Der Verwaltungsvertrag im Städtebaurecht: Inhaltliche und dogmatische Aspekte der gesetzlichen Regelung des städtebaulichen Vertrages in § 11 BauGB [1 ed.] 9783428502851, 9783428102853

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Der Verwaltungsvertrag im Städtebaurecht: Inhaltliche und dogmatische Aspekte der gesetzlichen Regelung des städtebaulichen Vertrages in § 11 BauGB [1 ed.]
 9783428502851, 9783428102853

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CHRISTIAN H A M A N N

Der Verwaltungsvertrag im Städtebaurecht

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 919

Der Verwaltungsvertrag im Städtebaurecht Inhaltliche und dogmatische Aspekte der gesetzlichen Regelung des städtebaulichen Vertrages in § 11 BauGB

Von

Christian Hamann

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2000 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10285-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier

entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin hat die vorliegende Arbeit im Wintersemester 1999/2000 als Dissertation angenommen. Das Manuskript habe ich für die Veröffentlichung aktualisiert; Rechtsprechung und Literatur sind bis Mitte 2002 berücksichtigt. Das Buch verdankt seine Entstehung einer Anregung von Prof. Dr. Walter Krebs, dem ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Prof. Krebs hat mich auch in schwierigen Phasen jederzeit mit fachlichem und persönlichem Rat unterstützt; er war ein „Doktorvater" im besten Sinne des Wortes. Die Aufgabe des Zweitgutachters hat freundlicherweise Prof. Dr. Markus Heintzen übernommen, dem ich dafür ebenfalls Dank schulde. Gleiches gilt für meine heutigen Partner in der Sozietät GLEISS LUTZ, die mir die ungestörte Anfertigung der Dissertation durch ein großzügiges Darlehen ermöglicht haben. Besonders dankbar bin ich schließlich meiner Frau und meiner Tochter Hannah, die mir immer Rückhalt und Unterstützung gegeben haben. Ich widme das Buch meinen Eltern, die sein Erscheinen leider nicht mehr erleben können. Berlin, im August 2002

Christian Hamann

Inhaltsübersicht Einleitung

17 Erster Teil „Städtebauliche Verträge" als Regelungsgegenstände des § 11 BauGB

24

Kapitel 1: § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB als Regelung der Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht

26

Kapitel 2: Die „zweite Regelungsebene" - Ein Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

43

Kapitel 3: Die Vertragsleistung der Gemeinde in städtebaulichen Verträgen gemäß § 11 BauGB: Das Problem der Planungszusagen 101 Zweiter

Teil

§ 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

116

Kapitel 4: § 11 BauGB und die Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge . . . 117 Kapitel 5: § 11 Abs. 2 BauGB und die Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 135 Kapitel 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB 159 Kapitel 7: Exkurs: Planungsbedingte Wertsteigerungen als Maßstab für die Angemessenheit städtebaulicher Verträge? 187 Zusammenfassung des zweiten Teils Dritter

193 Teil

§ 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" im Städtebaurecht

196

Kapitel 8: § 11 BauGB und die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse durch städtebaulichen Vertrag 197

8

Inhaltsübersicht

Kapitel 9: § 11 BauGB und Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung 240 Kapitel 10: § 11 BauGB und städtebauliche Verträge im Rahmen von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen 262 Zusammenfassung des dritten Teils

280

Fazit und Ausblick

282

Anhang: Synopse der Vorschriften zum städtebaulichen Vertrag

290

Literaturverzeichnis

294

Sachwortverzeichnis

305

Inhaltsverzeichnis Einleitung

17

Erster T e i l „Städtebauliche Verträge" als Regelungsgegenstände des § 11 BauGB

24

Kapitel 1 § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB als Regelung der Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht

26

I.

Der Begriff „städtebauliche Verträge" in § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB

26

II.

§ 11 BauGB und die Rechtsnatur städtebaulicher Verträge 1. Keine rechtsnaturabhängige Geltung des § 11 BauGB 2. Rechtsformprägende Wirkung des § 11 BauGB? a) Zur Bestimmung der Rechtsnatur von VerwaltungsVerträgen aa) „Gegenstands-" und „Vorordnungslehre" bb) „Aufgabentheorie" cc) Bewertung b) Konsequenzen für die von § 11 BauGB erfaßten Verträge

29 31 33 34 34 37 39 40

III. Zusammenfassung

42

Kapitel 2 Die „zweite Regelungsebene" - Ein Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB I.

§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 - „Maßnahmenverträge" 1. Allgemeines; Vergleich mit § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG 2. Städtebauliche Maßnahmen a) Neuordnung der Grundstücksverhältnisse b) Bodensanierung und sonstige vorbereitende Maßnahmen c) Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen d) Begriff der „städtebaulichen Maßnahme" 3. Vorbereitung oder Durchführung durch den Vertragspartner

43 44 44 45 46 47 48 50 51

10

Inhaltsverzeichnis 4. Zusammenfassung; Rechtsnatur der Maßnahmenverträge 5. Exkurs: Übertragung des Planungsverfahrens auf den Vorhabenträger nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und § 4b BauGB

II.

„Zielbindungsverträge" - § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB 1. Allgemeines; Vergleich mit § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG 2. Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele . a) Grundstücksnutzung b) Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen c) Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung d) Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3 BauGB . . . aa) § la Abs. 3 BauGB bb) Vertragliche Vereinbarungen anstelle planerischer Festsetzungen und Verträge zur Durchführung des Ausgleichs cc) Systematische Einordnung der Ausgleichsverträge 3. Planergänzende Verträge und Grenzen städtebaulicher Regelungsmacht a) Ziele der Bauleitplanung und städtebaulicher Charakter der planergänzenden Verträge b) Städtebaulicher Charakter der Verträge zur Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung c) Städtebaulicher Charakter von Verträgen zur Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen d) Konsequenzen für die Ausgestaltung weiterer „Zielbindungsverträge" aa) Immissionschutzbindungen und sonstige umweltschützende Vereinbarungen bb) Verträge zur Förderung wirtschaftlicher Belange cc) Sonstige Verträge 4. Zusammenfassung; Rechtsnatur der ZielbindungsVerträge

53 55 60 60 62 62 64 66 69 69 71 72 74 74 78

79 80 81 82 83 83

III. „Kostenvereinbarungen" - § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB 85 1. Vertragspartner 86 2. Gegenstände der Kostenvereinbarung 87 a) Refinanzierung städtebaulicher Maßnahmen 87 b) Refinanzierung von „Folgekosten" als Regelungsgegenstand? 88 aa) Begrifflicher Ausgangspunkt 89 bb) Veränderungen im gesetzlichen Gebrauch des Begriffs „städtebauliche Maßnahmen"? 90 cc) Städtebaurecht und Folgeeinrichtungen 92 dd) Städtebaurechtliche Regelungskompetenz für Folgekostenverträge 93 ee) Konsequenzen für § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB 95

Inhaltsverzeichnis c) Kosten und sonstige Aufwendungen aa) Unterscheidung von Kosten und Aufwendungen? bb) Begrenzung der vertragsfähigen Kosten durch den Kausalitätsgrundsatz cc) Die Bereitstellung von Grundstücken 3. Zusammenfassung; Rechtsnatur IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels

96 96 98 98 98 99

Kapitel 3 Die Vertragsleistung der Gemeinde in städtebaulichen Verträgen gemäß § 11 BauGB: Das Problem der Planungszusagen

101

I.

„Primäranspruch" auf die Aufstellung von Bauleitplänen oder die Durchführung des Planungsverfahrens 103

II.

„Sekundäransprüche" im Falle des Scheiterns der Planung 1. Vertragliche Risikoübernahme durch die Gemeinde a) Risikoübernahme durch ausdrückliche Vereinbarung b) Risikoübernahme und ergänzende Vertragsauslegung 2. Haftung aus enttäuschtem Vertrauen 3. Gesetzliche Ansprüche wegen Leistungsstörung a) Bauleitplanung als Geschäftsgrundlage des Vertrages b) Bauleitplanung als aufschiebende Bedingung

III. Zusammenfassung und Bewertung

Zweiter

105 105 105 108 110 110 111 111 113

Teil

§ 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

116

Kapitel 4 § 11 BauGB und die Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge

117

I.

§ 11 BauGB und die Geltung des Gesetzesvorranges für das Vertragshandeln der Gemeinde 117 1. Vorrang des Gesetzes und Verwaltungsvertrag 118 2. § 11 BauGB und die Bindung städtebaulicher Verträge an die nichtvertragsspezifrschen Vorgaben des Städtebaurechts 119

II.

§ 11 BauGB als Ausdruck des Gesetzes Vorbehalts? 121 1. Grundlagen 122 2. Grundrechtsrelevanz von Verwaltungsverträgen und Gesetzesvorbehalt 124

12

Inhaltsverzeichnis a) Vertragsbindung des Bürgers und Grundrechtsbeeinträchtigung . . . . b) Grundrechtsbeeinträchtigung durch strukturelle Überlegenheit der Verwaltung aa) Verwaltungsaktersetzende Verträge bb) Monopolartige Anbieterstellung der Verwaltung (1) Gesetzesvorbehalt für „Leistungen" der Verwaltung (2) Schutz der Privatautonomie durch „nicht-vertragsspezifischen" Gesetzesvorbehalt c) Zusammenfassung 3. Andere „wesentliche" Vertragsinhalte 4. Inhaltliche Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes und Konsequenzen für die Interpretation des § 11 BauGB

III. Zusammenfassung

124 127 127 128 129 130 132 132 133 135

Kapitel 5 § 11 Abs. 2 BauGB und die Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts

135

I.

Überblick 135 1. Der beschränkte Regelungsbereich des § 11 Abs. 2 BauGB 135 2. § 11 Abs. 2 BauGB und die einfachgesetzlichen Regelungen zum Koppelungs- und Übermaßverbot 137 3. Fragestellungen 139

II.

Die Regelung des Koppelungsverbotes in § 11 Abs. 2 BauGB 1. Inhalt und Herleitung 2. Allgemeines Koppelungsverbot und einfachgesetzliche Vorschriften . . . 3. Konsequenzen für die dogmatische Bewertung des § 11 Abs. 2 BauGB

140 140 142 145

III. Die Regelung des Angemessenheitsgebotes in § 11 Abs. 2 BauGB 1. Die Angemessenheit der Vertragsleistung des Privaten 2. Die Angemessenheit der Leistung der Gemeinde

147 147 151

IV. Rechtsfolgen

153

V.

155

Zusammenfassung

VI. Annex: Das Erfordernis der Schriftform in § 11 Abs. 3 BauGB

156

Inhaltsverzeichnis Kapitel 6 Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB I.

II.

Der Kausalitätsgrundsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB 1. Der Kausalitätsgrundsatz und die allgemeinen Schranken des Verwaltungsvertragsrechts a) Die Herleitung des Kausalitätsgrundsatzes in der Rechtsprechung des BVerwG b) Der Kausalitätsgrundsatz als Ausdruck des KoppelungsVerbotes? . . 2. Ausgestaltung des Kausalitätsgrundsatzes in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB a) Ursächlichkeit und zeitlicher Zusammenhang aa) „Unmittelbarer" zeitlicher Zusammenhang als Forderung des Kausalitätsgrundsatzes? bb) Kausalitätsgrundsatz und die Übernahme bereits entstandener Kosten b) Ursächlichkeit und räumlicher Zusammenhang c) Kausalität von Bauvorhaben für kostenverursachende Maßnahmen im Rahmen von „Gesamtplänen" d) Kausalitätsgrundsatz und „Größe" des Bebauungsplanes e) Zusammenfassung

159 160 161 161 164 166 167 168 170 171 173 175 178

Schrankenregelungen für Maßnahmenverträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB 179

III. Schrankenregelungen für Zielbindungsverträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB 182 1. Zielbindung als Ausdruck des Koppelungsverbotes 182 2. Insbesondere: Geldzahlungen und Flächenabtretungen als Gegenleistungen in Zielbindungsverträgen? 185 IV. Zusammenfassung

186

Kapitel 7 Exkurs: Planungsbedingte Wertsteigerungen als Maßstab für die Angemessenheit städtebaulicher Verträge?

187

I.

Die Abschöpfung von Planungsgewinnen als „isolierter" Gegenstand städtebaulicher Verträge 189

II.

Planungsgewinn und Angemessenheit

Zusammenfassung des zweiten Teils

190 193

14

Inhaltsverzeichnis Dritter

Teil

§ 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" im Städtebaurecht

196

Kapitel 8 § 11 BauGB und die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse durch städtebaulichen Vertrag I.

II.

197

§ 11 BauGB und die „freiwillige Umlegung"

198

1. Typen der freiwilligen Umlegung a) Umlegung durch Ringtausch b) Freiwillige Umlegung in privater Verfahrensträgerschaft c) Freiwillige Umlegung in der Verfahrensträgerschaft der Gemeinde . 2. Gesetzliche Grundlagen der „freiwilligen Umlegung" 3. § 11 BauGB und die Grenzen des amtlichen Verfahrens a) Flächenabzug und Flächenbeitrag in der amtlichen Umlegung b) Flächenabgaben und eigentumsdogmatische Einordnung der amtlichen Umlegung c) Konsequenzen für die Anwendbarkeit auf die vertragliche Bodenordnung 4. § 11 BauGB und die Zulässigkeit einzelner Vertragsgestaltungen in der freiwilligen Umlegung a) Vereinbarungen über Organisation und Finanzierung der freiwilligen Umlegung aa) Einordnung bb) Rechtliche Konsequenzen cc) Erstattungsfähigkeit interner Verwaltungskosten? dd) Kostenerstattung durch Flächenabtretung b) Vereinbarungen über die Abtretung von Flächen für städtebauliche Maßnahmen c) Vereinbarungen über die Abtretung von Flächen für Infrastrukturmaßnahmen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs d) Flächenabtretungen für besondere bodenpolitische Zwecke e) Vorteilsabschöpfung und „Mehrflächenabtretung" 5. Angemessenheit und freiwillige Umlegung 6. Zusammenfassung

198 199 199 200 201 202 203 204 208 210 211 211 212 213 214 214 215 217 218 221 222

§ 11 BauGB und städtebauliche Verträge in der amtlichen Umlegung . . . . 222

III. Neuordnung der Bodenverhältnisse durch Ankauf der Grundstücke im künftigen Plangebiet 227 1. Anwendbarkeit des § 11 BauGB 228 2. Grenzen der Zulässigkeit von kommunalen Flächenankäufen 229

Inhaltsverzeichnis a) Verträge mit Rückkaufsoption zugunsten der bisherigen Eigentümer b) Kommunaler Flächenankauf ohne Rückkaufsoption c) Flächenankauf durch einen von der Gemeinde beauftragten Bauträger 3. Zusammenfassung

229 233 237 238

Kapitel 9 § 11 BauGB und Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

240

I.

Der Erschließungsvertrag als Maßnahmenvertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB 241

II.

Der Vorfinanzierungsvertrag als städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 BauGB 244

III. Vereinbarungen über die Kosten der Erschließung im Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB 1. Das Problem und seine Ursachen 2. Erschließungsbeitragsrecht und Erschließungskostenvereinbarung a) Die Argumentation des BVerwG b) Dispositionsfeindlichkeit des Abgabenrechts c) Exklusivität des Beitragsrechts für die Finanzierung der Erschließung? d) Bundeskompetenz zur Regelung des Erschließungskostenvertrages .

254 258

IV. Zusammenfassung

261

246 246 249 249 250

Kapitel 10 § 11 BauGB und städtebauliche Verträge im Rahmen von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen I.

Verträge über die Durchführung und Finanzierung von Ordnungs- und Baumaßnahmen 1. Verträge gemäß § 146 Abs. 3 BauGB im Schema des § 11 Abs. 1 S. 2 2. Bedeutung des § 11 BauGB für die inhaltliche Gestaltung von Verträgen gemäß § 146 Abs. 3 BauGB a) Das Finanzierungssystem der städtebaulichen Gesamtmaßnahmen . b) Rechtslage bis zum 31.12.1997 c) Rechtslage nach der Neufassung des BauGB durch das BauROG 1998 3. Übertragung nur von „grundstücksbezogenen" Maßnahmen? 4. Isolierte Übertragung der Kosten für Maßnahmen im Sinne des § 146 Abs. 3 BauGB?

262

263 263 265 266 267 268 270 271

16 II.

Inhaltsverzeichnis § 11 BauGB und die Erfüllung der Aufgaben im Maßnahmengebiet durch „geeignete Beauftragte" 273

III. Städtebauliche Verträge zur Sicherung der Ziele der Gesamtmaßnahme . . 276 1. Abwendung der kommunalen Bodenerwerbspflicht in Entwicklungsbereichen 276 2. Bindung eines privaten Grundstückskäufers an die Ziele der Maßnahme 277 3. Bindungen der Grundstückskäufer im Rahmen der Reprivatisierung .. . 278 IV. Zusammenfassung

279

Zusammenfassung des dritten Teils

280

Fazit und Ausblick

282

I.

Wichtige Ergebnisse in Thesen

282

II.

Abschließende Überlegungen

285

Anhang: Synopse der Vorschriften zum städtebaulichen Vertrag

290

Literaturverzeichnis

294

Sachwortverzeichnis

305

Einleitung Mit dem durch das „Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung" vom 18. August 1997 (BauROG 1998)1 eingeführten § 11 ist erstmals eine Vorschrift unter der Überschrift „Städtebaulicher Vertrag" in das BauGB aufgenommen worden. Städtebauliche Verträge sind keine „Erfindung" des Gesetzgebers2. Vertragliche Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und Privaten haben im Umfeld des Städtebaurechts schon zu einer Zeit eine bedeutende Rolle gespielt 3 , als das Vertragshandeln der Verwaltung noch mit sehr grundsätzlichem Mißtrauen betrachtet wurde, und lange bevor sich der Gesetzgeber diesem Phänomen zuwandte 4 . Daß der Vertrag als ein Mittel zur kooperativen Problembewältigung im Städtebaurecht stärker verbreitet ist als in anderen Gebieten des Verwaltungsrechts 5, ist vor allem der regelmäßig hohen Komplexität der beteiligten Interessen geschuldet6: Der steigenden Nachfrage nach bezahlbaren Flä1

BGBl. I, 2081. Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 116; soweit ersichtlich wird die Bezeichnung „städtebauliche Verträge" erstmals 1984 von der „Arbeitsgruppe Baulandbereitstellung" im Rahmen der Vorarbeiten zum BauGB 1987 gebraucht; vgl. den Bericht der Arbeitsgruppe in den vom Bundesbauministerium herausgegebenen Materialien zum Baugesetzbuch, S. 149. 3 Eine ausführliche Darstellung der Vertragspraxis findet sich bei Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 1 ff.; vgl. ferner Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 27 ff.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 49 ff. (mit Vertragsmustern im Anhang); eine komprimierte Systematisierung nach Art und Weise der gesetzlichen Inbezugnahme unternimmt Krebs, DÖV 1989, S. 969, 970 ff. 4 Vgl. z.B. die Fälle in BGH, Urt. v. 21.11.1957, BGHZ 26, S. 84 ff. mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (S. 87); ferner BGH, Urt. v. 12.10.1959, BGHZ 31, S. 49 ff.; BVerwG, Urt. v. 12.12.1969, BVerwGE 34, S. 302 ff.; Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800 ff. 5 Daß dem so ist, zeigt eindrucksvoll die rechtstatsächliche Untersuchung von Maurer/Bartscher zum öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Spruchpraxis der Gerichte. Fast die Hälfte (49, 2%) aller aufgefunden Entscheidungen zu verwaltungsrechtlichen Verträgen zwischen Staat und Bürger (subordinationsrechtliche Verträge, vgl. dazu unten Fn. 117) hatte Vereinbarungen aus dem Baurecht zum Gegenstand (inklusive Bauordnungsrecht); vgl. Maurer/Bartscher, S. 27 f., 49 ff. 6 Vgl. zu den Gründen für die Beliebtheit von Verträgen in der städtebaulichen Praxis Krautzberger , in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 2; ferner Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 47 ff.; Grziwotz, DVB1. 1994, S. 1048 ff.; Lahnor, Städtebauliche Verträge, S. 3 ff.; Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 1 ff. 2

2 Hamann

18

Einleitung

chen für Wohnbebauung und Gewerbeansiedlung steht der Zwang gegenüber, mit der knapp gewordenen Ressource Boden hauszuhalten (§ la Abs. 1 BauGB). Das öffentliche Interesse an einer „sozialgerechten Bodennutzung" (§ 1 Abs. 5 S. 1 BauGB) liegt im potentiellen Dauerkonflikt mit der rechtlich geschützten Privatnützigkeit des Eigentums. In der Praxis hat sich schon früh die Erkenntnis durchgesetzt, daß der Ausgleich dieser und anderer widerstreitender Belange mit einem noch so ausgeklügelten Repertoire von einseitig-hoheitlichen Instrumenten allein nicht zu erreichen ist 7 . Aus Sicht der Gemeinden spricht vor diesem Hintergrund eine Reihe von Gründen dafür, auf den Einsatz hoheitlicher Mittel zugunsten vertraglicher Vereinbarungen zu verzichten oder doch zumindest Abweichungen vom gesetzlich vorgesehenen Verfahren zu vereinbaren 8. Im Hinblick auf eine angestrebte Konfliktlösung dürfen die Kommunen hoffen, daß das Ergebnis vertraglicher Verhandlungen eher auf Akzeptanz beim Bürger stößt als einseitige Entscheidungen und damit weniger Anlaß zur Einlegung von Rechtsmitteln besteht. Hinzu kommt, daß vertragliche Regelungen häufig praktikabler sind als die im Gesetz vorgesehenen Verfahren und sich zudem flexibler an die Umstände des Einzelfalls anpassen lassen. Schließlich sind die wirtschaftlichen Gründe nicht zu übersehen, die die Kommunen in vielen Fällen zum Vertragsschluß bewegen (und die ebenso oft einen Kernpunkt der rechtlichen Problematik städtebaulicher Verträge beleuchten). Immer seltener sind die Gemeinden in der Lage, die Kosten für die Umsetzung ihrer städtebaulichen Ziele aus eigenen (Haushalts-) Mitteln und den gesetzlich vorgesehenen Refinanzierungsinstrumenten zu decken. Verträge mit Investoren und Grundstückseigentümern bieten die Möglichkeit, privates Kapital in größerem Umfang für die Finanzierung zu gewinnen, als das im Wege einseitiger Heranziehung durch Beitragsbescheide o. ä. zu bewerkstelligen wäre. Primär wirtschaftlicher Natur wird auch das regelmäßige Motiv der privaten Vertragspartner der Gemeinde sein, das sie dazu bewegt, sich auf eine vertragliche Vereinbarung einzulassen und dabei oft mehr zu leisten als nach der reinen Gesetzeslage notwendig. Der wirtschaftliche Vorteil für die Privaten besteht je nach Lage der Dinge darin, überhaupt bauen zu können, schneller bauen zu können oder mehr den eigenen Vorstellungen entsprechend bauen zu dürfen, als dies ohne Vertragsschluß der Fall wäre 9 . Die 7 Anschaulich Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 4 f.; vgl. zum städtebaulichen Vertrag als Mittel zur Baulandmobilisierung auch Bröll, in Glück, Wege zum Bauland, S. 98 ff. 8 Vgl. zu den Zielen städtebaulicher Verträge Bunzel/Coulmas/Metscher/SchmidtEichstaedt, 1. Auflage, S. 29 ff. 9 Zu den Vorteilen und Chancen städtebaulicher Verträge aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht vgl. Ottmann, Der städtebauliche Vertrag, 1995; dezidiert skep-

Einleitung

19

von den Gemeinden erwartete Vertrags„leistung" ist dementsprechend häufig die Schaffung von Bauland. Das Verhältnis der Gesetzgebung zu den städtebaulichen Verträgen ist lange Zeit ambivalent gewesen. Auf der einen Seite sind die Bestimmungen zur Zulässigkeit von öffentlich-rechtlichen Verträgen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder maßgeblich von den Regeln geprägt worden, die Literatur und vor allem Rechtsprechung anhand bestimmter Vertragsgestaltungen aus dem Zusammenhang des Städtebaurechts entwickelt haben 10 . Andererseits fanden diese Verträge in den städtebaulichen Gesetzen selbst (also im BBauG und dann im BauGB) lange Zeit keine ihrer praktischen Bedeutung entsprechende Regelung. Allein der Erschließungsvertrag war bereits in der ersten Fassung des BBauG von I 9 6 0 1 1 durch § 123 Abs. 3 gesetzlich zugelassen. Eine ganze Reihe anderer Vereinbarungen wurde zudem vom Gesetz angedeutet oder erkennbar vorausgesetzt, ohne daß allerdings Einzelheiten geregelt worden wären 12 . Wichtige Vertragstypen wie z.B. die „freiwillige Umlegung" 1 3 oder der Folgekosten vertrag blieben ohne gesetzliche Grundlage. Erst im Rahmen der Vorarbeiten zum BauGB 1987 verstärkte sich in der Fachöffentlichkeit die Diskussion, ob eine spezifische Regelung für städtebauliche Verträge notwendig und/oder sinnvoll sei 14 . Die Argumente, die damals den Gesetzgeber (noch) von einer ausführlicheren Normierung abhielten, zeigen bereits die beiden wesentlichen Problemstellungen auf, mit denen sich auch die vorliegende Abhandlung beschäftigen wird 1 5 : Zum einen betrafen die Bedenken das Verhältnis einer allgemeinen Regelung „des städtebaulichen Vertrages" zu der Vielzahl städtebaulicher Vertisch gegenüber zu hohen Erwartungen unter Betonung der rechtlichen und praktischen Grenzen des Vertragshandelns Lecheler, BayVBl. 1992, S. 545, 546 f. 10 Von großer Bedeutung war hier insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den sogenannten FolgekostenVerträgen; grundlegend BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800 ff.; BGH, Urt. v. 14.07.1966, DVB1. 1967, S. 36 ff. Vgl. ferner zur Rolle des Baurechts als „Referenzgebiet" des Verwaltungsrechts im allgemeinen und des Vertragsrechts im besonderen Schmidt-Aßmann, FS Geizer, S. 117. 11 BGBl. I, S. 341. 12 Beispiele für solche Bestimmungen finden sich heute z.B. in § 89 BauGB (die Reprivatisierung von enteigneten oder durch Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts erworbenen Grundstücken kann nur über einen - privatrechtlichen - Kaufvertrag erfolgen) oder § 146 Abs. 3 BauGB (die Übertragung der Durchführung der Ordnungsmaßnahmen erfolgt ausdrücklich auf der Grundlage eines Vertrages). Zu den verschiedenen Vorschriften des BauGB, die vertragliches Handeln in Bezug nehmen, vgl. ausführlich Krautzberger; in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 27 ff.; Krebs, DÖV 1989, S. 969, 970 ff.; ferner Runkel, GuG 1994, S. 137 f. 13 Zur „freiwilligen Umlegung" vgl. ausführlich unten, Kapitel 9. 14 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 6. 2*

20

Einleitung

tragstypen und den von ihnen berührten speziellen Bestimmungen des Städtebaurechts. Der Begriff „städtebauliche Verträge" erschien zu unbestimmt, die mit ihm verknüpften Einzelprobleme zu vielfältig, um Gegenstand einer Generalnorm sein zu können. Eine generelle gesetzliche Ermächtigung zum Abschluß solcher Verträge sei, so die vorherrschende Meinung, angesichts ihrer Verbreitung in der Praxis und der vorhandenen Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen nicht notwendig. Bedeutung erlangen könne eine Normierung städtebaulicher Vereinbarungen nur, wenn sie zum Abweichen von gesetzlichen Vorschriften ermächtige. Das komme angesichts der differenzierten Regelungen der gesetzlichen Verfahren aber nicht in Betracht. Das zweite große Problem wurde im Verhältnis einer fachgesetzlichen Regelung der städtebaulichen Verträge zum allgemeinen Recht der Verwaltungsverträge gesehen. Gegen eine Ausgestaltung des städtebaulichen Vertrages als selbständiger Vertragstyp im BauGB spreche die Gefährdung des in den VerwaltungsVerfahrensgesetzen des Bundes und der Länder 16 angestrebten Zieles einer Rechtsvereinheitlichung beim öffentlich-rechtlichen Vertrag 17 . Wesentliche rechtsdogmatische Fragen seien bezüglich der städtebaulichen Verträge ungeklärt, das betreffe insbesondere die materiell-rechtlichen Bindungen der Vertragsgestaltung, die Wirksamkeit gesetzeswidriger Verträge und die Qualifikation von Vereinbarungen als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich 18 . Der Gesetzgeber entschloß sich schließlich, einen Hinweis auf die Zulässigkeit vertraglicher Vereinbarungen im BauGB vorzusehen, und zwar in Form eines an die Bestimmung über die Zulässigkeit des Erschließungsvertrages angehängten § 124 Abs. 2: „Die Zulässigkeit anderer Verträge, insbesondere zur Durchführung von städtebaulichen Planungen und Maßnahmen, bleibt unberührt." Diese Regelung sollte den in der Praxis entwickelten Erscheinungsformen des städtebaulichen Vertrages Rechnung tragen, ohne die Möglichkeiten dieser Praxis einzuengen und eine zukünftige Rechtsentwicklung vorwegzunehmen 19 . 15 Vgl. zum folgenden den Bericht der „Arbeitsgruppe Baulandbereitstellung", Materialien zum BauGB, Teil Ε, II. 2., S. 151 und den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (16. Ausschuß), BT-Drs. 10/6166, S. 148 f. 16 Im weiteren Text wird der besseren Lesbarkeit wegen nur die Bezeichnung „VwVfG" verwendet. Soweit nicht anders gekennzeichnet, sind damit stets die VwVfGe des Bundes und der Länder gemeint. 17 Vgl. den Ausschußbericht, BT-Drs. 10/6166, S. 148 f. 18 Vgl. zum Ganzen auch Runkel, GuG 1994, S. 137. 19 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 8; zur „heuristischen Funktion" des § 124 BauGB a.F., vgl. Schmidt-Aßmann, in FS Geizer, S. 117, 121.

Einleitung Die mit der Diskussion um das BauGB 1987 angestoßenen Überlegungen erhielten eine neue Grundlage durch ein Gutachten von Schmidt-Aßmann/ Krebs 20 , das die späteren Schritte des Gesetzgebers nicht unwesentlich beeinflußt hat 2 1 . Die Autoren kommen dort zu dem Ergebnis, daß eine Regelung auf „mittlerer Ebene", die die verschiedenen städtebaulichen Verträge in einem Typusbegriff zusammenführt, sinnvoll sei, um das Abstraktionsgefälle zwischen allgemeinem Verwaltungsvertragsrecht und den einzelnen Vertragstypen des besonderen Verwaltungsrechts zu überbrücken 22 . Den eigentlichen Anlaß dazu, von der mit § 124 Abs. 2 BauGB 1987 verfolgten, eher auf Abwarten angelegten Strategie abzuweichen, gaben dann allerdings nicht rechtsdogmatische Überlegungen, sondern die politischen Ereignisse der Jahre 1989/90 23 . Nach dem Zusammenbruch der alten Gesellschaftsordnung auf dem Boden der damaligen DDR wurde bald der Bedarf gesehen, verläßliche Rechtsgrundlagen für die städtebauliche Planung zu schaffen 24 . Angesichts der immensen Herausforderungen galt ein besonderer Augenmerk der Förderung der Zusammenarbeit von Gemeinden und privaten Investoren 25 . Vor allem weil in den neuen Ländern die jahrzehntelange Erfahrung mit dem vertraglichen Instrumentarium fehlte, wurde eine ausführliche gesetzliche Regelung für notwendig erachtet. Die Kommunen sollten weitreichende Hinweise und Grundlagen für die Vorbereitung und Durchführung privater Investitionen erhalten. Umgesetzt wurde dieses Ziel in § 54 der „Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und der Investitionen in den Gemeinden" (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung - BauZVO) vom 20. Juni 1990 26 . Die Vorschrift enthielt - neben einer dem § 124 Abs. 1 BauGB 1987 entsprechenden Regelung des Erschließungsvertrages - in Abs. 1 S. 1 Nr. 2 eine gesetzliche Umschreibung „des" städtebaulichen Vertrages in Form einer Legaldefinition 27 . § 54 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BauZVO benannten beispielhaft eine Reihe möglicher Vertragsgegenstände sowie Grenzen des zulässigen Vertragsinhalts. 20

Schmidt-Aßmann/Krebs, 1. Auflage 1988. Vgl. dazu Krautzberger; in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 1, 11; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 3. 22 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 1. Auflage, S. 145 ff. 23 Vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 11; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 10. 24 Im Staatsvertrag über die Einführung der Währungs- und Wirtschaftsunion ging die DDR eine Verpflichtung ein, dem BauGB entsprechende Regelungen in Kraft zu setzen, vgl. Gemeinsames Protokoll über Leitsätze zum Staatsvertrag vom 18.05.1990; Abschnitt Β III; BGBl. II, S. 517. 25 Vgl. Bielenberg, DVB1. 1990, S. 1314, 1320. 26 GBl. I, S. 739. 27 Der Gesetzestext ist im Anhang wiedergegeben. 21

22

Einleitung

Im Einigungsvertrag 28 wurde das BauGB auf das Gebiet der ehemaligen DDR übergeleitet; die BauZVO wurde aufgehoben. Der durch den Einigungsvertrag in das BauGB eingefügte § 246a bestimmte allerdings in Abs. 1 S. 1 Nr. 11, daß im Beitrittsgebiet anstelle von § 124 Abs. 2 die Vorschriften des § 54 BauZVO über den städtebaulichen Vertrag anzuwenden seien 29 . So galten in den alten und den neuen Ländern der Bundesrepublik zunächst unterschiedliche gesetzliche Regelungen über den städtebauliche Vertrag. Diesen Zustand beendete knapp 3 Jahre später das „Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland" (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz)30. Mit § 6 BauGB-MaßnG 1993 entstand die erste bundesweit geltende Regelung „des" städtebaulichen Vertrages 31. Inhaltlich war diese Norm weitgehend an § 54 BauZVO angelehnt. Ergänzend wurde in Abs. 2 eine Vorschrift hinzugefügt, die Verträge im Vorfeld oder im Zusammenhang mit der Bauleitplanung rechtlich absichern sollte 32 . Die Geltungsdauer des BauGB-MaßnG war bis zum 31.12.1997 befristet (§ 20 S. 1 BauGB-MaßnG). Mit der Aufnahme des neuen § 11 in das BauGB sollte die Vorschrift des § 6 BauGB-MaßnG redaktionell verkürzt, materiell aber weitgehend unverändert in das Dauerrecht übernommen werden 3 3 . § 11 BauGB kann damit als der (vorläufige?) Endpunkt der mehr als ein Jahrzehnt lang währenden Bemühungen um eine gesetzliche Regelung des städtebaulichen Vertrages gelten. Das ist der Anlaß für die vorliegende Untersuchung, sich dieser Vorschrift und ihrer dogmatischen Bedeutung zuzuwenden. Die grundlegenden Fragen, die einer Normierung des Vertragshandelns im Städtebaurecht lange entgegengestanden haben, sind bereits angesprochen worden. Sie haben in den Gesetzgebungsverfahren seit 1990 nur mehr eine untergeordnete Rolle gespielt 34 . Hauptmotiv des Gesetzgebers 28

Gesetz vom 23.09.1990, BGBL II, S. 885, Anlage I. Kapitel XIV., II. 1, S. 1122. 29 Vgl. zu § 246a BauGB ausführlich Glombik, Sonderregelungen, zum städtebaulichen Vertrag insbesondere S. 112 ff. 30 Vom 22.04.1993, BGBL I, S. 466. 31 Der Gesetzestext ist ebenfalls im Anhang wiedergegeben. 32 BT-Drs. 12/3944, S. 24; vgl. auch den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (19. Ausschuß), BT-Drs. 12/4340, S. 13. 33 BT-Drs. 13/6392, S. 50. Zwischenzeitlich ist § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB durch das „Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz" vom 27.07.2001 (BGBL I., S. 1950) ergänzt worden. 34 Vgl. allerdings die vom Bundesbauministerium in Auftrag gegebenen Gutachten zur „Weiterentwicklung konsensualer Handlungsformen": Schmidt-Eichstaedt (in

Einleitung war es stets, die Bereitschaft der Gemeinden zur vertraglichen Zusammenarbeit mit privaten Investoren zu stärken. Um das Vorgehen der Gemeinden (und sei es auch nur psychologisch) zu beeinflussen, sollten die durch Literatur und Rechtsprechung erarbeiteten Maßstäbe kodifiziert und wichtige Vertragsgegenstände gesetzlich benannt werden 35 . Zu übergeordneten systematischen Fragen, wie z.B. dem Verhältnis des § 11 BauGB zu den §§54 ff. VwVfG oder zu städtebaulichen Einzel Vorschriften wie dem § 124 BauGB, nimmt das Gesetz demgegenüber nicht ausdrücklich Stellung. Damit scheint offen, ob diese Regelung des städtebaulichen Vertrages die oben angesprochene dogmatische Brückenfunktion zwischen dem allgemeinen Verwaltungsvertragsrecht und den besonderen Vertragstypen des Städtebaurechts übernehmen kann, oder ob sich die Skeptiker bestätigt sehen, die die Vorschrift als potentielle Gefahr für die systematische Einheit des Vertragsrechts betrachten und ihr bestenfalls keine dogmatische Bedeutung beimessen36. Die vorliegende Arbeit will den Versuch unternehmen, diese Fragen zu klären. Dazu wird es zunächst notwendig sein, den Regelungsbereich des § 11 BauGB abzustecken (dazu sogleich Teil 1). Erst wenn klar ist, was im einzelnen Gegenstand der Vorschrift ist, kann sich der Blick auf das Verhältnis zum allgemeinen (Teil 2) und besonderen (Teil 3) Vertragsrecht richten.

Kooperation mit dem Deutschen Institut für Urbanistik - DIfU), Städtebauliche Verträge nach § 6 BauGB-MaßnG (die Arbeit ist veröffentlicht in Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, Städtebauliche Verträge); Birk, Leistungsstörungen bei städtebaulichen Verträgen; Schmidt-Eichstaedt, Die Anwendung des Vorhaben- und Erschließungsplans sowie städtebaulicher Verträge in städtebaulichen Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen. 35 BT-Drs. 13/6392, S. 50; vgl. auch den Bericht der Expertenkommission, S. 93, Rdnr. 139. 36 Vgl. Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 100 ff. (zu § 6 BauGB-MaßnG).

Erster

Teil

„Städtebauliche Verträge" als Regelungsgegenstände des § 11 BauGB Was Regelungsgegenstand des § 11 BauGB ist (und was nicht), ergibt sich aus dem Absatz 1 der Vorschrift. Die inhaltlichen und formalen Bestimmungen der Absätze 2 und 3 knüpfen daran an, und wenn § 11 Abs. 4 von „anderen städtebaulichen Verträgen" spricht, so sind damit solche gemeint, die nicht von Absatz 1 erfaßt werden. Die äußeren Grenzen des Regelungsbereiches steckt § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB ab. Deutlich ist das zunächst in personaler Hinsicht: § 11 BauGB erfaßt nur Verträge, an denen die Gemeinde als Vertragspartner beteiligt ist. Das Beispiel des § 110 zeigt, daß das BauGB auch vertragliche Vereinbarungen ohne (notwendige) Beteiligung einer Gemeinde kennt 1 . Soweit es sich bei derartigen Rechtsgeschäften überhaupt um städtebauliche Verträge i.S.d. § 11 handelt, unterfallen sie jedenfalls als „andere" dem Abs. 4 2 . Ein Vertragspartner der Gemeinde ist im Normtext des § 11 Abs. 1 S. 1 nicht ausdrücklich genannt; aus der Überschrift des neuen vierten Abschnitts im ersten Teil des ersten Kapitels des BauGB ist aber zu entnehmen, daß nur Vereinbarungen mit „Privaten" von der Regelung erfaßt sein sollen. Man wird bei der Unterscheidung von „Privaten" und „Nicht-Privaten" in diesem Zusammenhang nicht unbesehen auf die Differenzierung von Rechtspersonen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts abstellen dürfen 3 . Eine derart formale Betrachtungsweise wird der Funktion des § 11 BauGB nicht gerecht. Wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird, dient § 1 1 BauGB, insbesondere in den Absätzen 1 S. 2 4 und 2 5 , nicht zuletzt dem Schutz privater Rechte und Interessen vor einer strukturell überlegenen Gemeinde. Erkennbar setzt die Vorschrift damit voraus, daß der Vertrags1

Vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 20; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 53. 2 Vgl. aber unten Kapitel 8 III. 2. c) zur Frage der analogen Anwendbarkeit des § 11 bei Einschaltung eines privaten Dritten als Beauftragter der Gemeinde. 3 So aber Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 5; in diese Richtung auch BT-Drs. 13/6392, S. 132. 4 Vgl. unten Kapitel 6. 5 Vgl. unten Kapitel 5.

1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

25

partner der Gemeinde mit dem Vertragsabschluß „private" eigene, nicht ausschließlich öffentliche Interessen verfolgt. Diese durch die Wahrnehmung eigener rechtlich geschützter Interessen gekennzeichnete Position des „Privaten" ist nicht notwendig bei jeder (natürlichen oder juristischen) Person des Privatrechts gegeben, wie etwa das Beispiel eines Vertrages der Gemeinde mit der von ihr beherrschten Bauträgergesellschaft zeigt. Umgekehrt können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts „Private" in dem aufgezeigten Sinne sein, wenn sie - wie insbesondere die als öffentlich-rechtliche Körperschaften verfaßten Religionsgemeinschaften - der Gemeinde im Bereich des Städtebaus wie „Jedermann" gegenüberstehen und deshalb des durch § 11 BauGB gewährleisteten Schutzes bedürfen 6. „Privater" ist danach zusammengefaßt, wer mit dem Vertragsschluß eigene, „private" Interessen wahrnimmt, unabhängig von seiner privat- oder öffentlich-rechtlichen Rechtspersönlichkeit. Demgegenüber sind Verträge, die von allen Seiten im ausschließlich öffentlichen Interesse geschlossen werden, nicht von § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB erfaßt. Insbesondere Vereinbarungen der Gemeinde mit einem anderen Verwaltungsträger, etwa mit einer anderen Gemeinde im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB, unterfallen also - sofern sie als städtebauliche Verträge eingeordnet werden können - dem § 11 Abs. 4. Gewissermaßen eine „zweite Regelungsebene" bildet der Satz 2 des § 11 Abs. 1 BauGB. Die Verwendung des Wortes „insbesondere" in S. 2 verdeutlicht, daß die hier benannten drei Gruppen von Gegenständen, die durch städtebauliche Verträge geregelt werden können, nur einen Teilausschnitt aus dem insgesamt von § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB umfaßten Bereich darstellen. Offensichtlich hat der Gesetzgeber hier Vertragstypen hervorheben wollen, die er für besonders wichtig hielt. Die bislang zu § 11 BauGB erschienene Literatur beschäftigt sich fast ausschließlich mit den in § 11 Abs. 1 S. 2 ausdrücklich benannten Vertragsgegenständen7. Da der Regelungsbereich des § 11 BauGB in seinem Gesamtumfang aber wie gesehen nur dem Abs. 1 S. 1 entnommen werden kann, will sich die vorliegende Untersuchung im folgenden zunächst dieser „ersten Regelungsebene" der Vorschrift widmen. (Kapitel 1). In diesem Zusammenhang wird es vor allem notwendig sein, die Einordnung der von § 1 1 BauGB erfaßten Vereinbarungen in das dualistische Schema von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen zu untersuchen. Welche Kriterien der Gesetzgeber bei der Auswahl der in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB 6 Für die Anwendbarkeit des § 11 BauGB auf Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 106, allerdings ohne die hier vorgenommene Einschränkung und ohne Begründung. 7 Vgl. z.B. Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 2 ff.; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 16 ff.; Dirnberger, in Jäde/Dirnberger/Weiß, zu § 11, Rdnr. 13 ff.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

ausdrücklich benannten Gegenstände zugrundegelegt hat und welcher inneren Systematik die „zweite Regelungsebene" folgt, wird danach zu klären sein (Kapitel 2). Kapitel 1

§ 11 Abs. 1 S. 1 BauGB als Regelung der Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht I. Der Begriff „städtebauliche Verträge" in § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB lautet schlicht: „Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen". Den Begriff „städtebauliche Verträge" erläutert das Gesetz weder an dieser noch an einer anderen Stelle. Auch die Literatur beschäftigt sich kaum damit, was genau städtebauliche Verträge im Sinne des Gesetzes sind. Nicht untypisch sind Ansichten, die den gesetzlichen Terminus für einen „Sammelbegriff halten, der „ganz unterschiedliche Erscheinungsformen vertraglichen Handelns im Städtebaurecht zusammenfaßt" 8. Beläßt man es dabei, so bleibt § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB konturlos. Kriterien für die Unterscheidung, welche Verträge mit städtebaurechtlichem Zusammenhang von der Vorschrift erfaßt werden und welche nicht, sind nicht ersichtlich 9 . Das erklärt dann auch die angesprochene Beobachtung, daß sich die meisten Darstellungen auf die gesondert benannten Vertragstypen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB konzentrieren. Eine unbefangene Lektüre allein des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB legt indessen eine Sicht nahe, die nicht in erster Linie die mehr oder weniger konkreten Vertragsgestaltungen akzentuiert. Im Vordergrund steht stattdessen, daß die Vorschrift der Gemeinde eine bestimmte Modalität des Handelns in einem spezifischen funktionalen Zusammenhang eröffnet. So betrachtet drückt § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB nichts anderes aus, als daß sich die Gemeinde zur Erfüllung städtebaulicher Aufgaben der Handlungsform Vertrag bedienen darf 10 . Thesenartig formuliert bedeutet das: § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB behandelt die Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht 11 . 8 Lahnor, Städtebauliche Verträge, S. 16 f.; vgl. auch Stich, in SchwerpunkteKommentar, zu § 11, Rdnr. 9.; Gronemeyer, in ders.; zu § 11, Rdnr. 4, 19. 9 Vgl. z.B. Huber, DÖV 1999, S. 173, 180 f. 10 Die Frage, ob das als gesetzliche Ermächtigung im Sinne des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes zu lesen ist, wird unten in Kapitel 4 II. behandelt.

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

27

Eingegrenzt wird das, wie gesehen, in personaler Hinsicht auf Verträge zwischen der Gemeinde und Privaten. Eine weitere Einschränkung der begrifflichen Reichweite des § 11 Abs. 1 S. 1 könnte sich aus der systematischen Stellung der neuen Vorschrift ergeben. § 11 steht im ersten Kapitel des BauGB im vierten Abschnitt („Zusammenarbeit mit Privaten; vereinfachtes Verfahren") des ersten Teils, der sich unter der Überschrift „Bauleitplanung" neben den zulässigen Planungsinhalten vor allem mit dem Verfahren der Planaufstellung befaßt. Eine strikt an der Systematik orientierte Auslegung könnte daraus schließen, die Anwendung des § 11 sei auf Verträge im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Bauleitplanverfahren beschränkt, also etwa auf Vereinbarungen, die den Zweck verfolgen, ein Planaufstellungsverfahren zu ermöglichen, zu fördern oder abzusichern. Ganz abgesehen davon, daß es schwierig sein dürfte, derartige „Verfahrensverträge" sicher von anderen Vereinbarungen abzugrenzen, findet eine derartige Argumentation weder in der Entstehungsgeschichte noch sonst im Gesetz eine Stütze: Eine eigentliche Begründung für die systematische Einbindung der Vorschriften über die „Zusammenarbeit mit Privaten" in den ersten Teil des ersten Kapitels des BauGB ist aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht ersichtlich 12 . Aus dem Willen des Gesetzgebers können daher keine Schlüsse in Richtung auf eine Einengung des Regelungsgegenstandes gezogen werden. Eher im Gegenteil: Verträge über die in § 11 Abs. 1 S. 2 genannten Gegenstände stehen zwar häufig bis regelmäßig in einem zumindest zeitlichen Zusammenhang mit Bauleitplanungsverfahren. Zwingend ist dies aber keineswegs. So sind z.B. vertragliche Bindungen zur Sicherung des Wohnbedarfs der einheimischen Bevölkerung (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2) oft Bestandteil von Grundstücksveräußerungsverträgen der Gemeinde, die z.T. erst lange nach Abschluß der Baulandausweisung erfolgen. Und Vereinbarungen zur Grundstücksnutzung durch den Käufer werden auch in Kaufver11

Ähnlich Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 1. Von einem städtebaulichen Instrument zur Erfüllung städtebaulicher Aufgaben spricht Gaßner, BayVBl. 1998, S. 577, 580. 12 Der Vorschlag von Schmidt-Aßmann/Krebs, 1. Auflage, S. 167, für den städtebaulichen Vertrag einen eigenen Abschnitt im zweiten Teil des dritten Kapitels des BauGB („Allgemeine Vorschriften") zu bilden, ist, soweit ersichtlich, nicht diskutiert worden. Die Expertenkommission hat für ihren Vorschlag zur Neuregelung keinen systematischen Standort angegeben; vgl. Bericht der Expertenkommission, S. 100, Rdnr. 152. Es bleibt der Verdacht, daß der Standort für den neuen Abschnitt vor allem deswegen gewählt worden ist, weil dort nach Abschaffung der Genehmigungspflicht für Bebauungspläne (§ 11 a. F.) und der dadurch ermöglichten Zusammenfassung von Beschluß, Genehmigung und Inkrafttreten (§12 a.F.) in § 10 n. F. gerade Platz war. Das würde auch die eigentümliche Verbindung der Zusammenarbeit mit Privaten (§§ 11, 12 n.F.) mit dem vereinfachten Verfahren zur Änderung von Bebauungsplänen (wie bisher § 13) in einem Abschnitt erklären.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

träge aufgenommen, die in gar keinem Zusammenhang mit der aktuellen oder abgeschlossenen Bauleitplanung stehen. Diese Vertragsgestaltungen waren dem Gesetzgeber des § 11 BauGB bekannt. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß er sie aus dem Anwendungsbereich der Neuregelung ausgeklammert wissen wollte. Daß mit § 11 BauGB tatsächlich eine umfassende Normierung der Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht geschaffen werden sollte, geht indirekt aus der Kontroverse um die Formulierung des § 11 Abs. 4 BauGB hervor, mit der - ebenso wie zuvor mit § 6 Abs. 5 BauGB-MaßnG - die Zulässigkeit „anderer" städtebaulicher Verträge klargestellt wird. Der Bundesrat war angesichts der weiten Fassung des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB der Meinung, diese Klarstellung sei verzichtbar 13 . Die Bundesregierung ist dieser Einschätzung nicht etwa mit einem Hinweis auf einen beschränkten sachlichen Anwendungsbereich der Neuregelung entgegengetreten. § 11 Abs. 4 BauGB solle lediglich verdeutlichen, daß auch außerhalb des personalen Regelungsbereiches der Vorschrift städtebauliche Verträge zulässig sind 1 4 . Daraus darf umgekehrt geschlossen werden, daß der Vertrag als städtebauliche Handlungsform der Gemeinde gegenüber Privaten umfassend von § 11 BauGB erfaßt sein soll 1 5 . Im Vergleich mit den bisherigen Normierungen „des" städtebaulichen Vertrages besitzt § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB damit singulären Charakter. Sowohl § 54 BauZVO als auch § 6 BauGB-MaßnG behandelten nur einzelne Gegenstände städtebaulicher Vereinbarungen 16. Diesen Regelungsgehalt deckt § 11 Abs. 1 auf der „zweiten Ebene" in Satz 2 ab. Die erste, handlungsformbezogene Regelungsebene des § 11 Abs. 1 BauGB findet demgegenüber keine Entsprechung in den früheren Vorschriften. Das führt zu der Frage, wie sich die Regelung der Handlungsform Vertrag in einem Fachgesetz des Besonderen Verwaltungsrechts in das dualisti13

Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 13/6392, S. 103. So ausdrücklich die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 13/6392, S. 132, die als Beispiele Verträge zwischen zwei Gemeinden oder zwischen einer Gemeinde und einer anderen Person des öffentlichen Rechts benennt. 15 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 185, ist der Ansicht, § 11 Abs. 4 BauGB solle klarstellen, daß spezielle städtebauliche Verträge zwischen der Gemeinde und Privaten nicht von § 11 BauGB berührt werden. Als Beispiel nennt er u.a. Sanierungs- und Entwicklungsträgerverträge gemäß §§ 157; 167 BauGB. Das überzeugt nicht. Zum einen sind diese Verträge ausdrücklich geregelt, so daß ein Umkehrschluß aus § 11 BauGB von vornherein ausscheiden müßte; zum anderen gibt der Wortlaut insbesondere des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB für einen solchen Umkehrschluß nichts her. A.A. offenbar auch Neuhaus, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 124 ff., der zu den „anderen" Verträgen auch solche zwischen der Gemeinde und Privaten zählt, allerdings ohne nähere Begründung. 16 Trotz der „Legaldefinition" in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauZVO. 14

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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sehe Schema von öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vertragsrechtsordnung einfügt.

I I . § 11 BauGB und die Rechtsnatur städtebaulicher Verträge Die nach überwiegender Auffassung 17 nicht homogene Rechtsnatur der im Zusammenhang mit städtebaurechtlichen Fragen abgeschlossenen Verträge war eines der wesentlichen rechtsdogmatischen Probleme, das lange einer zusammenfassenden gesetzlichen Regelung dieser Vereinbarungen im Wege stand 18 . Nur bei einem Teil der von den Gemeinden mit städtebaulicher Zielsetzung abgeschlossenen Vereinbarungen handelt es sich der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung zufolge um öffentlichrechtliche Verträge. Schon vor ihrer ausdrücklichen Erwähnung in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG 19 stufte das BVerwG z.B. die sogenannten Folgelastenverträge als öffentlich-rechtlich ein 2 0 . Gleiches soll auch für Verträge über eine „freiwillige Bodenumlegung" in Trägerschaft der Gemeinde gelten 2 1 , oder für einen Grundstückstausch vertrag, in dem die Gemeinde sich (unzulässigerweise) verpflichtet, den Bebauungsplan für das eingetauschte Grundstück nach den Vorstellungen des privaten Vertragspartners zu ändern 22 . Neben diesen öffentlich-rechtlichen Verträgen kennt die Praxis aber auch eine Vielzahl von städtebaulich motivierten Vereinbarungen, die überwiegend als privatrechtlich eingestuft werden. Das betrifft etwa einen Vertrag, in dem sich der Käufer eines gemeindeeigenen Grundstücks zusätzlich zur Zahlung des Kaufpreises dazu verpflichtet, die Festsetzungen eines noch nicht in Kraft getretenen (zukünftigen) Bebauungsplanes zu beachten 23 . Ebenfalls privatrechtlich hat das BVerwG 2 4 einen Vertrag im Rahmen des 17

Vgl. Stich in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 22 ff.; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 186; Runkel, GuG 1994, S. 137, 138 f. 18 Vgl. den Bericht des 16. Ausschusses anläßlich der Beratungen des BauGB 1987, BT-Drs. 10/6166, S. 148 f.; dazu bereits oben in der Einleitung. 19 Zur Problematik der Folgekostenverträge in § 11 BauGB vgl. unten Kapitel 2 III. 2. b). 20 BVerwG, Urt. v. 05.10.1965, DVB1. 1967, S. 40, 41 f.; Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 801; zustimmend z.B. Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 54, Rdnr. 80 m.w.N.; M. Gaßner, Abwälzung, S. 172 f. 21 BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989; vgl. auch Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 56 ff.; Vondung, Die freiwillige Umlegung, S. 143 f.; a. A. noch Baur in FS Mühl, S. 71, 82 ff. 22 BVerwG, Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686 f. 23 BGH, Urt. v. 07.02.1985, DVB1. 1985, S. 793, 794. 24 Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 58 f.; vgl. dazu unten Kapitel 2 II 2. c).

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

„Weilheimer Einheimischenmodells" eingestuft, in dem der private Vertragspartner der Gemeinde ein befristetes und durch Vormerkung im Grundbuch abgesichertes Ankaufsrecht an seinem Grundstück eingeräumt hatte 25 . Traditionell privatrechtlich eingeordnet werden ferner die im Rahmen der kommunalen Bodenpolitik getätigten Grundstückserwerbungen der Gemeinde, die mit Blick auf eine künftige Baulandaus Weisung erfolgen 26 . Eine gesetzliche Regelung „des" städtebaulichen Vertrages hat grundsätzlich drei zumindest denkbare Möglichkeiten, mit dem Befund verschiedener Rechtsnaturen umzugehen: Entweder das Gesetz reagiert darauf, indem es eine nur eingeschränkte Regelung trifft, den Anwendungsbereich der Vorschrift also auf Verträge mit homogener (öffentlich-rechtlicher) Rechtsnatur beschränkt und anders (d.h. privatrechtlich) zu qualifizierende Vereinbarungen ausschließt. Oder es negiert die bislang (zu Recht?) angenommenen Unterschiede und definiert die Rechtsnatur aller städtebaulichen Verträge einheitlich. Denkbar ist schließlich auch, daß das Gesetz die Inhomogenität der Rechtsnatur städtebaulicher Vereinbarungen ignoriert und eine für öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verwaltungsverträge 27 gleichermaßen geltende Regelung schafft. Im folgenden soll zunächst gezeigt werden, daß § 11 BauGB seine Geltung nicht auf Verträge mit einer bestimmten Rechtsnatur beschränkt, sein Anwendungsbereich also nicht von der Rechtsnatur der zu regelnden Vereinbarungen geprägt wird (1.). Anschließend ist die (schwierigere) Frage zu untersuchen, ob nicht umgekehrt die Anwendbarkeit des § 11 BauGB die Rechtsnatur der betroffenen Verträge prägt und die bisherigen Ansichten zur Qualifikation städtebaulicher Vereinbarungen deshalb revidiert werden müssen (2.). 25

Diese Einordnung ist bis heute umstritten; vgl. Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 56; Hien, Vertragliche Gestaltungsformen, S. 56 ff.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 106 (zustimmend); BayVGH, Urt. v. 11.04. 1990, NVwZ 1990, S. 979 f.; Busse, BayVBl. 1993, S. 231; Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 97 f.; Beck, Einheimischenmodelle, S. 22 ff. (ablehnend). Der BayVGH hält „wegen der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Verträgen" auch nach der Grundsatzentscheidung des BVerwG öffentlich-rechtliche Einheimischenmodelle zumindest für grundsätzlich möglich; vgl. BayVGH, Urt. v. 22.12. 1998, BRS 60, Nr. 232, S. 827, 840. 26 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 5 f.; O. Gaßner, Der freihändige Grunderwerb, S. 217 ff. 27 Der Begriff des Verwaltungsvertrages wird hier rechtsformübergreifend für Verträge zwischen der Verwaltung und Privaten gebraucht. Die Arbeit folgt damit in der Terminologie Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 134; ebenso Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 250; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 3 ff.; anders z.B. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 ff., der den Begriff als Synonym für den verwaltungsrechtlichen Vertrag gebraucht; ebenso ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rdnr. 1 ff.

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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1. Keine rechtsnaturabhängige Geltung des § 11 BauGB Einige Äußerungen in der Literatur lassen darauf schließen, daß ihre Autoren den Anwendungsbereich des § 11 BauGB bzw. seiner Vorgängernormen auf öffentlich-rechtliche Verträge beschränkt sehen 28 . Eine ähnliche Vorstellung liegt offenbar auch zwei Entscheidungen der Oberlandesgerichte München und Hamm zu den sogenannten Einheimischenmodellen zugründe 29 : In dem vom OLG München zu beurteilenden Fall hatte die Gemeinde ein Grundstück zu einem offenbar unter dem Verkehrsweit liegenden Preis an einen Privaten verkauft. Der Kaufvertrag enthielt eine auf 10 Jahre befristete „Einheimischenbindung" 30 . Bei einem Verstoß gegen diese Vertragsklausel sollte der Käufer verpflichtet sein, den Differenzbetrag zwischen dem Kaufpreis und dem zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung aktuellen Verkehrswert des Grundstücks an die Gemeinde zu zahlen. Das Gericht hat in dieser Vertragsregelung die Vereinbarung einer gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßenden und damit unzulässigen Vertragsstrafe gesehen 3 1 . Die Entscheidung des OLG Hamm bezieht sich auf einen von der Gemeinde in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Grundstückskaufvertrag, in dem eine auf 20 Jahre befristete „Einheimischenbindung" mittels eines Wiederkaufsrechts zugunsten der Gemeinde abgesichert wurde, für das eine erstrangige Vormerkung im Grundbuch einzutragen war. Nach Ansicht des OLG Hamm ist diese Vertragsgestaltung wegen unangemessener Benachteiligung der Käufer gemäß § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) unwirksam 32 . 28

Vgl. Lohr in B/K/L (6. Auflage), zu § 11, Rdnr. 1, 22, der die Vorschrift als „Klarstellung und Absicherung (...) öffentlich-rechtlicher Formen kooperativen Handelns im Städtebaurecht" (Hervorhebung im Original; anders jetzt aber in der 8. Auflage) charakterisiert und sie offenbar als partielle Spezialregelung zu den §§54 ff. VwVfG begreift. Vgl. ferner Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 42, allerdings zu § 6 BauGB-MaßnG, die Grundstücksveräußerungsverträge der Gemeinden, mit denen auch städtebauliche Ziele verfolgt werden, nicht von dieser Vorschrift erfaßt sehen (anders jetzt aber offenbar Bunzel/ Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 18, 21 f.). Für durchweg öffentlichrechtlich halten auch Finkelnburg/Ortloff Bd. I, S. 175, den städtebaulichen Vertrag. 29 OLG München, Urt. v. 27.06.1994, BayVBl. 1995, S. 282 f.; OLG Hamm, Uri. v. 11.01.1996, BayVBl. 1997, S. 536 ff. 30 Der Käufer mußte sich verpflichten, innerhalb der Bindungsfrist das Grundstück selbst (zu Wohnzwecken) zu nutzen. Ein eventueller Weiterverkauf durfte nur an einen „Einheimischen" zu einem von der Gemeinde festgelegten Preis erfolgen. Zudem mußte auch der neue Käufer bereit sein, gegenüber der Gemeinde eine ,,Einheimischenbindung" einzugehen. 31 OLG München, Urt. v. 27.06.1994, BayVBl. 1995, S. 282, 283.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Beide Entscheidungen stützen sich ausschließlich auf zivilrechtliche Rechtssätze und gehen in den Gründen mit keinem Wort auf die städtebaulichen Hintergründe der „Einheimischenmodelle" und insbesondere auf den zum Zeitpunkt beider Urteile geltenden § 6 BauGB-MaßnG ein. Offenbar liegt dem die unausgesprochene Ansicht zugrunde, daß mit der Qualifikation der „Einheimischenmodelle" als privatrechtlich (die das BVerwG im übrigen vor der Einführung des § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG vorgenommen hatte) die Anwendbarkeit öffentlich-rechtlicher Normen generell ausgeschlossen sei. Daß dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand 3 3 . Es ist grundsätzlich nicht die Rechtsnatur einer Handlungsform, die über die Anwendbarkeit einer Rechtsnorm entscheidet; vielmehr sind es die gesetzlichen Vorschriften selbst, die in ihrem Tatbestand die Reichweite ihrer Geltung bestimmen 34 . Dabei erstrecken gerade die grundlegenden öffentlichrechtlichen Maßstäbe für das Verwaltungshandeln ihre Anwendung auch auf die in privatrechtlichen Handlungsformen agierende Verwaltung 35 . Rechtsformunabhängig gelten insbesondere die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) und andere wesentliche Verfassungsrechtssätze wie das Übermaß- und das „Koppelungsverbot", aber auch Normen des einfachen Rechts, wie etwa Form- und Zuständigkeitsvorschriften oder das Haushaltsrecht 36. Der Staat und seine Gliederungen können sich daher den „sonderrechtlichen" Bindungen des Öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht durch eine „Bucht ins Privatrecht" entziehen 37 . Von der Anwendung auf privatrechtliches Verwaltungshandeln ausgeschlossen sind nur solche Normen des Öffentlichen Rechts, die ausdrücklich oder stillschweigend an öffentlich-rechtliche Handlungsformen anknüpfen. So gelten beispielsweise die Verwaltungsverfah32

OLG Hamm, Urt. v. 11.01.1996, BayVBl. 1997, S. 536 ff. Vgl. die scharfe Kritik an den Entscheidungen der OLGe aus der öffentlichrechtlichen Literatur: Jade, BayVBl. 1995, S. 283; Albrecht, DNotZ 1996, S. 546 ff.; Wagner, BayVBl. 1997, S. 539 ff.; Grziwotz, NJW 1997, S. 237 f.; kritisch auch BayVGH, Urt. v. 22.12.1998, BRS 60, Nr. 232, S. 827, 834; zurückhaltender Gaßner, BayVBl. 1997, S. 538 f.; zustimmend aus zivilrechtlicher Sicht Medicus, EWiR 1996, S. 243 f. 34 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 143; Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 274; Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 2, Rdnr. 42; Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 208. 35 Vgl. Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 2, Rdnr. 79; Runkel, GuG 1994, S. 137, 139; ausführlich zu den Inhalten des „allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts" unten Teil 2. 36 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 144 ff.; Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 2, Rdnr. 77 ff.; Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 69 ff.; alle auch zur daraus resultierenden Angleichung der Maßstäbe für die inhaltliche Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Verwaltungsverträge. 37 Vgl. ausführlich Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212 ff. 33

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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rensgesetze des Bundes und der Länder - und mit ihnen die §§54 ff. VwVfG - nur für die „öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit" der Behörden (§ 1 Abs. 1 V w V f G ) 3 8 . Eine Beschränkung der Anwendbarkeit des § 11 BauGB auf öffentlichrechtliche Vereinbarungen kann sich demnach nur aus der Vorschrift selbst bzw. ihrem normativen Umfeld ergeben. Dem Wortlaut der Regelung ist eine derartige Einschränkung indessen nicht zu entnehmen. Auch im übrigen legt das BauGB die Gemeinde nicht durchgehend auf den Gebrauch öffentlich-rechtlicher Handlungsformen fest 39 . Wie gesehen, wurde der Begriff der städtebaulichen Verträge im Zeitpunkt der Normierung in der Fachöffentlichkeit für öffentlich-rechtliche und für privatrechtliche Verträge gebraucht. Hätte der Gesetzgeber diesen Begriff nur mit einem eingeschränkten Sinngehalt verwenden wollen, so hätte er dies im Normtext zum Ausdruck bringen müssen 40 . Da er dies nicht getan hat, ist von einer rechtsform-unabhängigen Anwendbarkeit des § 11 BauGB auszugehen41.

2. Rechtsformprägende Wirkung des § 11 BauGB? Die bisherigen Darlegungen sind ungeprüft von der herrschenden Ansicht ausgegangen, derzufolge städtebauliche Verträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Vereinbarungen sein können. Dabei sind die Diskussionen um die Rechtsnatur der einzelnen Vertragsgestaltungen in der Regel schon eine gute Weile vor der ersten ausführlicheren Normierung „des" städtebaulichen Vertrages ausgetragen worden 42 . Es scheint nicht ausgeschlossen, daß gerade die zwischen38

Vgl. Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 2, Rdnr. 81, der zutreffend darauf hinweist, daß zahlreiche Rechtsgedanken, die in den Bestimmungen des VwVfG zum Ausdruck kommen, auf höherrangiges (Verfassungs-) Recht zurückzuführen sind und deshalb auch auf privatrechtliches Verwaltungshandeln anwendbar sein müssen. 39 Im Wege eines privatrechtlichen (städtebaulichen) Vertrages hat die Gemeinde beispielsweise ihre Veräußerungspflicht aus § 89 BauGB zu erfüllen; vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 53. 40 Während der Vorbereitungen zur Novelle des BauGB ist darüber diskutiert worden, den städtebaulichen Vertrag gesetzlich als öffentlich-rechtlich zu definieren. Das ist letztlich abgelehnt worden, weil die Gemeinden auch in Zukunft auf den Abschluß privatrechtlicher Verträge nicht würden verzichten können; vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 99, Rdnr. 151. Ferner zu dieser Problematik unten Kapitel 1 II. 2. b). 41 Von der rechtsformunabhängigen Geltung des § 11 BauGB gehen offenbar u. a. auch aus Oerder, NVwZ 1997, S. 1190, 1191; ders., BauR 1998, S. 22 f.; Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 13 f.; für § 6 BauGB-MaßnG vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 22 ff.; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 186; BayVGH, Uri. ν. 18.12.1998, BRS 60, Nr. 232, S. 827, 832. 3 Hamann

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

zeitlich erfolgte gesetzliche Regelung eine neue Beurteilung der Rechtsnatur städtebaulicher Verträge erfordert. Der Umstand, daß diese Verträge nunmehr in ihrer Gesamtheit Regelungsgegenstand einer Norm des öffentlichen Rechts 43 sind, legt die Frage nahe, ob damit nicht auch ihre einheitliche öffentlich-rechtliche Einordnung zwingend geworden ist 4 4 . Die Beschäftigung mit dieser Frage macht es notwendig, sich zunächst der Abgrenzung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verwaltungsverträgen und dem Einfluß gesetzlicher Regelungen hierauf zuzuwenden. a) Zur Bestimmung der Rechtsnatur von Verwaltungsverträgen aa) „Gegenstands-" und „Vorordnungslehre" Die Diskussion um die Bestimmung der Rechtsnatur von Verträgen zwischen der Verwaltung und dem Bürger findet ihren Ausgangspunkt der herrschenden Meinung zufolge in der Formulierung des § 54 S. 1 VwVfG, nach der „ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" durch Vertrag gestaltet werden kann 4 5 . Danach soll die Rechtsnatur eines Vertrages von der Rechtsnatur des durch ihn geregelten Rechtsverhältnisses, das heißt von seinem Gegenstand her bestimmt werden können 46 . Der Ver42

Vgl. die entsprechenden Ausführungen und Nachweise bei Schmidt-Aßmann/ Krebs, 2. Auflage, S. 1 ff. 43 Daß § 11 BauGB eine Vorschrift des öffentlichen „Sonderrechts ist, läßt sich am einfachsten mit den Zuordnungskriterien der sogenannten „modifizierten Subjektstheorie" begründen: Normadressat des § 11 BauGB ist die Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Trägerin der verschiedenen städtebaulichen Verfahren. Zum gleichen Ergebnis wird kommen, wer auf die Interessenrichtung der Vorschrift abstellt („Interessentheorie"). (Die auf ein Über-Unterordnungsverhältnis abstellende „Subjektionstheorie" vermag demgegenüber für Normen, die von einer formal gleichberechtigten Stellung von Verwaltungsträger und Privatem ausgehen, keine brauchbaren Ergebnisse zu liefern.) Vgl. zu den verschiedenen Abgrenzungstheorien und ihrem sich gegenseitig nicht ausschließenden Charakter Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rdnr. 14 ff. 44 Für § 6 BauGB-MaßnG ist entsprechendes vertreten worden von Huber, Wertzuwachs, S. 108; für § 11 BauGB wohl auch noch Lohr, in B/K/L, 6. Auflage, zu § 11, Rdnr. 1; in der Tendenz auch Erbguth, VerwArch 89 (1998), S. 189, 193, 210. 45 Vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 206; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rdnr. 10; Spannowsky, Grenzen, S. 113 f. 46 Vgl. die in Fn. 45 Genannten und aus der Rechtsprechung: GemSOGHB, Beschl. v. 10.04.1986, BVerwGE 74, S. 368, 370; BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 801; Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 687; Urt. v. 29.05.1981, BauR 1982, S. 30, 31; Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 58 f.; BGH, Urt. v. 07.02.1985, DVB1. 1985, S. 793, 794; zur Kritik an der Gegenstandstheorie Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 2 Rdnr. 53.

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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tragsgegenstand seinerseits soll öffentlich-rechtlicher Natur sein, wenn er sich auf einen öffentlich-rechtlich geregelten Sachverhalt bezieht 47 , was wiederum dann angenommen wird, wenn die zu seiner Beurteilung heranzuziehenden Rechtssätze solche des öffentlichen Rechts sind 4 8 ' 4 9 . Schwierigkeiten bereitet der sogenannten Gegenstandstheorie allerdings häufig die Frage, welche Rechtssätze auf einen bestimmten Vertragsgegenstand anzuwenden sind 5 0 . Dieses Problem scheint indessen im vorliegenden 47 BVerwG, Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 687; Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 58 f.; Spannowsky, Grenzen, S. 113. 48 Vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 206; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 167. 49 An dieser Stelle wird deutlich, daß der Vertrag als Handlungsform bezüglich seiner Rechtsnatur „an sich" neutral ist. Nur Rechtssätze können eindeutig dem öffentlichen oder dem privaten Recht zugeordnet werden; der Vertrag erlaubt eine Aussage über seine Rechtsnatur erst, nachdem er zu entsprechend qualifizierbaren Normen in eine Beziehung gesetzt worden ist, vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 206. 50 Hien t FS Schlichter; S. 137 ff.; ders., Vertragliche Gestaltungsformen, S. 43, 58 ff., weist darauf hin, daß das Problem häufig bereits bei der Bestimmung des als Beurteilungsgrundlage benötigten Vertragsgegenstandes beginnt. Vor allem in den Fällen der sogenannten „hinkenden" Austauschverträge, aber auch bei anderen Verwaltungsverträgen, ist die Frage, ob man die über die Vertragsurkunde hinausweisenden Umstände und Motive in die Beurteilung mit einbezieht, sie also zum Vertragsgegenstand rechnet, oder nicht. Tut man es nicht, so hat man in der Regel einen allein anhand von Privatrechtssätzen zu beurteilenden Sachverhalt vor sich. Dementsprechend hat das BVerwG in der Entscheidung zum „Weilheimer Einheimischenmodell" einen engen Begriff des Vertragsgegenstandes verwendet und darauf abgestellt, daß es sich bei der zu beurteilenden Vereinbarung um einen notariellen Grundstückskaufvertrag handelte, der allein nach privatrechtlichen Maßstäben zu beurteilen sei; Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 58 f.; anders noch die Vorinstanz VGH München, Urt. v. 11.04.1990, NVwZ 1990, S. 979 f. Hien, a.a.O., stärkt das vom BVerwG gefundene Ergebnis mit der Überlegung, aus Gründen der Rechtssicherheit solle grundsätzlich von einem engen Begriff des Vertragsgegenstandes ausgegangen werden. Maßgeblich sei i.d.R. nur, was aus dem Vertragstext selbst hervorgehe. Außerhalb des Vertrages liegende Umstände sollten nur Berücksichtigung finden, wenn dies zum wirtschaftlichen Verständnis der Vereinbarung notwendig sei, wie etwa bei den „hinkenden" Austauschverträgen, die nur die Leistungspflichten des privaten Vertragspartners ausdrücklich benennen. Zu befriedigen vermag dieser Ansatz weder dogmatisch noch rechtspraktisch. Die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer vertraglichen Abrede wird sich regelmäßig nicht ohne Blick auf die Vorstellungen und Motive der Vertragsparteien beurteilen lassen. Auch sind es häufig eben die außerhalb der Vertragsurkunde liegenden Umstände, von denen die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Vereinbarung abhängt. Gerade in der zitierten Entscheidung zum „Weilheimer EinheimischenmodeH" hat das BVerwG nach seinen Ausführungen zur Rechtsnatur nur noch die „außervertraglichen" städtebaulichen Hintergründe in den Blick genommen und einer ausführlichen - öffentlichrechtlichen - Prüfung unterworfen. Es ist nicht recht einzusehen, warum die für die Rechtmäßigkeit eines Vertrages maßgeblichen Rechtssätze bei der Beurteilung sei-

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Zusammenhang ohne Bedeutung, da es ja gerade um Verträge geht, auf die eine bestimmte (öffentlich-rechtliche) Rechtsnorm - § 11 BauGB - anwendbar ist. Es darf aber nicht übersehen werden, daß in vielen Fällen § 11 BauGB nicht die einzige Vorschrift ist, die auf einen bestimmten (städtebaulichen) Vertrag Anwendung findet. Verwaltungsverträge verknüpfen nicht selten Pflichtenkreise, die jeweils von Rechtssätzen mit verschiedener Rechtsnatur ausgestaltet werden. So werden beispielsweise von kommunalen Grundstücksverkäufen mit „Einheimischenbindung" sowohl städtebauund allgemein verwaltungsrechtliche Fragen berührt (Vereinbarkeit mit der Bauleitplanung, sachlicher Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung, Angemessenheit), als auch Regelungsgegenstände des Zivilrechts (Vertragsform, Gewährleistung für Mängel des Grundstücks, Behandlung von Leistungsstörungen). Dieser Befund spräche an sich dafür, einen öffentlich-rechtlichen/privatrechtlichen „Mischvertrag" anzunehmen. Rechtsprechung und h.M. lehnen die Konstruktion eines solchen „MischVertrages" aber einhellig ab 5 1 . Für möglich wird es wohl angesehen, daß ein Vertragswerk (d.h. eine Vertragsurkunde) öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Vereinbarungen enthält 5 2 . Nicht zulässig soll es aber sein, zusammenhängende Leistungen unterschiedlichen Rechtsregimen zuzuordnen 53 . Der Grund für die Ablehnung von „Mischverträgen" liegt vor allem in den praktischen Unzuträglichkeiten (Rechtswegspaltung!), zu denen die Aufspaltung eines einheitlichen Vertragsrechtsverhältnisses in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil führen würde 54 . Dogmatisch läßt sich § 56 VwVfG anführen, der ersichtlich davon ausgeht, daß eine „an sich" privatrechtlich zu beurteilende „Gegenleistung" des Bürgers im Kontext der öffentlich-rechtlichen Behördenleistung zum Bestandteil eines einheitlichen öffentlichrechtlichen Vertrages wird 5 5 ' 5 6 .

ner Rechtsnatur vollkommen außer Betracht bleiben sollen (kritisch zur Ausblendung der städtebaulichen „Motivation" auch Spannowsky, Grenzen, S. 382). 51 BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 801; Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 687; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rdnr. 11; Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 24, Rdnr. 3; Ule/Laubinger\ Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Auflage, § 68, Rdnr. 6; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 54, Rdnr. 77. 52 BVerwG, Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 687; Urt. v. 24.02.1994, NVwZ 1994, S. 1012; Ule/Laubinger; Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Auflage, § 68, Rdnr. 6; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 54, Rdnr. 77. 53 Vgl. Fn. 51. 54 So deutlich BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 801, vgl. auch Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 24, Rdnr. 3. 55 Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 171; zustimmend Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 24, Rdnr. 3.

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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Das de lege lata bestehende Problem, heterogen determinierte Verträge einheitlich einem Rechtsgebiet zuweisen zu müssen, versucht die herrschende Meinung dadurch zu lösen, daß sie auf den „Schwerpunkt" der den Vertrag bestimmenden Regelungen bzw. auf das Ausmaß der Vorordnung des Vertrages durch das Öffentliche oder das Privatrecht abstellt 57 . Danach ist ein Vertrag dann als öffentlich-rechtlich anzusehen, wenn er sein wesentliches Gepräge durch das Öffentliche Recht erhält 58 . Für eine Reihe von Fallgruppen läßt sich eine derartig prägende öffentlich-rechtliche Vorordnung relativ sicher feststellen, so wenn Gegenstand des Vertrages ein Hoheitsakt ist, oder wenn der öffentlich-rechtliche Pflichtenkreis eines Vertragspartners verändert wird 5 9 . In weniger eindeutigen Fällen zeigt sich dagegen, daß die „Gegenstandstheorie" kein Kriterium für eine dogmatisch trennscharfe Abgrenzung liefert, sondern auf eine Bewertung des quantitativen Ausmaßes der öffentlich-rechtlichen Vorordnung abzielt 60 . bb) „Aufgabentheorie" Die mit diesem wertenden Element notwendig einhergehende Unsicherheit in Zweifelsfällen ist für die in jüngerer Zeit wieder zunehmende Zahl der Anhänger der Aufgabentheorie der wesentliche Kritikpunkt an der herrschenden Lehre 61 . Die Aufgabentheorie geht davon aus, daß sich die Verwaltung zur unmittelbaren Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben grundsätzlich des für sie geschaffenen öffentlichen „Sonderrechts" zu bedienen hat. Fehlt es an einer ausdrücklichen anderslautenden gesetzlichen Regelung, 56

Nicht geklärt ist bislang, ob der „enge Zusammenhang" von Leistung und Gegenleistung, der eine einheitliche Zuordnung zu einem Rechtsregime erfordert, im Sinne einer synallagmatischen Verknüpfung zu verstehen sein soll (zum Begriff des Synallagmas vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, 17. Auflage, Rdnr. 213 ff.; in diesem Sinne wohl BVerwG, Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 687; Hien, FS Schlichter, S. 129, 139), oder ob auch nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Nebenpflichten als eng zusammenhängend anzusehen sind (zur Unterscheidung von Haupt- und Nebenpflichten vgl. Medicus, a.a.O., Rdnr. 148 ff.; in dieser Richtung wohl BGH, Urt. v. 07.02.1985, DVB1. 1985, S. 793, 794, vgl. zum Ganzen auch Papier, JuS 1981, S. 498, 499). 57 Vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 207 m.w.N. 58 Vgl. Erbguth/Rapsch, DÖV 1992, S. 45, 46; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 168; ähnlich BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 801; BGH, Urt. v. 12.07.1971, BGHZ 56, 365, 373. 59 Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 168 f. 60 Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 276 f.; deshalb wird z.T. auch von „Vorordnungslehre" gesprochen, vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 207. 61 Grundlegend dafür die Schrift von Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 199 ff. m.N. auf frühere Vertreter der Aufgabentheorie; ihm folgend Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 114 ff.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

sollen danach alle Verträge mit Beteiligung eines Verwaltungsträgers dem Öffentlichen Recht zuzuordnen seien, es sei denn, daß die Verwaltung nur „mittelbare Verwaltungsaufgaben" wahrnimmt. Dem häufig geäußerten Einwand, die Abgrenzung von unmittelbaren und mittelbaren Verwaltungsaufgaben sei nicht durchführbar, versucht die Aufgabentheorie mit einer gegenständlichen Benennung des mittelbaren Aufgabenkreises zu begegnen 62 . Ausgehend von dieser Methode der Abgrenzung wäre die Frage nach der Rechtsnatur von städtebaulichen Verträgen allerdings auch ohne Blick auf § 11 BauGB zu beantworten. Da diese Verträge schon begrifflich der Erfüllung städtebaulicher und mithin (unmittelbar) öffentlicher Aufgaben dienen, müßten sie ausnahmslos als öffentlich-rechtlich eingestuft werden. Der Aufgabentheorie ist aber aus dogmatischer Sicht entgegenzuhalten, daß der Schluß von der öffentlich-rechtlichen Aufgabenzuweisung auf die öffentlich-rechtliche Handlungsform nicht zulässig ist 6 3 . Die Rechtsordnung enthält kein nachweisbares Gebot, „unmittelbare" Verwaltungsaufgaben mit öffentlich-rechtlichen Mitteln durchzuführen. Im übrigen vermag auch das Anliegen der Aufgabentheorie nicht zu überzeugen, durch Ausdehnung des öffentlich-rechtlichen Vertragsrechts eine möglichst weitgehende Kongruenz von Verwaltungshandeln und Verwaltungsrecht zu erreichen 64 . Dieses Anliegen wäre gerechtfertigt, wenn die Annahme privatrechtlicher Verwaltungsverträge gleichbedeutend mit einer Lockerung der rechtsstaatlichen Anforderungen an das Handeln der Verwaltung wäre. Indessen kann von einer „Flucht ins Privatrecht" beim Abschluß privatrechtlicher Verträge keine Rede sein, da die wesentlichen öffentlichrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Vertragshandeln der Verwaltung unabhängig von der Rechtsnatur der Verträge gelten 65 . Praktische Auswirkungen hätte die Aufgabentheorie daher ganz überwiegend nur auf prozessualem Gebiet. Daß es aber sinnvoll sein soll, den Verwaltungsgerichten die Vielzahl von Verwaltungsverträgen zuzuweisen, die zwar der Erfüllung „unmittelbarer" Verwaltungsaufgaben dienen, im übrigen aber von rein zivilrechtlichen Fragestellungen dominiert sind (z.B. Grundstücksverkäufe nach § 89 BauGB), leuchtet nicht ein.

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So vor allem Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 201 ff. Mittelbare Verwaltungsaufgaben sind demnach in erster Linie die Bereiche Bedarfsdeckung, Vermögensverwaltung und Teilnahme am Wirtschaftsverkehr. Ähnlich Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 114 ff. 63 Vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 207 m.w.N. 64 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 206 ff. 65 Vgl. oben Kapitel 1 II. 1.

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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cc) Bewertung Gerade die (prozessualen) Konsequenzen der Unterscheidung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen zeigen, daß es sinnvoll ist, mit der herrschenden Lehre die Abgrenzung unter dem Gesichtspunkt der quantitativ überwiegenden Vorordnung des Vertragsgegenstandes vorzunehmen. Die scheinbare Schwäche dieses Abgrenzungskriteriums, eine im Zweifelsfall nicht zwingende, sondern nur eine wertende Entscheidung treffen zu können, ist in Wahrheit in der Konstruktion eines öffentlich-rechtlichen Vertrages selbst angelegt. Die von dieser Rechtsfigur vorausgesetzte Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht setzt auf der Normebene an 6 6 . Sie muß dort - zumindest in der Theorie - für jeden Rechtssatz und aus diesem selbst heraus (nach der herrschenden Sonderrechtstheorie durch Bestimmung des Normadressaten) eindeutig gelingen 67 . Dagegen ist die Differenzierung der Rechtsnatur einer Handlungsform weniger zwingend 68 . Die Handlungsformen werden von Rechtssätzen geprägt; nur der Rückgriff auf die determinierenden Normen erlaubt es, überhaupt von der Rechtsnatur einer Handlungsform zu sprechen 69 . So kann beispielsweise der Verwaltungsakt deshalb als öffentlich-rechtliche Handlungsform bezeichnet werden, weil er als einseitiges Instrument der Verwaltung allein vom Öffentlichen Recht ausgestaltet wird 7 0 .

66

Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 2 Rdnr. 14. Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 135. 68 So auch im Ansatz Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 135. Dieses Problem kann auch nicht dadurch verwischt werden, daß man zur Qualifikation der Rechtsnatur eines Vertrages darauf abstellt, ob „die im Vertrag getroffene Regelung, wäre sie normativ erfolgt, eine Norm des Öffentlichen Rechts sein würde"; so Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, S. 211; Menger, VerwArch 64 (1973), S. 203 ff. (sogenannte „Normfiktionslehre"). Eine solche fiktive Norm müßte notwendig an einen Hoheitsträger adressiert und damit dem Öffentlichen Recht zuzurechnen sein. Soll also die generelle und offensichtlich nicht sachgerechte Zuordnung aller Verwaltungsverträge zum Öffentlichen Recht vermieden werden, muß auch die Normfiktionstheorie auf weitere materiale Kriterien zurückgreifen (etwa darauf, ob Vertragspartner ein Hoheitsträger „als solcher" ist, vgl. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 61), die sie das angestrebte Ziel, eine rein formale und sichere Abgrenzung zu ermöglichen, aber verfehlen läßt, vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 166; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 96; Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 24, Rdnr. 5 ff. Zur de lege lata bestehenden Notwendigkeit, öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Organisationsformen des Verwaltungshandelns zu unterscheiden vgl. Krebs, Die Verwaltung 1996, S. 309, 317 ff. 69 Vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 206. 70 Einen eigenen Erkenntniswert hat diese Benennung allerdings nicht, sie bringt nur zum Ausdruck was ohnehin klar ist: die alleinige Geltung des Öffentlichen Rechts für die Handlungsform Verwaltungsakt. 67

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Demgegenüber kann die Handlungsform Vertrag nicht a priori einer der beiden Rechtsordnungen zugeordnet werden 71 . Sowohl das öffentliche Recht als auch das Privatrecht kennen den Vertrag als Handlungsinstrument. Die vertraglich handelnde Verwaltung muß die Rechtssätze beider Rechtsordnungen in dem Umfange beachten, wie es sich aus den Normen selbst ergibt 72 . Das heißt aber, daß Verwaltungsverträge sowohl von privatrechtlichen als auch von öffentlich-rechtlichen Rechtssätzen geprägt werden. Im Begriff des öffentlich-rechtlichen Vertrages ist damit der Rückgriff auf die im Einzelfall quantitativ überwiegenden Normen bereits angelegt; der öffentlich-rechtliche Vertrag kann häufig im Grunde nur ein „überwiegend öffentlich-rechtlicher Vertrag" sein. Nichts anderes bringt die „Vorordnungslehre" zum Ausdruck 73 . b) Konsequenzen für die von §11 BauGB erfaßten

Verträge

Für die Rechtsnatur eines Vertrages kommt es nach dem Gesagten darauf an, in welchem (quantitativen) Ausmaß er bei weitender Betrachtung von welcher Rechtsordnung normativ „vorgeordnet" wird. Ohne weiteres als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist danach vor allem eine Vereinbarung, deren Ausgestaltung im Öffentlichen Recht im einzelnen geregelt ist 7 4 . Damit scheint sich die eingangs vorgestellte Ansicht zu bestätigen, die Normierung der städtebaulichen Verträge im BauGB habe eine Vereinheitlichung bezüglich der Rechtsnatur dieser Vereinbarungen herbeigeführt 75 . Eine derartig verallgemeinernde Einschätzung wäre angesichts der Vielfalt von Vertragsgestaltungen, die den Gemeinden zur Umsetzung städtebaulicher Zielsetzungen dienen und die als Instrumente des Städtebaurechts deshalb „städtebauliche Verträge" genannt werden können, jedoch zu pauschal. Zu prüfen ist vielmehr, in welchem Ausmaß § 11 BauGB die einzelnen Vereinbarungen normativ „vorordnet". Dabei ist zu differenzieren zwischen den Regelungen, die prinzipiell auf jeden städtebaulichen Vertrag Anwendung finden, also den Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und Abs. 3, und dem nur für besondere Vertragsgestaltungen geltenden Abs. 1 S. 2. Der Einfluß der „zweiten Regelungsebene" auf die Rechtsnatur der dort konkreter normierten Vereinbarungen soll erst im nächsten Kapitel behandelt werden. Hier geht es zunächst nur um die „erste" Regelungsebene.

71 72 73 74 75

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

auch Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 24, Rdnr. 1. oben Kapitel 1 II 1. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 250, 276. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 169. oben Fn. 44.

1. Kap.: Regelung der Handlungsform Vertrag

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§ 11 Abs. 1 S. 1 BauGB regelt (deklaratorisch 76 ) die grundsätzliche Zulässigkeit des Gebrauchs von Verträgen als Instrumente des Städtebaurechts. Das allein läßt jedoch keinen Rückschluß auf die Rechtsnatur der angesprochenen Vereinbarungen zu 7 7 . Ein anderes Ergebnis ließe sich nur mittels einer Deduktion der Rechtsform des Vertrages aus der öffentlich-rechtlichen Natur der städtebaulichen Aufgabenstellung begründen. Daß eine solche Begründung dogmatisch nicht zu halten wäre, ist bereits oben im Zusammenhang mit der Diskussion der „Aufgabentheorie" dargelegt worden 78 . Inhaltliche Vorgaben für alle städtebaulichen Verträge enthält § 11 Abs. 2 BauGB. Das Angemessenheitsgebot und das Verbot, eine Gegenleistung des Bürgers für eine gebundene Verwaltungsleistung zu fordern, gehören jedoch zu dem Bestand jener öffentlich-rechtlichen Grundsätze, die nach überwiegender Meinung ohnehin für alle Verwaltungsverträge Geltung beanspruchen, unabhängig von ihrer Rechtsnatur 79 . Mit der Kodifizierung dieser Grundsätze ist noch kein Ausmaß an inhaltlicher Vorordnung aller städtebaulichen Verträge verbunden, das eine umfassende öffentlich-rechtliche Qualifizierung dieser Vereinbarungen tragen würde. Gleiches gilt für die Formvorschrift des § 11 Abs. 3 BauGB, was sich im übrigen schon darin zeigt, daß die dort angeordnete Schriftform in den vielen Fällen städtebaulicher Grundstücksverträge durch die „privatrechtlich" (§313 BGB) vorgeschriebene notarielle Beurkundung verdrängt wird 8 0 . Im Ergebnis zeigt sich, daß die für alle städtebaulichen Verträge geltenden Regelungen des § 11 BauGB keinen unmittelbaren Einfluß auf die Rechtsnatur der Vereinbarungen nehmen. Zumindest außerhalb der detaillierter normierten Verträge nach § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB sind demnach weiterhin auch privatrechtliche städtebauliche Verträge denkbar 81 . Zusammenfassend ist festzuhalten, daß weder der Anwendungsbereich des § 11 BauGB durch die Rechtsnatur der zu regelnden Vereinbarungen geprägt wird, noch § 11 BauGB die Rechtsnatur der von seinem Anwen76

Vgl. dazu unten Kapitel 4 II. Im Ergebnis ebenso BVerwG, Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 59 für § 124 Abs. 2 BauGB a.F. 78 Vgl. oben Kapitel 1 II 2. a) bb). 79 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 II 1.; ausführlich zur Bedeutung des § 11 Abs. 2 BauGB unten Kapitel 5 III. 80 Vgl. nur Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 77. 81 So im Ergebnis auch Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 112 ff.; Oerder, NVwZ 1997, S. 1190, 1191; ders., BauR 1998, S. 22 f.; Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 13 f.; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 186; Stüer/König, ZfBR 2000, S. 528, 531; für § 6 BauGB-MaßnG vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 22 ff., BayVGH, Urt. v. 18.12.1998, BRS 60, Nr. 232, S. 827, 832; zur Rechtsnatur der in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB geregelten Verträge vgl. unten in Kapitel 3. 77

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

dungsbereich erfaßten Verträge prägt. Die Anwendbarkeit der Regelung über den städtebaulichen Vertrag ist nicht davon abhängig, ob die fragliche Vereinbarung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich einzustufen ist. Und umgekehrt wird die Qualifizierung der Rechtsnatur eines Vertrages von der Geltung des § 11 BauGB nicht berührt. Regelungsgegenstand der Vorschrift sind öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge zwischen der Gemeinde und Privaten mit städtebaulicher Zielsetzung, das heißt mit anderen Worten der städtebauliche Verwaltungsvertrag 82' 83.

I I I . Zusammenfassung Regelungsgegenstand des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB ist die Handlungsform des Vertrages als ein Instrument des Städtebaurechts. Die (deklaratorische) Feststellung der Zulässigkeit von „anderen städtebaulichen Verträgen" in § 1 1 Abs. 4 BauGB bezieht sich ausschließlich auf Vereinbarungen, die nicht zwischen einer Gemeinde und einem Privaten geschlossen werden. 82 Zur Terminologie vgl. bereits oben Fn. 27; zum städtebaulichen Verwaltungsvertrag auch Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 3 f. 83 Die damit auch von § 11 BauGB nicht beendete rechtsformübergreifende Existenz von städtebaulichen Verträgen führt in der Praxis zu dem häufig als mißlich empfundenen Problem der Rechtswegspaltung. Die Schwierigkeiten, mit denen die Bestimmung der Rechtsnatur eines städtebaulichen Vertrages belastet ist, und die daraus resultierenden Unsicherheiten bei der Wahl des Rechtsweges haben in der Literatur die Forderung laut werden lassen, den städtebaulichen Vertrag gesetzlich als öffentlich-rechtlich zu definieren, vgl. Glombik, Sonderregelungen, S. 128 ff. Auch in der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuches ist dieser Vorschlag diskutiert worden, vgl. Bericht der Expertenkommission, S. 99, Rdnr. 151. Er ist aber vom Gesetzgeber zu Recht nicht in die Tat umgesetzt worden. Aus dogmatischer Sicht wäre eine solche Legaldefinition ein Schritt in die falsche Richtung. Die gesetzliche Bezeichnung des städtebaulichen Vertrages als öffentlichrechtlich könnte letztlich nichts daran ändern, daß z.B. Grundstücksverträge mit städtebaulichen Nebenabreden überwiegend von privatrechtlichen Rechtssätzen vorgeordnet sind. Ein solcher Vertrag bliebe also in Ansehung der vorgestellten Abgrenzungskriterien ein privatrechtlicher Vertrag; er erhielte lediglich ein anderes, irreführendes Etikett. Vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 99, Rdnr. 151: „Eine endgültige und umfassende Qualifizierung ist nicht möglich, da die Gemeinden weiterhin im Grundstücksverkehr notwendig auch privatrechtliche Verträge abschließen." Der Wunsch nach einer eindeutigen Klärung der problematischen Rechtswegfrage ist damit aber nicht befriedigt. Er hat neue Nahrung bekommen durch die beiden bereits angesprochenen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und München, vgl. oben Kapitel 1 II. 1. Aus dem Kreis der Urteilskritiker ist wegen der Nichtbeachtung des einschlägigen § 6 BauGB-MaßnG durch die Zivilgerichte die Forderung erhoben worden, den städtebaulichen Vertrag gesetzlich generell den Verwaltungsgerichten zuzuweisen oder den Parteien zumindest die Wahl des Rechtsweges einzuräumen, vgl. Grziwotz, NJW 1997, S. 237, 238. Ob die Erfüllung dieser Forderung wirklich einen Fortschritt bedeuten würde, soll hier nicht entschieden werden.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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Damit hat § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB im Vergleich zu den bisherigen, inhaltsbezogenen Regelungen „des" städtebaulichen Vertrages singulären Charakter. § 11 BauGB trifft keine Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen städtebaulichen Verträgen; er gilt rechtsformunabhängig für alle städtebaulichen Verwaltungsverträge. Jedenfalls im Ansatz erfüllt die Vorschrift damit Forderungen der Literatur, die dogmatische Annäherung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verwaltungsverträgen gesetzgeberisch nachzuvollziehen 84 . Der neue § 11 BauGB könnte damit so etwas wie eine „Grundnorm" für das Recht des städtebaulichen Verwaltungsvertrages sein. Bevor der Frage nachgegangen werden kann, was die Neuregelung in dieser Hinsicht zu leisten vermag, ist zunächst noch die „zweite Ebene" des § 11 Abs. 1 auf ihren Regelungsgehalt hin zu untersuchen. Kapitel 2

Die „zweite Regelungsebene" Ein Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB Gegenstand des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB ist der Verwaltungsvertrag im Städtebaurecht, und zwar „abstrakt", ohne Bezugnahme auf bestimmte Vertragsinhalte. Das ist eine grundlegende Neuerung gegenüber den bisherigen Regelungen „des" städtebaulichen Vertrages, mit denen der Gesetzgeber den Versuch unternommen hatte, wichtige Vertragstypen der städtebaulichen Praxis einer positiven Regelung zuzuführen. Diese Normierung auf einem „mittleren Konkretisierungsniveau" 85 leistet § 11 Abs. 1 BauGB erst auf der zweiten Regelungsebene in Satz 2. Dessen Nr. 1 bis 3 sind erkennbar an die drei Absätze des bisherigen § 6 BauGB-MaßnG angelehnt. Die einzelnen Formulierungen gehen beinahe vollständig auf die Empfehlungen der Expertenkommission zurück, deren Ziel es war, die nicht streng systematische und nicht überschneidungsfreie Aufzählung in § 6 BauGB-MaßnG durch eine „etwas systematischere und weniger katalogartige Umschreibung" zu ersetzen 86.

84

Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 1. Auflage, S. 157 f.; Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 273 ff. 85 Vgl. Bericht der Expertenkommission, S. 93, Rdnr. 139; BT-Drs. 13/6392, S. 50. 86 A.a.O., S. 99, Rdnr. 149.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Ziel der folgenden Darstellung wird es zunächst sein, die Themenkreise, die laut § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB „insbesondere" Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein können, vorzustellen und die sachlichen Unterschiede herauszuarbeiten, die zu den Vorgängerregelungen in einzelnen Fragen bestehen. Dabei soll das Augenmerk insbesondere den systematischen Gesichtspunkten gelten, die dieser Aufzählung von Vertragsgegenständen zugrundeliegen. Ob die zweite Regelungsebene des § 11 BauGB zu einer Systematisierung des Vertragsgeschehens in der städtebaulichen Praxis beitragen kann, wird erst die Beschäftigung mit einigen wichtigen Vertragsgestaltungen im dritten Teil der Arbeit zeigen.

I. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 - „Maßnahmenverträge" 1. Allgemeines; Vergleich mit § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG Der erste Halbsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB umschreibt die behandelten Vertragsgegenstände zunächst in allgemeiner Form als „die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten". Diese Formulierung geht auf die ursprüngliche „Legaldefinition" des städtebaulichen Vertrages in § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauZVO 1990 zurück. Bereits in der unmittelbaren Vorgängernorm des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB, in § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG, wurde sie aber nurmehr als Beispiel für eine Gestaltungsform des städtebaulichen Vertrages verwendet. Im Wortlaut der neuen Vorschrift gibt es im Vergleich zu § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG einige Veränderungen: Nach dem aktuellen Gesetzestext übernimmt der Vertragspartner die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen; gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnG konnte die Gemeinde dies durch Vertrag einem Dritten übertragen. Bei einem an der Begrifflichkeit des Zivilrechts orientierten Verständnis hätte es diese Formulierung erlaubt, einen außerhalb des Vertragsverhältnisses Stehenden mit der städtebaulichen Maßnahme zu belasten, denn das BGB bezeichnet als „Dritten" den an einem Schuldverhältnis (zwischen dem Ersten und dem Zweiten) Nichtbeteiligten 87 . Daß eine derartige Ermächtigung zum Abschluß von Verträgen zu Lasten Dritter (im zivilrechtlichen Sinne) vom Gesetz nicht beabsichtigt war, liegt auf der Hand. Vielmehr verwendete § 6 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnG die Bezeichnung Dritter, abweichend von der Begrifflichkeit des BGB, für den Vertragspartner der Gemeinde 88 . Dies entspricht dem noch aktuellen Gebrauch in § 124 87

Vgl. dazu Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899 ff., insbesondere S. 900 ff. Vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 28, 35, der den „Dritten" nach Abs. 1 vom „Bauwilligen" i.S.d. Abs. 3 abgrenzt. 88

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 4 5 BauGB 8 9 . Ein sachlicher Unterschied zwischen § 6 Abs. 1 S. 1 BauGBMaßnG und seiner Nachfolgevorschrift besteht insoweit nicht. Ausdrücklich betont § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB, daß die Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen durch den Vertragspartner auf dessen Kosten vereinbart werden kann. Eine entsprechende Formulierung war in § 6 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnG nicht enthalten; gleichwohl ging die ganz herrschende Literaturmeinung davon aus, daß die Vorschrift die Kostenübernahme durch den privaten Vertragspartner erlaubte 90 . Der neue Gesetzes Wortlaut beinhaltet daher keine sachliche Änderung; er streicht allerdings den Unterschied zwischen den geregelten „Maßnahmenverträgen" und „reinen" Werkverträgen heraus 91 . Vereinbarungen über eine Kostenbeteiligung der Gemeinde sollen im übrigen durch § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB nicht ausgeschlossen werden 92 .

