Der römische Staat und die Christen im zweiten und dritten Jahrhundert 9783666251429, 3525251424, 9783525251423

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Der römische Staat und die Christen im zweiten und dritten Jahrhundert
 9783666251429, 3525251424, 9783525251423

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HYPOMNEMATA HEFT 28

HYPOMNEMATA UNTERSUCHUNGEN UND

ZU I H R E M

ZUR

ANTIKE

NACHLEBEN

Herausgegeben von Albrecht Dihle / Hartmut Erbse Christian Habicht / Günther Patzig / Bruno Snell

H E F T 28

VANDENHOECK

& R U P R E C H T IN

GÖTTINGEN

JOACHIM MOLTHAGEN

Der römische Staat und die Christen im zweiten und dritten Jahrhundert

2. Auflage m i t e i n e m A n h a n g

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

ISBN 3-525-25142-4 2. Auflage 1975 © Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1970. — Printed in Germany. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen Druck: fotokop wilhelm weihert kg, Darmstadt Gesamtheretellung: Hubert & Co., Göttingen

M E I N E R FRAU

VORWORT Die vorliegende Untersuchung ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 1969 unter dem Titel „Der römische Staat und die Christen von Nero bis Diocletian (Galeriusedikt)" der Philosophischen Fakultät der Universität Hamburg vorgelegen hat. Danken möchte ich allen, deren Hilfe ich während der Entstehung und bei der Veröffentlichung dieser Arbeit erfahren habe: in erster Linie meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Hans Rudolph, der die vorliegenden Untersuchungen von ihren ersten Anfängen an mit Interesse begleitet und sie durch seinen Rat und seine Kritik stets gefördert hat; sodann den Herren Professoren P. Herrmann und G. Kretschmar, denen ich für manche wertvollen Anregungen verpflichtet bin; den Herausgebern der Hypomnemata, insbesondere Herrn Professor Habicht, für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe und der Joachim Jungius-Gesellschaft, Hamburg, sowie der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik, München, für die Gewährung einer Druckbeihilfe. Nicht zuletzt möchte ich der Studienstiftung des deutschen Volkes danken, daß sie mir durch ein großzügiges Stipendium das Studium ermöglicht hat. Hamburg, im März 1970

Joachim Molthagen

V O R W O R T Z U R 2. A U F L A G E Nachdem das Buch seit gut einem Jahr vergriffen war, kann es nunmehr in zweiter Auflage wieder erscheinen. Mein Dank gilt dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, der den Neudruck angeregt und ermöglicht hat. Die Entscheidung für einen unveränderten Nachdruck soll im Blick auf das Echo, das die 1. Auflage in der Fachwelt gefunden hat, in einem Anhang begründet werden. Hamburg, im April 1975

Joachim Molthagen

Inhaltsverzeichnis Vorwort

7

Einleitung

11

I. Die Rechtslage der Christen im zweiten Jahrhundert

13

1. Der Christenbrief des Plinius und Trajans Reskript 2. Neros Vorgehen gegen die Christen als Ursprung ihrer Rechtslage 3. Aussagen der kirchlichen Überlieferung über ein gesetzliches Christenverbot 4. „Christiani" in den Augen der Staatsgewalt 5. Die Rechtslage der Christen unter den Kaisern nach T r a j a n . . .

13 21 28 30 33

II. Die Lage der Kirche in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts

38

1. Die Zeit der Severer a) Verfolgungsmaßnahmen b) Das Wachsen u n d Erstarken der Kirche c) Die Politik der Staatsgewalt

38 38 45 49

2. Die Soldatenkaiser vor Decius a) Die angebliche Verfolgung des Klerus durch Maximinus Thrax b) Das Fortdauern der Friedenszeit der Kirche

52 52 58

III. Das Opferedikt des Decius 1. Der Opferbefehl nach dem Zeugnis der Quellen a) Die Libelli b) Die christliche Überlieferung 2. Motive u n d Ziele der kaiserlichen Politik 3. Opferedikt u n d Christenverbot

IV. Valerians Vorgehen gegen die Christen 1. 2. 3. 4. 5.

Der Urheber der Maßnahmen Das erste E d i k t Das zweite E d i k t Valerian als Fortsetzer der decischen Politik Die Aufhebung der Maßnahmen durch Gallienus

61 61 61 64 70 81

85 85 87 92 93 98

9

V. Die große Christenverfolgung Diocletians 1. Die lange Friedenszeit der Kirche 2. Die Maßnahmen gegen die Christen a) Das Vorgehen gegen die Christen im Heer und a m kaiserlichen Hof b) Das erste E d i k t c) Die weiteren E d i k t e 3. Die politischen Motive Diocletians a) Das Zeugnis des Galeriusediktes b) Das E h e - u n d Manichäeredikt c) Rückschlüsse aus der Durchführung der Verfolgung d) Der späte Beginn der Verfolgung 4. Die Einstellung der Verfolgung durch Galerius

101 101 102 102 105 107 Ill 111 112 115 116 118

Schluß

121

Literaturverzeichnis

123

Stellenregister

128

Anhang zur 2. Auflage

133

10

Einleitung Die Frage nach dem Verhältnis des römischen Staates zu den Christen, die sich in den ersten drei Jahrhunderten aus der Sicht der Kirche als das Problem der Verfolgungen stellt, führt in das Zentrum der Auseinandersetzungen zwischen der antiken Welt und dem Christentum. Sie ist nicht nur eines der wichtigsten Themen in der Geschichte der alten Kirche, sondern auch für das römische Reich von großer Bedeutung, sollte doch eben das Christentum, das in den ersten zweieinhalb Jahrhunderten nur ganz allmählich eine bescheidene Rolle in der römischen Politik zu spielen begann, während der großen Krisenzeit des dritten Jahrhunderts ein gewichtiges Problem für die Staatsgewalt darstellen und schließlich vom vierten Jahrhundert an zur tragenden Grundlage für das spätantike Imperium werden. Die geschichtliche Bedeutung, die das Aufeinandertreffen von römischem Reich und Christentum gewonnen hat, macht es verständlich, daß die Frage nach dem Verhältnis der beiden Größen zueinander immer wieder unter den verschiedensten Aspekten von theologischer, historischer, juristischer und auch philologischer Seite zum Gegenstand der Forschung gemacht wurde. Die vorliegende Arbeit möchte diese Frage für das zweite und dritte Jahrhundert untersuchen, d. h. für einen Zeitraum, in dem die Christen sich immer wieder in verschiedener Weise Verfolgungsmaßnahmen seitens der Staatsgewalt ausgesetzt sahen. Dabei sollen diese „ChristenVerfolgungen" einseitig aus der Perspektive des römischen Staates betrachtet werden. Welche Maßnahmen im einzelnen ergriffen wurden, von welchen Motiven sich die jeweiligen Kaiser dabei leiten ließen und welche Ziele sie verfolgten, wollen die folgenden Untersuchungen aufzeigen. Auf diese Weise soll ein Bild entstehen von der Haltung, die der römische Staat im zweiten und dritten Jahrhundert den Christen gegenüber einnahm, und von den Grundzügen der Politik, die ihn zum Vorgehen gegen sie veranlaßte. Dagegen bleiben alle Probleme, die die tatsächliche Durchführung einzelner Maßnahmen betreffen, und ebenso die Frage nach dem Verhalten der Bevölkerung ausgeklammert, soweit sie nicht für die besondere Fragestellung dieser Arbeit wichtig sind. Das Schwergewicht der Darstellung wird auf dem dritten Jahrhundert liegen, doch muß zunächst die Stellung, die die Staatsgewalt im zweiten Jahrhundert den Christen gegenüber einnahm, eigenständig untersucht werden, wobei es erforderlich ist, auch kurz auf das erste Jahrhundert einzugehen. Dieser Fragenkreis ist trotz einer gerade in 11

jüngster Zeit recht lebhaft geführten Diskussion in der Forschung immer noch umstritten, wie mir scheint nicht zuletzt deshalb, weil ein wichtiger Aspekt des Problems nahezu niemals gesehen wird 1 . Es soll also in einem ersten Kapitel die Rechtslage der Christen im zweiten Jahrhundert dargelegt werden 2 , bevor dann die Lage der Kirche in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts sowie die „großen Christenverfolgungen" des Decius, Valerian und Diocletian untersucht werden können. Von dem besonderen Aspekt des Themas her ergibt sich, daß die Darstellung auf die Zeit bis zum Galeriusedikt (311) beschränkt werden darf. Denn wenn anschließend einige Kaiser noch wieder Verfolgungsmaßnahmen aufnahmen, so war das ganz und gar bedingt durch die Rivalitätskämpfe der Herrscher untereinander und läßt darüber hinaus keine neuen Beweggründe zu einem Vorgehen gegen die Christen erkennen. Somit darf der Toleranzerlaß des Galerius als das sachgemäße Ende der diocletianischen Verfolgungspolitik angesehen werden. Aus der Art der Fragestellung folgt ferner, daß die wenigen römischen Quellen, die über die „Christenverfolgungen" Auskunft geben, für die vorliegenden Untersuchungen entscheidend wichtig sind. Auf sie wird sich die Arbeit vor allem stützen. Dagegen kann die umfangreiche kirchliche Überlieferung nur indirekt durch das, was sie über den Hergang der Ereignisse berichtet, Aufschluß geben über die Motive und Ziele der einzelnen Kaiser. Das so gewonnene Bild bleibt natürlich unvollständig, da von vornherein anzunehmen ist und auch durch die Quellen bestätigt wird, daß die einzelnen Maßnahmen für die Staatsgewalt ein sehr anderes Aussehen hatten als für die von ihnen betroffenen Christen. Doch ist gerade diese einseitige Betrachtungsweise aus der Perspektive des römischen Staates geboten, da das Überwiegen der kirchlichen Überlieferung diesen Aspekt des Problems der „Christenverfolgungen" nur zu leicht verdeckt. 1

Darüber s. u. Kapitel I, 4. Dabei brauchen die einzelnen „Verfolgungen" dieser Zeit nur insoweit betrachtet zu werden, als sie für das Verständnis der Rechtslage wichtig sind. 2

12

I. Die Rechtslage der Christen im zweiten Jahrhundert 1. Der Christenbrief des Plinius und Trajans Reskript Wer verstehen will, welche Haltung der römische Staat in den ersten beiden Jahrhunderten den Christen gegenüber einnahm, muß ihre Rechtslage untersuchen. Diesen methodischen Ansatz gilt es zu betonen gegenüber einer gerade in der neueren Forschung verbreiteten Tendenz, die Stellung der Christen zum öffentlichen Leben und vor allem die dadurch hervorgerufene Haltung der Bevölkerung ihnen gegenüber in den Mittelpunkt der Überlegungen zu rücken 1 . Nun müssen aber das Verhalten des Volkes und die allgemein über die Christen verbreiteten Ansichten durchaus nicht mit der offiziellen Politik übereinstimmen 2 , während andererseits die Bestimmung der Rechtslage als eine unmittelbare Äußerung der Staatsgewalt anzusehen ist. Sie allein kann deshalb direkten Aufschluß geben über die Beweggründe, die das Verhalten des römischen Staates bestimmten. Im einzelnen sind folgende drei Fragen zu klären: 1.Weswegen wurden die Christen verurteilt? 2. Lag dem Verhalten der Behörden eine gesetzliche Regelung zugrunde? 3. Als was wurden die Christen von der Staatsgewalt betrachtet? — Unter dieser Fragestellung gilt es also, die Überlieferung über die „Christenverfolgungen" der beiden ersten Jahrhunderte zu betrachten. Dabei empfiehlt es sich, von dem Christenbrief des jüngeren Plinius und der Antwort Trajans 3 auszugehen, da dieser Korrespondenz eine Schlüsselstellung für das ganze Problem zukommt. 1 So Wlosok S. 17-20; Vogt, SB Heidelberg S. 13; Kawerau S. 81 f.; Barnes, Legislation S. 48 ff. In dieselbe Richtung weist Kretschmar in seinem Forschungsbericht, wenn er meint, „daß der eigentliche Grund für die staatlichen Maßnahmen nicht juristisch zu fassen" sei (S. 26, vgl. seine Besprechung der Arbeit von Vogt auf S. 14ff.). All diesen Arbeiten ist gemeinsam neben einer gewissen Skepsis, was die Tragweite der rechtlichen Fragestellung betrifft, die Überzeugung, daß der von Mommsen betonte Gedanke des Religionsfrevels zwar nicht die Rechtsgrundlage erkläre, wohl aber das Denken aller Schichten der Bevölkerung treffend kennzeichne und in diesem Sinne als die Wurzel der Christenverfolgungen anzusehen sei. Ähnliches gilt auch für die Arbeit von Jakob Speigl, Der römische Staat und die Christen. Staat und Kirche von Domitian bis Commodus, Amsterdam 1970. 2 Die .Notwendigkeit, zwischen der Meinung des Volkes über die Christen und dem Verhalten der Behörden zu unterscheiden, betont mit Recht SherwinWhite S. 785 A. 2. 3 Plin., ep. X, 96 und 97.

13

Im Jahre 1124 berichtete Plinius, damals Statthalter der Provinz Pontus und Bithynien, in einem Brief an Trajan, wie er sich bisher in Christenprozessen verhalten hatte, und bat um weitere Anweisungen. Er teilt mit, daß immer, wenn bei ihm Leute „tamquam Christiani" angeklagt worden seien, er diese gefragt habe, ob sie wirklich Christen seien. Bejahten sie es, habe er die Frage ein zweites und drittes Mal gestellt unter Androhung der Todesstrafe, und wenn die Vorgeführten bei ihrer Aussage beharrten, habe er sie — ohne weitere Untersuchung — hinrichten lassen oder aber, falls sie römische Bürger gewesen seien, an ein stadtrömisches Gericht überwiesen6. Plinius handelte also nur, wenn ihm Anzeigen vorlagen®. Sein Bericht zeigt klar, daß den bei ihm angeklagten Christen nicht irgendwelche kriminellen Handlungen, sondern nur ihr Christsein vorgeworfen wurde 1 und daß dementsprechend das ganze Verfahren 8 , das er gegen sie eröffnete, lediglich in der einen Frage bestand, ob sie Christen seien. Bekannten sie es, war das allein der Grund, weshalb er die Todesstrafe über sie verhängte. Damit gibt der Pliniusbrief eine wichtige Antwort auf die erste der anfangs gestellten Fragen: In den bithynischen Christenprozessen war Anklagevorwurf, Gegenstand der Verhandlung und Grund der Bestrafung ausschließlich das Christsein; dieses wurde als ein todeswürdiges Verbrechen betrachtet. Wenn Plinius zu dem von ihm angewandten Verfahren bemerkt: „Neque enim dubitabam, qualecumque esset, quod faterentur, pertinaciam certe et inflexibilem obstinationem debere puniri" 9 , so sieht das auf den ersten Blick nach einer juristischen Urteilsbegründung 4 Babel S. 14, vgl. Reichel S. 3 A. 2, Kawerau S. 83 und auch Freudenberger S. 17. Andere Datierung (in das Jahr 110) bei Sherwin-White S. 81 und S. 691 und Barnes, Legislation S. 36 A . 45. 5 Plin., ep. X , 96,3f. Der entscheidende Satz lautet: „Interim in iis, qui ad me tamquam Christiani deferebantur, hunc sum secutus modum. Interrogavi ipsos, an essent Christiani. Confitentes iterum ac tertio interrogavi supplicium minatus: perseverantes duci iussi." (96,3) 6 Für die von Mommsen, Religionsfrevel S. 410f., vertretene Ansicht, Plinius habe von sich aus nach den Christen fahnden lassen, findet sich im Text keine Stütze. 7 Daß das „tamquam Christiani deferebantur" in diesem Sinne verstanden werden muß, betonen mit Recht Babel S. 19, Reichel S. 6 und Freudenberger S. 77. 8 Es handelt sich um ein Kognitionsverfahren für crimina extra ordinem, wie Sherwin-White S. 777ff. und Freudenberger (durchgehend, vgl. besonders S. 13 f. und die Zusammenfassung S. 200) gezeigt haben. Solch ein Verfahren beruhte auf der Koerzitionsgewalt des Statthalters, stellte jedoch kein formloses Vorgehen dar, sondern wurde in Analogie zu den Prozessen des ordo iudiciorum publicorum als Anklägerprozeß geführt. 9 Plin., ep. X , 96,3b.

14

aus 10 . Doch ist eine solche Interpretation von vornherein äußerst unwahrscheinlich, da „Hartnäckigkeit und unbeugsamer Starrsinn" wohl kaum ein hinreichender Rechtsgrund für ein Todesurteil gewesen sein dürften, nicht einmal in einem Verfahren, das auf der Koerzitionsgewalt des Statthalters beruhte. Das richtige Verständnis des Satzes erschließt vielmehr eine Beobachtung Freudenbergers: „Während Plinius in § 3a sein tatsächliches rechtliches Vorgehen schildert, die Terminologie daher durchaus juristisch geprägt ist, gibt der Legat in § 3b eine Rechtfertigung dieses Vorgehens in durchaus unjuristischer, vielmehr rhetorisch geprägter Sprache." 11 Plinius versucht hier aus der Rückschau sein Verhalten zu rechtfertigen, und zwar zu einer Zeit, da er die bisherige Grundlage der Christenprozesse als ungerechtfertigt erkannt hatte. Deshalb fügt er seinem Bericht die rhetorische Wendung ein: was immer es mit den Christen auf sich haben möge, solche halsstarrigen Leute hätten ja in jedem Fall den Tod verdient. Der ganze Satz ist voll verständlich erst auf dem Hintergrund der Entdeckungen, die der Statthalter inzwischen über die Eigenart der Christen gemacht hatte 12 . Daraus aber folgt, daß nicht pertinacia und obstinatio, sondern allein das Bekenntnis der Angeklagten, Christen zu sein, der Grund für ihre Verurteilung durch Plinius war 13 . Auch die zweite der eingangs gestellten Fragen erhält von dem Bericht des Plinius her eine Antwort. Es fällt nämlich auf, daß der Statthalter streng nach dem von ihm mitgeteilten Schema vorging, wenn immer bei ihm Leute als Christen angeklagt wurden, und daß er ganz selbstverständlich davon berichtet. Daraus muß man schließen, daß dieses Verfahren nicht sein zufälliger Einfall gewesen sein kann, sondern ihm als das in Christenprozessen übliche bekannt gewesen sein muß 14 . Dem widerspricht nicht, daß Plinius am Anfang seines Briefes sein Nichtwissen und seine Unsicherheit betont. Das gehört vielmehr zum Stil einer Konsultation 15 , den der Statthalter auch dann beibehält, wenn er die Rechtslage eines Falles zwar kennt, aus bestimmten Erwägungen heraus aber gerne anders verfahren möchte 18 . Den ein10 So verstehen die Stelle Vogt, RAC II Sp.1171; Last, RAC II Sp.1221; Moreau, Christenverfolgung S. 43; Babel S. 21; Wlosok S. 26. Zu der von Sherwin-White vertretenen contumacia-Hypothese s. u. S.21 mit A. 46 und 47. 11 Freudenberger S. 107. 12 Der Berieht darüber folgt in ep X, 96,7 f. 13 Vgl. zum Ganzen Reichel S. 80f. und besonders die ausführliche Erörterung der Stelle bei Freudenberger S. 99-109. 14 So mit Recht Reichel S. 6 f. 15 Freudenberger S. 47. Damit entfällt die Möglichkeit, die Einleitung des Pliniusbriefes als Beleg für die Annahme heranzuziehen, es habe vor Trajan keine gesetzliche Regelung der Christenfrage gegeben. So z.B. Vogt, RAC II Sp. 1170; Wlosok S. 26 und Barnes, Legislation S. 36 mit A. 48. 16 Ein gutes Beispiel dafür ist ep. X, 31.

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leitenden Wendungen kann man also nicht eine völlige Unkenntnis des Plinius entnehmen. Entscheidend bleibt, daß indem Bericht über sein Vorgehen jede Spur von Unsicherheit fehlt, und das ist nur zu verstehen, wenn man davon ausgeht, daß der Statthalter sich an bestimmte ihm vorgegebene Richtlinien hielt. Rein formal betrachtet könnte man noch an ein eigenständiges Handeln des Plinius denken, denn alle einzelnen Maßnahmen bewegen sich innerhalb der Grenzen seines Imperiums 11 , aber damit ließe sich die entscheidende Frage nicht beantworten, warum er so vorging 18 . Es ist undenkbar, daß ein Statthalter ganz von sich aus Christen auf ihr bloßes Bekenntnis hin so selbstverständlich hätte hinrichten lassen19. Es genügt jedoch auch nicht, anzunehmen, Plinius habe sich an eine zu Beginn des zweiten Jahrhunderts allgemein verbreitete Praxis gehalten 20 , denn in der Einleitung seines Briefes sagt er ausdrücklich: „cognitionibus de Christianis interim numquam" 21 , d. h. vor seiner Abreise in die Provinz hatte Plinius keine Christenverfahren kennengelernt. Wenn er dann trotzdem gegen die bei ihm angeklagten Christen sehr sicher vorging, so zeigt das, daß er offenbar doch genau wußte, wie er sich in diesem Falle zu verhalten hatte, und das setzt voraus, daß es eine gesetzliche Bestimmung gab, die das von ihm angewandte Verfahren vorschrieb 22 . Auf die Fragen, die Plinius wegen der Behandlung der Christen an den Kaiser richtete, stieß er erst im Laufe der Zeit 23 . Offenbar hatte er es anfangs nur mit solchen Christen zu tun, die alle standhaft an ihrem Bekenntnis festhielten und die er deshalb alle hinrichten ließ. 17 Diesen Nachweis erbringt sehr ausführlich Babel S. 42-68. Er findet darin eine Stütze für seine These, daß Plinius weder eine Rechtsregel noch eine bestimmte consuetudo für Christenprozesse gekannt habe; so S. 30 mit Α. 1. 18 Diese Frage bleibt bezeichnenderweise bei Babel offen. An der einzigen Stelle, an der er sie kurz berührt (S. 62 mit A. 3), gibt er eine völlig unbefriedigende und wiederum nur formale Erklärung. 19 Das muß auch gegenüber Wlosok S. 26 und Barnes, Legislation S. 26, betont werden. 20 So Last, R A C I I Sp. 1212f. und Freudenberger S. 78 und 139-41, die beide diese „Praxis" auf die Zeit Domitians zurückführen (dazu s. u. S. 22 A. 50). Vgl. ferner Kawerau S. 84, der eine bereits vor Trajan „feststehende Rechtsmaxime" annimmt, und Barnes, Lesgislation S. 37 und S. 48ff., der von einer allmählich aus den Entscheidungen einzelner Statthalter erwachsenen „legal position" der Christen spricht (S. 37). Beide lehnen dabei die Existenz einer gesetzlichen Regelung ab. 21 Plin., ep. X, 96,1. 22 Soweit ist Reichel S. 6f. und Keresztes S. 204 zuzustimmen. Jedoch läßt sich die juristische Form dieser Bestimmung — Reichel und Keresztes nehmen ein allgemeines Edikt an — aus dem Pliniusbrief allein noch nicht feststellen. Vgl. auch Sherwin-White S. 779. 23 So mit Recht Reichel S. 23f., Babel S. 29, Freudenberger S. 78 und S. 155; Barnes, Legislation S. 36.

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Aber eines Tages, als ihm eine anonyme Liste vorgelegt wurde, die die Namen vieler angeblicher Christen enthielt, und er auf die gewohnte Weise das Verfahren gegen sie eröffnete 24 , ergaben sich neue Fälle. Einige der Angeklagten behaupteten, sie seien keine Christen, seien es auch niemals gewesen. Plinius ließ sie daraufhin ein Gebet an die Götter sprechen, dem Bild des Kaisers Weihrauch und Wein spenden und Christus verfluchen. Weshalb er das forderte, sagt er selbst: Er hatte gehört, daß wirkliche Christen sich unter keinen Umständen dazu bewegen ließen, so etwas zu tun 2 5 . Damit bot sich ihm ein sicheres Mittel, die Aussage der Leute, die keine Christen zu sein behaupteten, zu überprüfen; und nur in diesem formalen Sinne als Kriterium f ü r die Nichtzugehörigkeit zu den Christen, nicht etwa um ihrer religiösen Inhalte willen, forderte er die genannten kultischen Handlungen2®. Wer seine Aussage in der geforderten Weise bestätigte, wurde von Plinius freigelassen. Andere bekannten zunächst, Christen zu sein, leugneten es dann aber. Sie sagten, sie seien es früher einmal gewesen, aber bereits seit mehreren Jahren nicht mehr. Auch sie waren bereit, den Göttern wie dem Kaiser ihre Verehrung zu bekunden und Christus zu fluchen27. Wie er mit solchen Renegaten verfahren sollte, war Plinius unklar; er hatte anscheinend keinerlei Anweisungen f ü r diesen Fall. Seine Entscheidung mußte abhängen von der grundsätzlichen Frage, was es denn eigentlich mit den Christen auf sich hatte, worin das Verbrecherische und Strafbare des Christianum esse bestand. Da Plinius darüber offenbar keine klaren Vorstellungen hatte, befragte er die Renegaten nach den Gewohnheiten der Christen und überprüfte ihre Aussagen schließlich durch das Verhör zweier Diakonissen unter Anwendung der Folter. Zu seiner großen Überraschung stellte er fest, daß die Christen gar keine verbrecherischen Verschwörer 28 waren, wie die zahlreichen im Volk umlaufenden Gerüchte besagten, sondern Anhänger einer religiösen Sekte 29 . „Nihil aliud inveni quam superstitionem pravam, inmodicam", faßt er das Ergebnis seiner Unter24 Es besteht kein Grund, mit Babel S. 23 anzunehmen, daß Plinius sieh jetzt anders verhalten habe als in den in 96,3 geschilderten Verfahren. 25 Plin., ep. X, 96,5. 26 Diese Rolle des Opfers heben mit Recht hervor Wlosok S. 26f., Reichel S. 83f. und Freudenberger S. 127 und S. 138. Babel beurteilt die Rolle des Opfers bei Plinius richtig (S. 64 A. 4), nicht aber bei Trajan (S. 80f.). 27 Plin., ep. X, 96,6. 29 In diese Richtung gingen die Fragen des Plinius, die in seinem Bericht über die Aussagen der Renegaten noch zu erkennen sind. Vgl. Wlosok S. 27. 28 Plin., ep. X, 96,7f. Zur Interpretation vgl. außer Wlosok S. 27 vor allem Reichel S. 14r-21 und Freudonberger S. 158-71. Letzterem scheint die fünf Jahre früher erschienene Arbeit Reichels unbekannt geblieben zu sein, die wie bei der Interpretation von § 7 f. so in der ganzen Beurteilung des Pliniusbriefes manche Beobachtungen Freudenbergers bereits vorweggenommen hat.

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suclmngen zusammen 30 . Wie die Formulierung zeigt, entdeckte Plinius nicht nur, ,,daß Christentum und flagitia nicht unbedingt zusammengehören" 31 , sondern vor allem, daß er es bei den Christiani mit Anhängern einer superstitio zu tun hatte 3 2 . Diese Erkenntnis widersprach völlig der Volksmeinung, aber offenbar auch der staatlichen Beurteilung der Christen, denn Plinius hielt es f ü r notwendig, die laufenden Verfahren vorerst einzustellen und dem Kaiser zu berichten. Er teilte ihm ausführlich das Ergebnis seiner Untersuchungen mit, was nur verständlich ist, wenn er damit etwas bisher Unbekanntes vorzubringen hatte 3 3 . Somit gibt sein Brief auch auf die dritte der anfangs gestellten Fragen eine erste negative Antwort: die bisherige offizielle Beurteilung der Christen und damit das Verfahren, sie auf ihr bloßes Bekenntnis hin zu verurteilen, beruhte nicht darauf, daß man sie f ü r Anhänger einer religiösen Sekte gehalten hätte. Plinius teilte dem Kaiser nicht nur seine Entdeckung mit, er bat ihn auch, von daher die rechtliche Lage der Christen neu zu bedenken und zu entscheiden. Das ist der Sinn der Fragen, die er am Anfang seines Briefes stellt: ob das Alter bei der Behandlung der Christen berücksichtigt werden solle, ob Renegaten straffrei ausgehen sollten, ja was überhaupt bei den Christen bestraft werden solle, das nomen ipsum oder flagitia cohaerentia nomini 34 . Die letzte und entscheidende Frage spricht das grundsätzliche Problem aus. Plinius stellt hier dem bisherigen Verfahren, nach dem das nomen ipsum bestraft wurde, die von ihm befürwortete und in seiner Entdeckung begründete Möglichkeit gegenüber, bei den Christen nur eventuelle kriminelle Verbrechen zu bestrafen und ihnen im übrigen die Toleranz zu gewähren, die der römische Staat fremden Kulten gegenüber zu üben pflegte 36 . 30

Plin., ep. X, 96,8. So Freudenberger S. 164. Dieselbe Auffassung findet sich schon bei Vogt, R A C I I Sp. 1171 und Babel S. 31. 32 Daß darin die eigentliche Entdeckung des Plinius bestand, hat zuerst und mit Recht Reichel S. 21 f. hervorgehoben. 33 Reichel S. 22. 34 Plin., ep. X, 96,2; zur Interpretation vgl. Reichel S. 24-31. 35 Vgl. Reichel S. 26 f. Diese Interpretation ist aus sachlichen Gründen die nächstliegende. Die entgegengesetzte Auffassung Freudenbergers S. 79f. beruht entscheidend auf seinem Verständnis von 96,7 f., wonach Plinius nur das Fehlen von Verbrechen bei den Christen feststellte. Wenn jedoch richtig ist, daß der Statthalter vor allem entdeckte, daß die Christen entgegen der bisherigen staatlichen Beurteilung eine religiöse Sekte waren, dann spricht doch alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß er angesichts der vom römischen Staat geübten religiösen Toleranz (darüber s. u. S. 31 A. 93) eine Verurteilung des nomen ipsum nicht länger für gerechtfertigt hielt und also seine Frage in der dargelegten Weise zu verstehen ist. Superstitio war nach römischem Recht nicht strafbar (so auch Freudenberger S. 80), und da Plinius außerdem festgestellt hatte, daß Christen nicht notwendig Verbrechen begingen, entfällt von den Traditionen des römischen Rechts her jede Möglichkeit, die Christen als Anhänger einer 31

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Das aber bedeutete nichts geringeres als eine grundsätzliche Änderung der Haltung, die der Staat bisher den Christen gegenüber eingenommen hatte. Die ersten beiden Fragen enthalten dagegen Vorschläge, die nicht solch eine völlige Neuregelung der Christenfrage voraussetzen, aber doch ein maßvolles Vorgehen erstreben, an dem Plinius im Blick auf die Lage in seiner Provinz besonders gelegen war 38 . In seiner Antwort bestätigte Trajan dem Statthalter zunächst, daß er sich in den bisherigen Christenprozessen richtig verhalten hatte. Dann stellt er fest: „Neque enim in universum aliquid, quod quasi certam formam habeat, constitui potest" 3 7 . Diese Weigerung Trajans, eine allgemeine Regelung zu treffen, steht in auffallendem Gegensatz zu den unmittelbar folgenden sehr präzisen Anweisungen, die das von ihm gewünschte Verfahren für Christenprozesse genau festlegen. Man hat diese Schwierigkeit meist — ausgehend von der Annahme, daß es bisher keine gesetzliche Regelung der Christenfrage gegeben habe ·— mit der formalen Erklärung zu lösen versucht, Trajan habe mit seinem Reskript eben nur dem Plinius für seine Provinz gewisse Richtlinien erteilen, nicht aber allgemein verbindliche Normen aufstellen wollen 38 . Liest man jedoch das kaiserliche Reskript im Zusammenhang mit dem Brief des Plinius, so ergibt sich ein anderes Verständnis. Der Statthalter hatte mit seiner Anfrage die Möglichkeit einer grundsätzlichen Änderung im Verhalten des Staates den Christen gegenüber angerührt, die er aus seiner Sicht für geboten hielt. Darauf antwortete Trajan ablehnend. Er wollte nicht seinerseits eine allgemeine Regelung der Christenfrage treffen, und das heißt: er lehnte eine Neuregelung ab 39 . Damit liegt das Christenreskript ganz auf der Linie der auch sonst von Trajan verfolgten Rechtspolitik, für die das Festhalten an überkommenen Traditionen charakteristisch ist. Gerade die Pliniuskorrespondenz bietet einige Beispiele dafür, daß der Kaiser in den verschiedensten Fragen sich weigerte, bestehende Rechtsordsuperstitio für strafwürdig zu halten (letzteres versucht Wlosok S. 27 f. mit A. 40). 36 Das zeigt der Schluß des Briefes (96,9f.), wo Plinius die Vorteile, die die Gewährung von Straffreiheit für Renegaten mit sich bringt, hervorhebt. Vgl. Reichel S. 28 ff. 37 Plin., ep. X , 97,1. 38 Vogt, R A C I I Sp. 1171; Wlosok S. 28; Babel S. 36; Freudenberger S. 204 (vgl. auch S. 206f.); anscheinend auch Kawerau S. 84 und Barnes, Legislation S. 36. 39 Reichel S. 33 mit Α. 1. — So wird auch verständlich, inwiefern der zweite Satz des Reskripts eine Begründung für den ersten enthält („enim"). Die dort ausgesprochene Billigung des von Plinius angewandten Verfahrens, das ja nicht dessen Entdeckung voraussetzte, nach der die Christian! als Anhänger einer religiösen Sekte zu betrachten waren, impliziert bereits die Ablehnung einer Neuregelung. Das spricht der zweite Satz dann offen aus. 19

nungen durch eigene Verfügungen zu ersetzen, selbst wenn Plinius einen derartigen Schritt im Interesse einer Vereinfachung der Rechtslage gewünscht hatte 40 . Der grundsätzlichen Entscheidung entsprechen die folgenden Einzelanweisungen: „Conquirendi non sunt (die Christen); si deferantur et arguantur, puniendi sunt, ita tarnen, ut, qui negaverit se Christianum esse idque re ipsa manifestum fecerit, id est supplicando dis nostris, quamvis suspectus in praeteritum, veniam ex paenitentia impetret. Sine auctore vero propositi libelli in nullo crimine locum habere debent. Nam et pessimi exempli nec nostri saeculi est." 41 Vergleicht man mit diesen Bestimmungen den Bericht des Plinius über sein Vorgehen, so zeigt sich, daß Trajan das bisherige Verfahren der Christenprozesse beibehielt und es in einigen Punkten ergänzte. Entscheidend ist der kurze Satz: si deferantur et arguantur, puniendi sunt. Weder das arguere noch das punire sind näher erläutert, doch erfordert der Zusammenhang, sie von dem Vorgehen des Plinius her zu verstehen 42 . Trajan ordnete also an, daß Christen, die sich vor Gericht als solche bekannten, mit dem Tode bestraft werden sollten. Damit bestätigte er grundsätzlich die bestehende Regelung; alle übrigen Anordnungen ergänzen und modifizieren sie nur. Trajan bestimmte, daß Christen von staatlicher Seite nicht aufgespürt werden sollten. Das war als ausdrückliches Verbot wohl neu, aber in der Sache hatte sich Plinius auch vorher schon so verhalten 43 . In der bisher nicht geklärten Frage 44 , wie mit Renegaten verfahren werden sollte, nahm der Kaiser einen Vorschlag seines Statthalters auf: wer behauptete, kein Christ zu sein, und diese Aussage durch ein Opfer für die römischen Götter bestätigte, sollte straffrei ausgehen. Schließlich ordnete er an, daß nicht nur in Christenprozessen, sondern ganz allgemein anonyme Anzeigen unberücksichtigt bleiben sollten. Fragt man, weswegen Trajan die Christen bestrafen ließ, so gibt sein Reskript dieselbe Antwort wie der Bericht des Plinius: nur weil sie Christen waren. Irgendwelche kriminellen Vergehen spielten keine Rolle, denn die getroffenen Anordnungen wären unverständlich, wenn 40 Plin., ep. X, 109 und 113. Trajans Festhalten an der bestehenden Rechtsordnung zeigen auch z.B. ep. X, 80 und 115. Vgl. zum Ganzen Babel S. 115 und Freudenberger S. 25-30. 11 Plin., ep. X , 97, l f . 42 Darüber besteht weitgehend Einigkeit, vgl. Vogt, RAC II Sp. 1171; Babel S. 76; Reichel S. 33f.; Freudenberger S. 207. Ebenso urteilt Wlosok S. 28, die jedoch fälschlicherweise davon ausgeht, daß „die Überführung . . . nach der plinianischen Praxis aus Christenbekenntnis und Opfer Verweigerung" bestanden habe. 43 Reichel S. 36. 44 An diesem Punkt begann ja das Fragen des Plinius.

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Trajan solche bei den Christen vorausgesetzt hätte 46 . Verschiedentlich hat man aus dem Umstand, daß Renegaten erst nach dem Vollzug eines Opfers freigelassen wurden, geschlossen, daß die Christen wegen ihrer Weigerung, die römischen Götter zu verehren, verurteilt worden seien 46 . Doch läßt sich diese Auffassung weder mit dem Bericht des Plinius noch mit der Antwort Trajans vereinbaren, denn dort ist klar gesagt, daß das geforderte Opfer nur die Funktion eines Beweismittels hatte, durch das die Angeklagten ihre Nichtzugehörigkeit zu den Christen erweisen konnten. Nur diejenigen, die behaupteten, keine Christen zu sein, mußten opfern. Wer sich dagegen als Christ bekannte, wurde nicht mehr dazu aufgefordert, sondern allein aufgrund seiner Aussage hingerichtet 47 . Das todeswürdige Verbrechen bestand also nur darin, ein Christ zu sein48. Das nomen ipsum wurde bestraft, keine flagitia cohaerentia nomini, auch nicht die Verweigerung des Opfers. Darin stimmen das Vorgehen des Plinius und die Anordnungen Trajans völlig überein. 2. Neros

Vorgehen

als Ursprung

gegen die ihrer

Christen

Rechtslage

Wie aber kam es zu dem Verfahren, das Plinius als allgemein verbindlich vorgegeben war und von Trajan grundsätzlich bestätigt wurde? Wo ist der Ursprung einer entsprechenden rechtlichen Regelung der Christenfrage zu suchen ? Die Antwort auf diese Frage enthält 45

Das betont mit Recht Last, RAC I I Sp. 1213. So Mommsen, Religionsfrevel S. 394; in neuerer Zeit Koep, Kaisertum und Christusbekenntnis S. 58-65 und anscheinend auch Heuß S. 406. — SherwinWhite S. 783f. und S. 787 meint, T r a j a n habe die Christen wegen contumacia, die sich in der Opferverweigerung konkretisierte, hinrichten lassen. — Babel S. 85f. u n d S. 97 nimmt einen zusammengesetzten Tatbestand a n : Christsein als Unrechte Gesinnung mit den zur Verurteilung führenden tatbestandlichen Handlungsmomenten des Bekenntnisses u n d der Opferverweigerung. Einer ähnlichen Auffassung nähern sich Vogt, RAC I I Sp. 1172 f. u n d Last, RAC I I Sp. 1213, die zwar betonen, daß das nomen ipsum bestraft wurde, dann aber doch davon ausgehen, daß jeder als Christ Angeklagte zum Vollzug eines Opfers aufgefordert wurde. 47 Das übersehen Koep (Kaisertum und Christusbekenntnis S. 61, ebenso religio S. 55f.) und Sherwin-White (S. 783f. u n d S. 787), weil sie den Bericht des Plinius und das Reskript Trajans von der späteren christlichen Überlieferung her verstehen. Das ist jedoch methodisch unzulässig. Zwar bezeugen Märtyrerakten u n d Apologeten für die 2. H ä l f t e des 2. Jh.s, daß jetzt auch standhafte Christen zum Opfern und damit zum Leugnen aufgefordert wurden (s. u. S. 36), nicht jedoch Plinius u n d Trajan. Man darf deshalb die spätere Art der Prozeßführung nicht auf sie übertragen. Vgl. Babel S. 78. 48 Darin stimmen viele neuere Arbeiten überein, wenn auch die weitere Deutung dieses Sachverhaltes kontrovers bleibt. Vgl. Wlosok S. 28; Moreau, Christenverfolgung S. 44; Reichel S. 34; Keresztes S. 204; Kawerau S. 83 u n d 84; Barnes, Legislation S. 36f. 16

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m. Ε. der Bericht des Tacitus über die neronische Verfolgung49, das früheste uns bezeugte Vorgehen des römischen Staates gegen die Christen60. Es stand in engstem Zusammenhang mit dem großen Brand Roms vom Jahre 6451. Als trotz aller Hilfsmaßnahmen zur Linderung der Not und trotz verschiedener Sühnezeremonien für die Götter das Gerücht nicht verstummen wollte, der Kaiser selbst habe das Feuer anlegen lassen, schob Nero, um den Verdacht von sich abzulenken, die Christen52 als Schuldige vor. Diese waren beim Volk so verhaßt, daß man ihnen immer Verbrechen aller Art zutraute. Nero ließ also propagieren, die wahren Brandstifter seien festgestellt worden, eben in den Christen; und gleichzeitig begann er, gegen sie einzuschreiten. Über die Art seines Vorgehens sagt Tacitus: „Igitur primum correpti qui fatebantur, deinde indicio eorum multitudo ingens haud proinde in crimine incendii quam odio humani generis convicti sunt"53. 49 Tac., ann. XV, 44,2-5. Zum Verständnis des Textes ist es hilfreich, sich seine Struktur klarzumachen. I n 44,2 gibt Tacitus einen knappen summarischen Bericht über das Vorgehen Neros u n d seine Gründe. I n 44,3 läßt er einen Exkurs folgen, in dem er mitteilt, was er über die Christen zu sagen weiß. Schließlich enthält 44,4f. einen detaillierten Bericht über die Art des Vorgehens, der zugleich das Urteil des Tacitus über die Vorgänge erkennen läßt. 50 Über ein mögliches Vorgehen gegen Christen in R o m u n d Kleinasien unter Domitian liegen nur sehr ungenaue Nachrichten vor, die keinerlei Aufschluß über die Rechtslage der Christen geben u n d deshalb für den vorliegenden Zusammenhang unberücksichtigt bleiben müssen. Zu Einzelfragen vgl. Karl Christ, Zur Herrscherauffassung u n d Politik Domitians (in: Schweizerische Zeitschrift f ü r Geschichte 12, 1962, S. 199-206) sowie die dort angegebene Literatur. 51 Das bezeugt nur Tacitus, doch ist seine Darstellung ohne Zweifel zuverlässig. Wenn bei Sueton, Nero jeglicher Zusammenhang zwischen dem Brand Roms und dem Vorgehen gegen die Christen fehlt, so ist das auf seine literarische Kompositionstechnik zurückzuführen, die die Viten nach systematischen, nicht nach chronologischen Gesichtspunkten gliedert. Nach Nero 19,3 stellt Sueton die von ihm positiv bewerteten Regierungsmaßnahmen — hier ordnet er das Vorgehen gegen die Christen ein — gesondert von den scelera des Kaisers dar, als deren Höhepunkt in K a p . 38 der Brand Roms geschildert wird. — Vgl. allgemein zur Quellenfrage Wlosok A. 21; Moreau, Christenverfolgung S. 34ff. und Reichel S. 52 A. 4. 52 Auch wenn „Chrestianos" in 44,2 als die bessere Lesart anzusehen ist, m u ß der Text in diesem Sinne verstanden werden. Koestermann möchte für die Vorlage des Tacitus unter den „Chrestiani" Anhänger eines jüdischen Nationalisten namens Chrestus verstehen, der unter Claudius die Judenschaft Roms zu Ausschreitungen veranlaßte (so interpretiert Koestermann die kurze Notiz Suet., Claudius 25,4). Tacitus habe diese Chrestiani fälschlicherweise mit den Christen identifiziert u n d dadurch die „Legende von der Christenverfolgung im J . 64" hervorgerufen (S. 466). Doch ist dieser Interpretationsversuch als unhaltbar abzulehnen. Koestermanns Ausführungen können nicht überzeugen, da sie ganz u n d gar hypothetisch bleiben. Sie lösen weder die Schwierigkeiten des taciteischen Berichtes, noch bieten sie eine befriedigende Erklärung der übrigen Zeugnisse über ein Vorgehen Neros gegen die Christen. 63 Tac., ann. XV, 44,4.

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Aus diesem Satz geht hervor, „daß Nero zunächst einige Leute verhaften ließ, die sich frei als Christen bekannten und vermutlich ahnungslos, worum es ging, die Namen ihrer übrigen Glaubensgenossen angaben, worauf diese dann ebenfalls verhaftet wurden". 5 4 Denn zu fatebantur ist 'se Christianos esse' zu ergänzen. Die Annahme, daß die zuerst ergriffenen Christen die Brandstiftung eingestanden hätten oder daß ihr indicium im Sinne einer Beschuldigung anderer Christen zu verstehen wäre, wird durch den Zusammenhang verwehrt, denn Tacitus bringt in seinem Bericht zum Ausdruck, daß den Christen damals das crimen incendii nicht nachgewiesen wurde 5S . Demnach verzichtete Nero auch darauf, gegen die Verhafteten ein normales Strafverfahren wegen Brandstiftung zu eröffnen. Er unternahm also nicht den Versuch, ihre Schuld etwa mit Hilfe von falschen Zeugen oder durch erpreßte Geständnisse festzustellen, sondern ließ sie ohne weitere gerichtliche Untersuchung hinrichten. Fragt man, was juristisch gesehen der Grund f ü r die Verurteilung der Christen unter Nero war, so scheint die Bemerkung des Tacitus, sie seien weniger des Verbrechens der Brandstiftung überführt als aufgrund ihres odium humani generis als Verbrecher erwiesen worden se , die Antwort zu enthalten. Demnach wären die Christen wegen ihres Hasses gegen die Menschheit bestraft worden 57 . Doch ist solch eine Deutung weder von der Sache her wahrscheinlich — denn odium humani generis war kein strafrechtlicher Tatbestand und dürfte wohl auch kaum ein im Rahmen der Koerzitionsgewalt gefälltes Todesurteil begründet haben 5 8 — noch trifft sie die Meinung des Tacitus. Seine Bemerkung muß nämlich von den besonderen Tendenzen her verstanden werden, die seine Darstellung bestimmen. Einerseits läßt er keinen Zweifel daran, daß er die Christen nicht f ü r Brandstifter hält — als mögliche Ursachen der Katastrophe kommen f ü r ihn nur Zufall oder eine List des Kaisers in Betracht 6 9 —, andererseits aber billigt er durchaus ihre Hinrichtung. Er bezeichnet sie ausdrücklich als Schuldige, die unerhörte Strafen verdient haben 6 0 . Weshalb er so urteilt, erklärt der Hinweis auf das odium humani generis: Nach Tacitus haben die Christen den Tod verdient, wenn schon nicht als vermeint54

Reichel S. 56-59; vgl. auch Wlosok S. 21. In diesem Sinne ist die Wendung „haud proinde in crimine incendii . . . convicti sunt" (44,4) zu verstehen (vgl. auch unten S. 24 A. 62). 5e Tac., ann. XV, 44,4. Der Satz ist so differenziert zu übersetzen, wie Freudenberger S. 182 f. aufzeigt. 57 So Vogt, RAC II Sp. 1166 f. und Kawerau S. 84. 58 So mit Recht Reichel S. 61 mit A. 3 gegen Vogt, RAC II Sp. 1166. Freudenberger S. 183 kommt zu demselben Ergebnis wie Reichel. 69 Tac., ann. XV, 38,1: forte an dolo principis incertum. 60 Tac., ann. XV, 44,5; vgl. sein negatives Urteil über die Christen in dem Exkurs 44,3. 55

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liehe Brandstifter, die sie ja nicht waren, so doch wegen ihres Hasses gegen die Menschheit61. Mit dieser stark rhetorischen Wendung, die alle Verbrechen und Eigentümlichkeiten zusammenfassen soll, die man den Christen gern zur Last legte, will Tacitus also nicht den tatsächlichen Rechtsgrund für die geschehenen Hinrichtungen mitteilen, sondern sein Urteil über die von ihm geschilderten Ereignisse zum Ausdruck bringen 62 . Daraus aber folgt, daß sich die Frage nach einer etwaigen juristischen Grundlage für die Bestrafung der Christen unter Nero nur beantworten läßt, indem man aus der Art des Vorgehens selbst Rückschlüsse zieht. Da nun nach der Darstellung des Tacitus festgenommen wurde, wer bekannte, ein Christ zu sein, und die Verhafteten ohne weitere gerichtliche Untersuchung hingerichtet wurden, kann formal gesehen — wie später bei Plinius und Trajan — nur dieses Bekenntnis der Grund für die Verurteilung gewesen sein63. Und das ist aus der damaligen Lage heraus auch verständlich. Der Kaiser hatte ja propagieren lassen, die Christen seien als Urheber des Brandes festgestellt worden, und er ging daraufhin gegen sie vor, als wäre ihre Schuld tatsächlich erwiesen. Er ließ über jeden, der sich als Christ bekannte, die Strafen verhängen, die nach römischem Recht unter anderem für Brandstifter vorgesehen waren 64 , und erwartete offenbar, auf diese Weise die Öffentlichkeit davon überzeugen zu können, daß damit die wahrhaft Schuldigen getroffen würden 65 . Wenn Nero die Christen auf ihr bloßes Bekenntnis hin mit dem Tode bestrafen ließ, so setzt das voraus, daß er den stadtrömischen Behörden eine entsprechende Anweisung erteilte. Der Bericht des Tacitus führt somit zu dem Schluß, daß Nero im Jahre 64 durch eine kaiserliche Verfügung bestimmt haben muß, daß jeder, der sich als Christ bekannte, hinzurichten sei, und das heißt, daß die Zugehörigkeit zu den 61

Das ist ein alter Vorwurf gegen die Juden (vgl. Poseidonios bei: Felix Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker Nr. 87 Frgm. 109 oder auch Tac., hist. V, 5,1; weitere Belege bei I. Heinemann, Artikel „Antisemitismus", R E Suppl. V, 1931, Sp. 19f.), den Tacitus hier auf die Christen anwendet. Vgl. auch Reichel S. 62 A. 4. 62 Ganz ähnlich urteilt Wlosok S. 21 mit A. 23. — Von diesem Charakter der ganzen Bemerkung her ist auch die abschwächende Formulierung „haud proinde . . . quam" zu verstehen. Aus ihr ist nicht etwa zu entnehmen, daß einige Christen doch in einem normalen Strafprozeß wegen Brandstiftung verurteilt worden wären. 63 Das betont mit Recht Reichel S. 62. " Vgl. dazu Reichel S. 64 Α. 1. 65 Last, RAC II Sp. 1211 und Reichel S. 67, ähnlich auch Barnes, Legislation S. 34. — Nur in diesem Sinne kann man also davon sprechen, daß die Christen unter Nero als angebliche Brandstifter hingerichtet wurden. Wer bekannte, Christ zu sein, wurde ebenso behandelt wie sonst ein geständiger Brandstifter. Nicht jedoch läßt sich aufgrund des taciteischen Berichtes sagen, daß die Christen wegen Brandstiftung gerichtlich angeklagt und verurteilt worden wären. 24

Christiani als ein todeswürdiges Verbrechen behandelt werden sollteββ. Genau dies ist nun auch die einzige Nachricht, die Sueton in seiner kurzen Notiz über die neronische Verfolgung mitteilt. Er sagt: „afflicti suppliciis Christiani, genus hominum superstitionis novae ac maleficae" 67 . Der Hinweis findet sich im Zusammenhang einer Aufzählung von verschiedenen Regierungsmaßnahmen Neros. Als eine solche ist nach Sueton auch die Bestrafung der Christen zu verstehen, und das heißt nichts anderes, als daß sie auf eine Anordnung des Kaisers hin erfolgte. Es muß also eine besondere Verfügung Neros gegeben haben, die die Christen als solche unter jStrafe stellte. Sieht man ferner, daß das Verfahren, das 50 Jahre später Plinius gegen die bei ihm angeklagten Christen anwandte, in der Form völlig mit dem Vorgehen Neros übereinstimmte, so wird die Annahme in hohem Grade wahrscheinlich, daß eben jene Bestimmung vom Jahre 64 auch den bithynischen Christenprozessen zugrunde lag. Fragt man nach der juristischen Form der neronischen Verfügung, so könnte man zunächst an ein Edikt denken 68 . In dieser Gestalt ergingen seit Augustus insbesondere allgemeine Vorschriften der Kaiser, die das ganze Reich betrafen. Eine solche scheint Neros Bestimmung jedoch nicht gewesen zu sein, denn sie löste nur in Rom ein Vorgehen gegen die Christen aus, muß sich also auf die Hauptstadt beschränkt haben 69 . Wichtiger noch ist eine andere Beobachtung: Kaiserliche Edikte wurden mindestens in Rom, oft auch in den Provinzen bekannt gemacht, sie waren also die gegebene Form für alle unmittelbar an die Öffentlichkeit gerichteten Anordnungen 70 . Doch kann Neros Verfügung nicht diesen Grad von Öffentlichkeit gehabt haben. Nach dem Bericht des Tacitus gaben ja die zuerst verhafteten Christen die Namen ihrer Glaubensbrüder an, und das wäre nicht zu verstehen, wenn es ein allgemein bekanntes Edikt gegeben hätte, das die Christen als solche unter Strafe stellte. Vielmehr ist an eine Anordnung zu denken, die Nero im Bereich der Verwaltung erließ. In diese Richtung weist auch Suetons kurze Notiz über die Bestrafung der Christen, denn nach dem einleitenden Satz, den er den aufgezählten Regierungsmaßnahmen Neros voranstellt, handelt es sich dabei um 66 Reichel S. 68f.; Sherwin-White S. 781 denkt an eine Verfügung nicht des Kaisers selbst, sondern eines seiner Magistrate. 67 Suet., Nero 16,2. 68 So Reichel S. 68. 69 Es gibt keine Anzeichen dafür, daß Neros Vorgehen gegen die Christen sich auch auf die Provinzen erstreckt hätte; vgl. Vogt, RAC II Sp. 1166f.; Last, RAC II Sp. 1211 f.; Moreau, Christenverfolgung S. 37 und Babel S. 114. 70 Kipp, RE V, 2 Sp. 1947 und Kunkel S. 83.

