Das zweigeteilte Baskenland: Sprachkontakt, Sprachvariation und regionale Identität in Frankreich und Spanien 9783110366877, 9783110372397, 9783110393309

This work undertakes an empirical analysis of current linguistic circumstances in the Basque Country. The two Basque sub

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Das zweigeteilte Baskenland: Sprachkontakt, Sprachvariation und regionale Identität in Frankreich und Spanien
 9783110366877, 9783110372397, 9783110393309

Table of contents :
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Ziele, Grundlagen und Ausgangsüberlegungen
1.2 Hinweise zum Aufbau der Arbeit
2 Stand der Forschung
I Historischer Teil
3 Sprachgeschichte und Sprachpolitik
3.1 Ethnolinguistische Daten
3.1.1 Die Region Baskenland: Geografische Gliederung
3.1.2 Varietäten des Baskischen
3.1.3 Sprecherzahlen
3.2 Die Alleinstellung der baskischen Sprache
3.2.1 Sprachliche Charakteristika des Baskischen
3.2.2 Ursprung der baskischen Sprache
3.2.3 Herkunft der Basken
3.3 Sprachgeschichte des Baskenlandes
3.3.1 Ausdehnung des Sprachgebiets und Sprachgrenzen
3.3.2 Sprachkontakte, sprachliche Einflüsse und Sprachpolitik
3.3.3 Schriftliche Zeugnisse und Normierungstendenzen
3.3.4 Spracherhaltende Maßnahmen
3.3.4.1 Euskaltzaindia und das Euskara batua
3.3.4.2 Das Baskische im öffentlichen Leben: Schule und Medien
II Methodische Grundlagen der Untersuchung
4 Funktionale Variationslinguistik
4.1 Sprachkontakt und Sprachvariation
4.2 Heinrich Lausbergs Ansatz der Linguistik der parole
4.2.1 Allgemeine Grundüberlegungen
4.2.2 «Potenz des Redens», «Tätigkeit des Redens» und «Diskurs»
4.3 Die Sprachtheorie Eugenio Coserius
4.3.1 Tätigkeit – Wissen – Produkt
4.3.2 Synchronie und Diachronie
4.3.3 Historische und funktionelle Sprachen: Dialekt – Niveau – Sprachstil
4.3.4 Homogenität und Varietät
4.4 Der variationslinguistische Ansatz von Thomas Stehl
4.4.1 Interferenz in vertikalen Sprachkontakten
4.4.2 Sprachzustands- und Sprachwandelprozesse
4.4.3 Gradation und Gradatum im vertikalen Sprachkontakt
4.4.4 Drei Beschreibungsebenen der sprachlichen Variation
5 Das Modell «Regionale Identität»
5.1 (Regionale) Identität als Konstrukt und die soziologische Dimension
5.2 Sprache und Identität in verschiedenen Wissenschaftszweigen
5.2.1 Das Verhältnis von Sprache und Denken in der Sprachphilosophie
5.2.2 Identitätsproblematik bei Bilinguismus und Bikulturalität
5.2.3 Identität im nationalen und regionalen Zusammenhang
5.3 Regionale Identität in der Sprachwissenschaft
5.3.1 Exkurs zum Begriff «Sprachbewusstsein»
5.3.2 Sprachloyalität und Diskurstraditionen
5.3.3 Sprach- und Identitätskonflikte: Resultat aus Sprachgeschichte und -politik
5.4 Regionale Identität in der Variationslinguistik
5.4.1 Modell zur Untersuchung von Identität
5.4.2 Wahrnehmung von regionaler Identität aus räumlicher Nähe und Distanz
5.4.2.1 Identität: Binnen- und Außenperspektive
5.4.2.2 Weitergehende Differenzierung der Binnen- und Außenperspektive
5.4.3 Identitätsbestimmung als dynamischer Prozess
III Empirischer Teil
6 Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung
6.1 Darstellung des Untersuchungsgebiets und des Untersuchungsverlaufs
6.2 Erhebungsmethode und Questionnaire
6.3 Hinweise zur Auswertung und Präsentation des Datenmaterials
6.4 Übersicht über die befragten Sprecher
6.5 Fehleranalyse
7 Kompetenz der Variation
7.1 Nordbasken
7.1.1 Geolinguistische Prototypenklassifikation
7.1.2 Kontaktlinguistische Prototypenklassifikation
7.1.2.1 Sprachliches Wissen: Französisch und Baskisch
7.1.2.2 Zur Kontinuität des sprachlichen Wissens im Baskischen
7.1.2.3 Metasprachliches Wissen: Französisch und Baskisch
7.2 Südbasken
7.2.1 Geolinguistische Prototypenklassifikation
7.2.2 Kontaktlinguistische Prototypenklassifikation
7.2.2.1 Sprachliches Wissen: Spanisch und Baskisch
7.2.2.2 Zur Kontinuität des sprachlichen Wissens im Baskischen
7.2.2.3 Metasprachliches Wissen: Spanisch und Baskisch
8 Pragmatik der Variation
8.1 Nordbasken
8.1.1 Selektive Sprachverwendung
8.1.1.1 Die Variablen «Ort», «Situation» und «Thema»
8.1.1.2 Die Variable «Gesprächspartner»
8.1.2 Die Rezeption baskischer Medien und das Baskische in der Schule
8.1.3 Diastratische Differenzierung
8.1.3.1 Die Variable «Geschlecht»
8.1.3.2 Die Variable «Alter»
8.2 Südbasken
8.2.1 Selektive Sprachverwendung
8.2.1.1 Die Variablen «Ort», «Situation» und «Thema»
8.2.1.2 Die Variable «Gesprächspartner»
8.2.2 Die Rezeption baskischer Medien und das Baskische in der Schule
8.2.3 Diastratische Differenzierung
8.2.3.1 Die Variable «Geschlecht»
8.2.3.2 Die Variable «Alter»
9 Linguistik der Variation
9.1 Einfluss der Nationalsprachen und die Bedeutung der dialektalen Vielfalt
9.2 Realisierung eines «korrekten» Baskisch
9.3 Das Baskische in den verschiedenen Sprechergenerationen
9.4 Interferenzen in der Phonetik/Phonologie
9.5 Interferenzen im morpho-syntaktischen und syntaktischen Bereich
9.6 Interferenzen im Wortschatz
10 Regionale Identität
10.1 Nordbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive
10.1.1 Sprachidentität – Identität durch Sprache
10.1.2 Kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext
10.1.2.1 Kulturelle Identität oder Ausdruck von Folklore?
10.1.2.2 Regionale und nationale Identität: Eine (sprach-)politische Frage
10.1.3 Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung in der internen Binnenperspektive
10.1.3.1 Eigenwahrnehmung und die Bedeutung von Iparralde
10.1.3.2 Fremdwahrnehmung aus der Sicht von Hegoalde
10.2 Südbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive
10.2.1 Sprachidentität – Identität durch Sprache
10.2.2 Kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext
10.2.2.1 Kulturelle Identität oder Ausdruck von Folklore?
10.2.2.2 Regionale und nationale Identität: Eine (sprach-)politische Frage
10.2.3 Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung in der internen Binnenperspektive
10.2.3.1 Eigenwahrnehmung und die Bedeutung von Hegoalde
10.2.3.2 Fremdwahrnehmung aus der Sicht von Iparralde
10.3 Die regionale Identität der Basken aus Sicht der Außenperspektive
10.3.1 Sprachliches und metasprachliches Wissen
10.3.2 Bedeutung der baskischen Sprache
10.3.3 Sprachliche Charakteristika
10.3.4 Mobilität und Identitätswechsel
10.3.5 Regionale oder nationale Anbindung: Die Frage der Zweiteilung
11 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
11.1 Bewertung der gewählten Untersuchungsmethode
11.2 Sprache und regionale Identität
11.3 Das Baskenland: einig oder zweigeteilt?
11.4 Forschungsdesiderata
Literaturverzeichnis
Anlagen: Fragebögen
Anlage 1: Umkodierter Fragebogen (Datenerhebungsprogramm Sphinx)
Anlage 2: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Baskisch
Anlage 3: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Französisch
Anlage 4: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Spanisch
Anlage 5: Fragebogen zur Datenerhebung in Paris

Citation preview

Claudia Schlaak Das zweigeteilte Baskenland

Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie

Herausgegeben von Claudia Polzin-Haumann und Wolfgang Schweickard

Band 387

Claudia Schlaak

Das zweigeteilte Baskenland Sprachkontakt, Sprachvariation und regionale Identität in Frankreich und Spanien

ISBN 978-3-11-037239-7 e-ISBN [PDF] 978-3-11-036687-7 e-ISBN [EPUB] 978-3-11-039330-9 ISSN 0084-5396 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

| Für meine Familie.

Inhalt 1 1.1 1.2

Einleitung | 1 Ziele, Grundlagen und Ausgangsüberlegungen | 1 Hinweise zum Aufbau der Arbeit | 4

2

Stand der Forschung | 7

I Historischer Teil  3 Sprachgeschichte und Sprachpolitik | 17 3.1 Ethnolinguistische Daten | 17 3.1.1 Die Region Baskenland: Geografische Gliederung | 17 3.1.2 Varietäten des Baskischen | 20 3.1.3 Sprecherzahlen | 22 3.2 Die Alleinstellung der baskischen Sprache | 23 3.2.1 Sprachliche Charakteristika des Baskischen | 24 3.2.2 Ursprung der baskischen Sprache | 24 3.2.3 Herkunft der Basken | 26 3.3 Sprachgeschichte des Baskenlandes | 28 3.3.1 Ausdehnung des Sprachgebiets und Sprachgrenzen | 28 3.3.2 Sprachkontakte, sprachliche Einflüsse und Sprachpolitik | 32 3.3.3 Schriftliche Zeugnisse und Normierungstendenzen | 46 3.3.4 Spracherhaltende Maßnahmen | 50 3.3.4.1 Euskaltzaindia und das Euskara batua | 50 3.3.4.2 Das Baskische im öffentlichen Leben: Schule und Medien | 54

II Methodische Grundlagen der Untersuchung  4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2

Funktionale Variationslinguistik | 59 Sprachkontakt und Sprachvariation | 59 Heinrich Lausbergs Ansatz der Linguistik der parole | 60 Allgemeine Grundüberlegungen | 60 «Potenz des Redens», «Tätigkeit des Redens» und «Diskurs» | 61 Die Sprachtheorie Eugenio Coserius | 62 Tätigkeit – Wissen – Produkt | 62 Synchronie und Diachronie | 65

VIII | Inhalt

4.3.3 4.3.4 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4

Historische und funktionelle Sprachen: Dialekt – Niveau – Sprachstil | 67 Homogenität und Varietät | 68 Der variationslinguistische Ansatz von Thomas Stehl | 68 Interferenz in vertikalen Sprachkontakten | 69 Sprachzustands- und Sprachwandelprozesse | 71 Gradation und Gradatum im vertikalen Sprachkontakt | 72 Drei Beschreibungsebenen der sprachlichen Variation | 73

5 5.1

Das Modell «Regionale Identität» | 79 (Regionale) Identität als Konstrukt und die soziologische Dimension | 80 5.2 Sprache und Identität in verschiedenen Wissenschaftszweigen | 82 5.2.1 Das Verhältnis von Sprache und Denken in der Sprachphilosophie | 82 5.2.2 Identitätsproblematik bei Bilinguismus und Bikulturalität | 85 5.2.3 Identität im nationalen und regionalen Zusammenhang | 88 5.3 Regionale Identität in der Sprachwissenschaft | 91 5.3.1 Exkurs zum Begriff «Sprachbewusstsein» | 92 5.3.2 Sprachloyalität und Diskurstraditionen | 93 5.3.3 Sprach- und Identitätskonflikte: Resultat aus Sprachgeschichte und -politik | 94 5.4 Regionale Identität in der Variationslinguistik | 97 5.4.1 Modell zur Untersuchung von Identität | 98 5.4.2 Wahrnehmung von regionaler Identität aus räumlicher Nähe und Distanz | 101 5.4.2.1 Identität: Binnen- und Außenperspektive | 101 5.4.2.2 Weitergehende Differenzierung der Binnen- und Außenperspektive | 102 5.4.3 Identitätsbestimmung als dynamischer Prozess | 103

III Empirischer Teil  6 6.1 6.2

Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung | 109 Darstellung des Untersuchungsgebiets und des Untersuchungsverlaufs | 109 Erhebungsmethode und Questionnaire | 112

Inhalt | IX

6.3 6.4 6.5

Hinweise zur Auswertung und Präsentation des Datenmaterials | 114 Übersicht über die befragten Sprecher | 117 Fehleranalyse | 118

7 Kompetenz der Variation | 123 7.1 Nordbasken | 123 7.1.1 Geolinguistische Prototypenklassifikation | 123 7.1.2 Kontaktlinguistische Prototypenklassifikation | 126 7.1.2.1 Sprachliches Wissen: Französisch und Baskisch | 126 7.1.2.2 Zur Kontinuität des sprachlichen Wissens im Baskischen | 131 7.1.2.3 Metasprachliches Wissen: Französisch und Baskisch | 133 7.2 Südbasken | 141 7.2.1 Geolinguistische Prototypenklassifikation | 141 7.2.2 Kontaktlinguistische Prototypenklassifikation | 143 7.2.2.1 Sprachliches Wissen: Spanisch und Baskisch | 143 7.2.2.2 Zur Kontinuität des sprachlichen Wissens im Baskischen | 147 7.2.2.3 Metasprachliches Wissen: Spanisch und Baskisch | 148 8 Pragmatik der Variation | 157 8.1 Nordbasken | 157 8.1.1 Selektive Sprachverwendung | 158 8.1.1.1 Die Variablen «Ort», «Situation» und «Thema» | 158 8.1.1.2 Die Variable «Gesprächspartner» | 161 8.1.2 Die Rezeption baskischer Medien und das Baskische in der Schule | 163 8.1.3 Diastratische Differenzierung | 164 8.1.3.1 Die Variable «Geschlecht» | 164 8.1.3.2 Die Variable «Alter» | 165 8.2 Südbasken | 168 8.2.1 Selektive Sprachverwendung | 169 8.2.1.1 Die Variablen «Ort», «Situation» und «Thema» | 169 8.2.1.2 Die Variable «Gesprächspartner» | 172 8.2.2 Die Rezeption baskischer Medien und das Baskische in der Schule | 174 8.2.3 Diastratische Differenzierung | 175 8.2.3.1 Die Variable «Geschlecht» | 175 8.2.3.2 Die Variable «Alter» | 177

X | Inhalt

9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6

Linguistik der Variation | 181 Einfluss der Nationalsprachen und die Bedeutung der dialektalen Vielfalt | 182 Realisierung eines «korrekten» Baskisch | 185 Das Baskische in den verschiedenen Sprechergenerationen | 187 Interferenzen in der Phonetik/Phonologie | 189 Interferenzen im morpho-syntaktischen und syntaktischen Bereich | 191 Interferenzen im Wortschatz | 194

10 Regionale Identität | 199 10.1 Nordbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive | 200 10.1.1 Sprachidentität – Identität durch Sprache | 202 10.1.2 Kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext | 205 10.1.2.1 Kulturelle Identität oder Ausdruck von Folklore? | 205 10.1.2.2 Regionale und nationale Identität: Eine (sprach-)politische Frage | 206 10.1.3 Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung in der internen Binnenperspektive | 209 10.1.3.1 Eigenwahrnehmung und die Bedeutung von Iparralde | 209 10.1.3.2 Fremdwahrnehmung aus der Sicht von Hegoalde | 213 10.2 Südbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive | 214 10.2.1 Sprachidentität – Identität durch Sprache | 216 10.2.2 Kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext | 219 10.2.2.1 Kulturelle Identität oder Ausdruck von Folklore? | 219 10.2.2.2 Regionale und nationale Identität: Eine (sprach-)politische Frage | 220 10.2.3 Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung in der internen Binnenperspektive | 223 10.2.3.1 Eigenwahrnehmung und die Bedeutung von Hegoalde | 223 10.2.3.2 Fremdwahrnehmung aus der Sicht von Iparralde | 227 10.3 Die regionale Identität der Basken aus Sicht der Außenperspektive | 229 10.3.1 Sprachliches und metasprachliches Wissen | 230 10.3.2 Bedeutung der baskischen Sprache | 233 10.3.3 Sprachliche Charakteristika | 234 10.3.4 Mobilität und Identitätswechsel | 235 10.3.5 Regionale oder nationale Anbindung: Die Frage der Zweiteilung | 237

Inhalt | XI

11 11.1 11.2 11.3 11.4

Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick | 241 Bewertung der gewählten Untersuchungsmethode | 241 Sprache und regionale Identität | 242 Das Baskenland: einig oder zweigeteilt? | 246 Forschungsdesiderata | 249

Literaturverzeichnis | 253 Anlagen: Fragebögen | 263 Anlage 1: Umkodierter Fragebogen (Datenerhebungsprogramm Sphinx) | 264 Anlage 2: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Baskisch | 285 Anlage 3: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Französisch | 300 Anlage 4: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Spanisch | 316 Anlage 5: Fragebogen zur Datenerhebung in Paris | 331

Danksagung und Vorbemerkungen Die vorliegende Arbeit ist eine aktualisierte und überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die ich Ende 2011 an der Universität Potsdam eingereicht und im Frühjahr 2012 erfolgreich verteidigt habe. Bereits in meinem Studium habe ich mich intensiv mit der baskischen Geschichte, Kultur und Sprache auseinandergesetzt, da meinerseits (seit jeher) eine große Faszination vom und Leidenschaft zum Baskentum besteht. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich mein Promotionsvorhaben. Hierbei sollte nie die Kontinuität und Stabilität der baskischen Kultur und Sprache angezweifelt werden, sondern vielmehr sollte der Kontaktprozess, der sich über Jahrhunderte in dieser Region an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien vollzogen hat, anhand von selbst erhobenen empirischen Daten beschrieben werden. Das Hauptanliegen meiner Arbeit war, durch den unterschiedlich ausgeprägten französisch-baskischen und spanisch-baskischen Sprachkontakt und die damit zusammenhängende jeweilige regionale Identität der beiden Sprechergemeinschaften letztendlich zu der klärenden Frage zu gelangen, ob nicht gegenwärtig, zumindest in Ansätzen, bereits von einem zweigeteilten Baskenland gesprochen werden muss. Aufgrund des besonderen Verhältnisses von Sprache und Identität im Baskenland war es in diesem Promotionsvorhaben schließlich notwendig, auch ein Modell zur Untersuchung von Identität zu entwickeln, das sicherlich für weitere Arbeiten genutzt und auch weiterentwickelt werden kann. Mein Dank gilt zunächst meiner Gutachterin Frau Prof. Dr. Sybille Große (Universität Heidelberg). Unsere intensiven Gespräche, ihre Anmerkungen und zeitnahen Reaktionen und vor allem ihre Anregung, dem Konzept «Identität» näher nachzugehen, haben mir sehr geholfen. Außerdem danke ich dem weiteren Gutachter, Herrn Prof. Dr. Thomas Stehl (Universität Potsdam), der von Anfang an das Potential des Themas erkannt hat. Dank gebührt ferner Frau Prof. Dr. Gerda Haßler (Universität Potsdam) für die wertvollen Hinweise für die Publikation sowie allen Sprechern, die sich für die Hauptuntersuchung und für weitere Nachfragen zur Verfügung gestellt haben, sowie Prof. Dr. Claudia Polzin-Haumann und Prof. Dr. Wolfgang Schweickard, die die Arbeit in die Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie aufgenommen haben. Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie, insbesondere bei meiner Zwillingsschwester Michaela Schlaak, bedanken. Sie waren immer davon überzeugt, dass ich dieses Projekt meistern würde und gaben mir stets Zuversicht. Vor allem möchte ich mich aber bei meinem Mann Benjamin Hanke bedanken, der nicht nur zahlreiche Stunden aufgebracht und durch seine stilistischen

XIV | Danksagung und Vorbemerkungen

Änderungsvorschläge zur Präzisierung meiner Arbeit beigetragen hat, sondern stets an dieses Projekt glaubte und bei der Umsetzung immer für mich da war. Ohne die Liebe meiner Familie und von Benjamin hätte ich die Arbeit sicherlich niemals aufnehmen und fertigstellen können. Abschließend gilt mein Dank allen, die meine Begeisterung für das Baskentum teilen und mich in meiner persönlichen sowie wissenschaftlichen Entwicklung unterstützt haben. Claudia Schlaak

1 Einleitung 1.1 Ziele, Grundlagen und Ausgangsüberlegungen Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, eine empirisch fundierte Analyse der aktuellen sprachlichen Situation im Baskenland durchzuführen und die Teilpopulationen auf französischem und spanischem Territorium miteinander zu vergleichen. Seit Jahrhunderten sind die Basken von verschiedenen Sprach- und Kulturkontakten beeinflusst worden. Die Basken mussten sich und ihre Sprache stets gegen Einflüsse von außen behaupten. In dieser Arbeit soll daher erläutert werden, wie sowohl der französische als auch der spanische Sprach- und Kulturkontakt das Baskenland, die Basken und damit auch das Baskische beeinflusst haben und bis heute beeinflussen. In diesem Kontext wird für den Untersuchungszweck eine quasi-experimentelle Situation angenommen: Vor der Eingliederung des Baskenlandes in den französischen beziehungsweise in den spanischen Staat ist von weitgehend gleichen Voraussetzungen im Nord- und im Südbaskenland auszugehen. Anhand der folgenden Entwicklungen kann exemplarisch der unterschiedliche Entwicklungsprozess einer Sprachgemeinschaft in zwei verschiedenen Staatswesen beobachtet werden. Es soll daher untersucht werden, inwiefern es durch den französischen und den spanischen Sprach- und Kulturkontakt zu Veränderungen der Einstellungen in der baskischen Lebensweise, bei der Bewahrung baskischer Traditionen und bei der Verwendung der baskischen Sprache gekommen ist. Anders formuliert: Wieso sind heute in Hegoalde (= Südbaskenland) andere Tendenzen bezüglich der Einstellungen zur Idee einer baskischen «Nation» beziehungsweise «Region», zur baskischen Sprache und Kultur sowie zur baskischen Identität festzustellen als in Iparralde (Nordbaskenland)? In der vorliegenden Arbeit wird insbesondere der Aspekt der regionalen Identität zentraler Untersuchungsgegenstand sein. Einerseits soll allgemein der Zusammenhang von Sprache und Identität herausgearbeitet und andererseits die konkrete Situation der Basken in Iparralde und in Hegoalde sowie deren Verbundenheit mit ihrer Abstammung, dem Baskentum, analysiert und verglichen werden. Zur Ergänzung der Analyse der Perspektive von Basken, die im Baskenland leben (= Binnenperspektive), wird auch die von Basken untersucht, die emigriert sind und somit die Situation aus der Außenperspektive beurteilen. Grundlage des regionalen Vergleichs bilden unter anderem politische, soziale und gesellschaftliche Gegebenheiten: Die jahrhundertelange Kontrolle des Baskenlandes durch Frankreich und Spanien und der damit einhergehende

2 | Einleitung

französisch-baskische beziehungsweise spanisch-baskische Sprachkontakt haben nicht nur zu einer unterschiedlichen Art und zu einem unterschiedlichen Grad der Bewahrung der baskischen Kultur und Lebensweise und zu einem Sprachwandel des Baskischen geführt, sondern haben auch zu einer unterschiedlichen Entwicklung der regionalen Identität im Nord- und im Südbaskenland beigetragen. Auch beim Vergleich der aktuellen politischen Situation zeigt sich ein disparates Bild: Auf der einen Seite die Comunidad Autónoma Vasca mit ihren autonomen Rechten und Möglichkeiten, auf der anderen Seite ein baskisches Gebiet in Frankreich, das nicht einmal durch ein eigenes département im französischen Staat Anerkennung findet. Schon bei der kontrastiven Gegenüberstellung der französischen und der spanischen Sprachpolitik zeigt sich eine unterschiedliche Haltung der beiden Staaten gegenüber den Minderheiten- und Regionalsprachen. Seit der Schaffung von autonomen Regionen Ende der 1970er Jahre ist der spanische Staat wesentlich offener gegenüber den Regionalsprachen als der französische Staat (cf. Gugenberger 2003, 45 sowie Cichon 2003, 30). Beim Vergleich der Nord- und der Südbasken wird in der vorliegenden Arbeit nicht davon ausgegangen, dass das Resultat der beiden unterschiedlich gelagerten Sprachkonflikte zwangsläufig die Aufgabe der gemeinsamen Identität des baskischen Volkes ist; vielmehr muss die Frage der Zweiteilung in all ihren Aspekten eingehend erörtert werden. Es zeichnete sich jedoch bereits im Vorfeld der Untersuchung ab, dass im Vergleich beider Seiten keine konformen Einstellungen zum Baskentum, zur baskischen Sprache und zur baskischen Identität existieren. In der vorliegenden Arbeit sollen daher einzelne Parameter, die im Allgemeinen Regionen konfigurieren – wie unter anderem die Verbreitung der jeweiligen Kultur, die Verbreitung und Anwendung des Baskischen sowie die Einstellungen zur jeweiligen Sprache – differenziert betrachtet und zwischen den beiden Teilen des Baskenlands verglichen werden. Es wird angenommen, dass die historischen und politischen Entwicklungen in beiden Regionen zu einer unterschiedlichen Genese der Identitäten führten und diese auch jeweils von der anderen Seite sensibel wahrgenommen und bewertet werden. Zudem haben im konkreten Untersuchungsfall sprachpolitische Maßnahmen, die den Erhalt des Baskischen (etwa durch gesteuerten Spracherwerb) zum Ziel haben, ganz unterschiedliche Erfolge in Frankreich und Spanien. Die Tatsache, dass im Südbaskenland wesentlich mehr Sprecher das Baskische beherrschen und verwenden als im Nordbaskenland, liegt mit Sicherheit nicht nur an der größeren geografischen Ausdehnung, sondern auch an einer konsequenten und progressiven Sprachpolitik in diesem Gebiet. Allein diese Gegebenheit unterstreicht die Bedeutung der Fragestellung, ob heute noch von einem Baskenland, einem baski-

Ziele, Grundlagen und Ausgangsüberlegungen | 3

schen Volk beziehungsweise einer baskischen Identität gesprochen werden kann. In der vorliegenden Untersuchung geht es daher nicht vorrangig um eine systemlinguistische Analyse (in Bezug auf die Phonetik, die Syntax oder die Lexik der baskischen Sprache), sondern vielmehr um das Verhältnis von Sprache und Identität. Da die vorliegende Arbeit einen kontaktlinguistischen und funktional variationslinguistischen Zugriff auf das Thema sicherstellen soll, bieten sich zur Untersuchung der aktuellen Sprachdynamik die sprachtheoretischen und methodologischen Ausführungen von Stehl (2012), Coseriu (2007) und Lausberg (1969) an. Auf dieser Grundlage kann u.a. der vertikale Sprachkontakt Baskisch/Spanisch sowie Baskisch/Französisch in den drei Dimensionen der «Kompetenz der Variation», der «Pragmatik der Variation» und der «Linguistik der Variation» (cf. hierzu etwa Stehl 2012) untersucht und anschließend verglichen werden. Zudem wird der Ansatz auf die spezifische Situation im Baskenland adaptiert und insoweit erweitert, dass der Aspekt der regionalen Identität hinzutritt, um im Zusammenwirken der oben genannten Dimensionen die Wechselbeziehungen zwischen Sprache und Identität genauer zu erarbeiten. Hierzu erfolgen eigene sprachtheoretische Überlegungen und die Entwicklung eines «Identitätsmodells». Grundlage der Untersuchung bildet eine quantitative und qualitative Datenerhebung, die ich 2005/2006 durchgeführt habe. In diesem Kontext wurde ein umfangreicher Fragebogen (je 150-mal im nördlichen und im südlichen Baskenland) verteilt. Insgesamt gab es einen Rücklauf von 149 der 300 Fragebögen. Zusätzlich wurden Anfang 2009 zwölf Interviews mit außerhalb des Baskenlandes lebenden Basken geführt, um die Außenperspektive mit der Binnenperspektive vergleichen zu können. Ferner muss angemerkt werden, dass in der folgenden Analyse in der Regel bei Verwendung der männlichen Form stets Personen des weiblichen Geschlechts einbezogen sind – dies dient ausschließlich der Lesbarkeit und stellt keine Form der Abwertung des einen oder des anderen Geschlechts dar. Es soll noch einmal betont werden, dass in der vorliegenden Untersuchung die Stabilität und die Kontinuität der baskischen Kultur und Sprache nicht in Frage steht. Analysiert wird vielmehr der Kontaktprozess, der sich über Jahrhunderte in dieser Region an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien vollzogen hat und noch vollzieht. Ziel dieses Forschungsprojekts ist letztlich die Klärung der Frage, ob nicht gegenwärtig, durch den unterschiedlich ausgeprägten französisch-baskischen und spanisch-baskischen Sprachkontakt und die damit zusammenhängende jeweilige regionale Identität der beiden Sprachgemeinschaften, zumindest in

4 | Einleitung

Ansätzen bereits von einem zweigeteilten Baskenland gesprochen werden muss.

1.2 Hinweise zum Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit ist auf die Einleitung folgend in einen historischen (Teil I), einen methodologischen (Teil II) und einen empirischen Teil (Teil III) gegliedert. Im historischen Teil werden ethnolinguistische Daten präsentiert. Zudem erfolgen eine Betrachtung der Sprachtypologie und der spezifischen Charakteristika der baskischen Sprache. Des Weiteren wird ein Überblick über die externe Sprachgeschichte des Baskenlandes gegeben. Es soll gezeigt werden, wie sich die heutige Aufteilung des Baskenlandes auf die Staaten Frankreich und Spanien vollzogen hat und welche Rolle hierbei der baskischen Sprache zukam. In diesem Kontext werden daher auch Sprach- und Kulturkontakte vor der römischen Herrschaft sowie wesentliche sprachhistorische, politische, gesellschaftliche und soziale Entwicklungen seit der Romanisierung bis heute vorgestellt. Der historische Teil erfüllt den Zweck, die Gesamtsituation der Basken verständlich zu machen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen der Bewertung und Interpretation der Ergebnisse im Analyseteil. Daran anschließend werden im zweiten Teil die methodologischen Grundlagen der Untersuchung vorgestellt und die sprachtheoretischen Konzepte einer funktionalen Analyse sprachlicher Variation erläutert. Hierbei stellen die Arbeiten von Coseriu und Lausberg die Basis für den Beschreibungsansatz nach Stehl dar. Es werden die drei Beschreibungsebenen der «Kompetenz der Variation», «Pragmatik der Variation» und «Linguistik der Variation» (Stehl 2012) eingehend erläutert. Daran anschließend wird dieser Ansatz auf die Situation des Baskenlandes adaptiert und um das Konzept der regionalen Identität erweitert. In diesem Kontext wird ein eigenes Modell zur Untersuchung von regionaler und sprachlicher Identität vorgestellt. Im empirischen, dritten Teil geht es zunächst um die Darstellung der eigenen Untersuchung und der Datenerhebung. Dabei werden unter anderem das Untersuchungsgebiet und der Untersuchungsverlauf beschrieben, die gewählte Erhebungsmethode und der Questionnaire vorgestellt sowie die Präsentation des Datenmaterials und eine Übersicht zu den befragten Probanden gegeben. Hierbei werden auch auf die Probleme und Schwierigkeiten eingegangen, die während der Untersuchung sowie bei der Auswertung der Fragen auftraten. In den nachfolgenden vier Kapiteln werden die Ergebnisse der eigenen Untersuchung vorgestellt. Der Schwerpunkt wird hierbei auf die «Kompetenz der

Hinweise zum Aufbau der Arbeit | 5

Variation» und die «Pragmatik der Variation» sowie auf die Präsentation der Ergebnisse zum Fragenkatalog der Identität gelegt. Die dritte Beschreibungsebene, nämlich die der «Linguistik der Variation», wird in dieser Untersuchung kursorisch behandelt, da das Sprachmaterial als solches geringeren Einfluss auf die Identitätsbildung eines Sprechers hat. Die Präsentation der Ergebnisse erfolgt jeweils in der Weise, dass zuerst die Antworten der Nordbasken und danach die Antworten der Südbasken vorgestellt werden. Bei besonderen Auffälligkeiten wird bei der Analyse der Ergebnisse der Südbasken ein direkter Vergleich zu den Nordbasken hergestellt; auf ein vergleichendes Kapitel am Ende jedes Kapitels wird bewusst verzichtet, um Redundanzen zu vermeiden. Stellenweise erfolgen auch Vergleiche mit früheren, empirischen Arbeiten zum Thema, um einzelne Veränderungen im Zeitverlauf darzustellen. Für den Aspekt der regionalen Identität, der im letzten Abschnitt des dritten Teils behandelt wird, werden insbesondere die Bedeutungen von Sprache und von kulturellen Traditionen als wichtige Mittel zur Identitätsbestimmung untersucht. An dieser Stelle werden die Antworten der im Baskenland lebenden Nord- und Südbasken und die Antworten der Sprecher mit einer Außenperspektive (also außerhalb des Baskenlandes lebende Basken) im kontrastiven Vergleich vorgestellt. Kapitel 11 gibt eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Arbeit sowie einen Ausblick. Es erfolgt nicht nur ein Vergleich der sprachlichen Situation und der regionalen Identität(en) des nördlichen und südlichen Baskenlandes, sondern auch eine Bewertung des gewählten Untersuchungsansatzes und die Benennung weiterer Forschungsdesiderata.

2 Stand der Forschung Baroja erklärte schon 1945 «[e]l estudio de la lengua vasca ha vuelto a estar de moda, moda pasajera probablemente como todas» (Baroja 1945, 5) – diese Aussage ist auch heute noch gültig. Aktuelle Studien zum Baskentum, über das baskische Volk und über die baskische Sprache sind nach wie vor von großer Bedeutung. Wie anhand des nachfolgenden Abrisses zum Stand der Forschung ersichtlich wird, 1 lassen sich zwar Studien 2 über die sprachliche und auch regionale Identität im Baskenland finden, eine Analyse der verschiedenen Perspektiven (u.a. der internen Binnen- und der internen Außenperspektive) und eine funktional variationslinguistische Herangehensweise – unter Berücksichtigung der staatlichen Zweiteilung – erfolgen jedoch in den bisherigen Arbeiten nur in Ansätzen. Seit dem Ende des Franco-Regimes haben Veröffentlichungen zur sprachlichen und kulturellen Situation des Baskenlands deutlich zugenommen. Sowohl qualitative als auch quantitative Studien sind zu diversen Untersuchungsgegenständen in der Sprach- und Kulturwissenschaft durchgeführt worden. Die Einzigartigkeit der baskischen Sprache ist dafür wohl ein Grund. Ein weiterer ist sicherlich die Aktivität der ETA (= Euskadi ta Askatasuna), welche die Medien, die politischen Institutionen und auch die internationale Öffentlichkeit für die Situation der Basken sensibilisiert hat. Seit den Regionalisierungsprozessen in Spanien, die Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre zur Gründung der Comunidades Autónomas führten, entstanden zahlreiche Arbeiten zu den Regionalsprachen Spaniens, in denen die sprachlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Spezifika in den verschiedenen Regionen analysiert wurden (so eben auch zum Baskenland, zum Baskentum, zu den Basken und zur baskischen Sprache). Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, sämtliche Forschungen und Publikationen vorzustellen. Vielmehr sollen vor allem jene Werke Berücksichtigung finden, die im Bereich der baskischen Studien aufgrund ihrer Bedeutung, ihrer Bekanntheit und ihres Forschungsaspekts hervorzuheben sind, da sie die Dynamik der verschiedenen Sprach- und Kulturkontakte sowie die Frage der Identität der Basken thematisieren. In diesem Kapitel soll einerseits ein Überblick über den Forschungsstand der baskischen Gesamtsituation wiedergege|| 1 Alle in Kapitel 2 genannten Quellen sind in der Bibliographie aufgeführt. Quellennachweise erfolgen hier nur bei direkten Zitaten. 2 Cf. hierzu u.a. Urteaga (2004) sowie Rolssenn (1985), die jedoch die Zweiteilung nicht explizit diskutieren beziehungsweise in ihre Analysen einbeziehen.

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ben werden, andererseits erfolgt auch ein kurzer Überblick über den Forschungsstand zur Methodologie, das heißt zur theoretischen Basis der funktionalen Variationslinguistik und der Identität als Untersuchungsgegenstand. Wie bereits erwähnt, sind im Bereich der Darstellung der externen Sprachgeschichte und der Erforschung der sprachlichen Situation seit Mitte des 20. Jahrhunderts, aber vor allem in den letzten 30 Jahren, bedeutende und bemerkenswert zahlreiche Publikationen entstanden, welche die soziolinguistische Situation des Baskenlandes sowohl vor den Regionalisierungsprozessen in Spanien als auch die Entwicklung und Maßnahmen zur Förderung der Regionalsprache nach den Regionalisierungsbestrebungen wiedergeben. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts gerieten das Baskenland und das Baskentum durch Wilhelm von Humboldts Forschungen in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Seine Schriften Die Vasken von 1801 und Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens vermittelst der vaskischen Sprache von 1820–1821 können als eine der ersten fundierten Studien über die baskische Sprache und die Lebensweise der Basken betrachtet werden. Auch Louis-Lucien Bonaparte untersuchte Mitte des 19. Jahrhunderts die Varietäten des Baskischen und die jeweiligen sprachlichen Charakteristika. Im deutschen Sprachraum griff seit 1894 Hugo Schuchardt die Dialektstudien zum Baskischen in Deutschland auf und gehört wohl zu den bekanntesten Baskologen. In der Primitiae Linguae Vasconum werden anhand der Analyse eines Gleichnisses (aus der Leizarragaschen Übersetzung des Neuen Testaments von 1571) sprachliche Charakteristika des Baskischen dem Leser nähergebracht, denn wie Schuchardt in seinem Vorwort erklärte: «[M]an beginnt die fremde Sprache nicht in Stücken zu lernen, sondern an einem Stück» (Schuchardt 1968, XXI). Ernst Gamillscheg ist im deutschsprachigen Raum, insbesondere mit seiner Publikation Romanen und Basken von 1950, ein weiterer wichtiger Wissenschaftler, der zum Baskischen forschte. Des Weiteren müssen zwingend auch die Beiträge vom Mitbegründer sowie ersten Präsidenten der Euskaltzaindia – der Akademie der baskischen Sprache – Resurrección María de Azkue Erwähnung finden. Mit seiner Morfolgía vasca und seinem Diccionario vasco-español-francés, um nur zwei seiner zahlreichen Werke und Studien zu nennen, nahm er speziell bei Normierungsfragen eine Vorreiterrolle ein. Die Euskaltzaindia trieb viele Arbeiten voran; 1977 brachte sie beispielsweise das bekannte Werk El libro blanco del euskera heraus, in dem verschiedene Aspekte der baskischen Kultur (u.a. baskische Literatur, soziokulturelle Besonderheiten, sprachliche Spezifika) ausführlich behandelt werden. In der Gramática de los cuatro dialectos literarios de la lengua euskara analysierte Arturo Campión 1977 ausführlich die Unterschiede der verschiedenen baskischen Dialekte und stellte die Besonderheiten kontrastiv gegenüber. In der

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advertencia in Band I heißt es: «Este libro es hijo de un movimiento de patriótica angustia» (Campion 1977a, 9). Mit der 1979 erschienenen Neuauflage der Grammaire Basque von Ithurry, die sich vor allem auf den labourdinischen Dialekt bezieht, ist es zudem gelungen, ein Werk zu veröffentlichen, das dem Interessierten, der «désire écrire un basque correct et élégant» (Ithurry 1979, I, aus dem Prolog von Fedriko Krutwig Sagredo), ausgezeichnete Übersichten und Informationen bietet. Seit Mitte der 1950er Jahre gilt ferner Antonio Tovar als bedeutender Baskologe, der das Baskische umfassend analysierte. Er verfasste zahlreiche Werke mit verschiedenen Schwerpunkten. Seine Beiträge La lengua vasca von 1950, El euskera y sus parientes 1959, Das Baskische im Jahr 1975 sowie Mitología e ideología sobre la lengua vasca 1980 greifen nicht nur bisherige Forschungen auf, sondern er formuliert darin auch neue Thesen. La lengua vasca ist 1957 auch ins Englische, The Basque Language, übersetzt und damit einem weiten Leserkreis zugänglich gemacht worden. In seiner Mitología e ideología sobre la lengua vasca. Historia de los estudios sobre ella von 1980 stellte Tovar nicht nur berühmte Persönlichkeiten und Wissenschaftler vor, die im Kontext baskischer Studien stehen beziehungsweise auf die historische, politische und sprachliche Entwicklung einen bedeutenden Einfluss hatten, sondern er verglich auch deren Ansichten miteinander. In der Gegenwart hat der Romanist Martin Haase verschiedene Untersuchungen im Baskenland durchgeführt. In seinem Werk Sprachkontakt und Sprachwandel im Baskenland: Die Einflüsse des Gaskognischen und Französischen auf das Baskische analysierte er u.a. den Sprachkontakt zwischen dem Gaskognischen und dem Baskischen, Übersetzungsprobleme und die spezifischen Einflüsse zwischen dem Gaskognischen und dem Baskischen an der niedernavarrischen Grenze. Haase betont, dass die verschiedenen Sprachkontakte, vor allem der spanisch-baskische beziehungsweise französisch-baskische, die soziolinguistische Situation im Baskenland prägen (cf. hierzu etwa Haase 1992). Neben seinem Werk von 1992 behandelt Haase die sprachpolitische und sprachliche Realität in zahlreichen weiteren Artikeln, wie etwa Baskische Gaskognier – gaskognische Basken: eine Minderheit in einer Minderheit (1997), Baskisch (2000), Baskisch: eine «exotische» Sprache in romanischer Umgebung (2003). Seit Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden verschiedene soziolinguistische Studien im Baskenland durchgeführt, die Rolssenn (1985, 27–35) in ihrem Werk Das Euskara – Das Baskische. Überlebenskampf einer kleinen Sprache und Kultur. Eine soziolinguistische Untersuchung der Situation des Baskischen in Frankreich von 1985 gesammelt vorstellt. Rolssenn erweiterte diese soziolinguistischen Untersuchungen insofern, als sie in ihrem Werk nicht nur die zweisprachige Situation analysierte, sondern auch die damit einhergehende

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Bikulturalität thematisierte. Es ging ihr vor allem darum, die Faktoren zu analysieren, die die Wahl der in einer Kommunikationssituation verwendeten Varietät beeinflussen: Inwiefern spielen hierbei Gesprächsgegenstände, die Sprachkompetenz, wirtschaftliche Bedingungen oder die geografische Lage eine Rolle? Zudem nahm Rolssenn auch eine materialsprachliche Analyse vor, indem sie französische Interferenzen im Baskischen analysierte. In dieser Studie wurden fünf Dörfer mit unterschiedlicher demografischer Zusammensetzung und mit verschiedenen wirtschaftlichen Voraussetzungen verglichen. Selbstverständlich lassen sich noch weitere und vor allem aktuellere soziolinguistische Studien, wie etwa auch das 2009 publizierte Werk Actitudes y prejuicios de los castellanohablantes hacia el euskera von Esti Amorrortu, Ane Ortega, Itziar Idiazabal und Andoni Barreña, finden, die hier benannt werden müssten. Aufgrund der Vielzahl ist dies in dem vorliegenden Rahmen jedoch kaum möglich. Zu den bedeutendsten wissenschaftlichen Werken ist die umfassende Publikation The History of Basque von Robert Trask von 1997 zu zählen, in der eine ausführliche Auseinandersetzung mit der externen und der internen Sprachgeschichte des Baskischen erfolgt. Aufgrund seiner umfassenden und wissenschaftlich fundierten Recherche ist Trasks Werk als besonders wertvoll einzuschätzen, da er unter anderem die historische Entwicklung, die verschiedenen Sprachkontaktsituationen und deren jeweilige Besonderheiten sowie den Sprachwandel ausführlich beschreibt. Trask geht zudem auf die sprachlichen Besonderheiten der baskischen Phonologie, der Grammatik sowie der Lexik ein und untersucht den Ursprung der baskischen Sprache. Er bietet einen umfassenden Überblick zur Geschichte des Baskischen und gibt eine kritische Wertung zu den verschiedenen Theorien der Entstehung der baskischen Sprache. Zudem hat das Werk mit seiner extensiven Bibliografie Vorzeigecharakter. Auch in seinem Artikel Origin and Relatives of the Basque Language: Review of the evidence von 1995 setzte sich Trask fundiert mit den verschiedenen Verwandtschaftstheorien der Sprache auseinander und analysiert deren mögliche Gültigkeit; hierbei werden zahlreiche konkrete Beispiele angeführt. Zu den in jüngerer Zeit erschienenen Werken gehören auch die fünf Bände Histoire générale du Pays Basque (vol. I–V) von Manex Goyhenetche, welche zwischen 1998 und 2005 publiziert wurden. Dieses umfassende Gesamtwerk betrachtet nicht nur die historischen Prozesse von der Frühgeschichte bis heute, sondern auch institutionelle, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen insgesamt und auf die einzelnen Provinzen bezogen. Diese Bände sind insofern zu würdigen – auch wenn die Übersichtlichkeit aufgrund der Fülle an Informationen stellenweise verloren geht –, dass sie die verschiedenen Phasen der baskischen Geschichte sehr ausführlich darstellen. So wird etwa allein in Band IV

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die Französische Revolution von 1789 aus baskischer Perspektive sehr detailliert beschrieben. Man könnte weitere Werke würdigen, wie Das Baskenland und Nordirland: eine vergleichende Konfliktanalyse von Valandro aus dem Jahr 2001 oder La politique linguistique au Pays Basque von Urteaga aus 2004, die vor allem die politischen und sprachpolitischen Entwicklungen analysieren; in jedem Fall muss festgehalten werden, dass eine Vielzahl von Publikationen existiert, welche Untersuchungen und Abhandlungen zur historischen, zur politischen, zur gesellschaftlichen, zur kulturellen sowie zur sprachlichen Situation der Basken beinhalten. Im Hinblick auf das gewählte Untersuchungsziel dieser Arbeit zeigte sich sehr schnell, dass nicht nur rein sprachliche Analysen herangezogen werden können. James E. Jacob beschreibt zwar mit seinem Werk Hills of Conflict. Basque Nationalism in France von 1994 vor allem aus politischer Sicht die Entwicklung der Situation im Nordbaskenland seit der Französischen Revolution, doch unternimmt er dabei auch den Versuch einer Beschreibung der baskischen Identität in Frankreich. Stellenweise erfolgen auch direkte Vergleiche mit dem Südbaskenland. Neben den erwähnten Publikationen gibt es diverse Sammelbände, die von unterschiedlichen Institutionen und Förderern des Baskischen herausgegeben wurden. In dem 1991 erschienenen Werk 1789 et Les Basques. Histoire, langue et littérature vom Centre d’Etudes Linguistiques et Littéraires basques werden ausgewählte historische Ereignisse und spezifische kulturelle Aspekte analysiert. Als konkretes Beispiel ist hier Bidart mit seinem Aufsatz La Révolution française et la question linguistique zu nennen, der die Auswirkungen der Französischen Revolution und die damit einhergehenden sprachpolitischen Fragen und Konsequenzen diskutiert. Auch im 1996 publizierten Sammelband Langues d’Aquitaine. Dynamiques institutionnelles et patrimoine linguistique von Alain Viaut werden Einzelaspekte ausführlich erläutert; so stellt hier etwa Jean Haritschelhar in seinem Beitrag L’Académie de la langue basque – Euskaltzaindia comme exemple d’un développement institutionnel transfrontalier die Geschichte, die Struktur sowie die Aufgaben der baskischen Akademie vor und bewertet diese eingehend. In diesem Rahmen sollte auch erwähnt werden, dass zahlreiche populärwissenschaftliche Werke wie Die Basken. Vergangenheit und Zukunft eines freien Volkes von Ortots (1979) existieren, die aus persönlicher und recht parteiischer Sicht die externe Sprachgeschichte des Baskischen, die sprachliche Realität und den Freiheitskampf des baskischen Volkes darstellen. In dem Buch Das Geheimnis der Basken von Charpentier aus dem Jahr 1977 wird auch der ungeklärte Ursprung des Baskischen populärwissenschaftlich analysiert und anhand von

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zahlreichen – vermeintlichen – Belegen (wie z.B. Blutgruppe, Mythen und Legenden) die möglichen Abstammungsthesen des Volkes und der Ursprung der baskischen Sprachen erläutert. Bei der Bewertung des Forschungsstandes sollen auch Sammelbände und Überblickswerke zur französischen und zur spanischen Sprachgeschichte sowie allgemeine Werke zu den Minderheiten- und Regionalsprachen in Frankreich und Spanien nicht unerwähnt bleiben. In Vingt-cinq communautés linguistiques de la France von Geneviève Vermès (ed.), La diversidad de lenguas en España von Maitena Etxebarria Arostegui sowie Sprachkulturen in Europa: ein internationales Handbuch von Nina Janich und Albrecht Greule (edd.) wird in einzelnen Beiträgen die sprachliche Realität im Baskenland aus unterschiedlichen Perspektiven überblicksartig thematisiert. Auffällig ist jedoch, dass sowohl qualitative als auch quantitative Untersuchungen – die seit Ende der 1970er Jahre stark zugenommen haben – mehrheitlich im spanischen Teil des Baskenlands durchgeführt wurden. Historische, politische, kulturelle und sprachliche Ausarbeitungen legen häufig einen Schwerpunkt auf das Südbaskenland. Oft wird dann zwar allgemein vom Baskenland gesprochen, schnell bemerkt jedoch der aufmerksame Leser, dass vor allem die sprachliche und politische Situation im Südbaskenland behandelt wird. Zum Nordbaskenland existieren zwar empirische Studien – wie das bereits erwähnte Werk von Rolssenn –, doch fehlt es an der Vielfalt, die die Forschungssituation zum Südbaskenland prägt. Umfassende vergleichende Studien, die die externe und die interne Sprachgeschichte des Nord- und des Südbaskenlandes sowie die soziolinguistische und die sprachpolitische Situation dieser beiden Gebiete kontrastiv gegenüberstellen, sind kaum zu finden. Bei diesem Desiderat setzt die vorliegende Arbeit an. Was sie ferner auf der Ebene der Untersuchungstheorien erreichen will, wird im Folgenden erläutert. Bezogen auf den Forschungsstand zur Variationslinguistik und zur Identitätsforschung sei angemerkt, dass zahlreiche Konzepte existieren, die dazu dienen sollen, kontakt-, sozio- und variationslinguistische Untersuchungen sowohl quantitativ als auch qualitativ durchzuführen – eine Abwägung all dieser Konzepte würde hier bei Weitem den Rahmen sprengen. Es sei daher lediglich darauf hingewiesen, dass in dieser Arbeit – um eine adäquate Beschreibung der sprachlichen Realität im Baskenland zu gewährleisten – das Konzept der funktionalen Variationslinguistik nach Stehl (2012) als Grundlage dient. Hierfür spielt die Sprachtheorie Coserius eine entscheidende Rolle. Insbesondere in seiner Schrift Sprachkompetenz: Grundzüge der Theorie des Sprechens (Erstauflage 1988) erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit der Sprachkompetenz, wobei er weit «über den Strukturalismus hinaus[geht]» (1988b, 103). Etablierte Modelle, wie von de Saussure, nimmt er zwar zur Grundlage, diese werden je-

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doch kritisch begutachtet und ergänzt. Schon seit den 1950er Jahren erläutert Coseriu das Verhältnis von Synchronie und Diachronie und die damit verbundenen Probleme des Sprachwandels. Zudem definiert er die Begriffe Dialekt, Niveau und Sprachstil und erklärt das eigentliche Ziel der Dialektologie. Für Coseriu ist es unerlässlich, über die strukturalistische Sichtweise hinauszugehen. Auf Basis von Lausbergs und Coserius Ansatz entwickelte Stehl ein Modell, in dem nicht nur eindimensional vorgegangen wird, sondern sprachliche Variation anhand einer Trias – sprachliches Wissen der Sprecher, selektive Umsetzung dieses Wissen in der Redetätigkeit und materialsprachliches Produkt – untersucht wird. Exemplarisch stellt er seinen Ansatz zur Beschreibung der sprachlichen Variation anhand von Untersuchungen in der Gallo- und Italoromania dar. Zur Analyse des Verhältnisses von Sprache und Identität sind zwar Publikationen zu finden, es scheint jedoch in der gesamten Forschungslandschaft kein sprachwissenschaftliches fundiertes Modell zu geben, anhand dessen es möglich ist, den Zusammenhang zwischen Sprache und Identität eindeutig und umfassend zu analysieren und differenziert nachzuweisen. Identität wurde zwar in verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsdisziplinen analysiert, doch bleiben Definition und empirische Methoden – gewiss durch die subjektive Komponente innerhalb von «Identität» – unscharf und können kaum Allgemeingültigkeit beanspruchen. Oft wird der Begriff der Identität zwar verwendet, eine kritische Auseinandersetzung erfolgt jedoch nur in den wenigsten Fällen. In der Psychologie und Sprachwissenschaft wird etwa von Janet Aleemi die soziale und psychische Situation von Bilingualen untersucht. Sie stellte bereits 1991 in ihrer Publikation Zur sozialen und psychischen Situation von Bilingualen. Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsbildung unter anderem gesellschaftliche Probleme von bilingualen Sprechern dar. Auch ein Blick auf andere Disziplinen zeigt, dass «Identität» in Publikationen thematisiert und auch genauer definiert wird, der Zusammenhang von Sprache und Identität jedoch nur schwer zu erfassen ist und daher in der Regel nur in Ansätzen beschrieben wird. Wichtige Ausführungen zur Identität kommen vor allem aus den Politikund Regionalwissenschaften. Bedingt durch die Globalisierungsprozesse und die damit verbundene Rückbesinnung auf den lokalen und regionalen Kontext ist hier der Aspekt der nationalen und regionalen Identität vorrangig diskutiert worden. Etwa im Sammelband Ethnisches und nationales Bewusstsein – Zwischen Globalisierung und Regionalisierung von Manfred Bornewasser und Roland Wakenhut von 1999 taucht Identität in unterschiedlichen inhaltlichen Zusammenhängen auf. So wird unter anderem die Entwicklung von Nationalbewusstsein oder die Darstellung der regionalen Identität an exemplarischen Beispielen aus der Kurpfalz, Franken oder der Toskana erläutert. Auch im

14 | Stand der Forschung

Sammelband Regionalität als Kategorie der Sprach- und Literaturwissenschaft vom Instytut Filologii Germańskiej der Uniwersytet Opolski 2002 wird Identität in vielfacher Perspektive analysiert; so wird etwa ein Zusammenhang zwischen Regionalhymnen und kultureller Identität (cf. Kurzke 2002, 141–152) hergestellt oder die Bedeutungsverschiebung von nationaler und regionaler Identität im Zeitalter der Globalisierung erläutert (cf. Pott 2002, 113–122). Aufschlussreiche Ansätze zur Identität finden sich auch in der Philosophie und der Sprachphilosophie. Interessante und übertragbare Aussagen zur sprachlichen Identität sind vor allem in älteren Arbeiten von renommierten Forschern zu finden. Hier sind Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften zu nennen, die von der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben wurden und bedeutende Abhandlungen von Humboldt wie Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (1830–1835) beinhalten. In Humboldts Sprachkonzeption sind Anmerkungen zum Verhältnis von Sprache und Bewusstsein beziehungsweise der Einheit von Sprache und Denken zu finden, die auch in dieser Arbeit für die eigenen Grundannahmen zur Identität als Grundlage dienlich sind. Im Band 12.1 Kontaktlinguistik des sprachwissenschaftlichen Handbuchs zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft ist der Artikel Identität von Harald Haarmann erwähnenswert. Haarmann entwickelt diverse Identitätsmodelle, die durch einen mathematisch-theoretischen Ansatz gekennzeichnet sind – ein praxisnahes Untersuchungsmodell wird jedoch nicht beschrieben. Aufgrund der hier erläuterten Desiderata ist es ein Anliegen dieser Arbeit, ein praktisches Verfahren zu entwickeln, mit dem der Zusammenhang von Sprache und Identität an konkreten Beispielen untersucht werden kann. Exemplarisch soll dies anhand einer ausführlichen kontrastiven Gegenüberstellung der sprachlichen und kulturellen Realität im Nordbaskenland und im Südbaskenland erfolgen, um so zu erläutern, inwiefern das sprachliche und metasprachliche Wissen und die selektive Umsetzung dieses Wissens in der Redetätigkeit Bedeutung für die Identitätsbildung haben. Schließlich wird auch der Einfluss politischer und gesellschaftlicher Gegebenheiten, die aus den unterschiedlichen sprachhistorischen und sprachpolitischen Entwicklungen Frankreichs und Spaniens folgen, ebenfalls aufgezeigt.

| I Historischer Teil

3 Sprachgeschichte und Sprachpolitik Das folgende Kapitel beginnt mit einer Vorstellung der ethnolinguistischen Daten, der wesentlichen sprachlichen Charakteristika des Baskischen sowie der verschiedenen Ursprungstheorien zum Baskischen. Anschließend erfolgen Ausführungen zur Sprachgeschichte. Hier wird keine chronologische Herangehensweise verfolgt; die Sprachgeschichte wird vielmehr thematische Schwerpunkte beinhalten. Die Darstellung der historischen und politischen Entwicklungen ist insofern von großer Bedeutung, als die befragten Sprecher stets mit der Historie ihres Volkes verbunden sind und sich daher implizit und explizit darauf beziehen; für die Analyse und Interpretation der Sprecheraussagen ist die Kenntnis der Sprachgeschichte daher zwingend erforderlich. Coseriu (1988c, 134) erklärte bereits 1988, «dass ein Sprecher ein ganzes Sprachsystem kennt, das heißt, daß er davon ein intuitives Wissen hat». Der Sprecher ist stets Teil der Sprachgeschichte und wieder mit dieser konfrontiert; er befindet sich immer in der prozessualen Folge von mindestens zwei Sprachzuständen. Daher ist auch der Sprachzustand einer funktionellen Sprache niemals statisch (ib., 135). Das Begreifen der Geschichte in ihrer Gesamtheit ist notwendig, da «gerade in realer Hinsicht die Sprachgeschichte genauer, und in gewissem Sinne die Sprachgeschichte allein, dem Wesen der Einzelsprachen entspricht» (ib., 131). Bei den Ausführungen wird insgesamt ein Schwerpunkt auf die unterschiedlichen Entwicklungen im Nordbaskenland und im Südbaskenland ab der staatlichen Teilung gelegt. Wie sich zeigen wird, ist die Geschichte des Baskenlandes und der baskischen Sprache eine Folge von Sprach- und Kulturkontakten. Zahlreiche dieser Kontakte haben die baskische Sprache und das baskische Volk in besonderer Weise beeinflusst – so kam es zu zwei sprachlich und politisch verschiedenen Kontaktdynamiken im Nordbaskenland auf französischem Staatsgebiet und im Südbaskenland auf spanischem Staatsgebiet.

3.1 Ethnolinguistische Daten 3.1.1 Die Region Baskenland: Geografische Gliederung Das Baskenland ist ein zwischen Frankreich und Spanien zweigeteiltes Territorium am Atlantik. Man geht von etwa 3 Millionen Einwohnern auf einer Grundfläche von zirka 20.000 Quadratkilometern aus (cf. hierzu etwa Haritschelhar 1983, 26; Trask 1997, 3; Zuazo 1995, 5). Es handelt sich um ein Territo-

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rium «qui n’est ni français, ni espagnol. Plus proprement pyrénéen, en majeur part péninsulaire [...]» (Narbaitz 1975, 11). Der größere Teil des Baskenlandes befindet sich im Süden der Pyrenäen mit über 17.600 Quadratkilometern, der kleinere Teil von knapp 3.000 Quadratkilometern im Norden der Pyrenäen (ib., 11). Euskadi gliedert sich also in zwei Teile – südlich und nördlich der französisch-spanischen Grenze – und besteht zudem aus sieben historischen Provinzen. 1 Spuren der Sprach- und Kulturkontakte spiegeln sich in der arealen Gliederung deutlich wieder. Der nördliche, kleinere Teil liegt in Frankreich, bildet den südlichen Teil des Département Pyrénées Atlantiques, zu dem auch nichtbaskische Gebiete gehören, und umfasst die drei Provinzen Nafarroa Beherea (französisch: Basse-Navarre), Lapurdi (französisch: Labourd) und Zuberoa 2 (französisch: Soule). Die Basken nennen dieses Gebiet Iparralde; größere Städte sind Baiona (Bayonne) und Miarritze (Biarritz).

Abb. 1: Karte des Baskenlandes (Trask 1997, 2); © Routledge, London.

|| 1 Kaspar (2008, 3) spricht stattdessen von «Territorien», da er diese Bezeichnung für objektiv hält. Dies wird auch von Davant (2007, 127) bekräftigt. Kaspar (2008, 3) meint, dass es keine Provinzen sein können, da die verschiedenen Gebiete ganz unterschiedlich verfasst sind: So war Navarra ein Königreich und die drei Territorien im Nordbaskenland werden aus verwaltungstechnischer Perspektive nicht als Provinzen, sondern lediglich als Bezirke (im Département Pyrénnées Atlantique) angesehen. Bei den drei südbaskischen Territorien sei es zudem erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts üblich, sie als Provinzen zu bezeichnen. In der vorliegenden Arbeit wird nichtsdestotrotz in der Regel der Begriff «Provinzen» verwendet. 2 Cf. zu den einzelnen Provinzen etwa Davant (2007, 132–136, 136–140 sowie 140–145).

Ethnolinguistische Daten | 19

Die weiteren vier historischen Provinzen, Araba (spanisch: Álava) mit der Hauptstadt Gasteiz (spanisch: Vitoria), Bizkaia (spanisch: Vizcaya) mit der Hauptstadt Bilbo (spanisch: Bilbao), Gipuzkoa (spanisch: Guipúzcoa) mit der Hauptstadt Donostia (spanisch: San Sebastián) und Nafarroa 3 (spanisch: Navarra) mit der Hauptstadt Iruñea (spanisch: Pamplona), liegen in Spanien, also im südlichen Teil des Baskenlandes, der von den Basken auch Hegoalde genannt wird (Uhlig 2002, 7; Trask 1997, 3). Zum Teil bilden sie die Comunidad Autónoma Vasca, eine 1979 anerkannte autonome Provinz, in der die baskische Sprache neben dem Spanischen ko-offiziell ist. Das Gebiet Nafarroa wurde vom spanischen Staat nicht dieser autonomen baskischen Gemeinschaft zugerechnet, sondern hat 1982 ein eigenes Autonomiestatut erhalten. Es wird aber von den Basken als baskische Provinz angesehen, auch Teile der Einwohner dort bezeichnen sich als baskisch und fühlen sich Euskadi zugehörig. Die französischen Gebiete besitzen solche Sonderrechte, wie sie im Südbaskenland gegeben sind, nicht. Die geografische Zusammengehörigkeit beziehungsweise Einigkeit des Baskenlandes wird von den Basken in der Regel verteidigt. Die kulturelle und sprachliche Abgrenzung vom französischen und vom spanischen Staat sind ein wesentliches Merkmal der baskischen Gesamtregion; die meisten Basken erklären daher, dass die vier Provinzen auf spanischem Gebiet und die drei Provinzen auf französischem Gebiet ein Baskenland darstellen. 4 Zu den über die Sprache hinausgehenden Merkmalen gehören unter anderem eine spezifisch baskische Musik, die seit Jahrtausenden weitergegeben wird, der baskische Tanz und die baskischen Spiele und Sportarten. 5 Bei einem Vergleich kartografischer Darstellungen des Sprachgebiets im Zeitverlauf wird deutlich, dass ein starker Rückgang der Ausdehnung, das heißt eine Verkleinerung des Gebiets, in dem Baskisch gesprochen wird, zu verzeichnen ist. Vom 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bis heute ist das entsprechende Areal kontinuierlich kleiner geworden (cf. hierzu Abbildung 4 im Kapitel 3.3.1). Man kann von einem schleichenden Prozess ohne signifikant sprunghafte Phasen sprechen. Doch insbesondere sind die Sprachgrenzen durch den französischen und spanischen Einfluss in den letzten Jahrhunderten begrenzt und zugunsten der jeweiligen Staatsgebiete verschoben wurden. Daher stehen auch Fragen von Spracherhalt und Sprachverlust in einem wichtigen Zusammenhang

|| 3 Cf. zu den einzelnen Provinzen etwa Davant (2007, 128–132, 145–147, 147–149, 149–150). 4 Cf. hierzu die Ergebnisse der empirischen Erhebungen von Kapitel 7 bis 10. 5 Cf. hierzu ausführlich Haritschelhar (1983, 361–378, 379–401, 403–425, 427–441).

20 | Sprachgeschichte und Sprachpolitik

mit der baskischen Geschichte, wie in den nächsten Kapiteln noch näher aufgezeigt werden wird.

3.1.2 Varietäten des Baskischen Im Zuge der Normierungs- und Standardisierungsprozesse wurde 1968 ein geeintes Baskisch, das Euskara batua, geschaffen. Vorher bestand und besteht in Ansätzen bis heute die baskische Sprache aus recht verschiedenen Varietäten, wobei hierfür unterschiedliche Einteilungen existieren. Während «en el siglo XVIII el padre Larramendi establecía la existencia de cinco dialectos: el de Zuberoa, el del Labourd […], el de Vizcaya […], el de Navarra, con variantes, y el de Guipúzcoa, con particularidades también en cada zona» (Baroja 1945, 19– 20), stellte Bonaparte, der die Dialekte wohl als einer der ersten wissenschaftlich fundiert untersuchte (cf. u.a. Bonaparte 1862; Haase 1992, 18; Haritschelhar 1996, 88), laut Baroja ein anderes Einteilungssystem vor: «El príncipe Bonaparte […] dividió el habla vasca en tres grupos; los tres grupos, en ocho dialectos, y éstos a su vez en subdialectos o variedades. Conforme a esta ordenación […] resulta que los límites geográficos y administrativos no concuerdan con los lingüísticos» (Baroja 1945, 20).

Seine Einteilung der acht Hauptdialekte (cf. hierzu auch Euskaltzaindia 1977, 147) sah wie folgt aus: «el vizcaino, el guipuzcoano, el altonavarro meridional, el altonavarro septentrional, el labortano, el bajonavarro occidental, el bajonavarro oriental y el suletino» (Goenaga 1990, 491; cf. auch Zuazo 1995, 16). Meist wird das Baskische in fünf bis sechs Dialekte 6 untergliedert: Biskayisch, Gipuzkoanisch und Hochnavarrisch sind südliche Dialekte. Auf der französischen, nördlichen Seite existieren die Dialekte Laburdinisch, Niedernavarrisch und Souletinisch. Die Gebiete, in denen die jeweiligen Dialekte zu finden sind, entsprechen ungefähr den früheren Verwaltungseinheiten und heutigen Provinzen. Die folgenden Übersichten zeigen die Variationsbreite, abweichend zum Standard:

|| 6 Es existieren verschiedene Schreibweisen der nachfolgenden baskischen Dialekte.

Ethnolinguistische Daten | 21

ich bin du bist er/sie/es ist wir sind du bist ihr seid sie sind

Biskayisch naz az da gara zara zaree dira

Gipuzkoanisch naiz aiz da gera zera zerate dira

Standardbaskisch naiz haiz da gara zara zarete dira

Labourdnisch naiz haiz da gare zare zarete dire

ich habe es ich hatte es

dot neban

det nuen

dut nuen

dut nuen

Dialektale Variationsbreite des Baskischen (modifiziert nach Haase 2000, 302) Biskayisch Gipuzkoanisch-Navarrisch deutsuguz [nous vous les avons (à vous)] dizkizugu

Labourdinisch d(er)auzkitzugu

deuskuzuz [(vous) nous les avez]

d(er)auzkigutzu

dizkiguzu

Dialektale Variationsbreite des Baskischen (modifiziert nach Haritschelhar 1987, 260)

Lange Zeit existierte keine einheitliche Literatursprache. Noch 1975 konstatierte der Sprachwissenschaftlicher Antonio Tovar, dass die baskischen Dialekte «teilweise in Formenbildung und Wortschatz weit von einander abweichen» (Tovar 1975, 81). Standardmäßig werden fünf beziehungsweise sechs Dialekte unterschieden, jedoch sind schon bis zu 25 Subvarianten unterteilt worden (Mahlau 1999, 142; cf. hierzu auch Jacob 1994, xv). Mitte des 19. Jahrhunderts teilte Lucien Bonaporte das Baskische, wie bereits erwähnt, in acht Dialekte ein, Anfang des 19. Jahrhunderts Resurrección María de Azkue in sieben und Mitte des 20. Jahrhunderts Luis Michelena in neun Dialekte (Trask 1997, 5). Die unterschiedliche Einteilung ergibt sich aus verschiedenen Gründen: Im Gebiet der Navarra kann man weitere baskische Dialekte untergliedern, die Bonaparte zwar untersuchte, aber zum Souletinischen, Labourdinischen oder Niedernavarrischen zählte (Tovar 1975, 81). Aber auch die französisch-spanische Teilung des Baskenlandes ist für Abweichungen verantwortlich. Das Euskara batua wird aktuell von den jüngeren Generationen gelernt; Dialektsprecher sind vor allem in der älteren Generation und auf spanischem Territorium zu finden. Im Einheitsbaskischen kann es daher in den verschiedenen Gebieten zu dialektalen Interferenzen kommen.

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3.1.3 Sprecherzahlen In den sieben historischen Provinzen ist Baskisch heute unterschiedlich weit verbreitet. In Spanien ist die baskische Sprache in der Autonomen Region kooffiziell mit dem Spanischen. Das Sprachgebiet umfasst hier den östlichen Teil der Provinz Bizkaia, die Provinz Gipuzkoa, ein Gebiet der Provinz Araba sowie den Norden der Provinz Nafarroa. In Frankreich hat Baskisch dagegen keinen offiziellen Status. Das Sprachgebiet umfasst hier den südlichen Teil des Département Pyrénées Atlantiques. Vor allem zwischen dem 18. und der Mitte des 20. Jahrhunderts kam es zu einem Rückgang der Sprecherzahlen des Baskischen, da das Französische und das Spanische enorm an Prestige gewannen und das Baskische beziehungsweise die baskischen Dialekte an Ansehen verloren. Der Basisdialekt wurde und wird auch heute noch lediglich in der alltäglichen Kommunikation mit Verwandten und Freunden gebraucht. Campion konstatiert, dass die «lengua euskara no es la lengua exclusiva en ninguno de aquellos paises; en todos ellos comparte su dominio con el francés o con el castellano» (Campion 1977a, 26). Heutzutage kann davon ausgegangen werden, dass sowohl in Spanien als auch in Frankreich keine monoglotten Sprecher des Baskischen mehr existieren. Die meisten Basken sind zweisprachig und sprechen entweder Baskisch und Spanisch oder Baskisch und Französisch (Uhlig 2002, 7). Eine konkrete Angabe der Sprechzahl ist – einerseits durch die Teilung des Baskenlandes in Hegoalde und Iparralde und andererseits bedingt durch die unterschiedlichen Handhabungen des französischen und des spanischen Staats – schwierig und kann insgesamt nur geschätzt werden. Grundsätzlich sind die Zahlen also nur als Richtwerte zu verstehen, da die Angaben auch in der Literatur recht deutlich divergieren. Zahlen sind bei verschiedenen Institutionen erhältlich; EUSTAT (www.eustat.es) stellt etwa statistische Informationen zur baskischen Bevölkerung im Kontext von wirtschaftlichen Aspekten zur Verfügung. In den 1990er Jahren kann von ungefähr 660.000 Sprechern ausgegangen werden, wovon sich ungefähr 80.000 Sprecher auf der französischen Seite befanden (cf. hierzu Zuazo 1995, 5; Trask 1997, 1; Cichon 2003, 29). Bei Uhlig (2002, 7) findet man die leicht abweichende Angabe, dass 1996 rund 692.700 Sprecher im spanischen Teil und 56.200 Sprecher im französischen Gebiet lebten. Fast die Hälfte der baskischen Sprecher lebt in Gipuzkoa (Zuazo 1995, 5). Aktuell geht man von einem Aufschwung des Baskischen aus, da es von den jungen Generationen wieder zunehmend erlernt wird. Kaspar erklärt in seinen Ausführungen von 2008, dass das Baskenland knapp drei Millionen Einwohner zählt, 22,4 Prozent davon seien Baskischsprecher (Kaspar 2008, 10). Zu den Sprechern müssen noch (angeblich) weitere 90.000 hinzugezählt werden, die

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nicht mehr im Baskenland, sondern in der nord- und südamerikanischen Diaspora leben – man nennt diese Auswanderer amerikanoak (Haase 2003, 75). Wie bei vielen anderen Minderheitensprachen konnte das Baskische im Laufe seiner Geschichte fast ausschließlich durch die Transmission in der Familie erhalten werden. Vor allem in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, während der Franco-Diktatur in Spanien, war die Weitergabe äußerst problematisch (Rolssenn 1985, 20). In den letzten 30 Jahren wurde das Baskische – vor allem im Südbaskenland – im öffentlichen Leben, also etwa im Schulwesen, an den Universitäten und im Medienbereich, wieder präsenter. In bestimmten Gebieten, vor allem in Gipuzkoa, ist heute sogar ein Alltagsleben auf Baskisch möglich, doch nach wie vor werden die beiden Nationalsprachen in den jeweiligen Gebieten stärker gefördert.

3.2 Die Alleinstellung der baskischen Sprache Tovar erklärte, dass «[e]l hecho de la conservación del vascuence es sin duda ninguna uno de los fenómenos históricos más extraordinarios» (Tovar 1950, 9). Unstrittig ist, dass das Euskera bereits aus vorrömischer und sogar aus vorindoeuropäischer Zeit stammt. Baskisch ist die älteste «lebende» Sprache Europas (Davant 2007, 11) – «la plus ancienne in situ parmi celles qui ont été conservées jusqu’à nos jours» (Haritschelhar 1983, 227) – und kann weder der indogermanischen noch der uralischen Sprachfamilie zugeordnet werden (cf. Initiativ e.V. 2003, 32; Rolssenn 1985, 9). Auch Azkue (1949, 43) erklärt, dass die «lengua vascuence fué la primitiva y la universal en España: de ella y de la céltica ha tomado el latín innumerables palabras». Stellenweise lässt sich der Hinweis finden, dass die baskische Sprache seit 6.000 vor unserer Zeitrechnung im Baskenland gesprochen wird. Es handle sich um Reste einer Sprachfamilie, die viel weiter verbreitet war, als sie jetzt ist (Ortots 1979, 35). Einige Nachweise sprechen dafür, dass das Baskische aus dem Alt-Aquitanischen hervorgegangen ist, von dem aber nur einige Bruchstücke überliefert sind (cf. hierzu Rohlfs 1977, 19–21, 36; Haase 2003, 74; Trask 1997, 398–403). Mitten in der Romania bildet das Baskische eine Enklave. Durch ihre besonderen Charakteristika erfolgt in gewisser Weise eine Isolierung der Sprecher, gleichzeitig kann die Sprache den «Anspruch» auf Einzigartigkeit erheben. Durch mobilitätsbedingte Ereignisse kam es zu einem Kontakt mit anderen Sprachen, die Spuren hinterlassen haben, doch auch das Baskische hat diese Sprachen wiederum beeinflusst (cf. hierzu Eusko Jaurlaritzaren Argitalpen Zerbitzu Nagusia 2004, 5 oder auch Kapitel 9).

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3.2.1 Sprachliche Charakteristika des Baskischen Die baskische Sprache ist von zahlreichen sprachlichen Besonderheiten gekennzeichnet, wovon einige hier Erwähnung finden sollen: Es handelt es sich um keine analytische, sondern durch den synthetischen Charakter um eine agglutinierende Sprache (Campion 1977a, 25; Hoffmann-Duhalde 1991, 61). Trotz agglutinierender Nominalflexion hat das Baskische – wie andere agglutinierende Sprachen – keinen festen Wortakzent, sondern einen Wortgruppenakzent (Haase 2000, 296; 2003, 71) beziehungsweise Satzakzent (Tovar 1975, 82). Eine Besonderheit des Baskischen ist zudem die ergative Kasusmarkierung. Dieser Kasus bildet einen Sonderfall unter den europäischen Sprachen. Dabei wird das transitive Subjekt durch die Endung k markiert. 7 Erwähnenswert sind auch die Syntagmaflexion und die besondere Satzstellung. Im Baskischen wird stets das letzte Wort eines Syntagmas markiert, um das Ende einer Wortgruppe kenntlich zu machen. 8 Diese nach europäischen Sprachgewohnheiten ungewöhnlichen Charakteristika und die allgemeine Ungewissheit über den Ursprung der Sprache, aber auch über die Herkunft des Volkes, nutzt der baskische Nationalismus, um sich eine besondere Bedeutung zuzuschreiben. Es kommt zu Mythenbildungen, in der die Basken etwa als letzte Überlebende der biblischen Arche Noah bezeichnet werden (Valandro 2001, 30–31; cf. auch Garagalza 1999, 94–105). Auch Waldmann (1992, 290) erklärt, dass «die baskische Gesellschaft […] stets sehr fruchtbar in der Erzeugung von Mythen» war.

3.2.2 Ursprung der baskischen Sprache Der Ursprung der baskischen Sprache ist ein noch ungelöstes Rätsel. Nicht nur ist eine Verwandtschaft mit anderen Sprachen bisher nicht zweifelsfrei nachzuweisen gewesen, sondern auch die Frage nach der Herkunft der Basken selbst bleibt damit unklar. Es gibt verschiedene Theorien, doch konnten durch die bisherigen Untersuchungen nur Vermutungen aufgestellt werden. Einige Wissenschaftler, wie etwa Wilhelm von Humboldt, glaubten, dass es sich bei der baskischen Sprache um ein Überbleibsel der alten iberischen Sprache handelt

|| 7 Gizonak liburua du (Der Mann hat ein Buch). Im Gegensatz dazu: Gizona txikia da (Der Mann ist klein). 8 Liburua (das Buch). Aber: Liburu txikia (das kleine Buch). Aber: Liburu txiki hau (dieses kleine Buch).

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(Humboldt 1905, 57–232) 9 – zumal das baskische Sprachgebiet vor einigen Jahrhunderten größer war als das heutige. Die Untersuchung einiger Ortsnamen in Teilen Aragoniens und Westkataloniens bestätigten, dass hier die baskische Sprache verwendet wurde. Doch konnten insgesamt keine überzeugenden Übereinstimmungen iberischer und baskischer Termini gefunden werden (Trask 1995, 77). Kaspar führt – mit Bezug auf Antonio Tovar – an, «daß Iberisch und Baskisch keine verwandten Sprachen sind: Von tausend untersuchten iberischen Wörtern hatten nur 51 Gemeinsamkeiten mit dem Baskischen, zu wenig, um von Verwandtschaft zu sprechen» (Kaspar 2008, 8). Es wird außerdem davon ausgegangen, dass die geografische Ausdehnung der Basken nicht weit über Nordspanien und Südwestfrankreich hinausging. Mit der Entschlüsselung der iberischen Schrift widerlegte Gómez-Moreno 1922 diese These endgültig und die Basken können nicht als Ureinwohner der ganzen Iberischen Halbinsel betrachtet werden (Tovar 1975, 81). Auch wenn Ähnlichkeiten bei Wortstrukturen oder Suffixen aufgedeckt wurden, ist eine direkte Abstammung ausgeschlossen (Rolssenn 1985, 9). Eine weitere Verwandtschaftshypothese war, dass die Sprache einen gemeinsamen Ursprung mit kaukasischen Sprachen hat (Tovar 1959, 32–36). Diese Beziehung untersuchte unter anderem Schuchardt (1928, 213). Sowohl im Wortschatz als auch in der Morphologie wurden Ableitungen gefunden. Tovar erläuterte: «Coincidencias también muy interesantes son la formación de verbos causativos con un elemento –ra-, por ej. vasc. ibilli ‹andar›, erabilli ‹mover›; ikusi ‹ver›, erakusi ‹enseñar›, ikasi ‹enseñar›, erakatsi ‹instruir›; lo mismo tenemos en abkhaz, en ubykh, en cherkés» (Tovar 1950, 24).

Auch aufgrund des Kasussystems und der komplexen Verbalformen wurde vermutet, dass das Baskische mit dem Georgischen verwandt ist, was sich aber nicht völlig bestätigen lässt (Haase 2000, 296). Die geografische Entfernung trübt u.a. die Glaubwürdigkeit der These. Rolssenn (1985, 11) führt jedoch an, dass der Sprachwissenschaftler Karl Bouda mehr als 300 Ähnlichkeiten zwischen baskischen und kaukasischen Wörtern aufdeckte. So fand er unter anderem zu sagar (bask. Apfel) die ostkaukasische Entsprechung zaxar sowie garagar (bask. Weizen) zu ostkaukasisch gargar. Auch bei hamitischen und bei semitischen Sprachen wurden zwar lexikalische und morphologische Übereinstimmungen belegt, doch konnten hierzu

|| 9 Hier explizit die Seiten 174–175 sowie 209–211. Cf. auch Euskaltzaindia (1977, 144).

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Verwandtschaftsbeziehungen nicht systematisch belegt werden (cf. hierzu Rolssenn 1985, 9; Ortots 1979, 35; Tovar 1975, 81). Eine Übereinstimmung des Baskischen mit den Berbersprachen Nordafrikas wurde vor allem von Georg von der Gabelentz (1894) verteidigt (cf. hierzu auch Trask 1997, 361; Tovar 1975, 81). Insbesondere im Bereich der Lexik ließen sich einige Gemeinsamkeiten finden, jedoch können diese auch durch eine Adstratsituation bedingt worden sein: «G. von der Gabelenz y después con más cuidado Schuchardt y L. Reinisch han puesto de manifiesto coincidencias léxicas cuyo número excluye la casualidad y afirma la primitiva relación con el camita (y el semita): berri, idi, bide, zaldi, su, beltz, ibai parecen correspondar a un primitivo fondo ibero-camítico; aker ‹macho cabrío› = bereber iker akar ‹carnero›, hebr. kar ‹cordero›» (Tovar 1950, 26).

Übereinstimmungen mit altaischen Sprachen, mit Dialekten der Eskimos oder verschieden Sprachen der Indianer aus Nord- und Südamerika, erscheinen wenig logisch und nur schwer begründbar (Charpentier 1977, 14). Auch die Gemeinsamkeiten mit dem Finnischen, dem Mongolischen, dem Sardischen oder den Uralsprachen blieben «punktuell und begründen noch keine Verwandtschaft» (Mahlau 1999, 138). Allgemein fehlte es bei den bisherigen Untersuchungen an systematischen Belegen; bei allen Übereinstimmungen waren stets starke Abweichungen in Bereichen der Grammatik und des Wortschatzes zu finden. Sicher ist die Lösung des Rätsels der Sprachherkunft nach wie vor interessant, doch nach zwei Jahrhunderten Forschungsdebatte tritt die Frage heute gegenüber aktuellen Entwicklungen eher in den Hintergrund.

3.2.3 Herkunft der Basken Wie der Ursprung der baskischen Sprache ist auch die Herkunft des Volks der Basken ein noch ungelöstes Rätsel. Sicher ist, dass die Basken seit sehr langer Zeit an den Abhängen der Westpyrenäen leben. Die geografischen Besonderheiten – das sehr ausgeprägte Berg- und Tal-Relief – verschaffte den verschiedenen Stämmen eine Möglichkeit der Isolierung, um ihre Lebens- und Kulturweise sowie ihre Sprache lange zu behaupten (Lang 1983, 19). Es gibt diverse Theorien zur Herkunft des Volkes, die jedoch bisher nicht endgültig bewiesen werden konnten. So wird etwa erläutert, dass eine Abstammung der Basken vom Cro-Magnon-Menschen möglich ist (Davant 2007, 17). Es könnte hier eine Gattung gelebt haben, die mit dem Cro-Magnon verwandt war. Der Cro-MagnonMensch soll ursprünglich in Osteuropa ansässig gewesen und bis zu den Pyre-

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näen gelangt sein. Zumindest soll er vor zirka 350.000 Jahren Höhlen in Südwestfrankreich und in Nordspanien bewohnt haben (cf. Charpentier 1977, 16– 33; Rolssenn 1985, 8). Dadurch, dass die Basken als Nachfahren des CroMagnon sich im Baskenland stark isoliert bewegt und entwickelt hätten, konnten sie – nach dieser Theorie – ihre Kultur und ihre nicht-indogermanische Sprache bewahren. Eine weitere, auf serologischen Beweisen beruhende These besagt, dass das baskische Volk von den Ligurern, die in der Jungsteinzeit Westeuropa bewohnten, abstammen könnte. Die Basken wären damit die direkten Nachkommen der Ureinwohner Europas. Die «Ursprache» ging bei anderen Völkern verloren; nur den Basken sei es möglich gewesen, sie zu erhalten (cf. Charpentier 1977, 79; Jacob 1994, xiv sowie Haritschelhar 1983, 100–103). Auch wenn bei den beiden Theorien eine unterschiedliche Herkunft vermutet wird, führen jedoch beide das baskische Volk auf ein hohes Alter zurück. In alten, überlieferten Geschichten der baskischen Sprach- und Kulturgemeinschaft, die von den Ursprüngen der Basken erzählt, wird dies ebenfalls thematisiert. 10 Die Analyse der baskischen Lexik zeigt ebenso, dass heute noch Wörter verwendet werden, die in sehr alten Zivilisationsgemeinschaften gebildet wurden. So stammt beispielsweise die Wortfamilie der Begriffe Axt, Hacke und Messer von dem Wort aitz (Stein) aus dem neolithischen Zeitalter. Auch die Worte hortzi (der Blitz, von Himmel hortz) und hortz (Zahn) sind sehr wahrscheinlich im Neolithikum entstanden. So war es zu dieser Zeit Sitte, dass man an einer Kette einen Zahn trug, der Schutz vor dem Blitz bieten sollte (Rolssenn 1985, 8; Charpentier 1977, 64). Da es aufgrund des historischen Abstands nur sehr wenige Zeugnisse gibt, ist jedoch eine exakte Einordnung äußerst schwierig. In einer eher populärwissenschaftlichen Arbeit von Ortots (1979, 12) ist auch eine Erklärung für die Entstehung der baskischen Dialekte zu finden: Ungefähr 2.000 vor unserer Zeitrechnung hätten sich verschiedene baskische Stämme über das Land ausgebreitet. Die Oberhäupter dieser Stämme bildeten einen gemeinsamen Rat, der teilweise noch bis ins Mittelalter erhalten blieb. Jeder Stamm hätte aber einen eigenen Dialekt gehabt, sein spezielles Merkmal, von denen die noch heute existierenden verschiedenen Dialekte abstammen würden.

|| 10 Charpentier (1977, 12) berichtet etwa von mehreren Entstehungslegenden des baskischen Volkes.

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3.3 Sprachgeschichte des Baskenlandes Zur Darstellung der Sprachgeschichte in dieser Arbeit seien folgende Anmerkungen gemacht: Es wäre zwar möglich, die Geschichte der Provinzen des Baskenlandes je einzeln darzustellen, doch soll hier im Hinblick auf das Untersuchungsziel das «gesamte» Baskenland behandelt werden. Die Geschichte soll anhand verschiedener thematischer Schwerpunkte beschrieben werden; hierbei werden etwa Sprachkontakte, areale Aspekte oder politische und normative Prozesse vorgestellt. Diese Unterkapitel sind in sich chronologisch aufgebaut, es kann jedoch stellenweise – aufgrund des jeweiligen thematischen Schwerpunktes – zu großen zeitlichen Sprüngen kommen. Es soll außerdem nicht allen Aspekten bis ins Detail nachgegangen werden; es werden lediglich wesentliche Aspekte der baskischen Sprachgeschichte erläutert, anhand derer die spezifische Kontaktsituation und die sprachlichen Realitäten der Gegenwart nachvollziehbar werden.

3.3.1 Ausdehnung des Sprachgebiets und Sprachgrenzen Im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung umfasste das Baskenland noch ein wesentlich größeres Sprachgebiet als heute. Während im Südbaskenland noch bis ins 19. Jahrhundert signifikante Veränderungen erfolgten, sind jedoch im Nordbaskenland seit dem Mittelalter keine großen Verschiebungen zu erkennen (Haase 1992, 19). Dass das baskische Gebiet vor 2.000 Jahren wesentlich größere Ausmaße gehabt haben muss, lässt sich anhand der ersten schriftlichen Erwähnungen nachweisen, die vor allem von griechischen und römischen Gelehrten stammen (cf. Kaspar 2008, 6–7). Folgende Karte zeigt die Veränderungen des Sprachgebiets:

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Abb. 2: Verschiebung der Sprachgrenzen (Trask 1997, 4), © Routledge, London.

Im Kontext der Romanisierung bzw. der Eingliederung des Baskenlandes in das römische Reich ist jedoch auffällig, dass bereits die Römer – bedingt durch die Pyrenäen – eine administrative Trennung zwischen Nord- und Südbaskenland vollzogen haben: Iparralde gehörte zu Gallien und Hegoalde zu Hispanien (Kaspar 2008, 19). Wie auf der Landkarte in Abbildung 2 zu sehen ist, hatte das Sprachgebiet zur Zeit der römischen Herrschaft und auch der Arabisierung der Iberischen Halbinsel im 8. Jahrhundert noch eine weitaus größere Ausdehnung als heute. Insbesondere im spanischen Gebiet wurden die Sprachgrenzen vor allem ab dem 10. Jahrhundert stark zurückgedrängt. Im 9. Jahrhundert wurde in Pamplona ein erstes baskisches Königreich geschaffen: das Königreich Navarra. 11 Dies wirkte sich auch auf die Ausdehnung des Sprachgebiets aus. König Eneko Aritza und seine Nachfolger eroberten die teilweise noch von den Arabern besetzten baskischen Gebiete zurück. Das Königreich umfasste zum großen Teil die heutige Hoch- und Niedernavarra und konnte durch geschickte politisch-strategische Züge bis in das 11. Jahrhundert

|| 11 Das Königreich unterteilt sich in Merindate, die durch eine große Selbständigkeit gekennzeichnet waren.