2. Städtebauliche Maßnahmen § 6 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnG erlaubte die Übertragung von städtebaulichen Maßnahmen nach dem BauGB oder dem BauGB-MaßnG; § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 spricht in allgemeinerer Form nur noch von städtebaulichen Maßnahmen. Anwendungsbereich und Bedeutung der Regelung hängen maßgeblich vom Inhalt des Begriffs „städtebauliche Maßnahmen" ab. Eine Definition enthält das BauGB nicht; die - nicht sehr zahlreichen Bemühungen der Literatur um eine Klarstellung sind nicht besonders deutlich und z.T. nicht widerspruchsfrei 93 . Zur Klärung des Begriffs scheint es

89 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899, 900 f. Schmidt-Eichstaedt, a.a.O., S. 902, kommt zu dem Ergebnis, daß „Dritter" im BauGB derjenige sei, demgegenüber Staat und Gemeinde nicht im klassischen Über- und Unterordnungsverhältnis (i.S.d. Subjektionstheorie) agieren, sondern jemand, der außerhalb dieser hoheitlichen Einflußnahme stehe. „Im Zivilrecht steht der Dritte außerhalb des Vertragsrechtsverhältnisses, im öffentlichen Recht steht der Dritte außerhalb des Hoheitsverhältnisses." Demgegenüber ist Birk, BauR 1999, S. 205, 207 f. der Ansicht, die Bezeichnung „Dritter" solle signalisieren, daß die Gemeinde Erschließungsverträge nicht mit sich selbst bzw. mit einer von ihr beherrschten juristischen Person des öffentlichen oder des Privatrechts abschließen dürfe. 90 1. Auflage, S. 53; KrautzVgl. Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, berger, in E/Z/B/K, (Lieferung 59; Stand 2/97) zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 113; Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 29; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 42. 91 Vgl. Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 19; Stich, in SchwerpunkteKommentar, zu § 11, Rdnr. 3. Zu der Frage, ob „reine" (d.h. privatrechtliche) Werkverträge zugleich städtebauliche Verträge i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 sein können vgl. unten Fn. 150 und Kapitel 3. 92 Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 13/6392, S. 50.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

sinnvoll, sich zunächst den gesetzlichen Beispielen für städtebauliche Maßnahmen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. HS zuzuwenden. a) Neuordnung der Grundstücksverhältnisse Insbesondere bei der Ausweisung bislang im Außenbereich belegener Rächen als Bauland stehen die Grenzen der überplanten Grundstücke regelmäßig nicht im Einklang mit der im Plan vorgesehenen Nutzung. Die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse ist dann Voraussetzung für die Realisierung der Bauleitplanung. Das BauGB weist den Gemeinden in § 46 Abs. 1 die Aufgabe zu, für einen plangerechten Zuschnitt der Grundstücke Sorge zu tragen, „wenn und sobald (dies) zur Verwirklichung eines Bebauungsplans erforderlich ist". Zur Erfüllung dieser Aufgabe stellt das Gesetz mit der Umlegung (§§ 45 ff. BauGB) - und für kleinere Korrekturen mit der Grenzregelung (§§ 80 ff. BauGB) - ein ausgefeiltes hoheitliches Instrumentarium zur Verfügung 94 . Dennoch spielen gerade im Bereich der „Bodenordnung" 95 vertragliche Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und den Grundstückseigentümern im Plangebiet eine große Rolle 9 6 . Zum Teil ergänzen diese Verträge das amtliche Verfahren („freiwillige Umlegung unter dem Mantel des amtlichen Verfahrens" 97 ), zum Teil ersetzen sie es aber auch vollständig, entweder durch eine umfassende Kooperation von Gemeinde und Eigentümern („freiwillige Umlegung") oder durch den kommunalen (Zwischen) Erwerb sämtlicher Flächen im Plangebiet. Die erste Variante des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2. HS BauGB greift die Möglichkeit der vertraglichen Gestaltung der Bodenordnung auf. Ob die Vorschrift damit als gesetzliche Grundlage für alle angesprochenen Ver93

Dombert, BauR 1994, S. 551, meint, städtebauliche Maßnahme sei alles, was gemäß § 1 Abs. 1 BauGB der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde diene; ähnlich Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 52. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 27, schließt aus der Formulierung des § 6 Abs. 1 S. 1 BauGB-MaßnG, die Gemeinde könne die Vorbereitung oder Durchführung der städtebaulichen Maßnahme auf Dritte übertragen, daß es sich um Maßnahmen handeln müsse, die nach dem BauGB oder dem BauGB-MaßnG an sich der Gemeinde obliegen würden. Ebenso jetzt ders., in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 2. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 114, hält den Terminus „Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen" für so weit gefaßt, daß er alle im Städtebaurecht angesprochenen Planungen und Maßnahmen betrifft. 94 Dazu umfassend Dieterich, Baulandumlegung - Recht und Praxis, 4. Auflage

2000. 95

So die Überschrift des vierten Teils im ersten Kapitel des BauGB. Vgl. - auch zu den Gründen - Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 37 ff.; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 50 f. und unten Kapitel 8. 97 Vgl. Dieterich, Baulandumlegung, S. 369 ff. 96

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 4 7 tragsmodelle oder zumindest als Hinweis auf deren allgemeine Zulässigkeit interpretiert werden kann, soll hier dahinstehen 98 . Auf eine augenfällige Veränderung im Vergleich zur Vorgängernorm kann allerdings bereits hier hingewiesen werden: Im Unterschied zu § 6 Abs. 1 S. 2 BauGB-MaßnG ist in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB nicht mehr von der privatrechtlichen Neuordnung der Grundstücksverhältnisse die Rede. Die Bezeichnung „privatrechtlich" wurde von der Literatur ohnehin nicht als Hinweis auf die (oder gar als gesetzliche Festlegung der) Rechtsnatur der in Rede stehenden Verträge aufgefaßt 99 . Das Gesetz habe vielmehr lediglich den Unterschied zwischen der vertraglichen Neuordnung der Grundstücksverhältnisse und der Neuordnung unter Zuhilfenahme hoheitlicher Instrumente verdeutlichen wollen 1 0 0 . Diese - im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Einordnung der „freiwilligen Umlegung" durch das BVerwG 1 0 1 eher mißverständliche „Klarstellung" hat der Gesetzgeber im Zuge der Neufassung offenkundig für entbehrlich gehalten 102 . b) Bodensanierung und sonstige vorbereitende

Maßnahmen

Der Terminus „Bodensanierung" bezeichnet die Untersuchung und Beseitigung von Bodenverunreinigungen, den sogenannten „Altlasten" 1 0 3 . Gemäß §§ 5 Abs. 3 Nr. 3, 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB sind Rächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind, in den Bauleitplänen zu kennzeichnen. Eine Ausweisung derartiger Flächen insbesondere als Wohnbauland ist regelmäßig unzulässig, wenn nicht zugleich eine Beseitigung der Belastung ins Auge gefaßt w i r d 1 0 4 . Die Bodensanierung ist damit recht-

98

Vgl. Kapitel 8 II. Vgl. Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 57 f.; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 62 f.; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 119. 100 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 119. 101 Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989 f. 102 Zur Rechtsnatur der Verträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB vgl. unten Kapitel 2 I. 4. 103 Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 75; Krautzberger, in E/Z/ B/K, zu § 11, Rdnr. 120, vgl. auch die Definition in § 2 Abs. 7 des Bundes-Bodenschutzgesetzes v. 17.03.1998 (BGBl. I, S. 502): „Sanierung im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen 1. zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), 2. die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern, ohne sie zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), 3. zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens." 104 Vgl. Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 22; Lohr, in B/K/L, zu § 9, Rdnr. 113a; Dolde/Menke, NJW 1999, S. 1070, 1073, alle mit Nachweisen zur Rspr. des 99

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

lieh Voraussetzung sowohl für die Bauleitplanung als auch für ihre Umsetzung. Eine allgemeine Zuweisung der Zuständigkeit für die Bodensanierung als Aufgabe enthält das BauGB nicht. Im Rahmen des besonderen Städtebaurechts kann die Altlastensanierung unter den Begriff der „sonstigen Maßnahmen, die notwendig sind, damit die Baumaßnahmen durchgeführt werden können" in § 147 S. 1 Nr. 5 BauGB subsumiert werden. Sie ist dort als „Ordnungsmaßnahme" ausdrücklich der Gemeinde zugewiesen 105 . Zu den sonstigen vorbereitenden Maßnahmen zählt insbesondere die Freilegung der Grundstücke, die in § 6 Abs. 1 S. 2 BauGB-MaßnG noch ausdrücklich genannt war (und die § 147 S. 1 Nr. 3 BauGB im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme der Gemeinde als Ordnungsmaßnahme zuweist) 1 0 6 . Freilegung meint die Beseitigung baulicher Anlagen (auch aus Gründen des Umweltschutzes) sowie die Entsiegelung des Bodens 1 0 7 . c) Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen Die Bauleitplanung, das heißt das Ausarbeiten und Aufstellen von Bauleitplänen, ist die städtebauliche Aufgabe der Gemeinden und dabei zugleich ihr wichtigstes städtebauliches Instrument (vgl. § 1 Abs. 1 und 3 BauGB). Die im Rahmen der Planung anfallenden Aufgaben sind allerdings häufig so komplex und umfangreich, daß sie von den Gemeinden allein weder finanziell noch personell bewältigt werden können 1 0 8 . Daher werden vielfach Private auf vertraglicher Grundlage zur Erstellung der planerischen Konzeptionen, zur Durchführung einzelner Verfahrensschritte oder zur Finanzierung der Planungsarbeiten 109 herangezogen. Bei dem privaten Vertragspartner der Gemeinden handelt es sich oft um einen Dritten mit besonderem Sachverstand, etwa ein privates Planungsbüro; in vielen Fällen werden entsprechende Verträge aber auch mit einem Investor oder Vorhabenträger geschlossen, der unmittelbar am Ergebnis der Planung interessiert i s t 1 1 0 . BGH zu den haftungsrechtlichen Folgen der Nichtberücksichtung von Altlasten in der Abwägung. 105 Zur vertraglichen Übertragung der Ordnungsmaßnahmen gemäß § 146 Abs. 3 BauGB und zur Bedeutung des § 11 in diesem Zusammenhang, vgl. unten Kapitel 10 1. 106 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 8. 107 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 121. los Vgl Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 77. 109

Vgl. dazu unten Kapitel 2 III. 2. (zu § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3) und Kapitel 8 I. 4. a) cc) (zur Erstattungsfähigkeit interner Verwaltungskosten).

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 4 9 Im einzelnen kommen eine ganze Reihe von Arbeitsschritten für eine vertragliche Übertragung in Betracht 111 : - Ausarbeitung und Anpassung von Planentwürfen - Vorbereitung und Durchführung vorbereitender oder paralleler Planungen und Untersuchungen; z.B. Altlastenuntersuchungen (vgl. auch oben b), Verkehrsgutachten, Marktanalysen u. ä. - Organisation und Durchführung einzelner Verfahrensabschnitte; z.B. der Bürgerbeteiligung nach § 3 BauGB oder der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 B a u G B 1 1 2 - Vorbereitung der Abwägung 1 1 3 . Seit der Novellierung des BauGB im Zuge der Umsetzung der UVPRichtlinie 1 1 4 nennt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB ausdrücklich auch die Ausarbeitung des Umweltberichts als Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages. Da der Umweltbericht gemäß § 2a BauGB Teil der Begründung des Bebauungsplanes ist, hat die Änderung lediglich klarstellenden Charakter 1 1 5 . Vertragsgegenstand ist die Ausarbeitung der städtebaulichen Planung, nicht die Planung selbst. Die Wortwahl des Gesetzes verdeutlicht, daß die Gemeinde stets Trägerin der Planungshoheit bleibt und, von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a.E. ausdrücklich betont, als solche auch nach außen hin allein für ein ordnungsgemäßes Planungsverfahren ( und -ergebnis) verantwortlich i s t 1 1 6 . Nicht übertragbar sind daher insbesondere die förmlichen Verfahrensakte, d.h. vor allem die von den zuständigen Gemeindegremien zu treffenden Beschlüsse (Einleitungsbeschluß, Auslegungsbeschluß und Satzungsbeschluß) 117 . Zudem müssen in dem Vertrag Mechanismen vereinbart werden, die es der Gemeinde erlauben, ihre Letztverantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des gesetzlichen Verfahrens auch tatsächlich 110

Zum Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 1 vgl. unten unter 3.; zu Grenzen der Übertragung auf einen Vorhabenträger und zur Abgrenzung gegenüber § 4b BauGB vgl. den Exkurs unten Kapitel 2 I. 5. 111 2. Auflage, S. 79 f.; Birk, Die Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 117; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 124. 112 Vgl. dazu den Exkurs Kapitel 2 I. 5. 113 Zur technischen Vorbereitung der Abwägung durch sogenannte Abwägungstabellen vgl. jüngst Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899, 905 ff. 114 Vgl. oben Einleitung, Fn. 33. 115 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 9; zu den Inhalten des Umweltberichts z.B. Kuschnerus, BauR 2001, S. 1211, 1216 ff. 116 Vgl. statt vieler Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 6; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 19. 117 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 79 f. 4 Hamann

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

wahrzunehmen und eine eigenverantwortliche Abwägungsentscheidung zu treffen 1 1 8 . d) Begriff

der „städtebaulichen

Maßnahme"

Der Überblick über die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 beispielhaft aufgeführten Gegenstände von Maßnahmenverträgen ermöglicht es, den Begriff der städtebaulichen Maßnahme selbst näher zu bestimmen: Wesensmerkmal aller dargestellten Vertragsgegenstände ist die - bereits im Attribut „städtebaulich" anklingende - Verankerung im Städtebaurecht 1 1 9 . Ausdruck dieses bodenrechtlichen Charakters ist die gemeinsame spezifisch städtebauliche Zielsetzung der Maßnahmen, das heißt die Ausrichtung auf die Vorbereitung oder Ermöglichung der baulichen Nutzung bestimmter Grundflächen 120 . Die Bodenneuordnung dient der Realisierung der Bauleitplanung, ebenso die Bodensanierung, die zugleich Voraussetzung für die Aufstellung eines Bebauungsplans ist. Die Ausarbeitung der städtebaulichen Planung schließlich dient unmittelbar der Bauleitplanung selbst und damit der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung (§ 1 Abs. 3 BauGB). Gemeinsam ist den von § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB angeführten Beispielen für städtebauliche Maßnahmen ferner, daß das Städtebaurecht sie als Aufgaben den Kommunen zuweist 1 2 1 . Ganz deutlich ist das bei der Neuordnung der Grundstücksverhältnisse und bei der Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen. Für die Bodensanierung und die sonstigen vorbereitenden Maßnahmen findet sich eine explizite Aufgabenzuweisung nur im Besonderen Städtebaurecht. Aber auch außerhalb desselben sind die Gemeinden städtebaurechtlich zumindest subsidiär zur Vornahme entsprechender Handlungen verpflichtet, da die Rechtmäßigkeit der kommunalen Bauleitplanung davon abhängt. Zusammengefaßt lassen sich städtebauliche Maßnahmen i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB demnach umschreiben als Handlungen mit städtebaulicher Zielsetzung, deren Vornahme das Städtebaurecht den Kommunen aufgibt. Städtebauliche Maßnahmen in diesem Sinne sind neben den in 118

2. Auflage, S. 80; Stich, in SchwerVgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, punkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 4 und unten Kapitel 2 I. 5. 119 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 6 BauGB-MaßnG (Lieferung 59; Stand 2/ 97), Rdnr. 100 weist besonders auf den Städtebau rechtlichen Charakter der „städtebaulichen" Maßnahmen hin. In der Formulierung des § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG kam die Verankerung im Städtebaurecht klar zum Ausdruck. 120 Darauf stellt Dombert, BauR 1994, S. 551, ab. 121 Vgl. Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 2; Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 10.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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§ 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 aufgezählten vor allem die Erschließung (§§ 123 ff. BauGB) und die städtebaulichen Sanierungs- (§§ 136 ff. BauGB) und Entwicklungsmaßnahmen (§§ 165 ff. BauGB) 1 2 2 . Im Rahmen der letztgenannten „Gesamtmaßnahmen" unterscheidet das Gesetz zwischen einzelnen Ordnungs- (§§ 147, 169 Abs. 1 Nr. 4 BauGB) und Baumaßnahmen (§§ 148, 169 Abs. 1 Nr. 4 BauGB). Nur die Ordnungsmaßnahmen fallen unmittelbar in die Zuständigkeit der Gemeinden und sind damit städtebauliche Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB 1 2 3 ' 1 2 4 .

3. Vorbereitung oder Durchführung durch den Vertragspartner Wesensmerkmal der städtebaulichen Maßnahme ist wie gesehen die gesetzliche Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde. Wenn sich ein Privater vertraglich zur Ausführung der städtebaulichen Maßnahme verpflichtet, so bedeutet das regelmäßig 125 ein Abweichen von der gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeit für die Durchführung bestimmter Aufgaben. Verträge nach § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB modifizieren also die vom Gesetz vorgenommene Zuordnung von Aufgaben. Die Vorschrift betrifft aber nur die vertragliche Delegation der „technischen" Ausführung städtebaulicher Maßnahmen, nicht auch die Übertragung der eigentlichen Sachkompetenz und Verantwortung. Unabhängig von der zu verneinenden Frage, ob eine der Gemeinde gesetzlich zugewiesene 122 Ygi Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 17. 123 Die Durchführung der Baumaßnahmen obliegt gemäß § 148 Abs. 1 S. 1 BauGB primär den Eigentümern. Die Gemeinden sind jedoch zuständig, soweit eine zügige und zweckmäßige Durchführung durch die Eigentümer nicht gewährleistet ist, § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB. 124 Die durch die Bauleitplanung ermöglichte bauliche Nutzung eines bestimmten Gebietes zwingt regelmäßig zur Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen, die nicht unter den Begriff der Erschließungsanlagen im Sinne der §§ 123 ff. fallen. (Vgl. auch §§ 5 Abs. 2 Nr. 2; 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB; zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung Weyreuther, UPR 1994, S. 121, 127 f.) Dazu rechnen etwa Kindergärten und Schulen, Sportanlagen, Krankenhäuser, Feuerwehrund kulturelle Einrichtungen (weitere Beispiele bei Krautzberger, in B/K/L, zu § 148, Rdnr. 7). Die Planung und ggf. Errichtung solcher Anlagen ist im BauGB nicht explizit geregelt. Ihre Subsumtion unter den Begriff der städtebaulichen Maßnahmen ist daher davon abhängig, daß dem Städtebaurecht zumindest implizit eine entsprechende Aufgabenzuweisung an die Gemeinden entnommen werden kann. Das wiederum setzt mindestens voraus, daß dem Gesetzgeber des BauGB die Kompetenz zur Regelung der „Folgeeinrichtungen" zusteht. Dieser Frage soll unten Kapitel 2 III. 2. b) cc) im Rahmen der Untersuchung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB nachgegangen werden. 125 Ausnahmen sind die Maßnahmen, bei denen eine nur subsidiäre Zuständigkeit der Kommunen besteht, wie bei den Baumaßnahmen gemäß § 148 BauGB. 4*

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Sachkompetenz auf vertraglichem Wege vollständig aus ihrem Verantwortungsbereich herausgelöst und auf diese Weise gleichsam „privatisiert" werden kann, enthält § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB jedenfalls keine Ermächtigung zu einem derartigen Vertragsschluß. Die Vorschrift benennt nur die „Vorbereitung und Durchführung", also die Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe als Vertragsgegenstand, nicht aber deren Übertragung als solche 1 2 6 . Ausdrücklich klargestellt wird das für die Übernahme der Ausarbeitung der städtebaulichen Planung durch den privaten Vertragspartner, durch die die Verantwortung der Gemeinde für das Planaufstellungsverfahren „unberührt" bleiben soll; gleiches muß aber auch für alle anderen in der gesetzlichen Zuständigkeit der Kommune liegenden städtebaulichen Maßnahmen gelten 1 2 7 , 1 2 8 . In vielen Fällen stehen den Gemeinden für die Durchführung einer ihnen gesetzlich zugewiesenen städtebaulichen Maßnahme hoheitliche (Zwangs-) Mittel zur Verfügung. Die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB vorgesehene Möglichkeit, die Ausführung der städtebaulichen Maßnahme auf einen Privaten zu delegieren, beinhaltet nicht auch die Übertragung dieses hoheitlichen Instrumentariums. Hoheitliche Befugnisse, d.h. insbesondere das Recht und die Fähigkeit zum Erlaß von Verwaltungsakten, können Privaten nur durch (Parlaments-) Gesetz oder aufgrund eines solchen übertragen werden 1 2 9 . Da die soge126

Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 114. Vgl. zur identischen Rechtslage beim Erschließungsvertrag Ernst, in E/Z/B/ K, zu § 124, Rdnr. 3; Lohr, in B/K/L, zu § 124, Rdnr. 4; für den Sanierungsträgervertrag Krautzberger, in B/K/L, zu § 157, Rdnr. 4. 128 Von der Übertragung der Sachkompetenz für eine bestimmte städtebauliche Maßnahme zu unterscheiden ist deren (vollständige oder teilweise) Substitution durch vertragliche Vereinbarungen. In vielen Fällen kann die Durchführung eines hoheitlich ausgestalteten, in der Zuständigkeit der Gemeinde liegenden Verfahrens dadurch vermieden werden, daß sich die betroffenen Privaten zur Vornahme der Handlungen verpflichten, die zur Erreichung der Ziele der gesetzlich vorgesehenen in E/Z/B/K, zu § 11, städtebaulichen Maßnahme notwendig sind. Krautzberger, Rdnr. 116, unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der gesetzlich geregelten Maßnahme einerseits und der wirtschaftlichen Aufgabe andererseits. Als Beispiel nennt er die Bodenordnung. Das Gesetz hält hier mit der „amtlichen" Umlegung eine „durchnormierte" städtebauliche Maßnahme bereit, deren Vorbereitung und Durchführung im Rahmen städtebaulicher Verträge ζ. T. von Privaten übernommen werden kann. Der wirtschaftliche Zweck der „amtlichen" Umlegung kann aber auch dadurch erreicht werden, daß die betroffenen Grundstückseigentümer und die Gemeinde sich in städtebaulichen Verträgen unmittelbar auf eine Neuordnung der Grundstücksverhältnisse und ein bestimmtes Verfahren für den Weg dahin einigen („freiwillige" Umlegung). Die (förmliche) städtebauliche Entwicklungsmaßnahme mit ihrem einschneidenden hoheitlichen Instrumentarium wird im Verhältnis zu einer Vertragslösung von § 165 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB n.F. sogar ausdrücklich für subsidiär erklärt. 127

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 5 3 nannte „Beleihung" als Einbeziehung des Privaten in den Funktionsbereich des Staates eine im demokratisch-rechtsstaatlichen Sinne wesentliche (Organisations-)Entscheidung darstellt, müssen an die Ausgestaltung des zugrundeliegenden Gesetzes und seine Detailschärfe erhöhte Anforderungen gestellt werden 1 3 0 . Derartigen Anforderungen genügt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB nicht. Der Terminus „Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen" mag zwar weit genug erscheinen, auch hoheitlich ausgestaltete Verfahrensschritte zu umfassen. Voraussetzung für die Möglichkeit einer Beleihung des Vertragspartners wäre aber mindestens, daß sich die konkret übertragbaren Befugnisse aus der gesetzlichen Grundlage entnehmen ließen. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Im Gegenteil: Für den Bereich der städtebaulichen Planung stellt der letzte Halbsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 nach einhelliger Auffassung nicht nur die Nichtübertragbarkeit der Sachkompetenz klar, sondern auch den zwingenden Verbleib aller hoheitlichen Befugnisse bei der Gemeinde 131 . Nichts anderes kann aber für Verträge im Zusammenhang mit anderen gesetzlich ausgestalteten städtebaulichen Maßnahmen gelten. Städtebauliche Verträge im Rahmen eines „amtlichen" Umlegungsverfahrens können also beispielsweise nicht das Recht und die Pflicht, den Umlegungsbeschluß zu fassen (§ 47 BauGB) oder den Umlegungsplan aufzustellen (§ 66 BauGB), auf den Vertragspartner delegieren 132 . Die Möglichkeit, die gesetzliche Aufgabenzuweisung durch Verträge i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB zu modifizieren, beschränkt sich danach auf die Übertragung von nicht-hoheitlichen Aufgaben auf den Vertragspartner.

4. Zusammenfassung; Rechtsnatur der Maßnahmenverträge Städtebauliche Verträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB haben die Übertragung von Aufgaben auf private Vertragspartner zum Gegenstand, die das Städtebaurecht an sich den Gemeinden zuweist. Derartige 129

Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23, Rdnr. 58; Ehlers, in Erichsen, AllgVerwR, § 1, Rdnr. 15; Erichsen, a.a.O., § 12, Rdnr. 18 m.w.N. 130 Vgl. z.B. Meyer, in Knack, zu § 1, Rdnr. 16 ff.; Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 12, Rdnr. 18 jeweils mit weiteren Nachweisen. Zur Reichweite und den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes vgl. unten. Kapitel 4 II. 1. 131 Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 4; ders., in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 27; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 114; Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 6. 132 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 114; Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 27. Für den Erschließungsvertrag vgl. BVerwG, Urt. v. 22.08.1975, DÖV 1976, S. 349; Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 3; für den Sanierungsträgervertrag Krautzberger, in B/K/L, zu § 157, Rdnr. 4.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Vereinbarungen modifizieren also die gesetzlich vorgesehene Aufgabenzuordnung und - da dem Wortlaut des Gesetzes zufolge mit der Übernahme der städtebaulichen Maßnahme auch deren Finanzierung verbunden ist Kostentragung. Die von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 zugelassenen Modifikationen betreffen aber nur die gleichsam unterste, „technische" Ausführungsund Finanzierungsebene; die eigentliche Sachkompetenz und Letztverantwortung für die Aufgabenwahrnehmung nach „außen" können ebensowenig auf den privaten Vertragspartner übertragen werden, wie spezifisch hoheitliche Befugnisse. Soweit sich Private in vertraglichen Vereinbarungen verpflichten, die Ausführung und Finanzierung von städtebaulichen Maßnahmen zu übernehmen, ist der Einsatz eventuell zu diesem Zweck vom Gesetz vorgesehener einseitiger (Zwangs-)Mittel durch die Gemeinde verzichtbar 133 . Unter einem funktionalen Aspekt betrachtet ersetzen Verträge nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB also das hoheitliche Instrumentarium des Städtebaurechts. Zu prüfen bleibt, ob anhand der gesetzlichen Regelung eine einheitliche Aussage zur Rechtsnatur der Maßnahmenverträge getroffen werden kann. Nach der hier vertretenen Auffassung ist für die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Qualifikation eines Verwaltungsvertrages das Ausmaß der Vorordnung durch Normen der einen oder der anderen Rechtsordnung maßgeblich. Allein aus der Anwendbarkeit von § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB kann danach nicht auf den öffentlich-rechtlichen Charakter eines städtebaulichen Vertrages geschlossen werden. Im Vergleich zur Regelungsdichte der ersten Regelungsebene des § 11 BauGB erfahren die Maßnahmenverträge in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB eine deutlich umfangreichere öffentlich-rechtliche „Vorordnung". Das Gesetz benennt die Vertragsgegenstände (städtebauliche Maßnahmen) und die Vertragspflichten zumindest des privaten Vertragspartners (Übernahme auf eigene Kosten). Allerdings wäre auch ohne die Normierung am öffentlich133 Der durch das BauROG 1998 neugefaßte § 165 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 macht den Einsatz der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme ausdrücklich von der Voraussetzung abhängig, daß die damit „angestrebten Ziele und Zwecke durch städtebauliche Verträge nicht erreicht werden können". Schon zur bisherigen Rechtslage war überwiegend vertreten worden, daß städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen nur erforderlich i.S.d. § 165 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauGB seien, wenn eine vertragliche Einigung über die Verwirklichung der angestrebten Ziele nicht möglich sei, vgl. Leisner, NVwZ 1993, S. 935, 938 f.; Stich, in Kormann, Das neue Bundesbaurecht, S. 9, 13 ff. Das Gesetz begreift den Vertrag als das im Vergleich die (Grund-) Rechtssphäre des Bürgers schonendere Mittel und ordnet deshalb seinen Vorrang vor der Ausübung des Hoheitsrechts an. „Der Vertrag wird zur Ausdrucksform des Übermaßverbots"; Krebs, DÖV 1989, S. 969, 970. Daraus kann aber nicht auf eine generelle Subsidiarität hoheitlicher Handlungsformen im Verhältnis zum Vertrag geschlossen werden; so zutreffend Spannowsky, UPR 1997, S. 41, 44 f.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 5 5 rechtlichen Charakter der „Maßnahmenverträge" nicht zu zweifeln. Zum einen handelt es sich bei den vertragsgegenständlichen städtebaulichen Maßnahmen um öffentlich-rechtliche Pflichtaufgaben der Gemeinde 134 . Zum anderen steht den Vertragsleistungen des Privaten im Rahmen derartiger Verträge als „Leistung" der Gemeinde regelmäßig die Schaffung von Baurechten, das heißt die Bauleitplanung gegenüber. Die Gemeinde kann zwar aus noch zu behandelnden Gründen 1 3 5 insoweit keine „echte" synallagmatische Vertragspflicht übernehmen („hinkender" Austauschvertrag); die Verknüpfung der hoheitlichen Planung mit den vertraglichen Leistungen des Vertragspartners ist gleichwohl als so eng anzusehen, daß schon aus diesem Grund der Vertrag insgesamt als öffentlich-rechtlich einzuordnen i s t 1 3 6 . Die gesetzliche Normierung der „Maßnahmeverträge" im Städtebaurecht kann als weitere Bestätigung für ihre öffentlich-rechtliche Einordnung gelesen werden, nicht aber als der eigentliche Anlaß dieser Qualifizierung.

5. Exkurs: Übertragung des Planungsverfahrens auf den Vorhabenträger nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und § 4b BauGB Die Ausarbeitung der städtebaulichen Planung, zu der sich der private Vertragspartner der Gemeinde gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB verpflichten kann, umfaßt vom Wortlaut her auch die Vorbereitung und Durchführung 1 3 7 einzelner Verfahrensabschnitte, wie z.B. die Bürgerbeteiligung (§ 3 BauGB) und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 4 BauGB) 1 3 8 . Unter der Geltung des insoweit gleichlautenden § 6 BauGBMaßnG wurde dementsprechend die Übertragung derartiger Verfahrenshandlungen durch städtebauliche Verträge unproblematisch für zulässig erachtet 1 3 9 . Allerdings enthielt § 6 BauGB-MaßnG anders als § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB auch keine Aussage zur Tragung der Kosten 1 4 0 . Deshalb 134

Vgl. oben Kapitel 2 I. 2. d). Vgl. unten Kapitel 3. 136 So ausdrücklich zu den diesbezüglich gleichgelagerten „FolgelastenVerträgen" BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803, vgl. dazu, daß ein öffentlich-rechtlicher Vertrag stets vorliegt, wenn eine der „Hauptleistungspflichten" einen Hoheitsakt betrifft, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rdnr. 11; Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 24, Rdnr. 5. 137 Das heißt die „technische" Vorbereitung und Durchführung, also die erforderlichen Arbeitsschritte wie Organisation von Informationsveranstaltungen, Gestaltung von Fragebögen und Zusammenstellung der jeweiligen Ergebnisse, nicht auch die förmlichen Verfahrensbestandteile wie Beschlüsse u.ä., vgl. Krautzberger, in E/Z/ B/K, § 11, Rdnr. 28. 138 Vgl. oben Kapitel 2 I. 2. c). 139 Vgl. Stich in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 28; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 42. 140 Vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 29. 135

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

konnten unter die alte Vorschrift auch Vereinbarungen subsumiert werden, mit denen ein neutraler „Dritter" gegen eine angemessene Vergütung die Organisation des Verfahrens übernahm 141 . Demgegenüber wird der „Vertragspartner" des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB, der ja mindestens einen Teil der durch die Planungsarbeiten entstehenden Kosten selbst trägt 1 4 2 , in aller Regel ein Investor mit erheblichem Eigeninteresse am Ausgang des Planungsprozesses sein. Überläßt die Gemeinde einem solchen Investor nicht nur die Ausarbeitung der Planungsarbeiten (und eventuell die vorbereitenden Untersuchungen), sondern auch die Moderation und Auswertung der Beteiligungsverfahren, die ja vor allem der Sammlung der gegenüber dem geplanten Vorhaben bestehenden Bedenk e n 1 4 3 dienen, so ist die Gefahr einer unzulässigen Einflußnahme auf das Verfahren nicht von der Hand zu weisen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß sich im Zusammenhang mit der Neufassung des Gesetzes die Stimmen mehren, die die Übertragung von Verfahrensschritten auf einen Vorhabenträger für generell unzulässig halten und deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB ausgeklammert wissen wollen 1 4 4 . Scheinbaren Auftrieb erhält diese Ansicht durch die Regelung des § 4b BauGB. Danach kann die Gemeinde „insbesondere zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den § § 3 bis 4a einem Dritten übertragen". Grundlage der Übertragung ist ein Vertrag 145 . Es liegt nahe, in dieser neuen Vorschrift eine Spezialregelung zu § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB zu sehen. § 4b BauGB scheint Vereinbarungen über die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten aus dem Anwendungsbereich des städtebaulichen Vertragsrechts herausgenommen und einer eigenständigen (abschließenden) Regelung zugeführt zu haben 1 4 6 .

141 Vgl. Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 3. Zur Ersetzung des „Dritten" in § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG durch den „Vertragspartner" in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB vgl. oben Kapitel 2 I. 1. und insbesondere Fn. 89. 142 Bei § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ist zumindest eine teilweise Kostentragung des Privaten konstitutiv, vgl. oben Kapitel 2 I. 1. 143 In seiner neuen Fassung kennt das Gesetz keine „Bedenken" mehr; der Gesetzgeber wünscht von den Bürgern nurmehr „Anregungen" zu erhalten, vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB. 144 So Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, S. 152 ff.; Stüer, DVB1. 1997, S. 1201, 1206 (vorsichtiger ders./Rude, Neue Aufgaben für Rechtsanwälte? - Mediation im öffentlichen Baurecht, Internet-Dokument, S. 3 des Ausdrucks); ihm folgend Hönig, Städtebaurecht 1998 (Tagungsbericht), Internet-Dokument, S. 2 des Ausdrucks. 145 Vgl. Battis, in B/K/L, zu § 4b, Rdnr. 6.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 5 7 Diese Sicht der Dinge kann aber nur richtig sein, wenn der „Dritte" im Sinne des § 4b BauGB gesetzesnotwendig von dem „Vertragspartner" in § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB verschieden ist und allein einen „neutralen", am Planungsverfahren sonst nicht beteiligten Außenstehenden bezeichnet. Die Bezeichnung „Dritter" für sich genommen trägt eine solche Auslegung nicht. Das Gesetz verwendete diesen Terminus in § 6 BauGB-MaßnG und verwendet ihn aktuell noch in § 124 BauGB - auch und gerade für den Investor als Vertragspartner der Gemeinde 147 . Anders als etwa § 157 Abs. 2 S. 1 BauGB enthält § 4b zudem keinen Hinweis darauf, daß dem Dritten für seine Bemühungen notwendig eine Vergütung zu zahlen wäre. Gegen die Einbeziehung des privaten Vorhabenträgers in den Begriff des „Dritten" könnte daher allein der Telos des § 4b BauGB sprechen. Den Gesetzgebungsmaterialien kann entnommen werden, daß mit § 4b BauGB eine normative Grundlage für ein Konfliktmittlungsverfahren nach US-amerikanischen Vorbild („Mediation") geschaffen werden sollte 1 4 8 . Einem „Mediator" - was immer auch im einzelnen unter dem schillernden Begriff „Mediation" verstanden werden m a g 1 4 9 - kommt im Bauplanungsverfahren die Aufgabe zu, die Vielzahl betroffener Interessen zu einem für alle Beteiligten akzeptablen Ausgleich zu bringen. Diese Funktion eines im Verfahren institutionalisierten Vermittlers kann allerdings nur ein von den verschiedenen Interessenkonflikten unberührter Außenstehender wahrnehmen. Ein am Ergebnis des Planungsverfahrens unmittelbar interessierter Vorhabenträger kann nicht „Mediator" sein. Regelt § 4b BauGB tatsächlich (ausschließlich) die Mediation im Β auplanungsverfahren, so sind die Rollen des „Dritten" im Sinne dieser Vorschrift und des „Vertragspartners" einer Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB nicht miteinander vereinbar 150 . 146

Vgl. Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 3; Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899. 147 Vgl. oben Kapitel 2 I. 1. und ausführlich Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899 ff. 148 BT-Drs. 13/6392, S. 47, vgl. Battis , in B/K/L, zu § 4b BauGB, Rdnr. 1 ff.; zur wachsenden Bedeutung der Mediation im deutschen Verwaltungsrecht vgl. aus der stetig wachsenden Anzahl von Veröffentlichungen lediglich Schmidt-Aßmann, Konfliktmittlung, S. 9 ff.; speziell zum Städtebaurecht: Stüer/Rude, Neue Aufgaben für Rechtsanwälte? - Mediation im öffentlichen Baurecht, Internet-Dokument, S. 1 ff. des Ausdrucks. 149 Vgl. auch dazu Stüer/Rude, Neue Aufgaben für Rechtsanwälte? - Mediation im öffentlichen Baurecht, Internet-Dokument, S. 1 ff. des Ausdrucks. 150 So im Ergebnis Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899, 903; wohl auch Spannowsky, UPR 1997, S. 41, 52. Dennoch ist nicht zu verkennen, daß der von § 4b BauGB vorausgesetzte Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Mediator der Erfüllung einer städtebaulichen Aufgabe dient. Dieser Vertrag ist damit ein gesetzlich vorgesehenes Instrument des Städtebaurechts, das heißt ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB. Zugleich weist er aber (schon wegen

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Diese teleologisch auf die Mediation reduzierte Auslegung des § 4b BauGB ist in der Literatur nicht unbestritten, zumal sie im Wortlaut der Vorschrift wie gesehen keine Stütze findet 1 5 1 . Für die hier zu untersuchende Frage, ob einem Vorhabenträger gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB auch die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten übertragen werden darf, ist die Entscheidung der Streitfrage allerdings nur von Bedeutung, wenn ein auf die Mediation beschränkter § 4b zugleich eine Sperrwirkung gegenüber § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 entfaltet. Für einen derart abschließenden Charakter der Vorschrift findet sich im Normtext aber kein Anhaltspunkt. Auch die systematische Nähe des § 4b zu den fraglichen Verfahrensvorschriften ist kein geeigneter Hinweis in diese Richtung, da § 11 Abs. 1 S. 2. Nr. 1 die städtebauliche Planung ausdrücklich erwähnt. Schließlich ist auch in den Gesetzesmaterialien nichts dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 4b die lange geübte Praxis beenden wollte, finanzstarken Vorhabenträgern mit genügender Sachkunde auch die Organisation von wichtigen Verfahrensabschnitten zu übertragen. Der neu in das Gesetz aufgenommene Hinweis auf die in jedem Fall bestehen bleibende Verantwortung der Gemeinde für das Planungsverfahren spricht eher für das Gegenteil. Dieser Passus wäre weitgehend sinnlos, wenn der Vertragspartner des § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ohnehin nur verfahrensmäßig „unverfängliche" Vorarbeiten übernehmen dürfte. Sollte der Geltungsbereich des § 4b BauGB tatsächlich auf die Einschaltung eines „neutralen" Verfahrensmittlers beschränkt sein, so heißt das lediglich, daß insoweit keine tatbestandliche Überschneidung mit § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 möglich ist. Die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung des § 11 ergibt sich daraus nicht; die Existenz des neuen § 4b BauGB ist kein Argument gegen die Übertragung von Verfahrensschritten auf Vorhabenträger durch städtebaulichen Vertrag 152 . Nicht entkräftet ist damit allerdings der eingangs erwähnte Einwand, die Beauftragung des am Verfahren beteiligten Investors mit der Organisation wesentlicher Verfahrensabschnitte sei wegen der Gefahr einer rechtswidrider regelmäßig zu treffenden Vergütungsvereinbarung) auch starke Elemente eines (privatrechtlichen) Werkvertrages auf. A.A. offenbar Battis , in B/K/L, zu § 4b, Rdnr. 6, der „je nach Umfang und Ausgestaltung" entweder einen Werkvertrag oder einen städtebaulichen Vertrag annehmen will. 151 Für die Einbeziehung von Verträgen mit einem Vorhabenträger im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB in den Tatbestand des § 4b vgl. etwa Battis , in B/K/ L, zu § 4b, Rdnr. 6 (unklar dagegen Lohr, a.a.O., zu § 11, Rdnr. 6); Lüers, DVB1. 1998, S. 433, 444; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 117; wohl auch Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 4. Von den Gegnern einer Übertragung von Verfahrensschritten auf den Vorhabenträger wird folgerichtig der „unklare" Wortlaut des § 4b kritisiert, vgl. Stüer, DVB1. 1997, S. 1201, 1206. 152 So im Ergebnis auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1998, S. 899, 903.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 5 9 gen Einflußnahme auf den Verfahrensablauf unzulässig. Dieser Ansicht zufolge dürfen wesentliche Verfahrensabschnitte wegen ihrer rechtsstaatlichen Bedeutung nur auf „unparteiische" Dritte übertragen werden; neutrales Verhalten eines an der Planung interessierten Vorhabenträgers könne die Gemeinde aber nicht garantieren 153 . An dieser Argumentation ist allerdings richtig, daß insbesondere den Beteiligungsverfahren nach den §§ 3, 4 BauGB angesichts der relativ weiten inhaltlichen Planungsfreiheit der Kommunen eine wichtige (kompensatorische) Funktion zukommt 1 5 4 . Die vorgeschriebene Mitwirkung der Bürger dient der Geltendmachung subjektiver Rechte und Interessen sowie der dafür unerläßlichen Information. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sichert die umfassende Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit. Beide Beteiligungsverfahren zusammen sind unerläßliche Voraussetzung für die von § 1 Abs. 6 BauGB gebotene gerechte Abwägung aller von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange untereinander und gegeneinander 155 . Es ist die auch im Rahmen einer funktionalen Verfahrensprivatisierung nicht delegierbare Pflicht der Gemeinde, dafür Sorge zu tragen, daß die Verfahrensabschnitte nach den § § 3 und 4 BauGB ordnungsgemäß durchgeführt werden und alle dabei zutage tretenden Gesichtspunkte ihrem Gewicht entsprechend in die Abwägung einfließen 156 . Aus dem objektiven Gewicht und der rechtsstaatlichen Bedeutung der Beteiligungsverfahren folgt aber nicht, daß die Gemeinde bei der Auswahl eines geeigneten Beauftragten für die Durchführung dieser Verfahren stets und ausnahmslos auf einen „neutralen" Außenstehenden beschränkt ist. Das für die Nichtanwendbarkeit des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB in der Literatur 1 5 7 herangezogene Bild vom Vorhabenträger als Richter in eigener Sache ist in einem entscheidenden Punkt schief: Der mit der Verfahrensorganisation betraute Investor hat keine materiellen Entscheidungsbefugnisse. Seine Aufgaben liegen in erster Linie im technischen und logistischen Bereich, das heißt in der Ermittlung der von der Planung berührten Träger öffentlicher Belange, in der Organisation (und Moderation) von Informationsveranstaltungen sowie in der Protokollierung und Aufbereitung der von den verschiedenen Beteiligten geäußerten Anregungen und Bedenken. Daß insbesondere in dem zuletzt genannten Bereich (aber auch beispielsweise in der Moderation von Versammlungen) faktische Möglichkeiten zur inhaltlichen Einflußnahme liegen, ist unbestreitbar. Insoweit sollte aber der Hin153

Bauplanungsrecht, S. 156. Vgl. Erbguth/Wagner, Vgl. dazu in anderem Zusammenhang Krebs, VerwArch 72 (1981), S. 49, 53. Bauplanungsrecht, S. 156. 155 Ygi Erbguth/Wagner, 154

156

Vgl. etwa Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 4. Stüer, DVB1. 1997, 1201, 1206; ihm folgend Honig, Städtebaurecht 1998 (Tagungsbericht), Internet-Dokument, S. 2 des Ausdrucks. 157

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

weis des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 auf die Letztverantwortung der Gemeinde ernst genommen werden. Die Kommune muß durch eine geeignete Vertragsgestaltung sicherstellen, daß der ordnungsgemäße Ablauf des Planungsverfahrens und die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Planungsergebnisses nicht durch die „Verfahrensprivatisierung" gefährdet werden. Praktisch heißt das z.B., daß sich die Gemeinde vertraglich umfassende Kontrollrechte vorbehalten m u ß 1 5 8 . Bei Informationsveranstaltungen hat stets ein Gemeindevertreter anwesend zu sein, der auch bei der Zusammenstellung der Veranstaltungsergebnisse hinzuzuziehen ist. Die Gemeinde muß auch die Bedeutung und das Konfliktpotential einer konkreten Planung in Rechnung stellen. Bei besonders umstrittenen Planungen kann es u.U. durchaus geboten sein, daß die Gemeinde Moderation und Auswertung der Beteiligungsverfahren selbst übernimmt und der Vorhabenträger auf rein technische Aufgaben (und deren Finanzierung) beschränkt wird. Dies sind aber Fragen des Einzelfalls. Für die generelle Nichtanwendbarkeit des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 auf „sensible" Verfahrensabschnitte besteht dagegen kein überzeugender Grund 1 5 9 .

I I . „Zielbindungsverträge" 160 - § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB 1. Allgemeines; Vergleich mit § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB nennt als weiteres Beispiel für den Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages „die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele". Ganz allgemein wird diese Vorschrift als sprachlich geglättete, sachlich aber unveränderte Nachfolgeregelung des § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG gelesen 161 . Indessen ist fraglich, ob die umfangreichen (das heißt in erster Linie den Umfang vermindernden) Veränderungen im Wortlaut der Neuregelung tatsächlich allein sprachlicher Natur sind: § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG galt bei vielen Autoren als gesetzliche Normierung der seit jeher besonders problematischen „Planungsabreden" 162 . Diese Bezeichnung umschreibt Vereinbarungen, in denen die vertragliche 158

So etwa Stich, in Schwerpunkte - Kommentar, zu § 11, Rdnr. 4. Im Ergebnis auch Lüers, DVB1. 1998, S. 633, 644. 160 Terminologie von Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 5 ff.; andere Vorschläge z.B. bei Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 10: Planverwirklichungsverträge; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 118: Baurealisierungsverträge. 161 Vgl. nur Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 1. 162 Vgl. Dombert, BauR 1994, S. 551, 553; Lohr, in B/K/L, 5. Auflage, zu § 6 in E/Z/B/K, zu § 6 BauGB-MaßnG BauGB-MaßnG, Rdnr. 12 f.; Krautzberger, (55. Lieferung; Stand 2/97), Rdnr. 118 ff. 159

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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„Leistung" (in einem untechnischen, nicht auf eine „echte" synallagmatische Verpflichtung reduzierten Sinne) der Gemeinde in der Aufstellung eines bestimmten Bauleitplans besteht 163 . Derartige Verträge erfaßte § 6 Abs. 2 S. 1 BauGB-MaßnG nach verbreiteter Ansicht mit der Formulierung „vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit Bauleitplanverfahren oder sonstigen städtebaulichen Satzungsverfahren". Stützen konnte sich diese Auslegung zudem auf § 6 Abs. 2 S. 3 BauGB-MaßnG und das dort unter Hinweis auf § 2 Abs. 3 BauGB a . F . 1 6 4 postulierte Verbot, einen Anspruch auf die Aufstellung von Bauleitplänen vertraglich zu begründen. Inwieweit § 6 Abs. 2 BauGB tatsächlich eine Regelung der Planungsabreden darstellte (und vor allem mit welchem sachlichen Gehalt) kann hier dahinstehen 165 . § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB enthält keinen Hinweis mehr auf einen notwendigen Zusammenhang der „Zielbindungsverträge" mit dem Bauleitplanverfahren 166 . Die zuvor in § 6 Abs. 2 S. 3 BauGB-MaßnG angesiedelte Vorschrift über die Unmöglichkeit der vertraglichen Begründung eines Anspruchs auf Bauleitplanung ist nunmehr dem § 2 Abs. 3 BauGB angefügt 167 . Damit sind dem Text des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB alle Tatbestandsmerkmale entzogen, die bei der Vorgängervorschrift die Subsumtion der Planungsabreden erlaubten 168 . Mit Verträgen nach § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG konnten nicht nur die Ziele der Bauleitplanung, sondern auch die „sonstiger" städtebaulicher Satzungen vorbereitet oder gesichert werden. Als sonstige städtebauliche Satzungen kamen etwa in Betracht die Fremdenverkehrssatzung (§ 22 BauGB), die städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungssatzung (§§ 142, 165 BauGB) sowie die Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB) 1 6 9 . Die Neuregelung erwähnt nur noch die Ziele der Bauleitplanung ausdrücklich. Sachlich 163

Zu den Einzelheiten der mit den Planungsabreden einhergehenden Probleme vgl. unten Kapitel 3. 164 § 2 Abs. 3 BauGB a.F.: „Auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht kein Anspruch." 165 In systematischer Hinsicht jedenfalls wäre eine derartige Regelung an diesem Standort verfehlt gewesen, vgl. Oerder, NVwZ 1997, S. 1190, 1191. Die Bauleitplanung spielt als kommunale „Vertragsleistung" nicht nur bei den „Zielbindungsverträgen" eine große Rolle, sondern in mindestens dem gleichen Maße auch bei den „Maßnahmen-" und den „Folgelastenverträgen", vgl. nur das Urteil des BVerwG v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800. 166 Die Formulierung des § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG konnte allerdings auch als Hinweis auf den notwendigen sachlichen Zusammenhang zwischen der vertragsgegenständlichen Bauleitplanung und der vertraglichen Gegenleistung des Vertragspartners der Gemeinde gelesen werden, vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1,8. 167 Vgl. Oerder, NVwZ 1997, S. 1190, 1191; kritisch Erbguth, VerwArch 89 (1998), S. 189, 215. 168 Zur Bedeutung des § 11 BauGB für die Zulässigkeit von Planungsabreden vgl. unten Kapitel 3 I.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

dürfte sich damit angesichts der ohnehin nur beispielhaften Aufzählung von Vertragsgegenständen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB allerdings nichts geändert haben.

2. Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele Die Umschreibung des Gegenstandes der von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB geregelten Verträge wirkt auf den ersten Blick eher kryptisch. Daß die mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele vertraglich gefördert und gesichert werden sollen, ist bei unbefangener Betrachtung zunächst nicht recht einzusehen, da der Plan, bzw. genauer die planerischen Festsetzungen gemäß § 9 BauGB, selbst das zentrale Instrument zur Erreichung städtebaulicher Zielsetzungen ist. Und zur Sicherung der Bauleitplanung gibt der zweite Teil des ersten Kapitels des BauGB den Gemeinden mit Veränderungssperre, der Möglichkeit zur Zurückstellung von Baugesuchen, Teilungsgenehmigung und Vorkaufsrecht noch eine Reihe sekundierender hoheitlicher Instrumente an die Hand. Die Funktion der Verträge zur „Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele" und ihr Verhältnis zu den planerischen Festsetzungen und Sicherungsinstrumenten wird klarer anhand der in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB genannten Beispiele. Abweichend von der Reihenfolge im Gesetzestext werden im Folgenden zunächst die bereits in § 6 Abs. 2 S. 2 BauGB-MaßnG enthaltenen Vertragstypen behandelt. Die in § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB erstmals angesprochenen Verträge über die Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3 BauGB werden erst anschließend untersucht. a) Grundstücksnutzung Als erstes Beispiel für bauleitplanerische Ziele, die mit vertraglicher Hilfe gefördert und gesichert werden können, nennt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB die „Grundstücksnutzung". Klarer beschrieb § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BauGB-MaßnG das Vertragsziel, „die Grundstücke binnen angemessener Frist einer Nutzung entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zuzuführen". § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB meint in der Sache nichts anderes 170 . Die fehlende Festlegung auf die Festsetzungen des Bebauungs169

Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGBMaßnG, Rdnr. 116. 170 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 11; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 29.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB plans ist angesichts der ausdrücklichen Bindung an die Ziele der Bauleitplanung und der im übrigen ungeschmälerten Geltungskraft des § 9 BauGB und der Bestimmungen der BauNVO ohne Bedeutung 171 . Inhaltlich zielt die Vorschrift damit auf Verträge, in denen sich ein Eigentümer zur Umsetzung des Bauleitplans auf seinem Grundstück verpflichtet 172 . Regelmäßig wird dabei eine Bauverpflichtung Vertragsgegenstand sein, denkbar sind aber auch andere Vereinbarungen, z.B. über die Entsiegelung von Flächen oder den Rückbau von Gebäuden 173 . Mit derartigen Verträgen kann die Gemeinde also erreichen, daß das in der Bauleitplanung liegende „Angebot" zur baulichen Nutzung der überplanten Flächen tatsächlich wahrgenommen w i r d 1 7 4 . Das ist wichtig insbesondere dort, wo mit der Ausweisung von Bauland ein dringender Bedarf an Wohnraum gedeckt werden soll; allgemein geht es aber auch um die möglichst optimale Ausnutzung vorhandener Bauflächen im Interesse eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden 1 7 5 . Das in § 176 BauGB vorgesehene einseitige Baugebot hat sich in der Praxis als nur sehr eingeschränkt handhabbar erwiesen 176 . Vertragliche Vereinbarungen über die Grundstücksnutzung bieten eine Alternative zu diesem hoheitlichen Instrument. Zugleich ergänzen sie die lediglich auf ein Angebot beschränkten gesetzlichen Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB 1 7 7 . Im Wege der vertraglichen Kooperation kann damit der Charakter der städtebaulichen Planung von der Angebots- hin zur „Entwicklungsplanung" verändert werden 1 7 8 .

171 Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 11, weist zutreffend darauf hin, daß sich die vertraglichen Verpflichtungen nicht auf die festsetzungsfähigen Ziele der Bauleitplanung beschränken müssen. Vgl. dazu auch sogleich unten unter 3. und 4. 172 Vgl. die in Fn. 170 Genannten sowie Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 5. 173 Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 11; das in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BauGBMaßnG noch ausdrücklich postulierte Gebot, eine angemessene Frist für die Bebauung zu vereinbaren, läßt sich in der Neuregelung unmittelbar aus § 11 Abs. 2 BauGB herleiten. 174 Zur Bauleitplanung als „Angebotsplanung" vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 1 Rdnr. 10. 175 Vgl. § la Abs. 1 BauGB. 176 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 92 f. 177 Zu deren abschließendem Charakter vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1992, NVwZ 1993, S.562 ff. 178 Vgl. zur Diskussion um die „Aufstockung" der Bauleitplanung zur Entwicklungsplanung im Zuge der Novellierung des damaligen BBauG Schmidt-Aßmann, DVB1. 1972, S. 627, 628; zur Frage der Gesetzgebungskompetenz S. 629 f.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge" b) Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen

Die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen ist laut § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ein weiteres bauleitplanerisches Ziel, das mittels städtebaulicher Verträge gefördert werden kann. Besondere Wohnraumversorgungsprobleme haben insbesondere Bevölkerungsteile mit geringem Einkommen und/oder anderen sozialen Schwierigkeiten, wie z.B. kinderreiche junge Familien, Alleinerziehende, behinderte, kranke oder alte Menschen, Asylbewerber und -berechtigte 179 . Die Deckung des Wohnbedarfs dieser Bevölkerungsgruppen wurde erstmals in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BauGB-MaßnG zum vertragsfähigen Ziel der Bauleitplanung erklärt 1 8 0 . Grund dafür war die Erkenntnis, daß sozial bedingte Wohnraumversorgungsprobleme mit den vorhandenen planimmanenten Mitteln (Festsetzungsmöglichkeiten) nicht behoben werden konnten. Zwar sieht § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB die Festsetzung von Flächen vor, „ auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen". Eine solche Festsetzung heißt aber im Ergebnis nur, daß die Bauwerke im Plangebiet den Vorgaben des II. Wohnungsbaugesetzes181 (Teil III, erster Abschnitt, fünfter Titel) für förderungsfähige Bauvorhaben entsprechen müssen, die sich vor allem auf die Wohnungsgröße beziehen. Eine Pflicht für die Bauherren, tatsächlich Mittel des sozialen Wohnungsbaus in Anspruch zu nehmen und die damit verbundenen Bindungen zu akzeptieren, besteht dagegen nicht 1 8 2 . Die Möglichkeit, in Bebauungsplänen einzelne Flächen festzusetzen, auf denen nur Wohngebäude für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf errichtet werden dürfen, eröffnet § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB. Auch über diese Vorschrift können aber keine Wohnflächen für aus sozialen Gründen benachteiligte Bevölkerungsgruppen festgesetzt werden. Das BVerwG hat dazu in einer Entscheidung im Jahr 1992 ausgeführt, daß die Gruppe einkommensschwacher Wohnungssuchender nicht zu den Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB gehöre 183 . 179

in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 145; Bunzel/Coulmas/ Vgl. Krautzberger, Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 96. 180 Zunächst allerdings beschränkt auf den „dringenden" Wohnbedarf. Die Neuregelung hat diese Beschränkung aufgegeben. 181 In der Fassung der Bekanntmachung vom 19.08.1994, BGBl. I, S. 2137. 182 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 9, Rdnr. 30. Im übrigen ist mit der Ausweisung von Flächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB auch keine Pflicht für die Gemeinde verbunden, Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau bereitzustellen. 183 Beschl. v. 17.12.1992; NVwZ 1993, S. 562 ff., vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 146.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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Vielmehr müsse der besondere Wohnbedarf von Personengruppen in baulichen Besonderheiten der Wohngebäude zum Ausdruck kommen. Das sei der Fall beispielsweise bei Alten und Behinderten (rollstuhlgerechte Bauweise) oder bei Studenten (Einzelräume und Gemeinschaftseinrichtungen). Der besondere Wohnbedarf müsse städtebaulich und baulich-strukturell begründet sein. Ein derart besonderer Wohnbedarf bestehe bei sozial schwachen Bürgern nicht; diese hätten im Grundsatz die gleichen Wohnbedürfnisse wie die übrige Bevölkerung. Für eine nach der Einkommenshöhe gestaffelte Sozialpolitik sei § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB nicht bestimmt. Diese Entscheidung des BVerwG nahm der Gesetzgeber (zunächst) des BauGB-MaßnG zum Anlaß, in § 6 Abs. 2 Nr. 2 eine über den § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB hinausgehende vertragliche Handlungsmöglichkeit zu normieren 1 8 4 ' 1 8 5 . Funktional betrachtet regelt § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 wie seine Vorgängervorschrift Verträge, die eine Ergänzung zu den Möglichkeiten einseitiger planerischer Festlegung der Flächennutzung darstellen. Die Verschränkung von Bauleitplanung und vertraglicher Kooperation ermöglicht einen Grad an sozialer „Feinsteuerung" im Gemeindegebiet, der mit dem vom Gesetz zur Verfügung gestellten planimmanenten Instrumentarium nicht zu erreichen i s t 1 8 6 . Inhaltlich kommen verschiedene Vereinbarungen in Betracht, die zur Milderung eines (sozial bedingten) Wohnraumversorgungsproblems beitragen 1 8 7 . Dazu gehören z.B. Verpflichtungen, einen bestimmten Anteil von Wohnungen mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus zu errichten. Gebräuchlich sind auch Vereinbarungen über verschiedene Formen von Belegungsrechten: Entweder verpflichten sich die Eigentümer, Wohnungen nur an bestimmte Gruppen von Wohnungssuchenden (etwa solche mit Wohnberechtigungsschein gemäß § 5 WoBindG) zu vergeben, oder die Gemeinden erhalten das Recht eingeräumt, Mieter vorzuschlagen oder sogar (mit bin184

Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 146. Das verkennt Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 30, der offenbar den Anwendungsbereich von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB mit dem des § 9 Abs. 1 Nr. 8 gleichsetzen will. 186 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 146. Offen ist allerdings noch, ob eine derartige „soziale Feinsteuerung" vom Regelungsbereich des Städtebaurechts gedeckt ist. Dargelegt worden ist oben im Text die Ansicht des BVerwG, § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB sei nicht zum Mittel einer allgemeinen Sozialpolitik bestimmt. Fraglich ist, ob statt dessen der städtebauliche Vertrag zu einem solchen Mittel geformt werden kann. Auf diese Frage nach den Grenzen der Regelungskompetenz des städtebaulichen (Bundes-) Gesetzgebers wird im Text noch zurückzukommen sein, vgl. unten Kapitel 2 II. 3. 187 Vgl. dazu ausführlich Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 93 ff. mit Regelungsbeispielen und mit Ausführungen auch zum Verhältnis der behandelten Verträge zu den wohnungsbindungsrechtlichen Bestimmungen; ferner Krautzberger, in E/Z/B/K, zu §11, Rdnr. 148 f. 185

5 Hamann

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

dender Wirkung für den Vertragspartner) zu benennen. Daneben oder zusätzlich werden häufig auch Mietpreisbindungen vereinbart. Allen genannten Vertragsgestaltungen ist gemeinsam, daß der Vertragspartner der Gemeinde sich dazu verpflichtet, auf seinem Grundstück zur Deckung des Wohnbedarfs einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen beizutragen. Charakteristisch für diese Verträge ist also eine Eigentumsbindung des privaten Grundstückseigentümers 188 . Nicht unüblich sind in der Praxis aber auch Vereinbarungen, in denen sich ein Bauwilliger dazu verpflichtet, Flächen an die Kommune abzutreten, auf denen diese dann Sozialwohnungen errichten kann, oder Geldzahlungen, eventuell mit entsprechender Zweckbindung, zu leisten 1 8 9 . Auf diese Weise wird die Pflicht zum sozialen Wohnungsbau gewissermaßen „abgelöst". Ob derartige Verträge zulässig und unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 subsumierbar sind, hängt davon ab, welche Grenzen das Gesetz der inhaltlichen Ausgestaltung von städtebaulichen Verträgen zieht. Die Frage soll unten in dem entsprechenden Zusammenhang untersucht werden 1 9 0 . b) Deckung des Wohnbedarfs

der ortsansässigen Bevölkerung

Die Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung ist ein Problem hauptsächlich in Gemeinden, die einen hohen Zuzugsdruck von zahlungskräftigen Ortsfremden verspüren. Vor allem in beliebten Fremdenverkehrsgebieten haben Einheimische mit durchschnittlichem Einkommen häufig nicht die finanziellen Möglichkeiten, Wohneigentum zu den Preisen eines unregulierten Marktes zu erwerben. Das hoheitliche Instrumentarium des Planungsrechts bietet den Gemeinden keine Möglichkeit, auf die Eigentümerstruktur in neu ausgewiesenen Baugebieten Einfluß zu nehmen. Schon seit vielen Jahren knüpfen daher Gemeinden vor allem im süddeutschen Raum die Aufstellung von Bebauungsplänen an vertragliche Vereinbarungen, die sicherstellen sollen, daß die neuentstehenden Baugrundstücke zu bezahlbaren Preisen an Einheimische vergeben werden 1 9 1 . Funktional betrachtet gleichen diese Verträge den zuvor behandelten Vereinbarungen zur Behebung besonderer (sozial bedingter) Wohnraumversorgungsprobleme. In beiden Fällen geht es um die Ergänzung der Festsetzungsmöglichkeiten in Bauleitplänen 192 . § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB stellt daher in seiner letz188

Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 9. Vgl. zunächst nur Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 124 ff. 190 Kapitel 6 III. 2. 191 Vgl. dazu ausführlich Haller, Privatrechtliche Gestaltung, S. 4 ff.; Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 50 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 27, vgl. auch Bericht der AG Baulandbereitstellung, Materialien zum Baugesetzbuch, S. 150; Vertragsmuster bei Grziwotz, JuS 1999, S. 36, 37 ff. 189

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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ten Variante (wie zuvor bereits § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BauGB-MaßnG) die „Einheimischenmodelle" neben die „Sozialmodelle". Unmittelbarer Anlaß der Aufnahme der vertraglichen Einheimischenförderung in das Gesetz (das heißt zunächst in das BauGB-MaßnG) war (ähnlich wie bei den „Sozialmodellen") eine Entscheidung des BVerwG 1 9 3 . Im Rahmen dieser Entscheidung hatte das BVerwG über die Zulässigkeit des sogenannten „Weilheimer Einheimischenmodells" zu befinden 194 . Bei dieser Variante der Einheimischenmodelle macht die Gemeinde die Aufstellung eines Bebauungsplanes davon abhängig, daß ihr die Eigentümer in dem betroffenen Gebiet ein über mehrere Jahre befristetes Kaufangebot für die zu bebauenden Flächen unterbreiten 195 . Die Gemeinde ihrerseits verpflichtet sich, das Angebot nicht anzunehmen, wenn der Eigentümer das Grundstück für eigene Wohnzwecke nutzt oder es an einen Einheimischen veräußert. Das BVerwG billigte diese bis dahin nicht unumstrittene Konstruktion 1 9 6 . Dabei vertrat es insbesondere die Ansicht, daß das BauGB der Einheimischenförderung durch Vertrag nicht entgegenstehe 197 . Das Gesetz anerkenne in einer Reihe von Vorschriften die Bedeutung, die die Struktur der Grundeigentümer für die Nutzung von Grund und Boden und damit für die städtebauliche Entwicklung einer Kommune habe. Wenn das BauGB der Gemeinde dennoch kein gesetzliches Mittel an die Hand gebe, unmittelbar auf die Eigentümerstruktur Einfluß zu nehmen, so könne das nicht als Verbot einer vertraglichen Einflußnahme gedeutet werden. Das BauGB verhalte sich vielmehr zu dem Vertragsmodell und der damit intendierten Eigentümerstruktur neutral 1 9 8 . 192

Vgl. BayVGH, Urt. v. 11.04.1990, NVwZ 1990, S. 979, 980; Jahn, BayVBl. 1991, S. 33, 35. 193 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 152. 194 Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56 ff. 195 Vgl. das Vertragsmuster bei Grziwotz, JuS 1999, S. 36, 37 ff. 196 Vgl. insbesondere Haller, Privatrechtliche Gestaltung, S. 88 ff.; aus der umfangreichen Literatur zu den Einheimischenmodellen vor der Entscheidung des BVerwG vgl. die in Fn. 191 Genannten; ferner Beck, Einheimischenmodelle, S. 15 ff.; Jade, BayVBl. 1992, S. 549, 551 ff. 197 A.a.O., S. 60 ff. 198 Das Gericht setzte sich ferner mit Einwänden auseinander, die dem Einheimischenmodell aus den Art. 3, 11, und 14 GG entgegengehalten wurden, a.a.O., S. 63 f. In Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Literatur und Rechtsprechung wies es diese Einwände als nicht stichhaltig zurück, vgl. BayVGH, Urt. v. 11.04.1990, NVwZ 1990, S. 979, 980; Jahn, BayVBl. 1991, S. 33, 35; Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 50 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 27; Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 551 ff. Seit dieser Entscheidung und der anschließenden Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauGB-MaßnG kann die grundsätzliche Zulässigkeit der vertraglichen Einheimischenförderung als geklärt betrachtet werden, vgl. Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 99; Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149. Vgl. 5*

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Das Gericht widersprach damit zumindest indirekt der Auffassung, die Gemeinden seien wegen des „Planmäßigkeitsprinzips" zur Verwirklichung städtebaulicher Zielsetzungen abschließend auf das Instrumentarium der Bauleitplanung festgelegt 199 . Mit der Aufnahme der „Einheimischenmodelle" in die Vorschrift über den städtebaulichen Vertrag wollte der Gesetzgeber die Zulässigkeit der vertraglichen Ergänzung der planerischen Festsetzungen betonen 200 . Das „Weilheimer-Modell" zählt zu den sogenannten Vertragsmodellen, die dadurch gekennzeichnet sind, das die Grundstückseigentümer sich vertraglich zur Verwirklichung des Zieles der Einheimischenförderung verpflichten 2 0 1 . Ganz ähnlich wie bei den „Sozialmodellen" ist wesentlicher Vertragsinhalt also eine Eigentumsbindung der Vertragspartner der Gemeinde. Das städtebauliche Ziel, den Wohnbedarf der einheimischen Bevölkerung zu decken, wird auf diese Weise unmittelbarer Vertragsinhalt. Die Gemeinden gehen aber vielfach auch einen anderen Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Im Rahmen der sogenannten „Zwischenerwerbsmodelle" kaufen die Kommunen zunächst die gesamte zur Beplanung anstehende Fläche an, die sie dann nach der Baulandausweisung und Parzellierung selbst an die zu fördernden Bevölkerungskreise weiterveräußern 202 . Die Käufer müssen sich dann in der Regel dazu verpflichten, die Grundstücke selbst zu nutzen oder allenfalls an andere „Einheimische" (meist zu einem vorher festgelegten Preis) zu veräußern. Damit liegt auch bei diesen Verträgen eine Eigentumsbindung unter Einbeziehung der städtebaulichen Zielsetzung vor, die eine Subsumtion unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ermöglicht 2 0 3 .

aber auch unten zur Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers Kapitel 2 II. 3., sowie zu den Grenzen der Zulässigkeit unter den Aspekten des Koppelungsverbotes und der Angemessenheit Kapitel 6 III. 199 So insbesondere Haller, Privatrechtliche Gestaltung, S. 88 ff.; gegen ihn bereits BayVGH, Urt. v. 11.04.1990, NVwZ 1990, S. 979, 980; ausführlich Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 111 ff. 200 Vgl. BT-Drs. 12/4340, S. 13; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 152; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 31. 201 Vgl. zu den verschiedenen Varianten der Einheimischenmodelle Haller, Privatrechtliche Gestaltung, S. 20 ff.; Beck, Einheimischenmodelle, S. 7 ff. 202 Ygi dj e soeben in Fn. 201 Genannten, sowie Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149 ff. 203

Schwieriger ist das allerdings bei den Ankaufsverträgen, in denen sich die Gemeinde und die Alteigentümer lediglich zu einem Austausch von Geld und Grundstücken verpflichten, ohne daß die weitergehenden städtebaulichen Ziele in den Vertrag einbezogen werden. Ob auch diese Grundstückskaufverträge unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB oder zumindest unter § 11 Abs. 1 S. 1 subsumiert werden können, soll erst im Rahmen der Untersuchung der vertraglichen Neuordnung der Grundstücksverhältnisse erörtert werden, vgl. Kapitel 8 III.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 6 9 Zwischen den Vertrags- und den Zwischenerwerbsmodellen stehen Vereinbarungen, in denen sich die Grundstückseigentümer vor der Ausweisung von Bauland gegenüber der Gemeinde dazu verpflichten, einen Teil der Flächen zum Verkehrswert von Bauerwartungsland oder sogar unentgeltlich abzutreten 204 . Die Gemeinde kann diese Flächen an bauwillige Einheimische zu einem günstigen Preis abgeben; die Alteigentümer erhalten auf den ihnen verbleibenden Grundstücken Baurecht. Die Vereinbarkeit solcher Vertragsgestaltungen mit § 11 BauGB soll - ebenso wie die „Ablösung" 2 0 5 von Verpflichtungen zur Einheimischenförderung durch Geldzahlungen - erst im Zusammenhang mit der Erörterung der von der Neuregelung gezogenen Grenzen untersucht werden 2 0 6 . d) Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3 BauGB Die „Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § l a Abs. 3" BauGB ist erst im Gesetzgebungsverfahren als Beispiel für den möglichen Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB aufgenommen worden. Die Expertenkommission hatte sich noch mehrheitlich gegen eine gesonderte Nennung der naturschützenden Kompensationsmaßnahmen ausgesprochen, weil dies angesichts der ohnehin weiten Fassung des Gegenstandskatalogs nicht notwendig sei 2 0 7 . Bevor Inhalt und Funktion dieser Verträge näher untersucht werden, ist es angebracht, einen Blick auf den vom Gesetz in Bezug genommenen § la Abs. 3 BauGB zu werfen. aa) § l a Abs. 3 BauGB Absatz 3 der Vorschrift über das Verhältnis von Bauleitplanung und Umweltschutz 208 konkretisiert insbesondere die planerische Steuerung und Umsetzung des Ausgleichs der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft 209 . Die Regelung tritt damit an die Stelle des bisherigen § 8a Abs. 1 S. 2 BNatSchG 2 1 0 . 204 Vgl. das Beispiel bei Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1 f.; ausführlich Beck, Einheimischenmodelle, S. 91 ff. 205 Ygi z u dieser Problematik bereits oben bei den „Sozialmodellen" Kapitel 2 II. 2. c). 206

Vgl. unten Kapitel 6 III. 2. Vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 99, Rdnr. 149. Vgl. auch Lüers, DVB1. 1998, S. 433, 438, zum Abweichen der Gesetz gewordenen Fassung der Übernahme der planerischen Eingriffsregelung in das BauGB vom Vorschlag der Expertenkommi s sion. 208 Vgl. dazu z.B. Lüers, DVB1. 1998, S. 433, 438 ff.; Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1146 ff.; kritisch zum Ganzen Schmidt, NVwZ 1998, 337 ff. 209 Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § la, Rdnr. 44. 207

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Gemäß § l a Abs. 3 S. 1 BauGB erfolgt der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft durch „geeignete Darstellungen nach § 5 als Rächen zum Ausgleich und Festsetzungen nach § 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich". Satz 2 erlaubt Festsetzungen und Darstellungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs, soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist. Die Neuregelung erweitert damit die räumlichen Möglichkeiten zur Festsetzung des Ausgleichs, da sie im Gegensatz zu § 8a Abs. 1 S. 2 BNatSchG a.F. keine Beschränkung auf den Geltungsbereich des „eingreifenden" Bebauungsplans mehr enthält 2 1 1 . Daran anknüpfend ermöglicht § 9 Abs. l a S. 1 BauGB die Festsetzung der Ausgleichsmaßnahmen auch in einem gesonderten Bebauungsplan 212 . Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich, die außerhalb des zu bebauenden Grundstücks liegen (gleich ob in demselben Plangebiet, im Gebiet eines gesonderten Bebauungsplans oder auf einer sonstigen von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Fläche), können diesem gemäß § 9 Abs. l a S. 2 BauGB planerisch zugeordnet werden. Die Folgen der Festsetzungen nach § la Abs. 3 S. 1, 2 BauGB ergeben sich aus den §§ 135a-c BauGB. Gemäß § 135a Abs. 1 hat der Vorhabenträger die festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. Sind derartige Maßnahmen an anderer Stelle den Grundstücken des Vorhabenträgers nach § 9 Abs. l a BauGB zugeordnet, so obliegt ihre Durchführung und die Bereitstellung der erforderlichen Rächen den Gemeinden, „sofern dies nicht auf andere Weise gesichert i s t " 2 1 3 ; § 135a Abs. 2 S. 1 BauGB. Neu ist die 210

Krautzberger, in B/K/L, zu § la, Rdnr. 44. Darin liegt die inhaltlich bedeutendste Neuerung in § la Abs. 3 BauGB, vgl. die in Fn. 208 Genannten. In der Konsequenz dieser räumlichen Öffnung gibt § 200a für den Bereich der Bauleitplanung die naturschutzrechtliche Unterscheidung von Ausgleichsmaßnahmen (am Ort des Eingriffs) und Ersatzmaßnahmen (an anderer Stelle) zugunsten eines einheitlichen Begriffs des Ausgleichs auf, vgl. Lüer s, DVB1. 1998, S. 433, 439 und Schmidt, NVwZ 1998, S. 337, 340, der darin das Eingeständnis erkennt, daß durch Bebauung verursachte Eingriffe in aller Regel nicht in der Art ausgeglichen werden können, daß das bisherige Landschaftsbild ohne wesentliche Änderung wiederhergestellt wird. 212 Damit sollte vor allem der wegen der räumlichen Beschränkung des § 8a Abs. 1 S. 2 BNatSchG entflammte Streit über die Zulässigkeit von Bebauungsplänen mit zweigeteiltem Geltungsbereich geschlichtet werden, vgl. dazu Quaas, NVwZ 1995, S. 840, 842; Schmidt-Eichstaedt, DÖV 1995, S. 95 f., mit umfangreichen Nachweisen zum Streitstand in Fn. 2. Zwischenzeitlich hatte das BVerwG mit Beschl. v. 09.05.1997, DVB1. 1997, S. 1121, 1122 f., einen derart zweigeteilten Bebauungsplan ausdrücklich für zulässig erklärt. Lüers, DVB1. 1998, S. 433, 439 f., weist darauf hin, daß die Gemeinden nunmehr die Wahl haben zwischen einem einheitlichen Bebauungsplan mit zweigeteiltem Anwendungsbereich und zwei Bebauungsplänen gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 BauGB. (Vgl. dort auch zu den unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen.) 211

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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von § 135a Abs. 2 S. 2 BauGB den Kommunen eröffnete Möglichkeit, die Ausgleichsmaßnahmen bereits vor den Baumaßnahmen und der Zuordnung durchzuführen und auf diese Weise gleichsam ein „Öko-Konto" einzurich-

bb) Vertragliche Vereinbarungen anstelle planerischer Festsetzungen und Verträge zur Durchführung des Ausgleichs Nicht ganz klar ist auf den ersten Blick das Verhältnis des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB zu § la Abs. 3 S. 3 BauGB. Die letztgenannte Vorschrift erlaubt es, planerische Darstellungen und Festsetzungen durch vertragliche Vereinbarungen zu ersetzen und verweist insoweit auf § 11 BauGB. Dieser wiederum nennt in Abs. 1 S. 2 Nr. 2 eben die Durchführung des Ausgleichs gemäß § l a Abs. 3 BauGB als zulässigen Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages. Verweisen damit lediglich zwei unterschiedlich formulierte, aber inhaltsgleiche Regelungen gegenseitig aufeinander? Oder enthält § l a Abs. 3 S. 3 BauGB die eigentliche Regelung, und § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ist nur ein bloßer „Merkposten" 2 1 5 ? Den Ansatz zur Antwort liefert die Analyse des Regelungsgehalts zunächst des § la Abs. 3 S. 3 BauGB. Dieser eröffnet ausdrücklich die Möglichkeit, auf die in den Sätzen 1 und 2 vorgesehene planerische Darstellung bzw. Festsetzung der Flächen und Maßnahmen zum Ausgleich des Eingriffes in Natur und Landschaft zu verzichten und stattdessen alles für diesen Ausgleich Erforderliche in einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Vorhabenträger zu regeln 2 1 6 . Eine solcher Vertrag verdrängt also vollständig die Nutzung des planungsrechtlichen Instrumentariums und der daran anknüpfenden §§ 135a-c. § l a Abs. 3 S. 3 BauGB regelt demnach m.a.W. die Substitution der Bauleitpläne und der gesetzlichen Zuständigkeits- und FinanzierungsVorschriften durch vertragliche Vereinbarungen 217 . Inhaltlich muß ein Vertrag im Sinne dieser Vorschrift sicherstellen, daß die Kompensation im tatsächlichen Ergebnis nicht hinter dem zurückbleibt, 213

Vgl. dazu sogleich unten im Text. Vgl. dazu BT-Drs. 13/7589, S. 12; Lüers, DVB1. 1998, S. 433, 440; Krautzberger, in B/K/L, zu § 135a, Rdnr. 5. 215 So Erbguth, VerwArch 89 (1998), S. 189, 215. 216 Nach der Entscheidung des BVerwG vom 09.05.1997, DVB1. 1997, S. 1121, 1123 war dies auch bereits unter der Geltung des § 8a Abs. 1 S. 2 BauGB möglich; ebenso schon Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 127 ff.; Quaas, NVwZ 1995, S. 840, 842 ff.; ablehnend zur vertraglichen Finanzierung außerhalb eines Bebauungsplanes belegener Kompensationsmaßnahmen Mitschang, ZfBR 1994, S. 57, 68. 217 Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § la, Rdnr. 46. 214

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

was durch eine planerische Festsetzung erreichbar gewesen wäre. Daher müssen mindestens Vereinbarungen getroffen werden über die dem Ausgleich dienenden Flächen, die Art der durchzuführenden Maßnahmen sowie die Durchführung und Finanzierung dieser Maßnahmen. Von der Warte des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB aus betrachtet, sind diese Verträge nach § la Abs. 3 S. 3 BauGB eine Form der „Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3", nicht aber die einzige. Auch wenn die Gemeinde planerische Festsetzungen gemäß § l a Abs. 3 S. 1, 2 BauGB für erforderlich hält - und die Anwendung des § l a Abs. 3 S. 3 damit ausgeschlossen ist - , bleibt Raum für vertragliche Vereinbarungen. In der Sache geht es dann um Modifizierungen der §§ 135a ff. BauGB. Man kann insoweit von Verträgen in der Planvollzugsphase sprechen, im Gegensatz zu den Vereinbarungen in der Planungsphase nach § la Abs. 3 S. 3 BauGB 2 1 8 . In Betracht kommen insbesondere von den Regelungen des § 135a Abs. 2, 3 BauGB abweichende Verträge über die Durchführung und Finanzierung der Kompensationsmaßnahmen durch den Vorhabenträger. § 135a Abs. 2 S. 1 weist im letzten Halbsatz („sofern dies nicht auf andere Weise gesichert ist") auf die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen hin. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ist damit in seinem Anwendungsbereich weiter als § la Abs. 3 S. 3 BauGB und nicht lediglich ein bloßer „Merkposten" im Verhältnis zu diesem. Die besondere Bedeutung des § l a Abs. 3 S. 3 liegt in der gesetzlichen Klarstellung, daß die planerische Steuerung des Ausgleichs durch vertragliche Kooperation ersetzt werden kann. cc) Systematische Einordnung der Ausgleichsverträge Zweifelhaft erscheint allerdings die Entscheidung des Gesetzgebers, Vereinbarungen über die Durchführung des Ausgleichs für naturschädigende Eingriffe als Beispiel für Verträge zur Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB einzuordnen. Anders als etwa die Sicherung des Wohnbedarfs einkommensschwacher oder ortsansässiger Bevölkerungsteile ist die Durchführung dieses Ausgleichs nicht eigentlich immanentes Ziel der von den Vertragsparteien gewünschten Bauleitplanung, sondern vielmehr deren (externe) Voraussetzung. Das zeigt sich insbesondere, wenn die Ausgleichsmaßnahmen - wie dies in der Praxis zumeist der Fall i s t 2 1 9 - auf Rächen außerhalb des Plangebiets durchgeführt werden.

218

So die Terminologie (noch zur alten Rechtslage) bei Quaas, NVwZ 1995, S. 840, 841. 219 Vgl. Schmidt, NVwZ 1998, S. 337, 340.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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Unterschiede zu den übrigen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB behandelten Verträgen zeigen sich auch im Hinblick auf die Funktion der Ausgleichsvereinbarungen und ihr Verhältnis zu den gesetzlich vorgesehenen einseitigen Instrumentarien. „Einheimischen-" und „Sozialmodelle" ergänzen wie gesehen die zur Erreichung der gesteckten Ziele nicht ausreichenden planerischen Festsetzungsmöglichkeiten. Gleiches gilt, trotz der in § 176 BauGB vorgesehenen Möglichkeit eines Baugebots, im Grunde auch für die Verträge über die Grundstücksnutzung. Ausgleichsvereinbarungen zielen demgegenüber auf die Substitution der gesetzlichen Handlungsinstrumente. Von unterschiedlicher Qualität sind schließlich auch die inhaltlichen Verpflichtungen, die der private Vertragspartner in den Vereinbarungen über die Kompensation naturbeeinträchtigender Eingriffe einerseits und den übrigen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB genannten Verträgen andererseits eingeht. Charakteristisch für diese ist, daß der Vorhabenträger sich dazu verpflichtet, sein Eigentum in einer bestimmten Weise zu nutzen oder für eine bestimmte Nutzung zur Verfügung zu stellen. Das trifft bei den Ausgleichsverträgen nur zu, wenn die Maßnahme auf dem Grundstück des Vertragspartners durchgeführt werden soll. In den weitaus häufigeren Fällen, in denen der Ausgleich auf anderen Rächen durchgeführt werden muß, übernimmt der Private eine Aufgabe, für die „an sich" nach den Vorschriften des Städtebaurechts die Gemeinde zuständig wäre 2 2 0 . Anders ausgedrückt ist Gegenstand dieser Verträge also die Durchführung oder Finanzierung einer städtebaulichen Maßnahme 221 . Im Ergebnis zeigt sich, daß die Einordnung der Ausgleichsverträge in § 1 1 Abs. 1 S. 2 BauGB mißlungen ist. Der Sache nach gehören diese Vereinbarungen zu den in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 genannten Beispielen, soweit sie die Durchführung des Ausgleichs durch den Vertragspartner zum Gegenstand haben. Regeln sie lediglich die Finanzierung der von der Gemeinde ausgeführten Maßnahmen durch den Vorhabenträger, ist § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB einschlägig 222 . 220

Vgl. § 135a Abs. 2 BauGB. Vgl. zu den Merkmalen des Begriffs der städtebaulichen Maßnahme oben Kapitel 2 I. 2. d); für die Subsumtion der Kompensationsmaßnahmen unter diesen Begriff auch Mitschang, ZfBR 1994, S. 57, 68; differenzierend Schmidt-Eichstaedt, DÖV 1995, S. 95, 97 f. und Quaas, NVwZ 1995, S. 840, 843 f., die (mit unterschiedlicher Akzentsetzung im einzelnen) differenzieren zwischen Ausgleichsmaßnahmen am Ort des Eingriffs (= städtebauliche Maßnahmen) und Ersatzmaßnahmen außerhalb des Plangebietes (=Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen, im Sinne des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG). Ähnlich Bunzel/Coulmas/ Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 128 f. 222 Für eine Einordnung in § 6 Abs. 1 bzw. 3 BauGB-MaßnG vgl. die in Fn. 221 Genannten, vgl. ferner Stich, in Kormann, Das neue Bundesbaurecht, S. 9, 24; Span221

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

3. Planergänzende Verträge und Grenzen städtebaulicher Regelungsmacht a) Ziele der Bauleitplanung und städtebaulicher der planergänzenden Verträge

Charakter

Der vorhergehende Abschnitt hat deutlich gemacht, daß Verträge über die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB beispielhaft genannten Gegenstände 223 unter funktionalem Aspekt der Ergänzung der planerischen Festsetzungsmöglichkeiten dienen 2 2 4 . „Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele" heißt so betrachtet vor allem Erweiterung der mit der Bauleitplanung verbundenen Steuerungsmöglichkeiten. Fraglich ist allerdings das Ausmaß dieser gesetzlich normierten Erweiterung. Das hängt maßgeblich davon ab, was das Gesetz unter den Zielen der Bauleitplanung versteht, die vertraglich gefördert und gesichert werden können. Der Terminus „mit der Bauleitplanung verfolgte Ziele" verweist auf § 1 BauGB, der namentlich in seinen Absätzen 1 und 5 die Aufgaben und Zwecke der städtebaulichen Planung vorgibt 2 2 5 . In § 6 Abs. 2 S. 1 BauGBMaßnG war auf diesen Zusammenhang noch ausdrücklich hingewiesen worden; in der Sache hat sich aber mit der Neuregelung nichts geändert 226 . Gemäß § 1 Abs. 1 BauGB ist es die „Aufgabe der Bauleitplanung, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten" 2 2 7 . Dabei sollen die Bauleitpläne laut § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB „eine nachhaltige 228 städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung ge-

nowsky, UPR 1996, S. 201, 207; für eine Subsumtion unter § 6 Abs. 2 BauGBMaßnG dagegen Stüer, DVB1. 1995, S. 649, 654; Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 141 f. (§ 6 Abs. 2 und 3); Oerder, NVwZ 1997, S. 1190, 1192. 223 Bis auf den „Ausgleich im Sinne des § la Abs. 3", der nach der hier vertretenen Ansicht zu Unrecht in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB eingeordnet ist. 224 Das verkennen offenbar Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435, 438. 225 Vgl. nur Dirnberger, in Jäde/Dirnberger/Weiß, zu § 11, Rdnr. 36 f. 226 Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 10, erklärt den Verzicht auf die bisherige Formulierung damit, daß § 1 BauGB ohnehin gelte, weil die Regelung über den städtebaulichen Vertrag jetzt in das BauGB übernommen sei; ebenso Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435, 440. 227 Vgl. zu der gebotenen einschränkenden Auslegung der „sonstigen Nutzung" in § 1 Abs. 1 BauGB auf mit der Bebauung zusammenhängende Nutzungen Söflcer, in E/Z/B/K, zu § 1, Rdnr. 11. 228 Vgl. zu diesem Begriff nur Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 45: „Nachhaltige Entwicklung umfaßt den gerechten Ausgleich der sozialen, ökonomischen und ökologischen Belange."

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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währleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln". Zum Teil entsteht der Eindruck, daß die Ziele der Bauleitplanung im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB vor allem mit den in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB aufgezählten Planungsleitlinien und abwägungserheblichen Belangen gleichgesetzt werden. Die Palette der dort genannten Belange ist so breit, daß scheinbar jedes kommunale Anliegen über § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB vertraglich mit der Bauleitplanung verknüpft werden kann. Als Beispiele für zulässige Vertragsinhalte werden in der Literatur etwa genannt: Vereinbarungen über die Einräumung von Geh-, Fahr- und LeitungsrechΛΛΛ

ten , über die bauliche Gestaltung von Vorhaben sowie über bestimmte, ökologisch verträgliche Formen der Energieversorgung der Grundstücke (z.B. Anschluß an das Fernwärmenetz oder ein vertragliches Verbot der Verwendung bestimmter fossiler Brennstoffe) 231 . Ferner sollen möglich sein Verpflichtungen zur Einhaltung bestimmter Immissionsschutzstandards 2 3 2 , zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen 233 oder zum autofreien Wohnen 2 3 4 Damit scheinen Verträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ein Instrument zur Bewältigung kommunal-, sozial-, wirtschafts- und umweltpolitischer Aufgaben aller Art zu sein. Mit der Schaffung eines solchen Instruments hätte der städtebauliche Gesetzgeber allerdings seine Regelungskompetenzen überschritten. Der Bund ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG darauf beschränkt, das Städtebaurecht als Teilmaterie des Bodenrechts zu regeln 2 3 5 . Auch wenn das Städtebaurecht mehr ist als ein isoliertes Boden229

2. Auflage, S. 128 ff.; die FestsetVgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, zung derartiger Rechte gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB gewährleistet noch nicht ihre tatsächliche dingliche Begründung, vgl. Lohr in B/K/L, zu § 9, Rdnr. 74. 230 Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 125 ff. 231 Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 128.; Lohr in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 15 232 Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 115 f. 233 Grziwotz, Baulanderschließung, S. 211 ff.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 116 f.; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 18.12.1998, BRS 60, Nr. 232, S. 827, 830 f. 234 Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 15; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 132 f., vgl. zum ganzen auch Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 43, 46. 235 In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob sich die Kompetenz des Bundes zur Regelung des städtebaulichen Vertrages als Handlungsform unmittelbar aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG oder - als Verfahrensvorschrift - aus Art. 84 Abs. 1 GG (das BauGB ist mit Zustimmung des Bundesrates ergangen) ergibt, vgl. dazu aus1. Auflage, S. 151 ff.; allgemein zur Unterscheiführlich Schmidt-Aßmann/Krebs, dung von materiellem Verwaltungsrecht und Verfahrensrecht vgl. Bettermann, VVDStRL 17 (1959), S. 118, 121 ff.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht,

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

nutzungsrecht und inzwischen zu Recht als steuernder Bestandteil der städtebaulichen Entwicklung gesehen wird, erstreckt sich die Kompetenz des Bundes lediglich auf Regelungen, die unmittelbar an die bauliche oder die mit der Bebauung zusammenhängende Nutzung anknüpfen 236 . Die vertragsfähigen Ziele im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB können also nicht unbesehen dem Katalog des § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB entnommen werden, wenn sich die Vorschrift im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG halten soll. In den Blick zu nehmen ist vielmehr die komplette Vorschrift des § 1 Abs. 5 BauGB. Die umschreibt die zulässige Zielsetzung der Bauleitplanung in Satz 1 in der Form eines übergeordneten allgemeinen Leitbegriffs mit dem Begriff der „nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung" 2 3 7 . Die übrigen in § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB genannten Ziele der Bauleitplanung dienen der Konkretisierung dieses Leitbegriffs 238 . Ihrerseits werden die „Oberbegriffe" „sozialgerechte Bodennutzung", „menschenwürdige Umwelt" und „natürliche Lebensgrundlagen" von dem Katalog der bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu beachtenden Belange in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB konkretisieri 2 3 9 Mit dem Leitbegriff der „nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung" verdeutlicht das Gesetz zugleich die Beschränkung der Bauleitplanung auf die Erfüllung städtebaulicher Aufgaben 2 4 0 . Da die Sachbereiche und Belange in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB letztlich nur der Konkretisierung des Leitbegriffs dienen, heißt das, daß sie im Rahmen der Bauleitplanung nicht als solche, also gleichsam isoliert Beachtung finden, sondern nur, soweit sie städtebauliche Bezüge aufweisen 241 . Die Gemeinde kann also nicht etwa gestützt auf § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 8 BauGB den Bauleitplan zu einem Instrument der umfassenden Wirtschaftsplanung umfunktionieren; sie darf (und muß) lediglich die Interdependezen zwischen städte-

4. Auflage, § 2, Rdnr. 8. Die Grenze für die inhaltliche Ausgestaltung ergibt sich in jedem Fall aus der Sachmaterie. 236 Grundlegend zum Inhalt der städtebaulichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes BVerfG, Gutachten vom 16.06. 1954, BVerfGE 3, S. 407, 424 ff.; zur weiteren Entwicklung vgl. Schmidt-Aßmann, DVB1. 1972, S. 627, 630; Maunz, in M/D/ H/S, zu Art. 74, Rdnr. 203; Softer, in E/Z/B/K, zu § 1, Rdnr. 11, 17 und Rothe, DVB1. 1974, S. 737 ff. 237 Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 45. 238 Vgl. Haller, Die privatrechtliche Gestaltung, S. 48 f.; Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 46. 239 Vgl. die vorhergehende Fn. 240 Vgl. die in Fn. 238 Genannten. 241 Vgl. Söfker, in E/Z/B/K, zu § 1, Rdnr. 101 ff.; Haller, Die privatrechtliche Gestaltung, S. 49, m.w.N.; ähnlich Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435, 438, die einen städtebaulichen Bezug aber offenbar nur annehmen wollen, soweit der jeweilige Belang mittels einer Festsetzung im Bebauungsplan verwirklicht werden soll.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

77

baulicher Bodennutzung und wirtschaftlichen Belangen bei der Bauleitplanung berücksichtigen 242 . Diese Beschränkung der Ziele der Bauleitplanung auf die städtebauliche Entwicklung findet eine Entsprechung in § 9 Abs. 1 BauGB, der Festsetzungen im Bebauungsplan ausdrücklich nur „aus städtebaulichen Gründen" zuläßt 2 4 3 . Inhaltlich beziehen sich die in § 9 Abs. 1 BauGB aufgelisteten Festsetzungsmöglichkeiten im übrigen nur auf die bauliche Nutzung von Baugrundstücken (Nr. 1-9) bzw. die nichtbauliche Nutzung von sonstigen Flächen (Nr. 10-26) 2 4 4 , das heißt auf originär bodenrechtliche Gegenstände. Die Begrenzung des Einsatzes des Instruments Bauleitplanung auf das Erreichen spezifisch städtebaulicher Ziele und die Beschränkung der planerischen Festsetzungen auf Modalitäten der Bodennutzung sind zwingende Konsequenzen der begrenzten Regelungskompetenz des städtebaulichen Gesetzgebers 245 . Diese Grenzen muß der Gesetzgeber auch beachten, wenn er die planimmanenten Festsetzungsmöglichkeiten durch vertragliche Handlungsformen ergänzen will. Für Verträge nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB heißt das zum einen, daß vertragsfähige Ziele der Bauleitplanung nur solche von spezifisch städtebaulicher Natur sein können; der Vertrag muß also selbst auch der „nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung" im Sinne des § 1 Abs, 5 S. 1 BauGB dienen 2 4 6 . Zum anderen müssen aber auch die vertraglich vereinbarten Pflichten unmittelbaren städtebaulichen Bezug aufweisen. Denn wenn das Städtebaurecht insgesamt darauf beschränkt ist, Regelungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Grund und Boden zu treffen, so dürfen auch die einzelnen städtebaurechtlichen Instrumente nicht auf Materien außerhalb dieses Zusammenhangs zugreifen. Damit sind die (kompetenziellen 247 ) Grenzen abgesteckt, innerhalb derer die Ergänzung der planerischen Festsetzungsmöglichkeiten durch vertragliche Handlungsformen Gegenstand einer gesetzlichen Regelung sein kann. Im folgenden soll überprüft werden, ob sich der Gesetzgeber bei der Aufnahme der „Sozial-" und „Einheimischenmodelle" in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB an diese Grenzen gehalten hat. Danach ist noch auf die Konsequenzen für einige weitere „Zielbindungsverträge" einzugehen.

242

Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 71. Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 9, Rdnr. 4a. 244 Krebs, in Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 4. Abschnitt, Rdnr. 85. 245 Vgl. Maunz, in M/D/H/S, zu Art. 74, Rdnr. 203; Degenhart, in Sachs, zu Art. 74, Rdnr. 65; Krautzberger, in B/K/L, zu § 1 Rdnr. 11. 246 Vgl. auch Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 117; Dirnberger, in Jäde/Dirnberger/Weiß, zu § 11, Rdnr. 36. 247 Zu den Grenzen der Vertragsgestaltung, die sich insbesondere aus dem Koppelungsverbot und dem Gebot der Angemessenheit ergeben, vgl. unten Kapitel 6 III. 243

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge" b) Städtebaulicher Charakter der Verträge zur Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung

Das BVerwG hat in seiner Entscheidung zum „Weilheimer Einheimischenmodell" festgestellt, das BauGB verhalte sich zu der von der Gemeinde mit dieser Vertragsgestaltung intendierten Eigentümerstruktur neutral 2 4 8 . Isoliert gelesen könnte man diesen Satz dahingehend interpretieren, daß die Förderung der Einheimischen auf dem Grundstücksmarkt ein rein kommunalpolitisches Anliegen ohne städtebauliche Bezüge sei. Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, wollte das Gericht jedoch nur zum Ausdruck bringen, daß das BauGB in seiner damaligen Fassung keine Instrumente für eine unmittelbare Beeinflussung der Eigentümerstruktur bereithielt, andererseits aber auch kein Verbot einer solchen Einflußnahme außerhalb des BauGB begründete. Die Kompetenz der Gemeinde, im Interesse der örtlichen Sozialstruktur auf die Eigentümerverhältnisse im Baugebiet einzuwirken, sah das BVerwG zwar in erster Linie in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verankert 249 . Zugleich hielt es aber die Feststellung, daß die Struktur der Grundeigentümer auch die Nutzung von Grund und Boden beeinflussen könne (weshalb sie grundsätzlich auch unter bodenrechtlichem Aspekt regelbar sein muß) für so naheliegend, daß es einer weiteren Erörterung nicht bedürfe 250 . Zur Begründung der städtebaulichen Bezüge der Einheimischenmodelle kann allerdings - wie dargelegt - nicht allein darauf abgestellt werden, daß sich deren Anliegen verschiedenen der in § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB aufgelisteten Belange 2 5 1 zuordnen läßt 2 5 2 . Entscheidend ist vielmehr, daß es unter bodenrechtlichen Gesichtspunkten nicht allein darauf ankommt, wie eine Räche genutzt wird, sondern auch von w e m 2 5 3 . Deutlich wird das etwa in § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 4 BauGB, der - bei Vorliegen „besonderer städtebaulicher Gründe" - den Erlaß einer Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erlaubt 2 5 4 . Eine Rechtfertigung fin248 BVerwG, Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 62, vgl. dazu bereits oben Kapitel 2 II. 2. c). 249 A.a.O., S. 62 f. 250 A.a.O., S. 61. 251 Vgl. insbesondere Nr. 2: „Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen"; „Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung"; Nr. 3: „soziale und kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung"; Nr. 4: „Erhaltung (...) vorhandener Ortsteile". 252 So aber offenbar Beck, Einheimischenmodelle, S. 51; wie hier Haller, Die Privatrechtliche Gestaltung, S. 53 f. 253 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 61; ausführlich Haller, Die privatrechtliche Gestaltung, S. 55 ff.; auch Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93,

100.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 7 9 det diese Einflußnahme auf die Eigentümerstruktur in der Funktion des Bodenrechts, das auch und vor allem der Konkretisierung der Sozialbindung des Grundeigentums dient 2 5 5 . Das BVerfG hat dazu bereits recht früh ausgeführt, die Tatsache, daß Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbiete es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des einzelnen vollständig zu überlassen; eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwinge vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit beim Boden in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern 256 . Diese Aufgabenstellung nimmt § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB auf, wenn er die Gewährleistung einer sozialgerechten Bodennutzung zu den Elementen einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung zählt. Insgesamt zeigt sich, daß die Frage, wer die vorhandenen Baugrundstücke in einer Gemeinde nutzt, nicht nur kommunal- oder sozialpolitische Aspekte aufweist, sondern auch und gerade städtebauliche 257 . Daher ist unter dem Gesichtspunkt der beschränkten bodenrechtlichen Gesetzgebungskompetenz nichts dagegen einzuwenden, im Städtebaurecht ein (vertragliches) Instrument zur Beeinflussung der Eigentümerstruktur in Baugebieten auszuformen 258 . c) Städtebaulicher Charakter von Verträgen zur Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen Die „Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen" ist vor allem eine Aufgabe der Sozial- und der Wohnungspolitik, die sich ihre rechtlichen Instrumente z.B. im Bundessozialhilfegesetz, im Wohngeldgesetz bzw. im II. Wohnungsbaugesetz und im Wohnungsbindungsgesetz geschaffen haben. Die Problematik hat aber auch eine städtebauliche Dimension, weil die für die städtebauliche Entwicklung wesentliche Nutzung des Grund und Bodens selbstverständlich nicht nur von der Struktur der Grundstückseigentümer abhängt, sondern noch viel mehr von der (sozialen) Struktur der tatsächlichen Grundstücksnutzer. § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB trägt u.a. diesem Faktum Rechnung, wenn er die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung unter Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen zum abwägungsrelevanten Belang erklärt. 254 255 256 257

Vgl. dazu Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 553 f. Vgl. Söfker, in E/Z/B/K, zu § 1, Rdnr. 18. BVerfGE 21, S. 73, 82 f. Vgl. Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 99; Jäde, BayVBl. 1992, S. 549,

553 f. 258

Vgl. BayVGH, Urt. v. 18.12.1998, BRS 60, Nr. 232, S. 827, 830 ff. zur Zulässigkeit „von Einheimischenmodellen" zur Förderung des örtlichen Gewerbes.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Daher ist der städtebaurechtliche Gesetzgeber grundsätzlich (unter kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten 259 ) berechtigt, ein Instrumentarium zur Beeinflussung der Nutzerstrukturen zu entwickeln. Diese Auffassung steht im übrigen nur in scheinbarem Widerspruch zu dem Standpunkt, den das BVerwG in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 17.12.1992 vertreten h a t 2 6 0 . Zwar hat das Gericht die Unzulässigkeit der planerischen Festsetzung von Wohnungen für einkommensschwache Familien auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB mit der Feststellung bekräftigt, diese Vorschrift sei nicht für eine nach Einkommenshöhe gestaffelte Sozialpolitik bestimmt. Damit hat das BVerwG aber nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, daß der Unterbringungsbedarf von sozial schwachen Bevölkerungsgruppen auch ein städtebaulicher Belang sein kann 2 6 1 . Es hat dies vielmehr mit einem Hinweis auf entsprechende Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen für Sanierungsgebiete nach § 10 Abs. 4 S. 2 des Städtebauförderungsgesetzes 1976 zumindest indirekt anerkannt 262 . d) Konsequenzen für die Ausgestaltung weiterer „Zielbindungsverträge " Ausgangspunkt der Überlegungen in diesem Abschnitt war die Erkenntnis, daß die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB angesprochenen Verträge vor allem die Funktion haben, die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB zu ergänzen und damit die Steuerungsmöglichkeiten der Bauleitplanung zu erweitern. Das führte zu der Frage nach Umfang und Ausmaß der vertraglichen Erweiterungsmöglichkeiten und insbesondere nach den Inhalten der zulässigen Vertragspflichten. Die Antwort auf diese Frage erforderte eine Rückbesinnung auf den städtebaulichen Regelungszusammenhang des § 11 BauGB. Aus diesem Zusammenhang folgt zum einen, daß planergänzende Verträge ebenso wie die Bauleitplanung selbst nur zur Bewältigung spezifisch städtebaulicher Aufgaben eingesetzt werden dürfen 2 6 3 . Zum anderen 259

Es ist daran zu erinnern, daß es an dieser Stelle nur um die Frage geht, ob die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 beispielhaft genannten Zielsetzungen zulässigerweise mit Mitteln des Städtebaurechts verfolgt werden dürfen. Die Grenzen des Einsatzes und der Ausgestaltung der „Zielbindungsverträge" werden unten noch ausführlicher behandelt. 260 NVwZ 1993, S. 562, 564, vgl. dazu bereits oben Kapitel 2 II. 2. b). 261 Aus den weiteren Entscheidungsgründen geht hervor, daß das Gericht seine Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB vor allem auf dessen Entstehungsgeschichte stützt. Zudem ist es der Ansicht, die einseitige Festsetzung von Sozialwohnungen stelle eine so starke Einschränkung des grundrechtlich geschützten Grundeigentums dar, daß dafür unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehalts eine eindeutigere Regelung als § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB hätte geschaffen werden müssen. 262 A.a.O., S. 565.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

81

müssen auch die Vertragsinhalte, das heißt die vertraglich übernommenen Verpflichtungen, in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der baulichen oder „sonstigen" (§ 1 Abs. 1 BauGB) Nutzung von Grund und Boden stehen. Anhand dieser Kriterien sind noch einmal einige der verschiedenen Vertragsgestaltungen in den Blick zu nehmen, die in der Literatur mit § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB in Verbindung gebracht werden 2 6 4 . aa) Immissionschutzbindungen und sonstige umweltschützende Vereinbarungen Schädliche Umwelteinwirkungen beeinträchtigen die Nutzbarkeit von Grundflächen. Der Immissionsschutz ist daher eines der wichtigsten Anliegen des Städtebaurechts 265. Vertragliche Vereinbarungen können dabei Festsetzungen im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB ergänzen oder auch ersetzen 266 . Unproblematisch ist der städtebauliche Charakter solcher Verträge, wenn sie die bauliche Ausgestaltung eines Vorhabens oder die Errichtung von Schutzanlagen betreffen. Aber auch die vertragliche Regelung von bestimmten Betriebsabläufen weist noch einen hinreichend engen Zusammenhang mit der baulichen Nutzung des Grundstücks auf. Das gleiche gilt grundsätzlich für Vereinbarungen über bestimmte Formen der Energieversorgung, soweit sich damit städtebaulich relevante Immissionen vermindern lassen 267 . Problematisch werden derartige Verträge aber im Hinblick auf ihre städtebaurechtliche Einordnung, wenn sie (objektiv) nicht zumindest auch dem Immissionsschutz dienen, sondern allein aus allgemeinen um weltpolitischen Erwägungen (z.B. Verringerung des C 0 2 Ausstoßes zur Dämpfung des „Treibhaus-Effektes") von den Gemeinden gefordert werden. Derartige Anliegen weisen keinen Bezug zur örtlichen städtebaulichen Entwicklung auf. Sie können daher nicht mit den Instrumenten des Städtebaurechts verfolgt werden, und das heißt auch nicht mit städtebaulichen Verträgen gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB 2 6 8 . Damit ist nicht gesagt, daß es den Gemeinden generell verwehrt ist, umweltpolitische Anliegen ohne städtebaulichen Bezug mittels der Handlungsform Vertrag zu verfolgen. Sie können sich dabei lediglich nicht auf die Kompetenzen und Instrumente des Städtebaurechts stützen 269 . 263

Vgl. auch Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 13. Vgl. oben Kapitel 2 II. 3. a). 265 Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 67. 266 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 115 f. 267 Vgl. aber Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 132 über mögliche Konflikte mit Rechtsvorschriften der EU. 268 A.A. offenbar Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 132. 264

6 Hamann

82

1. Teil: „Städtebauliche Verträge" bb) Verträge zur Förderung wirtschaftlicher Belange

Auch wirtschaftliche Belange spielen eine wesentliche Rolle für die städtebauliche Entwicklung (vgl. § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 8 BauGB). Im Rahmen der Bauleitplanung wird diesen Belangen vor allem durch die Ausweisung wirtschaftlich nutzbarer Flächen Rechnung getragen 270 . Zur Ergänzung dieser Festsetzungen kommt auch der Abschluß von Verträgen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB in Betracht. Denkbar ist etwa, daß Kommunen bei der Ausweisung von Einkaufszentren ( § 1 1 Abs. 3 BauNVO) vertragliche Vereinbarungen mit den Investoren treffen, um über die Festsetzungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 9 BauNVO hinaus Einfluß auf die Nutzung des Vorhabens zu gewinnen. Auf diese Weise kann möglicherweise der aus städtebaulichen Gründen notwendige Schutz der zur verbrauchernahen Versorgung (§ 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 8 BauGB) erforderlichen Infrastruktur erreicht werden. Städtebauliche Verträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB dürfen aber ebensowenig wie die Bauleitplanung zu einem Instrument der umfassenden Wirtschaftssteuerung mutieren. Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn in solchen Vereinbarungen die kommunale Bauleitplanung an Verpflichtungen der Vorhabenträger geknüpft wird, die keinen unmittelbar städtebaulichen Bezug mehr aufweisen. So ist beispielsweise die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen ein Belang, der Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur und damit auf die städtebauliche Entwicklung einer Gemeinde hat. Gemäß § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 8 BauGB ist dieser Aspekt bei der Aufstellung eines Bauleitplanes zu berücksichtigen; die Erwartung, daß die Neuansiedlung eines Betriebes eine größere Anzahl von Arbeitsplätzen schafft, kann durchaus den Ausschlag in der planerischen Abwägung geben. Gleichwohl ist es unzulässig, diese Erwartung durch eine entsprechende Festsetzung im Plan zu sichern, und es dürfte auch unzulässig sein, sie zum Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages zu machen 271 . Anders als z.B. Vereinbarungen über Art und Größe einer baulichen Anlage oder vertragliche Immissionschutzbindungen fehlt Verpflichtungen zur Schaffung einer bestimmten Mindestzahl von Arbeitsplätzen der unmittelbare Bezug zur baulichen Nutzung des Baugrundstücks. In aller Regel wird das Interesse der Gemeinde nämlich nicht darauf gerichtet sein, daß die fraglichen Arbeitskräfte gerade auf dem vertragsgegenständlichen Baugrundstück eingesetzt werden; wesentlich ist aus ihrer Sicht viel eher, daß es sich um Gemeindeangehörige 269 Vgl. den Fall der vertraglichen Verknüpfung von Immissionsschutz mit gemeindlichen Subventionen in BVerwG, Urt. v. 15.12.1990, BVerwGE 84, S. 236 ff. 270 Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 71. 271 A.A. offenbar Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 116 f.; Grziwotz, Baulanderschließung, S. 211.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

83

handelt. Das offenbart den allgemeinen, arbeitsmarktpolitischen Charakter derartiger Vereinbarungen, die von der Regelungszuständigkeit des Städtebaurechts nicht erfaßt werden. cc) Sonstige Verträge Unproblematisch ist der städtebauliche Charakter z.B. bei den oben bereits kurz angesprochenen Verträgen zur Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten im Baugebiet. Schwieriger zu beurteilen sind dagegen Modelle, in denen sich die Eigentümer eines zur Baulandausweisung anstehenden Gebietes vertraglich dazu verpflichten, auf die Nutzung eines Autos innerhalb des zukünftigen Plangebietes zu verzichten und diese Verpflichtung auch von ihren zukünftigen Rechtsnachfolgern oder Mietern zu fordern („autofreies Wohnen") 2 7 2 . Gegenstand eines Vertrages nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB können derartige Vereinbarungen nur sein, wenn sie unmittelbar durch die städtebauliche Konzeption des Gebietes erforderlich werden. Das ist z.B. der Fall, wenn der Plan auf die Ausweisung ansonsten notwendiger Stellplätze und Garagen verzichten und geringer dimensionierte Verkehrsflächen vorsehen will, als an sich für die Größe des Wohngebietes angemessen. Allgemeine verkehrspolitische Erwägungen ohne unmittelbaren Bezug zur baulichen Nutzung des betroffenen Gebiets tragen dagegen keinen städtebaulichen Vertrag.

