweise würde das ausschließliche Benutzungsrecht des Immaterialgüterrechts obsolet machen, das zu den Vorrechten des Inhabers gehört.61 Es müssen vielmehr »außergewöhnliche Umstände«62 vorliegen, damit von einem Missbrauch ausgegangen werden kann. Der EuGH hat hierfür Bedingungen entwickelt, die für einen Missbrauch kumulativ vorliegen müssen: Erstens muss die Lizenz eine Erfindung, Muster oder Werk betreffen, dessen Nutzung für die beabsichtigte Tätigkeit des Lizenzsuchenden unverzichtbar ist. Zweitens muss durch die Lizenzverweigerung das Auftreten eines neuen Produkts verhindert werden,63 für das eine potentielle Nachfrage besteht, und drittens darf die Lizenzverweigerung 59 Spindler/Apel JZ 2005, 133, 135; Eilmannsberger EWS 2003, 12, 16; Bartl, S. 80; Lober GRUR Int. 2002, 7, 11 f.; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 689; Käller, S. 53 f. 60 Eilmannsberger EWS 2003, 12, 16; Rombach, FS Hirsch, S. 313. 61 EuGH Rs. 238/87, Slg. 1988, 6211, 6235 – Volvo; Rs. C-241/91 P und C-242/91 P, Slg. 1995, I808, 823 – Magill. 62 EuGH, Rs. C-418/01, Slg. 2004, I-5039, 5082 – IMS Health; Rs. C-241/91 P und C-242/91 P, Slg. 1995, I-808, 823 – Magill. 63 Für dieses Erfordernis auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 01. 2011, Az. I-2 U 92/10, Rn. 72 ff.; Höppner GRUR Int. 2005, 457, 463; Wilhelmi WRP 2009, 1031, 139 f.; Semrau, S.143 ff.; zur Entbehrlichkeit dieses Kriteriums vgl. Kühnen, FS Tilmann, S. 519 f.; Müller EuZW 1998, 232, 236; Mennike ZHR 160 (1996) 626, 653; Markert WuW 1995, 560, 564; Deselaers EuZW 1995, 563, 565.

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Grundlagen

nicht gerechtfertigt sein.64 Darüber hinaus muss die Verweigerung der Lizenz geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf dem abgeleiteten Markt auszuschließen.65 Eine Lizenzverweigerung verstößt dann nicht gegen das Missbrauchsverbot, wenn objektive Gründe für die Weigerung des Schutzrechtsinhabers vorliegen, die jeweils anhand des Einzelfalls geprüft werden müssen.66 Wenn eine Lizenz generell verweigert und somit keinem Dritten ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, geht es um Verstöße gegen Art. 102 AUEV. Daneben kommt ein Verstoß gegen § 19 GWB aufgrund dieser Verhaltensweise aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in Betracht. Da es sich bei einem Immaterialgüterrecht nicht um ein Netz oder um eine Infrastruktureinrichtung handelt,67 findet § 19 IV Nr. 4 GWB keine Anwendung. Umstritten ist insoweit, ob dennoch auf § 19 I GWB zurückgegriffen werden kann. Gute Gründe sprechen dafür, einen Rückgriff auf die Generalklausel abzulehnen, da der Gesetzgeber gerade die Immaterialgüterrechte aus dem Anwendungsbereich dieses Regelbeispiels herausnehmen wollte.68 Hierdurch werde der Wille des Gesetzgebers deutlich, die Immaterialgüterrechte ganz aus den Anwendungsbereich des § 19 GWB herauszunehmen, da andernfalls keine Gesetzesänderung hätte ergehen müssen, wenn die Rechtsfolge des § 19 GWB über Abs. 1 dennoch auf die Immaterialgüterrechte erstreckt wird.69 Hat der marktbeherrschende Immaterialgüterrechtsinhaber bereits Wettbewerbern eine Lizenz erteilt, kann er gegen Art. 102 AEUV und § 20 I GWB verstoßen, wenn er anderen Wettbewerben zu vergleichbaren Konditionen eine Lizenz verweigert. Darüber, wann eine solche Diskriminierung vorliegt, besteht keine Einigkeit. Das Ausschließlichkeitsrecht ermächtigt den Immaterialgüterrechtsinhaber gerade dazu, nur einzelnen, ausgewählten Bewerbern eine Lizenz zu erteilen.70 Es bedarf also wiederum zusätzlicher Umstände, um einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV bzw. § 20 I GWB annehmen zu können.71 In einem solchen Fall sind die Umstände des Einzelfalls genau abzuwägen.72 Eine Ungleichbe64 EuGH, Rs. C-418/01, Slg. 2004, I-5039, 5082 – IMS Health; Bartosch RIW 2007, 908, 911. 65 EuGH, Rs. C-418/01, Slg. 2004, I-5039, 5082 – IMS Health; Deselaers WuW 2008, 179, 181; Bartosch RIW 2007, 908, 911. 66 Kühnen, FS Tilmann, S. 522. 67 BT-Drucks. 13/9720, S. 79 f.; Bechtold, in: Bechtold, GWB, § 19 Rn. 88; Götting, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GWB, § 19 Rn. 90; Weyer, in: FK, § 19 Rn. 1038. 68 BT-Drucks. 13/9720, S. 79 f.; vgl. auch LG Düsseldorf InstGE 10, 66, Rn. 119 ff. – Videosignal Codierung III; LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2122 – MPEG 2-Standard; Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 19 Rn. 195. 69 Wolff, S. 135 f.; Kübel, S. 258; Busche, FS Tilmann, S. 654 f.; Rombach, FS Hirsch, S. 317 f.; a. A. Bechtolsheim/Bruder WRP 2002, 55, 62; Casper ZHR 166 (2002), 685, 705; Nägerle/ Jacobs WRP 2009, 1062, 1065; Jung ZWeR 2004, 379, 390; Höppner ZWeR 2010, 395, 412 f. 70 BGHZ 160, 67, 76 – Standard-Spundfass; Bechtold, in: Bechtold, GWB, § 20 Rn. 47. 71 BGHZ 160, 67, 76 – Standard-Spundfass, in Bezug auf § 20 GWB. 72 Rombach, FS Hirsch, S. 319; Heinemann ZWeR 2005, 198, 203.

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handlung kann dabei allerdings nicht nur in der ungerechtfertigten vollständigen Lizenzverweigerung des Lizenzsuchers gegenüber anderen Lizenznehmern bestehen, sondern auch in der Forderung schlechterer Lizenzkonditionen.73 Eine solche Forderung allein begründet jedoch noch keine Zwangslizenz. Vielmehr besteht ein solcher Kontrahierungszwang nur dann, wenn ein angemessenes Angebot des Lizenzsuchenden abgelehnt wurde und diese Ablehnung den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt.74 Ob eine Ungleichbehandlung im Einzelfall gerechtfertigt ist, beurteilt sich nach einer Abwägung der konkreten widerstreitenden Interessen.75 Darüber hinaus hat der BGH in seiner Entscheidung »Orange-Book-Standard« eine neue Fallgruppe des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung geschaffen. Ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung soll danach auch in der Durchsetzung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs liegen können.76 Dies ist allerdings nur in den Fällen anzunehmen, in denen das marktbeherrschende Unternehmen bereits im Vorwege die Nutzungswilligen mit der Weigerung diskriminiert, einen ihm angebotenen Patentlizenzvertrag abzuschließen oder sie mit dieser Weigerung unbillig behindert.77

2.

Kartellrechtliche Zwangslizenzen in den einzelnen Immaterialgüterrechten

a) Patent- und Gebrauchsmusterrecht Am wenigsten problematisch stellt sich das Vorliegen einer kartellrechtlichen Zwangslizenz im Patent- und Gebrauchsmusterrecht dar. Schutzgegenstand des Patent- und Gebrauchsmusterrechts ist die Erfindung, vgl. § 1 I PatG, § 1 I GebrMG. Eine solche Erfindung kann dann zu einer marktbeherrschenden Stellung führen, wenn sich diese entweder am Markt aufgrund ihrer technischen Überlegenheit oder aufgrund eines zeitlichen Vorsprungs von alleine durchgesetzt hat oder aufgrund überlegener Marktmacht des Patentinhabers als technischer Standard durchgesetzt wurde.78 Solche Patente oder Gebrauchsmuster werden de-facto-Standards genannt.79 Darüber hinaus kann ein Patent oder 73 Rixen, in: FK, § 20 Rn. 193, 230; Bunte, S. 314, 317; Wolff, S. 147; Markert, in: Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 20 Rn. 150. 74 BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. 75 Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 20 Rn. 129; Nothdurft, in: Langen/Bunte, GWB, § 20 Rn. 122; v. Ungern-Sternberg, FS Odersky, S. 987 ff., der sich auf § 26 a. F. (= im Wesentlichen heute § 20 GWB) bezieht; Schockenhoff, FS Bechtold, S. 427 ff. 76 BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard. 77 BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard. 78 Kübel, S. 7 ff.; Fräßdorf, S. 23 f. 79 Kübel, S. 9; Bekkers/Liotard EIPR 1999, 110, 113 f.

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Grundlagen

Gebrauchsmuster zu einer marktbeherrschenden Stellung führen, wenn es durch ein Standardisierungsverfahren80 zu einer technischen Norm geworden ist.81 Diese Stellung kann dann nach den oben genannten Grundsätzen missbraucht werden. b) Urheberrecht Vergleichbar ist die Lage im Urheberrecht, wenn es um eine kartellrechtliche Zwangslizenz gegenüber dem Urheber geht. Das vom Urheberrecht geschützte Werk kann wie die Erfindung Gegenstand einer technischen Norm werden, sei es durch Marktdurchsetzung oder durch Normung.82 Diese kartellrechtlichen Zwangslizenzen sind auch im Urheberrecht von hoher praktischer Relevanz. Dies zeigt sich besonders an den EuGH-Entscheidungen »Magill«83 und »IMS Health«84. Auch Verwertungsgesellschaften können kartellrechtswidrig handeln, gegenüber den Verwertern, den Rechtsinhabern oder anderen Verwertungsgesellschaften. Relevant ist hier allerdings nur das Verhalten gegenüber den Verwertern, da nur dieses zu einer kartellrechtlichen Zwangslizenz führen kann. Die meisten Verwertungsgesellschaften haben in ihrem Tätigkeitsbereich ein faktisches Monopol.85 Eine solche Monopolstellung soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch aufrechterhalten werden, damit die Verwertungsgesellschaften aufgrund eines möglichst großen Repertoires in einer Hand effektiv und wirtschaftlich arbeiten können.86 In der Regel wird die Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften auch zu einer marktbeherrschenden Stellung i. S.v. Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB führen.87 Fraglich ist, ob neben dem Kontrahierungszwang des § 11 UrhWahrnG überhaupt noch Raum für eine Zwangslizenz aus kartellrechtlichen Gründen ist. Gemäß § 11 II UrhWahrnG gelten die 80 Solche Standardisierungen erfolgen u. a. durch DIN Deutsches Institut für Normung e.V., ETSI, ISO; hierzu ausführlich Kübel, S. 11 ff. 81 Fräßdorf, S. 24; Kübel, S. 7 ff.; Weck NJOZ 2009, 1177, 1184; Conde Gallego GRUR Int. 2006, 16, 24; Barthelmeß/Gauß WuW 2010, 626, 627. 82 Kübel, S. 72; für Datenbanken vgl. EuGH, Rs. C-418/01, Slg. 2004 I-5039, 5082 – IMS Health; und für ein Urheberrecht an Fernsehprogrammen EuGH,Rs. C-241/91, Slg. 1995, I-743 Rn. 49 – Magill. 83 EuGH, Rs. C-241/91, Slg. 1995, I-743 Rn. 49 – Magill. 84 EuGH, Rs. C-418/01, Slg. 2004, I-5039, 5082 – IMS Health. 85 Dreier/Schulze, UrhG, vor § 1 UrhWahrnG Rn. 4; Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 11 UrhWahrnG Rn. 1; v. Lewinski, FS Schricker, S. 404. Anders im Filmbereich, s. Schack, Rn. 1314, 1331. 86 Amtl. Begr. UFITA 46 (1966), 271, 274 f.; Dreier/Schulze, UrhG, vor § 1 UrhWahrnG Rn. 4; Held FuR 1980, 71, 72. 87 EuGH GRUR Int. 1973, 86, 88 – GEMA; Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 11 UrhWahrnG Rn. 3; Arnold/Rehbinder UFITA 118 (1992), 203, 205 f.; Lux WRP 1998, 31, 34; Pickrahn, S. 17 ff.; Reinbothe, S. 164 ff.

Zwangslizenzen

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Nutzungsrechte als eingeräumt, wenn eine Einigung über die Höhe der Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte nicht zustande kommt und wenn die Vergütung in Höhe des vom Nutzer anerkannten Betrages an die Verwertungsgesellschaft gezahlt und in Höhe des darüber hinausgehenden streitigen Teils unter Vorbehalt an die Verwertungsgesellschaft gezahlt oder zu ihren Gunsten hinterlegt worden ist. Dieser Kontrahierungszwang verhindert, dass die Verwertungsgesellschaft ein kartellrechtswidriges Verhalten durch Lizenzverweigerung begehen kann. Der Lizenzsucher wird angesichts § 11 II UrhWahrnG durch eine Weigerung der Verwertungsgesellschaft nicht an der Nutzung des Werkes gehindert. Trotz der Regelung des § 11 II UrhWahrnG besteht daneben noch Raum für eine kartellrechtliche Kontrolle nach dem AEUVund dem GWB.88 So ist denkbar, dass die Verwertungsgesellschaft gegenüber dem einen Verwerter andere Lizenzkonditionen fordert als gegenüber anderen Verwertern. In solchen Fällen ist eine kartellrechtliche Zwangslizenz wegen Diskriminierung i. S.v. Art. 102 AEUV, § 20 I GWB denkbar über einen Kontrahierungszwang nach § 11 II UrhWahrnG hinaus. c) Geschmacksmusterrecht Kartellrechtliche Zwangslizenzen können auch im Geschmacksmusterrecht relevant werden. Die größte praktische Bedeutung kommt hier den Geschmacksmustern an sog. Must-Match-Teilen zu. Hierunter werden die sichtbaren Ersatzteile z. B. eines Kfz verstanden, deren Form aufgrund ihrer spezifischen Funktionen und Erscheinungsformen nicht durch andere Teile ersetzbar sind.89 Ein Geschmacksmusterrecht an solchen Must-Match-Teilen begründet eine marktbeherrschende Stellung des Geschmacksmusterrechtsinhabers.90 Wird diese Stellung missbraucht, so kommt eine kartellrechtliche Zwangslizenz in Betracht. Diese Must-Match-Teile sind allerdings streng von den sog. MustFit-Teilen abzugrenzen. Bei letzteren handelt es sich um Muster, die zwangsläufig in ihrer genauen Form und ihren genauen Abmessungen nachgebildet werden müssen, damit diese mit einem anderen Erzeugnis verbunden werden können, sog. Verbindungselemente.91 Solche Teile sind gemäß § 3 I Nr. 2 Ge88 BGH GRUR 1970, 200 – Tonbandgeräte-Importeur ; Reinbothe, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 24 UrhWahrnG Rn. 4; Jan Bernd Nordemann GRUR 2007, 203, 215. 89 Conde Gallego GRUR Int. 2006, 16, 23; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407, 413; Eichmann GRUR Int. 1996, 859, 869; Riehle GRUR Int. 1993, 49, 62; Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, § 73 Rn. 6; Riehle, FS Mailänder, S. 186; Wandtke/Ohst GRUR Int. 2005, 91, 97. 90 EuGH 05. 10. 1988, Rs. 238/87, Slg. 1988, 6211 Rn. 7, 8 – Volvo/Veng; 05. 10. 1988, Rs. 53/87, Slg. 1988, 6039, 6073 – Renault; Conde Gallego GRUR Int. 2006, 16, 23 f.; Riehle GRUR Int. 1993, 49, 62; Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, § 73 Rn. 6. 91 BT-Drucks. 15/1075, S. 34; Berlit GRUR 2004, 635, 637; Günther/Beyerlein, GeschmMG, § 3

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Grundlagen

schmMG, Art. 8 II GGVO vom Geschmacksmusterschutz ausdrücklich ausgeschlossen. In Abgrenzung zu den Must-Fit-Teilen müssen die Must-Match-Teile zwar zur Herstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes eines komplexen Erzeugnisses in einer bestimmten Form gefertigt werden, jedoch ist bei ihnen die Gesamtgestaltung nicht zwingend vorgegeben.92 Solche Must-Fit-Teile sind im Rahmen des Zwangslizenzeinwandes aufgrund ihres Ausschlusses vom Geschmacksmusterschutz daher nicht relevant. d) Markenrecht Anders ist das im Markenrecht. Hier besteht keine Möglichkeit der Erteilung einer Zwangslizenz.93 Die wesentliche Funktion der Marke besteht darin, Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens zu kennzeichnen und sie dadurch von solchen anderer Unternehmen unterscheidbar zu machen, sog. Herkunftsfunktion.94 Daneben vermittelt die Marke u. a. auch Qualitätsvorstellungen, die den Verbraucher dazu bewegen können, diese Produkte solchen anderer Marktteilnehmer vor zu ziehen. Damit dient das Markenrecht auch dazu, einen unverfälschten Wettbewerb zu ermöglichen.95 Würden Zwangslizenzen an Markenrechten gewährt, so würde dies den Wettbewerb verfälschen; es wäre dem Verkehr nicht mehr möglich, die Produkte einem bestimmten Unternehmen (dem Markeninhaber) zuzuordnen. Eine Zwangslizenz würde zu einer Irreführung über die Herkunft des Produkts führen.96 Damit wäre die Anordnung einer Zwangslizenz an einer Marke nicht nur mit den Funktionen des Markenrechts unvereinbar,97 sondern auch mit der Aufgabe des Kartellrechts, die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs zu schützen.98 Zwar erlaubt § 30 MarkenG dem Markeninhaber, anderen Wettbewerbern eine Lizenz an seiner Marke einzuräumen. Damit verbleibt das Risiko, dass unter der lizenzierten Marke etwa qualitativ geringwertigere Produkte vertrieben werden, jedoch beim Markeninhaber. Denn dieser kann sich seine Lizenznehmer selber aussuchen. Bei Zwangslizenzen hingegen könnte der Markeninhaber

92 93 94 95 96 97 98

Rn. 10; Kur GRUR 2002, 661, 664; Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, § 3 Rn. 13; Götting, GewRS, § 40 Rn. 14, 16; Bulling/Langöhrig/Hellwig, Rn. 136. BT-Drucks. 15/1075, S. 34; Günther/Beyerlein, GeschmMG, § 3 Rn. 11; Berlit GRUR 2004, 635, 637; Götting, GewRS, § 40 Rn. 16; Bulling/Langöhrig/Hellwig, Rn. 175. Im einzigen ersichtlichen Fall wurde in den USA in erster Instanz eine Zwangslizenz an der Marke »ReaLemon« erteilt, die jedoch durch ein Urteil des Court of Appeal wieder verworfen wurde; vgl. dazu Beier GRUR 1998, 185, 187; Mühlendahl GRUR Int. 1976, 534. EuGH, Slg. 1990, I-3711, 3715 – Hag II; Beier GRUR 1998, 185, 187; Götting, GewRS, § 47 Rn, 1 f. Lang, S. 30; Kreutzmann WRP 2006, 453, 454; Lange WRP 2003, 323, 324; Lange, Markenrecht, § 1 Rn. 11. Beier GRUR 1998, 185, 187; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407; Wolff, S. 54. Staehelin, S. 103 f.; Schmidt-Pfitzner, in: Busche/Stoll, TRIPs, Art. 21 Rn. 2. Vgl. Emmerich, Kartellrecht, § 1 Rn. 1; Wimmer/Müller, S. 162.

Zwangslizenzen

33

sich seine Lizenzpartner nicht aussuchen und die Markenfunktionen, speziell die Herkunftsfunktion, wären gefährdet. Entsprechend verbietet Art. 21 TRIPs ausdrücklich Zwangslizenzen an Markenrechten. Könnte ein Dritter seine Produkte aufgrund einer Zwangslizenz mit einer fremden Marke versehen, so käme es gegenüber den Konsumenten zu einer Irreführung über die Herkunft der Produkte.99 Das TRIPs-Abkommen ist kein selbstständiger völkerrechtlicher Vertrag, sondern integraler Bestandteil des WTO-Übereinkommens.100 Dieses TRIPs-Abkommen ist seit dem 01. 01. 1995 für Deutschland in Kraft.101 Fraglich ist jedoch, wie das TRIPS-Abkommen zur Anwendung gelangt, ob sich einzelne Personen unmittelbar auf das TRIPs-Abkommen berufen können oder ob sich die Normen lediglich an den Gesetzgeber wenden und im Übrigen nur die Auslegung des nationalen Rechts beeinflussen. Eine unmittelbare Anwendung des TRIPs-Abkommens setzt voraus, dass die entsprechende Norm inhaltlich bestimmt und ausreichend konkret ist.102 Sowohl die europäischen als auch die deutschen Gerichte haben eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften des TRIPs-Abkommens bisher abgelehnt.103 Damit hätte das TRIP-Abkommen nur insoweit Auswirkungen auf die nationalen Vorschriften, als diese TRIPs-konform auszulegen sind.104 Doch wird auch vertreten, dass die Vorschriften des TRIPs-Abkommens in der deutschen Rechtsordnung unmittelbar anwendbar seien.105 Zumindest im Hinblick auf das Verbot von Zwangslizenzregelungen in Art. 21 TRIPs ist diese Regelung auch hinreichend inhaltlich bestimmt und ausreichend konkret. Einer endgültigen Entscheidung bedarf es vorliegend jedoch nicht. Zumindest müssen die nationalen Vorschriften und damit § 33 GWB dahingehend TRIPs-konform ausgelegt werden, dass diese Norm im Bereich des Markenrechts nicht zur Gewährung einer Zwangslizenz führen kann, sondern nur zu Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen. Eine Zwangslizenz im Bereich des Markenrechts ist nicht mit Art. 21 TRIPs vereinbar.106 Darüber hinaus werden im Markenrecht auch die kartellrechtlichen Voraussetzungen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung kaum je99 100 101 102 103

Schmidt-Pfitzner, in: Busche/Stoll, TRIPs, Art. 21 Rn. 2; Kur GRUR Int. 1994, 987, 996. Drexl GRUR Int. 1994, 777, 778; Hermes, S. 28 f. BGBl. 1994 II, S. 1730; vgl. auch Braun GRUR Int. 1997, 427 f. Schmidt-Pfitzner, S. 205. Vgl. EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Slg. 2000, I-11307, 11324 – Dior ; BGHZ 150, 377, 385 = GRUR 2002, 1046, 1048 – Faxkarte. Aus der Literatur Koikkara, S. 77; a. A. Ridder, S. 243. 104 Ingerl/Rohnke, MarkenG, Einl. Rn. 23. 105 Jedoch jeweils differenzierend nach den entsprechenden Normen: Schmidt-Pfitzner, S. 209; Drexl GRUR Int. 1994, 777, 785; für eine Beachtlichkeit auch auf europäischer Ebene Petersmann EuZW 1997, 325, 327. 106 Ströbele/Hacker, MarkenG, § 30 Rn. 6; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407, 413.

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Grundlagen

mals gegeben sein. Die Ressource könne nur schwerlich allein durch die Kennzeichnung unerlässlich werden.107 Fast immer wird die begehrte Marke durch eine andere Bezeichnung oder durch einen abgrenzenden Zusatz substituierbar sein.108 Eine Ausnahme soll jedoch für Formmarken gelten.109 Bei ihnen sind allerdings die Schutzhindernisse des § 3 II MarkenG zu beachten. Hiernach sind solche Zeichen nicht schutzfähig, die durch die Art der Ware selbst bedingt sind, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind oder die der Ware einen wesentlichen Wert verleihen. Unter Beachtung dieser Schutzhindernisse erscheint es höchst fraglich, ob eine Formmarke jemals unerlässlich im Sinne einer marktbeherrschenden Stellung werden kann. Aber selbst dann kann dies aus den zuvor genannten Gründen zu keinem Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz führen. Vielmehr wird der Anspruchsinhaber in diesem Fall lediglich auf Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche nach § 33 I, III GWB verwiesen. Folglich ist im Markenrecht eine Zwangslizenz aus kartellrechtlichen Gründen kategorisch ausgeschlossen.

III.

Verhältnis zwischen immaterialgüter- und kartellrechtlicher Zwangslizenz

Es sind Fallgestaltungen denkbar, in denen ein Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz sowohl aus immaterialgüterrechtlichen als auch aus kartellrechtlichen Gründen in Betracht kommt. Dann stellt sich die Frage, in was für einem Verhältnis diese Zwangslizenzen zueinander stehen und ob das Eingreifen der einen die Anwendung der anderen Zwangslizenz ausschließt. Wie gezeigt, haben die immaterialgüter- und die kartellrechtlichen Zwangslizenzen unterschiedliche Voraussetzungen. Die kartellrechtliche Zwangslizenz wird wegen eines kartellrechtswidrigen Verhaltens des Patentinhabers gewährt. Dagegen ist die patentrechtliche Zwangslizenz gemäß § 24 PatG einschlägig, wenn das öffentliche Interesse die Erteilung einer solchen Lizenz gebietet. Wegen dieser unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielsetzungen herrscht im Patentrecht die Dualismustheorie,110 sodass beide Rechtsinstitute nebeneinander anwendbar sind. Somit wird 107 108 109 110

Höppner GRUR Int. 2005, 457, 460; Wolff, S. 175. Wolff, S. 175. Höppner GRUR Int. 2005, 457, 460; Heutz, S. 74 und 108. BGHZ 160, 67, 72 – Standard-Spundfass; Casper ZHR 166 (2002), 685, 688; Böck, S. 74 ff.; Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 19 Rn. 219, 259 und Markert, ebd. § 20 Rn. 248; Heinemann ZWeR 2005, 198, 201; ders., Immaterialgüterschutz, S. 169 m.w.N.; Rogge, in: Benkard, PatG, § 24 Rn. 19.

Rechtsfolge einer Zwangslizenz

35

durch die patentrechtliche Zwangslizenz nach § 24 PatG eine Zwangslizenz aus kartellrechtlichen Gründen nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt für die urheberrechtlichen Zwangslizenzen. Zwar dienen §§ 42a, 87 V, 5 III 2 und 3 UrhG dazu, Monopolbildungen in bestimmten Fallkonstellationen zu verhindern, sodass diese einen gewissen kartellrechtlichen Bezug aufweisen.111 Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Vorschriften der urheberrechtlichen Zwangslizenzen die Vorschriften des Kartellrechts verdrängen, vielmehr sind beide nebeneinander anwendbar.112

C.

Rechtsfolge einer Zwangslizenz

Die Rechtsfolge einer kartell- wie einer immaterialgüterrechtlichen Zwangslizenz besteht ausschließlich in einem Kontrahierungszwang.113 Durch die Zwangslizenz wird der Immaterialgüterrechtsinhaber gezwungen, mit dem Nutzungswilligen einen Lizenzvertrag abzuschließen. Der Kontrahierungszwang allein erlaubt dem Gläubiger jedoch noch nicht, das Immaterialgüterrecht zu nutzen.114 Gerade dieser Umstand ist der wesentliche Unterschied zu einer gesetzlichen Lizenz. Wenn deren Voraussetzungen vorliegen, bedarf es keiner Lizenzeinräumung des Immaterialgüterrechtsinhabers, sondern das Immaterialgut darf erlaubnisfrei sofort genutzt werden.115 Die Folge ist, dass der Anspruch auf eine Zwangslizenz nichts an der Rechtswidrigkeit der Nutzung ändert, solange ein Lizenzvertrag noch nicht abgeschlossen oder über § 894 ZPO fingiert worden ist. Ob sich der Rechtsverletzer in der Zwischenzeit auf den Zwangslizenzeinwand berufen darf, ist im Folgenden zu untersuchen.

111 Kraft, Zwangslizenz, S. 71; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang; Melichar, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 42a Rn. 1; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407. 112 OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87 Rn. 55. 113 Vgl. beispielsweise Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Maume, S. 35 ff.; Höppner ZWeR 2010, 395, 414. 114 BGHZ 148, 221, 231 f. = GRUR 2002, 248, 252 – Spiegel CD-ROM; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang; Schack, Rn. 481. 115 Dreier/Schulze, UrhG, § 42a Rn. 2; Rehbinder, Rn. 432; Fechner, S. 474; Schack, Rn. 93.

2. Teil: Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

Der häufig diskutierte Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch hat durch die jüngst ergangene Entscheidung des BGH »Orange-Book-Standard«116 besondere Aktualität gewonnen (unten A). Bislang kaum behandelt wurde die Frage, ob diese Grundsätze auch gelten, wenn der Einwand auf die patentrechtliche Zwangslizenz aus § 24 PatG gestützt wird (unten B).

A.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

Mit der Entscheidung »Orange-Book-Standard« von 2009 befasste sich der BGH erstmals mit der Frage, ob dem Unterlassungsanspruch des § 139 I PatG der Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz entgegengehalten werden kann. Zuvor war dies höchstrichterlich nur für den patentrechtlichen Schadensersatzanspruch entschieden.117 In dieser Entscheidung von 2004 hat der BGH offen gelassen, ob dies auch für den Unterlassungsanspruch zu gelten habe.118 Waren vor der Entscheidung »Orange-Book-Standard« noch vielfach Stimmen zu hören, die den Einwand der Zwangslizenz ablehnten,119 so mehren sich danach

116 117 118 119

BGHZ 180, 312 – Orange-Book-Standard. Vgl. BGHZ 160, 67 – Standard-Spundfass. BGHZ 160, 67, 81 f. – Standard-Spundfass. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106 ff.; Maaßen, Rn. 600; Rombach, FS Hirsch, S. 322; v. Merveldt WuW 2004, 19, 21 ff.; ebenfalls OLG Dresden, GRUR 2003, 601 – Kontrahierungszwang, die sich zwar auf das Urheberrecht bezieht, auf die jedoch der BGH in »Orange-Book-Standard« Bezug nimmt, vgl. BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard; bezogen auf den Schadensersatzanspruch OLG Düsseldorf InstGE 2, 168, Rn. 57 – Spundfass; auch die unveröffentlichte Entscheidung des LG Mannheim, Urt. v. 20. 04. 2007 – Az. 7 O 287/02, vgl. hierzu Rombach, FS Hirsch, S. 321 und Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 374 Fn. 8.

38

Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

die Stimmen, die den Einwand grundsätzlich für zulässig halten,120 allerdings unter teilweise stark divergierenden Voraussetzungen.

I.

Meinungsstand

1.

Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands

Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand wird vielfach abgelehnt. Er lasse sich nicht damit begründen, dass der Patentinhaber etwas fordere, was er sogleich durch eine Lizenzvergabe zurück zu gewähren habe (dolo petit, qui petit, quod statim redditurus est) und damit rechtsmissbräuchlich handele. Die vorliegende Situation lasse sich nicht mit den üblichen dolo-petit-Fällen vergleichen.121 Durch das Kartellrecht werde dem Nutzer nicht unmittelbar die Nutzung des Patents erlaubt; vielmehr begründe die Zwangslizenz nur einen Kontrahierungszwang.122 Für den dolo-petit-Einwand bedürfe es eines vertraglichen oder gesetzlichen Anspruchs in der Form, dass einer Partei ein Anspruch auf genau die geforderte Leistung zustehe, ohne dass die andere Partei noch einen Verhandlungsspielraum hätte.123 Dies sei bei einer kartellrechtlichen Zwangslizenz jedoch nicht gegeben. Es fehle insofern an der gegenständlichen Identität der vom Rechtsinhaber beanspruchten und der von ihm selbst zu erbringenden Leistung.124 Aus dem kartellrechtlichen Anspruch des Nutzers folge nur ein Abschlusszwang, sodass der Patentinhaber nicht zur Duldung der eigenmächtigen Nutzung verpflichtet sei, sondern zunächst lediglich zum Abschluss eines Nutzungsvertrags zu angemessenen Bedingungen.125 Den Patentinhaber treffe damit gerade keine Duldungspflicht, die dem Unterlassungsanspruch entgegenstünde; eine solche ergebe sich erst aus dem Abschluss eines Lizenzvertra120 So diverse Entscheidungen des LG Düsseldorf, u. a. InstGE 10, 66, Rn. 87 f. – Videosignal Codierung III; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2012, 124, 125 – GPRS-Zwangslizenz; Barthelmeß/ Gauß WuW 2010, 626, 634; Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 373 ff.; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923 ff.; Höppner ZWeR 2010, 395, 400; Scharen, in: Benkard, PatG,§ 9 Rn. 73; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070; Wirtz WRP 2011, 1392, 1398; Hötte, S. 179 ff.; Ullrich IIC 2010, 337, 342; Ullrich, Leistner, S. 54 ff; Jestaedt GRUR 2009, 801, 805; Kühnen, FS Tilmann, S. 513, 523; Heinemann ZWeR 2005, 198, 200; Kühnen/Geschke, Rn. 924 ff.; Maume, S. 106 ff. und in ZGE 2012, 216; Müller GRUR 2012, 686; Pitz, in: Fitzner/Lutz/Bodewig, PatG, § 139 Rn. 200; Heusch, FS Meibom, S. 146, der allerdings darauf abstellt, dass der Unterlassungsanspruch unverhältnismäßig sei. 121 Maaßen, Rn. 600; v. Merveldt WuW 2004, 19, 22; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107. 122 v. Merveldt WuW 2004, 19, 22. 123 Maaßen, Rn. 600. 124 Jaecks/Dörmer FS Säcker, S. 106; bezogen auf das Urheberrecht OLG Dresden GRUR 2003, 601, 604 – Kontrahierungszwang. 125 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106; v. Merveldt WuW 2004, 19, 24.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

39

ges.126 Obwohl dem Nutzer ein Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zustehe, sage dies ebenfalls noch nichts über die Lizenzbedingungen des Vertrages aus.127 Der Patentinhaber könne ein erhebliches Interesse an der Aufnahme bestimmter Nebenbestimmungen in den Lizenzvertrag haben, beispielsweise Geheimhaltungsvereinbarungen, Qualitätssicherungen, etc. Daraus ergebe sich, dass der Anspruch des Nutzungswilligen für den dolo-petit-Einwand nicht hinreichend bestimmt ist.128 Teilweise wird von den Gegnern des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwandes vorgebracht, dieser Einwand könne allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Lizenzsucher vor der eigenmächtigen Nutzung versucht habe, vom Patentinhaber eine Lizenz zu angemessenen Konditionen zu erhalten.129 Diese Lizenzverweigerung des Patentinhabers stelle gerade das Verhalten dar, das als kartellrechtlich missbräuchlich angesehen wird; erst dieses könne nach § 33 GWB einen Kontrahierungszwang und damit auch den Einwand des Rechtsmissbrauchs auslösen.130 Der Zwangslizenzeinwand könne auch deshalb nicht zugelassen werden, weil dem Patentinhaber andernfalls ein Anspruch auf Lizenzgebühr vereitelt würde.131 Denn ließe man den Zwangslizenzeinwand zu, hätte dies zur Folge, dass der Unterlassungsanspruch als unbegründet abgewiesen wird. In diesem Fall bestehe allerdings noch immer kein Lizenzvertrag, während der Lizenzsucher trotzdem das Patent nutzen dürfte; damit käme es zu einem vertragslosen Zustand und der Lizenzsucher hätte dann keinen Anreiz mehr, sich um den Abschluss eines Vertrages zu bemühen.132 Der Patentinhaber könnte dann sein Nutzungsentgelt nicht aus Vertrag geltend machen, sondern müsste dem Nutzer mittels eines sekundären Schadensersatzanspruchs »hinterher laufen«, um seine Lizenzgebühr zu erhalten.133 Und selbst wenn das Gericht Schadensersatz zuspräche, entstünde dadurch noch lange kein Lizenzvertrag zwischen den Parteien. Es obliege gerade dem Nutzer, den Vertragsschluss – sei es auch gerichtlich – herbeizuführen. Durch den kartellrechtlichen Verstoß des Patentinhabers erhalte der Lizenzsucher nur einen Anspruch auf Schadensersatz, jedoch kein Recht zur eigenmächtigen Nutzung.134 Bei der Diskussion um die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des Zwangsli126 127 128 129 130 131 132 133 134

Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106 f. Maaßen, Rn. 600. Maaßen, Rn. 600. Rombach, FS Hirsch, S. 321; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106. Rombach, FS Hirsch, S. 321. v. Merveldt WuW 2004, 19, 22; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

zenzeinwandes dürfe der eigentliche Gegenstand des Patentverletzungsverfahrens nicht außer Acht gelassen werden: Der Beklagte hat das geschützte Patent genutzt und wird deshalb vom Patentinhaber auf Unterlassung in Anspruch genommen. Könnte der Nutzer den Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz im Verletzungsverfahren erfolgreich erheben, so sei dieser nicht länger gezwungen, sich vor der Nutzung des Patents eine Lizenz einräumen zu lassen.135 Die Einräumung einer Zwangslizenz könne – § 24 PatG vergleichbar – nur in die Zukunft wirken.136 Auch durch einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB werde ein Kontrahierungszwang ausgelöst sodass der Lizenzsucher keinen Anspruch auf Leistung, sondern nur auf Abschluss eines Lizenzvertrages habe.137 Deshalb müsse der Lizenzsucher seinen Anspruch auf kartellrechtliche Zwangslizenz im Wege der Leistungsklage auf Annahme eines bestimmten Vertragsangebots oder im Wege der Widerklage oder durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durchsetzen.138 Solange der Lizenzsucher diesen Anspruch nicht gerichtlich durchgesetzt hat, sei der Eingriff in das Ausschließlichkeitsrecht durch die eigenmächtige Nutzung des Patents rechtswidrig und der Lizenzsucher zur Unterlassung verpflichtet.139 Erst der Vertragsschluss schließe die Rechtsverletzung aus.140 Jedoch wird eine solche Widerklage von einem anderen Gegner des Zwangslizenzeinwands als unzulässig erachtet.141 Zwar sei in den vorliegenden Sachverhaltskonstellationen denkbar, dass im Patentverletzungsverfahren zugunsten des Patentinhabers und in einem späteren behördlichen Kartellverfahren oder Gerichtsverfahren zugunsten des Nutzungswilligen entschieden wird.142 Damit werde der Nutzungswillige für die Zeit wegen Patentverletzung verurteilt, in der er ohne Einwilligung oder einen Titel das Patent genutzt hat. Demgegenüber werde der Patentinhaber im Kartellverfahren verurteilt, einen Lizenzvertrag zu angemessenen Bedingungen abzuschließen. Zwischen diesen beiden Verurteilungen des Nutzungswilligen und des Patentinhabers könne jedoch kein Widerspruch gesehen werden, der für die Zulassung einer Widerklage erforderlich wäre.143 In diesem Fall fehle es analog § 864 II BGB an der vom BGH geforderten Entscheidungsreife.144 Vor allem handele der Nutzungswillige 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144

v. Merveldt WuW 2004, 19, 21. Rombach, FS Hirsch, S. 322. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 101; v. Merveldt WuW 2004, 19, 23. Rombach, FS Hirsch, S. 322; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 101, 109 f.;v. Merveldt WuW 2004, 19, 22. Rombach, FS Hirsch, S. 322; v. Merveldt WuW 2004, 19. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106. v. Merveldt WuW 2004, 19, 24. v. Merveldt WuW 2004, 19, 24. v. Merveldt WuW 2004, 19, 24. v. Merveldt WuW 2004, 19, 25.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

41

jedoch auf eigene Gefahr, wenn er das Patent nutzt, ohne zumindest durch einstweilige Verfügung eine vorläufige Klärung der Rechtslage herbeigeführt zu haben.145 Die Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands ergebe sich ebenfalls aus § 863 BGB analog. Wenn der Nutzer seinen Anspruch nicht einklagt, könne er sich im Verletzungsverfahren nicht auf diesen berufen. Eine solche Betrachtungsweise entspreche § 863 BGB, dessen Rechtsgedanke auf das Patentverletzungsverfahren zu übertragen sei.146 Dieses spezielle Argument wird jedoch von anderen Gegnern des Zwangslizenzeinwands abgelehnt.147 Der Grund hierfür bestünde darin, dass die Voraussetzungen einer analogen Anwendung nicht gegeben seien.148 Darüber hinaus könne der Zwangslizenzeinwand nicht mit dem Argument zugelassen werden, dass dies zur Stärkung der privaten Durchsetzung des Wettbewerbsrechts erforderlich sei. Denn es obliege gerade dem Lizenzsucher, den Abschlusszwang durchzusetzen.149 Würde man den Zwangslizenzeinwand für zulässig erklären, so entstünde hierdurch eine Situation, welche die Rechtsordnung mit dem Verbot der Selbsthilfe bzw. der verbotenen Eigenmacht ausschließen wolle.150 Der Einwand könne nur zulässig sein, wenn die Patentnutzung durch Selbsthilfe nach § 229 BGB gerechtfertigt wäre.151 Die Feststellung, ob deren Voraussetzungen vorliegen oder nicht, sage allerdings noch nichts über die Begründetheit des Einwands aus.152 Eine solche Rechtfertigung im Wege der Selbsthilfe gemäß § 229 BGB komme in der Regel nicht in Betracht, weil der Nutzer für die Durchsetzung seines Anspruchs staatlichen Rechtsschutz durch die Gerichte in Anspruch nehmen könne.153 Der Unterlassungsanspruch des Patentinhabers sei auch nicht wegen eines früheren missbilligten Verhaltens rechtsmissbräuchlich (vgl. § 162 BGB).154 Auch aus § 254 BGB könne sich der Ausschluss nicht ergeben, da diese Norm auf Unterlassungsansprüche nicht anwendbar sei.155 Bei der Diskussion um die Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwandes dürfe

145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155

v. Merveldt WuW 2004, 19, 25. v. Merveldt WuW 2004, 19, 22. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107 f. Siehe hierzu ausführlich unten S. 81 ff. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 109. v. Merveldt WuW 2004, 19, 21. OLG Düsseldorf InstGE 2, 168, Rn. 57 – Spundfass. Maaßen, Rn. 600. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108 f. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108 f.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

darüber hinaus Art. 31 TRIPs nicht außer Acht gelassen werden.156 In dieser Norm werden die Mindestanforderungen genannt, welche die WTO-Vertragsstaaten zum Schutz des Ausschließlichkeitsrechts bei der Erteilung einer Zwangslizenz einzuhalten haben. Zu diesen Mindestanforderungen zähle gemäß Art. 31 lit. a i. V. m. lit. i TRIPs, dass eine Zwangslizenz nur durch einen hoheitlichen Akt eingeräumt werden darf.157

2.

Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwands

a)

Grundsätzliche Beachtlichkeit des Zwangslizenzeinwands im Patentverletzungsprozess Der BGH hat in seiner Entscheidung »Orange-Book-Standard«158 zum ersten Mal höchstrichterlich anerkannt, dass der Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsprozess aufgrund des Einwands des Patentnutzers versagt werden kann, der Patentinhaber hätte dem Nutzer aus kartellrechtlichen Gründen eine Lizenz erteilen müssen. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz wurden bereits dargestellt.159 Auf welche Erwägungen der BGH den Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz stützt, ist nicht ganz offensichtlich. Zum einen argumentiert er, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch den Patentinhaber gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in § 242 BGB verstoße, da der Inhaber etwas geltend mache, was er sogleich in Form einer Lizenzerteilung an den Patentnutzer zurückzugewähren habe (dolo petit, qui petit, quod statim redditurus est).160 Auch wenn sich der BGH nicht ausdrücklich auf diese Fallgruppe des Rechtsmissbrauchs stützt, wird dies doch dadurch deutlich, dass der BGH sich der Auffassung anschließt, die den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand auf § 242 BGB stützt.161 Auch im weiteren Verlauf stellt der BGH das Verhalten des Patentinhabers als »treuwidrig« dar,162 sodass davon ausgegangen werden kann, dass sich die gesetzliche Grundlage des Zwangslizenzeinwands aus der Fallgruppe des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB ergibt. Darüber hinaus argumentiert der BGH, der Patentinhaber missbrauche seine marktbeherrschende Stellung, indem er den Unterlassungsanspruch geltend mache, wenn er den vom Lizenzsucher angebotenen Vertrag ablehnt und diesen dadurch unbillig behindert 156 157 158 159 160 161 162

Rombach, FS Hirsch, S. 322. Rombach, FS Hirsch, S. 322. BGHZ 180, 312 – Orange-Book-Standard. Siehe oben S. 23 ff. BGHZ 180, 312, 315, 317 – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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bzw. gegenüber anderen diskriminiert.163 Durch ein solches Verhalten werde dem Lizenzsucher der Marktzutritt verwehrt, zu dessen Eröffnung der Patentinhaber aus kartellrechtlichen Gründen verpflichtet gewesen wäre. Ein solches kartellrechtlich verbotenes Verhalten dürfe nicht von einem staatlichen Gericht angeordnet werden, was der Fall wäre, wenn dem Unterlassungsanspruch stattgegeben würde.164 In der Literatur und der unterinstanzlichen Rechtsprechung wird der Einwand vorwiegend auf das Argument gestützt, der Patentinhaber handele – unabhängig von dem in Rede stehenden Anspruch – rechtsmissbräuchlich und verstoße damit gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in § 242 BGB.165 Es sei nicht ersichtlich, wieso der Patentnutzer sich im Verletzungsprozess nicht darauf solle berufen dürfen, dass der Patentinhaber rechtsmissbräuchlich handele und damit den Anspruch des Nutzers auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz auslöse, während der Patentinhaber sich auf die rechtswidrige Nutzung des Schutzrechts berufen könne.166 Keine Einigkeit besteht allerdings, auf welche Fallgruppe des Grundsatzes von Treu und Glauben hier abzustellen ist. Überwiegend wird – dem BGH folgend – darauf abgestellt, dass der Patentinhaber rechtsmissbräuchlich handele, weil er mit dem Unterlassungsanspruch etwas fordert, was er alsbald durch eine Lizenzerteilung zurückzugewähren habe.167 Der dolo-petit-Einwand erfordere, dass dem erhobenen Anspruch ein Gegenanspruch gegenübersteht, bei dem in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht Deckungsgleichheit bestehe.168 Zwar könne hiergegen vorgebracht werden, dass sich aus der kartellrechtlichen Zwangslizenz lediglich ein Anspruch auf Erteilung einer Lizenz und gerade nicht auf Nutzung der Lizenz ergebe, jedoch folge aus der Auslegung des Merkmals »sofort« beim dolo-petit-Einwand angesichts des Telos von § 242 BGB, dass eine Verzögerung der Rückgewähr unerheblich sei, wenn deren Ursache in der Sphäre des Einwendungsgegners, hier also des Patentinhabers, liege.169 Für einen tauglichen Gegenanspruch komme es im vorliegenden Fall lediglich darauf an, ob dem 163 BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard. 164 BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard. 165 LG Düsseldorf InstGE 10, 66, Rn. 87 – Videosignal Codierung III; LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2122 – MPEG 2-Standard; Kühnen, FS Tilmann,S. 514; Höppner ZWeR 2010, 395, 407; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694. 166 Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Maume, S. 106 ff.; Hötte, S. 181 ff. 167 LG Düsseldorf InstGE 10, 66, Rn. 88 – Videosignal Codierung III; LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2122 – MPEG 2-Standard; Kühnen, FS Tilmann,S. 514; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Wirtz WRP 2011, 1392, 1399 ff.; Kühnen/Geschke, Rn. 926; Höppner ZWeR 2010, 395, 398 ff.; Hötte, S. 179; Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 388 ff.; Jestaedt GRUR 2009, 801. 168 Wirtz WRP 2011, 1392, 1400. 169 Wirtz WRP 2011, 1392, 1400.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

Nutzer ein kartellrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zwangslizenz zustehe.170 Das formale Argument, der Kontrahierungszwang berechtige nicht zur sofortigen Nutzung, lasse auch außer Acht, dass bei Stattgabe des Unterlassungsanspruch dem Lizenznehmer die faktische Nutzungsmöglichkeit genommen wird, während der Gegenanspruch gerade auf die Ermöglichung der Nutzung abzielt.171 An dieser Betrachtungsweise ändere auch die Ausgestaltung des Kontrahierungszwangs nichts, der im Gegensatz zur gesetzlichen Lizenz die Nutzung von einem Vertragsschluss abhängig mache.172 Andere stellen auf die Fallgruppe des fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses aus § 242 BGB ab, um so den Argumenten der Gegenseite, für den dolopetit-Einwand fehle es an der gegenständlichen Identität der vom Rechtsinhaber beanspruchten und der von ihm selbst zu erbringenden Leistung, zu begegnen.173 Aus demselben Grund wird der Einwand auch auf die Fallgruppe der Vereitelung der Entstehung einer fremden Rechtsposition gestützt (§ 242 BGB, gestützt auf den Rechtsgedanken des § 162 BGB).174 Für die Rechtsmissbrauchslehre werden die Voraussetzungen und Wirkungen des § 162 BGB abgewandelt.175 Der Abschluss des Lizenzvertrages, den der Patentinhaber verweigert hat, stelle eine insofern taugliche Bedingung dar.176 Eine andere Meinung sieht die Rechtsgrundlage für den Zwangslizenzeinwand nicht in § 242 BGB, sondern in der Arglisteinrede analog § 853 BGB. Der Patentinhaber habe durch seine missbräuchliche Lizenzverweigerung nach § 33 GWB eine unerlaubte Handlung begangen, die dazu führe, dass seine Verletzungsansprüche fortbestehen, gegen die der Lizenzsucher den § 853 BGB einwenden könne.177 Ebenso wird vorgebracht, der Einwand ergebe sich nicht aus Treuwidrigkeitsgesichtspunkten, sondern direkt aus den Vorschriften des Kartellrechts.178 Auf welche Norm im Einzelnen dieser Einwand zu stützen sei, wird allerdings nicht dargelegt. Die Zulässigkeit des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands hält der BGH für mit Art. 31 TRIPs vereinbar.179 Gemäß Art. 31 TRIPs ist die Zuerkennung eines Rechts zur Benutzung eines Patents ohne Zustimmung des Patentinhabers 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179

Wirtz WRP 2011, 1392, 1400. Hötte, S. 181. Hötte, S. 181. Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1071. Maume, S. 106 f. Maume, S. 107. Maume, S. 108 f. Heinemann LMK 2009/II, 38, 40. Ullrich, Leistner, S. 56. BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard; so auch Hötte, S. 182.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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grundsätzlich zulässig, jedoch nur, wenn die Benutzungserlaubnis aufgrund der Umstände des Einzelfalls geprüft wird. Es ist für die Vertragsstaaten nach Art. 31 lit. k TRIPs nicht verpflichtend, dass der Nutzer zuvor erfolglos versucht haben muss, die Zustimmung des Rechtsinhabers zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu erhalten (Art. 31 lit. b TRIPs), wenn das Gericht die Benutzung gestattet, um eine in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren festgestellte wettbewerbswidrige Praktik abzustellen. Auch wenn darauf abgestellt werden sollte, dass ein kartellrechtlich begründetes Nutzungsrecht durch einen hoheitlichen Akt eingeräumt werden muss, reiche hierfür die gerichtliche Prüfung im Patentverletzungsprozess aus.180 Denn im Patentverletzungsprozess werde verbindlich entschieden, ob und inwieweit dem Nutzer ein Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zustehe. Darüber hinaus könne der Einwand nicht in analoger Anwendung von § 863 BGB ausgeschlossen werden; die Analogievoraussetzungen seien hier nicht erfüllt.181 §§ 861 ff. BGB beruhen auf der Unterscheidung von Sacheigentum und Besitz.182 Die in § 863 BGB getroffenen Erwägungen lassen sich nicht auf das Patentrecht übertragen, da der besondere Charakter des Immaterialgüterrechts dazu führe, dass dessen Nutzung auch ohne tatsächliche Einwirkung möglich sei.183 Deshalb könne nicht davon gesprochen werden, durch den Zwangslizenzeinwand halte das »Faustrecht« Einzug ins Patentrecht.184 Eine Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Patentnutzers sei auch im Hinblick auf das staatliche Gewaltmonopol nicht gerechtfertigt.185 Teilweise wird als Hauptvorteil des Zwangslizenzeinwands die Prozessökonomie gesehen.186 Sonst könne der Nutzer seinen Anspruch auf eine Zwangslizenz nur mittels eines Kartellzivilverfahrens durchsetzen, wobei ein einstweiliger Zivilrechtsschutz nur in »außergewöhnlichen Notlagen«187 möglich sei.188 Dieser Rechtsweg sei zeitintensiv, sodass bis zur Anordnung der Zwangslizenz Jahre vergehen können.189 Ohne den Zwangslizenzeinwand bestünde somit die Gefahr, dass jeglicher kartellrechtlicher Rechtschutz »zu spät« käme und dem Nutzer irreversible Beeinträchtigungen entstehen, die durch einen Schadensersatzanspruch nicht mehr kompensiert werden könnten.190 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190

BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070; Hötte, S. 181. Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070; siehe auch oben S. 41. Hötte, S. 181. Hötte, S. 181. Hötte, S. 181. Höppner ZWeR 2010, 395, 400. OLG Düsseldorf WuW/E OLG 3787, 3789 f. – Renault. Höppner ZWeR 2010, 395, 400. Höppner ZWeR 2010, 395, 400; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 102. Höppner ZWeR 2010, 395, 400.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

Ein Vorrang eines kartellbehördlichen Verfahrens, der zu einer Ablehnung des Einwands führen könnte, sei nicht gegeben.191 Ebenso wenig könne gegen den Einwand angeführt werden, das Patentverletzungsgericht sei nicht das richtige Forum für kartellrechtliche Probleme. Häufig handele es sich bei dem Patentverletzungsgericht zugleich um ein Kartellgericht i. S.v. § 87 GWB.192 Ist im konkreten Fall das Landgericht, das für das Patentverletzungsverfahren zuständig ist, nicht zugleich ein Kartellgericht, so begründe dies den Einwand der Unzuständigkeit nach §§ 87, 95 GWB.193 Dies würde zu einer Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 281 I ZPO an das zuständige Kartellgericht führen.194 Bei diesem Argument ist jedoch § 143 PatG zu beachten. Gemäß § 143 I PatG sind für Patentstreitsachen die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Gegen das Argument, der Nutzer sollte statt des Zwangslizenzeinwands eine Widerklage erheben,195 wird eingewandt, eine solche sei wenig hilfreich.196 Eine Klage auf Erteilung der Zwangslizenz ist nur vor einem Kartellgericht möglich, sodass diese Widerklage nach § 145 II ZPO von der Patentverletzungsklage abzutrennen und gemäß § 281 I ZPO an das zuständige Gericht zu verweisen sei.197 Es bestehe allerdings ein Interesse daran, Gerichtsentscheidungen, die der kartellrechtlichen Wertordnung widersprechen, zu vermeiden.198 Die Mitgliedstaaten der EU treffe gemäß ex-Art. 10 EGV (heute Art. 4 III EUV) die Pflicht zur effektiven Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts.199 Diese Pflicht folgt aus dem Prinzip der Gemeinschaftstreue und wirkt sich auch auf die nationalen Gerichte aus. Diese müssen für die Wirksamkeit gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen Sorge tragen und einen effektiven Rechtsschutz gewähren.200 Insofern sei es zweckdienlicher, statt den Nutzungswilligen auf eine Widerklage zu verweisen, den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand zuzulassen.201 Aus all diesen Gründen solle der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand grundsätzlich zugelassen werden.

191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201

Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694. Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 695; Hötte, S. 182; Kühnen/Geschke,Rn. 972 f. Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Hötte, S. 182. Klein NJW 2003, 16, 18; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Kühnen/Geschke, Rn. 974. Siehe oben S. 40 f. Höppner ZWeR 2010, 395, 400. Eine Widerklage für unzulässig hält v. Merveldt WuW 2004, 19, 24. Höppner ZWeR 2010, 395, 400. Höppner ZWeR 2010, 395, 401. Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694. Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694. Höppner ZWeR 2010, 395, 401; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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b) Voraussetzungen für die Beachtlichkeit des Zwangslizenzeinwands Dieser Einwand wird allerdings nicht zugelassen, ohne hieran – teilweise stark divergierende – Voraussetzungen zu knüpfen. Der BGH hat in der Entscheidung »Orange-Book-Standard« den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Zum einen müsse der Lizenzsucher dem Patentinhaber ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht haben, welches der Patentinhaber nicht ablehnen könnte, ohne gegen kartellrechtliche Vorschriften zu verstoßen.202 Darüber hinaus müsse der Lizenzsucher, für den Fall, dass er das Patent bereits nutzt, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstands knüpft.203 Diese zweite Voraussetzung sei erforderlich, da eine Lizenzerteilung grundsätzlich nur in die Zukunft wirke und der dolo-petit-Einwand eine Einhaltung und damit Vorgreifen der vertraglichen Pflichten durch den Lizenzsucher erfordere.204 Dies bedeute im Ergebnis, dass der Lizenzsucher regelmäßig abrechnen und die Lizenzgebühren an den Patentinhaber zahlen müsse.205 Die Zahlung der Lizenzgebühren könne durch Hinterlegung nach § 372 S. 1 BGB unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme erfolgen.206 Die Weigerung des Patentinhabers rechtfertige es, die Vorschriften über den Gläubigerverzug heranzuziehen. Die Höhe des zu hinterlegenden Betrages ergebe sich aus dem Vertrag oder, falls die Lizenzgebühr noch nicht feststeht, aus § 315 BGB.207 In der unterinstanzlichen Rechtsprechung wurde das Kriterium des unbedingten Angebots bereits vielfach angewendet und konkretisiert.208 Das erforderliche Angebot sei auch dann nicht entbehrlich, wenn der Beklagte zwischenzeitlich seine Patentverletzungshandlungen eingestellt habe.209 Darüber hinaus erfordere das Angebot, wenn der Lizenzsucher in der Vergangenheit Benutzungshandlungen vorgenommen habe, ohne die vom BGH aufgestellten Kriterien einzuhalten, dass der Lizenzsucher seine Schadensersatzverpflichtung für die in der Vergangenheit vorgenommenen Benutzungshandlungen jedenfalls

202 203 204 205 206 207 208 209

BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 317 f. – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 318 f. – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 320 f. – Orange-Book-Standard; so auch Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1073. BGHZ 180, 312, 320 f. – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 320 f. – Orange-Book-Standard. Vgl. stellvertretend für eine Vielzahl von Entscheidungen des LG Düsseldorf, LG Düsseldorf InstGE 10, 66, Rn. 88 ff. – Videosignal Codierung III.; OLG Düsseldorf NJOZ 2010, 1781, 1789. LG Düsseldorf InstGE 10, 66, Rn. 91 – Videosignal Codierung III.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

dem Grunde nach anerkenne.210 Auch dürfe der Patentinhaber eine Kündigungsklausel in den Lizenzvertrag aufnehmen, für den Fall in dem der Nutzungswillige den Rechtsbestand der lizenzierten Schutzrechte angreift.211 Der Lizenzvertrag könne auch derart ausgestaltet werden, dass bei einer Annahme des Angebots durch den Patentinhaber dem Nutzungswilligen diejenigen Einwendungen abgeschnitten werden, mit denen der Nutzungswillige die Pflicht zur Unterlassung oder Schadensersatz bestreitet.212 In der Literatur werden die vom BGH entwickelten Voraussetzungen größtenteils aufgegriffen. Einigkeit besteht, dass der Lizenzsucher dem Patentinhaber ein Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreitet haben muss.213 Inhaltlich müsse das Angebot214 unbedingt sein.215 Dies wird teilweise damit begründet, dass ein bedingtes Angebot einer zügigen Streitbeilegung widerspreche, da insofern jedes Mal ein Patentverletzungsverfahren geführt werden müsse und die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung nicht bestünde.216 Da die Prüfung der Angemessenheit des Angebots den Patentverletzungsprozess überlasten könne, sollte es für das Angebot ausreichen, wenn dieses marktüblichen Bedingungen entspricht oder die Kalkulation betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist.217 Andere erachten es als ausreichend, wenn das konkrete Vertragsangebot sachlich interessengerecht und damit für den Patentinhaber annehmbar ist.218 Das Angebot dürfe nicht von der Bedingung der Bestätigung der Rechtsbeständigkeit im Einspruchs- bzw. Nichtigkeitsverfahren219 und auch nicht von der Bedingung der Patentbenutzung abhängig gemacht werden.220 Letzteres folge daraus, dass es keine kartellrechtliche Besonderheit sei, wenn auf Seiten des Nutzers Unsicherheit bestehe, ob das Patent tatsächlich benutzt wird. Diese Unsicherheit bestehe auch dann, wenn der Pa210 LG Mannheim, Urt. v. 09. 12. 2011, Az. 7 O 122/11, Rn. 89; so auch Jestaedt GRUR 2009, 801, 803. 211 OLG Karlsruhe GRUR-RR 2012, 124, 125 – GPRS-Zwangslizenz I; hierzu auch Hauck WRP 2012, 673, 675. 212 OLG Karlsruhe GRUR 2012, 736, 738 – GPRS-Zwangslizenz II. 213 Höppner ZWeR 2010, 395, 401 f.; Hötte, S. 185; Kühnen/Geschke, Rn. 926, 952, 956; Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 380 ff.; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070, 1071 f.; Kühnen, FS Tilmann, S. 515; Müller GRUR 2012, 686, 689 f.; auch Maume, S. 129 ff., der jedoch fordert, dass der Patentinhaber mindestens zwei annahmefähige Angebote des Nutzungswilligen abgelehnt haben muss. Vollständig gegen das Erfordernis eines Angebots hinsichtlich des Zwangslizenzeinwands Ullrich, Leistner, S. 54 f. 214 Hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts der Abgabe des Angebots s. u. S. 68 ff. 215 BGHZ 180, 312, 317 f. – Orange-Book-Standard; Höppner ZWeR 2010, 395, 410. 216 Hötte, S. 186 f. 217 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925. 218 Kühnen, FS Tilmann, S. 515. 219 Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 383 f; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1072; Kühnen/Geschke, Rn. 965. 220 Hötte, S. 186; Kühnen/Geschke, Rn. 964.

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tentinhaber seine marktbeherrschende Stellung nicht missbrauche. Daher müsse sich der Nutzer entscheiden, ob er ein Angebot abgibt oder das Risiko einer Patentverletzungsklage eingeht.221 Darüber hinaus würden solche Bedingungen die bezweckte Bindung des Nutzungswilligen an sein Angebot ausschließen.222 Teilweise wird das Angebot aber bereits dann als unbedingt angesehen, wenn der Lizenzsucher Bestimmungen in den Vertrag aufnehme, nach denen der Nutzer gezahlte Lizenzgebühren zurückverlangen könne, falls er in einem Folgeverfahren nachweist, das Patent nicht verletzt zu haben.223 Andere lassen es genügen, wenn sich das Angebot des Lizenzsuchers allein auf in der Zukunft liegende Nutzungshandlungen bezieht bzw. national beschränkt ist.224 Um den Lizenzsucher nicht zu überfordern, müsse das Angebot nicht allzu stark konkretisiert sein.225 Ausreichend soll sein, wenn das Angebot nur die essentialia negotii enthält.226 Dem wird entgegnet, dass nur durch qualifizierte Anforderungen an das Angebot sichergestellt werden könne, dass die Einschränkung des Ausschließlichkeitsrechts des Patentinhabers auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt.227 Ein nicht hinreichend konkretisiertes Angebot sei für den Patentinhaber nicht annahmefähig; die Ablehnung eines solchen Angebots stelle keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar.228 Teilweise wird es auch als unzulässig erachtet, das Angebot lediglich »zu angemessenen Bedingungen« auszugestalten und diese nicht näher zu konkretisieren.229 Dem Lizenzsucher sei es durchaus möglich, die Vertragsbedingungen zu ermitteln, unter denen der Patentinhaber den Abschluss des Vertrages nicht ablehnen darf. Den Lizenzsucher treffe ohnehin die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der kartellrechtlichen Zwangslizenz, sodass er zur Ermittlung einer Diskriminierung bzw. unbilligen Behinderung ohnehin auf entsprechende Informationen angewiesen sei.230 Demgegenüber lehnt Ullrich die vom BGH aufgestellten Kriterien vollständig ab. Die Forderung eines unbedingten Angebots verlange vom Nutzungswilligen nahezu Unmögliches.231 Es müsse vielmehr ausreichen, wenn er den Schutz221 Hötte, S. 186. 222 Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 383. 223 Barthelmeß/Gauß WuW 2010, 626, 633 Fn. 34; Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 384; Nägele/ Jacobs WRP 2009, 1062, 1072. 224 Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 381 f.; hinsichtlich des nationalen Angebots auch Maume ZGE 2012, 216, 226 f.; a. A. Jestaedt GRUR 2009, 801, 804; Müller GRUR 2012, 686, 690. 225 Höppner ZWeR 2010, 395, 417. 226 Höppner ZWeR 2010, 395, 417. 227 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070. 228 Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 377. 229 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1073. 230 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1073. 231 Ullrich, Leistner, S. 54.

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rechtsinhaber hinreichend über die Nutzung des Patents informiert hat.232 Der Zwangslizenzeinwand hänge einzig und allein davon ab, dass ein Verstoß gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot vorliegt.233 Der BGH unterlaufe mit seinen strengen Voraussetzungen Art. 2 VO 1/2003. Nach dieser Vorschrift obliege demjenigen, der sich auf einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV beruft, nur die Beweislast für die Missbräuchlichkeit der Lizenzbedingungen, nicht aber dafür, welche Lizenzbedingungen angemessen wären.234 Große Uneinigkeit besteht in der Literatur hinsichtlich des zweiten vom BGH aufgestellten Kriteriums des Vorgreifens der Verpflichtungen durch den Lizenznehmer. Diese vorauseilende Erfüllung wird zum Teil als nicht überzeugend angesehen.235 Dem Patentinhaber stehe zur Sicherung seines Anspruchs der immaterialgüterrechtliche Schadensersatzanspruch zu.236 Darüber hinaus schaffe die vorauseilende Erfüllung nur unnötige Probleme und Rechtsunsicherheit.237 Deshalb solle der dolo-petit-Einwand auch greifen, wenn der Lizenzsucher nichts hinterlegt habe.238 Der Patentinhaber könne einfach an seine Lizenzgebühren kommen, wenn er seinen kartellrechtlichen Pflichten nachkomme und den Lizenzvertrag abschließe.239 Es liege somit in der Verantwortung des Patentinhabers, wenn die Gegenleistung, von der die Benutzungsgestattung abhängt, nicht erbracht wird.240 Es sei ausreichend, dass sich der Lizenzsucher ernsthaft und glaubhaft zur Leistungserbringung bereit erklärt hat und nicht nur leistungswillig, sondern auch leistungsfähig ist.241 Andere halten das Hinterlegungsmodell für nicht nachvollziehbar und die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des Gläubigerverzuges für nicht gegeben.242 Vielmehr sollten andere Sicherungsformen, insbesondere §§ 232 ff. BGB, zulässig sein.243 Die Befürworter des Hinterlegungsmodells des BGH weisen darauf hin, dass wenn die Benutzung der Lizenz nur gegen Entgelt zu erwarten sei, der Lizenz232 233 234 235

236 237 238 239 240 241 242 243

Ullrich, Leistner, S. 58. Ullrich, Leistner, S. 59. Ullrich, Leistner, S. 63. Höppner ZWeR 2010, 395, 404 ff.; Kühnen, FS Tilmann, S. 523; a. A. Jestaedt GRUR 2009, 801, 803, der das Hinterlegungsmodell als hilfreich zur Abgrenzung zwischen solchen Beklagten ansieht, die ihren Lizenzvertragspflichten nicht nachkommen und diese durch ein gerichtliches Verfahren verzögern wollen. Höppner ZWeR 2010, 395, 404 ff. Höppner ZWeR 2010, 395, 404 ff. Höppner ZWeR 2010, 395, 407; Heinemann LMK 2009/II, 38, 40; Kühnen, FS Tilmann, S. 523. Heinemann LMK 2009/II, 38, 40. Kühnen, FS Tilmann, S. 523. Kühnen, FS Tilmann, S. 523. Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925 f. Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925 f.

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sucher seine Pflichten erfüllen müsse, um sich auf § 242 BGB berufen zu können.244 Generell dürfe der Lizenzsucher, der sich auf den Einwand aus § 242 BGB beruft, nicht besser gestellt werden, als wenn er nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen worden wäre.245 Dies müsse auch im Falle eines Zwangslizenzeinwandes gelten.246 Eine nachträgliche Zahlung der Lizenzgebühr – etwa im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs – sei nicht interessengerecht und daher abzulehnen, da sie dem Nutzer lediglich Vorteile verschaffe und für den Patentinhaber Risiken berge.247 Bei einer vollständigen Lizenzverweigerung dürfe jedoch § 325 III 2 BGB nicht gelten.248 Was den Zeitpunkt der vorauseilenden Lizenzerfüllung angeht, dürfe der Lizenznehmer bei einem im Verletzungsverfahren vorgebrachten Angebot mit der Hinterlegung warten, bis das Unterliegen des Lizenzsuchers wahrscheinlich sei.249 Die Pflicht zur Hinterlegung beginne ab dem im Lizenzangebot bezeichneten Datum bzw. bei dessen Fehlen ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Angebots bei dem Patentinhaber.250 Zur Art und Weise der Hinterlegung wird teilweise vorgebracht, dass diese nicht notwendig in bar erfolgen müsse, sondern dass gemäß § 232 II BGB eine (Bank-)Bürgschaft ausreichend sei.251 Insofern soll nach anderer Meinung eine normale Bürgschaft nicht ausreichen, da hierfür nach § 766 S. 1 BGB die Bürgschaftsurkunde dem Gläubiger übergeben werden müsse.252 Bei vom Lizenzsucher nicht zu konkretisierenden Verträgen soll jedoch seine Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ausreichen.253 Maume, ein anderer Befürworter des Zwangslizenzeinwandes, will für das Erfordernis der Hinterlegung auf die Vorschrift des § 11 II UrhWahrnG abstellen.254 Der Nutzungswillige habe bei Zahlung die in seinem Angebot genannte Höhe der Lizenzgebühr und sonstige Zahlungsmodalitäten zu beachten.255 Liege auch ein Angebot des Patentinhabers vor, dessen Lizenzgebühr aus Sicht des Nutzungswilligen zu hoch ist, soll sich die Anforderungen an die Hinterlegung nach § 11 II UrhWahrnG richten.256 Der Vorteil dieser Norm sei, dass hier kein 244 Scharen, in: Benkard, PatG, § 9 Rn. 73; Jestaedt GRUR 2009, 801, 803. 245 Maume, S. 134; siehe hierzu auch allgemein BGHZ 37, 30, 36 = GRUR 1962, 426, 428 – Selbstbedienungsgroßhändler. 246 Maume, S. 134. 247 Maume, S. 135. 248 Hötte, S. 197. 249 Höppner ZWeR 2010, 395, 426. 250 Jestaedt GRUR 2009, 801, 803. 251 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 926; auch Wirtz WRP 2011, 1392, 1401. 252 Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 385. 253 Wirtz WRP 2011, 1392, 1401. 254 Maume, S. 137. 255 Maume, S. 135 f. 256 Maume, S. 137.

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Verzicht auf die Rücknahme erklärt werden müsse. Die für die entsprechende Anwendung des § 11 II UrhWahrnG erforderliche vergleichbare Sachverhaltskonstellation und der vergleichbare Gesetzeszweck seien gegeben.257 In beiden Fällen gehe es um Entgeltforderungen, deren Angemessenheit unklar ist. Insofern reiche es bei Vorliegen eines abweichenden Gegenangebots des Patentinhabers aus, wenn nur der streitige Teil der Lizenzgebühr hinterlegt werde.258

II.

Rechtsgrundlage des Zwangslizenzeinwandes

Durch einen erfolgreichen Zwangslizenzeinwand wird dem Schutzrechtsinhaber dessen Unterlassungsanspruch verwehrt, der den Primäranspruch des Immaterialgüterrechts darstellt. Der Zwangslizenzeinwand ist damit ein gravierender Eingriff in die Immaterialgüterrechte und bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage. Der Einwand der Zwangslizenz beruht auf der Erwägung, dass das Verhalten des Patentinhabers rechtsmissbräuchlich ist, wenn er trotz seiner Verpflichtung zur Einräumung einer Zwangslizenz den Unterlassungsanspruch gegen den Nutzer geltend macht. Der Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz könnte deshalb seine Rechtsgrundlage im Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens finden. In den Normen des Immaterialgüterrechts ist ein Verbot der rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nicht geregelt. Die gesetzliche Grundlage für einen solchen Rechtmissbrauchseinwand ist deshalb anderswo zu suchen. 1.

Missbräuchliche Geltendmachung gemäß § 8 IV UWG

Eine Regelung über die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs findet sich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Nach § 8 IV UWG ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs aus § 8 I UWG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Das Lauterkeitsrecht steht in einem Näheverhältnis zu den gewerblichen Schutzrechten.259 Daher könnte die Vorschrift des § 8 IV UWG über die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen u. U. auch auf solche des Immaterialgüterrechts anwendbar sein. Seinem Wortlaut nach gilt § 8 IV UWG nur für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche. Voraussetzung für dessen analoge Anwendung sind das Vorliegen

257 Maume, S. 137. 258 Maume, S. 138. 259 Götting, § 1 Rn. 1; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 1 Rn. 4.

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einer planwidrigen Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage.260 Beide sind hier problematisch. Bei § 8 IV UWG handelt es sich um eine spezielle Regelung des allgemeinen Verbots der unzulässigen Rechtsausübung aus § 242 BGB.261 Greift die Spezialregelung des § 8 IV UWG nach ihrem direkten Wortlaut nicht ein, so kann auf die allgemeine Regelung der unzulässigen Rechtsausübung in § 242 BGB zurückgegriffen werden. Bei spezialgesetzlichen Normen ist die Analogiebildung sehr restriktiv zu handhaben, da der besondere Gegenstand dieser Normen einer Übertragung auf allgemeine Sachverhalte meist entgegensteht.262 § 8 IV UWG stellt einen solchen speziellen Verbotstatbestand dar, der dem Umstand Rechnung trägt, dass Wettbewerbsverstöße eine Vielzahl von Ansprüchen zur Folge haben können.263 Aufgrund des möglichen Rückgriffs auf die Norm des § 242 BGB kann nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.264 Darüber hinaus ist die Interessenlage beim Verbot des Rechtsmissbrauchs nach § 8 IV UWG eine andere als beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand. § 8 IV UWG ist immer dann einschlägig, wenn der Missbrauch gerade in der Art und Weise der Geltendmachung liegt, beispielsweise bei Mehrfachabmahnungen, Mehrfachverfolgungen und anderen Verhaltensweisen, die lediglich dem Gebührenerzielungsinteresse des Anspruchsstellers dienen.265 Wie bereits ausgeführt handelt es sich bei den Immaterialgüterrechten um absolute Rechte, bei deren Beschränkung der Kern des Ausschließlichkeitsrechts zur Disposition steht. Bei Immaterialgüterrechten ist die Gefahr einer Mehrfachinanspruchnahme, der § 8 IV UWG entgegenwirken soll, nicht so groß wie im Wettbewerbsrecht.266 Gemäß § 8 IV UWG ist die Geltendmachung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche insbesondere dann unzulässig, wenn sie vorwiegend dazu dienen, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Überwiegend erfasst § 8 IV UWG damit Fälle, in denen die Kosten erst durch die Geltendmachung des Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruchs entstehen.267 Diese Vorschrift soll verhindern, dass der Anspruchsteller mit der Geltendmachung des Anspruchs 260 BGH NJW 1987, 1408 – Filmzitat; BGH GRUR 1997, 890 – Drahtbiegemaschine; Martinek/ Wimmer-Leonhardt WRP 2006, 204, 205; Bork, BGB AT, Rn. 144 f. 261 Nordemann WRP 2005, 184, 188; Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 4.4; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG § 8 Rn. 176; Köhler, FS Schricker, S. 726. 262 Bitter/Rauhut JuS 2009, 289, 298; a. A. Würdinger JuS 2008, 949. 263 Beater, Rn. 2646. 264 Nordemann WRP 2005, 184, 188. 265 Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 4.2; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 154; Bergmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 305. 266 So zum Patentrecht Uhrich ZGE 2009, 59, 81. 267 Bergmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 307; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 159.