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stetig vergrößert werden (Trask 1997, 14–15), verlor jedoch auch schnell wieder an Prestige und Größe, wie folgende Abbildung zeigt:

Abb. 3: Vergrößerung und Niedergang des Königreiches (Davant 2007, 95)

Es war in der nachrömischen Zeit das erste und einzige Mal, dass alle Basken einer politischen Einheit angehörten (ib., 15). Vor allem ab dem 17. Jahrhundert fängt die Teilung des Baskenlandes in einen nördlichen und in einen südlichen Teil an, markant zu werden. Neue Grenzräume entstehen. Ab 1635 standen Frankreich und Spanien im Krieg miteinander. Dieser Krieg wurde durch den Pyrenäischen Frieden von 1659 beendet, welcher das Gebirge als definitive Grenze zwischen beiden Staaten festlegte. Zuazo (1995, 6) meint, dass die französisch-spanische Grenze seit 1659 das Baskenland entscheidend prägt und teilt. Im Kontext der zunehmenden spanischen und französischen Vormachtstellung kommt es zu einer starken Zurückdrängung des baskischen Sprachgebiets vor allem im Südbaskenland. Nachfolgende Karte zeigt den systematischen Rückgang des baskischen Sprachgebiets in Hegoalde zwischen dem 18. und dem 20. Jahrhundert:

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Abb. 4: Rückgang des südlichen Sprachgebiets zwischen dem 18. und dem 20. Jahrhundert (Waldmann 1992, 196), © Springer, Berlin/Heidelberg.

Mit der Etablierung des französischen und spanischen Nationalstaates bis in die Gegenwart sind die politischen Grenzen des Baskenlandes festgesetzt. Folgende Karte gibt die geografische Aufteilung des Baskenlandes mit den Provinzgrenzen, wie sie sich seit Ende der 1970er Jahre bis heute darstellt, wieder:

Abb. 5: Politische Einteilung des Baskenlandes (Davant 2007, 311)

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3.3.2 Sprachkontakte, sprachliche Einflüsse und Sprachpolitik Die Sprach- und Kulturkontakte, denen das Baskenland im Laufe der Jahrhunderte ausgesetzt war, etwa Baskisch-Latein, Baskisch-Arabisch, Baskisch-Spanisch sowie Baskisch-Französisch, wirkten sich – wenn auch unterschiedlich – auf die sprachliche und kulturelle Identität der Basken aus. Insbesondere die französischen und die spanischen Einflüsse im Baskenland führten zu unterschiedlichen Entwicklungen im Norden und Süden. Der sprachliche Einfluss der Kelten fällt im Gegensatz zu den späteren lateinischen und romanischen Einflüssen eher gering aus. Im Wortfeld der Zahlen baut etwa das Baskische auf einem System auf, das auf keltische Sprachen zurückgeht (Mahlau 1999, 145); es liegt ein Zwanzigersystem vor. Im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung gelangten die Römer auf die Iberische Halbinsel und begannen mit der Eroberung (cf. Trask 1997, 9–10). Damit ging auch die Romanisierung, das heißt die Annahme der lateinischen Sprache durch die einheimischen Volksgruppen, einher. Ab dem 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurde das Baskenland in das römische Reich einbezogen. Navarra zählt zu den ersten baskischen Gebieten, die romanisiert wurden (Kaspar 2008, 6). Angezogen von den ausgezeichneten Bedingungen für die Landwirtschaft besetzten die Römer das Land und gründeten einige Städte, die noch heute existieren, darunter Bayonne und Pamplona (Davant 2007, 29). Das gesamte Gebiet links und rechts der Pyrenäen wurde zu diesem Zeitpunkt Vasconia genannt (Rohlfs 1977, 18). Zu dieser Zeit kann von einer friedlichen Koexistenz der Völker gesprochen werden (Hoffmann-Duhalde 1991, 61). Von den Römern wurde weder eine rigorose Sprachpolitik betrieben noch setzte sich die einheimische Bevölkerung bewusst für ihre eigene Sprache ein (Lausberg 1969, 67). Dennoch sind Einflüsse des Lateinischen auf die baskische Sprache nachzuweisen (cf. Davant 2007, 41). Antonio Tovar (1975, 79) erklärt daher auch, dass «das Baskische eine in Ansätzen romanisierte Sprache ist». Beispiele für den Einfluss des Lateinischen auf das Baskische sind im Wortschatz, aber auch in der Morphologie und Syntax, zu finden. Was den Wortschatz betrifft, können folgende Beispiele angeführt werden: etwa lateinisch rosa wird zu baskisch arrosa, lateinisch religio wird zu baskisch erlijio (cf. ib., 79–80 sowie Azkue 1969a). Die Lehnwörter wurden jedoch an die baskische Schreibung und Lautung adaptiert. In Bezug auf die Morphologie ist anzunehmen, dass die baskischen Verben mit der Endung -tu auf lateinisch-romanischer Grundlage gebildet sind (lateinisch auditu zu baskisch aditu) (Trask 1997, 169; cf. auch Azkue 1969a). Genau wie in anderen Teilen Europas wurde aber Latein als offizielle und kultivierte Sprache von der Verwaltung und der Kirche verwendet. Das Euskera

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wurde im alltäglichen Leben gebraucht. Wie in fast allen besetzten Gebieten der Römer entstand nach und nach ein Missverhältnis zwischen gesprochener Sprache, dem Baskischen als Volkssprache, und der offiziellen, geschriebenen Sprache, dem Lateinischen (Haase 1992, 12). Der Sprachkontakt zwischen Baskisch und Latein war eine der ersten großen Phasen, in der die baskische Sprache einer dominanten Sprache ausgesetzt war. Sprachliche Einflüsse auf das Euskera in dieser Zeit sind jedoch nicht zu vergleichen mit der heutigen Kontaktsituation zwischen dem Französischen und dem Baskischen sowie dem Spanischen und dem Baskischen. Auch ging die Romanisierung nicht überall gleichermaßen vonstatten. Das lag daran, dass die Römer nicht alle Gebiete besiedelten, sondern nur jene, die etwa von wirtschaftlichem Interesse waren. Mit dem Untergang des Römischen Reiches drangen ab dem 5. Jahrhundert die Germanen ins Baskenland vor. In dieser Zeit kam es zu starken Auseinandersetzungen zwischen ihnen und den Basken, welche gleichzeitig den Zusammenschluss der verschiedenen baskischen Stämme zur Folge hatte. Diese Epoche und der damit verbundene Sprach- und Kulturkontakt hatten jedoch kaum Einfluss auf die baskische Sprache (Tovar 1975, 79). Zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert ist das baskische Gebiet von diversen Kämpfen der rivalisierenden Königreiche der Westgoten und der Franken um das Gebiet gekennzeichnet (Trask 1997, 12). Als ein historischer Höhepunkt ist der Sieg der Basken von 778 über die fränkische Armee zu nennen. Hier wurden die Truppen Karls des Großen geschlagen, was im Rolandslied festgehalten wurde. Noch heute ist diese Schlacht als Symbol ihres Freiheitskampfes von Bedeutung (cf. hier u.a. Narbaitz 1975, 273; Trask 1997, 12; Jacob 1994, xiii). In jedem Fall bleibt festzuhalten, dass sich die Basken während dieser Epoche weder den Westgoten noch den Franken unterwarfen. Es waren gar erste Tendenzen zur Gründung eines autonomen Gebietes zu verzeichnen (Trask 1997, 12). Der Einfall der Araber auf der Iberischen Halbinsel (seit dem 8. Jahrhundert), ihr Vordringen bis in die baskischen Gebiete – auch wenn faktisch nur der südliche Teil der Navarra und Pamplona besetzt wurden (cf. Kaspar 2008, 27– 28) – und die damit einsetzende Arabisierung hinterließen sprachliche Spuren im gesamten heutigen spanischen Gebiet und damit auch im Baskenland, doch widersetzen sich die baskischen Sprecher der Zurückdrängung ihrer Sprache (cf. Trask 1997, 12–13). In der nachrömischen Phase, sind Zeugnisse, welche Rückschlüsse auf die baskische Sprache und ihre spezifischen Charakteristika zu dieser Zeit zulassen, selten zu finden. Hauptsächlich sind es einzelne Namen, Ortsbezeichnungen, stellenweise vollständige baskische Sätze, die in romanischen oder lateinischen Dokumenten vorkommen (cf. Zuazo 1995, 8).

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Nach dem Tod von Sancho dem Großen 1035 wurde das Königreich wieder in drei Gebiete geteilt. Um 1200 wurden Bizkaia, Araba und Gipuzkoa dann vom Königreich von Kastilien erobert (Trask 1997, 15–16). Da es im 14. und 15. Jahrhundert zu zahlreichen politischen Unruhen und verschiedenen Konflikten bezüglich des Thronanspruchs kam, war es für Ferdinand von Kastilien und sein aufstrebendes Reich nicht schwer, das Baskenland zu besetzen (cf. Kaspar 2008, 48–49). Für das 14. Jahrhundert konnte nachgewiesen werden, dass «dans le Censier de Béarn, beaucoup de maison de la basse vallée du Saison […] portent deux noms, l’un basque, l’autre gascon» (Davant 2007, 13). In Folge der Expansionspolitik Ferdinands (cf. ib., 107–108) und der Besetzung der Hochnavarra war ab 1512 das Königreich auf die Niedernavarra im heutigen Frankreich beschränkt (cf. hierzu Goyhenetche 1999, 37–54). Heinrich von Navarra wurde 1589 auch König von Frankreich. Das Königreich Navarra blieb jedoch bis zur Französischen Revolution unabhängig und bewahrte Sonderrechte (Haase 1992, 20; Kaspar 2008, 49). Die Gebiete Zubero und Lapurdi wurden bis zum 15. Jahrhundert von England besetzt (cf. Davant 2007, 156–157). Anschließend übernahm der französische König auch hier die Macht. Mit Bildung des französischen Staates im 16. Jahrhundert verloren die Basken in diesen Gebieten ihre bisherige Autonomie. Mit der Ordonnance von VillersCotterêts 1539 wurde die «langage maternel françois» (Martin 1996, 72) im Justizwesen des französischen Königreichs festgelegt, was entsprechend Auswirkungen auf die Basken, die sich unter französischer Herrschaft befanden, hatte. Das baskische Königreich war ab dem 16. Jahrhundert gespalten und komplett ausländischen Kronen untergeben. Das Baskenland im spanischen Gebiet regierte sich jedoch nach wie vor weitgehend selbst entsprechend der Fueros. 12 Noch heute werden die baskischen Fueros, die die kastilischen Könige damals den Provinzen zusprachen, gepriesen. Hinter der Gewährung dieser Rechte steckten politische und wirtschaftliche Strategien: Unter anderem sollte das Baskenland mit seiner Lage zwischen Frankreich und Spanien als «Puffer» dienen und wurde daher nicht komplett hispanisiert (Haase 1992, 20; Zinner 1980, 46). Das 16. Jahrhundert brachte das Baskenland in die Lage, dass nach

|| 12 Die sogenannten «Foralrechte» oder Fueros waren bis ins 19. Jahrhundert gültige Sonderund Autonomierechte in den Bereichen Steuern, Zölle und Verwaltung. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten wurden zwischen Spanien und den baskischen Provinzen durch die Fueros geregelt. Die institutionellen Träger waren die Juntas Generales. Durch die Fueros wurde die Souveränität der Basken über ihre Provinzen kaum eingeschränkt (Lang 1983, 21 sowie Trask 1997, 16).

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«der Eroberung Navarras durch Kastilien […] die baskischen Territorien klar in einen spanischen und einen französischen Einflussbereich getrennt [waren] und […] sich zusehends im Bestreben der beiden zentralen Monarchien, allmählich ihre Macht auch effektiv auf alle von ihnen formell beherrschten Gebiete auszudehnen[, entfremdeten]» (Kaspar 2008, 49–50).

Die eben genannten politischen Entwicklungen bedingten eine manifestierte geografische Trennung, die im Grunde schon der heutigen in Nord- und Südbaskenland entspricht. Zu diesem Zeitpunkt ist aber anzunehmen, dass die Teilung ausschließlich räumlicher und in keiner Weise kultureller, sprachlicher und identitärer Art war (Ortots 1979, 15–16). Im Süden wurde nach dem spanischen Erbfolgekrieg (1702–1714) das Spanische als offizielle Sprache ausgerufen und alle anderen Sprachen wurden verboten (Trask 1997, 20). Das Baskische wurde in allen Kommunikationsbereichen stark zurückgedrängt. Insbesondere in der Navarra und in Álava war ein starker Rückgang der Sprache zu verzeichnen (Uhlig 2002, 8). «Comparando la línea de 1587 con la de 1778, se ve que en dos siglos el vascuence apenas si había retrocedido» (Baroja 1945, 13). Dennoch lebten die Basken nach wie vor nach ihren Fueros. Im nördlichen Gebiet wurde das Baskische durch die Auswirkungen der Französischen Revolution zurückgedrängt und verlor stark an Prestige (Uhlig 2002, 8; Agirreazkuenaga 1991, 133–144). Während zu Beginn der Französischen Revolution noch Deklarationen, Verkündungen und Ausrufe zur Verbreitung des revolutionären Gedankenguts in den jeweiligen Minderheitensprachen übersetzt wurden, erfolgte ab 1792 ein kompletter Wechsel, spätestens ab 1794, wo eine «politique de francisation linguistique systématique» (Marcellesi 1979, 79) betrieben wurde (cf. Davant 2007, 162). Während und in den Jahren nach der Revolution hatten es die Sprecher der Minderheitensprachen daher sehr schwer, da sie als Gegner der Revolution betrachtet wurden und die Einheit des französischen Volkes gefährden würden. 13 Die Französische Revolution bedeutete mit ihrer rigorosen Durchsetzung des Zentralismus den Verlust der bisherigen Rechte der drei nördlichen Provinzen. Für die Regionen Zuberoa, Lapurdi und Nafarroa Beherea war die Selbstständigkeit endgültig vorbei (cf. Ortots 1979, 17–19) als Frankreich 1790 in Départements aufgeteilt wurde: Ein eigenes baskisches Département wurde || 13 Im Rapport du Comité du Salut Public (séance du 8 Pluviôse, an II) heißt es: «Nous avons observé […] que l’idiome appelé bas-bréton, l’idiome basque, les langues allemande et italienne ont perpétué le règne du fanatisme et de la superstition, assuré la domination des prêtres, des nobles et des praticiens, empêché la révolution de pénétrer dans neuf département importants, et peuvent favoriser les ennemis de la France» (zitiert nach Bidart 1991, 149).

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nicht gegründet; sie gehören fortan zum Département Pyrenées Atlantiques, das auch nichtbaskische Gebiete wie Béarn einschließt (Lang 1983, 24 sowie Trask 1997, 21). Ziel der Neugliederung Frankreichs war die Zurückdrängung der Identifizierung mit der jeweiligen Region – jeder sollte sich als Franzose fühlen und nicht mehr als Normanne, Bretone etc. Abbé Grégoire stellte in einer Untersuchung dieser Zeit fest, dass mindestens 6 Millionen Franzosen das Französische nicht beherrschten und eine ungefähr gleiche Zahl kein Gespräch auf Französisch führen konnte (cf. etwa Jacob 1994, 31–32). Während des Krieges zwischen Frankreich und Spanien ab 1793 und des Einmarschs von Frankreich in Gipuzkoa 1794 schlossen die Basken mit Frankreich einen Pakt. Sie unterstützten die Franzosen unter der Bedingung, dass Frankreich sie nicht zu den Waffen zwang und sich nicht in ihre Verwaltung einmischte. Doch die Franzosen hielten ihr Versprechen nicht; Frankreich und Spanien wollten die Fueros nun endgültig abschaffen. Es kam in der Folge zu einem blutigen 19. Jahrhundert; eine Zeit der Kriege und der Ausbreitung des Zentralismus. Frankreich, geschwächt durch die Revolution, wollte jegliche Autonomieansätze auf seinem Gebiet verhindern (Rolssenn 1985, 289; cf. auch Ithurry 1979, I, aus dem Prolog von Fedriko Krutwig Sagredo). Es durfte offiziell nur eine einzige – die französische – Nation, ein Volk und eine gemeinsame Sprache geben. Schon im 17. Jahrhundert setzten sich die Académie Française 14 und speziell Vaugelas 15 für einen «bon usage» des Französischen ein. Auch einer der Grundgedanken der Französischen Revolution bestand darin, den Staat mit der Nation und die Nation mit der gemeinsamen Sprache gleichzusetzen. Für die nationale Identität wurde Französisch als wichtiges Integrationsvehikel verstanden; die Mehrsprachigkeit stellte in dieser Logik eine Gefahr dar (Cichon 2003, 30). Im spanischen Gebiet kam es 1839 nach langen innenpolitischen Machtkämpfen und dem ersten Karlistenkrieg (1833–1839) (cf. hierzu u.a. Davant 2007, 166–168), in dem die Basken vergeblich für ihre Freiheit kämpften, zum

|| 14 Die Académie Française mit Sitz in Paris ist eine der ältesten und prestigereichsten Sprachpflegeinstitutionen Frankreichs. Sie wurde 1635 unter Ludwig XIII. und seinem Minister Kardinal Richelieu gegründet. Die offizielle Aufgabe war und ist die Reinigung und Pflege der französischen Sprache, insbesondere durch die Erarbeitung eines normativen Wörterbuchs sowie anderer Referenzwerke. 15 Claude Favre de Vaugelas (1585–1650), französischer Sprachpurist, gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Académie Française. 1647 wurde Vaugelas mit seinen Überlegungen Remarques sur la langue française, utiles à ceux qui veulent bien parler et écrire zum Ahnherrn der Wächter und Hüter der französischen Sprache.

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Ende der Unabhängigkeit der baskischen Gebiete. Die Basken verloren den Einfluss auf die juristische und legislative Gewalt. 1839 wurden die baskischen Provinzen in die konstitutionelle spanische Monarchie eingegliedert. Aus wirtschaftlicher Sicht begrüßte das baskische Finanzmonopol diese Entwicklung; jedoch verschlechterten sich die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen für das baskische Volk (Zinner 1980, 48). Nach dem zweiten Karlistenkrieg (1872–1876) (cf. hierzu u.a. Davant 2007, 168–169) erließ die Regierung in Madrid 1876 ein Gesetz, das für die weitgehende Abschaffung der Fueros sorgte (Goyhenetche 1999, 115). Die Abschaffung dieser Sonderrechte bedeutete die endgültige Eingliederung ohne Vorbehalte in den spanischen Staat. Formal gesehen gab es damit kein Baskenland mehr. Diese Maßnahmen begünstigten den damals erstmals aufkommenden baskischen Nationalismus (cf. Valandro 2001, 28; Bernecker 1999, 9; 1990, 208). Der einsetzende Tourismus, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Französische besonders an den Küstengebieten stark begünstigte, drängte das Baskische im nördlichen Baskenland zusätzlich zurück, da die Reisenden das Baskische nicht sprachen und folglich die offizielle Nationalsprache verwendeten. Auffällig ist zudem im 19. Jahrhundert der enorme Bevölkerungsschwund in Iparralde. An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zu den amerikanoak (cf. hierzu u.a. Goyhenetche 2005, 197–205 oder auch Irujo Ametzaga/Irigoyen Artetxe 2006). Bereits mit der Gründung der spanischen Überseegebiete in Amerika ab dem 16. Jahrhundert entstand ein großer Bedarf an Siedlern, so dass viele Basken nach Südamerika emigrierten. Im 19. Jahrhundert kam es zu weiteren, enormen Abwanderungen: Zahlreiche Basken emigrierten nach Nord- und Südamerika, da das Heimatgebiet von Armut und einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung gekennzeichnet war. Mehr als 80.000 Basken verließen zwischen 1832 und 1891 das Baskenland (Kaspar 2008, 112). Viele Orts- und Familiennamen in Südamerika zeugen noch heute von baskischen Ursprüngen: Ein Beispiel ist der Name der mexikanischen Stadt Durango. Auch chilenische Weingüter weisen heute noch eindeutig baskische Namen auf (Trask 1997, 18). Meist bewahrten die baskischen Einwanderer, vor allem in Nordamerika, ihre Sprache, Kultur und Identität (Haritschelhar 1983, 119). Im südlichen Teil begünstigte die Industrialisierung die Ausbreitung des Spanischen. Da immer mehr Arbeitskräfte gebraucht wurden, kam es in Hegoalde zu einer Bevölkerungsexplosion. Mit der Industrialisierung und den Arbeitsmigranten aus anderen spanischen Gebieten vor allem in Bizkaia und Gipuzkoa kamen auswärtige kulturelle und sprachliche Einflüsse ins Baskenland. Sie wirkten sich auf das Ausleben einer baskischen Kultur nachteilig aus. Durch die Migranten kam es vermehrt zu Sprachkontakten und zu neuen Spracheinflüssen auf das Baskische. Auch die Stadt-Land-Abwanderungen sind als weite-

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res Problem zu benennen, das dem Spracherhalt des Baskischen nicht dienlich war (cf. Haritschelhar 1983, 74–85). 16 Ab Ende des 19. Jahrhunderts waren die Massenmedien und die Schule die wichtigsten Mittel zur Förderung und Durchsetzung der offiziellen Sprachen. So erhielt das Französische mit der Einführung eines kostenlosen, verpflichtenden und laizistischen Schulsystems 1881/1882 eine nun dauerhafte gesicherte und herausgehobene Stellung (cf. u.a. Martin 1996, 73): Ausschließlich Französisch durfte an den staatlichen Schulen verwendet werden. Die Minderheitensprachen waren an den Schulen untersagt. Bei Verwendung der Regionalsprachen erfolgten Sanktionen (Cichon 2003, 31). Kinder, die im Unterricht ein baskisches Wort verwendeten, erhielten beispielsweise einen Strafring und wurden am Ende der Schulstunde vom Lehrer mit Schlägen bestraft (Lang 1983, 27). Im 19. und bis Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts kam es zu starken Repressionen gegen die baskische Kultur und Sprache. Die Sprache wurde daher nur noch im engen Familienkreis gesprochen. Vor allem die jüngeren Generationen sahen zu dieser Zeit eine berufliche Perspektive nur noch mit der spanischen beziehungsweise französischen Sprache verbunden (Rolssenn 1985, 289; Ortots 1979, 37). Aber nicht nur im sprachlichen, sondern auch im politischen und gesellschaftlichen Bereich waren Neuerungen seit Ende des 19. Jahrhunderts vor allem im Südbaskenland zu spüren. Sabino Arana schuf etwa die noch heute existierende baskische grün-rot-weiß-gekreuzte Flagge und die baskische Hymne sowie überhaupt den Begriff Euskadi (Trask 1997, 24). Seine Nationalismusidee war durch eine stark rassistische Komponente geprägt. Er klassifizierte die Basken und Spanier nach Eigenschaften: gute, die er den Basken zuschrieb, und schlechte, die er den Spaniern zuwies (Valandro 2001, 30). Zudem wurde die Abstammungsfrage zum wesentlichen Kriterium. Man konnte Baske nur von Geburt an sein. Es war in Aranas Konzept nicht möglich, in das Baskentum beziehungsweise in die baskische Gesellschaft hineinzuwachsen (Bernecker 1990, 217). Arana engagierte sich politisch und gründete die PNV 17 mit dem Ziel, einen baskischen Staat zu errichten. Trotz seines frühen Todes 1903 (Trask 1997,

|| 16 Auch im 20. Jahrhundert führt die Konzentration auf die Städte zu einem erheblichen Sprachverlust. Während in den ländlichen Gebieten Baskisch noch sehr vital ist, ist in den Städten eine starke Abnahme zu erkennen (cf. Haritschelhar 1983, 77–85). 17 Partido Nacionalista Vasco ist die 1895 gegründete, wichtigste und traditionell dominante Partei des baskischen Nationalismus mit moderat-nationalistischer Ausrichtung. Die politischen Vorstellungen der PNV bestehen sowohl aus konservativen Elementen wie Traditionalismus, Katholizismus und Rassismus, als auch aus progressiven, republikanischen und basisdemokratischen Ideen (Valandro 2001, 30).

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25) war eine kleine Bewegung entstanden, die sich gegen die spanische Herrschaft auflehnte und der nach und nach mehr Anhänger folgten. In den 1920er Jahren kam es im Nordbaskenland zu einer weiteren administrativen Trennung der baskischen Provinzen, denn Lapurdi und Nafarroa Beherea wurden dem Verwaltungsbezirk Bayonne, Zuberoa jenem vom Oloron im Béarn zugeschlagen (Zuazo 1995, 6). Während im Südbaskenland die PNV seit 1895 erste Wahlerfolge auf lokaler Ebene errang, gliederte sich Iparralde zusehends in den französischen Staat ein. Durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg, «der erfolgreichen deutschlandfeindlichen Propaganda und am gestiegenen französischen Nationalgefühl in Iparralde, dessen Bevölkerung sich nach mehr als einem Jahrhundert zentralistischer Politik und Erziehung mit der Zugehörigkeit zum französischen Staat weitgehend abgefunden hatte» (Kaspar 2008, 136),

war das baskische Nationalbewusstsein in Iparralde im Vergleich zum Südbaskenland bereits gering (Kaspar 2008, 136). Mit Beginn der diktaturähnlichen Herrschaft des rechten spanischen Premierministers Primo de Rivera ab 1923 wurde die PNV als führende Partei des baskischen Nationalismus jedoch in den Untergrund gezwungen. Als das Regime Riveras 1930 zusammenbrach, wurde die Zweite Spanische Republik ausgerufen. Während der freien Wahlen von 1931 drang die Forderung nach Autonomie im Baskenland immer stärker in den Vordergrund. Die autonomistischen Kräfte arbeiteten an der Entwicklung eines Autonomiestatuts im Sinne des baskischen Volkes. Als sich General Franco 1936 gegen die demokratisch gewählte Regierung erhob, brauchten diese die Unterstützung der Basken und unterschrieb das Autonomiestatut, das das Baskenland als autonomen Staat mit eigener Regierung innerhalb Spaniens wertete (Gugenberger 2003, 59; cf. Ortots 1979, 24–26). Während des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) und der folgenden weltpolitischen Konflikte nutzte dieses Statut jedoch wenig. 1937 erlebten die Basken einen schweren Schicksalsschlag, als im Bürgerkrieg eine Stätte von großer Bedeutung zerstört wurde: Gernika. 18 Die Bombardierung der Stadt wurde mit einem Angriff auf die baskische Identität gleichgesetzt. Das Franco-Regime betrieb nach dem gewonnenen Bürgerkrieg eine besonders starke Unterdrückungspolitik gegen die Minderheiten und ihre Spra-

|| 18 Die Stadt Gernika wurde durch die deutsche Legion Condor zerstört. Sie ist für die Basken ein wichtiges Symbol ihrer Geschichte. Unter der tausendjährigen Eiche Gernikako Arbola schworen die kastilischen Könige seit dem 14. Jahrhundert, Rechte und Sitten des baskischen Volkes zu respektieren (Hoffmann-Duhalde 1991, 61; Trask 1997, 28).

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chen. Dies war insbesondere auch darin begründet, dass sie zuvor auf der Seite der Republikaner gekämpft hatten. Ab der Machtübernahme Francos in den 30er Jahren wurden viele baskische Nationalisten verfolgt, eingesperrt und sogar hingerichtet. Der Gebrauch der Minderheitensprache und jegliches Ausleben kultureller Traditionen waren strikt verboten (cf. Bernecker 1999, 11; Zinner 1980, 52). Ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Sieg der Alliierten wurde die brutale Verfolgung der Basken in Spanien zwar eingestellt, doch Möglichkeiten des Auslebens der baskischen Kultur gab es auch fortan nicht. Weiterhin regierte Franco und unterdrückte die Symbole des baskischen Nationalgefühls, so dass es zu Aufständen, Streiks und Guerillakämpfen gegen die Zentralmacht Spanien kam. Zudem wurden unter Franco die baskischen Provinzen, «die ungeachtet ihres Zusammengehörigkeitsgefühls nie eine politisch-administrative Einheit gebildet hatten, […] erneut militärisch, kirchlich und juristisch in verschiedene Gebietseinheiten bzw. Einflußzonen aufgeteilt, um jeden Zweifel darüber auszuräumen, daß es in den Augen der Regierung keine baskische Nation gab» (Waldmann 1992, 67).

Es gab Gesetze, die den Gebrauch der baskischen Sprache in der Öffentlichkeit verboten. Nur noch in den Familien fand das Baskische ein klandestines Asyl. Der leiseste Verdacht der Verwendung wurde durch physische und auch psychische Gewalt verfolgt. Es wurde etwa Angst in Bezug auf den Gebrauch des Baskischen erzeugt: Kinder, die Baskisch in den Schulen sprachen, wurden zum Beispiel bestraft. Die Sprecherzahl sank drastisch. Eine hohe Immigrationsrate aus anderen spanischen Regionen seit 1939 und die Erfolge der industriellen Revolution waren weitere Gründe, die das Baskische beschränkten. 1967 waren unter den zirka 2 Millionen Einwohnern im südlichen Euskadi 350.000 Einwanderer (Rolssenn 1985, 25). Gegen 1970 war «jeder zweite in Katalonien beziehungsweise im Baskenland Wohnende entweder selbst außerhalb der Region geboren oder stammte von Eltern ab, die zugezogen waren» (Waldmann 1992, 68). Während noch 1868 fast jeder Baskisch gesprochen hatte, war der Anteil der Baskisch sprechenden Bevölkerung 100 Jahre später in den Küstenregionen drastisch gesunken, in Bizkaia auf 16 Prozent und in Guipúzcoa auf 44 Prozent (ib., 197). Die negativen Auswirkungen für die Sprache zeigten sich besonders bei der Eltern-Kind-Transmission. Auch wenn sich viele Basken nach dem Krieg in die «innere Emigration» zurückzogen und an den politischen Geschehnissen nicht beteiligten, wurde der baskische Nationalismus in Spanien durch die franquistische Unterdrückung radikaler. «Hyperalphabetisierung in Kastilisch und Analphabetisierung in Euskera» (Hoffmann-Duhalde 1991, 62) sind im Südbaskenland Kennzeichen der zu

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dieser Zeit verfolgten Sprachpolitik. Doch gerade der Versuch der bedingungslosen Unterdrückung der Kultur und Sprache waren der Nährboden für eine starke baskische Autonomiebewegung. In Frankreich gab es 1945, als das Land sich nach dem Zweiten Weltkrieg als IV. Republik neu gründete, Bestrebungen ein eigenes baskisches Département zu gründen – dafür wurde sogar ein Gesetzesentwurf eingereicht, der jedoch keine Mehrheit fand (Jacob 1994, 124). Mitte der 1950er Jahre erstarkte das baskische Nationalgefühl in Spanien, als sich Arbeiter und Studenten gegen die Regierung auflehnten. 1959 wurde die noch heute bekannte ETA 19 (cf. u.a. Trask 1997, 29–33), eine Abspaltung aus der PNV, gegründet, die sich aktiv und mit Gewalt für die Basken einsetzt und zum Synonym des baskischen Widerstands wurde (Valandro 2001, 36). In diesem Kontext muss erwähnt werden, dass die ETA zu Beginn keine Gruppe war, die sich über Gewalt definierte, sondern die sich vor allem mit der baskischen Sprache, der Geschichte und der Sitten und Traditionen auseinandersetzte, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen (Waldmann 1992, 73). Wie erwähnt, kam es durch Industrialisierung, Zuwanderungen und die Sprachpolitik Francos zu demografischen Veränderungen im südlichen Baskenland, die einen massiven Rückgang der baskischen Sprache bewirkten. Mit der ETA erstarkten der baskische Nationalismus und der Widerstand gegen Francos Zentralstaat, mit dem Ziel, einerseits die baskische Sprache, andererseits auch die traditionelle baskische Lebensweise zu bewahren. Das Erstarken des Nationalgefühls im südlichen Baskenland erreichte schließlich auch die Nordbasken. In Frankreich wurde das Thema Minderheitensprachen nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem durch die Einführung des – wenn auch recht halbherzigen – Loi Deixonne von 1951 wieder aufgegriffen (Marcellesi 1979, 72). Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war durch die so genannte crise du français und die Kollaboration mit Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg bestimmt. Minderheitensprecher verwendeten in dieser Zeit die baskische Sprache allenfalls in der Familie. Nach dem Zweiten Weltkrieg sahen die Basken aber wieder die Möglichkeit, ihre Rechte einzufordern. Nach der langen Unterdrückung durch Francos Regime schöpften die Südbasken nach seinem Tod 1975 Hoffnung, denn

|| 19 Die ETA ist eine 1959 gegründete radikal-nationalistische baskische Gewaltorganisation, die seit Ende der 60er Jahre mit militärischen Mitteln für die Unabhängigkeit des Baskenlandes von Spanien eintritt. Ihre wichtigsten Führer waren Benito del Valle, J. M. Aguirre, Txillardegui und Julen Madariaga.

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«der Weg Spaniens in die Demokratie musste zugleich ein Prozeß der Regionalisierung, der Rekonstruktion der demokratischen Institutionen wie auch der Emanzipation einer demokratischen Kultur in den einzelnen Landesteilen sein» (Bernecker 1999, 20).

Besonders die nun minderheitenfreundliche Sprachgesetzgebung des Zentralstaates von 1978/79 war eine Maßnahme, von der die Minderheitensprachen in Spanien profitierten und infolgedessen es zu bedeutenden autonomen Ausbaubestrebungen kam. Spanien wurde in 17 Regionen unterteilt; laut Artikel 3 der Verfassung von 1978 konnte die jeweilige zweite Sprache mit dem Kastilischen gleichgesetzt und zur regionalen Amtssprache erhoben werden (cf. Gugenberger 2003, 49; Metzing 2003, 18). Den Basken ging es auch um die Wiedererlangung der Selbstverwaltungsrechte, die mit dem Autonomiestatut näher rückten. Die Zahl der Sprecher stieg zwischen 1960 und 1970 von etwa 500.000 auf rund 600.000 an. Das Baskische wurde wieder häufiger im alltäglichen Leben verwendet. Neu gegründete Ikastolak sowie Institutionen, in denen Erwachsene Baskisch-Sprachkurse belegen konnten, trugen zu dieser positiven Entwicklung bei (Uhlig 2002, 9). Die Sprecherzahlen stiegen dabei in allen sozialen und kulturellen Schichten; von der Universität über die Verwaltung bis zu den Massenmedien (Eusko Jaurlaritzaren Argitalpen Zerbitzu Nagusia 2004, 5). In Iparralde haben die sanfte Unterdrückungspolitik des französischen Staates und die Proklamation der einigen französischen Nation dazu geführt, dass das baskische Nationalgefühl so gut wie nicht mehr öffentlich erkennbar war (Rolssenn 1985, 23). Zudem haben sich die Bewohner des Nordbaskenlands in zwei Weltkriegen zum französischen Staat bekannt, auch dadurch drang ein Bewusstsein für eine baskische Identität nicht in den Vordergrund (ib., 221). Nach Einführung der allgemeinen Schulpflicht Ende des 19. Jahrhunderts und während des Ersten Weltkriegs gehen die Sprecherzahlen des Patois, 20 also des Baskischen, stark zurück, so dass die Dominanz des Französischen in der Öffentlichkeit, wie auch in Verwaltung, Justiz und Schule, sowie im privaten Kommunikationsbereich, stetig zunahm (Cichon 2003, 32). Dennoch werden auch weiterhin Forderungen nach einem eigenen Département beziehungsweise nach einer autonomen Region erhoben. Seit 1970 erhalten die nationalistischen baskischen Parteien wie Euskal Batasuna immer mehr Zuspruch (cf. Jacob 1994, 338–359). Es existiert auch ein nordbaskisches Pendant zur ETA, die 1973 gegründete Iparretarrek, 21 was «ETA des Nordens» bedeutet. Sie lehnt sich stark an die ETA an und tritt für einen unabhängigen, sozialistischen Baskenstaat ein (Valandro 2001, 26; cf. || 20 Cf. zur Dichotomie von «langue» und «patois» in Frankreich u.a. Marcellesi (1979, 70–76). 21 Cf. hierzu auch Davant (2007, 280–288).

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Kaspar 2008, 213–214). Auch sie löste eine Spirale der Gewalt und Repression aus (Jacob 1994, 326) – wenn auch im Umfang nicht vergleichbar mit den Ausmaßen im Südbaskenland. Aber nicht nur im Nationalgefühl sind starke Unterschiede zwischen dem Norden und Süden des Baskenlands zu verzeichnen. Das Südbaskenland ist wirtschaftlich wesentlich stärker entwickelt als der Norden des Baskenlands, innerhalb Spaniens ist es eine der Regionen mit überdurchschnittlich hohem Pro-Kopf-Einkommen (cf. Zinser 1991, 45–46; cf. Ortots 1979, 55). Der Industrialisierungsgrad von Iparralde – und damit auch seine wirtschaftliche Stärke – fällt wesentlich geringer aus. Besonders im Landesinneren ist die Situation schwierig, da die Regionen weniger vom Tourismus profitieren als jene an der Atlantik-Küste. Arbeitslosigkeit und eine Überalterung der Bevölkerung, weil die jungen Leute aus diesen Regionen abwandern, sind große Probleme (Rolssenn 1985, 24). Im Südbaskenland wurde das Baskische zudem gestärkt, weil es zusammen mit dem Spanischen zu einer der beiden offiziellen Sprachen der 1979 gegründeten Comunidad Autónoma Vasca (CAV) wurde. Nachdem das eine Ziel, die Gleichstellung der Sprache auf rechtlicher Ebene, damit erreicht war, wurde eine Zweisprachigkeit aller Bürger der CAV zum neuen Ziel. In diesem Zusammenhang kam es vor allem zu Veränderungen im Schulwesen: Noch Anfang der 60er Jahre waren die Ikastolak 22 verboten beziehungsweise wurden lediglich geduldet. Seit den massiven Widerstände gegen die Diktatur Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre entstanden immer mehr dieser Schulen. Aber auch im öffentlichen Schulwesen und im Bereich der Erwachsenenbildung wurden verschiedene Modelle des Unterrichts in baskischer Sprache eingeführt. Im französischen Staat ist die sprachliche und politische Situation für die Nordbasken ungünstiger. Die rigorose französische Sprachpolitik wurde am 25. Juni 1992 23 durch den ergänzten Artikel 2 der französischen Verfassung von 1958 24 (Cichon 2003, 30) noch einmal unterstrichen (Martin 1996, 83). Seit den 90er Jahren sind im nördlichen Baskenland stärkere Bemühungen zur Förderung des Baskischen erkennbar: Prospective Pays Basque 2010 von 1994, Schéma d’Aménagement Linguistique von 1997, Volet linguistique de la Convention Spécifique Pays Basque von 2000, Plan Euskara 2015 von 2003 (cf. Urteaga 2004, || 22 Hierbei handelt es sich um Privatschulen. Die Schulfächer werden auf Baskisch unterrichtet. 23 Artikel 2 lautet: «La langue de la République est le français». 24 Artikel 1 der Verfassung von 1958 besagt: «La France est une République indivisible, laïque, démocratique et sociale. Elle assure l’égalité devant la loi de tous les citoyens sans distinctions d’origine, de race ou de religion».

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11). Gerade im schulischen, medialen und kulturellen Bereich fordern diese Pläne eine intensivere Unterstützung, sowohl immaterieller als auch materieller Art. 25 Urteaga (2004) führt die inhaltlichen Ziele auf. Das Schéma d’Aménagement Linguistique enthält: «1. Expliciter et faire partager une dynamique de transformation volontaire du Pays Basque. […] 2. Garantir une mobilisation collective et durable des acteurs locaux. […] 3. Impulser une contractualisation globale» (Urteaga 2004, 57).

Im Artikel 2 des Statuts des Conseil de la Langue Basque et le Plan Euskara 2015 wird erläutert, dass «le Conseil de la Langue Basque est un dispositif de soutien et de promotion de la langue basque. Son objectif est de contribuer à l’élaboration et à la mise en œuvre de tout projet d’aménagement linguistique relatif à la langue basque» (Urteaga 2004, 84).

Zudem werden, wie auch in der Prospective Pays Basque 2010, verschiedene Szenarien vorgestellt, wie die weitere Entwicklung des Baskenlandes aussehen könnte (Urteaga 2004, 53). Stets wird gefordert, dass die Zweisprachigkeit im kulturellen, medialen und schulischen Bereich umgesetzt werden müsse, um den Sprachverlust aufzuhalten. Erste Erfolge einer konsequenteren Förderpolitik zugunsten des Baskischen konnten festgestellt werden: Die Zahl der Erwachsenen, die Abendkurse besuchen, ist beispielsweise im Vergleich der Jahre 1981 und 1993 von 566 auf 827 gestiegen. Auch im kulturellen Bereich beginnt sich etwas zu verändern. Mit der Scène Nationale, die sich seit Anfang der 90er Jahre im Bereich des Theaters und des Jazz engagiert, wird die Präsenz des Baskischen im Alltag sichtbarer. Das renommierte Centre Chorégrafique National Ballet Biarritz und das Conservatoire National de Région Bayonne-Anglet-Biarritz machen das Baskenland über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt (ib., 53 und 127). Zusammenfassend sei festgehalten, dass, auch wenn die Sprachpolitik in Frankreich nicht mit jener in Spanien (wie etwa in Katalonien oder dem Südbaskenland) zu vergleichen ist, die 90er Jahre tatsächlich eine Zeit sind, in der erstmals eine progressive und konzentrierte Politik zur Förderung der baskischen Sprache verfolgt wird (ib., 112). Trotz dieser Erfolge muss aber festgehalten werden, dass das Baskische im französischen Baskenland im 20. Jahrhundert vor allem durch das Schulsystem stark zurückgedrängt wurde. Die seit der Französischen Revolution proklamier|| 25 Die einzelnen Programme und Zusammenarbeiten werden in Urteaga (2004) ausführlich vorgestellt und analysiert.

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te unité wird von den französischen Bürgern nicht angezweifelt. Die Politik der ramassage scolaire, durch die Schulen in kleineren Dörfern geschlossen werden und die Schüler in größere Orte zum Unterricht fahren müssen, ist für den Sprachverlust des Baskischen mitverantwortlich. Hierbei wird nicht darauf geachtet, woher die Schüler mit unterschiedlichem Sprachhintergrund kommen, was die Minderheitensprachen gegenüber dem Französischen wiederholt benachteiligt (Haase 1992, 23). Das Französische ist die Einheitssprache, mit der zuvorderst in der Schule, aber auch während der langen Busfahrten und in den Mittagspausen kommuniziert wird. In Frankreich erschwert das obligatorische Erlernen der französischen Sprache in der Schule die Eltern-Kind-Transmission des Baskischen. Auch wenn das Loi Deixonne von 1951 und das Dekret vom 16. Januar 1974 in Frankreich ein Unterrichten der Minderheitensprachen und Dialekte in Frankreich erlaubten und damit kleinere Fortschritte für das Baskische zu erkennen waren, liegen Erhalt und Ausbau weiter in Hand des Staates (Eguzki 2004, 9). Zudem erwartet die Schüler abends, wenn sie nach Hause kommen, egal wo sie unterrichtet werden, ein wichtiges Medium, das die französische Sprache stark verbreitet: das Fernsehen. In Spanien ist es dagegen möglich, verschiedene baskische Sender, wie Euskal Telebista, zu empfangen. Auch in den französischen Grenzgebieten können diese empfangen werden, jedoch erschwert das Einheitsbaskisch mit südlicher Dialektfärbung das Verstehen (Haase 1992, 23). In den letzten Jahren nahm dennoch bei vielen Jugendlichen das Interesse an der baskischen Sprache wieder zu. Die Jugendlichen entdecken und erlernen ihre Kultur und Sprache neu, auch mit dem Ziel, ihren Kindern die Sprache zu vermitteln. Die natürliche Eltern-Kind-Transmission, die ab dem Zweiten Weltkrieg fast vollständig unterbrochen schien, lebt wieder auf (ib., 175), insbesondere in Spanien. Durch die Demokratisierung und Dezentralisierung Spaniens seit 1975, die spanische Verfassung von 1978 und das bedeutende Autonomiestatut von 1979, das dem Baskischen ko-offiziellen Status verlieh, wurden wichtige Bedingungen für die heutige baskische Sprachpolitik im südlichen Teil geschaffen. Das Gebiet der Navarra ist separat zu betrachten: Es wird durch ein Gesetz von 1986 in ein baskophones, ein gemischtes und ein nicht-baskophones Gebiet eingeteilt, so dass hier unterschiedliche Sprachgesetzgebungen wirken. Allgemein wird im navarrischen Sprachgebiet die Euskaltzaindia als offizielle Institution für Sprachfragen akzeptiert. Doch gibt es hier zusätzlich Abteilungen der navarrischen Regierung, die sich mit der sprachlichen Realität des Baskischen im Gebiet Navarra beschäftigen (cf. Uhlig 2002, 10–11).

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3.3.3 Schriftliche Zeugnisse und Normierungstendenzen Die ältesten Sprachdenkmäler des Baskischen stammen aus der Zeit der Romanisierung. In römischen Inschriften wurden Personen- und Götternamen gefunden. Es «sind vereinzelte Inschriften aus der Zeit des Römischen Reiches erhalten, besonders Grabsteine, auf denen baskische Eigennahmen zu lesen sind; darüber hinaus gibt es seltenere baskische Sprachzeugnisse auf Münzen und in einem Mosaik» (Kaspar 2008, 7).

In der Zeit nach der Romanisierung und der Völkerwanderung wurde in verschiedenen Bereichen, wie etwa der Verwaltung, das Lateinische nach und nach durch die entstehenden romanischen Sprachen ersetzt. Das Baskische wurde weiterhin überwiegend im mündlichen Bereich verwendet. Dennoch existieren schriftliche Zeugnisse, in denen baskische Worte nachgewiesen werden können. Tovar gibt als Beispiele: «Sabemos que aita ‹padre› aparece en un documento de 980, izurra ‹rizado› en 980, ozzua (es decir otsoa) ‹el lobo› en 981, ataburu ‹dintel› en 1007, eskerra ‹el zurdo› en 1024, moza ‹el rapado, mocho› en 1026 [...], zarra ‹la vieja›, zuria ‹el blanco› y mendicho ‹montecillo› en 1085 etc.» (Tovar 1950, 11).

Um 950 erschienen in den Emilianischen Glossen 26 wichtige schriftliche Zeugnisse baskischer Sprache. Es handelt sich hierbei um zwei Glossen, die einem lateinischen Manuskript hinzugefügt sind (cf. Eusko Jaurlaritzaren Argitalpen Zerbitzu Nagusia 2004, 5; Trask 1997, 42 sowie Tovar 1950, 11): «La una es clara: guec (c)ajutu ez dugu, y corresponde a nos non caigamus, la otra ha preocupado a los vascólogos: izioqui dugu y parece significar ‹hemos encendido›, pero no es una glosa del texto sino una frase suelta» (Tovar 1950, 11).

1140 schrieb Aimeric Picaud auf dem Weg nach Santiago de Compostela einen Pilgerführer, den Codex Calixtinus. Darin notierte er einige baskische Wörter, die er auf seiner Durchreise vernommen hatte. Beispiele für die dort aufgeführten Wörter sind ogui (heute ogi für Brot) oder ardum (heute ardo für Wein) (Tovar 1975, 80; Trask 1997, 44; cf. auch Azkue 1969a, 1969b).

|| 26 Die oft nur schwer zu verstehenden lateinischen Texte wurden mit erläuternden Anmerkungen in der Volkssprache, dem Vulgärspanisch, versehen. Die ersten Notizen dieser Art sind die Emilianischen Glossen. Sie sind im 10. Jahrhundert im Kloster San Millán de la Cogolloa (Provinz Rioja) verfasst worden. Es ist bekannt, dass im Mittelalter in dieser an das heutige Baskenland grenzenden Region noch Baskisch gesprochen wurde (cf. Trask 1997, 42).

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Das erste gedruckte baskische Buch Linguae Vasconum Primitiae 27 von Bernard Etxepare (1545) beschrieb die Notwendigkeit des Gebrauchs der baskischen Sprache und verteidigte die Volkssprache (Rolssenn 1985, 215; Madariaga Orbea 2008, 159–161). Wie dieses Buch wurden auch die folgenden Werke von Priestern erstellt: die Übersetzung des Neuen Testaments von Joanes de Leizarraga im Jahr 1571 (Tovar 1950, 12), verfasst im labourdinischen Dialekt, 28 sowie eine Sammlung von Sprichwörtern unter dem Titel Refranes y sentencias aus dem Jahr 1596, von einem anonymen Autor im biskaischen Dialekt publiziert (Trask 1997, 47). Während dieser Zeit beeinflusste das Baskische auch die romanischen Sprachen. Im Bereich der Lexik lässt sich beispielsweise der baskische Einfluss nachweisen: Angenommen wird etwa eine Abstammung des französischen brogue beziehungsweise spanischen abarca vom baskischen Wort abarka. Auch das spanische chaparro vom baskischen txapar oder spanisch mozo/mocho/mochuelo vom baskischen motz (Tovar 1975, 80). Ab dem 16. Jahrhundert sind vermehrt schriftliche Sprachzeugnisse des Baskischen vorhanden: Lieder, Gedichte, Gebete und andere (Trask 1997, 46). Einen Höhepunkt erreichte das Baskische aber im 17. Jahrhundert, als der weitere Ausbau der Sprache im schriftlichen Bereich verfolgt wurde. In den nördlichen Provinzen gab es zahlreiche Bemühungen zur Kodifizierung. Es entstanden neben verschiedenen Grammatiken und Wörterbüchern auch zahlreiche literarische Publikationen (Zuazo 1995, 12). Nennenswert ist hier Pedro de Axular, der sich stark für den Erhalt der baskischen Sprache, basierend auf dem Labourdinischen, einsetzte und 1643 das Werk Gero publizierte (cf. Goenaga 1990, 493; Madariaga Orbea 2008, 222–225). Die Vitalität der baskischen Varietäten war zu dieser Zeit noch gegeben, wie Davant anführte: «[L]e basque est parlé différemment dans les sept ‹provinces› basques actuelles» (Davant 2007, 41– 42). Vor allem ab dem 17. Jahrhundert und der zunehmenden Ausbreitung des Spanischen entstand in intellektuellen Kreisen eine Gegenbewegung mit dem Ziel den Sprachverlust aufzuhalten, für die besonders im 18. Jahrhundert der Jesuit Manuel de Larramendi 29 wichtig war. Er verfasste 1729 eine baskische || 27 Es handelt sich hierbei um eine Sammlung von Gedichten über die göttliche und menschliche Liebe (cf. Schuchardt 1923, VI). 28 Joanes de Leizarraga verwendete auch Elemente anderer Varietäten. Er hatte das Ziel, eine breite Leserschaft zu gewinnen. 29 «El P. Manuel de Larramendi, nacido en 1690 en Andoain (Guipúzcoa) y fallecido en 1766 en Loyola, es una de las mayores personalidades en la historia de los estudios de lengua vasca» (Tovar 1980, 66).

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Grammatik, El imposible vencido, und 1745 das erste Wörterbuch des Baskischen (Madariaga Orbea 2008, 317–341; Tovar 1975, 80). Diese Werke wirkten entscheidend auf die Kodifikation. Insbesondere der gipuzkoanische Dialekt gewann in diesem Zuge an Bedeutung. Seit der Französischen Revolution verlor das Baskische stark an Prestige und insbesondere büßte die labourdinische Schriftnorm ihre Gültigkeit für das gesamte Baskenland ein. Bis dahin konnte das Labourdinische als klassischer literarischer Dialekt des Baskischen angesehen werden, in dem bedeutende Schriftsteller des 17. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Leizarraga, Axular oder Etxeberri, ihre Werke verfasst hatten (Rolssenn 1985, 241). Jean Ithurry versuchte mit einer Grammatik des labourdinischen Dialekts 1895, wie später auch Pierre Lafitte mit seiner Grammatik von 1944, Widerstand gegen den Sprachverlust zu leisten (Uhlig 2002, 8; Zuazo 1995, 13). Es gab diverse aktive Schriftsteller, wie Juan Antonio Mogel mit seinem Werk Peru Abarca von 1880. Im Süden erreichten das Biskayische und das Gipuzkoanische literarisches Niveau. Hervorzuheben ist in dieser Zeit auch das wachsende Interesse der Forschung am Baskentum. Die Arbeiten von Wilhelm von Humboldt 30 (cf. vor allem Humboldt 1905 sowie 1920) und Louis-Lucien Bonaparte 31 waren bedeutend für die Entwicklung der baskischen Sprachwissenschaft. Vor allem um den schriftlichen Ausbau der Sprache bemühte sich Bonaparte, denn mit seinen Mitarbeitern fertigte er Übersetzungen von vornehmlich religiösen Texten an, etwa in Dialekten, die bereits eine literarische Tradition besaßen, aber auch in bisher nicht schriftlich fixierten und daher weitgehend unbekannten Varietäten (Zuazo 1995, 16). Inspiriert von Humboldts Studien florierte auch in Deutschland das Interesse am Baskischen. 1886 wurde eine Baskische Gesellschaft gegründet, die bis 1896 die Zeitschrift Euskara herausgab (Trask 1997, 57). Einer der bedeutendsten Forscher zum Baskischen war Hugo Schuchardt. Er veröffentlichte

|| 30 Wilhelm von Humboldt (1767–1835) veröffentlichte 1821 die Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens vermittelst der vaskischen Sprache. Er sah die Basken als Nachfolger der alten Iberer an. Diese These fand zu Beginn eine breite Zustimmung, wurde aber später von Forschern wie Vinson oder Philipon abgelehnt. Allein mit der Kenntnis der baskischen Sprache, die konservativ ist und sich seit dem 9./10. Jahrhundert nur wenig geändert hat, war es nicht möglich, sicher die iberischen Inschriften zu deuten (cf. Gamillscheg 1950, 20). 31 Der Linguist Louis-Lucien Bonaparte (1813–1891), ein Neffe von Napoleon I, erforschte die baskischen Dialekte. Er unterschied nicht weniger als acht stark voneinander abweichende baskische Dialekte. Zudem führte er allgemeinere Studien über die baskische Grammatik durch. Sein bedeutendstes Werk analysierte die baskische Verbbildung (cf. Trask 1997, 54–55).

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1893 das über Deutschlands Grenzen hinaus weit beachtete Arbeitspapier Baskische Studien und später, in den 1920ern, weitere Werke (cf. u.a. Schuchardt 1923 sowie 1928). Dabei analysierte er grammatische Strukturen und suchte etwa nach Verwandtschaftsbeziehungen mit anderen Sprachen (Trask 1997, 58s.). Im Verhältnis zu den für die baskische Unabhängigkeit negativen politischen Entwicklungen sind diese der baskischen Sprache durchaus zuträglichen Forschungen allerdings von geringer Bedeutung. Das Ziel der Staaten Frankreich und Spanien war es, das Baskische (ohne Rücksicht auf die Sprecher der Minderheitensprachen) mit allen Mitteln zurückzudrängen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde im südlichen Teil des Baskenlands im Rahmen der Euskal pizkundea, 32 der «Baskischen Renaissance», versucht, erste konkrete Schritte in Richtung einer einheitlichen Schriftsprache zu unternehmen (Uhlig 2002, 7). Als Vertreter der parallel stärker werdenden Unabhängigkeitsbestrebungen ist Sabino Arana (1865–1903) hervorzuheben, der die Existenz einer baskischen Nation proklamierte und sich für die Wiederherstellung der Fueros einsetzte. «Jaungoikua eta Lagizarra» (Gott und die alten Gesetze) wurden zum Wahlspruch dieser Zeit (Bernecker 1990, 215; Kaspar 2008, 131). «Arana-Goiri no era un espíritu científico, ni pretendió nunca pasar por tal, y convertido en hombre de acción, organizador de un partido polémico que arraigaba entre gente de convicciones muy sólidas, formuló unos cuantos principios históricos y lingüísticos, sin preocuparse de fundamentarlos ni discutirlos» (Tovar 1980, 166–167).

Arana steht für einen gesamtbaskischen Nationalismus (Bernecker 1990, 214). Seine Bestrebungen griffen jedoch nur auf spanischem Territorium; zu Lebzeiten fanden seine Ideen im französischen Teil des Baskenlands wenig Anklang. Die parallel durchgesetzte Trennung von Staat und Kirche in Frankreich (Laizismus) verzögerte unter den Nordbasken die Entstehung nationalistischer Tendenzen, da sie sich Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem gegen diese Trennung engagierten, denn die römisch-katholische Religion galt und gilt etwa als wichtiger Teil der baskischen Identität (Jacob 1994, 57). Arana stritt für ein unabhängiges Euskadi, in der das Euskera die einzige offizielle Sprache sein sollte (Zinner 1980, 48). Durch ihn kamen sprachpuristische Tendenzen auf, die auf eine Neugestaltung des Baskischen zielten. Des Weiteren erschienen in dieser

|| 32 Die Baskische Wiedererweckungs- oder Renaissance-Bewegung spielte sich im Zeitraum von 1876 bis 1936 ab. Unter anderem wurde eine Vereinheitlichung der Schriftsprache auf Basis des Zentraldialekts von Gipuzkoa angestrebt und ein baskischer Nationalismus kam stärker auf.

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Zeit wichtige Grammatiken, beispielsweise 1884 von Arturo Campión die Grammática de los cuatro dialectos literarios de la lengua euskara. Im Zuge der Baskischen Renaissance-Bewegung wurden auch die ersten Ikastolak 33 geschaffen und es erfolgte 1918 die Gründung der Königlichen Akademie der baskischen Sprache, der Euskaltzaindia (Rolssenn 1985, 233). Es wurde schon seit Ende des 19. Jahrhunderts angestrebt, baskische Ersatzbildungen für Lehnwörter aus dem Spanischen oder dem Französischen zu finden. Zum Beispiel sollte famatu (berühmt) vermieden werden. Als Ersatzwort wurde hierfür beispielsweise ospetsu eingeführt, was glorreich bedeutet (Haase 2003, 78; cf. Azkue 1969b und Kühnel 1999). 1940 gerieten die Basken durch die deutsche Besatzung Frankreichs auch hier unter autoritäre Herrschaft. Zwei bedeutende Publikationen, in denen die baskische Sprache näher untersucht wurden, fallen in die Zeit der deutschen Besatzung: René Lafons Le Système du verbe basque au XVIe siècle, ebenso 1944 publiziert wie Pierre Lafittes Grammaire basque (navarro-labourdin littéraire) (Trask 1997, 65s.). Pierre Lafitte war einer der beiden intellektuellen Vordenker – neben Eugène Goyheneche – der ersten Generation der baskischen Unabhängigkeitskämpfer in Frankreich (Jacob 1994, 66). Des Weiteren war für die Ausbreitung auch die Vereinheitlichung der bis dahin in zahlreiche Unterdialekte zersplitterten Sprache bedeutend. Seit 1968 wird das Euskara batua in den baskischen Schulen und in der Literatur verwendet (cf. u.a. Lang 1983, 201–203). Durch diese Entwicklungen konnten die Südbasken wieder häufiger das Baskische im alltäglichen Leben gebrauchen; deutlich wird dies besonders im Vergleich zu den Nordbasken (cf. Trask 1997, 32–33). Wichtige Erfolge beim Erhalt der baskischen Sprache sind ganz besonders dank Organisationen und Institutionen wie der Euskaltzaindia, der Akademie der baskischen Sprache, zu verzeichnen. So wurde beispielsweise die zurzeit gültige Orthografie von Koldo Mitxelena, ein bekannter Baskologe, festgelegt (Uhlig 2002, 7).

3.3.4 Spracherhaltende Maßnahmen 3.3.4.1 Euskaltzaindia und das Euskara batua Euskaltzaindia, die Akademie der baskischen Sprache, kämpft seit 1918/1919 für den Erhalt und den Ausbau des Baskischen. Ihre größte Errungenschaft ist die

|| 33 Schulen mit Baskisch als Unterrichtssprache, hier im Plural: Ikastolak, Singular: Ikastola.

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Vereinheitlichung des Baskischen beziehungsweise die Schaffung einer standardisierten Schriftsprache. Das «geeinte Baskisch», Euskara batua, wird für die überdialektale Kommunikation verwendet (Haase 2003, 76). Inzwischen existiert die Akademie bereits seit mehr als 90 Jahren und ist die einzige baskische Institution, die die stürmische Geschichte des 20. Jahrhunderts mit verschiedenen Bewegungen, Kriegen und Kämpfen überlebt hat. Schon 1571 wurden von Joanes de Leizarraga erste Versuche zur Kodifizierung und Standardisierung des Baskischen unternommen. Er fertigte eine Übersetzung des Neuen Testaments in labourdinischem Dialekt an, verwendete dabei auch Elemente anderer Varietäten, um eine größere Leserschaft zu gewinnen (Tovar 1975, 78). Wenn auch – wie das eben genannte Beispiel zeigt – seit Jahrhunderten vereinzelte Kodifizierungsbestrebungen gab, wird erst Anfang des 19. Jahrhunderts die Gründung einer baskischen Akademie von José Francisco Aizkibel (1798–1865) als notwendig gesehen und dieser Gedanke zum ersten Mal formuliert (Haritschelhar 1996, 87). Ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert setzten sich verstärkt verschiedene Akteure für eine Institution dieser Art ein. Antoine d’Abbadie (1810–1897) etwa organisierte baskische Poesiekurse, Aristide d’Artiñano (1840–1911) veröffentlichte konkrete Pläne zum Projekt einer baskischen Akademie (Rolssenn 1985, 232) und Sabino Arana (1865–1903) setzte sich für die Vereinheitlichung des Baskischen ein. Trotzdem sollte es noch einige Jahre dauern, da bei den Kongressen von Hendaye (1901) und Fontarrabie (1902) keine Einigung über eine gemeinsame Orthografie zustande kam (Haritschelhar 1996, 88). Da ohne ein einheitliches Baskisch die Kommunikation untereinander schwierig war, wuchs die Einsicht, wie bedeutend eine Akademie für die baskische Sprache wäre. Sie schien damals absolut notwendig für den Spracherhalt zu sein. Die Gesandten aus Gipuzkoa, Bizkaia, Araba oder Nafarroa gaben schließlich ihr Einverständnis für die Gründung einer Akademie (ib., 89). Durch den ersten internationalen Kongress für Baskische Studien 1918 in Oñate wird die Euskaltzaindia gegründet (Rolssenn 1985, 233), die sich «die orthografische Kodifizierung sowie die Standardisierung und lexikalische Modernisierung der Sprache zum Ziel setzt» (Uhlig 2002, 9). Wichtiger Hauptakteur der Anfangszeit, auch erster und bis zu seinem Tod Präsident dieser Akademie, war Resurrección María de Azkue (1864–1951), der in dieser Funktion Autor wichtiger Werke wie des Diccionario Vasco-EspañolFrancés (1905–1906) und der Morfología vasca (1923–1925) war (cf. Azkue 1969a–e). Die Standardisierung erreichte jedoch in seiner Amtszeit noch nicht den Durchbruch. Seit diesen Jahren stand zwar die Idee des Einheitsbaskischen auf der Tagesordnung, doch erst 1968 konnte eine einheitliche standardisierte Sprache eingeführt werden, da vor allem der spanische Bürgerkrieg die Ar-

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beiten der Akademie für mehrere Jahre unterbrach. Zudem mussten viele Akteure aus politischen Gründen ins Exil (Rolssenn 1985, 234; Haritschelhar 996, 93). Auf dem Kongress von Arantzazu wurden erste Grundlagen der Einheitssprache geschaffen (Euskaltzaindia 1977, 24). Das Euskara batua, hauptsächlich basierend auf dem Gipuzkonischen, dem Hochnavarrischen und dem Labourdinischen, wird in den weiteren Jahren insbesondere durch den Linguisten Luis Michelena ausgebaut (Viaut 1996, 22). Alle drei Dialekte wurden als Basis der baskischen Einheitssprache verwendet, da «demografische Erwägungen, Regelmäßigkeit der Formen und Ausmaß der interdialektalen Verständigungsmöglichkeit ausschlaggebend» (Rolssenn 1985, 247) waren. Neben vielen Elementen aus diesen Dialekten sind auch sprachliche Charakteristika der anderen Dialekte – jedoch zu wesentlich geringeren Teilen – zu finden (Kaspar 2008, 11). Michelena erklärte die besondere Bedeutung der baskischen Akademie für das Einheitsbaskisch: Sie sei der wesentliche Geist der baskischen Sprache. Sie müsse sich unter anderem mit orthografischen Fragen, Formen von alten Wörtern, aber auch der Schaffung neuer Wörter und deren Rechtschreibung oder mit Problemen von syntaktischen Strukturen befassen. Die Akademie ist in seinen Augen notwendig, um das Überleben und eine Weiterentwicklung der Sprache zu sichern (Haritschelhar 1996, 95). Mit der Standardisierung gehen aber der zunehmende Verlust und die Reduzierung der baskischen Dialekte einher. Bei der Einführung des Euskara batua fühlten sich viele Sprecher in der Standardisierung nicht berücksichtigt. Obwohl das Euskara batua anfänglich nur als Schriftsprache vorgesehen war, breitete sich dieses Standardbaskisch enorm schnell durch die Verwendung in der Schule und in den Medien auch im mündlichen Gebrauch aus (Kaspar 2008, 11). Der Weg der Standardisierung wird daher auch nicht von allen Linguisten und Wissenschaftlern befürwortet. So sieht Fedriko Krutwig Sagredo vor allem das Problem, dass «il s’agit d’unfication linguistique en non d’unification littéraire» (Ithurry 1979, XIX), aus dem Prolog von Fedriko Krutwig Sagredo). Zudem führt er weiter aus: «Le batua, qui a la qualité d’une langue fabriquée en laboratoire par des scientifiques et non pas inventée par des créateurs, correspond dans une certaine mesure à cette caste sociale, insipide, qui est née avec l’industrialisation» (Ithurry 1979, XXII, aus dem Prolog von Fedriko Krutwig Sagredo).

Einerseits werden gerade die Dialekte auf der französischen Seite durch das Einheitsbaskisch stark gefährdet. Aber auch die Sprecher des Biskayischen fühlen sich nicht beachtet (Uhlig 2002, 9). Andererseits wiederum bewahrt das Euskara batua das Baskische insgesamt vor dem Sprachverlust. Darum war die

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Maßnahme der Vereinheitlichung von großer Bedeutung. So konnte gewährleistet werden, dass das Baskische erhalten und verbreitet wird, da es beispielsweise in das Schulwesen und in die Verwaltung integriert wurde (Haase 2003, 79). Aber auch in anderen Bereichen, wie im Radio, bei der Zeitschriften- und Buchproduktion oder im Fernsehen, wird die standardisierte Form verwendet, damit möglichst viele Basken diese Medien rezipieren können. Es lohnt sich, neue Fernsehkanäle auf den Markt zu bringen, da heute mehr Menschen das Euskara batua verstehen, also auf diese Weise erreicht werden und auch untereinander kommunizieren können. Viele baskische Schriftsteller verwenden die baskische Einheitssprache; sie begrüßen, dass es eine Sprache für das Volk gibt (Rolssenn 1985, 250). Heute verwenden besonders die jungen Leute das geeinte Baskisch. Die verschiedenen Basisdialekte sind hauptsächlich noch bei den älteren Sprechern zu hören. Trotzdem entwickelt sich inzwischen auch wieder ein Bewusstsein für die Dialekte, besonders innerhalb der Familien spielen sie wieder eine Rolle. Auch die Euskaltzaindia beschäftigt sich mit dieser Situation. Eine spezielle Kommission befasst sich mit der weit gefächerten Problematik der gesprochenen Sprache (Uhlig 2002, 9). Insgesamt wird deutlich, dass die Euskaltzaindia und ihr Streben, die baskische Sprache zu fördern, von besonderer Bedeutung für die Sprache waren und auch noch immer sind (Haritschelhar 1996, 99). Im Autonomiestatut wird sie «zur offiziellen Autorität für Sprachfragen» (Uhlig 2002, 10) erklärt. Die Organisation bemüht sich um die Publikation von Wörterbüchern und Grammatiken. Als Beispiel ist die Grammatik, Euskal gramatika. Lehen urratsak 34 und das Wörterbuch Orotariko Euskal Hiztegia (bestehend aus 16 Bänden) zu nennen, die bereits in mehrfacher Weise und in verschiedenen Ausführungen erschienen sind. 35 Die Hauptaufgabe der Akademie besteht in der Fortführung der Standardisierung und Sprachkodifizierung. Weitere Institutionen, die sich mit lexikografischen oder orthografischen Fragen auseinandersetzen, arbeiten meist eng mit der Euskaltzaindia zusammen. Die AEK (Alfabetazen eta Euskalduntzen Koordinatora) ist etwa für den Erhalt und die Verbreitung des Baskischen wichtig. Sie stellt ein Netz von Privat- und Abendschulen dar, das insbesondere Erwachsene im Baskischen ausbildet. 10.000 bis 20.000 Menschen jährlich lernen durch sie die Sprache des Baskenlandes (Initiativ e.V. 2003, 30).

|| 34 Diverse Erweiterungen wurden bereits publiziert. 35 Dieses Wörterverzeichnis erschien 2000 als Band 45 (2) der Zeitschrift Euskera.

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In Frankreich beruht die Sprachpflege und Sprachpolitik vor allem auf privaten Institutionen. Das liegt vornehmlich an der verfassungsrechtlichen Stellung der Sprache, die wesentlich beschränkter ist als in Spanien. 1990 wurde das Institut Culturel Basque (ICB) gegründet, das sich für die linguistische und kulturelle Situation im Nordbaskenland einsetzt (Heguy 1996, 101). Es fördert insbesondere den Gebrauch der Sprache, aber auch die baskische Literatur, das baskische Theater, Tänze, Gesang, Musik und viele andere kulturelle Angebote. Wie in Navarra wird auch im französischen Teil die Euskaltzaindia als Institution für Sprachfragen und Festlegung der Sprachnorm anerkannt (ib., 105ss.; Uhlig 2002, 11). Der Einfluss des ICB ist im Vergleich zur Euskaltzaindia eher bescheiden. Es arbeitet mit den Regierungen der Comunidades Autónomas im Baskenland und der Navarra zusammen.

3.3.4.2 Das Baskische im öffentlichen Leben: Schule und Medien Im Schulwesen, sicher eines der wichtigsten öffentlichen Mittel zur Sprachverbreitung, zeigt sich der starke Wille der Basken, ihre Sprache zu fördern, da sie neben dem öffentlichen, kostenfreien Bildungssystem ein fast ausschließlich eigenfinanziertes, privates Schulwesen errichtet haben. Dies sind die Ikastolak, Schulen, die vor allem zur Zeit des Widerstands gegen die Diktatur in Spanien zwischen 1969 und 1973 und während der Unabhängigkeitsbestrebungen 1977/1978 gegründet wurden (Walter 1991, 64). In den Ikastolak wird nicht nur die Sprache als solche erlernt, sondern auch der reguläre Unterricht läuft auf Baskisch ab. Im südlichen Baskenland sind die Ikastolak heute offiziell anerkannter Teil des staatlichen Schulsystems. Das Baskische kann damit im Südbaskenland als offizielle Schulsprache gewählt und staatliche Abschlussprüfungen auf Baskisch abgelegt werden. Im spanischen Baskenland gibt es selbst im regulären öffentlichen System heute verschiedene Modelle, um Baskisch zu lernen. So ist beispielsweise das Euskera in der CAV obligatorische Fremdsprache. Dagegen besitzt die Ikastolak-Bewegung in Frankreich einen geringeren Stellenwert. Seit 1951 mit dem Loi Deixonne kann Baskisch-Unterricht zwar an französischen Schulen im Baskenland gegeben werden (Heguy 1996, 102), an den öffentlichen Schulen in Frankreich wird Baskisch jedoch vor allem in optionalen Baskisch-Kursen gelehrt (Haase 2000, 307). Andere Sprachen als das Französische werden für den Unterricht zwar akzeptiert, doch gleichzeitig stets nur sehr kontrolliert zugelassen (cf. Jäger/Dausendschön-Gay 2003, 112). Die Verbreitung der baskischen Sprache feiert auch Erfolge im Medienbereich: In den 1950er Jahren entstanden erste baskische Verlage, die sich bereits in dieser Zeit, trotz Verboten und Strafen, für den Sprachausbau einsetzten. Im

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Kampf um Anerkennung nehmen die Medien eine besonders wichtige Position ein. Viele Journalisten, Reporter, Moderatoren wurden jedoch wegen einer mutmaßlichen ETA-Zugehörigkeit bedroht und verfolgt, vor allem in den konfliktreichen Jahren (cf. Arbeloa/Larraza/Krauthausen 1999, 67–68). Dennoch haben sich die Anstrengungen gelohnt, da heutzutage mehrere baskische Zeitungen und Zeitschriften verlegt werden. Bereits 1887 erschien die erste baskische Zeitung Eskualduna, 36 die Geschehnisse und Auswirkungen der Politik diskutierte (cf. Haritschelhar 1995, 217–218). Bedeutend für die baskische Unabhängigkeitsbewegung, insbesondere auf der nördlichen Seite, war die Zeitung Enbata (cf. Jacob 1994, 129– 183). Einige der späteren baskischen Zeitungen und Zeitschriften waren zunächst zweisprachig. Heute sind Zeitungen und Zeitschriften unterschiedlicher Art und Periodik zu finden. Es gibt Tages-, Wochenzeitungen und auch Monatszeitschriften. Bekannt sind unter anderem Euskaldunon Egunkaria (seit 1990 täglich) oder Argia (seit 1963 wöchentlich) (cf. Urteaga 2004, 171–172). Ein wichtiger Erfolg ist dem Institut Culturel Basque im nordbaskischen Teil gelungen: Im Oktober 1992 wurde mit seiner Unterstützung die Zeitschrift Xirrixta auf den Markt gebracht. Hierbei handelt es sich um eine Zeitschrift, die für Kinder im Alter von vier bis acht Jahren konzipiert und vollständig auf Baskisch herausgegeben wird (Heguy 1996, 107). Im Südbaskenland wurden erste Radiosendungen auf Baskisch 1947 von Radio San Sebastian gesendet. Erst in den 1960er Jahren gab es sonntägliche Radiosendungen von zirka 1,5 Stunden im Nordbaskenland (Rolssenn 1985, 286–287). Heute gibt es aber mehrere Radiosender, die sowohl in Spanien als auch in Frankreich auf Baskisch senden. Oft handelt es sich um private, kleinere Regionalsender. Als Beispiele sind Radio Popular de Loyola y San Sebastian und Radio Popular de Bilbao zu nennen. Bei beiden wird aber zuweilen kritisiert, dass sie nicht ausschließlich auf Baskisch senden. Problematisch für die Nordbasken ist nach wie vor, dass es in Frankreich fast nur französischsprachige Programme gibt. Auch im Kulturbereich sind positive Tendenzen zu verzeichnen. Das Baskische wird heute deutlich mehr verwendet. Es gibt verschiedene Sänger und Gruppen in unterschiedlichen Musikstilen, die auf Baskisch singen, sowie Theaterstücke, die auf Baskisch vorgetragen werden und die häufig von der Ge-

|| 36 Eskualduna wurde von Louis Etcheverry gegründet. Die erste Ausgabe erschien am 15. März 1887. In der ersten Ausgabe wurde von ihm verkündet: «Notre journal est fait par des Basques pour des Basques» (Haritschelhar 1995, 218).

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schichte des Landes erzählen. Als Beispiel ist die Band Sagarroi zu nennen, die von 2001 bis 2010 zahlreiche Konzerte gab und mehrere CDs herausbrachte. Trotz einer Verbesserung der Sprachsituation und Sprachverbreitung im öffentlichen Leben in den vergangenen Jahrzehnten stellt das Baskische keine wirkliche Konkurrenz für die beiden Nationalsprachen dar. Besonders in Frankreich ist die Situation der Minderheitensprache nach wie vor prekär. Die «Reinigung» der französischen Sprache vor allem von Regionalismen sowie die Bewahrung ihrer «clarté» durch puristische Normierungsmaßnahmen kennzeichnen die Sprachpolitik Frankreichs vom Absolutismus bis heute (Jäger/Dausendschön-Gay 2003, 112). Dagegen sind in der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlandes, also im spanischen Teil, beachtliche Erfolge zu spüren. Hier breitet das Baskische sich selbst in Bereichen wie der Verwaltung und den Medien, die ihr früher vorenthalten waren, immer stärker aus. Doch selbst in der Autonomen Region ist man weit vom Ziel des Bilinguismus entfernt. Besonders, was die Sprachqualität angeht, werden kritische Äußerungen laut: Es sei bei immer größer werdender bilingualen Sprecherzahl ein starker Verlust der dialektalen Vielfalt und des ursprünglichen baskischen Wortschatzes zu verzeichnen. Zurückgeführt wird dies etwa darauf, dass lange Zeit im Normalisierungsprozess – bei der Ausweitung der Sprecherquantität – wenig auf die Sprachqualität geachtet wurde. Der Missstand äußert sich vor allem darin, dass Wörter aus dem Spanischen oder Französischen entlehnt werden (Uhlig 2002, 11). 37

|| 37 Cf. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 9.

| II Methodische Grundlagen der Untersuchung

4 Funktionale Variationslinguistik 4.1 Sprachkontakt und Sprachvariation Auch wenn das Phänomen «Sprachkontakt» in der Sprachwissenschaft seit jeher von Interesse gewesen ist, fanden sich vor allem in den letzten 50 bis 60 Jahren fundierte Ansätze und Theorien zur Beschreibung der unterschiedlichen Prozesse, die sich durch einen Sprachkontakt ergeben. Als eines der ersten bedeutenden Werke der Kontaktlinguistik gilt das 1953 erschienene Buch Languages in Contact von Uriel Weinreich (1964); zahlreiche weiterführende Analysen und Ansätze zum Sprachkontakt lassen sich aber auch bei anderen Autoren finden (cf. u.a. Nelde 1980; Kremnitz 1995; Kabatek 1996 oder Krefeld 2004). Seit Jahrtausenden bestimmen Sprachkontakte die gesellschaftlichen Verhältnisse, und zwar besonders von Gemeinschaften, die von Mobilität geprägt sind. In der Kontaktlinguistik und Variationslinguistik werden die sprachlichen Verhältnisse in mehrsprachigen Gesellschaften analysiert. In diesem Kontext werden unter anderem die Auswirkungen der beiden Sprachen untereinander, aber auch die Sprecher und die sprachliche Variation innerhalb einer Sprachgemeinschaft untersucht. In den Untersuchungen steht also meist der Sprecher beziehungsweise die Sprachgemeinschaft im Zentrum der Analyse, da das Verhalten der Sprecher entscheidend für das weitere Schicksal einer Sprache ist. So kann sich im Prozess eines Sprachkontakts ein häufiger oder ein seltener Gebrauch einer Sprache ergeben; durch Prozesse des Sprachwandels kommt es also bezogen auf die dominante und die dominierte Sprache zu unterschiedlichen Folgen. 1 Durch die sprachlichen Prozesse in der Romania – also zum Beispiel die Verdrängung der Minderheitensprachen und Basisdialekte in Frankreich – kommt es zu einem konvergenten, zentripetalen und kontaktdynamischen Sprachwandel «als das Ergebnis des Sprachkontaktes zweier Sprachen» (Stehl 2008, 196). Im Verlauf des Spracherwerbsprozesses von drei Sprechergenerationen lässt sich hierbei die Herausbildung verschiedener Varietäten nachweisen, die spezifische sprachliche Charakteristika haben. Bei konstanter Mehrsprachigkeit kann es unter anderem zu spezifischen lautlichen und lexikalischen Veränderungen innerhalb der durch Sprachkontakt betroffenen Sprachen kommen. Entlehnungen aus der fremden Kontaktsprache sind auch soziolinguistisch erklärbar, da das höhere Prestige der Stan-

|| 1 Cf. zu den Typen des Sprachwandels Lüdtke (1980a, 1980b, 1985) und Stehl (2008).

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dardsprache beziehungsweise der dominanten Sprache das Bedürfnis schafft, etwa aus dieser dominanten Sprache zu entlehnen, auch wenn die Sprecher sprachloyal bleiben und ihre Sprache nicht aufgeben (Haase 1992, 14). Im Zuge von Sprachkontakten sind jedoch nicht nur rein materialsprachliche Veränderungen zu konstatieren, sondern auch stets Veränderungen im Sprachbewusstsein, 2 denn im Sprachkontakt wird Sprache zum «Kristallisationspunkt, da sie Ausdruck der sozialen und ethnischen Identität und der Identifikation mit dieser ist» (Muhr 1985, 289). Nach diesem kurzen thematischen Einblick sollen nun die kontakt- und variationslinguistischen Ansätze von Heinrich Lausberg, Eugenio Coseriu und Thomas Stehl ausführlich erläutert werden, da diese die Ausgangsbasis für die hier vorliegende Untersuchung bilden. Zuerst sollen die sprachtheoretischen Konzepte von Coseriu und Lausberg vorgestellt werden, auf die sich Stehl bezieht. Ziel ist es in diesem Kapitel, die sprachwissenschaftlichen Konzepte der drei genannten Linguisten miteinander zu vergleichen und voneinander abzugrenzen.

4.2 Heinrich Lausbergs Ansatz der Linguistik der parole 4.2.1 Allgemeine Grundüberlegungen Heinrich Lausberg gehört in der deutschsprachigen Romanistik zu den bedeutendsten Sprachwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts – die Sprachwissenschaft verdankt ihm zahlreiche bahnbrechende Fortschritte. Im Bereich der kontaktlinguistischen Forschungen ist es als Lausbergs größter Verdienst anzusehen, dass er eine Linguistik der parole skizzierte, um so den «überwiegend an Systemstrukturen ausgerichteten Strukturalismus» (Stehl 1995a, 73) zu überwinden. Insbesondere die Konzeption und die Zuordnung des Diskurses waren aus Lausbergs Sicht nicht zu vernachlässigen. In diesem Kontext muss erwähnt werden, dass Lausberg zwischen den Forschungsgebieten der Philologie und der Sprachwissenschaft trennt. Er versteht die Philologie als Literaturwissenschaft, die sich den «literarischen Wiedergebrauchs-Texten» widmet. Die Textkritik, Text-Interpretation und die textübergreifende Integrierung sind nach Lausberg (1969, 30, 32) Hauptaufgaben der romanischen Philologie. In der Sprachwissenschaft unterscheidet Lausberg drei

|| 2 Weitere Ausführungen zum Begriff «Sprachbewusstsein» und zum Verhältnis «Sprache und Identität» cf. Kapitel 5.

Heinrich Lausbergs Ansatz der Linguistik der parole | 61

Zweige: synchronische Struktur, synchronische Koexistenz und Diachronie. Daneben gibt es verschiedene Bereiche wie etwa die Rede-Lehre oder die SatzLehre, die jeweils unter Berücksichtigung der erwähnten Zweige untersucht werden (cf. ib., 16–20, 35). Demnach ist für Lausberg der «Text» dem Forschungsgebiet der Philologie zuzuordnen. Dagegen zählt das Instrument der Sprache (die «Tätigkeit des Redens» sowie die «Potenz des Redens») zur sprachwissenschaftlichen Forschung (ib., 34). Zwar grenzt er beide Disziplinen voneinander ab, andererseits stellt Lausberg aber auch fest, dass sowohl die Philologie als auch die Sprachwissenschaft voneinander abhängig sind und sich auch gegenseitig beeinflussen.

4.2.2 «Potenz des Redens», «Tätigkeit des Redens» und «Diskurs» Als Basis der Trias aus «Potenz des Redens», «Tätigkeit des Redens» und «Diskurs» benötigt der Redner in jedem Fall «ein von der Gemeinschaft anerkanntes Zeichen-System, die Sprache (fr. langue)» (Lausberg 1969, 30), denn nur so können die «Potenz des Redens» in der «Tätigkeit des Redens» und bei der Verfertigung von Diskursen (Rede) angemessen zur Anwendung kommen. Die «Potenz des Redens» steht dabei für das sprachliche Wissen, welches die Basis der Redetätigkeit bildet und im Bereich der parole untersucht wird. Zudem beschreibt eine Linguistik der parole auch die «Tätigkeit des Redens» als Basis der Diskurse beziehungsweise der «Texte». Doch darf man hier «für den Terminus ‹Text› nicht den Anspruch der Abgeschlossenheit (Ganzheit) [erheben]» (ib.). Eine weitere bedeutende Errungenschaft von Lausbergs Forschungen ist die sprachliche Gliederung in Zeit und Raum. Soziale und pragmatische Determinanten bestimmen den häufigen Gebrauch standardnaher Kontaktvarietäten sowie den selteneren Gebrauch dialektaler Kontaktvarietäten. Die sich daraus ergebende Kontaktdynamik in ihrem Verlauf wird sowohl durch die sprachliche Kompetenz des Sprechers als auch durch pragmatische Aspekte, wie etwa Themenwahl, Sprachsituation, Gesprächspartner, beeinflusst (cf. hierzu die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung). Stehls variationslinguistischer Ansatz, der nachfolgend vorgestellt wird, lehnt sich an Lausbergs funktionalen Ansatz von «Potenz des Redens», «Tätigkeit des Redens» und «Diskurs» an. In seinem Konzept wird das zweisprachige sprachliche Wissen in der Redetätigkeit selektiv umgesetzt. Die Interferenz ist hier als Resultat dieser Tätigkeit zu verstehen. Konvergenz wird für ihn «als das historische Ergebnis der Hierarchisierung synchroner Variation und Interferenz in der Diachronie angemessen» (Stehl 1995a, 80) beschrieben. Lausbergs «Po-

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tenz des Redens» wird in Stehls Ansatz als «Kompetenz der Variation» bezeichnet. Die «Tätigkeit des Redens» wird «Pragmatik der Variation» genannt und die daraus resultierenden «Diskurse» sind unter «Linguistik der Variation» gefasst (ib., 81).

4.3 Die Sprachtheorie Eugenio Coserius Auch für Eugenio Coseriu (1988b, 103) war es von Bedeutung, «über den Strukturalismus hinaus zu gelangen, ihn gleichzeitig zu überwinden und zu bewahren». Seit den 1950er Jahren arbeitete er an seiner Sprachtheorie, die mit dem beachtlichen Werk Sprachkompetenz. Grundzüge der Theorie des Sprechens 3 ihren Höhepunkt finden sollte. Eines seiner Ziele war, «eine Theorie der sprachlichen Kompetenz zu entwickeln» (Coseriu 2007, 1). Ihm war es äußerst wichtig, «das Wissen, das sich auf das Sprechen selbst und auf seine Gestaltung bezieht» (ib.) zu untersuchen, da er «eine Theorie des Sprechens in ihren Grundzügen» entwickeln wollte. Wie auch Lausberg oder später Stehl wollte Coseriu insbesondere jene Aspekte des Sprechens analysieren, die bisher in der strukturalistischen Sprachwissenschaft 4 nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Dabei werden die Errungenschaften des Strukturalismus nicht geleugnet, sondern vielmehr war es das Ziel, die «Wirklichkeit der Sprache, so wie sie bei der Tätigkeit des Sprechens zutage tritt» (Coseriu 1988a, 103) zu beschreiben. Aus Sicht Coserius ist es notwendig, alle Ebenen, die das Sprechen beeinflussen, zu berücksichtigen. Es geht ihm unter anderem darum, die außersprachliche Wirklichkeit, den Gebrauch der Metasprache und die Diachronie bei der Untersuchung des Sprechens mit einzubeziehen, um so vollständig zu erfahren, «was ein Sprecher tatsächlich tut» (Coseriu 1988b, 108).

4.3.1 Tätigkeit – Wissen – Produkt Schon seit Jahrtausenden wird in den Wissenschaften die Trias Tätigkeit, Wissen, Produkt beschrieben. Als einer der Ersten unterscheidet Aristoteles mit || 3 Das Werk erschien 1988, die zweite Auflage 2007. 4 Der Strukturalismus beschränkt sich hauptsächlich auf die funktionelle Sprache, auch wenn er doch zwischen funktioneller und historischer Sprache unterscheidet. Hierbei werden vor allem die funktionellen Strukturen der Einzelsprachen analysiert, oder anders formuliert, es geht «um die oppositiven Strukturen einer gegebenen Sprache» (Coseriu 1988b, 104).

Die Sprachtheorie Eugenio Coserius | 63

enérgeia, dynamis, érgon diese drei Ebenen. Wilhelm von Humboldt (Humboldt 1963, 418) griff Aristoteles’ Ausführungen auf, um das «Wesen der Sprachen in all ihren Formen bestimmen» (Coseriu 2007, 11) zu können. Humboldt meinte, dass die Sprache nicht «wie ein todtes Erzeugtes, sondern weit mehr wie eine Erzeugung» 5 (Humboldt 1963, 416) betrachtet werden muss. Sprache sei also etwas Lebendiges, was wiederum bedeute, dass sie «kein Werk (Ergon) [ist], sondern eine Thätigkeit (Energia)» (ib., 418). Coseriu (2007, 11) erläutert, dass es notwendig sei, das Produkt von der Tätigkeit zu unterscheiden, da Humboldt unter dem Begriff der Tätigkeit die «schöpferische Tätigkeit» (ib.) verstand. 6 In seinem sprachtheoretischen Ansatz greift auch Coseriu mit den drei Ebenen Tätigkeit, Wissen und Produkt auf das aristotelische Gedankengut zurück. Von Stehls Ansatz unterscheidet sich jener von Coseriu darin, dass er die Redetätigkeit chronologisch vor die Beschreibung des sprachlichen Wissens stellt. 7 Stehl (1995a, 80) argumentiert, dass im Entwicklungsprozess eines Menschen zwar durchaus die Tätigkeit des Spracherwerbs dem sprachlichen Wissen vorausgeht, doch ist es für einen kompetenten Sprecher nicht mehr das Ziel, sich durch das Sprechen ständig neues sprachliches Wissen anzueignen. Der Sprecher wird dagegen auf seinem bereits bestehenden sprachlichen Wissen aufbauen und dies in der Redetätigkeit umsetzen. Stehl kritisiert an Coserius Ausführungen – also wenn die sprachliche Tätigkeit vor dem sprachlichen Wissen stünde –, dass alle Sprecher ausgeschlossen wären, die ein sprachliches Wissen haben, aber keine darauf aufbauende Tätigkeit. In diesem Sinne wären also Sprecher mit einer passiven Sprachkompetenz ausgeschlossen. Dies beträfe etwa die jüngere Sprechergeneration von Minderheitensprachen beziehungsweise Dialekten. Sie setzen in der Regel ihre passive Kompetenz nicht (mehr) in Redetätigkeit um. Coseriu (2007, 59) unterscheidet hierzu folgende grundlegenden Aspekte: Einerseits ist Sprache eine allgemein-menschliche Tätigkeit. Diese wird von den Sprechern einer Sprachgemeinschaft individuell ausgeübt. Andererseits definiert Coseriu die Tätigkeit Sprechen «(a) als Tätigkeit, (b) als das der Tätigkeit zugrunde liegende Wissen und (c) als das Produkt der Tätigkeit» (ib.). Er grenzt sich von Ferdinand de Saussures Konzept ab, denn er sieht de Saussures Einteilung und Verständnis von langue, parole, langage als problematisch an, da sie || 5 Unter Energeia versteht Humboldt, dass Gegenstände durch ihre sprachliche Verwandlung dem Geiste überhaupt erst zugänglich gemacht werden können (cf. Humboldt 1962). 6 Auch wenn dieser Ansatz dem von Aristoteles nicht explizit widerspricht, so war Aristoteles jedoch der Meinung, dass diese definierte Tätigkeit lediglich bei Gott zu finden sei (cf. u.a. Coseriu 2007, 1). 7 Zur Erläuterung von Stehls Konzept zur Tätigkeit, Wissen und Produkt weiter in Kapitel 4.4.

