Der Name der Buche [Reprint 2021 ed.] 9783112538043, 9783112538036

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Der Name der Buche [Reprint 2021 ed.]
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DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN VORTRÄGE UND SCHRIFTEN H E F T 50

DER NAME DER BUCHE von Wilhelm

Wissmann

1952 AKADEMIE-VERLAG

BERLIN

Vorgetragen und f ü r die „Vorträge und S c h r i f t e n " angenommen in der Plenarsitzung a m 10. 7. 1952

Erschienen i m Akademie-Verlag GmbH., Berlin NW 7, S c h i f f b a u e r d a m m 19 Veröffentlicht unter der Lizenznummer 1218 des Amtes f ü r L i t e r a t u r und Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik Satz und Druck der Druckerei „Thomas M ü n t z e r " W e r k Langensalza Bestell« und Verlagsnummer 2003/50 P r e i s : DM 2,40 Printed in Germany

RICHARD

KIENAST

ZUM 60.

GEBURTSTAG

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Keinem Reisenden, der die Grenzen seiner eigenen Sprachwelt überschreitet, kann es entgehen, daß sich die Sprachen der fremden Länder in verschiedenem Maße von der eigenen unterscheiden. Ein Deutscher kann sich auch ohne Sprachstudien in Holland oder Dänemark leidlich verständigen, fühlt sich aber z. B. in den slawischen Ländern ziemlich verloren. Doch in jeder europäischen Sprache wird er immer einzelne Anklänge an heimisches Wortgut entdecken. So wie dieser Reisende hat die Wissenschaft durch Jahrhunderte hindurch Sprachverwandtschaft lediglich auf den Wortschatz gegründet. Die moderne Sprachwissenschaft beginnt mit der Erkenntnis, daß dies nicht ausreicht, daß der Wortschatz ein trügerischer Führer ist, daß nur systematische Vergleichung des gesamten Sprachbaus Sprachverwandtschaft beweisen kann1). Diese Erkenntnis ist gegen Ende des 18. Jahrhunderts Forschern verschiedener Nationen unabhängig voneinander aufgegangen2). Die größte Wirkimg hatte der Nachweis, den der junge Franz Bopp aus Mainz im Jahre 1816 führte, daß die wichtigsten europäischen Sprachen, das Griechische, Lateinische, die germanischen Sprachen, mit dem Persischen und bes. dem Altindischen, dem Sanskrit, verwandt seien3). Die Tatsache der Verwandtschaft selbst war bekannt4), seit Fr. Schlegels glänzendem Essay über die Sprache und Weisheit der Indier 1808 sogar allgemein über die Fachkreise hinaus bekannt, aber erst Bopp hat durch einen Vergleich der Konjugationsformen den unumstößlichen Beweis dafür geliefert.

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Aber dieser Nachweis, mit dem er die Fundamente einer neuen Wissenschaft legte, war keineswegs das Ziel, das er erstrebte. Er wollte vielmehr den Ursprung und die Bedeutung der Verbalformen erklären6). Die Methode, deren er sich dabei bediente, hatte er von den indischen Grammatikern gelernt; es war die der genetischen Analyse der Wörter und Wortformen, ihrer Zerlegung in die Elemente, aus denen sie sich aufbauen. Er selbst nennt seine vergleichende Zergliederung „Sprachanatomie" oder auch „chemische Zersetzung" 6). Beispielsweise ergibt sich ihm aus altindisch adiksam und griech. edeiksa „ich zeigte" und lat. dixi „ich sagte" eine Zerlegung in a - dik - sa - m, e - deik - sa und dik - si (wir zerlegen heute a - dik - s - am, e - deik - s - a, die - s - ï), in das Augment a, bzw. e als Bezeichnung der Vergangenheit, die Wurzel dik, bzw. deik „zeigen", sa den Tempuscharakter und m die Bezeichnung der 1. Person Sing. Nur dik, „das Geheimnis der Wurzeln oder des Benennungsgrundes der Urbegriffe", warum dik also gerade „zeigen" bedeutet, läßt er unerforscht 7 ). Aber die Urbedeutung und somit den Ursprung der formalen Elemente glaubt er zuversichtlich ermitteln zu können. Das Augment a ist ihm gleich dem Alpha privativum, unserm un - „es verneint die Gegenwart der Handlung" 8 ), in dem sa sieht er die Wurzel des Seins, und das m gehört zum Personalpronomen der 1. Person wie in lat. ml, dt. mich usw. Die Flexion wird also aus Zusammensetzung, aus Agglutination („Anleimung") erklärt, zuerst noch unter Anerkennung gewisser Ausnahmen, später konsequent und ausnahmslos. Immer steht Flexion im Zentrum seiner Untersuchungen, aber nur soweit sie „organisch" ist, wie er es nennt, d. h. zum ursprünglichen Bau der Sprache stimmt. Was davon abweicht, ist ihm „unorganisch". „Wesentlich und gegründete Formen und zufällig angenommene Unterscheidungen gehen das gesamte Gebiet des

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indischen Sprachstammes durch" sagt er schon 1816, und diese Meinung hat er sein ganzes Leben bewahrt. Ihn interessiert nicht die geschichtliche Entwicklung der Formen und Sprachen, sondern nur die Urgeschichte. Er ist kein Historiker im üblichen, sondern im naturwissenschaftlichen Sinne, nämlich Biogenetiker9). Das zeigt sich auch darin, daß er im allgemeinen jeden Rückschluß von den Sprachen auf die Menschen, die die betr. Sprache gesprochen haben, vermeidet. Das hat zu einer uns befremdenden Ausdxucksweise geführt, die häufig wiederkehrt, daß er nämlich sagt, die und die Form sei sich ihres Ursprungs nicht mehr bewußt gewesen (z.B. das Augment seiner verneinenden Kraft10)). Oder er macht auch die Sprache zum Subjekt und sagt von ihr, daß sie sich selbst nicht mehr begreife11). Die von ihm als verwandt erwiesenen Sprachen sind Schwestersprachen, Töchter einer Mutter. Welches Volk oder welcher Stamm oder welcher Menschenhaufe, wie W. v. Humboldt sich ausgedrückt hat, diese Stammsprache gesprochen hat, darüber äußert er sich nicht. Aber doch wäre es falsch zu behaupten, daß ersieh keine Gedanken darüber gemacht habe. In der ersten Abhandlung, die er in unserer Akademie gelesen hat, Vergleichende Zergliederung des Sanskrits und der mit ihm verwandten Sprachen, Berlin 1823, heißt es „Diese besonderen Übereinstimmungen (des Lithauischen, Lettischen und Alt-Preußischen mit dem Sanskrit) mögen zum Teil daher kommen, daß die Völker, welche den nördlichsten Teil von Europa bewohnen, in viel späteren Zeiten ihre Asiatischen Ursitze verlassen haben, zu einer Zeit, wo die Asiatische Stammessprache durch Veränderungen und neuere Gestaltungen sich dem Zustande genähert hatte, in welchem sie unter dem Namen Sanskrita bekannt ist" [was Bopp mit ,,die vollkommene Sprache" übersetzt]. Folgerichtig leugnet er eine nähere Verwandtschaft der europäischen Glieder des Sprachstammes. Aber solche Gedanken bleiben doch vereinzelt, im ganzen gilt der Satz, daß Bopp weder Sprach-

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geschichte treibt noch die Folgerungen aus seinen Entdeckungen für die Völkergeschichte zieht. Daß trotz dieser Einstellung ihres genialen, allgemein anerkannten und bewunderten Begründers die vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft zu einer historischen Disziplin geworden ist, das ist das Werk und die Wirkung J a c o b G r i m m s . Jacob Grimms Deutsche Grammatik ist wirklich eine Geschichte der germanischen Sprachen, und seine Geschichte der Deutschen Sprache zieht die kulturhistorischen Folgerungen aus der Sprachgeschichte. Unter dem Eindruck von J . Grimms Deutscher Grammatik füllte Aug. Friedr. P o t t in seinen Etymologischen Forschungen auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen 1833 die größte Lücke aus, die Bopp gelassen hatte, er schuf die hist. Lautlehre des Indogermanischen, wie Jacob Grimm die der germ. Sprachen geschaffen hatte. Fast ein Jahrhundert lang haben danach die Indogermanisten fast ausschließlich Sprachgeschichte betrieben, ist die vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft eine historische Sprachwissenschaft gewesen. Erst in unserer Zeit sind die systematischen und genetischen Probleme Bopps energisch wieder aufgenommen worden. Bopp hatte die Ursprache, von der sich die einzelnen Sprachen abgezweigt haben, nicht scharf und konkret bestimmt. Äußerlich zeigt sich das darin, daß er zuerst überhaupt keinen Namen für die Ursprache und den ganzen Sprachzweig hat, sondern die Sprachen aufzählt, auch wohl vom Sanskrit und den verwandten Sprachen oder vom sanskritischen Sprachstamm redet. Später (seit 1835) benutzt er zwar den Terminus indoeuropäisch oder indischeuropäisch, aber auch nur selten 14 ). Indo-European ist bewußt geprägt von dem Engländer Thomas Y o u n g , zuerst 1813 angewandt in einer anonym erschienenen Recension von Adelungs Mithridates: „Ein weiterer alter und ausgedehnter Sprachstamm, der durch soviele Ähnlichkeiten geeint wird, daß es unmöglich Zufall sein kann,

