Das zivil- bzw. bereicherungsrechtliche Verständnis der Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB): Zugleich ein Beitrag zur Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht [1 ed.] 9783428585656, 9783428185658

Kaum ein Rechtsinstitut wird von der strafrechtlichen Praxis mehr gefürchtet als die Vermögensabschöpfung. Sie gilt geme

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Das zivil- bzw. bereicherungsrechtliche Verständnis der Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB): Zugleich ein Beitrag zur Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht [1 ed.]
 9783428585656, 9783428185658

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Schriften zum Strafrecht Band 402

Das zivil- bzw. bereicherungsrechtliche Verständnis der Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB) Zugleich ein Beitrag zur Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht

Von

Aleksandar Zivanic

Duncker & Humblot · Berlin

ALEKSANDAR ZIVANIC

Das zivil- bzw. bereicherungsrechtliche Verständnis der Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB)

Schriften zum Strafrecht Band 402

Das zivil- bzw. bereicherungsrechtliche Verständnis der Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB) Zugleich ein Beitrag zur Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht

Von

Aleksandar Zivanic

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Konstanz hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-18565-8 (Print) ISBN 978-3-428-58565-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit lag dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz im Wintersemester 2021/2022 als Dissertation vor. Die Verteidigung der Dissertation fand am 17. Dezember 2021 bei den Referenten Professor Dr. Liane Wörner und Professor Dr. Hans Theile statt. Rechtsprechungs- und Literaturnachweise sind auf dem Stand Januar 2022. Mein Dank gilt zunächst meiner Doktormutter Frau Professor Dr. Liane Wörner, die mir – trotz pandemischer Lage und der damit verbundenen Mehrbelastung für den Vorlesungsbetrieb – ausreichend Zeit zur Forschung gewährte. Herzlichst bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Professor Dr. Hans Theile für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank gebührt zudem Herrn Dr. Christian Brand, der mich nicht nur im Jahre 2015 als Wissenschaftliche Hilfskraft an den Lehrstuhl von Herrn Professor Dr. Rudolf Rengier brachte, sondern mich seither auch tatkräftig auf meinem wissenschaftlichen Weg begleitet und unterstützt. Seine – stets bereichernden – Vorschläge sind in großem Maße in diese Arbeit eingeflossen. Danken möchte ich zudem meinen Freunden, ganz besonders jedoch Dr. Christian Brand, John-Christopher Breitenbach, Marius Burkart, Pauline Hund, David Scherle, Moritz Maximilian Siebert und Dr. Lukas Zeyher, die mir – sei es mit Ausflügen und/oder Wein- und Champagnerverkostungen – abseits der Forschung Freiraum schafften und damit ebenfalls zur erfolgreichen Fertigstellung dieser Arbeit beitrugen. Meinen lieben Eltern, die mich jederzeit unterstützt haben, immer für mich da waren und an mich glaubten, ist diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit gewidmet. Konstanz, im Februar 2022

Aleksandar Zivanic

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Grundlagen der Diskussion

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§ 1 Einleitung, Eingrenzung und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . I. Neue Fragestellungen im reformierten Vermögensabschöpfungsrecht . . . . II. Der umstrittene Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . 1. Der Standpunkt des überwiegenden Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Standpunkt der Rechtsprechung, namentlich des BVerfG . . . . . . . . 3. Der Vergleich zwischen (zivilrechtlichem) Bereicherungsrecht und strafrechtlicher Vermögensabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Einziehung von Taterträgen bei individuell Geschädigten . . . . . aa) Voraussetzungen der allgemeinen Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Staat als Inkassozessionar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Einziehung von Taterträgen in Belohnungs-, Verzichts- und Verjährungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Kernanliegen des Bereicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Kernanliegen des Vermögensabschöpfungsrechts . . . . . . . . cc) Die Verzichts- und Verjährungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Einziehung von Taterträgen bei Delikten gegen überindividuelle Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Einziehung von Taterträgen bei Dritten (sogenannte Verschiebungsfälle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Vergleich zwischen § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB und § 822 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auswirkungen auf den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) (Einige) Bemerkungen zum Begriff „Strafe“ . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das nationale, europäische oder internationale Strafbegriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Begriff und Zweck von Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Übelszufügung als konstitutives Merkmal von Strafe . . bb) Zirkelschlüssige Argumente der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . .

22 22 23 25 26 27 28 29 30 31 34 35 37 37 39 40 42 43 44 45 47 49 50

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Inhaltsverzeichnis cc) Die Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zum Begriff der Strafe i. S. v. Art. 7 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die §§ 73 ff., 75 ff. StGB im Gewand der EGMR-Strafbegriffkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Bereicherungsschuldner im Öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Wissen und Wissenmüssen im Vermögensabschöpfungsrecht . . . . . . . . . . . V. Die Einziehung von Taterträgen und das Eigentumsrecht aus Art. 14 I 1 GG sowie Art. 17 I GRCh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Paradigmenwechsel des BVerfG: Recht auf Vergessen I und II . . . . 2. Die Einziehungsrichtlinie: Teil- und vollharmonisierendes Unionsrecht 3. Der Anwendungsbereich der Einziehungsrichtlinie (Art. 3 Einziehungsrichtlinie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konsequenzen für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Einziehungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Einziehung von Taterträgen bei Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten (Art. 14 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Persönlicher und sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inhalts- und Schrankenbestimmung oder Enteignung? . . . . . . . . (1) Die Verhältnismäßigkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Geeignet- und Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Das schutzwürdige Vertrauen von Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Ausnahmsweise ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Einziehung von Taterträgen bei gutgläubigen Dritten (Art. 17 GRCh) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nutzungsregelung oder Eigentumsentziehung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Verhältnismäßigkeit von Nutzungsregelungen unter besonderer Berücksichtigung von Vertrauensschutzerwägungen . . . . . cc) Notwendigkeit einer „doppelten Abwägung“ . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einziehung des Erlangten bei gutgläubigen Dritten . . . . . . . (2) Berücksichtigung von Investitionen des gutgläubigen Dritten dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Einziehung von Taterträgen und die Erbrechtsgarantie aus Art. 14 I 1 Var. 2 GG bzw. aus Art. 17 I GRCh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die Einziehung von Taterträgen im Gewand der Einziehungsrichtlinie . . .

51 52 53 53 56 58 59 60 61 63 63 63 65 67 67 68 68 69 70 70 71 73 74 75 75 76 76 76 77

Inhaltsverzeichnis

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§ 3 (Ein) Stufenmodell der Gesetzesanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das dreistufige Modell der Gesetzesanwendung nach Höpfner . . . . . . . . . . II. Zur Modifikation des Stufenmodells der Gesetzesanwendung . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78 81 81 82

§ 4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Teil Die Auslegung der Einziehungsvorschriften § 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das erlangte Etwas im Einziehungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das erlangte Etwas im Bereicherungsrecht (§ 812 I 1 BGB) . . . . . . . . . . . . III. Das erlangte Etwas in der Rechtsprechung des BGH zum Vermögensabschöpfungsrecht (§ 73 I StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Auslegung des Begriffspaars „etwas erlangt“ (§ 73 I StGB) . . . . . . . . . 1. Objektiv-grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Objektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Objektiv-systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der einziehungsrechtliche Surrogatsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Gewinnhaftung“ im Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Subjektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fälle vorübergehender Verfügungsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine „Abschöpfungslücken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auslegungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nichtige Forderung als erlangtes Etwas? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unwirksame Abtretung einer tatsächlich bestehenden Forderung als erlangtes Etwas? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Nutzungen (§ 73 II StGB) und Surrogate (§ 73 III StGB) als Erweiterung des Abschöpfungsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Investitionsschutz bei der Surrogatseinziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Exkurs: Rechtsinhaberschaft als Voraussetzung der Surrogatseinziehung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Spezifikation des Einziehungsobjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Objektiv-systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Subjektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Exkurs: Der Begriff der (Tat-)Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 87 87 88 89 89 89 90 91 91 93 94 94 95 97 98 99 99 100 101 102 103 104 104 105 105 106 108 110

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Inhaltsverzeichnis VII. Die Wertersatzeinziehung (§ 73c StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der Unmöglichkeit i. S. v. § 818 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Begriff der Unmöglichkeit i. S. v. § 73c S. 1 StGB . . . . . . . . . . . . . . . a) (Keine) Wiederbeschaffungspflicht des Einziehungsadressaten . . . . b) Teilunmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Wegen der Beschaffenheit des Erlangten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfall (1): Bargeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Diskussion im Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widerspruch zur gegenständlichen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . 4. Sonderfall (2): Code-, Spar-, Prepaid- und SIM-Karten . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Wertbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektiv-grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Objektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Objektiv-systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Subjektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei gebundenen Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auffassung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung . . . . . cc) Auffassung des verwaltungsrechtlichen Schrifttums . . . . . . . . . . dd) Widerspruch zur Diskussion im Jugendstrafrecht? . . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Der (hypothetische) Wille des (historischen) Gesetzgebers in einer Rangfolge der Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gesamtschuldnerische Einziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit qua Gewohnheitsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Rechtsgedanke der deliktsrechtlichen, gesamtschuldnerischen Haftung (§§ 830, 840 I BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Haftung im österreichischen und schweizerischen Strafrecht sowie die „freiwillige Rechtsvergleichung“ als Auslegungsmethode für das nationale Recht . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Exkurs: Die nachträgliche Einziehung von Wertersatz gem. § 76 StGB

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§ 6 Die Einziehung bei Drittbegünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats bei Drittbegünstigten . . II. Der Vertretungsfall (§ 73b I 1 Nr. 1 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zivilrechtliche Fragestellungen in Vertretungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 4. Die Abgrenzung der Einziehung bei Tatbeteiligten gem. § 73 I Var. 1 StGB von der Einziehung bei Drittbegünstigten gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB a) Die nicht zeitnahe Weiterleitung von Taterträgen an einen Tatbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslegung des Begriffs „durch“ im Sinne von § 73b I 1 Nr. 1 StGB aa) Objektiv-systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Subjektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Höherrangiges Recht: Wahrung des quasi-kondiktionellen Rechtscharakters der Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . dd) Einziehungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Exkurs: Bösgläubigkeit des Dritten als Voraussetzung für eine Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Verschiebungsfälle (§ 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die unentgeltliche und rechtsgrundlose Übertragung (§ 73b I 1 Nr. 2a StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Auslegung des Begriffs „Übertragung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Übertragung körperlicher Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Übertragung unkörperlicher Gegenstände, namentlich Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht . . . . . . . . . . . . dd) Notwendigkeit eines „bösgläubigen“ Dritten bei der Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2a StGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Auslegung des Begriffs „unentgeltlich“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Auslegung des Begriffs „ohne rechtlichen Grund“ . . . . . . . . . . . d) Teleologische Reduktion des § 73b I 1 Nr. 2a StGB im Fall des rechtsgrundlos-gutgläubig entgeltlichen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die bösgläubige Übertragung (§ 73b I 1 Nr. 2b StGB) . . . . . . . . . . . . . . a) Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme: Zivilrechtlicher Fahrlässigkeitsgrad . . . . . . . . . . . . . c) Beispiele der Bösgläubigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kein objektiv-subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Erbrechtsfälle (§ 73b I 1 Nr. 3 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gutgläubiger und entgeltlicher Zwischenerwerb (§ 73b I 2 StGB) . . . . 5. Der „weitergereichte Wertersatz“ gem. § 73b II Var. 1 StGB . . . . . . . . . a) Die vormalige Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Sichtweise nach der Vermögensabschöpfungsreform . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gesamtschuldnerische Haftung zwischen Tatbeteiligten und Dritten im Einziehungsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Subsidiarität der Einziehung von Taterträgen bei Dritten? . . . . . . . . . . .