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asymmetrisch seien (cf. de Saussure 2001, 11–18; Coseriu 2007, 60–62). Bei de Saussure beinhaltet die parole die ganze Tätigkeit des Sprechens. Die langue dagegen umfasst das System bzw. den Regelapparat. Die parole umfasst viel mehr als die langue: Nach dem Konzept der parole gibt es bestimmte Aspekte, die auf jede Sprache zutreffen und unabhängig vom System einer Sprache zu betrachten sind (cf. ib., 60). Coseriu definiert die Sprechtätigkeit unter drei Geschichtspunkten. Diese sind, wie bereits erwähnt, Tätigkeit, Wissen, Produkt. Er definiert die Tätigkeit selbst «als Sprechen und Verstehen» (ib, 71). Der Sprecher wendet sein sprachliches Wissen an, zugleich kann er aber durch die Tätigkeit auch neues sprachliches Wissen schaffen. Das Wissen liegt der Tätigkeit zugrunde. Das Produkt ist demnach als Resultat der Tätigkeit beziehungsweise als sprachliches Werk zu verstehen. Diese Dreiteilung muss nach Coseriu jedoch wiederum zwischen drei verschiedenen Ebenen untergliedert werden. So entsteht eine Matrix mit drei mal drei Feldern. Unter der universellen Ebene wird verstanden, dass das Sprechen allgemein-menschliche, also eben universelle Aspekte umfasst. Jeder Mensch, der dazu biologisch in der Lage ist, hat die Voraussetzung zu sprechen und spricht daher. Als historische Ebene wird das Sprechen als Sprechen in einer konkreten Einzelsprache verstanden, denn jeder Mensch folgt beim Sprechen einer bestimmten historischen Tradition. Schließlich muss auch die individuelle Ebene betrachtet werden, in der einerseits das Sprechen von einem Individuum ausgeführt wird und andererseits das Sprechen auf eine individuelle Weise in einer konkreten Situation stattfindet (ib.). Bei der Verbindung der oben genannten drei Gesichtspunkte auf horizontaler Linie und der nachstehenden drei Ebenen auf vertikaler Ebene, werden bei der Überkreuzung spezifische Betrachtungsweisen der Tätigkeit, des Wissens und des Produkts notwendig: Die Tätigkeit muss auf der universellen Ebene als «Sprechen im Allgemeinen», auf der historischen Ebene als «konkrete Einzelsprache» und auf der individuellen Ebene als «Diskurs» betrachtet werden (ib., 74). Das Wissen muss auf der universellen Ebene als «elokutionelles Wissen», das heißt, die allgemeine menschliche Fähigkeit zu sprechen, auf der historischen Ebene als «idiomatisches Wissen», das heißt das Wissen in einer bestimmten Sprache, und auf der individuellen Ebene als expressives Wissen, das heißt das Wissen, das in einer bestimmten Situation die Konstruktion eines Textes ermöglicht, bezeichnet werden (ib.). Schließlich entspricht das Produkt auf der universellen Ebene der «Totalität der Äußerungen», auf der historischen Ebene einer «abstrakten Einzelsprache» und auf der individuellen Ebene dem «Text» (ib., 75). Folgende Grafik fasst die Ausführungen übersichtlich zusammen:

Die Sprachtheorie Eugenio Coserius | 65

GESICHTSPUNKT EBENE Tätigkeit

Wissen

Produkt

Universell

Sprechen im Allgemeinen

Elokutionelles Wissen

Totalität der Äußerungen

Historisch

Konkrete Einzelsprache

Idiomatisches Wissen

(abstrakte Einzelsprache)

Individuell

Diskurs

Expressives Wissen

Text

Abb. 6: Coserius Differenzierungen der Tätigkeit, des Wissens, des Produkts (neu gesetzt und leicht modifiziert nach Coseriu 2007, 75)

Mit dieser detaillierten Betrachtung zeigt Coseriu Möglichkeiten auf, das «Sprechen» eingehend zu analysieren. Stehl greift in seiner funktionalen Analyse der sprachlichen Variation Coserius Trias Tätigkeit, Wissen, Produkt auf. Diese Ausführungen bzw. Überlegungen nehmen auch bei der Entwicklung des eigenen Konzepts zur Identität eine wichtige Rolle ein. Im Folgenden werden aber zunächst weitere grundlegende Begriffe im Kontext von Coserius Betrachtungen diskutiert.

4.3.2 Synchronie und Diachronie Für die Kontakt- und Variationslinguistik sind die Beschreibung des Sprachzustandes (Synchronie) und die Beschreibung des Sprachwandels (Diachronie) entscheidend. Wie auch bei der Analyse des sprachlichen Wissens geht Coseriu bei der Abgrenzung von Synchronie und Diachronie auf vorangehende Sprachkonzepte zurück. Er kritisiert hierbei grundlegende Aspekte der Unterscheidung von de Saussure und entwickelt seinen eigenen Ansatz. Die Kritik besteht vor allem darin, dass de Saussure zwar die Abhängigkeit der Synchronie von der Diachronie zugesteht, aber eine Abhängigkeit der Diachronie von der Synchronie nicht akzeptiert (cf. Coseriu 1974, 206–207). Nach de Saussure wird in der Synchronie zwar nur ein Zustand untersucht, doch schreibt er gleichzeitig der Synchronie eine Dauer zu, da der Sprachzustand nicht nur einen Punkt darstellt, sondern einen Zeitraum, der mehr oder weniger lang sein kann (de Saussure 2001, 121). Dieser Widerspruch wird aber

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noch dadurch verstärkt, dass er das System als statisches und nicht als dynamisches auffasst (cf. ib., 121–122; Coseriu 1974, 220). Dieser Punkt ist für Coseriu Anlass für maßgebliche Kritik an de Saussures Ausführungen. Denn nach der Definition von de Saussure – wie es Coseriu (2007, 32) erklärt – sei der Sprachzustand «eine absolut statische Projektion». Bei der Untersuchung des Sprachzustandes müssen nach de Saussure diachrone Aspekte ignoriert werden. Auch wenn eine noch so geringe Veränderung auftritt, darf diese keine Beachtung finden (de Saussure 1967, 121). In diesem Kontext führt Coseriu (1974, 220–221) an, dass de Saussure den Wandel als «‹Beschädigung›, ‹Störung›, ‹Kampf› einer blinden Gewalt gegen die Organisation des Systems» betrachtet. Dies treffe nach Coseriu aber nicht zu, da der jeweilige zu untersuchende Sprachzustand sich immer in einem Prozess der Sprachentwicklung befindet. Es handelt sich hierbei lediglich um einen bestimmten Moment der Sprachentwicklung (Coseriu 2007, 32 sowie Coseriu 1974, 221). Der aktuelle Sprachzustand unterliegt stets Veränderungen und damit Sprachwandelprozessen. Es ist notwendig, den Wandel als systematisches Werden der Sprache zu verstehen. Eine Analyse des Sprachzustandes aus diachronischer Perspektive ist daher unabdingbar (cf. ib., 235–236). Aus diesem Blickwinkel sind bei der Analyse der Synchronie die Diachronie, aber auch bei der Analyse der Diachronie die Synchronie, nicht zu vernachlässigen. Ein bestimmter Sprachzustand hat sich stets aus einem Sprachwandelprozess entwickelt und entwickelt sich ständig weiter (cf. ib., 235–236; 1992, 275). Bei der Betrachtung eines aktuellen Sprachzustandes wird sich daher zeigen, dass im Wissen der Sprecher, und somit auch im Produkt, Prozesse des Sprachwandels erkenntlich werden. Durch eine bewusste (aber auch unbewusste) Wortwahl kann der Sprecher im Produkt etwa Sprachrelikte gezielt einsetzen. Der Sprecher weiß für gewöhnlich, welche Worte «veraltet», aber auch welche Worte «modern» sind. Durch die Entscheidung der Wortwahl kann sich der Sprecher unter anderem zu unterschiedlichen Gruppen zugehörig zählen oder inhaltlich positionieren. Gerade daher muss die Sprache auch als offenes System betrachtet werden, denn durch sie kann der Sprecher die Tradition überwinden, indem er veraltete Worte nicht mehr gebraucht, während er durch Anknüpfungen oder gezielten Einsatz bestimmter Wörter die Tradition gleichzeitig fortführt (ib., 238). In dem vorliegenden Untersuchungsansatz, der den Zusammenhang von Sprache und Identität klären soll, ist die diachrone Dimension sehr wichtig. Nur so wird es möglich, aus der historischen Entwicklung die aktuelle regionale Identität zu erläutern und schließlich zu verstehen. Auch werden diese Überlegungen bei der Beschreibung des «Identitätszustands» und des «Identitätswandels» eine wichtige Rolle einnehmen.

Die Sprachtheorie Eugenio Coserius | 67

4.3.3 Historische und funktionelle Sprachen: Dialekt – Niveau – Sprachstil Seit Jahrzehnten werden die Begriffe «Dialekt» und «Sprache» in der Sprachwissenschaft gegenübergestellt; zahlreiche Definitionen und Abgrenzungen existieren. Gerade die Dialektologen wissen sehr genau, wie schwierig es ist, eine genaue Definition zu geben, die zugleich die Komplexität dieses Zusammenhangs genau erfasst (cf. u.a. Coseriu 1980, 106). Hier sollen nun wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede – unter Berücksichtigung des Ansatzes von Coseriu – dieser beiden Begriffe vorgestellt werden: Da der Begriff Sprache zu uneindeutig ist und auf vielfältige Weise verwendet wird und sowohl Sprachen als auch Dialekte «ein vollständiges Gefüge von sprachlichen Traditionen» (ib., 108) sind, führt Coseriu (1988a, 19) den Begriff der «historischen Sprache» ein. «Historische Sprachen» sind «Sprachen, die von ihren eigenen Sprechern oder Sprechern anderer Sprachen historisch schon als solche anerkannt werden» (ib.). Zudem ist eine «historische Sprache» als Diasystem zu begreifen, das aus historisch zusammengehörenden, aber voneinander abweichenden, Sprachsystemen besteht. Es handelt sich um «1. diatopische Verschiedenheit (Verschiedenheit im Raum) 2. Diastratische Verschiedenheit (Verschiedenheit in den sozial-kulturellen Schichten der Sprachgemeinschaft) 3. diaphasische Verschiedenheit (stilistische Verschiedenheit je nach den Typen von Situationen des Sprechens)» (Coseriu 2007, 141).

Innerhalb einer «historischen Sprache» existieren aber mehr oder weniger einheitliche Sprachsysteme. Ein Sprecher kann einen Dialekt in Verbindung mit einem Sprachniveau und einem Sprachstil realisieren. Diese Realisierungen sind nach Coseriu (2007, 145) als «funktionelle Sprachen» definiert. Demnach muss also die «funktionelle Sprache» unter syntopischen, synstratischen und synphasischen Aspekten untersucht werden, die wiederum in Relation zueinander stehen. Es ist möglich, dass ein Dialekt als Sprachniveau und ein Sprachniveau als Sprachstil realisiert wird (ib., 146). Ein Sprachniveau oder ein Sprachstil kann allerdings umgekehrt nicht ohne einen Dialekt realisiert werden. 8 In Abgrenzung dazu sind «historische Sprachen» in der Realität (bzw. in der alltäglichen Kommunikation) nicht realisierbar (ib., 139). Sie kann nicht gesprochen werden und funktioniert nur durch ihre Varietäten, die sie umfasst. Der Sprecher spricht somit beispielsweise nur immer eine bestimmte Form des Spanischen, des Französischen oder des Baskischen, also eine ihm bekannte Varie|| 8 Zur Relation ausführlicher in Coseriu (2007, 145ss.).

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tät, aber niemals «das Spanische», «das Französische» oder «das Baskische» (Coseriu 1988a, 22–23). Dabei geht es nicht nur um die Realisierung eines bestimmten Dialekts, sondern auch um die Differenzierung nach sozialer Schicht und Stil. In der Variationslinguistik kann daher zuerst nur die «funktionelle Sprache» Untersuchungsgegenstand sein, da sie als ein homogenes Gebilde zu verstehen ist. Durch die Untersuchung der «funktionellen Sprachen» können Rückschlüsse auf die «historische Sprache» erfolgen.

4.3.4 Homogenität und Varietät Durch die Einführung des Begriffs «historische Sprache», mit dem Coseriu (1988b, 106) erläutert, dass die Sprecher der jeweiligen Sprachgemeinschaft niemals das Französische, das Spanische beziehungsweise das Baskische realisieren, sondern die der «historischen Sprache» zugrundeliegenden verschiedenen funktionellen Sprachen, wird deutlich, dass eine Homogenität bei einer «historischen Sprache» niemals auftrifft. In «historischen Sprachen» «sind zugleich die Dimension der Homogenität und die Dimension der Varietät gegeben» (Coseriu 2007, 139). Homogenität kann lediglich innerhalb einer «funktionellen Sprache» existieren, und zwar in den drei Bereichen der Variation. Es handelt sich also um syntopische, synstratische und synphasiche Aspekte (Coseriu 1988b, 106). In diesem Kontext muss angeführt werden, dass die innere Verschiedenheit einer Sprache bei allen «historischen Sprachen» festgestellt werden kann. Dabei kann es passieren, dass die «innere Varietät ein und derselben historischen Sprache einen höheren Grad aufweist als die Verschiedenheit mehrerer historischer Sprachen untereinander» (Coseriu 2007, 139). Coseriu nennt als Beispiel die italienischen Mundarten, die untereinander eine größere Verschiedenheit aufweisen als das Portugiesische zum Spanischen (ib.). Bei der Analyse sprachlichen Wissens ergibt sich, dass die Variation oftmals viel größer ist als gewöhnlich vermutet. Bei einem Individuum können somit bereits zahlreiche Variationen von Diskurs zu Diskurs analysiert werden (ib., 263).

4.4 Der variationslinguistische Ansatz von Thomas Stehl In Stehls funktionaler Variationslinguistik (2012) wird das Ziel verfolgt, eine empirisch fundierte Beschreibung von Sprachdynamiken zu ermöglichen beziehungsweise die sprachliche Variation im Sprachkontakt zu beschreiben. Auf Grundlage seiner Forschungen in der Italoromania und in der Galloromania

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stellte er fest, dass die standardisierte Nationalsprache spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg zum Massenphänomen wird. Dies führte und führt noch weiterhin zu einer sozialen Zweisprachigkeit. Die Dialekte, die über weniger Prestige und Reichweite verfügen, treten in einen vertikalen Sprachkontakt und werden zugunsten der Standardsprache aufgegeben (Stehl 1995a, 73; 1994, 132). Er weist darauf hin, dass sich das Zusammenspiel von Variation, Interferenz und Konvergenz fortlaufend ändert. Als Resultat dieser andauernden Prozesse ergibt sich eine Vielzahl von möglichen Erscheinungen, wie u.a. Codeswitchings. Die durch den Sprachkontakt entstehenden Kontaktvarietäten, die die Sprecher in spezifischen Kontexten realisieren, werden nach Stehl (2012, 96– 103) als Gradata bezeichnet. Die Analyse dieser Prozesse könne nicht mehr allein durch die Teildisziplin der Dialektologie abgedeckt werden, sondern müsse von nun an auch Aufgabe einer weiterentwickelten Variationslinguistik sein (Stehl 1990a, 173–174). Hierdurch können das sprachliche Wissen, die Redetätigkeit und die im Diskurs angewendeten Strukturen analysiert werden. Stehl (2012, 45) greift somit die Trias Tätigkeit, Wissen und Produkt auf, wobei er – wie auch schon Lausberg – das Wissen in der zeitlichen Abfolge vor die Tätigkeit stellt. Durch die Verwendung der sich daraus ergebenden Beschreibungsebenen «Kompetenz der Variation», «Pragmatik der Variation» und «Linguistik der Variation» kann eine fundierte Beschreibung der Sprachdynamiken erfolgen. Bevor die drei Beschreibungsebenen ausführlich vorgestellt werden, erfolgen zunächst Erläuterungen zu seinen sprachtheoretischen Ausgangsüberlegungen.

4.4.1 Interferenz in vertikalen Sprachkontakten Bei vertikalen Sprachkontakten handelt es sich um eine besondere Form der Sprachgenese. Diese besondere Form der Genese erfolgt in unterschiedlicher Weise und unter verschiedensten Bedingungen. So beeinflussen historische, politische, wirtschaftliche oder soziale Gegebenheiten die Entwicklung der jeweiligen Sprache. So kann auch die Herausbildung der spanisch- beziehungsweise französisch-basierten Kreolsprachen anhand von vertikalen Sprachkontakten erläutert werden (Stehl 1994, 137). In diesem Kontaktverlauf ändert sich die sprachliche Situation; meist kommt es zwangsläufig zu einem Sprachwechsel oder sogar zu einem language death der ursprünglichen, traditionellen Varietät. In der Romania laufen aktuell vertikale Sprachkontakte und Konvergenzprozesse ab. So erläutert Stehl (2012) anhand seiner empirischen Untersuchungen, dass sowohl in Südfrankreich als auch in Süditalien die primärdia-

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lektale Einsprachigkeit aufgegeben wurde und es zur Herausbildung einer Pluriglossie gekommen ist. Zu Beginn steht hierbei eine Trennungsphase der Diglossie, in der – durch die besondere Form der Zweisprachigkeit von Dialekt und Standardsprache – beide Kontaktsprachen speziell in bestimmten Kontexten verwendet werden. Der Dialekt wird so zum Beispiel mit der Familie und Freunden, dagegen die Standardsprache mit Fremden und Unbekannten gesprochen. Im Laufe der Zeit entwickelt sich aus der Diglossie eine Pluriglossie, die wie folgt in drei Etappen beschrieben werden kann: In der ersten Phase spricht die erste Generation den Dialekt als Muttersprache und eine defektive Form des Standards, den sie durch äußere Umstände, wie etwa die für die Verbreitung des Standards hauptverantwortlichen Massenmedien, erlernt. Die zweite Generation erlernt dann in der nächsten Phase diesen defektiven Standard von den Eltern. Die dialektalen Interferenzen werden jedoch nach und nach durch einen gesteuerten Spracherwerb, das heißt unter anderem durch einen konsequenten Sprachunterricht oder etwa einen progressiven Zugang zu den Massenmedien, beseitigt. Diese zweite Generation erlernt einen defektiven Dialekt, der durch Interferenzen des Standards gekennzeichnet ist. Zudem wird dieser defektive Dialekt – wenn überhaupt – in der Familie oder mit Freunden verwendet. Die dritte und auch die später folgenden Generationen erwerben immer bessere Standard-Kenntnisse. Im Gegensatz dazu fallen die Dialekt-Kenntnisse immer schlechter aus. Hinzukommt, dass die erste Generation allmählich altersbedingt schwindet und schließlich ausstirbt. Das macht die Weitergabe des Dialekts nahezu unmöglich. Durch diesen Prozess gehen sowohl die Dialekte als auch der defektive Standard verloren und es bilden sich – wie vor allem in Frankreich real zu konstatieren – tertiäre Dialekte 9 heraus (Stehl 1995a, 73–74). Diese Entwicklung, also das Erreichen des Standards beziehungsweise eine defektive Form des Standards sowie auch das Erreichen des Dialekts beziehungsweise einer defektiven Form des Dialekts in der Eltern- und in der Kindergeneration, kann in einer vereinfachten Grafik dargestellt werden:

|| 9 Coseriu unterscheidet primäre, sekundäre und tertiäre Dialekte. Bei den tertiären Dialekten handelt es sich um die Realisierung der Standardsprache beziehungsweise die Realisierung der exemplarischen Norm in einer bestimmten Gegend, so zum Beispiel die Realisierung des Spanischen in Andalusien (cf. Coseriu 1980, 113–114).

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Abb. 7: Spracherwerb des Standards und des Dialekts in der Eltern- und Kindergeneration (neu gesetzt nach Stehl 1994, 134), © Gottfried Egert Verlag, Wilhelmsfeld.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Übermacht des Standards und die Herausbildung der damit einhergehenden tertiären Dialekte die traditionellen Dialekte verdrängen. Folge der allmählichen Aufgabe des primären Dialekts ist, dass kaum noch monoglotte Sprecher des Basisdialekts zu finden sind. Die Funktion der regionalen Abgrenzung und der Identitätsstiftung erfolgt nicht mehr über den primären Basisdialekt. Sprecher greifen im Gebrauch stattdessen etwa auf den vom Standard beeinflussten Dialekt zurück (Stehl 1994, 139). Diese veränderte Form der Diglossiesituation und der damit einhergehende Verlust des Basisdialekts bedeuten zugleich auch einen Verlust eines historischen Diasystems, denn Stehl geht bei der Betrachtung einer historischen Sprache und eines primären Dialekts von zwei historischen Diasytemen aus (Stehl 1995b, 644), da er davon überzeugt ist, dass auch Basisdialekte als historische Diasysteme zu verstehen sind, auch wenn sie nicht den Status einer historischen Sprache besitzen.

4.4.2 Sprachzustands- und Sprachwandelprozesse Für eine fundierte Analyse der sprachlichen Variation muss sowohl der Moment als auch der historische Verlauf beschrieben werden. Wie für Coseriu so war es auch für Stehl wichtig, die Grenzen einer rein strukturalistischen Systemlinguistik zu überwinden. Es galt zu analysieren, «was ein Sprecher tatsächlich tut» (Coseriu 1988b, 108), um zu beschreiben, wie die

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«Redetätigkeit der Sprecher ihr sprachliches Wissen reflektiert, welche Auswahl sie aus den ihnen zur Verfügung stehenden […] sprachlichen Mitteln treffen, wie sie in Abhängigkeit von wechselnden Kommunikationssituationen welche Gebrauchsentscheidungen über die in der einen oder anderen Weise gewussten funktionellen Sprachen treffen und wie die Modalitäten dieses Gebrauchs beschaffen sind» (Stehl 1995a, 76).

Bei Betrachtung der Sprachgeschichte der einzelnen romanischen Sprachen wird offensichtlich, dass die Sprachen in der Romania durch eine Vielzahl von Sprachkontakten geprägt wurden. Die existierende sprachliche Variation ist «als selektives Umsetzen zweisprachigen sprachlichen Wissens in der Redetätigkeit, Interferenz als das materialsprachliche Resultat dieser Tätigkeit und Konvergenz als das historische Ergebnis der Hierarchisierung synchronischer Variation und Interferenz in der Diachronie angemessen zu beschreiben» (Stehl 1995a, 80).

Wie auch schon Coseriu postulierte, ist es von enormer Bedeutung, Sprachzustände nicht mehr als eine statische Momentaufnahme zu betrachten. Sprachzustände beinhalten zugleich Sprachzustandsprozesse, die also auch von diachronischen Merkmalen gekennzeichnet sind (Coseriu 2007, 134–135). Eine dynamische Sichtweise ist unabdingbar; der Sprachzustand ist daher als «Verknüpfung sukzessiver, aber koexistenter Synchronien» (Stehl 2012, 93) zu verstehen. Hierbei fragt die funktionale Analyse «nach der Funktion der Variation im synchronischen Funktionieren und im diachronischen Wandel einer historischen Sprache ebenso wie nach der Funktion der Interferenzen in dem Sprachsystem, das dem jeweiligen Sprechen im Sprachkontakt zugrunde liegt» (Stehl 1990a, 182).

Es ist insgesamt notwendig, bei empirischen Beschreibungen zu verstehen, dass die beobachtbaren Entwicklungen im Sprachzustand und im Sprachwandel sich stets gegenseitig bedingen.

4.4.3 Gradation und Gradatum im vertikalen Sprachkontakt Ausgangspunkt des Konzeptes der Gradation und des Gradatums im vertikalen Sprachkontakt ist die entstehende Pluriglossie: Die ursprüngliche Diglossie zwischen Standard und Dialekt hat sich zu einer Pluriglossie erweitert. Wie bereits ausgeführt, spricht die erste Generation als Muttersprache den Dialekt und eine defektive Form des Standards. Die zweite Generation erwirbt durch einen gesteuerten Spracherwerb einen verbesserten Standard und eine defektive Form des Dialekts. Die nun darauf folgenden Generationen besitzen immer bessere

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Standardkenntnisse. Der Dialekt wird, bedingt auch durch den zahlenmäßigen Rückgang der ersten Generation, immer schlechter beherrscht. Im Laufe der Zeit verschwinden somit die defektiven Varietäten des Standards, aber auch die Dialekte. Diese Kontakt- und Interferenzvarietäten werden als Gradata bezeichnet (cf. Stehl 2012, 96–103). Sie sind innerhalb der Gradation hierarchisch angeordnet, was Strukturen der Dominanz und Regression in der Gesellschaft zum Ausdruck bringen soll. Aufgrund der diatopischen, diastratischen und diaphasischen Dimension zeichnet sich die Gradation durch Heterogenität aus. Das jeweilige Gradatum ist aber durch Homogenität gekennzeichnet, da der Sprecher in der jeweiligen spezifischen Kommunikationssituation eine Varietät des Dialekts oder des Standards mit einem bestimmten Sprachniveau und einem bestimmten Sprachstil realisiert. Das Gradatum weist demnach eine syntopische, synstratische und synphasische Struktur auf. Die Sprecher einer Sprachgemeinschaft sind meist in der Lage, zwei bis drei Gradata zu sprechen. In der empirischen Analyse ist es jedoch äußerst schwierig, die Einteilung der Gradata vorzunehmen, da die Sprecher diese nur selten selbst fundiert beschreiben können (Stehl 1990a, 194). Durch die Konvergenz der beiden Diasysteme der historischen Sprache und des Basisdialekts und der damit einhergehenden Aufgabe des Basisdialekts entsteht also ein interlektaler Kontaktbereich, der verschiedene funktionelle Sprachen beinhaltet. Als Gradation wird demnach diese spezifische Architektur der Kontaktzone und als Gradatum die jeweilige funktionelle Sprache bezeichnet (Stehl 2012, 97).

4.4.4 Drei Beschreibungsebenen der sprachlichen Variation Als Grundlage der funktionalen Variationslinguistik nach Stehl (2012) dienen drei Beschreibungsebenen, die einerseits unabhängig voneinander betrachtet und beschrieben werden müssen, sich aber in jedem Fall ergänzen und komplementär wirken: die «Kompetenz der Variation», die «Pragmatik der Variation» sowie die «Linguistik der Variation». Die Kompetenz der Variation beinhaltet einerseits «das im primären und im sekundären Spracherwerb erworbene sprachliche Wissen funktioneller Sprachen der beiden in Kontakt stehenden Archisysteme» (Stehl 2012, 85). Dabei

74 | Funktionale Variationslinguistik gliedert sich das sprachliche Wissen als zweifaches idiomatisches 10 Wissen – zweifach idiomatisch, weil wir von zweisprachigen Sprechern ausgehen – auf. Idiomatisch bezeichnet das «Wissen, wie man eine bestimmte Sprache spricht» (Coseriu 2007, 83). Konkret bedeutet das, dass der Sprecher sprachliche Strukturen innerhalb einer der beiden Kontaktsprachen so zusammenfügen kann, dass er korrekte Äußerungen formulieren kann. Angemerkt werden muss, dass diese korrekten Äußerungen sich innerhalb eines gewissen Toleranzrahmens bewegen. Grundlegend handelt es sich hierbei also um «ein technisches Wissen des Sprechenkönnens» (Stehl 2012, 86) oder wie es Coseriu formuliert ein «Wissen, wie man etwas macht» (Coseriu 2007, 211). Andererseits zählt zur «Kompetenz der Variation» auch «das aufgrund kommunikativer Erfahrung erworbene metasprachliche Wissen von und über funktionelle Sprachen der in Kontakt stehenden Archisysteme» (Stehl 2012, 85). Das metasprachliche Wissen wird als reflexives Wissen betrachtet, also anders als das idiomatische Wissen, welches technischer Natur ist. Das metasprachliche Wissen setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Zum Einen ermöglicht es dem Sprecher, Äußerungen des einen oder des anderen Kontaktextrems zuzuordnen, einschließlich der Identifizierung dieser funktionellen Sprache selbst. Zum Anderen beinhaltet das metasprachliche Wissen ein so genanntes evaluatives Wissen, da die Sprecher individuelle Meinungen von einer funktionellen Sprache besitzen. Sie entscheiden also über die kommunikative Funktion und Wertigkeit einer Aussage (ib., 86). Beeinflusst wird diese Meinung durch eine in der Sprechergemeinschaft vorherrschende «gesteuerte[...] soziale[...] Wertung funktioneller Sprachen hinsichtlich ihres Prestiges und ihrer Leistungsfähigkeit in verschiedenen kommunikativen Funktionen» (ib.). Diese Haltung beeinflusst den Sprecher zugleich bei der Sprachverwendung, da die individuelle Meinung schließlich zu einer positiven oder negativen pragmatischen Gebrauchsentscheidung in einer bestimmten Kommunikationssituation führt. Auch wenn der Sprecher in gewissem Maße die soziale Wertung der Sprechergemeinschaft für sich übernimmt, entscheidet er sich doch persönlich in den verschiedenen Kommunikationssituationen gegen oder für eine der Sprachen. Je nach Situation greift er auf seine sprachlichen Wissensbestände zurück, die ihm jeweils angemessen erscheinen (ib.). In der «Kompetenz der Variation» nimmt das metasprachliche Wissen zweisprachiger Sprecher einen umfangreichen Stellenwert ein. Im Gegensatz zum rein sprachlichen, also auch technischen Wis-

|| 10 Coseriu erklärt, dass der Ausdruck «sprachlich» anstelle von «idiomatisch» nicht ausreichen würde. «Sprachlich/Sprache» werde zu häufig verwendet, hat daher zu viele Bedeutungen und wäre nicht eindeutig (Coseriu 2007, 83).

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sen, das aktiv verwendet wird, ist das metasprachliche Wissen durch die damit verbundene passive Kompetenz von großer Bedeutung für den Sprecher selbst. Ein Dialektsprecher kann, ohne dass er einen Diskurs in der Standardsprache aktiv beherrscht, diese Sprache trotz allem bewerten, auch wenn sein sprachliches Wissen nicht mit dem eines Sprechers, der die Standardsprache als erste Sprache erlernt hat, gleichzusetzen ist. Oder er kann einen in Dialekt geführten Diskurs dem entsprechenden Dialekt zuordnen, obwohl er solche Diskurse selbst nicht verfertigen kann (ib., 86–87). Die Nord- und die Südbasken sind so beispielsweise in der Lage, jeweils ihr Baskisch (geprägt durch die verschiedenen Dialekte oder etwa auch Einflüsse der jeweiligen Standardsprache) von der anderen Seite abzugrenzen. Anhand bestimmter Merkmale können die Basken jeweils das Baskisch von der anderen Seite, aber auch ihrer eigenen Seite identifizieren. Dabei müssen sie selbst nicht unbedingt ein fehlerfreies Baskisch sprechen. In der «Kompetenz der Variation» werden demnach die Äußerungen eines Sprechers untersucht, die Bezug zum eigenen sowie auch zum sprachlichen Wissen der Sprechergemeinschaft in den einzelnen Interferenzvarietäten und auch zum metasprachlichen Wissen bezüglich der in Kontakt stehenden funktionellen Sprachen haben. Das Zusammenwirken der beiden Teilbereiche der «Kompetenz der Variation», also von sprachlichem und metasprachlichem Wissen, bezeichnet Stehl als «Prototypenwissen» (ib., 86). Der zweisprachige Sprecher besitzt durch eine prototypenbildende Alltagserfahrung im metasprachlichen Wissen jenes Prototypenwissen. Dies ist für die Sprecher «die Grundlage ihrer prototypenbasierten kontaktlinguistischen und geolinguistischen Klassifikation funktioneller Sprachen» (ib., 86– 87). Bei einer empirischen Untersuchung lässt sich die «Kompetenz der Variation» über die Analyse metasprachlicher Diskurse zweisprachiger Sprecher untersuchen. Die Pragmatik der Variation ist die zweite Beschreibungsebene in Stehls funktionaler Variationslinguistik. Sie umfasst «die selektiv auf sprachliches Wissen zugreifende und dieses Wissen umsetzende Redetätigkeit zweisprachiger Sprecher im vertikalen Kontakt» (Stehl 2012, 88) und bildet den eigentlichen Ursprung sprachlicher Heterogenität. Durch das umfangreiche sprachliche Wissen des Sprechers kann dieser auf unterschiedliche und wechselnde Situationen reagieren, so dass er einen variierenden Sprachgebrauch ausübt. Es gilt bei der Untersuchung dieser Ebene zu ermitteln, wann und mit wem in welchen Situationen und über welche Themen welche Sprache verwendet wird. Konkrete Fragen könnten lauten: Wann und mit wem spricht ein Nordbaske Französisch? Wann und mit wem Baskisch? Über welche Themen spricht der Nordbaske auf Französisch beziehungsweise Baskisch? Es werden in dieser empirischen Erhe-

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bung jene Motivationen gesucht, aufgrund derer der Sprecher sich veranlasst fühlt, das Französische beziehungsweise das Spanische oder eben das Baskische zu verwenden. Dabei bilden die jeweiligen diatopischen, diastratischen und diaphasischen Gebrauchsdeterminanten, die auch Coseriu (Coseriu 2007, 24–25) schon erwähnte, den Hauptgegenstand der «Pragmatik der Variation», denn diese veranlassen einen Sprecher dazu, eine bestimmte Interferenzvarietät zu selektieren und den Gebrauch einer anderen zu unterlassen. Nach Stehl (2012, 88) ist unter der diatopischen Gebrauchsdeterminante beispielsweise die Verwendung eines Basisdialekts in der Gemeinde des Sprechers zu verstehen. Sobald ein Ortswechsel vollzogen wird, etwa in eine größere Stadt, wird der Basisdialekt abgelegt und mehr oder weniger versucht, sich dem Standard anzupassen. Zu den diastratischen Determinanten zählt der soziale Status eines Sprechers. Hierzu können unter anderem die soziale Herkunft, das Alter der Sprecher, der Bildungsgrad, der Beruf, das Geschlecht und die soziokulturelle Identität gezählt werden (ib., 88–89). Der Basisdialekt wird oft von älteren männlichen Personen mit geringer Schulbildung, geringem Einkommen und einer niedrigen sozialen Rolle in der Sprechergemeinschaft gesprochen. Oft zeigt sich, dass diese auch gleichzeitig die Standardsprache eingeschränkt beherrschen, das heißt einen defektiven Standard sprechen, der noch stark von dialektalen Interferenzen geprägt ist. Diastratische Gebrauchsdeterminanten wie hohe Schulbildung und angesehener Beruf sind dagegen typisch für die Verwendung des Standards. Die diaphasischen Gebrauchsdeterminanten bestimmen die jeweilige Sprachverwendung, es handelt sich also um Faktoren, die die Kommunikationssituation beeinflussen. Faktoren wie Partner, Zweck, Situation, Thema, psychosoziale Konstellation und Psychodynamik der Kommunikation spielen eine Rolle (ib., 89). Bei zweisprachigen Sprechern wird der Dialekt beispielsweise bei regionalspezifischen Themen verwendet. Bei der Betrachtung des Verhältnissen von National- und Minderheitensprachen und den damit verbundenen besonderen Themenschwerpunkten könnte eine Frage in dieser Untersuchung lauten: In welcher Situation und mit welchem Partner spricht ein Nordbaske oder ein Südbaske über die ETA? Bei der Untersuchung der «Pragmatik der Variation» müssen stets die individuellen Verwendungsmotive der Sprecher für eine der Kontaktsprachen betrachtet werden (ib., 88–89). Bei einer starken lokalen Verwurzelung, ist davon auszugehen, dass der Sprecher vor allem den Basisdialekt verwendet. Im Gegensatz dazu würde das Ziel, eine höhere soziale Stellung zu erreichen und damit einhergehend auch die Möglichkeit einer flexiblen und mobilen Berufsausübung dazu führen, dass der Standard verwendet wird. Bei der Untersuchung der «Pragmatik der Variation» ist das Ziel, die Techniken zu ermitteln, nach denen die Sprecher die sprachlichen Wissensbestände selektieren und

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dann Diskurse in funktionellen Sprachen produzieren. Die Gebrauchsdeterminanten und individuellen Verwendungsmotive beeinflussen den zweisprachigen Sprecher so, dass dieser «in den jeweiligen Situationen sozialer Kommunikation mehr oder weniger von außen bedingte Gebrauchsentscheidungen über die Verwendung einer der Kontaktsprachen oder einer ihr zugehörigen Interferenzvarietät» (ib., 89) fällt. Bei einer empirischen Untersuchung lässt sich die «Pragmatik der Variation» beispielsweise über die inhaltliche Analyse metasprachlicher Diskurse zweisprachiger Sprecher untersuchen (ib., 90). Als dritte Beschreibungsebene ist die Linguistik der Variation vorzustellen. Hier werden «die materialsprachlichen Resultate der mehr oder weniger bewussten und mehr oder weniger freien Auswahl (‹Variation›) der Sprecher unter den ihnen zur Disposition stehenden sprachlichen Mitteln der Kontaktsprache» (Stehl 2012, 90) untersucht. Texte/Diskurse des Sprechers werden dabei als Ausgangspunkt der Analyse verwendet. Konkret werden also im Rahmen der «Linguistik der Variation» dialektale Interferenzen in standardsprachlichen Diskursen und standardsprachliche Interferenzen in dialektsprachlichen Diskursen analysiert. So könnte am Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit analysiert werden, inwiefern jeweils das Nordbaskische und das Südbaskische durch die beiden Kontaktsprachen, Französisch und Spanisch, beeinflusst wurde. Die Hauptaufgabe der «Linguistik der Variation» besteht in der «Identifizierung und Differenzierung sprachlicher Einheiten nach ihrer Zugehörigkeit zur konventionellen Norm oder zum oppositiven System der Interferenzvarietäten» (ib., 91). Dabei wird auch untersucht, welche Interferenztypen besonders charakteristisch sind. So können bestimmte Merkmale von Fehlern oder Besonderheiten auf beispielsweise phonetischer, syntaktischer oder morphologischer Ebene wiederholt auftreten, so dass sich bestimmte Interferenztypen «als charakteristisch für bestimmte funktionelle Sprachen im intermediären Kontaktbereich» (ib.) erweisen. Die «Linguistik der Variation» unterscheidet sich von den anderen beiden Untersuchungsebenen in dem Sinne, dass sie ein sprachzentriertes Korrektiv darstellt. Sie entspricht der strukturellen Analyse im engeren Sinne. Dagegen sind «Kompetenz der Variation» und «Pragmatik der Variation» Teilbereiche, die sich stark auf die kognitive Analyse der Sprecher und ihre darauf beruhenden Sprechhandlungen konzentrieren. In der «Linguistik der Variation» werden dagegen die reinen materialsprachlichen Befunde untersucht und bewertet. Bei der empirischen Untersuchung können somit primärsprachliche Diskurse auf mögliche Interferenzen hin analysiert werden (cf. ib., 90–92). Materialsprachliche Untersuchungen sind am besten durch Interviews und Tonbandaufnahmen zu realisieren. Auch schriftliche Äußerungen können bewertet

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werden, wobei dann beispielsweise lautliche Charakteristika schwer zu untersuchen sind. Hier steht etwa die Analyse des lexikalischen Bereichs im Vordergrund. Bei qualitativen Untersuchungen, zum Beispiel durch ein Interview, können anhand der Beantwortung der Fragen zu den Bereichen der «Kompetenz der Variation» und der «Pragmatik der Variation» diese Äußerungen bereits als Datenbasis für den Bereich der «Linguistik der Variation» genutzt werden (ib., 91–92). Bei quantitativen Untersuchungen, das heißt bei Untersuchungen mit mehr als 100 Probanden (wie in dieser Untersuchung), ist der Umfang für einen Untersuchenden allerdings in der Regel zu groß, um persönliche Interviews aufzunehmen.

5 Das Modell «Regionale Identität» In regionalen Sprachgemeinschaften, die beständig dem Druck einer dominanten Nationalsprache ausgesetzt sind, sind monoglotte Sprecher dieser Regionalsprachen heute kaum noch zu finden. Da Sprache entscheidend zur Herausbildung von Identität beiträgt – so die Grundannahme der vorliegenden Arbeit – stellt sich im Zusammenhang mit dem Sprachverlust auch die Frage nach einem möglichen Verlust der spezifischen Identität. Aufgabe der Wissenschaft ist es daher, nicht nur den Sprachwandel als solchen zu analysieren, sondern in Verbindung damit auch nach Erhalt beziehungsweise Wandel der Identität dieser Regionen (und ihrer Bewohner) zu fragen. Im Kontext der Analyse der sprachlichen Realität der Sprachgemeinschaft der Basken soll in der vorliegenden Arbeit der Aspekt der regionalen, sprachlichen und kulturellen Identität Beachtung finden, da die Identitätsfrage bei zweisprachigen Sprechern eine große Rolle einnimmt – bisher wurde dieser Aspekt in Untersuchungen und Studien 1 jedoch nur am Rande berücksichtigt. Das Modell der «Regionalen Identität» bezieht sich auf die vorhergehenden Ausführungen Lausbergs, Coserius und Stehls. Grundlegende Fragen für diese Untersuchung lauten: Inwiefern wirkt sich Spracherhalt beziehungsweise Sprachverlust auf die Identität eines Individuums, aber insbesondere auf die Identität einer Sprachgemeinschaft aus? Welche individuell-persönlichen und welche gesellschaftlich-politischen Konsequenzen ergeben sich bei einem Sprachverlust für die Region als Ganzes? Wie kann sich eine Sprachgemeinschaft bei drohendem Sprachverlust gegebenenfalls neu definieren? Allein diese Fragen zeigen bereits die Komplexität des Untersuchungsgegenstands und deuten darauf hin, dass Identität aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden muss. Bei einer fundierten Analyse ist Identität stets multikategoriell zu verstehen, zunächst einerseits aus der individuellen Perspektive, andererseits aber aus der Gruppenperspektive. Verschiedene gesellschaftliche Dimensionen wie Politik, Religion oder Kultur bestimmen zudem die Identität eines Individuums und einer Gruppe. Die Wechselwirkung von sprachlichen Einheiten, etwa das Sprachwissen oder die Sprachverwendung, mit nicht-sprachlichen Einheiten (wie der sozialpsychologischen Dimensionen) bestimmt und markiert Identität. Aufgrund des Ineinandergreifens und der Verzahnung dieser verschiedenen Dimensionen ist es nur in gewisser Weise mög-

|| 1 Cf. hierzu auch Kapitel 2 zum Forschungsstand.

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lich, «eine» Identität zu analysieren. Es ist beispielsweise nur bedingt denkbar, die politische Identität einer Gemeinschaft darzustellen, ohne dabei zumindest stellenweise etwa die religiösen Verhältnisse in dem entsprechenden Gebiet zu betrachten. Auch wenn sich in der vorliegenden Arbeit auf die sprachlichregionale Identität der Nord- und der Südbasken konzentriert werden soll, dürfen weitere gesellschaftliche Dimensionen bei der Analyse nicht unberücksichtigt bleiben. Auf das Untersuchungsobjekt Baskenland bezogen, meint Kasper, dass das «Zusammengehörigkeitsgefühl der Basken […] über politische und administrative Grenzen hinaus[geht] und […] sich vielmehr auf ethnische, kulturelle, historische und insbesondere sprachliche Identität [erstreckt]» (Kasper 2008, 1).

5.1 (Regionale) Identität als Konstrukt und die soziologische Dimension Identität ist zunächst ein recht abstrakter Begriff, der zudem in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, aber auch im individuellen beziehungsweise kollektiven Verständnis von Menschen verschiedene Bedeutungen haben kann. Ihn definitorisch im gesamten zu erfassen, ist daher äußerst schwierig. Nach Kremnitz (1995) trifft der ursprüngliche Terminus Identität, wie er in der Mathematik und Logik verwendet wird, nämlich als absolute Übereinstimmung, in den meisten Fällen nicht mehr zu. Psychologische Arbeiten und Ansätze übernehmen zudem meist nicht die synchrone Dimension und die Bedeutung der vollständigen Übereinstimmung. Sie schreiben der Identität dagegen eine diachrone Perspektive zu, da die Wahrnehmung des eigenen Individuums oder einer Gruppe von der Beständigkeit abhängig sei (Kremnitz 1995, 3). Es ist demnach, je nach Disziplin und individueller Perspektive, von verschiedenen Interpretationen des sozialen Konstrukts «Identität» auszugehen: Ob die Ich-Identität 2 betrachtet wird oder die Identität durch Interaktion 3 oder aber die Identität im Zusammenhang von Gesellschaft und Geschichte 4 – deutlich wird, dass Identität verschiedene Facetten hat und in der Wissenschaft unterschiedlich verstanden und untersucht wird.

|| 2 Analyse der Persönlichkeitsentfaltung und des Ichs in einer bestimmten sozialen Realität (Aleemi 1991b, 29). 3 Identität sei durch die soziale Sphäre geprägt und konstituiert (ib., 32). 4 Identität wird im historischen Prozess betrachtet und es gilt das Prinzip, dass die Gesellschaft Geschichte hat und auch Geschichte macht (ib., 35).

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Die vorliegende Arbeit geht von folgender soziologischer Dimension aus: Bei der regionalen Identität ist speziell der Aspekt der räumlichen Konstante wichtig. Jedes Individuum trägt sowohl eine persönliche als auch eine soziale Geschichte der Herkunfts- und der Residenzregion in sich. Regionale Identität ist primär kollektiver Natur. Diese kann nur existieren, wenn die Gruppenmitglieder die eigene Gruppe auch als solche wahrnehmen; sie müssen ein historisches Bewusstsein empfinden, in der auch die Selbstwahrnehmung und Selbstbewertung wichtig sind (cf. Bossong 1994). Das Empfinden einer positiven, kollektiven Identität – ausgedrückt unter anderem durch Sprachloyalität – ist im kommunikativ erworbenen und historischen Wissen verankert (Schäfer/ Schlöder 1990, 322). Die Gruppe muss sich stets von den umgebenden und anderen Kollektiven durch bestimmte Merkmale unterscheiden; so können zwischen Geschichte und Gegenwart Verbindungen geschaffen werden (Kappus 1999, 86). Über Symbole, Verhaltensweisen, positive Attribute – «denn jede Gruppenbildung verlangt nach Merkmalen, welche die neu entstehende Gruppe von anderen Gruppen erkennbar abgrenzt wie zum Beispiel Kleidung, Abzeichen, Sprache […] sowie nach einem Mindestmaß an interner Homogenität» (Wirrer 2003, 27) –

sind eine Stärkung der eigenen Gruppe und gleichzeitig die Abgrenzung der Ingroup von der Outgroup möglich (cf. Schäfer/Schlöder 1990, 310–311, 322). Eine «Konstanz der Rollen und Symbole in einem Kollektiv» (ib., 317) sind ebenso wichtig wie «gemeinsame Überzeugungen, Zuschreibungen und Einordnungen» (ib.). Das Bedürfnis, an einer kollektiven Identität zu partizipieren, ist übrigens besonders groß, wenn die eigene, das heißt die individuelle Identität eher schwach ausgeprägt ist (Kurzke 2002, 142). Bei der Abgrenzung einer Region von einer Nation kann durch empirische Untersuchung ermittelt werden, inwiefern sich ein nationales beziehungsweise regionales Bewusstsein des Einzelnen gebildet hat und inwiefern die nationalen beziehungsweise regionalen Traditionen der Gruppe erhalten blieben oder verloren gingen (Schäfer/ Schlöder 1990, 316; Aleemi 1991b, 36). Im Folgenden gilt es nun zunächst zu klären, wie Sprache und Identität in Verbindung stehen und inwiefern Sprache auf die Identität des individuellen Sprechers und der Sprachgemeinschaft wirkt. Auch wenn eine gemeinsame Sprache zweifellos ein wichtiges Verbindungsglied darstellt, kann die Bedeutung «einer diffusen und doch sehr greifbaren Gemeinsamkeit in bezug auf Mentalität, Charakter, Bindung zum eigenen Land und zur gewohnten, anerzogenen quotidienneté» (de la Vega 1993, 139) nicht vernachlässigt werden. Welche Rolle spielt Sprache also genau bei der Herausbildung von Identität? Aus verschiedenen Blickwinkeln, das heißt aus der Sicht mehrerer wissenschaft-

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licher Disziplinen, soll in den nachstehenden Kapiteln zunächst das Verhältnis von Sprache und Identität betrachtet werden, um nachzuweisen, dass dieses Verhältnis relevant ist. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend soll schließlich ein Modell zur Untersuchung von Identität vorgestellt werden.

5.2 Sprache und Identität in verschiedenen Wissenschaftszweigen Bevor eigene Grundannahmen zur Identität erfolgen, soll zuerst das Verhältnis von Sprache und Identität in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen betrachtet werden: Dieses Verhältnis wurde bereits in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und in vielen Zusammenhängen diskutiert; eine einheitliche Position ist dabei jedoch nicht zu finden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass es sich nachfolgend lediglich um die Wiedergabe eines Ausschnitts des Forschungsbereichs und bisheriger Arbeiten handelt; es geht hierbei um einen thematischen Einblick in die Diskussionen in anderen Forschungsdisziplinen.

5.2.1 Das Verhältnis von Sprache und Denken in der Sprachphilosophie Die Sprachphilosophie setzt sich bereits seit Jahrhunderten mit dem Verhältnis von Sprache und Denken auseinander. In diesem Kapitel werden, orientiert an Wilhelm von Humboldts Sprachkonzept, die wichtigsten Aussagen zu diesem Verhältnis dargelegt. Auch wenn «die philosophisch-erkenntnistheoretischen und methodologischen Voraussetzungen» (Haßler 1985, 565) im 18. Jahrhundert beziehungsweise Anfang des 19. Jahrhunderts so unterschiedlich waren und Humboldt aufgrund seiner Ansicht, seiner Auffassung und der Komplexität seiner Ausführungen auch kritisiert wurde (ib., 564–573 oder Kledzik 1992, 367), kam es zu bedeutenden Erkenntnissen durch Humboldt bezogen auf das Verhältnis Sprache und Denken und somit auch Sprache und Identität, denn «Humboldts Sprachstudien sind gekennzeichnet durch die enge Verknüpfung von empirischer Sozialforschung und philosophischer Reflexion» (ib., 362). Durch ihn kam es – besonders für das in dieser Arbeit zu entwickelnde Identitätsmodell – zu gewinnbringenden Erkenntnissen über den «Menschen als Sprachwesen» (ib., 365; cf. hierzu auch Humboldt/Di Cesare 1998, 32). Umso wertvoller müssen Humboldts Ausführungen bzw. Humboldts Sprachphilosophie geschätzt werden, wenn klar wird, dass er diese «‹nebenbei› entwickelt» (Trabant 1985, 581) hat. Das sprachphilosophische Gedankengut Humboldt «ist

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gewissermaßen ein – notwendiges – Nebenprodukt der ‹anthropologischen› Suche HUMBOLDTs, die notgedrungen eigene Konstruktion der fehlenden leitenden Philosophie» (ib.). Auch wenn sicherlich viele Philosophen sich «nebenbei» mit der Wirkung der Sprache befasst haben, nimmt die Sprache bei Humboldt einen besonderen Stellenwert ein (Kledzik 1992, 362–363). Grundlage von Humboldts Konzept war es, Sprache und Denken als eine Einheit zu verstehen, denn «die Hervorbringung der Sprache ist ein inneres Bedürfnis der Menschheit, nicht bloss ein äusserliches zur Unterhaltung gemeinschaftlichen Verkehrs, sondern ein in ihrer Natur selbst liegendes, zur Entwicklung ihrer geistigen Kräfte und zur Gewinnung einer Weltanschauung, zu welcher der Mensch nur gelangen kann, indem er sein Denken an dem gemeinschaftlichen Denken mit Anderen zur Klarheit und Bestimmtheit bringt, unentbehrliches» (Humboldt 1907a, 20).

Mit seinem Ansatz widerspricht er damit der dualistischen Auffassung (cf. u.a. Coseriu 2003; Habermas 1985, 437–445; Humboldt/Di Cesare 1998, 11–128; Rehn 2000 oder Borsche 2007). Humboldts Auffassung über die Sprache ist außergewöhnlich, da er «Sprache konsequent als Organismus, als ein dynamisches Ganzes» (Kledzik 1992, 370) auffasst. Bei Humboldt wird demnach die Sprache nicht als Werkzeug, sondern als Organ betrachtet (Humboldt/Di Cesare 1998, 36, 57–66), sie ist «[w]eit mehr als ein bloßes Werkzeug der Kommunikation» (ib., 39). Er verneint, dass Sprache nur mit dem Denken verkettet sei, um die Gedanken nach außen zu tragen und diese kommunizierbar zu machen, vielmehr sei Sprache Voraussetzung für Denken und umgekehrt. Sprache hat daher bei Humboldt stets einen «dynamisch-kreativen Charakter» (Kledzik 1992, 377). Im 17. und 18. Jahrhundert gab es sicherlich eine Vielzahl an sprachphilosophischen Strömungen und es kam in dieser Zeit zu einer Verdichtung des sprachphilosophischen Denkens (cf. u.a. Haßler 1992; Coseriu 2003), aber erst mit Humboldt, wird die Frage, «was eine Sprache zu einer Sprache macht, mithin auch die weitere Frage, worin eine Sprache sich von anderen Sprachen unterscheide» (Borsche 2007, 14) intensiv geklärt. Anhand der bisherigen Ausführungen lässt sich erkennen – auch wenn nicht explizit benannt –, dass auch der Aspekt der Identität bei Humboldt bereits indirekt diskutiert wurde, denn Denken, Über-sich-denken und Nachdenken stellen stets auch eine Reflexion über die eigene Person und die entsprechende Gruppe dar. Die Sprache ist ein wichtiger Bestandteil des Menschen, sie kann zugleich als eine objektive als auch subjektive Bedingung betrachtet werden. Wie auch Haßler – in Anlehung an Humboldt – schreibt:

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«Als etwas Fremdes tritt die Sprache dem Menschen jedoch nur insofern gegenüber, als sie eine objektive Bedingung im jeweils subjektiven und individuellen Vorgang der Sprachverwendung darstellt. Andererseits ist die Sprache selbst jedoch subjektiv, da sich mit ihr eine eigentümliche Weltansicht verbindet, die in ihrer einzelsprachlichen Bedingtheit nur eine Annäherung an die objektiven Erkenntnisse sein kann» (Haßler 1985, 566).

Die Sprache nimmt also einen wichtigen Raum bei der menschlichen Gedankenbildung ein. Bei allen sprachphilosophischen Ansätzen wird Sprache stets in ein bestimmtes Verhältnis zur Welt gesetzt. Humboldt war der Meinung, dass der Mensch nur eine einzige Möglichkeit habe, zur Wirklichkeit zu gelangen und dies sei der Weg über die Sprache, denn der «Mensch lebt mit den Gegenständen hauptsächlich, ja, da Empfinden und Handeln in ihm von seinen Vorstellungen abhängen, sogar ausschliesslich so, wie die Sprache sie ihm zuführt» (Humboldt 1907a, 60).

Durch Sprache kann ein bestimmtes Gefühl, das der Mensch wahrnimmt, sowie eine bestimmte Sichtweise vermittelt werden. Neben der Einheit von Sprache und Denken betont Humboldt insbesondere die Relevanz sprachlicher Vielfalt. Für ihn «scheint das Wesen der Sprache verkannt […] und ihre mächtige Einwirkung auf das Gemüth unrichtig gewürdigt zu werden, wenn man das Menschengeschlecht als zahllose zu Einer Gattung gehörende Naturen, und nicht vielmehr als Eine in zahllose Individuen zerspaltene betrachtet» (Humboldt 1907b, 175).

Sprache hat demnach einen großen Einfluss auf die Identität. Dabei hängt der Mensch beziehungsweise das Individuum aber stets mit einem Ganzen zusammen; mit einer Nation, einer bestimmten Gemeinschaft oder einem bestimmten Stamm. «Einerseits schafft die Nation die Sprache, andererseits gründet die Sprache die Gemeinschaft der Nation und verleiht ihr eine Identität» (Humboldt/Di Cesare 1998, 55). Nach Humboldt sei es notwendig, dass der Mensch an Geselligkeit und gesellschaftlichem Leben teilhabe (Humboldt 1963, 408). Die Einbindung in eine Gemeinschaft beziehungsweise eine Verbindung mit anderen sei nur durch das Verständnis durch Sprache möglich (ib.) und so könnten beispielsweise durch Sprache Nationaleigentümlichkeiten überhaupt erst entstehen (Humboldt 1907b, 124; 1904, 166), da «nur in der Sprache sich der ganze Charakter ausprägt, und zugleich in ihr, als dem allgemeinen Verständigungsvehikel des Volks, die einzelnen Individualitäten zur Sichtbarwerdung des Allgemeinen untergehen» (Humboldt 1904, 166).

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Humboldt war davon überzeugt, dass die Menschen bei dem Erwerb einer neuen Sprache zu einer weiteren Sicht auf die Welt gelangen würden; der Gebrauch verschiedener Sprachen führe zu einer lebendigeren Gemeinschaft (Humboldt 1907b, 193). Anders gesagt: Mit jeder Fremdsprache, die ein Mensch erlernt, erhält er Zugang zu einer neuen Kultur. Sprache steht also in unmittelbarem Zusammenhang mit der Identität der Sprachgemeinschaft. Humboldt ist zugleich Gegner des Sprachnationalismus, denn die Sprachen trennen die Nationen, «aber nur um sie auf eine tiefere und schönere Weise inniger zu verbinden» (ib., 124). Da die Weltsicht einer Gemeinschaft stets auf sprachlichen Überlieferungen beruht, ist auch die Analyse der Geschichte von Bedeutung (ib., 292; Bondzio 1986, 123), «[d]enn in den Sprachen verbinden sich, zusätzlich über die verschiedenen Lebensräume hinweg, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auch insofern, als sie vergangenes Sprechen bewahren, das in jedem aktuellen Sprechen (teilweise) wieder lebendig wird, und bereits alle Möglichkeiten zukünftigen Sprechens bereithalten» (Kledzik 1992, 373).

Werte und eine bestimmte Identität werden über die Generationen per mündlicher oder schriftlicher Erzählung überliefert. Sowohl positive als auch negative Erfahrungen, Sitten, Gebräuche und Wissensbestände werden durch Sprache weitergegeben (cf. u.a. Humboldt 1907a, 22–32, 165–192, 193–209). Die Völker halten an ihrer Sprache fest, denn «Sprache ist ihre Art zu denken und vor allem Inhalt dessen, was sie wissen. Ihr Gebrauch ist für sie das Einfachste von der Welt. Für viele ist es auch die Sprache ihrer Kindheit, die ganze Poesie der frühen Jahre» (Charpentier 1977, 59).

5.2.2 Identitätsproblematik bei Bilinguismus und Bikulturalität Im Kontext der erziehungswissenschaftlichen Untersuchung von Zweisprachigkeit 5 stellt sich häufig die Frage nach der jeweiligen Identität bilingualer

|| 5 Aleemi unterscheidet zwei Arten von Bilinguismus. Der kollektive Bilinguismus bezieht sich auf eine Bevölkerungsgruppe. Der individuelle Bilinguismus auf eine Einzelperson (Aleemi 1991b, 12). Aleemi geht von drei Definitionen der Zweisprachigkeit aus. Die normative Definition setzt ein gewisses Niveau oder eine parallele Entwicklung in beiden Sprachen voraus. Die methodologische Definition beinhaltet die praktische und abwechselnde Anwendung beider Sprachen. Die beschreibende Definition kategorisiert die Zweisprachigkeit nach funktionalen Gesichtspunkten (ib., 13).

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Sprecher. Auch wenn es nach Aleemi balanced bilinguals nicht gibt – Menschen, bei denen eine gleiche Kompetenz in beiden Sprachen vorhanden ist –, identifizieren sich die Sprecher doch mit beiden oder auch allen Sprachen, die sie beherrschen (Aleemi 1991a, 169), denn «in der Erziehung durch und mit der Sprache erziehen wir zugleich den ganzen Menschen» (Bollnow 1966, 170). Indem der Mensch die Sprache entdeckt und man ihm das Reden beibringt, erwirbt er eine der zentralen Fähigkeiten, die den Menschen ausmachen. Im Vergleich zum tierischen Instinkt ist die Fähigkeit zum Sprechen zwar angeboren, doch muss die Sprache durch erzieherische Maßnahmen erlernt werden. Bei der Vermittlung der Sprache an einen Menschen kommt es daher auf die Art und Weise an, denn durch die Vermittlung der Sprache nimmt der Mensch einen bestimmten Platz in der Welt ein; die Spracherziehung bedingt somit den Zugang zur Welt (ib., 153). Von den Eltern beziehungsweise der familiären Umgebung erhält ein Kind die erste Motivation, eine Sprache zu erlernen oder abzulehnen (Rindler-Schjerve 1990, 224). Neben dem Kulturkreis und der engeren Umwelt, nimmt die Familie als gesellschaftliche Instanz eine zentrale Rolle für den Spracherhalt oder Sprachverlust ein: In der Familie wird entschieden, ob die Minderheitensprache beziehungsweise die lokale Sprache an die nachfolgenden Generationen weitervermittelt wird oder nicht (ib.). Das Kind erwirbt seine Einstellung zu den jeweiligen Sprachen durch seine Eltern, denn dass «Sprache und Erziehung miteinander zu tun haben, ist eine solche Binsenwahrheit, daß man sich scheut, sie überhaupt anzusprechen» (Bollnow 1966, 9). Es wird in Untersuchungen von Störungen in der Entwicklung der Identität der Kinder gesprochen, «wenn Mütter ihre Säuglinge und Kleinkinder unter Verleugnung der eigenen Sprache in die dominante Kultur einsozialisieren» (Rindler-Schjerve 1990, 226). Das Kind erwirbt über Sprache und sein sprachliches Interaktionsfeld seine kulturelle Rolle und konstituiert «eine Komponente seiner Identität, also eine Teilidentität, die auf eine bestimmte Sprache bezogen ist» (ib.). Die Muttersprache ist die Sprache, «die wir am besten beherrschen, die Sprache, die wir am häufigsten benutzen, die Sprache, zu der wir den engsten Bezug haben» (Metzing 2003, 15). Meist werden bei bilingualen Sprechern einige Gesprächsgegenstände nur in einer der beiden beherrschten Sprachen behandelt. Es kommt dann sehr stark auf den Anlass an, welche Sprache gebraucht wird (Aleemi 1991a, 169). Die Anwendung ist stets davon abhängig, wie die Sprecher die jeweilige Sprache erworben haben. Wenn ein Kind im gesamten Alltag, also etwa in der Familie, bei Spielfreunden oder in der Schule beide Sprachen erwirbt, so wird es beispielsweise fähig sein, über alltägliche Dinge in beiden Sprachen zu sprechen. Beim Besuch einer einsprachigen Schule ist es dagegen schwierig, das

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vermittelte Wissen beziehungsweise das Gelehrte in der anderen Sprache auszudrücken (Weinreich 1977, 108). Später, im Laufe des Heranwachsens, entwickelt sich die Identität des bikulturellen Sprechers weiter: Es kann zur Identifikation mit bestimmten Gruppen, zur Ablehnung anderer Gruppen, zu einer bikulturellen Identität oder einer einseitigen Festlegung sowie zu einer guten Kenntnis in beiden Sprachen, aber auch zu einer Spezialisierung in nur einer Sprache kommen (cf. u.a. Rindler-Schjerve 1990, 227). Hieran anknüpfend scheint ein Exkurs zur funktionalen Variationslinguistik nach Stehl (2012) von Bedeutung, da die vorhergehenden Ausführungen implizit zeigen, dass die «Kompetenz der Variation» für die Identität von besonderer Bedeutung ist. Wie in Kapitel 4.4.4 ausgeführt, umfasst sie die Analyse des sprachlichen aber auch des metasprachlichen Wissens. Die Sprecher haben individuelle Meinungen über Sprachen und Varietäten. Diese Meinungen entscheiden über die kommunikativen Funktionen und auch Wertigkeiten der Sprachen. Im Falle von Minderheitensprachen nimmt das metasprachliche Wissen bei Sprechern mit geringer Sprachkompetenz einen hohen Stellenwert ein. Sie verbinden mit der Minderheitensprache die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, auch wenn sie selbst nur wenige Ausdrücke in der Sprache beherrschen. Einem Menschen werden im Identifizierungsprozess die eigene Individualität, die sozialen Gruppenbedingungen, die eigene weltanschauliche Orientierung und die Zugehörigkeit zu einer Sprachgemeinschaft bewusst. 6 Und selbst wenn man Traditionen, Sportarten, Tänze und Musik als Identitätsmarker hinzuzieht, ist die Sprache das entscheidende verbindende Glied. Diese Aspekte dürfen daher bei der Frage nach Identität und der Diskussion um die Bedeutung von Sprache für Identität nicht unberücksichtigt bleiben. Es gibt Sprecher einer Minderheitensprache, die sich als solche identifizieren, obwohl sie nur eine sehr geringe Sprachkompetenz besitzen. Auffällig ist jedoch, dass sie zumindest einige wenige Worte der Sprache, die ihre Heimat prägt, sprechen. Bei der Betrachtung von Bilinguismus und Bikulturalismus zeigte sich schließlich erneut, dass Sprache und Identität eng zusammenhängen. Wenn eine Sprache erworben wird, erhält damit der Sprecher automatisch auch einen Zugang zu einer bestimmten Kultur, die die Identität prägt. Bilinguale oder auch Bikulturelle sind demnach auch besonderen Identitätskonflikten ausgesetzt.

|| 6 Nach Haarmann können Marker Lebensgewohnheiten, politische Orientierungen, moralische Einstellungen oder staatliche und rechtliche Regelungen, aber auch die Hautfarbe eines Menschen, sein (cf. Haarmann 1996, 219).

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5.2.3 Identität im nationalen und regionalen Zusammenhang Auch Politik- und Regionalwissenschaftler befassen sich mit dem Thema Identität, insbesondere im Kontext von Nationen und Regionen. Nationen sind stets historisch gewachsen – sie sind entweder durch Eliten oder durch größere Mehrheiten geschaffen worden – und regeln über die Politik das Miteinander in einem begrenzten Gebiet (Bornewasser/Wakenhut 1999, 44). Eine Nation begünstigt «die Identifikation mit dem eigenen und die Abgrenzung gegen andere Systeme» (ib.). Nationen sind «hierarchisch strukturierte Dialoggemeinschaften, in denen eine bestehende Ordnung als eine legitime Ordnung gegenüber Bürgern dargestellt wird» (ib.). Sprache als einigendes Band einer Sprachgemeinschaft wird durch den Begriff der «Dialoggmeinschaft» indirekt benannt und stellt offenbar für die Nationenbildung einen wichtigen Aspekt dar. Regionen werden gemeinhin «als subnationale Einheiten verstanden» (ib., 55). Wie Nationen sind Regionen durch Grenzen festgelegt. Wenn auch Regionen in Abhängigkeit von Nationen stehen, beispielsweise durch administrative Vorgaben, repräsentiert auch die Region eine eigene affektive Bindung und schafft für Gemeinschaften ein Zugehörigkeitsgefühl. Diese affektive Bindung und die daraus resultierenden Eigenheiten in einem territorialen Kontext verstärken die Herausbildung einer Identität und das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe (Lilli/Diehl 1999, 101). Auch wenn die Region in ihrem eigenständigen politischen Handeln eingeschränkt ist und ihre Bedeutung durch die Nationenbildung in der Geschichte eingeschränkt wurde, schafft sie meist ein engeres soziales Netzwerk als die Nation, denn die Mitglieder sind durch einen näheren Kontakt gekennzeichnet (Bornewasser/Wakenhut 1999, 55–56). Regionen nehmen insbesondere einen wichtigen Einfluss in und auf die Sprachentwicklung ein, wie die Analysen von Sprachgeschichte beweisen (Wolf 2002, 98). Eine gemeinsame Geschichte, eine gemeinsame Religion, eine gemeinsame Abstammung sowie eine gemeinsame Sprache sind die wesentlichen Charakteristika von Nationen und Regionen (cf. Wirrer 2003, 26–27). Die Gruppe, die in den entsprechenden Grenzen lebt, muss sich auf historische und kulturelle Symbole beziehen können und gemeinsame Werte und Ziele entwickeln (Schäfer/Schlöder 1990, 316). Die Bildung einer Identität vollzieht sich «entlang historisch vermittelter, kultureller, wirtschaftlicher oder politischer Grenzziehungen» (Martini/Wakenhut 1999, 68). So erklärte etwa Campion, dass das Baskische «un testimonio vivo y fehaciente de nuestra jamás domada independencia nacional; y es elemento que tiende a diferenciarnos» (Campion 1977a, 14) sei. Es geht stets um «die ‹objektiven› Merkmale, das heißt die kulturellen und institutionellen Gemeinsamkeiten einer Gruppe von Personen, sowie die ‹subjektiven› Merkmale, die volitiven oder kognitiven Erlebnis-Eigen-

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schaften» (Schäfer/Schlöder 1990, 315). Das reflexive Verb sich identifizieren mit beschreibt den «handlungsbezogenen Prozeß der Relationsbildung zwischen Personen und sozialem System beziehungsweise des Teilhaftigwerdens der Person am Ganzen» (Bornewasser/Wakenhut 1999, 43). In diesem Kontext kommt der Sprache die wichtige Funktion zu, gleichzeitig Symbol der Zugehörigkeit nach innen und Symbol der Abgrenzung nach außen zu sein. «Sie spricht für jemanden und von einem bestimmten Ort aus, sie schafft einen besonderen Raum, eine Heimat, das Gefühl, dazuzugehören und zu Hause zu sein» (Chambers 1996, 30), wie Chambers sehr bildlich beschreibt. Es ergibt sich daraus logisch, dass jede «Sprache […] wie jede Sprachvarietät eine eigene Sprachregion (bildet). Die Grenzen dieser Regionen überschneiden sich einerseits, wobei jedes Überschneidungsgebiet wiederum als Region von ‹Kontaktvarietäten› […] eine eigene Sprachregion bildet» (Joachimsthaler 2002, 492).

Bei Nationen und Regionen handelt es sich immer um Kommunikationssysteme, die «gewöhnlich eine Sprache und immer eine Kultur als gemeinsamen Bestand von gemeinsamen Bedeutungen und Erinnerungen» (Bornewasser/ Wakenhut 1999, 45) haben. Schon durch die Benennung einer Nationalsprache wird der Einheitsgedanke in einem Nationalstaat deutlich. Durch sprachpolitische Prozesse und politische Forderungen wird die Nationalsprache erst zur Nationalsprache (Berschin 2004, 21). So definieren sich fast alle Völker, auch die Basken, über ihre Sprache. «‹Euskaldun› oder ‹Euskualdun› heißt zum Beispiel in der wörtlichen Übersetzung ‹derjenige, der das Baskische besitzt›» (Rolssenn 1985, 8). Schon über die Bezeichnung des Sprechers wird also die Zugehörigkeit zu einer nationalen beziehungsweise regionalen Identität deutlich. Beiden, Nationen und Regionen, ist wiederum gemeinsam, dass sie durch die Existenz realer und durch das Entstehen mentaler Grenzen eine Binnen- und eine Außenperspektive forcieren. Es wird zwischen Einheimischen und Fremden, zwischen ingroup-Mitgliedern und outgroup-Angehörigen differenziert (Bornewasser/Wakenhut 1999, 47; cf. auch Pott 2002, 120–121). Kurzke meint, dass «die Identität […] jeweils die Verständigung auf ein Eigenes und die Abwehr eines Fremden (umfasst). Das Eigene pflegt sich an Symbolen festzumachen. [… D]em abzuwehrenden Fremden werden die Symbole abgesprochen oder ins Gegenteil verkehrt» (Kurzke 2002, 142).

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Aufgrund der jeweils spezifischen nationalen/regionalen Charakteristika wird die Herausbildung einer nationalen/regionalen Identität ermöglicht, die grundsätzlich kollektiver Natur ist, da «Staaten nicht nur als politische Ordnungsgröße wirken, sondern sich auch und vor allem als Größen kollektiver Identität verstehen» (Kremnitz 1995, 7). Weil aber im historischen Prozess vornehmlich Machtkonstellationen die Staatenbildungen bedingt haben, wurden Kommunikationszusammenhänge oft ignoriert. Daher kommt es heutzutage unter anderem auch zu Spannungen zwischen Staaten und Kommunikationsgemeinschaften (cf. ib., 6–7). Im Gegensatz zur Nation können Regionen aufgrund ihrer geringeren Größe meist eine stärker profilierte Identität herausbilden (Martini/Wakenhut 1999, 68). Meist existiert in ihnen ein engeres soziales Netzwerk, da ihre Mitglieder durch einen näheren Kontakt miteinander verbunden sind. So verwundert es auch nicht, dass in verschiedenen politischen Strukturen, wie Regionen, Städten oder sogar Dörfern, jeweils spezifische sprachliche Varietäten zu finden sind. Zudem zeigt die Entwicklung, dass durch Europäisierung und Globalisierung Nationen an Wert verlieren. Der Zusammenhalt und das Einheitsgefühl einer Nation gehen graduell verloren (Pott 2002, 114). Kleinere Einheiten, die Regionen, erfahren dadurch wieder eine Stärkung, denn eine emotionale Verbundenheit ist in kleineren Gemeinschaften, in kleineren Einheiten besser möglich (Bornewasser/Wakenhut 1999, 57). Es erscheint daher auch plausibel, dass es etwa eine Tendenz gibt, in vielen Wirtschaftsbereichen für regionale Produkte zu werben, um so an den lokalen beziehungsweise regionalen Stolz zu appellieren und die Produktion vor Ort zu fördern. Für die Herausbildung einer nationalen beziehungsweise regionalen Identität ist es unabdingbar, die Mitglieder in das jeweilige System einzubinden. Es müssen Anreize geschaffen werden, «damit sich Mitglieder an das System gebunden fühlen, sich aktiv mit dem sozialen System beziehungsweise Merkmalen dieses Systems identifizieren und freiwillig ihren Beitrag leisten» (Bornewasser/Wakenhut 1999, 42).

So ist Region «vor allem auch ein emotionales Phänomen und heißt dann zum Beispiel Heimat» (Pott 2002, 117). Bei einem hohen Selbstwertgefühl ist die Gruppe stolz auf ihre Identität und möchte sie durch ihre Symbole wie kulturelle Güter und Sprache zeigen; bei einer Unzufriedenheit, eventuell sogar einem negativen Empfinden der Identität, wird sich die Gemeinschaft mit der Zeit auflösen (Bornewasser/Wakenhut 1999, 53). Stets muss es also das Ziel einer Nation beziehungsweise einer Region sein, Merkmale zu schaffen, über die sich die Mitglieder identifizieren können, denn

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nur so kann es zu einer affektiven Bindung kommen und nur so kann eine positive Evaluierung durch die Gemeinschaft erfolgen. «Das Individuum nimmt diese [Merkmale] an, das heißt erhebt sie zum ‹verallgemeinerten Anderen› und bezieht dadurch seine einheitliche Identität» (Aleemi 1991b, 38). Eines dieser Merkmale ist die Sprache, es kann aber auch Musik sein. Ein Beispiel ist die Nationalhymne: Viele Bewegungen haben sich in Liedern wiedergefunden, etwa die Französische Revolution in der Marseillaise, oder Regionen in einfachen Heimatklängen oder Volksliedern (cf. Kurzke 2002, 141). Doch sei darauf hingewiesen, dass auch solche für Nationen und Regionen wichtige Musikstücke häufig Text beinhalten – so basieren viele Merkmale von Nationen und Regionen auf Sprache. Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass vor allem bei der älteren Generation eine starke regionale Identifikation erkennbar wird; mit dem Alter nimmt sie zu. Auch die Schulbildung kann als Indikator für eine regionale Verankerung gesehen werden. Bei Mitgliedern mit einer einfachen Schulbildung ist sie meist größer (Martini/Wakenhut 1999, 81). Das Stadt-Land-Cleavage, das auch auf die Sprachentwicklung einen wichtigen Einfluss ausübt, spielt ebenfalls eine Rolle. Städte sind vom dialektalen Abbau gekennzeichnet; es werden eher die standardnahen Varietäten verwendet (Wolf 2002, 101). Gleichzeitig ist hier die regionale Verbundenheit in der Regel schwächer ausgeprägt. Im Fall der Emigration von Sprechern beziehungsweise einer Sprachgemeinschaft geht deren jahrhunderte- beziehungsweise jahrzehntelange Zugehörigkeit zu ihrem ursprünglichen Sprachraum verloren. Wenn die Identifikation mit Nationen und Regionen, also mit bestimmten Sprachräumen, für den Erhalt einer Sprachgemeinschaft und die damit verbundene Sicherung ihrer Identität von besonderer Bedeutung ist, stellt sich die Frage nach dem Spracherhalt einer sich in Mobilität befindlichen Sprachgemeinschaft. Auch wenn es für die ankommende Gemeinschaft an einem neuen Ort in der Regel das Ziel ist, sich dort sprachlich und kulturell zu integrieren, kommt es dennoch durch die Sprachloyalität zur heimatlichen Erstsprache und der damit fortbestehenden Gruppenzugehörigkeit zur alten Sprachgemeinschaft zu einer neuen Konfiguration des Sprachraums im Ankunftsland.

5.3 Regionale Identität in der Sprachwissenschaft Ein Zusammenhang zwischen Sprache und Identität ist unbestreitbar, wenn auch Identität offensichtlich durch sprachliche wie auch nicht-sprachliche Einheiten geprägt wird. Unter sprachlichen Einheiten sind beispielsweise bestimmte funktionelle Sprachen mit ihren jeweiligen spezifischen Charakteristika

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zu verstehen. Durch die von diesen Sprachen ausgeübte kommunikative Funktion innerhalb einer Gruppe kommt es zur Herausbildung einer spezifischen regionalen Identität, die wiederum die Sprachgemeinschaft speziell markiert und erkennbar macht, mit dem Effekt, dass eine spezielle Sozialgeschichte, Sozialstruktur sowie Sozialpsychologie erkennbar und deutlich abgrenzbar wird.

5.3.1 Exkurs zum Begriff «Sprachbewusstsein» In der Sprachwissenschaft hat sich der Begriff «Sprachbewusstsein» etabliert – eine exakte Konkretisierung des Begriffs wird in den meisten Untersuchungen jedoch umgangen (cf. u.a. Scherfer 1983). Dies liegt sicher daran, dass das evaluative Wissen eines Sprechers nur sehr schwer messbar und beschreibbar ist. Das Sprachbewusstsein ist als Werte- und Normensystem eines Sprechers beziehungsweise einer Gesellschaft zu verstehen (cf. Nelde 1985, 91). In diesem Rahmen sind daher vor allem sozialpsychologische und soziologische Untersuchungsansätze von Bedeutung. In Untersuchungen müssen durch eine geschickte Kombination verschiedener Methoden und Datenvergleiche «sowohl die bewussten und formulierten und die bewussten und verschleierten als auch die unbewussten Strukturierungen des Sprachbewusstseins» (ib.) offengelegt werden, um Sprachbewusstsein beschreiben zu können. Zur Beschreibung des Sprachbewusstseins müssen also exakte linguistische Kategorien verwendet werden. In der Praxis eignet sich dafür der Ansatz der funktionalen Variationslinguistik nach Stehl (2012), da in der ersten Beschreibungsdimension der «Kompetenz der Variation» das von anderen als Sprachbewusstsein bezeichnete Wissen in den zwei komplementären Dimensionen des sprachlichen (technischen) und des metasprachlichen (reflexiven) Wissens zu analysieren ist. In Untersuchungen zur sprachlichen Variation innerhalb einer Sprachgemeinschaft wurde deutlich, dass Abweichungen vom Standard zu sozialen Konsequenzen führen können: Ein wirtschaftlicher Auf- beziehungsweise Abstieg kann etwa als eine Folge verstanden werden. Gesellschaftlicher Druck wirkt sich auch auf das Wissen der Sprecher aus: Das Sprachbewusstsein eines Sprechers beziehungsweise einer Gemeinschaft kann somit durch gesellschaftliche Veränderungen gestört, gestärkt oder verändert werden und es kann zu weitreichenden Konsequenzen – bis hin zum Sprachverlust – kommen.

Regionale Identität in der Sprachwissenschaft | 93

5.3.2 Sprachloyalität und Diskurstraditionen Viele Linguisten (c.f. u.a. Kremnitz 1995; Kabatek 1996) haben bereits in mehreren Fallstudien untersucht, welche Rolle die Loyalität zur eigenen Sprache für die kollektive Identität einer Gemeinschaft spielt. Zusätzlich zu den wahrscheinlich bekanntesten Gruppenzugehörigkeiten (wie etwa der Staat und die Religion) ist Kremnitz der Meinung, dass auch eine Kommunikationsgemeinschaft eine starke Gruppenidentität entwickeln kann (Kremnitz 1995, 4–6). «Der normale Ausdruck eines derartigen Gruppenbewußtseins ist die Loyalität gegenüber der eigenen Sprache, d.h. der Gebrauch dieser Sprache unter mehr oder weniger allen Umständen und ihre Verteidigung gegenüber den Ansprüchen anderer Sprachen» (Kramer 1990, 15).

In diesem Kontext wird die Sprachloyalität zu einem «point d’honneur» (Kramer 1990, 15). Sprachloyalität ist ein Identitätsbeweis, um die eigene Vollwertigkeit als Mitglied der Gruppe der Sprach- beziehungsweise Kommunikationsgemeinschaft zu beweisen. So bezeichnet also Sprachloyalität «denjenigen Bewußtseinszustand, bei dem die Sprache (wie die Nation) als geschlossene Einheit und im Gegensatz zu anderen Sprachen einen hohen Rang in der Skala der Werte einnimmt, einen Rang, der der ‹Verteidigung› würdig und bedürftig ist» (Weinreich 1977, 131–132).

Demnach spielt die Sprachloyalität – und damit zugleich die Sprachilloyalität – bei Sprachkontakten und der sich dadurch ergebenen Mehrsprachigkeit und bei der Identitätssuche des Individuums eine große Rolle. Sprachloyalität und Sprachilloyalität werden von politischen, gesellschaftlichen und ideologischen Prozessen beeinflusst, denn diese Prozesse wirken auf das Sprachleben (cf. Kramer 1990, 21). Identitätsbildung kann gewollt und geplant werden, denn sowohl Identitätsmanagement als auch Identitätspolitik sind ein altbewährtes Herrschaftsmittel von Regierungen (Kurzke 2002, 142). Sollte ein Sprachverlust drohen, kann versucht werden, die bedrohte Sprache durch Sprachloyalität zu bewahren, indem etwa Sprachpflegeinstitutionen und Schulen den Spracherhalt und Spracherwerb beeinflussen. Sprachgemeinschaften mit niedrigem Prestige und Status (formeller Anerkennung) und mit gleichzeitig geringer Sprachloyalität werden in der Regel eine geringe kollektive und soziale Identität aufweisen. Dies führt früher oder später zum Verlust der Sprache. Nur wenn der Status einer Gruppe von allen umgebenen Gemeinschaften als stabil und legitim angesehen wird, ist die kollektive und soziale Identität nicht gefährdet. Aber auch

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die kollektive und soziale Identität von Gruppen mit hohem Prestige und Status kann bedroht sein, wenn ihnen Symbole zur Abgrenzung, wie die Sprache, fehlen und die positiven Merkmale verloren gehen, mit denen sie sich gemeinsam identifizieren können (Schäfer/Schlöder 1990, 312). Eine Möglichkeit, die sprachliche und kulturelle Identität einer Sprachgemeinschaft zu erhalten, ist die Übertragung von Diskursnormen und -traditionen der Minderheitensprache in das Material der Standardsprache. Dann nämlich bleibt «die Identität von sprachlichen Minderheiten, die im Konvergenzprozeß ihre materialsprachliche Autonomie verlieren, […] ‹unter der Decke› in den Diskurstraditionen erhalten» (Stehl 1994, 144). Die Diskurstraditionen werden an die nachfolgenden Generationen weitergegeben, so dass die daraus entstehenden regionaltypischen Traditionen der Versprachlichung eine wesentliche Komponente der regionalen Identität ausmachen. In dem Moment, wo der Sprecher die sprachlichen Traditionen nicht nur übernimmt, sondern sich damit bewusst identifiziert, entsteht Sprachloyalität als entscheidende Komponente der regionalen Identität. «Die identitätsstiftende Funktion von Diskurstraditionen» (ib., 131) darf bei Minderheiten nicht unterschätzt werden. Die Übernahme dieser Traditionen in die räumlich neu konstituierte Sprachgemeinschaft garantiert etwa die «kulturelle Identität in einem Europa der Regionen, in dem sich einige Minderheiten in ‹Kleinsprachen› etabliert haben und andere aufgrund ihrer nicht ausreichend verteidigten sprachlichen Autonomie ihre Traditionen in Dialekten der Einheitssprache fortsetzen» (Stehl 1994, 144).

Schon beispielsweise anhand von phonetisch-phonologischen Merkmalen aus dem Dialekt lässt sich die sprachliche Zugehörigkeit regionaler Gemeinschaften erkennen. Sprachliche Charakteristika können demnach für eine Gruppe ein Mittel sein, um sich von anderen Gruppen abzugrenzen und zu unterscheiden. Über Sprechen und Verstehen einer Sprache wird deutlich, welcher Gruppe der Sprecher angehört. Wenn er die Gruppenzugehörigkeit ändern möchte, muss er sein Sprachverhalten ändern (Kramer 1990, 18).

5.3.3 Sprach- und Identitätskonflikte: Resultat aus Sprachgeschichte und -politik Sprach- und Identitätskonflikte ergeben sich daraus, dass Varietäten in Gemeinschaften häufig nicht die gleiche Anerkennung erfahren beziehungsweise den gleichen Status besitzen wie die Standardsprachen. Einzelne Gruppen inner-

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halb einer Gemeinschaft können ihre Varietät aufgrund politischer, gesellschaftlicher und sozialer Bedingungen oft nur unter erschwerten Voraussetzungen erlernen und anwenden (Hartung 1985, 184–185). Die Varietät bildet aber «eine der Grundlagen für die Konstitution, Identifikation und Abgrenzung der Gemeinschaft» (Stehl 1990a, 175). Sprache gilt daher als das Symbol beziehungsweise auch als das Mittel für den Ausdruck von Identität. Bei Behauptung der Varietät kommt es beim Sprachkontakt einer Mehrheits- mit einer Minderheitensprache zu Konflikten. Nach Kremnitz (1979; 1995) sind Sprachkonflikte als soziales Phänomen beziehungsweise als gesellschaftlicher Konflikt zu verstehen. Sie treten immer dann auf, wenn in einem Staatengefüge mindestens zwei Sprachen beziehungsweise Sprachformen verwendet werden (Kremnitz 1979, 21; 1995, 34). Die Dominanz einer bestimmten Sprache ist ein Zeichen für das Machtgefälle der Sprach- und Kulturgemeinschaften beziehungsweise der Indikator für die gesellschaftlichen Verhältnisse. Der Sprachkonflikt stellt daher einen «Konflikt um die Macht» (ib.) dar. Durch Prestigegewinn und den Erhalt von Sprache erfolgt eine Stabilisierung der Sprachgemeinschaft und ihrer Identität. Umgekehrt sorgt der Verlust von Sprache für eine Destabilisierung der Sprachgemeinschaft und ihrer Identität (Berschin 2004, 25). Es wird damit erkennbar, dass die Sprecher einer dominanten Mehrheit, die über eine Minderheit politische, kulturelle und sprachliche Hegemonie ausübt, mit ihrer Sprachpolitik 7 die Präsenz der Minderheitensprache entscheidend beeinflusst, vor allem dort, «wo Angehörige derselben Kommunikationsgruppe unter unterschiedlichen sprachpolitischen Bedingungen leben, [hier] kann es zu unterschiedlichen Entwicklungen des Bewußtseins kommen» (Kremnitz 1995, 11). Das in dieser Arbeit untersuchte Baskenland ist durch seine Zweiteilung in einen Teil in Frankreich und einen zweiten Teil in Spanien gelegen dafür geradezu ein Paradebeispiel. Für das Phänomen des Sprachensterbens nennt Metzing (2003, 18) diverse Gründe. Dies könne etwa die umweltbedingte Zerstörung des Lebensraums oder auch die Ausrottung einer Gemeinschaft durch Krankheiten sein, «[d]ie häufigste Ursache ist jedoch die wirtschaftliche und kulturelle Vormachtstellung pres-

|| 7 Haarmann unterscheidet zwischen Sprachpolitik und Sprachenpolitik. Sprachenpolitik bezieht sich auf die politischen Begebenheiten, auf dem jeweiligen Status von Sprachen und den gesellschaftlichen Funktionen. Die politische reglementierte Sprachverwendung bezieht sich dagegen auf den Begriff der Sprachpolitik (Haarmann 1987, 1661). Wie auch Berschin (2004, 8) für sein Untersuchungsvorhaben diese Dichotomie nicht für dienlich hält, so wird auch in diesem Untersuchungsvorhaben der Begriff Sprachpolitik verwendet.