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könnte man den Indo-europäischen nennen (may be denominated the Indo-European); er umfaßt das Indische, Westasiatische und fast alle europäischen Sprachen". Auch in der Folge ist bis zu Bopp und Pott 1833 der Name nur in England nachgewiesen 15 ). Besonders ist J . C. P r i c h a r d zu nennen, dessen The Eastern origin of the Celtic nations 1831 sicher auf dem Kontinent bekannt geworden ist, wie es J . Grimm gewidmet und von ihm auch rezensiert ist 1 7 ). Da Bopp, allerdings erst 1838, Prichard zitiert 1 8 ), wird er den Terminus von ihm übernommen haben. Die ersten frz. Belege von indo-européen sind dann erst später als die ersten deutschen von indisch- oder indoeuropäisch 19 ). Trotz der Autorität von Bopp hat sich aber in Deutschland indoeuropäisch nicht durchgesetzt, weil P o t t sich für indogermanisch entschieden hatte und dies durch den Titel seiner großen Etymologischen Forschungen auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen 1, 1833 u. ff. weithin bekannt machte 20 ), während Bopp indisch- oder indoeuropäisch erst im Titel dreier kleineren Abhandlungen 1842 und 1847 gebraucht 2 1 ). (Übrigens sind diese Abhandlungen völlig verfehlt.) Indo-Germanisch stammt von Julius v. K l a p r o t h , dem Sohn des Chemikers und Mitgliedes unserer Akademie Martin Heinrich Klaproth. In seiner Paris 1823 erschienenen Asia polyglotta, einer „Übersicht der Völker Asiens nach den Sprachen geordnet", heißt es (S. 42) von den Indo-Germanen 2 2 ), die sie eröffnen: „Dieses ist der am weitesten verbreitete Stamm in der Welt, denn seine Wohnsitze fangen auf Zeilon an, gehen über Vorderindien und Persien, über den Kaukasus, nach Europa, welchen Erdteil er fast ganz inne hat, bis zu den Shetlandinseln, dem Nord-Kap und Island." Es ist vollkommen deutlich, wie der Name Indo-Germanen zu verstehen ist: zur Bezeichnung einer großen, weit ausgedehnten Völkergruppe werden die beiden äußersten Glieder, die Inder im Südosten und die Germanen im Nordwesten, als Stellvertreter für die ganze Völker-

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kette gewählt, um die schleppende Aufzählung Inder, Perser, Armenier, Griechen, Lateiner, Litauer, Slaven, Germanen oder der zugehörigen Adjektiva indisch usw., die sonst üblich und auch von Klaproth früher angewendet war, zu verkürzen23). Dieser Name bedurfte keiner formalen Definition; der angeführte Satz war hinreichend deutlich24). Im übrigen war es nicht der Stil der Zeit, neugeschaffene Termini ausdrücklich zu erklären. Auch J. Grimm hat bei seinen Prägungen wie Ablaut usw. es dem Leser überlassen, aus dem Zusammenhang den Sinn des neuen Begriffs zu entnehmen. Was nebenbei bemerkt für die Exzerptionen zu unserem Wörterbuch der sprachwissenschaftlichen Terminologie seine Unbequemlichkeiten hat. Das Fehlen einer Definition besagt also gar nichts gegen Klaproth als Schöpfer des Namens Indo-Germanen. Es hat sich auch trotz allen Suchens kein früherer Beleg finden lassen, und der nächste nach Klaproth begegnet in einer Abhandlung, die die Asia polyglotta zitiert. In W. v. H u m b o l d t s berühmter Schrift „Über den Dualis", gelesen in unserer Akademie am 26. April 1827, redet er von den sanskritischen Sprachen und macht dazu eine Anmerkung. „Dieser Ausdruck dürfte sich für die mit dem Sanskrit zusammenhängenden Sprachen, die man neuerlich auch Indo- Germanische genannt hat, nicht bloß durch seine Kürze, sondern auch durch seine innere Angemessenheit empfehlen, da Sanskritische Sprachen, der Bedeutung des Wortes nach, Sprachen kunstreichen und zierlichen Baues sind" 2S). Und endlich nur bei Klaproth und dem von ihm abhängigen Eichhoff 2 6 ) hat der Name seine volle Motivierung, was sofort deutlich wird, wenn man moderne Erklärungen befragt. Sie versichern uns mit seltener Einmütigkeit, daß mit den Indern und Germanen die östlichen und westlichen Glieder gemeint seien; vielfach wird auch darauf hingewiesen, daß indogermanisch geprägt worden ist, als die Zugehörigkeit des keltischen zum idg. Sprachstamm noch nicht nachgewiesen war;

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man meint, man müßte korrekt von Indokelten reden (was Gobineau, Lassen, Spiegel, Lagarde 27) auch tatsächlich tun) oder jetzt von Tocharokelten sprechen. Die Grundlage dieser ganzen Überlegung ist aber falsch: denn Klaproth geht nicht von Osten nach Westen, sondern von Süden nach Norden oder von Südosten nach Nordwesten. Er würde sonst aus Indien nicht Zeilon, sondern Bengalen genannt haben, wie er es 1810 getan hatte, wo er von der großen Indisch-MedischSclavisch-Germanischen Völkerkette redet, die vom Ganges bis zu den Britannischen Inseln reicht. Diese Ersetzung des Ganges durch Zeilon und der brit. Inseln durch das Nordkap und Island ist bestimmt nicht äußerlich und zufällig, sondern hervorgerufen durch seine Theorie über die Ursprünge der Indo-Germanen. Dieser Völkerstamm habe sich nämlich vor der Noah'ischen Flut auf den Himalaia und den Kaukasus gerettet, als die Fluten sich dann verlaufen, seien die Indo-Germanen herabgestiegen, teils nach Süden, teils nach Norden und Nordwesten. Die vom Kaukasus herabgestiegenen „gingen westlicher nach Kleinasien und kamen erst nach Süd-, dann nach Nord-Europa"28). Es kann überhaupt kein Zweifel bestehen, daß die Behauptung, indogermanisch meine die äußersten Glieder in der Ost-West-Richtung, falsch ist. Aber dieser Fehler ist sehr alt, er findet sich schon bei Pott, der im Artikel Indogermanischer Sprachstamm bei Ersch u. Gruber 1840 sagt: „Man wollte in dem Namen die östlichen und westlichen Enden des Stammes zusammenfassen, um dadurch die geographische Ausbreitung des letzteren einigermaßen anzudeuten" 29). Es ist sehr zu bedauern, daß Pott, der den Namen in Deutschland durchgesetzt hat, ihn auch unkorrekt erklärte und ihn damit durch die weiteren Entdeckungen überholt werden ließ. Faßt man ihn aber in ursprünglichem Sinne, so gilt er heute noch so wie 1823, trotz allem, was uns seitdem an idg. Sprachen bekannt geworden ist.

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Dagegen ist der außerhalb Deutschlands übliche, auch von Bopp vorgezogene Name indo europäisch niemals zutreffend gewesen, da einmal die Verwandtschaft des Iranischen mit dem Germanischen, Griechischen, Lateinischen viel früher bekannt war als die des Indischen. Heute kennen wir als zugehörig in Asien noch das Armenische, Tocharische, Hethitische, von den andern kleinasiatischen Sprachen zu schweigen. Ist aber indoeuropäisch in seinem ersten Glied zu eng, so ist es in seinem zweiten zu weit, denn in Europa werden keineswegs nur indogermanische Sprachen gesprochen. Nicht idg. sind die Finnougrischen Sprachen, das Baskische in den Pyrenäen, das Maltesische und das Türkische. Es ist aber nicht dies der Grund, daß wir indogermanisch vorziehen. Alle großen deutschen Indogermanisten mit Ausnahme von Bopp haben diesen Namen gebraucht, er steht im Titel unserer Zeitschriften und Handbücher. Wir bekennen uns, wenn wir an indogermanisch festhalten, zu einer großen stolzen Tradition, die keinen Vergleich zu scheuen hat. Ersetzen wir es jetzt, wie gefordert wurde, durch indoeuropäisch, so trennen wir uns nicht nur von unseren westdeutschen, sondern auch von den österreichischen und schweizerischen Kollegen. Mit Nachdruck wenden wir uns gegen den Vorwurf der „germanischen Anmaßung", als ob indogermanisch von einer Bevorzugung, einer Überschätzimg der germanischen Sprachen, einer Art Sprachnationalismus zeuge. Klaproths Charakter zeigt gewiß Mängel — so wird von ihm gesagt, daß „sein ungewöhnliches Aneignungsvermögen leider nicht nur intellectueller Natur war, wie die Petersburger Bibliotheken zu ihrem Schaden erfahren haben" 3 0 ) — aber übersteigerten Nationalismus kann man ihm wirklich nicht vorwerfen, so hat er als gebürtiger Berliner seit seinem 21. Lebensjahr fast ständig im Ausland gelebt, vor allem in Rußland und Frankreich; W . v . H u m b o l d t erwirkte ihm Titel und Einkommen eines Professors der asiatischen Sprachen zu Berlin mit der Erlaubnis, in Paris zu wohnen! Einen großen Teil seiner

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Arbeiten schreibt er französisch, wo er übrigens auch indogermanique sagt 31). Wir haben gesehen, wie für Klaproths Anschauungen von der Urheimat der Indogermanen die biblische Erzählung von der großen Flut maßgebend war. Der Einfluß der Bibel auch auf die Sprachwissenschaft ist bis ins 19. Jahrh. hinein außerordentlich groß und der Prozeß der allmählichen Befreiung lehrreich zu verfolgen. Der große Leibniz wandte sich oft gegen die Meinung, daß das Hebräische die Ursprache der Menschheit sei, aus der die andern Sprachen geflossen seien. In der Abhandlung, die ruhmreich die unübersehbare Zahl der Publikationen unserer Akademie eröffnet, der Brevis designatio meditationum de Originibus Gentium ductis potissimum ex indicio linguarum32), ist ihm das Hebräische nur ein Dialekt, nicht verwunderlich, da es doch nur in einem kleinen Teil Syriens gesprochen wurde33). Das Hebräische gehört zu der südlichen der beiden großen Sprachgruppen, die er annimmt, der aramäischen — die europäischen Sprachen faßt er unter dem Namen japetisch oder celto-scythisch zusammen34). Celto-scythisch stammt aus der Antike35), der andere Name leitet sich vom Titanen Iapetos, dem Vater des Prometheus, her, den Leibniz mit Japhet, dem Sohne des Noah, identifiziert 36). Die Heimat der Europäer liegt ihm im Osten am Schwarzen Meer, wie ja auch die griech. Überlieferung den Prometheus mit dem Kaukasus in Verbindung bringt. Daß die Heimat der Menschheit Asien ist und also auch die Europäer letztlich aus Asien stammen, daran wird er nicht gezweifelt haben; und er ist auch von dem einheitlichen Ursprung aller Sprachen überzeugt, nur läßt er sich nicht nachweisen37). Je größer nun in der Folgezeit die Zahl der bekannten Sprachen wurde 38) und je deutlicher die Verschiedenartigkeit