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140 141 142 142 142 143 143 145 145 146 146 147 147 149 150 151 151 152 153 154 155 156 156 157 158 159 159 159 160 160 162 163 164

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Inhaltsverzeichnis a) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Subsidiäre Haftung des Dritten . . . . 164 b) Wertersatzeinziehung bei Tatbeteiligten trotz potentieller Surrogatseinziehung bei Dritten möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Ausnahme: Höchstpersönliche Verletztengegenstände . . . . . . . . . . . . 165

§ 7 Begrenzung des Einziehungsumfangs und Ausschluss der Einziehung . . . . I. Konkretisierung des Bruttoprinzips (§ 73d I StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektiv-grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Objektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Objektiv-systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Subjektiv-historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. (Weitere) ungeklärte Fragen beim Aufwendungsabzug . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff der „Aufwendungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Vergleich zwischen § 73d I StGB und § 818 III BGB . . . . . bb) Aufwendungen als bereicherungsmindernde Vermögensnachteile b) Der Begriff der „Tat“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Qualität des Zusammenhangs zwischen dem erlangten Etwas und der getätigten Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abzugsfähige Vermögensnachteile i. S. v. § 818 III BGB . . . . . . bb) Sinngemäße Übertragung auf das Einziehungsrecht . . . . . . . . . . cc) Die Kriterien der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ablehnung der „Schutzzwecklösung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Maßstäbe zur Bestimmung von Gut- oder Bösgläubigkeit . . ff) Sonderfall: Der Verbotsirrtum gem. § 17 StGB . . . . . . . . . . . . . . gg) Die Zurechnung fremder Bösgläubigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Ausschluss der Einziehung von Taterträgen – Erlöschen des Verletztenanspruchs (§ 73e I StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfüllung des Verletztenanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Steueranspruch als Anspruch und der Steuerfiskus als Verletzter aa) Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Ansprüche? . . . . . . . . . . bb) Die Vorschrift des § 370 AO als Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfüllung durch „Dritte“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistung durch Dritte im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Wegfall der Bereicherung bei Dritten (§ 73e II StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166 166 166 166 166 167 167 168 168 169 169 170 171 171 172 173 174 177 178 178 180 181 182 183 183 184 184 185 186 187 188

§ 8 Sonderfälle der Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 I. Die erweiterte Einziehung von Taterträgen gem. § 73a StGB . . . . . . . . . . . . 191 1. Einziehung auch von Nutzungen und Surrogaten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Inhaltsverzeichnis

13

2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die selbstständige Einziehung von Taterträgen gem. § 76a StGB . . . . . . . . III. Exkurs: Allgemeines und Besonderes zur erweiterten und selbständigen Einziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bedeutung von § 437 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsrechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufwendungsabzug bei der erweiterten und selbstständigen Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die sogenannte formlose Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die (Un-)Anwendbarkeit der Vorschrift des § 1006 BGB . . . . . . . . . . . . 2. Gutgläubiger Eigentumserwerb des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grob fahrlässige Unkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besitzerwerb „mit dem Willen des Veräußerers“ . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausschluss gem. § 935 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verzicht als Dereliktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschränkung der formlosen Einziehung auf „einfache und eindeutige Fälle“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Einziehungsanordnung . . . . . . b) Möglichkeit einer deklaratorischen Einziehungsanordnung? . . . . . . c) Beweislast und Beweismaß bei der formlosen Einziehung . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

193 194 194 195 196 198 198 198 199 201 201 202 203 203 204 204 205 206 207

§ 9 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

3. Teil Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht 209 § 10 Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fehlender Strafanwendungsanknüpfungspunkt als rechtlicher Hinderungsgrund i. S. v. § 76a I 1 StGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte gem. §§ 3 ff. StGB . . 1. „Zivilsache“ i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das KG Berlin (4. Strafsenat) zur (grenzüberschreitenden) selbstständigen Einziehung gem. § 76a IV StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die mehrfache Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Subjektives Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Objektives Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der europäische ne bis in idem (Art. 54 SDÜ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alternative Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

209 209 210 212 213 214 215 216 216 217 218

14

Inhaltsverzeichnis aa) Erlöschen des Verletztenanspruchs (§ 73e I StGB) und bereicherungsrechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Einziehungsverordnung als Schutzmechanismus . . . . . . . . . (1) Der Anwendungsbereich der Einziehungsverordnung . . . . . (2) Ne bis in idem als Versagungsgrund gem. Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 11 Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zivilrechtliche Vorfragen und das deutsche Internationale Privatrecht (IPR) 1. Die Vorschrift des § 262 StPO im Kontext der Fremdrechtsanwendung 2. Der Begriff des „bürgerlichen Rechtsverhältnisses“ . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sinngemäße Übertragung auf das Einziehungsrecht . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung „nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anerkennung (ausländischer) zivilgerichtlicher Entscheidungen? . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grenzüberschreitende zivilrechtliche Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine „Gesamtanknüpfung“ an die Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Einzelanknüpfungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorfragen im Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vor- und Teilfragen im IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sinngemäße Übertragung auf das Einziehungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vor- und Teilfragen bei der Bestimmung des Einziehungsumfangs („erlangtes Etwas“) . . . . . . . a) Körperliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nutzungsziehung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erlangung eines Surrogats im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unkörperliche Gegenstände, insb. Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einzelne grenzüberschreitende Vorfragen in Vertretungsfällen . . . . . . . . 5. Einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vorfragen in Verschiebungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übergangsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exkurs: Zwingende Beteiligung des Dritten gem. § 424 StPO? . . . . 6. Einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vorfragen bei der formlosen Einziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Exkurs: Die Einziehung von im Ausland belegener Gegenstände . . . . . . . .

218 219 220 220 222 222 223 224 224 225 226 227 227 228 228 228 228 229 231 231 232 233 234 234 235 237 237 238 239 240 241

§ 12 Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abl. Abs. AcP a. F. AG AL Alt. Anm. AöR Art. Aufl. AWG Az. BeckOK BFH BFHE BGB BGBl. BGer BGH BGHSt BGHZ BRAK BR-Drs. BT-Drs. BtMG BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE ders. dies. DÖV DPC DRiZ

andere/r Auffassung Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Aktiengesellschaft Ad Legendum Alternative Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Auflage Außenwirtschaftsgesetz Aktenzeichen Beck’scher Online-Kommentar Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Schweizerisches Bundesgericht Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrat Drucksache Bundestag Drucksache Betäubungsmittelgesetz Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts derselbe dieselbe/n Die Öffentliche Verwaltung Diritto Penale Contemporaneo Deutsche Richterzeitung

16 EG EGMR EMRK ErwGr E-StGB EU EuR EuZW EWiR f./ff. Fn. FS GA GbR GG GmbH GRCh GRUR GWB h. M. HRRS Hrsg. i. E. i. S. d./i. S. v. i.V. m. JA JR Jura jurisPR JuS JZ KG KK KriPoZ KritV LG LK MüKo NJW NK Nr.

Abkürzungsverzeichnis Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische Menschenrechtskonvention Erwägungsgrund Entwurf eines Strafgesetzbuches Europäische Union Zeitschrift Europarecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgend/e Fußnote Festschrift Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Europäische Grundrechte-Charta Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen herrschende Meinung Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht Herausgeber im Ergebnis im Sinne des/der/im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung juris PraxisReport Juristische Schulung JuristenZeitung Kammergericht Karlsruher Kommentar Kriminalpolitische Zeitschrift Kritische Vierteljahreszeitschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Landgericht Leipziger Kommentar Münchener Kommentar Neue Juristische Wochenschrift Nomos Kommentar Nummer

Abkürzungsverzeichnis NStZ NStZ-RR NVwZ NZG NZWiSt OGH OLG OWiG PolGBW RB RGBl. RIW Rn. s. S. SK sog. StGB StPO StraFo StV SVR UWG Var. VBlBW VerwArch vgl. Vor Vorb. VVG WiJ wistra WpHG ZAG ZaöRV ZfPW ZHR ZInsO ZIP ZIS ZJJ

17

Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht Oberster Gerichtshof (Österreich) Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Polizeigesetz für das Land Baden-Württemberg Rahmenbeschluss Reichsgesetzblatt Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer siehe Seite/Satz Systematischer Kommentar sogenannte/n Strafgesetzbuch Strafprozessordnung StrafverteidigerForum Strafverteidiger Zeitschrift Straßenverkehrsrecht Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Variante Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verwaltungsarchiv vergleiche Vorbemerkungen Vorbemerkungen Gesetz über den Versicherungsvertrag Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e. V. Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Gesetz über den Wertpapierhandel Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdienste Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe

18 ZJS ZStW ZVglRWiss ZWH

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für das juristische Studium Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen

