Der aktienrechtliche Verschmelzungsbeschluß: Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Geltendmachung der Rechtswidrigkeit [1 ed.] 9783428470761, 9783428070763

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Der aktienrechtliche Verschmelzungsbeschluß: Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Geltendmachung der Rechtswidrigkeit [1 ed.]
 9783428470761, 9783428070763

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft

Band 51

Der aktienrechtliche Verschmelzungsbeschluß Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Geltendmachung der Rechtswidrigkeit

Von

Thomas Möller

Duncker & Humblot · Berlin

THOMAS MÖLLER Der aktienrechtliche Verschmelzungsbeschluß

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 51

Der aktienrechtliche Verschmelzungsbeschluß Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Geltendmachung der Rechtswidrigkeit

Von

Thomas Möller

Duncker & Humblot * Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Möller, Thomas: Der aktienrechtliche Verschmelzungsbeschluss: Rechtmässigkeitsvoraussetzungen und Geltendmachung der Rechtswidrigkeit / von Thomas Möller. - Berlin: Duncker und Humblot, 1991 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 51) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07076-3 NE: GT

D 6 Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-07076-3

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde i m Sommersemester 1990 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Sie wurde betreut durch Herrn Prof. Dr. Helmut Kollhosser, dem ich hierfür auch an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte. Das Manuskript wurde i m Mai 1990 abgeschlossen.

Münster, i m Juni 1990 Thomas Möller

Inhaltsübersicht Teil 1 Überblick« Problemstellung

10

A. Die verschiedenen Verschmelzungsarten und deren Rechtsgrundlagen

19

B. Wirtschaftliche Bedeutung der aktienrechtlichen Verschmelzung sowie alternative Möglichkeiten von wirtschaftlicher Konzentration

21

C. Überblick über das Verschmelzungsverfahren

25

D. Die Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft

27

£. Die zwischen den Beteiligten auftretenden Interessenkonflikte

32

F. Überblick über Möglichkeiten der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Verschmelzung durch die Aktionäre

36

G. Zur Aktualität des Themas

37 Teil 2

D i e Anforderungen a n den Verschmelzungsbeschluß schmelz u n g s v e r f a h r e η

u n d a n das V e r -

Α. Das angemessene Umtauschverhältnis B. Ungeschriebene Voraussetzungen des Verschmelzungsbeschlusses C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

41

41 71 107

Teil S D i e G e l t e n d m a c h u n g d e r R e c h t βW i d r i g k e i t

147

A. Das Spruchstellenverfahren nach § 352 c AktG

147

B. Die Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses

153

C. Die Geltendmachung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses

203

D. Die Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses

206

Teil 4 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

209

Inhaltsverzeichnis Abküraungsverzeichnis

17

Te ü 1 Überblick, Problemstellung

10

A. Die verschiedenen Verschmelzungearten und deren Rechtsgrundlagen

19

B. Wirtschaftliche Bedeutung der aktienrechtlichen Verschmelzung sowie alternative Möglichkeiten von wirtschaftlicher Konzentration 21 I.

Wirtschaftliche Bedeutung

21

Π.

Alternative Möglichkeiten wirtschaftlicher Konzentration

22

1. Beherrschungs- und Gewinnabführ ungs vert rag sowie Eingliederung .

23

2. Vermögensübertragung gem. § 361 Akt G

24

III.

Das Verhältnis der einzelnen Formen der Konzentration zueinander

. .

C. Überblick über das Verschmelzungsverfahren

25 25

I.

Vorbereitendes Verfahren

25

II.

Beschlußfassung und Handelsregisteranmeldung

26

D. Die Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft

27

I.

Notwendigkeit und Zuläesigkeit der Kapitalerhöhung

27

II.

Verfahrensunterschiede zur „normalen" Kapitalerhöhung

28

1. „Normale" Kapitalerhöhung

28

2. Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung

29

III.

Verhältnis von Kapitalerhöhungsbeschluß und Verschmelzungsbeschluß

31

IV.

Verhältnis von Kapitalerhöhung und Verschmelzung

31

£. Die zwischen den Beteiligten auftretenden Interessenkonflikte I.

II.

III.

Interessenkonflikte bei der übertragenden Gesellschaft

32 32

1. Wirtschaftlicher Aspekt

33

2. Rechtlicher Aspekt

33

Interessenkonflikte bei der übernehmenden Gesellschaft

34

1. Wirtschaftliche Gesichtspunkte

34

2. Rechtliche Gesichtspunkte

35

Zusammenfassung

35

Inhaltsverzeichnis

10

F. Überblick über Möglichkeiten der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Verschmelzung durch die Aktionäre 36 I.

Anfechtung·- und Nichtigkeitsklage gegen den Verschmelzungsbeschluß

36

Π.

Spruchstellenverfahren gem. § 352 c AktG

36

ΠΙ.

Anfechtungen und Nichtigkeitsklage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß 37

G. Zur Aktualität des Themas

37 Teil 2

D i e A n f o r d e r u n g e n a n d e n V e r s c h m o l z ungsbeschluß u n d a n das schmelzungsverfahren

A. Das angemessene Umtauschverhältnis I.

II.

Grundlagen

41

41 41

1. Definition des Umtauschverhältnisses

41

2. Anforderungen an das Umtauschverhältnis

42

a) Gesetzliche Grundlagen

42

b) Konkretisierung

43

Kriterien der Anteilsbewertung 1. Grundsätze der Wertermittlung a) Indirekte Methode b) Bewertung nach subjektiv typisierten Maßstäben 2. Die verschiedenen Bewertungsmethoden

ΠΙ.

Ver-

45 45 46 47 48

a) Ertrags wert

48

b) Substanzwert und Kombinationsmethoden

49

c) Börsenkurs

50

d) Schlußfolgerungen

52

3. Die Ermittlung des Ertragswertes

52

a) Ertragsüberschußrechnung

52

b) Vergangenheitsergebnisse

53

c) Die Schätzung des Zukunftserfolges

54

d) Die Kapitalisierung der Erfolge

56

e) Vom Ertragswert zum Gesamtwert und Anteilswert

56

Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

57

1. Wahl der Bewertungsmethode

57

a) Meinungsstand

57

b) Stellungnahme

58

2. Bedeutung des Kapitalisierungszinsfußes

58

a) Rechtsprechungsübersicht

59

b) Stellungnahme

59

3. Die Ermittlung des Kapitalisierungszinsfußes

64

4. Der Einfluß von SynergieefFekten

65

Inhaltsverzeichnis

a) Grenzumtauschverhältnis für übernehmende Gesellschaft

IV.

66

b) Grenzumtauschverhältnis für übertragende Gesellschaft

67

c) Auswirkungen

68

5. Bewertungsstichtag

69

Zusammenfassung

70

B. Ungeschriebene Voraussetzungen des Verschmelzungsbeschlusses I.

71

Grundlagen

71

1. Frühere Ansätze

71

a) Sittengebot

71

b) Gleichbehandlungsgrundsatz

72

c) § 243 Abs. 2 AktG

73

2. Heutige Ansätze

74

a) Meinungsstand

74

aa) Die Tteuepflicht

74

bb) „Institutioneller Rechtsmißbrauch"

75

cc) Gebundenheit an das Verbandsinteresse

75

b) Stellungnahme U.

75

Sachkontrolle als Folge der Treuebindungen

77

1. Meinungsstand

79

a) Auffassung des BGH

79

aa) Entscheidungen, die einen sachlichen Grund fordern

80

bb) Entscheidungen, die eine sachliche Prüfung ablehnen . . . .

80

b) Literatur aa) Die dem BGH im Grundsatz zustimmende Literatur bb) Die die Konzeption des BGH ablehnende Literatur

ΠΙ.

81 ....

81 83

2. Kritik

84

3. Eigene Ansicht

87

a) Vorrang einer gesetzgeberischen Entscheidung

87

b) Ausgleichsregelung

87

c) Vergleich der Interessenlagen

88

aa) Obernehmende Gesellschaft

88

bb) Obertragende Gesellschaft

91

Einzelheiten der Sachkontrolle

92

1. Bestimmung des Gesellschaftsinteresses

92

a) Der Grundzweck

93

b) Der Unternehmensgegenstand

93

2. Beurteilungsmaßstäbe

97

a) Meinungsstand

98

b) Stellungnahme

98

aa) Gesellschaftsinteresse

99

Inhaltsverzeichnis

12

bb) Erforderlichkeit cc) Angemessenheit 3. Darlegungs- und Beweislastverteilung

IV.

102

b) Stellungnahme

103

Zusammenfassung

105 107

Die Vereinbarung zwischen den beteiligten Aktiengesellschaften gem. § 340 AktG

109

1. Unterschied zwischen Vertrag und Entwurf

109

a) Rechtewirkungen bis zur Beschlußfassung

110

b) Beurkundungszeitpunkt

110

2. Inhalt des Vertrages

II.

101 102

a) Streitstand

C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren I.

100

111

a) Sinn der Regelung

111

b) Inhaltliche Anforderungen

112

Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a AktG

114

1. Entstehungsgeschichte der Regelung

114

2. Anzahl der Berichte

115

a) Überblick über die Fallgestaltungen in der Praxis

115

b) Meinungsstand

115

c) Eigene Ansicht aa) Gesetzeswortlaut

116 116

bb) Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 2 AktG

117

cc) Interesse an gleichmäßiger Information

118

dd) Verantwortlichkeit 3. Inhaltliche Anforderungen an den Verschmelzungsbericht a) Analyse des Gesetzeswortlautes

118 119 119

aa) Gegenstand des Berichtes

119

bb) Erläuterung und Begründung

120

cc) Rechtliche und wirtschaftliche Sicht

120

dd) Insbesondere: Angaben über das Umtauschverhältnis . . . .

121

ee) Hinweis auf besondere Schwierigkeiten der Bewertung . . . . b) Die notwendige Informationsdichte aa) Meinungsstand

121 121 122

(1) Rechtsprechung

122

(2) Literatur

125

bb) Eigene Ansicht (1) Eingrenzung durch die dem Vorstand obliegenden Sorgfaltspflichten

127 128

(2) Eingrenzung durch die Sorgfaltspflichten eines Bewertungsgutachters

129

Inhaltsverzeichnis

HI.

(3) Einschränkung im Hinblick auf den Sinn und Zweck unter Berücksichtung der Verschmelzungsprüfung

129

(4) Einschränkung wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses der Gesellschaft

130

c) Der Verschmelzungsbericht im Verhältnis zu den anderen Informationsmöglichkeiten der Aktionäre

134

d) Folgerungen für den Inhalt des Berichtes

136

Die Verschmelzungsprüfung nach § 340 b AktG

137

1. Anzahl der Prüfungen, Kreis der Verschmelzungsprüfer

137

2. Prüfungsgegenstand

138

3. Prüfungsbericht

138

a) Vorschlag des Instituts der Wirtschaftsprüfer b) Zustimmende Ansichten

140

c) Ablehnende Ansichten

140

d) Eigene Ansicht IV.

V.

139

141

Sonstige Verfahrensvoraussetzungen

143

1. Mündliche Erläuterung

143

2. Auskunftsrecht

143

3. Handelsregistereinreichung

143

4. Auslegungspflichten

144

Zusammenfassung

144 Teil 3

D i e Geltendmachung der Recht swidrigkeit

A. Das Spruchstellenverfahren nach § 352 c AktG

147

147

I.

Kreis der Antragsbefugten

147

H.

Antragsfrist

148

III.

Die Anschlußantragstellung gem. §§ 352 c Abs. 2 Sa tz 3, 306 Abs. 3 Satz 2 AktG

149

IV.

Zuständigkeit und Verfahrensgrundsätze

150

V.

Beendigung des Verfahrens

151

VI.

1. Abschluß eines Vergleichs

151

2. Antragsrücknahme

152

Wirkungen der Entscheidung

VII. Zusammenfassung B. Die Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses

152 152 153

I.

Rechtenatur von Anfechtung und Anfechtungsklage

153

U.

Anfechtungsbefugnis

153

1. Wirkung des Anfechtungsausschlusses in § 352 c Abs. 1 Satz 1 AktG 154 2. Reichweite der Einschränkung des Anfechtungsrechtes a) Aktionäre der übertragenden Gesellschaft

154 155

Inhaltsverzeichnis

14

b) Aktionare der übernehmenden Gesellschaft

156

aa) Meinungsstand

156

bb) Stellungnahme

157

III.

Anfechtungsfrist

158

IV.

Kausalität oder Relevanz

158

1. Problemstellung und Meinungsstand

158

a) Kausalitätserfordernis

159

b) Relevanzerfordernis

159

c) Neuere Tendenzen in der Rechtsprechung

159

2. Stellungnahme

V.

VI.

161

a) Inhaltsfehler

161

b) Verfahrensfehler

161

Probleme bei der Zustellung der Klage

162

1. Meinungsstand

163

2. Stellungnahme

164

Wirkungen der Anfechtbarkeit auf das Eintragungsverfahren

165

1. Meinungsstand

166

2. Eigene Ansicht

167

VII. Anfechtungsklagen nach Eintragung der Verschmelzung

168

1. Kein Ausschluß durch § 352 AktG

169

2. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis wegen § 352 a AktG

169

a) Wirksamkeit der Verschmelzung gem. § 352 a AktG b) Die Anfechtung als Grundlage eines Schadensersatzprozesses

169 . . 171

c) Folgerungen

171

V I I I . Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses trotz Unanfechtbarkeit des Kapitale rhöhungsbeschlusses

172

IX.

173

Auskauf opponierender Aktionäre 1. Problemstellung

173

2. Der Einwand des Rechtsmißbrauchs

174

a) Grundsätzliche Möglichkeit des Rechtsmißbrauchs und maßgeblicher Ansatzpunkt

174

aa) Meinungsstand

175

bb) Stellungnahme

176

b) Voraussetzungen

178

aa) Meinungsstand

178

bb) Stellungnahme

179

cc) Konkretisierung

181

(1) Die Rechtswidrigkeit der erstrebten Leistung

181

(2) Das „Erstreben" des Vorteils

188

(3) Zusammenfassung

190

c) Nachweis des Rechtsmißbrauchs

190

Inhaltsverzeichnis

d) Die Einschaltung von Strohmännern

191

e) Zusammenfassung

192

3. Zulässigkeit des Auskaufens seitens der AG a) Meinungsstand b) Kritik

194

c) Eigene Ansicht

195

d) Zusammenfassung

198

4. Rückforderungsansprüche

198

a) Rechtliche Grundlagen

198

b) Pflicht zur Rechtsverfolgung

199

c) Ansprüche gegen den Nichtaktionär X.

193 193

200

5. Strafrechtliche Gesichtspunkte

200

Zusammenfassung

201

C. Die Geltendmachung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses

203

I.

Formelle Fehler

203

II.

Inhaltliche Fehler

203

1. § 241 Nr. 3 AktG

203

2. § 241 Nr. 4 AktG

204

III.

Geltendmachung durch Klage

205

IV.

Zusammenfassung

205

D. Die Anfechtung des Kapitalerhöhungebeschlusses I.

206

Anfechtungsgründe

206

1. Formelle Fehler

206

2. Zu niedriger Ausgabebetrag

206

3. Fehlender Sachgrund

206

Π.

Wirkungen der Anfechtungsklage

207

III.

Zusammenfassung

207 Teil 4

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

200

Literatur

213

Gesetsesmaterialien

222

Abkürzungsverzeichnis Betrieb

Der Betrieb (Zeitschrift)

ders.

derselbe

EWiR

Entscheidungssammlung zum Wirtschaftsrecht

FG

Freundesgabe

FS gem. ggfls.

Festschrift gemäß gegebenenfalls

KapErhG

Rdnr. U.E.C.

Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 23.12.1959, BGBl. I. S. 2355 (Kapitalerhöhungsgesetz) Randnummer Union Européenne des Experts Comptables Econo-

Wirtschaftstreuhänder

Der Wirtschaftstreuhänder (Zeitschrift)

WuB

Entscheidungssammlung zum WirtschaftsBankrecht Zeitschrift für Betriebswirtschaft

miques et Financiers

ZfB

und

Hinsichtlich der weiteren Abkürzungen wird verwiesen auf: Kirchner

AbkürzungsVerzeichnis der Rechtssprache 3. Aufl., Berlin, New York 1983

Duden

Rechtsschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter, 19. Aufl., Mannheim, Wien, Zürich 1986

Teil 1

Überblick, Problemstellung A . D i e verschiedenen Verschmelzungsarten u n d deren Rechtsgrundlagen Nach § 339 Abs. 1 A k t G können Aktiengesellschaften ohne Abwicklung miteinander vereinigt werden. 1 Dies kann alternativ in zwei verschiedenen Formen geschehen, die das Gesetz als „Verschmelzung durch Aufnahme" und als „Verschmelzung durch Neubildung" bezeichnet. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme gem. § 339 Abs. 1 Nr. 1 A k t G wird das Vermögen einer oder mehrerer Aktiengesellschaften (übertragende Gesellschaften) als Ganzes auf eine andere bereits bestehende Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft) übertragen. Bei der Verschmelzung durch Neubildung gem. § 339 Abs. 1 Nr. 2 A k t G 2 wird dagegen aus Anlaß der Verschmelzung eine neue Gesellschaft gegründet, auf die das Vermögen der sich vereinigenden Gesellschaften übertragen wird. Beiden Verschmelzungsarten ist gemeinsam, daß den Aktionären der übertragenden Gesellschaften von der übernehmenden bzw. neugegründeten Gesellschaft als Gegenleistung für die Übertragung Aktien gewährt werden müssen. Das gesetzgeberische Leitbild ist die Verschmelzung durch Aufnahme. Sie ist in den §§ 340 - 352 c A k t G ausführlich geregelt. M i t der Verschmelzung durch Neubildung befaßt sich dagegen nur § 353 A k t G , der im wesentlichen 3 auf die für die Verschmelzung durch Aufnahme geltenden Vorschriften verweist. Vor der Neufassung des § 339 A k t G durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz im Jahre 1983 bestand der Vorteil der Verschmelzung durch 1

Zu der - praktisch wenig relevanten - Frage, ob die gesetzliche Regelung bereits eine ausreichende Bestimmung des „Wesens*4 der Verschmelzung enthält oder ob hier nur die Tatbestandsmerkmale aufgezählt werden, vgl. Baumbach/Hueck § 339 Anm. 1 einerseits, Kraft in Kölner Kommentar § 339 Anm. 11 ff. sowie Bonke, Mängel, S. 2 andererseits. 2 Sie ist erst durch das AktG 1937 eingeführt worden, während die Verschmelzung durch Aufnahme bereits in den §§ 303 - 306 HG Β ν. 1897 geregelt war; vgl. hierzu und zu den Vorläufern im ADHGB v. 1869 Kraft in Kölner Kommentar § 339 Rdnr. 4 f., 9 f. 3 Vgl. im einzelnen § 353 AktG.

Teil 1 : Α. Verschmelzungsarten und Rechtsgrundlagen

20

Neubildung darin, daß nur hier, nicht aber bei der Verschmelzung durch Aufnahme, mehr als zwei Gesellschaften gleichzeitig verschmolzen werden konnten. 4 Nach der neuen Regelung ist auch bei der Verschmelzung durch Aufnahme eine Beteiligung von mehreren Gesellschaften möglich. Nach wie vor kann die Verschmelzung durch Neubildung jedoch dann sinnvoll sein, wenn zwischen zwei gleich starken Gesellschaften Streit darüber besteht, welche Gesellschaft durch die Verschmelzung erlöschen soll. 5 Auf der anderen Seite bringt die Verschmelzung durch Neubildung den Nachteil mit sich, daß hier das Verschmelzungsverfahren noch komplizierter ist als bei der Verschmelzung durch Aufnahme, wo schon umfangreiche Bestimmungen zu beachten sind. So kann die Verschmelzung durch Neubildung gem. § 353 Abs. 2 A k t G erst erfolgen, wenn die sich vereinigenden Gesellschaften bereits zwei Jahre i m Handelsregister eingetragen waren. Außerdem ist gem. § 353 Abs. 4 A k t G ein Teil der Gründungsvorschriften zu beachten. Verschmelzungen sind nicht nur zwischen zwei oder mehreren Aktiengesellschaften möglich. Die §§ 354 - 358 a A k t G erklären vielmehr die Vorschriften über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften auch für Fusionen zwischen anderen Unternehmensformen weitgehend für entsprechend anwendbar. Die hierbei in Frage kommenden Möglichkeiten ergeben sich aus den Uberschriften der Abschnitte zwei bis fünf des ersten Teils des vierten Buches des Aktiengesetzes. 6 Wie sich aus den Verweisungen auf § 353 A k t G in den §§ 354 Abs. 2, 355 Abs. 2, 357 Abs. 2 sowie § 358 Abs. 2 i.V.m. § 357 Abs. 2 A k t G ergibt, ist dabei - i m Gegensatz zur früheren Gesetzeslage7 - auch eine Verschmelzung durch Neubildung möglich. Den Verschmelzungsmöglichkeiten nach dem Aktiengesetz ist gemeinsam, daß immer eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien aufnehmende bzw. neugegründete Gesellschaft sein muß. Weitere Verschmelzungsmöglichkeiten eröffnet das KapErhG. 8 Neben der i n den § § 1 9 - 3 2 KapErhG geregelten Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung sehen die §§ 33 f. KapErhG eine Verschmelzung zwischen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft auf Aktien vor. 9 Der 4

Vgl. hierzu Kraft in Kölner Kommentar § 339 Rdnr. 10. Vgl. Kraft in Kölner Kommentar § 339 Rdnr. 10. 6 Die im vierten Abschnitt vorgesehene Verschmelzung von Aktiengesellschaften mit einer bergrechtlichen Gewerkschaft ist inzwischen gegenstandslos, da diese seit dem 01.01.1986 nicht mehr zulässig ist. 7 Vgl. die oben zitierten Vorschriften in der vor Änderung durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz geltenden Fassung, abgedruckt etwa bei Baumbach/Hueck §§ 354 - 358. 8 i.d.F. des Gesetzes vom 4.7.1980 („GmbH - Novelle 1980M, BGBl. I. 836, 844). 9 Die in § 35 KapErhG geregelte Möglichkeit der Verschmelzung zwischen einer berg6

Teil 1 : Β. Wirtschaftliche Bedeutung sowie alternative Möglichkeiten

21

Unterschied zu der Regelung im Aktiengesetz besteht darin, daß bei der Verschmelzung nach dem KapErhG die Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufnehmende Gesellschaft sein muß. Außerdem ist hier eine Verschmelzung durch Neubildung nicht möglich, da die §§ 33 Abs. 2, 34 Abs. 2 KapErhG nicht auf § 32 KapErhG verweisen. 10

B . Wirtschaftliche Bedeutung der aktienrechtlichen V e r s c h m e l z u n g sowie a l t e r n a t i v e M ö g l i c h k e i t e n v o n wirtschaftlicher K o n z e n t r a t i o n

I . Wirtschaftliche Bedeutung Die Zahl der Verschmelzungen zwischen Aktiengesellschaften hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Während in den Jahren 1975 bis 1980 insgesamt 15 Verschmelzungen zwischen Aktiengesellschaften mit einem Kapital von 161,8 Mio. D M stattfanden, fusionierten in den Jahren 1981 bis 1986 47 Unternehmen mit einem Kapital von 1.947,6 Mio.DM. Der bisherige Höhepunkt wurde im Jahr 1987 erreicht. Die Anzahl der Fusionen betrug hier allein 16. Dabei war ein Kapital von 1.009,lMill.DM beteiligt. 1 Auch in den nächsten Jahren wird die Verschmelzung vermutlich weiterhin große Bedeutung haben. Insbesondere im Hinblick auf die Schaffung eines einheitlichen EG -Binnenmarktes wird sich die Tendenz zur Schaffung größerer und damit leistungsfähigerer wirtschaftlicher Einheiten noch verstärken. Aus wirtschaftlicher Sicht lassen sich 3 Arten von Fusionen unterscheiden:2 1. Bei der horizontalen Verschmelzung fusionieren Unternehmen, die auf der gleichen wirtschaftlichen Ebene stehen. Ziel der Fusion ist hier in der Regel die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Es sollen allgemeine rechtlichen Gewerkschaft und einer GmbH ist inzwischen gegenstandslos, vgl. oben Fn. 6. 10 Die Gesetzeelage im KapErhG entspricht somit noch der alten Fassung des AktG. Die Vorschriften wurden - insoweit bestand kein europäischer Regelungsauftrag - nicht im Zuge des Verschmelzungsrichtliniegesetzes angepaßt. Vgl. hierzu Priester NJW 1983, 1459 (1467). 1 Quelle: Statistisches Bundesamt, schriftliche Auskunft v. 9.12.1988. 2 Vgl. zum folgenden Schmitz, Verschmelzungeprüfung, S. 36 ff.

Teil 1 : Β. Wirtschaftliche Bedeutung sowie alternative Möglichkeiten

Größenvorteile in den betrieblichen Funktionsbereichen erzielt werden. 3 Als Beispiel für horizontale Fusionen sei auf die Verschmelzungswelle in der Zuckerindustrie Norddeutschlands hingewiesen. Der weltweite Angebotsüberschuß auf dem Zuckermarkt zwang viele Unternehmen, ihre Konkurrenzfähigkeit durch Zusammenschlüsse zu verbessern. 2. Bei der vertikalen Verschmelzung fusionieren Unternehmen auf unterschiedlichen Wirtschaftsebenen. Hier geht es unter anderem darum, die Beschaffungsmöglichkeiten der Einsatzgüter zu sichern. Daneben können sich Vorteile aus einer besseren Abstimmung der Produktionsstufen ergeben. 3. Schließlich ist die konglomerate Fusion zu nennen. Hier geht es darum, durch Eindringen in andere Marktbereiche eine Risikostreuung zu bewirken. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn die an der Verschmelzung beteiligten Unternehmen in Bereichen tätig sind, die aufgrund wirtschaftlicher Strukturänderungen besonders risikoanfällig sind. 4 In allen Fällen wird auch das Bestreben der Gesellschaften eine Rolle spielen, durch die Straffung des Verwaltungsapparates in diesem Bereich Kosten zu sparen.

I I . Alternative Möglichkeiten wirtschaftlicher Konzentration Die Verschmelzung stellt die engste Form unternehmerischer Konzentration zweier oder mehrerer Aktiengesellschaften dar. 5 Durch die Verschmelzung geht die übertragende Gesellschaft 6 unter, sie erlischt ohne Abwicklung. § 346 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AktG. Ihr Vermögen geht einschließlich der Verbindlichkeiten i m Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über, § 346 Abs. 3 AktG. Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft werden kraft Gesetzes Aktionäre der aufnehmenden Gesellschaft, § 346 Abs. 4 Satz 2, 1. Halbsatz AktG.

3

Vormbaum, Finanzierung, S. 470 f.; Sigloch, Unternehmenswachstum, S. 82 ff. Als Beispiel sei hier nur auf die Stahlindustrie verwiesen. 5 Vgl. Bonke, Mängel, S. 1. 6 Im folgenden wird aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung nur von „der übertragenden Gesellschaft" gesprochen, gemeint ist auch der Fall der Beteiligung mehrerer übertragender Gesellschaften. 4

I I . Alternative Möglichkeiten

23

1. Beherrschungs- u n d Gewinnabführungenvertrag sowie Eingliederung Durch die Verschmelzung verliert die übertragende Gesellschaft ihre rechtliche Selbständigkeit. Dies ist das maßgebliche Unterscheidungskriterium 7 zwischen der Verschmelzung und dem Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages gem. § 291 A k t G oder einer Eingliederung gem. § 319 AktG. Dort verliert die Aktiengesellschaft lediglich ihre wirtschaftliche, nicht aber ihre rechtliche Selbständigkeit. Nach § 308 Abs. 1 A k t G ist das herrschende Unternehmen bei Bestehen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages berechtigt, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Dasselbe gilt gem. § 323 Abs. 1 A k t G auch für den Fall der Eingliederung. Durch die Eingliederung erhält die eingegliederte Gesellschaft im Innenverhältnis die Stellung einer Betriebsabteilung. 8 Die herrschende Gesellschaft hat die unbegrenzte Verfügungsmacht über das Vermögen der eingegliederten Gesellschaft. 9 Wie jedoch bereits die Tatsache zeigt, daß die abhängige oder eingegliederte 10 Gesellschaft einen Vorstand behält, bleibt sie rechtlich unabhängig und t r i t t nach außen im Rechtsverkehr selbständig auf. 1 1 Dies wirkt sich auch auf die Stellung der Aktionäre aus: Für die Aktionäre der abhängigen Gesellschaft ist der Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht mit einem automatischen Mitgliedschaftswechsel verbunden. Die außenstehenden Aktionäre haben vielmehr ein Wahlrecht, ob sie aus der abhängigen Gesellschaft gegen eine Abfindung, die in Geld oder in Aktien der herrschenden Gesellschaft erfolgen kann, ausscheiden wollen, § 305 AktG. Anders ist dies allerdings bei der Eingliederung. Hier gehen gem. § 320 Abs. 4 Satz 1 A k t G die Aktien der außenstehenden Aktionäre der eingegliederten Gesellschaft automatisch auf die Hauptgesellschaft über. Die außenstehenden Aktionäre werden damit - im Gegensatz zur Verschmel7 Zur näheren Abgrenzung vgl. Bonke, Mängel, S.3 ff. Die dort auf S. 6 f. behandelte „übertragende Umwandlung" von Aktiengesellschaften auf einen Aktionär, der selbst eine Aktiengesellschaft ist, ist nach der Neuregelung der §§ 1, 15 UmwG durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz v. 1.1.1983 nicht mehr möglich; vgl. auch Priester NJW 1983, 1459 (1466). 8 Baumbach/Hueck Übers, vor § 319 Rdnr. 1. 9 Biedenkopf/Koppensteiner in Kölner Kommentar § 323 Rdnr. 3; Würdinger, Aktienrecht, § 69 I, S. 313 f. 10 Insofern ist der Begriff „Eingliederung" mißverständlich. 11 Allerdings besteht bei der Eingliederung eine gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft für Verbindlichkeiten der eingegliederten Gesellschaft gem. § 322 AktG.

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Teil 1 : Β . Wirtschaftliche Bedeutung sowie alternative Möglichkeiten

zung - nicht Mitglieder der Hauptgesellschaft, sondern scheiden aus der Gesellschaft gegen die Zahlung einer Abfindung aus. 1 2 Auch die Eingliederung weist damit im Hinblick auf die rechtliche Stellung der außenstehenden Aktionäre deutliche Unterschiede zur Verschmelzung auf. 1 3

2. Vermögensübertragung gem. § 361 A k t G Ihre rechtliche Selbständigkeit verliert die Aktiengesellschaft auch bei der Vermögensübertragung nach § 361 AktG. I m Gegensatz zur Verschmelzung ist die Vermögensübertragung jedoch kein körperschaftlicher A k t , sondern ein Umsatzgeschäft. 14 Die Übertragung des Vermögens findet hier im Wege der Singularsukzession nach den jeweils geltenden Vorschriften s t a t t . 1 5 Bei der Verschmelzung erfolgt die Vermögensübertragung dagegen i m Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Eine Gegenleistung für die Übertragung braucht im Fall des § 361 A k t G nicht vereinbart zu werden 1 6 ; wird sie vereinbart, so kann sie - im Gegensatz zur Verschmelzung - auch in Geld bestehen. Anspruchsberechtigt ist die übertragende Gesellschaft selbst 1 7 , die auch nach der Vermögensübertragung fortbesteht 1 8 . Eine Auskehrung an die Aktionäre kann im Fall der Liquidation der Gesellschaft erst nach Ablauf des in § 272 Abs. 1 A k t G 1 9 festgelegten Sperrjahres erfolgen. Der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie bei der Verschmelzung kann daher durch die Vermögensübertragung nur schwer erreicht werden. 20

12

Vgl. näher § 320 Abs. 5 AktG. Man kann daher nicht sagen, die Eingliederung komme der Verschmelzung sehr nahe - so aber Bonke, Mängel, S. 4. Es bestehen vielmehr Parallelen zum Abfindungsrecht nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG. 14 Würdinger, Aktienrecht, § 52 I I I , S. 244; Bonke, Mängel, S. 5. 15 Vgl. hierzu Baumbach/Hueck § 361 Rdnr. 3, 11; Godin/ Wilhelmi § 361 Anm. 6; Würdinger, Aktienrecht, § 52 I I I , S. 244; Krause, Verschmelzung, S. 2. 16 Dies geschieht allerdings in der Regel; vgl. Kraft in Kölner Kommentar § 361 Anm. 9 f. 17 Kraft in Kölner Kommentar § 361 Anm. 9. 18 Es bedarf vielmehr eines gesonderten Auflösungsbeschlueses, § 361 Abs. 3 AktG. 19 Vgl. den Verweis in § 361 Abs. 3 AktG. 20 So aber Baumbach/Hueck § 361 Rdnr. 3; Godin/Wilhelmi § 361 Anm. 7; Bonke, Mängel, S. 5. 13

I I I . Verhältnis der Formen zueinander

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I I I . Das Verhältnis der einzelnen Formen der Konzentration zueinander Die aufgezeigten Formen von Unternehmensverbindungen stehen rechtstatsächlich nicht als verschiedene Alternativen einer angestrebten Zusammenarbeit nebeneinander. I n der Regel findet vielmehr eine Entwicklung von dem Erwerb des Mehrheitsbesitzes bis zur Verschmelzung statt. Die Verschmelzung stellt zwar nicht zwingend, jedoch in der Mehrzahl der Fälle die letzte Phase bereits vorher bestehender wirtschaftlicher Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen dar. 2 1 Diese beginnt häufig damit, daß die übernehmende Gesellschaft eine Mehrheitsbeteiligung an der übertragenden Gesellschaft erwirbt und damit faktisch einen beherrschenden Einfluß auf diese ausübt. 2 2 Letzteres wird dann häufig durch den Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages legalisiert. 23 Erst danach kommt es in einer weiteren Stufe zur Fusion der Unternehmen.

C . Ü b e r b l i c k ü b e r das V e r s c h m e l z u n g s v e r f a h r e n Das Verschmelzungsrecht der Aktiengesellschaften hat durch das am 01.01.1983 in Kraft getretenen Verschmelzungsrichtliniegesetz einschneidende Veränderungen erfahren. 1 I m folgenden soll daher ein kurzer Überblick über das jetzt bei der Verschmelzung durch Aufnahme zu beachtende Verfahren gegeben werden.

I . Vorbereitendes Verfahren Nach § 340 A k t G haben die Vorstände der beteiligten Gesellschaften zunächst einen Verschmelzungsvertrag abzuschließen oder einen schriftlichen Entwurf aufzustellen, der die i n § 340 Abs. 2 A k t G näher genannten 21 Vgl. hierzu eingehend Lutter/Timm NJW 1982, 409 (412 ff.); Timm ZGR 1987, 403 (423 f.); ders., Aktiengesellschaft, S. 57 ff.; Behrens ZGR 1975, 433 (440 ff.). 22 Denkbar - und in der Praxis nicht ganz selten - ist allerdings auch der umgekehrte Fall, daß die übertragende Gesellschaft mit Mehrheit an der übernehmenden Gesellschaft beteiligt ist. 23 Der vertragslose Zustand wird durch das Gesetz lediglich toleriert, nicht legalisiert. Durch den Abschluß des Vertrages wird der Schutz der Aktionäre im Vergleich zum vertragslosen Zustand verbessert, vgl. Timm ZGR 1987, 403 (426). 1 Einen Gesamtüberblick über die eingetretenen Veränderungen im AktG, UmwG, KapErhG und VAG gibt Priester NJW 1983, 1459 - 1467.

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Teil 1 : C. Überblick über das Verschmelz ungs verfahren

Voraussetzungen erfüllen muß. Über den Vertrag bzw. den Entwurf haben die Vorstände der beteiligten Gesellschaften daraufhin einen schriftlichen Bericht zu erstatten, § 340 a AktG. Gem. § 340 b A k t G ist der Verschmelzungsvertrag oder der Entwurf weiter durch Verschmelzungsprüfer zu prüfen. Über das Ergebnis der Prüfung ist ein schriftlicher Bericht zu erstatten. Der Verschmelzungsvertrag oder der Entwurf ist sodann von der Einberufung der Hauptversammlung an, die über die Verschmelzung beschließen soll, zusammen mit dem Verschmelzungsbericht der Vorstände, dem Prüfungsbericht der Verschmelzungsprüfer, den Jahresabschlüssen und Lageberichten der letzten drei Geschäftsjahre sowie gegebenenfalls mit einer Zwischenbilanz in den Geschäftsräumen der Gesellschaften zur Einsicht auszulegen, § 340 d Abs. 2 AktG. Nach § 340 d Abs. 1 A k t G muß der Vertrag oder der Entwurf bereits zu diesem Zeitpunkt zum Handelsregister eingereicht werden.

I I . Beschlußfassung und Handelsregisteranmeldung Gem. § 340 c A k t G müssen daraufhin die Hauptversammlungen der beteiligten Gesellschaften dem Verschmelzungsvertrag zustimmen. Hierbei ist eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich. 2 Sind mehrere Aktiengattungen vorhanden, so müssen die Aktionäre der einzelnen Gattungen jeweils einen Sonderbeschluß fassen, § 340 c Abs. 3 AktG. I n der Regel muß von der übernehmenden Gesellschaft gem. § 343 A k t G ferner ein Kapitalerhöhungsbeschluß gefaßt werden, um die für die Gegenleistung erforderlichen Aktien bereitzustellen. Nach der Zustimmung der Hauptversammlungen ist die Verschmelzung durch die Vorstände der beteiligten Gesellschaften zum Handelsregister anzumelden, § 345 A k t G . Gem. § 346 A k t G wird die Verschmelzung erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam.

2

Das ist nicht zu verwechseln mit der Mehrheit der Stimmen; beides kann auseinanderfalten.

Teil 1 : D . Die Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft

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D . D i e Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft

I . Notwendigkeit und Zulässigkeit der Kapitalerhöhung Die übernehmende Gesellschaft muß den Aktionären der übertragenden Gesellschaft als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens ihrer Gesellschaft Aktien gewähren. Diese Aktien müssen in der Regel zunächst durch eine Kapitalerhöhung bereitgestellt werden, § 343 A k t G . Gem. § 344 A k t G ist die Kapitalerhöhung in bestimmten Fällen allerdings nicht erforderlich oder sogar unzulässig. Diese Vorschrift hat durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz erhebliche Änderungen erfahren, da anerkannt war, daß der bisherige § 344 A k t G die Materie nur unvollständig regelte. 1 Nach § 344 A k t G n.F. sind die folgenden Fälle zu unterscheiden: Ausgeschlossen ist die Kapitalerhöhung, soweit die übernehmende Gesellschaft Aktien der übertragenden besitzt. Würde hier eine Kapitalerhöhung stattfinden, wäre die übernehmende Gesellschaft ihr eigener Gläubiger und müßte Aktien an sich selbst gewähren; dies würde gegen den Grundsatz des § 71 A k t G verstoßen, wonach der Erwerb eigener Aktien i m Grundsatz ausgeschlossen ist. 2 Dasselbe gilt für den Fall, daß die übertragende Gesellschaft eigene Aktien besitzt. Auch insoweit ist eine Kapitalerhöhung unzulässig, da die übernehmende Gesellschaft sonst als Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft Aktien an sich selbst ausgeben müßte. Die Aktien der übertragenden Gesellschaft gehen damit ersatzlos unter. Soweit die übertragende Gesellschaft Aktien der übernehmenden Gesellschaft besitzt, ist nach § 344 A k t G die Kapitalerhöhung nur dann zwingend ausgeschlossen, wenn auf diese Aktien der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag noch nicht eingezahlt ist. Ansonsten kann sie vorgenommen werden. In der Literatur 3 wurde hingegen bislang angenommen, eine Kapitalerhöhung sei in diesem Fall generell unzulässig, da die übernehmende Gesellschaft sonst i m Wege der Gesamtrechtsnachfolge eigene Aktien erwerben würde. Diese Ansicht ist durch die neue Fassung des Gesetzes

1

Siehe hierzu Kraft in Kölner Kommentar § 344 Anm. 2 ff.; Schilling in Großkommentar § 344 Anm. 6. 2 Zutreffend Priester NJW 1983, 1459 (1464); schief dagegen die Begründung von Kraft in Kölner Kommentar § 344 Rdnr. 3, wonach sich die Pflicht zur Aktiengewährung und das Recht auf Gegenleistung gegenseitig aufheben. 3 Godin/Wilhelmi § 344 Anm. 4; Baumbach/Hueck § 344 Rdnr. 3; Kraft in Kölner Kommentar § 344 Rdnr. 6.

Teil 1 : D. Die Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft

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überholt. Die jetzige Vorschrift entspricht der Konzeption des Gesetzgebers, wonach der Erwerb eigener Aktien gem § 71 Abs. 1 Nr. 5 A k t G im Wege der Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich zulässig ist. Sind auf die Aktien allerdings die Nennbeträge oder die höheren Ausgabebeträge noch nicht geleistet, so würde die Gesellschaft im Zuge der Kapitalerhöhung Einlagenforderungen gegen sich selbst erwerben. Da dies zu einer Gefährdung der Kapitalgrundlage führen würde, ist eine Kapitalerhöhung in diesem Fall ausgeschlossen. Besitzt die übernehmende Gesellschaft eigene Aktien, so ist sie nicht verpflichtet, diese als Gegenleistung zu verwenden. Sie kann vielmehr statt dessen eine Kapitalerhöhung durchführen.

I I . Verfahrensunterschiede zur „normalen" Kapitalerhöhung Für die Durchführung der Kapitalerhöhung zum Zweck der Verschmelzung gelten im Grundsatz die §§ 182 - 191 AktG. Das folgt aus einem Umkehrschluß aus § 343 A k t G , der einen Teil dieser für die „normale" Kapitalerhöhung geltenden Vorschriften für nicht anwendbar erklärt. 1. „ N o r m a l e " Kapitalerhöhung Die „normale" Kapitalerhöhung erfolgt nach dem gesetzlichen Leitbild 4 in folgenden Phasen: Zunächst faßt die Hauptversammlung den Kapitalerhöhungsbeschluß mit der hierzu erforderlichen Mehrheit, § 182 AktG. Gem. § 184 A k t G ist der Beschluß zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. 5 Hiermit ist die Kapitalerhöhung aber noch nicht wirksam. Der Beschluß drückt lediglich die Absicht aus, das Kapital zu erhöhen. Diese Absicht muß durch den Vorstand realisiert werden. Gem. § 185 A k t G erfolgt dies durch „Zeichnung" der Aktien. Hierbei handelt es sich um einen körperschaftsrechtlichen Vertrag. Die Aktiengesellschaft erklärt sich hierdurch bereit, den 4

Tatsächlich hat sich die Durchführung der Kapitalerhöhung weit von dem gesetzlichen Leitbild entfernt. Heute werden die neuen Aktien in fast allen Fällen schon vor Fassung des Erhöhungsbeschlusses durch eine Emissionsbank oder ein Bankenkonsortium übernommen, das seinerseits die Aktien den Bezugsberechtigten anbietet. Gem. § 186 Abs. 5 AktG gilt ein solches Vorgehen nicht als Ausschluß des Bezugsrechts. Die Zeichnung aller Aktien erfolgt durch eine Bank, weil die Unterbringung der Aktien auf dem Kapitalmarkt den verwaltungstechnischen Apparat einer Aktiengesellschaft bei weitem übersteigen würde. Weiter wird der Aktiengesellschaft so das Risiko abgenommen, daß die Aktien nicht am Markt untergebracht werden können und die Kapitalerhöhung damit scheitert. 5 Die Anmeldung kann auch gleichzeitig mit der Anmeldung der Durchführung erfolgen, § 188 Abs. 4 AktG.

I I . Verfahrensunterschiede zur „normalen" Kapitalerhöhung

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Zeichnenden als Aktionär aufzunehmen. Sie ist hieran allerdings nur insoweit gebunden, als sie diesem jetzt nicht mehr andere Bewerber vorziehen kann. Dagegen kann sie die vorgesehene Kapitalerhöhung noch insgesamt abbrechen. 6 Bei der Zeichnung ist § 186 Abs. 1 A k t G zu beachten. Hiernach steht das Bezugsrecht auf die neuzuschaffenden Aktien grundsätzlich 7 allen Aktionären im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung zu. Durch die Zeichnung wird der Zeichnende noch nicht Mitglied der Aktiengesellschaft. Er ist aber verpflichtet, die Einlage auf die Aktien zu leisten. Sind die Mindestbeträge eingezahlt, kann die Durchführung der Kapitalerhöhung gem. § 188 A k t G zum Handelsregister angemeldet werden. Erst mit der Eintragung der Durchführung wird die Kapitalerhöhung gem. § 189 A k t G wirksam, der Zeichner wird Aktionär.

2. Kapitalerhöhung zur Durchfuhrung der Verschmelzung Das Verfahren bei der Kapitalerhöhung zum Zweck der Verschmelzung weicht von dem soeben dargestellten Verfahren in wesentlichen Punkten ab. Gem. § 343 Abs. 1 A k t G ist insbesondere § 186 A k t G nicht anwendbar. Hieraus folgt, daß den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft auf die neuen Aktien kein Bezugsrecht zusteht. Das ist konsequent, weil die neuen Aktien den Aktionären der übertragenden Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden müssen. § 343 A k t G schließt weiter die Anwendung des § 185 A k t G aus. Eine Zeichnung der neuen Aktien findet daher nicht statt. Dies wird zum Teil 8 damit begründet, daß die Zeichnung der Aktien durch den Verschmelzungsvertrag ersetzt werde. Das ist jedenfalls ungenau. Durch die Zeichnung verpflichtet sich der Zeichner, die Einlagen auf die Aktien zu leisten. Dagegen begründet der Verschmelzungsvertrag für sich genommen noch keine Verpflichtung der übertragenden Gesellschaft. Hierfür ist vielmehr die Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse erforderlich. 9 Der Zeichnungsvertrag bei der Kapitalerhöhung zum Zweck der Verschmelzung wird damit durch den Verschmelzungsvertrag, die Verschmelzungsbeschlüsse sowie durch gegebenenfalls zu fassende Sonderbeschlüsse ersetzt. Es reicht dabei aus, daß die übertragende Gesellschaft alle erforderlichen Beschlüsse gefaßt hat, da hierdurch eine einseitige Bindung dieser Gesellschaft e i n t r i t t . 1 0 6

Näher hierzu Lutter in Kölner Kommentar § 185 Anm. 29. Ein Ausschluß kann nur unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 186 Abs. 3 und 4 AktG erfolgen. 8 So z.B. Bayer W M 1989, 121 (123). 9 Kraft in Kölner Kommentar § 340 Rdnr. 42 ff. 10 Kraft in Kölner Kommentar § 340 Rdnr. 44; a.A. Godin/Wilhelmi § 341 Anm. 4. 7

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Teil 1 : D. Die Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft

Streitig ist, wann die Kapitalerhöhung wirksam wird. Zum T e i l 1 1 wird die Ansicht vertreten, Voraussetzung hierfür sei die Wirksamkeit der Verschmelzung. Da diese von der Eintragung der Verschmelzung selbst abhänge, werde auch die Kapitalerhöhung erst zu diesem Zeitpunkt wirksam. Hiergegen spricht, daß die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung dann lediglich deklaratorischen Charakter hätte. Der Gesetzgeber hat aber auch bei der Neuregelung des Verschmelzungsrechts im Jahre 1983 trotz Kenntnis der obigen Auffassung in § 343 A k t G die Anwendung der §§ 188, 189 A k t G nicht ausgeschlossen. Dies spricht dafür, daß auch die Kapitalerhöhung zur Durchführung einer Verschmelzung bereits mit der Eintragung ihrer Durchführung wirksam wird. Bis zur Eintragung der Verschmelzung stehen die Aktien der übernehmenden Gesellschaft selbst zu, wobei die Mitgliedschaftsrechte aus den Aktien ruhen. Gegen dieses Ergebnis bestehen auch nicht deshalb Bedenken, weil dann offenbliebe, was zu geschehen hat, wenn feststeht, daß die Verschmelzung nicht durchgeführt wird. In diesem Fall kann die Bestimmung des § 71 c A k t G analog herangezogen werden. Zwar regelt diese Vorschrift ausdrücklich nur die Rechtsfolgen bei einem abgeleiteten Erwerb von Aktien. Sie ist jedoch wegen der vergleichbaren Interessenlage auf den originären Erwerb entsprechend anzuwenden. 12 Danach kann die Gesellschaft versuchen, die Aktien durch anderweitige Zeichnung am Markt unterzubringen. Gelingt dies nicht innerhalb eines Jahres, so ist das - nur formell - heraufgesetzte Kapital in entsprechender Anwendung der §§ 237 - 239 A k t G wieder herabzusetzen. 13 Die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung ist damit von der Wirksamkeit der Verschmelzung unabhängig. Umgekehrt hängt aber die Wirksamkeit der Verschmelzung von der Wirksamkeit der Kapitalerhöhung ab. Der Verschmelzungsvertrag steht unter der Bedingung der Wirksamkeit aller im Rahmen der Verschmelzung erforderlichen Beschlüsse. 14

11 Würdinger, Aktienrecht, § 48 Β I I I 2, S. 228; Schilling in Großkommentar § 343 Anm. 18; ders. AG 1958, 229 (230). 12 So auch Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 71 c Rdnr. 5; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 71 c Rdnr. 5. 13 Für eine Herabsetzung auch Bonke, Mängel, S. 118 ff.; ihm folgend Kraft in Kölner Kommentar § 343 Rdnr. 19 if.; mißverständlich Bayer W M 1989, 121 (124), der die Ansicht Krafts dahingehend versteht, die Aktien stünden den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft zu. Zu der vergleichbaren Rechtslage bei Unwirksamkeit der Zeichnungen vgl. Lutter in Kölner Kommentar § 185 Rdnr. 17. 14 Vgl. Kraft in Kölner Kommentar § 340 Rdnr. 46.

I I I . Verhältnis von Kapitalerhöhungs- und Verschmelzungsbeschluß

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I I I . Verhältnis von Kapitalerhöhungsbeschluß u n d Verschmelzungsbeschluß Zum Verhältnis von Kapitalerhöhungsbescliluß und Verschmelzungsbeschluß hat sich jüngst das OLG H a m m 1 5 geäußert. Es zieht eine Parallele zu dem Verhältnis von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Durch den Verschmelzungsbeschluß werde der zugrundeliegende Kapitalerhöhungsbeschluß vollzogen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Kapitalerhöhungsbeschluß stellt nicht den Rechtsgrund des Verschmelzungsbeschlusses dar. Dieser findet sich vielmehr im Verschmelzungsvertrag 16 , der gleichzeitig Rechtsgrund für den Kapitalerhöhungsbeschluß ist. Kapitalerhöhungsbescliluß und Verschmelzungsbeschluß stehen also nebeneinander. Beide dienen dem Vollzug des Verschmelzungs vert rages.

I V . Verhältnis von Kapitalerhöhung und Verschmelzung Von dem Verhältnis der Beschlüsse zueinander ist das Verhältnis der mehraktigen Rechtsgeschäfte „Verschmelzung" und „Kapitalerhöhung" zu unterscheiden. Unzutreffend dürfte es sein, die Verschmelzung als bloßes Motiv für die Kapitalerhöhung zu bezeichnen. 17 Zwar ist - wie oben 1 8 ausgeführt - die Wirksamkeit der Verschmelzung nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung, dennoch stehen beide Geschäfte nicht völlig nebeneinander. Gem. § 343 Abs. 2 A k t G sind bei der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung der Vi Tschiuelz ungs ver trag sowie die Niederschriften der Verschmelzungsbeschlüsse vorzulegen. Vertrag und Beschlüsse ersetzen den Zeichnungsschein. Die Kapitalerhöhung kann daher nicht unabhängig von Rechtshandlungen durchgeführt werden, die auch Voraussetzung für die Verschmelzung sind. Das aber wäre erforderlich, um die Verschmelzung als Motiv für die Kupitalerhöhung bezeichnen zu können. Auf der anderen Seite ist die Kapitalerhöhung nicht Bedingung für die Verschmelzung. Zwar steht der Verschmelzungsvertrag unter der Bedingung der Wirksamkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses, anders ist jedoch das Verhältnis der Kapitalerhöhung zur Verschmelzung zu beurteilen. Kennzeichnend hierfür ist, daß zur Wirksamkeit von Kapitalerhöhung und 15

OLG Hamm W M 1988, 1164 (1169). Zutreffend K. Schmidt, GesR. § 13 I I I 4. b aa); siehe ferner § 343 AktG: „Erhöht die ... Gesellschaft zur Durchführung der Verschmelzung das Grundkapital ..." 17 So aber Kraft in Kölner Kommentar § 343 Rdnr. 24. 18 Abschnitt II. 2. 16

Teil 1 : £ .

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Die auftretenden Interessenkonflikte

Verschmelzung Rechtshandlungen erforderlich sind, die gleichzeitig Voraussetzung für die Wirksamkeit des jeweils anderen Rechtsgeschäftes sind. Zutreffend dürfte es daher sein, Kapitalerhöhung und Verschmelzung als zwei in sich verschränkte Rechtsgeschäfte zu bezeichnen.

E. D i e zwischen den Beteiligten auftretenden Interessenkonflikte Interessenkonflikte können bei der Verschmelzung zunächst zwischen den beteiligten Gesellschaften auftreten. Das wird vor allem dann der Fall sein, wenn zwischen den Gesellschaften keine wechselseitigen Beteiligungen bestehen und auch sonst keine etablierten Mehrheitsverhältnisse zu verzeichnen sind. Die Vorstände werden hier bestrebt sein, das für ihre Gesellschaft günstigste Ergebnis auszuhandeln. Zwar mag es innerhalb der Gesellschaften über die Frage, ob die ausgehandelten Konditionen wirtschaftlich vorteilhaft sind, zwischen den Aktionären im Einzelfall unterschiedliche Auffassungen geben; in dem Ziel, einen Vorteil für alle Aktionäre zu erreichen, wird man sich jedoch einig sein. Derartige Fälle sind jedoch selten. Wie oben 1 dargestellt, bestehen in den meisten Fällen bereits vor der Fusion wechselseitige Beteiligungen. Hier können sich die Interessengegensätze ganz auf das Verhältnis der einzelnen Aktionäre oder Aktionärsgruppen innerhalb der Gesellschaften konzentrieren.

I . Interessenkonflikte b e i der übertragenden Gesellschaft Ist die übernehmende Gesellschaft bereits mit Mehrheit an der übertragenden Gesellschaft beteiligt, wird diese bei der Verschmelzung vornehmlich das Interesse des Gesamtkonzerns berücksichtigen. Die mit der Verschmelzung verbundenen Folgen für die außenstehenden Aktionäre, die an der übernehmenden Gesellschaft nicht beteiligt sind, werden für den Mehrheitsaktionär dagegen von untergeordneter Bedeutung sein. Er wird die Verschmelzung auch dann durchsetzen wollen, wenn sie für die außenstehenden Aktionäre der übertragenden Gesellschaft Nachteile mit sich bringt, im Konzerninteresse aber wünschenswert oder geboten erscheint. Verfügt der Mehrheitsaktionär über die nach § 340 c A k t G erforderliche Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals, kann er dies gegen den Willen der außenstehenden Minderheitsaktionäre erreichen. 1

Vgl. oben Abschnitt B. III.

I I . Intereseenkoniiikte bei der übernehmenden Gesellschaft

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1. Wirtschaftlicher Aspekt Die Interessen der Minderheitsgesellschafter werden durch die Verschmelzung zunächst in wirtschaftlicher Hinsicht betroffen. Es besteht die Gefahr, daß die außenstehenden Aktionäre für ihren Verlust der Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft keinen angemessenen Ausgleich erhalten. Werden ihnen zu wenig Aktien der übernehmenden Gesellschaft gewährt, ist also der Wert der neuen Aktien geringer als der ursprüngliche Wert der Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft, so wirkt sich die Verschmelzung für sie wirtschaftlich nachteilig aus. Die übernehmende Gesellschaft wird dagegen als Mehrheitsaktionär der übertragenden Gesellschaft an einem möglichst geringen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre jedenfalls tendenziell ein Interesse haben, da sie selbst Schuldnerin des Ausgleichsanspruches ist. 2 2. Rechtlicher Aspekt Neben wirtschaftlichen Gefahren bringt die Verschmelzung für die außenstehenden Minderheitsaktionäre auch rechtliche Belastungen mit sich. Sie werden möglicherweise gegen ihren Willen Mitglieder einer neuen Gesellschaft mit völlig anderen Strukturen und Größenordnungen. Die Verschmelzung führt zwangsläufig zu einem Verlust an Herrschaftsmacht. Durch die Vereinigung der Vermögensmassen der Gesellschaften sinkt der relative Kapitalanteil der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft am Gesamtunternehmen gegenüber dem Anteil, der an der alten Gesellschaft bestanden hat. Hierdurch verändern sich auch die Stimmrechtsverhältnisse: Da das Stimmrecht gem. § 134 A k t G im Grundsatz 3 an die Kapitalbeteiligung gekoppelt ist, sinkt der relative Stimmrechtsanteil der außenstehenden Aktionäre. Neben dem allgemeinen Verlust an Einfluß auf die Geschäftspolitik kann dies zu einem Verlust von Minderheitsrechten führen. Hierzu gehört beispielsweise § 93 Abs. 4 S. 3 A k t G , wonach die Gesellschaft nur dann auf Ansprüche gegen Vorstandsmitglieder verzichten oder sich hierüber vergleichen kann, wenn nicht eine Minderheit von Aktionären, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, Widerspruch erhebt. Weiter ist das Minderheitenrecht zu nennen, gem. § 122 A k t G die Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen. Darüberhinaus können Rechte gem. §§ 142 Abs. 2, 147, 258 Abs. 2, 265 Abs. 3 A k t G betroffen sein.

2

Insofern ist die Interessenlage hier vergleichbar mit der Situation bei § 181 BGB. Von der Möglichkeit der Einführung eines Höchststimmrechtes gem. § 134 Abs. 1 Satz 2 AktG abgesehen. 3

Teil 1 : Ε . Die auftretenden Interessenkonflikte

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I I . Interessenkonflikte bei der übernehmenden Gesellschaft Bei der übernehmenden Gesellschaft können derartige Interessenkonflikte auf den ersten Blick nicht auftreten. Für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft ist die Verschmelzung nicht mit einem Mitgliedschaftswechsel verbunden. Der durch die Vereinigung der Vermögensmassen eintretende Verlust an Herrschaftsmacht trifft alle Aktionäre gleichermaßen, da nur den Aktionären der übertragenden Gesellschaft ein Bezugsrecht auf die neu zu schaffenden oder sich i m Besitz der übernehmenden Gesellschaft befindenden Aktien zusteht. Handelt es sich bei diesen um eine Vielzahl von Kleinaktionären, so werden durch die Verschmelzung Machtpositionen in der übernehmenden Gesellschaft nicht zu Lasten von Minderheitsaktionären verstärkt. Es erhöht sich i m Gegenteil die Anzahl von Kleinaktionären, wodurch der Einfluß der Mehrheit zurückgedrängt werden kann. Die Situation ändert sich aber z.B. dann, wenn der Mehrheitsaktionär der übernehmenden Gesellschaft mit einer noch größeren Mehrheit an der übertragenden Gesellschaft beteiligt ist. 4 Derartige Situationen können beispielsweise auftreten, wenn beide an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften Mitglieder eines Konzerns sind und die Muttergesellschaft bestrebt ist, deren Struktur zu straffen.

1. Wirtschaftliche Gesichtspunkte Der Mehrheitsaktionär hat hier ein Interesse, die Gegenleistung für die Übertragung des Gesellschaftsvermögens möglichst hoch anzusetzen, da er selbst Gläubiger des Anspruchs auf Aktiengewährung ist. 5 Es t r i t t hier also gewissermaßen die umgekehrte Situation auf wie in dem Fall der Mehrheitsbeteiligung der übernehmenden an der übertragenden Gesellschaft. Erhalten die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft Aktien, deren Wert denjenigen des eingebrachten Unternehmens übersteigt, erhöht sich die Zahl der Aktien des Gesamtunternehmens mehr als der tatsächliche Wert der Unternehmen selbst. Das führt zu einer Verwässerung der Aktienwerte der bisherigen Altaktionäre, was eine finanzielle Einbuße bedeutet.

4

Das ist nicht mit dem Fall zu verwechseln, daß die übernehmende Gesellschaft mit Mehrheit an der übertragenden Gesellschaft beteiligt ist. 5

A u c h h i e r l ä ß t eich d a h e r eine P a r a l l e l e z u § 1 8 1 B G B z i e h e n .

I I I . Zusammenfassung

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2. Rechtliche Gesichtspunkte Auch in rechtlicher Hinsicht entstehen für die außenstehenden Aktionäre Belastungen. Besitzt die Mehrheit der Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft zugleich die Mehrheit an der übertragenden Gesellschaft, führt die Verschmelzung zu einem Ausbau der Machtposition der Mehrheit zu Lasten der Minderheit in der übernehmenden Gesellschaft. Dies gilt insbesondere dann, wenn die übertragende Gesellschaft im Verhältnis zur übernehmenden erheblich größer ist. 6 Es kommt hier zu einem einseitigen Verlust von Herrschaftsrechten auf Seiten der Minderheitsaktionäre. Die Auswirkungen der Verschmelzung können daher auch in Bezug auf den Verlust von Herrschaftsrechten in der übernehmenden Gesellschaft ähnlich sein, wie sie soeben für die übertragende Gesellschaft geschildert wurden.

I I I . Zusammenfassung Die vorstehenden Darlegungen haben gezeigt, daß je nach Mehrheitsverhältnissen sowohl bei der übertragenden als auch bei der übernehmenden Gesellschaft erhebliche Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Aktionärsgruppen auftreten können. Zu beachten ist allerdings, daß die obigen Ausführungen nur die Tendenz möglicher Bestrebungen aufzeigen können. Man sollte dem Mehrheitsaktionär nicht ohne weiteres die Absicht unterstellen, den Minderheitsaktionär im Interesse des eigenen Vorteils rücksichtslos und in rechtswidriger Weise übervorteilen zu wollen.

6 Der Fall, daß die größere und wirtschaftlich leistungsfähigere Gesellschaft die Rolle der übertragenden Gesellschaft einnimmt, kann aus konzernpolitischen Gründen durchaus vorkommen. Unzutreffend in diesem Zusammenhang allerdings Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 148, wenn er meint, die Frage, welches Unternehmen aufnehmende und welches übertragende Gesellschaft sei, hänge häuüg von „Zufälligkeiten" ab.

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Teil 1 : F. Möglichkeiten der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit

F . Überblick über Möglichkeiten der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Verschmelzung durch die Aktionäre

I . Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen den Verschmelz ungsb eschluß W i l l ein Aktionär gegen die von den Gesellschaften beschlossene Verschmelzung vorgehen, so kann er sich zunächst gegen den von seiner Gesellschaft gefaßten Verschmelzungsbeschluß wenden. Leidet dieser unter den in § 241 A k t G genannten Mängeln, kann der Aktionär Nichtigkeitsklage gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 A k t G erheben. Nach § 249 Abs. 1 Satz 2 A k t G kann die Nichtigkeit aber auch ohne Klageerhebung geltend gemacht werden. Anders ist dies, wenn der Beschluß zwar rechtswidrig ist, nicht aber an den in § 241 A k t G genannten Mängeln leidet. In diesem Fall bleibt der Beschluß wirksam 1 , bis er auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist, § 241 Nr. 5 AktG. Eine außergerichtliche Geltendmachung der Rechtswidrigkeit scheidet dagegen aus.

I I . Spruchstellenverfahren gem. § 352 c A k t G Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage können die Aktionäre der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft erheben. Dagegen sieht das Gesetz - jedenfalls seinem Wortlaut nach - nur für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft die Möglichkeit vor, im Fall eines zu niedrigen Umtauschverhältnisses der Aktien einen Ausgleich in Geld gerichtlich geltend zu machen, § 352 c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AktG. Ziel dieses dem § 306 A k t G nachgebildeten Spruchstellenverfahrens ist nicht die Aufhebung des Beschlusses, sondern allein der Ausgleich der durch die Verschmelzung entstandenen Vermögeusschäden.

1

Bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist kann allerdings nur von einer vorläufigen Wirksamkeit gesprochen werden; vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Anm. 11, 4: „verhalten wirksam".

I I I . Klage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß

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I I I . Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß Den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft steht neben der Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluß die Möglichkeit offen, sich gegen den durch ihre Gesellschaft gefaßten Kapitalerhöhungsbeschluß zu wenden. Dieser kann, wie § 255 Abs. 1 A k t G zeigt 2 , gem. § 243 A k t G angefochten werden. Gem. § 255 Abs. 2 A k t G kommt eine Anfechtung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses mit Bezugsrechtsausschluß insbesondere in Betracht, wenn der Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist. Ist der Kapitalerhöhungsbeschluß nichtig, so kann dies im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. Auch eine außergerichtliche Geltendmachung der Nichtigkeit kann erfolgen, § 249 AktG.

G . Zur A k t u a l i t ä t des Themas In jüngster Zeit ist die Anfechtung von Verschmelzungsbeschlüssen Gegenstand mehrerer erst- und zweitinstanzlicher Entscheidungen 1 gewesen. Inzwischen liegen in den Fällen „Kochs Adler/Dürrkopp" 2 sowie „ D A T / A l t a n a " 3 Entscheidungen des BGH vor. Die Sachverhalte, die zu beurteilen waren, wiesen in wesentlichen Punkten Gemeinsamkeiten auf. Stellvertretend sei daher der Fall „Kochs Adler/Dürrkopp" kurz referiert: Die Hauptversammlung der beklagten AG beschloß als aufnehmende Gesellschaft im Juni 1987 mit überwältigender Mehrheit 4 die Verschmelzung mit der D.-GmbH gem. §§ 339. 355 AktG. Lediglich ein kleiner 2 Die Anfechtbarkeit ergibt sich schon aus allgemeinen Grundsätzen. § 255 Abs. 1 AktG ist daher eigentlich überflüssig; kritisch zu der Vorschrift auch Zöllner in Kölner Kommentar § 255 Rdnr. 4. 1 Fall „Kochs Adler/Dürrkopp u: LG Bielefeld Urt. v. 25.09.1987 - 17 Ο 127/87 (nicht veröffentlichet); OLG Hamm W M 1988, 1164 fF.; Fall „DAT/Altana": LG Köln Betrieb 1988, 542 f.; OLG Köln W M 1988, 1792 ff.; Fall „Suitz Enzinger-Noll Maschinenbau AG": LG Mannheim ZIP 1988, 773 ft.; OLG KarlHiuhe ZIP 1989, 988 ff: ferner LG Frankfurt am Main Urt. v. 27.11.1987 - 3/7 Ο 115/87; im Berufungsverfahren wurde ein Vergleich geschlossen, vgl. Sitzungsprotkoll v. U5.U7.1988 - 5 U 262/87. (nicht veröffentlicht); 2 BGH ZIP 1989, 980 - 986. 3 BGH NJW 1990, 322 f. und BGH ZIP 1990, 168 - 173. 4 176.717 Ja-Stimmen bei 177.588 abgegebenen Stimmen, dies entspricht einem Anteil von 99, 51 %; vgl. den Tatbestand bei LG Bielefeld, Urt. v. 25. Srpt. 1987, 17 Ο 127/87, S. 3.