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ihres Sprachbaus erkannt wurde, um so mehr verstärkte sich die Skepsis, daß der Beweis einheitlichen Ursprungs je gelingen könnte. Ja nach der Entdeckung der idg. Sprachverwandtschaft bestreitet Friedrich Schlegel energisch die ursprüngliche Gleichheit der Sprachen. „Die Sprache mußte wohl durchaus verschieden ausfallen je nach dem der Mensch im Lichte der Besonnenheit einfach aber selig wandelte . .. oder aber mit einem Zustande begann, der wirklich an tierische Dumpfheit grenzte" 38 ). Was man ursprünglich von der Wiege der Menschheit gelehrt hatte, das übertrug man nun auf die Urheimat der Indogermanen 40). Wie angeblich alle Völkerwanderungen von Ost nach West, von Asien nach Europa gegangen sind, so stammen auch die Indogermanen aus Asien. Schlegel hielt fälschlich das Indische für die Mutter der verwandten Sprachen und verlegte deshalb die Urheimat nach Indien. Das war ein Irrtum, dem der hochbedeutende William Jones 1786 nicht verfallen war 41). Unter den Gelehrten, die gegen Schlegels Lokalisierung der Urindogermanen auftraten, ist auch Klaproth zu nennen, der 1830 — soweit mir bekannt ist — als erster ein Argument aus der Pflanzengeographie beibrachte. Unter allen indischen Baumnamen findet sich nur der Name der Birke in den verwandten Sprachen wieder: altindisch bhürja steht im Ablaut mit unserm Birke, lit. terzas, russ. bereza. Da die Birke in Indien nur an den südlichen Abhängen des Himalaya wächst, müssen die arischen Inder vom Norden gekommen sein42). Das eigentliche Indien scheidet also für die Urheimat aus, statt dessen setzte man sie meistens an die Nordabhänge der großen Zentralasiatischen Gebirge in das Quellgebiet des Amu-Darja und Syr-Darja oder allgemeiner nach Zentralasien. Der erste, der diese Hypothese bestritt, war ein Engländer R. G. L a t h a m 1851 in seiner Ausgabe der Germania und zwei Büchern The native races of the Russian empire 1854 und Elements of comparative philology 1862.

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„Wenn wir zwei Zweige derselben Sprachklasse besitzen, die getrennt voneinander sind und von denen einer ein größeres Gebiet hat und mehr Varietäten zeigt, während der andere geringem Umfang und größere Homogenität besitzt, so ist anzunehmen, daß der letztere von dem ersteren abstammt, und nicht umgekehrt. Die Indo-Europäer Europas von den Indo-Europäern Asiens ableiten, ist in der Ethnologie dasselbe, als wenn man in der Herpetologie die Reptilien Großbritanniens von denen Irlands (wo es keine Schlangen gibt) ableiten wollte" 43). Der nächste in der Reihe derer, die für Europa als Heimat der Indogermanen eintreten, ist Theodor B e n f e y (1868)44). Wenig später finden wir bei Lazarus Geiger 4 6 ) dasjenige Argument, das wahrscheinlich in der ganzen Frage die entscheidende Rolle spielt und das ich nach all dem vielen, was darüber schon gesagt ist, erneut prüfen will, weil ein wesentliches Moment übersehen ist und weil ich die letzte Behandlung des Themas für gänzlich verfehlt halte 46). Ich meine den Namen der Buche. Die Buche (Fagus silvatica) ist verbreitet in West- und Mitteleuropa; in Südeuropa kommt sie nur in den Gebirgen vor; ihre Ostgrenze verläuft von Alversund in Norwegen (n. v. Bergen) über Oslo, Kalmar in Schweden, dann von Königsberg in einer Linie bis zur Donaumündung, setzt dann in der südl. Krim wieder ein und folgt dem Kaukasus bis zum Kaspisee. Das ist aber die heutige Grenze; in der Vorzeit verlief sie anders, und zwar ist die Buche in Mitteleuropa allmählich von Süden nach Norden vorgedrungen. Wir wissen das durch die Pollenanalyse 47). Die Pollen der einzelnen Pflanzen sind deutlich verschieden, sie sind besonders im Moor und Torf gut erhalten und lassen sich in ihrem Vorkommen in den einzelnen Schichten zeitlich einigermaßen sicher bestimmen, natürlich nicht auf das Jahr oder Jahrhundert genau, aber doch für die großen Perioden. Für den Sprachhistoriker ergibt sich nun bei der Benutzung der Bücher von Bertsch, Geschichte des deutschen Waldes 1951

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und F i r ba s, Spät- und nacheiszeitliche Waldgeschichte Mitteleuropas nördl. der Alpen 1949, die die bequemsten Zusammenstellungen geben, der Mißstand, daß deren Interessen andere sind als die seinen. Die Historiker des Waldes interessiert nicht ein vereinzeltes Vorkommen, sondern nur eines im stärkeren Verband, wir finden deshalb nur Diagramme für das, was sie „Beginn der geschlossenen Kurve" und „Buchenanstieg" nennen, wo also die Prozentzahl eine bestimmte Mindestgrenze überschreitet. Dagegen ist für den Sprachhistoriker das Vorkommen an sich wichtig, da die Sprache ja auch vereinzelt vorkommende Bäume benannt haben kann. Nimmt man hinzu, daß „nach allen Erfahrungen Buchenpollen stark untervertreten" sind 48 ) und daß bei weitem noch nicht für alle Gegenden ausreichende Untersuchungen vorliegen, so darf man wohl den Schluß ziehen, daß die Angaben Mindestangaben sind, daß tatsächlich die Buche eher früher als später aufgetreten ist. Nun sitzen von den idg. Einzelvölkern die Hethiter in Kleinasien schon um 1700 v. Chr., und zwar sind sie vom Osten gekommen 49 ). Wenn also die idg. Heimat innerhalb der Buchengrenze lag, dann haben die Vorfahren der Hethiter einen gewaltigen Weg zurückgelegt. Weiter nimmt man an, daß die ersten Griechen in Griechenland um 1900 eingedrungen sind. Damit käme man etwa auf die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts als die letzte Zeit, in der die indogermanischen Stämme in der Heimat beisammensaßen. U m diese Zeit hat die Buche mit Sicherheit Thüringen und den Oberharz erreicht. Für das norddt. Flachland liegen die Mittelwerte unter 1%, fehlen also nicht völlig. Mit anderen Worten, die Pollenanalyse erlaubt uns anzunehmen, daß die Indogermanen vor der Abwanderung der Hethiter und Griechen die Buche gekannt haben. Prüfen wir nun die sprachlichen Zeugnisse! Ahd. buohha, got. boka sind, wie zuerst J. G r i m m erkannt hat, fast identisch mit l&t.fägus und gr. phegos. Die Differenz

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liegt im Deklinationstypus, idg. bhägä gegen bhägos. Feminina der sog. o-Stämme, d. h. der lat. 2. Deklination, gibts nur im Griech. und Lat., sonst in keiner anderen idg. Sprache. Daß sie trotzdem der idg. Grundsprache zuzusprechen sind, folgt aus armen, nu, gen. nuoy .Schwiegertochter' = gr. nyos, lat. nurus, dt. Schnur50). Das Armenische hat das grammatische Geschlecht aufgegeben, aber die o-Flexion bewahrt; daß ein Wort für die Schwiegertochter ein Femininum war, ist selbstverständlich. Danach ist nach allgemeiner Annahme auch für die Buche vom fem. o-St. auszugehen und der « Stamm im Germ, eine Neuerung, wie idg. snusos ebenfalls im Germ., aber auch im Slav. und Aind. zum ä-Stamm geworden ist (ahd. snora, ags. snoru, an. snor, aslav. swbcha, aind. snusa). Weiter hat bhägos auch im Gallischen existiert, wie aus Ortsnamen folgt51). Soweit sind sich alle Indogermanisten einig, daß es nämlich ein Wort bhägos im Griech., Lat., Kelt. und Germanischen gegeben habe, nur die Bedeutung ,Buche' wird bezweifelt, da fhegos im Griechischen nicht die Buche, sondern eine Eichenart bezeichnet. Diese Bedeutungsdifferenz hat aber Specht glänzend erklärt82). Er geht davon aus, daß es im Indogermanischen, nämlich im Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Baltischen und Slavischen ein Wort für die Eichel gibt, das formal überall abgeleiteten Charakter hat und in der Wurzel übereinstimmt. Diese zugrunde liegende Wurzel kann nur „Eiche" bedeutet haben, aber ist selbst nirgends erhalten. Weiter kehrt lat. quercus im Langobardischen fereh und im althochdeutschen tautologischen Kompositum fereheih als Eiche53) wieder, sonst ist es im Germanischen in der Ablautsform foraha zur Bezeichnung der Föhre geworden und überall sonst nur in Ableitungen da: kelt.-lat. silva Hercynia, got. fairguni „Berg", latinisiert germ. Fergunna, Virgunna Bezeichnung der dt. Mittelgebirge und vor allem in baltisch Perkünas, dem obersten Gott und Gott des Donners. Wie der Grieche sagt: Zeus brontäi, der Lateiner Wi s s m a n n , Der Name der Buche

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Jup fiter tonat, so sagt der Litauer perkunas gridudzia, 54

grumena

oder müSa „P. donnert, dröhnt, schlägt" ). Perkunas ist formal „der zur Eiche gehörige" wie lat. Fortuna „die zum fors ,Zufall' gehörige", Portünus „der zum portus ,Hafen' gehörige". In der Eiche wohnt der Gewitter gott. Die Eiche, die Bonifacius fällt, nennt seine Vita prisco paganorum vocabvlo robur Iovis, zu deutsch ,Donars Eiche', und die quercus Iovis kennen wir aus dem Lateinischen wie die phegos oder drys Dios aus dem Griechischen. Es ist also religiöse Scheu, die den Menschen hindert, den Namen der Eiche auszusprechen, oder die ihn veranlaßt, den Namen andern weniger unheimlichen Bäumen beizulegen. Es sind Taburücksichten55). Da die Buche im eigentlichen Griechenland nicht sehr häufig war, ist deren Name statt dessen als Ersatzwort auf die Eiche übertragen worden. Nehmen wir an, daß die Vorfahren der Griechen, Italokelten, Germanen zusammen im Buchenland wohnten und die Buche bhägos nannten, so stimmen alle Tatsachen gut zusammen; glauben wir aber, daß bhägos irgend einen beliebigen andern Baum oder einen Baum schlechthin bezeichnet habe, so bleibt es eben Zufall, daß im Germanischen und Lateinischen dieser Name auf die Buche übertragen worden ist. Zu bhägos hat nun weiter Christian B a r t h o l o m a e mukrikurdisch büz „Ulme" gestellt und später noch zweimal diese Etymologie gegen seine Kritiker verteidigt, zuletzt in den Sitzungsberichten der Heidelberger Akademie 191856). Zunächst zur Bedeutung: im eigentlichen Gebiet der Kurden gibt es keine Buchen, „nur an den Grenzen Kurdistans, nördlich vom Urmia-See" soll nach S c h r ä d e r , Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde 1, 1917, 171, die Buche vorkommen, auf jeden Fall aber sind die Vorfahren der Iranier auf ihrem Wege in ihre neuen Wohnsitze durch lange Strecken gekommen, wo es keine Buchen gab. Bei diesen auch zeitlich sehr ausgedehnten Zügen können sie den Namen der Buche auf einen anderen Laubbaum übertragen haben.