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administrative Anweisungen71. Die juristische Form dafür war das mandatum. Dieser Terminus bezeichnet Dienstanweisungen an die Magistrate, die die Kaiser seit Augustus zu erlassen pflegten. Sie wurden mit der Übertragung amtlicher Befugnisse erteilt, konnten aber auch zu jedem anderen Zeitpunkt angeordnet werden72. Durch solch ein Mandat verfügte also Nero im Jahre 64, daß jeder, der sich als Christ bekannte, mit dem Tode bestraft werden sollte. Dies war die juristische Grundlage seines Vorgehens gegen die Christen, durch das er den Verdacht der Brandstiftung von sich abzulenken suchte. Das Christenmandat Neros, das ursprünglich nur an die stadtrömischen Magistrate gerichtet war, hat nicht nur, wie es bei Mandaten allgemein der Fall war73, die Regierungszeit des Kaisers überdauert74, sondern es muß im Laufe der Zeit auch eine Ausweitung seines Geltungsbereiches erfahren haben. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach war es doch eben jene Verfügung aus dem Jahre 64, die ein halbes Jahrhundert später Plinius ganz selbstverständlich Christen zum Tode verurteilen ließ 76 . Das setzt voraus, daß in der Zwischenzeit Neros Bestimmung in die Mandatensammlung für Statthalter aufgenommen wurde. Kaiserliche Mandate, die einmal an einzelne Magi71 Suet., Nero 16,2: „Multa sub eo (Nero) et animadversa severe et coercita nec minus instituta." Da die Wörter 'animadvertere' u n d 'coercere' besonders die magistratische Koerzitionsgewalt bezeichnen, wird auch das 'instituta' auf „administrative bzw. polizeiliche Regelungen und Anweisungen zu beziehen" sein (Freudenberger S. 6). 72 Kreller, R E X I V , i Sp. 1023. Vgl. zu Wesen u n d Bedeutung der Mandate allgemein noch Jörs, R E IV, 1 Sp. 1107 f., Kunkel S. 83 f. u n d DulckeitSchwarz S. 188ff. ' 3 Kaiserliche Mandate wie Edikte blieben in K r a f t , solange sie nicht durch eine neue Konstitution aufgehoben oder abgeändert wurden, u n d zwar selbst dann, wenn der Kaiser, der sie erlassen hatte, der damnatio memoriae anheimfiel. So Dulckeit-Schwarz S. 188f. und Freudenberger S. 235f. Man vergleiche z.B. Plin., ep. X , 58,10 und 66,2, wo Nerva u n d T r a j a n ausdrücklich an Konstitutionen Domitians festhalten. Damit ist der Einwand Sherwin-White's (S. 775) hinfällig, daß Neros Verfügung von seinen Nachfolgern ausdrücklich h ä t t e bestätigt werden müssen, u m dauernde Geltung zu erlangen. 74 Das Fortbestehen des neronischen Christenmandats h a t man sich etwa folgendermaßen vorzustellen: Es wurde als eine lobenswerte Maßnahme, wie Sueton später urteilte, nach dem Tode des Kaisers nicht formell aufgehoben. Ob u n d in welchem Umfang es weiter angewandt wurde, läßt sich aus Mangel an Quellen nicht sicher entscheiden. Die staatliche F a h n d u n g nach Christen dürfte jedoch sehr bald nach dem Brand Roms eingestellt worden und Neros Verfügung nur noch in dem Sinne zur Geltung gekommen sein, daß es zur Hinrichtung von Christen führte, die von irgendwelchen persönlichen Gegnern angeklagt wurden. 75 Daß eine Beziehung bestehen m u ß zwischen dem Vorgehen Neros und den Christenprozessen in trajanischer Zeit, sieht auch Kawerau, wenn er S. 84 meint, als Nachwirkung der neronischen Verfolgung sei bei den römischen Behörden die „Rechtsmaxime" aufgekommen: non licet esse Christianos. Doch wird solch eine Auffassung dem Pliniusbrief nicht gerecht, der, wie die I n t e r -

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strate zur Regelung bestimmter Einzelfragen ergangen waren, wurden nämlich, soweit sie sich bewährt hatten und es angebracht erschien, in Form einer Sammlung den Statthaltern als Richtlinien f ü r ihre Amtsführung mitgegeben, wenn sie in ihre Provinzen abreisten. So konnten Verfügungen, die ursprünglich nur f ü r einen bestimmten Amtsbereich galten, auf das ganze Reich oder mindestens auf die Provinzen, in denen ähnliche Verhältnisse herrschten, ausgedehnt werden. Die Mandate erhielten dadurch eine feste Form und als dauernde Verwaltungsanordnungen allgemeine Bedeutung 76 . Auf diesem Wege muß auch Neros Christenmandat f ü r das ganze Reich verbindlich geworden sein 77 . Der Anlaß dafür dürften Anfragen von Statthaltern gewesen sein, die in ihren Provinzen mit dem Christenproblem konfrontiert wurden und die sich in dieser Angelegenheit an den Kaiser wandten. Ihnen wird zunächst einzeln in Reskripten Neros Anordnung an die stadtrömischen Behörden als Richtlinie gegeben worden sein, bevor diese dann allgemein in die Mandatensammlung f ü r die Statthalter aufgenommen wurde 78 . Wann das geschah, wird sich wohl kaum noch genauer ausmachen lassen. Auf jeden Fall aber muß Neros Verfügung zu Beginn des zweiten Jahrhunderts bereits allgemein gültig gewesen sein, denn nicht nur wußte ein Statthalter wie Plinius, wie er zu verfahren hatte, wenn bei ihm Leute als Christen angeklagt wurden—und zwar obwohl er selbst nie Christenprozessen beigewohnt hatte —, sondern es war auch den Provinzialen in Pontus -Bithynien bekannt, daß das Christsein ein hinreichender Anklagegrund war. pretation gezeigt hat, nicht nur eine allgemein verbreitete Praxis, sondern eine bestehende gesetzliche Regelung voraussetzt (s. o. S. 16). Derselbe Einwand ist auch gegenüber Sherwin-White S. 782f. und S. 786 zu erheben, der meint, das Christenverbot aus der Zeit Neros habe lediglich durch „proconsular imitation and rescript" (S. 786) weitergewirkt. 76 Vgl. Jörs, R E IV, 1 Sp. 1107f., Kunkel S. 83, Dulckeit-Schwarz S. 190 und Freudenberger S. 239. 77 Daß die Mandate der Statthalter Bestimmungen über die Durchführung von Christenprozessen enthielten, bezeugt am Anfang des 3. Jh.s Tertullian in seiner Schrift ad Scapulam (geschrieben 211): „Pudens (Statthalter in Afrika 209—11, vgl. Thomasson Bd. II S. llOf.) etiam missum ad se Christianum in elogio concussione eius intellecta dimisit scissoque eodem elogio sine accusatione negavit se auditurum hominem secundum mandatum." (4,4 in der Einteilung des CSEL.) — „Nam et nunc a praeside legionis et a praeside Mauritania® vexatur hoc nomen, sed gladio tenus, sicut et a primordio mandatum est animadverti in huiusmodi" (4,12). Vgl. zu diesen Stellen Freudenberger S. 237 und 241. — Einen weiteren Hinweis enthält wahrscheinlich Eus., h.e. IV, 26,5f., dazu s. u. S. 28 A. 80. 78 Auch Freudenberger S. 237-41 kommt zu dem Ergebnis, „daß die Christengesetzgebung in die kaiserlichen Mandate für die ausreisenden Statthalter aufgenommen worden war" (S. 240). Diese richtige Erkenntnis ist jedoch in einen anderen Rahmen zu stellen, als Freudenberger es tut. Nicht erst das Reskript Trajans, sondern bereits Neros Christenverbot vom Jahre 64 ist als die Wurzel jener Mandate anzusehen. 27

3. Aussagen der kirchlichen Überlieferung über ein gesetzliches Christenverbot Nachdem die Interpretation des Pliniusbriefes und der Zeugnisse des Tacitus und Sueton über Neros Vorgehen gegen die Christen zu dem Ergebnis geführt hat, daß es seit dem Jahre 64 ein kaiserliches Mandat gegeben haben muß, das die Christen als solche unter Strafe stellte, erscheinen auch die Stellen in der kirchlichen Überlieferung, die von einem gesetzlichen Christenverbot sprechen, in einem neuen Licht. Sie finden sich verhältnismäßig selten, und ihre Aussagen sind in den meisten Fällen zu ungenau, als daß sich allein von ihnen aus die Frage nach der juristischen Grundlage, auf der das Vorgehen des römischen Staates beruhte, zweifelsfrei beantworten ließe. Aber sie zeigen doch sehr deutlich, daß auch der kirchlichen Tradition das Wissen um irgendeine gesetzliche Regelung, die die Hinrichtung von Christen bestimmte, nicht fremd war. Der Apologet Athenagoras spricht von einem gegen die Christen gerichteten Gesetz7e, Melito von Sardes führt die Hinrichtungen von Christen, die unter Mark Aurel in der Provinz Asia geschahen, auf „neue Erlasse" zurück 80 , und die Akten des Apollonius, eines Märtyrers aus der Zeit des Commodus, erwähnen eine Verordnung, die bestimmte: Χριστιανούς μή είναι81. Die gewichtigeren Stellen finden sich bei Tertullian. In seinem Apologeticum setzt er sich ausführlich mit dem Einwand auseinander, alle Versuche, die Unschuld der Christen zu erweisen, seien nutzlos, da es nun einmal Gesetze gebe, die ihre Bestrafung forderten 82 . Tertullian rechnet also ernsthaft mit der Möglichkeit, daß man ihm die „auctoritas legum" entgegenhalten könnte, und das läßt sich nur verstehen, wenn er wußte, daß dem Vorgehen gegen die Christen eine gesetzliche Regelung zugrunde lag. Denn mit den leges, von denen er spricht, 79

Athenagoras, supplicatio 7,1 (geschrieben um 177): έφ' ήμϊν δέ κεϊσθαι

νύμον. 80

Eus., h.e. IV, 26,5f. Die von Melito genannten καινά δόγματα bzw. διατάγματα sind allem Anschein nach auf ein Edikt zu beziehen, mit dem der Statthalter der Provinz Asia bei seinem Amtsantritt seine Mandate veröffentlicht hatte. Vgl. Barnes, Legislation S. 39. Die Stelle bestätigt somit indirekt, daß die juristische Form des Christenverbots das Mandat war. — Zur Publikation von Mandaten vgl. Kreller, R E XIV, 1 Sp. 1023; ein Beispiel bietet Plin., ep. X, 96,7. 81 Martyrium des Apollonius (Gebhardt Nr. VI) § 23. Das Christenverbot wird hier — wie schon in § 13 — als ein Senatsbeschluß bezeichnet (δόγμα της συγκλήτου). In § 45 a ist dann noch von einem δόγμα des Kaisers Commodus die Rede, womit aber ebenfalls das Christenverbot gemeint zu sein scheint. Über die Herkunft dieser Bestimmung weiß die Akte also offenbar nichts Genaueres. — Da die Akte hier als Stimme der christlichen Überlieferung gewertet ist, braucht das Problem ihrer Echtheit nicht näher erörtert zu werden. Neueste Untersuchung dieser Frage bei Barnes, Legislation, S. 46ff. 82 Tert., apol. 4-6. 28

können nicht die Strafgesetze gegen Mord, Inzest und ähnliche Verbrechen gemeint sein, die man den Christen gern zur Last legte 83 , da es dann genügt hätte, die Unschuld der Christen zu erweisen, wie Tertullian es im Hauptteil seiner Verteidigungsschrift tut. Seine ganze Argumentation hat vielmehr nur Sinn, wenn es sich um „Gesetze" handelt, die die Christen als solche, d. h. das nomen ipsum unter Strafe stellten. Daß eben dies der entscheidende Inhalt jener leges war, sagt Tertullian auch ganz ausdrücklich: „ . . . d u r e definitis dicendo f non licet esse vos'" 8 4 . Soweit ergeben seine Aussagen also ein klares Bild. Aber daneben darf man doch nicht übersehen, daß er fast immer von mehreren Gesetzen spricht 86 und daß er über ihren Ursprung nur ungenaue Aussagen machen kann. Er führt sie auf Nero zurück, da dieser als erster gegen die Christen vorgegangen war, nennt aber keinen bestimmten Gesetzgebungsakt 86 . Es bleibt also auch in Tertullians Aussagen eine eigentümliche Unscharfe. Wenn jedoch Neros Verfügung die Form eines Mandats hatte, das zunächst nur an die stadtrömischen Behörden erging und erst später auf das ganze Reich ausgedehnt wurde, dann sind die Ungenauigkeiten in den Aussagen der christlichen Quellen von der Sache her geradezu zu erwarten. Es läßt sich also aus ihnen kein Argument gegen ein neronisches Christenmandat gewinnen. Vielmehr bestätigt die kirchliche Überlieferung nur das Ergebnis, das durch die Interpretation der nichtchristlichen Zeugnisse gewonnen wurde. Wenn die neuere Forschung es überwiegend ablehnt, eine auf Nero zurückgehende gesetzliche Regelung der Christenfrage anzunehmen, so liegt das vor allem daran, daß sie immer nur an ein Edikt oder eine lex denkt 87 . Die dagegen mit Recht vorgebrachten Bedenken werden jedoch gegenstandslos, wenn man davon ausgeht, daß Neros BestimDiese Auffassung vertritt Moreau, Christonverfolgung S. 63 f. Tert., apol. 4,4 (vgl. auch apol. 4,11). Die Handschriften bieten neben der Lesart „dure" auch „iure". Becker bevorzugt in seiner Ausgabe des Apologeticum „dure" und begründet das (in: Becker, Tertullians Apologeticum — Werden und Leistung S. 362 A. 32) aus der Gedankenführung Tertullians in apol. 4,4. Es empfiehlt sich, an dieser Lesart festzuhalten, schon um die Möglichkeit auszuschließen, die Frage, inwieweit Tertullian von einem gesetzlichen Christenverbot gewußt habe, kurzschlüssig nur von einer anfechtbaren textkritischen Entscheidung her zu beantworten. 85 So apol. 4,3. 10f.; 5,1. 7; dagegen steht lex im Singular in apol. 4,5. 86 Es fällt in der Tat auf, daß Tertullian in apol. 5, wo er doch die „origo eiusmodi legum" darlegen will, keinen klaren Gesetzgebungsakt nennt, sondern nur Nero als den ersten Verfolger herausstellt. Auch dem „institutum Neronianum" in ad nat. I, 7, 9 ist nicht mehr zu entnehmen. Der Ausdruck selbst stammt wohl aus Sueton, Nero 16,2. 87 So z.B. Vogt, R A C I I Sp. 1167; Last, B A C H Sp. 1221; Wlosok S. 15f.; Moreau, Christen Verfolgung S. 62; Freudenberger S. 8; Barnes, Legislation (durchgehend). 83 84

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mung die juristische Form eines Mandats hatte 8 8 . Häufig wird das Vorgehen gegen die Christen ganz auf die magistratische Koerzitionsgewalt zurückgeführt 8 9 . Das ist insofern richtig, als die Hinrichtungen von Christen in der Tat atif der Amtsgewalt der Magistrate beruhten, doch läßt sich auf diese Weise nicht erklären, warum es überhaupt zu einem derartigen Vorgehen der Staatsgewalt kam. Man müßte schon annehmen, das Verfahren, Christen auf ihr bloßes Bekenntnis hin zu verurteilen, sei zufällig durch die Entscheidung einzelner Statthalter entstanden, was jedoch kaum denkbar ist. Und vor allem zeigt das Vorgehen des römischen Staates ein so einheitliches Bild, daß auch die Vertreter der Koerzitionshypothese in der Regel mit einer wachsenden Fülle von kaiserlichen Instruktionen rechnen, die die Ermessensfreiheit der einzelnen Beamten immer mehr einschränkten. Einige neuere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, daß aufgrund der Sachlage f ü r das zweite Jahrhundert eine gesetzliche Regelung der Christenfrage anzunehmen sei. Sie meinen, das Reskript Trajans habe f ü r die Folgezeit allgemeine Gesetzeskraft erhalten, sei es als ein von der kaiserlichen Autorität getragenes exemplum 90 , sei es dadurch, daß seine Bestimmungen in die Mandatensammlung f ü r Statthalter aufgenommen wurden 91 . Sieht man jedoch, daß sich die Anordnungen Trajans im wesentlichen mit dem schon vorher von Plinius angewandten Verfahren decken, dann muß man bereits früher mit einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung rechnen, und diese ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf Nero zurückzuführen, da dessen Vorgehen gegen die Christen formal völlig mit dem des Plinius übereinstimmt. 4. ,,Christiani" in den Augen

der

Staatsgewalt

Nach den bisherigen Untersuchungen ist eine der drei zu Anfang dieses Kapitels gestellten Fragen noch unbeantwortet geblieben, von der ein tieferes Verständnis der Haltung des römischen Staates ab88 Die wichtigsten Einwände finden sieh bei Last, RAC II Sp. 1222f.; Moreau, Christonverfolgung S. 62-65 übernimmt sie. ·— Zu der immer wieder zitierten Stelle Lact., div. inst. V, 11, 19, nach der Ulpian in bezug auf die Rechtslage der Christen offenbar nur kaiserliche Reskripte kannte, vgl. Freudenberger S. 240, der vermutet, daß Ulpians Schrift de officio proconsulis die Mandate für Statthalter enthielt. 89 So Mommsen in seinem Aufsatz über den Religionsfrevel. Seine Gedanken werden in neuerer Zeit aufgenommen vor allem von Last, RAC II Sp. 1222-25 und Moreau, Christenverfolgung S. 62-65. Vgl. auch Wlosok S. 16 und S. 25. 90 Babel S. 114; ähnlich schon vorher Vogt, RAC II Sp. 1171 und mit Einschränkungen auch Wlosok, S. 28f., die die allgemeine Geltung des Trajanreskripts auf seine Veröffentlichung in der Pliniuskorrespondenz zurückführen. 91 Freudenberger S. 241. — Kawerau S. 83 sagt nur, daß das Trajanreskript eine bis zur Mitte des 3. Jh.s in Kraft gebliebene rechtliche Grundlage geschaffen habe.

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hängt: als was nämlich er die Christen betrachtete, wenn er sie auf ihr bloßes Bekenntnis hin verurteilen ließ. In der Forschung wird diese Frage gewöhnlich gar nicht gestellt, sondern man geht meistens — wie natürlich auch die christliche Überlieferung — ganz selbstverständlich davon aus, daß das Christentum eben eine Religion ist und auch nie für etwas anderes gehalten worden sein kann. Und da sowohl Plinius als auch Tacitus und Sueton von den Christen als von einer superstitio, d.h. von einer religiösen Sekte sprechen92, scheint auch kein Anlaß zu bestehen, für die römische Staatsgewalt ein anderes Verständnis vorauszusetzen. Doch dann müßte man annehmen, sie hätte eine fremde Religion unterdrücken wollen, was aber im Widerspruch zu ihrer sonst völlig toleranten Haltung auf religiösem Gebiet stünde 93 , oder daß sie mit dem Bekenntnis zum Christentum automatisch bestimmte Verbrechen für gegeben gehalten hätte, die nach ihrer Meinung mit dieser Religion notwendig verbunden waren 94 . Doch dann wäre in der Tat das Vorgehen der Behörden juristisch so fragwürdig und widersinnig gewesen, wie es die Apologeten und insbesondere Tertullian aufgezeigt haben 96 . In eine ganz andere Richtung scheint mir dagegen der Brief des Plinius zu weisen. Wenn es richtig ist, daß die Entdeckung des Statthalters vor allem darin bestand, daß die 92 Plin., ep. X, 96,8: superstitio prava, immodica; Tae., ann. XV, 44,3: exitiabilis superstitio; Suet., Nero 16,2: superstitio nova ac malefica. 93 So verstehen Vogt, RAC I I Sp. 1172 f. u n d Moreau, Christen Verfolgung S. 44 und S. 65 f. das Vorgehen gegen die Christen. —• Man k a n n die hier bestehende Spannung nicht, wie es gerade in der neueren Diskussion häufig geschieht, dadurch beheben wollen, daß man erklärt, die v o m römischen S t a a t geübte Toleranz habe sich nur auf „religiöse Überzeugungen u n d Theorien" beschränkt, nicht aber auf den kultischen Bereich erstreckt (so Wlosok S. 27 f. mit A. 40; Koep, religio S. 48f. sowie Kaisertum u n d Christusbekenntnis S. 74; Kawerau S. 82f.; Kretschmar S. 16; ähnlich auch Babel S. 105). Denn tatsächlich war die religiöse Toleranz Roms umfassend (Sherwin-White S.775f., Reichel S. 79f.); die Teilnahme a m Staatskult war vor Decius nicht obligatorisch (Sherwin-White S. 783, Freudenberger S. 127). M Das ist die Meinung der Apologeten, z.B. Tert., apol. 2,11. 16. 19. I n der neueren Forschung Keresztes S. 207 u n d für die Zeit bis zu Plinius SherwinWhite S. 780f. u n d Freudenberger S. 78. 95 Tert., apol. 2; vgl. etwa noch Athenagoras, supplicatio 2. — Freudenbergers Lösungsversuch für die Zeit von Plinius an beruht auf einer Kombination der beiden genannten Möglichkeiten. Auch er meint, das Bestreben, das Christentum als eine verderbliche superstitio zu unterdrücken, sei das treibende Motiv für das Vorgehen des römischen Staates gewesen. Da Freudenberger jedoch sieht, daß in klassischer Zeit superstitio nie Gegenstand eines Strafprozesses war, k o m m t er in Anlehnung an Tert., apol. zu dem Ergebnis, die Staatsgewalt habe durch eine Fiktion vorausgesetzt, daß die Zugehörigkeit zum Christentum das Verüben von Verbrechen mit einschließe, und also mit der confessio nominis bestimmte flagitia für gegeben gehalten (S. 79-86, vgl. auch S. 164f. u n d die Zusammenfassung S. 200). Diese Konzeption vermag jedoch keine der aufgezeigten Schwierigkeiten zu lösen.

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Christian! Anhänger einer religiösen Sekte waren, dann müssen sie bis dahin allgemein anders beurteilt worden sein. Zwar sprechen Tacitus und Sueton im Zusammenhang ihrer Nachrichten über Neros Vorgehen gegen die Christen ebenfalls von einer superstitio, doch sie gebrauchen diese Bezeichnung nur in Exkursen, in denen sie mitteilen, was sie über die Christen zu sagen wußten, und da sie beide zum Freundeskreis des Plinius gehörten, werden sie darin von ihm abhängig sein 9e . Aus ihren Mitteilungen läßt sich also nicht entnehmen, daß die Christiani schon zur Zeit Neros für Anhänger einer religiösen Sekte gehalten worden wären. Als was aber galten sie dann? Die Antwort enthält m. E. der Name selbst. Wie ähnliche Bildungen, z.B. Pompeiani, Caesariani, Othoniani oder Vitelliani zeigen, bezeichnet nach lateinischem Sprachgebrauch solch ein aus einem Eigennamen und der Endung -ianus zusammengesetztes Adjektiv, als Substantiv und im Plural gebraucht, die Parteigänger eines Mannes, dessen Name in dem Wort enthalten ist. Politische Gruppen dieser Art waren in Rom seit der späten Republik eine bekannte Erscheinung, und eine solche stellten in den Augen der Staatsgewalt auch die Christiani dar. Denn der Name bezeichnete für jeden Römer selbstverständlich die politische Anhängerschaft eines Mannes namens Christus 97 . Nach einer Notiz der Apostelgeschichte wurde der Name „Christiani" in Antiochien geprägt. Wahrscheinlich hat ihn dort Anfang der 40er Jahre die römische Behörde gebildet, um auf diese Weise die Gemeinde als eine innerjüdische politische Bewegung zu kennzeichnen, die im Gegensatz zum römischen Bundesgenossen Η erodes Antipas stand 98 . Im Jahre 64 kannte, wie Tacitus berichtet, auch das Volk in 96 Reichel S. 71-75. Daß Tac., ann. XV, 44,3 ein Exkurs des Tacitus ist, wird allgemein gesehen (z.B. Wlosok S. 22 A. 24a, Koestermann S. 462); mit der Abhängigkeit einzelner Ausdrücke von Plinius rechnen auch Freudenberger S. 181 A. 48 und als Möglichkeit Wlosok S. 22. 97 So Peterson S. 69-73 und Reichel S. 85f., ähnlich auch Karpp, RAC II Sp. 1132. Harnack S. 425 mit A. 4 übersieht, daß die Bildungen auf -iani eine Anhängerschaft im politischen Bereich bezeichnen (Anhänger z.B. von Philosophen wurden anders genannt, nämlich Platonici, Pythagorei, Epicurei etc.). Vgl. auch Koestermann S. 460, der bezeichnenderweise unter den „Chrestiani", mit denen seiner Meinung nach in der Vorlage des Tacitus nicht die Christen gemeint waren, die politischen Anhänger eines jüdischen Nationalisten Chrestus versteht. Ein schöner Beleg für die Bedeutung der Wortbildungen auf -iani findet sich bei Tert., ad Scap. 2,5: „Sic et circa maiestatem imperatoris infamamur, tarnen numquam Albiniani nec Nigriani vel Cassiani inveniri potuerunt Christiani." Obwohl Tertullian natürlich nicht daran denkt, die Christen in Analogie zu den Albiniani etc. als politische Partei zu verstehen, zeigt gerade seine Gegenüberstellung, wie selbstverständlich solch ein Verständnis für einen Römer war. 98 Apg. 11,26. Zur Interpretation vgl. Peterson S. 74-77, dem Karpp, RAC II Sp. 1132 und Reichel S. 86ff. folgen. Dagegen möchte Lifshitz — im Anschluß an Bickerman, The Name of the Christians (in: Harvard Theological

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Rom die Christen unter diesem N a m e n D i e s e von den hauptstädtischen Behörden bis dahin wohl nicht sonderlich beachtete Gruppe stellte Nero dann nach dem großen Brand Roms für alle sichtbar als Feinde von Kaiser und Reich hin, als er sie für das Unglück verantwortlich machte. Da allgemein verschworenen Gemeinschaften Brandstiftung zugetraut wurde100, konnte er gerade auf diese Weise sein Ziel verfolgen, das Gerücht, das ihn beschuldigte, zum Schweigen zu bringen. Als gefährliche Gegner des Staates traten also damals die Christiani in das allgemeine Bewußtsein, und als solche ließ Nero sie hinrichten. Sein Mandat, das das Vorgehen gegen die Christen für die Folgezeit bestimmte, stellte sie als staatsfeindliche politische Gruppe unter Strafe. 5. Die Rechtslage

der Christen

unter den Kaisern

nach

Trajan

Erst wenn man sieht, daß der römische Staat die Christen als politische Gegner betrachtete, wird die Art, wie er gegen sie vorging, recht verständlich, denn dann genügte in der Tat das bloße Bekenntnis, ein Christ zu sein, um der Todesstrafe zu verfallen 101 . Nur von derselben Voraussetzung her erscheinen auch die von Trajan angeordnete Freilassung von Renegaten sowie das Verbot, die Christen von staatlicher Seite aufzuspüren, als sinnvolle Maßnahmen102. Der Kaiser hielt also Review 42, 1949, S. 109—24) — „Christiani" als eine Selbstbezeichnung der Christen verstehen. Doch läßt sich dieser Name so nicht hinreichend erklären. Die Deutung, die Lifshitz gibt — Christianus als „l'adepte du Christ Crueifie" (S. 69) in Abweisimg einer politischen Messiasvorstellung —, kann vielleicht verständlich machen, in welchem Sinne dieser Name später von den Christen aufgenommen werden konnte, nicht jedoch ihn als ursprünglich christliche Selbstbezeichnung wahrscheinlich machen. Vielmehr ist daran festzuhalten, daß „die im Sinne der Christen sachlich ganz unzutreffende Bildung" auf außerchristlichen Ursprung jenes Namens hinweist (Harnack S. 425; vgl. auch Α. 1, wo er die Vermutung ausspricht, daß die Bezeichnung „Christiani" von römischen Behörden in Antiochien gebildet wurde.). 99 Tac., ann. XV, 44,2. 100 Vgl. z.B. Sallust, Catilina 24,4; weitere Belege bei Reichel S. 45 A. 2. ιοί Wenn Babel S. 98-110 darlegt, das Vorgehen des römischen Staates gegen die Christen habe auf der „Annahme eines staatsgefährlichen Charakters des Christentums" beruht (S. 101), so ist dem zuzustimmen. Doch läßt sich dieser staatsgefährliche Charakter nicht aus einem als Religion verstandenen Christentum ableiten, da die enge Verbindung zwischen römischem Staat und römischer Religion, auf die Babel — unter Berufung auf Mommsen, Religionsfrevel — zur Begründung seiner These verweist, erst im 3. J h . als ein bestimmender Faktor in der römischen Politik wirksam geworden ist (s. u. S. 75). Als staatsgefährlich galten die Christiani nicht wegen ihrer Religion, sondern weil sie, wie ihr Name sagt, als eine politische Gruppe betrachtet wurden, die Nero als staatsfeindlich hingestellt hatte. — Ähnlich ist die Meinung von Heuß S. 406 zu beurteilen, der annimmt, die Christen seien — wegen ihrer Religion — der politischen Illoyalität verdächtigt worden. 102 Das „conquirendi non sunt" ist als Ausdruck einer maßvollen Politik zu verstehen, die nicht legalistisch, sondern opportunistisch verfuhr. Da Trajan 33

wie an dem bestehenden Verfahren f ü r Christenprozesse so auch an der ihnen zugrundeliegenden politischen Beurteilung der Christiani fest. Seine Anordnungen, die wohl sehr bald als Ergänzung und Modifikation der neronischen Verfügung ebenfalls in die Mandatensammlung f ü r Statthalter aufgenommen wurden 103 , bestimmten dann im wesentlichen das weitere Verhalten des römischen Staates den Christen gegenüber. Das bezeugen sowohl die Reskripte der folgenden Kaiser als auch die kirchliche Überlieferung. Trajans Nachfolger Hadrian bestätigte in seinem Brief an Minicius Fundanus noch einmal die Regelung seines Vorgängers 104 . Wie diesem ging es auch ihm vor allem um eine ordentliche Durchführung der Christenprozesse. Deshalb ordnete er an, nicht auf formlose Anträge oder ein tumultuarisches Volksbegehren einzugehen, sondern nur ordnungsgemäß vorgebrachte Anklagen anzunehmen. Wenn dann ein Kläger den Angeklagten überführen konnte, Christ zu sein, sollte über diesen die dafür vorgesehene (Todes-)Strafe verhängt werden; konnte der Ankläger jedoch seine Beschuldigung nicht erhärten, dann sollte er selbst wegen calumnia zur Rechenschaft gezogen werden. Hadrian veränderte also nicht die bestehende Rechtslage der Christen. Er blieb vielmehr ganz in den Bahnen der von Trajan verfolgten Politik und führte diese weiter, indem er die Anordnungen, die ein ordnungsgemäßes Verfahren und damit die Rechtssicherheit der Bevölkerung garantieren sollten, präzisierte und verschärfte 105 . Wie er hielten sich auch Antoninus Pius und Mark Aurel in ihren Reskripten, die das Vorgehen gegen die Christen betrafen, ganz an die von Trajan getroffene Regelung 106 . Dasselbe Bild ergibt die kirchliche Überlieferung. Sie hat allerdings f ü r die Frage nach der Rechtslage der Christen nur begrenzten Aussagewert, da es ihr nicht in erster Linie darum geht, das Verhalten der von den Christiani keine unmittelbare Gefahr befürchtete, verzichtete er darauf, sie mit allen Mitteln zu bekämpfen, hielt sie aber durch das aufrechterhaltene Verbot unter Kontrolle. Vgl. Reichel S. 92. loa Vgl. Freudenberger S. 237-41. 104 Das Reskript ist in griechischer Übersetzung bei Eus., h.e. IV, 9 erhalten. An seiner Echtheit braucht trotz der Bedenken von Wlosok S. 23 A. 29 nicht gezweifelt zu werden, da es seinem Inhalt nach der von Trajan verfolgten Politik, nicht aber den Forderungen der christlichen Apologeten entspricht. So mit Recht Schmid S. 6, dem die meisten neueren Untersuchungen folgen (vgl. die in der folgenden Anmerkung genannten Arbeiten). 105 Während die christliche Überlieferung und auch Mommsen, Religionsfrevel S. 414f. das Hadrianreskript als ersten Toleranzerlaß interpretieren, wird es in der neueren Forschung überwiegend in der dargelegten Weise beurteilt; so grundlegend Schmid S. 5-10; vgl. ferner Vogt, RAC II Sp. 1173f.; Moreau, Christenverfolgung S. 46f.; Reichel S. 93-97; Barnes, Legislation S. 37 und vor allem Freudenberger S. 216-34, dessen ausgezeichnete Interpretation für alle Einzelfragen heranzuziehen ist. 106 Nach Melito bei Eus., h.e. IV, 26,10 hat Antoninus Pius an verschiedene Städte Reskripte gesandt περί τοϋ μηδέν νεωτερίζει περί ήμών (die Christen). 34

Staatsgewalt exakt zu erfassen. Die Ausführungen der Apologeten sind ganz von ihrer besonderen Absicht her bestimmt, so daß das Vorgehen gegen die Christen hier manchmal recht verzerrt dargestellt wird107, und auch die Märtyrerakten sind nicht so sehr an der juristischen Seite der Christenprozesse interessiert als vielmehr an dem „Zeugnis" der Märtyrer. Selbst die allgemein als echt anerkannten Akten enthalten durchaus sekundäres Material. Oft ist ihre ursprüngliche Fassung zweifelhaft, und in jedem Fall ist damit zu rechnen, daß einzelne Aussagen aus christlicher Perspektive stilisiert oder auch frei gestaltet worden sind 108 . Somit kommt ihnen, wenn es um die Frage nach der Rechtslage der Christen geht, kein eigenständiger Quellenwert neben oder gar über den wenigen von römischer Seite erhaltenen Zeugnissen zu, sondern man muß bei ihrer Interpretation ständig von den durch die nichtchristliche Überlieferung gesicherten Nachrichten ausgehen 109 . Wertet man auf diese Weise die Aussagen der Apologeten und Märtyrerakten aus, so zeigt sich, daß das Verhalten der Staatsgewalt im Das Schreiben, das Eus., h.e. IV, 13 mitteilt, ist jedoch zumindest in der vorliegenden F o r m eine christliche Fälschung. Will m a n versuchen, aus ihm einen echten K e r n herauszuschälen, so m u ß m a n alle ßeine Aussagen an den Reskripten Trajans u n d Hadrians messen. So zuletzt Freudenberger, Christenreskript. Was er als authentischen K e r n herausstellt, wäre f ü r Antoninus Pius möglich, gibt aber über die Bemerkung Melitos (Eus., h.e. IV, 26,10) hinaus keine weiteren Aufschlüsse über die Haltung dieses Kaisers den Christen gegenüber. — Ein Reskript Mark Aurels, das die Hinrichtung von Christen sowie die Freilassung von Renegaten anordnete, erwähnt Eus., h.e. V, 1,47. 107 Man vergleiche z.B., wie Melito bei Eus., h.e. IV, 26,5f. von Christenprozessen spricht, die ganz in der von T r a j a n angeordneten Weise geführt wurden. Vgl. Freudenberger S. 224. 108 Vgl. die neueste kritische Untersuchung der Zuverlässigkeit der allgemein f ü r echt gehaltenen Akten aus der Zeit vor Decius bei Barnes, acta m a r t y r u m . 109 An diesem methodischen Grundsatz ist unbedingt festzuhalten, was allerdings in der neuesten Diskussion nicht konsequent geschieht. So kann z.B. Koep zu seiner Auffassung, die Christen seien wegen ihrer Weigerung, die Staatsgötter und den Kaiser zu verehren, zum Tode verurteilt worden, nur dadurch kommen, daß er sich ganz auf die christliche Uberlieferung, insbesondere auf die Märtyrerakten stützt und von ihnen her d a n n sogar den Pliniusbrief u n d das Trajanreskript interpretiert (Kaisertum u n d Christusbekenntnis S. 58-65, religio S. 48-53). — Keresztes beruft sich ebenfalls f ü r seine These, daß es neben dem ordentlichen, durch T r a j a n festgelegten Christenprozeß noch ein anderes, willkürliches Verfahren gegeben habe („Asian pattern"), im wesentlichen auf Einzelzüge der christlichen Quellen. — Auch Wlosok möchte aus den Urteilsbegründungen in den Märtyrerakten, u n d zwar gerade da, wo sie nicht nur auf Christsein lauten, Rückschlüsse für ein genaueres Verständnis der Rechtslage der Christen gewinnen (S. 29ff., vgl. S. 17). Wie problematisch solch ein Versuch ist, zeigt gerade ihre Auswertung der Akten J u s t i n s : mehrere Wendungen, auf die sie sich besonders stützt, sind durch die inzwischen allgemein bekannt gewordene ursprünglichere Fassung der Akten als sekundär erwiesen (vgl. Barnes, acta m a r t y r u m S. 515ff.).

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ganzen zweiten Jahrhundert sehr einheitlich war 110 . Die Behörden schritten nicht von sich aus, sondern nur auf Anzeigen hin gegen die Christen ein111. Dieses Festhalten an dem trajanischen „conquirendi nun sunt" erklärt den sporadischen Charakter der „Verfolgungen". Sie blieben jeweils örtlich und zeitlich begrenzt, und stets waren nur einzelne Christen betroffen. In den Verfahren war das Entscheidende immer die Frage, ob der Angeklagte Christ sei. Bekannte er es, verfiel er der Todesstrafe 112 . Die einzige Neuerung bestand darin, daß das Urteil in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts meistens nicht mehr sofort vollstreckt wurde, sondern daß man zunächst versuchte, standhafte Christen durch Zureden oder auch durch Anwendung der Folter doch noch zum Leugnen zu bringen, um sie dann freilassen zu können 113 . Zu diesem Zweck forderte man von ihnen, ein Opfer darzubringen oder beim Genius des Kaisers zu schwören, da gemäß den Anordnungen Trajans die Aussage, kein Christ zu sein, supplicando dis nostris bestätigt werden mußte 114 . Aus demselben Grunde wurde angeklagten Christen manchmal auch eine Bedenkzeit angeboten 115 . Den Behörden war also offenbar nicht daran gelegen, möglichst viele Christen hinzurichten, sondern sie wollten diese lieber dazu bewegen, daß sie aufhörten, Christiani zu sein. Das ging zwar über die Bestimmungen Trajans hinaus, widersprach aber nicht ihrem Sinn. Einige Male findet sich in der kirchlichen Überlieferung der Hinweis, daß über Christen, die sich standhaft als solche bekannt hatten, nicht die Todesstrafe verhängt wurde, sondern daß sie zu Zwangsarbeit in den Bergwerken verurteilt oder auf Inseln verbannt wurden 116 . Einmal ist sogar bezeugt, daß eine Christin ins Bordell geschickt wurde 117 . Derartige Stellen sind sehr selten, aber sie zeigen 110

Das betonen mit Recht Reichel S. 103-12 und Freudenberger S. 9. Die einzige Ausnahme bildet das Vorgehen gegen die Christen in Lyon und Vienne unter Mark Aurel, Eus., h.e. V, 1,14. 112 Vgl. z.B. Justin, apol. II, 2 ( = Eus., h.e. IV, 17); Eus., h.e. IV, 15, 21-25 und V, 1,10. 19f. 26. 44. 60; Martyrium des Apollonius 1 (Gebhardt Nr. VI); Martyrium der Scillitaner 9f. 13, vgl. 14 (Gebhardt Nr. IV). 113 Daß dies der Zweck der Folterungen war, sagt klar Tert., apol. 2,10-13. — Ein Beispiel für Versuche, Christen zum Leugnen zu überreden, ist Eus., h. e. IV, 15,15f. 18 (Polykarp). Beispiele für die Anwendung der Folter: Eus., h.e. IV, 15,4f. und V, 1,16-31; Tert., ad. Scap. 3,5. 114 So mit Recht Reichel S. 104. Koep verkennt die Rolle des in den Christenprozessen geforderten Opfers, da er sie nicht vom Trajanreskript her beurteilt (s. o. S. 35 A. 109). 115 Martyrium des Apollonius 10 (Gebhardt Nr. VI), Martyrium der Scillitaner 11 und 13 (Gebhardt Nr. IV). 116 Tert., apol. 12,5; 39,6 und 44,3; Hippolyt, refutatio IX, 12,10f. In diesem Sinne ist auch die Notiz bei Eus., h. e. IV, 23,10 (aus einem Brief des Bischofs Dionysius von Korinth an die Gemeinde Rom, geschrieben um 170) zu verstehen, daß die römische Gemeinde Christen unterstützte, die in Bergwerken lebten. 117 Tert., apol. 50,12. 111

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doch, daß im letzten Drittel des zweiten Jahrhunderts die Behörden in einigen Fällen statt des üblichen Todesurteils andere Strafen verhängten. Man wird daraus schließen müssen, daß die kaiserlichen Mandate nur allgemein die Kapitalstrafe f ü r Christen festsetzten, und daß innerhalb dieser Grenzen im Einzelfall die Art der Bestrafung von dem jeweiligen Beamten, der einen Christenprozeß leitete, bestimmt werden konnte 118 . Ein eindrucksvolles Zeugnis f ü r das Vorgehen der Staatsgewalt am Ende des zweiten Jahrhunderts gibt Tertullian, wenn er im zweiten Kapitel seines Apologeticum das gegen die Christen angewandte Verfahren an den f ü r Strafprozesse gültigen Normen mißt. Seine Ausführungen bestätigen, daß bis in seine Zeit die Christenprozesse in allem wesentlichen so verliefen, wie Trajan es festgelegt hatte. Tertullian stellt klar heraus, daß bei den Christen keinerlei Verbrechen untersucht wurden, sondern daß man sie nur fragte, ob sie sich als Christiani bekannten (2,3). Nach ihnen durfte nicht, wie es sonst bei Verbrechern üblich war, gefahndet werden (2,6). Während sonst die Folter angewandt wurde, um Geständnisse zu erpressen, wollte man die Christen dadurch zwingen, ihr Christsein zu leugnen (2,10). Wer das tat, wurde sofort freigelassen (2,13), wie andererseits das aufrechterhaltene Bekenntnis bestraft wurde, denn nur als „Christianus" wurde der Verurteilte im Schuldspruch bezeichnet (2,20). ,,Ideo torquemur confitentes et punimur perseverantes et absolvimur negantes, quia nominis proelium est", faßt Tertullian das Verfahren zusammen (2,19). Da f ü r ihn das Christentum selbstverständlich eine Religion ist, kann er sich dieses Vorgehen nur dadurch erklären, daß er annimmt, die Behörden hielten mit dem Bekenntnis, Christ zu sein, bestimmte Verbrechen f ü r gegeben (2,11. 19). Doch kann diese seine Vermutung nicht dem Sachverhalt entsprechen, gerade weil das Verfahren dann, wie Tertullian es aufzeigt, den sonst f ü r Strafprozesse üblichen Normen widerspräche. Man muß vielmehr von einer Voraussetzung ausgehen, die f ü r Tertullian undenkbar ist 1 1 9 : daß eben das Christianum esse -— und zwar in seiner politischen Bedeutung — das crimen war, das von den Behörden bestraft wurde. 118

So Freudenberger S. 233; vgl. auch Sherwin-White S. 782, der ebenfalls die Ermessensfreiheit der Magistrate in Kognitionsverfahron betont. — Etwas anders verhält es sich bei den von Tert., ad Scap. 4,3f. mitgeteilten Fällen. Hier suchten und fanden die Statthalter innerhalb der Grenzen der bestehenden Regelung Möglichkeiten, die angeklagten Christen freizulassen, indem sie sich mit den ersten (und vielleicht vagen) Anzeichen eines Leugnens begnügten oder indem sie unter Berufung auf formale Gesichtspunkte die Voraussetzungen für einen Christenprozeß als nicht gegeben ansahen. Ähnlich dürfte auch Tert., ad Scap. 5,1 zu beurteilen sein. 119 Vgl. apol. 2,20. 37

II. Die Lage der Kirche in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts 1. Die Zeit der Severer a) Verfolgungsmaßnahmen Das Verständnis der Stellung, die der römische Staat in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts den Christen gegenüber einnahm, wird erschwert durch eine ungünstige Quellenlage. Nicht nur ist die Überlieferung im ganzen recht lückenhaft, sondern vor allem fehlen zuverlässige Zeugnisse von römischer Seite, an denen sich die Auswertung der durch die kirchlichen Quellen erhaltenen Nachrichten orientieren könnte. Lediglich in den Kaiserbiographien der Historia Augusta finden sich einige Notizen über die Christen, doch hat die neuere Forschung gezeigt, daß die Glaubwürdigkeit dieses Werkes, das eine antichristliche Tendenzschrift des ausgehenden vierten oder des fünften Jahrhunderts darstellt, überaus gering ist 1 . Alle Angaben, die sich nicht durch andere Belege bestätigen lassen, müssen als zweifelhaft gelten, sie kommen also nicht als mögliche Korrektur der kirchlichen Tradition in Betracht. Somit bleiben als Quellengrundlage nur die christlichen Zeugnisse; aus ihnen muß sehr vorsichtig die Politik des römischen Staates erschlossen werden. Für die Regierungszeit des Septimius Severus ist mehrfach ein Vorgehen gegen die Christen bezeugt. So verfaßte Anfang des Jahres 197 Tertullian seine kleine Schrift ,,ad martyras", gerichtet an Christen, die sich in Untersuchungshaft befanden und auf die Verhandlung vor dem Statthalter warteten 2 . Es müssen also damals in Karthago Cbristenprozesse geführt worden sein. Mehr läßt sich allerdings aufgrund der vorhandenen Nachrichten nicht sagen. Welchen Ausgang die eingeleiteten Verfahren nahmen, ist nicht bezeugt. Wahrscheinlich kam es zu Hinrichtungen, da mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die meisten Angeklagten sich als Christen bekannten, und da darauf gewöhnlich die Todesstrafe stand. Unbekannt ist vor allem die Anzahl der Märtyrer und damit das Ausmaß der Vorgänge. Man hat zwar verschiedentlich aus dem Umstand, daß Tertullian in demselben Jahre 1

Vgl. Alföldi, Der Rechtsstreit zwischen der römischen Kirche und dem Verein der Popinarii (in: StudienS. 431-35) sowie die bei Schwarte S. 193 und S. 201 und bei Kretschmar S. 42 f. angegebene Spezialliteratur. 8 Neumann S. 141 und S. 152f. Zum Datum der Abfassung von „ad martyras" vgl. Becker S. 350-54. 38

197 auch das Apologeticum verfaßte 3 , entnehmen wollen, daß es sich um ein sehr scharfes Vorgehen der Behörden gehandelt haben muß 4 , doch wird bei solch einer Schlußfolgerung der Charakter des Werkes verkannt, das nicht eine um augenblicklicher lokaler Ereignisse willen rasch niedergeschriebene Eingabe an die Statthalter darstellt 5 . Man kann aus der Veröffentlichung des Apologeticum also keine Rückschlüsse auf eine gerade in Afrika wütende „Verfolgung" ziehen. Dann aber läßt sich nur feststellen, daß zu Anfang des Jahres 197 einige Glieder der karthagischen Gemeinde, vermutlich nicht einmal sehr viele, aufgrund des bestehenden Christenverbotes angeklagt und verurteilt wurden. Von einer allgemeinen Verfolgung der Kirche, die Septimius Severus im zehnten J a h r seiner Regierung (201/02) begonnen habe, spricht Euseb 6 . In dieselbe Richtung weist auch eine Notiz der Historia Augusta, nach der der Kaiser den Übertritt zum Judentum wie zum Christentum unter schwere Strafe stellte 7 . Nimmt man hinzu, daß f ü r die ersten Jahre des dritten Jahrhunderts mehrfach Martyrien bezeugt sind, darunter erstmals solche von Katechumenen, so scheint es hinreichend gesichert zu sein, daß Septimius Severus ein besonderes Christengesetz erließ und damit einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Verfolgungen eröffnete 8 . Doch bedarf dieses Bild einer genaueren Nachprüfung. Es ist zu fragen, was die Quellen über ein tatsächliches Vorgehen gegen die Christen in den einzelnen Teilen des Reiches aussagen. Nur von daher läßt sich entscheiden, was es mit einem severischen Christengesetz auf sich hat und in welchem Sinne der Kaiser ein Verfolger zu nennen ist. 3 Die ebenfalls 197 entstandenen zwei Bücher ,,ad nationes", auf die in diesem Zusammenhang auch verwiesen wird, sind nicht als eigenständige Schrift zu betrachten, sondern stellen nur einen Entwurf für das endgültige Werk dar, das im Apologeticum vorliegt. So Becker S. 33-104 (bes. S. 71 und S. 98f.). * So Vogt, RAC II Sp. 1180 und Wlosok S. 24 A. 32; vgl. auch Fluss, RE II A, 2 Sp. 1997. Vorsichtiger urteilen Neumann S. 141 und Schwarte S. 185. 5 Becker S. 97f.; ausführliche Erörterung der Frage nach den Adressaten und dem Ziel der Schrift S. 276-306. — Vgl. auch Instinsky S. 46f., der — m. E. sehr ansprechend — die Veröffentlichung des Apologeticum mit der allgemeinen Lage des Reiches, wie sie nach dem endgültigen Sieg des Septimius Severus im Kampf um die Herrschaft bestand, in Zusammenhang bringt. β Eus., h.e. VI, 1; die Zeitangabe folgt in VI, 2,3. Da Euseb sich vor allem auf Nachrichten aus Ägypten stützt, dürfte die alexandrinische Zählung der Regierungsjahre zugrunde liegen und also das Jahr 201 /2 gemeint sein; andernfalls wäre 202/3 anzunehmen. Vgl. Stein, R E XIV, 1 Sp. 235f. (Q. Maecius Laetus). 7 HA vita Sept. Sev. 17,1: „Iudaeos fieri sub gravi poena vetuit. idem etiam de Christianis sanxit." 8 Zu diesem Ergebnis kommt weitgehend die neuere Forschung; vgl. die Übersicht bei Schwarte S. 189-92. In jüngster Zeit haben Frend S. 319-23 und Kawerau S. 86 diese Auffassung vertreten.