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tigeträchtigerer Sprachen, die zur Verdrängung der weniger einflussreichen Sprachen führt» (ib., 19). Konkret auf das Untersuchungsvorhaben bezogen, kann aus der Sprachhistorie gefolgert werden, dass mit der Durchsetzung des franzischen Dialekts in Frankreich 8 und der Ausbreitung des Kastilischen seit der Reconquista in Spanien 9 eine kontinuierliche Verdrängung der Minderheiten- und Regionalsprachen begann. Die Unterdrückung sorgte für in der Intensität wechselnde Konflikte zwischen National- und Regionalsprachen. Durch die verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Spanien und Frankreich muss im Baskenland heute nicht nur von einem, sondern gar von zwei Sprachkonflikten ausgegangen werden: Das Verhältnis der Minorität zur Standardsprache weicht im Nordbaskenland deutlich von jenem im Südbaskenland ab. Die Offizialisierung des Baskischen und die Erlangung eines Autonomiestatuts im südlichen Teil verstärkte das Selbstbewusstsein der dort lebenden Basken. Die nur halbherzige Minderheitensprachpolitik in Frankreich benachteiligt die Situation der Basken und ihrer Sprache. Sprachpolitik 10 als System zum Eingriff in die sprachlichen Belange von Gemeinschaften ist verantwortlich für die Erstellung von Sprachgesetzen, die Festschreibung von Normen und regelt das Verhältnis von National- und Regionalsprache beziehungsweise dominanter und dominierter Sprache (Berschin 2004, 7). Durch Sprachpolitik wird etwa die Präsenz der Sprache in verschiedenen Kommunikationsbereichen wie Schule, Justizwesen oder Verwaltung geregelt. Akteure sind der Staat und seine Institutionen sowie private Einrichtungen wie Vereine und Schulen. Sprachpolitik beziehungsweise Sprachplanung kann auch als Mittel eingesetzt werden, Sprachen von außen zu beeinflussen, somit Sprachkonflikte zu lösen und die Identität einer Sprachgemeinschaft zu stärken (ib., 5–6, 10). Ziel der Sprachpolitik sollte es sein, vorhandene Konflikte zu lösen oder zumindest zu regulieren. Die Lösungsansätze dazu sind im Nord- und im Südbaskenland sehr unterschiedlich. Im spanischen Gebiet arbeiten sprachpolitische Institutionen seit einiger Zeit darauf hin, dass das Verhältnis zwischen der National- und der Regionalsprache in Einklang kommt. Insbesondere seit dem Ende der Franco-Herrschaft lässt sich eine Ausweitung des baskischen Sprachgebrauchs auf alle gesellschaftlichen und funktionalen Kommunikationsebenen finden. Dagegen erfolgt im

|| 8 Zur französischen Sprachgeschichte cf. u.a. Chaurand (1999). 9 Zur spanischen Sprachgeschichte cf. u.a. Lapesa (1997). 10 In der Wissenschaft wird der Unterschied zwischen Sprachplanung und Sprachpolitik diskutiert. Dieser soll aber im Rahmen dieser Untersuchung nicht weiter ausgeführt werden.

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französischen Teil nach wie vor eine Verdrängung der beherrschten Sprache durch die herrschende. Die verschiedenen historischen und sprachpolitischen Entwicklungen am Beispiel des Baskenlandes machen die Dichotomie von Spracherhalt und Sprachverlust deutlich. In Spanien erhält die baskische Sprachgemeinschaft nach wie vor ihre traditionelle Sprache, trotz einer Vielzahl von Umständen, die den Wechsel zu einer anderen Sprache mit höherem Prestige begünstigt hätten. Es besteht hier eine Konkurrenzsituation, die langfristig die Standardsprache nicht unbedingt favorisiert. Dagegen ist in Frankreich das Französische unangefochten Verkehrssprache und der Sprachverlust des Baskischen wird sichtbar.

5.4 Regionale Identität in der Variationslinguistik In bisherigen sprachwissenschaftlichen Forschungen spielte die Fragestellung des Konzepts «Identität» – wie bisher ausgeführt – zwar durchaus eine Rolle, wurde aber eher selten als Beschreibungskategorie im Rahmen eines methodischen Ansatzes entwickelt und untersucht. Für die methodische Analyse der Fragestellung von regionaler Identität sollen nun einige Grundannahmen erläutert und ein Modell zur Untersuchung von Identität entwickelt werden. Diese Ausführungen sollen der hier vorliegenden Untersuchung zugrunde gelegt werden. Im Schlussteil der Arbeit soll bewertet werden, ob und in welcher Form das Modell für weitere Untersuchungen dienlich sein kann. Die vorliegende Untersuchung verfolgt das Ziel, synchrone und diachrone Aspekte von regionaler Identität zu untersuchen. Demnach geht es um einen größeren, sozialen Rahmen von Gemeinschaften in mehrsprachigen Kontexten. Die Sprache (im Sinne der langue einer historischen Gemeinschaft (cf. Coseriu 1974, 206–247; cf. hierzu auch die première articulation nach Martinet 2005, 14) ist maßgeblich für die Entwicklung und Ausprägung der eigenen sowie auch der Wahrnehmung einer anderen Identität. In inhaltlicher Anlehnung an die sprachwissenschaftlichen Ausführungen in Kapitel 4 und an die Identitätskonzepte der in Kapitel 5.2 betrachteten wissenschaftlichen Disziplinen der Regional-, Politik-, Erziehungswissenschaften, die alle der Sprache eine besondere Rolle bei der Identifikation mit einer Gemeinschaft zuweisen, soll nun ein eigenes Modell zur fundierten Beschreibung der regionalen Identität vorgestellt werden. Auch wenn in dieser Arbeit der Schwerpunkt der Analyse auf die sprachliche Identität gelegt wird, ist es jedoch – wie bereits angesprochen – nicht möglich, «Identität» ausschließlich auf der sprachlichen Ebene zu erfassen, da sie stets pluridimensional konstituiert ist und diese Dimensionen miteinander

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eng verbunden sind. Die für Identität relevanten Dimensionen können – neben der sprachlichen Identität – etwa religiöse, politische, historische und sozialpsychologische sein. Im Baskenland nimmt so zum Beispiel die politische Dimension – aufgrund der Zweiteilung der Gemeinschaft und der damit einhergehenden politischen Unterschiede – eine besondere Rolle ein.

5.4.1 Modell zur Untersuchung von Identität Wie bereits in der funktionalen Analyse sprachlicher Variation ausgeführt (cf. hierzu Kapitel 4.4) wird die Analyse der Zweisprachigkeit in besonderer Weise auf den Sprecher gerichtet. Dabei werden die Beschreibungsdimensionen «Kompetenz der Variation», «Pragmatik der Variation» und «Linguistik der Variation» – das heißt die Analyse der Kognition des Sprechers, seiner selektiven Sprechhandlungen und der sprachlichen Strukturen der dabei produzierten Diskurse im engeren Sinne – in mehrsprachigen Familien untersucht, woraus sich Rückschlüsse auf historische Dynamiken der Mehrsprachigkeit herleiten lassen. Auch in der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass sich der Sprecher und die gesamte Sprachgemeinschaft in einem mehrsprachigen Raum befinden. In diesen Ausführungen wird zudem davon ausgegangen, dass der Sprecher ohne sein Zutun von bestimmten Binnenkonstituenten beeinflusst ist, denn etwa durch die Geburt in einen bestimmten sozialen Raum wird der Sprecher zwangsläufig durch diesen markiert und gelenkt. Der junge Sprecher wird durch seine Familienzugehörigkeit und die damit einhergehenden Konventionen, so zum Beispiel die religiöse Zugehörigkeit, aber auch die Verwendung bestimmter Sprachen von klein auf innerhalb der Familie, beeinflusst; die Familie konstituiert sich dabei wiederum innerhalb einer größeren (Sprach-)Gemeinschaft. Die Binnenkonstituenten prägen somit die Einstellungen und Haltungen des Sprechers, und zwar in der Weise, dass die sprechereigenen Identitäten – also etwa die politische, die religiöse, die sprachliche – sich in einer ganz bestimmten Art und Weise herausbilden und offenbaren. Weitere Grundannahme bei der Analyse von Identität ist, dass externe Faktoren betrachtet werden müssen, die im Weiteren als Außendeterminanten bezeichnet werden; dazu zählen unter anderem Sprachpolitik, Sprachkonflikte und das Spannungsverhältnis von Stabilität und Mobilität. Die Außendeterminanten beeinflussen den Sprecher und die Sprachgemeinschaft und wirken sich somit auch auf die Identität aus. Die hier genannten Außendeterminanten werden – basierend auf den vorhergehenden Ausführungen in Kapitel 5.3 – im Folgenden kurz erläutert:

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Sprachpolitik als Außendeterminante kann vom einzelnen Akteur der Gemeinschaft, aber auch von der Gemeinschaft insgesamt, gemacht werden. Die sprachpolitischen Vorgaben eines Staates beeinflussen die Gesellschaft in besonders starker Weise, doch kann letztlich jede Art von Sprachpolitik die kollektive Identität beeinflussen. Sprachkonflikte als Außendeterminante treten auf, wenn in einem Staatengefüge mindestens zwei Sprachen beziehungsweise Sprachformen verwendet werden. Sie wirken, wie auch Sprachpolitik, besonders auf die pragmatischen Entscheidungen des einzelnen Sprechers, dessen selektive Sprachverwendung durch einen Sprachkonflikt erheblich beeinflusst wird. Zum Spannungsverhältnis von «Stabilität und Mobilität» als Außendeterminante ist zunächst zu definieren, dass unter Stabilität eine Kontinuität des örtlichen Verbleibs der Sprachgemeinschaft, die Beständigkeit ihrer sozialen Zusammensetzung (im Sinne von geringer Zu- und Abwanderung) sowie stabile politische Verhältnisse zu verstehen sind. Im Gegensatz zu der Situation einer Gemeinschaft unter den Einflüssen von Mobilität kann sich bei einer stabilen Situation in der Regel eine starke regionale Identität herausbilden. Ein Dialekt in einem stabilen Raum schafft häufig ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und ist Symbol für eine gemeinsame Verwurzelung (Bollnow 1966, 74). Während einer räumlichen Bewegung oder einer starken Fluktuation ihrer Mitglieder wirken viele Außendeterminanten auf die Gemeinschaft, die in ihrer Gesamtheit eine größere Unsicherheit zum Ergebnis haben. Die Identität dieser «bewegten» Gemeinschaft ist also stärkerem Druck ausgesetzt. Unter den erschwerten Bedingungen von Mobilität in ihren verschiedenen Phasen wird etwa oft, unter Anpassungsdruck, der Dialekt aufgegeben. Durch neue Konstituierung einer Gemeinschaft in einem neuen Raum befinden sich auch die Sprecher auf der Suche nach einer – durch die räumliche Veränderung bedingten – neuen Identität. Durch die Kombination, also die kombinierte Analyse des von Binnenkonstituenten geprägten Sprechers und der Außendeterminanten, die ihn beeinflussen, sind Folgerungen sowohl in Bezug auf die individuelle als auch die kollektive Identität möglich, da das Zusammenwirken der verschiedenen, von außen einwirkenden sozialen Faktoren und der sprachlichen Konstellation der Gemeinschaft wie auch des einzelnen Sprechers Identität bestimmt. Hierbei handelt es sich um ein Wechselverhältnis, da einerseits die Außendeterminanten sowohl den Sprecher als auch die Gemeinschaft beeinflussen, andererseits der Sprecher wie auch die Gemeinschaft den Wirkungsgrad der Außendeterminanten bestimmen können. In dieser Untersuchung wird schließlich davon ausgegangen, dass sich regionale Identität aus dem Zusammenwirken von Binnenkonstituenten und sozialen Außendeterminanten konstituiert. Ausgangspunkt der Konstituierung

100 | Das Modell «Regionale Identität»

von Identität ist, dass der Sprecher auf die Außendeterminanten reagiert und seine Sprachhandlungen entsprechend anpasst. Identität resultiert aus einem objektiven Wissen (‹to know›, ‹Kopf›) und einem subjektiv-evaluativen Bewusstsein (‹to feel›, ‹Bauch›). Das objektive Wissen beinhaltet ein konkretes Wissen, also klare und unwiderlegbare Resultate; es sind objektive Fakten, wie etwa Sprecherzahlen, eine Staatsbürgerschaft und deren Konventionen. Das subjektiv-evaluative Bewusstsein besteht aus individuellen Meinungen und Bewertungen, der emotionalen Bindung sowie emotionalen Rückschlüssen auf bestimmte Ereignisse. Aus wissenschaftlicher Perspektive kristallisieren sich somit aus dem objektiven Wissen und dem subjektiv-evaluativen Bewusstsein zwei differenzierte Aspekte von regionaler Identität heraus. Eine klare Trennung dieser beiden Aspekte von Identität ist in der Realität nicht möglich, sie wirken bei jedem Individuum und auch jeder Gruppe stets wechselseitig zusammen. Anhand folgender Grafik soll der Untersuchungsansatz mit seinen Grundannahmen veranschaulicht werden:

Abb. 8: Modell zur Herausbildung von «Identität»

Regionale Identität in der Variationslinguistik | 101

5.4.2 Wahrnehmung von regionaler Identität aus räumlicher Nähe und Distanz Nachdem der für die Untersuchung angenommene Prozess der Herausbildung von Identität, also der Zusammenhang von Binnenkonstituenten und Außendeterminanten, erläutert wurde, sollen folgend die verschiedenen Perspektiven von Identität eingehender analysiert werden – dies erwies sich unter anderem aufgrund von Sprecheraussagen in Pretests als notwendig.

5.4.2.1 Identität: Binnen- und Außenperspektive Neben der konzeptionellen Trennung von regionaler Identität in objektives Wissen und subjektiv-evaluatives Bewusstsein gilt es, auch eine konzeptionelle Trennung in die Betrachtung der regionalen Identität aus der Binnen- und aus der Außenperspektive vorzunehmen. Die Binnenperspektive eines Individuums, das in der jeweiligen Region ansässig ist, unterscheidet sich zumeist von der Außenperspektive von Individuen von außerhalb der Region. Oft sogar ist «die Diskrepanz zwischen Selbstverständnis und Außenwahrnehmung einer Gruppe groß» (Kremnitz 1995, 4). Bei der Binnenperspektive sind in der Regel andere Merkmale von regionaler Identität maßgeblich als bei der Betrachtung einer Gemeinschaft von außen. Der ortsansässige Sprecher erlebt Kultur und Sprache im Alltag: Die regionale Identität gilt als «groß», wenn es beispielsweise Fernseh- und Radioprogramme sowie Presseerzeugnisse in der jeweiligen Minderheitensprache gibt, die Alltagskommunikation in dieser Sprache möglich ist, die Weitergabe der Minderheitensprache innerhalb der Familie erfolgt, die Sprache in staatlichen Einrichtungen wie der Schule angewandt wird und regionale Traditionen insgesamt gepflegt werden. Diese Aspekte sieht und erlebt ein Betrachter von außen meist nicht, zumindest aber spielen sie bei seiner Bewertung von regionaler Identität eine geringere Rolle. In der Außenperspektive machen andere Merkmale die regionale Identität aus. Das Vorhandensein eines eigenen Nationalstaates mit entsprechender Staatsbürgerschaft oder aber auch gesicherte Angaben über die Sprecherzahl nehmen entscheidenden Einfluss auf die externen Meinungen über die Wertigkeit der regionalen Identität. Der Gemeinschaft wird von außen daher oft eine andere regionale Identität zugeschrieben als aus der Binnenperspektive. Aufgrund von politischen Machtkonstellationen kann diese Außenwahrnehmung auch gezielt gesteuert werden.

102 | Das Modell «Regionale Identität»

5.4.2.2 Weitergehende Differenzierung der Binnen- und Außenperspektive In diesem Kontext muss noch eine weitergehende Differenzierung der in Kapitel 5.4.2.1 vorgestellten Binarität erfolgen, denn aus der Unterscheidung in eine interne und eine externe Perspektive ergeben sich weitere Untergliederungen der Binnen- und Außenperspektive. Bei der Binnenperspektive kann noch einmal zwischen einer internen und einer externen Binnenperspektive unterschieden werden. In einer bestimmten Region gibt es immer Individuen, die zur Gemeinschaft gehören – und die damit eine interne Binnenperspektive (als Mitglied der Gemeinschaft) besitzen – und Individuen, die sich nicht zu dieser Gemeinschaft zählen, zum Beispiel Wirtschaftsimmigranten, die damit eine externe Binnenperspektive (als Nicht-Mitglied der Gemeinschaft) besitzen. Die Voraussetzung für die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft aus soziologischer Sicht ist hierbei nicht nur das persönliche Zugehörigkeitsgefühl des Individuums, sondern vor allem dessen Akzeptanz in der Gemeinschaft. Dies kann in Grenzfällen sogar dazu führen, dass man von einer externen statt von einer internen Binnenperspektive ausgehen muss, obwohl sich das Individuum als Teil der Gruppe fühlt. Bei der groben binären Unterteilung, wie sie in Kapitel 5.4.2.1 vorgestellt wurde, werden zudem die Determinanten Mobilität und Stabilität noch nicht berücksichtigt. Bezogen auf das Untersuchungsprojekt stellt sich daher die Frage, ob die Basken, die nicht mehr im Baskenland wohnen, weiterhin zur Gemeinschaft gehören oder nicht. In dem Moment, wo ein Sprecher die Region verlässt, bleibt er zwar der Gemeinschaft zugehörig, ersetzt aber seine Binnenperspektive durch eine Außenperspektive. Um in der Analyse deutlich zu machen, dass er der Gemeinschaft zugehörig ist, wird hier wiederum zwischen einer internen und einer externen Außenperspektive unterschieden. Die externe Außenperspektive ist die Sicht von Nicht-Mitgliedern der Gemeinschaft, die außerhalb der Region leben. Die interne Außenperspektive bezieht sich auf Sprecher, die aus der zu untersuchenden Gemeinschaft stammen, aber aus der Region emigriert sind. Die interne Außenperspektive kann sich aufgrund der räumlichen Distanz nach und nach der externen Außenperspektive annähern, und zwar etwa in der Weise, dass der Sprecher einen distanzierteren Blick auf die sprachliche Realität der ursprünglichen Gemeinschaft erhält. Möglich wäre aber auch – zum Beispiel bei fehlender Integration am neuen Aufenthaltsort –, dass die interne Außenperspektive von der internen Binnenperspektive nur in geringem Maße abweicht. Die folgende Matrix gibt eine Übersicht dieser weiteren Untergliederungen:

Regionale Identität in der Variationslinguistik | 103

Binnenperspektive

Außenperspektive

Interne Perspektive

Individuen, die in einem bestimm- Individuen, die sich von ihrer regiten Gebiet zur Gemeinschaft gehö- onalen Gemeinschaft geografisch ren distanziert haben

Externe Perspektive

Individuen, die in einem bestimm- Individuen, die nicht zu dieser ten Gebiet nicht zur Gemeinschaft Gemeinschaft gehören und außergehören halb ansässig sind

Die Matrix gibt einen vollständigen Überblick der Untergliederung, doch bleibt fraglich, ob in Untersuchungsvorhaben stets eine Analyse aller Perspektiven möglich und sinnvoll ist. Nur in sehr aufwendigen Forschungsvorhaben können alle Perspektiven abgedeckt werden. Bei kleineren Untersuchungen bestimmt der gewählte Untersuchungsschwerpunkt die Wahl der zu untersuchenden Perspektiven. Ein weiterer Aspekt der Untergliederung, der sich vor allem auf Sprecher der Binnenperspektive bezieht, ist die separate Betrachtung individueller und gruppenspezifischer Wahrnehmungen. Die Gruppenwahrnehmung muss sich auf bestimmte ausgewählte Merkmale stützen (Kremnitz 1995, 4), die nahezu alle Mitglieder der Gemeinschaft prägen und die damit eine regionale Identität konstituieren. Sie betont damit wiederum eine andere Binnenperspektive der Identität als es der einzelne Sprecher, der bestimmte gruppenspezifische Merkmale für sich gar nicht unbedingt anerkennen muss, tut.

5.4.3 Identitätsbestimmung als dynamischer Prozess Bei der bisherigen Beschreibung der Konstituierung von Identität darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich Identität stets in einem dynamischen Prozess konstituiert und perpetuiert, der zu kontinuierlichen Veränderungen führen kann. Nach Kremnitz ist die Wahrnehmung eines Individuums beziehungsweise einer Gruppe davon abhängig, welche Kontinuität sie vorweisen kann (ib., 3–4). So kann «unser bisheriges Wissen, unser Sprach- und Identitätsgefühl, unser individuelles Erbe […] nicht einfach aus der Geschichte gestrichen, gelöscht werden. Was wir ererbt haben – an Kultur, an Geschichte, an Sprache, an Tradition, an Identitätsgefühl –, wird nicht zerstört, sondern zerteilt, geöffnet für einen Prozeß des Befragens, des Neuschreibens und Neuausrichtens» (Chambers 1996, 30–31).

104 | Das Modell «Regionale Identität»

Coserius (2007, 32; 1974, 221) Äußerungen über das Verhältnis von Sprachzustand und Sprachwandel lässt sich analog – auch im Sinne der von Coseriu postulierten Prozesse von Neuerung und Übernahme – auf den «Identitätszustand» und den «Identitätswandel» übertragen. Die Beschreibung eines synchronen Zustands deckt die Identität einer Gemeinschaft nicht in ihrer Gesamtheit ab. Schon allein ein bestimmter «Identitätszustand» befindet sich aufgrund der Interaktion von Außendeterminanten und Sprecher in einem dynamischen Prozess. Durch Veränderungen im Bereich der Sprachpolitik, der Stärkung beziehungsweise der Schwächung von bestimmten Sprachkonflikten und der stabilen beziehungsweise der mobilen Situation des Individuums beziehungsweise der Gruppe ist der aktuelle «Identitätszustand» eines Sprechers und damit auch einer Sprachgemeinschaft ständigen Veränderungen ausgesetzt. Es reicht also nicht aus, «einen Identitätszustand», analog zu «einem bestimmten Sprachzustand», sondern die «Aufeinanderfolge von mehreren Identitätszuständen», eben analog zur «Aufeinanderfolge von mehreren Sprachzuständen», zu analysieren (Coseriu 1974, 235–236; 1992, 275). Erst bei der Betrachtung aufeinanderfolgender Generationen zeigt sich, wie und in welchem Ausmaß es zu Veränderungen von regionaler Identität kommt. So kann sich zum Beispiel durch eine veränderte Sprachpolitik in Frankreich die Bewahrung der baskischen Kultur neu gestalten, und zwar in der Weise, dass die regionale Sprachgemeinschaft die baskische Sprache in einem viel stärkeren Maße verwendet. Dies führt gegebenenfalls zu Veränderungen im objektiven und im subjektiv-evaluativen Bewusstsein, so dass die regional gelebte baskische Identität in größerem Maße manifest wird. Dieser dynamische Prozess lässt sich wie folgt darstellen:

Regionale Identität in der Variationslinguistik | 105

Abb. 9: Modell zum «Identitätswandel»

| III Empirischer Teil

6 Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung Coseriu (1974, 204) erläuterte, dass der «Entwicklungsgrad einer Wissenschaft an ihrer Angemessenheit ans untersuchte Objekt und an der Zahl der Wahrheiten, die sie entdeckt hat, gemessen wird, und nicht an ihren prophetischen Fähigkeiten». Das Grundprinzip dieser Aussage ist auch das Anliegen der vorliegenden empirischen Untersuchung. Nur die tatsächlich vorliegenden Resultate werden analysiert. Interpretationen und Anmerkungen zu den Ergebnissen werden zwar erfolgen, spekulative Annahmen jedoch vermieden.

6.1 Darstellung des Untersuchungsgebiets und des Untersuchungsverlaufs Die empirischen Erhebungen im Rahmen dieser Untersuchung wurden in zahlreichen Orten im Baskenland durchgeführt. Theoretisch denkbar wäre gewesen, nur je einen Untersuchungspunkt im Nordbaskenland und einen im Südbaskenland auszuwählen und miteinander zu vergleichen, jedoch war dies von Anfang an nie vorgesehen. Es sollte das gesamte Baskenland im Zentrum der Analyse stehen. Statt einen Untersuchungspunkt vorzugeben und damit die Auswahl der Versuchspersonen im Vorhinein zu beschränken, konnte so theoretisch jeder Bewohner des Baskenlands Teil der Untersuchungsgruppe werden. Eine Beschränkung des Untersuchungsgebiets wäre für die spezifische Untersuchung mit einem allgemeinen Vergleich des Nord- und des Südbaskenlands im Grunde praktisch nicht denkbar gewesen, da es nicht möglich wäre, zwei stellvertretende identische Orte mit demselben historischen, politischen und sozialen Hintergrund in Frankreich und Spanien zu finden und entsprechend miteinander zu vergleichen. Die Datensammlung verfolgte daher das Ziel, aus unterschiedlichen Gebieten des französischen und des spanischen Baskenlandes möglichst viele Basken zu erreichen, um breit gefächerte Ansichten und Antworten zu erhalten. Das sehr weitläufige Untersuchungsgebiet erstreckt sich über große Teile des Baskenlandes:

110 | Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung

Abb. 10: Untersuchungsgebiet 1

Die Fragebögen wurden in Spanien zunächst vor allem an der Universidad del País Vasco verteilt. Neben den an der Universität erreichten jungen Basken wurden über persönliche Kontakte Fragebögen auch gezielt in mehreren Dörfern an ältere Sprecher verteilt. In Frankreich wurden insbesondere über Kontakte zur Université de Bayonne viele Vertreter der jungen Generationen erreicht. Daneben wurden Kontakte zum baskischen Kulturzentrum in Bordeaux (Maison Basque) aufgebaut, worüber auch Personen der älteren Generationen erreicht werden konnten. Der Untersuchungsverlauf nahm seinen Ausgang bei einem – nicht explizit zum Zweck dieser Untersuchung realisierten – Auslandsaufenthalt an der Université de Bordeaux III. Dort ergaben sich verschiedene Kontakte zu Sprechern des Baskischen (sowohl aus Spanien als auch aus Frankreich). Durch die zahlreichen und aufschlussreichen Gespräche entstand die Idee, eine aktuelle Untersuchung zur baskischen Sprache und zur Identität der baskischen Gemeinschaft durchzuführen. Insgesamt erstreckte sich die erste empirische Untersuchung, aus dem das Hauptmaterial für diese Arbeit stammt, über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten: Im Oktober/November 2004 ergaben sich die ersten Gespräche über die Situation der Basken und des Baskenlandes mit teilweise stark differierenden Ansichten der Gesprächspartner. Ausgehend von

|| 1 Kreuze markieren Orte, aus denen Sprecher befragt wurden. Ursprungskarte aus Google Maps (modifiziert).

Darstellung des Untersuchungsgebiets und des Untersuchungsverlaufs | 111

diesen Vorgesprächen, die prägend für die Hauptfrage waren, ob man noch von einer baskischen Gemeinschaft ausgehen kann oder nicht eher von zwei verschiedenen Gruppierungen gesprochen werden sollte, wurde ein Fragebogen (cf. Stehl 1990b) entwickelt. Da beabsichtigt war, eine große Zahl Fragebögen für die Untersuchung heranzuziehen, war es von Beginn an nicht vorgesehen, persönliche und individuelle Interviews mit Sprechern durchzuführen. Für die quantitative Erhebung wurde die Untersuchungsmethode eines offenen Fragebogens gewählt: Nur bei wenigen Fragen wurde der Antwortende auf bestimmte Antwortkategorien festgelegt, er konnte in der Regel mit eigenen Worten antworten und zum Teil auch frei assoziieren. Dies ergab bei vielen Fragen zusätzliche qualitative Daten. Ab März 2005 wurden dann je 150 Fragebögen in Frankreich und in Spanien, also insgesamt 300, verteilt. Die ausgefüllten Exemplare wurden bis 2006 bei mehrmaligen Aufenthalten in Frankreich und in Spanien eingesammelt. Die Antworten von 149 Befragten konnten für die vorliegende Arbeit ausgewertet werden, das bedeutet einen Rücklauf von annähernd 50 Prozent. Die Ergebnisse können demnach als statistisch relevant gewertet werden. Die sich an das Einsammeln anschließende, sehr zeitaufwändige Arbeit bis Ende 2006 hatte das Ziel, den offenen Fragebogen zu einem weitgehend geschlossen Fragebogen umzucodieren und schließlich die Antworten in ein Datenerhebungsprogramm einzugeben, um quantitative und grafische Darstellungen der Ergebnisse zu erhalten. Anfang 2009 wurde eine zweite empirische Untersuchung durchgeführt, die ebenfalls Grundlage dieser Arbeit ist. Während der Analyse der Antworten des Fragebogens aus der ersten Erhebungsrunde und auf Basis des hier vorliegenden Identitätsmodells wurde offensichtlich, dass im Rahmen der ersten Untersuchung die Außenperspektive von Sprechern des Baskischen noch keine Berücksichtigung fand. Nur dies würde aber erlauben, eine, möglicherweise auf Mobilität beruhende, veränderte Haltung von Identität und Sprache wahrzunehmen, denn wie in Kapitel 5 dargestellt wurde, sollen auch Außendeterminanten wie Stabilität/Mobilität bezogen auf Identität untersucht werden. Es wurden hier qualitative und quantitative Daten von Basken, die schon mehr als zehn Jahre nicht mehr in der eigenen Region leben, am Maison Basque in Paris erhoben. Die Ergebnisse dienen der umfassenden Beantwortung der Hauptuntersuchungsfrage, sind insgesamt im Verhältnis zu den Ergebnissen der Fragebogenerhebung von 2005/2006, aber lediglich als Zusatzmaterial zu verstehen. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem direkten Vergleich der aktuell im Baskenland lebenden Nord- und Südbasken.

112 | Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung

6.2 Erhebungsmethode und Questionnaire Nach Vorstudien wurde aufgrund der beabsichtigten großen Probandenanzahl die Methode der schriftlichen Befragung per spezifisch auf die Kontaktsprachen ausgerichtetem Questionnaire gewählt. Für die geplante Datenerhebung wurde der Questionnaire (cf. Stehl 1990b) an den spezifischen französisch-baskischen sowie spanisch-baskischen Sprachkontakt angepasst und entsprechend modifiziert. Einerseits liefert die Untersuchung qualitative Ergebnisse der aktuellen Sprachsituation und der regionalen Identität der Basken, da den Befragten durch überwiegend offene Fragen eine große Antwortvielfalt und Formulierungsfreiheit, insbesondere bei den Begründungen, ermöglicht wurde. Andererseits wurde vornehmlich eine quantitative Auswertung angestrebt, um unmittelbar vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Dies wurde durch eine spätere Umcodierung der offenen Fragen und Antworten erreicht. Der Fragebogen, wie er den Probanden vorlag, bestand aus 110 Fragen, mit gelegentlich weiteren Untergliederungen, zum Beispiel Fragen 99a und 99b, die häufig Begründungen forderten. Die Fragen waren jeweils auf beide Kontaktsprachen, das heißt entweder Französisch und Baskisch oder aber Spanisch und Baskisch, ausgerichtet. Durch Aufschlüsselung und Umcodierung wurden aus den 110 Fragen im ausgewerteten Fragebogen 231 Fragen. Die Fragebögen lagen in einer französischen, in einer spanischen und in einer baskischen Version vor, um jedem Probanden freizustellen, die ihm angenehmste Sprache für die Beantwortung auszuwählen. 2 Für die Auswertung der Untersuchung, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegt, wird mit einer einheitlichen (deutschen) Version des Fragebogens gearbeitet – um etwa auch einen größeren Leserkreis die Daten zugänglich zu machen. Im Anhang sind aber alle Versionen des Fragebogens zu finden. Zum allgemeinen Aufbau des Fragebogens: Der Fragenkatalog beginnt mit der Erhebung persönlicher Daten, welche für die sprachsoziologische Einordnung des Probanden von Bedeutung sind. 3 Die ersten Fragen beziehen sich auf die wichtigsten Angaben zur Person; die darauf folgenden Fragen ermitteln die sprachliche Biografie. Beispielsweise wird nach den verwendeten Sprachen in

|| 2 Außerdem konnte während Voruntersuchungen und Gesprächen mit potentiellen Teilnehmern an der Befragung ermittelt werden, dass es beispielsweise in Spanien Basken gab, die nur auf Baskisch würden antworten wollen. 3 Die wichtigsten soziologischen Daten der jeweiligen Sprecher finden sich in der Regel in den Fußnoten zum Sprecherzitat.

Erhebungsmethode und Questionnaire | 113

den aufeinanderfolgenden Sprechergenerationen gefragt. Es wird außerdem erfragt, mit wem der Proband innerhalb der Familie, also von den Urgroßeltern bis hin zu den eigenen Kindern, und auch außerhalb der Familie welche Sprache verwendet. Im zweiten Fragekomplex geht es um das zweifache sprachliche Wissen, das sprachliche und das metasprachliche Wissen, der Sprecher. Hier sollen die Sprecher zunächst einschätzen, inwiefern sie in der Lage sind, Baskisch sowie Französisch/Spanisch zu verstehen und zu sprechen. Das metasprachliche Wissen wird über Fragen bezüglich der allgemeinen Einstellung zu den beiden Kontaktsprachen, welche Sprache bevorzugt wird oder wie die Sprachen mit Adjektiven beschrieben werden, ergründet. In diesem Fragekomplex stehen evaluative Aussagen im Vordergrund. Im dritten Teil geht es um die «Pragmatik der Variation», also um die jeweilige selektive Verwendung der Sprachen in spezifischen Kontexten. Die Probanden werden gebeten, Fragen dazu zu beantworten, an welchem Ort, in welcher konkreten Situation, mit welchem Gesprächspartner sie welche der beiden Kontaktsprachen verwenden. Danach geht es im vierten Komplex um die geolinguistischen Klassifikationsmöglichkeiten. Die Befragten sollen beantworten, ob anhand realisierter Varietäten erkannt wird, aus welchem Land, das heißt Frankreich oder Spanien, beziehungsweise welcher Region der Sprecher kommt. Dafür wurden exemplarische Kommunikationssituationen entworfen, in die sich der Befragte hineindenken sollte mit dem Zweck, es ihm zu erleichtern, Erkennungsmerkmale der jeweiligen Sprache zu beschreiben. Im fünften Fragenkomplex geht es um das kontaktbezogene Klassifikationsvermögen. Dabei werden Fragen nach Merkmalen einer guten beziehungsweise einer schlechten Realisierung der jeweiligen Kontaktsprache gestellt, indem wiederum Kommunikationssituationen konstruiert werden. Erkenntnisfragen lauten hier wie folgt: Wie ist der Einfluss der französischen/der spanischen Sprache auf das Baskische? Welche sprachlichen Charakteristika treten auf? Es sollen also aus Sicht der Sprecher die Erkennungsmerkmale für ein gutes beziehungsweise schlechtes Baskisch benannt werden. Der letzte Teil des Questionnaire erfragt direkt Aspekte der regionalen Identität der Sprecher. Es werden Fragen gestellt, bei denen die Probanden Position zur eigenen und zur jeweils anderen Seite des Baskenlands beziehen sollen. Es soll weiterhin ermittelt werden, ob die baskische Sprache ein wichtiges Identifikationsmittel ist und inwiefern die eigene und die jeweils andere Seite für das Baskentum bedeutend sind.

114 | Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung

6.3 Hinweise zur Auswertung und Präsentation des Datenmaterials Zur Auswertung der Fragebögen wurde mit dem Datenerhebungsprogramm Sphinx gearbeitet. In einem ersten Schritt wurden in diesem Programm die meisten offenen Fragen des Questionnaire zu geschlossenen Fragen umcodiert, um auch für diese grafische Umsetzungen und Prozentangaben zu erhalten. Auf die Umcodierung wurde nur bei besonders variationsreichen Antworten verzichtet, denn eine grafische Darstellung wird ineffektiv, wenn sie im Extremfall 149 verschiedene Antworten darstellt. Offene Fragen wurden also nur umcodiert, wenn bei der ersten intensiven Durchsicht der Fragebögen ersichtlich war, dass bestimmte Antworten häufig vorkamen. Nach dieser ersten Phase, der Erarbeitung eines umcodierten Fragebogens mit 231 Fragen, begann die zweite Phase: die Eingabe der Antworten. Die Antworten eines jeden Fragebogens wurden einer nach dem anderen in das Datenerhebungsprogramm eingespeist. Bei im Questionnaire offenen Fragen, die im Datenerhebungsprogramm zu geschlossenen Fragen umgewandelt wurden, wurden die Antworten einer der gebildeten Antwortkategorien zugeordnet. Um dies möglichst objektiv zu gestalten, wurden bei der Eingabe der 149 Fragebögen zwei weitere Personen hinzugezogen: ein Politologe, der mit Statistik und empirischer Sozialforschung vertraut ist, und eine Romanistin. Bei nicht eindeutig klassifizierbaren Antworten wurde gemeinsam diskutiert und entschieden, ob die Antwort einer bereits bestehenden Kategorie zugeordnet werden konnte oder ob dafür eine neue Kategorieangabe aufgestellt werden sollte. Dieser zweiten, sehr zeitaufwändigen, Phase folgte die dritte Phase: Auswertung und Analyse der Ergebnisse. Hierfür berechnete das Programm die eingegebenen Daten und erstellte Grafiken, die in der Folge analysiert werden. Mit dem Datenerhebungsprogramm konnten Kreuztabellen erstellt werden, die gerade für diese Untersuchung sehr aufschlussreich sind, weil sie eine direkt vergleichende Betrachtung der Angaben der Nord- und der Südbasken ermöglichen. Die Antwort auf die Frage nach der Kategorie Nordbaske/Südbaske wurde mit jeder der anderen Fragen gekreuzt. Anhand des folgenden Beispiels werden die Darstellungsarten der Ergebnisse in dieser Arbeit erläutert:

Hinweise zur Auswertung und Präsentation des Datenmaterials | 115

Dieses Prinzip der grafischen Anschauung wird beim Vergleich der Nord- und der Südbasken verwendet. Der Aufbau dieser Kreuztabellen ist folgender: Die obere Frage «Sind Sie Nord- oder Südbaske?» wird bei allen Kreuztabellen erscheinen, da dies die unabhängige Variable ist, mit der alle anderen Fragen gekreuzt wurden. Durch sie ist es möglich, die Antworten nach Nord- und Südbasken zu trennen. Die jeweilige abhängige Variable ist als Frage darunter aufgeführt, in diesem Beispiel: «Sind sie männlich oder weiblich?». In der Tabelle stehen links die möglichen Antwortkategorien (hier: «Mann», «Frau» und «keine Angabe») jeweils farblich markiert für die Wiedererkennung in der grafischen Darstellung. Rechts davon findet man die sich aus der Untersuchung jeweils ergebenden Werte für die Gruppe der Nordbasken, die Gruppe der Südbasken und der Gesamtgruppe. Ein Beispiel: Bei der Antwortmöglichkeit «Mann» erfolgten 22 Nennungen bei den Nordbasken und 21 Nennungen bei den Südbasken. Insgesamt konnten also 43 Männer befragt werden. Neben der Tabelle, ganz rechts, werden die Ergebnisse durch Balkendiagramme präsentiert. Die farbigen Abschnitte der Balken repräsentieren die jeweiligen Antwortkategorien. Die folgenden beiden Grafiken präsentieren eine zweite Anschauungsmöglichkeit in dieser Untersuchung. Sie stellen nur eine Frage dar, das heißt also ohne Kreuzung mit einer weiteren Frage. Diese Abbildungen werden in den entsprechenden eindeutig den Nordbasken oder den Südbasken gewidmeten Kapiteln verwendet. Die obere Grafik steht für die Gruppe der Nordbasken, parallel dazu die untere für die Gruppe der Südbasken.

116 | Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung

Nordbasken:

Südbasken:

Bei diesen grafischen Darstellungen steht die Frage jeweils im Kopf der beiden Grafiken. Die Zahl davor stellt die Fragennummer im umcodierten (Sphinx-)Fragebogen dar (siehe Anhang). Es handelt sich im Beispiel um die Frage 76, die «Ihrer Meinung nach: Haben sie das gleiche Niveau in den beiden Sprachen Französisch/Spanisch und Baskisch?» lautet. Es sei darauf hingewiesen, dass im Fragebogen nur entweder Französisch oder Spanisch erwähnt wurde; die Darstellung mit Querstrich (/) erfolgte für die Auswertung im Datenerhebungsprogramm. Sobald die Antworten der Nordbasken in den Grafiken veranschaulicht werden, bezieht sich die Angabe folglich auf das Französische, bei den grafischen Darstellungen der Antworten der Südbasken auf das Spanische. In der Tabelle stehen links die möglichen Antwortvorgaben mit der jeweiligen Graustufen-Markierung (für die grafische Darstellung: entweder Kreisdiagramm oder Balkendiagramm), rechts davon die Häufigkeit der Nennungen und wiederum rechts davon die entsprechenden Prozentangaben. Ganz rechts in der Grafik werden die Angaben mittels eines Diagramms (Kreis- oder Balkendiagramm) dargestellt. Anzumerken ist, dass bei den Ergebnissen die missing answers nicht berücksichtigt werden. Das heißt, dass nur die tatsächlich gegebenen Antworten in den Tabellen und grafischen Darstellungen auftauchen. In den Fällen, in denen Mehrfachnennungen möglich waren, ergeben sich gegebenenfalls Prozentwerte von mehr als 100 Prozent. Die Präsentation der Ergebnisse des Datenmaterials erfolgt in den Kapiteln 7 bis 10 stringent anhand des Modells der funktionalen Variationslingustik ergänzt um die Ebene der regionalen Identität entsprechend des eigenen Modells. An wenigen Stellen werden die Ergebnisse von Fragen, die eigentlich zu einer

Übersicht über die befragten Sprecher | 117

anderen Beschreibungsebene gehören, in anderen Kapiteln behandelt, damit die entsprechend des Untersuchungsziels dargestellten Aspekte in einen verständlichen Rahmen eingebettet sind. So schien es beispielsweise sinnvoll, die Antworten der Sprecher mit interner Außenperspektive konzentriert im Kapitel zur Identität darzustellen, da sie als Vergleichsgruppe zu den Sprechern mit interner Binnenperspektive dienen. Als weiteres Beispiel ist die Analyse der Variable «Alter» in den Kapiteln 8.1.3.2 und 8.2.3.2 zu nennen. Auch wenn es in diesem Kapitel zur «Pragmatik der Variation» um den variierenden Sprachgebrauch in der Redetätigkeit geht, wird zu Beginn kurz auf das technische Wissen der verschiedenen Generationen eingegangen, um unmittelbare Erklärungsansätze aufzuzeigen. Schließlich ist anzumerken, dass die Übersetzungen aus dem Baskischen von der Verfasserin selbstständig, jedoch mit Unterstützung von Muttersprachlern, vorgenommen wurden. Bei der Zitierung von Sprecheraussagen erfolgen generell keine Korrekturen.

6.4 Übersicht über die befragten Sprecher Es ist ein Vorurteil, dass «naive» Sprecher schlechte Linguisten seien. Oft zeigt sich, dass sich gerade diese Sprecher als kompetente Dialektologen und Kontaktlinguisten erweisen (Stehl 1995a, 78). Es wurden in dieser Untersuchung Aussagen von Sprechern mit unterschiedlichen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergründen analysiert. Die Untersuchung ergab, dass die Aussage «el vasco es, pues, un idioma en esencia campestre, hablado por un pueblo de pastores, agricultores y marino» (Baroja 1945, 8), nicht haltbar ist. Bei den untersuchten Probanden handelt es sich unter anderem um Studierende, Rentner, Versicherungsangestellte, Büroangestellte, Verwaltungsangestellte, Juristen, Lehrer, Hausfrauen, Krankenschwestern, Mechaniker, Bauern, Vermögungsberater, Sozialarbeiter, Ärzte und Handwerker. Nordbasken und Südbasken sind zu unterschiedlichen Anteilen in der vorliegenden Untersuchung vertreten: Es handelt sich unter den 149 Fragebögen um 60 von Bewohnern des Nordbaskenlands ausgefüllte Questionnaires, beantwortet von 22 männlichen und von 27 weiblichen Probanden, bei 11 Fragebögen wurde keine Angabe zum Geschlecht gemacht. Von Bewohnern des Südbaskenlands lagen 89 Fragebögen zur Auswertung vor, 21 von Männern und 40 von Frauen beantwortete, hinzu kommen 28 Fragebögen, bei denen keine Angabe zum Geschlecht gemacht wurde (siehe auch Grafik in Kapitel 6.3). Die Altersklassen sind unterschiedlich stark repräsentiert. Der jüngste Befragte bei den Nordbasken ist 16 Jahre alt und der älteste Befragte 84, der Mit-

118 | Gegenstände der Untersuchung und die Datenerhebung

telwert beträgt rund 33 Jahre. Bei den Südbasken ist der jüngste Befragte 17 Jahre alt und der älteste Befragte 57. Der Mittelwert liegt hier bei rund 28 Jahren. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass von den 89 befragten Südbasken und 60 befragten Nordbasken jeweils zwei ihr Alter nicht angegeben haben. Die in der Untersuchung am stärksten vertretene Altersklasse ist jene von 20 bis 29 Jahren. Hier konnten 22 von Nordbasken und 58 von Südbasken beantwortete Fragebögen zur Auswertung herangezogen werden. Die Altersklasse «60 und älter» ist, vor allem bedingt durch die schwierige Kontaktaufnahme zu dieser Generation, am schwächsten vertreten. Antworten von Personen, die 60 Jahre und älter sind, sind nur aus dem Nordbaskenland in die Untersuchung eingeflossen; unter den befragten Südbasken war niemand älter als 57 Jahre. Die Sprecher wiesen auch unterschiedliche Bildungsniveaus auf. Sprecher ohne Schulabschluss wurden genauso befragt wie Abiturienten und Studierende. Dieser Aspekt wurde bei der Analyse der Ergebnisse vordergründig nicht untersucht, da sich abhängig von dieser Variable bei einer ersten Durchsicht keine signifikanten Unterschiede bezogen auf das Untersuchungsziel ergeben haben. Implizite Bedingung für die Befragung war, dass sich die Probanden mit dem Baskentum verbunden fühlen. Dies war auf der ersten Seite des Questionnaire formuliert und daher ist davon auszugehen, dass niemand versehentlich den Fragebogen beantwortet hat. Alle befragten Personen beherrschen das Baskische – wenn auch das Niveau sehr verschieden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass lediglich ein einziger Baske aus dem Nordbaskenland davon Gebrauch machte, den Fragebogen auf Baskisch auszufüllen; die anderen 59 nordbaskischen Sprecher wählten die französische Version. Von den 89 Befragten aus dem Südbaskenland nutzten 54 Sprecher die baskische Version und 35 die spanische. Dieser Sachverhalt deutet vom Prinzip her schon auf die unterschiedliche Stellung und Bedeutung des Baskischen in den beiden Gebieten hin, doch sollte aus empirischer Sicht die Art der Antwortabgabe keine Berücksichtigung für die Ergebnisse finden, da auch die genauen Umstände wann, wie, wo und mit welchen Mitteln der Fragebogen ausgefüllt wurde, nicht bekannt sind.

6.5 Fehleranalyse Dass es bei qualitativen und quantitativen Erhebungen zu Fehlern kommt, ist unvermeidlich. Um Aussagen über eine gesamte Gesellschaft, in diesem Fall eine Sprachgemeinschaft, machen zu können, ist Repräsentativität anzustreben. Dieses Ziel kann jedoch durch verschiedene Aspekte unterminiert werden.

Fehleranalyse | 119

Hierbei sind verschiedene Störfaktoren auszumachen: Dazu zählen unter anderem die Auswahl der Probanden, die Art der Erhebung der Daten und die Auswertung, welche immer einen gewissen Grad an Subjektivität verlangt, beziehungsweise die subjektive Analyse der Umfrageergebnisse und deren Formulierung oder auch tagesaktuelles Geschehen, dass die jeweiligen Testpersonen in der Befragungssituation beeinflusst (cf. hierzu Atteslander 2006, 61; Schnell/Hill/Esser 1999, 207–210). Nur bei einer entsprechenden Sensibilität für die verschiedenen möglichen Störfaktoren und ihrer Berücksichtigung können Untersuchungsvorhaben annähernd Objektivität für sich beanspruchen. In diesem Kapitel soll daher nun auf einige mögliche Untersuchungsfehler, konkret bezogen auf diese Arbeit, verwiesen werden. Grundsätzlich ergeben sich bei einer Fragebogenerhebung andere Anforderungen als bei einer Befragung per direktem (Face-to-face-)Interview. Bei einer persönlichen Befragung beeinflusst der Interviewer – mehr oder weniger bewusst – stets seinen Gesprächspartner. Der Nachteil davon ist, dass der Interviewer eine Kontrollfunktion einnimmt; andererseits aber, was von Vorteil ist, bei Missverständnissen und Nichtverstehen der Fragen auf seinen Gesprächspartner reagieren kann. Bei einem Fragebogen erfolgt eine Beeinflussung zwar lediglich über die Formulierung der Fragen. Andererseits kann nicht kontrolliert werden, ob der Befragte den Questionnaire allein beantwortet oder die Fragen richtig, das heißt im Sinne des Fragebogenerstellers, verstanden hat (ib., 336). Ein Nachteil des Fragebogens ist also, dass der einzelne Befragte nicht durch das Interview geführt werden kann, Nachfragen demnach nicht möglich sind. Daher ist die Fragestellung sowohl bei einer mündlichen, aber besonders bei der schriftlichen Befragung von großer Bedeutung. 4 Damit der Proband so unvoreingenommen wie möglich antworten kann, sind offene Fragen, die keine Antwortkategorien vorgeben, ideal. Der Befragte kann so seine Meinung völlig frei formulieren, der Interviewer hat dann die Aufgabe, diese Ergebnisse auszuwerten und den Antworten gegebenenfalls Kategorien zuzuordnen. Hier ist eine subjektive Verzerrung der Antworten möglich. Die Auswertung erfordert zugleich einen ungleich größeren Zeitaufwand als bei geschlossenen Fragen, die Antwortkategorien vorgegeben – meist alle möglichen Antworten, auf die der Einzelne nicht immer kommt. Der Vorteil ist also, dass ihm etwas entlockt werden kann, was ihm nicht in den Sinn gekommen wäre. Hierunter kann der Befragte meist seine Antwort finden. Es bleibt jedoch zu bedenken, dass diese nicht vollständig zutreffend sein muss, der Befragte sich aber gezwungen fühlt, etwas anzukreuzen und sich dann für das geringste Übel entscheidet. Dies stellt

|| 4 Hinweise zur Konstruktion von Fragen cf. Schnell/Hill/Esser (1999, 303–324).

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ohne Zweifel einen Nachteil geschlossener Fragen dar (Atteslander 2006, 136). In dieser Untersuchung wurde versucht, die Antwortfreiheit der Befragten so wenig wie möglich einzuschränken. Ein Nachteil für den Befragten ist jedoch, dass das Ausfüllen eines offenen Fragebogens mühsamer, da zeitaufwändiger als reines Ankreuzen, ist. Hierdurch kann es zu einem Verlust an möglichen Teilnehmern kommen. Durch die Kombination aus geschlossenen Fragen und offenen Fragen, vor allem im Bereich der Begründung nach einer Frage mit einer festen Antwortkategorie, wurde in der vorliegenden Untersuchung eine Kompromisslösung gefunden. Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, dass durch eine Quantifizierung keine «Scheinobjektivitäten und Messartefakte generiert werden» (ib., 70). In vielen Fällen werden Untersuchungsergebnisse überbewertet. Durch eine unreflektierte oder eine verkürzte Wiedergabe der gesammelten Daten beziehungsweise Aussagen kann es zu fehlerhaften Interpretationen kommen. Ein weiteres Problem bei der Erhebung mittels Fragebogen – aber auch bei Tonbandaufnahmen – ist, dass das Verhalten der Probanden (wie Mimik, Gestik – also nichtverbale Äußerungen) nicht beobachtet und damit auch nicht analysiert werden kann. Auch wenn stark strukturierte, meist per Einzelinterview durchgeführte Befragungen häufig vorgenommen werden, ist aktuell die Tendenz zu erkennen, eine Kombination von schriftlichen und persönlichen Befragungen durchzuführen (ib., 122). Auch in dieser Untersuchung wurde dieser Weg gewählt. Aufgrund der hohen Anzahl von Probanden und den materiellen und technischen Voraussetzungen erfolgte zuerst eine Befragung mittels eines schriftlichen Fragebogens. Da es bei der Analyse der Ergebnisse und durch die Erweiterung des theoretischen Modells zu weiterem Untersuchungsbedarf kam, wurden in einer späteren Phase Einzelinterviews durchgeführt. Ein weiteres Problem bei empirischen Untersuchungen ergibt sich, wenn der Befragte bei bestimmten Problemen keine wahre Auskunft geben kann (ib., 139). Dies kann von ganz unterschiedlichen Faktoren abhängig sein, so zum Beispiel, dass unter anderem einfach das Wissen bezüglich des Fragenkomplexes fehlt oder aber politischer wie wirtschaftlicher Druck besteht. Wie im Kapitel zur «Pragmatik der Variation» zu sehen sein wird, sind die Antworten zum Themenkomplex ETA unter Vorbehalt zu betrachten. Wie auch die Sprecheraussagen direkt ergaben, ist diskutabel, ob die angekreuzten Antworten tatsächlich durchgängig wahr sind. Meist gehen schriftliche Befragungen zudem auf Kosten spontaner Antworten, da die Testperson sich Zeit nehmen kann, um zu überlegen und zu antworten als auch die Möglichkeit hat, sich den ganzen Fragebogen zu betrachten und damit von späteren Fragen beeinflussen zu lassen (cf. Schnell/Hill/Esser

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1999, 337). Weiterhin ist anzumerken, dass es schon durch die Befragung an sich zu einer Verzerrung der Ergebnisse kommen kann. Sobald Testpersonen den Gegenstand einer Untersuchung kennen, erfolgt automatisch eine Sensibilisierung für das Thema – dies ist jedoch eine grundsätzliche Kritik an Befragungen. Es muss daher in Betracht gezogen werden, dass sich Sprecher, die im Rahmen dieser Untersuchung befragt wurden, durch die Beantwortung des Questionnaire ganz besonders als Baske fühlten und dass sich dies auch in den Antworten widerspiegelt. Insgesamt lässt sich im Hinblick auf diese Untersuchung zusammenfassend sagen, dass die Vorteile der schriftlichen Befragung für die hier vorliegende Untersuchung überwiegen, weshalb diese Methode hauptsächlich Anwendung fand. Die hier ausgewählte Art der Befragung war bei der großen Anzahl von zu Befragenden kostengünstig und im Gegensatz zur mündlichen Befragung in vergleichsweise kurzer Zeit und mit wenig personellem Aufwand möglich. 5 Auch fiel der Interviewer als Fehlerquelle weg. Andererseits war die jeweilige Befragungssituation nicht kontrollierbar und es bleibt unklar, ob wirklich alle Probanden die Fragen korrekt verstanden haben. Durch eine sorgfältige Organisation, das heißt konkret durch ein Begleitschreiben, durch Pre-Tests, durch die Möglichkeit anonym zu antworten – dieses Zugeständnis war notwendig, da sonst einige Probanden die Fragebögen nicht beantwortet hätten –, und durch zahlreiche Möglichkeiten der Rücksendung wurde versucht, das Ausfüllen der Fragebögen zu begünstigen. Aufgrund der gewählten Befragungsgruppe kann auch davon ausgegangen werden, angelehnt an Atteslanders Argumentation, dass die zeitaufwändige schriftliche Befragung sinnvoll war, denn die Basken sind eine Interessengemeinschaft, bei der die Motivation, sich zu ihrer Sprache und Identität zu äußern, äußerst hoch ist. Eine Rücklaufquote von nahezu 50 Prozent bestätigt die Wahl der Untersuchungsmethode ex-post. Üblicherweise sind Rücklaufquoten bei Fragebogenaktionen wesentlich geringerer (cf. Atteslander 2006, 147–153).

|| 5 Die Vorteile der schriftlichen Befragungen beziehen sich vor allem auf organisatorische und wirtschaftliche Gründe (cf. hierzu Schnell/Hill/Esser 1999, 335–336).

7 Kompetenz der Variation In Stehls Konzept der funktionalen Analyse der sprachlichen Variation bildet die «Kompetenz der Variation» die erste Beschreibungsebene. Analysiert wird das zweifache idiomatische Wissen des Sprechers. Im Fokus dieser Untersuchung stehen demnach das sprachliche und metasprachliche Wissen der Sprecher aus dem Nordbaskenland bezogen auf das Französische und auf das Baskische sowie das sprachliche und metasprachliche Wissen der Sprecher aus dem Südbaskenland bezogen auf das Spanische und das Baskische. Das Zusammenwirken des zweifachen idiomatischen Wissens wird als Prototypenwissen bezeichnet. Aufgrund des Prototypenwissens können die Sprecher einerseits die funktionellen Sprachen identifizieren und geolinguistisch zuordnen (entspricht der geolinguistischen Protoypenklassifikation, in der es um die Analyse der diatopisch verschiedenen Varietäten geht, die in einem Sprachgebiet nebeneinander existieren). Andererseits können sie die verschiedenen Varietäten im vertikalen Kontakt erkennen und beschreiben (entspricht der kontaktlinguistischen Prototypenklassifikation). Die individuelle Sprechermeinung führt schließlich zu einer positiven oder negativen Gebrauchsentscheidung in einer bestimmten Kommunikationssituation – dies wird im folgenden Kapitel 8 analysiert. Bedingt durch das Untersuchungsziel steht die «Kompetenz der Variation» im Zentrum der Analyse der drei Beschreibungsebenen, da dieses – wie den Ausführungen in Kapitel 5 zu entnehmen ist – eine der wesentlichen Grundlagen für die Herausbildung von Identität darstellt: Es ist davon auszugehen, dass ein gutes sprachliches und ein positives metasprachliches Wissen sich positiv auf die Ausprägung der regionalen Identität auswirken. Das metasprachliche Wissen hat hierbei einen besonderen Stellenwert, da – auch wenn zum Beispiel ein Sprecher nicht selbst Diskurse im Baskischen realisieren kann – er auf ein passives Wissen zurückgreift, welches seine individuelle Einstellung beeinflusst und bestimmt.

7.1 Nordbasken 7.1.1 Geolinguistische Prototypenklassifikation Die geolinguistische Prototypenklassifikation untersucht das Wissen der befragten Sprecher darauf hin, welche Varietäten in einem Sprachgebiet nebeneinander existieren. Es wird davon ausgegangen, dass die Sprecher anhand

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spezifischer Charakteristika erkennen können, ob ein anderer Sprecher aus der eigenen Ortschaft, aus einem Dorf beziehungsweise einer Stadt sowie aus der eigenen Region beziehungsweise einer anderen Region stammt. Im Folgenden werden die in dieser Untersuchungsdimension aufschlussreichsten Ergebnisse aus der Befragung dargestellt, wobei es vor allem um die Analyse geht, ob die Sprecher Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil wahrnehmen und ob sie andere Sprecher einem der Gebiete zuordnen können. Die Frage des Questionnaire, ob sich das Baskische in Frankreich und Spanien allgemein unterscheide, wurde von 86,2 Prozent der Befragten im Nordbaskenland bejaht. Nur 13,8 Prozent waren der Meinung, dass es keine sprachlichen Unterschiede gibt. Anhand dieses Ergebnisses ist davon auszugehen, dass – zumindest bezogen auf die Nord-Süd-Teilung des Baskenlandes – die befragten Sprecher anhand spezifischer Charakteristika feststellen können, woher ein Sprecher stammt. Bestätigt werden diese Ergebnisse durch die Antworten auf die Frage, ob, anhand dessen wie jemand Baskisch spricht, zu erkennen sei, ob er aus dem französischen oder aus dem spanischen Gebiet kommt. 94,9 Prozent stimmten dem zu; es werden demnach sprachliche Charakteristika erkannt und entsprechend bestimmten Gebieten zugeordnet (Grafik zur Frage 143).

Wird der zu betrachtende Sprachraum auf das Nordbaskenland begrenzt, ergeben sich jedoch weniger signifikante Unterschiede. Bei der Frage, ob sich die baskische Sprache zwischen dem eigenen Dorf beziehungsweise der eigenen Stadt und anderen Dörfern beziehungsweise anderen Städten unterscheide, antworteten nur noch 61,0 Prozent mit «ja». Mehr als ein Drittel gaben an, dass die baskische Sprache der umliegenden Dörfer beziehungsweise Städte mehr oder weniger dieselbe sei. Das deutet darauf hin, dass einerseits die jeweiligen Nationalsprachen, also das Französische und das Spanische, einen beträchtlichen Einfluss auf das Baskische haben, und zwar in der Weise, dass die jeweils realisierten Varietäten im Nord- und im Südbaskenland sich deutlich voneinander unterscheiden, während im Teilgebiet jenseits der Nationalgrenzen die Unterschiede kaum wahrgenommen werden; zugleich deutet das Ergebnis auch darauf hin, dass die dialektale Vielfalt nicht mehr so präsent ist wie vor einigen Jahrhunderten.

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Bei einigen für diesen Fragebogen konstruierten Situationen, in die sich die Probanden gedanklich hineinversetzen sollten – etwa die Situation eines Spaziergangs in den Pyrenäen –, wurde von 55 Prozent der Befragten bestätigt, dass es vorgekommen sei, dass sie eine Person getroffen hätten, die ein anderes Baskisch sprach und wahrscheinlich von der anderen Seite stammte. Die Befragten können jedoch die Herkunft der Person schwerer identifizieren, sobald die Varietät in geringerer räumlicher Distanz zum eigenen Herkunfts- beziehungsweise Residenzort gesprochen wird. 25 Prozent der Befragten gaben an, dass sie schon einmal eine Person getroffen hätten, die ein Baskisch sprach, welches von ihnen gut verstanden wurde, aber bei der die befragte Person nicht sagen konnte, von woher der andere Sprecher käme – die anderen Probanden antworten entweder nicht auf diese Frage oder meinten, dass solch eine Situation noch nie vorgekommen sei. Anders sieht das Ergebnis bei der Wiedererkennung des «heimischen» Ortsdialekts aus: Immerhin 41,7 Prozent der Nordbasken meinten, in einer Situation gewesen zu sein, in der sie erkannt hätten, dass die Person das gleiche Baskisch spräche wie sie selbst. Die Befragten bestätigten zudem, dass diese Person von der eigenen Seite stammt, nicht weit weg von dem Ort, wo sie selbst herkommen. Mehrheitlich wurde hierbei erklärt, dass das gesprochene Baskisch vor allem anhand der Betonung und anhand des Akzents (von 76,7 Prozent der Befragten bestätigt) differenziert wird. Ein Unterschied sei aber auch anhand des Gebrauchs bestimmter Wörter zu erkennen, bestätigten 53,3 Prozent. In diesem Kontext erschien es – unter Berücksichtigung des Untersuchungsziels – auch von Bedeutung, die Nordbasken danach zu fragen, wie sie sich verhalten, wenn sie sich mit jemandem unterhalten, der kein Nordbaske ist. Auf die Frage, ob es für die Befragten wichtig sei, ihrem Gesprächspartner in einer Diskussion oder in einem Gespräch zu zeigen, dass sie aus dem Nordbaskenland stammen, wenn sie sich im Südbaskenland befinden und sich mit jemandem von dort unterhalten, verneinten dies 61,0 Prozent; nur 16,9 Prozent bejahten die Frage. Daraus lässt sich zunächst schlussfolgern, dass sich die Nordbasken mehrheitlich eher als Basken im Allgemeinen verstehen und entsprechend nicht zwischen Nord und Süd differenzieren. Auf die Frage zu einer weiteren konstruierten Situation – ein Gespräch mit einem Touristen, der auf Spanisch oder Französisch nach Sehenswürdigkeiten in der Region fragt – ergaben die Resultate, dass von den Befragten mehrheitlich ein Sprachwechsel ins Baskische vorgenommen wird, sobald während eines Gesprächs bemerkt wird, dass der Gesprächspartner von der anderen Seite des Baskenlandes kommt und auch Baskisch spricht. Dies wurde von 81,0 Prozent der Befragten erklärt; lediglich 10,3 Prozent verneinten dies und 8,6 Pro-

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zent gaben «weiß nicht» an. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass über die baskische Sprache Zusammengehörigkeit ausgedrückt wird. Während die bisher genannten Fragen von der Ich- beziehungsweise WirPerspektive – also die Einschätzung der eigenen Person, der eigenen Teilgruppe und der baskischen Sprachgruppe insgesamt – ausgehen, kommt es bei einem Perspektivwechsel noch zu anderen, höchst aufschlussreichen Ergebnissen. Die Befragten aus dem Nordbaskenland sind sich nämlich nicht einig, ob auch ein Franzose, der keine Baske ist und außerhalb des Baskenlandes lebt, anhand sprachlicher Charakteristika im Französischen bemerken würde, dass ein Baske ein Baske ist: Auch wenn eine knappe Mehrheit von 53,3 Prozent der Befragten dieser Frage zustimmten, waren es immerhin 31,7 Prozent, die dies nicht einschätzen konnten («weiß nicht») und 15,0 Prozent, die mit «nein» antworteten. Insgesamt ein recht großer Teil ist sich also entweder unsicher oder glaubt nicht, dass ein Franzose, der außerhalb des Baskenlandes lebt, anhand sprachlicher Charakteristika bei der Realisierung von Diskursen im Französischen bemerkt, dass man Baske sei. Daraus lässt sich ableiten, dass fast die Hälfte der Befragten glaubt, dass ein baskischer Einfluss auf das Französische nicht vorhanden oder nur marginal sei. Zur Erinnerung: Umgekehrt waren für nahezu 95 Prozent der Probanden Unterschiede im Baskischen zwischen Nord- und Südbaskenland erkennbar. Der Einfluss des Französischen auf das Baskische ist also offenbar weitaus größer als umgekehrt der Einfluss des Baskischen auf das vor Ort gesprochene Französisch. Zur geolinguistischen Prototypenklassifikation lässt sich abschließend zusammenfassen, dass die Sprecher im Nordbaskenland in der Lage sind, ihre realisierte Varietät, also ihr Baskisch, nach außen hin abzugrenzen, auch wenn sie oft nicht alle im Baskischen existierenden Varietäten genau erfassen, erkennen oder exakt bezeichnen können.

7.1.2 Kontaktlinguistische Prototypenklassifikation 7.1.2.1 Sprachliches Wissen: Französisch und Baskisch Bei allen im Fragebogen konstruierten Alltagssituationen – sei es etwa bei der Bezahlung an der Kasse oder beim Selbstgespräch – gaben die Nordbasken mit großer Mehrheit an, dass sie das Französische verwenden (Einkaufen: 85,0 Prozent, Selbstgespräch: 78,3 Prozent). Begründet wurde dies von den Probanden vorwiegend damit, dass die Dominanz des Französischen im Nordbaskenland frappierend sei und dass das Baskische so gut wie nicht mehr verwendet werde.

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Eine Sprecherin 1 äußerte exemplarisch: «Le basque est absent dans la vie de tous les jours, la première mission est la sauvegarde de la langue avant de s’attacher à autre chose.» Bei der Analyse des technischen Wissens zeigt sich, dass bei den Nordbasken auffallende Unterschiede zwischen dem Französischen und dem Baskischen bestehen. 57,4 Prozent der Nordbasken waren der Meinung, dass sie ein besseres Niveau im Französischen als im Baskischen hätten. Nur 9,3 Prozent glaubten, besser Baskisch als Französisch zu beherrschen. 33,3 Prozent besitzen laut Selbsteinschätzung das gleiche Niveau in beiden Sprachen. Als Gründe wurden hauptsächlich angegeben, dass viele das Baskische gar nicht lernen – «Parce que la plupart n’ont pas appris le basque.» 2 – oder dass man es nicht mehr verwende: «Ils ont perdu l’habitude de parler en basque.» 3 Wird im Bereich des sprachlichen Wissens das Sprechen und das Hörverstehen jeweils im Detail analysiert, ergeben sich folgende Ergebnisse (zum Sprechen siehe Grafiken zu den Fragen 77 und 78):

|| 1 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin. 2 Weiblich, 53 Jahre alt, Restaurateurin. 3 Männlich, 49 Jahre alt, Bauer.

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Die Ergebnisse der persönlichen Einschätzung zu beiden Fragen zum «Sprechen» zeigen signifikante Unterschiede: 83,3 Prozent erklärten, dass sie im Französischen keine Probleme haben, über alle Themen zu sprechen. Dies äußerten nur 40,0 Prozent bei der gleichen Frage bezogen auf das Baskische. Auffällig ist auch, dass im Französischen niemand angab, nur einige Sätzen und kurze Äußerungen zu beherrschen oder ohne aktive Kenntnisse zu sein. Im Baskischen dagegen beherrschten 10,0 Prozent lediglich einige Sätze und kurze Äußerungen, weitere 11,7 Prozent waren praktisch ohne aktive Kenntnisse. Beim Hörverstehen/Verständnisvermögen sind die Abstände nicht mehr so gravierend (siehe Grafiken zu den Fragen 80 und 81).

Alle bis auf einen Sprecher, das sind 98,3 Prozent bei der Frage zum Französischen und 71,7 Prozent bei jener zum Baskischen, gaben an, die jeweilige Sprache bei einer Konversation ohne Probleme zu verstehen. Auch wenn bereits hier ein Unterschied mit deutlichen Vorteilen beim Französischen erkennbar wird, sind besonders die Differenzen in den weiteren Antwortkategorien interessant: Während sich im Französischen keiner schlechter als in die zweite Kategorie (den Sinn einer Konversation ohne Details verstehen) einordnete, sind

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die drei Kategorien darunter (nur die Themen einer Konversation; fast nichts; nichts) im Baskischen belegt. Im Vergleich zum aktiven Sprechen sind die Nordbasken aber im Hörverstehen des Baskischen deutlich stärker. Die Ergebnisse von «Sprechen» und «Hörverstehen» bestätigen sich auch bei der Frage, in welcher Sprache sich die Befragten sicherer fühlen: 67,8 Prozent der Probanden fühlten sich sicherer im Französischen und nur 15,3 Prozent im Baskischen. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse ist es jedoch erstaunlich, dass 45,3 Prozent der Befragten aus dem Nordbaskenland erklärten, zuerst Baskisch und später Französisch gelernt zu haben. Französisch wurde lediglich von 28,3 Prozent der Probanden zuerst gelernt; 26,4 Prozent erklärten, sowohl Baskisch als auch Französisch etwa zur gleichen Zeit erlernt zu haben. Daraus lässt sich schließen, dass das Hauptproblem des baskischen Spracherhalts nicht unbedingt im Erlernen der Sprache, sondern in der späteren aktiven Anwendung liegt. Die Dominanz des Französischen außerhalb der Familie scheint also von großer Bedeutung zu sein. Eine Umfrage 4 von 1996 kam zu etwas anderen Ergebnissen: Hierbei muss jedoch angemerkt werden, dass nicht exakt dieselbe Frage gestellt wurde, die Umfrage gut zehn Jahre früher erfolgte und außerdem nicht explizit Basken befragt wurden, sondern die Einwohner des französischen Teils des Baskenlands. Die Teilnehmer an dieser Studie wurden gefragt, welche Muttersprache vor dem 3. Lebensjahr erlernt wurde: Baskisch wurde von 26,4 Prozent (56.000 Personen) als Muttersprache bezeichnet. Beide Sprachen, Französisch und Baskisch, wurden von 5,2 Prozent (11.000 Personen) als gleichwertige Muttersprachen genannt. Von der größten Gruppe von 145.400 Personen (68,5 Prozent) wurde Französisch als Muttersprache bezeichnet. Interessant ist vor allem, dass von den Baskisch-Muttersprachlern 38 Prozent älter als 64 Jahre waren; nur 11 Prozent der Baskisch-Muttersprachler waren im Alter zwischen 16 und 24 Jahren (cf. Urteaga 2004, 15ss.). Auch wenn sich beide Erhebungen etwas unterscheiden, kann aus den Ergebnissen im Vergleich doch die Interpretation gewagt werden, dass sich die Kompetenz der Nordbasken im Baskischen in den letzten Jahren zum Positiven entwickelt hat. In der dieser Arbeit zugrundeliegenden Studie sollten die Sprecher auch einschätzen, wer ihrer Meinung nach schlecht Französisch spräche: Zu 43,3 Prozent gaben die Befragten im Nordbaskenland an, dass dies vor allem ältere Per-

|| 4 Realisiert von der «Gouvernement de la Communauté Autonome Basque et le Gouvernement de la Communauté Forale de Navarre en partenariat avec l’Institut Culturel Basque et l’INSEE» (Urteaga 2004, 15).

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sonen seien. Danach folgten in der Häufigkeit die Merkmale «Bauern» und interessanterweise auch «Jugendliche». Eine mögliche Interpretation wäre, dass diese Einschätzung aufgrund der spezifischen, vom Standard abweichenden, Jugendsprache erfolgte. Kein einziger Befragter nannte auf die Frage nach schlechten Französischsprechern die Kategorien «Anwälte», «Ärzte», «Lehrer/Professoren» oder «gebildete Personen». Nur von 8,3 Prozent wurde angeben, dass dies nicht vom Beruf oder von der sozialen Schicht abhänge. Auf die Frage, wer nach Meinung der Befragten gut Französisch spräche, wurden «Anwälte», «Ärzte», «Lehrer/Professoren» und «gebildete Personen» mit überwiegender Mehrheit angegeben. «Bauern» und «ältere Personen» wurden dagegen nur selten genannt. Die aggregierte Meinung der Befragten tendiert dahin, dass höher gebildete Personen gutes Französisch, ältere und auf dem Land lebende Menschen dagegen eher schlechtes Französisch sprechen. Im Gegensatz dazu meinte die Mehrheit der Befragten, dass «ältere Personen» und «Bauern» gut Baskisch sprächen. In diesem Kontext wurde auch angemerkt, dass es seit einigen Jahren wieder ein Bewusstsein für das Baskische gäbe und vor allem Jugendliche die Sprache inzwischen wieder erlernen. Es wird aber zugleich ein Unterschied zwischem dem Baskischen der älteren und jenem der jüngeren Generationen wahrgenommen: «Si les jeunes ont plutôt appris le basque à l’école (basque unifié), il peut être très différent de celui des personnes âgées et beaucoup moins riche et agréable à entendre.» 5 Hier waren jedoch gegensätzliche Auffassungen zu finden, denn «Jugendliche» wurden zugleich auch häufig als Gruppe genannt, die schlecht Baskisch spräche, gefolgt von «Studenten», «Anwälten», «Ärzten», aber auch «Beamten» und «Lehrern /Professoren». Auch bezogen auf letztere Gruppe gingen die Meinungen auseinander, da auch relativ häufig angegeben wurde, dass «Lehrer/Professoren» gut Baskisch sprächen. Mit großer Mehrheit, zu 76,8 Prozent, wurde geäußert, dass Baskisch schlecht gesprochen würde, weil das Französische Einfluss auf das Baskische nähme. Wie die Grafik zu Frage 161 präsentiert, sprächen die Leute vor allem schlecht Baskisch, da sie «zu oft Französisch sprechen» (56,7 Prozent), aber auch weil sie «auf Französisch denken» (51,7 Prozent) und weil sie «zuerst Französisch gelernt haben» (45,0 Prozent).

|| 5 Weiblich, 18 Jahre alt, Studentin.

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7.1.2.2 Zur Kontinuität des sprachlichen Wissens im Baskischen Die Situation des Baskischen im alltäglichen Leben, beispielsweise in der Familie und in der Schule, wird in der Beschreibungsebene der «Pragmatik der Variation» noch einmal ausführlich untersucht. Hier erfolgt eine kurze Betrachtung zur Weitergabe des Baskischen an Kinder und Jugendliche innerhalb der Familie und durch die Gemeinschaft, um Erklärungsansätze für die vorangegangenen Ergebnisse zu finden. Für den Spracherhalt wurde die Weitergabe des Baskischen an Kinder und Jugendliche von fast allen Sprechern als äußerst wichtig erachtet – «Pour sauver la langue basque, il est important de la parler.» 6 –, jedoch kann die Weitergabe des Baskischen innerhalb der Familie und in der Schule im Nordbaskenland nicht ohne Schwierigkeiten erfolgen. Hierfür wurden im Wesentlichen drei Gründe angeführt: Erstens gab es einige Sprecher, die den Verlust des Baskischen damit begründen, dass es ein grundsätzliches Desinteresse gäbe, und zwar vor allem bei den jüngeren Generationen: «Les gens et plus généralement les jeunes n’ont plus d’intérêt pour le basque. Beaucoup de jeunes ont appris le basque à l’école (ou parents) mais après, ils l’abandonnent par désintérêt.» 7 – es gibt aber, wie in Kapitel 7.1.2.1 bereits konstatiert, auch Sprecher, die dieser Meinung deutlich widersprechen und, im Gegenteil, ein wieder wachsendes Interesse bei der jüngeren Generation beobachten. Zweitens beschränkt sich der Gebrauch des Baskischen – wenn die Sprache innerhalb der Familie verwendet wird – meist auf die Großelterngeneration; Eltern und Lehrer wurden zwar ebenfalls als Gruppe benannt, die Baskisch verwenden, aber bei Weitem nicht so häufig wie die älteste Sprechergeneration.

|| 6 Männlich, 49 Jahre alt, Bauer. 7 Weiblich, 18 Jahre alt, Studentin.

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Von jüngeren Sprechern wurde allgemein beklagt, dass diejenigen, die Baskisch sprechen, die Sprache nicht weitergeben: «Les Basques qui le parlent ne le transmettent pas (en plus).» 8 Ein Sprecher 9 erklärte: «En France, on ne sent pas assez basque, faute d’héritage, ce sentiment, la langue ne nous ont pas été transmise. Mais ce sentiment est fort chez ceux qui l’ont apprise.» Als Ergänzung hierzu: Ein Ergebnis der Umfrage von 1996 war, dass die Weitergabe des Baskischen von der Elterngeneration an die Kindergeneration stark davon abhängig ist, ob beide oder nur eines der Elternteile Baskisch beherrscht. In dieser Umfrage kam man zu dem Ergebnis, dass die Sprache vor allem dann an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wird, wenn beide Eltern Baskisch sprechen. Wird Baskisch nur von einem Elternteil gesprochen, wird das Baskische wesentlich seltener weitergegeben (cf. Urteaga 2004, 17). Als dritter Grund für die schlechte Kompetenz im Baskischen und auch für eine mühsame Weitergabe des Baskischen an die Folgegenerationen wurde die fehlende Anerkennung durch den französischen Staat genannt. Folgende Sprecheraussagen stehen dafür exemplarisch: «Le fait qu’il ne soit pas officiel et que le gouvernement français ne le laisse pas se développer. [On pourrait] l’officialiser et lui donner tous les avantages qu’ont les autres langues officielles dans le monde.» 10 und «Du point de vue linguistique, la situation au nord est plutôt négative car on assiste à un déclin de la langue qui est de moins en moins transmise et pratiquée même si on assiste à une hausse de la demande de son enseignement à l’école ainsi que des adultes. L’Etat aide le moins possible la promotion de la culture et de la langue basque, donc c’est assez dur.» 11 Gerade auch im Vergleich zum Südbaskenland (siehe Kapitel 7.2) wird aus der letzten Aussage erkennbar, dass die sprachliche Realität im Alltag bezogen auf das Baskische im Norden sehr negativ wahrgenommen wird. In einem Punkt sind sich die Teilnehmer dieser Studie einig: Von 100 Prozent der Befragten wurde angegeben, dass die jungen Leute die baskische Sprache sprechen und verstehen sollten und sie daher auch weitergegeben werden müsse. Das gleiche Resultat ergab sich im Nordbaskenland allerdings auch für das Französische.

|| 8 Weiblich, 16 Jahre alt, Schülerin. 9 Männlich, 19 Jahre alt. 10 Weiblich, 18 Jahre alt, Studentin. 11 Weiblich, 20 Jahre alt.

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7.1.2.3 Metasprachliches Wissen: Französisch und Baskisch Bevor die Analyse des metasprachlichen Wissens erfolgt, werden zunächst die Ergebnisse auf die Fragen, ob sich der Befragte jeweils als Franzose, als Baske und/oder als Nordbaske fühlt, vorgestellt. Dies scheint ein sinnvoller Ausgangspunkt für die folgende Analyse zu sein, denn die persönliche Haltung sowie das subjektive Wissen beeinflussen die Einstellung zur Sprache und damit auch die hier in der Folge dargestellten Antworten. 67,9 Prozent bejahten die Frage, ob sie sich als Franzose fühlen. Dies wurde meist damit begründet, dass dies faktisch die eigene Nationalität sei, dass man in Frankreich lebe und in Frankreich geboren sei sowie Französisch spreche. Knapp ein Drittel verneinte die Frage und begründete dies vor allem damit, Baske und eben kein Franzose zu sein. Von allen Befragten, also zu 100 Prozent, wurde bestätigt, dass sie sich als Basken fühlen. 55 Prozent gaben als Erläuterung hierzu an, dass «Baske zu sein» die eigene Kultur und die eigenen Wurzeln ausdrücke. Als Begründungen angeführt wurden auch: man spreche Baskisch, die Familie sei baskisch, man sei im Baskenland geboren und lebe in dieser Region. Bei der weiteren Differenzierung zwischen Nordbasken und Südbasken verneinten 60,8 Prozent, sich als Nordbaske zu fühlen. Es gibt für die Mehrheit der Befragten im Nordbaskenland augenscheinlich keine eigene Identität als Nordbaske. Eine Zweiteilung des Baskenlands wird – zumindest wenn in dieser Deutlichkeit danach gefragt wird – mehrheitlich nicht akzeptiert. Doch bestätigten immerhin 39,2 Prozent, sich selbst als Nordbaske zu fühlen. Dies wurde damit begründet, dass man im Nordbaskenland lebe und entsprechend Nordbaske sei. Im Hinblick auf das Untersuchungsziel lässt sich schlussfolgern, dass zwar von der Mehrheit der Befragten keine Teilung in Nord- und Südbaskenland empfunden wird, dass es aber immerhin doch einen relevanten Anteil von fast zwei Fünfteln gibt, die die identitäre Zuordnung zwischen beiden Teilregionen gesondert vollziehen. Die persönlichen Einstellungen der Sprecher zur französischen und zur baskischen Sprache zeigten ein nahezu einheitliches Bild. Fast alle Nordbasken erklärten, sowohl die französische als auch die baskische Sprache zu mögen. Während alle Befragten die baskische Sprache mögen, waren es immerhin auch 94,9 Prozent beim Französischen – der Unterschied ist somit statistisch vernachlässigbar. Als jedoch danach gefragt wurde, ob die französische Sprache eine bestimmte Atmosphäre schaffe, bejahten dies nur 32,0 Prozent; 68,0 Prozent verneinten die Frage entsprechend. Bei konkreter Nachfrage verbunden mit der Bitte, das Französische mit Adjektiven zu beschreiben, wurde das Französische vor allem in dem Sinne charakterisiert, dass es eine gebildete, eine erhabene,

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eine ernste oder aber eine bedrückende Atmosphäre schaffe. Nur wenige empfanden bezogen auf das Französische eine schöne und gemeinschaftliche Atmosphäre. Ein Befragter meinte sogar, dass er Französisch mit «kalt» und «affektiert» assoziiere. Während beispielsweise von einer Sprecherin 12 das Französische mit «C’est une langue plus distante.» beschrieben wurde, definierte sie zugleich das Baskische als Sprache, welche die Leute zusammenbringe: «Elle rapproche les gens qui le parle.» Wesentlich mehr Befragte als beim Französischen, nämlich 84,9 Prozent, sprachen der baskischen Sprache eine bestimmte Atmosphäre zu. Es wurde hierzu erläutert, dass das Baskische eine gemeinschaftliche Atmosphäre erzeuge, die eine Verbundenheit der Basken untereinander zum Ausdruck bringe. Dies ist eine generationsübergreifende Meinung, sowohl jüngere, wie die zitierte Sprecherin, als auch ältere Sprecher sehen das so. «Elle rapproche les gens qui la parlent.» wurde von einer älteren Sprecherin 13 sogar fast identisch geäußert. Ein einziger Sprecher meinte, dass das Baskische eine kalte und von den Franzosen abgrenzende Atmosphäre schaffe. Die große Mehrheit äußerte aber, es sei eine familiäre, freundliche oder gar herzliche Atmosphäre, die das Baskische erzeuge. Das Baskische schaffe eine Nähe und eine gemeinsame Bindung untereinander. Bei einer weiteren Frage zu diesem Komplex – was die Nordbasken grundsätzlich über die französische und die baskische Sprache denken – wurden die soeben beschriebenen Tendenzen bestätigt. Für viele Nordbasken ist Französisch eine reiche, schöne, intellektuelle, schicke, moderne, aber auch ernste Sprache, die zudem als sehr präzise bezeichnet wird. Sie wird als «Sprache der Lehrer» angesehen. Nur vereinzelt wird sie als altmodisch, befremdend, lächerlich oder vulgär bezeichnet. Die Attribute ländlich/rustikal oder hässlich wurden von keinem Befragten angestrichen. Die baskische Sprache wird überwiegend mit den gleichen Attributen; schön, reich, präzise und ernst; charakterisiert. Die Attribute schick, modern, intellektuell werden jedoch deutlich seltener zugeschrieben als beim Französischen. Zudem wird das Baskische – anders als das Französische – nie als vulgäre, lächerliche oder altmodische Sprache bezeichnet, auch nicht als hässlich. Auffällig ist, dass sie nur von einem Befragten als «Sprache der Lehrer» angesehen wird. Im Gegensatz zum Französischen wird das Baskische häufiger als ländliche/rustikale, aber auch als befremdende/sonderbare Sprache, gesehen. Um die Zuordnung bestimmter Merkmale baten auch die Urheber einer Umfrage von 1996 (Urteaga 2004, 44): Hier wurde gar von 51 Prozent der Befragten

|| 12 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin. 13 Weiblich, 58 Jahre alt, Chefin.

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das Baskische als «rurale» charakterisiert – in dieser Umfrage nur von gut 8 Prozent. 32 Prozent beschrieben die Sprache 1996 als «etrangère». Zudem wurde sie als «difficile» (von 57 Prozent), «passéiste» (von 39 Prozent), «familière» (von 34 Prozent), aber auch als «futuriste» (von 21 Prozent), «facile» (von 17 Prozent) und «urbaine» (von 14 Prozent) bezeichnet. Wie auch bei weiteren Umfragen (cf. Rolssenn 1985) deutlich wurde, scheint das Baskische nach wie vor, «für seine Sprecher überhaupt die Sprache zu sein, in der sich Gefühle besser ausdrücken lassen. Es strahlt für die Basken eine größere affektive Wärme aus als die französische Sprache. Das Französische, die Schulsprache, wird häufig als die Sprache des Intellekts und der kühlen Logik bezeichnet» (ib., 123). Bei der Frage, ob es nützlich sei, im alltäglichen Leben Französisch und Baskisch sprechen zu können, zeigt sich für die Nordbasken ein sehr signifikantes Bild (siehe Grafiken zu den Fragen 99 und 101).

Während 68,3 Prozent es für unerlässlich hielten, Französisch sprechen zu können, waren dies nur 30,5 Prozent beim Baskischen. Für das Französische spräche laut 53,3 Prozent der Befragten, dass es die offizielle Sprache sei und damit für die Kommunikation grundlegend notwendig. Baskisch verstünden dagegen viele Menschen nicht. Dennoch wurde es von 59,3 Prozent für das alltägliche Leben zumindest als nützlich angesehen, Baskisch zu sprechen. 31,7 Prozent äußerten dies noch beim Französischen. Als Grund für die «Nützlichkeit des Baskischen» wurde unter anderem angegeben, dass man in Baskisch über

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geheime/diskrete Dinge sprechen könne und es stellenweise wichtig sei, um Erfolg in der Schule und im Beruf zu haben. Des Weiteren lebe man nun einmal im Baskenland, wo die Sprache auch gesprochen werden sollte, und man müsse die Sprache durch den Sprachgebrauch erhalten. Während kein Befragter mitteilte, Französisch zu sprechen sei «nicht sehr nützlich», wurde dies von 10,2 Prozent für das Baskische angegeben. Die Kategorie, es sei «schädlich» Französisch oder Baskisch zu sprechen, wurde für beide Sprachen nicht gewählt. Anhand dieser Fragen wird insgesamt sichtbar, dass das Baskische im Alltag nicht annähernd denselben Stellenwert wie das Französische hat. Kritisch wurde vereinzelt angemerkt, dass es vor allem die Nationalisten seien, die sich für das Baskische einsetzen würden: «[…] Il est dommage que la plupart des actions en faveur du basque soient initiées par les nationalistes qui soutiennent la plupart du temps l’ETA. J’aimerais pouvoir parler et vivre en basque sans avoir à cotoyer obligatoirement de milieux nationalistes extrémistes.» 14 Rolssenn wies in der Auswertung ihrer Umfrage darauf hin, dass die Sprecher häufig die «Nützlichkeit» des Bilinguismus betonen. Ein Sprecher sagte bei der Untersuchung aus den 1980er Jahren: «C’est toujours utile. Ce quoi est l’inconvénient, si vous allez à Bayonne, maintenant il faut le français. Ici ils gardent le basque» (Rolssenn 1985, 171–172). Eine weitere Sprecherin meinte: «Comme c’est une langue; comme on compte rester là, c’est utile. Oui, c’est utile le basque» (ib., 172). Eine 44-jährige Hausfrau meinte jedoch: «Avec le basque on ne peut vraiment pas aller loin mais enfin c’est notre langue à nous et surtout avec les personnes âgées c’est quand même utile» (ib.). Bei der Frage danach, wie ein Sprecher wahrgenommen wird, der Baske ist, aber häufiger Französisch als Baskisch spricht, wird erkennbar, dass dieser von großen Teilen der Sprachgemeinschaft nicht dieselbe Anerkennung erhielt und von weniger Befragten als sympathisch eingestuft wurde, als ein Baske, der mehr Baskisch als Französisch spricht.

|| 14 Weiblich, 30 Jahre alt.