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ausschließlich Gebühreninteressen und keine wirtschaftlichen oder sonstigen sachlichen Interessen verfolgt.268 Dieser Sachverhalt ist mit der Geltendmachung eines Zwangslizenzeinwands gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch nicht vergleichbar. Selbst wenn der Patentinhaber den Unterlassungsanspruch geltend macht, um den Nutzer zu einem Vertragsschluss zu bewegen, werden die Kosten – namentlich die Lizenzgebühren bzw. der Schadensersatzanspruch für in der Vergangenheit liegende Nutzungshandlungen – nicht durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs zur Entstehung gebracht. Diese Kosten sind schon vorher durch die rechtswidrige Nutzung des Lizenzsuchers entstanden. Auch verfolgt der Patentinhaber mit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs noch weitere berechtigte Interessen, nämlich dass der Beklagte ohne eine Lizenz das Patent nicht nutzt. Dieser Fall ist folglich deutlich anders gelagert als der in § 8 IV UWG geregelte. Die Voraussetzungen einer Analogie sind deshalb nicht gegeben. § 8 IV UWG stellt keine taugliche Rechtsgrundlage für den Zwangslizenzeinwand dar. 2.

§ 853 BGB analog als Rechtsgrundlage

Heinemann will den Einwand der Zwangslizenz nicht auf § 242 BGB, sondern auf § 853 BGB analog stützen, da der Patentinhaber durch sein missbräuchliches Verhalten, namentlich die Lizenzverweigerung, nach § 33 GWB eine unerlaubte Handlung begangen habe.269 Diese führt dazu, dass seine Verletzungsansprüche weiterhin fortbestehen, die der Lizenzsucher dann analog § 853 BGB abwehren dürfe. § 853 BGB erfordert, dass jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil der Patentinhaber den Unterlassungsanspruch nicht aufgrund einer unerlaubten Handlung erworben hat. Zuvor hat der Patentinhaber einen Kartellrechtsverstoß durch sein Verhalten begangen, jedoch hat nicht dieses Verhalten zum Unterlassungsanspruch geführt, sondern die ohne Lizenz erfolgte Nutzung des Patents durch den Nichtberechtigten. Hier ist schon der erforderliche Kausalzusammenhang270 zwischen der Handlung des Patentinhabers und dem Unterlassungsanspruch zweifelhaft. Darüber hinaus würde die analoge Anwendung des § 853 BGB allenfalls über die tatbestandlichen Unterschiede der Sachverhalte hinweghelfen. Bei einer Ana268 Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, § 8 Rn. 159; Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 4.12; Jackowski WRP 2010, 38, 39. 269 Heinemann LMK 2009/II, 38, 40, s. o. S. 44. 270 Umstritten ist, ob für den Kausalzusammenhang jede conditio sine qua non oder ein MittelZweck-Zusammenhang ausreicht; vgl. hierzu Vieweg, in: Staudinger, BGB, § 853 Rn. 3; Wagner, in: MüKo, BGB, § 853 Rn. 2.

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logie wird aber die gesetzliche Rechtsfolge der entsprechend angewandten Norm angewandt.271 Rechtsfolge des § 853 BGB ist, dass die Einrede aus § 242 BGB auch noch nach Eintritt der Verjährung erhoben werden kann. Im vorliegenden Fall des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands steht jedoch keine Verjährung zur Debatte, sodass hier auch eine analoge Anwendung des § 853 BGB nicht zur Begründung des Zwangslizenzeinwands herangezogen werden kann. Eine analoge Anwendung von § 853 BGB scheidet auch deshalb aus, weil diese Norm ebenfalls auf dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB basiert.272 Auch hier fehlt daher eine planwidrige Regelungslücke. 3.

Kartellrechtsvorschriften als Grundlage für den Rechtsmissbrauch

Wie bereits festgestellt, ist die dogmatische Begründung des Zwangslizenzeinwands stark umstritten und selbst in der Entscheidung des BGH »Orange-BookStandard« nicht offensichtlich zu erkennen. Der BGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass bereits die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung des Patentinhabers bedeute, weil der Patentinhaber den Nutzer am Marktzutritt hindere, zu dessen Eröffnung er durch den Abschluss eines Lizenzvertrages verpflichtet sei.273 Damit sei die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs genauso verboten wie die Weigerung, den Lizenzvertrag abzuschließen. Es stellt sich die Frage, ob der BGH damit den Zwangslizenzeinwand dogmatisch auf Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB oder auf den dolopetit-Einwand aus § 242 BGB stützen wollte. Diese Zweifel an der dogmatischen Grundlage des Zwangslizenzeinwands werden auch durch die Formulierung genährt, »der Patentinhaber, der den Unterlassungsanspruch aus seinem Patent geltend macht, […] missbraucht jedoch nur dann seine marktbeherrschende Stellung und handelt nur dann treuwidrig, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind […]«.274

Aus der Formulierung kann allerdings nur geschlossen werden, dass der BGH eine neue Fallgruppe des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung entwickelt hat.275 Die dogmatische Grundlage für den Zwangslizenzeinwand kann sich nur aus der Norm des § 242 BGB ergeben. Bei der Beurteilung des 271 Regenfus JA 2009, 579, 580; andernfalls würde es sich mindestens um eine doppelte Analogie handeln; vgl. hierzu Regenfus JA 2009, 579, 581, bei der es bzgl. der Rechtsfolgen allerdings an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt. 272 Vieweg, in: Staudinger, BGB, § 853 Rn. 4; G. Schiemann, in: Erman, BGB, § 853 Rn. 1. 273 BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard. 274 BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard 275 BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard: »… die Durchsetzung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs [stellt] einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung dar.«

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

Zwangslizenzeinwands müssen zwei Stufen unterschieden werden. Auf der ersten Stufe ist die Frage zu beantworten, ob dem Nutzer ein Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz zusteht. Diese ergibt sich, wie dargestellt, aus § 33 GWB i. V. m. Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB.276 Ist hiernach der Zwangslizenzanspruch zu bejahen, so fragt sich auf der zweiten Stufe, ob dieser Anspruch als Einwand gegen den Unterlassungsanspruch erfolgreich vorgebracht werden kann. Selbst wenn man die Durchsetzung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs mit dem BGH als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ansieht, folgt hieraus nicht unmittelbar die Versagung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs. Als Rechtsfolge eines solchen Kartellrechtsverstoßes werden dem Betroffenen lediglich gemäß § 33 GWB ein Unterlassungs-, Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche gewährt. Eine Versagung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs kann aus den kartellrechtlichen Vorschriften nicht abgeleitet werden. Dieser Kartellrechtsverstoß kann lediglich dazu führen, dass das Verhalten des Patentinhabers als rechtsmissbräuchlich i. S.v. § 242 BGB angesehen wird. Als dogmatische Grundlage kann folglich nur § 242 BGB selbst in Betracht kommen. 4.

Rechtsmissbrauch gemäß § 242 BGB

Das allgemeine Verbot des Rechtsmissbrauchs hat seinen Ursprung in § 242 BGB, der die Leistung nach Treu und Glauben regelt. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist nicht auf das Allgemeine Schuldrecht begrenzt, sondern sie gilt im gesamten Privatrecht,277 einschließlich des gewerblichen Rechtsschutzes278 und des Urheberrechts.279 Der Grundsatz von Treu und Glauben ist eine allen Rechten, Rechtsnormen und Rechtslagen immanente Inhaltsbegrenzung.280 § 242 BGB ist eine Generalklausel, aus der sich direkt weder Tatbestandsmerkmale noch Rechtsfolgen ergeben.281 Deshalb wurden zur Präzisierung des 276 S. o. S. 23 ff. 277 BGHZ 12, 154, 157; BGH NJW 1983, 109, 110; Weber JuS 1992, 631, 633; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 242 Rn. 10; Schmidt-Kessel, in: P/W/W, BGB, § 242 Rn. 5; Cordeiro, FS Canaris Bd I, S. 857. 278 BGHZ 1, 31 = GRUR 1951, 159 – Störche; 21, 66, 80 = GRUR 1957, 25, 28 – Hausbücherei; BGH NJW 1997, 3377, 3379 – Weichvorrichtung II; BGH GRUR 2011, 242, 244 – Classe E; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 101; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 1004. 279 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 1004; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 8; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 101; Jan Bernd Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, § 102 Rn. 4. 280 BGH NJW 1997, 2257, 2258; BGH NJW-RR 2005, 619, 620; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 38; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 217; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 242 Rn. 33; Gernhuber JuS 1983, 764, 765; Hohmann JA 1982, 112. 281 Heinrich, FS Laufs, S. 585; Weber AcP 192 (1992), 516, 517; Schmidt-Kessel, in: P/W/W, BGB,

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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§ 242 BGB im Laufe der Zeit verschiedene Fallgruppen herausgearbeitet, zu denen u. a. der Rechtsmissbrauch und die unzulässige Rechtsausübung gehören.282 Bei diesem Begriffspaar ist zu beachten, dass der Rechtsmissbrauch den Tatbestand der missbilligten Inanspruchnahme eines Rechts darstellt, während die unzulässige Rechtsausübung deren Rechtsfolge ist, wodurch die Ausübung oder Durchsetzung – ggf. auch nur vorübergehend – verwehrt wird.283 Problematisch ist, dass der Begriff des Rechtsmissbrauchs wiederum kaum subsumtionsfähig ist. Um diesem Problem zu begegnen, wurden von Rechtsprechung und Literatur im Laufe der Zeit Unterfallgruppen entwickelt. Zu ihnen gehört, dass nicht gefordert werden kann, was der Gläubiger sogleich zurückgewähren müsste (dolo petit, qui petit, quod statim redditurus est).284 Auf diese Fallgruppe des dolo-petit ist der Zwangslizenzeinwand zu stützen285 und gerade nicht auf die Fallgruppe des fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses.286 Auf die letztgenannte Fallgruppe wird nur zurückgegriffen, um das Argument zu widerlegen, dass es an der Identität der jeweiligen Leistungen fehlt.287 Beim dolo-petit-Einwand handelt es sich um einen Unterfall des fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses.288 Der dolo-petit-Einwand ist einschlägig, wenn die geforderte Leistung alsbald wieder zurückzugewähren wäre und kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, diesen Leistungsgegenstand zwischenzeitlich zu behalten.289 Damit hat der dolo-petit-Einwand gegenüber der Fallgruppe des fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses weitere speziellere Voraussetzungen. Liegen diese nicht vor, so darf ihr Fehlen nicht dadurch umgangen werden, dass auf die allgemeinere Fallgruppe zurückgegriffen wird. Der Einwand der Zwangslizenz lässt sich auch nicht mit der Fallgruppe der

282 283 284 285

286 287 288 289

§ 242 Rn. 5; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 2; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 2; Hohloch, in: Erman, BGB, § 242 Rn. 5; Bydlinski, in: Rechtsdogmatik und praktische Vernunft, S. 190; Gernhuber JuS 1983, 764; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 242 Rn. 4. Dette, S. 27; Heinrich, FS Laufs, S. 590; Schmidt-Kessel, in: P/W/W, BGB, § 242 Rn. 31; Roth/ Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 197; Gernhuber JuS 1983, 764, 766; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 214; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 47. Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 197; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 47; Dette, S. 27. BGHZ 10, 69, 75; 94, 240, 246; 180, 312 – Orange-Book-Standard; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 52; Wacke JA 1982, 477; Heinrich, FS Laufs, S. 594 f.; Hohloch, in: Erman, BGB, § 242 Rn. 111; Schmidt-Kessel, in: P/W/W, BGB, § 242 Rn. 47. So auch BGHZ 180, 312, 316 – Orange-Book-Standard; LG Düsseldorf InstGE 10, 66, Rn. 88 – Videosignal Codierung III; LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2122 – MPEG 2-Standard; Kühnen, FS Tilmann, S. 514; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694; Wirtz WRP 2011, 1392, 1399 ff.; siehe auch die Nachweise oben S. 42 ff. So aber Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1071. Vgl. oben S. 44. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 282; Schulze, in: Schulze, BGB, § 242 Rn. 32; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 50. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 281.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

Vereitelung einer fremden Rechtsposition, gestützt auf den Rechtsgedanken des § 162 BGB, begründen.290 Diese Fallgruppe des § 242 BGB kann den Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch nicht begründen. Es fehlt an einem entsprechenden vorwerfbaren Verhalten des Patentinhabers. Als dem Patentinhaber vorwerfbares Verhalten wird der Nichtabschluss des Lizenzvertrages angeführt, dieses Verhalten stelle eine Vereitelung einer fremden Rechtsposition dar.291 Diese Verhaltensweise kann jedoch nicht dazu führen, dass der Patentinhaber seinen Unterlassungsanspruch nicht geltend machen kann. Denn damit würden dem Patentinhaber durch ein und dasselbe Verhalten – der Nichtabschluss des Lizenzvertrages – sowohl ein kartellrechtlich missbräuchliches Verhalten als auch ein Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB vorgeworfen. Hier ist zu bedenken, dass über den Zwangslizenzeinwand dem Nutzer im Endeffekt eine unmittelbare Nutzungsmöglichkeit an dem Patent eingeräumt wird. Denn der Patentinhaber kann sich in einem solchen Falle nicht mehr gegen die rechtswidrige Nutzung wehren. Die Anwendung und interessengerechte Auslegung des Kartellrechts hat ergeben, dass als Rechtsfolge des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung dem Patentinhaber ein Kontrahierungszwang auferlegt wird. Dann kann jedoch nicht durch dasselbe Verhalten zugleich ein Einwand der Zwangslizenz und damit eine unmittelbare Nutzungsmöglichkeit begründet werden. Denn das würde die Rechtsfolge des kartellrechtlichen Missbrauchs – den Kontrahierungszwang – aushebeln. Die im Rahmen des Kartellrechts betroffenen Interessen haben lediglich diesen Kontrahierungszwang und gerade kein unmittelbares Nutzungsrecht begründet. Die selben Interessen können bei der im Rahmen von § 242 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis – einer unmittelbaren Nutzungsmöglichkeit – führen. Vielmehr bedarf es eines zusätzlichen treuwidrigen Verhaltens, das dem Patentinhaber vorgeworfen wird. Dies wäre beim Zwangslizenzeinwand die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs. Durch diesen Unterlassungsanspruch wird der Lizenzvertrag des Nutzungswilligen jedoch nicht vereitelt. Diese Differenzierung zwischen den verschiedenen Verhaltensweisen des Patentinhabers wird vielmehr im Rahmen des dolo-petit-Einwands berücksichtigt. Mit ihm wird dem Patentinhaber vorgeworfen, durch den Unterlassungsanspruch etwas zu fordern, was dieser alsbald durch die Lizenzerteilung zurückzugewähren hätte. Für den auf § 162 BGB gestützten Einwand wegen Vereitelung der Entstehung einer fremden Rechtsposition fehlt es damit an einer tauglichen dem Patentinhaber vorzuwerfenden Verhaltensweise. Als Grundlage für den Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz kommt damit allein der dolo-petit-Einwand gemäß § 242 BGB in Betracht. 290 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108 f.; a. A. Maume, S. 106 ff. 291 Maume, S. 108 f.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

III.

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Einwand der Zwangslizenz gemäß § 242 BGB

Die Annahme von § 242 BGB als Rechtsgrundlage führt nicht automatisch zu einer Gewährung des Zwangslizenzeinwandes. Hierfür müssen vielmehr bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die im Laufe der Zeit zur Konkretisierung der Generalklausel des § 242 BGB entwickelt worden sind. Zunächst müssen eine Sonderverbindung (unten 1) und ein tauglicher Gegenanspruch vorliegen (unten 2). Kern der Anwendung des § 242 BGB ist dann eine umfassende Interessenabwägung (unten 3).292 1.

Sonderverbindung

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kommt nur zur Anwendung, wenn zwischen den Parteien eine Sonderverbindung besteht.293 Dieses Erfordernis ergibt sich aus der systematischen Stellung des § 242 BGB und ist im weitesten Sinne zu verstehen.294 Ausreichend ist neben vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen jeder qualifizierte soziale Kontakt,295 wobei eine solche Sonderbeziehung auch dann anzunehmen ist, wenn die Beziehung zwischen den Parteien auf ein Unterlassen gerichtet ist.296 Bei einem patentrechtlichen Unterlassungsanspruch liegt eine solche Sonderverbindung vor. 2.

Vorliegen eines tauglichen Gegenanspruchs

Eine weitere Voraussetzung des dolo-petit-Einwands ist, dass dem Unterlassungsanspruch ein tauglicher Gegenanspruch korrespondiert. Das Vorliegen dieses Gegenanspruchs ist bei den Befürwortern und Gegnern des Zwangslizenzeinwands heftig umstritten.297 Für den dolo-petit-Einwand ist eine Pflicht erforderlich, die zur umgehenden oder alsbaldigen Rückgewähr der verlangten Rechtsposition in demselben Umfang verpflichtet.298 Dem Unterlassungsan292 Eine Interessenabwägung auf der Basis von § 242 BGB hat bisher allein Maume vorgenommen; Maume, S. 69 ff. 293 BGHZ 95, 274, 279 = GRUR 1986, 62, 64 – GEMA-Vermutung I; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 87; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 14; Scholz, S. 51. 294 BGHZ 95, 274, 279 – GEMA-Vermutung I; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 5; Roth/ Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 87; Schmidt-Kessel, in: P/W/W, BGB, § 242 Rn. 8; Scholz, S. 51. 295 Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 14; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 5; Scholz, S. 51. 296 Krebs, S. 134. 297 Vgl. oben S. 38 ff. 298 Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 85; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 52.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

spruch des Patentinhabers steht der Anspruch des Nutzers auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz gegenüber. Bei diesem Anspruch handelt es sich nicht um ein unmittelbares Recht auf Nutzung, sondern lediglich um einen Kontrahierungszwang. Die Frage ist, ob zwischen diesen beiden Ansprüchen die für den dolo-petit-Einwand erforderliche zeitliche und inhaltliche Identität vorliegt.299 Dies ist nur dann gegeben, wenn der Anspruch des Nutzungswilligen auf Nutzung des Patents gerichtet ist.300 Konstruktiv jedoch löst der kartellrechtliche Zwangslizenzanspruch lediglich einen Kontrahierungszwang aus und gerade kein unmittelbares Recht auf Nutzung des Patents. Damit sei der Gegenanspruch keine Umkehrung des Klageanspruchs.301 Hierbei wird allerdings der Zweck der kartellrechtlichen Zwangslizenz außer Acht gelassen, der im Ergebnis die Nutzung des Patents durch den Nutzungswilligen erlauben will.302 Das Argument der Gegner des Zwangslizenzeinwandes, dass kein tauglicher Gegenanspruch bestehe, ist damit lediglich ein formales Argument.303 Solch formale Argumente sind zwar zu berücksichtigen, können aber allein die Versagung des Einwands nicht rechtfertigen.304 Der Nutzung des Patents soll zwingend die Lizenzerteilung und damit der Abschluss eines Lizenzvertrages voran gehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Anspruch auf Abschluss des Lizenzvertrags notwendig mit dem Recht auf Nutzung des Patents zusammen hängt. Durch den kartellrechtlichen Anspruch auf Zwangslizenz wird letztlich ein Anspruch auf Nutzung des Patents erzwungen.305 Daher sind der Anspruch des Patentinhabers auf Unterlassung und der Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz inhaltlich kongruent.306 Weiter wird vorgebracht, dass der Anspruch auf Zwangslizenz nicht hinreichend bestimmt und damit nicht einredefrei sei,307 weil die Vertragsbedingungen der Lizenzeinräumung noch nicht geklärt seien. Der Anspruch enthalte keine endgültige Regelung der Lizenzgebühr und deren Berechnungsmethoden sowie sonstiger Verpflichtungen, wie etwa zur Geheimhaltung.308 Wie noch im weiteren Verlauf dieser Arbeit aufzuzeigen sein wird, kann der Einwand der 299 Ausdrücklich dagegen: Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106 f.; v. Merveldt WuW 2004, 19, 22; Maaßen, Rn. 600. Dafür : Wirtz WRP 2011, 1392, 1400; Hötte, S. 181. Ebenfalls dagegen OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 604 – Kontrahierungszwang, allerdings bezogen auf das Urheberrecht. 300 Vgl. auch Wirtz WRP 2011, 1392, 1400. 301 Maume, S. 102. 302 So auch Hötte, S. 181. 303 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107; Hötte, S. 181. 304 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107. 305 So auch Hötte, S. 181. 306 So auch Wirtz WRP 2011, 1392, 1400; Hötte, S. 181. 307 Maaßen, Rn. 600. 308 Maaßen, Rn. 600.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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kartellrechtlichen Zwangslizenz nur eingreifen, wenn der Nutzer dem Patentinhaber ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht hat, das der Patentinhaber nicht ablehnen kann, ohne gegen das Behinderungsoder Diskriminierungsverbot zu verstoßen.309 Hierfür muss der Nutzer die Bedingungen des Lizenzvertrages konkret ausformuliert haben. Wegen dieses konkret ausgestalteten Angebots, das der Patentinhaber nicht ablehnen kann ohne sich kartellrechtswidrig zu verhalten, kann davon ausgegangen werden, dass der Anspruch hinreichend einredefrei ist. Ferner ist auch die zeitliche Komponente gegeben. Für den dolo-petit-Einwand ist keine Pflicht zur umgehenden Rückgewähr erforderlich, sondern es reicht eine Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr. Eine gewisse Verzögerung des Rückgewähranspruchs ist also zulässig.310 Das muss insbesondere dann gelten, wenn die Verzögerung in der Sphäre des Einwendungsgegners liegt.311 Andernfalls könnte sich der Patentinhaber durch eigenes verzögerndes Verhalten dem Einwand entziehen.312 Daher ist auch der nötige zeitliche Zusammenhang zwischen den Ansprüchen gegeben. Der Einwand der Zwangslizenz ist auch mit den übrigen typischen dolo-petitFällen durchaus vergleichbar.313 Der Einwand greift entgegen Maume314 nicht nur bei Herausgabeansprüchen und bei der Eintragung einer Dienstbarkeit oder einer Vormerkung ein. Vielmehr kommt er beispielsweise auch dann zur Anwendung, wenn der Eigentümer eines Mietobjekts dessen Räumung verlangt, obwohl hinsichtlich der Überlassung im Vorwege bereits ein Vorvertrag abgeschlossen worden ist, der den Eigentümer zum Abschluss eines Mietvertrages verpflichtet.315 Diese Situation ist mit dem Zwangslizenzeinwand vergleichbar. Der in der Wohnung Lebende hat in diesem Fall einen Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrages. Dieser Mietvertrag wird regelmäßig auf Seiten des Vermieters gewisse Ausgestaltungsspielräume enthalten. Dem Recht auf Nutzung der Wohnung ist somit noch ein Anspruch auf Vertragsschluss vorgeschaltet. Dessen ungeachtet haben die Gerichte in diesem Fall den dolo-petit-Einwand akzeptiert. Vergleichbar sind auch die übrigen Genehmigungsfälle des dolo-

309 310 311 312

Vgl. unten S. 64 ff. So auch Wirtz WRP 2011, 1392, 1400. Wirtz WRP 2011, 1392, 1400. Unabhängig davon, ob diese Verzögerung durch ein vorsätzliches Verhalten des Patentinhabers ausgelöst wurde oder weil dieser die Voraussetzungen des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs nicht als gegeben ansah. 313 A. A. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106; Maume, S. 102 ff.; Maaßen, Rn. 600. 314 Maume, S. 102. 315 OLG Köln NJW-RR 1992, 1162; ähnlich BayObLG NJW-RR 1988, 588, 589; BayObLG NJWRR 1991, 461, 463.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

petit-Einwands.316 In beiden Fällen hat der Einwendende einen Anspruch auf Gestattung des zu genehmigenden Verhaltens, nur dass den typischen Genehmigungsfällen lediglich eine Genehmigung vorangeht, während es beim Zwangslizenzeinwand eines Lizenzvertrages bedarf. Beiden Sachverhalten ist jedoch gleich, dass sowohl der Genehmigung als auch dem Vertragsschluss notwendig das Nutzungsrecht folgt. Somit ist der kartellrechtliche Zwangslizenzanspruch ein tauglicher Gegenanspruch im Sinne des dolo-petit-Einwands.

3.

Interessenabwägung

Ob der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand im Patentverletzungsprozess erfolgreich ist, hängt vom Ergebnis der umfassenden Abwägung der gegenläufigen Interessen des Patentinhabers und des Nutzungswilligen ab. Trotz der Herausbildung von Fallgruppen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bei § 242 BGB, handelt es sich hierbei lediglich um Indizien.317 Das Vorliegen solcher Indizien macht weitere Feststellungen nicht entbehrlich.318 Vielmehr erfordert die Norm des § 242 BGB in all ihren Anwendungsfällen eine umfassende Interessenabwägung.319 Für den dolo-petit-Einwand als der hier vorliegenden Fallgruppe § 242 BGB ist eine eingehende den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragende Begründung erforderlich, warum die entsprechende Konstellation von der Fallgruppe erfasst wird.320 Bei den Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs ist besondere Zurückhaltung geboten.321 Zu beachten ist, dass nicht jede Unbilligkeit oder jede Verschiebung der Interessengewichtung von der gesetzlichen Regel abweichende Rechtsfolgen rechtfertigt.322 Grundsätzlich ist keine Partei verpflichtet, ihre Rechtsposition aufzugeben, nur weil diese die Gegenpartei übermäßig beschwert, und missbilligenswerte Motive des Rechtsinhabers allein vermögen dessen Rechtsposition nicht zu erschüttern.323 Ein Rechtsmissbrauch darf nur dann angenommen werden, wenn die beteiligten Interessen sorgfältig miteinander abgewogen 316 Vgl. hierzu Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 86; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 52. 317 Looschelders/Olzen, in. Staudinger, BGB, § 242 Rn. 220. 318 Looschelders/Olzen, in. Staudinger, BGB, § 242 Rn. 220; Ohly AcP 201 (2001), 1, 38. 319 BGHZ 135, 333, 337. 320 Looschelders, SchuldR AT, Rn. 73. 321 BGHZ 55, 274, 279; 68, 299, 304; Hohloch, in: Erman, BGB, § 242 Rn. 104; Heinrich, FS Laufs, S. 591. 322 BGHZ 45, 179, 182; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 220; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 49. 323 RGZ 138, 373, 376; 160, 349, 357; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 203; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 49; Heinrich, FS Laufs, S. 591.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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wurden und nach dieser Abwägung die gesetzlich angeordnete Rechtsfolge untragbar ist.324 Die Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwands hängt also davon ab, ob die Interessen des Patentinhabers oder des Nutzungswilligen die des jeweils anderen hinreichend deutlich überwiegen. Diese Interessenabwägung hat das Ziel, die Frage zu klären, ob und wie der eingetretene Nachteil zwischen den Parteien zu verteilen ist. Neben den besonderen Umständen des Einzelfalls sind für die Interessenabwägung vier allgemeine Prinzipien zu beachten: die vertragliche oder gesetzliche Risikozuordnung (unten a), subjektive Elemente (unten b), öffentliche Interessen bzw. Interessen Dritter (unten c) und die Grundrechte der Beteiligten (unten IV).325 a) Risikozuordnung Die Risikozuordnung gibt Auskunft darüber, ob der eingetretene Nachteil auf Seiten derjenigen Partei zu verbleiben hat, bei der er eingetreten ist.326 Durch die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung wird die wertende Interessenabwägung erst eröffnet.327 Zunächst muss der relevante Nachteil ermittelt werden. Im vorliegenden Fall geht es um einen Einwand gegen den Unterlassungsanspruch. Es kommt also darauf an, welchen Nachteil dieser Unterlassungsanspruch auslöst und in wessen Risikobereich dieser Nachteil fällt. Nachteil des Unterlassungsanspruchs ist für den Patentnutzer, dass er das Patent nicht nutzen darf. Da der Nachteil eintritt, weil der Nutzer keine Lizenz hat und die Nutzung damit rechtswidrig ist, kann dieser Nachteil zunächst einmal in den Risikobereich des Nutzers eingeordnet werden. Wird der Unterlassungsanspruch isoliert betrachtet, könnte dies zu dem Ergebnis führen, dass das Verbot der unlizenzierten Nutzung des Patents ausschließlich in den Risikobereich des Nutzers fällt und gerade nicht (auch) in den Risikobereich des Patentinhabers. Dann dürfte der eingetretene Nachteil nicht zwischen den Parteien umverteilt werden. Eine solche Betrachtungsweise ist jedoch zu eng. Entscheidend für die Risikozuordnung ist, ob bei der Risikobewertung nur die Umstände des in Rede stehenden Anspruchs, hier also des Unterlassungsanspruchs, oder auch die zwischen den Parteien bestehenden sonstigen Umstände einzubeziehen sind. So 324 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 220; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 242 Rn. 4; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 49; vgl. auch Ohly AcP 201 (2001), 1, 16. 325 Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 18; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 50 ff.; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 479 ff. 326 Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 19; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 50. 327 Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 50.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

kann über das Verbot des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB auch ein früheres Verhalten328 einbezogen und berücksichtigt werden. Daraus kann gefolgert werden, dass es bei einem Einwand nach § 242 BGB nicht ausschließlich auf den in Rede stehenden Anspruch ankommt, sondern auch außerhalb dieses Anspruchs liegende Umstände mit zu berücksichtigen sind. Beim dolo-petit-Einwand müssen auch diejenigen Umstände außerhalb des Unterlassungsanspruchs des Patentinhabers beachtet werden, die ihn zur sofortigen Rückgewehr des durch den Unterlassungsanspruch Erlangten verpflichten würden. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kann nicht nur auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der in Rede stehenden Norm, wie hier des Unterlassungsanspruchs nach § 139 I PatG, abgestellt werden. Da rechtsmissbräuchliche Verhaltensweisen selbst nicht Eingang in den Tatbestand des § 139 I PatG gefunden haben, könnte sonst nie ein Rechtsmissbrauch i. S.v. § 242 BGB vorliegen. Deshalb müssen auch andere Umstände, die außerhalb des in Rede stehenden Anspruchs liegen, mit in die Betrachtung der Risikozuordnung einbezogen werden. Dem Nutzungswilligen steht aus kartellrechtlichen Gründen ein Anspruch auf Zwangslizenz zu. Dieser Anspruch wird durch ein kartellrechtswidriges Verhalten des Patentinhabers ausgelöst. Dass dem Nutzungswilligen bislang noch keine Zwangslizenz eingeräumt worden ist, kann am Verhalten beider Parteien liegen. Die fehlende Einräumung der Zwangslizenz kann ihre Ursache darin haben, dass der Patentinhaber sie grundlos verweigert hat, oder darin, dass der Patentnutzer beim Patentinhaber nicht um ihre Einräumung nachgesucht hat. Im Allgemeinen ist es nicht Aufgabe des Patentinhabers, jeglichen Interessenten eine Lizenz anzubieten, denen ein Anspruch auf Zwangslizenz zusteht. Vielmehr muss der Lizenzsucher selbst für die Durchsetzung seines Anspruchs sorgen,329 das heißt, im Falle der Nichteinräumung der Zwangslizenz ihn im Klageweg durchsetzen.330 Daraus könnte geschlossen werden, dass der Nachteil, der sich aus dem Unterlassungsanspruch ergibt, in den Risikobereich des Nutzers fällt, da dieser seinen Anspruch vor Aufnahme der Nutzung nicht gerichtlich durchgesetzt hat. aa) Vorliegen eines unbedingten Angebots des Nutzungswilligen Eine solche Betrachtungsweise würde jedoch das Vorverhalten des Patentinhabers außer Betracht lassen. Der Anspruch auf Zwangslizenz wurde erst durch ein kartellrechtswidriges Verhalten des Patentinhabers ausgelöst. Da es jedoch nicht 328 Wie etwa bei der Fallgruppe des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium), vgl. Hohloch, in: Erman, BGB, § 242 Rn. 106; Singer, S. 21 ff. 329 BGHZ 180, 312, 318 – Orange-Book-Standard. 330 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 924; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 101; Rombach, FS Hirsch, S. 322; v. Merveldt WuW 2004, 19, 22.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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Aufgabe des Patentinhabers ist, für die Durchsetzung der Ansprüche des Nutzers zu sorgen, müsste dieser sich beim Patentinhaber um die Durchsetzung seines Anspruchs bemühen.331 Das bedeutet, dass der Nutzer dem Patentinhaber ein Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen gemacht haben muss. Hierfür kann nicht jedes Angebot ausreichen, sondern nur ein solches, das wie der BGH in seiner Entscheidung »Orange-Book-Standard«332 festgestellt hat, unbedingt und derart ausgestaltet ist, dass der Patentinhaber dieses Angebot nicht ablehnen kann, ohne den Lizenzsucher unbillig zu behindern oder zu diskriminieren.333 Denn nur dieses Erfordernis gewährleistet, dass der Lizenzsucher seine Ansprüche selber verfolgt und diese Obliegenheit nicht auf den Patentinhaber abwälzt. Darüber hinaus werden durch das Erfordernis des unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages auch solche Nutzungswilligen von der Möglichkeit eines Zwangslizenzeinwandes im Patentverletzungsprozess ausgeschlossen, die selbst kein Interesse an einem Lizenzvertrag haben, sondern das Patent in der Hoffnung nutzen, dass der Patentinhaber dies nicht bemerkt.334 Dass nur ein unbedingtes Angebot des Lizenzsuchers annahmefähig ist,335 dient dem Schutz des Patentinhabers. Denn die Einschränkung seines Ausschließlichkeitsrechts muss auf Ausnahmefällen beschränkt bleiben.336 Damit kann zusammenfassend festgestellt werden, dass für das Durchgreifen eines Zwangslizenzeinwandes – falls er denn im Ergebnis tatsächlich als zulässig erachtet wird337 – zumindest ein unbedingtes Angebot des Nutzungswilligen auf Abschluss des Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen nötig ist, das der Patentinhaber nicht ablehnen kann, ohne den Nutzungswilligen unbillig zu behindern oder zu diskriminieren. bb) Auskunftsanspruch des Nutzungswilligen gemäß § 242 BGB Teilweise wird gegen das Erfordernis des unbedingten Angebots vorgebracht, dessen genaue inhaltliche Ausgestaltung sei für den Nutzungswilligen nicht unproblematisch,338 insbesondere im Hinblick auf die Lizenzgebühr. Der Nutzungswillige wird regelmäßig die Lizenzbedingungen, die der Patentinhaber mit anderen Lizenznehmern vereinbart hat, nicht kennen. Hier ließe sich an einen Auskunftsanspruch339 des Nutzungswilligen gegenüber dem Patentinhaber auf 331 So auch BGHZ 180, 312, 318 – Orange-Book-Standard. 332 BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. 333 Zum Erfordernis eines unbedingten Angebots siehe oben S. 47 ff. und Rombach, FS Hirsch, S. 321; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106. 334 So auch in Bezug auf das Erfordernis der Hinterlegung Jestaedt GRUR 2009, 801, 803. 335 Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 377. 336 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070. 337 S. unten S. 86 ff., im Ergebnis verneinend. 338 Höppner ZWeR 2010, 395, 417. 339 Hierzu ausführlich Hötte, S. 275 ff. und Maume, S. 130 ff.