Teil 1 : G. Zur Aktualität des Themas

38

Kreis 5 von außenstehenden Minderheitsaktionären stimmte gegen den Beschlußvorschlag, legte Widerspruch ein und erhob Anfechtungsklage beim L G Bielefeld. Zur Begründung trugen die Kläger vor allem vor, der vom Vorstand gem. § 340 a A k t G zu erstellende Verschmelzungsbericht entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Er erläutere das Umtauschverhältnis der Aktien lediglich verbal, obwohl eine konkrete, durch Zahlen belegte Darstellung der Berechnungsgrundlagen erforderlich sei. Darüberhinaus sei der Verschmelzungsbeschluß aber auch materiell zu beanstanden, da das Umtauschverhältnis für die Beklagte zu ungünstig sei. Die Beklagte vertrat demgegenüber den Standpunkt, das Verschmelzungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. I m übrigen sei die Klage bereits deshalb abzuweisen, weil die Kläger die Klage nur erhoben hätten, um sich diese gegen Zahlung eines hohen 6 Geldbetrages abkaufen zu lassen. Dies stelle eine rechtsmißbräuchliche Ausübung ihres Anfechtungsrechtes dar. Das L G 7 wies die Klage ab: die Beklagte sei zur Bekanntgabe konkreter Zahlen im Verschmelzungsbericht nicht verpflichtet. Uber die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses habe das Gericht nicht zu befinden. Anders entschied im Berufungsverfahren das OLG Hamm 8 : Die Gesellschaft schulde grundsätzlich eine umfassende Information über die der Verschmelzung zugrundeliegenden Tatsachen. Eine Auskunftsverweigerung sei nur dann gerechtfertigt, wenn diese im einzelnen begründet und den Aktionären plausibel gemacht werde. Da der pauschale Hinweis der Beklagten auf eine mögliche Schädigung der Gesellschaft nicht ausreiche, sei das Verschmelzungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. An der Geltendmachung dieses Mangels seien die Kläger auch nicht wegen Mißbrauchs ihres Anfechtungsrechtes aufgrund der ihnen unterstellten „Abkaufsabsicht" gehindert. Der Aktionär, der eine sachlich begründete Anfechtungsklage erhebe, handele nicht rechtswidrig. Der Klage wurde daher stattgegeben. I m Revisionsverfahren bestätigte der B G H 9 zwar im Ergebnis die Auffassung des OLG zu den gesetzlichen Anforderungen an den Verschmelzungsbericht, verwies die Sache jedoch zurück, da das Gericht das Vorliegen des Rechtsmißbrauchs nicht ordnungsgemäß geprüft habe. 5

Bei dem Beschluß gab es 758 Nein-Stimmen (=0,43 % der abgegebenen Stimmen) und 113 Enthaltungen (=0,06 % der abgegebenen Stimmen). 6 Angeblich sechs- oder siebenstelligen. 7 LG Bielefeld Urt. v. 25. Sept. 1987, 17 Ο 127/87. 8 OLG Hamm W M 1988, 1164 ff. 9 BGH ZIP 1989, 980 ff.

Teil 1 : G. Zur Aktualität des Themas

Ähnlich kontroverse Rechtsauffassungen vertraten die Gerichte in den anderen oben 1 0 genannten Verfahren. Während die Landgerichte Frankfurt und Mannheim die im wesentlichen gleichgelagerten Klagen abwiesen, hatten die Kläger vor dem OLG Karlsruhe sowie vor dem LG Köln Erfolg. I m Berufungsverfahren gab das OLG Köln der Klage des Klägerin zu 1) statt, wies aber die Klage des Klägers zu 3) wegen Rechtsmißbrauchs ab. Die Revision des Klägers zu 3) nahm der B G H 1 1 nicht an. Auf die Revision der beklagten Gesellschaft verwies der Senat die Sache in dem Verfahren der Klägerin zu 1) zurück. Auch hier sei die Frage des Rechtsmißbrauchs nicht ordnungsgemäß geprüft worden. Die Verfahren fanden auch in der Tagespresse große Beachtung, dies nicht zuletzt wegen der den Klägern vorgeworfenen Absicht, sie benutzten die Klagen nur als Hebel, um die Gesellschaften zu erpressen. Auffällig war in diesem Zusammenhang insbesondere, daß in allen Verfahren ein gleicher Kreis von Aktionären beteiligt war, die jeweils erst kurz vor dem Termin der Hauptversammlung Aktien erworben hatten. Nach Erhebung der Klagen traten sie oder ihre Anwälte an die Gesellschaft heran und erklärten sich - direkt oder indirekt - bereit, diese gegen die Zahlung eines „wirtschaftlichen Ausgleichs" zurückzunehmen. Während die Vorstände der Gesellschaften dies in den entschiedenen Verfahren ablehnten, sind in anderen Fällen Zahlungen erfolgt. So wurden die Kläger in einem Fall mit 1,5 Mio D M abgefunden. 12 Es ist zu vermuten, daß nur ein Teil derartiger Verfahren bekanntgeworden ist. In informierten Kreisen wird angenommen, daß in letzter Zeit etwa 20 Klagen dieser Art angestrengt worden sind. 1 3 Das Verschmelzungsrecht besitzt also hohe Aktualität. I m folgenden soll daher untersucht werden, welche Voraussetzungen bei der Fassung eines Verschmelzungsbeschlusses zu beachten sind. Dabei soll zunächst auf das Umtausch Verhältnis der Aktien eingegangen werden. Nach der Erörterung der weiteren materiellen und formellen Voraussetzungen des Verschmelzungsbeschlusses soll in einem dritten Abschnitt geprüft werden, welche Möglichkeiten die Aktionäre haben, gegen rechtswidrige Verschmelzungsbeschlüsse vorzugehen und wo die Gefahren des Mißbrauchs dieser Rechte liegen.

10 11 12 13

Vgl. oben Fn. 1. BGH NJW 1990, 322 f. Hansen AG-Report 1988, R 32 (R 33). Hansen AG-Report 1988, R 32 (R 33).

Teil 2

Die Anforderungen an den Verschmelzungsbeschluß und an das Verschmelzungsverfahren A . D a s angemessene U m t a u s c h v e r h ä l t n i s

I . Grundlagen Wie sich die Verschmelzung für die Aktionäre der beteiligten Gesellschaften wirtschaftlich auswirkt, hängt entscheidend von dem Umtauschverhältnis zwischen zu gewährenden Aktien der übernehmenden und einzuziehenden Aktien der übertragenden Gesellschaft ab. Hierdurch wird festgelegt, in welchem Verhältnis Leistung und Gegenleistung bei der Verschmelzung stehen. Die Bestimmung des Umtausch Verhältnisses ist daher für die Aktionäre beider Gesellschaften von zentralem Interesse. 1. Definition des Umtauschverhältnisses Das Umtauschverhältnis (u) wird üblicherweise durch eine Relation zweier Zahlen wiedergegeben. Dabei findet man jedoch unterschiedliche Darstellungsweisen : a) Zum Teil 1 wird als erster Wert die Anzahl der zu gewährenden Aktien der übernehmenden Gesellschaft (α'), als zweiter Wert die Anzahl der Aktien der übertragenden Gesellschaft (6) angegeben. Ist das Umtauschverhältnis also beispielsweise 2 : 1, so erhalten die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft für eine Aktie zwei Aktien der übernehmenden Gesellschaft. Dies bedeutet: je niedriger das Umtausch Verhältnis ist, desto weniger Aktien erhalten die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft; je höher das Umtauschverhältnis ist, desto mehr Aktien erhalten sie. b) Verbreitet findet man aber insbesondere in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur die umgekehrte Darstellungsweise. So definieren 1 Vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1984, 586 (589) zur Umtauschrelation bei der Abfindung in Aktien der Obergesellschaft nach § 305 AktG.

Teil 2 : A. Dae angemessene Umtauschverhältnis

42

etwa Nonnenmacher 2 , Ossadnik 3 und Schmitz 4 das Umtauschverhältnis als Quotient zwischen der Anzahl der Aktien der übertragenden Gesellschaft (erster Wert) und der Anzahl der zu gewährenden Aktien (zweiter Wert): b u = — a' Dies bedeutet: je höher das Umtausch Verhältnis ist, desto weniger Aktien erhalten die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft. c) Die letztgenannte Darstellungsweise ist mit der Terminologie des Gesetzes nicht vereinbar. Nach § 352 c Abs. 1 Satz 2 A k t G können die Aktionäre im Falle eines „zu niedrigen" Umtausch Verhältnisses einen angemessenen Ausgleich in Geld erhalten. Diese Vorschrift meint ersichtlich den Fall, daß die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft zu wenig Aktien der aufnehmenden Gesellschaft erhalten haben. Nach der soeben genannten Formel wäre in diesem Fall das Umtauschverhältnis aber nicht zu niedrig, sondern zu hoch. Zwar ergeben sich aus der unterschiedlichen Darstellungsweise keine unterschiedlichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Konsequenzen. Um Mißverständnisse zu vermeiden, sollte jedoch die Ausdrucksweise des Gesetzes beachtet werden. 5 I m folgenden wird daher die unter a) erläuterte Darstellungsweise verwendet. Für das Umtauschverhältnis gilt daher:

2. Anforderungen an das Umtauschverhältnis

a) Gesetzliche Grundlagen Angesichts der Bedeutung des Umtauschverhältnisses für die Aktionäre überrascht es, daß § 339 A k t G - auch nach der Neuregelung durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz - hierzu lediglich ausführt, die Vermögensübertragung habe „gegen Gewährung von Aktien" der übernehmenden Gesellschaft zu erfolgen. Entsprechend formuliert § 340 Abs. 2

Nonnenmacher AG 1982, 153 (155). Ossadnik Betrieb 1985, 1953 (1955). 4 Schmitz, Verechmelzungsprüfung, S. 52. 5 A.A. Nonnenmacher AG 1982, 153 (155) mit dem Hinweis, die von ihm gewählte Darstellungsweise habe eich eingebürgert. 3

I. Grundlagen

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2 Nr. 3 A k t G : der Verschmelzungsvertrag müsse Angaben über „das Umtauschverhältnis" enthalten. Das Gesetz sagt damit lediglich, daß die übernehmende Gesellschaft als Abfindung fur die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft überhaupt Aktien zu gewähren hat; offen bleibt dagegen, welche Höhe die Abfindung haben muß. Das steht in Widerspruch zu den Regelungen in § 305 Abs. 1 A k t G und § 12 UmwG, wo das Gesetz ausdrücklich eine „angemessene Abfindung" der Aktionäre verlangt. Das Gesetz bringt aber mittelbar zum Ausdruck, daß auch bei der Verschmelzung das Umtauschverhältnis der Aktien angemessen sein muß. So schreibt § 340 b Abs. 4 Satz 3 A k t G vor, daß die Verschmelzungsprüfer ihren Prüfbericht mit dem Testat über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses abschließen müssen. Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft können im Falle der Unangemessenheit des Umtausch Verhältnisses gem. § 352 c A k t G einen Ausgleich in Geld erhalten. Die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses gehört damit zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Verschmelzungsbeschlusses. 6

b) Konkretisierung Zu klären bleibt, wie der Begriff „Angemessenheit" zu konkretisieren ist. aa) Eine nähere Bestimmung des Begriffs findet sich in § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG. Hiernach ist die Abfindung bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dann angemessen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in dem bei einer Verschmelzung Aktien zu gewähren wären. Diese Verweisung hilft aber wenig weiter, da sich aus dem Verschmelzungsrecht gerade nicht ergibt, wann das Umtausch Verhältnis angemessen ist. 7 bb) Da weitere gesetzliche Bestimmungen nicht ersichtlich sind, kann die Konkretisierung des Begriffs „Angemessenheit" nur aus dem Sinn und Zweck dieses Erfordernisses abgeleitet werden. Durch die Neuregelung der verschmelzungsrechtlichen Vorschriften hat 6 Dagegen vertritt Kraft in Kölner Kommentar § 341 Rdnr. 10 noch die Auffassung, die Höhe des Umtauschverhältnisses der Aktien könne grundsätzlich von den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften frei festgelegt werden. Die Parteien seien zwar regelmäßig daran interessiert, daß das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sei, notwendiger Bestandteil des Verschmelzungsvertrages sei ein angemeseenens Umtauschverhältnis jedoch nicht. Diese Ansicht ist durch die Neufassung des Gesetzes überholt. 7 Zutreffend Godin/Wilhelmi § 305 Anm. 3; offenbar übersehen wird dies von Koppeneteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 27.

Teil 2 :

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. Da

angemessene Umtauschverhältnis

der Gesetzgeber dem oben 8 erörterten konzernrechtlichen Aspekt der Verschmelzung Rechnung getragen. Die ursprüngliche Vorstellung des Gesetzes, daß bei der Verschmelzung zwei unabhängige Gesellschaften einen Vertrag schließen, der die gegenläufigen Interessen zum Ausgleich bringt, hat sich rechtstatsächlich als unzutreffend erwiesen. Da in der Praxis vornehmlich Gesellschaften mit gegenseitigen Mehrheitsbeteiligungen fusionieren, ist ein angemessener Interessenausgleich in den meisten Fällen gerade nicht ohne weiteres gewährleistet. 9 Das subjektive Aquivalenzprinzip führt hier nicht zu gerechten Ergebnissen. Der Gesetzgeber mußte daher den fehlenden Ausgleichsmechanismus durch eine gesetzliche Regelung ersetzen. Bei einem funktionierenden Ausgleichsmechanismus würden die Aktionäre einer Verschmelzung nur zustimmen, wenn sie hierdurch einen wirtschaftlichen Vorteil, jedenfalls aber keinen wirtschaftlichen Nachteil erwarten würden. Daher kann das Umtauschverhältnis nur angemessen sein, wenn weder die Aktionäre der übertragenden noch diejenigen der übernehmenden Gesellschaft durch die Festlegung einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden. 10 Ähnlich hat das BVerfG im „Feldmühle - U r t e i l " 1 1 für den Fall der - heute in dieser Form nicht mehr möglichen - verschmelzenden Umwandlung gem. § 12 UmwG hinsichtlich des zwangsweisen Ausschlusses der Minderheitsgesellschafter entschieden. Dieser sei zwar grundsätzlich zulässig; den ausscheidenden Aktionären müsse aber eine angemessene Entschädigung gewährt werden, was keine geringere als die „volle Abfindung" bedeute. 12 Der Ausscheidende müsse das erhalten, „was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert i s t . " 1 3

8

Vgl. oben Teil 1 Abschnitt E. Siehe auch Wiedemann ZGR 1978. 477 (490). 10 Im Ergebnis bereits früher die h.M.: Schilling in Großkommentar § 341 Anm. 5; Wiedemann ZGR 1978, 477 (490); Günther AG 1968, 98 (99); Würdinger, Aktienrecht, § 48 IV C, S. 230; Boettcher/Meilicke § 235 Anm.17; Godin/Wilhelmi § 305 Rdnr. 3. Soweit das Erfordernis der Angemessenheit allerdings damit begründet wurde, die Verschmelzung stelle eine Sacheinlage in die übernehmende Gesellschaft dar, geht dies an der maßgeblichen Begründung vorbei. Die Vorschriften über die Sachgründung dienen nicht dem Schutz der Aktionäre, sondern dem der Gläubiger der Gesellschaft vor einer Unterparieemission; vgl. Nonnenmacher AG 1982, 153 (154). 11 BVerfGE 14, 263 ff.; in der Entscheidung ging es um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der übertragenden Umwandlung der „Feldmühle AG" auf die „AG für Papier- und Zellstoffinteressen". Rechtefolge der Umwandlung war das Ausscheiden der Minderheitsaktionäre gegen eine Abfindung gem. § 12 UmwG. 12 BVerfGE 14, 263 (284). 13 So auch Veith/Börnetein, Umwandlungsgesetz, S. 125. 9

I I . Kriterien der Anteilsbewertung

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I I . K r i t e r i e n der Anteilsbewertung Um zu ermitteln, ob das Umtauschverhältnis angemessen ist, muß zunächst festgestellt werden, wie hoch der Wert der Beteiligung der Aktionäre vor der Verschmelzung war. Danach ist zu ermitteln, welcher Beteiligungswert sich für den Fall der Verschmelzung ergibt. Sodann sind die beiden Werte miteinander zu vergleichen. Es müssen also zwei Anteilswerte ermittelt und miteinander ins Verhältnis gesetzt werden. Bei der Barabfindung ausscheidender Aktionäre braucht dagegen nur der ursprüngliche Aktienanteil in Geld ausgedrückt zu werden. Sie stellt damit gewissermaßen den Grundtypus der Anteilsbewertung dar. I m folgenden soll daher zunächst untersucht werden, wie der Anteils wert im Falle der Barabfindung zu bestimmen ist. Im Abschnitt I I I . soll dann geprüft werden, ob und ggfls. wie die bei der Barabfindung geltenden Grundsätze bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisscis dor Aktien zu modifizieren sind.

1. Grundsätze der W e r t e r m i t t l u n g Die Frage, ob es sich bei der Bewertung eines Anteils überhaupt um ein juristisches oder lediglich um ein rein betriebswirtschaftliches Problem handelt, wird in der Literatur überwiegend im ersten Sinne beantwortet. 1 4 Dagegen hat die Rechtsprechung 15 es bislang abgelehnt, eine Bewertungsmethode als die rechtlich gebotene anzuerkennen. Dies stellt jedoch nur scheinbar einen Widerspruch dar. Da auch auf betriebswirtschaftlicher Ebene die Diskussion über die richtige Bewertung - jedenfalls in Einzelfragen - noch nicht abgeschlossen ist, kann auch rechtlich eine bestimmte Bewertungsmethode nicht verbindlich sein. 16 Dies bedeutet auf der anderen Seite jedoch nicht, daß eine Beurteilung der unterschiedlichen Bewertungsmethoden aus juristischer Sicht zu unterbleiben hätte. So ist es eine juristische Aufgabe, die vorgeschlagenen Methoden auf ihre Vereinbarkeit mit den rechtlich geprägten ewertungszielen und Bewertungsgrundsätzen zu untersuchen.

14

Großfeld, Unternehmensbewertung. S. 8 ff.; Kropff Betrieb 1962, 155; Meilicke, Barabfindung, S. 25. 15 OLG Düsseldorf W M 1984, 732 (733); LG Frankfurt AG 1985, 310 (311). 16 Zutreffend Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 36.

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Teil 2

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

a) Indirekte

Methode

Die Anteilsbewertung kann theoretisch auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen. Die eine Möglichkeit besteht darin, direkt den Wert der Beteiligung des einzelnen Aktionärs zu ermitteln (direkte Methode). 1 7 Die andere denkbare Möglichkeit besteht darin, zunächst den Gesamtwert des Unternehmens festzustellen. Von hier aus kann dann auf den Wert der einzelnen Beteiligung zurückgerechnet werden (indirekte Methode). Von praktischen Schwierigkeiten abgesehen, scheidet eine direkte Ermittlung des Anteilswertes im Aktienrecht auch aus Rechtsgründen aus. Gem. § 305 Abs. 3 A k t G muß die dort zu gewährende Abfindung „die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft berücksichtigen."Hieraus muß geschlossen werden, daß die Anteilsbewertung von der Bewertung des Gesamtunternehmens auszugehen hat. Das folgt auch aus § 305 Abs. 1 A k t G , wonach der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eine 1 8 angemessene Abfindung bestimmen muß. Würde zum Zweck der Abfindung der Wert des Anteils eines jeden Aktionärs getrennt ermittelt, so müßten zwangsläufig mehrere Abfindungen festgesetzt werden. Die Unzulässigkeit der direkten Anteilsbewertung ergibt sich für das Aktienrecht ferner aus dem hier geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz, § 53 a A k t G . Hieraus folgt, daß Aktionäre gleicher Aktiengattungen grundsätzlich nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Das Ausmaß der Rechte hat in der Regel proportional dem Ausmaß der Kapitalbeteiligung zu entsprechen. 19 Eine getrennte Bewertung einzelner Anteile hätte jedoch möglicherweise zur Folge, daß für Aktionäre mit gleichem Aktienanteil unterschiedliche Anteilswerte ermittelt würden. Dementsprechend erfolgt die Anteilsbewertung nach der ganz h . M . 2 0 in Rechtsprechung und Literatur im Wege der indirekten Methode. Ebenso wird in der Bewertungspraxis 21 verfahren. Es ist also zunächst der Gesamtwert der Gesellschaft zu ermitteln, von hier aus kann auf den Wert der Beteiligung zurückgerechnet werden.

17 Für diese Möglichkeit - jedenfalls im Rahmen der Barabfindung eines auscheidenden Gesellschafters gem. § 738 BGB - Wagner/Nonnenmacher ZGR 1981, 674 (677). Also nicht mehrere individuelle Abfindungen! 19 Siehe BGHZ 70,117 (121); Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 53 a Rdnr. 8 Lutter/Zöllner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 53 a Rdnr. 22; G. Hueck, Grundsatz gleichmäßiger Behandlung, S. 202. 20 BGH Betrieb 1967, 854; JZ 1980, 105; W M 1979, 432; OLG Celle AG 1979, 230 (231); Großfeld, Untornehmensbewertung, S. 26 ff.; Wagner, Ausscheiden, S. 161; Helbing, Unternehmensbewertung, S. 439; Klocke WPg 1978, 341. 21 IdW WPg 1980, 409 (414); differenzierend nach dem Bewertungsanlaß: W P Handbuch 1985 (Dörner) S. 1081.

I I . Kriterien der Anteilsbewertung

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b) Bewertung nach subjektiv typisierten Maßstäben Die direkte Methode der Anteilsbewertung geht allerdings von einer zutreffenden Prämisse aus. Diese besteht darin, daß der Wert eines Unternehmens nicht objektiv bestimmt werden kann. Er hängt vielmehr maßgeblich von dem zwischen dem Wirtschaftssubjekt und dem Unternehmen bestehenden Rechtsverhältnis 22 sowie dem Bewertungsanlaß ab. Es muß daher ermittelt werden, welchen Wert das Unternehmen für die beteiligten Aktionäre gerade in der konkreten Bewertungssituation hat. Dabei kann es jedoch, wie dargelegt, nicht auf die Verhältnisse des einzelnen ausscheidenden Aktionärs ankommen. Vielmehr ist auf die Umstände abzustellen, die für alle Aktionäre als typisch gelten können. Hierbei sind die Wertungen des Gesetzes zu berücksichtigen. 23

22 23

Hierzu Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 22. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 25.

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Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

2. D i e verschiedenen Bewertungsmethoden In der Vergangenheit wurden zu der Frage, wie der Wert eines Unternehmens zutreffend zu bestimmmen ist, die unterschiedlichsten Ansichten vertreten, die hier nicht mehr im einzelnen dargestellt zu werden brauchen. 24 I m folgenden sollen nur die grundlegenden Ansätze erläutert werden. a) Ertragswert In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur 2 5 hat sich in den letzten Jahren nahezu einhellig das sog. Ertragswertverfahren durchgesetzt. Maßgeblich für den Unternehmens wert ist danach, welche Ertragsüberschüsse durch das Unternehmen in der Zukunft voraussichtlich erwirtschaftet werden. Der Barwert des Unternehmens ergibt sich durch eine Abzinsung der mittels einer Schätzung ermittelten zukünftigen Uberschüsse auf den Bewertungsstichtag. Bei der Ermittlung des Ertragswertes werden allerdings nur diejenigen Betriebsgegenstände berücksichtigt, die zum Ertrag des Unternehmens beitragen. Daher muß das sog. betriebsneutrale Vermögen gesondert bewertet und dem Ertragswert hinzugerechnet werden. 26 Hierbei handelt es sich um solche „Vermögensteile, die frei veräußert werden könnten, ohne daß davon die eigentliche Unternehmensaufgabe berührt würde und ohne daß dadurch der Ertragswert in seinen eigentlichen Grundlagen Veränderungen erfahren würde." 2 7 Unter neutralem Vermögen sind also Gegenstände zu verstehen, die einen nicht unbeachtlichen Veräußerungswert haben, zum Ertrag des Unternehmens aber nicht oder nur unwesentlich beitragen. 28 Die Berücksichtigung dieser Vermögensgegenstände mit dem Veräußerungswert stellt keinen Widerspruch zur Ertragswertmethode dar, da sich der nöchste Ertrag hier eben aus der Veräußerung ergibt.

24

Im einzelnen etwa Piltz. Unternehmensbewertung, S. 19 ff.; Großfeld, Unternehmenebewertung, S. 28 ff.; Dielmann/König AG 1984, 57 (58 ff.); Bellinger/Vahl, Unternehmensbewertung, S. 49 ff., S. 126 ff.; Hüchting, Abfindung, S. 30 ff. 25 Siehe etwa IdW WPg 1983, 468 (469); WP-Handbuch 1985 (Dörner), S. 1073 1130; Moxter, Grundsätze, S. 75-95; früher schon Albach AG 1966, 180 (184); kritisch dagegen Bellinger/Vahl, Unternehmensbewertung, S. 67 ff. 26 IdW WPg 1983, 468 (474); Großfeld, Unternehmenebewertung, S. 94. ff; Piltz, Unternehmensbewertung, S. 103 ff.; OLG Celle AG 1979, 203 (232 ff); OLG Düsseldorf W M 1984, 732 (733). 27 WP -Handbuch 1985 (Dörner), S. 1081. 28 Vgl. U.E.C.-Entwurf WPg 1977, 679 (680).

I I . Kriterien der Anteilsbewertung

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Das Ertragswertverfahren hat inzwischen auch in der juristischen Literatur 2 9 und in der Rechtsprechung 30 breite Zustimmung gefunden.

b) Substanzwert und Kombinationsmethoden In der älteren Bewertungslehre 31 wurde dagegen dem Substanzwert des Unternehmens ein maßgebliches Gewicht eingeräumt. Das Substanzwertverfahren orientiert sich nicht an dem zukünftigen Erfolg des Unternehmens, ermittelt werden vielmehr die Aufwendungen, die erforderlich wären, um ein gleiches Unternehmen zu errichten. In der Praxis wurden Verfahren angewandt, die einen Mittelwert zwischen Ertrag und Substanz des Unternehmens bildeten. 3 2 In diesem Zusammenhang ist insbesondere das sog. „Stuttgarter Verfahren" zu nennen. Dieses besteht im wesentlichen 33 darin, den nach steuerrechtlichen Bewertungsgrundsätzen ermittelten und korrigierten Substanzwert um den Barwert der während der nächsten fünf Jahre anfallenden „Ubergewinne" 3 4 aufzustocken. Diese Methoden sind abzulehnen. Der Substanzwert des Unternehmens stellt nur einen Teilrekonstruktionswert dar. Er gibt die Summe der notwendigen Auszahlungen an, die erforderlich ist, um die in dem Unternehmen vorhandenen bilanzierungsfähigen Einzelwirtschaftsgüter entsprechend ihrem Abnutzungsgrad wiederzubeschaffen. 35 Bei seiner Ermittlung bleibt dagegen die Werterhöhung durch das Zusammenspiel der bewerteten Einzelgegenstände, die Qualität des Managements sowie der Firmenwert (good will) unberücksichtigt. Der Substanzwert des Unternehmens kommt daher beispielsweise als Richtgröße in Betracht, wenn es ausschließlich darum geht, künftige Produktionsstätten zu beschaffen. Hier wird ein Unternehmer bei rationalem Verhalten nicht mehr zahlen, als er 29 Geßler in Geßler/Hefermehl § 305 Rdnr. 46; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 38 ff.; Gansweid AG 1977, 334; Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 35; Ransch AG 1984, 202, (205, 209); kritisch Zehner Betrieb 1981, 2109 (2111 ff.) mit dem Hinweis, das Ertragswertverfahren sei mit § 287 ZPO nicht zu vereinbaren, da eine ausreichende Tatsachenbasis fehle. Wie noch zu schildern sein wird, beruht das Ertragswertverfahren auf einer genauen Analyse der Vergangenheiteergebnisse, es ist deshalb mit § 287 ZPO vereinbar. 30 OLG Düsseldorf 1984, 732 (733); Betrieb 1988, 1109 (1111); LG Dortmund AG 1982, 257 (258); LG Frankfurt AG 1985, 310 (311); LG Frankfurt BB 1983, 1244; LG Berlin BB 183, 1432. 31 Darstellung bei Großfeld, Bilanzrecht, S. 311 32 Überblick bei Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 33 f. 33 Im einzelnen Moxter Betrieb 1976, 1585; Piltz, Unternehmensbewertung, S. 21. 34 Dies ist der Oberschuß gegenüber der Normalverzinsung des Unternehmenswertes. 35 Sigloch Jura 1987, 584 (587).

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Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

für den identischen Nachbau der „Substanz" ausgeben müßte. 3 6 I m Rahmen einer angemessenen Abfindung sollen die Aktionäre aber für den vollen Unternehmenswert einschließlich der nicht bilanzierungsfähigen Güter entschädigt werden. Hier kann die Berechnung des Unternehmenswertes auf Grundlage des Substanzwertes daher nicht herangezogen werden. Der Substanzwert des Unternehmens kommt auch nicht als Wertuntergrenze bei unrentablen Unternehmen in Betracht. Denn in diesem Fall wird sich niemand finden, der das Unternehmen als Ganzes kauft. Der Wert des Unternehmens ergibt sich hier also aus der Summe der Preise, die sich bei einer Veräußerung der einzelnen Gegenstände des Unternehmens erzielen lassen. Nach Abzug der hierzu erforderlichen Kosten errechnet sich hieraus der für die Bewertung dann maßgebliche Nettoliquidationswert. 37 Aus dem soeben Ausgeführten ergibt sich ferner, daß die erwähnten Kombinationsmethoden abzulehnen sind. Sie modifizieren zwar den Substanzwert, bauen aber letztlich auf ihm auf. Sie können zudem deswegen nicht überzeugen, weil Rekonstrukions- und Ertragswerte zwei unvereinbare Wertkategorien sind, somit eine theoretisch schlüssige Begründung für ihre Kombination nicht gegeben werden kann. 3 8

c) Börsenkurs Zum Teil 3 9 wird der Börsenkurs bei der Ermittlung des Unternehmenswertes für maßgeblich gehalten. Da dieser eindeutig feststellbar sei, sei die Bewertung bei Zugrundelegung des Börsenkurses nicht - wie bei den anderen Bewertungsmethoden - von subjektiven Vorstellungen des Schätzers abhängig. Das Abstellen auf den Börsenkurs wird dagegen von der ganz überwiegenden Ansicht abgelehnt. 40 Er könne schon aus entstehungsgeschichtlichen Gründen nicht herangezogen werden. Die Anordnung in § 305 Abs. 2 Satz 3 AktG, bei der Bewertung sei die „Vermögens- und Ertragslage der 36

Vgl. Moxter, Grundsätze, S. 42. Siehe näher Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 102, 107 - 110. 38 Zutreffend Sigloch Jura 1987. 584 (587). 39 So insbesondere Seisler, Abfindung, S. 149. Verbreitet wax diese Ansicht in der älteren Literatur: vgl. Albach AG 1966, 180 (185); Bussmann, Finanzierungsvorgänge, S. 67; Deutsch, Grundfragen, S. 90; Busse v. Cölbe ZfB 1959, 599 (609); Buwert Wirtschaftstreuhänder 1938, 145 (147); Rieger Wirtschaftstreuhänder 1938, 256 (257). 40 BGH AG 1978,196 (198); OLG Düsseldorf Betrieb 1988,1109; ZIP 1984, 586 (587); Hüchting, Abfindung, S. 40 ff.; Münstermann, Wert und Bewertung, S. 137; Olbrich, Unternehmensbewertung, S. 92; Schumacher Betrieb 1970, 1940 (1942); Würdinger in Großkommentar § 305 Anm. 14; Godin/Wilhelmi § 305 Anm. 3; Dielmann/König AG 1984, 57 (65). 37

I I . Kriterien der Anteilsbewertung

Gesellschaft" zu berücksichtigen, stelle klar, daß der Börsenkurs nicht alleiniger Bestimmungsfaktor der Abfindung sein solle. 41 der Börsenkurs von Zufälligkeiten abhängig und könne durch beeinflußt sein, die mit dem „wahren Wert" des Unternehmens tun hätten. 4 2

51

jedenfalls Zudem sei Vorgänge nichts zu

Dem ist im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zu folgen: aa) Zwar mag es richtig sein, daß der historische Gesetzgeber bei der Neuschaffung des § 305 Abs. 2 Satz 3 A k t G den Börsenkurs als den maßgeblichen alleinigen Bewertungsansatz ausschließen wollte; die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers können jedoch dann, wenn es sich um eine Materie handelt, die sich - wie die Unternehmensbewertung - noch in der Entwicklung befindet, jedenfalls nicht allein maßgebliches Auslegungskriterium einer Vorschrift sein. Auch aus dem Wortlaut der Bestimmung, daß die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft „zu berücksichtigen" 4 3 sei, läßt sich die Unmaßgeblichkeit des Börsenkurses jedenfalls nicht eindeutig ableiten. Die Argumentation, der Börsenkurs korreliere nicht mit dem wahren Wert des Unternehmens, stellt einen Zirkelschluß dar. Sie setzt voraus, daß die Faktoren, die den „wahren Unternehmenswert" bestimmen, bekannt sind. Diese sollen jedoch gerade ermittelt werden. Auch die Tatsache, daß der Börsenkurs durch die Unternehmen manipulierbar und möglicherweise spekulativ überhöht sei, begründet für sich genommen noch nicht dessen Unmaßgeblichkeit für die Unternehmensbewertung. Eine angemessene Abfindung kann sich für einen Aktionär, der die Aktien an der Börse allein zum Zwecke der Spekulation erworben hat, möglicherweise gerade aus der Zugrundelegung des Börsenkurses ergeben. Für seine Interessen ist weniger der langfristige Erfolg des Unternehmens, sondern vielmehr dessen momentaner Kurs an der Börse ausschlaggebend. Würde daher das Gesetz von dem Spekulanten als Leitbild des Aktionärs ausgehen, so käme eine Ermittlung des Unternehmenswertes aufgrund des Börsenkurses durchaus in Betracht. bb) Entscheidend ist, daß das Gesetz ein solches Verhalten nicht als typisch ansieht. Dies ergibt sich bereits aus § 305 A k t G , der dem Anleger im Grundsatz die Möglichkeit gibt, sich durch Umtausch der Aktien an einer vergleichbaren Vermögensmasse zu beteiligen. Das Gesetz geht von dem 41

Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 46; Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 37. 42 Vgl. statt vieler Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 46 f., der auf die von vielen Unternehmen zum Ende des Jahres betriebene „Bilanzkosmetik" hinweist. Der Gesetzgeber hat also nicht angeordnet, daß die Vermögens- und Ertragslage ausschlaggebend sein muß.

52

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

Leitbild des Daueranlegers aus, für den die langfristige Kapitalanlage in dem Unternehmen im Vordergrund steht. Für diesen kann ein angemessener Anteilswert nur gefunden werden, wenn die zukünftige Zahlungsreihe des Unternehmens an ihn ermittelt wird. Damit ist die Bewertung des Unternehmens anhand des Börsenkurses nicht vereinbar. 44 I m Ergebnis ist es auch den Aktionären, die die Aktien aus Spekulationszwecken erworben haben, zuzumuten, daß die Abfindung aufgrund einer Bewertungsmethode ermittelt wird, die ihre Interessen nicht in vollem Umfang berücksichtigt. Wer Aktien zu Spekulationszwecken erwirbt, muß grundsätzlich damit rechnen, Kursverluste zu erleiden. Ein Vertrauensschutz ist insoweit nicht gegeben. 45

d) Schlußfolgerungen Die Unternehmensbewertung zum Zweck der Ermittlung einer angemessenen Abfindung hat somit nach dem Ertragswertverfahren zu erfolgen. Letzlich bildet auch die Annahme des Liquidationswertes als Wertuntergrenze hiervon keine Ausnahme. Denn auch dieser stellt im Grunde einen Ertragswert dar, nämlich die Aussicht, durch die Veräußerung in Zukunft einen Liquidationserlös zu erzielen. 46 3. D i e E r m i t t l u n g des Ertragswertes Die Ermittlung Grundsätzen:

des

Ertragswertes

erfolgt

nach

den

folgenden

a) Ertrags Überschußrechnung Der zukünftige Erfolg eines Unternehmens ergibt sich aus dem Überschuß zwischen den künftigen Einnahmen und Ausgaben (Einnahmeüberschuß). Einnahmen sind sämtliche Geschäftsvorfälle, die zu einer Erhöhung, Ausgaben sind solche, die zu einer Verringerung des Geld Vermögens führen. Das Geldvermögen seinerseits wird definiert als Summe aus Zahlungsmittelbestand (Kassenbestände und jederzeit verfügbares Bankguthaben) und Bestand an sonstigen Geldforderungen 44

Vgl. hierzu näher Hüchting, Abfindung, S. 44; Bachelin, Minderheitenschutz, S. 37; Sieben AG 1966, 6 (11). 45 Ebenso Hüchting, Abfindung, S. 46 f.; aus dem gleichen Grund kann der Börsenkurs auch nicht als Wertuntergrenzen für die Abfindung herangezogen werden. 46 Ähnlich Großfeld, Unternhemensbewertung, S. 110.

I I . Kriterien der A n t e i l e w e r t u n g

53

abzüglich des Bestandes der Geldverbindlichkeiten. 47 Die Ermittlung aller zukünftigen Einnahmeüberschüsse stößt jedoch praktisch auf erhebliche Schwierigkeiten. 48 Zudem stehen keine entsprechenden Vergangenheitsergebnisse zur Verfügung 4 9 , da die Buchhaltung der Unternehmen auf Ertrags- und Aufwandsberechnungen aufbaut. Dementsprechend wird zur Messung des Zukunftserfolges nicht der Uberschuß der Einnahmen über die Ausgaben, sondern der Uberschuß der Erträge über die Aufwendungen herangezogen (Ertragsüberschußrechnung). 50 Erträge sind solche Vorgänge, die zu einer Erhöhung des Reinvermögens des Unternehmens führen; Aufwand sind Geschäftsvorfälle, die zu dessen Verringerung beitragen. Das Reinvermögen wird definiert als Summe aus Geldvermögen und Sachvermögen abzüglich des Bestandes an Verbindlichkeiten. Uber die Totalperiode betrachtet sind Einnahme- und Ertragsüberschuß im wesentlichen identisch. Differenzen zwischen Ertrag und Einnahmen sowie zwischen Aufwand und Ausgaben können nur in zeitlicher Hinsicht auftreten. 51 Dies kann zwar zu positiven oder negativen Zinswirkungen führen, wird aber in einer Finanzbedarfsrechnung berücksichtigt. Der danach noch verbleibende Unterschied kann vernachlässigt werden. 52

b) Vergangenheitsergebnisse Die Schätzung des Zukunftserfolges des Unternehmens erfolgt auf Grundlage der in den letzten Jahren erzielten Vergangenheitsergebnisse. 53 Hierbei können nicht die in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Beträge übernommen werden; die dortigen Zahlen müssen vielmehr um 47

Vgl. Wöhe, BWL, 6. Abschnitt, A. II. 2. Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 38. 49 Sigloch Jura 1987, 584 (588). 50 Zu dem Unterschied zwischen Ein nah me/Er trag und Ausgabe/Aufwendung vgl. Wöhe, BWL, 6. Abschnitt, A. II. 3. 51 Deutlich wird dies am Beispiel der Abschreibung: Kauft ein Unternehmen einen Gegestand im Wert von 100.000 DM, so stellt dessen Bezahlung eine Ausgabe dar, da sich das Geldvermögen um den gezahlten Betrag verringert. Ein Aufwand liegt dagegen nicht vor, da der Erhalt des Sachwertes den Verlust der 100.000 DM kompensiert. Wird nun der Gegenstand im Laufe von 10 Jahren um jeweils 10.000 D M abgeschrieben, so bedeutet diese pro Jahr einen Aufwand in dieser Höhe, da sich der Wert des Sachvermögens entsprechend verringert. Nach 10 Jahren betragen daher Aufwand und Ausgaben 100.000 DM. 52 So IdW WPg 1980, 409 (410); WP-Handbuch 1985 (Dörner) S. 1089-1092; Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 31; Beispiele bei Olbrich, Unternehmensbewertung, S. 43. 53 Näher Großfeld, Unternehmenebewertung, S. 52 ff. 48

54

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

einmalige, außerordentliche Ereignisse korrigiert werden. Die Folgen von BilanzierungsWahlrechten sind zu berücksichtigen. Die ermittelten Werte sind hinsichtlich ihrer Relevanz für den zukünftigen Erfolg zu gewichten.

c) Die Schätzung des Zukunftserfolges Die so gewonnenen Ergebnisse sind mit Hilfe von Prognoserechnungen so weit wie möglich in die Zukunft zu verfolgen. Erforderlich ist eine Erfolgsanalyse einzelner Produktionsbereiche. Absehbare Entwicklungstendenzen bei den Aufwendungen (z.B. Lohnsteigerungen) sind zu berücksichtigen. Hierbei sind auch die Planungsrechnungen des Unternehmens mit heranzuziehen. aa) Eine verläßliche Schätzung der Zukunftserfolge ist nur für einen begrenzten Zeitraum möglich. 5 4 Nach den Vorschlägen des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des Instituts der Wirtschaftsprüfer 55 und der Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers 56 erfolgt die Bewertung daher in drei Phasen: In Phase 1, die die ersten drei Jahre umfaßt, kann eine individuelle Detailprognose für jedes Jahr erstellt werden. In Phase 2, die weitere maximal fünf Jahre umfaßt, werden nur noch die Trends der Entwicklung in der Phase 1 berücksichtigt. Es wird eine jährlich durchschnittlich zu erhaltende Erfolgsziffer ermittelt. Für die danach folgende Phase 3 ist nur noch eine grobe Schätzung auf Grundlage der End werte von Phase 2 möglich. bb) Ermittelt werden muß der sog. ausschüttbare Erfolg. Dies sind alle nachhaltig entziehbaren Geldüberschüsse. Hierunter sind solche Beträge zu verstehen, die ausgeschüttet werden können, ohne daß hierdurch eine Verminderung der Substanz des Unternehmens eintritt. Da bei der Berechnung der Abfindung vom „ewigen" Fortbestand des Unternehmens ausgegangen wird, muß dessen Substanz erhalten bleiben. Nur so werden ausscheidende und in der Gesellschaft bleibende Gesellschafter gleichbehandelt. Auf der anderen Seite muß bei der Bewertung davon ausgegangen werden, daß sämtliche Gewinne einer Periode an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Diese Vollausschüttungsthese ist - obwohl sie nicht der Realität entspricht - gerechtfertigt, da die einbehaltenen Gewinne Quelle für spätere Mehrausschüttungen sind, an der die Ausscheidenden nicht mehr teilnehmen. 57 54 55 56 57

Zutreffend Helbing, Unternehmensbewertung, S. 51. IdW WPg 1980, 409 (411). U.E.C.-Entwurf WPg 1977, 679 (681). Vgl. Großfeld, Unternehmenebewertung, S. 118.

I

Kriterien der Anteilsbewertung

55

cc) Problematisch ist, wie Synergieeffekte bei der Abfindung zu berücksichtigen sind. Hierunter werden Verbundvorteile verstanden, die durch den Zusammenschluß der Unternehmen entstehen. Die Konzernierung kann dazu führen, daß der Wert beider Unternehmen nach dem Abschluß des Vertrages größer ist als die Summe der Werte der Unternehmen vor Abschluß des Vertrages. 58 (1) I n Literatur und Rechtsprechung wird die Frage, wie Verbundvorteile bei der Abfindung zu behandeln sind, kontrovers beurteilt. 5 9 Die Rechtsprechung hat sich überwiegend gegen die Berücksichtigung ausgesprochen. § 305 Abs. 2 Satz 3 A k t G stelle nur auf die Verhältnisse der beherrschten Gesellschaft ab. Sonstige Vorteile seien nicht zu beachten. In der Literatur wird die Berücksichtigung zum T e i l 6 0 abgelehnt, zum T e i l 6 1 befürwortet. (2) Es ist der Auffassung zuzustimmen, die die Einbeziehung der Synergieeffekte berücksichtigt. Hätte der Ausscheidende seinen Anteil freiwillig verkauft, so hätte er einen Preis erzielen können, der die künftigen Vorteile für das Unternehmen berücksichtigen würde. Daher können bei einem zwangsweisen Ausscheiden die Verbundvorteile erst recht nicht zu Gunsten der in der Gesellschaft verbleibenden Mehrheit gehen. 62 Würden die Verbundvorteile allerdings nur zugunsten der ausscheidenden Aktionäre berücksichtigt, so würden diese nicht gerechtfertigte Vorteile erhalten. Angemessen wäre vielmehr, die Verbundeffekte entsprechend dem Grad der Verursachung zwischen den Beteiligten aufzuteilen. 63 Hierfür stehen jedoch keine empirischen Methoden zur Verfügung. 64 Es bleibt daher nur, die Verbundeffekte hälftig oder entsprechend dem Verhältnis der Ertragswerte der Unternehmen zu teilen. Die zweite Methode dürfte dabei dem Grad der Verursachung eher entsprechen als die schematische hälftige Teilung. Die Synergieeffekte sind daher im Regelfall im Verhältnis der Ertragswerte aufzuteilen.

58 59

Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 123: „2+2=5". Übersicht über den Meinungsstand bei Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 124

ff. 60

Kropff Betrieb 1962, 155 (158). Lutter ZGR 1979, 401 (418); Gansweid AG 1977, 334 (339); Drukarczyk AG 1973, 357 (360 f.); Matschke, Funktionale Unternehmensbewertung, S. 203. 62 Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 126. 63 So auch Großfeld, Unternehmenebewertung, S. 127; einen Überblick über die vertretenen Theorien gibt Ossandnik Betrieb 1985, 1953 (1956 f.). 64 Vgl. hierzu Ossandnik Betrieb 1985, 1953 (1957). 61

56

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

d) Die Kapitalisierung

der Erfolge

Um den Barwert des Unternehmens zu ermitteln, muß die ermittelte Erfolgsreihe kapitalisiert werden. Dies erfolgt durch Abzinsung der Erfolge auf den Bewertungsstichtag. Der Barwert des Unternehmens ist für den Eigner mit der Summe identisch, die er aufwenden müßte, um in Zukunft bei einer alternativen Anlagemöglichkeit die gleichen Ertragsüberschüsse zu erzielen wie in dem Unternehmen. Da nicht bekannt ist, welche andere Anlagemöglichkeit ein ausscheidender Aktionär wählen würde, stellt man für die Höhe des Zinssatzes im Grundsatz 6 5 auf den sog. „landesüblichen Zinssatz" ab, der sich bei einer Anlage in jedermann zugänglichen Kapitalmarktpapieren ergibt. Geht man vereinfachend davon aus, daß das Unternehmen eine unendliche Reihe gleicher wirtschaftlicher Erfolge erzielt, so erfolgt die Abzinsung nach der Formel: 11-1\ Jahresertragsüberschuü(J) Ertragswert(E) = ——. ,, . ^r : Κ apitalisierung s zinssatz (t) Da der Zinssatz im Nenner des Terms steht, ergibt sich ein umso größerer Barwert des Unternehmens, je niedriger der Zinssatz ist. Die Kontrollüberlegung zeigt, daß dies Ergebnis richtig ist: Je geringer der Zinssatz, desto mehr Geld muß der Aktionär bei einer alternativen Anlagemöglichkeit aufwenden, um den gleichen Erfolg wie in dem Unternehmen zu erzielen. Dabei können durch relativ geringe Zinsschwankungen erhebliche Änderungen des Ertrags wertes entstehen. Beträgt beispielsweise der Wert der einzelnen Ertragsüberschüsse pro Jahr 1 Mio D M , so ergibt sich bei einem Zinsfuß von 10% ein Ertragswert von 10 Mio D M , ist der Zinsfuß dagegen 8%, so errechnet sich ein Ertragswert von 12.500.000 D M . Die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes hat somit entscheidenden Einfluß auf die Höhe der Abfindung.

e) Vom Ertragswert

zum Gesamtwert und Anteilswert

Der Gesamtwert des Unternehmens ergibt sich durch Addition des Ertragswertes und des Wertes des betriebsneutralen Vermögens. Aus dem Gesamtwert läßt sich der jeweilige Wert des Anteils eines Aktionärs ermitteln. Der Wert einer Aktie berechnet sich nach der folgenden Formel: UW · NW a

w

=

—gk~-

65 Siehe zu anderen Ansatzpunkten sowie zur Notwendigkeit von Zu- und Abschlägen zum landesüblichen Zinssatz Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 77 ff., ferner OLG Düsseldorf Betrieb 1988, 1109 (1111 f.).

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

57

Dabei ist AW der tatsächliche Aktienwert, UW der Unternehmenswert, NW der Nennwert der Aktie und G Κ das Grundkapital der Gesellschaft. Beträgt der gesamte Unternehmenswert also beispielsweise 2.000.000 D M und das Grundkapital 500.000 D M , so hat eine 100 D M Aktie einen tatsächlichen Wert von 400 D M . Die Abfindung ist dann „voll" und damit angemessen, wenn der ausscheidende Aktionär für je eine 100 D M Aktie 400 D M erhält.

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses Bei der Verschmelzung muß das Verhältnis der Werte von aufnehmender und übertragender Gesellschaft ermittelt und miteinander ins Verhältnis gesetzt werden. Das scheint auf den ersten Blick zu einer doppelten Bewertungsaufgabe zu führen. Möglicherweise wird die Bewertung aber auch erleichtert. Da nur die Relation der Unternehmenswerte für das Umtauschverhältnis entscheidend ist, kommt es auf ihren absoluten Wert nicht an. Er braucht somit möglicherweise nicht ermittelt zu werden. Es ist daher zu prüfen, ob die oben dargestellten Bewertungsgrundsätze modifiziert werden können. 1. W a h l der Bewertungsmethode Veränderungen ergeben sich möglicherweise schon bei der Wahl der Bewertungsmethode: a) Meinungsstand So hat das OLG Düsseldorf in einem Beschluß aus dem Jahre 1976 66 gebilligt, daß der Sachverständige bei der Ermittlung einer Abfindung in Aktien nach § 305 A k t G „anstelle der mit erheblich höherem Zeit- und Kostenaufwand verbundenen betriebswirtschaftlichen Methoden für die Unternehmensbewertung ein im Hinblick auf die Wertberücksichtigung des Grundbesitzes, der Beteiligungen und der Wertpapiere modifiziertes steuerliches Verfahren zur Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entsprechend dem Stuttgarter Verfahren" angewandt hat. Die Entscheidung hat in der juristischen Literatur 6 7 Zustimmung gefunden. Da nur 66

OLG Düsseldorf W M 1977, 797 (799). Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 46; Krieger in Münchener Handbuch § 70 Rdnr. 81; zutimmend auch Piltz, Unternehmensbewertung, S. 70; kritisch gegen dieses Verfahren dagegen Moxter Betrieb 1976, 1585 (1587 ff.). 67

58

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

das Wert Verhältnis der Unternehmen, nicht aber deren jeweiliger absoluter Wert ermittelt werden müsse, könne das vereinfachte Verfahren gewählt werden.

b) Stellungnahme Dem kann nicht zugestimmt werden. Für die Ermittlung des Umtauschverhältnisses bei § 305 A k t G oder bei der Verschmelzung können grundsätzlich keine anderen Bewertungsgrundsätze gelten als für den Fall der Barabfindung nach § 305 AktG. Das Interesse des „typischen" Aktionärs der übertragenden Gesellschaft ist darauf gerichtet, an der übernehmenden Gesellschaft in dem Umfang beteiligt zu werden, daß die dort zu erwartende zukünftige Zahlungsreihe derjenigen in der alten Gesellschaft mindestens entspricht. Entsprechendes gilt für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft. Die Zahlungsreihe kann aber nur im Wege des Ertragswertverfahrens ermittelt werden. Insoweit gelten die zur Barabfindung angestellten Überlegungen entsprechend. Ein modifiziertes „Stuttgarter Verfahren" zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses könnte daher nur dann akzeptiert werden, wenn sichergestellt wäre, daß sich bei Anwendung dieses Verfahrens hinsichtlich der Relation der Unternehmenswerte keine Veränderungen gegenüber dem Ertragswertverfahren ergeben. Ein Nachweis hierfür ist jedoch keineswegs erbracht. I m Gegenteil dürfte das „Stuttgarter Verfahren" regelmäßig zu anderen Wertrelationen führen. So wird hier ein Unternehmen mit geringer Substanz, aber hohem Ertrag gegenüber einem solchen mit einem im Verhältnis zum Ertrag hohen Substanzwert benachteiligt. Auf das „Stuttgarter Verfahren" kann daher auch bei der Ermittlung der Wertrelation zweier Unternehmen nicht zurückgegriffen werden. Es ist vielmehr die Ertragswertmethode anzuwenden. In der Praxis der Unternehmensbewertung wird inzwischen auch weitgehend so verfahren. 68

2. Bedeutung des Kapitalisierungszinsfiißes Ergeben sich somit bei der Wahl der Bewertungsmethode keine Unterschiede, so kann jedoch möglicherweise das Ertragswertverfahren selbst vereinfacht werden. Das betrifft zunächst die Bedeutung des Kapitalisierungszinsfußes.

68

Vgl. den Sachverhalt von OLG Düsseldorf ZIP 1984, 586.

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

59

a) Rechtsprechungsübersicht aa) M i t dieser Präge hatte sich im Jahre 1984 das OLG Düsseldorf 69 zu befassen. I n dem dortigen Verfahren machten die Antragsteller geltend, die ihnen gewährte Abfindung in Aktien sei unangemessen niedrig, da der Kapitalisierungszinsfuß mit 10 % zu hoch angesetzt worden sei. Das Gericht maß dieser Frage geringe Bedeutung zu, da hier der absolute Wert der Unternehmen nicht entscheidend sei. 70 Im übrigen glaube es auf das Vorbringen deswegen nicht näher eingehen zu müssen, da die Sachverständigen bei einem Zinsfuß von 8% ein für die Antragsteller ungünstigeres 71 Ergebnis errrechnet hätten. bb) Unter Hinweis auf diese Entscheidung verneinte das L G Mannheim 7 2 die Relevanz des Kapitalisierungszinssatzes für die Höhe des Umtauschverhältnisses völlig. Sei bei beiden Unternehmen der gleiche Kapitalisierungszinssatz angewandt worden, so spiele dessen Höhe für das Ergebnis keine Rolle. Da Kapitalisieren bedeute, eine bestimmte Rechnungsgröße mit dem reziproken Wert eines Zinsfußes zu multiplizieren, ergebe sich, daß bei gleichen Zinsfuß die zu vergleichenden Rechnungsgrößen immer im gleichen Verhältnis zueinander blieben. Das Umtauschverhältnis hänge somit nicht von der Höhe des Kapitalisierungszinsfußes a b . 7 3 b) Stellungnahme Die Auffassung des L G Mannheim kann jedenfalls nicht in allen Fällen zutreffend sein. Dies ergibt sich bereits aus dem vom OLG Düsseldorf beurteilten Sachverhalt. Hier wurden bei Ansatz unterschiedlicher Kapitalisierungszinssätze unterschiedliche Wertrelationen ermittelt. aa) Zuzutreffen scheint die Annahme des L G Mannheim allerdings für den Fall, daß für die Unternehmen jeweils eine gleichbleibende Reihe von 69

OLG Düsseldorf ZIP 1984, 586. OLG Düsseldorf ZIP 1984, 586 (588): andere, allerdings ohne Begründung, jetzt möglicherweise OLG Düsseldorf Betrieb 1988, 1109 (1111): Hier ging es um die Frage der Abfindung in Aktien gem. § 320 Abs. 5 Satz 2 AktG bei der Eingliederung; das Gericht hielt die Berechnung des Kapitalisierungszinsfußes nicht für verzichtbar. 71 Wie die Sachverständigen bei einem niedrigeren Zinssatz auf ein ungünstigeres Abfindungsergebnis gekommen sind, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht. Nach den oben Abschnitt II. 3. b) erläuterten Grundsätzen ist die Abfindung umso höher je niedriger der Zinfisfuß ist. Nach den Urteilsgründen soll sich deshalb bei einem Zinsfuß von 6% oder 7% auch wieder ein höherer Abfindungsbetrag ergeben. 72 LG Mannheim ZIP 1988, 773 (776); zustimmend Marsch-Barner WuB I I A. § 340 a AktG 1.88; insoweit kritisch Müller EWiR $ 340 a AktG $ 340 a AktG 1/88, 950. 73 Ebenso LG Frankfurt EWiR § 304 AktG 1/87, S. 843 (Ebenroth) = W M 1987, 559. 70

Teil 2 : A. Dae angemessene Umtauschverhältnis

60

zukünftigen Erfolgen ermittelt wurde. In diesem Fall lautet die Formel für die Errechnung der Ertragswerte der Unternehmen 74 : s = ^ %

Das Verhältnis der Ertragswerte ergibt sich dann aus der Gleichsetzung der für beide Unternehmen geltenden Formel: J\ __ χ · J2 i

i

Löst man die Formel nach dem Umrechnungsfaktor χ auf, so ergibt sich: J\ · i χ

=

J2 · i

Der Kapitalisierungsfaktor i kann aus dieser Gleichung herausgekürzt werden. Er scheint für die Frage der Wertrelation keine Rolle zu spielen:

χ

=

τ

bb) Das Umtauschverhältnis der Aktien errechnet sich jedoch nicht aus dem Verhältnis der Ertragswerte der Unternehmen, sondern aus dem Verhältnis der Gesamtwerte (Ertragswert + Wert des betriebsneutralen Vermögens). Wie folgendes Beispiel zeigt, kann der Kapitalisierungszinsfuß daher durchaus eine Rolle für das Umtauschverhältnis spielen. Angenommen, die jährlichen Ertragsüberschüsse zweier verschmelzender Unternehmen betragen 1 Mio und 2 Mio DM. Der Wert des betriebsneutralen Vermögens beträgt bei beiden Gesellschaften jeweils 1 Mio D M . Bei Zugrundelegung eines Kapitalisierungszinssatzes von 10% ergibt sich als Ertragswert für die erste Gesellschaft 10 Mio D M , für die zweite Gesellschaft 20 Mio D M . Hinzuzuziehen sind die Werte des betriebsneutralen Vermögens. Das Verhältnis der Unternehmenswerte beträgt damit 11 zu 21 oder 1 zu 1,91. Geht man dagegen von einem Zinssatz von 5% aus, betragen die Ertragswerte der Unternehmen 20 Mio bzw. 40 Mio D M . Das Verhältnis der Gesamtunternehmenswerte beläuft sich damit auf 21 zu 41 oder 1 zu 1,95. Die Wahl des Kapitalisierungszinsfußes wirkt sich daher jedenfalls dann auf das Wertverhältnis der beteiligten Unternehmen aus, wenn betriebsneutrales Vermögen von nicht ganz unbedeutendem Umfang zu berücksichtigen ist. 74

Vgl. oben Abschnitt II. 3. d).

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

61

cc) Selbst wenn man aber von der Bewertung des betriebsneutralen Vermögens absieht, hat die Wahl des Kapitalisierungszinsfußes im Regelfall Auswirkungen auf das Wert Verhältnis der Unternehmen. Die obige 7 5 Berechnung ging nämlich davon aus, daß die Unternehmen eine gleichbleibende Reihe von Zukunftserfolgen erwirtschaften. Das ist jedoch nur selten der Fall. Wie oben 7 6 dargestellt wurde, sind im Rahmen des Ertragswertverfahrens nicht für jedes Jahr gleiche Zukunftserfolge anzusetzen. In den ersten Phasen muß vielmehr für jedes Jahr ein gesonderter Ertrag errechnet werden. Erst in der dritten Phase der Bewertung kann von einem pauschalen Wertansatz ausgegangen werden. Ermittelt man die Ertragsüberschüsse auf diese Weise, so können durch die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes erhebliche Differenzen in den Wertrelationen der beteiligten Gesellschaften auftreten. Dies soll im folgenden an einem Beispiel erläutert werden: (1) Die Ertragsüberschüsse des aufnehmenden Unternehmens 1 und des übertragenden Unternehmens 2 sehen wie folgt aus:

Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 ab 9

Unternehmen 1 100.000,00 100.000,00 100.000,00 150.000,00 200.000,00 250.000,00 300.000,00 300.000,00 300.000,00

Unternehmen 2 100.000,00 100.000,00 50.000,00 50.000,00 25.000,00 20.000,00 20.000,00 20.000,00 20.000,00

Zur Ermittlung der Ertragswerte muß zunächst der Erfolg der Jahre 18 einzeln auf den Bewertungsstichtag abgezinst werden. Dies erfolgt nach der Formel 7 7 : Κ =

K t

(1 + »)'

Hierbei ist Κ der gesuchte Barwert, t das jeweilige Jahr, K t der Ertragsüberschuß des jeweiligen Jahres und i der Kapitalisierungszinssatz. 75 76 77

Oben aa). Vgl. oben Abschnitt II. 3. c) aa). Vgl. Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 72.

62

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

Die Erfolgsreihe ab dem 9. Jahr muß nach der Formel:

i kapitalisiert werden. Der so gefundene Wert bezieht sich auf den Beginn des 9. Jahres ( = Ende des 8. Jahres). Er ist daher nach der Formel:

auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Führt man die vorstehenden Rechenoperationen durch, so ergeben sich bei Ansatz eines Zinsfußes von 10% folgende Ertragswerte:

Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 ab 9

Unternehmen 1 90.909,09 82.644,63 75.131,48 102.452,02 124.184,26 141.118,48 153.947,44 139.952,21 1.399.522,14

Unternehmen 2 90.909,09 82.644,63 37.565,74 34.150,67 15.523,03 11.289,48 10.263,16 9.330,15 3.301,48

Gesamt

2.309.861,75

384.977,43

Es ergibt sich somit ein Verhältnis der Ertragswerte von 6,00 zu 1.

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

63

Wird ein Kapitalisierungszinssatz von lediglich 5% zugrundegelegt, so ergibt sich folgendes Bild:

Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 ab 9

Unternehmen 1 95.238,10 90.702,95 86.383,76 123.405,37 156.705,23 186.553,85 213.204,40 203.051,81 4.061.036,17

Unternehmen 2 95.238,10 90.702,95 43.191,88 41.135,12 19.588,15 14.924,31 14.213,63 13.536,79 270.735,74

Gesamt

5.216.281,64

603.266,67

Es ergibt sich damit ein Verhältnis der Ertragswerte von 8.65 zu 1. I m Falle eines Kapitalisierungszinssatzes von 10% würden die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft also nur knapp 70% dessen erhalten, was sie bei Ansatz eines Zinsfußes von 5% erhalten würden. (2) Dieses Ergebnis ist wie folgt zu erklären: In der bereits oben genannten Formel zur Abzinsung der einzelnen Jahresergebnisse steht die jeweils maßgebliche Jahreszahl im Nenner als Potenz.

Die Bedeutung des Kapitalisierungszinsfußes für das Ergebnis nimmt also mit dem Ansteigen der Jahre überproportional zu. Dies wird deutlich, wenn man die jeweiligen Ergebnisse für das erste und das achte Jahr miteinander vergleicht. Für das erste Jahr ergeben sich bei der Kapitalisierung der Erfolge des Unternehmens 1 Werte von 90.909, 09 (10 %) und 95.238,10 (5 % ) . 7 8 Für das achte Jahr ergeben sich Werte von 139.952, 21 (10 %) und 203.051, 81 (5 % ) . 7 9 Während sich der Kapitalisierungszinsfuß im ersten Jahr kaum auswirkt, hat er im achten Jahr eine große Bedeutung. Hieraus folgt: Nehmen die wirtschaftlichen Erfolge eines Unternehmens im Laufe der 78 79

Das entspricht einem Verhältnis von 1 zu 1,05. Das entspricht einem Verhältnis von 1 zu 1,45.

64

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhltnis

Zeit z u 8 0 , so wirkt sich der Kapitalisierungszinsfuß auf das Gesamtergebnis stärker aus als bei einem Unternehmen, dessen Erfolge im Laufe der Zeit abnehmen 81 . So beträgt das Verhältnis der Ergebnisse für die unterschiedlichen Kapitalisierungszinssätze bei dem Unternehmen 1 des Beispiels 1 zu 2,26; bei dem Unternehmen 2 des Beispiels dagegen nur 1 zu 1,57. Man kann hieraus die Regel ableiten, daß der Kapitalisierungszinsfuß für die Höhe des Umtausch Verhältnisses umso mehr Bedeutung hat, je gegenläufiger die Entwicklungen der beteiligten Unternehmen sind. Eine gegenläufige Tendenz der Gewinnerwartungen wird jedoch gerade bei der Verschmelzung häufig sein. Diese Situation t r i t t beispielsweise dann auf, wenn an der Fusion eine wirtschaftlich erfolgreiche und eine schwache Gesellschaft beteiligt sind. Auf die angemessene Festlegung des Kapitalisierungszinsfußes ist daher bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses mit ebensolcher Sorgfalt zu achten, wie bei der Bestimmung einer Barabfindung. 3. D i e E r m i t t l u n g des Kapitalisierungszinsfußes Bei der aktienrechtlichen Barabfindung ergibt sich die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes im Grundsatz aus der Höhe des „landesüblichen Zinssatzes", da dieser bei der „typischen"alternativen Anlagemöglichkeit erzielt würde. Der Ansatz des landesüblichen Zinssatzes ist hier gerechtfertigt, da nicht feststeht, welche alternative Anlagemöglichkeit der Aktionär wählt.82 Anders ist dies bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses. Hier haben die Aktionäre nur die Wahl zwischen der Beteiligung in den alten Gesellschaften ohne Verschmelzung und der Beteiligung in der verschmolzenen Gesellschaft. Die alternative Anlagemöglichkeit steht hier also fest. Hieraus könnte man folgern, daß bei der Bestimmung des Unternehmenswertes von übertragender und übernehmender Gesellschaft als Alternativzinssatz die Verzinsung des Kapitals in der verschmolzenen Gesellschaft herangezogen werden müsste. Die Verzinsung in den Gesellschaften würde so direkt gegenübergestellt. Ein isolierter Vergleich des Erfolges zweier Unternehmen könnte jedoch nur dann erfolgen, wenn es lediglich auf die Summe der zu erwartenden Gewinne ankäme. Für die Beurteilung des Wertes eines Unternehmens kommt es aber nach der Verkehrsanschauung entscheidend darauf an, wann die zukünftigen Erfolge erzielt werden. So bedeutet ein geringerer Gewinn in 80 81 82

Im Beispiel beim Unternehmen 1. Im Beispiel das Unternehmen 2. Vgl. oben Abschnitt II. 3. d).