1. Teil

Grundlagen der Diskussion § 1 Einleitung, Eingrenzung und Gang der Darstellung Grenzen zu überschreiten ist insbesondere für Kriminelle reizvoll: Auf die aus Straftaten erlangte „Beute“ können nationale Strafverfolgungsbehörden nur unter erschwerten Voraussetzungen zugreifen, wenn sie sich im Ausland befindet.1 Grenzen zu überschreiten ist aber auch für die Wissenschaft reizvoll: Die Erörterung grenzüberschreitender Sachverhalte besitzt nicht nur erhebliche Praxisrelevanz,2 sondern beinhaltet zugleich tiefgründige dogmatische Rechtsfragen. Letztere stellen sich schon dort, wo die zwei großen Rechtsgebiete – das Strafund Zivilrecht – zusammentreffen.3 Die Verwendung normativer Begrifflichkeiten4 im Vermögensabschöpfungsrecht, die einer ausfüllenden Wertung durch das Zivilrecht bedürfen,5 dienen als Einfallstor für die höchst komplexe Problematik der (zivilrechtlichen) Fremdrechtsanwendung im Strafrecht.6 Freilich wirft das Einziehungsrecht nicht nur zahlreiche straf- und zivilrechtsdogmatische, sondern – darauf wies Eser7 bereits Mitte des 20. Jahrhunderts in seiner Habilitationsschrift hin – auch verwaltungs- und verfassungsrechtliche Probleme auf.8 Ergänzt wird das Vermögensabschöpfungsrecht seit der neuesten 1 Vgl. Hüttemann, NZWiSt 2019, 201 sowie ErwGr (4) der Verordnung (EU) 2018/ 1805, wonach Kriminalität oft transnationalen Charakter hat; vgl. ebenso ErwGr (2) der Richtlinie 2014/42/EU; vgl. auch Meyer, ZStW 127 (2015), 241, 246: „Denn ein Großteil der betroffenen Vermögenswerte dürfte versteckt im Ausland liegen.“ 2 Vgl. etwa Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 474 hinsichtlich rechtshilferechtlicher Fragestellungen. 3 Vgl. dazu auch Mankowski/S. Bock, JZ 2015, 1092. 4 Vgl. allgemein zum Begriff der „normativen Tatbestandsmerkmale“ Bülte, JuS 2015, 769 f. (sowie 774), wonach ein normatives Tatbestandsmerkmal dadurch gekennzeichnet ist, dass es erst durch eine außerstrafrechtliche vorgegebene Wertung inhaltlich erschlossen werden kann; siehe ferner Wank, Juristische Begriffsbildung, S. 7 f.; vgl. auch LK-StGB/Dannecker/Schuhr, § 1 Rn. 149, wonach normative Tatbestandsmerkmale außerstrafrechtliche Rechtsbegriffe und Rechtsregeln voraussetzen. 5 Vgl. allgemein zum Aspekt der ausfüllenden Wertung des Zivilrechts bei der Verwendung normativer Tatbestandsmerkmale im Strafrecht Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704 f. 6 Vgl. Mankowski/S. Bock, JZ 2015, 1092 sowie dies., ZStW 120 (2008), 704, 706. 7 Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, passim. 8 Vgl. hierzu auch Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 999.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

Reform vom 13. April 2017, die zum 1. Juli 2017 in Kraft trat, durch eine starke9 europarechtliche Komponente.10 Die „Europäisierung des Strafrechts“, um an die Habilitationsschrift Satzgers anzuknüpfen,11 macht auch vor dem Einziehungsrecht keinen Halt: Zunächst „europäisierte“ 12 der supranationale Gesetzgeber mittels der Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 (im Folgenden: Einziehungsrichtlinie) das nationale Einziehungsrecht und gab damit der Vermögensabschöpfungsreform maßgeblich den Anstoß. Anschließend betrat er mit dem Erlass der EU-Verordnung über Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen13 (im Folgenden: Einziehungsverordnung) sogar völlig neuen europäischen Boden. Mit der Einziehungsverordnung regelt der Unionsgesetzgeber erstmals einen – in Strafsachen (vgl. Art. 82 AEUV) – rechtshilferechtlich determinierten Bereich qua Verordnung.14 All diese „externe(n) Einflüsse [. . .] auf das Strafrecht“ 15 verkomplizieren die Rechtsanwendung. Sie zwingen den Rechtsanwender dazu, nicht nur rein nationale, sondern auch europäische Vorgaben bei der Auslegung der §§ 73 ff., 75 ff. StGB zu berücksichtigen. Die Arbeit wird – so die Hoffnung des Verfassers – diese Ausle-

9 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bereits vor dem Erlass der Einziehungsrichtlinie zahlreiche internationale und europäische Vorgaben für die Vermögensabschöpfung erlassen wurden, vgl. überblicksweise etwa Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 10 ff. Indes binden die internationalen Vorgaben die Nationalstaaten nicht, so dass keine „Umsetzungspflicht“, wie wir sie von europäischen Vorgaben kennen, existiert(e), vgl. auch hierzu Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 29. Demgegenüber bildeten bis zum Erlass der Einziehungsrichtlinie die Gemeinsame Maßnahme 98/699/JI, der Rahmenbeschluss 2001/500/JI des Rates, der Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates, der Rahmenbeschluss 2005/212/JI des Rates sowie der Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates den (verbindlichen) europäischen Rechtsrahmen im Bereich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Mit dem Erlass der Einziehungsrichtlinie haben all diese europäischen Vorgaben aber nur noch eine untergeordnete Rolle, da mit der Einziehungsrichtlinie gerade die Bestimmungen in den Rahmenbeschlüssen abgeändert, erweitert und ersetzt werden, vgl. ErwGr (7) und (9) der Einziehungsrichtlinie. Vgl. umfassend zur historischen Entwicklung des (nationalen) Vermögensabschöpfungsrechts Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, passim. 10 Siehe das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung v. 13.04. 2017, BGBl. I. 872. 11 Satzger, Europäisierung, passim. 12 Mittlerweile ist der Begriff „europäisieren“ auch im Duden vorzufinden und bedeutet im alltäglichen Sinn: „der europäischen Lebensart angleichen, nach europäischem Vorbild umgestalten, kulturell oder politisch an [Gesamt]europa orientieren“ (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/europaeisieren; zuletzt abgerufen am 31.01.2022). Hier wird der Begriff ausschließlich im rechtlichen Sinne verwendet. 13 Verordnung (EU) 2018/1805. 14 Vgl. hierzu bereits Brodowski, ZIS 2017, 688, 699 sowie Schwarze-EU-Kommentar/Böse, Art. 82 AEUV Rn. 26, als die Kommission ihren Vorschlag dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegte (KOM [2016] 819 endg. v. 21.12.2016). Die Einziehungsverordnung gilt seit dem 19.12.2020, vgl. Art. 41 Verordnung (EU) 2018/1805. 15 Stuckenberg, Internationalisierung und Strafrecht, S. 223, 228.

§ 1 Einleitung, Eingrenzung und Gang der Darstellung

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gungsprobleme mittels anerkannter Methodik lösen und damit einen Beitrag zu mehr Rechtssicherheit im reformierten Vermögensabschöpfungsrecht leisten. Die Untersuchung beginnt mit einer Erläuterung der Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (1. Teil, § 2), freilich beschränkt auf die Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB). Normen außerhalb des StGB, die ebenfalls die Einziehung16 (von Erträgen) oder vergleichbare Abschöpfungsinstrumente17 kennen, sowie die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§§ 74 ff. StGB) bleiben – um den Rahmen der Untersuchung nicht zu sprengen – hierbei außer Betracht. Außer Betracht bleibt ferner die Erläuterung der Vorschrift des Art. 316h EGStGB, die die Anwendung des neuen Einziehungsrechts auch für Altfälle und entgegen § 2 V StGB postuliert – und neuerdings vom BVerfG als verfassungskonform erklärt wurde.18 Ausgehend von den Grundlagen des Vermögensabschöpfungsrechts widmet sich der 2. Teil der Auslegung des nationalen Einziehungsrechts (§§ 73 ff., 75 ff. StGB). Hierbei wird zunächst die Einziehung bei Tatbeteiligten (2. Teil, § 5) und im Anschluss die Einziehung bei Drittbegünstigten (2. Teil, § 6) – jeweils unter besonderer Berücksichtigung zivil-, bereicherungs-, verfassungs- und europarechtlicher Bestimmungen – erörtert. Die Erörterung des nationalen Einziehungsrecht beschränkt sich hierbei auf Auslegungsfragen, die im Erkenntnisverfahren – genauer: im Hauptverfahren19 – auftreten und (überhaupt) Raum für eine zivilbzw. bereicherungsakzessorische Auslegung lassen. Letztere Beschränkung ist für die hiesige Arbeit notwendig, um die Brücke zum 3. Teil, nämlich der zivilrechtlichen Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht, zu schlagen. Die prozessualen Vorschriften der StPO, die das Ermittlungs-, Haupt- und Vollstreckungsverfahren betreffen, werden an dieser Stelle berücksichtigt, soweit dies für die Auslegung des materiellen Rechts im Hauptverfahren erforderlich ist. Anschließend wird sowohl die Begrenzung des Einziehungsumfangs als auch der Ausschluss der Einziehung von Taterträgen (2. Teil, § 7) gemeinsam – sprich so16 Vgl. etwa die §§ 22 ff. OWiG sowie § 29a OWiG; vgl. ferner für die Möglichkeit der polizeilichen Einziehung etwa § 39 PolGBW. 17 Vgl. etwa §§ 8 ff. WiStG und dazu Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 10 Rn. 1 ff.; siehe ferner § 10 UWG, der eine Gewinnabschöpfung im Wettbewerbsrecht vorsieht und nach teilweise vertretener Auffassung (vgl. Mönch, ZIP 2004, 2032, 2037) den §§ 73 ff. StGB „gleicht“ (vgl. zur Diskussion etwa MüKo-LauterkeitsR/Micklitz, § 10 UWG Rn. 45); vgl. zudem die Vorschrift des § 34a GWB, die § 10 UWG „nachgebildet ist“ (vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 21). 18 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222 ff. und dazu S. 26 f.; siehe ferner und zuvor schon BGH NStZ-RR 2018, 241, 242; KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 29. 19 Die Ausführungen umfassen auch das Strafbefehlsverfahren (§§ 407 ff. StPO), da die Einziehung auch durch Strafbefehl angeordnet werden kann, vgl. § 407 II 1 Nr. 1 StPO. An der materiellen Rechtsanwendung ändert sich im Strafbefehlsverfahren nichts; siehe aber Rettke, NStZ 2021, 202 ff. zur Diskussion, ob die selbstständige Einziehung (§ 76a StGB) im Strafbefehlsverfahren angeordnet werden kann, was von ihm bejaht wird.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

wohl für die Einziehung bei Tatbeteiligten als auch für die Einziehung bei Drittbegünstigten – erläutert. Der 2. Teil schließt mit – wiederum vor allem auf zivilund bereicherungsrechtliche, aber auch auf verfassungsrechtliche Fragestellungen beschränkte – Ausführungen zu „Sonderformen“ der Einziehung von Taterträgen (§ 8), namentlich der erweiterten (§ 73a StGB), selbstständigen (§ 76a StGB) und formlosen Einziehung von Taterträgen, sowie einer Zusammenfassung der Ergebnisse des 2. Teils (§ 9). Die Auslegung der nationalen Einziehungsvorschriften dient sodann als Türöffner für den 3. Teil, der zivilrechtlichen Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht. An dieser Stelle rückt zunächst das Verhältnis zwischen Internationalem Privat- sowie Zivilprozessrecht und Strafanwendungsrecht in den Mittelpunkt der Untersuchung (3. Teil, § 10). Anschließend und ausgehend von der Prämisse der herrschenden Meinung, zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung sei im Strafrecht sowohl verfassungs- als auch einfachrechtlich unbedenklich, unternimmt die Arbeit den Versuch, dem Gesetz eine positivrechtliche Aussage über ihre Zulässigkeit zu entnehmen (3. Teil, § 11, I.). Im Anschluss folgen ausgewählte Beispiele für eine zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht (3. Teil, § 11, II.). Die Behandlung sämtlich denkbarer Einzelfälle zivilrechtlicher Fremdrechtsanwendung würde nicht nur den Rahmen dieser Arbeit sprengen, sondern zugleich einen Leistungsanspruch statuieren, dessen Erfüllung – angesichts der zahlreich denkbaren Lebenssachverhalte – objektiv unmöglich erscheint. Der 3. Teil schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Fazit (§ 12).