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Preisgabe bestimmter Informationen denken, mit dessen Hilfe sich die angemessene Lizenzgebühr ermitteln ließe. Ein solcher Anspruch könnte sich mangels speziellerer Vorschriften nur aus § 242 BGB ergeben.340 Dieser setzt das Vorliegen einer Sonderbeziehung voraus und dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über den Umfang oder das Bestehen seines Anspruchs im Ungewissen ist und es dem Verpflichteten unschwer möglich ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen.341 Diese Voraussetzungen wären im Falle eines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs erfüllt.342 Im Ergebnis allerdings ist der Auskunftsanspruch für den Zwangslizenzeinwand zur Bestimmung der Lizenzbedingungen wenig hilfreich. Wenn der Patentinhaber die Auskunft gegenüber dem Nutzungswilligen verweigert, müsste letzterer eine Leistungsklage auf Auskunftserteilung erheben. Diese kann jedoch in der Regel nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, sodass ein Hauptsacheverfahren zu führen ist.343 Denn andernfalls würde durch die einstweilige Verfügung die Hauptsache vorweggenommen.344 Hier besteht auch ein Unterschied zu den, trotz gewisser Vorwegnahme der Hauptsache, zulässigen Belieferungsansprüchen.345 Bei solchen Belieferungsansprüchen handelt es sich um Fälle, in denen ein marktbeherrschendes Unternehmen die Belieferung eines anderen Unternehmens mit bestimmten Produkten abbricht oder von vornherein eine solche Belieferung ablehnt, wobei letzteres auf die Belieferung angewiesen ist.346 Ein solcher Belieferungsanspruch besteht jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn die Lieferweigerung sachlich nicht gerechtfertigt ist.347 Eine im Wege einer einstweiligen Verfügung erzwungene Auskunft führt zur endgültigen Befriedigung des Gläubigers. Die Auskunft kann – anders als bei Belieferungsansprüchen – nicht nur vorübergehend gewährt und damit im Hauptsacheverfahren unter Umständen wieder zurück genommen werden. Der Anspruchsinhaber müsste folglich bei einer Auskunftsverweigerung eine Leistungsklage erheben, die in der Regel kaum 340 BGH NJW 2002, 3771; BGH NJW 2001, 821, 822; Maume, S. 130; Hötte, S. 275 ff. m. w. N. 341 BGH NJW 2002, 3771; BGH NJW 2001, 821, 822; Krüger, in: MüKo, BGB, § 260 Rn. 12; Maume, S. 130 f., jeweils m. w. N.; Hötte, S. 276. 342 Maume, S. 131; Hötte, S. 276 ff. 343 Maume, S. 131. 344 Maume, S. 131. 345 Hierzu ausführlicher unten S. 97 ff. 346 OLG Düsseldorf WuW/E OLG 3787 ff. – Renault; OLG Köln BeckRS 2001, 30182845; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 2732 ff. – Elektrowerkzeuge; LG Hamburg WuW/E LG/AG 563 f. – Hess-Familienschuhmärkte; Emmerich, Kartellrecht, § 10 Rn. 32 ff. 347 OLG Düsseldorf WuW/E OLG 3787 ff. – Renault; OLG Köln BeckRS 2001, 30182845; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 2732 ff. – Elektrowerkzeuge; LG Hamburg WuW/E LG/AG 563 f. – Hess-Familienschuhmärkte; Emmerich, Kartellrecht, § 10 Rn. 32 ff.

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frühzeitiger entschieden wird als die Leistungsklage auf Zwangslizenzerteilung selbst.348 In diesem Fall aber könnte der Nutzungswillige sogleich Leistungsklage auf Abschluss eines Lizenzvertrages erheben, statt ein unbedingtes Angebot abzugeben und im Patentverletzungsprozess den Zwangslizenzeinwand zu erheben. Die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung auf Auskunft könnte sich jedoch aus § 140b VII PatG ergeben. Nach § 140b VII PatG kann in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 ZPO angeordnet werden. Diese Vorschrift bezieht sich zwar auf den Auskunftsanspruch des Patentinhabers bei Verletzung des Patents, könnte jedoch auch auf den Auskunftsanspruch des Nutzungswilligen angewendet werden. Selbst wenn die Voraussetzungen einer analogen Anwendung vorliegen würden, so wird § 140b VII PatG analog allerdings nur in seltenen Fällen zum Erfolg führen. Denn nach § 140b VII PatG bedarf es für eine einstweilige Verfügung auf Auskunft eine offensichtliche Rechtsverletzung. Eine solche offensichtliche Rechtsverletzung ist gegeben, wenn eine Fehlentscheidung oder eine andere Beurteilung im Rahmen des richterlichen Ermessens mit der Folge einer ungerechtfertigten Belastung des Patentverletzers kaum möglich ist.349 Damit kommt eine einstweilige Verfügung nur in Betracht, wenn der Verletzungstatbestand auf den ersten Blick erkennbar ist.350 Wird diese Konstellation auf den Auskunftsanspruch des Nutzungswilligen übertragen, so ist für diesen erforderlich, dass die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs des Nutzungswilligen offensichtlich erfüllt sein müssen. Zu diesen offensichtlichen Voraussetzungen zählt auch der Anspruch auf Zwangslizenz. Ein solcher Anspruch wird allerdings, wenn überhaupt, nur in seltenen Fällen auf den ersten Blick erkennbar sein. Vielmehr müssen hier u. a. die notwendigen Feststellungen zur Marktabgrenzung in sachlicher, räumlicher, zeitlicher Hinsicht und zur Annahme einer Marktbeherrschung getroffen werden. Hierbei handelt es sich um schwierige Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art. Bei den einem Zwangslizenzanspruch zugrundeliegenden komplexen Sachverhalten, wird eine solche offensichtliche Rechtsverletzung, wenn überhaupt, nur in seltenen Fällen gegeben sein. Selbst wenn also § 140b VII PatG analog auf den Auskunftsanspruch des Nutzungswilligen angewendet werden kann, so wird dies nur in selten Fällen zum Erfolg führen. Im Großteil der Fälle wird damit eine einstweilige Verfügung dennoch nicht statthaft sein. 348 Maume, S. 131 f. 349 BT-Drucks. 11/4792, S. 32; OLG Hamburg, Urt. v. 29. 03. 2007, Az. 3 U 298/06, Rn. 29 – Transglutaminase; OLG Düsseldorf GRUR 1993, 818, 820 f. – Mehrfachkleiderbügel; Mes, PatG, § 140b Rn. 47; Rogge/Grabinski, in: Benkard, PatG,§ 140b Rn. 11. 350 OLG Düsseldorf GRUR 1993, 818, 821 – Mehrfachkleiderbügel; Mes, PatG, § 140b Rn. 47.

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Darüber hinaus ist die gerichtliche Durchsetzung des Auskunftsanspruchs nicht unproblematisch. Die Vertragsunterlagen und internen Kalkulationen des Patentinhabers stellen Geschäftsgeheimnisse i. S. d. § 17 UWG dar.351 Insbesondere bei einer generellen Lizenzverweigerung des Patentinhabers ginge ein Auskunftsanspruch des Nutzungswilligen ins Leere.352 Und selbst wenn die Möglichkeit eines erfolgreichen Auskunftsanspruchs bestünde, hilft dieser nicht bei der Konkretisierung des unbedingten Angebots vor Nutzungsaufnahme. Denn die notwendigen Informationen würden zeitlich zu spät offengelegt. Für das Erfordernis eines unbedingten Angebots schadet die fehlende Kenntnis des Nutzungswilligen von der genauen Lizenzgebühr jedoch nicht, da der BGH es genügen lässt, wenn der Nutzungswillige die Höhe der Lizenzgebühr in das billige Ermessen des Patentinhabers stellt.353 Selbst wenn ein Auskunftsanspruch dem Nutzungswilligen nicht weiterhilft, kann dies nichts am Erfordernis eines unbedingten Angebots ändern. Mit dem Erfordernis eines unbedingten Angebots wird vom Nutzungswilligen auch nichts Unmögliches verlangt.354 Dieses Angebot kann nicht unter die Bedingung einer Bestätigung des Schutzrechts im Nichtigkeitsverfahren355 oder einer rechtsverletzenden Nutzung356 gestellt werden. Denn Zweifel des Nutzungswilligen an der tatsächlichen Nutzung des Patents, sind kein kartellrechtsspezifisches Problem.357 Es besteht vielmehr auch dann, wenn der Patentinhaber seine marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht hat. Ohne ein unbedingtes Angebot des Nutzungswilligen, das der Patentinhaber nicht ablehnen kann, ohne diesen unbillig zu behindern oder zu diskriminieren, kann das Risiko der Nichtnutzung des Patents nicht auch auf Seiten des Patentinhabers eingeordnet werden. cc) Zeitpunkt der Abgabe des Angebots Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt dieses Angebot vorgelegen haben muss. Nach einer Ansicht muss das Angebot grundsätzlich vor Aufnahme der Nutzung vorgelegen haben;358 andere lassen es genügen, dass das Lizenzangebot und der Zwangslizenzeinwand prozessual rechtzeitig mit der Klageerwiderung abgege351 Maume, S. 132 m.w.N. 352 Vgl. Maume, S. 133. Auch ein Wirtschaftsprüfervorbehalt helfe insofern nicht weiter, Maume, S. 134; a. A. Hötte, S. 288 ff. 353 BGHZ 180, 312, 321 – Orange-Book-Standard. 354 So aber Ullrich, Leistner, S. 54. 355 Wie hier Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 383 f.; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1072; Kühnen/Geschke, Rn. 965. 356 Hötte, S. 186; Kühnen/Geschke, Rn. 964. 357 Hötte, S. 186. 358 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 924.

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ben wird.359 Wieder andere halten es für ausreichend, wenn der Nutzungswillige das Angebot innerhalb einer angemessenen Frist abgibt,360 nachdem er Kenntnis von der Existenz des Patents und dessen rechtwidriger Benutzung erhalten hat bzw. dies fahrlässig nicht erkannt hat.361 Noch großzügiger ist es, wenn das Angebot rechtzeitig noch vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abgegeben werden kann.362 Bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes müssen das unbedingte Angebot des Nutzungswilligen und der Zwangslizenzeinwand streng voneinander unterschieden werden.363 Die Rechtzeitigkeit des Einwands beurteilt sich nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen (§§ 282, 296 f., 531 ZPO). Dies ändert nichts daran, dass bei einer Zwangslizenz der Nutzungswillige sich vor Nutzungsaufnahme eine Lizenz einräumen lassen muss. In der Situation des Zwangslizenzeinwandes ist es zu einer solchen Lizenzeinräumung nicht gekommen. Könnte das Angebot nun auch noch im Verlaufe des Prozesses abgegeben werden, so könnte dies zu einem erheblichen Missbrauchspotential auf Seiten des Nutzungswilligen führen. Als Beklagter könnte er abhängig von der Prozesssituation agieren und den Zwangslizenzeinwand und mit ihm das Angebot gleichsam als letzten Notanker verwenden.364 Deshalb muss ein unbedingtes Angebot des Lizenzsuchers vor Aufnahme der Nutzungshandlungen vorliegen, das der Patentinhaber nicht ablehnen kann, ohne den Lizenzsucher unbillig zu behindern oder zu diskriminieren. Ein Angebot, das nach Aufnahme der Nutzungshandlung abgegeben wird, ist mit dem Wesen der Zwangslizenz nicht vereinbar. Ihr ist immanent, dass sich der Nutzer vor der Aufnahme der Nutzungshandlung vom Patentinhaber die Lizenz einräumen lassen muss. Die kartellrechtliche Zwangslizenz ist gerade nicht als eine gesetzliche Lizenz ausgestaltet worden. Für letztere ist kennzeichnend, dass dem Nutzungswilligen bei Vorliegen der Voraussetzungen ohne vorherige Erlaubnis die Aufnahme der Nutzung gestattet und der Rechtsinhaber gegebenenfalls mit einem gesetzlichen Vergütungsanspruch abgefunden wird.365 Eine gesetzliche Lizenz stellt damit einen noch stärkeren Eingriff in die Ausschließlichkeitsrechte des Rechtsinhabers dar als eine Zwangslizenz.366 Aus 359 Höppner ZWeR 2010, 395, 423; Wirtz WRP 2011, 1392, 1398; Heselberger jurisPR-WettbR 7/ 2009, Anm. 1 unter D. 360 Maume ZGE 2012, 216, 223. 361 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1072; Hötte, S. 202 f.; Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 924 f. 362 Kühnen Mitt. 2010, 258, 259; Kühnen/Geschke, Rn. 952. 363 So auch Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1072. 364 Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1072. 365 Dreier/Schulze, UrhG, § 42a Rn. 2; Rehbinder, Rn. 432; Fechner, S. 474; Schack, Rn. 93. 366 OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang; Schack, Rn. 93; Weisser/Höppener ZUM 2003, 597, 608.

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diesem Grund sind gesetzliche Lizenzen – gemessen am verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – nur zulässig, wenn die tatsächliche Kontrolle der Nutzungshandlungen unmöglich ist und Alternative zur gesetzlichen Lizenz nur noch die vollständig freie Nutzung des Immaterialgüterrechts wäre.367 Wäre ein Angebot des Nutzungswilligen auch noch nach Aufnahme der Nutzungshandlung zulässig, so würde dies aus der Zwangslizenz eine gesetzliche Lizenz machen. An dieser Betrachtungsweise ändert es nichts, dass der Anspruch durch ein kartellrechtlich verbotenes Verhaltens des Patentinhabers ausgelöst wird. Denn andernfalls hätte der Anspruch nicht als eine Zwangslizenz, sondern als ein unmittelbares Nutzungsrecht ausgestaltet werden müssen. Es ist damit alles andere als »belanglos«368, ob das Lizenzangebot vor oder nach der Nutzungsaufnahme abgegeben wird. Eine solche Betrachtungsweise verkennt den Unterschied zwischen einer Zwangslizenz und einer gesetzlichen Lizenz. Gelegentlich wird das Erfordernis eines Angebots vor Aufnahme der Nutzungshandlung auch deshalb verneint, weil sich ein kartellrechtlicher Zwangslizenzanspruch erst im Laufe der Benutzung eines Rechts ergeben könne, z. B. wenn der Patentinhaber erst zwischenzeitig marktbeherrschend geworden ist oder Dritten eine Lizenz erteilt hat.369 Dies bedeutet jedoch, dass der Nutzungswillige die Nutzung bereits aufgenommen hat, ohne sich vom Patentinhaber eine Lizenz einräumen zu lassen oder die Zwangslizenz gerichtlich durchzusetzen. Dieser Fall unterscheidet sich von den anderen typischen Fällen des Zwangslizenzeinwands insofern, als bei diesen der Anspruch von vornherein besteht. Der Einwand des § 242 BGB erfordert, dass das Risiko zwischen den Parteien angemessen zu verteilen ist. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn ein unbedingtes Angebot zu angemessenen Bedingungen abgelehnt wurde. Der Fall, dass sich der Zwangslizenzanspruch erst im Verlauf der Nutzung ergibt, ist anders gelagert. Im »klassischen« Fall des Zwangslizenzeinwandes steht das Unrecht des Patentinhabers der kartellrechtswidrigen Lizenzverweigerung dem Unrecht der unlizenzierten Nutzung des Patents gegenüber. Wenn der Zwangslizenzanspruch erst später entsteht, besteht im Zeitpunkt der Aufnahme der Nutzung kein Unrecht des Patentinhabers, sondern nur das Unrecht der unberechtigten Patentnutzung. Dass später ein kartellrechtlicher Zwangslizenzanspruch zur Entstehung gelangt, kann nicht zu einer Umverteilung des Risikos zu Lasten des Patentinhabers führen. Denn ein solches Verhalten würde nicht nur die Grenzen zwischen einer Zwangslizenz und einer gesetzlichen Lizenz aufheben, sondern es wäre noch nicht einmal mit einer gesetzlichen Lizenz zu rechtfertigen. Bei einer gesetzlichen Lizenz ist die Nutzung nur bei Vorliegen 367 Schack, Rn. 486; Dreier/Schulze, UrhG, vor § 44a ff. Rn. 14; Wolff, S. 22. 368 So aber Kühnen Mitt. 2010, S. 258, 259. 369 Höppner ZWeR 2010, 395, 423.

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der Voraussetzungen zulässig und nicht vorher. Der Fall eines erst später entstandenen kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs liegt jedoch anders. Der Nutzer beginnt mit der Nutzung des Patents ohne ein Angebot und ohne einen Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz. Ließe man ein nach Nutzungsaufnahme abgegebenes Angebot genügen, so verleitet dies den Rechtsverkehr zu einer ungefragten Nutzung des Patents, das für den Nutzer oft risikolos bliebe. Dem Patentinhaber könnte zwar für den Zeitraum der unlizenzierten Nutzung ein Schadensersatzanspruch gemäß § 139 II PatG zustehen, doch müsste er hierfür die vorsätzliche oder zumindest fahrlässige Rechtsverletzung beweisen, was nicht selten schwer fällt. Für den Nutzer hingegen brächte die ungefragte Nutzung wesentliche Vorteile. Zum einen müsse er bei Aufnahme der Nutzung noch keine Lizenzgebühren zahlen, sondern erst später im Wege des Schadensersatzes. Der Schadensersatzanspruch des Patentinhabers wird sich bei einem kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruch allerdings in der Regel nur auf die angemessene Lizenzgebühr belaufen, da dem Schadensersatzanspruch seinerseits der Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz entgegen gehalten werden kann.370 Zum anderen könnte der Nutzer auch darauf hoffen, dass der Patentinhaber keine Kenntnis von der unberechtigten Nutzung erhält und daher keine Ansprüche geltend macht. Eine derartige Begünstigung des Nutzungswilligen ist mit einem kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruch nicht bezweckt. Sonst hätte der Anspruch als gesetzliche Lizenz ausgestaltet werden müssen. Es ist somit mit dem Charakter der Zwangslizenz nicht vereinbar, dass der Nutzer das Angebot erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Nutzungsaufnahme abgeben kann. Nur wenn das unbedingte Angebot bereits vor Nutzungsaufnahme erfolgt ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Patentinhaber durch die Nichtannahme dieses Angebots das Risiko der Nichtnutzung des Patents mitverursacht hat. Nur das erlaubt eine Risikobewertung, dass der Nachteil des Nutzungswilligen auch in den Risikobereich des Patentinhabers fällt. Erst dann ist der Anwendungsbereich des dolo-petit-Einwands überhaupt eröffnet. Hat der Nutzungswillige nicht rechtzeitig vor Nutzungsaufnahme ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages abgegeben, so beruht die fehlende Rechtseinräumung nicht auf einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung des Patentinhabers, sondern auf dem Verhalten des Nutzungswilligen, der das Risiko alleine tragen muss.

370 BGHZ 160, 67, 81 – Standard-Spundfaß; Maume, S. 122 ff.; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 113 f.; Kühnen, FS Tilmann, S. 524 Fn. 16; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 694 Fn. 113.

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dd) Kenntnis des Nutzungswilligen von der Nutzung des Patents Die Abgabe des Angebots vor Aufnahme der Nutzungshandlung erfordert allerdings, dass der Nutzer Kenntnis von der Nutzung des Patents hatte. Der Maßstab für diese Kenntnis könnte von positiver Kenntnis371 bis zur fahrlässigen Unkenntnis372 reichen. Der Unterlassungsanspruch nach § 139 I PatG erfordert grundsätzlich keine Kenntnis von der Nutzung des Patents. Einzige Ausnahme ist die mittelbare Patentverletzung gemäß § 10 PatG, die ein Anbieten bzw. eine Lieferung »zur Benutzung der Erfindung« erfordert.373 Daraus folgt, dass der Unterlassungsanspruch bei einer mittelbaren Patentverletzung nur gegeben ist, wenn der Patentverletzer schuldhaft gehandelt hat.374 Hierbei ist jedoch umstritten, ob es eines mindestens bedingten Vorsatzes375 bedarf oder ob Fahrlässigkeit376 ausreicht. Dieser Kenntnismaßstab für die Abgabe des Angebots vor Aufnahme der Nutzungshandlung bei kartellrechtlichen Zwangslizenzen heranzuziehen erscheint jedoch nicht sachgerecht. Die beiden Fälle sind nicht miteinander vergleichbar. Bei § 10 PatG verletzt der Handelnde das Patent nicht selber, sondern er bietet »nur« Mittel einem zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigten Personenkreis an bzw. er liefert Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen. Bei dieser mittelbaren Patentverletzung handelt es sich um einen von der unmittelbaren Patentverletzung unabhängigen Verletzungstatbestand.377 Bei § 10 PatG ist Anknüpfungspunkt der Kenntnis, dass der Lieferant bzw. Anbieter Kenntnis von der Eignung und Verwendungsbestimmung hat und das Mittel zur Benutzung der Erfindung anbietet.378 Die Kenntnis knüpft an ein anderes Verhalten an als beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand. Bei Letzterem kommt es auf die Kenntnis bei Aufnahme der Nutzungshandlung an. Dieser Fall ist eher mit dem Maßstab des § 139 II 1 PatG vergleichbar, der entsprechend herangezogen werden könnte. Problematisch ist jedoch, ob die Interessenlagen beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand und beim Schadensersatzanspruch des § 139 II 1 PatG derart vergleichbar sind, dass der Kenntnismaßstab des § 139 II 1 PatG für den Zwangslizenzeinwand herange371 372 373 374 375

So anscheinend Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925. So anscheinend Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1072. Vgl. § 10 I PatG. Nieder, Patentverletzung, Rn. 88. BGH GRUR 2001, 228, 231 – Luftheizgerät; LG Düsseldorf InstGE 2, 23, 28 – Längsführungssystem; Keukenschrijver, in: Busse, PatG, § 10 Rn. 21; Hesse GRUR 1982, 191, 193; Mes GRUR 1998, 281, 283; Scharen GRUR 2001, 995, Fn. 2; Kühnen, in: Schulte, PatG, § 10 Rn. 29. 376 Meier-Beck GRUR 1993, 1. 377 BGH GRUR 1992, 40, 42 – Beheizbarer Atemluftschlauch; Pitz, Patentverletzungsverfahren, Rn. 16; Busche, GRUR 2009, 236, 238. 378 Pitz, Patentverletzungsverfahren, Rn. 22.

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zogen werden kann. § 139 II 1 PatG wirft dem Verletzer vor, dass er die Nutzungshandlung schuldhaft ohne eine entsprechende Lizenz aufgenommen hat. Die Anknüpfung der Kenntnis an die Handlung des Nutzers ist derselbe wie bei der Nutzung beim Zwangslizenzeinwand. Für den Beginn der das Patent nutzenden Handlung können zwei Zeitpunkte unterschieden werden. Zum einen kommt als Zeitpunkt in Betracht, dass der Patentnutzer eine neue Produktion aufnimmt bzw. eine bestehende Produktion in patentrelevanter Weise verändert. Doch sind auch Fälle denkbar, in denen der Unterlassungsbeklagte bereits seit geraumer Zeit eine Produktion unterhält, in der er eine Erfindung nutzt, welche noch nicht Gegenstand eines angemeldeten Patents ist, und in dieser Zeit ein fremdes Patent über diese Erfindung angemeldet und erteilt wird, so dass erst vom Zeitpunkt der wirksamen Erteilung eine Patentnutzung nach §§ 9 – 13 PatG vorliegt. Der letztgenannte Fall ist im Bereich des Zwangslizenzeinwandes jedoch in der Regel nicht relevant. Denn in diesem Fall könnte der Patentinhaber gegen den Nutzer keinen Unterlassungsanspruch nach § 139 I PatG geltend machen, weil diesem unter den Voraussetzungen von § 12 PatG ein Vorbenutzungsrecht zusteht. Relevant für den Zwangslizenzeinwand sind also nur diejenigen Fälle, in denen die Produktion neu aufgenommen bzw. verändert wird. Wer Erzeugnisse herstellen will, muss nach einem allgemeinen Grundsatz sorgfältig prüfen, ob er nicht bestehende Schutzrechte verletzt.379 Es ist nicht ersichtlich, wieso diese Sorgfaltspflicht nicht auch in Situationen einer Zwangslizenz verlangt werden sollte. Denn die Prüfungspflicht vor Nutzungsaufnahme besteht unabhängig vom Zwangslizenzanspruch. Bei der Prüfungspflicht handelt es sich auch um kein kartellrechtsspezifisches Problem, das erst durch den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung entsteht oder erschwert wird. Die Prüfungspflicht trifft vielmehr jeden Nutzer. Es besteht kein Grund den Gläubiger eines Zwangslizenzanspruchs gegenüber anderen Nutzungswilligen zu begünstigen, wenn diese Pflicht nicht durch das kartellrechtswidrige Verhalten des Patentinhabers erschwert wird. Schließlich gibt es Fälle, in denen der Patentnutzer im Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme noch keine Kenntnis von der späteren Entstehung des Zwangslizenzanspruchs hat. Denn dieser entsteht teilweise erst, wenn der Nutzer dem Patentinhaber ein unbedingtes Angebot zu angemessenen Bedingungen macht, das dieser ablehnt und dadurch seine marktbeherrschende Stellung missbraucht oder den Lizenzsucher gegenüber anderen diskriminiert. Im Hinblick hierauf ist jedoch nicht ersichtlich, wieso dem Nutzungswilligen nicht die allgemeine Prüfungspflicht auferlegt werden soll, vor Nutzungsaufnahme be379 Allgemein Buxbaum GRUR 2009, 240, 241; zum Patentrecht: BGH GRUR 1958, 288, 290 – Dia-Rähmchen; BGH GRUR 1977, 598, 601 – Autoskooter-Halle; zum Geschmacksmusterrecht: BGH GRUR 1963, 640, 642 – Plastikkorb.

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sonders sorgfältig zu prüfen, ob er durch die Herstellung Rechte Dritter verletzt. Dem steht auch nicht entgegen, dass § 139 II PatG lediglich die wirtschaftlichen Interessen des Patentinhabers sichern soll.380 Das Verbot der Nutzungsaufnahme ohne vorherige Zustimmung und Lizenzvergabe durch den Patentinhaber gehört zum Wesen des Ausschließlichkeitsrechts. Der Patentinhaber soll die ihm zustehende Lizenzgebühr im Gegenzug für die Erlaubnis der Patentnutzung erhalten. Damit dient auch der Unterlassungsanspruch wie der Schadensersatzanspruch dem wirtschaftlichen Interesse des Patentinhabers, durch die alleinige Nutzung des Patents Vermögensvorteile zu erlangen. Die beiden Situationen sind somit durchaus miteinander vergleichbar. Im Falle des Schadensersatzanspruchs wird dem Verletzer vorgeworfen, dass er schuldhaft die Nutzung des Patents ohne Einwilligung des Patentinhabers aufgenommen hat, während im Falle des Zwangslizenzeinwands dem Nutzer vorgeworfen wird, die Nutzung ohne vorherige Einräumung der Zwangslizenz aufgenommen zu haben. Damit ist eine vergleichbare Interessenlage gegeben und der Verschuldensmaßstab des § 139 II 1 PatG kann entsprechend herangezogen werden. Es kommt damit für den Zwangslizenzeinwand darauf an, ob der Nutzer die Tatsache der Nutzung kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte. Hatte er keine vorwerfbare Unkenntnis von der Nutzung und deshalb auch kein Angebot abgegeben, so muss der Nutzungswillige dies unverzüglich nach Kenntniserlangung und angemessener Prüfung des Patents nachholen. Unterlässt er dies oder hatte der Nutzungswillige von Anfang an positive Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Nutzung, so ist ihm der Zwangslizenzeinwand im Patentverletzungsprozess zu versagen. ee) Keine Ausnahme im Hochtechnologiebereich Vereinzelt wird vorgebracht, dass das Erfordernis der Abgabe eines Angebots vor Nutzungsaufnahme bei Patenten im Hochtechnologiebereich nicht zumutbar sei.381 Hier besteht ein Produkt aus einer Vielzahl von Patenten.382 So besteht z. B. ein DVD-Player im demontierten Zustand aus etwa hundert mit bloßem Auge erkennbaren Bauelementen.383 In diesem Bereich sollen ein Nachschieben des Angebots im Patentverletzungsprozess oder zumindest ein längerer Prüfungszeitraum zulässig sein.384 380 So aber Maume/Tapia, GRUR Int. 2010, 923, 924. 381 So anscheinend Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925; nicht bezogen auf das Angebotserfordernis, sondern allgemein dazu, dass der Hersteller komplexer Geräte, der Bauteile zukauft, in der Regel mit einer umfassenden Patentverletzungsprüfung überfordert sei, Schickedanz GRUR Int. 2009, 901, 903. 382 Heyers GRUR Int. 2011, 213, 216. 383 Schickedanz GRUR Int. 2009, 901, 904. 384 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925.

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Aber auch im Bereich von komplexen Systemen ist nicht einzusehen, wieso hier dem Hersteller keine Prüfungspflichten auferlegt werden sollen. Hat der Nutzer die Patentnutzung weder positiv gekannt noch fahrlässig nicht gekannt, so ist dem Hersteller eines komplexen Systems wie allen anderen Nutzern ein gewisser Prüfungszeitraum zuzugestehen, während dessen die Patentverletzung geprüft und im Anschluss daran ein unbedingtes Angebot abgegeben werden kann. Dieser Prüfungszeitraum muss bei komplexen Systemen selbstverständlich länger bemessen werden als bei weniger komplexen. Dies entspricht auch § 121 I BGB, wonach es für die Unverzüglichkeit auf den Einzelfall ankommt.385 Nach § 121 I BGB bedeutet unverzüglich nicht sofort, sondern die Erklärung ist rechtzeitig abgegeben, solange dies dem Erklärenden unter den gegebenen Umständen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Teils an alsbaldiger Aufklärung möglich und zumutbar ist.386 Bei komplexen Systemen kann die Prüfung längere Zeit in Anspruch nehmen, doch lässt sich eine pauschale Aussage über den zuzugestehenden Prüfungszeitraum nicht treffen.387 Es hängt ganz vom jeweiligen Einzelfall ab. Nicht ersichtlich ist jedoch, wieso das Angebot im Hochtechnologiebereich vollständig entbehrlich sein sollte. Die Prüfungspflicht besteht unabhängig von der Komplexität der Erzeugnisse. Auch die Hersteller komplexer Erzeugnisse müssen wissen, welche Patente ihre Erzeugnisse ggf. verletzen. Nähme man die Nutzer im Hochtechnologiebereich von der Prüfungspflicht aus, so würde diese gewissermaßen auf den Patentinhaber abgewälzt. Denn dieser müsste dann die Produkte potentieller Patentnutzer daraufhin überprüfen, ob sie sein Patent verletzen, und sie danach auf die ihm zustehende Lizenzgebühr in Anspruch nehmen. Wer jedoch in den Vorteil der Nutzung eines fremden Patents und des Zwangslizenzeinwands gelangen will, muss auch die ihm obliegende Prüfungspflicht einhalten, unabhängig davon, wie komplex die Erzeugnisse sind. Somit bedarf es auch bei komplexen Systemen der Abgabe eines Angebots vor Aufnahme der Nutzungshandlung. Hat der Nutzer die Nutzung des Patents weder vorsätzlich noch fahrlässig verkannt, so muss er nach Erlangung der Kenntnis unverzüglich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Abgabe des unbedingten Angebots nachholen.

385 BGH NJW 2005, 1869; Singer, in: Staudinger, BGB, § 121 Rn. 8; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 121 Rn. 3. 386 BGH NJW-RR 1994, 1108, 1109; Singer, in: Staudinger, BGB, § 121 Rn. 9. 387 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925 gehen von einen Prüfungszeitraum von mindestens drei Monaten aus, der bei Patenten im Hochtechnologiebereich noch länger zu bemessen sei.

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ff ) Ergebnis Damit das Risiko, dass durch den Unterlassungsanspruch die Patentnutzung untersagt wird, zumindest auch auf Seiten des Patentinhabers zu verteilen ist, bedarf es somit eines unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages, das der Patentinhaber nicht ablehnen kann, ohne den Nutzungswilligen unbillig zu behindern oder zu diskriminieren. Dieses Angebot muss bereits vor Nutzungsaufnahme gemacht werden. Der Nutzer muss die Nutzung des Patents positiv kennen oder fahrlässig nicht kennen. Dies gilt auch im Hochtechnologiebereich. Falls der Nutzungswillige weder positive Kenntnis noch fahrlässige Unkenntnis von der Nutzung des Patents hatte, muss er das Angebot nach Kenntniserlangung unverzüglich nachholen. Hierfür ist dem Nutzer ein entsprechender Prüfungszeitraum je nach Komplexität der Erzeugnisse einzuräumen. b) Subjektive Elemente Bei der im Rahmen des § 242 BGB erforderlichen Interessenabwägung sind nicht nur objektive, sondern auch subjektive Elemente zu berücksichtigen. Zwar ist kein Verschulden einer Partei erforderlich, damit die Interessenabwägung zu ihrem Lasten ausfällt.388 Für die Interessenabwägung haben subjektive Elemente jedoch eine gewisse Bedeutung.389 Für den Umfang der Anforderungen aus Treu und Glauben sind insbesondere die Intensität und die Dauer der Rechtsbeziehung der Parteien zu berücksichtigen.390 Bei der Beurteilung der subjektiven Elemente auf Seiten des Nutzungswilligen ist zu beachten, dass es hier nur um Fälle geht, bei denen der Nutzungswillige dem Patentinhaber vor Nutzungsaufnahme ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht hat, das dieser nicht ablehnen konnte, ohne den Lizenzsucher unbillig zu behindern oder zu diskriminieren.391 Damit fallen aus den Bereich des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands bereits all diejenigen Fälle heraus, in denen der Patentnutzer mutwillig das Patent unberechtigt nutzt, ohne sich um einen Lizenzvertrag bemüht zu haben, und den Zwangslizenzeinwand lediglich als »letzten Rettungsanker« verwendet. Dies hat entscheidende Bedeutung für die Ermittlung der subjektiven Elemente. Für die Bestimmung der subjektiven Elemente ist zu bedenken, dass § 242 BGB Treue und Glauben schützt. Treue bedeutet in diesem Sinne die auf Zu388 BGHZ 64, 5, 9; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 20; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 7. 389 Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 407; Siebert, S. 121 f.; Sutschet, in: Bamberger/ Roth, BGB, § 242 Rn. 20; Schulze, BGB, § 242 Rn. 14; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 7. 390 Schulze, BGB, § 242 Rn. 14. 391 Vgl. hierzu oben S. 64 ff.

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verlässigkeit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme beruhende innere und äußere Haltung gegenüber einem anderen.392 Glaube bedeutet demgegenüber das Vertrauen auf die Haltung des Treuepflichtigen.393 Beim vorliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch aus § 139 I PatG handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis mit besonderer Treueprägung. Bei letzterem handelt es sich um Rechtsverhältnisse, die durch eine besondere Vertrauensbeziehung oder soziale Abhängigkeit geprägt sind.394 In solchen Fällen müssen die Parteien die gegenseitigen Interessen in besonderem Maße berücksichtigen.395 Bei einem kraft Gesetzes begründeten Rechtsverhältnis kann jedoch von keiner besonderen Treueprägung ausgegangen werden, sodass hier nur der normale Maßstab an die Treue anzulegen ist. Vorliegend geht es um den auf § 242 BGB gestützten dolo-petit-Einwand. Der Patentinhaber fordert etwas – die Unterlassung der Nutzung –, das er durch die Erteilung der Zwangslizenz alsbald zurückgewähren müsste. Für die Beachtung von Treue und Glauben zwischen den Parteien kann es somit nicht isoliert auf den Unterlassungsanspruch ankommen, sondern der für den dolo-petit-Einwand erforderliche Gegenanspruch müsste ebenfalls betrachtet werden. Aufgrund Kartellrechts war der Patentinhaber zur Erteilung einer Lizenz an den Nutzungswilligen verpflichtet. Da der Patentinhaber bereits kartellrechtswidrig die Lizenzvergabe gegenüber dem Nutzungswilligen verweigert hat, widerspricht es dem Gebot der Rücksichtnahme, trotzdem einen Unterlassungsanspruch gegen den Nutzungswilligen geltend zu machen. Zwar darf an diesem Punkt nicht übersehen werden, dass der Nutzer vor Abschluss eines Zwangslizenzvertrags durch die unlizenzierte Nutzung rechtswidrig handelt. Jedoch führt dies nicht dazu, dass der Patentinhaber seine Treuepflichten eingehalten hätte. Vielmehr entspricht die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs trotz kartellrechtlicher Verpflichtung zur Einräumung einer Lizenz nicht einer auf Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme beruhenden inneren und äußeren Haltung. Damit liegt ein treuwidriges Verhalten des Patentinhabers vor. Problematisch ist jedoch das Vorliegen des »Glaubens« auf Seiten des Nutzungswilligen. Wie bereits erwähnt, sind hier nur Fälle zu betrachten, in denen der Nutzer positive Kenntnis von der Nutzung des Patents hatte und vorher dem Patentinhaber ein Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht hat. Da der Anspruch des Nutzungswilligen jedoch durch ein kartellrechtswidriges 392 Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 16; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 140; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 9. 393 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 141; Weber JuS 1992, 631, 632; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 6. 394 Roth/Schubert, MüKo, BGB, § 242 Rn. 232. 395 Roth/Schubert, MüKo, BGB, § 242 Rn. 232.

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Verhalten des Patentinhabers ausgelöst wurde, hatte der Nutzungswillige keinen Grund zur Annahme, dass der Patentinhaber die rechtswidrige Nutzung des Patents nicht mittels eines Unterlassungsanspruchs rügen würde. Ein aktuelles Vertrauen des Nutzungswilligen darauf, dass der Patentinhaber keinen Unterlassungsanspruch geltend machen werde, kann deshalb nicht angenommen werden. Allerdings muss bei der Betrachtung der subjektiven Elemente auch beachtet werden, dass es in der vorliegenden Konstellation lediglich um ein gesetzliches Schuldverhältnis geht. Daher können keine allzu hohen Anforderungen an den Vertrauensschutz gestellt werden. Aus der Sicht des Nutzungswilligen war allerdings aufgrund des kartellrechtswidrigen Vorverhaltens des Patentinhabers damit zu rechnen, dass dieser den Unterlassungsanspruch bei rechtswidriger Nutzung des Nutzungswilligen geltend machen würde. Auch wenn keine hohen Anforderungen an den Vertrauensschutz gestellt werden, so kann dennoch nicht von einem »Glauben« des Nutzungswilligen an eine Zuverlässigkeit des Patentinhabers i. S.v. »Treue« in der Form ausgegangen werden, dass der Patentinhaber ihn bei einer rechtswidrigen Nutzung nicht in Anspruch nehmen werde. Demgegenüber besteht allerdings auch keine »Treue« des Patentinhabers i. S.v. § 242 BGB. Weder der Patentinhaber noch der Nutzungswillige verwirklichen damit schützenwerte subjektive Elemente, die zu einer Interessenabwägung zugunsten oder zulasten des Patentinhabers bzw. Nutzungswilligen führen. c) Öffentliche Interessen und Interessen Dritter Bei der umfassenden Interessenabwägung im Rahmen des § 242 BGB sind nicht nur die Interessen der am Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen, sondern auch öffentliche Interessen und Interessen Dritter.396 Die im konkreten Einzelfall zu prüfenden Drittinteressen oder öffentlichen Interessen müssen gewichtet und gegen die der unmittelbar Beteiligten abgewogen werden.397 Als öffentliches Interesse kommt bei kartellrechtlichen Zwangslizenzen das Interesse am Schutz des Wettbewerbs in Betracht. Der Schutzzweck des Kartellrechts und damit auch des Missbrauchsverbots ist der Schutz des Wettbewerbs als Institution.398 Der Zweck eines Anspruchs auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz besteht gerade darin, den Wettbewerb als solchen zu schützen.399 Entscheidend für die Berücksichtigung der öffentlichen Interessen am Schutz des 396 Zwar ist die dogmatische Konstruktion umstritten, die zur Berücksichtigung öffentlicher Interessen in privatrechtlichen Schuldverhältnissen führt, jedoch ist die Existenz des Einflusses solcher Interessen unumstritten, sodass für den dogmatischen Streit lediglich auf Siebert, Verwirkung, S. 118 ff., verwiesen sei. 397 BGHZ 5, 189, 196; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 151. 398 Emmerich, Kartellrecht, § 1 Rn. 1; Maume, S. 37. 399 Maume, S. 37.