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Nun zum Lautlichen! I m Mukri-Rurdischen kann b außer auf bh auch auf u zurückgehen. Aber Wörter mit anlautendem u vor ü gibts im Indogermanischen sonst nicht; führen wir büz auf ein *uügos zurück, so sagen wir damit, es ist unerklärbar 57 ), und die Möglichkeit, es mit bhägos zu verknüpfen, ist wieder ein täuschender Zufall. Diese besteht aber durchaus. Die Differenz im Vokalismus zwischen bhägos und büz beruht auf Ablaut. Und zwar kann ein ä, e, ö in sich ein zweites Diphthongelement, ein i oder u, aufgesogen haben, ä also nicht nur ein ursprüngliches ä, sondern auch äi und äu vertreten. Worauf ein ä, e, ö zurückgeht, läßt sich nur ersehen, entweder wenn ein Vokal folgt — dann muß nämlich ein ursprüngliches i als j und ein u als v auftreten — oder aus Ablautformen. Die allgemeine Regel für den Ablaut ist nun die, daß eine Silbe geschwächt wird, wenn der Akzent sie verläßt, besonders wenn er auf die folgende Silbe t r i t t . So steht etwa im Griechischen leipein ,lassen' lipetn gegenüber. Es lautet nun jeder lange Vokal mit einem kurzen (a, im Indischen i), ein Kurzdiphthong ei mit kurzem i, eu mit u, ein Langdiphthong mit langem l oder ü oder einem Kurzdiphthong ab. Rechnet man einen kurzen Vokal als eine More, einen langen Vokal als zwei Moren, so besteht der Ablaut zunächst in der Schwächung um eine More, bei weiterer Ableitung auch um zwei Moren. ei eu\ ei eu d oi ouy.u öi-: l oder ai öu üoder au (a, i) ai au\ äi äu Moren 2:1 2:1 2:1 3:2 3:2 Wenn also zu aind. päti „er t r i n k t " das Partizipium pita .getrunken' lautet, so zeigt dieses lange i, daß das ä von päti auf äi (idg. öi) beruhen muß. Nun ist leider die Zahl der langdiphthongischen u- Wurzeln nicht sehr groß, jedenfalls erheblich kleiner als die der iWurzeln. Es h a t den Anschein, daß äu, eu, öu häufiger erhalten geblieben sind als die i-Langdiphthonge.

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Mit Sicherheit ist u des Langdiphthonges vor m geschwunden: aind. d(i)yäm ist Akkusativ zu d(i)yaus ,Himmel, Tag' (au aus eu) und genau gleich lat. diem und gr. ZSn, zu diern lautet aber der Nominativ dies, zu Zen aber Zeys — in Thera Zeys; einem aind. gaus „Bind" (aus *guöus) steht gr. boys, aber dor. bös wie lat. bös, ahd. chuo gegenüber, und gegenüber aind. naus , Schiff' (aus *näus) steht griech. naüs mit Kurzdiphthong, jon. aber neys mit Langdiphthong — an. nör mit langem Vokal. Alle diese Beispiele stehen innerhalb eines Paradigmas; aber wir besitzen auch isolierte Fälle. Lat. ös ,Mund' = aind. äs hat neben sich Formen mit « Diphthong nicht nur im Lat. aureae ,Gebiß am Zaum', sondern vor allem im Slav. und Indischen, asl. usta, aind. östha ,Mund'; slav. u und aind. ö beruhen auf ursprünglichen Diphthongen. I n andern Fällen haben wir Ablaut ö—w:gr. lat. moros ,töricht' — aind. mürä ,blöde' und dergleichen mehr. Angesichts solcher Beispiele zu behaupten, ein langer uDiphthong verliere sein «-Element nur vor m, ist einfach Willkür. Wir müssen vielmehr sagen, es hat idg. nebeneinander ä und äu usw. gegeben. Warum sollten auch die uLangdiphthonge grundsätzlich anders behandelt sein als die ¿-Langdiphthonge, wo sonst i und «-Diphthonge völlig parallel gehen ? Daß nun der Buchenname ursprünglich einen Langdiphthong enthalten hat, dafür hat nach Bartholomae weitere Beweisgründe H. O s t hof f in Bezzenbergers Beiträgen zur Kunde der indogermanischen Sprachen 29,1905, 249ff. beigebracht. Den wichtigsten liefert das Verbum germ. *bükön, *bükjan ,in Buchenlauge einweichen' in mittelhochdt. buchen, biuchen, mittelniederländisch, mittelniederdt. büken, neuhochdt. bauchen, bauchen, niederdt. büken. Sein hohes Alter bezeugt uns die Entlehnung ins Galloromanische aus fränk. *bükön68) sowie sein Auftreten im Englischen (mittelengl. bouken, nengl. buch). Dieses Verbum ist in den dt. Mundarten weit verbreitet, es begegnet fast im gesamten Niederdeutschen, in großen

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Teilen des Mitteldeutschen und vom Oberdeutschen im Schwäbischen und Alemannischen 69 ). Aus dem Mittelniederdeutschen ist es nach allgemeiner Annahme ins Nordische (dän. byge, schwed. byka, norw. bykja, beykja), sicher ins Lettische (büMt), Estnische (pükima) und Russische (bucith) entlehnt worden 60 ). Heute ist es mit der Sache, die es bezeichnet, deutlich im Aussterben begriffen. Auch dieses Wort hat man von der Buche zu trennen gesucht, einmal indem man es von altenglisch büc „ F a ß " ableitete (was aber kein anderes Wort ist als büc „Bauch"), zum andern aber, indem man es zu einer angeblichen idg. Wurzel bheug „reinigen" stellte 61 ). Bei dieser aber ist die Bedeutung „reinigen" nur im Mittelindischen, im Pali, belegt, das auch die Bedeutung „befreien" kennt, die im Altiranischen allein herrscht 62 ) mit den Bedeutungsverwandten „lösen, retten, heilen". Got. usbaug j an „ausfegen" ist durch den schließenden Konsonanten nach den Regeln der Lautverschiebung klar von der indoiranischen Sippe wie von bauchen geschieden. Gegen beide Etymologien von bauchen als „in ein F a ß t u n " oder als „reinigen oder Schmutz lösen" spricht zunächst das Sprachgefühl, das auf Zusammenhang mit Buche weist, denn die Lautvariante böken wird man, wo sie nicht auf bükjan zurückgehen kann, durch analogischen Anschluß an Boke ,Buche' erklären 68 ). Sodann aber die Bedeutung. Zunächst wird in den meisten Wörterbüchern betont, daß die Lauge aus Buchenasche 64) hergestellt wird; nach dem Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuch 1, 423 gibt Eichenasche Flecken, nach dem Preußischen Wörterbuch 1, 1939, 862 ,,is de Asch von Roodbeeke un Wittbeeke, oowä ook von andrem Blädäholt is se goot, von Danne un Fichte oowä daucht se nuscht". Die Bevorzugung der Buchenasche ist chemisch gut begründet, da sie a m meisten Pottasche (Kaliumkarbonat) enthält 65). Ferner

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gibt „in Buchenasche einweichen", was wir zunächst als Übersetzung wählten, keine Vorstellung von dem kunstreichen Verfahren des Bäuchens. Hören wir die ausführliche Beschreibung bei T e u c h e r t im Mecklenburgischen Wörterbuch. Die Wäsche wurde in einen Holzzuber gelegt, in dem sich am Boden ein Loch befand, ,,das durch eine senkrechte Stange verschlossen wurde; über die Öffnung wurde häufig ein Holzstück mit einem Astloch gelegt, um das Verstopfen durch Wäschestücke zu verhindern; über den Bottich wurde ein Laken gebreitet, welches etwa 35 cm über den Rand des Gefäßes ging; auf dieses Laken wurden ein bis zwei Eimer gesiebte Buchenasche geschüttet, diese zunächst mit kaltem, dann mit wärmerem und schließlich mit kochendem Wasser begossen, bis das Gefäß mit Lauge gefüllt war; nachdem diese einige Zeit auf die Wäsche eingewirkt hatte, ließ man sie im Eimer ab, füllte sie in den Waschkessel, brachte sie dort zum Kochen und goß sie abermals über das Laken; dieses Verfahren wurde so lange wiederholt, bis die Asche völlig ausgelaugt war. Der Arbeitsgang währte 12—24 Stunden." 66 ). Nun verstehen wir auch das rhein. Sprichwort „Wenn e Mädche heirot, do sollt et kenne bauchen, kochen, baken on e Mannshimb machen." (nämlich an einem Tage) 67). Nicht das Waschen ist das Schwierige und Anstrengende, sondern die Prozedur davor, das bauchen. Und dabei ist das Entscheidende die Lauge aus Buchenasche. Ich meine, wenn wir die Wahl haben zwischen einer Etymologie, die dieses Entscheidende heraushebt, oder einer, die von „in ein F a ß legen" oder „reinigen" ausgeht, sollte sie uns nicht schwer fallen. O s t h o f f hatte zum Beweise, daß *b7iägos ursprünglich einen Diphthong enthielt, auch neuisländ. baukur ,Krug, Dose', beykir ,Böttcher' sowie beyki ,Buche', beykiskögur .Buchenwald' (mit aus au umgelautetem ey) angeführt, aber für letzteres ist altisländisch bekiskogr belegt, wie auch nisländ. neben beyki boeki vorkommt, und baukur ist jedenfalls