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung I. Neue Fragestellungen im reformierten Vermögensabschöpfungsrecht Das Vermögensabschöpfungsrecht wurde durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 201720 terminologisch grundlegend verändert.21 Das Gesetz differenziert nicht mehr zwischen „Verfall“ und „Einziehung“, sondern lediglich zwischen der „Einziehung von Taterträgen“ (§§ 73–73e StGB sowie §§ 75 ff. StGB) und der „Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten“ (§§ 74–74f StGB sowie §§ 75 ff. StGB). Angetrieben wurde die Vermögensabschöpfungsreform durch die notwendige Umsetzung der Einziehungsrichtlinie sowie die komplexe Ausgestaltung der früheren Rechts20

Vgl. BGBl. I. 872. Vgl. zur terminologischen Änderung etwa Brand, ZWH 2021, 58; Sch/Sch/Eser/ Schuster, Vorb. §§ 73 ff. Rn. 8 sowie BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73 Rn. 1. 21

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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lage.22 Die Vermögenabschöpfungsreform hat damit nicht nur zu terminologischen, sondern auch zu einigen rechtlichen Neuerungen geführt.23 Die Neufassung stellt den Rechtsanwender weiterhin auf die Probe. Dass nicht alle Rechtsanwender, insbesondere die Instanzgerichte, diese Probe stets bestehen, belegt die – zum neuen Vermögensabschöpfungsrecht – ergangene (und kassierende) Rechtsprechung des BGH.24 Auf einen kurzen Nenner gebracht: Auch im neuen Recht stellen sich (bis dato ungeklärte) Auslegungsfragen.25 Bevor man sich aber vertieft der Auslegung der §§ 73 ff., 75 ff. StGB widmet, bedarf es zuvor einer Erläuterung der Grundlagen des strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsrechts. Andernfalls läuft der Rechtsanwender – bei der Gesetzesauslegung – Gefahr, entgegenstehendes höherrangiges Recht – insbesondere nationale und/oder europäische Grundrechte sowie grundrechtsgleiche Rechte und umsetzungspflichtiges Recht – zu missachten.26

II. Der umstrittene Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen Eine wesentliche Grundfrage des strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsrechts, die freilich nicht nur die Geltung des Analogieverbots bzw. Bestimmtheitsgebots (Art. 103 II GG)27, sondern die Geltung sämtlicher – verfassungsrechtlich verankerter – straf- bzw. strafprozessualer Garantien – namentlich: Geltung des Schuldprinzips28, des Grundsatzes ne bis in idem (Art. 103 III GG)29, 22 Vgl. dazu etwa BT-Drs. 18/9525, S. 45 und insb. 48; zudem sollten nicht vertretbare Abschöpfungslücken mit ihr geschlossen werden, vgl. dazu auch Steinert, SVR 2020, 412, 413 mit Verweis auf BR-Drs. 418/16, S. 2. 23 Vgl. überblicksweise etwa Trüg, NJW 2017, 1913 ff.; siehe ferner Leipold/Tsambikakis/Zöller/Rübenstahl, § 73 Rn. 3 und Brand, ZWH 2021, 58 f. 24 Vgl. überblicksweise Bittmann, NStZ 2019, 383 ff. sowie 447 ff.; ders., NStZ 2020, 517 ff. sowie 648 ff. 25 Pointiert Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1. 26 Vgl. grdl. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 150 f., wonach „der Rechtsanwender [stets] dasjenige Auslegungsergebnis zu wählen hat, das mit höherrangigem Recht [. . .] zu vereinbaren ist“; siehe hierzu ferner Wank, Methodenlehre, § 5 Rn. 71 u. § 9 Rn. 49 ff. 27 Vgl. zur Diskussion rund um die Bezeichnung der Art. 103 GG innewohnenden Gewährleistungen Dürig/Herzog/Scholz-GG/Remmert, Art. 103 Rn. 2, die von „grundrechtsähnlichen Rechten“ spricht, aber zutreffend darauf hinweist, dass den „Unterschieden in der Terminologie keine rechtliche Bedeutung zukommt“; vgl. zu diesen beiden Garantien des Art. 103 II GG statt vieler und ferner MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 47 ff. und 73 ff. 28 Mit der Folge einer Berücksichtigung derselben bei der Strafzumessung, vgl. § 46 I 1 StGB; vgl. neuerdings zum im Rechtsstaatsprinzip, in Art. 2 I GG und im Gebot der Achtung der Menschenwürde, mithin in Art. 1 I GG (vgl. dazu auch BVerfGE 20, 323, 332; 95, 96, 140; 123, 267, 413) verankerten Schuldprinzip Adam/Schmidt/Schumacher, NStZ 2017, 7 ff., insb. 9 ff. 29 Vgl. dazu BeckOK-GG/Radtke, Art. 103 GG Rn. 44 ff.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

der Unschuldsvermutung30, der Selbstbelastungsfreiheit31 sowie des (strafrechtlichen) Rückwirkungsverbotes (Art. 103 II GG)32, 33 – betrifft, lautet: Ist die Einziehung von Taterträgen eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme im verfassungsrechtlichen Sinne? Der Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen – ehemals des Verfalls – ist, so liest man verbreitet, „klassisch“ umstritten.34 Genau genommen wurde der Streit um den Rechtscharakter der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mit der Umstellung auf das sogenannte Bruttoprinzip35 zum 28. Februar 199236, 37 entfacht.38 Im Gegensatz zum sogenannten Nettoprinzip, das bis zum 6. März 1992 galt,39 erlaubte das Bruttoprinzip keinen „Abzug gewinnmindernder Kosten“ des Täters oder Teilnehmers mehr.40 Mittlerweile ist das Bruttoprinzip in 30 Vgl. zum „Verfassungsrechtssatz von der Unschuldsvermutung“ ausführlich Lindner, AöR 133 (2008), 235 ff., insb. 244 ff.: „Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts“; siehe aber auch Laubenthal/Nestler, Strafvollstreckung, Rn. 471, die davon sprechen, dass das BVerfG (NJW 2004, 2073 ff.) die in § 73d StGB a. F. vorgesehene Absenkung der Beweisanforderungen „für mit dem Grundsatz in-dubio-pro-reo und der Unschuldsvermutung vereinbar [hielt]“. Diese Behauptung sollte nicht missverstanden werden. Das BVerfG hat bislang offengelassen hat, ob dem Zweifelssatz Verfassungsrang zukomme (auch in BVerfG NJW 2004, 2073 ff. äußert sich das BVerfG hierzu nicht), vgl. BVerfG NJW 1988, 477. 31 Vgl. zur Diskussion rund um die verfassungsrechtliche Verankerung derselben nur Kasiske, JuS 2014, 15 ff.: Nach herrschender Auffassung wurzelt sie in der Menschenwürde, mithin in Art. 1 I GG (so insb. BVerfGE 56, 37, 49 f.). 32 Vgl. hierzu Dürig/Herzog/Scholz-GG/Remmert, Art. 103 Abs. 2 Rn. 120 ff. 33 Vgl. zu all diesen Sch/Sch/Eser/Schuster, Vorb. zu §§ 73–76b Rn. 13 f.; vgl. ferner SK-StGB/Wolters, § 73 a. F. Rn. 3, der vor allem auf die Geltung des Schuldprinzips abstellt. 34 Exemplarisch Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1004: „Diese Frage ist bekanntlich klassisch umstritten.“ 35 Vgl. allgemein zum Bruttoprinzip Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 9; SK-StGB/ Wolters, § 73 a. F. Rn. 5. 36 Vgl. BGBl. I S. 372, 374. Das Gesetz trat am 7. März 1992 in Kraft, vgl. dazu auch BGH NStZ 1994, 123. 37 So auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 54; Theile, ZJS 2011, 333. 38 Vgl. die Untersuchung von Hoyer, GA 1993, 406 ff.; vgl. auch NK-StGB/Saliger, Vorb. zu §§ 73 ff. a. F. Rn. 5 sowie überblicksweise Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 54 ff.; Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 40 ff.; zuvor, sprich unter Geltung des Nettoprinzips, nahmen nur wenige Stimmen einen Strafcharakter der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung an, vgl. zusammenfassend MüKo-StGB/ Joecks/Meißner, § 73 Rn. 4 ff.; siehe insofern auch die treffende Bemerkung von KettStraub/Kudlich, Sanktionenrecht, § 14 Rn. 6: „Die Argumente für und wider die Einordnung [. . .] als strafähnliche Maßnahme gelten unverändert.“ 39 Siehe o. 1. Teil Fn. 36. 40 Vgl. zum Nettoprinzip ausführlich Sotiriadis, Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 90 f. sowie S. 156 ff.; kürzer Altenhain, Anschlußdelikt, S. 349; siehe ferner Theile, ZJS 2011, 333 f., dem zufolge – auch nach der Umstellung auf das Bruttoprinzip – bei fehlender Schuld des Täters (weiterhin) das Nettoprinzip anzuwenden sei.

