Denkwürdigkeiten aus dem Leben Georg Cannings: Band 2 [Aus dem Englischen des D. Styles. Reprint 2018 ed.]
 9783111432403, 9783111066875

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Denkwürdigkeiten au- dem Lebe«

Georg Tannins s. Aus dem Englische« de» D. Style» PMI

d.

e. W. a f 6 < r.

Zweiter Band.

Berlin, 1829. Gedruckt und verlegt bei G. R e i m t r.

„ Zuvörderst strebte er das Regiment und die Herrschaft ln seinen eigenen Hände« zu halten; . . . endlich war fein Sinn aus solche Handlungen gerichtet, die sein Gedächtniß fortpflanzen, und auf spätere Jahrhunderte die Wirkung seiner guten Re­ gierung bringen möchten." Bacon. „Welche Schatte« wir sind, und welche Schatten wir verfolgen!"

Burke.

Inhalt. Capitel V. Loa Pitts Lode -Ls zur EnNafstag -es GrenvAs-Ministeriums. — Tannings Satyrs«. — Sliah*s ÖanteL — Seme Reden im Parlament Wider die Maßregeln -es Ä(# nisteriums. — Lob des Hrn. Fox. — Ministerwechsel. — Ursache dieses Wechsels. — Sonstitutionelle Grundsätze. — Spottgedichte auf die abgegangenen Minister. — Alle Latente. — Die neualte Opposition. * # # *

Lapttel VI. Das ns»e Mintstertu». —. Ctauttoa Seeretair f&r die anst wärtigen Angelegenheiten, — Das Schuld gegebene versprechen. — Dis katholische Frqge mit Bestimmtheit vom Labiaet verworfen. — Bk Opposition. — Lannings Reden. — Angriffe auf skanwing im Parlamens. — Durch die Presse. — Peter Plymley — Seine Briefe publicirt, um die Opposition im Parlament |u unterstützen. — Bombardement von E-penha-en und Wegnahme der dä­ nischen Flotte. — Seine durchdachte und kräftige Red« bei dieser Gelegenheit. — Die unmittelbaren Wirkungen dieser Rede im Parlament. — Dr. Duigena» zum Mit-

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erste glfcfte des Geheimen Rathes ernannt« — Amtliche Ant­ worten Canuings als Secretair- für die auswärtigen Angelegenheiten, in Bezug auf die Friedens-Anträge und in Erwiederung an den Russischen Gesandten, den Krieg auf der pyrenaischen Halbinsel betreffend. — Reden. — Duell mit Lord Castlereagh. — Resignation. -

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Capitel VH. Die Expedition nach Walcheren. — WhitdreadS Angriff auf Eanning. — Die Regentschaft. — Bewilligung an Lord Wellington. — Lord Morpeths Antrag hinsichtlich der katholischen Frage. — EanningS Rede. — Zustand der Nation. — Der auf Irland sich beziehende Theil der Rede EanningS. — Pereevals Ermordung. — Eanning verweigert die Annahme eines Amtes. — Antrag und un, vergleichliche Rede über die katholischen Ansprüche. — Keine Papisterei. -------

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Capitel VIII. Diederaussbhnung mit Lord Eastlereagh. — Fortwährende Ablehnung eines Amtes. — Zunehmendes Ansehn im ganzen Lande. — Einladung sich als Repräsentant für Liverpool zu melden. — Hr. Brougham und Hr. Ereevy die Volks- oder Whig - Candidaten. — EanningS Be­ tragen während der Wahl. — Deine Reden. — Sieg der verbündeten Heere. — Dankbarkeit des Parlaments. — Der I6te November 1813 zu Lioerpool. — EanningS Rede am lOitn Januar 1814. — Gesandtschaft nach Lissabon. — Hrn. Dhirdread'S Satyre darüber. — EanningS Rück­ kehr. — Gelbstvertheidigung gegen die ausgestreuten Derläumdungen über den Gegenstand seiner Sendung, auö, gezogen aus feiner Rede zu Liverpool. — Des Marquis von Anglefea Bein, t ------

2^2

V

Capitel IX. Seite Cannlng Mitglied des Ministeriums. — Zweite SrwLH* luvg für Liverpool. — Auflösung des Parlaments. —

Dritte Erwählung. — Indemnitäts-Bill. — Der ver­ ehrte und brüchige vgden. — Herausforderung. — Moore's bittere Gatyre. — Cannings Rechtfertigung. — Rede über den Zustand der Nation. — Anspielung auf die Wahl für DestmLnfter, veranlaßt durch den Tod von Sir Sa­ muel Romilly. — vierte Erwählung für Liverpool. — Grabschrift auf den Tod seine» Sohnes. — Ankunft der Königin Caroline. — Verfahren tm Parlament. — Gon* nings Vertheidigung der Minister. — Sein Entschluß, nicht wetter an irgend einer Maßregel gegen die Königin Theil zu nehmen. — Seine Resignation. — Directoren der Ostindischen Compagnie. — Cannings Antwort auf ihre Danksagung. — Zusammenkunft der Eigenthümer von ostindischen Staat-papieren. — Danksagung — Antwort darauf. — Ernennung -um General*Gouverneur von Ost­ indien. — Beabsichtigte Abreise. — Abschiedsbesuch in Liverpool. — Ueberreichung eines Silber, Geschirre- von Seiten seiner Constituevten. — Tod des Marquis von Londonderry. — Wiedereintritt ins Amt. •

Capitel X. Innere und auswärtige Politik de- Secretairs für die aus­ wärtigen Angelegenheiten. — Rede über den Seidcnhandel. — Krieg Frankreichs mit Spanien. — Streit mit Brougha«. — Besuch in Plymouth. — Da- Bürgerrecht des Ortes wird ihm überreicht. — Rede bei dieser Gele, genheit. — Broughams Antrag hinsichtlich de- Verfah­ rens -u Demerara gegen den Miffionair Smith. — Ancr* kennung der neuen amerikanischen Staaten. — Vorstel­ lungen von Seiten Spanien-. — Cannings Erwiederung. — Panischer Schrecken. — Canning- Vertheidigung der Minister. — Neger-Sklaverei. — Besuch in Frankreich.

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— Mittags,ffen bei Carl X. — Zustand von Portugal. — De- Königs Botschaft. — Eaaniogt glänzende Rede. — Ihre Wirkung. — Eaaniogt Krankheit. — Wiederher­ stellung. — Lord Liverpool zieht sich aut de« Ministerium zurück. — Korn-Ges,he. — Katholische Smanclpatioa.— Ernennung zum ersten Minister. — X««tritt der Tories. — Reuet Ministerium. — Beunruhigende Krankheit. — Tod. — Begräbnist. — Sharacter. • • • «

Anhang. Antrag auf eine Adresse an 6t. flÄajtjtlt alt Qrrottberung auf die Red« vom Thron. Ctc. 19. 1806.

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Denkwürdigkeiten aus dem Leben

Georg Lannirgs.

Kapitel V. Vom Lode PlttS bis zur Entlassung des Grenville-MinisteriumS. — CanningS Satyren. — Eliah'S Mantel. — Seine Reden im Parlament wider die Maßregeln des Ministeriums. — Tod des Hrn. Fox. — Ministerwechsel. — Ursache dieses Wechsels. — Constitutionelle Grundsätze. — Spottgedichte auf die vorigen Minister. — Alle Talente. — Die neualte Opposition.

/0& Pitt die Emancipation der Katholiken jemalö ernst­ lich beabsichtigt habt, mag wohl tu bezweifeln seyn. Sein Austritt aus dem Ministerio war, wie wir gesehen haben, ein temporaires AuSkunftsmittel, um sich von der Erfül­ lung seiner Versprechungen gegen die irländischen Katholi­ ken los zu machen; und von dem Augenblick an, bis zu seinem Lode, gab er eine Maßregel auf, zu deren Lrfül. lang sein feierliches Wort, und durch ihn daS Wort der Nation verpfändet war. Wäre er aufrichtig gewesen, und hätte die katholische Emancipation wirklich alS auf Politik und Gerechtigkeit gegründet betrachtet, würde er alsdann wohl im 3. 1804 wieder in fein Amt eingetreten seyn, unter Ausschluß der Grenville» Partei, mit der er so einmüthig während seiner früheren Verwaltung in Gemein­ schaft gehandelt hatte, und für die jenes eine Frage von wesentlicher Wichtigkeit war? Es heißt freilich, daß er bei der Bildung des Ministeriums feine eigenen Ansichten beschränkten Vorurtheilen, die höheren Ortes herrschten, l*

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aufzuopfern genöthigt war; und daß, wären nicht diese Vorurtheile dawider gewesen, ein Ministerium gebildet seyn würde, daS die glänzendsten Talente sammt dem mächtig­ sten Einflüsse im Reich umfaßt hätte. Alan behauptete sogar, daß Pitt dem Könige den Namen des Hm. For mit zum Vorschlage gebracht, und zwar auf Veranlassung deS Lord Grenville, der den Mitcintrilt jenes zur Comli tio sine «jun non seiner eigenen Annahme eines Amtet gcmackt habe. DaS scheint indessen kein sine qua non für Pitt gewesen zu seyn *). Er ließ die Grcnviltc's und die katholische Emancipation für sich selbst sorgen, und nahm die Castlereagh's und Perceval's zu seinem Beistände, die gewissenhaft seiner neuen Politik anhingen. Beim Tode seines Anführers löste sich das Ministerium auf; cs trat zurück, um einer Klaffe von Staatsmännern Platz zu ma­ chen, die in allen den großen Fragen, welche das Parla­ ment zu erörtern und zu entscheiden hatte, fast gerade ent­ gegengesetzter Ansichten waren. Dem Lord Grenville über­ trug Se. Majestät das schwierige Geschäft, das neue Mi­ nisterium zu bilden. Die Namen der neuen Minister er­ schienen bald darauf in dem Amtsblatte; die Eabinctsminister waren: die LordS Grenville, Erskine, Fitzwilliam, Spencer, Moira, Sidmouth und Ellenborough; LordHcnrr Pctty, Hr. Fox, Hr. Wyndham und Hr. Grey. Lord Grenville folgte Hrn. Pitt als Erster Lord des Schatzes, und Lord Henry Petty (jetzt MarquiS von Laus. down) als Kanzler der Schatzkammer **). Graf Fitzwil*) Der Eifer für katholische Emancipation scheint den Verfasser ungerecht gegen Pitt zu machen, dem es, nach der im ersten SJanbe mitgetheilten Rede Foren- bei Gelegenheit der Be willigung für den Pitl'schen Nachlaß, allerdings um den Zu­ tritt Foren- Ernst gewesen seyn muß. Änm. d.Ucl>. **) Das erstere 2lnit, da- bei 1'irat Lord of (he (reasurv, de.

5 Ifam wurde Präsident des Geheimen Rathes an der Stelle von Lord Camden, und Viscount Sidmoukh folgte dem Grafen von Westmoreland als Geheim-Siegelbewahrer. Hr. Fox wurde Staats-Secretaic für die auswärtigen An­ gelegenheiten, welche Stelle durch den Austritt von Lord Mulgrave erledigt worden war. General Fitzpatrick trat in die Stelle de- Hrn. William DundaS als StaatS-Seeretair für den Krieg, und Hr. Wyndham kn die des Lord Castlereagh im Kriegö« und Colonial»Departement. 2m Ministerio des Innern räumte Lord HawkeSbury dem Gra­ fen Spencer seinen Platz. Hr. Erökine wurde unter dem Titel Lord Erskine zum Pair erhoben, und trat in die Stelle des Lord Eldon als Lord-Kanzler von England. Hr. Grcy wurde erster Lord der Admiralität an der Stelle dcS Lord Barham; Lord Moira General -Feldzeugmeister; Hr. Sheridan Schatzmeister der Marine anstatt des Hrn. Canning, und der Herzog von Bedford folgte dem Lord Hardwicke in der Verwaltung von Irland. Graf St. Vincent wurde zum Commando der Flotte im Kanal er­ nannt, und die Lordö Minto und Aukland präsidirten, der Eine an der General-Kontrolle *), der Andere im Han­ dels-Departement. Das ist das Ministerium, über daS sich so viel unverdienter Tadel ergossen hat. Von ihren Vorgängern in eine unendlich schwierige Lage versetzt; eiS nige von ihnen dem Monarchen persönlich zuwider; ihr politisches System der Tory-Aristokratie verhaßt, und von zeichnet in England bekanntlich d«i Premier-Minister. Pitt hatte das bei Chancellor of iliv Excheijuer damit vereint, wie später auch Canning; beide aber, da sie keine PairS wa­ ren, hatten für erstere Würde den Titel der: b',,t commisetuiier of llie Ircasury. Anm. d. Ueb. «) ßuavil of Controul, die Contrelle der Ostindischen Angele, geoh eiten. Anm b. Ueb.

6 dem Volke mit Murren aufgenommen, weil sie nicht Wun­ der zu thun und die Wirkungen desselben bei den zahllosen Hindernissen sofort zu zeigen vermochten, von ihren Freun­ den nur lau unterstützt, und

von ihren Feinden mit Er­

bitterung angegriffen, sollten ste den Tod ihres ausgezeich­ neten Führers *) nicht lange überleben, dessen Gesundheit schon sichtbar abnahm, als er sein Amt antrat, und der im strengsten Sinne de- Wortes als Opfer des nagenden Kummers fiel,

de- Neides, der ihn mit Schlangenbissen

verfolgte, und des kränkenden Fehlschlagens, das, wegen Mangel an Unterstützung von Seiten des Thrones wie beö Landes, seine erleuchteten Maßregeln traf. Als eS bekannt wurde, daß in einer großen politischen Frage das Gewissen deS Königs das Gesetz für den Staat abgeben sollte, und daß ein jedes Ministerium sich entwe­ der diesem fügen oder feine Entlassung nehmen müsse, da stimmten plötzlich dir Anhänger Pitts, seltsam genug, wenn er Freund der Emancipation war, das Feldgeschrei „keine Papistcrei" an, um seine Nachfolger im Amte zu placken. Ihre unwürdigen Bestrebungen glückten ihnen nur zu gut, und „alle Talente," wie sie mit Recht, wenn schon von ihren Feinden spottweisr, benannt wurden, waren nicht im Stande dem Volkögeschrei und dem königlichen Zürnen zu widerstehen.

ES thut uns leid sagen zu müssen, daß auch

Eanning sich zu diesem unwürdigen Mittel hergab.

Seine

Poetcrci beschränkte sich indessen nicht auf den Gegenstand der Emancipation.

Das neue Ministerium hatte kaum

seine schwierigen Pflichten übernommen, als es durch den modernen Iuvcnal folgendergestalt angegriffen wurde.

») 8*1.

7 Eliah'S Mantel. Dem Andenken des sehr achtbare» William Pitt geweiht. Als Eliah, berufen aus Israels Land, In heiliger Lohe zum Himmel erstand Auf des Allmächtigen Wort, Da fing Elisa den Mantel auf, Ihn erfüllt des Propheten Seist darauf, Dem Lande ein zweiter Hort. Unser Israel sah einst in Pitt vereint Des Propheten Gemüth, den DaterlandSfreund, Eliah'S Geist war da; Jetzt, traurig Geschick! — Hin ist der Geist, An Vertrauen, an Hoffnung sind wir verwaist, Denn kein Elisa ist nah. Ist unter jenem gierigen Schwarm, Der die Macht nun ergriffen mit Harpyen Arm Und DaterlandSfreund sich nennt — Wohl Einer, dem fest vertraute das Land, Der Eliah'S Mantel zu tragen im Stand, Der den Weg -um DolkSglücke kennt? Grenville! Deinen Ruhm um den Schatz -u erhöh n, Laß den heiligen Eifer PittS Dich umweh'«, Von dem Mantel ergreif' einen Theil; Entschlossen, erhaben über niedrigen Sold Auch arm zu bleiben bei der Schatzkammer Gold, Dein Reichthum — de- Staates Heil. Und Du, Fox! fällt auf Dich auch ein Stück, So rufe die Zeit ins Gedächtniß zurück, Da einst im gepflogenen Rath Mit unheiligen Lippen Du priesest laut DaS „hehre Gebäude," das Schurken gebaut Auf der DourbonS vernichteten Staat. Dir entflamme die Seele sein Beispiel mit Gluth, Begeistre die Zunge mit DaterlandSmuth, Deinem gallischen Hefen -um Spott:

8 Und lehre Dich dann tu der letzten Stund Setn Gebet (wenn zu beten vermag Dein Mund), „O rette mein Vaterland, Gott!" Wyndham! wenn Dir Lummer je füllte die Brust, Um öffentlich Weh, oder stillen Verlust, Mit Recht Dein Luge jetzt weint. Um Cäsar auch Brutus zu trauren vermag, Sein Haß folgt nicht in den Stob ihm nach, Und Pitt war einst ja Dein Freund. Doch ist Dir mit Reib erfüllet das Her-, Der Dich fühlloS macht gegen unseren Schmerz, Mit DerlLumdung ihn nur umschleich! Dem Leichnam die Ehre de- Grabe- nimm, Seiner Stugenden spotte mit heiserer Stimm', Lhersite-, dem Elenden, gleich! Ruhmvoller Ro-clu- unsere- Staats! Reu au-staffirt für die Stunde de- Rathö, Du Wunder Deiner Zeit! Heißt Petty Dich, oder Betty das Land? Deine Rolle zu spielen von Granta gesandt, Zu der Sitzung geschäftigem Streit. Pitt- Schatzkammerkleid blieb Dir ja zurück, So nimm von dem Mantel nun auch ein Stück Die Bedürfnisse deckt er Dir gut *). Und rufen Jack und Consorten Dir dann: Die Schatzkammer, Hal, die bring' un- heran!"•♦) So verscheucht er die gierige Brut. Du weiser Palinuru-! den Vincent- Ruf Zum Steuermanne de- Reiche- schuf, Zu seinem Vertreter ernannt; Kennst Sterne Du oder Compaß wohl, Ist fest Deine Hand, wenn da- Meer wogt hohl, Ist Dir Seemann- Karte bekannt? *) T’ will aid thy YVay» and Means , Mittel UNd Wege, nemlich um die Staats-Bedürfnisse zu decken. Lnm. d. U. **) Shakespeare, Henry IV. Hier ist unter Aack (Fat Jack ) der al- Leviathan schon bekannte Herzog von Bcd f:rb arm.int. Lnm. d. Ueb

9 Nicht! — Nimm denn ein Stück von dem Mantel hier, Zur Flagge wird er genügen Dir, Und laß von dem Maste ihn wehn. Bei diesem Zeichen, dem Zeichen zum Sieg, Stürzen künftige Nelson- herbei zum Krieg, Gewonnenen Ruhm zu erhöhn. Sidmouth! — liegt jetzt sein Haupt auch tief, Wer war'-, der zuerst au- dem Dunkel Dich rief, Dir ein zweite- Leben verlieh? Verlieh die Macht Dir und Herrlichkeit Den vergoldeten Stab, da- verbrämte Kleid, Wodurch Dein Werth erst gedieh? Bedenke, wie einst Dich sein Mantel umhüllt; Ist Einer den gleiche Tugend erfüllt, Der unter den Neuen Dir nützt? Oder glaubst Du, daß Deine Amien- - Tracht, Die man einst Dir schon zum Gespette gemacht, Gegen Wyndham'S Satyre Dich schützt? Deine neuen Freunde, mit frevelnder Hand, Bedrohten mit Bürgerzwist unser Land, Pitt- mächtiges Wort sie zerstiebt; Allein Er den Rasenden Einhalt thut, Aus den Trümmern 'ner Welt errettet sein Murh DaS 2-rael, das er geliebt. Verklärter! wenn nah Deinem Heiligthum Des Gelehrten Weisheit, des Feldherrn Ruhm Verkündet der Marmorstein — Um Dich fällt die Thräne der Bürgerschaar, Erhebt dann versteint den crystallncn Altar, Wie Dein hehrer Name so rein!

Die Maßregeln

der Minister

während ihrer kurzen

Herrschaft waren freilich weit entfernt populair zu seyn. 3n und außer dein Hause erhoben sich Stimmen, wir möch­ te» wohl sagen,

erhob das Geschrei sich gegen sie.

ning griff sie mit besonderer Erbitterung an.

Ean-

Seine Re-

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t>m sind im Allgemeinen von geringem Interesse, außer wo er eine Gelegenheit hatte oder herbeiführen konnte, seinen Witz auf Unkosten seiner früheren Freunde zu zeigen, die, alS integrircnde Theile deS Ministeriums, gegen daS er zu Felde zog, ihren vollen Antheil von feinen SarraSmcn er­ hielten. Die erste Debatte von Bedeutung, die die Auf­ merksamkeit deS Landes auf sich zog, war Lord EllcnboroughS Sitz im Cabinct, ein Platz, der mit feinem Amte als Lord-Oberlichter durchaus unverträglich, und eben so verfassungswidrig als bis jetzt unerhört war: — wenigstens nach den Behauptungen der Opposition, und man muß gestehen, daß sie dieses Mal daS größte Recht auf ihrer Seite hatte. CanningS Rede bei dieser Gelegenheit ent­ wickelte umfassende Ansichten der britlischen Constitution, und bewies feine natürliche Uebcrlcgenheit über die engher­ zige Politik, zu der er gewöhnlich gezwungen war. In Erwiederung auf Hrn. Bond, der diese Maßregel der Mi­ nister geschickt vertheidigt hatte, sagte Lanning: „Ehe ich kur; angebe, auS welchen Gründen ich den Antrag meines achtbaren Freundes zu unterstützen denke, wünsche ich einige wenige Worte zu sagen, um die Be­ weggründe von mir abzuweisen, die mir und denen, die gleicher Meinung mit mir sind, von dem sehr achtbaren Gentleman, der zuletzt geredet hat, untergelegt zu werden scheinen. Dieser hat ncmlich gesagt, daß zu einem Augen­ blicke, wo die Vereinigung aller Talente, die möglicher Weise zu finden waren, so nothwendig sey, um den Verlegenhei­ ten und Gefahren zu begegnen, die so besonders schwer auf dem Lande lasteten, meine Freunde und ich darnach stre­ ben, auS dem Cabinctte Sr. Majestät eine Person zu ent­ fernen, die durch die größten Talente, durch anerkannte Tu­ genden, männlichen Verstand und unbczweifelte Rechtlichkeit sich auszeichnete. Ich für meinen Theil protestirc gegen

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eine so unpassende Art $u disputiern. Bei einer Frage dieser Beschaffenheit müßten, wenn eS nach meinem Wun­ sche ginge, Einmischungen in Bezug auf den persönlichen Charaeter nie Statt finden. Ist die Frage überall der Beachtung werth, — und daß sie eS sey, hat der sehr acht­ bare Gentleman selbst zugestanden, als er sagte, daß die Sache einen tiefen Eindruck im Lande hervorgebracht, und daß die Gründe, die sie unterstützten, auf den ersten An­ blick sehr plausibel erscheinen, ist die Frage überall der Beachtung werth, so ist es auch nicht mehr als recht, das; sie nach ihrem eigenen Werthe beurtheilt werde, als sich auf einen Oberrichter beziehend, und nicht in Bezug auf dessen persönliche Eigenschaften. Es ist mithin unpassend von Seiten des sehr achtbaren Gentleman, uns Motive unterzulegen, die gegen den Charactrr des Lord Ellenborough gehen, wo wir doch in der That nicht von der Un­ fähigkeit deS edlen und gelehrten Lords, überhaupt einen Platz im Cabinct einzunehmen, sondern nur davon reden, daß ein solcher Platz sich überhaupt für Niemand schicke, der Lord Qberrichter sc». Wenn die ausgezeichneten Ta­ lente und Rechtlichkeit für so nothwendig im Cabinette ge­ halten werden — und mit Freuden stimme ich allem bei, was zu seinem Lobe gesagt werden kann so giebt es ein sehr leichtes Mittel, sich diese zu Nutzen zu machen, indem man den edlen Lord eine Stufe höher erhebt, und ihm das große Siegel anvertrauet; und nach den Lobreden, die wir auf die Unabhängigkeit desselben gehört haben, glaube ich nicht, daß er eine solche Beförderung auS dem Grunde ab­ gelehnt haben würde, daß eS besser sey, einen Posten auf Lebenszeit zu haben, als einen so ungewissen, wie der deS Lord Kanzlers ist. Aber nicht zufrieden zu behaupten, daß ein Richter auch zweckmäßig im Cabinette sitzen könne, soll, nach dem sehr achtbaren Gentleman, auch gerade seine Un-

abhängigkcit ihn zu einem der passendsten Männer von der Welt für einen solchen Posten machen, weil er seine Mei­ nung ungefährdet und ungestört durch irgend einen Grund des eigenen Interesse abgeben würde.

Ich

betrachte die

Sache indessen aus einem ganz andern Lichte, und sehe sie vielmehr aus dem Gesichtspunkte an, aus welchem mein achtbarer Freund neben mir sie dargestellt hat, und den man in dieser Hinsicht nicht zu widerlegen vermochte.

Ich bin

der Meinung, daß ein Posten, der seiner Natur nach ab­ hängig, und doch ein Gegenstand des Ehrgeizes ist,

leicht

daS Zutrauen stören mag, das sonst die Unabhängigkeit ei­ nes Richters einstößt.

Ich hoffe, daß man mich hier nicht

in der Art mißverstehen wird,

als wollte ich auf irgend

ein bestimmtes Individuum hindeuten. Punkt nur ganz abstrakt, Jemanden,

Ich betrachte den

und behaupte, daß wenn wir

den das Gesetz

sehr wohlbedacht

unabhän­

gig gestellt hat, in die oben erwähnte Lage versetzen, wir die Wirkungen jener Unabhängigkeit grvßenthcils wieder zer­ stören. Das ist erwiesen, sobald man einmal zugiebt, was nicht gcläugnct werden kann, daß die Entsetzung eines Lord Oberrichtcrö von einem Ehrenposten ihm doch einigermaßen zur Schmach gereiche, und daß er, um diese Schmach zu vermeiden, je zuweilen wohl in Versuchung kommen könne, auf eine Weise zu handeln, die nicht ganz mit seiner Pflicht und seinem Eharacter übereinstimmte.

Daß cs aber für

eine Ehrenstclle gilt, Eabinrtsmitglicd zu seyn, kann glaube ich nicht gclaugnet werde».

Auch ist cs seit kurzem hin­

reichend erwiesen worden; denn seit den letzten sechs Wo­ chen ist cs unmöglich Jemand zu sprechen,

oder nur die

Zeitungen zu lese», ohne zu erfahren, wie eifrig solche Stel­ len gesucht werden.

In vier Beispielen hat es sich erst

kürzlich cuvicsen, wie sehr Stellen im Eabinetle, neben an­ dern bedeutenden Posten, als Gegenstände des Ehrgeizes

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betrachtet werden. Giebt man das aber zu, so macht der Punkt deS Gehaltes und der Emolumente für die gegen­ wärtige Frage nur einen sehr geringen Unterschied. Der sehr achtbare Gentleman hat in das Lob mit eingestimmt, das der Verwaltung der Gerechtigkeit in diesem Lande ge­ sprochen worden ist. Es ist eine der größten Segnungen unserer Verfassung, wenn nicht in der That die größte. Sie ist nicht minder fest begründet als schätzbar. Sie hat dem Sturm der Faetioncn, der Usurpation, der Empörung widerstanden. Welcher Ursache können wir da- beimesscn Nicht einem ausdrücklichen Statut, wodurch der Unterschied zwischen der gerichtlichen und vollziehenden Gewalt herge­ stellt ist, sondern dem allgemeinen Gefühl, der Idee, daß ein solcher Unterschied bestehen müsse, und daß er, bis auf sehr wenige Ausnahmen, wirklich bestanden habe. Ist aber die Verwaltung der Gerechtigkeit in unserem Vaterlande der Bewunderung werth, so ist sie auch zugleich die wich­ tigste aller Pflichten, und giebt allen den Talenten, Tugen­ den, der Rechtlichkeit und jeder andern vortrefflichen Eigen­ schaft, die man dem edlen und gelehrten Lord, jetzigem Oberrichter, mit Recht beigelegt hat, völlig genügende Be­ schäftigung. Was ich daher einzuwenden habe, ist, daß wir, anstatt die Aufmerksamkeit eines Lord-Obcrrichtcrö auf die Erfüllung feiner Pflichten als solchen zu beschränken, seinen Blicken andere Gegenstände deö Ehrgeizes darbieten» Er würde sich auch alsdann freilich noch zu den Gegenstän­ den halten, die mit seinem Fache in näherer Verbindung stehen; aber anstatt seinen Ruhm auf eine strenge und eh­ renvolle Verwaltung der Gerechtigkeit zu bauen, möchte er nach andern Gegenständen des Ehrgeizes streben. DaS wäre denn ein sehr schlimmes Uebel, dem indessen durch das Genehmigen des gegenwärtigen Antrages abgeholfen werden würde; dürfen wir aber darauf nicht hoffen, so will

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ich wenigstens mich der Erwartung hingeben, daß

Wenn ich jetzt den Posten btfltibcte,

bcn der verstorbene

scbr achtbare Gentleman inne hatte, so halte ich es für meine Pstichl gehalten, eine solche Anschuldigung mit Per: achtung und Unwillen zurückzuweisen. wiesenc Behauptung

Die zweite unbc

in der brittischen Erklärung bezieht

sich auf die Basis der ktnterhandlungen, die angeblich dar» uii |i Ihnen sobald alö möglich einen sehr außerordentlichen Um­ stand mitzutheilen, der zu meiner Kenntniß gelangt ist. Der kürzeste Weg wird der seyn, Ihnen die Thatsache einfach, wie sie sich zugetragen hat, zu erzählen. Vor einigen Lagen zeigte mir Jemand an, daß er so eben ohne Paß zu GraveSend angekommen sey, indem er mich zugleich Lat, ihm einen zu schicken, da er Paris erst sehr kürz­ lich verlassen, und mir etwas mitzutheilen habe, das mir an­ genehm seyn würde. Ich schickte nach ihm — am folgenden Lage kam er zu mir — ich empfing ihn allein in meinem Ca­ binet, wo denn nach einer unwichtigen Unterredung der Schurke die Frechheit hatte mir zu sagen, daß es für die Ruhe aller gekrönten Häupter nothwendig sey, den Beherrscher von Frank­ reich zu tödten; und daß deshalb zu Passy ein Hau- gemie thet sey, von wo aus dieser schändliche Plan mit sicherem Er­ folge und ohne Gefahr ausgeführt werden könne. Zch habe nicht deutlich verstanden, ob es durch eine gewöhnliche Mus­ kete, oder durch ein Feuergewehr nach einem neuen Princip geschehen solle. Zch schäme mich nicht, meln Herr, Ihnen, der Sie mich kennen, zu gestehen, daß ich ganz verwirrt war, mich auf diese Weise in Unterredung mit einem gemeinen Meuchelmör­ der zu befinden; ich befahl ihm, mich auf der Stelle zu ver­ lassen, und gab zugleich dem Polizei-Beamten, der ihn be tannint* Dei«kw. if,

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nur noch Hrn« Fox zugeschrieben zu sehen. Nicht weniger überrascht war ich, etwas anderes nicht zu finden, waS,

gleitete, Befehl, ihn sobald als möglich auS dem Lande zu schicken. Nachdem ich reiflicher über das waS ich gethan nachge­ dacht batte,

sah ich meinen Fehler, daß ich ihn hatte fortge.

hen lassen, che ich Sie von dem Ereigniß in Kenntniß gesetzt, und befahl deshalb, daß man ihn festhalten möchte. Es ist wahrscheinlich, daß daS Alles ungegründet ist, und daß der Wicht nur die Absicht hatte, sich durch ein Verspre­ chen, dag nach seiner Ansicht mir angenehm seyn würde, ein Ansehen zu geben. Auf jeden Fall Hielt ich eS für recht, Sie mit dem Treigniß bekannt zu machen, ehe ich ihn abreisen ließ.

Unsere

Gesetze gestatten uns nicht, ihn lange festzuhalten; er soll aber nicht fortgeschickt werden, bevor Sie vollkommen Zeit gehabt haben, gegen seine Versuche Vorkehrungen zu treffen, voraus­ gesetzt, daß er noch auf seine schlechten Absichten beharrt; und wenn er fortgeht, werde ich dafür sorgen, daß er in einem Hafen an- Land gesetzt wird, der so entfernt al- möglich von Frankreich ist. Er nennt sich hier Guillet de la Gevrilliere, aber ich glaube es ist ein falscher Name, den er angenommen hat. Bei seinem

ersten Eintritt that ich ihm die Ehre an zu

glauben, daß er ein Spion fen. 3ch habe die Ehre zu seyn mit der vollkommenste Er» grbenheit mein Herr Ihr ganz gehorsamer Diener (Unterz.) C. 2- Fox. Die Antwort Talleyrands, datirt Paris den Men März 1806, war folgende: Mein Herr. Ich habe Ew. Excellenz Brief Sr. Majestät vorgelegt. Seine ersten Worte, nachdem er ihn gelesen, waren: ,,2ch erkenne hier die Grundsätze der Ehre und

der Tugend, die

immer die Triebfedern von Hrn. Fox Handlungen sind. Dan«

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wie ich glaubte, der edle Lord versprochen hatte; aber ich vermuthe, daß ich ihn falsch verstanden haben muß. Ich glaubte nemli'ch er habe gesagt, daß, sobald man die amt­ liche Corrcsponden; bekannt machte, eö sich zeigen würde, daß Hr. Fox mit Verachtung die Höflichkeitsbezeugungen zurückgewiesen habe, die man ausschließlich an ihn gerichtet hatte, und zwar nicht so sehr um ihn zu erheben, als um die Minister, die ihm vorangegangen waren, herabzuwürdi­ gen. Ich finde nichts der Art, und hätte doch gewünscht es zu sehen. Ich bleibe bei meiner Meinung hinsichtlich der Art, wie ein englischer Minister bei solcher Gelegenheit hätte verfahren müssen." Die Rede ist lang und merkwürdig wegen ihres De­ tails und ihrer Specialität. Bei einem solchen Dorn in der Seite wundern wir uns nicht, daß Lord Castlereagh den Ministern das spöttische Compliment machte: „sie lä­ gen auf Rosen." Der Schluß derselben zeichnet sich durch Kraft und Schärfe aus. ken Sie ihm in meinem Namen." Ich teilt mir nicht ertau­ ben, mein Herr, den Ausdrücken Sr. Kaiser!. Kinigl. Maje­ stät noch etwas hinzuzufügen. Ich bitte nur, daß Sie die Versicherungen meiner ausgezeichneten Hochachtung genehmigen mögen. (Unterz.) Eh. Mau. Talleyrand. Hiebei befand sich noch ein anderer Brief von demselben an denselben, von demselben Dato, der ungefähr die Worte enthält, wie sie Lord Howick im Texte angiebt. In der Rede Luonaparte't an den gesetzgebenden Körper vom 2ten März 1806 ist der passus concernens folgender: „Ich wünsche Frieden mit England. Bon meiner Seite soll er keinen Augenblick Aufschub erfahren. Ich werde im­ mer bereit seyn ihn zu schließen, als Basis die Bedingungen de» Tractates von Amiens annehmend." Don dieser Basis ging Talleyrand jedoch, auf das Ver­ langen Foxen», schon am 7ten April ab. A. d. Ueb.

n*

84 „ Ich habe freilich wohl gehört, kaf; für solche Be­ merkungen, wie ich mir die Freiheit genommen zu machen, indem ich die Irrthümer der Minister heraushob, und bei Dingen verweilte, die, sollten sic überhaupt unrecht seyn, als bloße Auslastungen in der Erklärung dargestellt wer­ den, daß, sage ich, man dafür einer kleinlichen Krittelei be­ schuldigt wird, die nur die Schwache der eigenen Sache verrathe. Sache ? welcher Sache ? ich habe keine Sache in dieser Angelegenheit, als die meines Vaterlandes. Ich weist nicht, wie ich diesem bester dienen kann, als wenn ich auf die Handlungsweise derer sehe, die die Leitung seiner An­ gelegenheiten haben; und ist diese in irgend einem Betracht fehlerhaft gewesen, so ist cs bester, wir finden den Fehler selbst heraus, als das; wir es dem Feinde überlassen, ihn zu entdecken und zu commcntiren. — Es must aber in der That eine fchlcrhasre Behandlung seyn, die Alles übersteigt, was mir je einfiel de» Ministern zur Last zu legen, die unsere und des Feindes rcspeclive Stellungen so verän­ dern konnte, das; er durchaus kliccht und wir Unrecht ha­ ben. Zu bedauern ist cS, wenn man nur zugab, käst in einem einzigen Umstande der Schein gegen uns sey. Und aus dicscm Eirunde sind auch die Auslassungen in der Erklärung (wenn sie das sind) sehr zu beklagen. — Es ist sehr zu beklagen, dast eine Behauptung in dem ge­ heiligten Namen Sr. Majestät in die Welk geschickt wor­ den ist, die nicht durch Thatsachen bewiese» werden konnte. Es ist sehr zu bedauern, dast das Mißvcrständniß (um ihm keinen härteren Namen zu geben), aus welchem diese falsche Behauptung herrührte, bei einem so großen Theile der Unterhandlungen vorherrschen, dast cs so viel fruchtlo­ ses Disputircn verursachen, so viel kostbare Zeit, solche diclcgcnhcitcn, wie niemals sich vielleicht wieder darbieten, ver­ loren gehen lasten durfte. Und es ist nicht nur Sache mü-

85 ßigen Bedauerns, sondern der Ermahnung und Aufforderung für die Minister, in die Zukunft zu schauen, und so schnell als möglich zur Verfolgung der Zwecke und der Politik zurückzukehren, von der sie sich auf eine so unglückliche und unbegreifliche Weise haben ableiten kaffen; die Vortheile wieder zu erlangen, die sie in der hoffnungslosen Verfol­ gung eines unerreichbaren Friedens, unvermeidlich in Ver­ suchung gcriethen aufzugeben, — die Vortheile einer inni­ gen Vereinigung mit allen noch übrigen Machten des Fest­ landes. — Sir, ich vernehme, das; über das Amendement des achtbaren Gentleman (Hrn. Whitbrcad) schon entschie­ den ist. Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß meine Stimme recht ernstlich gegen dasselbe geht. Ich kann nicht mit ihm darin übereinstimmen, daß ein solcher Friede für uns zu erreichen gewesen zu seyn scheint, der seine Andeu­ tung rechtfertigte, als fei; eine günstige Gelegenheit verschleu­ dert worden. Ich wundre mich nicht über seinen llnwillen, daß er sich nun allein mit einer Meinung in Stich gelassen sicht, die so viele Fahre lang die, welche um ihn her sitzen, mit ihm getheilt hatten. In Folge dieser Mei­ nung hatte der achtbare Gentleman das Recht, auf ein sol­ ches Amendement zu dringen, und eine ganz andere Auf­ nahme zu erwarten. Gewiß freue ich mich über die Aen­ derung der Ansichten, die ihn jetzt ohne Unterstützung läßt, wenn ich auch vielleicht gleich ihm darüber erstaunt bin. Aber was mich noch mehr überrascht, ist, daß entschloffcn mir einen Frieden zu schließen, der von dem, womit der achtbare Gentleman sich begnügen würde, sehr verschieden ist, seine achtbaren Freunde acht Monate zu der Entdeckung bedurft haben, daß ein Friede höherer Art nicht zu erlan­ gen sei). — Was die Addreffe selbst betrifft, so sollte es mir gewiß leid seyn, aus einem geringfügigen Grunde die Einiuüchtgkeil zu stören, die bei einem Beschlusse so wün-

schenswerth ist,

der Se. Majestät der Unterstützung

von

Seiten des Volkes versichern soll, und welche gewisserma­ ßen eben so als an den Feind und an Europa gerichtet erscheint.