4. Zusammenfassung; Rechtsnatur der Zielbindungsverträge Kennzeichnend für die Zielbindungsverträge sind Vertragsleistungen des privaten Vertragspartners, die der Gemeinde die Verwirklichung einseitig nicht durchsetzbarer Ziele der Bauleitplanung ermöglichen. Gesetzgeberisches Leitbild sind dabei vor allem Eigentumsbindungen, mit denen ein Vorhabenträger die Umsetzung bestimmter planerischer Absichten auf seinem Grundstück übernimmt. Offengeblieben ist noch, ob die Leistung des Privaten auch aus Geldzahlungen oder Flächenabtretungen zur „Ablösung" einer sonst zu übernehmenden Eigentumsbindung bestehen kann. Anders als die Maßnahmenverträge des Abs. 1 S. 2 Nr. 1 dienen die Zielbindungsverträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB nicht dazu, die gesetzlich zugewiesene Zuständigkeit für die Ausführung und Finanzierung bestimmter städtebaulicher Maßnahmen zugunsten der Gemeinde zu modifizieren. Ihre Funktion liegt vielmehr darin, die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten zu ergänzen und der Gemeinde dadurch über die bloße An272

2. Auflage, S. 132 f.; Gronemeyer, Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, in ders., zu § 11, Rdnr. 46; Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 15. 6*

84

1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

gebotsplanung hinaus Einfluß auf die Verwirklichung ihrer städtebaulichen Zielvorstellungen einzuräumen. In diese Sicht fügen sich lediglich die Vereinbarungen zur Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3 BauGB nicht ein, die nach der hier vertretenen Auffassung systematisch aber ohnehin zu den Maßnahmenverträgen (bzw. Kostenvereinbarungen) gehören. Der Gesetzgeber hat sich bei der Benennung einzelner vertragsfähiger Zielsetzungen der Bauleitplanung im Rahmen seiner Kompetenzen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG gehalten. Die Grenzen des städtebaurechtlichen Regelungsbereiches sind auch zu beachten, wenn Verträge zur Umsetzung nicht ausdrücklich benannter Ziele auf § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB gestützt werden sollen. Abschließend ist noch ein Blick auf die Rechtsnatur der Zielbindungsverträge zu werfen: Anders als die Nr. 1 (und 3) benennt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB keine bestimmten Vertragsleistungen 273 , sondern nur die zulässigen Ziele städtebaulicher Vereinbarungen. Damit sind die „Zielbindungsverträge" aber noch nicht so detailliert öffentlich-rechtlich normiert, daß man allein daraus auf ihre Rechtsnatur schließen könnte. Im übrigen sind die unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 subsumierbaren Vertragsgestaltungen zu vielfältig, als daß man ihre Rechtsnatur einheitlich bestimmen könnte. Häufig werden Einheimischen- und ähnliche Bindungen mit Grundstücksverkäufen der Kommunen kombiniert 2 7 4 . In diesen Fällen liegt also ein Grundstückskaufvertrag gemäß § 433 BGB vor, in dem die städtebauliche Vereinbarung im Sinne des § 11 BauGB eine Nebenabrede darstellt. Das rechtfertigt es, den Vertrag insgesamt zivilrechtlich einzuordM

275

nen Ganz ähnlich scheint es sich bei den sogenannten Vertragsmodellen wie etwa dem „Weilheimer Einheimischenmodell" zu verhalten 276 . Dort liegt ein Angebot des privaten Vertragspartners zum Abschluß eines Grundstückskaufvertrages vor, das die Gemeinde nur annehmen kann, wenn der Vertragspartner gegen die vereinbarte Einheimischenbindung verstößt. Die städtebauliche Vereinbarung ist also ähnlich einer Bedingung mit einem (zivilrechtlichen) Grundstücksgeschäft verknüpft, was eine Gleichbehand273

Eine Ausnahme bildet die „Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3", die aber nach der hier vertretenen Auffassung systematisch zu den Nr. 1 bzw. 3 gehört. 274 Vgl. oben Kapitel 2 II. 2. b); zur Rechtsnatur der Einheimischenmodelle differenzierend Grziwotz, JuS 1999, S. 36 f. 275 Vgl. z.B. BGH, Urt. v. 07.02.1985, DVB1. 1985, S. 793, 794, für einen kommunalen Grundstücksverkauf mit Verpflichtung des Käufers auf die Festsetzungen eines zukünftigen Bebauungsplans. 276 Vgl. dazu oben Kapitel 2 II. 2. b).

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 8 5 lung mit den zuvor behandelten Grundstücksverkäufen zu rechtfertigen scheint. Ebenso hat auch das BVerwG entschieden und die städtebaulichen Implikationen des „Weilheimer Einheimischenmodells" als bloße „Motive" für eine im übrigen privatrechtliche Vertragsgestaltung bezeichnet 277 . Indessen ist zur Kritik an dieser Auffassung schon einiges gesagt worden 2 7 8 . Zu bemängeln ist insbesondere, daß die Rechtsprechung die Rolle, die die kommunale Planungshoheit für die Vertragsgestaltung spielt, nicht hinreichend berücksichtigt. Der Vertragspartner wird zur Abgabe des Verkaufsangebotes nämlich nur dadurch bewegt, daß die Gemeinde dies zur Voraussetzung für das Aufstellen eines Bebauungsplans macht. Einheimischenbindung und das zu Sicherungszwecken vereinbarte Verkaufsangebot sind so gesehen die Gegenleistung des privaten Grundeigentümers für die Bauleitplanung der Gemeinde. Das spricht für die öffentlich-rechtliche Qualifikation der im Vollzug des Weilheimer-Modells geschlossenen Verträge 279 . § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB mag man in diesem Zusammenhang als Hinweis darauf ansehen, daß die städtebaulichen Elemente in den „Zielbindungsverträgen" nicht einfach ausgeblendet werden dürfen. Für sich genommen kann aus der Vorschrift die Rechtsnatur derartiger Verträge aber nicht abgeleitet werden.

I I I . „Kostenvereinbarungen" - § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB behandelt Verträge über die „Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken". Gegenüber ihren Vorgängern, den § § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG und 54 Abs. 2 B a u Z V O 2 8 0 , ist die neue Vorschrift erheblich kürzer gefaßt worden. Das Angemessenheitsgebot und das Verbot der Vereinbarung einer Gegenleistung für eine gesetzlich gebundene Behördenleistung sind aus dem unmittelbaren Zusammenhang mit der Kostenvereinbarung herausgenommen und in den seiner systematischen Stellung nach für alle Verträge des Abs. 1 geltenden § 11 Abs. 2 BauGB überführt worden 2 8 1 . Die Formulierung des sogenannten „Kausalitätsgrundsatzes" ist da277

Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 58 f. Vgl. oben in Fn. 50. 279 So im Ergebnis auch BayVGH, Urt. v. 11.04.1990, NVwZ 1990, S. 979 f.; Busse, BayVBl. 1993, S. 231; Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 97 f.; Beck, Einheimischenmodelle, S. 22 ff.; Grziwotz, NJW 1997, S. 237 f. 280 Ygi d e n Gesetzestext unten im Anhang. 278

281

Der Gesetzgeber ist damit der ganz herrschenden Ansicht in der Literatur gefolgt, die auch unter der bisherigen Gesetzeslage von der Geltung dieser Grundsätze

86

1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

gegen - wenn auch in leicht veränderter Fassung - in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB verblieben. Änderungen haben aber nicht nur die Teile der Neuregelung erfahren, die die Grenzen zulässiger Kostenvereinbarungen aufzeigen; neu gefaßt oder modifiziert ist auch einiges in der gesetzlichen Beschreibung des eigentlichen Inhalts dieser Verträge. Darauf ist zurückzukommen, wenn im Folgenden versucht wird, anhand der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB die Funktion der Vorschrift und der darin normierten Verträge sowie ihr Verhältnis sowohl zu den übrigen Teilen des § 1 1 Abs. 1 S. 2 BauGB als auch zu anderen Instrumenten des Städtebaurechts zu ergründen.

1. Vertragspartner § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB enthält keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, mit wem die Gemeinde Vereinbarungen über eine Kostenübernahme treffen kann. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung läßt sich zunächst nur schließen, daß es sich um einen Privaten handeln m u ß 2 8 2 . Gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG 2 8 3 konnten sich dagegen (nur) Bauwillige zur Übernahme von Kosten und Aufwendungen verpflichten 284 . Damit war der Bezug zum „Kausalitätsgrundsatz" in § 6 Abs. 3 S. 2 BauGBMaßnG hergestellt, der die zulässige Kostenübernahme ausdrücklich nur unter der Voraussetzung eines ursächlichen Zusammenhangs mit dem „vom Bauwilligen geplanten Vorhaben" zuließ. Konsequenterweise ist auch in dem neu formulierten „Kausalitätsgrundsatz" in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB vom „Bauwilligen" keine Rede mehr. Das kann aber nicht heißen, daß zwischen dem kostenauslösenden Vorhaben und dem finanzierenden Vertragspartner überhaupt kein Zusammenhang mehr bestehen muß. Denn der „Kausalitätsgrundsatz" bringt ja auch in seiner geänderten Fassung - gerade die innere Rechtfertigung der vereinbarten Kostenübernahme zum Ausdruck, die darin liegt, daß der zahlende Vertragspartner auch die wirtschaftlichen Vorteile des Vorhabens genießt. Vertragspartner einer Kostenvereinbarung kann also auch nach der Neufassung des Gesetzes nur jemand sein, der unmittelbar von der planungsrechtlichen Legalisierung des fraglichen kostenauslösenden Vorhabens

für alle städtebaulichen Verträge ausging, vgl. z.B. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 44 f.; Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 112. Vgl. zu § 11 Abs. 2 unten Kapitel 5. 282 ygi 0 b e n vor Kapitel 1. 283 284

Ebenso § 54 Abs. 2 S. 1 BauZVO. Vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 35.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 8 7 profitiert 2 8 5 . Der neue Wortlaut trägt aber dem Umstand Rechnung, daß dieser jemand keineswegs immer selbst gewillt sein muß zu bauen 2 8 6 . Nicht selten werden Kostenübernahmen in der Praxis mit privaten Unternehmen abgeschlossen, die die Grundstücke im Plangebiet lediglich bis zur Baureife entwickeln wollen, um sie anschließend an die eigentlich „Bauwilligen" zu veräußern 287 . Das Gesetz hat hier also lediglich eine Lücke im Wortlaut geschlossen 288 .

2. Gegenstände der Kostenvereinbarung a) Refinanzierung

städtebaulicher Maßnahmen

§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB erlaubt Vereinbarungen über die „Kosten und Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind". Der Begriff der „städtebaulichen Maßnahmen" ist bereits im Zusammenhang mit der Regelung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB behandelt worden 2 8 9 . Der Begriff steht dort für den Bereich der Handlungen, die auf die städtebauliche Entwicklung im Sinne des § 1 Abs. 3, 5 BauGB gerichtet sind und deren Vornahme das BauGB (zumindest subsidiär) den Kommunen aufgibt. Durch Verträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB kann die Gemeinde die Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen einschließlich ihrer Finanzierung auf den privaten Vertragspartner übertragen. Derartige Verträge modifizieren also die gesetzlich festgelegte Zuständigkeit für die Aufgabenwahrnehmung 290 und - soweit eine Refinanzierung der Gemeinde bei eigener Durchführung nicht vorgesehen ist - die Kostentragungslast. Unter funktionalem Aspekt betrachtet verdrängen die „Maßnahmenverträge" das einseitige Instrumentarium, das das Gesetz den Gemeinden zur Durchführung und ggf. Refinanzierung der städtebaulichen Maßnahmen zur Verfügung stellt. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB behandelt demgegenüber die Fälle, in denen die Gemeinde ihre Zuständigkeit selbst wahrnimmt und die städtebaulichen Maßnahmen selbst durchführt. Der Vertrag ist hier ein Instrument 285

Zu den Einzelheiten des „Kausalitätsgrundsatzes" vgl. unten Kapitel 6 I. Vgl. Oerder, BauR 1998, S. 22, 30. 287 Vgl. zur identischen Situation beim Erschließungsvertrag Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 1; Vogel, in Brügelmann, zu § 124, Rdnr. 17 f. § 124 Abs. 1 BauGB trägt dem mit der neutralen Bezeichnung des Vertragspartners als „Dritter" Rechnung, vgl. oben Kapitel 2 I. 1. 288 Vgl. Oerder, BauR 1998, S. 22, 30. 289 Vgl. oben Kapitel 2 I. 2. d). 290 Die Verantwortlichkeit der Gemeinde nach außen, das heißt die eigentliche Aufgabenlast, ist demgegenüber vertraglich nicht delegierbar, vgl. oben Kapitel 2 I. 3. 286

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

allein zur Refinanzierung der Kommune. Wenn die Gemeinde ansonsten keine Möglichkeit hat, ihre Ausgaben durch Einforderung von Beiträgen oder anderen Abgaben auf die Anlieger abzuwälzen, bedeutet die Kostenvereinbarung eine Modifikation der gesetzlichen Kostenzuweisung. Dies ist z.B. bei Verträgen über die Kosten der städtebaulichen Planung der Fall. Soweit ein einseitiges Instrumentarium zur Refinanzierung existiert, wie etwa für die Kosten der Erschließung in den §§127 ff. BauGB, wird es durch Vereinbarungen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB ersetzt oder ergänzt; zugleich kann auch hier die gesetzlich vorgesehene Kostenverteilung verändert werden 2 9 1 . b) Refinanzierung

von „Folgekosten " als Regelungsgegenstand?

§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB wird - soweit ersichtlich ausnahmslos als gesetzliche Regelung der sogenannten „Folgekostenverträge" interpretiert 2 9 2 . Das entspricht der - ebenfalls einhelligen - Auslegung des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG 2 9 3 und offenbar auch der Intention des Gesetzgebers 2 9 4 Als Folgekosten werden im Anschluß an die grundlegende Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1973 2 9 5 Aufwendungen bezeichnet, „die den Gemeinden jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer Ansiedlungen für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs entsteh e n " 2 9 6 . Zu diesen kostenauslösenden „Folgeeinrichtungen" zählen z.B. Schulen, Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser, Verwaltungseinrichtun291

Damit ist noch nicht gesagt, daß § 11 BauGB tatsächlich als Rechtsgrundlage für derartige Vereinbarungen gelten kann. Das setzt nämlich voraus, daß die jeweiligen Finanzierungsvorschriften für die betroffenen städtebaulichen Maßnahmen keine Sperrwirkung gegenüber abweichenden vertraglichen Vereinbarungen begründen. Zur Zulässigkeit von Kosten Vereinbarungen im Erschließungsrecht vgl. unten Kapitel 9 III. 2. 292 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 16; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 34 ff.; Dirnberger, in Jäde/Dirnberger/Weiß, zu § 11, Rdnr. 43 f.; Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 25; Stich, in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 8; Oerder, BauR 1998, S. 22, 30 ff.; Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, S. 139 f.; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 23, 154 ff. 293 Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 19; Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 148; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 75; Bunzel/Coulmas/Metscher/ Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 107 ff. 294 Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 13/6392, S. 50. 295 Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802. 296 In diese Richtung bereits BVerwG, Urt. v. 08.09.1972, BauR 1972, S. 352, 355; Asam, BayVBl. 1967, S. 186. Vgl. ferner Lang/Ziemer, Folgekosten, S. 9 f.; M. Gaßner, Abwälzung, S. 5.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 8 9 gen, Sportplätze und vieles mehr, was als „soziale Infrastruktur" bezeichnet werden kann, ohne daß mit diesem Begriff eine rechtliche Aussage verbunden wäre 2 9 7 . Offensichtlich ist der Begriff der städtebaulichen Maßnahmen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB nicht einfach identisch mit der Errichtung und dem Betrieb von Folgeeinrichtungen. Die bereits besprochenen gesetzlichen Beispiele für städtebauliche Maßnahmen (i.S.d. Abs. 1 S. 2 Nr. 1) beziehen sich allesamt auf die bauliche Nutzung von Flächen in einem Plangebiet und nicht auf die „soziale Infrastruktur" 298 . Zudem bietet das Gesetz keinen Ansatz für eine Beschränkung auf nicht-beitragsfähige Anlagen und Einrichtungen; deshalb gehört auch die Erschließung im Sinne der §§123 ff. BauGB zu den städtebaulichen Maßnahmen 299 . Bei nähererem Hinsehen wird es sogar überhaupt fraglich, ob sich die Errichtung, Finanzierung oder Unterhaltung von „Folgeeinrichtungen" unter den Begriff der städtebaulichen Maßnahmen und damit unter § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 (bzw. auch Nr. 1) BauGB subsumieren läßt. Das verdeutlicht eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Begriffsinhalten: aa) Begrifflicher Ausgangspunkt Als Begriffsmerkmale der städtebaulichen Maßnahme sind oben - allerdings im Rahmen der Beschäftigung mit § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 B a u G B 3 0 0 - herausgearbeitet worden die Zuständigkeit der Gemeinde (1), die gerade durch das Städtebaurecht begründet wird (2), und die spezifisch städtebauliche, das heißt auf die städtebauliche Entwicklung gerichtete Zielsetzung (3). Beim Versuch, die herkömmliche Definition der Folgeeinrichtung 301 unter diese Begriffsmerkmale zu subsumieren, kann Übereinstimmung zunächst hinsichtlich der wesensnotwendigen kommunalen Zuständigkeit festgestellt werden. Definitionsgemäß dienen die Folgeeinrichtungen auch der Erfüllung städtebaulicher Zielsetzungen, da die Notwendigkeit ihrer Errichtung gerade aus der städtebaulichen Entwicklung in der Gemeinde herrührt.

297

Vgl. Lang/Ziemer, Folgekosten, S. 9 f.; M. Gaßner, Abwälzung, S. 5 f. Zur Abgrenzung der Folgeeinrichtungen von der Erschließung vgl. bereits Bielenberg, DVB1. 1967, S. 255 f. 299 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu §11, Rdnr. 160; Bunzel/Coulmas/ Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 173; Stüer, Handbuch des Öffentlichen Baurechts, Rdnr. 952 f. Zu der Frage, ob Kostenvereinbarungen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr.3 BauGB an die Stelle der Erhebung von Erschließungsbeiträgen treten können, vgl. unten Kapitel 9 III. 2. 300 Vgl. oben Kapitel 2 I. 2. d). 301 Vgl. oben Kapitel 2 III. 2. b). 298

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Die Kommunen haben deshalb auch die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau der Folgeeinrichtungen zu schaffen (§ 1 Abs. 3 BauGB). Das BauGB begründet aber - und darin liegt die offenkundige Schwierigkeit der Subsumtion der Folgeeinrichtungen unter den Begriff der städtebaulichen Maßnahme und damit unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB - an keiner Stelle explizit eine Zuständigkeit der Gemeinde für die Errichtung oder Finanzierung dieser Einrichtungen. § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB befaßt sich nur mit der Darstellung der „der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs" im Flächennutzungsplan unabhängig von ihrem Träger 3 0 2 , und § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB verpflichtet die Gemeinde, „für die Errichtung und Änderung der Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen" im Sanierungsgebiet lediglich „zu sorgen", nicht aber dazu, diese Aufgaben selbst durchzuführen. Dieser Befund läßt mehrere Schlüsse zu. Entweder ist der bisher verwendete Begriff der städtebaulichen Maßnahme zu eng und muß - zumindest für den Bereich des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB erweitert werden. Oder man wird zu dem erstaunlichen Ergebnis gelangen müssen, daß die Neuregelung des städtebaulichen Vertrages den Folgekostenvertrag nicht mitumfaßt. Als Ansatzpunkt für die Suche nach einer gesetzeskonformen Lösung bietet sich zunächst ein Blick auf die Vorgängerregelungen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB an. bb) Veränderungen im gesetzlichen Gebrauch des Begriffs „städtebauliche Maßnahmen"? Nicht von der Zugehörigkeit der Folgeeinrichtungen zu den städtebaulichen Maßnahmen gingen ersichtlich noch die §§ 54 Abs. 2 S. 1 BauZVO und 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG aus. In diesen Vorschriften wurden als Vertragsgegenstand die „Kosten und sonstigen Aufwendungen" genannt, „die der Gemeinde für städtebauliche Planungen, andere städtebauliche Maßnahmen sowie Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen, entstehen". Das Gesetz zählte in dieser Formulierung deutlich zwar die städtebaulichen Planungen zu den städtebaulichen Maßnahmen, nicht aber „die Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen". Dieser Terminus entspricht im übrigen beinahe exakt der Umschreibung, die das BVerwG in seiner zitierten Entscheidung für die Folgeeinrichtungen gewählt hat 3 0 3 . Auch die Literatur zu § 6 BauGB-MaßnG knüpft zumindest teilweise an die Unterscheidung im Wortlaut an und subsumiert die Folge302

Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 5, Rdnr. 15. BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802, vgl. oben Kapitel 2 III. 2 b). 303

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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einrichtungen nicht unter die städtebaulichen Maßnahmen, sondern unter die „Anlagen und Einrichtungen" 304 . Im Zuge der Überführung des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB hat der Gesetzgeber die „Anlagen und Einrichtungen . . . " aus dem Tatbestand gestrichen. Eine eigentliche Begründung findet sich dafür nicht; aus den Materialien geht aber hervor, daß der Anwendungsbereich der neuen Vorschrift gegenüber dem der alten unverändert bleiben und insbesondere auch die „FolgekostenVerträge" umfassen sollte 3 0 5 . Das scheint dafür zu sprechen, die Auslegung des Begriffs der städtebaulichen Maßnahme in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 in Richtung „städtebaulich motivierte Maßnahmen" zu erweitern 306 . Allerdings findet sich für eine solche Neuinterpretation im Wortlaut des Gesetzes kein Anhaltspunkt, zumal die Beispiele in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB wie gesehen für eine Beschränkung auf städtebaurechtlich geregelte Aufgaben sprechen. Die subjektiven Vorstellungen des historischen Gesetzgebers vom Inhalt der Vorschrift können eine vom Wortlaut nicht veranlaßte Änderung der Auslegung aber allenfalls rechtfertigen, wenn neben einem praktischen Bedürfnis feststeht, daß die bisherige - auch gesetzliche - Unterscheidung von Folgeeinrichtungen und städtebaulichen Maßnahmen nicht von einem gewichtigen sachlichen Grund getragen wurde, sondern allein begrifflicher Natur w a r 3 0 7 . Dem ist im folgenden nachzugehen.

304

Vgl. Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 112 ff., insbesondere S. 116 f., vgl. auch Schmidt-Eichstaedt, DÖV 1995, S. 95, 97 f. zur Einordnung einer naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahme als „städtebauliche Maßnahme" oder als „Anlage ...". Einige Autoren halten sich allerdings am Wortlaut des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG nicht weiter auf und bezeichnen die Vorschrift schlicht als Regelung der Folgekostenverträge, vgl. z.B. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 43. 305 Vgl. bereits oben bei Fn. 294 und ferner den Bericht der Expertenkommission, S. 94, Rdnr. 141, auf deren Empfehlung die neue Fassung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB beruht. 306 Die wenigsten der oben in Fn. 292 genannten Autoren gehen überhaupt auf die Veränderung im Wortlaut ein. Für eine erweiternde Auslegung des Begriffs städtebauliche Maßnahmen scheint Stich in Schwerpunkte-Kommentar, zu § 11, Rdnr. 8 einzutreten. Der Mustereinführungserlaß der Fachkommission „Städtebau" der ARGEBAU (zitiert bei Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 26) meint unter Ziffer 6.1., die Formulierung „die der Allgemeinheit dienen" in § 6 Abs. 3 BauGBMaßnG habe nur die Finanzierung von privatnützigen Anlagen über städtebauliche Verträge ausscheiden wollen. 307 Vgl. zum begrenzten Stellenwert der Regelungsabsichten des historischen Gesetzgebers in der Auslegung Larenz, Methodenlehre, S. 328 ff.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge" cc) Städtebaurecht und Folgeeinrichtungen

Die begriffliche Differenz zwischen städtebaulichen Maßnahmen und Folgeeinrichtungen wurde oben in der fehlenden städtebaurechtlichen Verankerung der letzteren verortet. Die Frage ist also, ob diese Differenz auf sachliche Unterschiede verweist, die eine unterschiedliche gesetzliche Behandlung der Kostenvereinbarungen für städtebauliche Maßnahmen auf der einen und Folgeeinrichtungen auf der andereren Seite nahelegen oder sogar erzwingen, oder ob der begriffliche Unterschied zur Disposition des Gesetzgebers steht, ohne daß dadurch in der Sache Wesentliches verwischt wird. Die Frage führt auf das Verhältnis von Städtebaurecht und Folgeeinrichtungen. Es ist bereits erwähnt worden, daß Folgeeinrichtungen unter städtebaulichen Gesichtspunkten für die Entwicklung des Gemeindegebiets notwendig sind. Das BauGB weist den Kommunen die Aufgabe zu, im Rahmen ihrer planerischen Konzeption diese Notwendigkeit zu berücksichtigen 308 und die erforderlichen Flächen in den Bauleitplänen auszuweisen 309 . Als Teilmaterie des Bodenrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG kann das Städtebaurecht aber nicht die eigentliche Realisierung und Finanzierung von Folgeeinrichtungen regeln 3 1 0 . Gegenstand einer solchen Regelung wäre nämlich nicht mehr die „bauliche und sonstige Nutzung" der Grundflächen und ihre Auswirkung auf die städtebauliche Entwicklung, sondern die mit der Trägerschaft der Folgeeinrichtung verbundene materielle Verwaltungsaufgabe. Die Frage beispielsweise, wer eine Schule zu bauen und zu unterhalten hat, ist keine bodenrechtliche, sondern eine solche des Schulverwaltungsrechts (und fällt damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder). Daß das BauGB keine Regelung über die Errichtung und Finanzierung der Folgeeinrichtungen enthält, beruht also nicht etwa auf freiwilliger Zurückhaltung des städtebaurechtlichen Gesetzgebers bei der Ausübung seiner konkurrierenden Regelungszuständigkeit, sondern auf dem schlichten Fehlen dieser Zuständigkeit. Ganz in diesem Sinne hat das BVerwG bereits im Jahre 1973 festgestellt, daß die gesetzliche Zuordnung der Kosten für Folgeeinrichtungen, die durch die Folgekostenverträge modifiziert wird, regelmäßig auf landesrechtlichen Vorschriften beruhe 311 . In erster Linie an diese Rechtsvorschriften richte sich daher die Frage, ob die jeweiligen Kosten auf 308

Vgl. z.B. § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 3, 6 und 8 BauGB. Vgl. §§ 5 Abs. 2 Nr. 2; 9 Abs. 1 Nr. 5, 9 BauGB. 310 Vgl. zum Regelungsumfang des Städtebaurechts oben Kapitel 2 II. 3. 311 BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802, vgl. ferner BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, BVerwGE 55, S. 337, 340; Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310, 315; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.03.1990, ESVGH 40, S. 244, 252; BayVGH, Urt. v. 02.04.1980, BayVBl. 1980, S. 719, 720. 309

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 9 3 Dritte abgewälzt werden dürfen oder nicht. Ergebe sich aus dem Landesrecht, daß die Gemeinden die Kosten gleichsam endgültig zu tragen haben oder sie sich doch jedenfalls nicht durch den Abschluß von Verträgen mit privaten Bauträgern entlasten dürfen, so sei damit der Zulässigkeit von Folgekostenverträgen eine Grenze gezogen, an der das Bundesrecht nichts ändern könne 3 1 2 . In der fehlenden Bundeskompetenz für die Regelung von Ausführung und Finanzierung liegt ein entscheidender Unterschied zwischen den Folgeeinrichtungen und den im Städtebaurecht verankerten Maßnahmen, die zumindest bis zur Neuregelung in § 11 BauGB die Bezeichnung städtebauliche Maßnahmen allein trugen. Für diese von seiner konkurrierenden Zuständigkeit für das Bodenrecht erfaßten Gegenstände darf der Bund Zuständigkeit und Kostentragung allein und abschließend bestimmen 313 . Daher ist er grundsätzlich auch befugt, den Gemeinden für diese städtebaulichen Maßnahmen den Abschluß von Verträgen über Durchführung und Finanzierung zu erlauben oder zu verbieten. dd) Städtebaurechtliche Regelungskompetenz für Folgekostenverträge Die Erkenntnis der fehlenden Bundeskompetenz für Folgeeinrichtungen läßt den Eindruck entstehen, als zwinge die Herausnahme der „Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs" aus dem Tatbestand des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB nicht nur nicht zu einer erweiternden Auslegung des verbliebenen Begriffs „städtebauliche Maßnahmen"; vielmehr scheint es, als habe der Gesetzgeber - wenn auch entgegen seiner Intention - eine verfassungsrechtlich bedenkliche Regelung korrigiert. Tatsächlich sind vereinzelt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG geäußert worden 3 1 4 . Diese Bedenken wären nach den bisherigen Ausführungen gerechtfertigt, wenn die Vorschrift als Er312

BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802. Eine Ausnahme gilt jetzt gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für die Regelung der Erschließungsbeiträge. Die Ausführungen im Text zeigen, daß die Herausnahme des Erschließungsbeitragsrechts aus der Gesetzgebungskompetenz des Bundes (wegen angeblicher Gleichartigkeit mit dem Kommunalabgabenrecht) eine zweifelhafte Entscheidung ist, vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, S. 6 f. mit Fn. 24 f. Offenbar hat die zurückhaltende Ausübung der konkurrierenden Bundeskompetenz, die den Ländern Raum für die Regelung eigener Erschließungsbeiträge ließ, den Blick auf den grundlegenden Zusammenhang von Regelung der Zuständigkeit und der Finanzierung verstellt. Vgl. dazu und zu den Konsequenzen für die Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB auf Erschließungskosten unten Kapitel 9 III. 2. 314 Vgl. Grziwotz, Baulanderschließung, S. 171 f. 313

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

mächtigung zu einem Abweichen von landesrechtlichen Kostenvorschriften zu interpretieren gewesen wäre. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 6 BauGB-MaßnG geht allerdings hervor, daß eine derartige Regelung nicht beabsichtigt war: Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dem § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG noch einen Satz anzufügen, wonach sich die Auswirkungen eines städtebaulichen Vertrages auf nicht bundesrechtlich geregelte Abgaben nach Landesrecht beurteilen 315 . Die Bundesregierung hielt dem entgegen, daß die Kompetenzen des Landesgesetzgebers durch die geplante Vorschrift ohnehin nicht berührt würden und eine Klarstellung verzichtbar sei316·317. Das scheinbare Paradoxon einer bundesrechtlichen Regelung, die eine landesrechtlich auszugestaltende Materie zum Gegenstand hat, zugleich aber Kompetenzen des Landesgesetzgebers nicht berühren will, löst sich auf, wenn man in den Blick nimmt, daß § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG nicht (nur) als Ermächtigung zur vertraglichen Regelung von Kostenfragen zu lesen war, sondern zugleich auch als Normierung der Voraussetzungen, unter denen eine Kostenvereinbarung mit der städtebaulichen Planung verknüpft werden darf. Der in § 6 Abs. 3 S. 3 BauGB-MaßnG (und jetzt in § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB) positivierte Kausalitätsgrundsatz, der die Zulässigkeit einer Kostenvereinbarung an einen bestimmten ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Bauvorhaben des Vertragspartners und der zu finanzierenden Maßnahme bindet, ist ein spezifisch städtebaurechtliches Erfordernis, denn er bringt zum Ausdruck, daß Bauleitpläne nicht gegen beliebige Leistungen privater Bauherren „getauscht" werden dürfen 3 1 8 . Das BVerwG hat die Zweistufigkeit der gesetzgeberischen Zuständigkeiten für eine Regelung des Folgekostenvertrages in seiner ersten Entscheidung zu dieser Problematik klar herausgearbeitet 319 : Landesrechtlich zu entscheiden ist darüber, ob Durchführung und/oder Finanzierung einer Folgeeinrichtung überhaupt vertraglichen Vereinbarungen zugänglich sein sollen; nach Bundesrecht beurteilt sich dagegen die Möglichkeit der Verknüpfung von Kostenvereinbarung und städtebaulicher Planung. Die Formulierung des § 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG ließ genügend Spielraum, um bei der Auslegung der differenzierten Regelungszuständig315

BT-Drs. 12/4208, S. 2. BT-Drs. 12/4208, S. 21. 317 Auch die ganz herrschende Meinung in der Literatur ging davon aus, daß Verträge nach § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG von zwingendem Landesrecht nicht abweichen dürfen, vgl. Grziwotz, Baulanderschließung, S. 172 f.; Simon, BayBO, zu Art. 74, Rdnr. 32. 318 Vgl. dazu im einzelnen unten Kapitel 6 I. 319 BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802 f.; ebenso Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310, 315. 316

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 9 5 keit des Städtebaurechts Rechnung zu tragen. Für Verträge über die Kosten städtebaulicher Maßnahmen konnte die Vorschrift zugleich als Ermächtigung zum Abweichen von den gesetzlich vorgegebenen Finanzierungsvorschriften 320 und als Regelung der Verknüpfung mit der Bauleitplanung gelten. Für Vereinbarungen über Anlagen und Einrichtungen t die der Allgemeinheit dienen, für die eigentlichen Folgekostenverträge also, positivierte § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG dagegen lediglich die städtebaurechtlichen Anforderungen, die sich aus der Verbindung von Bauleitplanung und Kostenvereinbarung ergeben. ee) Konsequenzen für § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB Bei den Bemühungen um eine möglichst straffe Formulierung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB ist die Bedeutung der Unterscheidung von städtebaulichen Maßnahmen einerseits und Anlagen und Einrichtungen, die dem Allgemeinwohl dienen, andererseits offenkundig übersehen worden. Das rechtfertigt es aber nicht, den Begriff der städtebaulichen Maßnahmen nunmehr im Wege der Auslegung auch auf die nicht umfassend durch das Städtebaurecht regelbaren Folgeeinrichtungen auszudehnen. Ein durch eine derart weitherzige Lesart konturlos gewordener Begriff der städtebaulichen Maßnahme würde nämlich - abgesehen von den fehlenden Anhaltspunkten im Wortlaut - zugleich der Interpretation des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB als Ermächtigung zum vertraglichen Abweichen von städtebaurechtlichen Kostenlastregelungen den Boden entziehen. Eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs der Neuregelung war vom Gesetzgeber aber offenbar auch nicht gewollt 3 2 1 . Im Ergebnis heißt das, daß die klassischen Folgekostenverträge von der Neuregelung der städtebaulichen Verträge in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB nicht mehr unmittelbar erfaßt werden. Unter dogmatischen Gesichtspunkten ist diese erhebliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift ärgerlich und sollte schnellstens korrigiert werden. Die Praxis allerdings wird sich solange mit einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung des 320

In diese Richtung für die vertragliche Regelung von Erschließungskosten im Sinne der §§ 127 ff. BauGB Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 150; Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 130 ff.; Döring, NVwZ 1994, S. 853, 856, vgl. dazu im einzelnen unten Kapitel 9 III. 2. 321 Die Expertengruppe konnte sich letztlich nicht darüber einigen, ob § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG den Abschluß von Verträgen über Erschließungskosten erlaubte, vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 94 ff., Rdnr. 141 ff. Die schließlich vorgeschlagene Fassung der Neuregelung im BauGB sollte die Frage der Klärung durch Praxis und Rechtsprechung überlassen, nicht aber die Rechtslage in die eine oder die andere Richtung verändern, vgl. a.a.O., S. 97, Rdnr. 143.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Kausalitätsgrundsatzes in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB auf Folgekostenverträge behelfen können. Daran, daß hier eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, besteht nach den obigen Ausführungen kein Zweifel. c) Kosten und sonstige Aufwendungen aa) Unterscheidung von Kosten und Aufwendungen? Refinanzierbar gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB sind „die Kosten und sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind (...)"· Anders als z.B. bei der Beitragserhebung nach § 128 BauGB scheinen also vertraglich nicht nur Kosten auf den Privaten abwälzbar zu sein. Die Kosten sind dem Wortlaut der Vorschrift zufolge nur Teil eines weiteren (Ober-)Begriffes der Aufwendungen322. Worin der Unterschied zwischen Aufwendungen und Kosten bestehen soll und welche Aufwendungen neben den Kosten für eine vertragliche Abwälzung in Betracht kommen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Das Zivilrecht versteht unter Aufwendungen die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen 323 . Auf diesen zivilrechtlichen Aufwendungsbegriff hat das BVerwG in seiner ersten Entscheidung zu den Folgekostenverträgen zurückgegriffen, um damit den Vorwurf des „Verkaufs von Hoheitsrechten" zu entkräften 324 . Die Verknüpfung von Kostenvereinbarung und Bauleitplanung, auf die dieser Vorwurf zielt, ist nach Meinung des Gerichts nicht - wie beim Kaufvertrag - als Leistungsaustausch im Sinne der §§ 320 ff. BGB zu sehen. Vielmehr gehe es um eine Entlastung, die - wenn man bei dem durch das Wort „Vertrag" nahegelegten Vergleich mit dem Privatrecht bleiben wolle - mit dem Aufwendungsersatz nach § 670 BGB325 eine gewisse Verwandtschaft habe 3 2 6 . Mit der Verwendung des Begriffes „Aufwendungen" für das, was Gegenstand einer Kostenvereinbarung nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB sein kann, will das Gesetz offenbar den Charakter der Kostenübernahme als Aufwendungsersatz unterstreichen 327 . Dabei wird allerdings übersehen, daß 322 In § 128 Abs. 1 wird der (Erschließungs-) Aufwand dagegen vollständig von der Summe der Kosten gebildet. 323 V g L Palandt/Heinrichs, zu § 256, Rdnr. 1; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 110. 324 BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803. 325 Hervorhebung durch den Verfasser. 326 Die Charakterisierung der Folgekostenverträge als Aufwendungsersatz ist von vielen Autoren zustimmend aufgenommen worden, vgl. Simon, BayVBl. 1974, S. 145, 148; Bötsch, BayVBl. 1981, S. 11, 13; ebenso BayVGH, Urt. v. 02.04.1980, BayVBl. 1980, 719, 720.

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 B a u G B 9 7 der vom BVerwG gezogene Vergleich von Kostenübernahme im Folgekostenvertrag und Aufwendungsersatz wenig glücklich und zudem aus heutiger Sicht auch gar nicht mehr notwendig ist: Das Wort vom Aufwendungsersatz suggeriert, daß die Kommunen bei der Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen (bzw. im Fall des BVerwG bei der Errichtung der Folgeeinrichtungen) freiwillig und gleichsam anstelle des Vertragspartners tätig werden. Die §§ 662 ff. BGB, denen der vom BVerwG herangezogene § 670 BGB entstammt, behandeln ja die Geschäftsbesorgung für einen anderen. Bei den städtebaulichen Maßnahmen (und ebenso bei der Errichtung von Folgeeinrichtungen) handelt es sich aber definitionsgemäß um originäre Rechtspflichten der Gemeinde. Häufig liegen die Maßnahmen nicht einmal im unmittelbaren Interesse des privaten Vorhabenträgers 328. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Pflicht der Gemeinde zur Durchführung der städtebaulichen Maßnahme von dem geplanten Vorhaben ausgelöst wird. Deutlicher wird die Fehlerhaftigkeit der These vom Aufwendungsersatz noch, wenn man sich die Motivation des privaten Vertragspartners anschaut: Dieser geht nicht etwa deshalb auf das Verlangen der Gemeinde nach einer Kostenübernahme ein, weil die zu finanzierende Maßnahme oder Einrichtung ihm einen besondern Vorteil bringt, sondern weil er weiß, daß die Gemeinde ansonsten den von ihm gewünschten Bebauungsplan nicht aufstellen wird. Es findet also sehr wohl ein echter Leistungsaustausch statt 3 2 9 , wenn auch nicht in Form einer synallagmatischen Verknüpfung 330 . Das Bemühen des BVerwG, diesen Umstand durch die Konstruktion des Aufwendungsersatzes zu verbergen, ist wohl am ehesten mit der Unsicherheit zu erklären, die im Jahre 1973 noch bezüglich der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Verknüpfung von Hoheitsleistungen mit einer Gegenleistung des begünstigten Bürgers herrschten. Die Rechtsprechung des BVerwG selbst hat seither viel dazu beigetragen, diese Unsicherheiten zu verringern. Inzwischen geht das Gesetz - z.B. in § 56 VwVfG, aber auch in § 11 Abs. 2 BauGB - ausdrücklich von der Zulässigkeit eines Leistungsaustausches zwischen Behörde und Bürger aus. Die „Umdeutung" der städtebaulichen Kostenvereinbarungen in eine Art Aufwendungsersatz ist damit an sich überflüssig geworden. Eine echte Bedeutung kommt der Unterscheidung von Kosten und sonstigen Aufwendungen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB demnach nicht z u 3 3 1 . 327 in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 158; Bunzel/Coulmas/ Vgl. Krautzberger, Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 136. 328 Daß Folgeeinrichtungen von ihrem ursprünglichen Begriff her nicht beitragsfähig sind, hängt ja gerade mit dem Fehlen eines „Sondervorteils" zusammen. 329 So auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1,5; offenbar auch Oerder, BauR 1998, S. 23, 30. 330 Vgl. dazu unten Kapitel 3. 7 Hamann

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge" bb) Begrenzung der vertragsfähigen Kosten durch den Kausalitätsgrundsatz

Gegenstand einer vertraglichen Übernahme nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB können nur die Kosten einer städtebaulichen Maßnahme sein, die Voraussetzung oder Folge des vom Vertragspartner geplanten Vorhabens sind. Das Gesetz statuiert hier den sogenannten Kausalitätsgrundsatz, der mit ähnlichem Wortlaut bereits in den §§54 Abs. 2 BauZVO; 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG enthalten war. Der Kausalitätsgrundsatz bildet eine spezifische, wenngleich eng mit dem „Koppelungsverbot" verwandte Grenze städtebaulichen Vertragshandelns. Er soll in seinen Einzelheiten daher unten im entsprechenden Zusammenhang behandelt werden 3 3 2 . cc) Die Bereitstellung von Grundstücken Zu der Übernahme von Kosten gehört laut § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB auch die Bereitstellung von Grundstücken. Gemeint ist offenbar, daß statt der Zahlung von Geld auch die Übertragung von Grundflächen vereinbart werden kann. In § 6 Abs. 3 S. 2 BauGB-MaßnG war diese Möglichkeit noch auf die „erforderlichen" Grundstücke begrenzt, das heißt also auf Flächen, die als solche (gegenständlich) zur Herstellung der jeweiligen städtebaulichen Maßnahme benötigt werden 3 3 3 . § 11 BauGB hat diese Beschränkung aufgegeben. Möglich ist daher nunmehr beispielsweise auch die Abtretung von Bauland, aus dessen Verkaufserlös die Gemeinde dann die städtebauliche Maßnahme finanziert 334 .

3. Zusammenfassung; Rechtsnatur Verträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 sind Instrumente zur Refinanzierung der Kosten städtebaulicher Maßnahmen. Der Abschluß von Kostenvereinbarungen modifiziert die gesetzlich vorgesehene Kostenverteilung. Hoheitliche Instrumente zur Abwälzung der Kosten auf die Vorhabenträger (Beitragserhebung) werden durch die Verträge substituiert, sofern die zugrundeliegenden Vorschriften ihrem Abschluß nicht generell entgegenstehen 3 3 5 . 331

So ausdrücklich auch der Mustereinführungserlaß der Fachkommission „Städtebau" in der ARGEBAU zum städtebaulichen Vertrag in Ziffer 6.4; abgedruckt bei Krautzberger; in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 26. 332 Vgl. unten Kapitel 6 I. 333 Vgl. Stich, in Berliner Kommentar, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 35. 334 So bereits BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 689, 690 für die „freiwillige Umlegung". Vgl. dazu auch unten Kapitel 8 I. 4. a) dd).

2. Kap.: Überblick über die Inhalte des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB

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Für die Rechtsnatur von Kostenvereinbarungen gilt ähnliches wie bei den Maßnahmenverträgen 336 : Wie dort ist die detaillierte Normierung im (öffentlichen) Städtebaurecht nur ein Argument mehr für die Einstufung als öffentlich-rechtlicher Vertrag. Auch ohne ausdrückliche Regelung folgt diese Einordnung bereits aus dem Umstand, daß der Vertrag öffentlichrechtliche Finanzierungsvorschriften modifiziert und aus der regelmäßigen Verknüpfung mit der kommunalen Bauleitplanung.

IV. Zusammenfassung des zweiten Kapitels § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB hat die systematische Einteilung der beispielhaft geregelten Typen städtebaulicher Verträge im grundsätzlichen unverändert aus § 6 Abs. 1-3 BauGB-MaßnG übernommen; Änderungen sind nur im Detail erfolgt: Maßnahmenverträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB ermöglichen es der Gemeinde, die Durchführung von Aufgaben, die ihr durch das Städtebaurecht zugewiesen sind (städtebauliche Maßnahmen), auf einen privaten Vertragspartner zu übertragen, der zugleich auch die entstehenden Kosten (zumindest teilweise) übernimmt. Vertragsgegenstand kann dabei nur die (technische) Ausführung der städtebaulichen Maßnahmen sein; die eigentliche Aufgabenzuständigkeit und -Verantwortung verbleibt ebenso bei der Gemeinde wie alle hoheitlichen Befugnisse. In diesem Rahmen kann auch ein an der Bauleitplanung unmittelbar interessierter Investor die Durchführung und/oder Organisation wesentlicher Abschnitte des Planungsverfahrens übernehmen. Die Gemeinde hat allerdings durch eine entsprechende Vertragsgestaltung dafür Sorge zu tragen, daß sie ihrer Letztverantwortung für die Planung gerecht werden und eine unzulässige Einflußnahme auf das Verfahren verhindern kann. Mit den Zielbindungsverträgen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB haben die Gemeinden ein Instrument an der Hand, das es ihnen ermöglicht, Ziele der Bauleitplanung auch jenseits der Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB zu realisieren. Vertragsinhalt ist zumeist die Verpflichtung der Eigentümer im Plangebiet, ihre Grundstücke entsprechend der Konzeption der Gemeinde zu nutzen. Die Gemeinden sind im Rahmen der ihnen eröffneten planerischen Gestaltungsspielräume frei, vertragsfähige Zielsetzungen der Bauleitplanung zu entwickeln; es ist aber zu beachten, daß Zielbindungsverträge als Instrumente des Städtebaurechts von dessen Regelungsbereich gedeckt sein müssen. Die mit Verträgen nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB verfolgten Zwecke müssen spezifisch städtebaulicher Natur sein; die Ver335 336 *

Vgl. dazu unten Kapitel 9 III. 2. Vgl. oben Kapitel 2 I. 4.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

einbarungen haben der „nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung" im Sinne des § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB zu dienen. Zudem müssen auch die vereinbarten Pflichten unmittelbaren Bezug zur „baulichen oder sonstigen Nutzung" (§ 1 Abs. 1 BauGB) der Grundstücke im Plangebiet aufweisen. Die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB beipielhaft genannten Planungsziele „Grundstücksnutzung" und „Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderem Wohnraumversorgungsproblemen sowie des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung" halten sich innerhalb des städtebaulichen Regelungsrahmens. Verträge über die „Durchführung des Ausgleichs (von Eingriffen in Natur und Landschaft - d. Verf.) im Sinne des § la Abs. 3" sind zwar ebenfalls legitimer Regelungsgegenstand des Städtebaurechts. Systematisch betrachtet gehören sie aber nicht in die Gruppe der Zielbindungsverträge, sondern zu den Maßnahmeverträgen bzw. zu den Kostenvereinbarungen. Über Kostenvereinbarungen gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB können die Gemeinden die Durchführung von städtebaulichen Maßnahmen refinanzieren, die dem Vorhaben des Vertragspartners kausal zuzurechnen sind. Nicht zu den städtebaulichen Maßnahmen zählt die Errichtung sogenannter Folgeeinrichtungen, die als Verwaltungsaufgabe nicht in den Regelungsbereich des Städtebaurechts fällt. Der städtebauliche Gesetzgeber kann lediglich die Voraussetzungen normieren, unter denen eine Folgekostenvereinbarung mit der städtebaulichen Planung verknüpft werden darf. Da § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB, anders als zuvor § 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG, die Folgeeinrichtungen nicht gesondert neben den städtebaulichen Maßnahmen erwähnt, ist die Vorschrift - offenbar entgegen der Intention des Gesetzgebers - auf Folgekostenverträge nicht unmittelbar anwendbar. In der Zusammenschau fällt die Verwandtschaft der Maßnahmenverträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB mit den Kostenvereinbarungen gemäß der Nr. 3 auf. In beiden Fällen wird die an sich bestehende Finanzierungszuständigkeit der Gemeinde für eine städtebauliche Maßnahme durch den Vertrag modifiziert oder sogar substituiert. Zugleich ersetzen beide Vertragsarten auch die eventuell vorhandenen hoheitlichen Refinanzierungsinstrumente. Der Unterschied besteht nur darin, daß der Vertragspartner im einen Fall zusätzlich zur Finanzierung auch noch die Durchführung der städtebaulichen Maßnahme übernimmt, während es im zweiten Fall bei einer „isolierten" Kostenvereinbarung bleibt. Im Grunde, so scheint es, hätte man hier auch eine gemeinsame Regelung erwarten können. Die Untersuchung der Zulässigkeitsgrenzen beider Vertragsarten wird zeigen, ob die getrennte Normierung gleichwohl einen Sinn hat 3 3 7 .

337

Vgl. unten Kapitel 6 II.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

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Deutlich verschieden von den Maßnahmen- und den Kostenvereinbarungen sind die Zielbindungsverträge des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Ihre Funktion liegt darin, die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten zu ergänzen und der Gemeinde dadurch über die bloße Angebotsplanung hinaus Einfluß auf die Verwirklichung ihrer städtebaulichen Zielvorstellungen einzuräumen. Kapitel 3

Die Vertragsleistung der Gemeinde in städtebaulichen Verträgen gemäß § 11 BauGB: Das Problem der Planungszusagen Der von § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB unternommene Versuch, über die Bildung von Vertragstypen das Konkretisierungsniveau der gesetzlichen Regelung zu erhöhen 338 , setzt in auffälliger Weise nur bei der vertraglichen Gegenleistung des privaten Vertragspartners an. Eindeutig ist das in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 BauGB, die allein bestimmte Vertragspflichten des Privaten behandeln. Aber auch im Rahmen der Nr. 2, bei den „Zielbindungsverträgen, geht es um die Verpflichtung des Vertragspartners der Gemeinde auf die mit der Bauleitplanung verfolgten Zwecke. Dagegen erwähnt § 11 BauGB an keiner Stelle ausdrücklich, mit welchen eigenen Vertragsleistungen die Kommune einen privaten Investor oder Vorhabenträger dazu bewegen soll, derartige Vertragspflichten zu übernehmen. Indessen haben die Darlegungen zu den einzelnen Vertragsarten bereits gezeigt, daß es dem Vertragspartner der Gemeinde in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen darum gehen wird, Baurecht auf seinen Flächen zu erlangen. Die Gemeinde kann das begehrte Baurecht dadurch schaffen, daß sie Bebauungspläne aufstellt, und regelmäßig macht sie den Vertragsabschluß zur Voraussetzung für die Bauleitplanung. Es liegt nahe, die Planung als eigentliche Vertragsleistung der Gemeinde zu begreifen 339 . Der „Bauplanungsvertrag" als eigener Typus städtebaulicher Verträge liegt dann gleichsam quer zu den in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB geregelten Vertragsarten. Ob und wie die Bauleitplanung zum Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages gemacht werden darf, ist seit langem eine der am meisten kontrovers diskutierten Fragen des Städtebaurechts 340. Eindeutig war dabei immer die Position der Verwaltungsrechtsprechung. Das BVerwG hat stets betont, 338

Vgl. oben Kapitel 2 vor I. Vgl. z.B. Gaßner, BayVBl. 1998, S. 577, 578. 340 Vgl. die ausführlichen Darstellungen von Dossmann, Die Bebauungsplanzusage und Fackler, Individualanspruch, S. 162 ff. 339

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

die Gemeinden könnten sich nicht wirksam zu einem bestimmten planerischen Tun oder Unterlassen verpflichten 341 . Der BGH, der sich mehrfach mit den Folgen des Scheiterns einer im Vertrag vorausgesetzten Planung auseinandersetzen mußte, hat diesen Grundansatz des BVerwG nicht in Frage gestellt, sich aber zugleich darum bemüht, die daraus entstehenden Härten für den Vertragspartner der Gemeinde zu mildern 3 4 2 . So hat der BGH eine Haftung der Gemeinde unter den Gesichtspunkten der culpa in contrahendo ( c i c ) 3 4 3 und der vertraglichen Risikoübernahme 344 für möglich gehalten. In der Literatur war das Meinungsbild (bis zum Erlaß des Investitionsund Wohnbaulandgesetzes 1993) differenzierter 345 . Einigkeit herrschte allerdings noch im Ausgangspunkt darüber, daß durch eine vertragliche Planungszusage nicht die strikte Bindung der planenden Gemeinde an die Verfahrensvorschriften des BauGB gegenstandslos werden dürfe 3 4 6 . Aber nur einige Autoren hielten aus diesem Grund vertragliche Planungsabreden für generell unzulässig 347 . Überwiegend wurde die Auffassung vertreten, die Abwägungsdogmatik erfordere nicht zwingend die Unzulässigkeit jeder Vereinbarung über die Bebauungsplanung 348 .

341

Vgl. Uri. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803 f.; Urt. v. 11.03.1977, DVB1. 1977, S. 529, 530; Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 688; Uri. ν. 29.05.1981, BauR 1982, S. 30, 32; zur Verpflichtung zum Unterlassen einer Bauleitplanung vgl. auch VGH Kassel, Beschl. v. 06.03.1985, S. 839, 840. 342 BGH, Urt. v. 08.06.1978, NJW 1978, S. 1802, 1804; Uri. v. 22.11.1979, BGHZ 76, S. 16, 22; Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146. 343 BGH, Urt. v. 08.06.1978, NJW 1978, S. 1802, 1804. 344 BGH, Urt. v. 22.11.1979, BGHZ 76, S. 16, 24 ff.; Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146. 345 Vgl. z.B. Degenhart, BayVBl. 1979, S. 289, 293 ff.; Krebs, VerwArch 72 (1981), S. 49, 50 ff.; Papier, JuS 1981, S. 498, 500 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 89. 346 Zur Bedeutung dieser strikten Bindung als Kompensation für die inhaltliche Offenheit des Planungsprozesses vgl. vor allem Krebs, VerwArch 72 (1981), S. 49, 53. 347 Vgl. Papier, JuS 1981, S. 498, 501 f.; Ebsen, JZ 1985, S. 57, 60. 348 Vgl. Stettner, AöR 102 (1977), S. 544, 564 f.; Degenhart, BayVBl. 1979, S. 289, 295 f.; Dossmann, Die Bebauungsplanzusage, S. 100 ff.; Fackler, Individualanspruch, S. 169 ff.; die - zum Teil in Anlehnung an die im Flachglas-Urteil des BVerwG (Uri. ν. 05.07.1974, BVerwGE 45, S. 309, 316 ff.) entwickelten Kriterien - Bauplanungsabreden für zulässig erachteten, sofern die Verfahrensbelange und insbesondere die Bürgerbeteiligung gewahrt blieben und das Ergebnis der (vorgezogenen) Abwägung fehlerfrei war.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

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I. „Primäranspruch 44 auf die Aufstellung von Bauleitplänen oder die Durchführung des Planungsverfahrens Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Regelung des städtebaulichen Vertrages eindeutig der restriktiven Haltung der Rechtsprechung angeschlossen 3 4 9 . Der einschlägige § 6 Abs. 2 S. 3 BauGB-MaßnG lautete (ähnlich wie zuvor schon § 54 Abs. 1 S. 2, 2.HS BauZVO): „§ 2 Abs. 3 des Baugesetzbuchs bleibt unberührt; ein Anspruch auf Aufstellung eines Bauleitplanes (...) kann durch Vertrag nicht begründet werden." Unglücklich gewählt war allerdings der Standort dieser Vorschrift 350 ; die Expertenkommission hatte deshalb für eine Verschiebung in den für alle Vertragstypen geltenden Absatz 2 der geplanten Neuregelung votiert 3 5 1 , und der Gesetzgeber des BauROG 1998 hat sich letztlich dafür entschieden, eine dem § 6 Abs. 2 S. 3 BauGB-MaßnG entsprechende Regelung an § 2 Abs. 3 BauGB anzuhängen 352 . De lege lata steht damit fest, daß der Vertragspartner der Gemeinde einen durchsetzbaren Gegenanspruch auf den Erlaß eines Bebauungsplanes für seine Vertragsleistung nicht erwerben kann 3 5 3 . Gleiches gilt gemäß § 2 Abs. 4 BauGB auch für die Ergänzung, Änderung und Aufhebung eines Bebauungsplanes 354 . Fraglich bleibt, ob sich die Gemeinde unterhalb der Schwelle eines (gerichtlich durchsetzbaren) Anspruchs auf einen bestimmten Bebauungsplan wirksam dazu verpflichten kann, das Planungsverfahren abwägungsfehlerfrei durchzuführen. Insoweit könnte eine Analogie zu § 12 Abs. 2 BauGB (zuvor § 7 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG) in Betracht kommen. Dieser Vorschrift zufolge hat ein Vorhabenträger nach Abschluß eines Durchführungsvertrages im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB einen Anspruch darauf, daß die Gemeinde auf seinen Antrag hin nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung des vertragsgegenständlichen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplans entscheidet. Der Durchführungsvertrag ist eine spezieller städtebaulicher Vertrag, der sich aus Elementen der in den §§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2; 124 BauGB geregelten Maßnahmen-, Zielbindungs- und Erschließungsverträgen zusammensetzt 355 . Das legt den Gedanken an eine analoge Anwendung nahe 3 5 6 . 349

Vgl. Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 100 f. Vgl. dazu bereits oben Kapitel 2 II. 1. 351 Bericht der Expertenkommission, S. 100, Rdnr. 152. 352 Kritisch dazu Erbguth, VerwArch 89 (1998), S. 189, 215, der bezweifelt, daß § 2 Abs. 3 BauGB n. F. eine der alten, unmittelbar in der Vorschrift über den städtebaulichen Vertrag angesiedelten Bestimmung vergleichbare „Warnfunktion" übernehmen kann. 353 Vgl. auch Grziwotz, BauR 1997, S. 956 f. 354 Ygi Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 102 ff. 350

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Ein vertieftes Eingehen auf die Frage der Analogiefähigkeit des § 12 Abs. 2 BauGB ist aber nur geboten, wenn der aus dieser Vorschrift abzuleitende Anspruch überhaupt als Äquivalent zur Vertragsleistung des Investors geweitet werden kann. Das ist indessen zweifelhaft. Zwar soll der Vorhabenträger nach zum Teil vertretener Auffassung gemäß § 12 Abs. 2 BauGB eine Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens verlangen und diesen Anspruch im Falle der Untätigkeit der Gemeinde gerichtlich durchsetzen können 3 5 7 , und die gleiche Möglichkeit soll ihm unter Umständen auch offen stehen, wenn sein Antrag ermessensfehlerhaft abgelehnt w i r d 3 5 8 . Einen Sinn hätte diese Prozedur für den Vertragspartner aber nur, wenn mit dem Anspruch auf Einleitung des Verfahrens auch ein Anspruch auf Unterlassung der ermessensfehlerhaften Einstellung des Verfahrens korrelieren würde. Einen solchen Anspruch, der, konsequent zu Ende gedacht, die Gemeinde im Extremfall einer - zumindest denkbaren - Ermessensreduzierung eben doch zum Erlaß eines bestimmten Bebauungsplanes zwingen könnte, gewährt § 12 Abs. 2 BauGB sicher nicht 3 5 9 . Die Vorschrift kann daher, unabhängig von ihrer Analogiefähigkeit, auch nicht als gesetzliche Festlegung eines aus dem Vertrag resultierenden Primäranspruchs gewertet werden 3 6 0 Die Frage nach einem vertraglichen Primäranspruch auf Bauleitplanung hat das Gesetz damit eindeutig geklärt; einen solchen Anspruch kann es, 355

Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 193; Turiaux, NJW 1999, S. 391, 393. 356 Vgl. Stich, in Kormann, Das neue Bundesbaurecht, S. 9, 20, Fn. 30. 357 Krautzberger, in B/K/L, zu § 12, Rdnr. 22, 45, geht davon aus, daß die Entscheidung gemäß § 12 Abs. 2 BauGB in der Form eines Verwaltungsaktes ergeht und Rechtsschutz daher im Wege der (Untätigkeits-) Verpflichtungsklage zu suchen ist, vgl. auch ders., in E/Z/B/K, zu § 7 BauGB-MaßnG, Rdnr. 95. Dagegen VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.03.2000, NVwZ 2000, S. 1060 f.; ferner Jäde, in Jäde/Dirnberger/Weiß, zu § 12, Rdnr. 58, der der Entscheidung über den Antrag des Vorhabenträgers mangels Regelungscharakter keine Verwaltungsaktqualität beimißt und lediglich eine allgemeine Leistungsklage für zulässig hält. Die Frage muß im vorliegenden Zusammenhang nicht vertieft werden. Überhaupt keine förmlichen Rechtsbehelfe gegen die Untätigkeit der Gemeinde, sondern nur die Möglichkeit zur Anrufung der Kommunalaufsichtsbehörde hat der Vorhabenträger nach Ansicht von Neuhausen, in Brügelmann, zu § 12, Rdnr. 63. 358 Krautzberger, a.a.O. Dagegen Jäde, a.a.O., Rdnr. 56; Neuhausen, a.a.O. Nach Auffassung der Expertenkommission muß ein „Bescheid" gemäß § 12 Abs. 2 BauGB nur den Anforderungen an eine Petitionsentscheidung im Sinne des Art. 17 GG genügen; das heißt, er muß lediglich erkennen lassen, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung stattgefunden hat; Bericht der Expertenkommission, S. 104, Rdnr. 160. Ob eine solche Entscheidung gerichtlich anfechtbar ist, scheint zweifelhaft. 359 Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.03.2000, NVwZ 2000, S. 1060 f.; BT-Drs. 12/3944, S. 45 (zu § 7 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG); Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 199, 207 f.; ders., in FS Weyreuther, S. 213, 223; Krautzberger, in B/K/L, zu § 12, Rdnr. 22; Stich, DVB1. 1997, S. 317, 320.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

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auch in abgeschwächter Form als Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Verfahrensdurchführung, nicht geben. Zugleich geht die Intention der Regelung des städtebaulichen Vertrages aber gerade dahin, verstärkt Vereinbarungen im Städtebaurecht zu etablieren, an denen sich der private Vertragspartner im Regelfall nur beteiligen wird, weil er im Gegenzug die Ausweisung von Bauland erwartet. Damit stellt sich um so dringlicher die Frage, welche Rechte dem Privaten zustehen, wenn sich seine Erwartungen nicht erfüllen.

II. „Sekundäransprüche44 im Falle des Scheiterns der Planung Explizite Aussagen zu den Sekundäransprüchen des Vertragspartners im Falle des Scheiterns der Planung enthält § 11 BauGB ebensowenig wie Bestimmungen über sonstige Probleme der Leistungsstörungen oder der Abwicklung städtebaulicher Verträge. Literatur und Rechtsprechung haben verschiedene Ansätze zur Begründung von Ersatzansprüchen entwickelt. Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit diese Ansätze mit der durch die §§ 11, 2 Abs. 3 BauGB geschaffenen Rechtslage vereinbar sind. Erst anschließend kann beurteilt werden, ob das Gesetz die Interessen des privaten Vertragspartners ausreichend schützt.

1. Vertragliche Risikoübernahme durch die Gemeinde a) Risikoübernahme durch ausdrückliche

Vereinbarung

Die Rechtsprechung des BGH scheint den Parteien eines städtebaulichen Vertrages einen sicheren Weg zur „gerechten" Verteilung des Planungsrisikos auch ohne gesetzliche Regelung der Sekundäransprüche zu weisen 3 6 1 . Nach Ansicht des Gerichts können die Vertragspartner die Frage, wer für die finanziellen Folgen des Scheiterns der Planung einzustehen hat, im Vertrag selbst regeln; dabei soll sich die Gemeinde dazu verpflichten können, das Planungsrisiko zu übernehmen. Dem Einwand, von solchen Vereinbarungen gehe mittelbar ein vom Gesetz nicht gestatteter Einfluß auf die Ausübung der Planungshoheit in Form eines „faktischen" Planungszwanges 362 aus, hält der BGH entgegen, es bestehe „ i m Interesse des redlichen Grundstückverkehrs und der Förderung der für die bauliche Entwicklung der Ge360

Die praktische Bedeutung des § 12 Abs. 2 BauGB liegt darin, daß der Vorhabenträger relativ frühzeitig die Planungsbereitschaft der Gemeinde testen kann; so Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 207 f. 361 BGH, Urt. v. 22.11.1979, Β GHZ 76, S. 16, 24 ff.; Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146, 147, vgl. dazu z.B. Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 58.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

meinden notwendigen Privatinitiative der Grundeigentümer ein anzuerkennendes Bedürfnis dafür, der Freiheit der Gemeinde im Bereich der Bauleitplanung einen finanziellen Ausgleich für das enttäuschte Vertrauen ihres Partners zur Seite zu stellen" 3 6 3 . Der vom BGH zugelassenen vertraglichen Risikoverteilung stehen die geltenden gesetzlichen Vorschriften nicht grundsätzlich entgegen; der Telos insbesondere des § 2 Abs. 3 BauGB zwingt aber zu einer wesentlichen Einschränkung. § 2 Abs. 3 BauGB verdeutlicht die Wertung des Gesetzes, daß der in § 11 BauGB zum Ausdruck kommende Wunsch nach einer verstärkten Zusammenarbeit der Gemeinde mit privaten Investoren 364 seine Grenze findet an dem Dogma vom Verbot der Vorabbindung der planerischen Abwägung. Dieser Befund schließt es aus, die faktischen Auswirkungen, die die vertragliche Risikoübernahme auf die Planungsentscheidung der Gemeinde hat, zu ignorieren. Zwar vermag der Versuch nicht zu überzeugen, die generelle Unzulässigkeit einer vertraglichen Risikoübernahme der Gemeinde damit zu begründen, daß infolge derartiger Vereinbarungen zwangsläufig städtebaulich nicht relevante Belange - nämlich die finanziellen Folgen eines Scheiterns der Planung - in die planerische Abwägung eingestellt werden müßten 3 6 5 . Der Umstand allein, daß die Gemeinde auch ein (zusätzliches) nicht städtebauliches Interesse an einer bestimmten Planung hat, bedingt nicht unvermeidlich die Fehlerhaftigkeit der Abwägung. Das Gesetz fordert lediglich, daß derartige Zusatzmotive nicht in die Abwägung eingestellt werden und verlangt von den gemeindlichen Entscheidungsträgern die Unterscheidung von abwägungserheblichen und nicht-abwägungserheblichen Belangen. Wollte man demgegenüber bereits aus der Existenz städtebaurechtsfremder Interessen auf die Fehlerhaftigkeit der Abwägung schließen, so müßte man die Rechtmäßigkeit der Bauleitplanung beispielsweise auch in all den Fällen in Frage stellen, in denen die Gemeinde Grundstückseigentümerin im Plangebiet ist und deshalb neben den städtebaulichen auch fiskalische Interessen für den Plan sprechen.

362

Vgl. zu der unter diesem Schlag wort argumentierenden Kritik an der Rechtsprechung des BGH Ebsen, JZ 1985, S. 57, 61; Fackler, Individualanspruch, S. 175 f. 363 BGH, Urt. v. 22.11.1979, BGHZ 76, S. 16, 27. 364 Der BGH hat das öffentliche Interesse an dieser Zusammenarbeit bereits vor der Regelung des städtebaulichen Vertrages als Argument für die Zulässigkeit von vertraglichen Risikoübernahmen im Zusammenhang mit der Bauleitplanung herangezogen, vgl. Urt. v. 08.06.1978, NJW 1978, S. 1802, 1804; Urt. v. 22.11.1979, BGHZ 76, S. 16, 27; Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146 f. 365 So aber Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 164 ff.; kritisch zur Rechtsprechung des BGH auch Spannowsky, UPR 1996, S. 201, 208 ff.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

107

Damit ist aber nur gesagt, daß nicht jede vertragliche Übernahme (eines Teils) des Planungsrisikos durch die Gemeinde zwangsläufig zu einer rechtswidrigen Abwägungsentscheidung führt. Das heißt indessen nicht, daß derartige Haftungszusagen generell als planungsrechtlich zulässig angesehen werden könnten. Das Argument, die finanziellen Auswirkungen der Risikoübernahme auf den Gemeindehaushalt seien nicht abwägungsrelevant und deshalb für die Planungsentscheidung nicht von Bedeutung, trägt nur solange, wie die rechtlich gebotene Unterscheidung von abwägungserheblichen und nicht-abwägungserheblichen Belangen von den Entscheidungsträgern der Gemeinde bei realistischer Betrachtung noch erwartet werden kann. Je schwerer die Belastungen aus der vertraglichen Vereinbarung mit dem Investor für den Gemeindehaushalt wiegen, desto weniger werden die Gemeindevertreter sich in der Lage sehen, diesen Umstand bei der Planungsentscheidung zu ignorieren. Vertragliche Risikoübernahmen, die einen so großen Druck auf die Gemeinde ausüben, daß sie in die Abwägung hineinwirken und faktisch zum Erlaß des Bebauungsplanes zwingen, sind mit der Funktion des Planungsverfahrens und der Wertung des § 2 Abs. 3 BauGB nicht zu vereinbaren und deshalb unzulässig. Die konkreten Grenzen zwischen einer nach dem Gesagten noch zulässigen Risikoübernahme und einer schon rechtswidrigen (faktischen) Planungsbindung zu ziehen, ist problematisch. Auch die Differenzierung der denkbaren Haftungsfälle im Hinblick auf die Ursachen für das Scheitern der Planung und die Art der zu ersetzenden Schäden ermöglicht keine allgemein gültigen Aussagen. So mag es in der Regel planungsrechtlich unbedenklich sein, wenn sich eine Gemeinde dazu verpflichtet, bei einem in ihrer Sphäre begründeten Scheitern der Planung die Kosten zu übernehmen, die sie auch hätte tragen müssen, wenn sie das Planungsverfahren ohne Beteiligung eines Investors durchgeführt hätte 3 6 6 . Und eine finanziell überdurchschnittlich starke Kommune wird ihre Haftung unter Umständen auch auf nicht von ihr zu vertretende Planungshindernisse 367 und den Ersatz von Kosten außerhalb des unmittelbaren Vertragsverhältnisses 368 ausdehnen können, ohne daß dadurch eine Vorabbindung der Abwägung zu befürchten wäre 3 6 9 . Demgegenüber können sich für eine kleine Gemeinde bereits die Kosten für die städtebauliche Planung eines Großvorhabens (einschließlich

366

Vgl. BGH, Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146, 147; Dolde/U echtritz, DVB1. 1987, S. 446, 450. 367 Z.B. der Planung entgegenstehende, überwiegende Belange, die sich erst im Laufe des Abwägungsprozesses herauskristallisieren. 368 Etwa die Kosten für den Kauf von Grundstücken in dem avisierten Plangebiet. 369 Für die grundsätzliche Zulässigkeit einer vertraglichen Übernahme derartiger Risiken durch die Gemeinde vgl. Dolde/Uechtritz, DVB1. 1987, S. 446, 450 f.

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1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

der erforderlichen Gutachten etc.) als derartig hoch erweisen, daß ihr die Übernahme des Planungsrisikos faktisch die Möglichkeit nimmt, von dem Erlaß des Bebauungsplanes noch abzusehen. Als Kriterium für die Beurteilung der Zulässigkeit einer vertraglichen Risikoübernahme bleibt danach allein die finanzielle Belastbarkeit der am Vertrag beteiligten Gemeinde. Abgesehen davon, daß auf dieser Grundlage wirkliche Sicherheit über den zulässigen Vertragsinhalt auch im Einzelfall kaum zu erlangen sein dürfte 3 7 0 , hat das zur Folge, daß gerade in den Fällen, in denen der private Vertragspartner ein hohes finanzielles Risiko eingeht, ein wirksamer Schutz seiner Interessen durch vertragliche Vereinbarungen oft nicht zulässig sein wird. Die Möglichkeiten der Vertragsparteien, die fehlende Verbindlichkeit der Planungszusage durch die Vereinbarung angemessener Ersatzansprüche für den Fall des Scheiterns der Planung a b zugleichen, stoßen hier an eine unüberwindbare rechtliche Grenze. b) Risikoübernahme und ergänzende Vertragsauslegung In der Vertragspraxis bleiben die Folgen des Scheiterns der vertraglich gewollten Planung in vielen Fällen ungeregelt 371 . Der BGH hat in einem Fall, in dem eine ausdrückliche Regelung des Planungsrisikos unterblieben war, mit dem Instrument der vertragsergänzenden Auslegung gearbeitet 372 . Er hat dazu erklärt, daß eine Übernahme dieses Risikos nicht ausdrücklich im Vertrag festgelegt sein müsse, sie könne sich auch aus dem Gesamtverhalten der Gemeinde ergeben. Der das ganze Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben könne in derartigen Fällen die Annahme nahelegen, daß nach dem Willen der Beteiligten das Risiko einer nachträglichen Änderung der Planungskonzeption nicht einseitig dem privaten Vertragspartner aufgebürdet sein solle, der dieses Risiko rechtlich nicht abwälzen könne und auf seine Verwirklichung regelmäßig auch keinen Einfluß habe. 370

Für die Vertragspraxis kommt erschwerend hinzu, daß Sekundäransprüche aus den meisten der in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB geregelten Vertragstypen vor den Verwaltungsgerichten eingeklagt werden müssen, vgl. Neuhausen, in Brügelmann, zu §11, Rdnr. 95; zur Rechtsnatur städtebaulicher Verträge vgl. oben Kapitel 1 II. Das BVerwG hat sich aber bislang eher skeptisch zu dem Gedanken einer vertraglichen Risikoübernahme der Gemeinde geäußert, vgl. BVerwG, Urt. v. 01.02.1980, DVB1. 1980, S. 686, 688, vgl. auch Grziwotz, BauR 1997, S. 956, 958. 371 Das liegt nicht zuletzt an der verbreiteten Unsicherheit über die Auswirkungen vertraglicher Risikoübernahmen auf die Wirksamkeit des Vertrages, vgl. die Vertragsmuster bei Johlen, in Münchener Vertragshandbuch, S. 554 f. (mit Anmerkung 4) und Grizwotz, Baulanderschließung, S. 180 ff. 372 BGH, Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146, 147; zustimmend Dolde/Uechtritz, DVB1. 1987, S. 446, 449 f.; eher kritisch demgegenüber Fischer, DVB1 2001, S. 258, 260.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

109

Bei der gebotenen Vertragsauslegung ist nach Ansicht des BGH vor allem die objektive Interessenlage und in diesem Zusammenhang die Art der vom Vertragspartner aufgewendeten Kosten zu berücksichtigen: „Handelt es sich etwa um Aufwendungen, die von der Gemeinde (...) sonst selbst zu tragen gewesen wären (§ 1 Abs. 3, § 4 BBauG), so kann das im Zusammenhang mit einem Verhalten der Gemeinde, das den privaten Partner mit erkennbarem Rechtsbindungswillen dazu anhält, solche Kosten verursachenden Vorarbeiten für ein als den beiderseitigen Interessen dienlich erachtetes Projekt auszuführen, den Schluß rechtfertigen, daß der private Partner bei einem späteren Scheitern der Planung aus Gründen, die allein in der Sphäre der Gemeinde liegen, eine Kompensation in Geld erhalten s o l l 3 7 3 . " Normativ läßt sich für eine ergänzende Vertragsauslegung in diesem Sinne das Angemessenheitsgebot in § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB anführen 374 . Wirtschaftlich ausgewogen und damit angemessen ist eine Vereinbarung in der Regel nur, wenn auch die mit dem Vertrag zusammenhängenden Risiken im Verhältnis zu den erwarteten Vorteilen zwischen den Parteien verteilt sind. Da das Angemessenheitsgebot vertraglich nicht disponibel ist, kann mit diesem Ansatz unter Umständen im Einzelfall sogar die Unwirksamkeit eines vertraglichen Haftungsausschlusses der Gemeinde begründet werden 3 7 5 . Problematisch ist aber auch hier, konkret zu bestimmen, welches Haftungsrisiko die Gemeinde im Falle des Scheiterns der Planung zu tragen hat. Auch die ergänzende Vertragsauslegung hat den gesetzlich gewollten Vorrang der Planungsfreiheit vor den Interessen des privaten Vertragspartners zu beachten. Dem Investor dürfen daher keine Ersatzansprüche zugebilligt werden, die - im Falle ihrer ausdrücklichen Vereinbarung - die Fehlerhaftigkeit der planerischen Abwägungsentscheidung hätten befürchten lassen. Im übrigen kommen - anders als in den Fällen einer ausdrücklichen Regelung im Vertrag - für die Bestimmung der Beteiligung der Gemeinde am Planungsrisiko im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur bestimmte Arten von Schäden in Betracht. Der Vertragspartner wird unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit nur solche Aufwendungen ersetzt verlangen können, die er im beiderseitigen Interesse der Vertragsparteien 373

BGH, a.a.O. Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 173. Das Argument von Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 93, eine Übertragung der Rechtsprechung des BGH auf Verträge nach § 11 BauGB müsse daran scheitern, daß der Gesetzgeber von einer Übernahme der Kosten für städtebauliche Maßnahmen durch den Vertragspartner ausgehe, vermag dagegen nicht zu überzeugen. Aus § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB kann nicht entnommen werden, daß der Private Leistungen generell auch dann erbringen soll, wenn sich seine Hoffnungen auf eine Gegenleistung zerschlagen. 375 Vgl. zu den Einzelheiten des Angemessenheitsgebotes unten Kapitel 5 III. 374

110

1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

nach dem jeweiligen Stand des Planungsverfahrens und unter Berücksichtigung des Planungsrisikos für erforderlich halten durfte. Zu den ersatzfähigen Kosten werden danach im Regelfall die eigentlichen Planungskosten gehören; Grunderwerbskosten hingegen nur, wenn der Erwerb vor dem Inkrafttreten des Planes notwendig war, um die beiderseitigen Vertragsziele erreichen zu können 3 7 6 . Insgesamt erweist sich die Herleitung von Sekundäransprüchen aus dem Vertrag selbst als ein rechtlich zwar gangbarer Weg, der seine Grenzen aber dort findet, wo die (rechtliche und faktische) Ungebundenheit der kommunalen Bauleitplanung in Gefahr gerät. Damit werden die vertraglichen Sekundäransprüche für den privaten Vertragspartner der Gemeinde häufig kein befriedigender Ersatz für die fehlende Möglichkeit einer verbindlichen Planungszusage sein, zumal sich die (zulässige) Höhe der gemeindlichen Einstandspflicht im Einzelfall nur schwer ermitteln läßt.

2. Haftung aus enttäuschtem Vertrauen Weitgehende Anerkennung hat die Rechtsprechung des BGH zur Haftung der Gemeinde für enttäuschtes Vertrauen gefunden 377 . Die danach bestehenden Ansprüche aus cic und pVv reichen aber nicht aus, den privaten Vertragspartner zu schützen. Angesichts der klaren Gesetzeslage wird sich kaum jemand darauf berufen können, er habe auf ein unbedingtes Planungsversprechen der Gemeinde vertraut. Vertrauenstatbestände, die zur Entschädigung verpflichten, können deshalb nur durch besonderes pflichtwidriges Verhalten der Gemeinde entstehen, etwa im Falle schuldhaft falscher Angaben über die Stimmung in der Gemeindevertretung oder durch unterlassene Aufklärung über neu auftauchende Bedenken 378 . Dagegen kann das - planungsrechtlich nicht zu beanstandende - Abrücken von der Planung für sich allein genommen nicht als haftungsauslösende Pflichtverletzung gewertet werden. Insoweit bleibt der Vertragspartner auf andere rechtliche Grundlagen für etwaige Sekundäransprüche angewiesen.

3. Gesetzliche Ansprüche wegen Leistungsstörung Ob der private Vertragspartner eines städtebaulichen Vertrages im Falle des Scheiterns der Planung Ansprüche wegen Leistungsstörung geltend machen kann, hängt davon ab, wie die Verknüpfung von Bauleitplanung und 376

Vgl. Vgl. Verträge, 3. 378 Vgl. 377

dazu auch BGH, Urt. v. 01.12.1983, ZfBR 1984, S. 146, 147. Dolde/Uechtritz, DVB1. 1987, S. 446, 453; Birk, Die städtebaulichen Auflage, S. 159. Dolde/Uechtritz, DVB1. 1987, S. 446, 452 f.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

111

Vertrag rechtlich zu deuten ist. Sicher ist zunächst, daß zwischen dem Leistungsversprechen des Privaten und der Absicht der Gemeinde, einen Bebauungsplan aufzustellen, wegen § 2 Abs. 3 BauGB kein synallagmatisches Verhältnis im Sinne der §§ 320 ff. BGB bestehen kann 3 7 9 . a) Bauleitplanung als Geschäftsgrundlage

des Vertrages

Von diesem Befund ausgehend nimmt die Literatur teilweise einen nur einseitig verpflichtenden („hinkenden") Austauschvertrag an, für den die Aufstellung des Bebauungsplanes die Geschäftsgrundlage bilden s o l l 3 8 0 . Scheitert die Planung endgültig, sind danach die für den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltenden Grundsätze anwendbar. Bei öffentlich-rechtlichen Verträgen sei gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG die Kündigung möglich; die bereits erbrachten Leistungen könnten zurückgefordert werden 3 8 1 . Bei zivilrechtlichen Verträgen seien die Vorschriften des BGB unmittelbar anzuwenden. Zurückerhalten könne der private Vertragspartner auf diese Weise nur, was er auf der Grundlage des Vertrages „geleistet" habe; Ersatz für weitergehende Aufwendungen stehe ihm auf dieser Grundlage nicht zu. b) Bauleitplanung als aufschiebende Bedingung Gegen das dieser Konstruktion der Sekundäransprüche zugrundeliegende Verständnis des Verhältnisses von Bauleitplanung und Vertrag wird zu Recht eingewandt, Geschäftsgrundlage einer Vereinbarung könne wohl kaum ein Ereignis sein, dessen Eintritt weitgehend in der Hand einer der Vertragsparteien liege 3 8 2 . Auch dürfe angesichts der bekannten Tatsache, daß das Ergebnis des Planungsprozesses aus rechtlichen Gründen bis zu seinem Ende offenbleiben müsse, keine Partei so fest auf das Inkrafttreten eines bestimmten Planes vertrauen, daß diese Erwartung zur Grundlage des Vertrages werden könne. Angemessener sei es daher, den Erlaß des von den Vertragspartnern avisierten Bebauungsplanes als aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden des Vertrages zu werten. Da sich in derartigen Vereinbarungen auch die Gemeinde regelmäßig zu bestimmten Leistungen jenseits der Bauleitplanung verpflichte (Beteiligung mit eigenen oder Über379 DVB1. 1987, S. 446, 451; Birk, Die städtebaulichen Vgl. Dolde/Uechtritz, Verträge, 3. Auflage, S. 39; mißverständlich Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11 BauGB, Rdnr. 97 f. 380 Vgl. Dolde/Uechtritz, DVB1. 1987, S. 446, 451; Kawalla, Verwaltungsvertrag, S. 82 ff. m.w.N. 381 Offenbar über § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. den Rückgewährsvorschriften des BGB (§§ 346 ff). 382 Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 43 f.

112

1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

nähme fremder Grundstücke, Entgegennahme von Planungsleistungen, Kostenbeteiligungen), sei von einem bedingt gegenseitigen Vertrag auszugehen 3 8 3 . Hinsichtlich der Folgen, die sich aus dem endgültigen Ausbleiben der Bedingung (sprich: dem Scheitern der Planung) ergeben, soll zwischen zwei Konstellationen zu unterscheiden sein 3 8 4 : Stelle die Gemeinde die Planung ein, weil die Abwägung ergibt, daß überwiegende Belange dem Planungsinteresse des Vertragspartners vorgehen oder weil Rechtsvorschriften den beabsichtigten Festsetzungen entgegenstehen, könnten daraus Ersatzansprüche des Vertragspartners nicht erwachsen. Dieser trage, da er keinen Anspruch auf die Aufstellung des Planes erwerben könne, das Risiko, daß die Gemeinde die Planung abwägungsfehlerfrei ablehne 385 . Dagegen soll der Vertragspartner Ersatzansprüche geltend machen können, wenn die Gemeinde von der Planung Abstand nimmt, „ohne daß dies durch das objektive Recht vorgegeben wäre" 3 8 6 . Mit dem Vertragsschluß habe die Gemeinde nämlich zum Ausdruck gebracht, daß sie das vom Vertragspartner angestrebte Bauvorhaben aus eigenem Interesse ebenfalls wolle. Diese grundsätzliche Zustimmung zu dem Vorhaben müsse die Gemeinde in die Abwägung miteinbeziehen. Das bedeute zwar nicht, daß der Vertrag in der Abwägung automatisch Vorrang genieße. Die Gemeinde sei durch ihre Zusage aber daran gehindert, (sanktionslos) ihre planerische Konzeption ohne objektiven Grund zu ändern 387 . Verstoße die Gemeinde gegen diese Grundsätze, sei § 162 Abs. 1 BGB anzuwenden. Zwar könne der Bedingungseintritt nicht mit der Folge fingiert werden, daß das verabredete Baurecht geschaffen werde. Dem Vertragspartner stehe aber Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu. Die Einordnung der Bauleitplanung als aufschiebende Bedingung der Wirksamkeit des städtebaulichen Vertrages führt damit insoweit zu „materieller Vertragsgerechtigkeit", als sie den Vertragspartner vor den Folgen von - zumindest aus seiner Sicht - willkürlichen Meinungsumschwüngen innerhalb der Gemeindevertretung schützt. Fraglich ist aber, ob die zugrundeliegende Konstruktion mit der geltenden Gesetzeslage und insbesondere 383

Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 37 ff.; ihm folgend Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11 BauGB, Rdnr. 97 f. 384 Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 168 ff. 385 Anderes soll nur im Falle einer vertraglichen Risikoübernahme der Gemeinde gelten, vgl. Birk, a. a. O. Das ist insofern nicht ganz einleuchtend, als zumindest die bereits erbrachten Vertragsleistungen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen oder nach den Regeln des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückgewährt werden müßten. 386 Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 169. 387 Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 40 f.

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

113

mit § 2 Abs. 3 BauGB vereinbar ist. Denn danach bewirkt der Vertragsschluß zumindest eine Teilbindung der Planungsentscheidung, indem er die Gemeinde auf ein bestimmtes Ergebnis vorbehaltlich seiner Vereinbarkeit mit dem objektiven Recht festlegt. Die Gemeinde kann von der vereinbarten Planung nur noch aus rechtlichen, nicht mehr aus konzeptionellen Gründen abrücken. Das ist (rechtspolitisch) unter dem Gesichtspunkt der Vertragssicherheit durchaus zu befürworten. Es steht aber in einem potentiellen Konflikt mit dem in § 2 Abs. 3 BauGB zum Ausdruck kommenden Dogma vom Verbot der Vorabbindung der Abwägung. Die dargelegte Ansicht reduziert den § 2 Abs. 3 BauGB darauf, die Einklagbarkeit eines Anspruchs auf Bauleitplanung zu unterbinden; indirekt, in Form einer sanktionsbewehrten Handlungspflicht, wird ein solcher Anspruch aber zugestanden 388 .

I I I . Zusammenfassung und Bewertung Die Zusammenschau zeigt, daß die Frage der Sekundäransprüche im Falle des Scheiterns der vertraglich gewollten Planung und damit die Interessen des privaten Partners eines städtebaulichen Vertrages insgesamt de lege lata nicht befriedigend geregelt sind: Gesetzliche Ansprüche wegen Leistungsstörung scheitern an dem strikten Verbot einer Vorabbindung der Abwägung oder sind zumindest unsicher. Eine Haftung der Gemeinde aus pVv oder cic kommt nur in Betracht, wenn die Gemeinde schuldhaft über den Stand des Planungsverfahrens täuscht. Schließlich ist eine vertragliche Risikoübernahme der Gemeinde zwar möglich und unter Umständen auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu begründen. Da das Haftungsrisiko der Gemeinde aber in keinem Fall zu einer „faktischen Planungsbindung" führen darf, ist die zulässige Höhe vertraglich vereinbarter Ersatzansprüche nur schwer zu bestimmen und zudem in vielen Fällen zur Wahrung der Interessen des privaten Vertragspartners nicht ausreichend. Die gesetzliche Regelung des städtebaulichen Vertrages hat damit nichts zur Klärung des Verhältnisses von kommunaler Vertragsbindung und notwendiger Offenheit des Abwägungsprozesses beigetragen; die Widersprüche sind im Gegenteil eher größer geworden. Auf der einen Seite hebt das Gesetz, vor allem in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB, die Möglichkeit heraus, Verträge zu schließen, die notwendig (auch) die Bauleitplanung im Gemeindegebiet zum Gegenstand haben. Auf der anderen Seite zieht es sich darauf zurück, einen vertraglichen Anspruch auf eben diese Planung strikt zu negieren, ohne einen Hinweis darauf zu geben, wie die berechtigten Interessen des Vertragspartners berücksichtigt werden können.

388

8 Hamann

Vgl. auch die Kritik von Schneider, VerwArch 87 (1996), S. 38, 58, Fn. 109.

114

1. Teil: „Städtebauliche Verträge"

Die Überwindung oder zumindest Abschwächung des aufgezeigten Widerspruchs ist nach dem Gesagten nur durch eine Änderung der zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften zu erwarten. Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Lösung de lege ferenda können im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht umfassend erörtert werden; im folgenden sollen nur einige Eckpunkte aufgezeigt werden: Ziel einer gesetzlichen Neuregelung muß es sein, die Position des privaten Vertragspartners zu stärken. Das wird nach den bisherigen Darlegungen nicht möglich sein, ohne das Verbot der Vorabbindung der Planung zumindest partiell zu lockern. Dabei hat das Gesetz zugleich die Funktion des Planungsverfahrens einschließlich der gesetzlich vorgesehenen Bürgerbeteiligung (§ 3 BauGB) zu wahren und die Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses zu gewährleisten. Inhaltlich muß die neuzuschaffende Möglichkeit der Gemeinde, verbindliche Bauplanungszusagen abgeben zu können, ihre Grenze in § 1 Abs. 5, Abs. 6 BauGB finden. Der Gemeinde darf nicht erlaubt werden, sich zur Aufstellung eines Bebauungsplanes zu verpflichten, dem überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen und der deshalb nicht Ergebnis eines ordnungsgemäßen Abwägungsvorganges sein könnte 3 8 9 . Anzustreben ist deshalb eine Regelung, die der Gemeinde die verbindliche Zusage ermöglicht, von einer bestimmten planerischen Konzeption nicht abzurükken, „ohne daß dies durch das objektive Recht gefordert wäre" 3 9 0 . Rechtsfolge einer derartigen Zusage müßte nicht zwingend ein durchsetzbarer Anspruch auf Erlaß des fraglichen Bebauungsplanes sein; zur Sicherung der Interessen des Investors dürfte es ausreichen, wenn das Gesetz die Vereinbarung von kostendeckenden Ersatzanspüchen für den Fall zuließe, daß die Gemeinde ohne hinreichenden (rechtlichen) Grund von der zugesagten Planung Abstand nimmt. Bereits durch eine derartige Regelung wäre es möglich, den Vertragspartner von dem für ihn am wenigsten kalkulierbaren Risiko - einem (politischen) Meinungsumschwung der Gemeinde - zu entlasten. Auch eine verhältnismäßig geringfügige Lockerung des Verbots der planerischen Vorabbindung beeinträchtigt die Funktion des Planungsverfah389 Im „Flachglas-Urteil" hat das BVerwG entschieden, daß de lege lata eine Vorabbindung der Abwägung der Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplanes dann nicht entgegensteht, wenn u. a. der Plan auch das Ergebnis einer ordnungsgemäßen Abwägung sein könnte, vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974, BVerwGE 45, S. 309, 320. Unwirksam sein soll gleichwohl die der Vorabbindung zugrundeliegende vertragliche Vereinbarung, vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.1981, BauR 1982, S. 30, 32. 390 So die Formulierung von Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 169. Vgl. dazu, daß eine derartige Zusage de lege lata nicht möglich ist, bereits oben Kapitel 3 II. 3. b).

3. Kap.: Die Vertragsleistung der Gemeinde

115

rens. Die Gemeinde steht den Bedenken und Anregungen, die in den Beteiligungsverfahren nach den § § 3 und 4 BauGB an sie herangetragen werden, nicht mehr unvoreingenommen gegenüber, sondern prüft nur noch deren rechtlichen Stellenwert in der Abwägung. Das Gesetz muß bemüht sein, den Funktionsverlust der Beteiligungsverfahren auf das notwendige Maß zu beschränken und im übrigen durch geeignete Verfahrensvorschriften so weit als möglich zu kompensieren. Insoweit könnte der Gesetzgeber dem „Flachglasurteil" des BVerwG Anregungen entnehmen 391 . Es bietet sich an, die Zulässigkeit einer Planungszusage von einer sachlichen Rechtfertigung abhängig zu machen, beispielsweise von einem aus den besonderen Umständen der angestrebten Bauleitplanung erwachsenden Bedürfnis nach einer frühzeitigen Zusammenarbeit mit einem privaten Investor. Ferner sollte eine gesetzliche Neuregelung vorsehen, daß der Beschluß über die Abgabe der Planungszusage von dem Gemeindeorgan zu fassen ist, das auch über den Satzungsbeschluß nach § 10 BauGB zu entscheiden hat. Die Einhaltung dieser Vorschriften sollte einer obligatorischen Kontrolle durch die höhere Verwaltungsbehörde unterworfen werden. Schließlich dürfte es der Transparenz des Planungsverfahrens dienlich sein, die Veröffentlichung des Beschlusses und der ihn tragenden Erwägungen vorzuschreiben. Die vorstehend nur angedeuteten Vorschläge können nicht mehr sein als Anregungen zu einer umfassenden (rechtsdogmatischen und rechtspolitischen) Diskussion über die zukünftige gesetzliche Gestaltung des Verhältnisses von Bauleitplanung und Vertrag. Angesichts der aufgezeigten Widersprüche der derzeitigen Gesetzeslage scheint eine solche Diskussion (und die Umsetzung ihrer Ergebnisse durch den Gesetzgeber) dringend geboten. Anderenfalls ist damit zu rechnen, daß die mangelnde Berücksichtigung der Interessen des privaten Vertragspartners in der Regelung des städtebaulichen Vertrages sich als eines der großen Hindernisse erweisen wird, das der weiteren Entwicklung der gesetzlich gewünschten Kooperation von Gemeinden und privaten Investoren im Bereich des Städtebaus entgegensteht.

391

8*

Urt. v. 05.07.1974, BVerwGE 45, S. 309, 320.

Zweiter

Teil

§ 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge Das Vertragshandeln der Verwaltung ist, das ist oben bereits behandelt worden 1 , geprägt vom Dualismus von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag. Nur der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag hat in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder eine Normierung in allgemeiner Form erfahren. Demgegenüber existieren für die privatrechtlichen Vereinbarungen der Behörden keine allgemeinen Vorschriften; es gelten die Bestimmungen des BGB und seiner Nebengesetze, die von (nicht spezifisch auf privatrechtliche Verwaltungsverträge zugeschnittenen) Regeln des öffentlichen Rechts ergänzt oder modifiziert werden („Verwaltungsprivatrecht"). Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, daß die Besonderheit des § 1 1 BauGB gerade darin besteht, daß er den Dualismus von öffentlichrechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag überwindet. Insbesondere die erste Regelungsebene in § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB begreift den städtebaulichen Vertrag als Handlungsform des Städtebaurechts ohne Rücksicht auf seine Rechtsnatur. Aber auch die in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB konkreter normierten Vertragsgestaltungen lassen sich nicht einheitlich einer der beiden Gruppen zuordnen. Damit steht § 11 BauGB gleichsam zwischen den Vertragsrechtsordnungen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts. Dabei ist das Verhältnis des § 11 BauGB zu den Vertragsregeln sowohl der Verwaltungsverfahrensgesetze als auch des BGB im Grundsatz unumstritten: § 11 ist die speziellere Vorschrift, die, soweit sie Regelungen enthält, den Rückgriff auf das allgemeine Verwaltungsvertragsrecht sperrt 2. Im folgenden wird es darum gehen, das inhaltliche Verhältnis des § 11 BauGB zu den allgemeinen Vertragsregeln beider Rechtsordnungen näher zu untersuchen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob und wo § 11 BauGB rechtsformübergreifende Regelungen und Maßstäbe schafft, die eventuell sogar von dem bislang geltenden Recht der Verwaltungsverträge abweichen oder die1

Vgl. oben Kapitel 1 II. Vgl. Neuhausen in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 11; Quaas in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 8. 2

Kap. 4: Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge

117

ses zumindest konkretisieren. Es bietet sich an, die Untersuchung an dem Aufbau der Vorschrift zu orientieren: § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB enthält die Grundaussagen über die Zulässigkeit des Gebrauchs der Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht. Das wirft die Frage auf, ob damit die Möglichkeiten des Vertragshandelns gegenüber dem bisherigen Rechtszustand erweitert worden sind, oder, allgemeiner, die Frage nach dem Zusammenhang von städtebaulichem Vertrag und Gesetzesbindung der Verwaltung (Kapitel 4). § 11 Abs. 2 enthält, anknüpfend an die erste Regelungsebene in Abs. 1 S. 1, gemeinsame Regelungen für die inhaltliche Ausgestaltung aller städtebaulichen Verträge. Insoweit ist nach den Gemeinsamkeiten oder den Unterschieden im Vergleich zu den entsprechenden Regelungen des VwVfG und des BGB zu fragen und nach dem abschließenden Charakter des § 11 Abs. 2 BauGB (Kapitel 5). Daran wird sich eine kurze Darstellung des Schriftformerfordernisses in § 11 Abs. 3 anschließen (Annex zu Kapitel 5). Schließlich soll untersucht werden, inwieweit die Regelungen auf der zweiten Ebene ( § 1 1 Abs. 1 S. 2) das allgemeine Verwaltungsvertragsrecht modifizieren oder konkretisieren (Kapitel 6). Kapitel 4

§ 11 BauGB und die Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge Unter der Überschrift „Gesetzesbindung" werden im Verwaltungsvertragsrecht (wie im Zusammenhang mit den übrigen Handlungsformen der Verwaltung auch) üblicherweise zwei Problemkreise zusammengefaßt: Das Stichwort „Gesetzesvorrang" bezeichnet die Frage nach dem Ausmaß der inhaltlichen Bindung von Verwaltungsverträgen an die bestehenden gesetzlichen Vorschriften. Die Diskussion um die Geltung des „Gesetzesvorbehalts" dreht sich um das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für den Vertragsschluß. Die Bedeutung des § 11 BauGB in dem jeweiligen Kontext ist im folgenden zu erörtern. I . § 11 B a u G B und die Geltung des Gesetzes Vorranges

für das Vertragshandeln der Gemeinde Das Mißtrauen, das dem Verwaltungsvertrag lange Zeit die Anerkennung als gleichwertige Handlungsform der Verwaltung erschwert hat 3 , hängt zu einem guten Teil mit den Schwierigkeiten zusammen, die die Fixierung des 3

Vgl. z.B. den Bericht von Burmeister, sondere S. 204 f., 213 ff.

in VVDStRL 52 (1993), S. 190, insbe-

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Verhältnisses von Vertragshandeln und gesetzlicher Bindung der Verwaltung bereitet. Nicht selten entsteht der Eindruck, Verträge würden vor allem geschlossen, um sich unliebsamen gesetzlichen Restriktionen zu entziehen. Insbesondere wenn die vertragsschließende Behörde mehr von ihrem Vertragspartner verlangt, als sie nach der Gesetzeslage einseitig zu fordern berechtigt wäre, scheint der Vertrag zu einem bedenklichen Abbau rechtsstaatlicher Schutzstandards zu führen 4 Für den vorliegenden Untersuchungszusammenhang ist zu prüfen, inwieweit § 11 BauGB hier Klarheit zu schaffen vermag und das Verhältnis „des" städtebaulichen Vertrages zu den einseitigen Handlungsformen des Städtebaurechts präzisiert. Dazu ist zunächst ein Blick auf die Aussagen des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts zur Gesetzesbindung der vertragsschließenden Verwaltung zu werfen.

1. Vorrang des Gesetzes und Verwaltungsvertrag Die grundsätzliche Geltung des Gesetzesvorranges für Verwaltungsverträge ist heute weitgehend unumstritten 5 . Abweichende Ansichten 6 haben sich zu Recht nicht durchsetzen können 7 . Art. 20 Abs. 3 GG bindet die vollziehende Gewalt ausnahmslos, und das heißt unabhängig von der verwendeten Handlungsform an Recht und Gesetz. Diese Bindung ist nicht auf die Verwendung öffentlich-rechtlicher Handlungsinstrumente beschränkt. Auch beim Abschluß privatrechtlicher Vereinbarungen ist die Verwaltung nicht in gleichem Maße wie ein Privater frei, über „ob" und „wie" eines Vertrages zu entscheiden. Art. 20 Abs. 3 GG bindet die Tätigkeit der öffentlichen Hand unabhängig auch von der verwendeten Rechtsform 8. Daraus folgt, daß die Verwaltung bei privat- ebenso wie bei öffentlich-rechtlichen Vertragsschlüssen strikt die einschlägigen Gesetzesbestimmungen beachten muß. Sie darf weder an Verträgen mitwirken, in denen sich der private Vertragspartner zu einer verbotenen Leistung verpflichtet, noch darf sie bei der Übernahme eigener Verpflichtungen gegen gesetzliche Vorschriften versto4 Vgl. z.B. die Diskussionen um die „Mehrflächenabtretungen" in der „freiwilligen Umlegung" oder den gemeindlichen Kostenanteil im Erschließungsvertrag; dazu ausführlich mit Nachweisen unten Kapitel 8 I. 3. und Kapitel 9 III. 2. c). Vgl. allgemein Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 195. 5 Vgl. statt vieler Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 302 ff.; Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 211; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 196. 6 Z.B. Salzwedel, Zulässigkeit, S. 19, 113; Bleckmann, NVwZ 1990, S. 601, 604. 7 Vgl. ausführlich Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 179, 182 f. (gegen Salzwedel); ferner Kunig, DVBl. 1992, S. 1193, 1197; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 302 f. 8 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 242; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 196.