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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§ 73d I StGB gesetzlich verankert.41 Gem. § 73d I 1 StGB sind bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen – gemeint ist der sogenannte Drittbegünstigte – abzuziehen, es sei denn, so § 73d I 2 StGB, die Aufwendungen wurden für die Begehung oder Vorbereitung der Tat getätigt.42 Bei der Schaffung der Vorschrift des § 73d I 2 StGB ließ sich der Reformgesetzgeber von dem – in § 817 S. 2 BGB verankerten – Rechtsgedanken leiten, dass dasjenige, was in ein verbotenes (oder sittenwidriges) Geschäft investiert wurde, unwiederbringlich verloren sein muss.43 1. Der Standpunkt des überwiegenden Schrifttums Die bereits vom historischen Gesetzgeber44 angeführte und nun vom Reformgesetzgeber45 bestätigte Parallele zwischen der Abschöpfung von Taterträgen nach dem Bruttoprinzip und dem zivilrechtlichen Bereicherungsrecht wurde und wird vom Schrifttum erheblich kritisiert. Einerseits wird angeführt, dass es bei der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB um Rechtsschutzverweigerung für und unter Privaten gehe und gerade „nicht um den Bestand eines etwaigen Anspruchs“.46 Andererseits hinke auch der bereicherungsrechtliche Vergleich mit den §§ 818 III, IV, 819 I BGB, weil der bösgläubige bzw. verklagte Bereicherungsschuldner im Zivilrecht nur „nach den allgemeinen Vorschriften“ hafte,47 jedenfalls aber das im Einziehungsrecht – scil. im subjektiven oder objektiven Strafverfahren48 – bestehende Subordinationsverhältnis – Staat gegen den Bürger – eine Analogie zu den zivilrechtlichen Vorschriften verbiete.49 Im Ergebnis habe, so das überwiegende Schrifttum, das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht seit der Einführung des Bruttoprinzips Straf- bzw. strafähnlichen Charakter.50 Mit ande41 Teilweise ist von „eingeschränktem Bruttoprinzip“ (so Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 4), teilweise von „erweitertem Nettoprinzip“ (so Saliger, ZStW 129 [2017], 995, 1013) die Rede, vgl. dazu auch Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 9 Rn. 36. 42 Vgl. hierzu ausführlich S. 166 ff. 43 So schon der historische Gesetzgeber (BT-Drs. 12/1134, S. 12; siehe zu dieser erklärten Absicht des Gesetzgebers auch BGH NStZ 1994, 123 f.) und nun auch der Reformgesetzgeber (BT-Drs. 18/9525, S. 67; BT-Drs. 18/11640, S. 79); siehe ferner Beckemper, ZJS 2020, 17, 20; siehe aber Müller, Entschädigungsverfahren, S. 69, dem zufolge der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB „kein allgemeiner Rechtsgedanke entnommen werden kann“. 44 Vgl. BT-Drs. 12/1134, S. 12. 45 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67; BT-Drs. 18/11640, S. 79. 46 Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1006. 47 Zu diesem Einwand Hoyer, GA 1993, 406, 414 f.; aufgegriffen auch von Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1007. 48 Vgl. hierzu eingehend S. 194 und S. 209 ff. 49 So Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1007. 50 Vgl. Dannecker, NStZ 2006, 683, 684; Sch/Sch/Eser/Schuster, Vorb. zu den §§ 73 ff. Rn. 16 ff.; Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 43 ff.; Hoyer, GA 1993, 406, 421; Rebell-Houben, NZWiSt 2018, 153, 155; siehe ferner Keusch, Prob-

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

ren Worten: Der Einziehungsbetroffene hafte „schärfer“ als ein Bereicherungsschuldner im Zivilrecht. 2. Der Standpunkt der Rechtsprechung, namentlich des BVerfG Der Zweite Senat des BVerfG teilte und teilt diese Bedenken des Schrifttums nicht. Schon mit Beschluss vom 14. Januar 200451 und nunmehr mit Beschluss vom 10. Februar 202152 hat der Zweite Senat des BVerfG die Parallele zwischen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und dem zivilrechtlichen Bereicherungsrecht hervorgehoben.53 Weder die Alt- noch die Neufassung der §§ 73 ff., 75 ff. StGB erweise sich – auch unter Geltung des Bruttoprinzips – als Strafe oder strafähnliche Maßnahme.54 Vielmehr handele es sich bei den §§ 73 ff., 75 ff. StGB um Maßnahmen eigener Art mit kondiktionsähnlichem Charakter.55 Sowohl der historische Gesetzgeber als auch der Reformgesetzgeber hätten sich eine an „Wortlaut und Gesetzessystematik der §§ 812 ff. BGB orientierte Sichtweise des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts zu Eigen“ 56 gemacht. Der Verleme des Verfalls, S. 45 mit weiteren Nachweisen in Fn. 210 sowie auf S. 59 ff. der überwiegenden Literatur zustimmend; siehe zudem Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 56 mit zahlreichen weiteren Nachweisen in Fn. 140, aber dem überwiegenden Schrifttum nicht zustimmend (vgl. insofern S. 82 f., wonach „das Legitimationsproblem des Bruttoprinzips [. . .] [praktisch] auf Ausnahmefälle begrenzt [ist]“); vgl. ferner Hüls, ZWH 2017, 242, 245 mit Fn. 35; siehe aber Bülte, NZWiSt 2021, 203, 204, dem es zufolge „der weit überwiegenden Auffassung in Lehre [. . .] [entspricht] [. . .], dass Abschöpfungsmaßnahmen keine Strafen im Sinne des Nullum-CrimenGrundsatzes sind“. Bülte verweist zur Begründung dieser Sichtweise auf eine Entscheidung des LG Düsseldorf (BeckRS 2018, 13266), das aber (in BeckRS 2018, 13266 Rn. 974) die Lehre überhaupt nicht konsultiert, sondern lediglich mittels Gesetzesbegründung und Rechtsprechung den Straf- bzw. strafähnlichen Charakter der Einziehung von Taterträgen verneint. In der älteren Literatur wurde zudem ein ambivalenter Rechtscharakter des Verfalls angenommen: So sollte der Verfall, wenn der Täter schuldhaft gehandelt hat, Strafcharakter haben, wohingegen der Strafcharakter bei nicht schuldhafter Tatbegehung bzw. bei der Verfallsanordnung gegenüber Dritten entfallen sollte, vgl. dazu etwa Zipf, JuS 1974, 273, 279. Freilich gibt es auch einige Vertreter im Schrifttum, die einen Strafcharakter der Einziehung von Taterträgen (ehemals des Verfalls) verneinen, siehe exemplarisch Altenhain, Anschlußdelikt, S. 350 ff.; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 50 ff., insb. Rn. 55 f.; Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 65 ff., insb. S. 84 f.; LK/Lohse, Vor §§ 73–76b Rn. 38. 51 Vgl. BVerfG NJW 2004, 2073 ff. 52 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222 ff. 53 Auch der BGH lehnt in ständiger Rechtsprechung einen Strafcharakter der Einziehung von Taterträgen ab, vgl. etwa BGH NStZ 2018, 366 f.; 400 f. (mit zust. Anm. Müller-Metz); NStZ-RR 2018, 240. 54 So schon BVerfG NJW 2004, 2073, 2075 und jetzt auch BVerfG NJW 2021, 1222, 1223 ff. 55 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222, 1223. 56 BVerfG NJW 2004, 2073, 2076; BVerfG NJW 2021, 1222, 1224.

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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gleich zwischen der Abschöpfung nach dem Bruttoprinzip und den bereicherungsrechtlichen Wertungen (§§ 817 S. 2, 818 III, IV, 819 I BGB) sei daher nicht zu beanstanden.57 An diesem Ergebnis vermag, so der Zweite Senat des BVerfG in seinem Beschluss vom 10. Februar 2021, auch der konventionsrechtliche Strafbegriff aus Art. 7 I EMRK, der zur Auslegung des Verfassungsrechts herangezogen werden kann,58 nichts zu ändern.59 3. Der Vergleich zwischen (zivilrechtlichem) Bereicherungsrecht und strafrechtlicher Vermögensabschöpfung Der historische Gesetzgeber60 und Reformgesetzgeber61 bezweckten unstreitig eine Annäherung des Vermögensabschöpfungsrechts an das zivilrechtliche Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB), unter anderem, um den (gewünschten) Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen – ehemals des Verfalls – als „quasikondiktionelle (Ausgleichs-)Maßnahme“ 62 zu wahren. Diese Vorbildsfunktion des Bereicherungsrechts zeigt sich heute vor allem an den zahlreichen zivil- bzw. bereicherungsrechtlichen Begrifflichkeiten in den §§ 73 ff., 75 ff. StGB.63 Trotz dieser unbestrittenen Feststellung verhält sich das überwiegende Schrifttum zum Vergleich zwischen strafrechtlicher Vermögensabschöpfung und zivilrechtlichem Bereicherungsrecht weiterhin kritisch. Die Kritik setzt dabei aber nicht nur bzw. erst bei der Analogie zu den §§ 817 S. 2, 818 III, IV, 819 I BGB, sondern schon deutlich früher an: Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung und das zivilrechtliche Bereicherungsrecht seien schon in den (Grund-)Voraussetzungen und in der Systematik grundverschieden.64 „Am ehesten“, so jüngst Fleckenstein65 unter Rekurs auf Best66 und Bottke67, sei die Einziehung von Taterträgen mit der all57 Vgl. schon BVerfG NJW 2004, 2073, 2076 und jetzt auch BVerfG NJW 2021, 1222, 1224. 58 Vgl. nur BVerfG NJW 2021, 1222, 1225; vgl. hierauf eingehend S. 45 f. u. S. 51 ff. 59 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222, 1225 f. 60 Vgl. BT-Drs. 12/1134, S. 12. 61 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 55 f. 62 Die Bezeichnung dürfte auf Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 84 f., 120 f. und 184 f. zurückgehen (so auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 29 Fn. 11); besonders kritisch zur dieser „Quasikondiktions-Lehre“ sind Marstaller/ Zimmermann, Non-conviction-based-confiscation, S. 68 ff. 63 Beispielsweise: „Etwas erlangt“ (vgl. §§ 73 I, 73b I 1 Nr. 1 Var. 1 StGB), „durch (die Tat)“ (vgl. §§ 73 I Var. 1, 74b I 1 Nr. 1 StGB), „unentgeltlich“ (vgl. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB), „ohne rechtlichen Grund“ (vgl. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB) oder „zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung“ (vgl. § 73e II StGB); vgl. ferner Satzger/ Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 9 ff.; siehe zudem Rübenstahl/Weißbeck, WiJ 2020, 90, 93. 64 Vgl. neuerdings Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 43 ff. 65 Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 34. 66 Vgl. Best, JR 2003, 337, 340.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

gemeinen Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) vergleichbar. Gleichwohl verwirft Fleckenstein diesen Vergleich in weiten Teilen.68 Als Begründung führt er an, dass der Vermögensvorteil beim Einziehungsbetroffenen stets mit einem auszugleichenden Nachteil korrespondieren und ebendieser Nachteil „auf Kosten des Staates“ erlangt sein müsse.69 Letzteres sei jedenfalls dann abzulehnen, wenn zivilrechtliche (bereicherungsrechtliche) Ansprüche individuell Geschädigter auf das Erlangte bestehen.70 In diesen Fällen erhalte der Einziehungsbetroffene das Erlangte nicht „auf Kosten des Staates“, sondern „auf Kosten des individuell Geschädigten“.71 Bestehen hingegen keine Ansprüche individuell Geschädigter, so könne die Einziehung von Taterträgen zumindest dann mit der allgemeinen Eingriffskondiktion verglichen werden, wenn die Anknüpfungs- bzw. Erwerbstat eine solche gegen die Umwelt (§§ 324 ff. StGB) ist.72 In den verbleibenden Fällen, wenn die Anknüpfungs- bzw. Erwerbstat (sonstige) überindividuelle Rechtsgüter (gemeint sind: Universalrechtsgüter)73 schütze sowie in „Belohnungs-, Verzichtsund Verjährungsfällen“, sei ein solcher Vergleich hingegen nicht überzeugend, weil der Einziehungsbetroffene die Taterträge nicht „auf Kosten des Staates“ erlange.74 Das Ergebnis Fleckensteins: Das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht lässt sich nicht bereicherungsrechtlich erklären.75 a) Die Einziehung von Taterträgen bei individuell Geschädigten Die Vermögensabschöpfungsreform hat die – verbreitet als „Totengräber des Verfalls“ 76 bezeichnete – Vorschrift des § 73 I 2 StGB a. F. abgeschafft. Gem. § 73 I 2 StGB a. F. verhinderten bestehende zivilrechtliche Ansprüche individuell Geschädigter, die aus der Tat erwachsen sind, die Anordnung des Verfalls.77 Der 67