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Nach Euseb betraf die Verfolgung des Septimius Severus die Kirchen im ganzen Reich9, doch kann er nur für Alexandrien nähere Angaben machen. Hier wurden im Jahre 201/02 unter dem Statthalter Q. Maecius Laetus Christen aus ganz Ägypten hingerichtet, unter ihnen Leonides, der Vater des Origenes10. Insbesondere scheint die alexandrinische Katechetenschule in Schwierigkeiten geraten zu sein. Ihr Leiter Clemens floh nach Kappadozien, und der Lehrbetrieb kam zum Erliegen11. Doch muß sich die Lage recht bald wieder beruhigt haben, denn bereits 203 konnte Bischof Demetrius es wagen, den jungen Origenes mit der Leitung der neuzueröffnenden Schule zu betrauen12. Dieser rasche Wandel dürfte auf einen Wechsel im Amt des ägyptischen Statthalters zurückzuführen sein. Im Jahre 203 endete die Präfektur des Laetus13, und sein unmittelbarer Nachfolger war nicht der bei Euseb erwähnte Subatianus Aquila14, sondern, wie kürzlich bekannt gewordene Papyrusurkunden zweifelsfrei erweisen, Claudius Julianus15, während dessen ganzer Amtszeit die Christen unbehelligt blieben. Erst unter dessen Nachfolger, dem schon genannten Subatianus Aquila, der von 206 bis 210 im Amt war16, kam es in Alexandrien erneut zu einem Vorgehen gegen die Christen, von dem wiederum besonders die Katechetenschule betroffen war. Origenes geriet per9

h.e. VT, 1 sagt Euseb, d a ß es κατά πάντα τόπον zu Martyrien kam. Eue., h.e. VI, l f . 11 Eus., h.e. VI, 3,1 u n d VI, 6; vgl. Neumann S. 164 u n d Moreau, Christenverfolgung S. 75. 12 Eus., h.e. VI, 3,3. 8; das D a t u m ergibt sich aus einem Vergleich mit h.e. VI, 2,12. 13 Vgl. Stein, Präfekten S. 110 und schon vorher R E X I V , 1 Sp. 235. 14 Eus*, h.e. VI, 3,3. 15 Vgl. vor allem den P a p y r u s Berliner griechische Urkunden Bd. X I , 1 (1966) Nr. 2024, der eindeutig bezeugt, daß Claudius Iulianus im Nov. 204 ägyptischer Statthalter war. Aufgrund weiterer Papyri läßt sich seine Amtszeit auf die J a h r e von 203 bis 206 festlegen; vgl. H . Maehler, Berliner griechische Urkunden Bd. X I , 1 S. 22. Auf die Konsequenzen, die sich daraus f ü r die Beurteilung der „severischen Verfolgung" ergeben, h a t zuerst Barnes, acta mart y r u m S. 526f. u n d Legislation S. 41 aufmerksam gemacht. 16 Diese J a h r e sind als Amtszeit des Aquila durch datierte Papyri gesichert; vgl. Stein, Präfekten S. 11 Iff. und schon vorher R E I V A , 1 Sp. 474f. (Für die L a u f b a h n des Aquila vgl. jetzt auch The Oxyrhynchus Papyri Bd. X X X I V [1968] Nr. 2708). Wenn dennoch in der neueren Forschung gewöhnlich angenommen worden ist, daß der Statthalter bereits 203 sein A m t angetreten habe, so aus dem Grunde, weil m a n fälschlicherweise voraussetzte, daß es sich bei den von Eus., h.e. VI, 1 - 5 mitgeteilten Ereignissen u m eine einzige Verfolgungswelle gehandelt habe, die heftig, aber von kurzer Dauer gewesen sei. Man hielt deshalb den h.e. VI, 3,3 u n d 5,2 genannten Aquila f ü r den unmittelbaren Nachfolger des Laetus. So z.B. Stein, Präfekten S. l l l f . (ebenso schon in R E X I V , 1 Sp. 235f. und R E I V A, 1 Sp. 474f.); Schwarte S. 186 mit A. 11; vgl. auch Neumann S. 164. Diese Auffassung ist durch die jetzt gesicherte P r ä f e k t u r des Claudius Iulianus (von 203 bis 206, s. ο. A. 15) widerlegt. 10

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sönlich in Schwierigkeiten. Man stellte ihm nach — wie Euseb berichtet „wegen der Menge derer, die durch ihn der göttlichen Lehre zugeführt wurden" 1 '. Sechs seiner Schüler, darunter Katechumenen und Neugetaufte, fanden den Tod l8 . Ferner erlitten damals eine junge Christin Potamiäna, die zusammen mit ihrer Mutter Marcella hingerichtet wurde, sowie der Soldat Basilides das Martyrium 19 . Für Afrika bezeugt die Passio Perpetuae et Felicitatis, daß es hier zu Beginn des dritten Jahrhunderts ebenfalls zu einem Vorgehen gegen die Christen kam. Wahrscheinlich in Karthago wurden fünf junge Katechumenen verhaftet 20 . Zusammen mit ihrem Lehrer, der sich wenig später freiwillig den Behörden gestellt hatte 21 , wurden sie von dem Prokurator Hilarianus, der damals anstelle des verstorbenen Prokonsuls Minucius Timinianus die kapitale Gerichtsbarkeit ausübte, zum Tode verurteilt 22 . Ihre Hinrichtung erfolgte bei einer öffentlichen Tierhetze, die anläßlich des ,,natale Getae Caesaris" veranstaltet wurde 23 . Das genaue Datum ist von der Passio selbst nicht überliefert, doch läßt es sich aufgrund späterer Quellen bestimmen. Die depositio martyrum des Chronographen vom Jahre 354 nennt als Todestag den 7. März24, und die Fasti Vindobonenses fügen zu diesem Datum auch noch das Jahr 203 hinzu 25 . Diese Angabe dürfte glaubhaft sein28, da sie sich sowohl mit dem Hinweis der Passio, daß zur Zeit der Martyrien Geta den Titel Caesar führte — was auf die Jahre von 199 bis 209 führt 2 7 —, als auch mit dem Umstand, daß Tertullian im Jahre 211 bereits wieder von einer „langen Friedenszeit" spricht 28 , vereinbaren läßt. In jenem Jahr 203 müssen in Afrika außer den genannten fünf 17

h.e. VI, 3,5 f. Eus., h.e. VI, 4. 19 Eus., h.e. VI, 5; zur Frage der Echtheit vgl. Barnes, acta martyrum S. 625ff. 20 Passio Perpetuae et Felicitatis 2. Erst in der Zeit zwischen ihrer Festnahme und der Einkerkerung, während sie in freiem Gewahrsam gehalten wurden, empfingen sie die Taufe; Passio 3,5. (Die Paragrapheneinteilung bezieht sich auf die Ausgabe von C. J. M. J. van Beek.) 31 Passio 4,5. 22 Passio 6. Zu Hilarianus vgl. Stein, R E VIII, 2 Sp. 1598f.; zu Minucius Timinianus Fluss, R E XV, 2 Sp. 1844 (Minicius Nr. 28) und Thomasson Bd. II S. 104 f. 23 Passio 7,9. 24 Ed. Theodor Mommsen, in: Chronica minora Bd. I, Berlin 1892 (Neudruck 1961), S. 71; vgl. Neumann S. 171 A. 3. 25 Ed. Theodor Mommsen, in: Chronica minora Bd. I, Berlin 1892 (Neudruck 1961), S. 287. 2 « So auch Thomasson Bd. II S. 105. 27 Stein, R E VIII, 2 Sp. 1598f. (Artikel Hilarianus). 28 Tert., de corona 1,5. 18

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Katechumenen auch andere Christen hingerichtet worden sein, denn die Passio erwähnt noch weitere Märtyrer, die „derselben Verfolgung" zum Opfer gefallen waren 29 . Der Bericht über das Martyrium der Perpetua und ihrer Gefährten ist das einzige zeitgenössische Zeugnis, das nähere Angaben über den Verlauf von Christenprozessen unter Septimius Severus enthält. Es zeigt denselben Gang der Verhandlung, der aus dem zweiten Jahrhundert bekannt ist. Das Entscheidende war die Frage des Prokurators Hilarianus, ob die Angeklagten Christen seien. Als sie das bejaht hatten, verhängte er daraufhin die Todesstrafe über sie30. Wenn er sie zunächst aufgefordert hatte, „pro salute imperatorum" zu opfern, so bedeutete das nur den Versuch, sie zum Leugnen ihres Christseins zu überreden; d. h. auch in diesem Punkt hielt sich Hilarianus ganz an die gegen Ende des zweiten Jahrhunderts übliche Verfahrensweise. Somit ist durch das Zeugnis der Passio gesichert, daß unter Septimius Severus weiterhin Gegenstand der Verhandlung und Grund der Verurteilung allein das Christsein war. Fragt man nach weiteren Nachrichten über eine „severische Verfolgung", so findet sich bei Tertullian die Notiz, daß unter dem „praeses" Hilarianus die Volksmenge in Karthago forderte, den Christen ihre Begräbnisplätze zu nehmen 31 . Außerdem teilt Tertullian mit, daß der Statthalter von Kappadozien, Claudius Hieronymianus, Christenprozesse führte, doch ist nicht sicher, ob dieser unter Septimius Severus oder bereits unter Commodus amtierte 32 . Schließlich sind bei Euseb gelegentlich „Bekenner" aus Syrien, Kleinasien und Rom erwähnt, was darauf hindeutet, daß es auch in diesen Gebieten vereinzelt zu einem Vorgehen gegen die Christen kam 33 . Die Stellen 29

Passio 11,9; vgl. auch 13,8. Passio 6 (Bericht der Perpetua): „Interrogati ceteri confessi sunt. Ventum est et ad me . . . (Perpetuas Vater und der Prokurator Hilarianus versuchen, Perpetua zum Opfern zu bewegen; ohne Erfolg.) Hilarianus 'Christiana es?' inquit. Et ego respondi: 'Christiana sum'. . . . Tunc nos universos pronuntiat et damnat ad bestias." Vgl. auch Passio 3,2. 31 Tert., ad Scap. 3,1 (die Paragrapheneinteilung bezieht sich auf die Ausgabe im CSEL). 32 Tert., ad Scap. 3,5. Die kurze Bemerkung, daß der Statthalter „tormentis quosdam (Christianos) a proposito suo excidere fecisset", deutet darauf hin, daß es sich um Christenprozesse nach Art des 2. Jh.s handelte. — Zur Frage der Datierung vgl. Groag, R E III, 2 Sp. 2725 (Claudius Nr. 178) und Prosopographia Imperii Romani, 2. Aufl. Bd. II S. 206 (C 888); ferner Schwarte S. 186. In der Liste bei Magie, Roman Rule in Asia Minor Bd. II (1950) S. 1593f. ist Claudius Hieronymianus nicht aufgeführt. 33 Eus., h.e. V, 28,8-12 (Natalius, in Rom); VI, 8,7 (der spätere Bischof Alexander von Jerusalem, in Kappadozien; vgl. YI, 11,2. ßf.); VI, 11,4 (der spätere Bischof Asklepiades von Antiochien); vgl. auch VI, 12,1: der Christ Domnus fiel „zur Zeit der Verfolgung" zum Judentum ab. 30

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enthalten jedoch keine näheren Angaben, und vor allem erlauben sie keine genauere Datierung 34 . Man wird vielleicht, auch wenn jene Bekenner nicht hingerichtet wurden, annehmen dürfen, daß sie auf die übliche Weise als Christen angeklagt worden waren und daß die Magistrate, die die Prozesse leiteten, aus irgendwelchen Gründen nicht die Todesstrafe über sie verhängten 35 . Die zuletzt aufgeführten Stellen bei Euseb und Tertullian sind zu unbestimmt, um ein Urteil über den „Verfolger" Septimius Severus zu ermöglichen. Man muß daher von den für Alexandrien und Karthago erhaltenen Nachrichten ausgehen. Diese aber zeigen, daß es keine allgemeine Christenverfolgung gab, die im ganzen Reich gleichzeitig einsetzte und dann nach kurzer Dauer wieder nachließ 36 , sondern daß es sich, genau wie im zweiten Jahrhundert, um verschiedene örtlich und zeitlich begrenzte Vorgänge handelte 37 . Von ihnen waren nicht nur Neugetaufte und Katechumenen betroffen, sondern, wie das Martyrium des Leonides, des Vaters des Origenes zeigt, auch solche Christen, die es schon lange waren. Vor allem lassen die erhaltenen Zeugnisse keine neue Rechtslage erkennen. Der Grund für die zu Beginn des dritten Jahrhunderts verhängten Todesurteile war weiterhin, daß die Angeklagten Christen waren, nicht etwa, daß sie Christen geworden waren 38 . Diese Beobachtungen zwingen zu dem Schluß, daß es ein besonderes Christengesetz des Septimius Severus, von dem ohnehin nur die Historia Augusta zu berichten weiß, nicht gegeben haben kann 38 . Weder läßt sich das angebliche Übertrittsverbot als eine teilweise Duldung der Christen interpretieren 40 — denn es befanden sich nicht nur Neubekehrte unter den Märtyrern dieser Zeit — noch als eine Verschärfung der bestehenden Rechtslage 41 , denn 34

Für Natalius ist nicht einmal die Zeit des Septimius Severus völlig sicher. Asklepiades und Alexander wurden nach Euseb in der „severischen Verfolgung" Bekenner, letzterer befand sich — noch ? — zu Anfang der Regierung Caracallas im Gefängnis, h.e. VI, 11,5f. 35 Beispiele für solch ein Verhalten seitens der Magistrate führt Tert., ad Scap. 4,3f. auf; s. o. S. 37 A. 118. 38 So zuletzt Frend S. 321: „The Severan persecution was the first co-ordinated world-wide move against the Christians." 37 So mit Recht Schwarte S. 197f. und Barnes, Legislation S. 40f. 38 So sehr deutlich Passio Perpetuae et Felicitatis 6. Der Bericht des Euseb über die Ereignisse in Alexandrien (h.e. VI, 1-5) bestätigt das insofern, als alle Angaben über das Vorgehen der Behörden sich ganz in das aus dem 2. Jh. bekannte Bild der Christenprozesse einfügen. 39 Das hat Schwarte überzeugend nachgewiesen (vgl. bes. S. 192-99). Ihm folgen Instinsky S. 54 mit A. 24 und — mit eigenen Beobachtungen — Barnes, acta martyrum S. 526 sowie Legislation S. 40f. 40 So Mommsen, Religionsfrevel S. 405 A. 2. 41 So die überwiegende Mehrheit der Forscher, vgl. die bei Schwarte S. 190ff. gegebene Übersicht. 43

es löste kein den Christenprozessen des zweiten Jahrhunderts gegenüber neuartiges oder auch nur ein verstärktes Vorgehen der Behörden aus. Mit Septimius Severus begann also keine „neue Ära der Unterdrückungspolitik" 42 , durch ihn wurde nicht „die Christenverfolgung zur Kirchenverfolgung erweitert und gesteigert" 43 . Vielmehr zeigt die genauere Untersuchung der Quellen, daß lediglich das aus den ersten beiden Jahrhunderten bekannte Christenverbot auch unter diesem Kaiser gültig und wirksam blieb. Es führte dazu, daß an verschiedenen Orten, insbesondere in Karthago und Alexandrien44, wiederholt Christen angeklagt und verurteilt wurden, und nichts anderes als ein derartiges Vorgehen bezeugen die durch die kirchliche Überlieferung erhaltenen Nachrichten über eine „severische Verfolgung". Unter den Nachfolgern des Septimius Severus kam es nur ein einziges mal zu einem nenneswerten Vorgehen gegen die Christen: in den Jahren 211/12 in den afrikanischen Provinzen. Tertullian berichtet von einem Soldaten, der sich unter ausdrücklicher Berufung auf sein Christsein weigerte, den Lorbeerkranz aufzusetzen, als im Lager eine „liberalitas imperatorum" verteilt wurde 45 . Möglicherweise löste dieser Fall von Insubordination jene Welle von Anklagen und Verurteilungen von Christen aus, die sich kurz darauf über die Provinzen Numidien, Mauretanien und vor allem Africa proconsularis ausbreitete 48 . Hier begünstigte der Statthalter Scapula derartige Denunziationen 47 und veranlaßte dadurch Tertullian, sich mit einer Eingabe an ihn zu wenden. Es ist nicht genau bekannt, in welchem Ausmaß die afrikanischen Gemeinden von diesem Vorgehen betroffen wurden 48 , doch steht 42

Moreau, Christenverfolgung S. 73. Kawerau S. 86. 44 Daß es gerade hier häufiger zu Christenprozessen kam, wird auf örtliche Bedingungen zurückzuführen sein. Ein derartiges Zentrum christlicher Lehrtätigkeit, wie es die alexandrinische Katechetenschule darstellte, konnte leicht den besonderen Haß der Bevölkerung auf sich ziehen. In Karthago dürfte das starke Wachstum der Kirche um die Wende vom 2. zum 3. Jh. sowie ihre besonders stark ausgeprägte ablehnende Haltung dem öffentlichen Leben gegenüber die Anklagen von Christen begünstigt haben. Vgl. Moreau, Christenverfolgung S. 7Iff. 45 Tert., de corona 1,1-3. Es handelt sich um die Geldspende, die Caracalla und Geta 211 zu Beginn ihrer gemeinsamen Herrschaft an das Heer ausgeben ließen. Der Vorfall ereignete sich wahrscheinlich im Lager der legio III Augusta zu Lambaesis in Numidien. Vgl. Neumann S. 183 mit Α. 1 und Straub, RAC II Sp. 899. 46 Quelle für Afrika ist Tert., ad Scap.; dort ist in 4,12 auch ein gleichzeitiges Vorgehen gegen die Christen in Numidien (durch den „praeses legionis" — vgl. Neumann S. 183 Α. 1, Harnack S. 892 A. 2) und Mauretanien bezeugt. 47 Tert., ad Scap. 5,3. 48 Tert., ad Scap. enthält darüber keine näheren Angaben. Einzelne Martyrien, die wahrscheinlich in diese Zeit gehören, erwähnen Tert., de fuga in persecutione 5 und de ieiunio 12 sowie Cypr., ep. 39,3,1. 43

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durch das Zeugnis Tertullians eindeutig fest, daß es sich auch jetzt ausschließlich um einzelne Christenprozesse handelte, die ganz in der aus dem zweiten Jahrhundert bekannten Weise geführt wurden 49 . So bestätigen die Ereignisse in Afrika noch einmal das Ergebnis, zu dem die Interpretation der Nachrichten über die „severische Verfolgung" geführt h a t : es gab zu Beginn des dritten Jahrhunderts keine Veränderung in der Rechtslage der Christen. Wenn es zu einem Vorgehen gegen sie kam, so geschah das weiterhin allein aufgrund des alten, auf Nero zurückgehenden Christenverbots. b) Das Wachsen und Erstarken der Kirche Nicht gelegentliche Christenprozesse sind das besondere Merkmal der Haltung, die der römische Staat unter den severischen Kaisern den Christen gegenüber einnahm, sondern im Gegenteil eine weitgehende Toleranz. Mit Recht gilt die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts als eine große „Friedenszeit" 50 , in der sich die Kirche nahezu ungehindert entfalten konnte. Im Zuge eines allgemeinen Vordringens östlicher Kulte war auch die christliche Missionstätigkeit sehr erfolgreich, so daß sich in vielen Teilen des Reiches ein starkes Wachstum der Kirche beobachten läßt 5 1 . Die Zahl der Christen nahm erheblich zu, und wenn die Gemeinden auch im wesentlichen auf die größeren Städte beschränkt blieben, so festigte sich doch hier ihre Stellung beträchtlich 5 2 . Auch im Westen faßte die Kirche jetzt stärker Fuß, und zwar vor allem in Italien, im Rhonetal, in Südspanien und Nordafrika 53. Für letzteres bezeugt Tertullian sehr eindrücklich eine starke Ausbreitung des Christentums seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts. So sagt er im Apologeticum, die Christen hätten, obwohl sie erst vor kurzem in der Provinz aufgetreten seien, bereits alle Städte und Ortschaften überflutet 54 , und fünfzehn Jahre später hielt er in seiner Eingabe ,,ad Scapulam" dem Statthalter vor, daß die Bürgerschaft Karthagos dezimiert werden müßte, wollte man alle Christen hinrichten lassen 55 . Sicher ist zu berücksichtigen, daß der Apologet 49

Vgl. besonders Tert., ad Scap. 1,2; 4 , l f . lOf.; 5,3. Vergleicht man diese Stellen mit dem Apologeticum, so zeigt sich sehr eindrücklich, daß Tertullian 212 von derselben Rechtslage ausgeht wie im Jahre 197. 50 Cypr., laps. 5; Firmilian bei Cypr., ep. 75,10,1; vgl. auch Lact., mort. 3,5. 51 Vgl. Vogt, R A C I I Sp. 1178f.; Gross, RAC III Sp. 618. Einen guten Überblick über die religiöse Lage im Reich unter den Severern gibt Frend S. 304ff. " Gross, RAC III Sp. 619. 53 Vgl. Frend S. 330ff., der besonders auf Nordafrika eingeht. 54 Tert., apol. 37,4: „Hestern! sumus, et vestra omnia implevimus, urbes, insulas, castella, municipia, conciliabula, castra ipsa, tribus, decurias, palatium, senatum, forum." Vgl. außerdem das ganze Kapitel apol. 37. 55 Tert., ad Scap. 5,2; vgl. auch 2,10: die Christen machen die „pars paene maior civitatis cuiusque" aus. 45

an diesen Stellen übertreibt, aber daß das Christentum in den afrikanischen Provinzen tatsächlich weit verbreitet war, läßt sich auch daran ablesen, daß an einer Synode, die zwischen 200 und 220 unter der Leitung des karthagischen Bischofs Agrippinus stattfand, 70 weitere Bischöfe aus Numidien und Africa proconsularis teilnahmen 56 . Zu der zahlenmäßigen Verbreitung des Christentums kam hinzu, daß es in severischer Zeit zunehmend in die höheren Schichten der Gesellschaft eindrang und allmählich auch im öffentlichen Leben stärkeren Einfluß gewann. Seine Anhänger gehörten jetzt nicht mehr allein den unteren Klassen und dem Sklavenstande an, sondern unter ihnen befanden sich auch nicht wenige hochgestellte Persönlichkeiten 57 . So bezeugt Tertullian, daß in Karthago Männer und Frauen ,,omnis dignitatis" zu den Christen zählten und in Rom sogar einzelne Angehörige des Senatorenstandes 68 . Ferner nahm die Zahl derjenigen Christen, die im Heer, in der Verwaltung und selbst am Kaiserhof Dienst taten, ständig zu 69 . Dieses Hineinwachsen der Kirche in das öffentliche Leben wurde durch die allgemeine Verleihung des Bürgerrechts an alle freien Reichsbewohner, die Caracalla 212 in der Constit u t e Antoniniana verfügte und von der die Christen nicht ausgenommen waren, stark gefördert 60 . Auch in die Welt der Bildung fand das Christentum in severischer Zeit Eingang — zumindest im Osten des Reiches, wo Lehrer wie Clemens und Origenes wirkten. Gerade die Persönlichkeit des letzteren trug entscheidend dazu bei, daß das Christentum in weiten Kreisen bekannt und geachtet wurde. Sein Ansehen war auch außerhalb der Kirche so groß, daß immer wieder gebildete Heiden zu ihm kamen, um sich von ihm in den Wissenschaften ebenso wie in der christlichen Lehre unterweisen zu lassen61. Bekannte Philosophen suchten seinen 56 Cypr., ep. 71,4,1 (geschrieben 255) und ep. 73,3,1 (geschrieben 256); Augustin, de unico baptismo 13 (22) (ed. M. Petschenig, CSEL Bd. 53, Wien/ Leipzig 1910) nennt die Zahl von 70 Bischöfen. Das Datum dieser Synode ist unbestimmt. Cyprian sagt nur, daß sie „vor langer Zeit" stattfand. Moreau, Christenverfolgung S. 73, nimmt die Jahre zwischen 200 und 220 an; Harnack S. 894f. denkt an die Zeit „spätestens um 218-22"; Straub, RAC II Sp. 899f., datiert auf 216/17. 57 Gross, RAC III Sp. 618; vgl. Moreau, Christenverfolgung S. 79. 58 Tert., ad Scap. 5,2 und 4,7; vgl. Instinsky S. 57 mit A. 28. 59 Tert., apol. 37,4 und de corona 1,1 (Christen im Heer); Dionys von Alexandrien bei Eus., h.e. VI, 41,11 (Christen in der Verwaltung); zur Stellung der Christen am Hof s. u. S. 49ff. 60 Das jedenfalls war die unmittelbare Wirkung der Constitutio Antoniniana; vgl. Vogt, RAC II Sp. 1181; Gross, RAC III Sp. 618; Straub, RAC IV Sp. 898; Moreau, ChristenVerfolgung S. 77 f. Daß die allgemeine Verleihung des Bürgerrechts auch negative Folgen für die Christen haben konnte, zeigte sich erst mit dem Opferedikt des Decius; vgl. Moreau S. 78 und Frend S. 312. " Eus., h.e. VI, 3,13; 18,2f.

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Umgang und widmeten ihm ihre Schriften, oder aber sie setzten sich kritisch mit ihm auseinander 62 . Kurz vor 215 lud der Statthalter von Arabien Origenes zu Vorträgen über das Christentum ein63, und unter Severus Alexander ließ ihn sogar die Mutter des Kaisers, Julia Mamäa, an den Hof kommen 64 . So läßt sich gerade am Wirken des Origenes ablesen, daß die Christen jetzt tatsächlich weithin bekannt waren und auf allen gesellschaftlichen Ebenen als Gesprächspartner akzeptiert wurden. Die weitgehende Toleranz, der sich die Kirche unter den severischen Kaisern erfreute, zeigt sich vielleicht am deutlichsten daran, daß in den ersten Jahrzehnten des dritten Jahrhunderts in vielen Städten eigene Versammlungshäuser und Friedhöfe der Christen entstanden. Die römische Gemeinde erwarb bereits unter Septimius Severus eine eigene Begräbnisstätte. Das läßt sich einer bei Hippolyt erhaltenen Notiz entnehmen, nach der Bischof Zephyrin (199-217) bei seinem Amtsantritt den Diakon Kallist „mit der Verwaltung des Friedhofes betraute" 85 . Während die Christen bis dahin nur in den privaten Grabanlagen einzelner Familien bestattet werden konnten, gab es von jetzt an einen Friedhof, der sich im Besitz der römischen Gemeinde befand und unter der Aufsicht ihres Bischofs stand. Auch in Karthago besaßen die Christen bereits zu Beginn des dritten Jahrhunderts eigene Begräbnisplätze, denn diese waren unter dem Prokurator Hilarianus das Ziel von Angriffen seitens der Bevölkerung, die damals forderte: ,,Areae non sint" 66 . In den folgenden Jahrzehnten erwarben die Gemeinden ferner in vielen Städten eigene Versammlungshäuser. In Edessa gab es bereits um die Jahrhundertwende ein eigenes Gebäude für die christlichen Gottesdienste 67 . Im Jahre 232/33 wurde, wie eine Inschrift bezeugt, die bei den Ausgrabungen in Dura Europos freigelegte Hauskirche errichtet 68 . Um dieselbe Zeit müssen auch die Gemeinden in Kappadozien eigene Räume gehabt haben, denn diese wurden 235, als ein Erdbeben eine Welle von Haß gegen die Christen 62

Eus., h.e. VI, 19,1-8. 12. Eus., h.e. VI, 19,15; vgl. Frend S. 324. Die Zeit ergibt sich aus 19,16, wo Eusob offenbar auf die Strafaktion Caracallas gegen die Stadt Alexandrien im Jahre 215 anspielt. 61 Eus., h.e. VI, 21,3f. 65 Hippolyt, refutatio IX, 12,14: . . . εις τδ κοιμητήριον κατέστησες (Zephyrin den Kallist). Vgl. Neumann S. 107f.; Fluss, R E II A, 2 Sp. 1997; Frend S.324f. 66 Tert., ad Scap. 3,1; Text nach der Ausgabe von E. Dekkers im Corpus Christianorum Bd. II 1954. Die von Bulhart, CSEL bevorzugte Lesart „areae nostrae" wäre im gleichen Sinne zu interpretieren. — Bei dem von Tertullian erwähnten Hilarianus handelt es sich um den aus der Passio Perpetuae et Felicitatis bekannten Prokurator; s. o. S. 41. 67 Frend S. 326 mit A. 188; er verweist als Quelle auf die Chronik von Edessa zum Jahre 513 = 201. 68 Frend S. 309. 63

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ausgelöst hatte, niedergebrannt e9 . Wie hier entstanden überall in den Gebieten, in denen sich das Christentum stärker ausgebreitet hatte, kirchliche Gebäude, die in der Öffentlichkeit nicht mehr zu übersehen waren 70 . Die Frage, auf welchem Wege die Kirche Besitz erwerben und behalten konnte, läßt sich wohl nicht juristisch exakt beantworten. Oft hat man angenommen, die Gemeinden hätten sich als Begräbnisgenossenschaften ärmerer Leute, als collegia tenuiorum, konstituiert und auf diese Weise Besitzrechte erworben 71 , doch begegnet diese Annahme, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben, zu großen Schwierigkeiten72. Auch eine Notiz der Historia Augusta, daß Severus Alexander einen Rechtsstreit zwischen der römischen Gemeinde und den Schankwirten der Stadt um ein ehemals staatliches Grundstück zugunsten der Christen entschieden habe73, führt nicht weiter. Man hat aus ihr entnehmen wollen, daß die Kirche damit durch kaiserlichen Entscheid als Korporation anerkannt worden sei74, doch ist die ganze Episode eine Fälschung 75 . So läßt sich wohl nur sagen, daß die Kirche infolge der Toleranz, die ihr vom römischen Staat gewährt wurde, faktisch Eigentum erwerben und damit Besitzrechte ausüben konnte, die jedoch juristisch nicht gesichert und mit keiner offiziellen Anerkennung des Christentums verbunden waren 78 . Schließlich ist kennzeichnend für die Lage der Kirche in severischer Zeit, daß ihre Organisation immer stärker hervortrat 77 . Innerhalb der einzelnen Gemeinden nahmen die Bischöfe eine deutlich hervorgehobene Stellung ein. Sie waren die Hüter der Tradition und hatten als solche in allen Fragen der Lehre wie auch des praktischen Gemeindelebens die höchste Autorität 78 . Wie sehr ihre führende Stellung 60

Orig., comment, in Matth. 39 (Klostermann S. 75); vgl. Frend S. 391. Vogt, R A C I I Sp. 1183; Gross, RAC III Sp. 619; Moreau, Christenverfolgung S. 79. 71 So Neumann S. 101-112; Fluss, R E II A, 2 Sp. 1997. 72 Vgl. Frend S. 325f. und die von ihm angeführte Literatur. Frend verweist u. a. auf die Größe der christlichen Gemeinden, ihre wöchentlichen Zusammenkünfte sowie auf den Umstand, daß in den östlichen Provinzen keine collegia tenuiorum bekannt sind, wohl aber dort die Gemeinden Eigentum hatten. 73 HA vita Sev. Alex. 49,6. 74 So Vogt, RAC II Sp. 1182. 75 Das hat Alföldi, Der Rechtsstreit zwischen der römischen Kirche und dem Verein der Popinarii (in: Studien S. 431-35) überzeugend nachgewiesen. Ihm folgt Moreau, Christenverfolgung S. 80. 76 So mit Recht Frend S. 326: „In Rome, however, the emergence of cemeteries belonging to the Church itself might be regarded as the normal development of the de facto toleration which it was enjoying." 77 Vogt, R A C I I Sp. 1183; vgl. auch Gross, RAC III Sp. 619f. 78 Das läßt sich z.B. an der Haltung ersehen, die der alexandrinische Bischof Demetrius in Streitfragen, die sich am Wirken des Origenes in Palästina entzündet hatten, einnahm; Eus., h.e. VI, 8,4f.; 23,4 und VI, 19,16-19. 70

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auch außerhalb der Kirche bekannt war, zeigt die schon erwähnte Einladung eines arabischen Statthalters aus der Zeit Caracallas an Origenes. Jener Statthalter wandte sich nämlich, wie Euseb berichtet, nicht direkt an Origenes, sondern schickte einen Offizier zu dem ägyptischen Präfekten und zu dem alexandrinischen Bischof Demetrius mit der Bitte, sie möchten den berühmten Gelehrten zu ihm schicken79. Auch der Zusammenhalt der einzelnen Gemeinden untereinander wurde immer fester. Ein starkes verbindendes Element bildete der neutestamentliche Kanon, der gegen Ende des zweiten Jahrhunderts zu einem relativen Abschluß gekommen war 80 . Fragen der Lehre oder der Kirchenzucht, die ihrer Natur nach über den Rahmen einer einzelnen Gemeinde hinausgingen, wurden durch die — zunächst schriftlich geführte — Diskussion der Bischöfe geklärt 81 . Ihr Einvernehmen garantierte die Einheit der Kirche. Zur Lösung besonders wichtiger Probleme kamen die Bischöfe einzelner Provinzen zu Synoden zusammen, die als besonderes Gesprächsforum den ersten Ansatz zu einer übergreifenden kirchlichen Organisation darstellten 82 . In Kappadozien war es um die Mitte des dritten Jahrhunderts bereits eine feste Sitte, daß jährliche Synoden abgehalten wurden, auf denen die Bischöfe zusammen mit den Priestern Fragen erörterten, die die Gemeinden der Provinz betrafen 83 . So konnte die Kirche nach innen und außen wachsen und erstarken, ohne daß die Staatsgewalt hindernd eingegriffen hätte. Daran zeigt sich noch einmal die weitgehende Toleranz, die den Christen unter den severischen Kaisern gewährt wurde. c) Die Politik der Staatsgewalt Wie ist angesichts der gelegentlichen Christenprozesse einerseits und der weitgehenden Toleranz andererseits die Haltung des römischen Staates zu beurteilen? Den Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage enthalten die Stellen in der Überlieferung, die bezeugen, daß die Staatsgewalt in severischer Zeit näher mit den Christen in Berührung kam. Septimius Severus kannte einige Christen persönlich, so den Arzt Proculus, der ihn einmal von einer Krankheit geheilt hatte und den er daraufhin an seinen Hof holte und bis zu dessen Lebensende dort behielt. Auch Caracalla, der damals Mitregent seines Vaters war, 79

Eus., h.e. VI, 19,15; s. o. S. 47. Vgl. Frend S. 303. 81 Vgl. z.B. Eus., h.e. VI, 8,4f.; 23,4; 19,16-19. 82 Für die severische Zeit sind Synoden bezeugt bei Eus., h.e. V, 23 (mehrere Synoden in verschiedenen Provinzen über Fragen, die die Feier des Osterfestes betrafen; sie fanden statt im letzten Jahrzehnt des 2. Jh.s) und bei Cypr., ep. 71,4 und 73,3 (Synode in Karthago unter Agrippinus; s. o. S. 46). 83 Firmilian bei Cypr., ep. 75,4,3 (geschrieben 256); vgl. Kirsten, RAC II Sp. 881. 80

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schätzte den Proculus und erwies ihm seine Gunst84. Ein anderer Christ aus der Umgebung des Kaisers, dessen Namen die Überlieferung erhalten hat, ist M. Aurelius Prosenes. Er stand bereits seit Commodus im Η ofdienst und bekleidete schließlich unter Caracalla das Amt des Kämmerers85. Ferner berichtet Tertullian, daß Septimius Severus Angehörige des Senatorenstandes, von denen er wußte, daß sie Christen waren, nicht nur in seiner Nähe duldete, sondern sogar persönlich für sie eintrat und sie gegen Anfeindungen der Menge in Schutz nahm 86 . Auch unter seinen Nachfolgern lebten Christen am Hof; ja ihre Zahl vergrößerte sich noch. So bezeugt Euseb, daß unter Severus Alexander die kaiserliche Dienerschaft zu einem nicht geringen Teil aus Christen bestand 87 . Ferner traten christliche Gelehrte mit dem Herrscherhaus in Verbindung. Hippolyt widmete seine Schrift über die Auferstehung der Aquilia Severa, einer der Frauen Elagabals88. Severus Alexander betraute den Christen Julius Africanus mit der Einrichtung der kaiserlichen Bibliothek im Pantheon 89 , und seine Mutter Julia Mamäa ließ Origenes zu sich nach Antiochien kommen, damit er Vorträge über die christliche Religion halte. Ja, sie gab ihm sogar ein militärisches Geleit90. Dieser Besuch des Origenes, der wahrscheinlich im Jahre 232 stattfand, als sich der Kaiser und seine Mutter während eines Feldzuges gegen die Perser im Osten des Reiches aufhielten, zeigt wohl am eindrücklichsten, wie eng die 84

Tert., ad Scap. 4,6: „Ipse etiam Severus, pater Antonini, Christianorum memor fuit. N a m et Proculum Christianum . . ., qui eum per oleum aliquando curaverat, requisiit et in palatio suo habuit usque ad mortem eius — quem et Antoninus optime noverat lacte Christiano educatum." Zur Interpretation vgl. Instinsky S. 56f. mit A. 27, der betont, daß an der von Bulhart (CSEL) bevorzugten Lesart „lacte Christiano educatum·" festzuhalten ist, da die Wendung von Tertullian nur metaphorisch gebraucht sein kann. Die Stelle sagt also nichts über eine „christliche A m m e " des Caracalla, wie m a n aufgrund der Lesart educatus (bezogen auf Antoninus) gewöhnlich angenommen h a t ; vgl. z.B. Neumann S. 98, Vogt; RAC I I Sp. 1178; Moreau, Christenverfolgung S. 71; Frend S. 324. 85 Vgl. Fluss, R E I I A, 2 Sp. 1997 und Instinsky S. 57; Quelle ist die Sarkophaginschrift CIL VI, 8498 = Dessau 1738. 86 Tert., ad Scap. 4,7: „Sed et clarissimas feminas et clarissimos viros Severus sciens huius sectae esse non modo non laesit, verum et testimonio exornavit et populo furenti in nos palam restitit." (Das von der Mehrzahl der Handschriften überlieferte „restitit" dürfte die richtige Lesart sein, da der Zusammenhang hier ein Perfekt erfordert. So auch Dekkers in seiner Ausgabe von Tert., ad Scap., in: Corpus Christianorum Bd. I I , 1954, S. 1131. Dagegen bevorzugt Bulhart [CSEL] die von einigen Handschriften bezeugte Lesart „resistit".) 87 Eus., h.e. VI, 28: . . . τον Αλεξάνδρου οίκον, έκ πλειόνων πιστών συνεστώτα. 88 Neumann S. 205f.; Moreau, Christenverfolgung S. 79. 89 Frend S. 329 mit A. 217; er verweist auf ein Fragment aus den Kestoi des Julius Africanus, in: The Oxyrhynchus Papyri (ed. Β. P. Grenfell und A. S. H u n t ) Bd. I I I Nr. 412, Zeile 56-71. 90 Eus., h.e. VI, 21,3f.; vgl. Neumann S. 207 und Frend S. 329f.

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Berührung zwischen der Staatsgewalt und den Christen in severischer Zeit geworden war. Das Kaiserhaus war dem Christentum gegenüber offen, ja es brachte ihm ein gewisses Interesse entgegen. Das zeugt in der Tat von einer ganz anderen Einstellung als etwa der Trajans 9 1 . Dadurch daß die Staatsgewalt in severischer Zeit die Christen näher kennenlernte 92 , mußte sie notwendigerweise zu der Einsicht kommen, daß die alte Annahme, nach der die „Christiani" als politische Feinde des Reiches galten, nicht der Wirklichkeit entsprach. Damit aber war die Voraussetzung, auf der das auf Nero zurückgehende Christenverbot beruhte, hinfällig geworden. Es bestand also f ü r die severischen Kaiser kein Anlaß mehr, gegen die Christen als einen vermeintlichen politischen Verband vorzugehen. Da jetzt vielmehr feststand, daß sie Anhänger einer religiösen Sekte waren, konnte sich das Verhalten ihnen gegenüber von der Religionspolitik her bestimmen. Diese aber war stark synkretistisch ausgerichtet und insbesondere östlichen Kulten gegenüber offen 93 , so däß auch von daher kein Grund vorlag, gegen die Kirche einzuschreiten. Lediglich das Bestreben Elagabals, die Verehrung des Sonnengottes Elagabal von Emesa im ganzen Reich einzuführen und in ihr die bestehenden Kulte aufgehen zu lassen, barg die Gefahr eines möglichen Zusammenstoßes mit den Christen in sich, da diese sich einem derartigen Vorhaben, wäre es ernsthaft durchgeführt worden, widersetzt hätten. Doch der Kaiser wurde ermordet, noch bevor er spürbare Maßnahmen ergriff, seine Pläne zu verwirklichen; und so blieb die Lage der Kirche unverändert 9 4 . Abgesehen von dem Experiment Elagabals wirkte sich die synkretistische Religionspolitik der Severer in einer allgemeinen Duldung aller religiösen Strömungen aus, von der auch das Christentum nicht ausgenommen war. Nimmt man noch hinzu, daß die Kaiser persönlich den Christen mit Wohlwollen begegneten und teilweise ihrer Religion ein gewisses Interesse entgegenbrachten, was sich aus den vielfältigen Kontakten der Christen zum Hof ersehen läßt 9 5 , so erscheint es aufgrund all dieser 91 Diese Bedeutung ist der Einladung an Origenes zuzumessen, die freilich formal gesehen die trajanische Regelung nicht berührte, da keine Anklage gegen Origenes vorlag. 02 Die ersten Ansätze dazu finden sich wohl schon in der Zeit des Commodus. Unter ihm kam der Christ M. Aurelius Prosenes an den Hof. Ferner begünstigte die Konkubine des Kaisers, Marcia, die Christen und erwirkte manche Vergünstigungen für sie, wie Hippolyt, refutatio IX, 11 f. zeigt. Vgl. Frend S. 318. 93 Gross, RAC III Sp. 618; Straub, RAC II Sp. 897f. (Caracalla); Moreau, Christenverfolgung S. 70f. (Septimius Severus), S. 79 (Severus Alexander). 94 Neumann S. 206, Kawerau S. 86; vgl. allgemein für die Religionspolitik Elagabals und ihre Bedeutung für das Christentum Gross, RAC IV Sp. 997-1000. 95 Neben den oben S. 49ff. vorgelegten Aussagen der christlichen Überlieferung hat man oft noch die vita Sev. Alex, der Historie Augusta herangezogen, die an sechs Stellen (22,4; 29,2; 43,5ff.; 45,6f.; 49,6; 51,7f.) den Kaiser als

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Faktoren nur natürlich, daß sich die Kirche in severischer Zeit ungehindert entfalten konnte. Andererseits aber zeigen die für die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts bezeugten Christenprozesse9®, daß die der Kirche gewährte Toleranz nur eine faktische war und daß das bestehende Christenverbot, auch wenn es seiner Grundlage entbehrte, juristisch nicht aufgehoben wurde 97 . Wenn also Christen von irgendwelchen Gegnern angeklagt wurden, dann konnten sie weiterhin verurteilt werden. So war es möglich, daß es auch während der „Friedenszeit" aufgrund lokaler Bedingungen an einzelnen Orten zu einem Vorgehen gegen die Christen kam. Doch wirkten sich die jetzt genauere Kenntnis der Staatsgewalt von den Christian! und die oifene oder gar wohlwollende Haltung der Kaiser je länger desto mehr in der Weise aus, daß eben faktisch nur noch sehr selten Anklagen gegen Christen vorgebracht oder von den Magistraten angenommen wurden 98 . 2. Die Soldatenkaiser

vor Decius

a) Die angebliche Verfolgung des Klerus durch Maximinus Thrax Unter Maximinus Thrax, der 235 von seinen Truppen erhoben wurde und mit dem die Zeit der Soldatenkaiser ihren Anfang nehmen sollte, scheint in der Haltung des römischen Staates zu den Christen ein plötzlicher Wandel eingetreten zu sein. Euseb berichtet, der Kaiser habe aus Η aß gegen den Hofstaat seines Vorgängers Severus Alexander, der zu einem großen Teil aus Christen bestand, eine Verfolgung begonnen, indem er den Befehl erteilte, „nur die Führer der Kirche als die Urheber der evangelischen Lehre hinrichten zu lassen" 9 9 . Hält besonders christenfreundlich schildert (so Neumann S. 207 ff.; Vogt, RAC I I Sp. 1178; Frend S. 329). Obwohl diese Stellen, kein anderes Gesamtbild ergeben als die christlichen Zeugnisse, sind sie doch als historisch wertlos zu verwerfen, da sich keine der einzelnen Aussagen anderweitig bestätigen läßt. Vgl. Barnes, Legislation S. 42. 96 Außer den in Abschnitt a) dargelegten Fällen aus severischer Zeit kam es auch unter Maximinus Thrax in Kappadozien zu Christenprozessen. 97 So mit Recht Alföldi, Pannonier S. 239; Gross, RAC I I I Sp. 620f. Wenn Moreau, Christen Verfolgung S. 79, meint, unter Severus Alexander sei die christliche Religion „tatsächlich erlaubt" gewesen, oder wenn Frend S. 330 im Zusammenhang mit dem Besuch des Origenes am kaiserlichen Hof von einer „recognition . . . of Christianity as one of the accepted religions of the Roman world" spricht, so ist das nur richtig, wenn damit eine faktische Tolerierung, nicht aber eine Änderung der juristischen Lage gemeint ist. 98 Man denke ζ. B . daran, daß Septimius Severus vornehme Christen in seiner Umgebung schützte (Tert., adScap. 4,7). Wenn solch ein Verhalten des Kaisers in weiteren Kreisen bekannt wurde, dürften Anklagen gegen Christen seltener geworden sein. 99 Eus., h. e. V I , 2 8 : 8ς δή (Maximinus) κατά κότον τόν προς τόν Αλεξάνδρου οίκον, έκ πλειόνων πιστών συνεστώτα, διωγμόν έγείρας, τούς των έκκλησιών άρχοντας μόνους ώς αιτίους της κατά τό εύαγγέλιον διδασκαλίας άναιρεϊσθαι προστάττει.

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man sich allein an diese Notiz, so gewinnt man den Eindruck, daß Maximinus Thrax auf eine in mancher Hinsicht neuartige Weise gegen die Christen einschritt. Er erließ ein allgemeines Edikt (προστάττει), das im ganzen Reich eine Verfolgung anordnete, und er beschränkte diese auf die άρχοντες των εκκλησιών, auf die christlichen Kleriker 10°. Nur sie sollten hingerichtet werden (άναιρεΐσθαι). Diese auffällige Beschränkung scheint darauf hinzuweisen, daß das Vorgehen des Maximinus Thrax als eine erste deutliche Reaktion der Staatsgewalt auf die sich immer mehr festigende kirchliche Organisation anzusehen ist 101 . In auffallendem Gegensatz zu der Darstellung des Euseb steht jedoch der Umstand, daß von einer tatsächlichen Verfolgung des Klerus unter Maximinus Thrax so gut wie nichts bekannt ist. Euseb selbst weiß nur in sehr allgemeinen Wendungen zu berichten, daß der Diakon Ambrosius102 und der Presbyter Protoktet, an die Origenes damals seine „exhortatio ad martyrium" richtete, in „nicht geringe Bedrängnis" geraten seien, ja es heiße (κατέχει, λόγος), beide hätten sich als Bekenner ausgezeichnet103. Nähere Angaben kann Euseb darüber jedoch nicht machen, und ebensowenig vermag er andere Opfer zu nennen. Auch der von ihm angeführten Schrift des Origenes ist nicht mehr zu entnehmen. Sie bezeugt durchgehend, daß Origenes mit einer unmittelbar bevorstehenden Verfolgung rechnete, doch läßt sie an keiner Stelle erkennen, daß eine solche bereits eingetreten wäre. Selbst wenn Origenes von einem „gegenwärtigen Kampf" oder ähnlichem spricht, handelt es sich lediglich um seine Erwartung, wie das ständige Nebeneinander von präsentischen und futurischen Wendungen zeigt104. Wenn also einerseits verständlich ist, daß aus der Schrift „exhortatio ad martyrium" jenes von Euseb mitgeteilte Gerücht von einem „Bekenntnis" der beiden Adressaten Ambrosius und Protoktet erwuchs, so ist doch festzuhalten, daß diese selbst nichts darüber sagt 106 . Sieht man ferner, daß im Jahre 248 Origenes seine acht Bücher „contra Celsum" eben dem Diakon Ambrosius widmete und daß er bei dieser Gelegenheit nichts von dessen angeblichen Leiden erwähnt, so läßt 100

Daß mit den άρχοντες nicht nur die Bischöfe, sondern alle Kleriker gemeint sind, hat Neumann S. 211 f. aufgrund des Sprachgebrauches bei Euseb nachgewiesen. 101 So Kawerau S. 86; mit anderem Akzent auch Neumann S. 226f. und S. 230; Hohl, R E X , 1 Sp. 862; Moreau, Christenverfolgung S. 81. 102 Daß der von Euseb genannte Ambrosius Diakon war, also ebenfalls dem Klerus angehörte, bezeugt Hieronymus, de viris illustribus 56; vgl. Neumann S. 212. 103 Eus., h.e. VI, 28; vgl. Neumann S. 222, Clarke S. 446. 104 Ygj besonders Orig., exhortatio 48 und 49. 105 Es läßt sich aus ihr auch nicht ableiten, daß Ambrosius und Protoktet eingekerkert worden wären, wie Frend S. 392 meint.

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sich mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß die Gefahren, die Origenes in der Exhortatio f ü r sich und seine Freunde befürchtete, nicht wirklich eingetreten sind und daß also unter Maximinus Thrax in Palästina keine Christen behelligt wurden 106 . Für Rom bezeugen die päpstlichen Kalender, daß im Jahre 235 Bischof Pontian und der Gegenbischof Hippolyt 107 nach Sardinien verbannt wurden. Das älteste erhaltene Verzeichnis, der Liberianus, vermerkt nur die Tatsache der Deportation: ,,Εο tempore Pontianus episcopus et Yppolitus presbyter exoles sunt deportati in Sardinia in insula nociva Severo et Quintiano cons." 108 Er berichtet ferner, daß Pontian in der Verbannung am 28. Sept. 235 sein Amt niederlegte und daß daraufhin am 21. Nov. desselben Jahres in Rom Antheros als neuer Bischof ordiniert wurde. Als dieser nach gut einmonatiger Amtszeit bereits am 3. Jan. 236 starb, wurde Fabian sein Nachfolger, der die römische Gemeinde bis in die Zeit des Decius leitete 109 . Damit steht fest, daß es zu Beginn der Regierung des Maximinus Thrax in Rom zu einem Eingriif der Behörden in das Gemeindeleben kam. Doch fällt es schwer, die Angaben des Liberianus mit der Notiz des Euseb über einen Verfolgungsbefehl des Kaisers in Verbindung zu bringen. Pontian und Hippolyt wurden nicht hingerichtet, wie man nach der Formulierung des Euseb (άναιρεΐσθαι) erwarten müßte, sondern deportiert, und vor allem blieben die weiteren Bischöfe unbehelligt 110 , was bei einer allgemeinen Verfolgung des Klerus kaum denkbar wäre. So sind auch die Vorgänge in Rom nicht geeignet, die Darstellung des Euseb zu stützen 111 . Mit den angeführten Nachrichten aus Palästina und Rom sind schon alle Belege, die möglicherweise auf eine besondere Verfolgung des Maximinus Thrax hindeuten könnten, erschöpft. Andererseits ist gesichert, daß in Afrika vor Cyprian, der unter Valerian hingerichtet ice y g i . Neumann S. 222f., Clarke S. 446. 107 Seit 217, als Kallist zum Nachfolger für den verstorbenen Bischof Zephyrin gewählt wurde, betrachtete sich der von der Minderheit unterstützte Presbyter Hippolyt ebenfalls als Bischof. Offenbar gab er seine Ansprüche auch unter den Nachfolgern des Kallist nicht auf, doch scheint er sich in der Verbannung mit der Kirche versöhnt zu haben, da diese ihn später als Märtyrer verehrte (depositio martyrum des Chronographen vom Jahre 354; Mommsen, Chronica minora Bd. I S. 72). Vgl. Neumann S. 213f. und S. 216. 108 Duchesne, liber pontificalis Bd. I S. 4 ( = Mommsen, Chronica minora Bd. I S. 74f.). Der spätere liber pontificalis (Duchesne Bd. I S. 145) macht Severus Alexander für die Deportation verantwortlich und fügt hinzu, Pontian sei „maceratus fustibus" gestorben. Doch ist ersteres ganz sicher und letzteres möglicherweise falsch. Vgl. Neumann S. 216. 109 Duchesne Bd. I S. 4. 110 Antheros starb eines natürlichen Todes („dormit"). 111 Vgl. Clarke S. 451 f.