Meine einzige Bedenklichkeit rührt von dem all­

gemein ausgedrückten Bedauern wegen deS Ausganges der Unterhandlungen her, in die ich nicht einstimmen kann, ohne wenigstens meine Zustimmung zu erläutern und zu modificiren.

Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit irgend

einem Ereignisse ist großenthcils vergleichsweise zu beurthei­ len.

Wir vergleichen das

was wir verfehlt haben mit

betn, was uns statt dessen bleibt; und so ist es sehr mög­ lich, daß man sich in gewissen Fällen freuen muß, ein po­ sitives Gut verfehlt zu haben, oder daß man ein unläugbares Uebel zurückwünscht.

So ist gewiß

der Krieg an

und für sich ein großes Unglück, und Friede ein unschätz­ bares Gut; und doch kann man den Krieg einem unrühm­ lichen oder unsichern Frieden vorziehen.

Auf der andern

Seite kann man wünschen, vor einem unrühmlichen und unsichern Frieden, als einem Uebel, bewahrt zu werden; dagegen ist es möglich den Krieg so geführt zu sehen, daß selbst ein

solcher Friede

wünschenswerth erscheint.

Die

Minister haben es so eingerichtet, daß diese Frage keinem geringen Zweifel und Bedenken unterliegt.

Sie machen

die Wahl zwischen Krieg und Frieden schwer, oder vielleicht beinahe gleichgültig.

Lese ich ihre Unterhandlungen durch

und sehe, zu welcher Art Frieden diese nur hätten führen können, welche Aussicht wir halten ihn gesichert, welche Hoffnung ihn dauernd zu sehen, so bin ich geneigt uns Glück zu wünschen, daß wir einem solchen Frieden entgan­ gen sind, um den Krieg fortzusetzen; bemerke ich aber auf der andern Seite die Art, wie der sehr achtbare Gentleman zWyndham) Krieg führt, so kann ich mich kaum enthalten, einen sehnsüchtigen Blick nach den Unterhandlungen zurück-

87 zusenden.

Wenn der Krieg mit der Geschicklichkeit geführt

würde, die wir nach dem Charakter, den das jetzige Mini­ sterium sich selbst beilegte, oder sich von seinen nächsten Vertrauten beilegen ließ, zu erwarten berechtigt waren, so wie nach dem schonungslosen Tadel, den es den Anstren­ gungen seiner Vorgänger im Amte angedeihen ließ; wenn er mit der Kraft geführt würde, die das Land von ihnen zu erwarten das Rccht hat, da es ihm alle seine Mittel zu Gebote stellt, und eS mit seinem ganzen Eifer und allen Kräften unterstützt; wenn in dem Laufe des Jahres, wäh­ rend dessen diese Minister die ganze Kraft des Reiches in Händen hatten, ein einziger Schlag gegen den Feind ge­ schehen wäre; wenn man jeden Versuch gemacht oder nur die Neigung gezeigt hätte, den Nationen auf dem Festland« Muth und Hoffnung zu geben — so daß aus einem sol­ chen Kriege die Verheißung eines ehrenvollen, dauerhaften und sichern Friedens entstünde; gewiß,

dann würde der

Abbruch der letzten Unterhandlungen Gegenstand der unbe­ dingtesten Freude seyn, und ich würde mich nicht entschlie­ ßen können, mit in eine Klage darüber einzustimmen

Wenn

aber der künftige Krieg ein Seitenstück zu dem seyn soll, den wir

seit dem Antritt des jetzigen Ministeriums schon

erlebt haben; wenn die Ereignisse und Anstrengungen der letzten zehn Monate als Muster und Maßstab für unsere Thatkraft und Verrichtungen gelten sollen; wenn, während der Feind uns höhnend bei jedem Schritte der Unterhand­ lungen sagt: „ beaucoup se prepare!” und wahrend tt so spricht, regelmäßig Wort hält — wir von unserer Seite solche Gelegenheiten vorübergehen lassen,

wie sich uns seit

den letzten drei Monaten dargeboten haben und noch dar­ bieten, wenn wir nur den Muth hätten, |tc zu unserm Vortheil anzuwenden;

wenn Buonaparte den Continent

Europas bis zu seinem äußersten Ende durchziehen, und

88 Frankreich auch von dem letzten Mann entblößen darf, auf unsere Nachlässigkeit, Trägheit und Muthlosigkcit so sicher bauend, als er es nur auf unsere getreue Beobachtung der vortheilhaftestcn Friedcnsbedingungrn

hätte thun können;

und endlich, wenn jener entmuthigende Grundsatz, dessen ich schon Gelegenheit hatte mit Scham und mit Kummer (U erwähnen, der Grundsatz, der schon seit dem Anfange der Unterhandlungen sich unserer Regierung so sehr bemäch­ tigt hatte, daß sie in vertrauliche Mittheilungen an Frank­ reich überströmte; der Grundsatz, daß cs nichts so chimä­ risches gebe, als die Idee einer neuen kontinental-Conföderation gegen Frankreich; wenn dieser, sage ich, noch Statt findet, Statt findet mit alle dem neuen Gewichte, den ihm die unglücklichen Ereignisse, die feit seiner ersten Anerken­ nung eingetreten sind, gegeben haben: dann freilich, da ich von einem solchen Kriege, der nach solchen Grundsätzen, unter solchen Auspicien und unter der Leitung solcher Per­ sonen geführt wird, die keine bessere Hoffnung von dem­ selben hegen, nur wenig erwarten darf, kann ich auch in diesem Sinne in die Klagen über das Mißlingen der Un­ terhandlungen mit einstimmen; und mit dieser Erklärung bin ich bereit für die Addrcffe, wie sie jetzt steht, zu vo­ tiern." — Von dieser Periode bis zum Mär; finden wir Canning nur zwei Mal bei den Parlaments-Verhandlungen. eine Mal mit einer kurzen Rede

Das

über die Bittschrift in

Betreff der Hampshire-Wahl *), sodann, eben so kurz, über die Landsaffcn-Bill.

In der einen ist er bitter und anzüg-

*) Nachdem dar frühere Parlament eines natürlichen Tode» ge­ storben war, versammelte sich dar neue am löten December. Die Hampshire-Bittschrift wurde durch die Wahl, die die Auflösung herbeiführte, veranlaßt.

Anm. d. Orig.

89 sich gegen die Minister als Reformers, in der zweiten thut er einen Ausfall auf die französische Revolution.

Zn der

ersten bemerkt et unter andern: „Ich hoffe der sehr achtbare Gentleman, der zuletzt gegenüber gesprochen hat, wird mir erlauben, seiner Bemer­ kung, daß nichts so wunderbar sey, alS ein Antrag der Art von einem solchen Orte ausgehend, die Bemerkung entgegen zu setzen, daß eS nicht weniger wunderbar sey, daß ein Antrag der Art eine solche Aufnahme an dem Orte finde, wo man sich ihm jetzt widersetzt.

Ich erinnere mich

auS der früheren Zeit meines Parlaments-Lebens, daß die Anträge auf Parlaments-Reform von dem sehr achtbaren Gentleman und seiner Umgebung stark unterstützt worden sind.

Glücklich ist es für das Land, daß diese Herren sich

jetzt in einer Lage befinden, wo ihr Einfluß auf die Bera­ thungen des Monarchen und der Antheil, den sie an der Leitung der Parlaments-Angelegenheiten haben, ihnen Ver­ anlassung gewahren, ihre Ideen über diesen Gegenstand zur Ausführung zu bringen.

Die Nation wird jetzt Gelegen­

heit haben, ihre geläuterten und verbesserten Ansichten über einen Gegenstand, über den sie früher so viel Lärm erho­ ben haben, kennen zu lernen. Alles was sie nun von Par­ laments-Reform vorzunehmen denken, ist eine unbegränzte und offenbare Verwendung des Einflusses der Regierung, eine Verwendung, die sie andern Regierungen ohne allen Grund zum schrecklichsten aller Verbrechen anrechnen.

Der

achtbare Gentleman meint, daß weil er und seine Freunde früher grundlose Beschwerden dieser Art gern vorbrachten, sie jetzt das Uebel in der Wirklichkeit zehnfach verüben dürf­ ten; und daS ist denn die Art, wie er und seine Freunde ihr Versprechen einer Parlaments-Reform einlösen.

Der

achtbare Gentleman sagt dem Hause, es dürfe keinen Ver-dachtsgrund in einem Briefe finden, den der Secretaie de-

00 Schatzes an den Chef eines öffentlichen Departements, und ;war eines Departements, das in Hampshire größeren Ein­ fluß besitzt, als in irgend einer andern Grafschaft, schreibt, damit er seinen Einfluß zu Gunsten eines bestimmten Candidatcn verwende.

Ich will damit nicht sagen, daß dieser

Brief schon hinreicht, um den Schreiber und seine Princi­ pale für straffällig zu erkennen.

Aber ich denke das HauS

wird schwerlich der Meinung seyn, daß nicht starker Grund zum Verdacht und zur Untersuchung darin liege.

Ich habe

die höchste Achtung vor dem Gentleman, dessen Name sich an die Anklage knüpft, welche die Bittschrift enthalt.

Ich

habe seinen Namen nie anders als mit Achtung nennen gehört, außer in der Bittschrift.

Ich habe nie eine ehren»

werthere, offenherzigere, rührendere Berufung auf die Ein­ sicht des Hauses gehört, als die des achtbaren Gentleman. Es ist nichts darin, was ihm als Individuum nicht Ehre macht.

Jede Beschwerde,

der

seine Einmischung in die

Wahl unterliegen kann, knüpft sich lediglich an seine Ei­ genschaft als Beamter.

Es

ist gewiß unbestreitbar, daß

Personen, die Mitglieder der Verwaltung sind, damit nicht unfähig werden, als Individuen die Rechte, die einem je­ den Unterthan zustehen, zu üben; aber sie müssen sie mit Vorsicht üben,

so daß immer zu ersehen ist,

daß sie sich

auf ihr persönliches Recht beschränken, und nicht die Macht und den Einstuß der Behörde anwenden.

Der achtbare

Gentleman hatte mit allem möglichen Eifer und mit aller möglichen Wärme an seine Privatfreunde und Schützlinge schreiben können, um sie zur Begünstigung der Wahl sei­ ner Freunde aufzufordern. ist der,

Aber der Grund der Beschwerde

daß der Brief nicht von Hrn. Frcmantle, einem

Manne von Vermögen und Grundcigenthümer in Hamp­ shire , an den General Hewilt, einen Mann von PrivatEinstuß, sondern von Hrn. Fremantle, dem Sceretair des

91

Schatzes, an General Hewitt, den Chef deö Baracken-De­ partements, gerichtet ist, und diesen auffordert, seinen gan­ zen Einfluß auf alle Verzweigungen, Verbindungen und Dependenzen des Departements geltend zu machen. Man konnte richtiger Weise nicht annehmen, daß dieses der ein­ zige Fall ungebührlicher Einmischung in diese Wahl absei­ len der Negierung sey. Der Ausdruck meines achtbaren Freundes: „ex uno disce onines” enthält an sich schon die Versicherung, daß mehrere ähnliche Falle der Art vor­ gekommen sind, und daß die Bittschrift nur diese eine als Specimen einer großen Zahl von Thatsachen aufführt, wel­ che die Bittsteller noch anzugeben und zu beweisen bereit sind. Es ist nicht meine Sache jetzt zu beurtheilen, wie­ fern die Aufstellungen der Bittschrift werden bewiesen wer­ den; aber als Parlamentsmitglied muß ich sagen, daß da die Bittsteller solche Thatsachen aufgestellt und sich bereit erklärt haben, sie zu beweisen, es auch viel stärkerer Gründe bedarf, als ich bis jetzt gehört habe, um eine Verwerfung der Bittschrift ohne gehörige Beachtung derselben zu recht­ fertigen. " Seine Rede über die Landsaffen-Bill, in Erwiederung auf den General-Anwald, schloß Canning mit folgenden Worten, indem er alle Reformen und Reformers lächerlich zu machen suchte: „Was die allgemeine Lehre über eine Anpassung der Gesetze auf den vermeintlichen Zustand deö Landes betrifft, so würde diese allen Reformen Thür und Thore öffnen. Wahrend der Herrschaft der Philosophen in Frankreich gab cs nichts großes und ehrwürdiges des Alterthums, was nicht umgestürzt wurde, ehe die große Revolution diese Aen­ derungen in den Augen der ganzen Welt verhaßt machte. Wollten wir nur im Allgemeinen auf das zweckmäßige der Dinge sehe», so will ich es übernehmen, mit halb dem



92

Scharfsinne des achtbaren und gelehrten Gentleman, eS ei­ nem jeden spekulativen Kopfe,

und noch manchem andern

nebenher, ad oculos zu beweisen, daß Vieles was bis jetzt in unsern Gesetzen für ehrwürdig gehalten ist, der Reform bedürfe.

Ich wollte beweisen, daß das Recht der Primo-

Genitur abgeschafft werden müsse, und daß es unrecht sey, fast das Ganze dem müßigen Schwarm älterer Brüder zu überlassen, wahrend die Andern zusehen müßten, wie sie in der Welt weiter tommen.

Fangen wir mit diesen Lehr­

sätzen einmal an, so ist kein Ende darin zu finden.

Ich

habe daher meine Zweifel über die Zweckmäßigkeit eines solchen Gesetzes, und diese Zweifel sind noch nicht beseitigt. Ich will mich indessen einer zweiten Verlesung nicht wider­ setzen, weil ich zu sehen wünsche, welche Amendements dazu gemacht werden können, glaube jedoch der entschiedenen An­ nahme der Bill mich wohl widersetzen zu müssen." — (* Wir haben schon angedeutet, daß bei dem Grenville-Ministerium die katholische Frage kein Gegenstand von

(* Der Vf. der ein heftiger Emancipationö-Mann und unbe­ dingter Verehrer von Fox und dessen Freunden ist, wird in seiner Diatribe, die hier folgt, zum bloßen Partei-Schrift­ steller. Der wahre Vorgang der Sache, wie ich ihn aus Bisset Ilist. of George III. entnommen habe, der mir der unparteiischste von allen Bericht - Erstarrern zu seyn scheint, war folgender: Durch ein irländisches Gesetz von 1778 war allen prote­ stantischen Dissenters in Irland der Weg zu allen Civil, wie Militair-Anstellungen eröffnet. Durch ein anderes Gesetz von 1793 wurden die irländischen Katholiken zu Armee-Beförde­ rungen zugelassen, jedoch nicht über den Grad eines Obrisien (Colonel). Englische Dissenter waren dagegen zu keiner Stelle wahlfähig, wenn sie nicht binnen einer gewissen Zeit der Test, Acte nachgekommen waren, wurde daher das Gesetz von 1793 picht zurückgenommen, so konnten sie sich über Parteilichkeit

93 untergeordnetem Range, sondern immer von der höchsten Wichtigkeit und selbst unentbehrlichen Nothwendigkeit war;

beschweren. (Für die englischen Dissenter ist die Lcst.-Acte in diesem Jahre, 1828, aufgehoben worden.) Dagegen wurde dem Könige von den Ministern der Entwurf zu einer Depe­ sche an den Lord-Lieutenant von Irland vorgelegt, der seine Genehmigung erhielt. Sie bemerkten ihm den Unterschied zwischen dem Gesetz von 1793 und dem vorliegenden, und der König gab nach einigen Einwendungen seine Genehmigung, daß der Lord-Lieutenant autorisirt würde, den Häuptern der Katholiken anzuzeigen, „daß ihnen die Armee und Flotte er­ öffnet werden solle." Auf eine Frage abfeiten ihrer, ob eS die Absicht sey, die Katholiken zu allen Militair-Stellen, den Stab eingeschlossen, zuzulassen, sah der Lord-Lieutenant sich nicht im Stande zu antworten; er schrieb um Instructionen, und erhielt eine bejahende Antwort. Die Depesche, welche diese Autorisation enthielt, war dem Könige vorgelegt worden, der sie ohne eine Bemerkung oder Erinnerung zurückgegeben hatte. Indessen hatten einige Mitglieder des CabinetS, die ihr Mißfallen stark ausgedrückt hatten, bedeutende Zweifel; und da der König erfuhr, daß die Maßregel von bei weitem größerer Ausdehnung sey, als er Anfangs geglaubt hatte, so erklärte er dem Lord Grenville in entschiedenen Ausdrücken seine Einwendungen dagegen. Um diese zu beseitigen, versuch, ten die Minister solche Modisicationen der Bill, als diese zu­ ließ, ohne ihren wesentlichen Inhalt zu zerstören; da ihnen dieses aber nicht gelang, beschlossen sie, sie ganz auf­ zugeben. Zugleich schlugen sie vor, daß zu ihrer eigenen Rechtfertigung dem Protocolle des CabinetS eine Clausel bei­ gefügt würde, worin Lord Grenville und Lord Howick sich die Freiheit reservirten, ihre Ansichten zu Gunsten der katholischen Frage zu äußern, so wie die, die Frage selbst, oder ei­ nen damit zusammenhängenden Gegenstand, von Zeit zu Zeit, nach Maßgabe der Umstände, Sr. Majestät zur Entscheidung vorzulegen. Hierauf wurden sie aufgefordert, nicht nur die letztere Reservation zu, rückzunehmen, sondern sich auch schriftlich zu verpflichten, we,

94 und da sie die Befreiung der Römisch - katholischen von ge­ wissen Beschränkungen zu jener Zeit für wesentlich zur Si­ cherheit des Reiches hielten, so darf es uns nicht überra­ schen, daß cs darüber Debatten im Kabinette gab, und die Sache an das Parlament gebracht wurde. Viscount Eidmouth war der Erneuerung der Frage durchaus entgegen, und drohte zu resi'gnircn, wenn sie nicht aufgegeben würbe. Lord Grcnville und Viscount Howiek hatten einige Unter­ redungen mit dem Könige darüber,

deren Resultat war,

daß sie damals nicht angeregt wurde; endlich aber gcschab es theilwcise durch Einbringung einer Bill wegen Zulassung der Katholiken bei der Armee und Seemacht. regel mißfiel dem Könige höchlich.

Diese Maß­

Die Minister beharrten

auf das, was sie für ihre Pflicht hielten; und damit kein Theil der Last auf sie fiele, falls das Unterbleiben ihrer Plane so nachthcilige Folgen nach sich ziehen möchte, wie sie vernünftiger Weise befürchten mußten, so nahmen sie ihren Abschied nicht, sondern ließen ihn sich geben.

Ware

Irland in diesem kritischen Zeitpunkte verloren gegangen, so hätte es

England in den Abgrund seines Verderbens

mit herabgezogen, und ohne Vaterland waren wir die elen­ den Vasallen Frankreichs geworden.

der di« jetzt aufgegebene Maßregel, noch irgend einen Segen» stand, der mit der katholischen Frage zusammenhänge, wieder vorzubringen. Diese« verweigerten sie, und erhielten darauf am andern Tage ihre Entlassung. Hieraus geht eine« Theils hervor, daß die Vorwürfe kn der unten folgenden Rede Eanning« nicht alle ungegründet sind; andern Theils ist nirgends zu ersehen, daß den neuen Ministern ein Versprechen, das sie binden konnte, abgefordert worden sey. Obige Angaben stimmen mit den Erklärungen der Srenvill«»Partei selbst durchaus überein. Anm. d. Ueb.

95 Dieses Ministerium ist mit übermäßiger Strenge be­ handelt worden.

Seine Herrschaft war kurz, und es fand

ein System der Politik vor, was allen seinen eigenen Verwaltungs-Grundsätzen zuwider lief, und hatte demnach zu ändern und zu modificiren, was es nicht aufheben konnte, um es zuletzt zu beseitigen. Der „Pilot, der den Sturm beschwor," hatte ihnen ein leckes Schiff, eine unzufriedene Mannschaft, eine unruhige See und einen finster herabhan­ genden Himmel nachgelaffen.

Freilich haben seine Gegner

behauptet, er sey der Dämon gewesen, der den Sturm heraufbeschworen, und daß, hätte er nicht zuerst den Krieg mit der französischen Republik übereilt, hatte er die Politik befolgt, die sein berühmter Nebenbuhler anempfahl, die civilisirte Welt nicht durch jene Heere der Republik erschüt­ tert worden wäre, die ihre Feinde allein ins LcbenS geru­ fen hätten; Europa würde dann nicht durch einen militairischen Despotismus verwüstet, und Frankreich durch ihn entehrt worden seyn. Gewiß ist es, daß Foxens Stimme sich frühe gegen die Ungerechtigkeit und das Unpolitische des Krieges erhob, und daß sein prophetischer Scharfblick die furchtbaren Resultate desselben vorhersagte.

Gern hätte

er sein Vaterland frei erhalten von der Schuld, Frankreich zur Geißel Europas zu wecken.

Er war eS, der lange vor­

her, ehe das Erri'gniß wirklich eintrat, prophezeite: „das unweife Verfahren der Coalisirten würde im Herzen Euro­ pas eine militairische Macht begründen, die alle Throne zittern machen, und wahrscheinlich die ganze eivilisirte Welt erschüttern würde."

Er sah die Fehler, und sagte daS

Mißlingen von Planen voraus, die damals als die Pro» ducke der größten politischen Weisheit betrachtet wurden. Aber sein Schicksal war das der Eaffandra: seine Wahr» heit wurde nicht geglaubt. Indessen ist es wahr, daß weder er noch seine Eolle-

96 gen in dem leiten Ministerium sich zu Nachfolgern von Pitt eigneten.

Die Zeit zu gänzlicher Aenderung der Maßre­

geln war noch nicht da.

Der Friede stand nicht in ihrer

Macht; für den Krieg fanden sie nur erschöpfte Hülfsquellen, oder sie mußten die Lasten des Volkes erhöhen.

Dazu

kam noch, daß sie auf ihr Gewissen zur Beobachtung be­ stimmter Negierungs-Grundsätze gehalten, und auch ent­ schlossen waren dabei zu beharren.

Sie waren nicht die

Männer für Mittel- und Auswege.

Eine große Maßregel

schien ihnen, sowohl als Frage des Rechts wie der Noth­ wendigkeit unumgänglich; und bei ihrem Eifer sie durch­ zusetzen, wurden sie aus dem Rath ihres Monarchen ent­ lassen.

Den wenigen Bigotten, die die katholische Frage

als eine Sache der Religion betrachten, und die wirklich glauben, daß die Emancipation Papisterei mit einem neuert Martyrerthum hinterdrein herbeiführen werde, haben wir nichts zu sagen.

Staatsmännern von bequemer Tugend

wie Sheridan, der in Bezug auf das Verfahren seiner Freunde sagte: „Ich habe wohl gehört, daß Leute mit dem Kopf gegen die Mauer rennen, aber nie daß Jemand aus­ drücklich eine Mauer aufbaut, um mit dem Kopfe dagegen zu rennen" — solchen haben wir keine Erklärungen zu ma­ chen und keine Gründe anzubieten.

Aber dem denkenden

Theile der Gesellschaft, der auf Grundsätze etwas hält, der aber aus politischen Gründen das Grenville-Ministe­ rium deshalb tadeln möchte, weil es dem Monarchen einen Gegenstand aufzudrängen suchte, von dem eö wußte, daß er einen unbezwinglichen Widerwillen dagegen habe, dem möchte eö nicht vergebens seyn, hier einige wenige konsti­ tutionelle Lehrsätze zu erläutern. Die Minister, und nicht der Monarch sind jedes Mal für die Maßregeln der Negierung verantwortlich.

Es ist

ein heiliger Grundsatz der Verfassung, daß der König fein

Unrecht

97 Unrecht thun kann.

Wenn aber diese Maxime old Wäch­

terin deS Throne- da steht, und ihn über allen Tadel und alle Controlle stellt, so wird ihr durch eint andere das Gleichgewicht gehalten, welche auf gleiche Weise das Land beschützt gegen Tyrannei, die feine Freiheit vernichten, ober Thorheit, die seine Sicherheit gefährden könnte. dieser

Es ist

daß der Monarch nie ohne den Rath seiner Cabi-

nrtsminister handelt, und daß eine i'tbt Handlung der Re­ gierung, die immer einer verhältnißmäßigen Verantwortlich­ keit unterliegt, nicht als von ihm, sondern als von diesen ausgehend betrachtet wird.

Somit erkennt die englische

Verfassung in StaatS-Angelegenheiten keinen Privatwillen des höchsten Machthabers an. erwählt

Kraft feines Prärogativ-

ein König von Großbrittannien die Diener der

Krone oder entläßt sie, beruft, prorogirt oder entläßt Par­ lamente nach Wohlgefallen; aber feine individuellen Ansich­ ten und Vorurtheile dürfen nur insofern auf die Verwal­ tung Einfluß haben, als sie von den Ministern angenom­ men werden; und nichts kann, nach unserer Ansicht, un­ politischer, unloyaler und verfassungswidriger seyn, als ein Versuch, die Richtung der ministeriellen Politik durch Ein­ mischung der Persönlichkeit des Monarchen zu durchkreuzen. WaS das Parlament zu erörtern berechtigt ist, haben die Minister das Recht vorzuschlagen; und wenn das eine oder die andern sich weigern, irgend eint große Angelegenheit vorzutragen oder zu untersuchen,

bloß weil sie dem Mo­

narchen unangenehm ist, so verletzen sie ein Grund-Prin­ cip der Verfassung, und gefährden den Thron, während sie dem Könige schmeicheln. Da aber Könige nur Menschen sind, und entweder aus Festigkeit der Grundsätze oder hartnäckigem Eigensinn, die gebührenden Gränzen ihres Prärogativs nicht achtend, verbieten könnten, daß gewisse Maßregeln an das Parla>.

^

U8 ment gebracht werden, die nach der Ansicht dcS Cabinets von der äußersten Wichtigkeit sind, — so fragt eS sich, was ist in solchen Fällen die Pflicht der Minister?

Ge­

wiß, den Interessen des Landes nichts zu vergeben.

Wie,

sollen sie denn ihren königlichen Gebieter zu etwas zwin­ gen, was ihm, wie sie wissen, so zuwider ist? nicht.

Gewiß

Eie sollen ihm mit ihrem Rath an die Hand ge­

hen, und wenn ihnen das nicht gelingen will, so liegt ihr Weg

offen vor ihnen: es ist ihre Pflicht zu resigniren.

Aber ihre Stellen und ihre Verantwortlichkeit beizubehal­ ten, während sie in Ausführung ihrer Entwürfe für das öffentliche Wohl gelähmt sind, würde für sie selbst gefähr­ lich, und für die Nation schädlich seyn.

Die Pflicht eines

Geheimen Rathes will, wie Lord Loke angiebt, daß er ra­ then solle: „ im Allgemeinen in allen Dingen, die zu des Königs Ehre und Nutzen gereichen, und zu dem Wohl sei­ ner Reiche, Domainen und Unterthanen, ohne Parteilichlcit oder Ansehen der Person, solches nicht

unterlassend oder

vermeidend aus Neigung, Liebe, Habsucht, Mißtrauen oder Furcht vor einer Person oder Personen."

Es ist der er­

sten Pflicht der vertrauten Diener der Krone zuwider, daß sie sich ausdrücklich oder impllcit» durch irgend ein Ver­ sprechen binden,

sich eines Rathes an den König zu ent­

halten, den der Lauf der Zeiten für die Wohlfahrt und Sicherheit irgend eines Theiles machen könnte.

deö Reiches

nothwendig

So lautete die gewiß verfassungsmäßig«

Sprache des Hrn. Brand, als er im Parlamente den Mi­ nister-Wechsel, von dem wir jetzt reden, in Anregung brachte. Freilich werden seine Lehren von gewisse» Politikern eini­ germaßen mit Abscheu betrachtet, die, sobald sie es ihrem eigenen Vortheil gemäß finden, nicht nur eine ungemeine Loyalität für den Thron, sondern selbst persönliche Zunei­ gung für den Monarchen vorgeben; und die dann mit d-

99 nem Anscheine von Bestürzung, der wahrhaft belustigend ist, fragen, was denn aus dem Könige werden solle, wenn feine Gewissensscrupel über eine Maßregel, die seine Die­ ner für die Sicherheit deS Reiches durchaus nothwendig halten, diese Diener zwingt ihr Amt niederzulegen, und keine Nachfolger für sie sich fänden, die seiner Politik sich bequemen wollten?

Ist es die Pflicht Aller zu resigniren,

oder die Annahme eines AmtrS zu verweigern, wenn sie diesen unentbehrlichen Gegenstand

nicht erlangen können,

und soll der König dann ohne Minister bleiben? oder soll er auf diese Weise gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln?

So abschreckend eine solche Alternative aus­

sehen mag, so dürfen wir doch vielleicht von unserer Seite fragen, welche bessere Vertheidigung giebt es wider die Ma­ chinationen eines ungerechten, oder die Fehler eines schwa­ chen Monarchen, als die Unmöglichkeit einen Minister zu finden, der sich zu Frevel oder Thorheiten mißbrauchen läßt? Ein jeder englische Monarch würde in einer solchen Lage seine Ansichten und Meinungen dem so deutlich ausgespro­ chenen Willen der Nation opfern, und es ist rin Weg, den die Constitution vorschreibt, um ein solches Opfer herbeizu­ führen. Es mag Einigen gewaltig anstößig erscheinen, daß der Beherrscher eines Staates gezwungen werden solle, sei­ nen Endzweck aufzugeben, sobald die natürliche Liebe zur Macht und zu Anstellungen Niemand verleitet, ihm zur Erreichung desselben behülflich zu seyn.

Aber diejenigen,

welche die Eigenheiten der menschlichen Natur kennen, und die Neigung der Macht zur Unterdrückung, werden sich freuen, daß

der Thron durch eine solche Macht geschützt

wird — es ist eine Macht, die unschädlich und daher auch untadlig ist.

Peter Plymley *), der die hier aufgestellten

*) Ein angenommener Name, unter welchem satyrische Briefe

7*

100

Eätze mit unwiderstehlichen Gründen bewiesen hat, ruft aus: „Ich lasse mich von diesen klaren Bernunftsätzen und alten verfassungsmäßigen Bestimmungen nicht durch das Wort Gewissen abbringen. Ee giebt keine noch so aus­ schweifende Idee, von der der Mensch sich nicht überreden könne, daß er sie aus Gewisscnsgründen hege: ewiger Krieg gegen das gottlose Frankreich, oder rebellische Amerika, oder katholische Spanien, könnte mit der Zeit Gewiffenssache werden." Wir kennen keinen sicherern Weg die brittische Ver­ fassung zu untergraben, als dadurch, daß man den Grund­ satz aufstellt: das Gewissen des Monarchen müsse das höchste Gesetz für den Staat seyn. Dieses würde eine sactischc Vernichtung der beiden andern Zweige der Gesetzgebung begreifen, und einen absoluten Despotismus herbeiführen. Ein schlechter Monarch würde es zuin Deckmantel für alle seine ehrgeizigen und selbstsüchtigen Entwürfe machen; ein schwacher stets dem Einflüsse bigotter und hcrrschsüchtiger Priester ausgesetzt seyn. Ein weiser Fürst wird nie sei» Gewissen als ein Hinderniß gegen die Rechte irgend eines seiner Unterthanen vorschützen, da er für seine Handlungen keinem irdischen Tribunal, dem himmlischen aber nur für seine persönlichen Thaten verantwortlich ist, nicht für seine amtlichen, die nicht ihm, sondern seinen Ministern angehö­ ren. AIS Fürst wird er es daher fühlen, daß es seine Pflicht ftn, sein Volk durch sein Parlament zu regieren, und seine Autorität nicht nach den Eingebungen seiner Privat-Ansichtcn, sondern nach der Anleitung seiner verfassungöüber die politischen Angelegenheiten der damaligen Zeit her ausgekommen sind. Der Df. ist ein Geistlicher, sein Name Sydney Smith; ob und wie weit mit dem Vertheidiger von St. Jean d'Acre, Sir Sydney Smith verwandt, weiß ich

Lnm. d. Iteb.

101



mäßigen Rathgeber zu üben.

Der unglückliche Karl be­

ging den traurigen Fehler, daß er der Nation mit Gewalt das aufdringen wollte,

waS er fein nicht mittheilbarcS

Kleinod nannte, fein Gewissen, daS er, durch eine ihm ti« gene Logik, das Volk beschuldigte ihm entreißen zu wollen. Milton's Erwiederung macht eine treffliche Distinction, der, wie wir hoffen, die künftigen Beherrscher Großbrittanniens stets eingedenk seyn werden.

„Wir beschweren uns darü­

ber, sagt dieser trefflichste Anwald der Sache der Freiheit, daß sein Gewissen nicht unmittheilbar gewesen ist, daß er gewünscht hat es zum allgemeinen Gewissen, -um Gewissen des ganzen Königreiches zu machen. Unsere Hauptbeschwerde ist gerade, daß er uns das ausbringen will, was er fürcheet, daß wir ihm nehmen wollen.

Wir haben ihn nie ge­

zwungen sein Gewissen fahren zu lassen, er war es, der unS zwingen wollte, das unsere von uns zu werfen." Diejenigen, welche wahrend brr letzteren Zeit der letz­ ten Regierung diese Grundsätze befolgten, und mit kühnem Muthe die Verfassung aufrecht zu erhalten wagten, ohne Rücksicht auf persönliche Gefühle und Interessen, wurden von ihren Gegnern mit der schändlichsten Ungerechtigkeit behandelt.

Es wurde behauptet, sie seyen dem regierenden

Fürsten ungetreu, gleichgültig gegen die protestantische Nachfolge, und heimliche Feinde der Monarchie selbst.

Diese

niedrigen Versuche, die Grundsätze mit Schmach zu bedekkcn, die das Haus Hannover auf den Thron gebracht hat­ ten, wurden von den Männern, die sie herabsetzen sollten, mit der

verdienten Verachtung

behandelt.

Der witzige

Schriftsteller, den wir schon angeführt haben, antwortete auf Schmähungen mit Spott, und begegnete der Derläumdung mit der Schärfe seiner Satyre.

„Glaubt deshalb

nicht, sagt er, daß ich etwa nicht loyal sey; ohne in daS allgemeine Lied über den besten der Könige mileinzustim-

102 men, achte ich den König gewiß aufrichtig als einen guten Mann.

Seine Religiosität ist mehr werth als die Reli­

giosität von Hrn. Perceval, seine alte Moralität der alten Moralität des Hrn. Eanning weit vorzuziehen, und ich bin ganz überzeugt, daß er einen klareren Verstand hat, als sie beide zusammengenommen. Loyalität innerhalb der Grän­ zen der Vernunft und der Mäßigung, ist eines der größ­ ten Werkzeuge für das Glück Englands; aber die Liebe zum König kann leicht starker werden als die Liebe zum Königreiche, und wir können das öffentliche Wohl in einer übertriebenen Bewunderung dessen aus dem Auge verlieren, der

nur zur Aufrcchthaltung

herrscht.

und Beförderung desselben

„Gud save the Kiug, sagt Ihr, wärmt Eure

Brust wie ein Lrompetenton;" ich kann mich eines so ge­ waltsamen Gleichnisses nicht bedienen, aber ich höre es gern als den Ruf ächter Zuneigung;

ich höre es gern, wenn

sie nicht nur den individuellen Menschen hoch leben lassen, sondern das äußere und lebende Bild alles englischen Glükkeö.

Das sind edle Gefühle, und die Brust eines jeden

Guten muß sie theilen; aber in diesen Zeiten bedeutet „Gott erhalte den König" nur zu oft, „Gott erhalte mir meine Pension und meine Stelle; Gott verleihe meiner Schwester eine Bewilligung aus der Ehatoulle; mache mich zum Auf­ seher bei den Einschmelzungen, lasse mich von den Früchten des Fleißes Anderer leben, und mich masten von dem Fette des Staates." Daß das Grcnville-Ministerium jene verfassungsmä­ ßigen Grundsätze beobachtete, und der Meinung war, daß wer seine Stelle

behielte, während die Unfähigkeiten der

Katholiken fortdauerten, als Anwald, und zwar als allein verantwortlicher Anwald dieser Unfähigkeiten erscheine, kann nicht bezweifelt werden; und eben so wenig kann ein Zwei­ fel darüber obwalten, daß dieses Ministerium diese Maß-

103 regel, um welche es edelmüthig seine Macht opferte, in dem damaligen Zustande des Landes für unentbehrlich hielt. Hätte es das nicht, so müßte eS in der That von einer völligen Verblendung

beherrscht gewesen seyn.