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Wettbewerbs ist also, ob diese Interessen bereits hinreichend bei der Regelung des Zwangslizenzanspruchs berücksichtigt wurden oder ob diese nochmals im Rahmen von § 242 BGB zu berücksichtigen sind. Die Interessenlage hinsichtlich des Schutzes des Wettbewerbs zum Zeitpunkt der Entstehung des Zwangslizenzanspruchs hat sich im Vergleich zu dem der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht geändert. Der Nutzungswillige begehrt die Nutzung des Patents, die der Patentinhaber kartellrechtswidrig verweigert. Der Schutz des Wettbewerbs erforderte es zum Zeitpunkt der Entstehung des Zwangslizenzanspruchs, dem Nutzungswilligen einen Anspruch auf Erteilung der Zwangslizenz zuzubilligen. Dieses Interesse am Schutz des Wettbewerbs hat jedoch nicht zu einem unmittelbaren Anspruch auf Nutzung des Patents geführt, vielmehr wurde lediglich ein Kontrahierungszwang ausgelöst.400 An dieser Interessenlage hat sich im Zeitpunkt des Zwangslizenzeinwands nichts geändert. Zwar ist eine weitere Handlung des Patentinhabers hinzugetreten, nämlich die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs, doch hat auf der anderen Seite der Nutzungswillige die unberechtigte Nutzung des Patents aufgenommen. Kartellrechtlich ist die Interessenlage unverändert: Der Patentinhaber verweigert die Lizenzerteilung, sei es vollständig oder unter diskriminierenden Bedingungen, und der Nutzer begehrt noch immer die Einräumung einer Lizenz. Gerade wegen dieser gleich gebliebenen Interessenlage kann die Berücksichtigung öffentlicher Interessen am Schutz des Wettbewerbs im Bereich des Zwangslizenzeinwands nicht zu dessen Zulässigkeit führen. Denn dies würde im Ergebnis statt auf einen Kontrahierungszwang aufgrund kartellrechtlicher Vorschriften auf einen unmittelbaren Anspruch auf Nutzung des Patents hinaus laufen. Trotz des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung des Patentinhabers führte dieses Verhalten jedoch »nur« zu einem Kontrahierungszwang und damit zu einem schuldrechtlichen Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz. Würde man aufgrund des öffentlichen Interesses am Schutz des Wettbewerbs den Zwangslizenzeinwand für zulässig erklären, so führte dieses Interesse bei gleicher Ausgangslage zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Es liegt jedoch kein Grund vor, wieso das Interesse am Schutz des Wettbewerbs nunmehr zu einem unmittelbaren Nutzungsrecht führen sollte. Dies wäre in sich widersprüchlich. Das öffentliche Interesse am Schutz des Wettbewerbs kann also die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands nicht begründen. Dieses Interesse wurde bereits umfassend mit der Regelung des Anspruchs auf kartellrechtliche Zwangslizenz berücksichtigt und kompensiert.

400 Vgl. oben S. 35.

80 4.

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Weitere Argumente

a) Fehlen der Voraussetzungen einer Selbsthilfe gemäß § 229 BGB Der Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Voraussetzungen des Selbsthilferechts des § 229 BGB nicht gegeben seien.401 Das Vorliegen der Selbsthilfevoraussetzungen wird zwar einhellig in der Literatur und Rechtsprechung mit der Begründung abgelehnt, dass der Nutzungswillige zur Durchsetzung seines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs staatlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könne.402 Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 229 BGB führt jedoch nicht dazu, dass der Einwand versagt werden müsste.403 Vielmehr sagt § 229 BGB lediglich etwas über die Rechtmäßigkeit der Patentbenutzung aus.404 Das bedeutet jedoch nicht, dass der Einwand nicht auf einer anderen Ebene als der Rechtswidrigkeit dem Unterlassungsanspruch entgegengehalten werden könnte.405 Der Einwand der Zwangslizenz könne dogmatisch nicht als Selbsthilferecht nach § 229 BGB eingeordnet werden, da dies sonst eine gesetzliche Freilizenz zur Folge hätte.406 Die Rechtsordnung kennt durchaus vergleichbare Fälle. Beispielsweise kann nach § 1007 III BGB dem Herausgabeverlangen des früheren Besitzers das Recht zum Besitz einredeweise entgegengehalten werden, obwohl die Voraussetzungen der Selbsthilfe nach § 229 BGB nicht vorliegen.407 Selbst wenn die Voraussetzungen einer Selbsthilfe nicht vorliegen, so kann dies nicht dazu führen, dass der Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch nicht erhoben werden kann. Der Einwand basiert auf § 242 BGB. Die Vorschrift der Selbsthilfe nach § 229 BGB und Treu und Glauben, § 242 BGB, schließen einander nicht gegenseitig aus. Vielmehr sind beide Vorschriften nebeneinander anwendbar.408 Beide Vorschriften verfolgen unterschiedliche Zwecke. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Selbsthilfevoraussetzungen sagt nichts darüber aus, ob darüber hinaus das in Rede stehende Verhalten treuwidrig und damit unzulässig ist. § 242 BGB ist eine allen Rechten, Rechtsnormen und Rechtslagen 401 402 403 404 405 406 407 408

So allerdings OLG Düsseldorf InstGE 2, 168, Rn. 57 – Spundfass. Vgl. nur Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106; v. Merveldt WuW 2004, 19, 21. So aber OLG Düsseldorf InstGE 2, 168, Rn. 57 – Spundfass; v. Merveldt WuW 2004, 19, 21. LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2121 – MPEG 2-Standard; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. 02. 2007, Az. 4a O 124/05, Rn. 54; Kühnen, FS Tilmann, S. 514. LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2121 – MPEG 2-Standard; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. 02. 2007, Az. 4a O 124/05, Rn. 54; Kühnen, FS Tilmann, S. 514; Maaßen, Rn. 600; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070; Kühnen/Geschke, Rn. 926. Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070. LG Düsseldorf WuW/E DE-R 2120, 2121 f. – MPEG 2-Standard; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. 02. 2007, Az. 4a O 124/05, Rn. 54; Kühnen, FS Tilmann, S. 514; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070; Kühnen/Geschke, Rn. 926. Von einer Möglichkeit der parallelen Anwendung beider Vorschriften geht scheinbar auch der BGH aus, vgl. u. a. BGH NJW 2010, 3434, 3436.

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immanente Inhaltsbeschränkung.409 Auch bei Nichtvorliegen der Selbsthilfevoraussetzungen kann der Zwangslizenzeinwand gemäß § 242 BGB eingreifen. Denn für die Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwands kommt es allein auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 242 BGB an, der auch dann einschlägig sein kann, wenn keine Selbsthilfe nach § 229 BGB vorliegt. Allein mit der Begründung, es liege keine Selbsthilfe des Nutzungswilligen im Sinne des § 229 BGB vor, kann der Zwangslizenzeinwand daher nicht abgelehnt werden. b) Kein Ausschluss des Einwands analog § 863 BGB Ebenso wenig überzeugend ist es, den Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz mittels einer analogen Anwendung des § 863 BGB auszuschließen.410 § 863 BGB schreibt nach seinem direkten Wortlaut vor, dass gegenüber den Ansprüchen aus §§ 861, 862 BGB ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden kann, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes keine verbotene Eigenmacht gewesen sei. Im Zusammenhang mit einem Zwangslizenzeinwand kann von einer planwidrigen Regelungslücke nicht ausgegangen werden. §§ 861, 862 BGB verfolgen den Zweck, den tatsächlichen Besitzstand unabhängig von einem Recht zum Besitz zu schützen.411 Das Ziel dieser Vorschriften besteht in der möglichst schnellen Wiedereinräumung des Besitzes, der durch verbotene Eigenmacht oder durch Besitzstörung beeinträchtigt wurde.412 Die Nutzung eines Patents ohne vorherige Zustimmung und Lizenzeinräumung durch den Patentinhaber könnte möglicherweise einer verbotenen Eigenmacht i. S.v. § 858 BGB entfernt ähnlich angesehen werden. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass bei einer verbotenen Eigenmacht gemäß § 858 BGB dem vorherigen Besitzer der Besitz vollständig entzogen wird. Eine solche Situation liegt beim Zwangslizenzeinwand nicht vor. Mit der Nutzung des Patents durch einen (noch) Nichtberechtigten wird dem Patentinhaber die Nutzungsmöglichkeit nicht entzogen oder beeinträchtigt.413 Die Beeinträchtigung des Patentinhabers besteht allein darin, dass sein Patent ohne dessen Zustimmung und damit rechtswidrig genutzt wird. Durch die unlizenzierte Nutzung entzieht sich der Nutzer grundsätzlich der Zahlung von Lizenzgebühren und sonstiger Gegenleistungspflichten, z. B. Geheimhaltungspflichten. Ein solcher Schutz wird jedoch von § 863 BGB nicht bezweckt. Ihm geht es allein um die Widererlangung 409 S. o. S. 56. 410 So auch Hötte, S. 181; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107 f.; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070; a. A. v. Merveldt WuW 2004, 19, 22; s. oben S. 41 und 45. 411 Schulte-Nölke, in: Schulze, BGB, § 864 Rn. 2. 412 BGHZ 53, 166, 169; Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB, § 863 Rn. 1; Joost, in: MüKo, BGB, § 863 Rn. 1; Berger, in: Jauernig, BGB, § 863 Rn. 3. 413 I. E. auch Hötte, S. 181.

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des Besitzes. § 863 BGB lässt sich nur mit dem Unterschied von Eigentum und Besitz rechtfertigen.414 Eine solche Differenzierung ist im Patentrecht jedoch nicht möglich. § 863 BGB findet schon bei anderen Ansprüchen auf Herausgabe des Besitzes aus §§ 812, 823, 1007 BGB keine Anwendung.415 Die Interessenlagen sind damit nicht vergleichbar. § 863 BGB ist auf den Zwangslizenzeinwand nicht analog anzuwenden. c) Vereinbarkeit des Zwangslizenzeinwands mit dem TRIPs-Abkommen Es ist allgemein anerkannt, dass bei der Gewährung von Zwangslizenzen stets die Voraussetzungen des Art. 31 TRIPs einzuhalten sind.416 Art. 31 TRIPs setzt Grenzen für die Gewährung von Zwangslizenzen. Für den Zwangslizenzeinwand sind lit. a, b und i relevant. Nach Art. 31 lit. a TRIPs muss die Erlaubnis zu einer Benutzung aufgrund der Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Die Benutzung darf jedoch gemäß Art. 31 lit. b TRIPs, abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen, nur gestattet werden, »wenn vor der Benutzung derjenige, der die Benutzung plant, sich bemüht hat, die Zustimmung des Rechtsinhabers zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu erhalten und wenn diese Bemühungen innerhalb einer angemessenen Frist erfolglos geblieben sind«.

Darüber hinaus unterliegt nach Art. 31 lit. i TRIPs die Rechtsgültigkeit einer Entscheidung im Zusammenhang mit der Erlaubnis zu einer solchen Benutzung der Nachprüfung durch ein Gericht (oder eine übergeordnete Behörde) in dem betreffenden Mitgliedstaat. Gegen den Zwangslizenzeinwand wird vorgebracht, dieser wahre nicht die Anforderungen von Art. 31 lit. a und i TRIPs, wonach eine Zwangslizenz nur durch einen hoheitlichen Akt eingeräumt werden kann.417 Dieses Argument hat der BGH in seiner Entscheidung »Orange-Book-Standard« explizit verworfen. Art. 31 TRIPs stehe dem Zwangslizenzeinwand nicht entgegen.418 Denn die Zwangslizenz werde nach dieser Vorschrift grundsätzlich zugelassen, solange nur die Erlaubnis zu einer solchen Benutzung aufgrund der Umstände des Einzelfalls geprüft werde. Insofern sei allerdings die Überprüfung im Patentverletzungsprozess ausreichend, in dem verbindlich entschieden wird, ob dem Nutzer ein Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zusteht.419 Darüber hinaus sei die Vorschrift des Art. 31 lit. b TRIPs gemäß lit. k für die Vertragsstaaten nicht 414 415 416 417 418 419

So auch Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1070. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 863 Rn. 1; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108. Straus GRUR Int. 1996, 179, 199; i.E. auch BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. Rombach, FS Hirsch, S. 322. BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. Zustimmend Hötte, S. 182 f.; Maume, S. 89.

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verpflichtend, wenn die Benutzung gestattet ist, um eine in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren festgestellte wettbewerbswidrige Praktik abzustellen.420 Abgesehen davon reicht es für Art. 31 lit. b TRIPs aus, dass der Nutzungswillige vor Aufnahme der Benutzung vergeblich um die Lizenz zu nicht diskriminierenden Lizenzbedingungen nachgesucht und dem Patentinhaber ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreitet hat.421 Dieses unbedingte Angebot muss laut der BGH-Entscheidung »Orange-Book-Standard« keine expliziten Angaben zur Höhe der Lizenzgebühr enthalten, sondern es reicht aus, wenn der Nutzungswillige die Höhe des Entgelts in das billige Ermessen des Patentinhabers stellt.422 Diese Ausgestaltung des Angebots ist mit Art. 31 lit. b TRIPs vereinbar. Hiernach reicht es für das Angebot aus, wenn der Nutzungswillige seine Bereitschaft zur Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr erklärt.423 Deren Höhe muss er nicht explizit nennen.424 Hinsichtlich des Zwangslizenzeinwandes wäre es jedoch mit Art. 31 lit. b TRIPs unvereinbar, wenn der Nutzungswillige unmittelbar nach Abgabe des unbedingten Angebots an den Patentinhaber mit der Nutzungsaufnahme beginnen würde. Denn Art. 31 lit. b TRIPs setzt voraus, dass die Verhandlungen über eine angemessene Frist geführt wurden. Bei der Bemessung dieser Frist ist das Interesse des Patentinhabers an einem zeitlichen Spielraum für die Prüfung und Abwägung der Vorschläge des Nutzungswilligen einerseits und die konkrete Dringlichkeit der Nutzung des Patents andererseits in Rechnung zu stellen.425 Zwischen der Abgabe des unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages und der Nutzungsaufnahme durch den Nutzungswillen, muss folglich für den Zwangslizenzeinwand ein gewisser Zeitraum liegen, während dessen der Patentinhaber das Angebot prüfen kann. Für die Vereinbarkeit des Zwangslizenzeinwands mit Art. 31 TRIPs wird darüber hinaus vorgebracht, dass Art. 41 I TRIPs für die unmittelbare Berücksichtigung des Zwangslizenzanspruchs im Patentverletzungsverfahren spreche.426 Die wesentliche Frage sei, ob der durch das TRIPs-Abkommen eingeräumte Schutz so weit gehen könne, dass die Rechte des Patentinhabers gegenüber kartellrechtlichen Einwendungen immunisiert werden.427 Dies ist zu verneinen.428 Die Wechselwirkung zwischen Satz 1 und 2 von Art. 41 I TRIPs 420 421 422 423 424 425 426 427 428

BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard; zustimmend Wirtz WRP 2011, 1392, 1400. BGHZ 180, 312, 317 – Orange-Book-Standard. v. Kraack, S. 104; zur Bestimmung der Angemessenheit vgl. Ridder, S. 91 und Hermann EuZW 2002, 37, 39 f. v. Kraack, S. 104. Höhne, in: Busche/Stoll, TRIPs, Art. 31 Rn. 15. Maume, S. 90; Hötte, S. 183. Maume, S. 90. Maume, S. 90; Hötte, S. 183.

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bezweckt den Ausgleich zwischen dem notwendigen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und deren Missbrauchspotential.429 Nach Art. 41 TRIPs kann nicht nur ein Schutz vor Missbrauch gewährleistet werden, vielmehr ist dieser auch zu gewährleisten.430 Die Einschränkung der Rechte aus dem Patent ist in Missbrauchsfällen deshalb nicht nur zulässig, sondern von TRIPs auch erwünscht.431 Die Nutzung des Patents nach der erforderlichen Abgabe eines unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages, jedoch vor gerichtlicher Gewährung der Zwangslizenz, ist auch mit Art. 31 lit. b TRIPs vereinbar. Dieser besagt ausdrücklich, dass die Zwangslizenz nur gestattet werden darf, »wenn vor der Benutzungsaufnahme derjenige, der die Benutzung plant, sich bemüht hat, die Zustimmung des Rechtsinhabers zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu erhalten«. Nach Wortlaut von Art. 31 lit. b TRIPs muss der Nutzung des Patents lediglich die Abgabe des unbedingten Lizenzangebots vorausgehen, nicht jedoch unbedingt auch die Erteilung der Zwangslizenz durch gerichtliche Entscheidung. Folglich wird der Zwangslizenzeinwand durch Art. 31 TRIPs nicht ausgeschlossen.

5.

Keine Besonderheiten bei Standardpatenten aufgrund von Standardisierungsverfahren

Die vom BGH aufgestellten Voraussetzungen bezogen sich allesamt auf ein Patent in Form eines de-facto-Standards. Daneben gibt es noch Standards aufgrund von Standardisierungsverfahren.432 Bei solchen Standards wird regelmäßig eine sog. FRAND-Erklärung des Patentinhabers vorliegen, in der er sich verpflichtet, Interessenten an einem standardessentiellen Patent Lizenzen zu fairen, angemessen und nicht diskriminierenden Bedingungen einzuräumen.433 Eine solche FRAND-Erklärung kann nach umstrittener Ansicht in einem Verletzungsprozess zu einem sog. FRAND-Einwand führen.434 Dieser Einwand darf nicht mit dem hier behandelten Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz 429 430 431 432 433

Maume, S. 91. Maume, S. 91; Hötte, S. 183. Maume, S. 91. S. o. S. 29 f. Fröhlich GRUR 2008, 205, 207; Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 373 Rn. 1; Nägele/Jacobs WRP 2009, 1062, 1074. 434 Dafür LG Düsseldorf BeckRS 2008, 07732 – GSM-Standard; Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 927; tendenziell auch dafür OLG Karlsruhe GRUR-RR 2010, 120, 121 f. – Patentverwertungsgesellschaft; offen gelassen durch LG Mannheim BeckRS 2009, 08150 – FRANDErklärung; siehe zu diesem Streit ausführlicher Hötte, S. 141 ff.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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verwechselt werden.435 Letzterer beruht auf dem Verstoß gegen ein Schutzgesetz (Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB).436 Demgegenüber beruht der FRAND-Einwand auf einer vertraglichen Verpflichtung des Patentinhabers.437 Dass diese beiden Einwände voneinander zu trennen sind, sagt allerdings nichts darüber aus, dass auch bei einer FRAND-Erklärung des Patentinhabers neben dem FRAND-Einwand eine kartellrechtliche Zwangslizenz in Betracht kommen kann. In letzteren Fall bezieht sich der Anspruch auf Zwangslizenz nicht auf die vertragliche Verpflichtung des Patentinhabers, die FRAND-Erklärung, sondern der Anspruch ergibt sich aus den kartellrechtlichen Vorschriften. Denn auch und gerade in diesem Fall kann der Patentinhaber seine durch das standardessentielle Patent verursachte marktbeherrschende Stellung kartellrechtswidrig missbrauchen. Der Patentinhaber kann in einem solchen Fall eine Lizenz pauschal verweigern oder sie nur zu diskriminierenden Bedingungen einräumen. In diesen Fällen kommt ein Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz in Betracht. Daneben besteht allerdings ein Anspruch auf Lizenzierung aus der FRAND-Erklärung. Der gesetzliche und der vertragliche Anspruch auf Lizenzerteilung bestehen nebeneinander. Diese beiden Ansprüche schließen einander nicht aus, sondern es besteht Anspruchskonkurrenz. Das kann wichtig werden, da beide Ansprüche unterschiedliche Voraussetzungen haben. Während für den Anspruch aus der FRAND-Erklärung schon das Vorliegen dieser Erklärung ausreicht, bedarf es für den kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruch noch einer marktbeherrschenden Stellung und eines missbräuchlichen Verhaltens des Patentinhabers. Liegt eine im Wege eines Standardisierungsverfahrens abgegebene FRANDErklärung vor, die einen Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz zur Folge hat, so stellt sich die Frage, ob trotz einer solchen Erklärung an den Zwangslizenzeinwand dieselben Voraussetzungen zu stellen sind, als wenn die marktbeherrschende Stellung auf einem de-facto-Standard beruht. Es bestehen Ansichten, nach denen die für de-facto-Standards entwickelten Grundsätze nicht auf Standards aufgrund von Standardisierungsverfahren übertragen werden können.438 Bei letzteren stelle bereits die Erhebung des Unterlassungsanspruchs einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV dar, wenn der Nutzer grund435 Gegen Kiani/Springorum/Schmitz Mitt. 2010, 6; Pitz, Patentverletzungsprozess, Rn. 77a, die fälschlicherweise behaupten, dass es sich beim Einwand in BGHZ 180, 312 – OrangeBook-Standard um den FRAND-Einwand handele. Indes handelt es sich hier um einen kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand in Bezug auf einen de-facto-Standard und es wurde auch keine FRAND-Erklärung abgegeben, die zu einem FRAND-Einwand hätte führen können. 436 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 927; Reimann/Hahn, FS Meibom,S. 373. 437 Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 927; Reimann/Hahn, FS Meibom,S. 373. 438 Barthelmeß/Gauß WuW 2010, 626, 634.

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sätzlich sowohl lizenzwillig als auch kreditwürdig ist.439 In diesem Fall sei ausreichend, wenn der Patentinhaber sein Recht auf Zahlung einer Lizenzgebühr im Wege eines Schadensersatzanspruchs durchsetzen kann.440 Demgegenüber wendet die Rechtsprechung dieselben Voraussetzungen bei Standards aufgrund eines Standardisierungsverfahrens an, die auch bei de-facto-Standards gelten.441 Die genaue Ausgestaltung des der marktbeherrschenden Stellung des Patentinhabers zugrunde liegenden Standards hat jedoch keine Auswirkung auf die Anforderungen an den Zwangslizenzeinwand. Ob ein solches Standardisierungsverfahren vorliegt oder nicht, hat allein Auswirkungen darauf, ob dem Nutzungswilligen darüber hinaus ein FRAND-Einwand zur Verfügung steht. Dieser Einwand kann aufgrund des Standardisierungsverfahrens und der vertraglichen Erklärung des Patentinhabers an für den Nutzungswilligen mildere Voraussetzungen geknüpft werden. Auch im Falle eines Standards aufgrund eines Standardisierungsverfahrens muss sich der Nutzungswillige jedoch redlich verhalten, d. h. dem Patentinhaber ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht haben. Aus Sicht des Nutzungswilligen macht es hinsichtlich des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands keinen Unterschied, ob dieser Zwangslizenzanspruch auf einem de-facto-Standard oder einem Standard aufgrund eines Standardisierungsverfahrens beruht. Der einzige Unterschied besteht darin, dass dem Nutzungswilligen im letzteren Fall ein zusätzlicher FRAND-Einwand gegen den Unterlassungsanspruch offen stehen kann.

IV.

Verfassungsmäßigkeit des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands?

Die Versagung des Unterlassungsanspruchs stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers dar. Eine solche Beschränkung darf nicht ohne Beachtung der verfassungsrechtlichen Wertungen, insbesondere der Grundrechte, vorgenommen werden. Denn das Patentrecht ist Ausfluss der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG.442 Primär gelten die Grundrechte zur Machtbegrenzung gegenüber Hoheitsträgern, namentlich dem Staat. In den Rechtsbeziehungen zweier Privatpersonen geht es um eine mittelbare

439 Barthelmeß/Gauß WuW 2010, 626, 634. 440 Barthelmeß/Gauß WuW 2010, 626, 634. 441 LG Mannheim BeckRS 2012, 11805 unter C I 3; LG Mannheim BeckRS 2012, 11804 unter C I 3; LG Mannheim InstGE 13, 65, Rn. 176 – UMTS-fähiges Mobiltelefon II. 442 BVerfGE 36, 281, 291; BVerfG GRUR 2001, 43 – Klinische Versuche; Stjerna GRUR 2007, 17, 18; Ann GRUR Int. 2004, 696, 697.

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Drittwirkung von Grundrechten.443 Im Bereich des § 242 BGB spielt dieser Streit um die unmittelbare oder mittelbare Drittwirkung der Grundrechte allerdings keine Rolle.444 Denn in jedem Fall finden die Wertentscheidungen des Grundgesetzes über § 242 BGB als Generalklausel Eingang in die Interessenabwägung.445 Solche Generalklauseln werden deshalb als Einfallstore für grundrechtliche Wertungen bezeichnet.446 Nicht ganz klar ist allerdings, was genau unter der Bezeichnung »verfassungsrechtliche Wertentscheidung«447 zu verstehen ist.448 Unabhängig von den begrifflichen Unklarheiten besteht jedoch Einigkeit dahingehend, dass wenn sich zwei gleichrangige Grundrechte der Verfahrensbeteiligten gegenüberstehen, diese Grundrechte sorgfältig im Wege einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gegeneinander abgewogen werden müssen. Dieses Ergebnis der Abwägung fließt dann als verfassungsrechtliche Wertentscheidung in die Auslegung und Anwendung der Generalklauseln ein.449 Angesichts dieser zwingend bei der Auslegung und Anwendung des § 242 BGB zu beachtenden verfassungsrechtlichen Wertungen ist es besonders überraschend, dass weder der BGH in seiner »Orange-Book-Standard«-Entscheidung noch andere Gerichte oder die Literatur bei der Anwendung des auf § 242 BGB gestützten Einwands der kartellrechtlichen Zwangslizenz die verfassungsrechtlichen Wertungen oder die Grundrechte der Parteien beachtet haben. Bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung kann die Gewichtung der einzelnen Grundrechte nur einzelfallabhängig vorgenommen werden.450 Es ist schwierig, eine allgemeine Abwägung der Interessen und der beeinträchtigten Grundrechte für die Fälle des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands vorzunehmen. Wenn im Folgenden die Vereinbarkeit des Zwangslizenzeinwands mit

443 Dürig, FS Nawiasky, S. 176 ff.; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 III, Rn. 65; Rüfner, GS Martens, S. 224 f.; Canaris AcP 184 (1984), 201, 225 ff.; a. A. Hager JZ 1994, 373 ff. 444 Vgl. in Bezug auf § 242 BGB Teichmann, in: Soergel, BGB, § 242 Rn. 43 ff. 445 BVerfGE 7, 198, 206; 81, 242, 255 f.; 102, 347, 362 – Benetton-Werbung; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 22; Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 56; Grünberg, in: Palandt, BGB, § 242 Rn. 8; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 146. 446 Vgl. beispielsweise Roth/Schubert, in: MüKo, BGB, § 242 Rn. 56. 447 Das BVerfG verwendet neben dieser Bezeichnung auch ähnliche Begriffe, wie z. B. »wertentscheidende Grundsatznorm« in BVerfGE 35, 79, 112; »objektivrechtliche Wertentscheidung« in BVerfGE 49, 89, 141 f.; »verfassungsrechtliche Grundentscheidung« in BVerfGE 7, 198, 205. 448 Vgl. hierzu auch Alexy Der Staat 29 (1990), 49 ff.; Jarass AöR 110 (1985), 363 ff.; Schwabe, S. 286 ff. 449 Ständige Rspr., vgl. BVerfGE 89, 214; 90, 27, 33; BVerfG NJW 2000, 2495; BVerfG NJW 1994, 1147; BGH NJW-RR 2005, 596 m.w.N.; BGH NJW 2006, 1062, 1064; BGH NZM 2007, 597, 598; BAG NJW 2003, 1685, 1686 f.; Mehrings NJW 1997, 2273, 2274. 450 Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242 Rn. 22.

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den Grundrechten geprüft wird, macht dies die konkrete Abwägung im Einzelfall deshalb nicht entbehrlich. Erforderlich ist im Rahmen der auslegungsbedürftigen Tatbestandsmerkmale des § 242 BGB eine umfassende, fallbezogene Abwägung der von dem eingeschränkten Grundrecht und dem grundrechtsbeschränkenden Gesetz geschützten Interessen.451 Durch den Einwand der Zwangslizenz werden die Grundrechte des Patentinhabers eingeschränkt, um auf der anderen Seite die grundrechtlich geschützten Interessen des Patentnutzers zu gewährleisten.

1.

Grundrechte des Patentinhabers

Fraglich ist, ob der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand, durch den das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers beeinträchtigt wird, mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 I 1 GG vereinbar ist. Eigentum in diesem Sinne ist jedes subjektive vermögenswerte Recht, das dem Berechtigten von der objektiven Rechtsordnung als Sacheigentum oder mit vergleichbarer ausschließlicher Wirkung als Recht zur privaten Nutzung oder zur eigenen Verfügung zugeordnet ist.452 Hierzu gehört das Patentrecht.453 Zu dieser Eigentumsgarantie gehört, dass das Patentrecht grundsätzlich als Ausschließlichkeitsrecht ausgestaltet ist.454 Damit fällt der Unterlassungsanspruch als Ausprägung des Ausschließlichkeitsrechts des Patentinhabers in den Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG. Eine Verletzung der grundrechtlich geschützten Eigentumsposition des Patentinhabers aus Art. 14 I 1 GG ist nur möglich, wenn in den Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG eingegriffen wird. Ein Eingriff liegt bei jedem staatlichen Handeln vor, das dem Einzelnen ein Verhalten vollständig oder teilweise unmöglich macht, welches in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, unabhängig davon, ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder faktisch, mit oder ohne Befehl und Zwang erfolgt.455 Entscheidend ist allein, dass die Wirkung von einem zurechenbaren Verhalten der öffentlichen 451 BGH NJW 2008, 216; BGH NZM 2007, 597, 598. 452 BVerfGE 83, 201, 209; 68, 193, 222; 53, 257, 290; Wendt, in: Sachs, GG,Art. 14 Rn. 23; Pieroth/Schlink, Rn. 979, 981. 453 BVerfGE 36, 281, 291; BVerfG GRUR 2001, 43 – Klinische Versuche; Stjerna GRUR 2007, 17, 18; Ann GRUR Int. 2004, 696, 697. 454 BVerfG GRUR 2001, 43, 44 – Klinische Versuche; Timmann, S. 161; Spengler GRUR 1961, 607, 611; für das gleich behandelte Urheberrecht siehe BVerfGE 31, 229, 241 – Kirchen- und Schulgebrauch. 455 BVerfGE 105, 279, 300 f. – Osho; Lübbe-Wolff, S. 70 ff.; Pieroth/Schlink, Rn. 253. Zum Streit über den klassischen Eingriffsbegriff und den neueren Eingriffsbegriff siehe BVerfGE 105, 279, 300 – Osho; Roth, Faktische Eingriffe, S. 7 ff.; Lübbe-Wolff, S. 42 ff.; Ramsauer VerwA 1981, 89, 92 ff.; Cremer, S. 147; Bleckmann/Eckhof DVBl. 1988, 373 ff.; Pieroth/Schlink, Rn. 251 ff.

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Gewalt ausgeht.456 Bei der vorliegenden Interessenabwägung ist darauf abzustellen, ob ein Grundrechtsverstoß vorliegt, wenn der Zwangslizenzeinwand zugelassen wird. Die Beschränkung des Ausschließlichkeitsrechts erfolgt hier dadurch, dass das Urteil den Einwand durchgreifen lässt und der Unterlassungsanspruch des Patentinhabers als unbegründet abgewiesen wird. Dieses Zivilurteil stellt einen staatlichen Akt dar, durch das die Ausübung des Unterlassungsanspruchs als Teil des Ausschließlichkeitsrechts final und unmittelbar beschränkt wird. Damit liegt ein Eingriff in das Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 14 I 1 GG vor. Betroffen sein könnte auch das Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 12 I GG. Das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit457 schützt sowohl die Berufswahl- als auch die Berufsausübungsfreiheit.458 Darüber hinaus erfasst Art. 12 I GG die Wettbewerbsfreiheit, da diese eine sachliche Nähe zur Berufsausübung wie zur Berufswahl aufweist.459 Einschlägig könnte die Wettbewerbsfreiheit in Form des Konkurrentenschutzes sein. Allerdings ist zu beachten, dass dem Nutzer bereits ein Anspruch auf kartellrechtliche Zwangslizenz zusteht. Durch diesen Anspruch sind Konkurrenten des Patentinhabers unter der Voraussetzung der tatsächlichen Lizenzerteilung bereits zugelassen. Der Patentinhaber kann sich, wenn er den Unterlassungsanspruch geltend macht, nicht noch einmal gegen die Zulassung von Konkurrenten wehren. Denn dieses Interesse hätte bereits bei der Auslegung und Anwendung des § 33 I GWB berücksichtigt werden müssen. Gerade dieses Interesse des Patentinhabers wurde jedoch als nachrangig eingestuft, indem der Zwangslizenzanspruch nach § 33 I GWB i. V. m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB zugelassen wurde. Art. 12 I GG ist auf Seiten des Patentinhabers beim Unterlassungsanspruch deshalb nicht nochmals einschlägig. Aus demselben Grund nicht einschlägig ist das Grundrecht auf Allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG, dessen Schutzbereich ebenfalls die Wettbewerbsfreiheit umfasst.460 Soweit der kartellrechtliche Zwangslizenzanspruch auf einem Verstoß gegen das europäische Kartellrecht beruht, kommt als betroffenes Grundrecht ebenfalls noch Art. 17 II Eu-GRCharta in Betracht. Nach Art. 17 II Eu-GRCharta ist ausdrücklich das geistige Eigentum geschützt, wozu auch das Patentrecht ge456 BVerfGE 66, 39, 60; Führ, S. 342 ff. 457 BVerfGE 7, 377, 401 ff. – Apothekenurteil; 92, 140, 151; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 266; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 14. 458 BVerfGE 7, 377, 401 ff. – Apothekenurteil; 9, 338, 344; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 12 Rn. 18. 459 BVerfGE 105, 252, 265 ff.; 32, 311, 317; 46, 120, 137 f.; 82, 209, 223 f.; Scholz, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 12 Rn. 136 f.; Papier ZHR 152 (1988), 493, 499. 460 BVerfGE 32, 311, 316; BVerwGE 17, 306, 309; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 54.

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hört.461 Die EU-Grundrechtscharta ist nach Art. 6 I 1 EUV nunmehr als rechtsverbindlich anerkannt. Zwar sind die EU-Mitgliedstaaten nach Art. 51 I 1 EU-GRCharta nur im Bereich der Durchführung des Rechts der Union an die Charta gebunden. Um eine solche Durchführung von Unionsrechts handelt es sich jedoch, wenn es sich bei dem Einwand um die Durchsetzung einer Zwangslizenz aufgrund eines Verstoßes gegen europäisches Kartellrecht handelt. 2.

Grundrechte des Patentnutzers

Dem Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 14 I GG gegenüber stehen die Grundrechte des Nutzungswilligen. Mit dem Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz will er seine Nutzungsinteressen durchsetzen. Für den verfassungsrechtlichen Schutz dieser Interessen kommen mehrere Grundrechte in Betracht. In erster Linie dient der Zwangslizenzeinwand dem Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG. Unter dem Begriff »Beruf« wird allgemein jede auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage verstanden.462 Der Nutzungswillige, dem der Anspruch auf die kartellrechtliche Zwangslizenz zusteht, hat mit Hilfe des Patents Erzeugnisse hergestellt und veräußert. Es ist zu unterstellen, dass diese Herstellung und Veräußerung mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgte. Weil diese Handlungen des Nutzers zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienen und auf Dauer angelegt sind, fällt die Tätigkeit des Patentnutzers grundsätzlich in den Schutzbereich der Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG. Diese Nutzung des Patents war jedoch trotz des Zwangslizenzanspruchs rechtswidrig, da eine Lizenz nicht eingeräumt wurde. Diese rechtswidrige Nutzung führt allerdings nicht dazu, dass für den Nutzer der Schutzbereich der Berufsfreiheit nicht eröffnet wäre. Für Art. 12 I GG ist unerheblich, ob es sich um eine erlaubte oder unerlaubte Tätigkeit handelt.463 Denn andernfalls stünde der Schutzbereich des Art. 12 GG zur Disposition des einfachen Gesetzgebers.464 Würde dem Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsprozess stattgegeben, so könnte der Nutzer die patentverletzenden Er461 Jarass, Eu-GRCharta, Art. 17 Rn. 9 und NVwZ 2006, 1089, 1091; Calliess, in: Calliess/Ruffert, Eu-GRCharta, Art. 17 Rn. 5. 462 BVerfGE 7, 377, 397 – Apothekenurteil; 102, 197, 212; 111, 10, 28; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 45; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 5; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 12 Rn. 40. 463 BVerfGE 115, 276, 300 f.; BVerwGE 96, 302, 308 – Spielbanken; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 12 Rn. 57; Voßkuhle VerwA 87 (1996), 395, 409; Hufen, § 35 Rn. 7; Suerbaum DVBl. 1999, 1690 ff. 464 Voßkuhle VerwA 87 (1996), 395, 409; Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 12 Abs. 1 Rn. 43; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 12 Rn. 42.