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ßen. Konkret heißt das z.B., daß gesetzlich gebundene Entscheidungen nur zum Gegenstand von Verwaltungsverträgen werden können, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen; bei Ermessensakten muß der Rahmen der zulässigen Handlungsalternativen gewahrt bleiben 9 . Wenn gleichwohl die eingangs beschriebene Unsicherheit darüber herrscht, welche Handlungsspielräume der Einsatz des Vertrages der Verwaltung gegenüber ihren sonstigen (einseitigen) Handlungsmöglichkeiten verschafft, so hat das demnach nichts mit einer grundsätzlichen Andersartigkeit des Verhältnisses von Vertrag und Gesetz zu tun. Ursächlich sind vielmehr die einschlägigen Gesetze selbst, die Spielräume eröffnen oder eben nicht. Schmidt-Aßmann weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß neuere verwaltungsrechtliche Kodifikationen immer seltener die der Verwaltung zur Verfügung stehenden Instrumentarien abschließend regeln 10 . Die normierten Eingriffsbefugnisse markieren zunächst nur die Grenze dessen, was die Behörde zur Umsetzung des gesetzlichen Auftrages ohne Zustimmung der betroffenen Bürger tun kann. Damit ist noch nicht über die Möglichkeiten nichteingreifenden Verwaltungshandelns entschieden. Es ist eine Frage der Norminterpretation, inwieweit auf vertraglicher Grundlage mehr oder anderes vom Bürger gefordert werden darf (bzw. von der Verwaltung geleistet werden darf) als dies bei einseitigem Handeln möglich wäre 11 . Daß die Ergebnisse der Gesetzesauslegung mangels positiver Bestimmungen über den zulässigen Vertragsinhalt häufig unsicher bleiben, liegt auf der Hand.

2. § 11 BauGB und die Bindung städtebaulicher Verträge an die nicht-vertragsspezifischen Vorgaben des Städtebaurechts Die bisherigen Überlegungen haben ergeben, daß es der Gesetzgeber in der Hand hat, die durch den Gebrauch der Handlungsform Vertrag eröffneten Spielräume abzustecken. Er kann die Möglichkeiten zur „Abweichung" von den einseitigen Instrumentarien begrenzen oder erweitern oder auch nur die ohnehin (objektiv) bestehende Rechtslage eindeutig festschreiben. 9 Vgl. Kunig, DVB1. 1992, S. 1193, 1197; Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 210. Daraus folgt auch, daß die Verwaltung ihre Leistung nicht von beliebigen Gegenleistungen abhängig machen kann, vgl. unten Kapitel 4 II. 2. b) bb) und allgemein zum „Koppelungsverbot" unten Kapitel 5 II. 10 FS Geizer; S. 117, 123. Anders wird die Rechtslage traditionell im Steuer- und Abgabenrecht gesehen, das als „vertragsfeindlich" gilt; differenzierend dazu nunmehr Schulze-Fielitz, DVB1. 1994, S. 657 ff. 11 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 197. Als Beispiel für ein „elastisches" Regelungsmodell, das Raum für „abweichende" vertragliche Vereinbarungen läßt, gilt das Umlegungsrecht (§§ 45 ff. BauGB). Vgl. dazu BVerwG v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Gesetzgeber des § 11 BauGB von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB erlaubt den Abschluß städtebaulicher Verträge ohne einen dem § 54 S. 1 VwVfG vergleichbaren Hinweis auf die vorrangige Geltung entgegenstehender Rechtsvorschriften. Dieser Vergleich könnte zu der Annahme verführen, der Gesetzgeber habe die Gemeinde beim Abschluß städtebaulicher Verträge gänzlich von den Bindungen des Städtebaurechts für einseitiges Handeln freistellen wollen. Tatsächlich sind vergleichbare Regelungen in der Vergangenheit diskutiert und insbesondere von kommunaler Seite gefordert worden 12 . Bis auf den Vergleich mit § 54 VwVfG spricht aber nichts dafür, daß § 11 BauGB diese Vorstellungen in die Tat umgesetzt hat. Der reine Wortlaut der ersten Regelungsebene des § 11 Abs. 1 gibt nichts für eine über die bestehende Rechtslage hinausgehende Emanzipation des städtebaulichen Vertrages von den einseitigen Handlungsformen des BauGB her. Auch gesetzessystematisch dürfte kaum zu begründen sein, daß die allgemein gehaltene Vorschrift speziellere Bindungen des Vertragshandelns verdrängt. Schließlich belegen die Gesetzesmaterialien, daß mit der Normierung des städtebaulichen Vertrages eine generelle Neubewertung oder gar Lösung des Verhältnisses zu den speziellen Rechtsbindungen nicht beabsichtigt war 1 3 . Der Gesetzgeber ist hier auch der Einsicht gefolgt, daß angesichts der nicht zur Disposition stehenden grundsätzlichen Geltung des verfassungskräftigen Gesetzmäßigkeitsprinzips - die Formulierung einer allgemeinen „Freistellungsklausel" allenfalls die Unsicherheit über den abschließenden Charakter einzelner gesetzlicher Bestimmungen hätte vergrößern können 14 . § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB bringt also keine generelle Neuerung im Bereich der Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge. Auch weiterhin wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob Vorschriften des Städtebaurechts, insbesondere solche, die auf einseitiges Verwaltungshandeln zugeschnitten sind, den Gebrauch der vertraglichen Handlungsform oder einen bestimmten Ver12 Vgl. den Bericht der „Arbeitsgruppe Baulandbereitstellung", Materialien zum Baugesetzbuch, S. 149 ff. 13 Vgl. die Entwurfsbegründung in BT-Drs. 13/6392, S. 50. 14 Vgl. die Stellungnahme der „Arbeitsgruppe Baulandbereitstellung", a.a.O., vgl. ferner Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 106 ff., zu Bestrebungen, rechtswidrigen städtebaulichen Verträgen analog den §§214, 215 BauGB eine erhöhte Bestandskraft zu verleihen. Das Thema soll hier nicht vertieft werden, da sich § 11 BauGB allein mit der inhaltlichen und formalen Zulässigkeit städtebaulicher Verträge befaßt und keine Aussagen über die Rechtsfolgen eines Verstoßes enthält. Vgl. zum Problem der Wirksamkeit gesetzeswidriger verwaltungsrechtlicher Verträge Reckers, Regelungen, S. 153 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 198 ff.

Kap. 4: Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge

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tragsinhalt verbieten. Allerdings kann die Vorschrift im Rahmen der erforderlichen Auslegung durchaus eine Rolle spielen: Die gesetzliche Regelung bezweckt eine deutliche Aufwertung der Handlungsform Vertrag 15 . Unter ihrem Einfluß können daher etwa Argumentationsschemata an Überzeugungskraft verlieren, die auf den Ausnahmecharakter vertraglicher Vereinbarungen zur Begründung ihrer eingeschränkten Zulässigkeit abstellen 16 . Die letzte Überlegung gilt in noch verstärktem Maße auch für die zweite Regelungsebene des § 11 Abs. 1 BauGB. Im Rahmen der konkreteren Regelungen des § 11 Abs. 1 S. 2 ist darüberhinaus durchaus denkbar, daß sie für spezielle Vertragsgestaltungen das Abweichen von (ansonsten zwingenden) Bestimmungen erlauben. Dies ist aber eine Frage der Auswirkungen des § 11 BauGB auf einzelne Vertragsgestaltungen und damit ein Problem des „Besonderen Vertragsrechts". Es soll unten anhand einiger ausgewählter Beispiele erörtert werden 17 . Für das Allgemeine Vertragsrecht bleibt festzuhalten, daß die Neuregelung des städtebaulichen Vertrages an dessen Bindung an den Gesetzesvorrang nichts geändert hat 1 8 .

I I . § 11 BauGB als Ausdruck des Gesetzesvorbehalts? Wesentlich umstrittener als die Vorranggebundenheit des Vertragshandelns der Gemeinde sind Geltung und Reichweite des Gesetzesvorbehaltes 19 . Nach wie vor herrscht keine Einigkeit darüber, ob Verwaltungsverträge nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung geschlossen werden dürfen und wie eine solche Ermächtigung gegebenenfalls ausgestaltet sein muß. Nicht wenige Autoren gehen davon aus, daß sich das Problem für den Bereich des verwaltungsrechtlichen Vertrages mit der Normierung der §§54 ff. VwVfG erledigt hat 2 0 . Nach dieser Ansicht bedürfen öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwar grundsätzlich einer gesetzlichen Ermächtigung; mit der Aufnahme der Vertragsregelungen in die VwVfGe soll diesem Bedürfnis aber Genüge getan sein. Genau umgekehrt sieht die Gegenauffassung kein generelles Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für verwaltungsrechtliche Verträge, wo der Gesetzesvorbehalt aber (ausnahms15

Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 50. Vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310, 312 für Kostenvereinbarungen. 17 Vgl. für das Verhältnis der „freiwilligen Umlegung" zu den zwingenden Vorschriften des amtlichen Verfahrens unten Kapitel 8 I. 3. und für das Verhältnis des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB zum Erschließungsbeitragsrecht unten Kapitel 9 III. 18 Vgl. im Ergebnis auch Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 22. 19 Vgl. die kurze Darstellung von Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 211. 20 Vgl. z.B. Kunig, DVB1. 1992, S. 1193, 1198; Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 26, Rdnr. 10; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rdnr. 3 ff. 16

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

weise) doch gelte, genügten die §§54 ff. VwVfG seinen inhaltlichen Anforderungen jedoch nicht 2 1 . Für die privatrechtlichen Verwaltungsverträge existiert keine Norm, die als gesetzliche Ermächtigung im Sinne des Gesetzesvorbehaltes gedeutet werden könnte. Die Frage der Geltung dieses Verfassungsprinzips ist für die in den Formen des Privatrechts handelnde Verwaltung lange Zeit überhaupt nicht diskutiert worden 22 . Für den Bereich der städtebaulichen Verträge könnte § 11 BauGB nun diese (eventuell bestehende) Lücke geschlossen haben. Immerhin legt die Formulierung des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB die Vermutung nahe, daß hier eine allgemeine gesetzliche Ermächtigung zum Abschluß städtebaulicher Verträge im Sinne des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts geschaffen worden ist. Die Überzeugungskraft dieser These hängt davon ab, ob und inwieweit der Gesetzesvorbehalt für städtebauliche Verträge überhaupt gilt und welche Anforderungen er gegebenenfalls an die Ausgestaltung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage stellt. Allgemeiner gefaßt geht es also um die bereits angerissene Streitfrage nach der Bedeutung des Gesetzesvorbehaltes für das Vertragshandeln der Verwaltung. Für eine Antwort ist es zunächst erforderlich, sich der Grundlagen des Vorbehaltsprinzips zu vergewissern.

1. Grundlagen Überlegungen zur Reichweite des Gesetzesvorbehaltes haben von dessen verfassungsrechtlicher Funktion auszugehen. Insofern herrscht weitgehende Einigkeit, daß mehrere Bedeutungsebenen zu unterscheiden sind 2 3 : In seiner „klassischen" 2 4 subjektiv-rechtlichen Dimension ist der Gesetzesvorbehalt nach wie vor die wichtigste verfahrensrechtliche Begrenzung von „Eingriffen in Freiheit und Eigentum" und damit Voraussetzung für einen effektiven Grundrechtsschutz. Daneben steht die an das spezifisch parlamentarische Demokratieprinzip des Grundgesetzes geknüpfte objektivrechtliche Bedeutung des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes, die die Prärogative des Parlamentes vor der Verwaltung in den für das staatliche 21

Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 178 ff.; Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248, 265; Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 211 f.; Huber, Wertzuwachs, S. 53 f. 22 Vgl. kritisch dazu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 243 f.; SchmidtAßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 177 ff. 23 Vgl. Ossenbühl, in HbdStR, Bd. III, § 62, Rdnr. 26 ff. m.w.N.; sowie die kurzen Darstellungen bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rdnr. 3 ff. und Ossenbühl, in Erichsen, AllgVerwR, § 9, Rdnr. 7 ff. 24 Vgl. zur Dogmengeschichte des grundrechtsbezogenen Gesetzes Vorbehaltes Krebs, Vorbehalt, S. 16 ff.; ferner knapp Ossenbühl, in Erichsen, AllgVerwR, § 9, Rdnr. 10 ff.

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Gemeinwesen „wesentlichen" Entscheidungen sichert 25 . Auch in dieser gewaltenteilenden Funktion des Gesetzesvorbehaltes kommt den Grundrechten entscheidendes Gewicht zu, allerdings mehr ihrem objektiv-rechtlichen Gehalt, denn „(...) im grundrechtsrelevanten Bereich bedeutet ,wesentlich' in der Regel ,wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte 4 " 26 . Der objektiv-rechtliche Geltungsanspruch des Gesetzesvorbehaltes greift aber über den grundrechtsrelevanten Bereich hinaus und erfaßt zumindest im Grundsatz alle Gebiete staatlichen Handelns 27 . Die mehrfache verfassungsrechtliche Verankerung des Gesetzesvorbehalts in den Grundrechtsnormierungen und im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip läßt für den vorliegenden Zusammenhang zunächst den Schluß zu, daß das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung nicht von der Rechtsform des Verwaltungshandelns abhängig sein kann 2 8 . Da die genannten Verfassungsprinzipien die Verwaltung unabhängig von der Rechtsnatur ihres Handelns binden 29 , kommt es für die Geltung des Gesetzesvorbehalts grundsätzlich nicht auf die Unterscheidung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verwaltungsverträgen an. Aus der verfassungsrechtlichen Standortbestimmung ergibt sich ferner, daß nicht bereits der Gebrauch einer bestimmten Handlungsform durch die Verwaltung das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung auslöst. Die deutsche Verwaltungsordnung stellt das Verwaltungshandeln nicht unter einen „Totalvorbehalt" 30 . Die Kriterien „Grundrechtseingriff 4 und „Wesentlichkeit" stellen ab auf die Inhalte des Verwaltungshandelns, nicht auf seine Form 3 1 . Insofern ist es richtig, wenn gesagt wird, die Formwahl sei „vorbehaltsneutral" (aber „vorranggebunden") 32 .

25

Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 183 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rdnr. 3 ff.; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 301 f. 26 BVerfG, Beschl. v. 28.10.1975, BVerfGE 40, 237, 248 f.; v. 21.12.1977, BVerfGE 47, 46, 79, vgl. Ossenbühl, in HbdStR, Bd. III, § 62, Rdnr. 45; ferner auch Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 183 f.; Huber; Wertzuwachs, S. 53. 27 Das BVerfG hat den Gesetzesvorbehalt als allgemeines Prinzip dementsprechend in Art. 20 Abs. 3 GG verortet; BVerfG v. 08.08.1978, BVerfGE 49, 89, 126; kritisch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rdnr. 4. 28 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 242 ff.; Schmidt-Aßmann/ Krebs, S. 177 ff. 29 Vgl. oben Kapitel 2 II. 2. b). 30 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.05.1972, BVerfGE 33, S. 125, 157; Urt. v. 18.07.1972, BVerfGE 33, S 303, 345 f.; Beschl. v. 28.10.1975, BVerfGE 40, S. 237, 249; Beschl. v. 08.08.1978, BVerfGE 49, S. 89, 126 ff.; zusammenfassend zum Diskussionsstand Ossenbühl, in Erichsen, AllgVerwR, § 9, Rdnr. 11 ff.; zur gegenteiligen Rechtslage in Österreich und die Auswirkungen auf den Gebrauch von Verwaltungsverträgen Correli, DÖV 1998, S. 363 ff.

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Die zu beantwortende Frage ist also, ob Verwaltungsverträge und insbesondere städtebauliche Verträge unter inhaltlichen Gesichtspunkten generell oder zumindest teilweise einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfen. Ein solches Bedürfnis könnte sich am ehesten aus der Grundrechtsrelevanz derartiger Vereinbarungen ergeben. Das ist im folgenden näher zu untersuchen.

2. Grundrechtsrelevanz von Verwaltungsverträgen und Gesetzesvorbehalt a) Vertragsbindung

des Bürgers und Grundrechtsbeeinträchtigung

Als Ansatzpunkt für die Anwendbarkeit des Gesetzesvorbehaltes auf Verwaltungsverträge wird oft die Vertragsbindung des privaten Partners der Gemeinde herangezogen 33. Die in der Vertragspflicht regelmäßig angelegte Verfügung über grundrechtsrelevante Positionen zugunsten der Verwaltung wird als Beschränkung der betroffenen Grundrechte gedeutet, die das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung auslöst. Dem (naheliegenden) Einwand, die einverständliche Mitwirkung des Grundrechtsträgers am Vertrag hindere die Annahme eines Eingriffs 34 , der gerade als einseitiger (hoheitlicher) Zugriff auf geschützte Rechtspositionen definiert ist 3 5 , hält diese Ansicht entgegen, der Gesetzesvorbehalt sei längst vom Kriterium des Eingriffs emanzipiert 36 . Auch grundrechtsrelevantes Verhalten des Staates außer- und unterhalb der Eingriffsschwelle unterliege den Anforderungen des Vorbehaltsprinzips. Zudem verbiete es die objektiv-rechtliche Dimension des Gesetzesvorbehaltes, die vor allem durch den objektiven Normgehalt der Grundrechte geprägt wird, die Einwilligung eines Vertragssubjekts als Rechtfertigung für den Verzicht auf das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung heranzuziehen 37. Die in den Grundrechten ausgedrückte objektive Werteordnung stehe nicht zur Disposition der Vertragsparteien 38. 31

Vgl. Maurer, in Hill, Verwaltungshandeln, S. 15, 32: „Der Gesetzesvorbehalt betrifft nur den Inhalt, nicht die Form des Verwaltungshandelns." 32 Göldner, JZ 1976, S. 352, 354, vgl. dazu aber Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 179, die bemerken, daß die Formulierung in dieser Bedeutung auch inhaltsarm sei, da der Gebrauch einer Handlungsform ohne Inhalt nicht möglich ist. 33 Vgl. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 202 ff.; Kunig, DVB1. 1992, S. 1193, 1198; Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 26, Rdnr. 10; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rdnr. 3 ff. 34 So bereits BVerwG, Uri. ν. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, S. 801 f.; Hien, Vertragliche Gestaltungsformen, S. 49 f.; Schmidt-Aßmann, in FS Geizer, S. 117, 122. 35 Anders Huber, Wertzuwachs, S. 55, der unter einem „Eingriff 4 die „der öffentlichen Hand zurechenbare Verkürzung (grund-) rechtsgeschützter Interessen" verstehen will. 36 Vgl. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 179.

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Gegen diese Argumentation ist zu Recht vorgebracht worden, sie bediene sich zur Charakterisierung der vertraglichen Rechtsbindung des privaten Vertragspartners einer inadäquaten rechtsdogmatischen Kategorie 39 . Sie verkennt, daß die Vertragsbindung einer Partei nicht isoliert als Schmälerung einer Rechtsposition betrachtet werden darf, sondern als Teil des gesamten Vertragsgeschehens gesehen werden muß, das sich als ein Prozeß von Geben und Nehmen darstellt. So ist der Vertragsschluß aus Sicht des Bürgers weder Grundrechtsverzicht noch Grundrechtsbeeinträchtigung noch gar Disposition über den objektiven Wertgehalt der Grundrechte. Für den aktiv am Vertragsgeschehen beteiligten Privaten stellt sich die Übernahme einer vertraglichen Bindung vielmehr als ein Ausnutzen der grundrechtlich geschützten Verfügungsmacht über die ihm von der Rechtsordnung zugewiesenen Güter und Rechtspositionen dar. So willigt beispielsweise nicht in eine Enteignung ein, wer sein Grundstück im Rahmen eines Vertrages gegen Geld an die Gemeinde überträgt, oder wer dies deshalb unentgeltlich tut, weil die Gemeinde als „Vertragsleistung" die Schaffung von Bauland auf seinen verbleibenden Flächen verspricht (vgl. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB). In diesen Fällen nimmt der Bürger nicht passiv einen (eventuell entschädigungspflichtigen) Verlust seines Eigentums hin, sondern er setzt sein Eigentum aktiv ein, um daraus privaten Nutzen zu ziehen 40 . Das Eingehen der vertraglichen Bindung bedeutet nicht Grundrechtsverzicht, sondern Grundrechtsgebrauch 41. Das generelle Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für die (verwaltungs-) vertragliche Verfügung über grundrechtlich geschützte Rechtspositionen wäre im Ergebnis eine Einschränkung grundrechtlicher Freiheit 42 . Dieser Tatbestand kann auch nicht unter Hinweis auf den nicht disponiblen objektiven Wertgehalt der Grundrechte negiert werden 43 . „Die Funktion der Grundrechte als objektive Prinzipien besteht in der prinzipiellen Verstärkung ihrer Geltungskraft" 44 . In ihrer objektiven Dimension können die Grundrechte den Gesetzgeber deshalb dazu verpflichten, einzelne Lebensbereiche so auszugestalten, daß die tatsächliche Nutzung grundrecht37 38 39 40 41

211.

42

Huber, Wertzuwachs, S. 51 ff. Vgl. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 212 ff. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 187. Vgl. Göldner, JZ 1976, S. 352, 355. Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 186; Scherzberg, JuS 1992, S. 205,

So ausdrücklich Schmidt-Aßmann, in FS Gelzer, S. 117, 122. Vgl. aber Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 212 ff.; Huber, Wertzuwachs, S. 53 ff. 44 BVerfG, Urt. v. 01.03.1979, BVerfGE 50, S. 290, 337 unter Hinweis auf Urt. v. 15.01.1958, BVerfGE 7, S. 198, 205, vgl. Bleckmann, Staatsrecht II, S. 320 ff. Pieroth/Schlinh § 4, Rdnr. 76 ff. 43

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

licher Freiheiten für alle Grundrechtsträger möglich wird 4 5 . Die objektive Seite der Grundrechte läßt sich aber nicht von deren ursprünglichem subjektiven Kern lösen 46 und zur Begründung von Freiheitseinschränkungen heranziehen. Das genau würde aber erreicht, wollte man aus der objektivrechtlichen Dimension der Grundrechte einen Gesetzesvorbehalt für den Grundrechts gebrauch herleiten. Untauglich ist nach dem Gesagten auch eine vermittelnde Lösung, die die angebliche „Dichotomie zwischen subjektiv-rechtlicher Dispositionsfreiheit und objektiv-rechtlicher Bindung" dadurch mildern will, daß die „Eingriffsschwelle" zurückverlagert und eine gesetzliche Ermächtigung zum Vertragsschluß erst gefordert wird bei „Grundrechtsbeeinträchtigungen", die bei einseitigem Verwaltungshandeln - trotz gesetzlicher Ermächtigung - als materiell unzumutbar eingestuft werden müßten 47 . Abgesehen davon, daß nicht ersichtlich wird, wie ein an sich „unzumutbarer Eingriff 4 durch Wechsel der Handlungsform und gesetzliche Ermächtigung zur „zumutbaren Beeinträchtigung" mutiert, verkennt diese Ansicht, daß sich für das Vertragsgeschehen, anders als für das einseitige Verwaltungshandeln, eine absolute Grenze der Zumutbarkeit nicht ziehen läßt, weil dazu stets auch die jeweilige Gegenleistung und die subjektiven Interessen der Beteiligten in den Blick genommen werden müssen. Der Entzug einer Eigentumsposition durch einseitiges Verwaltungshandeln beispielsweise ist auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage „unzumutbar" (unverhältnismäßig), wenn er nicht im jeweiligen Einzelfall durch überwiegende öffentliche Interessen erfordert wird. Wäre die „Zumutbarkeit" einseitigen hoheitlichen Handelns tatsächlich maßgeblich für die Bestimmung der „Eingriffsschwelle" von Verwaltungsverträgen, dürften Hoheitsträger Grundstückskaufverträge nur noch dann ohne ausdrückliche und hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung abschließen, wenn auch eine Enteignung des Kaufgrundstücks (auf gesetzlicher Grundlage) als verhältnismäßige Maßnahme in Betracht käme. Ein so weitgesteckter Gesetzesvorbehalt für vertragliches Verwaltungshandeln ist aber offenkundig weder praxisgerecht noch zum Schutz der Grundrechte des vertragsschließenden Bürgers notwendig.

45

Grundlegend zum Gesetzgebungsauftrag der Grundrechte Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 121 ff., vgl. auch Bleckmann, Staatsrecht II, S. 330 ff. 46 Vgl. BVerfG, Urt. v. 01.03.1979, BVerfGE 50, S. 290, 337. 47 So Huber, Wertzuwachs, S. 54 ff., der seinen Vorschlag anhand von Art. 14 Abs. 1 GG entwickelt, in dessen Schutzbereich er unterscheidet zwischen Beschränkungen innerhalb der Sozialbindung, ausgleichspflichtigen Begrenzungen vermögenswerter Rechte und Enteignungen. Nur im Rahmen der ersten „Stufe" soll ein Vertragsschluß ohne gesetzliche Grundlage möglich sein.

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b) Grundrechtsbeeinträchtigung durch strukturelle Überlegenheit der Verwaltung Festzuhalten bleibt danach, daß eine den Gesetzesvorbehalt auslösende Grundrechtsbeeinträchtigung nicht allein darin gesehen werden kann, daß der private Vertragspartner im Vertrag über grundrechtlich geschützte Güter oder Positionen verfügt. Das eigentliche Problem, das von den meisten Befürwortern der Anwendbarkeit des Vorbehaltsprinzips auch erkannt wird, liegt nicht in der Beschränkung spezieller Grundrechtsgewährleistungen durch den Vertragsschluß, sondern in der Notwendigkeit, die Autonomie der Entscheidung des vertragschließenden Bürgers zu wahren. Weithin wird in der gesetzlichen Normierung zulässiger Vertragsinhalte ein Instrument zum Schutz der Privatautonomie des privaten Vertragspartners vor der strukturellen Überlegenheit der paktierenden Verwaltung gesehen48. In der Tat kann von Grundrechtsgebrauch im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß nur gesprochen werden, wenn dieser auf einer freien, „privatautonomen" Entscheidung beruht. Ein Vertrag, der auf einem die Privatautonomie des Vertragspartners ausschließenden Machtmißbrauch der Verwaltung beruht, ist daher rechtswidrig 49 . Die Frage ist nur, inwieweit der Gefährdung der Entschlußfreiheit des Privaten durch eine Normierung von zulässigen Vertragsinhalten begegnet werden muß. Insofern ist zwischen zwei Konstellationen zu unterscheiden, in denen typischerweise von einer „strukturellen Überlegenheit" der Verwaltung gesprochen werden kann. aa) Verwaltungsaktersetzende Verträge Der klassische Fall eines „unfreiwilligen Vertrages" 50 liegt vor, wenn die Einwilligung des Privaten in den Vertrag lediglich auf der Erkenntnis beruht, daß die Verwaltung die ihm abverlangte Leistung ansonsten auch einseitig fest- und durchsetzen könnte. Der Vertrag ist dann nichts anderes als das Substitut eines (eingreifenden) Verwaltungsaktes. Das spricht für die Geltung des Gesetzesvorbehaltes 51. Allerdings ist eine solche Konstellation ohnehin nur möglich, wenn die Voraussetzungen für die Leistungspflicht des Bürgers gesetzlich normiert sind, denn ein belastender Verwaltungsakt ist stets nur auf gesetzlicher Grundlage erlaubt. Eine eigenständige Ermäch48

Vgl. Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 26, Rdnr. 10; Huber, Wertzuwachs, 2. Auflage, S. 188 f.; Scherzberg, S. 52; im Ansatz auch Schmidt-Aßmann/Krebs, JuS 1992, S. 205, 211. 49 Vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802. 50 Terminologie von Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191, 198 f. 51 Vgl. Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 211; Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191,

201, 206.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

tigung zum Vertragsschluß ist unter diesen Bedingungen aber überflüssig, da die Handlungsform als solche - wie gesehen - „vorbehaltsneutral" ist. Die Ermächtigung zum Erlaß des Verwaltungsaktes deckt den Abschluß des substituierenden Vertrages mit ab 5 2 . bb) Monopolartige Anbieterstellung der Verwaltung Die zweite typische Fallgestaltung, in der von einer „strukturellen Überlegenheit" der Verwaltung die Rede ist und die deshalb unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit des Gesetzesvorbehaltes ins Auge gefaßt werden muß, liegt vor, wenn der Bürger auf die Vertragsleistung der Verwaltung existentiell angewiesen ist. Im komplexen Verwaltungs- und Sozialstaat der Gegenwart kann der Einzelne grundrechtliche Freiheiten vielfach nur unter Inanspruchnahme staatlicher „Leistungen" im weitesten Sinne verwirklichen. Macht die Verwaltung ihr Handeln von einer Gegenleistung abhängig, so bleibt dem Bürger nur Einwilligung oder Verzicht auf die Grundrechtsverwirklichung 53 . Ein prägnantes Beispiel aus dem Bereich der städtebaulichen Verträge bieten diejenigen Vereinbarungen, in denen die „Leistung" (im untechnischen Sinne) der Gemeinde in der Aufstellung eines Bebauungsplanes besteht. Verlangt die Gemeinde von den Eigentümern in dem betroffenen Gebiet die Zahlung von Folge- und Erschließungskosten, die Abtretung von Grundstücksteilen oder die Übernahme von Einheimischenbindungen, so bleibt den Eigentümern nur die Wahl, diesem Verlangen zu entsprechen oder auf unabsehbare Zeit auf die Bebauung ihrer Grundstücke zu verzichten 54 . Von der oben beschworenen Privatautonomie scheint in dieser Fallkonstellation nicht viel zu bleiben. Es stellt sich daher die Frage, ob in den Fällen, in denen die Verwaltung eine Monopolstellung für grundrechtsrelevante „Leistungen" besitzt, nicht gesetzlich geregelt werden muß, von welchen vertraglichen Gegenleistungen des Bürgers die Behörden ihr Handeln abhängig machen dürfen 55 . Zwar können auch derartige Regelungen den Bürger nicht in eine Situation wirklicher Entscheidungsfreiheit versetzen, da er trotz Normierung auf die „Leistung" der Verwaltung angewiesen bleibt und weiterhin nur die Wahl zwischen Vertragsschluß und „Grundrechtsverzicht" hat. Gesetzliche 52 Nichts anderes bringt § 54 S. 2 VwVfG zum Ausdruck, vgl. Schmidt-Aßmann/ Krebs, 2. Auflage, S. 194; Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191, 206, will zusätzlich zur Eingriffsermächtigung § 54 VwVfG heranziehen. Das ist aus den genannten Gründen überflüssig. 53 Vgl. Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191, 199 ff. 54 Vgl. Lahnor, Städtebauliche Verträge, S. 35, allerdings im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorrang. 55 So der Ansatz insbesondere von Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191, 199 ff.

Kap. 4: Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge

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Bindungen können aber für einen materiell „gerechten" Vertragsinhalt sorgen und damit einen Ausgleich für den unvermeidlichen Verlust an privatautonomer Entscheidungsmacht schaffen 56 . Inwieweit dies verfassungsrechtlich geboten ist, hängt zunächst ab vom Ausmaß der gesetzlichen Bindungen, denen die „leistende" Verwaltung ohnehin unterworfen ist. (1) Gesetzesvorbehalt für „ Leistungen " der Verwaltung Wie oben angedeutet, hat sich die Geltung des Gesetzesvorbehalts lange vom Gmndrechtsemgnjff als einzigem Kriterium gelöst 57 . Alle „wesentlichen" grundrechtsrelevanten 58 Entscheidungen der Verwaltung bedürfen der Vorordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber. Die erforderliche Regelungstiefe ist dabei abhängig von der Bedeutung der jeweiligen Fragestellung. Insoweit ist die Geltung des Gesetzesvorbehaltes zunächst unabhängig davon, ob die Verwaltung ihre Entscheidung mit einer vertraglichen Gegenleistung verknüpft 59 . Die im Umfeld des Art. 14 Abs. 1 GG „wesentliche" Frage etwa, unter welchen Voraussetzungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes befreit werden kann (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB), bedarf einer gesetzlichen Regelung ohne Rücksicht darauf, ob ein „Dispensvertrag" geschlossen wird oder nicht 6 0 . Man kann in diesem Zusammenhang von einem nicht-vertragsspezifischen Gesetzesvorbehalt sprechen. Ähnliches gilt etwa für die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Der Gesetzgeber hat hier die Aufgabe, das grundrechtlich geschützte Interesse an einem privatnützigen Gebrauch des Grundeigentums und das allgemeine Interesse an einer sozialgerechten Bodennutzung zu einem Ausgleich zu bringen. Die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Kommunen (Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG) zwingt in diesem Bereich allerdings 56 Auch im Zivilrecht kommt dem Gedanken, daß die Rechtsordnung für „materielle Vertragsgerechtigkeit" zu sorgen habe, wegen der vielfach ungleichen Machtposition der privaten Vertragspartner verstärkte Bedeutung zu, vgl. insbesondere die „Bürgenrechtsprechung" des BVerfG, Beschl. v. 19.10.1993, BVerfGE 89, S. 214, 232 ff. Aus dieser Rechtsprechung im Wege eines „Erst-recht-Schlusses" Folgerungen für die Geltung des Gesetzesvorbehaltes beim Verwaltungsvertrag ableiten zu wollen, wie dies z.B. Huber, Wertzuwachs, S. 52, andeutet, scheint allerdings voreilig. Wie sogleich zu zeigen sein wird, ist die inhaltliche Vorordnung von (grundrechtsrelevanten) Verwaltungsverträgen auch ohne vertragsspezifische Regelungen weitaus ausgeprägter als bei Verträgen unter Privaten. 57 Vgl. oben Kapitel 4 II. 1. 58 Aber auch alle anderen für das staatliche Gemeinwesen „wesentlichen" Entscheidungen. 59 Darauf, daß im Gegensatz zu den Vertragsleistungen des Bürgers für die von der Verwaltung übernommenen Vertragsleistungen der Gesetzesvorbehalt grundsätzlich greift, weist auch Reckers, Regelungen, S. 72 f. hin. 60 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 31, Rdnr. 3. 9 Hamann

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

dazu, sich auf die Normierung von Leitlinien und Verfahrensregeln zu beschränken 61 . Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich damit die Frage, ob, ähnlich wie bei den verwaltungsaktersetzenden Verträgen, auch Vereinbarungen über grundrechtsrelevante Entscheidungen der Verwaltung von den gesetzlichen Regelungen „abgedeckt" werden, die zur Ausfüllung des „nicht-vertragsspezifischen" Gesetzesvorbehaltes ergangen sind. Die Antwort hängt davon ab, inwieweit diese Regelungen auch einer Gefährdung der Privatautonomie des privaten Vertragspartners entgegenwirken. (2) Schutz der Privatautonomie durch „nicht-vertragsspezifischen " Gesetzesvorbehalt Das Erfordernis besonderer, „vertragsspezifischer" gesetzlicher Regelungen hängt nach dem Gesagten von der Wirkung ab, die die „nicht-vertragsspezifischen" gesetzlichen Grundlagen der behördlichen Vertragsleistung für den Schutz der Privatautonomie des vertragsschließenden Bürgers entfalten. Als gesichert darf in diesem Zusammenhang zunächst gelten, daß die Verwaltung die fraglichen gesetzlichen Vorgaben bei ihrer Entscheidung über den Vertrag beachten muß, soweit die Auslegung nicht ergibt, daß sie einer vertraglichen Abweichung zugänglich sind. Das folgt aus dem Prinzip des Gesetzesvorranges 62. Die Behörde darf auch auf vertraglicher Grundlage keine gesetzlich verbotenen Leistungen erbringen; ebensowenig darf sie sich in einem Vertrag zu einer Handlung verpflichten, für die die gesetzlichen Voraussetzungen (auf Tatbestands- oder Ermessensebene) nicht erfüllt sind 6 3 . Die Verwaltung muß die Entscheidung über ihre Vertragsleistung am dafür geltenden Normprogramm ausrichten; das heißt, sie darf keine Leistungen erbringen, die außerhalb dieses Normprogramms liegen, sie darf umgekehrt aber - und das ist entscheidend - auch keine Gegenleistungen fordern, die im Normprogramm nicht vorgesehen sind 6 4 . Denn auch im letzteren Fall würde sie sich bei der Entscheidung über ihre Leistung von den gesetzlichen Vorgaben entfernen. Daraus folgt: Die Verwaltung darf „wesentliche" und deshalb gesetzlich zu regelnde „Leistungen" nur an vertragliche Gegenleistungen koppeln, wenn diese entweder dazu dienen, erst die tatbestandlichen Voraussetzungen für die „Leistung" zu schaffen, oder wenn sie zumindest im Rahmen 61

Vgl. zum Ganzen nur Krautzberger, in B/K/L, zu § 1 BauGB, Rdnr. 7 ff. Vgl. oben Kapitel 4 I. 63 Ausnahmen bilden Vergleichsverträge unter den Voraussetzungen des § 55 VwVfG. 64 Vgl. Lahnor, Städtebauliche Verträge, S. 34. 62

Kap. 4: Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge

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einer sachgerechten Ermessens- bzw. Abwägungsentscheidung zugunsten der „Leistungserbringung" berücksichtigt werden dürfen 65 . Die den „nicht-vertragsspezifischen" Gesetzesvorbehalt ausfüllenden Normierungen der Vertragsleistung der Gemeinde beeinflussen demnach die inhaltliche Gestaltung des Vertrages erheblich; sie stecken aber gleichwohl nicht automatisch die äußeren Grenzen einer zulässigen Vereinbarung ab. Denkbar ist zunächst, daß der Gesetzgeber einiges von dem, was nach der Gesetzeslage Voraussetzung für die Vertragsleistung der Gemeinde ist, von der vertraglichen Überwälzung auf einen Privaten ausschließt. So kann die Gemeinde die Aufstellung eines Bebauungsplanes rechtmäßig davon abhängig machen, daß die Finanzierung der notwendigen Folgeeinrichtungen gesichert ist. Gleichwohl ist bei der Überprüfung von Folgekostenverträgen stets danach zu fragen, ob die vertragsgegenständlichen Kosten nach den einschlägigen (landesrechtlichen) Regelungen nicht endgültig von der Gemeinde zu tragen sind. Aber auch wo derartige gesetzliche Regelungen fehlen, können die handlungsformunabhängigen Voraussetzungen für die kommunale Vertragsleistung nicht einfach mit der zulässigen Gegenleistung des Privaten gleichgesetzt werden. Eine solche Gleichsetzung würde oft eine Überforderung des privaten Vertragspartners bedeuten. Problematisch sind beispielsweise Gestaltungen, in denen die Kommune die Kosten eines Bebauungsplanes, der vielen Grundstückseigentümern zugute kommt, nur von einzelnen, möglicherweise besonders auf die entstehenden Bebauungsmöglichkeiten angewiesenen Anliegern fordert. Hier ist offenkundig die Gefahr groß, daß der Bürger gezwungenermaßen in einen Vertrag einwilligt, der den Gleichheitssatz und das Übermaßverbot verletzt. Mit dem allein, was sich aus den „nicht-vertragsspezifischen" Normierungen der behördlichen Vertragsleistung herleiten läßt, ist offenkundig materielle Vertragsgerechtigkeit nicht zu garantieren. Allerdings zeigt das Beispiel auch, daß diesen Defiziten durch generelle Regelungen kaum beizukommen ist. Angemessenheit und Gleichbehandlung sind im von Leistung und Gegenleistung geprägten Vertragsrecht Kategorien, die nur unter Bezugnahme auf die Umstände eines Einzelfalles mit Sinn gefüllt werden können. Ein allgemeiner, „vertragsspezifrscher" Gesetzesvorbehalt vermag hier nicht weiterzuhelfen.

65 Das sogenannte „Koppelungsverbot" folgt also bereits aus der Gesetzesbindung der Verwaltung, vgl. dazu unten Kapitel 5 II. 1. 9*

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge c) Zusammenfassung

Als Ergebnis der bisherigen Überlegungen ist festzuhalten, daß der potentiell grundrechtsrelevante Inhalt von Verwaltungsverträgen keine spezifische gesetzliche Ermächtigung zum Gebrauch der Handlungsform Vertrag erfordert. In seiner subjektiv-rechtlichen Funktion kommt der Gesetzesvorbehalt nicht zum Tragen, da die Vertragsbindung aus Sicht des Bürgers keinen Grundrechtseingriff darstellt. Freiheitsgefährdungen, die aufgrund der strukturellen Überlegenheit der Verwaltung drohen, sind kein Vertragsspezifikum und lösen deshalb auch keinen handlungsformbezogenen Gesetzesvorbehalt aus. Damit ist nicht gesagt, daß der grundrechtlich begründete Gesetzesvorbehalt für den Verwaltungsvertrag keine Bedeutung hat. Er hat lediglich keine besondere, handlungsformabhängige Bedeutung, sondern nur eine allgemeine, inhaltsbezogene. Das zeigt sich insbesondere dort, wo die Vertragsleistung der Gemeinde die objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte berührt: Soweit die Verwaltung in einem Vertrag eine Leistung versprechen will, für deren Erfüllung sie einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf, ist der Vertrag ohne diese Ermächtigung ebenso rechtswidrig, wie eine entsprechende einseitige Entscheidung 66 .

3. Andere „wesentliche" Vertragsinhalte Es ist eingangs bereits darauf hingewiesen worden, daß nicht nur die Grundrechtsrelevanz eines bestimmten Verwaltungshandelns die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung zu begründen vermag. Auch andere Aspekte können so „wesentliches" Gewicht besitzen, daß sie den verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt auslösen. Allgemeine Aussagen sind hier aber kaum möglich. Schmidt-Aßmann/Krebs nennen beispielhaft drei Gesichtspunkte, die eine gesetzgeberische Entscheidung über die Zulässigkeit des Vertragshandelns der Verwaltung erforderlich scheinen lassen 67 : - Die schlichte Dimension, das heißt die Größenordnung der zu bewältigenden Verwaltungsaufgabe kann ein Ausmaß annehmen, das (unabhängig von der gewählten Handlungsform) nach „gesetzgeberischer Führungsarbeit" verlangt.

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Die Diskussion um die Geltung des Gesetzesvorbehaltes im Subventionsrecht z.B. verläuft daher unabhängig von der Frage, ob die jeweilige Subvention durch Vertrag oder Verwaltungsakt bewilligt werden soll, vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rdnr. 14. 67 Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 191 f.

Kap. 4: Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge

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- In bestimmten Konstellationen bedürfen die Modalitäten des Verwaltungshandelns einer eingehenderen gesetzlichen Vorordnung, um demokratische Kontrolle und rechtsstaatliche Berechenbarkeit zu sichern 68 . - Die Verwendung von Verwaltungsverträgen ohne gesetzliche Ermächtigung kann im Hinblick auf das Verhältnis zu den vom Gesetzgeber bereitgestellten (einseitigen) Instrumentarien problematisch sein. Als Beispiele führen Schmidt-Aßmann/Krebs an den flächendeckenden Abschluß von Verträgen zur Kompensation einer fehlenden Satzungs- oder Verordnungsermächtigung (Verträge als Normersatz) und die Substitution rechtsstaatlich ausgeformter Handlungsinstrumente durch inhaltlich abweichende Vereinbarungen. In diesen Fällen überschneidet sich aber, wie die Autoren selbst anmerken, das Problem des Gesetzesvorbehaltes mit dem des Gesetzesvorranges. Wichtig für den hier behandelten Zusammenhang ist, daß auch die nicht grundrechtsrelevanten „wesentlichen" Aspekte des Vertragshandelns zu keiner generellen Geltung des Gesetzesvorbehaltes für Verwaltungsverträge führen, sondern das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung nur im Einzelfall begründen.

4. Inhaltliche Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes und Konsequenzen für die Interpretation des § 11 BauGB Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, daß eine generelle Ermächtigung zum Gebrauch der Handlungsform Vertrag verfassungsrechtlich nicht gefordert ist. Lediglich in bestimmten Konstellationen und bei besonderen Vertragsgestaltungen darf die Verwaltung Vereinbarungen nicht ohne eine spezielle gesetzliche Grundlage schließen. Ob § 11 BauGB für diese Fälle die erforderliche Rechtsgrundlage bieten kann, hängt davon ab, welche Anforderungen der Gesetzesvorbehalt an die inhaltliche Ausgestaltung des ermächtigenden Gesetzes stellt. Das Prinzip des Gesetzesvorbehaltes bringt wie gesehen zum Ausdruck, daß bestimmte Inhalte des Verwaltungshandelns, sei es wegen ihrer Grundrechtsrelevanz oder wegen ihrer sonstigen Bedeutung für das Gemeinwesen, nicht der freien Entscheidung der Exekutive überlassen werden dürfen, sondern eine Vorordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber erfordern. Aus der verfassungsrechtlichen Anbindung an bestimmte Inhalte des Ver68 Schmidt-Aßmann/Krebs, a.a.O., nennen den Sanierungsträgervertrag (§§ 157 ff. BauGB) als Beispiel, bei dem die Auslagerung gemeindlicher Aufgaben auf einen Privaten und vor allem der damit verbundene Zugriff auf öffentliche Gelder ein Ausmaß annehmen können, das ohne gesetzliche Ermächtigung nicht zulässig sein soll. Zum Sanierungsträgervertrag vgl. unten Kapitel 10 II.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

waltungshandelns folgt, daß den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes nicht durch handlungsformbezogene Regelungen allgemeiner Natur Genüge getan werden kann. Erforderlich ist vielmehr eine hinreichend konkrete Normierung der kritischen Sachprobleme. Das entspricht der „Wesentlichkeitsrechtsprechung" des BVerfG. Danach reicht es nicht aus, daß für „wesentliche" Verwaltungsmaßnahmen überhaupt eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist; der Gesetzgeber muß vielmehr auch die „wesentlichen" Fragen selbst geregelt haben 69 . Daraus folgt, daß der allein handlungsformbezogene, nicht auf bestimmte oder bestimmbare Inhalte abzielende § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB keine den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes genügende, umfassende gesetzliche Ermächtigung zum Abschluß jedweden städtebaulichen Vertrages sein kann 7 0 Nach inhaltlichen Kriterien ordnet § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB die dort aufgeführten Vertragsarten. Allerdings ist schon bei der Darstellung der einzelnen Gegenstände der „zweiten Regelungsebene" darauf hingewiesen worden, daß dem Gesetzgeber hier Vertragsgestaltungen als Leitbilder gedient haben, deren grundsätzliche Zulässigkeit auch ohne gesetzliche Ermächtigung zum Teil als schon seit langem geklärt gelten kann 7 1 . Eine Untersuchung der Frage, ob § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB für einzelne Vereinbarungen gleichwohl die notwendige Rechtsgrundlage darstellt, gehört in den Kontext des „besonderen Vertragsrechts" und wird im letzten Teil der Arbeit erfolgen 7 2 . Vorweggenommen werden kann an dieser Stelle schon, daß sich das Problem der Erforderlichkeit einer gesetzlichen Ermächtigung bei den dort behandelten Vertragsgestaltungen regelmäßig nur im Zusammenhang mit der Frage nach der Zulässigkeit des Abweichens von den Regelungen für einseitiges Verwaltungshandeln stellt, das heißt also unter dem Aspekt des Gesetzesvorranges, nicht unter dem des Gesetzesvorbehaltes. 69

BVerfG v. 04.08.1978, BVerfGE 49, S. 89, 129 f.; Beschl. v. 20.10.1982; BVerfGE 61, S. 260, 275; Uri. ν. 24.04.1985; BVerfGE 69, S. 1, 41. 70 Aus denselben Gründen kann auch § 54 Abs. 1 S. 1 VwVfG nicht das Problem des Gesetzesvorbehaltes für den Bereich des verwaltungsrechtlichen Vertrages gelöst haben. So aber insbesondere Maurer, in Hill, Verwaltungshandeln, S. 15, 32; ferner z.B. Erichsen, in ders., AllgVerwR, §26, Rdnr. 11; Kunig, DVB1. 1992, S. 1193, 1198. Wie hier dagegen Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 178 ff.; Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248, 265; Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 211 f.; Huber, Wertzuwachs, S. 53 f. 71 Maßgeblich jeweils durch die Entscheidungen des BVerwG, vgl. Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 801 (KostenVereinbarung); Uri. ν. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989, 990 (freiwillige Umlegung); Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56 ff. (Einheimischenmodell). 72 Vgl. unten Kapitel 8 I. 2. (für die freiwillige Umlegung) und Kapitel 9 III. (Erschließungskostenvereinbarung).

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 135

III. Zusammenfassung Festzuhalten ist als Ergebnis dieses Abschnitts, daß die Bedeutung des § 11 BauGB im Hinblick auf das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung weder in der generellen Ermächtigung zum Gebrauch der Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht noch in der umfassenden Lockerung der bestehenden gesetzlichen Bindungen liegt. Eine grundlegende Neugewichtung des Verhältnisses von Vertrag und Gesetz ist durch die Neuregelung nicht erfolgt, konnte angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgaben auch nicht erfolgen. Von Belang für die Gesetzesbindung städtebaulicher Verträge kann § 11 BauGB allenfalls im Sinne der Erweiterung, Begrenzung oder Klarstellung der für diese Handlungsform eröffneten Spielräume sein. Inwieweit das zutrifft, werden erst die nachfolgenden Untersuchungen zeigen. Kapitel 5

§ 11 Abs. 2 BauGB und die Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts I. Überblick 1. Der beschränkte Regelungsbereich des § 11 Abs. 2 BauGB Die Grenzen der inhaltlichen Ausgestaltung von städtebaulichen Verträgen sind Gegenstand des § 11 Abs. 2 BauGB. Die Fassung dieser Bestimmung entspricht weitgehend der des früheren § 6 Abs. 3 S. 4 BauGBMaßnG. Der war bei systematischer Betrachtung an sich eine Regelung nur für die in § 6 Abs. 3 S. 1 und 2 BauGB-MaßnG normierten Kostenvereinbarungen. Nach herrschender Ansicht war er aber gleichwohl auf sämtliche in § 6 geregelten Vertragstypen anzuwenden 73 . Die Vorschrift wäre demnach systematisch „falsch" untergebracht gewesen. Die Neuregelung hat dieses Manko beseitigt. § 11 Abs. 2 BauGB knüpft an die erste Regelungsebene des Abs. 1 S. 1 an und gilt damit für alle von Abs. 1 erfaßten städtebaulichen Verträge. Die Vorschrift positiviert also gemeinsame inhaltliche Maßstäbe für privat- und verwaltungsrechtliche Verwaltungsverträge im Städtebaurecht.

73 Vgl. z.B. Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 113; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 47 ff.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

§ 11 Abs. 2 BauGB behandelt die inhaltliche Zulässigkeit städtebaulicher Verträge allerdings allein unter dem Aspekt des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Danach sind es zwei Maximen, die die Parteien beim Abschluß eines städtebaulichen Vertrages zu beachten haben: ,J)ie vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein" (S. 1). Und „die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte" (S. 2). Damit setzt die Vorschrift offensichtlich wichtige Maßstäbe des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts in (positives) Städtebaurecht um: Der Satz 1 des § 11 Abs. 2 enthält eine Variante des Angemessenheitsgebotes, das, wie noch zu erläutern sein wird, eine vertragsspezifische Ausformung des Übermaßverbotes darstellt 74 . Der Satz 2 basiert auf dem sogenannten Koppelungsverbot, das in seiner allgemeinen Form ebenfalls in der Verfassung zu verorten ist und dem „Verkauf 4 von Hoheitsrechten entgegenwirken soll 7 5 . Auch darauf wird noch ausführlich einzugehen sein 76 . Schon an dieser Stelle wird damit klar, daß § 11 Abs. 2 keine umfassende Regelung der inhaltlichen Zulässigkeit städtebaulicher Verträge darstellt. Zumindest soweit es um Fragen geht, die nicht das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung betreffen, muß also weiter auf die allgemeinen Regeln zurückgegriffen werden. Das heißt aber auch, daß insoweit die Unterscheidung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vereinbarungen bedeutsam bleibt. Zwar haben, darauf ist bereits hingewiesen worden 77 , mehrere Untersuchungen in der jüngeren Zeit die weitgehende inhaltliche Identität der Maßstäbe für beide Vertragsarten deutlich gemacht 78 . Gleichwohl bleiben Unsicherheiten, die nicht zuletzt auf die unterschiedliche normative Verortung der einschlägigen Regelungen zurückzuführen sind. Für öffentlich-rechtliche Verträge beispielsweise, die in Rechte Dritter eingreifen, gilt § 58 Abs. 1 V w V f G 7 9 . Im Falle eines zivilrechtlichen Vertrages muß im Einzelfall geprüft werden, ob sich das gleiche Ergebnis aus dem ungeschriebenen Verbot des Vertrages zu Lasten Dritter herleiten läßt. Für zivilrechtliche Verwaltungsverträge gelten seit jeher die Vorschriften des 74

Vgl. zunächst nur Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 21. Und unten Kapitel 5 III. Z.B. Dornberger, in Jäde/Dirnberger/Weiß, zu § 11, Rdnr. 50. 76 Vgl. unten Kapitel 5 II. 77 Vgl. oben Kapitel 1 II. 1. 78 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 134 ff.; Spannowsky, S. 164 ff., 315 ff.; Wolters, Β auplanungs vertrag, S. 69 ff. 79 § 58 Abs. 1 VwVfG regelt die Wirksamkeit des Vertrages, die von der Zustimmung des betroffenen Dritten abhängt. Das schließt aber notwendig das Urteil über die (Un-) Zulässigkeit eines ohne Zustimmung geschlossenen drittbelastenden Vertrages ein. 75

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 137 AGB-Rechts 80 ; für verwaltungsrechtliche Verträge war das bis zur Eingliederung des AGBG in die §§ 305 ff. BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 80a zweifelhaft, da § 62 S. 2 VwVfG nur die Vorschriften des BGB für ergänzend anwendbar erklärt 81 . Auch nach der Neuregelung des Schuldrechts ist umstritten, in welchem Umfang das AGB-Recht auf öffentlich-rechtliche VerwaltungsVerträge anwendbar i s t 8 1 a . Diese Unsicherheiten hat § 11 BauGB für den Bereich der städtebaulichen Verträge nicht beseitigt 8 2 . Um die dogmatische Bedeutung des § 11 Abs. 2 BauGB im übrigen einschätzen zu können, ist es notwendig, sein Verhältnis zu vergleichbaren Regeln des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts zu untersuchen. Es bietet sich an, zunächst im Rahmen eines kurzen Überblicks die Bestimmungen des Verwaltungsrechts und des (Verwaltungs-)Privatrechts zum Koppelungsund zum Übermaßverbot mit den Aussagen des § 11 Abs. 2 BauGB zu vergleichen.

2. § 11 Abs. 2 BauGB und die einfachgesetzlichen Regelungen zum Koppelungs- und Übermaßverbot Für den Bereich der verwaltungsrechtlichen Verwaltungsverträge findet sich eine ausdrückliche Normierung des Koppelungs- und des Übermaßverbotes in § 56 V w V f G 8 3 , der allerdings nur für „subordinationsrechtliche" Vereinbarungen im Sinne des § 54 S. 2 VwVfG (unmittelbar) gilt (§ 56 Abs. 1 S. I ) 8 4 . § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG fordert ähnlich wie § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB zu einer „angemessenen" Vertragsgestaltung auf, bezieht das aber nur auf die Gegenleistung des privaten Vertragspartners. 80

Allerdings sind bei der Anwendung der Generalklausel des § 307 BGB (früher § 9 AGBG) auf städtebauliche Verträge die Wertungen des spezielleren § 11 BauGB zu berücksichtigen. Das übersehen die Entscheidungen OLG München, Urt. v. 27.06.1994, BayVBl. 1995, S. 282 f.; OLG Hamm, Urt. v. 11.01.1996, BayVBl. 1997, S. 536 ff. Vgl. dazu oben Kapitel 1 II. 1. 803 Vom 29.11.2001 (BGBl. I, S. 3138). 81 Überwiegend wurde von einer mindestens analogen Anwendung des AGBG auf öffentlich-rechtliche Verträge ausgegangen, vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 353 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 151; Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 80 ff., mit Nachweisen auch auf die Gegenansicht. 81a Vgl. Geis, NVwZ 2002, S. 385 f.; Grziwotz, NVwZ 2002, S. 391 ff. 82 Nach Auffassung des BayVGH spricht vieles dafür, dass § 11 Abs. 2 BauGB als Spezialnorm die Anwendung des § 9 AGBG auch auf privatrechtliche städtebauliche Verträge ausschließt; vgl. BayVGH, Urt. v. 18.12.1998, BRS 60, S. 827, 832 f. 83 Vgl. Henneke, in Knack, zu § 56, Rdnr. 3, 15; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 3. 84 Vgl. dazu unten Fn. 117.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

§ 56 Abs. 2 VwVfG behandelt den Fall, daß der Private einen (gesetzlichen) Anspruch auf eine bestimmte Leistung der Verwaltung hat. In dieser Situation soll als Gegenleistung nur vereinbart werden dürfen, was bei Erlaß eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung sein könnte. Demgegenüber kann die Gemeinde gemäß § 11 Abs. 2 BauGB in der gleichen Konstellation überhaupt keine Gegenleistung für die Erfüllung des Anspruchs verlangen. Der Unterschied zwischen beiden Regelungen erweist sich aber bei genauerem Hinsehen als nur scheinbar vorhanden: Grund der Verwirrung ist die wenig geglückte Formulierung des § 56 Abs. 2 V w V f G 8 5 . Wenn tatsächlich ein Anspruch auf eine bestimmte Verwaltungsleistung besteht, so heißt das vom Wortsinn her nichts anderes, als daß die Verwaltung verpflichtet ist, sie dem Anspruchsinhaber zu gewähren. Das genau unterstreicht § 11 Abs. 2 BauGB. Daran will aber auch § 56 Abs. 2 VwVfG nichts ändern. (Auch § 36 Abs. 1 VwVfG, auf den § 56 Abs. 2 VwVfG verweist, ist in dieser Hinsicht ungenau formuliert). Was dort zum Ausdruck kommen soll ist, daß die Verwaltung im Falle einer gebundenen Entscheidung nur solche Gegenleistungen verlangen darf, die entweder von dem anspruchsbegründenden Gesetz ausdrücklich zugelassen sind oder durch die die tatbestandlichen Voraussetzungen der Entscheidung erst hergestellt werden 86 . Darin liegt aber kein Widerspruch zu § 11 Abs. 2 BauGB 8 7 . Keine Entsprechung in § 11 Abs. 2 findet der § 56 Abs. 1 S. 1 VwVfG, demzufolge eine Gegenleistung des Privaten nur zulässig ist, wenn sie im Vertrag für einen bestimmten Zweck vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Ferner fehlt in § 11 Abs. 2 BauGB die Forderung nach einem sachlichen Zusammenhang der Gegenleistung mit der Vertragsleistung der Behörde, die § 56 VwVfG in Abs. 1 S. 2 aufstellt und die als Positivierung des von der Rechtsprechung aus der Verfassung hergeleiteten „allgemeinen" Koppelungsverbotes gilt 8 8 . Für privatrechtliche Verwaltungsverträge fehlt eine spezielle Regelung der zulässigen Vertragsinhalte. Gleichwohl ist die grundsätzliche Geltung von Koppelungs- und Übermaßverbot auch in diesem Bereich unumstritten 8 9 . Rechtstechnisch werden diese öffentlich-rechtlichen Maßstäbe über 85

Vgl. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 249 f. Vgl. nur Kopp, VwVfG, 7. Auflage, zu § 56, Rdnr. 20 ff., m.w.N. 87 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 23. 88 Vgl. Henneke, in Knack, zu § 56, Rdnr. 3, 15; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 49, der allerdings das Gebot des sachlichen Zusammenhanges nur als Teilaspekt des Koppelungsverbotes neben dem Angemessenheitsgebot ansieht. Zum Koppelungsverbot ausführlich im Text unter II. 89 Vgl. nur BGH, Urt. v. 21.11.1957, BGHZ 26, S. 84; Urt. v. 14.07.1966, DVB1. 1967, S. 36; Urt. v. 02.10.1998, NJW 1999, S. 208, 209; BVerwG, Urt. v. 86

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 139 die Generalklausel des § 138 BGB in das Regelungsgefüge des Zivilrechts eingefügt 90 . Nicht ganz geklärt ist, ob für die Bestimmung der Inhalte beider Prinzipien auf eine entsprechende Anwendung des § 56 VwVfG zurückgegriffen werden kann, oder ob auf die allgemeinere Verfassungsebene abzustellen ist 9 1 . Das dürfte vor allem mit einer gewissen Unsicherheit über das Verhältnis des § 56 VwVfG zu den aus der Verfassung herzuleitenden (Mindest-)Anforderungen an den Inhalt von Verwaltungsverträgen zusammenhängen.

3. Fragestellungen Die Frage, die sich nach diesem Vergleich stellt, ist, ob § 11 Abs. 2 BauGB die Maßstäbe des Koppelungs- und des Übermaßverbotes für den Bereich der städtebaulichen Verträge abschließend vereinheitlicht, oder ob ein Rückgriff auf § 56 VwVfG bzw. auf die allgemeinen Regeln für privatrechtliche Verträge nach wie vor möglich oder sogar geboten ist. Das kann ohne weiteres zunächst nur für das Angemessenheitsgebot beantwortet werden: § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB nimmt die Forderung des § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG nach einer angemessen Ausgestaltung der Vertragspflichten des privaten Vertragspartners auf, überträgt sie auch auf die Vertragsleistung der Behörde und erweitert den Anwendungsbereich der Regelung auf privatrechtliche (städtebauliche) Vereinbarungen. Damit bleibt kein Raum für die ergänzende Anwendung allgemeinerer Regeln. Schwieriger ist die Beurteilung der Normierung des Koppelungsverbotes. § 1 1 Abs. 2 S. 2 nimmt (in modifizierter Formulierung) nur die Regelung des § 56 Abs. 2 VwVfG auf. Dagegen fehlen die allgemeineren Anforderungen des § 56 Abs. 1 VwVfG und insbesondere das Verlangen nach einem sachlichen Zusammenhang zwischen den Vertragsleistungen. Formt § 11 Abs. 2 BauGB das Koppelungsverbot damit zwar für alle städtebaulichen Verträge einheitlich, aber auf niedrigerem Niveau als die Verwaltungsverfahrensgesetze aus? Der systematische Aspekt scheint für diese Annahme zu sprechen. Wiederholt ein spezielleres Gesetz die Regelungen eines allgemeineren nur zum Teil, so wird man das Schweigen bezüglich der fehlenden Elemente regelmäßig als „beredt", das heißt die Spezialnorm als abschließend verstehen 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 65 f.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 230; Spannowsky, Grenzen, S. 316. 90 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02.1993, BVerwGE 92, S. 56, 65 f. 91 Die einschlägigen Äußerungen sind zumeist vorsichtig formuliert, z.B. für eine Anwendung des § 56, soweit er auf Verfassungsgrundsätze rückführbar ist (so Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 230) oder für die Berücksichtigung der Rechtsgedanken des § 56 (BGH, Urt. v. 02.10.1998, NJW 1999, S. 208, 209).

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

müssen. Andererseits muß das systematische Argument zurücktreten, wenn nur eine andere (ebenfalls vom Wortlaut gedeckte) Auslegung mit höherrangigem Recht zu vereinbaren ist. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß die Wurzeln des Koppelungsverbotes allgemein im Grundgesetz verortet werden 92 . § 11 Abs. 2 BauGB kann daher nur dann als eine diesbezüglich abschließende Normierung interpretiert werden, wenn sein Satz 2 den Mindestanforderungen des verfassungsrechtlichen Koppelungsverbotes genügt. Dieser Frage soll im folgenden zunächst nachgegangen werden (II). Anschließend wird die inhaltliche Ausgestaltung des Angemessenheitsgebotes durch § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB eingehender behandelt (III.).

I I . Die Regelung des Koppelungsverbotes in § 11 Abs. 2 BauGB 1. Inhalt und Herleitung Obwohl die Geltung eines verfassungsrechtlichen Koppelungsverbotes als allgemeine Grenze der zulässigen vertraglichen Verknüpfung von behördlichen Leistungen mit Gegenleistungen unumstritten ist 9 3 , sind die Ansätze zur Herleitung des Grundsatzes aus der Verfassung uneinheitlich 94 . Auch die Ansichten über die inhaltlichen Aussagen des Verfassungsprinzips differieren teilweise. Überwiegend werden zwei Teilaspekte als Kernaussagen des allgemeinen KoppelungsVerbotes genannt 95 : Das Koppelungsverbot besagt danach zum einen, daß in einem Verwaltungsvertrag nichts miteinander verknüpft werden darf, was nicht ohnehin zueinander in einem inneren Zusammenhang steht. Zum anderen darf die Verwaltung hoheitliche Entscheidungen nicht von (zusätzlichen) wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig machen 96 . Dieser zweite Teilaspekt wird häufig auch plastisch als Verbot des „Verkaufs von Hoheitsrechten" bezeichnet 97 . 92

Vgl. Menger, VerwArch 64 (1973), S. 203, 205; v. Mutius, VerwArch 65 (1974), S. 201, 212; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 339, 342; Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 222 f. m.w.N. 93 Vgl. nur BGH, Urt. v. 21.11.1957, Β GHZ 26, S. 84; Urt. v. 14.07.1966, DVB1. 1967, S. 36; BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803; Bonk, in StelVerwaltungsrecht I, kens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 3 ff.; Wolff /Bachof/Stober, § 30, Rdnr. 10 - jeweils mit weiteren Nachweisen. 94 Vgl. die Nachweise zu den verschiedenen Ansichten bei Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 223, Fn. 40, 41. 95 Vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803; Urt. v. 13.07.1979, NJW 1980, S. 1294; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 148 f.; Grziwotz, DVB1. 1994, S. 1048, 1052; Hien, Vertragliche Gestaltungsform, S. 52 f.; Scharmer, NVwZ 1995, S. 219, 221.

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 141 Eine genauere Betrachtung zeigt, daß die beiden zitierten „Aspekte" des Koppelungsverbotes nicht als voneinander unabhängige Grundsätze aufgefaßt werden dürfen 98 . Es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Formulierungen desselben Prinzips 99 . Deutlich wird das, wenn man sich die Funktion des Koppelungsverbotes vor Augen führt, die sich insbesondere aus der zweiten „Teilformulierung" ablesen läßt: Das allgemeine Koppelungsverbot soll eine sachwidrige Motivation der Verwaltungsentscheidung durch den Vertragsschluß verhindern 100 . Es stellt die „Vertragsleistung" 101 der Verwaltung in den Blickpunkt und fragt danach, von welchen Gegenleistungen das Verwaltungshandeln zulässigerweise abhängig gemacht werden darf. Wegen der auch durch Vertrag nicht aufhebbaren gesetzlichen Determination des Verwaltungshandelns, beantwortet sich diese Frage grundsätzlich aus den der Verwaltungsentscheidung zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen. Das Koppelungsverbot führt damit zurück auf den Teil des Grundsatzes der Gesetzesbindung der Verwaltung, der oben unter dem Stichwort „Gesetzesvorrang" behandelt worden i s t 1 0 2 . Der Zusammenhang ist dort bereits angedeutet worden 1 0 3 : Die vertragsschließende Verwaltung muß sich innerhalb des Handlungsrahmens bewegen, den ihr das Gesetz für die Entscheidung über ihre Vertragsleistung zuweist 1 0 4 . In diesen Handlungsrahmen muß sich das Verlangen nach einer 96

So die Formulierung z.B. in BVerwG, Urt. v. 13.07.1979, NJW 1980, S. 1294; Uri. v. 16.05.2000, DVB1. 2000, S. 1853, 1856. 97 Zurückgehend auf Tittel, DVB1. 1967, S. 38, 39, vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803; v. Campenhausen, DÖV 1967, S. 662, 664 f.; Hien, Vertragliche Gestaltungsform, S. 52 f.; Loormann, NJW 1996, S. 1439 ff. 98 Diesen Eindruck erweckt allerdings beispielsweise BVerwG, Urt. v. 06.07. 1973, DVB1. 1973, S. 800. 99 Vgl. z.B. BGH, Urt. v. 21.11.1957, BGHZ 26, S. 84, 87 f. mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des PrOVG und des RG. 100 Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 3. 101 Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß „Leistung" hier nicht das enge Gegenseitigkeitsverhältnis der §§ 320 ff. BGB bezeichnet. „Leistung" im spezifisch verwaltungsvertragsrechtlichen Sinne ist vielmehr alles, was die Behörde dem Vertragspartner für den Fall der Erbringung seiner Gegenleistung in Aussicht stellt, auch ohne verbindliche Verpflichtung oder ausdrückliche Erwähnung im Vertragstext (sogenannter „hinkender" Austauschvertrag), vgl. nur Bonk, in Stelkens/Bonk/ Sachs, zu § 56, Rdnr. 20 ff.; Henneke, in Knack, zu § 56, Rdnr. 4. Das Koppelungsverbot greift daher z.B. auch bei zivilrechtlichen Verwaltungsverträgen, wenn ein Hoheitsakt nur das „Motiv" des Vertragsschlusses liefert, vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02. 1993, BVerwGE 92, S. 56, 65. 102 Für eine Verankerung des Koppelungs Verbotes im Gesetzmäßigkeitsprinzip auch z.B. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 30, Rdnr. 5 ff., 10; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 339; Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 253 f. 103 Vgl. Kapitel 4 II. 2. b) bb).

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

vom Vertragspartner zu erbringenden Gegenleistung einfügen. Der Vertragsschluß und das die Verwaltungsentscheidung determinierende Normprogramm müssen gewissermaßen synchronisiert werden. Diese Synchronisation leistet das Koppelungsverbot. Die zitierten zwei „Teilaspekte" des Koppelungsverbotes bringen diesen Zusammenhang schlagwortartig einmal positiv und einmal negativ gewendet zum Ausdruck: Das (negativ formulierte) Verbot, Verwaltungsleistungen von zusätzlichen wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig zu machen, untersagt die - am Maßstab des der Verwaltungsentscheidung zugrundeliegenden Gesetzes gemessen - ungerechtfertigte Bereicherung der Behörde. Erlaubt ist danach nur die Verknüpfung mit Gegenleistungen, die der Hoheitsentscheidung entgegenstehende rechtliche Hindernisse beseitigen 105 . Anders (nämlich positiv) bringt das auch die dem Koppelungsverbot zu entnehmende Forderung nach einem inneren („sachlichen") Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung zum Ausdruck. Dieser Zusammenhang besteht (nur), wenn die Gegenleistung des Vertragspartners im Rahmen einer sachlich richtigen, das heißt gesetzmäßigen, Entscheidung zugunsten der Verwaltungsleistung berücksichtigt werden darf 1 0 6 . Ausgehend von der Feststellung, daß das (allgemeine) Koppelungsverbot in spezifischer Weise das Verfassungsprinzip der Gesetzesbindung des Verwaltungshandelns im Verwaltungsvertragsrecht zum Tragen bringt, kann nunmehr untersucht werden, welche Gestaltungsmöglichkeiten der einfache Gesetzgeber bei der Ausformung dieses Grundsatzes besitzt. Von der Antwort auf diese Frage wird abhängen, ob § 11 Abs. 2 S. 2 BauGB als abschließende Normierung des Koppelungsverbotes für städtebauliche Verträge gelesen werden muß oder nicht.

2. Allgemeines Koppelungsverbot und einfachgesetzliche Vorschriften Daß der einfache Gesetzgeber einen grundsätzlich erheblichen Einfluß auf die Ausgestaltung des Koppelungsverbotes im Einzelfall hat, wird deutlich, wenn man sich den formalen Charakter dieses Verfassungsprinzips vor Augen führt. Das Koppelungsverbot bietet keinen eigenständigen, in seiner Reichweite für alle Verwaltungsverträge gleichbleibenden Maßstab. Seine 104

Vgl. auch Reidt, NVwZ 1999, S. 149, 150. So deutlich bereits BGH, Urt. v. 21.11.1957, BGHZ 26, S. 84, 87 f.; Urt. v. 14.07.1966, DVB1. 1967, S. 36, 38, vgl. auch Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 4; Henneke; in Knack, zu § 56, Rdnr. 3; unklar BVerwG, Urt. v. 06.07. 1973, DVB1. 1973, S. 800, 803; Urt. v. 16.05.2000, DVB1. 2000, S. 1853, 1857. 106 y gl Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 30, Rdnr. 10; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 343 f. 105

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 143 Aussage für das konkrete Vertragsverhältnis ist vielmehr abhängig von der Vorordnung der Verwaltungsleistung im jeweiligen Fachgesetz 107 . Je dichter das Verwaltungshandeln gesetzlich determiniert ist, umso enger sind die Grenzen, die das Koppelungsverbot der vertraglichen Verknüpfung mit einer Gegenleistung zieht. Überhaupt kein Spielraum besteht für vertragliche Vereinbarungen, wo die Leistung der Verwaltung in Tatbestand und Rechtsfolge strikt normiert, die Entscheidung also gesetzlich gebunden ist. Die Forderung einer Gegenleistung ist hier nur zulässig, wenn sie dazu dient, die tatbestandlich festgelegten Voraussetzungen für das Verwaltungshandeln zu schaffen. Dieser Folgerung aus dem allgemeinen Koppelungsverbot verleihen § 11 Abs. 2 S. 2 BauGB und § 56 Abs. 2 VwVfG positiv-rechtlichen Ausdruck. Die konkreten Anforderungen des allgemeinen Koppelungsverbotes verringern sich in dem Maße, in dem die gesetzliche Determination des Verwaltungshandelns abnimmt. Je weniger die Verwaltung durch gesetzliche Tatbestände gebunden wird und je weiter folglich ihr Ermessensspielraum ist, desto größer sind zumindest unter dem Aspekt des Koppelungsverbotes auch die Möglichkeiten zur Verknüpfung des Verwaltungshandelns mit vertraglichen Gegenleistungen. Die Grenzziehung zwischen dem, was noch im sachlichen Zusammenhang mit der Verwaltungsleistung steht, und dem, was schon eine unzulässige wirtschaftliche Bereicherung darstellt, muß in diesen Fällen mittels einer „Zweckanalyse des jeweiligen Sachgesetzes" erfol-

107

Ähnlich Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 340. So Schmidt-Aßmann, in FS Geizer, S. 117, 124; ihm folgend Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 345. 109 Es ist anzumerken, daß die Fachgesetze das Koppelungsverbot nicht nur inhaltlich ausformen. Soweit sie spezielle Regelungen zum zulässigen Vertragsinhalt enthalten, verdrängen sie das Koppelungsverbot auch. Das BVerwG hat dieses Verhältnis in der Formulierung zum Ausdruck gebracht, das allgemeine Koppelungsverbot sei in seiner Funktion den jeweils einschlägigen positivrechtlichen Spezialregelungen (logisch) nachgeordnet, vgl. Urt. v. 13.07.1979, NJW 1980, S. 1294, vgl. auch Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 225 f.; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 342. Wenn die Annahme der Gegenleistung des Vertragspartners bereits im Widerspruch zu spezielleren Vorschriften des gesetzten Rechts steht, kommt das allgemeine Koppelungsverbot nicht mehr zum Tragen. Erst wenn sich aus Sicht des positiven (Speziai-) Rechts nichts gegen den Vertragsschluß einwenden läßt, tritt das verfassungsrechtliche Koppelungsverbot als zusätzliche Schranke und „Auffangbastion" hinzu; BVerwG, a.a.O., S. 1295. Ein anschauliches Beispiel sowohl für das von Subsidiarität und inhaltlicher Interdependenz geprägte Verhältnis des Koppelungsverbotes zu den einfachgesetzlichen Vorschriften als auch für die Bestimmung des sachlichen Zusammenhanges bei Ermessensleistungen der Verwaltung bietet BVerwG, Urt. v. 15.12.1989, BVerwGE 84, S. 236 ff.: In dem zugrundeliegenden Fall hatte die Gemeinde die Gewährung von Mitteln der kommunalen Wirtschaftsförderung an einen Unternehmer von dessen vertraglicher Zusage abhän108

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß die inhaltliche Reichweite des Koppelungsverbotes weitgehend in der Hand des einfachen Gesetzgebers liegt 1 1 0 . Er kann die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Handeln der Verwaltung und die ihr eingeräumten Ermessensspielräume ausgestalten und damit die Koordinaten für eine zulässige Verknüpfung mit Gegenleistungen setzen. Er kann stattdessen aber auch spezielle Regelungen für vertragliches Handeln schaffen, und darin die Verknüpfungsmöglichkeiten vergrößern, verringern oder auch nur die bestehende Rechtslage konkretisieren 111 . Diese Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers betreffen aber nur die Ausgestaltung des Koppelungsverbotes durch Regelungen auf der Ebene einzelner, spezieller Vertragsgestaltungen bzw. Verwaltungsleistungen. Nimmt man an, daß § 11 Abs. 2 BauGB die inhaltliche Reichweite des Koppelungsverbotes für den gesamten Bereich städtebaulicher Verträge abschließend in dem Sinne regeln will, daß nur im Falle gebundener Leistungen die Vereinbarung einer Gegenleistung eingeschränkt ist, die Gemeinde ansonsten aber ohne Rücksicht auf gesetzliche Bindungen ihre Entscheidungen an vertragliche Gegenleistungen knüpfen darf, so geht das über ein bloßes Ausgestalten weit hinaus. Durch eine derartige Regelung würde die Geltung des Prinzips selbst für einen weiten Bereich des städtebaulichen Vertragshandelns aufgehoben. Der Grundsatz des Gesetzesvorranges wäre insoweit praktisch außer Kraft gesetzt. Daß das angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung in Art. 20 Abs. 3 GG nicht in der Macht des einfachen Gesetzgebers liegt, ist oben bereits dargelegt worden 1 1 2 .

gig gemacht, von der Gemeinde festgelegte Standards zum Immissionsschutz einzuhalten, die über denen des BImSchG lagen. Das BVerwG prüfte zunächst, ob die speziellen Vorschriften und Instrumentarien des BImSchG und des BauGB einer derartigen Vereinbarung entgegenstehen. Nachdem es diese Frage verneint und festgestellt hatte, daß beide Gesetze Raum für weitergehende, ortsbezogene Anstrengungen der Gemeinde zum Immissionsschutz auch durch vertragliches Handeln lassen, bejahte das BVerwG das Bestehen eines ausreichenden sachlichen Zusammenhangs zwischen Subventionierung und der Verpflichtung zum Immissionsschutz mit dem Argument, die Gemeinde dürfe bei der Ermessensentscheidung über eine kommunale Wirtschaftsförderung auch die Auswirkungen des geförderten Vorhabens auf die benachbarte Wohnbebauung berücksichtigen. 110 Vgl. auch Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 389 ff. 111 Die verfassungsrechtlichen Grenzen, denen der Gesetzgeber dabei unterworfen ist, lassen sich abstrakt kaum bestimmen. Erinnert sei aber an die handlungsform-unabhängige Geltung des Gesetzes Vorbehaltes. Soweit ein bestimmtes Verwaltungshandeln wegen seiner Grundrechtsrelevanz oder seiner sonstigen „wesentlichen" Bedeutung einer inhaltlichen Ausgestaltung durch den Gesetzgeber bedarf, müssen die an die gesetzliche Regelung zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen auch gewahrt bleiben, wenn das Verwaltungshandeln zum Gegenstand eines Vertrages wird.

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 145 Eine verfassungskonforme Lesart des § 11 Abs. 2 BauGB muß daher davon ausgehen, daß hier nur eine Teilregelung des Koppelungsverbotes unternommen worden ist, die den Rückgriff auf allgemeinere Bestimmungen nicht verschließt.

3. Konsequenzen für die dogmatische Bewertung des § 11 Abs. 2 BauGB Versucht man diesen Befund dogmatisch zu bewerten, so stellt sich zunächst die Frage, ob der Gesetzgeber hier ein bestimmtes Ziel verfolgt hat. Indessen ist ein Grund dafür, daß § 11 Abs. 2 BauGB auf eine dem § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG entsprechende Forderung nach einem sachlichen Zusammenhang zwischen den Vertragsleistungen verzichtet, nicht erkennbar. Über die Ursachen der „Unvollständigkeit" der Regelung kann daher nur spekuliert werden: Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 BauGB ist erkennbar dem des § 6 Abs. 3 S. 4 BauGB-MaßnG entlehnt, der ebenfalls auf eine Normierung des „allgemeinen" Koppelungsverbotes verzichtet hatte. Allerdings war das Gebot des sachlichen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung in den Absätzen 1 bis 3 des § 6 BauGB-MaßnG in jeweils spezieller, auf die einzelnen Vertragstypen zugeschnittener Form ausgestaltet 113 . Bei der Neufassung der einzelnen Vertragsarten in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB sind diese Merkmale zum Teil entfallen 114 . Zudem ist der Anwendungsbereich der neuen Vorschrift durch § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB gegenüber der Vorgängerregelung erheblich erweitert worden 1 1 5 . Der Vorschlag der Expertenkommission, auf den diese Änderungen zurückgehen, hatte konsequenterweise vorgesehen, in Abs. 2 auch die Forderung nach dem sachlichen Zusammenhang der vereinbarten Leistungen aufzunehmen 116 . Ob dieser Vorschlag einem Redaktionsversehen zum Opfer gefallen ist, oder ob an maßgeblicher Stelle die sachlichen Unterschiede der Neufassung gegenüber § 6 BauGB112

Vgl. oben Kapitel 5 II. 2. An Art. 20 Abs. 3 GG finden auch Vorschläge ihre Grenze, das Koppelungsverbot zu lockern, um die Möglichkeit von Verhandlungslösungen durch Erhöhung der „Tauschmacht" zu steigern, vgl. dazu Schmidt-Aßmann, Konfliktmittlung, S. 9, 24 f. Eine solchere Lockerung kann nur für bestimmte oder bestimmbare Vertragsgestaltungen bzw. Verwaltungsleistungen erfolgen, nicht aber generell. 113 Vgl. Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 44 ff. 114 Vgl. dazu im einzelnen unten Kapitel 6 II. 115 Vgl. oben Kapitel 1 I. Das übersieht ganz offenbar Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 23, der annimmt, der notwendige sachliche Zusammenhang ergebe sich aus den Voraussetzungen der in § 11 Abs. 1 S. 2 genannten Verträge; ähnlich auch Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 122. 116 Bericht der Expertenkommission, S. 101, Rdnr. 152. 10 Hamann

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

MaßnG verkannt worden sind, ist aus den Materialien nicht ersichtlich und muß deshalb offenbleiben. Festzuhalten ist in jedem Fall, daß § 11 Abs. 2 BauGB keine einheitliche normative Grundlage für die Anwendung des Koppelungsverbotes auf alle städtebaulichen Verträge schafft. Für verwaltungsrechtliche Vereinbarungen kann 1 1 7 und muß bei der Rechtsanwendung - soweit nicht im Einzelfall aus § 1 1 Abs. 1 S. 2 BauGB eine speziellere Regelung herzuleiten ist - auf § 56 VwVfG zurückgegriffen werden. Für privatrechtliche städtebauliche Verträge ist das Koppelungsverbot dagegen nach wie vor nicht normiert, sieht man von der „Teilregelung" des § 11 Abs. 2 S. 2 BauGB einmal ab.

117 Das setzt allerdings voraus, daß es sich um „subordinationsrechtliche" Verträge im Sinne des § 54 S. 2 VwVfG handelt. Dieser Begriff ist nach wie vor mit Unsicherheiten behaftet. Einigkeit besteht soweit ersichtlich nur darüber, daß § 54 S. 2 VwVfG jedenfalls insoweit zu eng formuliert ist, als daß es für das Vorliegen eines subordinationsrechtlichen Vertrages nicht darauf ankommen kann, daß die vertragsschließende Behörde die konkrete Gegenleistung des Bürgers auch per Verwaltungsakt einfordern könnte (vgl. Kopp, VwVfG, 7. Auflage, zu § 54, Rdnr. 48; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 173 m.w.N.). Darüber hinaus ist vieles umstritten. Teilweise wird in enger Anlehnung an den Wortlaut des § 54 S. 2 VwVfG vertreten, ein subordinationsrechtlicher Vertrag liege nur vor, wenn die Behörde bezüglich des Vertragsgegenstandes gegenüber dem Vertragspartner einen Verwaltungsakt hätte erlassen können (So z.B. Weyreuther, UPR 1994, S. 121, 125.). Andere stellen darauf ab, ob die Verwaltung zumindest in dem Sachbereich, aus dem der Vertrag entstammt, zum Erlaß von Verwaltungsakten berechtigt ist oder ob in diesem Bereich sonst aufgrund von Rechtsnormen ein Über-/Unterordnungsverhältnis gegeben ist (Kopp, VwVfG, 7. Auflage, zu § 54, Rdnr. 48; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.10.1990, VB1BW 1991, S. 263, 264; BayVGH, Urt. v. 11.04. 1990, NVwZ 1990, S. 979, 981; offenbar auch BVerwG, Urt. v. 16.05.2000, DVB1. 2000, S. 1853, 1854 f.). Ausgehend von solchen Vorstellungen wollen einige Autoren die städtebaulichen Verträge durchgehend nicht als subordinationsrechtliche, sondern als koordinationsrechtliche Vereinbarungen behandelt wissen (Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 25 ff.; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 13.). Diesen auf das Vorhandensein einer mehr oder minder konkreten Verwaltungsaktsituation abstellenden Ansichten wird zu Recht die Teleologie des § 54 S. 2 VwVfG entgegengehalten (Vgl. Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 23, Rdnr. 2; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 174 ff.; Scherzberg, JuS 1992, S. 205, 208.). Im Rahmen der von § 54 S. 2 VwVfG erfaßten Verträge soll dem Bürger ausweislich der Verweisungen in den §§ 55, 56 und 59 Abs. 2 VwVfG ein erhöhter rechtsstaatlicher Schutz zugutekommen. Die Schutzbedürftigkeit des Bürgers wird aber nicht durch das Vorliegen eines abstrakten oder konkreten Über-/Unterordnungsverhältnisses ausgelöst, sondern durch die regelmäßig überlegene Position der Verwaltung beim Vertragsschluß. Diese Überlegenheit beruht nicht nur auf der Möglichkeit zum einseitigen Handeln, sondern ebenso häufig auf der Marktmacht des Staates, der nicht selten das Monopol auf grundrechtsrelevante Leistungen besitzt. Dementsprechend sind alle (verwaltungsrechtlichen) Verträge zwischen der Verwaltung und Privaten als subordinationsrechtlich anzusehen (Im Ergebnis offenbar auch Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 54, Rdnr. 62.).

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 147 In der Praxis mag diese unterschiedliche normative Verankerung des Koppelungsverbotes für öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Vereinbarungen zu verkraften sein. Die Unsicherheiten im Detail wiegen nicht so schwer, zumal wenn man den Stimmen folgt, die den Rechtsgedanken des § 56 VwVfG auf privatrechtliche Verwaltungsverträge übertragen wollen 1 1 8 . Dogmatisch entwertet das Fehlen einer einheitlichen Regelung den § 11 BauGB aber nicht unbeträchtlich, weil es bei einer wichtigen Frage dem Ansatz der Vorschrift zuwiderläuft, zumindest bezüglich der inhaltlichen Maßstäbe des Vertragshandelns den Dualismus der Vertragsrechtsordnungen zu überwinden.

III. Die Regelung des Angemessenheitsgebotes in § 11 Abs. 2 BauGB Gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB haben die in einem städtebaulichen Vertrag vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen zu sein. Mit dem Begriff der Angemessenheit wird üblicherweise das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Übermaßverbot in das Vertragsrecht übersetzt 1 1 9 . Im Hinblick auf die Vertragsleistung des Privaten entspricht § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB der Regelung des § 56 Abs. 1 S. 2, 1. HS VwVfG. Die folgende Darstellung kann sich deshalb insoweit darauf beschränken, nach den Maßstäben des Angemessenheitsgebotes zu fragen (1.). Problematisch ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Bewertung der Einwilligung des Bürgers in den Vertragsschluß. Anders als § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG fordert § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB Angemessenheit aber auch bezüglich der Leistung der Gemeinde. Das ist näher zu beleuchten (2.).

1. Die Angemessenheit der Vertragsleistung des Privaten Die Funktion des Übermaßverbotes liegt u. a. in der Abwehr unverhältnismäßiger oder unzumutbarer Belastungen des Einzelnen durch den Staat. Dementsprechend stellt das Übermaßverbot im Vertragsrecht die Gegenleistung des privaten Vertragspartners in den Mittelpunkt der Betrachtung und fragt danach, ob diese in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung der Behörde steht 1 2 0 . Der Ansatzpunkt für die Prüfung der Angemessenheit ist relativ unumstritten: Gefordert ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise; die wirtschaft118

Vgl. oben Fn. 91. Vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 805. 120 So ausdrücklich auch die Regelung des § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG. Zur Forderung des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB nach Angemessenheit auch der Behördenleistung vgl. unten Kapitel 5 III. 2. 119

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

liehe Bedeutung der Verwaltungsleistung für den Vertragspartner muß in angemessenem Verhältnis zum Wert seiner Gegenleistung stehen, zudem darf ihn die Erbringung der Gegenleistung nicht in unzumutbarer Weise belasten 121 . Das entspricht im Grundsatz dem Schema für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit eines einseitigen Grundrechtseingriffs mit den Prüfungspunkten Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit i.e.S. Diese Ähnlichkeit verdeckt allerdings einen gewichtigen Unterschied: Die Verhältnismäßigkeitsprüfung dient der Feststellung, welches Ausmaß an Freiheitsbeschränkung der Staat dem Bürger im öffentlichen Interesse einseitig zumuten darf. Demgegenüber betrifft die Prüfung der Angemessenheit eine vertragliche Vereinbarung, deren Abschluß für den Bürger nicht per se Freiheitsbeschränkung, sondern Freiheitsgebrauch bedeutet 122 . Die (umstrittene) Frage ist daher, inwieweit die Einwilligung des privaten Vertragspartners in den Vertragsschluß bei der Bewertung der Angemessenheit des Vertrages berücksichtigt werden muß. Eine häufig vertretene Ansicht will die Einigung der Vertragsparteien als Indiz für die Ausgewogenheit und Zumutbarkeit der vereinbarten Leistungen verstanden wissen und dementsprechend die Kontrolldichte bei der Angemessenheitsprüfung zurücknehmen 123 . Die Gegenauffassung hält dem entgegen, die Berücksichtigung des übereinstimmenden Willens der Parteien verkenne den objektiven Charakter des Angemessenheitsgebotes124. Als „Bestandteil des Koppelungsverbotes" diene der Angemessenheitsgrundsatz auch dem Schutz des Grundrechtsträgers vor Selbstgefährdung 121 Vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 805; Kopp, VwVfG, 7. Auflage, zu § 56, Rdnr. 13; Beck, Einheimischenmodelle, S. 122 f.; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 101, spricht insoweit von objektiver und subjektiver Angemessenheit; ähnlich Quaas, NVwZ 1995, S. 840, 844; kritisch Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 252, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vertragspartners unberücksichtigt lassen will; auch Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 347 f. will offenbar nur die wirtschaftliche Ausgewogenheit des Vertrages prüfen. 122 Vgl. oben Kapitel 4 II. 2. a). 123 Vgl. BayVGH, Urt. v. 25.10.1977, BayVBl. 1978, S. 146, 147; OVG Münster, Urt. v. 19.08.1988, NJW 1989, S. 1879, 1880; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 68, Rdnr. 42; Kopp, VwVfG, 7. Auflage, zu § 56, Rdnr. 13; Hien, in FS Schlichter, S. 129, 132 ff.; ders., Vertragliche Gestaltungsformen, S. 53 f. Vgl. auch Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 101, der - insoweit mißverständlich - den Parteien die Möglichkeit einräumen will, die Angemessenheit bestimmter Vereinbarungen im Vertrag „unstreitig zu stellen". Damit soll das Merkmal zwar nicht konstitutiv festgeschrieben, wohl aber ein Gestaltungsspielraum genutzt werden, der bei der richterlichen Überprüfung des Vertrages zu respektieren sei. 124 Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 256 f.; Lahnor, Städtebauliche Verträge, S. 139; zurückhaltend gegenüber der Bedeutung der vertraglichen Einigung für die Mißbrauchsschranken des allgemeinen Vertragsrechts auch Spannowsky, Grenzen des Vertragshandelns, S. 407 ff.

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 149 und Selbstschädigung und sei deshalb nicht disponibel 125 . Schließlich bestehe die Gefahr, daß schon aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages auf die Freiwilligkeit des Vertrages geschlossen und damit der Möglichkeit des Machtmißbrauches Vorschub geleistet werde 1 2 6 . Zuzugeben ist den Vertretern der zuletzt genannten Ansicht, daß die Tatsache einer formal übereinstimmenden Willenserklärung nicht nach dem Motto „volenti non fit iniuria" dazu führen darf, daß der einwilligende Vertragspartner sich jeden Schutzes durch die Rechtsordnung beraubt sieht 1 2 7 . Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß die in der Einwilligung in den Vertragsschluß zum Ausdruck kommende Willensentscheidung des Privaten im Rahmen der Angemessenheitsprüfung überhaupt nicht berücksichtigt werden darf. Es ist erneut daran zu erinnern, daß es aus Sicht des Bürgers beim Vertragsschluß nicht um Grundrechtsverzicht oder gar Selbstschädigung geht, sondern um den Gebrauch grundrechtlich verbürgter Freiheiten 128 . Die vollständige Ausblendung seiner Entscheidung aus der Bewertung des Vertrages zugunsten „objektiver Kriterien" ist daher weniger ein Beitrag zum Schutz des vertragsschließenden Bürgers denn zu seiner Entmündigung 129 . Verkannt wird bei einem solchen Vorgehen aber auch die Funktion des Übermaßverbotes im Vertragsrecht und sein Verhältnis zum Koppelungsverbot. Letzteres ist wie gesehen im Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verankert und dient in erster Linie der im allgemeinen Interesse liegenden Gesetzesbindung der paktierenden Verwaltung. Erst in zweiter Linie dient das Koppelungsverbot auch den Interessen des Vertragspartners: Zum einen indem es die Verwaltung zur Beachtung der (auch) zum Schutz seiner Rechte erlassenen Bestimmungen anhält, zum anderen indem es ihn vor willkürlichen Forderungen bewahrt 1 3 0 . Diese Bindung der Verwaltung an die gesetzlichen Vorschriften ist vertraglichen Abweichungen nicht zugänglich; insoweit spielt der Umstand der freiwilligen Einigung keine Rolle. Wenn die Verwaltung nach den einschlägigen Bestimmungen bei der Entscheidung über ihr Tätigwerden nur bestimmte Umstände berücksichtigen 125

Wolters, Der Βauplanungsvertrag, S. 258; ähnlich Spannowsky, S. 416 f. Wolters, a.a.O. 127 Vgl. dazu zuletzt Gronemeyer in ders., zu § 11, Rdnr. 126 ff. 128 Vgl. oben Kapitel 4 IL 2. a). 129 Diese These untermauert Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 258, (unfreiwillig), wenn er schreibt, daß der freiwillige Vertragsschluß allenfalls das fehlende Bewußtsein der Preisgabe eigener Interessen indiziere, nicht aber die Wahrung der geschützten Gestaltungsinteressen. Damit wird dem Bürger die Fähigkeit abgesprochen, seine eigenen Interessen zu erkennen und zu bewerten. 130 ygi z u m Ausmaß an Schutz, den die nicht vertragsspezifischen Regelungen der kommunalen Vertragsleistung dem Vertragspartner gewähren, bereits oben, Kapitel 4 II. 2. b) bb). 126

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

darf, andere aber nicht, so kann daran auch die „Freiwilligkeit" einer „Mehrleistung" nichts ändern. Demgegenüber dient das Übermaßverbot auch im Vertragsrecht primär dem Schutz der Interessen des Vertragspartners 131. Die Bewertung seiner Interessen ist aber in erster Linie die Sache des privatautonom handelnden Bürgers selbst und Ausfluß seiner Grundrechte. Das ist, wie bereits angedeutet, bei der Prüfung der Angemessenheit zu berücksichtigen. Eine von der Bewertung der Vertragsparteien abweichende Beurteilung der Angemessenheit ist daher nur geboten, wenn der private Vertragspartner nicht in der Lage war, privatautonom seine Interessen zu bestimmen, insbesondere also dann, wenn ihm durch eine ihre überlegene Machtstellung mißbrauchende Verwaltung die Möglichkeit zu freier Entscheidung genommen wurde. Die Funktion des Übermaßverbotes im Vertragsrecht liegt vor allem im Schutz der Privatautonomie. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß das Übermaßverbot nur in dem Rahmen zum Tragen kommt, den das jeder Verfügung der Parteien entzogene Koppelungsverbot absteckt. Nach der Angemessenheit einer von der Verwaltung geforderten Gegenleistung kann sinnvoll nur gefragt werden, wenn sie sich grundsätzlich in das die Verwaltungsleistung determinierende Normprogramm einfügt. Dem Übermaßverbot kommt im Verhältnis zum Koppelungs verbot gleichsam die Aufgabe der „Feinsteuerung" z u 1 3 2 . Daher wird die Bejahung der Angemessenheit in der Regel keine Schwierigkeiten bereiten, wo Art und Ausmaß möglicher Gegenleistungen durch die der Verwaltungsleistung zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften bereits genau vorgezeichnet sind. In derartigen Fällen mag es angehen, in dem Umstand der Vereinbarung „sachlich zusammenhängender" Leistungen zugleich ein Indiz für die Angemessenheit des Vertrages zu sehen. Im übrigen ist aber beim Umgang mit pauschalen Vermutungen Vorsicht angebracht. Wenn aus Sicht des Koppelungsverbotes ein großer Spielraum für die Vertragsgestaltung besteht, die eigene Leistung also im weitgehend freien Ermessen der Verwaltung liegt, kann die Tatsache der formellen Einigung allein nicht die Vermutung eines angemessenen Vertragsinhaltes begründen. Hier bleibt im Streitfall bei Zweifeln insbesondere an der Freiwilligkeit der Einwilligung des Privaten nichts anderes übrig, als die näheren Umstände des Vertragsschlusses aufzuklären. Als Kriterien kommen insoweit der objektive Wert der Vertragsleistung für den Vertragspartner, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Erfahrenheit sowie die Erkennbarkeit dieser Umstände für die Verwaltung in Betracht 133 . 131 Diese im Ansatz unterschiedlichen Funktionen von Koppelungs- und Übermaßverbot berücksichtigt Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 416 f., nicht. 132 So Hien, Vertragliche Gestaltungsformen, S. 54.

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 151 Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch der Maßstab für den Umgang mit den sogenannten „Angstklauseln", durch die der private Vertragspartner der Gemeinde ausdrücklich die Angemessenheit der von ihm übernommenen Leistungsverpflichtung bestätigt 134 . Eine derartige Bestätigung kann die Geltung des Angemessenheitsgebotes nicht verdrängen, denn das steht als solches nicht zur Disposition der Vertragsparteien 135 . Begründet werden kann allenfalls eine Vermutung für die Ausgeglichenheit des Vertrages, und auch das nur, wenn die fragliche Erklärung freiwillig abgegeben wird, das heißt nicht auf Druck oder geschäftlicher Unerfahrenheit beruht. Da gerade das in den zweifelhaften Fällen umstritten sein wird, werden „Angstklauseln" regelmäßig ihren Zweck verfehlen. Sinnvoll sind Vertragsregelungen im Zusammenhang mit der Angemessenheit danach nur, wenn die Vertragsparteien zugleich ihre wirtschaftliche Kalkulation offenlegen. Insgesamt zeigt sich, daß die Beurteilung der Angemessenheit eine Frage des Einzelfalls i s t 1 3 6 . Das entspricht dem Charakter eines Instrumentes zur „Feinsteuerung".

2. Die Angemessenheit der Leistung der Gemeinde Im Unterschied zu § 56 Abs. 1 S. 2, 2. HS VwVfG erstreckt sich die Forderung nach Angemessenheit in § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB auch auf die Leistung der Gemeinde. Ebenso waren bereits § 54 Abs. 2 S. 4, 1. HS BauZVO und § 6 Abs. 3 S. 4, 1. HS BauGB-MaßnG formuliert. Dem liegt offenbar der Wunsch zugrunde, mit Hilfe des Angemessenheitsgebotes das öffentliche Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen kommunalen Haushaltsführung vor dem Druck wirtschaftlich potenter Vertragspartner zu schützen 137 . Die Forderung nach beiderseitig angemessenen Leistungen scheint auf den ersten Blick naheliegend; gleichwohl ist sie dogmatisch fragwürdig. Zwar ist der Schutz der Gemeinden vor der Wirtschaftsmacht privater Inve-

133 Ygi Z l l d e r besonderen Bedeutung der Wertsteigerung von Flächen des Vertragspartners für die Angemessenheit von städtebaulichen Verträgen unten Kapitel 7 II. 134 Vgl. dazu Oerder, BauR 1998, S. 22, 29; Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 3; Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 121. 135 Vgl. Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 121. 136 Vgl. Lahnor, Städtebauliche Verträge, S. 153. 137 Vgl. den entsprechenden Vorschlag von Schmidt-Aßmann/Krebs, 1. Auflage, S. 168 f. Auch im Zusammenhang mit § 56 Abs. 1 S. 2, 1. HS VwVfG wird z.T. betont, daß die Vertragsleistung der Verwaltung nicht unangemessen sein dürfe. Vgl. Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 56 und 54: „Die Behörde darf weder wuchern noch verschleudern."

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

stören ein unbestreitbar wichtiges Anliegen. Nicht selten sehen sich selbst große Kommunen zur Einwilligung in rechtlich fragwürdige Vereinbarungen gezwungen, wollen sie im „Standortwettbewerb" um attraktive Gewerbeansiedlungen nicht unterliegen 138 . Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, daß das Angemessenheitsgebot zumindest nach herkömmlichem Verständnis Ausdruck des Übermaß Verbotes im Vertragsrecht i s t 1 3 9 . Das Übermaßverbot ist aber staatsgerichtetes Abwehrrecht und kann nicht zum Schutz von Verwaltungsträgern vor Übervorteilung durch Private herangezogen werden 1 4 0 . Dem Begriff der Angemessenheit muß also bezogen auf die Leistung der Gemeinde eine andere Bedeutung beigemessen werden als bezogen auf die Gegenleistung des Privaten. Damit können aber auch die Kriterien, die für die Bestimmung dieser Angemessenheit entwickelt worden sind, nicht unbesehen auf jene übertragen werden. Die die Unterschiede nivellierende Verwendung des Begriffs der Angemessenheit in § 11 Abs. 2 S. 1 verdunkelt, daß sich das Problem „ungerechter" oder „unfreiwilliger" Vereinbarungen aus Sicht der Kommune unter anderen Vorzeichen stellt als für den Privaten. Anders als dieser ist die Gemeinde nicht grundsätzlich frei, über Art und Umfang ihrer Vertragsleistung zu entscheiden. Sie ist vielmehr stets gebunden an die ihr Handeln determinierenden Sachgesetze, die zudem ergänzt werden durch allgemeine Vorschriften, wie das in allen Gemeindeordnungen verankerte Gebot sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung. Das Koppelungsverbot verbietet es der Gemeinde, sich zu Leistungen zu verpflichten, die von den gesetzlichen Vorgaben nicht gedeckt sind, mag das Angebot des Vertragspartners wirtschaftlich auch noch so verlockend sein. Unter dem Aspekt des Schutzes der Gemeinde vor Übervorteilung geht es daher nicht - wie bei dem gesetzlich nicht gebundenen Privaten darum, erst die Maßstäbe für eine rechtmäßige Vertragsleistung zu entwikkeln. Das Problem ist vielmehr - gewissermaßen im nächsten Schritt - die Einhaltung der vorhandenen Maßstäbe zu gewährleisten. Dieses Problem das sich im übrigen auch hinsichtlich des Schutzes des Privaten stellt - ist aber nicht Gegenstand des § 11 Abs. 2 BauGB. Dazu wird es auch nicht durch die Ausweitung des Angemessenheitsgebotes auf die Vertragsleistung der Gemeinde. Insoweit wäre es möglicherweise sinnvoller gewesen, in § 1 1 Abs. 2 BauGB auf die auch vertraglich nicht disponiblen Rechtsbindungen der Gemeinde ausdrücklich hinzuweisen.

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Vgl. DER SPIEGEL, „Diktat des Investors", Ausgabe 36/1998, S. 62 ff. Vgl. bei Fn. 119. 140 Daß das Übermaßverbot dem Schutz der Interessen des Vertragspartners dient, betonen auch Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 56, Rdnr. 56; Henneke, in Knack, zu § 56, Rdnr. 14. 139

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 153

IV. Rechtsfolgen Eine Regelung der Rechtsfolgen eines möglichen Verstoßes gegen Abs. 2 enthält § 11 BauGB nicht, ebensowenig im übrigen, wie eine Bestimmung über die Konsequenzen sonstiger inhaltlicher oder formaler Fehler von städtebaulichen Verträgen 141 . Insoweit ist es also notwendig, das allgemeine Verwaltungsvertragsrecht heranzuziehen, und das erfordert eine getrennte Betrachtung für öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Vereinbarungen. Für einen öffentlich-rechtlichen städtebaulichen Vertrag ergeben sich die Folgen eines Rechtsverstoßes danach aus § 59 VwVfG. Einer der ausdrücklich in § 59 Abs. 2 VwVfG geregelten Nichtigkeitsgründe liegt bei einem Verstoß gegen § 11 Abs. 2 BauGB nicht vor. Daher kommt es darauf an, ob die Vorschrift eine „Verbotsnorm" darstellt, deren Nichtbeachtung gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages führt 1 4 2 . Diese Frage ist zu bejahen. § 11 Abs. 2 enthält mit dem Koppelungsverbot und dem Angemessenheitsgebot die einfachgesetzlichen Ausprägungen von Verfassungsrechtssätzen 143, deren Bedeutung sowohl für das Interesse der Allgemeinheit an einer gesetzestreuen Verwaltung als auch für den Schutz des einzelnen zu fundamental ist, als das die Rechtsordnung einen Verstoß sanktionslos hinnehmen könnte. Als Beleg für den Verbotscharakter des § 11 Abs. 2 BauGB kann zudem § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG angeführt werden, der ausdrücklich die Nichtigkeitsfolge für einen Verstoß gegen § 56 VwVfG anordnet. Da § 11 Abs. 2 BauGB wesentliche Aussagen des § 56 VwVfG (rechtsformübergreifend) für das Städtebaurecht normiert 1 4 4 , kann die in § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zum Ausdruck kommende Wertung ohne weiteres übertragen werden. Aus den gleichen Gründen muß im übrigen bei privatrechtlichen städtebaulichen Verträgen im Falle eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 BauGB die unmittelbare Anwendung des § 134 BGB zur Nichtigkeitsfolge führen 1 4 5 .