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trotz aisländ. olbeki .Bierfaß' zumindest nicht eindeutig, so möchte ich darauf keinen Wert legen68). Wohl aber weist ein anderer Verwandter des Buchennamens auf ursprünglichen Diphthong, nämlich der slavische Name des Holunders, den zuerst J . H o o p s in seinem grundlegenden Werke „Waldbäume und Kulturpflanzen im germanischen Altertum" 1905 heranzog. Der begegnet in drei Ablautsstufen: 1. auf ursprüngliches kurzes u weisend in russ. boz, bulgar. frtz, serbokroatisch baz, tschechisch, polnisch bez, obersorbisch boz (,Flieder'), 2. auf ursprünglichen Kurzdiphthong au, in russ. buzinä, dial. auch buz und 3. vereinzelt mit ursprünglichem langen u in ukrain. byze ,Flieder' 69). Zum Lautlichen ist zunächst zu sagen, daß in langdiphthongischen Wurzeln neben dem regulären % bzw. ü der Tiefstufe auch die Kürze begegnet, regulär in Kompositen und Nasalpräsentien, wo sie sich befriedigend erklären läßt 70 ), aber auch darüber hinaus, und zwar in einem solchen Umfang, daß wir sie nicht als vereinzelte Umbildung ansehen können. Ob wir sie erklären können oder nicht, ist gleichgültig; jedenfalls ist es eine Tatsache, die man nicht aus der Welt schaffen kann, daß die meisten langdiphthongischen Wurzeln auch kurze iund w-Vokale aufweisen. Nun zum Sachlichen: Die ältesten Wohnsitze der Slaven, nach ihrer Trennung von den andern indogermanischen Stämmen, werden von Max V a s m e r in einem Vortrag in unserer Akademie „Die alten Bevölkerungsverhältnisse im Lichte der Sprachforschung" (Vorträge und Schriften Heft 5, 1941) vorzugsweise auf Grund der Gewässernamen bestimmt. „In dieser Urheimat fehlt die Buche, die den Slaven erst bei ihrem Vordringen weiter nach Westen bekannt wurde. Daher ist der slavische Name der Buche (*buky) aus dem Germanischen entlehnt" (S. 17). Den slavischen Namen des Holunders erwähnt Vasmer hier nicht, daß er aber die Verknüpfung m i t dem Buchennamen billigt, geht aus seinem Russischen etymologischen Wörterbuch hervor 71 ). So ver-

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ständlich es ist, daß die Vorfahren der Slaven, als sie die Buchengrenze überschritten, bhägos auf einen andern Laubbaum übertrugen, so auffällig ist natürlich, daß dies gerade der Holunder war. Buche und Holunder haben botanisch nichts miteinander gemein und sind auch für den äußeren Anblick so verschieden, daß man diese Übertragung schwer verstehen kann. Aber ähnliche Übertragungen haben wir auch sonst. Hoops verweist einmal auf den Namen der Eibe (Taxus baccata). Diese hat ähnliche Grenzen wie die Buche; ihr Name bezeichnet nun im Griechischen den Vogelbeerbaum (Sorbus aucuparia), im Litauischen den Faulbaum (Rhamnus frangula) und im Slavischen die Weide (Salix). Wichtiger ist für uns, daß in deutschen Mundarten der Holunder den Namen des Ahorns (Acer) und der Erle (Alnus) trägt, besonders in Hannover 72 ). Und endlich bezeugt uns für das Litauische Philipp R u h i g Littauisch-Deutsches und Deutsch-Littauisches Lexicon, Königsberg 1747 im 1. Teil S. 18 hinter buka ,Buche' bukas .Hollunderholz' und im 2. Teil S. 209 unter Holder, Hollunder Bukas. Auch für die Buche wird bukas M. angegeben. Das Wort kann nur entlehnt sein, entweder aus nd. Bök oder aus weißruss. buk; in beiden Sprachen bedeutet das Wort aber nur ,Buche', nicht ,Holunder'. Man hat das Zeugnis des Ruhig anzuzweifeln gesucht73), und in der Tat gibts heute bukas „Holunder oder -holz" nicht. Aber Ruhigs Wörterbuch ist eine hervorragende Leistung, von den Kennern des Altlitauischen hoch geschätzt 74 ), der man nicht ohne weiteres eine Erfindung oder grobe Entstellung zutrauen darf. Daher wird bukas ,Holunder' mit Recht von J. B a l c i k o n i s in sein umfassendes Lietuviu Kalbos fodynas aufgenommen (1, 1941, 930). Wieder müssen wir sagen: Stellen wir slav. 6T>ZT> zum Buchennamen, so erhalten wir einen durch Parallelen zu stützenden Zusammenhang, andernfalls bleibt das slav. W o r t ohne Anknüpfung, und der Anklang an den Namen der Buche ist zufällig.

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Der Sprachforscher kann keine mathematischen Beweise liefern, er kann den, der sich nicht überzeugen lassen will, nicht zwingen. Alle seine Beweise sind Wahrscheinlichkeitsbeweise. Wer sich auf den Zufall beruft, ist nicht zu widerlegen. Aber „Ordnung zu schaffen widerstrebt der Natur des Zufalls" 76). Daß sich die Tatsachen so zu einer sinnvollen Ordnung zusammenschließen, darin allein liegt das Kriterium für die Richtigkeit der Deutung. Weitere Anknüpfungen für den Buchennamen sind nicht möglich, insbesondere läßt er sich nicht auf eine Verbalwurzel zurückführen. Die indischen Grammatiker und ihnen folgend Franz B o p p , Wilhelm von H u m b o l d t und Jacob G r i m m haben, wo es überhaupt anging, die Nomina auf Verba zurückgeführt, oder wo diese nicht vorhanden waren, Verba rekonstruiert. Die spätere Forschung hat das grundsätzlich (wenn auch nicht immer in der Praxis) aufgegeben, sind doch gerade wesentliche Teile des allerältesten Wortbestandes isolierte Nomina: Verwandtschaftsnamen, Körperteilbezeichnungen, Tiernamen. Daß diese zum allerältesten Wortbestand gehören, zeigen sie dadurch, daß sie entweder sogenannte Wurzelnomina sind, d. h. daß an die Wurzel, die letzte nicht weiter analysierbare Einheit, unmittelbar die Kasusendungen treten oder daß die Bildungsweise singulär ist. Beides ist bei bhägos nicht der Fall. Vielmehr gehören die o-Stämme, die Stämme der lat. II. Deklination, zur genetisch jüngsten Schicht unseres Wortschatzes. Tatsächlich hat man deshalb auch bhägos für ein Lehnwort aus einer unbekannten Sprache erklärt; das ist unmöglich wegen der Ablautsformen in bäuchen, kurd. büz und slav. b'hZb, die wir besprochen haben. Aber wie vertragen sich überhaupt diese Ablautsformen mit einem o-Stamm ? Innerhalb eines o-Stammes gibts keinen Akzentwechsel und infolgedessen keinen Ablaut. Wo wir bei solchen Stämmen Ablaut haben, wie etwa in dt. Wort gegen lat. verbum, handelt es sich um nebeneinanderstehende Bildungen aus einer Verbalwurzel.

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Die aber gibts bei der Buche nicht. Wird nun dadurch alles hinfällig, was wir über die Ablautsformen gesagt haben? In diese Schwierigkeit bringen entscheidende Hilfe die german. Sprachen. Buche ist zwar ein ä- Stamm im Gotischen und Althochdeutschen, aber ein Wurzelnomen im Altnordischen und Angelsächsischen. Und daß einst auch im Althochdeutschen das Wort als Wurzelnomen existierte, zeigt der im 8. und 9. Ih. überwiegende fem. Plural buoh im Sinne von Buch, besonders für die Hl. Schrift. Das Neutrum von Buch ist erst sekundär 76 ). Das Auftreten des Wurzelnomens im Althochdeutschen ist besonders wichtig, da dieser Typus in dieser Sprache am stärksten zurückgegangen ist. Es kann kein Zweifel bestehen: ahd. buoh ist identisch mit altenglisch bec und altnord. bohr ,Bücher' und erweist das gotische bokos als jünger wie auch den ä-Stamm in got. boka und althochdeutsch buohha als sekundär. Das Buch heißt nach dem Material, woraus es gefertigt oder worauf geschrieben wird, genau so wie lat. Uber ,Bast und Buch' oder wie griech. biblos ,Bast der Papyrusstaude und Buch'. So werden wir dem Wurzelnomen *böks die Bedeutung „Buche" und „Buchentafel oder -stab" zusprechen müssen, sowie Esche auch den Speer aus Eschenholz, die Linde auch den Schild, die Eibe auch den Bogen bedeutet hat 77 ). Dieses so erwiesene urgerm. Wurzelnomen78) ist unmöglich als Neuerung zu begreifen; man mag sich drehen und wenden, wie man will, es muß älter und ursprünglicher sein als der griechische und lateinische o-Stamm. Wie gesagt, o-Stämme gehören zu der genetisch jüngsten Schicht, nehmen überall in der Sprache zu. Da yhegos und fägus als Neubildungen zu begreifen sind, germ. *böks aber nicht, kann man nur von diesem ausgehen. Nun verstehen wir mit einem Male auch den Ablaut, denn Wurzelnomina hatten Akzentwechsel und damit Ablaut. Der Name der Buche lautet idg. also bha(u)gs, Akk. bhä(u)gm, Plur. bhä(u)ges, aber Gen. bhügos oder bhaugos u n d

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gehört wie viele Tiernamen usw. zum altertümlichsten Teil unseres Vokabelschatzes. Eine letzte Schwierigkeit ist noch zu erörtern: wenn wir einen Baumnamen haben, der im Griechischen, Lateinischen, Keltischen, Slavischen und Kurdischen bezeugt ist, ist er damit schon indogermanisch ? Die ältere Indogermanistik nahm eine Zeit lang an, daß die Indogermanische Ursprache sich in zwei Zweige, einen europäischen und einen asiatischen, gespalten habe, und daß nur das mit Sicherheit als indogermanisch angesehen werden könne, was beiden Zweigen angehöre. Diese Auffassung hat sich als unhaltbar herausgestellt. Es sind vielmehr, wie besonders Specht nachgewiesen hat 79 ), die Vorfahren der Hethiter, der Armenier und der Griechen besonders früh aus der gemeinsamen Heimat ausgewandert. Da der Wortschatz des Hethitischen und Armenischen im weiten Maße überfremdet ist, besitzt das Griechische eine Schlüsselstellung bei der Rekonstruktion des Indogermanischen. Ich halte es danach für erwiesen, daß die Indogermanen die Buche kannten und innerhalb der Buchengrenze wohnten. Selbstverständlich ist das Buchenargument nicht das einzige, das für die europäische Heimat der Indogermanen spricht 80 ), und selbstverständlich hat man auch Gegenargumente beigebracht (die aber meiner Meinung nach entweder nicht zutreffen oder aber nicht das beweisen, was sie beweisen sollen). Ich kann in diesem Vortrag nicht darauf eingehen, sondern möchte zum Schluß nur noch zweierlei betonen: einmal, daß bei dem heutigen Stand der Wissenschaft der Sprachforscher grundsätzlich die Frage der sogenannten ,indogermanischen Urheimat' mit sprachwissenschaftlichen Mitteln zu lösen versuchen sollte. Da die Prähistoriker zu keiner Einigung über die Zuordnung der neolithischen Kulturkreise an die Sprachstämme gelangt sind, ist diese Beschränkung notwendig. Zum andern, wenn die Sprachforscher von der indogermanischen Urheimat reden, so meinen sie damit die Wohnsitze der Indo-

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germanen in der letzten Zeit vor der Abwanderung der uns bekannten indogermanischen Stämme, also im 3. Jahrtausend v. Chr. Die Sprachwissenschaft kann nichts darüber aussagen, ob die Vorfahren der Indogermanen stets in Europa gewohnt haben oder ob sie in früheren Perioden aus Asien eingewandert sind81).