Daß das

Kapitel des Zufalles sich seinen Nachfolgern günstig bewies, und daß Irland während der drohenden Siege Buonapartes dem Reiche nicht entrissen wurde, kann man weder der Weisheit noch der Kraft der neuen Minister, sondern le­ diglich dem Witten der göttlichen Vorsehung bciniessen.

Am

Schluffe des Jahres 1806 schien durch die Aussöhnung mit Irland die ganze Existenz des Reiches bedingt zu seyn. Wir bedurften in jener furchtbaren Krisis der ganzen phy­ sischen und moralischen Kraft der drei Königreiche; und die gesundeste Politik verlangte, daß die geächteten Millionen Irlands zu einer herzlichen Mitwirkung in der Sache der civilisirten Welt aufgenommen würden.

Welches die Ue­

berzeugung der vorigen Minister war, ist auö folgendem Auszuge aus den Briefen ihres witzigen und kraftvollen Vertheidigers zu ersehen, der jedoch zur Zeit der Mißgriffe und des Schwachsinnes der Männer, denen sie ihre Stel­ len zu räumen gezwungen waren, geschrieben worden ist. „Du fragst mich, ob ich rS für möglich halte, daß dieses Land nach dem jüngsten Unglücke in Europa sich ferner er­ halten, könne?

Ich antworte ohne das geringste Bedenken,

daß, wenn Buonaparte lebt, und nicht sofort recht viel ge­ schieht, um die Katholiken zu besänftigen, eS mir unmög­ lich scheint, daß wir nicht untergehen sollen; und laß Die noch gesagt seyn, daß wir untergehen werden, ohne jetzt oder in Zukunft das geringste Mitleid zu erregen, sondern unter dem Höhnen und Schmähen von ganz Europa fal­ len, als ein Volk von Dummköpfen, Pedanten und alten Weibern.

Zeigte sich irgend ein großes Schauspiel dabei,

ein hcldenmüthigcö Gefühl, ein Strahl alter Tugend, ein

104 erhabener Tod, irgend ein Ende England-, dessen man je­ mals gedenken, daS man jemals ehren würde in jener west­ lichen Welt, zu der Freiheit sich jetzt zurückzieht, so würde Besiegung erträglicher, Untergang süßer seyn; aber es ist ein doppeltes Elend auSwärtS zu Sklaven zu werden, weil wir zu Hause Tyrannen seyn wollten; zu verfolgen, wäh­ rend wir gegen Verfolgung ankämpften, und unterzugehen, weil wir durch unsere eigne Bigotterie ärgere Feinde er­ weckt haben, als wir je von dem ungezügelten Ehrgeize Frankreichs zu fürchten hatten.

Es ist in der That ein

höchst einfältiges und betrübendes Schauspiel zu sehen, wie wir in solchem Augenblick gegen unser eigenes Geschlecht, unser eigenes Blut wüthen; ihnen zu sagen, sie könnten nicht ehrenvoll im Kriege seyn, weil sie gewissenhaft in der Religion wären, und ihnen (in demselben Augenblick, wo wir ihre Herzen und Hände um jeden Preis erkaufen soll­ ten) zur Bedingung zu machen, daß sie beim Gebet die rechte Hand und nicht die linke in die Höhe halten, und sich bei der Anbetung unsers gemeinschaftlichen Gottes nach Osten anstatt nach Westen kehren." „Was verlangen die Katholiken?

Schließt uns nicht

von ehrenvollen und vortheilhaftcn Stellen aus, weil wir Gott auf eine Weise anbeten, und 3hr auf eine andere. Das würde zur Zeit des tiefsten Friedens, des gesegnetsten Wohlstandes eine billige Bille seyn; sie müßte bewilligt werden, wenn Lord Hawkcsbury bis nach Paris gekom­ men wäre, wenn Hrn. Eannings Dolmetscher*) den Sc") Cannings Verfahren im Parlament zu jener Zeit, wo er sich alt Mitglied de« Ministerium« gegen die Ansprüche der Ka­ tholiken erklärte, obgleich man wußte, daß seine Ansichten ih­ nen günstig seyen, bracht« ihm bittern Tadel zuwege. Peter Plymley war einer von denen, die ihn am schärfsten angrif. fen; und indem er von diesem Dolmetscher Sanning« spricht,

105 nat in einer öffentlichen Rede bedrohet hatte, oder Hr. Perceval ihnen die Verbesserungen erklärt, die er in der katho­ lischen Religion $u machen gedächte; aber den Irländern diese Gerechtigkeit jetzt zu verweigern, in dem gegenwärti­ gen Zustande Europas, und in den Sommermonaten, ge­ rade wo die Jahreszeit zum Zerstören der Länder heran­ kommt, daS ist, Bruder Abraham, wie Du auch darüber denken magst, nicht viel weniger als absoluter Wahnsinn." „Siehe hier eine Fregatte von einem Korsaren von ungeheurer Größe und Stärke angegriffen; ihr Tauwerk vernichtet, die Masten in Gefahr über Bord zu fallen, vier Fuß Wasser im Raum, die Mannschaft gewaltig in Ab­ nahme; wie meinst Du nun wohl, daß der Capitain (des­ sen Name Pereeval seyn soll) in dieser furchtbaren Lage handelt?

Er ruft die ganze Mannschaft aufs Verdeck;

spricht zu ihnen von König, Vaterland, Ehre, Geliebten, Gin*), französischen Gefängnissen, Alt-England und Eisenherzen; sie rufen drei Mal Hurrah, stürzen zu ihren Ka­ nonen, und nach einem fürchterlichen Kampfe schlagen sie den Feind glücklich zurück.

Keine Sylbe von alle dem;

das ist nicht die Art, wie der achtbare Befehlshaber zu bin wir nicht nennen wollen, sagt er von ihm: „Der schmieg­ same Parasit, der ihm immer grinsend nachgeht. Die Natur steigt zu unendlicher Kleinheit herab. Hr. Canning hat feine Parasiten, und wenn man eine große blaue Summfliege nimmt, und sie durch ein Mikroskop betrachtet, so kann man zwanzig oder dreißig häßliche kleine Insekten darauf herumkriechen se­ hen, welche zweifelsohne glauben, ihre Fliege sey da« blauste, grbßeste, tapferste und wichtigste Thier auf der Welt, und die üderzeugt sind, die Welt würde untergehen, sobald sie auf. hörte zu summen." Peter Plymley's Briefe, Ed. 11. 1806. p. 36. Anm. d. Orig. ♦) Wachholder-Branntwein, dar bekannte Lieblings-Getränk beiniedern Bolkrklaffe in England. Anm. d. Ueb.

-

Werke geht.

100



DaS erste was er thut ist, das; er zwanzig

oder dreißig seiner besten Matrosen, die zufällig Katholiken sind, einsteckt, sie in Ketten legt, und ihnen eine Wache von eben so vielen Protestanten giebt; nachdem er sich auf diese bewundernswürdige Weise gegen

seine

ungläubigen

Gegner gesichert hat, geht er auf Deck, halt seinen Leuten in sehr bittern Worten vor, daß sie verschiedener Religion sind; ermahnt den Artilleristen von der bischöflichen Kirche dem prcsbytcrischcn O.uarticrmcister nicht zu trauen; giebt die gemessensten Befehle, daß bei den ersten Zeichen der Unzufriedenheit auf die Katholiken gefeuert werde, stürzt sich durch Blut und Getümmel die Leute im Katechismus und in den 39 Artikeln zu rxaminircn, und verbietet aus­ drücklich, daß einer bei den Kanonen arbeite, der nicht die Sakramente nach Vorschrift der anglikanischen Kirche ge­ nommen habe.

War es recht einen Capitain, der von vor­

trefflichem brittischen Stoff gemacht war, fortzuschicken, und einen solchen Mann an die Stelle zu sehen?

Ist er nicht

eher einem Pastoren ähnlich oder einem geschwätzigen Advocaten, als einem tüchtigen Seemann? und wenn es auch von eichenem Kernholz gebaut und noch so trefflich bemannt ist, ist es möglich, mit einem solchen tiapitain das Schiff vor Untersinken zu retten?" „Glaube mir, es ist Thorheit von einem Unterdrücken der katholischen Frage zu reden. 3ch wollte zu Gott, der Fall wäre der Art, daß er ein solches Mittel zuließe; aber so schlimm wie ec ist, er laßt es nicht zu.

Wenn die

Forderungen der Katholiken nicht auf die männlichen Worte des Lord Grcnville, oder auf daö knechtische Dröhnen dcS Lord trastlcrcagh gehört werden, so wird cs nicht lange dauern, bis wir sie in der Raserei des Pöbels oder dcnr Kampf der Bewaffneten vernehmen." Diese Befürchtungen drängten sich auch den Gcmü-

107 thern des Errnville - Ministeriums auf, und großherzig be­ schlossen sie ihr Vaterland zu retten, oder in dem Versuche unterzugehen.

Als Ministerium betrachtet geriethen sie in

den zweiten Fall der Alternative; und eS ist bemerkenswcrth, daß ihre Nachfolger, wenn gleich entschlossen Irland seinem Schicksale zu überlassen, dieselben Besorgnisse bis zu einem Grade des Schreckens empfanden; denn was war es anderes als ein panischer Schrecken, der sie zu dem An­ griffe auf Copenhagen verleiten konnte, der stets als ein Schandfleck für unsern National -Character dastehen wird? Es ist wahr,

die so sehr gefürchteten Gefahren wurden

nicht verwirklicht, aber dafür ist ihnen nicht zu danken» Der unsinnige Ehrgeiz des Feindes zerstörte seine eignen riesenhaften Pläne, und Irland entging dem Schicksal, zur französischen Provinz zu werden; aber als was hat es sich als integrirender Theil des britlischen Reiches bewiesen? und als was wird es sich zeigen, wenn nicht eine weise Regierung seinen Zwiespalt heilt, und es von Empörung und Blutvergießen befreit? Was hätte es schon in diesem Augenblick seyn können, wenn seine Erlösung zu dem gün­ stigen Zeitpunkte angefangen hätte, den wir eben jetzt so schnell bei uns haben vorübergehen gesehn? — Eine große und herrliche Wohlthat erwies dieses Ministerium jedoch dem Vaterlande und dem Menschengeschlecht; es schaffte den Handel mit Menschenblut ab; es sprach, unter dem freudigen Bcifallrufen von Millionen, die Freiheit Afrikas aus *). Die Schlußhandlung seiner kurzen Herrschaft war das Gesetz, welches verkündete, daß, soweit Großbrittannien betheiligt sey, der Menschenhandel für immer aufhören solle. *) Km 25sten Januar 1807 erhielt die Bill die kLnigliche Ge­ nehmigung.

Sie war mit einer Stimmenmehrheit von 283

gegen 16 im Unterhaus« durchgegangen.

Mit dem Isten Ja­

nuar 1808 sollt« sie vollständig in «rast treten.

A.d.U.

108

Ihre Gegner, durch ihre Niederlage stolz und übermüthig gemacht, triumphirten über ihren Fall, und Canning schämte sich nicht sie in zwei kleinen Gedichten, „Alle Talente" und „die neu-alte Opposition," auf eine Weise zu bespöt­ teln, die seines glänzenden Talents durchaus unwürdig ist, und einen unauslöschlichen Schandflecken auf seinen Character als Staatsmann und Mensch wirft *)♦ *) Ich gebe sie hier im Original, und lasse sie unübersetzt, nicht weil ich fürchte, daß sie einen „unauslöschlichen Schandflecken ^ auf Cannings Character werfen, sondern weil das wenige Salz, das sie enthalten, nothwendig in der Uebersetzung ver, loren gehen muß, und ich glaube, wenn Canning seine Me­ moiren selbst geschrieben hätte, er sie wohl kaum aufgenommen haben würde. All the talents. When the broad botlonVd Junta, with reason at slrife KesigiVd with a sigh, it’s political life; When converted tu Rome, and of honesly liied, They gave back to the Devil the soul he inspired; The Dcmon of Factiun that over them hung, In arcents ot liorror their epitaph sung; While Pride and Venality joined in the stave, And canting Democracy wept at the graxe. „Here lies in the tomb that we holluwM for Pitt, Consistence of Grenville, of Temple the wil; Of Sidmouth the firmness, the temper of Grey, And treasurer Sheiidan's prnmise to pay. ” ,,Herc Petty’a fioance, from the evils to come, Willi Fitzpatricks sobriely creeps to the tomb; And Chancellur Ego, now lest in the Lurch, seither dines with the Jordan, nor whincs with the cliurcli.’1 Tlien huzza for the Party that here is at ress, By the fools of a faction regretted and Liest; Tliuugh they sleep with the Devil, yet their’s is the hupe On the down fall of Britain to rise with the Pope.

Kapitel VI. Da- neue Ministerium. — Canning StaatS-Secretair für die aus­ wärtigen Angelegenheiten. — Das Schuld gegebene Verspre­ chen. — Die katholische Frage mit Bestimmtheit vom Cabinet verworfen. — Die Opposition. — Cannings Reden. — Angriffe auf Canning tm Parlament. — Durch die Presse. — Peter Plymley. — Seine Briefe publicirt, um die Opposition im neuen Parlament zu unterstützen. — Bombard'ement von Copenhagen und Wegnahme der dänischen Flotte. — Canning- aus­ führliche und eloquente Rede bei dieser Gelegenheit. — Unmit­ telbare Folgen dieser Rede im Parlament. — Dr. Duigenan -um Geheimen Rath erwählt. — Reden. — Amtliche Beant­ wortungen Canning- al- Staat-- Secretair- für die auswärti­ gen Angelegenheiten, in Bezug auf Friedens-Anträge und auf die Rote des Russischen Gesandten, den spanischen Krieg betref­ fend. — Reden. — Duell mit Lord Castlereagh. — Resignirung.

Die plötzliche Auflösung des Ministeriums, der allge­ meine Anblick, den die politische Lage Europas gewährte, so wie der Parteigeist und die Zwistigkeiten im Innern, machten den Schluß dieser Parlamentssitzung zu einer merk­ würdigen Epoche. In seiner „Geschichte deö Krieges auf The New - old Opposition. It is seid, tbe great Men, whu are seized with the pouls At their suddenly aller ’d condition Who so late were the In’s and so soun were the Out1», llave dccree’d a severe Opposition, Now will it be wonder’d at, greatly, if those Who ’re deprived of unmerited treasures, As of old, should determine the Men to oppose, Though their conscience* sanclion the measures Such ihreats are, by Britons, too well understood To creale any just apprehensions; Nor can they, who in power accomplished no good, Now appal us by evil inte nt io ns.

110 der Halbinsel" bemerkt Dr. Southey: „die Lage Englands im I. 1807 war eine außerordentlichere, als irgend eine, die die frühere Geschichte aufzuweisen hat.

Nach einem

Kriege, der, den kurzen Zwischenraum des Friedens von Amiens abgerechnet, fünfzehn Jahre gedauert hatte, und zu dessen Anfange ganz Europa mit ihm gegen das revolutionaire Frankreich verbunden gewesen war, war jetzt auch die letzte Stütze Englands unter den Continental»Machten verloren gegangen; die meisten seiner früheren Alliirtcn wa­ ren gegen cs verbündet, und es war augenscheinlich, daß die wenigen Staaten, die noch den Anschein von Neutrali­ tät beobachteten, bald auf gleiche Weise zum Bündnisse mit Frankreich gezwungen werden würden.

Die französische

Armee und die englische Seemacht, zwei furchtbarere Ge­ walten, als die älteren Zeiten je gesehen haben, standen einander gegenüber, ohne die Möglichkeit in Kampf mit einander zu gerathen.

Da die Franzosen Herren des Fest­

landes waren, mußte jeder Gedanke sie zu Lande anzugrei­ fen, ein Ende haben; und weder sie noch ihre Alliirtcn wagten es,

eine Flagge auf dem Meere blicken zu lassen.

England vermochte auf keine Weise die Macht Frankreichs zu vermindern, noch konnte Frankreich England unterjochen, oder es auf irgend eine Weise schwachen.

Die Drohung

der Invasion war aufgegeben: Buonaparte hatte sie ernst­ lich gemeint; aber der freudige Muth, mit dem das engli­ sche Volk zu den Waffen flog, imponirte ihm, und seine Kanonenböte verfaulten in den Häfen, in denen sie mit so vieler Mühe und so großen Kosten zusammengebracht wa­ ren.

Gegen dieses Uebel durch unsere Flotten, und noch

mehr durch unsere innere Kraft gesichert, führten wir den Krieg fort, sowohl ohne Furcht als ohne Hoffnung. Der Zustand unserer innern Politik war nicht weni­ ger merkwürdig.

Zum ersten Male befand sich Großbrit-

111

tonnten unter einem Ministerium ohne Namen. Sein osten­ sible- Haupt, der Herzog von Portland, erschien nie im Parlament, und im Publikum wurde weder von ihm ge­ sprochen noch an ihn gedacht. Indessen verdient er dafür ein ehrenvolles Denkmal in der brittischen Geschichte, daß er unter ungewöhnlich schwierigen Verhältnissen sein Amt angenommen, und dadurch den König in den Stand gesetzt hat, ein Ministerium zu bilden, dessen Ansichten mit seinen eigenen Grundsätzen und Gefühlen in Einklang waren. Die andern Minister verdankten ihre Stellen weniger ihren ei­ genen Fähigkeiten, als der Unfähigkeit ihrer Gegner; denn von allen Ministerien war das, dem sie nachfolgten, daS unpopulairste gewesen. Wegen ihres geringen Einflusses im Lande, da die mächtigen Whig-Familien jetzt größtentheilS zur Opposition gehörten, galten sie für zu sehr von der persönlichen Gunst des Königs abhängig, und waren in einem buchstäblicheren Sinne des Königs Diener, als sich mit dem Geiste der Verfassung verträgt. Ihre Ta­ lente hatten sie noch nicht Gelegenheit gehabt zu bewähren, und die Nation hatte den besonnenen, klaren Verstand des Lord Hawkesbury, die vollendete Redekunst Cannings, und des immer gerüsteten, immer wahr gesinnten Perceval Thä­ tigkeit und ttnerschroekenheit noch nicht zu schätzen gelernt. So lange Pitt und Fox lebten, hatte Jedermann seinen Glauben entweder in den Einen oder den Andern gesetzt. Eine Partei war immer vollkommen überzeugt, daß die Maßregeln des Ministers die rechten seyen, und die andere erwartete eben so zuversichtlich, daß, ungeachtet seiner fal­ schen Politik und seines Unsterns, das Land gerettet wer­ den würde, sobald ihr politischer Erlöser an die Spitze käme. Aus diesem beruhigenden Zustande, wo der Glaube die Stelle der Vernunft vertrat, wurden sie durch den Tod beider Anführer gestört, deren keiner einen Nachfolger hin-

112 (erließ, wohl aber jeder einen übertriebenen Ruf. Es wurde die allgemeine Klage,

daß es feinen Mann oder feinen

Verein von Männern gebe, wozu die Nation irgend Zu­ trauen habe.

Einige befürchteten hiervon eine gefährliche

Gleichgültigkeit im Staate gegen das Parlament selbst. Andere hofften, daß, so wie das Volk der. Partei-Streitig­ keiten müde sey, so würde auch das Parlament nicht lan­ ger zum Schauplätze von Faetionen gemacht, sondern die Maßregeln würden

in Zukunft bloß mit Berücksichtigung

auf ihre Gemeinnützigkeit erörtert werden, und ohne bloß auf die Partei zu sehen, die sie vorschlüge. — Das neue Ministerium war nicht sobald gebildet, als es angekündigt wurde.

Der Herzog von Portland als er­

ster Lord deS Schatzes, Lord Hawkesbury Staats-Secretair für die inneren, Hr. Canm'ng für die auswärtigen, und Lord Castlereagh für die Colom'al-Angelegenheiten; Hr. Perceval Kanzler der Schatzkammer, Lord Eldon wieder Lord-Kanzler. lamentes,

Mit dem ganzen Einstuffe eines neuen Par­

versammelt unter den Auspieien eines Whig-

Ministerium-,

das aus den ersten Familien des Reiches

bestand, eines Parlamentes, das seine Arbeiten erst im vor­ hergehenden December-Monate begonnen hatte, und dessen ursprüngliche

Lenker jetzt in furchtbaren Reihen auf der

Seite der Opposition standen, sollten jetzt Canning und feine Eollegen in den Kampf treten.

Die entlassenen Mi­

nister und ihre Freunde vermochten ihren Unwillen nicht zurückzuhalten.

Sie sahen sich durch Männer verdrängt,

die, ohne Einfluß und Macht im Lande, plötzlich zu dessen Regierern berufen waren; und die, wenigstens durch eine stillschweigende Uebereinfunft, wenn nicht durch ein direktes unzweideutiges Versprechen, den persönlichen Gefühlen des Königs ihr Recht geopfert hatten, eine Angelegenheit, die für das Wohl des Staates von der größten Wichtigkeit war.

113 war, |u beflrdem oder ju berathen. Dazu kam, -aß eS dieselben Personen waren, die über diesen Gegenstand mit Pitt gemeinschaftlich gehandelt, und seine Ansichten getheilt hatten — Ansichten, welche denen, zu welchen sie sich jetzt bekannten, geradezu entgegen standen. Hrn. Perceval be­ trachteten sie alS einen bloßen RechtSgelehrtea, den der Zu­ fall zum Minister gemacht, den aber die Statur nie zum Staatsmanne bestimmt habe. Lord Castlereagh verabscheu­ ten sie alS einen Derräther an feinem Vaterland» der treulos daö wesentlichste Interesse desselben hintenansetzte. Canning betrachteten sie bloß alS den Schüler PittS, aber unendlich weit unter ihm stehend in Allem, was zum Len­ ker einer Regierung erfordert wird. Sie wollten ihn kaum al- wahr in seinen politischen Grundsätzen gelten lassen, und doch fürchteten sie die Bitterkeit seiner Satyr« und die Schärfe seines WitzeS. Wenn sie ihn an und für sich nicht für einen großen Mann hielten, so mußten sie doch fühlen, daß er bei weitem der größte von denen war, mit denen sie jetzt den Kampf im Parlamente zu bestehen hat­ ten. Seine bekannten Ansichten über die katholische Frage und seine seltsame Verbindung mit der No-Popery- (AntiPapisten) Faetion, vor allen Dingen aber daS unedle Spottgedicht, das gerade erschienen war, und da» unser voriges Capitel beschließt, erregte bei Manchen Gefühle ge­ gen ihn, die beinahe an Verachtung gränzten. Die erste Parlaments-Versammlung nach der neuen Minister-Wahl war natürlich eine Erprobung der gegenfeitigrn Kräfte. Die Debatte war erbittert und vermochte wohl Gefühle ernsterer Art rege zu machen, als bloße po­ litische Feindseligkeit. Sine Majorität von nur 32 bezeugte die Schwäche der Minister. In dieser Debatte wurde eS *) Irland. LarmitisS Denkv. TT.

114 als -an; ausgemacht angenommen, und der Antrag deS Hm. Brand stützte sich auf die Voraussetzung, daß den vorigen Ministern ein feierliche- schriftliches Versprechen ad» gefordert worden sey, daß sie unterlassen wollten die ka­ tholische Frage im Cabinet zur Sprache zu bringen, und sich den Anforderungen der Katholiken widersetzen. Hier­ auf gestützt bemerkte Hr. Brand in seiner Eröffnungtz-Rede: „Ich glaube demnach, Sir, daß eS keine sehr gewagte Behauptung von meiner Seite ist, wenn ich meine, daß daö Gesetz, indem eg die vollziehende Gewalt der Verant­ wortlichkeit enthob, die Nation dadurch gesichert hat, daß eö die Verantwortung auf die Rathgeber der Krone wälzte. Unabhängig von allen Rücksichten auf die Verfassung möchte ich fragen, ob eS sich mit der gefunden Vernunft, ob eS sich mit der Gerechtigkeit verträgt, ein schriftliches Verspre­ chen zu fordern, wodurch diejenigen, welche allein verant­ wortlich sind, der Freiheit ihreö Urtheils Fesseln anlegen? Kann man vernünftiger Weise erwarten, daß diese Perso­ nen sich vrrpftichten werden, gegen ihre eigene Einsicht zu handeln, sobald sie für ein solches Verfahren, daS sie miß­ billigen, Strafe zu erwarten haben ? Aber Sir, aus dem Gesichtspunkte der Verfassung betrachtet, erscheint die Frage nur weniger abgeschmackt, weil sie mehr beunruhigend ist. Wenn die Krone nicht verantwortlich ist, und die Diener der Krone sich gegen dieselbe verbürgen dürfen, waS wird dann auS jener Verantwortlichkeit, die daS beste ErhaltungSmittel der Verfassung ist? Ist der König nach dem Gesetz nicht verantwortlich, und die Minister sind eS nicht kraft gewisser, Eingangs übernommener, Verpstichtungen: so möchte ich fragen, wo ist die Sicherheit deS Volkes gegen die Ucbrl einer schlechten Venvaltung? ES sey fern von mir, die Ausübung des Prärogatives in Zweifel ziehen zu wollen; der König hat daS unstreitige Recht, feine ei-

— 115

denen Diener |u bestimmen, feine Rat-geber zu erwählen, seine Minister zu Würden j» befördern oder sie »n entlassen; — aber ich behaupte, daß der König nicht da-Recht habe, sie In ihren Rathschlägen selbst zu beschränken, oder ihnen den freien Gebrauch ihrer Urtheil-kraft zu nehmen, ehr­ liche Männer, die eine richtige Einsicht von dem haben, waS da- öffentliche Wohl erheischt, die ihrem Könige treu und gerecht gegen ihr Vaterland sind, können keinen Au­ genblick einem Anmuthen Gehör geben, da- ihnen die Ver­ pflichtung auferlegen will, sich solcher Rathschläge zu ent­ halten, wie ihnen ihr Gewissen von Zeit zu Zeit al- noth­ wendig vorhalten könnte. Solche Männer aber kann man nicht politischen Abentheurern gleich stellen, die in ihrem gierigen Streben nach Macht und Schätzen sich nicht scheuen, gegen die Krone sich erst zu verbürgen, und dann ihr nich­ tige- Unterpfand dem getauschten Volke darzubieten. Sir, über die Verantwortlichkeit der Diener de- König- kann hier im Hause nur eine Meinung obwalten, und obgleich ich e- durchaus nicht für nöthig halte, Ihre kostbare Zeit länger in Anspruch zu nehmen, um Grundsätze der Ver­ fassung Ihnen auseinanderzusetzen, die mit Recht Axiome genannt zu werden verdienen, so vermag ich doch, wenn ich bedenke, wie innig die heilige Pflicht eine- Geheimen Rathe- mit der gegenwärtigen Frage in Verbindung steht, mich nicht zu enthalten, Sie von diesem Gesichtspunkte aus­ gehend noch auf eine Bemerkung aufmerksam zu mache». Die Pflicht eine- Geheimen Rathe- verlangt, wie Lord Loke sie angiebt: „daß er rathen solle im Allgemeinen in allen Dingen, die zu de- König- Ehre und Nutzen gerei­ chen, und zu dem Wohl seiner Reiche, Domainen und Un* terthanen, ohne Parteilichkeit oder Ansehen der Person, sol­ che- nicht unterlassend oder vermeidend au- Neigung, Liebe, Lohn, Mißtrauen oder Furcht vor einer Person oder Per8*



116 —

sonen." Diese-, Sir, stellt bk Frag», nach meiner UN. maßgeblichen Ansicht, so bündig als möglich dar. Kann« ten die vorigen Minister, ihrem Eide als Geheime Räthe getreu, ein solches Versprechen, wie man ihnen abforderte, unterschreiben? Hiemit will ich die Entscheidung dem Hause überlaffen. Ich will jetzt nicht näher in das Verfahren des letzten Ministeriums eingehen; nach meiner Ansicht finde ich nichts tu tadeln, und vieles zu loben darin. Es liegt nicht mir ob, Sir, das Haus an die Verdienste desselben zu erinnern; nicht mir, dem Hause zu sagen, daß es zur Stunde seiner Entlassung das ganze Zutrauen des Parla» mentes besaß. Ich habe dem Hause jetzt nur für seine Nachsicht zu danken, und darauf anzutragen; „daß es den ersten Pflichten der vertrauten Diener der Krone entgegen sey, durch irgend ein ausdrückliche- oder stillschweigendeVersprechen sich zu binden, daß sie irgend eines Rathes an den König sich enthalten wollen, den die Umstande als nothwendig für die Wohlfahrt und Sicherheit irgend eine» Theile- der weit verbreiteten Reiche Sr. Majestät darstel» len könnten." — April 9. 1807. Diese männliche Rechtfertigung des Grenville-Ministeriums warf nothwendig den Verdacht auf dessen Nachfol­ ger, daß sie um ihrer Stellen halber sich einer Forderung bequemt, der die kürzlich abgesetzten Diener der Krone sich standhaft widersetzt hätten. Von beiden Parteien sprach Hr. Ord in sehr starken Ausdrücken: „Ich billige, sagte er, die Maßregeln der vorigen Minister, und ihre Entfer­ nung thut mir sehr leib; aber dieses Leidwesen würde viel­ leicht geringer seyn, wenn Männer von Talent und Gefchickliäskeit ihnen gefolgt wären. Sind aber ihre Nachfolger nicht die Hefen eine- entehrten Ministeriums? Sind sie nicht dieselben Personen, die früher einst die Amtssiegel



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««ntge Stunden In jHänden hatten, und fl« im Gefühl ihrer eigenen Unfähigkeit wieder abgaben?" Man muß gestehen, daß Canning eine sthr große und schwierige Aufgabe vor sich hatte, denn er stand oft allein, um dir Angriffe einer Schaar von Gegnern abzuwehren; indefftn ward er immer zum Kampf gerüstet gefunden. De» merkenswerth ist e- indrffrn, daß im vorliegenden Fall we­ der er noch feine College« die Existenz des geforderten Dersprechen- zu läugnen wagten, obgleich Sir Samuel Romilly die Anklage sehr deutlich in den folgenden Worten stellte: „Da nun die vorigen Minister entlasten sind, weil sie da- Berfprechrn verweigert haben, so findet bei den jetzigen nur die Alternative Statt, daß sie es stillschwei­ gend gegeben, oder De. Majestät hintergangen haben; denn es wird nicht behauptet, daß Sr. Majestät gegen die vo­ rigen Minister etwa- andere- au-zusetzen gehabt habe, als die Meinung-verschiedenheit über diesen Gegenstand. Wenn man auf dir früheren Ansichten der jetzigen Minister zurückgrht, so wird man finden, daß einige von ihnen resignirt hatten, weil ähnliche Maßregeln wie die der jetzt zurückge­ nommenen Dill nicht durchgesetzt werden konnten." Die Rede de- Lord Howick veranlaßte Canning zu ei­ ner Erwiederung, die feine Freunde wie feine Gegner höch­ lich überraschte. Der Schluß seiner Rede, die er zu einer späten Stunde und bei sichtbaren Zeichen der Ungeduld angefangen hatte, wurde mit lautem und wiederholtem Beifallrufen von allen Seiten de- Hause- aufgenommen. Aler aufstand, wurde von den Bänken der Opposition laut zur Abstimmung gerufen. Er sagte: „E- überrascht mich nicht, daß bei einem Antrage, der darauf hinausgeht, die gegenwärtigen Minister zu verdrän­ gen, die, welche ihn begünstigen, durch ihr Geschrei dasje­ nige zu übertäuben suchen, waö diese zu ihrer Berlheidi-

118 gung tu sagen haben. Aber wie unangenehm es mir auch ist/ da- Hau- zu dieser späten Stunde und in seiner ge# genwärtizen Erschöpfung noch aufzuhalten, so soll mich doch nie ein bloße- Geschrei abschrecken, da- vorzutragen, wa- tu meiner Rechtfertigung nöthig ist. Die Rede deedlen Lord scheint retrotrahirend mich für Rathschläge ver­ antwortlich machen zu wollen, die mir unbekannt bleiben mußten, und für die (Entlassung, die seine eigene selbstmör­ derische Handlung hervorgebracht hat. Wenn ich dem Gange der Verhandlungen bi- jetzt folge, so muß ich behaupten, wa- nirgend- auch geldugnet worden ist, daß die vorlie­ gende Frage rein auf da- Verhältniß zwischen dem Könige und den vorigen Ministern sich beziehe. Diese- ist daerste Mal seit den Zeiten Karl-, daß man den Monarchen vor die Schranken de- Parlamente- gefordert hat. Die »origen Minister haben durch ihre eigene Handlung ihre Entlassung unvermeidlich gemacht, und ich liugne, daß meine College», oder ich hiezu irgend gerathen oder intriguirt haben, um ihre Stellen zu erhalten. Im Gegentheil, wir haben un- Mühe gegeben, die Verwirrung zu verhü­ ten, die au» den Maßregeln, welche sie befolgten, zu ent­ stehen drohten. Wie auch über die Bill hätte entschieden werden mögen, ich hätte es nicht für wünschenswerth ge­ halten, daß deshalb eine Aenderung im Ministerium eintre­ ten möchte. Aber sobald mein Souverain sich ohne Mi­ nister befindet, und meine Dienste von mir fordert, halte ich mich nicht für berechtigt, sie zu versagen. Auch thut e- mir keine-wege- leid, daß ich so gehandelt. Was die Umstände betrifft, die den Minifterwechsel herbeiführten, so glaube ich nicht, daß irgend eine Absicht obgewaltet habe, Ee. Majestät zu hintergehen. Ich will Niemandem schlechte Absichten unterlegen; aber wenn auch keine absichtliche 2äu* fchung, so hat doch zu viel Mißverstandniß bei dieser Ver-

Handlung obgewaltet. Al- Sr. Majestät erklärt hatten, keinen Schritt über die Acte von 1793 hinaus gehen §u wollen, hätten die Minister aufmerksam werden und deut­ lich erklären sollen, was durch die Maßregel eigentlich zugestanden werden solle. Was mich betrifft, so möchte ich den Katholiken lieber das bewilligen, waS ihnen die Bill verweigert, und ihnen das vorenthalten, waS sie ihnen zu« gesteht. Ich will ihnen lieber die bürgerliche Auöjrichnung gewähren als da- Schwerdt. Was die Aufforderung deedlen Lord- an mich betrifft, so antworte ich ihm, daß ich mein Betragen nach dem Muster jenes großen Manne-, meines verstorbenen Freundes Hrn. Pitt, zu bilden wünsche. Der edle Lord hat vorausgesetzt, daß ich mit ihm gleicher Meinung sey über den Gegenstand der Bill; er hat aber nicht da- Recht ander- über mich zu urtheilen, als nach meinem öffentlichen Votum im Parlament. Ich habe über diese Frage nur einmal votirt, und da- war im 3. 1804 mit Hrn. Pitt gegen die katholische Frage. Aber das Ver­ fahren dieses Letzteren, als er sein Amt niederlegte, weil er die große Maßregel, die er beabsichtigte, nicht durchzusetzen vermochte, kann nicht besser ins Licht gestellt werden, als wenn man e- mit dem der vorigen Minister vergleicht. Diese verlangten, wa- ich daS Haus zu bemerken bitte, daß eS ihnen gestattet seyn möchte, da« Eine zu empfehlen und das Andere zu thun. Die Bedingung, unter welcher sie ihr Amt behalten wollten, war, Maßregeln vorschlagen zu dürfen, die sie nachher wieder fallen lassen wollten. DaS jährliche Antragen auf diesen Gegenstand hätte die Wir­ kung gehabt, daß die Popularität und das Odium auf eine ungerechte Weise sich vertheilt hätte. Das Odium wäre groß gewesen, und ganz auf die Krone gefallen; die Vor­ theile klein, und die hätten die Katholiken nehmen mögen; die ganze Popularität hatten die Minister davon gehabt.

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Der edle Lord hat mit von Nr Stimmenmehrheit gesagt, bit er habt, und von den verdrießlichen Anttägen, die noch für uns folgen würden; aber worum hält er feine Stim­ menmehrheit nicht ju Rathe? Ist fit stark genug, um ver­ drießliche Anträge durchzusetzen, um die Minister Sr. Ma­ jestät ju plagen, so würde sie a fortiori auch stark genug seyn, um Sr. Majestät Unterthanen Heil zu bringen; der edle Lord sollte daher seine ursprüngliche Maßregel durch­ sehen. Es hat ihm auch gefallen zu behaupten, daß der König einen heimlichen Rathgeber habe, und daß die Mit­ theilungen jwischen Sr. Majestät und den jetzigen Mini­ stern viel früher angefangen haben, als wir zugestehen woll­ ten; und als Beispiel dieser heimlichen Verbindung führt er Lord Eldon- Besuch zu Windsor (ich glaube am Sonn­ abend, acht Lag« vor Eintritt der Veränderung) an. Ich möchte den edlen Lord nicht einer absichtlich falschen Dar­ stellung beschuldigen, aber ich frage ihn offen, im Angesicht des Hause-, ob er den Grund des Besuche- deS Lord Eldon zu Windsor nicht kenne? Weiß er oder weiß er nicht, daß Lord Eldon, ehe er nach Windsor ging, dem Lord Grenville seine Aufwartung machte, und ihm genau den Zweck seiner beabsichtigten Unterredung mit dem Könige mittheilte, mit der feierlichen Versicherung, daß er keines andern Gegenstandes vor dem Könige erwähnen würde? Der edle Lord könnte andeuten, daß Lord Eldon nicht Wort gehalten habe. Ich glaube er hat es gethan, und wenig­ sten- kann ich es ruhig dem Hause überlassen zu entschei­ den, ob das Verfahren des Lord Eldon, so wie ich es eben geschildert, Grund gebe, eine Wortbrüchigkeit und Falsch­ heit vorauszusetzen? Und ich will hinzufügen, Sir, daß nur das ungemein delicate deö Gegenstandes selbst, wegen dessen, wie der edle Lord sehr wohl weiß, Lord Eldon zum Könige ging, mich verhindert, durch eine ausdrückliche Er-

121 öffnung dem Hause darzuthun, wie weit entfernt «S von Allem war, was Politik genannt werden könnte. 3ch weiß nicht, wie weit sich diese Andeutungen auch auf andere Mitglieder des neuen Ministerium- ausdehnen sollen; aber da manchen der Herren gegenüber-Ausdrücke entfallen sind, die eine solche Beschuldigung der Intrigue und heimlichen Cabale zu enthalten scheinen, so halte ich eS für recht, für mich selbst ausdrücklich zu erklären, und ich erkläre eS mit gleicher Zuversicht für meinen sehr achtbaren Freund neben mir (Hrn. Percrval) und für den edlen Herzog, der jetzt sich an der Spitze des Ministeriums Sr. Majestät befindet, daß wir nicht nur keine heimliche und unrechtliche Versu­ che, unsere jetzigen Stellen zu erhalten, zu verantworten, sondern daß wir auch, ein Zeder nach Maßgabe seiner Ver­ hältnisse, uns rechtschaffen und ehrlich bemüht haben das Unheil zu verhindern, was eine Veränderung des Ministe­ rium- in der gegenwärtigen Lage des Landes unvermeidlich begleiten zu müssen schien. Wenn wir, da der König ohne Ministerium, und da- Land ohne Regierung gelassen war, uns nicht besannen dem Rufe, der an uns erging, zu fol­ gen, so waren wir doch im Verfolgen ehrgeiziger Zwecke nicht so übereilt, so anmaßend oder so blind -egen das wirklich gefährliche und schwierige der Verhältnisse, daß wir uns um eine so gefahrvolle Nachfolge bemüht, oder deshalb intriguirt hätten.