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Ausführlich zur Behandlung von Leistungsstörungen bei städtebaulichen Verträgen das vom Bundesbauministerium in Auftrag gegebene Gutachten von Birk, Leistungsstörungen, 1996. 142 Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 134 BGB im Rahmen des § 59 Abs. 1 VwVfG dürfte heute ebenso weitgehend Konsens sein wie die Auffassung, daß nur „qualifizierte Rechtsverstöße" zur Nichtigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge führen, vgl. Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 59, Rdnr. 49 ff. mit ausführlichen Nachweisen auch auf die Rechtsprechung des BVerwG; Henneke, in Knack, zu § 59, Rdnr. 7 ff. Vgl. ausführlich zur Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Verträge und insbesondere zum Verhältnis des § 59 VwVfG zu § 134 BGB Schmidt-Aßmann/Krebs, S. 195 ff., 218 ff. 143 Vgl. oben Kapitel 5 II. 144 Vgl. oben Kapitel 5 I. 2.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Im Gesetzgebungsverfahren war erwogen worden, die „Fehlerresistenz" städtebaulicher Verträge im Vergleich zu anderen Verwaltungsverträgen zu erhöhen und eine Vorschrift über die Unbeachtlichkeit von Mängeln derartiger Vereinbarungen in das BauGB einzufügen - in unmittelbarer Nachbarschaft und analog zu den §§ 214, 215. Der Bundesrat hielt eine Stärkung der Bestandskraft städtebaulicher Verträge vor allem im Interesse der Gemeinden für geboten. Es sei zu beobachten, daß private Vorhabenträger zunehmend versuchten, in beiderseitigem Einverständnis abgeschlossene Verträge anzufechten und sich der eigenen Leistungspflicht zu entziehen, nachdem die Gemeinde ihre Leistung (sprich: die Planung) bereits erbracht habe 1 4 6 . Das könne über die unangemessene Belastung der Gemeinde im Einzelfall hinaus dazu führen, daß die kommunale Neigung zum Abschluß von städtebaulichen Verträgen insgesamt spürbar nachlasse. Die Bundesregierung hat demgegenüber in ihrer ablehnenden Stellungnahme auf den Widerspruch zu den allgemeinen Regelungen des öffentlichrechtlichen und des privatrechtlichen Verwaltungsvertragsrechts hingewiesen 1 4 7 . Insbesondere § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG trage dem Umstand Rechnung, daß Verstöße gegen das in rechtsstaatlichen Grundsätzen wurzelnde Angemessenheitsgebot einen besonders schweren Fehler darstellten. Der Vorschlag einer besonderen Bestandskraftregelung berge die Gefahr einer unerwünschten Abkoppelung des Rechts der städtebaulichen Verträge vom sonstigen Verwaltungsvertragsrecht. Dem Standpunkt der Bundesregierung ist im Ergebnis wie in der Begründung zuzustimmen. Der Einwand, hier habe lediglich der Grundsatz von Treu und Glauben eine besondere Verankerung im positiven Recht erfahren sollen 1 4 8 , geht fehl. Zwar trifft es zu, daß private Investoren regelmäßig gut 145 Für den Verbotscharakter des § 11 Abs. 2 BauGB vgl. auch Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 178. Vor der Normierung des Koppelungsverbotes auch für privatrechtliche städtebauliche Verträge konnte die Nichtigkeitsfolge in diesen Fällen über § 138 Abs. 1 BGB hergeleitet werden, vgl. z.B. für einen „Altvertrag" VG München, Urt. v. 18.11.1997, BauR 1998, S. 764 ff. 146 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 118. Der Vorschlag des Bundesrates für einen neuen § 216a BauGB lautete: „(1) Ist ein Vorhaben genehmigt oder mit einem Vorhaben begonnen worden, das der Bebauungsplan oder eine andere städtebauliche Satzung, die im Zusammenhang mit einem städtebaulichen Vertrag steht, ermöglicht, kann nicht mehr geltend gemacht werden, daß übernommene Leistungen nicht Voraussetzung oder Folge des Vorhabens oder unangemessen sind. Verfahrensfehler beim Zustandekommen des städtebaulichen Vertrages werden mit diesem Zeitpunkt unbeachtlich. (2) Mängel eines städtebaulichen Vertrages, der mit einem Flächennutzungsplan, einem Bebauungsplan oder einer sonstigen städtebaulichen Satzung im Zusammenhang steht, sind für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplan, des Bebauungsplans oder der sonstigen städtebaulichen Satzung unbeachtlich." 147 BT-Drs. 13/6392, S. 138. 148 Vgl. Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 108 f.

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 155 juristisch beraten sind und daher wissen, inwieweit Verträge abgeschlossen werden dürfen. Auch mag es unter diesen Umständen im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn ein Vorhabenträger - nachdem die Gemeinde seine Wünsche erfüllt hat - Leistungen zurückfordert, deren zweifelhafter Verpflichtungsgrund ihm von vornherein bewußt w a r 1 4 9 . Solche Einzelfälle rechtfertigen es aber nicht, Verstöße gegen das Koppelungsverbot und das Angemessenheitsgebot generell oder auch nur für eine größere Zahl von Fallgestaltungen bis zur Grenze der sittenwidrigen Schädigung (§ 826 B G B ) 1 5 0 sanktionslos zu stellen. Insbesondere das Koppelungsverbot dient ja nicht in erster Linie dem Schutz des Vertragspartners (was eine gewisse Reduzierung der Sanktionen im Falle des freiwilligen Verzichts rechtfertigen könnte), sondern dem Interesse der Allgemeinheit an einer gesetzestreuen Verwaltung 151 . Eine Verringerung des Kostenrisikos der Gemeinden für den Fall eines gesetzwidrigen Vertragsschlusses wäre daher ein falsches Signal 1 5 2 . Es kann nicht darum gehen, die Kommunen vor den Folgen rechtswidrigen Verhaltens zu bewahren; Aufgabe der Rechtsordnung muß es vielmehr sein - insbesondere wenn sie den Vertrag als Handlungsform der Verwaltung stärken will - , nicht gesetzeskonforme Vertragschlüsse zu verhindern 153 .

V. Zusammenfassung Zweck des § 11 Abs. 2 BauGB ist es, inhaltliche (Mindest-)Standards für die Ausgestaltung aller städtebaulichen Verträge zu normieren. Grundsätze, die bislang nur für verwaltungsrechtliche Verträge ausdrücklich geregelt waren, sollen auch für privatrechtliche Vereinbarungen im Gesetz verankert 149 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, BRS 37, Nr. 15; OVG Münster, Uri. ν. 06.10.1977, OVGE 33, S. 147 ff.; Urt. v. 14.11.1979, KStZ 1980, S. 72, 74 f.; gegen eine vorschnelle Berücksichtigung des Einwandes von Treu und Glauben gegen Rückforderungsansprüche des privaten Vertragspartners aber zu Recht BVerwG, Urt. v. 16.05.2000, DVB1. 2000, S. 1853, 1857 f. 150 Ygi Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 106. 151

Vgl. VG München, Urt. v. 18.11.1997, BauR1998, S. 764, 767 f., demzufolge die Nichtigkeit des Vertrages wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot über § 138 Abs. 1 BGB auch auf die vereinbarungsgemäß erteilte Baugenehmigung durchschlägt. Kritisch dazu mit Recht und unter Hinweis auf die abschließenden Nichtigkeitsgründe des § 44 VwVfG Reidt, NVwZ 1999, S. 149, 151. 152 Vgl. auch Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 108. 153 Im Ergebnis wie hier Oerder, NVwZ 1997, S. 1190, 1192; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 178 f.; sehr fraglich dagegen die Ansicht von Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 109 und Stüer/König, ZfBR 2000, S. 528, 535 f., die eine Vereinbarung der Vertragsparteien für zulässig halten, in der der Investor auf die Geltendmachung der Nichtigkeit des Vertrages im voraus verzichtet. Das dürfte der Versuch einer unzulässigen Umgehung der §§59 VwVfG, 134 BGB sein.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

werden. Allerdings beschränkt sich die Vorschrift von vornherein darauf, nur das. Verhältnis der Vertragsleistungen zueinander unter den Aspekten des Koppelungs- und des Übermaßverbotes zu regeln. Und auch dieser Ansatz ist nur unvollständig zur Ausführung gelangt; nach wie vor fehlt eine gemeinsame einfachgesetzliche Ausprägung des „allgemeinen" Koppelungsverbotes für öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verträge im Städtebaurecht. Das bedeutet eine nicht unerhebliche Minderung des dogmatischen Wertes der Vorschrift. Nicht grundsätzlich negativ zu bewerten ist demgegenüber, daß § 11 Abs. 2 BauGB über den Konkretheitsgrad der allgemeinen Vorschriften und insbesondere des § 56 VwVfG nicht hinauskommt. Anderes dürfte angesichts der Geltungsbreite der Vorschrift kaum möglich sein. Die Abstraktheit der Vorschrift wird aufgewogen durch das zu begrüßende Ziel, die Überwindung des Dualismus von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag zumindest im Bereich der inhaltlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen auch im Gesetz sichtbar werden zu lassen.

VI. Annex: Das Erfordernis der Schriftform in § 11 Abs. 3 BauGB Ebenso wie zuvor bereits die §§ 54 BauZVO; 6 BauGB-MaßnG ordnet § 11 BauGB in Abs. 3 für alle städtebaulichen Verträge die Schriftform an, „soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist". Damit wird das für verwaltungsrechtliche Verträge bereits gemäß § 57 VwVfG geltende Formerfordernis auf privatrechtliche Vereinbarungen ausgedehnt 154 . Das bedeutet allerdings auch, daß die Schwierigkeiten, die § 57 VwVfG in der Auslegung bereitet, auf § 11 BauGB übertragen werden. Fraglich ist insbesondere, was genau unter Schriftform zu verstehen sein soll. Konkret geht es um die Anwendbarkeit des § 126 Abs. 2 BGB und die dort postulierten Erfordernisse der Urkundeneinheit und der eigenhändigen Unterschrift. Im Rahmen des § 57 VwVfG stehen sich hier zwei Auffassungen gegenüber: Die eine Auffassung geht dahin, § 126 Abs. 2 nicht über § 62 S. 2 VwVfG für anwendbar zu halten, weil dessen Anforderungen nicht auf die Bedürfnisse des Verwaltungshandelns zugeschnitten seien und zu unnötigen Erschwernissen führten 1 5 5 . Die eigenhändige Unterschrift von Verfahrensakten sei im Behördenverkehr weitgehend unüblich. Die Warn- und Be154 Vgl. z.B. Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 49; Stich, in SchwerpunkteKommentar, zu § 11, Rdnr. 23. 155 Vgl. Henneke, in Knack, zu § 57, Rdnr. 6; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, zu § 57, Rdnr. 19 ff. m.w.N.; ausführlich Weihrauch, VerwArch 82 (1991), S. 543 ff.

Kap. 5: Zulässigkeitsschranken des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts 157 weissicherungsfunktion des § 57 VwVfG sei zudem auch gewahrt, wenn ein Vertrag durch den Austausch von Schriftstücken geschlossen werde, ohne daß eine einheitliche Vertragsurkunde vorliege. Die Gegenansicht nimmt demgegenüber an, daß angesichts des Fehlens einer eigenständigen Bestimmung über die Schriftform im VwVfG § 126 Abs. 2 BGB über § 62 S. 2 VwVfG entsprechend angewendet werden müsse 156 . Die Rechtsprechung ist nicht einheitlich 1 5 7 ; immerhin hat das BVerwG für die Wirksamkeit einer einseitigen Verpflichtung des Bürgers die formlose Annahme eines nur von diesem unterschriebenen Schriftstücks durch die Verwaltung ausreichen lassen 158 . Ohne daß diese Frage auch für § 57 VwVfG entschieden werden soll, wird man für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 BauGB von der ausnahmslosen Geltung des § 126 Abs. 2 BGB auszugehen haben. Dafür spricht zum einen, daß § 11 Abs. 3 BauGB die Schriftform nicht nur für öffentlich-rechtliche, sondern auch für zivilrechtliche städtebauliche Verträge einfordert. Für diese zivilrechtlichen Vereinbarungen dürfte § 126 BGB unmittelbar anwendbar sein. Zwar ist die zivilrechtliche Literatur der Ansicht, § 126 BGB gelte nicht „ i m öffentlichen Recht" 1 5 9 . Das bezieht sich aber offenbar nur auf öffentlich-rechtliche Handlungsformen und Prozeßhandlungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 160 ; nicht auf den hier vorliegenden Fall, daß eine Norm des öffentlichen Rechts 1 6 1 die Schriftform für zivilrechtliche Verträge anordnet. Ist § 126 Abs. 2 BGB danach auf zivilrechtliche städtebauliche Verträge anzuwenden, dann muß das gleiche auch für öffentlich-rechtliche Vereinbarungen gelten, weil ansonsten der Begriff der Schriftform in § 11 Abs. 3 BauGB je nach der Rechtsnatur des Vertrages eine unterschiedliche Bedeutung hätte. Das liefe dem bereits mehrfach betonten Ansatz des § 11 BauGB zuwider, den Dualismus der Vertragsrechtsordnungen im Städtebaurecht zu überwinden. Zum anderen haben die teleologischen Argumente, die in der Diskussion um § 57 VwVfG belegen sollen, daß das Gesetz nicht für die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Verträge die strenge Urkundeneinheit des § 126 Abs. 2 BGB fordert, im Rahmen des auf städtebauliche Verträge beschränk156

Vgl. Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 69, Rdnr. 9. Vgl. z.B. VGH München, Urt. v. 19.02.1987, NVwZ 1987, S. 814 (offengelassen); OVG Lüneburg, Urt. v. 13.08.1991, NJW 1992, S. 1404 f. (für die Anwendung von § 126 Abs. 2 BGB), beide für die Frage der Urkundeneinheit. 158 BVerwG, Urt. v. 24.08.1994, DVB1. 1995, S. 675, 676. 159 Hefermehl, in Soergel, zu § 126, Rdnr. 2; Heinrichs, in Palandt, zu § 126, Rdnr. 1. 160 Allein um die letzteren geht es in den von Hefermehl a.a.O., angeführten Belegen aus der Rechtsprechung des BVerwG. 161 Zur Rechtsnatur des § 11 BauGB vgl. oben Fn. 43. 157

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

ten § 11 Abs. 3 BauGB ein geringeres Gewicht. Es mag richtig sein, daß bei vielen verwaltungsrechtlichen Vereinbarungen, die im Rahmen der laufenden Verwaltungstätigkeit geschlossen werden und die dem § 57 VwVfG unterfallen, der Warnfunktion des Schriftformerfordernisses auch beim bloßen Austausch der schriftlichen Willenserklärungen genügt ist, und daß in diesen Fällen die Beweisfunktion des § 126 Abs. 2 BGB hinter das Ziel einer möglichst hohen Verwaltungseffizienz zurückzutreten hat 1 6 2 . Städtebauliche Verträge im Sinne des § 11 Abs. 1 BauGB sind aber in ihrer ganz überwiegenden Anzahl keine „Massengeschäfte", für die allein ein Vorrang der Verwaltungseffizienz vor der Beweissicherungsfunktion des Schriftformerfordernisses begründet werden kann. Die große wirtschaftliche Bedeutung, die städtebauliche Verträge regelmäßig für alle Vertragsparteien besitzen, indiziert im Gegenteil ein hohes Bedürfnis nach Beweissicherheit. Hinzu kommt, daß städtebauliche Verträge in vielen Fällen die Bauleitplanung der Gemeinde nicht unwesentlich beeinflussen. Daraus resultiert ein besonderes öffentliches Interesse daran, den genauen Inhalt solcher Vereinbarungen aufklären und unzulässige Planungsbindungen feststellen zu können 1 6 3 . Insgesamt sprechen damit die überwiegenden Argumente dafür, §126 Abs. 2 BGB im Rahmen des § 11 Abs. 3 BauGB uneingeschränkt anzuwenden 164 . Im übrigen gelten die gleichen Grundsätze, die für das Schriftformerfordernis in § 57 VwVfG entwickelt worden sind und die sich von dem, was gemäß § 126 BGB im Privatrecht gilt, nicht unterscheiden 165 . Danach verlangt Schriftform zwar nicht, daß sich alle vereinbarten Regelungen eindeutig und zweifelsfrei im Wortlaut der Vertragsurkunde wiederfinden; die wesentlichen Vertragspunkte müssen aber zumindest durch Auslegung anhand des Vertragstextes zu ermitteln sein 1 6 6 . In der Literatur wird darauf hingewiesen, daß die Einhaltung dieser Anforderungen in den Fällen der gerade im Städtebaurecht häufigen „hinkenden Austauschverträge" oftmals zweifelhaft i s t 1 6 7 . Wie oben gezeigt, kann die Gemeinde wegen des Verbotes in 162 So Weihrauch, VerwArch 82 (1991), S. 543, 557 ff.; Henneke, in Knack, zu § 57, Rdnr. 6. 163 Vgl. zu den Anforderungen des § 11 Abs. 3 BauGB an die Inhalte der Vertragsurkunde sogleich im Text. 164 Für die uneingeschränkte Anwendung von § 126 BGB spricht sich, wenngleich ohne nähere Begründung, auch die Kommentarliteratur zu § 11 Abs. 3 BauGB aus, vgl. Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 49; Stich, in SchwerpunkteKommentar, zu § 11, Rdnr. 23; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 181; ebenso Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435, 440. 165 Vgl. dazu Kopp, VwVfG, zu § 57, Rdnr. 8. 166 Vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989, BVerwGE 84, S. 236. 167 Vgl. Erbguth, VerwArch 89 (1998), S. 189, 218 f.; Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435, 440.

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

159

§ 2 Abs. 3 BauGB keine echte Verpflichtung zur Aufstellung eines Bebauungsplanes übernehmen 168 . Gleichwohl ist die Planung in vielen Fällen „Vertragsleistung" der Gemeinde im Sinne der §§11 Abs. 2 BauGB; 56 VwVfG und damit ein „wesentlicher" Vertragspunkt. Wenn versucht wird, diesen Zusammenhang zu verschleiern (aus Furcht vor einem Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB), so kann das zur Unwirksamkeit des Vertrages gemäß §§ 11 Abs. 3 BauGB, 125 S. 1 BGB führen. Der Praxis ist daher dringend zu raten, die Beziehungen zwischen Bauleitplanung und vertraglicher Gegenleistung in der Vertragsurkunde offenzulegen und dabei gegebenenfalls klarzustellen, daß ein Anspruch auf die Planung nicht begründet werden soll. Der Verweis auf den Vorrang von (spezielleren) Rechtsvorschriften, die eine andere Form anordnen, entspricht in Wortlaut und Inhalt der Formulierung des § 57 V w V f G 1 6 9 . Für städtebauliche Verträge hat insbesondere das Erfordernis einer notariellen Beurkundung gemäß § 313 BGB Relevanz.

Kapitel 6

Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB § 11 Abs. 2 BauGB unternimmt den Versuch, bestimmte Regeln des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts zur inhaltlichen Zulässigkeit von Vereinbarungen, namentlich das Koppelungs- und das Übermaßverbot, einheitlich und rechtsformübergreifend für alle städtebaulichen Verträge im positiven Gesetzesrecht zu verankern. Die Anwendungsbreite dieses an die erste Regelungsebene des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB anknüpfenden Ansatzes bedingt es allerdings, daß die inhaltlichen Aussagen des § 11 Abs. 2 abstrakt bleiben und nicht über den Konkretisierungsgrad der allgemeinen Regeln hinausreichen - ganz abgesehen davon, daß die Vorschrift ihr Anliegen nur unvollständig umsetzt. Das vorliegende Kapitel will sich noch einmal der zweiten Regelungsebene, also dem § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB, zuwenden und danach fragen, ob diesem vertragstypenbezogene Aussagen zum Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu entnehmen sind, die die allgemeinen

168

Vgl. oben Kapitel 4. Im Rahmen des § 57 ist umstritten, ob eine „andere Form" auch geringere Anforderungen stellen, sprich: also auch Mündlichkeit des Vertragsschlusses zulassen kann; dafür z.B. Henneke, in Knack, zu § 57, Rdnr. 10; Maurer, in Hill, Verwaltungshandeln, S. 15, 25 f.; dagegen z.B. Kopp, VwVfG, zu §57, Rdnr. 11. Diese Frage hat für städtebauliche Verträge keine Bedeutung. 169

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Bestimmungen der § § 1 1 Abs. 2 BauGB; 56 VwVfG verdrängen, konkretisieren oder modifizieren. Es liegt nahe, zunächst den § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB in den Blick zu nehmen. Der im Zusammenhang mit den Kostenvereinbarungen normierte Kausalitätsgrundsatz ist nicht nur die auffallendste Regelung von inhaltsbezogenen Zulässigkeitsschranken in § 11 Abs. 1 S. 2, sondern auch die wohl bekannteste spezifisch städtebauliche Grenze des Vertragshandelns. Im folgenden sollen daher das Verhältnis des Kausalitätsgrundsatzes zu den Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts und die Besonderheiten seiner Ausgestaltung in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB hinterfragt werden (I.). Anschließend ist zu prüfen, ob der Kausalitätsgrundsatz auch für die in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 geregelten Vertragstypen Geltung beanspruchen kann, oder ob in diesen Bestimmungen eigenständige Zulässigkeitsgrenzen ausgestaltet sind (II. und III.).

I. Der Kausalitätsgrundsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB läßt ausschließlich die vertragliche Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen durch den Vertragspartner zu, „die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind (...)". Mit diesen Worten positiviert das Gesetz den sogenannten Kausalitätsgrundsatz, der von der Rechtsprechung des BVerwG ursprünglich für die Bestimmung der zulässigen Inhalte von Folgekostenverträgen entwickelt und ausgeformt worden i s t 1 7 0 . Normierungen des Kausalitätsgrundsatzes enthielten bereits die §§ 54 Abs. 2 BauZVO; 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG 1 7 1 . § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB weicht in auffälligen Details von seinen Vorgängervorschriften ab. Der Aussagegehalt der Neuregelung soll unten im Vergleich mit diesen Vorschriften und insbesondere mit den von der Rechtsprechung vertretenen Ansichten ermittelt werden (2.). Zuvor ist aber das Verhältnis des Kausalitätsgrundsatzes zu den allgemeinen Schranken des Verwaltungsvertragsrechts für den Austausch von vertraglichen Leistungen zu untersuchen (1.).

170

Vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803 ff.; Beschl. v. 25.11.1980, NJW 1981, S. 1747 f.; Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310 ff. 171 In diesen Vorschriften wurde seine Anwendbarkeit auch auf die Finanzierung von städtebaulichen Maßnahmen ausgedehnt, die allein noch Regelungsgegenstand des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB sind. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die Vorschrift daher zumindest unmittelbar nicht auf Folgekostenverträge anwendbar, vgl. oben Kapitel 2 III. 2. b).

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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1. Der Kausalitätsgrundsatz und die allgemeinen Schranken des Verwaltungsvertragsrechts Wenn von dem Verhältnis des Kausalitätsgrundsatzes zu den allgemeinen Regeln des Verwaltungsvertragsrechts die Rede ist, so ist damit die Frage angesprochen, ob dieser Grundsatz eine zwingende vertragstypenspezifische Folgerung aus den verfassungsrechtlich verankerten allgemeinen Schrankenregeln darstellt, oder ob hier eine Verschärfung der rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an den Vertragsinhalt vorliegt, die grundsätzlich zur Disposition des einfachen Gesetzgebers steht. Die letztgenannte Auffassung wurde im Gesetzgebungsverfahren zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz 1993 vom Bundesrat vertreten, der den Kausalitätsmaßstab (damals noch in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG) durch die Forderung nach einem sachlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ersetzt wissen wollte 1 7 2 . Die meisten Stimmen in Literatur und Rechtsprechung gehen demgegenüber vom prinzipiell zwingenden Charakter des Kausalitätsgrundsatzes aus, wobei dann wiederum Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob es sich um einen strengeren Maßstab handelt, als die allgemeine Forderung des Koppelungsverbotes nach einem inneren Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung 173 , oder ob der Kausalitätsgrundsatz nur die gebotene sachbereichsspezifische Konkretisierung des allgemeinen Koppelungsverbotes bildet 1 7 4 . Von der Entscheidung dieser Streitfrage hängt auch ab, welche Möglichkeiten der Gesetzgeber des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB zur Ausgestaltung des Kausalitätsgrundsatzes hatte. Dabei kann sich die Ansicht, das Kausalitätserfordernis für Kostenvereinbarungen sei zumindest im Grundsatz für den Gesetzgeber nicht disponibel, vor allem auf die Argumentation des BVerwG zu Herleitung des Prinzips stützen. Das ist im folgenden näher zu beleuchten. a) Die Herleitung des Kausalitätsgrundsatzes in der Rechtsprechung des BVerwG Bei genauem Hinsehen hat das BVerwG den Kausalitätsgrundsatz ursprünglich nicht aus dem allgemeinen Koppelungsverbot entwickelt, son172

BR-Drs. 868/92, S. 29 f.; ähnlich auch Busse, BayVBl. 1994, S. 353, 357 f. Vgl. OVG Münster, Urt. v. 19.08.1988, NJW 1989, S. 1879 f.; Brohm, Öffentliches Baurecht, S. 120 f.; Busse, BayVBl. 1994, S. 353, 357 f.; Grziwotz, DVB1. 1994, S. 1048, 1052. 174 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 32; Wagner, GewArch 1995, S. 231, 233; Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 227 ff.; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 121 ff. 173

11 Hamann

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

dem nur in Anlehnung an diesen Grundsatz 175 : Das Gericht trennt in seiner Entscheidung zur Zulässigkeit von Folgekostenverträgen strikt zwischen „zwei Seiten" des Koppelungsverbotes. Der erste Teilaspekt, die Forderung nach einem inneren Zusammenhang der verknüpften Vertragsgegenstände, sei für Folgekostenverträge ohne Belang, da es keine Zweifel daran geben könne, daß ein solcher Zusammenhang zwischen der Bauleitplanung und der Übernahme der durch sie verursachten Aufwendungen bestehe. Hinsichtlich des „zweiten Teilaspektes" des Koppelungsverbotes, den das Gericht mit der Formulierung umschreibt, „daß hoheitliche Entscheidungen in der Regel nicht von (zusätzlichen) wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig gemacht werden dürfen" 1 7 6 , läßt es ausdrücklich offen, ob „Ausnahmen" dann gerechtfertigt sind, wenn durch die Gegenleistung ein der Entscheidung entgegenstehendes rechtliches Hindernis beseitigt wird. Folgekostenverträge seien von dem Verbot des „Verkaufs von Hoheitsrechten" schon deshalb nicht betroffen, weil es bei ihnen nicht um einen echten Leistungsaustausch in dem engen Sinne der §§ 320 ff. BGB gehe, sondern um einen eher mit § 670 BGB verwandten Ersatz von Aufwendungen und damit nicht um eine ungerechtfertigte Bereicherung der Gemeinde. Aus dieser Charakterisierung der Folgekostenverträge als Vereinbarung über die Leistung von Aufwendungsersatz folgert das Gericht, daß Gegenstand der Verträge nur das sein dürfe, was von einem bestimmtem Bauvorhaben an Folgen ausgelöst w i r d 1 7 7 . Nach der Vorstellung des BVerwG ergibt sich das Kausalitätserfordernis also gleichsam zwingend aus der besonderen Natur der (Folge-)Kostenvereinbarung und verdrängt das allgemeinere Koppelungsverbot oder zumindest dessen zweiten „Teilaspekt". Der Kausalitätsgrundsatz ist in der vom BVerwG entwickelten F o r m 1 7 8 in der Folgezeit als gültiges Kriterium für die Zulässigkeit von Folgekostenverträgen allgemein akzeptiert worden 1 7 9 , ohne daß seine Herleitung einer näheren Untersuchung unterzogen worden wäre 1 8 0 . Eine Erklärung dafür 175

Im Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 803 ff. A.a.O., S. 803. 177 A.a.O., S. 804. 178 Bestätigt und präzisiert in BVerwG, Beschl. v. 25.11.1980, NJW 1981, S. 1747 f.; Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310 ff. 179 Vgl. z.B. BayVGH, Urt. v. 02.04.1980, BayVBl. 1980, S. 719 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.03.1990, ESVGH 40, S. 246 ff.; von Mutius, VerwArch 65 (1974), S. 201, 216 f.; Simon, BayVBl. 1974, S. 145, 148; Bötsch, BayVBl. 1981, S. 11, 12; Hofmann, BayVBl. 1982, S. 742; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 376 f.; Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 227 ff. 180 Von Mutius, VerwArch 65 (1974), S. 201, 216, meint, das BVerwG habe die normative Ableitung der von ihm entwickelten inhaltlichen Schranken nicht immer hinreichend deutlich gemacht. 176

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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bietet sicher der Umstand, daß die vom BVerwG aufgestellten Regeln, trotz mancher Unsicherheiten im Detail, ein handhabbares und auf „gerechte" Lösungen orientiertes Instrument zur Überprüfung der Zulässigkeit von Kostenvereinbarungen verfügbar gemacht haben. Gleichwohl ist die Begründung des Gerichts keineswegs zweifelsfrei: Nicht zu überzeugen vermag zunächst die Charakterisierung der Übernahme von Folgekosten als Ersatz von Aufwendungen, mit der das BVerwG den Unterschied zwischen den Folgekostenverträgen und einem „Verkauf von Hoheitsrechten" aufzeigen w i l l 1 8 1 . Im zivilrechtlichen Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB), das das Gericht zur näheren Kennzeichnung der Kostenvereinbarungen heranzieht, bezeichnen Aufwendungen (§ 670 BGB) freiwillige Vermögensopfer zur Führung der Geschäfte eines anderen 1 8 2 . Die Errichtung von Folgeeinrichtungen ist aber (ebensowenig wie die Durchführung von städtebaulichen Maßnahmen) ein „Geschäft" des Vertragspartners, das die Gemeinde gleichsam in seinem Interesse führt. Es handelt sich vielmehr um eine vom Gesetz ursprünglich der Gemeinde zugewiesene Aufgabe, deren Kosten nicht „eigentlich" der Vertragspartner, sondern die Kommune selbst zu tragen hat. Daher kommt man nicht umhin festzustellen, daß die Übernahme der Folgekosten (bzw. der Kosten der städtebaulichen Maßnahmen) eine „echte" Gegenleistung des Vorhabenträgers für die Schaffung von Bauland durch die Gemeinde darstellt 183 . So gesehen gibt es keinen Grund anzunehmen, daß für Kostenvereinbarungen zwingende Regeln gelten, die von den allgemeinen Grundsätzen abweichen. Die Begründung des BVerwG beruht aber zudem auch auf einem Verständnis des allgemeinen Koppelungsverbotes, das spätestens seit der Einführung des § 56 in die VwVfGe des Bundes und der Länder überholt ist. Wie oben gezeigt, ist entgegen der Ansicht des BVerwG nicht davon auszugehen, daß zwischen den sogenannten Teilaspekten des Koppelungsverbotes ein inhaltlicher Unterschied besteht 184 . Es handelt sich vielmehr um die einmal positive und einmal negative Formulierung ein und desselben Prinzips: Die Verwaltung darf ihr Handeln vertraglich nur mit solchen Gegenleistungen verknüpfen, die sie rechtsfehlerfrei zur Voraussetzung ihrer Entscheidung machen darf. Aus Sicht des Koppelungsverbotes kommt es daher auch gar nicht darauf an, ob es sich bei der Kostenübernahme um eine „echte" Gegenleistung oder um die Zahlung von Aufwendungsersatz handelt. Entscheidend ist nur, ob die Gemeinde ihre Leistung nach den dafür 181

Vgl. bereits oben Kapitel 2 III. 2. c) aa) mit weiteren Nachweisen. Kritisch insoweit auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 5 f. 182 ygi z u m allgemeinen zivilrechtlichen Begriff der Aufwendungen Palandt/ Heinrichs, zu § 256, Rdnr. 1; Brox, Allgemeines Schuldrecht, Rdnr. 110. 183 184

11*

Vgl. auch Gaßner, BayVBl. 1998, S. 577, 578. Vgl. oben Kapitel 5 II. 1.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

einschlägigen Bestimmungen von dieser Kostenübernahme abhängig machen darf 1 8 5 . Zusammengefaßt bedeutet das: Für Kostenvereinbarungen gelten grundsätzlich, das heißt unter Ausklammerung spezieller Regelungen wie der des § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB, die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts und insbesondere das Koppelungsverbot ohne Einschränkungen. Für die Annahme darüber hinausgehender zwingender Anforderungen besteht kein Anlaß. Damit ist noch nicht gesagt, daß die Normierung des Kausalitätsgrundsatzes in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB eine einfachgesetzliche Verschärfung der allgemeinen Zulässigkeitsschranken bedeutet. Denkbar ist auch, daß das allgemeine Koppelungsverbot bei Anwendung auf den spezifischen Vertragstyp „Kostenvereinbarung" zwangsläufig zu dem Erfordernis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Vorhaben des Privaten und den vertragsgegenständlichen Kosten führt. Auch dann wäre die gesetzliche Regelung in § 11 BauGB nichts anderes, als eine Klarstellung der ohnehin bestehenden, für den Gesetzgeber nicht disponiblen Rechtslage. Das ist im folgenden zu prüfen. b) Der Kausalitätsgrundsatz

als Ausdruck des Koppelungsverbotes?

Spezieller Ausdruck des Koppelungsverbotes ist der Kausalitätsgrundsatz nach den bisherigen Überlegungen dann, wenn die Vorschriften, die die Entscheidung der Gemeinde über die Erbringung ihrer Vertragsleistung determinieren, lediglich die Berücksichtigung der Kosten zulassen, die kausal auf das Vorhaben des Vertragspartners zurückgeführt werden können. Die „Leistung" der Gemeinde im Rahmen einer Kostenübernahmevereinbarung besteht regelmäßig darin, dem Vertragspartner Baurecht auf seinen Flächen zu verschaffen und das heißt einen Bebauungsplan aufzustellen 186 . Die Finanzierbarkeit der durch den Bebauungsplan notwendig werdenden Folgeeinrichtungen und städtebaulichen Maßnahmen ist bei der Aufstellung des Planes zu berücksichtigen. Die Gemeinde darf (und muß gegebenenfalls) von der Aufstellung absehen, wenn die Finanzierung nicht gesichert 185

Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 5 f. Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 BauGB wird regelmäßig nicht von einer Kostenübernahme abhängig gemacht werden können, da in den fraglichen Fällen zumeist ein Baurecht besteht und die Vereinbarung von Gegenleistungen daher unzulässig ist, vgl. §§ 11 Abs. 2 S. 2; 36 Abs. 2 BauGB. Lediglich bei der Entscheidung über Befreiungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB können im Rahmen der Beurteilung der „öffentlichen Belange" die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde berücksichtigt werden, so daß ein entsprechender Vertrag u.U. zulässig sein kann, vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 150; Lohr, in B/K/L, zu § 31, Rdnr. 44. 186

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

165

i s t 1 8 7 . Aus Sicht des allgemeinen Koppelungsverbotes können solche notwendigen Kosten daher grundsätzlich auf einen privaten Vertragspartner übertragen werden, soweit die Gemeinden nicht aus anderen Gründen verpflichtet sind, selbst für die Finanzierung Sorge zu tragen 188 . Der Kausalitätsgrundsatz nimmt den so verstandenen Ansatz des allgemeinen Koppelungsverbots in sich auf: Voraussetzung (im spezifisch städtebaulichen Sinne) für ein bestimmtes Bauvorhaben kann eine städtebauliche Maßnahme oder eine Folgeeinrichtung nur sein, wenn die Gemeinde sie (im Rahmen ihres Planungsermessens) als Voraussetzung auch für den dem Vorhaben zugrundeliegenden Bebauungsplan betrachten darf. Insoweit ist der Kausalitätsgrundsatz also eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Koppelungsverbotes. Der Kausalitätsgrundsatz geht aber in seinen Anforderungen über die des Koppelungsverbotes hinaus. Seine Grenzen decken sich mit denen des allgemeineren Grundsatzes nur, wenn der vertragsgegenständliche Bebauungsplan (bzw. die Leistung der Gemeinde) einzig und allein das Vorhaben des Vertragspartners ermöglicht. Dann sind alle Folgeeinrichtungen oder städtebauliche Maßnahmen, von deren Finanzierung die Gemeinde die Aufstellung des Bebauungsplanes abhängig machen darf, „Voraussetzung oder Folge" dieses einen Vorhabens. Differenzen zeigen sich aber, wenn der Bebauungsplan nicht allein den Vertragspartner begünstigt. Es ist beispielsweise denkbar, daß ein von einem Vorhabenträger gewünschter Plan sich aus städtebaulichen Gründen nicht lediglich auf die für das Vorhaben benötigten Flächen (und die zugehörigen Erschließungsflächen) beschränken kann. Kosten, etwa für die Planung selbst oder für notwendige Altlastensanierungen, werden dann nicht allein von dem Vorhaben des Vertragspartners „verursacht". Gleichwohl darf die Gemeinde die Aufstellung des Bebauungsplans u.U. von der Finanzierung der gesamten Kosten abhängig machen. Das allgemeine Koppelungsverbot würde in einem solchen Fall der Kostenübernahme durch den Vertragspartner nicht im Wege stehen; die Zulässigkeit wäre im Einzelfall von der Angemessenheit (Übermaßverbot) der Vereinbarung abhängig 189 . Bei Zugrundelegung des Kausalitätsmaßstabes sind derartige Verträge in jedem Fall unzulässig 190 . 187 Vgl. BayVGH, Urt. v. 02.04.1980, BayVBl. 1980, S. 719, 720; VGH BadenWürttemberg, Urt. v. 22.03.1990, ESVGH 40, S. 245, 248. 188 Letzteres ist aber keine Frage des Koppelungsverbotes, sondern wird durch die jeweiligen Spezialgesetze (Abgabengesetze) entschieden, vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, BVerwGE 55, S. 337 ff. Hierher gehört zumindest teilweise auch die Frage, ob Kostenvereinbarungen nur anläßlich „großer" Bebauungspläne zulässig sind, vgl. dazu unten Kapitel 6 I. 2. d). 189 Nicht selten sind vergleichbare Konstellationen beim Abschluß von Erschließungsverträgen, wenn die herzustellenden Erschließungsanlagen Grundstücken zugute kommen, die nicht zum Verfügungsbereich des Erschließungsunternehmers gehören.

166

2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Der Kausalitätsgrundsatz erweist sich damit im Vergleich zum allgemeinen Koppelungsverbot als insgesamt restriktiver 191 . Der Unterschied zeigt sich allerdings nur in besonderen Konstellationen; insbesondere dann, wenn der als Vertragsleistung der Gemeinde ausersehenen Bauleitplanung finanzielle Hindernisse im Weg stehen, die ihre Ursache nicht unmittelbar in dem Vorhaben des Vertragspartners haben. Die Anwendung des Kausalitätsmaßstabes erübrigt jede weitere Prüfung, ob die Übernahme dieser nicht „ursächlichen" aber „sachlich zusammenhängenden" Kosten durch den Vertragspartner noch wirtschaftlich ausgewogen und zumutbar wäre. So gesehen pauschaliert der Kausalitätsgrundsatz für bestimmte Vertragstypen einen wesentlichen Gesichtspunkt des Übermaßverbotes, indem er die Übernahme nicht kausaler Kosten für generell unangemessen erklärt 1 9 2 . Das bedeutet im Ergebnis zugleich, daß der Kausalitätsgrundsatz nicht oder zumindest nicht durchgehend als eine dem Gesetzgeber vorgegebene, nicht-disponible Schranke der Kostenvereinbarungen angesehen werden kann. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB erweist sich als einfachgesetzliche, vertragstypenspezifische Verschärfung der allgemeinen Regeln des Verwaltungsvertragsrechts, wie sie in § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG Ausdruck gefunden haben 1 9 3 . Ausgehend von dieser Erkenntnis kann im folgenden untersucht werden, wie der Gesetzgeber des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat.

2. Ausgestaltung des Kausalitätsgrundsatzes in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB Der Kausalitätsgrundsatz verlangt, daß der private Vertragspartner im Rahmen einer Kostenvereinbarung von den Kosten, die die Gemeinde im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes und der nachfolgenden Bebauung aufwendet, nur diejenigen übernimmt, die seinem konkreten Vorhaben als „Voraussetzung oder Folge" zugerechnet werden können. Der vorhergehende Abschnitt hat gezeigt, daß die Normierung des 190

A.A. offenbar Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 153. Vgl. auch den Bericht der Expertenkommission, S. 97 f., Rdnr. 145. 192 Lohr, in B/K/L, 5. Auflage, zu § 11, Rdnr. 21, will Angemessenheit daher regelmäßig bejahen, wenn das Kriterium der „Ursächlichkeit" der übernommenen Kosten gegeben ist. Vgl. demgegenüber z.B. Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 44 f., der die schrankenlose Abwälzung (auch) der kausalen Kosten ablehnt und auf die Bedeutung der planungsbedingten Wertsteigerung für die Angemessenheit hinweist, vgl. dazu unten Kapitel 7 II. 193 Zu den möglichen Gründen im Vergleich zu anderen städtebaulichen Verträgen vgl. unten Kapitel 6 II. 191

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

167

Kausalitätsgrundsatzes eine Verschärfung des allgemeinen Koppelungsverbotes zumindest im Detail bedeutet. Wie der Gesetzgeber das Kausalitätserfordernis in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB genau ausgestaltet hat, läßt sich am besten anhand eines Vergleiches mit der Vorgängerregelung untersuchen. Gegenüber der Formulierung des § 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG fallen vor allem zwei Änderungen ins Auge: Ausdrücklich zugelassen sind nunmehr Vereinbarungen über Kosten, die der Gemeinde beim Abschluß des Vertrages bereits entstanden sind. Weggefallen ist demgegenüber der noch in der Vorgängervorschrift enthaltene Hinweis, daß die zu finanzierenden Maßnahmen „auch außerhalb des Gebietes liegen" können. Die erste Neuerung berührt die zeitliche Dimension des Kausalitätserfordernisses (dazu sogleich a). Die zweite Änderung betrifft den notwendigen räumlichen Zusammenhang von zu finanzierender Maßnahme und dem vertragsgegenständlichen Plangebiet (b). Beide Problembereiche verschmelzen bei der Frage, ob als „Voraussetzung oder Folge" eines Bauvorhabens auch Maßnahmen in Betracht kommen, die Teil einer „Gesamtplanung" sind (c). Schließlich wird noch auf die Frage einzugehen sein, ob der Kausalitätsgrundsatz Kostenvereinbarungen nur im Zusammenhang mit „größeren" Bebauungsplänen zuläßt (d). a) Ursächlichkeit

und zeitlicher Zusammenhang

Daß dem Kausalitätsgrundsatz ein zeitliches Moment anhaftet, beweist die Betonung der Zulässigkeit von Vereinbarungen über in der Vergangenheit entstandene Kosten in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. Die Diskussion um die temporäre Dimension des Kausalitätsgrundsatzes geht jedoch über diese Problemstellung hinaus und berührt die mehr grundsätzliche Frage, ob Kausalität auch einen bestimmten (engen) zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Vorhaben des Vertragspartners und der von ihm zu finanzierenden Maßnahme erfordert und inwieweit dieses Erfordernis durch die Neuregelung eine Veränderung erfahren hat 1 9 4 . Diese Frage soll zunächst näher untersucht werden.

194

Vgl. stellvertretend einerseits Oerder, BauR 1998, S. 22, 31 („An der Notwendigkeit des (...) zeitlichen Zusammenhangs ändert sich (...) nichts.") und andererseits Lohr y in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 19 („zeitliche Entkoppelung von Vorhaben und Folge oder Voraussetzung").

168

2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge aa) „Unmittelbarer" zeitlicher Zusammenhang als Forderung des Kausalitätsgrundsatzes?

Die Auffassung, daß der Kausalitätsgrundsatz eine besondere zeitliche Dimension besitzt, ist insbesondere durch die bislang letzte Entscheidung des BVerwG zum Thema „Folgekostenvertrag" bestärkt worden, die allerdings noch vor der Normierung der Kostenvereinbarung in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG erging 1 9 5 . Dort hat das Gericht die Ansicht vertreten, für die Zulässigkeit einer Kostenvereinbarung reiche es nicht aus, daß sich zwischen den Aufwendungen der Gemeinde und einem privaten Bauvorhaben überhaupt eine Beziehung herstellen lasse. Ungenügend sei es deshalb, daß Aufwendungen auf einen vorgegebenen Bedarf reagierten, wie etwa beim Bau eines Spielplatzes nach Schaffung einer entsprechenden Zahl von Wohnungen. Die in der Charakterisierung der Kostenübernahme als „Aufwendungsersatz" implizierte Anknüpfung an das Zivilrecht deute vielmehr auf das Erfordernis hin, daß aus Anlaß eines bestimmten Vorhabens etwas geschehe (ein „Geschäft" tatsächlich geführt werde) und nicht erst - irgendwann - ein aufgelaufener Bedarf Konsequenzen nach sich ziehe. Aus diesen Ausführungen des Gerichts ist verschiedentlich geschlossen worden, daß Gegenstand einer Kostenvereinbarung nur Maßnahmen sein können, die in einem mehr oder weniger unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Bauvorhaben des Vertragspartners realisiert werden 1 9 6 . Im Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB spiegelt sich die Erforderlichkeit einer solchen engen zeitlichen Verknüpfung allerdings nicht wieder. Der Begriff „Voraussetzung oder Folge" läßt jedenfalls bei einer am allgemeinen Sprachgebrauch orientierten Auslegung nicht auf einen Zwang zur Gleichzeitigkeit schließen 197 . Sollte ein derartiges Erfordernis gleichwohl bestehen, so kann sich das nur aus Sinn und Zweck des Kausalitätsgrundsatzes ergeben. Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang der Ansatz des BVerwG: Zum einen ist - darauf wurde bereits hingewiesen - die Charakterisierung der Kostenübernahme in städtebaulichen Verträgen als „Aufwendungsersatz" sehr zweifelhaft 198 . Zum anderen ist zwar richtig, daß der zivilrechtliche Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) voraussetzt, daß Aufwendungen entstehen, ein „Geschäft" also tatsächlich geführt wird. 195

BVerwG, Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310, 313 f. Vgl. z.B. Wagner, GewArch 1995, S. 231, 236 f.; Scharmer, NVwZ 1995, S. 219, 222; Oerder, BauR 1998, S. 22, 31; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 152; Busse, BayVBl. 1994, S. 353, 357. Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 232, Fn. 71, hält diese Interpretation des Urteils für ein MißVerständnis. 197 Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 152. 198 Vgl. oben Kapitel 2 III. 2. c) aa). 196

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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Zu welchem Zeitpunkt diese Aufwendungen aber entstehen müssen, um Gegenstand eines Ersatzanspruches zu werden, ist dem Begriff des Aufwendungsersatzes auch im Zivilrecht nicht zu entnehmen. Die Frage, wann die Kosten oder Aufwendungen, die für eine bestimmte (städtebauliche) Maßnahme aufgebracht werden müssen, in zeitlicher Hinsicht noch als „Voraussetzung oder Folge" eines Vorhabens bezeichnet werden können, ist nur mit Blick auf die Funktion des Kausalitätsgrundsatzes und seine Verankerung im Koppelungsverbot zu beantworten 199 . Danach ist ausschlaggebend, daß die Kosten bzw. die zu finanzierende Maßnahme als abwägungserheblicher Belang in die Planungsentscheidung einbezogen werden dürfen. Im Rahmen der Beschlußfassung darüber, ob sie eine bestimmte städtebauliche Planung beginnt, weiterführt oder durch die Aufstellung eines Planes abschließt, ist die Gemeinde nicht darauf beschränkt, nur Kosten für Maßnahmen zu berücksichtigen, die sozusagen zeitgleich mit der Realisierung der Planung verwirklicht werden. Anderenfalls dürfte beispielsweise die Finanzierbarkeit notwendiger Erschließungsanlagen in den (nicht seltenen) Fällen bei der Bauleitplanung nicht einkalkuliert werden, in denen der Bau dieser Anlagen erst mit längerem zeitlichen Abstand erfolgen kann, weil zuvor noch andere Bauvorhaben, die von derselben Anlage erschlossen werden, errichtet werden müssen. Der Begriff „Voraussetzung oder Folge" verweist in der durch das Verhältnis von Koppelungsverbot und Kausalitätsgrundsatz vorgegebenen Auslegung nicht auf einen irgendwie gearteten naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhang, der sich in zeitlichen oder anderen meßbaren Kategorien ausdrücken ließe, sondern auf eine spezifisch rechtliche Ursächlichkeit, die maßgeblich vom Planungsermessen der Gemeinde bestimmt w i r d 2 0 0 . Alles das, was die Gemeinde im Rahmen dieses Ermessens für notwendig erachten darf, um die Realisierung des Vorhabens planerisch gewährleisten zu können, und was sie demnach bei Verzicht auf die Planung des Vorhabens ersparen würde, ist Voraussetzung oder Folge im Sinne des Gesetzes. Das Erfordernis eines bestimmten zeitlichen Zusammenhangs kann sich allenfalls mittelbar aus dem Bestimmtheitsgebot ergeben, das aus dem Kausalitätsgrundsatz resultiert: Im Rahmen der Bauleitplanung berücksichtungsfähig Und damit als kausal abwälzbar sind nur solche Kosten, die in Entstehung und Höhe hinreichend bestimmt sind 2 0 1 . Die Gemeinde muß deshalb beim Vertragsschluß bereits wissen, welche konkreten Maßnahmen infolge der Bauleitplanung erforderlich werden und in welcher Höhe die (voraussichtlich) entstehenden Kosten den einzelnen Vorhaben zuzuordnen sind. 199

Vgl. auch Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 242. Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 121 f.; Wolters, Β auplanungs vertrag, S. 229 m.w.N. 201 Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 141. 200

Der

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Das bedeutet nicht, daß bereits alle Details genau errechnet sein müssen; Schätzungen sind je nach Stand der Planung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unumgänglich. Nicht ausreichend ist aber, zukünftige Kosten allein statistisch zu bestimmen, ohne daß die tatsächliche Umsetzung der zu finanzierenden Maßnahmen bereits sicher ins Auge gefaßt i s t 2 0 2 . Andernfalls könnten die Kostenvereinbarungen tatsächlich zu einer Art „abstrakter" Zuzugsabgabe mutieren. Das Erfordernis eines gewissen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Vorhaben und Maßnahmen ergibt sich aus diesen Anforderungen insoweit, als eine hinreichend bestimmte Planung nur über einen überschaubaren Zeitraum möglich ist. Selbständige Bedeutung kommt dem aber nicht z u 2 0 3 . bb) Kausalitätsgrundsatz und die Übernahme bereits entstandener Kosten Eine andere zeitliche Komponente des Kausalitätszusammenhanges berührt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB mit der eingangs angesprochenen ausdrücklichen Zulassung der vertraglichen Abwälzung von Kosten, die der Gemeinde im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits entstanden sind. Die Frage ist, ob damit eine echte Erweiterung der vertraglichen Handlungsmöglichkeiten eröffnet worden ist, oder ob das Gesetz lediglich die schon bisher geltende Rechtslage klarstellt. Teilweise wurde die Abwälzung bereits entstandener Aufwendungen auf den Vorhabenträger auch unter der Geltung des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG für zulässig erachtet 204 . Das war aber zumindest zweifelhaft. Zwar können auch bereits fertiggestellte städtebauliche Maßnahmen (oder Folgeeinrichtungen) wie z.B. Planungen (Gutachten) oder Erschließungsanlagen „Voraussetzung" im allgemeinen Wortsinne für ein bestimmtes Vorhaben sein. Aus der Verankerung des städtebaulichen Kausalitätsgrundsatzes im Koppelungsverbot folgt aber, daß die Gemeinde grundsätzlich (das heißt ohne besondere Ermächtigung) nur solche Kosten vertraglich abwälzen darf, von deren Erstattung sie eine positive Entscheidung über die (Weiter-)Planung abhängig machen darf. Das wird wiederum regelmäßig nur auf die Kosten zutreffen, die ihr durch die positive Entscheidung erst entstehen, die sie also im Falle des Abbruchs des Planungsverfahrens ersparen würde. Hinsichtlich bereits verausgabter Mittel kann die Gemeinde strenggenommen 202

Insofern ist es richtig, wenn das BVerwG, Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310, 313 f., fordert, daß aus Anlaß des Vorhabens etwas geschehen müsse. 203 A.A. offenbar Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 30. 204 Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 77 f.; Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 149, 154.; Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 61.

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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aber gerade nicht argumentieren, sie wären ohne die „Leistung" an den Vorhabenträger der Gemeindekasse erhalten geblieben 205 . Bei dieser Sicht bringt die Neuformulierung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB eine echte Erweiterung der Verknüpfungsmöglichkeiten 206 . Die Vorschrift ermöglicht es den Gemeinden, städtebauliche Maßnahmen vorausschauend planen und durchführen zu können, ohne daß dadurch die Finanzierung in Gefahr gerät. Das entspricht der Rechtslage, die mit dem BauROG 1998 für die Zuordnung und Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § l a Abs. 3 BauGB geschaffen worden ist (vgl. §§ 135a Abs. 2 S. 2; 9 Abs. l a BauGB) 2 0 7 . Gleichwohl bleibt es dabei, daß die entstandenen Kosten Voraussetzung gerade des Vorhabens des Vertragspartners sein müssen; d.h. die kosten verursachende Maßnahme muß gerade im Hinblick auf das zeitlich nachfolgende Vorhaben ins Werk gesetzt worden sein 2 0 8 . b) Ursächlichkeit

und räumlicher Zusammenhang

Auf eine Verschärfung der Anforderungen des Kausalitätsgrundsatzes an den räumlichen Zusammenhang der zu finanzierenden Maßnahmen mit dem Vorhaben des privaten Vertragspartners scheint die bereits angesprochene Streichung des Zusatzes in § 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG hinzudeuten, nach dem die Maßnahmen „auch außerhalb des Gebietes liegen" durften. Das könnte bedeuten, daß nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB nurmehr Kostenvereinbarungen zulässig sein sollen, die städtebauliche Maßnahmen im vertragsgegenständlichen Bebauungsplangebiet betreffen. Der Wortlaut 205

So auch Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 115; vgl. auch die Fallgestaltung in BVerwG, Urt. v. 16.05.2000, DVB1. 2000, S. 1853 ff. 206 So auch Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 41; Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 19; Oerder, BauR 1998, S. 22, 30. Vgl. zu den Möglichkeiten des Gesetzgebers, die Reichweite des Koppelungsverbotes für einzelne Vertragsgestaltungen einzuschränken, oben Kapitel 5 II. 2. 207 Vgl. Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 62; allgemein zur Einführung des sogenannten „Öko-Kontos" in § 135a Abs. 2 S. 2 BauGB vgl. Lüers, ZfBR 1997, S. 231, 236; Schrödter, in ders., zu § 135a, Rdnr. 13 f. 208 Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 155 f., illustriert das am Beispiel eines aus Wirtschaftlichkeitsgründen mit Blick auf nachfolgende Baugebiete zu groß dimensionierten Kindergartens (= Folgeeinrichtung). Hat die Gemeinde hier zunächst einen Teil der Kosten selbst übernommen, so kann sie diese Kosten später vertraglich an die Eigentümer der neu hinzukommenden Plangebiete weitergeben, wenn sie den Zusammenhang mit diesen Gebieten rechtzeitig (beim Bau des Kindergartens) deutlich gemacht hat und im übrigen die Eigentümer aller Gebiete gleichbehandelt. Unzulässig ist es demgegenüber, die Finanzierung existierender Einrichtungen nachträglich auf Folgekostenvereinbarungen umzustellen, wenn Deckungslücken auftreten.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

der Neuregelung allein zwingt allerdings nicht zu einer solchen Interpretation. Die Formulierung „Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens" weist keinen erkennbaren Ortsbezug auf. Das Erfordernis eines räumlichen Zusammenhanges in dem beschriebenen Sinne kann daher allenfalls durch die mit dem Kausalitätsgruridsatz verknüpften zwingenden Regeln des allgemeinen Koppelungsverbotes begründet sein. Danach kommt es darauf an, ob der sachliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung im Rahmen einer Kostenvereinbarung nur dann gewahrt ist, wenn die zu finanzierenden Maßnahmen und Einrichtungen innerhalb des Plangebietes belegen sind. Das wäre dann der Fall, wenn die Gemeinde im Rahmen der Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB lediglich die Deckung der Kosten für diese Maßnahmen als abwägungserheblichen Belang entscheidend berücksichtigen dürfte, nicht aber die Finanzierung von Maßnahmen außerhalb des Plangebietes. Ein solcher Zwang zur Beschränkung des Abwägungsmaterials auf die Grenzen des Plangebietes besteht indessen nicht; er würde eine „vernünftige" Planung nahezu unmöglich machen. Daß ein Bebauungsplan „unmittelbare" Ursache für die Notwendigkeit der Durchführung städtebaulicher Maßnahmen auch außerhalb des Plangebietes sein kann, ist aus dem Erschließungsrecht hinlänglich bekannt 2 0 9 . Diese Maßnahmen und die Möglichkeiten ihrer Finanzierung müssen im Rahmen der Entscheidung über den Plan (selbstverständlich) in die Abwägung einbezogen werden; für ihre Errichtung können von den Anliegern im Plangebiet Erschließungsbeiträge erhoben werden, und nach allgemeiner Ansicht kann ihre Durchführung auch in einem Erschließungsvertrag einem privaten Dritten übertragen werden 2 1 0 . Da die Gemeinde danach in der Abwägung auch die Kosten von städtebaulichen Maßnahmen außerhalb des Plangebiets berücksichtigen darf, steht das Koppelungsverbot der vertraglichen Abwälzung solcher Kosten nicht entgegen. Der Kausalitätsgrundsatz schränkt die damit eröffneten vertraglichen Handlungsspielräume lediglich insoweit (im Detail) ein, als er nur die Übernahme solcher Aufwendungen erlaubt, die dem Vorhaben des Vertragspartners ursächlich zugerechnet werden können. In Bezug auf die räumlichen Anforderungen des Kausalitätsgrundsatzes hat § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB also nichts verändert 211 . 209

Vgl. Ernst, in E/Z/B/K, zu § 123, Rdnr. 6 („innere und äußere Erschließung"). 210 Vgl. z.B. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 74; Ernst, in E/Z/ B/K, zu § 124, Rdnr. 4. 211 So ausdrücklich auch BT-Drs. 13/6392, S. 50. Der jetzt gestrichene Zusatz in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG geht zurück auf Bedenken des Bundesrates nach der erwähnten Entscheidung des BVerwG, Uri. ν. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310 ff., vgl. BR-Drs. 868/92. Das Gericht hatte in dieser sehr restriktiven Entscheidung

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen d) Kausalität von Bauvorhaben für kostenverursachende im Rahmen von „ Gesamtplänen "

173 Maßnahmen

Besondere Probleme entstehen, wenn das Vorhaben des Vertragspartners planungsrechtlich kein Einzelprojekt ist, sondern Bestandteil einer größeren städtebaulichen Entwicklung, die die Gemeinde mittels mehrerer (Teil-)Bebauungspläne zu steuern versucht. In einem solchen Fall können regelmäßig bestimmte städtebauliche Maßnahmen, wie z.B. vorbereitende Planungsarbeiten, Erschließungsmaßnahmen etc., nicht allein einzelnen Bebauungsplänen und den durch sie ermöglichten Vorhaben zugerechnet werden, sondern kommen mehreren Plangebieten zugute. (Gleiches gilt selbstverständlich auch für Folgeeinrichtungen.) Es ist umstritten, ob unter den Umständen einer derartigen „Gesamtplanung" die vom Gesetz für eine (anteilige) Kostenübernahme geforderte Kausalität zwischen Vorhaben und städtebaulichen Maßnahmen bestehen kann 2 1 2 . Das BVerwG hat diese Möglichkeit in seiner bereits mehrfach angesprochenen Entscheidung vom 14. August 1992 ausgeschlossen213. Die gegenteilige Ansicht 2 1 4 verkenne, daß der Charakter der Kostenübernahme als Aufwendungsersatz die Betrachtung von vornherein auf das festlege, was dem Vertragspartner als Verwaltungsleistung erbracht werde. Die Verwaltungsleistung bestehe aber nicht aus irgendeiner rechtlich nicht fixierten 2 1 5 Gesamtplanung, sondern aus dem einzelnen Bebauungsplan. Daran 216 sei gebunden, was durch Vertrag allenfalls an Folgekosten abgewälzt werden nachdrücklich die Bindung der zulässigen Kostenübernahme an den Bebauungsplan betont. Das war zum Teil als eine Beschränkung der Kostenvereinbarungen auf im Plangebiet belegene Einrichtungen interpretiert worden, vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 75, Fn. 156. Der Bundesrat forderte deshalb, den Kausalitätsgrundsatz in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG ganz zu streichen und durch eine Formulierung zu ersetzen, die lediglich einen „sachlichen Zusammenhang" zwischen Kosten, Vorhaben und der Bauleitplanung der Gemeinde sicherstellen sollte. Die Bundesregierung, die das Urteil des BVerwG zu Recht für überinterpretiert hielt, wandte sich gegen diesen Vorschlag; BT-Drs. 12/4208, S. 24 f.. In den Beratungen des zuständigen Ausschusses wurde den Bedenken des Bundesrates schließlich insoweit Rechnung getragen, als die fehlende Notwendigkeit einer räumlichen Kongruenz von Plangebiet und zu finanzierender Maßnahme in der nunmehr gestrichenen Passage des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG ausdrücklich klargestellt wurde; vgl. Bericht des 19. Ausschusses, BT-Drs. 12/4340, S. 13. Kritisch zu der Änderung durch § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB Erbguth, VerwArch 89 (1998), S. 189, 216 f. 212 Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 235; Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 60; Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 32; Dirnberger, in Jäde/Dirnberger/ Weiß, zu § 11, Rdnr. 46 f. (ablehnend); Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 155 f. (befürwortend). 213 BVerwGE 90, S. 310, 311 f. 214 Vertreten von der Vorinstanz; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.03. 1990, ESVGH 40, S. 245 ff.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

dürfe. Eine großzügigere Haltung verkehre den - nach Ansicht des Senates festzustellenden - Ausnahmecharakter des Folgekostenvertrages in sein Gegenteil. Die Frage ist, ob die von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB geschaffene Rechtslage der restriktiven Haltung des BVerwG entspricht. Daß in diesem Zusammenhang die Argumentation des Gerichts mit dem angeblichen Aufwendungsersatzcharakter der Kostenvereinbarung nicht zu überzeugen vermag, muß an dieser Stelle nicht erneut belegt werden 2 1 7 . Gleichwohl ist es auch vom Standpunkt des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB richtig, daß das BVerwG die Anbindung der zulässigerweise zu übernehmenden Kosten an den einzelnen Bebauungsplan betont, der dem Vorhaben des Vertragspartners zugrundeliegt. „Voraussetzung oder Folge" eines Bauvorhabens können nur solche kostenverursachenden Maßnahmen sein, die als abwägungserheblicher Belang bei der Entscheidung über diesen Plan berücksichtigt werden müssen. Daraus folgt aber nun nicht zwingend, daß Maßnahmen, die nicht allein dem einzelnen Plangebiet dienen, sondern Teil einer größeren „Gesamt"Planung sind, nicht (anteilig) über Kostenvereinbarungen finanziert werden dürfen. Regelfall ist nach dem BauGB die Entwicklung der verbindlichen Bebauungspläne aus dem ein größeres Gebiet umfassenden, vorbereitenden Flächennutzungsplan (§ 8 Abs. 2 BauGB). Das heißt, das Gesetz selbst sieht eine Einbindung der einzelnen Bebauungspläne in eine „Gesamtplanung" vor. Das schließt es ein, Erschließungs- und andere städtebauliche Maßnahmen (und Folgeeinrichtungen) so zu konzipieren, daß sie den Bedarf mehrerer Einzelplangebiete abdecken. Bei der Entscheidung über den einzelnen Plan ist dann jeweils darauf zu achten, daß die jeweilige „Gesamtmaßnahme" auch realisiert werden kann. Zeichnet sich ab, daß eine solche aus Sicht des Einzelplanes notwendige Gesamtmaßnahme (z.B. aus finanziellen Gründen) scheitert, so muß unter Umständen auch die Aufstellung des einzelnen Bebauungsplanes unterbleiben. Legt man zunächst nur das allgemeine Koppelungsverbot zugrunde, so heißt das, daß die rechnerisch auf das jeweilige Gebiet des Einzelplanes entfallenden Kosten der „Gesamtmaßnahme" vertraglich auf die Vorhabenträger in diesem Gebiet abgewälzt werden können. Der Kausalitätsgrundsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB verschärft diesen Maßstab lediglich insofern, als dem Einzelnen von den danach grundsätzlich vertragsfähigen 215 Auf die Existenz des Flächennutzungsplanes, die sich aus den Entscheidungsgründen des VGH ergibt (ESVGH 40, S. 245, 250), ist das BVerwG in diesem Zusammenhang nicht eingegangen. 216 Hervorhebung im Original; BVerwGE 90, S. 310, 312. 217 Vgl. dazu oben Kapitel 2 III. 2. c) aa und Kapitel 6 I. 1. a).

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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Kosten nur die auf sein konkretes Vorhaben entfallenden auferlegt werden dürfen. Daß das Vorhaben des Vertragspartners nicht die alleinige Ursache für die Notwendigkeit der zu finanzierenden Maßnahme darstellt, ist demgegenüber unerheblich 218 . Aus alledem folgt, daß die Gemeinde sehr wohl durch entsprechende Vereinbarungen die anteiligen Kosten für Maßnahmen abwälzen kann, die sie im Rahmen einer „Gesamtplanung" als „Voraussetzung oder Folge" mehrerer Bebauungspläne für notwendig erachtet 219 . Schwierigkeiten dürften der Vertragspraxis allerdings die aus dem Kausalitätsgrundsatz folgenden Bestimmtheitserfordernisse bereiten 220 . Die Zuordnung der einzelnen zu finanzierenden „Gesamt"-Maßnahmen zu dem jeweiligen Bebauungsplan und von dort aus zu dem Vorhaben des Vertragspartners muß anhand des Vertrages zumindest nachvollziehbar sein. Hier liegt auch der eigentliche Kritikpunkt an der dem Urteil des BVerwG vom 14.08.1992 vorausgehenden Entscheidung des V G H Baden-Württemberg 221 . Der V G H hat dort die lediglich beispielhafte Benennung der notwendigen Maßnahmen für grundsätzlich ausreichend erachtet, weil bereits dadurch deutlich werde, daß es sich bei den vereinbarten Zahlungen um Aufwendungsersatz und nicht um eine illegale „Zuzugsabgabe" handele 222 . Das ist mit den Anforderungen, die der Kausalitätsgrundsatz an die Bestimmbarkeit des Zusammenhanges von Vorhaben und zu finanzierenden Kosten stellt, nicht vereinbar. d) Kausalitätsgrundsatz

und „ Größe " des Bebauungsplanes

Unsicherheit herrscht nach wie vor bezüglich der Frage, ob der bundesrechtliche Kausalitätsgrundsatz eine Beschränkung der Kostenvereinbarungen auf „größere" Bebauungspläne verlangt 2 2 3 . In diese Richtung scheint eine Entscheidung des Bayerischen VGH zu weisen, derzufolge die Gemeinden verpflichtet sind, die sich aus einem normalen, vorausschauend erkennbaren Wachstum des Gemeindegebietes ergebenden Folgelasten aus eigenen (Haushalts-)Mitteln zu finanzieren 224. Nur eine die Finanzausstattung 218 Vgl. Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 32; Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 41; ebenso für § 6 BauGB-MaßnG Scharmer, NVwZ 1995, S. 219, 222; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 155 f. 219 Vgl. auch insoweit das Beispiel von Birk, oben Fn. 208; a.A. offenbar Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 36. 220 Vgl. dazu schon oben Kapitel 6 I. 2. a) aa). 221 Urt. v. 22.03.1990, ESVGH 40, S. 245. 222 A.a.O., S. 251. Auf diese allerdings fragwürdige Einschätzung ist das BVerwG in seiner Revisionsentscheidung nicht eingegangen. 223 Vgl. zunächst nur Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 239 ff., einerseits und Hofmann, BayVBl. 1982, S. 742 ff., andererseits. 224 Urt. v. 02.04.1980, BayVBl. 1980, S. 719, 721.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

der Kommune sprengende, sprunghafte Entwicklung durch typischerweise „größere" Bauvorhaben erlaube die vertragliche Abwälzung von Folgekosten auf den Vorhabenträger. Zur Begründung hat der Bayerische V G H aber nicht auf den städtebaulichen Kausalitätsgrundsatz verwiesen, sondern auf die Bayerische Verfassung, der zu entnehmen sei, daß die Schaffung der notwendigen Infrastruktur eine den Gemeinden vorgegebene Aufgabe sei, zu deren Erfüllung sich die Kommunen aus öffentlichen Abgaben und staatlichen Zuweisungen finanzieren könnten 2 2 5 . Nur ausnahmsweise, eben bei sprunghaften Entwicklungen, komme eine alternative Kostendeckung in Betracht. Auf diesen landesrechtlichen Begründungszusammenhang und seinen Vorrang vor dem bundesrechtlichen Kausalitätserfordernis hat auch das BVerwG ausdrücklich hingewiesen 226 . Tatsächlich kann es auf die Frage des ursächlichen Zusammenhangs von Vorhaben und Maßnahme nicht mehr ankommen, wenn bereits das die Finanzierung regelnde Landesrecht einer vertraglichen Abwälzung von Kosten im Wege steht 2 2 7 . Im Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB stellt sich die Problematik allerdings insofern anders dar, als sich dessen Anwendungsbereich nach der hier vertretenen Auffassung nicht (unmittelbar) auf die landesrechtlich normierten Folgeeinrichtungen erstreckt, sondern (nur) auf städtebauliche Maßnahmen 228 , deren Normierung gemäß Art. 72; 74 Abs. 1 Nr. 18 GG in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes fällt 2 2 9 . Dabei beschränkt der Kompetenztitel „Bodenrecht" den Bundesgesetzgeber nicht auf die gesetzliche Ausgestaltung der Ausführung von städtebaulichen Maßnahmen, sondern erlaubt auch die Regelung ihrer Finanzierung 230 . Anders als im Falle der Folgeeinrichtungen kann das Städtebaurecht für städtebauliche Maßnahmen daher abschließende Regeln über die grundsätzliche Zulässigkeit der Kostenabwälzung treffen - auch unter dem Aspekt der Verknüpfung mit einer „normalen" oder einer „sprunghaften" Entwicklung des Gemeindegebietes.

225

A.a.O. BVerwG, Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310, 315; vgl. auch bereits Urt. v. 06.07.1973, DVB1. 1973, S. 800, 802. 227 Vgl. Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 44 f., der für das Landesrecht Nordrhein-Westfalens eine Beschränkung der Zulässigkeit von Folgekostenverträgen ablehnt. 228 Ygj 0 b e n Kapitel 2 III. 2. b); zum Begriff der städtebaulichen Maßnahme oben Kapitel 2 I. 2. d). 226

229

Zum Umfang der Regelungskompetenz für das Bodenrecht vgl. bereits oben Kapitel 2 II. 3. a). 230 Vgl. BVerfG, Gutachten v. 16.07.1954, BVerfGE 3, S. 407, 429 (zum Sonderfall der Erschließung vgl. unten Kapitel 9 III.).

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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Eine (städtebaurechtliche) Regelung der Finanzierung städtebaulicher Maßnahmen beinhaltet § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. Aus der Vorschrift ergibt sich die grundsätzliche Zulässigkeit der vertraglichen Finanzierung kausal zurechenbarer städtebaulicher Maßnahmen. Für einzelne städtebauliche Maßnahmen mag sich aus spezielleren Normen anderes ergeben 231 . Soweit derartige Normen nicht existieren, kann § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 als Beleg für die prinzipielle Rechtmäßigkeit von Kostenvereinbarungen herangezogen werden. Mit der ausdrücklichen Regelung der Kostenabwälzung im BauGB ist zumindest für den Bereich der städtebaulichen Maßnahmen die Argumentation des BVerwG mit dem „Ausnahmecharakter" der vertraglichen Finanzierung überholt 2 3 2 . Der vom Gericht zur Begründung dieses „Ausnahmecharakters" zitierte - ungeschriebene - Grundsatz der Dispositionsfeindlichkeit des Abgabenrechts hat hinter die Entscheidung des Gesetzgebers zurückzutreten. Der Regelung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB läßt sich für eine nur ausnahmsweise Zulässigkeit der Kostenvereinbarungen nichts entnehmen. Und auch eine Differenzierung zwischen „großen" und „kleinen" Bauvorhaben enthält die Vorschrift nicht 2 3 3 . Voraussetzung für die Zulässigkeit der Kostenvereinbarung ist der gesetzlichen Regelung zufolge allein das Bestehen eines konkreten Kausalzusammenhanges zwischen dem Vorhaben des Vertragspartners und der zu finanzierenden Maßnahme. Für die meisten städtebaulichen Maßnahmen wird sich ein solcher Zusammenhang auch bei kleineren Vorhaben herstellen lassen. Auch „kleine" Bauvorhaben verursachen regelmäßig konkret zurechenbare Kosten für Planungen, Erschließungsanlagen oder Altlastensanierungen 234 . Etwas anders mag das Ergebnis ausfallen, wenn man die Regelung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB auf die vertragliche Finanzierung von Folgeeinrichtungen (analog) anwendet. Hier wird bei kleineren Vorhaben häufig rein tatsächlich ein konkreter Kausalzusammenhang nicht gegeben sein, weil z.B. die Errichtung von 3 Wohnungen zwar einen (minimalen) statistischen Mehrbedarf an Kindergartenplätzen, Schwimmbadkapazitäten etc. hervorruft, real aus Anlaß dieses einen Vorhabens aber keine Erweiterung der genannten Einrichtungen erfolgt 2 3 5 . Das ist aber eine Frage des Einzelfalls und keine 231

Das soll im letzten Teil der Arbeit anhand einiger Beispiele untersucht werden; vgl. unten Kapitel 9 III. 2. (Erschließungskostenvereinbarungen) und Kapitel 10 I. 4. (Kostenvereinbarungen im Besonderen Städtebaurecht). 232 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.08.1992, S. 310, 312; zustimmend Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 233. 233 A.A. offenbar Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 58. 234 So offenbar auch Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 164. 235 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 17; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 164. 12 Hamann

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 angelegte grundsätzliche Differenzierung zwischen „großen" und „kleinen" Vorhaben 236 . e) Zusammenfassung § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB läßt im Hinblick auf den Kausalitätsgrundsatz den unter § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG erreichten Rechtszustand im wesentlichen unverändert. Anders als die zuletzt vom BVerwG vertretenen Positionen 237 ist die gesetzliche Normierung des Kausalitätsgrundsatzes damit kaum restriktiver als das allgemeine Koppelungsverbot: Die tatbestandliche Forderung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, daß die vertragsgegenständlichen Kosten „Voraussetzung oder Folge" des Vorhabens des Vertragspartners sein müssen, verweist auf den Zusammenhang zwischen der zu finanzierenden städtebaulichen Maßnahme und der dem Bauvorhaben zugrundeliegenden Bebauungsplanung. Dieser Zusammenhang wird maßgeblich bestimmt vom Planungsermessen der Gemeinde. Für eine Kostenvereinbarung kommen danach grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht, von deren Durchführung die Gemeinde die Aufstellung des konkreten Bebauungsplanes abwägungsfehlerfrei abhängig machen darf. Das entspricht dem Ansatz des allgemeinen Koppelungs Verbotes. Vertragsfähig sind nur die Kosten für real verursachte Maßnahmen; ein lediglich statistisch errechneter Mehrbedarf kann nicht gefordert werden. Daraus folgt, daß die Gemeinde beim Vertragsschluß bereits einen hinreichend genauen Überblick über die notwendigen städtebaulichen Maßnahmen besitzen muß. Die zu finanzierenden Maßnahmen und ihre Zuordnung zum Vorhaben des Vertragspartners müssen dem Vertrag zumindest durch Auslegung zu entnehmen sein. Für den so umschriebenen konkreten Kausalzusammenhang zwischen städtebaulicher Maßnahme und der als Vertragsleistung der Verwaltung zu betrachtenden Bebauungsplanung ist nicht erforderlich, daß die Maßnahme innerhalb des Plangebietes durchgefühlt wird. Auch ohne den noch in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG enthaltenen ausdrücklichen Hinweis kann das Erfordernis räumlicher Kongruenz aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB nicht entnommen werden. Auch ein bestimmter zeitlicher Zusammenhang zwischen der zu finanzierenden Maßnahme und dem Vorhaben ist nicht zwingend vorgegeben. Praktisch allerdings werden sich nur Maßnahmen, die in einem überschaubaren Zeitraum verwirklicht werden sollen, dem Vorhaben hinreichend konkret zuordnen lassen. Eine echte Erweiterung gegenüber der bisherigen Rechtslage bewirkt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB dadurch, daß er auch der Gemeinde bereits entstandene Kosten für vertragsfähig erklärt. 236 237

Vgl. Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 34. Insbesondere in BVerwG, Urt. v. 14.08.1992, BVerwGE 90, S. 310 ff.

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

179

Der Kausalitätsgrundsatz in der von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 geprägten Fassung läßt auch die vertragliche Finanzierung von städtebaulichen Maßnahmen zu, die im Rahmen einer Gesamtplanung mehreren durch Einzelpläne ermöglichten Vorhaben zugute kommen sollen. Mitursächlichkeit des einzelnen Vorhabens ist also ausreichend, sofern sie sich in den einzelnen Plänen und Verträgen niederschlägt. Aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB läßt sich die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzes für die vertragliche Abwälzung der für städtebauliche Maßnahmen aufgebrachten Kosten ablesen. Von einem „Ausnahmecharakter" städtebaulicher Kostenvereinbarungen kann daher keine Rede sein. Auch unterscheidet die gesetzliche Regelung nicht zwischen „kleinen" und „großen" Vorhaben. Anderes kann sich aus dem Landesrecht für Folgekostenvereinbarungen ergeben, auf die § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB unmittelbar nicht anzuwenden ist. Insgesamt beinhaltet § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB damit für den Vertragstyp Kostenvereinbarung relativ klar konturierte Grenzen der inhaltlichen Zulässigkeit. Im folgenden ist zu untersuchen, ob sich diese Schrankenregelungen auch auf die übrigen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB normierten Vertragsgestaltungen übertragen lassen, oder ob das Gesetz hier eigenständige Konkretisierungen des allgemeinen Vertragsrechts bereithält.

II. Schrankenregelungen für Maßnahmenverträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB Anders als Nr. 3 für „reine" Kostenvereinbarungen, enthält § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 keine näheren Angaben darüber, welche städtebaulichen Maßnahmen dem Vertragspartner zur Vorbereitung und Durchführung auf eigene Kosten übertragen werden dürfen. Etwas aussagekräftiger war insoweit die Vorgängerregelung in § 6 Abs. 1 S. 2 BauGB-MaßnG. Die danach vertragsfähigen Maßnahmen mußten „notwendig sein, damit Baumaßnahmen durchgeführt werden können"; außerdem konnte nur die Ausarbeitung der „erforderlichen" städtebaulichen Planungen übernommen werden. Diese Wortwahl des Gesetzes konnte als Konkretisierung des erforderlichen sachlichen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung aufgefaßt werden 2 3 8 . Der Verzicht auf die die Zulässigkeit der Gegenleistung beschränkenden Merkmale in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 B a u G B 2 3 9 ist allerdings ohne Bedeu-

238

1. Auflage, S. 44 f. Vgl. Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 23, ist offenbar der Ansicht, daß sich die Notwendigkeit eines sachlichen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung weiterhin aus den Voraussetzungen der Nr. 1 ergibt. 239

12*

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

tung, wenn auch für die Maßnahmenverträge der in Nr. 3 ausdrücklich geregelte Kausalitätsgrundsatz anzuwenden ist. Für § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG wurde die Geltung des Kausalitätsgrundsatzes teilweise vertreten 240 . Gesetzessystematisch war das nicht eben zwingend. Da aber § 6 Abs. 3 S. 4 BauGB-MaßnG allgemein als Grenze für alle von § 6 erfaßten Verträge angesehen wurde 2 4 1 , schien auch eine Anwendung des Kausalitätsgrundsatzes über die Kostenvereinbarungen hinaus nicht fernliegend. Nach der Neufassung der Regelung des städtebaulichen Vertrages wiegen die systematischen Bedenken gegen eine übergreifende Anwendbarkeit des Kausalitätsgrundsatzes jedoch schwerer. Anders als in § 6 BauGB-MaßnG sind in § 11 Abs. 2 BauGB die vertragstypenübergreifenden Schrankenregelungen in einem eigenständigen Absatz zusammengefaßt. Daß das Kausalitätserfordernis nicht dort, sondern weiterhin im Zusammenhang mit den Kostenvereinbarungen normiert ist, spricht für seinen Charakter als spezielle Grenzziehung. Für eine Übertragung der Grenzen der Nr. 3 auch auf § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB scheinen aber gleichsam übergeordnete Gründe zu sprechen. Die in den beiden Bestimmungen geregelten Vertragstypen sind einander in Gegenstand und Zielsetzung sehr ähnlich; in beiden Fällen geht es darum, die Gemeinde von den Kosten städtebaulicher Maßnahmen zu entlasten. Der einzige Unterschied besteht darin, daß bei der Kostenvereinbarung der private Vertragspartner allein die Finanzierung der Maßnahme übernimmt und deren Durchführung weiterhin der Gemeinde überläßt, während er im Rahmen des Maßnahmenvertrages Finanzierung und Durchführung übertragen bekommt. So betrachtet scheint es sich lediglich um Varianten eines einzigen, auf finanzielle Entlastung der Kommune zielenden Vertragstypus zu handeln, die eine rechtlich unterschiedliche Beurteilung nicht rechtfertigen. Die praktischen Differenzen zwischen beiden Vertragsgestaltungen sind aber nicht zu unterschätzen: Anders als eine bloße Geldzahlung können die zur Durchführung einer städtebaulichen Maßnahme notwendigen Arbeiten häufig aus technischen Gründen nicht von vornherein auf das beschränkt werden, was rechnerisch einem bestimmten Vorhaben an Aufwand zuzuordnen i s t 2 4 2 . Städtebauliche Planungen, als wichtigstes Beispiel städtebaulicher Maßnahmen, können nur im Ganzen durchgeführt werden, auch wenn 240 Vgl. Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 45 f.; Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 6; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 2. Auflage, S. 44 ff. 241 Vgl. oben Fn. 73. 242 Ähnlich zum speziellen Problem der vertraglichen Durchführung bzw. Finanzierung von Ordnungsmaßnahmen im besonderen Städtebaurecht Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 53; vgl. dazu im einzelnen unten Kapitel 10 I. 4.

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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sie nicht allein dazu dienen, das Vorhaben des Vertragspartners zu legalisieren. Gleiches gilt für die Herstellung von Erschließungsanlagen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die Gemeinde verpflichtet ist, dem Vertragspartner die Kosten insoweit zu erstatten, als sie nicht als von seinem Vorhaben „verursacht" angesehen werden können. Bei Anwendung des Kausalitätsgrundsatzes ist ein Spielraum insoweit nicht gegeben; der Vorhabenträger darf keine höheren Kosten übernehmen, als seinem Vorhaben konkret zurechenbar sind. Wendet man stattdessen, in Ermangelung speziell geregelter Alternativen, das allgemeine Koppelungsverbot und ergänzend den Angemessenheitsgrundsatz aus § 11 Abs. 2 BauGB an, so wird das in aller Regel zu keinem anderen Ergebnis führen 2 4 3 . Insbesondere das Gebot der Angemessenheit kann aber in besonders gelagerten Einzelfällen auch abweichende Wertungen zulassen 244 . Zu denken ist beispielsweise an Konstellationen, in denen weder die von der städtebaulichen Maßnahme „drittbegünstigten" Eigentümer noch die Gemeinde in der Lage sind, die nicht auf den Vertragspartner entfallenden Kosten zu tragen. Hier mag eine Wertung der beteiligten Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der aus dem Vorhaben für den Vertragspartner erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile, ergeben, daß ein Verzicht auf Kostenerstattung angemessen ist. Dafür, daß das Gesetz einen solchen Gestaltungsspielraum bei Maßnahmenverträgen eher hinnimmt als bei reinen Kostenvereinbarungen, spricht auch das bei der letztgenannten Kategorie von Vertragsgestaltungen erhöhte Risiko des Mißbrauchs. Die Verknüpfung der Bauleitplanung mit Geldzahlungen der begünstigten Eigentümer birgt die vergleichsweise große Gefahr, daß lediglich Mittel für den Gemeindehaushalt vereinnahmt werden, die Kostenvereinbarung in Wirklichkeit also als „abstrakte" Zuzugsabgabe ohne echten Bezug zu den geplanten Vorhaben wirkt. Die Forderung nach strenger Kausalität von Vorhaben und zu finanzierender Maßnahme und das daraus folgende Konkretisierungsgebot suchen diese Gefahr zu minimieren. Im Gegensatz dazu ist der gebotene Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung bei der Übertragung der Durchführung von städtebaulichen Planungen wesentlich leichter zu kontrollieren. Das rechtfertigt auch eine geringfügige Reduzierung der inhaltlichen Anforderungen auf das Niveau des allgemeinen Vertragsrechts. Im Ergebnis besteht also kein übergeordneter Zwang, den für Kostenvereinbarungen geltenden Kausalitätsgrundsatz auch auf die Maßnahmenverträge in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB zu erstrecken. Es gelten die Zulässigkeitsgrenzen des allgemeinen Vertragsrechts, die normativ im Falle des

243

Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 110 f. für den Erschließungsvertrag. 244 Vgl. bereits oben, Kapitel 6 I. 1. b).

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Koppelungsverbotes - mangels einer eigenständigen Regelung in § 11 BauGB - an § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG und im übrigen an § 11 Abs. 2 BauGB festgemacht werden können. Eine sachliche Änderung ist damit im Vergleich zur bisher geltenden Rechtslage nicht verbunden 245 .

III. Schrankenregelungen für Zielbindungsverträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB 1. Zielbindung als Ausdruck des Koppelungsverbotes Anders als Nr. 1 und 3 regelt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB nicht einen bestimmten Vertragstypus, der durch die Art der vom Vertragspartner zu erbringenden Gegenleistung definiert wird. Die Vorschrift umschreibt ihren Regelungsgegenstand nicht von seiner Phänomenologie, sondern von seiner Funktion her. „Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele" heißt dabei vor allem Ergänzung der planerischen Festsetzungsmöglichkeiten 246 . Mit der Funktion umreißt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB zugleich auch die Grenzen der Zielbindungsverträge: Zulässig ist nur die Verknüpfung von Leistungen, die den Zielen der Bauleitplanung zu dienen bestimmt sind. Der Gebrauch des bestimmten Artikels „der" ist als Hinweis darauf zu verstehen, daß der Vertrag sich auf einen konkreten Bauleitplan beziehen muß 2 4 7 . Die Analyse der verschiedenen unter die Bestimmung zu subsumierenden Vertragsgestaltungen hat gezeigt, daß dies regelmäßig ein Bebauungsplan ist, der ein Bauvorhaben des privaten Vertragspartners ermögl i c h t 2 4 8 . Dieser Bebauungsplan ist in den meisten Fällen zugleich „Vertragsleistung" der Verwaltung. Der Vorhabenträger verpflichtet sich als Gegenleistung für die Aufstellung des Bebauungsplanes, bestimmte Bindun245

Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 9, schließt aus dem Wegfall der bisherigen ausdrücklichen Beschränkung des zulässigen Vertragsinhaltes auf „erforderliche" Planungen, die Gemeinde könne nunmehr auch die Ausarbeitung von Planentwürfen vom Vertragspartner fordern, die nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, sondern nur für die Entwicklungskonzeption der Gemeinde zweckmäßig seien. Das muß jedoch bezweifelt werden. Das weiterbestehende Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung verbietet es der Gemeinde, die Aufstellung eines Bebauungsplans mit Gegenleistungen zu verknüpfen, die nicht in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht dazu erforderlich sind, eine positive Entscheidung über den Plan zu ermöglichen. Das Beispiel zeigt aber, daß die eben nicht nur sprachliche „Entschlackung" der Regelung des Maßnahmenvertrages durchaus zu Unsicherheiten führt. 246 Vgl. oben Kapitel 2 II. 2. 247 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 99 ff. 248 Vgl. erneut oben Kapitel 2 II. 2.

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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gen bezüglich der Nutzung seiner Flächen einzuhalten, die ihm in der Regel durch einseitige Festsetzungen im Bebauungsplan nicht auferlegt werden könnten. Möglich ist aber auch, daß die Leistung der Verwaltung in dem Verkauf eines Baugrundstückes im Gebiet des fraglichen Planes besteht und der Käufer die entsprechenden Bindungen als Gegenleistung für einen vergünstigten Kaufpreis eingeht. Bei der Festlegung der durch den Vertrag zu fördernden Ziele ist die Gemeinde an die Vorgaben des § 1 BauGB gebunden. Das ist zwar nicht mehr wie noch in § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnG ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber aus der Gesetzesbindung der Verwaltung 249 . Die vom Vertragspartner geforderten Gegenleistungen dürfen daher nur solche Zwecke „fördern und sichern", deren Umsetzung die Gemeinde im Rahmen einer abwägungsfehlerfreien Entscheidung als Voraussetzung für die Aufstellung des Bebauungsplanes werten darf 2 5 0 . Die Festlegung auf die Ziele „der" Bauleitplanung ist damit zugleich vertragsspezifischer Ausdruck des unter dem Aspekt des Koppelungsverbotes zu fordernden „sachlichen Zusammenhangs" von Leistung und Gegenleistung 251 . Der in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB normierte Kausalitätsgrundsatz ist demgegenüber als Grenze für die Zielbindungsverträge ungeeignet. In diesen Verträgen geht es nicht um die Durchführung oder Finanzierung städtebaulicher oder sonstiger Maßnahmen, die als „Voraussetzung oder Folge" eines Bauvorhabens und der ihm zugrundeliegenden Bauleitplanung notwendig werden. Die Gegenleistung des Vertragspartners im Rahmen der Zielbindungsverträge dient vielmehr der Umsetzung von Zwecken, die die Gemeinde im Rahmen ihrer städtebaulichen Planungskompetenz festlegt und an die sich der Vertragspartner und sein Vorhaben anpassen müssen. „Ursache" der vertragsgegenständlichen Ziele der Bauleitplanung ist nicht das Vorhaben des Vertragspartners, sondern der planerische Wille der Gemeinde 2 5 2 . 249

Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 10. Vgl. OVG Niedersachsen, Urt. v. 21.07.1999, ZfBR 2000, S. 134, 136: In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Gemeinde die Ausweisung der Grundstücke eines privaten Eigentümers als Wohnbauland von dessen Bereitschaft abhängig gemacht, 70% der Rächen zum (relativ niedrigen) Einheitswert an die Gemeinde zu veräußern. Die Gemeinde wollte die Flächen als günstiges Wohnbauland für Einheimische zur Verfügung stellen. Weil der Eigentümer sich weigerte, wies die Gemeinde seine Flächen als Gewerbegebiet aus. Das OVG hielt die Forderung nach einer 70%igen Flächenabtretung für „unverhältnismäßig" und den angefochtenen Bebauungsplan wegen eines Abwägungsfehlers für nichtig. 251 In diesem Sinne auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 8 f.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 99 ff. 252 A.A. Wolters, Der Bauplanungsvertrag, S. 246; wie hier Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 124; Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 6 f. 250

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

In der Literatur sind grundsätzliche Bedenken gegen die damit vom Gesetz zugelassene Heranziehung privater Grundstückseigentümer zur Umsetzung planerischer „Fernziele" erhoben worden 2 5 3 . Der sachliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung sei angesichts der Weite denkbarer Planungsziele konturlos. Es sei damit im grundrechtssensiblen Bereich ein nicht ausreichend bestimmter Differenzierungsspielraum eröffnet, durch den die „Schleusen" für sachwidrige Einflußnahmen auf den Entscheidungsprozeß des Vertragspartners unkontrollierbar geöffnet worden seien. Das in dieser Kritik zum Ausdruck kommende rechtsstaatliche Unbehagen ist angesichts der scheinbar uferlosen Weite denkbarer planerischer Zielsetzungen begreiflich. Andererseits ist zu bedenken, daß bei korrekter Einhaltung der vorgestellten Grundsätze der Vertrag nur dazu dient, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß ein Bebauungsplan rechtmäßig aufgestellt werden kann. Fehlt nämlich die vertragliche Einwilligung des Vorhabenträgers in die zur Umsetzung der (abwägungsfehlerfrei festgestellten) Planungsziele notwendigen Bindungen, so muß die Gemeinde befürchten, daß die Zwecke der Planung nicht erreicht werden können, womit deren Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB entfällt 2 5 4 . Die Problematik der Zielbindungsverträge liegt damit weniger im Grundsätzlichen, als vielmehr in der praktischen Kontrollierbarkeit der jeweiligen Planungsentscheidung. Wegen der angesprochenen Weite des kommunalen Planungsermessens und weil § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB die Beschaffenheit der Gegenleistung nicht näher eingrenzt, sind eine Vielzahl vertraglicher Bindungen unterschiedlichen Ausmaßes denkbar, die im sachlichen Zusammenhang mit der Leistung der Gemeinde stehen. Dem Übermaßverbot in seiner Funktion als „Feinsteuerung" kommt daher im Bereich der Zielbindungsverträge erhebliche Bedeutung z u 2 5 5 . Da § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB insoweit keine spezifischen Aussagen enthält, sind über § 11 Abs. 2 die allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit der Gegenleistung anzuwenden.

253

Vgl. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 383 f.; ähnlich Grziwotz, NJW 1993, S. 2665, 2666 f. 254 Ähnlich Wolters, Der Β auplanungs vertrag, S. 247. 255 Vgl. OVG Niedersachsen, Urt. v. 21.07.1999, ZfBR 2000, S. 134, 136 f.

Kap. 6: Vertragstypenbezogene Schrankenregelungen

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2. Insbesondere: Geldzahlungen und Flächenabtretungen als Gegenleistungen in Zielbindungsverträgen? Die bisherigen Ausführungen beziehen sich explizit nur auf den Fall, daß ein Vorhabenträger als Gegenleistung für die Aufstellung eines Bebauungsplanes (oder für den günstigen Erwerb eines Baugrundstückes) eine Eigentumsbindung eingeht, sich also gleichsam dazu verpflichtet, die jeweilige planerische Zielsetzung auf seinem Grundstück selbst umzusetzen. Das entspricht im wesentlichen den Konstellationen, an denen sich der Gesetzgeber bei der Normierung der Zielbindungsverträge orientiert hat 2 5 6 . Nicht selten verlangen die Gemeinden als Gegenleistung für die Baulandausweisung im Rahmen von Zielbindungsverträgen aber auch, daß ihnen Teilflächen im Plangebiet kostenfrei oder höchstens zum Preis von Bauerwartungsland abgetreten werden 2 5 7 . Auf diesen Flächen setzt die Kommune dann selbst ihre planerischen Ziele um, z.B. indem sie Wohnungen für den sozialen Wohnungsbau errichtet oder nach Baulandausweisung und Erschließung Baugrundstücke zu einem günstigen Preis an „Einheimische" veräußert. Eine weitere denkbare Variante besteht darin, daß ein Vorhabenträger sich durch eine „Ablösezahlung" von einer Eigentumsbindung „freikauft". Das Geld kann die Gemeinde dann ebenfalls zur Umsetzung ihrer städtebaulichen Ziele verwenden. Fraglich sind die Grenzen, die sich für derartige Vertragsgestaltungen aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ergeben. Der Wortlaut der Vorschrift steht solchen „Ablösungsvereinbarungen" nicht generell im Wege. Auch Flächenabtretungen und Geldzahlungen können der „Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele" dienlich sein 2 5 8 . Gewahrt bleiben muß aber in jedem Fall der „sachliche Zusammenhang" von Leistung und Gegenleistung, der sich in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB in der Bezugnahme auf gerade den Bebauungsplan ausdrückt, der das Vorhaben des Vertragspartners ermöglicht. Die Gemeinde darf deshalb nur solche Gegenleistungen annehmen, die für die Verwirklichung der Ziele dieses speziellen Bebauungsplanes bestimmt sind 2 5 9 . Unzulässig wäre es in jedem Fall, Flächen außerhalb des Plangebietes zu fordern oder Gelder für städtebauliche Ziele irgendwo im Gemeindegebiet zu verwenden 260 . 256 Ygi j m einzelnen oben Kapitel 2 II. 2. 257 Vgl. den Fall von BGH, Uri. ν. 02.10.1998, NJW 1999, S. 208 ff.; ausführlich dazu im Rahmen der Betrachtung der vertraglichen „Neuordnung der Grundstücksverhältnisse" unten Kapitel 8 III. 258 Das verkennen offenbar Stüer/König, ZfBR 2000, S. 528, 533, die Flächenabtretungen als „Gegenleistung" für die gemeindliche Bauleitplanung generell für unzulässig halten. 259 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 8. 260 Zu weitgehend deshalb Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 36.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Weitere, den „Ablösungsvereinbarungen" generell entgegenstehende Schranken enthält § 11 BauGB nicht 2 6 1 . Gerade in diesem Bereich wird aber im Einzelfall ein besonderes Augenmerk auf die Angemessenheit des Vertrages zu richten sein.

IV. Zusammenfassung Der Gesetzgeber hat die Schrankenregeln des allgemeinen Vertragsrechts auf der zweiten Regelungsebene in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB in sehr unterschiedlichem Ausmaß für die einzelnen Vertragstypen ausgeformt. A m weitesten geht in dieser Hinsicht die Normierung des Kausalitätsgrundsatzes in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. Eine nähere Analyse zeigt, daß das Gesetz hier den Ansatz des allgemeinen Koppelungsverbotes aufnimmt, vertragstypenbezogen konkretisiert und sogar verschärft. Restriktiver als das allgemeine Verwaltungsvertragsrecht ist der Kausalitätsgrundsatz in der von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 geprägten Form allerdings nur im Detail; die gesetzliche Regelung eröffnet der inhaltlichen Gestaltung von Kostenvereinbarungen deutlich größere Spielräume als die vor der Normierung von der Rechtsprechung des BVerwG vertretenen Positionen. Auf die anderen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB benannten Vertragsgruppen ist der Kausalitätsgrundsatz nicht zu übertragen. Für die Maßnahmenverträge des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB lassen sich dem Gesetz nach der Neuregelung keine Hinweise mehr entnehmen, die als Konkretisierung der allgemeinen Zulässigkeitsschranken gedeutet werden können. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB koppelt die „Zielbindungsverträge" immerhin ausdrücklich an den konkreten Bebauungsplan, der dem Vorhaben des Vertragspartners zugrundeliegt. Der damit eröffnete Raum für Vertragsgestaltungen ist allerdings auch bei strikter Beachtung des § 1 Abs. 3, 5, 6 BauGB noch so weit, daß es fraglich erscheint, ob allein mit einer Angemessenheitskontrolle im Einzelfall „ungerechte" Verträge zu verhindern sind.

261 So im Ergebnis auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 8; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 124; Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 149.

Kap. 7: Exkurs: Planungsbedingte Wertsteigerungen

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Kapitel 7

Exkurs: Planungsbedingte Wertsteigerungen als Maßstab für die Angemessenheit städtebaulicher Verträge? Bevor die Untersuchung sich (im dritten Teil) der Bedeutung des § 11 BauGB für einzelne Vertragsgestaltungen des Städtebaurechts zuwendet dem „Besonderen Vertragsrecht" also - , soll im Rahmen dieses Exkurses noch das Verhältnis von sogenannten planungsbedingten Wertsteigerungen und städtebaulichen Verträgen behandelt werden. Die Diskussion um den Planungswertausgleich 262 und die Rolle konsensualer Handlungsformen in diesem Zusammenhang hat sich in jüngerer Zeit wieder verstärkt 263 . Dabei geht es u.a. um wesentliche Fragen des zulässigen Inhaltes von städtebaulichen Verträgen. Das sei im folgenden kurz verdeutlicht: Weist ein Bebauungsplan bislang nicht bebaubare Flächen als Bauland aus, so hat das in der Regel erhebliche Weitzuwächse der betroffenen Grundstücke zur Folge. Diese planungsbedingten Wertsteigerungen 264 fließen nach der gegenwärtigen Konzeption des BauGB in vollem Umfang den Eigentümern zu; zumindest das allgemeine Städtebaurecht 265 gibt den planenden Kommunen kein Instrument zum einseitigen Zugriff auf den Planungsgewinn an die Hand 2 6 6 . 262

Die Begriffe „Planungswertausgleich" und „Planungsgewinnausgleich" werden im folgenden synonym gebraucht. 263 Vgl. den Bericht von Kersten, DVB1. 1999, S. 222 ff., zur Fachtagung des Instituts für Deutsches und Internationales Baurecht e. V. an der Humboldt-Universität zu Berlin; ferner die Nachweise zum folgenden Text. 264 Vgl. zu den Schwierigkeiten, diese Wertsteigerung zu bestimmen und von den durch Aktivitäten des Eigentümers verursachten Wertzuwächsen zu trennen, Gaßner, BayVBl. 1998, S. 618, 620 ff. 265 Zum besonderen Städtebaurecht vgl. unten Kapitel 10 I. 2.; zur Abschöpfung des Umlegungsgewinns in der amtlichen Umlegung vgl. Kapitel 8 I. 3. mit Fn. 35. 266 Die Abschöpfung der durch die Bauleitplanung bedingten Wertsteigerung von Flächen zugunsten der öffentlichen Hand („Planwertausgleich") ist Gegenstand wiederkehrender Diskussionen, seit sich die Gesetzgebung in der Bundesrepublik dem Gebiet des Städtebaurechts zugewandt hat; vgl. die Darstellung bei Gaentzsch, Bodenwertabschöpfung, S. 26 f., 31 ff. mit den entsprechenden Nachweisen. Bis heute haben sich die Befürworter der Erhebung eines allgemeinen Planwertausgleichs nicht durchsetzen können; der bislang letzte Versuch zur Einführung einer Abgabe in Höhe von 70% auf Planungsgewinne scheiterte im Gesetzgebungsverfahren zum BauROG 1998; vgl. zu dem von SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Antrag den Bericht des 18. Ausschusses, BT-Drs. 13/7589, S. 20 f. Vgl. zu aktuellen Entwicklungen der (rechts)politisehen Diskussion auch Huber, DÖV 1999, S. 173 f. und Kersten, DVB1. 1999, S. 222 ff.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Im Abschluß städtebaulicher Verträge sehen viele Gemeinden die Möglichkeit, diesen als Mangel empfundenen Zustand zu kompensieren. Häufig finden sich Gemeinden nur noch dann zur Aufstellung von Bebauungsplänen bereit, wenn sich die Grundstückseigentümer zu geldwerten Gegenleistungen verpflichten 267 . Der dem Eigentümer zufließende Planungsgewinn wird zur inneren Rechtfertigung der ihm auferlegten Belastung 268 . Ein insofern typisches Beispiel ist der bekannte „Zwei Drittel Beschluß" der bayerischen Landeshauptstadt München vom 23. März 1994 2 6 9 : „l.U) 2. Das Planungsreferat soll Bebauungsplanverfahren, die planungsbedingt zu einem Bodenwertzuwachs der überplanten Grundstücke führen, nur durchführen und dem Stadtrat zur Billigung vorlegen, wenn unter Berücksichtigung der nachstehenden Grundsätze Vereinbarungen mit den Planungsbegünstigten abgeschlossen sind: a) Sicherung der Ziele und Zwecke der Planung, die nicht durch planungsrechtliche Festsetzung zu rechtfertigen sind, (...). b) Übernahme der ursächlichen Kosten (z.B. Planungs-, Erschließungs-, investive Folgekosten) durch die Planungsbegünstigten. c) Verbleib ca. eines Drittels des planungsbedingten Wertzuwachses der Grundstücke bei den Eigentümern. Soweit der Umfang des planungsbedingten Wertzuwachses zur Bedienung der Anteile nach a)-c) nicht ausreicht, wird die Verwaltung ermächtigt, unter angemessener Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls von den Vorgaben abzuweichen. 3.-5. (...)" Der Zweck dieser Vorgaben ist nicht ganz eindeutig. Es bleibt unklar, ob die Abschöpfung des Planungsgewinnes zu zwei Dritteln als selbständiges Ziel der abzuschließenden städtebaulichen Verträge neben die in den Punkten 2.a) und b) genannten Vertragsgegenstände tritt, oder ob mit der in 2.c) getroffenen Regelung lediglich eine Grenze für die Belastung der Eigentümer gezogen werden sollte 2 7 0 . Im folgenden sollen beide Varianten an den Vorgaben des § 11 BauGB gemessen werden.