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zeugnisse nicht weiter produzieren und vertreiben und damit seinen Beruf nicht mehr in der bisherigen Weise ausüben. Die Berufsfreiheit wäre in diesem Fall beeinträchtigt. Neben dem Grundrecht der Berufsfreiheit könnte womöglich auch die Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 III 1 Var. 2 GG betroffen sein. Geschützt ist die wissenschaftliche Forschung als jede Tätigkeit, die nach Inhalt und Form als ernsthafter und planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist.465 Dem Nutzungswilligen wird es jedoch beim kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruch meist »nur« um wirtschaftliche Zwecke gehen, also um die wirtschaftliche Verwertung der mittels des Patents hergestellten Produkte. Sollte es ausnahmsweise einmal dem Nutzer nicht um die wirtschaftliche Verwertung gehen, sondern um die Verwendung des Patents zu Versuchs- und damit zu wissenschaftlichen Zwecken, so greift in diesen Fällen schon die Vorschrift des § 11 Nr. 2 PatG.466 Sobald § 11 Nr. 2 PatG eingreift, stünde dem Patentinhaber kein Unterlassungsanspruch zu. In dem in dieser Arbeit behandelten Fall des Zwangslizenzeinwands ist das Grundrecht des Art. 5 III 1 Var. 2 GG damit nicht betroffen. Ebenfalls nicht einschlägig ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG. Bei ihm handelt es sich um ein Auffanggrundrecht, das subsidiär gegenüber den spezielleren Grundrechten ist.467 Schutzbedürftig ist hier die berufliche Tätigkeit des Nutzers. Diesbezüglich ist jedoch bereits der Schutzbereich des Art. 12 I GG eröffnet, hinter den Art. 2 I GG zurücktritt. Schließlich könnte noch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 I GG unter dem Gesichtspunkt betroffen sein, dass der Zwangslizenzanspruch auf einem diskriminierenden Verhalten des Patentinhabers gegenüber dem Nutzer beruht. Die vorliegend gebotene Interessenabwägung mithilfe der verfassungsrechtlichen Wertungen muss jedoch von den Voraussetzungen für die Entstehung des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs unterschieden werden. Bei diesem Anspruch geht es um die Beurteilung des Verhaltens des Patentinhabers. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen des § 242 BGB geht es jedoch darum, wie die Generalklausel des § 242 BGB auszulegen ist und auf welche Weise das konkret ent465 BVerfGE 35, 79, 113; 47, 327, 367; Bremer NVwZ 2001, 167, 168; Finger/Müller NJW 2004, 1073. Zum zusätzlichen Erfordernis eines gewissen Kenntnisstandes und eines methodisch geordneten und kritisch reflektierenden Denkens vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rn. 91; Wernsmann JURA 2001, 106, 109. 466 Unabhängig davon, ob in solchen Fällen überhaupt ein Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz in Betracht kommt. Dies kann insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis eines neuen Produkts problematisch sein. 467 BVerfG NJW 1979, 699, 707; Pieroth/Schlink, Rn. 387; Lang, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 2 Rn. 29.

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scheidende Gericht die gegenüberstehenden Grundrechte der Beteiligten in einen verfassungsmäßigen angemessenen Ausgleich zu bringen hat. Hier würde der Eingriff in die speziellen Grundrechte durch das Urteil des Gerichts erfolgen, das den Einwand der Zwangslizenz zulässt bzw. nicht zulässt. Insofern käme es für Art. 3 I GG darauf an, ob eine Ungleichbehandlung durch das Gericht vorliegt, nicht jedoch auf eine Ungleichbehandlung durch den Patentinhaber. Eine Ungleichbehandlung durch die Rechtsprechung ist jedoch nicht ersichtlich, sodass hier Art. 3 I GG ausscheidet. Darüber hinaus ist auch das europäische Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 15 I EU-GRCharta betroffen. Der Begriff des Berufs nach Art. 15 I EUGRCharta ist im Wesentlichen vergleichbar mit dem Begriff aus Art. 12 I GG.468 Art. 15 I EU-GRCharta ist allerdings nur dann einschlägig, wenn der Anspruch auf die kartellrechtliche Zwangslizenz auf einem Verstoß gegen das europäische Kartellrecht beruht. Denn nur in diesem Fall handelt es sich bei dem Einwand um die Durchführung von Unionsrechts.469 3.

Abwägung der Grundrechte

Bei der Interessenabwägung stehen somit das Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 14 I 1 GG und das Grundrecht der Berufsfreiheit des Nutzers aus Art. 12 I GG einander gegenüber. Diese beiden Grundrechte stehen gleichberechtigt nebeneinander.470 Im Falle einer europarechtlichen kartellrechtlichen Zwangslizenz tritt noch das Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 17 II EU-GRCharta und des Nutzungswilligen aus Art. 15 I EU-GRCharta hinzu. Zwischen dem Grundrecht des Patentinhabers und dem des Nutzers besteht eine typische Kollisionslage. Das Grundrecht des einen kann nicht gewährleistet werden, ohne das andere Grundrecht einzuschränken, und umgekehrt. Folglich müssen beide Grundrechte im Wege einer umfassenden Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls gegeneinander abgewogen und in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.471 Eine solche Abwägung und Ermittlung des angemessenen Ausgleichs erfolgt bei kollidierenden Grundrechten anhand der Verhältnismäßigkeitsprüfung.472 Das bedeutet, dass das Mittel, mit dem in das Grundrecht eingegriffen wird, geeignet, erforderlich und angemessen sein muss, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck zu erreichen.473 Die Zulässigkeit des Zwangsli468 Zum Begriff des Berufs i. S. d. Art. 15 I EU-GRCharta siehe ausführlich Ruffert, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 15 EU-GRCharta Rn. 5; Jarass, EU-GRCharta, Art. 15 Rn. 6 ff. 469 S. o. S. 89 f. 470 Hesse, Rn. 318; Cl¦rico, S. 217 ff. 471 BVerfG NJW 2000, 2658, 2659; Hesse, Rn. 318; Cl¦rico, S. 217 ff. 472 Hesse, Rn. 318; Cl¦rico, S. 217 ff.; BVerfG NJW 2000, 2658, 2659. 473 BVerfGE 35, 202, 225; BVerfG NJW 2000, 2658, 2659; Hesse, Rn. 318; Cl¦rico, S. 217 ff.

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zenzeinwands gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch verfolgt den Zweck, dass der Nutzer das Patent trotz fehlender Lizenzeinräumung weiterhin nutzen kann, da ihm ein Anspruch auf Erteilung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz zusteht. Dieser Zwangslizenzeinwand ist geeignet, dem Nutzer die weitere Nutzung des Patents zu ermöglichen. Problematisch ist jedoch, ob dieser Zwangslizenzeinwand auch erforderlich ist, um diesen Zweck zu erreichen. Das bedeutet, dass der Zweck nicht durch ein milderes Mittel erreichbar ist, welches den gleichen Erfolg mit der gleichen Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand erreichen kann.474 Fraglich ist also, ob es nicht ein milderes Mittel wäre, den Patentnutzer auf die gerichtliche Durchsetzung des Zwangslizenzeinwands im Wege einer Leistungsklage oder einer einstweiligen Verfügung zu verweisen. a) Hauptsacheklage kein milderes Mittel Der Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz wird grundsätzlich durch eine Leistungsklage geltend gemacht. Diese Klage richtet sich jedoch nicht unmittelbar auf die Nutzung des Patents, weil der Zwangslizenzanspruch – wie bereits mehrfach ausgeführt – lediglich einen Kontrahierungszwang auslöst. Damit richtet sich das Hauptsacheverfahren auf Abschluss eines Lizenzvertrages.475 Konkret bedeutet dies, dass der Nutzungswillige eine auf Annahme eines konkret ausgestalteten Vertragsangebots gerichtete Leistungsklage erheben muss.476 In einem solchen Fall kann die Annahmeerklärung des Patentinhabers durch ein rechtskräftiges Urteil gemäß § 894 ZPO ersetzt werden. Problematisch an diesem Hauptsacheverfahren ist, dass es mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.477 Oft wird der Rechtsschutz für den Nutzungswilligen deshalb zu spät kommen, da die Marktstrukturen sich bereits derart verfestigt haben, dass ihm selbst mit Lizenz ein Markteintritt unmöglich geworden ist.478 Den Nutzungswilligen auf die Leistungsklage in der Hauptsache zu verweisen ist somit nicht genauso effektiv wie die Gewährung des Zwangslizenzeinwands gegen den Unterlassungsanspruch. Die Hauptsacheklage ist deshalb kein milderes Mittel. b) Widerklage kein milderes Mittel Ebenso verhält es sich mit einer Widerklage. Die Möglichkeit, im Patentverletzungsprozess eine Widerklage zu erheben, wird von den Befürwortern wie den 474 BVerfGE 100, 313 ff.; Pieroth/Schlink, Rn. 295; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 113. 475 Vgl. hierzu auch OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang; Wirtz/ Holzhäuser WRP 2004, 683, 692 f.; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 101; Meinberg, S. 196. 476 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 101. 477 Höppner, ZWeR 2010, 395, 400; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 102; Maaßen, Rn. 600. 478 Maaßen, Rn. 600.

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Gegnern des Zwangslizenzeinwandes grundsätzlich anerkannt.479 Eine solche Widerklage wäre auf Annahme des Angebots des Nutzungswilligen auf Abschluss eines konkret ausgestalteten Lizenzvertrages gerichtet.480 Eine solche Widerklage ist jedoch verfahrensrechtlich nicht unproblematisch. Denn gemäß §§ 33 II, 40 II 1 Nr. 2 ZPO kann die Widerklage hier nur vor dem Kartellgericht erhoben werden.481 Handelt es sich bei dem Patentverletzungsgericht und dem Kartellgericht nicht um ein und dasselbe Gericht, so führt dies dazu, dass die Widerklage nach § 145 II ZPO abgetrennt und auf Antrag des Widerklägers an das zuständige Kartellgericht gemäß § 281 I ZPO verwiesen wird.482 Erlangen die Unterlassungsklage und die Widerklage zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt Entscheidungsreife, so besteht die Möglichkeit, ein Teilurteil zu erlassen, § 301 ZPO. Wird zuerst über die Widerklage ein Teilurteil erlassen, so ist dies unproblematisch. Das ist anders, wenn der Patentverletzungsprozess zuerst entscheidungsreif wird. In diesem Fall wird bei Nichtzulassung des Zwangslizenzeinwandes dem Unterlassungsanspruch stattgegeben und regelmäßig ein Teilurteil erlassen.483 Dies führt jedoch dazu, dass das Patentverletzungsurteil den wettbewerblichen Leitzielen des Gesetzgebers widerspricht,484 wenn danach auf die Widerklage die Zwangslizenz anerkannt wird. Schon aus diesen Gründen ist die Widerklage höchst problematisch. Davon abgesehen ist sie aber auch kein milderes Mittel im Vergleich zum Zwangslizenzeinwand. Ebenso wie das Hauptsacheverfahren wird auch die Widerklage eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, während dieser der Nutzungswillige das Patent nicht nutzen darf. Die Widerklage wird erst im Verlauf des Patentverletzungsprozesses erhoben und kann bis zur endgültigen Streitbeilegung – wie auch das Hauptsacheverfahren – Jahre in Anspruch nehmen. Unter diesem Effektivitätsgesichtspunkt kann die Widerklage nicht als gleich geeignet angesehen werden, den durch den Zwangslizenzeinwand verfolgten Zweck im Sinne eines weniger intensiven Eingriffs in die Grundrechte der Beteiligten zu erreichen. 479 Rombach, FS Hirsch, S. 322; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 109 f.; Höppner ZWeR 2010, 395, 400 f.; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683; 693; Maume, S. 74 ff.; a. A. v. Merveldt WuW 2004, 19, 24, der die Widerklage nach § 864 II BGB analog für unzulässig hält. Diese Vorschrift ist allerdings wie § 863 BGB aus den oben genannten Gründen nicht analog anwendbar, s. o. S. 81 f. 480 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 109. 481 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 110; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 693. 482 Vgl. auch Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 110; Höppner ZWeR 2010, 395, 400; Wirtz/Holzhäuser WRP 2004, 683, 693; Maume, S. 75. 483 In diesem Falle hilft auch die Ermessensvorschrift des § 301 II ZPO nicht weiter, da das Teilurteil den Regelfall darstellt und ein Absehen von einem solchen infolgedessen die Ausnahme, vgl. Maume, S. 76. Ebenfalls nicht einschlägig ist eine Aussetzung des Patentverletzungsprozesses; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 110. 484 Maume, S. 76; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 110.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

c)

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Einstweilige Verfügung als ebenfalls taugliches Mittel

aa) Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung Anders ist die Lage jedoch bei einer einstweiligen Verfügung. Rechtsprechung zu einer einstweiligen Verfügung wegen eines Anspruchs auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz ist nicht ersichtlich. Entscheidungen gibt es lediglich zu Zwangslizenzen nach § 24 PatG485 oder aufgrund urheberrechtlicher Normen486. Dass es bisher keine Rechtsprechung zur Durchsetzung eines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs im Wege einer einstweiligen Verfügung gibt, heißt jedoch nicht, dass das einstweilige Verfügungsverfahren praktisch irrelevant ist. Vielmehr kann das Fehlen von Rechtsprechung seine Ursache darin haben, dass die an den Verfügungsgrund gestellten Voraussetzungen bisher sehr hoch angesetzt und daher einstweiligen Verfügungen gar nicht erst beantragt wurden. Für die Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung kann damit nicht auf bestehende Rechtsprechung zur kartellrechtlichen Zwangslizenz zurückgegriffen werden. Hierfür muss auf die allgemeinen Vorschriften und auf Rechtsprechung zurückgegriffen werden, die sich mit vergleichbaren Ansprüchen befasst. Das GWB enthält keine speziellen Regelungen zur einstweiligen Verfügung – insbesondere nicht zum Verfügungsgrund – in Bezug auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruch. Infolgedessen richtet sich ein solches Verfahren nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO; für den erforderlichen Verfügungsgrund gelten §§ 935, 940 ZPO.487 Die Durchsetzung von kartellrechtlichen Ansprüchen im Wege einer einstweiligen Verfügung wird im Allgemeinen als zulässig erachtet.488 Dass muss auch für einstweilige Verfügungen zur Durchsetzung eines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs gelten. Gegen dessen grundsätzliche Zulässigkeit wird teilweise vorgebracht, dass das einstweilige Verfügungsverfahren wegen der nur summarischen Prüfung nicht geeignet sei, so schwierige Fragen tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die notwendigen Feststellungen zur Marktabgrenzung in sachlicher, räumlicher, zeitlicher Hinsicht und zur Annahme einer Marktbeherrschung, festzustellen.489 Eine solche Argumentation kann je-

485 BGH GRUR 1952, 393 – Paladon; BGH GRUR 1972, 471 – Cafilon; BPatG GRUR 1996, 870 – Ranitidinhydrochlorid. 486 OLG München GRUR 1994, 118 – Beatles CD’s; LG München I ZUM 2004, 79. 487 Das ergibt sich mittelbar u. a. aus OLG Köln BeckRS 2001, 30182845; OLG Düsseldorf WuW/ E OLG 2390. § 85 I PatG gilt lediglich für die patentrechtliche Zwangslizenz nach § 24 PatG. 488 Hötte, S. 324; Schockenhoff NJW 1990, 155; Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 20 Rn. 235 m.w.N.; Sosnitza WRP 2004, 62. 489 Maume, S. 117 f. und ZGE 2012, 216, 239; Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 102.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

doch nicht überzeugen, da das Prinzip des effektiven Rechtsschutzes das Bestehen eines Eilrechtsschutzes gebietet.490 Für die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz wird vorgebracht, dass der Gesetzgeber in § 85 I PatG und § 42a VI 2 UrhG von der Möglichkeit einstweiliger Verfügungen auf Erteilung der Zwangslizenz ausgehe, bei denen ähnlich komplexe Sachverhalte zu untersuchen seien.491 Dem kann grundsätzlich zugestimmt werden. Überzeugender ist allerdings – da es um einen kartellrechtlichen und nicht um einen rein patent- oder urheberrechtlichen Zwangslizenzanspruch geht –, dass die komplexen Aspekte zur Feststellung der Marktbeherrschung in der Rechtsprechung zu einstweiligen Verfügungen zur Durchsetzung kartellrechtlicher Ansprüche bisher immer feststellbar waren, ohne die Gerichte oder Antragsteller zu überfordern. Es ist kein Grund ersichtlich, wieso dies bei kartellrechtlichen Zwangslizenzen anders sein soll. Darüber hinaus wird vielfach angenommen, dass der Zwangslizenzeinwand auch gegen einen im einstweiligen Rechtsschutz geltend gemachten Unterlassungsanspruch des Patentinhabers zulässig sei.492 In diesem Falle werden die komplexen Prüfungsanforderungen zur Feststellung des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs anscheinend durchaus als im Rahmen eines summarischen Verfahrens nachprüfbar angesehen. Das einstweilige Verfügungsverfahren ist damit durchaus geeignet, die komplexen Aspekte, die mit einem kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruch einhergehen, zu beurteilen. bb) Anforderungen an den Verfügungsgrund Die Erteilung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz im einstweiligen Verfügungsverfahren würde zu einer zumindest vorübergehenden Befriedigung des Nutzungswilligen führen. Im konkreten Fall handelt es sich folglich um eine Leistungsverfügung. Der Erlass einer Leistungsverfügung nimmt die Hauptsache im Wege faktischer Erfüllung vorweg.493 Deshalb ist eine Leistungsverfügung im Allgemeinen nur zulässig, wenn der Antragsteller auf die sofortige Erfüllung derart dringend angewiesen ist, dass er ein Hauptsacheverfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen Schaden zu erleiden.494 Es gelten somit noch strengere Anforderungen als bei den übrigen einstweiligen Verfügungen. 490 Zum Prinzip des effektiven Rechtsschutzes BVerfGE 40, 272; 41, 23, 26; BVerfG NJW 2005, 1999, 2001. 491 Hötte, S. 325. 492 OLG Düsseldorf BeckRS 2010, 22203; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2010, 120 – UMTS-Standard; Hötte, S. 220 ff. 493 Zum Urheberrecht OLG München GRUR 1994, 118, 120 – Beatles CDs; LG München I ZUM 2004, 79, 81. 494 Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 940 Rn. 6; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 940 Rn. 6.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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Angesichts der fehlenden Rechtsprechung zur Durchsetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz durch einstweilige Verfügung fragt sich, welche genauen Anforderungen in diesem Fall an den Verfügungsgrund zu stellen sind. Aufschluss können vergleichbare Fälle von Leistungsverfügungen zur Durchsetzung anderer kartellrechtlicher Belieferungsansprüche geben. Im Kartellrecht sind Leistungsverfügungen durchaus häufig und anerkanntermaßen zulässig. Hierzu zählen z. B. Ansprüche auf Belieferung,495 sowie auf Netzzugang im Bereich von Elektrizität496 und Gas497. Ein Belieferungsanspruch könne in diesen Fällen nur dann im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, wenn sich der Antragsteller in einer »außergewöhnlichen Notlage« befinde oder die Gefahr einer Existenzgefährdung bestehe.498 Zwar wurden die strengen Anforderungen an das Vorliegen des Verfügungsgrundes in der neueren Rechtsprechung aufgeweicht,499 doch sind die Anforderungen nach wie vor höher anzusetzen als bei einstweiligen Verfügungen, die keine Leistungsverfügungen darstellen. Die jüngeren Entscheidungen zu kartellrechtlichen Belieferungsansprüchen halten es für den Verfügungsgrund erforderlich aber auch ausreichend, dass auf Seiten des Antragstellers ein »wesentlicher Nachteil« besteht.500 Hierfür genügten bereits drohende wirtschaftliche Nachteile, insbesondere in Gestalt nicht rückholbarer Umsatzausfälle und Kundenverluste, die es dem Antragsteller unzumutbar machten, das Urteil in der Hauptsache abzuwarten.501 Von ähnlichen Voraussetzungen geht die Rechtsprechung zu einstweiligen Verfügungen im Rahmen von § 42a VI 2 UrhG aus. Hier fordert die Rechtsprechung bei Nichteingreifen der Dringlichkeitsvermutung das Vorliegen »schwerer finanzieller Nachteile«.502 Bei der Beurteilung dieser Anforderungen an den Verfügungsgrund muss wiederum eine Interes495 Vgl. u. a. OLG Düsseldorf WuW/E OLG 3787 – Renault; OLG Köln BeckRS 2001, 30182845; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 123; LG Hamburg WuW/E LG/AG 563 – Hess-Familienschuhmärkte; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 2732 – Elektrowerkzeuge. 496 LG Magdeburg NJWE-WettbR 2000, 199. 497 OLG München GRUR-RR 2002, 181 – Erdgas-Transportnetz; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176 – Reziprozität. 498 OLG Düsseldorf WuW/E OLG 3787, 3789 f. – Renault; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 123, 124; Schockenhoff NJW 1990, 152, 155; ähnlich LG Hamburg WuW/E LG/AG 563 – HessFamilienschuhmärkte. Geringere Anforderungen stellt anscheinend OLG Düsseldorf WuW/E OLG 2390, 2393 – Nordmende III. 499 Vgl. Kessel/Koch BB 2009, 1032, 1036; Köhler BB 2002, 584, 585. 500 OLG München GRUR-RR 2003, 56, 58 – Stromhändler-Rahmenvertrag; OLG München GRUR-RR 2002, 181, 182 – Erdgas-Transportnetz; OLG Dresden GRUR-RR 2002, 85, 87 – Endkunden-Netznutzungsverträge; Kessel/Koch BB 2009, 1032, 1036. 501 OLG München GRUR-RR 2003, 56, 58 – Stromhändler-Rahmenvertrag; OLG München GRUR-RR 2002, 181, 182 – Erdgas-Transportnetz; OLG Dresden GRUR-RR 2002, 85, 87 – Endkunden-Netznutzungsverträge. 502 OLG München GRUR 1994, 118, 119 – Beatles CDs; LG München I ZUM 2004, 79, 81.

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Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch

senabwägung erfolgen zwischen dem Leistungsinteresse des Antragstellers und dem Interesse des Antragsgegners, nicht voreilig und ggf. zu Unrecht zu einer bestimmten Leistung verpflichtet zu werden.503 Einstweilige Verfügungen zur Durchsetzung eines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs sind mit den genannten kartellrechtlichen Belieferungs- und Netzzugangsansprüchen durchaus vergleichbar. In all diesen Fällen ist der Anspruchsteller in besonderem Maße von der Lieferung des entsprechenden Produkts oder der Nutzungsmöglichkeit eines Netzes wirtschaftlich abhängig.504 Der einzige Unterschied besteht darin, dass an die Stelle einer Einrichtung das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers tritt.505 Besonders groß ist die Ähnlichkeit mit den einstweiligen Verfügungen zur Durchsetzung einer urheberrechtlichen Zwangslizenz. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sollten bei einer kartellrechtlichen Zwangslizenz nicht zu hoch angesetzt werden. Zwar nimmt eine solche Leistungsverfügung bzgl. einer Zwangslizenz die Hauptsache vorweg und sollte daher die Ausnahme bleiben. Zu weit ginge es jedoch, wollte man eine Existenzgefährdung des Antragstellers fordern.506 Zu einer solchen wird es bei kleineren Unternehmen eher kommen als bei größeren, obwohl letztere durch die Nichtleistung ebenfalls so schwer geschädigt werden können, dass ein Interesse an einem einstweiligen Rechtsschutz besteht.507 Darüber hinaus sollten keine zu hohen Anforderungen an die wesentlichen Nachteile gestellt werden. Ein schwerer finanzieller Nachteil wurde in einem Fall mit der Begründung verneint, dass der Antragsteller die Produktion noch nicht aufgenommen und diese auch nur in geringer Auflage geplant hatte.508 Im Umkehrschluss könnte daraus gefolgert werden, dass der Verfügungsgrund vorliegt, sobald der Antragsteller die Produktion in größerem Umfang aufgenommen hat. Gerade ein solches Erfordernis kann aber bei einem Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz nicht greifen. Die einstweilige Verfügung soll dem Nutzungswilligen schnellstmöglichen Rechtsschutz und eine Alternative zum möglicherweise unzulässigen Zwangslizenzeinwand und der damit einhergehenden rechtswidrigen Nutzung des Patents bieten. Werden die Anforderungen an den Verfügungsgrund jedoch zu hoch angesetzt, so führt dies dazu, dass der Nutzungswillige, wenn er gegen die kartellrechtswidrige Lizenzverweigerung mit einer einstweiligen Verfügung und anschließendem Hauptsacheverfahren vorOLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176, 179. Hötte, S. 324. Hötte, S. 324. Ebenfalls gegen das Erfordernis einer Existenzgefährdung Hötte, S. 328; Kessel/Koch BB 2009, 1032, 1036. 507 Hötte, S. 328; Kessel/Koch BB 2009, 1032, 1036. 508 LG München I ZUM 2004, 79, 81.

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Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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gehen will, statt sich der Gefahr eines Unterlassungsanspruchs auszusetzen, die patentrechtswidrige Produktion aufnehmen muss, und zwar in größerem Umfang, ohne dass er eine Lizenz eingeräumt bekommen hat. Denn nur in einem solchen Fall könnte der Nutzungswillige eine einstweilige Verfügung gegen den Patentinhaber erwirken. Ein rechtswidriges Handeln des Nutzungswilligen darf jedoch keine Voraussetzung dafür sein, dass er effektiven Rechtsschutz erlangen kann. Mit der einstweiligen Verfügung wird dem Antragsteller ein Rechtsbehelf an die Hand gegeben, damit er sich in bestimmten Notlagen nicht gezwungenermaßen auf die Seite des Unrechts stellen muss. Folglich dürfen die Voraussetzungen an den Verfügungsgrund in finanzieller Hinsicht nicht zu hoch angesetzt werden. Alles andere widerspräche dem Sinn und Zweck des Verfügungsverfahrens. Bei einer kartellrechtlichen Zwangslizenz sollte man daher besser primär auf die gegebenen Marktstrukturen und sekundär auf mögliche finanzielle Nachteile abstellen. Ein Verfügungsgrund liegt danach vor, wenn ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens dem Nutzungswilligen nicht zugemutet werden kann, weil für ihn nach einem jahrelangen Verfahren die Möglichkeit eines Markteintritts nicht mehr besteht oder wenn sich die marktbeherrschende Stellung des Patentinhabers bereits derart verfestigt hat, dass ein Markteintritt für den Nutzungswilligen nur unter schweren Voraussetzungen möglich ist. In diesen Fällen wäre ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens für den Nutzungswilligen unzumutbar. Besonders im schnelllebigen Technologiebereich dürfen die Anforderungen an den Verfügungsgrund nicht prohibitiv hoch angesetzt werden. Denn in diesem Bereich ist ein Abwarten des Leistungsurteils nicht möglich, da die Technologien bereits nach relativ kurzer Zeit nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Gerade in diesem Bereich muss insofern auf die gegebenen Marktverhältnisse und nicht auf eine Existenzgefährdung oder schwere finanzielle Nachteile abgestellt werden. Auch wenn für eine Leistungsverfügung nicht jeglicher Nachteil als Verfügungsgrund ausreichen kann, dürfen die Anforderungen aus genannten Gründen doch nicht zu hoch angesetzt werden. Es reicht, mit der neueren Rechtsprechung für den Verfügungsgrund »nur« das Vorliegen wesentlicher Nachteile zu fordern. Dies können bei der Durchsetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz auch gewisse finanzielle Nachteile sein, primär geht es aber um die Beurteilung der zukünftigen Marktstrukturen und der Chancen eines späteren Markteintritts, wenn sich die Marktstrukturen nach einem jahrelangen Hauptsacheprozess zu sehr verfestigt haben oder die mittels des entsprechenden Patents angebotenen Produkte dann nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Vielfach wird hinsichtlich einstweiliger Verfügungen zur Durchsetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz bemängelt, dass diese nur ausnahmsweise Erfolg haben könnten, da die strengen Anforderungen an den Verfügungsgrund

100 Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch nur selten vorlägen.509 Doch gehen diese Autoren nicht von den abgemilderten Voraussetzungen an den Verfügungsgrund aus, sondern von der älteren strengeren Rechtsprechung. cc)

Anwendung der Dringlichkeitsvermutung

(1) Dringlichkeitsvermutung analog § 12 II UWG Die einstweilige Verfügung bezüglich kartellrechtlicher Zwangslizenzansprüche könnte durch eine Dringlichkeitsvermutung – analog § 12 II UWG und § 42a VI 2 UrhG – erleichtert werden. Nach § 12 II UWG können zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs aus dem UWG einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in §§ 935 und 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden. Demgegenüber bezieht sich § 42a VI 2 UrhG direkt auf einen urheberrechtlichen Zwangslizenzanspruch und besagt, dass einstweilige Verfügungen erlassen werden können, auch wenn die in §§ 935 und 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. Verwunderlich ist, dass eine analoge Anwendung der Dringlichkeitsvermutung bislang nur in Bezug auf § 12 II UWG diskutiert worden ist.510 Die Vorschrift des § 12 II UWG hat seit ihrer Einführung dazu geführt, dass im Lauterkeitsrecht die Mehrzahl der Verfahren durch einstweilige Verfügung entschieden wird.511 Zu Recht wird § 12 II UWG jedoch allgemein als nicht auf das Patent- und Kartellrecht anwendbar angesehen.512 § 12 II UWG trägt ausschließlich den lauterkeitsrechtlichen Besonderheiten Rechnung.513 Außerdem dürfte eine analoge Anwendung auch mangels einer vergleichbaren Interessenlage abzulehnen sein, weil sich § 12 II UWG ausdrücklich nur auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs bezieht, während es hier um die Geltendmachung eines Zwangslizenzanspruchs geht, also um eine Leistung. (2) Dringlichkeitsvermutung analog § 42a VI 2 UrhG Fruchtbarer ist der Vergleich mit Zwangslizenzen zur Herstellung von Tonträgern in § 42a VI 2 UrhG. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. 509 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 102; Maume, S. 117 f. 510 Ausschließlich Maume, S. 117 erwähnt in Fn. 520 die analoge Anwendung des § 42a VI 2 UrhG auf die Durchsetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz im Wege einer einstweiligen Verfügung, lehnt diese jedoch ohne Begründung ab. 511 Schultz-Süchting GRUR 1988, 571; laut Ulrich GRUR 1985, 201, 202 werden etwa 75 % der lauterkeitsrechtlichen Verfahren durch einstweiligen Rechtsschutz erledigt. 512 KG Berlin WUW/E OLG 5099; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 113; Drescher, in: MüKo, ZPO, § 935 Rn. 69; Maume, S. 117; Creutzfeldt, S. 22. 513 Maume, S. 117.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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Beide Voraussetzungen sind bei einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung eines Anspruchs auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz gegeben. Das Vorliegen der planwidrigen Regelungslücke ergibt sich daraus, dass im Kartellrecht das einstweilige Verfügungsverfahren für Zwangslizenzen nicht gesetzlich geregelt ist. Dies verwundert nicht, da selbst die kartellrechtliche Zwangslizenz nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt wurde. Diese Rechtsfolge eines kartellrechtswidrigen Verhaltens wurde vielmehr im Laufe der Zeit von Rechtsprechung und Literatur entwickelt und heute in die Rechtsfolge des § 33 I GWB hinein gelesen.514 Daher kann es hier keine gesetzliche Vorschrift geben, die das einstweilige Verfügungsverfahren zum Gegenstad hat. Es besteht damit eindeutig eine Regelungslücke. Dass diese vom Gesetzgeber geplant war kann nicht angenommen werden. Die analoge Anwendung von § 42a VI 2 UrhG hängt also davon ab, ob eine vergleichbare Interessenlage gegeben ist. Der Normzweck besteht darin, dass der Urheber sich nicht der Erteilung einer Zwangslizenz soll dadurch entziehen dürfen, dass er einen langwierigen Prozess führt.515 Der Zwangslizenzeinwand wird relevant, wenn sich der Patentinhaber geweigert hat, dem Nutzungswilligen eine Lizenz an dem Patent einzuräumen. Durch dieses Verhalten hat der Patentinhaber seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und dadurch den Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz ausgelöst. Das Problem des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs besteht darin, dass der Nutzungswillige für die Einräumung dieser Lizenz eine Leistungsklage gegen den Patentinhaber erheben muss. Da dieser jedoch bereits das erforderliche unbedingte Angebot des Nutzungswilligen auf Abschluss eines Lizenzvertrages kartellrechtswidrig abgelehnt hat, ist davon auszugehen, dass der Patentinhaber im Allgemeinen nicht zur schnellstmöglichen Lizenzvergabe bereit sein wird. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Patentinhaber durch ein langwieriges Verfahren – auch über mehrere Instanzen – versuchen wird, sich der Lizenzvergabe so lange wie möglich zu entziehen. Zwar besteht auch die Möglichkeit, dass zwischen dem Patentinhaber und dem Nutzungswilligen Unstimmigkeiten darüber bestehen, was unter angemessen Lizenzbedingungen zu verstehen ist oder ob der Patentinhaber eine marktbeherrschende Stellung innehat. Auch diese Unstimmigkeiten müssten jedoch im Rahmen einer Leistungsklage geklärt werden. Die Parteien könnten sich zwar im Vorwege außergerichtlich einigen, jedoch ist diese Möglichkeit eher unwahrscheinlich, da der Patentinhaber das Lizenzangebot bereits abgelehnt hat. Selbst wenn also der Patentinhaber die Lizenzvergabe verweigert, weil dieser die Voraussetzungen des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs nicht als gegeben ansieht oder das Angebot des 514 Vgl. oben S. 24 f. 515 Dreier/Schulze, UrhG, § 42a Rn. 21.

102 Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch Nutzungswilligen als unangemessen empfindet, können die divergierenden Ansichten der Parteien zu einem langwierigen Verfahren über mehrere Instanzen führen. Damit besteht – erst recht im schnelllebigen Technologiebereich – bei Ansprüchen auf eine kartell- wie auf eine urheberrechtliche Zwangslizenz nach § 42a UrhG ein Interesse daran zu verhindern, dass sich der Patentinhaber der Lizenzerteilung nicht durch ein langwieriges Verfahren entzieht. Überdies handelt es sich bei der urheberrechtlichen Zwangslizenz des § 42a UrhG um einen kartellrechtlichen Sondertatbestand.516 Aufgrund dieser kartellrechtlichen Basis der beiden Zwangslizenzen können die Interessenlagen als vergleichbar angesehen werden. Damit ist die Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG analog auf einstweilige Verfügungen zur Durchsetzung eines Anspruchs auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz anzuwenden. Diese Dringlichkeitsvermutung führt allerdings nicht dazu, dass ein Verfügungsgrund überhaupt nicht vorliegen muss. Durch diese Regelung wird der Antragsteller vielmehr nur von der Notwendigkeit entbunden, die Dringlichkeit seines Antrags darzulegen und glaubhaft zu machen.517 Diese Vermutung gilt solange, wie der Antragsgegner sie nicht widerlegt hat. Ist ihm die Widerlegung dieser Dringlichkeitsvermutung gelungen, so muss der Antragsteller den Verfügungsgrund darlegen und glaubhaft machen. dd) Ergebnis Bei Anwendung der Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG analog sowie der zuvor dargestellten Anforderungen an den Verfügungsgrund kann festgestellt werden, dass die einstweilige Verfügung ein durchaus taugliches Mittel zur Durchsetzung des Anspruchs auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz darstellt. d)

Einstweilige Verfügung als milderes Mittel

aa) Allgemeine Beurteilung Der wesentliche Aspekt für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs ist, ob die einstweilige Verfügung unter den zuvor aufgestellten Voraussetzungen verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand ein milderes Mittel darstellt, das den gleichen Erfolg mit der gleichen Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand erreichen kann.518 Festgestellt wurde, dass es sich bei der einstweiligen Verfügung um ein durchaus taugliches Mittel zur Durchsetzung 516 BT-Drucks. 15/38, S. 17; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407; Kraft, Zwangslizenz, S. 71; Melichar, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 42a Rn. 1. 517 OLG München GRUR 1994, 118, 120 – Beatles CDs. 518 S. o. S. 92 f.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs handelt. Wenn die einstweilige Verfügung auch ein milderes Mittel ist, kann der Zwangslizenzeinwand nicht als verfassungsrechtlich erforderlich angesehen werden. Der Aufwand bei einer einstweiligen Verfügung und beim Zwangslizenzeinwand ist vergleichbar. In beiden Fällen muss der Nutzungswillige das Vorliegen seines kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwandes darlegen und zumindest glaubhaft machen. Zwar muss er bei einer einstweiligen Verfügung noch einen entsprechenden Antrag stellen, doch ist dieser Aufwand nicht größer als der für die Abgabe eines unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages. Fraglich ist, ob die beiden Mittel – also die einstweilige Verfügung und der Zwangslizenzeinwand – den gleichen Erfolg erreichen können. Durch den Zwangslizenzeinwand wird lediglich der Unterlassungsanspruch des Patentinhabers versagt. Der Nutzungswillige erlangt kein Nutzungsrecht, sondern die Nutzung des Patents bleibt, weil ein Lizenzvertrag durch den Zwangslizenzeinwand allein nicht zu Stande kommt,519 rechtswidrig. Fraglich ist demgegenüber, welche Rechtsfolge die einstweilige Verfügung auslöst. Umstritten ist, ob durch sie der Patentinhaber zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichtet wird oder ob die Verfügung lediglich zu einer unmittelbaren Leistungserbringung führt.520 Dieser Streit braucht an dieser Stelle jedoch nicht entschieden zu werden, weil der Nutzungswillige jedenfalls eine Nutzungserlaubnis an dem Patent erhält, unabhängig davon, ob die einstweilige Verfügung zu einem Vertragsschluss geführt hat. Durch die einstweilige Verfügung erhält der Nutzungswillige folglich mehr als über den Zwangslizenzeinwand. bb) Einstweilige Verfügung als weniger intensiver Eingriff Für die Beurteilung, welches Mittel das mildere ist, kommt es darauf an, ob der Zwangslizenzeinwand oder aber die einstweilige Verfügung weniger intensiv in das Grundrecht des Patentinhabers eingreift. Dabei sind die Grundrechte der Eigentumsfreiheit und der Berufsfreiheit gleichrangig.521 Um die Nachteile des Patentinhabers zu ermitteln, müssen zunächst die Konsequenzen einer Zulassung des Zwangslizenzeinwands untersucht werden. Durch die Zulassung des Einwands entsteht noch kein Lizenzvertrag zwischen den Parteien. Der Patentinhaber kann jedoch die – trotz des Einwands – rechtswidrige Nutzung des Patents nicht verbieten. Folglich hätte der Patentinhaber zu diesem Zeitpunkt ein Interesse daran, dass der Lizenzvertrag zwischen ihm und dem Nutzungswilligen zustande kommt, um zumindest die übliche Lizenzgebühr zu erhalten. Diese Lizenzgebühr müsste der Nutzungs519 Vgl. auch Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 108. 520 Zu diesem Streit ausführlich Hötte, S. 331 ff. 521 S. o. S. 92.