ANMERKUNGEN 1

) Besonders betont von Wilhelm T h o m s e n , Geschichte der Sprachwissenschaft bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Ubersetzt von Hans Pollak. Halle 1927, S. 43f. 2 ) Thomsen a.a.O. 44. 3 ) Der genaue Titel von Bopps epochemachendem Werk lautet: Franz Bopp über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen lateinischen persischen und germanischen Sprache. Nebst Episoden des Ramajan Mahabharat in genauen metrischen Übersetzungen aus dem Originaltexte und einigen Abschnitten aus den Veda's. Herausgegeben und mit Vorerinnerungen begleitet von Dr. K. J. Windischmann. Frankfurt am Main, in der Andreäischen Buchhandlung 1816 (XXXXVI, 312 S.). 4 ) Als erster scheint ein Florentiner Kaufmann Philippo S a s s e t t i im 16. Jahrhundert die Ähnlichkeit des Sanskrit mit dem Italienischen bemerkt zu haben (Th. Benfey, Geschichte der Sprachwissenschaft. München 1869, 222), es folgt in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. ein deutscher Missionar Benjamin S c h u l t z e (Benfey 336) und 1786 die Rede des bedeutenden William J o n e s , Oberrichters von Fort William in Bengalen, in den Asiatick Researches Vol. I, 422 mit den oft zitierten Sätzen, die Bopps Ergebnisse vorwegnehmen: „The Sanscrit language whatever may be its antiquity, is of a wonderful structure; more perfect than the Greek, more copious than the Latin, and more exquisitely refined than either; yet bearing to both of them a stronger affinity, both in the roots of verbs and in the forms of grammar, than could have been produced by accident; so strong that no philologer could examine all the three without believing them to have sprung from some common source which, perhaps, no longer exists. There is a similar reason, though not quite so forcible, for supposing that both the Gothic and Celtic, though blended with a different idiom, had the same origin with the Sanscrit." Nennen möchte ich danach noch P a u l i n u s a S. B a r t h o l o m a e o [ = Joh. Phil. Wesdin], De antiquitate et affinitate linguae Zendicae, Samscrdamicae et Germanicae. Patavii 1798 und den Satz zitieren (p. LVI): „Is [sc. Mannus] ipse est qui condidit Indicum imperium, Noah nempe, Persicae Indicae et Germanicae gentis caput et origo. Quae quidem

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vetustissima traditio . . . j a m ostendit Indos Persas et Germanos ex Oriente descendere et illic etiam Linguae Germanicae incunabula statuenda esse." 5 ) Vgl. den Brief a n Windischmann vom 24. 8. 1815 (Lefmann, Franz Bopp 1, 1891, 27*): „ I c h zeigte den Ursprung u n d die Bedeutung aller grammatischen Formen dieser Sprachen . . . E s ist auch in all den erwähnten Sprachen keine Form zu finden, die sich nicht aus dem Sanskrit vollständig erklären ließe" oder Conjugationssystem S. 137 „bei meinem Streben, den Grund und Ursprung derjenigen Sprachen zu erklären, die mit dem Sanskrit in engster Verwandtschaft stehen." ®) Vocalismus oder sprachvergleichende Kritiken über J . Grimm's deutsche G r a m m a t i k u n d Graff's althochdeutschen Sprachschatz mit Begründung einer neuen Theorie des A b l a u t s 1836, 83 [ = J a h r b ü c h e r f ü r wissenschaftliche Kritik 1827, 725f.] „doch k a n n ich . . . n u r in das Wichtigere eingehen, obwohl das Wichtigere nur f ü r denjenigen wichtig sein k a n n , der Kenntnis in der Sache besitzt u n d ein Interesse a n einer A r t von vergleichender Sprach-Anatomie findet, wie sie dem erst aufblühenden . . . historischen Sprachstudium zum Bedürfnis geworden i s t . " — Vergleichende G r a m m a t i k des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Litthauischen, Gothischen u n d Deutschen. 1, 1833, V I „ w e n n es früher eine streng systematische Sprachvergleichung und Sprach-Anatomie gegeben h ä t t e " — ebd. S. 133 „Die indischen Grammatiker gelangten aber zu ihren Grundformen nicht auf dem Wege selbstständiger Forschung, gleichsam durch eine anatomische Zerlegung oder chemische Zersetzung des Sprachkörpers". Vgl. auch J . Grimm, Deutsche Grammatik l s , 1840, X l l f . „ M a n k ö n n t e diese Sprachforschung im gegensatz zu jener behaglich anschauenden die zergliedernde nennen, weil nicht sowol der natürlich freien bewegung aller gelenke oder dem leisen athemzug der spräche gelauscht, als vielmehr in ihren leib eingeschnitten wird, dessen knochen u n d sehnen zu ernsterer besichtigung einladen. Wie n u n die fortschritte der anatomie überhaupt von vergleichung abhängen, ist auch hier eine vergleichende sprachkunde entsprungen". (Ich verdanke dieses Zitat Fräulein G. G i n s c h e l , Mitarbeiterin a m Historischen Wörterbuch der sprachwissenschaftlichen Terminologie). ' ) Vorrede zur Vergleichenden Grammatik 1, 1833, I I I . 8 ) Vergleichende G r a m m a t i k 2 2 ,1859,415, wo er sich mit seinen Kritikern auseinandersetzt, die sich darüber wunderten, „ d a ß die urweltlichen Menschen s t a t t zu sagen ,ich sah' gesagt haben sollten ,ich sehe nicht'. Wir wissen heute, d a ß das Augment nichts mit der Negation zu t u n hat, aber prinzipiell trifft Bopps Argumentation zu. •) Vgl. besonders Vocalismus 1836, 3 [ = Jahrbücher f ü r wissenschaftliche Kritik 1827, 252f.] „ E i n e Grammatik in höherem, wissenschaftlichen Sinne soll eine Geschichte und Naturbeschreibung der Sprache sein; sie soll, so

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weit es möglich ist, geschichtlich den Weg ausmitteln, wodurch sie zu ihrer Höhe emporgestiegen oder zu ihrer Dürftigkeit herabgesunken ist; besonders aber naturhistorisch die Gesetze verfolgen, nach welchen ihre Entwicklung oder Zerrüttung oder die Wiedergeburt aus früherer Zerstörung vor sich gegangen". Die „Liebhaberei für naturwissenschaftliche Ausdrucksweise" hebt besonders B. D e l b r ü c k , Einleitung in das Studium der indogermanischen Sprachen 1919, 72f. hervor, wo weitere Belege. 10 ) Vergleichende Grammatik 4. Abth. 1842, 785 „Die Spaltung zwischen Augment und a priv. mag . . . erst in einer Zeit eingetreten sein, wo das Augment sich seiner verneinenden Kraft nicht mehr bewußt war". Ähnlich öfter. u ) Vocalismus 1836, 1 [ = Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 1827, 251f.] „Die Sprachen sind nämlich als organische Naturkörper anzusehen, die nach bestimmten Gesetzen sich bilden, ein inneres Lebensprinzip in sich tragend sich entwickeln, und nach und nach absterben, indem sie, sich selber nicht mehr begreifend, die ursprünglich bedeutsamen, aber nach und nach zu einer mehr äußerlichen Masse gewordenen Glieder oder Formen ablegen, oder verstümmeln, oder mißbrauchen, d. h. zu Zwecken verwenden, wozu sie ihrem Ursprünge nach nicht geeignet waren". — Vocalismus 58 [ = Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 288] „wir gestehen, daß wir nicht wohl begreifen können, daß . . . nach Ausstoßung des i der Geist der Sprache sich noch hätte bewußt sein können, daß das e von prennita ein durch das folgende i getrübtes a gewesen sei, weshalb nunmehr das a wieder an seine Stelle hätte treten können". — Vergleichende Grammatik 4. Abth. 1842, 751: „Man könnte dann sagen, die Sprache entledige sich im Aorist nur aus dem Grunde des Guna und sonstiger Klassen-Eigenthümlichkeit, weil sie in dem Drange der zu berichtenden Begebenheiten keine Zeit habe, sie auszusprechen." 13 ) Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, hist.-philKl. 1824, S. 118 = S. 2 des Sonderdrucks; ähnlich Vergl. Grammatik l s , 1857, 298. 14 ) Vgl. zum Folgenden Gustav M e y e r , Von wem stammt die Bezeichnung Indogermanen ? Indogermanische Forschungen 2, 1890, 125—130; Leo Meyer, Über den Ursprung der Namen Indogermanen, Semiten und Ugrofinnen. Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Phil.-hist. Klasse 1901,448—459; F. N o r m a n , ,Indo-European' and ,Indo-Germanic'. The Modern Language Review 24, 1929, 313—321 und besonders H. S i e g e r t , Zur Geschichte der Begriffe ,Arier* und ,arisch'. Wörter und Sachen N. F. 4, 1941—42, 73—99. " ) Quarterly Review 10, 255 (mit nicht zugänglich, ich zitiere nach Normana. a. 0.317) „Another ancient and extensive class of language united by a greater number of resemblances than can well be altogether accidental,