267

Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 148 f. Vgl. die Darlegungen von Janning, wiedergegeben bei Kersten, DVB1. 1999, S. 222, 223 f. 269 Zitiert nach Huber, Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 12. 270 Vgl. dazu Huber, Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 93 f. 268

Kap. 7: Exkurs: Planungsbedingte Wertsteigerungen

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I. Die Abschöpfung von Planungsgewinnen als „isolierter" Gegenstand städtebaulicher Verträge Fraglich ist zunächst, ob Planungsgewinne „isoliert" Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein können, das heißt, ob die Gemeinden die Aufstellung eines Bebauungsplans von der vertraglichen Zusage der Zahlung (eines Teiles) der planungsbedingten Wertsteigerung abhängig machen dürfen, ohne daß die gezahlten Summen für bestimmte mit der Planung zusammenhängende Maßnahmen verausgabt werden. Für Verträge nach § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB ist das ohne weiteres zu verneinen. Maßnahmen- und Kostenvereinbarungen sind definitionsgemäß an die Durchführung/Finanzierung bestimmter städtebaulicher Maßnahmen gebunden; im Rahmen von ZielbindungsVerträgen kommen Geldzahlungen als „Ablösung" von Eigentumsbindungen nur zweckgebunden für abwägungserhebliche Projekte im Plangebiet in Betracht 271 . Städtebauliche Verträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB sind allerdings auch außerhalb der nur beispielhaft aufgezählten Vertragsarten in Abs. 1 S. 2 zulässig. Die Grenzen für den zulässigen Inhalt dieser „unbenannten" Vereinbarungen ziehen neben speziellen gesetzlichen Vorgaben § 11 Abs. 2 und - ergänzend - § 56 VwVfG bzw. die allgemeinen Regeln des Verwaltungsvertragsrechts 272. Die in diesem Zusammenhang grundlegende Bedeutung des Koppelungsverbotes als Ausdruck des Gesetzmäßigkeitsprinzips ist ausführlich behandelt worden 2 7 3 . Die für alle städtebaulichen Verträge geltende Forderung nach einem „sachlichen Zusammenhang" von Leistung und Gegenleistung bindet die Gemeinde ^n die ihrer Vertragsleistung zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften. Der danach hier zu beachtende § 1 BauGB gibt den Kommunen aber gerade nicht das Recht, die Aufstellung von Bebauungsplänen vom Ausgleich des Planungsgewinnes abhängig zu machen. Das fiskalische oder sozialpolitische Interesse der Gemeinde an den planungsbedingten Weitzuwächsen ist kein abwägungserheblicher Belang i.S.d. § 1 Abs. 6 BauGB, den die Gemeinde zur Begründung der Erforderlichkeit oder Nichterforderlichkeit einer bestimmten städtebaulichen Planung heranziehen könnte. Daran ändert auch das in diesem Zusammenhang bisweilen vorgebrachte Argument nichts, § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB stelle die Bauleitplanung in den Dienst einer „sozialgerechten Bodennutzung", in deren Interesse auch die Abschöpfung „unverdienter" Planungsgewinne liege 2 7 4 . Diese Zielvorgabe des Gesetzes 271 272 273 274

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben Kapitel oben Kapitel oben Kapitel dazu Huber,

6 III. 2. und Pietzcker, in FS Hoppe, S. 439, 454. 5. 5 II. Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 89.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

bezieht sich ersichtlich auf die Steuerung der „baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke" (§ 1 Abs. 1 BauGB), das heißt auf den tatsächlichen Umgang mit Grund und Boden, und ist damit keine Ermächtigung zum Einsatz der Bauleitplanung als Instrument einer allgemein sozialpolitisch motivierten Umverteilung 2 7 5 . Im Ergebnis herrscht deshalb auch weitgehende Einigkeit darüber, daß eine „abstrakte" Planungsgewinnabschöpfung durch städtebauliche Verträge unzulässig i s t 2 7 6 .

II. Planungsgewinn und Angemessenheit Ganz allgemein wird der planungsbedingte Wertzuwachs als ein wichtiger Indikator für die Bestimmung der Angemessenheit solcher städtebaulicher Verträge angesehen, in denen die „Leistung" der Gemeinde in der Ausweisung von Bauland besteht 277 . Der Planungsgewinn ist eine objektivierbare Größe 2 7 8 und scheint deshalb besonders gut als Maßstab für die wirtschaftliche Ausgewogenheit zu taugen. Unsicherheit besteht aber über den Umfang, in dem der planungsbedingte Wertzuwachs dem vertraglichen Zugriff offensteht. Können Wertsteigerungen - im Rahmen der durch das Koppelungsverbot (bzw. den Kausalitätsgrundsatz) gezogenen Grenzen vollständig abgeschöpft werden, so daß ein unangemessenes Leistungsverhältnis erst vorliegt, wenn der private Vertragspartner am Ende schlechter steht als vor dem Vertragsschluß? Oder ist unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbotes zu fordern, daß dem Grundstückseigentümer in jedem Fall ein nennenswerter Teil des Planungsgewinnes verbleibt? 275

Zu § 1 Abs. 5 S. 1 vgl. auch Krautzberger, in B/K/L, zu § 1, Rdnr. 44 ff. Vgl. Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 43 ff.; Stich, in Kormann, Das neue Bundesbaurecht, S. 9, 22; Grziwotz, Vertragliche Gestaltungsformen, S. 84; Huber, Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 88 ff.; ders., DÖV 1999, S. 173, 180 ff.; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 148 ff.; Pietzcker, in FS Hoppe, S. 439, 454 ff.; zur „indirekten" Abschöpfung von Planungsgewinnen durch kommunale Grundstücksgeschäfte vgl. unten Kapitel 8 III. 277 Für den Planungsgewinn als absolute Obergrenze der Angemessenheit z.B. Grziwotz, Städtebauliche Verträge, S. 367; vgl. auch Lüers, SächsVBl. 1997, S. 125, 131; Scharmer, NVwZ 1995, S. 219, 222; Hien, in FS Schlichter, S. 129, 132 ff.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 146 f.; Wagner, GewArch 1995, S. 231, 234. Kritisch Huber, Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 95. 278 Vgl. aber bereits oben Fn. 264. Kritisch auch Grziwotz, Baulanderschließung, S. 4, der darauf hinweist, daß der Planungsgewinn nicht einfach mit der Vertragsleistung der Gemeinde gleichgesetzt werden darf, weil Bodenwerte nicht allein durch die Bauleitplanung geschaffen werden, sondern nur durch das Zusammenspiel von Planungen und privaten Investitionsentscheidungen entstehen. In dieser Richtung auch Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 43; Huber, DÖV 1999, S. 173, 181; a.A. z.B. Hien, in FS Schlichter, S. 129, 135. 276

Kap. 7: Exkurs: Planungsbedingte Wertsteigerungen

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In jüngster Zeit ist die These vertreten worden, der „Halbteilungsgrundsatz" ziehe eine absolute Obergrenze für die zulässige Abschöpfung des Wertzuwachses durch städtebauliche Verträge. Danach soll die Angemessenheitsschranke des § 11 Abs. 2 BauGB überschritten sein, wenn die Kommune sich nicht mit einer hälftigen Teilung des Planungsgewinnes begnüge 2 7 9 . Grundlage dieser Auffassung sind die Ausführungen des BVerfG zur vermögenssteuerlichen Belastung einheitswertgebundenen GrundbesitΛΟΛ OÖ1 zes im Beschluß vom 22. Juni 1995 . In dieser vieldiskutierten Entscheidung hat das BVerfG den Schutz des Eigentumsgrundrechts über den Vermögensstamm hinaus auch auf die Vermögenserträge ausgedehnt 282 . Nach Art. 14 Abs. 2 GG diene das Eigentum zugleich 283 dem privaten Nutzen und dem Wohl der Allgemeinheit. Der Vermögensertrag sei deshalb einerseits für die steuerliche Gemeinlast zugänglich, andererseits müsse dem Berechtigten ein privater Ertragsnutzen verbleiben. Bei typisierender Betrachtung müsse die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen der privaten und der öffentlichen Hand verbleiben. Eine Auseinandersetzung mit dieser in erster Linie das Steuerrecht betreffenden Entscheidung kann und muß im Rahmen der hier zu behandelnden Thematik nicht geleistet werden. Unterstellt man die Richtigkeit (und Beständigkeit) der vom Gericht aufgestellten Thesen, so bleibt die Übertragbarkeit des „Halbteilungsgrundsatzes" auf die vertragliche Abschöpfung von Planungsgewinnen gleichwohl zweifelhaft. Das gilt auch dann, wenn man den Ansatz der befürwortenden Ansicht teilt, daß planungsbedingte Weitsteigerungen dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterfallen 284 . Als absolute Obergrenze für die Angemessenheit von städtebaulichen Verträgen nivelliert der Halbteilungsgrundsatz in unzulässiger Weise die Unterschiede zwischen den einseitigen und den konsensualen Handlungsformen der Verwaltung. Das BVerfG hat den Halbteilungsgrundsatz als Grenze für das (Vermögens-) Steuerrecht entwickelt. Steuern sind dadurch gekennzeichnet, daß sie dem Pflichtigen einseitig und ohne Gegenleistung, das heißt ohne unmittelbaren privaten Nutzen, zur Finanzierung des Gemeinwesens auferlegt werden (vgl. § 3 Abs. 1 AO). In der Besteuerung der Erträge 279 O. Gaßner, BayVBl. 1998, S. 577, 581 f.; Quaas, in Schrödter, zu § 11, Rdnr. 45; Huber, DÖV 1999, S. 173, 183. 280 BVerfGE 93, S. 121 ff. 281 Vgl. die Nachweise bei O. Gaßner, BayVBl. 1998, S. 577, 581, Fn. 52. 282 BVerfGE 93, S. 121, 138. 283 Hervorhebung durch den Verfasser. 284 Vgl. dazu ausführlich Huber, Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 15 ff.; ferner ders., DÖV 1999, S. 173, 174 ff.; ähnlich bereits Gaentzsch, Die Bodenwertabschöpfung, S. 42 f.

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2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

eigentumsrechtlich geschützter Vermögenspositionen kommt die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) zum Ausdruck, die nach Auffassung des Gerichts in quantifizierbarer Gleichrangigkeit neben der Privatnützigkeit steht. Die daraus abgeleitete Belastungsgrenze von maximal 50% mag, die andauernde Überzeugungskraft ihrer Herleitung vorausgesetzt, auch außerhalb des Steuerrechts Bedeutung erlangen, wo der Staat die Sozialbindung des Eigentums durch den Zugriff auf geschützte Vermögenswerte realisiert 285 . Demgegenüber ist aber erneut daran zu erinnern, daß die Verfügung über Eigentumspositionen auf vertraglicher Grundlage aus Sicht des Grundrechtsträgers nicht Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums ist, sondern seiner Privatnützigkeit 286 . Der Bürger gibt im Vertrag nicht ohne eigenen Vorteil, sondern als Gegenleistung für eine erstrebte Verwaltungsleistung. Vor willkürlichen Forderungen schützt ihn in erster Linie das rechtsstaatliche Koppelungsverbot; das Angemessenheitsgebot gewährleistet Vertragsgerechtigkeit durch eine dem Koppelungsverbot nachgeordnete „Feinsteuerung". Dieser Funktion laufen voreilig gezogene starre Grenzen zuwider, die sich auch für den Bürger eher als Freiheitsbeschränkung denn als Schutz erweisen können 2 8 7 . Augenfällig wird das, wenn die planungsbedingte Wertsteigerung eher gering und zudem für den Vertragspartner nur von untergeordnetem Interesse ist. Bei einer Industrieansiedlung etwa wird es dem Vorhabenträger kaum um die Wertzuwächse der benötigten Flächen gehen, zumal diese mangels potentieller Käufer ohnehin in vielen Fällen theoretisch bleiben werden. Die strikte Bindung des zulässigen Vertragsinhaltes an die Planungsgewinne kann das gesamte Vorhaben gefährden, weil die Kosten für städtebauliche Maßnahmen (Gutachten, Erschließungsanlagen) und Folgeeinrichtungen den Wertzuwachs und die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde häufig übersteigen werden 2 8 8 . Diese Überlegungen zeigen, daß der planungsbedingte Wertzuwachs nur ein Indiz für die Angemessenheit der Gegenleistung des Vertragspartners sein kann. Im Einzelfall kann seine vollständige Abschöpfung (oder sogar darüber hinausgehende Gegenleistungen) zulässig sein 2 8 9 . Eine „isolierte" Planungsgewinnabschöpfung verbietet bereits das Koppelungsverbot. Wei285

Vgl. Leisner, NJW 1995, S. 2591, 2594. Vgl. oben Kapitel 4 II. 2. 287 Vgl. dazu oben Kapitel 5 III. 1. 288 0. Gaßner, BayVBl. 1998, S. 577, 581, Fn. 53 meint denn auch, ein Überschreiten der hälftigen Beteiligung sei möglich, wo Maßnahmen Kosten verursachen, durch die das Projekt erst ermöglicht werde. Das ist aber wegen des Kausalitätsgrundsatzes Voraussetzung jeder Kostenvereinbarung im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. Kritisch zur Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes auch die bei Kersten, DVB1. 1999, S. 222, 225, wiedergegebene Äußerung von Battis, der allerdings wohl vor allem bezweifelt, daß sich diese Neuerung in der Rechtsprechung des BVerfG auf Dauer wird durchsetzen können. 286

Zusammenfassung des zweiten Teils

193

tere bei der Prüfung der Angemessenheit zu berücksichtigende Kriterien sind z.B. der Umfang der für das Vorhaben insgesamt zu tätigenden Investitionen und seine Rentabilität 290 .

Zusammenfassung des zweiten Teils Gegenstand des zweiten Hauptteils der Abhandlung war das Verhältnis des § 11 BauGB zu den allgemeinen Regeln des Verwaltungsvertragsrechts. Eine der wichtigsten Fragen des gesamten Rechts der Verwaltungsverträge ist nach wie vor die nach der Bindung der vertraglich handelnden Verwaltung an das Gesetz. Die Untersuchung dieses Problemkreises hat ergeben, daß § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB nicht Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes sein kann, weil dieser keine allein auf die Handlungsform bezogene Forderung nach einer gesetzlichen Ermächtigung des Verwaltungshandelns aufstellt, die mit einer allgemeinen Norm wie § 11 Abs. 1 S. 1 erfüllt werden könnte. Soweit eine vertragliche Vereinbarung im Städtebaurecht wegen ihres besonderen Inhaltes nur mit einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung geschlossen werden darf, ist diese jedenfalls auf der ersten Regelungsebene des § 11 Abs. 1 BauGB nicht zu finden. § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB vermag auch nicht das in Art. 20 Abs. 3 GG verwurzelte Prinzip des Gesetzesvorranges außer Kraft zu setzen und städtebauliche Verträge generell von den Bindungen an die für alle Handlungsformen geltenden Vorschriften freizustellen. Insoweit ist auch weiter im Einzelfall danach zu fragen, ob gesetzliche Regelungen den Einsatz der Vertragsform verbieten oder die Ausgestaltung der Vertragsinhalte auf die Möglichkeiten paralleler hoheitlicher Instrumente begrenzen. Allerdings darf in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen werden, daß § 11 BauGB den Vertrag als Handlungsform im Verwaltungsrecht aufwerten will. Bei einer ansonsten „offenen" Gesetzeslage kann die Vorschrift daher als entscheidendes Argument für die Zulässigkeit des Vertrages und seine Lösung von den für einseitiges Handeln geltenden Bestimmungen herangezogen werden. Das gilt verstärkt für die konkreteren Regelungen der zweiten Ebene des § 11 Abs. 1. Damit werden aber bereits Fragen des besonderen Vertragsrechts angesprochen, die erst im folgenden (letzten) Teil der Arbeit behandelt werden sollen. 289

Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 148, verweisen zur Absicherung dieses Ergebnisses auf das besondere Städtebaurecht, das eine vollständige Abschöpfung der Planungsgewinne zur Finanzierung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme erlaubt (vgl. § 166 Abs. 3 S. 4 BauGB); im Ergebnis wie hier auch Pietzcker, in FS Hoppe, S. 439, 452 ff. 290 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 146 f.; Scharmer, NVwZ 1995, S. 219, 222; Hien, in FS Schlichter, S. 129, 132 ff. 13 Hamann

194

2. Teil: § 11 BauGB und das allgemeine Recht der Verwaltungsverträge

Insgesamt hat § 11 BauGB den Vertrag im Vergleich mit anderen Handlungsformen des Städtebaurechts zwar aufgewertet; am grundsätzlichen Verhältnis von Verwaltungsvertrag und Gesetz hat er aber nichts geändert und auch nichts ändern können. Der zweite große Bereich des allgemeinen Vertragsrechts, den § 11 BauGB berührt, betrifft die zulässige Gestaltung des Vertragsinhaltes. § 11 Abs. 2 BauGB unternimmt den Versuch, einheitliche Standards für das Verhältnis von vertraglicher Leistung und Gegenleistung unabhängig von der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Rechtsnatur der jeweiligen Verträge zu normieren. Er beschränkt sich dabei darauf, den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsätzen des Koppelungs- und des Übermaßverbotes eine positive Grundlage im Städtebaurecht zu geben. Gleichwohl bleibt auch dieser beschränkte Ansatz unvollständig: Der Gesetzgeber hat es unterlassen, die Grundforderung des allgemeinen Koppelungsverbotes nach einem sachlichen Zusammenhang zwischen der Vertragsleistung der Verwaltung und der Gegenleistung des Privaten in einer dem § 56 VwVfG vergleichbaren Weise zu normieren. Das Koppelungsverbot ist, wie eine nähere Analyse zeigt, der handlungsformspezifrsche Ausdruck der von Art. 20 Abs. 3 GG postulierten Gesetzesbindung der vertragsschließenden Verwaltung und daher für den einfachen Gesetzgeber nicht disponibel. § 11 Abs. 2 BauGB kann deshalb nicht als abschließende Regelung begriffen werden. Für die normative Begründung der sich aus dem Koppelungsverbot ergebenden Schranken der Zulässigkeit städtebaulicher Verträge muß daher auch weiterhin auf die allgemeinen Regeln des Verwaltungsvertragsrechts zurückgegriffen werden. Das zwingt zugleich zu einer Unterscheidung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vereinbarungen, da sich nur für verwaltungsrechtliche Verträge eine positive Regelung in § 56 VwVfG findet. Inhaltlich reicht der Konkretisierungsgrad des § 11 Abs. 2 BauGB nicht über den des § 56 VwVfG hinaus. Das ist angesichts des auf die Handlungsform Vertrag bezogenen Anwendungsbereichs und des daraus resultierenden Abstraktionsniveaus der Regelung unvermeidlich. Konkretere Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung ermöglicht die vertragstypenbezogene zweite Regelungsebene in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB. Der Gesetzgeber hat von diesen Möglichkeiten in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB in unterschiedlichem Ausmaß Gebrauch gemacht: A m weitesten geht die Regelung der Kostenvereinbarungen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3. Der Kausalitätsgrundsatz konkretisiert das allgemeine Koppelungsverbot und verschärft zugleich seine Anforderungen, wenngleich nur moderat. Damit stellt das Gesetz für diesen Vertragstyp einen verhältnismäßig gut handhabbaren, klar kontrollierbaren Zulässigkeitsmaßstab zur Verfügung. Für Maßnahmen- und Zielbindungsverträge ist § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB weniger aussagekräftig. Für den letztgenannten Vertragstypus konkretisiert

Zusammenfassung des zweiten Teils

195

Nr. 2 immerhin das allgemeine Koppelungsverbot durch die Bindung an die Ziele der Bauleitplanung, die dem Vorhaben des Vertragspartners zugrundeliegt. Demgegenüber muß für Vereinbarungen im Sinne der Nr. 1 vollständig auf die allgemeinen Regeln, das heißt auf den Abs. 2 und auf § 56 VwVfG zurückgegriffen werden. Zu den übrigen Themenkreisen des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts enthält § 11 BauGB keine Aussagen - wenn man davon absieht, daß Abs. 3 das Erfordernis der Schriftform auch auf privatrechtliche städtebauliche Verträge ausdehnt. Für die Lösung von Problemen etwa des Schutzes von Dritten oder der Wirksamkeit städtebaulicher Vereinbarungen muß auch zukünftig auf die allgemeinen, zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen differenzierenden Bestimmungen zurückgegriffen werden. Ein Verstoß gegen die zwingenden Regelungen des als „Verbotsgesetz" (i.S.d. § 134 BGB) zu wertenden § 11 BauGB hat allerdings einheitlich die Unwirksamkeit des Vertrages zur Folge 2 9 1 . Insgesamt zeigt sich, daß § 11 BauGB weit davon entfernt ist, die Grundsätze des allgemeinen Verlagsrechts abschließend in rechtsformübergreifender Form für das Städtebaurecht zu positivieren. Das liegt allerdings auch gar nicht in der Intention des Gesetzes. Der neu in das BauGB eingefügten Vorschrift geht es darum, die Handlungsform Vertrag im Städtebaurecht zu stärken und bestehendes Mißtrauen abzubauen. Dafür scheint der gewählte Ansatz grundsätzlich ausreichend, nur die grundlegenden inhaltlichen und formalen Anforderungen des Verwaltungsvertragsrechts zu normieren und zumindest in diesen Bereichen den Dualismus von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag zu überwinden. Im folgenden dritten und letzten Teil der Arbeit wird nunmehr zu untersuchen sein, welche Bedeutung § 11 BauGB für die verschiedenen Vertragsgestaltungen der städtebaulichen Praxis erlangen kann.

291 13*

Vgl. oben Kapitel 5 V.

Dritter

Teil

§ 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" im Städtebaurecht Ein dem Besonderen Schuldrecht des BGB auch nur annähernd vergleichbares „Besonderes Vertragsrecht" war bislang weder im Städtebaurecht noch sonst im Verwaltungsrecht ausgebildet. Speziell das Städtebaurecht ist gekennzeichnet von einer besonders unübersichtlichen Vielfalt von Vertragsgestaltungen 1. Im BauGB sind verstreut und in den verschiedensten Zusammenhängen Verträge detailliert ausgeformt, angedeutet oder auch nur vorausgesetzt 2. Systematisierungsversuche hat es in der Literatur zwar auch vor der Normierung des städtebaulichen Vertrages (in § 6 BauGB-MaßnG) gegeben3; ohne gesetzlichen Anhaltspunkt ist hier aber vieles unsicher geblieben, und vor allem Einzelfragen sind umstritten. Die dogmatische Bedeutung des § 11 BauGB und mehr noch sein Nutzwert für die Praxis hängen auch davon ab, inwieweit es der Vorschrift gelingt, Orientierungspunkte in der städtebaulichen Vertragslandschaft zu setzen und Streitfragen zu schlichten. Den Ansatzpunkt zu einer Systematisierung bietet vor allem die zweite Regelungsebene des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB. Deshalb ist zu prüfen, ob diese Regelung - und der gesamte § 11 BauGB - dazu in der Lage ist, Antworten auf die methodischen und inhaltlichen Fragen der besonderen Vertragsgestaltungen des Städtebaurechts zu geben. Daß es im Rahmen einer Untersuchung wie der vorliegenden nicht möglich ist, sämtliche aus der Praxis bekannten städtebaulichen Verträge auf ihr Verhältnis zu § 11 BauGB hin zu überprüfen, muß nicht weiter erläutert werden. Die Arbeit wird sich im folgenden auf drei große Gruppen von Vereinbarungen konzentrieren: Verträge zur Neuordnung der Bodenverhältnisse bilden den ersten Untersuchungsgegenstand (Kapitel 8). Diese Gruppe von Vereinbarungen zeichnet ihre Vielgestaltigkeit ebenso wie ihre Praxisrelevanz aus und der Umstand, daß sie außerhalb des § 11 BauGB keine gesetzliche Regelung erfah1 2 3

Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 1 ff. Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 27 ff. Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, a.a.O.; Krebs, DÖV 1989, S. 969, 970 ff.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

197

ren haben. Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung bieten sich umgekehrt gerade aus dem Grund für eine nähere Beschäftigung an (Kapitel 9), weil das Erschließungsrecht in § 124 BauGB die älteste und ausführlichste Normierung eines städtebaulichen Vertrages enthält. Zum Abschluß soll dann noch die Bedeutung des § 11 BauGB für Verträge aus dem Sanierungs- und Entwicklungsrecht der §§136 ff. BauGB behandelt werden (Kapitel 10). Das ist deshalb interessant, weil das Besondere Städtebaurecht eine Vielzahl rudimentärer und ausgeformter Vertragsregelungen beinhaltet und zudem über ein ausgefeiltes hoheitliches Instrumentarium verfügt.

Kapitel 8

§ 11 BauGB und die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse durch städtebaulichen Vertrag Die städtebauliche Praxis kennt eine Vielzahl von Vertragsgestaltungen, die auf eine Neuordnung der Grundstücksverhältnisse im Gebiet eines (künftigen) Bebauungsplanes gerichtet sind 4 . In erster Linie dienen diese bodenordnenden Verträge - wie die amtliche Umlegung - der Schaffung von Grundstücken, die „nach Lage, Form und Größe (zweckmäßig) für die bauliche oder sonstige Nutzung gestaltet" sind (§ 45 Abs. 1 S. 1 BauGB). Daneben verfolgen die Gemeinden mit dem Abschluß vertraglicher Vereinbarungen zur Bodenneuordnung häufig aber auch weitere, „bodenpolitische" Zielsetzungen5. Die gebräuchlichen Vertragsgestaltungen lassen sich wie folgt einteilen, wobei die Übergänge zwischen den jeweiligen Grundmustern oft fließend sind 6 : - Die „freiwillige Umlegung" ersetzt gleichsam das amtliche Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB 7 . Sie ist geprägt durch eine umfas-

4

Vgl. dazu ausführlich Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 474 ff.; Grziwotz, Baulanderschließung, S. 219 ff.; Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 48 ff. 5 Zumeist geht es den Gemeinden um den Erwerb von Flächen für den sozialen Wohnungsbau oder für den Gemeinbedarf; vgl. Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 492 ff. Denkbar ist darüber hinaus die Verknüpfung der vertraglichen Bodenordnung mit allen oben Kapitel 2 II. 3. a) behandelten Zielen der Bauleitplanung. Vgl. im einzelnen unten Kapitel 8 I. 4. b). 6 Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 474 ff. 7 Zur freiwilligen Umlegung allgemein vgl. neben den in Fn. 4 Genannten: Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 126 ff.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 51 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 42 ff.; Baur, in FS Mühl, S. 71 ff.; Otte , ZfBR 1984, S. 211 ff.

198

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

sende vertragliche Einigung zwischen der Gemeinde und den Eigentümern im Umlegungsgebiet über alle Aspekte der Bodenneuordnung 8. - Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und den Grundstückseigentümern werden aber auch innerhalb des gesetzlichen Umlegungsverfahrens getroffen 9. Hier geht es zumeist darum, das Verfahren durch die einvernehmliche Klärung offener Fragen und den Verzicht auf Rechtsmittel zu beschleunigen. Dabei wird z.T. auch vom gesetzlich vorgesehenen Rahmen abgewichen 10 . - Keine unmittelbare Verwandtschaft zur amtlichen Umlegung liegt in den Fällen vor, in denen die Gemeinde sämtliche Grundstücksflächen in dem zur Bebauung anstehenden Gebiet erwirbt, um sie nach Einbehalt der Erschließungsflächen und der Neuordnung der Grundstücksverhältnisse an Bauwillige zu veräußern 11 . Im folgenden soll zunächst die Bedeutung des § 11 BauGB für die „freiwillige Umlegung" untersucht werden.

I. § 11 BauGB und die „freiwillige Umlegung44 1. Typen der freiwilligen Umlegung Der Begriff „freiwillige Umlegung" steht nicht für einen Vertragstyp mit festgefügten Grundelementen. Er bezeichnet im Gegenteil eine Vielzahl von Vertragsgestaltungen, die sich zwar unter verschiedenen Gesichtspunkten zusammenfassen lassen, wegen der Experimentierfreude der Praxis eine dauerhafte und klare Einteilung aber verhindern 12 . Das folgende „Grobraster" nimmt vor allem die Stellung der Gemeinde im Vertragswerk in den Blick13:

8

Zu den Einzelheiten sogleich unten im Text. 2. Auflage, S. 37 ff.; Stang/Dürr, BauR 1996, Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, S. 209 ff.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 488 ff. 10 Ein Beispiel bei Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 490: Abweichung von den Vorschriften über den Flächenabzug und Flächenbeitrag (§§ 55, 58 BauGB) und über die Verteilung der Verfahrens- und Sachkosten (§ 78 BauGB); vgl. im einzelnen unten Kapitel 8 II. 11 Vgl. dazu Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 50 f.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 481 und unten Kapitel 8 III. 12 Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 42. 13 Daran orientieren sich auch Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 42, ähnlich Dieterich, Rdnr. 480 ff. 9

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

199

a) Umlegung durch Ringtausch Die sogenannte „klassische" freiwillige Umlegung funktioniert nach dem Tauschprinzip 14 . Anders als in der amtlichen Umlegung wird aus den im Umlegungsgebiet belegenen Grundstücken keine Umlegungsmasse gebildet, aus der dann jeder Eigentümer nach Abzug der Erschließungsflächen ein „neues" Teilstück erhält 15 . Vielmehr behalten hier alle Grundstückseigentümer ihre Stammflächen, die durch Tauschvorgänge an die Erfordernisse des Bebauungsplanes angepaßt werden. Die Gemeinde kann in zweifacher Weise an dieser Form der Grundstücksneuordnung beteiligt sein. Zum einen besitzt sie häufig selbst bebaubare Grundstücke in dem betroffenen Gebiet. In diesem Fall kann die Gemeinde wie die privaten Eigentümer auch an den Tauschgeschäften partizipieren 16 . Zum anderen ist es aber auch in der freiwilligen Umlegung regelmäßig notwendig, daß (zumindest) die im Bebauungsplan vorgesehenen Erschließungs- und Gemeinbedarfsflächen i.S.d. § 55 Abs. 2 BauGB in das Eigentum der Gemeinde gelangen. Die kostenlose Übertragung dieser Grundflächen auf die Gemeinde erfolgt auf der Grundlage eines entsprechenden Vertrages zeitlich vor dem eigentlichen Ringtausch, in dem sie zugunsten der abgebenden Grundstückseigentümer berücksichtigt werden muß 1 7 · 1 8 . b) Freiwillige

Umlegung in privater

Verfahrensträgerschaft

Ist die Grundstücksneuordnung durch Tausch wegen der Vielzahl von Beteiligten oder der ungünstigen Lage der einzelnen Teilflächen nicht möglich, bietet es sich an, die freiwillige Umlegung an die - technischen Grundsätze des amtlichen Verfahrens anzulehnen und alle Grundstücke des Gebietes zu einer Masse zu vereinigen, die nach bestimmten Grundsätzen wieder aufgeteilt wird 1 9 . Dies kann dadurch geschehen, daß alle Eigen14

Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 42; Dieterich Rdnr. 480. An dem sich freilich das bisherige Eigentum fortsetzt, § 63 BauGB; vgl. zum Surrogationsprinzip in der Umlegung auch Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 294. 16 Zu der Frage, ob die Gemeinde ihre Teilnahme verweigern darf, um sich in der dann notwendigen amtlichen Umlegung den vollen Flächenabzug nach § 58 BauGB sichern zu können, vgl. BGH, Urteil v. 02.04.1981, NJW 1981, S. 2124 (verneinend). 17 Vgl. Grziwotz, Baulanderschließung, S. 226 ff. mit Vertragsmuster. 18 Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 480 hält die „klassische" freiwillige Umlegung wegen der praktischen (vermessungs- und grundbuchtechnischen) Schwierigkeiten nur mit wenigen Beteiligten für durchführbar. Gleichwohl wird sie laut Grziwotz, Baulanderschließung, S. 226, am häufigsten praktiziert, da sie Grunderwerbssteuer und -nebenkosten zu vermeiden helfe. 15

200

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

tümer im Umlegungsgebiet eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, der die Flächen aufgelassen werden. Die Grundstücke werden dann zu einer Masse vereinigt, nach den verabredeten Maßstäben neu aufgeteilt und anschließend von der Gesellschaft auf die jeweiligen Eigentümer rückübertragen. Die Gemeinde ist an diesem Modell in gleicher Weise beteiligt wie an der „klassischen" Umlegung. Als Eigentümerin von Grundstücken ist sie Gesellschafterin der Trägergesellschaft, die ihr vor der Neuaufteilung der Umlegungsmasse die für öffentliche Zwecke benötigten Teilflächen auf vertraglicher Grundlage zu übertragen hat. Statt auf eine Eigentümergesellschaft können die Eigentümer die Grundstücke zur Neuverteilung auch auf einen Verfahrensträger als Treuhänder übertragen. Bei dem Verfahrensträger kann es sich sowohl um einen der Eigentümer handeln, der über genügend logistische Ressourcen verfügt, als auch über einen „neutralen" Dritten, der keine eigenen Interessen im Umlegungsgebiet verfolgt 20 . Das Verfahren läuft im übrigen genauso ab, wie oben geschildert. c) Freiwillige Umlegung in der Verfahrensträgerschaft der Gemeinde Verfahrensträger in dem soeben beschriebenen Sinne kann schließlich auch die Gemeinde selbst sein 21 . Diese Konstellation ist rein äußerlich der amtlichen Umlegung am nächsten, gleichwohl läuft das Verfahren im Prinzip nicht anders ab als in den zuvor geschilderten Fällen privater Verfahrensträgerschaft 22. Im folgenden wird zu überlegen sein, ob § 11 BauGB für diese verschiedenen Formen der freiwilligen Umlegung einen gemeinsamen rechtlichen Rahmen zu bilden vermag. Dabei beziehen sich die folgenden Ausführungen lediglich auf Verträge zwischen der Gemeinde und den privaten Eigentümern. Vereinbarungen, an denen die Gemeinde nicht beteiligt ist 2 3 , fallen von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 11 BauGB 2 4 . 19

Vgl. Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 482. Dieses Modell favorisiert Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 139; vgl. auch Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 43. 21 Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 43. 22 Ob man den Fall einer von der Gemeinde beherrschten juristischen Person als Verfahrensträger hier einordnet oder unter dem formalen Blickwinkel der privatrechtlichen Rechtsnatur als Fall der privaten Verfahrensträgerschaft ansieht (so Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 43), kann daher für den hier behandelten Zusammenhang dahinstehen. 23 Beispiel: Tauschverträge zwischen den privaten Eigentümern im Rahmen der „klassischen" freiwilligen Umlegung. 20

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2. Gesetzliche Grundlagen der „freiwilligen Umlegung" Nur auf den ersten Blick scheint fraglich, ob § 11 Abs. 1 BauGB die konstitutive normative Grundlage für die Substitution des amtlichen Umlegungsverfahrens durch vertragliche Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und den Eigentümern beinhaltet. Eine solche gesetzliche Ermächtigung für die Durchführung einer freiwilligen Umlegung wäre nur notwendig, wenn die Vorschriften über das amtliche Umlegungsverfahren einer vertraglichen Alternativlösung an sich entgegenstehen würden. Das ist indessen nicht der Fall. Die Grundstücksneuordnung auf vertraglicher Grundlage wurde seit jeher auch ohne gesetzliche Grundlage praktiziert 25 . Sie ist historisch sogar älter als das amtliche Umlegungsverfahren 26. Die Einführung des amtlichen Verfahrens hat nicht zur Unzulässigkeit der alternativen Bodenordnung durch Vertrag geführt. § 79 BauGB, der „Geschäfte", die der Vermeidung der Umlegung dienen, von Gebühren und nichtsteuerlichen Abgaben freistellt, zeigt, daß das Gesetz selbst die vertragliche Neuordnung der Grundstücksverhältnisse für zulässig erachtet 27 . Das ist auch nicht verwunderlich. Die durch die §§45 ff. BauGB eröffnete Möglichkeit, durch hoheitlichen „Zwang" eine plangerechte Bodenordnung herbeizuführen, ist Ausdruck des öffentlichen Interesses an der Verwirklichung der Bauleitplanung. Dieses öffentliche Interesse wird aber auch befriedigt, wenn sich die Eigentümer und die Gemeinde außerhalb des amtlichen Verfahrens auf eine den Planbedürfnissen entsprechende Neuordnung der Grundstücksverhältnisse einigen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß das gesetzliche Verfahren keinen Selbstzweck erfüllt, sondern mehr die Funktion eines „Nothelfers" für den Fall innehat, daß eine Einigung zwischen den Eigentümern nicht zustandekommt und daß es daher nicht eine Sperre für vertragliche Vereinbarungen sein w i l l 2 8 . Die vertragliche Substitution der amtlichen Umlegung wird daher allgemein auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage für zulässig erachtet 29 . Die ausdrückliche Erwähnung der „Neuordnung der Grundstücksverhältnisse" in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB kann als zusätzlicher gesetzlicher Beleg für diese Ansicht herangezogen werden 30 . 24

Vgl. aber für die analoge Anwendung des § 11 BauGB auf Vertragsschlüsse eines im Auftrage der Gemeinde handelnden Privaten unten Kapitel 8 III. 2. c). 25 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 50; Baur, in FS Mühl, S. 71, 72; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 465. 26 Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 465. 27 Vgl. Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 467; kritisch dazu Baur, in FS Mühl, S. 71, 79. 28 So die Argumentation von Baur, in FS Mühl, S. 71, 79 ff. 29 Vgl. neben den in den vorhergehenden Fußnoten Genannten vor allem die Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989 f.

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3. § 11 BauGB und die Grenzen des amtlichen Verfahrens Mit der Feststellung, daß eine vertragliche Bodenneuordnung generell zulässig ist, ist noch nichts darüber gesagt, welche gesetzlichen Bestimmungen den rechtlichen Rahmen für derartige Vereinbarungen bilden. Es kann an dieser Stelle noch offenbleiben, ob und wie im einzelnen § 11 Abs. 1 BauGB die verschiedenen Varianten der freiwilligen Umlegung, an denen die Gemeinde beteiligt ist, erfaßt 31 . Zunächst ist das Verhältnis der vertraglichen Grundstücksordnung zu den Vorschriften über die amtliche Umlegung näher zu untersuchen. An anderer Stelle ist bereits dargelegt worden, daß § 11 BauGB das Vertragshandeln der Gemeinde nicht generell von den gesetzlichen Bindungen freistellt, die für einseitige Handlungsformen gelten 3 2 . Einen speziellen Hinweis darauf, daß die §§45 ff. BauGB im Falle einer vertraglichen Bodenordnung keine Geltung beanspruchen können, enthält das Gesetz weder in § 11 BauGB noch an anderer Stelle. Daher ist zu klären, inwieweit die materiellen Vorgaben des amtlichen Verfahrens auch auf die freiwillige Umlegung anzuwenden sind und dabei eventuell die Bestimmungen des § 11 BauGB verdrängen. Kernproblem ist in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit der Vereinbarung von höheren Flächenabtretungen an die Gemeinde als im amtlichen Umlegungsverfahren vorgesehen 33. Im folgenden wird daher untersucht, ob die Bestimmungen über die Begrenzung der Flächenabgaben im amtlichen Verfahren auch für die freiwillige Umlegung Geltung beanspruchen. Insoweit ist es zunächst notwendig, sich mit dem Inhalt und der dogmatischen Funktion der angesprochenen Vorschriften zu befassen.

30 Bereits § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG, die Vorgängernorm des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, war als deklaratorische gesetzliche Entscheidung für die grundsätzliche Zulässigkeit der vertraglichen Bodenordnung außerhalb des amtlichen Verfahrens angesehen worden; vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 20, 105; Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, Auflage, S. 59 f.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 467. Die verkürzte Textfassung des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB erfaßt allerdings bei weitem nicht alle Varianten der freiwilligen Umlegung. Ein nicht geringer Teil der typischen Vereinbarungen zwischen Eigentümern und Gemeinde im Rahmen der vertraglichen Bodenordnung unterfällt den Nummern 2 und 3 des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB; vgl. dazu ausführlich unten Kapitel 8 I. 4. 31 Vgl. dazu unten Kapitel 8 I. 4. 32 Vgl. dazu oben Kapitel 4 I. 33 So ausdrücklich Grziwotz, Baulanderschließung, S. 224; ihm zustimmend Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 496a. Das kann aber - entgegen der wohl h.M. nicht heißen, daß vertraglich vereinbarte Landabgaben im Rahmen der von § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB gezogenen Grenzen stets unproblematisch zulässig sind; vgl. dazu unten Kapitel 8 I. 4. e).

1.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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a) Flächenabzug und Flächenbeitrag in der amtlichen Umlegung Die §§45 ff. BauGB regeln die Abgabe von Land zugunsten der Gemeinde an zwei Stellen: Gemäß § 55 Abs. 2 sind nach Bildung der Umlegungsmasse die vom Bebauungsplan für ortsbezogene öffentliche Anlagen festgesetzten Flächen auszuscheiden und an die Gemeinde (oder einen sonstigen Erschließungsträger) zu überweisen (sogen. Flächenabzug) 34 . Wird anschließend die Verteilung der verbleibenden „Verteilungsmasse" nach dem Flächenmaßstab (§ 56 Abs. 1 BauGB) vorgenommen, so ist gemäß § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB zur Abschöpfung der jeweils aus der Umlegung erwachsenden Vorteile 35 von dem rechnerisch ermittelten Sollanspruch der Umlegungsbeteiligten ein Flächenbeitrag abzuziehen. Der Flächenbeitrag ist auf den Umlegungsvorteil begrenzt; er darf zudem in erstmals erschlossenen Gebieten nicht mehr als 30%, in anderen Gebieten nicht mehr als 10% der eingeworfenen Flächen betragen 36 . Ein darüber hinausgehender Umlegungsvorteil verbleibt bei den Umlegungsbeteiligten 37 . In den Flächenbeitrag einzurechnen ist gem. § 58 Abs. 1 S. 1 der Flächenabzug nach § 55 Abs. 2 BauGB. Das heißt, der Flächenabzug ist Teil des Flächenbeitrages. Ist bereits durch den Abzug der für die ortsbezogenen öffentlichen Anlagen benötigten Flächen der Umlegungsvorteil abgeschöpft, so bleibt kein Raum für einen zusätzlichen Flächenbeitrag. Gleiches gilt, wenn schon der Flächenabzug die 30% (10%) Grenze des § 58 Abs. 1 S. 2 erreicht 38 . Allerdings wird der Flächenabzug nach § 55 Abs. 2 BauGB 34 Vgl. zur nur teilweisen Kongruenz der in § 55 Abs. 2 Nr. 1 und 2 aufgeführten Anlagen mit den beitragspflichtigen Erschließungsanlagen gem. § 127 Abs. 2 BauGB: Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59 Rdnr. 36 f. 35 Der Umlegungsvorteil entspricht bei der Bodenordnung in einem erstmals zu bebauenden Gebiet (Erschließungsumlegung) in der Regel der Wertsteigerung von Rohbauland zu (je nach der Zuteilungspraxis erschließungsbeitragspflichtigem oder -freiem) Bauland. Er ist damit nicht identisch mit der von der Planung verursachten Wertsteigerung, wenngleich die Trennung von Umlegungs- und Planungsgewinn bei parallel laufenden Verfahren praktisch nicht möglich sein wird, so ausdrücklich BVerfG, Beschluß v. 17.12.1964, BVerfGE 18, 274, 283 ff. Vgl. zum Ganzen Stemmler/Otte, in E/Z/B/K, zu § 57, Rdnr. 38 ff.; Schriever, in Brügelmann, zu § 57, Rdnr. 88 ff.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 190 ff. 36 Vgl. dazu nur Schriever, in Brügelmann, zu § 58, Rdnr. 20 ff.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 217. 37 Anders, wenn zur Verteilung der Wertmaßstab gewählt wird (§ 56 Abs. 1 BauGB). Dann wird zwar die Verteilungsmasse unverkürzt auf die Umlegungsbeteiligten übertragen, es ist aber gem. § 57 S. 5 BauGB stets der gesamte Umlegungsvorteil in Geld abzuschöpfen, vgl. dazu Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 204, 217; Schriever, in Brügelmann, zu § 58, Rdnr. 20; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 295.

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nicht durch die Regelung des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB begrenzt 39 . Ist nach dem Bebauungsplan ein höherer Flächenabzug gem. § 55 Abs. 2 BauGB notwendig, so kann dieser ohne Rücksicht auf § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB vorgenommen werden. Soweit der „erhöhte" Flächenabzug durch den Umlegungsvorteil gedeckt ist, ist er entschädigungslos zu leisten 40 . Übersteigt der Flächenabzug nach § 55 Abs. 2 - ausnahmsweise - die umlegungsbedingte Werterhöhung, erhält der Umlegungsbeteiligte also eine im Vergleich zu seinem Einwurfsgrundstück weniger wertvolle Fläche zugeteilt, so ist ihm gemäß § 59 Abs. 2 BauGB Ausgleich nach Enteignungsgrundsätzen zu leisten 41 . Mit Ausnahme des zuletzt genannten, entschädigungspflichtigen Falles führen die Regelungen über Flächenabgaben in der amtlichen Umlegung im Ergebnis stets dazu, daß der Umlegungsbeteiligte ein dem Wert seiner ursprünglichen Fläche mindestens entsprechendes Grundstück aus der Verteilungsmasse erhält 42 . b) Flächenabgaben und eigentumsdogmatische Einordnung der amtlichen Umlegung Das beschriebene System der Flächenabgaben ist wesensbestimmend für die (herrschende 43) eigentumsdogmatische Einordnung der amtlichen Umlegung: Die Gewährleistung des Eigentums in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG schützt in erster Linie den „Bestand des Eigentums in der Hand des Eigentümers" 44 . Erst in zweiter Linie und subsidiär - nämlich in der Enteignung i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG - tritt an die Stelle der Bestandsgarantie die Wertgarantie des Eigentumsgrundrechts 45. Der in der amtlichen Umlegung angelegte „Zwangstausch" und die damit verbundene Trennung des betroffenen

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Vgl. nur Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 219 f. Stemmler /Otte, in E/Z/B/K, zu § 55, Rdnr. 10; Lohr, in B/K/L, zu § 58, Rdnr. 9; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 220. 40 Stemmler/ Otte y in E/Z/B/K, zu § 55, Rdnr. 10; Lohr, in B/K/L, zu § 58, Rdnr. 9; zweifelnd insoweit Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 220. 41 Lohr, in B/K/L, zu § 58, Rdnr. 9. 42 Grundsatz der Wertgleichheit, vgl. Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59, Rdnr. 5 ff. 43 Vgl. unten Fn. 47. 44 BVerfG, Urt. v. 18.12.1968, BVerfGE 24, S. 367, 400; Beschl. v. 12.11.1974, BVerfGE 38, S. 175, 181; Beschl. v. 15.07.1981, BVerfGE 58, S. 300, 323; Papier, in M/D/H/S, zu Art. 14, Rdnr. 9 f.; Bryde, in v. Münch/Kunig, zu Art. 14, Rdnr. 24. 45 Vgl. Papier, in M/D/H/S, zu Art. 14, Rdnr. 9 f.; Bryde, in v. Münch/Kunig, zu Art. 14, Rdnr. 24; Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59, Rdnr. 3. 39

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Eigentümers zumindest von Teilen seines spezifischen Grundstücks berührt die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 G G 4 6 . Gleichwohl wird die Umlegung von der ganz h. M. als (verhältnismäßige) Inhaltsbestimmung des Eigentums angesehen47. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Auffassung inzwischen bestätigt 48 . Die verschiedenen Begründungsansätze für diese Einordnung in die Dogmatik des Art. 14 GG können hier nur angedeutet werden. Als zu formal erscheint der Rückgriff auf das in § 63 BauGB angesiedelte Surrogationsprinzip, nach dem sich das Eigentum an dem eingeworfenen Grundstück an dem neu zugeteilten rechtlich fortsetzt 49 . Auch der oben schon angedeutete Grundsatz der Wertgleichheit vermag allein die Qualifizierung der Umlegung als Inhaltsbestimmung des Grundeigentums nicht zu tragen 50 . Der (Tausch-) Wert besitzt im Rahmen des Art. 14 GG nur sekundäre Bedeutung 51 . Zwar wird der Grundsatz der Wertgleichheit regelmäßig die Grenze der verhältnismäßigen Inhaltsbestimmung bilden; andererseits bleibt eine Enteignung aber auch dann eine Enteignung, wenn wertgleich (in Land) entschädigt wird 5 2 . Die meisten Vertreter der herrschenden Ansicht sehen die „Privatnützigkeit" der Umlegung als das entscheidende Kriterium zur Unterscheidung von der Enteignung an 5 3 . Wesensmerkmal der Enteignung soll danach die Entziehung von Eigentumspositionen im - von den Eigentümerinteressen geschiedenen - Interesse der Allgemeinheit sein. Dagegen schaffe die Um46

So ausdrücklich Schmidt-Aßmann, DVB1. 1982, S. 152, 154; Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59, Rdnr. 4. 47 Vgl. ausführlich zur Dogmengeschichte des Qualifikationsproblems SchmidtAßmann, Studien, S. 16 ff.; vgl. im Sinne der h.M. ders., DVB1. 1982, S. 152, 154 ff.; Lohr in B/K/L, vor §§ 45-84, Rdnr. 9; Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59, Rdnr. 1; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 294 f. m.w.N.; aus der Rechtsprechung: BGH, Urt. v. 21.02.1980, DVB1. 1980, S. 685; Urt. v. 06.12.1984, DVB1. 1985, S. 789; a.A. in jüngerer Zeit z.B. Nürnberger, BayVBl. 1988, S. 737, 741; Kraft, BayVBl. 1994, S. 97, 103 f. Weitere Nachweise auch auf die frühere Gegenmeinung bei Schmidt-Aßmann, Studien, S. 38 ff. Offengelassen ist die eigentumsdogmatische Einordnung der amtlichen Umlegung in BVerwG, Urt. v. 22.3. 1990, BVerwGE 85, S. 96, 98 f. 48 BVerfG, Beschl. v. 22.05.2001, DVB1. 2001, S. 1427, 1428. 49 Kritisch zu diesem Argument Schmidt-Aßmann, DVB1. 1982, S. 152, 154 m.w.N. 50 Schriever, in Brügelmann, Rdnr. 4 ff.; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 294 f. m.w.N.; kritisch auch insoweit Schmidt-Aßmann, DVB1. 1982, S. 152, 155. 51 Vgl. bereits oben Fn. 45. 52 Vgl., auch Schmidt-Aßmann, Studien, S. 35, 47 f., 58. 53 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.05.2001, DVB1. 2001, S. 1427, 1428; ausführlich Schmidt-Aßmann, Studien, S. 29 f.; 49 f.; 58 ff.; ders., DVB1. 1982, S. 152, 155; ebenso Papier, in M/D/H/S, zu Art. 14, Rdnr. 654 f.; vgl. auch Lohr, in B/K/L, vor §§ 45-84, Rdnr. 8; Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59, Rdnr. 1; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 294 m.w.N.

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legung die Voraussetzungen für die Entstehung von Bauland auf den Grundstücken der betroffenen Eigentümer und entspreche damit regelmäßig auch ihren (zumindest objektiven) Interessen. In der Umlegung werde die für das Eigentum i.S.d. Art. 14 GG konstitutive Privatnützigkeit daher nicht aufgehoben, sondern sogar gefördert. Dieser Umstand trenne die Umlegung von der primär fremdnützigen Enteignung und rechtfertige zugleich die Beeinträchtigung der Bestandsgarantie „von innen heraus" 54 . Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung ist es nicht notwendig, die herrschende eigentumsdogmatische Einordnung der amtlichen Umlegung näher zu hinterfragen 55 . Wichtig sind hier allein die Konsequenzen, die sich aus diesem Ansatz für das Verständnis der Bestimmungen über Flächenabgaben in den §§ 55, 58 BauGB ergeben. Auch diese Vorschriften müssen sich in die für die Ausgestaltung der Umlegung wichtige dogmatische Einordnung als privatnützige und deshalb inhaltsbestimmende Regelung des Eigentums einfügen: Unproblematisch ist dies zunächst bei den Flächenabzügen für die ortsbezogenen öffentlichen Grün- und Verkehrsflächen gemäß § 55 Abs. 2 BauGB. Diese dienen in erster Linie der Erschließung des Umlegungsgebietes und sichern damit die Bebaubarkeit der dort belegenen Grundstücke 56 . Die Beschaffung der Erschließungsflächen ist für die (privatnützigen) Zwecke der Umlegung unabdingbar; sie braucht daher auch nicht entschädigt zu werden 57 . Demgegenüber ist die Abschöpfung des Umlegungsvorteils durch den Flächenbeitrag nicht selbst privatnützig 58 . Sie zerstört den von der herrschenden Meinung angenommenen privatnützigen Charakter der Umlegung aber auch nicht, solange sie sich in bestimmten (von § 58 BauGB abge54

Schmidt-Aßmann, DVB1. 1982, S. 152, 155. Die Kritiker der herrschenden Meinung stellen vor allem auf das Spannungsverhältnis der dargestellten interessenbezogenen Argumentation der h.M. zu der „Reformalisierung" des Enteignungsbegriffs in der Rechtsprechung des BVerfG ab; vgl. Nürnberger, BayVBl. 1988, S. 737, 741; Kraft, BayVBl. 1994, S. 97, 103 f. Das BVerfG selbst betont demgegenüber, dass sich die Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG auf Fälle beschränke, „in denen Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll". Sei mit dem Entzug bestehender Rechtspositionen der Ausgleich privater Interessen beabsichtigt, könne es sich nur um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums handeln; vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.05.2001, DVB1. 2001, S. 1427, 1428. Ausführlich zum Ganzen Schmidt-Aßmann, Studien, S. 55 ff. 56 Schmidt-Aßmann, DVB1. 1982, S. 152, 155 spricht von einem in naturaliter erbrachten Erschließungsbeitrag; zu den Unterschieden vgl. aber bereits oben Fn. 34. 57 So bereits BVerwG, Urt. v. 09.11.1954, BVerwGE 1, S. 225 ff. 58 Vgl. Schmidt-Aßmann, Studien, S. 141 ff.; ders., DVB1. 1982, S. 152, 156. 55

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steckten) Grenzen bewegt. Der vorteilsausgleichende Flächenbeitrag beruht auf der Erwägung, daß es unbillig wäre, den Umlegungsbeteiligten einen Gewinn zufließen zu lassen, der ausschließlich durch Anstrengungen der Allgemeinheit (sprich: der das Verfahren durchführenden Gemeinde) zustandegekommen ist 5 9 . Dabei ist vor allem in Betracht zu ziehen, daß es gemäß § 78 BauGB die Gemeinde ist, die die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Abschöpfung des Umlegungsvorteils ist daher in erster Linie als pauschale Abgeltung der Verfahrenskosten zu verstehen 60 . Dieser Gedanke des Vorteilsausgleiches erlaubt nach überkommener Auffassung grundsätzlich eine vollständige Abschöpfung der Umlegungsgewinne 6 1 . Das scheint vom Standpunkt des Art. 14 Abs. S. 1 GG unproblematisch, wenn der Ausgleich in Geld erfolgt 62 . Dagegen liegt in der Flächenabschöpfung ein Zugriff auf den Bestand des Eigentums 63 . Dieser muß, um noch als verhältnismäßige Inhaltsbestimmung im Sinne der herrschenden Meinung gelten zu können, so gestaltet werden, daß dem betroffenen Eigentümer noch eine hinreichend große Eigentumssubstanz verbleibt 64 . Die 30% (10%) Grenze des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB ist vor diesem Hintergrund nicht nur als ein auf den durchschnittlichen Umlegungsgewinn bezogener Typisierungsversuch des Gesetzgebers zu verstehen, sondern auch als von Art. 14 Abs. 1 S. 1 her gebotene Beschränkung des Zugriffs auf den Eigentumsbestand65. 59 Lohr, in B/K/L, zu § 57, Rdnr. 23; Schriever, in Brügelmann, zu § 57, Rdnr. 86; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 296 m.w.N. 60 Stemmler/Otte, in E/Z/B/K, zu § 57, Rdnr. 38, 45; vgl. auch Schriever, in Brügelmann, zu § 58, Rdnr. 4. 61 Vgl. Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 296; m.w.N. 62 Vgl. Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 296; ausführlich, auch zu den Grenzen Traeger, Die Ausgestaltung des Grundeigentums, S. 126 ff.; vgl. aber den oben, S. 191, bereits erwähnten Beschluß des BVerfG vom 22.06.1995, BVerfGE 93, S. 121 ff., zur Ausdehnung des Schutzes von Art. 14 GG auf Vermögenserträge. 63 Vgl. Schriever, in Brügelmann, zu § 58, Rdnr. 3 f.; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 295 ff. 64 Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 297 ff. 65 So ausdrücklich auch Traeger, Die Ausgestaltung des Grundeigentums, S. 135. Ob diese Grenze zwingend bei den in § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB verwendeten Weiten zu ziehen ist, kann hier dahinstehen. Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 297 ff., hält die seinerzeit erwogene Anhebung des Flächenbeitrags auf 50% für verfassungswidrig. Vgl. dazu auch Schmidt-Aßmann, Studien, S. 145 ff., der eine vorsichtige Erhöhung der Flächenbeiträge mit Blick auf die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen in den Flächenabzug (vgl. jetzt § 55 Abs. 2 S. 2 BauGB) für mit Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG für vereinbar hält. Nicht zwingend erscheint allerdings, daß § 58 Abs. 1 S. 3 BauGB auch die Möglichkeit unterbindet, einen über 30% hinausgehenden Umlegungsvorteil in Geld abzuschöpfen. Insoweit kann allenfalls von einer Kompensation für die Beteiligten einer Umlegung nach dem Flächenmaßstab gesprochen werden, die ja anders als bei der Anwendung des Wertmaßstabes eine

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Nur der Vollständigkeit halber ist zu betonen, daß ein über den Abzug der Erschließungsflächen hinausgehender Flächenbeitrag nach der hier zugrunde gelegten Konzeption der herrschenden Meinung auf den Vorteilsausgleich beschränkt bleiben muß. Eine höhere zwangsweise Landgabe, etwa mit dem Ziel, der Gemeinde Flächen für bestimmte bodenpolitische Aufgaben zur Verfügung zu stellen, würde die Privatnützigkeit der Umlegung zerstören und das Institut insgesamt nicht mehr als zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums erscheinen lassen 66 .

c) Konsequenzen für die Anwendbarkeit auf die vertragliche Bodenordnung Die Diskussion über die Bedeutung der Regelungen des amtlichen Verfahrens für die freiwillige Umlegung dreht sich in erster Linie um die Frage der sogenannten „Mehrflächenabtretungen", also darum, ob die Grenzen des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB für Flächenabgaben auf die vertragliche Bodenordnung übertragbar sind oder nicht 6 7 . Dabei geht die ganz überwiegende Ansicht dahin, daß die Regelungen des Umlegungsrechts und insbesondere auch § 58 „offen" seien für vertragliche Abweichungen 68 . In der dogmatischen Begründung dieses Ergebnisses bestehen jedoch Unsicherheiten; ζ. T. wird der Vertragspraxis geraten, die Forderung nach Landabgaben auf den 30% Anteil des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB zu beschränken 69. Eine Auseinandersetzung mit der aufgeworfenen Frage muß von der oben herausgearbeiteten Funktion des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB für das amtliche Umlegungsverfahren ausgehen. Wie gesehen wird nach überwiegender Ansicht durch die Beschränkung des vorteilsausgleichenden Flächenbeitrags auf höchstens 30% (10%) der inhaltsbestimmende Charakter des mit der Umlegung verbundenen Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht gewahrt und Beeinträchtigung der Bestandsgarantie des Eigentums in Form des Flächenbeitrages hinnehmen müssen, vgl. Schriever; in Brügelmann, zu § 58, Rdnr. 4. 66 Vgl. Schmidt-Aßmann, DVB1. 1982, S. 152, 155. 67 Vgl. (auch dazu, daß in dieser Ausrichtung der Diskussion möglicherweise eine unangebrachte Verengung liegt) schon oben Fn. 33; ferner BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989 f.; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 145 ff.; Baur, in FS Mühl, S. 71, 81 f.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 57 f.; Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 550 f.; Stich, BauR 1997, S. 747 f.; Otte, ZfBR 1984, S. 211, 212 f.; Busse, BayVBl. 1994, S. 353, 355. 68 Vgl. von den in der vorhergehenden Fn. Genannten insbesondere BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989 f.; ferner BVerwG, Beschl. v. 17.07.2001, ZfBR 2002, S. 74, 76; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.11.2000, BWGZ 2001, S. 799, 803; nicht so deutlich Stich, BauR 1997, S. 747 f.; kritisch Grziwotz, Baulanderschließung, S. 224. 69 Busse, BayVBl. 1994, S. 353, 355.

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damit zugleich der Abstand zur entschädigungspflichtigen Enteignung. Die Übertragung dieser Beschränkung auf die freiwillige Bodenordnung wäre demnach geboten, wenn auch dort die Notwendigkeit bestünde, einen Grundrechtseingriff mit Hilfe einer pauschalen Grenzziehung auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Es ist bereits ausführlich dargelegt worden, daß die Kategorie des Grundrechtseingriffs keine adäquate Beschreibung des vertraglichen Leistungsaustausches bietet 70 . Zwar vermindert auch die Landabgabe auf vertraglicher Grundlage rein tatsächlich das Substrat der Eigentumsgewährleistung. Diese Minderung des Eigentumsbestandes wird vom Bürger aber nicht als Ergebnis eines einseitigen staatlichen Zugriffs hingenommen, sondern freiwillig mit dem Ziel herbeigeführt, das Eigentum als „Tauschmasse" zum privaten Nutzen zu gebrauchen. Auch in der freiwilligen Umlegung ist der Vertragsschluß nicht Grundrechtseingriff, sondern Grundrechtsausübung. Dementsprechend liegt die Aufgabe einer gesetzlichen Regelung der freiwilligen Umlegung auch darin, die Entscheidungsfreiheit des privaten Vertragspartners zu schützen bzw. dort, wo Autonomieverluste wegen der Marktmacht der Gemeinde unvermeidbar sind, diese durch geeignete Vorschriften im Sinne der Herstellung materieller Vertragsgerechtigkeit zu kompensieren 71 . Auf einseitiges Verwaltungshandeln zugeschnittene, starre Regelungen wie § 58 Abs. 1 BauGB vermögen das kaum zu leisten, zumal die Zielsetzungen der freiwilligen Umlegung in der Regel deutlich weiter gesteckt sind als die des amtlichen Verfahrens. Wie bereits angedeutet, dient die vertragliche Bodenordnung zumeist nicht allein der Schaffung plangerechter Grundstücks Verhältnisse; vielmehr geht es häufig darum, erst die Voraussetzungen für die auch und gerade von den Grundstückseigentümern gewünschte Planung zu schaffen. So verpflichten diese sich in den meisten Fällen, über die Flächen für die eigentlichen Erschließungsanlagen (i.S.d. § 55 Abs. 2 BauGB) hinaus auch kostenlos Land für weitere erforderliche Infrastruktureinrichtungen bereitzustellen, weil die Gemeinde die Planung sonst aus finanziellen Gründen scheitern lassen würde. Diese Vertragsgestaltung deckt sich grundsätzlich auch mit den Interessen der Grundstückseigentümer, wenn und weil der mit der Baulandausweisung verbundene wirtschaftliche Vorteil die Nachteile erhöhter Flächenabgaben ausgleicht. Die Anwendung der starren, ursprünglich allein auf Erschließungsflächen und Umlegungsvorteil berechneten Grenzen des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB auf diese Konstellation in der „freiwilligen Umlegung" wäre nicht interessengerecht und würde für den privaten Vertragspartner nicht Grund-

70 71

Vgl. oben Kapitel 4 II. 2. a). Vgl. oben Kapitel 4 II. 2. b) bb).

14 Hamann

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

rechtsschutz, sondern Beschränkung seiner grundrechtlich gewährleisteten Verfügungsmacht bedeuten 72 . Im Ergebnis zeigt sich damit, daß § 58 Abs. 1 BauGB seine grundrechtsschützende Funktion außerhalb des amtlichen Umlegungsverfahrens weder rechtsdogmatisch noch rechtspraktisch zu erfüllen vermag. Zumindest in dem wichtigen Bereich der Zulässigkeit von Flächenabgaben sind also die §§45 ff. BauGB nicht nur offen für Abweichungen durch Vertrag; sie sind für vertragliche Vereinbarungen sogar ohne jede Relevanz. Der notwendige Schutz des privaten Vertragspartners der Gemeinde vor ungerechtfertigten Leistungsverpflichtungen (aber auch der Schutz der Allgemeinheit vor ungesetzlichen Vertragspflichten der Gemeinde) kann nur durch das gegenüber § 58 Abs. 1 flexiblere Vertragsrecht gewährleistet werden 73 .

4. § 11 BauGB und die Zulässigkeit einzelner Vertragsgestaltungen in der freiwilligen Umlegung Damit ist nunmehr zu prüfen, in welchem Umfang § 11 BauGB Antworten auf die mit der freiwilligen Umlegung zusammenhängenden Fragen enthält. Das kann nicht en bloc für die Gesamtheit der Vertragskonstruktionen beurteilt werden, die unter der Bezeichnung „freiwillige Umlegung" firmieren. Die Struktur insbesondere des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB macht es notwendig, die einzelnen Vereinbarungen, die typischerweise im Rahmen einer vertraglichen Bodenordnung getroffen werden, gesondert daraufhin zu überprüfen, ob und mit welchen inhaltlichen Konsequenzen sie von der gesetzlichen Regelung des städtebaulichen Vertrages erfaßt werden. Dabei kann bereits mit Blick auf die Vertragstypen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB - zwischen folgenden Regelungsgegenständen der freiwilligen Umlegung unterschieden werden 74 : Organisation und Finanzierung der Bodenordnung (a), 72

Im übrigen müßte der private Vertragspartner auch bei Anwendung des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB mit unangemessenen Forderungen rechnen. Die - nicht ausdrücklich zweckgebundene - Abschöpfung des Umlegungsvorteils bis zur Grenze von 30% der eingeworfenen Fläche ist in der amtlichen Umlegung wie gesehen unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs gerechtfertigt. Dieses Argument greift aber nicht, wenn der Umlegungsvorteil in erster Linie auf der privaten Initiative der Grundstückseigentümer beruht, und der Gemeinde durch die Bodenordnung auch keine Kosten entstehen. Vgl. dazu unten Kapitel 8 I. 4. e). 73 So im Ergebnis auch schon Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 42 ff.; ferner BVerwG, Beschl. v. 17.07.2001, ZfBR 2002, S. 74, 76; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.11.2000, BWGZ 2001, S. 799, 803; vgl. im übrigen die in Fn. 67 Genannten. 74 Denkbar und zulässig sind auch weitere Kombinationen von „freiwilliger Umlegung" und den Vertragstypen des § 11 Abs. 1 Satz 2 BauGB, z.B. die Verknüpfung mit einem „Einheimischenmodell", vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.07.2000, BauR 2001, S. 612 ff.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstücksverhältnisse

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Flächenabtretungen für städtebauliche Maßnahmen (b), für Folgeeinrichtungen (c) und bodenpolitische Zwecke (d) sowie zur Abschöpfung des UmlegungsVorteils (e). a) Vereinbarungen über Organisation und Finanzierung der freiwilligen Umlegung aa) Einordnung Eine wesentliche logistische Voraussetzung ist auch für die „freiwillige Umlegung" die Erstellung eines Umlegungsplanes, der die Grundlage für die interessengerechte Verteilung der Grundstücke im Umlegungsgebiet bildet. Je nach Größe des Gebietes und Anzahl der beteiligten Eigentümer verursacht die Ausarbeitung dieses Planes z.T. erheblichen organisatorischen Aufwand und hohe Kosten. Hinzu kommen die Gebühren für die notwendigen Vermessungsarbeiten und für die notarielle Beurkundung der den Flächenübertragungen zugrunde liegenden Verträge. In der amtlichen Umlegung ist die Durchführung des Verfahrens Sache der Gemeinde (§ 46 Abs. 1 BauGB). Gemäß § 78 BauGB hat die Gemeinde auch die dadurch entstehenden Kosten 75 zu tragen; sie wird dafür allerdings - wie gesehen - durch die Möglichkeit entschädigt, den umlegungsbedingten Vorteil von den Umlegungsbeteiligten abzuschöpfen. In der „freiwilligen Umlegung" müssen Verfahrenszuständigkeit und Finanzierungsfragen durch den Vertrag geregelt werden 76 . Derartige Vereinbarungen können (soweit die Gemeinde an ihnen beteiligt ist 7 7 ) als Maßnahmenverträge dem § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB unterfallen. Das gilt zunächst für Vertragsgestaltungen, in denen es die Eigentümer selbst (bzw. eine von ihnen gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts) übernehmen, die erforderlichen Vorarbeiten auszuführen und die entstehenden Kosten zu tragen. Unter den Wortlaut von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB ist aber auch eine Vereinbarung subsumierbar, in der sich die Eigentümer verpflichten, auf eigene Rechnung einen Dritten als Verfahrensträger für die Umlegung zu beauftragen. Wird der Verfahrensträger - wie häufig - von der Gemeinde ausgesucht und von ihr allein oder gemeinsam mit den Eigen75

Notariatskosten fallen allerdings im amtlichen Verfahren nicht an; vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 989 f. 76 Bei kleineren Umlegungen im Ringtauschverfahren wird der „Umlegungsplan" meist zwischen den Beteiligten ausgehandelt, ohne daß dafür gesonderte Kostenvereinbarungen getroffen werden. Im Vertrag taucht dann nur eine Regelung hinsichtlich der Notariatskosten auf; vgl. das Vertragsmuster bei Grziwotz, Baulanderschließung, S. 227 ff. 77 Vgl. den einleitenden Hinweis oben Kapitel 8 I. 1. b). 1*

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

tümern beauftragt (wobei letztere regelmäßig allein das Honorar aufzubringen haben) 78 , so liegt strenggenommen weder ein Fall des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB noch der Nr. 3 vor. Der sachliche Unterschied zu den Fällen, in denen die Eigentümer nach dem Vertrag mit der Gemeinde allein für die Beauftragung eines Dritten zu sorgen haben, ist aber gering; er liegt allein in der technischen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zu dem Verfahrensträger, da die Gemeinden sich auch hier ein entscheidendes Mitspracherecht bei der Auswahl sichern werden. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, auch diese Vertragskonstruktion unter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB zu fassen. Nicht § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB, sondern Nr. 3 ist schließlich einschlägig, wenn nach dem Vertrag die Gemeinde die Durchführung der Bodenneuordnung als Verfahrensträgerin organisieren und die dadurch entstehenden Kosten von den Umlegungsbeteiligten erstattet bekommen soll. bb) Rechtliche Konsequenzen Die rechtlichen Grenzen für alle die Verfahrensgestaltung und -finanzierung betreffenden Vertragsgestaltungen lassen sich danach aus § 11 BauGB bestimmen 79 . Für die Erstattung von Kosten der als Verfahrensträgerin agierenden Gemeinde gilt der Kausalitätsgrundsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB; in den anderen Konstellationen sind über § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB die Bestimmungen des § 11 Abs. 2 BauGB und ergänzend das allgemeine Koppelungsverbot maßgeblich. Die praktischen Unterschiede, die sich aus der Anwendung dieser differierenden Maßstäbe ergeben, sind eher gering 80 . Denkbar ist, daß ein großer Vorhabenträger nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB die Bodenneuordnung in einem Gebiet allein organisiert und finanziert, obwohl dadurch noch andere kleinere Vorhaben ermöglicht werden. Die Zulässigkeit ist hier eine Frage der Angemessenheit im Einzelfall. Wird die Umlegung in der Verfahrensträgerschaft der Gemeinde durchgeführt, so darf nach dem strengeren Kausalitätsgrundsatz jeder Umlegungsbeteiligte nur die auf sein Vorhaben entfallenden Kosten übernehmen. Ein weiteres Problem zeigt sich beim Umfang der erstattungsfähigen Kosten:

78 79 80

Vgl. den Beispielsfall von Stich, BauR 1997, 744 ff. Vgl. Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 496. Vgl. allgemein bereits oben Kapitel 6 I. 1. b).

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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cc) Erstattungsfähigkeit interner Verwaltungskosten? Ist die Bodenneuordnung zur Planrealisierung notwendig, so ist aus Sicht des Kausalitätsgrundsatzes nichts gegen eine vollständige Übernahme der Verfahrenskosten durch die Eigentümer einzuwenden. Die privaten Umlegungsbeteiligten können sich also beispielsweise gegenüber der Gemeinde dazu verpflichten, das gesamte Honorar für einen unabhängigen Verfahrensträger allein zu bezahlen. Die Aufwendungen für die Einschaltung des Verfahrensträgers sind „Voraussetzung" i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB für die spätere Bebaubarkeit der Grundstücke im Umlegungsgebiet. Wird die Gemeinde selbst als Verfahrensträgerin tätig, so kann zunächst unproblematisch die Ersetzung der entstehenden externen Kosten vereinbart werden, d.h. etwa die Ausgaben für die Beauftragung Dritter, für Vermessungsarbeiten etc. Fraglich ist aber, ob die Gemeinde auch ihre internen Kosten, insbesondere ihre Personalausgaben, von den privaten Vertragspartnern ersetzt verlangen darf 8 1 . Für die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen scheint zu sprechen, daß die Gemeinde ansonsten schlechter gestellt wäre, als wenn sie einen Dritten als Verfahrensträger eingeschaltet hätte. Dieser „Billigkeitsgedanke" vermag aber nicht darüber hinwegzuhelfen, daß zwischen den internen Verwaltungskosten und den geplanten Vorhaben der Vertragspartner nicht der von § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB geforderte Kausalzusammenhang besteht. Die Aufwendungen für Personal und Sachmittel entstehen der Gemeinde nämlich auch, wenn sie die Bodenordnung nicht in eigener Regie durchführt; diese Ausgaben sind gleichsam fix und werden aus dem steuerfinanzierten Gemeindehaushalt abgedeckt. § 11 BauGB erlaubt aber nicht die Abwälzung von Kosten, die bereits anderweitig finanziert sind 8 2 .

81

Die gleiche Frage stellt sich bei Verträgen über die Erstattung der Kosten für die städtebauliche Planung, die früher von § 6 Abs. 3 S. 1 BauGB-MaßnG ausdrücklich angesprochen waren und jetzt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB unterfallen. Vgl. dazu Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 159; Bunzel/Coulmas/SchmidtEichstaedt, 2. Auflage, S. 157 ff. 82 Bunzel/Coulmas/Metscher/Schmidt-Eichstaedt, 1. Auflage, S. 115 bezeichnen den Kausalitätsbegriff (des § 6 Abs. 3 S. 3 BauGB-MaßnG) deshalb als „kameralistisch" (als Gegensatz zu „betriebswirtschaftlich"); anders jetzt aber Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 157 ff.: Die Abwälzung verwaltungsinterner Personalkosten soll grundsäzlich zulässig sein, wenn die Kosten dem Vorhaben des privaten Vertragspartners „eindeutig zurechenbar" sind. Im Ergebnis wie hier Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 159; Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 51; vgl. auch den Bericht der Expertenkommission, S. 98, Rdnr. 147.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" dd) Kostenerstattung durch Flächenabtretung

Die nach alledem erstattungsfähigen Aufwendungen der Gemeinde können in Geld ausgeglichen werden, möglich ist aber auch die Vereinbarung der Abtretung von entsprechend wertvollen Flächen (in Baulandqualität) zur freien Verfügung der Gemeinde 83 . Das ergibt sich unmittelbar aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB a.E. Die dort erwähnte Bereitstellung von Grundstücken meint nicht nur Flächen, die für die vertragsgegenständliche städtebauliche Maßnahme selbst benötigt werden, sondern deckt auch die hier in Rede stehende Kostenerstattung durch die Abtretung frei verwendbaren Landes ab 8 4 . Auch bei einer solchen Vertragsgestaltung fordert der Kausalitätsgrundsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB jedoch, daß der Bezug zu den tatsächlichen Kosten gewahrt bleibt 8 5 . Pauschalierungen werden bei Vertragsschluß unumgänglich sein; die Gemeinde muß sich aber bemühen, die voraussichtlich entstehenden Kosten möglichst nachvollziehbar abzuschätzen. Eine „heimliche Wertabschöpfung" ist in Verträgen, die § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 3 BauGB unterfallen, nicht erlaubt 86 . b) Vereinbarungen über die Abtretung von Flächen für städtebauliche Maßnahmen Auch in der „freiwilligen Umlegung" erwirbt die Gemeinde die in § 55 Abs. 2 BauGB genannten Rächen für ortsbezogene öffentliche Zwecke regelmäßig unentgeltlich 87 . § 11 BauGB erfaßt diese Vereinbarungen in Abs. 1 S. 2 Nr. 3: Die Erstellung der in § 55 Abs. 2 BauGB angesprochenen Anlagen ist eine kostenauslösende städtebauliche Maßnahme; gemäß § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB können sich die Vertragspartner der Gemeinde nicht nur verpflichten, diese Kosten zu übernehmen 88 , sie können zudem auch die erforderlichen Grundstücksflächen bereitstellen. 83

Vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 689, 690. Vgl. oben Kapitel 2 III. 2. c) cc). 85 Die Bedeutung des Kausalitätsgrundsatzes bzw. des allgemeinen Koppelungsverbotes für Flächenabtretungen in der freiwilligen Umlegung wird in der Rechtsprechung nicht hinreichend betont; vgl. BVerwG, Urt. v. 06.07.1984, NJW 1985, S. 689, 790; Beschl. v. 17.07.2001, ZfBR 2002, S. 74, 76; VGH Baden-Württemberg, Uri. v. 09.11.2000, BWGZ 2001, S. 799, 803. 86 Zu den Methoden solcher versteckter Wertabschöpfungen vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 148 f. Vgl. oben Kapitel 7 II. zur Bedeutung planungsbedingter Wertsteigerungen für Verträge nach § 11 im allgemeinen und unten Kapitel 8 I. 4. e) zur Zulässigkeit isolierter Abschöpfung des Umlegungsvorteils. 87 Grziwotz, Baulanderschließung, S. 223, Vertragsmuster auf S. 227 f.; Bunzel/ Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 56. 88 Die Frage, ob städtebauliche Verträge damit auch als Alternative zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen eingesetzt werden können, wird gesondert behandelt. 84

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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Aus der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB folgt auch hier die Geltung des Kausalitätsgrundsatzes. Da die plangerechte Erschließung des Umlegungsgebietes Voraussetzung für die Bebaubarkeit der einzelnen Grundstücke ist, stellt der geforderte kausale Zusammenhang zwischen privaten Vorhaben und städtebaulicher Maßnahme grundsätzlich kein Hindernis für den Vertragsschluß dar. Allerdings gilt das nur, soweit die auf den abgetretenen Flächen errichteten Erschließungsanlagen ausschließlich dem Umlegungsgebiet zugute kommen. Dienen diese Anlagen auch der Erschließung anderer Gebiete, so besteht die erforderliche Kausalität nur zum Teil. Dementsprechend kann sich die Gemeinde im Umlegungsvertrag auch nur einen Teil der benötigten Fläche unentgeltlich abtreten lassen; den Rest muß sie (zum Verkehrswert) ankaufen 89 . Eine starre prozentuale Grenze für die zulässige Flächenabtretung ist aus dem Kausalitätsgrundsatz nicht ableitbar. Auch in der amtlichen Umlegung ist der Flächenabzug gemäß § 55 Abs. 2 BauGB nicht auf die nach § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB höchstzulässigen 30% (10%) beschränkt 90 . Allerdings ist dort Entschädigung zu leisten, wenn die Abzüge über den Umlegungsvorteil hinausgehen. Für die „freiwillige Umlegung" kann eine solche Begrenzung jedenfalls nicht dem Kausalitätsgrundsatz entnommen werden. Die Beschränkung der unentgeltlichen Flächenabtretungen auf den Umlegungsvorteil bzw. auf die Planwertsteigerung kann aber ein Gebot der Angemessenheit sein 91 . c) Vereinbarungen über die Abtretung von Flächen für Infrastrukturmaßnahmen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs Das gesetzliche Umlegungsverfahren begrenzt die Möglichkeit des entschädigungslosen Flächenabzugs auf die Teilstücke, die für die ortsbezogenen Erschließungsanlagen i.e.S. benötigt werden. Für andere im Bebauungsplan vorgesehene öffentliche Anlagen und Einrichtungen können zwar etwaige über den Flächenabzug hinausgehende Flächenbeiträge gemäß § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB (Umlegungsvorteile) verwendet werden. Ansonsten kann die Gemeinde die insbesondere für Infrastruktureinrichtungen wie Schulen, Sportplätze etc. benötigten Flächen aber nur aus der Umlegungsmasse ausscheiden, wenn sie gleichwertiges Ersatzland innerhalb oder außerhalb des Umlegungsgebietes in die Verteilungsmasse einbringt (§ 55 Abs. 5 S. 1 BauGB). Ist das nicht möglich, muß neben der amtlichen Umlegung noch (entschädigungspflichtig) enteignet werden 92 . Das Gesetz si89

Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 141; zum Erschließungsvertrag vgl. Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 7. 90 Vgl. oben Kapitel 8 I. 3. a). 91 Vgl. oben Kapitel 7 II.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

chert auf diese Weise die Privatnützigkeit der amtlichen Umlegung, weil es entschädigungslose Flächenabzüge nur für Zwecke zuläßt, die in erster Linie den Grundstückseigentümern im Umlegungsgebiet zugute kommen. Andererseits verfügen die Gemeinden häufig nicht über geeignetes Ersatzland, um sich die Flächen für die erforderlichen Gemeinbedarfseinrichtungen zu beschaffen, und eine Enteignung ist nicht zu finanzieren oder aus sonstigen Gründen unpraktikabel. In diesen Fällen droht nicht nur die amtliche Umlegung, sondern auch die parallel verlaufende Bauleitplanung zu scheitern, da die Gemeinde einen Bebauungsplan zu Recht 93 nicht aufstellen wird, solange die Finanzierung der zur Planrealisierung notwendigen Infrastruktur nicht gesichelt ist. Die Praxis wählt in dieser Situation häufig den Weg über eine „freiwillige Umlegung", in der die Grundstückseigentümer sich vertraglich bereit erklären, die benötigten Flächen kostenlos (oder zu einem Preis unter dem Verkehrswert) an die Gemeinde abzutreten 94 . Die bereitgestellten Flächen dienen der Errichtung von Anlagen oder Einrichtungen, die als Folge der Bauleitplanung notwendig werden. Von der Bereitschaft der Eigentümer zur Flächenabtretung hängt nicht nur die Teilnahme der Gemeinde an der „freiwilligen" Bodenordnung ab, sondern die Baulandausweisung im Umlegungsgebiet insgesamt. Im Ergebnis wird hier unter dem Etikett der „freiwilligen Umlegung" also ein „klassischer" Folgelasten vertrag geschlossen95. Diese Folgelastenverträge werden nach der hier vertretenen Auffassung von § 11 BauGB nicht unmittelbar erfaßt 96 . Die gebotene analoge Anwendung führt aber zu einer Gleichbehandlung mit den soeben behandelten Vereinbarungen über Flächenabtretungen zu Erschließungszwecken. Der Kausalitätsgrundsatz gestattet auch hier die Vereinbarung vollständig kostenfreier Landabgaben nur dann, wenn der Bedarf für die jeweiligen „städtebaulichen Maßnahmen" ausschließlich aus dem Vertragsgebiet herrührt 9 7 . Soll etwa ein Kindergarten mit Blick auf geplante weitere Baulandausweisungen großzügiger dimensioniert werden, als für das Umlegungsgebiet für sich allein genommen notwendig, so müssen die rechnerisch für 92

Vgl. Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 466. Vgl. dazu, daß die finanziellen Aspekte der Planrealisierung von der Gemeinde in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen sind: VGH Bad.Württ., Urt. v. 22.03.1990, ESVGH 40, S. 245, 248 und oben Kapitel 6 I. l.b). 94 Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 146 f. 95 Vgl. Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 551; Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 146 f.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 57 f.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 496a. 96 Vgl. oben Kapitel 2 III. 2. b). 97 Vgl. oben bei Fn. 89. 93

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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den „fremdnützigen" Teil benötigten Hachen zum Verkehrswert angekauft werden. Bei Einhaltung der Kausalitätsgrenze können die Vertragsparteien im übrigen auch vereinbaren, daß Flächen zur Finanzierung der Folgemaßnahmen abgetreten werden. Die Gemeinde erhält dann Bauland, aus dessen Verwertung sie ihre Aufwendungen für Infrastrukturmaßnahmen etc. refino

nanzieren kann . d) Flächenabtretungen für besondere bodenpolitische Zwecke Das amtliche Umlegungsverfahren beschränkt sich darauf, die Grundstücksverhältnisse im Umlegungsgebiet den Festsetzungen des Bebauungsplans anzupassen. Nicht festsetzungsfähige bodenpolitische Zielsetzungen kann die Gemeinde im Rahmen dieses Verfahrens kaum verwirklichen. Nur soweit sie Flächenbeiträge gemäß § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB erhält, die über das für die Erschließung benötigte Maß hinausgehen, hat sie im Umlegungsgebiet Land zur Verfügung, das sie für den sozialen Wohnungsbau oder für die Einheimischenförderung verwenden kann. Dagegen würden zielgerichtete Flächenabzüge für Bedürfnisse der Allgemeinheit den privatnützigen Charakter der Umlegung zerstören und damit die Grenzen des Instituts zur Enteignung verwischen". Mit der vertraglichen Bodenneuordnung verfolgen die Gemeinden nicht selten auch bodenpolitische Ziele 1 0 0 . Zu diesem Zweck vereinbart die Gemeinde mit den betroffenen Eigentümern im Umlegungsvertrag meist sogenannte „Sonderflächenbeiträge" 101 , die kostenlos oder unter dem Verkehrswert abzutreten s i n d 1 0 2 und von der Gemeinde im Sinne ihrer angestrebten Bodenpolitik genutzt werden können. Die Grundstückseigentümer lassen sich zu derartigen Vertragsgestaltungen motivieren, wenn die Gemeinde ihnen zu verstehen gibt, daß davon die Aufstellung des Bebauungsplanes für das fragliche Gebiet abhängt 103 . Bodenpolitisch motivierte Vereinbarungen erfaßt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB mit dem Begriff „Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Z i e l e " 1 0 4 . Die Zulässigkeit von Flächenabtretungen (oder 98

Beispiel bei Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 2. Vgl. oben bei Fn. 66. 100 ygi ßif^ Di e städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 147; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 492 ff.; Baur, in FS Mühl, S. 71, 74; auch BGH, Beschl. v. 26.04.1990, zitiert nach Dieterich a.a.O., Rdnr. 496a. 99

101

Vgl. Baur, in FS Mühl, S. 71, 74. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 57. 103 Vgl. Grziwotz, Baulanderschließung, S. 224. 104 Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 147 f.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 58. 102

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Geldzahlungen) im Rahmen dieser Vorschrift ist bereits an anderer Stelle untersucht worden 1 0 5 ; das ist hier nicht zu wiederholen. An dieser Stelle sollen nur die Schlußfolgerungen zusammengefaßt werden: Mit den „Sonderflächenbeiträgen" werden im Ergebnis Verpflichtungen „abgelöst", die vertraglich als Ergänzung zu den Festsetzungen des Bebauungsplans eingegangen werden können, um auf diese Weise auch die Verwirklichung nicht festsetzungsfähiger Ziele der Bauleitplanung zu ermöglichen. Daher setzen die „Sonderflächenbeiträge" zunächst voraus, daß die damit geförderten bodenpolitischen Vorhaben als Ziele der Bauleitplanung zulässig sind; d.h., die Entscheidung der Gemeinde, die Aufstellung des Bebauungsplans an die Verwirklichung ihrer bodenpolitischen Vorstellungen zu knüpfen, darf nicht auf einem Abwägungsfehler beruhen. Ferner kommen die hier behandelten Landabgaben nur in Betracht, wenn sie der Verwirklichung der bauleitplanerischen Zielsetzung gerade in dem Umlegungsgebiet dienen 1 0 6 . Die Gemeinde darf sich also mittels des „Sonderflächenbeitrags" nicht Bauland zur „freihändigen" Veräußerung beschaffen, um aus dem Erlös bodenpolitische Maßnahmen an ganz anderer Stelle zu finanzieren. Derartigen Flächenabgaben ohne Gebietsbezug fehlte auch der von § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 vorausgesetzte Zusammenhang mit der von der Gemeinde zu „leistenden" Bauleitplanung. Sie wären im Grunde nichts anderes als eine allgemeine Sozialabgabe für Bauherrn. e) Vorteilsabschöpfung

und „Mehrflächenabtretung"

In anderem Zusammenhang ist bereits ausgeführt worden, daß § 11 BauGB der isolierten vertraglichen Abschöpfung von planungsbedingten Wertzuwächsen entgegensteht 107 . Das muß, so scheint es, der Sache nach auch für aus der Umlegung erwachsende Vorteile gelten (sofern diese überhaupt von den Planungsgewinnen zu trennen sind). In der Tat konnten alle bisher untersuchten Vereinbarungsteile der freiwilligen Umlegung den in § 1 1 Abs. 1 S. 2 BauGB geregelten Vertragstypen zugeordnet werden, die allesamt eine bestimmte Zweckbindung für die Gegenleistung des Vertragspartners verlangen. Im vollständigen Verbot der Abschöpfung umlegungsbedingter Wertzuwächse liegt aber ein gewisser Konflikt mit dem amtlichen Umlegungsverfahren. Wie dargelegt 108 , erlaubt § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB die Abschöpfung 105

Vgl. Vgl. Punkt Birk, 107 Vgl. 108 Vgl. 106

oben Kapitel 6 III. 2. auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 8; nicht deutlich in diesem Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 147 f. oben Kapitel 7 I. oben Kapitel 8 I. 3. a).

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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eines umlegungsbedingten Vorteils durch Einbehalt von bis zu 30% der Einwurfsflächen; bei Anwendung des Wertmaßstabes ist gemäß § 57 S. 5 BauGB sogar der gesamte Umlegungsvorteil in Geld auszugleichen. Zwar soll der Vorteilsausgleich in erster Linie die Kosten der Umlegung abdekken; da eine bestimmte Verwendung vom Gesetz aber nicht vorgesehen ist, sind theoretisch sehr wohl „Gewinne" zugunsten des Gemeindehaushaltes denkbar. Das wird besonders deutlich, wenn man sich ein Umlegungsgebiet vorstellt, in dem nur wenige Flächen für Erschließungsanlagen bzw. Folgeeinrichtungen benötigt werden und besondere bodenpolitische Absichten nicht bestehen. Damit stellt sich die Frage, ob derartige „Gewinne" von der Gemeinde auch in der „freiwilligen Umlegung" realisiert werden können, indem sie sich - ohne Rücksicht auf § 11 BauGB - dem Umlegungsvorteil oder sogar der planungsbedingten Wertsteigerung entsprechende Flächen ohne konkrete Zweckbindung vertraglich abtreten läßt. In der Literatur sind Flächenabgaben im Rahmen der „freiwilligen Umlegung" nahezu ausschließlich unter dem Stichwort „Mehrflächenabtretung" oder „zusätzliche Landabgabe" Gegenstand der Erörterung 109 . Damit wird impliziert, daß Vereinbarungen über Flächenabtretungen bis zur höchstzulässigen Grenze des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB keinen besonderen Voraussetzungen unterliegen. Tatsächlich scheint es in der Praxis nicht unüblich zu sein, Landabgaben bis zu 30% der Einwurfsflächen ohne besondere Zweckbindung zu vereinbaren 110 . Der Grund dafür, daß derartige Verträge nicht an den Bestimmungen des Vertragsrechts und insbesondere an §11 BauGB gemessen werden, dürfte in einem Grundsatz zu finden sein, der so selbstverständlich erscheint, daß er offenbar keiner besonderen Erwähnung bedarf: Wenn die Verwaltung nach dem Gesetz berechtigt ist, eine bestimmte Leistung vom Bürger einseitig durch Verwaltungsakt zu fordern, dann muß es, soweit kein Vertragsformverbot (§ 54 S. 2 VwVfG) besteht 111 , erst recht zulässig sein, dieselbe Leistungspflicht auch durch Vertrag zu begründen 112 . Diese Aussage ist in der Tat so einleuchtend, daß sich jede Beschäftigung mit Flächenabtretungen in der „freiwilligen Umlegung" bis zur Grenze des § 58 Abs. 1 S. 2 zu verbie109

Vgl. etwa Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 145 ff.; Bunzel/ Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 57 f.; Grziwotz, Baulanderschließung, S. 224 f.; Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 493 ff. 110 Vgl. das Beispiel bei Baur, in FS Mühl, S. 71, 75 (22,5% „allgemeiner Flächenabzug" zugunsten der Gemeinde). 111 Vgl. zum Vertragsformverbot nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rdnr. 26 ff. 112 Vgl. auch Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 180; Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 5; in diese Richtung auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.11.2000, BWGZ 2001, S. 799, 803; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 17.07. 2001, ZfBR 2002, S. 74, 76.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

ten scheint. Geht man der Sache allerdings dennoch ein Stück weiter nach, so tauchen schnell Zweifel auf, die sich zwar nicht auf die grundlegende Richtigkeit des genannten Grundsatzes beziehen, wohl aber auf seine Aussagekraft für die hier behandelten Fälle. Das Problem liegt erneut in der Bedeutung des § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB für die „freiwillige Umlegung". Hält man die vertragliche Vereinbarung von Flächenabtretungen von bis zu 30% der Einwurfsflächen (und damit die zumindest teilweise Abschöpfung des Umlegungsvorteils) unter Hinweis auf § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB für stets zulässig, so setzt man voraus, was eigentlich erst zu prüfen wäre, daß nämlich ein auf diese Vorschrift gestützter Verwaltungsakt mit gleichem Inhalt in der gegebenen Situation tatsächlich ergehen könnte. An dieser Stelle ist nochmals an die dogmatische Funktion des § 58 BauGB zu erinnern 113 . Die Vorschrift ermöglicht eine am Gedanken des Vorteilsausgleichs orientierte Wertabschöpfung und schützt zugleich das Grundeigentum vor einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme. Es ist bereits dargelegt worden, daß § 58 seine grundrechtlich motivierte Schutzfunktion in der „freiwilligen Umlegung" weder rechtsdogmatisch noch rechtspraktisch zu erfüllen vermag 1 1 4 . Die Frage ist, ob § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB gleichwohl als eine die Grenzziehungen des § 11 BauGB verdrängende Rechtsgrundlage für die vertragliche Abschöpfung der Umlegungsvorteile herangezogen werden kann. Die in § 58 Abs. 1 S. 2 BauGB vorgesehene Wertabschöpfung beruht auf der Billigkeitserwägung, daß dem privaten Grundeigentümer nicht die Vorteile der Bodenordnung verbleiben sollen, während die organisatorischen und finanziellen Lasten von der Allgemeinheit in Gestalt der Gemeinde getragen werden (vgl. § 78 BauGB) 1 1 5 . Der Flächenbeitrag ist dementsprechend in erster Linie auch als eine Art pauschale Kostenerstattung zu verstehen 116 . Dieses Prinzip des billigen Ausgleichs für empfangene staatliche Wohltaten trägt in der „freiwilligen Umlegung" nicht. Das wird besonders deutlich, wenn die Initiative zur vertraglichen Bodenordnung von den Eigentümern ausgeht, die selbst auch die Organisation übernehmen oder sie einem privat finanzierten Verfahrensträger überantworten. In diesen Fällen entstehen der Gemeinde erst gar keine Kosten, und die den Grundeigentümern aus der Neuordnung erwachsenden Vorteile beruhen auf eigenen An-

113

Vgl. ausführlich oben Kapitel 8 I. 3. b). Oben Kapitel 8 I. 3. c). 115 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 57, Rdnr. 23; Schriever, in Brügelmann, zu § 57, Rdnr. 86; Brenner, DVB1. 1993, S. 291, 296 m.w.N. 116 Stemmler/Otte, in E/Z/B/K, zu § 57, Rdnr. 38, 45; vgl. auch Schriever, in Brügelmann, zu § 58, Rdnr. 4. 114

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

221

strengungen. Als ein Gebot der Billigkeit kann die Abschöpfung dieser Vorteile kaum bezeichnet werden. Ähnlich ist die Situation auch, wenn die Gemeinde vertraglich die Rolle des Verfahrensträgers übernimmt. Die daraus entstehenden Kosten, die in der amtlichen Umlegung gemäß § 78 BauGB ohne die Vorteilsabschöpfung endgültig zu Lasten des kommunalen Haushalts gehen würden, läßt sich die Gemeinde im freiwilligen Verfahren regelmäßig auf vertraglicher Grundlage erstatten 117 . Daher besteht kein Bedarf und auch keine Rechtfertigung für einen „abstrakten" Vorteilsausgleich. Erneut zeigt sich, daß § 58 Abs. 1 BauGB allein auf das amtliche Umlegungsverfahren zugeschnitten ist. Außerhalb desselben verliert die Vorschrift ihre dogmatische Berechtigung. Sie ist daher als Argument sowohl für die Rechtmäßigkeit als auch für die Unzulässigkeit vertraglicher Vereinbarungen in der „freiwilligen Umlegung" ungeeignet. Einigen sich die Gemeinde und die privaten Grundstückseigentümer darauf, das amtliche Umlegungsverfahren durch eine private Bodenordnung zu ersetzen, so schaffen sie damit einen Sachverhalt, der die einseitige Abschöpfung von Umlegungsvorteilen durch Verwaltungsakt, wie sie von § 58 BauGB vorgesehen ist, gerade nicht mehr ermöglicht. Demzufolge greift auch das Argument in der „freiwilligen Umlegung" nicht, es müsse vertraglich vereinbart werden dürfen, was auch einseitig gefordert werden könnte. Es ist daher unrichtig, Flächenabgaben in der vertraglichen Bodenordnung aufzuspalten in einen Teil von bis zu 30% der Umlegungsmasse, dessen Abtretung ohne besondere Voraussetzungen zulässig sein soll, und in die darüber hinausgehenden „Mehrflächenabtretungen", für die erst die besonderen Regeln des Vertragsrechts gelten. § 11 BauGB gilt vielmehr ungeteilt für sämtliche Vereinbarungen in der „freiwilligen Umlegung"; abweichende Vorschriften des amtlichen Verfahrens sind insoweit ohne Relevanz. Die Abschöpfung von „Umlegungsvorteilen" ohne besondere Zweckbindung ist damit im Rahmen einer vertraglichen Bodenneuordnung nicht möglich.

5. Angemessenheit und freiwillige Umlegung Für die verschiedenen behandelten Teilvereinbarungen der freiwilligen Umlegung gilt (selbstverständlich) auch das Gebot der Angemessenheit gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB. Besonderheiten grundsätzlicher Art sind hier nicht auszumachen 118 . Zu beachten ist allerdings, daß die freiwillige Umlegung insgesamt angemessen sein muß, das heißt, auch die für sich genom117 118

Vgl. oben Kapitel 8 I. 3. b). Vgl. im einzelnen oben Kapitel 5 III.

222

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

men zulässigen Vertragsregelungen über die Organisation und Finanzierung der Umlegung sowie über Flächenabtretungen zu den verschiedenen Zwekken dürfen in ihrer Summe dem Vertragspartner keine unverhältnismäßige Last auferlegen.

6. Zusammenfassung Aus der Perspektive des § 11 BauGB stellt sich die freiwillige Umlegung als eine Kombination verschiedener Einzelvereinbarungen dar, die in ihrer Zusammenstellung und Zielrichtung weit über das amtliche Umlegungsverfahren hinausgehen. § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB erfaßt sämtliche gebräuchlichen Teilvereinbarungen (die Folgelastenverträge allerdings nur in analoger Anwendung). Die freiwillige Bodenordnung erhält dadurch einen klaren rechtlichen Rahmen und fügt sich nahtlos in das System der städtebaulichen Verträge ein. Die Vorschriften des amtlichen Umlegungsverfahrens sind für die freiwillige Umlegung insgesamt ohne Relevanz. Das heißt vor allem, daß die zulässigen Gegenleistungen des privaten Vertragspartners nicht, wie in § 58 Abs. 1 BauGB vorgesehen, auf einen maximalen Flächenbeitrag von 30% begrenzt sind. Andererseits ist es im Rahmen des § 1 1 BauGB auch unzulässig, einen Umlegungsvorteil bis zu dieser Höhe isoliert abzuschöpfen.