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

65

kurzer Zeit für die Gegenwart möglicherweise mehr als ein größerer Gewinn in ferner Zukunft. In welchem Verhältnis Höhe des Gewinns und dessen zeitliches Eintreten auf den Wert des Unternehmens Einfluß nehmen, beurteilt sich im Rechtsverkehr nach dem allgemeinen Kapitalmarktzins. Je höher der Zinssatz ist, desto weniger ist ein Gewinn in ferner Zukunft im Vergleich zum kurzfristigen Gewinn wert. Der Vergleich des Erfolges zweier Unternehmen kann daher nicht ohne Berücksichtigung des allgemeinen Kapitalmarktzinses erfolgen. Auch hier muß daher zunächst der Wert des jeweiligen Unternehmens unter Berücksichtigung des alternativen landesüblichen Zinssatzes ermittelt werden. Erst dann können beide Werte zueinander in Relation gesetzt werden. 4. D e r Einfluß von Synergieeffekten In der bereits mehrfach angeführten Entscheidung nimmt das OLG Düsseldorf 83 auch zu der Frage der Berücksichtigung von Synergieeffekten Stellung. In den Fällen, in denen statt einer Barabfindung eine Abfindung in Aktien der Obergesellschaft erfolge, stelle sich das Problem der Berücksichtigung der Verbund vorteile „möglicherweise nur in modifizierter Form." Da die abzufindenden Aktionäre an der Obergesellschaft beteiligt würden, partizipierten sie letztlich an den Ver bund vorteilen, gleichgültig, ob diese in die Rechnung mit einbezogen würden. Diese Auffassung ist im Ansatz zutreffend. Werden die Synergieeffekte bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses außer Betracht gelassen, so erfolgt ihre Aufteilung im Verhältnis der Unternehmenswerte der Unternehmen. 84 Dies wird deutlich, wenn man sich die Ermittlung des Umtausch Verhältnisses aus den Unternehmens werten näher ansieht. Das Umtauschverhältnis der Aktien ist dann angemessen, wenn sich die Aktionäre der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft nach der Verschmelzung nicht schlechter stehen als ohne die Verschmelzung. 85 Mathematisch verfährt man bei der Ermittlung des Umtaubchverhältnisses daher so, daß man in einer ersten Stufe aus der Sicht einer jeden Gesellschaft ein Grenzumtauschverhältnis ermittelt, bei dem die Aktionäre der jeweiligen Gesellschaft keinen Verlust erleiden. Aus diesen beiden Werten kann dann in einer zweiten Stufe das Umtauschverhältnis errechnet werden. 86

83

OLG Düsseldorf ZIP 1984, 586 (590). Vgl. Nonnenmacher AG 1982, 153 (157). 85 Vgl. oben Abschnitt I. 2. b). 86 Kritisch zu der Ermittlung des Umtauschverhältnisses in diesen zwei Phasen Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 21, mit dem Hinweis, der Entscheidungswert sei ein 84

66

Teil 2 : A. Dae angemessene Umtauschverhältnis

a) Grenzumtauschverhältnis

für übernehmende Gesellschaft

Die Voraussetzung, daß die Verschmelzung nicht zu einer Verschlechterung der Vermögensposition der Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft führen darf, läßt sich durch folgende Formel 8 7 ausdrücken: W A ex ante — W A ex post

(A.1)

Wa ex ante stellt dabei den Wert der Aktien der übernehmenden Gesellschaft 88 ohne Verschmelzung, Wa ex post den Wert bei der Verschmelzung dar. aa) Der tatsächliche Wert einer Aktie ohne Verschmelzung ergibt sich, wenn man den Unternehmenswert (UWA) durch die Anzahl (α) der vorhandenen Aktien teilt: W A ex ante —

(A.2)

a

bb) Bei der Ermittlung des Wertes einer Aktie nach der Verschmelzung ist zu berücksichtigen, daß der Unternehmenswert um den Wert der übertragenden Gesellschaft (UWß) steigt. Zusätzlich erhöht sich der Unternehmenswert um möglicherweise auftretende Synergieeffekte ( S ) . 8 0 Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, daß sich die Anzahl der Aktien im Zuge der Verschmelzung um den Betrag a' erhöht. Es ergibt sich damit die Gleichung: Wa ex post —

α + α

.

(A.3)

Für den Ausdruck o! kann unter Berücksichtigung der Definition des Umtauschverhältnisses 90 UA = j

(A.4)

subjektiver, der Einigungswert dagegen ein intersubjektiver, parteienbezogener Wert. Das beruht auf einer Verwechselung zwischen Entscheidungswert und Grenzumtauschverhältnis. Das Grenzumtauschverhältnis gibt nicht den Entscheidungewert eines potentiellen Käufers oder Verkäufers wieder. Es wird nicht aufgrund subjektiver, sondern intersubjektiver Bewertungsmaßstäbe ermittelt. Die Grenzumtauschverhältnisse geben die Grenzen an, in denen der Einigungswert liegen kann. Ihre Ermittlung entspricht einer mathematischen Notwendigkeit, vgl. Nonnenmacher AG 1982, 153 (154). 87 Zu der folgenden Berechnung vgl. Ossadnik Betrieb 1985, 1953 (1955 ff.). Die dort angegebenen Formeln stimmen mit der Terminologie des Gesetzes in § 352 c AktG nicht überein, da Osssadnik das Umtauschverhältnis unzutreffend definiert, vgl. oben Abschnitt I. 1. Die Berechnung wurde dementsprechend geändert. Statt der einzelnen Erfolgswerte dividiert durch den Kapitalisierungszinssatz wurde der Unternehmenswert berücksichtigt. 88 Bezogen auf einen Nominalwert von 100 DM. 89 Die Notwendigkeit einer Berücksichtigung soll zunächst unterstellt werden. 90 Vgl. oben Abschnitt I. 1.

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

67

geschrieben werden: a' = b · ua .

(A.5)

Daraus ergibt sich die folgende Gleichung: UWA + UWB

Wa ex post =

+ S

; Γ a + UA · ο Bei Gleichsetzung von (Α.2) und (A.6) ergibt sich:

+

UWA

UWA

a

UW B

+ S

a + UA'b

,

A

(A.OJ

(A.7)

Aufgelöst nach ua ergibt sich: α · (UWb + S) U A

=

b · UWA

( A , 8 )

Da die Synergieeffekte bei der Berücksichtigung des Umtauschverhältnisses im Zähler des Bruches erscheinen, wird das Grenzumtauschverhältnis für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft um so höher, je größer die Synergieeffekte sind. b) Grenzumtauschverhältnis

für über tragende Gesellschaft

Bei der Ermittlung des Grenzumtauschverhältnisses aus Sicht der übertragenden Gesellschaft ist Ausgangspunkt wiederum die Überlegung, daß die Aktionäre bei der Verschmelzung nicht schlechter stehen dürfen als ohne Verschmelzung. Das läßt sich durch folgende Gleichung ausdrücken: Wß ex ante = Wß ex post

(A.9)

Wß e x ante bedeutet dabei den Wert einer Aktie der übertragenden Gesellschaft ohne Verschmelzung, Wß e x vo st gibt den Wert einer Aktie nach der Verschmelzung an. Diese Formel überrascht zunächst, da nach der Verschmelzung gerade keine Aktien der übertragenden Gesellschaft mehr vorhanden sind. Dies bedeutet jedoch keinen Widerspruch, da mit dem Begriff „nach der Verschmelzung" nicht ein Zeitpunkt nach Durchführung der Verschmelzung gemeint ist. Wß e x v o a t gibt, vielmehr den Aktienwert untçr Berücksichtigung der Verschmelzung an. Durch diesen Begriff wird ausgedrückt, welchen Wert der Anspruch auf Umtausch einer Aktie der übertragenden Gesellschaft verkörpert. aa) Der Wert einer Aktie der übertragenden Gesellschaft vor der Verschmelzung ergibt sich, wenn man den Wert der Gesellschaft durch die Anzahl der Aktien teilt: Wß

ex a n t e

= ^ ^

(A.10)

68

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

bb) Der Wert einer Aktie der übertragenden Gesellschaft unter Berücksichtigung der Verschmelzung ergibt sich aus der Formel: UWA + UWB + S

Wß ex post =

,

'

_a_

,

Δ

M

(A.ll)

UB

I m Zähler des Ausdrucks erscheinen hier wieder die Unternehmenswerte beider Unternehmen sowie die eintretenden Synergieeffekte. I m Nenner wird die Gesamtzahl der vorhandenen Aktien nach der Verschmelzung angegeben. Allerdings erfolgt die Angabe nicht in Aktien der übernehmenden, sondern in Aktien der übertragenden Gesellschaft, b bezeichnet dabei die Anzahl der ursprünglichen Aktien der übertragenden Gesellschaft. Der Ausdruck a Uß bezeichnet die Anzahl der Aktien der übernehmenden Gesellschaft, ausgedrückt in Aktien der übertragenden Gesellschaft. Setzt man unter Berücksichtigung von (A.9) die Ausdrücke (A.10) und ( A . l l ) gleich, so ergibt sich: UWB

UWA + UWB + S

b

6 + U— B

(A.12)

Aufgelöst ergibt sich: A-UW B U ß

=

b · (UWA + 5 )

... ( Α

·

1 3 )

Die Synergieeffekte erscheinen bei dieser Formel im Nenner. Dies bedeutet: Je größer die Synergieeffekte, desto niedriger ist das Grenzumtauschverhältnis der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft.

c) Auswirkungen Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Grenzumtausch Verhältnisse der beteiligten Gesellschaften umso weiter auseinander liegen, je größer die Synergieeffekte sind. Sind die Synergieeffekte dagegen null oder werden sie in der Rechnung nicht berücksichtigt, so lautet die Formel für beide Grenzumtausch Verhältnisse einheitlich: a-UW b

ωΑ = Uß =

bUwl

.. ,,,

( Α 14)

·

Werden die Synergieeffekte also nicht berücksichtigt, so liegt das Umtauschverhältnis zwischen den Grenzumtauschverhältnissen, die bei

I I I . Besonderheiten bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses

69

Berücksichtigung der Synergieeffekte ermittelt würden. Eine rechnerische Nichtberücksichtigung der Verbundeffekte geht daher nicht einseitig zu Lasten einer Partei; es findet vielmehr eine Aufteilung statt. Diese erfolgt wie der Formel zu entnehmen ist - im Verhältnis der Unternehmenswerte. Würden die Synergieeffekte den Unternehmenswerten in diesem Verhältnis hinzugerechnet, so würden sich zwar Zähler und Nenner der Gleichung erhöhen. Ihr Verhältnis und damit auch das Umtauschverhältnis bliebe jedoch gleich. Nonnenmacher 91 folgert aus dieser „automatischen" Aufteilung der Synergieeffekte, daß deren genaue Berechnung bei der Ermittlung eines angemessenen Umtauschverhältnisses unterbleiben könne. Ob dieser Ansicht gefolgt werden kann, erscheint zweifelhaft. Zum zukünftigen Erfolg des verschmolzenen Unternehmens und damit auch zu den Verbundeffekten trägt nur das betriebsnotwendige Vermögen bei. Strenggenommen ist daher das Verhältnis der Ertragswerte und nicht das Verhältnis der Unternehmenswerte für die Aufteilung der Verbund vorteile maßgeblich. 92 Dabei bliebe jedoch unberücksichtigt, daß auch eine Aufteilung der Synergieeffekte nach den Ertragswerten nur näher ungs weise ein materiell richtiges Ergebnis gewährleisten kann. 9 3 Angesichts der wesentlichen Erleichterung des Bewertungsverfahrens erscheint es daher gerechtfertigt, auf die genaue Ermittlung der Synergieeffekte zu verzichten und diese im Verhältnis der Unternehmenswerte aufzuteilen. 5. Bewertungestichtag Die Bewertung der beiden Unternehmen muß zu einem bestimmten Stichtag, dem Bewertungsstichtag erfolgen. Welches dieser ist, sagt das Gesetz nicht. Hoffmann-Becking 94 will daher die Regelung des § 305 Abs. 3 Satz 2 A k t G 9 5 analog anwenden. Wenn dort auf den Tag der Hauptversammlung der Untergesellschaft abgestellt werde, sei bei der Verschmelzung der Tag der Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft maßgeblich. Dagegen könne es auf den sog. Verschmelzungsstichtag gem. § 340 Abs. 2 Nr. 6 A k t G nicht ankommen. Hiergegen spreche insbesondere, 91

Nonnenmacher AG 1982, 153 (157). Vgl. oben Abschnitt II. 3. c) cc) (2). 93 Vgl. oben Abschnitt II. 3. c) cc) (2). 94 Hoffmann-Becking , FS Fleck, S. 105 (116 f.); ihm folgend Bayer AG 1988, 323 (329). 95 Die Vorschrift, die ausdrücklich nur fur die Barabfindung beim Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag gilt, wird von der h.M. auch bei der Abfindung in Aktien angewendet; vgl. Geßler in Geßler/Hefermehl § 305 Rdnr. 49; Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 32; Beyerle AG 1980, 317 (325). 92

70

Teil 2 :

. Da

angemessene Umtauschverhältnis

daß sich der Wert der übertragenden Gesellschaft zwischen diesem Zeitpunkt und demjenigen der Beschlußfassung noch durch außergewöhnliche Umstände, wie etwa den Wegfall eines Marktes wegen einer politischen Krise, ändern könne. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Sie geht von der unzutreffenden Prämisse aus, gerade i m Zeitpunkt der Beschlußfassung müsse das Umtauschverhältnis angemessen sein. Der Verschmelzungsbeschluß hat jedoch weder Einfluß auf die Rechnungslegung, also die Gewinnverteilung in den Gesellschaften, noch wird hierdurch die Verschmelzung selbst wirksam. Es ist daher nicht ersichtlich, warum dieser Zeitpunkt für die Berechnung des Umtauschverhältnisses erheblich sein soll. Entscheidend muß vielmehr der Zeitpunkt sein, ab dem die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft, wenn auch nur schuldrechtlich, an den Gewinnen und Verlusten der übertragenden Gesellschaft teilhaben. Das aber ist der Verschmelzungsstichtag gem. § 340 Abs. 2 Nr. 6 A k t G . 9 6 Ab hier gelten die Handlungen der übertragenden Gesellschaft als für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft vorgenommen. Daher ist es entgegen Hoffmann-Becking auch nicht unbillig, wenn die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt auch das Risiko einer unvorhergesehenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der übertragenden Gesellschaft tragen.

I V . Zusammenfassung 1. Das Umtauschverhältnis bei der Verschmelzung ist so festzulegen, daß weder die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft noch diejenigen der übernehmenden Gesellschaft hierdurch einen Nachteil erleiden. 2. Die hierzu erforderlichen Unternehmensbewertungen sind nach der Ertragswertmethode vorzunehmen. Die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes hat für die Ermittlung des Umtauschverhältnisses dabei umso größere Bedeutung, als die Entwicklungen der beteiligten Gesellschaften gegenläufig sind. Der Kapitalisierungszinsfuß selbst bestimmt sich nach dem „landesüblichen Zinssatz" für langfristige Kapitalmarktpapiere. 3. Synergieeffekte brauchen bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses nicht besonders berücksichtigt zu werden, da eine „automatische" Aufteilung i m Verhältnis der Unternehmenswerte erfolgt. 06

Vgl. Priester NJW 1983,1459 (1461 Fn. 48). Der Tag fällt notwendig zusammen mit dem Stichtag der Schlußbilanz der übertragenden Gesellschaft; vgl. Hoffmann-Becking, FS Fleck, S. 105 (112); a.A. (letzte Jahresbilanz) Schilling in Großkommentar § 341 Anm. 7.

Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

4. Hinsichtlich des Bewertungsstichtages ist auf den von den Gesellschaften festgelegten Verschmelzungsstichtag gem. § 340 Abs. 2 Nr.6 A k t G abzustellen.

B . Ungeschriebene Voraussetzungen des Verschmelzungsbeschlusses Auch wenn das Umtauschverhältnis angemessen festgelegt wird, führt die Verschmelzung, wie oben 1 dargelegt, zu einer Verkürzung von Herrschafts- oder Mitverwaltungsrechten insbesondere auf Seiten der außenstehenden Aktionäre. Das Gesetz scheint davon auszugehen, daß sich die Minderheit hiermit abfinden muß, sobald die in § 340 c A k t G vorgesehene Mehrheit die Verschmelzung in formell ordnungsgemäßer Weise beschließt und dabei für einen angemessenen vermögensrechtlichen Ausgleich sorgt: weitere materielle Voraussetzungen sieht das Gesetz für die Verschmelzung nicht vor - jedenfalls nicht ausdrücklich. Es ist zu prüfen, ob die Mehrheit die Verschmelzung tatsächlich in diesem Sinne „voraussetzungslos" durchsetzen kann.

I . Grundlagen Daß der Mehrheitsherrschaft in der Aktiengesellschaft Schranken gesetzt sind, ist seit langem anerkannt. Wo diese zu ziehen sind und aus welchen Grundsätzen sie sich ergeben, wurde allerdings im Laufe der Zeit unterschiedlich beurteilt.

1. Frühere Ansätze

a) Sittengebot Das Reichsgericht 2 zog die Grenzen der Stimmrechtsmacht der Mehrheit erst i m Sittengebot gem. § 138 BGB. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung wurden dabei sehr unterschiedlich beurteilt. Die Entwicklung 3 braucht hier im einzelnen nicht mehr dargestellt zu werden; insgesamt läßt 1

Siehe hierzu oben Teü 1 Abschnitt E. RGZ 68, 234 (243 ff.) „Hibernia"; 107, 67 (71) „Vereinigte Stahlwerke"; 105, 373 (375); 118, 67 (71); RG JW 1916, 575. 3 Vgl. hierzu etwa Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 11 Fn 39 sowie Füchsel BB 1972, 1533 (1534 f.) jeweils m.w.N. 2

72

Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

sich feststellen, daß die Entscheidungen i m Laufe der Zeit minderheitenfreundlicher w u r d e n , d a m i t aber den eigentlichen Anwendungsbereich des § 138 B G B w e i t ü b e r s c h r i t t e n . 4 Es erwies sich, daß dessen T a t b e s t a n d zu eng ist, u m die spezifisch gesellschaftsrechtlichen Probleme lösen zu können.5 b)

Gleichbehandlungsgrundsatz

Z u r Begrenzung der Mehrheitsherrschaft w u r d e i n Rechtsprechung 6 u n d L i t e r a t u r 7 ferner entscheidend auf den G r u n d s a t z der G l e i c h b e h a n d l u n g abgestellt, der heute i n § 53 a A k t G ausdrücklich n o r m i e r t ist. Hiernach sind Differenzierungen i n der B e h a n d l u n g der A k t i o n ä r e nur zulässig, w e n n sie n i c h t w i l l k ü r l i c h erfolgen. 8 D e r Gleichbehandlungsgrundsatz h a t n u r beschränkte W i r k u n g . W i r d d u r c h eine M a ß n a h m e ein D r i t t e r b e g ü n s t i g t , t r i f f t die E n t s c h e i d u n g also 4

Besonders kraß RGZ 68, 234 (245 f.), „Hibernia": die Entscheidungen der Mehrheit seien für die Minderheit auch dann bindend, wenn sie dieser als „verkehrt, wirtschaftlich nachteilig und die Bestrebungen der Minderheit schädigend" erschienen; kritisch zu dieser Entscheidung bereits früher Bondi DJZ 1908, Sp. 1006 (1007): „Noch niemals ist die brutale Macht der Aktienmehrheit gegenüber der Minderheit in einem Urteil schärfer betont worden." Die Entscheidung relativiert sich allerdings vor dem Hintergrund, daß hier klagender Minderheitsaktionär nicht eine Privatperson, sondern der „Fiskus", also der preußische Staat war. Später berücksichtigte das RG die Interessen der Minderheitsaktionäre stärker. In RGZ 132, 149 (162), „Viktoria", leitete es aus der Befugnis, im Wege des Mehrheitsbeschlusses zugleich auch für die Minderheit zu beschließen, die gesellschaftliche Pflicht der Mehrheit ab, im Rahmen des Gesamtinteresses auch die berechtigten Belange der Minderheit zu berücksichtigen und deren Rechte nicht über Gebühr zu verkürzen. Sei der mit dem Beschluß verfolgte Zweck auch mit weniger gravierenden Eingriffen in die Rechte der Minderheit erreichbar gewesen, so sei der Beschluß sittenwidrig. 5 Deutlich wird dies in der „Viktoria" - Entscheidung RGZ 132, 149 (162). Die dort statuierte objektive Pflicht, auf die berechtigten Interessen der Minderheit Rücksicht zu nehmen, ist mit der eigentlichen Funktion des § 138 BGB, besonders krasse Mißstände zu verhindern, kaum zu vereinbaren. 6 Vgl. z.B. BGHZ 21, 354 (358); 33, 175 (186); 70, 117 (120 ff.). 7 Siehe insbesondere G. Hueck, Grundsatz gleichmäßiger Behandlung, S. 44 ff.; ferner Wiedemann, GesR, § 8 I I 2, S. 427 ff. sowie Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 145 ff.; kritisch v. Falkenhausen, Grenzen, S. 30 ff.; neuerdings Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung, S. 53 ff. 8 h.M.: BGHZ 33,175 (186); OLG Frankfurt W M 1986,1144 (1149); Meyer-Landrut in Großkommentar § 1 Anm. 36; Zöllner/Lutter in Kölner Kommentar § 53 a Rdnr. 13; Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 147; Eckardt in Geßler/Hefermehl § 11 Rdnr. 5; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 53 a Rdnr. 14; G. Hueck, Grundsatz gleichmäßiger Behandlung, S. 173 ff.; anders Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung, S. 81: Eine Maßnahme, die sich bei wertender Betrachtung unter den Aktionären ungleich auswirke, sei nur zulässig, wenn sie sich zum Vorteil aller Aktionäre, die ihr nicht zugestimmt hätten, auswirke. Hierbei seien günstigere Alternativ- oder Zusatzmaßnahmen zum Vergleich heranzuziehen.

I. Grundlagen

73

alle Aktionäre gleichermaßen, so kommt er nicht zur Anwendung. Wegen seines streng formalen Charakters soll dies nach überwiegender Ansicht 9 auch dann gelten, wenn zwischen dem Begünstigten und einem Aktionär Verbindungen bestehen, so daß bei normativer Betrachtung Identität zwischen beiden anzunehmen wäre. Damit erweist sich der Gleichbehandlungsgrundsatz gerade bei der Prüfung von Verschmelzungsbeschlüssen als kaum einschlägig. Da alle Aktionäre der übertragenden Gesellschaft dort ihre Mitgliedschaft verlieren, liegt eine Ungleichbehandlung nicht vor. Dasselbe gilt i m Regelfall auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft. Sämtliche Aktionäre werden vom Bezugsrecht auf die neuen Aktien ausgeschlossen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz hilft also auch hier nicht weiter. Das gilt auch, soweit zwischen den Gesellschaften wechselseitige Beteiligungen bestehen. Zwar kann sich die Verschmelzung hier etwa für die übernehmende Gesellschaft, die gleichzeitig Hauptaktionärin der übertragenden Gesellschaft ist, positiv auswirken, während sie für die außenstehenden Aktionäre nachteilig ist. Das folgt jedoch aus der wechselseitigen Beteiligung und nicht aus der Stellung als Aktionär in der übertragenden Gesellschaft. c) § 243 Abs. 2 AktG Der Gesetzgeber hat versucht, diese Lücken durch die Schaffung des § 197 Abs. 2 im Aktiengesetz 1937 zu schließen, der im Prinzip, wenn auch mit Änderungen, in das Aktiengesetz 1965 als § 243 Abs. 2 übernommen wurde. Nach dieser Vorschrift kann ein Haupt Versammlungsbeschluß dann als rechtswidrig angefochten werden, wenn ein Aktionär durch die Ausübung des Stimmrechtes einen Sondervorteil zum Nachteil der Gesellschaft oder anderer Aktionäre erstrebt. Das Urteil über § 243 Abs. 2 A k t G fällt zutreffend überwiegend negativ aus. 1 0 Die Vorschrift ist zu sehr der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit verhaftet und war im Grunde schon bei ihrer Einführung im Jahre 1937 durch den Stand der damaligen Dogmatik überholt. 1 1 Zu9 Wiethölter, Interessen, S. 126; v. Falkenhausen, Grenzen, S. 31 f.; Lutter JZ 1976, 225 (228 f.); Wiedemann, GesR, S. 429 f.; Priester Betrieb 1980, 1925 f.; Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Rdnr. 63; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 14; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 76, Bruns, Eingriff, S. 202 f.; Blumenrohr, Schranken, S. 82; a.A. G. Hueck, Grundsatz gleichmäßiger Behandlung, S. 191 ff., 340 f.; Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 156; Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung, S. 56 ff. 10 Kritisch z.B. Flume, Juristische Person, S. 211 Fn. 86: „skandalöse Vorschrift", Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 206; Schilling. FG Hengeler, S. 226 (233 f.); Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Anm. 67. 11 Zutreffend insoweit Geßler, FS Barz, S. 97 (102).

74

Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

dem wirft sie, insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des Begriffs „Sondervorteil", bei der Auslegung erhebliche Probleme auf. Ihr Anwendungsbereich wird durch das Erfordernis der Schädigungsabsicht sowie durch die problematische Ausgleichsregelung in § 243 Abs. 2 Satz 2 A k t G weit eingeschränkt. Dementsprechend hat sich die Entwicklung des Minderheitenschutzes überwiegend an § 243 Abs. 2 A k t G vorbei im Rahmen des § 243 Abs. 1 A k t G vollzogen. § 243 Abs. 2 A k t G erweist sich im Aktienrecht daher als nahezu überflüssig. 2. Heutige Ansätze a) Meinungsstand Heute werden im allgemeinen folgende Ansätze zur Begrenzung der Mehrheitsherrschaft unterschieden: 12 aa) Die Treuepflicht (1) Die ganz überwiegende Auffassung in der Literatur 1 3 stellt auf nach ihrer Ansicht innerhalb der Aktiengesellschaft bestehende Treuebindungen ab. Diese prägten nicht nur das Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären, sondern auch das der Aktionäre untereinander. Aufgrund dieser Treue- oder Loyalitätspflichten sei die Mehrheit verpflichtet, auf die Interessen der Minderheit angemessen Rücksicht zu nehmen. (2) Die Rechtsprechung hatte demgegenüber die Existenz von Treuepflichten der Aktionäre im Verhältnis zur Gesellschaft zwar bejaht, diese bis in die jüngste Vergangenheit unter den Aktionären jedoch abgelehnt. 14 Neuerdings hat sich aber in der Judikatur des B G H 1 5 ein Wandel vollzogen. Der II. Senat nimmt in der sog. „Linotype" - Entscheidung nunmehr 12 Vgl. etwa Timm ZGR 1987, 403 (408 f.); Semler in Münchener Handbuch § 41 Rdnr. 37. 13 Zöllner in Kölner Kommentar Einl. Rdnr. 160 ff.; Worch, Treuepflichten, S. 19 ff.; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 16 Wiedemann, GesR, § 8 I I 3; Raiser, Kapitalgesellschaften, § 12 IV; Lutter JZ 1976, 225 (228); Schilling in Großkommentar § 243 Anm. 16 ff. Bischoff BB 1987, 1055 (1059); Timm ZGR 1987, 403 (409); K. Schmidt, GesR, S. 467. f., 610 f.; Drygala EWiR § 262 AktG 1/88, 529 (530); Kort ZIP 1990, 294 (295 - 297). 14 BGHZ 18, 350 (365); BGH JZ 1976, 561 (Audi/NSU) m. abl. Anm. Lutter JZ 1976, 562 f.; OLG Celle Betrieb 1974, 525 (Audi/NSU); ablehnend in der Literatur: Baumbach/Hueck vor § 54 Anm. 11; Meyer-Landrut in Großkommentar § 1 Anm. 34. 15 BGH Betrieb 1988, 593 (595); siehe hierzu auch Drygala EWiR § 262 AktG 1/88, 529 f.; Kort ZIP 1990, 294 - 297.

I. Grundlagen

75

an, daß auch das Verhältnis der Mitglieder einer Aktiengesellschaft untereinander den Charakter einer Sonderverbindung habe. Auch hier könne ein Mehrheitsgesellschafter durch Einflußnahme auf die Geschäftsführung die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter beeinträchtigen. Dies erfordere als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen. 16 bb) „Institutioneller Rechtsmißbrauch" Einen anderen Ansatz vertritt demgegenüber Hüffer. 17 Seiner Meinung nach geht es nicht darum, Treuepflichten der Mehrheit gegenüber der Minderheit zu begründen, sondern um das Verbot eines „institutionellen Rechtsmißbrauchs". Das Mehrheitsprinzip werde als Rechtseinrichtung mißbraucht, wenn die Mehrheit die ihr anvertraute Regelungsfreiheit zur Durchsetzung ihrer Einzelinteressen benutze. cc) Gebundenheit an das Verbandsinteresse Flume 1 8 stellt demgegenüber den Gedanken der Gebundenheit an das Verbandsinteresse in den Vordergrund. Den Verbandsmitgliedern stehe die Autonomie der Entscheidung nur als Befugnis zu, „den Willen der juristischen Person in der Verfolgung der Interessen der juristischen Person herzustellen." Die Mehrheit müsse bei der Ausübung der ihnen zustehenden Befugnisse daher das Verbandsinteresse berücksichtigen. b) Stellungnahme aa) Der soeben dargestellten Streitfrage wird allgemein wenig Bedeutung beigemessen.10 Dies wohl deshalb, weil sich die unterschiedlichen dog16

Eine ähnliche Formulierung findet sich bereite bei RGZ 132, 149 (163) (Hibernia): „Aus der Befugnis, im Wege des Mehrheitsbeschlusses zugleich auch für die Minderheit zu beschließen und damit mittelbar über deren in der Gesellschaft gebundene Vermögensrechte zu verfügen, ergibt sich ohne weiteres die gesellschaftliche Pflicht der Mehrheit, im Rahmen des Gesamtinteresses auch den berechtigten Belangen der Minderheit Berücksichtigung angedeihen zu lassen uiid deren Rechte nicht über Gebühr zu verkürzen". Zur Bedeutung des mitgliedschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis sowie der mitgliedschaftlichen Zweckförderungspflicht als rechtsfunktionelle Anknüpfungspunkte der Treuepflichten vgl. Zöllner, Schranken, S. 338 f.; Lutter AcP 180 (1980), 84 (110, 120 ff.). 17 Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Anm. 49. 18 Flume, Juristische Person, S. 211 f. 19 In diesem Sinne besonders Semler in Münchener Handbuch § 41 Rdnr. 37 mit dem Hinweis, die Streitfrage könne angesichts der seit langem durch Rechtsprechung und

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

matischen Ansätze auf die praktischen Ergebnisse, zu denen die Autoren kommen, anscheinend kaum auswirken. 20 Angesichts der „Linotype" - Entscheidung des I I . Senates des B G H dürfte der Streit weiter an Bedeutung verlieren. Die abweichenden Ansichten von Hüffer und Flume sind vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu sehen, die eine Treuepflicht unter den Aktionären ablehnte. Es mußten daher - wollte man an dieser These des B G H festhalten - andere Begründungsversuche gefunden werden. M i t der neuen Entscheidung dürfte aber die Existenz von Treuepflichten auch im Verhältnis der Aktionäre zueinander allgemein anerkannt sein. Mitglieder einer Aktiengesellschaft stehen sich nicht wie beliebige Dritte gegenüber, zwischen ihnen besteht eine Sonderverbindung. Die gegenteilige Ansicht beruht auf einer Überbewertung des verbandsrechtlichen Charakters der Aktiengesellschaft. bb) Davon abgesehen können die Ansichten von Hüffer und Flume nicht überzeugen. (1) Die „Theorie des institutionellen Rechtsmißbrauchs" kann einen Minderheitenschutz materiell nicht begründen. „Institutioneller Rechtsmißbrauch" liegt vor, wenn der Sinn einer Rechtseinrichtung mißbraucht w i r d . 2 1 Die Rechtsausübung ist in diesem Falle unzulässig. Was der Sinn einer Rechtseinrichtung ist und wann dieser verletzt ist, wird hierdurch nicht geklärt. Hüffer bleibt somit die Begründung schuldig, warum es rechtsmißbräuchlich und damit rechtswidrig ist, die Interessen der Minderheit zu übergehen. 22 Aus dem Mehrheitsprinzip folgt dies nicht unmittelbar. Begründen läßt sich dies vielmehr nur mit der Pflicht der Mehrheit, auf die Interessen der Minderheit Rücksicht zu nehmen. (2) Auch der Gesichtspunkt der Bindung der Mehrheit an das Verbandsinteresse ist - jedenfalls allein - nicht geeignet, die Schranken der Mehrheitsmacht angemessen festzulegen. 23 Das Maß der Verantwortlichkeit der Mehrheit richtet sich nach der konkreten Realstruktur des Unternehmens. In einer Aktiengesellschaft müssen andere Maßstäbe gelten als in einer

Lehre anerkannten Beschlußkontrolle dahinstehen. Praktisch komme es vor allem auf die Konkretisierung an. 20 Vgl. etwa einerseits Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Rdnr. 51 ff., anderseits Lutter ZGR 1981, 171 ff., die im wesentlichen die gleiche Auffassung vertreten. 21 Vgl. Palandt/Heinrichs § 242 Anm 4 C e sowie die eigenen Erläuterungen von Hüffer § 243 Rdnr. 49 f. 22 Daher insoweit nur im Ergebnis zutreffend Timm ZGR 1987, 403 (409), der die Auffassung Hüffers mit der Begründung ablehnt, die Theorie des „institutionellen Rechtsmißbrauchs" sei nicht flexibel genug, die unterschiedlichen Kontrollmaßstäbe bei den verschiedenen Gesellschaftstypen zu erklären. 23 Zollner, Schranken, S. 321.

I I . Sachkontrolle als Folge der Treuebindungen

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personalistisch strukturierten G m b H . 2 4 Das Merkmal der Gebundenheit an das Verbandsinteresse kann eine derartige Differenzierung jedoch nicht begründen. 25 Der Gesichtspunkt der Treuebindungen ist daher der maßgebliche Ansatzpunkt zur Begrenzung der Stimmrechtsmacht der Mehrheit in der Aktiengesellschaft.

I I . Sachkontrolle als Folge der Treuebindungen Die zwischen den Aktionären bestehenden Treuebindungen begrenzen die Mehrheitsmacht zunächst in negativer Hinsicht. Die Mehrheit handelt rechtsmißbräuchlich, wenn sie die Interessen der Minderheit nicht in angemessener Weise berücksichtigt. 26 Das muß der belastete Minderheitsaktionär im Einzelfall behaupten und gegebenenfalls beweisen. Eine derartige negative Kontrolle der Mehrheitsherrschaft auf Rechtsverstöße im Einzelfall wurde bereits früher von einem Teil der Literatur 2 7 nicht als ausreichend angesehen, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsgesellschafter zu erreichen. Aus der Treuepflicht folge, daß ein in die Rechte der Minderheit eingreifender Mehrheitsbeschluß nur dann zulässig sei, wenn er positiv weitere - ungeschriebene - Voraussetzungen erfülle. Diesen Überlegungen schloß sich der B G H in der „ K a l i und Salz u Entscheidung 28 für den Bezugsrechtsausschluß gem. § 186 A k t G an. Der zu beurteilende Sachverhalt sei kurz referiert: Die beklagte Salzdetfurth A G hatte zum Bezug auf die durch die Kapitalerhöhung geschaffenen neuen Aktien nur die Wintershall AG sowie deren Tochtergesellschaft, die Burbach Kali Werke AG zugelassen. Die beiden Gesellschaften sollten im Gegenzug als Sacheinlage ihre insgesamt 50 Beklagte einbringen. Die anderen 50die Gewährung der neuen Aktien an die Wintershall A G sowie den entsprechenden Eintragungen wurde das 24 Siehe zum Einfluß der Verbandsform auf das Maß der Verantwortlichkeit insbesondere Zöllner, Schranken, S. 337 ff. 25 Insoweit zutreffend Timm ZGR 1987, 403 (409). 26 Vgl. zum Rechtsmißbrauch etwa BGH Betrieb 1988, 593 (594); Schneider, Gründung, S. 121 (129); Timm ZGR 1987, 403 (412 ff); ders. JZ 1980, 665 (668 f.). Allgemein zur rechtsbegrenzenden Funktion von Treuepflichten Palandt/Heinrichs § 242 Anm. 4 C-E. 27 Grundlegend Zöllner, Schranken, S. 352; ferner Blumenrohr, Schranken, S. 120 ff.; Wiedemann, Minderheitenschutz, S. 54 ff; Lutter in Kölner Kommentar § 186 Anm. 49 ff.; Füchsel BB 1972, 1533 (1535). 28 BGHZ 71, 41 ff.; siehe zum Erfordernis eines sachlichen Grundes ferner BGHZ 80, 69 (75); 83, 319 (321).

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

Vermögen der Kali und Salz AG gem. § 15 UmwG auf die Beklagte Salzdetfurth AG übertragen. Die Burbach Kali Werke AG schied als Aktionärin der Kali und Salz A G aus und brachte ihre gesetzliche Abfindung gegen Gewährung von durch die Kapitalerhöhung geschaffenen Aktien in die Salzdetfurth AG ein. Diese übernahm i m Anschluß die Firma der Kali und Salz AG. Wirtschaftlich hatte daher eine Fusion zwischen der Kali und Salz AG und der Salzdetfurth AG stattgefunden. 29 Gegen die von der Salzdetfurth AG gefaßten Kapitalerhöhungsbeschlüsse wandte sich einer der außenstehenden Aktionäre. Der B G H entschied, der Bezugsrechtsausschluß sei nur zulässig, wenn er im Gesellschaftsinteresse seine Rechtfertigung finde. Dies folge daraus, daß eine Kapitalerhöhung notwendig auf den Zweck der Gesellschaft und damit auf deren Interessen bezogen sei. Der Entzug des Vorrechts, in „seinem" Unternehmen investieren zu können, bedeute für einen Aktionär im allgemeinen einen schweren Eingriff in seine Mitgliedschaft. Der Bezugsrechtsausschluß sei daher nur gerechtfertigt, wenn das damit verfolgte Ziel durch ein Bezugsrecht für alle Aktionäre nicht erreichbar gewesen sei. 3 0 Ferner habe eine Abwägung der Interessen und eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck stattzufinden. 31 Die zu beurteilende Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen stelle allerdings einen besonders typischen, in § 183 A k t G ausdrücklich geregelten Fall des Bezugsrechtsausschlusses dar, der zulässig sei, wenn die Gesellschaft nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen ein dringendes Interesse am Erwerb des Gegenstandes habe und zu erwarten sei, daß der mit dem Erwerb angestrebte Nutzen den verhältnismäßigen Beteiligungs- und Stimmrechtsverlust der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre aufwiege. 32 Die Entscheidung hat in ihren grundsätzlichen Aussagen zutreffend breite Zustimmung gefunden. 33 Den zwischen den Aktionären bestehenden gesteigerten Pflichtenbindungen entspricht es, daß die Mehrheit in einem gegenüber § 242 BGB gesteigerten Maß auf die Interessen der Minderheit 29

Zutreffend Timm ZGR 1987, 403 (406). BGHZ 71, 41 (44 f.). 31 BGHZ 71, 41 (46). 32 BGHZ 71, 41 (49 f.). 33 Siehe zu der Entscheidung insbesondere Lutter ZGR 1979, 401 (403 ff.); für eine Sachkontrolle ferner Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Rdnr. 51; Timm ZGR 1987, 403 (410); Martens, FS Fischer, S. 437 (442 ff.); Semler in Münchener Handbuch § 41 Rdnr. 37; Zöllner in Kölner Kommentar Einl. Rdnr. 55; Schockenhoff, Gesellschaftsinteresee, S. 15; Lutter/Timm NJW 1982, 409 (415); Wiedemann ZGR 1980, 147 (156); H. Becker BB 1981, 394 f.; Priester Betrieb 1980, 1925 (1927); Quack ZGR 1983, 257 (260); K. Schmidt, GesR, S. 682.; für die GmbH Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rdnr. 9; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rdnr. 15; Scholz/Priester, GmbHG, § 55 Rdnr. 74 ff.; Roth, GmbHG, § 55 Anm. 3.3.2.; im Ergebnis ebenso Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 55 Anm. 41 ff. 30

I I . Sachkontrolle als Folge der Treuebindungen

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Rücksicht nehmen muß. Dem kann am besten durch Schaffung positiver Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen Ausdruck verliehen werden. Hierbei liegt es nahe, die für den Rechtsmißbrauch geltenden Grundsätze gewissermaßen umzudrehen. 34 Eingriffe in die Rechte der Minderheit sind nur zulässig, wenn sie Folge der Geltendmachung berechtigter Interessen sind. Da die Kapitalerhöhung nach der gesetzlichen Konzeption der Verbreiterung der Kapitalbasis der Gesellschaft dienen und damit im Gesellschaftsinteresse liegen soll, kann ein berechtigtes Interesse der Mehrheit an einem hiermit verbundenen Bezugsrechtsausschluß nur in der Verfolgung des Gesamtinteresses der Gesellschaft, nicht aber in der Durchsetzung von Einzelinteressen liegen. Eine Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses auf seine Vereinbarkeit mit dem Gesellschaftsinteresse sowie auf Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ist dementsprechend heute nahezu allgemein anerkannt. 35 Ob diese Grundsätze auf andere Beschlußgegenstände, insbesondere die Verschmelzung, übertragen werden können, ist dagegen umstritten.

1· Meinungsstand

a) Auffassung des BGH Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage, ob Verschmelzungsbeschlüsse einer positiven sachlichen Rechtfertigung bedürfen, noch nicht zu befassen. 36 Es finden sich aber eine Reihe von Entscheidungen, in denen das Gericht zu anderen Beschlußgegenständen Stellung nimmt.

34 Siehe zu den Voraussetzungen des Rechtsmißbrauchs allgemein etwa Palandt/Heinrichs $ 242 Anm. 4 C d. 35 Siehe oben Fn. 8; Allgemein gegen eine Sachkontrolle aus der neueren Literatur - soweit ersichtlich - nur Schneider, Gründung, S. 121, (129), der die Ansicht vertritt, bei allen Geschäftsführungsmaßnahmen, insbesondere aber auch bei Strukturveränderungen stehe der Merheit ein breiter Ermessensspielraum zu; nur ein Mißbrauch dieses Ermessens sei im Einzelfall zu prüfen. Jedenfalls mißverständlich daher Timm ZGR 1987, 403 (411), der meint, Schneider komme zu ähnlichen Ergebnissen wie Lutter. 36 BGH NJW 1978, 540 (542) wollte insoweit wohl keine Entscheidung treffen, wenn es dort heißt: „... schließlich bedürfen Entscheidungen wie ... die Verschmelzung (§§ 339 ff. AktG) ..., die ebenfalls zu einer Veränderung der Stimmrechtsquoten oder sogar zum Verlust der Mitgliedschaft führen, nicht der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre, sondern lediglich einer qualifizierten Mehrheit, obwohl sie stärker als die Stimmrechtsbeschränkung in das Mit verwaltungsrecht des Aktionärs eingreifen können.44

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aa) Entscheidungen, die einen sachlichen Grund fordern Der B G H hat die Notwendigkeit einer sachlichen Prüfung von Mehrheitsentscheidungen bislang außer beim Bezugsrechtsausschluß 37 nur für einen Beschluß angenommen, der zur Abhängigkeit der betroffenen Gesellschaft führte. 3 8 I n dem betreffenden Fall sollte der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, der zugleich deren Geschäftsführer war, durch Mehrheitsbeschluß von dem vereinbarten Wettbewerbsverbot befreit werden, um in einer Konkurrenzgesellschaft tätig werden zu können. Der B G H entschied, daß der Beschluß dann, wenn er zur Abhängigkeit der GmbH i.S.d. § 17 A k t G 3 9 führe 4 0 , grundsätzlich rechtswidrig sei. Eine Ausnahme gelte nur, wenn der Beschluß durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sei. Die Begründung der Abhängigkeit stelle eine so starke Gefahr für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft dar, daß sie nicht im Belieben der Mehrheit stehen könne. \ bb) Entscheidungen, die eine sachliche Prüfung ablehnen (1) Keiner positiven sachlichen Rechtfertigung bedarf nach Auffassung des B G H 4 1 dagegen der Beschluß zur Einführung eines Höchststimmrechtes gem. § 134 Abs. 1 Satz 2 A k t G . 4 2 Der Aktionär müsse - so heißt es in der betreffenden Entscheidung - Eingriffe in Mitgliedschaftsrechte hinnehmen, wenn eine genügend große Mehrheit dies im Gesamtinteresse für notwendig halte, das verfolgte Ziel vom Gesetzgeber als schutzwürdig anerkannt werde und Willkür ausgeschlossen sei. Es sei die freie Entscheidung der Mehrheit, den Schutz des Unternehmens und der Kleinaktionäre vor unerwünschten Einflüssen höher zu bewerten als das Interesse des einzelnen Aktionärs an der Erhaltung seiner Stimmrechtsmacht. Später 43 begründete der B G H diese - auf den ersten Blick dem „ K a l i und Salz" - Urteil widersprechende Entscheidung - mit dem Hinweis, bei § 134 Abs. 1 Satz 2 37

Siehe neben BGHZ 71, 41 ff. die Entscheidung BGHZ 83, 319 (321) zum genehmigten Kapital. Nach Auffassung des BGH muß im letzten Fall nicht nur die konkrete Durchführung der Kapitalerhöhung unter Ausschluß des Bezugsrechte durch den Vorstand durch sachliche Gründe getragen sein, vielmehr hat schon bei der Erteilung der Ermächtigung eine sorgfaltige sachliche Prüfung stattzufinden. 38 BGHZ 80, 69 (74). 39 Zur entsprechenden Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Konzernvorschriften auf die GmbH vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, Schlußanhang I, Konzernrecht Anm. 3. 40 Diese Frage konnte in der Revisionsinstanz nicht geklärt werden. 41 BGHZ 70, 117 (121/123) „Mannesmann'\ 42 Unzutreffend ist daher der Verweis von BGH Betrieb 1986, 593 (594) auf die obige (Fn. 41) Entscheidung. 43 BGHZ 71, 41 (45.).

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A k t G habe der Gesetzgeber selbst die notwendige Abwägung zwischen den Belangen etwa betroffener Aktionäre und dem Interesse der Gesellschaft an einer Abwehr gefährlicher Machteinflüsse vorweggenommen. 44 (2) Ebenfalls keiner besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf nach Auffassung der B G H 4 5 der Mehrheitsbeschluß zur Auflösung einer Gesellschaft. Er trage vielmehr seine Rechtfertigung in sich. Den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft sei es gestattet, mit der nach Gesetz und Satzung erforderlichen Mehrheit den Gesellschaftszweck zu beenden und damit die mit der Vereinbarung über den Gesellschaftszweck geschaffenen Minderheitenrechte zu beseitigen. Eine allgemein höhere Bindung des investierten Kapitals in der Gesellschaft finde im Gesetz keine Stütze. Es sei daher lediglich zu prüfen, ob die Ausübung der Mehrheitsrechte im Einzelfall rechtsmißbräuchlich gewesen sei. 4 6

b) Literatur In der Literatur werden zu der Frage, welche Mehrheitsbeschlüsse einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen, verschiedene Auffassungen vertreten. Die Vertreter der wohl überwiegenden Ansicht stimmen den Entscheidungen des B G H im Ergebnis zu und versuchen, hieraus ein dogmatisches Konzept zu entwickeln. Dabei gelangen sie allerdings zu unterschiedlichen Schlußfolgerungen. Die Gegenmeinung lehnt demgegenüber die vom B G H getroffenen Differenzierungen ab und wendet die zum Bezugsrechtsausschluß entwickelten Grundsätze auf alle Mehrheitsbeschlüsse an.

aa) Die dem B G H im Grundsatz zustimmende Literatur (1) Zu den Befürwortern der BGH-Rechtsprechung gehört L u t t e r . 4 7 Er entwickelt aus den Urteilen eine „zwei Stufen-Theorie": 4 8 Alle Mehrheitsbeschlüsse seien unter dem Gesichtspunkt der „Ermessensüberschrei44

Zweifelnd insoweit Lutter ZGR 1981, 171 (176 f.). BGHZ 76, 352 (353) (GmbH) und BGH Betrieb 1988, 593 (594) (AG). 46 In BGHZ 76, 352 (355 ff.) wurde Rechtsmißbrauch deswegen angenommen, weil die Mehrheitsgesellschafterin schon vor Auflösung der Gesellschaft eine neue Gesellschaft gegründet und Vorkehrungen getroffen hatte, die die Übertragung des Gesellschaftsvermögens im Zuge der Liquidation auf die neue Gesellschaft gewährleisteten. In der Wertung ähnlich BGH Betrieb 1988, 593 (595), wo der Sachverhalt für die Revisionsinstanz allerdings noch nicht genügend geklärt war. 47 Lutter ZGR 1981, 171 ff.; ihm folgend Semler BB 1983,1566 (1568 ff.); im Ergebnis ähnlich Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Rdnr. 51 ff. 48 Lutter ZGR 1981, 171 (178 Fn. 34). 45

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Teil 2 :

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t u n g " 4 9 (Mißbrauch) und der Gleichbehandlung zu prüfen. In einer zweiten Stufe sollen solche Entscheidungen, die Eingriffe in die Struktur oder Substanz der Mitgliedschaft mit sich bringen und damit die Minderheit belasten, unter den Gesichtspunkten von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit kontrolliert werden. Der Kontrolle der zweiten Stufe sollen allerdings solche Entscheidungen nicht unterliegen, bei denen der Gesetzgeber vorab eine Interessenabwägung vorgenommen habe 5 0 oder bei denen ein Interesse der Gesellschaft, das gegen die Interessen der Minderheit abgewogen werden könnte, von vornherein nicht feststellbar sei. Dies sei der Fall bei Entscheidungen, die zweckneutral seien oder ihrer Natur nach gegen den Gesellschaftszweck verstießen. 51 Fusionsbeschlüsse bedürften daher keiner sachlichen Rechtfertigung, da es sich hier um eine grundlegende Reorganisation der gesamten unternehmerischen Konzeption handele, die grundsätzlich gegen den Gesellschaftszweck verstoße. Es sei wenig zweckmäßig, der Minderheit insoweit ein „gerichtlich durchsetzbares Alternativprogramm" zur Verfügung zu stellen. Zudem habe der Gesetzgeber hier in sehr differenzierter Weise den Schutz der Minderheit selbst übernommen. 52 (2) T i m m 5 3 kommt hinsichtlich der Beurteilung von Verschmelzungsbeschlüssen zum gleichen Ergebnis wie Lut ter aufgrund eines „konzer η rechtlichen Ansatzes". Grundgedanke des geltenden Konzernrechtes sei es, die Gesellschaften vor einer Abhängigkeitsbegründung zu schützen. Auf weiteren Konzernierungsstufen könne der Minderheitenschutz dagegen tendenziell zurücktreten. Die Verschmelzung begründe i m Grundsatz keine Abhängigkeit, da sich die Rechte der Aktionäre in der neuen Gesellschaft angemessen fortsetzten. Die Notwendigkeit einer sachlichen Prüfung bestehe daher nicht. 5 4 Lediglich dann, wenn die Gesellschafter der übert49 Der Begriff entspricht nicht der verwaltungsrechtlichen Terminologie; es müßte besser heißen: Ermessensfehlgebrauch, vgl. hierzu Maurer, A 11g. VerwR., § 7 Rdnr. 14. 50 Hierzu zählt Lutter aufgrund der Entstehungsgeschichte z.B. die verschmelzende Umwandlung nach § 9 UmwG. 51 Zur letzten Gruppe zählt Lutter ZGR 1981, 171 (177) insbesondere den Auflösungsbeschluß. 52 Luttor ZGR 1981, 171 (180); die Ausführungen beziehen sich zwar ausdrücklich nur auf Unternehmensverträge, sollen aber, wie der nachfolgende Absatz zeigt, wohl auch für die Fusion gelten; ähnlich bereits ders. ZGR 1979, 401 (412). Einen anderen Standpunkt vertritt Lutter allerdings für Organisation s Verträge im GmbH-Recht. Hier soll eine materielle Beschlußkontolle erfolgen, vgl. Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. $ 13 Rdnr. 2. 53 Timm ZGR 1987, 403 (422 - 428). 54 Vgl. auch Timm, Aktiengesellschaft, S. 82, wo dieses Ergebnis noch damit begründet wird, der Gesetzgeber sehe im Falle der Verschmelzung das Problem des Minderheitenschutzes durch die hohe Beschlußmehrheit als gelöst an. Den Aktionären werde zudem bei der Verschmelzung in jedem Fall eine „fungible u Vermögensanlage geboten.

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ragenden oder der übernehmenden Gesellschaft durch die Fusion erstmals Mitglieder einer abhängigen Gesellschaft würden, müsse eine Sachkontrolle stattfinden. 5 5 (3) Auch H i r t e 5 6 stimmt den Entscheidungen des B G H im Ergebnis zu. Nach seiner Meinung müssen grundsätzlich sämtliche Entscheidungen, die in die Herrschaftsverhältnisse der Gesellschaft eingreifen, im Gesellschaftsinteresse sachlich gerechtfertigt sein. Eine Sachkontrolle scheide aber bei solchen Beschlußgegenständen aus, bei denen nur eine Handlungsalternative bestehe. Der „sachliche Grund" versuche als ein zwischen reinem Mehrheitsentscheid und Einstimmigkeit stehendes Beschlußerfordernis die Interessen der Minderheit zu berücksichtigen. Bestehe die Entscheidung aber nur in einem Entweder-Oder, so sei eine Mitberücksichtigung der Minderheitsinteressen nicht möglich. Zu diesen Fällen zählt Hirte insbesondere die Eingliederung und die Liquidation. Dagegen unterliege die Kapitalerhöhung einer sachlichen Kontrolle, da hier gefragt werden könne, ob der eine oder der andere Zweck, zu dem die jungen Aktien begeben werden, mehr oder weniger im Verbandsinteresse liege. Dasselbe müsse dann aber auch für die Verschmelzung gelten, da die Gefahr der Beeinträchtigung von Beteiligungsrechten in beiden Fällen gleich sei. Die Verschmelzung könne wertungsmäßig nicht anders behandelt werden als die Kapitalerhöhung.

bb) Die die Konzeption des B G H ablehnende Literatur (1) Wiedemann 5 7 lehnt die differenzierende Betrachtungsweise des B G H ab. Grundsätzlich bedürften sämtliche Mehrheitsbeschlüsse einer positiven materiellen Rechtfertigung. Dies gelte sowohl für zweckgebundene als auch für zwecksetzende oder zweckneutrale Entscheidungen. Zwar könne im letzten Fall das Gesellschaftsinteresse als Anknüpfungspunkt für die Kontrolle nicht herangezogen werden, man könne aber auf die allgemeinen Rechtsprinzipien von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit als Maßstab zurückgreifen. Zwecksetzende Beschlüsse seien etwa der Ausschluß eines Gesellschafters, die Übertragung von Geschäftsanteilen oder die Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels. Die Verschmelzung sei dagegen eine

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So Timm AG 1982, 93 (106, Fn. 116); vgl. zu der Überprüfung abhängigkeitsbegründender Entscheidungen ferner Lutter/Timm NJW 1982, 409. 56 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 138 ff., 70 ff.; zur genaueren Betimmung der Kriterien des sachlichen Grundes vgl. S. 20 ff. 57 Wiedemann ZGR 1980, 147 (157).

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zweckgebundene Entscheidung, die im Gesellschaftsinteresse zu rechtfertigen sei. 58 (2) Martens 5 9 versteht die Verantwortlichkeit der Mehrheit ebenfalls als ein allgemeines Prinzip. Je intensiver der Eingriff sei, desto stärker müsse den Belangen der Minderheit Rechnung getragen werden. Daher seien auch zwecksetzende Beschlüsse, wie die Auflösung der Gesellschaft, rechtswidrig, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt seien. Ausgleichsansprüche (§§ 304, 305 AktG) könnten an diesem Ergebnis nichts ändern, da aus Entschädigungspflichten eine sachliche Rechtfertigung nicht abgeleitet werden könne. 6 0 (3) Nach Auffassung Zöllners 61 müssen sämtliche Entscheidungen, die zur Entziehung von Mitgliedschaftsrechten führen, den Grundsätzen von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit genügen. Dies gelte auch für Verschmelzungen und Gesellschaftsauflösungen.

2. K r i t i k Sämtliche Auffassungen können nicht voll überzeugen: a) Gegen die Ansicht Lutters spricht, daß eine Unterscheidung zwischen „grundlegender Umorganisation" und Maßnahmen, die „den Fortbestand der regulären Zusammenarbeit" 62 nicht berühren, kaum möglich i s t . 6 3 So braucht eine Fusion den „Fortbestand der regulären Zusammenarbeit" auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft keineswegs immer zu berühren. Dies etwa dann nicht, wenn die übernehmende Gesellschaft eine wesentlich kleinere Gesellschaft aufnimmt, so daß sich an der Geschäftsstruktur kaum etwas ändert. Das aber würde zu dem befremdlichen Ergebnis führen, 58 Wiedemann, GesR, S. 435. Im Widerspruch hierzu stehen allerdings die Ausführungen Wiedemanns, GesR, S. 448. Wenn es dort heißt, § 343 AktG nenne einen sachlichen Grund für den Bezugsrechtsausschluß, dürfte eine zusätzliche sachliche Rechtfertigung der Verschmelzung konsequenterweise ausgeschlossen sein. 59 Martens, FS Fischer, 437 (445 f.); insbesondere zum Auflösungsbeschluß ders., GmbHR 1984, 265 (270). 60 Auf der anderen Seite sollen bei der AG - im Gegensatz zur GmbH - die Ausgleichspflichten in den §§ 311 ff. AktG bei Geschäftsführungsmaßnahmen eine ausreichende Rechtfertigung für die Verfolgung des Konzerninteresses darstellen, vgl. Martens GmbHR 1984, 265 (268 f.). 61 Zöllner in Kölner Kommentar Einl. Rdnr. 55; ders., Schranken S. 351; ders. in Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 53; unklar ist in diesem Zusammenhang allerdings, warum Zöllner, Kölner Kommentar Einl. Rdnr. 55, andererseits meint, das Erfordernis eines Sachgrundes sei kein allgemeines Prinzip. 62 Das sind die Unterscheidungskriterien bei Lutter ZGR 1981, 171 (180 f.). 63 So auch Timm ZGR 1987, 403 (418).

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daß der Beschluß der übernehmenden Gesellschaft einer Sachkontrolle unterläge, während der Beschluß der übertragenden Gesellschaft kontrollfrei bliebe, obwohl letzterer einen erheblich schwerwiegenderen Eingriff in die Rechte der Aktionäre darstellt. Gegen die Ansicht Lutters spricht auch der Umgehungsgedanke. Auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft sind Fusion und Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen häufig austauschbare Instrumentarien, wie der Sachverhalt des Kali und Salz Urteiles 6 4 zeigt. Es ist deshalb schwer einzusehen, warum beide Fälle prinzipiell unterschiedlich behandelt werden sollen. 65 b) Auch die Ansicht Timms kann im Ergebnis nicht überzeugen. Wie T i m m selbst einräumt 6 6 , erfolgt eine Abhängigkeitsbegründung in aller Regel faktisch durch Mehrheitserwerb, aber nicht durch Fassung eines konkreten Beschlusses. Die Sachkontrolle würde daher in den meisten Fällen, auch beim Bezugsrechtsausschluß, leerlaufen. Darüber hinaus ist der Ansatz zu einseitig, um alle relevanten Fälle erfassen zu können. 6 7 Zwar mögen überwiegend Konzernkonflikte Ausgangspunkt für Streitigkeiten sein, zwingend ist dies jedoch nicht. Benachteiligungen der Minderheit durch eine etablierte Mehrheit, die nicht in einem Konzernverbund steht, werden von der Ansicht Timms aber nicht erfaßt. Davon abgesehen ist die Ansicht in sich widersprüchlich. Auf der einen Seite meint Timm, das Gesetz habe auf einen Präventivschutz für die Konzernbildung verzichtet, daher könne der Schutz auf weiteren Konzernierungsstufen erst recht zurücktreten; auf der anderen Seite soll nach seiner Meinung dort eine Kontrolle stattfinden, wo ein Beschluß in die Abhängigkeit führt. Das führt zu dem kaum begründbaren Ergebnis, daß keine Kontrolle stattfindet, wenn die Mehrheit den lediglich „geduldeten" Weg über den faktischen Konzern geht, ein sachlicher Grund dagegen erforderlich ist, wenn die Mehrheit den durch das Gesetz legalisierten Weg des sofortigen Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages beschreitet. 68 c) Die Ansicht Hirtes leidet ebenfalls daran, daß sie nur einen Teilaspekt berücksichtigt. Maßnahmen, die nicht zu einem konkreten Eingriff in Beteiligungsrechte führen, aber wegen ihrer Abhängigkeitsbegründung

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BGHZ 71, 41 ff. Der Gesichtspunkt des Umgehungsschutzes wird hervorgehoben von Wiedemann/Hirte ZGR 1986, 163 (169); siehe speziell für das Verhältnis Fusion - Kapitalerhöhung auch Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 70 ff. 66 Timm ZGR 1987, 403 (423). 67 Vgl. die Kritik von Timm ZGR 1987, 403 (422) an Hirte. 68 Vgl. zum Unterschied zwischen dem „tolerierten" faktischen Konzern und dem „legalisierten14 Vertragskonzern bereits oben Teil 1 Abschnitt B. III. Fn. 23. 65

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eine Gefahr darstellen, werden nicht erfaßt. 69 Zudem erscheint die Differenzierung nach Maßnahmen mit einer oder mehreren Handlungsalternativen nicht sachgerecht. Ob mehrere Handlungsalternativen bestehen, ist immer eine Sache der Fragestellung: Faßt man die Frage eng, so stellt sich etwa auch beim Bezugsrechtsausschluß nur eine Alternative: Bezugsrechtsausschluß j a oder nein. Mehrere Handlungsalternativen bestehen dagegen, wenn man den Zweck der Maßnahme mit einbezieht: Kann die Sanierung der Gesellschaft etwa auch in anderer Weise erreicht werden? Dementsprechend wird die Frage der Handlungsalternativen bei der Verschmelzung unterschiedlich beurteilt. Während Hirte hier mehrere sieht, geht T i m m 7 0 nur von einer Alternative aus. Das von Hirte gewählte Abwägungskriterium erweist sich daher als willkürlich. I m übrigen ist nicht nachvollziehbar, warum bei Maßnahmen mit nur einer Handlungsalternative Minderheitsinteressen nicht berücksichtigt werden können sollen. Aus der Tatsache, daß eine Maßnahme nicht durch eine andere, weniger einschneidende ersetzt werden kann, folgt nicht, daß diese in jedem Fall ohne Berücksichtigung von Minderheitsinteressen durchgesetzt werden könnte. Uberwiegen die Minderheitsinteressen, so hat die Maßnahme zu unterbleiben. Das bedeutet im Gegensatz zum Einstimmigkeitsprinzip nicht ein Diktat der Minderheit über die Mehrheit, da die Minderheit die Durchführung einer Maßnahme nicht bei Vorliegen irgendeines entgegenstehenden Interesses verhindern kann, sondern nur, wenn dieses Interesse nach Auffassung des Gerichts tatsächlich überwiegt. d) Damit steht fest, daß die bislang vorgenommenen Differenzierungsversuche Wertungswidersprüche aufweisen. Auf der anderen Seite können die zum Bezugsrechtsausschluß entwikkelten Grundsätze auch nicht ohne Differenzierung auf alle anderen Beschlußgegenstände übertragen werden. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Überlegung von Lutter, es gebe Beschlußgegenstände, bei denen eine Übereinstimmung mit dem Gesellschaft sinteresse von vorneherein ausgeschlossen sei. Ein Liquidationsbeschluß kann nicht darauf überprüft werden, ob er im Gesellschaftsinteresse liegt. Der Beschluß führt vielmehr zur Beendigung des Gesellschaftszwecks und damit auch des Gesellschaftsinteresses. Dasselbe gilt auch für den Fusionsbeschluß bei der übertragenden Gesellschaft. Die Fusion führt zur Auflösung der Gesellschaft, sie kann damit nicht im Gesellschaftsinteresse liegen.

69 70

So zutreffend Timm ZGR 1987, 403 (422 f.). Timm, Aktiengesellschaft, S. 82.

I I . Sachkontrolle als Folge der Treuebindungen

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3. Eigene Ansicht a) Vorrang

einer gesetzgeberischen Entscheidung

Eine Übertragung der für den Bezugsrechtsausschluß geltenden Grundsätze auf die Beurteilung von Verschmelzungsbeschlüssen ist - unabhängig von weiteren vergleichenden Überlegungen zur Interessenlage jedenfalls dann unzulässig, wenn der Gesetzgeber diese Frage abschüeßend geregelt hat. Handelt es sich bei der Verschmelzung um eine sog. „Vorgeprägte Entscheidung" i.S.v. L u t t e r 7 1 , so scheidet eine Sachkontrolle von vorn herein aus. Der Gesetzgeber hat sich auch bei der Neuregelung des Verschmelzungsrechtes im Jahre 1983 darauf beschränkt, die verfahrensmäßigen Voraussetzungen der Verschmelzung festzulegen sowie den vermögensrechtlichen Ausgleich sicherzustellen. Er hat dagegen die Frage einer sachlichen Kontrolle des Verschmelzungsbeschlusses trotz der zu diesem Zeitpunkt lebhaften Diskussion in der Literatur nicht ausdrücklich geregelt. Das könnte dafür sprechen, daß der Gesetzgeber durch die getroffenen Maßnahmen den Minderheitenschutz abschließend geregelt wissen wollte. 7 2 Untersucht man jedoch die Regierungsbegründung zum Verschmelzungsrichtliniegesetz, so finden sich zu der angesprochenen Frage keinerlei Hinweise. Hätte der Gesetzgeber durch die Neuregelung tatsächlich eine Sachkontrolle ausschließen wollen, so hätte dies in den Gesetzesmaterialien mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Niederschlag gefunden. Aus dem Umstand, daß dies nicht geschehen ist, folgt daher, daß die Frage der Sachkontrolle bei der Verschmelzung offengelassen und der weiteren Klärung durch Rechtsprechung und Literatur überlassen werden sollte. 7 3 b) Ausgleichsregelung Entgegen T i m m 7 4 wäre der Gesetzgeber angesichts der oben 7 5 aufgezeigten unterschiedlichen Fallkonstellationen auch keineswegs in der Lage gewesen, sämtliche bei der Verschmelzung auftretenden Interessenkonflikte im voraus zu lösen. Insbesondere kann die Festsetzung eines angemessenen Umtauschverhältnisses nicht in jedem Fall zu einem angemessenen Schutz 71

Lutter ZGR 1981, 171 (176 f.). So für die Erhöhung der Beschlußmehrheiten bei der Umwandlung Lutter ZGR 1981, 171 (177). 73 So auch Priester NJW 1983, 1459 (1464). 74 Timm, Aktiengesellschaft, S. 82. 75 Oben Teil 1 Abschnitt E. 72

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der Minderheit führen. Die Frage des vermögensrechtlichen Ausgleichs ist scharf von der Frage zu trennen, inwieweit die Mehrheit berechtigt ist, die Herrschaftsmacht der Minderheit zu verkürzen. Die Festlegung eines angemessenen Umtauschverhältnisses stellt keine Schadensersatzregelung für ein rechtswidriges Verhalten dar. Angemessen hat das Umtauschverhältnis vielmehr in jedem Fall - also unabhängig von einer sonstigen Rechtfertigung des Beschlusses - zu sein. 76 Von den Vertretern, die eine Übertragung der für den Bezugsrechtsausschluß geltenden Grundsätze auf die Verschmelzung wegen der dort vorgesehenen Ausgleichsregelung ablehnen, wird ferner übersehen, daß das Gesetz auch für die Kapitalerhöhung in § 255 Abs. 2 A k t G eine - wenn auch gegenüber dem Verschmelzungsrecht abweichende - Rechtsschutzmöglichkeit für die ausgeschlossenen Aktionäre bei wirtschaftlichen Nachteilen vorsieht. Auch hier müßte dann konsequenterweise eine Sachkontrolle ausscheiden. c) Vergleich

der Interessenlagen

Die Frage, ob Verschmelzungsbeschlüsse einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen, kann nur anhand eines Vergleiches der Interessenlagen beantwortet werden. Entscheidendes Gewicht kommt dabei dem Gesichtspunkt zu, welche Folgen die Verschmelzung für die Minderheitsaktionäre im Vergleich zur Kapitalerhöhung hat. Sind diese ebenso schwer oder schwerer, so ist es nicht gerechtfertigt, bei der Verschmelzung auf einen ebenso umfangreichen Minderheitenschutz wie bei der Kapitalerhöhung zu verzichten. Da sich die Verschmelzung auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft anders auswirkt als auf Seiten der übertragenden Gesellschaft, ist insoweit zu differenzieren. aa) Übernehmende Gesellschaft (1) Eine Sachkontrolle des Verschmelzungsbeschlussses der übernehmenden Gesellschaft rechtfertigt sich dann nicht, wenn die maßgebliche Belastung für die Minderheitsaktionäre nicht in diesem Beschluß, sondern in dem zur Durchführung der Verschmelzung in der Regel zu fassenden Kapitalerhöhungsbeschluß zu sehen ist. Hierfür könnte sprechen, daß der Kapitalerhöhungsbeschluß und nicht der Verschmelzungsbeschluß die Grundlage für die neuen Aktien der übernehmenden Gesellschaft 76 Nicht zutreffend ist es dagegen, wenn Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 136, in diesem Zusammenhang auf § 823 BGB verweist. Dort handelt es sich gerade um einen Ausgleich für ein rechtswidriges Verhalten.