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may be.denominated the Indo-European, comprehending the Indian, the West-Asiatic, and almost all the European languages". " ) Norman a.a.O. 317f. 17 ) Göttinger Gelehrte Anzeigen 1832, 259 = Kleine Schriften 5, 123. 18 ) Über die celtischen Sprachen vom Gesichtspunkte der vergleichenden Sprachforschung (gelesen am 13. 12. 1838). Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften, hist.-phil. Klasse 1838, 271. " ) Nach Norman a. a. 0. 316 begegnet „la famille des langues indo-européennes" zuerst bei A. P i c t e t , Lettres à M. A. W. Schlegel sur l'affinité des langues celtiques avec le Sanscrit in Journal asiatique, 3me série, 1836, II, 264 und öfter; einmal dort auch indo-germanique (I 432). Zur gleichen Zeit gebraucht aber auch E i c h hoff indo-européen, s. Anm. 26. 20

) Doch sind Potts Etymologische Forschungen nicht, wie oft behauptet wird, das erste Buch, das im Titel die Bezeichnung indogermanisch trägt: Moritz D r e c h s l e r , Grundlegung zur wissenschaftlichen Konstruktion des gesamten Wörter- und Formenschatzes, zunächst der Semitischen, versuchsweise und in Grundzügen auch der Indo-Germanischen Sprachen, erschien Erlangen 1830 (darin S. 191 „Wir gehen nun an den Versuch, die aufgestellten Grundsätze auch auf den sogenannten Indo-Germanischen Sprachstamm . . . anzuwenden"). !1

) Über die Verwandtschaft der malayisch-polynesischen Sprachen mit den indisch-europäischen. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 10. August und Über die Übereinstimmung der Pronomina des malayischpolynesischen und indisch-europäischen Sprachstamms. Gelesen am 10. December 1840 = Philologische und historische Abhandlungen 1840, 171—332 sowie Die Kaukasischen Glieder des Indoeuropäischen Sprachstamms. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 11. December 1842. Berlin 1847 (in den Philologischen und historischen Abhandlungen aus dem Jahre 1846. Berlin 1848 aber unter dem Titel „Uber das Georgische in sprachverwandtschaftlicher Beziehung"). 22 ) Der Druckfehler Indo-Germanien ist auf S. XV verbessert. ss ) Julius v. Klaproth, Archiv für asiatische Litteratur, Geschichte und Sprachkunde 1. St. Petersburg 1810, S. 81 „das Volk der Aghuanen wäre so, in der großen Indisch-Medisch-Sclavisch-Germanischen Völkerkette, die vom Ganges bis zu den Britannischen Inseln reicht, als ein Glied anzusehen, das an seinem rechten Platze in derselben steht". M

) Dagegen definiert Fr. S c h m i t t h e n n e r in seiner Ursprachlehre. Entwurf zu einem System der Grammatik mit bes. Rücksicht auf die Sprachen des indisch-teutschen Stammes: das Sanskrit, das Persische, die pelasgischen, slavischen und teutschen Sprachen. Frankfurt am Main 1826 auf S. 37 „Den Sprachstamm, dem sie angehören, nennen wir, mit den Ex-

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tremen das mitten liegende befassend, den indisch-teutschen, übrigens ohne alles Präjudiz für eine passendere Benennung". *•) Gesammelte Schriften hrsg. von der Preuß. Akademie der Wissenschaften VI, 1, 18. Klaproth8 Asia polyglotta wird ebd. S. 9 Anm. ** beifällig zitiert. *•) F. G. E i c h h o f f , Parallèle des langues de l'Europe et de l'Inde. Paris 1836, 10 „Le groupe de peuples qui occupe la région sud-ouest, d ' o ù il s'est répandu sur presque toute l'Europe, est celui qu'on a nommé successivement Indo-Persan, Indo-Germanique ou Indo-Européen, à mesure que la comparaison des langues a prouvé plus clairement son immense extension. En effet cette population innombrable, échelonnée de la mer des Indes à 1' Atlantique et de l'île de Ceylan à l'Islande, ne forme qu'un seul et même système, qu'une même tribu ethnographique, qui paraît avoir eu pour berceau la riante vallée de Cachemire, d'où elle aurait peuplé, dès les temps les plus reculés, d'un côté le vaste désert de l'Europe, de l'autre une partie de l'Asie." Übrigens zitiert Eichhoff Klaproth (485 Anm.), und beide waren Mitglieder der Société asiatique. *') Die Belege bei Siegert, Wörter und Sachen N. F. 4, 83 f. a8 ) Asia polyglotta 43 f. 8 *) Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, Zweite Section 18, 1. »0) S. Georg v. d. Gabelentz bei Ersch und Gruber, 2. Section 36, 1884, 359. 31 ) Z. B. Tableaux historiques de l'Asie. Paris 1826, 2 „on est donc fondé à croire que l'ancienne population de la Perse a été à la fois sémitique et indo-germanique ou japhétique". Vgl. auch Anm. 42. •2) Miscellanea Berolinensia ad incrementum scientiarum, ex scriptis Societati Regiae Scientiarum adhibitis edita. Berolini 1710, 1—16. ss ) a. a. 0 . 4 „Hebrseam velut dialectum quandam majoris lingu» constituêre, eamque in paucis reliquiis conservatam satis apparet: nec mirum hoc est, cum exiguam SyrisB partem occupant". M ) a. a. 0. 5 „ Quicquid Unguis septentrionalibus commune est, Japelicum appellare possis, soleo & Celto-Scythicum vocare". «) Strabo 1, 33; 11, 507. Plutarch Marius 11. Nach Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde 2, 1906, 169 ff. schöpfen beide aus Posidonius, der den Namen nach Analogie von Keltoligyes und Keltibëres gebildet habe. „Posidonius dachte sich ein grenzgebiet im nördlichen Europa, wo Kelten und Scythen zusammentrafen und sich mengten". *•) a. a. O. 4 „Quod si Septentrionales ad Japhelum referas, méridionales fratrum Semi, Chamique non inepte tribuentur. Japetum ejusque filium Promethea hominum fabricatorem etiam mythologi ad Caucasum collocarunt, Aramsei (vel Arimi) pro Syris jam Homero innotuêre". Daß

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übrigens Japhet u n d Iapetos letzlich identisch sind, ist a u c h moderner Forschung d u r c h a u s wahrscheinlich, so E d u a r d M e y e r , Geschichte des A l t e r t u m s 1, 2 5 , 1926, 728; 2, l 2 , 1928, 182f. " ) 3f. „repetitse corruptiones corruptionum omnia t a n d e m originis linea m e n t a c o n f u n d u n t . I t a q u e non miror si interiorem Africse & o m n i u m Americse linguarum cognatio cum nostris agnosci non potest". JB ) Die auf die A n r e g u n g von Leibniz im A u f t r a g e K a t a r i n a der I I . von P a l l a s herausgegebenen L i n g u a r u m totius Orbis vocabularia c o m p a r a t i v a e n t h a l t e n in der ersten Auflage 1786 X X f. nach Thomsen 39 Wortlisten f ü r 200 Sprachen, in der zweiten Auflage 1791 füi 272 Sprachen, Lorenzo H e r v a s behandelt in seinem Catalogo de las lenguas de las naciones 1800 bis 1804 ungefähr 300 u n d J o h . Chr. A d e l u n g in seinem Mithridates oder allgemeine S p r a c h e n k u n d e 1806 ff. „ b e y n a h e f ü n f h u n d e r t Sprachen und Mundarten". *•) Über die Sprache u n d Weisheit der Indier 1808, 65 = Sämmtliche Werke. Zweite Original-Ausgabe 8, 1846, 309. ,0 ) D i e Geschichte der B e m ü h u n g e n u m die indogermanische U r h e i m a t schrieb O t t o S c h r ä d e r , Sprachvergleichung u n d Urgeschichte 1907, 8—21, 85-129. " ) S. A n m . 4. " ) N o u v e a u J o u r n a l Asiatique 5, 112, 1, „II est digne de r é m a r q u e r q u e le bouleau s'appelle en sanscrit bhourtchtcha, et que ce mot dérive de la m ê m e racine que l'allemand birke, l'anglais birch et le russe bereza, t a n d i s q u e les n o m s des a u t r e s arbres de l ' I n d e ne se r e t r o u v e n t pas d a n s les langues indogermaniques de l ' E u r o p e . La raison en est, vraisemblablement, q u e les nations indo-germaniques venaient du nord, q u a n d elles entrèrent dans l'Inde, où elles a p p o r t è r e n t la langue qui a servi de base a u sanscrit et q u i a repoussé au sud de la presqu'île les idiomes de la même origine q u e le m a l a b a r et le télinga, que ces nations, dis-je, ne t r o u v è r e n t pas dans leur nouvelle patrie les arbres qu'elles avaient connu dans l'ancienne, à l'exception du bouleau, qui croît sur le versant méridional du H i m â l a y a . " u ) Die Bücher von L a t h a m sind mir nicht zugänglich; ich zitiere nach Schräder a.a.O. 91. **) In der Vorrede zu dem Erstlingswerk seines Schülers August F i c k , W ö r t e r b u c h der Indogermanischen G r u n d s p r a c h e in ihrem B e s t ä n d e vor der Völkertrennung. Göttingen 1868, I X . 4S ) Zur Entwicklungsgeschichte der Menschheit. S t u t t g a r t 1871. Der Aufsatz ,Über den Ursitz der I n d o g e r m a n e n ' ist nach der Vorrede 1869—70 geschrieben. " ) Ich meine E d e l t r a u t P a ß l e r , Die Buchenfrage. I n : Frühgeschichte u n d Sprachwissenschaft, hrsg. v. W. Brandenstein. Wien 1948, 155 ff. — Unzureichend A n t o n S c h e r e r im Archiv f ü r Kulturgeschichte 33, 1950, 7.

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Der Name der Buche

') Vgl. Karl B e r t s c h , Lehrbuch der Pollenanalyse. Stuttgart 1942. " ) Firbas 229. " ) F. S o m m e r , Hethiter und Hethitisch. Stuttgart 1947, 3—10. 80 ) H. P e d e r s e n in Bezzenbergers Beiträgen 19, 1893, 294; Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 38, 1905, 228; A. M e i l l e t , Mémoires de la société de linguistique de Paris 13, 1905—06, 211. 4

s l ) J . P o k o r n y , Indogermanisches etymologisches Wörterbuch. Bern 1951, 107. " ) Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 66, 1939, 55 ff. M ) Althochdeutsche Glossen, hrsg. v. E. Steinmeyer 1, 1879, 612, 57 Ilex. vereheih (10. J h . und später; es folgen die Glossierungen von Quercus und Esculus); 2, 1882, 701, 38 Aesculus • utrheih (12. Jh.). M ) Vgl. die volksetymologische Umdeutung im Slavischen zu Peruwb nach pera ,ich schlage' (Wilhelm Schulze). Dagegen sehen Fr. Cornel i u s , Indogerman. Religionsgeschichte 1942, 271 und W. H ä v e r s , Neuere Literatur zum Sprachtabu. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien. Phil.-hist. Kl. 223, 5, 1946, 108 in Perun .Namensverstümmelung aus religiöser Scheu'. Beide Erklärungen schließen sich nicht aus. " ) H ä v e r s a.a.O. 180f. stimmt Specht zu und verweist auf die Bauernregel, „Vor den Eichen sollst du weichen, doch die Buchen sollst du suchen".