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Wie zu erkennen ist, zeigen die beiden Grafiken zu den Fragen 121 und 122 außerdem, dass ein Baske, der mehr Baskisch als Französisch spricht, am häufigsten mit folgenden Attributen beschrieben wurde: «seinem Land/Dorf/ seiner Stadt verhaftet», «sympathisch», «gebildet» und «respektabel». Ein Baske, der mehr Französisch als Baskisch spricht, wurde zwar von vielen Befragten ebenfalls als «sympathisch» und «gebildet» beschrieben, doch von einer relevanten Minderheit auch als «fremd in seiner Stadt/seinem Dorf» (18,3 Prozent) und als «ignorant» (15,0 Prozent). Weiterhin fällt im Vergleich auf, dass für den überwiegend Französisch Sprechenden die Antworten stark variieren; die am häufigsten genannte Kategorie liegt bei 26,7 Prozent («sympathisch») während die Kategorie «seinem Land/Dorf/seiner Stadt verhaftet» für

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den überwiegend Baskisch Sprechenden von einer überwältigenden Mehrheit von 78,3 Prozent der Befragten und mit deutlichem Abstand vor der folgenden Kategorie «sympathisch» (58 Prozent) und noch deutlicher vor «gebildet» und «respektabel» (je 28,3 Prozent) angegeben wurde. Dies spricht für eine starke Beziehung zwischen der regionalen Identität einerseits, die über die Charakterisierung der lokalen/regionalen Verhaftung eindeutig zum Ausdruck kommt, und der baskischen Sprache andererseits. Auch wenn bei der Frage, was die Befragten von jemandem denken, der nur Baskisch spricht, erkennbar wurde, dass die meisten Befragten dies befürworten («finde ich gut», 40,0 Prozent), und diese Person als mit dem Baskenland und damit auch mit den baskischen Traditionen verhaftet sehen (20,0 Prozent), erklärten immerhin 18,3 Prozent, dass dieser Mensch nicht alle Möglichkeiten habe (Grafik zur Frage 110).

Was durchweg von allen als positiv wahrgenommen wurde, war, dass jemand, der ausschließlich Baskisch spreche, dazu beitrage, dass der Sprachverlust aufgehalten werde. «[… C]’est un militant et […] il a compris que le basque risque de disparaître.» 15 Auch wurde explizit die Sprache als Teil der baskischen Identität angesprochen: «C’est notre langue maternelle, elle fait partie de notre personne, culture, de notre identité.» 16 Wenn jemand, der auch Baskisch sprechen kann, aber ausschließlich Französisch spricht, wurde dies vor allem als «schade» (zu 23,3 Prozent), zum Teil gar als «schlimm/traurig» (zu 11,7 Prozent), empfunden (Grafik zur Frage 108).

|| 15 Männlich, 49 Jahre alt, Bauer. 16 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin.

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Jener, der Baskisch beherrsche, aber ausschließlich Französisch spricht, sei zudem stark mit Frankreich und den französischen Traditionen verhaftet – dies sagten 10 Prozent der Befragten. Hierzu meinte exemplarisch eine ehemalige Lehrerin «S’il connait le basque, c’est qu’il n’est pas très fier de ses origines.» 17 Von einigen Befragten, 16,7 Prozent, wurde erklärt, dass aber auch dieser Sprecher nicht alle Möglichkeiten habe. Als Ursache für eine einseitige Sprachwahl wurde häufig auf den offiziellen Status des Französischen hingewiesen; dass es im nördlichen Baskenland eben normal sei, Französisch zu sprechen – Baskisch ist eher die Ausnahme. Hierzu eine Sprecherin: «C’est (le Français) la seule langue officielle. Certains, même en connaissant le basque, se refusent à le parler en dehors du cercle privé donc pas dans vie publique.» 18 Bei den Fragen, ob man in den beiden Sprachen jeweils alles ausdrücken könne, wurde dies jeweils zu hohen Anteilen bejaht. Die befragten Nordbasken sagten dies gar etwas häufiger vom Baskischen (87,3 Prozent) als vom Französischen (86,7 Prozent). Auch wenn dieser Abstand eher zu vernachlässigen ist, wäre in Anbetracht der Analyse des technischen Wissens und des nicht-offiziellen Status des Baskischen in Frankreich, eigentlich zu erwarten gewesen, dass das Französische weit vor dem Baskischen rangiert. Eine Erklärung hierzu ließ sich in den Sprecheraussagen nicht finden.

|| 17 Weiblich, 70 Jahre alt, ehemalige Lehrerin. 18 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin.

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Sowohl im Französischen als auch im Baskischen gibt es allerdings bestimmte Dinge, die ein Teil der Befragten leichter in der jeweils anderen Sprache ausdrücken kann. Von einem einheitlichen Bild ist man hier weit entfernt. Bei Frage 114 zum Beispiel gaben etwa 51 Prozent an, dass es bestimmte Dinge gäbe, die man leichter im Französischen als im Baskischen ausdrücken könne; annähernd genauso viele, nämlich 49 Prozent, verneinten dies. Von den Befragten, die der Frage zustimmten, wurde genauer erläutert, dass dies beispielsweise Bezeichnungen für moderne Apparate, Wörter im Technikbereich, wissenschaftliche Ausdrücke seien. Das liegt, so die Aussagen, insgesamt daran, dass die baskische Sprache nicht so «modern» sei. Aber auch im Bereich «Liebe» könne man sich, nach Meinung einiger Befragter, im Französischen leichter ausdrücken. Bei der Frage 119 stimmten 51,1 Prozent der Nordbasken – das heißt zu fast identischer Prozentzahl wie beim Französischen – zu, dass es bestimmte Dinge gäbe, die man leichter im Baskischen als im Französischen ausdrücken könne. Dabei handele es sich unter anderem um spezielles Vokabular zum Land und im Bereich der Landwirtschaft. Einige Sprecher erwähnten in diesem Kontext auch «Guten Tag», «Danke» und «Bitte», die im Baskischen leichter als im Französischen auszudrücken seien. Wie beim Französischen verneinen die Frage aber nahezu 49 Prozent der Befragten. Abschließend zur Betrachtung der «Kompetenz der Variation» der Nordbasken soll hier noch einmal angeführt werden, dass das metasprachliche Wissen, also die persönliche Einstellung zur Sprache, das Empfinden, insgesamt für die Identitätsherausbildung einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Die Dimension und die Bedeutung des metasprachlichen Wissens wurde anhand einer Aussage einer 50-jährigen Nordbaskin, die von sich selbst sagt, schlecht Baskisch zu sprechen, sich aber dennoch ausdrücklich als Baskin bezeichnet, explizit deutlich: «Ma mère n’a pas voulu nous appendre le basque parce qu’elle a été réprimandée à l’école. Peur que l’on soit punit nous aussi.» Aufgrund der negativen Erfahrungen der Mutter entstand in der Familie eine allgemeine Angst, die schließlich dazu führte, dass das Baskische an die jüngeren Generationen nur in geringem Maße weitergeben wurde. Trotz des schlechten technischen Wissens im Baskischen identifiziert sich diese Sprecherin aber als Baskin. Was sich an diesem Fall und durch dieses Zitat besonders gut verdeutlichen lässt, ist, dass das sprachliche Wissen eine im Vergleich zum metasprachlichen Wissen geringere Rolle spielt. Auch wenn beide Sprachen, das Französische und das Baskische, eine Akzeptanz durch die Sprecher erfahren, wird jedoch insgesamt erkennbar, dass die beiden Sprachen unterschiedlich kategorisiert werden. Das Baskische ist die Sprache der Familie, der Nähe, der Verbundenheit mit dem Land. Französisch

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dagegen ist durch den offiziellen Status markiert. Die Notwendigkeit, Französisch zu sprechen, wird von den Sprechern akzeptiert, denn mit dieser Sprache wird unter anderem Prestige und sozialer Aufstieg verbunden. Das Herz der Basken erreicht das Französische aber nicht.

7.2 Südbasken Nachfolgend steht die «Kompetenz der Variation» der Südbasken im Fokus der Untersuchung. Nach der geolinguistischen Prototypenklassifikation soll – analog zum Kapitel 7.1 – danach auf das technische Wissen der Sprecher, dann auf die Weitergabe des Baskischen in der Familie und in der Schule und im Anschluss auf die persönlichen Präferenzen sowie auf das metasprachliche Wissen der Sprecher eingegangen werden.

7.2.1 Geolinguistische Prototypenklassifikation 60,9 Prozent der Südbasken – rund ein Viertel weniger als die Nordbasken – erklärten, dass sich ihrer Meinung nach das Baskische in Frankreich und Spanien unterscheide. Während im Nordbaskenland nur 13,8 Prozent meinten, dass es keine Unterschiede gäbe, waren es im südlichen Teil immerhin 39,1 Prozent. Einen Unterschied, der sich an den Staatsgrenzen festmachen ließe, betrachten die Südbasken also zu nahezu zwei Fünfteln als nicht existent. Die Frage «Ist die baskische Sprache im Norden anders als im Süden oder existieren keine Unterschiede?» ergibt jedoch ein eindeutigeres Ergebnis: 93,1 Prozent der Befragten aus dem Südbaskenland meinten, dass das Baskische im Nord- und im Südbaskenland verschieden sei. Entweder führt der sehr absolut formulierte Nachsatz «… oder existieren keine Unterschiede?» zu diesem deutlicheren Ergebnis, oder, dass in dieser Frage die Unterscheidung nicht an den Staaten Frankreich und Spanien festgemacht wird, sondern nur an den geografischen Bezeichnungen Norden und Süden – vielleicht war es dieser Aspekt, der es den Südbasken leichter machte, Unterschiede einzugestehen. Nahezu alle befragten Südbasken meinten auch, dass man bei jemandem anhand dessen, wie er Baskisch spricht, erkennen könne, ob er aus dem französischen oder aus dem spanischen Teil des Baskenlandes komme (siehe Grafik zur Frage 143).

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Bezogen auf das Südbaskenland und die dortigen spezifischen sprachlichen Gegebenheiten stimmte eine große Mehrheit zu, dass sich die baskische Sprache zwischen dem Dorf beziehungsweise der Stadt, in der der Befragte lebte und anderen Dörfern beziehungsweise Städten unterscheide; lediglich 4,6 Prozent meinten, dass das Baskische überall mehr oder weniger identisch sei. Während also mehr als 90 Prozent der Südbasken sprachliche Unterschiede erkannten, war es bei den Nordbasken rund ein Drittel weniger. Es ist daher anzunehmen, dass im Südbaskenland die Vielfalt an Varietäten in einem größeren Maße als im Nordbaskenland gegeben ist. Möglich ist aber auch, dass die Südbasken, mutmaßlich aufgrund höherer Kompetenzniveaus im Baskischen, eher in der Lage sind, die Varietäten zu erkennen. Bei einer im Fragebogen konstruierten Situation – ein Spaziergang in den Pyrenäen – gaben 57,3 Prozent an, dass es schon vorgekommen sei, eine Person getroffen und sprechen gehört zu haben, die ein anderes Baskisch spreche und man habe dieses der nordbaskischen Seite zuordnen können. 21,3 Prozent waren jedoch der Meinung, dass sie nicht wussten – obwohl sie das Baskisch gut verstanden hätten – woher diese Person stamme. Der eigene Ortsdialekt oder ein Dialekt, der nicht weit weg von dort, wo man wohnt, gesprochen wird, wurde wiederum von ungefähr einem Drittel erkannt. Es zeigt sich also, wie bei den Nordbasken auch, dass sprachliche Differenzierungen vor allem dann erkannt und zugeordnet werden können, wenn große räumliche Distanzen, also wie etwa zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland, aber auch sehr kleine, wie in der näheren Umgebung, vorliegen. Von 79,8 Prozent der Befragten wurde bei dieser Frage zudem bemerkt, dass das Baskische vor allem anhand der Betonung und des Akzents differenziert wird. Anhand des Gebrauchs bestimmter Worte erkennen 47,2 Prozent Unterschiede. Befinden sich die Südbasken im Nordbaskenland und unterhalten sich dort mit einem Nordbasken, wäre es nur für 9,3 Prozent der Befragten wichtig, in einem Gespräch oder in einer Diskussion dem Gesprächspartner deutlich zu machen, von der südbaskischen Seite des Baskenlands zu sein. Kommt es in der eigenen Region zu der Situation, dass man während eines auf Spanisch geführten Gesprächs bemerkt, dass der Gesprächspartner von der nordbaskischen Sei-

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te stammt und auch Baskisch spricht, würde sehr häufig ins Baskische gewechselt werden – dies gaben mehr als 80 Prozent an. Es lässt sich daraus schließen, dass sich die Südbasken sicher und wohl fühlen, wenn sie sich in vertrauter Umgebung, südlich der französisch-spanischen Grenze, befinden. Die räumliche Identifikation spielt offenbar eine große Rolle. Im Fragebogen wurden die Sprecher auch darum gebeten, einen Perspektivwechsel vorzunehmen und sich in einen Spanier von außerhalb des Baskenlands hineinzuversetzen. Drei Viertel der Befragten glaubten, dass ein solcher anhand des gesprochenen Spanisch bemerkt, dass man Baske sei. Im Gegensatz zum Nordbaskenland, wo fast die Hälfte der Befragten dies abstritt oder nicht genau wusste, verneinten im Südbaskenland nur 7,9 Prozent diese Frage und 16,9 Prozent wussten es nicht. Daraus kann geschlossen werden, dass sprachliche Charakteristika des Baskischen sich auf das Spanische auswirken und von den Sprechern auch erkannt werden. Dies war in der Gruppe der Nordbasken etwas anders: Hier wurden von fast der Hälfte der Befragten keine Interferenzen des Baskischen im Französischen konstatiert. Die Resultate aus der Analyse der geolinguistischen Prototypenklassifikation der südbaskischen Sprecher zeigen zusammenfassend, dass die Befragten ihre Sprache, das Baskische, nach außen abgrenzen können und die existierenden Varietäten des Baskischen erkennen und wiedererkennen können – das ist in einem stärkeren Maße als bei den Nordbasken der Fall.

7.2.2 Kontaktlinguistische Prototypenklassifikation 7.2.2.1 Sprachliches Wissen: Spanisch und Baskisch Die Ergebnisse der Fragen zu den konstruierten Alltagssituationen ergaben im Südbaskenland ebenfalls andere Tendenzen als im Nordbaskenland. Die Mehrheit der Befragten gab an, in diesen Situationen in der Regel das Baskische zu verwenden: 64 Prozent gebrauchen das Baskische, wenn sie mit sich selbst sprechen und nachdenken. Beim Bezahlen eines Einkaufs zählen 55,1 Prozent an der Kasse in Baskisch. Es ist mehrheitlich das Verständnis vorhanden, dass es «[…] indispensable hablar vasco por ser vasco» sei, wie ein Sprecher 19 formulierte. Die Analyse des technischen Wissens ergibt bei den Südbasken ein recht klares Ergebnis. Der größte Teil der Probanden gab bei Frage 76, die eine Selbsteinschätzung des Niveaus in den beiden Kontaktsprachen erbat, an, ein besse-

|| 19 Männlich, 22 Jahre alt, Student.

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res Niveau im Baskischen als im Spanischen zu besitzen (40,5 Prozent). Bei 31,0 Prozent ist es umgekehrt und 28,6 Prozent sind der Meinung, in beiden Sprachen das gleiche Niveau zu besitzen. In den Fragen 77 und 78 zur Kompetenz des Sprechens (siehe dazu folgende Grafiken) wird noch einmal präziser differenziert.

80,9 Prozent der Südbasken haben keine Probleme, im Spanischen über alle Themen zu sprechen. Für das Baskische wird dies mit fast identischem Wert von 80,7 Prozent angegeben. Nur bei den drei hinteren Kategorien («mit Problemen über alltägliche Themen zu sprechen», «einige Sätze und kurze Äußerungen» und «praktisch ohne aktive Kenntnisse») sind Unterschiede wahrzunehmen. Im Baskischen sind keine Sprecher ohne aktive Kenntnisse. Allerdings teilten einige Befragte mit, dass sie nur »einige Sätze und kurze Äußerungen» beherrschen oder «mit Problemen über alltägliche Themen» sprechen. Sobald Baskisch geschrieben werden soll, kommt es zudem zu größeren Schwierigkeiten, wie einzelne Sprecher 20 erläutern: «Nik bezala, jende askok euskera ulertzen du baina idazterakoan esaldiak nahasten ditu.» 21 Es zeigt sich, insbesondere unter

|| 20 Männlich, 26 Jahre alt, Automechaniker. 21 Übersetzung: Wie ich, verstehen viele Leute Baskisch, aber beim Schreiben bringen sie die Sätze durcheinander.

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Berücksichtigung dieser Aussage, dass die Verwendung des Baskischen in der mündlichen Kommunikation in jedem Fall flächendeckend gegeben scheint, jedoch im Schriftlichen eingeschränkt ist. Für das Spanische bemerkt ein Südbaske sogar, «praktisch ohne aktive Kenntnisse» zu sein; die Kategorie «einige Sätze und kurze Äußerungen» hat niemand gewählt. Bei der Kompetenz im Hörverstehen setzen sich die Tendenzen fort, auch wenn es wiederum kleine Unterschiede gibt (siehe Grafiken zu den Fragen 80 und 81).

100 Prozent würden im Spanischen «jede Konversation ohne Probleme» verstehen. Im Baskischen sind es immerhin 87,5 Prozent, die Kategorien «den Sinn einer Konversation ohne Details» (6,8 Prozent), «die Themen einer Konversation» (2,3 Prozent) sowie «fast nichts» (3,4 Prozent) sind daher nur von wenigen Sprechern genannt worden. Niemand meinte, im Baskischen nichts zu verstehen. Sowohl beim Sprechen als auch beim Hörverstehen/Verständnisvermögen fällt auf, dass im Vergleich zu den Nordbasken die sprachliche Kompetenz im Südbaskenland deutlich stärker zugunsten des Baskischen ausfällt. Dies geht jedoch nicht zulasten des Spanischen, für das die Kompetenz ebenfalls sehr hoch ist. Die Nordbasken besitzen im Französischen dagegen ein wesentlich höheres sprachliches Niveau als im Baskischen. Bezogen auf das Thema Zweisprachigkeit ist im Südbaskenland also eine qualitativ deutlich höhere bilingua-

146 | Kompetenz der Variation

le Kompetenz der Sprecher vorhanden. Die fundierten Sprachkenntnisse im Südbaskenland erklären sich zum Teil auch aus den Ergebnissen zur Frage, welche Sprache – wenn man sowohl Spanisch als auch Baskisch spricht – zuerst erlernt wurde. Mehr als die Hälfte, und zwar 53,7 Prozent haben zuerst Baskisch erlernt; nur 29,3 Prozent gaben das Spanische an. 17,1 Prozent teilten mit, sowohl Spanisch als auch Baskisch zur gleichen Zeit erlernt zu haben. Aus einer Umfrage von 1996 kann hier noch einmal ergänzend zitiert werden, dass 24,7 Prozent der Einwohner der CAV damals bilingual waren, 16,3 Prozent passiv zweisprachig und 58,5 Prozent ausschließlich hispanophon. Guipúzcoa war in dieser Umfrage die «baskischste» Provinz. Hier waren 43,2 Prozent der Befragten aktive bilinguale Sprecher (Urteaga 2004, 179). Bei der Frage, wer schlecht Spanisch spräche, ergibt sich folgendes Bild: Zu 32,6 Prozent erklärten die Befragten, dass dies vor allem Bauern seien. «Ältere Personen» folgten als von 20,2 Prozent der Befragten geäußerte Kategorie. Zur Erinnerung: Bei den Befragten aus dem Nordbaskenland wurden zuerst, und zwar zu 43,3 Prozent, «ältere Personen» als schlechte Französischsprecher angegeben. Nur jeweils von gut 1 Prozent wurde im Südbaskenland geäußert, dass Ärzte, Lehrer/Professoren und Beamte schlecht Spanisch sprächen. Die meisten befragten Südbasken – wie auch bei den Nordbasken – äußerten, dass vor allem ältere Personen (33,7 Prozent) und Bauern (32,6 Prozent) gut Baskisch sprechen. Es folgten mit 27 Prozent die Gruppe der Lehrer/Professoren und mit 23,6 Prozent Jugendliche. Anwälte, Ärzte und Beamte wurden nur von wenigen Befragten als gute Baskischsprecher benannt. Anwälte wurden von 21,3 Prozent der Befragten, Ärzte von 20,2 Prozent und Beamte von 19,1 Prozent als schlechte Baskischsprecher wahrgenommen. Auch die Kategorie «Jugendliche» wurde immerhin von 13,5 Prozent gewählt, wobei gleichzeitig 23,6 Prozent der Südbasken davon ausgingen, dass Jugendliche gut Baskisch sprächen. Das Ergebnis bezogen auf diese Gruppe ist also ambivalent. Von mehr als 22 Prozent der Befragten wurde genannt, dass es nicht von der sozialen Schicht abhängig wäre, wer gut oder schlecht Baskisch spräche. Vier Fünftel der Befragten meinten jedoch, dass ein schlechtes Baskisch meist dem Einfluss des Spanischen auf das Baskische geschuldet sei. Andererseits glaubten nur 48,8 Prozent, dass ein schlechtes Spanisch von einem Einfluss des Baskischen abhängig sei. Wenn jedoch die Südbasken schlecht Baskisch sprechen, lag es nach Meinung vieler Befragten daran, dass sie zu oft Spanisch sprächen, aber auch weil sie auf Spanisch denken und weil sie zuerst Spanisch gelernt haben (siehe Grafik zur Frage 161).

Südbasken | 147

In der qualitativen Analyse zeigt sich zudem, dass die Südbasken, wie auch die Nordbasken, häufig auf fehlende Unterstützung verweisen, so zum Beispiel eine südbaskische Sprecherin 22: «Por los problemas que pone el Gobierno español, para hablar, y unir en euskera.»

7.2.2.2 Zur Kontinuität des sprachlichen Wissens im Baskischen Die Ursachen für die Resultate der Südbasken im Bereich des technischen Wissens, insbesondere für die im Vergleich zu den Nordbasken höhere Kompetenz im Baskischen, sollen nun in einem ersten Schritt analysiert werden. Ein wesentlicher Punkt für das höhere sprachliche Niveau im Baskischen ergibt sich daraus, dass die Weitergabe des Baskischen im Südbaskenland von Sprechergeneration zu Sprechergeneration aktuell gut funktioniert. Auch wenn es Sprecher gab, die feststellten, dass die Sprache nicht genug verwendet werde («Jendeak ez du hitz egiten.» 23), sind die prozentualen Anteile insgesamt vergleichsweise beeindruckend. Für die Verwendung des Baskischen zwischen der Großeltern- und der Enkelgeneration liegt der Wert zwischen 50 und 60 Prozent, abhängig von den Großeltern mütterlicherseits oder väterlicherseits. Auch die Kommunikation zwischen Großeltern und ihren Kindern, also der Elterngeneration, erreicht Werte zwischen 44 und 54 Prozent. Innerhalb der Elterngeneration wird zu 44,9 Prozent miteinander Baskisch gesprochen; die Prozentzahl der Verwendung des Baskischen zwischen Eltern- und Kindergeneration liegt sogar bei 61,8 Prozent. 62,9 Prozent gaben an, dass innerhalb der Familie insgesamt Baskisch gesprochen werde. Von 96,6 Prozent wurde geäußert, dass die jungen Leute die baskische Sprache sprechen und verstehen können sollten. Ein Sprecher 24 betonte dies ex-

|| 22 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin. 23 Weiblich, 43 Jahre alt, Hausfrau. Übersetzung: Die Leute sprechen (es) nicht. 24 Männlich, 26 Jahre alt, Automechaniker.

148 | Kompetenz der Variation

plizit: «Txikitatik euskera erabiltzea eta ikastea.» 25 95,4 Prozent gaben dies auch für das Spanische an. Die Weitergabe des Baskischen an Kinder und Jugendliche wurde vor allem damit begründet, dass es sich beim Baskischen um «unsere Sprache» handle. Sie gehöre zur baskischen Kultur sowie zur baskischen Identität «[p]orque es una parte de nuestra raíz». 26 Zudem sei es wichtig und interessant, mehrere Sprachen zu sprechen. Aber auch für den Spracherhalt des Baskischen sei dies von enormer Bedeutung. Die Weitergabe müsse unter anderem das Ziel haben, dass die baskische Sprache nicht verloren gehe. Vereinzelt wurde gesagt, dass es für die Kommunikation von Bedeutung sei und weil die Sprache wichtig sei, um Erfolg in der Schule und im Beruf zu haben. Auch wenn es Sprecher gab, die der Meinung waren, dass Baskisch auf der Arbeit mehr benutzt werden müsste, wird auch erwähnt, dass das Baskische für das Arbeitsleben relevant sei, da es Arbeitsstellen gebe, wo man Baskisch sprechen müsse – exemplarisch dafür die Aussage: «Lanbide batzuetarako euskarako titulua izatea derrigorrezkoa da, adibidez.» 27 Im Südbaskenland wird von den Sprechern erkannt, dass das sprachliche Wissen im Baskischen in jedem Fall von großem Nutzen sein kann, wie auch exemplarisch ein Sprecher erklärt: «Cada día abre más puertas al que lo sabe.» 28

7.2.2.3 Metasprachliches Wissen: Spanisch und Baskisch Zunächst soll nun auch bei den Südbasken die persönliche Einstellung zur Frage, ob sich der Befragte als Spanier, als Baske und als Südbaske fühlt, analysiert werden. Wie in Kapitel 5 erläutert, zeigt sich in der Einstellung und Haltung des Sprechers zur Sprache auch die Identität. Im Gegensatz zu den Nordbasken, die zu 67,9 Prozent erklärten, sich als Franzose zu fühlen, bejahten lediglich 10,7 Prozent der Südbasken die Frage, ob sie sich als Spanier fühlen. Wer dies im Fragebogen ankreuzte, begründete es vor allem damit, nun einmal auf spanischem Staatsgebiet zu leben. Fast 90 Prozent beantworteten die Frage jedoch mit «Nein», und zwar mit der Begründung, dass man Baske sei und daher kein Spanier. Zudem wurde von den Befragten häufig angemerkt, sich der spanischen Nation nicht zugehörig zu fühlen und dass Spanien einfach nicht das eigene Land sei: «No comparto sus ideas ni sien-

|| 25 Übersetzung: Das Baskisch lernen und Baskisch sprechen von klein auf. 26 Männlich, 22 Jahre alt, Student. 27 Weiblich, 21 Jahre alt, Studentin. Übersetzung: Für einige Arbeitsstellen, es ist zum Beispiel verpflichtend ein Zertifikat für das Baskische zu haben. 28 Männlich, 56 Jahre alt, Lehrer.

Südbasken | 149

to España como mi nación.» 29 Mit den Nordbasken teilten die südbaskischen Befragten, dass sie sich zu 100 Prozent als Basken fühlen. Hauptgrund (von 38,2 Prozent der Befragten genannt) ist auch hier, dass dies die eigene Kultur und die eigenen Wurzeln bedingen. Zudem lebe man im Baskenland und sei auch dort geboren. Von 11,2 Prozent wurde der Grund angeführt, dass man Baskisch spreche: «Euskera delako euskaldun egiten.» 30 Bei der Frage, ob man sich auch als Südbaske fühle, ergab sich im Vergleich zu den Nordbasken nur ein leichter Unterschied. Während im Nordbaskenland die entsprechende Frage von 60,8 Prozent verneint wurde, waren dies im Südbaskenland 56,5 Prozent. Statt 39,2 bestätigten 43,5 Prozent die Aussage der Frage. Als Hauptgrund wurde bei den Südbasken vor allem aufgezählt, dass man im Südbaskenland lebe (von 19,1 Prozent) sowie im Südbaskenland geboren sei und die Familie südbaskisch sei. Die regionale Identifikation mit dem Teilgebiet des Baskenlands ist also etwas größer als auf französischer Seite, wobei der Unterschied als statistisch nicht relevant gelten dürfte. Bei jenen, die sich nicht als Südbaske fühlten, wurde als Grund dafür angeführt, dass man sich als Baske – ohne Unterschied zwischen Nord und Süd – fühle und keine Unterschiede zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland mache. Auch einzelne Sprecheraussagen spiegeln die verschiedenen Positionen wider. Während es Sprecher gab, die keine Unterschiede machten («No hago distinciones entre unos y otros.» 31), führten andere Sprecher geografische Fakten («Porque Bizkaia está al sur del país Vasco» 32), aber auch die Rolle der – fehlenden – gemeinsamen Identität («No me identifico con los franceses, aunque sean vascos.» 33), an. Sowohl bei den Nord- als auch bei den Südbasken ist also keine einheitliche Auffassung vorhanden, ob es eigene Identitäten als Nordbaske und als Südbaske gibt, vereinzelt wurde aber die These, dass es zwei baskische Identitäten gibt, explizit bestätigt. Auffällig ist, dass die befragten Südbasken zu 98,8 Prozent die baskische Sprache mögen, die spanische Sprache aber nur zu 60,3 Prozent. Auch wenn immerhin über die Hälfte die spanische Sprache mag, ist der Unterschied zum Nordbaskenland, wo fast 95 Prozent das Französische als Sprache mögen, deutlich. Die Basken in Spanien distanzierten sich vergleichsweise stärker von der Sprache des Nationalstaats. Nur 32,8 Prozent erklärten bei Frage 89, dass die || 29 Männlich, 40 Jahre alt, Sekretär. 30 25 Jahre alt, Student. Übersetzung: Baskisch macht uns zu Basken. 31 Männlich, 40 Jahre alt, Sekretär. 32 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin. 33 Weiblich, 39 Jahre alt, Lehrerin.

150 | Kompetenz der Variation

spanische Sprache eine bestimmte Atmosphäre schaffe; 67,2 Prozent verneinten dies. Auf die Bitte im Questionnaire, die Atmosphäre des Spanischen mit Adjektiven zu beschreiben, erklärten die Befragten mehrheitlich, dass Spanisch eine kalte und abgrenzende Atmosphäre schaffe. Ein Befragter gab gar zu Protokoll, dass das Spanische eine ernste und bedrückende Atmosphäre schaffe. Bezogen auf die baskische Sprache waren 75,3 Prozent der Südbasken der Meinung, dass sie eine bestimmte Atmosphäre schaffe. Das Baskische wurde stärker mit positiven Adjektiven verbunden: Die Sprache schaffe eine familiäre/vertrauensvolle Atmosphäre und eine, in der man sich heimisch fühle. Zudem sei es eine freundliche und eine gemeinschaftliche Atmosphäre, die eine Verbundenheit der Basken untereinander zeige. Keiner der Befragten meinte, dass die baskische Sprache eine kalte Atmosphäre schaffe. Das Spanische wurde von der Mehrheit der Befragten als eine reiche, schöne, intellektuelle, aber auch ernste und präzise Sprache gesehen. Doch sie wurde zum Teil auch als vulgäre und hässliche Sprache wahrgenommen. Vereinzelt wurde angeführt, dass es sich um die «Sprache der Lehrer» handle und sie befremdend sei. Beschreibungen wie «ländlich/rustikal», «lächerlich» oder «altmodisch» wurden bei der Frage nach der Charakterisierung der Sprache nicht vergeben. Während beim Spanischen 44,9 Prozent der Meinung waren, es sei eine reiche Sprache, gaben dies beim Baskischen mehr Befragte an, und zwar 65,2 Prozent. Zudem sei Baskisch eine sehr schöne Sprache – dies äußerten 69,7 Prozent. Die Kategorie «hässlich» oder «altmodisch» wurde nie angegeben. 24,7 Prozent hielten sie aber für «ländlich/rustikal», dies wurde für das Spanische nie erklärt. Das Baskische sei auch eine ernste, präzise wie auch moderne Sprache. Ein Baske, der mehr Spanisch als Baskisch spricht, wirkte auf die Befragten vor allem fremd in seiner Stadt oder seinem Dorf, ignorant, kalt und vulgär (siehe Grafik zur Frage 121). Die Charakterisierung fällt damit insgesamt negativer aus als bei den Nordbasken.

Südbasken | 151

Im Gegensatz dazu wurde ein Baske, der mehr Baskisch als Spanisch spricht, mehrheitlich, und zwar von 61,8 Prozent, als jemand gesehen, der seinem Land/Dorf/seiner Stadt verhaftet ist. Zudem wurde er als sympathisch, respektabel, nobel und gebildet charakterisiert (siehe Grafik zur Frage 122). Wie beim Spanischen wurde auch vereinzelt angeben, dass jener, der mehr Baskisch als Spanisch spricht, vulgär, ländlich/rustikal, ignorant, eingebildet, arrogant und kalt sei. Die Sprecher vermerkten mehrfach, dass es allgemein wichtig sei, mehrere Sprachen zu sprechen, etwa wie folgt: «Pero debería saber otros idiomas,

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cuando sale del País vasco. El que sabe Euskera, normalmente sabe castellano.» 34 Bei der Frage, ob es nützlich sei, Spanisch und Baskisch im alltäglichen Leben sprechen zu können, zeigte sich erneut eine eindeutige Tendenz:

61,8 Prozent empfanden es als unerlässlich, im alltäglichen Leben Spanisch sprechen zu können, nur 34,8 Prozent empfanden das Baskische als unerlässlich für den Alltag. Als Hauptgrund für die vorrangige Stellung des Spanischen wurde von 29,2 Prozent der Befragten genannt, dass die spanische Sprache die offizielle Sprache sei und nicht viele Menschen Baskisch verstünden. Spanisch sei für die Alltagskommunikation wichtig, denn die Sprache sei in der Gesellschaft verankert, wie auch ein Sprecher 35 explizit erklärte: «Porque así está impuesta en la sociedad.» Außerdem sprechen alle diese Sprache und sie sei wichtig, um Erfolg in der Schule oder im Beruf zu haben. Beim Baskischen wurde die «Nützlichkeit», das heißt die Kategorie, die der höchsten, «unerlässlich», folgt, am häufigsten genannt (61,8 Prozent). Beim Spanischen wählten diese Kategorie 37,1 Prozent der Befragten. Als Grund für die Nützlichkeit wurde häufig angeführt, dass Baskisch «unsere Sprache» sei, auf der sich die Nation gründe. Dennoch wurde von einzelnen Sprechern expli-

|| 34 Männlich, 55 Jahre alt, Verwaltungsangestellter. 35 Männlich, 22 Jahre alt, Student.

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zit betont, dass es nicht zwingend notwendig sei, Baskisch zu beherrschen, um sich als Baske zu fühlen: «[P]orque no es necesario saber vasco para sentirse vasco». 36 Das Beherrschen des Baskischen sei aber andererseits auch wichtig, um Erfolg in der Schule oder im Beruf zu haben. Zudem sei Baskisch einfach nützlich, um zu kommunizieren. Es sei auch für den Spracherhalt des Baskischen wichtig, denn nur, wenn Baskisch gesprochen werde, werde es bewahrt, wie ein Sprecher 37 erklärte: «Hemengoak erabiltzea; hizkuntza bat ez delako galtzen ez dakitenek ikasten ez dutelako baizik dakitenek erabiltzen ez dutelako.» 38 Ein weiterer Grund für die Nützlichkeit der Beherrschung des Baskischen sei, dass im Baskenland viele Baskisch verstünden und man eben dort lebe. Wie auch bei den Nordbasken wurde vereinzelt angegeben, dass man in Baskisch über geheime/diskrete Dinge sprechen könne. Nur 3,4 Prozent waren der Meinung, dass es nicht sehr nützlich sei, Baskisch sprechen zu können – dies wurde beim Spanischen von niemandem genannt. Jedoch wird die unterste Kategorie, «schädlich», beim Spanischen von einem Befragten angegeben. Niemand sah es dagegen für das alltägliche Leben als schädlich an, Baskisch zu beherrschen. Bei der Frage «Was denken Sie von jemandem, der nur Baskisch spricht?» antwortete ein Drittel der Befragten im Südbaskenland, dies gut zu finden (siehe Grafik zur Frage 110).

|| 36 Männlich, 55 Jahre alt, Verwaltungsangestellter. 37 Männlich, 21 Jahre alt, Student. 38 Übersetzung: Die Basken von hier müssen die Sprache anwenden, denn eine Sprache verschwindet nicht, weil die Leute, die sie nicht nicht können, sie nicht lernen, sondern weil Leute, die die Sprache können, sie nicht verwenden.

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Der Sprecher sei mit dem Baskenland, den baskischen Traditionen sowie mit den Basken selbst stark verhaftet, glaubten knapp 8 Prozent. 10,1 Prozent waren jedoch der Meinung, dass dieser Sprecher nicht alle Möglichkeiten haben würde und 3,4 Prozent sagten, dass er Spanisch lernen sollte. Wenn – umgekehrt – jemand, der Baskisch sprechen kann, nur Spanisch spreche, wurde mehrheitlich nichts Spezielles darüber gedacht. 9 Prozent empfanden es jedoch als schade sowie knapp 8 Prozent als schlimm und traurig (siehe Grafik zur Frage 108).

Dieser Mensch fühle sich stark mit den spanischen Traditionen und den spanischen Landsleuten verbunden, wurde von Einzelnen gemutmaßt. Vereinzelte bemerkten, dass ihrer Ansicht nach jemand, der nur Spanisch spricht, obwohl er Baskisch beherrscht, nicht alle Möglichkeiten habe. Als im Fragebogen danach gefragt wurde, ob man im Baskischen alles ausdrücken könne, wurde dies von über 90 Prozent der Befragten bestätigt. Für die spanische Sprache wurde dies von fast 86 Prozent angegeben, doch zeigt sich, dass das Baskische im Südbaskenland einen großen Stellenwert hat – noch einmal zur Erinnerung: Die Reihenfolge entspricht auch jener im Nordbaskenland (87,3 Prozent für das Baskische und 86,7 Prozent für das Französische). Diese Tendenz wird auch noch einmal bei jener Frage erkennbar, die klärt, ob es bestimmte Dinge gibt, die man leichter im Spanischen als im Baskischen ausdrücken kann. Nur 41,9 Prozent waren dieser Meinung, 58,1 verneinten die Frage – im Nordbaskenland bejahten dagegen diese Frage 51 Prozent bezogen auf das Französische. Die meisten befragten Südbasken erläuterten, dass es sich

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vor allem um Wörter aus den Bereichen Technik und Naturwissenschaften wie auch der Mathematik handle. Es ginge vor allem um Begriffe der modernen Technik. Aber auch wissenschaftliche Termini unter anderem in der Psychologie, Philosophie und Politik sowie Begriffe zur genauen Bezeichnung von Baum- oder Vogelarten seien im Spanischen leichter auszudrücken. Oft wurden auch Beleidigungen, Beschuldigungen, Schimpfworte und vulgäre Ausdrücke genannt, die im Baskischen nicht so modern seien. Beim Baskischen waren sich die Südbasken nicht ganz sicher, ob es bestimmte Dinge gäbe, die man leichter im Baskischen als im Spanischen ausdrücken könne. 45,9 Prozent bejahten die Frage, der Rest verneinte – im Nordbaskenland wurde dieser Frage überraschenderweise (unter Berücksichtigung der Ergebnisse des technischen Wissens) häufiger zugestimmt, und zwar von 51,1 Prozent. Dinge, die leichter im Baskischen auszudrücken seien, beziehen sich im Südbaskenland vor allem auf den Themenbereich der Liebe. Mehrheitlich wurde erläutert, dass man Gefühle, Herzensangelegenheiten, aber auch Beleidigungen und Familienangelegenheiten sowie gute und schlechte Nachrichten leichter im Baskischen als im Spanischen ausdrücken könne. Außerdem wurden, wie im Nordbaskenland, einfache und kurze Worte wie «Guten Tag», «Danke», «Bitte» genannt. Wie auch im Spanischen werden darüber hinaus feststehende Ausdrücke, Sprichwörter und Lieder erwähnt. Vereinzelt wurde auch das spezielle Vokabular auf dem Land und aus dem Bereich der Landwirtschaft genannt. Der Analyse der «Kompetenz der Variation» der Südbasken ist als Ergebnis zu entnehmen, dass die Sprecher eine größere Verbundenheit mit der baskischen Sprache empfinden. Das Baskische besitzt zudem ein enormes Prestige, da es beispielsweise in der Schule und im Beruf von Bedeutung ist. Im Vergleich zu den Nordbasken schätzen die Südbasken das eigene sprachliche Wissen bezogen auf das Baskische insgesamt höher ein. Auch wird deutlich, dass die Notwendigkeit, Baskisch zu sprechen, in einem stärkeren Maße als im Nordbaskenland gesehen wird – nicht nur, um sich als Baske zu fühlen, sondern auch, um zur Gemeinschaft zu gehören.

8 Pragmatik der Variation Die zweite Beschreibungsebene in Stehls funktionaler Analyse der sprachlichen Variation ist die «Pragmatik der Variation», welche nun im Folgenden im Zentrum der Analyse stehen soll. In diesem Kontext wird der variierende Sprachgebrauch in der Redetätigkeit der zweisprachigen Sprecher untersucht. Es soll geklärt werden, welche Motive den Sprecher dazu bewegen, in einer konkreten Kommunikationssituation entweder das Französische beziehungsweise das Spanische oder das Baskische abzurufen. Es geht folglich um die kommunikativen Praktiken, welche in der Sprachgemeinschaft gebräuchlich und verankert sind; oder wie es Fishman kurz fasst: Who speaks what language to whom and when? (cf. Fishman 1965). In diesem Kapitel werden sowohl diaphasische als auch diastratische Determinanten untersucht: Unter anderem wird analysiert, welcher Gesprächspartner, welche Thematik und welche konkrete Situation den Sprecher dazu bewegen, die National- oder die Regionalsprache konkret zu realisieren. Untersuchungsschwerpunkte bilden aber auch das Alter und das Geschlecht der Probanden, um zu erläutern, ob und inwiefern die beiden Determinanten die Selektion einer Varietät beeinflussen. Anhand ausgewählter Aspekte werden in diesem Kapitel die individuellen Verwendungsmotive der Sprecher für eine der Kontaktsprachen analysiert und wiederum die Unterschiede zwischen den nord- und den südbaskischen Sprechern untersucht.

8.1 Nordbasken Es klingt trivial, aber es sei darauf hingewiesen, dass die Stellung des Baskischen im Alltag stark davon abhängig ist, ob und wie die Sprecher die Sprache verwenden. Aufschlussreich ist entsprechend, dass 74,6 Prozent der Befragten im Nordbaskenland ein sich beschleunigendes Verschwinden des Baskischen bemerken. Als allgemeines Problem wurde gesehen, dass die Dominanz des Französischen im Alltag hoch ist, wie ein Sprecher exemplarisch erklärte: «Tout est français dans mon quotidien.» 1 50 Prozent der Befragten nahmen das Verhältnis zwischen dem Französischen und dem Baskischen als sich ergänzend wahr, jedoch immerhin 43,3 Prozent als konkurrierend. Ebenfalls problematisch ist, dass der Verlust und die allmähliche Aufgabe des Baskischen sich

|| 1 Männlich, 19 Jahre alt.

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wiederum verstärkend auf die pragmatische Verwendung des Baskischen auswirkt: 48,3 Prozent der Befragten gaben an, dass der Gebrauch des Baskischen abnimmt; 16,7 Prozent waren der Meinung, dass sich das Baskische verändert und 6,7 Prozent meinten sogar, dass es aufgegeben werde. Dennoch gab es auch einen Anteil, und zwar 28,3 Prozent der Befragten, die der Meinung waren, dass sich das Baskische erhält; 13,3 Prozent gingen sogar davon aus, dass es sich derzeit ausbreitet.

8.1.1 Selektive Sprachverwendung 8.1.1.1 Die Variablen «Ort», «Situation» und «Thema» In der Umfrage hat sich bestätigt, dass der Ort und die Situation die Wahl des Französischen oder des Baskischen entscheidend beeinflusst (siehe Grafiken zu den Fragen 136 und 137).

In der Bar (66,7 Prozent gegenüber 15,0 Prozent) und mit Freunden (75,0 Prozent gegenüber 40,0 Prozent) wird wesentlich häufiger Baskisch verwendet als Französisch. Im Gegensatz dazu wird das Französische wesentlich häufiger bei offiziellen und öffentlichen Angelegenheiten, wie bei der Arbeit (50,0 Prozent gegenüber 30,0 Prozent) oder im Geschäft (70,0 Prozent gegenüber 13,3 Pro-

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zent) gebraucht als das Baskische. Einzelne Aussagen von Sprechern stützen diese quantitativen Ergebnisse: «La langue officielle dans les administrations est le français.» 2, «Il y a un décalage immense entre la présence de chacune des langues dans le paysage à chaque instant, le français est la langue dominante.» 3 oder «Le Français, c’est la langue de l’administration et des études.» 4 Die Ergebnisse decken sich weitgehend mit den Erkenntnissen bisheriger Studien: Rolssenn fand in ihrer Untersuchung etwa heraus, dass vor allem die «baskischen Feste […] im besonderen Maße zum Baskischsprechen […] stimulieren» (Rolssenn 1985, 124). Französisch war auch in der Untersuchung von Urteaga die Sprache, die den formalen Bereich des Alltags dominiert. Beim Vorsprechen in der öffentlichen Verwaltung verwendeten nur 31 Prozent der Baskophonen Baskisch, 20 Prozent in der Bank, 20 Prozent mit den Lehrern ihrer Kinder und 9 Prozent mit dem Personal des Gesundheitssystems. Jeweils der weit größere Anteil nutzte das Französische (Urteaga 2004, 33). Zurück zur vorliegenden aktuellen Untersuchung: Auch bei den Fragen zur Themenwahl werden Präferenzen für das Französische respektive das Baskische offensichtlich (siehe Grafiken zu den Fragen 138 und 139). Die Unterschiede sind jedoch insgesamt geringer als bei der Variable «Ort».

|| 2 Männlich, 24 Jahre alt, Techniker. 3 Weiblich, Studentin. 4 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin.

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Es zeigt sich im Vergleich, dass in Baskisch etwas häufiger als in Französisch über die Familie (45,0 Prozent gegenüber 38,3 Prozent) und über die regionale Politik (40,0 Prozent gegenüber 38,3 Prozent) gesprochen wird – dies sind die beiden einzigen Bereiche, in denen Baskisch vor dem Französischen rangiert. Bei Themen der nationalen Politik wird wesentlich häufiger Französisch als Baskisch gebraucht: Die Hälfte der Befragten nutzt hierfür das Französische, nur 13,3 Prozent das Baskische. Auch bei anderen Themen wird das Französische dem Baskischen vorgezogen; während für die Themen «Haus», «Feld und Haustiere» jeweils eine geringe Differenz zu verzeichnen war, ist der Unterschied beim Thema «Sport» signifikant: 38,3 Prozent gaben an, vorwiegend Französisch zu nutzen, nur 23,3 Prozent das Baskische. Einschränkend ist aber anzumerken, dass die Kategorie «Sport» vermutlich eine zu allgemeine Antwortvorgabe war – Unterschiede zwischen regionalspezifischen Sportarten wie Pelota 5 oder nationalen Sportarten wie Fußball konnten dadurch nicht untersucht werden. Im Hinblick auf das Untersuchungsziel wurde auch ganz konkret danach gefragt, ob es bestimmte Situationen und Themen gibt, in denen man die unterschiedlichen Regionen thematisiert, also entweder vom Nord- oder vom Südbaskenland spreche: 52,4 Prozent der Nordbasken gaben an, dass es Situationen

|| 5 Auch Haritschelhar (1983, 17) erläuterte, dass diese Sportart unter den Basken eine starke Verbindung darstellt.

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gibt, in denen man vom baskischen Volk allgemein spricht. Gleichwohl bestätigten jeweils gut 60,0 Prozent, dass sie auch Situationen kennen, in denen man von der eigenen oder von der anderen baskischen Seite spricht. Konkretere Angaben oder Präzisierungen erfolgten an dieser Stelle zwar nicht, jedoch zeigen bereits diese Ergebnisse, dass die Sprecher mit der Teilung in Nord- und Südbaskenland im alltäglichen Leben konfrontiert werden. Auch bei der Themenwahl bestätigen sich diese Tendenzen. 76,9 Prozent bestätigten, dass Themen existieren, bei denen allgemein über das baskische Volk gesprochen werde. Über 50 Prozent stimmten jeweils zu, dass es auch spezielle Themen gebe, bei denen über die eigene oder die andere Seite gesprochen werde. Schließlich ist noch anzuführen, dass 67,8 Prozent der Befragten erklärten, dass sie noch nie in der Situation waren, dass es ihnen unangenehm gewesen sei, Baskisch gesprochen zu haben und entsprechend den Impuls verspürt zu haben, es wäre besser, ins Französische zu wechseln.

8.1.1.2 Die Variable «Gesprächspartner» Mit den Fragen 60 bis 71 wurde untersucht, mit wem der Proband jeweils Baskisch und Französisch spricht: Es zeigt sich dabei, dass in der Familie beide Sprachen gesprochen werden. Unterschiede bestanden insofern, dass Baskisch häufiger mit Älteren, also vor allem mit den Großeltern, verwendet wird. Französisch wird in der Regel mit der Elterngeneration gebraucht. Auch mit dem Lebenspartner oder dem Ehemann/der Ehefrau werde vorwiegend Französisch gesprochen. Insgesamt wurde eine Präferenz für das Französische vor allem damit begründet, dass es Gewohnheit sei (35,0 Prozent), die Sprache zu verwenden beziehungsweise weil die Gesprächspartner nicht Baskisch sprächen und nur Französisch verstehen (36,7 Prozent). Der Vorzug des Baskischen wurde ebenfalls damit erklärt, dass es Gewohnheit sei, Baskisch zu verwenden (40,0 Prozent), aber auch weil die Gesprächspartner Baskisch verstehen und sprechen (26,7 Prozent) und weil sie Basken seien (11,7 Prozent). Inhaltlich erfolgten demnach für die gegensätzlichen Gebrauchsentscheidungen ähnliche Begründungen. Des Weiteren wurden für die Verwendung des Baskischen erläutert, dass es Spaß mache, Baskisch zu sprechen, und dass man die Sprache nicht verlieren sowie aufgeben möchte. Vereinzelt wurde sogar angemerkt, Gesprächspartnern die Sprache durch die konkrete Anwendung besser beibringen zu wollen. Hieran wird gleichzeitig ein gewisser Stolz, Baskisch zu sprechen, erkennbar. Schließlich wird deutlich, dass die Sprecher Baskisch vor allem dann sprechen, wenn sie den Gesprächspartner seit Langem kennen und sich mit ihm

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besonders verbunden fühlen. So erklärte eine Sprecherin 6: «Avec une amie d’enfance – depuis que nous nous connaissons, nous nous parlons en basque.» Dieselbe Sprecherin ergänzte: «Avec mon grand-père paternel mais la liste est plus longue (dans la famille) – cela crée un lien particulier de parler en basque.» Dies wird auch von einer anderen Sprecherin 7 versichert, jedoch fällt bei ihr zusätzlich auf, dass auch das Beherrschen einer spezifischen Varietät väterlicherseits und demnach die Zugehörigkeit zu einer spezifischen Sprechergemeinschaft Einfluss auf die Wahl der jeweiligen Varietät nehmen kann: «Je ne sais pas vraiment. Ça a toujours été comme ça. Je n’aime pas le dialecte de ma famille côté paternel. Je ne me sens pas assez proche d’eux pour parler basque.» Aufschlussreich war auch die Analyse, mit wem außerhalb der Familie Französisch und mit wem Baskisch gesprochen wird. Französisch wird im Allgemeinen mit Menschen gesprochen, die Französisch sprechen und Baskisch nicht verstehen, aber auch generell beim alltäglichen Kontakt, also beim Einkaufen, im Kino, auf der Arbeit und in offiziellen Angelegenheiten, etwa in der Verwaltung. Von drei Fünftel der Befragten wurde der einfache Grund angeführt, dass die Gesprächspartner Baskisch nicht verstehen und es eben auch Gewohnheit sei, außerhalb der Familie Französisch zu verwenden. Baskisch werde dagegen häufig mit Freunden, die die Sprache verstehen, gebraucht. Angeführt wurden aber auch: auf der Arbeit, beim Einkaufen, im Kino. Auffallend war hierbei, dass mehr Befragte angegeben haben, mit den Nachbarn Baskisch zu sprechen als Französisch. Dadurch wird noch einmal bestätigt, dass das Baskische dann verwendet wird, wenn sich die Gesprächspartner nahe stehen. Vereinzelt wurde auch angeführt, dass man Baskisch spreche, um es zu lernen und anzuwenden, aber auch weil es die Sprache des eigenen Volkes sei und weil die Gesprächspartner Basken seien. Die Umfrage von 1996 hatte annähernd die gleichen Ergebnisse: In den vergangenen 15 Jahren haben sich demnach kaum Änderungen vollzogen: Baskisch spreche man erstens in der Familie und mit dem näheren sozialen Umfeld, wie Freunden, Arbeitskollegen oder Händlern, bei denen man häufig einkauft, war das damalige Ergebnis (Urteaga 2004, 32). Auch Rolssenn hatte in ihrer Studie in Erfahrung gebracht, dass die Familie für den Spracherhalt ein wichtiges Kriterium darstellt. So erklärte eine 48-jährige Bäuerin damals: «La première ikastola, c’est la famille. Ca sert à rien, si dans la famille on ne parle que français» (Rolssenn 1985, 154).

|| 6 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin. 7 Weiblich, 30 Jahre alt.

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8.1.2 Die Rezeption baskischer Medien und das Baskische in der Schule Mehr als vier Fünftel (81,4 Prozent) der Befragten im Nordbaskenland erklärten, Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch zu rezipieren. Bei der Frage nach der Dauer zeigt sich ein für das Baskische – unerwartet – positives Bild: Wenn auch insgesamt 40 Prozent angaben, lediglich eine Stunde pro Woche (25 Prozent) oder mehr als 3 Stunden pro Woche (15 Prozent) Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch zu nutzen, nehmen immerhin mehr als ein Drittel jeden Tag mindestens ein bis zwei Stunden das Angebot der Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch wahr. Bei der Frage, mit wem die Medien rezipiert werden, wurde – erwartungsgemäß – vorwiegend die Familie genannt: Am häufigsten wurde der Vater, danach die Mutter, die Geschwister und Freunde schließlich zu gleichen Anteilen angekreuzt. Von den Befragten werden mehrheitlich Nachrichten gesehen beziehungsweise gehört, erst weit danach folgen die Themen Musik und Sport. Bei den Fragen zur Schulsituation waren alle Befragten der Meinung, dass Baskisch an der Schule unterrichtet werden sollte, damit es nicht verloren geht. Als Beleg hierzu folgende Sprecheraussage: «Dès qu’on va à l’école française qui est sans enseignement de basque, on perd le basque.» 8 Fast die Hälfte der Befragten im Nordbaskenland (48,3 Prozent) hatte selbst nicht die Möglichkeit, Baskisch an der Schule zu lernen. 27,3 Prozent der Befragten genossen dagegen ihren ganzen Unterricht auf Baskisch. 16,4 Prozent hatten fakultativen Unterricht und 12,7 Prozent obligatorischen Unterricht mit 3 Wochenstunden; 3,6 Prozent mit einer Wochenstunde. Im direkten Vergleich mit der südbaskischen Situation erkennen die Nordbasken den Unterschied zwischen beiden Territorien, wie eine jüngere Sprecherin erklärte: «Je pense qu’il (le basque du nord) est en moins bonne situation que le basque du sud qui dispose d’un gouvernement. Là bas, tous les enfants apprennent le basque à l’école. C’est loin d´être le cas chez nous, mais les enfants ayant le choix d’aller dans des ikastola sont une minorité. De plus, c’est un choix à faire pour les parents car la scolarité en basque est plus chère car elle n’est pas aidée par l’Etat. Des progrès restent donc à accomplir [...].» 9 Dennoch wird die Weitergabe des Baskischen im Nordbaskenland inzwischen wieder stärker gefördert. Das Baskische findet heutzutage in den Schulen mehr Anwendung – dies hängt auch damit zusammen, dass das Baskische offenbar für den beruflichen Werdegang heute (wieder) eine größere Rolle spielt:

|| 8 Weiblich, 42 Jahre alt. 9 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin (Fach Geschichte).

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«Ça dépend des milieux, des métiers. Souvent les gens qui ne le connaissent pas ont été dans une situation où ils regrettaient de ne pas le connaitre.» 10 oder «Certaines portes ne s’ouvriront qu’après usage de la langue basque.» 11 Die Nordbasken begreifen ihre Situation im Vergleich zu jener der Südbasken sehr genau: Sie erkennen, dass Baskisch gerade im Südbaskenland für den Beruf notwendig sein kann, wie eine Sprecherin 12 erklärte: «Leur situation est meilleure que la nôtre. La langue n’est plus en danger, tout est fait pour préserver la culture. Mais malheureusement j’entends trop peu souvent les gens parler basque. Trop souvent, les gens l’apprennent surtout pour trouver du travail [...].»

8.1.3 Diastratische Differenzierung 8.1.3.1 Die Variable «Geschlecht» Bei einer Differenzierung nach der Variable «Geschlecht» ergaben frühere Studien (Urteaga 2004, 34), dass mehr Männer als Frauen das Baskische verwenden. Zudem sei das Baskische vor allem in Männerdomänen wie Landwirtschaft, Fischerei und Handwerk präsent. Daher soll nachfolgend die Verwendung des Baskischen an bestimmten Orten, in bestimmten Situationen und bei bestimmten Themen zwischen beiden Geschlechtern differenziert werden. Es sei vorweggenommen, dass in dieser Untersuchung insgesamt – von geringen Unterschieden abgesehen – keine Abweichung beim Gebrauch des Baskischen zwischen beiden Geschlechtern festgestellt werden kann. Diese Studie zeigt damit im Vergleich zu früheren Untersuchungen also einen neuen Trend. Männer und Frauen verwenden das Baskische zu fast identischen Anteilen in den drei Situationen «in der Bar», «mit Freunden» und «beim Fluchen». Auch bei der Themenwahl finden sich nur geringe Unterschiede. Zudem sprechen beide über familiäre Angelegenheiten, über die regionale Politik, über Feld und Haustiere vorwiegend in Baskisch. Auffällig war lediglich, dass Männer fast doppelt so häufig in Baskisch über Sport sprechen als Frauen. In Französisch sprechen, durchaus konsistent, fast doppelt so viele Frauen über Sportthemen wie Männer. Zudem sprechen Frauen über nationale Politik häufiger in Französisch als Männer.

|| 10 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin. 11 Männlich, 24 Jahre alt, Techniker. 12 Weiblich, 30 Jahre alt.

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Im Hinblick auf das Untersuchungsziel wurde auch analysiert, ob Männer und Frauen in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Themen über die Teilung des Baskenlands sprechen. Auch hier lassen sich keine gravierenden Unterschiede erkennen: Sowohl Frauen als auch Männer merken an, dass es Situationen gebe, in denen vom baskischen Volk allgemein, von der eigenen oder von der anderen Seite gesprochen wird. Von beiden Geschlechtern wurde auch zu nahezu gleichen Anteilen angegeben, dass Themen existieren, bei denen über das baskische Volk allgemein, aber auch bei denen über die eigene Seite oder über die andere Seite gesprochen werde. Bei der Angabe des Gesprächspartners innerhalb der Familie, mit denen vor allem Baskisch verwendet wird, kann ein Unterschied festgestellt werden: Männer geben mehrheitlich alle Familienangehörigen an – an erster Stelle stehen dabei die Großeltern. Bei den Frauen ergab sich eine Präferenz für den sehr engen Familienkreis; so teilte beispielsweise keine der befragten Frauen mit, mit ihren Nichten beziehungsweise Neffen vorwiegend Baskisch zu sprechen. Hier wurden vor allem die Eltern, Großeltern und Geschwister benannt. Bei der Frage danach, ob es Mitglieder der Familie gebe, mit denen beide Sprachen abwechselnd gesprochen würden, erklärten wesentlich mehr Frauen als Männer, diesen wechselnden Gebrauch zu praktizieren. Bei dem Fragenkomplex bezüglich der Medienrezeption lassen sich keine Unterschiede feststellen. Sowohl Männer als auch Frauen rezipieren zu gleichen Anteilen Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch. Auch bei der durchschnittlichen, zeitlichen Rezeption sind keine Unterschiede zu konstatieren. Auch im Themenfeld Schule ergaben sich keine Unterschiede. Weder Männer noch Frauen wurden bevorzugt oder benachteiligt, was den Baskischunterricht an der Schule betrifft. Des Weiteren sind sich alle Befragten einig, dass Baskisch an der Schule unterrichtet werden sollte. Eine Besonderheit ergab sich bei der Frage, ob ein sich beschleunigendes Verschwinden des Baskischen im Alltag bemerkt wird: Fast ein Drittel mehr Frauen als Männer stimmten der Frage zu. Frauen scheinen demnach eine sensiblere und/oder tendenziell pessimistischere Wahrnehmung dieser Entwicklung zu haben.

8.1.3.2 Die Variable «Alter» Rolssenn hatte in ihrer Publikation von 1985 festgestellt, dass der Sprachverlust im Baskischen besonders bei den jüngeren Generationen auftritt (Rolssenn 1985, 121–122). Zur kontrastiven Gegenüberstellung soll auch in dieser Untersuchung die Verwendung des Baskischen in den verschiedenen Sprechergenerationen analysiert werden. Rolssenn erläuterte, dass der Grund für den Sprach-

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verlust bei jungen Basken vor allem im langen Ausbildungsprozess im französischen Bildungssystem liege. Sie hätten dadurch bedingt zum Teil ihre Sprachkompetenz verloren und bestimmte Register gar nicht erst erlernt. Die Autorin beobachte etwa, dass Jugendliche aus Soule nach einer Begrüßungsphase auf Baskisch ins Französische wechselten; über komplizierte Themen konnten sie gar nicht in Baskisch sprechen (ib.). Im Wesentlichen bestätigen sich diese Tendenzen auch in der vorliegenden Untersuchung. Das technische Wissen der Nordbasken wurde bereits ausführlich in Kapitel 7 im Rahmen der Untersuchung der «Kompetenz der Variation» beschrieben, doch soll hier kurz erneut auf das sprachliche Wissen der Sprecher unter Berücksichtigung der Altersstruktur eingegangen werden, um daraus folgend die Ergebnisse der «Pragmatik der Variation» zu analysieren: Während nahezu alle Sprecher, über die Generationen hinweg, Französisch sehr gut oder gut beherrschen, sind beim Baskischen Abstufungen vorhanden (siehe folgende Kreuzgrafik).

Beim Hörverstehen fällt das Ergebnis fast genauso aus – allgemein wird das eigene Niveau im Hörverstehen aber etwas höher eingeschätzt als beim Sprechen (siehe folgende Kreuzgrafik).

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Insgesamt wird in den Alterskohorten unter 20 sowie von 20 bis 39 von den meisten Sprechern bestätigt, dass sie Französisch besser beherrschen als Baskisch. Ein knappes Drittel ist der Meinung, in beiden Sprachen das gleiche Niveau zu besitzen. Doch auch wenn in den verschiedenen Sprechergenerationen Unterschiede im technischen Wissen bestehen, unterscheiden sich die Angaben, in welchen Situationen am meisten Baskisch gebraucht wird, kaum. Am meisten wird Baskisch mit Freunden sowie in der Bar gesprochen – unabhängig wie alt die befragten Sprecher sind. Es liegt durch das Renteneintrittsalter mehr oder weniger auf der Hand, dass in der Gruppe bis 59 Jahre der Arbeitsplatz recht häufig angegeben wird, während von den Sprechern ab 60 und älter diese Kategorie so gut wie nicht mehr gewählt wurde – der Unterschied in dieser Kategorie ist wohl weitgehend exogen bedingt. Die allgemeine Themenwahl zeigt ebenfalls keine Komponente, die zwischen jüngeren und älteren Sprechern besondere Unterschiede markiert. Auch bezüglich der Rezeption von Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch sind so gut wie keine Unterschiede zu verzeichnen: Eine große Mehrheit in allen Generationen rezipiert Radio- und Fernsehsendungen in der Minderheitensprache. Im Hinblick auf das Untersuchungsziel werden jedoch Unterschiede erkennbar. Während die Mehrheit über alle Generationen hinweg erklärte, dass Themen existieren, bei denen über das baskische Volk allgemein gesprochen werde, war diese große Einigkeit bei Themen, die die eigene oder die andere Seite berühren, nicht vorhanden. Während mehr als die Hälfte der Sprecher bis 39 Jahre zustimmte, dass es Themen gebe, bei denen über die andere Seite gesprochen werde, sind sich die Sprecher ab 40 Jahre darüber nicht so einig. Hier

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sind Ja- und Nein-Stimmen etwa gleich verteilt. Das Vorhandensein von Themen, bei denen über die eigene Seite gesprochen werde, wurde auch von der jüngeren Generation bis 39 Jahre insgesamt bejaht; ab 40 Jahre und älter verneint die Mehrheit dies. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass die älteren Sprecher noch stark von einem identitär ungeteilten Baskenland ausgehen. Thematische Bezüge zur einen oder zur anderen Seite werden seltener gemacht. Die jüngeren Sprecher stimmen dagegen zu, dass es Themen der jeweils spezifischen Seite gebe.

8.2 Südbasken Bei der Analyse der «Pragmatik der Variation» im südlichen Teil des Baskenlands fällt zunächst auf, dass auch hier 61,2 Prozent der Befragten meinten, dass es ihrer Wahrnehmung nach zu einer Aufgabe des Baskischen komme. Auch wenn der Verlust oder das Verschwinden des Baskischen nicht von einem so großen Anteil wie im Nordbaskenland empfunden wurde, betonten hier viele Befragte, dass die Sprache häufiger verwendet werden müsste. Baskisch müsse zudem von jenen, die es nicht beherrschen, erlernt werden, aber auch von jenen, die es beherrschen, mehr benutzt werden, wie eine Sprecherin erklärte: «Los que saben deberían hablar más y los que no saben aprenderlo.» Einige Sprecher konstatierten, dass die Leute sich keine Mühe mehr machen würden, Baskisch zu verwenden. 37,1 Prozent der Befragten erklärten, dass die Verwendung abnehme und 31,5 Prozent waren der Meinung, dass die Sprache aufgegeben werde – im Nordbaskenland waren es im Gegensatz dazu nur 6,7 Prozent. Nur gut ein Viertel der Südbasken meinte, dass sich das Baskische erhalte und 7,9 Prozent, dass es sich ausbreite – diese Tendenz wird mit 13,3 Prozent im Nordbaskenland etwas positiver gesehen. Die Interpretation dieser Ergebnisse kann nur sehr vorsichtig erfolgen, da die Ergebnisse nicht so eindeutig sind wie bei der Beschreibungsebene der «Kompetenz der Variation»: Einerseits könnte man annehmen, dass die Sprecher im Nordbaskenland – bedingt durch die geringe Präsenz des Baskischen – jeden Fortschritt, also den derzeit zu verzeichnenden leichten Anstieg der Sprecherzahlen, dadurch dass Baskisch wieder von den jüngeren Generationen gelernt wird, sehr positiv aufnehmen. Andererseits könnten die Ergebnisse aussagen, dass die südbaskischen Sprecher die sprachliche Realität insofern kritisch bewerten, dass sie Dank der Offizialisierung des Baskischen in der Comunidad Autónoma Vasca mehr Fortschritte erwarten – wenn auch die Situation im Vergleich zum Nordbaskenland und auch im Vergleich zur Franco-Zeit für

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die Sprache heute günstiger ist. Doch gut die Hälfte der Südbasken beschreibt die Situation zwischen dem Baskischen und dem Spanischen als Konkurrenzsituation. Auch in anderen Studien wird dies deutlich, wobei grundsätzlich erkannt wird, dass es im Alltag häufiger gebraucht wird (cf. auch Amorrortu/Ortega/ Idiazabal/Barreña 2009, 80–83). Nachfolgend soll nun analysiert werden, welche Parameter den Gebrauch des Baskischen begünstigen beziehungsweise ihm abträglich sind.

8.2.1 Selektive Sprachverwendung Auch wenn die sprachliche Realität des Baskischen im Südbaskenland ohne Zweifel besser als 30 Jahre zuvor ist, ist für den weiteren Sprachausbau problematisch, dass die Sprache nicht in allen alltäglichen Situationen genutzt wird. Dies erkannten die Sprecher selbst, wie folgende Aussage zeigt: «Euskera ez da errespetatzen esparru guztietan. Horrek kalte handia egiten dio euskerari.» 13

8.2.1.1 Die Variablen «Ort», «Situation» und «Thema» In den Grafiken zu den Fragen 136 und 137 wird ersichtlich, wie der Ort beziehungsweise die Situation die Verwendung des Spanischen zum Einen und des Baskischen zum Anderen beeinflussen.

|| 13 Männlich, 22 Jahre alt, Student. Übersetzung: Die baskische Sprache wird nicht überall respektiert. Das ist das große Hindernis für das Baskische.

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Baskisch wird in der Bar, im Gespräch mit Freunden, bei der Arbeit, und im Geschäft häufiger verwendet als Spanisch. Die beiden zuerst genannten Bereiche stechen besonders hervor: Baskisch wird in der Bar von 56,2 Prozent der Befragten, Spanisch dort nur von 23,6 Prozent verwendet. Mit Freunden wird Baskisch von 67,4 Prozent der Befragten verwendet, nur 25,8 Prozent sprechen mit Freunden Spanisch. Auffällig ist andererseits, dass beim Fluchen häufiger Spanisch verwendet wird als Baskisch – dies könnte zum Beispiel damit zusammenhängen, dass im Baskischen entsprechende Ausdrücke fehlen. Auch die qualitative Auswertung zeigt, dass die Lokalität einen wesentlichen Einfluss auf den Gebrauch der beiden Kontaktsprachen hat. Eine Sprecherin 14 meinte in eigener Analyse des Stadt-Land-Verhältnisses, dass in Dörfern und in kleineren Ortschaften Baskisch häufiger verwendet werde: «Gehien bat herrietan hitz egiten da, hiri handietan ez dogu hitz egiten.» 15 Auch Vertreter der jüngeren Sprechergeneration 16 konstatierten dieses Phänomen: «En las ciudades se está perdiendo el hábito de hablar vasco. En los pequeños pueblos, sin embargo, la lengua vasca es la predominante.» Bei der Themenwahl, die in den Grafiken zu den Fragen 138 und 139 dargestellt ist, sind ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen dem Gebrauch des Spanischen und des Baskischen zu erkennen:

|| 14 Weiblich, 46 Jahre alt, Hausfrau. 15 Übersetzung: Man spricht Baskisch eher in den Dörfern, man spricht es nicht in den größeren Städten. 16 hier: Weiblich, 21 Jahre alt, Studentin.

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Über alle als Antwortmöglichkeiten vorgegebenen Themenbereiche wird – so die quantitative Auswertung – häufiger in Baskisch gesprochen als in Spanisch. Bei den Themen Familie, Haus, Feld und Haustiere sowie Sport fallen die Unterschiede besonders auf. Auch bei politischen Themen liegt das Baskische vor dem Spanischen. Gegenüber der regionalen Politik (57,3 Prozent in Baskisch, 25,8 Prozent in Spanisch) ist der Unterschied zwischen dem Gebrauch beider Sprachen im Themenfeld der nationalen Politik geringer (48,3 Prozent gegenüber 32,6 Prozent). Doch insgesamt wird themenunabhängig vorwiegend Baskisch gesprochen.

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In Hinblick auf das Untersuchungsziel wurde außerdem – unabhängig von der Wahl der Kontaktsprache – gefragt, ob es Themen gebe, bei denen das baskische Volk im Allgemeinen relevant ist oder sogar konkret angesprochen wird. Dies bestätigten 87,3 Prozent der Befragten. 54,4 Prozent teilten mit, dass bei speziellen Themen über die eigene Seite, das heißt in diesem Fall das Südbaskenland, gesprochen werde; 41,4 Prozent meinten, es gebe entsprechende Themen bezogen auf die andere Seite, also das Nordbaskenland. Es wird eindeutig am meisten über gesamtbaskisch relevante Themen gesprochen. Die Identifikation mit dem Baskentum insgesamt steht im Vordergrund, doch existieren auch eine Identifikation mit der eigenen Teilregion und damit eine gedankliche Trennung in ein Nordbaskenland und in ein Südbaskenland. Bei der Betrachtung von Situationen sind die Differenzen nicht so gravierend, doch der Trend ist identisch. 59,7 Prozent meinten, dass es bestimmte Situationen gebe, in denen man von der eigenen baskischen Seite spreche; immerhin auch 51,9 Prozent kannten bestimmte Situationen, in denen speziell die andere Seite thematisiert werde. Insgesamt bejahten 89,4 Prozent der Befragten im Südbaskenland, dass es Situationen gebe, in denen vom baskischen Volk allgemein gesprochen werde.

8.2.1.2 Die Variable «Gesprächspartner» Bei der Analyse der Fragen 60 bis 71, welche erfragten, mit wem auf Baskisch und mit wem auf Spanisch gesprochen wird, zeigte sich, dass in der Familie beide Sprachen verwendet werden. Auffällig ist, dass mit der Elterngeneration in der Mehrheit vornehmlich in Spanisch kommuniziert wird. Als Hauptgrund für die Verwendung des Spanischen in der Familie wurde erläutert, dass die Gesprächspartner kein Baskisch sprächen, und dass es einfach Gewohnheit sei. Vereinzelt wurde von Befragten erklärt, dass die familiären Gesprächspartner keine Basken seien oder nicht aus dem Baskenland stammen. Schließlich wählen nicht alle Basken Lebenspartner, die wiederum Basken sind. Dies kann unter Umständen, wie hier angedeutet wird, dem Spracherhalt abträglich sein. Baskisch wird jedoch im Südbaskenland – nahezu ohne Unterschiede – mit der ganzen Familie über alle Generationen hinweg verwendet. Als Hauptgrund für die Verwendung wurde angegeben, dass die Gesprächspartner Baskisch sprächen und sie eben Basken seien. Es sei einfach Gewohnheit. Es zeigt sich, dass die Gewohnheit, so banal sie erscheinen mag, ein wesentlicher Punkt sein kann, denn auch wenn der Gesprächspartner das Baskische erlernt hat, kann es sein, dass weiterhin auf Spanisch kommuniziert wird. Vereinzelt wurde aber als Grund angeführt, dass man sich in Baskisch besser ausdrücken könne und man stolz sei, Baskisch zu sprechen. Auch das Ziel des Spracherhalts des Baskischen

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wird als Grund für die Verwendung angegeben, das heißt um den Sprachverlust aufzuhalten. Mit der Großelterngeneration wird vorwiegend auf Baskisch kommuniziert. Von der jüngeren Generation wurde zudem wahrgenommen, dass es unter den jüngeren Familienmitgliedern wieder zunehmend verwendet wird, wie etwa folgende Sprecheraussage 17 zeigt: «Gehien bat gaztelanieraz, baina gazteen artean euskara nagusiena da.» 18 Sofern dies von den befragten Südbasken erklärt wurde, sprechen die Befragten – wie auch die Nordbasken – beide Sprachen, Spanisch und Baskisch, im Wechsel vornehmlich mit den Geschwistern, Tanten und Onkeln. Begründet wurde dies einfach damit, dass sie beide Sprachen sprächen. Die Verwendung sei dann abhängig von der jeweiligen Gesprächskonstellation, wie eine Sprecherin 19 erklärte: «Porque entre nosotros hablamos en euskera pero si estamos con gente que no es vasca, hablamos en catalán o español.» Bei der Frage nach den Gesprächspartnern, mit denen man Spanisch außerhalb der Familie spräche, wurde sehr allgemein erklärt, mit Menschen, die Baskisch nicht verstehen oder sprechen. Zudem gebrauche man beim Einkaufen oder im Kino eher Spanisch. Auch die Arbeit und die Universität seien typische Orte, an denen man vor allem Spanisch spräche. Von einigen Befragten wurde angegeben, dass Spanisch die offizielle Sprache in Spanien sei, und man diese daher zum Kommunizieren benötige. Ein Grund einzelner Sprecher war ferner, dass sie sich selbst besser in Spanisch ausdrücken können. Aufschlussreich erschien auch die Aussage einer Sprecherin, 20 die ihre Präferenz für das Spanische damit begründete, dass es immer mehr Fremde oder Ausländer im Baskenland gebe: «[…] eta gero eta kanpoko jende gehiago dagoelako.» 21 An dieser Stelle zeigt sich, dass auch migrationsbedingte Veränderungen zum Verlust der Regionalsprachen und des lokalen Dialekts beitragen können. Baskisch wird vor allem mit Freunden, die die Sprache verstehen, verwendet. Insgesamt wurde von fast allen Befragten betont, dass die Menschen im alltäglichen Leben mehr Baskisch sprechen müssten. Auch wenn Baskisch beherrscht wird, werde es häufig einfach nicht verwendet, wie folgender Sprecher 22 zum Beispiel erklärte: «Jende askok euskara badaki, baina ez du erabilt|| 17 Männlich, 21 Jahre alt, Student. 18 Übersetzung: Eine Mehrheit auf Spanisch, aber unter den jungen Leuten ist das Baskische das Wichtigste. 19 Weiblich, 19 Jahre alt, Studentin. 20 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin. 21 Übersetzung: […] und weil es immer mehr Ausländer gibt. 22 Männlich, 26 Jahre alt, Automechaniker.

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zen.» 23 Den seltenen oder geringen Gebrauch des Baskischen begründen einige mit der Historie: «Que las lenguas pequeñas a lo largo de la historia tienden a desaparacer por poco uso.» 24 Auch wenn im Vergleich zu einigen Jahren zuvor eine Entwicklung zugunsten einer häufigeren Verwendung des Baskischen erkennbar ist, scheint der Erhalt trotz allem bedroht zu sein. 64,4 Prozent der befragten Südbasken kannten die Situation nicht, dass es ihnen unangenehm gewesen sei, Baskisch gesprochen zu haben und dann das Gefühl bekommen zu haben, dass es eigentlich besser gewesen wäre, Spanisch zu verwenden – 35,6 Prozent ist es dagegen bereits entsprechend ergangen. Bei den Nordbasken waren es verhältnismäßig etwas weniger Befragte, denen diese unangenehme Situation widerfahren war. Auch wenn es sich nur um eine geringe Differenz handelt, ist dies, angesichts der jeweiligen Situation des Baskischen, ein überraschendes Ergebnis. Die fehlende Offizialisierung und mangelnde staatliche Unterstützung im Nordbaskenland hätten vermuten lassen, dass es für die Sprecher häufiger zu solchen unangenehmen Situationen kommt. Andererseits könnte die Konsequenz des mangelnden offiziellen Status auch sein, dass das Baskische im Nordbaskenland nur selten oder ganz gezielt verwendet wird, um in keine unangenehme Situation zu kommen.

8.2.2 Die Rezeption baskischer Medien und das Baskische in der Schule Eine große Mehrheit, 92,0 Prozent der befragten Südbasken, konsumiert baskische Radio- und Fernsehsendungen. Die baskische Mediennutzung erfolgt häufig zusammen mit der Familie. Vor allem Nachrichten werden in Baskisch rezipiert, es folgen Sport und Musik. Die Medien werden, da hier (mit Ausnahme einzelner Kanäle) das Spanische dominiert, als ein wichtiger Auslöser für den Verlust des Baskischen gesehen, wie unter anderem aus folgender Sprecheraussage 25 geschlussfolgert werden kann: «[…] perjudican mucho. Los medias de comunicación ya que solo enseñan lo malo del pais Vasco, y algunas comunidades españolas no nostragan, nos odian, o nos envidian.» Auch zur Situation des Baskischen an den Schulen zeigte sich bei den Befragten eine übereinstimmende Grundhaltung: Bis auf einen Befragten waren alle der Meinung, dass Baskisch an der Schule unterrichtet werden sollte. Es

|| 23 Übersetzung: Es gibt viele Leute, die Baskisch können, aber es nicht verwenden. 24 Männlich, 24 Jahre alt, Verkäufer. 25 Männlich, 55 Jahre alt, Verwaltungsangestellter.

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müsse von klein auf gelernt werden, wie fast alle Sprecher erklärten, exemplarisch dafür steht folgende Aussage: «Enseñarlo a todos los niños.» 26 Während im Nordbaskenland der Hälfte der Befragten die Möglichkeit Baskisch zu erlernen, nicht teil wurde, sind es im Südbaskenland nahezu vier Fünftel, die Baskisch schon in der Schule erlernt haben. 65,2 Prozent der Befragten von ihnen haben den gesamten Unterricht auf Baskisch erteilt bekommen. Während in Iparralde in der Regel das Maß bei 3 Wochenstunden lag, ließ das Schulsystem in Hegoalde dem Baskischen mehr Spielraum. Dies liegt vor allem daran, dass die (privaten) Ikastolak, an denen der Unterricht ausschließlich auf Baskisch gehalten wird, im Südbaskenland sehr weit verbreitet sind.

8.2.3 Diastratische Differenzierung 8.2.3.1 Die Variable «Geschlecht» Die Verwendung der baskischen Sprache im Alltag wird im Folgenden auch in der Teilgruppe der Südbasken unter Berücksichtigung des Unterscheidungsmerkmals des Geschlechts untersucht. Das Ziel ist, nachzuweisen, welche Merkmale oder Gegebenheiten jeweils die männlichen und die weiblichen Sprecher in ihrer selektiven Sprachverwendung beeinflussen. Die Untersuchung hat ergeben, dass – ganz wie bei den Nordbasken – die Verwendung des Baskischen in konkreten Situationen in der Regel nicht abhängig vom Geschlecht ist. Sowohl in der Bar, bei der Arbeit und in Geschäften nutzen männliche und weibliche Sprecher das Baskische nahezu zu gleichen Anteilen. Auffällig ist jedoch die Angabe zum Freundeskreis: Hier ist der Anteil der Frauen, die meinten, Baskisch mit Freunden zu gebrauchen, nahezu ein Drittel höher als der Anteil bei den Männern. Auch die Themen bestimmten die selektive Verwendung des Baskischen nur in geringem Maße, wenn man die Variable «Geschlecht» betrachtet. Zwar gaben Frauen zu einem Viertel mehr als Männer an, dass sie das Baskische verwenden, wenn die Thematik Familie angesprochen wird, doch andere thematische Gebiete, wie die regionale und die nationale Politik oder Sport wurden von beiden Geschlechtern fast zu identischen Anteilen genannt. Bei der Analyse der Situationen, in denen vom baskischen Volk allgemein oder von der eigenen sowie von der anderen Seite des Baskenlands gesprochen wird, zeigten sich geringe Unterschiede: 73,7 Prozent der Männer bejahten, dass es zu Situationen komme, in denen von der eigenen baskischen Seite die Rede

|| 26 Männlich, 24 Jahre alt, Verkäufer.

176 | Pragmatik der Variation

ist; gut 65 Prozent der Frauen stimmten dem zu. 60 Prozent der männlichen Sprecher bestätigen des Weiteren, dass es Situationen gebe, in denen über die andere Seite gesprochen wird; gut 54 Prozent der weiblichen Sprecher. Auch wenn beide Geschlechter mehrheitlich spezifische Situationen kennen, in denen über das Nord- oder über das Südbaskenland gesprochen wird, sind männliche Sprecher offenbar etwas aktiver bei der Diskussion dieser Themen. Bei der Frage nach Themen, bei denen über das baskische Volk allgemein gesprochen wird, gab es erneut nur marginale Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bei der separaten Frage nach spezifisch nordbaskischen oder spezifisch südbaskischen Themen sind jedoch große Unterschiede zu registrieren: 55 Prozent der männlichen Sprecher waren der Meinung, dass es konkrete Themen gebe, bei denen über das Nordbaskenland gesprochen werde. Die weiblichen Befragten verneinten dies dagegen mehrheitlich, zu 58,6 Prozent. Andererseits bejahten beide Geschlechter, 75 Prozent der Männer und 56,6 Prozent der Frauen – man beachte jedoch den Unterschied von fast 20 Prozent –, dass es Themen existieren, bei denen über die eigene Seite gesprochen werde. Auch hier zeigt sich, dass die thematische Trennung von Nord- und Südbaskenland von den männlichen Probanden in einer stärken Weise wahrgenommen wird als von den weiblichen Sprechern. Bezogen auf die Gesprächspartner zählten die weiblichen Befragten sämtliche Mitglieder der Familie auf; es ergibt sich daher insgesamt ein sehr differenziertes Bild. Im Gegensatz dazu wurden bei den männlichen Befragten nur allgemeine Angaben gemacht; es wurde mehrheitlich erklärt, dass man mit der ganzen Familie ohne Differenzierung Baskisch spräche. Auch bei der Frage, mit wem in der Familie beide Sprachen abwechselnd gesprochen werde, bestätigt sich diese Tendenz. Bei dem Fragenkomplex bezüglich der Medienrezeption sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede erneut zu vernachlässigen: Männer und Frauen rezipieren baskische Radio- und Fernsehsendungen zu etwa gleichen Teilen. Welche Themen auf Baskisch besonders interessant sind, ist ebenfalls weitgehend geschlechtsunabhängig: Nachrichten stehen an erster Stelle, Sport wird eher von Männern rezipiert; Frauen hören eher Musik oder sehen sich Spielshows an. Beide Geschlechter, fast drei Viertel der jeweiligen Gruppe, haben mehrheitlich Baskisch an der Schule gelernt. Als Antwort auf die Frage, ob ein sich beschleunigendes Verschwinden des Baskischen bemerkt wird, bejahten mehr als die Hälfte der Männer als auch der Frauen. Dies steht im Kontrast zum Nordbaskenland, wo wesentlich mehr Frauen als Männer diese Frage bejaht haben. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Variable Geschlecht im Südbaskenland bezogen auf die «Pragmatik der Variation» insgesamt zu keinen signifikan-

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ten Abweichungen führte und damit die aus früheren Studien gewonnene Erkenntnis, dass Männer Baskisch häufiger als Frauen verwenden, nicht mehr gültig ist.

8.2.3.2 Die Variable «Alter» Wie in Kapitel 8.1.3.2. erklärt, existieren heute kaum noch monoglotte Sprecher von Minderheitensprachen. Wenn, dann realisieren vor allem Vertreter der älteren Sprechergeneration den ursprünglichen Dialekt beziehungsweise die Minderheitensprache. Ob dies nach wie vor auch auf das Baskenland zutrifft, wird nun nachfolgend durch Betrachtung der Variable «Alter» untersucht. Sollte das sprachliche Wissen in der «Kompetenz der Variation» altersspezifische Unterschiede zeigen, so ist auch ein Einfluss auf die pragmatische Beschreibungsebene zu erwarten – daher folgt an dieser Stelle ein Exkurs zum technischen Wissen unter Berücksichtigung des Alters 27: Während im Spanischen fast alle im Südbaskenland befragten Sprecher ausgezeichnete Kenntnisse vorweisen konnten, betrifft dies für das Baskische vor allem die jüngeren Generationen: Hier gaben 16 der 17 Sprecher an, keine Probleme zu haben, über alle Themen zu sprechen. Bei den 21- bis 48-jährigen, die zahlenmäßig größte Gruppe der befragten Südbasken, zeigt sich ein differenziertes Bild. Auch wenn in dieser Gruppe noch 78 Prozent erklärten, im Baskischen keine Probleme zu haben, über alle Themen zu sprechen, verteilten sich die restlichen 22 Prozent auf die Kategorien «mit Problemen über spezielle Themen zu sprechen» bis hin zu «einige Sätze und kurze Äußerungen» (siehe folgende Grafik). Aufgrund der recht geringeren Sprecherzahl der ältesten Gruppe kann das Niveau nur vorsichtig dahingehend interpretiert werden, dass die Mehrheit hier gute Kenntnisse vorweisen kann; jedoch gibt es auch Sprecher, die nur einige Sätze und kurze Äußerungen formulieren können. Praktisch ohne aktive Kenntnisse war in allen Altersstufen kein einziger Sprecher.

|| 27 Aufgrund der unterschiedlichen Sprecherzahlen in den verschiedenen Altersgruppen sind jedoch die nachfolgenden Ergebnisse nur sehr vorsichtig zu interpretieren.

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Beim Hörverstehen fällt das Ergebnis ähnlich aus – allgemein wurde das eigene Niveau im Hörverstehen des Baskischen höher eingeschätzt als beim Sprechen (siehe folgende Grafik).