Was mich betrifft, so kann ich

zuversichtlich erklären, daß, als ich zuerst durch unbezweifrlt« Autorität von der starken Verschiedenheit der Meinung erfuhr, die zwischen dem Könige und den Ministern obwal­ tete, ich mich entschloß, diese Nachricht demjenigen Theile des vorigen Ministeriums zu eröffnen, mit dem ich, trotz politischer Differenzen, so weit ich von meinen Gefühlen rede, auf persönlich freundschaftlichem Fuße stand, und ferner zu stehen wünsche.

Diesen Entschluß führte ich auch sofort

122 au-, und zwar in der au-drütklichen Absicht, und mit dem rrnstlichstrn Rath und Ersuchen, feine Zeit zu ectliorm, um zu einer solchen Erklärung und Ausgleichung über die­ sen Gegenstand ju kommen, wodurch extremen Schritten vorgebeugt würde. Und eö har mir nicht geringe Freude gemacht, aus dem Briefwechsel, den ich seitdem zu lesen Gelegenheit hatte, zu ersehen, daß, da die ersten Versuche zu einer Erklärung von Seiten der Minister an dem Tage nach meiner Mittheilung Statt gefunden haben, meine Be­ strebungen, wenn auch ohne endlichen Erfolg, doch nicht ganz ohne Wirkung gewesen sind. Gerade auf dieselbe Weise benahm sich mein sehr achtbarer Freund (Perceval) gegen diejenigen von den Ministern, mit denen er in Ver­ bindung stand. Hinsichtlich deß Herzogs von Portland kann ich versichern, daß er die erste Zusammenkunft, die er bei dieser Gelegenheit mit Sr. Majestät hatte, benutzte, nicht um den Zwiespalt zu vergrößern und eine Aenderung her­ beizuführen oder zu beschleunigen, sondern um zu einer voll­ ständigen und friedlichen, und wo möglich beruhigenden Er­ klärung zu rathen, und sie dringend anzuempfehlen. Furcht­ los wage ich es daher mich auf das Haus zu berufen, ob wir mit Recht beschuldigt werden können, uns ungebührend die Vortheile zu Nutze gemacht zu haben, die den neulichen Wechsel herbeiführten. Unser einzige- Verbrechen in dieser Hinsicht besteht darin, daß, als der Zwiespalt zwi­ schen Se. Majestät und Seinen vorigen Dienern unheilbar wurde, und es sich deutlich zeigte, daß die vorigen Minister austreten müßten, wir unS nicht mit ihnen vereinigen woll­ ten, unserm Svuverain den Degen auf die Brust zu setzen, indem wir ihm die Alternative stellten, entweder jene aus ihre eigenen Bedingungen wieder anzunehmen und ganz in ihre Hände gegeben zu seyn, oder das Land ohne Regie­ rungsbehörde zu lasten. Indessen, Sir, wenn ich behaupte,

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daß wir weder für Handlungen verantwortlich sind, noch, dem gesunden Menschenverstände nach, dafür gehalten wer» den können, die mehrere Wochen, ehe wir unser Amt an­ getreten haben, begangen worden, so möge man deßhalb nicht glauben, daß ich daß geringste dawider habe, meinen »osten Antheil der Verantwortlichkeit für den Theil des Verfahren- de- König- zu übernehmen, der sich an die Correspondenz zwischen Sr. Majestät und den Ministern knüpft. Weit davon entfernt würde ich vielmehr stolz seyn, auf irgend eine Weise Theil an den Briefen Dr. Majestät haben zu können. Und schmerzlich wie die ganze Verhand­ lung gewesen ist, schmerzlich wie e- einem Irden seyn muß, der nicht nur die Form, sondern auch da- Wesen unserer Verfassung werth schätzt, den König hier gleichsam in Per­ son vor die Schranken de- Haufe- zur Verantwortung ge­ bracht zu sehen, so ist eö doch noch ein Trost zu wissen, daß von dem Gerichte de- Hause- der Gemeinen eine Be­ rufung an da- Tribunal de- ganzen Lande- frei steht. Für ein jede- loyale Herz ist eö eine große Beruhigung zu füh­ len, daß in demselben Verhältniß, wie der Monarch, höchst verfassung-widrig, in Seiner eigenen Person verantwortlich gemacht ist, er auch in demselben Verhältniß Seinem Volke besser bekannt werden muß. Und wenn diese- Volk sehen wird, wie sein Monarch, beladen wie er ist mit Jahren und mit manchem schweren Ungemach, doch in der Kraft seine- blühenden GrrifenalterS eine Stärke der Beurthei­ lung, eine Schnelligkeit und Lebhaftigkeit des Uebrrblickö beweist, die Ihn in den Stand gesetzt haben, allein in die­ ser peinlichen Streitfrage gegen die vereinten Talente aller Seiner Minister anzukämpfen; wenn es sehen wird, wie Er Geisteskräfte entwickelt, die Ihn so gut wie Einen der Minister, wie Einen derer, die hier mich hören, fähig ma­ chen, di« verwickeltsten Fragen zu erörtern, und die fchwie-

124 rigsten Geschäfte zu leiten; wenn diese- Alle-, wie gesagt, dem Volke sich -eigen wird, und durch diese Bekanntwerdüng alle jene traurigen und niederschlagenden Gerüchte, die zuweilen der Zufall, zuweilen Absicht durch da- Land verbreitet, ihre Widerlegung gefunden haben werden, dann möchte r- noch die Frage seyn, ob da- unschickliche, ge­ fährliche, verfassungswidrige dieser mulhwilligen und nicht zu rechtfertigenden Kritik de- Verfahrens des Königs, nicht mehr alS ausgewogen werde durch die Entwickelung Sei­ ner persönlichen Eigenschaften. Und während wir bedauern, daß diese Eigenschaften auf solche Weise erprobt worden sind, wird daS Land sich der Hoffnungen freuen, die die Art, wie diese Probe bestanden ist, gewährt, daß, nachdem Er beinahe ein halbe- Jahrhundert hindurch unaufhörlich mit väterlicher Sorgsamkeit für da- Interesse und Glück Seines Landes gewacht hat. Er unter dem Schuhe der Vorsehung dieser Lebensdauer, dieser Reihe von Arbeiten, noch viele viele Jahre hinzufügen möge, Jahre der Sorge und des Wachens freilich wohl, aber einer schützenden Sorge, eine- für da- Wohl Seine- Volkes kräftigen, thätigen Wachens. Wegen des Rathes, Lord Melville wieder in Sr. Majestät Eabinet aufzunehmen, bin ich bereit meinen Theil der Verantwortung ganz zu übernehmen; aber ich glaubt, daß rin solcher Rath mit besserem Anstande von dem achtbaren Gentleman (Hrn. Whitbread) und seinen Freunden ausgegangen seyn würde, die neulich eine peinli­ che Anklage des edlen Lord bis zu einer glücklichen Losspre­ chung geleitet haben. Ich will dem Hause jetzt nur noch mit einem Worte beschwerlich fallen. Welche- auch der Ausgang der Streitfrage von heute Abend, oder der Reihe von Streitfragen, die ihr, wenn sie durchgeht, folgen sol­ len, seyn mag, Sr. Majestät Minister sind entschlossen, ih­ rem Monarchen zur Seite zu stehen, selbst wenn Umstände

125 eintreten sollten, unter denen sie r- für ihre Pflicht halten, sich auf da- Land selbst zu berufen." *) Dr. Duigrnan und Hr. Perceval ergossen sich bei die­ ser Gelegenheit in einen Strom von Beredsamkeit zu Gun­ sten der protestantischen Religion, die, wie beide glaubten, und wie sie sich bemühten Andern einzureden, durchauuntrrgehen würde, sobald man von der Intoleranz nach­ ließe, und einer herrschenden Sekte ihr Monopol bürger­ licher Vorrechte nähme; — als ob die Grundsätze der bris» tischen Verfassung und die unbeschränkteste Religionsfreiheit nicht die besten Schutzmittel des Protestantismus, als ob Despotismus und Papisterei nicht natürliche Verbündete wären, und als ob das erhabenste Glück, dessen der Staat zu genießen fähig ist, mit dem niedrigsten Aberglauben, der je die Gesellschaft entehrte, vereinbar seyn könnte. Bei seiner Verbindung mit diesen schwachen und heftigen Par­ teigängern, den wahren Feuerbrändrn religiösen Haffes und Borurtheiles, die nie int Stande waren, die Frage über Religionsfreiheit in ihrer einfachen Beziehung auf Civil» Verfassung und die Ausübung bürgerlicher Rechte zu be­ antworten, erhielt denn auch Canning seinen vollen Antheil an Schmähungen. Nach einigen hatte er sich zu der Un­ bedeutendheit des lilliputifchen Staatsmannes herabgewür­ digt, für den er im Parlament seinen Donner ertönen, und durch die Presse sein« Blitzt verbreiten ließ. Hr. Ponsonby sagte in einem Augenblicke des Unwillens von ihm: „er sey ein Mann von wenigen Begriffen, die er aber leicht zusammenzustellen und zu gebrauchen wisse; ergehe so spar­ sam mit seinen Gedanken und so verschwenderisch mit sei­ nen Worten um, daß er bei den Debatten nie in Verle» •) D. t. da« Parlament aufzulösen, damit dir Ansicht de« Bol« ke« sich in den neuen Wahlen zu erkennen gebe. V.d U.

126 gtnhci't gerathen können; er könne bei jeder Gelegenheit ei­ nen Strom von Worten vorbringen, der im Ohre tönte, aber selten zum Verstände spräche und nie jum Herzen dränge, den aber feine Anhänger Beredsamkeit nennten." Die neuen Minister waren nicht sehr erbaut von der Majorität, die sie im Parlament erhalten hatten, und fin­ gen an tinjusehen, daß ihre Macht nichts weniger al- sicher stehe. Eine Auflösung des Parlament- wurde daher für da- beste Mittel erachtet, was ihnen zu ergreifen übrig blieb. Sie schritten sofort dazu: und für das Land war es eines Theile belustigend, andern Theils ärgerlich, wenn nicht vom Throne oder dem Wollfack, doch von der Kanzel und durch die Presse zu hören, daß das Parlament zur Aufrechthaltung der protestantischen Religion aufgelöst wor­ den sey. Am 27sten April fand dieses wichtige Ereigniß Statt; von so kurzer Daner war das Bestehen einer ge­ setzgebenden Vcrsamnilung, die sich so wohl um ihr Vater­ land verdient, aber durch ihre Unlenksamkeit sich denen un­ angenehm gemacht hatte, deren Glaubens-Artikel stets war, daß kein Ministerium bestehen könne, wenn es nicht über eine Majorität im Hause der Gemeinen zu gebieten habe; was denn freilich, wenn es wahr ist, für die Minister im­ mer das stärkste Argument gegen Parlaments - Reform seyn muß. Das neue Parlament versammelte sich am 26sten Iuny. Die Rede der Lords-Commiffaire wurde mit ungewöhnli­ cher Lebhaftigkeit durchgenommcn. Der Hauptpunkt war die vorhergehende Auflösung. Besonders treffend und nach­ drucksvoll redete Hr. Wyndham. Nachdem er die Frage im Allgemeinen betrachtet und behauptet hatte, daß eine Auflösung des Parlaments während der Sitzung immer verfassungswidrig und oft unpolitisch sey, sagte er: „Ich wünscht zu wissen, wodurch sich diese Maßregel

127 jetzt alS zweckmäßig dargestellt hat, die mit allen den Un­ bequemlichkeiten einer allgemeinen Wahl, und allen den Nachtheilen für Privat-Vermögen und öffentliche Sittlich, feit, die ein solches Sreigniß herbeiführt, verbunden war? Bei solchen Nachtheilen muß doch auch eine genügende Rechtfertigung der Maßregel sich zeigen. Wäre die prote­ stantische Religion in Gefahr, so würde daS eine Rechtfer­ tigung dafür seyn: wenn die Minister glaubten, sie sey in Gefahr, so würden sie dadurch gerechtfertigt seyn. WaS das Geschrei wegen der Gefahr, in der die Kirche sich be­ finde, betrifft, so will ich in Erwiederung hierauf den sehr achtbaren Gentleman fragen, ob er wirklich und vom Grunde des Herzens etwaS der Art glaube? Als Dr. Johnson von Jemand gefragt wurde, ob er an die Acchtheit der Offian'schen Gedickte glaube, erwiederte er: „glauben Sie daran?" Auf dieselbe Weife frage ich den sehr achtbaren Gentleman, ob er wirklich glaube, daß die Kirche in Ge­ fahr sey? Die Voraussetzung, daß den Katholiken jede Befreiung zugestanden werden würde, war der einzige Grund, weshalb ich für die Union mit Irland stimmte. Diese Maßregel hat dem Parlamente Großbrittanniens einen Zu­ wachs an Geist und Weisheit gegeben, aber diese hätten sich eben so wohl in ihrer ursprünglichen Sphäre äußern, und den Stolz des Vaterlandes wie die Liebe zu demselben erhöhen können. Nach meiner Ansicht konnte nichts die Union rechtfertigen als die Meinung, daß den Katholiken das Zugeständniß aller Rechte sicherer durch daS vereinte Parla­ ment, als durch das irländische allein gewährt werden könne. DaS war die Ansicht der Herren Pitt, Burke und Fox, der ausgezeichnetsten Staatsmänner, die je ein Land geziert haben. Und ich möchte den edlen Staats - Eecretair, der doch bei allen Maßregeln Pitts über gerade diesen Gegen­ stand betheiligt gewesen ist, fragen, wie er in den Lärm,



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daß die Kirche in Gefahr sey, einstimmen könne, jetzt wo die vorgeschlagenen Maßregeln den von Pitt beabstchtigten an Ausdehnung noch nicht gleich kommen? Was die Ent­ schuldigung deS sehr achtbaren Gentleman für sein Still­ schweigen im I. 1801 betrifft, so ist das eine bloße Advocaten-Einrede, die man kaum in irgend einem Gerichte ruhig mit anhören würde. Er war damals im Parlament, ein Freund des Hm. Pitt, und obgleich die jetzige Maß­ regel noch nicht den zwanzigsten Theil so weit geht, alS die von dem Letzteren vorgeschlagene, so war er doch weit entfernt, ihn einen Verräth» an dem protestantischen Glau­ ben zu nennen, sondern stellte ihn immer als den einzigen Mann im Lande auf, der im Stande sey dessen Kräfte zu vereinbaren und zu leiten. Der sehr achtbare Gentleman will freilich in dieser Berufung auf das Volk die Bestäti­ gung seiner Ansichten finden. Aber er muß das Sprich­ wort: vox populi vox dei, wahrlich in einem sehr aus­ gedehnten Sinn verstehen, wenn er diese Berufung auf die Vorurtheile desselben alö ein entscheidendes Zeugniß für die Gerechtigkeit seiner Meinung betrachten will. Es scheint vielmehr, als ob die Minister bei der letzten Auflösung des Parlaments geglaubt haben, fit müssen sich das Geschrei „keine Papisterei" zu Nutze machen, so lange eS dauerte. Sie sagen wir müssen heuen, so lange die Sonne scheint: die Fluth der Volksgunst, die jetzt für sie ist, möchte sonst ablaufen, und sie trocken auf dem Ufer sitzen lassen. Was sollen wir aber von Männern halten, die zu solchen Mit­ teln greifen, um ihren Einfluß aufrecht zu erhalten? Mit­ tel, die ihnen die größte Verachtung aller Besonnenen und Vernünftigen zugezogen haben. Während zwei auf einan­ der folgender Parlamente haben sie ihren Ansprüchen ent­ sagt, und ausdrücklich ihre Unfähigkeit zur Leitung der RegierungSgeschäfte erklärt, und jetzt stehlen sie sich in ihr Amt

— 129 — Amt hin«'» unter dem verächtlichen Rufe: „Keine Pa, pisterei." — CanningS Erwiederung betraf die Haupt-Argumente der Opposition. Er erwähnte der verschiedenen Erklärungen, wel, che über den letzten Minister-Wechsel gegeben worden wa­ rm. Ein Mal hieß eS, die sehr achtbaren Gentlemen seyen freiwillig abgetreten, ein anderes Mal, sie haben gewartet, bis sie gezwungen worden seyen, ihre Posten zu verlassen. Sie möchten von diesen Fällen den wählen, der ihnen am meisten zusage, dürften sich aber doch nicht die Ehre der Resignirung und die Beschwerde wegen der Entlassung zu­ gleich aneignen wollen. Das letztere sey jedoch wirklich der Fall gewesen. Sie hätten mit großer Hartnäckigkeit an ihre Stellen fest gehalten, und ein Hauptvorwurf, der jetzt einigen seiner Freunde gemacht werde, schiene der zu seyn, daß ihnen jene erste Eigenschaft eines großen Staatsman­ nes abgehe, — Festhalten von Stellen. Die Finanz-Committee war der Gegenstand der De­ batte am 30strn Zuny *). Dieses brachte wie gewöhnlich die Haupt-Redner von beiden Seiten deS HauseS gegen einander. CanningS Rede war ein beißender Angriff auf die letzten Minister. Er sagte: „Ich zweifle nicht, daß die achtbaren Gentlemen ge­ genüber eine unbefangene Untersuchung wünschen, und viel*) Der 20ste Juny, wie ftt Original steht, ist ein Druckfehler; schon deshalb, weil da« Parlament erst am 26sten zusammeoge. kommen ist. DaS von mir nach dem Annual lltgisier ange» gebene Datum ist das richtige. Der eigentliche Gegenstand des Streite« war, daß die Opposition verlangte, es sollen all« vorigen Mitglieder der Committee wieder ernannt werden» der Kanzler der Schatzkammer hatte «inen Vorschlag gemacht, wonach sie halb au« den alten, halb au« neuen Mitgliedern bestehen sollte. Dieser ging durch. »nm. d. Ueb. teimlni« Denk«, N. 9

130 leicht halten sie wirklich die Ernennung der früheren Mit­ glieder für das beste Mittel, eine solche Untersuchung $u bewerkstelligen.

Hierauf muß ich erwiedern, besonders dem

Hrn. Biddulph, der gewiß zu einer besondern Beachtung in allem, was auf diesen Gegenstand Bezug hat, berechtigt ist, daß, wenn es möglich wäre menschliche Angelegenhei­ ten ohne Parteilichkeit und Borurtheile zu lenken, der Plan, den sie vorschlügen, den Vorzug verdiente.

Da aber das

Gegentheil der Fall ist, da es bekannt ist, daß persönliche und Partei-Vorliebe im Hause vorherrscht, so sehr ich auch keine Gefahr dabei, ein solches allgemein bekanntes Vorhrrrfdwn von Parteiungen offen auszusprrchen, um iedrs schäd­ liche llebergewicht der einen oder der andern durch aus­ gleichen der Anzahl zu verhüten. Darum ist es auch rathfam, nicht alle diejenigen wieder zu erwählen, deren ParteiDorurthcile alle nach derselben Richtung sich neigen.

3ch

bin bereit zuzugeben, daß, wenn es einen Verein von Män­ nern gäbe, die ganz frei von allem Vorurtheile und ParteiGeiste, wenn diese Männer viele Jahre hindurch nicht im Amte gewesen wären, und, als sie wieder angestellt wor­ den, ihre Macht weder dazu gebraucht hätten ihre Gegner zu schmähen, noch ihre Anhänger sofort zu belohnen, dann, wie gesagt, will ich zugeben, daß es sehr recht seyn würde, einen so glanzenden Beweis der Reinheit der Gesinnungen durch eine Ernennung zur Committee zu belohnen.

Wenn

auch nicht vollkommen rein, so würden sie doch frei von allem Vorwurf, und die Leitung der Untersuchung ganz in ihren Händen seyn. Männer anzuführen,

Würde man aber von mir verlangen die am freiesten von aller politischen

Feindschaft wären, so könnte ich doch unmöglich nach den Bänken gegenüber blicken.

Sollte ich diejenigen nennen,

die am meisten sich enthalten hätten, ihre Macht zu Gun­ sten ihrer Anhänger zu verwenden, so würde ich die ringe-

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bildete Vollkommenheit, die man so sehr begehrt, eben so wenig dort suchen. Wenn ich dagegen sagen sollte, wer die kurze Dauer seiner Macht am besten benutzt habe, um sich selbst und feine Anhänger zu bedenken, dann würden iS allerdings die achtbaren Gentlemen seyn, auf die ich zu weisen hätte. Ein edler Lord (Petty) hat einst bei einer früheren Gelegenheit eine Geschichte von einem alten römi» schen Moralisten erzählt, der in einem Haufe von Glas zu leben wünschte, damit man alle seine Handlungen sehen könnte, und dabei geäußert, er wünsche selbst in einem sol­ chen Hause zu leben. Ich kann aber nicht umhin ihn an das Volks-Sprichwort zu erinnern: „diejenigen, die ein Haus von Glas haben, sollten nicht anfangen mit Steinen zu werfen." Diejenigen, die unlängst einen solchen Grund­ satz für das Verfahren im Parlament aufgestellt haben, wollen jetzt nicht einmal, daß daS Hausvon GlaS für diese Untersuchung ein Bogenfenster habe, worin sie sich befinden. ES ist unmöglich Gründe zu einer Untersuchung anders anzugeben, als entweder im Allgemeinen oder im Einzelnen. Wenn mein sehr achtbarer Freund allgemeine Angaben macht, so wird laut gerufen, er solle specielle Thatsachen angeben, und geht er ins Einzelne, so rufen dir, die ihn dazu gezwungen haben, er solle sich schämen. Freilich mögen der edle Lord gegenüber und seine College« wohl Ursache haben, mit einem solchen Detail nicht zufrie­ den zu seyn. Sr und feine College«, hatten auSgefunden, daß zu Buenos -Ayres, einem Platze, den wir noch gar nicht besaßen, ein Collectrur, Controlle»?, Visitator und Wasser-Schout nothwendig seyen. Gewöhnliche Anwart­ schaften haben in der Regel den Nachtheil nicht, daß sie dem Lande unmittelbar Kosten machen. Aber alle jene An­ wartschaften wären sofort mit Kosten verbunden gewesen, außer freilich in dem Falle, daß der Ort nicht genommen «)*



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werden solltk, wo der ganze Nachtheil auf den armen Collecteur, Controlleur, Visitator und Waffer-Schout gefallen seyn würde.

Aber nicht nur die Kosten solcher Ernennun­

gen sind nachtheilig, sondern auch der Einfluß, den sie her­ vorbringen.

Ware rö die Absicht einer Regierung, die

Meere und Länder mit ihrem Ruhme bedeckte, und ihre Macht über dir ganze Welt ausdehnte, gewesen, ein sol­ che- System bei allen ihren Eroberungen zu beobachten, nicht nur bei den wirklich gemachten, sondem auch bei de­ nen, die noch eine auf die andere gehäuft werden sollten, so ein Schauspiel gewährend, da- Buonapart« im Verhält­ niß klein dargestellt hätte, — so würden wir Controlleure und Collccteure im Bosphorus, und Visitatoren und Schon­ ten in Rosette gehabt haben.

In dem Zone, in welchem

die achtbaren Gentlemen über Buenos-Ayres sprechen, zeigt sich eine gewaltige Aenderung.

Als dieser Platz erobert

wurde, glaubten sie, es sey nicht der Mühe werth gewesen, in der königlichen Rede davon zu sprechen.

Jetzt hat er

eine ungeheure Wichtigkeit in ihren Augen erlangt, und weshalb? nicht wegen seiner Wichtigkeit für den Handel, oder die Schifffahrt, oder die allgemeinen HülfSquellen des Landes, sondern weil eS ein Platz ist, der zur Ernennung von Collerteuren, Controllruren, Visitatoren und WafferSchouten Gelegenheit giebt. Das ist der vollständige Schlüssel tu der ganzen Politik der vorigen Minister — und ein trefflicher Beleg zu ihren umfassenden, erleuchteten und li­ beralen Ideen l Wie weit sich diese Absicht ausgedehnt ha­ ben mag, so endet doch die wirkliche Liste hiemit, und man mußte bei den 300 Steuer-Aufsehern im Lande bleiben. Die Entschuldigung des edlen Lord ist hier wie früher, daß die Ernennung erst in Anwartschaft gewesen sey.

Aber

war auch der Einfluß erst in Anwartschaft? Warum fand die Ernennung unmittelbar vor den allgemeinen Parlaments-

133

Wahlen Statt? War dieses Zusammentreffen tut Zufall, so find die achtbaren Gentlemen gewiß die ersten Günst­ linge bei GlückS! Ich erkenne die literarischen Verdienste de- Hrn. Dugald Stuart gern an, der außerdem das ge­ wiß nicht geringe Verdienst hat, den edlen Lord erzogen zu haben. Ich erkenne und beklage eS, wie geringfügig im Allgemeinen die Belohnungen sind, die dem Verdienste um die Wissenschaften in diesem Lande zufallen; aber ich muß im hohen Grade die Art der Belohnung tadeln, die man hier erwählt, dadurch, daß man eine neue Sinecur gestif­ tet, und sie Hrn. Stuart und seinen Bevollmächtigten auf rin und zwanzig Jahre verlichen hat. WaS den Vergleich betrifft, den der edle Lord jwischen dieser Bewilligung und den Belohnungen angestellt, die die Berfaffrr deS Anti-Ja­ kobiners erhalten haben, so muß ich für meinen Theil er­ klären, daß ich mich dcö CharaeterS und der Grundsätze dieses Werket krinrswegeS schäme, noch fühle ich irgend ei­ nen Kummer wegen meines Aniheilet an diesem Werke, ausgenommen den, den die Unvollkommenheit meiner Stücke erwecken muß. Ich höre, daß diese Versorgung für Hrn. Stuart statt einer ursprünglich beabsichtigten Profeffur für medicinische Iuriöprudenj ihm bewilligt worden ist. Sieht man die achtbaren Gentlemen unmittelbar nach ihren unge­ zügelten Angriffen auf ihre Gegner, in dem Uebermuthe der Macht solche Ernennungen vornehmen, so heißt daö wohl geradezu so viel alS: „Wir dürfen AlleS, wenn Ihr auch Nichts thun dürft." Ich zweifle ob man diese Wissen­ schaft der medieinischen Jurisprudenz irgendwo, selbst in der schottischen Cneyclopädie, genannt findet *). In Erwiede•) Soll doch wohl nichte andres als die gerichtliche Medicin be­ deuten, die freilich in England nicht in besondern Eollegien vorgetragen wird, ob aber Cqnning sie wirklich auch dem Na, men nach nicht gekannt Hai? *nm’ b Ut6,

134 rung auf da-, wa- der edle Lord von Zeitungen gesagt hat, so möchte ich ihn fragen, ob sich kein Beispiel von einer Zeitung hier zeige, die sich besonder- durch ihre An­ hänglichkeit an die Verfassung auszeichnet, und durch die Treue, mit der sie alle Verhandlungen mittheilt, wobei ihr Partei-Interesse in Betracht kommt (Moming-Chronicle), deren Eigenthümer zum Secretair beim Barrack-Board ernannt worden, wo eine Secretair-Stelle doch auch eine neue Sineeur ist?

Wir können sie, bei einem solchen Be­

nehmen von ihrer Seite, den jetzigen Ministern Parteilich­ keit gegen Zeitungen vorwerfen? eine andre Handlung, Verfassung enthält,

Dann findet sich noch

die eine offenbare Verletzung der

die Bewilligung einer Pension von

400L. St. jährlich auf unbestimmte Zeit, an einen schotti­ schen Justizbeamtrn. (Lord H. Petty warf hier ein, er wisse davon nicht-.)

So lange die achtbaren Gentlemen sich an

der Regierung befanden, waren sie so einig, daß keine Ver­ schiedenheit der Meinung bei ihnen Statt fand; jetzt wo sie davon sind, fliehen sie nach allen Seiten auseinander, sobald man ihnen einen Borwurf macht, und lassen wen da will ihn sich zuziehen." Daß eine so übermüthige, Trotz und Heraukforderung athmende Rede, nicht ohne Erwiederung blieb, läßt sich denken. Hr. Curwen ging auf den Vorwurf ein, daß kein unabhängiger Mann im Parlamente zu finden sey.

Von

sich selbst könne er wenigsten- behaupten, daß er insofern unabhängig sey, al- er nie von irgend einem Minister eine Gunst angenommen habe, oder je annehmen würde.

Er

wolle aber den sehr achtbaren Staats-Secretair fragen, ob er eine Pension gehabt habe oder nicht?

Eanning läug-

netr hierauf, daß er gesagt, es finde sich kein unabhängi­

Er habe nur behauptet, daß Partei-Vorurthcile vorherrschend wäre». Was die Frage

ger Mann im Parlamente.

135 de- achtbaren Gentleman betreffe, so antworte er hierauf, daß, als er seinen Posten alt Unter, Staat--Seeretair im auswärtigen Amte verlassen habe, Hr.Pitt und -ordGrenville ihm eine Versorgung angeboten hätten, die er ange­ nommen, und zwar zur Hälfte für sich, zur Hälfte für zwei nahe und werthe Anverwandte, die wegen ihre- Un­ terhaltes von ihm und feinem Verdienst abhingen. Diese- männliche Bekenntniß, da- für alle Parteien und besonder- für Canning selbst so ehrenvoll war, hätte gewiß jede Feindseligkeit beseitigen müssen. Indessen wurde e- gegen ihn al- Ausdruck de- Spotte- gerichtet. „Nahe und werthe Anverwandte" (near and dear relations) mußte manche Sarkasmen über Sinecuristen und Penflonaire schärfen. Canning durfte sich fteilich nicht beschweren, da er selbst sich keineLwegeö durch Schonung hinsichtlich der Art oder der Gegenstände seiner Angriffe auszeichnete. — Boa dieser Periode biö zur Prorogation drS Parlaments, die am 14ten August durch eine Commission angekündigt wurde, ereignete sich nichts von Bedeutung. Die Sitzungen wurden durch eine Thronrede, welche eine Commission überbrachte, eröffnet, worin da- Bombar­ dement von Copenhagen und die Wegnahme der dänischen Flotte angekündigt wurde. Diese außerordentliche Expedi­ tion, die so ruhmvoll für die tapfern Offiziere und See­ leute war, die sie vollführten, und so schmachvoll für die Regierung, die sie entworfen hatte, wurde von dem Viscount Hamilton zuerst berührt, der auf folgende Addreffe antrug: „In daS Bedauern, welches Se. Majestät geäußert habe, daß Er gezwungen gewesen sey, feindselige Maßre­ geln gegen Dännemark zu ergreifen, werde das Haus ohne Zweifel einstimmen; doch sey das ein Bedauern, ungemischt mit dem geringsten Vorwurf, ein Bedauern, daö noch über­ wältigt werde von den Gefühlen der Dankbarkeit gegen

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Se. Majestät für Seine väterliche Sorgfalt in Errettung de- Vaterlandes von der furchtbarsten Gefahr, der e- je ausgesetzt gewesen; denn nach dem Traktat von Tilsit, nach dem darauf folgenden Benehmen von Seiten Oesterreichund Dännemark- unterliege eS keinem Zweifel, daß die Mächte sich gegen uns vereinbart hätten. Unter den mannkchfachen Ursachen, welche die Staaten de- Festlandes Frank­ reich Unterthan gemacht, habe vielleicht keine zu diesem un­ glücklichen Zustande mehr beigetragen, als die Leichtigkeit, mit der jene Staaten eine jede Verletzung des Völkerrech­ tes zugaben, die der Feind zu seinem Nutzen herbeizuführen wünschte. Wir allein haben gewußt uns dem Untergange zu entziehen, den alle andere Länder durch ihre Leichtgläu­ bigkeit, Unentschlossenheit und Zaghaftigkeit sich bereitet hät­ ten. Gott verhüte, daß wir je so weit entarten sollten, ihrem Beispiele zu folgen! In einer solchen Crisis, von solchen Gefahren von außen umringt, werden wir gewiß nie von dem größten aller Uebel heimgesucht werden, einer furchtsamen und schwachen Regierung. Bei dem hohen Muthe und den ausgedehnten Hülfsmitteln deS Reiches würde die Gefahr dennoch dringend seyn, wenn die Leitung desselben sich kn Händen von Männern befände, die mit den Absichten des Feindes offen vor ihren Augen sich be­ gnügen wollten, auf seine Handlungen mit Gründen zu erwiedern, oder aus Furcht vor Verantwortlichkeit sich be­ denken wollten selbst zu handeln. Schon zu lange sey eS dem Feinde gestattet worden, in seinen Gewaltthaten gegen neutrale Mächte zu seiner eigenen Vergrößerung fortzufah­ ren. Daß die Expedition nach Copenhagen höchst wichtig und höchst kritisch gewesen sey, muffe ein Jeder empfunden haben, während ihre Entscheidung noch ungewiß war; jetzt müsse ein Jeder fühlen, daß sie höchst weise gewesen sey. Ihr Criterion sey ihr Erfolg." —

137

Die Minister konnten vernünftiger Weife nicht erwar­ ten, daß Alle diese Unternehmung in demselben Lichte be­ ttachten würden, wie dieser ihr beredter Anwald. Einer großen Anzahl erleuchteter und vaterlandsliebender Männer erschienen die ostensibeln Ursachen, um sie zu rechtfertigen, kindisch, während der wahre Grund, ein vermeintlicher Ar­ tikel in Bettest Irlands in dem geheimen Traktate von Tilsit einen schlagenden Beweis darbot, daß Irland eher ein Gegenstand der Furcht als des Vertrauens war; und daß, anstatt eine gesunde Politik zu befolgen und zu ver­ suchen seine unzufriedenen Millionen zu besänftigen, die Re­ gierung lieber auf unerhörte Weise sich einen gewaltsamen Angriff gegen einen neutralen Staat erlaubte, weil ti möglich sey, daß dieser vom Feinde gezwungen werden könnte, den Plänen desselben auf jene unzufriedene und schwer gekränkte Provinz unseres Reiches beizustrhen. Bald nach den Feiertagen machte Hr. Ponsonby seinen Antrag wegen Producirung von Dokumenten, als Vorläufer eines ferneren Verfahrens ernsthafterer und anklagender Art. We­ nigstens wurde der Antrag so von den Ministern betrach­ tet, und bei dieser Lage der Sachen boten sie daher jetzt alle ihre Kräfte auf. Canning war der Ajax der politischen Heerschaar. An diesem Abend war ti, wo sein Geist in seinem vollen Glanze in der Debatte sich zeigte. Er hatte eine schwere Aufgabe vor sich, und die Schwierigkeiten häuften sich von allen Seiten. Er stand in der Kampf­ bahn, den gespannten Blicken der ganzen eivilisirten Welt ausgesetzt — die ganze civilisirte Welt als Zeuge seines Kampfes, als Richter, die ihm den Lorbeer des Sieges zu« erkennen, oder seine Niederlage mit furchtbarer Schmach an ihm rächen sollte. Er trug die Palme vor jedem Mitbe­ werber davon. Sowohl seine Freunde als seine Gegner betrachteten ihn mit Bewunderung. Diese Bemühung je-

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doch, verbunden mit feinen politischen Vergehen alS Ver­ theidiger von PercevalS Intoleranz und CastlereaghS Unge­ rechtigkeit, sehte ihn den Pfeilen deS Spottes au-, die zu­ weilen in die Galle der Bosheit getaucht waren. Sydney Smith, alias Peter Plymley, eröffnete eine ärgerliche Bat­ terie wider ihn, und seine Sarkasmen waren zuweilen so schars, daß sie ihren Gegner bis aufs Blut trafen. 6t fängt den siebenten Brief an seinen Bruder Abraham fol­ gendergestalt an: „In unserer Correspondenz erwähnst Du immerwäh­ rend des Staats - SerretairS für die auswärtigen Angele­ genheiten; und wenn ich Dir die Gefahren vorhalte, mit denen Irland bedroht ist, so hast Du mir nichts zu erwie­ dern als die Zuversicht, die Du zu der Einsicht und dem gediegenen Verstände dieses Gentleman hast *). Ich kann nur sagen, daß ich ihm oft und lange mit der größten Aufmerksamkeit zugehört habe; ich habe mich aus allen Kräften angestrengt, ein richtiges Maß von ihm zu nehmen, und eS scheint mir unmöglich zu seyn, ihn über irgend ei­ nen schwierigen Gegenstand zu hören, ohne zu bemerken, daß es ihm in hohem Grade an den soliden und ernsteren Talenten fehlt, auf welche und auf welche allein das Zu­ trauen eines großen Reiches sich zu gründen vermag. Er schwitzt und arbeitet und mühet sich ab nach Sinn, und *) Der Angriff auf Tugend und Moralität in der Debatte über Kopenhagen wird von seinen Freunden mit großer Ostentation gepriesen. Aber ist Harlekin darum weniger Harlekin, weil er gut spielt? Ich war zugegen: er sprang hin und her, be­ rührte Thatsachen mit seinem Schlägel, drehete ja in nein, und nein in ja; re war eine gut gespielte Pantomime, aber eine Pantomime. Harlekin verdient ein höher,- Gehalt al6 vor zwei Jahren: eignet er sich damit »u ernsten Rollen? Anm. d. Orig.