104 Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch willige nach den Vorgaben des BGH in der »Orange-Book-Standard«-Entscheidung weiterhin hinterlegen.522 Waren die Parteien unterschiedlicher Auffassung über die Angemessenheit der Lizenzbedingungen, so fragt sich, ob deren Angemessenheit im Patentverletzungsprozess im Rahmen des Zwangslizenzeinwandes notwendigerweise geklärt wird. Dies wäre nicht der Fall, wenn sich das Verletzungsgericht auf die Prüfung beschränkt, ob das im Rahmen der Verhandlungen abgegebene Angebot nicht offensichtlich unangemessen war.523 Problematisch ist, ob der Patentinhaber das ursprüngliche Angebot des Nutzungswilligen auch noch nach der Feststellung der Angemessenheit der Lizenzbedingungen im Patentverletzungsprozess, falls diese überhaupt festgestellt wird, annehmen kann. Der kartellrechtliche Zwangslizenzanspruch setzt voraus, dass der Patentinhaber das unbedingte Angebot des Nutzungswilligen abgelehnt und dadurch seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat. Diese Ablehnung des Angebots führt zu einem Erlöschen des Angebots gemäß § 146 BGB. Nach dessen Wortlaut ist das Angebot des Nutzungswilligen im späteren Patentverletzungsprozess nicht mehr annahmefähig. Dann führt der Zwangslizenzeinwand zu einem Problem. Der Patentinhaber kann das Angebot des Nutzungswilligen nicht mehr annehmen, und der Nutzungswillige wird seinerseits kein großes Interesse mehr am Abschluss eines Lizenzvertrages haben und sich daher nicht weiter um den Abschluss des Lizenzvertrages bemühen. Kann der Patentinhaber das Angebot nicht mehr annehmen, so müsste er seinerseits dem Nutzungswilligen ein Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreiten. Hierbei kann es wieder dazu kommen, dass sich die Parteien nicht über die Angemessenheit der Vertragsbedingungen einig sind, die der Patentinhaber angeboten hat. Dies liegt durchaus nahe, da ein Lizenzvertrag viele weitere Lizenzbedingungen enthalten kann, die angemessen sein können, über die jedoch im Patentverletzungsprozess beim Zwangslizenzeinwand nicht entschieden wird. Empfindet der Nutzungswillige dieses Angebot als unangemessen, dann müsste der Patentinhaber eine Leistungsklage auf Abschluss des Lizenzvertrages erheben. Der Patentinhaber hat aber keinen Anspruch auf Abschluss des Lizenzvertrages. Der kartellrechtliche Zwangslizenzanspruch steht dem Nutzungswilligen, und nicht dem Patentinhaber, zu. Es ist somit nicht ohne Weiteres ein Anspruch gegeben, auf den der Patentinhaber seine Leistungsklage stützen könnte. Denken könnte man an einen Anspruch des Patentinhabers aus § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens des Nutzungswilligen. Doch selbst bei Bestehen eines solchen Anspruchs würde dies 522 Vgl. BGHZ 180, 312, 320 f. – Orange-Book-Standard. 523 BGHZ 180, 312, 321 – Orange-Book-Standard; LG Mannheim BeckRS 2012, 11805 unter C I 4 b; LG Mannheim BeckRS 2012, 11804 unter C I 4 b; Maume/Tapia GRUR Int. 2010, 923, 925.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

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voraussetzen, dass der Patentinhaber ein Angebot abgegeben müsste. Der Zwangslizenzeinwand hat damit zur Konsequenz, dass die Handlungslast auf den Patentinhaber abgewälzt wird. Teilweise wird gefordert, dass der Zwangslizenzeinwand nur dann zulässig sein dürfe, wenn der Patentinhaber das Angebot auch noch im Laufe des Patentverletzungsprozesses annehmen könne.524 Jedoch wird keine nähere Begründung dafür gegeben, wie ein solches Fortbestehen des Angebots dogmatisch zu konstruieren ist. An § 146 BGB kommt man damit nicht vorbei. Weiterhelfen könnte allenfalls eine teleologische Reduktion des § 146 BGB dahingehend, dass im Falle der Erhebung des Zwangslizenzeinwands das unbedingte Angebot des Nutzungswilligen auf Abschluss des Lizenzvertrages auch noch während des Patentverletzungsprozesses und nach Ablehnung durch den Patentinhaber als annahmefähig fortbesteht. Die teleologische Reduktion führt im Allgemeinen zur Einschränkung des Tatbestandes entgegen dem direkten Wortsinn der Norm, wenn deren Anwendung über den Zweck der gesetzlichen Regelung hinausgehen würde.525 Der Zweck des § 146 BGB besteht im Schutz des Antragenden.526 Fraglich ist, ob dem Nutzungswilligen die Schutzbedürftigkeit abzusprechen ist, weil er den Zwangslizenzeinwand erhoben hat. Dies könnte zu bejahen sein, weil der Nutzungswillige mit dem Zwangslizenzeinwand dem Patentinhaber vorwirft, dieser hätte das unbedingte Angebot annehmen müssen, deshalb könne der Patentinhaber jetzt keinen Unterlassungsanspruch geltend machen. Könnte der Patentinhaber jedoch jetzt gar nicht mehr annehmen, so könnte auf Seiten des Nutzungswilligen ein widersprüchliches Verhalten vorliegen. Wenn sich der Nutzungswillige darauf beruft, dass der Patentinhaber das Angebot hätte annehmen müssen, besteht keine besondere Schutzbedürftigkeit des Nutzungswilligen, dass dieser nicht auch während des Patentverletzungsprozesses noch an sein Angebot gebunden sein soll, zumal er für den Zwangslizenzeinwand die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen, wie die Zahlung der Lizenzgebühr, ohnehin einhalten muss. Damit ist § 146 BGB dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass im Falle eines Zwangslizenzeinwands der Patentinhaber auch noch nach Ablehnung des Angebots dieses im Laufe des Patentverletzungsprozesses annehmen kann. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Patentinhaber, wenn er das Angebot des Nutzungswilligen für unangemessen hält, entweder das Risiko einer erfolglosen Unterlassungsklage eingehen oder Klage auf Feststellung der Angemessenheit des Angebots erheben muss. Denkbar wäre jedoch auch, dass der 524 S. o. S. 69. 525 BVerfGE 88, 145, 166 f.; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 346; Looschelders/Roth, Methodik, S. 261 ff.; Brandenburg, S. 35 ff. 526 Eckert, in: Bamberger/Roth, BGB, § 146 Rn. 1.

106 Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch Patentinhaber seinerseits dem Nutzungswilligen ein Angebot auf Abschluss des Lizenzvertrages unterbreiten muss, wenn er dessen Angebot für unangemessen hält. Das ist unproblematisch, wenn der Nutzungswillige dieses Angebot annimmt und dadurch ein Lizenzvertrag zustande kommt. Oft jedoch wird das Angebot des Patentinhabers abweichende Bedingungen enthalten, die der Nutzungswillige seinerseits für unangemessen hält. War das erste Angebot des Nutzungswilligen tatsächlich angemessen, so erhält er nach der »Orange-BookStandard«-Entscheidung die Möglichkeit, das Patent bereits zu nutzen und die Lizenzgebühr zu hinterlegen. Für den Nutzungswilligen besteht bei einem Streit über die Angemessenheit der jeweiligen Angebote kein Anreiz, diese Frage gerichtlich überprüfen zu lassen oder überhaupt den Zwangslizenzanspruch im Wege einer Leistungsklage durchzusetzen. Stattdessen wird die Handlungslast in beiden Fällen dem Patentinhaber aufgebürdet. Auch würde ein Patentverletzungsverfahren länger dauern als die Durchsetzung des Zwangslizenzanspruchs im Wege einer einstweiligen Verfügung. Obwohl es sich bei ihr nur um eine vorläufige Regelung handelt, kann diese dazu führen, dass – wie im Lauterkeitsrecht – vielfach auf eine Hauptsacheklage verzichtet wird. Und in jedem Fall wird durch die einstweilige Verfügung (zumindest vorläufig) schneller über das Bestehen des Zwangslizenzanspruchs entschieden als in einem Patentverletzungsprozess. Aus Sicht des Patentinhabers stellt die einstweilige Verfügung das mildere Mittel dar. Denn nur durch sie wird eine tatsächliche Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien herbeigeführt – mag diese auch nur vorübergehend sein. Bei einer im Wege der einstweiligen Verfügung erwirkten Zwangslizenz erhält der Patentinhaber im Gegenzug auch einen Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr. Einen solchen Anspruch erhält er beim Zwangslizenzeinwand nicht, der lediglich zur Versagung des Unterlassungsanspruchs führt. Nach der Rechtsprechung des BGH muss sich der Nutzer zuvor so verhalten, als wäre ein Lizenzvertrag wirksam zu Stande gekommen, was bedeutet, dass er die angemessenen Lizenzgebühren hinterlegen muss.527 An diesen hinterlegten Betrag soll der Patentinhaber nach den Befürwortern des Zwangslizenzeinwands jedoch erst kommen können, wenn ein Lizenzvertrag zustande gekommen ist.528 Auf Seiten des Nutzungswilligen wie des Patentinhabers besteht ein berechtigtes Interesse daran, dass über den Anspruch vor Aufnahme der Nutzung gerichtlich entschieden wird, insbesondere wenn das Bestehens des Zwangslizenzanspruchs oder die Angemessenheit der Lizenzbedingungen streitig sind. 527 BGHZ 80, 312, 320 – Orange-Book-Standard; s. o. S. 47. 528 Hötte, S. 200; Jestaedt GRUR 2009, 801, 804; Höppner ZWeR 2010, 395, 425; Maume ZGE 2012, 216, 228.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

107

Durch die einstweilige Verfügung wird der zwischen den Parteien aufgrund des nicht abgeschlossenen Lizenzvertrags bestehende Schwebezustand zwar nur vorübergehend, dafür aber deutlich schneller entschieden als beim Zwangslizenzeinwand in einem Patentverletzungsprozess. Im Vergleich zum Zwangslizenzeinwand stellt die einstweilige Verfügung somit die schnellere und effektivere Gewährleistung und Überprüfung der Rechte des Patentinhabers und des Nutzers dar. Schließlich führt der Zwangslizenzeinwand noch zu weiteren schwerwiegenden Eingriffen in das Recht des Patentinhabers. Der Einwand nimmt dem Patentinhaber das Verbietungsrecht, das im Immaterialgüterrecht von entscheidender Bedeutung ist.529 Je schwerwiegender der Eingriff ist, desto höhere Anforderungen müssen an dessen Rechtfertigung gestellt werden. Diese Anforderungen erfüllt der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand nicht. Seine einzige Rechtfertigung besteht darin, dass ein anderer Rechtsschutz angeblich nicht rechtzeitig erlangt werden könnte.530 Mit dem beschriebenen einstweiligen Verfügungsverfahren kann jedoch durchaus ein schnellerer und effektiver Rechtsschutz erlangt werden. Bei dieser Alternative müsste der Nutzungswillige das Patent nicht rechtswidrig nutzen und ein Patentverletzungsverfahren würde von vornherein vermieden. Für den Nutzungswilligen hat der Zwangslizenzeinwand den Vorteil, dass er das Patent bereits nach Abgabe des unbedingten Angebots nutzen kann. Würde die Nutzung durch die Notwendigkeit einer Leistungsklage des Nutzungswilligen auf Abschluss eines Lizenzvertrages zeitlich stark hinausgezögert, so kann dies zu Schäden des Nutzungswilligen führen, die durch einen Schadensersatzanspruch nicht aufgewogen werden können.531 Gerade diesem Interesse tragen jedoch die oben herausgearbeiteten Anforderungen an die einstweilige Verfügung umfassend Rechnung. Hierdurch werden die Interessen des Nutzungswilligen und die des Patentinhabers in einen angemessenen Ausgleich gebracht. Zwar führt die Durchsetzung des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs im Wege einer einstweiligen Verfügung verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand zu einer gewissen, wenn auch kurzen Verzögerung der Nutzung, weil der Nutzungswillige den Ausgang des Verfügungsverfahrens abwarten muss. Diese kurze zeitliche Verzögerung ist allerdings auch der einzige Nachteil des Nutzungswilligen an der einstweiligen Verfügung. Die kurze Verzögerung der Nutzungserlaubnis kann die schwerwiegenden Nachteile des Zwangslizenzeinwandes für den Patentinhaber nicht aufwiegen. Der Nutzungswillige begehrt mit dem Zwangslizenzanspruch einen Vorteil für sich selbst, nämlich 529 S. o. S. 19 ff. 530 S. o. S. 35. 531 S. o. S. 35.

108 Der Einwand der Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch die Nutzung des Patents. Obwohl der Zwangslizenzanspruch durch ein kartellrechtswidriges Verhalten des Patentinhabers ausgelöst wurde, kann dies nicht dazu führen, dass der Nutzungswillige von der Last, seine eigenen Ansprüche selbst durchzusetzen, entbunden wird. Die Nachteile des Patentinhabers beim Zwangslizenzeinwand überwiegen damit deutlich die Nachteile des Nutzungswilligen, wenn dieser auf die einstweilige Verfügung verwiesen wird. Nichts anderes gilt, wenn die Dringlichkeitsvermutung (§ 42a VI 2 UrhG analog) im Prozess widerlegt werden sollte. Denn die einstweilige Verfügung würde dem Nutzungswilligen auch ohne diese Vermutung einen effektiven Rechtsschutz gewähren, wenn man die zuvor genannten abgemilderten Anforderungen an den Verfügungsgrund stellt. Abschließend ist daran zu erinnern, dass auch nach einem erfolgreichen kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand die Nutzung des Patents rechtswidrig bleibt, weil die Abweisung der Unterlassungsklage noch keinen Lizenzvertrag zustande bringt. Der Patentinhaber hätte jedoch keine Möglichkeit mehr, die rechtswidrige Nutzung zu verbieten. Nun wird man kaum davon ausgehen können, dass ein rechtswidriges Handeln ein milderes Mittel gegenüber einem rechtmäßigen Handeln darstellen kann. Ob der Zwangslizenzeinwand überhaupt ein milderes Mittel darstellen könnte, muss deshalb schon aus diesem Grund stark bezweifelt werden. cc) Ergebnis Es bleibt also dabei: Durch die einstweilige Verfügung wird deutlich weniger intensiv in das Grundrecht der Eigentumsfreiheit des Patentinhabers aus Art. 14 I GG eingegriffen als mit dem Zwangslizenzeinwand. Gleiches gilt bei einer kartellrechtlichen Zwangslizenz basierend auf dem europäischen Kartellrecht hinsichtlich Art. 17 II EU-GRCharta. Das mildere Mittel ist vielmehr die einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Anspruchs auf die kartellrechtliche Zwangslizenz. 4.

Verfassungswidrigkeit des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands

Mangels Erforderlichkeit ist der Zwangslizenzeinwand ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 14 I GG und je nach Einzelfall aus Art. 17 II EU-GRCharta. Dem Nutzungswilligen steht mit der einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung seines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs ein milderes Mittel zur Verfügung. Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand ist damit als verfassungswidrig zu versagen. Auf die detaillierten Anforderungen, die der BGH in der Entscheidung »Orange-BookStandard« an das unbedingte Angebot des Nutzungswilligen auf Abschluss eines Lizenzvertrages und an die vorauseilende Erfüllung der Verpflichtungen aus

Einwand aufgrund einer patentrechtlichen Zwangslizenz

109

dem Lizenzvertrag stellt,532 muss deshalb nicht weiter eingegangen werden, da der Zwangslizenzeinwand verfassungswidrig und daher unzulässig ist.

V.

Ergebnis

Der Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch stützt sich auf das Verbot des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB (dolo petit). Für diesen Einwand liegt ein tauglicher Gegenanspruch vor. Zwar gewährt der Zwangslizenzanspruch kein Recht auf unmittelbare Nutzung, sondern »nur« einen Kontrahierungszwang, jedoch ist der Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages mit dem aus ihm folgenden Nutzungsrecht so eng verknüpft, dass noch von einer zeitlichen und gegenständlichen Identität zwischen Anspruch und Gegenanspruch im Sinne des dolo-petit-Einwands ausgegangen werden kann. Dieser Einwand scheitert im Ergebnis aber daran, dass das einstweilige Verfügungsverfahren unter den oben aufgestellten Voraussetzungen ein milderes Mittel ist. Der mit dem Zwangslizenzeinwand verbundene schwere Eingriff in das Grundrecht des Patentinhabers aus Art. 14 I 1 GG und je nach Einzelfall aus Art. 17 II EU-GRCharta ist damit nicht erforderlich und deshalb verfassungswidrig. Gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch ist der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand also unzulässig.

B.

Einwand aufgrund einer patentrechtlichen Zwangslizenz

Der patentrechtlichen Zwangslizenz gemäß § 24 PatG kommt kaum praktische Bedeutung zu.533 Seit 1949 wurde erst eine einzige Zwangslizenz nach § 24 PatG gewährt534 und danach durch den BGH aufgehoben.535 Der Grund für die Aufhebung der Zwangslizenz bestand darin, dass das öffentliche Interesse an der Nutzung des patentierten Arzneimittels durch mehr oder weniger gleichwertige Ausweichpräparate befriedigt werden konnte.536 Allgemein sieht man die Funktion des § 24 PatG deshalb in seiner präventiven Wirkung.537 Daher kann an dieser Stelle eine genauere Betrachtung des Einwands einer patentrechtlichen Zwangslizenz gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch dahingestellt bleiben. 532 533 534 535 536 537

BGHZ 180, 312 – Orange-Book-Standard. Vgl. oben S. 22 f. BPatG GRUR 1994, 98 ff. – Polyferon. BGH GRUR 1996, 190 ff. – Polyferon. BGH GRUR 1996, 190, 193 ff. – Polyferon. Vgl. oben S. 23.

3. Teil: Der Zwangslizenzeinwand gegen den gebrauchsmusterrechtlichen Unterlassungsanspruch

Wie im Patentrecht hat auch im Gebrauchsmusterrecht allein die kartellrechtliche Zwangslizenz praktische Bedeutung. Zu einer Zwangslizenz nach § 20 GebrMG ist bislang noch überhaupt keine Rechtsprechung ergangen. Das verwundert nicht, weil dieser Anspruch inhaltlich dem Zwangslizenzanspruch des § 24 PatG aufgrund der Verweisung in § 20 GebrMG entspricht. Dessen Funktion wird – wie bei § 24 PatG538 – allein in der Prävention gesehen; diese Vorschrift fördert im Vorwege eines gerichtlichen Verfahrens die Lizenzbereitschaft des Gebrauchsmusterinhabers.539 Daher soll an dieser Stelle von einer Behandlung des Einwands aufgrund einer gebrauchsmusterrechtlichen Zwangslizenz wieder abgesehen werden. Relevant ist in diesem Bereich ausschließlich der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand. Zu prüfen ist, ob die zum kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand an Patenten gewonnenen Erkenntnisse auf Gebrauchsmuster übertragen werden können. Zwischen dem Gebrauchsmuster- und dem Patentrecht besteht eine hohe Vergleichbarkeit. § 1 I PatG wie § 1 I GebrMG schützen eine Erfindung. Der wesentliche Unterschied bestand bis vor kurzem noch darin, dass die Erfindungshöhe im Rahmen des § 1 I GebrMG nicht so hoch angesetzt wurde wie im Patentrecht.540 Deshalb wurde das Gebrauchsmuster lediglich auch als »kleines Patent« bezeichnet.541 Dies hat sich jedoch mit der neueren Rechtsprechung geändert, die den Unterschied in der Erfindungshöhe aufgehoben hat.542 Unterschiede gibt es aber im Neuheitsbegriff der §§ 3 I PatG, 3 I GebrMG. Der 538 Vgl. oben S. 22 f. 539 Bühring, in: Bühring, GebrMG, § 20 Rn. 2; Beier GRUR 1998, 185, 189. 540 Anders jüngst BGHZ 168, 142, 151 = GRUR 2006, 842, 845 – Demonstrationsschrank; noch für die Unterschiede in der Erfindungshöhe RG GRUR 1933, 494, 496; BGH GRUR 1957, 270, 271 – Unfall-Verhütungsschuh; Götting, § 10 Rn. 1; Braitmayer, in: Bühring, GebrMG, § 1 Rn. 10; Breuer GRUR 1997, 11; Goebel, S. 71 ff. 541 Wolff, S. 51; Pahlow WRP 2007, 739; Breuer GRUR 1997, 11 spricht demgegenüber von einer »kleinen Erfindung«. 542 BGHZ 168, 142, 151 – Demonstrationsschrank

112

Der Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch des GebrMG

Unterlassungsanspruch des § 24 I GebrMG entspricht wiederum § 139 I PatG. Aufgrund dieser großen Ähnlichkeit in den entscheidenden Punkten kann für den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch aus § 24 I GebrMG auf die Ausführungen zum Patentrecht verwiesen werden. Beide Male liegt ein Anspruch auf eine kartellrechtliche Zwangslizenz an Erfindungen zugrunde, der gegen identische Unterlassungsansprüche eingewendet wird. Beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand greifen keine gebrauchsmusterspezifischen Besonderheiten ein, die zu einer anderen Betrachtungsweise und damit zur Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwandes führen würden. Insbesondere genießt auch das Gebrauchsmuster den Eigentumsschutz nach Art. 14 I GG. Auch im Gebrauchsmusterrecht beruht der Zwangslizenzeinwand auf der Rechtsgrundlage des § 242 BGB in der Fallgruppe des dolo-petit-Einwands. Das Gebrauchsmustergesetz enthält wie die übrigen Immaterialgüterrechte keine speziellen Regelungen über die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs. Ebenso wenig enthält das Gebrauchsmusterrecht eine Regelung zu den Anforderungen an eine einstweilige Verfügung bei einer kartellrechtlichen Zwangslizenz.543 Auch hier besteht also die planwidrige Regelungslücke für eine analoge Anwendung des § 42a VI 2 UrhG hinsichtlich der Dringlichkeitsvermutung. Auch die Interessenlage ist vergleichbar. Die Interessen an einer möglichst schnellen Durchsetzung des Anspruchs auf kartellrechtliche Zwangslizenz sind im Patentrecht und im Geschmacksmusterrecht die gleichen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich die marktbeherrschende Stellung auf eine Erfindung mit unterschiedlichen Neuheitsbegriffen bezieht. Das ändert aber nichts an dem Effektivitätsvorrang einer einstweiligen Verfügung. Auch ist der Geschmacksmusterinhaber nicht weniger schutzwürdig als der Patentinhaber. Daher kann zur Begründung der Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwandes auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.544 Auch im Gebrauchsmusterrecht ist der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch des § 24 GebrMG verfassungswidrig und damit unzulässig.

543 Lediglich in Bezug auf eine gebrauchsmusterrechtliche Zwangslizenz wird für die einstweilige Verfügung auf § 85 I PatG verwiesen, vgl. § 20 GebrMG. 544 S. o. S. 59 ff.

4. Teil: Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch

Im Urheberrecht ist der Einwand der kartellrechtlichen wie der immaterialgüterrechtlichen Zwangslizenz noch nicht so ausgiebig diskutiert worden wie im Patentrecht. Seit der »Orange-Book-Standard«-Entscheidung des BGH gibt es aber Erwägungen, die zum Patentrecht gewonnenen Grundsätze zum kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand auf das Urheberrecht zu übertragen. Wie der patentrechtliche steht auch der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch aus § 97 I UrhG nicht unter einem gesetzlichen Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs. Wie zum Patentrecht ausgeführt, kann sich der Zwangslizenzeinwand auch im Urheberrecht nur aus Treu und Glauben nach § 242 BGB ergeben. Als Fallgruppe kommt auch hier nur der dolo-petit-Einwand in Betracht.545 Beim Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch stehen im Urheberrecht – im Gegensatz zum Patentrecht – die urheberrechtlichen Zwangslizenzen ganz im Vordergrund. Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand hat in der urheberrechtlichen Literatur erst nach der »Orange-BookStandard«-Entscheidung des BGH eine gewisse Bedeutung erlangt. Die geringere Bedeutung der kartellrechtlichen Zwangslizenz im Urheberrecht dürfte darauf beruhen, dass es sich bei den urheberrechtlichen Zwangslizenzen größtenteils um kartellrechtliche Sondertatbestände handelt und dadurch die meisten der für eine kartellrechtliche Zwangslizenz relevanten Fallgestaltungen schon von den urheberrechtlichen Zwangslizenzen erfasst werden.546 Aus diesem Grund ist zunächst auf den Einwand einer urheberrechtlichen Zwangslizenz einzugehen (unten A.) und erst danach auf die kartellrechtliche Zwangslizenz (unten B.). Die Einwände hinsichtlich der verschiedenen urheberrechtlichen Zwangslizenzen werden meist mit denselben Erwägungen abgelehnt, sodass die urheberrechtlichen Zwangslizenzen gemeinsam betrachtet werden. Hierbei beziehen sich die Rechtsprechung wie die Literatur aus545 S. o. S. 56 ff. 546 Die urheber- und die kartellrechtlichen Zwangslizenzen schließen sich allerdings nicht wechselseitig aus, sondern können auch nebeneinander bestehen, vgl. oben S. 35.

114

Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch

schließlich auf die Zwangslizenzen der §§ 42a, 87 V UrhG. Die 2003 eingeführte Zwangslizenz des § 5 III 2 und 3 UrhG ist noch nicht behandelt worden. Da letzterer eher kaum praktische Bedeutung zukommt, soll in dieser Arbeit für den urheberrechtlichen Zwangslizenzeinwand vorwiegend auf die Zwangslizenzen nach §§ 42a, 87 V UrhG und § 11 I UrhWahrnG abgestellt werden.

A.

Einwand aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz

I.

Meinungsstand

Im Urheberrecht wird der Einwand aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz überwiegend abgelehnt.547 Dabei stützt man sich meist auf die Entscheidung des BGH »Coverversion« aus dem Jahre 1997, wonach eine Berechtigung zur Nutzung eines Werkes erst dann besteht, wenn zwischen den Parteien eine Vereinbarung zu Stande gekommen ist.548 Der BGH bezog sich in dieser Entscheidung zwar nur auf die Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgern nach § 42a UrhG. Jedoch wird diese Erwägung auch auf die Zwangslizenz nach § 87 V UrhG übertragen.549 Der Ausschluss der Nutzung vor Vertragsschluss folge aus der Systematik der Zwangslizenz, die voraussetze, dass trotz Vorliegens der Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht genutzt werden darf, solange keine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien vorliegt.550 Darüber hinaus hat der BGH bereits 8 Jahre vor der »Orange-Book-Standard«-Entscheidung zu einem Zwangslizenzeinwand im Urheberrecht ausdrücklich Stellung bezogen.551 Zwar bezog sich die Entscheidung von 2001 nicht auf eine Zwangslizenz nach §§ 42a, 87 V UrhG, sondern auf einen vertraglichen Anspruch auf Lizenzerteilung, doch wurde in der Entscheidung ausgeführt, dass es sich bei einem solchen Anspruch der Sache nach um eine Zwangslizenz handele.552 Auf diese Entscheidung hat der BGH im Urteil »Orange-BookStandard« dann auch ausdrücklich Bezug genommen und ausgeführt, dass die in der »Orange-Book-Standard«-Entscheidung aufgestellten Grundsätze den in der 547 OLG Desden GRUR 2003, 601 – Kontrahierungszwang; OLD Dresden CR 2003, 851; Wandtke/Bullinger, UrhG, § 42a Rn. 12; Neurauter GRUR 2011, 691; bezogen auf einen vertraglichen Lizenzanspruch BGHZ 148, 221 – Spiegel CD-ROM; a. A. Kianfar GRUR-RR 2011, 393; ebenfalls bezogen auf einen vertraglichen Lizenzanspruch Katzenberger AfP 1998, 479; offen gelassen von OLG Dresden GRUR-RR 2011, 413 – save.tv. 548 BGH GRUR 1998, 376, 378 – Coverversion. 549 OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603. 550 OLG Dresden CR 2003, 851, 852; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603; Wandtke/Bullinger, UrhG, § 42a Rn. 12; Neurauter GRUR 2011, 691, 697. 551 BGHZ 148, 221 – Spiegel CD-ROM. 552 BGHZ 148, 221, 231 – Spiegel CD-ROM.

Einwand aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz

115

Entscheidung »Spiegel CD-ROM« geäußerten Bedenken umfassend Rechnung trügen.553 In »Spiegel CD-ROM« hat der BGH entschieden, dass der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB nicht eingreift, wenn ein Anspruch auf Lizenzierung besteht, da dies andernfalls auf eine gesetzliche Lizenz hinaus liefe. Durch eine solche gesetzliche Lizenz werde der Urheber jedoch deutlich schlechter gestellt als bei einer urheberrechtlichen Zwangslizenz, da er in diesem Fall seinen Vergütungsanspruch nach erfolgter Nutzung seines Werkes geltend machen müsse, statt im Falle einer Zwangslizenz die Erteilung der Zustimmung von der Zahlung der geschuldeten Vergütung abhängig machen zu können.554 Darüber hinaus spreche auch die Vorschrift des § 11 UrhWahrnG, die ebenfalls eine Regelung über eine Zwangslizenz enthalte, gegen die Zulässigkeit des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung.555 Nach § 11 II UrhWahrnG gilt unter bestimmten Umständen das Nutzungsrecht erst dann als eingeräumt, wenn sich die Parteien nicht über die Vergütungshöhe einigen konnten. Diese Bestimmung zeige aber, dass das Gesetz dem Urheber bei einer Zwangslizenz einen Verhandlungsspielraum einräume, der ihm bei einer gesetzlichen Lizenz nicht zukomme.556 Die beiden Entscheidungen »Orange-Book-Standard« und »Spiegel CD-ROM« sind damit zu vollständig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, nämlich zum einen zur Unzulässigkeit und zum anderen zur Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwands. Trotz dieser auf den ersten Blick bestehen Widersprüchlichkeit und dem Aspekt, dass beide Entscheidungen von verschiedenen Senaten des BGH erlassen wurden,557 sind diese dennoch miteinander vereinbar. Durch die strengen Voraussetzungen, die der BGH in seiner neueren Entscheidung »Orange-Book-Standard« an den Zwangslizenzeinwand stellt, sind beide Entscheidungen dennoch miteinander vereinbar. Denn durch diese Anforderungen werden den Bedenken des BGH in »Spiegel CD-ROM« Rechnung getragen. Besonders das letzte Argument des BGH, die Vorschrift des § 11 II UrhWahrnG verdeutliche einen Ausschluss des Zwangslizenzeinwands, wird auch in der Literatur aufgegriffen und weitergeführt. Diese Norm diene dem Schutz des Verwerters, nicht jedoch der Verwertungsgesellschaft.558 § 11 II UrhWahrnG verhindere die Verzögerung der Rechtseinräumung durch unangemessene Vergütungsforderungen der Verwertungsgesellschaften. Insofern gehe die Vor-

553 554 555 556 557

BGHZ 180, 312, 319 – Orange-Book-Standard. BGHZ 148, 221, 231 f. – Spiegel CD-ROM. BGHZ 148, 221, 232 – Spiegel CD-ROM. BGHZ 148, 221, 232 – Spiegel CD-ROM. Die Entscheidung »Orange-Book-Standard« vom Kartellsenat und »Spiegel CD-ROM« vom I. Zivilsenat. 558 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107.

116

Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch

schrift davon aus, dass der Nutzungswillige im Unterlassungsprozess nicht einwenden kann, ihm stehe ein Anspruch auf Lizenzerteilung zu.559 Wie im Patentrecht wird auch vorgebracht, dass der Kontrahierungszwang kein unmittelbares Recht auf Inanspruchnahme der geschuldeten Leistung begründe, sondern nur einen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen.560 Hätte der Gesetzgeber den Anspruchsinhaber vom Erfordernis einer vertraglichen Einigung vor Nutzungsaufnahme entbinden wollen, so hätte er eine gesetzliche Lizenz geschaffen, aus der sich eine unmittelbare Befugnis zur Nutzung des Werks ergibt.561 Gestattet man bei einer Zwangslizenz die Nutzung bereits vor Abschluss eines entsprechenden Vertrages, so hätte dies dieselbe Wirkung wie eine gesetzliche Lizenz. Das aber würde die nach der Intensität des Eingriffs abgestufte Differenzierung zwischen Zwangslizenz und gesetzlicher Lizenz aufheben und sei deshalb mit der urheberrechtlichen Schrankenregelung unvereinbar.562 Eine solche Betrachtungsweise entspreche auch der EG-Richtlinie zum Satellitenrundfunk und zur Kabelweiterleitung563, auf die die Zwangslizenzvorschrift des § 87 V UrhG zurückzuführen ist. Auch die Richtlinie geht davon aus, dass eine Kabelweitersendung eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien voraussetzt.564 Darüber hinaus mangele es für den dolo-petit-Einwand nach § 242 BGB an der erforderlichen gegenständlichen Identität der vom Urheber beanspruchten Unterlassung und der von ihm selbst zu erbringenden Leistung (dem Vertragsschluss); seine Duldungspflicht entstehe erst durch den Vertragsschluss.565 Demgegenüber hat das OLG Dresden in einer neueren Entscheidung offen gelassen, ob der Zwangslizenzeinwand im Ergebnis Erfolg haben kann.566 Da die Geltendmachung eines solchen Einwands im Falle einer Kabelweitersendung nach §§ 14 I Nr. 2, 16 I UrhWahrnG die vorherige Anrufung der Schiedsstelle

559 Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 107. 560 OLG Dresden CR 2003, 851, 852; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang. 561 OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang. 562 OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang. 563 Richtlinie 93/83/EWG des Rates v. 27. 9. 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung. 564 OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 604 – Kontrahierungszwang. 565 OLG Dresden CR 2003, 851, 853; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 604 – Kontrahierungszwang. 566 OLG Dresden GRUR-RR 2011, 413, 418 – save.tv.

Einwand aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz

117

voraussetze, die hier nicht erfolgt war, brauchte über die Zulässigkeit des Zwangslizenzeinwands nicht entschieden zu werden. Gegen den Einwand der Zwangslizenz im Urheberrecht wird ferner vorgebracht, dass ein rechtssystematischer Unterschied zwischen einer Zwangslizenz und einem Selbsthilferecht bestehe, der durch die Anerkennung eines Zwangslizenzeinwands verwischt werde.567 Außerdem brächten auslegungsbedürftige Tatbestandsvoraussetzungen des Zwangslizenzanspruches eine inakzeptable Rechtsunsicherheit.568 Trotz dieser Bedenken gegen den Zwangslizenzeinwand findet dieser im Urheberrecht vereinzelt auch Befürworter. Diese beziehen sich jedoch nur entweder auf eine Zwangslizenz gemäß § 87 V UrhG569 oder auf einen vertraglichen Lizenzierungsanspruch.570 Für den Einwand wird angeführt, wenn im Patentverletzungsprozess die Geltendmachung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz möglich sei, dürfe erst recht in einem Urheberrechtsverletzungsprozess die Geltendmachung einer urheberrechtlichen Zwangslizenz nicht von vornherein ausgeschlossen sein, zumal es sich bei der Zwangslizenz nach § 87 V UrhG um eine Ausprägung des kartellrechtlichen Kontrahierungszwangs handele.571 Die in der »Orange-Book-Standard«-Entscheidung entwickelten Grundsätze trügen den Bedenken des BGH in »Spiegel CD-ROM« umfassend Rechnung. Daher könne auch die urheberrechtliche Zwangslizenz im Verletzungsprozess eingewendet werden.572 Dass die Schiedsstelle vor Erhebung des Zwangslizenzeinwands nicht angerufen wurde, stehe der Zulässigkeit des Einwands nicht entgegen, da lediglich die Prüfung eines sachlich gerechtfertigten Grundes und die Angemessenheit der Vertragsbedingungen in die Zuständigkeit der Schiedsstelle fallen.573

II.