II. § 11 BauGB und städtebauliche Verträge in der amtlichen Umlegung Wie angedeutet, spielen vertragliche Vereinbarungen auch innerhalb des amtlichen Umlegungsverfahrens eine Rolle 1 1 9 . Die Bedeutung des § 11 BauGB für diese Verträge soll im folgenden beleuchtet werden. Die amtliche Umlegung ist in den §§45 ff. BauGB als ein mit hoheitlichen Instrumenten versehenes Verwaltungsverfahren ausgestaltet 120 . A m Ende dieses Verfahrens steht mit dem Umlegungsplan (§ 66 BauGB) ein Verwaltungsakt, der die Rechtsverhältnisse im Umlegungsgebiet unmittelbar umgestaltet; eine rechtsgeschäftliche Übertragung von Grundflächen ist nicht notwendig. Die amtliche Umlegung bietet der Gemeinde die rechtstechnische Möglichkeit, die Bodenneuordnung zwangsweise, gegen den Willen der (meisten oder aller) Eigentümer im Umlegungsgebiet durchzuführen 1 2 1 . In der Praxis ist die Gemeinde allerdings auch im amtlichen Ver119 Vgl. oben Kapitel 8 vor I. 120 ygi d a z u nur die zusammenfassenden Darstellungen bei Finkelnburg/Ortloff, Bd. 1, S. 260 ff.; Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, S. 475 ff. 121

Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs,

2. Aufl., S. 37.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

223

fahren auf weitgehende Kooperation mit den betroffenen Eigentümern angewiesen. Das Verfahren ist so kompliziert, die Verzögerungsmöglichkeiten durch Rechtsbehelfe sind so zahlreich, daß eine Realisierung der Bodenneuordnung ohne ein zumindest partielles Einvernehmen mit einer Mehrheit der Betroffenen kaum erreichbar i s t 1 2 2 . Das Gesetz erkennt die Notwendigkeit der Kooperation in einer Reihe von Vorschriften an und eröffnet den Beteiligten für den Fall der gegenseitigen Verständigung Gestaltungsspielräume. Z.T. geht es dabei (nur) um Modifikationen des Verfahrens. Die Beteiligten können auf die zu ihrem Schutz vorgesehene Auslegung von Umlegungsbeschluß und Bestandskarte bzw. -Verzeichnis verzichten (§§ 50 Abs. 1 S. 2; 53 Abs. 2 S. 3 BauGB); mit ihrem Einverständnis kann der bereits bestandskräftige Umlegungsplan geändert werden (§ 73 Nr. 3 BauGB). Durch mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt gemäß § 76 BauGB können einzelne Wirkungen des Umlegungsplanes vorweggenommen werden 1 2 3 . Die §§ 45 ff. BauGB lassen aber auch einvernehmliche Abweichungen von der inhaltlichen Ausgestaltung der gesetzlichen Bodenneuordnung zu. Gemäß § 56 Abs. 2 BauGB darf die Umlegungsstelle das Verteilungsverfahren auch nach anderen Maßstäben als den in den §§57 (Wertmaßstab) und 58 (Flächenmaßstab) vorgesehenen durchführen; unter den Voraussetzungen des § 59 Abs. 4 kann der Umlegungsplan bei Vorliegen des Einverständnisses des Beteiligten eine Abfindung mit Land außerhalb des Umlegungsgebietes oder in Geld festschreiben. In allen genannten Fällen ist das Einvernehmen mit den Beteiligten nach der Konzeption des Gesetzes nicht in der Form eines Vertrages herzustellen, das heißt, es bedarf grundsätzlich keiner übereinstimmenden, unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichteten Willenserklärungen der Umlegungsbeteiligten und der Gemeinde 124 . Wenn das Gesetz von einem „Einverständnis" der Eigentümer spricht, so liegt dem vielmehr die Vorstellung von einer einseitigen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung 1 2 5 zugrunde, die Voraussetzung ist für die ebenfalls einseitige (hoheitliche) Entscheidung der Gemeinde 126 . Da ein (städtebaulicher) Vertrag in diesem Fall also nicht geschlossen wird, fehlt es an einer wesentlichen Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 11 BauGB. 122

Vgl. Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Aufl., S. 37. Dazu Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Aufl., S. 40 f. 124 Vgl. zum Vertragsbegriff Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14, Rdnr. 6. 125 Zur verwaltungsrechtlichen Willenserklärung vgl. Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 22 Rdnr. 1 ff. 126 Vgl. Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 210 ff., die das Einvernehmen in der amtlichen Umlegung ausdrücklich vom städtebaulichen Vertrag unterscheiden; auch Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 39 ff. 123

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Das heißt nicht, daß nicht gleichsam „neben" der amtlichen Umlegung noch städtebauliche Verträge geschlossen werden können. Vorstellbar ist beispielsweise, daß im Rahmen der Erörterung des Umlegungsplans vereinbart wird, nach Abschluß des Verfahrens weitere Flächen für Folgeeinrichtungen oder bodenpolitische Maßnahmen abzutreten. Bei derartigen Vereinbarungen handelt es sich um „normale" städtebauliche Verträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 BauGB ohne Besonderheiten. Die Kombination von amtlicher Umlegung und städtebaulichen Verträgen wirkt allerdings eher unpraktisch, so daß auf den ersten Blick alles dafür zu sprechen scheint, gleich den Weg einer „freiwillige Umlegung" zu wählen. Der (häufig) entscheidende Nachteil des freiwilligen Verfahrens liegt aber darin, daß, anders als für die Flächenverschiebungen in der amtlichen Umlegung, für die Grundstücksgeschäfte auf vertraglicher Grundlage Notarkosten und Grunderwerbsteuern anfallen 127 . Die Praxis geht deshalb zunehmend dazu über, „freiwillige Umlegungen" gleichsam „unter dem Mantel" des amtlichen Verfahrens durchzuführen 128 . Dabei einigen sich Eigentümer und Gemeinde im Prinzip über alle Fragen, die auch in der „freiwilligen Umlegung" geklärt zu werden pflegen, zusätzlich zur eigentlichen Bodenordnung also insbesondere über Flächenabtretungen für Folgeeinrichtungen und bodenpolitische Maßnahmen sowie den Ausgleich der Verfahrenskosten durch Rächenabgaben oder Geldzahlungen. Entsprechend dem Ergebnis dieser Einigung erläßt die Umlegungsstelle (Gemeinde) dann den Umlegungsplan als Verwaltungsakt. Notariatskosten und Grunderwerbssteuern fallen auf diese Weise nicht an; auch die Bestellung von Sicherheiten kann unterbleiben, da eventuell festgesetzte Geldleistungen als öffentliche Lasten auf dem betroffenen Grundstück ruhen (§ 64 Abs. 3 BauGB) 1 2 9 . U. a. wegen dieser Vorteile wird das geschilderte Verfahren vereinzelt als „Königsweg" gegenüber der vertraglichen Bodenordnung gepriesen 130 . Für die rechtliche Zulässigkeit der Implantation der freiwilligen in die amtliche Umlegung kann sich diese Ansicht auf die Entscheidung des BVerwG vom 6. Juli 1984 1 3 1 berufen 132 . In dieser - anläßlich einer „freiwilligen Umlegung" ergangenen - Entscheidung führt das Gericht aus, das Umlegungs127

Zur kostenmäßigen Behandlung der „freiwilligen Umlegung" vgl. kritisch Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 500 ff.; Schriever, in Brügelmann, vor §§ 4584, Rdnr. 44. 128 So ausdrücklich Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 498b ff. mit Beispielen; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 41; vgl. auch Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 210 ff. 129 Vgl. Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 213 f. 130 Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209 ff. 131 NJW 1985, S. 989 f. 132 Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 212.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstücks Verhältnisse

225

recht sei „elastisch genug, um für besondere Regelungen Raum zu lassen, indem es nämlich grundsätzlich für einvernehmliche Regelungen auch solcher Art, die einseitig im Umlegungsplan nicht getroffen werden könnten, offen" sei. Demgemäß stehe das Umlegungsrecht auch einer Vereinbarung nicht entgegen, mit der alle Beteiligten ohne Bezug zum Umlegungsvorteil und zum Wert der Einwurfsflächen einen Geldbeitrag zu den Kosten der Umlegung übernehmen; auch bei der Vereinbarung eines anderen Verteilungsmaßstabes seien die Beteiligten nicht an den Umlegungsvorteil und den Wert der Einwurfsflächen gebunden. Akzeptiert man diesen Ausgangspunkt 133 , so stellt sich die Frage, ob und inwieweit § 11 BauGB auf die „freiwillige Umlegung unter dem Mantel des amtlichen Verfahrens" Anwendung finden kann. Das amtliche Umlegungsrecht enthält keine Regelungen, mit deren Hilfe die inhaltliche Ausgestaltung dieser Konstruktion sinnvoll begrenzt werden könnte 1 3 4 . Die §§ 57, 58 BauGB können nicht helfen; sie sind auf den Schutz vor hoheitlichen Grundrechtseingriffen zugeschnitten, für einvernehmliche Regelungen

133

Die weite Interpretation des § 56 Abs. 2 BauGB, der in dieser Lesart Abweichungen nicht nur von den eigentlichen Vorschriften über die Verteilung zuläßt, sondern auch von der Regelung über die Bildung der Verteilungsmasse (§ 55) und die Kostentragung (§ 78), ist nicht unproblematisch. Das Argument von Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 212, die Gemeinde müsse sich im amtlichen Verfahren in den gleichen Grenzen bewegen dürfen, wie in der „freiwilligen Umlegung, greift zu kurz. (Offensichtlich unrichtig ist es sogar, wenn Stang/Dürr; a.a.O., S. 211, annehmen, eine Sozialbindung, die im Vertragswege gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB übernommen werden kann, dürfe in der amtlichen Umlegung gemäß §§59 Abs. 7, 176 BauGB als städtebauliches Gebot aufgegeben werden. Derartige Sozialbindungen sind nicht nach § 9 BauGB festsetzungsfähig, was § 176 Abs. 1 BauGB aber voraussetzt, vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.1992, BVerwGE 91, S. 318.) Vereinbarungen in der „freiwilligen Umlegung" weisen über die eigentliche Bodenneuordnung hinaus und stehen regelmäßig in engem Zusammenhang mit dem Interesse an einer bestimmten Bauleitplanung, die (auch ohne Begründung eines durchsetzbaren Anspruchs) als „Vertragsleistung" der Gemeinde anzusehen ist. Im Umlegungsplan ist eine solche rechtliche Verbindung zur Planung aber nicht herzustellen. Hinzu kommen Probleme des Rechtsschutzes. Verstößt der Vertrag in der „freiwilligen Umlegung" gegen die Grenzen des § 11 BauGB, so ist er gemäß § 134 BGB (i.V.m. § 59 Abs. 1 VwVfG) unwirksam; die Unwirksamkeit kann grundsätzlich unbefristet geltend gemacht werden. Das amtliche Verfahren wird dagegen durch einen Verwaltungsakt abgeschlossen, der nach einem Monat bestandskräftig wird. (Zudem wird den Beteiligten bei „einvernehmlichen" amtlichen Umlegungen häufig ein Rechtsmittelverzicht abverlangt, vgl. Stang/Dürr, a.a.O., S. 212.) Vor diesem Hintergrund ist es zumindest erforderlich, die Beteiligten in einem der „freiwilligen Umlegung" vergleichbaren Umfang vor einer Übervorteilung zu schützen. Vgl. dazu sogleich im Text. 134

Vgl. zu der Schwierigkeit, bei Anwendung des § 56 Abs. 2 BauGB rechtmäßige Verteilungsmaßstäbe zu bilden, Schriever, in Brügelmann, vor §§ 55-59, Rdnr. 25. 15 Hamann

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

(„Grundrechtsgebrauch") passen sie nicht. Insofern gilt hier das Gleiche wie für die „freiwillige Umlegung" 1 3 5 . Tatsächlich findet sich in den meisten Fällen der „freiwillig-amtlichen Umlegung" ein Ansatzpunkt für die Anwendung des § 11 BauGB. In der Regel liegt hier nämlich den eigentlichen (einseitigen) Einverständniserklärungen i.S.d. § 56 Abs. 2 BauGB eine umfassende schriftliche Vereinbarung zwischen den Eigentümern und der Gemeinde zugrunde 136 . Darin wird - durch übereinstimmende Willenserklärungen - verbindlich festgelegt, zu welchen Flächenabtretungen und sonstigen Leistungen die Beteiligten ihr Einverständnis erteilen sollen; zugleich kann so der von den Eigentümern gewünschte Zusammenhang mit der Bauleitplanung dokumentiert werden. Bei diesen Vereinbarungen handelt es sich also um städtebauliche Verträge 1 3 7 , auf die § 11 BauGB anzuwenden i s t 1 3 8 . Damit gelten auch die aus § 11 ableitbaren Grenzen; vor allem der Kausalitätsgrundsatz bzw. das Verbot, Flächenabtretungen oder Geldleistungen für nicht gebietsbezogene Flächen zu verwenden. Nicht zweckgebundene Vorteilsabschöpfungen sind unzulässig 139 . Der Rahmen, den § 11 BauGB für die „freiwillige Umlegung" absteckt, wird also mitübertragen, wenn die vertragliche Bodenordnung in das amtliche Verfahren implantiert w i r d 1 4 0 . Im Ergebnis gewinnt die Regelung über den städtebaulichen Vertrag für die amtliche Umlegung in dem Maße an Bedeutung, in dem Elemente der vertraglichen Bodenordnung in das gesetzliche Verfahren übernommen werden. Die Legalmaßstäbe des § 11 BauGB ersetzen die der §§ 55, 57, 58 und 78, soweit das amtliche Verfahren auf vertraglicher Grundlage dazu ge135

Vgl. oben Kapitel 8 I. 3. c). Vgl. das Beispiel bei Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 489; auch SchmidtAßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 41. 137 So auch Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 41; a.A., aber ohne Begründung, offenbar Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209 ff. 138 Vgl. Dieterich, Baulandumlegung, Rdnr. 498b ff.; eine über § 11 Abs. 4 BauGB hinausgehende notarielle Beurkundung gemäß § 313 BGB dürfte nicht notwendig sein, da keine rechtsgeschäftliche Übertragung von Grundstücksflächen beabsichtigt ist. 139 Für ein „Gewinnerzielungsverbot" auch Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 214. 140 Problematisch bleiben aber die Folgen, wenn diese Grenzen nicht eingehalten werden. Der Vertrag ist dann gemäß §§59 Abs. 1 VwVfG, 134 Abs. 1 BGB unwirksam. Der Frage, ob die vertragsgemäß abgegebenen Einverständniserklärungen der Beteiligten dadurch ebenfalls unwirksam werden oder erst durch Anfechtung oder auf andere Weise vernichtet werden müssen (Rückforderung gemäß § 812 BGB?), kann hier nicht nachgegangen werden (zur Anfechtung verwaltungsrechtlicher Willenserklärungen vgl. Erichsen, in ders., AllgVerwR, § 22, Rdnr. 15). Auch bei Unwirksamkeit des Einverständnisses bleibt in jedem Fall ein wirksamer Umlegungsplan, der nur binnen eines Monats angefochten werden kann, vgl. dazu schon oben Fn. 133. 136

Kap. 8: Neuordnung der Grundstücksverhältnisse

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nutzt wird, über die eigentliche Bodenordnung hinausgehende Ziele umzusetzen.

III. Neuordnung der Bodenverhältnisse durch Ankauf der Grundstücke im künftigen Plangebiet Die „freiwillige Umlegung" ist - jedenfalls in der Theorie - gekennzeichnet durch eine gemeinsame Übereinkunft der Gemeinde mit den Eigentümern über die künftige Gestaltung der Grundstücksverhältnisse im Plangebiet. Die Umsetzung dieser Vereinbarung erfordert regelmäßig die Übertragung aller Flächen auf einen Verfahrensträger, bei dem es sich auch um die Gemeinde handeln kann. Die Gemeinde wird auf diese Weise rechtstechnisch Volleigentümerin aller Grundstücke im Umlegungsgebiet; als Treuhänderin darf sie von dem Eigentum aber nur im Sinne des Vertrages mit den Umlegungsbeteiligten Gebrauch machen. Damit ähnelt die „freiwillige Umlegung" nur äußerlich einem anderen Verfahren der Bodenneuordnung, das in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle spielt 1 4 1 : Einige Gemeinden sind nur noch dann bereit, neues Bauland auszuweisen, wenn zuvor sämtliche Flächen im zukünftigen Plangebiet in kommunales Eigentum übergegangen sind 1 4 2 . Die Gemeinden können dann eine Bodenneuordnung nach eigenen Vorstellungen durchführen und die neu entstandenen Grundstücke anschließend an Bauwillige verkaufen. Dieses Vorgehen bietet den Kommunen die Möglichkeit, die soziale Struktur der Grundstückseigentümer im Baugebiet den eigenen Vorstellungen entsprechend zu steuern. Der umfassende Flächenerwerb ist daher oftmals Ausgangspunkt einer Variante der sogenannten „Zwischenerwerbsmodelle" im Rahmen der Einheimischenförderung 143 . Durchaus nicht immer geben die bisherigen Eigentümer ihr Land dauerhaft ab. In vielen Fällen wird bereits beim Ankauf durch die Gemeinde eine Rückkaufsoption für einen Teil der abzugebenden Flächen vereinbart 1 4 4 . Diese Teilflächen können die Alteigentümer dann nach Baulandausweisung und Bodenneuordnung zum neuen Verkehrswert von Bauland oder 141 Vgl. die Darstellungen bei Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 48 ff.; Gassner, Der freihändige Grunderwerb, S. 217 ff.; Schmidt-Aßmann/ Krebs, 2. Auflage, S. 4 ff.; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 50 f.; Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435 ff. 142 Oder in das Eigentum einer von der Gemeinde beauftragten Trägergesellschaft, vgl. Beck, Einheimischenmodelle, S. 89 ff.; dazu unten Kapitel 8 III. 2. c). 143 Vgl. nur Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 94; Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 48 f. 144 Ygi Beck, Einheimischenmodelle, S. 96; auch Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 2. 15*

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

etwas darunter zurückkaufen. Der von den Gemeinden zu bezahlende Ankaufspreis liegt dagegen weit unter dem Baulandpreis. Je nachdem ob das Gebiet bereits im Flächennutzungsplan für die zukünftige bauliche Nutzung ausgewiesen wurde oder nicht, orientiert sich das von den Gemeinden üblicherweise für die künftigen Bauflächen 145 aufzubringende Entgelt entweder an den Preisen von Ackerland oder Bauerwartungsland 146 . Die durch die Baulandausweisung bewirkte Wertsteigerung der Flächen wird also ganz oder zum Teil von der Gemeinde „abgeschöpft". Eine Variante des Vollerwerbs der Flächen im zukünftigen Plangebiet besteht darin, daß die Gemeinde sich nur einen ideellen Miteigentumsanteil an den betroffenen Grundstücken sichert 147 . Nach Baulandausweisung (und einer eventuell notwendigen Umlegung) kann der bisherige Eigentümer den Anteil der Gemeinde zum neuen Verkehrswert zurück erwerben. Der Planungsgewinn fließt auch in diesem Fall an die Gemeinde.

1. Anwendbarkeit des § 11 BauGB § 11 BauGB kann zur Beurteilung dieser Grundstücksgeschäfte nur herangezogen werden, wenn es sich um städtebauliche Verträge handelt. Dieser Begriff meint die vertragliche Handlungsform als Instrument des Städtebaurechts und umfaßt alle Vereinbarungen mit Privaten, die die Gemeinde zur Erfüllung der ihr aus dem Städtebaurecht erwachsenden Aufgaben eingeht 1 4 8 . Legt man dieses Kriterium zugrunde, so lassen sich kommunale Flächenankäufe der hier zu untersuchenden Art ohne Schwierigkeiten als städtebauliche Verträge identifizieren 149 . Der Grundstückskauf ist in diesen Fällen nach der Konzeption der Gemeinde Voraussetzung für die Aufstellung eines Bebauungsplans. Zumeist dokumentieren die Gemeinden diesen Zusammenhang durch einen entsprechenden Beschluß. Unabhängig davon, ob die Konzeption planungsrechtlich haltbar ist, wird der Kaufvertrag von der Gemeinde mit der Zielsetzung geschlossen, die jeweiligen städtebaulichen Vorstellungen umzusetzen. Die Gemeinde handelt also zur Erfüllung ihres städtebaurechtlichen Gestaltungsauftrages. Damit ist § 11 BauGB also grundsätzlich anwendbar 150 . 145

Für Erschließungsflächen wird entsprechend weniger gezahlt. Vgl. Breuer, Bauplanungsrechtliche Instrumente, S. 49; Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 150. 147 Vgl. das Beispiel bei Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1,2. 148 Vgl. oben Kapitel 1 I. 149 So im Ergebnis auch Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 50, die die Begründung allerdings offenbar in der vermeintlich öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Verträge sehen; vgl. ferner Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 102 f.; Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 151, beide für die Anwendbarkeit des § 6 BauGB-MaßnG auf Ankaufsverträge im Rahmen von Einheimischenmodellen. 146

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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2. Grenzen der Zulässigkeit von kommunalen Flächenankäufen Es bleibt die Frage, ob die Grenzziehungen des § 11 BauGB die Zulässigkeit der beschriebenen kommunalen Grundstücksgeschäfte einschränken. Das Koppelungsverbot und seine speziellen Ausprägungen in § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 sind regelmäßig nur auf Verträge anwendbar, in denen sich die Gemeinde zu einer Hoheitsleistung verpflichtet, die zumeist in der Aufstellung eines Bebauungsplanes besteht. Koppelungsverbot bzw. Kausalitätsgrundsatz gewährleisten, daß die gesetzliche Determination des Verwaltungshandelns auch beim Abschluß von Verwaltungsverträgen erhalten bleibt. Die vertragliche Vereinbarung eines „isolierten" Planungsgewinnausgleichs mit dem von einer Planaufstellung begünstigten Eigentümer scheitert dementsprechend daran, daß die Gemeinde die Abschöpfung des Wertzuwachses im Rahmen einer abwägungsfehlerfreien Planungsentscheidung nicht zugunsten des Planes berücksichtigen darf 1 5 1 . Die hier zu behandelnden Grundstücksan- und -Verkäufe verknüpfen aber zunächst nur Flächenübertragungen und Geldzahlungen. Die Gemeinde kauft und verkauft die Grundstücke - das soll unterstellt werden - zum jeweils am Markt zu erzielenden Verkehrswert. Der planungsbedingte Wertzuwachs tritt ein, während die Kommune Eigentümerin der Flächen ist. Daß die Gemeinde diese Gewinne realisiert, scheint weder gegen das Koppelungsverbot bzw. den Kausalitätsgrundsatz zu verstoßen, noch das Angemessenheitsgebot zu verletzen. Diese - nicht selten vertretene 152 - Einschätzung bleibt aber im Hinblick auf die Bedeutung der Bauleitplanung und der Planungsmacht der Gemeinde für den Vertragsschluß zu sehr an der Oberfläche. A m deutlichsten wird das, wenn man sich zunächst nur den Vereinbarungen mit einer Rückkaufsoption für die bisherigen Eigentümer zuwendet. a) Verträge mit Rückkaufsoption zugunsten der bisherigen Eigentümer Betrachtet man die Konstellation genauer, in der die Kommune zunächst alle Flächen in dem zukünftigen Baugebiet erwirbt und später einen Teil davon als Bauland an die Alteigentümer zurückveräußert, so wird schnell erkennbar, daß sich die eigentliche Bedeutung der Vertragsbeziehungen zwischen Gemeinde und Eigentümern nicht in dem Austausch von Geld gegen Flächen erschöpft. Dafür spricht schon, daß der am „Verkehrswert" 150 151 152

Im Ergebnis auch Erbguth/Witte, DVB1.1999, S. 435, 440. Vgl. oben Kapitel 7 I. Vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 02.10.1998, NJW 1999, S. 208 ff.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

orientierte Ankaufspreis, den die Gemeinde zu zahlen bereit ist, nicht den Realitäten dieses speziellen Geschäftes entspricht 153 . Der Verkehrswert gibt nämlich die Einschätzung des Grundstückswertes aus Sicht des allgemeinen, das heißt privaten Grundstücksmarktes wieder. Im verhältnismäßig niedrigen Wert von Bauerwartungsland ist dementsprechend die Unsicherheit abzulesen, die bei den Marktteilnehmern hinsichtlich der zukünftigen Baulandqualität der betroffenen Rächen besteht. Diese Unsicherheit existiert aber gerade nicht, wenn die Gemeinde in der hier behandelten Konstellation als Grundstückskäuferin tätig wird. Denn anders als die privaten Marktteilnehmer hat die Gemeinde es selbst in der Hand, die gekauften Flächen als Bauland auszuweisen 154 . Die Gemeinde erwirbt in der Sache Rohbauland zu einem deutlich günstigeren Preis 1 5 5 . Der Grundstückseigentümer hingegen verzichtet auf die Realisierung des „eigentlichen" Wertes seiner Flächen 156 . Zu diesem Verzicht ist er aber nur deshalb bereit, weil die Gemeinde ihm im Gegenzug zumindest auf einem Teil seines ursprünglichen Landes Baurecht verschafft. Umgekehrt erhält die Gemeinde die ihr nach dem Rückkauf verbleibenden Teilflächen vollkommen oder beinahe unentgeltlich. Der dem Wert von Bauland entsprechende Rückkaufspreis dürfte regelmäßig den für den Ankauf eingesetzten Geldbetrag ausgleichen oder übersteigen 157 . Zudem kann die Gemeinde entstandene Kosten, etwa für die Planung oder eine eventuelle Umlegung, durch den Verkauf von Baugrundstücken an Dritte ausgleichen. Das wirtschaftliche Ergebnis dieser Kombination von „freihändigem" kommunalen Grundstückskauf und anschließendem Rückkauf ist also kein anderes, als wenn der Eigentümer (beispielsweise im Rahmen einer „freiwilligen Umlegung") von vornherein kostenlos Flächen an die Gemeinde abgetreten hätte 1 5 8 .

153 Vgl. dazu Gassner, Der freihändige Grunderwerb, S. 118; Schmidt-Aßmann/ Krebs, 2. Auflage, S. 113 f.; Beck, Einheimischenmodelle, S. 107; Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 152; ferner der Bericht von Kersten, DVB1. 1999, S. 222, 223. 154 Zudem sind die Verträge meist durch einen Rücktritts vorbehält an das Gelingen der Baulandausweisung gekoppelt; vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 10. 155 Dieser Zusammenhang von Planungsmacht und Käuferstellung wird übersehen, wenn man den Planungsgewinn der Gemeinde lediglich mit dem Hinweis auf ihre Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Baulandausweisung rechtfertigen will, so aber Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 555 f.; Beck, Einheimischenmodelle, S. 127, Fn. 334; Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 101, Fn. 99. 156 So ausdrücklich Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 150. 157 Vgl. zu dem immensen Unterschied von Ankaufs- und Rückkaufspreis die Zahlenbeispiele bei Beck, Einheimischenmodelle, S. 85 f., Fn. 223 (100,- DM/qm zu 1000 DM/qm) und das Rechenbeispiel bei Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 150, Fn. 19. 158 So auch Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 152.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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Auch bei der Bodenneuordnung durch Grundstücksankäufe mit Rückkaufsoption liegt demnach eine Koppelung der kommunalen Bauleitplanung mit wirtschaftlichen Gegenleistungen vor. Der Umstand, daß dieser Zusammenhang hier nicht so offenkundig zutage tritt wie bei der Vereinbarung kostenfreier Gegenleistungen des Privaten (in denen allerdings regelmäßig die Bindung an die Bauleitplanung auch nur angedeutet wird), rechtfertigt nicht die Anwendung unterschiedlicher Maßstäbe. Die Regelungen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB beanspruchen daher auch für Verträge der vorliegenden Art Geltung. Die wesentliche Funktion dieser Vorschrift liegt in der spezifischen gesetzlichen Konkretisierung der allgemeinen Forderung des Verwaltungsvertragsrechts nach einem sachlichen Zusammenhang zwischen behördlicher Leistung und privater Gegenleistung für Vereinbarungen, die im Hinblick auf eine geplante Ausweisung von Bauland geschlossen werden. Danach sind derartige Verträge allgemein gesprochen nur dann zulässig, wenn die vertragliche Gegenleistung des Bürgers dazu dient, die tatsächlichen (finanziellen) oder rechtlichen Voraussetzungen der Planaufstellung zu schaffen und/oder die Realisierung der rechtmäßigen bauleitplanerischen Zielsetzungen zu sichern. Die Gemeinde darf von ihrem Vertragspartner nur Dinge verlangen, die im Rahmen einer fehlerfreien Abwägung zugunsten der Aufstellung des Bebauungsplans berücksichtigt werden dürfen. § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB manifestiert die Übertragung planungsrechtlicher Aspekte auf die Ebene des Vertragsrechts; er koppelt die Zulässigkeit des städtebaulichen Vertrages an die Rechtmäßigkeit der Planungsentscheidung. Für die hier zu untersuchenden Grundstückskaufverträge ergeben sich wichtige Zulässigkeitsvoraussetzungen aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 BauGB: Aus Nr. 3 f o l g t 1 5 9 , daß sich die Gemeinden Flächen für städtebauliche Maßnahmen, die als Folge der geplanten Baulandausweisung notwendig werden, auf Kosten der Eigentümer im Plangebiet verschaffen dürfen. Dabei steht ihnen grundsätzlich auch der Weg über die vorliegenden Grundstücksgeschäfte offen. Zulässig ist es auch, Bauflächen an Dritte zu veräußern und aus dem Erlös die Erstellung der gebietsbezogenen Infrastrukturund Folgeeinrichtungen 160 (innerhalb oder außerhalb des Baugebietes) zu finanzieren. Zu dem selben Zweck können darüber hinaus etwaige Überschüsse aus dem Rückverkauf von Teilflächen an die Alteigentümer verwendet werden. Wichtig ist in jedem Fall aber die strikte Beachtung des Kausalitätsgrundsatzes.

159 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 10 f. (noch für die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG). 160 F ü r Folgelastenverträge gilt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB nach der hier vertretenen Auffassung allerdings nur analog.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ist es ferner zulässig, Flächen und Geldüberschüsse aus Grundstücksgeschäften für die Förderung und Sicherung bestimmter (bodenpolitischer) Ziele der Bauleitplanung einzusetzen, insbesondere also für Einheimischen- und Sozialmodelle 161 . Voraussetzung ist allerdings, daß es sich um gebietsbezogene Zielsetzungen handelt, die den Anforderungen einer fehlerfreien Abwägung genügen 162 . Damit sind abschließend die Zwecke umschrieben, die die Gemeinde gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB im Rahmen von Grundstücksankäufen mit Rückkaufsoption verfolgen darf. Nur unter den beschriebenen Voraussetzungen (und unter Beachtung des Angemessenheitsgebotes) ist die Gemeinde berechtigt, mittels derartiger Geschäfte planungsbedingte Wertsteigerungen abzuschöpfen. Die Realisierung von Gewinnen zugunsten des Gemeindehaushaltes ist somit unzulässig; § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB kann als normative Bestätigung eines „städtebaurechtlichen Bereicherungsverbotes" gelesen werden 1 6 3 . Aus § 11 Abs. 1 S. 2 (i.V.m. Abs. 3) BauGB ist ferner die Forderung abzulesen, daß die mit der Wertabschöpfung verfolgten Zwecke aus dem Vertrag heraus bestimm- und nachprüfbar sein müssen 164 . D.h. es muß bereits bei Vertragsschluß festgelegt werden, welche Teilflächen mit welchem Wertansatz für welche Maßnahmen verwendet werden sollen. Den Anforderungen des § 11 BauGB ist nicht genügt, wenn die Gemeinden erst im nachhinein eine zweckentsprechende Flächenverwendung zu beweisen versuchen 165 . In der Literatur ist unter dem Aspekt des Übermaßverbotes die noch weitergehende Frage aufgeworfen worden, ob es angesichts ihrer oben beschriebenen besonderen Stellung auf dem Grundstücksmarkt überhaupt als angemessen bezeichnet werden kann, wenn die Gemeinden Flächen lediglich zum Verkehrswert von Bauerwartungsland erwerben 166 . Tatsächlich scheint es „ungerecht" zu sein, wenn die Gemeinden als Träger der Planungshoheit Grundstücke zu einem Preis kaufen können, der maßgeblich von der Unsicherheit der privaten Marktteilnehmer über die künftige Baulandqualität geprägt w i r d 1 6 7 . Demgegenüber ist aber zu bedenken, daß eine vollständige Abschöpfung des Planungsgewinns nur unter den Vorausset161

Vgl. Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 151 f., der den damaligen § 6 Abs. 2 S. 2 BauGB-MaßnG für anwendbar hält, die eigentlichen Maßstäbe aber den §§54 ff. VwVfG entnehmen will. 162 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 7 ff. 163 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 10 f.; Jade, BayVBl. 1992, S. 549, 555. 164 Vgl. oben Kapitel 6 I. 2. a) aa). 165 So aber wohl Schmidt-Eichstaedt, BauR 1996, S. 1, 11. 166 Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 152, Fn. 48, der die Frage aber offenläßt. 167 Vgl. bereits oben bei Fn. 153.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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zungen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB möglich ist, das heißt in Fällen, in denen die Flächen für kausale Folgemaßnahmen oder bauplanerische Zielsetzungen benötigt werden. Dieser hohe Flächenbedarf, der dazu führt, daß der Eigentümer letztlich nicht mehr als nur den ursprünglichen Verkehrswert seines Grundstücks erhält, beruht also nicht auf dem Gewinnstreben der Gemeinde und damit auf einer unangemessenen Benachteiligung des privaten Vertragspartners, sondern auf der bauleitplanerischen Situation, in der sich das Grundstück befindet 168 . b) Kommunaler Flächenankauf ohne Rückkaufsoption Deutlicher als bei den zuvor behandelten Vertragsgestaltungen ist der Unterschied zur freiwilligen Umlegung, wenn die Ankaufsverträge keinen Rückverkauf an die bisherigen Eigentümer vorsehen. Die Gründe dafür, den Alteigentümern keine Rückkaufsoption anzubieten, können unterschiedlicher Natur sein. Denkbar ist, daß die Gemeinde glaubt, ihre mit der Planung verfolgte Konzeption nur umsetzen zu können, wenn sie selbst über alle Rächen verfügt. Ausschlaggebend kann aber auch der schlichte Wunsch sein, die planungsbedingte Wertsteigerung nicht „ungerechtfertigt" privaten Grundeigentümern zufließen zu lassen 169 . Unabhängig von der Motivation und deren rechtlicher Zulässigkeit im einzelnen kauft die Gemeinde die Grundstücke jedenfalls an, um die aus ihrer Sicht erforderlichen Voraussetzungen für die Aufstellung eines Bebauungsplanes zu schaffen. Damit liegt auch hier das entscheidende Kriterium

168

Vgl. Jachmann, MittBayNot 1994, S. 93, 101: „Die Gemeinde schöpft nicht einen Teil des Planungsgewinns ab; vielmehr entsteht ein solcher nur in verminderter Höhe." Kritisch Bleutge, MittBayNot 1996, S. 149, 150 f., der (für die Einheimischenmodelle) darauf verweist, daß die Planungsgewinne zwar nicht von der Gemeinde selbst, wohl aber von den geförderten Einheimischen realisiert werden könnten. Darin könne eine unangemessene Förderung dieses Personenkreises auf Kosten der Alteigentümer liegen (in dieser Richtung auch Haller, Privatrechtliche Gestaltung, S. 176 f.). Dem ist entgegenzuhalten, daß die Förderung der Einheimischen in den kritischen Fällen gerade das - gesetzlich zugelassene (insoweit unrichtig Haller, a.a.O.) - Ziel der Bauleitplanung ist. Ohne diese Zielsetzung wäre eine Ausweisung von Bauland nicht erforderlich (§1 Abs. 3 BauGB); in den Händen des Alteigentümers könnte es also gar nicht zu einem Planungsgewinn kommen. (Zu der Frage, ob nicht aus rechtlichen Gründen die Sicherung bauleitplanerischer Ziele durch Vertragsbindungen der Alteigentümer dem kommunalen Flächenankauf vorzuziehen ist, vgl. unten Kapitel 8 III. 2. b). 169 Ein in seiner Offenheit schönes Beispiel bietet die von Gassner, Der freihändige Grunderwerb, S. 222, zitierte Äußerung eines bayerischen Bürgermeisters: „Neue Baugrundstücke werden nur noch ausgewiesen, wenn sie der Gemeinde gehören. Die Zeit, wo ein Gemeinderat einen Grundbesitzer durch Handheben über Nacht zum Millionär gemacht hat, ist vorbei."

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

vor, das eine Einordnung der Grundstückskaufverträge ohne Rückkaufsoption als städtebauliche Verträge erlaubt 1 7 0 . Allerdings können für diese Vertragsgestaltungen inhaltliche Grenzen nicht - wie bei den soeben behandelten Vereinbarungen - aus der Verknüpfung von Flächenverkäufen und Bauleitplanung hergeleitet werden. Beim Verkauf von Grundstücken ohne Rückkaufsoption erhält der abgebende Alteigentümer gerade kein Bauland. Daher kann die beabsichtigte Baulandausweisung auch nicht als vertragliche „Leistung" der Gemeinde aufgefaßt werden. Die Situation ist also insofern anders als bei den bislang behandelten Fällen der vertraglichen Bodenneuordnung, als es hier nicht um einen Austausch von hoheitlicher Bauleitplanung gegen wirtschaftliche Leistung geht. Daraus erklärt sich, daß die Regeln des § 11 Abs. 1 S. 2 nicht anwendbar erscheinen: Die Gemeinde verwendet die angekauften Flächen zwar möglicherweise z.T. für städtebauliche Maßnahmen i.S.d. Nr. 3. Diese sind aber keinesfalls Voraussetzung oder Folge eines geplanten Vorhabens des Vertragspartners. Und auch die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele kann nur dann gemäß § 11 Abs. 1 S. 2. Nr. 2 Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein, wenn beide Vertragsparteien ein jeweils eigenes Interesse an dieser Planung haben. Anwendbar für die hier untersuchten Verträge ist aber das Gebot der Angemessenheit in § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB. Als Ausdruck des Übermaßverbotes im Vertragsrecht schützt die Forderung nach Angemessenheit der Gegenleistung die Entscheidungsfreiheit des privaten Vertragspartners vor dem Druck einer strukturell überlegenen Verwaltung 171 . Ein wesentliches Indiz für die Angemessenheit der Leistungen ist vor allem ihre (objektive) wirtschaftliche Ausgewogenheit. Das scheint unproblematisch, wenn ein Grundstück zum Verkehrsweit den Eigentümer wechselt. Der Verkehrswert wird in den vorliegenden Fällen dem Wert von Bauerwartungsland entsprechen 1 7 2 . Scheinbar folgerichtig wird in der Literatur dann auch von einer angemessenen Vertragsgestaltung ausgegangen, wenn die Gemeinde Flächen zum Preis von Bauerwartungsland ohne Rückkaufsoption ankauft, um sie anschließend zu überplanen und teurer weiterzuverkaufen 173 . Eine unzulässige Abschöpfung des Planungsgewinns sei darin nicht zu erkennen, da

170

So offenbar auch Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 50. Vgl. oben Kapitel 5 III. Es zeigt sich, daß dem Angemessenheitsgebot umso größere Bedeutung zuwächst, je weniger die Zulässigkeit der Verwaltungsleistung durch das Koppelungsverbot determiniert ist. 172 Und zwar wegen der offenkundigen Absicht der Gemeinde, Bauland auszuweisen, unabhängig von der Existenz eines Flächennutzungsplanes. 173 Jade, BayVBl. 1992, S. 549, 555; Beck, Einheimischenmodelle, S. 127, Fn. 334; Erbguth/Witte, DVB1. 1999, S. 435, 442. 171

Kap. 8: Neuordnung der Grundstücks Verhältnisse

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die Aufstufung der Flächen zu (Roh-) Bauland geschehe, während die Gemeinde Eigentümerin sei 1 7 4 . Diese Beurteilung der Angemessenheit allein nach dem Verkehrswert entspricht aber nicht der Forderung des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB, die „gesamten Umstände" zu berücksichtigen. Diese Formulierung des Gesetzes erinnert daran, daß bei (städtebaulichen) Verwaltungsverträgen stets die strukturelle Ungleichheit der Vertragspartner im Auge zu behalten ist. Zwar ist auch im Rahmen von Vereinbarungen zwischen der öffentlichen Hand und Privaten im Grundsatz davon auszugehen, daß die frei ausgehandelten Leistungen den beiderseitigen Interessen entsprechen und deshalb auch angemessen sind 1 7 5 . Das gilt insbesondere, wenn der Vertrag dem entspricht, was auch unter Privaten ausgehandelt worden wäre - wovon man bei einem Grundstücksverkauf zum Verkehrswert ausgehen darf. Die Problematik liegt aber in der Gewährleistung der Freiwilligkeit des Verhandlungsergebnisses. Insoweit ist besonders darauf zu achten, daß der private Vertragspartner nicht durch den Mißbrauch spezifischer hoheitlicher Macht zum Vertragsschluß gedrängt worden ist. Dieses im Gesetzestext zum Ausdruck kommende Anliegen zwingt dazu, bei der Beurteilung der Angemessenheit auch die besondere Stellung der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit in Rechnung zu stellen. Tut man dies, so stellt sich heraus, daß, mangels einer wirklichen Unsicherheit über die zukünftige Baulandqualität der verkauften Flächen, der Verkehrswert von Bauerwartungsland keineswegs regelmäßiger Ausdruck einer angemessenen Vereinbarung sein muß. Beiden Vertragspartnern ist im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bewußt, daß die Baulandausweisung mit hoher Sicherheit erfolgen wird; daß also im Grunde Rohbauland verkauft w i r d 1 7 6 . An einen anderen Privaten würde der Vertragspartner der Gemeinde unter diesen Umständen kaum zum Preis von Bauerwartungsland verkaufen. An die Gemeinde muß er dies letztlich tun, da sonst mit Sicherheit kein Bebauungsplan aufgestellt wird, und der Wert seines Grundstücks auf Ackerlandniveau zurückfällt. Der Eigentümer verzichtet also angesichts der Planungsmacht der Gemeinde ohne besondere Gegenleistung auf die planungsbedingte Wertsteigerung seines Landes 1 7 7 . Um diesen Verzicht nicht unangemessen erscheinen zu lassen, bedarf es „nach den gesamten Umständen" einer Rechtfertigung für den niedrigen Ankaufspreis. Diese Rechtfertigung kann nach Lage der Dinge nur die beabsichtigte Bauleitplanung liefern. Wenn die Gemeinde gemessen an den 174 175 176 177

Beck, Einheimischenmodelle, S. 127, Fn. 334. Vgl. dazu oben Kapitel 5 III. 1. Vgl. dazu bereits oben bei Fn. 153. Vgl. Beutge, MittBayNot 1996, S. 149, 150.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Anforderungen des § 1 Abs. 3 und 6 BauGB zu Recht davon ausgeht, daß sie die Aufstellung eines Bebauungsplanes vom vorherigen günstigen Erwerb der zu beplanenden Flächen abhängig machen darf, dann ist dieser günstige Erwerb auch nicht unangemessen. Das käme etwa in Betracht, wenn ein Bebauungsplan nur deshalb erforderlich wäre, weil Bauland für sozial schwache Einheimische bereitgestellt werden muß und für dieses Ziel zugleich die gesamte Fläche im Baugebiet (abzüglich der Flächen für Erschließungs- und Infrastrukturmaßnahmen) benötigt wird. In einem solchen Fall bleibt dem bisherigen Eigentümer nur, die nicht festsetzungsfähige Zielsetzung des Bebauungsplanes durch Verweigerung des Vertragsschlusses zu vereiteln und damit auch die Aufstellung des Planes zu verhindern. Oder aber er akzeptiert den Plan und verkauft die Flächen an die Gemeinde, dann aber muß er auch eine Preisgestaltung hinnehmen, die eine Verwirklichung des Bebauungsplanes erlaubt. Angemessen ist eine solche Vertragsgestaltung aber auch nur dann, wenn die Gemeinde sie nicht nutzt, um Gewinne zu erzielen 178 . Ein Weiterverkauf über dem Ankaufspreis darf nur erfolgen, um die eigenen Kosten für die Bauleitplanung und die Schaffung der notwendigen Infrastruktur abzudecken 179 . Liegt ein solcher Fall vor, so verhindert bereits die planungsrechtliche Situation, in der sich die betroffenen Grundstücke befinden, daß Planungsgewinne in den Händen der Alteigentümer entstehen können. Eine zusätzliche Leistung in Gestalt eines Gewinnverzichts liegt nicht vor; der vereinbarte niedrige Preis ist angemessen. Die Angemessenheit eines kommunalen Flächenankaufs ohne Rückkaufsoption hängt also davon ab, daß das Geschäft von der beabsichtigten Bauleitplanung her gefordert wird; ebenso wie der § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB in den Fällen mit einer Rückübertragung von Flächen an die Alteigentümer bindet hier das Angemessenheitsgebot in § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB die Zulässigkeit des Vertrages an eine rechtmäßige Planungskonzeption. In der Literatur wird aus dem Zusammenhang von Bauleitplanung und Vertrag der Schluß auf eine weitergehende Einschränkung der Zulässigkeit kommunaler Flächenankäufe gezogen 180 . Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit soll Flächenkäufe der Gemeinde nur erlauben, wenn sich die Ziele der Bauleitplanung nicht auf andere Weise verwirklichen lassen. Erst wenn feststeht, daß mit milderen Mitteln - etwa inhaltlichen Bindungen der bisherigen Eigentümer an die Ziele der Bauleitplanung - die die Planung tragenden städtebaulichen Ziele nicht oder zumindest nicht gleichermaßen ef-

178

Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 51. Vgl. die Fallgestaltung in der Entscheidung des OVG Niedersachsen, Urt. v. 07.06.2000, UPR 2001, S. 155. 180 Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 555. 179

Kap. 8: Neuordnung der Grundstückserhältnisse

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fektiv umgesetzt werden können, soll danach der Grunderwerb durch die Gemeinde zulässig sein. Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine so weitgehende Beschränkung der Gemeinde in der Wahl ihrer Instrumente zum Schutz der Alteigentümer nicht notwendig. Anders mag das sein, wenn man die Gemeinde für berechtigt hält, durch den Ankauf von Rächen vor der Bauleitplanung Planungsgewinne abzuschöpfen 181 . Dann entsteht nämlich ein Zwang, diese Möglichkeit der Gewinnerzielung durch die Anwendung des Erforderlichkeitsmaßstabes zu begrenzen. Demgegenüber führt das hier entwickelte Verständnis des Angemessenheitsgrundsatzes dazu, daß die Gemeinde ohnehin niemals Gewinne aus dem Flächenan- und verkauf ziehen kann. Ein unter dem Wert von Rohbauland liegender Ankaufspreis ist danach nur gerechtfertigt, wenn dies für die Verwirklichung der beabsichtigten Bauleitplanung notwendig ist. Liegt der von der Gemeinde kalkulierte Verkaufspreis über der Summe aus gemeindlichen Kosten und dem Preis für Bauerwartungsland, so ist dieser Unterschied über eine entsprechende Erhöhung des Ankaufspreises an die bisherigen Eigentümer weiterzugeben. Ansonsten liegt eine unangemessene Benachteiligung der Verkäufer vor. Bei Beachtung dieser Anforderungen besteht für die Eigentümer aber (finanziell) kein Unterschied zwischen einem Verkauf an die Gemeinde oder der vertraglichen Verpflichtung, nach Baulandausweisung zu dem von der Gemeinde kalkulierten Preis an einen Dritten zu verkaufen. Es gibt daher auch keinen Grund, die Gemeinde auf eine der beiden Vertragsgestaltungen festzulegen, zumal es ein durchaus anerkennenswertes Interesse sein kann, möglichst alle Flächen in kommunales Eigentum zu bringen, um eine rasche Verwirklichung der Bauleitplanung zu gewährleisten. c) Flächenankauf durch einen von der Gemeinde beauftragten Bauträger In der Praxis schließen die Gemeinden die Kaufverträge mit den Eigentümern in dem künftigen Plangebiet häufig nicht selbst ab, sondern schalten einen privaten Bauträger zwischen 182 . Dieser erwirbt die Flächen im eigenen Namen, finanziert den Kaufpreis und übernimmt auch die spätere Weiterveräußerung nach der erfolgten Baulandausweisung. Die Kommunen können sich auf diese Weise von den Kosten der sonst notwendigen Zwischenfinanzierung entlasten und sparen überdies noch Personal. In der Geschäftsbesorgungsvereinbarung mit dem Bauträger sichern sich die Gemein181

So Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 555. 182 Ygi Beck, Einheimischenmodelle, S. 90 f.; 115 ff., mit einem Beispiel für den Vertrag zwischen Bauträger und Gemeinde im Anhang; Bunzel/Coulmas/ Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 50 f.; Vondung, Die freiwillige Umlegung, S. 50.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

den regelmäßig entscheidenden Einfluß auf die inhaltliche Ausgestaltung der Verträge mit den Eigentümern, insbesondere was die Höhe des Kaufpreises angeht. § 11 BauGB ist wegen seines beschränkten personalen Anwendungsbereiches auf die Verträge zwischen dem privaten Bauträger und den Eigentümern nicht unmittelbar anwendbar. Das kann aber nicht heißen, daß derartige Vereinbarungen ohne Einschränkungen zulässig sind. Ansonsten wäre eine Möglichkeit zur legalen Umgehung der relativ strengen Maßstäbe des (städtebaulichen) VerwaltungsVertragsrechts eröffnet 183 . Es liegt daher nahe, für eine analoge Anwendung des § 11 BauGB einzutreten, wenn statt der Gemeinde selbst ein von dieser beauftragter und instruierter Privater als Ankäufer von Flächen im künftigen Plangebiet auftritt. Diese Analogie fällt umso leichter, als die Regeln des § 11 BauGB sowohl für privat- als auch für öffentlich-rechtliches Handeln der Gemeinde gelten. Damit entfällt die Schwierigkeit, die Anwendbarkeit öffentlich-rechtlicher Maßstäbe auf privatrechtliche Handlungsformen begründen zu müssen, oder umgekehrt die Verträge zwischen den privaten Parteien in das öffentliche Recht zu ziehen184 Die Einschaltung eines privaten Bauträgers ändert also nichts an der Anwendbarkeit des § 11 BauGB und den daraus folgenden Zulässigkeitsgrenzen für kommunale Flächenankäufe.

3. Zusammenfassung Als städtebauliche Verträge werden auch kommunale Flächenankäufe von § 11 BauGB erfaßt, die der Gemeinde dazu dienen, die Grundstücksverhältnisse in einem künftigen Plangebiet entsprechend ihrer planerischen Konzeption neu zu ordnen. Ist in den Verträgen eine (Teil-) Rückkaufsoption zugunsten der Alteigentümer vorgesehen, so ist bei wirtschaftlicher Betrachtung keine andere Situation gegeben als bei Flächenabtretungen im Rahmen einer freiwilligen Umlegung. In diesen Fällen muß die Bauleitplanung als Vertragsleistung der Gemeinde Berücksichtigung finden. § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB verbietet es den Gemeinden, durch derartige Geschäfte Gewinne zu erzielen, die nicht entweder zur Finanzierung der durch die Planung (genauer: durch die Vorhaben der Alteigentümer) ausgelösten städtebaulichen Maßnahmen (und Folgeeinrichtungen) verwendet werden oder für die Realisierung der mit der Bauleitplanung zulässigerweise verfolgten Ziele notwendig sind. Werden die Alteigentümer endgültig aus dem künftigen Baugebiet verdrängt, so kann die Bauleitplanung nicht als Vertragslei183 184

Vgl. Beck, Einheimischenmodelle, S. 116. So der Ansatz von Beck, Einheimischenmodelle, S. 115 ff.

Kap. 8: Neuordnung der Grundstücks Verhältnisse

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stung der Gemeinde aufgefaßt werden. § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB ist nicht anwendbar. Gleichwohl verbietet es das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB, daß die Gemeinden ihre Planungs- und Marktmacht verquicken und dazu benutzen, Planungsgewinne auf Kosten der Alteigentümer zu erzielen, die nicht für die Bedürfnisse der Planung selbst benötigt werden. § 11 BauGB harmonisiert die Zulässigkeitsvoraussetzungen für alle derzeit gebräuchlichen Vertragsgestaltungen zur Neuordnung der Grundstücksverhältnisse in einem künftigen Plangebiet. Noch nicht abzusehen ist allerdings, ob und wann sich diese Erkenntnis in der Praxis durchsetzt. Bislang scheint zumindest in der Rechtsprechung der Zivilgerichte die Ansicht vorzuherrschen, daß für privatrechtliche Grundstücksgeschäfte der Gemeinde weitgehende Vertragsfreiheit besteht und die öffentlich-rechtliche Norm des § 11 BauGB im Ergebnis doch nur für verwaltungsrechtliche Verträge Bedeutung hat 1 8 5 . Möglicherweise kann hier nur ein deutlicher Hinweis des Gesetzgebers Abhilfe schaffen.

185 Ein Beispiel ist die Entscheidung des BGH, Urt. v. 02.10.1998, NJW 1999, S. 208 ff. In dem zugrundeliegenden Fall hatte die Gemeinde die Einbeziehung eines Grundstücks des Klägers in einen neu aufzustellenden Bebauungsplan davon abhängig gemacht, daß ihr ein Teil der Fläche zum Preis von Bauerwartungsland verkauft wurde. Der Bebauungsplan insgesamt sollte nach der Konzeption der Gemeinde der Realisierung eines Einheimischenmodells dienen. Später verkaufte die Gemeinde die vom Kläger erworbene und zwischenzeitlich zu Bauland ausgewiesene Teilfläche offenbar an einen Nichteinheimischen. Die vom Kläger im Rahmen seines Begehrens auf Zahlung der Differenz zwischen dem Preis von Bauerwartungs- zu dem von Bauland vorgebrachte Rüge, der ihm von der Gemeinde angesonnene Grundstückskaufvertrag verstoße gegen das Koppelungsverbot, hat der BGH zurückgewiesen. Das Gericht verweist darauf, daß die Gemeinde nach der Wertentscheidung des Gesetzes (wörtlich: „§ 56 VwVfG; vgl. auch § 11 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BauGB") berechtigt sei, ihre planerische Konzeption auch mit den Mitteln des Privatrechts umzusetzen und sich die dazu benötigten Flächen im Wege eines Ankaufmodells zu beschaffen. Der von der Gemeinde gezahlte Kaufpreis sei angemessen gewesen, da er dem Verkehrs wert von Bauerwartungsland entsprochen habe. Der Umstand, daß die vertragsgegenständlichen Flächen später nicht zur Förderung von Einheimischen verwendet worden seien, sei für die Wirksamkeit des Vertrages ohne Belang, da die Einheimischenbindung nicht zur Geschäftsgrundlage der Vereinbarung gehöre. Der BGH behandelt die Gemeinde damit im Ergebnis wie einen beliebigen privaten Grundstückskäufer. Daß die Gemeinde hier ihre hoheitliche Planungsmacht dazu einsetzt, Gewinne auf Kosten des Alteigentümers zu erzielen und daß § 11 BauGB genau dem entgegenwirken will, wird vollständig verkannt.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" Kapitel 9

§ 11 BauGB und Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung Die Erschließung im Sinne der §§123 ff. BauGB ist unabdingbare Voraussetzung für die Schaffung von Bauland. Sie ist damit neben der städtebaulichen Planung die wichtigste städtebauliche Maßnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB 1 8 6 . Das BauGB regelt in § 123 Abs. 1 die Erschließung als hoheitliche Aufgabe der Gemeinde und stellt für ihre Finanzierung das Instrument der Beitragserhebung zur Verfügung 187 . Das Erschließungsrecht enthält aber auch mit der in ihrer heutigen Fassung in § 124 BauGB angesiedelten Regelung des Erschließungsvertrages die historisch älteste gesetzliche Normierung eines städtebaulichen Vertrages, die zu den unmittelbaren Vorläufern des § 11 BauGB zählt 1 8 8 . Ein weiterer Vertragstyp, der „Ablösungsvertrag", ist in § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB zumindest angedeutet. Nicht geregelt, praktisch aber von einiger Bedeutung ist der sogenannte „Vorfinanzierungsvertrag" 189 . Für die vorliegende Untersuchung ist von Interesse, in welchem Ausmaß § 11 BauGB auf die mit der Erschließung zusammenhängenden Verträge Anwendung finden kann, und inwieweit sich diese Vereinbarungen damit in ein allgemeineres System der städtebaulichen Verträge einfügen lassen. Zunächst soll im folgenden das Verhältnis von § 11 und § 124 BauGB behandelt werden (I.). Anschließend geht es um die Bedeutung der Regelung des städtebaulichen Vertrages für den „Vorfinanzierungsvertrag" (II.). Schließlich wird die Frage zu klären sein, ob auf der Grundlage von § 11 BauGB auch über die Ablösungsverträge hinaus eine vertragliche Finanzierung der Erschließung zulässig ist (III.).

186 Vgl Neuhausen, in Brügelmann, zu § 11, Rdnr. 17. 187 Vgl. zur „Erschließungslast" der Gemeinden Vogel, in Brügelmann, zu § 123, Rdnr. 4 ff.; Ernst, in E/Z/B/K, zu § 123, Rdnr. 9 ff.; D rie haus, Erschließungsbeiträge, S. 64 ff. Das Erschließungsbeitragsrecht ist mit der Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG durch das Gesetz zur Änderung des GG vom 27.10.1994 (BGBl. I, S. 3146) in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen. Das bisherige Bundesrecht gilt gemäß Art. 125a Abs. 1 GG solange fort, bis es durch Landesrecht ersetzt wird. Zu den Auswirkungen dieser Änderung auf die Zulässigkeit städtebaulicher Verträge vgl. unten Kapitel 9 III. 2. d). 188 Vgl. dazu bereits in der Einleitung vor dem Ersten Teil. 189 Vgl. zum Inhalt des Vorfinanzierungsvertrages unten Kapitel 9 II.

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

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I. Der Erschließungsvertrag als Maßnahmenvertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB Gemäß § 124 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde „die Erschließung" durch Vertrag auf einen Dritten 1 9 0 übertragen. § 124 Abs. 2 S. 1 BauGB präzisiert das dahingehend, daß Gegenstand des Erschließungsvertrages Erschließungsanlagen in einem bestimmten Erschließungsgebiet unabhängig von ihrer bundes- oder landesrechtlichen Beitragsfähigkeit sein können 1 9 1 . Der Dritte, das heißt der Erschließungsunternehmer, kann sich verpflichten, die Kosten für die Herstellung dieser Anlagen (Erschließungskosten) ganz oder teilweise zu übernehmen; eine Kostenbeteiligung der Gemeinden, wie sie § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB im Falle der Beitragserhebung vorsieht, ist ausdrücklich nicht zwingend (§ 124 Abs. 2 S. 2, 3 BauGB). Die Formulierung des § 124 Abs. 2 BauGB macht deutlich, daß durch den Erschließungsvertrag nicht die (hoheitliche) Erschließungsaufgabe als solche, sondern nur die Herstellung und Finanzierung der Erschließungsanlagen auf Private übertragen werden kann 1 9 2 . Die Erschließungslast verbleibt bei der Gemeinde und aktualisiert sich unter Umständen zur erneuten Erschließungspflicht, wenn der Vertragspartner aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen ausfällt 193 . Mit anderen Worten hat der Erschließungsvertrag des § 124 BauGB die Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Maßnahme Erschließung durch den Vertragspartner auf dessen Kosten zum Gegenstand. § 124 behandelt damit einen Teilausschnitt der Maßnahmenverträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB 1 9 4 . Das führt zu der Frage, ob beide Vorschriften identische Regeln zum zulässigen Vertragsinhalt aufstellen.

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Vgl. dazu, daß der „Dritte" identisch ist mit dem „Vertragspartner" des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB, oben Kapitel 2 I. 1. 191 Der Erschließungsvertrag ist also ausdrücklich nicht auf die beitragsfähigen Erschließungsanlagen im Sinne der §§ 127 ff. BauGB begrenzt; so zuletzt noch BVerwG, Urt. v. 23.08.1991, BVerwGE 89, S. 7; vgl. auch Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 89. Damit entsteht das Problem, den im BauGB nicht definierten Erschließungsbegriff näher bestimmen zu müssen, was insbesondere im Hinblick auf die Abgrenzung von den sogenannten Folgeeinrichtungen Schwierigkeiten bereitet; vgl. dazu die Beispiele bei Ernst, in E/Z/B/K, zu § 123, Rdnr. 4; Weyreuther, UPR 1994, S. 121, 128. 192 So schon BVerwG, Urt. v. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 127 f., zu § 123 Abs. 3 BBauG; vgl. auch Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 90 f.; Ernst, in E/Z/ B/K, zu § 124, Rdnr. 3. 193 Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 90 f. 194 Vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1156; Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 6. 16 Hamann

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

§ 124 Abs. 3 S. 1 BauGB umschreibt die Grenzen des Erschließungsvertrages in einer an § 56 Abs. 2 S. 1 VwVfG angelehnten Formulierung: „Die vertraglich vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein und in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen." Der letzte Teil dieser Bestimmung soll dem Koppelungsverbot Rechnung tragen und verhindern, daß sachwidrige oder sachfremde Erwägungen die Vertragspartner zum Abschluß eines ErschließungsVertrages bewegen 195 . Im Hinblick auf die Vertragsleistung des Erschließungsunternehmers ist ein sachlicher Zusammenhang mit der Erschließung an sich schon per definitionem gegeben. Bereits § 124 Abs. 2 S. 1 BauGB bestimmt, daß Gegenstand eines Erschließungsvertrages nur die Erschließungsanlagen in einem bestimmten Gebiet in der Gemeinde sein können 1 9 6 . Die Forderung nach einem sachlichen Zusammenhang macht darüber hinaus deutlich, daß von dem Erschließungsunternehmer nur das gefordert werden kann, was im Rahmen einer ordnungsgemäßen planerischen Konzeption zur Erschließung des Vertragsgebietes notwendig i s t 1 9 7 . Für die Gemeinde bedeutet die Positivierung des Koppelungsverbotes in § 124 Abs. 3 S. 1 BauGB vor allem, daß sie die Erschließung eines Baugebietes nicht mit der Gewährung von Vorteilen (etwa der Ausweisung von Bauland) an anderer Stelle „erkaufen" darf. Worin im übrigen die eigentliche Vertragsleistung der Gemeinde beim „klassischen" Erschließungsvertrag besteht, ist nicht ganz klar. Überwiegend wird wohl der Verzicht der Gemeinde auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen angeführt 198 . Die Beitragserhebung ist aber bei Durchführung des Erschließungsvertrages schon kraft Gesetz ausgeschlossen, da der Gemeinde kein Erschließungsaufwand entsteht (vgl. §§ 127 Abs. 1, 129 Abs. 1 S. 1 BauGB) 1 9 9 . Wirtschaftlich wird man die Leistung der Gemeinde wohl darin sehen müssen, daß sie die Erschließung durch den Erschließungsunternehmer ermöglicht und darauf verzichtet, selbst - und unter Umständen zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt - tätig zu werden 2 0 0 . Denkbar ist aber auch, daß die Gemeinde 195

Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 30; Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 116. Das Erschließungsgebiet wird durch den Vertrag festgelegt. Objektiv ist jedoch erforderlich, daß die so zusammengefaßten Flächen hinsichtlich der zu ihrer Erschließung im Sinne der §§30 ff. BauGB notwendigen Maßnahmen in einem sachlich-technischen Gesamtzusammenhang stehen. So ausdrücklich Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 74. 197 Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 100; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns, S. 371; Quaas, BauR 1995, S. 780, 786. 198 Vgl. Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 63. 199 Vgl. Quaas, BauR 1995, S. 780, 782; Grziwotz, Städtebauliche Verträge, S. 347. 200 In diesem Sinne offenbar auch BT-Drs. 12/3944, S. 21; Quaas, BauR 1995, S. 780, 785. 196

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

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die Aufstellung eines Bebauungsplanes von der Bereitschaft zum Abschluß eines Erschließungsvertrages abhängig macht. Da die Gegenleistung des privaten Vertragspartners gerade in der Erschließung besteht, bedeutet die Formulierung des § 124 Abs. 3 S. 1 im Ergebnis nichts anderes, als daß die Leistungen beider Seiten in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen müssen. Keinen Unterschied in der Sache bedeutet es, daß § 124 BauGB nicht ausdrücklich klarstellt, daß die Übernahme der Erschließung nicht Gegenleistung für ein Verwaltungshandeln sein darf, auf das ein Anspruch besteht. Die gegenteilige Ansicht 2 0 1 verkennt, daß es sich hier um eine zwingende Folge aus dem allgemeinen Koppelungsverbot und damit letztlich aus dem Prinzip der Gesetzesbindung der Verwaltung handelt (Art. 20 Abs. 3 G G ) 2 0 2 . Die Gemeinde darf also nicht etwa den Eigentümer eines bereits erschlossenen Baugrundstücks dadurch zur Übernahme weiterer Erschließungsmaßnahmen im Baugebiet bewegen, daß sie ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB verweigert 203 . Schon im Wortlaut gleicht die Fassung des Angemessenheitsgebotes in § 124 Abs. 3 S. 1 der des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB. Von Bedeutung ist die Angemessenheit beim Erschließungsvertrag insbesondere, wenn die vom Erschließungsunternehmer herzustellenden Erschließungsanlagen auch Dritten innerhalb (Fremdanlieger) oder außerhalb des Erschließungsgebietes zugute kommen. Nur ausnahmsweise wird in solchen Fällen eine vollständige Kostenübernahme durch den Erschließungsunternehmer angemessen sein 2 0 4 . Insgesamt erweisen sich die in § 124 BauGB aufgestellten Regeln für die inhaltliche Zulässigkeit von Erschließungsverträgen als identisch mit den entsprechenden Bestimmungen in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 2 BauGB. 201

Birk, BauR 1999, S. 205, 208. Vgl. oben Kapitel 5 II. 2. 203 Dazu steht nicht im Widerspruch, daß ein Erschließungsvertrag auch für Gebiete abgeschlossen werden kann, die schon (ganz oder teilweise) erschlossen sind; so aber Birk, BauR 1999, S. 205, 208. Dabei kann Vertragspartner auch jemand sein, dem ein oder mehrere bebaubare Grundstücke in dem Gebiet gehören. Nur kann die Vertragsleistung der Gemeinde dann eben nicht in der Schaffung von Baurecht für die Grundstücke bestehen, für die bereits ein Anspruch auf Baugenehmigung existiert. Der Vertragspartner muß daher andere wirtschaftliche Motive für die Übernahme der Erschließung haben, z.B. ein eigenes Interesse an den noch nicht erschlossenen Grundstücken im Erschließungsgebiet oder an der Verbesserung der Erschließungssituation durch die Herstellung zusätzlicher Erschließungsanlagen. Vgl. zum Erfordernis einer ordnungsgemäßen planerischen Konzeption für die zu übertragenden Erschließungsmaßnahmen oben bei Fn. 197. 204 Vgl Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 101; Döring, NVwZ 1994, S. 853, 854. Nach dem für § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB geltenden Kausalitätsgrundsatz käme eine vollständige Kostentragung des privaten Vertragspartners überhaupt nicht in Betracht; vgl. dazu oben Kapitel 6 I. 1. b). 202

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Auch die Formerfordernisse in § 124 Abs. 4 BauGB und in § 11 Abs. 3 BauGB stimmen überein. § 124 BauGB ist hinsichtlich der Beschreibung der zulässigen Vertragsinhalte konkreter und enthält in § 124 Abs. 3 S. 2 BauGB eine echte Sonderregelung, die in dieser Form nur für Erschließungsverträge gilt. § 124 BauGB kann damit als lex specialis zu § 11 BauGB angesehen werden, die aber keine Abweichungen von den für alle städtebaulichen Verträge geltenden Regelungen enthält, sondern lediglich auf die Besonderheiten des Erschließungsvertrages zugeschnittene Konkretisierungen dieser Regeln 2 0 5 .

II. Der Vorfinanzierungsvertrag als städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 BauGB Nach einhelliger Ansicht erfaßt § 124 BauGB nicht den sogenannten Vorfinanzierungsvertrag 206 . Zwar übernimmt der Vertragspartner im Rahmen einer solchen Vereinbarung ebenfalls die Herstellung der Erschließungsanlagen in einem bestimmten Gebiet; im Gegensatz zum „echten" Erschließungsvertrag trägt er die Kosten dafür aber nicht endgültig. Er bekommt seine Aufwendungen vielmehr von der Gemeinde erstattet, die sich selbst durch die Erhebung von Beiträgen refinanziert. Zumeist wird der Erstattungsanspruch des Vertragspartners bis zum Eingang der Beiträge bei der Gemeinde gestundet. Die auf sein Grundstück entfallenden Beiträge werden in der Regel mit dem Erstattungsanspruch verrechnet 207 . Der Vorteil dieser Konstruktion liegt für die Gemeinde darin, daß durch die Erschließung keine Haushaltsmittel gebunden werden. Der Vertragspartner wird regelmäßig an der Beschleunigung der Erschließung interessiert sein. Für die Kommunen hat der Vorfinanzierungsvertrag allerdings erheblich an Reiz verloren, seit über einen echten Erschließungsvertrag gemäß §124 Abs. 2 S. 3 BauGB auch die Kosten auf den Erschließungsunternehmer abgewälzt werden können, die bei einer beitragsfinanzierten Erschließung die Gemeinden zu tragen haben. Eine gewisse Bedeutung wird dem 205

NVwZ 1997, S. 1145, 1156; Bericht der So auch Battis/Krautzberger/Löhr, Expertenkommission, S. 94, Rdnr. 140; teilweise weitergehend Birk, BauR 1999, S. 205, 208. 206 Vgl. Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. IIa; Vogel, in Brügelmann, zu § 124, Rdnr. 7; Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 91 f.; Lohr, in B/K/L, zu § 124, Rdnr. 2. 207 Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 124, Rdnr. 2; Döring, NVwZ 1994, S. 853, 855. Ob der Vertragspartner die Finanzierung der Erschließung für seine Flächen vollständig, das heißt ohne Beachtung des § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB übernehmen darf, hängt davon ab, ob Ablösungsverträge gemäß § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB die einzig zulässige Art von Vereinbarungen über die Kosten der Erschließung darstellen oder nicht. Vgl. dazu sogleich unter III.

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Vorfinanzierungsvertrag daher nur noch dort eingeräumt, wo das Vorhandensein zu vieler Fremdanliegergrundstücke die Kostenverlagerung auf einen Erschließungsunternehmer als unangemessen erscheinen läßt 2 0 8 . Sein Gegenstand, die Durchführung der städtebaulichen Maßnahme Erschließung, macht den Vorfinanzierungsvertrag zu einem städtebaulichen Vertrag im Sinne des § 11 BauGB. Dabei kommt es nicht darauf an, ob man die Vereinbarung für öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich h ä l t 2 0 9 . Von einem „normalen" Werk- oder Darlehensvertrag unterscheidet sich der Vorfinanzierungsvertrag, weil der Vertragspartner ein eigenes Interesse an der Durchführung der Erschließung hat. Das erklärt sowohl seine Bereitschaft zu einer ansonsten unüblich großzügigen Vorfinanzierung als auch seine gesteigerte Schutzbedürftigkeit. Der Vorfinanzierungsvertrag gehört nicht zu den benannten Verträgen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB. Insbesondere die Nr. 1 ist nicht anwendbar, da der Vertragspartner nicht (endgültig) die Kosten der Erschließung übernimmt. Auch das Koppelungsverbot spielt für Vorfinanzierungsvereinbarungen kaum eine Rolle, da die möglichen Vertragsleistungen des Erschließungsunternehmers von vornherein auf die Erstellung der beitragsfähigen Erschließungsanlagen im Sinne der §§127 ff. BauGB beschränkt sind. Praktische Relevanz kann aber das Angemessenheitsgebot in § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB entfalten. Angemessen sein müssen die Bedingungen, zu denen der Erschließungsunternehmer die Herstellung der Erschließungsanlagen vorfinanziert. Unter diesem Gesichtspunkt kann fraglich sein, ob eine zinslose Stundung der aufgewandten Erschließungskosten (bis zum Eingang der Erschließungsbeiträge bei der Gemeinde) zulässig ist. Da die Gemeinde marktübliche Finanzierungskosten über die Beitragserhebung auf die Anlieger abwälzen kann 2 1 0 , dürfte eine zinslose Stundung als ungerechtfertigte Bevorzugung der Anlieger auf Kosten des Erschließungsunternehmers zu bewerten sein. Ebenfalls unzulässig nach § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB können Vertragsgestaltungen sein, die dem Vertragspartner das Risiko des finanziellen Ausfalls der Fremdanlieger aufbürden. Gebräuchlich sind in der Praxis Ausfallbürgschaften des Erschließungsunternehmers zugunsten von Drittanliegern oder die Abtretung der kommunalen Beitragsforderungen anstatt einer Erstattung der Erschließungskosten durch die Gemeinde 211 . Diese Konstruktionen können dazu führen, daß der Erschließungsunternehmer am Ende 208

Vgl. Stüer, in HbdöBR, S. 340; Döring, NVwZ 1994, S. 853, 855. Vgl. dazu Erbguth/Rapsch, DÖV 1992, S. 45, 47; Schmidt-Aßmann/Krebs, 2. Auflage, S. 59 (öffentlich-rechtlich); Lohr, in B/K/L, zu § 124, Rdnr. 2; Stüer in HbdöBR, S. 340 (privatrechtlich); differenzierend Döring, NVwZ 1994, S. 853, 855. 210 Vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.1974, BRS 37, S. 130, 133. 209

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

auch die Kosten für die Erschließung der Fremdanlieger endgültig zu tragen hat. Die Übernahme fremder Kosten ohne echte Gegenleistung entspricht aber nur in Ausnahmefällen dem Angemessenheitsgebot und ist daher regelmäßig unzulässig. Festzuhalten bleibt, daß § 11 BauGB eine normative Grundlage schafft, die es erlaubt, die wesentlichen inhaltlichen Maßstäbe des Verwaltungsvertragsrechts auf den Vorfinanzierungsvertrag anzuwenden, unabhängig von der Antwort auf die Frage nach seiner Rechtsnatur.

III. Vereinbarungen über die Kosten der Erschließung im Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB 1. Das Problem und seine Ursachen Isolierte Vereinbarungen über die Finanzierung von Erschließungsanlagen deckt § 124 BauGB nicht ab. Zwar würde der Wortlaut des § 124 Abs. 2 wohl auch eine gegenteilige Auslegung tragen; wegen der Formulierung des § 124 Abs. 1 wird aber die Übertragung der Herstellung der Erschließungsanlagen auf den Vertragspartner als konstitutiv für den Erschließungsvertrag erachtet 212 . Die Lücke scheint aber zumindest auf den ersten Blick § 1 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB ganz unproblematisch zu füllen. Die Formulierung „Übernahme der Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind" umschreibt genau den Gegenstand einer Erschließungskosten Vereinbarung 213 . Gleichwohl herrscht nur über wenige Fragen im Zusammenhang mit städtebaulichen Verträgen soviel Unsicherheit, wie über die Zulässigkeit von Vereinbarungen zur Abwälzung kommunaler Erschließungskosten 214 . Für das Verständnis dieser Schwierigkeiten ist es notwendig, sich die bisherige Rechtsprechung des BVerwG zur vertraglichen Abwälzung der Erschließungskosten und die (nicht eben eindeutige) Reaktion des Gesetzgebers darauf zu vergegenwärtigen. Bis zur Einführung der Regelung des städtebaulichen Vertrages im BauGB-MaßnG und der gleichzeitigen Neufassung des § 124 BauGB durch das Investitions- und WohnbaulandG 1993 hatte das BVerwG in ständiger Rechtsprechung geurteilt, daß die Gemein211 Vgl. Stüer, HbdöBR, S. 340; ders., DVB1. 1995, S. 649, 652, der zudem die vollständige Übernahme des von der Gemeinde zu tragenden Finanzierungsanteils durch den Erschließungsunternehmer für zulässig hält, ohne allerdings die Vereinbarkeit mit dem Beitragsrecht zu problematisieren. Dazu sogleich unter III. 212 Vgl. statt vieler Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 7. 213 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 173 f. 214 Vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 95 ff., Rdnr. 141 ff.; Bunzel/ Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 173.

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

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den ihren Erschließungsaufwand nur nach Maßgabe des (bundes- oder landesrechtlichen) Beitragsrechts auf die Anlieger abwälzen dürften; abweichende vertragliche Regelungen seien unzulässig 215 . Insbesondere sei es den Gemeinden verwehrt, sich selbst in die Rolle eines privaten Unternehmers zu begeben und die Erschließung auf der Grundlage eines Vertrages mit den Anliegern durchzuführen 216 . Die Kommunen seien vielmehr gemäß §127 i.V.m. § 132 (BBauG) verpflichtet, Erschließungsbeiträge nach Maßgabe des Gesetzes zu erheben. Abweichungen von den grundsätzlich zwingenden Vorschriften des Abgabenrechts seien nur zulässig, wenn das Gesetz dies ausdrücklich gestatte. Eine solche Ausnahme enthalte das Beitragsrecht nur in § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB, der die Möglichkeit zur Ablösung der Erschließungsbeiträge auf der Grundlage von „Bestimmungen" eröffnet, die die Gemeinde zuvor festzusetzen hat 2 1 7 . Die Kalkulation des vertraglichen Ablösungsbetrages muß sich nach Art (nur für beitragsfähige Anlagen) und Umfang (10% Eigenanteil der Gemeinde) im Rahmen der Bestimmungen des Beitragsrechts halten; der Ablösungsvertrag des § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB erlaubt also keine vollständige Kostenübernahme durch den Ver218 tragspartner . Im gleichen Sinne urteilte das BVerwG auch über die Grenzen einer zulässigen Kostenübernahme in „echten" Erschließungsverträgen im Sinne des § 124 BauGB (a.F.) 2 1 9 . Die diesem Vertragstyp immanente Disposition über die in § 123 Abs. 1 BauGB konstituierte Erschließungslast der Gemeinde finde ihre Schranke in den abgabenrechtlichen Bestimmungen der §§127 ff. BauGB. Das Abgabenrecht sei grundsätzlich dispositionsfeindlich, deshalb dürfe ohne besondere gesetzliche Erlaubnis von seinen Regelungen nicht durch Vertrag abgewichen werden. Dem Erschließungsunternehmer dürfe daher im Erschließungsvertrag nicht mehr an Kosten aufgebürdet werden, als er auch zu tragen hätte, wenn die Gemeinde die Erschließung selbst durchführen würde. Insbesondere gelte auch beim Abschluß von Erschließungsverträgen die Bestimmung des § 129 Abs. 1 S. 3 215

BVerwG, Uri. v. 23.04.1969, Buchholz 406.11 § 132 BBauG, Nr. 4, S. 2, 3; Urt. v. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 128; Urt. v. 27.01.1982, BVerwGE 64, S. 361, 363 f.; Uri. ν. 01.12.1989, DVB1. 1990, S. 438, 439 f. (mit insoweit zustimmenden Anm. von Götz). 216 BVerwG, Urt. v. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 127. 217 Vgl. zur Rechtsnatur dieser Bestimmungen (nicht notwendig Satzungen) BVerwG, Urt. v. 01.12.1989, DVB1. 1990, S. 438 ff.; zur Grenze der Ablösungsverträge BVerwG, Urt. v. 09.11.1990, KStZ 1991, S. 92 ff. 218 Vgl. Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 173 f.; eindeutig rechtswidrig ist daher der Vorschlag von Stang/Dürr, BauR 1996, S. 209, 210 ff., eine vollständige Übernahme der Erschließungskosten durch den Vertragspartner im Wege einer „großzügigen" Kalkulation des Ablösebetrages zu erreichen. 219 Urt. v. 13.08.1991, BVerwGE 89, S. 7 ff.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

BauGB, nach der die Gemeinden mindestens 10% der Erschließungskosten selbst übernehmen müssen. Es bestand damit nach der Rechtsprechung des BVerwG keine Möglichkeit, die Finanzierung von beitragsfähigen Erschließungsanlagen vertraglich anders als nach Maßgabe der §§127 ff. BauGB zu regeln. Diese restriktive Linie des BVerwG rief schließlich den Gesetzgeber auf den Plan, der befürchtete, daß der Anreiz zum Abschluß von Erschließungsverträgen entfallen und in der Folge die Erschließungstätigkeit spürbar zurückgehen könnte 2 2 0 . Durch das Investirions- und Baulandgesetz 1993 wurde dem §124 BauGB seine heutige Fassung gegeben, die ausdrücklich die Übernahme der gesamten Erschließungskosten, unabhängig von ihrer Beitragsfähigkeit, für zulässig erklärt. § 124 BauGB erfaßt aber wie gesehen nur den „echten" Erschließungsvertrag, durch den Herstellung und Finanzierung der Erschließungsanlagen auf den Vertragspartner übertragen werden. Eine Vorschrift, die sich explizit mit der isolierten Übertragung der Erschließungskosten beschäftigt, fehlt. Zwar wurde durch das Investirions- und Wohnbaulandgesetz auch die Vorgängernorm des heutigen § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB geschaffen (§ 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG), die von ihrem Wortlaut her auch Erschließungskostenvereinbarungen abgedeckt hätte. Die Frage war und ist aber, ob eine Bestimmung über die vertragliche Abwälzung der Erschließungskosten nicht aus systematischen Gründen ebenfalls im Rahmen der §§123 ff. BauGB hätte erfolgen müssen. Und ob nicht umgekehrt das Fehlen einer solchen Regelung als Entscheidung des Gesetzes gegen die Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen zu werten i s t 2 2 1 . Ein eindeutiger Wille des historischen Gesetzebers ist nicht feststellbar 2 2 2 . Zwar ging es in § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG in erster Linie um eine Positivierung der Rechtsprechung zum Folgekostenvertrag 223 ; es findet sich aber andererseits nirgendwo ein Anhaltspunkt dafür, daß Vereinbarungen über Erschließungskosten bewußt ausgeschlossen werden sollten. Im Rahmen der Vorarbeiten zum BauROG 1998 hat die Expertenkommission über eine ausdrückliche Regelung der Frage beraten, unter anderem wegen kompetenzrechtlicher Zweifel aber von einer entsprechenden Empfehlung abgesehen und vorgeschlagen, eine Lösung der Entwicklung in 220 BT-Drs. 12/3944, S. 29; vgl. auch Birk, Die städtebaulichen Verträge, 3. Auflage, S. 61; kritisch Weyreuther, UPR 1994, S. 121, Fn. 21. 221 So Driehaus, S. 93; Weyreuther, UPR 1994, S. 121 ff.; dagegen Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 175. 222 So auch der Bericht der Expertenkommission, S. 96, Rdnr. 142. 223 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 43; Bericht der Expertenkommission, S. 96, Rdnr. 142; zu den Einzelheiten auch oben Kapitel 6 I. 2. b).

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

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Rechtsprechung und Praxis zu überlassen 224 . Der Gesetzgeber des § 11 BauGB ist dem offenbar gefolgt 2 2 5 . Die Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit von Erschließungskostenvereinbarungen ist dem Gesetz daher nach wie vor nicht unmittelbar zu entnehmen. Sie setzt eine grundlegende Analyse des Verhältnisses von Erschließungsbeitragsrecht und städtebaulichem Vertragsrecht voraus.

2. Erschließungsbeitragsrecht und Erschließungskostenvereinbarung Der Blick auf die Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren hat bereits gezeigt, daß eine Lösung nicht gleichsam autark auf der Grundlage des § 11 BauGB erarbeitet werden kann 2 2 6 . Die Vorschrift kann dort, wo die Gesetzeslage ansonsten offen ist, als Argument für die Zulässigkeit bestimmter städtebaulicher Vertragsgestaltungen herangezogen werden; sie bietet aber keine allgemeine Grundlage für ein Abweichen von abschließenden Spezialregelungen 227 . Entscheidend ist daher, ob aus den Vorschriften der §§ 123 ff.; 127 ff. BauGB - auch nach der Änderung des § 124 - ein Verbot von Erschließungskostenvereinbarungen außerhalb des § 133 Abs. 3 S. 5 abgeleitet werden muß. a) Die Argumentation des BVerwG Das BVerwG hat ein solches Verbot bislang stets mit einer an den Grundsätzen des Abgabenrechts orientierten Argumentation begründet 228 . Als öffentliche Abgaben dürften Erschließungsbeiträge nur nach Maßgabe der Gesetze erhoben werden (Art. 20 Abs. 3 GG). Diese strikte Gesetzesbindung sei im Abgabenrecht von gesteigerter Bedeutung. Das schließe es aus, daß Abgabengläubiger und -Schuldner von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern dies nicht vom Gesetz ausdrücklich gestattet sei. Dieser Grundsatz sei „für einen Rechtsstaat so fundamental 224

Bericht der Expertenkommission, S. 94 ff., Rdnr. 141 ff. Vgl. auch Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1157. 226 Für § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG war eine das Erschließungsbeitragsrecht verdrängende Wirkung aus § 20 BauGB-MaßnG („Bis zum 31. Dezember 1997 gelten ... die Vorschriften ... dieses Gesetzes anstelle der Vorschriften des BauGB oder ergänzend dazu.") hergeleitet worden; vgl. Döring, NVwZ 1994, S. 853, 856. Das erscheint eher zweifelhaft, ist aber nach dem Auslaufen des BauGB-MaßnG ohnehin von nur noch rechtshistorischem Interesse. 227 Vgl. oben Kapitel 4 I. 228 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Buchholz 406.11 zu § 132 BBauG, Nr. 4, S. 2, 3; Urt. v. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 128; Urt. v. 27.01.1982, BVerwGE 64, 361, 363 f. 225

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, daß seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten (sei), das Nichtigkeit zur Folge" habe 2 2 9 . Für das Erschließungsbeitragsrecht leitet das Gericht aus § 127 Abs. 1 i.V.m. § 132 BBauG eine Pflicht zur Beitragserhebung a b 2 3 0 . Ferner folge aus diesen Vorschriften, daß die Kommunen ihre Erschließungskosten nicht durch vertragliche Vereinbarungen auf die Anlieger abwälzen dürften; sie seien vielmehr gehalten, die Aufwendungen durch Beiträge auf der Grundlage einer Ortssatzung abzudecken 231 . Einzige gesetzlich zugelassene Ausnahme sei die Ablösung der Beiträge gemäß § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB, für die die Gemeinde nach dem Gesetz vor dem Vertragsschluß allgemeine Bestimmungen zu treffen habe 2 3 2 . Dadurch solle im Interesse der dem Erschließungsbeitragsrecht immanenten Grundsätze der Abgabengerechtigkeit und der Abgabengleichheit eine möglichst gleichmäßige Handhabung aller Ablösungsfälle sichergestellt werden 2 3 3 . Die Argumentation des BVerwG wird demnach von zwei aufeinander aufbauenden Grundannahmen getragen: Zunächst setzt das Gericht voraus, daß die Refinanzierung der Erschließungskosten exklusiv durch das Erschließungsbeitragsrecht geregelt ist. Nur so läßt sich begründen, daß Erschließungskostenvereinbarungen überhaupt nach den Maßgaben des Beitragsrechts beurteilt werden, das - so die zweite grundlegende These des Gerichts - vertraglichen Abweichungen nicht zugänglich ist. Beide Annahmen verdienen eine kritische Würdigung. Die Untersuchung wird sich im folgenden zunächst der vom BVerwG postulierten Dispositionsfeindlichkeit des Abgabenrechts zuwenden. Anschließend wird die These von der Exklusivität des Beitragsrechts für die Refinanzierung der Erschließung behandelt234 b) Dispositionsfeindlichkeit

des Abgabenrechts

Das BVerwG folgert das Verbot gesetzesabweichender Erschließungskostenvereinbarungen aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Abgabenerhebung. Dieser Ansatzpunkt weist damit weit in das Abgabenrecht hinein und über das Thema dieser Untersuchung hinaus. Für den hier interessierenden Zusammenhang genügt es aber, sich auf einige grundsätzliche Gedankengänge zu beschränken. 229

BVerwG, Urt. v. 27.01.1982, BVerwGE 64, 361, 363. BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Buchholz 406.11 zu § 132 BBauG, Nr. 4, S. 2, 3. 231 Ebenso jüngst VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.11.2000, BWGZ 2001, S. 799, 801. 232 Vgl. auch BVerwG, Urt. v. 09.11.1990, KStZ 1991, S. 92 ff. 233 BVerwG, Urt. v. 27.01.1982, BVerwGE 64, 361, 364. 234 Siehe unten Kapitel 9 III. 2. c). 230

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

251

In dem Terminus der öffentlichen Abgaben faßt das BVerwG Steuern, Gebühren und Beiträge zusammen. Dieser Abgabenbegriff ermöglicht es dem Gericht, Grundsätze auf das Erschließungsbeitragsrecht zu übertragen, die ursprünglich im Steuerrecht entwickelt worden sind 2 3 5 . Es ist allerdings fraglich, ob dabei den Unterschieden, die zwischen den verschiedenen Abgabenarten bestehen, genügend Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. Tatsächlich geht die überwiegende Ansicht im Steuerrecht sogar von einem Verbot des Vertrages als Handlungsform aus 2 3 6 . Dieses strikte Handlungsformverbot 237 kann nur aus der Eigenart des Abgabentyps Steuer erklärt werden 2 3 8 . Steuern werden dem Bürger ohne individualisierbare Gegenleistung abverlangt und dienen grundsätzlich der nicht zweckgebundenen Finanzierung des Staates (vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 AO). Das Gesamtdekkungsprinzip der staatlichen Finanzierung, das heißt die Entkoppelung der staatlichen Steuereinnahmen von bestimmten Ausgabenzwecken, und das Fehlen einer Gegenleistung für die Steuerleistung haben zur Konsequenz, daß das Verhältnismäßigkeitsprinzip gegenüber der Steuererhebung weitgehend leerläuft 239 . Aufgefangen werden, im Sinne einer verfassungsrechtlichen Legitimation, können Funktionsverlust des Rechtsstaatsprinzips und fehlende Gegenleistung nur durch eine ganz formale und strikte Egalität der Steuererhebung. „Nur bei einer formal-egalitären Besteuerung ist die Belastung durch die Steuerpflicht erträglich und überhaupt legitim" 2 4 0 . Gewährleistet wird die Beachtung dieses strengen Gleichheitsprinzips im Steuerrecht primär durch die zum Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit gesteigerte Gesetzesbindung der Steuererhebung (vgl. erneut § 3 Abs. 1 S. 1 AO). Die Pflicht, Steuern immer (aber auch nur) dann einzunehmen, wenn der Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt ist, zwingt zur Gleichbehandlung bei der Gesetzesanwendung. Mit diesem Zwang zur für die Legitimation der Steuererhebung konstitutiven Gleichbehandlung sind (Vertrags-) Verhandlungen zwischen der Steuerbehörde und dem einzelnen Steuerpflichti235

Vgl. die Nachweise auf die Rechtsprechung des BFH in BVerwG, Urt. v. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 128. 236 Vgl. z.B. D. Birk, Steuerrecht I, § 10, Rdnr. 5; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 165 ff.; vorsichtiger Tipke/Lang, § 4, Rdnr. 164 f. Zur Unterscheidung von Handlungsformverbot und Einschränkung der inhaltlichen Zulässigkeit vgl. Erich2. Auflage, sen, in ders., AllgVerwR, § 26, Rdnr. 3 ff.; Schmidt-Aßmann/Krebs, S. 215 ff. 237 Ausgenommen sind in einem gewissen Umfang Vergleichs Verträge; vgl. D. Birk, Steuerrecht I, § 10, Rdnr. 5. 238 Vgl. dazu und zum folgenden Heun, DÖV 1989, S. 1053 ff. 239 Abgesehen vom Verbot der Erdrosselungssteuer; vgl. aber jetzt den Ansatz des BVerfG im Vermögenssteuerbeschluß vom 22.06.1995, NJW 1995, S. 2615 ff.; dazu bereits oben Kapitel 7 II. 240 Heun, DÖV 1989, S. 1053, 1059.

252

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

gen prinzipiell nicht vereinbar. Die inhaltliche Bindung an die strikte Gleichheit schlägt um in ein Verbot der Handlungsform des Vertrages, weil die Vertragsform Einfluß auf den Inhalt der Entscheidung haben kann 2 4 1 . Das Gesetzmäßigkeitsprinzip und der Grundsatz der Gleichbehandlung gelten selbstverständlich auch bei der Erhebung von Beiträgen und Gebühren. Dennoch ist etwa im Bereich des Kommunalabgabenrechts der Vertrag zumindest als Handlungsform weitgehend anerkannt 242 . Auch die Formulierung des BVerwG, im Beitragsrecht seien vom Gesetz abweichende Vereinbarungen nicht ohne besondere Ermächtigung zulässig 243 , deutet darauf hin, daß das Gericht hier lediglich auf die inhaltliche Zulässigkeit, nicht auf die Handlungsform abzielt. Der Grund für diese unterschiedliche Behandlung muß in der Verschiedenheit der Abgabenarten gesucht werden. Anders als Steuern werden Gebühren und Beiträge nicht ohne Gegenleistung erhoben; sie sind Entgelt für einen individualisierbaren, auf einer Leistung der Verwaltung beruhenden Sondervorteil (der allerdings auch in der Verschaffung einer bloßen Nutzungsmöglichkeit liegen kann) 2 4 4 . Diese Relation von behördlicher Leistung und Abgabe bietet den Ansatzpunkt für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitprinzips, das sich für Gebühren und Beiträge im Kostendekkungs- und im Äquivalenzprinzip widerspiegelt 245 . In dem Maße aber, in dem materiell-individualisierbare Kriterien für die Bestimmung der Abgabenlast zur Verfügung stehen, verliert sich die Notwendigkeit einer formellegalitären Abgabenerhebung. Die Rechtfertigung der Abgabe aus dem Sondervorteil des Abgabenschuldners erlaubt auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes eine Differenzierung zwischen den Einzelfällen, wenn sie sie nicht sogar erfordert. Das reduziert zum einen die Anforderungen, die an die Regelungsdichte der gesetzlichen Abgabentatbestände zu stellen sind 2 4 6 . Zum anderen entfällt der tragende Grund für den generellen Ausschluß der Handlungsform Vertrag. Dabei bestehen grundsätzlich auch keine Bedenken dagegen, daß das Gesetz der Verwaltung die Möglichkeit einräumt, in gewissen Grenzen vertraglich über die jeweilige Abgabe zu disponieren. Unter dem Aspekt der Gleichbehandlung dürfen solche Ver241

So Heun, DÖV 1989, S. 1053, 1060; a.A. Tipke/Lang, § 4, Rdnr. 164 f., die folgerichtig kein Handlungsformverbot für den Vertrag im Steuerrecht annehmen. 242 Vgl. Heun, DÖV 1989, S. 1053, 1054, 1060; D. Birk, Steuerrecht I, § 10, Rdnr. 5. 243 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Buchholz 406.11 zu § 132 BBauG, Nr. 4, S. 2, 3; Uri. ν. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 128; Urt. ν. 27.01.1982, BVerwGE 64, 361, 363 f. 244 Vgl. z.B. Tipke/Lang, § 3, Rdnr. 9 ff., insbes. 14. 245 Vgl. Heun, DÖV 1989, S. 1053, 1063 m.w.N. 246 Heun, DÖV 1989, S. 1053, 1063.

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

253

träge allerdings nicht zu einer Benachteiligung Dritter führen, was Senkungen der Abgabenlast im Vertragswege generell ausschließen dürfte. Dagegen ist im Prinzip nichts dagegen einzuwenden, daß derjenige, der einen im Vergleich zu anderen Abgabenschuldnern erhöhten Sondervorteil aus einer behördlichen Leistung zieht, sich freiwillig zu einer höheren Gegenleistung verpflichtet, solange die Grundsätze der Kostendeckung und der individuellen Angemessenheit als Resultanten des Gesetzmäßigkeits- und des Verhältnismäßigkeitsprinzips gewahrt bleiben. Ob eine solche Möglichkeit zur vertraglichen Disposition besteht, ist eine Entscheidung des jeweiligen Fachgesetzes und durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kann nach den bisherigen Überlegungen - und darin liegt der Unterschied zur Rechtsprechung des BVerwG - nicht auf eine a priori postulierte Dispositionsfeindlichkeit „des" Abgabenrechts abgestellt werden. Untersucht werden muß vielmehr der Aussagegehalt des jeweils einschlägigen, speziellen Abgabengesetzes. Tut man dies für das Erschließungsbeitragsrecht des BauGB, so kann als Argument für das Ergebnis des BVerwG allerdings die Vorschrift des § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB herangezogen werden. Die ausdrückliche Normierung der (vertraglichen) Ablösung von Erschließungsvereinbarungen kann bei systematischer Betrachtung als Ausschluß anderer, insbesondere gesetzesabweichender Vereinbarungen interpretiert werden 2 4 7 . Dieses Verständnis ist möglich, aber nicht zwingend; die Existenz des § 133 Abs. 3 S. 5 BauGB kann auch mit den besonderen Bedingungen erklärt werden - die Gemeinde muß „Bestimmungen" treffen - , die der Gesetzgeber an den Abschluß von Ablösungsvereinbarungen knüpft. Diese Besonderheit muß keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit anderer Verträge haben. Für eine vertragsfreundliche Lesart spricht der Gesamtzusammenhang mit dem Erschließungsrecht. Wenn § 127 Abs. 1 die Beitragserhebung nur subsidiär, zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwandes anordnet und gleichzeitig § 124 Abs. 2 BauGB nunmehr eine anderweitige Deckung durch den Abschluß von Erschließungsverträgen erlaubt (und damit das Beitragsrecht insgesamt für disponibel erklärt), so ist kein Grund erkennbar, warum nicht innerhalb des beitragsrechtlichen Systems mehr Raum für vertragliche Vereinbarungen sein soll.

247

So offenbar Birk, BauR 1999, S. 205, 209.

254

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" c) Exklusivität des Beitragsrechts für die Finanzierung der Erschließung?

Der letzte Gedanke leitet über zu der zweiten der Rechtsprechung des BVerwG zugrundeliegenden These, die - wie oben angesprochen 248 - bereits vor der Frage nach der Disponibilität der beitragsrechtlichen Vorschriften ansetzt. Dieser Frage kommt nur dann Bedeutung zu, wenn das Beitragsrecht auf den Vertragsgegenstand überhaupt Anwendung findet. Das würde voraussetzen, daß die Erschließungskostenvereinbarungen unmittelbar die Erhebung bzw. die Ablösung von Erschließungsbeiträgen zum Gegenstand hätten. Daran bestehen aber bei näherer Betrachtung Zweifel. Diese Zweifel gründen sich zum einen auf den Umstand, daß derartige Finanzierungsvereinbarungen häufig Anlagen und Kosten betreffen, die von vornherein nicht beitragsfähig sind, wie z.B. Brücken oder Tunnel (vgl. §128 Abs. 3 Nr. 1 BauGB) 2 4 9 . Zwar könnte das noch als (unzulässige) Erweiterung der Beitragserhebung verstanden werden. Zum anderen aber und das ist entscheidend - modifizieren diese Verträge nicht erst die Einzelheiten der Beitragspflicht, sondern setzen bereits einen Schritt früher bei der Erschließungslast der Gemeinde gemäß § 123 Abs. 1 BauGB an. Die Erschließungslast, das heißt die gesetzliche Zuweisung der Aufgabe Erschließung, schließt auch die mit der Erfüllung der Aufgabe verbundenen Kosten mit e i n 2 5 0 . Vereinbarungen über Erschließungskosten modifizieren somit die gesetzliche Aufgabenzuweisung und treten dabei in Konkurrenz zu der vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeit der Kostendeckung durch die Erhebung von Beiträgen. Der Erschließungskostenvertrag betrifft nicht Umfang und Modalitäten der Beitragserhebung, ist also kein Abgabenvertrag im eigentlichen Sinne, sondern schließt die Entstehung einer Beitragspflicht bereits tatbestandlich aus (vgl. §§ 127 Abs. 1, 129 Abs. 1 S. 1 BauGB) 2 5 1 . Die für die Zulässigkeit dieser Verträge entscheidende Frage ist damit, ob das Erschließungsrecht eine derartige alternative Kostenentlastung erlaubt, oder ob das Erschließungsbdiragsrecht Exklusivität oder zumindest Priorität in dem Sinne beanspruchen kann, daß Vereinbarungen inhaltlich nicht von seinen Regeln abweichen dürfen 2 5 2 .

248

Vgl. Kapitel 9 III. 2. b). Verträge über die Finanzierung derartiger Anlagen hält auch Birk, BauR 1999, S. 205, 210 für zulässig, der Erschließungskostenvereinbarungen ansonsten ablehnt. 250 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.1991, BVerwGE 89, S. 7, 11. 251 So auch Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 175; für die vergleichbare Situation beim Erschließungsvertrag ausdrücklich Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 11. 252 Vgl. auch Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1157. 249

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

255

Demgegenüber hat sich das BVerwG in seinen Entscheidungen zu den Erschließungskostenvereinbarungen der erschließungsrechtlichen Frage nach den alternativen Möglichkeiten der Finanzierung nicht gestellt und die Unzulässigkeit derartiger Verträge unmittelbar aus den (vermeintlichen) Grundsätzen des Abgabenrechts hergeleitet 253 . Mit dem Verhältnis von Erschließungsrecht und Beitragsrecht hat sich das Gericht allerdings im Zusammenhang mit der gleichgelagerten Frage nach der Zulässigkeit von „echten" ErschließungsVerträgen unter der Geltung der alten Fassung des § 124 BauGB befaßt 254 . Die dortige Argumentation ist auch im hier zu behandelnden Zusammenhang von Interesse. In dem zugrundeliegenden Fall war in einem Erschließungsvertrag die vollständige Finanzierung der Erschließungsanlagen durch den Erschließungsunternehmer vereinbart worden, ohne Berücksichtigung der im Beitragsrecht vorgesehenen 10%igen Mindestbeteiligung (§ 129 Abs. 1 S. 3 BauGB) der Gemeinde. Die Prüfung der Wirksamkeit dieser Vereinbarung unterteilte das Gericht in vier nacheinander zu beantwortende Fragen: „(...) erstens, wer die abgewälzten Kosten tragen müßte, wenn der Vertrag hinweggedacht wird, zweitens, ob die dieser Kostentragung zugrundeliegende Regelung zwingend oder der vertraglichen Disposition zugänglich ist, drittens, wie weit gegebenenfalls die Dispositionserlaubnis reicht, und schließlich viertens, ob ein sich etwa als verletzt erweisendes Dispositionshindernis Verbotsqualität hat oder n i c h t " 2 5 5 . In Bezug auf die erste Frage stellt das BVerwG ganz im soeben dargelegten Sinne fest, daß sich die Kostentragungspflicht der Gemeinde aus der gesetzlichen Zuweisung der Erschließungslast ergibt. Diese Zuweisung sei (zweitens) auch disponibel, wie sich aus der ausdrücklichen Zulassung des Erschließungsvertrages ergebe; damit biete das Gesetz eine Alternative zur abgabenrechtlichen Kostenentlastung. Damit steht das Gericht vor der dritten Frage, die hier für den „reinen" Erschließungskostenvertrag als die entscheidende herausgearbeitet worden ist: „(...), ob die Ermächtigung als Alternative zur „normalen", also zur abgabenrechtlichen Abwicklung des Phänomens ,Erschließung' für von deren Grundregeln befreit gehalten werden darf oder nicht. 2 5 6 " Diese Frage verneint das Gericht mit dem Hinweis auf die „dispositionsfeindliche Tendenz" des Abgabenrechts, die vertragliche Abweichungen nur gestatte, soweit sie vom Gesetz ausnahmsweise zugelassen seien. „Das ist auch bei der 253

BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Buchholz 406.11 zu § 132 BBauG, Nr. 4, S. 2, 3; Urt. v. 22.08.1975, BVerwGE 49, S. 125, 128; Urt. v. 27.01.1982, BVerwGE 64, 361 ff.; ebenso VGH Baden-Württemberg, Uri. v. 09.11.2000, BWGZ 2001, S. 799,

801.

254

255 256

BVerwG, Urt. v. 23.08.1991, BVerwGE 89, S. 7, 10 ff. BVerwG, a.a.O., S. 10. BVerwG, a.a.O., S. 12.

256

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Auslegung der zwar als solcher nicht abgabenrechtlichen, jedoch auf das Abgabenrecht zentral durchgreifenden Dispositionsermächtigung des § 123 Abs. 3 BBauG/124 Abs. 1 BauGB (a.F.) zu berücksichtigen." 257 Abgesehen davon, daß die These von der Dispositionsfeindlichkeit „des" Abgabenrechts zumindest für das Beitragsrecht einer Relativierung bedarf, vermag die Argumentation des BVerwG in gesetzessystematischer Hinsicht nicht zu befriedigen 258 . Die Frage, ob das Erschließungsfeeziragsrecht eine Grenze für vertragliche Vereinbarungen über die im Erschließungsrecht geregelte (finanzielle) Erschließungslast beinhaltet, bejaht das Gericht mit Hinweis auf die Dispositionsfeindlichkeit des Beitragsrechts. Die dahinter stehende These, daß nämlich das Beitragsrecht prägend auch für die Auslegung des übrigen Erschließungsrechts ist, begründet das Gericht nicht, sondern kleidet sie in die Form einer apodiktischen Behauptung. Dabei wäre gerade das Problem von Exklusivität oder Priorität des Beitragsrechts zu untersuchen gewesen. Diese Frage kann aber nicht allein aus der Natur des Beitragsrechts heraus gelöst werden 2 5 9 . Denn bei systematischer Betrachtung ist das Beitragsrecht gegenüber der Regelung der Erschließungslast nachrangig. Erst wenn die Aufgabenzuweisung geregelt ist, stellt sich die Frage nach der Refinanzierung. Der nachgeordneten Funktion des Finanzierungsinstrumentes Erschließungsbeitrag entspricht es, daß die §§ 127 Abs. 1, 129 Abs. 1 S. 1 BauGB seinen Gebrauch auf die Deckung der nicht anderweitig finanzierten Erschließungsaufwendungen beschränken 260 . Außerhalb des Beitragsrechts selbst lassen sich aber keine Argumente für die Beschränkung vertraglicher Kostenvereinbarungen auf die beitragsrechtlichen Inhalte finden. Das BVerwG bemüht in diesem Zusammenhang noch den Gedanken des Drittschutzes 261 . Der Erschließungsunternehmer verkaufe die von ihm erschlossenen Grundstücke regelmäßig an Dritte und gebe dabei notwendig die Kosten der Erschließung an diese weiter. Die vertragliche Abweichung von den Vorschriften des Beitragsrechts wirke sich daher nicht beim Erschließungsunternehmer, sondern erst bei den am Erschließungsvertrag nicht beteiligten Dritten aus. Das Abgabenrecht sei aber durch starke „Schutzphänomene" geprägt, mit denen eine Überforderung des einzelnen verhindert werden solle. Der von diesen Schutzvorschriften abwei257

BVerwG, a.a.O. Vgl. Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 5. 259 So aber auch z.B. Birk, BauR 1999, S. 205, 209. 260 Anders Driehaus, S. 93, der die Auffassung vertritt, § 127 BauGB „reklamiere" die durch die beitragsfähige Erschließung entstehenden Aufwendungen für sich mit der Folge, daß für Kostenvereinbarungen gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB kein Raum sei. Gegen Driehaus auch Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 172 ff. 261 BVerwG, Urt. v. 23.08.1991, BVerwGE 89, S. 7, 12. 258

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

257

chende Erschließungsvertrag sei daher ein „verdeckter" Vertrag zu Lasten Dritter, dessen Unzulässigkeit durch das Abgabenrecht intendiert sei. Diesen Ausführungen ist zu Recht entgegengehalten worden, daß einerseits niemand gezwungen sei, Grundstücke von einem Erschließungsunternehmer zu überhöhten Preisen zu kaufen 2 6 2 und daß andererseits auch niemand gewährleisten könne, daß der Erschließungsunternehmer Ersparnisse, die er bei Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften verbuchen kann, auch an seine Kunden weitergibt 2 6 3 . Als Reaktion auf die Entscheidung des BVerwG hat der Gesetzgeber den § 124 BauGB neugefaßt und um die heutigen Absätze 2-4 erweitert 264 . §124 Abs. 2 BauGB stellt nunmehr unmißverständlich klar, daß der Erschließungsvertrag als Finanzierungsinstrument neben dem Erschließungsbeitrag steht und von dessen Regelungen nicht betroffen i s t 2 6 5 . Nach den hier angestellten Überlegungen handelt es sich bei dieser Gesetzesänderung eher um eine Korrektur der höchstrichterlichen Gesetzesauslegung denn um eine materielle Änderung der Rechtslage 266 . Das ist nicht ohne Bedeutung für die hier interessierenden reinen Erschließungskostenvereinbarungen. Denn daraus folgt, daß § 124 BauGB nicht als abschließende Ausnahmeregelung gelesen werden muß, die andere Vereinbarungen über die (finanzielle) Erschließungslast ausschließt 267 . Die §§ 123 ff.; 127 ff. BauGB stehen vertraglichen Alternativen zur Erhebung von Erschließungsverträgen demnach nicht grundsätzlich entgegen. Diese „offene" Gesetzeslage scheint es zu erlauben, in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB eine gesetzliche Grundlage und zugleich den Maßstab für derartige Vereinbarungen zu erblicken. Das setzt aber voraus, daß der Bundesgesetzgeber überhaupt (noch) befugt ist, eine solche Norm für den Erschließungskostenvertrag zu schaffen.