139

Hr. Ellis scheint immer jv glauben, daß «S kömmt, aber es kömmt nicht-; die Pumpe kann nicht- herauf bringen, waS nicht in der Quelle ist; die Vorsehung hat ihn zu ei­ nem leichten, spaßhaften, artikelschreibenden Menschen ge­ macht, und da- wird er bi- an sein selige- Ende bleiben. Wenn er Spaß macht, ist er stark, wenn er ernsthaft wird, ist er wie Simson in eine Perücke, und der gewöhnlichste Mensch kann e- mit ihm aufnehmen; rin Lied, ein spötti­ scher Brief, eine burlesk« Ode, ein Au-fall in den Zeitun­ gen, eine gewandte Rede von zwanzig Minuten, voll gro­ ber Entstellungen von Thatsachen und geschickten Wendun­ gen, in trefflicher Sprache, geistvoller Manier, mit glückli­ chen Anspielungen und geeignet Dumme zu necken, dabei von Allem halb unterrichtet, wie er e- des Morgen- in Pall Mall aufgefischt hat, da- sind die natürlichen Waffen Deine- Freundes; da< Alle- vermag er; hierin will ich jugeben, daß er wahrhaft groß ist: ja, ich will gerecht seyn und weiter zugeben, daß, wenn er sich hierauf beschränken, und da- scherzhafte und witzige als die Dasi- seine- Character- betrachten wollte, er für eine solche Gattung von Menschen überall für einen sehr vernünftigen Mann gelten müsse; nenne ihn aber einen Gesetzgeber, einen gründlichen Redner, den Lenker der Angelegenheiten einer großen Na­ tion, und es kommt mir so lächerlich vor, als wenn ein Schmetterling Bienen lehren wollte Honig zu bereiten. Daß er ein außerordentlicher Dichter für Gelegenheits-Ge­ dichte, und bei Mittag-essen ein Gesellschafter vom ersten Range ist, will ich sehr gern zugeben. Nach Georg Selvyn und vielleicht Tickell hat eS seit fünfzig Jahren keinen solchen gegeben. Der Minister des Auswärtigen ist ein Gentleman; ein achtungswerther und gewiß äußerst ange­ nehmer Mann im Privat-Leben; aber Du magst mir eben so gern verdorbene Kartoffeln tu essen geben, als mich für

140 da- Elend von Irland mit einer Verweisung auf seine Einsichten und seine Deurtheilungskraft trösten. Nur der öffentliche Posten, dm er jetzt bekleidet, berechtigt oder bewegt mich so viel über ihn zu sagen. Er ist eine Fliege in Bernstein; es liegt Niemandem etwas an der Fliege, die Frage ist nur: wie $um Teufel ist sie da hinein gekommen? Auch verfolge ich ihn nicht aus Sucht nach Ruhm, sondern aus Liebe zum Gemeinwohl, wie ein Bür­ germeister gegen eine Ratte in einem holländischen Deiche zu Felde zieht, damit sie nicht eine Provinz unter Wasser fetzt." DaS ist freilich ein wenig stark, das ist aber nicht Alles. Von den Unruhen in Irland redend, und von der Ungerechtigkeit des Joches, das diesem Lande bei der Union auferlegt ist, fahrt er folgendermaßen fort: „Verlaß Dich darauf, ganze Nationen haben immer einen Grund für ihren Haß. Ehe Du die Aufrichtigkeit der Irländer einem unheilbaren Charactcrfehler zuschreibst, sagt mir, ob Du sie als Deine Freunde und Deines Glei­ chen behandelt hast? Hast Du ihren Handel beschützt? Hast Du Achtung vor ihrer Religion bewiesen ? Bist Du so besorgt für ihre Freiheit wie für die Deinige gewesen? Nichts von alle dem. WaS ist denn geschehen? Nun, Du hast den Grund und Boden ronfiscirt, die Einwohner um­ gebracht oder fortgeführt, vier Fünftel derselben aller bür­ gerlichen Rechte beraubt, ihren Handel und ihre Manufak­ turen jederzeit den Deinen sklavisch untergeordnet, und doch soll der Haß, den die Irländer gegen Dich haben, die Folge eineS von Natur aussätzigen Charakters, einer angeborene» verstockten Wildheit seyn, die durchaus keiner Civilisation fähig ist? Die verbrämten Thorheiten und die DuodezErgießungen des Hrn. Canning sind in der Thal nicht stark genug, mir daS einzureden; und es giebt keine Auto-

141

Mt auf Erden (den Diakonus von Christ-chutch alle­ mal ausgenommen), di« mir dieftn Glauben beibringen könnte. Hrn. CanningS bin ich satt. Man hat keinen Mund voll Brod ju all« seinem Zucker und Seet. Ach liebe nicht die ungeschminkte und unglaubliche Dreistigkeit seines College«. Die einzige Meinung, in der ich mit den beiden Herren übereinkomme, ist die, die sie von einander haben. Da waren doch der Uebermuth PittS und die un» saldirten Rechnungen MelvillrS noch weit bester al- die Gefahren dieser neuen Unwissenheit. Nonne fuit satius tristes Amaryllidis iras Atcjue superba pati fastidia, — nonne Menalcam, Quamvis ille niger?

„Mitten im tiefsten Frieden vermögen Euch die gehei­ men Artikel dcS Tilsiter Traktates, worin die Vernichtung Irland- drschloffen wird, den Dänen ihre Flotte zu rau­ ben. Nachdem die Flotte abgesegelt ist, kommt der Tilsi­ ter Friedensschluß, ohne irgend einen öffentlichen oder ge­ heimen Artikel darin, der sich auf Irland bezieht. Die Lage der Welt, sagt Ihr mir, hat unS berechtigt daS zu thun. Gerechter Gott! denken wir nur an die Lage der Welt, wenn es eine Gelegenheit zum Raub, zum Mord und zur Plünderung giebt, und vrrgeffen wir die Lage der Welt, wenn wir aufgefordert werden, gut, gerecht und weise zu seyn? Erinnert unS dir Lage der Welt niemals, daß wir vier Millionen Unterthanen haben, denen wir zugefüg­ tes Unrecht vergüten, deren Zuneigung wir verdienen soll­ ten ? Mahnt die Lage der Well uns nie, unsere höllische Ligotterie abzulegen, und einen Jeden zu bewaffnen, der einen Gott verehrt und ein Schwerdt tragen kann? Ist eS diesen Ministern nie ein-efallen, daß sie sich effektiv ei­ ner zehn Mal größeren Macht bemeistern können, alß der ganzen Macht der dänischen Flotte? Gab «S keinen andern

142 Wrg Irland zu beschützen, als unwiederbringliche Schande auf Großbrittannien zu häufen, und die ganze Erde zu ei­ ner Räuberhöhle zu machen?

Siehe, was die Männer,

die Ihr verdrängt habt, gethan haben würden.

Sie wür­

den den Angriff auf Irland dadurch unmöglich gemacht haben, daß sie den Katholiken ihre lange verlorenen Rechte wiedergegeben hätten: sie würden so gehandelt haben, daß die Franzosen eine Invasion weder gewünscht, noch zu ver­ suchen gewagt hätten; sie würden die bleibende Macht des Reiches vermehrt haben, indem sie den Ruf desselben unbe­ fleckt erhalten hätten. Nichts der Art haben Deine Freunde gethan, weil sic sich feierlich verpflichtet haben, nichts der Art zu thun; weil alle Religionen zu dulden, und allen Sekten gleicht bürgerliche Rechte zu ertheilen, einen Kampf gegen einige unserer schlimmsten Leidenschaften erfordert, — Plündern aber und Unterdrücken ihnen allen

schmeichelt.

Sie wünschten das Beifallgeschrei des Pöbels, und sie ha­ ben den Ruhm Englands auf immer vernichtet, um es zu erlangen. Wurden die Flotten Hollands, Frankreichs, Spa­ niens wie die dänische vernichtet?

Ihr habt der Gewalt

von 150 Linienschiffen bloß durch Euren Muth widerstan­ den, und jeden Grundsatz des RcchtS aus Furcht vor 15 Fahrzeugen verletzt, wobei die Expedition Euch drei Mal mehr gekostet hat, als das entwandte Gut werth ist.

Die

Franzosen treten die Gesetze Gottes und der Menschen mit Füßen, aber nicht um altes Tauwerk, sondern um König­ reiche, und machen sich für ihre Verbrechen reichlich bezahlt. Wir lassen uns unter den jetzigen Ministern einfallen, mo­ ralische mit Geistes-Schwäche zu verbinden, und durch die­ selbe Handlung schlechter und schwächer zu werden.

Hat­

ten sie irgend einen Beweis über die beabsichtigte Feindse­ ligkeit der Dänen, warum haben sie ihn nicht beigebracht? Warum hat man zugegeben, daß die Völker Europas ei-

143 ntn Unwillen gegen dieses Land empfinden, der alle spätere Kunde weit übersteigt? Glaubst Du, daß diese- Zeiten find, wo wir mit eine- Jahres allgemeinem Haß spielen, tändeln können mit den Flüchen Europa-, und dann nach Wohlgefallen durch die parlamentarischen Offenbarungen de- auswärtigen Minister-, oder die feierlichen Versicherun­ gen des eigennützigen Rose, unsern verlorenen Ruf wieder zu erlangen vermögen? Glaube mir, Abraham, nicht un­ ter solchen Ministern wird je dir Geschicklichkeit ehrlicher Engländer der Geschicklichkeit französischer Spitzbuben gleich kommen; nicht vor ihnen wird je die Schlangt MosiS die Schlange der Zauberer verschlingen. „Lord Hawkesbury sagt, daß den Katholiken nichtauo Furcht bewilligt werden dürfe. WaS! auch nicht ein­ mal Gerechtigkeit? Warum nicht? Es sind vier Millio­ nen unzufriedener Menschen innerhalb zwanzig Meilen von unserer eigenen Küste. Ich gestehe gern, daß die Furcht, die ich vor ihrer physischen Kraft habe, für mich ein sehr starker Beweggrund ist, ihren Forderungen Gehör zu geben. Sagen, daß man nichts aug Furcht thue, ist bloße parla­ mentarische Redensart. Aus welchem andern Grunde alS Furcht, möchte ich wissen, sind alle Verbesserungen in un­ serer Verfassung hervorgegangen? Ich zweifle, ob jemals einer großen Masse von Menschen auS einem andern Grunde Gerechtigkeit widerfahren ist. Welchen andern Beweggrund können aber die Räuber der Ostsee für den Verkehr der Nationen unter einander annehmen? Wenn ich sagen wollte, gebt diesem Volke was es verlangt, weil es gerecht ist, glaubst Du, daß mich nur zehn Menschen anhören wer­ den? Würde nicht der Kleinere von den beiden Jenkinsonö der Erste seyn, der mich mit Verachtung zurückwiese? Der einzige wahre Weg, um den großen Haufen die Schönheit der Gerechtigkeit zu lehren, ist, ihm in ziemlich deutlichen

144 —

Zügen die Folgen der Ungerechtigkeit |ti «eigen. Wenn ir­ gend ein CorpS Franzosen in Irland landete, so würde die ganze Bevölkerung bi- auf den lehten Mann gegen Euch aufstehen, und Ihr würdet ein solche- Ereigniß nicht drei Jahre überleben können. Diese- ist, so glaube ich vom Grunde der Seele, der jetzige Zustand diese- Lande-; und ich bin so weit entfernt eö für unpolitisch oder für unwür­ dig eine- Staat-manne- zu halten, bei einer solchen Ge­ fahr etwa- zu bewilligen, daß ich vielmehr glaube, wenn die Katholiken, neben ihren jetzigen gerechten Forderungen, noch um die Entfernung de- genannten Lord Hawkeöbury aus dem Rathe Sr. Majestät auf ewige Zeiten nachsuch­ ten, ihre Bitte augenblicklich gewährt werden müsse, wel­ che- auch die Wirkung auf da- Schicksal Europa- seyn, und wie eö auch unsere eigene Vernichtung noch verzögern möge. Cannings Krokodillen - Thränen sollten mich nicht rühren: die Reifröcke der Hoffräulein sollten ihn nicht ver­ bergen. Von dem Geländer der Treppe zum Cabinrt würde ich ihn fortreißen, und ihn in die Thrandünste der schmu«zigsten seiner Fünf-Häfen hinabstürzen." *) Unter den vielen scharfen und spottenden Anmerkungen über Canning und den Standet der Schatzkammer, die die­ ser witzige Schriftsteller sich erlaubt, befinden sich noch fol­ gende. Wenn sie aufgehört haben zu verwunden, so blei­ ben sie doch immer unterhaltend. Der Vorwurf hat seinen Stachel verloren, der Witz selbst kann nie verloren gehen. „Du sagst mir, ich sey rin Parteigänger. Zch hoffe, ich werde das immer seyn, wenn ich mein Vaterland in den Händen eine- vorlauten Londoner Witzlings und eines Advo♦) Charte« Jenkinson, Lord Hawketbury, Sohn und Erbe von Ch. Jenki'ason, Earl of Liverpool, war damals Warden of tbe Cinque-ports.

145 Advokaten zweiter Klaffe sehe.

Von dem Ersten weiß man

nichts GuteS, als daß er hübsche lateinische Verse macht; der Zweite scheint mir den Kopf eines Land-Pfarrer- und die Zunge eines Old-Bailey-Advocaten zu haben." „Ich bin eS überzeugt, wir werden eben so wenig durch ReligionS - Verfolgung, alö durch Tändeln mit Reli­ gion gerettet werden; durch kein Psalmen-Singen, wie süß es auch tönen, durch keine Verfolgung, wie strenge fit auch seyn mag: ich bin rS überzeugt, weder der Ton von PittStimme, noch da- Steigen und Fallen seiner Worte, noch die Bewegungen seiner Arme würden un- da- geringste nützen, wenn diese Töne und diese Bewegungen und diese Worte unS nur Deklamation ohne Einsicht und Kenntnisse, und Spott ohne Gutmüthigkeit und Versöhnlichkeit brin­ gen. gehen.

O, Mr. Plymley, Mr. Plymley, das kann nie gut Mrß. Abraham Plymley, meine Schwägerin, wird

von einem verliebten Gallier gefangen fortgeführt, und Joel Plymley, Dein Erstgeborener ein französischer Trommel­ schläger werden." „Au- den Augen, au- dem Sinn, scheint ein Sprich­ wort zu seyn, da- auf Feinde so gut wie auf Freunde paßt.

Weil die französische Armee von den Klippen von

Dover au- nicht mehr gesehen, weil der Kanonendonner nicht mehr von den Londoner Wüstlingen in den Bädern an der Küste von Euffex gehört wird; weil die Momingl’ost nicht mehr dir Invasion bald auf Montag, bald auf

Dienstag, bald (unabänderlich als den letzten Termin) auf Sonnabend festsetzt, weil diese Gründe zur Furcht alle auf­ gehoben sind, so glaubtet Ihr, mit Buonaparte's Macht sey es au-, und wäret schon auf dem Wege nach Paris, un­ ter Lord Hawkr-bury dem Eroberer. — Da- ist so recht die Art, wie die Engländer während de- ganzen NevolutionkkriegeS verfahren sind.

wo)*) eine Geschichte von n'ncm Künstler, der tS ju einer großen Dollkomnicnheit im Malen gebracht, aber feinen Fleiß hauptsächlich auf Einen Lieblings-Gegenstand gerich­ tet hatte.

Dieser Gegenstand war nun ein rother Löwe.

Seine erste Bestellung war

für einen Easthof, wo

Wirth ihm erlaubte seiner Phantasie zu folgen. rieth unser Künstler zu einem rothen Löwen.

der

Natürlich Jemand

auS der Nachbarschaft, der einen neuen Speiscfaal ge­ schmückt zu haben wünschte, wandte sich an den Künstler um seinen Beistand; und um ihm freien Spielraum für feine Talente zu lasten, gestattete er ihm die Wahl des Gegenstandes für die Hauptabtheilung des Zimmers. Der Maler nahm sich gehörige Zeit zum Ueberlegen, und dann sagte er Jenem mit dem größten Ernste und der wichtig­ sten Miene: „Meinen Eie nicht, daß ein schöner rother Löwe von guter Wirkung an der Stelle seyn muß?" — Der Herr war wohl nicht ganz einer Meinung mit ihm, indessen ließ er bcnt Künstler dieses Mal seinen Willen, um so mehr, da er beschlossen hatte, in seinem Studirzim» wer, wohin er den Maler alsbald führte, ein recht schön ersonnenes Stück anbringen zu lassen. kleines Feld über dem Gamin.

Er zeigte ihm ein

„Hier, sagt er, muß ich

etwas recht ausgezeichnetes haben; der Raum ist, wie Sie sehen, nur klein, die Ausführung muß demnach zart seyn." „Was meinen Sie," sagte der Maler, nachdem er, wie es schien, seine Einbildungskraft recht angestrengt hatte, „was meinen Sie von einem

kleinen

rothen Löwen?"

Gerade so geht es mit der Parlaments-Reform. Wie das Uebel auch heißen mag,

das Mittel bleibt Parlaments-

*) Wohl in dem Schilde der Gasthofr zum rothen Löwen in Liverpool, der den für dir Reform Gesinnten zum Bersamm« lungeort dientet Anm. d. Ueb.

430

Reform; und die größte Abwechselung, die Sie denen, welche sich „gemäßigte Reformer" nennen, abzwingen ton­ nen, ist, daß sie sich mit einem kleinen rothen Löwen begnügen!" „Ich wünschte, Gentlemen, daß diese Spekulationen nur belustigend wären; aber sie führen Unheil mit sich, und ich wünsche, daß das Land auf seiner Hut vor ihnen seyn möchte. Ich gestehe, ich bin auch gegen den kleinste» jener rothen Löwen; ich habe nichts gegen die Größe, sondern gegen die Gattung. Ich fürchte, der kleinste möchte nur ein Vorläufer der ganzen Menagerie sinn, und daß, wenn Sie ihn einmal, durch seine Kleinheit bestochen, ein­ gelassen haben, Eie nachher, wenn Sic ihn gern wieder fortschicken wollen, finden möchten, daß er in seinem Kä­ fig zu einer furchtbaren Größe ausgewachsen ist." „In den Zeilen, in welchen wir leben, Gentlemen, (mögen wir cs verhehlen wie wir wollen) findet ein Kampf Statt, in einigen Landern ein offner, in andern ein stiller Kampf zwischen dem Princip der Monarchie und dem der Demokratie. Gott sey gedankt, daß wir an diesem Kampf keinen Theil zu nehmen haben. Gott sey gedankt, daß wir schon lange im Besitz der Segnungen sind, die dadurch erreicht werden können, wodurch allein ein solcher Kampf ein wohlthätiges Ende nehmen kann, — eine Vereinigung jener widerstreitenden Grundsätze. Es ist, wie mich dünkt, weder die Pflicht dieses Landes, auf die Seite der Angrei­ fenden zu treten, die zu viel verlangen, noch auf die der Andern, die nichts bewilligen wollen. England hat sich nur auf der Basis seiner eigenen, dauernd begründeten Ver­ fassung fest und unerschültcrl zu erhalten, als Zuschauer nur durch sein Mitgefühl in dem Kampf bctheiligt; ohne Partei zu nehmen auf der einen oder der andern Seile, sondern um beiden zum Muster, und endlich vielleicht zum

431 Schiedsrichter zu bienen.

Sollten wie durch irgend einen

falschen Trieb ritterlichen Diensteifers uns verleiten lassen, an dem Kampfe selbst Theil zu nehmen, so begeben

wir

uns unserer Unparteilichkeit und schwächen unsere Macht; wir geben den Standpunkt auf, von dem wir am meisten Gutes hatten wirken können, und leiten die Gefahr eines fremden Kampfes unserer eignen Heimath zu,

und wider

unsere eigne Verfassung." „Gentlemen, bei einer weniger aufgeklarten Gesellschaft als die, zu welcher ich jetzt die Ehre habe zu reden, würde ich Gegenstände so allgemeiner Beziehung vermieden, und mich auf das speciellere unserer Local-Verbindung beschränkt haben.

Aber unsere Verbindung ist eine auf Principien ru­

hende; sie ist auf Principien begründet, und darauf fortgedaul und vollendet.

Welches auch meine künftige Bestim­

mung seyn mag, Genrlemen, es wird für mich eine unge­ meine Beruhigung seyn, in dieser Verbindung den Grund zu einer gegenseitigen, dauernden Hochachtung, wie ich hoffe, gelegt zu haben, — die jeden Augenblick unsers Verkehrs erheiterte, und unsere Trennung lange überleben wird." In dem folgenden Auszüge werden unsere Leser eine deutliche Bestätigung dessen finden, was wir schon über den Gemüthszustand Cannings, in Bezug auf seinen neuen Posten, gesagt haben. „Gentlemen, Sie erwarten vielleicht von mir, zumal nach der Rede meines würdigen Freundes, Ihres Präsi­ denten, daß ich Ihnen etwas über die Punkte, auf die er angespielt hat, sage.

Ich war lange sehr zweifelhaft,

ob

ich überall derselben erwähnen, oder in dem Stillschweigen beharren sollte, das ich mir bis jetzt hinsichtlich ihrer auf­ erlegt habe; — ob ich auf der einen Seite mich dem Ver­ dacht aussetzen sollte, als habe ich nicht offen gegen Sie gehandelt, oder auf der andern Seile der Gefahr der viel-

432 fälligen Mißdeutung, auf die rin Staatsmann, der von sich selbst spricht, immer gefaßt seyn muß. Nach reiflichem Nachdenken habe ich mich endlich entschlossen, lieber der letzten Gefahr zu begegnen, als der ersteren. 3ch will mich lieber jeder Mißdeutung, jeder Unannehmlichkeit aussetzen, als daß man je argwöhnen soll, ich hätte Ihr unbcgränzteS Vertrauen mit Etwas, das nur einer Verheimlichung oder einem Mißtrauen ähnlich ist, belohnen können.

Nach

diesem Vorworte werden Sie sich, Gentlemen, in einer Hin­ sicht vielleicht getäuscht finden, wenn Sie vernehmen, daß Alles, waS ich zu sagen habe, auf mein Ehrenwort, nichts weiter ist, alS daß ich nichts zu sagen habe. Aber es ist eben so nothwendig, Ihnen dieS Bekenntniß abzulegen, als jede Mittheilung es gewesen wäre, hätte ich eine zu machen gehabt. Ich versichere Sie, daß ich so wenig wie nur Einer von Lenen, die jetzt mich hören, das geringste von einer An­ ordnung weiß, stehen möchte.

die auS der jetzigen Lage der Dinge ent­ Ich

kann

freilich

nicht Unkenntniß der

Gerüchte vorgeben, die in Jedermanns Munde sind;

aber

ich versichere Sie auf meine Ehre, daß in dem Augenblick, wo ich zu Ihnen rede, ich weder etwas zu sagen noch zu verheimlichen habe." „Sie werden nicht erwarten, Gentlemen, daß ich in eine Erklärung dessen eingehe, was ich vielleicht für zweck­ dienlich halten möchte, wenn einer von den Fällen einträte, deren jene Gerüchte erwähnen.

DaS nur kann ich Ihnen

frei erklären, daß in einem jeden Falle der Art meine Ent­ scheidung sich auf eine gewissenhafte, unparteiische Beur­ theilung öffentlicher Nücksichten allein begründen, und nicht durch eine Berechnung des Interesse, sondern durch ein Ab­ wägen und Dergleichen der Pflichten bestimmt werden wird." „Genug aber über einen Gegenstand, dessen ich viel­ leicht auch jetzt nicht erwähnt haben würde, wäre ich nicht

auf

433 auf eine so unerwartete, jedoch freundschaftliche Weise von Ihrem

würdigen Präsidenten

dazu aufgefordert worden,

und ich habe nur zu hoffen, daß, da man, wie ich höre, mein Stillschweigen an einem andern Orte falsch ausgelegt hat, man jetzt nicht daS, was ich gesagt habe, auf eine entgegengesetzte Weise falsch auslegen wird.

Au- meinem

Stillschweigen hat man nemlich geschloffen, al- wollte ich großprahlend den Entschluß an den Tag legen, rin jedes Amt, da- man mir in England anbieten würde, abzulehnen.

Jetzt bitte ich, daß man mich nicht im entgegenge­

setzten Sinne mißverstehen möge, als hegte ich im gering­ sten die Erwartung oder den Wunsch zu Anerbieten.

einem solchen

Mein einziges Verlangen, daS erkläre ich hie-

mit aufs feierlichste, ist denen die Wahrheit zu erklären, die ein Recht haben sie zu erfahren, sofern ihre Güte und Freundschaft gegen mich sie ein Interesse an Allem, waS mich angeht, nehmen läßt." Bei diesem Besuche erhielt Canni'ng rin schönes Ge­ schenk von Goldschmid-Arbeit; die Zeichnung war von Chantry, die Ausführung von Rundle und Bridge; in ei­ nem damals erschienenen Blatte wird eS folgendrrgestalt beschrieben: ES ist ein Candelabrr, zwei und vierzig Zoll hoch, und unten über srchSzig Zoll im Umkreise. LS ist von Silber, vergoldet, und wiegt über tausend Unzen.

Die

BasiS ist in der Form eines Dreifußes, und ruht auf drei Schildkröten.

Im Sockel sind drei Felder, sechs Zoll breit

und zwei und einen halben Zoll hoch.

Da- erste Feld

zrigt eine Ansicht deS HafrnS von Liverpool.

3m Vorder­

gründe sieht man rin Schiff unter Segel, und im Hinter­ gründe daS Bollwerk von George'ö-Dock, mit der St. Nicolauö-Kirche, dem Stadthause und den Kirchen St. Paul, St. Georg und St. LhomaS in der Ferne.

«l,»>»>»»< Deiikw. U.

^8

DaS

434 zweite Feld enthält einen Theil deö Stadthauses. Die Scene ist die einer Parlamentswahl. Vorn sind Hustr'ngS errichtet; Schranken stehen für mehrere Candidaten offen; eine Menge Zuschauer ist vor ihnen versammelt, und den Schranken für Hrn. Canning nähert sich eine Kutsche, die mit Stimmgebern für ihn angefüllt ist, und von Musik und Fahnen begleitet wird; auf den letzteren sind Inschrif­ ten, wie z. B. „die brittische Verfassung," „der Freund deö Piloten, der den Sturm beschwor," „Canning für im­ mer" re. Der sehr achtbare Gentleman steht in der Milte, von seinen Freunden umgeben, und zu der großen Schaar von Zuschauern redend, von denen Einige oben auf den HustingS stehen, und ihrem Lieblings-Candidaten laut Bei­ fall zurufen. Das „Resultat der Register" sieht man auf der Seite der Schranken für Hrn. Canning, und in der Ferne erscheinen die hohen Gebäude an der Nordseitr von Dalestrert, die Fenster und Dächer mit Zuschauem ange­ füllt, die auf dir belebte Scene unten hinabsehen. Das dritte Feld zeigt eine Ansicht des Innern des Hauses dcr Eemtinm, des Schauplatzes, wo Hr. Canning so oft seine großen und unerreichten Talente entwickelt hat. Der Spre­ cher ist in seinem Sessel, dcr Stab vor ihm auf dem Tisch; die Bänke sind gedrängt voll von Mitgliedern, und Hr. Canning steht auf dem Fußboden, gegen den Sprecher ge­ wendet redend. Die Basis des PiedesialS stellt einen Corallenftlfen vor. Auf ihm sind in den Ecken drei sitzende schöne antike Gestalten unter Palmblättern. Die erste ist ein Emblem der Wissenschaft. Eie hält in der Hand ein Buch mit orientalischen Buchstaben beschrieben, worin sie liest. Zu ihren Füßen liegen eine Menge paffender wissenschaftlicher Instrumente und Symbole. Die zweite Figur ist eine Bersinnlichung der Schiffahrt. Der Compaß ruht auf ihrem Knie, und in der Hand hält sie

435 — die Stimdenltni« und da» Senkblei. Aue Rechten ist zn ihren Füßen ein Stab mit der UnkonSflagge, ein >nk«r und Tau, rin Steuerruder und andere nautische Embleme; zur Rechten eine Boje *). Der Handel ist die dritte Figur. Sie hält in der Rechten einen Lorbeerkranz und in der Linken einen Palmzwrig, al- Zeichen de- Frieden» und der Eintracht, die den Handelsverkehr zwischen den ver­ schiedenen Nationen de» Erdball- hervorbringt. Zu ihren Füßen sind ebenfalls mehrere Symbol« vertheilt. Zur Rechten sieht man einen Waarenballen und andere Han­ dels-Gegenstände; zur Linken ein Füllhorn, den Merkur­ stab it. Diese drei sinnbildliche Figuren sind ausgezeichnet fchdn gearbeitet, und die Gewänder geschmackvoll angelegt. Am Piedestal, zwischen den drei Figuren, sind drei Tafeln. Die erste zeigt die Wappen des WahlortS Liverpool, ge­ schmackvoll ausgeführt. Die zweite trägt daS Wappen EanningS in hoch erhabner Arbeit, mit dem Motto: Ne cede inalis sed contra. Dir dritte enthält auf einem Felde von mattem Golde mit erhabenen glänzenden Buch­ staben, sehr gut gearbeitet, folgende Inschrift: „Dargeboten dem sehr achtbaren Georg Canning von einer zahlreichen Gesellschaft seiner Freunde, Freisassen und Einwohnern von Liverpool, als er zum GeneralGouverneur von Indien erwählt war, July 1822, in dankbarer Anerkennung seiner eifrigen und unparteiischen Sorgfalt für daS Interesse aller seiner Constituenten wäh­ rend einer Periode von zehn Jahren, in welcher Zeit er vier Mal zu ihrem Repräsentanten im Parlament erwählt wurde. Und zur Bezeugung ihrer Hochachtung, sowohl vor *) Oder Tonne, die an einer Kette im Grunde befestigt, eben auf dem Wasser schwimmt und bad Fahrwasser bezeichnet. Anm. d. litte

— 436 feinen Privat-Tugenden, alt vor seinem uneigennützigen und selbstständigen Mfentließen Betragen; und ihrer Be­ wunderung jener auSgezeichnettn Talente als Staat-mann und Redner, mit denen et unwandelbar und furchtlos die wahren Grundsätze der brittischen Verfassung anstecht erhielt." Eine schöne toncflirte Schiff-säule erhebt sich von dem Piedestal. Ihr Fuß ist mit einem Ankertau umschlungen, und drei spielende Delphine erscheinen an den Ecken. Am obern Theil der Säule stehen rund umher die Inschriften r Wahl von 1812 — Wahl von 1816 — Wahl von 1818 — Wahl von 1820. liebet ihnen sieht man die Schnä­ bel von drei Schiffen mit Köpfen von menschlichen Figu­ ren daran, Eingeborne von Asien, Afrika und Amerika dar­ stellend. Da- Capitäl der Säule ist äußerst geschmackvoll. Au- demselben sprossen AcanthuS» Blätter, woran Zweige für neun Leuchter hängen. Der Gipfel deS Ganzen ist mit einet schönen allegorischen Figur geschmückt, die den Schutz­ geist von Liverpool vorstellt, die rechte Hand auf ein Steuerruder gestützt, und die linke auf ein breite-, glän­ zende- Schild, worauf der fabelhafte Vogel Liver abge­ bildet ist. Auf dem Köpft trägt sie eine Mauerkrone, und ihr Gewand fällt in eleganter Einfachheit über ihre schön proportionirte Gestalt. Gerade al- Canning sich anschickte England zu »er* lassen, wurde er von seinem Souverain aufgefordert, einen hohen Posten im Cabinet anzunehmen, und noch einmal al- Minister der au-wärligen Angelegenheiten die Würde feine- Vaterlandes aufrecht zu erhalten und seinen Ruhm weit au-zudehnen. E- war im Ministerium eine Vaeanz durch den plötzlichen Tod de- Marquis von Londonderry, de- Lord Castlereagh der politischen Welt, eingetreten, der diese- große Reich so lange und so erbärmlich regiert hatte.

437 Er starb durch ftint eigene Hand. Durch seine Entfernung war zugleich da- größte Hinderniß für liberale Grundsätze und eine edle und gerechte Politik gehoben.

Indessen sind

wir es dem Verstorbenen schuldig zu sagen, daß sein Privat, leben viele Handlungen der Wohlthätigkeit, der Großmuch und anderer Tugenden aufzeigt.

Wir datiren von dem

Tode des Lord Londonderry eine neue Epoche in der brittischen Regierung. bar.

Die Aenderung war nicht sofort sicht­

Aber rin Herr der Geister war jetzt btkufen,

der Gegtnzaubrr,

und

der ihn gelähmt hatte, war vertilgt.

Canning war nun der zweite Gtaatöbeamte, aber der Erste in der öffentlichen Meinung und in effectiver Wirksamkeit.

Kapitel

X.

Innere und auswärtige Politik Cannings. — Rede über den Seidenhandel. — Krieg -wischen Frankreich und Spanien. — Streit mit Hrn Brougham. — Besuch in Plymouth. — Ihm wird bat Bürgerrecht des Orts zum Geschenk gemacht. — Rede bei dieser Gelegenheit. — Brougham- Antrag über den Prozeß gegen den Missionair Smith zu Demerara. — Anerkennung der neuen amerikanischen Staaten. — Vorstellungen von Seiten Spaniens. — Cannings Antwort. — Panischer Schrecken. — Cannings Vertheidigung der Minister. — Neger-Sklaverei. — Besuch in Frankreich. — Mittagsessen bei Carl X. — Lage von Portugal. — Des Königs Botschaft. — CanningS glänzende Rede. — Ihre Wirkung. — Cannings Krankheit. — Wiederkersiellung. — Austritt de- Lord Liverpool. — Korn-Gesetze.— Katholische Emancipation. — Wird zum Premier - Minister er­ nannt. — Austritt der Tories. — Neues Ministerium. — Bcun< ruhigende Krankheit. — Tod. — Begräbniß. — Character. Durch daß Amt alß Minister der auswärtigen Ange­ legenheiten gewann Canning eigentlich nicht den Platz, wo-

436

-in er in dem kritischen Augenblick, alS et noch einmal die Leitung M StaatSschiffe- mit übernahm, hätte versetzt «erden müssen. Sei» rechter Posten wäre am Steuerru­ der gewesen. Aber obgleich ihm seine Ernennung nicht alle die Macht verlieh, bei der et seine Talente und seine Er­ fahrung in ihrer vollen Ausdehnung hätte geltend machen sinnen, so fetzte fit ihn doch in dm Stand, mit einem solchen Premier-Minister, wie Graf Liverpool, und solchen Gehülfe», wie Hutkiffon, Robinson und Andere, allmählige Verbesserungen in unsere innere und auswärtige Politik einzuführen. Mit Recht sagte man von ihm, daß er ver­ sucht habe, die inneren Wunden seine- Vaterlandes zu hei­ len, und Balsam auf sie zu tröpfeln, nachdem eine schlechte aristokratische Verwaltung sie heimlich immer mehr erwei­ tert hatte. Er benutzte die neuen Erfahrungen und die Fortschritte der politischen Wissenschaft, welche ihm die jüngsten Staatöerschütterungen, so wie die Wirkungen degroßen Neuerers, Zeit, darboten. Er wußte, daß eS eben so unmöglich sey, den Strom der öffentlichen Meinung zu dämmen, und dabei der Nation Bestes zu fördern, als den Ocean auszutrocknen; denn er konnte die Reactionen sehen, die unvermeidlich eintreten mußten, ohne ihre Gränzen ab­ messen zu können. Die Freunde deS verstorbenen Marquis von Londonderry behaupteten in ihrer unsinnigen Bewun­ derung desselben, daß Canning nur die Entwürfe Jenes ausgeführt habe. Wenn da< der Fall wäre, so war eS doch höchst sonderbar, daß er, der edle Lord — bei feinen vielen Fehltritten auf seiner öffentlichen Laufbahn — nie bn einem dieser Grundsätze gestolpert ist, und daß sie alle erst nach seinem Tode anS Licht kamen. Solches glauben jedoch selbst diejenigen nicht, welche die Talente des Marquis t» schätzen wissen, und sich erinnern, wie anti-brittifch, wie kurzsichtig und engherzig feine Politik war. Er war der

439 Verächter der Verfassung seine- Vaterlandes, dessen Interesse er bei dem allgemeinen Frieden vernachläßigte, und der Unter­ drücker der schwächeren Nationen. Sein positiver Dianget an Fähigkeiten machte eö ihm unmöglich, eine weite und umfassende Ansicht zu gewinnen.

Sein Mangel an Genie war offen«

bar und handgreiflich; er war ein bloßer Büreau» Staats­ mann, den jahrelange Routine zu den gewöhnlichen laufen« den Geschäften befähigt hatte. Wie sollte der MarquiS Lon. donderry Philosophie auf Politik anwenden! Er, derwahr» schrinlich seit seinen Schultagen kein Buch angesehen hatte, und dessen Kenntnisse in Allem, waS über politische For. men hinauöging, höchst unbedeutend waren!

Ganz Eng­

land kann über die Verwaltung de- MarquiS urtheilen, und weiß, daß alle- Ehrenvolle und Freisinnige davon aus­ geschlossen war.