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und damit für die Verkürzung der Minderheitenrechte bildet. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Sachkontrolle könnte daher der Kapitalerhöhungsbeschluß sein. Dagegen ist jedoch einzuwenden, daß gerade im Verschmelzungsbeschluß, nicht aber im Kapitalerhöhungsbeschluß der eigentliche Sinn des gesamten Rechtsgeschäfts „Verschmelzung" zum Ausdruck kommt. Zudem ist folgendes zu berücksichtigen: Würde man für die Sachkontrolle allein auf den Kapitalerhöhungsbeschluß abstellen, so würde es für das Ergebnis einen Unterschied machen, ob die übertragende Gesellschaft zum Zweck der Verschmelzung einen solchen durchführt oder nicht. Unterstellt man einmal die Übertragbarkeit der für die „normale" Kapitalerhöhung geltenden Grundsätze auf die Kapitalerhöhung zum Zweck der Verschmelzung, so würde im ersten Fall eine Sachkontrolle stattfinden, im zweiten Fall dagegen nicht. Für die Auswirkungen der Verschmelzung auf die Rechtsstellung der außenstehenden Minderheitsaktionäre macht es jedoch keinen Unterschied, ob die an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft zu gewährenden Aktien durch eine Kapitalerhöhung neu geschaffen oder eigene Aktien der übernehmenden Gesellschaft als Gegenleistung verwendet werden. Da vor der Ausgabe der eigenen Aktien die hiermit verbundenen Mitgliedschaftsrechte ruhen und erst hierdurch wieder aktiviert werden, ändern sich die Stimmrechtsverhältnisse in der Gesellschaft bei Einsatz eigener Aktien ebenso wie bei Schaffung neuer Aktien. Hieraus folgt, daß beide Fälle im Hinblick auf eine Sachkontrolle nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Ansatzpunkt für eine Sachkontrolle bei der übernehmenden Gesellschaft kann daher nicht der Kapitalerhöhungsbeschluß, sondern nur der Verschmelzungsbeschluß sein. (2) Für eine Übertragung der im Kali und Salz - U r t e i l 7 7 entwickelten Grundsätze spricht, daß bei der Verschmelzung auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft ebenso wie bei Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen gem. § 183 A k t G das Bezugsrecht der Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft ausgeschlossen wird, um die Gegenleistung für das gewissermaßen als Sacheinlage einzubringende übertragende Unternehmen bereitzustellen. Für die außenstehenden Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft hat die Verschmelzung im Ergebnis die gleichen Auswirkungen wie eine Sachkapitalerhöhung. M i t der Vergrößerung des Sachkapitals verringert sich ihr relativer Einfluß in der Gesellschaft. Ein Unterschied zwischen Sachkapitalerhöhung und Verschmelzung besteht allerdings darin, daß die Sacheinlage häufig von einer oder wenigen Personen oder Gesellschaften geleistet wird. Durch eine Sacheinlage erhöht 77

BGHZ 71, 41 ff.

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sich damit in der Regel der Kreis der Aktionäre durch einen Großaktionär, der der bisherigen Mehrheit häufig recht nahe steht. Die Position der Mehrheit wird in diesem Fall mittelbar nachhaltig zu Lasten der Minderheit gestärkt. Nicht selten wird die Sacheinlage auch durch einen Mehrheitsaktionär selbst erbracht. Dies führt dann zu einer unmittelbaren Stärkung der Position der Mehrheit. Bei der Verschmelzung ist die Situation dagegen vielfach anders. Ist Hauptaktionär der übertragenden Gesellschaft die übernehmende Gesellschaft, so erhöht sich durch die Verschmelzung die Anzahl der Aktionäre um eine größere Zahl von außenstehenden Minderheitsaktionären. Da auch die Mehrheit in der übertragenden Gesellschaft vom Bezugsrecht auf die neuen Aktien ausgeschlossen ist, verstärkt sich deren Position in diesem Falle nicht. Das kann dazu führen, daß sich die Beteiligungsverhältnisse in der neuen Gesellschaft zugunsten der Gesamtheit der außenstehenden Minderheitsaktionäre verschieben. Dies spricht jedoch nicht zwingend gegen eine Sachkontrolle des Verschmelzungsbeschlusses. Bestehen bei der Fusion keine wechselseitigen Mehrheitsbeteiligungen, ist vielmehr der Hauptaktionär der übertragenden Gesellschaft auch Hauptaktionär der übernehmenden Gesellschaft, so verstärkt sich dessen Position durch die Verschmelzung wie bei einer durch ihn erbrachten Sacheinlage. Bei der Verschmelzung ist daher eine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre, die mit einer Benachteiligung in Folge einer Sachkapitalerhöhung vergleichbar ist, keineswegs ausgeschlossen. Die Tatsache, daß bei bestimmten Mehrheitsverhältnissen eine Beeinträchtigung der Minderheit in nicht so starkem Maße vorzuliegen braucht wie bei einer Sachkapitalerhöhung, rechtfertigt es nicht, die Notwendigkeit einer Sachkontrolle im Grundsatz zu verneinen. Inwieweit in die Rechte der Minderheit eingegriffen wird, muß vielmehr bei der konkreten Prüfung, insbesondere bei der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Damit ergibt sich, daß der Verschmelzungsbeschluß der übernehmenden Gesellschaft wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlagen ebenso einer sachlichen Kontrolle zu unterziehen ist wie der Bezugsrechtsausschluß bei der Kapitalerhöhung. Es sind dabei die gleichen Kriterien anzuwenden wie bei der Kontrolle eines „normalen" Bezugsrechtsausschlusses. Der Verschmelzungsbeschluß der übernehmenden Gesellschaft ist nur rechtmäßig, wenn die Verschmelzung im Interesse der übernehmenden Gesellschaft liegt. Darüberhinaus muß die Verschmelzung erforderlich sein, um das hiermit verfolgte Ziel zu erreichen. Schließlich darf die Maßnahme bei Abwägung der Interessen der Gesellschaft gegenüber den Interessen der Minderheit nicht unverhältnismäßig erscheinen.

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bb) Übertragende Gesellschaft (1) Vergleicht man die Auswirkungen der Verschmelzung auf die außenstehenden Aktionäre der übertragenden Gesellschaft mit denjenigen für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft, so erscheint auch auf Seiten der übertragenden Gesellschaft eine Sachkontrolle geboten. Die Verschmelzung hat für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft in der Regel erheblich einschneidendere Konsequenzen. Nur bei ihnen findet ein Wechsel in der Mitgliedschaft statt. Da in der Mehrzahl der Fälle zudem die übernehmende Gesellschaft das größere und wirtschaftlich leistungsfähigere Unternehmen ist, führt der Zusammenschluß der Vermögensmassen insbesondere für die außenstehenden Aktionäre der übertragenden Gesellschaft zu einer Verringerung ihre Beteiligungsquote. Entgegen T i m m 7 8 setzen sich die Beteiligungsrechte der Aktionäre daher in der übernehmenden Gesellschaft keineswegs immer angemessen fort. Dies mag zwar in vermögensrechtlicher Hinsicht, nicht aber im Hinblick auf die Beteiligungsund Herrschaftsrechte gelten. (2) Auf der anderen Seite weist die Verschmelzung auf Seiten der übertragenden Gesellschaft auch Parallelen zur Gesellschaftsauflösung auf. So kann das Gesellschaftsinteresse denknotwendig nicht Kriterium zur Überprüfung des Verschmelzungsbeschlusses der übertragenden Gesellschaft sein. Da durch die Verschmelzung die übertragende Gesellschaft aufgelöst wird, beendet die Verschmelzung denknotwendig den bestehenden Gesellschaftszweck. Sie kann damit nie i m Gesellschaftsinteresse liegen; eine Verschmelzung wäre immer unzulässig. (3) Ob damit für den Verschmelzungsbeschluß der übertragenden Gesellschaft die vom B G H 7 9 für den Auflösungsbeschluß entwickelten Grundsätze gelten, erscheint allerdings zweifelhaft. Maßgebliches Argument gegen eine Sachkontrolle beim Auflösungsbeschluß ist, daß der Wille der Mehrheit, das einmal investierte Kapital wieder freizusetzen, respektiert werden muß. Entscheidend ist also der Gesichtspunkt der Desinvestition. Von den Fällen des Rechtsmißbrauchs abgesehen muß hier eine Kontrolle unterbleiben. Dieser Gedanke paßt jedoch bei der Frage einer Sachkontrolle des Verschmelzungsbeschlusses auf Seiten der übertragenden Gesellschaft nicht. Charakteristisches Merkmal der Auflösung ist, daß die Aktionäre über das gebundene Vermögen wieder frei verfügen können. 8 0 Die Verschmelzung führt jedoch gerade nicht zu einer freien Verfügbarkeit des Vermögens, 78

Timm ZGR 1987, 403 (428). BGHZ 76, 352 (353); BGH Betrieb 1988, 593 (594). 80 Wird dies umgangen, so nimmt der BGH Betrieb 1988, 593 ff. Rechtsmißbrauch des Auflösungsrechts an. 79

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dieses wird vielmehr zwangsläufig in der übernehmenden Gesellschaft gebunden. Die Mehrheit entscheidet damit zugleich über die Neuanlage des Kapitals der Minderheit. Das macht eine gegenüber der Auflösung differenzierte Betrachtung notwendig. Entscheidend ist hier die Schwere des Eingriffs in die Rechtspositionen der Minderheit, die eine Sachkontrolle ebenso wie bei der Sachkapialterhöhung erforderlich macht. (4) Allerdings scheidet, wie ausgeführt, das Gesellschaftsinteresse als Kontrollmaßstab für die sachliche Prüfung aus. Dieses Kriterium muß daher durch ein anderes ersetzt werden. Sachgerecht erscheint es, statt auf das Gesellschaftsinteresse auf das Interesse des Mehrheitsgesellschafters an der Neuanlage des Kapitals in der übernehmenden Gesellschaft abzustellen. Dieses ist gegen die Nachteile abzuwägen, die der Minderheit aus der Fusion erwachsen. Dabei kann der Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nicht herangezogen werden, da Alternativen, um das Ziel einer Neuanlage des investierten Kapitals in der angestrebten Weise zu erreichen, nicht bestehen. 81 Es kann aber geprüft werden, ob das Interesse der Mehrheit an der Neuanlage nicht außer Verhältnis zu den Interessen der Minderheit an einer Beibehaltung der bisherigen Gesellschaftsstruktur steht. Entgegen L u t t e r 8 2 wird der Minderheit hierdurch auch nicht ein gerichtlich durchsetzbares Alternativprogramm eröffnet. Geprüft wird nur, ob die geplante Maßnahme nicht wegen der Überwiegenden Interessen der Minderheit zu unterbleiben hat. Das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit führt auch hier nicht zwangsläufig zu einer Herrschaft der Minderheit über die Mehrheit. Inwieweit die Rechte der Mehrheit beschränkt werden, ist vielmehr eine Frage der insoweit geltenden Kontrollmaßstäbe, die im folgenden zu untersuchen sind.

I I I . Einzelheiten der Sachkontrolle

1. Bestimmung des Gesellschaftsinteresses Ob die Verschmelzung auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft im Gesellschaftsinteresse liegt, richtet sich nach dem Gesellschaftszweck. 83 Dieser ist gleichsam die Kehrseite des Gesellschaftsinteresses. 84 In 81

Insoweit zutreffend Lutter ZGR 1981, 171 (179) für den Auflösungsbeschluß. Lutter ZGR 1981, 171 (180). 83 Vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 178; Filbinger, Schranken, S. 92, 94; Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 30 ff.; v. Falkenhausen, Grenzen, S. 67 f.; Blumenrohr, Schranken, S. 31 f.; Fiichsel, Bezugsrechtsausschluß, S. 80 f. 84 So zutreffend Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Anm. 178. 82

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ihm laufen die Interessen aller Mitglieder zusammen. Der Gesellschaftszweck ergibt sich seinerseits aus dem Grundzweck 85 und dem Unternehmensgegenstand. 86 Ein Beschluß verstößt hiernach dann gegen den Gesellschaftszweck und damit auch gegen das Gesellschaft sinteresse, wenn er dem Grundzweck der Gesellschaft zuwiderläuft 8 7 oder vom Unternehmensgegenstand nicht gedeckt i s t . 8 8 a) Der Grundzweck Ob der Verschmelzungsbeschluß im Gesellschaftsinteresse liegt, hängt also zunächst davon ab, ob er mit dem Grundzweck der Gesellschaft vereinbar ist. Dieser besteht bei einer Gesellschaft, die auf den Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens gerichtet ist, in der Regel in der Gewinnerzielung. 89 Hat die aufnehmende Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft keinerlei wirtschaftliches Interesse, so ist die Verschmelzung rechtswidrig. 90 Das stimmt mit dem oben 9 1 dargestellten Grundsatz überein, daß ein angemessenes Umtausch Verhältnis der Aktien nur vorliegt, wenn die Aktionäre hierdurch keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden. Hier treten also bei der Verschmelzung keine gesondert zu beachtenden Gesichtspunkte in Erscheinung. b) Der Unternehmensgegenstand Ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Aktionäre, das Risiko der Kapitalanlage einzugehen, wird darin bestehen, daß sie von dem Erfolg des Unternehmens gerade in dieser Branche überzeugt sind. 9 2 Es stellt sich 85 Die Terminologie ist uneinheitlich. Der Grundzweck wird zum Teil auch als Gesellschaftszweck i.e.S. bezeichnet. Grundzweck und Unternehmensgegenstand sind scharf zu unterscheiden, da auf sie unterschiedliche Regeln anzuwenden sind; vgl. hierzu Zöllner in Kölner Kommentar § 179 Rdnr. 16. 86 Vgl. hierzu Zöllner, Schranken, S. 329; Verkürzt gesehen wird das Problem von Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 23, der nur auf den Unternehmensgegenstand abstellt. 87 Siehe zu dieser Frage Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 185 ff. sowie dens., Schranken, S. 331 ff. 88 Im Einzelfall dürften dagegen auch gegenstandsfremde Geschäfte zulässig sein, wenn sie eine positive Rückwirkung auf gegenstandsgemäße Geschäfte haben; vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 183. 89 Vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 179 Rdnr. 15; etwas anderes gilt etwa für den Idealverein, der nicht die Erwirtschaftung von Gewinnen zum Ziel hat. 90 So für den Bezugsrechtsausschluß auch BGHZ 71, 41 (46) - Kali und Salz. 91 Vgl. oben Abschnitt Α. I. 2. b) bb). 92 Zu weitgehend dagegen Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung, S. 24, der dem Unternehmensgegenstand keinen selbständigen Aussagewert für den Erfolg des Unternehmens beimißt.

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

daher die Frage, inwieweit sich durch die Verschmelzung Veränderungen des Unternehmensgegenstandes ergeben dürfen, inwieweit also die konglomerate Fusion zulässig ist. aa) Es liegt nahe, insoweit auf den in der Satzung gem. § 23 Abs. 3 Nr. 2 A k t G festgelegten Gegenstand des Unternehmens abzustellen. 93 Eine Verschmelzung, durch die sich dieser durch die Satzung gezogene Rahmen nicht verändert, wäre hiernach mit dem Unternehmensgegenstand vereinbar und läge - die Beachtung des Erwerbszwecks der Gesellschaft vorausgesetzt - im Interesse der Gesellschaft. Hiergegen wendet sich insbesondere H i r t e : 9 4 Sei der Unternehmensgegenstand von Anfang an sehr weit und unbestimmt gefaßt, liege selbst eine Maßnahme, die die Aktivitäten der Gesellschaft auf Branchen ausdehne, in denen diese bislang nie tätig gewesen sei, in deren Interesse. Entspreche der bisherige Unternehmensgegenstand nicht dem gewünschten Betätigungsfeld, könne die Mehrheit diesen darüber hinaus gem. § 179 Abs. 2 A k t G vor der Durchführung der Kapitalerhöhung so ändern, daß die Maßnahme nun mit dem Unternehmensgegenstand vereinbar sei. Ob eine die Minderheit belastende Maßnahme mit dem Unternehmensgegenstand vereinbar sei, bestimme damit letztlich die Mehrheit, da der Beschluß auf Änderung des Unternehmensgegenstandes seinerseits keiner sachlichen Voraussetzungen bedürfe. 95 bb) H i r t e 9 6 erwägt deshalb, die Nichtausnutzung eines in der Satzung vorgesehen Tätigkeitsfeldes als stillschweigende Vereinbarung unter den Gesellschaftern zu werten, auch in Zukunft auf diesem Gebiet keine Aktivitäten zu entfalten. Die Mehrheit wäre dann gezwungen, den durch die Satzung gesteckten Rahmen ständig auszufüllen, um nicht Gefahr zu laufen, daß spätere Erweiterungen des Betätigungsfeldes gegen die Vereinbarung verstoßen. 97 Ob eine derartige vertragliche Selbstbindung bei einer GmbH mit wenigen Gesellschaftern im Einzelfall in Betracht kommen kann, braucht hier 93

So wohl Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 183. Insbesondere Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 24. 95 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 24; die dort in Fn. 108a Zitierten stützen diese Auffassung allderdings wohl nicht. 96 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 25 f. unter zweifelhafter Berufung auf BGH W M 1983, 334 (Kerb-Konus). 97 Für eine Pflicht zur Ausfüllung des durch die Satzung gesteckten Rahmens etwa Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 65 f. Das führt nach seiner Ansicht, S. 66, aber zutreffend nicht zu einer Selbstbindung der Gesellschaft in dem oben bezeichneten Sinn; sie ist vielmehr verpflichtet, gegebenenfalls die Satzung zu ändern. Insoweit daher mißverständlich die Heranziehung der Ansicht Hommelhoffs durch Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 25. 94

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nicht näher untersucht zu werden; 08 eine solche Annahme kann jedoch für eine publikumsoffene Aktiengesellschaft keinesfalls zutreffen. Sie stellt hier eine reine Fiktion dar. Davon abgesehen würde der Spielraum der Gesellschaft in unzulässiger Weise eingeengt. Da nur Maßnahmen ergriffen werden könnten, die vollständig mit der bisherigen Geschäftsentwicklung übereinstimmen, wäre nicht einmal die Wiederaufnahme eingestellter Bereiche möglich. Eine Entwicklung der Gesellschaft wäre ausgeschlossen." cc) H i r t e 1 0 0 schlägt daher vor, auf das Kriterium der Vorhersehbarkeit abzustellen. Der Zweck, zu dem die Maßnahme erfolge, müsse seine Grundlage einerseits in der Satzung haben, andererseits aus der tatsächlichen Entwicklung des Unternehmens objektiv vorhersehbar gewesen sein. Die Maßnahme brauche darüber hinaus aber nicht völlig im Rahmen der bisherigen Unternehmenspolitik zu liegen. Damit werde ein wertendes Kriterium eingeführt, das es erlaube, die Interessen der Mehrheit an einer Entwicklung des Unternehmens gegen die Interessen der Minderheit an einem Schutz ihrer Beteiligung gegeneinander abzuwägen. Wann eine Maßnahme vorhersehbar sei, ergebe sich aus der Entwicklung des Unternehmens in der Vergangenheit, d.h. aus seiner „geschichtlichen Prägung". 1 0 1 Bei näherer Betrachtung ergeben sich auch gegen diesen Ansatz Bedenken. Das Merkmal der Vorhersehbarkeit ist als sichere Grundlage einer Mehrheitsentscheidung ungeeignet. Ob eine Entscheidung anhand der „geschichtlichen Prägung" der Gesellschaft später durch ein Gericht als vorhersehbar anerkannt wird, ist selbst kaum vorhersehbar. 102 Die Erweiterung des Tätigkeitsbereiches durch die Mehrheit würde so zu einem unkalkulierbaren Risiko. Zweifelhaft ist vor allem, was in den Fällen gelten soll, in denen nur geringfügige Überschneidungen der Gesellschaften bestehen. So bleibt etwa offen, ob einem Automobilkonzern die Fusion mit einem Unternehmen der Elektrobranche erlaubt ist. Unklar ist auch, zu welchem Zeitpunkt die Maßnahme vorhersehbar gewesen sein muß. Macht man mit dem von Hirte herangezogenen Vergleich zum Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ernst, so käme

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Der Fall in BGH W M 1983, 334 betraf eine GmbH; siehe zu dieser Entscheidung etwa Happ ZGR 1984, 168 - 178. 99 Insoweit zutreffend Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 26. 100 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 27 ff. 101 Irreführend in diesem Zusammenhang die Literaturhinweise bei Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 29 Fn. 128. Die dort Genannten befassen sich mit zum Teil anders gelagerten Problemen; vgl. nur Westermann ZGR 1984, 352 (372), der untersucht, wann die Ausgliederung eines Unternehmeneteiles durch den Vorstand von der Zustimmung der Hauptversammlung der Obergesellschaft bedarf; vgl. zu diesem Problem BGHZ 83, 122 ff.(Holzmüller). 102 Ygj Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung, S. 24.

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es entscheidend auf den Eintritt des Aktionärs in die Gesellschaft a n . 1 0 3 Das würde bedeuten, daß für jeden Aktionär je nach dem Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft ermittelt werden müßte, ob die Verschmelzung für ihn vorhersehbar war. Das dürfte kaum möglich sein. Nach Ansicht Hirtes soll deshalb entscheidend sein, ob die Maßnahme vor ihrer Durchführung vorhersehbar w a r . 1 0 4 Es soll darauf abgestellt werden, ob sich im Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme die wirtschaftlichen Grundbedingungen in dem Maße geändert haben, daß der Minderheitsaktionär mit einer Ausweitung des bisherigen Tätigkeitsfeldes rechnen mußte. 1 0 5 Gegen diesen Standpunkt ergeben sich schon in methodischer Hinsicht Bedenken. Das Gesellschaftsinteresse ist der Maßstab, an dem die Zulässigkeit der Verschmelzung gemessen wird. Gesellschaftsinteresse und Interesse der Minderheit werden gegeneinander abgewogen. Dann ist es aber nicht zulässig, das Gesellschaftsinteresse als das Abwägungskriterium zugunsten der Mehrheit seinerseits von einer Wertung abhängig zu machen, die wiederum die Interessen der Minderheit berücksichtigt. Weiter ist zu beachten, daß es Sinn des § 23 Abs. 3 Nr. 2 A k t G ist, durch Offenlegung den Aufgabenbereich der Gesellschaft zu umgrenzen und hierdurch gegenwärtige und zukünftige Aktionäre zu schützen. 1 0 6 Das beinhaltet nach zutreffender Auffassung einen Schutz sowohl in negativer als auch in positiver Hinsicht. 1 0 7 Zwar darf der durch die Satzung gesteckte Rahmen nicht überschritten werden, andererseits besteht die Verpflichtung, auf die in der Satzung festgelegten Ziele hinzuwirken. Der Aktionär kann darauf vertrauen, daß der durch die Satzung gesteckte Rahmen auch voll ausgenutzt wird. Das führt aber nicht dazu, daß sich die Mehrheit durch eine Nichtausübung des in der Satzung festgelegten Spielraumes selbst bindet, ein solches Vorgehen ist vielmehr unzulässig. Auch Einschränkungen der Tätigkeit müssen damit durch die Mehrheit im Wege der satzungsmäßigen Änderung des Unternehmensgegenstandes beschlossen werden. 1 0 8

103 Ygj z u Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage statt vieler Medicus, BR, Rdnr. 165a ff. 104 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 28. 105 ygj Hirte, Bezugsrechtsausschluß. S. 28: „Nur Evolution, nicht Revolution hinsichtlich der Geschäftsentwicklung ist möglich, wenn durch einen Bezugsrechtsausschluß Minderheitsaktionäre geschädigt werden." 106

Ähnlich Kraft in Kölner Kommentar § 23 Rdnr. 23. So wohl auch Timm, Aktiengesellschaft, S. 120. 108 ygj Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 66. 107

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Die Auffassung Hirt es würde dagegen dazu führen, daß die Mehrheit eine Änderung des Unternehmensgegenstandes zwar beschließen, den hierdurch gewonnen Spielraum aber nicht nutzen könnte. Inhalt des Registers und Wirklichkeit stimmten nicht überein. dd) Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß Kriterium für die Vereinbarkeit einer Fusion mit dem Gesellschaftsinteresse der in der Satzung festgelegte Unternehmensgegenstand ist. Richtiger Ansatzpunkt für den Schutz der Aktionäre ist nicht eine Begrenzung der durch die Satzung eingeräumten Spielräume, sondern eine Kontrolle des in der Satzung selbst festgelegten Unternehmensgegenstandes. Gefahren, die durch eine zu unbestimmte Angabe des Unternehmensgegenstandes drohen, ist im Eintragungsverfahren durch die Zurückweisung des Antrags zu begegnen. 109 Ein Unternehmensgegenstand, der nicht konkret beabsichtigt ist, darf in der Satzung nicht erscheinen. Das Gesetz sieht für die maßgeblichen Fälle des Betriebes von Industrie- und Handelsunternehmen ausdrücklich die Angabe der Art der zu vertreibenden Erzeugnisse vor. Unzulässig sind daher beispielsweise Satzungsbestimmungen wie: „Betrieb von Handelsgeschäften aller A r t " . 1 1 0 Insoweit ist also ein ausreichender Schutz gegeben. Damit ist die Minderheit allerdings nicht davor geschützt, daß die Mehrheit den Gesellschaftszweck durch Satzungsänderung neu festlegt. Das ist jedoch entgegen der Ansicht Hirtes nicht bedenklich. Zwischen Minderheitenschutz und Gegenstandsänderung besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Für eine Gegenstandsänderung kann es gute unternehmerische Gründe geben. Sie kann zur Risikostreuung und Kostenminimierung führen. 1 1 1 Die Fusion mit einem branchenfremden Unternehmen kann unter Umständen erheblich vorteilhafter sein als ein Engagement im gleichen Wirtschaftszweig. 112 Eine konglomerate Fusion kann sich daher durchaus positiv auf die Erwerbschancen der Gesellschaft und damit letzlich auf die Dividenden der Aktionäre auswirken. 2. Beurteilungsmaßstäbe Inwieweit die oben entwickelten Voraussetzungen der Verschmelzung zu einer Einschränkung der Mehrheitsherrschaft führen, hängt entscheidend 109

Vgl. hierzu Kraft in Kölner Kommentar § 23 Rdnr. 24 ff. Vgl. z.B. OLG Dresden RJA 15, 308; daher dürfte das von Hirte gewählte Beispiel des Erwerbs einer Marmeladenfabrik durch eine Schuhfabrik, die nicht gleichzeitig die Beteiligung an anderen Gesellschaften als satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand hat, kaum realistisch sein. 111 Vgl. hierzu oben Teil 1 Abschnitt Β. I. 112 Zutreffend Schockenhoff, Gesellschaft sinteresse und Gleichbehandlung, S. 25. 110

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von der durch das Gericht ausgeübten „Kontrolldichte" ab. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit der Mehrheit bei der Beurteilung des sachlichen Grundes ein Beurteilungsspielraum einzuräumen ist. a) Meinungsstand aa) Nach herrschender A n s i c h t 1 1 3 braucht der Beschluß der Mehrheit nicht bei rückblickender Betrachtung im Gesellschaftsinteresse erforderlich sowie verhältnismäßig gewesen zu sein. Es sei vielmehr entscheidend, ob die Mehrheit aus der Sicht zum Zeitpunkt der Beschlußfassung aufgrund sorgfältiger und von gesellschaftsfremden Erwägungen freier Abwägung davon ausgehen durfte, der Beschluß erfülle diese Voraussetzungen. Es könne nicht Aufgabe der Gerichte sein, die eigene wirtschaftliche Beurteilung an die Stelle einer in freier unternehmerischer Verantwortung beschlossenen sachlich abgewogenen Entscheidung zu setzen. Insoweit stehe der Mehrheit ein Beurteilungsspielraum zu. bb) Gegen die Anerkennung eines Beurteilungsspielraumes der Mehrheit wendet sich H i r t e . 1 1 4 Nach seiner Ansicht bedeutet dies die Reduzierung des Minderheitenschutzes auf Extremfälle und eine Zurückführung auf das unbefriedigende Maß der reinen Mißbrauchskontrolle. Es gelte insoweit das aus dem öffentlichen Planungsrecht bekannte Abwägungsgebot. Das Abwägungsmaterial müsse richtig zusammengestellt und vertretbar gegeneinander abgewogen sein. Daher könne eine Entscheidung bereits dann rechtswidrig sein, wenn eine die Minderheit weniger belastende Alternative übersehen worden sei. Das soll nach Ansicht Hirtes offenbar ex post beurteilt werden.

b) Stellungnahme Für die Beurteilung der durch das Gericht auszuübenden Kontrolldichte erscheint es sinnvoll, zwischen den einzelnen Bewertungsstufen zu unterscheiden:

113

BGHZ 71, 41 (49 f.); LG Heidelberg ZIP 1988. 1257 (1258); Lutter ZGR 1979, 401 (405); Zöllner, Schranken, S. 24 ff.,321, 351; Semler BB 1983, 1566 (1568); Blumenrohr, Schranken, S. 44; ähnlich Wiedemann, GesR, S. 435; Martens GmbHR 1984, 265, 267; ders., FS für Fischer, S. 437 (446 f.), wo auf die Gefahren einer zu starken richterlichen Kontrolle hingewiesen wird; für einen Beurteilungsspielraum auch Timm, Aktiengesellschaft, S. 82. 114 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 21 ff. sowie S. 220 ff., der dieses Problem allerdings unter dem Gesichtspunkt der Beweislast erörtert; ähnlich wohl Bischoff BB 1987, 1055 (1059).

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aa) Gesellschaftsinteresse Für die übernehmende Gesellschaft stellt sich zunächst die Frage, ob die Verschmelzung überhaupt im Gesellschaftsinteresse liegt. M i t der überwiegenden Ansicht ist zunächst davon auszugehen, daß die von der Gesellschaft insoweit getroffene Beurteilung durch ein Gericht nur aus der Sicht zum Zeitpunkt der Beschlußfassung überprüft werden kann. Wäre eine ex post-Betrachtung entscheidend, so könnte ein Verschmelzungsbeschluß durch die Minderheit auch dann als rechtswid-rig angefochten werden, wenn sich erst nach Beschlußfassung die wirtschaftliche Unzweckmäßigkeit der Verschmelzung herausstellt. Daß durch einen solchen Maßstab die Anforderungen an die Beschlußkontrolle überspannt werden, ergibt sich bereits aus deren Rechtsgrundlagen. Entscheidend ist, ob die Mehrheit bei der Beschlußfassung ihre Treuepflichten gegenüber der Minderheit verletzt h a t . 1 1 5 Ob dies der Fall ist, kann nur aus der Sicht zum Zeitpunkt der Beschlußfassung unter Zugrundelegung des zu diesem Zeitpunkt bekannten Materials beurteilt werden. 1 1 6 Bei dieser ex ante-Beurteilung kann es nicht Aufgabe der Gerichte sein, die eigene wirtschaftliche Beurteilung ohne weiteres an die Stelle der durch die Gesellschaft getroffenen Entscheidung zu setzen. Der Gesellschaft muß vielmehr wegen der in dem Bereich unternehmerischer Planung auftretenden Prognoseschwierigkeiten ein nicht weiter nachprüfbarer beträchtlicher Spielraum zustehen. 117 Es ist ihr daher nicht verwehrt, auch objektiv wirtschaftlich törichte Entscheidungen zu treffen. 1 1 8 Eine Anfechtungsmöglichkeit besteht also auch dann nicht, wenn der Mehrheit ein fahrlässiger Verstoß gegen ihre Sorgfaltspflichten vorgeworfen werden k a n n . 1 1 9 Ansonsten könnten nachträglich erkannte Fehler des Managementes im nachhinein auch im Außenverhältnis noch wieder korrigiert werden. 1 2 0 Hat die Mehrheit in dem guten Glauben gehandelt, die beschlossene Maßnahme diene dem Erwerbszweck, so ist der Beschluß allein wegen eines objektiven Verstoßes hiergegen nicht rechtswidrig. Dagegen kann nicht eingewendet wer115

Siehe oben Abschnitt I. 2. b) bb). So BGHZ 71, 41 (49 f.); Lutter ZGR 1979, 401 (405); Zöllner, Schranken, S. 24 ff., 321, 351; Wiedemann, GesR, S. 435; Blumenrohr, Schranken, S. 44; a.A. möglicherweise Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 223 ff. 117 Im Ergebnis zutreffend Martens, FS Fischer, S. 439 (447). Nach seiner Ansicht ergeben sich die Schranken einer richterlichen Rechtskontrolle „nicht kraft Natur der Sache, wohl aber kraft systemnotwendiger Autonomiebefugnis der Unternehmen". 118 So auch Timm ZGR 1987, 403 (420); K. Schmidt, GesR, § 21 I I 3; Flume, Juristische Person, § 7 I I S. 212; a.A. Zöllner, Schranken, Rdnr. 326. 119 Insoweit 120 Ein wirksamer Hauptversammlungsbeschluß ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verschmelzung; unrichtig daher Zöllner, Schranken, S. 329 f., der meint, die Bindung an den Gesellschaftszweck betreffe ausschließlich das Innenverhältnis. 116

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

den, durch eine solche Ansicht würden besonders nachlässige und unternehmerisch unfähige Mehrheiten bevorzugt. Das Risiko, durch wirtschaftlich falsche Entscheidungen des Vorstandes oder der Mehrheit geschädigt zu werden, trifft den Aktionär auch bei einer „normalen" Geschäftsführungsmaßnahme. In einem solchen Fall kommen nur Schadensersatzansprüche etwa nach § 93 A k t G gegen den Vorstand in Betracht, die die Wirksamkeit des Beschlusses selbst aber nicht berühren. 1 2 1 Etwas anderes gilt nur, wenn die Mehrheit aus gesellschaftsfremden Erwägungen - etwa im Interesse des übergeordneten Konzerns - bewußt in Kauf genommen hat, daß die Verschmelzung dem Gesellschaftsinteresse zuwiderläuft. I n diesem Fall haben die Interessen des Verkehrsschutzes hinter die Belange der Minderheit in der Gesellschaft zurückzutreten. Die Mehrheit ist nicht befugt, durch Maßnahmen, deren wirtschaftlichen Nachteile für die Gesellschaft sie erkannt hat, in die Rechte der Minderheit einzugreifen. Ein derartiger Beschluß ist rechtswidrig und anfechtbar. bb) Erforderlichkeit Es schließt sich die weitere Frage an, inwieweit überprüft werden kann, ob die Verschmelzung auch im Gesellschaftsinteresse erforderlich war, inwieweit also eine Alternativmaßnahme in Betracht gekommen wäre, die die Interessen der Minderheitsaktionäre weniger beeinträchtigt hätte. (1) Nicht überzeugend ist es zunächst, wenn H i r t e 1 2 2 unter Berufung auf das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot einen Beschluß schon dann als rechtswidrig ansehen will, \\\ im die Gesellschaft objektiv eine die Minderheit weniger belastende Maßnahme übersehen habe. Bei der Bauleitplanung geht es darum, die unterschiedlichen Interessen einer Vielzahl von Personen zum Ausgleich zu bringen. Das kommt in § 1 Abs. 6 B a u G B 1 2 3 zum Ausdruck, wenn es dort heißt: „Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen." Das hierbei dem Planungsträger einzuräumende Planungsermessen entspricht dem sonst üblichen Verwaltungsermessen, darf mit diesem jedoch nicht gleichgesetzt werden. 1 2 4 Ein Abwägungsdefizit liegt im Bauplanungsrecht vor, wenn bei der Abwägung die Belange ein121 Der Frage, ob diese Ansprüche auch durch den Aktionär geltend gemacht werden können, kann hier nicht weiter nachgegangen werden; vgl. einerseits Brondics, Die Aktionärsklage, S. 79 -93; andererseits von Gerkan ZGR 1988, 441, 450; ferner Mertens AG 1990, 49 (51). 122 Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S.223 - 227. 123 Früher § 1 Abs. 7 BBauG. 124 Vgl. Hoppe in Ernst/Hoppe, Baurecht, S. Rdnr. 299; Schwerdtfeger, ÖR, Rdnr. 528 Fn. 10.

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zelner von der Planung betroffener Gruppen oder Personen nicht berücksichtigt wurden. Die hierbei auftretenden Fehler müssen evident sein. 1 2 5 Die Kontrolle erstreckt sich im Planungsrecht daher vornehmlich auf das Abwägungsverfahren und nicht auf das Abwägungsergebnis. Die Ansicht H i r t e s 1 2 6 läuft dagegen auf eine umfassende Kontrolle des Planungsergebnisses selbst hinaus, die mit einer Berufung auf das Bauplanungsrecht gerade nicht gerechtfertigt werden kann. (2) Davon abgesehen werden auch vom Ergebnis her die Anforderungen an die Beschlußkontrolle überspannt. Vielmehr ist zwischen der Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen der einzelnen Maßnahmen und der Bewertung der den Aktionären hierdurch entstehenden Nachteile zu differenzieren: (a) Zur Beantwortung der Frage, ob die Verschmelzung erforderlich, ist, muß die Gesellschaft die wirtschaftlichen Auswirkungen der Verschmelzung mit einer in Betracht kommenden Alternativmaßnahme vergleichen. Hierbei handelt es sich um ein betriebswirtschaftliches Problem, bei dessen Klärung der Gesellschaft ebenso ein Beruteilungsspielraum einzuräumen ist wie bei der Frage, ob die Verschmelzung überhaupt wirtschaftlich sinnvoll ist. Es gelten daher die soeben 1 2 7 entwickelten Grundsätze entsprechend. Die Gesellschaft ist somit befugt, aus den in Frage kommenden Möglichkeiten den aus ihrer Sicht zum Zeitpunkt der Beschlußfassung sichersten Weg zu wählen. (b) Ergibt sich, daß eine Alternativmaßnahme ebenso geeignet ist, dem Gesellschaftsinteresse zu dienen wie die Verschmelzung, so ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob die mit der Alternativmaßnahme verbundenen Belastungen für die Minderheitsaktionäre geringer sind als bei Durchführung der Verschmelzung. Die von der Gesellschaft hier vorzunehmende Bewertung ist durch das Gericht voll überprüfbar, da es sich insoweit um eine Rechtsfrage handelt. cc) Angemessenheit Ist die Verschmelzung im Gesellschaft sinteresse erforderlich, so hat die übernehmende Gesellschaft zu prüfen, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Auch die übertragende Gesellschaft ist - wie oben dargelegt - an diesen Grundsatz gebunden. Gerade bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit besteht die Gefahr, daß das Gericht letztlich doch sein Zweckermessen an die Stelle desjenigen der Gesellschaft setzt. Rechtmäßig 125 126 127

Vgl. Hoppe in Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdnr. 285d-290. Insbesondere Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 227. Abschnitt (1).

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

ist die Verschmelzung - entsprechend den im öffentlichen Recht geltenden Grundsätzen - dementsprechend nicht nur dann, wenn der Eingriff in die Rechte der Minderheit auch nach Auffassung des Gerichts in angemessenem Verhältnis zu dem damit verfolgten Zweck steht. 1 2 8 Rechtswidrigkeit ist vielmehr nur gegeben, wenn die Folgen des Eingriffs bei jeder Betrachtungsweise eindeutig völlig außer Verhältnis zum erstrebten Ziel stehen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet lediglich Abwägungsergebnisse, die ganz einseitig und offensichtlich fehlgewichtet sind. Er setzt der Ermessensentscheidung letzte Grenzen. 1 2 9 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollte daher besser negativ formuliert werden: Der Verschmelzungsbeschluß ist rechtswidrig, wenn der hiermit verbundene Eingriff in die Rechte der Minderheit völlig außer Verhältnis zu dem hiermit verfolgten Zweck steht.

3. Darlegungs- und Beweislastverteilung Umstritten ist, wer in einem Prozeß hinsichtlich der Tatsachen, die die sachliche Rechtfertigung des Beschlusses ergeben, die Darlegungs- und Beweislast trägt.

a) Streitstand aa) Der B G H 1 3 0 ist der Ansicht, der klagende Aktionär trage die Beweislast für das Fehlen eines sachlichen Grundes. Es sei mit dem Prinzip der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren, daß sich der Aktionär erfolgreich gegen einen Beschluß wehren könne, wenn sich ein materieller Mangel zwar nicht völlig ausschließen, aber auch nicht beweisen lasse. In der „Linotype" - Entscheidung 1 3 1 hat der BGH ferner klargestellt, daß er im Grundsatz auch an der Darlegungslast des klagenden Aktionärs festhält. 1 3 2 Allerdings sei zu berücksichtigen, daß nur die beklagte Gesellschaft über die zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen und Informationen verfüge. Daher seien an die Darlegungslast des klagenden Aktionärs keine überspannten Anforderungen zu stellen. Es sei vielmehr Sache der Gesellschaft, im 128

So die - jedenfalls mißverständlichen - Formulierungen der h.M. Vgl. hierzu für das Verwaltungsrecht Schwerdtfeger, ÖR, Rdnr. 107. 130 BGHZ 71, 41, (48 f.); 83, 319 (322 f).; offengelassen in BGH Betrieb 1988, 593 (595). 131 BGH Betrieb 1988, 593 (595) mit Anm. Timm NJW 1988, 1582 f. 132 Vor dieser Entscheidung wurde dagegen angenommen, der BGH wolle unter Spaltung der Darlegungs- und Beweislast die erste umkehren, die zweite dagegen nicht, vgl. Lutter ZGR 1979, 401, 412; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 220 ff.

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einzelnen die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe darzulegen. Der BGH fordert damit ein substantiiertes Bestreiten der Gesellschaft, dessen Ausbleiben die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO nach sich zieht. 1 3 3 bb) Die Auffassung des B G H wird in der Literatur überwiegend kritisiert. 1 3 4 Bereits aus dem allgemeinen Grundsatz, daß jede Partei das Vorliegen der Voraussetzungen der ihr günstigen Norm zu beweisen h a b e 1 3 5 , folge, daß die Beweislast für die Tatsachen, die das Vorliegen eines sachlichen Grundes ergeben, bei der Gesellschaft liege. 1 3 6 Dies ergebe sich daraus, daß das Erfordernis eines Sachgrundes positive Zulassungsvoraussetzung für einen Mehrheitsbeschluß sei. Solle der Aktionär die Beweislast tragen, müsse daher ein Grund für eine Beweislastumkehr vorliegen. Dieser lasse sich aber nicht finden. Er ergebe sich insbesondere nicht aus dem vom B G H angeführten Gesichtspunkt der Rechtssicherheit. Diesem sei durch die Beschränkung der Anfechtungsfrist in § 246 Abs. 1 A k t G in ausreichendem Maß Rechnung getragen. Es müsse daher bei der allgemeinen Beweislastverteilung verbleiben, wonach die Gesellschaft das Risiko eines non liquet zu tragen habe. Die Gesellschaft sei im Falle eines Prozesse nicht nur darlegungs, sondern auch beweispflichtig. b) Stellungnahme aa) Die Bedeutung des Streites wird im allgemeinen überschätzt. Fragen der Beweislast können sich nur stellen bei der Überprüfung von Tatsachen. Die Beurteilung, ob sich aus diesen Tatsachen ein sachlicher Grund für den Mehrheitsbeschluß ergibt, ist dagegen eine Rechtsfrage, die nicht zur Disposition der Parteien steht. Reine Fakten machen aber nicht den Kern einer unternehmerischen Entscheidung aus. Unternehmerische Planungen beruhen zum großen Teil vielmehr auf Wertungen und Hypothesen. Sofern in diesem Zusammenhang von Beweislast gesprochen w i r d 1 3 7 , ist dies unzutreffend, da jedenfalls „reine Wertungen" 1 3 8 dem Beweis nicht 133

Hüffer, FS Fleck, 151 (167). Lutter ZGR 1979, 401 (413); Hüffer, FS Fleck, S. 151 (167); Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 220 ff.; früher bereits Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 107; Wiedemann in Großkommentar § 186 Anm. 3, 4; Blumenrohr, Schranken, S. 49 ff.; vgl. auch Ulmer BB 1964, 665 (666); für eine Beweislast der Aktionärs dagegen Füchsel BB 1972, 1533 (1537); ebenso noch Lutter in Kölner Kommentar § 186 Rdnr. 68. 135 Siehe hierzu etwa Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, S. 635; Thomas/Putzo, ZPO, 10. Aufl. 1978, Vorbem. vor § 284 Anm. 7 d. 136 Lutter, a.a.O., verweist zudem darauf, daß auch im öffentlichen Recht bei der Anfechtung eines Verwaltungsaktes ein non liquet zu Lasten der Behörde gehe, BVerwG DVB1 1960, 489. 137 Vgl. etwa Lutter ZGR 1979, 401 (414); Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 222. 138 Jedenfalls in der Formulierung daher unzutreffend Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 222. 134

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

zugänglich sind. Eine Rolle spielt die Beweislast dagegen für die von der Gesellschaft zugrundegelegten allgemeinen Erfahrungssätze. Für sie gibt es zwar keine formelle Beweislast. Das Gericht muß hier von sich aus alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzen. 1 3 9 Da sie jedoch dem Beweise zugänglich sind, stellt sich die Frage, wen insoweit die materielle Beweislast trifft. bb) Der Auffassung, nach der die Gesellschaft das Vorliegen eines sachlichen Grundes zu beweisen hat, kann nicht zugestimmt werden. (1) Eine Beweislast der Gesellschaft ergibt sich zunächst nicht aus der allgemeinen Regel, daß jede Partei das Vorliegen der ihr günstigen Norm zu beweisen hat. (a) Eine Beweislast der Gesellschaft folgt nicht aus dem Umstand, daß das Vorliegen eines sachlichen Grundes positive Zulassungsvoraussetzung für den Verschmelzungsbeschluß ist. In einem Anfechtungsprozeß macht der klagende Aktionär das Recht geltend, den Beschluß anfechten zu können. Voraussetzung hierfür ist gem. § 243 AktG, daß dieser gegen das Gesetz verstößt. Das ist der Fall, wenn ein sachlicher Grund für den Beschluß fehlt. Dies ist eine für den klagenden Aktionär günstige Tatsache, die er nach den allgemeinen Regeln zu beweisen hat. (b) Aus den allgemeinen Regeln ergäbe sich eine Beweislast der Gesellschaft nur dann, wenn die Einhaltung der materiellen Voraussetzungen lediglich die Ausnahme darstellen würde, wenn man die Sachkontrolle also etwa wie folgt normativ verfestigen könnte: „Eine Verschmelzung ist grundsätzlich rechtswidrig, es sei denn, sie ist ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt." 1 4 0 Das würde aber bedeuten, ein im Gesetz ausdrücklich vorgesehenes Rechtsinstitut in der Regel für rechtswidrig zu erklären. Hiermit werden die Anforderungen an eine Inhaltskontrolle weit überspannt. (2) M i t dem B G H ist daher davon auszugehen, daß es eine Umkehr der Beweislast darstellt, wenn man der Gesellschaft die Beweislast für das Vorliegen eines sachlichen Grundes auferlegt. Hierfür müßten Gründe vorhanden sein, die dies rechtfertigen. Für eine Umkehr der Beweislast spricht, daß nur die Gesellschaft im Besitz aller zur Beurteilung der Angelegenheit erforderlichen Unterlagen ist; der klagende Aktionär kann die Zusammenhänge dagegen im einzelnen oft nicht überblicken. 1 4 1 Auf der anderen Seite spricht die Konzeption des Gesetzes, die ganz auf Rechtssicherheit ausgelegt ist, gegen eine Beweislastumkehr zugunsten des klagenden Aktionärs. So kann die Rechtswid139 Vgl. Rosenberg/Schwab, Zivil Prozeßrecht, § 116 I I 2, S.703 f; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann Einf. § 284 ZPO Anm. 4 B.. 140 Das verkennt Lutter ZGR 1979, 401 (413). 141 BGHZ 71, 41 (48).

I V . Zusammenfassung

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rigkeit eines Beschlusses, von den schwerwiegenden Fällen der Nichtigkeit abgesehen, nur gerichtlich durch Klage geltend gemacht werden. Für diese Klage besteht eine Frist von einem Monat. Dem entspricht es, daß nur solche Klagen Erfolg haben, bei denen die Rechtswidrigkeit des Beschlusses eindeutig nachgewiesen w i r d . 1 4 2 Die überwiegenden Gründe sprechen daher gegen eine Beweislastumkehr. Dem Schutz der Minderheit wird genüge getan, wenn der Gesellschaft die Pflicht auferlegt wird, zu dem Vorbringen des klagenden Aktionärs substantiiert Stellung zu nehmen. Hierdurch wird gewährleistet, daß die Mehrheit die Gründe für den von ihr gefaßten Beschluß in vollem Umfang darlegen muß. Daß danach noch verbleibende Zweifel zu Lasten des Aktionärs gegen, entspricht der Konzeption des Gesetzes.

I V . Zusammenfassung 1. Die Mehrheit kann die Verschmelzung nicht „voraussetzungslos" durchsetzen. Sie hat auf die Interessen der Minderheit angemessen Rücksicht zu nehmen. Hieraus folgt, daß die Verschmelzung einer positiven sachlichen Rechtfertigung bedarf. 2. Für die übernehmende Gesellschaft bedeutet dies, daß die Verschmelzung nur rechtmäßig ist, wenn sie im Gesellschaft sinteresse liegt, erforderlich und unter Berücksichtigung der Belange der Minderheit nicht unverhältnismäßig ist. Auf Seiten der übertragenden Gesellschaft kommt das Gesellschaftsinteresse als Prüfungsmaßstab nicht in Betracht, da mit der Verschmelzung der Gesellschaftszweck endet. Es muß daher das Interesse der Mehrheit an einer Neuanlage des investierten Kapitals gegen die hiermit verbundene Beeinträchtigung der Minderheitsinteressen abgewogen werden. 3. Bei der Prüfung, ob die Verschmelzung mit dem Gesellschaftsinteresse der übernehmenden Gesellschaft übereinstimmt, ist der Gesellschaftszweck zu berücksichtigen. Dieser ergibt sich aus dem Grundzweck und dem in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand. 4. Der Gesellschaft ist bei der Beurteilung, ob die Verschmelzung sachlich gerechtfertigt ist, ein weitgehender unternehmerischer Beurteilungsspielraum einzuräumen. Auf Fahrlässigkeit beruhende falsche wirtschaftliche Prognosen führen nicht zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses. 142 Anders argumentiert allerdings Lutter ZGR 1979, 401, 414: Nach seiner Ansicht ist gerade durch die Einräumung der in $ 246 Abs. 1 AktG angeordneten Klagefrist den Interessen der Verkehrssicherheit Rechnung getragen.

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Teil 2 : Β . Ungeschriebene Voraussetzungen

5. Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung trägt der Aktionär. Die Gesellschaft trifft die Pflicht, zu dem Vorbringen substantiiert Stellung zu nehmen.

Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

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C . D i e A n f o r d e r u n g e n a n das V e r s c h m e l z u n g s v e r f a h r e n Zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Verschmelzungsbeschlusses gehören nicht nur die erörterten inhaltlichen Anforderungen, einzuhalten sind vielmehr auch Formvorschriften. Selbst wenn das Beschlußergebnis gesetzeskonform ist, kann der Beschluß aufgrund eines Formfehlers rechtswidrig sein. Hierbei ist zu differenzieren zwischen der Beschlußfassung in der Hauptversammlung selbst und dem in dessen Vorfeld zu beachtenden Verfahren. Daß auch eine Mißachtung von Bestimmungen, die das i m Vorfeld eines Hauptversammlungsbeschlusses liegende Verfahren betreffen, zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses selbst führen können, ergibt sich bereits aus einem Umkehrschluß aus § 243 Abs. 3 A k t G . Wenn nach dieser Vorschrift eine Verletzung des § 128 A k t G nicht zur Anfechtung berechtigt, so kann dies nur bedeuten, daß i m Grundsatz eine Anfechtung auch wegen eines derartigen Verfahrensfehlers möglich ist. Das 1983 in Kraft getretene Verschmelzungsrichtliniegesetz hat - wie oben 1 bereits erwähnt - das Vorbereitungsverfahren bei der Verschmelzung erheblich geändert. Anders als die vorhergehenden Richtlinien zum Gesellschaftsrecht orientiert sich die 3. EG-Richtlinie, auf der die Neuregelungen beruhen, stark am französischen Rechtskreis. 2 Grundgedanke hierbei war es, den Schutz der Minderheitsaktionäre vor Mißbräuchen der Mehrheit durch verbesserte Informationsrechte zu stärken. Die Aktionäre sollen nach den Worten der Regierungsbegründung 3 „ i n Kenntnis aller Umstände über die Verschmelzung abstimmen." Eine weitgehende Information der Hauptversammlung rechtfertigt sich aus der Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft. Die Hauptversammlung kann ihre Funktion als beschließendes Organ nur ordnungsgemäß erfüllen, wenn sie über den Beschlußgegenstand informiert ist. Ob eine weitgehende Offenlegungspflicht allerdings den Schutz der Minderheit in der Gesellschaft erheblich verbessert, muß namentlich bei Vorliegen etablierter Machtverhältnisse bezweifelt werden. 4 Der Mehrheitsaktionär verfügt auf Grund seines Einflusses auf die Geschäftsführung in der Regel über alle die Verschmelzung betreffenden Informationen. 5 Eine umfassen-

1

Vgl. oben Teil 1 Abschnitt C. Regierungsbegründung BT Drucksache 9/1065 S. 13. 3 Regierungsbegründung BT Drucksache 9/1065 S. 15. 4 Für einen Schutz der Minderheit durch Verfahrensvorschriften insbesondere Lutter ZGR 1979, 401 (407); ferner Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 85 ff; Timm, Aktiengesellschaft, S. 83. 5 So auch Mertens AG 1990, 20 (25). 2

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

dere Unterrichtung der Hauptversammlung wird sein Stimmverhalten daher nicht verändern und damit in den meisten Fällen keine Auswirkung auf die für die Verschmelzung erforderliche Mehrheitsentscheidung haben. 6 Umfassende Informationen erleichtern es aber der Minderheit, Mißbräuche zu erkennen und gegen sie vorzugehen. W i l l ein Aktionär die Chancen einer Klage gegen den gefaßten Beschluß richtig einschätzen, benötigt er weitgehende Kenntnis der dem Beschluß zugrundeliegenden Tatsachen. Auf der anderen Seite bringt eine Offenlegung von Informationen über die Verschmelzung auch Probleme mit sich. Diese beginnen bereits bei der Vorbereitung der Verschmelzung durch die beteiligten Vorstände. Da nicht sicher ist, ob die Verschmelzung tatsächlich durchgeführt werden kann, stellt sich die Frage, welche Informationen der Vorstand in diesem Stadium an die jeweils andere Gesellschaft weitergeben darf. 7 Allerdings verliert dieses Problem in der großen Mehrzahl der Fälle schon deswegen an Schärfe, weil eine Fusion von Unternehmen, zwischen denen vorher keine wirtschaftliche Zusammenarbeit bestand, nicht den Regelfall darstellt. Da häufig bereits vor der Fusion wechselseitige Mehrheitsbeteiligungen oder Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge bestehen 8 , werden die Vorstände der Gesellschaften regelmäßig über die Verhältnisse der jeweils anderen Gesellschaft unterrichtet sein. Der Fall, daß sich die Gesellschaften bei einem Scheitern der Verschmelzung als unabhängige Konkurrenzunternehmen gegenüberstehen, dürfte daher selten sein. Davon abgesehen kommt es bei der Vorbereitung der Verschmelzung auch zu einem wechselseitigen Informationsaustausch. Es besteht also nicht die Gefahr, daß nur eine Gesellschaft - ohne selbst ihre eigenen Pläne offenlegen zu müssen - umfassende Kenntnis von den Plänen der jeweils anderen Gesellschaft erhält. Einen lediglich einseitigen Nutzen wird daher keine Gesellschaft aus den Vertragsverhandlungen ziehen können. Die größeren Risiken liegen daher in der Unterrichtung der jeweiligen Hauptversammlungen über die Einzelheiten der Verschmelzung. Die der Hauptversammlung erteilten Informationen werden der Öffentlichkeit und damit auch Konkurrenzunternehmen bekannt, die an der Fusion nicht beteiligt sind. Zum einen kann nicht ausgeschlossen werden, daß Konkurrenzunternehmen vor Durchführung der die Verschmelzung beschließenden Hauptversammlung an der Börse eine oder mehrere Aktien einer der verschmelzenden Gesellschaften erwerben und damit selbst zu informationsberechtigten Aktionären werden. Zum anderen ist angesichts der Vielzahl 6 Ähnlich für den Bericht nach § 186 Abs. 4 Satz AktG Schockenhoff, Gesellschaftsinteresse und Gleichbehandlung, S. 22. 7 Hierzu eingehend Mertens AG 1990, 20 (26 f.). 8 Oben Teil 1 Abschnitt B. III.

I. Die Vereinbarung gem. § 340 A k t G

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der Aktionäre eine Beschränkung der Informationen auf diesen Kreis kaum realistisch. Die von der Regierungsbegründung 9 geforderte „vollständige" Unterrichtung der Aktionäre würde daher zwangsläufig auch zu einer „vollständigen" Information der Konkurrenzunternehmen führen. Da die Beweggründe für die Verschmelzung sowie die Berechnung des Umtauschverhältnisses zum großen Teil auf Prognosen der Geschäftsentwicklung der Unternehmen beruhen 1 0 , werden diese an derartigen Informationen ein großes Interesse haben. Sie ermöglichen es ihnen, sich auf die Pläne der verschmelzenden Unternehmen einzustellen und durch entsprechende Gegenmaßnahmen zu reagieren. Es besteht dann die Gefahr, daß sich die Verschmelzung - selbst wenn sie durchgeführt wird - nicht wie geplant vorteilhaft für die verschmelzenden Gesellschaften und deren Aktionäre auswirkt, sondern im Gegenteil nachteilige Folgen mit sich bringt. Der Gesetzgeber hat diesen Gesichtspunkt möglicherweise jedenfalls nicht in dieser Schärfe gesehen. Eine Regelung über die Berechtigung, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen nicht zu veröffentlichen, findet sich nur in § 340 b Abs. 4 Satz 5 A k t G für den Prüfungsbericht der Verschmelzungsprüfer. Auch die Regierungsbegründung enthält keine vertiefte Behandlung dieses Problems. Bei der folgenden Darstellung des bei der Verschmelzung zu beachtenden Verfahrens wird daher zu prüfen sein, wie ein angemessener Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse der Aktionäre und dem Geheimhaltungsbedürfnis der Gesellschaften zu erreichen ist.

I . D i e Vereinbarung zwischen den beteiligten Aktiengesellschaften gem. § 340 A k t G Gem. § 340 A k t G haben die Vorstände der beteiligten Gesellschaften in Vorbereitung der Verschmelzung einen Verschmelzungsvertrag abzuschließen oder einen Entwurf aufzustellen. 1. Unterschied zwischen V e r t r a g und E n t w u r f Die Regierungsbegründung 11 äußert sich zu dem Unterschied zwischen Verschmelzungsvertrag und Vertragsentwurf nicht ausdrücklich. Sie führt lediglich aus, die Regelung gewährleiste die Flexibilität der Unternehmen, da der Vertrag wie bisher sowohl vor als auch nach Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse abgeschlossen werden könne. 9 10 11

BT Drucksache 9/1065 S. 15. Siehe oben Abschnitt A. II. 3. BT Drucksache 9/1065 S. 15.

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

a) Rechtswirkungen bis zur Beschlußfassung Die aus dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch bekannte Differenzierung zwischen Vertrag und Entwurf kann im Verschmelzungsrecht nur bedingt herangezogen werden. Die Vorstände haben nicht die Möglichkeit, in der Phase der Vorbereitung der Verschmelzung entweder eine bereits rechtsverbindliche Vereinbarung zu treffen oder sich mit einer vorläufigen Regelung zu begnügen. Auch der Verschmelzungsvertrag wird erst wirksam, wenn die Hauptversammlungen der Gesellschaften ihm gem. § 340 c A k t G zugestimmt haben und die nach § 341 Abs. 1 A k t G erforderliche Beurkundung stattgefunden hat. Erst mit der Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse sind die Gesellschaften an den Vertrag gebunden. 12 Der Abschluß des Verschmelzungsvertrages stellt damit ebensowenig wie die Aufstellung eines Entwurfes eine rechtsverbindliche Regelung dar. Da der Verschmelzungsvertrag für alle an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften erkennbar unter der aufschiebenden Bedingung der Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse durch die Hauptversammlungen abgeschlossen wird, können sich aus dem Verschmelzungsvertrag auch keine Sekundärpflichten, etwa auf Schadensersatz, ergeben, falls eine der beteiligten Hauptversammlungen der Verschmelzung nicht zustimmt. Derartige Folgen können auch deswegen nicht eintreten, weil die Hauptversammlungen sonst durch den Vertragsabschluß ihrer Vorstände in eine unzulässige Zwangslage versetzt würden. Es ist daher festzustellen, daß sich aus dem Abschluß des Vertrages gegenüber der Aufstellung eines Vertragsentwurfes jedenfalls bis zur Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse keine weitergehenden Rechtsfolgen ergeben.

b) Beurkundungszeitpunkt Offenbar will das Gesetz durch die Differenzierung zum Ausdruck bringen, daß die für die Wirksamkeit des Vertrages notwendige notarielle Beurkundung gem. § 341 A k t G auch nach der Zustimmung durch die Hauptversammlung erfolgen kann. 1 3 Eine derartige Regelung ist an sich sinnvoll, da so überflüssige Beurkundungskosten gespart werden können, falls 12

Vgl. oben Teil 1 Abschnitt D. II. 2. Zu der Diskussion über den Beurkundungszeitpunkt im alten Recht vgl. BGHZ 82, 188 (193 f.) - zu § 361 AktG; Kraft in Kölner Kommentar § 340 Rdnr. 20 m.w.N.; OLG Hamm BB 1980, 1653 (1654) - Vorinstanz zu BGHZ 82, 188; zum gleichgelagerten Problem bei Unternehmeneverträgen gem. § 293 AktG vgl. Würdinger in Großkommentar § 293 Anm. 1. 13

I. Die Vereinbarung gem. § 340 A k t G

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die Hauptversammlungen der Verschmelzung nicht zustimmen oder zu einer Zustimmung nur unter Änderungen bereit sind. Die Möglichkeit einer Beurkundung des Verschmelzungsvertrages nach Fassung der Hauptversammlungsbeschlüsse hätte aber klarer geregelt werden können, wenn eine entsprechende Bestimmung in § 341 A k t G aufgenommen worden wäre. In diesem Fall hätte die in der EG - Richtlinie vorgesehene Regelung, wonach die beteiligten Gesellschaften einen „Verschmelzungsplan" 14 aufzustellen haben, übernommen werden können.

2. I n h a l t des Vertrages Auch inhaltlich unterscheiden sich Verschmelzungsvertrag und Entwurf nicht voneinander. Beide müssen den Voraussetzungen des § 340 Abs. 2 A k t G genügen. Seit seiner Neufassung im Jahre 1983 schreibt diese Vorschrift einen festen Inhalt von Entwurf oder Vertrag 1 5 vor.

a) Sinn der Regelung Aus welchen Gründen dies geschehen ist, ist der Regierungsbegründung 16 nicht ausdrücklich zu entnehmen. Es heißt zur Erläuterung der Vorschrift lediglich, die verlangten Angaben beruhten auf der E G Linie. Zu dem Sinn der Vorschrift äußert sich die Regierungsbegründung 17 allerdings indirekt bei § 340 a AktG. Dort heißt es: „Auch wenn der Verschmelzungsvertrag ... bereits bis ins einzelne gehende Angaben enthält, so reicht sein Inhalt nicht aus, um die Aktionäre ... über die ... Gründe für die beabsichtigte Verschmelzung zu unterrichten." Gem. § 340 Abs. 2 A k t G soll der Verschmelzungsvertrag die Aktionäre daher über die genauen Modalitäten der Verschmelzung informieren. Die Bestimmung dient nach der gesetzlichen Vorstellung dem Ziel, einen verbesserten Schutz der Aktionäre durch weitgehende Informationserteilung zu erreichen. 18

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Übersetzt in die Terminologie des deutschen Rechts bedeutet „Verschmelzungsplan" Vertragsentwurf. 15 Im folgenden wird zwecks sprachlicher Vereinfachung unter dem Vertrag alternativ auch der Entwurf verstanden, soweit dies nicht anders gekennzeichnet ist. 16 BT Drucksache 9/1065 S. 15 17 BT Drucksache 9/1065 S. 15 18 Nach Priester NJW 1983, 1459 (1461) sind die jetzt gem. § 340 Abs. 2 AktG vorgeschriebenen Angaben im wesentlichen auch schon vor Änderung des Gesetzes gemacht worden.