Während in der jüngsten Gruppe jeder die höchste Kategorie angab und auch die Gruppe zwischen 21 bis 48 ihr Niveau insgesamt als sehr gut einschätzte – 86,7 Prozent waren der Meinung, jede Konversation ohne Probleme zu verstehen –, ist bei der ältesten Gruppe kein Unterschied zur vorherigen Frage zum Sprechen feststellbar, alle Kategorien wurden identisch oft angekreuzt. Bei der Selbsteinschätzung, ob der Befragte besser in Spanisch oder in Baskisch sei, bestätigten sich die Ergebnisse: Die jüngste Gruppe schätzte sich insgesamt in Baskisch besser ein als in Spanisch. Von der mittleren Gruppe bis hin zur ältes-

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ten Gruppe verschlechtert sich die Selbsteinschätzung des Niveaus im Baskischen. In der ältesten Gruppe, ab 49 Jahre, wurde sogar mehrheitlich ein stärkeres Niveau im Spanischen angegeben. Konkret erklärten 66,7 Prozent der Über-49-Jährigen, besser in Spanisch zu sein als in Baskisch. Das Ergebnis überrascht: Die ältere Generation ist stärker in der Standard- beziehungsweise Nationalsprache und die Jüngeren in der Minderheitensprache. Diese Sondersituation hängt vermutlich mit der historischen Entwicklung, das heißt vor allem der Unterdrückung des Baskischen in der Franco-Ära, zusammen. Demgegenüber erfolgte ein massiver Sprachausbau ab Mitte der 1970er Jahre mit dem Erfolg, dass die jüngere Generation heute ein höheres Niveau im Baskischen als im Spanischen aufweist. Bezüglich der Rezeption von Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch ergaben sich allerdings weitgehend keine Unterschiede: Alle Generationen rezipieren mit einer deutlichen Mehrheit Radio- und Fernsehsendungen in Baskisch. Wie schon bei den Nordbasken unterschied sich auch bei den Südbasken zwischen den verschiedenen Sprechergenerationen kaum die Angabe, in welchen Situationen am meisten Baskisch gesprochen werde. In allen drei Altersgruppen wird Baskisch vorwiegend mit Freunden und in der Bar verwendet. Die allgemeine Themenwahl zeigt zwischen den beiden jüngeren Altersgruppen (jünger als 21 und zwischen 21 bis 48) kaum Unterschiede. Auf Baskisch wird vorwiegend über regionale Politik, über Feld und Haustiere, Sport und nationale Politik gesprochen. Im Gegensatz hierzu ist die am häufigsten genannte Kategorie bei der ältesten Sprechergeneration das Thema «Familie». Im Hinblick auf das Untersuchungsziel und die Unterscheidung zwischen Themen, die das baskische Volk allgemein oder eine jeweils spezifische Seite des Baskenlands betreffen, werden Diskrepanzen erkennbar. In allen Sprechergenerationen betonte die Mehrheit, dass Themen existieren, bei denen über das baskische Volk allgemein gesprochen werde. Diese weitgehende Einigkeit war bei der Spezifizierung nach nordbaskischen und südbaskischen Themen nicht gegeben. Während alle Sprecher ab 49 und älter und noch 60 Prozent bei den Sprechern unter 21 bejahten, dass es Themen gebe, bei den über die eigene Seite gesprochen werden, verneinte die Mehrheit, genauer 55,6 Prozent der 21- bis 48Jährigen, dies. Bei der Themenwahl bezogen auf die andere Seite bestand Einigkeit zwischen den beiden jüngeren Altersgruppen. Hier wird jeweils von der Mehrheit diese Frage verneint (66,7 Prozent der jüngeren und 60,9 Prozent der mittleren Altersgruppe). Dagegen wird von 62,5 Prozent der ältesten Gruppe geäußert, dass durchaus Themen existieren, bei denen speziell über das Nordbaskenland gesprochen werde.

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Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Trennung zwischen nordbaskischen und südbaskischen Themen zum Teil durchaus gegeben ist. Zwischen den verschiedenen Altersgruppen bestehen jedoch interessanterweise abweichende Meinungen dazu. Konkrete Erklärungen dafür wären zunächst recht spekulativ. Es zeigt sich jedoch, dass eine Trennung zwischen Nordbaskenland und Südbaskenland kein Tabuthema ist. Was den Spracherhalt des Baskischen betrifft, ist die Perspektive im Südbaskenland recht positiv. Die Verwendung der Regionalsprache ist vor allem in der jüngsten Sprechergeneration – unter 21 Jahren – sehr verbreitet. Zudem schätzt diese Gruppe ihr Niveau im Baskischen generell höher ein als im Spanischen. Beim Gebrauch der Sprache unterscheiden sich die Altersgruppen jedoch kaum.

9 Linguistik der Variation Bei einem Kontakt zwischen zwei oder mehreren Sprachen ist es nahezu unvermeidlich, dass die jeweils in Kontakt tretenden Sprachen sich meist gegenseitig beeinflussen. Es kommt sowohl in der dominierten als auch in der dominanten Sprache zu Interferenzen; der Dialekt wird von standardsprachlichen Interferenzen und die Standardsprache durch dialektale Interferenzen beeinflusst. In der «Linguistik der Variation», der dritten Beschreibungsebene der funktionalen Variationslinguistik, werden die materialsprachlichen Resultate analysiert. Aufgrund des Untersuchungsziels kann die «Linguistik der Variation» in der vorliegenden Untersuchung nicht in gleichem Umfang betrachtet werden wie die «Kompetenz der Variation» und die «Pragmatik der Variation» – dies wurde bereits in Kapitel 5 begründet. Diese beiden Ebenen beeinflussen besonders die Identität. Aber auch aufgrund der gewählten Datenerhebung – es wurden keine mündlichen Tiefeninterviews geführt – kann die Beschreibungsebene der «Linguistik der Variation» nur in begrenzter Weise analysiert werden. Des Weiteren wird als sinnvoll erachtet, in diesem Rahmen eine im Vergleich zu bisherigen Arbeiten andere Sichtweise von Stehls Konzept anzuwenden. Es soll analysiert werden, inwiefern den Sprechern selbst die Dominanz der Nationalsprache im materialsprachlichen Resultat bewusst ist und ob sie aufgrund eigener Erkennungsmuster anhand des materialsprachlichen Resultats erkennen können, ob der Sprecher aus dem Nord- oder aus dem Südbaskenland stammt. Es wird also nicht das Material selbst analysiert, sondern die Differenzierung, die die Sprecher anhand des Materials wahrnehmen. Damit handelt es sich um eine «Linguistik der Variation» aus Sicht der Sprecher, um auch so Ergebnisse über die jeweilige Identität zu erhalten. In den folgenden Unterkapiteln werden die Resultate der beiden Teilgruppen Nord- und Südbasken im Gegensatz zu den vorherigen Kapiteln jeweils unmittelbar miteinander verglichen. In den Unterkapiteln 9.1 bis 9.3 werden Aussagen der Sprecher zum Einfluss der Nationalsprachen auf das Baskische, zur Realisierung eines korrekten Baskisch und zum Baskischen in den verschiedenen Sprechergenerationen untersucht – hier werden auch quantitative Ergebnisse präsentiert. In den Unterkapiteln 9.4 bis 9.6 werden spezifische Erkennungsmuster in den Bereichen der Lexik, der Phonetik/Phonologie und im morpho-syntaktischen Bereich beschrieben. Der Schwerpunkt wird dabei wieder auf dem Hauptuntersuchungsziel der Arbeit liegen, der Frage nach einer möglichen Zweiteilung des Baskenlands. Wie wird das Baskische im Nord- und im Südbaskenland durch die Präsenz des Französischen beziehungsweise des Spanischen beeinflusst? Welche sprach-

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lichen Charakteristika sind typisch für das Nordbaskenland, welche für das Südbaskenland? Entsteht zudem durch die Dominanz der Standardsprachen eine sprachliche, und gegebenenfalls damit auch emotionale, Distanz zwischen den Nord- und den Südbasken? Charpentier stellte fest, dass es «mehr keltische, französische, lateinische und spanische Wörter in der baskischen Sprache und mehr baskische Wörter in der französischen Sprache [gibt], als es sich die Franzosen im allgemeinen vorstellen» (Charpentier 1977, 14–15). Dass dies eher wenig Bezug zur Identität der Sprecher hat, betont er allerdings auch: «Aber die Basken sind weder Kelten noch Römer, noch Spanier, noch Franzosen» (ib.).

9.1 Einfluss der Nationalsprachen und die Bedeutung der dialektalen Vielfalt In dieser Untersuchung stimmte die Mehrheit der Sprecher zu, dass die sprachliche Unterschiede zwischen dem Baskischen im Nord- und im Südbaskenland, zumindest stellenweise, auf den Einfluss der jeweils dominierenden Nationalsprachen zurückführen sind; diese Einflüsse konnten auch konkret beschrieben werden. Einige Sprecher machten Unterschiede innerhalb der baskischen Sprache eher an den Provinzgrenzen fest – etwa durch eine Gegenfrage auf die diesbezügliche Frage des Questionnaire: «Est-ce que la langue basque change entre les différentes provinces?» 1. Ein 42-jähriger Nordbaske 2 meinte: «Les differences sont entre provinces, plutôt qu’entre nord et sud.» Diese Sprecher bekräftigten die dialektale Vielfalt im Baskischen und stritten meist einen Einfluss durch die beiden Nationalsprachen ab. Ein 21-jähriger Südbaske 3 äußerte vermittelnd: «No sólo hay diferencias entre el Norte y el Sur. Hay pueblos que están al lado y se habla diferente.» Es wurden auch konkrete sprachliche Charakteristika angeführt, die zeigen, dass neben der sprachlichen Markierung, ob der Sprecher aus dem Nord- oder dem Südbaskenland stammt, die Dialekte für die Erkennung der Ortszugehörigkeit eines Sprechers verantwortlich sind. Eine Sprecherin 4 erklärte: «On reconnait les deux différences, mais surtout les dialectes. Par exemple, on reconnait que quelqu’un vient du coté sud, parce qu’il va utiliser

|| 1 Männlich, 24 Jahre alt, Nordbaske. 2 Männlich, 42 Jahre alt, Nordbaske. 3 Männlich, 21 Jahre alt, Südbaske. 4 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin, Nordbaske.

Einfluss der Nationalsprachen und die Bedeutung der dialektalen Vielfalt | 183

des mots un peu hispanisants mais surtout il va utiliser des formules comme ‹det› ou ‹dot›.» Diejenigen Sprecher, die meinten, dass sprachliche Unterschiede ausschließlich durch die dialektale Vielfalt gegeben seien, wollten damit möglicherweise auch eine bestimmte Haltung demonstrieren, nämlich die Nichtachtung der französisch-spanischen Grenze als trennende Linie im Baskenland. Sowohl im Nord- als auch im Südbaskenland – über alle Generationen hinweg – wurde von vielen Sprechern explizit erklärt, dass das Baskenland weder Frankreich noch Spanien sei und entsprechend die baskische Sprache weder in Frankreich noch in Spanien gesprochen werde, sondern im Baskenland. Exemplarisch dafür steht ein 40-jähriger Baskischlehrer aus dem Südbaskenland: «Frantzian eta Espainian ez da euskeraz mintzatzen, bakarrik Euskal Herrian. Euskaraz hainbat euskalki daude, beraz desberdintsuak dira.» 5 Ein Sprecher 6 erklärte explizit, in welchen drei Bereichen Unterschiede zu bemerken sind: «Il y a trois choses. Le vocabulaire, qui peut changer, des tournures grammaticales qui changent, et un accent qui change aussi.» Aufschlussreich erschien vor allem die Aussage eines Sprechers, 7 der im baskischen Sprachsystem zwischen den Einflüssen durch die Dialekte und durch die beiden Nationalsprachen konkrete Unterteilungen bezogen auf die verschiedenen Ebenen machen konnte: «Pour l’accent, je pense que l’influence française et espagnole jouent beaucoup. Pour le vocabulaire, un petit peu. Il y a des mots français ou espagnols qui ont été ‹basquisés›. [...] J’ai entendu ‹voitura› pour la voiture. C’est des exemples un peu exagérés. Et en Espagne, tu as d’autres mots, tu dis ‹koxe› pour une voiture. L’orthographe a été changée pour faire ‹basque›. Tu mets des ‹k›, tu mets des ‹x›. Pour la grammaire, je crois qu’on est vraiment sur les ‹dialectes› locaux qui n’ont pas été influencés par soit le français, soit l’espagnol, comme le castillan.» Anhand dieser Äußerung wird erkennbar, dass es durch die Trennung in zwei Staaten und den daraus resultierenden unterschiedlichen Einflüssen zweier Nationalsprachen insbesondere zu Veränderungen in der Aussprache und im Wortschatz gekommen ist. Im Bereich der Grammatik scheinen sich vor allem dialektale Charakteristika zu halten. Im Nordbaskenland wurde von mehr als drei Viertel der Befragten (76,8 Prozent) angegeben, dass das Französische einen Einfluss auf das Baskische habe – dies sei ein wichtiger Grund, warum man schlechtes Baskisch spreche.

|| 5 Übersetzung: In Frankreich und Spanien spricht man nicht Baskisch, sondern nur im Baskenland. Das Baskische hat verschiedene Dialekte, die schon unterschiedlich sind. 6 Männlich, 35 Jahre alt, Jurist, Nordbaske. 7 Männlich, 35 Jahre, Jurist, Nordbaske.

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Eine Sprecherin 8 erläuterte hierzu ergänzend: «La richesse du vocabulaire et la syntaxe qui est totalement différente entre basque et français peut induire en erreur.» Daher käme es – laut der zitierten Sprecherin – im Baskischen zu «[d]ifficultés de parler de certains sujets, emploi de termes techniques, erreurs de prononciation ... .» 9 Bei der umgekehrten Frage, ob auch das Baskische einen Einfluss auf das Französisch habe, bestanden geteilte Meinungen: Etwa die Hälfte (50,9 Prozent) glaubte, dass auch die baskische Sprache das Französische beeinflusst; 49,1 Prozent verneinten dies. In diesem Kontext wurde erklärt, dass dies vor allem bei den älteren Sprechergenerationen zu bemerken sei, wie exemplarisch ein Sprecher 10 erläuterte: «Ça a été comme ça, moi j’ai de la famille, chez des personnes agées, oui, on voyait dans des tournures de phrase, une façon de parler influencée par le basque.» Heute ist das Baskische offensichtlich nicht mehr präsent genug beziehungsweise nicht mehr weit genug verbreitet, um das im Nordbaskenland gesprochene Französisch zu beeinflussen. Auch im Südbaskenland wurde von 80 Prozent der Sprecher geäußert, dass die Nationalsprache, das Spanische, das Baskische beeinflusst; dies beeinträchtige die Realisierung eines korrekten Baskisch. Häufig würden spanische Strukturen einfach ins Baskische übersetzt; exemplarisch hierzu ein 22-jähriger Sprecher 11: «Un error que se repite en varias ocasiones es que se hace una traducción literal del castellano al vasco, como por ejemplo poner el verbo al principio de la frase.» Im Südbaskenland wurde von der Hälfte der Befragten (51,2 Prozent) angegeben, dass das Baskische keinen Einfluss auf das Spanische hätte; 48,8 Prozent bejahten die Frage – die Meinungen waren also auch hier geteilt. Wenn auch nur ein kleiner Unterschied zwischen Nord- und Südbasken in dieser Frage besteht, waren die Nordbasken sogar eher als die Südbasken davon überzeugt, dass das Baskische durch den gegebenen Sprachkontakt auch die Nationalsprache beeinflusst. Es überrascht, dass die Nordbasken den Einfluss des Baskischen etwa genauso stark wie die Südbasken betonen, obwohl das Baskische im Alltag im Nordbaskenland wenig präsent ist, während die Südbasken durch die Offizialisierung mehr Möglichkeiten haben, das Baskische anwenden zu können. Zu erwarten gewesen wäre dementsprechend eigentlich, dass das Baskische im südlichen Baskenland einen größeren Einfluss auf das Spanische hätte. Ein Erklärungsansatz wäre, dass die Südbasken die beiden

|| 8 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin, Nordbaske. 9 Cf. vorherige Fußnote. 10 Männlich, 49 Jahre alt, Ingenieur, Nordbaske. 11 Männlich, 22 Jahre alt, Student, Südbaske.

Realisierung eines «korrekten» Baskisch | 185

Sprachen Spanisch und Baskisch als distinkt und konkurrierend wahrnehmen, so dass sie Einflüsse aufeinander eher verdrängen, während die Nordbasken das Verhältnis der Sprachen Französisch und Baskisch als sich ergänzend verstehen und deren Einflüsse aufeinander nicht leugnen. Bei jeglichen im Questionnaire konstruierten Alltagssituationen, die eine regionale Zuordnung eines baskischen Sprechers anhand seiner produzierten Diskurse erforderte und auch bei der Frage nach der Differenzierung des Baskischen zwischen der jüngeren und der älteren Sprechergeneration, wurde stets – sowohl von den Nord- als auch den Südbasken – angekreuzt, dass die Unterschiede zwischen Nord und Süd vor allem in der Betonung/im Akzent sowie beim Gebrauch bestimmter verschiedener Wörter liegen. Die prioritären Merkmale, anhand derer Unterschiede erkannt werden, wurden jedoch in den beiden Teilgebieten verschieden bewertet: Während beispielsweise die Realisierung eines korrekten beziehungsweise eines nicht-korrekten Baskisch im Nordbaskenland vor allem an dem Gebrauch bestimmter Wörter festgemacht wurde (48,3 Prozent) und 36,7 Prozent der Meinung waren, dass die Art der Betonung/des Akzents das nicht-korrekte Baskisch erkennen lassen, kehrte sich diese Reihenfolge im Südbaskenland um. Hier wurde von 57,3 Prozent der Sprecher zuerst die Betonung/der Akzent und von 47,2 Prozent die Verwendung von spezifischen Wörtern als Kennzeichen benannt. Abschließend zu diesem Thema sei noch einmal darauf hingewiesen, dass sowohl die Nationalsprachen als auch die Dialekte Einfluss auf die Realisierung des Baskischen in den verschiedenen Teilen der Region nehmen. Im Kontext des Untersuchungsziels der vorliegenden Arbeit war vor allem aufschlussreich, dass von den Sprechern konkrete Beispiele für den Einfluss des Französischen im nordbaskischen Teil und des Spanischen im südbaskischen Teil benannt werden konnten.

9.2 Realisierung eines «korrekten» Baskisch Über drei Viertel der Sprecher, 89,1 Prozent der Nordbasken sowie 75,0 Prozent der Südbasken, merkten an, dass sie bei der Verwendung des Baskischen schon einmal Probleme gehabt hätten, das korrekte Wort im Baskischen zu finden. Auch wenn in beiden Teilgebieten die Mehrheit der Sprecher dies bestätigte, wird dennoch deutlich, dass es fast 15 Prozent weniger Südbasken waren, die schon einmal mit diesem Problem konfrontiert waren. Im Nordbaskenland kannte lediglich ein gutes Zehntel diese Situation nicht. Zur Lösung des Problems wurde dort von 55,0 Prozent erklärt, ein anderes Wort verwendet zu haben; 33,3 Prozent veränderten die Satzstruktur und 26,7 Prozent wechselten ins

186 | Linguistik der Variation

Französische (siehe folgende Grafik zur Frage 118 für die befragten Nordbasken).

Aber auch das Problem, das korrekte Wort im Französischen zu finden, ist einer Mehrheit der Sprecher bekannt: 68,3 Prozent der befragten Nordbasken erklärten, in diesem Fall ein anderes Wort verwendet zu haben. Während bei Problemen der Realisierung des Baskischen an zweiter Stelle die Veränderung der Satzstruktur benannt wurde, war dies im Französischen nur zu 18,3 Prozent der Fall. Immerhin 30 Prozent der Nordbasken gaben an, in diesem Fall vom Französischen ins Baskische gewechselt zu haben. Von den 75,0 Prozent der südbaskischen Sprecher, die schon einmal das Problem hatten, das korrekte Wort im Spanischen zu finden, wurde ebenfalls von knapp einem Drittel angegeben, daraufhin ins Baskische gewechselt zu haben. Mehrheitlich wurde auch im Südbaskenland die Variante gewählt, ein anderes Wort zu verwenden. Auch hier wurde von den wenigsten Befragten die Möglichkeit genannt (12,5 Prozent), daraufhin die Satzstruktur verändert zu haben. Bei Problemen der Realisierung des Baskischen wiederum war die am häufigsten genannte Kategorie «ein anderes Wort verwendet». Es folgte – anders als im Nordbaskenland – zunächst «ins Spanische gewechselt» knapp vor «die Satzstruktur verändert», wie die Grafik zur Frage 118 für die befragten Südbasken zeigt:

Es wurde insgesamt bestätigt, dass Sprecher, die sich in mehrsprachigen Gesellschaften befinden, die Möglichkeiten der Verwendung der anderen Sprache bei Problemen, einen Sachverhalt auszudrücken, in Betracht ziehen. Je ein Drittel

Das Baskische in den verschiedenen Sprechergenerationen | 187

der Nord- und auch der Südbasken, die dieses Problem kannten, nahmen einen Wechsel von der Nationalsprache ins Baskische vor.

9.3 Das Baskische in den verschiedenen Sprechergenerationen Bei der vergleichenden Beschreibung des Baskischen der jüngeren und der älteren Sprechergenerationen wurde von etwa drei Viertel aller Sprecher mitgeteilt, dass sie eine Veränderung im Baskischen wahrnehmen. Das bedeutet: Nur etwa ein Viertel in beiden Teilgebieten war der Meinung, dass das von Jugendlichen gesprochene Baskisch sich nicht von jenem der älteren Generation unterscheidet. Für den Unterschied wurde von fast allen Sprechern die Einführung des Euskara batua, des Einheitsbaskisch, als Grund bezeichnet. Das Euskara batua werde vor allem von den jüngeren Generationen gesprochen. Dies wurde auch von der älteren Sprechergeneration angeführt, wie die Aussagen einer 58jährigen Sprecherin 12 («Les jeunes parlent le basque unifié, assez éloigné du basque parlé par les personnes agées.») sowie einer 70-jährigen Sprecherin 13 exemplarisch zeigen. Letztere weist insbesondere auf den Unterschied bei der Realisierung der Konsonanten hin: «Usage du batua par les jeunes ayant étudié au sein du Seaska, les personnes âgées ‹avalent› les consonnes ‹dures›.» 14 Aber auch von der jüngeren Generation wurde das Einheitsbaskisch als Grund für die Veränderungen genannt, wie etwa eine 18-jährige Sprecherin 15 meinte: «Maintenant, la plupart apprenne ‹l’euskara batua›, c’est à dire une seule manière, une ‹langue unfiée›, alors qu’avant chacun apprenait le basque de son côté, c’est à dire que chacun apprenait le dialecte de chez lui.» Ein 18-jähriger Sprecher 16 äußerte: «Euskara batua. Avant, [le basque] était plus riche parce que c’était différent dans presque chaque village.» Wie zu erkennen ist, wird der Sprachverlust innerhalb des Baskischen, also der Verlust der dialektalen Vielfalt, von den Sprechern recht genau erfasst. Von den Sprechern wurde erkannt, dass die ursprünglichen Dialekte in den jeweiligen Provinzen zugunsten eines einheitlichen, standardisierten Baskisch aufge-

|| 12 Weiblich, 58 Jahre alt, Nordbaske. 13 Weiblich, 70 Jahre alt, ehemalige Lehrerin, Nordbaskin. 14 Cf. vorherige Fußnote. 15 Weiblich, 18 Jahre alt, Studentin, Nordbaskin. 16 Männlich, 18 Jahre alt, Nordbaske.

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geben werden. Daher käme es auch zu Veränderungen im materialsprachlichen Resultat, wie eine weitere Sprecherin 17 in der Befragung explizit erklärte: «En Basse Navarre, le tutoiement a quasiment disparu (…). Désormais, nous apprenons le basque standard, les dialectes qu’utilisent les personnes âgées disparaissent. Ce sont surtout les formes grammaticales qui ont évolué.» Diese Entwicklung betrifft nicht nur das Nordbaskenland, sondern auch das südbaskischen Territorium. Ein Sprecher 18 äußerte hier, dass das heute gesprochene Baskisch einheitlicher und nivellierter sei: «Gaur egungo euskara normalizatuagoa dago.» 19 Selbst die jüngeren Sprecher 20 erkennen aber, dass gerade die dialektale Vielfalt den Reichtum der baskischen Sprache ausmache: «Euskalkia da desberdina, hori da euskararen aberastasuna.» 21 Bei der charakterisierenden Differenzierung des Baskischen der verschiedenen Sprechergenerationen ergaben sich im Nord- und im Südbaskenland in der quantitativen Analyse unterschiedliche Ergebnisse: Im Nordbaskenland beschrieb eine große Mehrheit das Baskische der jüngeren Generation als «moderner» und «zivilisierter»; nur wenige sprachen von «verunstaltet» und «gröber». Es gab auch eine große Anzahl an Sprechern, die diese Unterschiede nicht charakterisieren konnten. So meinten zwar 28,3 Prozent, dass sich das Baskische im Vergleich der Generationen unterscheide, dies konnten sie jedoch nicht weiter präzisieren. Die Grafik zur Frage 167 stellt den Sachverhalt für die befragten Nordbasken übersichtlich dar:

Von den Südbasken wurde die Charakterisierung «modern» für das Baskische der jüngeren Generation seltener genannt. Das Bild ist hier insgesamt nicht so

|| 17 Weiblich, 19 Jahre alt, Nordbaskin. 18 Männlich, 21 Jahre alt, Student, Südbaske. 19 Übersetzung: Das heute gesprochene Baskische ist normalisierter. 20 Männlich, 23 Jahre alt, Student, Südbaske. 21 Übersetzung: Der Dialekt ist verschieden; das ist der Reichtum der baskischen Sprache.

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eindeutig, doch kann die Haltung der Sprecher zum Baskischen der jüngeren Generationen eher als negativ verstanden werden. Während nur 10 Prozent im Nordbaskenland meinten, dass das Baskisch der jungen Basken «verunstaltet» sei, gaben dies 24,7 Prozent der Südbasken an. Auch die Angabe von 33,7 Prozent der Befragten im Südbaskenland, das Baskische der jüngeren Generation sei «gröber», steht im Kontrast zur aggregierten Meinung der Nordbasken. Folgende Grafik zur Frage 167 stellt die Ergebnisse für die Südbasken in der Übersicht dar:

9.4 Interferenzen in der Phonetik/Phonologie In der vorliegenden empirischen Studie wurden, aufgrund der gewählten Untersuchungsmethode per Fragebogen, nur wenige Tonbandaufnahmen vorgenommen, so dass die Aussagekraft im Bereich der Phonetik/Phonologie eingeschränkt ist. Auf die je eigenen spezifischen sprachlichen Charakteristika gingen die Nord- und auch die Südbasken nur in wenigen Fällen ein; sie beschrieben vor allem jeweils das Baskische der anderen Seite. Alle Sprechergenerationen bestätigten die Existenz von signifikanten Unterschieden im Bereich der Phonetik/Phonologie. Eine 16-jährige Sprecherin 22 im Nordbaskenland beschrieb das Baskische im Südbaskenland wie folgt: «Parce que le basque espagnol ressemble plus à l’espagnol, il est moins chantant et les ‹r› ‹raclent plus la gorge›.» Eine 50-jährige Sprecherin 23 erklärte, dass ihre Familienmitglieder auf französischer Seite das «r» wiederum nicht rollen würden: «Dans ma famille côté français, on ne roule pas les ‹r›.» Südbaskische Sprecher erkannten als spezifische Besonderheit der Sprache im nördlichen Teil, dass ein französischer Akzent zu erkennen sei. Aussprache und Akzent seien allgemein || 22 Weiblich, 16 Jahre alt, Schülerin, Nordbaskin. 23 Weiblich, 50 Jahre alt, Hausfrau, Nordbaskin.

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verschieden unterstreicht folgende Sprecheraussage 24: «Ahoskatzekerakoan doinuengaitik (frantseraz doinneak).» 25 Ein jüngerer Sprecher 26 charakterisierte die Art der Nordbasken zu sprechen als «kleiner»: «Iparraldeko hizkunza txikiagoa delako!» 27 – konkrete sprachliche Beispiele wurden jedoch leider nicht angegeben. Im direkten Vergleich waren die Sprecher in der Lage, spezifische sprachliche Charakteristika dem Nord- und dem Südbaskenland zuzuordnen. Auf die Frage, ob die spanische oder die französische Sprache das Baskische beeinflusst, wurden konkret jeweilige territoriale Spezifika beschrieben, so ein Sprecher: «Oui, pour la prononciation. En France, on prononce les ‹h› par exemple. Du coté espagnol, ils ne les prononcent pas vraiment.» 28 Der zuletzt zitierte Sprecher differenzierte auch innerhalb der Teilregionen: «Le ‹j›, (les basques sud) le prononcent comme la Jota du coté espagnol, mais pas partout ! Par exemple, au Guipuscoa, mais en France non. Par exemple, il n’y a pas tellement de différences entre la Navarre coté français et la Navarre coté espagnol par exemple. Quand on va vers Elizondo, les accents sont presque les mêmes, c’est presque pareil que du coté français.» Auch in früheren Untersuchungen, unter anderem bei speziellen Studien zu den einzelnen Dialekten, wurden spezifische Charakteristika der Nord- und der Südseite analysiert. Wie Haase (2000) erläutert, ist auch der Einfluss in der dialektalen Lautstruktur nachweisbar: In den nordöstlichen Dialekten tritt ein vorderer gerundeter Vokal [y] auf, der meistens geschrieben wird. Dagegen wird in den westlichen Dialekten das konsonantische Allophon von [i], graphemisch als dargestellt, als velarer Frikativ [x] realisiert (Haase 2000, 305). Mahlau (1999) erläutert zudem, dass lautliche Unterschiede auf den Kontakt mit dem Französischen und dem Spanischen zurückzuführen sind. Es kommt in den östlichen Dialekten zu autonomen Entwicklungen, so dass der ursprünglich nicht festgelegte Wortakzent im Baskischen sogar einen bedeutungsunterscheidenen Wert aufweist: Als Beispiel gilt die Bezeichnung des Waldes mit basóa, für das Glas básoa (Mahlau 1999, 143). Zudem werden – wie Rolssenn (1985) erläutert – sogar neue Phoneme ins Baskische integriert oder es kommt zu einer neuen Verteilung: Ursprünglich konnte im Baskischen das /r/ nur im Inneren oder am Ende eines Wortes, also || 24 Männlich, 53 Jahre alt, Lehrer, Südbaske. 25 Übersetzung: Wegen des Klanges im Mündlichen/beim Reden (die Klänge im Französischen). 26 Männlich, 26 Jahre alt, Automechaniker, Südbaske. 27 Übersetzung: Weil die Art zu sprechen der Nordbasken «kleiner» ist. 28 Männlich, 49 Jahre alt, Ingenieur, Nordbaske.

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nicht an der Anfangsposition, stehen. Durch die Aufnahme des französischen Wortes radio ins Baskische ist demnach eine neue Verteilung des Phonems nachweisbar; mit radioa steht das /r/ nun auch in der Anfangsposition (cf. ib., 147–148). Des Weiteren wird von Rolssenn auch die graphematische Realisierung des wahrgenommen. Folgende Beispiele sind zu nennen: autobus Æ otobüza, légumes Æ legümak. Wie im Vokalismus werden auch im Konsonantismus neue, für das Baskische untypische Phoneme wie /z/, /v/, /j/ realisiert. Für /z/ sind folgende Beispiele valise Æ valiza, usine Æ uzina, gaz Æ gaza, für /v/ valise Æ valiza, avion Æ aviona sowie für /j/ garage Æ garaja zu nennen (ib., 148). Wie im lexikalischen Bereich sind auch in der Aussprache baskische Interferenzen im Französischen nachweisbar. Es wird versucht, die baskische Intonationskurve zu erhalten, indem lexikalische Elemente ständig wiederholt werden. So wird im im Baskenland realisierten Französisch besonders häufig et, et puis, alors que, hain verwendet und wiederholt (cf. ib., 35–36). Bei vielen Sprechern, die für diese Untersuchung befragt wurden, besteht jedoch Unsicherheit, ob das Baskische die französische Sprache im Bereich der Phonetik/Phonologie beeinflusst. Während ein Sprecher 29 zunächst erklärte, dass die lautliche Realisierung zwischen Bayonne und Biarritz identisch mit der Aussprache in Bordeaux oder Toulouse sei, begann er dennoch anschließend, Unterschiede zu benennen: «Je pense que c’est le même. Au niveau purement phonétique, c’est marrant, je m’en suis aperçu il n’y a pas longtemps, au Pays Basque, on va dire à Bayonne, quand on parle français, on a tendance à articuler toutes les syllabes. Alors qu’à Bordeaux ou surtout à Paris d’ailleurs, on a tendance à plus manger les mots.»

9.5 Interferenzen im morpho-syntaktischen und syntaktischen Bereich Im morpho-syntaktischen Bereich lassen sich im Baskischen – auch wenn sie sehr schwer nachzuweisen sind – ebenfalls Auffälligkeiten und spezifische Charakteristika, die auf die Teilung in zwei Staaten zurückzuführen sind, feststellen. Bereits 1949 beschrieb Azkue einen Einfluss des Spanischen auf das Baskische; so beschrieb er, dass «hay en nuestra conjugación algo que ha variado por influencia del castellano» (Azkue 1949, 8).

|| 29 Männlich, Nordbaske.

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Grundlegend führte auch ein 22-jähriger Sprecher 30 aus dieser Studie auch: «Askotan gertatzen dena. Euskera gazteleniako estrukturakaz erabiltea.» 31 Allgemein fiel vielen Sprechern aus der älteren Sprechergeneration auf, dass das heutige Baskisch «más gramaticalmente» 32 sei. Auch eine jüngere Sprecherin 33 erklärte in diesem Zusammenhang den Unterschied zwischen einem gut und einem schlecht gesprochenen Baskisch: «Son palabras concretas, formas gramaticales y la forma de construir frases.» Ein weiterer junger Sprecher 34 führte an: «Un error que se repite en varias ocasiones es que se hace una traducción literal del castellano al vasco, como por ejemplo poner el verbo al principio de la frase.» Rolssenn (1985, 149) belegt die Erkenntnis der vorliegenden Untersuchung, dass bei einer geringeren Sprachkompetenz vor allem die Tendenz gegeben ist, französische Wörter – auch wenn baskische Entsprechungen existieren – einfach durch das Anhängen eines a zu baskisieren, mit weiteren Beispielen: Der französische Begriff salle de bains wird zu salla de baina obwohl es im Baskischen die Entsprechungen xuriziko salla oder garrbitzeko salla gibt; porte wird zu porta, obwohl atea existiert. Ein jüngerer Sprecher 35 führte aus: «Tournures de phrases et utilisation de mots français ‹basquisés›.» und gab als Beispiel für das baskische Wort xardexka (fr. fourchette) die gelegentlich zu hörende Ableitung furtxeta an. Des Weiteren seien in einer baskischen Kommunikation häufig französische Einschübe wie eh bien, d’accord, et alors, pourquoi, tu parles, enfin, ah bon, ça y est zu finden, ergaben Rolssenns Analysen (ib.). Im Bereich der Suffixe werden durch die spanische Dominanz sogar neue Endungen ins Baskische integriert. Eine Sprecherin 36 aus der hier vorliegenden Untersuchung erklärte in diesem Kontext, dass es Sprecher gebe, die spanische Worte mit dem Suffix -ción mit dem vorher inexistenten -zioia ins Baskische integrieren. Obwohl dieses Suffix im Baskischen früher nicht existierte, kann im heutigen Baskisch die Verwendung nachgewiesen werden: Als Beispiel hierfür sei orientación genannt, dass als orientazioia ins Baskische aufgenommen wurde.

|| 30 Männlich, 22 Jahre alt, Student, Nordbaske. 31 Übersetzung: Das, was immer passiert. Man verwendet das Baskische mit spanischen Strukturen. 32 Cf. unter anderem männlich, 55 Jahre alt, Verwaltungsangestellter, Südbaske. 33 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin, Südbaskin. 34 Männlich, 22 Jahre alt, Student, Südbaske. 35 Männlich, 20 Jahre alt, Student, Nordbaske. 36 Weiblich, 21 Jahre alt, Studentin, Südbaskenland.

Interferenzen im morpho-syntaktischen und syntaktischen Bereich | 193

Des Weiteren weist Rolssenn darauf hin, dass die Opposition von bestimmtem Artikel und unbestimmtem Artikel anders als bisher strukturiert sei. Qu’est ceci? Ceci est une pomme. würde im Baskischen ursprünglich mit Zer da hau? Hau sagarra da. übersetzt werden. Dabei steht sagarra wörtlich für «der Apfel». Diese Aussage würde jedoch inzwischen mit Zer da hau? Hau sagar bat da. übersetzt werden, wobei sagar bat wörtlich für «ein Apfel» steht. Ob dies jedoch tatsächlich auf den französischen Einfluss zurückzuführen ist, kann Rolssenn nicht mit Sicherheit sagen (ib., 146–147). Wie bereits bei der lexikalischen und phonetisch-phonologischen Analyse lassen sich auch im morpho-syntaktischen Bereich des durch baskische Sprecher realisierten Französisch baskische Interferenzen erkennen. Diese treten aber wiederum vor allem bei den älteren Sprechergenerationen auf. Eine Sprecherin 37 erklärte: «On entend encore beaucoup de Basques mettre le verbe à la fin, même en français. Mais c’est quand même de moins en moins courant. C’est plutôt chez des personnes d’un certain âge, elles construisent la phrase en français comme elles parlent en basque. Je devine un Basque qui ne maitrise pas bien le français parce qu’il ne construit pas les phrases dans le bon ordre de la langue française. Mais c’est quand même de moins courant.» Rolssenn konnte eine Inversion von Subjekt und Objekt nachweisen. Im Volksmund wird dieses Phänomen als «mettre la charrue devant les boeufs» bezeichnet und verspottet. Es handelt sich hierbei also um einen typischen Fehler von Basken, wenn sie Französisch sprechen: Statt la vache, elle a mangé l’herbe wird die Konstruktion l’herbe, elle a mangé la vache realisiert. Wie Rolssenn anführt, erläutert Marie-Monique Capdeville in ihrer unveröffentlichen Publikation Le français parlé au Pays Basque, Memoire de Maîtrise von 1969 (Toulouse), dass diese Vorliebe für die Inversion folgendermaßen zu erklären sei: «(L)a langue basque n’ayant pas une syntaxe propositionnelle mais étant une langue à déclinaison, on peut en effet se permettre une grande liberté de ses constructions» (ib., 36). Auch Konjunktionen werden im Französischen gelegentlich fehlerhaft realisiert. Beiordnende Konjunktionen werden, wie das folgende Beispiel zeigt, häufig ausgelassen: Ils les ont pris à ces vaillants qui mettent ces troncs de derrière, ils n’ont pas eu la chance de les avoir. Unterordnende Konjunktionen werden entweder kaum oder sehr häufig gebraucht, wie folgende Beispiele zeigen: C’est un jour de classe un écolier se plaint qui lui manque son crayon oder Cet aprèsmidi le soleil chauffe et que les rayons rentrent dans les maisons. Im ersten Beispiel fehlt quand vor «un écolier», im zweiten Beispiel ist das et überflüssig.

|| 37 Weiblich, Nordbaskin.

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Rolssenn erklärt das Phänomen wie folgt: «Le basque omet plus facilement que le français les conjonctions de coordination. Il relève même certains emplois systématiques de l’asyndète. (...) En français les conjonctions sont des adverbes relatifs, originairement interrogatifs. En basque les interrogatifs devenues conjonctions sont peu nombreux» (ib., 37).

9.6 Interferenzen im Wortschatz In dieser Untersuchung wurden von den Sprechern, sowohl aus dem Nord- als auch aus dem Südbaskenland, zahlreiche Beispiele gegeben, die zeigen, dass die Lexik des Baskischen durch den Kontakt mit den beiden dominanten Sprachen, dem Französischen und dem Spanischen, Veränderungen unterlag. Es existieren im Baskenland auf französischem und im Baskenland auf spanischem Territorium unterschiedliche Wörter für ein und denselben Gegenstand. Stellvertretend für diesen Umstand steht die Aussage eines 53-jährigen Sprechers 38: «Hitz desberdinak daude, eta esamoldeak ere.» 39 Eine 42-jährige Sprecherin 40 nannte bereits einen wichtigen Grund dafür: «Il s’agit de manque de vocabulaire (donc on prend des mots français ou espagnols).» Dem Baskischen wird häufig «vorgeworfen», es entwickle sich nicht weiter, im Bereich der Lexik fehlten Wörter für moderne Gegenstände. Darauf spielte die Sprecherin an. Da man in einem solchen Fall eben auf Wörter aus dem Französischen oder dem Spanischen zurückgreifen muss – je nachdem, welche Sprache man neben dem Baskischen beherrscht – entwickelt sich die Sprache je nach Teilgebiet des Baskenlands unterschiedlich. Auch wenn Unterschiede im Bereich der Lexik existieren, die aus der Zweiteilung, also durch den Einfluss der französischen und der spanischen Nationalsprache, resultieren, wurde dennoch von mehreren Sprechern betont, dass es sieben Provinzen des Baskenlands gibt, worauf das unterschiedliche Vokabular vor allem zurückzuführen sei. So erklärte etwa ein Sprecher 41: «Chacune des 7 provinces basques a un vocabulaire différent, mais semblable.» Einige Sprecher erkannten, dass beide Aspekte, die staatliche Zweiteilung und die Aufteilung in Provinzen, zu diesen sprachlichen Ungleichheiten führen, so etwa eine 18jährige Sprecherin 42: «Il y a certains mots qui changent (+ formes grammaticales || 38 Männlich, 53 Jahre alt, Lehrer, Südbaske. 39 Übersetzung: Es gibt Worte, die verschieden sind und auch bestimmte Redewendungen. 40 Weiblich, 42 Jahre alt, Nordbaskin. 41 Männlich. 20 Jahre alt, Student, Nordbaske. 42 Weiblich, 18 Jahre alt, Studentin, Nordbaskin.

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et syntaxe différente) entre nord et sud, mais il y a aussi des différences entre les provinces.» Oft wurde betont, dass nicht nur der Wortschatz von der französischen beziehungsweise spanischen sprachlichen Dominanz betroffen sei, sondern auch andere linguistische Teilbereiche. Hierzu gab eine 20-jährige Sprecherin 43 an: «La construction des phrases est la même la plupart du temps mais des mots ou des formes grammaticales peuvent varier.» Sie differenzierte weiterhin, dass im Wortschatz vorrangig jene Bezeichnungen betroffen seien, die auf Objekte verweisen, die es vor einigen Jahren beziehungsweise Jahrhunderten noch nicht gab – durch den technischen Fortschritt wurden demnach zahlreiche neue Wörter eingeführt: «Certains mots ou expressions ont été inventées mais 90% de la langue me parait la même. La différence se fait dans l’emploi et la création de mots qui désignent des objets n’existant pas il y a quelque siècles ou années.» Als konkretes Beispiel gab die Sprecherin hierfür den Begriff «Mikrowelle», der im nördlichen Teil des Baskenlands von fr. microonde zu mikrouhin entlehnt wird. Für den Vergleich zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland gibt sie als konkretes Beispiel «Auto» an: Während man im nördlichen Teil eher autoa (von fr. automobile) verwendet (es gab auch einen Sprecher, der hierfür voitura nannte), wird im südlichen Teil sp. coche zu koxea gebraucht. Dieses Phänomen ist nicht nur im Baskischen markant. Auch andere linguistische Studien (cf. hierzu exemplarisch Sánchez Münninghoff/Thiele 2005) zeigen, dass vor allem Begriffe aus der Technik und neue soziale Strukturen den Wortschatz einer Minderheitensprache beeinflussen. Mittlerweile wurde eine große Anzahl an Worten aus den beiden Kontaktsprachen in das Baskische übernommen. Sie wurden teilweise unverändert übernommen oder baskisiert. Rolssenn (1985, 147) gibt hierzu folgende Beispiele, an denen sich der Einfluss des Französischen nachweisen lässt: informatique Æ informatika; ordinateur Æ ordinatorea, mathématiques Æ matematikak, téléphone Æ telefona, auto(mobile) Æ oto(mobil)a. Anhand dieser Beispiele ist sehr gut nachvollziehbar, dass die entlehnten Wörter in einer bestimmten Weise baskisiert werden, und zwar, dass in jedem Fall das typische baskische «a» angehängt wird. Insbesondere verfahren nach dieser Art Sprecher, die eher ein geringes sprachliches Wissen aufweisen – in diesen Fällen werden Wörter aus dem Französischen oder Spanischen einfach übernommen. Eine 20-jährige Sprecherin 44 vermerkte zugleich, dass dies nicht der einzige Unterschied zwischen Sprechern mit einem größeren und jenem mit einem geringeren sprach-

|| 43 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin, Nordbaskin. 44 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin, Südbaske.

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lichen Wissen sei: «Aditzak aldatu dira, esaldiak eraikitzeko moduak, ezentoa, hitzak …» 45 Neben den bereits genannten Beispielen aus älteren Studien wurden auch in dieser Untersuchung die beschriebenen Entwicklungen an weiteren konkreten Beispielen belegt: Eine Sprecherin 46 aus dem Südbaskenland gab als Beispiel die Präposition «hinter» an, für die man im Südbaskenland atzera und im Nordbaskenland gibetera verwende. Als weitere Beispiele, anhand derer nordbaskische und südbaskische Charakteristika dargestellt werden können, sind folgende zu nennen: Während im Südbaskenland für Richter juez verwendet wird, wird ein Richter im Nordbaskenland als juje bezeichnet. Die starke Präsenz des Französischen im Nordbaskenland, aber auch des Spanischen im Südbaskenland, vor allem durch den Einfluss von Fernsehen, Radio, Zeitschriften und Zeitungen, sind wohl die Ursache für die meisten Entlehnungen im Baskischen. Es ist also nachweisbar, dass sich das alltäglich verwendete Vokabular, geprägt durch die jeweilige Nationalsprache im Nordbaskenland und im Südbaskenland, voneinander unterscheidet. Die Bildung des Euskara batua war zwar eine Maßnahme zur Stärkung des Baskischen, da die Sprache durch die Dominanz der beiden Kontaktsprachen bis heute unter Druck steht. Es zeigt sich aber, dass Standardisierungsprozesse bei verschiedenen Einflüssen durch zwei verschiedene Nationalsprachen nur schwer greifen können. Wie auch in anderen Sprachen – wenn man etwa an die Reaktion der französischen Sprachpolitiker auf Anglizismen denkt – kommt es zu Wortneuschöpfungen als Alternativen zu entlehnten Wörtern; Konstrukte, die jedoch von der Sprachgemeinschaft nicht immer akzeptiert werden. So wurde im Baskischen, abgeleitet von epai (deutsch: Entscheidung), epailari gebildet, um im Baskischen einen Richter zu bezeichnen. Weitere Beispiele: Für famatu (deutsch: berühmt) von fr. fameux wurde das Ersatzwort ospetsu beziehungsweise ospedun geschaffen. Dieses ist auf die Struktur des baskischen Wortes für glorreich zurückzuführen. Auch libre solle vermieden und dafür das Ersatzwort aske beziehungsweise askatu verwendet werden: Die Bedeutung frei wird durch die Struktur entkoppelt ersetzt. Die Verwendung von karta beziehungsweise letra soll durch die Bildung von eskutitz vermieden werden. Die Bedeutung beider Entlehnungen lautet «Brief» und die Struktur des Ersatzwortes kann mit «Handwort» übersetzt werden. Für das «Telefon» ist das Ersatzwort urrutizkin mit der Struktur Weitwortmittel vorgeschlagen worden, um das aus den roma-

|| 45 Übersetzung: Die Verben sind anders, die Form Sätze zu konstruieren, der Akzent, die Worte … 46 Weiblich, 46 Jahre alt, Hausfrau, Südbaskin.

Interferenzen im Wortschatz | 197

nischen Sprachen abgeleitete telefono zu vermeiden. 47 An diesen Beispielen lässt sich die sprachliche Kreativität der Basken sehr gut nachvollziehen; eine Akzeptanz durch die Sprachgemeinschaft ist damit noch nicht in jedem Fall gegeben. Sowohl im baskisch-französischen als auch im baskisch-spanischen Sprachkontakt lassen sich jedoch nicht nur Interferenzen der beiden Nationalsprachen im Baskischen analysieren, sondern auch umgekehrt baskische Interferenzen im in der Region gebrauchten Französischen beziehungsweise Spanischen nachweisen. 48 Einige Ausdrücke werden zum Beispiel schlichtweg falsch verwendet oder nicht dem eigentlichen Sinn entsprechend genutzt (cf. Rolssenn 1985, 38–39). So werden die Verben apporter, emporter und porter von Basken zum Beispiel nicht immer korrekt verwendet, denn im Baskischen existiert das Verb ereman, dass den semantischen Inhalt aller drei genannten Verben abdeckt. Allgemein bestehen Unsicherheiten vor allem beim Gebrauch von Verben: Im Satz Monsieur J. se fait grand. wird beispielsweise das Bakische handi egin (deutsch: sich großmachen) einfach mit faire grand übersetzt, obwohl dies im Französischen so nicht funktioniert (ib.). Es konnte klar nachgewiesen werden, dass spezifische sprachliche Charakteristika im Baskischen durch den Kontakt mit beiden Nationalsprachen, dem Französischen beziehungsweise dem Spanischen, bedingt sind; dennoch wird von den Sprechern auch der Einfluss der typischen Merkmale der verschiedenen Dialekte betont. Die Sprecher selbst erkennen die jeweiligen typischen nord- und südbaskischen Besonderheiten und können sie auch konkret benennen – dass jedoch allein diese spezifischen Erkennungsmuster ausreichen, um eine Trennung zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland, also zwischen einer nord- und einer südbaskischen Identität, festzustellen, bleibt anzuzweifeln.

|| 47 Die Beispiele sind entnommen aus Trask (1997, 261) und Haase (2000, 306). 48 In dieser Studie wurden von den Sprechern keine Beispiele angeführt, nachfolgende Beispiele sind aus Rolssenn (1985) entnommen.

10 Regionale Identität Durch die Analyse der Sprecheraussagen unter Berücksichtigung der drei Beschreibungsebenen in den Kapiteln 7 bis 9 lassen sich bereits Schlüsse hinsichtlich der Binnenperspektive ziehen. Diese soll nun noch einmal im Detail untersucht werden, indem die Aussagen zum Fragenkomplex der Identität analysiert werden. Die in Kapitel 5.4 vorgestellte Matrix der zu untersuchenden Perspektiven auf Identität enthält jedoch weitere Untergliederungen. In diesem Kapitel werden zusätzlich zur internen Binnenperspektive auch Sprecher mit interner Außenperspektive untersucht. Zur vollständigen Beschreibung der Identität müssten auch die externe Binnenperspektive und die externe Außenperspektive untersucht werden, doch war dies im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich und bedürfte einer umfangreicheren Datenerhebung. Als Trennung von Binnen- und Außenperspektive wurde in dieser Untersuchung eine Veränderung der Raumvariable zugrunde gelegt. Für die interne Außenperspektive wurden Basken, die – in der Regel aus beruflichen Gründen – nach Paris emigriert sind, befragt. Bezogen auf die Binnenperspektive ist die Situation im Baskenland dadurch kompliziert, dass die Zusammengehörigkeit der Nord- und der Südbasken gerade die zu untersuchende Frage ist, wodurch die im Modell erläuterte Perspektive auf Identität schwer festzulegen ist. Beide Teilgruppen gehören in bestimmter Hinsicht zu der jeweils anderen Gruppe und in anderer Hinsicht eben nicht: Einerseits, weil das gesamte historische Wissen von einem einzigen Baskenland ausgeht und andererseits aber die Frage bisher nicht geklärt ist, ob sich die baskische Sprachgemeinschaft wirklich noch als eine Gruppe sieht, auch wenn in der Öffentlichkeit von den Basken selbst eine Teilung meist abgestritten wird. Es stellt sich daher die Frage, ob die Nordbasken und die Südbasken auf die andere Gruppe eine interne Außenperspektive oder eine interne Binnenperspektive haben. Die Abgrenzung fällt schwer, daher werden bei der Analyse dieser Fragen im Folgenden die neutralen Begriffe Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung verwendet. Im Hinblick auf das Untersuchungsziel wurden sowohl die Nordbasken als auch die Südbasken gebeten, die Identität der jeweils anderen Gruppe zu beschreiben und deren Bedeutung für die gesamte baskische Sprachgemeinschaft zu bewerten.

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10.1 Nordbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive Zunächst werden nun die Antworten der Fragen zur Identität der Nordbasken präsentiert; das heißt entsprechend der Grundannahmen die nordbaskische Identität der internen Binnenperspektive analysiert. Wie sich bereits bei der Analyse der «Kompetenz der Variation» in Kapitel 7 ergab, fühlten sich fast zwei Drittel der Befragten im Nordbaskenland als Franzosen. Dies liegt vor allem an der starken Vorherrschaft des Französischen im Alltag, die der französische Staat auch explizit fördert. Die Aussage eines Sprechers, 1 «Nous sommes peu, mais avec une forte identité, volonté de militantisme qu’on ne peut nier, le seul problème c’est que nous sommes trop submergés par la langue et la culture française dans la vie de tous les jours […]. L’Etat français nous aide en aucun point pour développer notre culture et notre langue.», steht exemplarisch für viele ähnliche Aussagen. Zugleich gaben ausnahmslos alle Befragten an, sich als Baske zu fühlen. Die Frage, ob sich der Sprecher als Nordbaske fühlt, zeigt eine weitere Tendenz: Immerhin zwei Fünftel fühlen sich als Nordbasken; mehr als die Hälfte jedoch verneinten die Frage (siehe Grafik zu Frage 35). Die Identität als Nordbaske nimmt also im Baskenland in Frankreich eine nicht zu vernachlässigende Größe ein – obwohl die meisten sich nicht explizit als Nordbasken fühlen.

Bei der direkten Frage, welche Identität den Befragten am Wichtigsten sei, wurde sich häufiger zur baskischen Identität bekannt als in Untersuchungen aus den 1990er Jahren. Fast vier Fünftel erklärten, dass ihnen die baskische Identität am wichtigsten sei. Lediglich 16,9 Prozent benannten die französische Identität als wichtigste; nur 3,4 Prozent der Befragten gaben an, dass es die Identität als Nordbaske sei (siehe Grafik zur Frage 37).

|| 1 Männlich, 19 Jahre alt.

Nordbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive | 201

Bei der Frage nach der zweitwichtigsten der drei Identitäten erklärte fast die Hälfte, dies sei die Identität als Nordbaske. Für nahezu 31 Prozent war die französische Identität die zweitwichtigste, für 20 Prozent die Identität als Baske (siehe Grafik zur Frage 38).

Bei der Frage nach der drittwichtigsten, in diesem Kontext damit der nachrangigsten der drei Identitäten, wurde die Identität als Franzose häufiger als die Identität als Nordbaske genannt. Die Identität als Baske im Allgemeinen war nur für einen Befragten die unwichtigste der drei abgefragten Identitäten (siehe Grafik zur Frage 39).

Beim größten Teil der nordbaskischen Bevölkerung steht also die baskische Identität an erster Stelle; die Identitäten als Nordbaske und als Franzose sind nachrangig. Dieses Gefälle wurde auch durch Kontrollfragen bestätigt, in denen etwa gefragt wurde, welche der folgenden Aussagen den Befragten am wichtigsten sei. Auch hier gaben fast vier Fünftel an, dass die Aussage «Ich bin Bas-

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ke» von enormer Bedeutung sei, während die zweitwichtigste Aussage für etwa die Hälfte der Befragten lautete «Ich bin Nordbaske», und an letzter Stelle stand die Aussage «Ich bin Franzose».

10.1.1 Sprachidentität – Identität durch Sprache Wie in Kapitel 7 ersichtlich wurde, spielt die «Kompetenz der Variation», und hier insbesondere das metasprachliche Wissen, eine wichtige Rolle für die persönliche Einstellung und damit auch für die Herausbildung von Identität. Die Identität eines Sprechers wird durch das historische Wissen über Sprache maßgeblich beeinflusst; das sprachliche Wissen bestimmt die Identität der Sprecher dagegen nur indirekt. Die sprachliche Identität hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: 1.) die angenommene individuelle Akzeptanz einer Sprache – auch durch andere Gesprächspartner, 2.) die Anerkennung der Sprache durch die Gemeinschaft, in der sich der Sprecher bewegt, und 3.) der offizielle Status der Sprache, das heißt etwa die Anerkennung von staatlicher Seite. In der vorliegenden Untersuchung führt nach Meinung etwa der Hälfte der Befragten die baskische Sprache zu einer zunehmenden Selbständigkeit des baskischen Volkes innerhalb Frankreichs (siehe Grafik zur Frage 132).

Für 49,2 Prozent der Nordbasken ist Baskisch ein Mittel, sich eigenständig zu definieren und sich abzugrenzen. 27,1 Prozent widersprachen der Aussage; ein knappes Viertel konnte oder wollte sich hierzu nicht äußern. Auf die Frage, ob das baskische Volk ohne die baskische Sprache existieren könnte, antwortete die Mehrheit, dass dies undenkbar sei (siehe Grafik zur Frage 129).

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84,5 Prozent der Befragten verneinten die genannte Frage; nur 15,5 Prozent waren der Meinung, dass die Existenz des baskischen Volks ohne die baskische Sprache denkbar wäre. Die Sprache sichert also in der Perzeption der befragten Nordbasken das Bestehen der Identität der Basken. Zu dieser Frage haben Sprecher über alle Generationen hinweg recht einheitliche Kommentare abgegeben. Einige Beispiele: «La langue est le ciment d’un peuple.» 2, «On perdrait ce qui nous fait.» 3, «Sans la langue basque, nous perdons notre identité.» 4 oder «La langue est le fondement d’une culture.» 5 Die Feststellung, dass sich die Basken stark über ihre Sprache definieren, war bereits ein wichtiges Ergebnis der Umfrage von Rolssenn in den 1980er Jahren. Bei ihren damaligen Befragungen wurde offensichtlich, dass «das Vorhandensein einer eigenständigen baskischen Kultur stets mit einer Bewahrung der baskischen Sprache korreliert» (Rolssenn 1985, 44). Die damalige Frage «Faut-il sauver le basque?» wurde von nahezu allen Befragten positiv antwortet. Ein 21-jähriger Verkäufer aus Urepel antwortete: «La culture basque est surtout liée à la langue. Si la langue se perd, il ne restera plus grand-chose» (ib., 152). Des Weiteren sprachen die damaligen Probanden der baskischen Sprache eine lange Tradition zu: «Le français, c’est du pain. Le français c’est une langue qu’on a instituée, alors le basque, c’est depuis des siècles et des siècles. C’est une vraie langue, quoi» (ib., 167). Die Basken seien vor allem stolz auf ihre Sprache: «On dit toujours les Basques sont fiers. On est fiers d’avoir notre langue» (ib.). Auch bei der Befragung von 1996 stimmten nahezu zwei Drittel der Aussage zu, dass ein «wahrer» Baske unbedingt Baskisch sprechen können müsse (cf. Urteaga 2004, 40). Für alle befragten Nordbasken stellte die baskische Sprache ein wichtiges Symbol dar (siehe Grafik zur Frage 133):

|| 2 Männlich, 19 Jahre alt. 3 Weiblich, 42 Jahre alt, Hausfrau. 4 Weiblich, 53 Jahre alt. 5 Weiblich, 74 Jahre alt.

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Bis auf einen Befragten glaubten auch alle, dass der Verlust des Baskischen Konsequenzen für das Baskenland haben würde. 76,4 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass es dann kein baskisches Volk mehr geben würde (siehe Grafik zur Frage 228). Eine Sprecherin 6 fasste es sehr poetisch zusammen: «Le peuple est le corps, la langue est le coeur.»

Gut vier Fünftel meinten zudem, dass sie über den Verlust der baskischen Sprache trauriger als über den Verlust der französischen Sprache wären; lediglich 15,0 Prozent der Befragten sind der gegensätzlichen Meinung. Alle Befragten würden es als schade empfinden, wenn es eines Tages die baskische Sprache nicht mehr gäbe. Von Bedeutung scheint auch zu sein, dass die baskische Sprache keine beliebige Sprache ist. Es handelt sich um ein bedeutendes historisches Erbe, das, nach Meinung einiger Befragter, stärker geschützt werden müsste: «Euskara caractérise depuis des siècles la partie atlantique des Pyrénées. Elle fait partie intégrante de la diversité culturelle européenne. C’est le devoir moral de tous les Européens de sauver le patrimoine Basque. Euskara.» 7 Die Besonderheit der baskischen Sprache wurde sehr häufig betont, etwa in folgender Aussage eines Probanden, 8 der Wissenschaftlern gar Erkenntnisse über die gesamte Menschheit verspricht: «C’est la langue qui fait le peuple. C’est une langue qui remonte à l’âge de la Pierre. C’est une chance pour les chercheurs. Il y a sûrement beaucoup d’enseignement à en tirer par rapport à la connaissance de l’humanité.» In der dieser Arbeit zugrundeliegenden empirischen Datensammlung wurde von einigen Sprechern allerdings ergänzt, dass auch andere Faktoren und Charakteristika die baskische Identität ausmachen. «La langue n’est pas le seul élément.» 9 und «On a d’autres traditions mais sans la langue basque on perd

|| 6 Weiblich, 20 Jahre alt. 7 Männlich, 74 Jahre alt. 8 50 Jahre alt. 9 Männlich, 19 Jahre alt.

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une très grande partie de notre identité.» 10 stehen dafür beispielhaft. Wie die vorhergehenden Kapitel zeigten und auch andere Sprecher formulierten, sind es beispielsweise der baskische Tanz, die baskische Musik und gemeinsame Sportarten wie Pelota, die neben der Sprache für das Baskentum stehen.

10.1.2 Kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext Wie in den theoretischen Ausführungen erläutert, ist «Identität» multikategoriell zu begreifen. Neben der Sprache gibt es aber auch andere Aspekte, die Identität beeinflussen. Die Sprecher haben neben kulturellen Traditionen häufig auch die politische Dimension angesprochen. Auch in den Grundannahmen der vorliegenden Arbeit ist Sprachpolitik als Außendeterminante eine relevante Größe. An dieser Stelle soll daher die kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext analysiert werden.

10.1.2.1 Kulturelle Identität oder Ausdruck von Folklore? Bereits Rolssenn ist zu der Erkenntnis gekommen, dass neben der Sprache auch die baskische Kultur ein Identifikationsmittel der Basken mit ihrer Identität als Baske ist. Dies gilt vor allem «innerhalb der jungen Generation, wo die bloße Identifikation mit der baskischen Sprache schwierig geworden ist, da sie nicht mehr im gleichen Maße von allen Jugendlichen beherrscht wird» (Rolssenn 1985, 228). Das Interesse an der baskischen Kultur und der Fortführung kultureller Traditionen, wie zum Beispiel der Erhalt baskischer Tänze, die Kenntnis der baskischen Musik und Musiker «dient oft bei Nichtbeherrschen der Sprache als verbindendes Element unter jungen Basken und führt auch außerhalb des Baskenlandes (z.B. in den Universitätsstädten) zu einer starken baskischen Gruppenkohäsion» (ib.). Wie in Kapitel 10.1.1 angedeutet, gaben auch in dieser Untersuchung die Sprecher an, dass es mehr als die baskische Sprache sei, worüber sich das Baskentum definiere. Es stellt sich dennoch die Frage, ob sich allein aus dem kollektiven kulturellen und historischen Gedächtnis die eigenständige Definition eines Volkes ergibt. Einige Sprecher selbst meinten, dass volkstümliche Eigenheiten und Traditionen von der Sprache oft nicht zu trennen seien. Andernfalls handle es sich lediglich um eine künstliche Pflege der Traditionen. So äußerte

|| 10 Weiblich, 19 Jahre alt, Studentin.

206 | Regionale Identität ein Sprecher 11: «La langue basque nous fait Basque, après c’est du folklore.» Eine weitere Sprecherin 12 positionierte sich wie folgt: «La tradition basque est utilisée dans le folklore: le peuple ne reste qu’ ‹un peuple qui chante et danse au pied du Pyrénées›.» Zwar äußerten die Befragten mehrheitlich, dass Sprache für die Identität des baskischen Volkes eine immense Bedeutung habe, jedoch sind in der Untersuchungsgruppe auch andere Sichtweisen zu erkennen. Während eine Sprecherin 13 meinte «[Le peuple basque] garderait quand même son identité à travers les coutumes et modes de vie.», war bei einem anderen Sprecher 14 derselben Generation die konträre Meinung zu finden: «C’est absurde! Qu’est-ce qu’un pays sans langue ? C’est un élément fondamental du peuple basque.»

10.1.2.2 Regionale und nationale Identität: Eine (sprach-)politische Frage Die in Frankreich jahrhundertelang verfolgte rigorose Sprachpolitik zugunsten des Französischen hat zahlreiche Minderheitensprachen im Hexagon schwer benachteiligt. Die enorme Vormachtstellung des Französischen und das massiv abgewertete Prestige der Minderheitensprachen führten und führen weiterhin zu einem stetigen Sprachverlust. Auch wenn durchaus spracherhaltende Maßnahme vorgenommen werden, wird die Weitergabe der Minderheitensprachen an die nächsten Generationen durch eine fehlende Verwendung im Alltag behindert, wie exemplarisch ein Sprecher 15 für das Baskische erklärte: «La langue basque est en déclin car les bascophones ont perdu l’habitude de la parler (même entre eux) car, autour d’eux, tout est en français. Seul un statut de coofficialisation pourra inverser la tendance actuelle.» Der Einfluss und die Bedeutung der französischen Sprachpolitik zeigte sich insbesondere auch an folgender Aussage 16: «Les Basques sont au Pays Basque nord en minorité depuis la Révolution française = ils sont donc ici minoritaires. Cependant, il reste une mobilisation importante qui draine aujourd’hui une part non négligeable de la population totale (aussi des nouveaux arrivants extérieurs, cela est important). Cependant, il manque une réelle volonté de la part des politiques.» Zur Analyse der regionalen Identität gab es im Questionnaire auch Passagen, die darauf zielten, die Bezeichnung der eigenen Nationalität im Ausland || 11 Männlich, 49 Jahre alt, Bauer. 12 Weiblich, 70 Jahre alt, ehemalige Lehrerin. 13 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin. 14 Männlich, 20 Jahre alt, Student. 15 Männlich, 24 Jahre alt, Techniker. 16 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin.

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und in der eigenen Region zu erfragen. Dadurch kann festgestellt werden, ob der jeweilige Sprecher, je nach örtlichem Kontext, sich eher zur baskischen oder zur französischen (im nachfolgenden Kapitel 10.2 zur spanischen) Identität bekennt: Betrachtet man die gesamte Sprechergruppe im Nordbaskenland ist die baskische Identität dominant. Während sich 88,3 Prozent der Befragten im Nordbaskenland, also in der eigenen Region, zur Nationalität als Baske bekennen, betonten noch gut zwei Drittel, dies auch im Ausland zu tun. Die geografische Entfernung von der Heimatregion korreliert also mit der Angabe der Nationalität: In der Distanz nahm das Bekenntnis zur französischen Nationalität zu. Im Vergleich zu knapp 12 Prozent der Befragten in der eigenen Region waren es knapp 40 Prozent, die im Ausland äußern würden, sie seien Franzosen. Keiner der Befragten würde im Ausland eine Differenzierung zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland vornehmen. Lediglich ein einziger Nordbaske definierte sich in der eigenen Region explizit als Nordbaske. Es erschien auch aufschlussreich, Fragen bezogen auf die Organisation ETA und ihre Bedeutung für die Basken zu stellen. Wie im historischen Abriss deutlich wurde, trug die ETA einen erheblichen Teil dazu bei, dass das baskische Nationalgefühl und die Sprache – vor allem im Südbaskenland – nach langer Unterdrückung wieder erstarkten. Trotzdem bezeichneten bei der vorliegenden Untersuchung mehr als vier Fünftel der Befragten aus dem Nordbaskenland die ETA als negative Bewegung für die baskische Nation. Nur 14,6 Prozent waren der gegenteiligen Auffassung. Bei der Gegenfrage, ob die ETA-Bewegung eine wichtige und positive Bewegung für die baskische Nation sei, stimmten immerhin 22,4 Prozent zu (siehe Grafik zur Frage 221).

Eine Hin- und Hergerissenheit der Befragten, ob die ETA positiv oder negativ einzuschätzen ist, spiegelte sich auch in einzelnen Sprecheraussagen wider. Während häufig erklärt wurde, dass aufgrund der Gewalt und des damit zusammenhängenden schlechten Lichtes, welches die ETA auf die Basken werfe, die Bewegung eher negativ zu betrachten sei, wurde dennoch ebenso häufig betont, dass sie erheblich zum Erhalt des Baskentums und der baskischen Sprache beigetragen habe. Dies wird beispielhaft an folgenden Äußerungen aus verschiedenen Generationen deutlich: «Elle donne une mauvaise image des Basques mais à l’origine (c’est à dire du temps de Franco), je pense que c’était une

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cause juste. Si l’ETA n’avait pas existé, le basque serait dans un état dramatique et les « Ikastola » n’existeraient pas.» 17, «Stigmatisés comme terroristes, moyens d’expression confisqués ou inquiétés, mais plus de moyens dédiés au maintien et au développement de l’identité de part l’officialisation.» 18 oder «Je suis contre la violence que je condamne véhément. Par contre, je suis pour le maintien de tout ce qui est culture et tradition basque.» 19 Auffällig war, dass lediglich 49 von 60 Befragten auf die Frage 221 antworteten – bei anderen Fragen in diesem Komplex zur ETA war es ganz ähnlich. Die Aussage eines Sprechers, 20 «On ne parle pas de ce sujet ...», zeigt wohl warum. Es gibt offenbar Befürchtungen oder politisch induzierte Ängste, weshalb ungern über das Thema ETA gesprochen wird – daher sollten die Antworten zu diesem Fragenkomplex mit besonderer Vorsicht interpretiert werden. 18,3 Prozent der nordbaskischen Befragten waren im Übrigen der Meinung, dass die ETA hauptsächlich ein Problem in Spanien darstelle; und dort sogar das Hauptproblem sei. 46,7 Prozent hielten diese Aussage für übertrieben, doch nur gut ein Fünftel der Befragten empfand sie als falsch. Ganze 76,7 Prozent der Nordbasken waren der Meinung, lieber mit einem Basken von der eigenen Seite als mit einem Basken von der anderen Seite über die ETA zu sprechen. Bei diesem sensiblen Thema offenbart sich eine gewisse Entfremdung der Basken beider Seiten. Neben dem Fragenkomplex zur Nationalität und zur ETA wurden in der Befragung das Nord- und das Südbaskenland jeweils auch mit einer provokanten wirtschaftlich-politischen Aussage charakterisiert – hierzu wurde die Meinung der Befragten erbeten. Ein Viertel der Befragten im Nordbaskenland bewerteten die Aussage «Le Pays Basque nord, c’est trois petites provinces, sans aucun statut officiel, sans existence légale, peu industrialisées, ayant perdu leurs Fors en 1789 et n’en ayant gardé aucun souvenir.» als falsch, doch immerhin 28,3 Prozent hielten die Aussage, die das Nordbaskenland für politisch schwach und die Identität der Bewohner als Basken für verkümmert erklärt, für korrekt. Die Mehrheit, in diesem Fall 41,7 Prozent, empfand sie jedoch als übertrieben und 8,3 Prozent als seltsam. Nur ein Einzelner bezeichnete sie als Lüge. 60 Prozent der Befragten bewerteten wiederum die Aussage zum Südbaskenland «Le Pays Basque sud, c’est quatre provinces puissantes, fortement industrialisées, qui ont le statut de départements et qui forment deux régions

|| 17 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin (Geschichte). 18 Weiblich, Studentin. 19 Männlich, 58 Jahre alt, Direktor. 20 Männlich, 20 Jahre alt.

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autonomes de l’Etat espagnol, qui n’ont perdu leurs Fors qu’en 1876 et qui en gardant un souvenir vivace.» als wahr, 3,3 Prozent als sympathisch und nur 6,7 Prozent bezeichneten sie als falsch. Niemand meinte, es sei eine Lüge. 21,7 Prozent empfanden die Aussage jedoch als übertrieben und ein Befragter als seltsam. Anhand der Positionen zu den jeweiligen Aussagen zum Nord- und zum Südbaskenland zeigt sich, dass die Nordbasken dem Südbaskenland für das Baskenland insgesamt eine höhere Bedeutung und einen größeren Stellenwert beimessen als dem Nordbaskenland.

10.1.3 Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung in der internen Binnenperspektive Betrachtet wird nun zuerst die Eigenwahrnehmung der Nordbasken, bevor anschließend die Einschätzung der Nordbasken durch die Südbasken dargestellt wird.

10.1.3.1 Eigenwahrnehmung und die Bedeutung von Iparralde Wie bereits aus der vorangehenden Analyse hervorging, wird die Teilung des Baskenlandes in einen Nord- und in einen Südteil recht widersprüchlich gesehen. Ein Sprecher meinte: «[Je suis] fier de nos particularités de Basque du Nord.» 21 Andere sagten dagegen: «Pour moi, il n’existe qu’un Pays Basque.» 22 oder «Je me sens basque avant tout, sans différence entre Nord et Sud.» 23 Als direkt danach gefragt wurde, wie die Beziehungen zwischen dem Nordund dem Südbaskenland zu bewerten seien, definierten 49,2 Prozent die Beziehungen als gut; kein Einziger erklärte, dass es sich um schlechte Beziehungen handelt. Dennoch gab auch ein großer Teil, und zwar 42,4 Prozent der Nordbasken, an, dass es sich lediglich um mittelmäßige Beziehungen handelt. 8,5 Prozent konnten es nicht genau beurteilen oder wussten es nicht. Die Nordbasken empfänden es nach Aussage einer Sprecherin, 24 als abwegig an ein eigenständiges Baskenland zu denken: «Les Basques français se sentent attachés à leur culture mais sont conscients qu’un Pays Basque serait ridicule.»

|| 21 Männlich, 24 Jahre alt. 22 Männlich, 49 Jahre alt, Bauer. 23 Männlich, 20 Jahre alt. 24 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin.

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Um die regionale Identitätsbindung der Nordbasken zu untersuchen, wurden im Questionnaire auch weitergehende Fragen zur nord- und zur südbaskischen Identität gestellt. In diesem Kontext wurde das Zugehörigkeitsgefühl der Nordbasken zu den Franzosen einerseits und zu den Südbasken andererseits analysiert.

Die Grafik zur Frage 200 zeigt, dass 58,5 Prozent der nordbaskischen Sprecher – die Mehrheit also – in der kollektiven Eigenwahrnehmung sagten, dass sich die Nordbasken im Allgemeinen eher als Franzosen fühlen denn als Basken. Dies wird individuell unter anderem wie folgt begründet: «Je suis d’abord Française car je bénéficie de toute sa politique et surtout de ses avantages sociaux.» 25 Als weitere Ursachen für die mehrheitliche Aussage, dass die Nordbasken sich eher als Franzosen denn als Basken fühlen, gelten nach Selbstaussagen der Sprecher. Die jahrelange Unterdrückung der Basken und ihrer Traditionen inklusive der Sprache durch den französischen Staat, die Dominanz des Französischen im Alltag sowie die weitgehend fehlende Anerkennung der Sprache und der Basken als eigenständiges Volk. 26 Bei Frage 177, die die persönliche Eigenwahrnehmung ergründen sollte, also ob der Befragte selbst sich den Franzosen oder den Basken näher fühlt, wurden beide Antwortmöglichkeiten zu je 30,4 Prozent gewählt. Fast 40 Prozent, also die relative Mehrheit, konnten oder wollten sich nicht entscheiden – das deutet unter anderem darauf hin, dass es sich hierbei um eine sensible Frage handelt, die den Befragten eventuell unangenehm war.

|| 25 Weiblich, 19 Jahre alt, Studentin. 26 Als ein Beispiel sei folgende Aussage zitiert: «L’Euskara a été longtemps ‹vulgarisé› côté français par les autorités du pays mais sa pratique a toujours été perpétuée dans les familles, de même pour toutes les traditions ou fêtes. Aujourd’hui, des structures officielles sont là pour aller dans ce sens. La situation a progressé et j’espère que le peuple basque sera reconnu par la loi» (Sprecher: Männlich, 20 Jahre alt, Student).

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Die große Unsicherheit in diesem Punkt führte wohl auch dazu, dass nur knapp über 40 Prozent der Befragten der Meinung waren, dass die Nordbasken ohne Probleme sagen würden: «Je suis fier d’être français.» Fast 90 Prozent erklärten zudem, dass die Nordbasken sich im französischen Staat weniger frei fühlen als die Südbasken in Spanien. Als Interpretation dieser Ergebnisse kann angeführt werden, dass die Nordbasken sich im französischen Staat in ihrer baskischen Identität eingeschränkt fühlen. Die Befragten sagten auch mit großer Mehrheit, dass die Südbasken wesentlich baskischer seien als die Nordbasken; oder anders formuliert: 98,3 Prozent der Nordbasken verneinten die Aussage, dass die Nordbasken baskischer seien als die Südbasken. Allerdings ist nach wie vor ein Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Nordbasken sowie eine Abgrenzung der regionalen Identität von Frankreich insgesamt zu vernehmen. Über 90 Prozent gaben auch an, dass sie lieber im Baskenland als in einer anderen Region in Frankreich leben möchten (siehe Grafik zur Frage 29).

Als Begründungen wurden angeführt, dass sich die Befragten im Baskenland zu Hause und wohl fühlten, hier ihre Wurzeln seien; aus Liebe und der Verbindung zum Baskenland sowie den baskischen Traditionen. Die Mobilität innerhalb des Baskenlandes ist hoch; mehr als vier Fünftel der Nordbasken begeben sich häufig in andere Orte im Baskenland (inklusive Südbaskenland). Nach den bisherigen Ergebnissen verwundert es auch nicht, dass die Nordbasken für das Bestehen des Baskenlands insgesamt dem Nordbaskenland – ihrer eigenen Region – eine geringere Bedeutung zuschreiben. Fast 60 Prozent waren der Meinung, dass das baskische Volk auch ohne die Existenz des Nordbaskenlandes weiterbestehen könnte. Als im Fragebogen direkt danach gefragt

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wurde, ob es ein Gefühl «Baske zu sein» im Nordbaskenland gäbe, wurde dies dennoch eindeutig von 87,7 Prozent bestätigt. Folgende Aussage steht dafür exemplarisch: «Une grande fierté d’être Basque mais une lutte permanente pour vivre en tant que tel. C’est de plus en plus dur de faire face aux dénis de nos droits et à ‹l’envahissement effreiné›.» 27 Durch die Frage 206 des Questionnaire konnte ermittelt werden, dass «Baske sein» im Nordbaskenland in abgestuften Varianten existiert. Lediglich 20,4 Prozent meinten, im Nordbaskenland sei man ohne Einschränkung Baske und 16,7 Prozent erklärten, dass man eher Baske als Franzose sei. Genau die Hälfte der Befragten gab aber an, dass man Baske und Franzose zugleich sei. 7,4 Prozent sagten, dass man eher Franzose als Baske sei (siehe Grafik zur Frage 206); hierbei wurde in qualitativen Aussagen erneut die Dominanz des französischen Staates herausgestellt: «Au Pays Basque du Nord, on se sent plus Français que Basque. En effet, le gouvernement ne fait aucun effort pour développer la langue. Ainsi on ne peut pas vivre en parlant que basque. Trop de choses sont en français.» 28 Neben den in Frage 206 vorgegeben Kategorien entwickelten einzelne Sprecher sogar ihre eigenen Kategorien. Eine Sprecherin machte folgende Einstufungen: «1. Il y en a qui assument entièrement d’être Basque et qui le montrent. 2. Ceux qui se sentent basque mais n’osent pas le montrer de peur de se faire mal voir par l’entourage qui ne se sent pas du tout basque. 3. Il y en a qui parlent la langue, mais ne se sentent pas concernés puisqu’il s’agit de politique basque. Ils ne sont pas du tout d’accord.» 29 Zusammenfassend ist eine nordbaskische Gruppenidentität überraschend stark ausgeprägt. Die Nordbasken distanzieren sich teilweise von Frankreich, aber differenzieren in großen Teilen auch zwischen Nord- und Südbasken. Jedoch ist das Selbstbewusstsein, der Glaube an die Stärke der eigenen Identität, eher schwach ausgeprägt.

|| 27 Männlich, 21 Jahre alt, Student. 28 Weiblich, 19 Jahre alt, Studentin. 29 Weiblich, 18 Jahre alt, Studentin.

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10.1.3.2 Fremdwahrnehmung aus der Sicht von Hegoalde Nachfolgend wird nun die Wahrnehmung der Nordbasken durch die Südbasken analysiert: Die eigene Einschätzung der Nordbasken bezogen auf ihre baskische Identität wurde von den Südbasken insgesamt bestätigt. Insbesondere hieran, aber auch durch die weiteren Analysen der internen Binnenperspektive der Südbasken und der internen Außenperspektive, zeigt sich, dass für eine adäquate Beschreibung von Identität die Betrachtung mehrerer Perspektiven notwendig ist – die Grundannahmen im hier entwickelten Modell zur Identität werden dadurch bestätigt. Auch die Südbasken waren, wie ihre Nachbarn, der Meinung, dass über 40 Prozent der Nordbasken ohne Probleme sagen würden: «Je suis fier d’être français.» Zudem schätzten 87,3 Prozent der Südbasken ein, dass die Nordbasken sich im französischen Staat nicht freier als Basken fühlen können als die Südbasken in Spanien. Alle befragten Südbasken erklärten, dass die Nordbasken nicht baskischer seien als die Südbasken. Die Situation liege vor allem darin begründet, dass die politischen und offiziellen Vorgaben eine Eigenständigkeit nicht zuließen – das Nordbaskenland sei ohne Zweifel Frankreich untergeordnet, wie etwa folgende Sprecheraussage verdeutlichte: «El País Vasco del francés pertenece legalmente a Francia en la actualidad. Por ello, también se reivindica su independencia.» 30 Jedoch glaubten die Südbasken, dass die Nordbasken sich stärker von den Franzosen unterscheiden beziehungsweise abgrenzen als die Nordbasken selbst von sich annehmen. Während die Nordbasken selbst zu 58,5 Prozent bejahten, dass sich die Nordbasken eher als Franzosen denn als Basken fühlen, waren es nur 32,8 Prozent der Befragten aus dem Südbaskenland («Yo creo que ellos se sientan más franceses que vascos y aunque tenemos muchas cosas en común, para los vascos-franceses es más una cuestión regional.» 31), die dies annahmen; mehr als zwei Drittel der Südbasken sagten aus, dass die Nordbasken sich eher als Basken denn als Franzosen fühlen (siehe Grafik zur Frage 200). Dennoch war auch anhand individueller Sprecheraussagen erkennbar, dass sie sich als Basken fühlen: «Ipar Euskal Herrian antzeko gauza gertatzen da. Oso hurbil dute Frantzia baina hala ere, Ipar Euskal Herria geure sentimenetan daramate.» 32

|| 30 Männlich, 22 Jahre alt, Student, Südbaske. 31 Weiblich, 29 Jahre alt, Studentin, Südbaske. 32 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin, Südbaske. Übersetzung: Die Situation ist im Nordbaskenland dieselbe. Sie stehen Frankreich nahe, trotzdem trägt das Nordbaskenland unser Gefühl.

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Daher überrascht es auch nicht, dass die Südbasken dem Nordbaskenland grundsätzlich eine höhere Bedeutung für das Baskenland insgesamt zugestehen als die Nordbasken sich selbst. «Ipar Euskal Herria txikia izan arren baduela garrantzia Euskal Herrian.» 33 Nur knapp ein Drittel der Befragten aus dem Südbaskenland war der Meinung, dass das baskische Volk ohne Probleme allein mit den Südbasken weiterbestünde – bei den Nordbasken waren es dagegen fast 60 Prozent. Während mehr als die Hälfte der Südbasken den Nordbasken einen großen Stellenwert für das Baskenland insgesamt zusprachen, nahmen die befragten Nordbasken für sich selbst eine wesentlich weniger bedeutende Rolle an. Zusammenfassend sehen die Basken auf spanischem Territorium nach wie vor enge Verbindungen zwischen den beiden Teilgruppen in Frankreich und Spanien und gehen, trotz der wahrgenommenen Einschränkungen der Nordbasken in der Auslebung ihrer Identität, von einer starken baskischen Identität im Nordbaskenland aus.

10.2 Südbasken: Identität aus der internen Binnenperspektive Im Folgenden werden nun die Ergebnisse der Fragen zur Identität der Südbasken analysiert: Bereits bei der Analyse der «Kompetenz der Variation» in Kapitel 7 wurde offensichtlich, dass sich von den Südbasken nur ein sehr geringer Teil, und zwar lediglich gut ein Zehntel der Befragten, als Spanier fühlt. Die große Mehrheit der Befragten fühlt sich als Baske, viele sogar explizit eher als Südbaske denn als Spanier. Es wurde zwar gemeinhin anerkannt, dass zwischen dem Nationalstaat Spanien und dem Baskenland eine Verbindung besteht, jedoch wird die Eigenständigkeit des baskischen Volks stark betont. Bei der direkten Nachfrage, welche Identität den Südbasken am wichtigsten ist, zeigte sich, dass das Baskentum die überragende Rolle einnimmt. Baske zu sein war für über 90 Prozent von höchster Bedeutung (siehe Grafik zur Frage || 33 25 Jahre alt, im Studium, Südbaske. Übersetzung: Auch wenn das Nordbaskenland klein ist, doch hat es eine Bedeutung fürs Baskenland.

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37). Auch wenn die beiden anderen Kategorien nur sehr selten genannt wurden, ist interessant, dass die Identität als Südbaske noch vor der Identität als Spanier rangiert – damit ergibt sich eine andere Reihenfolge als bei den Nordbasken.

Tatsächlich wurde als zweitwichtigste Identität mehrheitlich jene als Südbaske genannt (siehe Grafik zur Frage 38). Dies gaben mehr als vier Fünftel der Südbasken an. Die südbaskische Identität hat damit für die Befragten eindeutig eine größere Bedeutung als die spanische. Die Abgrenzung zur spanischen Identität und damit auch zur spanischen Nationalität zeigt sich also stärker als bei den Nordbasken zur französischen Identität und zur französischen Nationalität. Bei dieser Frage stand erneut die Kategorie «Spanier» an dritter Stelle. Auch einzelne Sprecheraussagen 34 belegten die weit verbreitete Abgrenzung vom spanischen Staat, etwa: «Ez naizelako Espainarekin identifikatzen.» 35

Bei der Frage nach der drittwichtigsten, und damit in diesem Zusammenhang nachrangigsten, Identität wurde schließlich von fast allen Befragten – logisch folgerichtig – die Identität als Spanier genannt (siehe Grafik zur Frage 39). Das Ergebnis, dass kein einziger Befragter aus dem Südbaskenland angab, dass die Identität als Baske für ihn am drittwichtigsten sei, zeigt noch einmal deutlich das klare Bekenntnis zum Baskentum.

|| 34 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin. 35 Übersetzung: Weil ich mich nicht mit Spanien identifiziere.

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Die Ergebnisse der drei Fragen – also, dass die baskische Identität am wichtigsten ist und die südbaskische Identität noch vor jener als Spanier rangiert – bestätigte sich in der Grundtendenz auch bei Kontrollfragen: 92,0 Prozent der Sprecher meinten, dass ihnen die Aussage «Ich bin Baske» am wichtigsten sei. Die Aussage «Ich bin Südbaske» gab zwar keiner der Befragten als wichtigste an; 8,0 Prozent der Befragten stimmten der Aussage «Ich bin Spanier» als wichtigster zu. Gleichwohl wurde als zweitwichtigste Aussage «Ich bin Südbaske» von 88,5 Prozent der Befragten genannt. Zur spanischen Nationalität mit der Aussage «Ich bin Spanier» bekannten sich fast alle Sprecher erst an dritter Stelle.

10.2.1 Sprachidentität – Identität durch Sprache Das evaluative Wissen über eine Sprache beeinflusst Identität in der Weise, dass die Sprecher im Fall einer negativen Haltung gegenüber dieser die Sprache nicht verwenden und dementsprechend sich auch nicht damit und der Region, in der sie beheimatet ist, identifizieren. Zwar stellte die Mehrheit der Südbasken die Unerlässlichkeit des Spanischen für ihren Alltag nicht in Frage, doch verwenden sie diese im Alltag so wenig wie möglich. Die dem Spanischen, trotz allem, zugeschriebene Bedeutung liegt mutmaßlich an der Realität, dass der südliche Teil des Baskenlands eben seit Jahrhunderten unter spanischer Herrschaft steht und dass damit eine systematische Aufwertung des Spanischen durch den Staat erfolgte. Der Hinweis auf die Historie erfolgte in zahlreichen Sprecheraussagen 36: «Francoren diktadura arrazoi nagusiena.» 37 sowie «Actualmente el País Vasco pertenece legalmente a España; no obstante, se reivindica su independencia y por ello estamos en una proceso de lucha continua.» Zwei Drittel der Südbasken waren der Meinung, dass die baskische Sprache wiede-

|| 36 Weiblich, 20 Jahre alt, Studentin sowie männlich, 22 Jahre alt, Student. 37 Übersetzung: Der wichtigste Grund ist die Franco-Diktatur.

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rum dem baskischen Volk eine zunehmende Selbstständigkeit ermögliche. Nur knapp 10 Prozent verneinten die Aussage – mehr als ein Viertel waren es dagegen im Nordbaskenland. 23 Prozent waren sich in Hegoalde unsicher oder wussten auf die Frage nicht zu antworten (siehe Grafik zur Frage 132).

Das Baskische ist also im Südbaskenland ebenfalls ein wichtiges Mittel zur Abgrenzung und Selbstbestimmung – wie auch andere aktuelle Studien aufzeigen (Amorrortu/Ortega/Idiazabal/Barreña 2009, 49–52) –, und zwar für prozentual mehr Befragte als im Nordbaskenland. Bei den Nordbasken waren es etwa 20 Prozentpunkte weniger. Von den südbaskischen Sprechern wurde mehrfach explizit erklärt, dass die Existenz des Baskenlandes an die Sprache gekoppelt sei; exemplarisch dazu folgende Aussage 38: «Sería casi imposible que siguiera existiendo. […] Porque el ambiente y la sociedad se reflejan en la lengua.» Auch bei der Frage, ob das baskische Volk ohne baskische Sprache existieren könnte, wird die Bedeutung der Sprache noch einmal feststellbar: 70,2 Prozent verneinten dies (siehe Grafik zur Frage 129).

Einzelne Sprecheraussagen 39 machen den Sachverhalt noch einmal anschaulich, etwa: «Euskararik gabe ez dago Euskal herririk.» 40 Auffällig war im Vergleich beider Gruppen, dass im Nordbaskenland wesentlich mehr Befragte, nämlich 84,5 Prozent, die Frage zur möglichen Existenz des baskischen Volks

|| 38 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin. 39 Männlich, Lehrer. 40 Übersetzung: Ohne das Baskische gibt es kein Baskenland.