SS weiß, daß seine Verwaltung Zwang

und Uneinigkeit hervorrieft», und daß, wenn er länger gelebt hätte, und seinen Maßregeln getreu geblieben wäre, das Bayonrtt den Stab des ConstabelS bei uns verdrängt haben würde. ES zeigte sich sehr bald, daß unter Canning ein« Amderung in der innern und auswärtigen Politik der Mini­ ster eingetreten war.

Hinsichtlich der innern Politik war

er nicht länger durch veraltete Vorurtheile gefesselt, oder gehindert durch die finstern Blicke, die Allem, was einer Neuerung nur irgend nahe kam, wehrten.

Seine Rede

über den Seidenhandel enthält in der folgenden Stelle eine deutliche Ansicht der Grundsätze, die ihn in allen seinen Maßregeln leiteten. „Warum will man voraussetzen, daß die Anwendung der Philosophie (denn ich will mich dieses gehässigen Wortes bedienen) — warum will man annehmen, daß die An­ wendung der Fortschritte der Philosophie auf die Ange.

440 legenheiten de- gemeinen Leben-, von Hartnäckigkeit ober Abstumpfung der Gefühle zeuge?

Wir müssen die mensch­

lichen Angelegenheiten nach abstrakten Grundsätzen behan­ deln, die, versteht sich, nach Zeit und Umständen zu modisiciren sind.

Ist nicht die Lehre und der Geist derer, die

meinen sehr achtbaren Freund verfolgen, derselbe, der in früheren Zeiten gegen dir ersten Wohlthäter der Menschheit Verfolgung aufgeregt hat? Ist es nicht dieselbe Lehre und derselbe Geist, (Beifall)

welche daS Leben TurgotS verbitterten?

3ft es nicht eine Lehre und ein Geist gleich denen,

welche Galileo in den Kerkern der Inquisition schmachten ließen? (Beifall) gleicher Art,

Ist es nicht eine Lehre und ein Geist

die von jeher bemüht waren, den Strom

der Civilisation zurückzudrängen — eine Lehre und ein Geist kleinlicher Gemüther, die, unfähig die Höhen zu erreichen, von denen allein ein ausgedehnter Blick über die mensch­ liche Natur gewonnen werden kann, sich dadurch zu trösten und zu rächen suchen, daß sie diejenigen verlaumden, .die sich zu jenen Höhen, zum Segen der Menschheit, empor­ gearbeitet haben. (Beifall)

Man braucht mir nicht erst zu

sagen, Sir, daß in diesem Lande eine Faction besteht — ich meine keine politische Faction — vielleicht sollte id) eher sagen eine Sekte, klein an Zahl und ohnmächtig an Kräf­ ten, welche glaubt, daß alle Fortschritte zu Verbesserungen Rückschritte zum Iacobinismus sind.

Diese Leute scheinen

zu glauben, daß unter keinen möglichen Verhältnissen ein ehrlicher Mann versuchen

könne, sein Vaterland mit der

weiteren Ausbildung der

politischen Wissenschaft

Schritt halten zu lassen,

und seine Bahn nach den stets

wechselnden Verhältnissen der Welt zu richten.

gleichen

Ein solches

Bestreben wird als ein Zeichen schädlicher Absichten gebrandmarkt, als ein Versuch, die Grundlage der Wohlfahrt des Landes untergraben zu wollen.

Sir, ich halte eö für die

441 Pflicht eines bri'ttischen Staatsmannes, in inneren wie in auswärtigen Angelegenheiten einen Mittelweg einzuschlagen; nicht minder die Thorheit des Despotismus, als eine aus­ schweifende

zügellose Freiheit zu vermeiden;

Macht mit

Freiheit zu vereinigen; nicht zu übereilten oder schlecht über­ legten Versuchen zu greifen, oder nach luftigen, unanwend­ baren Theorien zu haschen, aber auch nicht die Anwendung tüchtiger und

nützlicher Kenntnisse

auf praktische Gegen­

stände zu verwerfen, und mit Mäßigung und Vorsicht für den Dienst des Vaterlandes jedes großartige, liberale Princip sich anzueignen,

dessen Uebermaß freilich gefährlich seyn

kann, dessen Grund aber in der Wahrheit ruht." Das

ist unbestimmt, kann man sagen, aber gewiß

eine Unbestimmtheit ganz andrer Art als die,

welche seit

langer Zeit unter den Tories üblich gewesen ist.

„Fort­

schritte der politischen Wissenschaft, Turgot, Galileo, libe­ rale Grundsätze," das sind alles Namen und Phrasen, die man einige Jahre früher nicht in der Rede eines Ministers gefunden haben würde. Die zwölf Zähre, welche seit dem Schluffe des stanzösischcn Krieges verflossen sind, änderung ,

oder

vielmehr

England hervorgebracht.

haben eine große Ver­

Erneuerung

der

Ansichten

in

Vor der französischen Revolution

neigten sich diese entschieden zu politischen Verbesserungen. Der Minister, ein erklärter Freund der Parlaments-Reform, beobachtete eine strengt Sparsamkeit in den Ausgaben, und beabsichtigte eine Verbesserung in der kirchlichen Einrich­ tung, eine Abänderung in den Zehenten und andere Maß­ regeln der Art.

Einige folgten seinen Fußtapfrn, Andere

gingen noch weiter als er, im Ganzen aber fand keine be­ deutende Meinungsverschiedenheit Statt.

Auch war ein

Gefühl des Wohlwollens gegen alle Verbesserungen in der politischen Lage anderer Nationen vorherrschend.

Die fran-

442 zdsische Revolution brachte eine vollständige Veränderung in diesem Zustande der Dinge hervor.

Die Gemüther Ei­

niger waren exaltirt, aber die der Meisten, und zugleich der Einflußreichsten, erschreckt. Revolutionen;

Einige Wenige sannen auf

aber es wurde Mode Veränderungen zu

Haffen, und daS größte Verdienst eines Staatsmannes be­ stand darin, stille zu stehen, oder wenn er sich ja bewegte, zurückzuschreiten; und ein jeder Versuch, in irgend einem Theile der Welt eine Neuerung einzuführen, wie sehr die Umstände auch dazu auffordern und sie rechtfertigen moch­ ten, wurde mit unverholenein Abscheu betrachtet.

Dieser

Grmüthszustand konnte indessen bei dem größeren Publi­ cum, in einem Lande, wo alle Diskussionen erlaubt sind, nicht lange den Schrecken, der ihn erregt hatte, überleben. Etil dem Frieden ist die Nation allmählig wieder in die Lage zurückgekehrt, in der sie sich vor dem Kriege befand; die Gegenstände, auf welche ihre Aufmerksamkeit jetzt ge­ richtet ist, sind andere, aber ihr Grmüthszustand ist der­ selbe.

Diele der noch übrigen Mitglieder der Pitl'schcn

Partei haben sich in diesen Wechsel der Verhältnisse nicht gefügt.

Die Phrasen und Wahrzeichen aus den Revolu-

tionkkricgcn sind noch an ihnen haften geblieben; sie reden von Pitts Grundsätzen, und verstehen darunter Mittel, die er gegen Gefahren angewendet hat, von denen auch jeder Schatten verschwunden ist.

Sie loben Pitts Handlungen,

ohne die Lage zu berücksichtigen, in der er sich befand, und wie Panurgis Schafe stürmn sie sich dem Leithammel nach inS Meer, und denken nicht daran, daß ihr großer Führer nicht hineinging, sondern hinein gestoßen wurde.

Allein

Canning hatte den Verstand einzusehen, daß die Zeiten je­ ner Thorheit vorüber waren. Das wesentlich charakteristische seiner auswärtigen Po­ litik war, wie man richtig bemerkt hat, sein sorgfältiges

443 Abwcichcn von der heiligen Allianz, eine furchtlose Freimü­ thigkeit der Rede gegen die Regierungen und Nationen deS Festlandes,

und ein offenbarer Wunsch jene von England

zu entfremden, ohne den Frieden Europas zu stören *). ,/Seine Sprache über Gegenstände auswärtiger Politik, sagt derselbe Schriftsteller, war die der Abweichung von den Principien der Monarchien

deS Festlandes;

kräftig,

wie Alles was er sagt kräftig ist, aber nicht stärker, aldie Veranlassung eS erforderte."

ES ist auch in der That

da- Vorrecht und die Pflicht der Staatsbeamten diefeS LandeS, die Wahrheit rein heraus zu reden. Ihr Vorrecht, weil sie alö Bürger Rechte haben, die sie durch die An­ nahme eine- AmteS nicht verlieren; ihre Pflicht, weil sie, da sie gegen da- Parlament verantwortlich sind, zu dieser Versammlung auch ohne Rückhalt sprechen müssen. that Canning ohne Ausnahme.

DaS

8r redete durchaus ohne

die grwundnen Phrasen der Diplomatie.

Seine Weisheit

war, wie Lord Bacon von der alten Mythologie sagt, ent­ weder groß oder glücklich: groß, wenn er der Liebe der ganzen Welt in England einen Vereinigungspunkt geben wollte; glücklich, wenn sein Charakter und sein Geist ein solches Resultat herbeiführten, ohne daß seine Absicht frei­ lich eine geringere gewesen wäre. Daö Jahr 1823 öffnete sich mit Versammlungen, die in Stadt und Land mit Bezug auf Parlaments-Reform

•) Wie will der Vf. diese letztere Behauptung mit der ganzen früheren Politik CanningS, die er in allen seinen Reden auSspricht, wie sie mit dessen späteren Handel-,Tractaten mit vielen Nationen des Continents, namentlich auch mit Preu/ ßen und den Hanse-Städten, wie sie mit dem Beistände Por­ tugal- , wie mit dem Tractat vom 6ren July 1827 vereini­ gen ?

Der Df. scheint vielmehr den im Text gleich folgenden

Satz mißverstanden zu haben.

7tnm. d. Ueb.

444 gehalten wurden. mit.

Dieser Geist theilte sich dem Parlament

Die Noth der ackerbauenden Klasse, und die unauf­

hörlichen Anforderungen um Einschränkung der öffentlichen Ausgaben, hielten Canning in beständiger Thätigkeit.

Un­

aufhörlich hatte er Fragen ju beantworten, gereizte Gemü­ ther zu besänftigen und feindselige zu versöhnen; und sei­ ner Mäßigung und seinen Talenten lag es ob, wie Hr. Huskiffon seinen Wählern zu Liverpool bemerkt, die Ele­ mente des Streites aus dem Lande, und wo möglich aus Europa, zu entfernen. AIS die französischen Armeen feindlich in Spanien ein­ rückten, galt dieser Angriff für eine solche Verletzung dcS Völkerrechts, die gar leicht das Gleichgewicht der Macht in Europa vernichten, und besonders das Interesse Großbrit­ tanniens beeinträchtigen könnte, daß

einige der weisesten

Männer des Reichs, sowohl im Parlament als außerhalb desselben, laut verlangten, daß die Regierung eine drohende Stellung annähme,

und, wenn auch nicht geradezu daö

Schwerdt aus der Scheide zöge, doch den Angreifern mit schneller Rache drohte, wenn sie nicht sogleich von ihrem empörenden Vorhaben abstanden.

Obgleich

es keine grö­

ßere Verläumdung geben konnte als die, welche Hr.v. Cha­ teaubriand, der französische Gesandte, verbreitete, daß die englischen Minister den Krieg billigten, so lag es doch keineswegeS in ihrer Politik, sich in einen Krieg zu ver­ wickeln, um die Angreifer i» ihren Fortschritten aufzuhal­ ten oder sie zu bestrafen. daß

sie durch

Wenigstens glaubten sie nickt,

ein Princip der Ehre oder

ein

Vorgeben

dringender Nothwendigkeit wegen einer solchen Störung des Friedens

in

Europa gerechtfertigt würden.

Am

IS tat

Marz verließ Canning, der heftig an der Gicht litt, sein Krankenlager, um dem Parlamente beizuwohnen. merkte er:

Hier be­

445 ,/Ich würde das Hau- täuschen, wenn ich jetzt sagen wollte, daß ich noch eine gegründete Hoffnung hätte, einen Krieg jwischen Frankreich und Spanien abzuwenden; viel­ mehr liegt eö mir ob zu erklären, daß die Hoffnung, wel­ che die Minister Sr. Majestät früher noch hegten, einen solchen Unglüeküfall zu verhindern, jetzt, wenn auch nicht ganz erloschen, doch sehr entfernt ist, und je länger je mehr entschwindet.

Sobald nur mein körperlicher Zustand es

mir erlaubt, werd« ich dem Hause die Papiere, die sich auf diesen Gegenstand beziehen, vorlegen, und am ersten paffenden Tage nach den Ferien eine Gelegenheit ergreifen, um die Grundsätze, nach welchen die Minister in dieser KrifiS verfahren sind, dem Haufe im Allgemeinen mitzu­ theilen ; natürlich ohne im geringsten die Aeußerung einer Meinung abseilen drö Hause- zu verlangen, bevor eS nicht im Stande gewesen, sich über die Lage der Dinge voll­ kommen zu unterrichten." Am 14ten April legte Canning dem Haufe die Cor» respondenz vor, und ging dann auf die Angelegenheit im Allgemeinen über.

Er begann mit der Verlesung eines

Theils der dem Herzog von Wellington kürzlich ertheilten Instructionen, der acht und vierzig Stunden nachdem Can­ ning zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten er­ nannt worden, nach Pari- abgereist war.

Der Auszug

lautet folgendermaßen: „ Sollte eine bestimmte Absicht obwalten,

durch Ge­

walt oder Drohungen sich in die jetzigen Unruhen in Spa­ nien zu mischen — etwas das nach der Ueberzeugung der Minister Sr. Majestät so unnütz und gefährlich ist, so ta­ delhaft im Princip und so ganz unmöglich in der Ausfüh­ rung — so habe ich Ew. Durchlaucht dahin zu instruiren, daß Sie, sobald die Nothwendigkeit entsteht, oder ich sollte vielmehr sagen, sobald sich eine Gelegenheit darbietet, offen

446 und prremtorischerklären, daß Se.Majestät an einer solchen Einmischung unter keinerlei Verhält« niß Antheil nehmen würden." Canning ging hierauf die Correspondrn; durch, und begleitete jeden Brief mit einer deutlichen Erklärung seiner Motive und Zwecke, indem er bemerkte, daß fein erster Gedanke durchgehende auf Sicherung der Interessen und de- Friedens Großbrittanniens gerichtet gewesen wäre. Un­ sere Pftichten gegen die Portugiesen erläuterte er folgendergestalt: „Ueber diesen Gegenstand herrschen hier zu Lande viele falsche Begriffe. Man behauptet nicht nur, daß unsere Verbindungen mit Portugal uns die Nothwendigkeit aufer­ legen, zu seinem Beistände herbeijueilen, sobald es ange­ griffen wird, was allerdings der Fall ist; sondern auch, daß dieselben die Beurtheilung der Frage, ob Großbrittan­ nien Krieg anfangen oder friedlich bleiben solle, gänzlich Portugal anheimstellen." „Ich gebe unsere Verpflichtung gegen Portugal auf den Grund eines Defensiv-, nicht eines Offensiv-Traktates ju; und wenn es im Völkerrechte einen ausgemachten Punkt giebt, so ist e< gewiß der: daß eine Defensiv-Allian; zwi­ schen zwei Staaten den einen nicht zum Kriege verpflich­ tet, sobald dieser Krieg von dem andern freiwillig begon­ nen worden ift.' „Frankreich hat gegen Portugal erklärt, daß rS nicht feine Absicht sey, ihm durch Wort oder That zu nahe zu treten, sobald Portugal sich nicht in die Angelegenheiten Frankreichs mischt, oder dessen Heere angreift. Bis jetzt ist Portugal durch keine Pflicht gebunden, sich in den Krieg rinzulafftn. Ich rede nicht von seiner Politik, sondern von seinen Verpflichtungen. Portugal ist durch keine Traktate gebunden, an dem Kriege Theil zu nehmen; wenn eS sich



447



also mit Spanien in dem Bemühen, die Franzosen au» der Halbinsel zu vertreiben, verbindet, so ist für Großbrittan­ nien noch kein Grund vorhanden, nur einen einzigen Sol­ daten zum Beistände Portugals abzuschicken.

Ich spreche

hier nicht von unserer Politik, sondern von dem, wozu wir durch Traktate verpflichtet sind.

England ist verbunden

Portugal zu beschützen, wenn Portugal angegriffen wird, aber nicht wenn Portugal Andere angreift." »

*

*

„ES haben sich sehr verschiedene Meinungen darüber gebildet, wiefern e» von unserer Seite zweckmäßig sey, in dem

bevorstehenden Kampfe eine

beobachten.

strenge

Neutralität zu

Viele glauben, daß England die französische

Invasion in Spanien als eine Kriegserklärung gegen sich selbst betrachten müsse.

Dieser Meinung sind viele Perso­

nen vom höchsten Range und größtem Ansehen im Staate; indessen wird sie weder von der Gerechtigkeit, noch der Po­ litik deS Landes unterstützt.

Zch will damit nicht sagen,

daß der Krieg durchaus ungerecht von unserer Seite «yn würde; aber es ist kein hinreichender Grund für uns da, un» darin zu mischen.

Krieg muß von denen, auf welchen

die Verantwortung deshalb ruht, wohl und gehörig rrwc» gen werden, ehe er beschlossen wird.

Die Ursache dazu

muß nicht nur genügend, sondern dringend seyn; und nicht nur dringend, sondern auch durchaus entsprechend dem In­ teresse und der Wohlfahrt des Lande-, welches ihn zuerst erklärt." „Will ich aber durch diese Bemerkungen wohl dieje­ nigen irgend tadeln, die, da sie sehen, wie eine starke und mächtige Nation

in leidenschaftlicher Rachsucht über rin

minder zahlreiches, wenn auch nicht minder tapferes Volk herfällt, um es zu erdrücken, eifrig wünschen, dem Schwä­ cheren gegen den

Stärkeren beizustehen?

Gewiß

nicht.

448 Das Gefühl ist im höchsten Grade ehrenvoll für die, die es hegen. Die Busen, in welchen rS in voller Blüthe und Kraft herrscht, ohne durch irgend andere Gefühle gedämpft oder abgekühlt ;u seyn, sind viel glücklicher als die, in welchen jenes Gefühl gemäßigt, abgekühlt und herabgestimmt werden muß durch Rücksichten der Klugheit, der Zweckmä­ ßigkeit oder des Interesse.

Ich kenne und beneide die Ge­

fühle derer, welche Krieg verlangen, für dessen Ausgang sie freilich so leicht nicht verantwortlich sind." *

»

*

„Ich habe vernommen, daß es Einige giebt, welche glauben, daß, wenn es auch nicht rathsam seyn möchte aus diesem Grunde Krieg zu führen, es doch rathsam seyn könnte, Frankreich mit Krieg zu drohen.

Diese Individuen

glaube ich, machen sich eines Irrthums im Princip schul­ dig.

DasLand, welches mit Krieg droht, sollte

auch immer bereit seyn, diese Drohungen zur Ausführung zu bringen.

ES giebt noch andere In­

dividuen, die sich eines Irrthums andrer Art schuldig ma­ chen.

Ich meine eines Irrthums der Beurtheilung.

Sie

glauben nemlich, dieses Land müsse sofort eine Expedition zur See fortschicken, um über die Begebenheiten zu wachen, die sich auf der Halbinsel zutragen können.

Ein solches

Verfahren würde nach meiner unmaßgeblichen Ansicht einergroßen und unabhängigen Station, wie der unsrigcn, un­ würdig seyn,

und sie von einer Macht des ersten Ranges

zu einer des zweiten herabwürdigen.

Ich hoffe, daß, so

oft dieses Land sich zu einem Kriege entschließen, eS nicht als eine Auxiliär -, sondern als eine Principal - Macht ihn führen wird.

Dieses ist bis seht seine Politik gewesen;

und so oft es noch in früheren Fällen zum Kriege geschrit­ ten ist, hat es auch jeden Nerv angestrengt,

um ihn zu

einem sichern, schnellen und ehrenvollen Ende zu bringen. Toto

449 Dieses ist, nach Mtinet Meinung, der einjige richtige Gesichtspunkt, aus dem

Toto certatum est corpore regni.

man einen Krieg betrachten kann; und ich weiche durchaus von denen ab, welche diesen Gegenstand irgend anders an­ sehen.

Soll Krieg daS Resultat seyn, so muß eS auch

ein Krieg seyn, der dieser großen Nation würdig ist; und eS darf sich dieses Land in dem jetzigen Augenblick und bei der gegenwärtigen Lage Europas in keinen Krieg ein» lassen,

sobald eS nicht feine ganze Energie, seine ganze

Macht und Kraft daran seht,

entschlossen in dem Kampfe

zu siegen oder unterzugehen." „Der Entschluß der Regierung geht auf Neutralität — aber welche Art der Neutralität?

Das HauS wird mit

erlauben es zu sagen — auf eine aufrichtige, wahrhafte Neutralität. Jede andere würde der Nation unwürdig seyn. Die Wahl liegt zwischen Neutralität oder Krieg. Wenn wir Krieg beabsichtigen, so lassen Sie ihn uns offen erwählen; wenn wir aber Neutralität vorziehen, so lassen Sie eS nicht eine Neutralität unter der Maske der Nicht-Einmischung auf der einen Seite seyn, während der andern insgeheim Beistand geleistet wird.

Wenn Sie, Gentlemen, mich fra­

gen, welches die Linien, Vorschriften und Gränzen einer richtigen Neutralität sind, so will ich sie Ihnen in Einem Worte nennen.

Es giebt eine goldnc Regel, die sowohl

auf Politik wie auf Moral anwendbar ist: „Thue Andern, wie du willst, daß Andere dir thun."

Aber zu England

möchte ich sagen: „Thue Andern, wie du Andere dazu gebracht hast, dir zu thun." *

*

*

Diese klare und überzeugende Rede

schloß Canning

mit folgenden Worten: „DaS Versprechen eines thätigen, kräftigen Beistandes an Spanien war dieses Land nicht entschlossen zu geben: C«imlnt< ©flirrn. H-

29

450

nnb b« Fall, den bie Minister zu enräiim hatten, war der, ob sie sich von der ganzen Angelegenheit fern halten, unb sie durchaus mit Gleichgültigkeit behandeln sollten ? Gleichgültig können wir nie gegen die Angelegenheiten Spa­ niens seyn, und ich hoffe unb wünscht ernstlich, daß cs siegreich auS dem Kampfe hervorgehen möge. Aber ich würde nicht die Wahrheit reden, wenn ich nicht sagte, daß ich vollkommen überzeugt bin, bas erste Resultat seines Sieges und seines Friedens müßte die Annahme der Aen­ derungen in seinem Systeme seyn, di« wir ihm anempfoh­ len haben. Aber niöge Frankreich oder Spanien siegen, meine innige Ueberzeugung wird immer die bleiben, baß, wenn Spanien auf der einen Seite nur etwas nachgegeben hätte, unb bie Observations - Armee auf der andern zurück­ gezogen worden wäre, ein jedes unangenehme Gefühl in der unendlichen Masse von Wohlthaten, die daraus hätte entstehen müssen, verschwunden seyn würde. Sie würden jetzt nicht über diesen Kriegszustand zu klagen haben, dessen Gefahren nicht zu berechnen sind, dessen Ausgang es un­ möglich ist vorauszusehen." Bei einer andern Veranlassung bemerkte er: „Einige der Herren haben wohl behauptet, wir wür­ den früher oder später doch in den Krieg hineingezogen wer­ den. Nun denn, so antworte ich, möge es später seyn. Sollen wir in einen Krieg hineingezogen werden, so möge cS aus wahrhaft ehrenvollen, wahrhaft brittischcn Gründen geschehen. Ich sage nicht — Golt bewahre mich davor! — daß es nicht zu den Pflichten Großbrittanniens gehöre, das sogenannte Gleichgewicht der Mächte zu erhalten, und dem Schwächeren gegen den Stärkeren beizustchen. Zm Gegentheil, ich sage, es ist seine ausgemachte Pflicht; aber ich behaupte auch, daß wir darauf bedacht seyn müsse», unsere Pflicht gegen uns selbst zu erfüllen. Die erste Be-

451 dingung zu einem Kriege ist, daß er gerecht sey; die zweite, daß, wenn er gerecht an sich ist, wir auch ein Recht haben ihn anzufangen; und die dritte, daß, wenn er gerecht an sich ist, und wir auch Recht haben unS darin einzulaffen, wir eS thun können, ohne uns selbst Schaden oder Nach, khtil zuzufügen.

Ich bleibe dabei, daß der nur ein müßig

speculirender Politiker ist, der biefe Bedingung unbeachtet läßt; und ich behaupte ferner, daß, wenn auch das er­ habne Aufgeben derfelbm in dem Munde eines unser» antwörtlichen Redners ganz vortrefflich klingen mag — der die Sicherheit eines Landes im Munde führt, aber auf den Schultern keine Verantwortlichkeit deshalb trägt — es doch eine Sache bleibt, die rcisiich überlegt werden muß." Am löten Apn'l wäre Canning durch leidenschaftlichen Parteigrist beinahe wieder in einen Duell verwickelt wor­ den. Brougham nemlich, der über eine Bittschrift mehrerer protestantischer Geistlichen gesprochen hatte, erlaubte sich im Laufe seiner Rede eine persönliche Schmähung gegen ihn, indem er sagte: „ich glaube behaupten zu können, daß die ganze Geschichte politischer Achselträgerei kein auffallende­ res Beispiel übertriebener Kriecherei, um ein Amt zu erha­ schen, auszuweisen hat, als er uns giebt." Canning: „Ich stehe auf, um zu sagen, das ist unwahr!" Hierauf erfolgte ein tiefes Schweigen. Brougham sehte sich und der Sprecher stand auf. langer und lebhafter Wortstreit.

Es erfolgte ein

Nun wurde darauf ange»

tragen, daß der „Scrjeant-at-Armö sie Beide in Gewahr­ sam nehmen solle," aber nach einigen gegenseitigen Er­ klärungen kamen Beide überein, die Sache ruhen zu lassen. Im August dieses Jahres begleitete Canning, der sei­ nen Sitz für Liverpool aufgegeben hatte, Hrn. Huskiffon, seinen Freund und Nachfolger, auf einen Besuch bei seinen

2')

*

frühsten SonfHtuentm,

Auf die Einladung der St. Georg-

Dampf - Boot - Compagnie nahm er an einer Ezcurston an Bord dcS DampfbooteS Emerald-Isle Antheil.

Auf dem

Verdeck waren mehr alö drei hundert der angesehensten Ein­ wohner und Kaufleute von Liverpool versammelt, Männer aus allen politischen Parteien, die zu Ehren des Ministers und des Hrn. Huökiffon eingeladen waren.

Am Abend

bewirthete der Mayor im Stadthause eine Gesellschaft von achtzig Personen, worunter Viele von Adel.

AIS Canningö

Gesundheit getrunken war^ stand dieser auf und sagte: „Ich kann nicht, wenn ich jetzt aufstehe, um für die sehr schmeichelhafte Art zu danken, mit welcher der letzte Toast aufgenommen worden ist, mich bloß auf die Bezeu­ gung meiner aufrichtigsten

Dankbarkeit beschränken, oder

mich niedersetzen, ohne die Versicherung, die ich schon frü­ her gegeben, zu erneuen, daß ich zu jeder Zeit bereit seyn werde, aus besten Kräften dieser wichtigen, dieser hoch er­ leuchteten Gemeinde zu dienen, die ich zehn Jahre hindurch zu meinem Stolz und meiner Freude repräsentier hab«. Diese Versicherung wurde zu einer Zeit gegeben, als Verhältnisse, denen ich nicht gebieten konnte, cs nothwendig machten, daß ich auf eine Trennung antrug, höchst schmerzlich, und die nur eine mir abzuzwingen vermögend war.

die für mein Gefühl gebieterische Pflicht Ich weiß kaum,

ob

ich Ihnen für die Herzlichkeit dankbarer seyn soll, mit der Sie mich zu Ihrem Dienst zurrst eingeladen haben, für die gütige,

wenn auch

oder

widerstrebende Einwilligung,

wodurch Sie die Nothwendigkeit unserer Trennung aner­ kannten.

Die Trennung besteht indessen nur in der Form.

Im Wesen bleibe ich stets Ihr Freund und Ihr Diener. Ihr Freund mit unveränderter Anhänglichkeit, Ihr Diener mit nur um so viel vermindertem Streben, als nothwen­ dig

durch

die

lastende

Art meiner andern Beschäftigun-

— gen bedingt wird.

453

Ich darf auch nicht unterkaffen die

Freude zu bezeugen, die eS mir gewährt, und die durch den Anblick der hier anwesenden Gesellschaft besonders er­ höht wird — di« Freude, meine ich, zu glauben, daß, wie unbedeutend meine Dienste auch gewestn seyn inögen, meine verschiedenen Erwählungen für Liverpool nicht ganz erfolglos geblieben sind.

Sie haben eine Reihe lebhafter Kämpft

dargeboten und schneller Wiederversöhnungen; Feindschaf­ ten, die so vorübergehend waren wie der Streit, der ihnen Entstehung gab, und Bekanntschaften und Verbindungen, die, wie ich hoffe, die Erinneermg an jene Kämpfe lange überleben werden.

Ich habe die Stadt in aller Bewegung

widerstrebender Interessen gesehen, ohne doch irgend etwazu bemerken oder zu erfahren, dessen Erinnerung mir pein­ lich wäre; und ich habe im Laufe des 2agcö Beweise er­ halten (Diele von denen, die mich hören, werden mich ver­ stehen, wenn schon die Delicateffe mir verbietet deutlicher zu reden), wie kräftig eine gegenseitige persönliche Achtung mitten im Kampfe politischer Fehden

aufwachsen könne.

Der Zustand, in welchem ich jetzt die Gemüther in Liverpool verlasse, ist, so wie ich mich freue ihn zu sehen, in dem er, wie ich hoffe, lange bleiben wird, und den die Verdienste meines Nachfolgers ganz besonders zu erhalten im Stande sind.

Ich schmeichle mir selbst,

Hinsicht das Beispiel

meiner Verbindung

daß in dieser mit Liverpool

auch für andere Vorfälle politischer Zwistigkeiten nicht ganz umsonst gewesen ist; und ich schmeichle mir ferner, daß die Stimmung, welche jetzt in dem Kreise herrscht, in dem ich rede, der allgemeinen Stimmung des Landes entspre­ chend sey." Im Octobcr finden wir unsern Minister zu Plymouth, wo er mit jedem ersiiiulichcu Beweise und Liebe empfangen wart.

von Hochachtung

Bei dieser Gelegenheit wurde

454 ihm auch das Bürgerrecht *) de- Ortö in einer aus Breakwater, **) Marmor schön gearbeiteten und reich mit Silber eingefaßten Dose überreicht ***).

Beim Empfange dieses

Geschenkes, welche- das höchste Vorrecht begriff, das die Gemeinde zu vergeben hatte, stand Canning auf und hielt nachstehende charakteristische Rede, gewiß eine seiner glück­ lichsten Ergießungen. „Hr. Mayor und Gentlemen — Ich nehme mit Dank und mit einer größer» Freude, als ich auszusprechen ver­ mag, diesen Beweis Ihrer guten Meinung und IhreS gu­ ten Willens an.

Ich muß hinzufügen, daß der Werth

der Gabt selbst ungemein erhöht worden ist, durch die Art, wie Ihr würdiger Sccretair die Gründe entwickelt hat, die sie veranlaßten, und die Gefühle, die sie ausdrükken sollte." „Gentlemen, Ihr Cerretair hat sehr wahr gesagt, daß, wer in diesem freien und aufgeklärten Staate nach politi­ scher Auszeichnung strebt und politische Pflichten zu erfül­ len hat, erwarten muß, daß sein Betragen scharf bewacht, und jede Handlung seines öffentlichen Lebens mit nicht ge­ ringer Eifersucht und mit schonungsloser Kritik untersucht werde; und diese- wird mein Loos wohl, gleich dem an­ derer öffentlicher Männer gewesen seyn.

Aber, Gentlemen,

unverdiente Verlaumdung bleibt selten ohne gerechte, wenn auch späte Genugthuung. Ich muß mich für ungemein glücklich

*) The freedom of ihe borough, eigentlich das Wahlrecht; daSiecht einen Repräsentanten im Parlament für den Ort mit zu erwählen. **)

Xnm. b. Ueb.

Breakwater, Wogenbrecher, rin Felsen am Eingänge de-

Hafen- von Liverpool.

Anm. d. Ued.

«»») Sonderbarer Weise wurde diese Dose von einem AcciseBramten angehalten, da daß Silber nicht den Stempel trug, den der Wardein darauf halte setzen müssen.

Anin. d.Lrig.

455 haltt», «tim eint solche Rechtfertigung, wie «min würdigte Freund sie beschreibt, mir schon früher ju Theil wurde vor so vielen Andern; wenn ich mir schmeicheln darf (wie feine Parteilichkeit mir geschmeichelt hat),

daß die Gefühle, die

Sir so gütig sind für «ni'ch zu hegen, auch die dcS Lan­ des sind; wenn ich, außer daß meine Freunde mir Gerech­ tigkeit widerfahren kaffen,

hoffen darf, daß selbst meine

politischen Gegner mir billige Deutung nicht versagen." „Aber, Gentlemen, das Geheimniß eines solchen Re­ sultat- liegt nicht tief verborgen.

Es besteht nur in einem

rechtlichen, unabänderlichen Streben nach dem, was man in seiner Ueberzeugung für seine Pflicht gegen den Staat hält; einem Streben, das, alö Ganzes betrachtet, einem Manne den Beifall aller rechtlichen und edeldenkenden Ge­ müther erwerben muß, «vie auch einzelne, besondere Vorgänge seines Lebens angesehen werben mögen.

Ein Jeder kann

sich zuweilen in der Wahl der Mittel irren, die zu seiner Absicht dir zweckmäßigsten seyn mögen; aber wem, seine Absicht gerecht und rühmlich ist, so wird er nach dieser, sey es von seinen Zeitgenossen oder der Nachwelt,

zuletzt

beurtheilt werden." „Den Zweck, Gentlemen, den ich Ihnen gestehe im­ mer im Auge gehabt zu haben, und der mir der gesetzliche Zweck eines brittischen Staatsmannes zu seyn scheint, kann ich Ihnen in einem Wort angeben.

Die Eprachc moder,

ner Philosophie ist di« einer weil ausgedehnten Menschen­ liebe; sie verspricht Vervollkommnung unsers Geschlechts, und Verbesserung des Looses der ganzen Menschheit. Gentle­ men, ich hoffe, daß mein Herz so hoch für das allgemeine Wohl der Menschheit schlagt, — ich hoffe, das; ich ein« so menschenfreundliche

Gesinnung gegen andere Nationen

der Erde habe, wie Einer von denen, der seine Philantropic übertrieben rühmt;

aber ich beschcide mich zu gestehen;

456 daß m der Leitung

politische Angelegenheiten der große

Gegenstand meiner Bettachtungcn da- Interesse Englandist." (Viel Beifall) „Richt alö ob da- Interesse England- eine- wäre, da- isolirt und allein stünde.

Die Stellung, welche r-

tinnimmt, verbietet ihm einen beschränkten Egoi-mu-. Sein Glück muß die Wohlfahrt andercr Nationen erhöhen, und feine Festigkeit die allgemeine Sicherheit der Welt. Ausbrüche de- Beifalls)

(Laute

Aber, so genau wir auch mit

dem Systeme von Europa verbunden sind, so folgt daraus noch kein Berus für uns, uns bei jeder Gelegenheit mit -»dringlicher Geschäftigkeit in die Sachen anderer Nationen -u mischen. Line Regierung muß nach genauer Abwägung widerstreitender Pflichten, und gegenüberstehender, aber zu» weilen nicht genau zu berechnender Vortheile ermessen, wann sie ihre Kraft zu gebrauchen, und wann sie sie für spätere Gelegenheiten aufzusparen hat." „Unser endlicher Zweck muß der Friede der Welt seyn; dieser Zweck kann zuweilen durch schnelle- Eingreifen am besten erreicht werden, zuweilen aber auch durch Enthaltung aller Einmischung in Fehden, die wir nicht verhindern kön­ nen.

Nach diesen Grundsätzen hat es denn auch der Ne­

gierung dieses Landes nicht nothwendig geschienen,

das;

Großbn'ttannien sich in den jüngsten Kampf zwischen Frank­ reich und Spanien mische." „Ihr würdiger Secrctair hat die Personen, die uns in diesen Kampf hineinführen wollten, sehr richtig einge­ theilt.