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

b) Inhaltliche Anforderungen § 340 Abs. 2 A k t G nennt einen Katalog von Angaben, die der Verschmelzungsvertrag enthalten muß. aa) Wenig Probleme werfen die Ziffern 1 - 3 auf. Die hier verlangten Angaben gehören zu den notwendigen Bestandteilen eines Verschmelzungsvertrages und müßten auch gemacht werden, wenn § 340 Abs. 2 A k t G dies nicht ausdrücklich vorschreiben würde. 1 9 Hingewiesen sei besonders auf die nach Nr. 3 zu treffenden Angaben über das Umtausch Verhältnis. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut braucht dieses nur angegeben, nicht aber erläutert zu werden. bb) Unklarer ist § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G gefaßt. Nach dieser Bestimmung müssen im Verschmelzungsvertrag „Einzelheiten für die Übertragung der Aktien der übernehmenden Gesellschaft" genannt werden. (1) Rechtsprechung und Literatur haben - soweit ersichtlich - zu der Frage, welche Angaben hier gemacht werden müssen, bislang nicht Stellung genommen. Auch die Regierungsbegründung schweigt; dort heißt es lediglich, die Vorschrift entspreche den Bestimmungen der zugrundeliegenden EG-Richtlinie. (2) Die Bestimmung dessen, was unter „Einzelheiten für die Übertragung der Aktien der übernehmenden Gesellschaft" zu verstehen ist, hat vor dem Hintergrund des Regelungszweckes des § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G zu erfolgen, die Aktionäre über die Einzelheiten der Verschmelzung zu unterrichten. Zu berücksichtigen ist weiter der Zusammenhang mit den übrigen Verschmelzungsvorschriften. Angaben über die Gewährung der Aktien der übernehmenden Gesellschaft haben eine zentrale Bedeutung bei der Information der Gesellschafter über die Verschmelzung. Bei diesen Informationen ist zu unterscheiden zwischen denjenigen, die Auskunft über die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Gewährung der Aktien geben 2 0 , und denjenigen, die den technischen Vorgang der Gewährung der Aktien zum Inhalt haben. Wie der Wortlaut des § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G durch die Verwendung des Begriffs „Übertragung" 2 1 zeigt, befaßt sich diese Bestimmung nur mit dem zuletzt genannten Aspekt. Dies wird bestätigt, wenn man einen Blick auf § 340 a A k t G wirft. Einzelheiten über die Folgen der Gewährung der Aktien sollen im Verschmelzungsbericht erörtert werden, nicht aber bereits im

19

Zutreffend Priester NJW 1983, 1459 (1461). Das sind beispielsweise Angaben zur rechtlichen Stellung der Aktionäre nach der Gewährung der Aktien oder Stellungnahmen zum Umtauschverhältnis der Aktien. 21 Das steht im Gegensatz zur „Gewährung" der Aktien. 20

I. Die Vereinbarung gem. § 340 A k t G

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Verschmelzungsvertrag. Nach § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G sind daher lediglich Angaben über den Übertragungsvorgang zu machen. (3) Priester 2 2 ist der Auffassung, § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G habe im deutschen Recht nur eine geringe Bedeutung, da der Vorgang der Übertragung der Aktien bereits gesetzlich in § 346 Abs. 2 A k t G geregelt sei. Hiernach ist für den Empfang der zu gewährenden Aktien ein Treuhänder zu bestellen. Dieser muß im Besitz der Aktien sein, bevor die Verschmelzung eingetragen wird. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. § 346 Abs. 2 A k t G regelt nur einen Teilbereich der mit der Übertragung der Aktien zusammenhängenden Fragen. Nicht geregelt ist dort beispielsweise, wer als Treuhänder für die Aktienübergabe zu bestellen ist. Die Einzelheiten der Übertragung ergeben sich aus § 346 Abs. 7 i.V.m. §§ 226, 73 AktG. Die dort getroffenen Regelungen sind für einen unerfahrenen Aktionär nicht ohne weiteres durchschaubar. Vieles läßt sich dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen und ist zum Teil auch streitig. So kann die Aktienübertragung an die Aktionäre nur Zug um Zug gegen die Rückgabe der alten Aktien erfolgen. 23 Hierfür ist nach bestrittener, aber richtiger Auffassung der Treuhänder zuständig. 24 Eine umfassende Information der Aktionäre gebietet es, im Rahmen der nach § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G zu treffenden Angaben das für die Übertragung der Aktien erforderliche Verfahren in seinem gesamten Zusammenhang darzustellen. Anzugeben sind also auch die Modalitäten der Rückgabe der Aktien der übertragenden Gesellschaft. 25 Eine derartige Auslegung des § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G geht zwar über den eigentlichen Wortlaut hinaus, dürfte aber dessen Sinn und Zweck am ehesten entsprechen. Eine Kollision mit Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaften ist nicht zu befürchten, da es ausschließlich um den technischen Ablauf der Verschmelzung geht. cc) Klar gefaßt sind die Regelungen in § 340 Abs. 2Nr.5 - 7 A k t G . 2 6 Hinsichtlich der dort verlangten Angaben werden kaum Zweifelsfälle auftreten. Sie brauchen daher nicht weiter erörtert zu werden.

22

Priester NJW 1983, 1459 (1461 Fn 46). Hierzu Kraft in Kölner Kommentar § 346 Rdnr. 42. 24 Siehe näher Kraft in Kölner Kommentar § 346 Rdnr. 42. 25 A.A. Heckschen W M 1990, 377 (380). 26 Mit der nach Nr. 7 verlangten Angabe über die den Aktionären gewährten Sondervorteile geht die Regelung über die nach der EG-Richtlinie zu erfüllenden Angaben hinaus. Die Vorschrift ist im Hinblick auf das in § 53 a AktG normierte Gleichbehandlungsgebot eingeführt worden, vgl. Regierungsbegründung BT Drucksache 9/1065 S. 15. 23

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

dd) Besonders hervorgehoben hat die Regierungsbegründung 27 die Regelung des § 340 Abs. 2 Nr. 8 AktG. Hierzu wird festgestellt, daß sich der Begriff „besondere Vorteile" nicht auf Sachverständigenhonorare erstrecke. Die Vergütung, die der Verschmelzungsprüfer für die nach § 340 b A k t G durchzuführende Prüfung erhält, braucht daher im Verschmelzungsvertrag nicht angegeben zu werden. Dies wäre auch ohne die ausdrückliche Erwähnung selbstverständlich gewesen, da es sich bei dem Sachverständigenhonorar nicht um einen „besonderen Vorteil", sondern um eine Gegenleistung für eine erbrachte Dienstleistung handelt.

I I . D e r Verschmelzungebericht nach § 340 a A k t G Nach § 340 a A k t G haben die Vorstände der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften über die Verschmelzung einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu erstatten.

1. Entstehungsgeschichte der Regelung Vor Inkrafttreten des Verschmelzungsrichtliniegesetzes bestand eine Pflicht zur schriftlichen Berichterstattung über die Verschmelzung nicht. Nach § 340 Abs. 3 A k t G a.F. war nur eine mündliche Erläuterung des Vertrages vorgesehen. 28 Diese Informationsmöglichkeit wurde vom Gesetzgeber als nicht ausreichend angesehen. Bei der Verschmelzung handelt es sich um einen sehr komplexen Vorgang, der allein aufgrund mündlicher, in der Hauptversammlung erteilter Informationen nur sehr schwer zu überblicken ist. Auch die im Verschmelzungsvertrag zu treffenden Angaben reichen nach der bereits oben 2 9 zitierten Ansicht des Gesetzgebers nicht aus, um die Aktionäre angemessen zu informieren. Neben den erweiterten Anforderungen an den Verschmelzungsvertrag wurde daher die Pflicht zur Aufstellung eines Verschmelzungsberichtes durch die Vorstände der beteiligten Gesellschaften eingeführt.

27

BT Drucksache 9/1065 S. 15. Zu den Voraussetzungen des Berichtes nach § 340 Abs. 3 AktG a.F. siehe Kraft in Kölner Kommentar § 340 Rdnr. 14; Schilling in Großkommentar § 340 Anm. 12; die Pflicht zur mündlichen Berichterstattung besteht weiterhin in § 340 d Abs. 5 Satz 2 AktG. 29 Abschnitt I. 2. a). 28

I I . Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a A k t G

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2. A n z a h l der Berichte Praglich ist, ob die Gesellschaften jeweils einen eigenen Verschmelzungsbericht erstellen müssen, oder ob es ausreicht, wenn die Vorstände einen gemeinsamen Bericht verfassen.

a) Uberblick

über die Fallgestaltungen in der Praxis

Eine Anfrage bei verschiedenen Unternehmen 30 hat ergeben, daß diese Frage in der Praxis in der Vergangenheit unterschiedlich beurteilt wurde. So haben einige Unternehmen § 340 a A k t G dahingehend interpretiert, daß die Vorstände der Gesellschaften lediglich einen gemeinsamen Bericht zu erstatten hätten. Entsprechend ist bei der Verschmelzung dann verfahren worden. Andere Unternehmen haben zwar formal zwei Berichte erstellt, diese waren jedoch wortgleich. Zum Teil wurden anläßlich der Verschmelzung aber auch Berichte unterschiedlichen Inhalts erstellt.

b) Meinungsstand Die Frage, ob die Erstellung eines gemeinsamen Verschmelzungsberichtes zulässig oder sogar geboten ist, wird unterschiedlich beurteilt. Für die Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichtes hat sich die wohl überwiegende Ansicht in Rechtsprechung 31 und Literatur 3 2 ausgesprochen. Hierfür spreche insbesondere der Umstand, daß ein brauchbarer Verschmelzungsbericht nur auf Basis einer engen Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen erstellt werden könne, so daß der Inhalt beider Berichte ohnehin der Sache nach in allen wesentlichen Punkten identisch sein müsse. Demgegenüber hat jüngst das OLG Karlsruhe 3 3 , ohne die Frage abschließend zu entscheiden, die Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichtes bezweifelt. Für die Notwendigkeit von zwei Berichten spreche zunächst der Wortlaut des § 340 a AktG. Weiter wird auf § 340 d Abs. 2 Nr. 4 A k t G sowie auf einen Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 2 Satz 2 A k t G verwiesen. Bedenken ergäben sich zudem aus dem Gesichtspunkt, daß die Leitungsmacht der Vorstände auf die eigenen Gesellschaft beschränkt sei.

30

Nähere Angaben können aufgrund der zugesicherten Vertraulichkeit nicht gemacht werden. 31 LG Frankfurt W M 1990, 592 (594); LG Frankenthal W M 1989, 1854. 32 Marsch-Barner WuB I I A. § 340 a AktG 1.88; Hoffmann-Becking in Münchener Vertragshandbuch, Form IX. 14., Anm. 2, S. 1025; Mertens AG 1990, 20 f. 33 OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (992).

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungerfahren

c) Eigene Ansicht Welcher Ansicht zuzustimmen ist, bedarf einer näheren Prüfung.

aa) Gesetzeswortlaut Hierbei ist zunächst der Gesetzeswortlaut zu analysieren. 34 (1) Betrachtet man § 340 a A k t G isoliert, so spricht dessen Wortlaut für die Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichtes der Vorstände. Das Gesetz formuliert im Singular: „Die Vorstände ... haben einen ... Bericht zu erstatten." Hätte der Gesetzgeber die getrennte Berichterstattungspflicht eines jeden einzelnen Vorstandes grammatikalisch richtig vorschreiben wollen, so hätte er etwa wie folgt formulieren müssen: „Die Vorstände haben je einen ... Bericht zu erstatten." Alternativ hätte die Formulierung lauten können: „Der Vorstand jeder Gesellschaft hat einen ... Bericht zu erstatten." 3 5 (2) Gegen die Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichtes scheint auf den ersten Blick allerdings § 340 d Abs. 2 Nr. 4 A k t G zu sprechen. Hier formuliert das Gesetz im Plural: Auszulegen sind „die Berichte der Vorstände" (nicht: der Bericht der Vorstände). Bei näherer Betrachtung ergibt sich aber nicht zwingend, daß ein gemeinsamer Bericht ausgeschlossen ist. § 340 d Abs. 2 Nr. 4 A k t G könnte dahingehend interpretiert werden, daß eine Vorlage von mehreren Berichten nur erforderlich ist, soweit solche überhaupt erstellt werden. (3) Diese Auslegung erfährt eine Stütze durch einen Blick auf § 340 d Abs. 2 Nr. 5 AktG. Nach dieser Vorschrift sind „die Prüfungsberichte" nach § 340 b A k t G vorzulegen. Auch hier formuliert das Gesetz also im Plural. Nach der eindeutigen Regelung in § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G ist es aber zulässig, nur einen Prüfungsbericht zu erstellen. § 340 d Abs. 2 Nr. 5 A k t G hätte damit korrekterweise auch die Möglichkeit der Erstellung eines einzelnen Berichtes berücksichtigen müssen. Da dies nicht geschehen ist, liegt die Vermutung nahe, daß auch § 340 d Abs. 2 Nr. 4 A k t G nicht zwingend mehrere Berichte voraussetzt. 36

34 Zu den Grundsätzen bei der Auslegung von Gesetzen vgl. allgemein BVerfG 1, 299 (312); Larenz, Met hodenlehre, S. 298 ff 35 Unzutreffend daher OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (992), Heckschen W M 1990, 377 (381), Marsch-Barner WuB I I A. § 340 a AktG 1.88, die davon ausgehen, daß der Wortlaut des § 340 a AktG einen gemeinsamen Bericht nicht zuläßt. 36 So jetzt auch Mertens AG 1990, 20.

I I . Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a A k t G

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bb) Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G Gegen die Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichtes könnte allerdings ein Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G sprechen. 37 Diese Vorschrift regelt im Gegensatz zu § 340 a A k t G ausdrücklich, daß die Verschmelzungsprüfer über die von ihnen - grundsätzlich 38 getrennt - durchzuführende Prüfung auch einem gemeinsamen Bericht erstellen dürfen. Bei näherer Betrachtung ist ein derartiger Umkehrschluß jedoch nicht gerechtfertigt. § 340 b A k t G beruht auf der romanischen Vorstellung des Parteigutachters. Die Verschmelzungsprüfer sind daher nach dem gesetzlichen Grundgedanken Auftragnehmer der jeweiligen Gesellschaft. Sie sind somit ihrem Auftraggeber gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies gilt auch im Verhältnis zu den anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften. Diese Verschwiegenheitspflicht, die sämtliche den Auftrag betreffenden Tatsachen umfaßt, steht einer gemeinsamen Berichterstattung grundsätzlich entgegen. Der Gesetzgeber mußte daher, wollte er die Möglichkeit der gemeinsamen Berichterstattung einräumen, eine eindeutige Regelung schaffen, die die Verschmelzungsprüfer von ihrer Verschwiegenheitspflicht befreit. § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G löst damit das Spannungsverhältnis zwischen Verschwiegenheitspflicht einerseits und dem Interesse der Aktionäre an einer gleichmäßigen Information andererseits. Derartige Erwägungen gelten nicht für den Bericht nach § 340 a AktG. Das für die Regelung des § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G maßgebliche Spannungsverhältnis besteht für die Vorstände der beteiligten Gesellschaften nicht. Sie unterliegen nicht wie die Verschmelzungsprüfer einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht. Zwar haben die Vorstände auch hier wie oben 3 0 dargestellt im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten auf die Geheimhaltungsinteressen ihrer Gesellschaft zu achten. Der Austausch von Informationen zwischen den Vorständen ist jedoch wirtschaftliche Grundbedingung für die Durchführung der Verschmelzung und bedarf als solcher keiner gesetzlichen Regelung. Für den Gesetzgeber bestand daher auch keine Veranlassung, die Frage einer gemeinsamen Berichtsmöglichkeit eigens gesetzlich zu regeln. Das Erfordernis von getrennten Berichten kann somit nicht mit einem Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G begründet werden.

37 Der vom OLG Karlsruhe gewählte Ansatzpunkt - § 340 b Abs. 2 Satz 2 AktG ist verfehlt, da es dort um die Prüfung selbst und nicht um den Bericht geht. 38 Lediglich auf deutsche Intervention hin wurde die Möglichkeit der gerichtlichen Bestellung eines gemeinsamen Prüfers geschaffen, vgl. hierzu Priester NJW 1983, 1459 (1461); Ganske Betrieb 1981, 1551 (1553). 39 Abschnitt C. Einleitung; siehe ferner Mertens AG 1990, 20 (26 f.).

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungerfahren

cc) Interesse an gleichmäßiger Information Man wird im Gegenteil § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G als Stütze für die Zulässigkeit eines gemeinsamen Berichtes heranziehen können. Wie diese Vorschrift zeigt, ist der Gesetzgeber an einer gleichmäßigen Unterrichtung der Aktionäre der beteiligten Gesellschaften interessiert. Dieselbe Tendenz läßt sich aus den Vorlagepflichten des § 340 d Abs. 2 A k t G entnehmen. In den Geschäftsräumen der Gesellschaften sind nach der eindeutigen Gesetzesfassung nicht nur die Unterlagen der eigenen Gesellschaft, sondern auch die Jahresabschlüsse, Lageberichte, Verschmelzungsberichte und Prüfungsberichte der anderen Gesellschaft auszulegen. Die Zweckmäßigkeit der Verschmelzung kann nur bei Kenntnis der wirtschaftlichen Lage beider Gesellschaften sinnvoll beurteilt werden. Der Verschmelzungsbericht kann daher nur dann ein umfassendes Bild von der Verschmelzung vermitteln, wenn die Belange und Interessen der jeweils anderen Gesellschaft ebenfalls in dem Bericht dargestellt werden. Dies führt zwangsläufig dazu, daß sich getrennte Berichte - jedenfalls in Teilbereichen - wiederholen werden. I n diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß sich die Vorstände bereits auf die Einzelheiten der Verschmelzung geeinigt und demzufolge auch ein gemeinsames Interesse an deren Durchführung haben. Zu inhaltlichen Differenzen wird es daher in den Berichten kaum kommen. Die Erstellung und Vorlage getrennter Berichte erweist sich daher im Interesse einer effektiven Information der Aktionäre wenn nicht sogar als schädlich, so doch zumindest als überflüssig. I m Regelfall wird es daher am zweckmäßigsten sein, lediglich einen Bericht zu erstellen. Demgegenüber kann dem Gesichtspunkt der auf die eigene Gesellschaft beschränkten Leitungsmacht der Vorstände keine Bedeutung zukommen. Durch den gemeinsamen Bericht wird diese nicht aufgegeben. Sie dokumentiert sich vielmehr gerade in der Zustimmung zu dem gemeinsam verfaßten Papier. Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Ein gemeinsamer Bericht der Vorstände ist zulässig. Angesichts der Formulierung in § 340 d Abs. 2 Nr. 4 A k t G können aber auch getrennte Berichte verfaßt werden. 40

dd) Verantwortlichkeit Entschließen sich die Vorstände zur Erstellung eines gemeinsamen Berichtes, so sind sie für diesen gemeinsam verantwortlich. Der Aktionär kann sich also auch gegen den Teil des Berichtes wenden, der die jeweils andere Gesellschaft betrifft. Auf diesen Umstand braucht im Bericht entgegen der 40

So jetzt auch Mertens AG 1990, 20 f.

I I . Der Verschmelzungericht nach § 340 a A k t G

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Ansicht des OLG Karlsruhe 4 1 auch nicht gesondert hingewiesen werden. 42 Die Verantwortlichkeit der Vorstände für den ganzen Berichtsinhalt ist selbstverständlich. Sie ergibt sich schon daraus, daß nur bei Kenntnis auch der Verhältnisse der anderen Gesellschaft eine Beurteilung des Verschmelzungsvorhabens möglich ist.

3. Inhaltliche Anforderungen an den Verschmelzungsbericht

a) Analyse des Gesetzeswortlautes Uber Inhalt und Umfang des von den Vorständen zu erstellenden Berichtes äußert sich § 340 a A k t G nur mit allgemein gehaltenen Formulierungen. Die unterschiedlichen Aspekte der Berichtspflicht werden in einem einzigen, recht umständlich formulierten Satz zusammengefaßt. Der Vorstand hat hiernach den Verschmelzungsvertrag und insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien ausführlich rechtlich und wirtschaftlich zu begründen und zu erläutern. Hieraus lassen sich folgende Bezugspunkte des Berichtes herausarbeiten.

aa) Gegenstand des Berichtes Nach dem Gesetzeswortlaut ist Gegenstand des Berichtes der Verschmelzungsvertrag. Demgegenüber betont Priester 4 3 , der Bericht dürfe sich nicht auf die Erläuterung des Vertrages selbst beschränken; er müsse vielmehr die rechtliche und wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Fusion selbst einbeziehen. 44 Der von Priester konstruierte Gegensatz zwischen Bericht über den Verschmelzungsvertrag einerseits und Auskunft über Verschmelzung andererseits kann nicht nachvollzogen werden. Indem die Vorstände über die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte des VerschmelzungsVertrages berichten, informieren sie zwangsläufig auch über die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Verschmelzung selbst. Eine Information über die Fusion selbst erfolgt daher nicht, wie Priester 45 meint, „trotz des Wortlautes des 41

OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (992). Mertens AG 1990, 20 (21). 43 Priester NJW 1983, 1459 (1461). 44 Einen Gegensatz zwischen Bericht über den Vertrag und Bericht über die Fusion selbst scheint auch das LG Mannheim WuB I I A. § 340 a AktG 1.88 zu sehen, wenn des ausführt, es könne offen bleiben, ob die Ansicht Priesters zutreffe. 45 Priester NJW 1983, 1459 (1461). 42

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

§ 340 a A k t G " , sondern gerade wegen der ausdrücklich angeordneten Berichtspflicht über den Verschmelzungsvertrag. Der von Priester verlangten Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut bedarf es also nicht. Durch die Formulierung des Gesetzes soll offenbar lediglich klargestellt werden, daß Gegenstand des Berichtes die Fusion sein soll, wie sie in dem Vertrag ihre konkrete Ausgestaltung gefunden hat. bb) Erläuterung und Begründung Das Gesetz differenziert zwischen der Erläuterung und der Begründung des Verschmelzungsvertrages. „Erläutern" bedeutet i m allgemeinen Sprachgebrauch die objektive Darlegung von Tatsachen. Unter „Begründung" ist dagegen die subjektive Rechtfertigung einer getroffenen Entscheidung zu verstehen. Die Berichtspflicht der Vorstände erstreckt sich damit auf zweierlei: Zum einen muß der dem Verschmelzungsvertrag zugrundeliegende Sachverhalt objektiv dargestellt werden, zum anderen haben die Vorstände darüberhinausgehend den dargestellten Sachverhalt zu werten und mitzuteilen, warum aus ihrer Sicht der Verschmelzungsvertrag abgeschlossen werden soll. cc) Rechtliche und wirtschaftliche Sicht Die Erläuterung und Begründung des Verschmelzungsvertrages hat in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu erfolgen. Beide Aspekte können nicht streng voneinander getrennt werden, da sie untereinander in Wechselbeziehung stehen. Der Vorstand hat zunächst darzulegen und zu werten, aus welchen wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen er die Verschmelzung der Gesellschaften für angebracht hält. Für die übernehmende Gesellschaft ist anzugeben, warum die Verschmelzung nach Ansicht des Vorstandes i m Gesellschaftsinteresse liegt. Darüberhinaus sind Ausführungen zu Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu machen. 46 In Bezug auf die übertragende Gesellschaft sind die Interessen an der Neuanlage des investierten Kapitals gegen die durch die Verschmelzung eintretenden Nachteile abzuwägen. 47 Anzugeben ist insbesondere, inwieweit sich die Beteiligungsquoten der Aktionäre durch die Verschmelzung vermindern. I m Anschluß daran sind eventuell in Betracht zu ziehende Alternativmaßnahmen darzustellen. Zu begründen und zu erläutern ist hier, warum diese nach Ansicht der Vorstände letztlich nicht durchgeführt werden sollen. 46 47

Vgl. oben Abschnitt B. II. 3. a). Vgl. oben Abschnitt B. II. 3. b).

I I . Der Verschmelzungericht nach § 340 a A k t G

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dd) Insbesondere: Angaben über das Umtauschverhältnis Berichtet werden muß insbesondere über das Umtauschverhältnis der Aktien. Da das Umtauschverhältnis im Verschmelzungsvertrag geregelt ist, stellt die Anordnung lediglich einen Unterfall der Berichtspflicht über den Verschmelzungsvertrag dar, statuiert dagegen keine zusätzliche Berichtspflicht; es soll lediglich hervorgehoben werden, daß dem Bericht über das Umtauschverhältnis besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Die Konjunktion „und" zwischen den Worten „Verschmelzungsbericht" und „Umtauschverhältnis" in § 340 a A k t G ist daher zumindest mißverständlich.

ee) Hinweis auf besondere Schwierigkeiten der Bewertung § 340 a S. 2 A k t G betont, daß bei der Darstellung des Umtauschverhältnisses auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung hinzuweisen ist. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sind diese aber nicht zu erläutern. Sinn der Regelung ist es, die Aktionäre für Problembereiche der Bewertung besonders sensibel zu machen und hierauf ihre Aufmerksamkeit zu lenken, so daß sie in der Hauptversammlung gegebenenfalls durch Nachfragen näheres erfahren können. Da Bewertungsaufgaben häufig schwierig sind und einen erhebliche Aufwand erfordern, läßt sich eine „besonders schwere" Bewertung allerdings kaum von einer „normalen" Bewertung abgrenzen. Entscheidend dürfte darauf abzustellen sein, ob sich bei einer der beiden Gesellschaften ganz außergewöhnliche Umstände, wie etwa starke Ertragseinbußen oder Ertragssteigerungen ergeben haben.

b) Die notwendige Informationsdichte Zwar ergeben sich aus dem Gesetzeswortlaut die soeben erläuterten Aspekte der Berichtspflicht. Darüberhinaus läßt sich aber aus dem Gesetzeswortlaut zur erforderlichen Informationsdichte des Verschmelzungsberichtes kaum etwas ableiten. 48 Welche Anforderungen hier zu stellen sind, ist daher streitig:

48

So auch Mertens AG 1990, 20 (21).

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

aa) Meinungsstand (1) Rechtsprechung M i t diesem Problem hatten sich zunächst mehrere Landgerichte 49 und Oberlandesgerichte 50 zu beschäftigen. Inzwischen liegen auch zwei Entscheidungen des B G H 5 1 vor. Dabei ging es vor allem um die Präge, ob in dem Bericht - wie von den klagenden Aktionären gefordert - das Umtauschverhältnis der Aktien durch die Bekanntgabe konkreter Zahlen aus der Unternehmensbewertung erläutert werden muß, oder ob es - dies war der Standpunkt der Gesellschaften - lediglich erforderlich ist, daß der Bericht verbale Ausführungen über die Methode der Unternehmensbewertung enthält. In den entschiedenen Fällen fehlten Zahlenangaben zum Umtauschverhältnis völlig. Die Berichte gaben lediglich das Wertverhältnis der Aktien zueinander an. Ziffernmäßige Aussagen zu den Grundlagen der Bewertung wurden nicht gemacht. (a) Die erstinstanzlichen Gerichte hielten die erstellten Berichte zunächst überwiegend für rechtmäßig. Hervorzuheben 52 ist hierbei die ausführlich begründete Entscheidung des L G Mannheim. 5 3 Es stützte seine Ansicht zum einen auf den Gesichtspunkt, die Gesellschaft gefährde mit der Offenlegung konkreter Zahlen nachhaltig ihre Wettbewerbsfähigkeit, da Konkurrenzunternehmen hieraus Anhaltspunkte gewinnen könnten, wo 49 LG Bielefeld Urt. v. 25.09.1987 - 17 Ο 127/87; LG Frankfurt am Main Urt. v. 27.11.1987 - 3/7 Ο 115/87 (alle nicht veröffentlicht); LG Mannheim ZIP 1988, 773 ff.; LG Köln Betrieb 1988, 542 f; siehe ferner LG Frankenthal W M 1989, 1854. 50 OLG Hamm W M 1988, 1164 ff.; OLG Köln W M 1988, 1792 ff.; OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 ff; in dem Berufungsverfahren gegen das Urteil des LG Frankfurt wurde ein Vergleich geschlossen, vgl. Sitzungsprotokoll v. 05.07.1988 - 5 U 262/87. 51 BGH ZIP 1989, 980 - 986 („Kochs Adler"); ZIP 1990, 168 - 173 („DAT/Altana II"); die Revision des Kl. zu 3 in diesem Verfahren („DAT/Altana I") hat der BGH (NJW 1990, 322 f.) nicht angenommen. 52 Wenig überzeugend argumentierten insoweit die LGe Bielefeld und Frankfurt. Das LG Bielefeld verneinte die Notwendigkeit der Angabe von konkreten Zahlen mit der nicht nachvollziehbaren Begründung, diese brauchten „sicherlich nicht ausführlich erläutert zu werden." Gerade die Anordnung eines „ausführlichen" Berichtes soll danach gegen die Notwendigkeit von Zahlenangaben sprechen. Nach Auffassung der Kammer hätte der Gesetzgeber, wären konkrete Zahlenangaben zu machen, gleich den für die Berechnung des Umtauschverhältnisses maßgeblichen Weg festschreiben können. Worin das Gericht den aufgestellten Zusammenhang zwischen Berichtspflicht und Normierung der Bewertungsmethoden sieht, bleibt unerfindlich. Auch die Ausführungen des LG Frankfurt sind wenig ergiebig. Das Gericht stützt seine Auffassung, im konkreten Fall seien die Angaben im Verschmelzungebericht ausreichend, im wesentlichen darauf, daß der Kläger in der Hauptversammlung zu der Verschmelzung keine weiteren Fragen gestellt habe. 53 LG Mannheim ZIP 1988, 773 ff.

I I . Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a A k t G

123

in der Vergangenheit die Stärken und Schwächen des Unternehmens gelegen haben und welche unternehmenspolitischen Folgerungen hieraus für die Zukunft gezogen werden. Aus den §§ 340 b Abs. 4 Satz 5, 131 Abs. 3 Ziff. 1 A k t G folge, daß die Gesellschaft zu der Offenlegung derartiger Informationen nicht verpflichtet sei. Zum anderen wird hevorgehoben, daß ein richtiges Umtauschverhältnis der Aktien wegen der Verschmelzungsprüfung durch unabhängige Sachverständige gewährleistet sei. Auch aus diesem Grund bestehe ein Anspruch auf die Bekanntgabe konkreter Zahlen nicht. (b) Einen entgegengesetzten Standpunkt vertraten das L G Köln sowie die mit der Frage befaßten Oberlandesgerichte. (aa) Nach Ansicht des OLG H a m m 5 4 trifft die Vorstände gem. § 340 a A k t G grundsätzlich eine umfassende Berichtspflicht. Der Bericht müsse so gestaltet sein, daß der Aktionär selbst oder unter Mithilfe eines Fachkundigen in der Lage sei, die Bewertungsgrundlagen für die Festlegung des Umtauschverhältnisses nachzuvollziehen. Die Berichtspflicht finde zwar gem. §§ 340 b Abs. 4 Satz 5, 131 Abs. 3 Ziff. 1 A k t G ihre Grenze in den Fällen, in denen nicht unerhebliche Nachteile für die Gesellschaft zu befürchten seien. Dies berechtige den Vorstand aber nicht, konkrete Zahlenangaben mit einem pauschalen Hinweis auf eine mögliche Schädigung der Gesellschaft zu unterlassen. Vielmehr müsse bei der konkreten Darlegung der einzelnen Beweriungsfaktoren dargelegt werden, warum nähere Einzelheiten nicht angegeben werden könnten. Der Aktionär müsse in die Lage versetzt werden, die Gründe für die Geheimhaltung nachzuvollziehen und zu beurteilen. Der Vorstand brauche danach nicht alle Einzelheiten des Bewertungsgutachtens offenzulegen. Es sei vielmehr ausreichend, daß die Bewertungsfaktoren - unter Verzicht auf Detaildarstellungen - zusammenfassend mitgeteilt würden. (bb) Eine umfassende - im zu entscheidenden Fall nicht eingehaltene - Berichtspflicht befürwortet auch das OLG Karlsruhe. 5 5 Allerdings stellt das Gericht in der Tendenz geringere Anforderungen als das OLG Hamm. Der Umfang der aktiven Berichtspflicht entspreche nicht der passiven nach § 131 AktG; der Verschmelzungsbericht müsse dem Aktionär nach seinem Sinn und Zweck lediglich eine Stichhaltigkeitskontrolle ermöglichen. Zudem müsse er eine Grundlage für eine sachgemäße Fragestellung in der Hauptversammlung bieten. Hierzu sei es nicht erforderlich, daß der Aktionär aus den mitgeteilten Umständen - notfalls auch unter Mithilfe eines Sachverständigen - ein eigenes Gutachten erstellen könne; anzugeben seien jedoch die ermittelten Unternehmenswerte sowie in der Regel die wichtig54

OLG Hamm W M 1988, 1164 (1167 f.); im Ergebnis ebenso LG Köln Betrieb 1988, 542 f.; OLG Köln W M 1988, 1792 (1793 f.); kritisch hierzu Heckschen ZIP 1989, 1168 (1171). 55 OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (989-992).

124

Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

sten Einzelplanzahlen. Ferner sei das nicht betriebsnotwendige Vermögen mitzuteilen. Das Gericht sieht die Berichtspflicht ferner durch die Geheimhaltungsbedürftigkeit bestimmter Tatsachen begrenzt und verweist in diesem Zusammenhang auf §§ 340 d Abs. 6, 131 Abs. 3 AktG. I m Gegensatz zum OLG Hamm fordert es aber bei Zurückhaltung von Informationen aus diesem Grund keine bis ins einzelne gehende Begründung. Zwar sei eine Einschränkung nicht generell, sondern nur zu bestimmten Punkten zulässig, hier reiche jedoch der Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen aus. Auf eine Einzelbegründung könne der Aktionär in der Hauptversammlung durch die Ausübung seines Fragerechtes hinwirken. (c) Der B G H 5 6 hat in seiner Revisionsentscheidung zu dem Urteil des OLG Hamm die Anforderungen an den Verschmelzungsbericht nicht näher konkretisiert. Der Senat konnte sich mit der Feststellung begnügen, es sei jedenfalls nicht ausreichend, wenn der Verschmelzungsbericht überhaupt keine konkreten Zahlenangaben zur Bewertung enthalte, sondern sich auf die Darstellung der Bewertungsmethoden beschränke. Dies sei mit dem Wortlaut des § 340 a A k t G sowie mit der Funktion des Berichtes, eine weitgehende Offenlegung der Einzelheiten des VerschmelzungsVorhabens zu erreichen, nicht vereinbar. Eine Beschränkung der Berichtspflicht auf eine Erläuterung der Bewertungsmethoden rechtfertige sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 340 b AktG. Verschmelzungsprüfung und Informationsmöglichkeiten der Aktionäre hätten einander ergänzende Funktionen. Verschmelzungsbericht, Verschmelzungsvertrag, Jahresabschlüsse und die ggfls. zu erstellenden Zwischenbilanzen hätten die Aufgabe, den Aktionären den Verschmelzungs Vorgang und dessen Hintergründe transparent zu machen. Zweck der Verschmelzungsprüfung sei es dagegen, den Verschmelzungsvertrag auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen sowie die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses zu bescheinigen. Die Kontrolle der konkreten Bewertung durch Verschmelzungsprüfer rechtfertige daher nicht die Übergehung dieser Umstände im Verschmelzungsbericht. Diese Grundsätze hat der B G H in der Revisionsentscheidung zum Urteil des OLG Köln ( „ D A T / A l t a n a I I " ) 5 7 noch einmal bestätigt. Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß sich eine Einschränkung der Berichtspflicht auch nicht aus der Entstehungsgeschichte zu § 340 b A k t G ergebe. Zwar habe sich die Kommission im Rahmen des Prüfungsberichtes mit dem Vorschlag, die Aufnahme von einzelfallbezogenen Werten vorzuschreiben, nicht durchsetzen können. Wegen der anderen Funktion des Verschmel56 57

BGH ZIP 1989, 980 (981 - 983); hierzu Heckschen ZIP 1989 1168 - 1174. BGH ZIP 1990, 168 (168 - 170).

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zungsberichtes könnten für dessen Inhalt hieraus jedoch keine Rückschlüsse gezogen werden. (2) Literatur Auch in der Literatur werden zum notwendigen Inhalt des Verschmelzungsberichtes unterschiedliche Auffassungen vertreten. (a) Nach der Ansicht von J. Geßler 58 ist der Verschmelzungsbericht im Grunde überflüssig, da der Verschmelzungsvertrag bereits alles Notwendige enthalte. Die Bedeutung des Verschmelzungsberichtes liege nicht in der Erläuterung des Umtauschverhältnisses, sondern in der Angabe von besonderen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Unternehmenswerte. Allerdings müsse auch hier „der Gesetzestext ernstgenommen werden", wonach auf diese Schwierigkeiten nur hinzuweisen sei. (b) Demgegenüber befürwortet die ganz überwiegender Meinung 5 0 die Notwendigkeit eines umfassenden Verschmelzungsberichtes. Dabei könne an die Grundsätze angeknüpft werden, die im Rahmen des Berichtes nach § 186 Abs. 4 Satz 2 A k t G durch L u t t e r 6 0 und im Anschluß an diesen durch den Bundesgerichtshof 61 aufgestellt worden seien. Danach müsse der Verschmelzungsbericht sämtliche für die Entscheidung der Aktionäre erheblichen Tatsachen enthalten. So seien wenigstens die wichtigsten Einzelplanzahlen anzugeben, aus denen der Ertragswert des Unternehmens ermittelt werde. Der Aktionär müsse in die Lage versetzt werden, daß er die Bewertung im Ansatz nachvollziehen und sich ein ungefähres Bild von der Zuverlässigkeit der Prognosegrundlage verschaffen könne. Dabei gehe die Informationspflicht im Verschmelzungsrecht noch eher weiter als bei dem Bericht nach § 186 AktG, da dort nach dem Gesetzeswortlaut nur „ein schriftlicher Bericht" zu erstellen sei, während § 340 a A k t G einen „ ausführlichen schriftlichen Bericht" verlange. Der Verschmelzungsbericht müsse daher die für die Entscheidung der Hauptversammlung erheblichen Tatsachen vollständig wiedergeben. 62 58

Jörg Geßler, AktG, § 340 a. Ausführlich Bayer AG 1988, 323 (325 ff.); vgl. auch dens. W M 1989, 121 (122 f.) sowie dens. WuB I I A. § 340 a AktG 1.89; im Ergebnis ebenso Priester NJW 1983, 1459 (1461); R. Becker AG 1988, 223 (225); Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 86; HoffmanBecking in Münchener Vertragehandbuch, Form IX. 14., Anm. 1, S. 1025. 60 Lutter ZGR 1979, 401 (408 ff.); ders. BB 1981, 863; vgl. auch H. Becker BB 1981, 394 (395). 61 Insbesondere BGHZ 83, 319 (325). 62 A.A. Müller EWiR § 340 a AktG 1/88 949 (950), der auf der einen Seite die Parallele zu § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG betont, auf der anderen Seite die Notwendigkeit konkreter Zahlenangaben verneint. 59

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

Eine derartige umfassende Berichtspflicht ergebe sich auch aus einem Vergleich zu der Informationspflicht, die nach § 340 A k t G a.F. bestanden habe. Bereits zu dieser Vorschrift sei in den hierzu erschienen Kommentierungen vertreten worden, der Vorstand habe das gesamte erforderliche Bewert ungsmaterial offenzulegen. Es könne davon ausgegangen werden, daß die Informationsrechte der Aktionäre durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz gegenüber der alten Gesetzeslage noch verbessert werden sollten. (c) Einen ganz anderen Ansatz wählt dagegen Mertens 6 3 , dessen umfangreiche Überlegungen sich wie folgt zusammenfassen lassen: Nach seiner Ansicht soll sich der Inhalt des Verschmelzungsberichtes zunächst nach den Informationen richten, die eine Gesellschaft von der anderen im Vorbereitungsstadium der Verschmelzung verlangen könne. Der Aktionär solle durch den Bericht in die Lage versetzt werden, sich ein Urteil darüber zu bilden, ob die Überlegungen des Vorstandes seiner Gesellschaft zur juristischen Gestaltung, zur wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und zur Angemessenheit des Umtauschverhältnisses plausibel seien. Er könne daher jedenfalls nicht mehr Informationen verlangen, als der Vorstand selbst bei Wahrung der ihm auferlegten Sorgfalt berücksichtigen müsse und in Bezug auf die jeweils andere Gesellschaft zur Verfügung habe. I m Rahmen der Vorbereitung der Verschmelzung sei es wegen der hier bestehenden Geheimhaltungspflichten am zweckmäßigsten, die Bewertung der Unternehmen einem neutralen Sachverständigen zu überlassen. Dieser könne dann seinerseits geheimhaltungsbedürftige Daten für die Bewertung verwenden, sei aber verpflichtet, diese dem jeweils anderen Vorstand vorzuenthalten. Hieraus ergebe sich, daß auch der Verschmelzungsbericht keine geheimhaltungsbedürftigen Daten enthalten dürfe. Welche Daten geheimhaltungsbedürftig seien, ergebe sich wiederum aus den jeweils einschlägigen Publizitätsbeschränkungen wie etwa § 131 Abs. 3 A k t G oder § 26 a K W G . In diesem Zusammenhang sei es „besonders einleuchtend", daß insbesondere Einzelheiten zukünftiger Planungen nicht mitgeteilt werden dürften. Aus dem Umstand, daß der Bericht lediglich eine Plausibilitätskontrolle gewährleisten, nicht aber eine sachliche Richtigkeitskontrolle der tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Verschmelzung ermöglichen solle, folge eine weitere Einschränkung und Präzisierung der Berichtspflicht: Nur solche Werte könnten erwähnungspflichtig sein, die ein ordnungsgemäß handelnder Bewertungsgutachter zur Ermittlung des Unternehmenswertes heranzuziehen habe. Sofern ein Bewertungsgutachter einen aggregierten Wert zugrundeigen dürfe, brauche dieser auch für den Aktionär nicht weiter aufgeschlüsselt zu werden. I m allgemeinen sei es ausreichend, wenn ein Bewertungsgutachter der Bewertung Jahresge63

Mertens AG 1990, 20 (21-31).

I I . Der Verschmelzungs bericht nach § 340 a A k t G

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samtertragswerte zugrundelege. Werte unterhalb dieser Aggregationsstufe brauchten daher auch in den Verschmelzungsbericht im Regelfall nicht aufgenommen zu werden. Bestehe im Einzelfall Anlaß, von der jahresgesamtertragsbezogenen Berechnung abzugehen, so handele es sich um eine besondere Schwierigkeit der Bewertung, auf die gem. § 340 a S. 2 A k t G hinzuweisen sei. bb) Eigene Ansicht Die Einführung des Berichtes nach § 340 a A k t G stellt eine der wesentlichsten Änderungen des Verschmelzungsrechtes im Jahre 1983 dar. Der eindeutige Wille des Gesetzgebers war es, durch die neugeschaffenen Regelungen die Informationsmöglichkeiten der Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung und damit den Minderheitenschutz erheblich zu verbessern. 64 Hieraus folgt, daß der Verschmelzungsbericht so zu gestalten ist, daß sich die Aktionäre in angemessener Weise auf die über die Fusion beschließende Hauptversammlung vorbereiten können. Der Begriff „ausführlich" in § 340 a A k t G ist daher im Sinne von „umfassend" zu verstehen. Entgegen der Ansicht J. Geßlers 65 ist der Verschmelzungsbericht auch im deutschen Recht daher keineswegs überflüssig. Auf der anderen Seite bedeutet ausführlich" nicht, daß die Aktionäre im Verschmelzungsbericht über alle Einzelheiten der Verschmelzung unterrichtet werden müßten. 6 6 Eine derartige Information wird - von der Geheimhaltungsbedürftigkeit bestimmter Tatsachen einmal ganz abgesehen - weder vom Gesetz verlangt, noch ist sie realistisch. Eine „vollständige" Information würde unter anderem bedeuten, daß die Gesellschaften u.a. das gesamte von den Verschmelzungsprüfern erstellte Bewertungsgutachten offenlegen müßten. Das aber verlangt das Gesetz - wie sich aus einem Umkehrschluß aus § 340 d A k t G eindeutig ergibt - gerade nicht. Davon abgesehen erscheint es äußerst zweifelhaft, ob einem durchschnittlichen Aktionär durch einen derart umfangreichen Bericht überhaupt gedient wäre. Angesichts des gem. §§ 340 d Abs. 2, 123 A k t G lediglich einen Monat betragenden Einsichtsrechtes ist es kaum realistisch, daß ein Aktionär - auch bei sachkundiger Beratung - das Datenmaterial in vollem Umfang auf seine Richtigkeit hin würde überprüfen können. 64

Vgl. hierzu bereits oben Abschnitt C vor I. Jörg Geßler, AktG, § 340 a; auch Versuche wie des LG Bielefeld (Urt. v. 25.09.1987 - 17 Ο 127/87), zu einer Einschränkung der Berichtspflicht über den Wortlaut des Gesetzes zu kommen, liegen daher neben der Sache. 66 So aber unter Berufung auf die Regierungsbegründung BT Drucksache 9/1065 S. 15 R. Becker AG 1988, 223 (225); LG Köln Betrieb 1988, 542; im Ansatz auch BGH ZIP 1989, 980 (982). 65

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Der Bericht nach § 340 a A k t G muß somit nicht eine „vollständige", sondern eine zwar umfassende, aber sinnvoll begrenzte Information bieten, die es den Aktionären ermöglicht, sich angemessen auf die Hauptversammlung vorzubereiten. Zu prüfen bleibt, wie eine solche sinnvolle Beschränkung der Berichtsinhaltes zu erreichen ist.

(1) Eingrenzung durch die dem Vorstand obliegenden Sorgfaltspflichten Mertens 6 7 ist zunächst darin zuzustimmen, daß der Hauptversammlung keine weitergehenden Informationen erteilt zu werden brauchen als der Vorstand selbst im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung zu berücksichtigen hat. Selbstverständlich ist dabei, daß der Vorstand nicht mehr Einzelheiten mitteilen kann als ihm selbst bekannt sind. Ob jedoch darüberhinaus mit diesem Abgrenzungskriterium ein wesentlicher Schritt zu Bestimmung der Informationsdichte des Verschmelzungsberichtes getan ist, erscheint zweifelhaft. Hierdurch wird das Problem zunächst nur auf eine andere Ebene verlagert, ohne es selbst zu lösen. Denn zu klären bleibt, welche Sorgfaltspflichten den Vorstand seinerseits bei der Vorbereitung der Hauptversammlung treffen. Die von Mertens hier gefundenen Ergebnisse, die dann auf den notwendigen Inhalt des Verschmelzungsvertrages übertragen werden sollen, lassen sich möglicherweise auch direkt ohne den Umweg über die Pflichten des Vorstandes ermitteln. Davon abgesehen können die Plfichten des Vorstandes im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung je nach Fallgestaltung durchaus unterschiedlich sein. So dürfte der von Mertens 6 8 vorgeschlagene Weg, die Unternehmensbewertung durch einen neutralen, zur Geheimhaltung gegenüber der jeweils anderen Gesellschaft verpflichteten Sachverständigen vornehmen zu lassen, jedenfalls dann unzweckmäßig sein, wenn die Vorstände - wie in den meisten Fällen - aufgrund bereits vor der Verschmelzung begonnener wirtschaftlicher Zusammenarbeit über die Verhältnisse der jeweils anderen Gesellschaft informiert sind. In diesen Fällen dürfte es zu den Pflichten der Vorstände gehören, das Verschmelzungsvorhaben unter Berücksichtigung des gesamten vorhandenen Materials selbst zu würdigen. Es ist offensichtlich, daß jedenfalls hier die Informationspflichten des Vorstandes nicht abschließend aus ihren eigenen Sorgfaltspflichten bei der Vorbereitung der Verschmelzung abgeleitet werden können.

67 68

Mertens AG 1990, 20 (25). Mertens AG 1990, 20 (27).

I I . Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a A k t G

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(2) Eingrenzung durch die Sorgfaltspflichten eines Bewertungsgutachters Auch das von Mertens 6 9 weiter vorgeschlagene Abgrenzungskriterium der Sorgfaltspflichten eines Bewertungsgutachters kann nicht überzeugen. Wie sich aus einem Umkehrschluß aus § 340 d A k t G eindeutig ergibt, braucht den Aktionären das Bewertungsgutachten gerade nicht offengelegt zu werden. Zudem erscheint es zweifelhaft, ob sich ein Bewertungsgutachter bei der Wertermittlung - wie Mertens meint - auf bereits feststehende Jahresgesamtertragsergebnisse verlasseen kann. Wäre dies richtig, so wäre die Arbeit eines Bewertungsgutachters an sich überflüssig. Aus den bereinigten Jahresgesamtertragsergebnissen lassen sich die Unternehmenswerte und damit das Umtauschverhältnis durch wenige Rechenschritte ermitteln. 7 0 Aufgabe des Bewertungsgutachtes ist gerade, anhand der ihm mitzuteilenden Planungen der Unternehmen unter Berücksichtigung der Vergangenheitsergebnisse die zunkünftigen Ertragswerte des Unternehmens selbst zu ermitteln. Entgegen Mertens folgt aus einem Vergleich zu den Sorgfaltspflichen eines Bewertungsgutachters somit gerade nicht, daß sich der Verschmelzungsbericht auf Informationen beschränken kann, die sich auf den Zeitraum eines Geschäftsjahres insgesamt beziehen. Mit diesem Abgrenzungskriterium läßt sich daher eine sinnvolle Begrenzung der Berichtspflicht nicht erreichen.

(3) Einschränkung im Hinblick auf den Sinn und Zweck unter Berücksichtung der Verschmelzungsprüfung Der notwendige Informationsgehalt des Verschmelzungsberichtes kann nur unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des Berichtes, seiner Punktion für die Aktionäre der beteiligten Gesellschaften festgelegt werden. Hierbei kann, wie der B G H 7 1 zutreffend hervorhebt, nicht isoliert auf den Verschmelzungsbericht abgestellt werden. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die anderen Informationsmöglichkeiten der Aktionäre. Besondere Bedeutung kommt daneben der Verschmelzungsprüfung gem. § 340 b A k t G zu. Die Punktion der Informationspflichten des Vorstandes besteht dabei darin, den Aktionären den Verschmelzungsvorgang und seine Hintergründe transparent zu machen. Sie sollen in die Lage versetzt werden, sich ein Bild darüber zu machen, ob die Verschmelzung wirtschaftlich sinnvoll ist und den gesetzlichen Anforderungen genügt. Dagegen soll die Verschmelzungsprüfung die Gewähr dafür bieten, daß der Verschmelzungsver69 70 71

Mertens AG 1990, 20 (28). Abschnitt A. BGH ZIP 1989, 980 (982); ZIP 1990, 168 (169).

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trag vollständig ist, die in ihm enthaltenen Angaben richtig sind und das Umtauschverhältnis angemessen ist. 7 2 Hieraus läßt sich in Ubereinstimmung mit dem OLG Karlsruhe 7 3 der Ansatz entwickeln, daß der Zweck des Verschmelzungsberichtes nicht die Gewährleistung einer sachlichen Richtigkeitskontrolle der tatsächlichen Grundlagen der Verschmelzung ist. Entgegen der Ansicht des OLG H a m m 7 4 braucht der Aktionär daher nicht in die Lage versetzt werden, daß gesamte Bewertungsgutachten nachzuvollziehen. Ausreichend ist vielmehr, wenn dem Aktionär das Verschmelzungsvorhaben plausibel gemacht wird. Ihm muß ermöglicht werden, eine Stichhaltigkeitskontrolle der Uberlegungen durchzuführen, auf denen die Verschmelzung und das vorgesehene Umtausch Verhältnis aufbauen. Dagegen muß sich der Aktionär insbesondere im Hinblick auf die Umtauschrelation der Aktien auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des zugrundegelegten Datenmaterials verlassen. Eine weitergehende Einschränkung der Berichtspflicht ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Verschmelzungsprüfung - wie der B G H 7 5 ausdrücklich hevorhebt - aber nicht. Entgegen der Auffassung des L G Mannheim 7 6 rechtfertigt die Verschmelzungsprüfung daher keinen völlig rudimentären Verschmelzungsbericht, der nicht einmal eine Plausibilitätskontrolle ermöglicht. Die Aktionäre sollen vielmehr so weit wie möglich aus eigener, unmittelbarer Kenntnis über die Verschmelzung abstimmen. Lediglich im Hinblick auf die Richtigkeit der der Berechnung des Umtauschverhältnisses zugrundeliegenden Tatsachen sind sie gehalten, sich auf die Unabhängigkeit und den Sachverstand der Verschmelzungsprüfer zu verlassen.

(4) Einschränkung wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses der Gesellschaft (a) I m Gegensatz zu § 340 b A k t G enthält § 340 a A k t G keine Regelung darüber, ob Tatsachen, deren Offenlegung geeignet ist, der Gesellschaft einen Nachteil zuzufügen, in den Verschmelzungsbericht aufgenommen werden müssen. Aus dem Fehlen einer derartigen Regelung kann jedoch nicht gefolgert werden, daß sämtliche Geschäftsgeheimnisse im Verschmelzungsbericht offengelegt werden müssen. Daß dies auch vom Gesetzgeber nicht 72 73 74 75 76

Vgl. auch die Regierungsberüundung BT Drucksache 9/1065, S. 16. OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (990); zustimmend auch Mertens AG 1990, 20 (23). OLG Hamm W M 1988, 1164 (1167). BGH ZIP 1989, 980 (982); ZIP 1990, 168 (169). LG Mannheim ZIP 1988, 773 (777).

I I . Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a A k t G

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gewollt sein kann, liegt angesichts der hierdurch entstehenden, oben 7 7 aufgezeigten Gefahren auf der Hand. Eine Verschmelzung würde in diesem Fall nahezu undurchführbar. Gegenteiliges kann auch nicht aus einem Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 5 A k t G abgeleitet werden. Diese Vorschrift hat ihren Grund darin, daß die Verschmelzungsprüfer aufgrund ihres Auftragsverhältnisses im Grundsatz zu einer umfassenden Berichtspflicht verpflichtet sind und sich bei einer Verletzung dieser Pflicht schadensersatzpflichtig machen. 78 Es mußte daher eine ausdrückliche Regelung getroffen werden, die die Berichtspflicht der Verschmelzungsprüfer begrenzt. Im Rahmen des § 340 a A k t G ist eine derartige Vorschrift dagegen nicht erforderlich. Der Verschmelzungsbericht dient der teilweisen Erfüllung des den Aktionären insgesamt gegenüber der Verwaltung zustehenden Informationsanspruches. Daher kann für die Frage, welche Angaben der Bericht enthalten muß, die Regelung des § 131 Abs. 3 A k t G herangezogen werden. Einer speziellen Regelung im Verschmelzungsrecht bedurfte es nicht. Dementsprechend ist nunmehr in Literatur 7 9 und Rechtsprechung 80 jedenfalls im Grundsatz anerkannt, daß die Berichtspflicht dort endet, wo die Information zu einem nicht unerheblichen Nachteil für die Gesellschaft führt. Verfehlt ist es allerdings, wenn hierbei eine analoge Anwendung von § 340 b Abs. 4 Satz 5 A k t G und § 131 Abs. 3 A k t G vorgeschlagen w i r d . 8 1 Die allein maßgebliche Vorschrift ist § 131 Abs. 3 A k t G , da es sich bei dem Bericht um einen Informationsanspruch der Aktionäre handelt. Die Bestimmung ist zwar nicht direkt, aber analog auf § 340 a A k t G anwendbar. Analog § 131 Abs. 3 Nr. 1 A k t G brauchen daher in den Verschmelzungsbericht solche Informationen nicht aufgenommen zu werden, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet sind, einer der beiden verschmelzenden Gesellschaften einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. (b) Ob eine Auskunft geeignet ist, den Gesellschaften einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen, entscheidet sich aus der Sicht eines vernünftigen Kaufmanns. Dies ist ein objektiver Maßstab. Ein Ermessensspielraum steht dem Vorstand hier ebensowenig zu, wie bei der Auskunftsverweige-

77

Oben Abschnitt C. vor I. Vgl. Regierungebegründung BT Drucksache 9/1065 S. 17. 79 Bayer W M 1989, 121 (122 f.); Mertens AG 1990, 20 (27); Heckschen ZIP 1989, 1168 (1171). 80 BGH ZIP 1989, 980 (983); ZIP 1990, 168 (169); OLG Hamm W M 1988. 1164 (1167); OLG Köln W M 1988, 1792 (1794); OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (991); LG Mannheim ZIP 1988, 773 (777). 81 So OLG Hamm W M 1988, 1164 (1167); OLG Köln W M 1988, 1792 (1794). 78

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rung im Rahmen des § 131 A k t G . 8 2 Fällt die Schädlichkeitsprognose positiv aus, so muß der Vorstand die Angaben unterlassen. 83 Dies folgt aus § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach die Vorstandsmitglieder über Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren haben. I m Fall der Verletzung dieser Pflicht machen sie sich nach § 93 Abs. 2 A k t G schadensersatzpflichtig und möglicherweise gem. § 404 A k t G strafbar. 84 Auf eine Tnteressenabwägung zwischen den Belangen der Gesellschaft und denjenigen der Aktionäre kommt es bei der Beurteilung, ob Angaben in den Bericht aufgenommen werden müssen, nicht an. 8 5 I m Rahmen des § 131 A k t G wird eine Abwägungspflicht zwar von der wohl h . M . 8 6 bejaht. Eine Interessenabwägung sollte durch die Neufassung des Gesetzes im Jahre 1965 jedoch gerade ausgeschlossen werden, da dieses Abgrenzungskriterium als zu unbestimmt erschien. Die Worte „nicht unerheblich" in § 131 Abs. 3 Nr. 1 A k t G deuten auf einen objektiven Maßstab hin, der allein die Schwere des Nachteils für die Gesellschaft berücksichtigt. (c) Unterläßt der Vorstand im Interesse der Gesellschaft Angaben, die zu einer Stichhaltigkeitskontrolle durch die Aktionäre erforderlich sind, so stellt sich die Frage, inwieweit dies im Bericht zu begründen ist. (aa) Gesichert dürfte sein, daß es jedenfalls nicht ausreicht, wenn der Bericht lediglich am Ende auf die Geheinihaltungsbedürftigkeit weiterer Informationen hinweist. Aus dem Bericht muß vielmehr deutlich werden, an welchen konkreten Stellen der Bericht aus Geheimhaltungsgründen nicht umfangreicher sein kann. Nur das ermöglicht es den Aktionären, zu den einzelnen Punkten in der Hauptversammlung gegebenenfalls ergänzende Fragen zu stellen.

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Zur Situation bei § 131 AktG siehe Eckhard in Geßler/Hefermehl § 131 Rdnr. 85; Zöllner in Kölner Kommentar § 131 Rdnr. 35; Werner AG 1968, 181 (183); a Α. Godin/Wilhelmi § 131 Anm. 10; Wilhelmi NJW 1968, 731 - 733. Zum Gesetzgebungsverfahren vgl. insbesondere Ebenroth, Auskunftsrecht. S. 75 ff. 83 Ebenso OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (990). 84 Siehe zur Reichweite der Strafvorschrift des § 404 AktG Geilen in Kölner Kommentar § 404 Rdnr. 12 - 73. 85 So für das Auskunftsrecht nach § 131 AktG insbesondere Ebenroth, Auskunftsrecht, S. 83; ferner Eckhard in Geßler/Hefermehl § 131 Rdnr. 86; Wilhelmi NJW 1968, 731 (733). 86 Zöllner in Kölner Kommentar § 131 Rdnr. 34; Baumbach/Hueck § 131 Anm. 13. Der Fall BGHZ 86, 1 (19) betrifft den Sonderfall der Offenlegung von Verfehlungen des Vorstandes. Zwar ist dem Senat im Ergebnis zuzustimmen, als Informationen insoweit nicht unter Berufung auf das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft zurückgehalten werden dürfen; das folgt jedoch nicht aus einer Abwägung der beteiligten Interessen, sondern einer analogen Anwendung der Sondervorschrift des § 145 Abs. 4 Satz 2 AktG.

I I . Der Verschmelzungericht nach § 340 a A k t G

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(bb) Auf der anderen Seite ist es entgegen der Ansicht des OLG H a m m 8 7 nicht erforderlich, daß die Geheimhaltungsgründe im Verschmelzungsbericht selbst nachvollziehbar begründet werden. Dies ist schon aus praktischen Gründen kaum möglich. Der Vorstand hat eine Vielzahl von Informationen zu sichten und auszuwählen. Dabei werden jedenfalls in Teilbereichen mehr Informationen geheimhaltungsbedürftig sein als bekanntgegeben werden können. Dies gilt namentlich für den Bereich der Unternehmensbewertung. Hier können aus dem umfangreichen Bewertungsgutachten nur die Grundzüge der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. I n der Praxis ist es daher nicht so, daß - wovon auch die Regierungsbegründung 88 auszugehen scheint - nur einzelne Informationen geheimhaltungsbedürftig sind. Müßte der Vorstand für jede zurückgehaltene Information eine konkrete, im einzelnen für die Aktionäre nachvollziehbare Begründung liefern, so bestände der Verschmelzungsbericht weniger aus Angaben zur Verschmelzung selbst als aus Begründungen, warum ein Mehr an Information nicht möglich ist. I m übrigen geht eine solche Forderung über den Zweck des Verschmelzungsberichtes hinaus. Soll dem Aktionär lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, in der Hauptversammlung Fragen zu stellen, so ist es ausreichend, wenn an den einzelnen Stellen des Berichtes lediglich unter Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit hingewiesen wird. Bereits das ermöglicht es dem Aktionär, in der Hauptversammlung bei Zweifeln Nachfragen zu stellen. 80 (cc) Erst auf derartige Fragen hin hat der Vorstand die Pflicht, eine Auskunftsverweigerung für den Aktionär einsehbar zu begründen. 90 Allerdings führt die mangelnde Begründung nicht zur Unzulässigkeit der Auskunftsverweigerung. Da durch § 131 Abs. 3 Nr. 1 A k t G die Gesellschaft geschützt werden soll, kann die Frage, wann eine Auskunftsverweigerung unzulässig ist, nur anhand eines objektiven Maßstabes gelöst werden und nicht von der durch den Vorstand gegebenen Begründung abhängen. Der Vorstand wäre überfordert, wenn er die Auskunft auf unvorbereitete Fragen in der Hauptversammlung nur mit der richtigen Begründung verweigern dürfte. 9 1 Die Gesellschaft kann daher in einem Prozeß um die Vollständigkeit des Verschmelzungsberichtes, in dem sie die Plausibilitätslast für die Berech87 OLG Hamm W M 1988, 1164 (1167); ihm folgend OLG Köln W M 1988,1792 (1794); Bayer W M 1989, 121 (123). 88 BT Drucksache 9/1065 S. 17: „Zu denken ist etwa an ein kurz vor der Reife stehendes gewerbliches Schutzrecht." 89 Im Ergebnis ebenso OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (991). 90 Siehe BGHZ 32, 159 (168), allerdings mit der durch die heutige Gesetzesfassung überholten Begründung, bei der Auskünfte Verweigerung handele es sich um eine Ermessensentscheidung; vgl. ferner Ebenroth, Auskunftsrecht, S. 128; B a u m b a c h / H u e c k § 131 Rdnr. 12; Zöllner in Kölner Kommentar § 131 Rdnr. 86. 91 Ähnlich Ebenroth, Auskunftsrecht, S. 128 f.

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tigung der Auskunftsverweigerung trägt, Gründe nachschieben, die für die Zulässigkeit einer Auskunftsverweigerung sprechen. Eine mangelnde Begründung in der Hauptversammlung führt aber dazu, daß der Gesellschaft analog §§ 132 Abs. 5 Satz 6 A k t G , 91 a ZPO die Kosten auferlegt werden, selbst wenn das Auskunftsverlangen im Ergebnis unbegründet war. Dies rechtfertigt sich aus dem Ccdanken, daß der Aktionär anhand der Begründung die Erfolgsaussichten einer Klage abschätzen können soll. 9 2

c) Der Verschmelzungsbericht im Verhältnis zu den anderen Informationsmöglichkeiten der Aktionäre Da der Verschmelzungsbericht nicht die einzige Informationsquelle ist, anhand der sich die Aktionäre über die Verschmelzung unterrichten können, ist das Verhältnis der Informationsmöglichkeiten untereinander zu untersuchen. aa) Die Aktionäre können zum einen im Vorfeld der Hauptversammlung weitere schriftliche Unterlagen über die Verschmelzung einsehen. Hierzu gehören der Verschmelzungsvertrag nach § 340 A k t G 9 3 , die Verschmelzungsprüfungsberichte nach § 340 b A k t G sowie die nach § 340 d A k t G auszulegenden Jahresabschlüsse 94 und Lageberichte. Es liegt der Gedanke nahe, diese Informationsmöglichkeiten als Einheit in dem Sinne zu verstehen, daß Informationen, die in den anderen schriftlichen Unterlagen enthalten sind, im Verschmelzungsbericht nicht noch einmal wiederholt zu werden brauchen. 95 Dies würde jedoch der Funktion des Verschmelzungsberichtes nicht in vollem Umfang gerecht. Der Bericht hat nicht nur die Aufgabe, den Aktionären aus anderen Quellen nicht zu beschaffende Informationen zu liefern. Er soll die Aktionäre über die Verschmelzung und deren Hintergründe insgesamt übersichtlich informieren. Es ist daher erforderlich, insbesondere die wichtigsten sich aus den Bilanzen der Unternehmen ergebenden Ergebnisse im Verschmelzungsbericht kurz zusammenzustellen. Soweit die Unterlagen leicht verständlich sind, ist es allerdings auch ausreichend, auf 92 So im Ergebnis Zöllner in Kölner Kommentar § 131 Rdnr. 87; für eine direkte Anwendung von § 91 a ZPO Ebenroth, Auskunftsrecht, S. 129. 93 Zu dessen Informationsfunktion vgl. oben Abschnitt I. 2. a). 94 Unter den Voraussetzungen des § 340 d Abs. 2 Nr. 3 AktG ist ferner eine Zwischenbilanz vorzulegen. 95 So für das Verhältnis zwischen Verschmelzungsvertrag und Verschmelzungsbericht wohl Priester NJW 1983, 1459 (1461); im Ansatz wohl ebenso der BGH ZIP 1989, 980 (982); ähnlich auch die Regierungsbegründung BT Drucksache 9/1065 S. 15, wenn sie ausführt, der Verschmelzungsvertrag reiche zur Information der Aktionäre nicht aus.

I I . Der Verschmelzungsbericht nach § 340 a A k t G

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diese im Verschmelzungsbericht zu verweisen. Dies dürfte vor allem für die im Verschmelzungsvertrag getroffenen Angaben gelten. bb) Neben den schriftlichen Informationen hat der Vorstand gem. § 340 d Abs. 5 Satz 2 den Verschmelzungs vertrag zu Beginn der Hauptversammlung mündlich zu erläutern und zu begründen. Daneben steht dem Aktionär ein Auskunftsrecht gem. §§ 131, 340 d Abs. 6 A k t G 9 6 zu. Bei dessen Bedeutung für den Inhalt des Verschmelzungsberichtes ist zu differenzieren. Das Bestehen der Fragemöglichkeit durch den Aktionär zeigt zwar, daß in den schriftlichen Berichten nicht alle dem Aktionär insgesamt mitzuteilenden Tatsachen aufgenommen zu werden brauchen. Wäre dies der Fall, so wäre das Fragerecht überflüssig; die Abstimmung könnte auch ohne Hauptversammlung etwa auf schriftlichem Wege erfolgen. Die schriftlichen Unterlagen müssen es dem Aktionär aber ermöglichen, aufgrund einer Stichhaltigkeitskontrolle Fragen zu stellen, so daß er aufgrund der insgesamt mitgeteilten Tatsachen in der Lage ist, das Verschmelzungsvorhaben und die Chancen einer Anfechtungsklage zu beurteilen. 97 W i r d diese Informationsdichte nicht erreicht, so können Mängel im Verschmelzungsbericht nicht durch das Nachschieben von mündlichen Informationen geheilt werden. Diese können keinen Ausgleich für eine mangelnde Unterrichtung der Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung schaffen, da es gerade Sinn der Berichtspflicht ist, daß die Aktionäre sich vor der Hauptversammlung vorbereiten können. Dies würde unterlaufen, wenn der Vorstand Mängel des Berichtes durch das Nachschieben von mündlichen oder auch schriftlichen Informationen während der Hauptversammlung heilen könnte. 9 8

96 § 340 d Abs. 6 AktG steht zu § 131 AktG nicht im Verhältnis der Spezialität, der allgemeine Auskunftsanspruch wird hierdurch lediglich auf die Angelegenheiten der anderen Gesellschaften erweitert. 97 Unzutreffend sind daher die Erwägungen des OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (992), möglicherweise könne ein nicht ganz vollständigen Bericht durch Antworten auf Fragen der Aktionäre geheilt werden. Wenn der Bericht derartige Fragen ermöglicht, so ist der Bericht selbst ausreichend und bedarf keiner Ergänzung, so daß sich das Problem des Nachschiebens von Tatsachen nicht stellt. 98 So im Ergebnis auch LG Köln AG 1988, 145 (146); zustimmend Bayer AG 1988, 323 (326); ähnlich Heckschen W M 1990, 377 (383); anders dagegen Mertens AG 1990, 20 (30). Die oben zitierte Ansicht des LG Frankfurt (Urt. v. 27.11.1987 - 3/7 Ο 115/87.), der Verschmelzungsbericht sei schon deswegen nicht zu beanstanden, weil der Kläger in der Hauptversammlung keine weiteren Fragen gestellt habe, ist daher verfehlt. Die Tatsache, daß der Aktionär in der Hauptversammlung keine weiteren Fragen stellt, belegt nicht, daß er ausreichend informiert war. Erst die Lektüre eines vorbereitenden schriftlichen Berichtes ermöglicht es ihm, in der Hauptversammlung fundierte Fragen zu stellen.

Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

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d) Folgerungen für den Inhalt des Berichtes Um den Aktionären zu ermöglichen, die Berechnung des Umtauschverhältnisses in Ansätzen nachzuvollziehen, ist jedenfalls die Angabe der ermittelten Unternehmens werte erforderlich. Sie sind nach Gesamtertragswert und dem Wert des betriebsneutralen Vermögens aufzugliedern. Diesen Zahlen kann ein Konkurrenzunternehmen keine konkreten Anhaltspunkte auf die zukünftige Geschäftsentwicklung entnehmen, so das eine Berufung der Gesellschaft auf § 131 Abs. 3 A k t G in diesem Bereich ausscheidet. Anzugeben und näher zu erläutern ist ferner der zugrundegelegte Kapitalisierungszinsfuß, da seine Höhe, wie dargelegt", auch bei gleichmäßigem Ansatz Einfluß auf die Berechnung des Umtauschverhältnisses hat. Die Berechnung ist nach richtiger A n s i c h t 1 0 0 von der Entwicklung der zu bewertenden Unternehmen unabhängig; Geschäftsgeheimnisse werden daher auch hier nicht berührt. Für eine Stichhaltigkeitskontrolle durch die Aktionäre ist es ferner hilfreich, wenn in dem Bericht die wichtigsten Ergebnisse der Planungen für einzelne Produktions- und Geschäftsbereiche bekanntgegeben werden. 1 0 1 Unter Umständen kann die Bekanntgabe der Ergebnisse von Einzelplänen jedoch zu einer Schädigung der Gesellschaft führen. Zu weit geht es daher, eine Angabe hier generell zu verlangen. 1 0 2 Entscheidend ist, ob sich die Einzelplanzahlen auf hinreichend umgrenzte Produkt- oder Geschäftsbereiche beschränken. In einem solchen Fall kann ein Konkurrenzunternehmen Rückschlüsse darauf ziehen, ob auf diesem Sektor mit verstärkten Aktivitäten der verschmelzenden Gesellschaften zu rechnen ist. Letztlich hängt dies von den Umständen des Einzelfalles ab und kann hier daher nicht abschließend beurteilt werden. Es dürfte jedenfalls eher möglich sein, den Gesamtertrag für einen bestimmten Geschäfts- oder Produktionsbereich anzugeben als die Ergebnisse einzelner Jahresprognosen mitzuteilen. Hier dürfte eine Schädigung der Gesellschaft regelmäßig zu befürchten sein. Fällt etwa die Prognose des Ergebnisses einzelner Bereiche zunächst negativ aus, bessern sich die vorhergesagten Erträge aber in entfernteren Bewertungsphasen, so kann hieraus geschlossen werden, daß die verschmelzenden Unternehmen auf diesem Gebiet möglicherweise durch verstärkte Investitionen, die das Ergebnis zunächst negativ, aber dann positiv beeinflussen, versuchen werden, ihre Aktivitäten auszuweiten oder verlorenes Terrain zurückzugewinnen. 103 99 100 101

Vgl. oben Abschnitt A. III. 2. Vgl. oben Abschnitt A. II. 3. d) sowie Großfeld, Unternehmensbewertung, S. 77 ff. So auch OLG Karlsruhe ZIP 1989. 988 (990); zurückhaltender Mertens AG 1990,

20 (28). 102 103

So aber wohl Bayer AG 1988, 323 (328). Ähnüch LG Mannheim ZIP 1988, 773 (777).

I I . D e V e r s c h m e l z u n g s r n a c h § 340

AktG

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I I I . D i e Verschmelzungeprüfung nach § 340 b A k t G Kernstück des neuen Verschmelzungsrechtes ist die Prüfung des Umtauschverhältnisses nach § 340 b A k t G . 1 0 4 Die Regierungsbegründung 105 bezeichnet sie als wesentliches Element des neu gestalteten Schutzes der Aktionäre.

1. A n z a h l der Prüfungen, Kreis der Verschmelzungsprüfer Nach § 340 b Abs. 2 Satz 1 A k t G ist für jede Gesellschaft grundsätzlich ein eigener Prüfer zu bestellen. Diese Konzeption geht auf die romanische Vorstellung des Parteigutachters zurück. Auf deutsche Intervention wurde in der EG-Richtlinie jedoch die Möglichkeit vorgesehen, einen gemeinsamen Prüfer zu bestellen. Gem. § 340 b Abs. 2 Satz 2 A k t G kann dies aber nicht durch die Vorstände selbst, sondern nur durch das Gericht geschehen. Sachlich zuständig hierfür sind gem. § 145 Abs. 1 FGG die Amtsgerichte. Uber die örtliche Zuständigkeit äußert sich das Gesetz nicht. Angesichts der Möglichkeit der Beteiligung mehrerer übertragender Gesellschaften dürfte es zweckmäßig sein, insoweit auf das für die übernehmende Gesellschaft zuständige Gericht abzustellen. 106 Als Verschmelzungsprüfer kommen gem. §§ 340 b Abs. 3 A k t G , 319 Abs. 2 HGB nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfergesellschaften in Betracht. Das Gesetz hat sich damit für den Personenkreis der Abschlußprüfer und gegen den der Gründungsprüfer entschieden. Grund hierfür war, daß die Gründungsprüfung dazu dient, die reelle Aufbringung des Grundkapitals zu sichern, also den Gläubigerschutz vorrangig im Auge hat. Die Verschmelzungsprüfung soll dagegen vornehmlich die Aktionäre der Gesellschaften schützen. 1 0 7 Diese Begründung ist nicht sonderlich überzeugend, da nicht ersichtlich ist, warum die Gründungsprüfer bei anderem Prüfungsanlaß nicht auch andere Bewertungskriterien anlegen könnten. Dennoch ist der getroffenen Wahl im Ergebnis zuzustimmen. Maßgeblich dürfte sein, daß die umfangreichen Bewertungsaufgaben den in § 33 A k t G genannten Personenkreis überfordern würde.

104 105 106 107

Zum Zweck der Prüfung siehe bereits oben Abschnitt II. 3. b) dd). BT Drucksache 9/1065 S. 15. Ebenso Priester NJW 1983, 1459 (1462). BT Drucksache 9/1065 S. 15; a.A. Priester NJW 1983, 1459 (1462).

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

2. Prüfungsgegenst and Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist Prüfungsgegenstand der Verschmelzungsvertrag. Er muß auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft werden. Hauptaufgabe der Prüfung ist, wie sich mittelbar aus § 340 b Abs. 4 A k t G ergibt, die Kontrolle der Angemessenheit des Umtausch Verhältnisses der Aktien. Dagegen ist die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Verschmelzung jedenfalls nicht unmittelbar Gegenstand der Prüfung. Dies ist vielmehr Sache der Gesellschaften. Die Prüfung stellt eine Rechts- und keine Zweckmäßigkeitskontrolle d a r . 1 0 8 Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wie o b e n 1 0 9 festgestellt wurde, kann das Umtauschverhältnis der Aktien nur angemessen sein, wenn sich weder für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft noch für diejenigen der übernehmenden Gesellschaft Nachteile ergeben. Das kann aber nur bejaht werden, wenn die Verschmelzung insgesamt jedenfalls nicht wirtschaftlich nachteilig ist. I m Rahmen der Prüfung der Angemessenheit findet daher indirekt auch eine Kontrolle der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit statt. Streitig ist, inwieweit die Verschmelzungsberichte der Vorstände in die Prüfung einbezogen werden müssen. Zum T e i l 1 1 0 wird die Auffassung vertreten, auch diese seien auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu kontrollieren. Dagegen ist das Institut der Wirtschaftsprüfer 1 1 1 der Ansicht, die Verschmelzungsberichte der Vorstände seien durch die Verschmelzungsprüfer nicht zu prüfen. Dem ist angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes zuzustimmen. Der Gesetzgeber hat hier eine klare Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Prüfern vorgenommen. Die Verschmelzungsberichte stellen für die Prüfer aber wichtige Unterlagen dar, um die von den Vorständen vorgenommenen Berechnungen zu würdigen.

3. Prüfungsbericht Die Verschmelzungsprüfer haben ihre Prüfung gem. § 340 b Abs. 4 Satz 1 A k t G mit einem Bericht über das Ergebnis der Prüfung abzuschließen. Gem. § 340 b Abs. 4 Satz 2 A k t G kann dieser von den Prüfern auch gemeinsam erstellt werden, selbst wenn eine getrennte Prüfung stattgefunden hat. 108

So Priester NJW 1983, 1459 (1462). Vgl. oben Abschnitt Α. I. 1. b). 110 Insbesondere Bayer AG 1988, 323 (328); ferner Priester NJW 1983, 1459 (1462); Ganske Betrieb 1981,1551 (1553); Hoffmann-Becking in Münchener Vertragshandbuch, Form IX. 15.. Anm. 3, S. 1026. 111 IDW WPg 1988, 592. 109

I I . D e V e r s c h m e l z u n g e r n a c h § 340

AktG

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Zum Inhalt des Prüfungsberichtes bestimmt das Gesetz in § 340 b Abs. 4 Satz 3 und 4 AktG, daß der Bericht mit einer Erklärung abzuschließen ist, ob das vorgeschlagene Umtauschverhältnis der Aktien angemessen ist. Hierbei soll angegeben werden, nach welchen Methoden das Umtauschverhältnis ermittelt worden ist. Ferner soll festgestellt werden, aus welchen Gründen die Anwendung dieser Methoden angemessen erscheint und, sofern mehrere Methoden angewendet worden sind, welches Umtauschverhältnis sich bei der Anwendung der jeweiligen Methoden ergeben würde. Zugleich soll nach dem Gesetzeswortlaut dargelegt werden, welches Gewicht den unterschiedlichen Methoden beigemessen wurde und welche Schwierigkeiten bei der Bewertung aufgetreten sind. Ob die im Gesetz verlangten Angaben den notwendigen Inhalt des Berichtes abschließend festlegen, ist umstritten.

a) Vorschlag des Instituts

der Wirtschaftsprüfer

Das „Institut der Wirtschaftsprüfer" 1 1 2 hat einen Vorschlag zur inhaltlichen Gestaltung des Prüfungsberichtes ausgearbeitet, der sich streng an die ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben hält. Hiernach muß der Bericht zunächst Angaben über den Auftrag und die Auftragsdurchführung enthalten. In einem zweiten Abschnitt ist über die Prüfung des Verschmelzungsvertrages zu berichten. Anzugeben ist insbesondere, ob der Verschmelzungsvertrag vollständig ist. Ferner ist die zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses angewandte Methodik anzugeben. Danach ist zur Angemessenheit der Bewertungsmethoden Stellung zu nehmen. Nach Ansicht des Instituts ist hierbei zu prüfen, ob die angewandte Methode mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung übereinstimmt. Dagegen trete die nach Ziff. 3 erforderliche Berichterstattung über die Gewichtung der Bewertungsmethoden angesichts der grundsätzlichen Anwendung des Ertragswertverfahrens in den Hintergrund. Abzuschließen ist der Bericht nach Auffassung der Wirtschaftsprüfer mit einer Erklärung darüber, ob das Umtauschverhältnis angemessen ist. Der Prüfungsbericht braucht nach dieser Ansicht keine ins einzelne gehenden Zahlenangaben zu enthalten. Das folge bereits daraus, daß nur über das Ergebnis der Prüfung zu berichten sei und nicht über die Prüfung selbst. Bestätigt werde dies dadurch, daß der Bericht nach § 340 b Abs. 4 A k t G im Gegensatz zum Verschmelzungsbericht der Vorstände nach § 340 a A k t G nicht „ausführlich" zu sein habe.

112

IdW WPg 1988, 592 (593); zustimmend Mertens AG 1990, 20 (32).

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

b) Zustimmende

Ansichten

aa) In der Rechtsprechung wird diesem Vorschlag überwiegend zugestimmt. Die Landgerichte Bielefeld 1 1 3 , Prankfurt 1 1 4 und M a n n h e i m 1 1 5 sowie das OLG H a m m 1 1 6 hielten die in den zu entscheidenden Fällen erstellten Prüfungsberichte, die den soeben dargestellten Grundsätzen entsprechen, für ausreichend. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergebe sich im wesentlichen daraus, daß der Gesetzgeber lediglich vorgeschrieben habe, daß über das Ergebnis der Prüfung, nicht aber über deren Gang zu berichten sei. Es sei davon auszugehen, daß die Verschmelzungsprüfer, die gesetzlich unabhängig und zur umfassenden Neutralität verpflichtet seien, ihre Aufgabe korrekt und mit aller gebotenen Sorgfalt erfüllen. Wegen ihrer ausgewiesenen besonderen Sachkunde erübrige sich daher die Offenlegung von Zahlen. Eine ausführliche Begründung, warum das Ertragswertverfahren angemessen sei, brauche nicht gegeben zu werden, da eine andere Methode aus betriebswirtschaftlicher Sicht überhaupt nicht in Betracht komme. Aus § 340 b Abs. 4 Satz 5 A k t G werde deutlich, daß konkrete Zahlenangaben nicht zu erfolgen bräuchten. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß jedenfalls die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft gem. § 352 c A k t G das Umtausch Verhältnis auf seine Angemessenheit überprüfen lassen könnten. Insofern sei dem Schutz der Aktionäre genüge getan. bb) Zugestimmt wird dem in der Literatur von Hoffmann-Becking. 1 1 7 Der von ihm vorgeschlagene Bericht entspricht inhaltlich im wesentlichen dem Entwurf des Instituts der Wirtschaftsprüfer.

c) Ablehnende Ansichten aa) Gegen den Vorschlag des I d W hat sich in der Literatur Bayer 1 1 8 gewandt. Nach seiner Ansicht müssen die Prüfer den Aktionären mitteilen, aufgrund welcher tatsächlich von ihnen getroffenen Feststellungen sie zu der Uberzeugung gelangt sind, daß die Umtauschrelation angemessen ist. Dies folge aus einem Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 5 113

LG Bielefeld Urt. v. 25.09.1987 - 17 Ο 127/87 (nicht veröffentlicht). LG Frankfurt am Main Urt. v. 27.11.1987 - 3/7 Ο 115/87 (nicht veröffentlicht); W M 1990, 592 (594). 115 LG Mannheim ZIP 1988, 773 (777 f.). 116 OLG Hamm W M 1988, 1164 (1167). 117 Hoffmann-Becking in Münchener Vertragshandbuch, Form IX. 15., S. 1025 f; zweifelnd Heckschen W M 1990, 377 (383). 118 Bayer W M 1989, 121 (123); ders. AG 1988, 323 (328). 114

I I . D e V e r s c h m e l z u n g s r n a c h § 340

AktG

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AktG. Wenn dort hervorgehoben werde, daß der Prüfungsbericht geheimhaltungsbedürftige Tatsachen nicht zu enthalten brauche, so bringe das Gesetz damit zum Ausdruck, daß anderenfalls sämtliche zu einem sachdienlichen Prüfbericht erforderlichen Tatsachen mitzuteilen seien. Der Bericht müsse daher konkrete Zahlen und Tatsachen und nicht nur eine allgemeine Bestätigung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses der Aktien enthalten. bb) Diesen Überlegungen hat sich jüngst auch das OLG Karlsruhe 1 1 9 angeschlossen. Neben einem Umkehrschluß aus § 340 b Abs. 4 Satz 5 A k t G läßt sich das Gericht von der Erwägung leiten, daß gerade aus der Anordnung des Berichtes folge, daß die Aktionäre sich nicht allein auf die Sachkunde der Verschmelzungsprüfer vertrauen, sondern sich ein eigenes Urteil bilden sollten. d) Eigene Ansicht aa) Gegen die Annahme, daß die in § 340 b Abs. 4 Satz 3 und 4 vorgesehenen Angaben für die Erstellung eines Prüfungsberichtes ausreichen, spricht auf den ersten Blick, daß der Bericht nach dem Gesetzes Wortlaut mit diesen lediglich „abzuschließen" ist. Hieraus könnte man folgern, daß neben den ausdrücklich vorgesehenen Angaben in jedem Fall noch weitere Informationen erteilt werden müssen. Ein derartiger Schluß ist jedoch keineswegs zwingend. Der Wortlaut des Gesetzes kann vielmehr auch dahin ausgelegt werden, daß die ausdrücklich vorgesehenen Angaben in jedem Fall, weitere Angaben aber nur fakultativ zu treffen sind. Für eine derartige Auslegung spricht die Regierungsbegründung. 120 Hiernach sieht § 340 b Abs. 4 Satz 3 und 4 A k t G einen Mindestinhalt vor. Entscheidendes Merkmal sei das Testat über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses. Wie der Bericht im einzelnen auszugestalten sei, müsse der Praxis überlassen bleiben. Gegen eine derartige Einschränkung der Berichtspflicht scheint allerdings § 340 b Abs. 4 Satz 5 A k t G zu sprechen: Wenn der Gesetzgeber als Ausnahme von der Berichtspflicht vorschreibt, daß geheimhaltungsbedürftige Informationen nicht in den Bericht aufgenommen zu werden brauchen, muß er grundsätzlich von einer umfassenden Informationspflicht ausgegangen sein. Bei näherer Betrachtung ist aber auch dieser Umkehrschluß nicht zwingend. Da sich aus der Regierungsbegründung eindeutig ergibt, daß die genaue Ausgestaltung des Berichtes der Praxis überlassen werden sollte, ist es auch denkbar, daß durch § 340 b Abs. 4 Satz 5 einer ausdehnenden 119 120

OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (992 f.). BT Drucksache 9/1065 S. 17.

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

Interpretation der Berichtspflicht durch die Praxis entgegengewirkt werden sollte, ohne selbst eine solche zu statuieren. Punktion des Berichtes ist es, die Aktionäre über das durch die Prüfer ermittelte Ergebnis zu informieren. Längere Ausführungen zu den von den Prüfern angestellten Erwägungen würden im Ergebnis auf eine Wiederholung und Kontrolle der im Verschmelzungsbericht der Vorstände zu treffenden Angaben hinauslaufen. Eine derartige Wiederholung kann jedoch nicht Ziel des Gesetzes sein. Daher ist mit der überwiegenden Meinung davon auszugehen, daß der Bericht sich auf die ausdrücklich vorgesehen Angaben beschränken darf. Hiergegen sprechen auch nicht die Überlegungen des OLG Karlsruhe. 1 2 1 Die Erwägung, die Anordnung der Berichtspflicht selbst zeige, daß die Aktionäre nicht auf die Feststellungen der Verschmelzungsprüfer zu vertrauen bräuchten, erscheint verfehlt. Es ist vielmehr so, daß die Aktionäre aufgrund der Neutralität der Verschmelzungsprüfer auf deren Feststellungen vertrauen können. Das wird durch die Berichtspflicht nicht ausgeschlossen; er ist gerade der Gegenstand des den Prüfern entgegenzubringenden Vertrauens. Bräuchte kein Bericht erstellt zu werden, so gäbe es nichts, worauf die Aktionäre vertrauen könnten. Der Bericht hindert also Vertrauen nicht, er ist geradezu dessen Voraussetzung. bb) Die somit erforderlichen Angaben verlieren angesichts der betriebswirtschaftlichen Entwicklungen auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung an Bedeutung. Das Gesetz geht offenbar davon aus, daß in der Regel für die Berechnung des Umtauschverhältnisses mehrere Bewertungsmethoden angewendet werden. Diese Annahme ist durch den heutigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisstand überholt. Wie oben dargestellt wurde, kommt zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses nur die Ertragswertmethode in Betracht. In der Praxis wird heute auch weitestgehend so verfahren. Angaben nach § 340 b Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 A k t G sind daher in den meisten Fällen nicht zu treffen. Es muß lediglich angegeben werden, ob besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung aufgetreten sind. Auch die Bedeutung des § 340 b Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 A k t G t r i t t zunehmend in den Hintergrund. W i r d das Ertragswertverfahren bei der Unternehmensbewertung angewendet, so dürfte es keiner ausführlichen Begründung bedürfen, warum diese Methode angemessen ist; sie entspricht allgemeinem betriebswirtschaftlichen Standard. 1 2 2 Nur dann, wenn ausnahmsweise eine andere Bewertungsmethode angewendet wurde, muß diese ausführlich erläutert werden.

121

OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (992). So zutreffend für die Angaben im Verschmelzungsbericht nach § 340 a AktG auch LG Mannheim ZIP 1988, 773 (775). 122

I V . Sonstige Verfahrensvoraussetzungen

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I V . Sonstige Verfahrensvoraussetzungen 1. Mündliche Erläuterung Gem. § 340 d Abs. 5 Satz 2 A k t G hat der Vorstand in der Hauptversammlung den Verschmelzungsvertrag noch einmal mündlich von sich aus zu erläutern. Gefordert ist hier nicht, den Verschmelzungsvertrag oder die Verschmelzungsberichte zu verlesen. Vielmehr ist eine knappe Zusammenfassung über die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Verschmelzung zu geben. 1 2 3 Darüberhinaus muß der Vorstand über die rechtliche Entwicklung des Unternehmens in dem Zeitraum zwischen dem nach § 340 Abs. 2 Nr. 6 A k t G vorgesehenen Verschmelzungsstichtag und dem Tag der Hauptversammlung informieren. Aus der Geschäftsentwicklung können die Aktionäre Anhaltspunkte entnehmen, ob die für die Ertragswertberechnung aufgestellten Prognosen zutreffend s i n d . 1 2 4 2. Auskunftsrecht Wie zu jedem anderen Beschlußgegenstand auch kann der Aktionär über die aufgezeigten Informationsmöglichkeiten hinaus gem. § 131 A k t G ergänzende Fragen stellen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Gem. § 340 d Abs. 6 A k t G ist das Informationsrecht auf die für die Verschmelzung wesentlichen Angelegenheiten der jeweils anderen Gesellschaften erweitert. 1 2 5 3. Handelsregistereinreichung Der Verschmelzungsvertrag ist gem. § 340 d Abs. 1 A k t G vor Einberufung der Hauptversammlung, die über die Verschmelzung beschließt, zum Handelsregister einzureichen. Dies darf nicht mit der Anmeldung der Verschmelzung selbst gem. § 345 A k t G verwechselt werden. Sinn der Regelung 123

So zutreffend Bayer AG 1988, 323 (329). 124 oben Abschnitt A. III. 5. dargestellt, kommt es entgegen der h.M. allerdings für die Ermittlung des Umtauschverhältnisses nicht auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung, sondern auf den sog. Verschmelzungsstichtag gem. § 340 Abs. 2 Nr. 6 AktG an. Aufgrund einer unerwarteten Entwicklung kann das Umtauschverhältnis daher nicht geändert werden. 125

Gesetzliche Grundlage des Auskunftsrechtes ist daher § 131 AktG und nicht § 340 d Abs. 6 AktG; vgl. Bayer AG 1988, 323 (329). Zur alten Gesetzeslage siehe Zöllner in Kölner Kommentar § 131 Rdnr. 7, 19 sowie Kraft in Kölner Kommentar § 340 Rdnr. 15.

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Teil 2 : C. Die Anforderungen an das Verschmelzungsverfahren

dürfte es sein, spätere Streitigkeiten über den Inhalt des Vertrages zu vermeiden. 4. Auslegungspflichten Gem. § 340 d Abs. 2 A k t G müssen die Vorstände der beteiligten Gesellschaften den Verschmelzungsvertrag, die Verschmelzungsberichte und Prüfungsberichte sowie die Jahresabschlüsse und Lageberichte der letzten drei Geschäftsjahre mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaften auslegen. Ist der letzte Abschluß mehr als 6 Monate alt, so muß eine Zwischenbilanz vorgelegt werden. Deren Stichtag darf nicht vor dem ersten Tag des dritten Monats liegen, der dem Abschluß des Verschmelzungsvertrages vorangeht. Gem. § 340 d Abs. 4 A k t G ist jedem Aktionär auf Verlangen unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der soeben genannten Unterlagen auszuhändigen.

V . Zusammenfassimg 1. Das durch das Verschmelzungsrichtliniegesetz wesentlich geänderte Verschmelzungsverfahren hat die Informationsmöglichkeiten der Aktionäre über die Verschmelzung wesentlich verbessert. Der Unterrichtung der Aktionäre dient zunächst der Verschmelzungsvertrag gem. § 340 AktG. I m Rahmen des Abs. 2 Nr. 4 muß der Vorstand lediglich Angaben zum Ubertragungsvorgang, nicht aber zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Aktienübertragung machen. 2. Eine wichtige Informationsmöglichkeit für die Aktionäre ist der Verschmelzungsbericht gem. § 340 a AktG. Die Vorstände können wahlweise jeweils einen eigenen oder einen gemeinsamen Bericht verfassen. Ziel des Berichtes ist es, die Aktionäre angemessen auf die Hauptversammlung vorzubereiten. Der Bericht muß daher umfassend sein, braucht andererseits aber nicht sämtliche die Verschmelzung betreffenden Tatsachen offenlegen. Er muß es den Aktionären ermöglichen, das Verschmelzungsvorhaben anhand einer Stichhaltigkeitskontrolle auf seine Plausibilität hin zu überprüfen. Aus dem Gesichtspunkt der Verschmelzungsprüfung gem. § 340 b A k t G ergeben sich darüberhinaus keine weiteren Beschränkungen. Begrenzt wird die Berichtspflicht analog § 131 Abs. 3 AktG. Zur Erläuterung des Umtauschverhältnisses muß der Bericht mindestens Angaben über die ermittelten Unternehmenswerte und den verwendeten Kapitalisierungszinsfuß enthalten. Je nach den Umständen ist weiter die Angabe von Einzelplanergebnissen erforderlich. Mängel im Bericht können nicht durch Mitteilungen in der Hauptversammlung selbst ausgeglichen werden.

Zusammenfassung

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3. Gegenstand der Verschmelzungsprüfung gem. § 340 b A k t G ist der Verschmelzungsvertrag. Der über das Prüfungsergebnis zu verfassende Bericht braucht nur die i m Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Mindestangaben zu enthalten.

Teil 3

Die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit Bereits in Teil 1 wurden in einem kurzen Überblick die Möglichkeiten der Aktionäre aufgezeigt, die Rechtswidrigkeit des Verschmelzungsbeschlusses geltend zu machen. I m folgenden sollen diese näher untersucht werden.

A . D a s Spruchstellenverfahren nach § 352 c A k t G Eine wesentliche Änderung hat das Verschmelzungsrecht durch die Einführung des Spruchstellenverfahrens gem. § 352 c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 A k t G erfahren. Die Vorschrift verweist im Grundsatz auf das im Rahmen des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages bekannte Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung gem. § 306 AktG. Dennoch ergeben sich zum dortigen Verfahren einige Besonderheiten. Insbesondere diese sollen im folgenden untersucht werden.

I. Kreis der Antragsbefugten Gem. § 352 c Abs. 2 A k t G kann das Spruchstellenverfahren nur von den Aktionären der übertragenden Gesellschaft eingeleitet werden. Diese müssen gem. § 245 Abs. 1 Nr. 1 A k t G grundsätzlich 1 gegen den Verschmelzungsbeschluß Widerspruch zu Protokoll erklärt haben. Den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft steht das Spruchstellenverfahren dagegen nach dem Gesetzeswortlaut nicht offen. Die Regierungsbegründung 2 erläutert dies damit, nur bei den Aktionären der übertragenden Gesellschaft finde ein Wechsel in der Mitgliedschaft statt und nur von ihnen werde eine Leistung erbracht. Sie seien daher besonders schutzwürdig. Dies ist wenig überzeugend. Wie oben 3 dargestellt wurde, birgt die Verschmelzung auch für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft erhebliche Risiken. Auch für sie ist das Umtauschverhältnis der Aktien von 1 2 3

Auenahmen: § 245 Abs. 1 Nr. 2 AktG. BT Drucksache 9/1065 S. 20. Siehe oben Teil 1 Abschnitt E. II.

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Teil 3 : Α. Das Spruchstellenverfahren nach § 352 c A k t G

entscheidender Bedeutung. Die auch von der Regierungsbegründung hervorgehobene Gefahr der Blockierung des Verschmelzungsverfahrens durch Aktionäre, die sich wegen eines unangemessenen Umtauschverhältnisses benachteiligt fühlen, droht daher auch von den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft. Die Regelung in § 352 c A k t G ist daher wenig zweckmäßig.4 Dennoch kann § 352 c A k t G nicht analog auf die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft angewendet werden. 5 Die Regelung des Gesetzes ist zwar bedauerlich, angesichts der Gesetzesmaterialien aber eindeutig. Da dem Gesetzgeber die Problematik bekannt war, er aber dennoch von einer anderen Regelung abgesehen hat, fehlt es für eine analoge Anwendung des § 352 c an einer Gesetzeslücke. Das Spruchstellenverfahren steht somit nur den Aktionären der übertragenden Gesellschaft offen. 6

I I . Antragsfrist Der Antrag auf eine angemessene Zuzahlung kann gem. § 352 c Abs. 2 Satz 2 A k t G grundsätzlich nur binnen zwei Monaten nach dem Tage gestellt werden, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft gem. § 10 HGB als bekanntgemacht gilt. Damit hat das Gesetz das Ende der Antragsfrist eindeutig bestimmt. Nicht klar geregelt ist die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Antrag gestellt werden kann. Problematisch ist insbesondere, ob dies schon unmittelbar nach Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse, also vor Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgen kann. Dies ist im Ergebnis zu verneinen. Das Spruchstellenverfahren setzt die Wirksamkeit der Verschmelzung voraus. Nur in diesem Fall macht die Anordnung einer baren Zuzahlung einen Sinn. Treten die Rechtswirkungen der Verschmelzung dagegen nicht ein, so hat eine Anordnung auf Ausgleichszahlungen denknotwendig zu unterbleiben. Wirksam wird die Verschmelzung gem. § 346 Abs. 4 Satz 1 A k t G erst mit der Eintragung in das Handelsregister der 4

Ähnlich Hoffmann-Becking, FS Fleck, S. 105 (124); Bayer AG 1988, 323 (325); ders. W M 1989, 121 (124); kritisch bereits zum Regierungsentwurf zum Aktiengesetz ($ 347) Timm JZ 1982, 403 (410); a.A. wohl Priester NJW 1983, 1459 (1463) mit dem wenig ergiebigen Hinweis, die Überlegungen der Regierungsbegründung seien „sicherlich zutreffend u. 5 Im Verfahren „Kochs Adler" haben sich die klagenden Aktionäre mit der beklagten Gesellschaft numehr vergleichsweise darauf geeinigt, das Spruchstellenverfahren nach § 352 c AktG sinngemäß auch auf die übernehmende Gesellschaft anzuwenden; vgl. die Dokumentation bei Timm ZIP 1990, 411 f. 6 Ebenso Hoffmann-Becking, FS Fleck, S. 105 (123 f.); Bayer AG 1988, 323 (325).

I I I . Anschlußantragstellung

149

übernehmenden Gesellschaft. Daher kann erst ab diesem Zeitpunkt der Antrag gem. § 352 c Abs. 1 Satz 2 A k t G gestellt werden.

I I I . D i e Anschlußantragstellung gem. §§ 352 c Abs. 2 Satz 3, 306 Abs. 3 Satz 2 A k t G Eine Ausnahme zu der soeben erläuterten zweimonatigen Frist zur Antragstellung könnte sich aus §§ 352 c Abs. 2 Satz 3, 306 Abs. 3 A k t G ergeben. Nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift können bei Abschluß eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages außenstehende Aktionäre nach der Antragstellung durch einen Aktionär noch innerhalb einer Frist von zwei Monaten eigene Anträge stellen. Dies könnte auch für das Spruchstellenverfahren im Verschmelzungsrecht gelten. Der Sinn der Regelung in § 306 Abs. 3 Satz 2 A k t G ergibt sich aus dem Umstand, daß die durch das Gericht in diesem Verfahren getroffene Entscheidung gegen alle Aktionäre wirkt. Durch die Entscheidung des Gerichtes wird der Unternehmensvertrag geändert. 7 Dementsprechend sieht § 306 Abs. 4 Satz 2 vor, daß für alle nicht beteiligten Aktionäre ein gemeinsamer Vertreter zu bestellen ist, der die Aktionäre im Gerichtsverfahren vertritt. Dies ist im Hinblick auf A r t . 103 GG bedenklich. 8 Der Gesetzgeber hat den Aktionären daher die Möglichkeit eingeräumt, sich noch durch einen eigenen Antrag am Verfahren zu beteiligen. 9 Aus Gründen der Gleichbehandlung mußte den Aktionären hier noch einmal die gleiche Frist eingeräumt werden wie dem Erstantragsteller. Derartige Erwägungen können im Rahmen des § 352 c A k t G nicht maßgeblich sein. I m Gegensatz zum Verfahren nach § 306 A k t G ist hier kein gemeinsamer Vertreter zu bestellen. Dies hat seinen Grund darin, daß gem. § 352 c Abs. 2 Satz 4 A k t G Aktionäre, die keinen eigenen Antrag gestellt haben, aus der Entscheidung des Gerichtes keine Rechte herleiten können. Die Entscheidung im Rahmen des § 352 c A k t G wirkt also nur zwischen den beteiligten Parteien; die Rechtsstellung der übrigen Aktionäre wird nicht berührt. Es ist daher nicht gerechtfertigt, den übrigen Aktionären für den Fall, daß ein Aktionär einen Antrag nach § 352 c A k t G stellt, eine zusätzliche Frist zu gewähren. Dies würde darauf hinauslaufen, diejenigen Aktionäre zu begünstigen, die zunächst die Antragstellung durch einen anderen abwarten. Hierfür gibt es jedoch keinen einleuchtenden Grund. Daher können sämtliche Aktionäre nur innerhalb der in § 352 c Abs. 2 Satz 2 genannten 7

Koppeneteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 305 Rdnr. 55. Vgl. hierzu BVerfG 14, 263 (287); Geßler BB 1975, 289 (290 f.). 9 Geßler in Geßler/Hefermehl $ 306 Rdnr. 14; ders. BB 1975, 289 (292); Koppeneteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 306 Rdnr. 7. 8

150

Teil 3 : Α. Das Spruchstellenverfahren nach § 352 c A k t G

Frist einen eigenen Antrag stellen. Diese Lösung ist auch mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar. Nach § 352 c Abs. 2 Satz 3 A k t G ist § 306 Abs. 1 bis 4 Satz 1 A k t G entsprechend, d.h. insoweit anzuwenden, als diese Regelungen auf das Spruchstellenverfahren im Verschmelzungsrecht passen. Dies ist für die Anschlußantragstellung jedoch gerade nicht der Fall. Das Recht der Anschlußantragstellung ist im Rahmen des § 352 c A k t G daher ausgeschlossen.

I V . Zuständigkeit und Verfahrensgrundsätze Ortlich und sachlich zuständig für das Verfahren ist gem. §§ 352 c Abs. 2 Satz 3, 306 Abs. 1 A k t G das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, deren Aktionäre antragsbefugt sind. Gem. §§ 306 Abs. 1 Satz 2, 132 Abs. 1 Satz 2 A k t G entscheidet, sofern vorhanden, die Kammer für Handelssachen. Nach richtiger Auffassung 10 wird hierdurch eine ausschließliche Zuständigkeit begründet. Dies hat zur Folge, daß § 98 Abs. 3 GVG nicht zur Anwendung kommt. Die Sache ist daher von Amts wegen an die Kammer für Handelssachen zu verweisen, wenn die Klage vor der Zivilkammer zur Verhandlung gebracht wird. Gem. §§ 352 c Abs. 2 Satz 3, 306 Abs. 2, 99 Abs. 1 A k t G findet das Verfahren als ein solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt. Das Verfahren richtet sich also, von wenigen im Aktiengesetz vorgesehenen Ausnahmen abgesehen, nach dem F G G . 1 1 Das Gericht ist daher verpflichtet, alle erforderlichen Tatsachen von Amts wegen zu erheben, § 12 FGG. Hier wird in der Regel ein Sachverständigengutachten einzuholen sein. Das Gericht kann aber nach pflichtgemäßer Prüfung auch aufgrund der durch die Verschmelzungsprüfer erstellten Gutachten entscheiden oder sich auf die Einholung ergänzender Gutachten beschränken. 12 Eine formelle Beweislast gibt es im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht. Die Antragsteller tragen aber die sog. Feststellungslast. 13

10

Geßler in Geßler/Hefermehl § 306 Rdnr. 5; Zöllner in Kölner Kommentar § 132 Rdnr. 6; Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 306 Rdnr. 5; a.A. Eckardt in Geßler/Hefermehl § 132 Rdnr. 31. 11 Vgl. hierzu auch Godin/Wilhelmi § 306 Anm. 2. 12 Siehe zu § 306 AktG KG AG 1971, 158 (159); Würdinger in Großkommentar $ 306 Anm. 6; Seisler, Abfindung, S. 178; zur Information der Beteiligten über das Sachverständigengutachten vgl. LG Frankfurt W M 1987, 550. 13 KG AG 1971, 158 (159 f.); Hüchting, Abfindung, S. 76; Koppeneteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 306 Rdnr. 16; J. Schmidt, Recht der außenstehenden Aktionäre, S. 82 ff.

V . Beendigung des Verfahrens

151

Wenn die Unangemessenheit des Umtauschverhältiuses daher nicht zur Gewißheit des Gerichtes festgestellt werden kann, so ist der Antrag abzuweisen.

V . Beendigung des Verfahrens Als Beendigungsgründe für das Verfahren kommen der Beschluß des Gerichts, der Abschluß eines Vergleichs und die Antragsrücknahme in Betracht. Unproblematisch ist die Verfahrensbeendigung durch den Beschluß des Gerichts. M i t dem Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung, d.h nach Ablauf der Frist für die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichtes oder mit dem auf die Beschwerde ergehenden Beschluß des Oberlandesgerichtes ist das Verfahren beendet. Problematischer ist, ob eine Verfahrensbeendigung durch Vergleich oder Antragsrücknahme möglich ist.

1. Abschluß eines Vergleichs I m Rahmen des § 306 A k t G wird die Möglichkeit der Verfahrensbeendigung durch Vergleich überwiegend abgelehnt. 14 Begründet wird dies zum einen mit der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Auffassung der Bundesregierung. 15 Zudem könne das Verfahrensziel, nämlich eine für und gegen alle wirkende Änderung des Vertrages mit einem Vergleich, der nur die an ihm Beteiligten binden könne, nicht realisiert werden. Ob diese Argumentation im Rahmen des § 306 A k t G zutreffend ist, braucht hier nicht näher erörtert zu werden, da sie auf das Spruchstellenverfahren bei der Verschmelzung nicht übertragen werden kann. Wie bereits oben ausgeführt, wirkt eine Entscheidung in dem Verfahren nach § 352 c A k t G nur im Verhältnis der Beteiligten. Für einen Vergleichsschluß im Verfahren nach § 352 c A k t G gelten daher die allgemeinen Grundsätze. Soweit nach diesen ein Vergleichsschluß zulässig ist, beendet dieser das Verfahren.

14 Siehe zu dieser Frage etwa BayObLG AG 1980, 76 (77); Geßler in Geßler/Hefermehl § 306 Rdnr. 39; ders. BB 1975, 289; Würdinger in Großkommentar § 305 Anm. 17; Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 30G Rdnr. 18; a.A. J. Schmidt, Recht der außenstehenden Aktionäre, S. 103 ff. 15 Materialien bei Kropff, Aktiengesetz, S. 401.

152

Teil 3 : Α. Das Spruchstellenverfahren nach § 352 c A k t G

2. Antragsrücknahme Heftig umstritten ist bei § 306 A k t G ferner, ob das Verfahren durch eine Antragsrücknahme beendet werden kann. 1 6 Die Problematik ergibt sich hier wegen der Beteiligung des gemeinsamen Vertreters. W i r d eine Antragsrücknahme zugelassen, so werden die Antragsteller „Herren des Verfahrens". 17 Das Verfahren kann ohne Beteiligung des gemeinsamen Vertreters beendet werden. Derartige Probleme ergeben sich im Rahmen des § 352 c A k t G nicht. Da hier die Entscheidung nur zwischen den Beteiligten wirkt, ist eine verfahrensbeendigende Antragsrücknahme ohne weiteres zulässig. 18

V I . W i r k u n g e n der Entscheidung Die Entscheidung des Gerichts wirkt, wie bereits mehrfach betont, nur inter pares. Sie ändert daher an der Verschmelzung selbst nichts. Dies ist der entscheidende Unterschied zum Verfahren nach § 306 AktG. Während dort die Entscheidung Teil des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrages wird, bleiben hier die getroffenen Vereinbarungen von der Entscheidung unberührt.

V I I . Zusammenfassung Nur die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft können gem. § 352 c A k t G in einem Spruchstellenverfahren die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses überprüfen lassen. Hierfür gilt eine Frist von 2 Monaten. Eine Anschlußantragstellung ist nicht zulässig. Das Verfahren kann außer durch eine Entscheidung des Gerichts auch durch Vergleich oder Antragsrücknahme beendet werden.

16 Zustimmend OLG Düsseldorf AG 1972, 248 (249 f.); BayObLG W M 1973, 1030 (1031 f.); KG W M 1974, 1121 (1122); OLG Hamburg AG 1980, 163; Bodewig, Sicherung, S. 115; Seisler, Abfindung, S. 192 ff.; Kley/Lehmann BB 1973, 1096 (1097 ff.); Kapp BB 1973, 1514 (1516); Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 306 Rdnr. 20; ablehnend Geßler in Geßler/Hefermehl § 306 Rdnr. 36; Geßler BB 1975, 289 ff; J. Schmidt, Recht der außenstehenden Aktionäre, S. 99 ff.; Meilicke Betrieb 1972, 663 ff. 17 Siehe Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 306 Rdnr. 20. 18 Eine andere Frage ist, ob eine Antragsrücknahme mit der Zahlung eines Ausgleichsbetrages gekoppelt werden darf. Insoweit ergeben sich gleichgelagerte Probleme bei der Anfechtungsklage. Auf Ausführungen unten Abschnitt Β. IX. kann daher verwiesen werden.

Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

B . Die Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses Neben dem Spruchstellenverfahren ist das wichtigste den Aktionären zur Verfügung stehende Instrument zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Verschmelzung die Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses gem. § 243 A k t G . Besteht das Anfechtungsrecht, so erklärt das Gericht den Verschmelzungsbeschluß für nichtig, § 241 Nr. 5 A k t G . Eine Eintragung der Verschmelzung erfolgt nicht. Die Verschmelzungswirkungen können nicht eintreten.

I . Rechtsnatur von Anfechtung und Anfechtungsklage Gem. § 243 A k t G kann das Anfechtungsrecht nur durch Klage, nicht aber durch bloße Willenserklärung ausgeübt werden. Dies bedeutet nicht, daß es sich bei der Anfechtung lediglich um eine rein prozessuale Rechtsschutzgewährung handelt. Die Klage stellt vielmehr die Einkleidung eines materiellen Rechtes in ein „prozessuales Gewand" 1 dar. Durch die erfolgreiche Anfechtung wird die materielle Rechtslage verändert: der zunächst wirksame Beschluß wird durch das Gericht für nichtig erklärt und ist damit unwirksam. Das Anfechtungsrecht ist somit ein Gestaltungsklagerecht. 2 I n dieser Beziehung weist das Anfechtungsrecht des Aktienrechts Parallelen zu den Gestaltungsklagerechten des H G B 3 auf.

I I . Anfechtungsbefugnis Unter welchen Voraussetzungen ein Aktionär zur Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses befugt ist, ergibt sich i m allgemeinen aus § 245 A k t G . Erforderlich ist nach Nr. 1 i m Grundsatz, daß er in der Hauptversammlung erschienen ist und gegen den Beschluß Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Darüberhinaus besteht gem. Nr. 2 eine Anfechtungsbefugnis auch dann, wenn der Aktionär zu Unrecht zur Hauptversammlung 1

Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Anm. 11. Die Anfechtungsklage ist daher als Gestaltungsklage zu qualifizieren: vgl. Arens, Streitgegenstand, S. 30; Baumbach/Hueck § 246 Anm. 2, Godin/Wilhelmi § 246 Anm. 3; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 170; Zöllner in Kölner Kommentar § 248 Rdnr. 5; K. Schmidt, GesR, § 15 I I 2.; Hüffer in Geßler/Hefermehl § 246 Rdnr. 15 ff. 3 Zu nennen sind etwa die Entziehung der Geschäftsführungebefugnis (§ 117 HGB), die Auflösung der Gesellschaft (§ 133 HGB) oder die Ausschließung eines Gesellschafters (§ 140 HGB). 2

154

Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

nicht zugelassen, die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben wurde. Bei der Anfechtungsbefugnis handelt es sich um eine Frage des materiellen Rechts, nicht um eine solche des Prozeßrechts. Fehlt die Anfechtungsbefugnis, so ist die Klage daher nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abzuweisen.4 I m Verschmelzungsrecht könnten sich gegenüber der Anfechtungsbefugnis nach § 245 A k t G Besonderheiten aus § 352 c Abs. 1 Satz 1 A k t G ergeben, wonach die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft eine Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluß nicht darauf stützen können, daß das Umtauschverhältnis der Aktien zu niedrig bemessen ist. Statt dessen sieht das Gesetz das oben 5 behandelte Spruchstellenverfahren vor.

1. W i r k u n g des Anfechtungsausschlusses in § 352 c Abs. 1 Satz 1 AktG I m Gegensatz zur Anfechtungsbefugnis nach § 245 A k t G könnte es sich bei der Regelung in § 352 c A k t G um eine solche des Prozeßrechtes handeln. Hierfür spricht, daß der Gesetzgeber die Einwendung eines zu niedrigen Umtauschverhältnisses nicht generell ausgeschlossen, sondern hierfür lediglich ein besonderes Verfahren zur Verfügung gestellt hat. Bei näherer Betrachtung regelt § 352 c A k t G jedoch - ebenso wie die Bestimmungen über die Anfechtungsklage - letztlich das materielle Recht selbst. So schließt § 352 c A k t G nach seinem Wortlaut nicht die Anfechtungsklage, sondern die Anfechtung aus. Es fehlt in diesem Fall also bereits der Anfechtungsgrund. Eine mit dem in § 352 c A k t G genannten Antrag erhobene Klage ist daher nicht unzulässig, sondern unbegründet.

2. Reichweite der Einschränkung des Anfechtungsrechtes Die Reichweite des § 352 c Abs. 1 Satz 1 A k t G ist unklar und umstritten. Insoweit ist zwischen den Aktionären der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft zu unterscheiden.

4 5

Allgemeine Meinung, vgl. nur Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 5. Abschnitt A.

II. Anfechtungsbefugnis a) Aktionäre

der übertragenden

155 Gesellschaft

Hinsichtlich der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft gibt es wenig Probleme. Vom Anwendungsbereich des § 352 c A k t G nicht berührt werden zunächst Klagen, die sich nicht auf die Unangemesssenheit des Umtauschverhältnisses stützen. Hierzu gehören Klagen, die sich auf einen Verfahrensfehler oder auf das Fehlen eines Sachgrundes stützen. Erfaßt werden nach dem eindeutigen Wortlaut dagegen Klagen, die sich auf ein zu niedrig bemessenes Umtauschverhältnis stützen. Es bleibt der Fall, daß ein Aktionär der übertragenden Gesellschaft Anfechtungsklage mit der Begründung erhebt, das Umtauschverhältnis sei zu hoch bemessen. Dies würde allerdings bedeuten, daß der Aktionär geltend macht, er habe für seine Aktien zu viele Aktien der übernehmenden Gesellschaft erhalten. Klagen mit einer solchen Begründung dürften, soweit sie überhaupt vorkommen, höchst selten sein. Werden sie aber erhoben, so sind sie zulässig. Ihnen fehlt nicht etwa das Rechtsschutzbedürfnis. Wegen der Rechtskraftwirkung der Entscheidung für alle Aktionäre besteht ein schützenswertes Interesse an der Beseitigung rechtswidriger Beschlüsse vielmehr selbst dann, wenn der klagende Aktionär aus der Nichtigkeit keinen Nutzen zieht. 6 Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Anfechtung durch einen Aktionär der übertragenden Gesellschaft mit der Begründung, das Umtauschverhältnis sei zu hoch, offenbar übersehen. So findet sich etwa in der Regierungsbegründung kein Hinweis auf diesen Fall. Es ist aber davon auszugehen, daß der Gesetzgeber hier eine dem § 352 c Abs. 1 Satz 1 A k t G entsprechende Regelung getroffen hätte. Der Regierungsbegründung 7 ist der eindeutige Wille zu entnehmen, zumindest auf Seiten der übertragenden Gesellschaft die Rechtsschutzmöglichkeiten der Aktionäre hinsichtlich eines unangemessenen Umtauschverhältnisses auf einen finanziellen Ausgleich zu beschränken. Damit kann § 352 c Abs. 1 Satz 1 A k t G , obwohl es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, auf den hier zu untersuchenden Fall analog angewendet werden. Anfechtungsklagen eines Aktionärs der übertragenden Gesellschaft mit der Begründung, das Umtauschverhältnis sei zu hoch, sind daher als unbegründet abzuweisen, da es am Anfechtungsgrund fehlt.

6

Ganz h.M.: BGHZ 43, 261 (265 f.); W M 1964, 1188 (1191); RGZ 77, 255 (257); 145, 336 (338); Baumbach/Hueck § 245 Anm. 4; Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 26; Bokelmann BB 1972, 733 (734 f.); Godin/Wilhelmi § 245 Anm. 3; Flechtheim, FS Zitelmann, S. 1 (5). 7 BT Drucksache 9/1065, S. 20.

156

Teil 3 : D. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

b) Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft Zweifelhaft ist, inwieweit sich § 352 c A k t G auf die Anfechtungsmöglichkeiten der Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft auswirkt. Umstritten ist insbesondere, ob diese Anfechtungsklage mit der Begründung erheben können, das Umtauschverhältnis sei zu hoch.

aa) Meinungsstand (1) Verneint wird dies durch das OLG Hamm. 8 Nach seiner Ansicht müssen Einwendungen gegen das Umtauschverhältnis i m Rahmen des Kapitalerhöhungsbeschlusses geltend gemacht werden. Hier könne eine Anfechtung gem. § 255 Abs. 2 A k t G erfolgen. § 352 c Abs. 1 Satz 1 A k t G zeige, daß „das Umtauschverhältnis als solches" einer Anfechtung entzogen sein solle, sobald der Kapitalerhöhungsbeschluß unanfechtbar geworden sei. Sinn des § 352 c A k t G sei es, daß die Wirksamkeit der Verschmelzung nicht herausgezögert werde. (2) Diese Auffassung wird in der Literatur 9 nicht geteilt. Hier wird vielmehr einhellig davon ausgegangen, daß die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft den Verschmelzungsbeschluß wegen eines zu hohen Umtauschverhältnisses anfechten können. Begründet wird dies zunächst mit dem Gesetzesworlaut und den Gesetzesmaterialien. Hieraus ergebe sich eindeutig, daß der Gesetzgeber die Anfechtung durch die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft weiterhin zulassen wollte. Etwas anderes folge auch nicht aus § 255 Abs. 2 A k t G . Zwar sei zutreffend, daß diese Vorschrift auch auf die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage anwendbar sei. Dies bedeute andererseits jedoch nicht, daß § 255 Abs. 2 A k t G für die Überprüfung des Umtauschverhältnisses abschließend sein müsse. Vielmehr spreche der Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes eindeutig für eine Anfechtungsmöglichkeit: Der Aktionär könne eine Entscheidung, ob er das Umtauschverhältnis gerichtlich angreifen wolle, nur treffen, wenn er ausreichend über die Verschmelzung informiert worden sei. Ausreichend unterrichtet werde der Aktionär nur im Verschmelzungsverfahren durch die dort geregelten besonderen Informationspflichten. Der Kapitalerhöhungsbescliluß könne aber schon lange Zeit vor der durchzuführenden Verschmelzung beschlossen worden sein; er könne damit 8 OLG Hamm W M 1988, 1164 (1167); zustimmend LG Frankfurt W M 1990, 592 (594). 9 Siehe insbesondere Bayer W M 1989, 121 (124); ferner ders. AG 1988, 323 (325); Hoffmann-Becking, FS Fleck, S. 105 (124); Priester NJW 1983, 1459 (1463 Fn. 88); Emmerich WuB I I A. § 345 AktG 1.88.

I I . Anfechtungsbefugnis

157

unanfechtbar werden, bevor der Aktionär über ausreichende zur Klageerhebung erforderliche Informationen verfüge. Könne der Aktionär in diesem Falle den Verschmelzungsbeschluß nicht mehr anfechten, so führe dies zu einer ungerechtfertigten Verkürzung seiner Rechte.

bb) Stellungnahme Im Ergebnis ist der Auffassung der Literatur zuzustimmen. Entscheidend dürfte sein, daß die Verschmelzung nicht zwingend einen Kapitalerhöhungsbeschluß voraussetzt. I n den oben 1 0 näher erörterten Fällen des § 344 A k t G kann oder muß eine Kapitalerhöhung vielmehr unterbleiben. Wäre die Auffassung des OLG Hamm richtig, so wäre in all diesen Fällen eine Überprüfung des Umtauschverhältnisses durch die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft generell ausgeschlossen. Bereits bei der Erörterung der materiellen Voraussetzungen der Verschmelzung 11 wurde jedoch darauf hingewiesen, daß hinsichtlich der Interessenlage zwischen Fällen, in denen eine Kapitalerhöhung erfolgt, und solchen, wo eine Kapitalerhöhung nicht erforderlich oder sogar unzulässig ist, kein Unterschied besteht. Beide Situationen müssen daher hinsichtlich des Schutzes der Aktionäre gleichbehandelt werden. Für die Überprüfung des Umtauschverhältnisses kann somit auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft ebenso wie bei der materiellen Kontrolle nur an den Verschmelzungsbeschluß angeknüpft werden. Die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft haben somit die Möglichkeit, den Verschmelzungsbeschluß mit der Begründung anzufechten, das Umtausch Verhältnis sei zu hoch bemessen. Dagegen kommt eine Anfechtung mit der Begründung, das Umtauschverhältnis sei zu niedrig, nicht in Betracht. Dies kann allerdings nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft hätten an einer derartigen Klage kein materielles Interesse. Das ist, wie oben 1 2 für den umgekehrten Fall auf Seiten der übertragenden Gesellschaft gezeigt wurde, unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, daß eine derartige Klage sich nur zugunsten der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft auswirken kann. Diesen steht aber das neu eingeführte Spruchstellenverfahren zur Verfügung, um ihre Rechte durchzusetzen. Würde man den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft insoweit eine Anfechtungsmöglichkeit einräumen, so könnte das vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel leicht dadurch umgangen werden, daß ein Aktionär der übertragenden Gesellschaft eine Aktie der übernehmenden Gesellschaft und damit 10 11 12

Oben Teil 1 Abschnitt D. I. Siehe oben Teü 1 Abschnitt B. II. 3. a) aa). Abschnitt a).

158

Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

die Anfechtungsmöglichkeit erwirbt, die durch § 352 c A k t G gerade ausgeschlossen werden sollte.

I I I . Anfechtungsfrist Gem. § 246 Abs. 1 A k t G muß die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden. 13 Ebenso wie bei der Anfechtungsbeiugnis handelt es sich bei der Klagefrist um eine materielle Voraussetzung des Anfechtungsrechts und nicht lediglich um ein rein prozessuales Problem. Wird die Klage nicht rechtzeitig erhoben, so ist sie nicht unzulässig, sie muß vielmehr als unbegründet abgewiesen werden. 14 Einer ausdrücklichen Berufung der beklagten Gesellschaft auf die Versäumung der Frist bedarf es dabei nicht, da es sich nicht um eine Einrede sondern um eine Einwendung handelt, die von Amts wegen zu beachten ist. Die Parteien müssen allerdings, da der Verhandlungsgrundsatz gilt, die erforderlichen Tatsachen in den Prozeß eingeführt haben. 1 5 Die Frist nach § 246 Abs. 1 A k t G ist zwingend. Sie kann weder durch die Satzung noch durch die Vereinbarung der Parteien verlängert werden. Wegen ihrer besonderen Bedeutung für Dritte kommt auch eine Verlängerung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs nicht in Betracht. 1 6

I V . Kausalität oder Relevanz 1. Problemstellung und Meinungsstand § 243 A k t G verlangt seinem Wortlaut nach für die Anfechtbarkeit nur einen Gesetzes- oder Satzungsverstoß. Es besteht Einigkeit, daß dies nicht in jedem Fall zu sachgerechten Ergebnissen führt. So wäre etwa ein Beschluß bereits deswegen mit Erfolg anfechtbar, weil nur eine einzige Stimme eines Aktionärs ungültig ist, das Ergebnis hierdurch aber nicht beeinflußt wird. § 243 Abs. 1 A k t G ist daher einschränkend auszulegen. 13

Zur Berechnung siehe Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 10 ff. Allg. Meinung: vgl. z.B. RGZ 123, 204 (207); Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 6; Baumbach/Hueck § 246 Anm. 3 jeweils mit weiteren Nachweisen. 15 Siehe RGZ 125, 143 (155); BGH LM § 199 AktG Nr. 1; BGH NJW 1952, 98; Baumbach/Hueck § 246 Anm. 3; Schilling in Großkommentar § 246 Anm. 3; Schlegelberger/Quassoweki § 199 Anm. 2; Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 22. 16 Vgl. Schilling in Großkommentar § 246 Anm. 3; Baumbach/Hueck § 246 Anm. 3; abw. Ritter, AktG, § 129 Anm. 2 a. 14

I V . Kausalität oder Relevanz

159

a) Kausalitätserfordernis Die Rechtsprechung 17 , der die h . M . 1 8 in der Literatur folgte, entwickelte zunächst als einschränkendes Kriterium die Kausalität des Gesetzesverstoßes für den Beschluß. Hiernach muß der angefochtene Beschluß auf der Gesetzesverletzung beruhen. Das hat jedoch nicht der klagende Aktionär zu beweisen, die Gesellschaft muß vielmehr die zunächst bestehende Kausalitätsvermutung widerlegen. 19 Für eine Verletzung von Auskunftsrechten ist dabei § 243 Abs. 4 A k t G zu beachten, wonach es unerheblich ist, daß die Hauptversammlung oder die Aktionäre erklären, die Verweigerung der Auskunft habe die Beschlußfassung nicht beeinflußt. b) Relevanzerfordernis Demgegenüber sieht eine im Vordringen befindliche Ansicht in der Literatur 2 0 das Kausalitätserfordernis nicht als geeignet au, das Anfechtungsrecht nach § 243 Abs. 1 A k t G sinnvoll zu begrenzen. Die h.M. führe dazu, daß die Einhaltung von Gesetzes- oder Satzungsverstößen zur Disposition einer festen Mehrheit gestellt werde. Diese könne immer einwenden, sie hätte den Beschluß auch bei Vermeidung des Genetzesverstoßes gefaßt. Das widerspreche aber dem Grundsatz, daß die Mitgliedschaft des Aktionärs in der Gesellschaft nicht nur in seinem Bestand, sondern auch in seinen wesentlichen, die Verwaltung der Gesellschaft betreffenden Einzelausprägungen geschützt sei. Entscheidendes Kriterium für die Einschränkung des § 243 Abs. 1 A k t G sei daher die Relevauz des Gesetzesverstoßes. Diese sei immer dann zu bejahen, wenn mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte oder Informationsinteressen der Aktionäre beeinträchtigt werden. c) Neuere Tendenzen in der Rechtsprexhung Die neuere Rechtsprechung verzichtet zum Teil auf das Kausalitätserfordernis oder modifiziert dieses erheblich: 17 Vgl. RGZ 65, 241 (242 f.); 90, 206 (208); 103, 6 (7 f.); 108, 233 (325 ff.); 110, 194 (197); 115, 345 (350); 167, 151 (165); BGH LM $ 197 AktG 1937 Nr. I; BGHZ 14, 264 (267 f.); 36, 121 (139); 49, 209 (211); LG Frankfurt W M 1984, 502 (50C). 18 Baumbach/Hueck $ 243 Am. 8; A. Hii< < k. Anicditlmikcifc, S. 125 ff.; Schilling in Großkommentar $ 243 Anm. 10: Möliiing/Nirk/Tuiik IMur. 649; Hochonburg/Schilling/Zutt, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 85 t. 19 Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 8(1 η μ rieht duller von potentieller Kausalität. 20 Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Ilrinr. 81 Η . 117; HüH«r in G.ülor/Hoferinold $ 243 Rdnr. 23 ff.; Scholz/ K. Schmidt, GmhHd, ü 45 lMni. HJ.

160

Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

aa) Verneint wird das Kausalitätserfordernis durch das OLG K ö l n 2 1 jedenfalls bei einer Verletzung des Informationspflichten des Vorstandes. Das Unterbleiben einer im Gesetz vorgesehenen Maßnahme der Vorbereitung der Hauptversammlung verletze das Mitwirkungsrecht der Aktionäre; im Hinblick auf den Gedanken des Minderheitenschutzes folge daraus, daß es auf die Kausalität der Verletzung mit dem Beschlußergebnis nicht ankomme. bb) Das OLG H a m m 2 2 hält zwar vom Ansatzpunkt her am Kausalitätserfordernis fest. Entgegen der h . M . 2 3 sieht der Senat in § 243 Abs. 4 A k t G , der auch auf schriftliche Informationspflichten wie die nach § 340 a und b A k t G anzuwenden sei, aber eine unwiderlegliche Kausalitätsvermutung zwischen Auskunftsverweigerung und Beschlußfassung. Das bedeutet i m Ergebnis für die Verletzung von Auskunftsansprüchen die Aufgabe des Kausalitätserfordernisses. cc) Auch das OLG Karlsruhe 2 4 hält grundsätzlich am Kausalitätserfordernis fest; bei insgesamt ungeeigneten Beschlußvorlagen soll es jedoch nicht darauf ankommen, wie die Aktionäre bei einer ordnungsgemäßen Berichterstattung abgestimmt hätten. Dies setze nämlich voraus, daß im Prozeß - notfalls unter Zuhilfenahme eines Gutachters - festgestellt werde, wie ein ordnungsgemäßer Bericht hätte aussehen müssen. Da das nicht möglich sei, könne die Kausalitätsfrage sinnvoll nur dahin gestellt werden, ob ein objektiv urteilender Aktionär auf die konkreten Vorlagen hin - trotz der diesen anhaftenden Mängel - der Verschmelzung zugestimmt hätte. Dabei müsse aus Gründen des Minderheitenschutzes auf diejenigen Aktionäre abgestellt werden, die zu den fehlenden Daten keinen anderweitigen Zugang hätten. dd) Der B G H 2 5 vertritt in den neuesten Entscheidungen zu der Präge der Kausalität einen widersprüchlichen Standpunkt. Der Senat führt zunächst in Ubereinstimmung mit der h.M. aus, daß § 243 Abs. 4 A k t G keine unwiderlegliche Kausalitätsvermutung enthalte. Die Kausalität könne daher widerlegt werden, wenn die Gesellschaft nachweise, daß ein objektiv urteilender Aktionär ebenso abgestimmt haben würde, wenn die Information ordnungsgemäß erteilt worden wäre. Bei der Subsumtion 21

OLG Köln W M 1988, 1792 (1795). OLG Hamm W M 1988, 1164 (1168). 23 BGHZ 36, 121 (140); BGH ZIP 1989, 980 (983); LG Celle Betrieb 1972 1816 (1820); Baumbach/Hueck § 243 Rdnr. 9; Schilling in Großkommentar § 243 Anm. 11; vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 131 Rdnr. 95 im Gegensatz zu den Ausführungen bei § 243 Rdnr. 81 ff. 24 OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (993). 25 BGH BGH ZIP 1990, 168 (171); ZIP 1989, 980 (983); zum letztgenannten Urteil kritisch, aber nicht überzeugend Heckschen ZIP 1989, 1168 (1172). 22

I V . Kausalität oder Relevanz

161

stellt das Gericht dagegen - ebenso wie das OLG Karlsruhe - ohne weitere Begründung darauf ab, ob ein objektiv urteilender Aktionär trotz der Mängel der Beschlußvorlagen der Verschmelzung zugestimmt haben würde.

2. Stellungnahme Bei der Beurteilung, ob Kausalität zwischen Gesetzes- oder Satzungsverstoß und dem Verschmelzungsbeschluß Anfechtungsvoraussetzung ist, ist zunächst zwischen Inhaltsfehlern und Verfahrensfehlern zu unterscheiden: a) Inhaltsfehler Leidet der Verschmelzungsbeschluß an inhaltlichen Mängeln, so kann sich die Kausalitätsfrage schon begrifflich nicht stellen. In diesem Fall kann nicht zwischen dem Gesetzesverstoß und dem Beschlußergebnis, also zwischen Ursache und Wirkung differenziert werden. Hier ist die Anfechtbarkeit also generell zu bejahen. Das dürfte inzwischen allgemein anerkannt sein. 26

b) Verfahrensfehler Die Frage der Kausalität stellt sich also nur für Verfahrensfehler. I m Ergebnis ist aber auch hier das Kausalitätserfordernis zwischen Verstoß und Beschluß zu verneinen. Zutreffend weist die Mindermeinung darauf hin, daß jedenfalls in einer Reihe von Fällen Verfahrensnormen einen absoluten Charakter in dem Sinne haben, daß sie mehrheitsfest sind. Informations- und Partizipationsrechte der Aktionäre können nicht dadurch überspielt werden, daß eine wenn auch objektiv urteilende Mehrheit ohne deren Verletzung ebenso abgestimmt hätte. Das würde dem Charakter dieser Bestimmungen als Minderheitenrechte widersprechen. Dies gilt angesichts der mit der Neufassung des Gesetzes eindeutig verfolgten Absichten des Gesetzgebers insbesondere für die Verfahrensvoraussetzungen beim Verschmelzungsbeschluß, wo mehrheitenfeste Verfahrensgarantieen für die Minderheit geschaffen werden sollten. 26

Vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 83; Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Rdnr. 27; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 125; Hachenburg/Schilling/Zutt, GmbHG, Anh. § 47 Rdnr. 86; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 81.