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wurde, kein Bischof als Märtyrer starb u 2 . Hier hat sich also das von Euseb mitgeteilte Edikt nicht ausgewirkt. Dasselbe läßt sich f ü r Kappadozien und Pontus zeigen. Zwar setzte hier, wie Firmilian, der Bischof von Cäsarea in Kappadozien 113 , berichtet, nach dem Tode des Severus Alexander eine „persecutio gravis" ein, doch wurde diese durch ein Erdbeben hervorgerufen, das damals in den beiden genannten Provinzen heftige Zerstörungen anrichtete und zu einem Ausbruch von Haß gegen die Christen führte 1 1 4 . Man machte sie f ü r das Unglück verantwortlich und schritt offenbar auf die gewohnte Weise gegen sie ein, indem man sie beim Statthalter anklagte 115 . Origenes, der in seinem Matthäuskommentar ebenfalls die Ereignisse in Kappadozien und Pontus erwähnt, teilt außerdem mit, daß damals die Versammlungshäuser der Christen niedergebrannt wurden 116 . Dem Anlaß entsprechend blieben diese Vorgänge jedoch auf die genannten Provinzen beschränkt, so daß sich viele Christen durch die Flucht in Sicherheit bringen konnten. Firmilian vermerkt ausdrücklich, daß diese Möglichkeit damals bestand, und zwar deshalb, weil „persecutio illa non per totum mundum, sed localis fuisset" 117 . Diese Formulierung zeigt nicht nur, daß die Ereignisse in Kappadozien und Pontus von einem kaiserlichen Befehl, wie Euseb ihn mitteilt, unabhängig waren, sondern ihr läßt sich ferner entnehmen, daß Firmilian, als er 22 Jahre später seinen Bericht schrieb, nichts von einer allgemeinen Verfolgung des Maximinus Thrax bekannt war 118 . Der Überblick über das vorhandene Quellenmaterial hat die Schwierigkeit aufgezeigt, die sich einer Beurteilung der Politik, die Maximinus Thrax den Christen gegenüber verfolgte, entgegenstellt: 112

Vita Cypriani 19, vgl. Clarke S. 447. Er war seit ca. 230 im Amt, vgl. Eus., h.e. VI, 26f. Firmilian bei Cypr., ep. 75,10,1 f. (geschrieben 256). 115 Firmilian macht keine näheren Angaben über die Art des Vorgehens. Da sein Bericht jedoch — anders als z.B. die Schilderung des Dionys von Alexandrien über die dortigen Ausschreitungen gegen die Christen i. J. 249 (Eus., h.e. VI, 41,1-8) — an keiner Stelle auf ein außergewöhnliches Vorgehen hindeutet und andererseits der damalige Statthalter Serenianus als ein „acerbus et dirus persecutor" erwähnt ist, erscheint mir die Annahme am nächstliegenden, daß damals Christen auf die übliche Weise angeklagt und verurteilt wurden. Vgl. Neumann S. 224; Vogt, RAC II Sp. 1183. us Orig., comment, in Matth. 39 (Klostermann S. 75): „scimus autem et apud nos terraemotum factum in locis quibusdam et factas fuisse quasdam ruinas, it,a ut qui erant impii extra fidem causam terraemotus dicerent Christianos — propter quod et persecutiones passae sunt ecclesiae et incensae sunt." Daß Origenes hier an die Vorgänge in Kappadozien und Pontus denkt, wird mit Recht allgemein angenommen; vgl. Neumann S. 223f.; Vogt, RAC II Sp. 1183; Frend S. 391 und besonders die ausführliche Erörterung der Stelle bei Clarke S. 450f. 117 Firmilian bei Cypr., ep. 75,10,2. 118 So mit Recht Clarke S. 450. 113

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einerseits spricht Euseb sehr klar von einer besonderen Verfolgung dieses Kaisers, und andererseits lassen sich kaum Spuren einer solchen erkennen. Angesichts dieses Befundes hat man verschiedentlich gemeint, Maximinus Thrax habe lediglich Vorsichtsmaßregeln treffen •wollen und seine Anordnung habe nur f ü r den Fall gegolten, daß die — von Severus Alexander begünstigten — Christen sich dem neuen Herrscher widersetzen sollten 119 . Oder man hat sich mit der Feststellung begnügt, daß der von Euseb mitgeteilte Verfolgungsbefehl anscheinend nicht strikt durchgeführt worden sei 120 . Doch scheint mir eine genauere Betrachtung der Quellen eine andere Lösung nahezulegen. Sieht man einmal von der Notiz des Euseb ab, so erscheint es allein aufgrund der übrigen Nachrichten nicht gerechtfertigt, Maximinus Thrax eine besondere Verfolgung zuzuschreiben. Die Deportation des Pontian und Hippolyt läßt sich leichter erklären, wenn man entweder an ein übliches Christenverfahren denkt 1 2 1 oder, was vielleicht wahrscheinlicher ist, an ein Eingreifen der stadtrömischen Behörden in den innergemeindlichen Streit zwischen Bischof und Gegenbischof 122 . In Kappadozien und Pontus führten lediglich lokale Ursachen zu einem Wiederaufleben von Christenprozessen. So bleibt nur die Tatsache, daß Origenes im Jahre 235 mit einer unmittelbar bevorstehenden Verfolgung rechnete, wie seine „exhortatio ad martyrium'" bezeugt. Da diese Schrift zugleich die wichtigste Quelle für Euseb Avar, auf die er seine Nachricht von einem besonderen Edikt des Maximinus Thrax gründete 123 , muß sie genauer befragt werden nach der Art und Weise, in der Origenes ein Vorgehen gegen die Christen erwartete. Diese läßt sich aiis den einzelnen Ermahnungen und Ratschlägen klar erkennen. Origenes rechnete mit einem Gerichtsverfahren 124 , in dem die angeklagten Christen aufgefordert würden, zu sagen ,,μή είναι Χριστιανός"125, ein Opfer darzubringen und bei der 119

Neumann S. 225-30, ihm folgt Hohl, R E X, 1 Sp. 862. So Moreau, Christenverfolgung S. 81; Frend S. 391; Kawerau S. 86. — Clarke kommt in seiner ausgezeichneten Untersuchung über die tatsächlich bekannten Opfer aus der Verfolgung des Maximinus Thrax immer wieder zu dem Ergebnis, daß die Notiz des Euseb sehr zweifelhaft ist, doch verzichtet er — von seiner Fragestellung her verständlich — auf ein abschließendes Gesamturteil. Vgl. besonders S. 447 f. 121 Es wäre dann statt der üblichen Todesstrafe die Deportation verhängt worden, was möglich war; s. o. S. 36f. 122 So Johannes Haller, Das Papsttum Bd. I, 1950, S. 29f. 123 Daß Euseb, der sich h.e. VI, 28 für die Datierung der Verfolgung auch auf andere, nicht erhaltene Schriften des Origenes beruft, in der Hauptsache von der Exhortatio ad martyrium abhängig ist, betont mit Recht Clarke S.446; anders Neumann S. 210. 124 Orig., exhortatio 6. 21. 125 Orig., exhortatio 40. 120

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τύχη des Kaisers zu schwören 12e . Für den Fall einer Weigerung erwartete er Folterungen und schließlich die Todesstrafe m . All diese Einzelheiten zeigen, daß Origenes an Christenprozesse dachte, die sich in nichts von dem aus dem zweiten Jahrhundert geläufigen Verfahren unterscheiden 128 . Nur an einer einzigen Stelle scheint er über das gewohnte Bild hinauszugehen, nämlich wenn er betont, daß in den Evangelien die Worte Jesu über das Martyrium nicht an die Menge, sondern nur an die Apostel gerichtet seien, und dann fortfährt: „auch wir müssen sie hören" 129 . Da mit diesem „wir" die Adressaten der Schrift, der Presbyter Protoktet und der Diakon Ambrosius, sowie der Presbyter Origenes selbst gemeint sind, scheint die Stelle anzudeuten, daß Origenes eine Verfolgung nur des Klerus erwartete 130 . Damit wäre die Notiz des Euseb gerechtfertigt. Doch läßt meines Erachtens der Zusammenhang der ganzen Schrift eine so weitreichende Interpretation der angeführten Stelle nicht zu. Es ist nämlich zu bedenken, daß die „exhortatio ad martyrium" sehr persönlich gehalten ist. Bei allen Gedankengängen hat Origenes stets nur seine beiden Freunde und sich selbst im Blick. Da sie alle dem Klerus angehörten, lag es nahe, vor allem auf die an die Apostel gerichteten Worte in den Evangelien hinzuweisen, um die besondere Verantwortung, die die Kleriker als Vorbilder f ü r ihre Gemeinden tragen, hervorzuheben. In der Tat dachte Origenes in dieser Richtung, wie andere Abschnitte seiner Schrift zeigen 131 . Dann aber reicht die angeführte Stelle aus der Exhortatio nicht aus, eine Verfolgung des Klerus durch Maximinus Thrax zu erweisen. Euseb hat eine solche aus der Schrift des Origenes erschlossen 132 . Doch da die Exhortatio selbst eine andere Interpretation nahelegt, nämlich daß Origenes lediglich ein Wiederaufleben von Christenprozessen nach der Art des zweiten Jahrhunderts erwartete, und da die übrigen erhaltenen Zeugnisse eine Verfolgung des Maximinus Thrax überaus unwahrscheinlich machen, ist die Notiz des 126

Orig., exhortatio 7. 17. 32. 40. Orig., exhortatio 22 (Foltern); 4. 21. 34 u. ö. (Todesstrafe). 129 So auch Neumann S. 219, vgl. auch S. 230. 129 Exhortatio 34. Origenes führt hier Mt. 10,5. 17-23 und Mt, 10,28-33 mit den synoptischen Parallelstellen an. Bevor er Mt. 10,28 zitiert, bemerkt er: καί ταϋτα δέ παρά τω Ματθαίω έπί μαρτύριον προτρεπόμενα ού προς άλλους ή τους δώδεκα εϊρηται. ών άκούειν και ήμας δεήσει . . . 130 So Neumann S. 212f. Folgt man dieser Interpretation, dann muß man einen besonderen Verfolgungsbefehl des Maximinus Thrax annehmen. Dieser wäre dann so zu beurteilen, wie Neumann selbst es in seiner grundlegenden Untersuchung getan hat: als eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, daß die Christen sich dem neuen Herrscher widersetzen sollten. Vgl. oben S. 56 A. 119. 131 Vgl. z.B. exhortatio 42. 132 Yg] Neumann S. 229 und Clarke S. 448, die ebenfalls damit rechnen, daß Euseb in der Formulierung des von ihm mitgeteilten Verfolgungsbefehls von der Exhortatio des Origenes abhängig ist. 127

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Euseb über ein Vorgehen gegen die άρχοντες των εκκλησιών als eine falsche Folgerung aus der „exhortatio ad martyrium" des Origenes zu beurteilen. Weshalb aber erwartete Origenes im Jahre 235, daß es in Palästina wieder zu Christenprozessen kommen würde, wenn er nicht um einen besonderen Verfolgungsbefehl des Maximinus Thrax wußte ? Die Antwort auf diese Frage scheint mir von dem lokal bedingten Vorgehen gegen die Christen in Kappadozien und Pontus ausgehen zu müssen. Origenes, der bereits damals mit dem kappadozischen Bischof Firmilian eng befreundet war 133 , wird durch ihn sehr bald von den dortigen Ereignissen erfahren haben — daß er sie kannte, bezeugt sein etwa zwölf Jahre später verfaßter Matthäuskommentar 1 3 4 — und angesichts dieser Nachrichten mit einem ähnlichen Ausbruch von Feindseligkeiten gegen die Christen auch in anderen Teilen des Reiches gerechnet haben. Solch eine Erwartung mochte um so näher liegen, als der Regierungsantritt des Maximinus Thrax einen spürbaren Wechsel in der Herrschaft mit sich gebracht hatte. Das orientalische Element, das unter den severischen Kaisern bestimmend gewesen war und die tolerante Haltung der Staatsgewalt den Christen gegenüber begünstigt hatte, war mit der Erhebung des Kommandanten der pannonischen Truppen zurückgedrängt worden 135 . Solch ein allgemeiner Umschwung konnte den offenen Ausbruch der christenfeindlichen Stimmung, die auch in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts in Teilen der Bevölkerung vorhanden war 136 , fördern und zu einer neuen Welle von Christenprozessen führen. — Sind diese Überlegungen richtig, dann läßt sich endgültig feststellen, daß es eine Verfolgung der Kirche unter Maximinus Thrax nicht gegeben hat. Vielmehr kam es während seiner Regierung nur gelegentlich wieder zu Christenprozessen, so sicher in Kappadozien und Pontus, wo eine Naturkatastrophe den Anlaß gegeben hatte, und möglicherweise in Rom, wo dann der innergemeindliche Streit zwischen Bischof und Gegenbischof eine Rolle gespielt haben dürfte. b) Das Fortdauern der Friedenszeit der Kirche Erweist sich die Notiz des Euseb über eine Verfolgung des Klerus als unhistorisch, so folgt daraus, daß die Regierung des Maximinus Thrax keinen grundsätzlichen Wandel in der Lage der Kirche herbeiführte. Vielmehr dauerte unter ihm ebenso wie unter den folgenden 133

Eus., h.e. VI, 27; vgl. Neumann S. 223 und Clarke S. 451. S. o. S. 55. Zum Datum der Abfassung des Matthäuskommentars vgl. Eus., h.e. VI, 36,2. iss Vgl, Vogt, RAC II Sp. 1183. 136 Auf sie ist im Zusammenhang der Vorgeschichte des decischen Opferediktes näher einzugehen, s. u. S. 78f. 134

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Soldatenkaieern bis zu Decius die Friedenszeit an, die die Herrschaft der Severer f ü r die Christen mit sich gebracht hatte. Das bestätigen zahlreiche Nachrichten, die bezeugen, daß alle Tendenzen, die das Leben der Kirche in severischer Zeit bestimmten, auch weiterhin wirksam blieben. Das Christentum breitete sich weiter aus 137 , der Besitz der Gemeinden in Form von Versammlungshäusern und Friedhöfen nahm zu, und auch die kirchliche Organisation konnte weiter ausgebaut werden 138 , ohne daß sich eine negative Reaktion der Staatsgewalt darauf erkennen ließe 139 . Den vorläufigen Höhepunkt der Entfaltung der Kirche brachte die Regierungszeit des Philippus Arabs, des unmittelbaren Vorgängers des Decius. Unter ihm trat, wie unter den Severern, das orientalische Element wieder in den Vordergrund. Der Kaiser selbst unterhielt enge Beziehungen zu den Christen 140 und begegnete ihnen mit großem Wohlwollen, so daß diese wenig später behaupteten, er sei persönlich ein Anhänger ihres Glaubens gewesen 141 . Doch da die Regierungsmaßnahmen des Kaisers solch einen Gedanken nicht nahelegen, dürfte diese Meinung lediglich die Toleranz widerspiegeln, der sich die Kirche damals erfreute 142 . Euseb berichtet, daß unter Philippus Arabs ,,der Glaube sich immer mehr ausbreitete und unsere Lehre überall freimütig verkündet wurde" 1 4 3 . Diese summarische Bemerkung kennzeichnet zutreffend die Lage der Kirche um die Mitte des dritten Jahrhunderts 1 4 4 . Überblickt man die Lage der Kirche in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts, so zeigt sich, daß der römische Staat in dieser Zeit die 137 Vgl. Orig., contra Celsum I, 43 (Schluß) und III, 9. Cypr., ep. 59, 10 (geschrieben 252) erwähnt eine Synode zu Lambaesis „ante multos fere annos", an der 90 afrikanische Bischöfe teilnahmen. Moreau, Christenverfolgung S. 73 datiert dieseSynode auf die Jahre um 240, Frend S. 397 denkt an die Zeit um 245. 138 Beides bezeugt für Rom der über pontificalis (zu Fabian), Duchesne S. 148. Vgl. allgemein zur Lage der Kirche in dieser Zeit Frend S. 397f., der weitere Belege anführt. 139 Da Eus., h.e. VI, 28 als unhistorisch entfällt, gibt es kein Anzeichen dafür, daß die Staatsgewalt in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts die kirchliche Organisation für gefährlich gehalten hätte. Ebenso urteilte schon Neumann S. 227, obwohl er an der Notiz des Euseb festhielt. 110 Vgl. Eus., h.e. VI, 36,3. 141 Dionys von Alexandrien (bei Eus., h.e. VII, 10,3) erwähnt Kaiser, „von denen man sagt, sie seien ganz offen Christen gewesen", womit Severus Alexander und Philippus Arabs gemeint sein müssen. Eus., h.e. VI, 34 nennt Philippus Arabs einen Christen. Weitere Belege sind aufgeführt und diskutiert bei Stein, R E X, 1 Sp. 768 ff. 142 So urteilt die Mehrzahl der Forscher, vgl. Stein, R E X , 1 Sp. 768ff.; Vogt, R A C I I Sp. 1183f.; Frend S. 397; Barnes, Legislation S. 43. Andere, z.B. Moreau, Christenverfolgung S. 83, meinen, Philippus Arabs sei heimlich Christ gewesen. Vgl. zur Diskussion dieser Frage Kretschmar S. 29. 143 h.e. VI, 36,1. 144 Zu den Ausschreitungen gegen die Christen in Alexandrien 249 s. u. S. 78 f.

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Christen faktisch tolerierte, ohne jedoch ihre Rechtslage zu verändern. Das alte Christenverbot blieb gültig, und es wurde auch noch gelegentlich wirksam, wenn — wie unter Septimius Severus und Maximinus Thrax — lokale Ursachen dazu führten, daß Christen angeklagt wurden. Doch verlor es in der Praxis weitgehend seine Bedeutung, da die Staatsgewalt, seit sie die Christen näher kennengelernt hatte, diese als Anhänger einer religiösen Sekte behandelte und ihnen dementsprechend die allen Kulten gegenüber beobachtete Toleranz gewährte mit all den Möglichkeiten, die sich für die Entfaltung der Kirche daraus ergaben. Erst unter Decius wandelte sich diese Lage. Mit ihm begann ein neuer Abschnitt im Verhalten des römischen Staates den Christen gegenüber.

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III. Das Opferedikt des Decius 1. Der Opferbefehl nach dem Zeugnis der Quellen a) Die Libelli Die kurze Regierung des Kaisers Decius (249-51) ließ über die Christen in allen Teilen des römischen Reiches eine Zeit schwerster Bedrängnis hereinbrechen. Durch ein Edikt, das ein allgemeines Opfer für die Götter des Staates anordnete, sahen sie sich einer Verfolgung ausgesetzt, die umfangreicher und systematischer war als alle früheren Maßnahmen der Staatsgewalt. Inhalt und Bedeutung dieses Opferbefehls, dessen Wortlaut nicht erhalten ist, konnten lange Zeit nur aus der christlichen Überlieferung erschlossen werden. Erst als seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts Opferbescheinigungen (Libelli) aus der Zeit des Decius bekannt wurden \ lagen römische und noch dazu amtliche Zeugnisse für die Religionspolitik dieses Kaisers vor. Sie korrigieren das von den christlichen Quellen gezeichnete Bild erheblich und müssen natürlich den Ausgangspunkt bilden, wenn die decische „Christenverfolgung" aus der Perspektive des römischen Staates betrachtet werden soll. Da alle erhaltenen Libelli nach demselben Schema aufgebaut sind und nur in den Formulierungen geringfügig voneinander abweichen, genügt es, ein Beispiel zu zitieren: (1. Hand)

(2. Hand)

Τοις έπί των θυσιών ήρημένοις παρά Αύρηλίας Χάριτος άπό κώμης Θε5 αδελφείας. Καί άεί μέν θύουσα καί εύσεβοϋσα τοις &εοΐς διατε-

τέλεκα και νϋν έπί παρόντων υμών 10 κατά τά προσταχθέντα έσπισα και έ'θυσα καί των ίερείων έγευσάμην καί άξιώ ύμας ΰποσημιώσασθαί μοι. 15 Διευτυχεΐται.

Αύρήλιοι Σερήνος καί Έρμας εΐδαμέν σε θυσιάσοντα.

1 Der erste Libellu3 — es handelt sich um jenen aus Alexandru Nesos, Meyer Nr. 21 — wurde 1893 von Krebs in den Sitzimgsberichten der Preußischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht. In den folgenden Jahrzehnten wurden rasch weitere bekannt, so daß sich ihre Zahl bis 1923 auf 41 erhöhte. (Gedruckt bei: John R. Knipfing: The Libelli of the Decian Persecution, Harvard Theol. Review 16,4 [1923], S. 345-90; deutsch bei Bludau S. 2-14.) Seitdem ist noch ein weiteres Exemplar hinzugekommen, publiziert von J . Schwartz in: Revue Biblique 54, 1947, S. 365-69.

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(3. Hand) (1. Hand)

ΕΡΜ ΣΕΣΗΜ ("Ετους) α* Αύτοκράτορος Καίσαρος 20 Γαίου Μεσσίου Κυίντου Τραϊανού Δεκίου Εύσεβοϋς Εύτυχοϋς Σεβαστού Παϋνι κβ. 2

(An die zur Überwachung der Opfer gewählte Kommission von Aurelia Charis aus dem Dorfe Theadelphia. Immer habe ich den Göttern geopfert und ihnen meine Verehrung bezeugt, und auch jetzt brachte ich in eurer Gegenwart gemäß der Verordnung Trank- und Tieropfer dar und kostete vom Opferfleisch, und ich bitte euch, mir das zu bescheinigen. Lebt wohl. (2. Hand): Wir, Aurelius Serenus und Aurelius Hermas, sahen dich opfern. (3. Hand): Ich, Hermas, bescheinige es. (1. Hand:) Im ersten J a h r des Imperator Caesar C. Messius Q. Traianus Decius Pius Felix Augustus, am 16. Juni.) Was sagen die Libelli aus über die Politik des Decius? Zunächst einmal bezeugen sie, daß es ein besonderes Edikt gab (κατά τά προσταχθέντα). Damit ist die juristische Form der Maßnahme, die dieser Kaiser ergriff, nicht mehr zweifelhaft. Inhalt seines Ediktes war der Befehl, ein Opfer darzubringen und an einem Opfermahl teilzunehmen: σπένδειν καί θύει-j και των ίερείων γεύεσθαι. Die Götter, die auf diese Weise verehrt werden sollten, werden in den Libelli nicht näher bezeichnet; zweifellos sind aber die di publici populi Romani gemeint 3 . Ferner war angeordnet, daß das Opfer vor einer eigens dazu eingerichteten Kommission dargebracht werden mußte, die dann darüber eine Bescheinigung ausstellte. An wen sich Decius mit seinem Edikt wandte, läßt sich aus dem Kreis der Personen erkennen, denen in den erhaltenen Libelli der Vollzug des Opfers bescheinigt wird. Es sind dies Männer und Frauen jeden Alters 4 und daneben auch Kinder 5 . In der Regel opferte die ganze Familie gemeinsam und erhielt gemeinsam das Zeugnis darüber ausgestellt 6 . Da die Libelli keinerlei Anzeichen dafür enthalten, daß 2

Paul M. Meyer S. 7f. (Libellus Nr. 6). Liesering S. 19. 4 Aus Alexandru Nesos ist ein Libellus für einen 72jährigen Mann erhalten. (Berliner griechische Urkunden Nr. 287 = Meyer Nr. 21.) 5 Die Teilnahme von Kindern am Opfer bezeugen z.B. die Libelli Meyer Nr. 2 und Meyer, Griechische Texte Nr. 15 (hier werden sogar unmündige Kinder erwähnt), 16 und 17. 6 Manchmal ist auf solchen Libelli in der Eingabe nur der Hausvorstand genannt, daß sie aber für die ganze Familie galten, zeigt dann die Bescheinigung: . . . εϊδαμεν ύμας θυσιάζοντας. So z.B. der Libellus Meyer Nr. 11. Vgl. Meyer S. 20. 3

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die Opfernden etwa nur in ganz bestimmten Gruppen der Bevölkerung zu suchen wären, f ü h r t ihre Betrachtung zu dem Ergebnis, daß das Edikt des Decius alle Bewohner der Reiches betraf. Ferner deutet der Umstand, daß auch Frauen und Kinder an den geforderten Kulthandlungen teilzunehmen hatten, was nach römischem Brauch nur bei Supplikationen üblich war 7 , darauf hin, daß Decius solch ein allgemeines Bittopfer, das von der gesamten Reichsbevölkerung f ü r die Götter des Staates darzubringen war, veranstalten wollte. Diese Vermutung bestätigt auch ein Libellus aus Arsinoe, der f ü r eine Priesterin des ägyptischen Krokodilgottes Petesuchos und anderer dort verehrter Gottheiten ausgestellt ist 8 . Denn daß auch sie dem decischen Opfergebot nachkommen mußte, läßt sich nur verstehen, wenn damit eben eine reichsweite Supplikation angeordnet werden sollte. Ein Satz ist bisher noch unbeachtet geblieben, der sich in jedem Libellus vor der Erklärung des Petenten findet, daß er das geforderte Opfer ordnungsgemäß dargebracht habe. Es ist das Bekenntnis, die Götter des Staates immer in gebührender Weise verehrt zu haben: άεί μεν θύουσα και εύσεβουσα τοις θεοΐς διατετέλεκα. Diese Formel wird sicher auf den Wortlaut des Ediktes selbst zurückgehen, sei es nun, daß dieses direkt forderte, solch ein Bekenntnis auszusprechen, oder daß es die Bedeutung des Opfers in dieser Weise bestimmte. In jedem Falle gibt der Satz einen wichtigen Hinweis auf die Ziele, die der Kaiser mit seinem Edikt verfolgte: Es ging ihm darum, daß die gesamte Reichsbevölkerung ihre Loyalität den Göttern des Staates gegenüber bekundete. Welche Konsequenzen sich daraus f ü r die Beurteilung der Politik des Decius ergeben, wird später darzulegen sein. Faßt man die Aussagen der Libelli zusammen, so lassen sie das Opferedikt des Decius als eine religionspolitische Maßnahme verstehen, die die gesamte Reichsbevölkerung betraf. Alle sollten ohne Unterschied ihre Verehrung f ü r die di publici populi Romani bekunden. Dieser positive Sinn wird dem angeordneten Opfer ausdrücklich beigelegt. Dagegen lassen die Libelli an keiner Stelle erkennen, daß mit dem Edikt negativ irgendein Kult oder irgendeine Religion bekämpft werden sollte. Gefordert war nicht mehr und nicht weniger als die Loyalität aller Bewohner des Reiches gegenüber den Staatsgöttern.

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Liesering S. 27 und S. 38, Freudenberger S. 121. Libellus Meyer Nr. 23. In der Eingabe heißt es: ,,. . . παρά Αΰρηλίας Άμμω|Μοϋτος Μύστου ίερε|ρείας (sic!) Πετεσούχου θεοϋ | μεγάλου μεγάλου (sic !) άειζώου | καϊ των έ[ν Μ]οήρει θεών . . ." Zu der Bedeutung, die diesem Libellus als Korrektur der christlichen Überlieferung zukommt, s. u. S. 65f. 8

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b) Die christliche Überlieferung Wenn nun die christliche Überlieferung 9 befragt werden soll, was sie über die Religionspolitik des Decius aussagt, so kann das nur geschehen, indem man sich zunächst die Eigenart dieser Quellen vergegenwärtigt. Dabei ist zu betonen, daß die kirchlichen Schriftsteller verständlicherweise nicht daran interessiert sind, ein vollständiges Bild von der Politik des Staates zu geben, sondern daß sie von ihr nur insoweit sprechen, als sie selbst davon betroffen wurden. Dabei stellen sie die einzelnen Maßnahmen natürlich in der Weise dar, wie sie ihnen aus ihrer Perspektive, d. h. von ihrem Glauben her erscheinen mußten. Um ihre Aussagen richtig auswerten zu können, muß man deshalb von den Ergebnissen ausgehen, die durch die Interpretation der Libelli gewonnen wurden, und sich erst einmal klarmachen, was ein allgemeiner Opferbefehl f ü r Christen bedeuten mußte. Für sie war der Vollzug eines Opfers, das den römischen Göttern dargebracht wurde, gleichbedeutend mit der Verleugnung ihres Glaubens; ein entsprechendes Gebot mußten sie deshalb als gegen das Christentum gerichtet verstehen. Wenn sie also von einer Verfolgung sprechen, die das Ziel hatte, die Kirche zu vernichten und den christlichen Glauben auszurotten, so darf man darin zunächst nicht mehr als ihre Interpretation des von den Libelli bezeugten Opferediktes sehen, und es ist gar nicht von vornherein sicher, daß dieses ihr Verständnis die Politik der Staatsgewalt richtig erfaßt hat 1 0 . Ähnliches gilt auch f ü r Einzelheiten, die von den christlichen Quellen mitgeteilt werden. Wenn ζ. B. Cyprian von jenen fünf Männern spricht, die den Behörden beigegeben waren, „ut fidem nostram s u b r u e r e n t " n , so ist klar, daß er von der Kommission spricht, deren Aufgabe nach den Libelli die Beaufsichtigung der Opfer war, sich demnach — vom Staat aus betrachtet — keineswegs besonders auf den christlichen Glauben bezog. Man muß also bei der Auswertung der christlichen Überlieferung stets sehr genau fragen, wieweit ihre Aussagen von der kirchlichen Interpretation bestimmt sind. Betrachtet man unter dieser Voraussetzung die christlichen Quellen, so bestätigen sie zunächst weithin das Bild, das sich aus den Libelli ergibt. Auch sie wissen um ein kaiserliches Edikt 1 2 , das den Vollzug 9

Die wichtigsten Quellen von christlicher Seite sind die Briefe Cyprians sowie seine Predigt de lapsis und die Briefe des Dionys von Alexandrien, die Euseb in seiner Kirchengeschichte in Auszügen mitteilt. 10 Die damit angesprochene Frage kann erst in dem Abschnitt, der die Motive und Ziele der kaiserlichen Politik untersucht, geklärt werden; s. u. den Abschnitt III, 2 und besonders S. 79 ff. 11 Cypr., ep. 43,3. 12 Dionys von Alexandrien (bei Eus., h.e. VI, 41,1 und 10) erwähnt ein πρόσταγμα βασιλικόν als Grundlage der Verfolgung unter Decius. Von einem 64

eines Opfers und Teilnahme an einem Opfermahl anordnete. Daß dies gefordert war, geht z.B. aus einem Brief hervor, den römische Bekenner an Cyprian schrieben. Dort wird als Aufgabe der gefallenen Christen, d. h. derjenigen, die dem Befehl des Kaisers gehorcht hatten, genannt, sie müßten „ihre durch ein gottloses Opfer besudelten Hände" und „den durch frevle Speisen befleckten unglücklichen Mund" reinigen 1S. Da die christliche Überlieferung oft konkret sagt, daß es um den Vollzug eines Opfers ging, muß man alle Stellen, die von einem Bekennen oder Verleugnen des Glaubens sprechen, als Interpretation des Opfergebotes verstehen 14 . Man kann aus ihnen also nicht erschließen, daß Decius von den Christen ein ausdrückliches Abschwören ihres Glaubens gefordert habe. Das geht auch nicht aus einigen Bemerkungen bei Dionys und Cyprian hervor, nach denen Christen von den Beamten aufgefordert wurden, bestimmte „gotteslästerliche" Worte auszusprechen 15 . Vielmehr wird man hier an die Erklärung, stets die Götter gebührend verehrt zu haben, denken müssen, die sich auf jedem Libellus findet. Wenigstens gelegentlich wurde also das Aussprechen solch eines Bekenntnisses neben dem Vollzug des Opfers von den Behörden gefordert. Ob das allerdings regelmäßig geschah und also durch das decische Edikt selbst geboten war, läßt sich meines Erachtens aufgrund der genannten Stellen in der christlichen Überlieferung nicht eindeutig entscheiden, ebensowenig wie dies aus der Formulierung der Libelli zweifelsfrei hervorgeht1®. Fragt man, wer von dem Opfergebot betroffen war, so stimmen die christlichen Quellen mit den Libelli noch darin überein, daß Männer, Frauen und Kinder, ja sogar Säuglinge opfern mußten 17 , aber sie sagen an keiner Stelle ausdrücklich, daß die gesamte Reichsbevölkerung dazu aufgefordert war. Vielmehr erwecken sie den Eindruck, als habe sich das decische Edikt nur an die Christen gerichtet. Doch gerade in diesem Punkt hat die kirchliche Tradition durch das Zeugnis der Libelli eine entscheidende Korrektur erfahren. Denn spätestens jenes Exemplar aus Arsinoe, das für die Petesuchos-Priesterin Aurelia Ammonus ausgestellt ist 18 , zeigt einkaiserlichen „edictum" spricht auch Cypr., laps. 27. Zu den in Cyprians Briefen erwähnten mehreren Gesetzen oder Edikten s. u. S. 66-69. 13 Cypr., ep. 31,7. Sehr viele Stellen in den christlichen Quellen sprechen vom Opfern, vgl. z.B. noch Cypr., laps. 2. 15; ep. 55,13; Eus., h.e. VI, 41,11 f. 11 Vgl. z.B. Eus., h.e. VI, 41,15 und Cypr., laps. 3. Daß das Ableugnen des Glaubens nichts anderes meint als den Vollzug des Opfers, zeigt deutlich Cypr., laps. 8. " Eus., h.e. VI, 41,18 und Cypr., laps. 8. 24. 18 Vgl. oben S. 63. Anders Liesering S. 19 und S. 22, Lietzmann S. 165 und Vogt, SB Heidelberg S. 21, die mit einer allgemein geforderten Erklärung rechnen. 17 Cypr., ep. 55,13; 6,3; laps. 2. 9. 25; Eus., h.e. VI, 41,14-23. 18 Libellus Meyer Nr. 23, s. o. S. 63 mit A. 8. 65

deutig, daß auch Nichtchristen von dem Opfergebot betroffen waren. Zwar hat man verschiedentlich versucht, diesen Libellus im tSinne der kirchlichen Überlieferung zu interpretieren und angenommen, jene Priesterin sei irgendwie in den Verdacht geraten, Christ zu sein, und habe deshalb opfern müssen 19 , doch bleiben alle diese Versuche gekünstelt. Eine ungezwungene Deutung des Textes ergibt vielmehr, daß Aurelia Ammonus als ausübende ägyptische Priesterin das Opfer vollziehen mußte, und daraus folgt, daß das Edikt des Decius sich an die gesamte Reichsbevölkerung, nicht etwa nur an die Christen richtete 20 . Die kirchliche Tradition bestätigt nicht nur, was die Libelli über die Religionspolitik des Decius aussagen, bzw. muß sich von deren genaueren Angaben her korrigieren lassen, sondern sie bietet darüber hinaus auch einige nicht unwesentliche Ergänzungen. Das gilt einmal f ü r die Frage der Chronologie. Während die Libelli, jedenfalls soweit das auf ihnen angegebene Datum erhalten ist, alle in die Zeit zwischen dem 12. Juni und dem 14. Juli 250 fallen, sagen die christlichen Quellen, daß Decius bereits im Herbst 249 die „Verfolgung der Kirche" begann. So berichtet Dionys, daß kurz nach dem Wechsel in der Herrschaft (βασιλείας μεταβολή), d. h. nach dem Sieg des Decius über Philippus Arabs, ein kaiserliches Edikt in Alexandrien eintraf, das die Christen in schwere Bedrängnis brachte 2 1 ; und Cyprian schrieb Ende 250 einen Brief an Bekenner in Rom, die schon ein volles J a h r eingekerkert waren 22 . Beide Stellen bezeugen ein Vorgehen des Staates gegen die Christen bereits für den Herbst 249, f ü r die Zeit gleich nach dem Regierungsantritt des Decius. — Ferner geht es über die Angaben der Libelli hinaus, wenn einige Stellen in den Briefen Cyprians nicht nur ein kaiserliches Edikt, sondern mehrere gesetzliche Bestimmungen erwähnen 23 . Man hat aus ihnen sowie aus der unterschiedlichen Zeitangabe in den Libelli und in der christlichen Überlieferung verschiedentlich weitreichende Folgerungen f ü r die Beurteilung der 19

So zuletzt Bludau S. 39. Diese Frage dürfte Liesering S. 20f. endgültig entschieden haben. Vgl. auch S. 21-29, wo Liesering mit Recht hervorhebt, daß alle Einzelheiten, die Cyprian und Dionys von Alexandrien über die Durchführung des decischen Ediktes mitteilen, sich ohne Schwierigkeiten in das Bild eines allgemeinen Opferbefehls einfügen, ja daß ihre Aussagen oft erst in diesem Rahmen recht verständlich werden. Diese Beobachtung zeigt noch einmal, daß es unmöglich ist, gestützt auf die kirchliche Tradition das eindeutige Zeugnis der Libelli in Frage zu stellen und eine nur an die Christen gerichtete Maßnahme anzunehmen. 21 Eus., h.e VI, 41,9f.; vgl. Lact., mort. 4,2. 22 Cypr., ep. 37,2. 23 ep. 30,3 (Brief des römischen Klerus an Cyprian): propositis adversum evangelium vel edictis vel legibus; 31,3 (Brief römischer Bekenner an Cyprian): humanis et sacrilegis legibus; 31,δ: nefarias contra veritatem leges; 55,9: edicta feralia. 20

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Religionspolitik des Decius gezogen. So hat man z.B. angenommen, der Kaiser habe neben dem Opferedikt besondere Verfügungen gegen die Christen erlassen. Auf diese Weise sei es am besten zu erklären, daß anfangs vor allem die Bischöfe von den Maßnahmen des Staates betroffen wurden24. Oder man hat die Meinung vertreten, daß Decius gleich nach seinem Regierungsantritt Verfolgungsmaßnahmen gegen den hohen Klerus eingeleitet, den Generalangriff gegen die Kirche jedoch erst im Juni 250 mit seinem Opferedikt begonnen habe 25 . Diese Interpretationsversuche scheinen mir jedoch den Quellen nicht gerecht zu werden. Denn nirgendwo lassen diese erkennen, daß die Maßnahmen gegen die Christen im Sommer 250 in ein neues Stadium eingetreten wären. Eine ungezwungene Betrachtung der Überlieferung muß vielmehr zu dem Schluß führen, daß auch die Christen, die bereits Ende 249 und Anfang 250 eingekerkert oder hingerichtet wurden, mit dem Opferedikt in Konflikt geraten waren. Sicher befanden sich unter ihnen viele Kleriker26, denn zunächst werden sich die Behörden vor allem an sie gewandt haben, wie Dionys das für Alexandrien bezeugt 27 . Aber es waren auch von Anfang an Laien unter den Bekennern, z.B. jener Celerinus, von dem Cyprian sagt, er habe als erster in Rom seinen Glauben standhaft bezeugt, und der erst nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in den karthagischen Klerus aufgenommen wurde28. Von einem anfänglich nur gegen die Spitze der Kirche gerichteten Vorgehen des Staates kann deshalb nicht die Rede sein 29 . Dann aber 24 Liesering S. 31 f. Eine nähere Bestimmung dieser Verfügungen hält er allerdings f ü r unmöglich (S. 32). 25 So Alföldi, Klio 1938 S. 323f. I h m folgen Moreau, Christenverfolgung S. 85f. und auch Frend S. 406f., der jedoch stärker die Schwierigkeiten sieht, die dieser Annahme entgegenstehen. So rechnet er mit Übergängen zwischen den beiden Phasen u n d geht davon aus, daß der allgemeine Opferbefehl nicht erst im Sommer 250 aus Anlaß des dies imperii erlassen wurde (so Alföldi S. 333 und Moreau), sondern bereits im Februar 250. 26 So z.B. der römische Bischof Fabian, der a m 20. J a n . 250 hingerichtet wurde (Eus., h.e. VI, 39,1; D a t u m nach der depositio m a r t y r u m des Chronographen vom J a h r e 354, Mommsen, Chronica minora Bd. I S. 71), u n d Bischof Babylas von Antiochien, der a m 24. J a n . 250 im Gefängnis starb (Eus., h.e. VI, 39,4; zur Datierung vgl. Frend S. 406 mit A. 113, der auf ein syrisches Martyrologium verweist). Da Euseb selbst keine genaueren Zeitangaben macht, ist nicht sicher, ob die weiteren in h.e. VI, 39 mitgeteilten Martyrien ebenfalls in diese frühe Zeit fallen. 27 Eus., h.e. VI, 40,2. Die Stelle zeigt, daß die Staatsgewalt die kirchliche Organisation kannte — was nach den engen K o n t a k t e n zu den Christen in den voraufgegangenen Jahrzehnten ohnehin vorauszusetzen ist. Sie k a n n jedoch nicht erweisen, daß sich das Vorgehen des Decius besonders gegen diese Organisation gerichtet hätte. 28 Cypr., ep. 39,1 f. 29 Auch die von Alföldi, Klio 1938 S. 323, herangezogene Stelle Cypr., ep. 55,9 (,,eo tempore, cum tyrannus infestus sacerdotibus Dei fanda atque infanda comminaretur") kann das nicht erweisen, da aus dem Zusammenhang

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bleibt einzig wahrscheinlich die Annahme, daß auch den ersten Maßnahmen gegen die Christen das Opfergebot zugrunde lag. Daß Decius dieses bereits am Anfang seiner Regierung erließ, scheint mir mit Sicherheit der Bericht des Dionys über die Vorgänge in Alexandrien zu erweisen, denn mit dem von ihm erwähnten πρόσταγμα βασιλικόν kann nur das Opferedikt gemeint sein30. Auch legen die Quellen nirgends die Vermutung nahe, daß das Vorgehen des Decius auf irgendwelchen besonderen gegen die Christen erlassenen Gesetzen beruht hätte. Unter den in den Briefen Cyprians genannten edicta oder leges wird man — sofern jene Stellen nicht einfach rhetorische Umschreibung für das Vorgehen des Staates sind — einzelne Verordnungen verstehen müssen, die die Ausführung des Opfergebotes regelten 31 . Daß es solche Bestimmungen gab, erweist ein Brief Cyprians, der bezeugt, daß die Opferkommissionen durch eine derartige Verfügung eingesetzt wurden. Er spricht von „quinque primores illi, qui edicto nuper magistratibus fuerant copulati, ut fidem nostram subruerent" 32 . Da der Brief im Frühjahr 251 geschrieben wurde, kann das genannte edictum, das ja erst „kürzlich" erlassen war, nicht das Opferedikt selbst sein, sondern nur eine spätere Ausfülirungsbestimmung. Von hier aus läßt sich vielleicht auch das späte Datum der Libelli erklären. Offenbar wurde das Opferedikt anfangs nicht überall streng durchgeführt, so daß Decius sich genötigt sah, ergänzende Bestimmungen zu erlassen. Sie werden — wie später während der diocletianischen Verfolgung ähnliche Befehle des Maximinus Daia — jeweils ein verschärftes Vorgehen der Behörden bewirkt haben. So darf man annehmen, daß sich auch im Fajum, aus dem alle erhaltenen Libelli stammen, die Durchführung des Ediktes zunächst verzögerte, bis ein weiterer Befehl des Kaisers, möglicherweise derjenige, der die Bildung besonderer Opferkommissionen anordnete, eintraf 33 . Findet sich also in den Quellen nirgends ein zwingender Hinweis auf besondere gegen die Christen erlassene Gesetze, so folgt daraus, daß unter Decius das Verhalten des römischen Staates den Christen gegenüber allein durch eindeutig hervorgeht, daß Cyprian, hier an die Zeit nach dem Amtsantritt des römischen Bischofs Cornelius (April 261) denkt. Sieht man ferner, daß Cyprian in ep. 55 einem Amtskollegen Auskunft über einen anderen Bischof (Cornelius) erteilt, d. h. daß es in dem ganzen Brief um Probleme des Klerus geht, so wird es vollends tinmöglich, aus der genannten Bemerkung über die Lage der „sacerdotes Dei" ein besonders gegen die Spitze der Kirche gerichtetes Vorgehen des Decius abzuleiten. 30 Eus., h . e . V I , 41,9ff. 31 So Meyer S. 18; Bludau S. 29; Gross, RAC III Sp. 624. 32 Cypr., ep. 43,3. Zur Interpretation vgl. Meyer S. 21; Wittig, R E XV, 1 Sp. 1282; Liesering S. 15. 33 So Wittig, R E XV, 1 Sp. 1282; vgl. auch Gross, RAC III Sp. 624. 68

das Opferedikt bestimmt war. Von ihm sind die Verfolgungsmaßnahmen herzuleiten, denen sich die Kirche ausgesetzt sah. Eine wichtige Ergänzung der Aussagen der Libelli bietet die christliche Überlieferung ferner, indem sie über die Behandlung der Opferverweigerer Auskunft gibt. Gerade dadurch ermöglicht sie wichtige Rückschlüsse auf die Absichten, die Decius mit seinem Edikt verfolgte. Wie man gegen diejenigen verfuhr, die dem kaiserlichen Gebot nicht nachkommen wollten, läßt sich an den überlieferten Schicksalen vieler Christen ablesen. Wenn sie innerhalb einer festgesetzten Frist nicht von sich aus vor der Behörde erschienen waren, wurden sie gewaltsam vorgeführt und zum Opfern aufgefordert 34 . Weigerten sie sich, wurden sie in der Regel zunächst eingekerkert. Im Gefängnis hatten sie dann zahlreiche Martern zu ertragen, die ihren Gehorsam doch noch erzwingen sollten. Erst wenn sie nach verschiedenen Verhören und wiederholten Folterungen sich immer noch weigerten, das geforderte Opfer darzubringen, kam es zu Hinrichtungen 36 . Die Behörden verfuhren allerdings nicht streng auf die angedeutete Weise. Nicht immer wurden alle genannten Maßnahmen angewandt, und zum Teil auch nicht in derselben Reihenfolge 38 . Manchmal wurden auch standhafte Christen mit Verbannung bestraft bei gleichzeitiger Konfiskation ihrer Güter 37 . J a , es kam sogar vor, daß einige, auch wenn sie nicht geopfert hatten, wieder freigelassen wurden. Schon im Frühjahr 250 müssen in Karthago mehrere Bekenner aus dem Gefängnis entlassen worden sein, wie ein an sie gerichteter Brief Cyprians zeigt 38 ; und auch in Rom, Alexandrien und Palästina kam es mindestens vereinzelt zu Freilassungen 39 . Zeigt also das Vorgehen der Behörden im einzelnen manche Unterschiede, so ist es im Kern doch einheitlich. Immer ging es darum, die Widerstrebenden zum Opfern zu zwingen. Zu diesem Zweck wurden zunächst mildere, dann härtere Strafen angewandt. Erst wenn alle Maßnahmen erfolglos blieben, wurde gleichsam als letztes Mittel die Todesstrafe verhängt 4 0 . 34 Von einer bestimmten Frist, in der geopfert werden mußte, spricht Cypr., laps. 2f., anschließende gewaltsame Vorführung bezeugt laps. 8; Eua., h.e. VT, 41,15. 35 Einkerkerung bezeugen Cypr., ep. 5f.; Eua., h.e. VI, 39 und 41,13; Folterung Eus., h.e. VI, 39,5 und 41,13; Cypr., lape. 13; vgl. ep. 37,1; Hinrichtungen Cypr., ep. 40; Eus., h.e. VI, 41,15-23. Aus dem Gesamtbild der christlichen Uberlieferung ergibt sich, daß der Vollstreckung des Todesurteils meistens die anderen Strafmaßnahmen vorangingen. 36 Vgl. die bei Eus., h.e. VI, 41,15-23 geschilderten Martyrien. " Cypr., ep. 13,4; 19,2; 24; 38,1. 38 Cypr., ep. 13. 39 Cypr., ep. 37,1; Eus., h.e. VI, 41,20 und 39,5. 40 Vgl. Wittig, R E XV, 1 Sp. 1283; Bludau S. 29; Lietzmann S. 166; Vogt, RAC II Sp. 1185f.; Gross, RAC III Sp. 625.

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Die Maßnahmen, die nach dem Zeugnis der christlichen Quellen unter Decius gegen Opferverweigerer ergriffen wurden, zeigen, daß der Kaiser entschlossen war, sein Gebot gegen jeden Widerstand durchzusetzen, notfalls mit Zwangsmitteln. Darüber hinaus lassen sie jedoch keine besondere Spitze gegen die Kirche mit ihrer Organisation oder gegen den christlichen Glauben erkennen. Sie richteten sich lediglich gegen den Einzelnen, der sich dem kaiserlichen Befehl widersetzte. Ferner waren sie nicht darauf angelegt, bestimmte Personen oder Gruppen zu liquidieren, sondern sie verfolgten nur den einen Zweck, die Widerstrebenden doch noch zum Opfern zu zwingen. Das entspricht ganz dem von den Libelli bezeugten allgemeinen Charakter des Ediktes, das ja Christen wie Nichtchristen in gleicher Weise betraf. Von allen forderte Decius Loyalität gegenüber den Göttern des Staates, und er war, wie die Strafmaßnahmen zeigen, entschlossen, sie notfalls zu erzwingen. 2. Motive und Ziele der kaiserlichen

Politik

Nachdem die Interpretation der Überlieferung gezeigt hat, daß das Vorgehen des römischen Staates gegen die Christen unter Decius allein auf dem Opfergebot beruhte, und nachdem dargelegt worden ist, was die Quellen über den Inhalt des Ediktes aussagen, kann nun untersucht werden, welche Motive die Politik des Kaisers bestimmten und welche Absichten er verfolgte. Das Problem spitzt sich zu auf die Frage, welchen Sinn das geforderte Opfer haben sollte. F ü r die Christen war es gleichbedeutend mit der Verleugnung ihres Glaubens. Sie konnten deshalb in dem Opferedikt nur einen Versuch erblicken, sie zum Abfall vom Christentum zu zwingen, und so haben sie von dem Vorgehen des Staates nie anders gesprochen als von einer nur gegen sie, gegen ihren Glauben und ihren Gott gerichteten Maßnahme. Sehr eindrücklich f a ß t die Einleitung zu den Akten des Maximus dieses Verständnis in einem Satz zusammen: „Decius imperator volens opprimere vel superare legem Christianorum, decreta constituit per universum orbem, ut omnes Christiani recedentes a deo vivo et vero daemoniis sacrificarent, qui vero noluissent, suppliciis subiacerent." 4 1 Diese 41 Akten des Maximus 1,1; Schwerd S. 40 („Da Kaiser Decius die christliche Lehre unterdrücken oder besiegen wollte, erließ er für den ganzen Erdkreis geltende Gesetze, daß alle Christen von dem lebendigen und wahren Gott abfallen und den Dämonen opfern sollten und daß diejenigen, die das nicht wollten, schweren Strafen verfallen sollten.") — Die Frage der Echtheit ist für den vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend. Doch geben die Akten im ganzen den Gang der Verhandlung so wieder, wie er für die Zeit des Decius zu erwarten ist. Lediglich der Abschnitt 1,7-9 hebt sich als Interpolation heraus. Dieses Stück wurde eingefügt, um den Bericht über das Verfahren mit der kirchlichen Auffassung, nach der von dem Opferedikt nur die Christen betroffen waren, in Einklang zu bringen.