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ohne seine Sprache verneint haben. Es ist anzunehmen, dass die aktuelle Präsenz des Baskischen im Alltag einen wichtigen Einfluss auf dieses Ergebnis hat. Durch die sprachpolitisch schwierige Situation im französischen Baskenland und durch die fehlende offizielle Anerkennung des Baskischen ist vermutlich die Bedrohungssituation der eigenständigen baskischen Identität den Nordbasken viel bewusster als den Südbasken. Im Alltag werden die nordbaskischen Sprecher täglich damit konfrontiert, dass sie ohne die Verwendung der Sprache als Basken nicht erkannt werden. Während die Südbasken wohl auch andere Faktoren in die Bewertung der baskischen Identität einbeziehen, haben die Nordbasken erkannt, dass diese – ohne die Sprache – nicht ausreichen, um die Identität tatsächlich zu erhalten. Auch brachten im Südbaskenland etwa 10 Prozent mehr Befragte als in der Gruppe der Nordbasken zum Ausdruck, dass es ihrer Meinung nach das baskische Volk auch ohne Sprache geben würde. 66,7 Prozent verneinten dies (siehe Grafik zur Frage 228). Hier wird also wiederum deutlich, wie wichtig den Basken ihre Sprache ist. Andererseits wird auch erkennbar, dass bei den Südbasken zum Teil durchaus der Glaube vorhanden ist, man könne sich ausschließlich über Kultur, die Sprache ausgenommen, definieren. Die Nordbasken kennen diese Realität und sind offenbar skeptischer.

Auch wenn ein Drittel der befragten Südbasken glaubte, dass ein baskisches Volk ohne Sprache existieren könnte (siehe Grafik zur Frage 228), stellt die baskische Sprache doch für ausnahmslos alle ein wichtiges Symbol dar (siehe Grafik zur Frage 133).

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Es wurde immer wieder bestätigt, dass Sprache das wichtigste Symbol der baskischen Identität sei, wie auch folgende Sprecheraussagen 41 zeigen: «Hizkuntzak identitate 1 sortzen du eta identitate sozial horrek herria eraikitzen du.» 42 sowie «Perdida de identidad nacional.» 89,9 Prozent wären trauriger über den Verlust der baskischen Sprache als über den Verlust der spanischen Sprache; nur 10,1 Prozent der Befragten aus dem Südbaskenland wären trauriger über den Verlust der spanischen Sprache. 98,9 Prozent würden es zudem als äußerst schade empfinden, wenn es eines Tages die baskische Sprache nicht mehr gäbe. Ebenso viele glaubten, dass der Verlust des Baskischen auch Konsequenzen für das Baskenland haben würde, weil die Sprache «es más que una lengua.» 43 Herausgestellt werden muss in jedem Fall die besondere Wertschätzung und die Betonung der Einzigartigkeit des Baskischen durch die Südbasken – wie sie aber auch im Nordbaskenland zum Ausdruck kam. Viele Befragte waren überzeugt, dass es sich beim Baskischen um eine außergewöhnliche Sprache handele, die mehr sei als die Sprache der baskischen Gemeinschaft; sie sei weltweit einzigartig. Von den Sprechern wird das Baskische folgendermaßen charakterisiert: «Es la lengua de la tierra» 44 oder «Gauza bakarra delako munduan.» 45 Auch diese besondere Wertschätzung deckt sich mit der Einschätzung der Nordbasken.

10.2.2 Kollektive Identität im kulturellen und politischen Kontext 10.2.2.1 Kulturelle Identität oder Ausdruck von Folklore? «Aparentes libertades que se cinen a lo folclórico. Carencia de estructura política propria. Lugar de reserva turística. El euskera, lengua de segundo nivel y en trance de desaparición.» 46 Solche Sprecheraussagen, die Angst um den Verlust der Sprache zum Ausdruck bringen, sind auch im Südbaskenland zu finden. Auch hier wurde, wie im Nordbaskenland, der Begriff «Folklore» benutzt, der darstellt, dass es sich nur noch um einen volkstümlichen Gebrauch handele, um die baskische Identität nach außen hin zu präsentieren, so dass

|| 41 Weiblich, 21 Jahre alt, Lehrerin sowie weiblich, 29 Jahre alt, Studentin. 42 Übersetzung: Die Sprache schafft eine Identität und diese soziale Identität bildet ein Land/Volk. 43 Männlich, 24 Jahre alt, Verkäufer. 44 Männlich, 36 Jahre alt, Versicherungsangestellter. 45 Männlich, 21 Jahre alt, Student. Übersetzung: Das Baskische ist weltweit einzigartig. 46 Männlich, 56 Jahre alt, Lehrer.

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dies etwa dem Tourismus dienlich ist, der jedoch nicht mehr echt sei und damit keine wirkliche Identität zum Ausdruck bringe. Auch wenn viele kulturelle Aspekte für den Ausdruck der Identität eine Rolle spielen – so betonten vereinzelte Sprecher «Por lo mismo, me identifico con la cultura y forma de ser.» 47 oder «Herri bat bere hizkuntza eta kulturarekin identiafikatzen delako.» 48 – wurde von den Befragten mehrheitlich erklärt, dass die Sprache der wichtigste Teil der Kultur sei. Wie bereits bei den in Kapitel 10.1.2 zitierten Sprecheraussagen zu sehen war, wird dies – bis auf wenige Ausnahmen – über alle Sprechergenerationen hinweg so erkannt. Grundsätzlich wurde aber auch bei der Analyse der Bedeutung kultureller Aspekte stets auf die Abgrenzung zwischen der baskischen und der spanischen Kultur verwiesen, so eine Sprecherin: «[…] es un pueblo, con su lengua y su cultura diferente a la española.» 49

10.2.2.2 Regionale und nationale Identität: Eine (sprach-)politische Frage Seit der Offizialisierung der Minderheitensprachen Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde in Spanien eine – im Vergleich zum französischen Staat – weitaus offenere Sprachpolitik zugunsten der Regionalsprachen betrieben. Auch wenn die sprachliche Dominanz des Spanischen nicht zu bestreiten ist, erlangten die verschiedenen Minderheitensprachgemeinschaften – bedingt ebenfalls durch die Schaffung der Comunidades Autónomas – ein größeres Selbstbewusstsein bezogen auf ihre Sprache, ihre Kultur und die Auslebung ihrer spezifischen Traditionen. Dies spiegelt sich auch in den Antworten der Sprecher wieder, woraus sich klare Unterschiede zu den Nordbasken ergeben. Anders als die Nordbasken machten die Südbasken in den entsprechenden Passagen des Fragebogens so gut wie keinen Unterschied, ob sie im eigenen Gebiet oder im Ausland danach gefragt werden, welcher Nationalität sie seien: So würden 95,5 Prozent in der eigenen Region und 89,9 Prozent im Ausland sagen, dass sie Basken seien. Nur gut 10 Prozent würden im Ausland äußern, Spanier zu sein, im eigenen Gebiet nur 4,5 Prozent. Kein Sprecher würde sich im Südbaskenland explizit als Südbaske vorstellen. Bei der Analyse einzelner Sprecheraussagen ist besonders markant, dass die Begriffe «Nation» sowie «Nationalgefühl» im Vergleich verschiedener Be-

|| 47 Männlich, 24 Jahre alt, Verkäufer. 48 Weiblich, 50 Jahre alt, Hausfrau. Übersetzung: Weil ein Volk sich mit seiner Sprache und Kultur identifiziert. 49 Weiblich, 22 Jahre alt, Studentin.

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fragter einen sehr unterschiedlichen Stellenwert haben. Während es Sprecher 50 gab, für die persönlich die Nation nur von geringer Bedeutung ist und die sich über andere Vorstellungen identifizieren – «No me parece importante el concepto de nación, prefiero mi identidad compatible con otros conceptos» – sprachen wiederum andere 51 von der großen Bedeutung der Gemeinschaft mit der Betonung darauf, dass im Baskenland ein starkes Nationalgefühl vorhanden sei: «Situación de opresión y carencia de libertades. Estado de excepción permanente. Fuerte sentimiento nacional por la construcción de la patria de los vascos. […]» Häufig wurde auch im Südbaskenland auf die politischen Missstände und die fehlende Unterstützung durch die Regierung hingewiesen. Die Probleme liegen in den verschiedensten Bereichen, etwa in der Politik, in der Berichterstattung der Medien; entsprechend ist die Frustration der Sprecher ebenfalls hoch. Die Südbasken zogen vielfach Vergleiche mit anderen autonomen Regionen Spaniens, um anhand dessen zu illustrieren, woran es in ihrem Gebiet noch fehle: «Euskal Herriaren egoera, ikastolei buruzko informazio asmatua eta gezurra dena egunkarietan adierazten dutelako. Katalunian politikoek katalanez hitz egiten duten bitartean, hemen ez da hori gertatzen.» 52 Im Folgenden soll nun auch die Bedeutung der ETA für die Südbasken analysiert werden, die vor allem in diesem Gebiet Aktivitäten zeigte und bis heute aktiv ist. In der aktuellen Befragung wurde offenbar, dass die ETA insgesamt sehr ablehnend beurteilt wird: 71,4 Prozent meinten, dass es sich bei der Bewegung um einen negativen Faktor für die baskische Nation handele, zum Beispiel: «Es un grupo terrorista y que afecta economicamente al País Vasco de manera negativa.» 53 Nur ein knappes Drittel befürwortete das Vorgehen der ETA (siehe Grafik zur Frage 221). Die Nordbasken hatten die ETA noch negativer beurteilt, im Südbaskenland waren knapp 15 Prozent mehr der ETA zugetan. Einige Sprecher differenzierten und sahen die ETA sowohl positiv als auch negativ, wie folgende Aussage beweist: «Sí, intenta preservar algunos derechos del País Vasco. No, la violencia.» 54 Diese Widersprüche ergeben sich vor allem dadurch, dass einerseits die Rolle der Gewalt im Zusammenhang mit der ETA abgelehnt wird, andererseits anerkannt wird, dass die Aktivitäten der ETA zu einer politischen Diskussion und zu medialer Präsenz führten, was dazu führte, dass die || 50 Weiblich, 29 Jahre alt, Studentin. 51 Männlich, 56 Jahre alt, Lehrer. 52 Weiblich, 19 Jahre alt, Krankenschwester. Übersetzung: Die Situation vom Baskenland, weil die Zeitungen nur ausgedachte und lügenhafte Informationen über die Ikastolas berichten. Während in Katalonien die Politiker Katalanisch sprechen, passiert das hier nicht. 53 Weiblich, 29 Jahre alt, Studentin. 54 Männlich, 22 Jahre alt, Student.

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«baskische Thematik» stets virulent war, was auch den Spracherhalt begünstigt haben dürfte. Auch wenn die Taten der ETA nicht als richtig eingestuft werden, führte ihr Engagement in den Augen vieler im Sinne des Erhalts der Sprache und im Sinne des Erhalts des Baskentums zu positiven Ergebnissen. Trotzdem bleibt festzuhalten: Insgesamt wird die ETA heute überwiegend negativ beurteilt.

Auffällig war jedoch, wie auch schon bei den Nordbasken, dass lediglich 70 von 89 Befragten diese Frage beantwortet haben. Insgesamt, bei den Nord- und bei den Südbasken, wurden Fragen zur ETA, auch in den Voruntersuchungen, nur zögerlich beantwortet. Daher muss insgesamt in Frage gestellt werden, ob hier die tatsächlichen Meinungen der Befragten widergespiegelt werden. Auch folgende Sprecheraussage 55 zeigt, dass die Basken eine vorsichtige Haltung einnehmen, sobald sie mit einem Fremden – sei es auch nur per Fragebogen – über die ETA kommunizieren: «Asko hitz egin dut honetaz baina ez idatzi. Eta ezezagunekin ere ez.» 56 67,4 Prozent würden lieber mit einem Basken von der eigenen Seite als mit einem Basken von der anderen Seite über das Thema ETA sprechen, wie Frage 225 ergab. Die Südbasken sollten ferner zu einer provokanten wirtschaftlichen und politischen Aussage über das Nordbaskenland Stellung nehmen. Über 10 Prozent weniger als bei den Befragten im Nordbaskenland (also nur 15,7 Prozent) bewerteten die Aussage «Le Pays Basque nord, c’est trois petites provinces, sans aucun statut officiel, sans existence légale, peu industrialisées, ayant perdu leurs Fors en 1789 et n’en ayant gardé aucun souvenir.» als wahr. 28,1 Prozent empfanden sie als falsch und 22,5 Prozent als eine Lüge – im Nordbaskenland wurde diese letzte Kategorie nur von einem Befragten angegeben. Das hinter der Aussage stehende recht negative Bild vom Nordbaskenland wurde von den Südbasken stärker verneint als von den Nordbasken selbst. Dies kann man entweder so interpretieren, dass die Südbasken die nordbaskische Situation ideali-

|| 55 Männlich, 57 Jahre alt, Lehrer. 56 Übersetzung: Ich spreche viel darüber, aber darüber schreibe ich nicht. Und auch nicht mit Unbekannten.

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sieren, das heißt wider besseren Wissens, positiver einschätzen als sie in der Realität ist oder dass sie die Situation nur schlecht kennen, ignorieren oder sogar verleugnen. Es wäre zu viel gesagt anhand dieses Ergebnisses von Entfremdung zwischen den beiden Teilgruppen des Baskenlands zu sprechen, jedoch offenbart sich hier möglicherweise eine Unkenntnis der Realitäten. Im Gegensatz dazu wurde die recht positive Aussage «Le Pays Basque sud, c’est quatre provinces puissantes, fortement industrialisées, qui ont le statut de départements et qui forment deux régions autonomes de l’Etat espagnol, qui n’ont perdu leurs Fors qu’en 1876 et qui en gardant un souvenir vivace.» im Südbaskenland häufiger als falsch, und zwar zu 13,5 Prozentpunkten mehr, eingestuft als im Nordbaskenland. Es sind zwar immerhin 40,4 Prozent, die der Meinung waren, dass die Aussage wahr ist, doch auch hier ist eine deutliche Abweichung von den Ergebnissen im Nordbaskenland zu erkennen: Dort waren es 60,0 Prozent, die die Aussage für wahr hielten. 15,7 Prozent im Südbaskenland empfanden die Aussage als übertrieben und 9,0 Prozent meinten, sie sei eine Lüge. Die Eigenwahrnehmung ergibt also ein anderes, zurückhaltenderes Ergebnis als die Fremdwahrnehmung. Auch an diesen beiden Aussagen lässt sich – im Vergleich der Antworten der Nord- und der Südbasken – erkennen, dass die Analyse von Identität aus verschiedenen Perspektiven, wie sie in den Grundannahmen dieser Arbeit erläutert wurden, wichtig ist, um zu einer Gesamtbewertung von Identität zu gelangen.

10.2.3 Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung in der internen Binnenperspektive In diesem Kapitel soll zunächst die Eigenwahrnehmung der Südbasken analysiert werden, bevor anschließend die Einschätzung der Südbasken durch die Nordbasken aufgezeigt wird.

10.2.3.1 Eigenwahrnehmung und die Bedeutung von Hegoalde Die Beziehungen zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland werden insgesamt als positiv eingestuft. Über 70 Prozent der Südbasken teilten mit, dass die Beziehungen, ihrer Meinung nach, gut seien. Nur vereinzelt wurde von schlechten Beziehungen gesprochen, 12,9 Prozent gaben an, dass die Beziehungen mittelmäßig seien, 14,1 Prozent kreuzten die Kategorie «weiß nicht» an. Hier ist insgesamt die Perzeption sehr viel positiver als im Nordbaskenland. Als Interpretation drängt sich auf, dass die Südbasken vom Nordbaskenland sehr viel weniger Unterstützung zur Aufrechterhaltung ihrer baskischen Identität benö-

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tigen als umgekehrt. Daher sehen die Befragten im Südbaskenland möglicherweise weniger Probleme in den Beziehungen zum Nordbaskenland. An dieser Stelle muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass viele Sprecher zwar die Trennung zwischen Nord- und Südbaskenland, wie sie im Fragebogen vorgenommen wurde, aufgrund der offiziellen Staatsgrenzen nachvollziehen können, dennoch betrachteten viele die baskische Gemeinschaft im Ganzen und betonten dies auch immer wieder. Es wurde stets erklärt, dass das Baskenland nicht aus drei (im Norden) oder aus vier Provinzen (im Süden) bestehe, sondern aus genau 7, wie etwa folgende Sprecheraussage 57 belegt: «Euskal Herria 7 probintzi direla eta bat garela.» 58 Wenn auch die Beziehungen zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland insgesamt als gut empfunden wurden, war es aufschlussreich, das Zugehörigkeitsgefühl der Südbasken zu den Spaniern und zu den Nordbasken explizit zu untersuchen:

Nur 11,6 Prozent führten an, dass sich die Südbasken, als Kollektiv betrachtet, eher als Spanier denn als Basken fühlen; 88,4 Prozent verneinten dies (siehe Grafik zur Frage 202). Im Vergleich sahen sich 58,5 Prozent der Nordbasken in der kollektiven Eigenwahrnehmung eher als Franzosen. Die offizielle Anerkennung im spanischen Staat, die Einrichtung eines Autonomiestatuts, das rigorose Bekenntnis zum Baskentums zeitigen also Erfolg in dem Sinne, dass die Verbundenheit mit dem Baskentum und die regionale Identität im Südbaskenland hoch ist, die Abgrenzung von Spanien äußerst stark. Eine besonders drastische Aussage in diesem Zusammenhang sei hier zitiert: «Baina daukagun etsai handi bi horiek (Nafarroako gobernua eta espainiakoa) oso borroka latza egiten ari dira Euskal Herria osoaren kontra.» 59 Es verwundert daher auch nicht,

|| 57 Männlich, 21 Jahre alt, Student. 58 Übersetzung: Das Baskenland besteht aus 7 Provinzen und wir sind eins. 59 Männlich, 25 Jahre alt, Arbeiter. Übersetzung: Aber die beiden großen Feinde (die Regierung in Navarra und die aus Spanien), die wir haben, kämpfen ständig gegen das ganze Baskenland sehr stark.

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dass 72,9 Prozent der befragten Südbasken sich persönlich den Nordbasken näher als den Spaniern fühlten. Auch hier zeigt sich wieder ein deutlich anderes Bild als im Nordbaskenland, wo nur ein knappes Drittel meinte, den Südbasken näher als den Franzosen zu stehen. Nur 4,7 Prozent der Befragten aus dem Südbaskenland waren der Meinung, sich den Spaniern näher als den Basken von der anderen Seite zu fühlen (siehe Grafik zur Frage 177).

Das Bekenntnis zum Baskentum zeigte sich noch einmal durch die Antworten auf die Frage des Questionnaire danach, ob die Befragten stolz seien, Spanier zu sein. 73,5 Prozent verneinten die Frage, lediglich ein Viertel stimmte der Aussage zu. Des Weiteren gingen 86,1 Prozent der Befragten aus dem Südbaskenland auch davon aus, dass die Südbasken baskischer als die Nordbasken seien. Dies zeigt eindeutig ein starkes Bekenntnis zur baskischen Identität im Südbaskenland. Die deutliche Abgrenzung vom spanischen Staat beziehungsweise von der spanischen Nationalität wurde stets betont. Auch würden fast 90 Prozent lieber im Baskenland als in einer anderen Region Spaniens leben (siehe Grafik zur Frage 29):

Als Begründung wurde vor allem angeführt, dass man im Baskenland zu Hause sei und sich dort auch wohlfühle; des Weiteren, dass sich im Baskenland die eigenen Wurzeln befänden und man sich mit dem Baskenland, den baskischen Traditionen sehr verbunden fühle und diesen nah sein wolle.

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Die Südbasken meinten mehrheitlich, dass das Südbaskenland heute hauptsächlich das Baskenland ausmache. Auch wenn ein Sprecher 60 erklärte «Euskaldun danak bat garelako.» 61 und ein anderer 62 sagte «la nueva definición del plurinacionalismo es importante, estamos de todas linzas políticas, […]», waren immerhin über 80 Prozent der Meinung, dass es kein baskisches Volk mehr geben würde, wenn es eines Tages kein südliches Baskenland mehr gäbe und nur noch das Nordbaskenland bestünde. Jedoch verneinten gut zwei Drittel der Befragten, dass die Südbasken sich im spanischen Staat als Basken freier fühlen könnten als die Nordbasken in Frankreich. Die Unterdrückung durch den spanischen Staat wird noch als sehr präsent empfunden, außerdem schwingt der unterschwellige Vorwurf mit, dass die Nordbasken in Frankreich ihre eigenständige Identität als Basken nicht genug pflegen und damit selbst für ihre schwierige Situation verantwortlich seien. Insgesamt wurde von fast 90 Prozent der Probanden bestätigt, dass es ein allgemeines Gefühl «Baske zu sein» im Südbaskenland gäbe. Im Gegensatz zu den Nordbasken, wo gut 20 Prozent der Meinung waren, dass man Baske ohne Einschränkung sei, gaben dies im Südbaskenland immerhin 83,3 Prozent der Befragten an. Dazu kommen noch 8,3 Prozent, die angaben, eher Baske als Spanier zu sein. Während also insgesamt über 90 Prozent sich als Basken sahen, waren es nur 7,1 Prozent, die sich als Baske und Spanier zugleich sahen und 1,2 Prozent, die der Meinung waren, dass es keine Bedeutung habe. Kein einziger Befragter gab in Hegoalde an, eher Spanier als Baske zu sein (siehe Grafik zur Frage 206) – im Gegensatz zu 7,4 Prozent in Iparralde, die sagten, man sei eher Franzose als Baske.

Folglich lässt sich zusammenfassen, dass die Südbasken sich als die «wahren» Basken sehen – die Abgrenzung von Spanien ist sehr stark. Sie verfügen über

|| 60 25 Jahre alt, im Studium. 61 Übersetzung: Weil wir, alle Basken, eins sind. 62 Männlich, 45 Jahre alt, Lehrer.

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eine starke Gruppenidentität, die in der Regel auch die Nordbasken mit einbezieht – eine eigenständige südbaskische Identität existiert (jedenfalls in der Eigenwahrnehmung) kaum, denn zwischen Nord- und Südbaskenland wird nicht differenziert. Man fühlt sich im Südbaskenland den Basken auf französischem Territorium deutlich näher als den Spaniern.

10.2.3.2 Fremdwahrnehmung aus der Sicht von Iparralde Nach der Eigenwahrnehmung der Südbasken soll nun die Sicht von Iparralde auf Hegoalde analysiert werden: Insgesamt wurde das klare Bekenntnis der Südbasken zu ihrer Identität als Basken auch von den Sprechern aus dem Nordbaskenland so wahrgenommen wie in der südbaskischen Eigenwahrnehmung und die Aussagen der Südbasken wurden weitgehend bestätigt. Auch die Nordbasken waren zu 76,0 Prozent der Meinung, dass die Südbasken nicht ohne Probleme sagen würden, sie seien stolze Spanier. Hierfür werden verschiedene Gründe angeführt, wie etwa folgender Sprecher erklärte: «Pour moi, les Basques ‹côté espagnol› ont toujours eu un temps d’avance sur la ‹promotion officielle› de l’Euskara et des traditions et je crois que c’est dû au fait que l’Espagne fonctionne en communautés autonomes. Cependant, je trouve parfois regrettable que les Basques d’Hegoalde aient boudé un moment les Basques d’Ipparalde. Je rêve dans l’avenir de la ‹réunification› et de la reconnaissance géopolitique de l’Euskal Heni car l’Europe a oublié que c’est un pays à part entière qui comprend tout de même 7 provinces (Araba, Bizkaia, Gipuzkoa, Lapurdi, Nafaroa, Nafaroa Beherea, Zuberoa). Ce n’est pas rien!!» 63 An dieser Aussage ist nachweisbar, dass nordbaskische Sprecher sich zumindest zum Teil am Südbaskenland orientieren und den Wunsch nach einer Vereinigung mit dem identitätsstärkeren Teil nicht aufgeben. Die Nordbasken erkannten auch, dass die Südbasken sich eindeutig vom spanischen Staat abgrenzen. Während jedoch zwei Drittel der Südbasken verneint haben, dass sich die Südbasken im spanischen Staat freier als Basken fühlen könnten als die Nordbasken in Frankreich, bejahten dies stolze 63,5 Prozent der Nordbasken. 77,2 Prozent der Nordbasken glaubten daher auch, dass die Südbasken baskischer seien als die Nordbasken. In einzelnen Sprecheraussagen wurde auch auf die sprachliche Realität verwiesen. Das Baskische würde im Südbaskenland nicht nur häufiger gesprochen und von zahlreichen Bewegungen gefördert, sondern sogar durch die Regierung unterstützt: «Le basque est en meilleur santé, il est beaucoup plus parlé et le

|| 63 Männlich, 20 Jahre alt, Student, Nordbaske.

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mouvement associatif, militant est plus développé qu’au Nord.» 64 sowie «Au Pays Basque Sud, le basque a plus évolué. Le gouvernement l’a aidé. De plus, ce sont des provinces autonomes. On peut y faire et presque vivre tout en basque, sans presque savoir l’espagnol.» 65 Die Nordbasken sehen die Südbasken eindeutig als Basken – nicht als Spanier. Über 80 Prozent der Befragten aus dem Nordbaskenland waren der Meinung, dass sich die Südbasken weniger als Spanier denn als Basken fühlen (siehe Grafik zur Frage 202). Zwar ist dies die deutliche Mehrheit, doch interessanterweise rund 7 Prozentpunkte weniger als in der Selbsteinschätzung der Südbasken.

Die Südbasken sind wiederum von ihrer Identität und Bedeutung für die Volksgruppe der Basken insgesamt überzeugter als die Nordbasken. Während nur 17,1 Prozent der Südbasken der Meinung waren, dass die Basken auch ohne Probleme ohne das Südbaskenland weiterbestünden, sprechen die befragten Nordbasken dem Südbaskenland eine solch hohe Bedeutung nicht zu. 51,9 Prozent der Nordbaskenland gaben an, dass das Baskenland auch ohne den Süden weiter existieren würde. Die Nordbasken registrierten, dass es auch im Südbaskenland Probleme gibt, die das Baskische bedrohen; so könnten etwa auch die Südbasken sich nicht der Dominanz des Spanischen beziehungsweise der spanischen Kultur entziehen: «Ils sont un peu plus que nous, ont la même identité que nous, une volonté de militantisme qu’on ne peut non plus nier. Mais eux connaissent une très forte répression dans la vie de tous les jours. Eux aussi sont submergés par la culture espagnole mais peuvent utiliser la langue basque qui y est officialisée tous les jours (dans les lieux publics).» 66 Zudem erkennen die Nordbasken den enormen politischen Druck, dem die Südbasken für ihre Unabhängigkeit dauerhaft standhalten müssen: «La répression y est plus grande et les Basques ont peur car leur simple identité et leur engagement poli-

|| 64 Weiblich, 20 Jahre alt, Nordbaske. 65 Weiblich, 19 Jahre alt, Studentin, Nordbaske. 66 Weiblich, 19 Jahre alt.

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tique sont durement réprimés par l’Espagne. C’est une chasse aux sorcières. Mais on résiste.» 67 Zusammenfassend weicht die Fremdwahrnehmung der Südbasken durch die Nordbasken nur wenig von der Eigenwahrnehmung der Südbasken ab. Im Vergleich werden einige Sachverhalte im Südbaskenland – wie die sprachliche Realität oder die Freiheit, die kulturellen Ausdrucksformen auszuleben – jedoch positiver gesehen, denn die Nordbasken kennen eine schwierigere Realität der Auslebung und Anerkennung baskischer Identität als die Südbasken. Jedoch bemühen sich die Nordbasken auch, ihre eigene Bedeutung für das Gesamtvolk der Basken herauszustellen und die Südbasken nicht zu den alleinigen Vertretern der Gemeinschaft aufzuwerten.

10.3 Die regionale Identität der Basken aus Sicht der Außenperspektive Wie dem in dieser Untersuchung vorgestellten Modell zur Untersuchung von Identität zu entnehmen ist, ist es zur vollständigen Analyse der gruppenspezifischen Identität und des Zusammenhangs von Sprache und Identität unabdingbar, auch die Sicht der Außenperspektive zu erfassen und zu analysieren. Daher wird hier exemplarisch der Faktor der Mobilität berücksichtigt. Dafür werden Sprecher mit einer internen Außenperspektive untersucht, um die sich aus dieser Perspektive gegebenenfalls ergebenden Veränderungen individueller Identität, aber auch deren Sichtweise auf die gruppenspezifische Identität, zu erläutern. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher zusätzlich zu den im Baskenland selbst verteilten Fragebögen auch eine Gruppe von Sprechern, die schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr im Baskenland leben, um die Beantwortung gebeten. Der Fragebogen sollte auf die spezifische Situation angepasst werden, daher handelt es sich um eine andere und auch verkürzte Fassung des Fragebogens. Die Analyse wird anhand einer baskischen Sprechergruppe in Paris vorgenommen 68: 12 Personen, von denen acht männlichen und zwei weiblichen Geschlechts waren, wurden befragt – zwei Probanden mochten ihr Geschlecht nicht veröffentlicht wissen. Der Mittelwert beim Alter lag bei dieser kleinen

|| 67 Männlich, 21 Jahre alt, Student. 68 Sicherlich hätte auch eine baskische Gemeinschaft außerhalb des Baskenlandes in Spanien untersucht werden können. Da in Paris gute Kontakte vorhanden sind, steht diese Gruppe exemplarisch für die Sprechergruppe mit interner Außenperspektive.

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Gruppe bei 43,92 Jahren. Die Sprecher standen alle mit dem Maison Basque in Paris in Verbindung – sei es durch einen Sprachkurs, durch den Chor oder eine andere kulturelle Aktivität. Zwar kann mit dieser geringen Anzahl von Sprechern bei Weitem kein Anspruch auf Repräsentativität erhoben werden, doch geht es vor allem um eine erste Überprüfung des entwickelten Modells, das heißt, ob und inwiefern andere Sichtweisen neben der internen und der externen Binnenperspektive zur Beschreibung des gesamten Untersuchungsziels von Bedeutung sind. Da die Sprechergruppe mit interner Außenperspektive nur an dieser Stelle der Arbeit Untersuchungsgegenstand ist, wird zunächst kurz das sprachliche und das metasprachliche Wissen der Sprecher analysiert. Gründe für dieses Vorgehen sind erstens, dass der Leser so ein umfassenderes Bild von den Befragten erhält und zweitens, dass aus der bisherigen Analyse ersichtlich wurde, dass vor allem das metasprachliche Wissen eine besondere Rolle für die Identität der Sprecher einnimmt.

10.3.1 Sprachliches und metasprachliches Wissen 58,3 Prozent der befragten Basken in Paris gaben an, besser Französisch als Baskisch zu sprechen. 16,7 Prozent waren überzeugt, in beiden Sprachen das gleiche Niveau zu besitzen; der Rest war sich unsicher und beantworte die Frage nicht. Zudem erklärten drei Viertel der befragten Sprecher mit interner Außenperspektive, zuerst Französisch gelernt zu haben. Auch bei der Beurteilung der eigenen Sprachkompetenz ist das Französische die dominante Sprache. Während alle Befragten im Französischen keine Probleme haben, über alle Themen zu sprechen, konnte dies nur einer der Befragten für das Baskische angeben. 83,3 Prozent können im Baskischen über spezielle Themen sprechen, 8,3 Prozent jedoch nur einige Sätze und kurze Äußerungen formulieren.

Die regionale Identität der Basken aus Sicht der Außenperspektive | 231

Beim Hörverstehen zeigte sich ein noch offensichtlicheres Bild: Während wiederum von allen angeben wurde, dass sie im Französischen jeder Konversation ohne Probleme folgen können, verstehen fast drei Fünftel im Baskischen nur den Sinn einer Konversation ohne Details. Zwar kann ein Drittel im Baskischen jeder Konversation ohne Probleme folgen, doch ergibt sich insgesamt beim Baskischen ein stärker differenziertes Bild mit insgesamt geringerer Kompetenz (siehe Grafiken zu den Fragen 19 und 20).

Insgesamt wurde von fast allen angegeben, sich im Französischen sicherer als im Baskischen zu fühlen. Während das technische Wissen also im Französischen stärker ausfällt, ist die emotionale, persönliche Bindung aber auf Seiten des Baskischen. 83,3 Prozent der Befragten wären trauriger über den Verlust des Baskischen als über den Verlust des Französischen. Dennoch erklärten immerhin 75,0 Prozent der Befragten, sich sowohl als Franzosen als auch als Basken zu fühlen. Die nachfolgenden Begründungen und Erläuterungen zeigen die Ursache dafür: Für die Erklärung, sich als Franzose zu fühlen, wurden vor allem offizielle Gegebenheiten verantwortlich gemacht. 41,7 Prozent erläuterten, dass dies die eigene Nationalität sei. Zudem sei man in Frankreich geboren und lebe auch in Frankreich. Andere Befragte äußerten dagegen: «Parce que je suis né au PB, je parle

232 | Regionale Identität basque.» 69 Eine Sprecherin differenzierte in diesem Kontext sehr genau zwischen Nationalität und Staatsbürgerschaft; sie erklärte knapp: «Citoyenne française, de nationalité basque». 70 Ein anderer Sprecher begründete die bejahende Antwort damit, dass es von «außen» vorgegeben werde, französisch zu sein, und man faktisch gezwungen sei, sich französisch zu fühlen: «Vivant en France, travaillant en France, je suis obligé d’être un peu français.» 71 Im Gegensatz dazu beziehen sich die Begründungen, warum man sich als Baske fühle, vor allem auf persönliche und emotionale Motive: Man spreche das Baskische, denn das Baskentum sei die eigene Kultur und die Sprache stehe für die eigenen Wurzeln, die Familie sei baskisch und man sei im Baskenland geboren. Exemplarisch stehen hierfür folgende Aussagen: «Ma 1re langue, ma 1re culture sont basques.» 72 oder «D’origine basque par mes parents, je me sens d’abord basque.» 73 Es wurde bei der Analyse auch ersichtlich, dass in der Außenperspektive mehrheitlich zwischen Nord- und Südbasken differenziert wird: 50,0 Prozent bestätigten, sich als Nordbasken zu fühlen. Dies verneinten 33,3 Prozent; der Rest antwortete nicht. Während diese vor allem erklärten «Il s’agit d’un même pays, d’une même nation.», 74 wurden von den Befürwortern vor allem historische Aspekte als Grund für die Zweitteilung des Baskenlands angeführt: «On a une histoire différente, une mentalité différente.» 75 sowie «La différence existe, on ne peut pas la nier.» 76 Ob man sich auch in Paris als «Baske» fühle, wurde ziemlich klar beantwortet. Man sei Baske oder man sei kein Baske, denn «je me sens Basque avant tout, surtout pas Parisien» 77 und «je ne me sens pas expatriée (je rentre au Pays Basque tous les mois)». 78 Es wird sogar hier auf die Zweiteilung verwiesen «Où qu’il vive, un Basque se définira toujours d’Iparralde ou d’Hegoalde.» 79

|| 69 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 70 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin. 71 Männlich, 34 Jahre alt, Jurist. 72 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin. 73 Männlich, 34 Jahre alt, Jurist. 74 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 75 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin. 76 Männlich, 34 Jahre alt, Jurist. 77 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 78 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin. 79 Männlich, 34 Jahre alt, Jurist.

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10.3.2 Bedeutung der baskischen Sprache Alle untersuchten Sprecher mit interner Außenperspektive waren, wie auch die Sprecher mit einer internen Binnenperspektive, davon überzeugt, dass ein Verschwinden des Baskischen Konsequenzen für das Baskenland hätte. Daher verwundert es auch nicht, dass fast alle glaubten, dass das baskische Volk ohne Sprache nicht existieren könnte. Auffällig erschien in diesem Zusammenhang, dass mehr als vier Fünftel der Befragten aktuell einen Verlust des Baskischen wahrnehmen (siehe Grafik zur Frage 34).

Alle Befragten waren davon überzeugt, dass die baskische Sprache eine gemeinsame Bindung schaffe; das Baskische stellt für alle ein wichtiges Symbol dar, da ihm für den Erhalt des Baskentums eine besondere Bedeutung zukomme. Exemplarisch hierfür steht die Aussage «Le Pays Basque perdrait son âme, on ne l’appelait plus Pays Basque. Mais cela n’arrivera jamais.» 80 Ohne die Sprache würde es ein baskisches Volk nicht mehr geben, meinten 66,7 Prozent der Befragten. Auch wenn es Sprecher gab, die, sich auf einen Vergleich stützend, meinten, dass die Basken auch ohne Sprache existieren könnten – «Les Irlandais ont perdu leur langue mais existent toujours en tant que peuple.» 81 –, sah die Mehrheit der Sprecher dies nicht so, eben mit der Begründung, dass die baskische Sprache ein sehr wichtiger Ausdruck für das Baskentum und für die Basken sei: «Sans langue basque, pas de peuple basque.» 82 Wie bei den Sprechern mit einer internen Binnenperspektive wird auch hier der Aspekt der Folklore angesprochen. Ohne Baskisch käme es zu einem Identitätsverlust, der zu einem lediglich folkloristischen Fortbestehen des Baskentums und des Baskenlands führen würde: «Perte identitaire – confinement à un statut folklorique ou de langue morte – le Pays Basque n’aurait plus de raisons d’exister». 83 Explizit auf das Nordbaskenland bezogen, erklärte eine Sprecherin: «Pour la majorité, tout ce qui est basque est folklorique (comme une mode). Très

|| 80 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 81 Männlich, 49 Jahre, Ingenieur. 82 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin. 83 Männlich, 54 Jahre alt, Arzt.

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peu se sentent Basques dans leur identité et parmi ceux-là, beaucoup renient leur appartenance au PB nord et admirent aveuglément le Sud, ce qui est très DOMMAGE.» 84 Hierbei wird eine sehr kritisch reflektierte und reflektierende Haltung erkennbar. Ob dies aufgrund der räumlichen Distanz der Sprecherin, das heißt aufgrund ihrer internen Außenperspektive, erfolgt, ist aber eine Frage der Interpretation.

10.3.3 Sprachliche Charakteristika Von allen Befragten in Paris wurde angeführt, dass sich das Baskische zwischen Frankreich und Spanien unterscheide; dies sei anhand der sprachlichen Realisierung feststellbar (siehe Grafik zur Frage 45).

Die Differenzierung sei vor allem an der Betonung/dem Akzent erkennbar – dies wurde von 75 Prozent der Befragten bestätigt. 50 Prozent gaben an, dass man zudem eine Differenzierung anhand des Gebrauchs bestimmter Wörter vornehmen könne. Wie bei den Nord- und den Südbasken mit interner Binnenperspektive wurden auch von den Sprechern mit interner Außenperspektive konkrete Beispiele, vor allem für den Wortschatz, angeführt. Auf Iparralde bezogen, wurde von einem Sprecher erklärt: «Plusieurs mots sont dérivés du français (p. ex. bakantzak pour vacances).» 85 Dennoch wurde auch angeführt, dass sich die sprachlichen Unterschiede nicht nur auf die Einteilung in nördliches und südliches Baskenland beziehen, sondern auch innerhalb beider Gebiete Unterschiede existieren: «Et même à l’intérieur du PB nord et à l’intérieur du PB sud.» 86 In diesem Kontext wurde auch von mehr als zwei Dritteln der befragten Basken mit interner Außenperspektive erläutert, dass es eine bestimmt Art gäbe, Französisch zu sprechen, woran sie sofort merken würden, dass der Sprecher Baske sei. Es gäbe bei der Realisierung des Französischen ganz besondere Cha-

|| 84 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin (Hervorhebung im Original). 85 Männlich, 34 Jahre alt, Jurist (Hervorhebungen der Autorin). 86 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin.

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rakteristika, die «baskisch» seien, konkrete Beispiele wurden nicht angeführt. Wenn jedoch die hier befragten Sprecher Französisch selbst realisieren, waren 66,7 Prozent der Meinung, dass ein Franzose, der nicht Baske ist, nicht bemerken würde, dass die Sprecher Basken seien. Das Euskara batua wurde von den Sprechern als konstruierte Einheitssprache gesehen, die nicht der natürlichen Art, Baskisch zu sprechen, entspräche. So charakterisierte eine Sprecherin es als «un Basque ‹académique›» 87, ein anderer Sprecher erklärte: «Le basque récemment appris (batua) est très articulé, ce qui n’est pas le cas des parlants natifs.» 88

10.3.4 Mobilität und Identitätswechsel Auf die direkte Frage danach, welche Identität für die Befragten am wichtigsten sei, wurde von 58,3 Prozent die Identität als Baske genannt. Die zweitwichtigste Identität war für 50,0 Prozent die Identität als Nordbaske. Erst nach der Identität «Baske in Paris» wurde die Identität als Franzose genannt. Es scheint also, dass die baskische Identität trotz der großen Entfernung vom Baskenland nach wie vor einen großen Stellenwert einnimmt. Die Mobilität, also der Wegzug aus dem Baskenland, wirkt sich folglich auf die Identitätsklassifizierung kaum aus. Besonders interessant sind folgende Ergebnisse: Im Ausland danach gefragt, welcher Nationalität man sei, würden 66,7 Prozent angeben, Basken zu sein. Wenn jedoch ein Fremder in Paris fragt, welcher Nationalität man sei, würde man – dies bestätigten 58,3 Prozent – erklären, Franzose zu sein. Bei der internen Außenperspektive ist also das Bekenntnis zur baskischen Identität daran gebunden, wo man sich befindet. Wenn man sich nicht im Baskenland, aber in einem Gebiet in Frankreich befindet, bekennt sich der Sprecher offenbar in einem geringeren Maße zum Baskentum. Dass hierfür die Minderheitensprachpolitik Frankreichs, die lange Zeit keine Sprache neben dem Französischen duldete, und damit die Angst der Sprecher vor Ausgrenzung, der Grund ist, ist stark zu vermuten, denn sobald sich der Sprecher nicht mehr in Frankreich befindet, erfolgt wieder das Bekenntnis zur baskischen Identität. Alle Befragten erklärten, dass sie häufig in das Baskenland zurückkehren und dort zu Besuch sind. Hierfür werden verschiedene Gründe angeben: aus Urlaubsgründen, um die Familie zu besuchen oder eine Sprachreise wurden genannt. Die ursprüngliche Ortverbundenheit beziehungsweise Ortsloyalität ist

|| 87 Weiblich, 49 Jahre alt, Versicherungsangestellte. 88 Männlich, 48 Jahre alt, Ingenieur.

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demnach nach wie vor sehr hoch. Des Weiteren wurde von den Befragten mehrheitlich bestätigt, dass ihnen das Baskenland fehle. Das Leben in Paris sei anders als im Baskenland: «La vie à Paris est plus riche culturellement et professionnellement mais la vie est plus authentique au Pays Basque.» 89 oder «Plus speed à Paris, plus calme en Euskal Herria». 90 In diesem Kontext fällt auch auf, dass zwei Drittel der Befragten der Meinung waren, dass sie sich, sobald sie ins Baskenland zurückkehren, baskischer als in Paris fühlen würden. Dennoch wurde von zwei Dritteln wahrgenommen, dass es Unterschiede zwischen der eigenen Identität und der baskischen Identität der Einwohner des Baskenlands gäbe (siehe Grafik zur Frage 67).

Es kommt dadurch zu einer gewissen Entfremdung. Eine Sprecherin erklärte über die Bewohner des Baskenlands: «Il manque de l’ouverture à certains Basques du Pays Basque.» 91 Ein weiterer Sprecher wies dabei darauf hin, dass es im Baskenland selbst keine einheitliche baskische Identität gäbe: «Il n’y a pas d’identité Basque uniforme au Pays Basque.» 92 Dennoch wurde von der Hälfte der Befragten angeführt, dass sich die Einstellung bezogen auf das baskische Leben und die baskische Identität in Paris nicht geändert habe. So erklärte etwa ein Sprecher: «Je me sens autant Basque en vivant à Paris qu’en vivant au PB.» 93 Außerdem versuchen die meisten Sprecher das Baskentum sowie baskische Traditionen in Paris weiterzuführen, wobei die private Organisation Maison Basque eine wichtige Rolle einnimmt. Dort wird Baskisch gesprochen, es werden baskische Lieder gesungen, baskisch gekocht und es werden die baskischen Feste gefeiert. Folgende Sprecheraussage steht hierfür exemplarisch: «Je parle basque avec les Basques de Paris, je participe aux événements basques de la Maison Basque: danse, fêtes, chant. Je fais de la pelote.» 94 || 89 Männlich, 49 Jahre alt, Ingenieur. 90 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 91 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin. 92 Männlich 49 Jahre alt, Ingenieur. 93 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 94 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin.

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Abschließend soll in diesem Unterkapitel ein längerer Interviewausschnitt wiedergegeben werden, der den Konflikt der Mehrsprachigkeit und die Frage der Identität bedingt durch einen Ortswechsel noch einmal sehr anschaulich darstellt: Sprecherin: «Je réfléchis beaucoup et je crois beaucoup au multiculturalisme. Une même personne peut vivre plusieurs cultures en même temps. Je peux me sentir Basque au Pays basque, et me sentir Française en France. Même si dans votre questionnaire, j’ai dit que je suis Basque. D’abord Basque, je me sens plus Basque que Française, même si ici, je suis très bien intégrée, que mes collègues de travail ne savent pas forcement que je suis Basque. Pour tous les gens, je suis Française. Mais je crois que l’on peut vivre plusieurs cultures en soi. […]. Je pense que j’ai pris conscience de mon identité quand j’ai quitté le Pays Basque. Je l’ai quitté pour faire des études. C’est là que j’ai eu un choc, je suis venue en France faire des études, et c’est là que j’ai compris qu’on était différents.»

10.3.5 Regionale oder nationale Anbindung: Die Frage der Zweiteilung Von 58,3 Prozent der Sprecher mit interner Außenperspektive wurde ausgesagt, dass die Beziehungen zwischen dem Nord- und dem Südbaskenland grundsätzlich als gut zu bewerten seien; 33,3 Prozent stuften sie als mittelmäßig ein. Insgesamt wurden damit die Tendenzen und Einschätzungen der Sprecher mit interner Binnenperspektive bestätigt. Während lediglich 16,7 Prozent der Befragten in Paris der Meinung waren, dass sich die Südbasken eher als Spanier denn als Basken fühlen, sind es bezogen auf die Nordbasken immerhin 41,7 Prozent, die vermuten, dass sie sich eher als Franzosen denn als Basken sehen. Auch wenn es möglich ist, sich im Nordbaskenland baskisch zu fühlen, fehle es, nach Meinung der Befragten mit interner Außenperspektive, an einer Anerkennung der baskischen Sprache; als problematisch wurde vor allem gesehen, dass das Baskische im Alltag nur sehr wenig gesprochen werde. «Se sentir Basque en Iparralde est tout à fait possible … mais la langue basque est par exemple minorisée dans la vie de tous les jours.» 95 75,0 Prozent waren der Meinung, dass die baskische Gemeinschaft auch nur mit den Südbasken bestehen könnte, denn «la langue basque est officielle, ce qui fait qu’il y a un véritable univers bascophone, on le pratique sans honté, le plus normalement du monde, dans la rue». 96 Zudem wurde von demselben Sprecher ergänzt: «Hegoalde doit tirer Iparralde vers lé haut sur ce point.» Dem Südbaskenland wird eine Vorbildfunktion zuerkannt, aber auch eine gewisse || 95 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 96 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur.

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Verantwortung übertragen, da das Nordbaskenland auf Unterstützung angewiesen sei. Zwar habe das Südbaskenland den Idealzustand noch nicht erreicht; doch wurde die Situation dort auch von anderen Sprechern recht positiv gesehen: «Contrairement au nord, le sud bénéficie de l’appui de l’Etat (argent !), et grâce à ces efforts, en particulier dans l’éducation, de plus en plus de jeunes parlent basque (c’est l’inverse au nord). Le nord vit aux crochets du sud (argent, dynamisme). Mais des 2 côtés, la répression de l’Etat est forte, même masquée. Les Basque du Sud sont dans une meilleure situation que ceux du nord, mais ce n’est quand même pas l’idéal.» 97 Dass ein baskisches Volk ohne Probleme nur mit den Nordbasken weiterbestünde, wurde nicht einmal von der Hälfte, nur von 41,7 Prozent, in Betracht gezogen. Dennoch wurden beide Seiten so eingeschätzt, dass es jeweils ein Gefühl «Baske zu sein» gebe. Was jedoch hervorsticht, ist, dass der Grad «Baske sein» im Nord- und im Südbaskenland unterschiedlich bewertet wurde (siehe Grafiken zu den Frage 85 und 86).

Während die Befragten den Sprechern im Südbaskenland ausschließlich zuschrieben, «Baske ohne Einschränkung» oder «eher Baske als Spanier» zu sein, ergab sich für das Nordbaskenland ein wesentlich differenziertes Bild. Mehrheitlich sagten die Befragten aus Paris, dass man «Baske und Franzose» sei. Die Kategorien «man ist Baske ohne Einschränkung» und «man ist eher Baske als Franzose» wurden genauso häufig benannt wie die Kategorie «man ist eher

|| 97 Weiblich, 26 Jahre alt, Lehrerin.

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Franzose als Baske». «Les ‹abertzale› (patriotes) se sentent basques, mais la majorité se sentent Français.» 98 ist eine hierzu passende individuelle Aussage. Ein Sprecher mit interner Außenperspektive fasste die Meinungen der Gruppe im Bezug auf die Identität sehr gut zusammen 99: «1) Les basques du Nord ne peuvent compter que sur eux-mêmes pour exister. 2) Mais le sentiment reste heureusement encore très présent en Iparralde, même si il cohabite souvent avec le fait de se sentir français. 3) La France aura fait beaucoup de mal aux Basque du Nord, à cause de son système politique très centralisé.» Die Bedeutung des Südbaskenlandes für das gesamte Baskenland und die Möglichkeit des Auslebens der baskischen Kultur dort wurden wiederum als sehr hoch und gut eingeschätzt: «1) L’indépendance du Pays Basque passera d’abord pour l’indépendance d’Hegoalde (car plus structurée politiquement). 2) Il est beaucoup plus facile de ‹vivre en basque› en Hegoalde qu’en Iparralde.»

|| 98 Männlich, 27 Jahre alt, Redakteur. 99 Männlich, 34 Jahre alt, Jurist.

11 Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick Die vorliegende Arbeit hatte zwei wesentliche Untersuchungsziele: Zum Einen sollte die Frage nach dem allgemeinen Zusammenhang von Sprache und Identität geklärt werden. Dieser theoretische Sachverhalt wurde anhand einer exemplarischen Analyse des Forschungsobjekts Baskenland untersucht. Zum Anderen sollten dabei die Frage einer zweifach geteilten Identität des Baskenlands erörtert und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Sprecher, für das Baskentum und für ihre Sprache, das Baskische, dargestellt werden. Bevor in den Kapiteln 11.2 und 11.3 auf beide Untersuchungsziele zusammenfassend eingegangen wird, soll zuvor die empirische Untersuchung im Zusammenhang mit der gewählten Untersuchungsmethode bewertet werden. Im Kapitel 11.4 werden schließlich Forschungsdesiderata aufgezeigt und damit Anregungen für weitere wissenschaftliche Arbeiten gegeben.

11.1 Bewertung der gewählten Untersuchungsmethode Die Verbindung eines quantitativen mit einem qualitativen Untersuchungsansatz in Form eines Questionnaire mit weitgehend offenen Fragen erwies sich bei der Untersuchung von 149 Sprechern im Nord- und im Südbaskenland als gewinnbringend und sinnvoll. Damit konnte den Probanden einerseits größtmögliche Freiheit und Anonymität bei der Beantwortung gewährt werden. Zudem gelang es durch die quantitativen Fragen andererseits, im Ergebnis zu vergleichbaren und aussagekräftigen Daten zu kommen, die es ermöglichten, die Antworten der gewählten Untersuchungsgruppen sinnvoll gegenüberzustellen. Sprecheraussagen in qualitativer Form unterstützten die quantitativen Ergebnisse und erwiesen sich sehr aufschlussreich für die Interpretation. In der Mehrzahl der Ergebnisse sind eindeutige Tendenzen feststellbar. Es traten – auch begünstigt durch die Verwendung von Kontrollfragen im Questionnaire – kaum Widersprüche auf. Dennoch sind Verzerrungen zwischen den Antworten und einer originalgetreuen Abbildung der Wirklichkeit nicht auszuschließen. Insbesondere am Beispiel des Fragenkomplexes zum baskischen Nationalismus wurde sichtbar, dass viele Probanden – trotz der gewährten Anonymität – auf einige Fragen explizit nicht antworten wollten. Bei den Fragen zur Rolle der ETA haben auffällig wenige Befragte geantwortet; zudem wurde an dieser Stelle häufig explizit erklärt, sich dazu gegenüber einem Fremden nicht äußern zu wollen. Die politisch induzierten Grenzen der Befragung wer-

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den hieran sichtbar. Des Weiteren ist anzumerken, dass durch das gewählte Forschungsinstrument, die Erhebung per schriftlichem Fragebogen, zwar eine große Untersuchungsgruppe erreicht werden konnte, jedoch die gewählte Methode – in Kapitel 6 wurden Vor- und Nachteile abgewogen – auch ihre Grenzen hat. Bei den Probanden, die ausschließlich schriftlich befragt wurden, konnten keine Nachfragen, zum Beispiel bei unklaren oder bei weitergehenden Aussagen, erfolgen. Auch wenn Untersuchungen zum Konzept der Identität sehr wertvoll und notwendig sind, wurde jedoch mit der vorliegenden Arbeit erneut deutlich, wie schwierig es ist, dieses Konstrukt vollständig zu erfassen. Sobald einzelne Sprecher – bezogen unter anderem auf den Vergleich zwischen Nord- und Südbasken – von einer stärkeren oder schwächeren beziehungsweise einer größeren oder kleineren Identität sprechen, sind die Grenzen der objektiven Analyse erreicht. Der damit persönlich verbundene unterschiedliche «Identitätsgrad» lässt sich nur schwer erfassen, bewerten oder vergleichen. Daher konnte sich diese Arbeit nur auf die Auswertung der Fragen beschränken, ob sich der Einzelne oder die Gruppe über die jeweilige Identität definiert oder eben nicht. Alle Befragten besitzen eine baskische Identität, die jedoch individuell oder auch durch die gesamte Gruppe spezifisch beschrieben wird. In diesem Kontext ist auch anzumerken, dass die Befragten in der vorliegenden Arbeit insgesamt durchschnittlich sehr jung waren. Zwar waren durchaus ältere Sprecher in der Untersuchungsgruppe vertreten, der älteste Sprecher war 84 Jahre alt, doch lag der Mittelwert bei rund 33 Jahren im Nordbaskenland und rund 28 Jahren im Südbaskenland. Zu den Befragungen der Sprecher mit interner Außenperspektive, der nach Paris emigrierten Basken, muss schließlich angeführt werden, dass die geringe Zahl der Probanden keine allgemeingültigen Aussagen zulässt; hier kann lediglich von verallgemeinerbaren Tendenzen gesprochen werden. Vorteil der geringen Probandenzahl war jedoch, dass es möglich war, sowohl schriftliche als auch mündliche Befragungen durchzuführen.

11.2 Sprache und regionale Identität Mehrsprachigkeitskonstellationen sind meist von Sprachkontakten und den damit einhergehenden Dominanzverhältnissen, das heißt von Kontakten zwischen dominanten und dominierten Sprachen, gekennzeichnet. Dies gilt generell und wird in der Romania seit Langem von Sprachwissenschaftlern kenntnisreich und im Detail erforscht. Im Bereich der funktionalen Variationslinguistik ist das Konzept von Stehl ein nützlicher Ansatz zur Beschreibung und Analyse dieser

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Konstellationen. Die in Kapitel 5 vorgenommenen Erweiterungen sowie die Entwicklung eines eigenen Modells zur Beschreibung von Identität konnten schließlich bestätigt werden. Dies wird an folgenden Schlussfolgerungen offensichtlich: Das Verhältnis von Sprache und Identität wurde in bisherigen Untersuchungen, die den Ansatz von Stehl zur Grundlage hatten, nur indirekt analysiert. Bezogen auf das untersuchte Gebiet ist ein Ergebnis der Arbeit, dass die empirisch beschriebenen Ebenen «Kompetenz der Variation», «Pragmatik der Variation» und «Linguistik der Variation» die Identitätsausprägung einer Sprachgemeinschaft angemessen abbilden. Insbesondere die Dimensionen «Kompetenz der Variation» und «Pragmatik der Variation» sind für die Konstituierung von Identität wichtig. Dabei ist zu beachten, dass die «Kompetenz der Variation» bereits auf die «Pragmatik der Variation» wirkt, da durch das sprachliche und metasprachliche Wissen die selektive Sprachverwendung in bedeutendem Maße gesteuert wird. In der vorliegenden Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass insbesondere die «Kompetenz der Variation» einen wichtigen Einfluss auf die Herausbildung von Identität hat. Die untersuchten Sprecher besitzen, selbst wenn ihr technisches Wissen im Baskischen beschränkt ist, ein bestimmtes evaluatives Wissen über Geschichte und Struktur der baskischen Sprache. Durch dieses Wissen sowie die Pflege von Traditionen, Geschichten und Mythen, die maßgeblich auf diesem Wissen basieren, wurden und werden die heute lebenden Basken in ihren Einstellungen, Wertungen und Urteilen direkt und indirekt beeinflusst. Das metasprachliche Wissen ist daher für die Konstituierung von Identität wichtiger als das sprachliche Wissen. Die Untersuchung der «Pragmatik der Variation» als Indikator liefert weitere Erkenntnisse über die Identität eines Sprechers. Wie baskische Sprecher sich durch Sprechhandlungen, das heißt den Gebrauch der eigenen dominierten Sprache oder der dominanten Sprache, nach außen präsentieren, zeigt auch, wie sie zu ihrer Identität – zum Baskentum, zur Sprachgemeinschaft beziehungsweise direkt zu ihrer Sprache – stehen. Für die Gebrauchsentscheidung der einen oder der anderen Sprache sind zum Einen äußere Faktoren, wie beispielsweise der Gebrauch der regionalen Sprache in der Verwaltung, im Schulwesen oder auf der politischen Ebene verantwortlich, allerdings selektiert der Sprecher zum Anderen auch aufgrund seiner persönlichen Identitätsausprägung als Baske. Anhand des hier untersuchten Fallbeispiels wurde gezeigt, dass die Sprecher im Nordbaskenland das Baskische weniger verwenden als die Sprecher der südbaskischen Sprachgemeinschaft. Im Vergleich der beiden Standardsprachen wird das Französische viel häufiger selektiert als das Spanische. Durch die pragmatischen Gebrauchsentscheidungen wirken die Sprecher aktiv

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beim Verlust und beim Erhalt einer Varietät mit, was wiederum Auswirkungen auf die Entwicklung der Identität innerhalb der Sprachgemeinschaft hat. Die «Linguistik der Variation» als materielle Resultante der beiden anderen Beschreibungsebenen umfasst die Analyse der sprachlichen Strukturen und rangiert daher im Rahmen der Untersuchung von Identität erst an dritter Stelle. Für den Untersuchungsgegenstand «Identität» ergibt sich bei der «Linguistik der Variation» zudem die Notwendigkeit, eine andere als die bisher gewöhnlich verwendete Sichtweise anzusetzen. Es erschien sinnvoll, den Sprecher als «wahren Linguisten» in den Mittelpunkt zu rücken und darstellen zu lassen, ob er sprachliche Differenzierungen aufgrund eigener Erkennungsmuster wahrnimmt. Durch diese Analyse, also die Beschreibung der «Linguistik der Variation» aus Sicht der Sprecher, konnte ermittelt werden, inwiefern den Sprechern die Dominanz der Nationalsprachen im materialsprachlichen Resultat bewusst ist. Ein weiteres Ziel der Untersuchung war es, die Bedeutung der verschiedenen Außendeterminanten sowie der vier unterschiedlichen Perspektiven (interne Binnen- und Außenperspektive sowie externe Binnen- und Außenperspektive) aufzuzeigen, um zu analysieren, welche Auswirkungen diese auf die sprachliche und auf die identitäre Konstellation haben können. Bei einer vergleichenden Betrachtung der exemplarischen Faktoren «Stabilität/Mobilität» hat sich ergeben, dass die nach Paris emigrierten Sprecher ihre baskische Identität nach wie vor bewahren, mitunter, dass sich die Mobilität faktisch nicht negativ auf das Baskische und die Pflege baskischer Bräuche, das heißt die baskische Identität, auswirkt. Im Hinblick auf die verschiedenen Perspektiven kam es zu einer interessanten Feststellung: Nahezu alle Sprecher mit interner Außenperspektive gaben an, dass sie selbst einen Unterschied zwischen der eigenen und der Identität eines Sprechers feststellen, der im Baskenland lebt. Auffällig war aber, dass die in Paris untersuchten Sprecher die Selbsteinschätzungen der Nord- und Südbasken, also der Sprecher mit interner Binnenperspektive, fast durchweg als gültig bestätigten. Bei einer genaueren Betrachtung der verschiedenen Sprechergenerationen zeigte sich, dass sich nicht nur die Sprache auf die Identität auswirkt, sondern auch umgekehrt die Identität auf die sprachliche Realität zurückwirkt – die Realisierung der Sprache beim einzelnen Sprecher und auch in der gesamten Sprachgemeinschaft. Ein Nordbaske, der heute geboren wird, erlebt etwa ein anderes baskisches Gemeinschaftsgefühl in seiner Heimat als ein gleichzeitig Neugeborener im Südbaskenland. Dadurch erwirbt er auch ein anderes sprachliches und metasprachliches Wissen; seine Sprechhandlungen sind von den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen abhängig. Zwar sind sowohl im Nordbaskenland als auch im Südbaskenland kompetente Sprecher zu finden, denn der Einzelne kann sich

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zweifelsohne von der Realität der Gemeinschaft lösen, doch haben die grundsätzlichen Entwicklungen und Tendenzen der gesamten Sprachgemeinschaft erheblich Einfluss auf den jeweiligen Erwerb des Baskischen. In der vorliegenden Untersuchung unterstrichen das Gesamtergebnis der quantitativen Auswertung und auch zahlreiche Sprecheraussagen, dass Sprache als wichtigstes Identifikationsmerkmal zu begreifen ist; Sprache spielt eine große Rolle für die Herausbildung der Identität des Einzelnen und von Gruppen – das ist ein aus sprachwissenschaftlicher Perspektive durchaus zu erwartendes Ergebnis. Die spezifische Rolle der Sprache wurde jedoch in dieser Untersuchung besonders dadurch deutlich, dass die Sprecher selbst das Spannungsfeld zwischen Folklore und Identität mit Bezug auf die Bedeutung der Sprache bewerteten: Kulinarische Besonderheiten, spezielle sportliche und musikalische Traditionen zählen zwar zu Symbolen, die Identität ausmachen – diese Merkmale können durchaus sehr stark sein – doch ist das Symbol «Sprache» besonders aussagekräftig. Von einigen Sprechern wurde angemerkt, dass all die anderen Merkmale, die das Baskentum ausmachen, ohne Sprache lediglich Folklore darstellen. Es mag Basken geben, die sich vor allem über kulturelle Traditionen identifizieren, wie ein typisches baskisches Musikinstrument zu spielen oder einen traditionellen Tanz zu beherrschen. Sie tun das allerdings vor allem dann, wenn sie über nur eine geringe Sprachkompetenz im Baskischen verfügen, doch verwenden die meisten Basken selbst dann, wenn es auch nur einige Floskeln oder Zeilen eines baskischen Liedtextes sind, die baskische Sprache selbst in Resten der Reduktion. Auch wenn Traditionen ohne Zweifel ein gemeinsames Band schaffen und damit identitätsstiftende Dynamik aufweisen, ist daher anzuzweifeln, ob sie ausreichend stark sind, dass sich eine Gruppe allein darüber identifizieren kann. Sprache ist ein ungleich stärker verbindendes und damit das entscheidendste Merkmal. Zudem konnte in dieser Untersuchung gezeigt werden, dass die Bedeutung der baskischen Sprache für die baskische Identität sprechergenerationsübergreifend als hoch bewertet wird. Wie in Kapitel 5 bei einer «Tour de force» durch verschiedene wissenschaftliche Disziplinen deutlich wurde, spielen Gruppendynamiken eine besondere Rolle, da Identität sich begründet durch die «Einbindung von Individuen in eine Gruppenformation, und [die] Abgrenzung dieser Formation gegenüber anderen Gruppen» (Haarmann 1996, 222). Identität ist damit kein ausschließlich binnenbezogenes, sondern auch ein nach außen orientiertes Konzept. Die in einer bestimmten Gruppe verwendete Sprache führt zu einer Verbundenheit mit den lokalen Gegebenheiten, unterstützt ein Heimatgefühl und verstärkt das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe. Jedes Individuum spricht eine oder mehrere Sprachen, beziehungsweise realisiert mehrere funktionelle Sprachen, die jeweils einen Teil seiner Identität ausmachen. Sprache ist

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auch stets ein Symbol von Macht: Eine Gruppe empfindet aufgrund des gemeinsamen Merkmals Zusammengehörigkeit und verfügt damit über einen Machtfaktor. Es besteht die Möglichkeit, sich bewusst von anderen abzugrenzen. Andererseits versteht eine dominierte Sprachgemeinschaft, wie jene der Basken, die Aufoktroyierung der Sprache der dominierenden Mehrheit als Machtdemonstration. Ein solches Dominanzverhältnis kann die soziale Empfindung von Identität auf Seiten der dominierten Sprachgemeinschaft noch verstärken. Auch wenn im Nordbaskenland die Dominanz des Französischen gegenüber dem Baskischen stärker wahrnehmbar ist als jene des Spanischen im Südbaskenland, und in der Sprachgemeinschaft das sprachliche Wissen im Baskischen insgesamt schlechter ist als im Südbaskenland, gibt es dort nach wie vor eine baskische Identität, die sich über die Sprache definiert. Sie ist vielleicht weniger im Alltag sichtbar, doch unter der Oberfläche, in den Familien, ist sie existent. Insgesamt wurde erkennbar, dass die Sprache – neben der Funktion als soziales Kommunikationsmittel einer Gruppe – ein Selbstwertgefühl widerspiegelt: «Dans la majorité des situations, la langue est objet d’attachement. Elle est un espace d’appropriation symbolique, l’énonceur vit à travers sa langue sa relation au groupe avec lequel il la partage. Le terme le dit explicitement: avec ce groupe, il entre en communication» (Hagège 1995, 396).

11.3 Das Baskenland: einig oder zweigeteilt? Die Frage nach der Zweitteilung des Baskenlandes muss in Anbetracht der empirischen Ergebnisse in jedem Fall differenziert beantwortet werden. Einerseits ist die Teilung Realität, da das Nord- und das Südbaskenland in unterschiedliche politische und gesellschaftliche Systeme integriert sind. Das Nordbaskenland gehört zu Frankreich, im Wesentlichen zum Département Pyrenées-Atlantiques in der Region Aquitaine. Hier setzt der französische Staat die Regeln: Das Schulsystem, die Verwaltung sind beispielsweise ohne Abstriche französisch, ganz so wie im Rest der Grande Nation. Im Südbaskenland dagegen gibt es eine Autonome Region Baskenland mit einer eigenen Verwaltung und einem eigenen Schulsystem. Hier ist Spanisch neben dem Baskischen nur eine von zwei offiziellen Sprachen. Diese politische, verwaltungstechnische und auch gesellschaftliche Zweitteilung resultiert vor allem aus unterschiedlichen Einflüssen der Sprachgeschichte im französischen und im spanischen Teil, die bis in die heutige Sprachpolitik nachwirken. Die kulturelle und sprachliche Präsentation nach außen hin, also die Darstellung der baskischen Identität in

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der Sprachgemeinschaft selbst und gegenüber der dominanten Sprachgemeinschaft, ist im Nord- und im Südbaskenland verschieden: Baskischsprachige Medien, Kulturfeste und spezielle, traditionelle baskische Sportarten sowie der jeweils damit einhergehende Gebrauch des Baskischen sind im Südbaskenland verbreiteter und öffentlich sichtbarer. Auch in der materialsprachlichen Analyse aus Sicht der Sprecher erkannten die Nord- und die Südbasken spezifische Erkennungsmuster: Die Sprecher konnten unter anderem Unterschiede zwischen dem Nordbaskenland und dem Südbaskenland im Bereich der Lexik und der Phonetik/Phonologie des Baskischen konkret beschreiben. Aus der vorliegenden Arbeit geht des Weiteren hervor, dass das Baskische im Kontext der Nachbarsprachen nach wie vor eine spezifische und isolierte Position einnimmt. Seit Jahrhunderten wehren sich die Basken gegen kulturelle und sprachliche Unterdrückung und setzen sich für die Symbole des Baskentums ein. Die spezifische Situation des Baskenlandes, die im Rahmen dieser Arbeit als quasi-experimentelle Situation untersucht wurde, zeigt, dass externe Faktoren für die Sprachbeherrschung und Sprachverwendung relevant sind und zu unterschiedlichen Ausprägungen von regionaler Identität führen können. Dass die Ausprägung der Identität im Nord- und im Südbaskenland nicht annähernd gleich ist, korreliert stark mit der Verbreitung der Sprache. Im Nordbaskenland kommt es durch die französische Sprachpolitik zu einem virulenten Sprachkonflikt, so dass sich die Bewohner nicht mehr nur als Basken fühlen, sondern auch, oder zum Teil eben sogar eher, als Franzosen. Sie stehen in einem internen Konflikt, der von den externen Bedingungen geprägt ist. Das heißt konkret: Assimilation begünstigt die französische Dominanz und führt auf lange Sicht tendenziell zur Aufgabe der typisch baskischen Lebensweise, was sich auf die baskische Identität im Nordbaskenland negativ auswirkt. Wie bereits Boyer 1996 erklärte: «La France est un bon exemple, car elle est depuis fort longtemps un lieu d’émergence, et d’affrontements parfois, de politiques linguistiques» (Boyer 1996, 102). Dagegen ist die Identitätskonstellation im Südbaskenland eine ganz andere: Die Südbasken stehen zwar durch die spanische Dominanz im Gesamtstaat in einem kollektiven sprachpolitischen Konflikt, doch in keinem individuellen Identitätskonflikt. Sie verfügen über eine Autonome Region, in der sie ihre Identität als Basken vergleichsweise frei ausleben können. Zwar herrscht in Euskadi nach wie vor ein starkes Gemeinschaftsgefühl, das Nord- und Südbaskenland verbindet, doch könnte man anhand der Sprecheraussagen, vor allem in Kapitel 10, etwas generalisiert sagen, dass sich die Nordbasken als baskische Franzosen fühlen und die Südbasken sich als die wahren Basken sehen. Demnach hat auch die Bedeutung der Aussage «Je suis basque» und «Soy vasco» eine jeweils spezifische und unterschiedliche Markie-

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rungsfunktion im Nord- und im Südbaskenland, da mit dieser Aussage eine ganz bestimmte Einstellung und auch Lebensweise verbunden ist. Für die Untersuchungsfrage, ob durch die Teilung des Baskenlandes in einen französischen und einen spanischen Teil und die daraus resultierenden verschiedenen sprachlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Einflüsse wirklich noch von einer baskischen Gemeinschaft gesprochen werden kann, oder nicht vielmehr von zwei baskischen Gemeinschaften ausgegangen werden muss, könnte daher bis hierhin zusammengefasst werden: Einerseits wurde offensichtlich, dass der französische Staat einen starken Einfluss auf die nordbaskische Identität hat. Die Bewohner dort bezeichnen sich mehrheitlich als «Basken und Franzosen zugleich». Im Südbaskenland versuchen die Südbasken das Baskentum zu leben und geben mehrheitlich an, dass sie keine Spanier, sondern «ohne Einschränkung Basken» sind. Es zeigen sich also gravierende Einstellungsunterschiede, die beweisen, dass die baskische Identität unterschiedlich geprägt ist. Andererseits gab es in der Untersuchung auch zahlreiche Ergebnisse, die dieser These der identitären Zweiteilung des Baskenlands widersprechen. So ist für beide Untersuchungsgruppen die baskische Identität die jeweils wichtigste. Im Ausland, wie auch in der eigenen Region, sagen beide Gruppen mehrheitlich, wenn sie nach ihrer Nationalität beziehungsweise Identität gefragt werden, dass sie Basken seien. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die eigenständige Identität als Nordbaske oder als Südbaske zwar durchaus relevant ist – auch wenn die Auffassungen der Sprecher hierzu divergieren –, aber doch immer von nachgeordneter Bedeutung gegenüber der gesamtbaskischen Identität. Von allen Befragten, unabhängig auf welcher Seite, wurde zudem die Sprache als ein wichtiges gemeinsames Symbol, das um jeden Preis bewahrt werden müsse, genannt. Auf beiden Seiten, aber auch aus Sicht der Außenperspektive, wurde nahezu einhellig geäußert, dass eine Existenz des Baskenlandes ohne seine Sprache kaum denkbar ist. Auch herrscht unter den Sprechern die Überzeugung, dass es ohne Sprache schwierig wäre, die Identität zu bewahren. Dieses Ergebnis, also die Bedeutung von Sprache für die soziale Identität, erhält beim direkten Vergleich der Aussagen zwischen den Nord- und den Südbasken noch einen besonderen Stellenwert: Trotz des geringeren Prestiges des Baskischen im Nordbaskenland und die damit mögliche Annahme, dass vor allem die baskische Kultur im Nordbaskenland einen hohen Stellenwert für die baskische Identität hat, war im Vergleich beider Gruppen auffällig, dass wesentlich mehr Nordbasken einer möglichen Existenz des baskischen Volks ohne Sprache skeptisch gegenüberstanden. Wie bereits in Kapitel 10 ausführlich erörtert, scheint die Bedrohungssituation der eigenen baskischen Identität durch die fehlende

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Anerkennung den Nordbasken viel bewusster als den Südbasken. Die tagtägliche Realität zeigt ihnen, was es bedeutet, wenn eine Sprache keine Anerkennung findet. Als Fazit kann also der ursprünglichen Überlegung, dass sich zwei getrennte baskische Identitäten herausgebildet haben, nicht vorbehaltlos zugestimmt werden. Zwar ist von Tendenzen in Richtung einer stärkeren Separierung auszugehen, doch kann diesen derzeit noch durch sprachpolitische Maßnahmen, durch ein wachsendes Bewusstsein für den Wert der Sprache und durch spracherhaltende Maßnahmen entgegengewirkt werden. Auch spricht für eine gemeinsame Identität eines gesamten Baskenlandes, dass das Baskische – nach den Ergebnissen der Untersuchung – für das nach wie vor bestehende Zusammengehörigkeitsgefühl eine entscheidende Rolle einnimmt, da es durch seine schwere Erlernbarkeit und die damit verbundene Ausgrenzungsfunktion gegenüber Nichtbasken als starkes Differenzierungsmerkmal wirkt. Die mystische Ungeklärtheit und die sprachliche Einzigartigkeit des Baskischen verstärken diesen Aspekt. Wie aus vielen Sprecheraussagen abzuleiten ist, stellt die baskische Sprache nicht nur eine tragende Säule für das Baskentum an sich dar, sondern wird von eigenen Sprechern als wichtiger Teil der gesamteuropäischen Kultur bewertet. Betrachtet man die Frage der Zweiteilung des Baskenlandes aus einer europäischen Perspektive, steht sie in einem anderen Licht. Die europäischen Staaten haben es nach Jahrhunderten des Krieges vermocht, sich nach 1945 in einem starken Verbund, der Europäischen Union, zusammenzuschließen. Auf mittlere Sicht könnte das Baskenland, als Teil Europas, davon profitieren, dass die Grenzen in vielen Bereichen zunehmend fallen und die Regionen wieder – wie in Kapitel 5 erörtert wurde – stärker an Bedeutung gewinnen. In einer sich immer mehr verzahnenden Europäischen Union haben die Basken die Chance, wieder stärker zueinander zu finden.

11.4 Forschungsdesiderata Schließlich bleibt zu sagen, dass der nach wie vor ungeklärte Ursprung des Baskischen und der Basken, die spezifischen Charakteristika des Baskischen, sowie die besondere politische Situation durch die Trennung der Basken in zwei Staaten, weiterhin dazu einlädt, Forschungen zu betreiben. Auch wenn bereits zahlreiche Untersuchungen zum Baskenland und seinen sprachlichen wie kulturellen Spezifika erfolgten, entwickelt sich die Sprachgemeinschaft permanent weiter: Neue Entwicklungen, etwa beim Spracherwerb, können bedeutende Entwicklungen der baskischen Identität zur Folge haben. Daher ist eine kontinuierliche Erforschung dieses Untersuchungsgegenstands geboten. Zudem bestehen

250 | Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

nach wie vor zahlreiche Forschungsdesiderata, die auf wissenschaftliche Klärung warten. Nach wie vor besteht Klärungsbedarf im Hinblick auf die Herkunft der Basken und den Ursprung der Sprache – die zahlreichen Theorien konnten bisher nicht belegt werden. Auch bei der sprachhistorischen Aufarbeitung ergibt sich noch wissenschaftlicher Handlungsbedarf. So fehlt es beispielsweise an einer ausführlichen und überzeugend strukturierten Analyse sowie einer kontrastiven Gegenüberstellung der einzelnen Provinzen beziehungsweise Territorien, und der jeweiligen dort gesprochenen Varietäten. Vor dem Hintergrund der realen Zweiteilung in einigen Bereichen wären zudem umfassende separate und vergleichende Betrachtungen der jüngeren Sprachgeschichte des Nordbaskenlandes und des Südbaskenlandes wünschenswert. In Kapitel 9 wurde im Hinblick auf das Untersuchungsziel, das heißt die Beurteilung der regionalen Identität, die Sichtweise der Beschreibungsebene «Linguistik der Variation» geändert – der Sprecher wurde für die Einschätzung der materialsprachlichen Unterschiede zu Rate gezogen. Eine explizite sprachwissenschaftliche Untersuchung des materialsprachlichen Inventars im Hinblick auf französische und spanische Interferenzen steht daher noch aus. Die angeführten Spezifika lassen die Notwendigkeit einer systematischen Analyse unter anderem im Bereich der Phonetik/Phonologie, der Grammatik und der Lexik erkennen – in diesem Kontext müssen andere Untersuchungsmethoden als die hier gewählte, eines an quantitativer Forschung orientierten Fragebogens, herangezogen werden. Unter dem Gesichtspunkt der Analyse der regionalen Identität wären zudem weitere Erkenntnisse in theoretischer und in praktischer Hinsicht wünschenswert. Die Integration des Aspekts der Identität in ein wissenschaftlich fundiertes Modell ist längst nicht abgeschlossen. Es stellen sich allein zahlreiche Fragen nach der Messbarkeit von Identität. Zudem fehlt bisher die Möglichkeit, unterschiedliche Identitätsausprägungen vergleichend zu analysieren. Da Identität – wie in dieser Untersuchung dargestellt – multikategoriell zu verstehen ist, wird es schwierig werden, ein Konzept zu entwickeln, in dem Identität in ihrer Gesamtheit beschrieben werden kann. Beschränkt sich eine wissenschaftliche Untersuchung jedoch auf einen Teilaspekt, wie in diesem Fall auf die sprachliche und regionale Identität, können beispielsweise die religiöse oder politische Identität gar nicht oder nur am Rande Beachtung finden, was dazu führt, dass Identität nur unvollständig abgebildet wird. Zudem wäre es notwendig, weitere Grenzkontakte, die die besondere Spezifik aufweisen, die das Baskenland kennzeichnet – das heißt eine Gemeinschaft lebt in zwei oder mehreren Staaten und besitzt keinen eigenen Nationalstaat – zu analysieren, um spezifische Charakteristika dieser Situation feststellen zu können. Als weite-

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re Untersuchungsbeispiele böten sich etwa das Gebiet Nord- und Südkatalonien an, wo das katalanische Volk ebenfalls durch die französisch-spanische Staatsgrenze getrennt lebt. Ein anderes Beispiel wäre die Situation der Kurden, welche als Volksgemeinschaft auf den Staatsgebieten der Türkei, des Irak, des Iran und Syriens leben. Sie besitzen keinen eigenen Staat; es handelt sich lediglich um ein Siedlungsgebiet (= Kurdistan). Auch weitergehende Untersuchungen zur baskischen Identität im Kontext der Zweiteilung sind im Anschluss an diese Arbeit wünschenswert. Sinnvoll erscheint hier auch eine Untersuchung der einzelnen Gebiete im Nord- und im Südbaskenland, um die drei Gebiete im Nordbaskenland und die vier Gebiete im Südbaskenland einzeln zu untersuchen und nicht nur im Hinblick auf den Unterschied von Nord und Süd zu analysieren, sondern auch die spezifischen Merkmale dieser historischen Provinzen zu beschreiben und kontrastiv gegenüberzustellen. Denn bisher bleibt weitgehend offen, ob diese historische Teilung in Provinzen nicht viel wirkungsmächtiger in der Ausprägung von regionaler Identität ist als die vergleichsweise moderne Teilung in Nord- und Südbaskenland. Zudem erscheint es, ausgehend von dieser Arbeit, auch sinnvoll, kleinere Untersuchungsgebiete zu betrachten, das heißt, etwa eine spezifische Stadt im Nordbaskenland mit einer Stadt im Südbaskenland zu vergleichen. Bezogen auf die unterschiedlichen Perspektiven, die in dieser Arbeit definiert wurden, zeigt sich auch weiterhin Untersuchungsbedarf, da im Rahmen dieser Arbeit lediglich die interne Binnen- und die interne Außenperspektive untersucht werden konnten. Es sollten jedoch nicht nur Analysen zur externen Binnen- und zur externen Außenperspektive erfolgen, sondern auch weitere Untersuchungen mit größeren Gruppen im Hinblick auf die untersuchten Perspektiven. Aufgrund der jungen Untersuchungsgruppe in der vorliegenden Arbeit wäre daher auch wünschenswert, sich in weiteren Untersuchungen explizit auf die älteren Generationen zu konzentrieren. Anhand der hier aufgeführten Forschungsdesiderata konnte gezeigt werden, dass das Baskenland, das Baskentum und die baskische Sprache den Wissenschaftlern nach wie vor Aufgaben und Rätsel stellen. Schon Victor Hugo erkannte dies auf seiner Reise durch das Baskenland 1843: «On naît basque, on parle basque, on vit basque et l’on meurt basque. La langue basque est une patrie, j’ai presque dit une religion. [...] La langue espagnole est ici une étrangère comme la langue française.» 1

|| 1 Zitat u.a. aus Davant (2007, 173). Dieses Zitat wurde zudem in mehreren Fragebögen stolz als «baskisches Selbstverständnis» angegeben.

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Anlagen: Fragebögen Anlage 1 Umkodierter Fragebogen (Datenerhebungsprogramm Sphinx) Anlage 2 Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Baskisch Anlage 3 Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Französisch Anlage 4 Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Spanisch Anlage 5 Fragebogen zur Datenerhebung in Paris

264 | Anlagen: Fragebögen

Anlage 1: Umkodierter Fragebogen (Datenerhebungsprogramm Sphinx)

Anlagen: Fragebögen | 265

266 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 267

268 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 269

270 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 271

272 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 273

274 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 275

276 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 277

278 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 279

280 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 281

282 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 283

284 | Anlagen: Fragebögen

Anlagen: Fragebögen | 285

Anlage 2: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Baskisch

EUSKARAREN INGURUKO GALDEKETA 1.

Izen-abizenak (aukerazkoa): ____________________________________________

2.

Helbidea: ____________________________________________________________

3.

Adina: ___

4.

Egoera zibila:  Ezkongabea  Alarguna

 Ezkondua

 Banandua

 Bestelakoak

5.

Jaioterria: ____________________________________________________________

6.

Euskal Herriko beste hiri edo herritan bizi izan zara? Zenbat denboraz?: ______ _____________________________________________________________________

7.

Atzerrian/Espainiako beste probintzietan bizi izan zara? Zenbat denboraz?: __ _____________________________________________________________________

8.

Ikasketa maila: _______________________________________________________

9.