162

Teil 3 :

. Die Anfechtung d e e r h u n g s b e s c h l u s e s

Gegeii dieses Ergebnis spricht auch nicht ein Umkehrschluß aus § 243 Abs. 4 AktG. Insbesondere aus dem Wortlaut läßt sich dieser nicht ableiten. Das Gesetz vermeidet es, ein etwa grundsätzlich bestehendes Kausalitätserfordernis zu erwähnen, sondern gebraucht nur den allgemeineren Ausdruck der Unerheblichkeit. Damit ist es vereinbar, § 243 Abs. 4 A k t G nicht als Ausnahmevorschrift, sondern als Ausdruck eines allgemeinen, in diesem Fall besonders geregelten Prinzips zu verstehen: Sobald Mitwirkungs- oder Informationsrechte der Minderheit verletzt werden, kommt es auf die Kausalität des Fehlers für das Beschlußergebnis nicht an. I m Ergebnis kommt dies, trotz anderen Ansatzpunktes, auch in den Entscheidungen des OLG Karlsruhe und des B G H zum Ausdruck. Denn dort wird - in der Entscheidung des B G H entgegen den zuvor aufgestellten Grundsätzen - gerade nicht geprüft, ob die Mehrheit bei Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen ebenso abgestimmt hätte. Untersucht wird vielmehr, ob die Mehrheit trotz der unzureichenden Informationen dem Verschmelzungsvertrag hätte zustimmen dürfen. Bewertungskriterium ist damit nicht - wie dies bei einer Kausalitätsprüfung im Ergebnis der Fall wäre - die sachliche Richtigkeit des Beschlusses, sondern die Schwere des Gesetzesverstoßes. Das läuft auf die Feststellung hinaus, ob die Informationspflichten für die Minderheit so wichtig sind, daß der Beschluß selbst dann anfechtbar ist, wenn ein objektiv urteilender Aktionär trotz vollständiger Information ebenso abgestimmt hätte wie ohne Information. M i t anderen Worten: geprüft wird die Relevanz des Verstoßes für den Beschluß. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden: Für die Anfechtbarkeit von Inhalts- oder Verfahrensfehlern ist eine Kausalität des Verstoßes für den Beschluß nicht erforderlich. Bei Verfahrensfehlern t r i t t an diese Stelle das Erfordernis der Relevanz des Verstoßes. Diese ist anzunehmen, wenn Mitwirkungs- und Informationsrechte der Aktionäre beeinträchtigt werden. Bei Verstößen gegen die oben erläuterten besonderen Verfahrensvoraussetzungen der Verschmelzung ist dies zu bejahen, da es sich um Vorschriften handelt, die gerade dem Schutz der Minderheit in der Gesellschaft dienen sollen.

V . Probleme b e i der Zustellung der Klage Erhoben ist die Anfechtungsklage mit Zustellung der Klageschrift, § 253 Abs. 1 ZPO. Für die Einhaltung der in § 246 Abs. 1 A k t G gesetzten Frist ist daher eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Zustellung der Klage erforderlich. Zwar wird gem. § 270 Abs. 3 ZPO die Klagefrist auch dann gewahrt, wenn die Klage nach rechtzeitiger Einreichung demnächst zugestellt

V . Probleme bei der Zustellung der Klage

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w i r d . 2 7 Erfolgt die Zustellung jedoch verzögert aufgrund vom Kläger zu vertretender Umstände, so geht dies zu seinen Lasten. 2 8 Das bedeutet insbesondere, daß der Kläger die ladungsfähigen Anschriften aller Personen mitteilen muß, denen die Anfechtungsklage zuzustellen i s t . 2 9 Hier kommen die Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder der beklagten Gesellschaft in Betracht. 1. Meinungsstand a) Das OLG H a m m 3 0 ist der Auffassung, für eine ordnungsgemäße Zustellung der Klage sei es ausreichend, wenn diese an den Vorstand im Wege der Ersatzzustellung unter der Geschäftsanschrift der beklagten Gesellschaft erfolge. Einer Zustellung der Klagen an einzelne Vorstands- oder Aufsichtsratmitglieder bedürfe es dagegen nicht. Dies folge daraus, daß die Gesellschaft gem. § 78 A k t G regelmäßig durch den Vorstand allein vertreten werde. 31 b) Diese Auffassung widerspricht der bislang von der h.M. in Literatur 3 2 und Rechtsprechung 33 vertretenen Ansicht. Hiernach muß eine Zustellung der Klage gem. § 171 Abs. 1 ZPO an Vorstand- und Aufsichtsrat erfolgen, da die Gesellschaft gem. § 246 Abs. 2 Satz 2 A k t G im Falle der Anfechtungsklage von beiden Organen gemeinsam vertreten wird. Gem. § 171 Abs. 3 ZPO genüge dabei die Zustellung an jeweils ein Mitglied. Diese Bestimmung sei dagegen im Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat nicht anwendbar. Vorstand und Aufsichtsrat verträten die Aktiengesellschaft als zwei besondere, selbständige Organe. Es sei somit erforderlich, daß beide Gremien in allen Stadien des Anfechtungsprozesses beteiligt würden. 3 4 27 Zur Auslegung des Begriffes „demnächst" siehe Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 270 Anm. 4 D. 28 Vgl. nur OLG Frankfurt W M 1984, 209 (211). 29 Eine Angabe sämtlicher Personen im Rubrum ist dagegen, wie sich aus § 253 Abs. 4, 130 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergibt, nicht zwingend erforderlich. 30 OLG Hamm W M 1988, 1164 (1166). 31 Diese Ausführungen wären an sich entbehrlich gewesen, da im zu entscheidenden Fall ein Zustellung an mindestens ein Aufsichtsratmitglied erfolgt ist; vgl. die Sachverhaltsmitteilung im Revisionsurteil des BGH ZIP 1989, 980 (981). 32 Siehe vor allem v. Gleichenstein AG 1969, 305 ff.; ferner Baumbach/Hueck § 246 Anm. 6; Godin/Wilhelmi § 246 Anm. 2; Zollner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 64; Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 181 Anm. 1 I. Α., ders. $ 171 Anm. 3; Schilling in Großkommentar § 246 Anm. 11. 33 BGHZ 32, 114 (119); RG JW 1927, 375; RG JW 1928, 1569; Auch BGH ZIP 1989, 980 (981) scheint an dem Erfordernis der Zustellung an zumindest ein Aufsichtsratmitglied festzuhalten, ohne hierzu allerdings ausdrücklich Stellung zu nehmen. 34 Vgl. A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 163.

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlues

2. Stellungnahme I m Ergebnis ist der Ansicht des OLG Hamm zuzustimmen, wonach eine Zustellung der Klage an ein Vorstandsmitglied ausreichend ist. Allerdings kann die vom Gericht hierfür gegebene Begründung nicht überzeugen. Zwar ist richtig, daß die Gesellschaft im Regelfall gem. § 78 A k t G durch den Vorstand vertreten wird, dieses Prinzip wird durch § 246 Abs. 2 Satz 2 A k t G jedoch gerade durchbrochen. Nach dem Grundsatz des § 171 Abs. 1 A k t G wäre daher eine Zustellung sowohl an Vorstand als auch an Aufsichtsrat erforderlich. Entgegen der h.M. ist aber auch im Verhältnis Vorstand - Aufsichtsrat § 171 Abs. 3 A k t G anwendbar. Soweit die Nichtanwendbarkeit des § 171 Abs. 3 A k t G näher begründet wird, geschieht dies häufig mit dem pauschalen Hinweis, die alleinige Zustellung an den Vorstand könne möglicherweise den Zweck des § 246 Abs. 2 Satz 2 A k t G vereiteln, eine unmittelbare Einwirkung der Mehrheitsvertreter auf den Prozeß zu gewährleisten und eine arglistige Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Anfechtungskläger zu verhindern. 35 Durch eine solche Argumentation wird die Berechtigung des § 171 Abs. 3 ZPO jedoch überhaupt in Frage gestellt. Vertreten mehrere Vertreter eine juristische Person, so dient dies häufig dem Zweck der gegenseitigen Kontrolle. Auch in diesen Fällen besteht die Gefahr einer Zusammenarbeit zwischen Zustellungsempfänger und Kläger. Konsequenterweise müßte daher auch hier die Anwendung des § 171 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen sein. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift würde erheblich eingeschränkt. Dieser Schluß wird jedoch auch von der h.M. nicht gezogen. Die mit der Zustellung an einen einzelnen Vertreter verbundenen Gefahren sind vom Gesetz bewußt in Kauf genommen worden. Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß der Vorstand gem. § 246 Abs. 4 A k t G die Erhebung der Klage in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachon hat. Schon aus diesem Grund wird es dem Vorstand schwerfallen, ohne Wissen des Aufsichtsrat mit den Anfechtungsklägern zusammenzuarbeiten. Aus alledem folgt, daß § 171 Abs. 3 A k t G auch im Verhältnis Vorstand - Aufsichtsrat anwendbar ist. Eine Zustellung der Klage an ein Vorstandsmitglied ist daher ausreichend. Dagegen ist die alleinige Zustellung an ein Aufsichtsrat mit glied nicht ausreichend, da die Mitglieder des Aufsichtsrates grundsätzlich nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind und sich in der Regel nicht in den Geschäftsräumen der Gesellschaft aufhalten, so daß eine verzögerte Behandlung der Angelegenheit zu befürchten wäre. 35 Vgl. zum Zweck näher BGHZ 32, 114 (117); Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 34.

V I . Wirkungen der Anfechtbarkeit auf das Eintragungsverfahren

165

Dem Vorstandsmitglied kann die Klage zunächst persönlich an jedem Ort zugestellt werden, § 180 ZPO. Eine Ersatzzustellung ist gem. § 184 ZPO nur im Geschäftlokal der Gesellschaft zulässig. Die Zustellung gem. §§ 181, 182 ZPO ist dagegen ausgeschlossen. Für die Zustellung im Geschäftslokal ist es, wie der B G H 3 6 nunmehr ausdrücklich entschieden hat, ausreichend, daß in der Zustellungsurkunde gem. § 191 Nr. 3 ZPO die Gesellschaft genannt wird. Dagegen brauchen die Vorstandsmitglieder nicht aufgeführt zu werden. Auch ohne gesonderte Erwähnung kommen nur sie als Zustellungsempfänger in Betracht, da sie allein und nicht die Aufsichtsratmitglieder sich regelmäßig in den Geschäftsräumen der Gesellschaft aufhalten. 37

V I . W i r k u n g e n der Anfechtbarkeit auf das Eintragungsverfahren Die Verschmelzung wird erst mit der Eintragung in das Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft wirksam, § 346 Abs. 3 und 4 AktG. Diesem Zeitpunkt kommt entscheidende wirtschaftliche Bedeutung für die beteiligten Gesellschaften zu. Häufig muß die Verschmelzung etwa aus steuerlichen Gründen zu bestimmten Terminen wirksam durchgeführt sein, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sein soll. Eine verzögertes Eintragungsverfahren führt zudem zu Unsicherheiten bei den Geschäftspartnern der Gesellschaften. Dies kann Verluste in erheblichem Umfang nach sich ziehen, im Extremfall sogar zu einem Scheitern des Verschmelzungs Vorhabens führen. Die beteiligten Gesellschaften haben mithin ein großes Interesse an einer zügigen, ihren zeitlichen Plänen entsprechenden Eintragung der Verschmelzung. Eintragungsverzögerungen können sich im Hinblick auf § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G 3 8 insbesondere durch die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluß ergeben. Nach dieser Vorschrift haben die Vorstände der beteiligten Gesellschaften bei der Eintragung zu erklären, daß die Verschmelzungsbeschlüsse innerhalb der Anfechtungsfrist nicht angefochten worden sind oder daß die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist. Die Wirkungen dieser Bestimmung sind umstritten.

36

BGH ZIP 1989, 980 (981). Vgl. bereite RGZ 107, 161 (164 f.); Stein/Jonas/Schumann, ZPO, § 191 Rdnr. 7; a.A. OLG Celle ZIP 1984, 511 f. 38 Entsprechende Vorschriften finden sich in § 319 Abs. 3 Satz 2 AktG sowie in § 24 Abs. 2 KapErhG. Sie gehen zurück auf § 52 Abs. 1 Satz 4 D-Markbilanzgesetz, vgl. Baums BB 1981, 262 (263). 37

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

1. Meinungestand a) Nach bislang h . M . 3 0 in der Literatur bewirkt § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G eine Registersperre. Könne der dort geforderte Nachweis nicht erbracht werden, so habe das Registergericht den Antrag auf Eintragung der Verschmelzung zurückzuweisen. b) Kritisiert wird diese Ansicht von Baums. 4 0 Die obige Ansicht führe dazu, daß das Registergericht eine Eintragung auch dann nicht vornehmen dürfe, wenn der Aktionär eine völlig aussichtslose Klage erhoben habe. Dies bedeute im Ergebnis einen vorläufigen Rechtsschutz des Anfechtungsklägers, der nicht gerechtfertigt sei. Nach Ansicht von Baums 4 1 ist der Registerrichter daher befugt, den angefochtenen Beschluß in das Handelsregister einzutragen, wenn die Klage keine Ausssicht auf Erfolg biete und der Gesellschaft durch den Aufschub der Eintragung ein besonderer Nachteil drohe. 4 2 c) Die Wirkung einer Registersperre wird § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G auch von neueren Entscheidungen des LG Bielefeld 43 , des L G Frankfurt 4 4 und des OLG H a m m 4 5 abgesprochen. Dieses Ergebnis folge bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der eine Registersperre gerade nicht ausdrücklich vorsehe. Fehle die nach § 345 Abs. 2 Satz 1 zu treffende Angabe, so sei dies ein im Prinzip behebbarer Mangel. Das Registergericht dürfe daher den Eintragungsantrag nicht ablehnen, es müsse vielmehr nach § 127 FGG verfahren. Das Registergericht habe von dem ihm in dieser Vorschrift eingeräumten Ermessen in der Regel allerdings in der Weise Gebrauch zu machen, daß das Verfahren auszusetzen sei. Da es nicht seine Auffassung an die Stelle des Prozeßgerichtes setzen dürfe, komme eine Eintragung nur dann in Betracht, wenn die Anfechtungsklage offensichtlich keinen Erfolg haben könne. Bei dieser Beurteilung habe das Registergericht Zurückhal39 Siehe nur Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 40; Biedenkopff/Koppensteiner in Kölner Kommentar § 319 Rdnr. 10; Baumbach/Hueck § 319 Anm. 4; Keidel/Schmatz/ Stöber, S. 247 f.; Heinze ZGR 1979, 293 (302 Fn. 18); zum D Markbilanzgesetz siehe Schinöder/Geßler/Merkle § 52 Rdnr. 16 f; jetzt auch OLG Frankfurt W M 1990, 597 f. 40 Baums BB 1981, 262 (263). 41 Baums BB 1981, 262 (263) unter Berufung auf LG Essen - 41 Τ 5/78. 42 Diese Ansicht deckt sich zu der von der h.M. zu § 127 FGG vertretenen Ansicht: vgl. hierzu etwa Zöllner in Kölner Kommentar § 243 Rdnr. 41 if.; Geßler in Geßler/hefermehl § 294 Rdnr. 18; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 50 a.E.; Wiedemann in Großkommentar § 181 Anm. 7 c a.E. 43 LG Bielefeld Betrieb 1988, 385; zustimmend Emmerich WuB I I A. § 345 AktG

1.88. 44

LG Frankfurt W M 1990, 592 (594). OLG Hamm W M 1988, 943; zustimmend Winkler EWiR § 345 AktG 1/88, 639 f.; Emmerich WuB I I A. § 345 AktG 2.88. 45

V I . Wirkungen der Anfechtbarkeit auf das Eintragungsverfahren

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tung zu üben. Dies gelte auch dann, wenn der Verdacht bestehe, die Klagen seien rechtsmißbräuchlich erhoben worden. 2. Eigene Ansicht a) Richtig ist zunächst, daß § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G selbst keine zwingende Registersperre bewirkt. Das folgt eindeutig aus dem Wortlaut der Bestimmung. Der Gesetzgeber hätte eine Registersperre ausdrücklich vorschreiben können. So hätte die Formulierung etwa lauten können: „Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn ...". Da dies nicht geschehen ist, kommt eine Zurückweisung des Antrags wegen erhobener Anfechtungsklage nicht in Betracht. Auch eine Zwischenverfügung nach § 26 Satz 2 HRV ist keine verfahrensgerechte Maßnahme, da die Dauer des Anfechtungsprozesses nicht allein von der die Eintragung beantragenden Gesellschaft abhängt. b) Es bleibt eine Entscheidung des Registergerichtes nach § 127 FGG. I m Grundsatz muß das Registergericht über streitige Rechtsverhältnisse, von deren Beurteilung eine Eintragung abhängt, selbst entscheiden. § 127 FGG verpflichtet das Gericht daher nicht zur Aussetzung, sondern räumt ihm die Befugnis hierzu ein. 4 6 Hierüber hat es aber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. 47 Bestehen sachliche Gründe für eine Aussetzung, so hat sie zu erfolgen. Ob allein die Tatsache der Erhebung einer Anfechtungsklage im allgemeinen einen ausreichenden sachlichen Grund darstellt, das Verfahren auszusetzen, oder ob hierzu erforderlich ist, daß die Klage nach Auffassung des Registergerichtes nicht völlig aussichtslos ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. 48 Auf die Erfolgsaussichten der Klage kann es im Falle der Eintragung eines Verschmelzungsbeschlusses nicht ankommen. Dies gilt - entgegen der oben dargestellten Ansicht 4 9 - selbst in dem Fall, daß die Klage aus Sicht des Registergerichtes offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Auch hier ist das Verfahren auszusetzen. Es ist zu berücksichtigen, daß die Verschmelzung nach der neuen Vorschrift des § 352 a A k t G mit der Eintragung unwiderruflich wirksam w i r d . 5 0 Nach dieser Bestimmung lassen Mängel der Verschmelzung deren Wirksamkeit nach der Eintragung in das Handelsregister unberührt. 46

Jansen, FGG, § 127 Rdnr. 6. BayOblG Rpfleger 1983, 74; KG NJW 1967, 401; Bumiller/Winkler, FGG, § 127 Anm. 2 c. 48 Für die zweite Lösung z.B. Jansen, FGG, § 127 Rdnr. 6. 49 LG Bielefeld Der Betrieb 1988, 385; OLG Hamm W M 1988, 943. 50 Siehe hierzu näher unten Abschnitt VII. 2. a). 47

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

M i t der Eintragung werden also „vollendete Tatsachen" geschaffen. Die Verschmelzung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. 51 Es würde daher eine nicht zu rechtfertigende Verkürzung des Rechtsschutzes der Aktionäre darstellen, könnte das Registergericht die Verschmelzung - wenn auch nur in Ausnahmefällen - trotz eines schwebenden Anfechtungsprozesses eintragen. Dies würde dazu führen, daß der Kläger sein ursprüngliches Klageziel aufgrund der Verfügung des Registergerichtes nicht mehr durchsetzen könnte. Das Registergericht hat somit von seinem Ermessen nach § 127 FGG in der Weise Gebrauch zu machen, daß es das Eintragungsverfahren aussetzt. Das gilt auch dann, wenn nach seiner Ansicht die Klage offensichtlich unbegründet ist. Dies kann im Einzelfall zu erheblichen Belastungen für die beteiligten Gesellschaften führen. Angesichts der gesetzlichen Regelungen wird man dies jedoch hinnehmen müssen. Das Gesetz hat für den aus seiner Sicht kritischen Punkt, der Frage des Umtausch Verhältnisses, in § 352 c A k t G eine Sonderregelung zur Durchsetzung der Aktionärsinteressen getroffen, die den Fortgang des Verfahrens unberührt läßt. Hieraus muß im Umkehrschluß gefolgert werden, daß das Gesetz in den anderen Fällen eine Verzögerung des EintragungsVerfahrens bewußt in Kauf genommen hat. Das wird auch in § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G deutlich. Zwar bewirkt die Vorschrift keine Registersperre mit der Folge, daß der Antrag zurückzuweisen wäre; dennoch ist aus ihr der klare Wille des Gesetzgebers erkennbar, daß die Frage der Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsbeschlusses vor dessen Eintragung durch das Prozeßgericht geklärt werden soll. 5 2

V I I . Anfechtungsklagen nach Eintragung der Verschmelzung Das Registergericht prüft nur im Ausnahmefall bei begründeten Zweifeln die Richtigkeit der angemeldeten Tatsachen. 53 Macht der Vorstand daher bei der Anmeldung hinsichtlich der Erklärung nach § 345 Abs. 2 A k t G falsche Angaben, so besteht trotz der Aussetzungspflicht des Registergerichtes die Möglichkeit, daß eine Eintragung erfolgt, obwohl eine Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluß anhängig ist. Derartiges dürfte zwar höchst selten sein, angesichts der mit der Verzögerung verbundenen wirtschaftlichen Gefahren könnten die Vorstände jedoch

51

Das verkennt Emmerich WuB I I A. § 345 AktG 1.88. Für diese Auslegung spricht auch die nachfolgend zu behandelnde Regelung in § 352 AktG, die sich nur auf die Anfechtungsklage bezieht. 53 Siehe Bumiller/Winkler, FGG, £ 127 Anm. 1 a. 52

V I I . Anfechtungsklagen nach Eintragung der Verschmelzung

169

im Einzelfall versucht sein, entsprechend vorzugehen. 54 Es stellt sich dann die Frage, welches Schicksal die bereits erhobenen Anfechtungsklagen erleiden. 1. K e i n Ausschluß durch § 352 A k t G In der Literatur 5 5 war bislang unbestritten, daß Anfechtungsklagen gegen den Verschmelzungsbeschluß auch nach der Eintragung der Verschmelzung fortgesetzt oder erhoben werden können. Dem steht nach zutreffender Ansicht § 352 A k t G nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Nichtigkeitsklagen gegen den Verschmelzungsbeschluß der übertragenden Gesellschaft nach Eintragung der Verschmelzung gegen die übernehmende Gesellschaft zu richten. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung für die Anfechtungsklage läßt sich nicht folgern, daß derartige Klagen nach Eintragung unzulässig sind. Die Notwendigkeit, eine entsprechende Regelung für die Anfechtungsklage zu schaffen, wurde vom Gesetzgeber übersehen, da er unzutreffend davon ausging, diese seien wegen § 345 Abs. 2 A k t G nicht möglich.

2. Fehlendes Rechtsschutzbedürfhis wegen § 352 a A k t G Den Klagen könnte aber wegen § 352 a A k t G das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Nach dieser Vorschrift lassen Mängel der Verschmelzung deren Wirksamkeit nach der Eintragung in das Handelsregister der übertragenden Gesellschaft unberührt. a) Wirksamkeit

der Verschmelzung gem. § 352 a AktG

aa) Bereits oben 5 6 wurde vorausgesetzt, daß die Verschmelzung wegen § 352 a A k t G nach der Eintragung nicht mehr rückgängig zu machen ist. Demgegenüber vertritt Martens 5 7 die Auffassung, § 352 a A k t G 54

Einen Anreiz hierzu bietet zudem § 352 a AktG, wonach die Verschmelzung nach ihrer Eintragung nicht mehr angreifbar ist. Der Fall, daß eine Eintragung vor Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgt, erscheint dagegen kaum denkbar. Die Vorstände der beteiligten Gesellschaften müßten in diesem Fall in dem Eintragungsantrag das Datum der Hauptversammlung fälschen, an dem die Zustimmung zur Verschmelzung erfolgt ist. Dies soll hier nicht weiter untersucht werden. 55 Siehe Bonke, Mängel, S. 97; Baumbach/Hueck § 352 Anm. 3; Möhring/Nirk/Tank Rdnr. 799 f.; Schilling in Großkommentar § 358 Anm. 6; Kraft in Kölner Kommentar § 346 Rdnr. 60; Martens AG 1986, 57 (63). 56 Vgl. oben Abschnitt VI. 2. b). 57 Martens AG 1986, 57 (63 if.).

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

sei einschränkend dahin auszulegen, daß lediglich eine rückwirkende Nichtigkeit der Verschmelzung nach der Eintragung nicht mehr in Betracht komme. Dagegen sei auch nach Einführung dieser Vorschrift weiterhin eine Rückgängigmachung der Verschmelzung für die Zukunft möglich und in gewissen Fällen geboten. Dies folge daraus, daß ausweislich der Regierungsbegründung durch § 352 a A k t G nur die Verschmelzung als solche, nicht aber die'ihr zugrundeliegenden Rechtshandlungen geheilt würden. Die Vorschrift wolle damit nur die Unwirksamkeit der Verschmelzung verhindern, während die beteiligten Gesellschaften sie tatsächlich vollziehen. Für die Zukunft seien „Mängel der Verschmelzung" daher nach anderen Maßstäben zu behandeln als für die Vergangenheit. Zu unterscheiden sei dabei zwischen Mängeln, die durch einen Bestätigungsbeschluß geheilt werden könnten, und solchen, bei denen eine Heilung nicht möglich sei. I m ersten Fall habe die Hauptversammlung einen Bestätigungsbeschluß zu fassen, um so auch die Mängel der der Verschmelzung zugrundeliegenden Rechtshandlungen zu heilen. I m zweiten Fall sei dagegen eine Entschmelzung der Gesellschaften für die Zukunft erforderlich. Hierauf könne der Aktionär im Wege der actio pro socio direkt klagen. bb) Diese Auffassung kann nicht überzeugen, sie widerspricht zum einen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, zum anderen aber auch der Regierungsbegründung. 58 Dort heißt es ausdrücklich: „... Allerdings können ... sachliche Mängel der die Verschmelzung vorbereitenden Rechtshandlungen nur zu Ansprüchen gegen diejenigen Personen führen, die für sie verantwortlich sind. Auf die Wirksamkeit einer einmal eingetragenen Verschmelzung und ihre Rechtsfolgen haben sie dagegen keinen Einfluß." Hieraus folgt eindeutig, daß die Wirksamkeit der Verschmelzung nach dem Willen des Gesetzgebers durch eine Anfechtungsklage auch für die Zukunft nicht berührt werden soll. Auch etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaften, aus denen Martens offenbar im Wege der Naturalrestitution den Entschmelzungsanspruch herleiten will, erwähnt die Regierungsbegründung 59 nicht. Sie spricht vielmehr nur von Ansprüchen gegen die beteiligten natürlichen Personen. Hiermit sind offensichtlich lediglich Schadensersatzansprüche in Geld gemeint. Weiter ist zu berücksichtigen, daß es der Regelung in § 352 a A k t G , wäre die einschränkende Auslegung Martens richtig, nicht bedurft hätte. Die Verschmelzung wäre dann nach den für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätzen rückgängig zu machen. Eine rückwirkende Entschmelzung käme daher ohnehin nicht in Betracht.

58 59

BT Drucksache 9/1065 S. 20. BT Drucksache 9/1065 S. 20.

V I I . Anfechtungsklagen nach Eintragung der Verschmelzung

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Es bleibt daher festzuhalten: Durch § 352 a A k t G wird ein Anspruch auf die Entschmelzung mit Wirkung für die Zukunft ausgeschlossen, sobald ihre Eintragung in das Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft erfolgt i s t . 6 0 M i t einer Anfechtungsklage, die nach Eintragung der Verschmelzung fortgesetzt wird, kann somit das verfolgte Ziel, die Unwirksamkeit der Verschmelzung herbeizuführen, nicht mehr erreicht werden. Die Anfechtung als Grundlage eines Schadensersatzprozesses b) Die Anfechtung als Grundlage eines Schadensersatzprozesses Der Sinn einer Fortführung des Anfechtungsprozesses wird zum T e i l 6 1 allerdings darin gesehen, daß die Entscheidung über die Nichtigkeit Grundlage eines Schadensersatzprozesses gegen die verantwortlichen Personen sein könne. Eine entsprechende Schadenssersatzregelung findet sich für die übertragende Gesellschaft in § 349 AktG. Die auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft tätigen Personen sind dagegen nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 93, 116, 117, 309, 310, 317 und 318 A k t G verantwortlich. Allen diesen Vorschriften ist gemeinsam, daß sie eine vorherige Anfechtung der Verschmelzungsbeschlüsse nicht voraussetzen. Erforderlich ist vielmehr gerade die Wirksamkeit der Verschmelzung. Hieraus folgt, daß Schadensersatzansprüche gegen die in Frage kommenden Personen direkt im Wege der Schadensersatzklage geltend zu machen sind, nicht aber auf dem Umweg über die Anfechtung der Verschmelzungsbeschlüsse. I m Anfechtungsprozeß kann über die Berechtigung der Schadensersatzforderungen nicht entschieden werden. Für deren Durchsetzung wäre ein zweiter Prozeß erforderlich. Ein Interesse des klagenden Aktionärs an der Fortführung des Verfahrens nach Eintragung der Verschmelzung ergibt sich aus diesem Umstand daher nicht. c) Folgerungen Hieraus folgt allerdings nicht ohne weiteres, daß dem Kläger nach Eintragung der Verschmelzung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Nach allgemeiner Ansicht 6 2 ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage 60 Selbstverständlich können die Gesellschaften allerdings weiterhin die Verschmelzung „freiwillig" mit Wirkung für die Zukunft wieder rückgängig machen. 61 So wohl Priester NJW 1983, 1459 (1465) unter Berufung auf die Regierungebegründung BT Drucksache 9/1065 S. 20. 62 Vgl. RGZ 77, 255 (257); 145, 336 (339); Hirte BB 1988, 1469 (1473); BGHZ 43, 261 (265); BGH W M 1966, 446 (447); Schilling in Großkommentar § 243 Rdnr. 13; Godin/Wilhelmi § 243 Anm. 3; Zöllner in Kölner Kommentar $ 246 Rdnr. 26; Baumbach/Hueck § 243 Rdnr. 4; Bokelmann BB 1972, 733 (735); Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89.

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

auch dann gegeben, wenn die Nichtigkeit des Beschlusses für den Kläger keinen Vorteil bedeutet. Dies folgt daraus, daß der Aktionär die Nichtigkeit des Beschlusses nur im Wege der Anfechtungsklage herbeiführen kann. Damit ist im Regelfall ein ausreichendes Interesse an der Klage gegeben. Die Anfechtungsklage ist eine auf den Kreis der Aktionäre beschränkte Popularklage. 63 Auf der anderen Seite muß die Anfechtung aber überhaupt irgendeine sachliche Bedeutung für die Aktionäre haben. Eine Anfechtungsklage, die lediglich bezweckt festzustellen, daß ein Beschluß nicht hätte gefaßt werden dürfen, ist unzulässig. 64 Dies ist nach den obigen Ausführungen jedoch gerade bei der Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses nach Eintragung der Verschmelzung der Fall. A n die Nichtigerklärung können keinerlei Rechtsfolgen geknüpft werden. M i t h i n fällt mit der Eintragung der Verschmelzung das Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen den Verschmelzungsbeschluß erhobene Anfechtungsklage weg. Die Klage ist damit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. War sie vor der Eintragung zulässig und begründet, so trägt die beklagte Gesellschaft gem. § 91 a ZPO die Kosten des Rechtsstreites.

V I I I . Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses trotz Unanfechtbarkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses In dem mehrfach zitierten Verfahren vor dem OLG H a m m 6 5 vertrat die beklagte Aktiengesellschaft den Standpunkt, eine Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger es versäumt habe, den Kapitalerhöhungsbeschluß anzufechten. Da er dies nicht getan habe, sei sein Anfechtungsrecht in Bezug auf den Verschmelzungsbeschluß verwirkt. Das OLG Hamm trat dieser Ansicht mit der Begründung entgegen, die Verschmelzung sei im Verhältnis zur Kapitalerhöhung der Vollzugsakt. Daher seien die §§ 119 ff., 142 BGB entsprechend heranzuziehen. Aus diesen Vorschriften folge, daß jede Willenserklärung, die auf einem Anfechtungsgrund beruhe, selbständig angefochten werden könne. Daher sei auch eine Willenserklärung anfechtbar, die in Erfüllung einer Verbindlichkeit abgegeben worden sei und zwar auch dann, wenn die zugrundeliegende Erklärung nicht mehr anfechtbar sei. Damit sei auch der Verschmelzungsbeschluß noch anfechtbar, wenn die Kapitalerhöhung unanfechtbar sei. 63 64 65

Horrwitz, Recht der Generalversammlungen, S. 88. RGZ 166, 175 (188); Schilling in Großkommentar § 243 Anm. 14. OLG Hamm W M 1988, 1164 (1169); siehe hierzu Bayer W M 1989, 121 (124).

I X . Auekauf opponierender Aktionäre

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Dem ist im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zuzustimmen. Die Parallele zum Anfechtungsrecht des BGB erscheint schon deshalb bedenklich, weil es sich hier um zwei unterschiedliche Rechtsinstitute handelt. Das Anfechtungsrecht des BGB basiert auf einem Willensmangel einer Willenserklärung, dasjenige des Aktiengesetzes auf der Rechtswidrigkeit eines Beschlusses. Zudem ist die Einordnung der Verschmelzung als Vollzugsakt der Kapitalerhöhung wie bereits oben 6 6 dargelegt wurde nicht zutreffend. Kapitalerhöhung und Verschmelzung bilden vielmehr zwei zwar in sich verschränkte, aber selbständige Rechtsgeschäfte. 67 Der Kapitalerhöhungsbeschluß und der Verschmelzungsbeschluß stehen nebeneinander und dienen dem Vollzug des Verschmelzungsvertrages. 68 Auch hieraus folgt aber, daß der Verschmelzungsbeschluß isoliert angefochten werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluß unanfechtbar geworden ist. Anderenfalls könnten die Gesellschaften das Anfechtungsrecht der Aktionäre umgehen, wenn sie Kapitalerhöhungsbescliluß und Verschmelzungsbeschluß zeitlich weit genug auseinanderlegen würden. 6 9 Kommt es aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses nicht mehr zur Durchführung der Verschmelzung, so kann die Gesellschaft versuchen, die durch die Kapitalerhöhung geschaffenen Aktien anderweitig auf dem Markt unterzubringen. Gelingt dies innerhalb eines Jahres nicht, so ist die Gesellschaft analog § 71 c Abs. 3 A k t G verpflichtet, das erhöhte Grundkapital wieder herabzusetzen. 70

I X . Auskauf opponierender Aktionäre

1. Problemstellung Der gegen einen Verschmelzungsbeschluß klagende Aktionär befindet sich im Vergleich zur Gesellschaft in einer strategisch überlegenen Position. Der Gesellschaft drohen durch die Anfechtungsklage erhebliche Schäden. Das gilt wegen der Eintragungsverzögerung auch dann, wenn die Klage sich im Ergebnis als unbegründet herausstellt. Führt der Anfechtungskläger das Verfahren durch alle Instanzen, so können Jahre vergehen, bis die Ver66

Teil 1 Abschnitt A. D. IV. Siehe oben Teil 1 Abschnitt D. IV. 68 Oben Teil 1 Abschnitt D. III. 69 Insoweit zutreffend die Kontrollüberlegung von OLG Hamm W M 1988, 1164 (1169). 70 Vgl. näher oben Teil 1 Abschnitt D. II. 2. 67

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Schmelzung wirksam werden kann. 7 1 Der Aktionär hält also ein erhebliches Druckmittel in der Hand. Sein Risiko ist dabei wegen der Streitwertregelung in § 247 A k t G begrenzt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Streitwert für den klagenden Aktionär seinen wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt werden. Diese Rechtslage eröffnet die Möglichkeit, eine Klage ohne großes Risiko von vorneherein mit der Absicht zu erheben, sich den „Lästigkeitswert" der Klage abkaufen zu lassen. Derartige Versuche haben sich, wie bereits oben 7 2 näher ausgeführt wurde, in letzter Zeit gehäuft. Die den Zahlungen zugrundeliegenden rechtlichen Konstruktionen waren dabei in den einzelnen Fällen unterschiedlich. Zum Teil erfolgten die Zahlungen offen als Gegenleistung für die Rücknahme der Klage. I n anderen Fällen wurden die Aktien der klagenden Aktionäre zu der geforderten Summe erworben. Schließlich wurde das Geld aber auch als Gegenleistung für fingierte Beraterverträge u.ä. gezahlt. 73

2. D e r Einwand des Rechtsmißbrauchs Bei der Beurteilung derartiger Fälle drängt sich zunächst der Gedanke des Rechtsmißbrauchs auf. Das Ziel, sich die Klage abkaufen zu lassen, könnte von vorneherein zu deren Unbegründetheit führen. I m Fall des Rechtsmißrauchs fehlt die materielle Berechtigung, das Anfechtungsrecht geltend zu machen. 74

a) Grundsätzliche Möglichkeit des Rechtsmißbrauchs und maßgeblicher Ansatzpunkt Umstritten ist allerdings bereits, ob eine mißbräuchliche Ausübung des Anfechtungsrechtes überhaupt in Betracht kommt. Unter denjenigen, die dies bejahen, besteht weiter Uneinigkeit, aus welchen Gründen Rechtsmißbrauch vorliegen kann.

71

Das erstinstanzliche Urteil in dem vom BGH mit Urt. v. 22.05.1989 (ZIP 1989, 980) an das Berufungsgericht zurückgewiesenen Verfahren datiert vom 25.09.1987 (LG Bielefeld 17 Ο 127/87). Am 05.03.1990, mehr als zweieinhalb Jahre nach dem erstinstanzlichen Urteil wurde das Verfahren durch Vergleich beendet; vgl. die Dokumentation bei Timm ZIP 1990, 411. 72 Vgl. oben Teil 1 Abschnitt G. 73 Vgl. Hansen AG-Report 1988, R 32 (R 33). 74 Vgl. etwa Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 89; Hüffer in Geßler/Hefermehl $ 243 Rdnr. 56; Bokelmann BB 1972, 733 (734 f.); Hirte BB 1988, 1469 (1471); unklar Baumbach/Hueck § 243 Rdnr. 5 f., die meinen, „die Klage versage wegen Rechtsmißbrauche" .

I X . A u k a u f opponierender Aktionäre

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aa) Meinungsstand (1) I n der Literatur 7 5 wird zum Teil die Möglichkeit einer mißbräuchlichen Ausübung des Anfechtungsrechtes generell bestritten. Begründet wird dies vor allem mit der Funktion des Anfechtungsrechtes, eine objektive Kontrolle von Gesellschaftsbeschlüssen zu gewährleisten. Diese Legalitätskontrolle könne ihre Funktion auch dann nicht verfehlen, wenn der Kläger die Klage mit einer verwerflichen Gesinnung erhoben habe. Die verwerfliche Kombination von M i t t e l und Zweck führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Mittels, d.h. der Klageerhebung selbst; derartigen Vorgängen müsse vielmehr anders, etwa i m Wege des Strafrechts begegnet werden. Auswirkungen auf die Klage hätten sie dagegen nicht. (2) Demgegenüber bejaht die h . M . 7 6 die Möglichkeit eines Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes. (a) Der B G H 7 7 vertritt i m Anschluß an Hüffer 78 hierzu die Auffassung, aus dem Zweck des Anfechtungsrechtes, eine objektive Rechtskontrolle zu gewährleisten, folge nur, daß ein institutioneller Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes ausgeschlossen sei. Dagegen sei ein individueller Rechtsmißbrauch möglich. Obwohl der Aktionär vorwiegend i m öffentlichen Interesse handele, bleibe der individuelle Charakter seines Rechtes erhalten. Der Aktionär behalte in jedem Stadium des Verfahrens die Verfügungsbefugnis über sein Anfechtungsrecht; er sei nicht verpflichtet, sein Handeln an der Kontrollfunktion der Anfechtungsklage auszurichten. I m Ergebnis gleicher Auffassung ist Bayer. 7 9 Ein mit der Erhebung der Klage verbundener Nebenzweck führt nach seiner Ansicht nicht zur Zwecksubstitution. Vielmehr werde die aus rein egoistischen Motiven erhobene Klage noch vom Normzweck gedeckt. Die Verfolgung objektiv zweckwidriger Ziele führe nicht zum Verlust der Anfechtungsbefugnis. Daher sei in den hier fraglich Fällen des Abkaufens der Klage auf einen individuellen Rechtsmißbrauch abzustellen. (b) Die Literatur bejaht dagegen überwiegend 80 die Möglichkeit eines 75 Siehe insbesondere Bokelmann BB 1972, 733 (736 f.); Mestmäcker BB 1961, 945 (951 f.); ihnen folgend Schilling in Großkommentar § 243 Anm. 25; 76 RGZ 146, 385 (395 f.); BGHZ 33, 175 (186); 36, 121 (Leitsatz 6); BGH ZIP 1989, 980 (984); Baumbach/Hueck § 243 Rdnr. 6; Godin/Wilhelmi § 243 Anm. 3; Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 78 ff.; Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 50; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rdnr. 100. 77 BGH ZIP 1989, 980 (984); bestätigend BGH ZIP 1990, 168 (171). 78 Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 50. 70 Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89. 80 Siehe Hirte BB 1988, 1469 (1473); Teichmann WuB I I A. § 245 AktG 1.88; Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 79 f.; nicht widerspruchsfrei Bayer W M 1989, 121 (125) im Vergleich zu seinen Ausführungen in WuB I I A. § 340 a AktG 1.89.

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institutionellen Mißbrauchs des Anfechtungsrechtes. Wolle der Aktionär sich die Anfechtungsklage abkaufen lassen, verfolge er Ziele, die von dem Zweck des Gesetzes, eine Rechtmäßigkeitskontrolle zu gewährleisten, gerade nicht mehr gedeckt seien. Erforderlich sei für die Anfechtungsklage ein „altruistischer G e i s t u . 8 1 Dieser fehle, wenn der Aktionär die Klage nur zu dem Zweck erhebe, sich selbst Sondervorteile zu verschaffen. bb) Stellungnahme (1) I m Ergebnis zuzustimmen ist zunächst der Ansicht des B G H und eines Teils der Literatur, die einen institutionellen Rechtsmißbrauch in den hier zu untersuchenden Fällen des „Abkaufens" der Anfechtungsklage ablehnt. Allerdings kann die gegebene Begründung nicht überzeugen. (a) Die Möglichkeit eines institutionellen Rechtsmißbrauchs des Anfechtungsrechtes scheidet gerade nicht aufgrund dessen - angeblichen alleinigen 82 - Zweckes aus, eine objektive Rechtskontrolle zu gewährleisten. I m Gegensatz zum individuellen Rechtsmißbrauch, wo der Anspruchssteller sich im Rahmen des Normzweckes hält, aber aus in seiner Person liegenden Gründen die Interessen des Partner verletzt, bewegt er sich im Fall des institutionellen Rechtsmißbrauchs außerhalb des eigentlichen Anwendungsbereiches der Norm. 8 3 Unterstellt man einmal, daß alleiniger Zweck der Anfechtung die objektive Kontrolle der Hauptversammlungstätigkeit ist, so liegt nach diesen Grundsätzen eindeutig institutioneller Rechtsmißbrauch vor, wenn der Aktionär die Klage ausschließlich zu dem Zweck erhebt, sich diese abkaufen zu lassen. Allein durch die Erhebung der Anfechtungsklage ist die Rechtskontrolle nicht erreicht. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, daß das Verfahren auch zu Ende geführt wird. Dieses Ziel verfolgt der Kläger in den hier zu beurteilenden Fällen jedoch gerade nicht. An einer Rechtmäßigkeitskontrolle ist ihm nicht gelegen. Sie steht seinen Interessen geradezu entgegen. Erfolgt sie, so ist das von ihm eingesetzte Druckmittel nicht mehr verfügbar. (b) Dennoch ist ein institutioneller Rechtsmißbrauch in diesen Fällen zu verneinen. Dies folgt daraus, daß die objektive Rechtskontrolle gerade nicht alleiniger Zweck des Anfechtungsrechtes i s t . 8 4 Wäre dies der Fall, 81

Hirte BB 1988, 1469 (1473). So ausdrücklich Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89. 83 Soergel/Teichmann, BGB, § 243 Rdnr. 25 m.w.N. Eine Grenzziehung zwischen beiden Gruppen fällt schwer; bezeichnenderweise erläutert Palandt/Heinrichs § 242 Anm. 4 C d) dd) die Fälle institionellen Rechtsmißbrauchs als Unterfall der Fallgruppe „Verfolgung nicht schutzwürdiger Interessen". 84 So jetzt im Ergebnis zur Begründung der Möglichkeit eines individuellen Rechtsmißbrauchs auch BGH ZIP 1989, 980 (984). 82

I X . Auekauf opponierender Aktionäre

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so käme es für die Beurteilung des Rechtsmißbrauchs allein auf die Klagerücknahme, nicht aber auf die Zahlung von Abfindungsbeträgen durch die Gesellschaft an. Denn entscheidend wäre, daß in keinem Fall das Ziel d*r Rechtskontrolle erreicht würde. Eine Klagerücknahme müßte in jedem Fall unzulässig sein. Das widerspricht jedoch eindeutig der gesetzgeberischen Konzeption. Da der Gesetzgeber insoweit keine Sonderregelungen geschaffen hat, gilt im Anfechtungsverfahren wie auch sonst die Dispositionsmaxime. Für einen Ausschluß des Klagerücknahmerechtes finden sich keinerlei Anhaltspunkte. Der Aktionär ist daher auch nach wohl einhelliger Meinung 8 5 berechtigt, die Klage ohne die Vereinbarung der Zahlung eines Ausgleichs zurückzunehmen. Die Kontrolle der Gesellschaftsaktivitäten erfolgt durch private Initiative der Aktionäre. Die Verfolgung eigener Interessen ist damit gewissermaßen der Motor der Rechtrnäßigkeitskontrolle. Ob es überhaupt zu einer Anfechtung kommt, hängt in den meisten Fällen davon ab, ob sich ein Aktionär durch den fraglichen Beschluß benachteiligt fühlt. Ist dies nicht der Fall, so findet eine Rechtmäßigkeitskontrolle in der Regel 86 nicht statt. Das Gesetz nimmt die Möglichkeit, daß sich kein anfechtungsbereiter Aktionär findet, daher bewußt in Kauf. Hieraus folgt im Umkehrschluß: Entschließt sich der Aktionär zur Anfechtung, so ist es im Grundsatz legitim, wenn er hiermit seine eigenen Interessen verfolgt. Er braucht sich auch nicht mittelbar von dem Gedanken einer Rechtskontrolle leiten zu lassen. Die Erhebung einer Klage mit dem Ziel, die eigenen Interessen durchzusetzen, liegt damit im Grundsatz nicht außerhalb des Normzweckes der Anfechtungsklage. 87 Institutioneller Rechtsmißbrauch scheidet damit in den hier zu beurteilenden Fällen aus. (2) Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich aber bereits, daß ein individueller Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes in den vorliegenden Fällen möglich und im folgenden weiter zu prüfen ist. Da sich der Normzweck der Anfechtungsklage nicht ausschließlich auf die Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt, das Anfechtungsrecht vielmehr auch einen individuellen Charakter hat, unterliegt es, ebenso wie jedes andere Recht, den Schranken des individuellen Rechtsmißbrauchs.

85 Vgl. nur Lutter ZGR 1978, 347 (362); Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 72; Schilling in Großkommentar § 246 Anm. 7. 86 Vereinzelt werden dagegen auch Anfechtungsverfahren ausschließlich zu dem Ziel eingeleitet, um eine Rechtsfrage zu klären. Hier fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis; auch Rechtsmißbrauch ist nicht gegeben, vgl. hierzu RGZ 77, 255. 87 Gegen Rechtäinißbrauch in diesen Fällen im Ergebnis auch Hüffer in Geßler/Hefermehl § 243 Rdnr. 51 sowie Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.88, allerdings unter dem Gesichtspunkt des individuellen Rechtsmißbrauchs.

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b) Voraussetzungen Unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes anzunehmen ist, wird unterschiedlich beurteilt: aa) Meinungsstand (1) M i t der Anfechtungsklage eines „gewerbsmäßigen Opponenten" hatte sich bereits das Reichsgericht 88 zu befassen. Der Kläger hatte hier die Klage nur erhoben, um seine Bestellung zum Direktor oder die Ausschüttung einer höheren Dividende zu erzwingen. Das RG wies die an sich begründete Klage wegen Rechtsmißbrauch ab. Versuche der Kläger der Gesellschaft seinen Willen „selbstsüchtig und erpresserisch aufzuzwingen", so liege hierin eine grobe Verletzung der dem Aktionär obliegenden Treuepflicht. Diese vom Reichsgericht entwickelte Formel wurde zunächst vom Bundesgerichtshof 89 und der älteren Literatur 9 0 übernommen. Offenbar im Anschluß hieran hat in einer neueren Entscheidung das OLG H a m m 9 1 die Ansicht vertreten, eine rechtsmißbräuchliche Ausübung des Anfechtungsrechtes sei dann ausgeschlossen, wenn der Aktionär eine sachlich begründete Anfechtungsklage erhebe. I m übrigen sei Voraussetzung, daß der Kläger die beklagte Gesellschaft in strafrechtlich erheblicher Weise, d.h im Wege der Nötigung oder Erpressung zu Zahlungen veranlassen wolle. Nicht jedes pflichtwidrige Verhalten eines Aktionärs könne zum Rechtsmißbrauch führen; es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, daß nur derjenige Rechte geltend machen könne, der sich selbst rechtstreu verhalte. 9 2 (2) Die neuere Literatur 9 3 stellt dagegen auf die vom Reichsgericht entwickelte Formel nicht mehr ab und ersetzt sie durch andere Kriterien. Sie 88

RGZ 146, 385 (395). BGH W M 1962, 456. Entgegen verbreiteter Ansicht (vgl. etwa Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 79; Schiaus AG 1988, 113; richtig dagegen Hirte BB 1988, 1469 (1471)), hat der BGH in der Entscheidung BGHZ 36, 121 zu der Frage des Rechtsmißbrauchs bei Abkauf von Anfechtungsklagen nicht Stellung genommen. Der insoweit viel zitierte Leitsatz 6 ist jedenfalls mißverständlich. Er wird von den Entscheidungsgründen nicht gedeckt. In der fraglichen Entscheidung hatte die Revision zwar behauptet, der Kläger habe mit der Klage die Absicht verfolgt, sich „rauskaufen" zu lassen. Dieses Vorbringen konnte in der Revisioneinstanz jedoch nicht berücksichtigt werden, da es über die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung des Tatsachenstoffes hinausging, und war somit nicht Gegenstand der Entscheidung. 00 Baumbach/Hueck § 243 Rdnr. 6; Godin/Wilhelmi § 243 Anm. 3. 91 OLG Hamm W M 1988, 1164 (1171). 92 Der Satz geht zurück auf Wieacker, Präzisierung, S. 31. 93 Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 53; Bayer W M 1989, 121 (125); Hirte BB 1988, 1469 (1473); ebenso OLG Köln W M 1988, 1792 (1795). 89

I X . A u k a u f opponierender Aktionäre

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nimmt überwiegend an, ein Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes sei dann gegeben, wenn der Aktionär die Klage von vorneherein mit der Absicht erhebe, hierdurch in grob eigennütziger Weise ungerechtfertigte Sondervorteile zu erzielen. Dies sei der Fall, wenn er versuche, sich die Klage gegen die Zahlung eines Geldbetrages abkaufen zu lassen. Dem hat sich in der Sache jüngst auch der B G H 9 4 angeschlossen. Rechtsmißbrauch liege vor, wenn der Kläger Anfechtungsklage mit dem Ziel erhebe, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch habe und billigerweise auch nicht erheben könne. (3) Zu einem etwas anderen Ergebnis gelangt Zöllner. 9 5 Nach seiner Ansicht liegt Rechtsmißbrauch nur vor, wenn der Kläger Zahlungen erstrebt, die außer Verhältnis zu dem ihm durch den Beschluß drohenden Schaden stehen. Es sei dagegen legitim, wenn der Aktionär sich die Klage gegen den Ausgleich des ihm drohenden Schadens abkaufen lasse. Rechtsmißbrauch sei daher etwa zu verneinen, wenn einerseits der Aktionär bereit sei, sich seine Aktien zu einem günstigen Preis abhandeln zu lassen, andererseits die Gesellschaft trotz günstiger Lage eine restriktive Dividendenpolitik betreibe. bb) Stellungnahme (1) Abzulehnen ist zunächst die Ansicht des OLG Hamm, Rechtsmißbrauch komme bei einer sachlich begründeten Klage nicht in Betracht. Diese Auffassung führt im Ergebnis dazu, daß ein Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes nie vorliegen kann. Denn bei unbegründeten Klagen auf die das OLG die Anwendung des Rechtsmißbrauchs beschränken will - kann ein Rechtsmißbrauch ohnehin nicht gegeben sein. Da in diesem Fall das vom Kläger geltendgemachte Recht überhaupt nicht besteht, kann es auch nicht mißbraucht werden. 96 Die Frage nach dem Rechtes mißbrauch stellt sich somit gerade nur bei in der Sache begründeten Anfechtungsklage. (2) Abzulehnen ist auch die vom Reichsgericht entwickelte Formel. Dies gilt jedenfalls insoweit, als diese - wie es das OLG Hamm tut - dahingehend verstanden wird, daß der Aktionär in strafrechtlich erheblicher Weise gegenüber der Gesellschaft auftreten müsse. 94

BGH ZIP 1989, 980 (984) mit Besprechung von Heuer W M 1989, 1401 - 1406; bestätigend BGH ZIP 1990 168 (171). 95 Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 79 f.; ebenso wohl OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (994). 96 Schief daher die Begründung von Bayer W M 1989, 121 (126) und Bokelmann BB 1972, 733 (737), die darauf abstellen, daß die Klage im Fall der Unbegründetheit ohnehin abzuweisen sei.

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In diesem Zusammenhang ist zunächst daraufhinzuweisen, daß sich das OLG Hamm nicht auf die von ihm zitierten Entscheidungen des B G H 9 7 und des B A G 9 8 stützen kann. In den dortigen Fällen ging es um die Frage, ob einem Arbeitnehmer Pensions- bzw. Versorgungszahlungen zuzusprechen waren, obwohl sich herausgestellt hatte, daß er während seiner Dienstzeit erhebliche Pflichtverletzungen gegenüber seinem Arbeitgeber begangen hatte. M i t Recht haben B G H und B A G hier strenge Anforderungen gestellt. Hat der Arbeitgeber durch das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers einen Schaden erlitten, so muß er diesen im Grundsatz selbständig geltend machen, wobei Pfändungsschutz, mitwirkendes Verschulden und beschränkte Arbeitnehmerhaftung zu berücksichtigen sind. 9 9 Dies ist schon deshalb gerechtfertigt, weil das Vertrauen auf Versorgungszusagen, auf die der Arbeitnehmer seine Planungen für den Lebensabend aufbaut, häufig von existenzieller Bedeutung ist. Es liegt auf der Hand, daß diese Grundsätze nicht ohne weiteres auf die Versagung des Anfechtungsrechtes wegen Rechtsmißbrauchs übertragen werden können. Eine vergleichbare Interessenlage ist bei der Anfechtung von Haupt Versammlungsbeschlüssen in der Regel nicht gegeben. Insbesondere in den oben beschriebenen Fällen, in denen die Aktionäre allein zur Durchsetzung ihrer Ziele vor der Hauptversammlung einige wenige Aktien erwarben, kann von einem existenziellen Interesse an der Anfechtung keine Rede sein. Von der besonderen Interessenlage bei der Geltendmachung von Pensionsansprüchen abgesehen, lagen die vom BGH und B A G entschiedenen Fällen auch insoweit anders, als dort die begangene Pflichtverletzung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung des Rechtes stand. Entscheidend war vielmehr, ob die Geltendmachung eines Anspruches ausschied, weil der Anspruchssteiler sich selbst - unabhängig von der Geltendmachung des Anspruchs - nicht rechtstreu verhalten hatte. Damit ist die im Rahmen der Systematisierung des Mißbrauchsgedankens entwickelte Fallgruppe der „unclean hands" angesprochen. 100 Diese Problematik ist in den Fällen, in denen sich der Aktionär sein Anfechtungsrecht abkaufen läßt, nicht einschlägig. 101 Eine Pflichtverletzung des Aktionärs liegt hier nicht in einem vorhergehenden, von der Rechtsausübung unabhängigen Verhalten, sondern möglicherweise in der Rechtsausübung selbst. Zu einer von der Rechtsausübung unabhängigen Pflichtwidrigkeit 97

BGH NJW 1984, 1529 f. BAG NJW 1984, 141 f. 99 BAGE 20, 298 (302). 100 Vgl. hierzu etwa Soergel/Teichmann, BGB, § 243 Rdnr. 286. 101 Ebenso im Ergebnis, aber ohne nähere Begründung Teichmann WuB II. A § 245 AktG 1.88. 98

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käme man nur, wenn man zwischen der Anfechtung einerseits und dem Zahlungsverlangen andererseits gedanklich trennen würde. 1 0 2 Das ist jedoch verfehlt. Die Rechtsausübung wird in den hier fraglichen Fällen gerade dazu eingesetzt, die Gesellschaft zu den gewünschten Zahlungen zu veranlassen. Die hieraus möglicherweise resultierende Pflichtverletzung wäre ohne die Geltendmachung des Anfechtungsrechtes nicht möglich. Beides stellt somit eine Einheit dar. Hier müssen daher andere Maßstäbe gelten als bei einer Pflichtverletzung im Vorfeld der Rechtsausübung. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten ist daher nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme von Rechtsmißbrauch in den hier zu prüfenden Fällen. (3) Auf der anderen Seite reicht es, wie o b e n 1 0 3 herausgearbeitet wurde, für die Annahme von Rechtsmißbrauch nicht aus, daß der Aktionär mit der Klage lediglich seine eigenen Interessen verfolgt. Erforderlich ist vielmehr, daß das Verhalten in Bezug auf die berechtigten Interessen der Gesellschaft und der Mitaktionäre als grob i l l o y a l 1 0 4 zu qualifizieren ist. Für die hier einschlägigen Fälle bedeutet dies, daß Rechtsmißrauch - wie der B G H 1 0 5 zutreffend ausführt - dann anzunehmen ist, wenn der Aktionär die Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung veranlaßt, auf die er keinen Anspruch hat und billigerweise nicht erheben kann. Damit ist allerdings noch keine abschließende Entscheidung über die Voraussetzungen des Rechtsmißbrauchs getroffen. Sie bedürfen vielmehr einer näheren Konkretisierung und Begründung. cc) Konkretisierung (1) Die Rechtswidrigkeit der erstrebten Leistung Eine grob eigennützige Verfolgung von nicht gerechtfertigten Leistungen dürfte nur dann anzunehmen sein, wenn die Realisierung des erstrebten Anspruches gegen wesentliche Bestimmungen oder Prinzipien des Aktienrechtes verstößt. I m folgenden ist daher zunächst zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Zahlung eines Abfindungsbetrages als Gegenleistung für die Rücknahme der Anfechtungsklage als rechtswidrig anzusehen i s t . 1 0 6 102

Dieser Meinung ist Bokelmann BB 1972, 733 (737). Abschnitt a) bb) (1) (b). 104 So die Formulierung von Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 52. 105 Zutreffend BGH ZIP 1989, 980 (984) sowie BGH ZIP 1990, 168 (171). 106 Eine andere, hiervon zu unterscheidende Frage ist, unter welchen Voraussetzungen der Vorstand berechtigt ist, auf Abfindungsforderungen der Aktionäre einzugehen. Siehe hierzu näher unten Abschnitt 3. 103

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(a) Rechtsgedanke des § 243 Abs. 2 A k t G Unzutreffend erscheint es, in diesem Zusammenhang auf den Rechtsgedanken des § 243 Abs. 2 A k t G abzustellen. 107 Der des öfteren 1 0 8 zu findende Satz, ein Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes komme dann in Betracht, wenn der Aktionär unzulässige Sondervorteile erstrebe, ist daher zumindest mißverständlich. § 243 Abs. 2 A k t G regelt einen speziellen Fall, in dem die Stimmrechtsausübung des Aktionärs als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Die Vorschrift begrenzt die Möglichkeit, das Stimmrecht zu eigenen Interessen einzusetzen. In den hier einschlägigen Fällen geht es dagegen um die Problematik, unter welchen Voraussetzungen die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit eines gefaßten Beschlusses begrenzt werden kann. An die Begrenzung der Legalitätskontrolle können nicht von vorneherein die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie an die Einschränkung der Stimmrechtsmacht. 109 Aus dem Gedanken des § 243 Abs. 2 A k t G lassen sich die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes anzunehmen ist, daher nicht ableiten. (b) Allgemeine Vergleichsproblematik Nach Ansicht H i r t e s 1 1 0 ist die Zahlung einer Geldsumme an den Aktionär gegen Rücknahme der Klage u.a. aus dem Gesichtspunkt des Vergleichs unzulässig. Dies folge bereits daraus, daß Anfechtungsklagen dem Vergleich allgemein nicht zugänglich seien. Zudem fehle es am gegenseitigen Nachgeben. Dem ist nicht zuzustimmen. Ein Vergleichsschluß zwischen dem Vorstand als Vertreter der Aktiengesellschaft und dem Aktionär ist im Grundsatz nur insoweit ausgeschlossen, als durch den Vergleich der Hauptversammlungsbeschluß selbst abgeändert oder für nichtig erklärt wird. Auch eine Verpflichtung, den Beschluß nicht durchzuführen, ist unwirksam. 1 1 1 Anders zu beurteilen ist dagegen ein Vergleich, der Wirksamkeit und Durchführung des Hauptversammlungsbeschlusses unberührt läßt. Nur 107 So früher ausdrücklich Fechner, Treuebindungen, S. 100 f. Diesen Gedanken greift wieder auf Hirte BB 1988, 1469 (1473); im Ansatz ähnlich Heuer W M 1989,1401 (1404). 108 Vgl. z.B OLG Köln

W M 1988, 1792 (1795); Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 79; Hirte BB 1988, 1469 (1473); ähnlich Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 53. 109 Weitergehend Bokelmann BB 1972, 733 (736), der dies denknotwendig nicht für möglich hält. 110 Hirte BB 1988, 1469 (1473 f.). 111 h.M.: BGH W M 1966, 1132 (1133); OLG Hamm AG 1988, 80 (81); Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 76; Baumbach/Hueck § 246 Anm. 8; Godin/Wilhelmi § 246 Anm. 8; Schilling in Großkommentar § 246 Anm. 7; dagegen Timm, FS Fleck, S. 365 (379 ff.) für die GmbH.

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eine derartige Vereinbarung steht in den hier zu entscheidenden Fällen in Rede. Uber den Beschlußgegenstand selbst wird nicht disponiert. Der Beschluß bleibt vielmehr vollinhaltlich bestehen. Die gegen die Zulässigkeit eines Vergleiches sprechende Zuständigkeitsproblematik ist daher nicht einschlägig. 112 (c) Der Gesichtspunkt des „Richters in eigener Sache" L u t t e r 1 1 3 und H i r t e 1 1 4 halten Zahlungen an die Aktionäre auch deswegen für unzulässig, weil sich die Gesellschaft hierdurch die Position des Richters in eigener Angelegenheit anmaße. Sie entscheide damit über „gute" und „schädliche" Anfechtungsverfahren sowie über deren Wert. Zulässig sei daher allenfalls ein Kostenausgleich auf der Basis, daß jede Partei ihre eigenen Kosten übernehme. Dies ist nicht überzeugend, weil inkonsequent. Würden diese Argumente gegen die Zulässigkeit von Zahlungen an die Aktionäre sprechen, so müßte es der Gesellschaft auch verwehrt sein, nicht nur die eigenen Kosten zu übernehmen, sondern überhaupt einer Klagerücknahme auch ohne Ausgleichszahlungen zuzustimmen. Auch hier ist dann die Gesellschaft „Richter in eigener Sache". Das wird aber auch von den Vertretern dieser Ansicht nicht angenommen. 115 (d) Differenzierung nach der Art des Verstoßes Nicht überzeugend ist es daher auch, wenn Martens 1 1 6 und Schiaus 1 1 7 hinsichtlich der Zulässigkeit von Ausgleichszahlungen nach der A r t des geltendgemachten Verstoßes differenzieren wollen. Möglich seien Zahlungen bei reinen Formfehlern, Vorsicht sei dagegen bei materiellen Fehlern geboten. Hier komme eine Zahlung nur in Betracht, wenn die Klage offensichtlich unbegründet sei oder nur wenig Erfolgsaussichten biete. Diese Differenzierung ist schon deshalb abzulehnen, weil die Verletzung von Formvorschriften, wie etwa die Information der Aktionäre, nicht zwingend weniger ins Gewicht fallen muß als der Verstoß gegen materielle Bestimmungen. 112 Nicht überzeugend Lutter ZGR 1978, 347 (363): er hält die Zahlung von Geldbeträgen für eine Umgehung der Disposition über den Hauptversammlungsbeschluß. Die Zahlung sei gleichbedeutend mit der Erklärung, daß der Beschluß eigentlich vernichtet werden müsse. Zahlungen erfolgen aber in den meisten Fällen nicht, um die Aufhebung des auch aus der Sicht der Gesellschaft rechtswidrigen Beschlusses abzuwenden, sondern um die Verfahrensdauer abzukürzen. 113 Lutter ZGR 1978, 347 (357). 114 Hirte BB 1988, 1469 (1473). 115 Siehe Lutter ZGR 1978, 347 (362). 116 Martens AG 1988, 118 (124). 117 Schlaue AG 1988, 113 (116).

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Darüberhinaus müßte dann bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit materieller Fehler jegliche Zustimmung zur Klagerücknahme verboten sein. Das ist aber aus der Funktion der Anfechtungsklage nicht begründbar, da das Gesetz eine materielle Kontrolle der Tätigkeit der Hauptversammlung nicht immer, sondern nur auf die Initiative des Aktionärs hin vorsieht. Zulässig muß die Klagerücknahme daher etwa dann sein, wenn der Aktionär zu der Uberzeugung kommt, daß eine Durchführung des Prozesses wegen der hierdurch für die Gesellschaft entstehenden und letztlich auch ihn treffenden Schäden wirtschaftlich auch für ihn ungünstiger ist als eine Klagerücknahme. (e) Gleichbehandlungsgebot I m Falle der Realisierung von Ausgleichszahlungen könnte aber das in § 53 a A k t G normierte Gleichbehandlungsgebot 118 verletzt sein. Eine Ungleichbehandlung liegt offensichtlich vor, da Zahlungen nur an einzelne Aktionäre erfolgen. Fraglich kann daher nur sein, ob diese differenzierte Behandlung aufgrund der besonderen Umstände, in denen sich der klagende Aktionär gegenüber den nichtklagenden Aktionären befindet, gerechtfertigt ist. (aa) Aus der Sonderstellung als klagender Aktionär können jedenfalls solche Zahlungen nicht gerechtfertigt werden, die außer Verhältnis zu dem in dem angefochtenen Beschluß liegenden Schadenspotential für den einzelnen Aktionär stehen. Ein sachlicher Grund für derartige Zuwendungen läßt sich aus der Ausübung des Anfechtungsrechtes nicht ableiten. Der klagende Aktionär wird in diesen Fällen vielmehr in rechtswidriger Weise auf Kosten aller übrigen Aktionäre, zu deren Leisten die Zahlungen letztlich gehen, bevorteilt. In diesen Fällen liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz eindeutig v o r . 1 1 9 (bb) Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist dagegen nicht anzunehmen, wenn der Aktionär die Klage gegen die Erstattung der Kosten seiner Rechtsverfolgung zurücknimmt. M i t einer derartigen Absicht wird ein Aktionär zwar im Regelfall keine Klage erheben. Das Problem kann sich jedoch stellen, wenn der Aktionär das Verfahren nach Klageerhebung vergleichsweise beenden will, etwa weil ihm Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten gekommen sind. I m Ergebnis steht sich der klagende 118 Siehe zum Gleichbehandlungsgebot grundlegend G. Hueck, Grundsatz gleichmäßiger Behandlung, insbes. S. 46 ff. 119 Ganz h.M.: Lutter ZGR 1978, 347 (355); Hirte BB 1988, 1469 (1473); Schlaue AG 1988, 113 (116); Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 53 a Rdnr. 26; entgegen Hirte BB 1988, 1469 (1473, Fn. 44) ist auch wohl Martens AG 1988, 118 (122) dieser Ansicht. Er will an die Verletzung - im Gegensatz zu Lutter ZGR 1978, 347 (365) jedoch keine Ansprüche der anderen Aktionäre knüpfen.