Es befanden sich ohne Zweifel Einige unter ihnen,

welche das Vaterland allen Bedrängnissen

eines Krieges

aussehen wollten, weil sie zugleich hofften, daß diese Be­ drängnisse die Minister erdrücke» würden; aber es würde sehr ungerecht seyn nicht zu gestehe», daß es auch Andere gab, die von

edleren Grundsätzen und hochherzigeren Ge-

457

fühlen beseelt wurden, die fleh au- bloßem Unwillen über den Angriff sogleich in den Kampf stürzen wollten, und welche glaubten, daß von einem Ende der Welt bi- zum andern keine Ungerechtigkeit begangen werden dürfe, ohne daß da- Schwerdt Großbrittannien- aus der Scheide führe um sie zu rächen. Aber wie es Sache der Gesetze ist, da- Urbrrmaaß selbst lobrn-werthrr Neigungen und Lei­ denschaften von Individuen zu zügeln, so ist es Pflicht der Regierung, da- Aufbrausen des National-Gefühls in ge­ hörigen Schranken zu halten, und den Lauf wie die Rich­ tung von Trieben, die sie nicht tadeln kann, zu leiten. Ist wohl noch Einer dieser letzteren Klaffe, wie sie mein wür­ diger Freund beschrieben hat (denn den Ersteren habe ich nichts zu sagen), der noch zweifelt, ob die Regierung weise gethan habe, dem übereilten Enthusiasmus nicht zu folgen, der zu Anfange des Krieges in Spanien vorherrschte? Ist wohl noch Einer, der jetzt nicht glaubt, daß es Pflicht der Regierung war, diese vielfach verwickelte Frage nach allen ihren Richtungen genauer zu untersuchen? ob es galt einer gesammten Nation beizusichrn, oder sich in die in­ nern Fehden, welche diese Nation zerriffen, zu stürzen? ei­ nen fremden Eroberer zurücktreiben zu helfen, oder an ei­ nem Bürgerkriege Theil zu nehmen? Ist Einer wohl, der jetzt nicht den Umfang der Lasten einsieht, die diesem Lande aufgebürdet worden wären ? Ist Einer wohl, der jetzt nicht anerkennt, daß ein solches Unternehmen, unter diesen Verhältnissen, nur mit einem Worte bezeichnet werden könne, das dem uns bekanntesten Theile der spanischen Litteratur entlehnt ist: — Don Quichotisch; ein Unternehmen ro­ mantischen llrsprungrs und am Ende ohne Dank." „Aber wenn wir so unsere Gefühle durch unsere Pflicht beherrschen lassen, möge es nie gesagt werden, daß wir Friede» zu bewahren suchen, weil wir Krieg fürchten, oder

458 nicht dazu gerüstet sind; im Gegentheil, wenn schon vor acht Monaten die Regierung sich nicht bedachte zu erklären, daß daS Land jum Kriege gerüstet sey, wenn Krieg un« glücklicherweise nothwendig seyn sollte, so hat ein jeder FrirdenSmonat, der seitdem verflossen ist, uns um so viel mehr in Stand gesetzt thätig zu seyn.

Die Hülfsqucllcn,

die der Friede erzeugt, sind dir Mittel zum Kriege; indem wir jene Quellen unterhalten, vermehren wir diese Mittel. Unsere jetzige Ruhe ist eben so wenig rin Beweis unserer Unfähigkeit zum Handeln, als der Zustand der Ruhe und Unthätigkeit, in welchem ich jene mächtigen Massen erblickt habe, die in den Gewässern

um 2hrr (Statt schwimmen,

beweist, daß es ihnen an Kraft fehlt, und sie nicht zum Handeln in Stand gesetzt werden können. recht gut,

Gentlemen,

Sie wissen

wie bald eine jener ungeheuren

Massen, die jetzt in vollkommnrr Stille in ihrem Schalten ruhen, wie bald sie, auf den ersten Ruf des Vaterlandes oder der Nothwendigkeit, einem belebten Wesen gleich wer­ den kann, von Athem und Bewegung beseelt; wie bald sie gleichsam ihr schwellendes Gcsiedcr blähen, wie schnell sie hervortreten wird in ihrer ganzen Schönheit und Tüchtig­ keit, versammelnd die zerstreuten Elemente ihrer Kraft, und ihren schlummernden Donner erweckend. (Langer und don­ nernder Beifall)

So wie eines

dieser prächtigen Werk­

zeuge, wenn eS von Unthätigkeit zu einer Entwicklung fei­ ner Kraft übergeht, so ist England selbst, wenn es, dem Anscheine nach ruhig und unbeweglich, in der Stille feint Kräfte sammelt, um sie zu gebrauchen, sobald eine genü­ gende Veranlassung sich zeigt.

Aber Gott verhüte,

daß

solche Veranlassung entstehen möge! Nach einem Kriege, den es während beinahe eines Viertel -Iahrhundcrto jt,! wrilen allein, zuweilen mit ganz Europa gegen sich oder an seiner Seite zu führen halte, bedarf England einer Zeit

459 der Ruhe, und kann ihrer genießen ohne Furcht vor übler Deutung. Möge e< uns lange vergönnt seyn, Gentlemen, die Segnungen unserer jetzigen Lage auszubilden, den Kün­ sten des Frieden- unk zu weihen, dem wiederauflebenden Handel größere Ausdehnung zu geben und ihm neue Bah­ nen anzuweisen, und so daS Glück zu befestigen, da- jetzt allgemein über diese Insel verbreitet ist. Ich hoffe, daß dieser Ort, dem ich jetzt die Ehre und daS Glück habe anzugehören, von jenen Segnungen seinen reichen Antheil empfangen wird. Ich hoffe, die Zeit ist nicht fern, wo jene herrliche Mauer, wovon, wie ich höre, die Dose, mit der Sie mich beehrt haben, einen Theil bildete, jener gi­ gantische Damm gegen die Wuth der Wogen, die sich in Ihren Hafen stürzen, eine Handels-Marine beschützen wird, die in ihrer Art nicht minder beträchtlich ist als die kriege­ rische Seemacht, für die Ihr Hafen lange rin so ausge­ zeichneter Schutzort war; wo die Stadt Plymouth in eben solchem Maaße an dem commerciellen Gedeihen EnglandTheil nehmen wird, als es bis jetzt an dem kriegerischen Ruhm seiner Flotten Theil genommen hat." (Canning schloß unter einem Brifallruftn, das mehrere Minuten währte) Im Iuny 1824 beschloß das Cabinet die Anerken­ nung der Staaten von Mexico, Columbien und Buenos» Ayrcs. Dieses war eine Handlung der Politik sowohl als der Gerechtigkeit, die ihren Urhebern die größte Ehre machte. Es ist vielleicht Lob genug, wenn wir sagen, daß Lord Castlereagh sich dieser Maßregel aufö eifrigste wider­ setzt hatte, und daß sie in ihrem Fortschreiten drei Monate lang von dem vorigen Lord-Kanzler*) aufgehalten worden ist. Daß Canning sich das Verdienst davon aneignete, < » *) Lord Eldon; nach allen Berichten der personificirte Lockt« beutel. Anm. d. Ueb.

460 fahren n?it auS seiner berühmten Rede über die portugie­ sischen Angelegenheiten; daß aber dieses Verdienst ein we­ nig zu hoch angeschlagen wurde, werden auch seine wärm­ sten Verehrer wohl nicht in Abrede stellen. Seine Freunde betrachten e- al- seinen Meisterstreich.

Ueber die Zweck­

mäßigkeit kann wohl kein Zweifel seyn — über die Wich­ tigkeit aber wohl rin sehr großer.

Wenn es wahr wäre,

was man später behauptet hat, daß er jene Staaten inö Daseyn gerufen habe, so würde alle der Ruhm, den er in Anspruch nimmt, ihm als den Urheber einer so wichtigen politischen Veränderung gebühren; aber er wartete nach sei­ nem eigenen Eingeständniß sorgfältig, bis jene Staaten ihre Unabhängigkeit hergestellt hatten, ehe er sie anerkannte *). Wir bedauern Eannings Rede in Bezug aufBroughamS Antrag über den Prozeß gegen den Miffionair Emith zu Demerara erwähnen zu müssen.

Brougham

behauptete

nemlich zu Gunsten dieses schwer beleidigten Mannes — dessen einziges Verbrechen war, daß er sein ganzes Leben der Verbesserung der Lage der Sklaven zu Demerara weihte, indem er ihren Geist aufklarte und ihre Schmerze» in dem beispiellosen Elende,

worin

sic schmachteten, zu lindern

suchte, — daß dieser den Gesetzen nach nicht durch ein Kriegsgericht v.'rurthcilt werden könne; das; das Kriegsge­ richt, selbst angenommen cs wäre eompctcnl, seine Gewalt überschritten hatte; daß jede Regel des Bcweisvcrfahrcns gröblich verletzt worden sey; und daß, selbst zugegeben, er habe sich eines vcrrärhcrischcn Attentats schuldig gemacht, er für ein solches Vergehe» nicht mit dem Tode bestraft ♦) Der Bf. vergißt, daß weder Canning noch irgend Jemand in England da§ Recht hatte, die spanischen (Kolonien zum Auf­ stande gegen das Mutterland zu reizen, so wenig als sie nach­ her in Bezug auf Europa al- Staaten existirteir, bevor sie anerkannt waren. Anm. d. Ucb.

461 itifrtm könne. In demselben Augenblick, wo Brougham diese Behauptungen siegreich begründete, gab jener unglück­ liche Mann in einem dumpfen Kerker den Geist auf, wo er, mit schweren Ketten belastet, als Opfer der Grausam­ keit seiner Unterdrücker fiel.

Diese gesetzlichen, oder wir

sollten vielmehr sagen gesetzlosen Mörder vor der so reich­ lich verdienten Strafe zu schützen, erhob sichCanning, frei­ lich nicht als ihr Lobredner, aber als ihr Apologet; und seine Apologie war von der schlimmsten Art, denn sie war ein mühseliger Versuch die Wahrscheinlichkeit zu ent­ wickeln, daß Smith im Besitz des Geheimnisses der Insur­ rektion war,

das er zu entdecken

sich weigerte.

Es ist

wohl nicht zuviel, wenn wir behaupten, das; Panning wäh­ rend seiner Rede wußte, daß das Opfer der kolonial-Be­ hörden zu Demerara durchaus unschuldig sey.

Er wußte

wohl — denn die Akten des Schein Verhörs lagen vor ihm — daß er nicht einmal Arrest, geschweige Ketten, einen ver­ pesteten Kerker und einen schmählichen 3ob verdiente. Das

Anmi.il-Register sagt uns, daß Eanning dem Antrage in einer gemäßigten, fast bittenden Liede sich widersetzt habe. Nachdem er einigen Widerwillen über die Bekanntmachung der Details in dem Journale des Smith bezeigt hatte, fuhr Eanning fort: — „Die Frage, die ich jetzt zu untersuchen habe, ist die, ob Hr. Smith in dem Grade unschul­ dig ist, daß ich mich verpflichtet fühlen muß, seine Rich­ ter zu vcrurthei'len; meiner Seele

die

und in dieser Hinsicht kann ich aus moralische Ueberzeugung nicht loö

werden, welche die Kenntniß der Ansichten und Meinungen des Hm. Smith

hervorbringen

muß."

Großer Gott!

können britlische Staatsmänner so mit dem Geist und dem Buchstaben brittischer Gesetze spielen! und das, wenn der Name und das Leben dem Spiele steht?

eines brittischen Unterthanen auf

Moralische Ueberzeugung! — Wann

462 durfte diese je in einer Criminal-Sache — in irgend einer Sache — über die gesetzliche entscheiden? *)

Schuld eine- Angeklagten

Die Richter hatten sich selbst eingesetzt,

halten in diesem Falle Zeugen zugelassen, die sie in jedem andern verwarfen; und selbst mittelst dieser Zeugen war doch kein Schalten von Beweis für die Schuld deö Gefan­ genen vorhanden. Tode.

Und dennoch verurthcilten sie ihn zum

Und über solche Männer konnte Eanning die Ar-

gide seines allmächtigen Schutzes ausstrecken? Und genügte cs der beleidigten Gerechtigkeit, nach einer langen und aus­ gearbeiteten Rede gegen ein unschuldiges Opfer erbarmungs­ loser Verfolgung, am Ende einige Phrasen des Mitleids für den Dulder einzuschalten? „Es gehen mir viele Ergebnisse seines Prozesses sehr nahe, fügte er hinzu, und tief beklage ich sein Schicksal; aber ich bemerke weder auf der einen Seite die gänzliche Reinigung von aller Schuld, die Hm. Smith zu dem Märtyrer-Ruhme berechtigte, noch den Be­ weis des in.ilus nniimis von Seiten der Richter,

der sie

einem solchen Urtheile unterwerfen könnte, wie es der jetzige Antrag begreift. "

Und so kam der Missionair des Ehri-

stemhums um, »»gerächt auf Erden:

ob sein anklagender

Geist auf immer »»besänftigt bleiben wird,

ist mehr als

wir zu sagen vermögen. Kaum war die Anerkennung der neuen amerikanischen Staaten von Großbrittannien der Welt verkündet worden, als unserer Regierung von dem spanischen Minister Vor­ stellungen dagegen eingereicht wurden.

Die Erwiederung

des Ministers bewies, das; eine neue Aera in der Diplo­ matie aufgegangen war.

Sie bildete einen vollkommnen

*) Der Bf. scheint in seinem Eifer für seinen unglücklichen Col­ lege» zu vergessen, daß bat Guiliy der Jury doch auch nur auf moralische Ueberzeugung sich stütze. Anm. d. Ueb.

463 Gegensatz zu der Note des Hm. Zea, btt in btt zwtibtutiflfn, schlauen, verworrenen Manier der alten Schule ver­ faßt war.

Die Cannings war kräftig geschrieben, klar in

den zur Frage stehenden Punkten; anstatt Curial-Formeln und trockner Sentenzen von halber Bedeutung, zeichnete sie

sich durch einen

nachdrücklichen Styl und durch ein

offnes, männliches Raisonnemcnt auk, wie es seinem ho­ hen Amte, der fortgcschrittncn Bildung seines Vaterlandes und dem Bewußtseyn seiner eignen Fähigkeiten entsprach. Eanning gesteht, in Erwiderung auf Hm. Zea's An­ deutung, daß England früher nicht so gehandelt habe, offen Alles ein, was zwischen Großbrittannien und der franzdsischk» Regierung unter einem Direktorium, einem Eonsulat und einem Kaiser Statt gefunden halle.

Er bezieht sich

auf Foxens Eorresponden; im Fahre 1806 mit dem dama­ ligen Minister Talleyrand, und auf die späteren ttnlcrhandlungen 1808 und 1814, welche Napoleons Negierung an­ erkannt,

und

sich nur zerschlagen hallen, weil Spanien

nicht als contrahirende Partei zugelassen werden sollte. Er offenbart die Schmeichelei der spanischen Diplomaten, und zeigt Earl und Ferdinand als Anbeter der kaiserlichen Macht. Er führt an, daß die Wiedereinführung der Bourbons in dem Feldlager der Alliirten mehr als bezweifelt wurde, und sagt dann: „ Das Beispiel

der kehlen Revolution in Frankreich

und der glücklichen Wiedereinführung Ludwigs XVIII. auf seinen Thron, wird von Hrn. Zea zum Beweise des Prin­ cips der Unverjährbarkeit der Rechte eines legitimen Souvcrains, und der Verpflichtung aller fremden Staaten, diese Rechte zu respectiren, angeführt; demzufolge fordert dieser Minister England nun auf konsequent zu handeln, und in seinem Benehmen gegen die neuen Staaten des spanischen Amerika dieselbe Zurückhaltung zu beweisen, dir es auf ein

ihm so viele Ehre machende Weise gegen daS rcvolutionirte Frankreich beobachtet hätte. Aber es ist wohl nöthig, dem Hrn. Zea ins Gedächtniß zurückzurufen, daß alle Mächte Europas, und besonders Spanien als eine der ersten, nicht nur die verschiedenen faetischen Regierungen anerkannt hat­ ten, wodurch die Bourbons des französischen Thrones be­ raubt,

und fünf und zwanzig Jahre hindurch fern davon

gehalten worden waren; sondern daß Spanien auch enge Allianzen mit ihnen, und vor allen mit einer von ihnen geschlossen hatte, welche Hr. Zea mit Recht als eine fakti­ sche Regierung

im strengsten Sinne bezeichnet — mit der

von Buonaparte; gegen den sein ungezügelter Ehrgeiz, keineswcgcs aber das Prineip der Achtung gegen die Rechte legiti­ mer Monarchie, die Mächte Europas bewaffnet hatte. Eö ist unnütz, Thatsachen,

welche die Geschichte schon auf ihre

Blätter gezeichnet hat, einen andern Anstrich geben zu wol­ len; und der Unterzeichnete ist demnach genöthigt hinzuzu­ fügen, daß Großbrittannien eben so wenig, aus Gerechtig­ keit gegen sich selbst,

das Lob, welches Hr. Zea ihm in

dieser Hinsicht ertheilt, annehmen, als cs verlangen kann von der allgemeinen Anklage, mit den Häuptern der fran­ zösischen Revolution unterhandelt zu haben, zu werden.

ausgeschlossen

Es ist wahr, daß im I. 1796 England sich

enthielt, mit dem revolutionaircn Frankreich zu unterhan­ deln, lange nachdem die Machte Europas das Beispiel dazu gegeben

hatten.

Aber

die

Ursache

dieser Ablehnung,

wie sie im Parlament und in mehreren Documenten ange­ geben wurde,

war

die

ungeordnete Lage

der französi­

schen Regierung; und es kann nicht gcläugnct werden, daß Großbrittannien zwei Mal, nemlich 1796 und 1797, Fricdensunterhandlungen mit dem französischen Dircctorium er­ öffnete, die, wenn sie Erfolg gehabt hätten, zu einer An­ erkennung

dieser Regierungsform

geführt haben würden.

465 3m I. 1801 wurde mit dem Konsulat Friede geschloffen; wenn im 3.1806 mit Buonaparte, damaligem Kaiser von Frankreich, nicht wirklich Friede geschloffen wurde, so hatte nur eine einzige Bedingung an dem Abbruch der Unterhandlungen Schuld; und wenn in den Fohren 1808 und 1814 England keinem Friedens-Anträge von Seiten Frank­ reichs Gehör gab, so geschah es nur, weil Buonaparte Spa­ nien nicht als contrahirende Partei bei den Unterhandlun­ gen zulassen wollte. Uebrigens ist nicht zu laugnen, daß selbst 1814 Großbrittannien mit Buonaparte Frieden ge­ schlossen haben würde, wenn er nicht so unmäßig in seinen Forderungen gewesen wäre; und Spanien kann sich nicht verhehlen, daß selbst nach dem Fall Buonapartrs rS noch eine Frage unter den Alliirten gewesen ist, ob eS zweckmä­ ßig wäre, auf den französischen Thron einen Fürsten zu setzen, der kein Bourbon sey. Die Berufung also auf das Benehmen der europäischen Mächte und auf Großbrittan­ nien, mit Bezug auf die französische Revolution, dient nur dazu, an die Anerkennung einer großen Zahl bloß facti« sd^tt Regierungen von Seiten Großbrittanniens zu erin­ nern, welches in dieser Hinsicht freilich länger säumte, als die andern Mächte Europas, und besonders als Spanien, welches ihnen dad Beispiel gab. 3« der Note deS Hrn. Zea befinden sich noch zwei andre Punkte, welche Bemer­ kung verdienen. Hr. Zea sagt: daß der König von Spa­ nien die neuen amerikanischen Staaten nie anerkennen, und daß Se. Majestät nie aufhören werde, gegen seine aufrüh­ rerischen Unterthanen in jenem Weltthrile Gewalt der Waf­ fen zu gebrauchen. Wir haben weder das Rechts nock) den Wunsd), das Verfahren Sr. katholischen Majestät zu hin­ dern; aber diese Erklärung des Hrn. Zea enthält eine vollkommne Rechtfertigung unsers Verfahrens, da eS beweist, daß wir den rechten Augenblick ergriffen haben, um unfern Comiinfli D'»kw. 11.

^0

Verbindungen mit den neuen Staaten eine feste Grundlage zu geben.

Ein längerer Aufschub von unserer Seite hätte

Spanien doch nicht befriedigt oder irgend einen Nutzen ge­ schafft, da Spanien sich gegen jeden Vergleich, unter je­ den Verhältnissen und zu jeder Zeit, entschieden ausgesprochen und erklärt hat, daß es zu einem ewigen Kriege gegen seine alten Eolonicn entschlossen ist." Am Schluffe des folgenden Jahres 1825 zerplatzte die gewaltige Luftblase, die der Geist der Handelsspcculatiorttn aufgetricben

hatte, über den Köpfen der Lausende

von schwindelnden Thoren und Betrogenen.

Es liegt nicht

in unserm Plan, in die Ursachen einzugehen, welche den allgemeinen panischen Schrecken herbeiführten, der in einem Augenblick allen Ercdit zerstörte, und die Nation mit all­ gemeinem Bankerott bedrohte.

Da

man aber versucht

batte, die Regierung in gewissem Maaße als Miturheber der Ealamitat darzustellen,

so

wies Eanning eine solche

Beschuldigung zurück. „Ein achtbarer Gentleman, der zu Anfange der De­ batte gesprochen hat, hat unter einer großen Zahl von Be­ merkungen eine gemacht, die ich nicht ungerügt vorüberge­ hen lassen kann.

Er glaubt, die Minister seyen sehr straf­

bar, daß sie nicht den wilden Epeculationsgeist gezügelt haben, der so viel zu der jetzigen unglücklichen Erisis bei­ getragen,

und daß sic cs an ihrer Pflicht hätten fehlen

lassen, indem sie, als im vorigen Zähre die verschiedenen Plane vorgekommen, nicht zugegen gewesen wären, um ei­ nem jeden eine detaillirte Widerlegung entgegen zu sehen •) Alle Corporation«»!, Handele-Gesellschaften auf Actien rc. müssen vom Parlament sanctionirt seyn, um rechtsgültig zu bestehen. Wenn ich mich nicht sehr irre, so sind in jenem Jahre, a»ßer der großen Zahl von beivilligten Compagnien, unter denen auch eine den Zweck hatte London mit Milch

467 ES scheint mir eine paffende und vernünftige Regel zu seyn, daß diejenigen, deren Pflicht es

fordert

die öffentlichen

Geschäfte des Staates wahrzunehmen, sich jeder thätigen Theilnahme an der Berathung der Maßregeln enthalten, die nur Privat-Interessen angehen. Was mich betrifft, so habe ich mich stets bemüht nach dieser Regel zu handeln. Ich habe nie eine Stimme über irgend ein Privat-Geschäft abgegeben, seitdem ich Minister geworden bin; und ich glaube, alle meine Collrgen im Ministerium haben dieselbe Regel befolgt.

Dieses scheint mir auch der sicherste und

geziemendste Weg zu seyn; denn wenn ich es in einem Falle für verträglich mit meiner Pflicht hielte,

davon ab­

zugehen, so könnte ich mich bewogen fühlen es öfter zu thun, und so könnte sich eine Praxis bilden, die zu man­ chem Verdacht Anlaß geben würde, der, wenn auch eben so ungerecht und ungegründet wie der jetzige, doch unmöglich ganz zu vermeiden wäre.

Ist aber dem Lande von Seiten

der Minister keine Warnung gegeben worden? während des Fiebers, daö

Hat es

sich im vorigen Jahre der Ge­

müther bemächtigt hatte, keine Gelegenheit gegeben, wo sie erklärten, daß sie keinen Heller vorschießen würden, um irgend einer Verlegenheit abzuhelfen, die auS den übertrie­ benen Spekulationen entstehen möchte?

Ich kann es hier

als geschichtliche Thatsache anführen, was sich bei einer früheren Gelegenheit im andern Hause zugetragen hat.

Ei­

ner der Minister Sr. Majestät — ich meine meinen edlen Freund, den Chef des Schatz-Amtes — als Organ jenes DepartementS redend, und zugleich in seiner Eigenschaft als Mitglied drö Ministeriums, ergriff im Anfange deS

zu versorgen, noch die Pläne zu 87 anderweitigen Verbindun­ gen auf Aktien eingereicht werben, denen da« Parlament die Sanktion versagte. Xnm. d. Ueb.



408



vorigen Mär;, nicht fünf Wochen nach der Eröffnung der Sitzungen, und cbe noch eine einige Bitt durchgegangen war, die Gelegenheit, allen denjenigen, welche in diese Spcculationen verwickelt waren,

vorzuhalten, daß sie blind

hinein rennten; daß es das Wesen einer freien Regierung sey, dem Laufe der Privat-Unternehmungen und Industrie kein Hinderniß in den Weg zu legen; daß diejenigen, die sich unbedacht in ausgelassene Sprculationcn einließen, cs auf ihre eigene Gefahr und Verantwortung thaten; und daß es der feste Entschluß der Regierung Sr. Majestät sey, keine Eeldhülfc im Fall der Verlegenheiten, die wahr­ scheinlich daraus entstehen würden, tu bewilligen. So weit die Stimme der Regierung gehört werden konnte, wurde sie im Lande gehört." An andern Abenden ging Canning in die Frage über die eursirendcn Geldsorten ein, und setzte die Details der Wirkungen und der Abweichungen mir einer bewundernswerthen Genauigkeit auseinander.

Obgleich dieser Gcgen-

siand seinem Departement eigentlich ganz fremd war, so behandelte er ihn doch weit richtiger als diejenigen, einen Einzigen ausgenommen, welchen die Pflicht ein Hülfsmit­ tel anzugeben oblag.

Eanning führte in einer seiner Re­

den, wo er sich der Ausgabe sehr kleiner Noten widersetzte, aus einem Briefe von Burke (dem einzigen, den er, wie er sagte, von ihm erhalten hatte) folgende Stelle an: — „Sagen Sie Hrn. Pitt, daß er keine Ein Pfund-Noten ausgeben möge; denn wenn er dab thut, so wird er nie wieder eine Guinee sehen."

„Burke, fuhr unser Held fort,

war ein großer Politiker; dieser Brief zeigt, daß er kein gewöhnlicher Prophet war."

Diese Rede ist zu sehr mit

Berechnungen und Bezugnahmen durchftochtcn, um hier eine Stelle zu finden; aber die Schlußworte lauten folgender­ maßen: „Es war der Wunsch des beliebtesten Monarchen

469 Frankreichs, daß er sehen möchte, daß ein jeder Bauer in seinem Königreiche Sonntags sein Huhn im Topfe habe. Die vorliegende Maßregel wird wenigstens in soweit die­ sen Wunsch hinsichtlich der englischen Bauern realisiren, daß sie ihr Huhn wirklich besitzen, nachdem sie es verdient haben.

Der arme Mann wird wenigstens sicher seyn, daß

er nach Beendigung seiner Wochenarbeit nicht mit einem Stück Papier in der Hand steht, wofür er keinen Werth erhalten kann, sondern daß er den Werth seiner Arbeit, sey

er groß oder gering — die wirkliche Zahlung erhält,

um die er gearbeitet hat." 3n der Debatte, welche im März 1826 über den Negcrhandcl Statt fand, thut es uns leid, den Minister über den Menschen siegen, und die Gespenster des Colonial-In­ teresses den einst beredten Advocatcn der Abschaffung des­ selben schrecken zu sehen. Wir sind mit Pitt der Meinung, daß es der wahre Tod der Gerechtigkeit ist, nur eine Sylbe zur Unterstützung des Handels mit menschlichen Wesen zu sprechen; und wenn der Handel so abscheulich ist, können die unschuldig seyn, die ihren schändlichen Kauf behalten ? Wir lesen also nicht gern eine Sprache, wie die folgende. Wir haben nichts gegen Vergleiche, gegen Schaden-Ersatz, gegen Opfer, aber protestiren gegen jede Stunde des Stufe sebubs.

Die ganze Station muß sich in Bewegung setzen.

Auf jeden Fall laßt Gerechtigkeit geschehen, aber laßt den Menschen, der nach dem Ebcnbilde Gottes geschaffen, und mit seinem ganzen Geschlecht durch die Sympathien einer gemeinsamen Natur verbunden ist, frei seyn.

Es ist die

gröbste Schmähung gegen das Christenthum, zu behaupten, daß, wo es die Macht habe einem llebel abzuhelfen, eS säume sie zu gebrauchen, oder daß das Bekennen desselben in irgend einer Hinsicht mit dem Bestehen einer solchen Sklaverei, wie in Wcsiindicn herrscht, verträglich sey. Das;

470 Christenthum und Sklaverei neben einander bestanden ha­ ben, müssen wir leider zugeben; aber man gebe dem Chri­ stenthum nicht Schuld daran. Wir wundern uns, daß Canning auf Aufschub und vermittelnde Schritte dringen konnte, da ihm seine eignen Argumente für die sofortige Abschaffung dcö Sklavenhandels noch frisch im Gedächtniß seyn mußten, und die Beredsamkeit seines Magnus Apollo ihm noch in die Ohren tönte *). „ Ich kenne, sagt Pitt, die Schwierigkeiten, die es hat, lange bestehende Mißbräuche zu bessern; und ich kenne die Gefahr, die aus den Argu­ menten zu Gunsten eines Aufschubs entsteht, wo man doch die Uebel für zu schrecklich hält, um ertragen werden zu können, sobald man sie als perpetuirliche betrachtet. Aber da­ durch, daß man die Abstellung auf eine spatere Zeit zu verschie­ ben vorschlägt, daß man irgend eine Bedingung vorschreibt, einen Zufall abwarten, oder nicht eher daran gehen will, als bis tausend günstige Umstände zusammentreffen — etwa bis wir die allgemeine Zustimmung Europas erlangen — eine Zustimmung, die, wie ich glaube, noch nie beim An­ fange irgend einer Verbesserung in der Politik oder Moral Statt gefunden hat, dadurch vergeht Jahr über Jahr, und die schrecklichsten Uebel bleiben ungebeffert. Wir sehen hie­ von reichlich die Beispiele nicht nur im öffentlichen, sondern auch im Privatleben. Aehnliche Bemerkungen sind eben so auf persönliche Besserung anwendbar. Wenn wir auf die Straße kommen, so ist die Vermuthung immer dafür, daß der Erste, der uns begegnet. Einer ist, „vivendi recte qui prorogat lioiam.'” **) Wir können warten, wir können zögern über den Strom vor unS zu gehen, bis er abge*) Hier handelte es sich aber nicht um Abschaffung des Handel«, sondern um Freilassung der Sklaven. Anrn.d.Ueb. ♦♦) Der uns di« Stunde brr Besserung aufschieben läßt.

471 faustn ist, aber wir können twig warten, denn der Strom wird immerfort stießen, ohne je leer zu werden *). Wir werden dem Gegenstände, den wir zu bezwecken erklären, nicht näher kommen, so lange wir den einzigen Schritt nicht ergreifen, der uns dazu bringen kann. Bis das wirkliche, das einzige Mittel nicht ergriffen wird, dürfen wir uns weder schmeicheln, daß wir das Uebel, welches wir zu beklagen vorgeben, recht zu Herzen genommen, noch das; wir irgend eine gegründete Aussicht haben, rS effektiv zu beendigen." So lautete PittS Aufforderung an das Haus zu Gunsten sofortiger Abschaffung. Wir haben lange genug gelebt um zu wissen, daß ohne Freilaffung Abschaf­ fung nur ein Name bleiben wird. So lange es Sklaven giebt, wird es aus) einen Handel geben, der sich nach dem Bedürfniß des Marktes richtet. Wir wollen jetzt Canning hören. Brougham war für Emancipation, selbst durch Zwangsmaßregcln. Laiming erwiederte darauf: „Durch die Beschlüffe von 1822 verpstichtetr sich daS Parlament bei einem Systeme, nicht der Gewalt, sondern der Permittlung zu bleiben, es sey denn, daß sich ein sol­ cher Geist deö Widerstandes und der Hartnäckigkeit zeigte, wie, wie ich hoffe, nicht der Fall seyn wird. Der acht­ bare Gentleman scheint nun die ganze Last der gewünsch­ ten Veränderung diesem Lande aufbürden, und die Mög­ lichkeit einer Mitwirkung von Seiten der Colonisten ganz abschneiden zu wollen. Die Frage ist nicht, wie weit die vorgeschlagene Maßregel iu abstracto recht, sondern wie weit sie unter bestehenden Verhältnissen gerecht und zweck­ mäßig sey; und wenn jetzt Jemand bei dem einzigen Lehr•) üusticus expvUat dum dtfluat aomis, at ille Labituv et labelui* in orunc volubilis aevum.

Anm. d. Orig.

Ilo,.

472 sah stehen bleiben — und die einzelne Frage erörtern wollte — wiefern kann ein Mensch des Andern Eigenthum seyn? und behaupten, daß diese- genüge — so antworte ich ihm, daß, wie sicher er sich auch in seinem abstrakten Satze halten mag, er doch weder wie ein Mitglied des brittischrn Parlament-, noch wie ein Mitglied einer großen und eivilisirten Gesellschaft raisonnirt.

So unangenehm es mit

auch ist gezwungen zu seyn, auf Reden und Meinungen, die ich früher in diesem Hause ausgesprochen habe, Bezug zu nehmen, so liegt es mir doch ob, daß

ich einen Ein­

druck zu verlöschen suche, der leicht sonst bei den Anwe­ senden durch

eine nicht ganz richtige Aeußerung entstehen

könnte, die dem achtbaren und gelehrten Mitgkicde gegen­ über entfallen ist.

Allerdings habe ich in

einer früheren

Debatte über den vorliegenden Gegenstand gesagt: „daß der Geist der brittischrn Verfassung der Sklaverei unter je­ der Modifikation nothwendig widerstrebe."

Ohne Zweifel

habe ich diese Worte ausgesprochen; aber ist eS recht, sie ohne Bezugnahme auf die Erklärung, die sogleich darauf folgte, anzuführen: „daß die briltische Regierung seit Zäh­ ren ein Colonial-System autorisirt und selbst begünstigt habe, in welchem Sklaverei, wie Jedermann wisse, einen nothwendigen Bestandtheil bilde."

Denn in welcher Blind­

heit des Verstandes, durch welche unreife Ansicht es auch geschehen seyn mag, es bleibt eine unlaugbare Thatsache, daß dieses Land, mit aller Freiheit seiner gerühmten Ver­ fassung, in seinen Colonien ein System wirklich begünstigt — wirklich gegründet habe, — zu dessen Aufrcchthaltung nicht bloß das Bestehen der Sklaverei, sondern auch ein steter Zufluß — ein fortströmendcr schwarzer stygischer Fluß — durchaus nothwendig war." „Es ist mir nicht möglich, den Satz ganz unbedingt als wahr anzunehmen, daß Sklaverei mit dem Geiste der

473

brittifdjm Verfassung durchaus unverträglich sey, wenn ich sehe, daß gerade in den glänzendsten Epochen dieser freien Verfassung ein System der Sklaverei nicht nur tolerirt und vertheidigt, sondern sogar aufgestellt worden ist. Eben so wenig kann ich einer ähnlichen Behauptung, daß Sklave­ rei nicht von Bekennern der christlichen Religion geduldet werden könne, unbedingt beistimmen; denn wenn das der Fall ist, so haben wir nicht nur ein schweres Verbrechen begangen, sondern eS liegt auch noch in den jetzigen Maß­ regeln ein Verbrechen. Wenn jene Behauptung unbedingt wahr wäre, so hätte ein christliches Land wie England leine Wahl. Wir müßten dem Systeme, über das wir jetzt debattiren, mit Einem Schlage ein Ende machen. Wir dürsten über solche Abscheulichkeit nicht reden, sondern müß­ ten fit auf der Stelle vernichten. Aber was wir auch empfinden und wünschen mögen, es ist unmöglich nur ei­ nen Augenblick zu behaupten, daß Sklaverei und die christ­ liche Religion nicht neben einander bestehen können. Sie bestehen neben einander, — sie haben vom ersten Aufdäm­ mern des Christenthums — sie haben bis auf den jetzigen Augenblick neben einander bestanden. Der Geist jener Re­ ligion — der Geist deS Christenthums — ist: den Stolzen zu demüthigen, den Niedrigen zu trösten; aber er thut das nicht durch plötzliche Veränderungen — durch die Vernich­ tung bestehender Systeme — durch gefährliche und blutige Umwälzungen. Er steigt zu jedem Kaiserthrone hinan — er vermag dem armen Gefangenen in seiner Zelle Trost zu bringen — aber er ist gepredigt worden, wenn gleich sein Bestehen mit Sklaverei unverträglich war, er ist in den Straßen des alten Roms gepredigt worden, zu einer Zeit, wo das servi crudantur der gewöhnliche Prozeß auf dem Forum war. So sehr Sklaverei auch der christlichen Re­ ligion wie dem Geist der brittischen Verfassung widerstrebt,

4/4 so haben doch brittische Parlamente Jahre lang dazu bei­ getragen, dasselbe System zu begünstigen

und aufrecht zu

halten, auf welches die besseren Gefühle dieser Versamm­ lung jetzt mit Abscheu blicken.

Was sollen wir mit einem

solchen Systeme anfangen? lassen ? Nein.

Sollen wir

es fortdauern

Aber wenn wir Alle, wenn das ganze Land

in die Schuld verwickelt gewesen sind,

und die Vortheile

mitgenosscn haben, so können wir uns jetzt nicht gegen ei­ nen Theil kehren und sagen: „Ihr allein sollt für das Verbrechen büßen."

»

*

*

Lanning sagte, der Unterschied zwischen seiner Ansicht und der der Herren Brougham und Denman bestehe nur in der Form und Methode. sind wir meist einig.

„Im Princip, fuhr er fort,

Es giebt Leute, die immer sogleich

jede Gefahr laufen wollen, um nur mit Einem Male zu ihrem Zwecke zu kommen;

Andere, und zu diesen gehöre

ich, die sich lieber einen kleinen Aufschub gefallen lassen, um mit Sicherheit dahin zu gelangen." Im Herbste dieses Jahres besuchte Eanning Paris. Er wurde von allen Standen Aufmerksamkeit empfangen.

mit der ausgezeichnetsten

Die Hof-Etikette wurde zu

seinen Gunsten aufgehoben, und ein Plebejer, um uns des Ausdrucks eines Pariser Blattes zu bedienen, der keinen andern Titel hatte, als daß er ein großer Redner, ein ge­ schickter Staatsmann, und ein beredter Verkündiger der bürgerlichen, commerciellen und religiösen Freiheit war, hatte die Ehre an des Königs Tafel zu sitzen. gen, sagt jenes Blatt, frühstückte

„Diesen Mor­

Hr. Canning in St.

O.uen, bei einem unserer ersten Manufaeturisten; und die­ sen Abend hatte er die Ehre, in den Tuillcrien mit dem König

und

der

königliche» Familie zu speisen."

Hane

Eanning einen politischen Zweck bei seiner Reise nach Pa-

475 r s?

Der Tractat mit Frankreich und Rußland, und die

Ereignisse bei Navarino scheinen einiges Licht auf das Gebcimniß zu werfen, das damals den Politikern beider Lan­ der so viel zu schaffen machte. Der Krieg, den das englische Ministerium so sorgfäl­ tig zu vermeiden suchte, schien sich am Schluffe dieses Iahrrö in drohenden Wolken über England und Europa her­ aufzuziehen.