Vgl. Bottke, Assoziationsprävention, S. 295 f. Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35 ff. 69 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35. 70 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35. 71 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35. 72 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 40 f. 73 Vgl. zu der Unterscheidung zwischen Individual- und Universalrechtsgüter nach der Rechtsgutslehre und zu weiteren Einzelheiten (insb. zu der monistischen und dualistischen Lehre) etwa NK-StGB/Hassemer/Neumann, Vorb. zu § 1 Rn. 126 ff. 74 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 36 ff.; verbreitet wird auch die sogenannte formlose Einziehung als Verzicht bezeichnet, vgl. dazu unten S. 198 ff.; Fleckenstein meint an dieser Stelle aber nur denjenigen Verzicht, der von einem Geschädigten erklärt wird (vgl. z. B. § 397 BGB) und dem damit Erfüllungswirkung i. S. v. § 73e I StGB zukommt. 75 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 43. 76 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 46 unter Verweis auf Meyer, ZStW 127 (2015), 241, 254 und Bittmann, ZInsO 2015, 1758, 1762; zu Recht kritisch zu dieser Bezeichnung Theile, ZJS 2011, 333, 338. 77 Vgl. dazu Johann, Möglichkeiten und Grenzen, S. 51 f. 68

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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staatliche Abschöpfungsanspruch kam allenfalls subsidiär zum Zuge.78 Mittlerweile ist der staatliche Abschöpfungsanspruch nicht mehr subsidiär.79 Er steht neben dem zivilrechtlichen Anspruch des individuell Geschädigten.80 Der Einziehungsbetroffene sieht sich damit grundsätzlich zwei Ansprüchen auseinandergesetzt. Gleichwohl besteht, wie sich aus § 73e I StGB ergibt, ein gewichtiger Konnex zwischen dem staatlichen Abschöpfungsanspruch und dem zivilrechtlichen Anspruch des individuell Geschädigten. Das Bestehen des staatlichen Abschöpfungsanspruchs hängt nämlich vom Bestehen des zivilrechtlichen Anspruchs des individuell Geschädigten ab. Sobald der zivilrechtliche Anspruch des Verletzten erloschen ist, erlischt auch der staatliche Abschöpfungsanspruch (in dieser Höhe).81 aa) Voraussetzungen der allgemeinen Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) Wagt man den Versuch, die Einziehung von Taterträgen mit der allgemeinen Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) zu vergleichen, so müssen zuvörderst ihre Voraussetzungen exakt herauskristallisiert werden. Die allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) zeichnet sich dadurch aus, dass der Bereicherungsschuldner durch den Eingriff in eine fremde Rechtssphäre, mithin auf Kosten des Bereicherungsgläubigers, etwas erlangt.82 Die Einziehung von Taterträgen ist demnach mit der allgemeinen Eingriffskondiktion nur vergleichbar, wenn – mit der Anknüpfungstat – in die Rechtssphäre des Staates eingegriffen würde. Der Staat83 ist nämlich derjenige, der – aufgrund der Vorschrift des § 75 I StGB und der neuen „Systematik der Opferentschädigung“ (§§ 459h ff. StPO) – zunächst von der Einziehung profitiert.84 Wird etwas aufgrund einer Tat, die ausschließlich dem Schutz eines Individualrechtsguts dient, erlangt, erfolgt der Eingriff des Tatbeteiligten in den Zuweisungsgehalt eines individuellen Rechts. Dieses individuelle Recht kann nach der Rechtsordnung aber ausschließlich einer

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Vgl. Johann, Möglichkeiten und Grenzen, S. 52. Vgl. dazu auch Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 201. 80 Vgl. dazu auch Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 201. 81 Vgl. Johann, Möglichkeiten und Grenzen, S. 52; siehe dazu ausführlich S. 181 ff. 82 Vgl. statt vieler Staake, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 2 Rn. 17. 83 Ausweislich von § 60 S. 1 StVollstrO profitiert grundsätzlich das Land (Justizfiskus) oder – ausnahmsweise (§ 60 S. 3 StVollstrO) – die Bundesrepublik Deutschland (Justizfiskus) von der Einziehung. Mit „Staat“ ist daher im Folgenden stets der (Justiz-) Fiskus des Landes bzw. des Bundes gemeint. 84 Eine Entschädigung des individuell Verletzten erfolgt nämlich erst hinterher, sprich im Vollstreckungsverfahren, vgl. § 459h StPO und umfassend zu dieser neuen „Systematik der Opferentschädigung“ Savini, Vermögensabschöpfung, S. 265 ff.; kürzer dazu Beckemper, ZJS 2020, 17, 24. 79

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

konkreten Person (bzw. einem Verband) und mithin gerade nicht dem Staat zugewiesen sein.85 So wird es sich in der Regel bei Erlangtem aus individualrechtschützenden Vorschriften verhalten. Der Tatbeteiligte wird hier typischerweise in das – dem Verletzten zugewiesene – individuelle Recht eingreifen. bb) Der Staat als Inkassozessionar Nichtsdestotrotz kann der staatliche Abschöpfungsanspruch – gerade bei Bestehen eines individuell Verletzten – zivil- bzw. bereicherungsrechtlich erklärt werden. Den Ausgangspunkt der Überlegung bildet der Umstand, dass sich der staatliche Einziehungsanspruch – wegen der Vorschrift des § 73e I StGB – als bloßer „Hilfsanspruch“ begreifen lässt.86 Ein „Kernstück“ der Vermögensabschöpfungsreform ist die „Opferentschädigung“.87 Der Staat stellt, bei bestehenden individuell Verletzten, seine (eigenen) Interessen hinten an. Es geht ihm vor allem darum, die Erfüllung des bestehen Verletztenanspruchs zu sichern. Der Staat agiert an dieser Stelle aber nicht als (gesetzlicher) „Prozessstandschafter“ des Verletzten.88 Das im Wege der Prozessstandschaft geltend gemachte Recht muss nämlich (unmittelbar) dem Rechtsträger, hier dem Verletzten, zugutekommen und darf gerade nicht (zunächst) dem Prozessstandschafter, hier dem Staat, zufließen (vgl. § 75 I StGB).89 Indes gleicht der Staat, der strafrechtlich bemakeltes Vermögen – trotz bestehender individuell Verletzter – einzieht, einem Inkassozessionar: Bei einer Inkassozession zieht der Inkassozessionar, der aufgrund der Zession der Rechtsinhaber geworden ist, die Forderung beim Schuldner ein und kehrt den Gewinn (abzüglich einer Erfolgsprovision) an den Inkassozedenten aus.90 Ähnlich verfährt die staatliche Vermögensabschöpfung: Der Staat erlangt zunächst das Eigentum bzw. die Rechtsinhaberschaft (zumindest jedoch den Besitz) am eingezogenen Gegenstand und kehrt letzteren (ggfs. nur den Verwertungsgewinn) – im Vollstreckungsverfahren – an den Verletzten aus.91 Selbstverständlich besteht

85 Vgl. zu dieser „Zuweisungstheorie“ etwa Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 10. 86 Vgl. zu dieser Überlegung auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35: „als bloße Unterstützung des zivilrechtlichen Ausgleichs zwischen Begünstigtem und Geschädigtem“. 87 Vgl. dazu Savini, Vermögensabschöpfung, S. 265 unter Rekurs auf BT-Drs. 18/ 9525, S. 2 und 49. 88 Überzeugend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 37 f., freilich zu den Belohnungs-, Verzichts- und Verjährungsfällen. 89 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 37 f. 90 Vgl. dazu Zivanic, ZJS 2016, 687, 689. 91 Vgl. zu dieser Systematik des Vermögensabschöpfungsrechts bereits 1. Teil Fn. 84. Lediglich in den Fällen des § 75 I 2 StGB erlangt der Staat das Eigentum (die Rechtsinhaberschaft) am Gegenstand erst nach Ablauf von sechs Monaten nach Mitteilung der

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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zwischen den beiden Rechtsinstituten der Unterschied, dass der Verletzte – im Gegensatz zum Inkassozedenten – seine Forderung nicht verliert; und der Staat auch keine Erfolgsprovision vom Verletzten verlangt. Allerdings darf an dieser Stelle der Konnex zwischen dem Abschöpfungsanspruch des Staates und dem Anspruch des individuell Verletzten nicht übersehen werden (§ 73e I StGB). Bei individuell Verletzten lässt sich die Einziehung von Taterträgen als die Geltendmachung einer (eigenen) Forderung im eigenen Namen begreifen,92 die aber vor allem im (wirtschaftlichen) Interesse eines Dritten erfolgt.93 Im Ergebnis gleicht sie damit einer Art „gesetzlichen Inkassozession“. Die Einziehung von Taterträgen lässt sich damit bei individuell Verletzten durchaus zivil- bzw. bereicherungsrechtlich erklären. Sie kann – vorbehaltlich der Auslegung der Einziehungsvorschriften – unter dem Namen „quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme“ firmieren. b) Die Einziehung von Taterträgen in Belohnungs-, Verzichts- und Verjährungsfällen Gleichwohl verfangen die vorherigen Ausführungen nicht, wenn der Tatbeteiligte „für“ die (bereits erfolgte oder erst künftige)94 Begehung einer Tat etwas – nämlich vor allem Lohn bzw. Entgelt i. S. v. § 11 I Nr. 9 StGB95 – erlangt. In derartigen Fällen hat der (Lohn- bzw. Entgelt-)Leistende zwar einen eigenen, aber keinen durchsetzbaren bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen den Betroffenen. Dies folgt aus der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB, die demjenigen, der „sich durch gesetzes- oder sittenwidriges Handeln außerhalb der Rechtsordnung stell[t]“ 96, nach verbreiteter Auffassung den Rechtsschutz verweigert.97 Bei der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB handelt es sich um eine sogenannte rechtshindernde Einwendung, die die Durchsetzbarkeit des Anspruchs hemmt.98 Das Bestehen des Rückforderungsanspruchs lässt § 817 S. 2 BGB – dem Grunde nach –