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Interpretation der Politik des Decius, die sich natürlich in allen christlichen Quellen findet, hat auch die neuere Forschung bis in die jüngste Zeit hinein entscheidend beeinflußt. Nachdem die ägyptischen Libelli bekannt geworden waren, hat man zwar allgemein gesehen, daß Decius von allen Bewohnern des Reiches den Vollzug eines Opfers f ü r die römischen Götter forderte, aber doch daran festgehalten, daß die eigentliche Absicht dieser Maßnahme gewesen sei, die christliche Religion, die sich immer stärker ausbreitete, sowie die immer deutlicher hervortretende organisierte Kirche vernichtend zu treffen. So sagt z.B. Lietzmann, nachdem er den Inhalt des Opferediktes dargelegt h a t : „Aber dieser Verordnung stand es an der Stirn geschrieben, daß sie eigentlich einen negativen Zweck hatte: es sollten die widerspenstigen Christen im ganzen Reich ermittelt und unschädlich gemacht werden, und man gab sich der Hoffnung hin, durch Drohungen die überwiegende Mehrzahl der Staatsreligion wieder zuzuführen." Mit diesem Versuch, die Christen wieder f ü r den Staatskult zu gewinnen, beabsichtigte Decius nach Lietzmann „die Vernichtung der gefährlichen Religion von innen heraus" 4 2 . Kaum wesentlich anders lautet das Urteil mancher Profanhistoriker. Sie sehen zwar stärker die Notwendigkeit, das im Edikt angeordnete Opfer aus dem Zusammenhang des römischen Denkens heraus zu verstehen als einen Akt der Verehrung der Götter oder der Huldigung f ü r den Kaiser, aber dann bleiben sie doch dabei, daß daneben der Kampf gegen das Christentum ein wichtiges oder gar das entscheidende Ziel der kaiserlichen Politik gewesen sei. So kommt Liesering in seiner grundlegenden Untersuchung zu dem Ergebnis, „daß das Edikt — neben dem Versuch, die Verehrung der römischen Staatsgötter wieder zu beleben —, vor allem ein Vorstoß gegen die Christen war und sein wollte" 43 , und zwar ein Vorstoß, der „die Vernichtung der christlichen Kirche" zum Ziel hatte 4 4 . Nach Vogt wollte Decius die Christen zur „Absage an unerlaubte Götter" und zur „Rückkehr zur alten Religion" zwingen 45 , und Heuß meint, die Absicht des Kaisers sei es gewesen, „die Christen in einer großen Aktion, welcher niemand entgehen konnte, vor die 42

Lietzmann S. 165; vgl. auch Caspar S. 58 und Ehrhard S. 63, die beide den Akzent auf das Vorgehen gegen die kirchliche Organisation legen. — Wie wenig hier die Erkenntnis, daß das Opfergebot auch für Nichtchristen galt, das Urteil über die Politik des Decius beeinflußt hat, kann ein Vergleich mit Bludau zeigen, der noch von einer Beschränkung des Ediktes nur auf die Christen ausging. Er sagt: „Dem Gesetzgeber muß es bekannt gewesen sein, daß ein Christ, der geopfert hatte, von der Gemeinde ausgeschlossen wurde. Indem er nun alle Christen zum Opfern zu zwingen gedachte, hoffte er, Christus seiner Anhänger zu berauben. Die Kirche sollte aufhören zu existieren 1 ' (S. 37f.). 43 Liesering 8. 31. Ganz ähnlich Wittig, R E XV, 1 Sp. 1279. 44 So Liesering in der Zusammenfassung S. 63. 45 Vogt, SB Heidelberg S. 21 f., ebenso schon in RAC II Sp. 1185. 71

Alternative zu stellen, entweder durch Opferung ihrem Glauben zu entsagen oder bei obstinater Weigerung der Exekution zu verfallen". Deshalb sieht er hinter dem decischen Edikt den Plan, „den gesamten Staatsapparat gegen das Christentum einzusetzen und es damit tödlich zu treffen" 46 . Mit der dargelegten kirchlichen Beurteilung der Politik des Decius lassen sich jedoch manche Eigentümlichkeiten der Quellen nicht in Einklang bringen. Vor allem ist daran zu erinnern, daß die Libelli an keiner Stelle den Gedanken nahelegen, daß das im Edikt geforderte Opfer nach dem Willen der Staatsgewalt ausschließlich oder auch nur unter anderem den Sinn haben sollte, den ihm die Christen aus ihrer Sicht beilegen mußten, nämlich den Abfall vom christlichen Glauben zu bekunden. Dem entspricht, daß auch nach dem Zeugnis der kirchlichen Überlieferung die Behörden bei der Durchführung des Opferediktes kein Abschwören des christlichen Glaubens verlangten 47 . Sie fragten offenbar gar nicht danach, ob jemand Christ sei, sondern forderten nur jeden auf, den Göttern des Staates zu opfern. Nur wer das verweigerte, wurde bestraft, um seinen Gehorsam doch noch zu erzwingen. Auch lassen die Quellen nicht erkennen, daß sich das Vorgehen des Decius besonders gegen die kirchliche Organisation gerichtet hätte 48 . Ebenso fehlen Maßnahmen gegen die Ausübung des christlichen Gottesdienstes, die spätere Kaiser ergriffen. Decius verbot keine Versammlungen, sondern ließ sogar zu, daß Kleriker eingekerkerte Bekenner besuchten und im Gefängnis mit ihnen die Messe feierten 49 . Die ganze Art seines Vorgehens läßt es also nicht als gerechtfertigt erscheinen, hinter dem Opferedikt die Absicht zu vermuten, einen vernichtenden Schlag gegen die christliche Religion oder die organisierte Kirche zu führen. Die kirchliche Interpretation der kaiserlichen Politik muß deshalb, auch wenn sie nicht einfach als vollständig falsch abgetan werden kann, auf jeden Fall stärker differenziert und mit ganz anderen Akzenten versehen werden. Dazu ist es notwendig, den Opferbefehl zunächst aus dem Zusammenhang des römischen Denkens heraus zu verstehen. " Heuß S. 429. S. o. S. 65. Das wird von den meisten Forschern mit Recht betont, vgl. Ehrhard S. 63; Baynes, CAH X I I S. 657; Vogt, RAC II Sp. 1185; Gross, RAC III Sp. 625; Moreau, ChristenVerfolgung S. 86; Frend S. 406; Kawerau S. 86. 48 Vgl. oben S. 67 mit A 27. Da die Maßnahmen des Decius selbst keine besondere Spitze gegen die Organisation der Kirche erkennen lassen, dürfte die vielzitierte Stelle Cypr., ep. 55,9, nach der der Kaiser geäußert haben soll, er wolle lieber einen kaiserlichen Nebenbuhler ertragen, als daß in Rom ein neuer Bischof eingesetzt würde, nicht auf einen authentischen Ausspruch des Decius zurückgehen. Anders z.B. Alföldi, Klio 1938 S. 324 mit A. 5; Gross, RAC III Sp. 620; Frend S. 405. 49 Cypr., ep. 5,2. 47

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Decius forderte in seinem Edikt einen Akt der Verehrung für die Götter des Staates, der zugleich die Loyalität ihnen gegenüber bekunden sollte, wie die Bekenntnisformel der Libelli zeigt. Dieser Befehl richtete sich an alle Bewohner des Reiches, Männer, Frauen und Kinder, und er erging zu einer Zeit, da das Imperium schwer bedroht war, da äußere Feinde und innere Wirren seinen Bestand ernsthaft gefährdeten60. Beides weist darauf hin, daß Decius durch sein Edikt ein reichsweites Bittopfer anordnen wollte, um auf diese Weise die Gunst der Götter aufs neue für Kaiser und Staat zu gewinnen 61 . Derartige Supplikationen hatte es in Zeiten außerordentlicher Not wiederholt in der römischen Geschichte gegeben 62 . War durch sie ursprünglich die Hilfe der Götter direkt für den Staat erfleht worden, so hatte der Inhalt während der Kaiserzeit eine gewisse Wandlung erfahren, indem die Gestalt des Herrschers mehr und mehr in den Mittelpunkt getreten war. Da man von ihm das Heil erwartete, wurden Supplikationen „jetzt fast nur noch veranstaltet, um Fürbittegebete für den Kaiser und sein Haus oder Dankgebete für Erfolge desselben oder Errettung aus Gefahren an die Gottheit gelangen zu lassen"63. Das den Göttern dargebrachte Opfer konnte damit zugleich eine Huldigung für den Kaiser beinhalten. Wahrscheinlich dachte Decius auch an diesen Aspekt des Opfers, als er zu einer allgemeinen Supplikation aufrief, und wollte damit „die Einmütigkeit der gesamten, um ihren Herrscher gescharten Bevölkerung" sichtbaren Ausdruck finden lassen 64 . Doch reicht dieser Gesichtspunkt nicht aus, 50 Die vielfältigen äußeren Gefahren, die dem römischen Reich um die Mitte des 3. Jh.s drohten, lassen sich gut a n den militärischen Unternehmungen des Philippus Arabs, des unmittelbaren Vorgängers des Decius, ablesen. E r wurde zum Kaiser erhoben, während er einen Feldzug gegen das neupersische Reich leitete. I m weiteren Verlauf seiner Herrschaft m u ß t e er an der mittleren u n d unteren Donau mehrere Einfälle der Karpen u n d verschiedener germanischer Stämme, insbesondere der Goten, abwehren. I n seinen beiden letzten Regierungejahren zeigte sich zudem, wie brüchig im Innern die zentrale Reichsgewalt geworden war, als die Donautruppen zunächst Pacatianus u n d nach dessen Tod den zur Wiederherstellung der Disziplin u n d zur Abwehr der Goten in die dortigen Provinzen entsandten Decius zum Kaiser ausriefen, während gleichzeitig im Orient Iotapianus und (in Syrien) Uranius Antoninus erhoben wurden. Vgl. E . Stein, R E X , 1 Sp. 759-65. 51 So Liesering S. 40; Last, RAC I I Sp. 1227; Vogt, RAC I I Sp. 1185; Gross, RAC I I I Sp. 623f.; Freudenberger S. 121 A. 32 und S. 135. 5S Beispiele aus republikanischer Zeit finden sich bei Livius I I I , 5,14; 7,6; X X I I , 10,8; X X X I V , 55,3; f ü r die frühe Kaiserzeit vgl. Suet., Claudius 22 und Tac., ann. XV, 44,1. (Vgl. Liesering S. 37-40 und Freudenberger S. 121.) 53 Liesering S. 40; vgl. Alföldi, Klio 1938 S. 330. Allgemein zur Bedeutung u n d Entwicklung der Supplikationen in republikanischer Zeit und unter dem Prinzipat vgl. Liesering S. 37-43 und Freudenberger S. 121-26. 64 Moreau, Christenverfolgung S. 85. Daß Decius mit seinem Edikt auch eine Stärkung der Reichseinheit beabsichtigte, sah schon Wittig, R E XV, 1 Sp. 1279.

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die Motive, die die Politik des Kaisers bestimmten, zu erfassen; denn f ü r ihn war die Form, in der solche Huldigung geschehen sollte, keineswegs nebensächlich. Vielmehr lag ihm alles an der allgemeinen und beständigen Verehrung der alten römischen Götter, die den Kaiser schützten und das Reich erhielten 56 . Ihnen wurde nach dem Zeugnis der Libelli das Opfer dargebracht, nicht dem Kaiser selbst 66 . In ihrer Verehrung sollte die Zusammengehörigkeit aller Reichsbewohner Gestalt gewinnen und damit inmitten mannigfacher Wirren ein neues Element der Einheit in dem Reich entstehen. Muß man die von Decius angeordnete Supplikation vor allem als Bitte an die Götter verstehen, so wird hinter dieser Maßnahme der echt römische Glaube an die göttliche Begründung des Imperium sichtbar, der in den Schriften Ciceros und weiterhin bis zu den Edikten Diocletians immer wieder zum Ausdruck kommt 5 7 . Der römische Staat wußte sich von der Gunst seiner Götter abhängig, durch ihren Beistand hatte sich seine Herrschaft fast über die ganze Erde ausgebreitet. Deshalb hing von der gewissenhaften Ausübung der Religion Wohl und Wehe des Staates ab. Wenn also in der Mitte des dritten Jahrhunderts äußere Feinde und innere Wirren das Reich in schwere Bedrängnis brachten, lag der Gedanke nahe, alles Unglück sei auf den Zorn der Götter zurückzuführen, die sich vernachlässigt fühlten, und eine Besserung der Lage könne daher nur durch ihre besonders ernsthafte Verehrung erwirkt werden. In der Tat liegt in diesem religiöspolitischen Denken das treibende Motiv, das Decius dazu bestimmte, das Opferedikt zu erlassen. Er „wollte die Größe Roms wieder aufrichten dadurch, daß er aufs neue den Schutz der Götter herabrief auf diesen Staat, der mit ihrer Verehrung entstanden war und sich ruhmvoll entfaltet hatte" 5 8 . Damit lag diese Maßnahme auf der Grundlinie der ganzen decischen Politik, die eine Wiederherstellung des Reiches im Geiste altrömischer Tradition erstrebte 59 . Diesem Ziel diente die Sicherung der Grenzen gegen äußere Feinde, vor allem gegen 55

Das betonen mit Recht Vogt, RAC II Sp. 1185f. und SB Heidelberg S. 21 sowie Instinsky S. 44f., die deshalb ebenso wie Liesering S. 40; Baynes, CAH X I I S. 656f.; Last, RAC II Sp. 1227 und Freudenberger S. 121 A. 32 und S. 135 das von Decius angeordnete Opfer mehr in dem Sinne der alten BittSupplikationen aus republikanischer Zeit verstehen, während Alföldi, Klio 1938 S. 329-35 und im Anschluß an ihn Altheim S. 316; Moreau, Christenverfolgung S. 85f. und Heuß S. 429 es ausschließlich als Huldigung für den Kaiser werten. 56 Das bestätigen auch weithin die christlichen Quellen, insbesondere die Briefe und Schriften Cyprians, vgl. Koep, Kaisertum und Christusbekenntnis S. 67. 57 Belege bei Liesering S. 47f. und unten S. 112-15. 58 Liesering S. 54; ähnlich Wittig, R E XV, 1 Sp. 1279; Baynes S. 656; Vogt, RAC II Sp. 1184. 59 Das betonen neben Liesering S. 54 besonders Gross, RAC II Sp. 622 und Frend S. 405. 74

die Goten, und im Innern der Versuch, die Ordnung nach den überlieferten Normen wiederherzustellen. Ihnen fühlte sich der illyrische Kaiser besonders verpflichtet, denn er stammte —· wie die Soldaten des Heeres, auf das er sich stützte — aus den Donauprovinzen, die erst verhältnismäßig kurz romanisiert worden waren, dafür aber ein um so stärkeres Bewußtsein ihres Römertums entwickelt hatten 6 0 . So erklärt sich der restaurative Charakter der decischen Politik wie auch der Umstand, daß dieser Kaiser sich mit aller Energie in den Dienst des Reiches stellte. Entsprechend dem religiösen Denken seiner Zeit mußte der Kern seiner Bemühungen in der Wiederbelebung der alten römischen Kulte bestehen. So rief er gleich zu Beginn seiner Regierung durch sein Opferedikt die gesamte Reichsbevölkerung auf, ihre Loyalität den Göttern des Staates gegenüber zu bekunden, um dadurch deren Hilfe f ü r seine Unternehmungen zu gewinnen und zugleich die innere Einheit des Reiches zu festigen. Um diese Ziele zu erreichen, scheute er nicht einmal davor zurück, zum erstenmal in der römischen Geschichte auf religiösem Gebiet einen Zwang auszuüben 8 1 ; sondern er war, wie die Durchführung des Ediktes zeigt, entschlossen, den Gehorsam seinen Befehlen gegenüber notfalls mit Gewalt zu erzwingen. Ist das Opferedikt des Decius Ausdruck einer Politik, die auf dem Glauben beruhte, daß das Gedeihen des Reiches unlöslich verknüpft sei mit der rechten Verehrung der Götter, so zeigt sich, daß es tief im Denken der damaligen Zeit verwurzelt war. Denn in der großen Krisenzeit des dritten Jahrhunderts erfuhr das religiöse Leben einen ungeheuren Aufschwung. Es gewann jetzt die Bedeutung, die unter den aufgeklärten Kaisern die Philosophie besessen hatte e a . Die Ursachen f ü r alle Schwierigkeiten des irdischen Lebens suchte man im Bereich des Göttlichen, und so wandte man sich mit neuem Ernst teils den alten Göttern zu, teils suchte man seine Zuflucht bei zahl60 Heuß S. 428, vgl. auch Vogt, RAC II Sp. 1184; Last, RAC II Sp. 1226 und besonders Alföldi, Pannonier S. 234-37. 61 Für das Vorgehen des Decius findet sich kein Vorbild in der römischen Geschichte, weder hinsichtlich des Befehls zur Teilnahme an bestimmten kultischen Handlungen noch im Blick auf ihre amtliche Kontrolle. Einen ansprechenden Versuch, diesen völlig neuartigen Zwangscharakter des decischen Ediktes zu erklären, unternimmt Freudenberger S. 135ff. Er sieht in dem seit Beginn des Prinzipats für Soldaten und freie Zivilbevölkerung obligatorischen Treueid für den Kaiser „das Modell für die Ansetzung einer universalen Bittsupplicatio . . . durch den Kaiser Decius" (S. 137). 62 Diese allgemeine Steigerung des religiösen Lebens ist der Grund dafür, daß der Gedanke der engen Verbindung zwischen dem römischen Staat und seinen Göttern, der sich bereits in viel früherer Zeit belegen läßt, erst jetzt politisch wirksam wurde. Unter Decius wurde er zum bestimmenden Faktor für die Haltung, die die Staatsgewalt den Christen gegenüber einnahm, jedoch fehlen alle Anzeichen dafür, daß das auch schon in den Jahrhunderten vorher der Fall gewesen wäre; s. o. S. 33 A. 101.

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reichen neuen, vor allem orientalischen Kulten83. Die Mysterien erlebten die Zeit ihrer größten Blüte, und selbst die Philosophie ging in Gestalt des Neuplatonismus eine enge Verbindung mit der Religion ein 64 . Insbesondere führte diese ganz allgemein zu beobachtende Steigerung der Frömmigkeit zu einer Neubelebung der altüberlieferten römischen Götterverehrung®6. Sie fand bereits zu Anfang des dritten Jahrhunderts unter den severischen Kaisern starke Verfechter im Senat und unter den Gebildeten. Ein wichtiges Zeugnis für das Denken dieser Kreise ist die sogenannte Maecenasrede bei Cassius Dio, in der der Historiker, der selbst dem Senat angehörte, seine politischen Vorstellungen ausspricht M . Sie enthält auch folgenden Rat, den der Fiktion nach Maecenas dem Augustus erteilt: „Verehre selbst die Gottheit überall ganz nach Vätersitte und zwinge auch die anderen, sie zu fürchten. Die aber von der rechten Gottesverehrung abweichen, die hasse und bestrafe, und zwar nicht allein der Götter wegen — wer sie verachtet, hat auch vor nichts anderem mehr Ehrfurcht —, sondern auch weil Leute, die an ihre Stelle irgendwelche neuen göttlichen Wesen setzen, viele dazu verleiten, sich eigene Gesetze zu machen, und daraus entstehen Verschwörungen, geheime Verbindungen und Parteien, was der Alleinherrschaft ganz und gar nicht nützt. Dulde deshalb keinen Gottlosen und keinen Zauberer."67 Hier finden sich bereits einige Jahrzehnte vor Decius 68 die Grundzüge seiner 83 Liesering S. 49; vgl. Gross, RAC I I I Sp. 621 u n d auch den ausführlichen Überblick über die religiöse Lage in der ersten Hälfte des 3. Jh.s bei Frend S. 304-10. Ein eindrückliches Zeugnis f ü r die eifrige Pflege der verschiedensten Kulte um die Mitte des 3. J h . s bietet Cypr., ad Demetrianum 12. 64 Vgl. dazu Alföldi, Pannonier S. 246-50. 65 Vogt, RAC I I Sp. 1184. 66 Zu diesem Ergebnis kommen die beiden neuesten Untersuchungen über Eigenart u n d Bedeutung der Maecenasrede von Bleicken (Hermes 1962) und Miliar. Bleicken zeigt, daß Dio nicht einen Abriß der Prinzipatsverfassung geben will, sondern seine eigenen Gedanken zu den Problemen seiner Zeit entwickelt u n d daß seine Ausführungen auch dann, wenn sie genau die Intentionen treffen, die Augustus tatsächlich bei der Gestaltung seines Staatsgefüges geleitet haben, eine in die Z u k u n f t weisende Komponente haben (vgl. besonders S. 450 u n d S. 456). Ganz ähnlich urteilt Millar S. 102-18. E r hält die Rede ab Kapitel 19 f ü r „ a serious, coherent, a n d fairly comprehensive plan for coping with what Dio conceived to be the evils of his time" (S. 107). Ähnlich auch schon vorher Vogt, R A C I I Sp. 1179 u n d Moreau, Christenverfolgung S. 73. 67 Cassius Dio L I I , 36,1 f.: , , . . . τ ύ μεν θείον πάντη πάντως αυτός τε σέβου κατά τά πάτρια καί τούς άλλους τιμαν άνάγκαζε, τούς δέ δή ξενίζοντάς τι περί αύτό και μίσει καί κόλαζε, μή μόνον των θεών ένεκα, ών [ό] καταφρονήσας ούδ' άλλου äv τίνος προτιμήσειεν, άλλ' 6τι καί καινά τινα δαιμόνια οί τοιούτοι άντεσφέροντες πολλούς άναπείθουσιν άλλοτριονομεϊν, κάκ τούτου καί συνωμοσίαι καί συστάσεις έταιρεΐαί τε γίγνονται, απερ ήκιστα μοναρχία συμφέρει, μήτ' ουν άθέω τινί μήτε γόητι συγχώρησης είναι." 68 Die genaue Abfassungszeit der Maecenasrede ist kontrovers. Bleicken S. 446 hält sich an die vorherrschende Datierung in die Zeit des Severus Alexan-

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Religionspolitik 69 . Oberstes Gebot ist die Verehrung der Götter, die auf die überlieferte Weise (κατά τά πάτρια) zu geschehen hat. Sie ist die Aufgabe des Kaisers, aber ebenso der gesamten Reichsbevölkerung. Der Herrscher wird ausdrücklich aufgefordert, die Pflege der alten Kulte überall im Reich zu erzwingen, ja er soll mit Strafmaßnahmen gegen diejenigen vorgehen, die ihre Beteiligung daran verweigern. Das alles ist keine rein religiöse Angelegenheit, sondern zugleich eine politische. Denn nur wenn alle die Götter auf die hergebrachte Weise verehren, kann es eine feste Einheit im Reich geben und die Herrschaft des Kaisers Bestand haben 7 0 . Somit geht auch die Maecenasrede von der Überzeugung aus, daß das Wohl des Staates entscheidend auf der überlieferten Religionsausübung beruhe. Die engen Parallelen zwischen den von Cassius Dio erhobenen Forderungen und der Politik des Decius sind keineswegs zufällig, spricht doch die Maecenasrede, und zwar gerade auch in ihrem restaurativen religionspolitischen Programm, die Vorstellungen aus, nach denen die senatorische Aristokratie in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts den Staat erneuert wissen wollte 71 . Diesen Kreisen war Decius aufs engste verbunden, denn er hatte nicht nur selbst vor seiner Erhebung alle Stufen der römischen Ämterfolge durchlaufen 72 , sondern bemühte sich auch während seiner Regierung um ein gutes Einvernehmen mit dem Senat 73 . — Eine besondere Belebung erfuhr die gerade in senatorischen Kreisen verfochtene Pflege der alten römischen Kulte unmittelbar vor dem Regierungsantritt des Decius. Denn die im Jahre 248 begangene Jahrtausendfeier Roms, die die gegenwärtige Notlage des Reiches durch die Erinnerung an seine große Vergangender, wenn er annimmt, Dio habe die Rede nach seinem Rückzug aus dem politischen Leben (229) verfaßt und nachträglich in sein Geschichtswerk eingefügt. Vgl. Vogt, SB Heidelberg S. 19f. und Frend S. 332. Demgegenüber vertritt Miliar die Ansicht, daß die Rede im Zuge der Abfassung des Gesamtwerkes entstanden und also unter Caracalla, genau gesagt gegen Ende des Jahres 214, geschrieben worden sei. Dio habe sie zunächst nur für den literarischen Zusammenhang verfassen wollen, dann aber, da er sie am Hof Caraeallas vorlesen sollte, zu einem politischen Programm ausgestaltet (S. 103f.). 69 So mit Recht Gross, RAC III Sp. 617. 70 Vgl. Millar S. 108. 71 Vgl. Liesering S. 61. Wenn er sagt, die Maecenasrede sei das „Programm all derer, die in der ersten Hälfte des 3. Jh.s eine Erneuerung des Staates im Geiste der Tradition wünschten", so trifft diese Charakterisierung für die religionspolitischen Forderungen zu, muß aber im Blick auf die ganze Rede modifiziert werden, da diese, wie Bleicken gezeigt hat (vgl. besonders S. 449-54), durchaus nicht nur an der Vergangenheit orientiert ist. 72 Wittig, RE XV, 1 Sp. 1250ff. 73 Es kennzeichnet die Haltung des Decius, daß er sich bei seinem Regierungsantritt den programmatischen Namen Traianus beilegte. Von Trajan rühmte man sein gutes Einvernehmen mit dem Senat. Vgl. Gross, RAC III Sp. 616f. und auch Alföldi, Pannonier S. 231. 77

heit besonders kraß hervortreten lassen mußte, verstärkte die Hinwendung zu den Göttern des Staates, die das Imperium begründet und mächtig gemacht hatten. So war die enge Verbindung von Staat und Religion f ü r weite Teile der Bevölkerung neu ins Bewußtsein getreten, und wenn Decius dann etwa ein J a h r später eine allgemeine Supplikation anordnete, zog er damit nur die Konsequenzen f ü r die Reichspolitik 74 . Der allgemeine Aufschwung, den das religiöse Leben in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts erfuhr, führte nun aber gleichzeitig zu verstärkter Feindschaft gegen die Christen. Gerade weil die Bevölkerung, veranlaßt durch die Not der Zeit, sich mit großem Eifer der Verehrung der Götter zuwandte, mußte es ihren Unwillen erregen, wenn sich die Christen von den allgemeinen Kulten fernhielten. Es lag nahe, sie f ü r gottlos, ja f ü r Feinde der Götter zu halten und sie deswegen f ü r alles Elend verantwortlich zu machen. I I aß gegen diejenigen, die sich nicht an der überlieferten Religionsausübung beteiligten, gebot schon das religionspolitische Programm der Maecenasrede, und von ihm mußte die Kirche um so stärker getroffen werden, je weiter sie sich ausbreitete. In der Tat richtete sich im dritten Jahrhundert bei den verschiedensten Unglücksfällen die Wut der Menge sofort gegen die Christen. Das zeigen die Ausschreitungen gegen sie in Kappadozien und Pontus unter Maximinus Thrax, die durch eine Naturkatastrophe ausgelöst waren 75 , und das bezeugen ebenso die christlichen Apologeten jener Zeit 76 . Sie wenden immer wieder alle Mühe auf, um die allgemein verbreitete Meinung zu widerlegen, daß die Schuld f ü r alle Wirren und Übel im Reich bei den Christen zu suchen sei, weil diese die Götter nicht verehrten. Daß auch Origenes und Cyprian sich mit diesem Vorwurf auseinandersetzen, zeigt, daß er gerade in der Zeit des Decius sehr lebendig war. Das ist nicht verwunderlich, denn die Jahrtausendfeier Roms, die das Bewußtsein dafür, daß der Bestand des Reiches von der Gunst der di publici populi Romani abhängig war, sehr gestärkt hatte, mußte eine neue Welle des Hasses gegen die Christen auslösen, da diese auch jetzt ihre Teilnahme am Fest und an den damit verbundenen Opferhandlungen verweigerten. In Alexandrien kam es deswegen im Jahre 248 zu bluti74

Vgl. Bludau S. 27, Liesering S. 55 und Baynes, CAH X I I S. 656. Cypr., ep. 76,10; s. o. S. 55. 76 So z.B. Tert., apol. 40, l f . ; Origenea, contra Cels. III, 15 (verfaßt wahrscheinlich 248); Cypr., ad Demetr. 2-5 (verfaßt kurz nach dem Tod des Decius, wohl 251/2). Vgl. Liesering S. 51 f.; Alföldi, Klio 1938 S. 326f.; Gross, RAC III Sp. 621. Ausführlich stellt Frend S. 332ff. Nachrichten und Indizien aus der ersten Hälfte des 3. Jh.s zusammen, die eine christenfeindliche Stimmung in verschiedenen Teilen der Bevölkerung erkennen lassen. 75

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gen Ausschreitungen gegen sie". Aufgewiegelt von einem „Seher" ergriff die Menge Männer und Frauen, die als Christen bekannt waren, um sie zur Verehrung der Götter zu zwingen 78 . Weigerten sie sich, wurden sie mißhandelt und getötet. Im Verlauf des Aufruhrs 7 9 kam es auch zu einer Plünderung der Häuser von Christen, so daß schließlich Alexandrien „einer von Feinden eroberten Stadt" glich 80 . Dieser Aufruhr des Volkes stand, wie Dionys berichtet, ganz im Zeichen einer Wiederbelebung des religiösen Lebens, und das bestätigt auch die Art und Weise, wie die Volksmenge vorging. Denn sie versuchte zuerst, die Christen zur Teilnahme an den allgemeinen Kulten zu zwingen, und erst als sie damit keinen Erfolg hatte, fing sie an zu morden und zu plündern. Und wenn Dionys seine Schilderung in den Satz zusammenfaßt: „Immer und überall schrieen alle, wer nicht mit in die lästerhaften Worte einstimme, müsse sofort weggeschleppt und verbrannt werden" 81 , so läßt sich in der Forderung der Menge unschwer das Programm der Maecenasrede wiedererkennen: Hasse und bestrafe, die von der rechten Gottesverehrung abweichen. Die Vorgänge in Alexandrien bezeugen, daß die verstärkte Hinwendung zu den Göttern des Staates, die die Politik des Decius wesentlich bestimmte, bereits ein Jahr vor seinem Regierungsantritt zu einem offenen Ausbruch von Feindseligkeiten gegen die Christen führte. Sieht man ferner, daß gleich nachdem sein Edikt bekannt wurde, in Karthago das Volk lautstark den Tod Cyprians forderte 8 2 und in Alexandrien der Statthalter den dortigen Bischof vorladen ließ 83 , in beiden Fällen also das Opfergebot sofort mit dem Gedanken an die Christen verbunden wurde, so zeigt sich, daß es doch nicht ungerechtfertigt ist, wenn die kirchliche Tradition von dem decischen Edikt als von einer gegen die Christen gerichteten Verfolgungsmaßnahme spricht. In welchem Sinne solch eine Interpretation der Politik des Kaisers gerecht wird, kann jetzt, nachdem der Opferbefehl von den Voraussetzungen römischen Denkens her interpretiert und in den 77

Eus., h.e. VI, 41,1-9 (Brief des Dionys an Bischof Fabius von Antiochien). Mit Recht bringt Liesering S. 55 die Vorgänge in Alexandrien in einen inneren Zusammenhang mit der Jahrtausendfeier Roms. 78 Daß es der Menge darum ging, zeigt klar Eus., h.e. VI, 41,4: Eine Christin wurde in einen Tempel geschleppt und sollte zum προσκυνεΐν gezwungen werden. Entsprechend wird man auch in dem geforderten Mitsprechen von όίθεα ρήματα (41,3) oder κηρύγματα της ασεβείας (41,7) eine Bekundung der Verehrung für die Götter sehen müssen. ,e Der ganze Bericht des Dionys zeigt klar, daß es sich um einen Pogrom seitens der Bevölkerung handelte, bei dem die Behörden passiv blieben, vgl. Liesering S. 55; Moreau, Christenverfolgung S. 83; Frend S. 403. 80 Eus., h.e. VI, 41,5. 81 Eus., h.e. VI, 41,8. 82 Cypr., ep. 20,1. 83 Eus., h.e. VI, 40,2.

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geschichtlichen Zusammenhang eingeordnet worden ist, abschließend beantwortet werden. Decius ging es, wie dargelegt wurde, darum, durch die Teilnahme aller Bewohner des Reiches84 an den staatlichen Kulten die Gunst der Götter zu sichern und gleichzeitig die Loyalität der gesamten Bevölkerung gegenüber Kaiser und Reich festzustellen. Zu diesem Zweck hielt er es für erforderlich, ein reichsweites Opfer für die di publici populi Romani anzuordnen. Möglicherweise sah er sich zu solch einem Schritt veranlaßt durch das starke Vordringen östlicher Kulte — Decius war ja als Exponent der Kräfte in Heer und Senat, die in Opposition zu dem Orientalen Philippus Arabs standen, zur Herrschaft gelangt —, doch muß er dabei vor allem an die Christen gedacht haben. Daß sie sich grundsätzlich weigerten, die römischen Götter zu verehren, war seit langem bekannt. Schon das Verfahren, das zu Beginn des zweiten Jahrhunderts Plinius in den von ihm geführten Christenprozessen befolgt hatte, beruhte auf diesem Wissen, und wenn in severischer Zeit die Staatsgewalt näher mit den „Christiani" in Berührung gekommen war und diese auch in mancher Hinsicht neu einschätzen gelernt hatte, so dürfte sich doch in dieser Hinsicht ihre Kenntnis nur vertieft haben. Das religionspolitische Programm des Decius war also nicht allein hervorgerufen durch die allgemeine Notlage des Reiches, sondern es ist auch als eine Antwort des römischen Staates auf die beständige Weigerung der Christen, sich an der Verehrung der Götter zu beteiligen, anzusehen. In diesem Sinne war das Opferedikt eine gegen sie gerichtete Maßnahme. Andererseits bleibt aber bestehen, daß Decius sich darauf beschränkte, von den Christen die — bisher von ihnen verweigerte — Beteiligung am Staatskult zu erzwingen. Er war also entschlossen, sein religionspolitisches Programm ihnen gegenüber durchzusetzen, aber darüber hinaus gedachte er nicht, irgendwelche Schritte gegen ihren Glauben, die Ausübung ihres Gottesdienstes oder die kirchliche Organisation zu unternehmen. Die Strafmaßnahmen galten lediglich dem Einzelnen, der das Opfer verweigerte. Offenbar rechnete Decius damit, daß sich die meisten Christen diesem Druck fügen und seinem Befehl Folge leisten würden. Bereits in den Prozessen des zweiten und 84 Nur die Juden waren offenbar von dem Opferbefehl ausgenommen. Für sie hätten sich sonst dieselben Konflikte ergeben müssen wie für die Christen, aber nirgendwo ist in den Quellen darüber eine Notiz zu finden. Statt dessen heißt es in den Akten des Pionius 4,8 (Gebhardt S. 98 — zur Frage der Datierung s. u. S. 83 A. 97), daß auch Juden lachend und spottend dabeistanden, als Christen zum Opfern gezwungen werden sollten. Das wäre kaum möglich gewesen, wenn das Edikt sie in gleicher Weise betroffen hätte. Der Grund für diese Ausnahme der Juden ist wohl darin zu suchen, daß sie bereits seit langem offiziell eine Sonderstellung einnahmen, die durch die Privilegien, die Cäsar und Augustus ihnen verliehen hatten, begründet worden war.

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dritten Jahrhunderts hatte sich ja gezeigt, daß sich manche doch zum Opfern zwingen ließen86, und die Durchführung des Ediktes bewies dann auch, daß derartige Erwartungen durchaus nicht ungerechtfertigt waren 86 . Beteiligten sich aber die Christen an den staatlichen Kulten, dann lag kein Grund vor, weiter gegen sie vorzugehen. Auch darin entsprach die Politik des Decius ganz dem Wesen römischer Religion, die entscheidend in der gewissenhaften Beobachtung der Formen der Götterverehrung bestand, dagegen nicht eine bestimmte innere Überzeugung forderte und schon gar nicht die Verehrung anderer Gottheiten ausschloß87. So kann das Opfergebot des Decius nur in einem sehr bestimmten Sinne ein „Verfolgungsedikt" genannt werden 8S . Es war eine Reaktion auf das bisherige Verhalten der Christen, auf ihre beständige Weigerung, die römischen Götter zu verehren. Dazu sollten sie jetzt im Interesse des Reiches gezwungen werden, nicht jedoch —· aus der Perspektive der Staatsgewalt gesehen — zur Verleugnung ihres Glaubens89. 3. Opferedikt und Christenverbot In seinem Bericht über die Auswirkungen, die das decische Edikt für seine Gemeinde hatte, teilt Bischof Dionys von Alexandrien 90 einige Einzelheiten mit, die sich nicht von dem allgemeinen Opferbefehl her erklären lassen. So erwähnt er, nachdem er verschiedene Martyrien aufgeführt hat, auch einen Ägypter Nemesion, der „fälschlich als Genösse von Räubern angeklagt worden" war. Er hatte zwar in der vor einem Centurio (παρά τ ω έκατοντάρχω) geführten Verhandlung seine Unschuld in dieser Sache erweisen können, wurde jedoch dann als Christ angezeigt und daraufhin gebunden vor den Statthalter geführt 91 . „Dieser bestrafte ihn, ungerecht wie er war, mit doppelt so vielen Martern und Geißelhieben wie die Räuber und ließ ihn dann zwischen den Räubern verbrennen." 92 Das geschilderte Verfahren läßt 85 Darüber berichten die christlichen Quellen natürlich selten, da es ihr erklärtes Ziel ist, nur das Vorbild der standhaften Bekenner und Märtyrer festzuhalten (vgl. Eus., h.e. V I I I , 2,3). Dennoch finden sich einige Hinweise, daß angeklagte Christen leugneten und opferten, z.B. Eus., h.e. IV, 15,7f.; V, 1,11; Tert,, ad Scap. 3,5 und 4,3. 8e Vgl. den ausführlichen Überblick bei Frend S. 409ff. 87 Vgl. Koep, religio S. 44-46. 89 Vgl. Ehrhard S. 63, dem Kawerau S. 86 folgt. 89 So mit Recht Baynes, CAH X I I S. 657; Frend S. 405 f. und Kretschmar S. 14ff. (bei der Besprechung von Vogt, SB Heidelberg), vgl. auch Meyer S. 18; Moreau, Christenverfolgung S. 86 und Instinsky S. 44f. 90 Bei Eus., h.e. VI, 41,10-42,6 (Brief des Dionys an Bischof Fabius von Antiochien). 91 Eus., h.e. VI, 41,21: . . . καταμηνυθείς ώς Χριστιανός ήκεν δεσμώτης έπΐ τόν ήγούμενον. 92 Eus., h.e. VI, 41,21.

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keinen Zusammenhang mit dem decischen Edikt erkennen. Es ging nicht um die Frage, ob jener Nemesion opfern wollte, sondern die Anklage lautete auf Christsein; deswegen verhängte der Statthalter die Todesstrafe über ihn. Das erinnert ganz an die aus dem zweiten Jahrhundert geläufigen Christenprozesse. An ein derartiges Verfahren ist wohl auch zu denken, wenn Dionys ferner mitteilt, daß man über einen nicht namentlich Genannten „als Christ zu Gericht saß" 93 . Als dieser im Begriff war, zu leugnen, versuchten einige christliche Soldaten, die bei dem Prozeß anwesend waren, ihn durch Zeichen zur Standhaftigkeit zu bewegen, und als sie dadurch die Aufmerksamkeit des Gerichtes auf sich zogen, traten sie selbst vor den Statthalter und bekannten sich als Christen (είναι Χριστιανοί λέγοντες)94. Diese in dem Bericht des Dionys erhaltenen Nachrichten bezeugen, daß auch unter Decius das alte Christenverbot nicht aufgehoben war. Zwar bestimmte jetzt der Opferbefehl, den der Kaiser erlassen hatte, entscheidend das Vorgehen der Staatsgewalt, aber daneben konnten auch weiterhin Christen als solche angeklagt und verurteilt werden. Das Nebeneinander von Opfergebot und Verfahren alten Stils deutet darauf hin, daß das Edikt des Decius nicht, wie es häufig geschieht, als eine gradlinige Fortsetzung der früheren Christenprozesse zu verstehen ist. Es stellte nicht einfach einen Versuch dar, das, „was man bei den Einzelaktionen des zweiten Jahrhunderts angestrebt hatte, . . . nun in ganz umfassendem Rahmen" durchzusetzen 85 . Vielmehr bedeutete es einen Neueinsatz, der das Verhalten des römischen Staates den Christen gegenüber auf eine völlig neue Grundlage stellte. Das zeigt am deutlichsten die unterschiedliche Art des Verfahrens. Während in den Prozessen der ersten Jahrhunderte entscheidend immer die Frage war, ob der Angeklagte Christ sei, spielte dies bei der Durchführung des decischen Ediktes keine Rolle mehr. Die Behörden fragten gar nicht danach. Für sie war nicht entscheidend, ob sich jemand als Christ bekannte, sondern nur, ob er bereit war, das geforderte Opfer darzubringen 98 . Das allein forderten sie beständig, wie die Briefe Cyprians und des Dionys von Alexandrien ebenso wie 93

Eus., h.e. VI, 41,22: κρινομένου δή τίνος ώς Χριστιανού. Eus., h.e. VI, 41,22f. 95 Vogt, R A C I I Sp. 1185, vgl. Gross, RAC III Sp. 623; Koep, Kaisertum und Christusbekenntnis S. 58-65 (ebenso religio S. 50-53) und Instinsky S.44f. Ganz ähnlich sieht Wlosok S. 19f. in den Christenprozessen der ersten Jahrhunderte nur eine Vorbereitung des decischen Ediktes, und auch für Kawerau S. 82 hat sich unter Decius nur die formale Rechtsgrundlage der Verfolgung geändert, nicht aber die Politik der Staatsgewalt. 86 Dabei hat sich die Funktion des Opfers selbst gewandelt. Dieses ist nicht mehr wie bei Plinius Beweismittel für die Aussage, kein Christ zu sein, sondern, wie die decischen Libelli zeigen, Bezeugung der Loyalität dem Staat und seinen Göttern gegenüber. 84

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die in diese Zeit gehörenden Märtyrerakten zeigen 97 . Ein sehr eindriickliches Beispiel f ü r den Wandel des Verfahrens bietet die Überlieferung des Martyriums der Perpetua und Felicitas 98 . Nach dem ältesten erhaltenen Bericht, der Passio Perpetuae 99 , stand im Mittelpunkt des Prozesses die Frage des Prokurators: „Christiana es?". Auf das entsprechende Bekenntnis hin erfolgte die Verurteilung 100 . Die späteren Acta Perpetuae 1 0 1 geben dagegen das Verfahren, das hier wesentlich breiter geschildert wird, erheblich anders wieder. Hier versucht der Statthalter beständig, Perpetua und ihre Gefährten zum Vollzug eines Opfers zu bewegen. Sie weigern sich, und sie begründen ihre Haltung mit dem Hinweis auf ihr Christsein, doch bleibt dieses ihr Bekenntnis f ü r den weiteren Gang der Verhandlung bedeutungslos. Der Statthalter geht nicht darauf ein, sondern wiederholt nur seine Aufforderung zum Opfern. Da Perpetua und ihre Gefährten das beständig verweigern, verhängt er deswegen schließlich die Todesstrafe über sie, nicht jedoch wegen ihres Christenbekenntnisses. Diese Darstellung der Akten gibt zweifellos nicht den historischen Prozeßablauf wieder, über den vielmehr die Passio zuverlässig berichtet, sondern sie entspricht genau jener Art des Verfahrens, die seit Decius üblich war 102 . Ganz folgerichtig datieren die Akten deshalb auch jene Martyrien nicht in die Zeit des Septimius Severus, sondern in die Valerians. Das Nebeneinander von Christenprozessen alten Stils und Opfergebot sowie die Tatsache, daß sich das Vorgehen gegen die Christen, die sich dem decischen Edikt widersetzten, wesentlich von den früheren Verfahren unterscheidet, bestätigt noch einmal, daß f ü r die Haltung, die der römische Staat in den ersten Jahrhunderten einnahm, religiöse Erwägungen nicht maßgeblich waren. Der Gedanke des „Religionsfrevels", auf den die Christenprozesse vor Decius so gern zurück97 Vgl. o. S. 65 und S. 69, ferner die Akten des Maximus, die den Gang der Verhandlung sehr klar wiedergeben (wobei allerdings der Abschnitt 1,7-9 als christliche Interpretation zu streichen ist, s. o. S. 70 A. 41), sowie die Akten des Pionius. Da auch diese zeigen, daß es nur um den Vollzug eines Opfers ging, sind sie nicht mit Euseb, h.e. IV, 15,47 in die Zeit Mark Aurels zu datieren, sondern ihren eigenen Angaben entsprechend (Kap. 23) der decischen Verfolgung zuzuordnen. So auch Koep, Kaisertum und Christusbekenntnis S. 67; Frend S. 407; Bames, acta martyrum S. 529ff. 88 Sie wurden unter Septimius Severus hingerichtet, s . o . S. 41 f. 99 Sie muß von einem Zeitgenossen verfaßt sein; vgl. Barnes, acta martyrum S. 521-25. 100 Passio 6; s. o. S. 42. 101 Text bei van Beek S. 58-73. 102 Das zeigt ein Vergleich mit den Akten des Maximus oder denen des Pionius; vgl. dort besonders die abschließende Verhandlung vor dem Prokonsul Kap. 19 f.

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geführt werden103, mag sich in den allgemein gegen die Christen erhobenen Beschuldigungen widerspiegeln, das Verhalten der Staatsgewalt bestimmte er jedoch nicht. Denn als es um die Mitte des dritten Jahrhunderts zu einem eindeutig religionspolitisch begründeten Vorgehen des Staates kam, da änderte sich das Verfahren, da wurden Christen nicht mehr hingerichtet, weil sie sich als Christiani bekannten, sondern nur noch, wenn sie sich beharrlich weigerten, an der im Interesse des Reiches geforderten Verehrung der römischen Götter teilzunehmen. Damit stellt das Opferedikt des Decius die entscheidende Wende in der Geschichte der Christenverfolgungen dar, sowohl was Art und Ausmaß der von der Staatsgewalt ergriffenen Maßnahmen anbetrifft als auch im Hinblick auf die Motive, von denen sie sich dabei leiten ließ. 103 So grundlegend Mommsen, Religionsfrevel. Seine Gedanken sind vielfach aufgenommen worden, in jüngster Zeit meistens mit der Einschränkung, daß sie nicht die Rechtsgrundlage der Christenprozesse erklären, wohl aber ihre eigentliche Wurzel. So z.B. Vogt, SB Heidelberg S. 13 (dem Kretschmar S. 14-16 in dieser Hinsicht zustimmt); Koep, religio S. 46; Barnes, Legislation S. 50; vgl. auch Wlosok S. 19f. und Kawerau S. 81f.

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IV. Valerians Vorgehen gegen die Christen 1. Der Urheber der Maßnahmen

Nachdem die Durchführung des decischen Opfergebotes mit dem Tod des Kaisers, der im Juni 251 im Kampf gegen die Goten gefallen war, ein rasches Ende gefunden hatte, kam es in den folgenden Jahren nicht wieder zu einem reichsweiten Zusammenstoß zwischen dem römischen Staat und dem Christentum. Zwar bezeugen Cyprian und Dionys von Alexandrien, daß bereits im Jahre 252 unter Trebonianus Gallus in Rom und Ägypten wieder einige Christen verbannt wurden, doch läßt sich diesen Nachrichten nicht entnehmen, daß der Kaiser die Religionspolitik seines Vorgängers fortgesetzt und erneut einen allgemeinen Opferbefehl erlassen hätte. Vielmehr handelte es sich bei den genannten Vorgängen lediglich um einzelne lokal begrenzte Nachwehen der decischen Verfolgung1. Eine Zeit schwerer Bedrängnis für 1 Cypr., ep. 60,2 (geschrieben im Herbst 252) bezeugt, daß u m diese Zeit in R o m die Spitze der Kirche von einer Verfolgungsaktion betroffen worden war. Bischof Cornelius u n d einige andere Christen, wohl Kleriker, waren verbannt worden (vgl. ep. 61,1). Cyprian spricht zwar von einer Verfolgung der ganzen Gemeinde, aber berücksichtigt m a n den stark rhetorischen Charakter von ep. 60,2, so zeigt sich, daß nur sehr wenige Christen persönlich in Schwierigkeiten geraten waren. Man wird sie in der nächsten Umgebung des Bischofs suchen müssen (Alföldi, Klio 1938, S. 336f.). Über die Verbannung hinaus wurden keine weiteren Maßnahmen angewandt; Todesurteile gab es nicht. Diese Lage dauerte an bis zum Herbat des Jahres 253. Dann konnte Bischof Lucius, der inzwischen zum Nachfolger des in der Verbannung verstorbenen Cornelius gewählt u n d ebenfalls verbannt worden war, wieder nach R o m zurückkehren (ep. 61,1). Daß diese Maßnahmen sich auf die römische Kirche beschränkten, geht aus einem Brief Cyprians an Lucius hervor, wo er ausdrücklich von einer Verfolgung „bei euch" (illic) spricht (ep. 61,3). Auch in Ägypten k a m es unter Gallus zu Verfolgungsmaßnahmen, wie Dionys in seinem Brief an Hermammon, Eus., h.e. V I I , 1 bezeugt. Aber auch er erwähnt nur, daß einige Christen (άνδρες Ιεροί, möglicherweise handelte es sich auch hier nur u m Kleriker) verbannt wurden; von weiteren Maßnahmen weiß er nichts. Aus seiner Notiz darf man deshalb, auch wenn sie anfangs beide Kaiser nebeneinanderstellt, nicht erschließen, daß die Ereignisse unter Gallus eine Fortsetzung des decischen Opfergebotes bedeutet hätten. I n Karthago k a m es 252 offenbar nicht zu Verfolgungsmaßnahmen. Zwar bezeugt Cypr., ep. 59 (geschrieben im Sommer 252), daß dort u m diese Zeit wieder ein Opfergebot erlassen war (sacrificia, quae edicto proposito celebrare populus iubebatur; 59,6) u n d daß in diesem Zusammenhang im Volk Drohungen gegen die Christen laut wurden, doch erwähnt er weder in ep. 59 noch in den beiden folgenden Schreiben nach Rom (ep. 60 u n d 61) konkrete Verfolgungsmaßnahmen, die die karthagische Kirche betroffen h ä t t e n . Auch in ep. 57 und 58 (geschrieben kurz nach Ostern 252) spricht Cyprian nicht von

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die Kirche im ganzen Reich brach erst wieder an, als Valerian im August 257 nach vierjähriger Herrschaft sein erstes an die Christen gerichtetes Edikt erließa. Von dieser auffälligen Tatsache, daß er sich erst in der zweiten Hälfte seiner Regierung zu einem Vorgehen gegen die Kirche entschloß, geht der Bericht aus, den Dionys in seinem Brief an Hermammon über die Hintergründe der kaiserlichen Maßnahmen gibt. Er sagt, Valerian sei anfangs ein Freund der Christen gewesen und habe sie stärker begünstigt als irgendein Kaiser vor ihm. In großer Zahl habe er sie in seiner nächsten Umgebung geduldet, ja sein Hof sei eine εκκλησία θεοΰ gewesen3. Erst durch die Überredungskünste seines Finanzministers Macrianus4, der als Erzmagier und boshafter Christenfeind geschildert wird, habe sich Valerian zu seinem Vorgehen gegen die Kirche verleiten lassen6. Diese Schilderung des alexandrinischen Bischofs ist jedoch nicht glaubhafte. Sein Brief an Hermammon, den Euseb in Auszügen an verschiedenen Stellen seiner Kirchengeschichte wiedergibt7, gipfelt in einer Lobrede auf Gallienus, und entsprechend den Regeln der antiken Rhetorik wird vorher in sehr düsteren Farben ein Bild von der Lage unter seinen Vorgängern gezeichnet. Um aber den Vater des Gallienus zu schonen, hat Dionys alle Verantwortung für das Vorgehen gegen die Christen unter Valerian einer bereits eingetretenen Verfolgung, sondern nur von seiner Erwartung, eine solche werde in Kürze ausbrechen. Man darf deshalb in dem in ep. 59,6 genannten E d i k t nicht einen kaiserlichen Befehl, der für das ganze Reich gelten sollte, sehen, sondern es m u ß sich, wie Alföldi, Klio 1938 S. 337f. mit Recht angenommen h a t , u m eine vom Statthalter angeordnete lokale Maßnahme gehandelt haben. Aus den genannten Quellen ergibt sich, daß Gallus die Religionspolitik des Decius nicht weiter fortführte. (So mit Recht Alföldi, Klio 1938 S. 338, dessen Urteil Vogt, RAC I I Sp. 1187 übernimmt.) Während seiner Regierung k a m es nur vereinzelt zu Maßnahmen gegen die Christen. Auf welche Weise u n d aus welchen Motiven die Behörden vorgingen, wird von den Quellen nicht angedeutet. Doch scheint mir die Vermutung nahezuliegen, daß die schwierige politische Lage des Reiches u n d insbesondere die seit dem Ende des Jahres 251 wütende Pest, wofür man wieder die Christen verantwortlich gemacht haben wird, zu jenen lokalen Aktionen führte, die m a n wohl als Nachwirkungen des decischen Ediktes ansprechen darf (Moreau, Christen Verfolgung S. 87 f.). 2 Der Zeitpunkt ergibt sich aus den prokonsularischen Akten Cyprians, die als D a t u m für das Verhör des karthagischen Bischofs den 30. Aug. 257 angeben. 3 Eus., h.e. V I I , 10,3. 4 E r war procurator summarum rationum (έπΐ των καθόλου λόγων βασιλέως), Eus., h.e. VII, 10,5. 5 Eus., h.e. V I I , 10,4. 8 Zum Folgenden vgl. Alföldi, Klio 1938 S. 339f., der erstmals den Bericht des Dionys aus dem Zusammenhang des ganzen Briefes interpretiert u n d damit das richtige Verständnis von Eus., h.e. V I I , 10 begründet hat. 7 Eus., h.e. V I I , 1; 10,2-9 u n d 23. Nach VII, 22,12 schilderte der ganze Brief „die Bosheit des Decius und seiner Nachfolger" u n d „den Frieden unter Gallienus".