Lanbidea: ____________________________________________________________

10. Gurasoen sorterria 10a. Aita: ____________________ 10b. Ama: ____________________ 11.

Gurasoen ikasketa maila:

11a. Aita: _______________________________________________________________ 11b. Ama: _______________________________________________________________ 12. Gurasoen lanbidea 12a. Aita: _______________________________________________________________ 12b. Ama: ______________________________________________________________ 13. Senar-emaztearen sorterria: _________________________________________ 14. Senar-emaztearen ikasketa maila: _____________________________________ 15. Senar-emaztearen lanbidea: __________________________________________ 16. Euskal Herrian lan egiten duzu?:  Bai

 Ez

286 | Anlagen: Fragebögen 17. Euskal Herriko beste tokietara askotan joaten al zara?:  Bai

 Ez

17a. Zein tokitara?: _______________________________________________________ 17b. Zergatik?: __________________________________________________________ 18. Zure ustez non bizi daiteke hobeto: herrian ala hirian?:  hirian

 herrian

 Ez dakit

Zergatik?: ____________________________________________________________ 19. Espainiako tokiren batean bizitzea gustatuko litzaizuke ala nahiago zenuke Euskal Herrian geratzea?:  Espainiako tokiren batean

 Euskal Herrian

 Ez dakit

Zergatik?: ___________________________________________________________ 20. Zertzat duzu zure burua? 20a. Espainol?:  Bai

 Ez

Zergatik?: __________________________________________________________ 20b. Eukaldun?:  Bai

 Ez

Zergatik?: __________________________________________________________ 20c. Iparraldeko euskalduna ala Hegoaldeko euskalduna?:

 Bai

 Ez

Zergatik?: __________________________________________________________ 21. Garrantziaren arabera ordenatu beharko bazenitu, nola ordenatuko zenituzke hurrengo hauek? (A. Espainola

B. Euskalduna

C. Iparraldeko /Hegoaldeko euskalduna):

1. ___ 2. ___ 3. ___ 22. Zein hizkuntza hitz egin ditzakezu? Espainola, euskara, beste batzuk?: _________________________________________________________________________ 23. Zure aiton-amonek espainola eta euskara hitz egiten dute/zuten? 23a. Aitaren aldeko aiton-amonek?:  Espainola 23b. Amaren aldeko aiton-amonek?:  Espainola

 Euskara  Euskara

24. Beraien artean zein hizkuntzetan hitz egiten dute/zuten? 24a. Aitaren aldeko aiton-amonek?: _______________________

Anlagen: Fragebögen | 287

24b. Amaren aldeko aiton-amonek?: _______________________ 25. Zure gurasoekin zein hizkuntzetan hitz egiten dute/zuten? 25a. Aitaren aldeko aiton-amonek aitarekin?: ______________________ 25b. Amaren aldeko aiton-amonek amarekin?: _____________________ 26. Zurekin zein hizkuntzetan hitz egiten dute/zuten? 26a. Aitaren aldeko aiton-amonek?: _____________________ 26b. Amaren aldeko aiton-amonek?: ____________________ 27. Zure gurasoek espainola eta euskara hitz egiten al dituzte/zituzten? 27a. Aitak:

 Espainola

 Euskara

27b. Amak:

 Espainola

 Euskara

28. Beraien artean zein hizkuntzetan hitz egiten dute?: ________________________ 29. Zurekin zein hizkuntzetan hitz egiten dute?: ______________________________ 30. Seme-alabak badituzu, zein hizkuntza hitz egiten dituzte?: __________________ 31. Zein hizkuntzetan hitz egiten duzu zure seme-alabekin?: _____________________ 32. Orokorrean, zure familian zein hizkuntzetan hitz egiten da? (bilobak, ilobak, izebaosabek...) … 32a. Beraien artean?: _________________________________ 32b. Zurekin?: _______________________________________ 33. Bi hizkuntzak hitz egiten badituzu, zein (espainola/euskara) ikasi zenuen lehenengoz ? Ala biak aldi berean?:  Espainola

 Euskara

 Biak aldi berean

34. Batik bat, norekin ikasi duzu espainola hitz egiten/ulertzen?: __________________________ ______________________________________________________________________________ 34a. Batik bat, norekin ikasi duzu euskara hitz egiten/ulertzen?: __________________________ ______________________________________________________________________________ 35. Zure familiako zein kiderekin hitz egiten duzu espainolez?: ____________________________ ___________________________________________________________________ Zergatik?: ______________________________________________________________________________

288 | Anlagen: Fragebögen

35a. Zure familiako zein kiderekin hitz egiten duzu euskaraz?: __________________________ ___________________________________________________________________Zergatik?: ___________________________________________________________________________ 35b. Zure familiako zein kiderekin erabiltzen dituzu bi hizkuntzak?: ____________________ ___________________________________________________________________________ Zergatik?: __________________________________________________________________ 36. Familiaz kanpo, norekin hitz egiten duzu gehienbat espainolez?: ____________________ ___________________________________________________________________Zergatik?: ___________________________________________________________________________ 36a. Familiaz kanpo, norekin hitz egiten duzu gehienbat euskaraz?: ____________________ ___________________________________________________________________Zergatik?: ___________________________________________________________________________ 36b. Familiaz kanpo, norekin hitz egiten duzu gehienbat bi hizkuntzetan?: ______________ ___________________________________________________________________________ Zergatik?: __________________________________________________________________ 37. Norekin ez zenuke inoiz espainolez hitz egingo?: __________________________________ ___________________________________________________________________________ Zergatik?: __________________________________________________________________ 37a. Norekin ez zenuke inoiz euskaraz hitz egingo?: ___________________________________ ____________________________________________________________________________ Zergatik?: ___________________________________________________________________ 38. Zure ustez, espainol eta euskara maila bera al duzu? Zeinekin moldatzen zara hobeto?:  Espainola

 Euskara

 Antzeko maila

39. Zure ustez, ondo hitz egiten al duzu espainola ala ez oso ondo?:  Arazorik gabe hitz egin dezaket edozertaz  Arazoak ditut gai zehatzez hitz egiteko  Arazoak ditut eguneroko gaiez hitz egiteko  Zenbait esaldi eta lokuzio baino ez dakizkit  Ezer gutxi dakit 39a. Zure ustez, ondo hitz egiten al duzu euskara ala ez oso ondo?:  Arazorik gabe hitz egin dezaket edozertaz  Arazoak ditut gai zehatzez hitz egiteko

Anlagen: Fragebögen | 289

 Arazoak ditut eguneroko gaiez hitz egiteko  Zenbait esaldi eta lokuzio baino ez dakizkit  Ezer gutxi dakit 40. Euskal Herritik kanpo bizi den espainol batek zu euskalduna zarela antzemango lukeela uste duzu?:

 Bai

 Ez

 Ez dakit

41. Zure espainoleko ulermen maila deskriba dezakezu?:  Elkarrizketa bat uler dezaket bere osotasunean  Elkarrizketa bat uler dezaket baina azaletik baino ez  Elkarrizketa bateko gaiak uler ditzaket  Ezer gutxi  Deus ez 41a. Zure euskarako ulermen maila deskriba dezakezu?:  Elkarrizketa bat uler dezaket bere osotasunean  Elkarrizketa bat uler dezaket baina azaletik baino ez  Elkarrizketa bateko gaiak uler ditzaket  Ezer gutxi  Deus ez 42. Telebista eta irratia euskaraz ikusi/entzuten al dituzu?:  Bai

 Ez

Baietz erantzunez gero, noiz, zenbat denboraz, norekin, ze gairen inguruan?: ___________________________________________________________________ 43. Zein hizkuntzatan moldatzen zara hobeto?:  Espainola

 Euskara

44. Espainola gustatzen al zaizu?:

 Ez dakit  Bai

 Ez

44a. Zure ustez espainolak giro jakin bat sortzen al du?:  Bai

 Ez

Bai baldin bada, zein?: ______________________________________________ 45. Euskara gustatzen al zaizu?:

 Bai

 Ez

45a. Zure ustez euskarak giro jakin bat sortzen al du?:

 Bai

 Ez

Bai baldin bada, zein?: ________________________________________________

290 | Anlagen: Fragebögen

46. Noizbait egoeraren batean euskaraz hitz egiteak gaizki sentiarazi al zaitu eta espainolera aldatzeko beharra nabaritu duzu?  Bai

 Ez

Zein egoeratan? ______________________________________________________________ Imaginatu beharreko egoerak: 47. Erosketak egin dituzu eta ordaintzear zaude. Zein hizkuntzetan egiten dituzu kalkuluak?  Espainolez  Euskaraz

 Beste bat: __________________

48. Zure buruarekin hitz egiten duzunean zein hizkuntza erabiltzen duzu?  Espainola

 Euskara

 Beste bat: ___________________

49. Zure buruarekin haserre zaude (adib. norbaiten urtebetetzea ahaztu duzulako). Zein hizkuntza erabiltzen duzu marmarrean zabiltzala?  Espainola

 Euskara

 Beste bat: ____________________

50. Zure ustez, espainolez hitz egiten jakitea baliagarria al da eguneroko bizitzarako (erosketak egiteko, egunkaria irakurtzeko, politikaz hitz egiteko...)? Espainola ondo hitz egiteko ahalmena izatea:  Ezinbestekoa

 Baliagarria

 Ez oso baliagarria

 Balio gabekoa

Zergatik?: _________________________________________________________ 50a. Zure ustez, euskaraz hitz egiten jakitea baliagarria al da eguneroko bizitzarako (erosketak egiteko, egunkaria irakurtzeko, politikaz hitz egiteko...)? Euskara ondo hitz egiteko ahalmena izatea:  Ezinbestekoa

 Baliagarria

 Ez oso baliagarria

 Balio gabekoa

Zergatik?: __________________________________________________________ 51. Zure ustez, gazteek espainolez hitz egiten eta hura ulertzen jakin behar lukete?:  Bai

 Ez Zergatik? ____________________________________________

51a. zure ustez gazteek euskaraz hitz egiten eta hura ulertzen jakin beharko lukete?:  Bai

 Ez Zergatik?: ___________________________________________

52. Zer pentsatzen duzu espainolaz? (erantzun bat baino gehiago eman ahal da):  polita

 zakarra

 aberatsa

 zehatza

 barregarria

euskara baino errealagoa

 baserriko hizkuntza

 modaz pasea

 chica

 intelektuala

 modernoa

 serioa

 arraroa

 arrunta

 irakasleen hizkuntza

Anlagen: Fragebögen | 291

52a. Zer uste duzu normalean espainolez baino hitz egiten ez duen norbaitez?: ___________________________________________________________________ 53. Zer pentsatzen duzu euskaraz? (erantzun bat baino gehiago eman ahal da):  polita

 zakarra

 aberatsa

 zehatza

 barregarria

euskara baino errealagoa

 baserriko hizkuntza

 modaz pasea

 chic-a

 intelektuala

 modernoa

 serioa

 arraroa

 arrunta

 irakasleen hizkuntza

53a. Zer uste duzu normalean euskaraz baino hitz egiten ez duen norbaitez?: ___________________________________________________________________ 54. Zure ustez, espainolez dena adieraz daiteke?:

 Bai

 Ez

54a. Espainolez hitz zehatz bat aurkitzeko arazorik izan al duzu noizbait?:  Bai

 Ez

Baietz erantzunez gero, zer egin duzu?  Esaldiaren sintaxia aldatu

 Beste hitz bat bilatu

 Euskarara pasa

 Beste

Zerbait:_____________________________________________________________ 54b. Ba al daude espainolez errazago esan daitezkeen gauzak?:  Bai

Zein?: _____________________________________________  Ez

55. Zure ustez, euskaraz dena adieraz daiteke?:

 Bai

 Ez

55a. Euskaraz hitz zehatz bat aurkitzeko arazorik izan al duzu noizbait?:  Bai

 Ez

Baietz erantzunez gero, zer egin duzu?  Esaldiaren sintaxia aldatu

 Beste hitz bat bilatu

 Espainolez pasa

 Beste zerbait:

________________________________________________________ 55b. Ba al daude euskaraz errazago esan daitezkeen gauzak?  Bai

Zein?: __________________________________________  Ez

56. Zer pentsatzen duzu euskara baino espainol gehiago hitz egiten duen euskaldun batez? (erantzun bat baino gehiago eman ahal da):  jatorra

 herriari lotua

 atzerritarra

 ikasia

 ikasia ez dena

 hotza

 arrunta  berekoia

 baserritarra  harroa

292 | Anlagen: Fragebögen  zintzoa

 ona

56a. Zer pentsatzen duzu espainol baino euskara gehiago hitz egiten duen euskaldun batez? (erantzun bat baino gehiago eman ahal da):  jatorra

 herriari lotua

 ikasia

 ikasia ez dena

 zintzoa

 ona

 atzerritarra  hotza

 arrunta

 baserritarra

 berekoia

 harroa

57. Noizbait euskara desagertuko balitz ez litzaizuke inportako ala pena emango lizuke?:  berdin dit

 pena emango lidake

58. Euskararen galera azeleratua antzematen al duzu? Zein izan daitezke arrazoiak?:  Bai  Ez Arrazoiak: __________________________________ 59. Zerk emango lizuke pena handiagoa euskararen ala espainolaren galerak?:  Euskararen galerak

Espainolaren galerak

60. Euskararen galerak Euskal Heriarentzako ondoriorik izango luke?:  Bai Zein?: ___________________________________________  Ez 61. Euskal Herriak bere hizkunta gabe aurrera egin dezakela uste duzu?:  Bai  Ez Zergatik?: __________________________________________________________ 62. Zure ustez euskarak bere hiztunen artean lotura bat sor dezake?:  Bai

 Ez

63. Zure ustez euskarak estatu espainolaren barruan autonomia zabalago baten alde egitera bultzatzen du?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

64. Zure ustez euskara euskaldunentzako sinbolo garrantzitsua da ?  Bai

Ez

Zergatik ?: _____________________________________________________________________ 65. Zure seme-alabei euskara erakusteko prest egongo zinateke honek bizirik iraun zezan?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

66. Normalean ondorengo zein egoeratan hitz egingo zenuke espainolez?:  tabernan (kartetan jolasten)  dendan  lanean  hitz « gogorrak » esateko  lagunekin  beste egoertan: _______________________________________ 66a. Normalean ondorengo zein egoeratan hitz egingo zenuke euskaraz?:  tabernan (kartetan jolasten)  dendan  lanean  hitz « gogorrak » esateko  lagunekin  beste egoertan: _______________________________________

Anlagen: Fragebögen | 293

67. Normalean ondorengo zein gaiez hitz egingo zenuke espainolez?:  familiaz  etxeaz  herri politikaz  politika nazionalaz  baserriko bizitzaz  kirolaz  bestelakoetaz: _______________________ 67a. Normalean ondorengo zein gaiez hitz egingo zenuke euskaraz?:  familiaz  etxeaz  herri politikaz  politika nazionalaz  baserriko bizitzaz  kirolaz  bestelakoetaz: ________________________ 68. Zure ustez euskara herritik herrira aldatzen da ala berdin berdina da leku guztietan?:  Aldatzen da  Berdin berdina da  Ez dakit 69. Espainia eta Frantziako euskara berdina al da?:  Bai  Ez 69a. Zure ustez Iparraldeko eta Hegoaldeko euskarak desberdinak dira ala ez dago desberdintasunik?:  Desberdinak dira  Berdinak dira  Ez dakit 70. Haren euskara entzunda badakizu Iparraldeko ala Hegoaldeko hiztuna den?:  Bai  Ez

Zergatik?: _____________________________________________

Imaginatzeko egoera: 71. Pentsa ezazu Pirineotan oporretan zaudela eta norbait euskaraz entzuten duzula, berehala konturatzen zara: A) pertsona honek beste euskara bat hitz egiten du eta beraz beste aldekoa da; B) pertsona honek ondo ulertzen ez dudan euskara hitz egiten du, baina ez dakit nongoa den; C) nire aldeko euskalduna da. Horrelakorik noizbait gertatu al zaizu?:  Bai Zein? (A, B, C) : ________

 Ez

(baiezkoa bada:) Zer dela eta desberdintzen dituzu zonalde desberdinetako euskarak ? A) ahoskera/ azentua. B) zenbait hitz desberdinen erabilera?: _____ (zehaztu ahal izanez gero:) Aldatzen diren hitzak aipa ditzakezu? objektu jakinak izendatzeko hitzak dira (landare, jaki...) ala desberdintasun gramatikalik ere bada? Esaldiak eraikitzeko modu desberdinak al daude?: _________________________________________ 72. Nola deskribatuko zenuke espainola eta euskararen arteko erlazioa?  lehiakidetasun erlazioa

 osatze erlazioa

73. Espainolarekin konparatuz, nola deskribatuko zenuke euskararen egoera?  egitura galduz doa  mantentzen da galduz doa  eraldatzen da  bazterturik dago

294 | Anlagen: Fragebögen

73a. Zure ustez zein dira euskara mantentzea oztopatzen duten arrazoiak?: ________ _____________________________________________________________________ 73b. Zein neurri hartu beharko liratezke euskara mantendu eta indartzeko?: _______ _____________________________________________________________________ 74. Zure ustez euskara eskolan irakatsi behar da?:  Bai 75. Zuk eskolan euskara ikasi duzu? :  Bai

 Ez

 Ez

75a. nolakoa izan da zure euskal heziketa?:  nire ikastetxean ez nuen aukerarik izan euskaraz ikasteko  hautazko irakasgaiak (zenbatgarrren mailatik aurrera)  derrigorrez ordu bat astero (zenbatgarren mailatik aurrrera)  derrigorrez 3 ordu astero (zenbatgarren mailatik aurrera)  derrigorrez 3 ordu baino gehiago astero (zenbatgarren malatik aurrera)  hainbat ikasgai euskaraz (zenbatgarren malatik aurrera)  ikasketa guztiak euskaraz (zenbatgarren malatik aurrera) 76. Zure ustez : espainiera nork hitz egiten du ongi eta nork gaizki?: (gazteek/zaharrek/ikasleek/baserritarrek/jende ikasiak/langileek/abokatuek/medikuek/irakasleek/funtzionarioek/besteek): Ongi: _______________________________________________________________

Gaizki: ______________________________________________________________ 76a. Zure ustez : euskara nork hitz egiten du ongi eta nork gaizki?: (gazteek/zaharrek/ikasleek/baserritarrek/jende ikasiak/langileek/abokatuek/medikuek/irakasleek/funtzionarioek/besteek): Ongi: _______________________________________________________________ Gaizki: ______________________________________________________________ 77. Zure ustez : espainieraz gaizki hitz egiten dutenek, zergatik egiten dute?:  Lehenengo euskara ikasi zutelako  Gehienetan euskaraz hitz egiten dutelako  Euskaraz pentsatzen dutelako  Beste arrazoien batengatik: ____ 77a. Zure ustez: euskaraz gaizki hitz egiten dutenek, zergatik egiten dute?:

Anlagen: Fragebögen | 295

 Lehenengo espainiera ikasi zutelako

 Gehienetan espainieraz hitz egiten dutelako

 Espainieraz pentsatzen dutelako  Beste arrazoien batengatik: __ 78. Espainieraz gaizki hitz egiten dutenak kontuan hartuz, euskarak espainieran eragin  Bai

dezakeela uste al duzu?:

 Ez

78a. Euskaraz gaizki hitz egiten dutenak kontuan hartuz, espainierak euskaran eragin dez Bai

akeela uste al duzu?:

 Ez

79. Zure ustez, zein dira euskara okerraren ezaugarriak euskara zuzenarekin konparatuz gero? Zergatik dakizu berehalakoan euskaraz zuzen edo oker hitz egiten duen? Adibideak?: __________________________________________________________________ __________________________________________________________________ 79a. Zure ustez, zein dira espainol okerraren ezaugarriak ondo espainol zuzenarekin konparatuz gero ? zergatik dakizu berehalakoan espainolez zuzen edo oker hitz egiten duen? Adibideak?: ___________________________________________________________ ____________________________________________________________________________ 80. Zure ustez, gaur egun ( batez ere gazteek) erabiltzen duten euskara eta lehen pertsona helduek erabiltzen zutena guztiz desberdina da?:

 Bai

 Ez

(zehaztu ahal izanez gero): Zein desberdintasun antzeman duzue? Nola deskribatuko zenukete oraingo euskara?:  “Zibilizatuagoa“

 Modernoagoa  Eraldatuagoa  pobreagoa  Bestelakoa

Imaginatzeko egoera: 81. Imagina ezazu Euskal Herriko hiri handi bateko kalean barrena zoazela; zure alboan, norbait euskaraz hitz egiten entzuten duzu, eta bat-batean konturatzen zara: “Honako hau euskaraz hitz egiteko ahaleginak egiten ari da, baina ez du lortzen, gaizki hitz egiten duelako“. Gertatu al zaizu inoiz honelakorik?:  Bai

 Ez (Erantzuna baiezkoa bada):

Nola antzemango zenuke gaizki hitz egiten den euskara : batez ere ahoskeragatik/azentuagatik (A) ala hitz ezberdinak erabiltzeagatik (B)?: ___ (Zehaztu ahal izanez gero): Aipatuko al zenuke hitz desberdin hauek erabiltzen dituen norbait? Objetuak (landareak, janaria, etab.) izendatzeko hitzak dira ala forma gramatikalak ere badira ? Gogoratzen al duzu euskara zuzena eta okerraren artean egon daitezkeen esaldi egitura desberdinak?: _____________________________________________________________________________

296 | Anlagen: Fragebögen

82. Imagina ezazu atzerrian zaudela eta norbaitek nongoa zaren galdetzen dizula. Zer erantzungo zenioke?:  Espainola naiz  Euskalduna naiz  Hego Euskal Herrikoa naiz 82a. Imagina ezazu zure herrian zaudela eta norbaitek nongoa zaren galdetzen dizula. Zer erantzungo zenioke?:  Espainola naiz  Euskalduna naiz  Hego Euskal Herrikoa naiz 82b. Garrantziaren arabera sailka itzazu hurrengo hauek: (jarri zenbakiak 1etik 3ra): ___ Espainola naiz ___ Euskalduna naiz ___ Hego Euskal Herrikoa naiz 83. Gertuago sentitzen zara espainolengandik ala Iparraldeko euskaldunengandik?:  Epainolengandik  Ipar euskaldunengandik  Ez dakit 84. Euskal Herriaren egoeraz hitz egiten al duzu egoeraren batean?:  Bai. Zeinetan?: _______________________________________________  Ez 84a. Ipar Euskal Herriaz hitz egiten al duzu egoeraren batean?:  Bai. Zeinetan?: _______________________________________________  Ez 84b. Hego Euskal Herriaz hitz egiten al duzu egoeraren batean?:  Bai. Zeinetan?: _______________________________________________  Ez 85. Ba al dago Euskal Herriaz hitz egitean bereziki aipatzen den gairik?:  Bai, zein?: ___________________________________________________  Ez 85a. Ba al dago ipar Euskal Herriaz hitz egitean bereziki aipatzen den gairik?:  Bai, zein?: ___________________________________________________  Ez 85b. Ba al dago hego Euskal Herriaz hitz egitean bereziki aipatzen den gairik?:  Bai, zein?: ___________________________________________________  Ez

Anlagen: Fragebögen | 297

86. Zure ustez: nolakoa da Hego Euskal Herriko eta Ipar Euskal Herriko euskaldunen arteko erlazioa?:  Ona

 Erdipurdizkoa

 Txarra

 Ez dakit

87. Imagina zaitez Ipar Euskal Herrian zaudela eta alde hartako euskaldunekin hitz egiten ari zarela: eztabaida/elkarrizketa batean, garrantzitsua da zuretzat Euskal Herriko zein aldetakoa zaren erakustea?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

88. Imagina ezazu zure eskualdeari buruzko toki interesgarriez espainolez galdetzen dizun pertsona batekin hitz egiten ari zarela : elkarrizketan, Ipar Euskal Herrikoa dela eta berak ere euskaraz hitz egiten badakiela ohartzen zara. Hizkuntzaz aldatu eta euskaraz hitz egingo al zenioke?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

88a. Imagina ezazu zure eskualdeari buruzko toki interesgarriez espainolez galdetzen dizun pertsona batekin hitz egiten ari zarela : elkarrizketan, Hego Euskal Herrikoa dela eta berak ere euskaraz hitz egiten badakiela ohartzen zara. Hizkuntzaz aldatu eta euskaraz hitz egingo al zenioke?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

89. Zer uste duzu hurrengo esaldi honetaz : “Gu, euskaldunok, herri bat eta nazio bat gara“. Esaldia :  Egia da

Gezurra da

 gehiegikeria

 Arraroa

Atsegina

 Gezurra

89a. Zer uste duzu zuk esaldi honetaz?: _____________________________________ ___________________________________________________________________ 90. Zer uste duzu hurrengo esaldi honetaz: “Ipar Euskal Herria hiru probintzia txikiz osatua da, ez dauka inolako ofizialtasunik, ezta balio legalik ere, industria gutxi dauka, indarrak 1789an galdu zituen eta ez du handik inolako oroitzapenik gorde.“ Esaldia:  Egia da

 Gezurra da

 gehiegikeria

 Arraroa

 Atsegina

 Gezurra

90a. Zer uste duzu zuk esaldi honetaz?: _____________________________________ ___________________________________________________________________ 91. Zer uste duzu hurrengo esaldi honetaz: “Hego Euskal Herria lau probintzia boteretsuz osatua da, industria oso garatua dauka, probintzia estatusa dute eta Estatu espainiarrean bi lurralde autonomo dira, indarrak 1876an bakarrik galdu zituzten eta handik oroitzapen bizia gorde dute“. Esaldia:  Egia da

 Gezurra da

 gehiegikeria

298 | Anlagen: Fragebögen  Arraroa

 Atsegina

 Gezurra

91a. Zer uste duzu zuk esaldi honetaz?: _____________________________________ 92. Zure ustez: Ipar Euskal Herriko euskaldunak frantsesago sentitzen dira euskaldun baino?:  Bai  Ez

Zergatik?: _____________________________

92a. Zure ustez: Hego Euskal Herriko euskaldunak espainolago sentitzen dira euskaldun baino?:  Bai  Ez

Zergatik?: ______________________________

93. Zure ustez: Ipar Euskal Herrian ba al dago “Euskalduna izatea“ren sentipenik?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

93a. Zure ustez Hego Euskal Herrian ba al dago “Euskalduna izatea“-ren sentipenik?:  Bai

 Ez

 Ez dakit

94. Deskriba zenezake zer den “Euskalduna izatea“ Hego Euskal Herrian?:  Euskalduna izatea inongo mugarik gabe  Euskaldunago izatea espainola baino  Euskalduna eta espainola izatea  Espainolagoa izatea euskalduna baino  Ez dauka inongo esanahirik 95. Zure ustez : Ipar Euskal Herriko euskaldunak estatu frantsesean libreagoak al dira euskaldun bezala sentitzeko (hizkuntza hitz egin, ohiturak mantendu, etab.) Hego Euskal Herrikoak baino?:  Bai  Ez

Zergatik?: ____________

95a. Zure ustez: Hego Euskal Herriko euskaldunak estatu espainolean libreagoak al dira euskaldun bezala sentitzeko (hizkuntza hitz egin, ohiturak mantendu, etab.) Ipar Euskal Herriko euskaldunak baino?:  Bai  Ez Zergatik?: _______ 96. Zure ustez Ipar Euskal Herriko euskaldunak euskaldunagoak dira Hego Euskal Herrikoak baino?:

 Bai

 Ez

96a. Zure ustez Hego Euskal Herriko euskaldunak euskaldunagoak dira Ipar Euskal Herrikoak baino?:

 Bai

 Ez

97. Zure ustez, Ipar Euskal Herriko euskaldunek arazorik gabe esaten dute “Harro nago frantsesa izateaz“?:  Bai  Ez Zergatik ?: ________________________ 97a. Zure ustez, Hego Euskal Herriko euskaldunek arazorik gabe esaten dute “Harro nago espainola izateaz“?:  Bai  Ez Zergatik?: ________________________ 98. Zer uste duzu hurrengo esaldi honetaz:“Euskaldunak terroristak dira!“? Esaldia:

Anlagen: Fragebögen | 299

 Egia da

 Gezurra da

 gehiegikeria

 Arraroa

 Atsegina

 Gezurra

98a. Zer uste duzu zuk esaldi honetaz?: _____________________________________ 99. Zer uste duzu hurrengo esaldi honetaz: “Oraindik ETA da Espainiako arazo nagusia“? Esaldia:  Egia da

 Gezurra da

 gehiegikeria

 Arraroa

 Atsegina

 Gezurra

99a. Zer uste duzu zuk esaldi honetaz?: _____________________________________ 100. Zure ustez, ETA garrantzitsua eta positiboa da Euskal Herriarentzat?:  Bai  Ez

Zergatik?: ____________________________________________

100a. Zure ustez, ETA kaltegarria da Euskal Herriarentzat?:  Bai  Ez

Zergatik?: _____________________________________________

101. Imagina ezazu euskaldun batekin ETA-ri buruz hitz egiten duzula. Nahiago izango zenuke Hego Euskal Herriko batekin hitz egitea ala Ipar Euskal Herriko batekin?:  Hego Euskal Herrikoarekin

 Ipar Euskal Herrikoarekin

Imaginatzeko egoera: 102. Imagina ezazu egun batean Ipar Euskal Herria desagertzen dela. Zure ustez, Euskal Herria berdin berdin eta arazorik gabe existituko litzateke Hego Euskal Herriko euskaldunekin bakarrik?:

 Bai

 Ez

102a. Imagina ezazu egun batean Hego Euskal Herria desagertzen dela. Zure ustez, Euskal Herria berdin berdin eta arazorik gabe existituko litzateke Ipar Euskal Herriko euskaldunekin bakarrik?:

 Bai

 Ez

103. Imagina ezazu egun batean euskara desagertzen dela: zure ustez, Euskal Herria existituko litzateke?:  Bai  Ez

Zergatik?: ____________________

104. Deskriba ezazu hiru lerrotan Hego Euskal Herriko euskaldunen egoera: ______________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ 105. Deskriba ezazu hiru lerrotan Ipar Euskal Herriko euskaldunen egoera: ______________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ Mila esker.

300 | Anlagen: Fragebögen

Anlage 3: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Französisch QUESTIONNAIRE : LA LANGUE BASQUE 1.

votre nom et prénom (facultatif) : ____________________________________

2.

votre adresse : _____________________________________________________

3.

votre age : ____

4.

Situation familiale : ○ célibataire ○ marié(e) ○ séparé(e) ○ veuf(ve) ○ d’autre

5.

Lieu de naissance : __________________________

6.

Résidence dans d’autres villes/villages du Pays Basque + durée ___________________________________________________________________

7.

Résidence à l’étranger/dans d’autres régions françaises + durée : ___________________________________________________________________

8.

Cursus scolaire : ____________________________________________________

9.

Formation professionnelle : __________________________________________

10. Profession : ________________________________________________________ 11.

Lieu/région d’origine des parents

11a. Père : ________________________________ 11b. Mère : ________________________________ 12. Cursus scolaire des parents 12a Père : ______________________________________________________________ 12b Mère : ______________________________________________________________ 13. Formation professionnelle des parents 13a Père : ______________________________________________________________ 13b Mère : _____________________________________________________________ 14. Profession des parents 14a Père : ______________________________________________________________ 14b Mère : ______________________________________________________________ 15. Lieu/région d’origine de l’époux(se) : _________________________________

Anlagen: Fragebögen | 301

16. Cursus scolaire de l’époux(se) : ________________________________________ 17. Formation professionnelle de l’époux(se) : ______________________________ 18. Profession de l’époux(se) : ____________________________________________ 19. Est-ce que vous travaillez au Pays Basque ? : ○ oui ○ non 20. Est-ce que vous allez souvent dans d’autres lieux du Pays Basque ? : ○ oui ○ non 20a Dans quelles régions ? : _______________________________________________ 20b Pour quelles raisons ? : _______________________________________________ 21. A votre avis : est-ce qu’on vit mieux en pleine campagne ou en ville ? : ○ en ville ○ en pleine campagne ○ Je ne sais pas. Pourquoi ? : _________________________________________________________ 22. Est-ce que vous aimeriez vous installer dans une autre région de la France ou est-ce que vous préfériez rester au Pays Basque ? : ○ dans une autre région de la France ○ au Pays Basque ○ Je ne sais pas. Pourquoi ? : _________________________________________________________ 23. Vous sentez-vous comme… 23a Français ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ________________________________________________________ 23b Basque en général ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ________________________________________________________ 23c Basque du nord ou Basque du sud ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ________________________________________________________ 24. Si vous deviez mettre en ordre d’importance (A : Français, B : Basque en général, C : Basque du nord/du sud) quel ordre vous auriez mis ? : 1. ____ 2. ____ 3. ____ 25. Quelles langues est-ce que vous parlez ? Le français, le basque, d’autres ? : ___________________________________________________________________ 26. Est-ce que vos grands-parents parlent/parlaient le français et le basque ? 26a Vos grands-parents du côté paternel ? : ○ français ○ basque

302 | Anlagen: Fragebögen

26b Vos grands-parents du côté maternel ? : ○ français ○ basque 27. Quelle langue/Quelles langues est-ce qu’ils parlent/parlaient entre eux ? 27a Vos grands-parents du côté paternel ? : _____________________________________ 27b Vos grands-parents du côté maternel ? : ____________________________________ 28. Quelle langue/Quelles langues est-ce qu’ils parlent/parlaient avec vos parents ? ______________________________________________________________________ 28a Les grands-parents du côté paternel avec votre père ? : _______________________ 28b Les grands-parents du côté maternel avec votre mère ? : ______________________ 29. Quelle langue/Quelles langues est-ce qu’ils parlent/parlaient avec vous ? 29a Vos grands-parents du côté paternel ? : ___________________________________ 29b Vos grands-parents du côté maternel ? : __________________________________ 30. Est-ce que vos parents parlent/parlaient le français et le basque ? 30a votre père ? : ○ français ○ basque 30b votre mère ? : ○ français ○ basque 31. Quelle langue/Quelles langues est-ce qu’ils parlent/parlaient entre eux ? : ____ 32. Quelle langue/Quelles langues est-ce qu’ils parlent/parlaient avec vous ? : ____ 33. Si vous en avez, quelles langues parlent vos enfants ? : ____________________ 34. Quelles langues est-ce que vous parlez avec vos enfants ? : _________________ 35. Quelle langue/Quelles langues parlent/parlaient votre famille (vos petits-enfants, vos oncles, vos tantes, vos petits-enfants, vos neveux, vos nièces, …) … 35a ... entre eux ? : ________________________________ 35b … avec vous ? : ________________________________ 36. Si vous parlez les deux langues, est-ce que vous avez d’abord appris la langue française ou la langue basque ou est-ce que vous les avez appris en même temps ? : ○ d’abord français ○ d’abord basque ○ en même temps 37. Avec qui avez-vous appris (le plus) à parler/à comprendre la langue française ? : ___________________________________________________________________ 37a Avec qui avez-vous appris (le plus) à parler/à comprendre la langue basque ? : ___________________________________________________________________

Anlagen: Fragebögen | 303

38. Avec qui de votre famille parlez-vous surtout la langue française ? : ___________________________________________________________________ Pourquoi ? : ________________________________________________________ 38a Avec qui de votre famille parlez-vous surtout la langue basque ? : ____________________________________________________________________ Pourquoi ? : _________________________________________________________ 38b Avec qui de votre famille parlez-vous les deux langues en alternance ? : ____________________________________________________________________ Pourquoi ? : _________________________________________________________ 39. Avec qui parlez-vous (le plus) français en dehors de votre famille ? : ___________________________________________________________________ Pourquoi ? : _________________________________________________________ 39a Avec qui parlez-vous (le plus) basque en dehors de votre famille ? : __________________________________________________________ Pourquoi ? : _________________________________________________________ 39b Avec qui parlez-vous (le plus) les deux langues en alternance en dehors de votre famille ? : ___________________________________________________________ Pourquoi ? : _________________________________________________________ 40. Avec qui ne parlez/parleriez-vous pas en français ? : ___________________________________________________________ Pourquoi ? : ________________________________________________________ 40a Avec qui ne parlez/parleriez-vous pas en basque ? : ____________________________________________________________ Pourquoi ? : ________________________________________________________ 41. A votre avis : est-ce que vous avez un niveau similaire dans les deux langues français et basque ? : ○ français ○ basque ○ niveau similaire 42. A votre avis : parlez-vous bien ou pas très bien français ? : ○ sans problème de parler de tous les sujets ○ avec des problèmes de parler des sujets spéciaux ○ avec des problèmes de parler des sujets quotidiens ○ quelques phrases, de courtes locutions ○ pratiquement sans connaissances actives

304 | Anlagen: Fragebögen

42a A votre avis : parlez-vous bien ou pas très bien basque ? : ○ sans problème de parler de tous les sujets ○ avec des problèmes de parler des sujets spéciaux ○ avec des problèmes de parler des sujets quotidiens ○ quelques phrases, de courtes locutions, des blagues ou des beaux mots ○ pratiquement sans connaissances actives 43. Croyez-vous qu’un Français qui vit hors du Pays Basque se rendrait compte que vous êtes basque ? : ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 44. Pourriez-vous décrire votre degré de compréhension en français ? : ○ toute une conservation sans aucun problème ○ le sens d’une conservation sans les détails ○ les sujets d’une conservation ○ presque rien ○ rien 44a Pourriez-vous décrire votre degré de compréhension en basque ? : ○ toute une conservation sans aucun problème ○ le sens d’une conservation sans les détails ○ les sujets d’une conservation ○ presque rien ○ rien 45. Est-ce que vous profitez des émissions en langue basque à la radio et à la télé ? : ○ oui ○ non Si oui, quand, combien de temps, avec qui et de quels sujets? : ______________ _____________________________________________________________________ 46. Dans quelle langue vous sentez-vous le plus à l’aise: en français ou en basque ? : ○ français ○ basque ○ Je ne sais pas. 47. Est-ce que vous aimez la langue française ? :

○ oui ○ non

47a A votre avis : est-ce que la langue française crée une certaine atmosphère? : ○ ouiLaquelle ? : ____________________________________________ ○ non 48. Est-ce que vous aimez la langue basque ? : ○ oui

○ non

Anlagen: Fragebögen | 305

48a A votre avis : est-ce que la langue basque crée une certaine atmosphère? : ○ ouiLaquelle ? : ____________________________________________ ○ non 49. Est-ce qu’il vous est déjà arrivé d’être un peu embarrassé en parlant le basque et d’avoir senti qu’il aurait peut-être fallu parler en français ? : ○ oui ○ non Dans quelle situation ? _______________________________________________ Des situations à imaginer : 50. Après avoir fait des courses vous êtes à la caisse pour payer en liquide : dans quelle langue comptez-vous ? : ○ français ○ basque ○ une autre : _________ 51. Quand vous vous parlez à vous-même, en réfléchissant, quelle langue employez-vous ? : ○ français ○ basque ○ une autre : ___________________________ 52. Vous êtes en colère contre vous à cause d’une faute (p.ex. vous avez oublié une date d’anniversaire). Quelle langue vous utilisez en râlant ? : ○ français ○ basque ○ une autre : _____________________________ 53. A votre avis : est-ce que c’est utile de savoir parler français dans la vie quotidienne (en faisant des courses/lisant des journaux/en discutant des thèmes politiques/etc.)? La capacité à bien parler le français est … : ○ indispensable ○ utile ○ pas très utile ○ nuisible Pourquoi ? : _______________________________________________________ 53a A votre avis : est-ce que c’est utile de savoir parler basque dans la vie quotidienne (en faisant des courses/lisant des journaux/en discutant des thèmes politiques/etc.)? La capacité à bien parler le basque est … : ○ indispensable ○ utile ○ pas très utile ○ nuisible Pourquoi ? : _______________________________________________________ 54. A votre avis : est-ce que les jeunes gens devraient savoir parler et comprendre la langue française ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _________________________________________________________ 54a A votre avis : est-ce que les jeunes gens devraient savoir parler et comprendre la langue basque ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _________________________________________________________ 55. Qu’est-ce que vous pensez du français ? C’est une langue (plusieurs réponses possibles) … : ○ belle

○ laide

○ ridicule

306 | Anlagen: Fragebögen

○ plus vraie que le basque ○ riche

○ précise

○ campagnarde (rustique) ○ vulgaire ○ démodée ○ chic

○ intellectuelle ○ la langue des professeurs

○ moderne ○ sérieuse ○ étrange ? 55a Qu’est-ce que vous pensez de quelqu’un qui ne parle habituellement qu’en français ? : __________________________________________________________ 56. Qu’est-ce que vous pensez de la langue basque ? C’est une langue (plusieurs réponses possibles) … : ○ belle

○ laide

○ ridicule

○ plus vraie que le basque ○ riche

○ précise

○ campagnarde (rustique) ○ vulgaire ○ démodée ○ chic

○ intellectuelle ○ la langue des professeurs

○ moderne ○ sérieuse ○ étrange ? 56a Qu’est-ce que vous pensez de quelqu’un qui ne parle habituellement qu’en basque ? : __________________________________________________________ 57. A votre avis : est-ce qu’on peut tout exprimer en français ? : ○ oui ○ non 57a Est-ce que vous avez déjà eu le problème de trouver un mot correct en français ? : ○ oui ○ non Si oui, votre réaction ? : Avez-vous … ○ trouvé un autre mot ○ changé la syntaxe de phrase ○ changé en basque ○ une autre : ______________________________ 57b Est-ce qu’il y a des choses qu’on dit plus facilement en français qu’en basque ? : ○ ouiLesquelles ? : ________________________________________ ○ non 58. A votre avis : est-ce qu’on peut tout exprimer en basque ? : ○ oui ○ non 58a Est-ce que vous avez déjà eu le problème de trouver le mot correct en basque ? : ○ oui ○ non Si oui, votre réaction ? : Avez-vous … ○ trouvé un autre mot ○ changé la syntaxe de phrase ○ changé en français ○ une autre : ________________________________

Anlagen: Fragebögen | 307

58b Est-ce qu’il y a des choses qu’on dit plus facilement en basque qu’en français ? : ○ oui Lesquelles ? : ______________________________ ○ non 59. Comment est-ce que vous trouvez un Basque qui parle plus le français que le basque ? Il vous semble plutôt (plusieurs réponses possibles) … : ○ sympathique ○ attaché à sa terre/à sa ville/à son village ○ étranger à votre ville/village ○ vulgaire ○ campagnard (rustique) ○ instruit

○ ignorant ○ froid

○ vaniteux ○ arrogant ○ respectueux ○ noble 59a Comment est-ce que vous trouvez un Basque qui parle plus le basque que le français ? Il vous semble plutôt (plusieurs réponses possibles) … : ○ sympathique ○ attaché à sa terre/ à sa ville/ à son village ○ étranger à votre ville/village ○ vulgaire ○ campagnard (rustique) ○ instruit

○ ignorant ○ froid

○ vaniteux ○ arrogant ○ respectueux ○ noble 60. Si un jour le basque disparaissait complètement, resteriez-vous plutôt indifférent ou trouveriez-vous cela plutôt dommage ? :○ indifférent ○ dommage 61. Est-ce que vous constatez une disparition accélérée du basque et quelles en sont (pourraient en être) les raisons ? : ○ oui Pour quelles raisons ? : ____________________________________________________________ ○ non 62. Seriez-vous plus triste de la perte du basque ou de la perte du français ? : ○ plus triste de la perte du basque ○ plus triste de la perte du français 63. Croyez-vous que la disparition du basque aurait des conséquences pour le Pays Basque ? : ○ oui Lesquelles : ____________________________________________ ○ non 64. Est-ce que vous croyez que le peuple basque pourrait exister sans sa langue ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _____________________________________________ 65. A votre avis : est-ce que la langue basque crée un lien commun ? : ○ oui ○ non 66. A votre avis : est-ce que la langue basque crée une autonomie croissante du peuple basque dans l’Etat français ? : ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 67. A votre avis : est-ce que vous croyez que la langue basque est un symbole important pour les Basques ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _________________

308 | Anlagen: Fragebögen

68. Seriez-vous disposé(e) à enseigner ou à transmettre le basque à vos enfants pour le faire survivre ? : ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 69. Dans quelles situations est-ce que vous parl(eri)ez le plus français ? : ○ au bar (p.ex. en jouant aux cartes)

○ au magasin

○ au travail (avec vos collègues, à votre chef)

○ en jurant

○ avec vos amis (p.ex. en prenant un café) ○ autres : _____________________ 69a Dans quelles situations est-ce que vous parl(eri)ez le plus basque ? : ○ au bar (p.ex. en jouant aux cartes)

○ au magasin

○ au travail (avec vos collègues, à votre chef) ○ en jurant ○ avec vos amis (p.ex. en prenant un café) ○ autres : _____________________ 70. De quels sujets est-ce que vous parlez principalement/vous parleriez le plus en français ? : ○ la famille ○ la maison

○ la politique locale/régionale

○ la politique nationale ○ les champs et les animaux domestiques ○ le sport ○ autres : __________________________________________________________ 70a De quels sujets est-ce que vous parlez principalement/vous parleriez le plus en basque ? : ○ la famille ○ la maison

○ la politique locale/régionale

○ la politique nationale ○ les champs et les animaux domestiques ○ le sport ○ autres : _________________________________________________________ 71. Est-ce que vous avez l’impression que le basque change entre votre ville/village et d’autres villes/villages ou est-il partout plus ou moins identique? : ○ il change

○ il est plus ou moins identique ○ Je ne sais pas.

72. Est-ce que la langue basque change entre la France et l’Espagne ? : ○ oui ○ non 72a A votre avis : est-ce que la langue basque du côté nord est différente de la langue basque du côté sud ou n’existent-ils pas de différences ? : ○ différent

○ pas de différences ○ Je ne sais pas.

73. Est-ce que vous reconnaissez quelqu’un qui vient de la région française basque ou de la région espagnole basque en parlant le basque ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _________________________________________________________ Une situation à imaginer : 74. Imaginez que vous faites de la randonnée dans les Pyrénées; à côté de vous, vous entendez quelqu’un parler basque, et vous vous en rendez compte tout de suite : « Cette personne parle un autre basque et elle vient plus ou moins de l’autre côté » (A) ou bien vous vous rendez compte : « Cette personne parle un basque que je comprends bien, mais je ne sais pas d’où elle peut bien venir. » (B), ou « Cette personne parle le même basque que

Anlagen: Fragebögen | 309

moi : C’est un Basque de mon côté, pas loin d’où j’habite. » (C) Est-ce qu’une telle situation vous est déjà arrivée ? : ○ oui Laquelle ? (A, B ou C) : ___ ○ non (Oui. Alors :) Est-ce que vous reconnaîtriez le basque parlé dans d’autres régions plutôt à la prononciation/à l’accent (A) ou à l’usage de certains mots différents (B) ? : ___ (Préciser éventuellement :) Sauriez-vous indiquer des mots qui changent ? Est-ce que ce sont des mots désignant certains objets (plantes, aliments, etc.), ou est-ce qu’il s’agit aussi de certaines formes grammaticales ? Vous souvenez-vous peut-être qu’il y a même différentes manières de construire les phrases ? : _________________________ 75. Comment décririez-vous le rapport entre le français et le basque ? : ○ rapport de concurrence ○ rapport de complémentarité 76. Comment décririez-vous la situation du basque par rapport à celle du français ? : ○ il se diffuse

○ il se maintient ○ il est en déclin ○ il se transforme ○ il est abandonné

76a A votre avis, quelles sont les raisons qui compliquent le maintien du basque ? : ___________________________________________________________________ 76b Quelles mesures pourrait-on appliquer pour le conserver et pour le renforcer ? : ___________________________________________________________________ 77. A votre avis : est-ce que le basque doit être enseigné à l’école ? : ○ oui ○ non 78. Est-ce que vous avez aussi appris le basque à l’école ? : ○ oui

○ non

78a Dans quel importance avez-vous appris le basque à l’école ? : ○ aucune possibilité de suivre des cours en basque à votre école ○ cours facultatifs, à partir de quelle classe : _______ ○ cours obligatoire de 1 heure par semaine, à partir de quelle classe : ______ ○ cours obligatoires de 3 heures par semaine, à partir de quelle classe : ______ ○ cours obligatoires plus de 3 heures par semaine, à partir de quelle classe : __ ○ quelque cours en basque, à partir de quelle classe : _______ ○ tous les cours en basque, à partir de quelle classe : _______ 79. A votre avis : Qui parle mal et qui parle bien français ? [les jeunes/les personnes âgées/les étudiants/les paysans/les personnes instruites/les ouvriers/les avocats/les médecins/les professeurs/les fonctionnaires/d’autres] : mal : ______________________________________________________________ bien : ______________________________________________________________

310 | Anlagen: Fragebögen

79a A votre avis : Qui parle mal et qui parle bien basque ? : [les jeunes/les personnes âgées/les étudiants/les paysans/les personnes instruites/les ouvriers/les avocats/les médecins/les professeurs/les fonctionnaires/d’autres] : mal : ______________________________________________________________ bien : ______________________________________________________________ 80. A votre avis : Ceux qui parlent mal le français le font : ○ parce qu’ils ont d’abord appris le basque ○ parce qu’ils pensent en basque ○ parce qu’ils parlent trop souvent le basque ○ autres : __________________ 80a A votre avis : Ceux qui parlent mal le basque le font : ○ parce qu’ils ont d’abord appris le français ○ parce qu’ils pensent en français ○ parce qu’ils parlent trop souvent le français ○ autres : __________________ 81. Si vous pensez à ceux qui parlent mal le français croyez-vous que le basque ait une influence sur le français ? : ○ oui ○ non 81a Si vous pensez à ceux qui parlent mal le basque, croyez-vous que le français ait une influence sur le basque ? : ○ oui ○ non 82. A votre avis, quelles sont les particularités d’un basque mal parlé par rapport à un basque bien parlé, et qu’est-ce qui vous permet de dire tout de suite si quelqu’un le parle mal ou bien ? Exemples ? : _______________________________________________________ ______________________________________________________________________________ 82a A votre avis, quelles sont les particularités d’un français mal parlé par rapport à un français bien parlé, et qu’est-ce qui vous permet de dire tout de suite si quelqu’un le parle mal ou bien ? Exemples ? : ______________________________________________________ _____________________________________________________________________________ 83. Est-ce que vous trouvez que le basque parlé aujourd’hui surtout par les jeunes, soit tout autre chose que celui d’autrefois, parlé par les personnes âgées ? : ○ oui

○ non

(Préciser éventuellement:)

Quelles différences avez-vous remarquées ? Comment le jugeriez-vous ? : ○ plus « civilisé » ○ moins grossier ○ plus déformé ○ plus moderne

○ autres : ______________________________________

Une situation à imaginer : 84. Imaginez que vous marchiez dans une rue d’une grande ville au Pays Basque; à côté de vous, vous entendez quelqu’un parler basque, et tout de suite, vous vous rendez compte : « Celui-ci fait un effort pour parler basque, mais il n’y arrive pas parce qu’il le parle mal ». Est-ce qu’une telle situation vous est déjà arrivée ? : ○ oui ○ non

Anlagen: Fragebögen | 311

(Oui. Alors :) Reconnaîtriez-vous un basque mal parlé plutôt à la prononciation/à l’accent (A), par l’usage de certains mots différents du basque bien parlé (B) ? : ___ (Préciser éventuellement :) Sauriez-vous indiquer quelques-uns qui utilisent ces mots différents ? Est-ce que ce sont des mots désignant certains objets (plantes, aliments, etc.) ou est-ce qu’il s’agit aussi de certaines formes grammaticales ? Vous souvenez-vous peut-être même de différentes constructions de phrases entre un basque mal parlé et un basque bien parlé ? : ________________________________________ 85. Imaginez que vous êtes à l’étranger et quelqu’un vous demande de quelle nation vous êtes. Qu’est-ce que vous diriez ? : ○ Je suis Français. ○ Je suis Basque. ○ Je suis Basque du nord./Je suis Basque du sud. 85a Imaginez que vous êtes dans votre région chez vous et quelqu’un vous demande de quelle nation vous êtes. Qu’est-ce que vous diriez ? : ○ Je suis Français. ○ Je suis Basque. ○ Je suis Basque du nord./Je suis Basque du sud. 85b Mettez en ordre d’importance les trois énoncés (Numérez de 1 à 3) ? : __ Je suis Français. __ Je suis Basque. __ Je suis Basque du nord./Je suis Basque du sud. 86. Est-ce que vous vous sentez plus proche avec des Français ou avec des Basques de l’autre côté ? : ○ avec des Français ○ avec des Basques de l’autre côté

○ Je ne sais pas.

87. Est-ce qu’il y a des situations dans lesquelles vous parlez du peuple basque ? : ○ oui Lesquelles ? : ____________________________________________ ○ non 87a Est-ce qu’il y des situations dans lesquelles vous parlez de l’autre côté ? : ○ oui Lesquelles ? : ____________________________________________ ○ non 87b Est-ce qu’il y a des situations dans lesquelles vous parlez de votre côté ? : ○ oui Lesquelles ? : ____________________________________________ ○ non

312 | Anlagen: Fragebögen

88. Est-ce qu’il y a des sujets pour lesquelles vous parlez du peuple basque ? : ○ oui Lesquels ? : ______________________________________________ ○ non 88a Est-ce qu’il y a des sujets pour lesquelles vous parlez de l’autre côté ? : ○ oui Lesquels ? : _____________________________________________ ○ non 88b Est-ce qu’il y a des sujets pour lesquelles vous parlez de votre côté ? : ○ oui Lesquels ? : _____________________________________________ ○ non 89. A votre avis : est-ce que les relations entre les Basques du nord et les Basques du sud sont : ○ bonnes

○ moyennes ○ mauvaises ○ Je ne sais pas.

90. Imaginez que vous êtes dans la région basque de l’autre côté et vous y parlez avec des Basques de ce côté : est-ce que c’est important pour vous de démontrer pendant une discussion/une conservation que vous êtes de l’autre côté ? : ○ oui

○ non ○ Je ne sais pas.

91. Imaginez que vous parlez avec quelqu’un qui vous demande des attractions dans votre région en français : pendant la conversation vous remarquez qu’il est de l’autre côté du Pays Basque et il sait aussi parler basque. Est-ce que vous changez la langue et parlez en basque avec lui ? : ○ oui

○ non ○ Je ne sais pas.

91a Imaginez que vous parlez avec quelqu’un qui vous demande des attractions dans votre région en français : pendant la conversation vous remarquez qu’il est de votre côté du Pays Basque et il sait aussi parler basque. Est-ce que vous changez la langue et parlez en basque avec lui ? : ○ oui

○ non ○ Je ne sais pas.

92. Comment est-ce que vous évaluez l’énoncé suivant: « Nous Basques sommes un peuple et une nation. » ? : L’énoncé est : ○ vrai

○ faux ○ exagéré

○ étrange

○ sympathique ○ menti

92a Quelle opinion avez-vous personnellement de cet énoncé? : _________________ ___________________________________________________________________ 93. Comment est-ce que vous évaluez l’énoncé suivant: « Le Pays Basque nord, c’est trois petites provinces, sans aucun statut officiel, sans existence légale, peu industrialisées, ayant perdu leurs Fors en 1789 et n’en ayant gardé aucun souvenir. » ? : L’énoncé est : ○ vrai

○ faux ○ exagéré

○ étrange

○ sympathique ○ menti

Anlagen: Fragebögen | 313

93a Quelle opinion avez-vous personnellement de cet énoncé? : _________________ ____________________________________________________________________ 94. Comment est-ce que vous évaluez l’énoncé : « Le Pays Basque sud, c’est quatre provinces puissantes, fortement industrialisées, qui ont le statut de départements et qui forment deux régions autonomes de l’Etat espagnol, qui n’ont perdu leurs Fors qu’en 1876 et qui en gardant un souvenir vivace. » ? : L’énoncé est : ○ vrai

○ faux ○ exagéré

○étrange

○ sympathique ○ menti

94a Quelle opinion avez-vous personnellement de cet énoncé? : _________________ _____________________________________________________________________ 95. A votre avis : est-ce que les Basques du nord se sentent plutôt comme des Français que comme des Basque ? : ○ oui ○ non

Pourquoi ? : ____________

95a A votre avis : est-ce que les Basques du sud se sentent plutôt comme des Espagnols que comme des Basque ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ____________ 96. A votre avis : est-ce qu’il y a le sentiment : « être un Basque » au Pays Basque du nord ? : ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 96a A votre avis : est-ce qu’il y a le sentiment: « être un Basque » au Pays Basque du sud ? ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 97. Pourriez-vous décrire le degré « d’être un Basque » au Pays Basque du nord ? : ○ on est Basque sans aucune limitation ○ on est plutôt Basque qu’un Français ○ on est Basque et Français ○ on est plutôt Français que Basque ○ aucune signification 98. A votre avis : est-ce que les Basques du nord dans l’Etat Français sont plus libres de se sentir comme Basque (parler la langue, vivre les traditions, etc.) que les Basques du sud ? : ○ oui

○ non

Pourquoi ? : __________________

98a A votre avis : est-ce que les Basques du sud dans l’Etat espagnol sont plus libres de se sentir comme Basque (parler la langue, vivre le traditions, etc.) que les Basques du nord ? ○ oui

○ non

Pourquoi ? : __________________

99. A votre avis : est-ce que les Basques du nord sont plus basques que les Basques du sud ? : ○ oui

○ non

314 | Anlagen: Fragebögen

99a A votre avis : est-ce que les Basques du sud sont plus basques que les Basques du nord ? : ○ oui

○ non

100. A votre avis : est-ce que les Basques du nord disent sans problème : « Je suis fier d’être français » ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ____________________ 100a A votre avis : est-ce que les Basques du sud disent sans problème : « Je suis fier d’être espagnol » ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ____________________ 101. Comment est-ce que vous évaluez l’énoncé : « Les Basques, ce sont des terroristes ! » ? L’énoncé est : ○ vrai

○ faux ○ exagéré

○ étrange

○ sympathique ○ menti

101a Quelle opinion avez-vous personnellement de cet énoncé? : ________________ ____________________________________________________________________ 102. Comment est-ce que vous évaluez l’énoncé : « ETA reste le problème majeur de l’Espagne. » ? L’énoncé est : ○ vrai

○ faux ○ exagéré

○ étrange

○ sympathique ○ menti

102a Quelle opinion avez-vous personnellement de cet énoncé? : _______________ ___________________________________________________________________ 103. A votre avis : est-ce que le mouvement ETA est un mouvement important et positif pour la nation basque ? : ○ oui

○ non Pourquoi ? : ________________

103a A votre avis : est-ce que le mouvement ETA est un mouvement négatif pour la nation basque ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : __________________________ 104. Imaginez que vous parlez avec un Basque du sujet de l’ETA. Est-ce que vous préfériez de parler avec un Basque de votre côté ou et un Basque de l’autre côté ? : ○ Basque de votre côté ○ Basque de l’autre côté Des situations à imaginer : 105. Imaginez qu’il n’y a plus de côté de Pays Basque du nord un jour : Croyez-vous que le peuple basque existerait aussi sans problèmes avec les Basques du sud ? : ○ oui ○ non 105a Imaginez qu’il n’y a plus de côté de Pays Basque du sud un jour : Croyez-vous que le peuple basque existerait aussi sans problèmes avec les Basques du nord ? : ○ oui

○ non

Anlagen: Fragebögen | 315

106. Imaginez qu’il n’y a plus la langue basque un jour : Croyez-vous qu’il y aurait un peuple basque ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ___________________________________ 107. Essayez de décrire en 3 phrases la situation des basques de votre côté. : _____________________________________________________________________ _____________________________________________________________________ 108. Essayez de décrire en 3 phrases la situation des basques de l’autre côté. : _____________________________________________________________________

__________________________________________________________

Merci beaucoup.

316 | Anlagen: Fragebögen

Anlage 4: Fragebogen zur Datenerhebung im Baskenland – Sprache: Spanisch CUESTIONARIO DE LA LENGUA VASCA 1.

Nombre y apellidos (opcional): ________________________________________

2.

Dirección: __________________________________________________________

3.

Edad: ____

4. Estado civil:  soltero  casado  separado viudo  otros 5.

Lugar de nacimiento: _________________________________________________

6. ¿Ha vivido en algún otro pueblo/ciudad del País Vasco? ¿Cuanto tiempo?: __ ___________________________________________________________________ 7.

¿Ha vivido en el extranjero/en otro punto de la geografía Española?: ___________________________________________________________________

8. Nivel de estudios: ____________________________________________________ 9. Profesión: __________________________________________________________ 10. Origen de los padres 10a. Padre: ______________________________________ 10b. Madre: ______________________________________ 11. Nivel de estudios de los padres 11a. Padre: _____________________________________________________________ 11b. Madre: _____________________________________________________________ 12. Profesión de los padres 12a. Padre: _____________________________________________________________ 12b. Madre: _____________________________________________________________ 13. Origen del cónyuge: __________________________________________________ 14. Nivel de estudios del cónyuge: _________________________________________ 15. Profesión del cónyuge: ________________________________________________ 16. ¿Trabaja en el País Vasco?:  Si  No 17. ¿Viaja a menudo a otros lugares del País Vasco?:  Si  No 17a. ¿A qué lugares?: ______________________________________________________

Anlagen: Fragebögen | 317

17b. ¿Por qué razón?: ______________________________________________________ 18. ¿En su opinión donde se vive mejor en el pueblo o en la ciudad?:  en la ciudad  en el pueblo  no sé

¿Por qué?: _____________________

19. ¿Le gustaría vivir en algún otro lugar de España o preferiría quedarse en el País Vasco?:  en otro lugar de España  en el País Vasco  no sé ¿Por qué?: __________________________________________________________ 20. ¿Qué se siente? 20a. ¿Español?:  Si 20b. ¿Vasco?:  Si

 No ¿Por qué?: ________________________________  No

¿Por qué?: __________________________________

20c. ¿Vasco del norte o del sur?:  Si

 No ¿Por qué?: ________________

21. ¿Si debiera ordenar los siguientes (A) español, (B) vasco, (C) vasco del norte o del sur por su grado de importancia, como lo haría? 1. ___ 2. ___ 3. ___ 22. ¿Qué lenguas habla? ¿Español, vasco y otros?: _________________________ 23. ¿Sus abuelos hablan/hablaban español y vasco? 23a. abuelos paternos:  Español

 Vasco

23b. abuelos maternos:  Español

 Vasco

24. ¿Qué lengua hablan/hablaban sus abuelos entre ellos? 24a. abuelos paternos: _________________________________________________ 24b. abuelos maternos: _________________________________________________ 25. ¿Qué lengua hablan/hablaban sus abuelos con sus padres? 25a. abuelos paternos con su padre: ________________________________________ 25b. abuelos maternos con su madre: _______________________________________ 26. ¿Qué lengua hablan/hablaban sus abuelos con usted? 26a. abuelos paternos: ___________________________________________________

318 | Anlagen: Fragebögen

26b. abuelos maternos: ___________________________________________________ 27. ¿Sus padres hablan/hablaban español y vasco? 27a. su padre:  Español

 Vasco

27b. su madre:  Español

 Vasco

28. ¿Qué lengua hablan/hablaban entre ellos?: _______________________________ 29. ¿Qué lengua hablan/hablaban con usted?: ________________________________ 30. ¿Si tiene hijos, qué lenguas hablan?: _____________________________________ 31. ¿Qué lengua habla con sus hijos?: ________________________________________ 32. ¿Qué lenguas se hablan en su familia? 32a. ¿dentro de ella?: _____________________________________________________ 32b. ¿con usted?: _________________________________________________________ 33. ¿Si habla las dos lenguas, cual de ellas aprendió primero?:  el español primero  el vasco primero  las dos al mismo tiempo 34. ¿Con quién aprendió a hablar/comprender español?: ________________________ 34a. ¿Con quién aprendió a hablar/comprender vasco?: _________________________ 35. ¿Quién es el familiar con quien mas español habla?: ________________________ ¿Por qué?: ___________________________________________________________ 35a. ¿Quién es el familiar con quien mas vasco habla?: _________________________ ¿Por qué?: ___________________________________________________________ 35b. ¿Quién es el familiar con quien habla ambas lenguas?: _____________________ ¿Por qué?: __________________________________________________________ 36. ¿Fuera del ámbito familiar, con quién habla mas español?: ___________________ ¿Por qué?: ___________________________________________________________ 36a. ¿Fuera del ámbito familiar, con quién habla mas vasco?: ____________________ ¿Por qué?: ___________________________________________________________ 36b. ¿Fuera del ámbito familiar, con quién habla ambas lenguas?: _______________ ¿Por qué?: ___________________________________________________________ 37. ¿Con quién no habla/hablaría en español?: ________________________________

Anlagen: Fragebögen | 319

¿Por qué?: ___________________________________________________________ 37a. ¿Con quién no habla/ hablaría en vasco?: ________________________________ ¿Por qué?: ___________________________________________________________ 38. ¿Cree que posee un nivel similar en ambas lenguas? ¿Con cual de ellas se siente mas cómodo?:  Español

 Vasco

 Nivel similar

39. ¿Como definiría su dominio del español?:  puedo hablar de cualquier tema sin problema  tengo ciertos problemas para hablar de temas concretos  tengo problemas para hablar de temas de la vida cotidiana  solo conozco algunas palabras o locuciones  en general, no tengo conocimiente alguno 39a. ¿Como definiría su dominio del vasco?:  puedo hablar de cualquier tema sin problema  tengo ciertos problemas para hablar de temas concretos  tengo problemas para hablar de temas de la vida cotidiana  solo conozco algunas palabras o locuciones  en general, no tengo conocimiente alguno 40. ¿Cree que un español que vive fuera del País Vasco adivinaría que usted es vasco?:  si

 no

 no sé

41. ¿Cual es su grado de comprensión de español?:  entiendo toda una conversación en español  el sentido de una conversación , por encima  los temas de una conversación  poco  nada 41a. ¿Cual es su grado de comprensión de vasco?:  entiendo toda una conversación en vasco  el sentido de una conversación , por encima

320 | Anlagen: Fragebögen  los temas de una conversación  poco  nada 42. ¿Suele ver/escuchar la tele o la radio en vasco?:  si

 no

¿De ser así, cuando, cuanto tiempo, qué?: ________________________________ 43. ¿Con qué lengua se siente mas cómodo?:  español 44. ¿Le gusta la lengua española?:  si

 vasco

 no sé

 no

44a. ¿Cree que la lengua española puede crear cierto ambiente?:  si, ¿ cual?: _________________________________________________ 45. ¿Le gusta la lengua vasca?:  si

 no

 no

45a. ¿Cree que la lengua vasca puede crear cierto ambiente?:  si, cual?: _________________________________________________

 no

46. ¿Alguna vez se ha sentido mal por hablar en vasco y ha pensado que hubiera sido mejor hablar en español?:  si

 no

¿En qué situación?: ____________________________________________________ Situaciones imaginarias : 47. Acaba de hacer las compras y esta a punto de pagar. ¿En qué lengua hace los cálculos?:  español

 vasco

 otros

48. Cuando reflexiona, ¿ qué lengua utiliza?:  español

 vasco

 otros

49. Esta enfadado consigo mismo (por ejemplo porque ha olvidado el cumpleaños de alguien). ¿Qué lengua utiliza cuando refunfuña?:  español

 vasco

 otros

50. ¿Cree que saber español es útil para la vida cotidiana?:  indispensable

 útil

 no muy útil

 inútil

¿Por qué?: ___________________________________________________________ 50a. ¿Cree que saber vasco es útil para la vida cotidiana?:  indispensable

 útil

 no muy útil

 inútil

¿Por qué?: ___________________________________________________________ 51. ¿Cree que los jóvenes deberían hablar y comprender el español?:  si

no

Anlagen: Fragebögen | 321

¿Por qué?: ___________________________________________________________ 51a. ¿Cree que los jóvenes deberían hablar y comprender el vasco?:  si

no

¿Por qué?: ___________________________________________________________ 52. ¿Qué es lo que piensa de la lengua española?: (varias respuestas son posibles)  bonita

 fea  ridícula

 mas real que el vasco rica  precisa  rustica  vulgar  pasada de moda  chic

 intelectual  lengua de profesores

 moderna

 seria  extraña

52a. ¿Qué opina de alguien que solo habla en español?: _______________________ 53. ¿Qué es lo que piensa de la lengua vasca?: (varias respuestas son posibles)  bonita

 fea  ridícula

 mas real que el espanol  rica  precisa  rustica  vulgar  pasada de moda  chic

 intelectual  lengua de profesores

 moderna

 seria  extraña

53a. ¿Qué opina de alguien que solo habla en vasco?: __________________________ 54. ¿Cree que el español permite expresarlo todo?:  si

 no

54a. ¿Alguna vez no ha encontrado la palabra que buscaba en español?:  si  no ¿ De ser así cual ha sido su reacción?:  buscar otra palabra

 cambiar la sintaxis de la frase  pasar al vasco

 otra: _____________________________________________________________ 54b. ¿Hay cosas que se pueden explicar mejor en español?:  si, ¿cuales?: _________________________________________________ 55. ¿Cree que el vasco permite expresarlo todo?:  si

 no

 no

55a. ¿Alguna vez no ha encontrado la palabra que buscaba en vasco?:  si  no ¿De ser así cual ha sido su reacción?:  buscar otra palabra

 cambiar la sintaxis de la frase  pasar al español

 otra: _____________________________________________________________

322 | Anlagen: Fragebögen

55b. ¿Hay cosas que se pueden explicar mejor en vasco?:  si, ¿cuales?: _______________________________________________  no 56. ¿Qué pensaría de un vasco que habla mas español que vasco?: (varias respuestas son posibles)  simpático  arraigado a su tierra  ajeno a la tierra  vulgar  rustico  instruido  ignorante  frio

 vanidoso

 arrogante  respetuoso  noble 56a. ¿Qué pensaría de un vasco que habla mas vasco que español?: (varias respuestas son posibles)  simpático  arraigado a su tierra  ajeno a la tierra  vulgar  rustico  instruido  ignorante  frio

 vanidoso

 arrogante  respetuoso  noble 57. ¿Si un día el vasco desapareciese le seria indiferente o le daría pena?:  indiferencia  pena 58. ¿Cree que se esta dando una desaparición acelerada del vasco? ¿cuales son o podrían ser las razones?:  si, ¿por qué razón?: __________________________ __________________________________________________________

 no

59. ¿Sentiría mas la perdida del vasco o la del español?:  sentiría mas la perdida del vasco

 sentiría mas la perdida del español

60. ¿Cree que la desaparición del vasco traería consecuencias al País Vasco?:  si, ¿cuales?: ________________________________________________  no 61. ¿Cree que el Pueblo Vasco podría existir sin su lengua?:

 si

 no

¿Por qué?: _________________________________________________________ 62. ¿Cree que el vasco crea un vinculo común entre sus hablantes?:  si

 no

63. ¿Cree que el vasco es un elemento que incita a pedir una mayor autonomía en el Estado Español?:  si

 no  no sé

64. ¿Cree que la lengua vasca es un símbolo importante para los vascos?:  si  no Por qué?: __________________________________________________________

Anlagen: Fragebögen | 323

65. ¿Estaría dispuesto a transmitir o a enseñar el vasco a sus hijos para asegurar su existencia?:  si

 no

 no sé

66. ¿En cual de las siguientes situaciones habla/hablaría sin duda en español?:  en el bar  en el trabajo

 con tus amigos

 en una tienda

 para jurar  otras: _____________________________________________ 66a. ¿En cual de las siguientes situaciones habla/hablaría sin duda en vasco?:  en el bar  en el trabajo

 con tus amigos

 en una tienda

 para jurar  otras: _____________________________________________ 67. ¿Sobre qué temas habla/hablaría en español?:  de la familia  de la casa  de la política regional  de la política nacional

 del campo

 de deportes  otros: ____________________________________________ 67a. ¿Sobre qué temas hablas/hablarías en vasco?:  de la familia  de la casa  de la política regional  de la política nacional

 del campo

 de deportes  otros: ____________________________________________ 68. ¿Tiene la impresión de que el vasco que se habla en su pueblo/ciudad es diferente a de otros pueblos/ciudades?:  si, es diferente

 no, no hay diferencias

 no sé

69. ¿Hay diferencias entre el vasco que se habla en España y en Francia?:  si  no 69a. ¿Cree que hay diferencias entre el vasco que se habla en el Sur y en el Norte?:  si, es diferente

 no, no hay diferencias

 no sé

70. ¿Cree que puede/podría saber si alguien viene del País Vasco-francés o del País Vascoespañol solo con escucharle hablar?:  si

 no

Una situación imaginaria: 71. Imagine que esta de vacaciones en los Pirineos ; a su lado escucha a alguien hablar vasco y de inmediato se da cuenta de que (A) « habla un vasco que no entiendo muy bien pero viene mas o menos del norte del País Vasco » ; (B) « entiendo el vasco que habla pero no se de donde puede ser » ; (C) « habla el mismo vasco que yo, es un vasco de mi zona, debe vivir cerca de donde yo vivo ». ¿Se ha encontrado alguna vez en una situación parecida?  Si. Cual? (A, B o C): ___  No (Si la respuesta es afirmativa): ¿En que se basa para diferenciar el vasco de cada zona: (A) en el acento/en la pronunciación ; (B) en el empleo de diferentes palabras?: ___

324 | Anlagen: Fragebögen

(Precise si es posible): ¿podría citar las palabras que cambian? ¿Son palabras que se emplean para citar objetos concretos (plantas, animales, etc.) o son también formas gramaticales? Existen también diferencias en la manera de construir frases?: __ 72. ¿Como describiría la relación entre el español y el vasco?:  relación complementaria

 relación de competencia

73. ¿Como describiría la situación del vasco en comparación a la del español?:  se desestructura

 se mantiene

 se transforma

 esta abandonado

 esta en decliebe

73a. ¿Cuales cree que son las razones que complican que el vasco se mantenga?: ___________________________________________________________________ 73b. ¿Que medidas se podrían tomar para mantenerlo y fortalecerlo?: ___________________________________________________________________ 74. ¿Cree que el vasco se debe aprender en las escuelas?:  Si  No 75. ¿Aprendió vasco en la escuela?:  Si

 No

75a. ¿Como ha sido su educación en cuanto al vasco se refiere?:  No he tenido ninguna posibilidad de estudiar en vasco en mi centro de educación  Clases optativas, a partir del curso: _____  Obligatoriamente una hora a la semana, a partir del curso: _____  Obligatoriamente tres horas a la semana, a partir del curso: _____  Obligatoriamente mas de tres horas a la semana, a partir del curso: _____ Algunas asignaturas en vasco, a partir del curso: _____ Toda la educación en vasco, a partir del curso: _____ 76. ¿En su opinión, quien habla mal y quien habla bien el español? [los jóvenes, los adultos, los estudiantes, los campesinos, las personas instruidas, los obreros, los abogados, los médicos, los profesores, los funcionarios, otros]: mal: _______________________________________________________________ bien: _______________________________________________________________

Anlagen: Fragebögen | 325

76a. ¿En su opinión, quien habla mal y quien habla bien el vasco? [los jóvenes, los adultos, los estudiantes, los campesinos, las personas instruidas, los obreros, los abogados, los médicos, los profesores, los funcionarios, otros]: mal: _______________________________________________________________ bien: _______________________________________________________________ 77. En su opinión, los que hablan mal el español lo hacen:  porque primero han aprendido el vasco  porque la mayoría de las veces hablan en vasco  porque piensan en vasco  otros: ____________________________________________________________ 77a. En su opinión, los que hablan mal el vasco lo hacen:  porque primero han aprendido el español  porque la mayoría de las veces hablan en español  porque piensan en español  otros: ____________________________________________________________ 78. ¿Si piensa en la gente que habla mal el español, cree que el vasco puede tener alguna influencia sobre el español?:  Si

 No

78a. ¿Si piensa en la gente que habla mal el vasco, cree que el español puede tener alguna influencia sobre el vasco?:

 Si

 No

79. ¿En su opinión, cuales son las características de un vasco incorrecto en comparación con el vasco correcto, y que es lo que le permite decir al momento si alguien lo habla bien o mal? Ejemplos: ________________________________________________________ ____________________________________________________________________________ 79a. ¿En su opinión, cuales son las características de un español incorrecto en comparación con el español correcto, y que es lo que le permite decir al momento si alguien lo habla bien o mal? Ejemplos: _________________________________________________________ _____________________________________________________________________________ 80. ¿Cree que el vasco que se habla hoy en día (sobre todo por los jóvenes) es algo completamente diferente al vasco que se hablaba antes por la gente adulta?:  Si

 No

(Precise si es posible)

326 | Anlagen: Fragebögen

Cuales son las diferencias que aprecia? Como definiría el vasco de ahora?:  mas “civilizado”

 menos expandido

 mas deformado

 mas moderno

 otros: ___________________________________

Una situación para imaginar: 81. Imagine que va por una calle de una gran ciudad del País Vasco; a su lado; oye a alguien hablar en vasco, y derrepente se da cuenta de que: « Esta persona se esfuerza para hablar en vasco, pero no lo consigue porque lo habla mal ». ¿Le ha ocurrido algo parecido alguna vez?:

Si

No

(Si la respuesta es afirmativa)

¿Reconocería el vasco incorrecto sobre todo (A) por la pronunciación/por el acento, o (B) por el uso de palabras diferentes a los usados en el vasco correcto?: ___ (Precise si es posible) ¿Sabría indicar alguien que utilice estas palabras diferentes? ¿Son palabras que designan objetos (plantas, alimentos, etc.) o se trata de formas gramaticales ? ¿podría citar alguna diferencia en la construcción de frases entre el vasco correcto y el incorrecto?: ______________________________________________ 82. Imagine que esta en el extrangero y que alguien le pregunta de donde es. ¿Que le respondería?:  Soy español.  Soy vasco.  Soy vasco de la parte española. 82a. Imagine que esta en su pueblo y que alguien le pregunta de donde es. ¿Que le respondería?:  Soy español.  Soy vasco.  Soy vasco de la parte española. 82b. Clasifique en orden de importancia los tres enunciados (enumérelos del 1 al 3): ___ Soy español. ___ Soy vasco. ___ Soy vasco de la parte española. 83. ¿Se siente mas cerca de los Españoles o de los Vascos del otro lado?:  de los Españoles

 de los vascos del otro lado

 no sé

84. ¿Hay situaciones en las que habla del Pueblo Vasco?:  Si. ¿Cuales?: ________________________________________________no 84a. ¿Hay situaciones en las que habla del otro lado?:  Si. ¿Cuales?:________________________________________________ no 84b. ¿Hay situaciones en las que habla de su lado?:

Anlagen: Fragebögen | 327

 Si. ¿Cuales?: ________________________________________________no 85. ¿Hay temas concretos en los que habla del Pueblo Vasco?:  Si. ¿Cuales?: ________________________________________________no 85a. ¿Hay temas concretos en los que habla del otro lado?:  Si. ¿Cuales?: ________________________________________________no 85b. ¿Hay temas concretos en los que habla de su lado?:  Si. ¿Cuales?: ________________________________________________no 86. En su opinión: las relaciones entre los Vascos del Norte y del Sur son:  buenas

 regulares

 malas

 no sé

87. Imagine que esta en la región vasca del otro lado y habla con los vascos de allí: ¿le parece importante mostrar que usted es del otro lado durante la conversación?:  si

 no

 no sé

88. Imagine que habla en español con alguien que le pregunta por los atractivos de su zona: durante la conversación, se da cuenta de que es del País Vasco del otro lado y sabe hablar vasco. ¿Cambiaria de lengua y le hablaría en vasco?:  si

 no

 no sé

88a. Imagine que habla en español con alguien que le pregunta por los atractivos de su zona : durante la conversación, se da cuenta de que es del País Vasco de tu lado y sabe hablar vasco. ¿Cambiaria de lengua y le hablaría en vasco?:  si

 no

 no sé

89. ¿Qué opinión le merece la siguiente frase?: « Nosotros, los vascos, somos un pueblo y una nación. » la frase es:  verdadera  falsa  exagerada  extraña  simpática  una mentira

89a. ¿Personalmente qué opina de este enunciado?: __________________________ _________________________________________________________________ 90. ¿Qué opinión le merece la siguiente frase?: «El País vasco del Norte, no son mas que tres pequeñas provincias sin ninguna estatus oficial, no existe legalmente, es poco industrializado, perdió sus Fueros en 1789 y que han perdido los recuerdos. » la frase es:

328 | Anlagen: Fragebögen  verdadera  falsa  exagerada  extraña  simpática  una mentira

90a. ¿Personalmente qué opina de este enunciado?: __________________________ _________________________________________________________________ 91. ¿Qué opinión le merece la siguiente frase?: «El País vasco del Sur, son cuatro provincias poderosas, muy industrializadas, que tienen el estatus de provincias y que forman dos comunidades del Estado Español, que no perdieron sus Fueros hasta 1876 y que siguen teniendo un recuerdo vivo. » la frase es:  verdadera  falsa  exagerada  extraña  simpática  una mentira 91a. ¿Personalmente qué opina de este enunciado?: ___________________________ 92. ¿Cree que los Vascos del Norte se sienten mas Franceses que Vascos?:  si

 no

Por qué?: ____________________________________

92a. ¿Cree que los Vascos del Sur se sienten mas Españoles que Vacos?:  si

 no

Por qué?: _____________________________________

93. ¿Cree que hay un sentimiento de « ser vasco » en el País Vasco del Norte?:  si

 no

 no sé

93a. ¿Cree que hay un sentimiento de « ser vasco » en el País Vasco del Sur?:  si

 no

 no sé

94. ¿Puede describir lo que significa « ser vasco » en el País Vasco-español?:  se es vasco sin limitación alguna  se es mas vasco que español  se es vasco y español  se es mas español que vasco  no significa nada 95. ¿Cree que los vasco-franceses tienen mas libertad dentro del Estado francés para sentirse vascos (hablar la lengua, vivir y celebrar las tradiciones…)?:  si  no ¿Por qué?: ___________________________________________________________

Anlagen: Fragebögen | 329

95a. ¿Cree que los vasco-españoles tienen mas libertad dentro del Estado Español para sentirse vascos (hablar la lengua, vivir y celebrar las tradiciones…)?:  si  no ¿Por qué?: _________________________________________________ 96. ¿Cree que los vasco-franceses son mas vascos que los vasco-españoles?: si no 96a. ¿Cree que los vasco-españoles son mas vascos que los vasco-franceses?: si

no

97. ¿Cree que los vasco-franceses no tienen reparos para decir « estoy orgulloso de ser francés »?:

si

no ¿Por qué?: _______________________________

97a. ¿Cree que los vasco-españoles no tienen reparos para decir « estoy orgulloso de ser español »?: si

no ¿Por qué?: _______________________________

98. ¿Qué opinión le merece/como evalúa el enunciado « los vascos son terroristas »?:  verdadera  falsa  exagerada  extraña  simpática  una mentira 98a. ¿Personalmente qué opina de este enunciado?: ____________________________ 99. ¿Qué opinión le merece/como evalúa el enunciado « ETA sigue siendo el mayor problema de España »?:  verdadera  falsa  exagerada  extraña  simpática  una mentira 99a. ¿Personalmente qué opina de este enunciado?: ___________________________ 100. ¿Cree que ETA es un movimiento importante y positivo para el País Vasco?: no

¿Por qué?: ___________________________________________

100a. ¿Cree que ETA es un movimiento negativo para el País Vasco?: no

si

si

¿Por qué?: ____________________________________________

101. ¿Imagine que habla de ETA con otro vasco. Prefiere que éste sea del País Vasco-español (como usted) o del País Vasco-francés?:  del País Vasco-español

 del País Vasco-francés

Situaciones a imaginar : 102. Imagine que el País Vasco-francés desaparece: ¿cree que el pueblo vasco podría seguir solo con en País Vasco-español?: si

no

102a. Imagine que el País Vasco-español desaparece : ¿cree que el pueblo vasco podría seguir solo con en País Vasco-francés?:

si

no

330 | Anlagen: Fragebögen

103. Imagine que la lengua vasca desaparece: ¿cree que seguiría habiendo un Pueblo Vasco?: si

no

104. Intente describir en tres líneas la situación de los vasco-españoles: __________________________________________________________________ 105. Intente describir en tres líneas la situación de los vasco-franceses: __________________________________________________________________

Muchas gracias.

Anlagen: Fragebögen | 331

Anlage 5: Fragebogen zur Datenerhebung in Paris QUESTIONNAIRE : LA LANGUE BASQUE Votre nom et prénom (facultatif) : ____________________________________________ Votre âge : ____ Situation familiale : ○ célibataire ○ marié(e) ○ séparé(e) ○ veuf (ve) ○ autre Lieu de naissance : _________________________________________________________ Résidence (s) dans d’autres villes/villages du Pays Basque + durée : _______________________________________________________________________ Résidence (s) à l’étranger/dans d’autres régions françaises + durée : _________________________________________________________________________ Formation professionnelle : ________________________________________________ Profession :______________________________________________________________ Quelles langues est-ce que vous parlez ? Le français, le basque, d’autres ? : ________________________________________________________________________

1.

Si vous parlez les deux langues, est-ce que vous avez d’abord appris la langue française ou la langue basque ou est-ce que vous les avez appris en même temps ? : ○ d’abord français ○ d’abord basque ○ en même temps

2.

A votre avis : est-ce que vous avez un niveau similaire dans les deux langues français et basque ? : ○ français ○ basque ○ niveau similaire

3.

a) A votre avis : parlez-vous bien ou pas très bien le français ? : ○ sans problème pour parler de tous les sujets ○ avec des problèmes pour parler des sujets spéciaux ○ avec des problèmes pour parler des sujets quotidiens ○ quelques phrases, de courtes locutions ○ pratiquement sans connaissances actives

3.

b) A votre avis : parlez-vous bien ou pas très bien le basque ? : ○ sans problème pour parler de tous les sujets ○ avec des problèmes pour parler des sujets spéciaux ○ avec des problèmes pour parler des sujets quotidiens

332 | Anlagen: Fragebögen

○ quelques phrases, de courtes locutions, des blagues ou des beaux mots ○ pratiquement sans connaissances actives 4.

a) Pourriez-vous décrire votre degré de compréhension en français ? : ○ toute une conservation sans aucun problème ○ le sens d’une conservation sans les détails ○ les sujets d’une conservation ○ presque rien ○ rien

4.

b) Pourriez-vous décrire votre degré de compréhension en basque ? : ○ toute une conservation sans aucun problème ○ le sens d’une conservation sans les détails ○ les sujets d’une conservation ○ presque rien ○ rien

5.

Dans quelle langue vous sentez-vous le plus à l’aise: en français ou en basque ? : ○ français ○ basque ○ Je ne sais pas.

6.

Vous sentez-vous comme…

6. a) Français ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ________________________________________________________ 6.

b) Basque en général ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ________________________________________________________

6.

c) Basque du nord ou Basque du sud ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _________________________________________________________

6.

d) Ni Basque du nord ni Basque du sud mais Basque qui vit à Paris ? ○ oui

○ non

Pourquoi ? : _________________________________________________________ 7.

Si vous deviez mettre en ordre d’importance (A : Français, B : Basque en général, C : Basque du nord/du sud D : Basque à Paris) quel ordre mettriez-vous? : 1. ____

2. ____

3. ____ 4. ____

Anlagen: Fragebögen | 333

8.

Est-ce que vous constatez une disparition accélérée du basque et quelles en sont (pourraient en être) les raisons ? : ○ oui Pour quelles raisons ? : _________ ________________________________________________________ ○ non

9.

Seriez-vous plus triste de la perte du basque ou de la perte du français ? : ○ plus triste de la perte du basque ○ plus triste de la perte du français

10. Croyez-vous que la disparition du basque aurait des conséquences pour le Pays Basque ? : ○ oui Lesquelles : ____________________________________________________ ________________________________________________________ ○ non 11.

Est-ce que vous croyez que le peuple basque pourrait exister sans sa langue ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _____________________________________________

12. A votre avis : est-ce que la langue basque crée un lien commun ? : ○ oui ○ non 13. A votre avis : est-ce que vous croyez que la langue basque est un symbole important pour les Basques ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _________________ 14. Est-ce que la langue basque change entre la France et l’Espagne ? : ○ oui ○ non 15. Est-ce que vous reconnaissez quelqu’un qui vient de la région française basque ou de la région espagnole basque en parlant le basque ? : ○ oui○ non Pourquoi ? : _________________________________________________________ 16. Imaginez que vous faites de la randonnée dans les Pyrénées; à côté de vous, vous entendez quelqu’un parler basque, et vous vous en rendez compte tout de suite : « Cette personne parle un autre basque et elle vient plus ou moins de l’autre côté » (A) ou bien vous vous rendez compte : « Cette personne parle un basque que je comprends bien, mais je ne sais pas d’où elle peut bien venir. » (B), ou « Cette personne parle le même basque que moi : C’est un Basque de mon côté, pas loin d’où j’habite. » (C) Est-ce qu’une telle situation vous est déjà arrivée ? : ○ oui Laquelle ? (A, B, C) : __ ○ non (Oui. Alors :) Est-ce que vous reconnaîtriez le basque parlé dans d’autres régions plutôt à la prononciation/à l’accent (A) ou à l’usage de certains mots différents (B) ? : ___ Préciser : Sauriez-vous indiquer des mots qui changent ? Est-ce que ce sont des mots désignant certains objets (plantes, aliments, etc.), ou est-ce qu’il s’agit aussi de certaines formes grammaticales ? Vous souvenez-vous peut-être qu’il y a même différentes manières de construire les phrases ?

334 | Anlagen: Fragebögen

Donnes des exemples concrets : ________________________________________ ____________________________________________________________________ 17. Est-ce qu’il y a d’après-vous une façon de parler français dont on reconnaît immédiatement que le locuteur est basque ? ○ oui ○ non 18. Ou est-ce que les Basques en France parlent le français dans la même manière que les Gascons ou les Languedociens ? ○ oui ○ non 19. En d’autre terme : Est-ce que le français que l’on parle à Bayonne est le même français que celui de Bordeaux ou de Toulouse ou est-ce qu’il y a des particularités tout à fait basques ? ○ oui

○ non

20. Est-ce que vous souvenez d’exemples concrets ?___________________________ ____________________________________________________________________ 21. Croyez-vous qu’un Français qui n’est pas basque se rendrait compte que vous êtes basque quand vous parlez français? : ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 22. a) A votre avis, quelles sont les particularités d’un français mal parlé par rapport à un français bien parlé, et qu’est-ce qui vous permet de dire tout de suite si quelqu’un le parle mal ou bien ? Exemples ? : ________________________________________________ _______________________________________________________________________ 22. b) A votre avis, quelles sont les particularités d’un basque mal parlé par rapport à un basque bien parlé, et qu’est-ce qui vous permet de dire tout de suite si quelqu’un le parle mal ou bien ? Exemples ? : _______________________________________________ _______________________________________________________________________ 23. a) Imaginez que vous êtes à l’étranger et quelqu’un vous demande de quelle nationalité vous êtes. Qu’est-ce que vous diriez ? : ○ Je suis Français.

○ Je suis Basque. ○ Je suis Basque du nord.

23. b) Vous êtes à Paris et un étranger vous demande de quelle nationalité vous êtes. Qu’est-ce que vous diriez ? :

○ Je suis Français. ○ Je suis Basque. ○ Je suis Basque du nord. ○ Je suis Parisien.

24. a) Est-ce que vous retournez souvent au Pays Basque? ○ oui ○ non Combien de fois vous retournez ? ________________________ __________________________________

Anlagen: Fragebögen | 335

24. b) Pourquoi est-ce que vous retournez au Pays Basque (vacances, familles, vie quotidienne, produits basques…) ? Précisez svp: ___________________________ _____________________________________________________________________ 25. a) Est-ce que la vie à Paris est différente de la vie au Pays Basque ? ○ oui

○ non

Précisez : ___________________________________________

25. b) Est-ce que le Pays Basque vous-manque ? ○ oui ○ non 26. a) Quand vous retournez au Pays Basque, vous sentez-vous plus basque qu’à Paris ? ○ oui

○ non

26. b) Quand vous retournez au Pays Basque, est-ce que vous remarquez que votre identité basque et l’identité basque des habitants au Pays Basque sont différentes ? ○ oui

○ non

Précisez svp : ___________________________________________

27. Si vous avez déjà habité plusieurs années au Pays Basque, est-ce que votre identité basque a changé à cause de votre déménagement et votre vie à Paris? ○ oui

○ non

Précisez svp:____________________________________________

28. a) Est-ce que votre attitude concernant la vie basque (par exemple : traditions, culture…) a changé à Paris ?

○ oui ○ non

28. b) A quel sujet ?: ____________________________________________________ 29. a) Est-ce que votre attitude concernant des problèmes au Pays Basque (par exemple : autonomie, ETA) a changé ? ○ oui ○ non 29. b) A quels sujets ? En quoi est-ce que votre attitude a changé ? ___________________________________________________________________ 30. Quels traditions basques cultivez-vous à Paris (par exemple : parler basque (avec qui ?), fêter des événements basques, danses basques, types de sport basque…) ___________________________________________________________ 31. Est-ce que vous vous sentez plus proche des Français ou des Basques de l’autre côté ? : ○ des Français

○ des Basques de l’autre côté

32. A votre avis : est-ce que les relations entre les Basques du nord et les Basques du sud sont : ○ bonnes

○ moyennes ○ mauvaises ○ Je ne sais pas.

33. Imaginez que vous êtes dans la région basque de l’autre côté et vous y parlez avec des Basques de ce côté : est-ce que c’est important pour vous de démontrer pendant une discussion/une conservation que vous êtes de l’autre côté ? : ○ oui

○ non ○ Je ne sais pas.

336 | Anlagen: Fragebögen

34. a) A votre avis : est-ce que les Basques du nord se sentent plutôt comme des Français que comme des Basques? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : _____________ 34. b) A votre avis : est-ce que les Basques du sud se sentent plutôt comme des Espagnols que comme des Basques ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ___________ 35. a) A votre avis : est-ce qu’il y a le sentiment : « être un Basque » au Pays Basque du nord ? : ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 35. b) A votre avis : est-ce qu’il y a le sentiment: « être un Basque » au Pays Basque du sud ? ○ oui ○ non ○ Je ne sais pas. 36. a) Pourriez-vous décrire le degré « d’être un Basque » au Pays Basque du nord ? : ○ on est Basque sans aucune limite ○ on est plutôt Basque qu’un Français ○ on est Basque et Français ○ on est plutôt Français que Basque ○ aucune signification 36. b) Pourriez-vous décrire le degré « d’être un Basque » au Pays Basque du sud ? : ○ on est Basque sans aucune limite ○ on est plutôt Basque qu’un Français ○ on est Basque et Français ○ on est plutôt Français que Basque ○ aucune signification 37. a) A votre avis : est-ce que les Basques du nord dans l’Etat Français sont plus libres de se sentir comme Basque (parler la langue, vivre les traditions, etc.) que les Basques du sud ? ○ oui

○ non

Pourquoi ? : ___________________

37. b) A votre avis : est-ce que les Basques du sud dans l’Etat espagnol sont plus libres de se sentir comme Basque (parler la langue, vivre les traditions, etc.) que les Basques du nord ? ○ oui

○ non

Pourquoi ? : ___________________

38. a) A votre avis : est-ce que les Basques du nord sont plus basques que les Basques du sud ? : ○ oui

○ non

38. b) A votre avis : est-ce que les Basques du sud sont plus basques que les Basques du nord ? : ○ oui

○ non

39. a) A votre avis : est-ce que les Basques du nord disent sans problème : « Je suis fier d’être français » ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : ______________________ 39. b) A votre avis : est-ce que les Basques du sud disent sans problème : « Je suis fier d’être espagnol » ? : ○ oui○ non Pourquoi ? : ___________________

Anlagen: Fragebögen | 337

40. a) Imaginez qu’il n’y ait plus de Pays Basque du nord un jour : Croyez-vous que le peuple basque existerait aussi sans problèmes avec les Basques du sud ? : ○ oui

○ non

40. b) Imaginez qu’il n’y ait plus de Pays Basque du sud un jour : Croyez-vous que le peuple basque existerait aussi sans problèmes avec les Basques du nord ? : ○ oui

○ non

41. Imaginez qu’il n’y ait plus la langue basque un jour : Croyez-vous qu’il y aurait un peuple basque ? : ○ oui ○ non Pourquoi ? : __________________________ 42. a) Essayez de décrire en 3 phrases la situation des basques de votre côté. : ______________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ 42. b) Essayez de décrire en 3 phrases la situation des basques de l’autre côté. : ______________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ Merci beaucoup.