Rechtskraft der Einziehungsanordnung, vgl. zu weiteren Einzelheiten hierzu Fischer, § 75 Rn. 5 f.; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 75 Rn. 4. 92 Vgl. Zivanic, ZJS 2016, 687, 689 zur Abgrenzung zwischen Inkassozession und Einziehungsermächtigung. 93 Insofern bedarf es auch keiner Erklärung, weshalb die abgeschöpften Erträge beim Staat verbleiben dürfen, falls sich der Verletzte nicht meldet, vgl. zu diesem Einwand Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35 f. 94 Vgl. dazu LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 41. 95 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 41. 96 MüKo-BGB/Schwab, § 817 Rn. 10. 97 Vgl. Klöhn, AcP 210 (2010), 804, 816 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. aber auch MüKo-BGB/Schwab, § 817 Rn. 10 und erneut Klöhn, AcP 210 (2010), 804, 817 f., wonach der eigentliche Normzweck des § 817 S. 2 BGB in der Generalprävention liegt. Dieses Verständnis, § 817 S. 2 BGB als verhaltenssteuernde Norm, teilte erstmals Canaris (FS Steindorff, 519, 523 ff.). 98 Vgl. BGH NJW 2019, 2923, 2933; MüKo-BGB/Schwab, § 817 Rn. 89.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

unberührt.99 Dass die Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB im Fall des § 73 I Var. 2 StGB stets zu bejahen sind, dürfte außer Frage stehen: Das Merkmal „für“ (die Tat) setzt nämlich voraus, dass sich „Geber“ und „Empfänger“ zumindest darüber im Klaren sind, die Leistung erfolge nicht nur „als freundschaftliche Geste“,100 sondern im Hinblick auf das bereits erfolgte oder künftige (strafbewehrte) Tätigwerden.101 Zur Veranschaulichung kann hier der – im Rahmen von § 263 StGB diskutierte – Killerlohn-Fall dienen:102 Ersucht A den B darum, gegen (Bar-)Bezahlung von 10.000 A den C umzubringen, so kann er die 10.000 Avon B auch dann nicht zivilrechtlich – wegen der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB – zurückfordern, wenn B das Angebot nur zum Schein annimmt und C nicht tötet. Der Gesetzesbzw. Sittenverstoß (§ 134 BGB i.V. m. §§ 30 I 1 Var. 1, 212 I, ggfs. § 211 II StGB; § 138 I BGB)103, den A begeht, liegt hier gerade in der Übergabe des Geldes an B.104 Dasselbe gilt für den Fall, dass B den C tatsächlich tötet und erst hinterher von A vergütet wird. Auch in dieser Konstellation liegt der Gesetzes- bzw. Sittenverstoß (§ 134 BGB i.V. m. § 140 Nr. 1 StGB; § 138 I BGB) des A in der Übergabe des Geldes an B. B hat demgegenüber in beiden Fällen „für“, aber nicht „durch“ die Tat105 etwas – nämlich zumindest den Besitz an den 10.000 A – erlangt (vgl. § 73 I Var. 2 StGB).106

99 Deutlich Jauernig/Stadler, § 817 Rn. 8: „[§ 817] S. 2 führt nicht zum Erlöschen des Rückforderungsanspruchs [. . .].“ 100 Vgl. dazu Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 10. 101 Vgl. hierzu und zur „Belohnung“ aus dem Tatertrag etwa Zivanic, NZG 2020, 703, 705. 102 Vgl. zum Killerlohn-Fall etwa Rengier, StrafR BT I, § 13 Rn. 132 f.; Waszcynski, JA 2010, 251, 253. 103 Vgl. MüKo-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 60, wonach „Rechtsgeschäfte, die der Vorbereitung einer Straftat dienen, [. . .] bei Kenntnis der Beteiligten oder fahrlässiger Unkenntnis sittenwidrig [sind]“. 104 Vgl. auch MüKo-BGB/Schwab, § 817 Rn. 65, wonach man die Folgen des § 817 S. 2 BGB auch nicht dadurch umgehen darf, indem man – bei nichtigen Rechtsgeschäften – auf die §§ 677 ff. BGB ausweicht. 105 Hier ließe sich zwar an einen Betrug gegenüber und zu Lasten des A denken, gleichwohl fehlt es hier am notwendigen Vermögensschaden bei A (vgl. zur einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Lehre nur Rengier, StrafR BT I, § 13 Rn. 133); die Tötung des C führt demgegenüber nicht unmittelbar zur Vermögensmehrung bei B, sondern erst die eigenständige Vergütungshandlung des A. 106 Die Einschätzung von Waszcynski (JA 2010, 251, 253), der Killerlohn unterliege der Einziehung gem. § 74 I StGB – als instrumentum sceleris –, kann nicht überzeugen: Das Geld wird weder zur Tatbegehung tatsächlich verwendet noch ist es dazu vorgesehen, für die strafbare Tötungshandlung eingesetzt zu werden. Auch der Verweis auf Kindhäuser/Wallau (NStZ 2003, 151, 153 f.) in Fn. 29 vermag Waszcynskis Ergebnis nicht zu tragen. Zwar gehen auch Kindhäuser/Wallau (NStZ 2003, 151, 152 f.) davon aus, der beim Anstifter gefundene Mordlohn sei gem. § 74 I StGB einzuziehen, doch begründen sie ihre Auffassung nicht (die zitierten Vorschriften des ALR, §§ 172, 173 I

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Der Staat kann also in Belohnungsfällen nicht als Repräsentant des Gebers auftreten. Die Einziehung von Taterträgen kann gerade nicht als Stütze zur Sicherung des zivilrechtlichen Verletztenanspruchs begriffen werden. Übrig bleibt damit lediglich ein Begründungsansatz, der in den Belohnungsfällen nicht an den Sicherungs- bzw. Repräsentantengedanken anknüpft. Gangbar erscheint ein Weg, den bereits Wolters zur alten Rechtslage eingeschlagen hat: Wolters hat die Belohnungsfälle als die „Geltendmachung eines fremden Rechts in eigenem (staatlichen) Namen“ bezeichnet.107 Er ließ sich dabei (wohl) von dem Gedanken leiten, dass die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB das Bestehen des Rückforderungsanspruchs unberührt lässt. Pointiert: Der Geber hat einen bereicherungsrechtlichen Anspruch, kann diesen aber nicht eigenständig gerichtlich durchsetzen. Der Staat agiere, so Wolters, gewissermaßen als Prozessstandschafter.108 Auf die Bedenken, die mit einem Vergleich der Einziehung von Taterträgen mit der Prozessstandschaft einhergehen, wurde bereits hingewiesen: Das im Wege der Prozessstandschaft geltend gemachte Recht muss unmittelbar dem Bereicherungsgläubiger, sprich dem Geber, zukommen.109 Dies ist hier nicht der Fall. Das geltend gemachte Recht verbleibt vielmehr beim Staat (vgl. § 75 I StGB). In den Belohnungsfällen wird das Eingezogene auch nicht im Vollstreckungsverfahren an den Geber ausgekehrt – der Geber ist kein Verletzter i. S. v. § 73e I StGB, sondern in der Regel selbst Täter oder Teilnehmer.110 Resümiert steht fest: Die Einziehung von Taterträgen hat in den Belohnungsfällen keinen Ausgleichscharakter.111 Zu kurz griffe aber die Feststellung, dieser Umstand 16 ALR erlaubten dem Fiskus, nur dem Empfänger des verbotenen Gewinns – im hiesigen Fall wäre dies B – den Gewinn zu entreißen) bzw. allenfalls mit der BGH-Rechtsprechung zu Betäubungsmittelgeschäften. Richtig ist, dass der BGH auch das zur Begehung von Drogendelikten vorgesehene Geld der Einziehung gem. § 74 I StGB unterwirft (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 57; kritisch hierzu Sch/Sch/Eser/Schuster, § 74 Rn. 12). Doch besteht gerade hier der entscheidende Unterschied zum Killerlohn-Fall: Das zur Begehung von Drogendelikten vorgesehene Geld ermöglicht (bzw. soll) überhaupt einen Erwerb von Betäubungsmitteln i. S. v. § 29 I 1 Nr. 1 BtMG (ermöglichen), während der Killerlohn die Tötung gerade nicht ermöglicht (und auch nicht ermöglichen soll). Anders gewendet: Erworben wird mit dem Geld (auch, wenn der Erwerb i. S. v. § 29 I 1 Nr. 1 BtMG nicht zwingend entgeltlich erfolgen muss, vgl. BeckOKBtMG/Barrot, § 29 Rn. 384), getötet wird ohne das Geld. Vgl. zudem Matt/Renzikowski//Altenhain/Fleckenstein, § 73 Rn. 5, wonach vor der Tat erfolgte Leistungen erst bzw. nur gem. § 73 I Var. 2 StGB einziehbar sind, sofern zumindest das strafbare Versuchs- bzw. Vorbereitungsstadium (§ 22 StGB bzw. § 30 StGB) überschritten wurde. 107 Vgl. Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 83 ff. 108 Vgl. Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 83. 109 Anders Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 10, mit der Begründung, der Staat müsse sich den Kondiktionsausschluss des § 817 S. 2 BGB nicht entgegenhalten lassen. 110 Man denke hier an eine Strafbarkeit gem. § 140 StGB, jedenfalls aber an eine Mittäterschaft bzw. Anstiftung oder Beihilfe. 111 Zutreffend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 37 f.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

nehme der Einziehung von Taterträgen – im Fall des § 73 I Var. 2 StGB – ihre kondiktionsähnliche Ausrichtung. aa) Das Kernanliegen des Bereicherungsrechts Das grundsätzliche (Kern-)Anliegen des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts besteht darin, „Vermögensverschiebungen, die nach dem Gesamturteil der Rechtsordnung [. . .] missbilligt sind“, rückgängig zu machen.112 Für einen Kondiktionsanspruch ist es irrelevant, ob der Bereicherungsgläubiger einen Vermögensnachteil – plastisch gesprochen: einen Schaden oder ein irgendwie geartetes „Minus“ – erleidet; abgeschöpft wird vielmehr und primär das (erlangte) „Mehr“ beim Bereicherungsschuldner.113 Dieses erlangte „Mehr“ ist hier in der Belohnung zu erblicken. Dieses Grundverständnis des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts beachtet Fleckenstein nicht hinreichend, indem er ausführt: „Erforderlich [für einen Vergleich zwischen staatlicher Vermögensabschöpfung und zivilrechtlicher Nichtleistungskondiktion] wäre nun aber weiter erstens, dass dieser Vermögensvorteil stets auch mit einem auszugleichenden ,Minus‘ eines anderen korrespondiert und zweitens, dass dieser Nachteil auch ,auf Kosten‘ des Staates erlangt worden ist.“ 114 Fleckenstein stützt sich dabei auf die traditionelle Bereicherungslehre nach von Savigny115, die mittlerweile – dies gilt auch für die allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB)116 – durch ein modernes Verständnis abgelöst wurde:117 „Auf einen Schaden des Gläubigers oder gar auf die Entsprechung von Schaden und Bereicherung kommt es weder für die Bestimmung des Erlangten noch für die Bestimmung des Umfangs des Bereicherungsanspruchs an.“ 118 Es geht um Be- und nicht um Entreicherungsrecht.119