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dem Macrianus zugeschrieben, der sich 260 nach der Gefangennahme Valerians gegen Gallienus erhoben hatte. Erkennt man also die Tendenz, die den Bericht des Dionys bestimmt, wird man seinen Angaben über den Urheber der Maßnahmen mißtrauen, und da nach einer anderen Überlieferung Valerian ein enger Vertrauter des Decius war 8 , muß man seine Edikte auf seine eigene Initiative zurückführen. Aus denselben Gründen ist auch die Behauptung des Dionys, Valerian habe anfangs die Christen besonders begünstigt, sehr zweifelhaft. Er hat sie zwar unbehelligt gelassen, aber wohl kaum aus besonderer Freundschaft heraus. Vielmehr wird man den Grund für den verhältnismäßig späten Beginn seines Vorgehens darin suchen müssen, daß er sich in den ersten Jahren seiner Herrschaft ganz auf die Abwehr äußerer Feinde, die an vielen Stellen in das Reich eingefallen waren, konzentrierte. Da sich also die Angaben des Dionys über die Hintergründe der valerianischen Verfolgung als unzuverlässig erweisen, kann die Frage, welche Motive die Staatsgewalt leiteten, nicht in ihrem Sinne beantwortet werden. Vielmehr muß man nach den politischen Absichten des Kaisers selbst fragen, und diese lassen sich am besten aus seinen Edikten erschließen. 2. Das erste Edikt

Über den Inhalt und die Bedeutung des ersten valerianischen Ediktes vom August 257, das im Wortlaut nicht erhalten ist, geben zwei Protokolle von Verhören Cyprians und des Dionys von Alexandrien sehr genaue Auskunft. Diese für die Beurteilung der kaiserlichen Politik grundlegenden Quellen sollen im folgenden interpretiert werden. Dionys berichtet über seine Vorladung vor den Statthalter in seinem Brief an Germanus, der bei Euseb erhalten ist 9 . Zunächst teilt er in eigenen Worten die wichtigsten Punkte des Verhörs mit. Sein Bericht steht im Zusammenhang einer Selbstrechtfertigung gegen Anschuldigungen, die Germanus wegen seines Verhaltens nach der Veröffentlichung des valerianischen Ediktes gegen ihn erhoben hatte 10 , und spiegelt im übrigen klar die christliche Sicht der Ereignisse wider. Dann aber zitiert der Bischof zur Bestätigung seiner Aussagen ein — offenbar amtliches — Protokoll, das den Gang der Verhandlungen zuverlässig wiedergibt und es dadurch ermöglicht, das Vorgehen 8

Zon. XII, 20; vgl. Moreau, Kommentar S. 217f. " Eue., h.e. VII, 11,2-11. 10 Diese apologetische Tendenz zeigt der Brief selbst, und sie wird auch von Euseb in der Einführung des Zitates in VII, 11,1 ausdrücklich genannt. Um welche Anschuldigungen es sich handelte, ist nicht mehr ersichtlich, doch spielte offenbar der Vorwurf eine besondere Rolle, Dionys habe sich nicht an das Versammlungsverbot gehalten (VII, 11,4 und 11). 87

Valerians aus der Perspektive der Staatsgewalt zu betrachten n . Nach ihm teilte der Statthalter Aemilianus Dionys und einigen anderen Klerikern, die er hatte vorladen lassen, mit, daß eine Verordnung der Kaiser 12 ihnen gebiete, die Götter zu verehren, die ihre Herrschaft beschützten (θεούς τούς σώζοντας αύτών τήν βασιλείαν προσκυνεΐν). Dabei sprach er von der φιλανθρωπία der Kaiser, die den Christen Ruhe und Sicherheit (έξουσίαν σωτηρίας) gewähren wollten, wenn diese nur ihr unnatürliches Verhalten aufgeben und sich an den staatlichen Kulten beteiligen wollten 13 . Zeigen schon diese Wendungen, daß Valerian — genau wie Decius — von den Christen nur die Verehrung der Götter forderte und sie ansonsten unbehelligt lassen wollte, so wird das aus den weiteren Äußerungen des Statthalters noch deutlicher. Auf den Einwand des Dionys, nicht jeder Mensch verehre alle Götter und so glaube er an den einen Gott, an den er auch die Bitte um eine beständige Herrschaft der Kaiser richte, antwortete Aemilianus: „Wer hindert euch denn, auch diesen, wenn er ein Gott ist, mit den Göttern, die es von Natur aus sind, zu verehren? Man befahl euch, Götter zu verehren, und zwar Götter, die alle kennen." 1 4 Offenbar hatte in den Augen des Statthalters das Bekenntnis zum Christengott nichts mit dem Befehl, die di publici populi Romani zu verehren, zu tun; f ü r ihn ging der Einwand des Bischofs am Sinn des kaiserlichen Gebotes vorbei. Deshalb präzisierte er noch einmal, was dieses forderte. Aus seinen Worten ergibt sich eine wichtige Konsequenz: Sie zeigen, daß das Edikt Valerians die Christen nicht an der Ausübung ihrer Religion hindern wollte, sondern nur von ihnen forderte, daß sie daneben auch den allgemein anerkannten Göttern die schuldige Ehrfurcht erwiesen oder wie es wörtlich heißt, ihren Gott μετά των κατά φύσιν θεών verehrten. Erst als Dionys darauf erklärte, er und seine Begleiter verehrten keinen anderen Gott, hatte er die Aufforderung des Statthalters beantwortet. Damit, und nicht schon mit seinem Bekenntnis zum Christengott, weigerte er sich, dem kaiserlichen Gebot zu gehorchen, und daraufhin verkündete der Statthalter die Strafmaßnahmen, die das Edikt f ü r diesen Fall vorsah: Die Kleriker wurden verbannt, und 11 Der Brief des Dionys bietet somit die seltene Möglichkeit, ein und dasselbe Ereignis einmal aus christlicher und zum anderen aus amtlicher Perspektive kennenzulernen. Ein Vergleich beider Darstellungen zeigt sehr deutlich, wie stark die Aussagen der kirchlichen Schriftsteller von ihrem Glauben geprägt sind. 12 Valerian hatte kurz nach seiner Erhebung im Jahre 253 seinen Sohn Gallienus zum Mitregenten erhoben. In beider Namen war das Edikt von 257 erlassen. 13 Eus., h.e. VII, 11,6f. 11 Eus., h.e. VII, 11,9: ,,τίς γαρ ύμας κωλύει καϊ τοϋτον, είπερ έστίν θεός, μετά των κατά φύσιν θεών προσκυνεΐν; θεούς γάρ σέβειν έκελεύσθητε, καί θεούς ους πάντες Ισασιν."

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weder ihnen noch sonst jemandem sollte es fortan erlaubt sein, Versammlungen abzuhalten oder die Friedhöfe zu betreten 1 8 . Wer gegen diese Anordnungen verstoße, den sollten schwere Strafen treffen 1β . In dem allgemeinen Versammlungsverbot, das Aemilianus zum Schluß mitteilte, hat die neuere Forschung übereinstimmend eine zweite Hauptbestimmung des Ediktes gesehen, das demnach von den Klerikern den Vollzug eines Opfers gefordert und — unabhängig davon, ob sie es darbrachten oder nicht — allen Christen verwehrt hätte, Zusammenkünfte zu veranstalten 1 7 . Doch läßt das Protokoll diese Interpretation nicht zu. Denn dann wäre unverständlich, daß der Statthalter, als er den Sinn des Ediktes präzisierte, sagte, die Ausübung der christlichen Religion solle nicht behindert werden. Vielmehr folgt aus dem ganzen Verlauf der Verhandlungen, daß das Versammlungsverbot ebenso wie die Verbannung der Kleriker eine Strafbestimmung war, die das Edikt nur f ü r den Fall vorsah, daß diese sich weigerten, die Götter des Staates zu verehren. Das bestätigt auch Dionys in seinem eigenen Bericht. Er betont nachdrücklich, daß es in den Ausführungen des Statthalters nicht in erster Linie um das Verbot, andere zu versammeln, gegangen sei, sondern darum, „daß wir selbst nicht mehr Christen sein sollten" 18 . Mit diesen Worten umschreibt der Bischof die Aufforderung, die Götter zu verehren 19 , die nach seinen Worten also im Mittelpunkt des Verhörs stand. Daß ganz zum Schluß auch vom Versammlungsverbot die Rede war, deutet Dionys nur kurz an 2 0 . Das Verhör Cyprians vor dem Prokonsul von Afrika entspricht im wesentlichen dem des Dionys. Nach dem Bericht der acta proconsularia eröffnete der Statthalter Paternus die Verhandlung mit den Worten: „Sacratissimi imperatores Valerianus et Gallienus litteras ad me dare dignati sunt, quibus praeceperunt eos, qui Romanam religionem non 15 Eus., h.e. VII, 11,10: „δι' δπερ ούκ £σεσθε έν τη πόλει ταύτη . . . ουδαμώς δέ έξέσται ουτε ύμϊν οΰτε δλλοις τισίν ή συνόδους ποιεϊσθαι ή εις τά καλούμενα κοιμητήρια είσιέναι." 1β Eus., h.e. VII, 11,11. 17 So Wickert, R E XIII, 1 Sp. 493; Caspar S. 71; Ehrhard S. 72; Lietzmann S. 169; Alföldi, Klio 1938 S. 341; Vogt, RAC II Sp. 1187; Moreau, Christenverfolgung S. 90; Frend S. 423; Kawerau S. 87. Die meisten berufen sich dabei auf die prokonsularischen Akten Cyprians. Nur Alföldi geht auch auf das bei Dionys erhaltene Protokoll ausführlich ein. Warum er dennoch an der allgemein verbreiteten Darstellung festhält, ist mir unverständlich. 18 Eus., h.e. VII, 11,4: ,,ού γαρ περί τοϋ μή συνάγειν έτέρους δ λόγος ήν αύτω, άλλα περί τοϋ μηδ' αυτούς ήμας είναι Χριστιανούς, και τούτου προσέταττεν πεπαϋσθαι." Vergleicht man diese Stelle mit den Worten des Statthalters in VII, 11,9, so zeigt sich sehr deutlich, wie sehr der eigene Bericht des Dionys vom christlichen Glauben bestimmt ist. 19 Daß das gemeint ist, geht klar aus h.e. VII, 11,5 hervor. 20 Eus., h.e. VII, 11,4.

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colunt, debere Romanas caeretnonias recognoscere."21. Die Formulierung, in der hier der Inhalt des Ediktes wiedergegeben wird, unterscheidet deutlich zwischen „Romanam religionem colere" und „Romanas caeremonias recognoscere". Das aber widerspricht römischem Denken, nach dem Religion wesentlich im Vollzug von Kulthandlungen besteht. Die Wendung kann also nicht auf den ursprünglichen Wortlaut des Ediktes zurückgehen22, sondern sie ist aus kirchlicher Sicht formuliert. Dennoch weist sie auf einen richtigen Sachverhalt hin: Gefordert war von den Christen nicht der Abfall von ihrem Glauben, von ihrer Religion, sondern nur die Beteiligung am Staatskult, d. h. das Ausüben von „caeremoniae". Daß dies in der Tat dem Inhalt des valerianischen Ediktes entspricht, zeigen klar die Ausführungen des ägyptischen Statthalters im Verhör des Dionys 23 . — Cyprian erklärte jedoch, er verehre keinen anderen Gott außer den einen wahren, und nur zu diesem bete er auch für das Wohlergehen der Kaiser. Daraufhin verhängte der Prokonsul über ihn „secundum praeceptum Valeriani et Gallieni", die Strafe der Verbannung. Aus dem weiteren Verlauf der Verhandlungen geht hervor, an wen sich das erste Edikt Valerians richtete. Paternus fragte Cyprian nämlich nach den Namen der karthagischen Priester, da die Kaiser ihm „non solum de episcopis, verum etiam de presbyteris" 24 geschrieben hätten. Betroffen waren demnach nicht alle Christen, sondern nur die Kleriker. Von ihnen verlangte Valerian, daß sie die Götter des Staates verehrten. Am Schluß des Verhörs teilte der Prokonsul Cyprian das Versammlungsverbot mit: „Praeceperunt (die Kaiser) etiam, ne in aliquibus locis conciliabula fiant nec coemeteria ingrediantur. Si quis itaque hoc tam salubre praeceptum non observaverit, capite plectetur." 26 Da er es nicht gleich im Anschluß an die Verbannung des Bischofs aussprach, sondern zunächst noch nach den Namen der anderen Kleriker fragte, ist es in den prokonsularischen Akten nicht so eindeutig als Strafbestimmung erkennbar. Daß man es aber auch hier in diesem Sinne verstehen muß, erfordert ein Vergleich mit dem Protokoll über das Verhör des Dionys, das mit den Akten Cyprians nach Inhalt und Aufbau ansonsten übereinstimmt und das keinen Zweifel daran läßt, daß das Versammlungsverbot als Strafmaßnahme zu betrachten ist. 21

Acta proconsularia 1. Das hat Koep, religio S. 51 f., überzeugend nachgewiesen. Damit ist Alföldis Interpretation hinfällig (Klio 1938 S. 341), der in der Formulierung der acta proconsularia eine wesentliche Stütze für seine Auffassung sieht, daß Valerian den Vollzug des Opfers nur im Sinne eines formalen Loyalitätsbeweises gefordert habe. 23 Vgl. Eus., h.e. VII, 11,9. 24 Acta proconsularia 1. 25 Acta proconsularia 1. 22

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Für den Fall, daß diese Anordnung nicht befolgt würde, drohte Paternus die Todesstrafe an. Faßt man zusammen, was sich aus den Verhören Cyprians und des Dionys über den Inhalt des ersten valerianischen Ediktes erschließen läßt, so zeigt sich, daß dieses sich nur an die christlichen Kleriker richtete. Von ihnen forderte es die Verehrung der di publici populi Romani. Weigerten sie sich, traf sie Verbannung, und außerdem wurde dann allen Christen bei Todesstrafe verboten, Versammlungen abzuhalten und die Friedhöfe zu betreten. Vergleicht man mit diesen Ergebnissen, was Dionys und Cyprian über die Lage der Christen nach dem ersten Edikt berichten2®, so findet man im wesentlichen eine Bestätigung des gewonnenen Bildes, das außerdem in einigen Punkten ergänzt wird. So bezeugt ein Brief Cyprians, daß Kleriker der afrikanischen Gemeinden eingekerkert und mißhandelt wurden, bevor man sie schließlich zu Zwangsarbeit in numidische Erzbergwerke schickte 27 . Demnach versuchten die Behörden zunächst, den Vollzug des Opfers mit Gewalt zu erzwingen, und die Strafe der Verbannung wurde in der Regel in erheblich schärferer Form angewandt als bei Cyprian, der sich in dem ihm zugewiesenen Ort Curubis ungestört aufhalten und sogar die Leitung der Kirche von dort aus weiterführen konnte 28 . Aus dem genannten Brief des karthagischen Bischofs geht ferner hervor, daß sich auch Laien, ja sogar Frauen und Kinder unter den zu Zwangsarbeit Verurteilten befanden 2e . Die Erklärung dieser sicher bezeugten Tatsache bereitet einige Schwierigkeiten, da nach den Worten des Prokonsuls im Verhör Cyprians das erste Edikt sich nur an Kleriker richtete. Am wahrscheinlichsten erscheint mir die Annahme, daß jene Christen bestraft wurden, weil sie sich nicht an das Versammlungsverbot gehalten hatten. Der Prokonsul hätte dann statt der angedrohten Hinrichtung eine mildere Form der Bestrafung gewählt. 26 Cypr., ep. 76-79; Eue., h.e. VII, 11,12-19. In 11,20-25 zitiert Euseb, ebenfalls um die Lage der Kirche unter Valerian zu schildern, Auszüge aus einem weiteren Brief des Dionys. Doch dürften die hier mitgeteilten Nachrichten wenigstens teilweise in die Zeit des Decius gehören (vgl. Frend S. 410). Das gilt ganz sicher von dem Abschnitt 11,20-23, denn die hier mitgeteilte Befreiung des Dionys ist doch wohl identisch mit der in h. e. VI, 40 berichteten. Schwieriger ist die Beurteilung von h.e. VII, l l , 2 4 f . Da Dionys durchaus in demselben Brief Ereignisse aus der Zeit des Decius wie der Valerians mitgeteilt haben kann — vgl. den Brief an Germanus, h.e. VI, 40 und VII, 11,2-19 —, muß eine Antwort auf die Frage nach der Datierung ausgehen von den einzelnen Nachrichten selbst. Diese lassen sich jedoch weder der Zeit des Decius noch der Valerians ohne Schwierigkeiten zuweisen, so daß eine eindeutige Entscheidung nicht möglich ist. 27 Cypr., ep. 76,1 f. 6. 28 Vita Cypriani 12 f. Der Grund für die milde Behandlung Cyprians dürfte in dem hohen Ansehen, in dem er bei einflußreichen Bürgern Karthagos stand, zu finden sein (Vita 14). 29 Cypr., ep. 76,6.

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Denkbar wäre vielleicht auch, daß die Christen das Martyrium herausgefordert hatten 30 . Jedenfalls wird man aus dem Brief Cyprians nicht schließen dürfen, daß das erste Edikt Valerians von allen Christen den Vollzug eines Opfers gefordert habe. 3. Das zweite Edikt

Da das erste Edikt offenbar nicht den gewünschten Erfolg hatte 31 , erließ Valerian ein Jahr später, im August 25832, ein zweites, das bedeutend schärfere Maßnahmen anordnete. Seine Bestimmungen finden sich zum Teil in einem Brief Cyprians, der Boten nach Rom geschickt hatte, um den Inhalt des kaiserlichen Erlasses, über den in Karthago unterschiedliche Gerüchte umliefen, genau zu erkunden. Er schreibt einem Amtsbruder, Valerian habe angeordnet, ,,ut episcopi et presbyteri et diacones in continenti animadvertantur, senatores vero et egregii viri et equites Romani dignitate amissa etiam bonis spolientur et si ademptis facultatibas Christiani esse perseveraverint, capite quoque multentur, matronae vero ademptis bonis in exilium relegentur, Caesariani autem quicumque vel prius confessi fuerant vel nunc confessi fuerint confiscentur et vincti in Caesarianas possessiones descripti mittantur." 3 3 Wie der Bericht Cyprians zeigt, hatte sich das Vorgehen der Staatsgewalt erheblich verschärft. Das zweite Edikt richtete sich nicht mehr nur an den Klerus, sondern auch an die vornehme Laienschicht, an christliche Senatoren, Ritter und hohe Beamte. Auch waren jetzt strengere Strafen vorgesehen. Kleriker sollten sofort hingerichtet werden, und die Laien traf Verlust ihrer Würden, Verbannung oder Zwangsarbeit, und zwar bei gleichzeitiger Konfiskation ihrer Güter. In bestimmten Fällen war für sie ebenfalls die Todesstrafe vorgesehen. 30 Das bezeugt Eus., h.e. VII, 12 von drei palästinensischen Christen, und in seinem letzten Brief mahnt auch Cyprian seine Gemeinde, keiner solle sich freiwillig den Behörden stellen (ep. 81, geschrieben im August 258). — Zu erwägen wäre auch die Meinung Ehrhards, der aus Cypr., ep. 76-79 schließt, der Prokonsul Afrikas sei „weit über das erste Edikt Valerians hinausgegangen" (S. 74). 31 Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, daß eine nennenswerte Anzahl von Klerikern sich dem Opfergebot Valerians gefügt hätte. Vgl. Frend S. 425f. 32 Dieser Zeitpunkt ergibt sich aus Cypr., ep. 80,1. 33 Cypr., ep. 80,1 (Bischöfe, Priester und Diakone sollten sofort hingerichtet werden, Senatoren aber und hohe Beamte und römische Ritter ihre Würde verlieren sowie ihrer Güter beraubt werden und, wenn sie auch nach der Einziehung ihres Vermögens weiterhin dabei beharrten, Christen zu sein, auch mit dem Tode bestraft werden. Vornehme Frauen sollten unter Einziehung ihrer Güter in die Verbannimg geschickt werden, die kaiserlichen Hofbeamten aber, sowohl die früher das Bekenntnis abgelegt hätten als auch die es jetzt tun würden, sollten ihr Vermögen verlieren und gefesselt auf die kaiserlichen Domänen geschickt werden.)

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Unter welchen Umständen aber und für welches Vergehen diese Strafen verhängt werden sollten, läßt sich aus dem Brief Cyprians nicht entnehmen, denn er teilt nicht den Inhalt des ganzen Ediktes mit, sondern nur die Strafbestimmungen. Was Valerian positiv forderte, kann man aus den prokonsularischen Akten Cyprians erschließen, die auch das Protokoll über ein weiteres Verhör enthalten, das aufgrund des zweiten Ediktes erfolgte. Es schildert den Gang der Verhandlung folgendermaßen: Der Prokonsul teilte dem Bischof mit: „iusserunt te sacratissimi imperatores caeremoniari" 34 , und als dieser erklärte: ,,ηοη facio" und auch nach nochmaliger Aufforderung bei seiner Weigerung beharrte, verkündete ihm der Statthalter das Todesurteil. Gefordert wurde also auch jetzt wie im ersten Verhör der Vollzug eines Opfers. Daraus folgt, daß das zweite Edikt grundsätzlich auf der Linie des ersten blieb. Wie jenes verlangte es von den Christen nur das „caeremoniari", nicht etwa den Abfall von ihrem Glauben. In diesem Sinne ist auch der Brief Cyprians zu verstehen. Die von ihm genannten Strafmaßnahmen sollten nur angewandt werden, falls die betreffenden Christen sich weigerten, die di publici populi Romani zu verehren. Die Wendung ,,si . . . Christian! esse perseveraverint" muß als christliche Interpretation dieses Sachverhaltes betrachtet werden 35 . Die Bestimmung über Senatoren, Ritter und hohe Beamte sah demnach vor, daß diese bei einer Weigerung des Opfers zunächst Rang und Vermögen verlieren und, wenn sie dann immer noch nicht gehorchen wollten, hingerichtet werden sollten36. So zeigt sich, daß das zweite Edikt nicht in der Zielsetzimg, wohl aber in den Strafbestimmungen und im Hinblick auf den Kreis der Betroffenen über das erste hinausging. 4. Valerian

als Fortsetzer

der decischen

Politik

Betrachtet man den Inhalt der valerianischen Edikte, wie er sich aus dem Zeugnis der Überlieferung erschließen läßt, so erweisen sich die Maßnahmen dieses Kaisers als gradlinige Fortsetzung der Politik 34

Acta proconsularia 3. Dasselbe gilt von dem in der Bestimmung über die Caesariani erwähnten „confiteri". Daß es sich in beiden Fällen tatsächlich nur um eine christliche Deutung der Aufforderung, die Götter zu verehren, handelt, zeigt ein Vergleich mit den beiden Berichten über das Verhör des Dionys von Alexandrien, Eus., h.e. VII, 11,4 (eigene Darstellung des Bischofs) und 11,9 (amtliches Protokoll); s. o. S. 89. 38 So richtig Wickert, RE XIII, 1 Sp. 494; Ehrhard S. 73; Vogt, RAC II Sp. 1188. Dagegen nehmen Stade S. 152 und Moreau, Christenverfolgung S. 90 an, Ritter, Senatoren und Beamte hätten schon wegen ihres Christseins Würde und Vermögen verlieren und, wenn sie nicht opferten, außerdem mit dem Tode bestraft werden sollen. 35

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des Deems37. Wie jener forderte er den Vollzug eines Opfers für die Götter des Staates. Doch richtete er sein Gebot nicht mehr an die gesamte Reichsbevölkerung, sondern nur an die Christen, genauer gesagt an die führende Schicht der Kirche. Diese Beschränkung erklärt sich einmal daraus, daß Valerian auf die Ereignisse unter Decius zurückblicken konnte. Dort hatte sich nämlich nicht nur gezeigt, daß zahlreiche Christen bereit waren, dem kaiserlichen Befehl zu gehorchen38, sondern auch, daß der einzige spürbare Widerstand gegen das Edikt von der Kirche ausgegangen war. Diesem Ergebnis trug Valerian Rechnung, indem er sich mit seinem Opferbefehl nur an sie wandte. Zum anderen lassen seine Maßnahmen deutlich erkennen, daß er die kirchliche Organisation39 kannte und um die bedeutende Stellung wußte, die der Klerus innerhalb der Gemeinden einnahm. Denn nicht von allen Christen, sondern nur von den Bischöfen, Presbytern und Diakonen — und im zweiten Edikt dann auch von den vornehmen Laien — forderte Valerian die Verehrung der di publici populi Romani. Das wird aus einer doppelten Erwägung heraus geschehen sein. Opferten die Kleriker, dann hatte die führende Schicht der Kirche ihre Loyalität zum Reich und seinen Göttern bekundet, und es war zu erwarten, daß die übrigen Christen ihrem Beispiel folgen würden40. Weigerten sie sich aber, dann war, indem man sie bestrafte, zugleich die organisatorische Spitze der Kirche getroffen. Auf diese waren also die Maßnahmen Valerians besonders zugeschnitten, und das bedeutete gegenüber dem Vorgehen des Decius eine wesentliche Neuerung. Wandte sich Valerian mit seinen Edikten nur an die Spitze der Kirche, so darf man daraus allerdings noch nicht schließen, daß er von 37 Diesen für die Beurteilung der Politik Valerians meines Erachtens grundlegenden Aspekt übersieht Frend S. 421 f., da er dem späten Beginn des Vorgehens eine zu große Bedeutung beimißt und das Wohlwollen überschätzt, dae der Kaiser in seinen ersten Regierungsjähren den Christen angeblieh entgegenbrachte (Eus., h.e. VII, 10,3). 38 Das bezeugt einstimmig die christliche Überlieferung, z.B. Cypr., ep. 11,1; 14,1; 30,5 (Brief römischer Kleriker) und Eus., h.e. VI, 41,11 ff. Vgl. den ausführlichen Uberblick über die Lage der Kirche in den verschiedenen Teilen des Reiches bei Frend S. 409ff. 39 Wie weit diese um die Mitte des 3. Jh.s ausgebildet war, mag das Beispiel der römischen Gemeinde zeigen. In ihr gab es nach dem Bericht des Bischofs Cornelius (251-53) 46 Presbyter, 7 Diakone, 7 Subdiakone, 42 Akoluthen und 52 Exorzisten, Lektoren und Türwächter (Eus., h.e. VI, 43,11 Brief des Cornelius an Fabian von Antiochien). 40 So verstand schon Dionys von Alexandrien das Vorgehen Valerians, wenn er in seinem Bericht über sein Verhör sagt, der Statthalter habe ihn zum Abfall von seinem Glauben aufgefordert, „da er annahm, wenn ich abfiele, würden mir auch die anderen folgen" (Eus., h.e. VII, 11,4). — In dieselbe Richtung führt es, wenn Freudenberger S. 133f. vermutet, daß die Edikte Valerians von der alten zensorischen cura morum her zu verstehen sind, die in republikanischer Zeit vorwiegend das Verhalten der honestiores überwachte.

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vornherein beabsichtigt hätte, den christlichen Glauben oder die kirchliche Organisation zu bekämpfen, Denn die Interpretation der Protokolle von den Verhören Cyprians und des Dionys hat gezeigt, daß die Christen nicht an der Ausübung ihrer Religion gehindert werden sollten, sofern sie nur daneben auch den staatlichen Göttern die schuldige Elirfurcht erwiesen. Das von ihnen zu erreichen, war das eigentliche Ziel, das Valerian mit beiden Edikten verfolgte. In dieser Hinsicht lagen seine Maßnahmen also ganz auf der Linie des decischen Opfergebotes, und hinter ihnen lassen sich auch dieselben Motive erkennen. Wie Decius wollte Valerian die Hilfe der Götter, von deren Schutz die kaiserliche Herrschaft und der Bestand des Staates abhingen, neu gewinnen, und zwar zu einer Zeit, da die Krise des Reiches ihren Höhepunkt erreicht hatte und das Imperium unter dem Druck äußerer Feinde auseinanderzubrechen drohte 41 . Deshalb wollte er noch einmal versuchen, auch diejenigen, die sich bisher hartnäckig geweigert hatten, zur Verehrung der staatlichen Götter zu zwingen, und das waren eben die Christen. Sicher sollte das geforderte Opfer auch die Loyalität den regierenden Kaisern gegenüber bekunden, denn es mußte nach den Worten des ägyptischen Statthalters für die θεούς τους σώζοντας αύτών τήν βασιλείαν dargebracht werden 42 , doch ging es Valerian ebensowenig wie Decius nur um solch einen Akt der Huldigung. Das wichtigste Ziel war auch für ihn, den Zorn der Götter zu besänftigen, damit durch ihre Gunst die Geschicke des Reiches sich zum Besseren wenden könnten 43 . Wie sehr seine Maßnahmen von diesem religiös-politischen Denken her bestimmt waren, zeigen die Ausführungen, mit denen nach den prokonsularischen Akten der Statthalter von Afrika das Todesurteil begründete, das er nach dem zweiten Verhör über Cyprian verhängte 44 . Er warf ihm vor, daß er „sacrilega mente" gelebt und viele Menschen zu frevelhafter Verschwörung um sich gesammelt habe. Dann heißt es: „inimicum te dis Romanis et religionibus sacris constituisti, nec te pii et sacratissimi principes . . . ad sectam caeremoniarum suarum revocare potuerunt" 4 5 ; 41 Im Westen wie im Osten waren äußere Feinde weit in das Reich eingefallen. Die Franken waren bis nach Spanien vorgedrungen, die Perser hatten Antiochien und Syrien geplündert, und Kleinasien wurde von den Goten bedroht. Außerdem mußten Valerian und Gallienus mehrere Usurpatoren bekämpfen. Vgl. Moreau, Christenverfolgung S. 89; Frend S. 422. 42 Eus., h.e. VII, 11,7. Wenn Alföldi, Klio 1938 S. 341 dem Opfer nur diese Bedeutung beimißt, ist das zu einseitig. Seine Interpretation stützt sich zum Teil auf Quellen, die für derartige Schlüsse nicht tragfähig sind; s. o. S. 90

A . 22. 43

Vgl. Frend S. 423. Vgl. Frend S. 427. 45 Acta proconsularia 4 (Härtel S. CXIII). Die richtige Lesart des Textes an dieser Stelle ist strittig, der Sinn bleibt aber, auch wenn man den Wortlaut in anderer Weise rekonstruiert (vgl. Alföldi, Klio 1938 S. 333, der Reitzenstein, 44

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und abschließend: „sanguine tuo sancietur disciplina". Die Weigerung, die Götter zu verehren, bedeutete einen Verstoß gegen die römische disciplina, gegen ein Leben nach den Ordnungen, auf denen der Staat beruhte 46 . Entsprechend steht neben dem Vorwurf der Gottlosigkeit der der verschwörerischen Tätigkeit. Wieder zeigt sich dieselbe Gedankenwelt, die sich schon in der Maecenasrede des Cassius Dio findet: Weil der Staat und seine Ordnung aufs engste mit der rechten Verehrung der „di Romani" verbunden sind, dürfen deren Feinde nicht geduldet werden. Dieses Denken steht hinter dem Opferedikt des Decius ebenso wie hinter den Maßnahmen Valerians. Blieb Valerian mit seiner Opferforderung noch ganz auf der Linie des Decius, so ging er, wie bereits angedeutet wurde, in anderer Hinsicht entscheidend über dessen Edikt hinaus: in den Strafbestimmungen. Sie waren nicht mehr nur darauf berechnet, den Einzelnen, der die Beteiligung am staatlichen Kult verweigerte, durch Einkerkerung und Foltern doch noch zum Gehorsam zu zwingen oder, wenn sich das nicht erreichen ließ, ihn zu bestrafen, sondern sie sahen auch Maßnahmen vor, die sich gegen die Kirche als ganze richteten. So bestimmte das erste Edikt für den Fall, daß die Kleriker nicht opferten, neben ihrer Verbannung, durch die ja bereits die organisatorische Spitze der Gemeinden getroffen war, auch ein für alle Christen geltendes generelles Versammlungsverbot. Wie ernst es Valerian mit dieser Bestimmung war, zeigt ihre Durchführung. Dionys wurde, als er in der Verbannung mit anderen Christen Gottesdienste abhielt, „verfolgt und gesteinigt" 47 , und in Rom wurden — am 6. August 258 — Bischof Xystus II. und vier Diakone hingerichtet, weil sie entgegen dem kaiserlichen Verbot die Katakomben betreten hatten 48 . Diese Beispiele zeigen, daß die Behörden zumindest in einigen Reichsteilen versuchten, das Versammlungsverbot streng durchzuführen; und wenn es ihnen auch nicht möglich war, alle Christen scharf zu überwachen, so konnten auf jeden Fall diejenigen, die im Gefängnis oder in den Bergwerken waren, daran gehindert werden, Gottesdienste abzuhalten. Cyprian bezeugt, daß in den numidischen Erzgruben die Priester nicht die Möglichkeit hatten, die Messe zu feiern 49 . Vergleicht man damit, daß unter Decius die BeGött. gel. Nachrichten 1919 S. 194, folgt) unverändert. Dürfte man mit Moreau, Christenverfolgung S. 90, „sacris legibus" statt „religionibus sacris" lesen, würde die enge Verbindung von staatlicher Ordnung und Religion, von der die Urteilsbegründung ausgeht, noch deutlicher. 46 Zur Bedeutung von „disciplina" vgl. Freudenberger S. 130f. 47 Eus., h.e. VII, 11,13. Dionys überlebte jedoch diese Steinigung. 48 Cypr., ep. 80,1. 49 Cypr., ep. 76,3: „illic nunc sacerdotibus Dei facultas non datur offerendi et celebrandi sacrificia divina." Derselbe Sachverhalt wäre für Alexandrien bezeugt, wenn Eus., h.e. VII, l l , 2 4 f . auf die Zeit Valerians zu beziehen ist (darüber s. o. S. 91 A. 26). Dort berichtet Dionys, daß der ägyptische Statt-

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kenner im Gefängnis besucht werden, ja daß Kleriker dort mit ihnen Gottesdienste feiern konnten 50 , so wird deutlich, wie sehr sich das Vorgehen der Staatsgewalt unter Valerian gewandelt hatte. Die StrafBestimmungen des zweiten Ediktes verschärften den Kampf gegen das Christentum. Auch sie betrafen nicht nur den Einzelnen, der das Opfer verweigerte, sondern mittelbar die ganze Kirche. Sie sollte durch die Hinrichtung der Kleriker und die Konfiskation der Güter wohlhabender Christen materiell geschwächt und ihrer Führung beraubt werden 61 . Außerdem blieb auch das Versammlungsverbot des ersten Ediktes weiterhin bestehen und damit der Versuch, das christliche Gemeinschaftsleben zu unterbinden. Auf den ersten Blick scheint ein Widerspruch zu bestehen zwischen dem aufgezeigten positiven Inhalt der valerianischen Edikte und den Strafbestimmungen. Denn während, wie dargelegt wurde, mit der Forderung, die römischen Götter zu verehren, nicht die Ausübung der christlichen Religion beeinträchtigt werden sollte, stellen die Strafmaßnahmen doch eindeutig ein Vorgehen gegen diese dar. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß das Vorgehen Valerians positiv wie negativ dem religionspolitischen Programm der Maecenasrede entspricht. Schon sie hatte ja den Herrscher nicht nur aufgefordert, alle Reichsbewohner zur Verehrung der Götter κατά τά πάτρια zu zwingen, sondern auch, keine Gottlosen zu dulden, da diese dazu neigten, eigenen Gesetzen zu folgen und Verschwörungen anzuzetteln 52 . Auf solchen Erwägungen beruhten auch die Strafbestimmungen der valerianischen Edikte, wie die Begründung zeigt, die der Prokonsul von Afrika für das über Cyprian verhängte Todesurteil gab 53 . Daß der Kaiser nicht mehr wie Decius nur gegen die Einzelnen, die sich seinem Gebot widersetzten, sondern zugleich gegen die Kirche als solche vorging, erklärt sich ebenso wie die Beschränkung seiner Edikte nur auf die Christen daraus, daß er auf die Ereignisse der Jahre 249—51 zurückblicken konnte. Da hatte sich ja gezeigt, daß der einzige Widerstand gegen die geforderte Verehrung der Götter nicht von irgendwelchen Einzelnen, halter angeordnet habe, niemand dürfe die eingekerkerten Christen besuchen, und daß er genau nachforsche, ob sich nicht jemand bei ihnen zeige. 50 Cypr., ep. 5,2. 51 Daneben lassen die Strafbestimmungen des zweiten Ediktes zweifellos auch fiskalische Interessen der Staatsgewalt erkennen, die durch diu beschlagnahmten Vermögen der Christen ihre leeren Kassen auffüllen wollte, doch war dieser Gesichtspunkt nicht die Hauptsache. So richtig Vogt, RAC II Sp. 1188 und Moreau, Christenverfolgung S. 90. 52 Cassius Dio LH, 36,2. 53 Sie enthält ebenfalls die Vorwürfe der Gottlosigkeit („diu sacrilega mente vixisti"), der verschwörerischen Tätigkeit („plurimos nefariae tibi conspirationis homines adgregasti") und des Verstoßes gegen die staatliche Ordnung (disciplina). Acta proconsularia 4, s. o. S. 95f. 97

sondern von den Christen ausgegangen war. Da aber Valerian wie Decius glaubte, daß die Beteiligung aller an den staatlichen Kulten f ü r die Existenz des Reiches entscheidend wichtig sei, forderte er sie noch einmal nachdrücklich dazu auf. Waren sie jetzt bereit, das geforderte Opfer darzubringen, sollten sie unbehelligt bleiben. Weigerten sie sich aber wieder, so bekundeten sie dadurch, daß das Christentum f ü r den Bestand des Staates verderblich war, und dann genügte es nicht mehr, Einzelne zu bestrafen, sondern m a n m u ß t e gegen die Kirche als ganze vorgehen. Eben dazu war Valerian, wie seine Edikte zeigen, entschlossen. 5. Die Aufhebung der Maßnahmen

durch Gallienus

Die Edikte Valerians brachten f ü r die Kirche eine Zeit heftiger und blutiger Verfolgung 54 . Sie dauerte an bis zum Jahre 260, als der Kaiser auf einem Feldzug gegen die Perser in Gefangenschaft geriet und sein Sohn Gallienus, der bisher Mitregent gewesen war, die Alleinherrschaft übernahm. Er vollzog in der Außen- und Innenpolitik des Reiches einen sehr plötzlichen und radikalen Kurswechsel. So erließ er gleich zu Beginn seiner Regierung ein Edikt, durch das er anordnete, das Vorgehen gegen die Christen einzustellen 5S . Was er im einzelnen verfügte, läßt sich aus einem Brief ersehen, den er im Jahre 262, nachdem die Usurpationen des Macrianus sowie des früheren ägyptischen Statthalters Aemilianus niedergeworfen waren, an Dionys von Alexandrien und die anderen Bischöfe Ägyptens richtete 5 6 und der in griechischer Übersetzung bei Euseb erhalten ist. In ihm bestätigte Gallienus die Freiheiten, die er den Christen „bereits seit langem" (ήδη προ πολλοϋ) zugestanden hatte. Er sagt: ,,τήν εύεργεσίαν της έμης δωρεάς δια παντός τοϋ κόσμου έκβιβασθ-ηναι προσέταξα, δπως άπό των τόπων των θ-ρησκευσίμων άποχωρήσωσι,ν, καί δια τοϋτο και ύμεΐς της άντιγραφής της έμής τω τύπω χρήσθαι δύνασθε, ώστε μηδένα ύμΐν ένοχλεΐν." 67 Gallienus gab den Christen also die Versammlungsstätten wieder zurück und sicherte ihnen zu, daß sie nicht mehr belästigt werden sollten. Außerdem ge64 Vgl. Frend S. 426 ff., der die zuverlässigen Nachrichten über die Opfer der valerianischen Edikte zusammenstellt. 65 Eus., h. e. VII, 13. 56 So Alföldi, Klio 1938 S. 343; Vogt, RAC II Sp. 1188; Moreau, Christenverfolgung S. 93. Dagegen rechnet Frend S. 428 mit einer früheren Abfassungszeit, wenn er -— meines Erachtens zu Unrecht — meint, Gallienus habe mit dem Brief die Unterstützung der ägyptischen Christen für den Kampf gegen Macrianus gewinnen wollen. 57 Eus., h.e. VII, 13 (Ich habe befohlen, die Wohltat meines Geschenkes über die ganze Welt hinausgehen zu lassen: daß man [gemeint sind die Behörden] sich von den Orten, an denen Gottesdienste gefeiert werden, zurückzieht. Deshalb dürft auch ihr euch der Verordnung meines Reskriptes erfreuen, so daß euch niemand mehr belästigen darf.)

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stattete er ihnen, die Coemeterien wieder in Besitz zu nehmen, wie Euseb aufgrund eines weiteren kaiserlichen Schreibens, dessen Wortlaut er nicht mitteilt, berichtet 58 . Mit diesen Bestimmungen hob Gallienus die Erlasse seines Vaters auf und stellte für die Christen die Lage wieder her, in der sie sich vor dem ersten Edikt Valerians befunden hatten. Sie konnten jetzt wieder, wie Euseb zutreffend zusammenfaßt, „in Freiheit . . . ihren gewohnten Verpflichtungen nachgehen" 69. Fragt man nach den Motiven, die Gallienus zur Einstellung der Verfolgungsmaßnahmen veranlaßten, so darf man sie nicht in einer besonderen Zuneigung zum Christentum suchen, sondern in der allgemeinen politischen Lage. Wie der Kaiser bei der Verteidigung der Grenzen und im Kampf gegen Usurpatoren Unternehmungen aufgab, die über die Kräfte des Reiches hinausgingen, und diese durch langfristige Reformen neu zu stärken versuchte, „scheint er auch in der Christenfrage den augenblicklichen Zustand hingenommen zu haben, um Zeit für eine Erneuerung des heidnischen Glaubens und Denkens zu gewinnen" 60 . Diese erwartete er vom Neuplatonismus, dem er persönlich nahestand und dessen führende Vertreter damals eine an Schärfe beständig zunehmende Auseinandersetzung mit dem Christentum führten 8 1 . So ist auch die Aufhebung der Verfolgungsmaßnahmen durch den Kaiser „nicht als Einstellung des Kampfes, sondern nur als Änderung der Taktik zu verstehen" 62 . Es entspricht der Politik des Gallienus, daß sein Edikt keine grundsätzliche Anerkennung des Christentums bedeutete. Zwar implizierte die Zusicherung, daß die Gemeinden nicht mehr belästigt werden sollten, die Freiheit zur Ausübung der Gottesdienste, und mit der Rückgabe der Versammlungsstätten und Friedhöfe wurde zugleich der Besitzstand der Kirche anerkannt 63 , doch begründete Gallienus keine wesentlich neue Rechtslage für die Christen 64 . Das zeigt sehr deutlich das Verfahren gegen einen christlichen Soldaten in Palästina, das nach dem Bericht des Euseb stattfand, „während die Kirchen 59

Eus., h.e. VII, 13. Eus., h.e. VII, 13. 60 Vogt, R A C I I Sp. 1188; ähnlich Moreau, Christenverfolgung S. 92. 61 Alföldi, Pannonier S. 252-55; Baynes, CAH X I I S. 648f. 92 Alföldi, Pannonier S. 257. Vgl. den ganzen Abschnitt S. 237-63, der für das Verständnis der Stellung des Gallienus zu den Christen grundlegend ist; ferner Alföldi, Klio 1938 S. 345f.; Baynes, CAH X I I S. 648f.; Frend S. 422. 63 Moreau, Christenverfolgung S. 93; ebenso Alföldi, Klio 1938 S. 344 und Frend S. 422. 64 Alföldi, Pannonier S. 239 (ähnlich auch Klio 1938 S. 344) überschätzt die Bedeutung des Ediktes, wenn er in ihm eine „erste Legalisation des Christentums" sieht. Richtiger urteilen Vogt, R A C I I Sp. 1188f.; Moreau, Christenverfolgung S. 93 und Frend S. 429. 59

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überall Frieden hatten." e8 . Jener Soldat, Marinus, sollte zum Centurio befördert werden, als ein Rivale ihn anklagte, indem er geltend machte, dieser könne „nach den alten Gesetzen" die Stelle nicht erhalten, ,,da er Christ sei und den Kaisern nicht opfere" ββ . Marinus bekannte sich in der anschließenden Verhandlung als Christ, und als er auch nach einer dreistündigen Bedenkzeit dabei verblieb, wurde er hingerichtet. Sein Martyrium bezeugt, daß auch „im Frieden" des Gallienus das Christenverbot noch gültig war, denn auf ihm beruhte das Verfahren, wie aus dem Bericht des Euseb klar hervorgeht 67 . So läßt sich die Lage der Kirche nach dem Ende der valerianischen Verfolgung gerade von der juristischen Seite her genau bestimmen: Gallienus hatte die Edikte seines Vaters aufgehoben und damit das auf der Opferforderung beruhende Vorgehen gegen die Christen eingestellt. Die Folge war, daß die Kirche sich wieder wie in der Zeit vor Decius einer nahezu uneingeschränkten Toleranz erfreute, die in den folgenden 40 Jahren nicht unterbrochen werden und zu einer mächtigen Entfaltung des kirchlichen Lebens führen sollte. Doch blieb wie in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts auch jetzt die seit Nero und Trajan bestehende Rechtslage erhalten, so daß weiterhin Christen als solche angeklagt und verurteilt werden konnten 68 . •5 Eus., h.e. VII, 15. Eus., h.e. VII, 15,2: παρελθών άλλος πρί> τοϋ βήματος, μή έξεϊναι μέν έκείνω της 'Ρωμαίων μετέχειν άξιας κατά τούς παλαιούς νόμους, Χριστιανφ γε 8ντι καΐ τοις βασιλεϋσι μή θύοντι, κατηγόρει. Der Plural τοις βασιλεϋσι ist, selbst wenn die Formulierung an dieser Stelle authentisch sein sollte, kein ausreichender Grund, das Martyrium des Marinus gegen das Zeugnis des Euseb in eine andere Zeit als die der Alleinherrschaft des Gallienus zu datieren, wie Alföldi, Klio 1938 S. 344 A. 4, es tut. Nicht zuletzt wegen dieses Urteils über Eus., h.e. VII, 15 überschätzt er die Bedeutung des „Toleranzerlasses" des Gallienus. " So mit Recht Stade S. 153; Moreau, Christenverfolgung S. 94; Freudenberger S. 129 f. • 8 Vgl. außer den in A. 67 genannten Arbeiten noch Frend S. 442. 66

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V. Die große Christenverfolgung Diocletians 1. Die lange Friedenszeit

der

Kirche

Nachdem Gallienus die gegen die Christen gerichteten Edikte seines Vaters aufgehoben hatte, kam es erst wieder im 19. Jahr der Regierung Diocletians zu einem reichsweiten Vorgehen des römischen Staates gegen die Kirche1. So lange hatte sie auch dieser Kaiser unbehelligt gelassen2. Ja sie hatte unter seiner Herrschaft eine Zeit großer Blüte 1

I n der christlichen Tradition gilt auch Aurelian als „Verfolger", doch kam es unter seiner Regierung nicht zu einem tatsächlichen Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Christen. Eus., h.e. VTI, 30,20f. spricht von Plänen des Kaisers, die Kirche zu verfolgen, über die allgemein gesprochen worden sei (πολύς τε ήν 6 παρά πασιν περί τούτου λόγος), doch habe Aurelian seine Absichten nicht mehr verwirklichen können, da ihm die göttliche Gerechtigkeit, „fast könnte man sagen, als er im Begriff war, die Edikte gegen uns zu unterzeichnen", in den Arm gefallen sei. Euseb weiß also nichts von konkreten Maßnahmen des Kaisers. Dagegen sagt Lact., mort. 6,2, daß Aurelian bereits Edikte gegen die Christen erlassen habe. Jedoch seien seine cruenta scripta noch nicht in die entfernteren Provinzen gelangt, als er selbst in Thrakien einer Verschwörung zum Opfer gefallen sei. Auch nach Lactanz konnte Aurelian seine Pläne also nicht ausführen. (Wenn Lactanz in mort. β, 1 von „initia furoris" spricht, meint er nur die Edikte.) Die weitere christliche Überlieferung (vorgelegt und diskutiert von Moreau, Kommentar S. 227-30) gibt über Euseb und Lactanz hinaus keine weiteren Aufschlüsse. Fest steht demnach, daß es unter Aurelian nicht zu tatsächlichen Verfolgvingsmaßnahmen kam, daß aber kurz vor seinem plötzlichen Tode von der Absicht des Kaisers gesprochen wurde, gegen das Christentum vorzugehen. Daß er bereits Edikte erlassen haben soll, scheint mir nicht glaubhaft, der Bericht des Lactanz dürfte Übertreibung sein. Andererseits würde sich die Absicht, Maßnahmen gegen die Kirche zu ergreifen, ohne Schwierigkeiten in das Gesamtbild der Politik Aurelians einfügen. Sein Versuch, das Reich im Kult des Sol invictus religiös zu einigen, und ebenso das Bestreben, die Stellung des Kaisers ins Göttliche zu überhöhen, mußte bei den Christen auf Ablehnung stoßen, und es ist deshalb sehr wohl denkbar, daß er beabsichtigte, gegen sie vorzugehen, um seine Ziele durchzusetzen. (So Gross, RAC I Sp. 1009f.; ähnlich auch Groag, R E V, 1 Sp. 1414; Stade S. 154; Vogt, RAC I I Sp. 1191 u n d Frend S. 444.) 2 In die beiden ersten Jahrzehnte der Regierang Diocletians fallen — abgesehen von dem sogleich genauer zu untersuchenden Vorgehen gegen die Christen im Heer und am kaiserlichen Hof kurz vor der Jahrhundertwende (vgl. Abschnitt 2a) —· mit Sicherheit nur die Martyrien des Maximiiianus und des Marcellus. Beide erweisen jedoch nicht ein gegen das Christentum gerichtetes Vorgehen der Staatsgewalt. Der Rekrut Maximiiianus wurde hingerichtet, weil er „indevoto animo sacramentum militiae recusavit", und der Centurio Marcellus h a t t e bei einem Opfer, das aus Anlaß des „natalis dies imperatoris" dargebracht wurde, seine Rangabzeichen von sich geworfen und erklärt, er verweigere fortan den Dienst. Zwar begründeten beide ihr Verhalten mit ihrem

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erlebt, wie Euseb am Anfang des VIII. Buches seiner Kirchengeschichte berichtet 3 . Seine Schilderung entspricht durchaus den Tatsachen, denn sie wird durch zahlreiche einzelne Nachrichten bestätigt 4 . Unter Diocletian stiegen Christen in die höchsten Ämter des Staates auf; sie wurden mit der Verwaltung von Provinzen betraut und befanden sich in großer Zahl am kaiserlichen Hof 6 . Ihnen wurde ausdrücklich eine Sonderstellung gewährt, indem sie, um ihr Gewissen nicht beflecken zu müssen, von der Opferpflicht ausgenommen waren®. Ferner taten viele Christen im Heer Dienst und waren dort offenbar ebenfalls von der Beteiligung an Kulthandlungen befreit 7 . Allenthalben breitete sich das Christentum stark aus. In vielen Städten reichten die alten Versammlungsstätten nicht mehr aus, so daß an ihrer Stelle neue, größere gebaut wurden 8 . In Nikomedien erhob sich sogar in unmittelbarer Nähe des kaiserlichen Palastes eine große Kirche, ein sichtbares Zeichen dafür, daß das Christentum sich ungestört entfalten konnte 9 . Doch die Zeit des Friedens und der Blüte nahm ein plötzliches Ende, als Diocletian im Jahre 303 sein erstes Verfolgungsedikt erließ, das einen Kampf gegen das Christentum eröffnete, der härter und umfassender war als alle früheren Maßnahmen der Staatsgewalt. 2. Die Maßnahmen

gegen die Christen

a) Das Vorgehen gegen die Christen im Heer und am kaiserlichen Hof Bevor Diocletian die allgemeine Verfolgung der Kirche begann, hatte er, wie Euseb und Lactanz bezeugen, bereits einige Jahre früher, „als noch Friede herrschte" 10 , Maßnahmen gegen die Christen in Heer Christsein, aber nicht deswegen wurden sie hingerichtet, sondern, wie aus dem Bericht der Akten (Text bei Harnack, Militia Christi S. 114-19) eindeutig hervorgeht, allein wegen des Verstoßes gegen die militärische Disziplin. Vgl. Baynes, CAH X I I S. 663; Moreau, Christenverfolgung S. 102; Frend S. 487. 3 h.e. VIII, 1,1-6. 4 Das weisen Seston, RAC III Sp. 1045 f. und Frend S. 446-50 im einzelnen nach. 5 Eus., h.e. VIII, 1,2f.; vgl. Lact., mort. 15,2. 6 Eus., h.e. VIII, 1,2. 7 Dae folgt aus Lact., mort. 10 und Eus., h.e. VIII, 4. 8 Eus., h.e. VIII, 1,5. 9 Lact., mort. 12. 10 Eus., h.e. VIII, 4,1 vgl. 1,7. — Den genauen Zeitpunkt teilt die Chronik des Hieronymus mit, die das 16. Jahr Diocletians (299/300) angibt (Helm S. 227). Dazu paßt Eus., h.e. VIII, 4,1, der von einer Zeit „lange vor" dem ersten Edikt spricht, und Lact., mort. 10,1, wonach der Kaiser sich damals „in partibus Orientis" befand. Tatsächlich hielt sich Diocletian zwischen 298 und 301 dort auf (Moreau, Kommentar S. 265). Vgl. Vogt, RAC II Sp. 1195 und Seston, RAC III Sp. 1049.