*«) Indogermanische Forschungen 9, 1898, 271 f.; 31, 1912—13, 36 fAnm. ; Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der WissenschaftenPhilos.-hist. Kl. 1918, 1. Abhandlung. " ) S c h r ä d e r hat keineswegs, wie E. Paßler a.a.O. 159 behauptet, nachgewiesen, daß kurd. büz auf älteres wüz zurückgeht, sondern daß es lautlich darauf zurückgehen kann, was Bartholomae nicht bestritten hatte. Unmöglich aber läßt sich büz auf uigos zurückführen, wie es E. Paßler — aber nicht Schräder! — tut. " ) Das folgt daraus, daß *bücäre auf das französische und frankoprovenzalische Gebiet beschränkt ist, s. H. K u e n in Philologisch-philosophische Studien. Festschrift für E. Wechssler. Jena 1929, 339; ferner W. v. W a r t burg, Französisches etymologisches Wörterbuch 1, 1928, 603 ff. ; W. MeyerL ü b k e , Romanisches etymologisches Wörterbuch 3, 1935, Nr. 1379; E. G a m i l l s c h e g , Romania Germanica 1, 1934, 206. Verbreiteter ist die urspr. galloromanische Ableitung *bücüta. " ) Kluge-Götze, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache11 Berlin 1951, 58. •°) K. M ü h l e n b a c h , Lettisch-deutsches Wörterbuch 1, 1923—25, 358; M. V a s m e r , Russisches etymologisches Wörterbuch 1951, 156. " ) E. Paßler a.a.O. 160. 3*

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W I L H E L M WISSMANN

•*) Das von A . W a l d e , Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen 2, 1927, 145 und J . P o k o r n y , Indogermanisches etymologisches Wörterbuch 1951, 152 angegebene avestische büjim Akk. .Reinigung' bedeutet nach Chr. B a r t h o l o m a e , Altiranisches Wörterbuch 1904, 967 tatsächlich .Busse' (daneben unsicher .Lösung, Rettung'). " ) Nd. böken bezeugt das Rheinische Wörterbuch 1, 1928, 526, sowie H.-Fr. R o s e n f e l d aus den Materialien des Pommerschen Wörterbuchs; er verweist mich auch auf H. B e r g h a u s , Sprachschatz der Sasßen 1, 1880, 269: Buk-, Böklooge .Büchenaschlauge'; gehen auch dän. bage (neben byge) Ordbog over det danske Sprog 3, 166, schwed. („fordom") böka (jetzt byka) Axel K o c k , Svensk Ljudhistoria 2, 1909—11, 36; Ordbok öfver Svenska spräket B. 1925, 4658; norw. baykja A. T o r p , Nynorsk etymologisk Ordbok 1919, 54 auf diese nd. Nebenform zurück, oder bezeugen sie gar eine alte, einheimische Ablautsform *baukjan f Axel Kocks „Obwohl das Nnorw. baykja (auch bakja) hat, ist das Wort wohl doch ein Lehnwort" klingt nicht sehr überzeugt. — Vgl. auch das Bremische Wörterbuch 1, 1767, 157 „büken. Von book Buchen, weil von der Buchenasche eine sehr gute und ehemahls fast allgemeine Lauge gemacht wird." M

) So Ernst O c h s , Ba disches Wörterbuch 1,1925—40, 127; Rheinisches Wörterbuch 1, 1928, 526f.; Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch 1, 1924, 423; Fr. W o e s t e , Wörterbuch der westfälischen Mundart 1882, 43; Herrn. B ö n i n g , Plattdt. Wb. für das Oldenburger Land 1941, 16; Bremischniedersächsisches Wb. 1,1767, 157; Georg S c h a m b a c h , Wb. dernd. Mundart der Fürstenthümer Göttingen und Grubenhagen 1858, 35; Ed. D a m k ö h l e r , Nordharzer Wb. 1927, 27; Ed. K ü c k , Lüneburger Wb. 1, 1942, 254; Otto M e n s i n g , Schleswig-Holsteinisches Wb. 1, 1927, 621 f.; R. W o s s i d l o u. H. T e u c h e r t , Mecklenburgisches Wb. 2, 1943, 108f.; W. Z i e s e m e r , Preußisches Wb. 1, 1939, 862. Ferner gibt M. B a r t e l s für Utzdorf, Krs. Niederbarnim an, daß die vom Weber gelieferte Leinewand mit Kalk und Holzasche, womöglich mit Asche von Buchenholz, zusammengekocht wurde. „Von dieser büchenen Asche ist wahrscheinlich das Wort .büken' abgeleitet." (Zeitschrift des Vereins f. Volkskunde 12, 1920, 318). Auch im Material des Brandenburgischen und Pommerschen Wörterbuchs findet sich der Hinweis, daß die Lauge aus Buchenasche hergestellt wird. (Nach freundlicher Mitteilung von A. B r e t t s c h n e i d e r und H.-F. R o s e n f e l d . ) ••) Joh. L e u n i s , Synopsis der Pflanzenkunde 2S, 1885, 509. — Die Behauptung von E. Paßler a. a. O. 160, daß „es durchaus nicht erwiesen ist, daß man gerade die Buche [zur Herstellung der Lauge] bevorzugt h a t " , t r i f f t also nicht zu. ••) Ähnliche Beschreibungen im Rheinischen, im SiebenbürgisehSächsischen Wb. und bei Mensing. •') Rheinisches Wb. 1, 527.

Der Name der Buche

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•«) Vgl. E. H e l l q u i s t , Svensk etymologisk ordbok s 88; E. Paßler a.a.O. 156, deren Erklärung von baukur aus apolheca allerdings phantastisch ist. ••) E. B e r n e k e r , Slawisches etymologisches Wb. 1, 1908—13, 111; Stefan M a k o w i e c k i , Slownik botaniczny lacinsko-maioruski. Kraköw 1936, 364. 70 ) Danach trat die zweite Reduktion ein entweder, wenn der Akzent auf die vorhergehende Silbe zurückwich oder auf die zweitfolgende vorrückte, s. W a c k e r n a g e l , Altindische Grammatik 1, 1896, 95 ff.; Joh. S c h m i d t , Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 26, 1883, 382f. 71 ) Lieferung 2, 1950, 138 „Schwerlich mit Recht wehrt sich S o b o l e v s k i j gegen diese Kombinationen." 7S ) S. Margarete R e e t z , Die Synonymik des Wortes .Holunder' in den deutschen Mundarten. Phil. Diss. Marburg 1948 (maschinenschriftlich), 86 ff. '*) Leise schon bei G. H. F. N e s s e l m a n n , Wörterbuch der littauischen Sprache 1851, 336, kräftig von E. Paßler, die a.a.O. 157 schreibt: „Man sieht deutlich, daß diese beiden alten Wörterbücher Sammelwerke auch von halbverstandenen Fremdnamen sind oder überhaupt Irrtümer enthalten, wie sie gerade bei Ubersetzungen von Pflanzennamen so leicht möglich sind. Solche Werke können daher nicht allzuviel Glaubwürdigkeit beanspruchen." Und das, obwohl sie keines der Wörterbücher gesehen hat, da sie sie nach Brückner zitiert, den sie außerdem noch mißversteht. 71 ) Ich nenne vor allem Wilhelm S c h u l z e . Für S p e c h t ergibt es sich aus der Art, wie er Ruhig besonders in seinem Aufsatz über die Verbalklasse auf -e. Zeitschrift für vergleichende Sprachwissenschaft 62, 1935, benutzt. Viktor F a l k e n h a h n versicherte mir, daß er keinen Anlaß gefunden habe, Ruhigs Angaben zu bezweifeln. 7t ) Wilhelm S c h u l z e , Zur Geschichte lateinischer Eigennamen 1904,421. '•) Das übliche Verfahren, zweideutige Formen dem Neutrum zuzusprechen, ist nicht zu billigen. " ) S. J . H o o p s , im Reallexikon der german. Altertumskunde 1, 1911 bis 13, 339. " ) Ist aus diesem böks das slav. buhl, entlehnt und im Slavischen zum Maskulinum umgestaltet (Vasmer, Russ. etym. Wb. 139)? Jedenfalls schwebt die Annahme eines germ. Mask. *bökaz .Buche' völlig in der Luft. 79 ) Deutsche Literaturzeitung 1932, 542 ff.; Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 62, 1935, 29 ff.; 66, 1939, l f f . sowie zusammenfassend, berichtigend, weiterführend in „Die Ausbreitung der Indogermanen" Vorträge und Schriften Heft 20, 1943. (Danach ist die sprachliche Stellung der Arier besonders kompliziert; sie scheint mir erneuter Prüfung bedürftig.) 80 ) Wenigstens auf zwei möchte ich noch hinweisen: 1. auf den Namen des Lachses, der germanisch und baltoslavisch ist, aber auch im Tocharischen

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WILHELM WISSMANN : D e r N a m e der

Buche

als Bezeichnung des Fisches im Allgemeinen vorkommt, und auf den jetzt Paul T H I e m e , Zeitschrift f. vergleichende Sprachforschung 69, 1951 209 ff. aind. läksä ,Lack' zurückführt. „Das weist für den Ort der idg. Sprachgemeinschaft vor Abwanderung der Arier unzweideutig auf das Gebiet der Ostseeströme und der Elbe" (a.a.O. 215) und 2. auf Ernst L e w y s bedeutsame Schlußfolgerungen aus dem Sprachtypus der heutigen jndogerm. Sprachen. Zeitschrift f. vergleichende Sprachforschung 58, 1931, 1 ff., wonach die Sprachen zwischen Rhein und Dnjepr den indogermanischen Typus am besten bewahrt haben. 81 ) So legt sich Ernst M e y e r , Die Indogermanenfrage, Marburg 1948, 24 ff., die kulturellen und sprachlichen Beziehungen der Indogermanen zu Asien zurecht.

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