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Aktionär bei Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung nicht anders als seine nichtklagenden Mitaktionäre. Soweit hier daher überhaupt von einer Ungleichbehandlung gesprochen werden kann, ist diese jedenfalls sachlich gerechtfertigt. 120 (cc) Problematischer sind die Fälle, in denen der Aktionär neben den Kosten der Rechts Verfolgung seinen eigenen durch den Beschluß entstehenden Schaden ausgleichen will. Für zulässig hält solche Zahlungen Zöllner. 1 2 1 Er nimmt zwar nicht ausdrücklich zum Gleichbehandlungsgrundsatz Stellung, hält das Verhalten des Aktionärs aber mit Rücksicht auf § 243 Abs. 2 Satz 2 A k t G für legitim. Das ist aber nicht überzeugend. Bereits oben wurde dargelegt, daß § 243 Abs. 2 A k t G nicht ohne weiteres auf die Fragen der Zulässigkeit einer Rechtskontrolle übertragen werden kann. Darüberhinaus soll § 243 Abs. 2 Satz 2 A k t G eine Ungleichbehandlung unter den Aktionären gerade verhindern, der dort vorgesehene Schadensausgleich muß allen Aktionären zustehen. Die Vorschrift kann daher nicht zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung herangezogen werden. 1 2 2 Auch Martens 1 2 3 verneint einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in den Fällen, in denen nur ein Ausgleich für den eigenen Schaden gewährt wird. Zwar sollen nach seiner Ansicht durch das Anfechtungsverfahren auch die Interessen der nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre geschützt werden, primär handele es sich hier aber um eine persönliche, individuelle Angelegenheit der Verfahrensbeteiligten. Dieser Umstand schließe die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus. Auch dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Unzutreffend ist, daß es sich beim Anfechtungs verfahren um eine rein individuelle Angelegenheit der Verfahrensbeteiligten handelt, die die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes generell ausschließt. Unklar bleibt in diesem Zusammenhang vor allem, warum - auch wohl nach Ansicht Martens - bei unangemessen hohen Zahlungen eine Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes möglich sein soll. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Rechtsstellung der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft ergeben sich insoweit keine Unterschiede. Die entscheidende Frage ist, ob die vom Aktionär auf sich genommenen Risiken der Rechtsverfolgung den Ausgleich seines durch den Beschluß ent120 Vgl. Martens AG 1988, 115 (124); im Ergebnis für die Zulässigkeit eines Ausgleichs der Kosten der Rechtsverfolgung ohne nähere Begründung auch wohl OLG Karlsruhe ZIP 1989, 988 (994); siehe ferner Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 77; Schüling in Großkommentar § 246 Anm. 7; A. Hueck, Anfechtbarkeit, S. 176; 121 Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 80 122 Zutreffend Lutter ZGR 1978, 347 (355). 123 Martens AG 1988, 118 (124 ff.);

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standenen materiellen Schadens rechtfertigen. Das ist im Ergebnis zu verneinen. Das Risiko der Rechtsausübung wird bereits durch die Erstattung der Kosten für die Rechts Verfolgung ausgeglichen. In Bezug auf den durch den Beschluß entstandenen Schaden befinden sich dagegen alle Aktionäre der Gesellschaft gegenüber in der gleichen Situation. Die Erhebung der Klage rechtfertigt es damit nicht, allein dem klagenden Aktionär den ihm aus dem Beschluß erwachsenen Schaden zu ersetzen. Da diese Zahlung aus der Gesellschaftskasse erfolgt, würde hierdurch der Schaden der nichtklagenden Aktionäre noch vergrößert. Es verstößt damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn dem Aktionär für die Klagerücknahme eine Summe gezahlt wird, die die Kosten seiner Rechtsverfolgung übersteigt. (f) Kapitalerhaltungsvorschriften Zahlungen an Aktionäre gegen die Rücknahme der Klage könnten ferner gegen die aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57, 58 Abs. 5, 71 A k t G verstoßen. (aa) Gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 A k t G dürfen an den Aktionär Einlagen nicht zurückgewährt werden. Der Begriff „Einlagen" wird von der h . M . 1 2 4 weit ausgelegt. Es kommt nicht darauf an, ob der gezahlte Betrag einmal vom Aktionär als Einlage geleistet wurde. Vielmehr ist grundsätzlich 1 2 5 jede Zahlung, die die Gesellschaft an den Aktionär als solchen leistet, Einlagenrückgewähr i.S.d. § 57 A k t G , es sei denn, es handelt sich um eine Verteilung von ordnungsgemäß festgestelltem und zur Verteilung beschlossenem Bilanzgewinn, § 58 Abs. 5 AktG. Unerheblich ist dabei auch, ob die Zahlung offen erfolgt oder unter dem Deckmantel eines Scheingeschäftes, wie etwa die Zahlung völlig überhöhter „Beraterhonorare". Zahlungen anläßlich einer Klagerücknahme unterfallen damit dem Verbot der Einlagenrückgewähr, wenn diese im Hinblick auf die Aktionärsstellung des Opponenten erfolgen. Das aber ist zu bejahen. Die Zahlungen erfolgen unter Bezug auf die mitgliedschaftliche Stellung. Der Opponent kann nur aufgrund seiner Eigenschaft als Aktionär Anfechtungsklage erheben und die Gesellschaft damit in eine Zwangslage versetzen, die zur Zahlung des Betrages führt. M i t einem Dritten wäre ein derartiges Rechtsgeschäft 124 Vgl. RGZ 77, 11 (13); 107, 161 (168);149, 385 (400); OLG Hamburg AG 1980, 275 (278); Schlegelberger/Quassowski § 52 Anm. 3; Baumbach/Hueck § 57 Anm. 4; Barz in Großkommentar § 57 Anm. 2; Godin/Wilhelmi § 57 Anm. 4; Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 5 f.; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 57 Rdnr. 9 ff.; K. Schmidt, GesR, S. 672 f. 125 Ausnahmen bestehen in Sonderfallen: Gewährung von Bauzinsen (§ 57 Abs. 3); zulässiger Erwerb eigener Aktien (§ 71 AktG); zulässiger Erwerb wechselseitiger Beteiligungen (§ 71 Abs. 4 AktG); Auszahlung des Buchgewinns bei der Kapitalherabsetzung (§ 225 AktG); Zahlung des Einziehungsgeldes (§ 237 Abs. 2 u. 3); Gewährung eines Gründerlohnes an die Aktionäre (§ 26 AktG).

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daher nicht denkbar. Zahlungen an den Aktionär als Gegenleistung für die Zurücknahme der Anfechtungsklage stellen damit im Grundsatz eine verbotene Einlagenrückgewähr d a r . 1 2 6 Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft die Aktien des klagenden Aktionärs erwirbt. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluß aus § 57 Abs. 1 Satz 2, wonach lediglich der zulässige Erwerb eigener Aktien keine Einlagenrückgewähr darstellt. 1 2 7 (bb) Eine Ausnahme von dem Verbot der Einlagenrückgewähr ergibt sich in den hier zu prüfenden Fällen aber möglicherweise aus § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Nach dieser Vorschrift ist der Erwerb eigener Aktien zulässig, wenn dies notwendig ist, um einen schweren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Diese Voraussetzungen liegen auf den ersten Blick vor. Durch die Verzögerung der Eintragung droht der Gesellschaft ein hoher Schaden. Dieser kann nur dadurch abgewendet werden, daß der Aktionär die Klage zurücknimmt. Ist er hierzu nur gegen Aufkauf seiner Aktien bereit, so besteht keine andere Möglichkeit der Schadensabwendung. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Gesellschaft die Aktien des klagenden Aktionärs im Gegenzug für die Klagerücknahme kauft, scheint damit ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften auszuscheiden. Nach richtiger Ansicht kommt aber eine Rechtfertigung durch § 71 Abs. 1 Nr. 1 A k t G allenfalls dann in Betracht, wenn die Gesellschaft die Aktien zu einem Kurs erwirbt, der den Börsenwert nicht oder nur unwesentlich übersteigt. 1 2 8 Erfolgt der Ankauf zu einem höheren Preis, so erfolgen diese Zahlungen eben nicht als Gegenleistung für den Erwerb der Aktien, sondern aus anderen Gründen. In diesem Fall handelt es sich, ebenso wie etwa beim Abschluß fingierter Beraterverträge, um eine verdeckte Einlagenrückgewähr. Unabhängig davon kann durch § 71 Abs. 1 Satz 1 A k t G nicht das Verhalten des die Forderung stellenden Aktionärs gerechtfertigt werden. Die Vorschrift erlaubt der Gesellschaft durch den Kauf von Aktien einen Schaden abzuwenden. Dadurch wird die Drohung mit der Schadenszufügung und die Vermögensverschiebung selbst nicht gerechtfertigt. Aus der Befugnis, einen Schaden abzuwenden, kann nicht auf die Zulässigkeit der Schadenszufügung selbst geschlossen werden. Aus diesem Grunde kann § 71 Abs. 1 Nr. 1 A k t G nicht für die Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob das Verhalten der Aktionäre als rechtsmißbräuchlich zu beurteilen 126 h.M.: Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (200); ders. ZGR 1978, 347 (354); ders. in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 29; Hirte BB 1988, 1469 (1473); Martens AG 1988, 118 (120); zweifelnd Schiaus AG 1988, 113 (116). 127 ygj 2 u m Verhältnis von § 57 AktG und ,§ 71 AktG Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 71 Rdnr. 10. 128

So zutreffend Lutter ZGR 1978, 347 (356).

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ist oder nicht. (cc) Dennoch dürfte aber die Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung auch unter dem Aspekt der Kapitalerhaltungsvorschriften nicht rechtswidrig sein, da hierdurch die vom Gesetzgeber durch diese Vorschriften verfolgten Ziele nicht verletzt werden. Durch diese Vorschriften soll zum einen die Erhaltung des Grundkapitals der Gesellschaft zugunsten der Gläubiger gesichert werden. Die Interessen der Gesellschaftsgläubiger werden jedoch durch den Ausgleich der Kosten der Rechtsverfolgung nicht berührt. Regelmäßig wäre der Gesellschaft bei Nichtabwendung der Klage ein Schaden entstanden, der den gezahlten Betrag bei weitem übersteigt. Darüberhinaus stellen die Bestimmungen eine spezielle Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar. Eine sachlich nicht gerechtfertigte differenzierte Behandlung der Aktionäre soll hierdurch verhindert werden. 1 2 9 Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liegt aber in den hier fraglichen Fällen, wie o b e n 1 3 0 dargelegt wurde, nicht vor. (g) Zusammenfassung Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, daß Zahlungen an den Aktionär als Gegenleistung für die Rücknahme der Klage dann rechtswidrig sind, wenn diese die Kosten seiner Rechtsverfolgung übersteigen.

(2) Das „Erstreben" des Vorteils Neben der Rechtswidrigkeit der Leistung ist Voraussetzung für die Annahme von Rechtsmißbrauch nach der o b e n 1 3 1 genannten Definition des B G H ferner, daß der Aktionär diese „erstrebt" hat. I m folgenden ist zu prüfen, wann dies anzunehmen ist. (a) Für die Beurteilung, ob der Aktionär unzulässige Zahlungen erstrebt, kommt es entscheidend auf seine Motive a n . 1 3 2 Das äußere Verhalten kann nur als Indiz für das Vorliegen von Rechtsmißbrauch herangezogen werden. 129 Vgl. RGZ 107, 161 (168); Hettlage AG 1967, 249 (251); Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 57 Rdnr. 2; Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 2. 130 Siehe oben Abschnitt (e) (bb). 131 Abschnitt bb) (3). 132 So ausdrücklich OLG Köln W M 1988, 1792 (1797); im Ergebnis wohl einhellige Ansicht: vgl. etwa BGH ZIP 1989, 980 (894); BGH ZIP 1990, 168 (171 f.); Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (209); Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 80; Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89.

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Das bedeutet auf der anderen Seite nicht, daß der Aktionär die Verwerflichkeit seines Handelns auch erkannt haben m u ß . 1 3 3 Auf die innere Einstellung des Aktionärs zu seinem Tun kann es nicht ankommen. Ob seine Ziele schützenswert sind, ist vielmehr nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. 1 3 4 (b) Bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Aktionär die Absicht haben muß, unzulässige Zahlungen zu erstreben, wird allgemein - ohne nährere Begründung - auf die Klageerhebung abgestellt. 1 3 5 Dies hat seinen Grund wohl darin, daß ein Aktionär einen von der Gesellschaft unbeeinflußten Entschluß, sich die Klage abkaufen zu lassen, in der Regel bereits vor deren Erhebung fassen wird. Dagegen wird der Fall, daß der Aktionär erst nach Klageerhebung von sich aus „auf die Idee" kommt, sich die Klage abkaufen zu lassen, selten sein. Sollte dies aber im Einzelfall so sein, so dürfte auch hier Rechtsmißbrauch vorliegen. Für die Beurteilung, ob Rechtsmißbrauch gegeben ist, kann es nicht entscheidend auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern nur auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommen. (c) Anders sind die Fälle zu beurteilen, in denen der Aktionär erst aufgrund eines Angebotes der Gesellschaft veranlaßt wird, unangemessene Beträge geltend zu machen, er hierzu also - um eine Parallele zum Strafrecht zu ziehen 1 3 6 - von der Gesellschaft angestiftet wird. Wenn sich die Gesellschaft hier bei einem Scheitern der Verhandlungen auf Rechtsmißbrauch beruft, so ist ihr dieser Einwand wegen ihres eigenen widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB zu versagen. 137 Ausgeschlossen wird der Einwand der Rechtsmißrauchs dagegen nicht, wenn die Gesellschaft nur zum Schein auf die Forderungen des klagenden Aktionärs eingeht, um seine Absichten zu erkunden. 1 3 8 Dies muß auch gelten, wenn die Gesellschaft mit der gleichen Intention von sich aus ein Angebot macht.

133 Jedenfalls mißverständlich daher Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (209), nach dessen Ansicht Rechtsmißbrauch eine subjektiv verwerfliche Gesinnung des Anfechtenden voraussetzt. 134 Im Ergebnis auch Zöllner in Kölner Kommentar § 245 Rdnr. 80, der allerdings auf die funktionswidrige Ausübung des Anfechtungsrechtes abstellt. 135 BGH ZIP 1989, 980 (894); BGH ZIP 1990, 168 (171 f.); OLG Köln W M 1988, 1792 (1797); Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89. 136 Vgl. hierzu etwa Cramer in Schönke/Schröder, StGB, § 26 Rdnr. 5. 137 So in einem orbiter dictum jetzt auch der BGH ZIP 1990, 168 (172). Im Ergebnis ähnlich OLG Köln W M 1988, 1792 (1797); Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (209); Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89, die die Initiative des Klägers allerdings wohl nur als Indiz für seine verwerfliche Gesinnung werten wollen. 138 Zutreffend BGH ZIP 1990, 168 (172); OLG Köln W M 1988, 1792 (1795); zweifelnd Bayer W M 1989, 121 (126).

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(3) Zusammenfassung Zusammenfassend kann daher festgehalten werden: Ein Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes liegt vor, wenn der Aktionär von sich aus als Gegenleistung für die Rücknahme der Klage Zahlungen erstrebt, die die Kosten seiner eigenen Rechtsverfolgung übersteigen. c) Nachweis des Rechtsmißbrauchs Der Nachweis einer auf Rechtsmißbrauch gerichteten Absicht des Klägers, den die Gesellschaft zu führen h a t 1 3 9 , wird in vielen Fällen auf Schwierigkeiten stoßen. Probleme tauchen insbesondere dann auf, wenn der Kläger mit seinen Vorstellungen nicht offen an die beklagte Gesellschaft herantritt, sondern etwa erklärt, von sich aus stelle er keine Forderungen, er sei aber offen für Vorschläge der Gesellschaft, „zu einer wirtschaftlichen Lösung zu kommen". Häufig wird sich der Aktionär nicht einmal zu einer solchen Äußerung „hinreißen" lassen, sondern nur abwwarten, bis die Gesellschaft das erste Angebot macht. Hier stellt sich die Frage, auf welchen Indizien zum Nachweis der Absichten des Klägers zurückgegriffen werden kann. Das wird letztlich von den Umständen des Einzelfalles abhängen, so daß Verallgemeinerungen mit Vorsicht zu beurteilen sind. Unzutreffend ist es insbesondere, allein darauf abzustellen, ob der Aktionär von sich aus an die Gesellschaft herangetreten i s t . 1 4 0 Wird der Aktionär zunächst nicht von sich aus aktiv, so spricht dies zwar gegen eine verwerfliche Gesinnung, zwingend ist dies jedoch nicht. Vielmehr kann sich etwa aus einem Vergleich mit anderen Verfahren ergeben, daß der Aktionär die Klage in dem Bewußtsein erhoben hat, die Gesellschaft werde schon ein Abfindungsangebot machen. 1 4 1 Die verwerfliche Gesinnung kann sich ferner aus einem internen Zusammenwirken mit einem anderen klagenden Aktionär ergeben. 142 Ein geringer Umfang von Aktien oder eine kurze Zeit des Aktienbesitzes 1 4 3 kann nur bedingt als Indiz für die Gesinnung des Aktionärs herangezogen werden. Denn allein die Tatsache, daß der Aktionär 139 Unstreitig: vgl. nur RGZ 146, 385 (398); Hüffer in Geßler/Hefermehl § 245 Rdnr. 55; Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (209): Bayer W M 1989, 121 (125). 140 Richtig BGH ZIP 1990, 168 (172); anders OLG Köln W M 1988, 1792 (1797); Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (209); Bayer WuB I I A. § 340 a AktG 1.89. 141 So auch wohl der BGH ZIP 1989, 980 (985); zu weitgehend dagegen Timm EWiR § 243 AktG 1/88, 1049 (1050), der meint, von dem Kläger könne erwartet werden, daß er Angebote der Gesellschaft abweise. 142 So der Sachverhalt bei OLG Köln ZIP 1988, 967 ff. 143 Hieraufstellen u.a. ab: Hirte BB 1988, 1469 (1474); Martens AG 1988, 118 (122).

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nur eine Aktie besitzt, macht sein Verhalten nicht rechtsmißbräuchlich. 144 Es müssen daher andere Umstände hinzukommen. Für eine verwerfliche Gesinnung spricht es etwa, wenn der Aktionär die Aktien erst nach Bekanntwerden der geplanten Maßnahme erwirbt, sich im Anfechtungsverfahren aber auf finanzielle Nachteile des Projektes beruft. Hier kann davon ausgegangen werden, daß ein redlicher Aktionär von vorneherein vom Erwerb der Aktien abgesehen h ä t t e . 1 4 5 Unzutreffend ist es, die besondere Erpreßbarkeit der Gesellschaft bei bestimmten Beschlüssen als Indiz heranzuziehen. 146 Wäre dies richtig, so würde jedem Anfechtungs verfahren gegen einen Verschmelzungsbeschluß die Vermutung der Rechtsmißbräuchlichkeit anhaften. Dagegen können etwa die Verwendung von vorformulierten Widersprüchen, die mangelnde substantielle Begründung der geforderten Geldbeträge oder die Vereinbarung ungewöhnlicher Zahlungsmodalitäten Indizien für die Gesinnung des Klägers sein. 1 4 7 d) Die Einschaltung von Strohmännern Besonderheiten ergeben sich, wenn das Anfechtungsverfahren nicht durch den Aktionär selbst, sondern von einem „Vertreter" betrieben wird. Unproblematisch ist insoweit der Fall, daß der Vertreter tatsächlich für den Aktionär handelt, für diesen in Vergleichsverhandlungen eintritt und eine Abfindungssumme aushandelt. Hier ist § 166 BGB analog anwendbar. 1 4 8 Grundsätzlich kommt es also auf die Absichten des Vertreters an. Handelt dieser dagegen auf bestimmte Weisung des Aktionärs, so ist auf diesen abzustellen. Probleme treten in dem umgekehrten Fall auf, in dem der Aktionär nur „Strohmann" des eigentlich handelnden Hintermannes ist. Ein derartiges Vorgehen konnte in den oben erwähnten Anfechtungsverfahren des öfteren beobachtet werden. Wegen der St reitwert regelung in § 247 A k t G wird eine mittellose Person als formell klagender Aktionär vorgeschoben, betrieben wird das Verfahren dagegen von den Vertretern. Diese erklären Widerspruch gegen den Hauptversammlungsbeschluß, erheben Klage und handeln zu ihren Gunsten Abfindungsbeträge aus. Zahlungen an den Aktionär erfolgen dagegen nicht. Es stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen in diesen Fällen ein Mißbrauch des Anfechtungsrechtes anzunehmen ist. 144 145 146 147 148

Vgl. BayObLG BB 1974, 711; Zöllner in Kölner Kommentar § 246 Rdnr. 81. Richtig OLG Köln ZIP 1988, 967 (968). So Martens AG 1988, 118 (122). Vgl. Hirte BB 1988, 1469 (1474); Martens AG 1988, 118 (122). BGH ZIP 1990, 168 (172).

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deerhungsbeschluses

Das LG K ö l n 1 4 9 hat in einem derartigen Fall den Standpunkt vertreten, ein Verstoß gegen aktienrechtliche Vorschriften komme nicht in Betracht. Auch das OLG K ö l n 1 5 0 hat in dem Berufungsverfahren aktienrechtliche Vorschriften nicht geprüft. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Gegen die Maßgeblichkeit der formalen Aktionärsstellung spricht zum einen die Wertung des § 46 Abs. 5 A k t G . 1 5 1 Nach dieser Vorschrift haften die Hintermänner von Gründern ebenso wie die Gründer selbst. Das Gesetz berücksichtigt also die wirtschaftliche Position des Hintermannes. Zum anderen ist auf § 71 a A k t G zu verweisen, wonach es der Gesellschaft verboten ist, einem Dritten etwa durch Darlehnsgewährung den Erwerb von Aktien der Gesellschaft zu ermöglichen. Auch hier wird deutlich, daß das Gesetz Umgehungsgeschäften gerade im Bereich der Kapitalerhaltungsvorschriften begegnen will. Schiebt ein Dritter einen Aktionär als Strohmann vor, um sich dessen Klagemöglichkeit zu Nutze zu machen, so sind auf den Hintermann daher die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57, 58 Abs. 5, 71 A k t G entsprechend anzuwenden. Dieser ist so zu behandeln, als ob er selbst Aktionär wäre. Zahlungen an ihn verstoßen daher gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften. Eine mit diesem Ziel erhobene Klage ist rechtsmißbräuchlich.

e) Zusammenfassung aa) Ein institutioneller Rechtsmißbrauch des Anfechtungsrechtes liegt bei der Geltendmachung von Ausgleichszahlungen durch den Aktionär nicht vor. bb) Die Absicht des Aktionärs, sich die Anfechtungsklage abkaufen zu lassen, führt im Grundsatz zu einem individuellen Mißbrauch des Anfechtungsrechtes. Etwas anderes gilt, wenn die verlangte Summe die Kosten der eigenen Rechtsverfolgung nicht übersteigt. cc) Schiebt ein Dritter einen Aktionär vor, um Zahlungen an sich selbst zu erreichen, so ist der Dritte wie ein klagender Aktionär zu behandeln.

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LG Köln AG 1988, 349 (350). OLG Köln ZIP 1988, 967 (969). 151 Vgl. OLG Hamburg AG 1980, 275 (278); Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 40, 42; ders., FS 40 Jahre Betrieb, 193 (197): Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 57 Rdnr. 25. 150

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3. Zulässigkeit des Auskaufens seitens der A G Das Problem, daß Klagen zur Durchsetzung eigensüchtiger Ziele genutzt werden können, ist durch die Annahme von Rechtsmißbrauch in diesen Fällen nicht abschließend gelöst. Die von den Klägern angestrengten Verfahren verkürzen sich hierdurch nicht. Die Gesellschaft ist aber an einer schnellen Lösung interessiert, um die mit der Verzögerung verbundenen Schäden zu vermeiden. Hier kommt in den meisten Fällen nur eine Zahlung an den Aktionär in Betracht. Zahlungen an den Aktionär als Gegenleistung für eine Klagerücknahme - so wurde festgestellt - sind aber, von dem Ausgleich der Kosten der Rechts Verfolgung abgesehen, unzulässig. Fraglich ist, ob es damit auch dem Vorstand verboten ist, die Aktionäre gegen die Zahlung von Geldbeträgen auszukaufen. Hierzu werden unterschiedliche Ansichten vertreten: a) Meinungsstand aa) L u t t e r 1 5 2 hält den Vorstand im Grundsatz nicht für befugt, die Aktionäre abzufinden. Lediglich in ganz besonderen Ausnahmefällen komme ein aus der Sicht der Gesellschaft zulässiger Auskauf der Aktionäre in Betracht. Dies sei dann der Fall, wenn der Schaden, der durch die Eintragungsverzögerung zu erwarten sei, besonders hoch sei. Nicht genüge hier das allgemeine Verzögerungsrisiko. Erforderlich sei vielmehr, daß an die Gesellschaft ungewöhnlich hohe Ansprüche Dritter wegen der Verzögerung herangetragen würden, so daß die Gefahr bestehe, daß das gesamte Projekt scheitere. Zudem dürfe keine andere Handlungsalternative in Betracht kommen. bb) Martens 1 5 3 differenziert zwischen rechtsmißbräuchlichen und nicht rechtsmißbräuchlichen Klagen. (1) I m ersten Fall sei der Vorstand gem. § 76 A k t G berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Sei wegen der Eintragungsverzögerung ein außergewöhnlicher Gesellschaftsschaden zu befürchten, so dürfe der Vorstand den Aktionär abfinden, um eine Beendigung des Verfahrens herbeizuführen. Die Höhe der Zahlungen sei dabei Verhandlungssache, die nicht weiter überprüft werden könne. Eine Obergrenze bilde lediglich die Höhe des zu erwartenden Schadens. (2) Liege ein rechtsmißbräuchliches Verhalten des Aktionärs nicht vor, so sei zu differenzieren: Leide der angefochtene Beschluß nur an Formfehlern, so sei das Aufhebungsinteresse des Aktionärs relativ gering, das Interesse 152 153

Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (202 ff.). Martene AG 1988, 118 (120, 124).

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

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der Gesellschaft an einer Beendigung dagegen sehr hoch. I n diesen Fällen sei der Vorstand daher berechtigt, dem Aktionär seine gesamten prozessualen und außerprozessualen Kosten, sowie seinen persönlichen Aufwand zu ersetzen. Darüberhinaus sei in Betracht zu ziehen, auch eine Erstattung des persönlichen Schadens zuzulassen. Lägen dagegen materielle Fehler vor, so sei zu beachten, daß „nicht auf Unrecht gebaut werden" dürfe. 1 5 4 Hier könne nur dann in dem erwähnten Umfang gezahlt werden, wenn die Klage offensichtlich unbegründet sei oder nur geringe Erfolgsaussichten beständen. Ansonsten müsse äußerste Zurückhaltung geübt werden. Letztlich hänge hier das Ergebnis von den Umständen des Einzelfalles ab. So sei etwa ein vom Gericht vorgeschlagener Vergleich über jeden Zweifel erhaben. cc) Einen Ermessensspielraum will auch Schiaus 1 5 5 der Gesellschaft einräumen. Ein Auskaufen des Klägers ist nach seiner Ansicht insbesondere in den Fällen erlaubt, in denen die Klage „nach redlicher Ansicht des Vorstandes" unzulässig oder unbegründet ist. Dagegen sei bei der Verletzung materiellen Rechts jegliche Zahlung unzulässig. Diskutieren könne man dagegen über Fälle, in denen es „zu geringfügigen Verstößen im Ablauf der Hauptversammlung gekommen" sei.

b) Kritik aa) Durchgreifende Bedenken bestehen zunächst gegen die von Martens und Schiaus vorgenommenen Differenzierungen. Schon aus praktischen Gründen undurchführbar ist vor allem eine Unterscheidung zwischen offensichtlich unbegründeten Klagen, solchen mit geringen Erfolgaussichten und solchen, bei denen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Erfolges besteht. Uber die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses und damit über die Erfolgsaussichten der Klage besteht gerade Streit. Ihn zu entscheiden ist allein Sache des Gerichts. Die Rechtslage kann nicht von der persönlichen Einschätzung des Vorstandes abhängen. Seine, wenn auch „redlichen" Ansichten sind in diesem Zusammenhang nicht gefragt. Aus dem gleichen Grunde kann auch eine Differenzierung zwischen formellen und materiellen Fehlern nicht in Betracht kommen. A n welchen Fehlern der angefochtene Beschluß leidet, entscheidet das Gericht. Auch insoweit kann es nicht auf die Auffassung des Vorstandes der beklagten Gesellschaft ankommen. Darüberhinaus ist die Differenzierung auch deswegen unzutreffend, weil keineswegs gesagt ist, daß bei formellen Verstößen 154 155

Martens AG 1988, 118 (124). Schiaus AG 1988, 113 (116).

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immer ein geringeres Interesse des Klägers an der Aufhebung des Beschlusses besteht als bei materiellen Fehlern. So kann etwa eine mangelnde Aufklärung und die damit verbundene Verletzung des Partizipationsinteresses der Hauptversammlung ein sehr wohl beachtliches Interesse an der Aufhebung des Beschlusses begründen. bb) Auch die Ansicht Lutters, es sei zwischen dem „normalen" durch die Eintragungsverzögerung entstanden und dem darüberhinausgehenden Schaden zu differenzieren, kann jedenfalls vom Ergebnis her nicht überzeugen. Unklar bleibt hier vor allem, wie eine Unterscheidung in der Praxis erfolgen soll. Nicht nachvollziehbar ist ferner, warum nur Ansprüche Dritter einen insoweit erheblichen Schaden begründen können sollen. Gerade die „normalen" mit der Eintragungsverzögerung zusammenhängenden Risiken, wie Zinsverluste und Steuernachteile, sowie die Verhinderung von Synergieeffekten, können so gravierend sein, daß die Verschmelzung allein aus diesen Gründen zum Scheitern verurteilt ist. Warum das Gesetz derartige Schäden in Kauf nehmen sollte, nicht dagegen das Scheitern des Vorhabens wegen Ansprüche Dritter, ist nicht ersichtlich.

c) Eigene Ansicht Bei der Diskussion, ob der Vorstand berechtigt ist, klagende Aktionäre auszukaufen, lassen sich zwei Problemschwerpunkte erkennen, die nicht genügend auseinandergehalten werden. Zum einen stellt sich die Frage, inwieweit der Vorstand überhaupt - unabhängig von einer Ausgleichszahlung - auf die Rücknahme der Klage durch den Opponenten hinwirken darf. Zum anderen ist das hiervon zu unterscheidende Problem zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen sich der Vorstand durch Zahlungen an den Opponenten über die Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften und des Gleichbehandlungsgrundsatzes hinwegsetzen darf. aa) Die Funktion der Anfechtungsklage, auch eine Rechtskontrolle im Interesse der anderen Aktionäre und der Allgemeinheit durchzuführen, wird beeinträchtigt, wenn der Vorstand eine durch den Aktionär eingeleitete und von ihm gewollte Rechtskontrolle dadurch verhindert, daß er diesen dazu bringt, die von ihm erhobene Klage zurückzunehmen. Zwar ist - wie o b e n 1 5 6 ausgeführt - die private Initiative der Motor der Rechtsmäßigkeitskontrolle in der Aktiengesellschaft. Der Aktionär kann, da die Dispositionsmaxime auch in diesem Verfahren uneingeschränkt gilt, die Klage jederzeit zurücknehmen. Das berechtigt den Vorstand jedoch nicht, von sich aus aktiv zu einer Verhinderung der Rechtskontrolle beizutragen. Da 156

Abschnitt 2. a) bb) (1) (b).

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. Die Anfechtung des

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der Vorstand verpflichtet ist, auf ein rechtmäßiges Handeln der Gesellschaft hinzuwirken, darf er jedenfalls nicht „ m i t der Kasse der Gesellschaft im A r m " lästige Opponenten von sich aus auskaufen. 157 Gerechtfertigt werden kann dies Verhalten auch nicht durch die Pflicht des Vorstandes, gem. §§ 76, 93 Abs. 1 A k t G Schäden von der Gesellschaft abzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn die Verzögerung des Verfahrens zu einem erheblichen Schaden für die Gesellschaft führt. Denn die mit der Rechtskontrolle durch die Aktionäre verbundenen Nachteile sind vom Gesetz bewußt in Kauf genommen worden und damit hinzunehmen. Abhilfe könnte hier nur geschaffen werden, wenn das Eintragungsverbot in diesen Fällen aufgehoben würde. Das wäre allerdings, wie o b e n 1 5 8 ausgeführt, mit der neuen Vorschrift des § 352 a A k t G kaum zu vereinbaren. Die hier zu entscheidenden Fälle liegen jedoch in einem wesentlichen Punkt anders. Dem Aktionär kommt es auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle nicht an. Diese steht seinen Interessen vielmehr geradezu entgegen. Sein Wille ist es, das Verfahren ohne eine Entscheidung des Gerichtes durch den Abschluß eines Vergleichs, der für ihn die Zahlung eines Ausgleichsbetrages vorsieht, zu beenden. Die Funktion der Anfechtungsklage gebietet es jedoch keineswegs, das Verfahren gegen den Willen des klagenden Aktionärs zu Ende zu führen. Strebt dieser von sich aus eine Beendigung des Verfahrens durch Vergleichsabschluß an, so ist der Vorstand unter diesem Gesichtspunkt daher nicht gehalten, dies in jedem Fall abzulehnen. Selbst wenn der Vorstand zustimmt, wird die vom Aktionär eingeleitete Rechtskontrolle nicht durch ihn „manipuliert". Dies gilt auch in den Fällen, in denen materielle Fehler des in Streit stehenden Beschlusses in Rede sind. Eine unlautere Beeinträchtigung der vom Aktionär initiierten Rechtskontrolle 159 kann nur in Betracht kommen, wenn der Vorstand selbst den Anstoß zur Beendigung des Verfahrens gibt. Dabei ist - wie bereits o b e n 1 6 0 herausgearbeitet wurde - maßgeblich auf die innere Einstellung des Aktionärs, nicht aber auf den äußeren Verhandlungsablauf abzustellen. Der Vorstand verhält sich also nicht pflichtwidrig, wenn er lediglich nach außen hin das erste Angebot macht, um die Absichten des klagenden Aktionärs zu erkunden. bb) In den hier zu beurteilenden Fällen geht es also allein um die Frage, ob dem Vorstand ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, wenn er sich durch eine Zahlung an den Opponenten über die Kapitalerhaltungsvorschriften und den Gleichbehandlungsgrundsatz hinwegsetzt. 157 158 159 160

Insoweit zutreffend Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (202). Vgl. oben Abschnitt VI. 2. b). So Martens AG 1988, 118 (124). Abschnitt 2 cc) (2).

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Ausgangspunkt zur Lösung dieses Problems muß der Gedanke sein, daß sich der Vorstand in einer Pflichtenkollision befindet. Einerseits ist er gehalten, die Kapitalerhaltungsvorschriften sowie den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Auf der anderen Seite können erhebliche Schäden 161 für die Gesellschaft nur durch einen Verstoß gegen die soeben genannten Bestimmungen, nur durch eine Zahlung an den Aktionär abgewendet werden. Denn eine schnelle Beendigung des Verfahrens und damit eine Eintragung der Verschmelzung kann nur auf diesem Wege erreicht werden. Aus den allgemeinen Geschäftsführungspflichten, §§ 76, 93 Abs. 1 A k t G , folgt jedoch, daß der Vorstand verpflichtet ist, drohende Schäden von der Gesellschaft möglichst abzuwenden. Hieraus folgt: Gleichgültig wie der Vorstand sich in den hier fraglichen Fällen auch entscheidet, verstößt er gegen eine der ihm auferlegten Pflichten. Ob dem Vorstand diese Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, hängt davon ab, inwieweit die damit notwendigerweise verbundene Beachtung der jeweils anderen Pflicht einen Rechtfertigungsgrund für sein Handeln darstellt. 1 6 2 (1) Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang zunächst, ob dem Gesetz ein eindeutiger Vorrang der einen Pflicht gegenüber der anderen zu entnehmen ist. Für den Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften könnte sprechen, daß der Gesetzgeber den Fall der Einlagenrückgewähr in § 93 Abs. 3 Nr. 1 A k t G ausdrücklich als schadensersatzbegründende Handlung hervorgehoben hat. Hieraus läßt sich aber ein absoluter Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften nicht ableiten. 1 6 3 Eine Schadensersatzpflicht kommt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur „namentlich" in den Fällen der Einlagenrückgewähr in Betracht. Hieraus folgt, daß der Verstoß gegen § 93 Abs. 3 A k t G ein pflichtwidriges Verhalten des Vorstandes nicht zwingend begründet. Vielmehr kann die Einlagenrückgewähr gerechtfertigt sein, wenn die Beachtung höherwertiger Interessen hierzu zwingt. (2) Da dem Gesetz kein eindeutiger Vorrang einer der unvereinbaren Pflichten zu entnehmen ist, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstandes, sich für die Einhaltung der einen oder der anderen Pflicht zu entscheiden. Die hierbei vorzunehmenden unternehmerischen Wertungen sind durch das Gericht nicht voll überprüfbar. Lediglich bei offensichtlich

161

Für die Begründung des Schadens kommt es nicht entscheidend darauf an, daß eventuelle Schadensersatzansprüche gegen die Opponenten wegen ihrer Höhe tatsächlich nicht realisierbar sind; so aber Martens AG 1988, 118 (119). Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger können nicht den Schaden selbst verhindern, sondern später möglicherweise zu dessen Ausgleich führen. 162 Vom Ansatzpunkt her ebenso Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (202). 163 Im Ergebnis wohl unstreitig: vgl. Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (202); ferner Martens in Kölner Kommentar § 93 Rdnr. 41; Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 93 Rdnr. 36; Schilling in Großkommentar § 93 Anm. 27.

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. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

fehlgewichtigen Ergebnissen kann dem Vorstand eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. (3) Bei der Ausübung des Ermessens hat der Vorstand den hohen Stellenwert, den das Gesetz den Kapitalerhaltungsvorschriften und dem Gleichbehandlungsgrundsatz einräumt, zu berücksichtigen. Daher kann nicht jeder mögliche Schaden den Vorstand berechtigen, sich über diese Vorschriften hinwegzusetzen. Voraussetzung ist vielmehr, daß der durch die Eintragungsverzögerung drohende Schaden außer Verhältnis zu dem durch die Zahlung an den Aktionär entstehenden Schaden steht. Darüberhinaus ist erforderlich, daß der zu erwartende Schaden nur durch die Abfindung des Aktionärs verhindert werden kann. Stehen andere M i t t e l zur Verfügung, was freilich selten sein d ü r f t e 1 6 4 , so müssen diese angewendet werden. Denn in diesem Fall fehlt es an einer Pflichtenkollision. Übt der Vorstand sein Ermessen dagegen pflichtgemäß aus, so kann ihm ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorgeworfen werden, da die Abwendung des der Gesellschaft drohenden Schadens einen Rechtfertigungsgrund für die Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften und des Gleichbehandlungsgrundsatzes darstellt.

d) Zusammenfassung Der Vorstand befindet sich in einer Pflichtenkollision, wenn er einen der Gesellschaft durch die Eintragungsverzögerung drohenden Schaden nur durch dadurch abwenden kann, daß er an den klagenden Aktionär einen von diesem erstrebten und verlangten Geldbetrag zahlt. Trotz des mit einer Zahlung verbundenen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften und den Gleichbehandlungsgrundsatz, kann dem Vorstand ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorgeworfen werden, wenn er hierduch einen zur Zahlung außer Verhältnis stehenden Schaden abwenden kann.

4. Rückforderungeansprüche

a) Rechtliche Grundlagen aa) Zwar kann dem Vorstand, der auf ein Zahlungsverlangen des klagenden Aktionärs eingeht, um einen hierzu außer Verhältnis stehenden Schaden abzuwenden, wegen der Pflichtenkollision, in der er sich befindet, nicht der Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens gemacht werden. Da dem 164

Vgl. insoweit Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (202 ff.).

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Vorstand aber nur ein Rechtfertigungsgrund zur Seite steht, bleiben die an den Aktionär erfolgten Zahlungen selbst rechtswidrig. Diese verstoßen gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften und den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Gesellschaft steht gegen den Aktionär damit gem. § 62 A k t G ein sofort fälliger, nicht aufrechenbarer 165 Anspruch auf Rückerstattung des gesamten gezahlten Betrages zu. Er richtet sich auch auf den Teil der gezahlten Summe, der die Kosten der Rechtsverfolgung durch den Aktionär nicht übersteigt. bb) Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB sind daneben ausgeschlossen, da § 62 A k t G insoweit eine Sonderregelung darstellt. 1 6 6 I n den oben geschilderten krassen Mißbrauchsfällen können neben § 62 A k t G allerdings Ansprüche aus § 826 BGB bestehen. Diese werden nicht ausgeschlossen, da sie nicht auf Rückgewähr, sondern auf Schadensersatz gehen. 1 6 7 Sie sind allerdings schwer zu beweisen. 168

b) Pflicht zur Rechtsverfolgung Der Vorstand ist im Rahmen seiner Geschäftsführungspflicht verpflichtet, diese Ansprüche zu verfolgen. Tut er dies nicht, so macht er sich gem. § 93 Abs. 2 A k t G der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig. Durch die Verfolgung des Rückforderungsanspruches muß insbesondere versucht werden, den durch die Zahlung erfolgten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wieder auszugleichen. Der Vorstand darf daher nicht allgemein die Vorteile der Rechtsverfolgung gegen deren Nachteile, wie etwa Auswirkungen auf das öffentliche Unternehmensprofil, gegeneinander abwägen und im Falle des Uberwiegens der Nachteile von einer Rechtsverfolgung absehen. 169 In Betracht kommt ein Verzicht auf die Rechtsverfolgung nur, wenn die hierdurch zu befürchtenden Nachteile völlig außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil der Wiedererlangung des Geldes stehen.

165

Vgl. $ 66 Abs. 2 AktG i.V.m. § 66 Abs. 1 AktG. Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 62 Rdnr. 26; Barz in Großkommentar § 62 Rdnr. 15; Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 62 Rdnr. 29; auf die von Heuer W M 1989, 401 (1406 - 1408) eingehend erörterte Frage, ob die Vereinbarungen gem. §§ 134, 138 BGB nichtig sind, kommt es daher jedenfalls in diesem Zusammenhang im Ergebnis nicht an. 167 Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 62 Rdnr. 30; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 62 Rdnr. 27. 168 Zutreffend Lutter, FS 40 Jahre Betrieb, S. 193 (205). 169 So aber Martens AG 1988, 118 (121). 166

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

c) Ansprüche gegen den Nichtaktionär Ansprüche aus § 62 A k t G kommen auch gegen den Nichtaktionär in Betracht, der als Hintermann den Aktionär nur als Strohmann vorschiebt, um selbst nicht Aktionär zu sein. Da die Kapitalerhaltungsvorschriften hier analog anzuwenden s i n d 1 7 0 , findet auch § 62 A k t G Anwendung. Es ist daher verfehlt, in diesen Fällen ausschließlich auf Ansprüche aus § 826 BGB abzustellen. 1 7 1 5. Strafrechtliche Gesichtspunkte Dem Vernehmen n a c h 1 7 2 ist es jedenfalls in einem der oben beschriebenen Verfahren zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gekommen. Hierzu bestand auch durchaus Anlaß. In Betracht kommt vor allem, daß sich die klagenden Aktionäre in den fraglichen Fällen wegen Erpressung gem. § 253 StGB bzw. wegen Versuchs strafbar gemacht haben. a) Der objektive Tatbestand dürfte zu bejahen sein. § 253 StGB setzt insoweit zunächst die Drohung mit einem empfindlichen Übel voraus. Das empfindliche Übel ist in dem durch die Eintragungsverzögerung zu befürchtenden erheblichen Vermögensschaden zu sehen. Ob hinsichtlich der Drohung auf die Fortführung der Klage als positives Tun oder auf die Nichtrücknahme der Klage als Unterlassung abgestellt wird, ist unerheblich, da die Drohung sowohl in einem Tun als auch in einem Unterlassen liegen k a n n . 1 7 3 Die Gesellschaft wird durch dieses Verhalten zu einer Vermögensverfügung 174 genötigt, indem sie die geforderte Summe an die Aktionäre auszahlt. Hierdurch entsteht der Gesellschaft auch ein Schaden, der stoffgleich 175 ist mit dem erstrebten Vorteil. Auf etwaige Rückforderungsansprüche kommt es in diesem Zusammenhang nicht a n . 1 7 6 b) Die erforderliche Verwerflichkeit des Verhältnisses von Nötigungsmittel und Nötigungszweck ergibt sich in den vorliegenden Fällen daraus, 170

Siehe hierzu oben Abschnitt 2. d). So aber LG Köln AG 1988, 349 (350) und OLG Köln ZIP 1988, 967 (969); richtig Lutter in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 62 Rdnr. 13; Canaris, FS Fischer, S. 31 (41); Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 62 Rdnr. 20. 172 Vgl. Schlaue AG 1988, 113. 173 Vgl. BGHSt 31, 195 (198 ff.); Wessels, BT - 1 § 8 I I I 3, S. 83; Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 253 Rdnr. 5; ders. § 240 Rdnr. 20; Dreher/Tröndle, StGB, § 240 Rdnr. 18. 174 Zu der Frage, ob die Handlung zwingend in einer Vermögens Verfügung bestehen muß, siehe Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 253 Rdnr. 8 f.; Dreher/Tröndle, StGB, § 253 Rdnr. 11. 175 Siehe zu dieser Voraussetzung Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 253 Rdnr. 20. 176 Siehe bereits oben Abschnitt 3. b) bb) (2) (a). 171

Zusammenfassung

201

daß auf den als Gegenleistung für die Rücknahme der Klage geforderten Betrag kein Anspruch besteht, derartige Leistungen vielmehr rechtswidrig sind. Die Verfolgung rechtswidriger Ziele indiziert die Verwerflichkeit des Verhältnisses von Mittel und Zweck. 1 7 7 Eine falsche Bewertung der Angemessenheit von Mittel und Zweck durch den Aktionär ist ein Verbotsirrtum nach § 17 S t G B . 1 7 8 Dieser ist nur beachtlich, wenn er nicht vermieden werden konnte. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist notfalls der Rat eines Rechtskundigen heranzuziehen. 179 In den hier zu beurteilenden Fällen dürfte daher, soweit überhaupt ein Irrtum vorliegt, die Vermeidbarkeit zu bejahen sein. c) Problematisch kann der Nachweis des subjektiven Tatbestandes sein. Erforderlich ist hier insbesondere Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung. Dieser wird in den oben beschriebenen krassen Fällen völlig überzogener Zahlungen in der Regel gegeben sein, kann aber etwa dann fehlen, wenn lediglich ein Betrag geltend gemacht wird, der den durch den Beschluß entstandenen Schaden ausgleichen soll. Dies ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen.

X . Zusammenfassung 1. Die wichtigste Rechtsschutzmöglichkeit der Aktionäre gegen die Verschmelzung ist die Anfechtungsklage. Von den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft kann diese auch mit der Begründung erhoben werden, das Umtausch Verhältnis der Aktien sei zu hoch bemessen. In allen anderen Fällen fehlt bei einer Berufung auf ein unangemessenes Umtausch Verhältnis an einem Anfechtungsgrund. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen. 2. Die Kausalität eines Gesetzes- oder Satzungsverstoßes für den Verschmelzungsbeschluß ist nicht Voraussetzung für dessen erfolgreiche Anfechtung. Entscheidend ist vielmehr die Relevanz des Verstoßes. Diese ist zu bejahen, wenn Mitwirkungs- oder Informationsrechte der Aktionäre verletzt werden. 3. Trotz der in § 246 Abs. 2 Satz 2 A k t G angeordneten Doppelvertretung durch Vorstand und Aufsichtsrat ist die Anfechtungsklage ordnungsgemäß zugestellt, wenn eine Zustellung an ein Vorstandsmitglied erfolgt ist. § 171 Abs. 3 ZPO ist auf das Verhältnis Vorstand - Aufsichtsrat anwendbar. 4. I m Eintragungsverfahren hat das Registergericht von dem ihm nach §127 FGG eingeräumten Ermessen in der Weise Gebrauch zu machen, daß 177

Vgl. Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 240 Rdnr. 21; Arzt, FS Welzel, 823 (837). Vgl. BGHZ 2, 194 (196 f.); Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 253 Rdnr. 11. 170 Vgl. BGHSt 4, 1 (5); Schönke/Schröder/Cramer, StGB, § 17 Rdnr. 16; ausführlich Kunz GA 1983, 457 - 471. 178

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Teil 3 :

. Die Anfechtung des

erhungsbeschlusses

es bei fehlender Beibringung der Erklärung nach § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G das Eintragungsverfahren in jeden Fall aussetzen muß. Dies folgt aus der neuen Regelung des § 352 a A k t G . 5. Anfechtungsklagen gegen den Verschmelzungsbeschluß fehlt im Hinblick auf § 352 a A k t G nach Eintragung der Verschmelzung das Rechtsschutzbedürfnis. Bereits erhobene Klagen sind - soweit sie vor der Eintragung zulässig und begründet waren - in der Hauptsache für erledigt zu erklären. 6. Der von der übernehmenden Gesellschaft gefaßte Verschmelzungsbeschluß kann auch angefochten werden, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluß unanfechtbar geworden ist. 7. Verfolgt der Aktionär mit der Anfechtungsklage die Absicht, sich diese gegen einen Betrag abkaufen zu lassen, der die Kosten seiner eigenen Recht s Verfolgung übersteigt, so handelt er rechtsmißbräuchlich. Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist berechtigt, auf Forderungen des Aktionärs einzugehen, wenn durch die Eintragungsverzögerung ein hierzu außer Verhältnis stehender Schaden zu erwarten ist. Der Vorstand ist verpflichtet, gezahlte Beträge gem. § 62 A k t G zurückzufordern. Er kann hiervon nur in besonderen Ausnahmefällen absehen. Ist der klagende Aktionär von einem Dritten als Strohmann vorgeschoben, so ist der Dritte wie ein Aktionär zu behandeln.

Teil 3 : C. Die Geltendmachung der Nichtigkeit

203

C . D i e G e l t e n d m a c h u n g d e r N i c h t i g k e i t des Verschmelzungsbeschlusses Eine verhältnismäßig geringe Bedeutung kommt der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses zu. Sie liegt nur in den in § 241 A k t G abschließend1 aufgezählten Fällen vor.

I . Formelle Fehler Da die i m ersten Halbsatz des § 241 A k t G aufgeführten Vorschriften sämtlich den Verschmelzungsbeschluß nicht betreffen, kommt dessen Nichtigkeit wegen formeller Verstöße nur in den in § 241 Nr. 1 und 2 genannten Fällen in Betracht. Nichtig ist der Beschluß hiernach nur, wenn er nicht nach § 130 Abs. 1, 2 und 4 A k t G beurkundet worden ist, oder wenn die beschließende Hauptversammlung nicht nach § 121 Abs. 2 und 3 A k t G einberufen war. Sonstige Formverstöße führen dagegen lediglich zur Anfechtbarkeit des Beschlusses.

I I . Inhaltliche Fehler

1. § 241 N r . 3 A k t G Wegen seines Inhaltes ist der Verschmelzungsbeschluß gem. § 241 Nr, 3 A k t G insbesondere 2 nichtig, wenn hierdurch Vorschriften verletzt werden, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder i m öffentlichen Interesse gegeben sind. Die oben 3 herausgearbeiteten inhaltlichen Anforderungen an den Verschmelzungsbeschluß dienen jedenfalls überwiegend dem Schutz der Aktionäre und nicht dem der Gesellschaftsgläubiger. 4 Auch ein Verstoß gegen öffentliche Interessen ist bei Nichtbeachtung dieser Grundsätze zu verneinen. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang, daß die Aktionäre auf den ihnen gewährten Schutz 1

„nur"; vgl. statt aller Zöllner in Kölner Kommentar § 241 Rdnr. 27 ff. Der Alternative des Verstoßes gegen das Wesen der Aktiengesellschaft kommt daneben kaum eine selbständige Bedeutung zu; Vgl. Zöllner in Kölner Kommentar § 241 Rdnr.97 f. 3 Teil 2 Abschnitt B. 4 Vgl. auch Regierungsbegründung BT Drucksache 9/1065 S. 14. 2

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Teil 3 : C. Die Geltendmachung der Nichtigkeit

verzichten können. 5 Ein Machtmißbrauch durch die Mehrheit kann daher nicht zur Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses nach § 241 Nr. 3 A k t G führen.

2. § 241 N r . 4 A k t G Der Verschmelzungsbeschluß ist gem. § 241 Nr. 4 A k t G ferner nichtig, wenn er gegen die guten Sitten verstößt. Nach h.M. 6 ist dies allerdings nur anzunehmen, wenn der Beschluß „ganz für sich allein genommen" sittenwidrig ist. Ein Verstoß gegen die Bestimmung soll daher i m Falle des Machtmißbrauchs der Mehrheit ausscheiden, da die Sittenwidrigkeit ihre Ursache hier auch i m Beweggrund und Zweck des Beschlusses habe. Diese Auffassung hat ihre Ursache, wie Zöllner 7 zutreffend feststellt, wohl in der oben 8 dargestellten ausdehnenden Interpretation des § 138 BGB durch die reichsgerichtliche Rechtsprechung. Sollte nicht jeder Machtmißbrauch zur Sittenwidrigkeit führen, mußte i m Rahmen des § 241 Nr. 4 A k t G ein Regulativ geschaffen werden. Diese Notwendigkeit besteht mit der Anerkennung von Treuebindungen in der Gesellschaft, die die Anwendung des § 138 BGB weitgehend verdrängt haben, nicht mehr. Dennoch will Zöllner 9 einer einschränkenden Interpretation des § 241 Nr. 4 A k t G i m Ergebnis zustimmen. Dies folge bereits aus Gründen der Rechtssicherheit. Für die Abgrenzung sei auf die zu § 241 Nr. 3 A k t G entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Wenn der Aktionär auf den ihm gewährten Schutz verzichten könne, scheide Nichtigkeit aus. Das vermag jedoch nicht zu überzeugen. Bei einer derartigen Auslegung kommt Nr. 4 gegenüber Nr. 3 A k t G nahezu keine selbständige Bedeutung mehr zu, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann. Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ist durch eine einschränkende Interpretation des Begriffs ..Sittenwidrigkeit" selbst Rechnung zu tragen. Nichtigkeit nach § 241 Nr. 4 A k t G kann daher auch bei Mißbrauch der Mehrheitsmacht in Betracht kommen. Allerdings ist dies nur in besonders kraß liegenden Ausnahmefällen anzunehmen.

5 Vgl. zu dieser Abgrenzung Baumbach/Hueck § 241 Anm.9; Schilling in Großkommentar § 241 Anm. 21; Schlegelberger/Quassowski § 195 Anm. 7; Zöllner in Kölner Kommentar § 241 Rdnr. 112. 6 Vgl. Baumbach/Hueck § 241 Anm. 10; Godin/Wilhelmi § 241 Anm. 11; Schilling in Großkommentar § 241 Anm. 24; Schlegelberger/Quassowski § 195 Anm. 8. 7 Zöllner in Kölner Kommentar § 241 Rdnr. 124. 8 Vgl. oben Teil 2 Abschnitt Β. I. 1. a). 9 Zöllner in Kölner Kommentar § 241 Rdnr. 124 f.

Zusammenfassung

205

I I I . Geltendmachung durch Klage Die Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses kann der Aktionär gerichtlich durch die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gem. § 249 A k t G geltend machen. Hierbei handelt es sich i m Prinzip um eine Feststellungsklage. Das Urteil hat allerdings wegen der Verweisung in Abs. 3 auf § 248 A k t G Rechtskraftwirkung über die §§ 325 f. ZPO hinaus. Hieraus folgt, daß für die Klage, ebenso wie bei § 256 ZPO, ein Feststellungsinteresse gegeben sein muß. Dieses ergibt sich aber grundsätzlich bereits aus der Aktionärsstellung des Klägers. 10 Eine „normale" Feststellungsklage kann vom Aktionär nicht erhoben werden, da ein entsprechendes Urteil nur inter pares wirken würde, mithin hinter den Rechtskraftwirkungen eines auf die Nichtigkeitsklage ergangenen Urteils zurückbleiben würde. 1 1 Der auf Rechts klar heit gerichtete Normzweck der Nichtigkeitsklage verbietet es den Parteien, über die Rechtskraftwirkung in dieser Weise zu disponieren. 12

I V . Zusammenfassung Der Geltendmachung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses kommt geringe Bedeutung zu, da Nichtigkeit nur selten gegeben ist. Außer bei Formfehlern kann sie in krassen Fällen auch bei Machtmißbrauch durch die Mehrheit vorliegen.

10

Vgl. Godin/Wilhelmi § 249 Anm. 1; Zöllner in Kölner Kommentar § 249 Rdnr. 20. Einhellige Ansicht: BGHZ 70, 384 (388); OLG Düsseldorf AG 1968, 19 (22); Godin/Wilhelmi § 249 Anm. 5; Schilling in Großkommentar § 249 Anm. 2; Zöllner in Kölner Kommentar § 249 Rdnr. 3; Hüffer in Geßler/Hefermehl § 249 Rdnr. 4. 12 Hüffer in Geßler/Hefermehl § 249 Rdnr. 4. 11

206

Teil 3 : D . Die Anfechtung des KapitaierhÖhungsbeschlusses

D . Die Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses W i l l sich ein Aktionär der übernehmenden Gesellschaft gegen die Verschmelzung wenden, so hat er neben der Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses die Möglichkeit, den Kapitalerhöhungsbeschluß anzufechten, soweit ein solcher gefaßt worden ist.

I . Anfechtungsgründe

1. Formelle Fehler Eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses kann zunächst wegen formeller Fehler erfolgen. Insoweit gelten keine Besonderheiten. Allerdings dürften derartige Verfahren, i m Gegensatz zur „normalen" Kapitalerhöhung kaum Bedeutung erlangen, da insbesondere der sonst vorgeschriebene schriftliche Bericht gem. § 186 Abs. 4 Satz 2 A k t G nicht erforderlich ist, § 343 Abs. 1 Satz 1 AktG.

2. Z u niedriger Ausgabebetrag Ein Kapitalerhöhungsbeschluß kann gem. § 255 Abs. 2 A k t G grundsätzlich wegen eines zu niedrigen Ausgabebetrages angefochten werden. Erfolgt die Kapitalerhöhung zum Zweck der Durchführung einer Verschmelzung, so ist diese Möglichkeit dagegen ausgeschlossen. Die Bestimmungen über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der Verschmelzung stellen jedoch Sonderegelungen i m Verhältnis zu § 255 Abs. 2 A k t G dar. 1 W i l l sich der Aktionär gegen ein unangemessenes Umtauschverhältnis wehren, so muß er gegen den Verschmelzungsbeschluß klagen. Bei einer entsprechenden Klage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß fehlt damit die Anfechtungsbefugnis. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.

3. Fehlender Sachgrund Auch Anfechtungsklagen gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß, die auf eine fehlende sachliche Rechtfertigung der Verschmelzung abstellen, 1

Vgl. oben Abschnitt B. II. 2. b) bb).

I I . Wirkungen der Anfechtungsklage

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können keinen Erfolg haben. Derartige Klagen sind zwar nicht unzulässig, aber unbegründet. Der Kapitalerhöhungsbeschluß zur Durchführung der Verschmelzung selbst bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Auch hier ist entscheidend auf den Verschmelzungsbeschluß abzustellen. 2

I I . W i r k u n g e n der Anfechtungsklage Eine Anfechtungsklage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß führt i m Ergebnis ebenso wie eine Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses zur Blockade der Durchführung der Verschmelzung. Die Verschmelzung darf nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn zuvor die Kapitalerhöhung eingetragen worden ist, § 346 Abs. 1 Satz 2 AktG. Nach zutreffender Ansicht 3 ist jedoch § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G auf die Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses analog anzuwenden. Nur so läßt sich verhindern, daß der Rechtsschutzanspruch der Aktionäre nicht in unzulässiger Weise verkürzt wird. Ansonsten könnte die Kapitalerhöhung trotz schwebendem Anfechtungsprozeß möglicherweise eingetragen werden. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, auch die Verschmelzung einzutragen, womit die Wirkungen des § 352 a A k t G eintreten. 4 Trotz mangelnder Grundlage könnte die Verschmelzung dann nicht mehr rückgängig gemacht werden.

I I I . Zusammenfassung Anfechtungsklagen gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß verhindern die Eintragung der Verschmelzung. Eine Berufung auf ein unangemessenes Umtauschverhältnis oder das Fehlen eines sachlichen Grundes ist in diesem Zusammenhang aber nicht möglich. Erhebt der Aktionär die Klage mit dieser Begründungen, so fehlt die Anfechtungsbefugnis.

2

Vgl. oben Teil 2 B. II. 3. a) aa). Kraft in Kölner Kommentar § 345 Rdnr. 4; Möhring/Nirk/Tank Rdnr. 790; a.A. Baumbach/Hueck § 352 Rdnr. 9. 4 Siehe hierzu oben Abschnitt Β. VII. 1. a). 3

Teil 4

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse I . Z u r Berechnung des Umtauschverhältnisses 1. Das Umtausch Verhältnis ist angemessen, wenn keine Partei durch die Verschmelzung einen Nachteil erleidet. 2. Bei der nach der Ertragswertmethode vorzunehmenden Unternehmensbewertung hat die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes für die Ermittlung des Umtausch Verhältnisses umso größere Bedeutung, als die Entwicklungen der beteiligten Gesellschaften gegenläufig sind. 3. Wegen ihrer „automatischen" Aufteilung brauchen Synergieeffekte bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses nicht besonders berücksichtigt zu werden. 4. Der Bewertungsstichtag ist der festgelegte Verschmelzungsstichtag gem. § 340 Abs. 2 Nr. 6 AktG. I I . Z u den ungeschriebenen Voraussetzungen 1. Die Verschmelzung muß auf Seiten der übernehmenden Gesellschaft im Gesellschaftsinteresse liegen, erforderlich und unter Berücksichtigung der Belange der Minderheit nicht unverhältnismäßig sein. Das Gesellschaftsinteresse ergibt sich aus dem Grundzweck und dem in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand. Auf Seiten der übertragenden Gesellschaft muß das Interesse der Mehrheit an einer Neuanlage des investierten Kapitals die hiermit verbundenen Beeinträchtigungen der Minderheit überwiegen. 2. Der Gesellschaft ist bei der Beurteilung, ob die Verschmelzung sachlich gerechtfertigt ist, ein weitgehender unternehmerischer Beurteilungsspielraum einzuräumen. Auf Fahrlässigkeit beruhende falsche wirtschaftliche Prognosen führen nicht zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses. 3. Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung trägt der Aktionär. Die Gesellschaft trifft die Pflicht, zu dem Vorbringen substantiiert Stellung zu nehmen.

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Teil 4 : Zusammenfassung

I I I . Z u den formellen Voraussetzungen 1. I m Verschmelzungs vertrag muß der Vorstand lediglich Angaben zum Übertragungsvorgang, nicht aber zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Aktienübertragung machen, um den Anforderungen des § 340 Abs. 2 Nr. 4 A k t G zu genügen. 2. Die Vorstände können wahlweise jeweils einen eigenen oder einen gemeinsamen Verschmelzungsbericht gem. § 340 a A k t G verfassen. Der Bericht muß dem Aktionär eine Stichhaltigkeitskontrolle der geplanten Verschmelzung ermöglichen. Aus dem Gesichtspunkt der Verschmelzungsprüfung gem. § 340 b A k t G ergeben sich darüberhinaus keine weiteren Einschränkungen der Berichtspflicht. Begrenzt wird die Berichtspflicht jedoch analog § 131 Abs. 3 A k t G . Der Bericht muß mindestens Angaben über die ermittelten Unternehmenswerte und den verwendeten Kapitalisierungszinsfuß enthalten. Je nach den Umständen ist weiter die Angabe von Einzelplanergebnissen erforderlich. Mängel i m Bericht können nicht durch Mitteilungen in der Hauptversammlung selbst ausgeglichen werden. 3. Gegenstand der Verschmelzungsprüfung gem. § 340 b A k t G ist der Verschmelzungsvertrag. Der über das Prüfungsergebnis zu verfassende Bericht braucht nur die i m Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Mindestangaben zu enthalten. I V . Z u m Spruchstellenverfahren Nur die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft können gem. § 352 c A k t G in einem Spruchstellenverfahren die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses überprüfen lassen. Hierfür gilt eine Frist von 2 Monaten. Eine Anschlußantragstellung ist nicht zulässig. Das Verfahren kann durch Vergleich oder Antragsrücknahme beendet werden. V . Zur Anfechtungsklage 1. Von den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft kann die Anfechtungsklage auch mit der Begründung erhoben werden, das Umtauschverhältnis der Aktien sei zu hoch. I n allen anderen Fällen fehlt bei einer Berufung auf ein unangemessenes Umtauschverhältnis die Anfechtungsbefugnis. 2. Die für eine Anfechtung erforderliche Relevanz des Gesetzes- oder Satzungsverstoßes liegt vor, wenn Mitwirkungs- oder Informationsrechte der Aktionäre verletzt werden. 3. Die Anfechtungsklage ist ordnungsgemäß zugestellt, wenn eine Zustellung an ein Vorstandsmitglied erfolgt ist.

Teil 4 : Zusammenfassung

211

4. Das Registergericht hat bei fehlender Beibringung der Erklärung nach § 345 Abs. 2 Satz 1 A k t G das Eintragungsverfahren in jedem Fall aussetzen. 5. Anfechtungsklagen gegen den Verschmelzungsbeschluß fehlt nach Eintragung der Verschmelzung das Rechtsschutzbedürfnis. 6. Der von der übernehmenden Gesellschaft gefaßte Verschmelzungsbeschluß kann auch angefochten werden, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluß unanfechtbar geworden ist. 7. Verfolgt der Aktionär mit der Anfechtungsklage die Absicht, sich diese gegen einen Betrag abkaufen zu lassen, der die Kosten seiner eigenen Rechtsverfolgung übersteigt, so handelt er rechtsmißbräuchlich. Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist berechtigt, auf Forderungen des Aktionärs einzugehen, wenn durch die Eintragungsverzögerung ein hierzu außer Verhältnis stehender Schaden zu erwarten ist. Der Vorstand ist i m Grundsatz verpflichtet, gezahlte Beträge gem. § 62 A k t G zurückzufordern. Ist der klagende Aktionär von einem Dritten als Strohmann vorgeschoben, so ist der Dritte wie ein Aktionär zu behandeln. V I . Zur Nichtigkeitsklage Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses kann in krassen Fällen auch bei Machtmißbrauch durch die Mehrheit vorliegen. V I I . Zur Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses Anfechtungsklagen gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß verhindern die Eintragung der Verschmelzung. Der Aktionär kann sich hier aber auf ein unangemessenes Umtauschverhältnis oder das Fehlen eines sachlichen Grundes nicht berufen.

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