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und Beamtenschaft ergriffen. Nach dem Bericht des Lactanz 1 1 stellte dieses Vorgehen des Kaisers lediglich eine Episode dar, zu der eine mißglückte Opferschau den Anstoß gab. Als der magister haruspicum erklärte, es ließen sich deshalb nicht die gewünschten Zeichen erkennen, „weil bei den heiligen Handlungen unheilige Menschen zugegen seien", habe Diocletian von sämtlichen Palastangehörigen, d. h. von den Beamten der zentralen Verwaltung und der kaiserlichen Dienerschaft, unter Androhung der Prügelstrafe den Vollzug eines Opfers gefordert. Außerdem habe er den Truppenkommandeuren befohlen, alle Soldaten zum Opfern zu zwingen oder sie im Falle der Weigerung aus dem Heer zu entlassen i a . Mit diesen Maßnahmen habe sich aber, so betont Lactanz nachdrücklich, der Zorn des Kaisers erschöpft; weiter sei er nicht gegen die Christen vorgegangen. Euseb stellt die Ereignisse in einigen Punkten erheblich anders dar 1 3 . Für ihn war die Säuberung des Heeres nicht eine Episode, sondern ein bewußtes Vorspiel der großen Verfolgung. Er meint, Diocletian habe wegen der großen Zahl der Christen nicht gewagt, sofort gegen alle vorzugehen. Deshalb habe er sich zunächst heimlich und in aller Stille gegen diejenigen gewandt, die im Heer Dienst taten, um anschließend die übrigen um so leichter bekämpfen zu können 14 . Worin die Maßnahmen der Staatsgewalt bestanden, wird in dem Bericht des Euseb nicht genau gesagt. Es heißt nur, daß die Soldaten vor die Wahl gestellt wurden, entweder einem kaiserlichen Befehl (πρόσταγμα) zu gehorchen oder aber alle militärischen Würden und Ränge zu verlieren 16 , und daß sehr viele Christen bereitwillig die Entlassung (τον ίδιωτικόν βίον) vorzogen 18 . In ganz seltenen Fällen wurde nach Euseb auch die Todes, 11 Lact., mort. 10. Der Bericht gehört mit Eus., h.e. VIII, 4 und app. 1 sowie der Notiz in der Chronik des Hieronymus (Helm S. 227) zusammen. Alle genannten Stellen beziehen sich auf dieselben Vorgänge. So mit Recht Baynes, C A H X I I S. 664f.; Ensslin, R E V I I A , 2 Sp. 2483; Moreau, Kommentar S. 265; anders Frend S. 489. 12 Lact., mort. 10,4: „Tunc ira furens sacrificare non eos tantum, qui sacris ministrabant, sed universos qui erant in palatio iussit et in eos, si detrectassent, verberibus animadverti, datisque ad praepositos litteris, etiam milites cogi ad nefanda sacrificia praecepit, ut qui non paruissent, militia solverentur." 13 Eus., h.e. VIII, 4. Seine Darstellung zerfällt deutlich in zwei Teile, die jeder für sich ein eigener Bericht sein könnten. In 4,1 f. liegt der Akzent auf der Bedeutung der Maßnahmen als Vorspiel der großen Verfolgung, und 4,3 f. rückt die Ereignisse in den Vordergrund. Beide Teile weisen in geringfügigen Einzelheiten Spannungen zueinander auf, im wesentlichen aber ergänzen sie einander. 14 Eus., h.e. VIII, 4,2 und 4. 15 Eus., h.e. VIII, 4,3. Hier ist an das von Lact, bezeugte Opforgebot zu denken. 16 Eus., h.e. VIII, 4,2. Das entspricht dem ,,militia solverentur" bei Lact., mort. 10,4.

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strafe verhängt, doch war das Vorgehen der Staatsgewalt im allgemeinen noch maßvoll17. Wer als Urheber dieser Maßnahmen anzusehen ist, läßt sich dem Bericht des Euseb nicht entnehmen. In h.e. VIII, 4 nennt er keinen Namen, sondern spricht nur sehr vage von „dem Machthaber" (ό τήν έξουσίαν είληφώς, 4,2) und von einem Stratopedarchen18 (4,3), dagegen macht er in h.e. VIII, app. 1 Galerius für die Säuberung des Heeres verantwortlich. Doch ist darin lediglich eine Weiterentwicklung der Tendenz zu sehen, den Caesar für die Christenverfolgung unter Diocletian verantwortlich zu machen19. Sie bestimmt weithin die christliche Überlieferung und findet sich auch bei Lactanz sehr deutlich ausgeprägt. Wenn er dennoch Diocletian als den Urheber der Maßnahmen gegen die Christen im Heer und am kaiserlichen Hof nennt, so muß man an dieser Aussage festhalten. Das Zeugnis des Euseb und Lactanz erweist also, daß Diocletian mehrere Jahre vor dem ersten allgemeinen Verfolgungsedikt von den Palastangehörigen und Soldaten den Vollzug eines Opfers forderte. Im Falle einer Weigerung verfielen erstere der Prügelstrafe20, letztere wurden aus dem Heer entlassen. Die Bedeutung dieser Maßnahmen hat Euseb richtig erfaßt, wenn er sie in inneren Zusammenhang mit den späteren Verfolgungsedikten bringt. Von hier aus muß in der Tat die Frage nach den Motiven, die den Kaiser zu seinem Vorgehen veranlaßten, beantwortet werden21. Daß sie, wie Lactanz behauptet, nur in einer gestörten Opferscliau zu suchen wären, ist von vornherein sehr unwahrscheinlich. So ließe sich allenfalls erklären, daß Diocletian die Palastangehörigen zum Opfern zwang, nicht aber, daß er einen solchen Befehl auch an das Heer richtete. Bei näherem Hinsehen zeigt sich außerdem, daß der Bericht des Lactanz ganz und gar bestimmt ist von dem Bestreben, für die späteren Edikte nicht Diocletian, sondern Galerius verantwortlich zu machen22. Deshalb betont er den episodischen Charakter der Maßnahmen Diocletians und stellt sie als Folge eines zufälligen Ereignisses hin. Ist aber die Meinung des Lactanz über den Urheber der allgemeinen Verfolgungsedikte als „rhetorische KomEus., h.e. VIII, 4,4. Man hat ihn oft mit dem in dar Chronik des Hieronymus (Helm S. 227) genannten „magister militiae" Veturius identifiziert; z.B. Baynes, CAH X I I S. 664. 19 So mit Recht Stade S. 158. 20 Von einer Entlassung auch der Palastangehörigen ist nichts gesagt. 21 Darüber s. u. Kapitel V, 3. Erst von daher läßt es sich auch voll rechtfertigen, daß, wie es bereits in diesem Abschnitt geschehen ist, der Opferbefehl als ein Vorgehen gegen die Christen bezeichnet wird. 22 Diese Tendenz zeigt klar Lact., mort. 10,6. 17

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bination" 2 3 und daher als unglaubhaft zu betrachten, muß man auch die von ihm geschilderte Opferzeremonie von dem Vorgehen Diocletians gegen die Christen im Heer und am kaiserlichen Hof trennen. Sie kann bestenfalls den äußeren Anlaß dafür gegeben haben, über die Motive des Kaisers und damit über die Bedeutung seiner Maßnahmen kann sie jedoch keinen Aufschluß geben. b) Das erste Edikt Am 23. Februar 303 erließ Diocletian sein erstes allgemeines Verfolgungsedikt, das den Kampf gegen die ganze Kirche eröffnete. Dieses Datum, das Fest des Grenzgottes, war nach der Meinung des Lactanz mit Bedacht gewählt worden, damit dem Christentum gleichsam eine Grenze gesetzt würde 24 . Vorausgegangen waren lange und gründliche Beratungen am kaiserlichen Hof in Nikomedien. Galerius hatte sich den Winter 302/3 über dort aufgehalten, hohe Beamte und Offiziere waren gehört worden, und schließlich hatte Diocletian noch das Orakel des milesischen Apoll befragt 2 5 . Daraufhin begann er, umfassende Maßnahmen gegen das Christentum zu ergreifen. Was das erste Edikt Diocletians anordnete, muß man aus den Nachrichten der christlichen Überlieferung erschließen. Nach Lactanz nahm das Vorgehen der Staatsgewalt am 23. Februar 303 in Nikomedien seinen Anfang mit der Zerstörung der Kirche und der Verbrennung der heiligen Schriften der Christen 26 . Am Tage darauf •wurde ein kaiserliches Edikt veröffentlicht, das bestimmte: ,,ut religionis illius homines carerent omni honore ac dignitate, tormentis subiecti essent, ex quocumque ordine et gradu venirent, adversus eos omnis actio valeret, ipsi non de iniuria, non de adulterio, non de rebus ablatis agere possent, libertatem denique ac vocem non haberent." 2 7 Euseb gibt den Inhalt des Ediktes folgendermaßen wieder: ,,ήπλωτο πανταχόσε βασιλικά γράμματα, τάς μεν έκκλησίας εις έδαφος φέρειν, τάς δέ γραφάς άφανεΐς πυρί γενέσ&αι προστάττοντα, καί τούς μεν τιμής επειλημμένους άτιμους, τούς δ' έν οίκετίαις, εΐ έπιμένοιεν τ9) του Χριστιανισμού προθέσει, έλευθ-ερίας 23 Geizer S. 385. Er kommt durch eine gründliche Untersuchung des Charakters der Schrift „de mortibus persecutorum" zu dem zwingenden Ergebnis, daß die Version des Lactanz über den Urheber der Christenverfolgung von 303 unglaubhaft ist. Dieses Urteil wird durch die Untersuchung der Motive, die die Politik der Tetrarchie bestimmten, bestätigt werden; s . u . S. 117f. 24 Lact., mort. 12,1. Die abweichenden Zeitangaben bei Eue., h.e. VIII, 2,4 (März) und mart. Pal. prooem. (April) sind darauf zurückzuführen, daß das Edikt nicht in allen Provinzen zur gleichen Zeit bekannt wurde. In Palästina z.B. wurde es erst kurz vor dem Osterfest, im April 303, veröffentlicht. 25 Lact., mort. 11,3-8. 28 Lact., mort. 12,2-5. 27 Lact., mort. 13,1.

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στερεΐσθ-αι προαγορεύοντα."28 Diocletian befahl also, alle christlichen Kirchen zu zerstören und die heiligen Schriften zu verbrennen. Diese Bestimmung nennt Euseb gleich am Anfang seiner Inhaltsangabe, und wenn Lactanz sie in seiner Aufzählung nicht erwähnt, so aus dem Grunde, weil er sie bereits indirekt in seinem Bericht über die Vorgänge in Nikomedien mitgeteilt hat. Eine zweite Gruppe von Verordnungen betraf die einzelnen Christen. Sie sollten, wie beide Quellen bezeugen, alle Ämter und Würden und die damit verbundenen Vorrechte verlieren. Wenn Lactanz sagt, daß Christen jeden Standes — bei gerichtlichen Untersuchungen — der Folter unterworfen sein sollten, so ist das keine neue Bestimmung, sondern nur eine Folge des Verlustes von honos und dignitas. Dieser Satz muß also nicht notwendig im Edikt gestanden haben, er könnte auch von Lactanz zur näheren Erläuterung eingefügt sein 29 . Ferner nahm der kaiserliche Erlaß allen Christen die Rechtsfähigkeit. Sie hatten nicht mehr die Möglichkeit, einen Prozeß zu führen, dagegen sollte jede Klage gegen sie angenommen werden, „libertatem denique ac vocem non haberent" faßt Lactanz die neue Lage zusammen. Euseb, bei dem diese Nachricht fehlt, hat noch eine Bestimmung über οί έν οϊκετίαις erhalten, über die in kaiserlichen Diensten stehenden Freigelassenen 30 . Sie sollten, „wenn sie am Christentum festhielten", die Freiheit verlieren. Es fällt auf, daß das erste Edikt Diocletians das Leben der Christen nicht bedrohte. Lactanz hat deshalb die Milde der Maßnahmen hervorgehoben 31 , doch ist dieses Urteil mit Recht von neueren Forschern verworfen worden 32 . Daß der Kaiser zu einem radikalen Vorgehen gegen das Christentum entschlossen war, erweist sein Befehl, die Kirchen zu zerstören und die heiligen Schriften zu vernichten, denn dadurch tastete er die Ausübung der christlichen Religion in einer Weise an, die weit über das Versammlungsverbot Valerians hinausging. Noch entscheidender ist eine andere Beobachtung, die sich avis einem Vergleich des diocletianischen Ediktes mit den Maßnahmen des Decius und Valerian ergibt. Während jene Kaiser die Kirche gar nicht 28 Ε us., h.e. VIII, 2,4 und gleichlautend mart. Pal. prooem. (Überall wurde ein kaiserliches Edikt verbreitet, das befahl, die Kirchen bis auf den Grund zu zerstören und die Schriften mit Feuer zu vernichten, und das anordnete, daß diejenigen, die eine Ehrenstelle innehätten, ihre Würde verlieren und die Diener des kaiserlichen Hauses, wenn sie am Christentum festhielten, der Freiheit beraubt werden sollten.) 29 Stade S. 164; vgl. Moreau, Kommentar S. 277. 30 Das richtige Verständnis von οί έν οίκετίαις hat Stade S. 165 erschlossen, der sie mit den Caesariani des zweiten valerianischen Ediktes identifizierte. Nach Baynes, CAH X I I S. 666; Ensslin, R E VII A, 2 Sp. 2385 und Moreau, Kommentar S. 279 sind aber nicht nur die Palastangehörigen, sondern alle in kaiserlichen Diensten stehenden Freigelassenen gemeint. 31 Lact., mort. 11,8 und 14,1. 32 Stade S. 162; Vogt, Const. S. 128 und schon RAC II Sp. 1195.

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oder jedenfalls nicht von vornherein bekämpfen wollten, machte Diocletian sein Vorgehen nicht mehr davon abhängig, ob die Christen bereit waren, die Götter des Staates zu verehren. Das zeigt sehr deutlich der Bericht des Lactanz über die Ereignisse in Nikomedien. Diocletian ließ die dortige Kirche zerstören, noch bevor das Edikt überhaupt veröffentlicht wurde. Seine Maßnahmen waren also nicht mehr an besondere Voraussetzungen — etwa die Verweigerung eines Opferbefehls — gebunden, sondern sie sind Ausdruck des Entschlusses, das Christentum unter allen Umständen vernichtend zu bekämpfen. So entspricht es der Intention des Ediktes, wenn Lactanz sagt, daß es „religionis illius homines", d. h. die Christen als solche betraf 33 , und wenn es bei Euseb heißt, die Angehörigen der kaiserlichen Dienerschaft sollten die Freiheit verlieren, ,,εί έπιμένοιεν τη τοϋ Χριστιανισμού προθέσει"34. Das galt sinngemäß für alle Bestimmungen des Ediktes. Man konnte ihnen nur entgehen, indem man vom christlichen Glauben abfiel35. Das aber hatten weder Decius noch Valerian gefordert. So zeigt das erste diocletianische Edikt deutlich, wie sehr dieser Kaiser über die Maßnahmen seiner Vorgänger hinausging und wie radikal er gegen das Christentum vorzugehen beabsichtigte. c) Die weiteren Edikte Kurz nachdem Diocletian das erste Edikt erlassen hatte, traten verschiedene Ereignisse ein, die ihn zu weiteren Maßnahmen gegen die Christen veranlaßten. Das erste war ein Brand, der im Palast von Nikomedien ausbrach3e. Seine Ursache blieb unbekannt, doch ver33

Lact., mort. 13,1. Eus., h . e . V I I I , 2,4. Daß diese Bemerkung wörtlich zu verstehen ist, während die sehr ähnliche Wendung „si . . . Christiani esse perseveraverint", die sich in dem Bericht Cyprians über die Bestimmungen des zweiten valerianisehen Ediktes findet (ep. 80,1), als christliche Interpretation des Opfergebotes anzusehen ist, läßt sich beide Male nur aus dem Gesamtbild des Vorgehens der Staatsgewalt erschließen. Vgl. oben S. 93. 35 Das geschah praktisch durch den Vollzug eines Opfers, wie aus Lact., mort. 15,5 hervorgeht. Da heißt es, daß in den Gerichtssälen Altäre aufgestellt waren, auf denen die streitenden Parteien vor der Eröffnung des Prozesses erst opfern mußten. Auf diese Weise sollte verhindert werden, daß Christen unversehens Recht gesprochen wurde. Daraus folgt, daß unter Diocletian der Vollzug eines Opfers — mindestens auch — ausdrücklich den negativen Sinn haben sollte, den Abfall vom Christentum zu bekunden. I n dieser Hinsicht erinnert das Vorgehen Diocletians stärker an die alten Christenprozesse als die Maßnahmen des Decius u n d Valerian, die mit ihrer Opferforderung eine gleichzeitige Verehrung des Christengottes durchaus nicht ausschließen wollten; s. o. S. 80f. und S. 88. 36 Lact., mort. 14; Eus., h.e. V I I I , 6,6. Lactanz erwähnt noch einen zweiten Brand, der zwei Wochen nach dem ersten ausbrach (mort. 14,6). — Die Frage nach der Ursache des Unglücks m u ß — wie für die Zeitgenossen — offenbleiben. Euseb kennt den Grund nicht, Lactanz hält Galerius für den Brandstifter, u n d Konstantin, Rede an die hl. Versammlung 24 nennt Blitzschlag als Ursache. 31

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breitete sich das Gerücht, die Christen seien für das Unglück verantwortlich; sie hätten einen Anschlag auf das Leben des Kaisers und seines Cäsar geplant 37 . Diocletian ließ sofort gründliche Untersuchungen anstellen, um die Schuldfrage zu klären. Seine gesamte Dienerschaft wurde einem eingehenden Verhör unterworfen, das er selbst leitete; doch obwohl dabei die schärfsten Folterungen angewandt wurden, blieben alle Untersuchungen ergebnislos38. Dennoch war Diocletian von der Schuld der Christen überzeugt, denn er ging daraufhin mit scharfen Maßnahmen gegen sie vor 39 . Er zwang alle Palastangehörigen, selbst seine Gemahlin Prisca und seine Tochter Valeria, zum Opfern, um diejenigen, die sich weigerten, hinrichten zu lassen. Außerdem wurden zahlreiche Christen der Gemeinde zu Nikomedien, insbesondere Kleriker, verhaftet und ohne gerichtliche Untersuchung mit dem Tode bestraft. Doch blieb dieses Vorgehen auf die Hauptstadt beschränkt. Es gehört nicht in die Reihe der allgemeinen Verfolgungsmaßnahmen, sondern ist als Strafe für die vermuteten Brandstifter zu verstehen40. Nicht lange nach dem Palastbrand kam es zu Unruhen in Melitene und Syrien, die Diocletian offenbar wieder den Christen zur Last legte. Jedenfalls entschloß er sich jetzt zu weiteren Maßnahmen. Im Frühsommer 303 41 erließ er zwei Edikte gegen die Kleriker. Das erste bestimmte ihre Einkerkerung (2. Edikt) 42 , und das andere, das in ganz kurzem Abstand folgte, verlangte dann von ihnen den Vollzug eines Opfers für die Götter des Staates und für die Tetrarchen43. Wer gehorchte, sollte freigelassen, wer sich weigerte, harten Folterungen Galerius hielt sich noch am Hof Diocletians auf. Lact., mort. 14,3-5. Hier handelt es sich nicht um eine „exemplarische Bestrafung der Christen a m H o f " (Frend S. 491), sondern um die Untersuchung der Schuldfrage, bei der die gesamte Dienerschaft (14,3: excarnificare omnes suos . . . coepit) unter Anwendung der Folter verhört wurde. Vgl. Moreau, Kommentar S. 283. 39 Lact., mort. 15,1-3; Eus., h.e. VIII, 6,6. 10 Stade S. 167f.; Baynes, CAH X I I S. 666; Ensslin, R E V I I A, 2 Sp. 2486. 4 1 Dieser Zeitraum läßt sich erschließen aus Eus., mart. Pal. 1,2. Dort wird berichtet, daß a m 7. Juni 303 in Palästina der erste Kleriker wegen Opferverweigerung hingerichtet wurde. Kurz vorher muß demnach das 3. Edikt erlassen worden sein. 42 Eus., h.e. VIII, 6,8: „τους πανταχόσε των εκκλησιών προεστώτας είρκταϊς καΐ δεσμοϊς ένεϊραι πρόσταγμα έφοίτα βασιλικών." Diesen Inhalt des zweiten Ediktes teilt Euseb auch h.e. VIII, 2,5 ( = mart. Pal. prooem.) mit. — Lactanz erwähnt das 2. und 3. Edikt Diocletians nicht. Er gibt in mort. 15,4f. nur einen sehr summarischen Überblick über die nach dem 1. Edikt folgenden Maßnahmen. 43 Daß auch „τοις βασιλεϋσι τέσσαρσιν" geopfert werden mußte, sagt Eus., mart. Pal. 1,1. 37

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unterworfen werden (3. Edikt) 44 . Daß Diocletian nicht gegen alle Christen, sondern nur gegen die Kleriker vorging, wird aus der Erwägung heraus geschehen sein, daß er einem offenen Widerstand der Kirche gegen sein erstes Edikt — so verstand er den Palastbrand und die ausgebrochenen Unruhen — am sichersten begegnen konnte, indem er sie ihrer organisatorischen Spitze beraubte 4B . Bereits darin gleichen seine Maßnahmen dem Vorgehen Valerians, und das gilt f ü r das dritte Edikt auch noch in einer anderen Hinsicht. Wie einst Valerian wollte auch Diocletian erreichen, daß die Kleriker, indem sie das geforderte Opfer darbrachten, den übrigen Christen ein Beispiel gaben. Dieser Absicht entsprach die Durchführung des Ediktes. Es kam verhältnismäßig selten zu Hinrichtungen. Vorher versuchten die Behörden, durch Anwendung der Folter den Vollzug des Opfers zu erzwingen, und manchmal begnügten sie sich auch mit dem bloßen Schein 46 . Dieses Vorgehen war offenbar sehr erfolgreich, denn Euseb berichtet, daß die überwiegende Anzahl der Kleriker dem kaiserlichen Gebot Folge leistete 47 . Etwa ein J a h r nach dem ersten Verfolgungsedikt, im Frühjahr 304, holte Diocletian zu einem letzten entscheidenden Schlag gegen das Christentum aus. Er erließ einen allgemeinen Opferbefehl f ü r die gesamte Reichsbevölkerung ·. καθ-ολικω προστάγματι πάντας πανδημεί τούς κατά πόλιν θ-ύειν τε και σπένδειν τοις εΐδώλοις έκελεύετο48. Dieses vierte Edikt erscheint auf den ersten Blick lediglich als eine Wiederholung des decisclien Opfergebotes, doch war es in ungleich stärkerem Maße als jenes darauf angelegt, die Christen zu treffen. Darauf weist schon der Zusammenhang der Maßnahmen Diocletians, f ü r die das erste Edikt, das den Willen zu einem vernichtenden Kampf gegen das Christentum erkennen läßt, gleichsam das Vorzeichen darstellt, von dem her das weitere Vorgehen zu verstehen ist. Das zeigt sich ferner, wenn man bedenkt, daß das Opfer, das in dem Edikt von 304 gefordert wurde, nicht mehr nur wie unter Decius und Valerian die Verehrung für die Götter des Staates und die Kaiser zum Ausdruck bringen sollte, sondern jetzt auch nach dem Willen der Staatsgewalt die Bedeutung haben sollte, die ihm die Christen von jeher beigelegt hatten: den " Eus., h.e. YIII, 6,10: „ . . . τ ο ύ ς κατάκλειστους θύσαντας μέν έαν βαδίζειν έπ' έλευθερίας, ένισταμένους δέ μυρίαις καταξαίνειν προστέτακτο βασάνοις". Vgl. h.e. VIII, 2,5 ( = mart. Pal. prooem.). 45 Stade S. 168f.; ähnlich Baynes, CAH X I I S. 666 und Vogt, Const. S. 129. " Eus., mart. Pal. 1,4 (dazu geht parallel h.e. VIII, 3,2-4). « Eus., h.e. VIII, 3,1. 48 Eus., mart. Pal. 3,1 („Durch einen allgemein gültigen Befehl wurde angeordnet, daß alle in jeder Stadt geschlossen den Götterbildern Tier- und Trankopfer darbringen müßten."). Nach Euseb wurde das 4. Edikt im zweiten Jahr der Verfolgung erlassen. — Einen allgemeinen Opferbefehl erwähnt auch Lact., mort. 15,4.

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Abfall vom christlichen Glauben zu bekunden. Denn Diocletian ging davon aus, daß der Vollzug eines Opfers gleichbedeutend war mit der Ableugnung des Christentums. Das zeigt sich daran, daß seit dem ersten Edikt vor der Eröffnung jedes Prozesses geopfert werden mußte, damit die Christen von der Rechtsprechung ausgeschlossen blieben49, und daß der Kaiser nach dem Palastbrand alle Angehörigen seines Hofes zum Opfern gezwungen hatte, um die Christen unter ihnen festzustellen und zu bestrafen60. Das vierte Edikt Diocletians implizierte also das Gebot, vom Christentum abzufallen. Das zu erreichen, wurden wie unter Decius alle Arten der Folter angewandt und bei beharrlicher Weigerung die Todesstrafe verhängt 61 . Damit war tatsächlich der letzte Schritt im Kampf gegen die Kirche getan. Für den allgemeinen Opferbefehl ist verschiedentlich Galerius verantwortlich gemacht worden62. Man hat auf die schwere Krankheit Diocletians verwiesen, die er sich Ende 303 zugezogen hatte 63 , und gemeint, er habe zu Anfang des Jahres 304 nicht selbst die Regierung führen können. Vor allem aber stehe die Härte des vierten Ediktes im Gegensatz zu der Milde der früheren Erlasse und erweise sich daher als Werk des Galerius. Doch wenn, wie dargelegt wurde, bereits das erste Edikt Ausdruck des Entschlusses ist, radikal gegen das Christentum vorzugehen, ist das allgemeine Opfergebot nur als letzte Konsequenz dieser Politik zu betrachten, und man darf es ebenso wie alle früheren Maßnahmen auf Diocletian selbst zurückführenS4. S. o. S. 107 A. 35. Hatte unter Diocletian das Opfer auch diesen negativen Sinn, so ist es gerechtfertigt, auch den Opferbefehl für das Heer als eine gegen die Christen gerichtete Maßnahme zu verstehen. S. o. S. 104 A. 21. 51 Als Beispiel für die Behandlung von Opferverweigerern vgl. Eus., h.e. VIII, 10. 52 In neuerer Zeit von Baynes, CAH XII S. 667 f.; Moreau, Christenverfolgung S. 105 und Frend S. 493f. 53 Lact., mort. 17. 51 So richtig Stade S. 174ff. und Ensslin, RE VII A, 2 Sp. 2486; vgl. auch Vogt, Const. S. 130. — Wie die Edikte von den einzelnen Herrschern in ihren Reichsteilen durchgeführt wurden, ist für die Frage nach den Motiven der diocletianischen Christenverfolgung nicht wesentlich. Es sei nur kurz erwähnt, daß Constantius nur das erste Edikt befolgte (Lact., mort. 15,7) und daß mit der Abdankung Diocletians und Maximians im Jahre 305 die Verfolgung im Westen ein Ende fand, während sie in der östlichen Reichshälfte mit unverminderter Härte fortdauerte (Eus., mart. Pal. 13,12). Maximinus Daia, der neue Cäsar im Osten, erließ zweimal, in den Jahren 306 und 309 Edikte, die eine strenge Durchführung des allgemeinen Opferbefehls, d. h. des vierten diocletianischen Ediktes, geboten. Sie lösten jedesmal eine neue Verfolgungswelle aus (Eus., mart. Pal. 4,8 und 9,2f.). Im übrigen vgl. für Einzelfragen Vogt, RAC II Sp. 1196f.; Moreau, Christenverfolgung S. 105-12 und vor allem die sehr ausführliche Darstellung bei Frend (S. 494-505 für die Zeit bis zur Abdankung Diocletians und S. 505-21 für die Jahre von 306-13), die das vorhandene Quellenmaterial gründlich auswertet. 49

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3. Die politischen Motive

Diocletians

a) Das Zeugnis des Galeriusediktes Über die Motive, die unter Diocletian zu einem Vorgehen der Staatsgewalt gegen das Christentum führten, gibt das Edikt Auskunft, mit dem Galerius im Jahre 311 die Verfolgung einstellte. Er war nach der Abdankung Diocletians und Maximians (305) zum Augustus des Ostens aufgerückt und nahm seit dem Tode des Constantius (306) die führende Stellung in der Tetrarchie ein, so daß es ihm zukam, eine derartige Anordnung f ü r das ganze Reich zu treffen. Sein Toleranzedikt, das im Wortlaut bei Lactanz erhalten ist 55 , gibt in seinem ersten Teil noch einmal eine Rechtfertigung und Begründung der Verfolgungspolitik. Es beginnt: „Inter cetera, quae pro rei publicae semper commodis atque utilitate disponimus, nos quidem volueramus antehac iuxta leges veteres et publicam disciplinam Romanorum cuncta corrigere atque id providere, ut etiam Christian!, qui parentum suorum reliquerant sectam, ad bonas mentes redirent." 6 6 Nach einer einleitenden Formel nennt Galerius hier als das bestimmende Ziel der ganzen kaiserlichen Regierungstätigkeit das Bestreben, ,,alles nach den alten Gesetzen und der staatlichen Ordnung der Römer einzurichten." Damit umreißt er das Programm einer restaurativen, an den altrömischen Traditionen orientierten Politik. Sie hat nach dem Zeugnis des Toleranzediktes zum Vorgehen gegen die Kirche geführt, denn wenn es weiter heißt, die Christen sollten „zu gesunden Sinnen" zurückgeführt werden, bedeutet das nur eine konkrete Anwendung des vorher genannten allgemeinen Grundsatzes. Eine nähere Charakterisierung der Restaurationspolitik enthalten die Vorwürfe, die zur Begründung der Verfolgung gegen die Christen erhoben werden. Es wird getadelt, daß sie die „secta parentum", die Lebensweise der Vorfahren verlassen hätten, womit vor allem an die überlieferte Götterverehrung gedacht sein dürfte 5 7 . Ferner folgten sie nicht mehr den „Einrichtungen der Alten" 5 8 , sondern gäben sich nach eigenem Gutdünken eigene Gesetze, und sie vereinigten verschiedene Völker zu einer Gemeinschaft 59 . Hier klingen wieder Gedanken der 55 Lact., mort. 34. Eus., h.e. VIII, 17,3-10 bietet eine griechische Übersetzung, die auch die bei Lactanz fehlende Präambel enthält. 59 Lact., mort. 34,1. 57 Lact., mort. 34,1. 68 Mit „instituta veterum" sind die Ordnungen des ganzen öffentlichen Lebens gemeint, nicht nur der Kult der Götter. Vgl. Moreau, Kommentar S. 390. 59 Lact., mort. 34,2: „siquidem . . . eosdem Cliristianos . . . tanta stultitia occupasset, ut non illa veterum instituta sequerentur, quae forsitan primum parentes eorundem constituerant, sed pro arbitrio suo atque ut isdem erat libitum, ita sibimet leges facerent quas observarent, et per diversa varios populos congregarent." Zur Interpretation des letzten Satzgliedes vgl. Baynes, CAH X I I S. 673 und Moreau, Kommentar S. 391.

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Maecenasrede an: Leute, die von der rechten Gottesverehrung abweichen, neigen auch zum άλλοτριονομεΐν und bilden verschwörerische Gemeinschaften 60 . Noch wichtiger ist eine andere Übereinstimmung. Wie Cassius Dio setzt auch das Galeriusedikt eine enge Verbindung von staatlicher Ordnung und überlieferter Religionsausübung voraus. Das zeigt sich zum Beispiel daran, daß es den Christen parallel zu dem Verlassen der „secta parentum" das Abweichen von den ,,instituta veterum" zur Last legt. In derselben doppelten Weise nennt es als Ziel des Vorgehens gegen die Christen ihre Rückführung zu den alten Ordnungen und zur rechten Verehrung der Götter 61 . Dieser echt römische Glaube, daß das Gedeihen des Staates und der Bestand seiner Einrichtungen unlöslich verknüpft seien mit der Pflege der alten Kulte, war also nach den Aussagen des Galeriusediktes das charakteristische Merkmal der restaurativen Politik, in der die Motive für die diocletianische Christenverfolgung zu suchen sind 68 . b) Das Ehe- und Manichäeredikt Daß die Begründung, die Galerius für das Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Kirche gibt, wirklich der Politik Diocletians entspricht, zeigt ein Vergleich mit dessen Eheedikt vom Jahre 295, das enge Berührungen mit Gedanken des Toleranzerlasses aufweist 63 . Dort findet sich wieder das Programm der Erneuerung überlieferter Ordnungen. So betont Diocletian gleich im ersten Satz, daß „unserem frommen und gottesfürchtigen Sinn das, was von den römischen Gesetzen rein und heilig festgesetzt worden ist, in höchstem Maße verehrungswürdig erscheint und mit ewiger Ehrfurcht zu bewahren" 64 . 60

Cassius Dio LH, 36,2; s . o . S. 76f. Auf die Übereinstimmung einzelner Wendungen des Galeriusediktes mit solchen in der Maecenasrede weist auch Alföldi, Pannonier S. 252 A. 131 hin. 61 Lact., mort. 34,3 spricht von einer „iussio . . ., ut (Christiani) ad veterum se instituta conferrent", und wenn Galerius in 34,4 feststellt, daß viele Christen auf ihrem Vorsatz beharrten und nicht „dis . . . cultum ac religionem debitam exhibere" wollten, so ist damit ebenfalls das Ziel der staatlichen Maßnahmen angesprochen. 62 Eine Parallele zum Galeriusedikt ist der bei Eus., h.e. IX, 1,3-6 erhaltene Brief des Gardepräfekten Sabinus, in dem dieser den Beamten im Reichsteil des Maximinus Daia die Bestimmungen des Toleranzediktes mitteilt. Auch er geht zu Anfang kurz auf die Motive der Verfolgungspolitik ein, indem er sagt, die Kaiser hätten schon vor langer Zeit mit größtem Eifer angeordnet, „aller Menschen Sinn auf den frommen und geraden Lebensweg zu führen, so daß auch diejenigen, die anderen Bräuchen als den römischen zu folgen schienen, den unsterblichen Göttern die schuldige Verehrung erwiesen." Dieser Satz weist in dieselbe Richtung wie die Gründe, die Galerius für das Vorgehen gegen die Kirche nennt. 83 Vgl. Moreau, Kommentar S. 388f. und Frend S. 510f. *4 Collatio λ 7 !, 4,1: piis religiosisque mentibus nostris ea, quae Romanis legibus caste sancteque sunt constitute, venerabilia maxime videntur atque aeterna religione servanda." 112

Dieser Gedanke durchzieht das ganze Edikt 65 . Die Formulierung der einzelnen Bestimmungen und ebenso die Wendungen, die den Zweck der Maßnahmen herausstellen, weisen immer wieder auf die alten Gesetze und die überlieferte Frömmigkeit. So sagt der Kaiser, er wolle mit seinem Edikt dafür sorgen, daß die Ehen „religiöse atque legitime iuxta disciplinam iuris veteris" geschlossen würden ββ . Ähnlich heißt es an anderer Stelle, bei Eheschließungen sollten religio und sanctitas von allen gewahrt werden, „damit sie daran denken, daß sie zu römischer Ordnung und römischen Gesetzen gehören" ®7. Diocletian erlaubt solche Ehen, „die nach römischem Recht gestattet sind" (4,4), und er verbietet die Verbindungen, „die vom alten Recht verwehrt werden" (4,5). Am Schluß des Ediktes erfährt dieser ständige Rückgriff auf die überlieferten Ordnungen noch einmal eine Begründung, wenn es heißt: „Denn nur Heiliges und Verehrungswürdiges bewachen unsere Gesetze, und so ist durch die Gunst aller Gottheiten die römische Majestät zu solcher Größe gelangt, weil sie alle ihre Gesetze durch weise Gottesverehrung und die Beobachtung des Schamgefühls befestigt hat." 8 8 Hier sind wie im Galeriusedikt die römischen Gesetze unlöslich mit der Religion und beide mit dem Bestand des Reiches verknüpft. Daraus folgt, daß auch bei Diocletian die restaurative Politik auf dem Glauben an die göttliche Begründung des Imperium beruhte. Das zeigt noch deutlicher der Schlußsatz der Einleitung, in dem der Kaiser die Leitgedanken seiner Politik zusammenfaßt: „Ita enim et ipsos immortales deos Romano nomini, ut semper fuerunt, faventes atque placatos futuros esse non dubium est, si cunctos sub imperio nostro agentes piam religiosamque et quietam et castam in omnibus more maiorum colere perspexerimus vitam." 69 So finden sich in dem Bild, das das Eheedikt von dem Regierungsprogramm Diocletians zeichnet, alle die Züge wieder, die nach dem Zeugnis des Galeriusediktes zur Verfolgung der Christen führten. Daß die starke Betonung der überkommenen römischen Götterverehrung, die sich im Eheedikt findet, für Diocletian zugleich die Bereitschaft einschloß, gegen diejenigen vorzugehen, die sich ihr 85

Vgl. Frend S. 479 f. o« Collatio VI, 4,2. " Collatio VI, 4,4: „. . . ut se ad disciplinam legesque Romanas meminerint pertinere." 68 Collatio VI, 4,6: „Nihil enim nisi sanctum ac venerabile nostra iura custodiunt et ita ad tantam magnitudinem Romana maiestas cunctorum numinum favore pervenit, quoniam leges suas religione sapienti pudorisque observatione devinxit." 48 Collatio VI, 4,1. (Dann nämlich werden unzweifelhaft die unsterblichen Götter selbst auch in Zukunft dem römischen Volk so günstig und gewogen sein, wie sie es immer waren, wenn wir gesehen haben, daß alle, die unter unserer Herrschaft leben, ein frommes, gottesfürchtiges, ruhiges und keusches Leben ganz nach der Sitte der Vorfahren führen.) 113

widersetzten, zeigt das Manichäeredikt. Es wurde wahrscheinlich im Jahre 297, auf jeden Fall noch vor Abschluß der Perserkriege erlassen70. So spielte es für die Haltung, die der Kaiser jener Religion gegenüber einnahm, zweifellos eine besondere Rolle, daß sie „aus dem persischen, uns feindlichen Volk" hervorgegangen war 71 , doch darf man deswegen nicht das ganze Edikt ausschließlich auf die Feindschaft gegen Persien zurückführen 72 . Die religionspolitische Begründung, die es zu Anfang für die Maßnahmen gegen die Manichäer gibt, ist durchaus ernstzunehmen, zumal sie dem Restaurationsprogramm des Eheediktes entspricht. Diocletian sagt, nach dem Ratschluß der Götter sei „alles Gute und Wahre durch den Rat und die Behandlung (consilio et tractatu) vieler guter, hervorragender und sehr weiser Männer unverkürzt gebilligt und festgesetzt" worden 73 . Das heißt mit anderen Worten: die römische Religion beruht auf alter Überlieferung und ist deshalb unantastbar. Es wäre Frevel, sich ihr zu widersetzen: „maximi enim criminis est retractare quae semel ab antiquis statuta et definita suum statum et cursum tenent ac possident." 74 Wenn aber doch einige Leute „novellas et inauditas sectas veterioribus religionibus" entgegenstellen und es wagen, nach eigenem verkehrten Gutdünken auszuschließen, was den Römern einst von den Göttern zugestanden worden ist, will Diocletian scharf gegen sie einschreiten: „unde pertinaciam pravae mentis nequissimorum hominum punire ingens nobis Studium est." 76 Es liegt auf der Hand, daß die Vorwürfe, die Diocletian gegen die Manichäer erhebt, ganz ähnlich gegen die Christen vorgebracht werden konnten und daß die Betonung der Unantastbarkeit der alten Religion eines Tages auch zu einem Vorgehen gegen die Kirche führen mußte 76 . Tatsächlich greift auch das Galeriusedikt zur Begründung der Verfolgungspolitik Gedanken des Manichäerediktes auf, wenn es die Christen wegen ihres Eigenwillens und ihrer Torheit 70 In der Datierung am Schluß des Ediktes ist die Jahresangabe nicht erhalten. Ensslin, R E VII A, 2 Sp. 2481; Vogt, Const. S. 123 und Frend S. 488 nehmen das Jahr 297 an. 71 Collatio XV, 3,4. 72 So mit Recht Vogt, Const. S. 123 und Frend S. 488 gegen Baynes, CAH X I I S. 668 f. und Seston, RAC III Sp. 1050. Gar keinen Einfluß des Perserkrieges auf das Manichäeredikt nehmen an Stade S. 84 und Ensslin, R E VII A,2 Sp. 2482. 73 Collatio XV, 3,2. 74 Collatio XV, 3,2. (Denn es ist das größte Verbrechen, anzufechten, was einmal von den Alten festgesetzt und bestimmt worden ist und also seinen festen Stand hat und seinen Lauf nimmt.) 75 Collatio XV, 3,3. (Deshalb erfüllt uns ein ungeheurer Eifer, die Hartnäckigkeit, mit der überaus nichtswürdige Menschen an ihrem verkehrten Sinn festhalten, zu bestrafen.) 76 Vgl. Vogt, Const. S. 123 und Frend S. 488.

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tadelt, daß sie die alten Überlieferungen verließen und ihrem eigenen Gutdünken folgten 77 . Da enge Verbindungen zwischen den Edikten Diocletians und dem Toleranzerlaß des Jahres 311 bestehen, muß man die Frage nach den Motiven, die den Kaiser zur Verfolgung der Christen veranlaßten, von hier aus beantworten. Sie liegen in seiner restaurativen Politik, in dem Bestreben, das Reich im Sinne altrömischer Tradition zu erneuern. So sagt es Galerius, und daß Diocletian dieses Programm wirklich in seiner ganzen Regierung verfolgte, zeigen das Ehe- und Manichäeredikt ebenso wie seine früheren Maßnahmen78. Zum Wesen dieser Restaurationspolitik gehörte, daß sie die alten Ordnungen, die wieder Geltung erlangen sollten, aufs engste mit der Religion verknüpft sah, ja daß sie überhaupt den Bestand des Reiches von der Gunst der Götter abhängig wußte. Da diese sich aber nur erwirken ließ, wenn alle die Götter in gebührender, d. h. in der überlieferten Weise verehrten, tastete jeder, der sich hier ausschloß, den Lebensnerv des Staates an, und es war im Interesse des Reiches notwendig, ihn zu einer vita pia religiosaque zurückzuführen oder aber ihn zu bestrafen. Damit ist gesagt, daß hinter der Christenverfolgung Diocletians dasselbe religiöspolitische Denken stand, das schon die Maßnahmen des Decius und Valerian bestimmt hatte 79 . c) Rückschlüsse aus der Durchführung der Verfolgung Daß die Verfolgungsedikte Diocletians als die negative Kehrseite seiner Betonung der überlieferten Religion zu verstehen sind, erweist auch ihre Durchführung. Genauere Nachrichten sind vor allem aus dem Reichsteil des Maximinus Daia erhalten, und gerade hier zeigt sich deutlich, wie sehr die Maßnahmen gegen die Kirche Hand in Hand gingen mit Versuchen, die heidnische Frömmigkeit zu beleben. In dem Edikt, mit dem der Cäsar im Jahre 309 eine neue Verfolgungswelle auslöste, mahnte er nicht nur zu strenger Durchführung des allgemeinen Opfergebotes, sondern ordnete zugleich an, verfallene Heiligtümer wieder herzustellen und im öffentlichen Leben alte Riten verstärkt zur Geltung zu bringen80. Das gleiche Bemühen, die alte Religion zu fördern, zeigt sich daran, daß er die heidnische Priesterschaft vergrößerte und ihr eine hierarchische Ordnung gab, daß er bei der Vergabe öffentlicher Ämter solche Bürger bevorzugte, die treu die überkommenen Kulte pflegten, und daß er persönlich die Götter mit Lact., mort. 34,2. Daß die restaurativen Tendenzen nicht erst seit dem Eheedikt, sondern bereits von Anfang an die Politik Diocletians bestimmten, hat Stade S. 28-117 sehr eingehend nachgewiesen. Vgl. auch Frend S. 477-80. 79 Vgl. Alföldi, Pannonier S. 231, der ganz allgemein die Kontinuität der Politik Diocletians mit der früherer illyrischer Kaiser hervorhebt. 80 Eus., mart. Pal. 9,2. 77

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großem Eifer verehrte81. In dem allen sind nicht eigenständige Bestrebungen des Maximinus Daia zu sehen, sondern er verwirklichte nur besonders konsequent die positive Seite der Religionspolitik Diocletians, wie er andererseits auch die Verfolgungsedikte mit besonderer Schärfe durchführte82. So läßt die Tatsache, daß das Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Kirche in engem Zusammenhang stand mit Maßnahmen zur Belebung der überlieferten Gottesverehrung, noch einmal erkennen, daß es auch jetzt um die Rückführung der Christen zu den alten Kulten ging. Damit wird bestätigt, was die Edikte Diocletians und des Galerius über die Motive der kaiserlichen Politik aussagen. d) Der späte Beginn der Verfolgung Die bisherigen Untersuchungen haben eine wichtige Frage noch unberücksichtigt gelassen: Warum nämlich Diocletian, gerade wenn die restaurativen Tendenzen seine Politik von Anfang an bestimmten, erst gegen Ende seiner Regierung die Verfolgung der Christen begann. Wie mir scheint, muß eine Lösung dieses Problems ausgehen von dem, was über den radikalen Charakter seines Vorgehens gesagt wurde. Der Kaiser war, wie bereits die Interpretation des ersten Verfolgungsediktes gezeigt hat, entschlossen, einen vernichtenden Kampf gegen das Christentum zu führen. Wie Decius und Valerian verfolgte er das Ziel, im Interesse des Reiches alle seine Bewohner in der Pflege der überlieferten Kulte zu vereinen, aber dieses Programm nötigte jetzt, angesichts der bisherigen hartnäckigen Weigerung der Christen, die staatlichen Götter zu verehren, zu der Konsequenz, das Christentum als solches zu beseitigen83. Das hatten weder Decius noch Valerian beabsichtigt. Die Aufgabe, vor die Diocletian sich gestellt sah, war also ungleich größer. Außerdem hatte die Kirche in der langen Friedenszeit seit Gallienus sehr an Größe und innerer Festigkeit zugenommen84. Deshalb lag es für Diocletian nahe, den Kampf gegen sie so Eus., h.e. VIII, 14,8f. und ähnlich Lact., mort. 36,4-37,2. Das bezeugt Eus., h.e. VIII, 14,9. — Allgemein zur Christenpolitik des Maximinus Daia vgl. jetzt auch Helmut Castritius, Studien zu Maximinus Daia (Frankfurter Althistorische Studien, Heft 2, 1969), der jedoch nur auf die Jahre 311-13, d. h. auf die Zeit nach dem Galeriusedikt eingeht. 83 Zu dieser Konsequenz dürfte auch ein Wandel im Wesen der römischen Religion beigetragen haben. Vgl. Kretschmar S. 15, der aufgrund archäologischer Beobachtungen feststellt: „Dieser neue Staatskult der Tetrarchie tritt mit einem bisher nicht dagevvesenen religiösen Pathos auf, fast möchte man von .einem Exklusivitätsanspruch reden" (S. 15). Diese Beobachtung paßt gut zu dem gegenüber früheren Maßnahmen grundsätzlich verschärften Charakter der dioeletianischen Verfolgung. 84 Zum Stand der Ausbreitung des Christentums am Vorabend der diocletianischen Verfolgung vgl. Frend S. 440. Vgl. ferner S. 450-63, wo Frend darlegt, daß gerade das starke Vordringen des Christentums in ländliche Gebiete, das 81

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lange hinauszuschieben, als noch äußere Feinde drohten und das Reich im Innern noch nicht gefestigt war. So konnte er frühestens seit dem Sieg über die Perser im Jahre 298 gegen die Christen vorgehen, und eben um diese Zeit ergriff er seine ersten Maßnahmen86. Das Wissen um die Größe seiner Aufgabe ist auch der Grund, weshalb Diocletian sich nicht sofort gegen die ganze Kirche wandte, sondern schrittweise zunächst gegen die Christen im Heer, dann, mehrere Jahre später und erst nach eingehenden Beratungen86, gegen die Ausübung des Gottesdienstes, gegen den Klerus und schließlich gegen alle Gläubigen vorging. Die einzelnen Maßnahmen sind nicht isoliert zu betrachten, sondern als Ausdruck eines planmäßig gesteigerten Kampfes gegen die Kirche zu verstehen. Man darf also nicht, wie es weithin die christliche Überlieferung und in ihrem Gefolge zum Teil auch die neuere Forschung tut, aus dem späten Beginn und der allmählich zunehmenden Härte des Vorgehens schließen, Diocletian habe nur widerwillig und erst auf Drängen seines Cäsars Galerius gehandelt87. Zweifellos war dieser ein Verfechter der Verfolgungspolitik, ebenso wie viele einflußreiche Beamte und Offiziere in der Umgebung Diocletians88, aber daß der Kaiser erst durch sie und gegen sich in den letzten Jahrzehnten des 3. J h . s vollzog, eine entscheidende Voraussetzung f ü r den Fehlschlag der großen Verfolgung war. 85 Vgl. Ensslin, R E V H A . 2 Sp. 2483; Vogt, RAC I I Sp. 1193 u n d Const. S. 127. 86 Wenn Lact., mort. 11,3 (Bericht über die Beratungen vom Winter 302/3) Diocletian die Schwierigkeit eines Vorgehens gegen alle Christen hervorheben läßt, d ü r f t e er damit den Grund für das Zögern des Kaisers richtig erfaßt haben. " Diese Meinung haben in neuester Zeit z . B . Baynes, CAH X I I S. 668f.; Moreau, Christenverfolgung S. lOOf. u n d S. 103; F r e n d S. 489f. u n d Kawerau S. 88 vertreten. F ü r alle ist der späte Beginn der Verfolgung der entscheidende Grund, weshalb sie der Darstellung des Lactanz (mort.) folgen u n d in Galerius den eigentlichen Urheber sehen. Moreau betont zwar, daß nur Diocletian die Vollmacht besaß, Edikte von so weittragender Bedeutung zu erlassen, und daß also die letzte Verantwortung bei ihm gelegen haben muß, doch hält er daran fest, daß Diocletian erst auf starkes Drängen des Galerius hin mit der Verfolgung begonnen habe. Ahnlich hebt Frend in seiner eingehenden Untersuchung der Ursachen (S. 477-90) zunächst mit Recht hervor, daß durch den restaurativen Charakter der diocletianischen Politik ebenso wie durch die starke Christen feindschaft unter den Gebildeten, insbesondere den Neuplatonikern, Möglichkeiten des Konfliktes gegeben waren. Aber dann meint er doch — u n d zwar aufgrund des späten Einsatzes der Maßnahmen —, daß Diocletian einen Zusammenstoß mit den Christen vermeiden oder wenigstens möglichst lange hinausschieben wollte (S. 486) u n d d a ß deshalb der tatsächliche Ausbruch der Verfolgung auf Galerius zurückzuführen sei (S. 489f.). 88 Lact., mort. 11,6 sagt, daß während der Beratungen in Nikomedien im Winter 302/3 mehrere der befragten Beamten u n d Offiziere „proprio adversus Christianos odio inimicos deorum et hostes religionum publicarum tollendos esse censuerunt." Vgl. mort. 16,4, wo der bithynische Statthalter Hierokles als ein „auctor et consiliarius a d faciendam persecutionem" genannt wird. Ferner erwähnt Lact., div. inst. V, 2,3-7 einen Philosophen, der a m Hof Diocletians 117

seinen eigenen Willen gezwungen worden wäre, den Kampf gegen die Kirche aufzunehmen, ist unglaubhaft. Vielmehr war er selbst entschlossen, die Politik des Decius und Valerian fortzusetzen und die Konsequenzen aus dem Mißerfolg ihrer Bemühungen zu ziehen89. Damit fügt sich die Christenverfolgung Diocletians ohne Schwierigkeiten in das Gesamtbild seiner Politik ein, und das Galeriusedikt behält recht, das sie als eine Anwendung des allgemeinen Regierungsgrundsatzes hinstellt: iuxta leges veteres et publicam disciplinam Romanorum cuncta corrigere. 4. Die Einstellung

der Verfolgung

durch

Galerius

Das Ende der diocletianischen Christenverfolgung brachte jenes schon erwähnte Toleranzedikt, das Galerius im April 311 kurz vor seinem Tode erließ90. Dadurch ordnete er im Namen aller vier anerkannten Herrscher91 an, im ganzen Reich jegliches Vorgehen gegen die Kirche einzustellen. Er gab zu, daß die Staatsgewalt mit ihren Maßnahmen nicht das gewünschte Ziel erreicht hatte, da sehr viele Christen fest ,,auf ihrem Vorsatz beharrten" 92 . Da sie nun, wie es im Edikt weiter heißt, weder die allgemein anerkannten Götter verehrten noch ihre eigene Religion ausüben konnten, wolle der Kaiser ,,contemplatione mitissimae nostrae clementiae" gestatten: ,,ut denuo sint Christiani et conventicula sua componant, ita ut ne quid contra disciplinam agant" 93 . Galerius bestimmte also, daß es wieder erlaubt sein sollte, Christ zu sein94, d. h. daß dies nicht mehr unter Strafe gestellt oder mit rechtlichen Nachteilen verbunden sein sollte. Ferner gestattete er den Wiederaufbau der Kirchen, was zugleich das Recht zu ungestörter Ausübung des Gottesdienstes einschloß. Damit waren die Edikte Diocletians aufgehoben und für die Christen die Lage wieder hergestellt, wie sie vor dem Jahre 303 bestanden hatte. Doch lebte und zu Beginn der Verfolgung — ebenso wie der bithynische Statthalter Hierokles (div. inst. V, 2,12) —- eine christenfeindliche Schrift verfaßte. 99 Zu diesem Ergebnis führt die Untersuchung der Motive seiner Politik. Sie bestätigt das Urteil, das Geizer aus der Analyse des literarischen Charakters von Lact., mort. gewann: daß als Urheber der Christenverfolgung von 303 Diocletian selbst, nicht Galerius anzusehen ist. Vgl. Ensslin, RE V I I A , 2 Sp. 2484; Vogt, RAC II Sp. 1194 und Const. S. 126f.; Seston, RAC III Sp. 1048. 90 Nach Lact., mort. 35,1 wurde es in Nikomedien am 30. April 311 veröffentlicht. 91 In der nur bei Eus., h.e. VIII, 17,3ff. erhaltenen Präambel fehlt der Name des Maximinus Daia, in den Handschriften der 2. und 3. Auflage auch der des Licinius. Doch handelt es sich hier um absichtliche Auslassungen, da beide Kaiser später die Verfolgung wieder aufnahmen (Moreau, Kommentar S. 388). 92 Lact., mort. 34,4. 93 Lact., mort. 34,4. 94 Die Formulierung bestätigt noch einmal, daß die Edikte Diocletians die Beseitigung des Christentums bezweckt hatten. 118

geht die Bedeutung der Verfügungen des Galerius noch darüber hinaus. Denn daß es erlaubt sein sollte, Christ zu sein, war so ausdrücklich und offiziell noch niemals vom römischen Staat zugestanden worden. Das hatte auch Gallienus mit seinem „Toleranzerlaß" nicht getan e s . Vielmehr \var selbst in Zeiten, in denen die Staatsgewalt die Kirche faktisch toleriert hatte, die seit Nero bestehende Rechtslage gültig geblieben, die nach der Formulierung Tertullians beinhaltete: non licet esse Christianos 9e . Erst mit dem ,,sint Christiani" des Galerius fand auch sie ein Ende 97 . Die Freiheiten, die Galerius der Kirche gewährte, waren ausdrücklich an die Bedingung geknüpft, daß die Christen „nicht gegen die disciplina verstießen". Damit wollte der Kaiser jedoch nicht eine Möglichkeit offenlassen, die Toleranzbestimmungen zu umgehen, sondern er forderte von den Christen ein loyales Verhalten dem Staat und seinen Ordnungen gegenüber 98 . Das sollte fortan f ü r sie möglich sein, auch wenn sie den römischen Göttern nicht opferten. Sie sollten zu ihrem Gott beten f ü r das Heil der Kaiser, des Staates und für ihr eigenes Wohlergehen, und diese Fürbitte wurde ihnen im Edikt auch ausdrücklich zur Pflicht gemacht 99 . Galerius gestand somit zu, „daß der von den Reichsangehörigen geforderte Götterkult auch an den Christengott gerichtet werden" konnte 100 . Dadurch hatte er die christliche Religion nicht nur anerkannt, sondern auch einen ersten Schritt unternommen, sie positiv in den Staat einzubeziehen. Mit seinem Toleranzedikt gab Galerius die Politik der Verfolgung grundsätzlich auf. Dem widerspricht nicht, daß er sich aus Rücksicht auf die allgemeine politische Lage zu diesem Schritt entschloß. Seit den Usurpationen Konstantins und des Maxentius im Jahre 306 hatte das tetrarchische System nur mit Mühe erhalten werden können, und Galerius mußte damit rechnen, daß gleich nach seinem Tode neue Rivalitätskämpfe zwischen den Kaisern ausbrechen würden, die die staatliche Ordnung aufs schwerste gefährden mußten. Zweifellos wollte er deshalb durch die Einstellung der Verfolgung die Kräfte der Tetrarchie stärken. Doch darf man dabei nicht übersehen, daß er das Vorgehen gegen die Kirche als gescheitert bezeichnete und das Christentum ausdrücklich anerkannte. Damit bedeutete sein Toleranzedikt 95

Vgl. oben S. 99 f. Tert., apol. 4,4. 97 Vgl. Baynes, CAH X I I S. 654f. 98 So mit Recht Moreau, Kommentar S. 394; vgl. auch Geizer S. 383. 99 Lact., mort. 34,5: „Unde iuxta hanc indulgentiam nostram debebunt deum suum orare pro salute nostra et rei publicae ac sua, ut undique versum res publica perstet incolumis et securi vivere in sedibus suis possint." — Die Bedeutung dieses Satzes hat Instinsky, Die Alte Kirche und das Heil des Staates, ausführlich untersucht. 100 Geizer S. 383; vgl. Instinsky S. 61 f. 9β

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tatsächlich eine παλινωδία101, einen Widerruf der bisherigen Politik, und es ist gerechtfertigt, es als das Ende der diocletianischen Christenverfolgung zu verstehen, auch wenn im Zuge der folgenden Auseinandersetzungen einige Kaiser noch wieder gegen die Kirche vorgingen und für diese der Friede endgültig erst gesichert war, als Konstantin durch seinen Sieg über Licinius im Jahre 324 die Alleinherrschaft gewonnen hatte. 101

120

Eus., h.e. VIII, 17,2.