262 V

Weyreuther, UPR 1994, S. 121, 124. g l Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 29; ausführlich Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 6; Pietzcker, in FS Hoppe, S. 439, 446 f. 264 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 29. 265 Vgl. auch Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 11. 266 So wohl auch Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 5; skeptisch schon gegenüber der Fragestellung Weyreuther, UPR 1994, S. 121, 122. 267 Ebenso Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 175 gegen Driehaus, S. 90. 263

17 Hamann

258

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" d) Bundeskompetenz zur Regelung des Erschließungskostenvertrages

Die bisherigen Überlegungen haben sich allein mit den bundesrechtlichen Vorschriften des BauGB beschäftigt. Ausgeklammert worden ist dabei zunächst die Tatsache, daß zumindest im Erschließungsbeitragsrecht auch das Landesrecht eine gewichtige Rolle spielt. Seit jeher hat das Beitragsrecht des Bundes nur einen Teil der Erschließungsaufwendungen abgedeckt, andere Teile werden in Übereinstimmung mit § 127 Abs. 4 BauGB auf der Grundlage landesrechtlicher Beitragsvorschriften finanziert. Seit der umfassenden Verfassungsreform des Jahres 1994 2 6 8 ist das Erschließungsbeitragsrecht sogar insgesamt aus der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für das Bodenrecht ausgenommen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) und damit in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen. Die §§127 ff. BauGB gelten gemäß Art. 125 a Abs. 1 GG nur solange noch als Bundesrecht fort, bis sie durch Landesrecht ersetzt werden. Das wirft die Frage auf, ob der bundesrechtliche § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB tatsächlich Grundlage für Erschließungskosten Vereinbarungen sein kann, die auf die landesrechtlichen Beitragsregelungen keine Rücksicht nehmen 269 . Diese Frage wäre in jedem Fall zu verneinen, wenn Gegenstand der Erschließungskostenvereinbarung der Erschließungsbeitrag wäre. Dann wäre mangels einer Regelungskompetenz des Bundes zur Änderung des Beitrags268

Gesetz zur Änderung des GG vom 27.10.1994 (BGBl. I, S. 3146). Verneinend Driehaus, S. 93. Das Problem der Gesetzgebungskompetenz hat auch im Vorfeld der Neuregelung des § 11 BauGB eine Rolle gespielt. Die Expertenkommission war der Ansicht, daß der Bund nach dem Verlust der Gesetzgebungszuständigkeit für das Erschließungsbeitragsrecht „das Verhältnis zwischen Erschließungskosten vertrag und Folgekostenvertrag nicht mehr allein bereinigen" könne; vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 95 ff., Rdnr. 142 ff. Es sei „nicht unzweifelhaft", ob der Bund (überhaupt noch) die Kompetenz zur Regelung einer auch die Erschließungskosten erfassenden vertraglichen Kostenübernahme habe. Auf der anderen Seite hielt es die Kommission auch für möglich, daß der Bund die vertragliche Übernahme der Erschließungskosten bereits durch § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG und damit zu einem Zeitpunkt geregelt habe, als ihm die Kompetenz für das Beitragsrecht noch zustand. Ebenso sei nicht ausgeschlossen, daß der Bund bei einer Neuformulierung des Rechts der städtebaulichen Verträge die zweifelhafte Unterscheidung zwischen Erschließungsanlagen und Folgeeinrichtungen aufgeben könne. (Zu den kompetenzrechtlichen Unterschieden von Folgeeinrichtungen und städtebaulichen Maßnahmen vgl. aber bereits oben Kapitel 2 III. 2. b) cc).) Im Zusammenhang mit der letztgenannten Überlegung erwog die Kommission die Aufnahme einer Formulierung in das Gesetz, die die Zulässigkeit von Erschließungskostenverträgen unter dem Vorbehalt abweichender landesrechtlicher Regelungen klarstellen sollte; letztlich konnte sie sich aber zu keinem klaren Votum durchringen. 269

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

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rechts entscheidend, ob das Bundesrecht bereits vor der Grundgesetzänderung derartige Verträge erlaubte; eine danach geschaffene Regelung könnte nur der Klarstellung dienen und würde zudem unter dem Vorbehalt künftiger Änderungen des Landesrechts stehen. Erschließungskostenvereinbarungen sind aber, das ist oben gezeigt worden, keine abgabenrechtlichen Verträge im eigentlichen Sinne. Sie modifizieren in erster Linie die gesetzlichen Vorschriften über die Erschließungslast (§ 123 Abs. 1 BauGB) und berühren das Erschließungsbeitragsrecht nur indirekt, indem sie das Eintreten des Abgabentatbestandes verhindern. Die Erschließungslast, das heißt die gesetzliche Zuweisung der Verwaltungsaufgabe Herstellung und Finanzierung von Erschließungsanlagen an einen Verwaltungsträger, ist Regelungsgegenstand des Erschließungsrechts, das wiederum zu den Bestandteilen des Bodenrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG zählt 2 7 0 . Das Erschließungsbeitragsrecht, das nunmehr aus der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ausgeklammert ist, betrifft nach diesem Verständnis nur eine Form der Refinanzierung der Erschließungskosten, die den Gemeinden aus der bundesrechtlichen Zuweisung der Erschließungslast entstehen. Da die Kompetenz zur Regelung der Erschließungslast beim Bund verblieben ist, ist es ihm grundsätzlich auch unbenommen, andere Formen der Refinanzierung zu regeln, die dann eine Alternative zur Beitragserhebung bilden 2 7 1 . Diese Auffassung muß sich allerdings mit dem Einwand auseinandersetzen, daß sie die den Ländern nunmehr ausdrücklich zugewiesene Gesetzgebungskompetenz für das Beitragsrecht ein gutes Stück entwertet. Denn danach wäre der Bund grundsätzlich nicht gehindert, durch die bevorzugte Ausgestaltung anderer Finanzierungsinstrumente den landesrechtlichen Beitragsvorschriften den Boden zu entziehen. Daher ist zu fragen, ob die Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG nicht zugleich als verfassungskräftige Entscheidung für die Beitragsfinanzierung der Erschließung zu lesen ist. Das würde allerdings bedeuten, daß dem Bund mit der Grundgesetzänderung nicht nur die Gesetzgebungskompetenz für das Erschließungsbeitragsrecht im engeren Sinne genommen worden ist, sondern darüber hinaus auch die Zuständigkeit zur Regelung eines Kernbereichs der Erschließung und damit eine der wesentlichen Materien des Bodenrechts. Der Bund hätte faktisch die Regelungsmacht über die Erschließungslast verloren; er könnte zwar nach wie vor Erschließungsaufgaben zuweisen, die Aufgabenerfüllung

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Vgl. BVerfG, Gutachten v. 16.07.1954, BVerfGE 3, S. 407, 424 ff.; Beschl. v. 05.07.1972, BVerfGE 35, S. 265, 287; Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 5 f.; auch Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 7. 271 So auch Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1157; Lohr, in B/K/L, zu § 11, Rdnr. 20; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 176. 17*

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

wäre aber allein von den Entscheidungen der einzelnen Länder zur Refinanzierung abhängig. Der Bundesgesetzgeber hätte keine Möglichkeit mehr, die Durchführung von Erschließungsmaßnahmen durch die Bereitstellung alternativer Finanzierungsinstrumente zu forcieren. Das bedeutete zugleich den Verlust eines wichtigen bodenrechtlichen Instruments zur Beeinflussung des Angebotes an Bauland. Insgesamt würde also eine extensive Interpretation des Klammerzusatzes in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 BauGB eine weitreichende Einschränkung der Bundeszuständigkeit für das Bodenrecht zur Folge haben. Daß mit der Änderung der Kompetenznorm derartige Konsequenzen intendiert waren, läßt sich indessen weder aus den Materialien zur Verfassungsreform 272 noch aus dem geänderten Verfassungstext selbst ablesen. Daher ist im Ergebnis von einer allein das Beitragsrecht betreffenden Änderung der Gesetzgebungskompetenz auszugehen, die dem Bundesgesetzgeber die Regelung alternativer Finanzierungsinstrumente offenhält. Das Erschließungsbeitragsrecht steht damit Erschließungskostenverträgen nicht entgegen, gleichviel, ob Gegenstand dieser Verträge nach Bundesoder Landesrecht beitragsfähige oder nicht beitragsfähige Erschließungsanlagen sind 2 7 3 . Der Vertrag steht als Instrument zur Finanzierung der Erschließung selbständig neben der Erhebung von Erschließungsbeiträgen 274 . § 11 BauGB vermag dieses Ergebnis nicht aus sich selbst heraus zu begründen; da das spezielle Erschließungsrecht aber keine erkennbar entgegengesetzte Wertung enthält, kann die Vorschrift als Beleg für die Entscheidung des Gesetzes herangezogen werden, Verträge als Alternative zu hoheitlichem Handeln grundsätzlich zuzulassen 275 . Grundlage und Maßstab für Erschließungskostenvereinbarungen ist § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. Da272

Ausschlaggebend für die Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG war die nach Ansicht der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat vorhandene strukturelle Gemeinsamkeit des Erschließungsbeitragsrechts mit dem kommunalen Abgabenrecht, vgl. BT-Drs. 12/600, S. 34; Sannwald, DÖV 1994, S. 629, 634. Vgl. zur Kritik an dieser Sichtweise Driehaus, Erschließungsbeiträge, S. 6 mit Fn. 24 f. Insgesamt spricht diese Motivation des verfassungsändernden Gesetzgebers für einen rein abgabenrechtlichen Inhalt des Zusatzes in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG. 273 Gleiches gilt im übrigen für Erschließungsverträge gemäß § 124 Abs. 2 S. 1 BauGB. Entgegenstehende Vorschriften des Landesrechts sind gemäß Art. 31 GG wirkungslos; vgl. auch Ernst, in E/Z/B/K, zu § 124, Rdnr. 2 (noch vor der GGÄnderung), der zugleich nachweist (Rdnr. 8), daß ein derartiger Konflikt mit dem Beitragsrecht nach den Kommunalabgabengesetzen (Globalabrechnung) nicht besteht. Zur gegenteiligen Ansicht - bundesrechtliche Kompetenz zur Regelung des Erschließungsvertrages endet an den Beitragsvorschriften der Länder - vgl. Vogel, in Brügelmann, zu § 124, Rdnr. 27. 274 Im Ergebnis ebenso Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, 2. Auflage, S. 172 ff.; offenbar auch Gronemeyer, in ders., zu § 11, Rdnr. 63 f.

Kap. 9: Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung

261

nach gilt insbesondere der Kausalitätsgrundsatz, das heißt der Vertragspartner darf Kosten für Erschließungsanlagen in einem Vertrag nur insoweit übernehmen, als sie durch sein spezielles Vorhaben verursacht worden sind. Die Zuordnung der Anlagen zu dem Vorhaben muß sich aus dem Vertrag ergeben. Erschließungskostenvereinbarungen unterliegen danach zumindest im Detail strengeren Bindungen als Erschließungsverträge im Sinne des §124 BauGB, der lediglich einen sachlichen Zusammenhang zwischen den Vertragsleistungen und der Erschließung fordert. Hier gilt im Ergebnis nichts anderes als für das Verhältnis des Kausalitätsgrundsatzes zum allgemeinen Koppelungsverbot 276 .

IV. Zusammenfassung Das Erschließungsrecht enthält in § 124 BauGB eine spezielle Regelung des Erschließungsvertrages, die den § 11 BauGB für diesen Vertragstyp vollständig verdrängt. § 124 BauGB ist konkreter auf die Besonderheiten des Erschließungsvertrages zugeschnitten, weicht aber inhaltlich nicht von dem ab, was gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB auch für andere Maßnahmenverträge gilt. Unmittelbar anwendbar ist § 11 BauGB auf den von § 124 BauGB nicht erfaßten Vorfinanzierungsvertrag. Der gehört zwar nicht zu den benannten Vertragsarten des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB; die Anwendbarkeit insbesondere des Angemessenheitsgebotes aus § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB sichert aber normativ den notwendigen Schutz des privaten Vertragspartners und verdeutlicht - unabhängig von der privat- oder öffentlich-rechtlichen Einordnung des Vorfinanzierungsvertrages - den Abstand zu „normalen" Werkoder Darlehensverträgen. Nach den in § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB niedergelegten Grundsätzen richtet sich die Zulässigkeit von Erschließungskostenvereinbarungen. Diese treten als selbständiges Finanzierungsinstrument neben die Erhebung von Erschließungsbeiträgen. Insgesamt fügen sich damit auch die Verträge im Zusammenhang mit der Erschließung in das von § 11 BauGB maßgeblich gestaltete System der städtebauliche Verträge ein. Die Existenz des § 124 BauGB führt inhaltlich zu keinem Bruch; die nicht von dieser Vorschrift erfaßten Vertragsgestaltungen erhalten durch § 11 BauGB eine normative Grundlage und Struktur.

275 Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 160, hält die Vorschrift offenbar für eine gesetzliche Entscheidung für die Zulässigkeit von Erschließungskostenvereinbarungen. 276 Vgl. dazu oben Kapitel 6 I. 1. b).

262

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht" Kapitel 10

§ 11 BauGB und städtebauliche Verträge im Rahmen von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen Das „klassische" Bauplanungsrecht gewährt den Gemeinden nur begrenzten Einfluß auf das tatsächliche städtebauliche Geschehen. Die Gemeinden können den Grundstückseigentümern mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes ein „Angebot" zur baulichen Nutzung unterbreiten; sie können durch Erschließung und Bodenumlegung die Voraussetzungen dafür schaffen, daß dieses Angebot angenommen werden kann. Die Entscheidung über die eigentliche Realisierung der Bauleitplanung liegt aber grundsätzlich bei den einzelnen Eigentümern. Wie gesehen bieten städtebauliche Verträge, insbesondere solche nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB, den Gemeinden eine Möglichkeit, verstärkt Einfluß auf die Umsetzung ihrer (festsetzungsfähigen und nicht festsetzungsfähigen) städtebaulichen Ziele zu nehmen. Demgegenüber enthält das „Besondere Städtebaurecht" (2. Kapitel des BauGB, §§ 136 ff.) Instrumentarien für besondere städtebauliche Problemlagen, die es der Gemeinde gestatten, die tatsächliche Bodennutzung auch unter Einsatz hoheitlicher Mittel zu steuern 277 . Besonders weitreichend sind die Gestaltungsbefugnisse der Gemeinde im Rahmen der sogenannten städtebaulichen Gesamtmaßnahmen. Durch die Sanierungsmaßnahme (§§ 136— 164b BauGB) wird ein bestimmtes „Gebiet zur Behebung städtebaulicher Mißstände wesentlich verbessert oder umgestaltet" (§ 136 Abs. 2 S. 1 BauGB). Mit der an das Sanierungsrecht angelehnten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (§§ 165-171 BauGB) „sollen Ortsteile und andere Teile des Gemeindegebietes (...) erstmalig entwickelt oder im Rahmen einer städtebaulichen Neuordnung einer neuen Entwicklung zugeführt werden" (§ 165 Abs. 2 S. 1 BauGB). Beide Gesamtmaßnahmen sind gebietsbezogen und dadurch gekennzeichnet, daß sie auf der Grundlage eines einheitlichen Planungs- und Durchführungskonzepts in der Verantwortung der Gemeinde in einem Zug umgesetzt werden sollen 2 7 8 . Trotz der hoheitlichen Ausprägung spielen sowohl in der Sanierungs- als auch in der Entwicklungsmaßnahme kooperative Handlungsformen zwischen der Gemeinde und den an der Maßnahme Beteiligten eine große 277

Vgl. dazu z.B. den Überblick bei Krebs, in Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 4. Abschnitt, Rdnr. 176. 278 Vgl. §§ 136 Abs. 1; 165 Abs. 1 BauGB; Bielenberg, in Bielenberg/Koormann/Krautzberger, C Vorbem §§ 165-171, Rdnr. 3 (für die Entwicklungsmaßnahme).

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 263 Rolle 2 7 9 . Zum Teil enthält das Gesetz auch ausdrückliche Regelungen für bestimmte (städtebauliche) Verträge: § 146 Abs. 3 BauGB (für die Entwicklungsmaßnahme: § 169 Abs. 1 Nr. 4) erlaubt die vertragliche Übertragung der Durchführung von Ordnungs- und Baumaßnahmen auf die betroffenen Grundstückseigentümer. Gemäß § 157 BauGB (§ 167) können die Gemeinden sich auf der Grundlage eines Vertrages zur Erfüllung der Aufgaben, die ihnen bei Vorbereitung oder Durchführung der Gesamtmaßnahme obliegen, eines geeigneten Beauftragten bedienen. Weitere (städtebauliche) Verträge sind z.B. angedeutet in § 145 Abs. 4 S. 2 (Vertrag zur Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 145 Abs. 2), § 166 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 (Abwendung des kommunalen Bodenerwerbs) und § 169 Abs. 5-8 BauGB (Reprivatisierung nach Durchführung der Entwicklungsmaßnahme). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist von Interesse, ob § 11 BauGB auch für die Vertragsgestaltungen des Besonderen Städtebaurechts Bedeutung erlangt, ihnen eine verbindende rechtliche Struktur gibt und damit auch in diesem Bereich zu einer Vereinheitlichung der vertraglichen Handlungsform beitragen kann. Die Untersuchung wird sich zunächst den Verträgen zur Durchführung und Finanzierung der Ordnungs- und Baumaßnahmen gemäß §§ 146 ff. BauGB zuwenden (I.). Danach wird der Sanierungs-/Entwicklungsträgervertrag in den Blickpunkt rücken (II.). Schließlich soll der Einsatz von städtebaulichen Verträgen zur Förderung der Ziele der städtebaulichen Sanierungs- bzw. Entwicklungsmaßnahme behandelt werden (III.).

I. Verträge über die Durchführung und Finanzierung von Ordnungs- und Baumaßnahmen 1. Verträge gemäß § 146 Abs. 3 BauGB im Schema des § 11 Abs. 1 S. 2 Gemäß § 146 Abs. 1 BauGB (§ 169 Abs. 1 Nr. 4) umfaßt die Durchführung der städtebaulichen Gesamtmaßnahmen die Ordnungs- und die Baumaßnahmen. Ordnungsmaßnahmen im Sinne des Gesetzes sind solche Maßnahmen, die notwendig sind, damit Baumaßnahmen durchgeführt werden können (vgl. § 147 Abs. 1 S. 1 Nr. 5). § 147 Abs. 1 nennt ausdrücklich die Bodenordnung, den Umzug von Bewohnern und Betrieben, die Freilegung von Grundstücken, die Erschließung und die naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen (außerhalb der Eingriffsflächen, § 148 Abs. 2 S. 2). Zu den Baumaßnahmen zählen die Modernisierung und Instandsetzung, die Neubebauung und Ersatzbauten, die Errichtung und Änderung von Gemein279

Vgl. den Überblick bei Krautzberger,

in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 58 ff.

264

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

bedarfs- und Folgeeinrichtungen sowie die Verlagerung oder Änderung von Betrieben. Die Ordnungsmaßnahmen fallen in den Aufgabenkreis der Gemeinden (§ 147 Abs. 1 S. 1 BauGB), während die Baumaßnahmen den Eigentümern überlassen bleiben (§ 148 Abs. 1), mit Ausnahme der Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen, für deren Errichtung und Änderung die Gemeinde „zu sorgen" hat (§ 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 2). § 146 Abs. 3 BauGB (§ 169 Abs. 1 Nr. 4) erlaubt es der Gemeinde, die ihr obliegenden Ordnungsmaßnahmen und die Errichtung oder Änderung von Gemeinbedarfsanlagen auf der Grundlage eines Vertrages ganz oder teilweise „dem" Eigentümer zu überlassen. Vom Regelungsgegenstand her liegt ein Unterfall des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB (soweit Erschließungsanlagen betroffen sind: des § 124 BauGB 2 8 0 ) vor. Die Ordnungsmaßnahmen des § 147 BauGB sind unschwer als städtebauliche Maßnahmen im Sinne des § 11 zu identifizieren 281 . Sie sind als Aufgabe vom Städtebaurecht ursprünglich der Gemeinde zugewiesen und dienen der Erfüllung einer spezifisch städtebaulichen Zielsetzung, nämlich der Durchführung der mit der Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahme intendierten Baumaßnahmen. Im Gegensatz zu den Ordnungsmaßnahmen, deren vertragliche Übertragung auf den Eigentümer auch bislang schon gesetzlich geregelt war (§ 147 Abs. 2 BauGB a.F.), ist die ausdrückliche Erwähnung einer entsprechenden Möglichkeit für die Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen mit dem BauROG 1998 neu in das Gesetz aufgenommen worden. Dieser ebenfalls in § 146 Abs. 3 BauGB geregelte Vertragsgegenstand betrifft aber keine städtebaulichen Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB 2 8 2 . Der Bau von Schulen, Kindergärten und anderen Infrastruktureinrichtungen dient nicht in derselben unmittelbaren Weise der „baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde" (§ 1 Abs. 1 BauGB) wie z.B. das Anlegen von Straßen oder die städtebauliche Planung. Die Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen fallen als Verwaltungsaufgabe daher auch nicht in den Regelungsbereich des Städtebaurechts. Folgerichtig zählt § 148 Abs. 2 Nr. 3 die Errichtung und Änderung dieser Anλο'3 O RA lagen nicht zu den Ordnungs-, sondern zu den Baumaßnahmen ' . Das Gesetz weist den Gemeinden in § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 die Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen auch nicht als eigene Aufgabe zu; 280

Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 146, Rdnr. 6. Vgl. oben Kapitel 2 I. 2. d). 282 Vgl. dazu ausführlich oben Kapitel 2 III. 2. b). 283 ygi auch Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 54. 281

284

Vgl. zu der umstrittenen Frage, ob Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen auch isoliert Gegenstand einer Entwicklungsmaßnahme sein können, Degenhart, DVB1. 1994, S. 1041, 1046 ff; Bielenberg, in E/Z/B/K, vor §§ 165-171, Rdnr. 5.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 265 die Kommunen sollen lediglich für die Umsetzung der Infrastrukturmaßnahmen „sorgen". Das entspricht dem Anliegen der städtebaulichen Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahme, alle nach dem zugrundeliegenden Planungskonzept notwendigen Vorhaben in einem Zuge durchzuführen. Die Gemeinde wird dem Handlungsauftrag des § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB in erster Linie dadurch nachkommen, daß sie mit den zuständigen Trägern der verschiedenen Einrichtungen kooperiert; nur dort, wo sie auf der Grundlage der jeweiligen Fachgesetze selbst als Träger in Frage kommt (z.B. kommunale Kindergärten), kann sie allein tätig werden 2 8 5 . Nur in diesem Bereich kann sie auch die Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen auf die Eigentümer übertragen - soweit das jeweilige Fachgesetz nichts Gegenteiliges anordnet. § 146 Abs. 3 BauGB kann insofern nur klarstellen, daß aus Sicht des Sanierungs-/Entwicklungsrechts einer derartigen Vereinbarung nichts entgegensteht; Bedeutung gewinnt die Vorschrift aber als Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung der Leistungen des Eigentümers im Rahmen der Finanzierung der Gesamtmaßnahme 286 . Die Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen fällt nicht unmittelbar unter den Tatbestand des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB. Die Bestimmungen über den städtebaulichen Maßnahmenvertrag können aber auf Vereinbarungen mit einem derartigen Inhalt analog angewandt werden. Damit stellt sich die Frage, ob aus § 11 BauGB auch die Regeln für die zulässige inhaltliche Gestaltung der in § 146 Abs. 3 S. 1 genannten Verträge herzuleiten sind, oder ob das Sanierungs-/Entwicklungsrecht insoweit abschließende Sonderregelungen enthält. Diese Frage betrifft insbesondere die Vereinbarungen zur Tragung der Kosten der vertragsgegenständlichen Ordnungs- und Baumaßnahmen.

2. Bedeutung des § 11 BauGB für die inhaltliche Gestaltung von Verträgen gemäß § 146 Abs. 3 BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 läßt ausdrücklich zu, daß der private Vertragspartner die Kosten für die von ihm durchzuführenden städtebaulichen Maßnahmen übernimmt. Voraussetzung ist lediglich, daß der nach den allgemeinen Grundsätzen erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen den Vertragsleistungen besteht. Zudem gilt das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB als einzelfallbezogene Grenze. Demgegenüber enthält § 146 Abs. 3 BauGB keine Aussage darüber, wer welche Kosten für die Ausführung der vertragsgegenständlichen Maßnahmen (endgültig) zu tragen hat. Das heißt allerdings nicht, daß unbesehen 285 286

Vgl. auch Bielenberg, DVB1. 1967, S. 255, 256. Dazu sogleich im Text.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

die Maßstäbe des § 11 BauGB zur (ergänzenden) Anwendung gebracht werden können. Die Kosten für die vertraglich übernommenen Bau- und Ordnungsmaßnahmen dürfen nicht isoliert betrachtet werden, da sie im Zusammenhang mit der Finanzierung der städtebaulichen Gesamtmaßnahme stehen. Daher finden sich gesetzliche Regelungen über die Behandlung der Aufwendungen, die den Eigentümern durch die Erfüllung der Verträge gemäß § 146 Abs. 3 BauGB entstehen, auch in den diesen Bereich betreffenden Vorschriften 287 . Es ist zu prüfen, ob und inwieweit die Regelungen des § 11 BauGB dadurch ausgeschlossen werden. a) Das Finanzierungssystem der städtebaulichen Gesamtmaßnahmen Zur Finanzierung der Gesamtmaßnahme haben die Eigentümer im festgesetzten Maßnahmengebiet einen Ausgleichsbetrag an die Gemeinde zu entrichten, der der maßnahmenbedingten Erhöhung des Bodenwertes ihrer Grundstücke entspricht (§ 154 Abs. 1 S. l / § 166 Abs. 3 S. 4 BauGB). Daß mit dem Ausgleichsbetrag nicht der Weg zu einer „isolierten" Wertabschöpfung eröffnet ist, sondern lediglich die real entstanden Kosten abgedeckt werden dürfen (Kostendeckungsprinzip), stellt nunmehr § 156a (§171 Abs. 1 S. 2) BauGB ausdrücklich k l a r 2 8 8 . Danach sind nach Durchführung der Gesamtmaßnahme eventuell verbleibende Überschüsse auf die Eigentümer im Maßnahmengebiet zu verteilen 289 . Die Beteiligung des Eigentümers an der Finanzierung der Gesamtmaßnahme ist danach in zweifacher 287

Im Sanierungsrecht kann die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften (§§ 152 ff. BauGB) und damit auch der Bestimmungen über die Finanzierung der Sanierung (§§ 154-156a) in der Satzung ausgeschlossen werden, wenn sie für die Durchführung der Sanierung nicht erforderlich sind; sogenanntes „vereinfachtes Verfahren", § 142 Abs. 4 BauGB. Die Gemeinde hat dann keine Möglichkeit, sich hoheitlich zu refinanzieren; andererseits sind die §§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 124 BauGB ohne Einschränkung durch die Finanzierungsregeln der §§154 ff. BauGB anwendbar. Gerade die Bereitschaft der Eigentümer, (flächendeckend) Verträge zur Durchführung der erforderlichen Ordnungs- und Baumaßnahmen auf dieser Grundlage abzuschließen, kann die Notwendigkeit des „Normalverfahrens" entfallen lassen. In einem derartigen Fall wird aber regelmäßig schon der Einsatz des besonderen Städtebaurechts insgesamt fraglich sein: Ein städtebaulicher Entwicklungsbereich darf gemäß § 165 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB nur festgesetzt werden, wenn die mit der Entwicklungsmaßnahme angestrebten Ziele nicht durch städtebauliche Verträge verwirklicht werden können. Und auch der Erlaß einer Sanierungssatzung kommt nur in Betracht, wenn die vorbereitenden Untersuchungen eine entsprechende Notwendigkeit ergeben haben, § 141 Abs. 1 S. 1 BauGB. Vgl. auch Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 41. 288 So auch schon für das bisherige Recht Leisner, NVwZ 1993, 935, 940; Huber, Der planungsbedingte Wertzuwachs, S. 40 ff.; Spannowsky, UPR 1997, S. 41, 48 f.; a. A. offenbar Jäde, BayVBl. 1992, S. 549, 555.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 267 Weise begrenzt: Einmal durch die Wertsteigerung seines Grundstücks und zum zweiten durch das Kostendeckungsprinzip 290 . Übernimmt ein Eigentümer auf vertraglicher Grundlage die Durchführung bestimmter Maßnahmen im Sanierungs-/Erschließungsgebiet, so stellt sich die Frage, inwieweit von diesem System abgewichen werden darf. b) Rechtslage bis zum 31.12.1997 Bis zur Neufassung des BauGB durch das BauROG 1998 war dieses Problem nur für Verträge über Ordnungsmaßnahmen gemäß § 147 Abs. 2 BauGB a.F. ausdrücklich geregelt 291 . § 155 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB a.F. ordnete an, daß die dem Eigentümer für die Durchführung der vertraglich übernommenen Ordnungsmaßnahmen entstandenen Kosten auf den Ausgleichsbetrag anzurechnen seien. Kosten, die über den Ausgleichsbetrag hinausgingen, waren dem Eigentümer gemäß § 155 Abs. 6 BauGB a.F. zu erstatten. Im Ergebnis bedeutete diese gesetzliche Konstruktion, daß der Vertragspartner eines Vertrages nach § 147 Abs. 2 BauGB a.F. nicht anders gestellt werden durfte, als wenn die Gemeinde die Ordnungsmaßnahmen selbst durchgeführt hätte. Der Vertrag war danach im Grunde nur eine Kombination aus Vorausleistung auf den Ausgleichsbetrag und Vorfinanzierung der Ordnungsmaßnahmen 292 . Die §§ 147 Abs. 2; 155 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 6 BauGB a.F. waren als spezielle Vorschriften abschließend gemeint; abweichende vertragliche Regelungen, etwa auf der Grundlage des § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG, kamen deshalb nicht in Betracht 293 . Vergleichbare Vorschriften fehlten für die Übertragung der Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen. Grundsätzlich sprach nichts gegen die Zulässigkeit entsprechender Vereinbarungen, wobei als normative Grundlage § 6 Abs. 1 BauGB-MaßnG in Betracht kam. Eine strikte Begrenzung der vom Vertragspartner zu übernehmenden Kosten auf die Höhe der ihm zufließenden Maßnahmengewinne war daraus nicht zu entnehmen. Pro-

289

48 f.

Vgl. zu der Regelung in § 156a BauGB n.F. Spannowsky, UPR 1997, S. 41,

290 Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 45, spricht von einer „doppelten Kappungsgrenze". 291 Die Übertragung der Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen ist wie erwähnt ebenfalls erst durch das BauROG 1998 in das Gesetz aufgenommen und mit den Verträgen über Ordnungsmaßnahmen zusammen in § 146 Abs. 3 BauGB geregelt worden. Zur alten Rechtslage vgl. ausführlich Schmidt-Eichstaedt, Die Anwendung des VEP, S. 44 ff. 292 Ähnlich Schmidt-Eichstaedt, Die Anwendung des VEP, S. 61. 293 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 48 ff.; Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 56, 63.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

blematisch war aber die Verrechnung mit dem vom Vertragspartner zu bezahlenden Ausgleichsbetrag ohne ausdrückliche normative Grundlage 294 . c) Rechtslage nach der Neufassung des BauGB durch das BauROG 1998 Durch die Neufassung der einschlägigen Vorschriften im BauROG 1998 ist zunächst die Übertragung von Ordnungsmaßnahmen und der Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen harmonisiert worden. Beides findet seine ausdrückliche Grundlage in § 146 Abs. 3 BauGB n.F.; der neugeschaffene § 155 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB ordnet die Anrechnung auch der durch den Bau von Folgeeinrichtungen verursachten Kosten auf den Ausgleichsbetrag an. Die verschiedenen Sanierungsverträge (Entwicklungsverträge) zwischen der Gemeinde und den Eigentümern sind aber nicht nur aneinander angeglichen worden; sie haben gemeinsam auch eine Öffnung hin zu den Regeln des allgemeinen städtebaulichen Vertragsrechts erfahren. Zwar sind den Eigentümern gemäß § 155 Abs. 6 BauGB n.F. im Normalfall noch immer die aufgewendeten Kosten zu erstatten, die über den an sich zu zahlenden Ausgleichsbetrag hinausgehen. Diese Bestimmung ist aber nicht mehr zwingend; sie ist ausdrücklich unter den Vorbehalt einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung gestellt. Damit können die Vertragspartner der Gemeinde grundsätzlich die gesamten Kosten der von ihnen durchzuführenden Maßnahmen übernehmen, ohne Rücksicht auf die Werterhöhung ihrer Grundstücke. Das deckt sich mit § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB. Der Vorschrift über den städtebaulichen Vertrag müssen auch die Maßstäbe für die Grenzen zulässiger Vertragsgestaltung im Rahmen des § 146 Abs. 3 BauGB entnommen werden. § 155 Abs. 6 BauGB sagt dazu nichts. Bereits durch den Tatbestand des § 146 Abs. 3 BauGB wird allerdings gewährleistet, daß zwischen Leistung und Gegenleistung ein ausreichender sachlicher Zusammenhang besteht. „Leistung" der Gemeinde ist die Vorbereitung und Durchführung der Gesamtmaßnahme mit dem Erlaß der (eventuell) dazu notwendigen Bauleitpläne (vgl. §§ 140 Nr. 4; 166 Abs. 1 S. 2 BauGB), denn diese sind Voraussetzung dafür, daß der Eigentümer sein Grundstück so wie erstrebt nutzen kann. Im Rahmen des § 146 Abs. 3 BauGB können, wie dem § 146 Abs. 1 BauGB zu entnehmen ist, nur Ordnungs- und Baumaßnahmen auf den Vertragspartner übertragen werden, die nach den Zielen der Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahme erforderlich sind. Die Gemeinde kann danach vom Eigentümer nur Gegenleistungen einfordern, von denen sie die Erbringung ihrer eigenen „Leistung" abhängig machen darf. 294

Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 55, wollte diese Frage im Rahmen der Angemessenheit des Vertrages lösen.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 269 Die wichtigere Grenze ist in den Fällen des § 146 Abs. 3 BauGB das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB. Insoweit wird, wenn die dem Vertragspartner entstehenden Kosten über die Wertsteigerung seines Grundstücks hinausgehen, in erster Linie zu untersuchen sein, welches wirtschaftliche Interesse er insgesamt an der Gesamtmaßnahme hat und in welchem Verhältnis dazu die von ihm erbrachte Leistung steht. Nicht unangemessen wird eine solche Vereinbarung insbesondere dann sein, wenn auf der einen Seite der Eigentümer besondere (geldwerte) Vorteile aus den von ihm durchgeführten und finanzierten Maßnahmen ziehen kann, während auf der anderen Seite die Einnahmen der Gemeinde, das heißt die Summe der erhobenen Ausgleichsbeträge, nicht ausreichen, die Kosten der Gesamtmaßnahme abzudecken (Fall der Unterdeckung) 295 . Problematisch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit ist aber der umgekehrte Fall der Überdeckung: Wenn sich nach Durchführung der Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahme Überschüsse ergeben, sind diese gemäß § 156a BauGB auf alle Eigentümer im Maßnahmengebiet gleichmäßig zu verteilen. Die Mehrleistung eines einzelnen Eigentümers, die den Gesamtaufwand der Gemeinde mindert und die Verteilungsmasse vergrößert, kommt damit im Ergebnis den anderen Eigentümern zugute. Das wird man nur im Ausnahmefall als angemessen bezeichnen können, etwa wenn dem Vertragspartner der Gemeinde durch die finanzierte Einrichtung im Vergleich zu den anderen Maßnahmenbeteiligten ganz besondere und bedeutende Vorteile zuwachsen 296 . Ansonsten wird man bei der Vertragsgestaltung auf ein angemessenes Resultat achten müssen. § 156a BauGB selbst ist dabei nicht zugunsten des Vertragspartners disponibel; eine die Anwendung dieser Vorschrift ausschließende Vereinbarung wäre ein (verbotener) Vertrag zu Lasten der übrigen Eigentümer. Daher bleibt nur, die Vereinbarung einer über den Ausgleichsbetrag hinausgehenden Kostentragung gemäß § 155 Abs. 6 BauGB auf den Fall zu beschränken, daß die Gesamteinnahmen der Gemeinde nicht zur Finanzierung der vertragsgegenständlichen Maßnahmen ausreichen. Im übrigen bestimmt sich die Angemessenheit wie sonst auch vorwiegend nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Festzuhalten bleibt, daß sich auch die in § 146 Abs. 3 BauGB besonders geregelten Verträge in das System des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB einfügen und von dort (ergänzende) inhaltliche Maßstäbe erhalten.

295 296

Vgl. die Beispiele bei Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 60. So Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 60 f.

270

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

3. Übertragung nur von „grundstücksbezogenen" Maßnahmen? Fraglich ist allerdings, ob § 146 Abs. 3 BauGB die Übertragung von (städtebaulichen) Maßnahmen in dem Umfang ermöglicht, wie das außerhalb von Sanierungs- und Entwicklungsgebieten allein auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB der Fall ist. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, § 146 Abs. 3 BauGB erfasse lediglich „grundstücksbezogene" Maßnahmen, das heißt also solche Anlagen und Einrichtungen, die unmittelbar auf oder an dem Grundstück des Vertragspartners zu verwirklichen sind 2 9 7 . Nicht durch diese Vorschrift legitimiert wäre danach vor allem die Übertragung der vollständigen oder teilweisen Erschließung des Sanierungs-/Entwicklungsgebietes auf einzelne Eigentümer. Auch der Bau und die Finanzierung von Erschließungs- oder Gemeinbedarfsanlagen außerhalb des festgesetzten Maßnahmengebietes (vgl. §§ 147 S. 3; 148 Abs. 1 S. 2 BauGB) durch einzelne Eigentümer wäre zumindest nicht auf der Grundlage des § 146 Abs. 3 BauGB möglich. Die Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen außerhalb des § 146 Abs. 3 BauGB müßte wohl aus systematischen Gründen bezweifelt werden; hinzu käme die Schwierigkeit des Fehlens einer normativen Grundlage für die Verrechnung mit den Ausgleichsbeträgen. Allerdings lassen sich zwingende Argumente für eine derart einengende Auslegung der Bestimmung über den Sanierungs-/Entwicklungsvertrag dem Gesetz kaum entnehmen. Zwar mag es sein, daß der Gesetzgeber bei der Normierung des ursprünglichen § 147 Abs. 2 BauGB a.F. hauptsächlich jene Fälle im Blick hatte, in denen eine Ordnungsmaßnahme auf dem Grundstück eines Eigentümers durchzuführen ist und eine Übertragung der Aufgabe sich als die bessere Alternative zur bloßen Duldungsvereinbarung erweist 2 9 8 . Im Wortlaut der Vorschrift spiegelt sich das aber nicht wider. Im Gegenteil: Wenn es dort heißt, daß die Gemeinde den Eigentümern die Durchführung der zu übertragenden Maßnahmen „ganz oder teilweise" überlassen kann, spricht das (insbesondere bei der Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen oder dem Bau von Erschließungsanlagen) gegen eine Beschränkung des Vertragsgebietes auf das Grundstück des einzelnen Vertragspartners. Auch die in § 155 Abs. 1 Nr. 2 BauGB angeordnete Verrechnung der vereinbarungsgemäß übernommenen Kosten mit dem Ausgleichsbetrag kann nicht als Indiz für eine Begrenzung des zulässigen Vertragsinhaltes 297 Vgl. Krautzberger, in B/K/L, zu § 146, Rdnr. 6; für § 147 BauGB a.F. ders., in Bielenberg/Koormann/Krautzberger, C § 147, Rdnr. 60a. 298 So offenbar Krautzberger, in B/K/L, zu § 146, Rdnr. 6.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 271 auf grundstücksbezogene Maßnahmen gewertet werden. Zwar bemißt sich der Ausgleichsbetrag nach der Wertsteigerung des einzelnen Grundstücks, was für eine Anrechnung nur grundstücksbezogener Aufwendungen zu sprechen scheint. Der Ausgleichsbetrag dient aber der Finanzierung der Sanierungs· bzw. Entwicklungsmaßnahme im Ganzen (vgl. §§ 154 Abs. 1 S. 1; 171 Abs. 1 S. 1). Es ist daher kein Systembruch, dem Eigentümer auch Aufwendungen anzurechnen, die ihm außerhalb seines Grundstückes für die Durchführung sanierungs- oder entwicklungsbedingter Maßnahmen entstanden sind. Im Ergebnis ist der Umfang der gemäß § 146 Abs. 3 BauGB übertragbaren Maßnahmen nicht geringer als das, was außerhalb eines Maßnahmengebietes zum Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages gemacht werden kann. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB (für Erschließungsanlagen: § 124 Abs. 3 S. 1) ist allerdings stets besonders darauf zu achten, daß der Vertragspartner im Vergleich zu den übrigen Eigentümern nicht unverhältnismäßig belastet wird.

4. Isolierte Übertragung der Kosten für Maßnahmen im Sinne des § 146 Abs. 3 BauGB? Die vorstehenden Ausführungen galten allein der Übertragung der Durchführung von Maßnahmen im Sinne des § 146 Abs. 3 BauGB auf den Eigentümer und den sich daraus ergebenden Kostenfolgen. Offen ist daher noch, ob auf der Grundlage eines städtebaulichen Vertrages gemäß § 11 BauGB auch nur die Kosten bestimmter Maßnahmen von einzelnen oder mehreren Eigentümern übernommen werden können. Dabei ist zunächst festzuhalten, daß eine solche vertragliche Finanzierung nicht einfach an die Stelle der Kostendeckung durch Ausgleichsbeträge treten kann. Das Ausgleichsbetragssystem ist - anders als der Erschließungsbeitrag im Erschließungsrecht 2 9 9 - für die förmliche Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahme konstitutiv; wenn es der Gemeinde gelingt, die Finanzierung der Maßnahmenziele flächendeckend durch Verträge mit den Eigentümern zu sichern, entfällt die Voraussetzung für den Erlaß der Sanierungs-/Entwicklungssatzung 300 . Isolierte Kostenvereinbarungen sind daher nur zulässig, wenn sie sich in das Ausgleichsbetragssystem einfügen lassen. Daraus folgt in jedem Fall, daß der Vertragspartner durch eine Kostenvereinbarung nicht besser gestellt werden darf, als wenn er den auf ihn entfallenden Ausgleichsbetrag zu entrichten hätte, denn eine solche Regelung würde sich im Ergebnis als Belastung der nicht am Vertrag beteiligten Eigentümer auswirken 301 . Es bleibt 299 300

Vgl. dazu oben Kapitel 9 III. 2. c). Vgl. ausdrücklich jetzt § 165 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB.

272

3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

die Frage, ob einzelne Eigentümer durch eine isolierte Kostenvereinbarung mehr an Aufwendungen übernehmen dürfen, als sie an Ausgleichsbeträgen zu zahlen hätten. Auf Grundlage der bis zum 31.12.1997 geltenden Rechtslage wurde das für die Kosten von Ordnungsmaßnahmen für unzulässig gehalten. Letztlich wäre sonst eine Umgehung der zwingenden Begrenzung der Kostenbeteiligung des Eigentümers auf die Wertsteigerung seines Grundstückes ermöglicht worden 3 0 2 . Allerdings sah § 154 Abs. 3 S. 1 BauGB a.F. die Möglichkeit einer Ablösung des Ausgleichsbetrages vor; dabei sollte auch ein „höherer Ausgleichsbetrag vereinbart" werden können. Durch diesen „Sicherheitszuschlag" sollte aber nur die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Ungewißheit über die künftige Wertentwicklung der Grundstücke im Maßnahmengebiet aufgefangen werden können; es ging also nicht um eine Abweichung vom Prinzip des Ausgleichsbetrages im Interesse der Abdeckung erhöhter Kosten 3 0 3 . Für die Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen sollte dagegen eine Kostenübernahme im Rahmen des § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnG möglich sein; problematisch war dann allerdings wiederum die Anrechnung auf den Ausgleichsbetrag 304 . Durch das BauROG 1998 ist auch § 154 Abs. 3 S. 2 BauGB geändert worden. Danach ist nunmehr die Vereinbarung eines erhöhten Ablösungsbetrages „zur Deckung von Kosten der Sanierungsmaßnahme" zulässig. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit Vereinbarungen nach § 154 Abs. 3 S. 2 BauGB weiterhin die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Bodenpreise im Maßnahmengebiet (zugunsten der Gemeinde) aufgefangen werden 3 0 5 . Zugleich sollten aber im Interesse der Kostendeckung und in Anlehnung an die neue Fassung des § 155 Abs. 6 BauGB Ablösungsvereinbarungen ermöglicht werden, „die insoweit über den sich nach der Werterhöhung bemessenden Ausgleichsbetrag einschließlich Sicherheitszuschlag hinausgehen" 306 . Genau besehen handelt es sich bei einer derartigen Ver-

301 Vgl. auch die Regelung in § 154 Abs. 3 S. 2 BauGB über die vertragliche Ablösung des Ausgleichsbetrages, die nur die Vereinbarung eines höheren Ablösungsbetrages erlaubt. 302 Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGBMaßnG, Rdnr. 56, 63; Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 52 f. 303 Vgl. Lohr, in B/K/L, 5. Auflage, zu § 154, Rdnr. 16; Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 50 ff. mit dem Vorschlag einer erweiternden Auslegung des § 154 Abs. 3 S. 1; immer noch im Sinne der bisherigen Rechtslage offenbar Köhler, in Schrödter, zu § 154, Rdnr. 21. 304 Krautzberger, in E/Z/B/K (55. Lieferung; Stand 2/97), zu § 6 BauGBMaßnG, Rdnr. 56, 63; Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 55 ff. 305 Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 13/6392, S. 68.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 273 einbarung um keine Ablösung des Ausgleichsbetrages im eigentlichen Sinne, denn der Bezug zu dem abzulösenden Betrag wird ausdrücklich aufgegeben. In der Sache geht es hier um eine isolierte Kostenvereinbarung, die kraft Gesetzes zur Ablösung des Ausgleichsbetrages führt. Die inhaltlichen Maßstäbe für diese Kostenvereinbarungen müssen, wie bei den Verträgen gemäß § 146 Abs. 3 BauGB, dem allgemeinen städtebaulichen Vertragsrecht entnommen werden 3 0 7 , und das heißt vor allem dem § 1 1 BauGB 3 0 8 . Für Kostenvereinbarungen gilt danach grundsätzlich § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB, der dem Vertragspartner nur die Finanzierung von Kosten erlaubt, die Voraussetzung oder Folge seines Vorhabens sind. Demgegenüber sind gemäß § 154 Abs. 3 S. 2 BauGB Verträge zur Dekkung der Kosten von Sanierungsmaßnahmen ohne Eingrenzung auf einen bestimmten Vorhabensbezug zulässig. Man wird das als spezialgesetzliche Erweiterung gegenüber § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB ansehen müssen; ausreichend ist unter dem Aspekt des Koppelungsverbotes, daß die zu finanzierenden Maßnahmen sanierungsbedingt und hinreichend bestimmt sind, um dies kontrollieren zu können 3 0 9 . Für die Bestimmung der Angemessenheit einer Kostenvereinbarung gelten die allgemeinen Grundsätze. Danach wird auch eine isolierte Kostenübernahme über den „eigentlichen" Ablösungsbetrag hinaus nur in Betracht kommen, wenn die aus den Ausgleichsbeträgen zu erwartenden Einnahmen der Gemeinde nicht ausreichen, die Gesamtmaßnahme zu finanzieren 310 .

II. § 11 BauGB und die Erfüllung der Aufgaben im Maßnahmengebiet durch „geeignete Beauftragte" Der bisher behandelte § 146 Abs. 3 BauGB hat nur städtebauliche Verträge zwischen der Gemeinde und den betroffenen Grundstückseigentümern im Maßnahmengebiet zum Gegenstand. Das Sanierungs-/Entwicklungsrecht enthält aber auch besondere Vorschriften über die Einbeziehung Dritter in die Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Gesamtmaßnahmen. Gemäß §§ 157 Abs. 1 S. 1; 167 Abs. 1 S. 1 BauGB können sich die Gemeinden zur Erledigung der ihnen im Rahmen dieser Maßnahmen obliegenden Aufgaben eines „geeigneten Beauftragten" bedienen. Das Gesetz meint hier offensichtlich anderes als die bloße Heranziehung von Dritten als „Erfüllungsgehilfen"; der Beauftragte übernimmt nicht lediglich die

306 307 308 309 310

A.a.O. Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 13/6392, S. 68. Vgl. Lohr, in B/K/L, zu § 154, Rdnr. 16. Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 68; Lohr, in B/K/L, zu § 154, Rdnr. 16. Vgl. oben Kapitel 10 I. 2. c).

18 Hamann

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

Ausführung bestimmter Arbeiten im Auftrag der Gemeinde, sondern er rückt in eigener Verantwortung in die Aufgabenstellung der Gemeinde e i n 3 1 1 . Die Beauftragung geschieht auf der Grundlage eines städtebaulichen Vertrages im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB, für den allerdings eine Reihe von Spezialvorschriften gelten 3 1 2 : Beschränkt ist zunächst die Wahl des Vertragspartners. Die §§157 Abs. 1 S. 2, 167 Abs. 1 S. 2 BauGB lassen die Übertragung bestimmter Aufgaben nur auf ein Unternehmen zu, das von der zuständigen Behörde gemäß § 158 als Sanierungs- bzw. Entwicklungsträger bestätigt worden ist. Davon betroffen sind die Durchführung der Maßnahmen nach den §§ 146-148 BauGB, der sanierungsbedingte Grundstückserwerb im Auftrag der Gemeinde und die Bewirtschaftung der für die Gesamtmaßnahme zur Verfügung stehenden M i t t e l 3 1 3 . Ferner soll als auf eigene Rechnung tätiger Sanierungsträger nicht das Unternehmen eingesetzt werden, das auch mit der Ausarbeitung der Bauleitpläne beschäftigt ist, § 157 Abs. 2 BauGB 3 1 4 . Bestimmungen über die Ausgestaltung des Sanierungs- bzw. Entwicklungsträgervertrages enthält § 159 Abs. 2 BauGB. In der schriftlich zu schließenden (aber nicht zwingend notariell zu beurkundenden) Vereinbarung müssen Gemeinde und Beauftragter mindestens dessen Aufgaben, seine Rechtsstellung, die von der Gemeinde zu zahlende - angemessene Vergütung und ein der Gemeinde zustehendes Weisungsrecht festlegen; § 159 Abs. 2 S. 1,2 BauGB. Das Gesetz regelt ferner Einzelheiten der Aufgabenwahrnehmung durch den Sanierungsträger, der Abrechnung mit der Gemeinde sowie Kündigungsrechte und Abwicklung des Vertrages. Neben diesen detaillierten Regelungen ist für eine ergänzende Anwendung des § 11 BauGB kein Platz. Die zwingenden Regelungen des Sanierungs-/Entwicklungsträgerrechts dürfen auch nicht dadurch umgangen wer311 Vgl. Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 67; Krautzberger, in B/K/ L, zu § 157, Rdnr. 4, mit dem Hinweis, daß hoheitliche Befugnisse nicht auf den Beauftragten übertragen werden können. 312 A.A. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 11, Rdnr. 71: Städtebauliche Verträge im Sinne des § 11 Abs. 4. 313 Für einen einfachen Beauftragten bleibt danach im Grunde nur die Vorbereitung der Gesamtmaßnahme und die Ausarbeitung der erforderlichen städtebaulichen Planungen. Insoweit enthält das Gesetz keine besonderen Vorschriften; § 11 BauGB ist also anwendbar. Allerdings dürfte der der Beauftragung zugrundeliegende Vertrag starken werk- oder dienstvertraglichen Charakter haben und nicht zu den benannten Verträgen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB gehören. Anwendbar sind aber das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB und das Schriftformerfordernis des Abs. 3. 314 Für das Entwicklungsrecht gilt diese Einschränkung nicht, da der Entwicklungsträger ohnehin nur als Treuhänder der Gemeinde auf deren Rechnung tätig wird, vgl. § 167 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 275 den, daß auf der Grundlage etwa von § 11 BauGB einem nicht entsprechend § 158 BauGB qualifizierten Vertragspartner Aufgaben übertragen werden, die gemäß §§ 157, 167 BauGB nur ein Sanierungs- oder Entwicklungsträger übernehmen darf 3 1 5 . Dadurch scheint ein gewisser Konflikt zu der hier vertretenen Auffassung zu entstehen, daß im Rahmen eines Vertrages nach §§ 146 Abs. 3; 11 den Eigentümern im Maßnahmengebiet auch umfassend die Vorbereitung und Durchführung von Ordnungsmaßnahmen und die Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen übertragen werden darf. Eine genauere Betrachtung zeigt aber, daß der Anwendungsbereich beider Normkomplexe so verschieden ist, daß Spannungen kaum auftreten können: Die §§ 157 ff.; 167 BauGB tragen dem Umstand Rechnung, daß sich typische Interessenkonflikte ergeben, wenn ein auf Gewinnerzielung ausgerichteter Privater gegen Entgelt und in weitgehend eigener Verantwortung Aufgaben der Verwaltung auf deren Rechnung übernimmt. Der Umgang mit öffentlichen Mitteln erfordert besondere Zuverlässigkeit, die durch die Anforderungen des § 158 Abs. 1 Nr. 2-4 BauGB sichergestellt werden soll. Der Ausschluß von Bauunternehmen von der Tätigkeit als Sanierungs-/Entwicklungsträger (§ 158 Abs. 1 Nr. 1) dient ebenso der Vermeidung einer Interessenverquickung, wie das Verbot, das mit der Ausarbeitung der Bauleitplanung betraute Unternehmen auch als auf eigene Rechnung tätigen Sanierungsträger einzusetzen 316 . Die Gefahrenpotentiale, die mit Hilfe der geschilderten Bestimmungen kontrolliert werden sollen, drohen nicht, wenn ein Vertragspartner die Durchführung von bestimmten der Gemeinde zugewiesenen Aufgaben auf eigene Kosten und ohne unmittelbaren Zugriff auf öffentliche Gelder übernimmt. Darum bestehen unter dem Gesichtspunkt der §§ 157 ff. BauGB auch dann keine Bedenken, wenn die Gemeinde einem Eigentümer im Rahmen eines Vertrages nach § 146 Abs. 3 BauGB mehr als nur grundstücksbezogene Einzelmaßnahmen überträgt. Im Ergebnis bleibt festzustellen, daß die §§ 157 ff.; 167 den § 1 1 BauGB innerhalb ihres Anwendungsbereiches vollständig verdrängen; daß davon aber die nach §§ 146 Abs. 3; 124; 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB eröffneten Vertragsgestaltungen nicht berührt werden.

315 316 18*

Vgl. Schmidt-Eichstaedt, Vgl. Schmidt-Eichstaedt,

Anwendung des VEP, S. 70. Anwendung des VEP, S. 69 f.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

III. Städtebauliche Verträge zur Sicherung der Ziele der Gesamtmaßnahme Sanierungs- und Entwicklungsrecht sehen an verschiedenen Stellen Vereinbarungen vor, in denen sich ein Privater auf die Umsetzung der mit der Gesamtmaßnahme verfolgten Ziele verpflichtet. Im folgenden soll kurz untersucht werden, ob § 11 BauGB für die wichtigsten dieser Verträge Relevanz besitzt.

1. Abwendung der kommunalen Bodenerwerbspflicht in Entwicklungsbereichen Gemäß § 166 Abs. 3 S. 1 BauGB „soll" die Gemeinde die Grundstücke im Bereich einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme erwerben. § 166 Abs. 3 S. 3 BauGB wiederum sieht vor, daß die Gemeinde vom Grundstückserwerb absehen „soll", wenn die fragliche Fläche entweder ohnehin von der Entwicklungsmaßnahme in ihrer Nutzung unberührt bleibt (Nr. 1) oder wenn sich der Eigentümer dazu verpflichtet, das fragliche Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend der in der Entwicklungsmaßnahme vorgesehenen Verwendungsform zu nutzen, und er hierzu in der Lage ist (Nr. 2). Nur unter den Voraussetzungen des § 166 Abs. 3 S. 3 BauGB kann es also in der Entwicklungsmaßnahme überhaupt zu weiteren Vereinbarungen nach § 146 Abs. 3 BauGB und zur Zahlung von Ausgleichsbeträgen kommen (vgl. 166 Abs. 3 S. 4 BauGB). Dieser „Abwendungsvertrag" ist ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB. Inhaltlich erinnert er an § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Allerdings werden die Regelungen des § 11 BauGB zur Ausgestaltung der Vereinbarung vollständig durch den spezielleren § 166 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 BauGB verdrängt: Die Bindung des zulässigen Vertragsinhalts an die sich aus der Entwicklungsmaßnahme ergebende Nutzung des Grundstücks konkretisiert das Koppelungsverbot. Für die Angemessenheit der Vereinbarung kommt es allein auf die Festlegung einer ausreichenden Frist für die Realisierung der Grundstücksnutzung an. Mangelnde wirtschaftliche Rentabilität der vereinbarten Nutzung und eine daraus folgende finanzielle Überlastung kann der Eigentümer dagegen nicht einwenden, solange das Nutzungskonzept als abwägungsfehlerfreies Ziel der Entwicklungsmaßnahme angesehen werden kann. Ist er wirtschaftlich nicht in der Lage oder nicht willens, das Projekt zu realisieren, muß die Gemeinde gemäß § 166 Abs. 3 S. 1 BauGB das Grundstück erwerben. Aus § 11 Abs. 3 läßt sich allerdings das Erfordernis der Schriftform herleiten 3 1 7 .

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Saniengs-/Entwicklungsmaßnahmen 277

2. Bindung eines privaten Grundstückskäufers an die Ziele der Maßnahme Gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB besitzt die Gemeinde im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und im städtebaulichen Entwicklungsbereich ein Vorkaufsrecht. Ein privater Grundstückskäufer kann die Ausübung dieses Rechts gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB abwenden, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den Zielen und Zwecken der Maßnahme hinreichend bestimmt ist und er sich dazu verpflichtet, die Fläche in angemessener Frist dementsprechend zu nutzen. In dieser Vorschrift liegt das Vorbild für den soeben behandelten § 166 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 BauGB 3 1 8 . Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend: Der Abwendungsvertrag zwischen Grundstückskäufer und Gemeinde ist ein spezieller städtebaulicher Vertrag, der inhaltlich durch § 27 BauGB vorgeprägt wird. Aus § 11 Abs. 3 BauGB kann lediglich das Schriftformerfordernis hergeleitet werden. Auch wenn die Gemeinde nicht beabsichtigt, ihr Vorkaufsrecht auszuüben, bedürfen Grundstücksverkäufe im Maßnahmengebiet ihrer Genehmigung (§§ 144 Abs. 1 Nr. 1; 169 Abs. 1 Nr. 3 BauGB). Das Genehmigungserfordernis dient dazu, mögliche durch einen Eigentümerwechsel bedingte Erschwernisse für die Durchführung der Maßnahme zu verhindern (vgl. § 145 Abs. 2 BauGB). Der neue § 145 Abs. 4 S. 3 BauGB bestimmt nunmehr ausdrücklich, daß die Erteilung der Genehmigung vom Abschluß eines städtebaulichen Vertrages abhängig gemacht werden kann, wenn dadurch Versagungsgründe ausgeschlossen werden. Der Sache nach geht es auch hier darum, daß sich der Erwerber vertraglich an die Ziele der Maßnahme bindet 3 1 9 . Geschaffen worden ist die neue Vorschrift vor allem im Hinblick auf eine in der Praxis offenbar nicht seltene Konstellation 320 : In diesen Fällen kaufen einzelne Investoren, unterstützt von der Gemeinde, sämtliche Grundstücke im städtebaulichen Entwicklungsbereich zum festgelegten Kaufpreis nach § 153 Abs. 3 BauGB auf. Anschließend führt der Erwerber die notwendigen Ordnungs- und Baumaßnahmen auf der Grundlage eines Vertrages gemäß § 146 Abs. 3 BauGB durch und vereinbart zumeist noch die Ablösung des Ausgleichsbetrages gemäß § 154 Abs. 3 S. 2 BauGB. Dadurch ist es der Gemeinde möglich, auf die Einschaltung eines Entwicklungsträgers zu verzichten. Dieses Vorgehen ist aber nur dann unbedenklich, wenn 317 Das galt allerdings auch bislang schon wegen der öffentlich-rechtlichen Natur der Abwendungsverträge (§ 57 VwVfG); vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 81. 318 Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 81. 319 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 66. 320 ygi ausführlich Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 69 ff.

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

es die gesetzlich festgelegten Ziele des städtebaulichen Instruments Entwicklungsmaßnahme nicht gefährdet 321 . Zu diesen Zielen gehört insbesondere die Reprivatisierung des Entwicklungsgebietes „unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung" (§ 169 Abs. 6 S. 1 BauGB) gemäß der Bestimmungen in § 169 Abs. 5-8 BauGB. Das „scharfe Schwert des Entwicklungsrechts" soll kein Mittel zur günstigen Landbeschaffung für einige wenige sein 3 2 2 . Dementsprechend ist auch ein Entwicklungsträger an die Vorgaben des § 169 Abs. 5-8 BauGB gebunden (§ 167 Abs. 3). Die Umgehung dieser Vorschrift kann bei dem beschriebenen Modell des Alleinerwerbs durch Investoren kaum durch einseitige Auflagen verhindert werden. § 145 Abs. 4 S. 3 BauGB eröffnet jetzt ausdrücklich die Möglichkeit, die Investoren vertraglich zu einer den Anforderungen des § 169 Abs. 6 genügenden Weiterveräußerung zumindest von Teilen der erworbenen Flächen zu verpflichten 323 . Die beschriebenen Vereinbarungen mit privaten Investoren dienen der Gemeinde zur Umsetzung spezifisch städtebaulicher Zielsetzungen; es handelt sich also um Verträge im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB. Schon durch § 145 Abs. 4 S. 3 BauGB ist allerdings gewährleistet, daß die Leistung der Gemeinde - die Erteilung der Genehmigung - und die Gegenleistung des privaten Grundstückskäufers in einem sachlichen Zusammenhang stehen. § 11 Abs. 2 S. 2 BauGB erinnert daran, daß eine Gegenleistung nicht verlangt werden darf, wenn ein Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung besteht, weil z.B. der Verkauf eines einzelnen Grundstücks keine Gefährdung der Maßnahmenziele erwarten läßt. Da es sich bei § 145 Abs. 2 BauGB um eine gebundene Entscheidung handelt, darf von dem privaten Vertragspartner auch nicht mehr verlangt werden, als zur Sicherung der Maßnahmenz wecke notwendig. Für eine eigenständige Prüfung der Angemessenheit des Vertrages bleibt unter diesen Voraussetzungen kaum Spielraum.

3. Bindungen der Grundstückskäufer im Rahmen der Reprivatisierung Im Rahmen ihrer bereits angesprochenen Reprivatisierungspflicht hat die Gemeinde sich nach den Vorgaben des § 169 Abs. 6, 7 BauGB zu richten. Die Veräußerung der Flächen geschieht auf der Grundlage privatrechtlicher Kaufverträge 324 . Das Gesetz dirigiert die Auswahl der Vertragspartner: 321 322 323 324

Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 73 f. Vgl. Schmidt-Eichstaedt, Anwendung des VEP, S. 75. So ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drs. 13/6392, S. 66. Vgl. Krautzberger, in E/Z/B/K, zu § 6 BauGB-MaßnG, Rdnr. 80.

Kap. 10: Verträge im Rahmen von Sanierungs-/Entwicklungsmaßnahmen 279 „Weite Kreise der Bevölkerung" sollen die Grundstücke erwerben können, unter vorrangiger Berücksichtigung der alten Eigentümer (§169 Abs. 6 BauGB). Die Käufer müssen sich vertraglich dazu verpflichten, die Grundstücke binnen angemessener Frist entsprechend den Erfordernissen des Bebauungsplanes und den Erfordernissen der Entwicklungsmaßnahme zu bebauen. Die Gemeinde hat ferner durch eine entsprechende Vertragsgestaltung bei der Veräußerung dafür zu sorgen, daß die Bauwilligen die Bebauung in wirtschaftlich sinnvoller Aufeinanderfolge derart durchführen, daß die Ziele und Zwecke der Maßnahme erreicht werden. Schließlich muß auch eine diesen Zielen entsprechende dauerhafte Nutzung der neuzuschaffenden Bauwerke gesichert werden. § 169 Abs. 6, 7 BauGB regelt damit eine spezielle Form des Zielbindungsvertrages im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Die Angemessenheit der Vereinbarung kann bei derartigen Vertragsgestaltungen am ehesten über den Preis geregelt werden. Je mehr Bindungen der Käufer beim Erwerb auf sich nehmen muß, umso niedriger wird der angemessene Preis ausfallen. § 169 Abs. 8 BauGB enthält allerdings auch insoweit eine spezielle Regelung: Die Gemeinde hat das Grundstück zu dem Verkehrswert zu veräußern, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des städtebaulichen Entwicklungsbereiches ergibt. Da in diesen Verkehrswert die sich aus der Bindung an die Ziele der Entwicklungsmaßnahme ergebenden Beschränkungen einfließen, ergibt sich kein Konflikt mit dem Angemessenheitsgebot.

IV. Zusammenfassung In der Zusammenschau fällt auf, daß die verschiedenen Vertragsgestaltungen im Sanierungs- und Entwicklungsrecht deutlich mehr von speziell auf das Vertragshandeln zugeschnittenen Vorschriften vorgeordnet werden, als dies bei den zuvor behandelten Vereinbarungen in den Bereichen Bodenordnung und Erschließung der Fall war (abgesehen vom Sonderfall des § 124 BauGB). Die beiden Regelungsebenen des § 11 Abs. 1 BauGB werden hier sehr weitgehend durch eine noch mehr auf den einzelnen Vertragstypus ausgerichtete, konkretere Ebene verdrängt. A m wenigsten betrifft das noch die Maßnahmenverträge gemäß § 146 Abs. 3 BauGB, für die in den §§ 154, 155 BauGB lediglich das Sonderproblem der Verrechnung mit den Ausgleichsbeträgen geregelt ist. Daneben bleibt § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB anwendbar. Dagegen ist das Recht der Sanierungs- bzw. Entwicklungsbeauftragten eine reine Sondermaterie, auf die § 11 BauGB nicht anwendbar ist. Trotz der weitgehenden Verdrängung des § 11 BauGB kommt es an keiner Stelle zu einem wirklichen Systembruch in dem Sinne, daß die speziel-

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3. Teil: § 11 BauGB und das „Besondere Vertragsrecht"

len Bestimmungen für städtebauliche Verträge im Besonderen Städtebaurecht den Weitungen des § 11 BauGB in einem wesentlichen Punkt widersprechen. Die verschieden Spezialregeln für sanierungs-/entwicklungsrechtliche Verträge, soweit sie nicht ohnehin nur der Natur des Regelungsgegenstandes geschuldete Einzelbestimmungen enthalten, konkretisieren die in § 1 1 Abs. 1 S. 1, 2, Abs. 2 BauGB angelegten allgemeineren Aussagen. Insofern zeigt die Beschäftigung mit dem Vertragsrecht der städtebaulichen Gesamtmaßnahmen auch, daß § 11 BauGB gut mit noch spezielleren Regelungen des städtebaulichen Vertrages zu vereinbaren ist.

Zusammenfassung des dritten Teils Die vorstehenden Kapitel haben nur einen kleinen Ausschnitt aus der Vielzahl von Vertragsgestaltungen im Städtebaurecht behandeln können. Gleichwohl erlauben die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen verallgemeinernde Aussagen über die Eignung des § 11 BauGB, Ausgangspunkt für die Ausbildung eines „Besonderen Vertragsrechts" im Städtebaurecht zu werden. Auffallend ist zunächst, daß sich alle untersuchten Vertragsgestaltungen, in denen die „Leistung" (im weitesten Sinne) der Gemeinde (auch) im Erlaß eines Bebauungsplans besteht, in die Systematik des § 11 Abs. 1 S. 2 einordnen lassen, soweit keine speziellere Regelung vorhanden ist. Besonders deutlich wird das an der außerhalb des § 11 nicht normierten freiwilligen Umlegung, die aus der Perspektive der Neuregelung als ein Konglomerat aus Maßnahmen-, Zielbindungs- und Kostenvereinbarungen erscheint. Zuordnen lassen sich aber ebenso „freihändige" Grundstücksgeschäfte der Kommunen im Kontext der Bauleitplanung und Kostenübernahmen für Erschließungsmaßnahmen (deren Zulässigkeit aber nicht aus § 11 BauGB autonom hergeleitet werden kann). § 11 Abs. 1 S. 2 ist dagegen regelmäßig nicht anwendbar, wenn nicht die Bauleitplanung zumindest einen Teil der kommunalen Vertragsleistung ausmacht 3 2 5 . Das Beispiel der gemeindlichen Grundstücksankäufe ohne Rückkaufsoption hat aber gezeigt, daß in solchen Fällen die Anwendung von § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB (i.V.m. § 11 Abs. 2) zu sachgerechten Ergebnissen führt. Hier erweist sich auch der Vorteil einer rechtsformübergreifenden Normierung des städtebaulichen Vertragshandelns. Dort, wo spezielle Regelungen für vertragliche Vereinbarungen vorhanden sind, ist das Bild uneinheitlich. Teilweise wird § 11 BauGB von detaillierten Vorschriften vollständig verdrängt. Beispiele sind § 124 BauGB für 325

Ausnahme: Nr. 2 ist anwendbar z.B. auf Grundstücksverkäufe im Rahmen von Einheimischenmodellen.

Zusammenfassung des dritten Teils

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den Erschließungsvertrag und die §§ 157; 167 BauGB für den Sanierungsträger- bzw. Entwicklungsträgervertrag. An anderen Stellen, insbesondere im Besonderen Städtebaurecht, sind die speziellen Regelungen nicht abschließend. Hier ist § 11 Abs. 1 (S. 2) in unterschiedlichem Umfange ergänzend anwendbar. Daß es dabei nirgendwo zu einem Systembruch kommt, zeigt, daß § 11 BauGB sehr gut in der Lage ist, die zum Teil sehr unterschiedlichen Ansätze der verschiedenen Vertragsgestaltungen im Städtebaurecht aufzunehmen. Dieser Befund läßt den Schluß zu, daß § 11 BauGB tatsächlich eine überschaubare Struktur in das „Besondere Vertragsrecht" im Städtebaurecht bringt. Insbesondere die drei Vertragstypen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB erfassen eine Vielzahl der verschiedenen städtebaulichen Vertragsgestaltungen und verleihen ihnen ein gemeinsames normatives Grundgerüst. Die zweite Regelungsebene des § 11 BauGB kann damit zum Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung eines „Besonderen städtebaulichen Vertragsrechts" werden. In diesem Zusammenhang darf aber auch die Bedeutung des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB nicht unterschätzt werden. Dadurch, daß S. 1 auch die von S. 2 nicht erfaßten Vereinbarungen als städtebauliche identifiziert und den Anforderungen der Abs. 2 und 3 unterwirft, wird die Gemeinsamkeit aller Verwaltungsverträge im Städtebaurecht betont und der Dualismus von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertragshandeln zurückgedrängt. Damit werden die Grundlagen für eine Rechtsentwicklung geschaffen, die möglicherweise zur Herausbildung weiterer besonderer Typen des städtebaulichen Vertrages führen wird.

Fazit und Ausblick I. Wichtige Ergebnisse in Thesen 1.

§ 11 Abs. 1 S. 1 BauGB erfaßt alle städtebaulichen Verträge zwischen der Gemeinde und Privaten, unabhängig von ihrer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Rechtsnatur. Anders als bei seinen Vorgängervorschriften (§§ 54 BauZVO; 6 BauGB-MaßnG) kommt es für die Anwendbarkeit des § 11 BauGB nicht auf bestimmte Vertragsinhalte an. Gegenstand des § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB ist die Handlungsform des Verwaltungsvertrages als Instrument des Städtebaurechts.

2.

Die Regelungsgegenstände des bisherigen § 6 BauGB-MaßnG nimmt in modifizierter Form § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB auf. Das Gesetz benennt hier beispielhaft anhand bestimmter Inhalte drei Typen städtebaulicher Verträge. § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB bildet damit eine konkret-inhaltsbezogene zweite Regelungsebene unterhalb des abstrakt-handlungsformbezogenen Absatzes 1 S. 1.

3.

Die Unterscheidung der Vertragstypen in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB orientiert sich an der Vertragsleistung des privaten Vertragspartners und an der Funktion der Vereinbarung. Maßnahmenverträge gemäß Nr. 1 und Kostenvereinbarungen gemäß Nr. 3 dienen der organisatorischen und finanziellen Entlastung der Gemeinde im Hinblick auf die Durchführung städtebaulicher Maßnahmen. Die Zielbindungsverträge gemäß Nr. 2 ergänzen die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten durch vertragliche Bindungen der Planbetroffenen.

4.

Der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB ist beschränkt auf Verträge zur Finanzierung von städtebaulichen Maßnahmen. Nicht zu den städtebaulichen Maßnahmen zählen die Planung und Herstellung sogenannter Folgeeinrichtungen. Damit werden Folgekostenverträge nicht mehr unmittelbar von der Regelung erfaßt

5.

Keine Aussagen enthält § 11 BauGB über die möglichen Vertragsleistungen der Gemeinde. Offen bleibt damit insbesondere das Problem der sogenannten Planzusagen. Die in § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB vorgesehenen Verpflichtungen werden von privaten Investoren regelmäßig nur als Gegenleistung für die Aufstellung eines bestimmten Bebauungsplanes übernommen. § 2 Abs. 3 BauGB steht einem vertraglichen Primäranspruch auf Bauleitplanung strikt entgegen; de lege lata mögliche Se-

Fazit und Ausblick

283

kundäransprüche im Falle des Scheiterns der Planung sind zur Sicherung der Interessen des Vertragspartners unzureichend. 6.

§ 11 BauGB ändert nichts Grundsätzliches an der Bindung der vertraglich handelnden Gemeinde an das Gesetz. Eine generelle Lösung des städtebaulichen Vertrages von den primär auf einseitiges Verwaltungshandeln zugeschnittenen gesetzlichen Vorgaben ist mit Blick auf die nicht disponible Geltung des Gesetzesvorranges nicht erfolgt. Ebensowenig kann in § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB eine umfassende gesetzliche Ermächtigung zum Abschluß städtebaulicher Verträge im Sinne des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes erblickt werden.

7.

§ 11 Abs. 2 BauGB enthält gemeinsame inhaltliche Anforderungen an alle städtebauliche Verträge. Dabei beschränkt sich das Gesetz auf die Normierung des Angemessenheitsgebotes und einer Teilaussage des allgemeinen Koppelungsverbotes. § 11 Abs. 2 kann damit nicht als abschließende Regelung der aus dem allgemeinen Vertragsrecht bekannten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Bereich des Städtebaus gelten, weil er unter den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen bleibt. Weitere Regeln zur inhaltlichen Zulässigkeit städtebaulicher Verträge und insbesondere die Grundaussage des Koppelungsverbotes müssen dem allgemeinen Vertragsrecht entnommen werden, was hinsichtlich der normativen Herleitung weiterhin eine Differenzierung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vereinbarungen erfordert. Der Konkretisierungsgrad des § 11 Abs. 2 BauGB entspricht dem des § 56 Abs. 1 S. 2; Abs. 2 VwVfG.

8.

Bis auf das Schriftformerfordernis in Abs. 3 enthält § 11 BauGB keine weiteren gemeinsamen Regeln für städtebauliche Verträge. Es fehlen insbesondere Bestimmungen zum Schutz der Interessen Dritter, zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur inhaltlichen Zulässigkeit und zur Behandlung von Leistungsstörungen. Insoweit ist auf die Regeln des allgemeinen Vertragsrechts zurückzugreifen, die zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vereinbarungen unterscheiden. Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 2 führt danach in jedem Fall zur Unwirksamkeit des Vertrages.

9.

Die Vorgaben des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB für die inhaltliche Zulässigkeit der dort ausgeformten Vertragstypen sind von sehr unterschiedlicher Regelungsdichte: a) Für Kostenvereinbarungen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 enthält das Gesetz mit dem Kausalitätsgrundsatz verhältnismäßig konkrete spezifische Anforderungen. Der Kausalitätsgrundsatz nimmt das verfassungsrechtliche allgemeine Koppelungsverbot in sich auf, stellt aber im Detail höhere Ansprüche. Die gesetzliche Regelung hat sich bei mehreren Einzelproblemen von den zuletzt

284

Fazit und Ausblick von der Rechtsprechung vertretenen restriktiven Positionen gelöst und damit ihre vertragsfreundliche Ausrichtung unterstrichen, b) Auf Maßnahmenverträge gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Zielbindungsverträge gemäß Nr. 2 ist der Kausalitätsgrundsatz nicht übertragbar. Für Vereinbarungen nach Nr. 2 gilt, daß sich der Vertragspartner nur zu Gegenleistungen verpflichten darf, die den zulässigen Zielen gerade des Bebauungsplanes dienen, der seinem geplanten Vorhaben zugrundeliegt. Keine weiteren Konkretisierungen der allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen enthält das Gesetz für Maßnahmenverträge.

10. § 11 BauGB steht der abstrakten, das heißt nicht an die in Abs. 1 S. 2 genannten Zwecke gebundenen Abschöpfung von Planungsgewinnen durch städtebauliche Verträge entgegen. Andererseits ist § 11 und insbesondere dem in Abs. 2 S. 1 niedergelegten Angemessenheitsgebot nicht zu entnehmen, daß die Gegenleistung des Vertragspartners stets auf einen bestimmten Anteil der planungsbedingten Wertsteigerung begrenzt ist. Die Höhe des Planungsgewinns ist regelmäßiges Indiz für eine angemessene Vertragsleistung, nicht aber deren absolute Obergrenze. 11. § 11 BauGB verschafft städtebaulichen Vereinbarungen mit zum Teil sehr unterschiedlichem Hintergrund eine gemeinsame normative Struktur. Dabei decken die drei Vertragstypen des Abs. 1 S. 2 alle Vertragsgestaltungen ab, in denen die Leistung der Gemeinde in der Aufstellung eines Bebauungsplans besteht. Durch den handlungsformbezogenen § 11 Abs. 1 S. 1 BauGB werden auch Vereinbarungen über andere Gegenstände mit städtebaulicher Zielsetzung in ein Vertragssystem mit gemeinsamen Regeln einbezogen. In Einzelfällen wird § 11 BauGB durch speziellere Bestimmungen ganz oder teilweise verdrängt, ohne daß es jedoch zu WertungsWidersprüchen kommt. Im einzelnen hat die Untersuchung ausgewählter Vertragsgruppen zu folgenden Erkenntnissen geführt: 12. Unter dem Blickwinkel des § 11 BauGB erweist sich die „freiwillige Umlegung" als ein Konglomerat aus Maßnahmen-, Zielbindungs- und Kostenvereinbarungen im Sinne des Abs. 1 S. 2, das vollständig von den Regelungen des amtlichen Umlegungsverfahrens emanzipiert ist. § 11 BauGB regelt auch die Zulässigkeit der Neuordnung der Grundstücksverhältnisse in einem künftigen Plangebiet durch „freihändige" Grundstückskäufe der Gemeinde. Wenn die Kaufverträge eine (teilweise) Rückkaufsoption zugunsten der Alteigentümer enthalten, geht es bei wirtschaftlicher Betrachtung um die Verschaffung von Bauland gegen die kostenfreie Abtretung von Flächen. Die daraus folgende Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB führt zu der Erkenntnis, daß die Gemeinden Planungsgewinne im Rahmen solcher Geschäfte nur anstreben dürfen, soweit sie der Realisierung von Zielen der Bauleitpla-

Fazit und Ausblick

285

nung dienen. Für Grundstückskäufe ohne Rückkaufsoption führt das Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB zu einem vergleichbaren Ergebnis. 13. Im Erschließungsrecht wird § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB durch den spezielleren aber inhaltsgleichen § 124 BauGB verdrängt. Auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB sind Vereinbarungen über die Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen möglich; das Erschließungsbeitragsrecht steht dem nicht entgegen. 14. Im Sanierungs- und Entwicklungsrecht (§§ 136 ff. BauGB) existieren eine ganze Reihe spezieller Vertragsvorschriften. § 11 BauGB kommt hier vielfach nur ergänzend zur Anwendung und wird teilweise sogar ganz verdrängt. Es kommt aber an keiner Stelle zu inhaltlichen Konflikten zwischen der allgemeinen Regelung des städtebaulichen Vertrages und den Bestimmungen des besonderen Vertragsrechts.

II. Abschließende Überlegungen Die Bilanz des § 11 BauGB fällt auf der Grundlage der vorstehend zusammengefaßten Ergebnisse überwiegend positiv aus. Die Vorschrift übernimmt wichtige rechtsdogmatische und -praktische Funktionen, die es erlauben, von einer „Grundnorm" für das Vertragshandeln im Städtebaurecht zu sprechen. Durch die Regelung in § 11 BauGB wird der Vertrag im Vergleich zu den anderen städtebaulichen Instrumenten der Gemeinde deutlich aufgewertet. Das hat seine Ursache nicht zuletzt darin, daß der Gesetzgeber sich in § 1 1 BauGB, anders als noch in den Vorgängervorschriften, nicht darauf beschränkt hat, einzelne Vertragstypen zu normieren, sondern die Gesamtheit der städtebaulichen Verträge zwischen der Gemeinde und Privaten, das heißt den Vertrag als Handlungsform im Städtebaurecht, zum Regelungsgegenstand gewählt hat. Zwar kann eine in ihrem Anwendungsbereich so allgemein gehaltene Vorschrift die vertragsschließende Gemeinde nicht generell von den differenzierten gesetzlichen Bindungen des Städtebaurechts freistellen. Gleichwohl ist die Regelung nicht ohne praktische und dogmatische Bedeutung, wie frühere Skeptiker angenommen haben1. Das zeigt sich zunächst in Bereichen, in denen bislang Vorbehalte gegen die Zulässigkeit von Verträgen bestehen, die aufgrund der Gesetzeslage nicht eindeutig gerechtfertigt sind 2 . Die in § 11 BauG dokumentierte vertragsfreundliche Einstellung des Gesetzes erschwert Vertragskritikern eine Argumentation, die 1

Vgl. den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 10/6166, S. 148 f. 2 Vgl. das Beispiel der Erschließungskostenvereinbarungen oben Kapitel 9 III.

286

Fazit und Ausblick

in derartigen Fällen auf den angeblichen Ausnahmecharakter städtebaulicher Vereinbarungen abstellen will. Als bedeutsamer noch erweist sich, daß § 11 BauGB den Dualismus von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertragshandeln für das Städtebaurecht überwindet. Allerdings normiert die Vorschrift nur einige wenige gemeinsame inhaltliche und formale Anforderungen. Im Hinblick auf viele Problemstellungen des Vertragsgeschehens bleibt die Frage nach der Rechtsnatur der jeweiligen Vereinbarung unerläßlich. Auch positiviert § 11 Abs. 2 BauGB lediglich Grundsätze, die für öffentlich-rechtliche Verträge ohnehin bereits gesetzlich verankert waren (§ 56 VwVfG) und deren Geltung für privatrechtliche Verwaltungsvereinbarungen von keiner Seite bestritten wurde. Dennoch bedeutet die Schaffung einer rechtsformübergreifenden Regelung einen Gewinn an Rechtssicherheit. In der Praxis zeigt sich nämlich, daß die ungeschriebenen verwaltungs- (privat) rechtlichen Beschränkungen des zivilrechtlichen Vertragshandelns der Verwaltung oft nicht oder nur ungenügend beachtet werden. Ein deutliches Beispiel sind die Grundstücksgeschäfte der Gemeinde im Vorfeld einer beabsichtigten Bauleitplanung 3 . Trotz der überragenden Marktmacht der Gemeinde, die auf ihrem städtebaulichen Planungsmonopol beruht, behandelt die Rechtsprechung die zugrundeliegenden Verträge nach den gleichen Maßstäben wie Vereinbarungen unter Privaten. § 11 BauGB kann hier den Weg zu einer normativen Begründung „gerechterer" Ergebnisse eröffnen, sofern es gelingt, die grundlegende Bedeutung der rechtsformübergreifenden Geltung der Vorschrift deutlicher als bisher in das Bewußtsein zu bringen. Als „Grundnorm" des Vertragsrechts im Städtebau erweist sich § 11 BauGB auch, weil es dem Gesetzgeber insbesondere mit der Regelung des Abs. 1 S. 2 gelungen ist, eine normative Struktur in das bis dahin zersplitterte Bild vom städtebaulichen Vertrag einzuziehen. Das bringt einen zusätzlichen Gewinn an Rechtssicherheit und schafft zudem die Voraussetzung für eine weitere dogmatische Durchdringung des Rechtsgebietes. Der Gesetzgeber hat sich bei der Bildung der Vertragstypen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB an der Vertragspraxis und den von der Rechtsprechung dazu entwikkelten Grundsätzen orientiert, ohne jedoch diese Grundsätze in jedem Detail zu übernehmen. Auf diese Weise erfaßt die Regelung „auf mittlerem Konkretisierungsniveau" 4 alle Vertragsgestaltungen, in denen die Bauleitplanung als Vertragsleistung der Gemeinde eine Rolle spielt. Als echtes Manko der Vorschrift erweist sich allerdings, daß Bestimmungen über die kommunale Leistung selbst und vor allem über die Folgen des Scheiterns der vertragsgegenständlichen Bauleitplanung fehlen. 3 4

Vgl. oben Kapitel 8 III. Vgl. den Bericht der Expertenkommission, S. 93, Rdnr. 139.

Fazit und Ausblick

287

Schwieriger zu beurteilen als die „städtebaurechtsinterne" Bedeutung des § 11 BauGB sind die Rückwirkungen der Vorschrift auf das allgemeine Verwaltungsvertragsrecht. Als rechtsformübergreifende und handlungsformbezogene Regelung des Besonderen Verwaltungsrechts geht § 11 BauGB sowohl den §§54 ff. VwVfG als auch den ungeschriebenen Regeln des Verwaltungsprivatrechts vor. Gleichwohl löst die Bestimmung den städtebaulichen Vertrag nicht aus den Regelungszusammenhängen des öffentlichen und des privaten Verwaltungsvertragsrechts heraus. Dazu ist zum einen der Regelungsgehalt des § 11 BauGB zu beschränkt, der in vielen Fällen weiterhin zum Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze zwingt. Zum anderen bestehen auch inhaltlich keine Spannungen mit dem allgemeinen Verwaltungsvertragsrecht. § 11 Abs. 2 übernimmt nur Teile des § 56 VwVfG in das BauGB, die unbestrittenermaßen ohnehin auch für privatrechtliche Verwaltungsverträge gelten. Die Ausdehung der in § 57 VwVfG nur für öffentlich-rechtliche Vereinbarungen vorgesehenen Schriftform auf privatrechtliche Vereinbarungen ( § 1 1 Abs. 3) erscheint demgegenüber als zwar sinnvolle, praktisch wie dogmatisch aber nicht besonders bedeutungsvolle Neuerung. Trotz seines vom Inhalt und dem Konkretisierungsgrad her nicht (Abs. 1 S. 1) oder nur moderat (Abs. 1 S. 2) von den §§ 54 ff. VwVfG abweichenden Regelungsgehaltes erfüllt § 11 BauGB aber wie gesehenen eine bedeutenden Funktion innerhalb des Städtebaurechts. Damit gelingt der Brückenschlag zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Verwaltungsvertragsrecht, scheinbar ohne daß dadurch die mit den §§54 VwVfG angestrebte Rechtsvereinheitlichung beim öffentlich-rechtlichen Vertrag gefährdet wäre 5 . Gleichwohl darf das latente Spannungsverhältnis nicht übersehen werden, das zwischen der rechtsformübergreifenden Regelung des § 11 BauGB und den getrennten Vertragsrechtsordnungen des allgemeinen Verwaltungs- bzw. Verwaltungsprivatrechts besteht. Es hängt vor allem von der Rechtsentwicklung außerhalb des Städtebaurechts ab, ob die darin zum Ausdruck kommenden unterschiedlichen Ansätze bei der gesetzlichen Normierung des Vertragshandelns der Verwaltung dauerhaft nebeneinander bestehen können. Spätestens wenn der wachsenden Bedeutung konsensualer Handlungsformen auch in anderen Bereichen des Besonderen Verwaltungsrechts normativ Rechnung getragen werden soll, wird das Verhältnis zu der dualistischen Rechtsordnung des allgemeinen Verwaltungsvertragsrechts erneut in den Blick rücken. Zumindest dann, wenn auch in anderen Sachbereichen der Befund wie im Städtebaurecht der ist, daß einerseits eine handlungsformbezogene und rechtsformübergreifende Vertragsregelung sich als sinnvoll erweist, andererseits der Konkretisierungsgrad einer solchen Regelung über 5 Vgl. zu derartigen Befürchtungen den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 10/6166, S. 148 f.

288

Fazit und Ausblick

den der §§54 ff. VwVfG nicht hinausgeht. Ein solcher Befund müßte fast unweigerlich die Frage nach sich ziehen, ob für eine derartige Norm ein Fachgesetz des Besonderen Verwaltungsrechts der „richtige" Standort sein kann, oder ob nicht auf einer allgemeineren, sachbereichsübergreifenden Ebene ein „Verwaltungsvertragsgesetz" geschaffen werden sollte. Es liegt auf der Hand, daß damit mehr Probleme angestoßen sind, als die bloß „technische" Frage nach der „richtigen" Regelungsebene. Inhaltlich wäre die Figur des öffentlich-rechtlichen Vertrages zur Disposition gestellt. Es müßte geklärt werden, ob weiterhin ein Bedarf besteht, für Verträge „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" besondere Regelungen vorzuhalten, oder ob der öffentlich-rechtliche Vertrag vollkommen im Verwaltungsvertrag aufgehen kann 6 . Mindestens ebenso große Schwierigkeiten dürfte die Frage der Regelungszuständigkeiten aufwerfen. Da dem Bund die Kompetenz zur umfassenden Normierung des allgemeinen Verwaltungsrechts fehlt, müßten Bund und Länder jeweils für ihre Zuständigkeitsbereiche gleichlautende Regelungen erlassen, etwa durch eine entsprechende Änderung der VwVfGe, die auf privatrechtliches Verwaltungshandeln auszudehnen wären. Bevor es aber Sinn macht, derartige Überlegungen zu vertiefen, muß zunächst die Rechtsentwicklung in anderen Bereichen des Besonderen Verwaltungsrechts abgewartet und untersucht werden. Zumindest im Umweltrecht zeichnet sich ab, daß der Gesetzgeber einen anderen Weg gehen wird, als den im Städtebaurecht beschrittenen. Der Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch sieht mit dem normersetzenden Vertrag (§ 36 UGB-KomE), dem öffentlich-rechtlichen Umweltschutzvertrag (§ 38) und dem privatrechtlichen Umweltschutzvertrag (§ 39) Instrumente vor, die speziell auf bestimmte (technische) Anforderungen des Umweltrechts zugeschnitten sind und die deshalb relativ weitgehend eigenen Regeln folgen (vgl. § 38 Abs. 2 S. 3 UBG-KomE) 7 . Andererseits spiegeln diese Vorschriften durchaus nicht die ganze Vielfalt öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vereinbarungen wider, die auch im Umweltrecht immer mehr an Bedeutung gewinnen 8 . Es scheint jedenfalls aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen, daß eines Tages auch allgemeine gesetzliche Regelungen nach dem Vorbild des § 11 BauGB zum „umwelt6

Mit der Folge, daß ein „Verwaltungsvertragsgesetz" für bestimmte, bislang als „öffentlich-rechtlich" bezeichnete Verträge Sonderregelungen enthalten müßte. 7 Vgl. die vom Bundesumweltministerium herausgegebene Entwurfsbegründung, (UGB-KomE), S. 500 ff. 8 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 5, Rdnr. 187 ff. Daneben bestimmt § 7 Abs. 2 UGB-KomE, daß die Behörden bei Maßnahmen aufgrund umweltrechtlicher Vorschriften prüfen sollen, ob die Zwecke des Gesetzes in gleicher Weise durch Vereinbarungen mit den Betroffenen erreicht werden können. Vgl. ausführlich zum Stellenwert konsensualer Instrumente im UGB-KomE, Schröder, NVwZ 1998, S. 1011 ff.

Fazit und Ausblick

289

rechtlichen Vertrag" oder zu Verträgen in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts ernsthaft ins Auge gefaßt werden müssen9. Diese und die daran anknüpfenden weiteren Fragen gehen über den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung weit hinaus. Die Bedeutung des § 1 1 BauGB beschränkt sich gegenwärtig auf das Städtebaurecht. Für diesen Bereich ist dem Gesetzgeber eine Regelung gelungen, die, bei allen aufgezeigten Mängeln im Detail, seinen Intentionen genügen und die Vorbehalte der Praxis gegenüber der Handlungsform Vertrag weiter abbauen dürfte.

9 Vgl. zur Rolle Städtebaurechts als „Referenzgebiet" des Verwaltungsrechts Schmidt-Aßmann, FS Geizer, S. 117. 19 Hamann

Anhang: Synopse der Vorschriften zum städtebaulichen Vertrag Die tabellarische Form soll den Überblick über Kontinuität und Diskontinuität in der Entwicklung der Gesetzgebung erleichtern. § 54 BauZVO DDR Erschließungsvertrag; städtebaulicher Vertrag

§ 6 BauGB-MaßnG 1993 Städtebaulicher Vertrag

§ 11 BauGB 1998 Städtebaulicher Vertrag (1) Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen. Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages können insbesondere sein:

Die Gemeinde kann einem Dritten durch Vertrag die ihr obliegende Erschließung der nach der geordneten baulichen Entwicklung anstehenden Grundstücke übertragen (Erschließungsvertrag) und die Vorbereitung und Durchführung anderer städtebaulicher Maßnahmen übertragen oder hierüber andere Vereinbarungen treffen (städtebaulicher Vertrag). Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages können insbesondere die privatrechtliche Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die Bodensanierung und Freilegung von Grundstücken, sonstige Maßnahmen, die notwendig sind, damit Baumaßnahmen durchgeführt werden können, und die

(1) Die Gemeinde kann einem Dritten durch Vertrag die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen nach dem BauGB oder diesem Gesetz übertragen oder hierüber andere Vereinbarungen treffen. Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages können insbesondere die privatrechtliche Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die Bodensanierung und Freilegung von Grundstücken, sonstige Maßnahmen, die notwendig sind, damit Baumaß-

1. die Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten; dazu gehören auch die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die Bodensanierung und sonstige vorbereitende Maßnahmen, die Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen sowie erforderlichenfalls des Umweltberichts;

Anhang

§ 54 BauZVO DDR Erschließungs vertrag; städtebaulicher Vertrag

§ 6 BauGB-MaßnG 1993 Städtebaulicher Vertrag

Ausarbeitung der erforderlichen städtebaulichen Planungen sein;

nahmen durchgeführt werden können, und die Ausarbeitung der erforderlichen städtebaulichen Planungen sein.

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§ 11 BauGB 1998 Städtebaulicher Vertrag

§ 2 Abs. 3 1 und die Vorschriften über städtebauliche Sanierungsmaßnahmen bleiben unberührt. Unberührt bleibt auch der Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge über andere als die in Satz 2 genannten Gegenstände, die nicht städtebaurechtlicher Natur sind. die Verantwortung der Gemeinde für das gesetzlich vorgesehene Planaufstellungsverfahren bleibt unberührt; (2) Vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit Bauleitplanverfahren oder sonstigen städtebaulichen Satzungsverfahren können insbesondere getroffen werden, um die mit der Bauleitplanung oder Satzung unter Beachtung des § 1 BauGB verfolgten Ziele vorzubereiten oder zu sichern. Hierzu gehören auch vertragliche Vereinbarungen mit dem Ziel, die Grundstücke binnen angemessener Frist einer Nutzung entsprechend den Festsetzungen des

1

2. die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele; insbesondere die Grundstücksnutzung, die Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § la Abs. 3, die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung.

§ 2 Abs. 3 BauZVO lautete: Auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht kein Anspruch. Ein Anspruch auf Aufstellung eines Bauleitplans kann durch Vertrag nicht begründet werden

292

§ 54 BauZVO DDR Erschließungsvertrag; städtebaulicher Vertrag

Anhang

§ 6 BauGB-MaßnG 1993 Städtebaulicher Vertrag

§ 11 BauGB 1998 Städtebaulicher Vertrag

Bebauungsplans zuzuführen den dringenden Wohnbedarf von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen zu decken oder dem Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung zu dienen. § 2 Abs. 3 des BauGB bleibt unberührt; ein Anspruch auf Aufstellung eines Bauleitplans oder einer sonstigen städtebaulichen Satzung kann durch Vertrag nicht begründet werden. (2) Bauwillige können sich gegenüber der Gemeinde durch Vertrag verpflichten, Kosten und sonstige Aufwendungen zu übernehmen, die der Gemeinde für städtebauliche Planungen, andere städtebauliche Maßnahmen sowie Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen, entstehen. Auch die Bereitstellung erforderlicher Grundstücke kann vereinbart werden. Die Kosten und Aufwendungen sowie die Planungen, städtebaulichen Maßnahmen, Anlagen und Einrichtungen müssen Voraussetzung oder Folge des vom Bauwilligen geplanten Vorhabens sein.

(3) Bauwillige können sich gegenüber der Gemeinde durch Vertrag verpflichten, Kosten und sonstige Aufwendungen zu übernehmen, die der Gemeinde für städtebauliche Planungen, andere städtebauliche Maßnahmen sowie Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen, entstehen; die städtebaulichen Maßnahmen, Anlagen und Einrichtungen können auch außerhalb des Gebietes liegen. Auch die Bereitstellung erforderlicher Grundstücke kann vereinbart werden. Die Kosten und Aufwendungen sowie die Planungen, städtebaulichen Maßnahmen, Anlagen und Einrichtungen müssen Voraussetzung oder Folge des vom Bauwilligen geplanten Vorhabens sein.

3. die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken.

293

Anhang

§ 54 BauZVO DDR Erschließungsvertrag; städtebaulicher Vertrag

§ 6 BauGB-MaßnG 1993 Städtebaulicher Vertrag

Die vertraglich vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein; § 49 der Kommunalverfassung bleibt unberührt. Die Vereinbarung einer vom Bauwilligen zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hätte und sie auch nicht als Nebenbestimmung gefordert werden könnte.

Die vertraglich vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein; die Vereinbarung einer vom Bauwilligen zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hätte und sie auch nicht als Nebenbestimmung gefordert werden könnte.

§ 11 BauGB 1998 Städtebaulicher Vertrag

(2) Die vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. (3) Ein Vertrag nach Absätzen 1 und 2 bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist.

(4) Ein Vertrag nach den Absätzen 1 bis 3 bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist.

(3) Ein städtebaulicher Vertrag bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist.

(5) Die Zulässigkeit anderer städtebaulicher Verträge bleibt unberührt.

(4) Die Zulässigkeit anderer städtebaulicher Verträge bleibt unberührt.

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136 ff., 147 ff.

151

- Rechtsnatur 30 f. - „Weilheimer 67 ff.

Einheimischenmodell"

- als ZielbindungsVerträge 66 ff., 78 f.

148 ff.

- und Erschließungsverträge 243

- „Zwischenerwerbsmodell" 68 f.

- und freiwillige Umlegung 221 f.

Entwicklungsmaßnahmen

- und kommunale 234 ff.

- s. städtebauliche Gesamtmaßnahmen

Grundstückskäufe

- und Koppelungsverbot

Entwicklungsträgervertrag 149 ff.

- und Leistung der Gemeinde 151 ff.

Erschließung 240 ff.

- und Planungsgewinnausgleich 130 ff.

Erschließungslast 254

- und Privatautonomie - Rechtsfolgen

273 ff.

ergänzende Vertragsauslegung

150

108 ff.

Erschließungsverträge 20, 240 ff.

153 ff.

- und Angemessenheitsgebot 243

- und Scheitern der Planung 109 f.

- Fremdanlieger 243

- und städtebauliche men 209

- und Koppelungs verbot 241 ff.

Gesamtmaßnah-

- und Maßnahmenverträge 44, 241 ff.

- und Verhältnismäßigkeitsprinzip 147 ff. - und Vorfinanzierungsverträge - und Zielbindungsverträge

245 f.

184, 186

Aufwendungsersatz 96 ff., 163, 168 „autofreies Wohnen" 75, 83

Flachglasurteil

114 f.

Folgeeinrichtungen 88 ff. - als Gegenstand städtebaulicher Maßnahmen 89 ff. - und städtebauliche men 264 f.

Gesamtmaßnah-

Baugebot 63

Folgekostenverträge

Baumaßnahmen 264

- und freiwillige Umlegung 214 ff.

Beleihung 53

- und Kausalitätsgrundsatz

Bestandsgarantie des Eigentums 205

- landesrechtliche Regelungskompetenz 179

Bodensanierung 47 f. 20 Hamann

162

306

S ach wort Verzeichnis

- als Regelungsgegenstand § 11 BauGB 88 ff., 163

von

- und Kausalitätsgrundsatz 181 f.

161 ff.,

- und Planungsgewinnausgleich 189 Geschäftsgrundlage Gesetzesvorbehalt

111

- und privatrechtliche Verwaltungsverträge 138 f., 146

121 ff.

- für Leistungen 121 ff.

der

Verwaltung

Gesetzesvorrang 117 ff. Gesetzgebungsgeschichte 19 ff.

- Rechtsfolgen

153 ff.

- und sachlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung 140 ff.

- für das Bodenrecht 75 ff.

- verfassungsrechtliche Herleitung 140 ff.

- für Erschließungskostenvereinbarungen 258 ff.

- und „Verkauf 136, 140 ff.

- und Folgekostenvertrag 92 ff.

- und Zielbindungsverträge

- für die Refinanzierung städtebaulicher Maßnahmen 176 f.

Kostenvereinbarungen 85 ff.

Gesetzgebungskompetenz

von

Hoheitsrechten"

- und Abwägung 169 - und Aufwendungsersatz

„Halbteilungsgrundsatz"

191 ff.

183

96 ff., 163,

168

„hinkender" Austauschvertrag 55, 158

- über Erschließungsmaßnahmen 246 ff.

Immissionsschutz 75, 81 f., 143 f.

- und Flächenabtretungen 214 ff. - und „Folgekosten" 88 ff.

Kausalitätsgrundsatz 85 f., 98, 160 ff.

- Gesetzgebungskompetenz 258 ff.

- und Erschließungskostenvereinbarung 260 f.

- und Kausalitätsgrundsatz 162 ff.

- und Erstattung von Verwaltungskosten 213

- und naturschutzrechtlicher Ausgleich 73

- und Flächenabtretungen 214 ff.

- Rechtsnatur 99

- und Folgekostenverträge

162

- und „Gesamtplanungen"

173 ff.

- und städtebauliche men 271 ff.

- und

kommunale

Grundstückskäufe

218 - und Koppelungsverbot

161 ff., 181 f.

- und Maßnahmenverträge

180 ff.

- räumliche Dimension 171 ff. - und

„Verkauf

von

Gesamtmaßnah-

- und städtebauliche Maßnahmen 87 f. - Vertragspartner 86 f. Leistungsstörungen 105, 110 ff.

Hoheitsrechten" Maßnahmenverträge 44 ff.

162

- und Erschließungsverträge 241 ff.

- und 241 - und - und - und 73 - und

- und Gesetzesbindung 130 f.

- Rechtsnatur 54 f.

- zeitliche Dimension 167 ff. - und ZielbindungsVerträge Koppelungsverbot

85 f., 98,

183

137 ff.

- und Angemessenheitsgebot

149 ff.

- und Ermessen 143 ff.

Erschließungsverträge 44, ff. freiwillige Umlegung 211 ff. Kausalitätsgrundsatz 180 ff. naturschutzrechtlicher Ausgleich Ordnungsmaßnahmen 263 ff.

Sachwortverzeichnis

307

- Schranken 179 ff.

- gesetzliche Beispiele 46 ff.

- Vertragspartner 44

- und Ordnungsmaßnahmen 263 f.

- und Werkverträge 45

- Refinanzierung durch barungen 87 f.

Mediation 57 f.

Kostenverein-

städtebauliche Planung naturschutzrechtlicher Ausgleich 69 ff. Neuordnung der Grundstücksverhältnisse 46 f., 197 ff.

- Übertragung auf Private 55 ff.

- durch kommunale Grundstückskäufe 227 ff.

- u n d AGB 31, 136 f.

48 ff., 52,

städtebauliche Verträge - Begriff 26 f. - als Handlungsform 26 ff.

notarielle Beurkundung 159

- Rechtsnatur 29 ff.

Ordnungsmaßnahmen 263 ff.

Übermaßverbot - s. Angemessenheitsgebot

Planungsgewinnausgleich

187 ff.

- und Angemessenheitsgebot

190 ff.

Umlegung - amtliche 46, 203 ff., 222 ff.

- und freiwillige Umlegung 218 ff.

- und Angemessenheitsgebot 221 f.

- und „Halbteilungsgrundsatz" 191 ff. - durch kommunale Grundstückskäufe 227 ff.

- eigentumsdogmatische Einordnung 204 ff.

- und Koppelungsverbot

189

- und Flächenabtretungen 208 ff., 214 ff.

202 ff.,

Planungszusagen 101 ff.

- freiwillige 46 f., 197 ff.

Planwertabschöpfung

- „freiwillige Umlegung unter dem Mantel des amtlichen Verfahrens" 46, 224 ff.

- s. Planungsgewinnausgleich Planwertausgleich

- Vertragsgestaltungen 210 ff.

- s. Planungsgewinnausgleich positive ForderungsVerletzung Privatautonomie

110

127, 150

Reprivatisierung 278 f. Sanierungsmaßnahmen - s. städtebauliche Gesamtmaßnahmen Sanierungsträgervertrag - s. Entwicklungsträgervertrag Schriftform

156 ff., 277

städtebauliche Gesamtmaßnahmen 262 ff.

- und Vorteilsabschöpfung 218 ff. - und ZielbindungsVerträge 217 f. Umweltgesetzbuch (Entwurf) 288 Umweltverträglichkeitsprüfung Urkundeneinheit

49

156 ff.

„Verkauf von Hoheitsrechten" 162

96, 136,

vertragliche Risikoübernahme 105 ff.

102,

Vertragspartner - Kostenvereinbarungen 86 f.

- Finanzierung 266 ff.

- Maßnahmen Verträge 44, 56 ff.

städtebauliche Maßnahmen

- „Private" als 24 f. - städtebaulicher Verträge 24 f. Verwaltungshandeln in Privatrechtsform 32 f., 116

- und Baumaßnahmen 264 f. - Begriff 50 f. - und „Folgeeinrichtungen" 89 ff. 20*

arverzeichnis

308 Verwaltungsverträge

- zur Deckung des Wohnbedarfs 66 ff., 79 f.

- Begriff 30 - und Gesetzesvorbehalt

124 ff.

- Eigentumsbindung 66

- und Gesetzesvorrang 118 ff.

- Einheimischenmodelle 66 ff., 78 f.

- Rechtsnatur 34 ff.

- und freiwillige Umlegung 217 f.

- subordinationsrechtliche Vorfinanzierungsverträge

146 244 ff.

wirtschaftliche Belange 75, 82

von

Eigentumsbindungen

- Grenzen 74 ff., 182 ff. - und Immissionsschutz 75, 81 f. - und Koppelungsverbot

183

183

- und naturschutzrechtlicher Ausgleich 69 ff.

- und Abwägung 183 f. - und Angemessenheitsgebot

- gesetzliche Beispiele 62 ff.

- und Kausalitätsgrundsatz

Zielbindungsverträge 60 ff. - Ablösung 185 f.

- Gesetzgebungskompetenz 75 ff.

184, 186

- und Planungsabreden 60 f.

- und „autofreies Wohnen" 75, 83

- Rechtsnatur 84 f.

- und Baugebot 63

- und wirtschaftliche Belange 75, 82