Rechtliche Würdigung

Die Ablehnung des urheberrechtlichen Zwangslizenzeinwands beruht grundsätzlich auf den gleichen Erwägungen, die die Gegner des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch vorgetragen haben. Aus dem Zwangslizenzanspruch folgt kein unmittelbares Nutzungsrecht, sondern nur ein Anspruch auf Vertragsschluss. Deswegen 567 568 569 570 571 572 573

Neurauter GRUR 2011, 691, 697. Neurauter GRUR 2011, 691, 697. Kianfar GRUR-RR 2011, 393, 395. Katzenberger AfP 1998, 479, 480. Kianfar GRUR-RR 2011, 393, 395. Kianfar GRUR-RR 2011, 393, 395. Kianfar GRUR-RR 2011, 393, 395 f.; a. A. OLG Dresden GRUR-RR 2011, 413, 418 – save.tv.

118

Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch

mangele es auch nicht an der gegenständlichen Identität der für den dolo-petitEinwand notwendigen wechselseitigen Ansprüche. Der Ausschluss des Zwangslizenzeinwands folge auch aus § 11 II UrhWahrnG. Demgegenüber stützen sich die Befürworter des Zwangslizenzeinwands ausschließlich auf die »Orange-Book-Standard«-Entscheidung des BGH. § 11 II UrhWahrnG kann zur Begründung des Ausschlusses des Zwangslizenzeinwands bei urheberrechtlichen Zwangslizenzen nur bedingt herangezogen werden. Diese Vorschrift greift nur dann ein, wenn die Vergütungshöhe zwischen den Parteien streitig ist. In diesem Fall darf der Verwerter das Werk nutzen, wenn er den streitigen Teil der Vergütung hinterlegt hat. Eine rechtswidrige Nutzung liegt dann nicht vor. Ein Zwangslizenzeinwand wird im Rahmen des § 11 II UrhWahrnG also nur relevant, wenn diese Vorschrift nicht eingreift, d. h. wenn zwischen dem Nutzungswilligen und der Verwertungsgesellschaft gerade nicht die Vergütungshöhe, sondern andere Umstände des Lizenzvertrages streitig sind. Hier geht es insbesondere um Nutzungsrechte, die der Verwertungsgesellschaft in der Regel nicht eingeräumt werden, etwa für Nutzungen, bei denen das Werk verändert, bearbeitet oder in sonstiger Weise umgestaltet wird.574 In diesen Fällen gewährt § 11 II UrhWahrnG kein Nutzungsrecht. Damit kann aus § 11 II UrhWahrnG gefolgert werden, dass der Nutzungswillige dann auch nicht auf Umwegen das Werk soll nutzen dürfen, was den Ausschluss des Zwangslizenzeinwands zur Folge hätte. Allerdings ist § 11 II UrhWahrnG nur bei der Rechtewahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft anwendbar. Diese Norm gilt weder direkt noch analog für die urheberrechtlichen Zwangslizenzen nach §§ 42a, 87 V, 5 III 2 und 3 UrhG. Denn für eine analoge Anwendung fehlt eine planwidrige Regelungslücke. Die Dringlichkeitsvermutung hinsichtlich der einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung der Zwangslizenz nach § 42a VI 2 UrhG soll verhindern, dass sich der Urheber durch die Verweigerung der Lizenz und langwierige Prozesse auf Erteilung der Zwangslizenz der Lizenzvergabe entziehen kann.575 Genau diesen Zweck verfolgt auch § 11 II UrhWahrnG. Er soll verhindern, dass sich die Verwertungsgesellschaft dem Kontrahierungszwang durch Hinauszögern der Rechtseinräumung und Fordern unangemessen hoher Lizenzgebühren der Lizenzvergabe praktisch entzieht.576 Gerade wegen dieser bestehenden Regelung kann jedoch nicht von einer Regelungslücke im Rahmen der urheberrechtlichen Zwangslizenz ausgegangen werden. Allein aus § 11 II

574 OLG Hamburg GRUR 1991, 599 – Rundfunkwerbung; Dreier/Schulze, UrhG, vor § 31 Rn. 130. 575 S. o. S. 100 ff. 576 Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, § 11 UrhWahrnG Rn. 9, m. w. N.

Einwand aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz

119

UrhWahrnG kann nicht auf eine Ablehnung des Zwangslizenzeinwands geschlossen werden. Fraglich ist, ob sich die zum patentrechtlichen Unterlassungsanspruch erzielten Ergebnisse – namentlich, dass der Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz unzulässig ist, da ein milderes Mittel in Gestalt des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung steht – auf den urheberrechtlichen Zwangslizenzeinwand übertragen lassen. Das Urheberrecht genießt wie das Patentrecht, Grundrechtsschutz nach Art. 14 I 1 GG.577 Folglich ist im Rahmen der bei § 242 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung wiederum zu prüfen, ob verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand mildere Mittel existieren, sodass der Eingriff in das Grundrecht durch den Zwangslizenzeinwand verfassungswidrig wäre. Die Möglichkeit der Erhebung eines ebenso effektiven einstweiligen Rechtsschutzes beruht wesentlich auf der Dringlichkeitsvermutung analog § 42a VI 2 UrhG. Bei der Zwangslizenz eines Tonträgerherstellers ist die Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse damit unproblematisch. Diese Vorschrift ist auf die Zwangslizenz eines Tonträgerherstellers direkt anwendbar. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Zwangslizenz nach § 87 V UrhG. Zwar kommt hinsichtlich der Erteilung einer Zwangslizenz im Wege einer einstweiligen Verfügung die Dringlichkeitsvermutung nach § 42a VI 2 UrhG nicht direkt zur Anwendung. Die Vorschrift kann jedoch auf die Zwangslizenz der Sendeund Kabelunternehmen analog angewendet werden. Denn es sind, wie bei der kartellrechtlichen Zwangslizenz, sowohl eine planwidrige Regelungslücke als auch eine vergleichbare Interessenlage gegeben. Bei den Zwangslizenzen nach §§ 42a, 87 V, 5 III 2, 3 UrhG handelt es sich um spezielle Ausprägungen des kartellrechtlichen Kontrahierungszwangs.578 Dies zeigt sich auch im Gesetzgebungsverfahren zu § 87 V UrhG in dem Vorschlag, es bei der Umsetzung der Satellitenrundfunk-Richtlinie mit bei den allgemeinen Regelungen, insbesondere § 26 II GWB a. F. (heute § 20 II GWB), bewenden zu lassen und von einer speziellen Verankerung des Kontrahierungszwangs abzusehen.579 Bei einer Zwangslizenz der Sende- und Kabelunternehmen besteht ebenso wie bei Tonträgerherstellern ein Interesse daran, dass der Urheber die Lizenzvergabe nicht unnötig hinauszögern kann. Folglich kann auch bei einer Zwangslizenz nach 577 BVerfGE 31, 231 ff. – Kirchen- und Schulgebrauch; 81, 208 ff. – Bob Dylan; Axer, in: Epping/ Hillgruber, GG, Art. 14 Rn. 50; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 197; Schack, Rn. 91 ff. 578 OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang; Kraft, Zwangslizenz, S. 71; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407; Kianfar GRUR-RR 2011, 393, 395; Melichar, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 42a Rn. 1. 579 Vgl. BT-Drucks 13/4796, S. 15; Hillig UFITA 138 (1999), 5, 19; OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603 – Kontrahierungszwang.

120

Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch

§ 87 V UrhG von einer vergleichbaren Interessenlage ausgegangen werden. § 42a VI 2 UrhG ist damit analog auch auf die Zwangslizenz des § 87 V UrhG anzuwenden. Gerade weil es sich bei den Zwangslizenzen der §§ 42a, 87 V UrhG um spezielle Ausprägungen des kartellrechtlichen Kontrahierungszwangs handelt, kann grundsätzlich auf die Ausführungen zum kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch verwiesen werden. Die Unterschiede zwischen dem Patent- und dem Urheberrecht führen hier zu keinem anderen Ergebnis. Zwar bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich des Schutzgegenstands – im Patentrecht eine erfinderische Leistung,580 im Urheberrecht eine persönliche geistige Schöpfung der Literatur, Wissenschaft und Kunst.581 Der wesentliche Unterschied besteht jedoch im hohen Stellenwert des Urheberpersönlichkeitsrechts. Im Patentrecht dagegen ist der Schutz des Erfinderpersönlichkeitsrechts nur schwach ausgeprägt. Hierzu zählen die Erfinderehre, §§ 37, 63 PatG, ein Recht auf Anerkennung der Erfinderschaft und das Selbstbestimmungsrecht über den Erfindungsgedanken.582 Die herausgehobene Bedeutung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird nicht nur in §§ 12 – 14 UrhG, sondern auch in § 11 S. 1 UrhG deutlich, indem das Urheberrecht »den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk« schützt. Durch die Gewährung von Zwangslizenzen werden nicht nur die Verwertungsrechte des Urhebers, sondern in gewissem Maße auch das Urheberpersönlichkeitsrecht betroffen.583 Aber selbst wenn beim Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch auch das Urheberpersönlichkeitsrecht betroffen ist, führt dies nicht dazu, dass die zum Patentrecht gewonnenen Erkenntnisse nicht auf das Urheberrecht übertragen werden könnten. Denn diese besagen, dass der Einwand unzulässig ist und der Nutzungswillige seinen Anspruch vielmehr gerichtlich im Wege einer Leistungsklage oder einer einstweiligen Verfügung durchsetzen muss. Hierdurch wird dem Urheberpersönlichkeitsrecht umfassend Rechnung getragen, indem der Zwangslizenzanspruch – anders beim Zwangslizenzeinwand – vor Nutzungsaufnahme durch den Nutzungswilligen gerichtlich überprüft wird. Die Unterschiede von Patent- und Urheberrecht ändern deshalb nichts an der Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands. Abgesehen davon beruht der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch vorwiegend auf kartellrechtlichen und allgemein zivilrechtlichen Erwägungen und nicht auf speziell patent580 581 582 583

Vgl. §§ 1 I, 4 PatG. Vgl. §§ 1, 2 II UrhG. BGH GRUR 2004, 272 – Rotierendes Schaftwerkzeug; Götting, § 17 Rn. 4 ff. Vgl. zur § 42a UrhG Wandtke/Bullinger, § 42a Rn. 22.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

121

rechtlichen. Auch das spricht für eine Übertragung der zum Patentrecht gewonnenen Erkenntnisse auf das Urheberrecht. Nichts anderes gilt für die Zwangslizenz nach § 11 I UrhWahrnG, auf die § 11 II UrhWahrnG direkt anwendbar ist. Diese Vorschrift macht deutlich, dass der Nutzungswillige nur begünstigt wird, wenn allein die Angemessenheit der Lizenzgebühr streitig ist. In diesem Fall erübrigt sich ein Zwangslizenzeinwand, da der Nutzungswillige infolge § 11 II UrhWahrnG nicht rechtswidrig handelt, wenn er die Lizenzgebühr in der erforderlichen Höhe hinterlegt hat. Bestehen Uneinigkeiten zwischen dem Nutzungswilligen und der Verwertungsgesellschaft hinsichtlich anderer Lizenzbedingungen als der Lizenzgebühr, folgt aus § 11 II UrhWahrnG e contrario, dass in diesen Fällen dem Nutzungswilligen kein Nutzungsrecht zugestanden werden sollte. Auch in diesem Fall ist die einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Lizenzerteilungsanspruchs ein milderes Mittel. Einhellig wird die Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG auf den Anspruch nach § 11 I UrhWahrnG analog angewendet. Auch wenn dort eine § 42a VI 2 UrhG entsprechende Regelung fehle, könne hieraus nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber die Durchsetzung eines Zwangslizenzanspruchs gegen die Verwertungsgesellschaft im Wege einer einstweiligen Verfügung als unzulässig angesehen habe.584 Auch hinsichtlich dieses Anspruchs kann also auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch im Urheberrecht stellt die einstweilige Verfügung gegenüber dem Zwangslizenzeinwand das mildere Mittel dar. Das gilt besonders im Hinblick auf die Dringlichkeitsvermutung und die abgemilderten Anforderungen an den Verfügungsgrund, der vorliegt, wenn dem Antragsteller finanzielle Nachteile drohen oder die zukünftigen Marktstrukturen eine frühzeitige Einräumung der Zwangslizenz gebieten.585 Damit ist auch im Urheberrecht der Einwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch aufgrund einer urheberrechtlichen Zwangslizenz unzulässig.

B.

Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz

Gleiches gilt für den Einwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz. Seit der »Orange-BookStandard«-Entscheidung des BGH mehren sich die Stimmen, die den kartell584 OLG München GRUR 1994, 118, 120 – Beatles CDs; LG München I ZUM 2004, 79, 81; Dreier/ Schulze, UrhG, § 11 UrhWahrnG Rn. 26; Gerlach, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, § 11 UrhWahrnG Rn. 12. 585 S. o. S. 99.

122

Der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch

rechtlichen Zwangslizenzeinwand im Urheberrecht befürworten.586 Hierfür sei wie im Fall »Orange-Book-Standard« ein unbedingtes Angebot des Nutzungswilligen auf Abschluss eines Lizenzvertrages nötig, das der Urheber nicht ablehnen kann, ohne den Nutzungswilligen unbillig zu behindern oder zu diskriminieren.587 Dieses Angebot sei dann rechtzeitig abgegeben, wenn es mit der Klageerwiderung im Verletzungsprozess abgegeben wird.588 Allein Höppner hält das vom BGH aufgestellte Erfordernis der Hinterlegung589 für unnötig.590 Der Nutzungswillige könne mit der Hinterlegung warten, bis das Unterliegen im Verletzungsprozess wahrscheinlich sei.591 Für einen Einwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch reicht es nicht aus, dass das unbedingte Angebot auf Abschluss des Lizenzvertrages erst mit der Klageerwiderung abgegeben wird. Es muss vielmehr zwingend bereits vor Aufnahme der Nutzungshandlung abgegeben werden. Andernfalls ist der Anwendungsbereich des dolo-petit-Einwands erst gar nicht eröffnet.592 Dies ist erst dann der Fall, wenn die Nichtnutzung des urheberrechtlichen Werkes nicht allein in den Risikobereich des Nutzungswilligen, sondern auch in den des Urhebers fällt.593 Das setzt voraus, dass der Urheber das unbedingte Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages abgelehnt hat und durch diese Ablehnung den Nutzungswilligen unbillig behindert oder diskriminiert hat. Nur in diesem Fall ist auch der Urheber dafür verantwortlich, dass der Nutzungswillige das Werk nicht nutzen kann, obwohl dieser seinerseits einen Anspruch auf einen solchen Lizenzvertrag hat. Wäre die Angebotsabgabe auch noch nach Aufnahme der Nutzung möglich, so würden die Unterschiede zwischen gesetzlichen Lizenzen und Zwangslizenzen unzulässig verwischt. Das kartellrechtswidrige Verhalten des Urhebers hat jedoch »nur« zu einem Kontrahierungszwang und damit zu einer Zwangslizenz geführt, aber zu keinem unmittelbaren Nutzungsrecht.594 Ein Grund, bei der kartellrechtlichen Zwangslizenz zwischen Urheberrecht und Patentrecht zu differenzieren, gibt es nicht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der einstweiligen Verfügung als das dem 586 Höppner ZWeR 2010, 395; Neurauter GRUR 2011, 691, 697; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87 Rn. 55; a. A. Jaecks/Dörmer, FS Säcker, S. 106 ff. 587 Höppner ZWeR 2010, 395, 401 f.; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87 Rn. 55. 588 Höppner ZWeR 2010, 395, 423. 589 BGHZ 180, 312, 317 f. – Orange-Book-Standard. 590 Höppner ZWeR 2010, 395, 407; a. A. v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87 Rn. 55. 591 Höppner ZWeR 2010, 395, 426. 592 S. o. S. 64 ff. 593 S. o. S. 64 ff. 594 Hierzu ausführlich oben S. 35.

Ergebnis

123

Nutzungswilligen zur Verfügung stehenden milderen Mittels. Auch bei einer kartellrechtlichen Zwangslizenz an einem Urheberrecht dürfen keine allzu hohen Anforderungen an den Verfügungsgrund gestellt werden, will man nicht den Zweck der einstweiligen Verfügung verfehlen. Da eine Leistungsverfügung allerdings die Ausnahme bleiben muss, dürfen die Anforderungen aber auch nicht zu stark aufgeweicht werden.595 Für den Verfügungsgrund gilt auch bei einer kartellrechtliche Zwangslizenz an einem Urheberrecht die Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG. Es macht keinen Unterschied, ob die marktbeherrschende Stellung des Rechtsinhabers auf einem Patentrecht oder einem Urheberrecht basiert. In beiden Fällen besteht ein großes Interesse des Nutzungswilligen daran, dass der Rechtsinhaber sich der Lizenzerteilung nicht durch ein langwieriges Hauptsacheverfahren entziehen und den Markteintritt eines Konkurrenten praktisch unmöglich machen kann. Damit ist die einstweilige Verfügung auch in diesem Bereich das mildere Mittel verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand. Auch im Urheberrecht ist der Zwangslizenzeinwand deshalb als unzulässig abzulehnen.

C.

Ergebnis

Auf urheberrechtliche wie auf kartellrechtliche Zwangslizenzen ist die Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG direkt bzw. analog anzuwenden. Dies führt unter den gemäßigten Anforderungen an den Verfügungsgrund dazu, dass die einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Zwangslizenzanspruchs für den Nutzungswilligen das mildere Mittel verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand darstellt. Deshalb ist ebenso wie beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand gegenüber dem patentrechtlichen Unterlassungsanspruch der Zwangslizenzeinwand gegen den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch als unzulässig abzulehnen. Dies gilt gleichermaßen für urheber- wie für kartellrechtliche Zwangslizenzen.

595 Ausführlich zu den Anforderungen an den Verfügungsgrund oben S. 96 ff.

5. Teil: Der Zwangslizenzeinwand gegen den geschmacksmusterrechtlichen Unterlassungsanspruch

A.

Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands

Beim geschmacksmusterrechtlichen Unterlassungsanspruch ist allein der Einwand aufgrund einer kartellrechtlichen Zwangslizenz relevant. Hier gilt dasselbe wie beim patentrechtlichen Unterlassungsanspruch. Da es sich um eine kartellrechtliche Zwangslizenz handelt, richten sich die Verfahren zur Durchsetzung eines solchen Anspruchs nach Kartellrecht und dem allgemeinen Zivil (prozess)recht.596 Auch hier gilt bei einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung einer kartellrechtlichen Zwangslizenz die Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG analog.597 Es wird vermutet, dass der für die einstweilige Verfügung erforderliche Verfügungsgrund bei Geltendmachung eines Zwangslizenzanspruchs vorliegt. Hat der Anspruchsgegner, hier der Geschmacksmusterinhaber, die Dringlichkeitsvermutung widerlegt, dann greifen die beim patentrechtlichen Unterlassungsanspruch dargelegten Anforderungen an den Verfügungsgrund.598 Danach liegt ein Verfügungsgrund vor, wenn dem Antragsteller finanzielle Nachteile drohen oder die Marktstrukturen eine frühzeitige Einräumung der Zwangslizenz gebieten. Bei allen kartellrechtlichen Zwangslizenzansprüchen richten sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen nach Kartellrecht und, trotz des der Zwangslizenz zugrunde liegenden Patents bzw. Geschmacksmusters, gerade nicht nach dem Patent- bzw. Geschmacksmusterrecht. In Anbetracht dessen ist eine Differenzierung zwischen dem patentrechtlichen und dem geschmacksmusterrechtlichen Unterlassungsanspruch beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand nicht gerechtfertigt. Damit ist auch im Geschmacksmusterrecht die Durchsetzung des kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs im Wege einer einstweiligen Verfügung das mildere

596 Vgl. ausführlich oben S. 95 ff. 597 S. o. S. 100 ff. 598 S. o. S. 96 ff.

126

Der Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch des GeschmMG

Mittel.599 Auch im Geschmacksmusterrecht ist der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand also ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 14 I GG und deshalb verfassungswidrig.

B.

Keine Entbehrlichkeit des Zwangslizenzeinwands aufgrund § 73 I GeschmMG

Angesichts § 73 I GeschmMG fragt sich jedoch, ob dieser Zwangslizenzeinwand im Geschmacksmusterrecht überhaupt von praktischer Bedeutung ist. Nach § 73 I GeschmMG können Rechte aus einem Geschmacksmuster gegenüber Handlungen nicht geltend gemacht werden, welche die Benutzung eines Bauelements zur Reparatur eines komplexen Erzeugnisses im Hinblick auf die Wiederherstellung von dessen ursprünglicher Erscheinungsform betreffen, wenn diese Handlungen nach dem Geschmacksmustergesetz in der bis zum 31. Mai 2004 geltenden Fassung nicht verhindert werden konnten. Wie bereits im ersten Teil dieser Arbeit dargestellt, sind bei kartellrechtlichen Zwangslizenzen im Geschmacksmusterrecht die sog. Must-Match-Teile von großer Bedeutung.600 Bei ihnen handelt es sich um sichtbare Ersatzteile z. B. eines Kfz, deren Form aufgrund ihrer für das jeweilige Auto spezifischen Funktionen und Erscheinungsformen nicht durch anders geformte Ersatzteile ersetzbar ist. Diese Must-Match-Teile sind allerdings von den nicht schutzfähigen sog. Must-FitTeilen zu unterscheiden. Bei diesen Must-Fit-Teilen handelt es sich um Muster, die zwangsläufig in ihrer genauen Form und ihren genauen Abmessungen nachgebildet werden müssen, damit diese mit einem anderen Erzeugnis verbunden werden können, sog. Verbindungselemente.601 Solche Teile sind ausdrücklich vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen, § 3 I Nr. 2 GeschmMG, Art. 8 II GGVO.602 § 73 I GeschmMG bewirkt – wie die Überschrift schon zum Ausdruck bringt – eine Rechtseinschränkung für Must-Match-Teile. Die Regelung berührt allerdings nicht die Schutzfähigkeit von Must-Match-Teilen als Geschmacksmuster, diese richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften.603 Maßnahmen, die sich gegen den Bestand von Geschmacksmustern

599 Vgl. ausführlich oben S. 102 ff. 600 Siehe oben S. 31 f. 601 BT-Drucks. 15/1075, S. 34; Berlit GRUR 2004, 635, 637; Günther/Beyerlein, GeschmMG, § 3 Rn. 10; Kur GRUR 2002, 661, 664; Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, § 3 Rn. 13; Götting, GewRS, § 40 Rn. 14, 16;Bulling/Langöhrig/Hellwig, Rn. 136. 602 Siehe oben S. 31 f. 603 Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, § 73 Rn. 4.

Keine Entbehrlichkeit des Zwangslizenzeinwands aufgrund § 73 I GeschmMG

127

an Must-Match-Teilen richten, können also nicht auf § 73 I GeschmMG gestützt werden.604 Die Bedeutung des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands hängt hier davon ab, ob die Geltendmachung des geschmacksmusterrechtlichen Unterlassungsanspruchs in Bezug auf ein Must-Match-Teil nach der bis zum 31. Mai 2004 geltenden Fassung des GeschmMG nicht verhindert werden konnte. Die Schutzfähigkeit von Ersatzteilen ist auf nationaler und europäischer Ebene umstritten.605 Nach heutigem deutschen Recht sind Must-Match-Teile vom Geschmacksmusterschutz nicht ausgeschlossen.606 Gleiches gilt für das vor dem 31. Mai 2004 geltende Geschmacksmusterrecht. Auch zu dieser Zeit haben MustMatch-Teile Schutz als Geschmacksmuster genossen.607 Der Durchsetzung solcher Ansprüche steht nach deutschem Recht nichts entgegen. Damit greift nach derzeitigem deutschen Recht bei der Geltendmachung eines Geschmacksmusters an einem Must-Match-Teil die Rechtsbeschränkung gemäß § 73 I GeschmMG nicht ein. Dem stehen auch europarechtliche Regelungen nicht entgegen. Nach Art. 14 der Richtlinie 98/71/EG608 gilt die sog. »Freeze-Plus-Lösung«.609 Hiernach dürfen die Mitgliedstaaten ihre bestehenden Rechtsvorschriften über die Benutzung des Musters eines Bauelements zur Reparatur eines komplexen Erzeugnisses im Hinblick auf die Wiederherstellung von dessen ursprünglicher Erscheinungsform beibehalten, solange nicht auf Vorschlag der Kommission gemäß Art. 18 Änderungen dieser Richtlinie angenommen wurden. Von dieser »Freeze-plusLösung« hat Deutschland Gebrauch gemacht und die alte Rechtslage mit § 73 I GeschmMG beibehalten. Ein Vorschlag zur Änderung der GeschmacksmusterRichtlinie wurde bereits am 14. September 2004 von der Europäischen Kommission veröffentlicht.610 Dieser Vorschlag sieht eine sog. Reparaturklausel vor, wonach der Geschmacksmusterschutz für Must-Match-Teile auf der Primär604 Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, § 73 Rn. 4. 605 Siehe hierzu vertiefend Kerl, S. 67 ff.; Günther/Beyerlein, GeschmMG, § 73 Rn. 4 ff.; Wandtke/Ohst GRUR Int. 2005, 91; Eichmann GRUR Int. 1996, 859 und GRUR Int. 1997, 595; Klawitter EWS 2001, 157; Kur GRUR Int. 1996, 876; Riehle, in: FS Möschel, S. 1081 f. und EWS 1997, 361. 606 OLG München NJOZ 2005, 3318, 3326 f.; Kerl, S. 74 ff.; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407, 415; Wandtke/Ohst GRUR Int. 2005, 91, 98; Weiden GRUR 2008, 232; Bulling/ Langöhrig/Hellwig, Rn. 185. 607 BGH GRUR 1987, 518, 519 – Kotflügel; Eichmann/v. Falckenstein,GeschmMG, 2. Aufl., 1997, § 1 Rn. 17; Riehle, in: FS Möschel, S. 1081; Pilla, S. 138 ff. 608 Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 10. 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen. 609 OLG München NJOZ 2005, 3318, 3328; Kerl, S. 29; Wandtke/Ohst GRUR Int. 2005, 91, 98; Weiden GRUR 2008, 232; Kur GRUR 2002, 661, 669. 610 KOM (2004) 582 endg.; vgl. hierzu Kerl, S. 194; Buhrow/Nordemann GRUR Int. 2005, 407, 415; Weiden GRUR 2008, 232; Drexl/Hilty/Kur GRUR Int. 2005, 449.

128

Der Zwangslizenzeinwand gegen den Unterlassungsanspruch des GeschmMG

ebene auf Neuwagen und Erstausstattungsteile beschränkt und damit der Ersatzteilmarkt umfassend liberalisiert werden soll.611 Dieser Vorschlag wurde am 12. Dezember 2007 mit kleinen Änderungen vom Europäischen Parlament angenommen.612 Seit Anfang 2008 liegt der vom Parlament angenommene Text dem Rat vor.613 Zu einer wirksamen und endgültigen Regelung des Geschmacksmusterschutzes für Must-Match-Teile ist es auf europäischer Ebene bis heute, trotz der viel vergangenen Zeit, noch nicht gekommen. Der Grund hierfür besteht darin, dass bisher noch immer keine mehrheitsfähige Einigung erzielt werden konnte.614 Eine solche Einigung kann auch noch unbestimmte Zeit auf sich warten lassen, da für die Verabschiedung der Richtlinienänderung keine verbindliche zeitliche Vorgabe existiert.615 Damit verbleibt es noch immer bei der »Freeze-Plus-Lösung«.616 Deshalb gilt noch immer die Regelung des § 73 I GeschmMG, sodass derzeit Must-Match-Teile Geschmacksmusterschutz genießen und der Schutzrechtsinhaber seine Rechte aus dem Geschmacksmuster geltend machen kann. Allerdings wird früher oder später eine entsprechende Richtlinie mit einer Reparaturklausel ergehen.617 Bis dahin bleibt jedoch der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand bei Must-Match-Teilen noch praktisch relevant.

C.

Ergebnis

Trotz langjähriger Bemühungen auf europäischer Ebene besteht noch Geschmacksmusterschutz für Ersatzteile, so dass kartellrechtliche Zwangslizenzen an Must-Match-Teilen noch immer praktisch relevant sind. Das ändert jedoch nichts daran, dass auch im Geschmacksmusterrecht der Zwangslizenzeinwand unzulässig ist, da die einstweilige Verfügung bei analoger Anwendung der Dringlichkeitsvermutung nach § 42a VI 2 UrhG ein milderes Mittel darstellt.

611 612 613 614 615 616

Kerl, S. 194; Drexl/Hilty/Kur GRUR Int. 2005, 449. Kerl, S. 203 ff.; Weiden GRUR 2008, 232. Kerl, S. 206; Weiden GRUR 2008, 232. Kerl, S. 208 f.; Bulling/Langöhrig/Hellwig, Rn. 201; Bulling Mitt. 2009, 498, 500. Kerl, S. 206; Bulling/Langöhrig/Hellwig, Rn. 201; Riehle, in: FS Möschel, S. 1075. Becker GRUR Int. 2012, 312, 318; Kerl, S. 193 f.; Weiden GRUR 2008, 232; Bulling Mitt. 2009, 498, 500. 617 Vgl. hierzu auch Weiden GRUR 2008, 232, 233; Kerl, S. 207 ff.

6. Teil: Zusammenfassung

1.

2.

3.

4.

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Der Unterlassungsanspruch ist für die Immaterialgüterrechte von besonderer Bedeutung. Die Durchsetzung der durch diese Rechte gewährten, Ausschließlichkeitsstellung erfolgt primär durch den Unterlassungsanspruch. Im Markenrecht scheiden Zwangslizenzen aus. Sie würden zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und zur Gefährdung des Markenrechts führen, wenn der Zweck der Marke – insbesondere die Herkunftsfunktion – nicht mehr gewährleistet werden kann. Auch widerspräche eine Zwangslizenz an Marken – sei es aus immaterialgüterrechtlichen, sei es aus kartellrechtlichen Gründen – dem ausdrücklichen Verbot des Art. 21 TRIPs. Der Einwand der kartellrechtlichen Zwangslizenz gegen immaterialgüterrechtliche Unterlassungsansprüche beruht auf § 242 BGB und dort auf der Fallgruppe des dolo-petit-Einwands. Andere Rechtsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Im Rahmen des dolo-petit-Einwands stellt der Zwangslizenzanspruch einen tauglichen Gegenanspruch dar. Der Anspruch auf Abschluss des Lizenzvertrages hängt mit dem Recht auf Nutzung so eng und unmittelbar zusammen, dass von einer zeitlichen und inhaltlichen Identität der Ansprüche ausgegangen werden kann. Der Zwangslizenzeinwand gemäß § 242 BGB kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn die Risikozuordnung ergibt, dass der eingetretene Nachteil – hier die Nichtnutzung des Immaterialgüterrechts – nicht allein in den Risikobereich des Nutzungswilligen, sondern auch in den des Immaterialgüterrechtsinhabers fällt. Nur wenn der Nutzungswillige ihm ein unbedingtes Angebot auf Abschluss des Lizenzvertrages gemacht hat, das dieser nicht ablehnen durfte, fällt das Risiko der Nichtnutzung auch in den Verantwortungsbereich des Immaterialgüterrechtsinhabers. Dieses Angebot muss zwingend vor Aufnahme der Nutzung gemacht worden sein. Ein Angebot, das erst nach Aufnahme der Nutzung abgegeben wird, wäre mit

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dem Wesen der Zwangslizenz nicht vereinbar, sondern liefe auf eine gesetzliche Lizenz hinaus. Für die Abgabe des Angebots muss der Nutzungswillige gewusst oder fahrlässig nicht gewusst haben, dass er das Patent nutzt. 6. Der Zwangslizenzeinwand wird nicht durch § 229 BGB ausgeschlossen. Diese Norm regelt nur die Rechtswidrigkeit eines Handelns, schließt jedoch nicht aus, dass der Zwangslizenzeinwand auf einer anderen Ebene als der Rechtswidrigkeit dem Unterlassungsanspruch entgegen gehalten werden kann. Auch sagt § 229 BGB nichts darüber, ob das Verhalten des Immaterialgüterrechtsinhabers treuwidrig i. S.v. § 242 BGB ist oder nicht. 7. Der Zwangslizenzeinwand ist auch nicht wegen Art. 31 TRIPs oder analog § 863 BGB ausgeschlossen. § 863 BGB zielt auf die möglichst schnelle Wiedereinräumung des Besitzes und beruht auf der Differenzierung zwischen Sacheigentum und Besitz, die jedoch nicht auf das Immaterialgüterrecht übertragen werden kann. 8. Beim Zwangslizenzeinwand ist nicht zwischen de-facto-Standards und Standards aufgrund eines Standardisierungsverfahrens zu differenzieren. Aus der Sicht des Nutzungswilligen macht es praktisch keinen Unterschied, auf welcher Art von Standard die marktbeherrschende Stellung des Schutzrechtsinhabers beruht. Der Unterschied besteht allein darin, dass dem Nutzungswilligen bei einem Standard aufgrund eines Standardisierungsverfahrens zusätzlich der sog. FRAND-Einwand offen steht, der auf der im Standardisierungsverfahren abgegebenen FRAND-Erklärung vom Schutzrechtsinhaber beruht, aber streng vom Zwangslizenzeinwand zu trennen ist. 9. Der Zwangslizenzeinwand ist vielmehr abzulehnen, weil er verfassungswidrig ist. Die Wertentscheidungen des Grundgesetzes finden über die Generalklausel des § 242 BGB Eingang in die Interessenabwägung. Die Immaterialgüterrechte genießen verfassungsrechtlichen Schutz nach Art. 14 I GG und je nach Einzelfall nach Art. 17 II EU-GRCharta. Dem steht das Grundrecht des Nutzungswilligen auf Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG und je nach Einzelfall aus 15 I EU-GRCharta gegenüber. Durch den Zwangslizenzeinwand wird unverhältnismäßig in das Grundrecht des Inhabers des Ausschließlichkeitsrechts aus Art. 14 I 1 GG bzw. Art. 17 II EUGRCharta eingegriffen. Denn dem Nutzungswilligen steht zur Durchsetzung seines Zwangslizenzanspruchs ein verglichen mit dem Zwangslizenzeinwand milderes Mittel zur Verfügung. 10. Dieses Mittel ist nicht die Leistungsklage oder die ebenso langwierige Widerklage, sondern die einstweilige Verfügung. Ein Verfügungsgrund liegt bei einer Leistungsverfügung zur Durchsetzung eines kartellrechtlichen Zwangslizenzanspruchs an einem Patent vor, wenn dem Antragsteller – hier

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dem Nutzungswilligen – finanzielle Nachteile drohen oder die Marktstrukturen eine frühzeitige Einräumung der Zwangslizenz gebieten. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Marktstrukturen auf dem vom Nutzungswilligen anvisierten Produktmarkt am Ende eines mehrjährigen Leistungsklageprozesses entweder so sehr verfestigt haben oder die patentierten Produkte dann nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, dass ein späterer Markteintritt für den Nutzungswilligen nicht mehr möglich wäre. Für den Verfügungsgrund gilt die Dringlichkeitsvermutung analog § 42a VI 2 UrhG. Der Zwangslizenzeinwand stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht des Schutzrechtsinhabers dar, der nicht durch die Vorteile des Nutzungswilligen aufgewogen werden kann, der das Recht so schnell wie möglich nutzen möchte. Die einstweilige Verfügung dagegen ist aus der Sicht des Patentinhabers ein milderes Mittel und gewährt dem Nutzungswilligen eine ebenso effektive, gegenüber dem Zwangslizenzeinwand nur unwesentlich verzögerte Durchsetzung seines Zwangslizenzanspruchs. Der Zwangslizenzeinwand gegen den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch ist damit unverhältnismäßig, verfassungswidrig und unzulässig. Gleiches gilt hinsichtlich des gebrauchsmusterrechtlichen Unterlassungsanspruchs. Angesichts der engen Verwandtschaft zum Patentrecht können die dort gefundenen Ergebnisse zur Unzulässigkeit des Zwangslizenzeinwands problemlos auf das Gebrauchsmusterrecht übertragen werden. Im Ergebnis nichts anderes gilt für das Urheberrecht. Bei den urheberrechtlichen Zwangslizenzen handelt es sich größtenteils um kartellrechtliche Sondertatbestände. Hier ist die direkte bzw. analoge Anwendung der Dringlichkeitsvermutung des § 42a VI 2 UrhG unumstritten. Es macht keinen entscheidungserheblichen Unterschied, ob sich der Zwangslizenzanspruch auf ein Patent oder Werk bezieht. Ebenso unzulässig ist der Zwangslizenzeinwand im Geschmacksmusterrecht. Dieser Einwand ist trotz § 73 GeschmMG derzeit praktisch besonders für Must-Match-Teile relevant, solange die auf EU-Ebene angestrebte Reparaturklausel noch auf sich warten lässt. Der Zwangslizenzeinwand – sei es aus immaterialgüter- oder aus kartellrechtlichen Gründen – ist somit entgegen BGHZ 180, 312 – Orange-BookStandard gegenüber allen immaterialgüterrechtlichen Unterlassungsansprüchen unzulässig. Vielmehr ist der Nutzungswillige im Immaterialgüterrecht auf die einstweilige Verfügung zur Durchsetzung seines Zwangslizenzanspruchs zu verweisen.

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