Ferdinand beging zu offenbar Feindseligkeiten

gegen Portugal, als werden konnten.

daß seine Absichten noch bezweifelt

Dieser Zustand der Angelegenheiten be­

wog Ce. Majestät am Ilten December zu einer Botschaft an das Hauö, worin Er erklärte, eine dringende Aufforde­ rung von Seiten der Prinzeffin-Regentin von Portugal er­ halten zu haben, in welcher sie, kraft der alten Verpflich­ tungen der Bündnisse und Freundschaft, welche zwischen Se. Majestät und der Krone von Portugal beständen, Sr. Majestät Beistand gegen einen feindlichen Angriff von Sei­ ten Spaniens forderte. Wir werden Cannings Rede, wie er sie wirklich ge­ halten hat, hier aufnehmen.

Die Sonne, die so bald und

so plötzlich untergehen sollte, stand jetzt auf ihrer Mittags­ höhe, und wir müssen in dem Augenblick von ihr scheiden, wo sie in ihrer ganzen Kraft und Majestät strahlte. Nachdem dir Tagesordnung verlesen war, stand Canning auf und sprach folgendermaßen: „Sir — wenn ich dem Hause der Gemeinen vorschlage, Sr. Majestät für die allergnädigste Botschaft in Betreff der bestehenden Verhältnisse zwischen Großbrittannien und Portugal, und der jetzigen Lage dieses letzteren Landes zu danken; wenn ich eS auffordere, auf diese Mittheilung in Ausdrücken zu antworten, die eigentlich nur einen Wider­ hall der in der königlichen Botschaft ausgesprochenen Ge­ sinnungen enthalten, und eben so den Erwartungen der

470 Minist« Sr. Majestät entsprechen — wenn ich dieses thue, Sir, so muß ich doch zugleich fühlen, daß, wie zuversicht­ lich ich auch von der Gerechtigkeit unserer Sache überzeugt bin, und von der offenbaren Politik, die eS uns ziemt, in Uebereinstimmung mit der, die Sr. Majestät Botschaft an­ empfiehlt, zu ergreifen, — daß es dennoch, Eir, einem brittischen Minister wohl anstehe, wenn er einem brittischcn Hause der Gemeinen einen Schritt anempfiehlt, der dieses Land den Gefahren drucks

des Krieges aussetzt, sich des Aus­

des Bedauerns und Leidwesens,

daß eine solche

Nothwendigkeit eingetreten sey, zu bedienen. (Hört!) Eir, ich gebe dem Hause die Versicherung, daß in diesem Au­ genblick in seinen Mauern kein Verein von Männern, der mehr als Sr. Majestät Minister — daß kein Individuum sich darin befinde, welches mehr als derjenige, der jetzt die Ehre hat zu Ihnen zu reden — von der großen und we­ sentlichen Wichtigkeit überzeugt sey, diesem Lande ungestört Frieden und Nuhc zu erhalten. (Lauter Beifall) gebe ich zu.

Dieses

Und in der 2hat, ich bin von der Wahrheit

dieses Umstandes so fest überzeugt, und das auS Gründen, die ich mir die Freiheit nehmen werde dem Haufe mitzu­ theilen, ehe ich mich niedersetze, daß ich gern gestehe, daß keine Frage,

wo von einem zweifelhaften Erfolg die Ncde

seyn kann — keine Betrachtung eines bloß augenblicklichen Vortheils — und, Sir, ich will weiter gehen, daß keine Befürchtung einer entfernteren, beiläufigen Gefahr entstehen könnte, die ich nicht lausend Mal lieber ganz übergehen oder wenigstens verschieben würde, als einer Maßregel bei­ stimmen, wodurch die Regierung dieses Landes sich den Folgen eines Krieges aussetzte.

Aber, Sir, cs giebt Falle,

welche das Ergreifen eines solchen Weges nicht nur ehren­ voll und wohlthätig, sondern auch nothwendig und unvccmcidlich machen (hört!), und eben so überzeugt bin iw, das;

4 77 der gegenwärtige Fall ein solcher ist; jenige,

wonach

ich fühle, daß das­

in den schönsten Zeiten unserer Geschichte

gehandelt worden ist — was unsere größten Staatsmän­ ner gepredigt haben — waS stets den Beistand

und die

Zustimmung der englischen Parlamente erhalten hat: Hal­ ten der National-Treue, Achtung vor National-Ehre war. (Beifall)

Es giebt &roei Falle, die unter Verhältnissen kei­

nerlei Art durch Nachgeben erledigt werden können — das ist die Sache der National-Treue und dir Sache der Na­ tional - Ehre. (Hört!)

Sir, wenn ich die vorliegende Frage

nicht als durchaus in diesen Fällen begriffen betrachtete — wenn ich nicht aufs innigste überzeugt wäre, daß die Na­ tional-Treue wie die National-Ehre hier auf gleiche Weise betheiligt seyen — so würde ich es nicht wagen, wie jetzt, zu dem Hause

der Gemeinen in dem vollen und unbe­

schrankten Vertrauen zu reden, das fast zur Ueberzeugung wird, daß

die

allcrgnädigste Botschaft Sr. Majestät die

Aufnahme, die Se. Majestät erwarten, finden werde. dieser Voraussetzung sey es mir erlaubt,

3n

zuerst zu einer

einfachen Darlegung und Uebersicht der faktischen Verhält­ nisse überzugehen, um besser im Stande zu seyn, den Fall in der kürzesten und klarsten Form, die ich erdenken kann und deren der Gegenstand fähig ist, Beurtheilung vorzulegen.

dem Parlament zur

Ehe ich in die Betrachtung von

Nebenumständen irgend einer Art, die mit dem Gegenstände zusammenhängen, eingehe, werde ich kürzlich daS Sachverhältniß angeben, das sich mir in eine Frage des Völker­ rechts und in eine

thatsächliche Frage aufzulösen scheint.

Was nun auf der einen Seite die Thatsache betrifft, die jetzt dem Parlamente zur Erwägung vorliegt, wie sie vor­ gängig der Beachtung

der Regierung unterlegen hat, so

ist eS nach meiner Meinung, Sir, unmöglich, diese That­ sache in einem andern Lichte zu betrachten, als worin sie

478 den Ministern erschienen ist; und eben so halte ich es für unmöglich, daß das Parlament und die Regierung bei die­ ser Ansicht der Sache zu einem andern Beschlusse, als dem in Sr. Majestät Botschaft angedeuteten,

kommen können.

Unter den verschiedenen Allianz» und Freundschafts - Ver­ hältnissen, welche dieses Land zu verschiedenen Zeiten mit andern Nationen Europas angeknüpft hat, existiren keine Traktate so alten Ursprunges — so beständig in ihrer Dauer — und ich kann wohl sagen, so genau in den Verpflich­ tungen, die sie beiden Ländern auferlegen, und so innig verwebt mit der Politik, welche Großbrittannien in seinen» Verkehr mit andern Völkern sich zur Richtschnur genom­ men hat, als die Freundschafts- und Allianz - Traktate, welche zwischen diesem Lande und Portugal bestehen.

Sir,

man wird es mir verzeihen, wenn ich das Haus darauf aufmerksam macht, daß unsere älteste Geschichte schon Er­ wähnung von Traktaten der Allianz, Freundschaft und Ge­ währleistung thut, welche zwiscl en dem Könige von Groß­ brittannien und Sr. Portugiesischen Majestät bestanden ha­ ben,

und ich darf wohl hinzufügen, daß es immer die

glänzendsten Perioden unserer Geschichte sind, in denen sie vorkommen.

Das gute Vernehmen, das so zwischen den

beiden Ländern entstand, hat früh angefangen und lange fortgedauert. Es hat eine Menge widerstreitender Interessen und Verhältnisse überlebt, die im Laufe der Begebenheiten natürlich sind.

und

unvermeidlich von Zeit zu Zeit entstanden

Es war zu einer viel älteren Epoche als die, auf

welche ich sogleich kommen werde, als das gute Einverständniß,

das

schon

vorher zwischen den beiden Staaten

obwaltete, bei der Thronbesteigung der jetzigen portugiesi­ schen Dynastie

neue üraft erhielt.

Von der Periode an,

wo das Haus Braganza auf dem portugiesischen Throne saß, haben freundschaftliche Verhältnisse zwischen dieser Dy-

479 nafti'e und dcr in diesem Lande regierenden bestanden — Verhältnisse, die ohne Unterbrechung fortgedauert haben, und mit Aufrichtigkeit, gewiss von beiden Seiten, erneuert worden sind.

Sie wurden festgehalten zu einer Zeit, wo

die Treue anderer Bündnisse erschüttert war; sie wurden bewährt in jenen Gefilden

des Blutes und des Ruhmes,

die mit die glänzendsten Blatter der englischen Geschichte bilden.

(Hört! hört!)

Sir, diesem Bündnisse sind wir

immer gewissenhaft treu geblieben.

Zuweilen, das gestehe

ich, haben wir es lästig gefunden, den Tractat zu beobach­ ten — das ist keine Frage; und Viele mag eS gegeben haben, die wünschten, wir möchten ihn abschütteln, und uns von der Beschwerde ihn zu halten, losmachen; aber ein Gefühl der National-Ehre, und etwas, was mir er­ laubt sey ein Gefühl der National-Sympathie zu nennen, verbunden mit einem gemeinsamen Interesse und einer mit der jenes Landes identischen Sache, haben England ver­ mocht zu beharren,

ohne sich durch die Schwierigkeiten

schrecken zu lassen, die eine Fortdauer der zwischen Portu­ gal und uns bestehenden Verbindung

begleiten

mußten.

Sir, ich sehe ein, daß die Rücksichten, auf die ich eben speciellen Bezug genommen habe, den Fall zu eng und be­ schrankt darstellen.

Nicht nur in lange vergangenen Zeiten

und in Traktaten, welche durch die Zeit und den Lauf der Ereignisse jetzt beseitigt sind, zeigen sich Spuren des Ver­ hältnisses, in welchem Portugal mit Bezug auf Großbrit­ tannien

betrachtet wird;

auch in dem letzten Vertrage,

welcher zwischen den 'Nationen des modernen Europa ab­ geschlossen worden ist, und welcher jetzt das Normal-Gesetz für die civilisirte Welt bildet, ich meine den Wiener Ver­ trag, wurde ein ähnliches Verfahren in dem Tractat zwi­ schen Portugal und diesem Lande beobachtet.

Damals,

Sir, kannte Großbrittannien sehr wohl alle die Nachtheile,

480 die einige Individuen so gern aus unserer Verbindung mit Portugal herleiten wollten; aber wir sahen auch den Ruhm, und ich will hinzufügen, den Vortheil ein, der aus dieser Verbindung zu ziehen war, und wir erneuerten unsere Ver­ pflichtung, Portugal auch in Zukunft zu unterstützen und aufrecht zu erhalten, in so ausdrücklichen

und bindenden

Worten, daß dadurch das gegenwärtige Verfahren vollkom­ men begründet erscheint.

Zch werde mit erlauben, dem

Hause die Worte des Traktates vorzulesen, ehe ich es auf­ fordere für einen Beschluß zu stimmen,

mit dessen Vor­

schlagt ich zu enden denke. Der dritte Artikel des zwischen Großbrittannien und Portugal am 22stm Februar 1815 geschloffenen Tractates lautet dahin, daß „der Allianztractat, der zwischen Sr. briltischen Majestät und dem Könige von Portugal geschlossen worden, auf Umstände gegründet sey, die glücklicher Weise nicht mehr bestehen, weshalb die Be­ stimmungen dieses Tractates für alle bethciligte Parteien als null und nichtig betrachtet werden sollen, jedoch ohne Präjudiz für die alten Traktate der Allianz, Freundschaft und Gewährleistung, die so lange und so glücklich zwischen beiden Ländern bestanden haben: welche Tractate hiemit durch die hohen contrahirendcn Parteien erneuert und an­ erkannt werden, als in voller Kraft und Wirkung blei­ bend."

Damit das Haus vollständiger die Wirkungen,

die aus dem verliehenen Tractate entstehen müssen, einzu­ sehen und richtiger zu beurtheilen vermöge, sey es mir er­ laubt, die vorhergehenden Verhältnisse von Portugal und die Lage der regierenden Familie in jenem Lande dazustel­ len.

Fm 3. 1807, als nach der Erklärung BuonaparteS

das Hau- Draganza aufgehört hatte zu regieren,

schiffte

sich der König von Portugal auf den Rath der briltischen Regierung nach Brasilien ein, Sih seiner Monarchie.

und begründete dort den

Dieser Schritt geschah in Folge einer

481 einer geheimen Convention, die zwischen diesem Lande und Portugal dahin abgeschlossen war, daß, so lange da- HauBraganza in jenem Theile feiner Besitzungen verbleibe, oder im Fall seiner Rückkehr, 6t. brittische Majestät nie eine andre Dynastie auf dem Thron« von Portugal anerkennm würde, alS die Familie Braganja.

Ich darf wohl bemer­

ken, daß diese Convention sehr zu der Förderung der Maß­ regeln beigetragen hat, durch welche diese Familie der Macht BuonaparteS entrückt, und damit da- Uebergewicht debrittischrn Interesse- in der Halbinsel

begründet

wurde.

Nachdem dem König von Portugal sein Thron gesichert war, hörte der Artikel auf rin geheimer zu seyn;

durch

den Tractat von 1610 wurde er Theil des Völkerrechte-, und blieb eS bis zu dem Tractat von Wien.

Ganz Eu­

ropa war davon unterrichtet, daß wir entschlossen waren keinen Souverain in Portugal anzuerkennen, al- ein Mit­ glied de- Hause- Braganza

Aber dieser Entschluß hatte

lediglich in der Voraussetzung seinen Grund, daß der Souverain zu einem unfreiwilligen Aufenthalte in Brasilien ge­ zwungen sey.

Weiter hinaus war er nicht bindend für

unö, da von dem Augenblick an, wo der Grund der Ver­ bindlichkeit aufhörte, auch der Tractat wegfiel.

ES ereig­

nete sich in Folge des glücklichen Ausgange- des Kriege-, daß Cr. Majestät die Wahl frei stand zurückzukehren, und die frühere Verbindlichkeit aufhörte,

da die gezwungene

Trennung von Portugal nicht länger fortdauerte; daß wir mithin nur solche Verbindlichkeiten noch zu erfüllen hätten, alS die bestehenden Traktate unS anderweitig auferlegten. Der König von Portugal kam in den Besitz feiner euro­ päischen Herrschaften, der Grund unserer früheren Verpfiichtungen hörte soweit auf, rin Ende. ein, di« ich

und der Tractat hatte in sofera

Aber hienach trat eine andere Verbindlichkeit dem Hause so eben verlesen habe.

Cmmluel Stufn'. 1L

31

Dieser

482 Traktat war ohne alles Präjudiz für dir andern älteren FreundschaftS- und Allianz-Traetatr aufgehoben; Traktate, die so langt und so glücklich zwischen den Kronen von Portugal und Großbrittannien bestanden hatten, die in ei­ ner grwiffrn Ausdehnung von den hohen contrahirenden Parteien erneuert worden waren,

und bis auf den heuti­

gen Tag in voller Kraft fortbestanden.

Ich muß noch

anführen, daß, wenn auch alle Traktate, auf welche dieser Artikel sich bezieht,

durch irgend eine Naturerschütlerung

oder irgend einen andern Zufall einer gänzlichen Vergessen­ heit überliefert würden, ich doch Großbrittannien als mo­ ralisch verpflichtet betrachte, seine Verbindlichkeiten zu erfül­ ln — (hört! hörthört!) — und daß es im Fall der Noth verpflichtet seyn würde und verpflichtet ist, zur Ver­ theidigung Portugals thätig zu seyn fen: hdrt! hört!)

(Fortwährendes Ru­

Aber glücklicherweise ist das nicht der

Fall; alle früheren Tractate sind noch vorhanden — sic sind der ganzen civilisirten Welt vollkommen

bekannt —

sic

sind für die ganze Welt leicht zugänglich — Spanien, alle Staaten des Festlandes von Europa kennen sie — es sind ihrer so viele und datz Ergebniß des Ganzen ist so klar, daß

ich nur einen oder zwei von ihnen aussuchen will,

um die Natur unserer Verbindlichkeiten gegen unsern alten Freund und Alliirten, Portugal, zu zeigen. Der erste, den ich anführen will, ist der von 1606, der bei Gelegenheit der Verbindung Karls des Zweiten mit der Infantin von Portugal geschloffen wurde.

Hierin heißt es, nachdem der

Uebcrgabe von Bombay, Langer und anderer Platze Er­ wähnung gethan, von denen einige noch in den Händen der Regierung sich befinden,

der sie ausgeliefert wurden,

andere nicht, daß der König von Großbrittannien, in Be­ tracht dieser ihm so vortheilhaften Bewilligungen, nach dem Rathe und unter Zustimmung seines Geheimen Rathes di

483 Vertheidigung Portugals auf sich nehmen, daß er ihm zur See und zu Lande beistrhen und «S vertheidigen wolle, mit seiner ganzen Macht und in aller und jeder Hinsicht, wie er England selbst vertheidigen würde. 3n diesem Tractat wurde ferner stipulirt, daß er, im Fallt der Noth oder ei­ nes fremden Angriffs, auf seine eigenen Kosten zwei Re­ gimenter Reiterei zu fünfhundert Mann, und zwei Regi­ menter Fußvolk, ein jedes zu tausend Mann, hinüber sen­ den wolle. Es waren noch andre Bestimmungen ähnli­ chen Inhalts darin, auf die ich jetzt nicht nöthig habe näher einzugehen. Der nächste Tractat, auf den ich das Hauaufmerksam machen will, ist der von 1703; dieses war ein dreifacher, zwischen den General-Staaten von Holland, Großbrittannien und Portugal; er war auch gleichzeitig mit dem berühmten Handelö-Traetat von Mathuen, dessen Bestimmungen noch in voller Kraft bestehen. 3n dem zweiten Artikel de- Traktates von 1703 wurde festgesetzt, daß, wenn zu irgend einer Zeit die Könige von Spanien oder Frankreich, beide oder Einer von ihnen, mit Portugal Krieg anfangen, oder Grund zum Verdacht geben sollten, daß sie, vereint oder einzeln, die Absicht hätten, gegen Portugal oder feine überseeischen Besitzungen Krieg anzu­ fangen, daß alsdann Ihre Majestät *) Ihre Vermittlung anbieten sollte, um diese Mächte zu bewegen vom Kriege abzustehen; im Fall aber diese Vermittlung fruchtlos bliebe, und wirklich Krieg gegen Portugal eröffnet wäre, so er­ klären die oben genannten Mächte, daß sie Krieg gegen die Könige von Spanien oder Frankreich, beide oder Einen von ihnen, erklären, und daß sie, so lange feindlich gegen Portugal verfahren würde, zwölf tausend Mann, vollstän­ dig bewaffnet und ausgerüstet, stellen, und sie dahin fen*) DU Königin Anna.

484 >nt würden, wo man ihre Gegenwart für nöthig erachtete. Aus diesen Artikeln wird das Haus

die Natur, wenn

nicht die Ausdehnung unserer Verpflichtungen gegen unsere Allürten ersehen.

Ich will gern zugeben, daß man fragen

sonn, ob diese Traktate nicht durch Zeit und Umstande von ihrer Kraft verloren haben können; oder warum, wenn Sine Partei sich der Verbindlichkeit entzogen habe, ich will einmal annehmen Holland, die andre noch als gebunden betrachtet werden solle?

Man könnte sagen, die Sprahe

dieser Traktate sey so unbedacht und verschwenderisch, daß sie nur der Gutmüthigkeit ihren Ursprung verdanken könne, Und daß rS unnatürlich sey zu glauben, daß eine Nation sich verpflichten würde, eine andere wir sich selbst zu ver­ theidigen.

Man könnte sagen, es liege etwa- so übertrie­

benes in diesen Traktaten, als ob man nie die Absicht ge­ habt

habe sie zu erfüllen.

Aber gerade in Betreff dieses

Traktate- von 1703, selbst wenn ich aus diesen allein süßte, selbst wenn sich die Verhältnisse zu Holland, selbst wenn dessen Ansichten und Verpflichtungen sich geändert hätten oder veraltet wären, brauche ich doch nicht zu fragen, ob England, dessen Regierung und Ansichten sich nicht geän­ dert haben, jetzt verpflichtet sey, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen oder nicht?

Dieses ist nicht der Augenblick es zu

thun, selbst wenn ich zugeben wollte, daß man eine solche Frage hätte aufstellen können.

Gab es Einwendungen, so

hättm sie auf dem Congreß zu Wien geltend gemacht wer­ den müssen,

wo der ganzen Welt unser Verhältniß zu

Portugal offen vorlag; wo wir die Fortdauer unserer so lange bestehendm Traktate der Freundschaft und Allianz aussprachen, und wo sie als in voller Kraft bestehend an­ erkannt wurden.

Das war die Zeit Einwendungen zu ma­

chen, wenn man Einwendungen für nöthig hielt; »nd nicht so sehr nach den spekieüen Artikeln der Traktate von 1061

485 und 1703 haben wir gehandelt und fahren wir fort zu handeln, als vielmehr nach dem allgemeinen Grift der auf dem Wiener Congreß geltend gemachten und anerkannten Traktate.

Ich sage, Portugal hat alS ein Alliirter da-

Necht, von Großbrittannien Beistand zu verlangen, und eS aufzufordern, dir Integrität feines Gebietes vertheidigen zu helfen. So liegt die Sache hinsichtlich unserer moralischen und politischen Berpstichtungen gegen Portugal, und ich schäme mich nicht zu sagen — ich habe ein Recht zu ft»gen — daß, wenn Portugal, in der Furcht vor einem herannahenden Sturm, sich an unS um Beistand rvendet, wir, obgleich wir unS

nicht bedenken ihn zu gewähren,

sobald der casus foederis eingetreten ist, doch verpflichtet waren zu warten, biö wir unS dieses ThatumstandeS hin­ länglich versichert hatten.

Mochte Aufschub oder Hinder­

niß eintreten, eS war nicht sowohl daS Bestehen einer an­ erkannten Verpflichtung, als der Umstand, daß die That­ sache wirklich eingetreten sey, was daS Verlangen nach unserm Beistände

rechtfertigte.

Hier sey eS mir erlaubt,

beiläufig einen Borwurf der Verzögerung zu widerlegen, den man der Regierung in dieser so wichtigen Angelegen­ heit gemacht hat.

Ich kann dem Hause in wenigen Wor­

ten zeigen, daß dieser Vorwurf auch keinen Schatten von Grund hat. Erst am Sonntag, den 3ten Dreember, er­ hielt ich vom portguiesischen Gesandten die direrte und förmliche Anforderung um Beistand von diesem Lande. Es ist wahr, schon lange vorher waren unbestimmte Gerüchte in Umlauf — Gerüchte, die über Madrid, wo Altes ver­ zerrt wurde, durch die französische Presse zu uns gelangten, die wiederum Alles entstellte und umkehrte,

wie es den

Partei-Endzwecken am besten zusagte: ober vor dem 8tcn December hatten wir keinen vollständigen Bericht erhalten, auf den allein wir

eine Mittheilung an das Parlament

486

stüLen fonnttn. Einen solchen genauen Bericht, nach wel­ chem wir verfahren konnten, erhielten wir erst am vorigen Freitage. Am Sonnabend wurde der Beschluß der Regie­ rung gefaßt — am Sonntage erhielten wir die Sanction Sr. Majestät — am Montage kamen wir damit zu dem Parlament — und in diesem Augenblick, wo ich die Ehre habe jum Hause zu reden, sind schon brittische Truppen auf dem Marsche nach Portugal. (Beifall) Ich hoffe da« her, daß man uni nicht mit Recht eines ungebührlichen ZögernS anklagen kann; aber wenn wir auf der einen Seite einsahen, daß der Anspruch Portugals so deutlich war, unsere Verpflichtung ihm beizustehen so bindend, und die möglichen Folgen einer Einmischung so ausgedehnt, so war es unsere Pflicht nicht, jedem bloßen Hörensagen oder Gerücht zu trauen; sondern, während wir die Vollgültigkeit unsrer Verpflichtung anerkannten, mußten wir auch erst eine vollständige Kenntniß der Thatsachen haben, ehe wir einen Schritt thaten, dessen Folgen kein Mensch genau ju berechnen vermochte. Erzählungen und Gerüchte über Angriffe von Spanien gegen unsern Alliirten, waren, wie ich eben ge­ sagt habe, lange in Umlauf; aber diese kamen uns nur auf solchen Wegen zu, daß dadurch kein Mensch von gesunden Sinnen veranlaßt werden konnte, ernstlicher zu verfahren. An dem einen Ort, zu Madrid, wurden sie verbreitet um zu täuschen; an andern, um zu verhehlen; und da sie durch französische Zeitungen zu uns gelangten, so konnten, wie ich sage, Gerüchte, die aui solchen Quellen herrührten, bei der hiesigen Regierung keinen Glauben finden, und wir warteten daher auf authentische Thatsachen, um mit einem Bericht« vor das Parlament zu treten, den wir wahr nen­ nen konnten. Wenn in früheren Zeiten das Parlament aufgefordert wurde, Portugal Beistand zu leisten, so befand sich die ordentliche, verfassungsmäßige Gewalt dieser Mo-

487 narchie bei dem Könige: das Bezeugen seines Wunsches, daS

AuSsprechen seiner Bitte, daS Geltrndmachen seine»

persönlichen Forderung um Beistand wäre hinlänglich ge­ wesen; aber sobald mir die Nachricht wurde, daß die Sa­ chen sich geändert hätten, daß die Verfassung modificirt wäre, so wurde es auch meine Psticht mich zu erkundigen, erstens, ob die portugiesische Verfassung die Forderung gut hieße; sodann, ob die Autoritäten, welche sie geltend moch­ ten, dazu kompetent wären, und ob die Kammern ihre Zu­ stimmung zu einer solchen Aufnahme unserer Truppen ge­ geben hätten,

wie sie für die Truppen einek alten und

treuen Alliirten erwartet werden mußte.

Wir waren ver-

pstichtet dafür zu sorgen, daß, ehe ein einziger Soldat England verließe oder seinen Fuß an die Küste Portugals setzte, die Einwilligung der vollziehenden — üderhaupt al­ ler geeigneten Autoritäten — gegeben wäre; und es sey mir hier wiederum erlaubt, in Bezug auf den Borwurf der Zögerung, den man versucht hat den Ministern zu ma­ chen, zu bemerken, daß ich die Zustimmung der zu Lissa­ bon versammelten Kammern erst diesen Morgen erhalten habe.

Weit entfernt also, daß irgend ein Vorwurf der

Zögerung mit Recht gegen uns vorgebracht werden könnte, kann ich dreist behaupten, daß, wenn wir schneller gegan­ gen waren, wir übereilt gehandelt haben würden, und daß wir jede Vorsicht anwenden mußten, ehe wir dieses Land in ein Verfahren verwickelten, das sich als unnütz ergeben, oder unsere Truppen einer unangenehmen Aufnahme in Por­ tugal aussehen könnte.

Der Bericht,

den ich über die

Verhandlungen der Kammern zu Lissabon heute empfangen habe, ist in einer Depesche von Sir W. A'Eourt, datirl vom Lösten November, enthalten.

Sic berichtet, daß, am

Tage nach Ankunft der Nachricht von dem Einfalle der Re­ bellen, die Minister eine Ausdehnung der vollziehenden Gr-

498 walt, eine Vermehrung der Truppen und die Erlaubniß verlangt hätten, fremden Beistand zur Hülfe zu rufen. Die versammelten Deputirten

stimmten der Forderung durch

Acelamation bei; ein ähnlicher Geist herrschte auch in der andern Kammer; die Mitglieder erhoben stch insgesammt von ihren Sitzen, und viele von ihnen boten ihren persdnlichen Beistand in der Sache des Vaterlandes an.

Der

Herzog von Eadrval, ihr Präsident, war der Erste, der sich dahin erklärte, und der Minister, der unserm Gesandten diese Verhandlungen beschrieb, sagte, n li­ berale Institute empfinden; aber eben so ungerecht würde es seyn, die Thatsachen nicht ganz und deutlich so anzuge­ ben, wie sie sich verhalten.

Ich bin überzeugt,

daß bei

weitem der größere Theil des spanischen Volkes eine ent­ schiedene Vorliebe für arbitraire Gewalt habe, und daß cs empfindlich und aufgebracht über die liberaleren Anordnun­ gen seiner Rachbarn ist, so daß, möge die Regierung seine Gesinnungen

theilen,

seine Leidenschaften anfeuern

oder

nicht, es immer gewiß bleibt, daß dieser sehr viel größere Theil nicht erst

ihrer Befehle bedarf, um sich zum Han­

deln veranlaßt zu sehn.

Es ist leicht anzunehmen, daß

eine Art Nationalhaß zwischen habe und noch bestehe;

beiden Nationen bestanden

daß aus diesem Haffe gegenseitige

Beleidigungen, Unterdrückungen und Beschwerden entstan­ den sind,

die keine Regierung

ganz zu

vermeiden

oder

abzustellen vermag, und daß in diesem Haffe die Zwistig­ keiten ursprünglich entstanden, dir jetzt so herangereift sind. Daß außerdem noch eine Macht thätig gewesen sey, diese Spaltungen zu vermehren und zu erweitern, ist ebenfalls gewiß; aber ich glaube, daß ihr wahrer Ursprung eher in der Natur des spanischen Volkes, alö in der Natur oder den Handlungen der Regierung selbst zu suchen sey.

Die-

496 ses ist inbtfftn die Fragt, die zwischen Spanien und uns aufgeklärt werden muß, und in deren Betreff Sr. Majestät allergnädigste Botschaft an das Haus der Gemeinen gelangt ist.

Wenn die spanische Regierung, obgleich der

Tadel sie deshalb mit trifft,

nicht die Absicht hatte, die

Handlungen zu begehen, worüber Portugal sich beschwert und deren es sie anklagt, — wenn sie die Deserteur- von der Armee jenes Reiches nicht in Corps vereinigt — wenn sie den llnzufriednen unter dem Volke deffelben keine Waf­ fen in die Hände gegeben — wenn sie ihre Unzufriedenheit nicht angefeuert hat, bis diese in offne Empörung ausbrach: wenn im Gegentheil die dircctcn Befehle dieser Negierung direct überschritten — wenn die Traktate, den Absichten und Beschien der Regierung

zuwider, verletzt wurden —

dann, sage ich, lassen Sic uns ihre Reue über das was geschehen ist erwarten, lassen Sie uns diese Reue nach der Sorgfalt abmessen, mit der sie die Wiederkehr dieser Uebel und dieser Angriffe zu verhüten sucht, — und dann könnte ich eine andere Antwort für diese Adresse vorschlagen. Aber lassen Sic uns bedenken, dass eine Maßregel zur Verthei­ digung Portugals darum nicht eine Kriegserklärung gegen Spanien

nothwendig macht.

Ich habe noch einige That­

sachen mitzutheilen, die es wesentlich ist anzuführen, bevor ich Sie zu einem Entschluß über den Weg, den Sie zu ergreifen haben, auffordere.

Als in einer verhältnißmäßig

neuercn Periode eine starke Desertion von der portugiesi­ schen Armee nach Spanien, und wiederum eine starke De­ sertion von der spanischen Armee nach Portugal Statt ge­ funden hatte, verweigerte die portugiesische Regierung auf unsern Rath den Deserteuren Schutz, und benahm auf diese Weise ohne Zweifel den spanischen Soldaten zum großen Theil

die Lust zum Desertiren.

Es bestand eine Conven­

tion zwischen Spanien und Portugal in Betreff der Ausliese-

497 lieferung der Deserteure, wodurch Portugal daö Recht hatte, die Auslieferung aller seiner Deserteure von Spanien zu verlangen. 3ch weiß nicht, ob «S in Folge eine- tot« schlaffes der portugiesischen Regierung oder eines Rathes, den wir ihr gaben, geschah — denn ich glaube beide- traf so ziemlich zu gleicher Zeit zusammen — daß Portugal sich zufrieden erklärte von diesem Rechte abzustehen, weil es die Verlegenheit einsah, die im Falle der Auslieferung der Deserteure eintreten würde, indem man sie nemlich entwe­ der auf den Fuß einer gefährlichen Amnestie stellen, oder eine traurige Menge von Exccutionen verordnen müßte. Der Wahl zwischen diesen Uebeln wünschte Portugal über­ hoben zu seyn, und deshalb erklärte es Spanien, daß, wenn es, anstatt die Deserteure selbst auszuliefern, die Waffen und Equipirungen zurückgäbe, die Offiziere von den Gemeinen trennte, und beide von den Gränzen ln das Innere des Reiches abführte, Portugal von seiner ©rite zufrieden seyn wolle. Hierauf wurde ein feierlicher Traktat zu diesem Endzweck mit Spanien eingegangen, und daVersprechen, daß er in jeder Hinsicht erfüllt werden sollte, wurde nicht nur Portugal an der einen, sondern auch Eng­ land und Frankreich an der andern Seite gegeben; ein Tractat, der an einem Tage genehmigt, und am andern verletzt wurde, und zwar nicht nur in Einem Falle, son, dern in vielen; denn dir portugiesischen Deserteure, die zer­ streut und unschädlich gemacht werden sollten, blieben un­ gestört in ihren Depots, wo man sie übte, und sie effektiv zu der Expedition ausrüstete, die sie jetzt unternommen ha­ ben. Nach einer solchen Treulosigkeit, woran die Schuld doch irgendwo liegen muß, behaupte ich, daß es Sache der spanischen Regierung sey zu zeigen, daß sie nicht an ihr liege, daß sie auf keine Weise von ihr ausginge, daß sie unter allen Verhältnissen und zu allen Zeiten bereit ge-

., bewies es cuien hohen Grad von Geistesstärke. Ai« die Oligarchie, mit gor und Lord North an ihrer Spitze, e« wagte, wie ihre neueren Nachfolger, da« königliche Präro­ gativ anzulasten, indem sie Pitt durch verfassungswidrige Mittel von seinem Posten zu vertreiben suchten, gab da« Be­ nehmen Sr. Majestät Seinem erhabenen Nachfolger ein ruhmwürdig«« Beispiel. Cf. Lomline, Leben Pitt«. Band 1. Anm. d. Orig.

523 seiner Regierung--Entwürfe zu befolgen.

Wa- an Pikt

tadelnSwerth war, wa- feine wärmsten Freunde nur mit Leidwesen betrachteten, da- ahmten diese mit bewundern-« werther Genauigkeit nach.

Sie hatten, so;u sägen, die

Convulsionen der Sibylle, ohne ihre Begeisterung.

Pitt

herrschte durch die Macht seine- gewaltigen Geiste-, Castlereagh nach dem Kapitel von Zufällen.

Pitt war, wie wenig wir

auch seine Politik billigen, ein Philosoph; Eldon ein blo­ ße- Automat nach veralteten Vorurtheilen: der Eine liebte vielseitige Kenntnisse, der Andre hat eine unendliche Scheu davor. In dem Wörterbuche de- Einen heißen ste Wissen­ schaft,

in der Nomenklatur de- Andern Neuerung.

Lord

Eldon ist noch derselbe John Scott der er war, als er juerst aus der Kinderstube kam.

Er sieht die Welt noch

mit denselben Augen an, und ist bdse, daß sie sich im ge­ ringsten seitdem verändert hat. Wer kann aber wohl glau­ ben, daß William Pitt von 1827 der William Pitt von 1790 gewesen seyn würde?

Hatte Er gelebt, so würde

Erfahrung seine Ansicht geläutert, und der verbesserte Zu­ stand

der Welt ihn herrliche Entwürfe für die Zukunft

haben bilden lassen.

Eanning sagte in einer seiner spateren

Reden, daß er durch Anwendung der Philosophie auf die Politik nur Pitts eigene Ansichten auszuführen suche. „Geisier, die Reiche zu lenken bestimmt sind, sind der Gegen­ satz derer, welche beschrankt durch das handwerksmäßige Treiben einer einförmigen Beschäftigung sich einbilden, daß nichts unter der Sonne recht seyn könne, was außerhalb ihres gewohnten Kreise- liegt.

Solche Leute möchten mit

hartnäckiger Verkehrtheit des Sinnes

das Schicksal

der

Welt in ihre eigne kleinliche und enge Dahn hinabziehen. Aufgeblasen von der gemeinsten aller menschlichen Eitelkei­ ten werfen sie sich zu untrüglichen Führern aller Zeiten auf, zu unumschränkten Gebietern über den Geist, ohne welchen

524 btt Staatsmann nicht besser als da- Mühlpferd ist, in­ dem er sich immer nur in demselben Kreise amtlicher For­ men bewegt, und da wieder anfängt, wo er aufgehört hat. Der freie und feffellose Geist ist cö, der der Menschheit Wohlthaten bringen muß; der Geist, den kein Dorurkheil einengt, den kein einseitiges Treiben bindet, der frei sich er­ hebend große Wahrheiten festzuhalten vermag,

alle zweck­

mäßigen Aenderungen fördert, und selbst vorgefaßte Mei­ nungen, die er lange gehegt, opfert, sobald er findet, daß sie unverträglich sind mit der wahren Philosophie.

Rich­

tig voraussehen und für die Zukunft sorgen ist daS unter­ scheidende Wahrzeichen einer höhern Ordnung menschlicher Seelen allein, — der großen Geister, die hie und da zer­ streut sind in dem Strome der Zeit, um die Menschheit vorwärts zu leiten und Rückichrille zu verhindern."

Wir

fühlen untz versucht auf Panning und seine Erhebung, mit allen ihren begleitenden Umstanden, die schönen Bemerkun­ gen des Perfaffcrö von Dr Perr anzuwenden. chen nur Eanning für Wentworth *) zu

Wir brau­

fetzen, und die

Anwendung ist vollkommen, wenn wir nur hinsichtlich de-

früheren Theils

seiner Laufbahn ei» wenig

aufgetragene» Farben abnehmen.

von den stark