Schluß Die vorliegenden Untersuchungen haben gezeigt, daß f ü r die Haltung, die der römische Staat in vorkonstantinischer Zeit den Christen gegenüber einnahm, zwei Faktoren von entscheidender Bedeutung waren. Grundlage f ü r alle Verfolgungsmaßnahmen, denen sich die Kirche in den ersten zweieinhalb Jahrhunderten ausgesetzt sah, war Neros Mandat aus dem Jahre 64, das die Christiani als politische Feinde von Kaiser und Reich unter Strafe stellte. Ursprünglich nur an die stadtrömischen Magistrate erlassen, um die Hinrichtung der Christen als angeblicher Brandstifter zu ermöglichen, wurde es in der Folgezeit auf das ganze Reich ausgedehnt. Trajan bestätigte es grundsätzlich und modifizierte es in Einzelheiten, und in der von ihm festgelegten Form blieb es dann bis in das vierte Jahrhundert hinein gültig. Wurde jemand als Christ angeklagt und überführt, so verfiel er der Todesstrafe. Darauf beruhten die jeweils örtlich und zeitlich begrenzten Verfolgungsmaßnahmen vor Decius. Unter den severischen Kaisern verlor das Christenverbot in der Praxis weitgehend seine Bedeutung. Da die Staatsgewalt jetzt näher mit den Christiani in Berührung kam und erkannte, daß diese nicht politische Reichsfeinde, sondern Anhänger einer religiösen Sekte waren, gewährte sie ihnen faktisch die Toleranz, die sie allen Kulten gegenüber zu beobachten pflegte. So wurde, auch wenn die Rechtslage selbst unverändert blieb, die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts f ü r die Kirche zu einer großen Friedenszeit. Zugleich setzte jedoch eine andere Entwicklung ein, die für das weitere Verhältnis des römischen Staates zu den Christen bedeutsam werden sollte. Im Zuge einer allgemeinen Steigerung des religiösen Lebens und einer — vor allem in Kreisen des Senats und unter den Soldaten der Donauprovinzen zu beobachtenden — Rückbesinnung auf die altrömischen Traditionen gewann der Gedanke, daß der Bestand des Reiches von der Gunst seiner Götter und damit von der gewissenhaften Pflege der staatlichen Kulte abhängig sei, neue Bedeutung. Er führte jetzt zu der Forderimg, alle Bewohner des Reiches in der Verehrung der di publici populi Romani zu vereinen. Dieses religionspolitische Programm, das bereits in severischer Zeit von Cassius Dio in seiner Maecenasrede formuliert wurde, f ü h r t e dann unter Decius, Valerian und Diocletian zu einem nach Art und Ausmaß völlig neuartigen Vorgehen gegen die Christen. Es ging jetzt nicht mehr darum, vermeintliche politische Gegner zu beseitigen, sondern Anhänger einer religiösen Sekte, die bisher die Verehrung der 121

römischen Götter verweigert hatten, im Interesse des Reiches dazu zu zwingen. Handelten die Kaiser, die seit der Mitte des dritten Jahrhunderts gegen das Christentum vorgingen, im wesentlichen aus den gleichen Motiven, so waren doch die Maßnahmen, die sie ergriffen, unterschiedlich. Decius erließ ein allgemeines Opfergebot für die gesamte Reichsbevölkerung und bestrafte die Einzelnen, die den Gehorsam verweigerten. Valerian wandte sich einige Jahre später mit seinem Opferbefehl nur an die Christen, da sie allein sich dem Edikt des Decius widersetzt hatten. Auch er wollte sie nur zur Beteiligung an den staatlichen Kulten zwingen. Weigerten sie sich aber wieder, war er entschlossen, Maßnahmen gegen die Ausübung der christlichen Religion und die Organisation der Kirche zu ergreifen. Diocletian endlich, der auf den Fehlschlag der Bemühungen des Decius und Valerian zurückblicken konnte, mußte daraus den Schluß ziehen, daß das Programm, alle Bürger zu den überlieferten Kulten zurückzuführen, zu der Konsequenz nötigte, das Christentum zu beseitigen. Seine Edikte bedeuteten dementsprechend ein — jetzt religionspolitisch begründetes — Christenverbot. Doch auch seine Verfolgung hatte nicht den gewünschten Erfolg, obwohl sie in einigen Teilen des Reiches acht Jahre hindurch wütete. Galerius gestand auf dem Sterbebett ihr Scheitern ein und entschloß sich, die Kirche zu tolerieren. Sein Edikt brach grundsätzlich mit der Politik, die seit Decius das Vorgehen der Staatsgewalt bestimmt hatte, und ebenso bedeutete es das Ende des alten neronischen Christenverbotes. Zugleich stellte es, indem es die Fürbitte für Kaiser und Reich forderte, einen ersten Versuch dar, das Christentum positiv in den Staat einzubeziehen, einen ersten Schritt auf dem Wege, den Konstantin wenig später bis zu Ende ging.

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Literaturverzeichnis Α.

Quellen 1. Römische Quellen

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Β.

Darstellungen

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127

Stellenregister

a)

61 61,1 61,3 71,4,1 73,3,1 75,4,3

Autoren

Apostelgeschich te 11,26

3298

Athenagoras, supplicatio 2

3195

75,10,1 7 5 , 1 0 , 1 f. 76-79 7 6 , 1 f.

28" 7,1 Augustin, de unic. bapt. 405» 1 3 (22) Cassius Dio L I I , 36,1 f.

7 6 " 9 7 " 112·°

Cyprian, ep.

5 5,2 6 6,3 11,1 13 13,4 14,1 19,2 20,1 24 30,3 30,5 31,3 31,5 31,7 37,1 37,2 38,1 39,1 f. 39,3,1 40 43,3 55,9 55,13 57 58 59 59,6 59,10 60 60,2

128

6935 7 2 « 9750 6935 65" 94se 69se 6937 94as



69" 6623 943» 6623 6623 6513 6935.3» 6622 6937 6728 44« 6935 6 4 1 1 68 6 6 " 6729 7 2 " 6513·17 851 851 851 851 5913' 851 851

76,3 76,6

5 5 7875 9^26 9280 9127 96« 9127. 29

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851 85l 851 4 6 5 · 4982 465* 4982 4 9 83 4550

Demetrianum 2-5 12 Vita Cypriani 12f. 14 19 Euseb,

107" 9230 6 5 1 8 · 1 7 6934 6 5 " 6934 4550 6 5 " · 1 5 6934 6517 6985 6513 6515 65" 6412

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h.e. IV,

9 13 15,4f. 15,7f. 15,15f. 15,18 15,21-25 15,47 17 23,10 26,5f. 26,10

7875 76β3 9128 9128 55lla 34104 34108 36113 8185 36113 36118 36112 83" 36112 3611' 2777 28 8 0 3 5 1 0 7 34108

V,

1,10

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1,11 1,14

8185 36m 36113

1,16-31 1,19f. 1,26 1,44 1,47 1,50 23 28,8-12 VI,

1-5 1 If. 2,3 2,12 3,1 3,3 3 , 5 f. 3,8 3,13 4 5 5,2 6 8,4f.

36U2 36112 36112 3410e 36112 4982 4233 4 0 f. 4 3 3 8 39« 40» 40io 39« 4012 40u 4Q12. 14. 16 41 4012 46«1 41" 4119

41,10 41,11

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6 5 1 3 9438 6935 6517 69 3 5.3β

41,22f. 43,11 1 VII, 10

6 5 1 4 6934 6515 693» 8 1 9 1 · ·* 8293 8294 943» 851 86' 86 f.

10,3 10,4 10,5

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11,1 11,2-19 11,2-11 11,4

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36,2 36,3 39 39,5 40 40,2 41,1-8 41,1 41,8 41,9f. 41,10-42,6

59 58134 59140 672« 6935 6935.39 912« 6 7 2 7 798S 55115 79 6412 7981 6621 6830 8i»o

11,9

11,12-19 11,13 11,20-25 11,20-23 ll,24f. 12 13 15 15,2

9335 8915 8 7 1 0 891« 9128 96« 912« 912· 9 1 2 « 9649 9230 98 f. 10085··« 1008«

22,12 23 30,20f. 1,1-6

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102« 1025 1028 10210 8185

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1 0 5 2 4 1 0 5 f. 10734 10842 10944 10947 1094' 1027 10311·13 10313

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96,3 b 96,5 96,6 96,7 f. 96,7 96,8 96,9 f. 97 97,1 97, If. 109 113 115 Sallust, Catil. 24,4 Script. Hist. Aug. Sept. Sev. 17,1 Sev. Alex. 22,4 29,2 43,5£f. 45,6 f. 49,6 51,7 f. Sueton, Claudius 22 25,4 — Nero 16,2 19,3 38

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14f. 1725 1727 15 12 172e 1835 2880 1830 3 192 1 9



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5,1 5,7 12,5 37 37,4 39,6 40,1 f. 44,3 50,12 — ad nat. I, 7,9 — adScap. 1,2 2,5 2,10 3,1 3,5 4,1 f. 4,3 4,3 f. 4,4 4,6 4,7 4, lOf. 4,12 5,1 5,2 5,3 — de corona 1,1-3 1,5 — de fuga 5 — de ieiunio 12 Zonarae XII, 20

2985 2985 36lle 4554 4554

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4549 27" 44" 37118 4555

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3296 2249 22 2355·59 2462 23eo 24« 95

31 37 36113 3194 37 3 1

94

3194 37 37119

82

28 2985 2984

2985 2985 29« 298e

H99«

b) Juristische Texte Collatio VI, 4 4,1 4.2 4,4 4,6 XV, 3,2 3.3 3.4

112f. 11264 11389 11366 113" 11368 H473.74

114 114 71

c) Kalender/Listen Depositio martyrum Faeti Vindobonenses z. J. 203 Liberianus p. 4 Duchesne Liber pontificalis p. 145 Duchesne p. 148 Duchesne

4124

54107

6 7



4125

54 54108

59138 131

d) Märtyrerakten Martyrium des Apollonius 1 36 112 10 36 115 13 28« 23 28" 45a 28" Acta proconsularia Cypr. 1 862 89 ff. 3 93 4 95f. 97 53 Akten des Marcellus 1012 Akten des Maximiiianus 1012 Akten des Maximus 7 0 " 83 97 · 102 1.1 70 1,7-9 70" 83" Acta Perpetuae 83 Passio Perpetuae 41 f. 2 41 20 3.2 42 30 3,5 41 20 4,5 41 21 6 41 22 42 30 43 38 83 ioo 7,9 41 23 11,9 42 28 13,8 42 29 Akten des Pionius 83 97 · 102 4,8 80 84 19 f. 83102 23 83"

132

Martyrium der Scillitaner 9 f. 36 112 11 36 115 13 36H2. us 14 36 l l a

e) Papyri Berliner griech. Urkunden Nr. 2024 40 15 Meyer, Griech. Texte Nr. 15 625 16 625 17 625 Meyer Libelli Nr. 2 625 6 61 f. 11 62« 21 61 1 624 23 63® 65 18 P . Oxyrhynchus Nr. 412 50 89 2708 40 l e

f) Inschriften CIL V I 8498 = Dessau 1738

5085

A N H A N G ZUR 2. A U F L A G E Erklärt sich das Wiedererscheinen des vorliegenden Buches leicht aus dem anhaltenden und weit gestreuten Interesse an der darin behandelten Problematik, so bedarf die Entscheidung, einen unveränderten Neudruck vorzunehmen, angesichts der vielfältigen und im Tenor sehr unterschiedlichen Resonanz, die die 1. Auflage in der Fachwelt gefunden hat 1 , einer besonderen Begründung. Diese Entscheidung ist weder durch äußere, technische Überlegungen maßgeblich bestimmt, noch kann oder soll sie gar den Anspruch implizieren, daß die hier entwickelten Ansichten nirgendwo der Ergänzung oder der Korrektur bedürften. Vielmehr gibt sie der Überzeugung Ausdruck, daß die Arbeit ihren Beitrag zur gegenwärtigen Forschungsdiskussion am besten in der vorliegenden Form leisten kann. Das soll in einem kurzen Eingehen auf die wesentlichen Einwände und Anfragen genauer begründet werden. Zunächst einige Bemerkungen zur Auswahl der von mir herangezogenen Literatur. Die meisten Rezensenten haben mehr oder weniger nachdrücklich auf wichtige Arbeiten hingewiesen, deren Berücksichtigung sie in meinen Untersuchungen vermissen. Ohne Zweifel bestehen diese Hinweise zu Recht, und auch der Wert der jeweils genannten Arbeiten kann nicht bestritten werden. Aber selbst wenn ich alle bibliographischen Wünsche der Rezensenten erfüllt hätte, wäre doch die Sachlage dadurch kaum verändert worden, daß nämlich immer noch eine Fülle weiteren, ebenfalls wichtigen Schrifttums unbeachtet geblieben wäre. Denn daß die Literatur zu dem Themenbereich 'Staat und Kirche in vorkonstantinischer Zeit' längst in jeder Hinsicht unübersehbar geworden ist, bedarf angesichts der Vielfalt der theologischen, historischen, juristischen und philologischen Interessen, die zu seiner immer neuen Bearbeitung geführt haben, keiner besonderen Erklärung. Angesichts dieser Lage bieten sich m.E. zwei verschiedene Wege für die weitere Arbeit an, entweder eine Geschichte der Forschung für die verschiedenen Problembereiche zu schreiben oder, wie es die vorliegende Arbeit bevorzugt hat, den Schwerpunkt auf eine 1 Von den zahlreichen Rezensionen und Besprechungen seien besonders genannt die ausführlichen Stellungnahmen von Karl Matthiae (Theologische Literaturzeitung 96, 1971, Sp. 829-833), Marta Sordi (Rivista di Filologia e di Istruzione Classica 1972, S. 356-360), Fergus Millar (Gnomon 45, 1973, S. 215217) und Theo Mayer-Maly (Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 90, 1973, S. 389-393).

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eigenständige, erneute Auswertung der Überlieferung zu legen. Der Umfang, in dem die auch dabei unerläßliche Diskussion mit der bisherigen Forschung aufgenommen wird, muß dann notwendigerweise begrenzt bleiben, wobei das Festlegen solcher Grenzen in gewissem Grade immer von subjektiven Aspekten bestimmt sein dürfte. So bin ich mir bewußt, in der Literaturauswahl viele berechtigte Wünsche nicht erfüllt zu haben, andererseits habe ich mich bemüht, jeweils die verschiedenen in der neueren Forschung vertretenen Richtungen zu berücksichtigen und in der Auseinandersetzung mit ihnen meine Ergebnisse zu entfalten. Ein zweiter Einwand erscheint im Blick auf das von mir gewählte Verfahren gravierender, daß nämlich meine Arbeit die christliche Überlieferung nicht genügend berücksichtige. Dieser Hinweis impliziert einerseits die Meinung, ich machte von den christlichen Quellen in zu geringem Umfang Gebrauch, und bezieht sich andererseits auf meine — angeblich übergroße und ungerechtfertigte — Reserve gegenüber Einzelformulierungen in den von mir herangezogenen kirchlichen Texten. Dieser Einwand betrifft unmittelbar den methodischen Ansatz meiner Arbeit und ist daher in den Rezensionen nicht zufällig verbunden mit Ausführungen darüber, daß die Beziehungen zwischen Kirche und Staat im römischen Reich doch ein ungeheuer komplexes Thema seien, aus dem meine Arbeit eben nur einen sehr kleinen Teilbereich behandle. Damit ist in der Tat mein Ansatz richtig erfaßt. Er besteht, wie auf den ersten Seiten dieser Arbeit dargelegt wurde, in dem Versuch, die komplexe und stark kontroverse Problematik einseitig aus der Perspektive des römischen Staates, d.h. aus der Sicht der römischen Provinzialbehörden und der kaiserlichen Zentralgewalt, zu betrachten und dabei die Haltung der Staatsgewalt vor allem aus der Rechtslage und nicht aus dem Verhalten der Bevölkerung oder ihren Ansichten über die Christen abzuleiten. Um die Tragweite dieses Ansatzes bzw. die Berechtigung einer solchen bewußten Reduzierung des Blickfeldes zu beurteilen, genügt es nicht, einfach aufzuzählen, welche sonst in der Forschung behandelten Aspekte oder Quellenstücke in der vorliegenden Arbeit fehlen 2 . Vielmehr ist zu prüfen, ob sie zu Recht oder gar notwendigerweise fehlen, das heißt, es ist eine Auseinandersetzung mit dem hier gewählten Ansatz und mit den in seiner Konsequenz gewonnenen Ergebnissen und ihren Begründungen erforderlich. Dabei ist insbesondere zu fragen, ob nicht durch solch eine bewußt einseitige Betrachtungsweise Zusammenhänge und Sach2 Darin erschöpft sich im wesentlichen die Stellungnahme von Karl Matthiae, Theologische Literaturzeitung 96, 1971, Sp. 829-833. Sie zeigt, wie schwierig die Aufnahme der hier vorgelegten Untersuchungsergebnisse für einen Vertreter der traditionellen kirchenhistorischen Sicht ist.

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verhalte in den Blick kommen, die für die weitere Erörterung der komplexen Gesamtproblematik neue Perspektiven eröffnen 3 . Dem gewählten Ansatz muß natürlich die besondere Betonung der römischen Quellen und die grundsätzliche Reserve gegenüber der kirchlichen Überlieferung entsprechen. Wie wenig zuverlässig Einzelformulierungen in christlichen Quellen sind, wenn es um die Haltung der römischen Behörden geht, kann besonders eindrücklich der doppelte Bericht zeigen, den der alexandrinische Bischof Dionys — zunächst in eigener Schilderung, dann durch Zitieren eines amtlichen Protokolls — über seine Vorladung vor den ägyptischen Statthalter nach dem 1. Valerianischen Edikt gibt 4 . Grundsätzlich nicht anders verhält es sich mit den frühen Märtyrerakten. Muß schon fraglich sein, ob in jedem Fall die älteste Version erhalten ist 6 , so gilt auch für die bestbezeugten Fassungen der echten Akten, daß sie aus christlicher Perspektive stilisiert und für den gemeindlichen Gebrauch verfaßt worden sind. Sie können daher keine authentischen Dokumente für das Verhalten der römischen Behörden sein. Jeder Versuch, aus einzelnen Wendungen der Märtyrerakten, etwa aus den Formulierungen der Anklagegründe und Urteilsbegründungen, Aufschlüsse über die juristische Seite der Christenprozesse zu gewinnen, die über das hinausgehen, was sich den römischen Quellen entnehmen läßt, ist deshalb m.E. von vornherein zum Scheitern verurteilt. Was die einzelnen Teile der Arbeit und die in ihnen entfalteten Ergebnisse betrifft, so hat sich die Kritik in besonders hohem Maße an der Darstellung entzündet, die das 1. Kapitel von der Rechtslage der Christen im 2.Jh. bietet. Mehrere Besprechungen gehen so gut wie nur auf diesen Abschnitt ein. Das entspricht eigentlich nicht der Anlage und den Schwerpunkten der vorliegenden Arbeit, erklärt sich jedoch leicht aus der besonderen Situation der gegenwärtigen Forschungsdiskussion, in der dieser Problembereich besonders stark diskutiert und dabei sehr umstritten ist. So sind denn alle Hauptaussagen des 1. Kapitels einerseits auf heftige Kritik gestoßen und haben andererseits alle auch mehr oder weniger nachdrückliche Zustimmung gefunden. Mag schon dieser äußere Befund verständlich machen, daß auch 3 Man denke etwa an die sieh deutlieh abzeichnende juristische Gleichförmigkeit der Christenverfahren in den Jahrhunderten vor Decius, deren wesentliches Charakteristikum die Verurteilung von Christen nur wegen ihres Christseins darstellt. Dagegen hebt sich das Verhalten der Bevölkerung den Christen gegenüber (das einer neuen, eigenständigen Untersuchung bedürfte!) deutlich ab, so daß sich die Notwendigkeit ergibt, zwischen der Haltung des Staates und den Anschauungen der Bevölkerung über die Christen klar zu differenzieren. 4 Bei Euseb, h.e. VII, 11,2-11; s.o. S. 87ff. mit A . l l und A.18. 5 Man beachte, welche Korrekturen eine 1902 publizierte und inzwischen allgemein als die ältere Version anerkannte Fassung der Akten Justins erforderlich machte; vgl. dazu Barnes, acta martyrum S. 515ff. (s.o. S. 35 mit A. 109).

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für diesen Teil der Arbeit auf Änderungen verzichtet wurde, so kann eine Auseinandersetzung mit den Hauptpunkten der Kritik diese Entscheidung noch tiefer begründen. Natürlich hat die „kühne Hypothese"® vom neronischen Christenmandat besonders heftigen Widerspruch ausgelöst, doch läßt sich über diesen Punkt nur in dem Zusammenhang urteilen, in dem er im Rahmen des 1. Kapitels entfaltet ist. Das heißt, von zentraler Bedeutung ist zunächst die Frage, ob das Verhalten des Plinius in den bithynischen Christenverfahren (Plin., ep. X, 96, 3ff.) das Bestehen einer festen Regelung zwingend voraussetzt oder nicht. Gegen meine Interpretation des Textes, die eine positive Antwort auf die gestellte Frage gibt (s.o. S. 15f.), sind bisher keine Gegenargumente vorgebracht worden; und die denkbaren Alternativen, das Vorgehen des Plinius als seinen zufälligen Einfall oder durch eine — dann ebenfalls vorausgesetzte — allgemein übliche Praxis zu erklären, stoßen m.E. auf zu große Schwierigkeiten, als daß sie für eine Erklärung brauchbar wären 7 . Gegen die Existenz einer festen Regelung der Christenfrage spricht auch nicht, daß Plinius sich in seinem Brief an Trajan nicht ausdrücklich auf eine solche beruft. Denn es war ja gerade die Intention des Statthalters, aufgrund seiner Entdeckung über das Wesen der Christiani den Kaiser zu einer Ä n d e r u n g des bisherigen Verfahrens zu bewegen. Bei einer solchen Absicht lag es nahe, die bestehende Regelung nicht auch noch ausdrücklich zu zitieren, sondern es genügte, wenn sie implizit dem Bericht über das bisherige Verhalten zugrunde lag. Im Kontext zu der Anfrage des Plinius ist auch die Antwort Trajans (Plin., ep. X, 97) zu sehen. Für sich betrachtet erweckt sie in der Tat den Eindruck, der Kaiser sei der Meinung, „daß man das Christenproblem nicht durch eine geschlossene Normierung (certa forma) lösen könne" 8 , und so erscheint der Vorwurf berechtigt, meine Interpretation, nach der Trajan eine Neuregelung der Christenfrage ablehnte, sei „quellenwidrig". Allerdings ist dabei außer acht gelassen, daß Trajan in dem Satz, der unmittelbar auf seine Weigerung folgt, eine certa forma zu bestimmen, dann eben doch sehr präzise und detaillierte Anordnungen gibt, die nicht nur eine vollständige Regelung für Christenprozesse beinhalten, sondern auch genau die Regeln formulieren, nach denen — soweit die vorhandenen Nachrichten erkennen lassen — die römischen Behörden im ganzen weiteren 2. Jh. und noch darüber hinaus handelten, wenn sie mit Anklagen gegen Christen konfrontiert wurden. Was sonst soll unter einer „geschlossenen Normierung" verstanden werden, wenn nicht der hier noch einmal umβ

Theo Mayer-Maly, ZRG 90, 1973, S. 389f. ' Vgl. oben S. 16. 8 Mayer-Maly, ZRG 90, 1973, S. 390.

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rissene Sachverhalt? Und sieht man ferner, wie ein Vergleich mit dem Bericht des Plinius deutlich macht, daß die Anordnungen Trajans in allen wesentlichen Punkten bereits mit dem von Plinius befolgten Verfahren übereinstimmen, so ergibt sich, daß die allgemein verbreitete Interpretation, die von der Voraussetzung ausgeht, daß es vor Trajan keine feste Regelung der Christenfrage gegeben habe, und nach der auch der Kaiser selbst eine solche nicht habe festlegen wollen, sich in unlösbare Widersprüche und Schwierigkeiten verfängt. Aus diesem Grunde ist in der vorliegenden Arbeit der Versuch gemacht worden, die Antwort Trajans aus dem unmittelbaren Zusammenhang mit der Anfrage des Plinius heraus zu verstehen und zu zeigen, daß das kaiserliche Reskript, wenn man es von der aus dem Pliniusbrief gewonnenen Voraussetzung eines bestehenden Christenverbotes her interpretiert, eine in sich geschlossene und konsistente Antwort auf die Frage des Statthalters gibt. Diese Antwort besteht dann eben in der Ablehnung einer Neuregelung für Christenprozesse und fügt sich in diesem Sinne spannungslos ein in das Bild, das der Bericht des Plinius einerseits und die Nachrichten über die weiteren Christenverfahren des 2.Jh.s andererseits bieten. Muß man aufgrund des Pliniusbriefes davon ausgehen, daß zu Beginn des 2.Jh.s eine feste Regelung für Christenprozesse bestand, dann stellt sich die Frage nach ihrem Ursprung. Die vorliegende Arbeit versucht zu begründen, daß diese Regelung letztlich auf Neros Vorgehen gegen die Christen im Jahre 64 zurückzuführen ist, wobei sie entscheidend von der Beobachtung ausgeht, daß das unter Nero gegen die Christen angewandte Verfahren in der Form völlig identisch ist mit dem, das ein halbes Jahrhundert später Plinius in Bithynien befolgte. In dem Bericht des Tacitus (ann. XV, 44, 2-5) und der kurzen Notiz Suetons (Nero 16,2) findet sie Hinweise darauf, daß Nero nach dem Brand Roms auf dem Wege einer Verordnung an die stadtrömischen Magistrate bestimmte, die Christiani sollten mit dem Tode bestraft werden. Die juristische Form dieser Anordnung wird als ein kaiserliches mandatum spezifiziert und weiter die Vermutung geäußert, daß sein Inhalt in späterer Zeit zunächst auf Anfrage einzelnen Statthaltern als Richtlinie mitgeteilt und schließlich bis zum Beginn des 2. Jh.s in die Mandatensammlung für Statthalter aufgenommen worden sei. Das ist natürlich eine deutlich exponierte Hypothese, bei der von vornherein mit Widerspruch zu rechnen war, doch scheint sie mir auch unter Berücksichtigung der bisher vorgebrachten Einwände mit guten Gründen vertretbar zu sein und zumindest die Richtung, in der die Lösung des Problems zu suchen ist, richtig anzugeben. Denn daß man mit einer Anordnung Neros, die Christen hinzurichten, rechnen muß, geht m.E. deutlich aus den Angaben bei Tacitus und Sueton hervor. Auch die genauere Charakterisierung, nämlich daß es sich nur um eine 137

auf die Stadt Rom beschränkte Anweisung des Kaisers an ihm unterstellte Magistrate 9 gehandelt haben kann, ergibt sich aus den Quellenberichten ebenso wie aus der Situation Neros nach dem Brand Roms. Ob die juristische Spezifizierung als ein mandatum sich auf die Dauer halten läßt, hängt ab von einer genaueren Erforschung der Verordnungsmöglichkeiten eines römischen Princeps in julisch-claudischer Zeit. Solch eine Untersuchung überschreitet jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit, sie kann nur von einer rechtshistorischen Spezialstudie erwartet werden. Solange daher gesicherte neue Erkenntnisse nicht vorliegen, muß es legitim sein, von den Angaben auszugehen, die sich übereinstimmend in den gebräuchlichen zusammenfassenden Darstellungen finden. Demnach besteht Konsens darin, daß die Kaiser seit Augustus den ihnen unterstehenden Beamten Verwaltungsanordnungen erteilen konnten und daß derartige Verfügungen als Mandate gelten 10 . Der Zweifel, ob denn „ein princeps durch ein bloßes mandatum ein bisher strafloses Verhalten von Bürgern mit der Todesstrafe bedrohen konnte" 1 1 , ist so allgemein formuliert berechtigt, doch kann er noch keinen Einwand gegen die These von einem Christenverbot Neros begründen. Denn zur Beurteilung dieser Anordnung reichen rein juristische Gesichtspunkte nicht aus. Vielmehr muß man einmal die besondere Lage berücksichtigen, in der sich der Kaiser nach dem Brand Roms befand, und zum anderen dem Umstand Rechnung tragen, daß die Christiani, soweit sie überhaupt bekannt waren, beim Volk verhaßt waren und man ihnen Verbrechen aller Art zutraute. Insofern ist nicht zu erkennen, wer an Neros Verordnung hätte Anstoß nehmen sollen. Die geringe Bedeutung der Christen und die allgemein über sie verbreiteten Ansichten sind ferner mit zu berücksichtigen, wenn man fragt, wie das auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Mandat Neros später allgemeine Bedeutung erhalten konnte. Diese Frage läßt sich, da die Überlieferung keine konkreten Anhaltspunkte dafür bietet, überhaupt nur hypothetisch beantworten, so wie es am Schluß des ersten Kapitels versucht worden ist 12 . Wichtig erscheint mir noch einmal der Hinweis, daß man sich die Weiterwirkung des neronischen Christenverbots nicht im Sinne einer ungebrochenen Kontinuität vor9 Als Empfänger käme in erster Linie der praefectus urbi in Betracht, der als kaiserlicher Beamter die drei cohortes urbanae befehligte, mit deren Hilfe er die Polizeigewalt in Rom ausübte. Vgl. Dulckeit-Schwarz S. 172. 10 Vgl. die in den entsprechenden Anmerkungen (72, 73, 76 u.a.) des 1. Kapitels angeführte Literatur. — Von daher besteht der von Millar, Gnomon 45, 1973, S. 216 und Mayer-Maly, ZRG 90, 1973, S. 390 erhobene Einwand, die Anordnungsmöglichkeiten römischer Principes seien nicht genügend reflektiert, nur bedingt zu Recht. 11 Mayer-Maly, ZRG 90, 1973, S. 390. 12 Vgl. oben S. 26f. mit A.74.

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stellen darf. Vielmehr wird man davon ausgehen müssen, daß in der Folgezeit einzelne Reichsbewohner, die aus irgendwelchen Gründen mit Christen verfeindet waren, diese bei den zuständigen römischen Behörden anzeigten, wobei die Erinnerung an die Vorgänge in Rom unter Nero eine wichtige Rolle gespielt haben mag. Daraus resultierten dann Rückfragen einzelner Statthalter an die kaiserliche Zentralverwaltung, die wiederum dazu führten, daß Neros Christenverbot zunächst in Einzelantworten als Richtlinie weitergegeben und schließlich in die Mandatensammlung für Statthalter aufgenommen wurde. Die Annahme, daß letzteres bereits zu Beginn des 2. Jh.s geschehen war, wird nicht dadurch verwehrt, daß Plinius in seinem Brief an Trajan zwar ein Hetaerienverbot erwähnt, das er als Bestandteil seiner Mandate in seinem statthalterlichen Edikt veröffentlicht hatte, nicht aber ein Christen verbot 13 . Denn weder nennt Plinius in seinem Brief alle seine Mandate, noch mußte er sie alle in seinem Edikt publizieren 14 , noch lag es, wie bereits in anderem Zusammenhang betont wurde, bei seiner Intention nahe, in seinem Brief an Trajan das Christenverbot ausdrücklich anzuführen. Auf Widerspruch gestoßen ist schließlich die These, daß dem Christen verbot Neros und damit der Rechtslage der Christen im 1. und 2.Jh. die Auffassung zugrunde lag, die Christiani seien eine staatsfeindliche politische Gruppe. Man verwies auf die von Plinius geforderten Opferhandlungen und meinte, ihnen nicht nur formale Erkenntnisfunktion beimessen zu dürfen, sondern sie auch in ihrem religiösen Gehalt ernst nehmen zu müssen. Sie seien ein Hinweis darauf, daß bei der Konfrontation zwischen dem römischen Staat und den Christen eben religiöse Probleme im Mittelpunkt gestanden hätten 1 5 . Doch scheitert dieser Einwand am Text der Quellen. Denn im Bericht des Plinius wie in der Antwort Trajans betrifft die Opferforderung nur solche Angeklagte, die verneint hatten, Christen zu sein. Das geforderte Opfer hatte demnach nur die Funktion eines Beweismittels; sein religiöser Gehalt war für das Verfahren in Christenprozessen irrelevant und kann daher keinen Aufschluß vermitteln über die Einstellung des römischen Staates zu den Christen. Ebensowenig zwingend sind andere Argumente, die gegen die politische Deutung der Christiani vorgebracht worden sind 16 . Daß unsere 13 Plin., ep. X, 96,7. In dieser Stelle sieht Millar, Gnomon, 1973, S. 216 ein wesentliches Argument gegen die Mandatsthese. 14 Das gilt besonders für das Christenverbot, da dieses in der Zeit nach Nero zwar die Grundlage bot für die Hinrichtung angeklagter Christen, aber — so weit wir sehen können — keine aktive Strafverfolgung seitens der Behörden implizierte. 15 Matthiae, ThLZ 96, 1971, Sp. 831. 18 Die folgenden Einwände erhebt Millar, Gnomon 45, 1973, S. 216f.

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Quellen keinen Hinweis auf eine derartige Auffassung seitens der römischen Behörden enthalten, ist nicht ganz zutreffend. Immerhin lassen die Mitteilungen des Plinius über das Wesen der Christen (ep. X, 96, 7f.) noch deutlich erkennen, wonach er die Christen befragt hatte, nämlich nach ihren Zusammenkünften, ihrem Eid und ihren gemeinsamen Mahlzeiten. Diese Fragen stehen zumindest in vollem Einklang mit einem politischen Verständnis von den Christen. Daß andererseits unsere ältesten römischen Autoren, Plinius, Tacitus und Sueton, übereinstimmend von den Christiani als von einer religiösen Sekte (superstitio) sprechen, ist in der Entdeckung des Plinius begründet und kann daher nichts über die frühere Zeit aussagen (s.o. S. 31 f.). Somit bleibt als einziger Ansatz für die Beantwortung der Frage, als was denn die Christen vor Plinius galten, nur die Bezeichnung „Christiani". Was ihre Deutung betrifft, so hat sich die vorliegende Arbeit einen bereits seit längerer Zeit in der Forschung diskutierten und m.E. gut begründeten Lösungsversuch zu eigen gemacht, den man nicht einfach als „bloße Hypothese" abtun sollte. — Endlich läßt sich auch aus dem Schluß des Pliniusbriefes nicht ableiten, daß die Grundlagen der Argumentation religiöser, nicht politischer Art seien 17 . Vielmehr benutzt Plinius in ep. X, 96, 9f. quantitative Argumente, um zu zeigen, wie vorteilhaft es wäre, wenn man Renegaten straffrei ausgehen ließe. Plinius schildert die weite Verbreitung der Christen in seiner Provinz und äußert die Erwartung, daß diese Tendenz sich umkehren lasse, da bereits viele sich wieder von den Christen abgewandt hätten. Diesen Sachverhalt liest Plinius, da er eine unmittelbare Kenntnis davon nicht haben kann, an der unterschiedlichen Frequentierung der Tempel und kultischen Feste ab, d.h. er hält sich hier — ganz ähnlich wie bei der Überprüfung der Aussage, kein Christ zu sein, — an Indizien, die ihm als zuverlässig erscheinen. Sein Hinweis auf die verbesserte Lage der Kulte läßt somit ebensowenig wie die Opferforderung für Renegaten den Schluß zu, daß das Christenverbot nach den Intentionen des römischen Staates eine religiöse Sekte bekämpfen sollte und religionspolitisch motiviert war 1 8 . Im Unterschied zu den stark umstrittenen Hauptergebnissen des 1. Kapitels hat die in den weiteren Teilen der Arbeit vorgenommene Bestimmung der Haltung, die der römische Staat im 3. Jh. den Christen gegenüber einnahm, weitgehend Zustimmung gefunden. Einwände oder Anfragen von allgemeinerer Bedeutung finden sich nicht zufällig gegenüber der Interpretation, die für das decische Opferedikt gegeben 17

So Millar, Gnomon 45, 1973, S. 217. Daß Plinius auch am Schluß seines Briefes von den Christen als von einer superstitio spricht, ist nach seiner Entdeckung nur konsequent und hat keinen eigenen Aussagewert. 18

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wird. Ihr kommt ja in der Tat eine Schlüsselstellung für das Gesamtergebnis der vorliegenden Arbeit zu. So wird die hier vorgenommene differenzierte Bestimmung der Intentionen des decischen Opferbefehls und seine Gegenüberstellung zu den früheren Christenprozessen einerseits und zu der großen Christenverfolgung Diocletians andererseits in Frage gestellt. Das geschieht besonders deutlich in der Stellungnahme von Marta Sordi 19 , die meint, Decius habe mit seinem Opferbefehl von allen Bürgern eben den Beweis gefordert, den Trajan nur von den angeklagten Christen (!) verlangte, und die folglich in dem Edikt des Decius bereits einen grundsätzlichen Schlag gegen den christlichen Glauben sieht, vergleichbar den späteren Maßnahmen Diocletians. Doch geht dieses Urteil m.E. von falschen Voraussetzungen aus. Zwar beruhte der Opfertest — den Plinius und Trajan allerdings nur von den Angeklagten forderten, die keine Christen zu sein behaupteten, — auf dem Wissen, daß ein wirklicher Christ sich dazu nicht zwingen lasse; aber dieses Wissen war noch verbunden mit der Vorstellung, die Christiani seien eine staatsfeindliche politische Gruppe. Inzwischen waren — besonders während der ersten Hälfte des 3. Jh.s — die römischen Behörden und teilweise auch die Kaiser selbst in engere Berührung mit den Christen gekommen und hatten diese als eine religiöse Gemeinschaft kennengelernt. Sicher war ihnen damit erst recht bekannt, daß sich die Christen nicht an den allgemein anerkannten Kulten beteiligten, aber ein tieferes Verständnis für diese Haltung darf man bei ihnen deswegen nicht schon voraussetzen. Vielmehr zeigt noch die Verhandlung des ägyptischen Statthalters mit dem alexandrinischen Bischof Dionys unter Valerian, daß die römischen Behörden ganz selbstverständlich davon ausgingen, daß die Verehrung des Christengottes den Vollzug des geforderten Opfers nicht ausschloß 20 . Auf denselben Sachverhalt weisen m.E. Inhalt und Durchführung des decischen Ediktes, so daß eine differenzierte Beurteilung der Politik dieses Kaisers erforderlich ist, die sein Opfergebot sowohl gegenüber den früheren Christenprozessen als auch gegenüber den späteren Maßnahmen Diocletians abgrenzt. Dem gelegentlich geäußerten Wunsch, die in der Beurteilung der Politik Valerians besonders betonte Unterscheidung zwischen der Opferforderung als dem eigentlichen Inhalt der kaiserlichen Edikte einerseits und den Strafbestimmungen andererseits abzuschwächen, kann ich mich nicht anschließen, da diese Unterscheidung m.E. zu deutlich in den Quellen selbst verankert ist. Die Tatsache, daß die Strafbestimmungen, die sich gegen Organisation und Gottesdienst der Kirche richteten, wirklich angewandt wurden, folgt aus der Opferverweigerung der christlichen Kleriker und vornehmen Laien und 19

Rivista di Filologia 1972, S. 358f.

20

Eus., h.e. ΥΠ, 11,6-11. 141

kann daher nur in diesem sehr begrenzten Rahmen etwas aussagen über die Intentionen der kaiserlichen Politik. — Was schließlich die Aufhebung der im Namen Valerians und seines mitregierenden Sohnes Gallienus ergangenen Maßnahmen durch den letzteren betrifft, so erscheint mir eine zu hohe Bewertung dieses Aktes weiterhin verfehlt. Zweifellos hob das Edikt des Gallienus rechtlich verbindlich jene Bestimmungen auf, die die valerianische Verfolgung ausgelöst hatten, und es implizierte auch die Garantie für eine freie Entfaltung des gottesdienstlichen Lebens der Kirche. Aber davon mußte das bisher niemals aufgehobene neronische Christenverbot, das nicht einer religiösen, sondern einer vermeintlich politischen Gemeinschaft galt, nicht notwendig berührt sein. Und das Martyrium des Marinus, das nach Euseb (h.e. VII, 15) in die Zeit des Friedens unter Gallienus fiel, bestätigt auch, daß tatsächlich Christenverfahren alten Stils weiterhin möglich waren. Die Versuche, dieses Martyrium in eine frühere Zeit zu datieren, um dann das Edikt des Gallienus im Sinne eines umfassenden Toleranzerlasses zu interpretieren, überzeugen m . E . nicht 2 1 . Wenn es abschließend dem Verfasser gestattet sein sollte, selbst einen Wunsch zu äußern, so ist es der, im Umgang mit der vorliegenden Arbeit nicht nur jedes Kapitel für sich zu beurteilen, sondern die einzelnen Teile als Bausteine eines Ganzen zu betrachten. Erst dann kann das Hauptergebnis, die Ablösung oder richtiger gesagt die Überlagerung des alten politisch begründeten Christenverbots durch ein religionspolitisch motiviertes Vorgehen im 3. Jh. richtig in den Blick kommen. Auf dieses Gesamtbild führen alle Einzelergebnisse, und von daher erfahren sie vielleicht auch noch einmal eine Bestätigung. 41 M. Sordi, Rivista di Filologia 1972, S. 359 möchte aus der Bezeichnung des bei dem Verfahren gegen Marinus anwesenden Senators Asturius als eines Freundes „der Kaiser" einen Hinweis auf die Zeit der gemeinsamen Regierung von Valerian und Gallienus gewinnen. Ähnlich sah schon Alföldi in der Formulierung, Marinus opfere nicht „den Kaisern", einen Grund, die von Euseb vorgenommene Datierung des Martyriums zu bestreiten (s.o. S. 100 A.66). Doch läßt sich aus diesen Pluralformulierungen nicht zwingend eine gerade bestehende Gesamtherrschaft mehrerer Kaiser ableiten. Sie können daher Eusebs Datierung nicht widerlegen, dessen Angabe im übrigen nicht zuletzt deshalb Vertrauen erweckt, weil sie nicht gut zu seinem sonst sehr positiven Urteil über Gallienus paßt.

142

Peter Herrmann · Der römische Kaisereid Untersuchungen zu seiner Herkunft und Entwicklung 1969. 132 Seiten, broschiert

(Hypomnemata 20)

"This is one of the best Habilitationsschriften to come my way . . . The study essentially concerns the sources of the oaths for the safety of the ruler; these Herrmann finds in two lines, the Greek coming out of the phraseology of interstate alliance, the Roman mainly from the military sacramentum. The form of the oaths for Caesar in 45 or 44 seems to him more directly relevant than the oath reported by Augustus, RG 25." The Classical World

Peter Kneissl · Die Siegestitulatur der römischen Kaiser 1969. 253 Seiten, broschiert

(Hypomnemata 23)

"This is fundamental not only for the victory titles but for the light cast on the chronology and character of Rome's wars . . . Kneissl summarizes his conclusions in chapter 8 and in three appendices: a list under emperors, titles and dates of inscriptions from Augustus through Caracalla, a similar list for the third and fourth centuries, and a list of titles with the emperors who bore each . . ." The Classical World

Gunther Gottlieb · Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian 1973. 91 Seiten, kartoniert

(Hypomnemata 40)

Aus dem Inhalt: Die politischen und kirchlichen Verhältnisse in den Donauprovinzen / Die Äußerungen des Ambrosius über die Entstehung von ,de fide' und ,de spiritu sancto' und über sein Verhältnis zu Kaiser Gratian / Die Gesetzgebung Gratians in Angelegenheiten der Kirche und des Glaubens: Gesetz gegen die Donatisten — Gratians Erlaß vom Herbst 378 und das Reskript von Sirmium — das römische Synodalschreiben von 378 und die Antwort des Kaisers an den vicarius urbis Aquilinus / Die übrigen vor 380 erschienenen Konstitutionen.

Max Käser · Römische Rechtsgeschichte 2., neubearbeitete Auflage 1968. 327 Seiten, broschiert und Leinen (Jurisprudenz in Einzeldarstellungen 2) „Käser verbindet in eleganten Formulierungen einen ausgeprägten Sinn für das Plausible mit dem Blick für das Wesentliche in dem weiten Bereich der neuen Forschungen zum römischen Recht." Schweizerische Juristen%eitung

Detlef Liebs · Römisches Recht Ein Studienbuch. 1975. 306 Seiten, kartoniert

(UTB 465)

Ubersicht: Epochen der römischen Rechtsgeschichte/ Die römische Hausverfassung/ Das römische Eigentum / Die römischen Schuldverträge / Bona fides als rechtsschöpferisches Element am Beispiel des Kaufrechts / Deliktsrecht im Zeichen der Privatsprache. V A N D E N H O E C K & RUPRECHT IN G Ö T T I N G E N UND ZÜRICH

Hans Conzelmann · Geschichte des Urchristentums 2. Auflage 1971. 173 Seiten, kartoniert (Grundriß zum Neuen Testament 5)

Leonhard Goppelt Die apostolische und nachapostolische Zeit 2. Auflage 1966. 64 Seiten, kartoniert (Die Kirche in ihrer Geschichte I/A)

Hans von Campenhausen Die Idee des Martyriums in der alten Kirche 2., durchgesehene Auflage 1964. IX, 188 Seiten,

broschiert

Hermann Dörries · Wort und Stunde Band 1 Gesammelte Studien zur Kirchengeschichte des vierten Jahrhunderts 1966. 424 Seiten, Leinen

Hans Jonas Augustin und das paulinische Freiheitsproblem Eine philosophische Studie zum pelagianischen Streit 2., neubearb. und erweiterte Auflage mit einer Einleitung von James M. Robinson. 1965. 114 Seiten, broschiert (Forschungen zur Religion des Alten und Neuen Testaments 27)

Rudolf Lorenz / Carl Andresen Das vierte bis sechste Jahrhundert 1970. 112 Seiten, kartoniert (Die Kirche in ihrer Geschichte I/C)

Werner Affeldt · Die weltliche Gewalt in der Paulus-Exegese Römer 13,1-7 in den Römerbriefkommentaren der lateinischen Kirche bis Zum Ende des 13. Jahrhunderts 1969. 317 Seiten, kart. DM 42,— (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 22)

Wolfgang Speyer Bücherfunde in der Glaubenswerbung der Antike Mit einem Ausblick auf Mittelalter und Neuzeit 1970. 157 Seiten,

kartoniert

(Hypomnemata 24) V A N D E N H O E C K & R U P R E C H T IN G Ö T T I N G E N U N D Z Ü R [ C H