112 BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 3; vgl. auch MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 130: „Korrektur irregulärer Vermögenszuordnungen“; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 9 Rn. 3: „Beseitigung einer [zu Unrecht erfolgten] Bereicherung“; siehe aber Erman-BGB/Buck-Heeb, Vorb. zu den §§ 812 ff. Rn. 2, wonach durchaus umstritten ist, ob das Bereicherungsrecht primär der Vorteilsabschöpfung oder primär der Restitution dient (vgl. dazu umfassend Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 213 ff.). 113 Vgl. dazu nur Prütting/Wegen/Weinreich-BGB, § 812 Rn. 3 sowie Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 9 Rn. 3. 114 Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 35. 115 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. V, S. 525 ff., insb. 527. 116 Vgl. insofern auch B. Rengier, AcP 177 (1977), 418, 421 f.: „Hier steht [. . .] nicht mehr die Ausgleichsfunktion im Vordergrund, sondern wie im Gemeinen Recht der Abschöpfungsgedanke.“ 117 Vgl. zum letzteren Aspekt Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 9 Rn. 3 mit Fn. 13; das moderne Verständnis legt aber – später – auch Fleckenstein (Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 71 ff.) seiner Untersuchung zugrunde. 118 MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 5; OLG Saarbrücken NJW 2017, 602 f. 119 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 5.

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bb) Das Kernanliegen des Vermögensabschöpfungsrechts Das Kernanliegen der Einziehung von Taterträgen besteht darin, eine Störung der Vermögensordnung zu beseitigen und so der materiellen Rechtsordnung Geltung zu verschaffen.120 Bezweckt wird also nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Wiederherstellung einer gesetzesmäßigen Vermögenslage, die mit einer damit einhergehenden (reflexartigen) Abschreckungswirkung an die Allgemeinheit kombiniert wird („Verbrechen lohnt/lohnen sich nicht“).121 Folglich haben das Bereicherungs- und Vermögensabschöpfungsrecht das gleiche Kernanliegen: Irreguläre Vermögensverschiebungen sollen beseitigt werden.122 120 Vgl. BVerfG NJW 2004, 2073, 2078; vgl. zudem BT-Drs. 18/9525, S. 45 auf diese Rechtsprechung abstellend; siehe aktuell BGH BeckRS 2021, 20179 Rn. 28: „Die Einziehung dient allein der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebung.“ 121 Vgl. wie hier SK-StGB/Wolters, § 73 Rn. 6; ders., Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 59 f.; ähnlich auch BGHSt 13, 328, 329; vgl. zu ersterem Aspekt auch LK/ Lohse, Vor §§ 73–76b Rn. 38: „Bei einer reinen Rückführung, einem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen liegt lediglich eine Restitution [. . .] vor.“; siehe zu letzterem Aspekt etwa Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 102 ff.; Müller, Entschädigungsverfahren, S. 70 f.; siehe ferner Julius, ZStW 109 (1997), 58, 90 f., der den Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung entweder in der Verwirklichung von Strafzwecken oder ausschließlich im „Ausgleich einer unrechtmäßigen Vermögensverschiebung“ verankert. Tatsächlich führt der primäre Zweck (Beseitigung einer strafrechtswidrig zustande gekommenen Vermögensordnung) nur reflexartig, mithin sekundär zu der – freilich vom Gesetzgeber gewünschten – Abschreckungswirkung; a. A. aber Fleckenstein (Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 100 f.), der dies als eine Paraphrasierung des Mittels bezeichnet und die Generalprävention als das eigentliche legitime Ziel der Einziehung von Taterträgen nennt. Diese Einschätzung ist zutreffend, wenn man die vom Gesetzgeber gewünschte Wirkung auf die Strafzwecke überträgt (vgl. Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 35). Allerdings muss das vom (Straf-)Gesetzgeber (sekundär) bezweckte legitime Ziel keinen Strafzwecken dienen. Vielmehr ist der Gesetzgeber in der Wahl seiner Ziele und Zwecke grundsätzlich frei (vgl. statt vieler BeckOK-GG/Huster/Rux, Art. 20 Rn. 193.1.). Wenn der Gesetzgeber die Aussage „Verbrechen darf sich nicht lohnen“ als ein Ziel benennt, dann ist damit selbstverständlich zugleich die generalpräventive Wirkung der Maßnahme festgestellt. Gleichwohl überzeugt es nicht, das vom Gesetzgeber benannte Ziel als Paraphrasierung des Mittels zu bezeichnen. Damit entsteht nämlich der fälschliche Eindruck, der Gesetzgeber müsse mit der Vermögensabschöpfung einen Strafzweck bzw. einen „verfassungslegitimen Zweck“ (so Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 100 unter Rekurs auf Julius, ZStW 109 [1997], 58, 91) verfolgen (vgl. nur Sachs-GG/Sachs, Art. 20 Rn. 149, wonach der Zweck nicht verfassungslegitim sein muss, sondern lediglich nicht verfassungsrechtlich verboten sein darf!). Schließlich hat Saliger (ZStW 129 [2017], 995, 1000 ff.) bereits aufgezeigt, dass die Vermögensabschöpfung keine genuin strafrechtliche Aufgabe ist; sie kann – und das zeige der internationale Vergleich – auch im Zivil- oder Verwaltungsrecht ihren Niederschlag finden. Insofern bleibt es bei der primären Zielsetzung: Beseitigung von Vermögensverschiebungen, die unrechtmäßig geschehen sind. 122 Vgl. insbesondere für die strafrechtliche Vermögensabschöpfung Zivanic, JR 2022, 196, 197: „Strafrechtlich verursachte irreguläre Vermögensverschiebungen sollen [. . .] beseitigt werden [. . .].“

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

Die Feststellung zeigt überdies, dass aus einem schematischen Vergleich zwischen zivilrechtlicher Eingriffskondiktion und strafrechtlicher Vermögensabschöpfung – wenn es um den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen geht – nur wenig gewonnen ist. Dies belegen auch Betrugskonstellationen, in denen die allgemeine Eingriffskondiktion gerade nicht greift: Verfügt ein Opfer täuschungsbedingt (willentlich) über einen Gegenstand, liegt eine Leistung123 vor, so dass – im Falle der Anfechtung (§§ 123 I, 142 I BGB) – das Opfer nur über die Leistungskondiktion gem. § 812 I 1 Var. 1 BGB oder – je nach Auffassung – gem. § 812 I 2 Var. 1 BGB kondizieren kann.124 Damit erübrigt sich die Bedeutung der allgemeinen Eingriffskondiktion für das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht aber keineswegs: Der Reformgesetzgeber begreift die Grundnorm – scil. § 73 I StGB (aber auch § 73b I 1 Nr. 1 StGB) – als Nichtleistungskondiktion, namentlich als allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB). Dies zeigt sich daran, dass sich der Reformgesetzgeber bei der Kodifizierung des sogenannten Verschiebungsfalls in § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB, auf den noch vertieft einzugehen ist, von der Vorschrift des § 822 BGB leiten ließ.125 Die Vorschrift des § 822 BGB ist aber ein Sondertatbestand der Eingriffskondiktion.126 Daraus folgt wiederum, dass die Grundsätze zur allgemeinen Eingriffskondiktion durchaus – nach dem Willen des Reformgesetzgebers127 – auf die Grundnorm des Vermögensabschöpfungsrechts, mithin auf § 73 I StGB (und § 73b I 1 Nr. 1 StGB) zu übertragen sind. Der Vergleich zwischen der allgemeinen Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) und der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ist damit durchaus sinnvoll und notwendig, doch ist er – wenn es um den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen geht – nicht schematisch vorzunehmen. Kritische Stimmen werden trotz dieser Erkenntnis möglicherweise einwenden, dass dies noch kein Argument dafür sei, warum die Abschöpfung in Belohnungsfällen zwingend zu Gunsten des Staates (vgl. § 75 I StGB) zu erfolgen habe. Die Gegenfrage dürfte aber lauten: Wer, wenn nicht der Staat, soll die (unstreitig) missbilligte Vermögensverschiebung – notfalls zu seinen Gunsten (§ 75 I StGB) und gewissermaßen nach dem Vorbild der §§ 172, 173 I 16 ALR – rückgängig machen? Ungeachtet der Frage, ob der Staat mit der Einziehung des Entgelts

123 Vgl. umfassend zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff BeckOK/Wendehorst, § 812 Rn. 38 ff. 124 Siehe zur Diskussion rund um die richtige Anspruchsgrundlage bei Anfechtung Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rn. 24. 125 Vgl. zu diesen S. 146 ff. 126 Siehe nur Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 24 mit weiteren Nachweisen. 127 Vgl. S. 81 ff. u. S. 123 f. zur Bedeutung des wirklichen und hypothetischen Willens des Gesetzgebers für die Auslegung.

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auch Strafzwecke verfolgt, verliert die Einziehung von Taterträgen also auch in den Belohnungsfällen nicht ihre kondiktionelle Grundausrichtung.128 cc) Die Verzichts- und Verjährungsfälle Wirft man einen Blick auf Fälle, „in denen der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs ein Verzicht [Verzichtsfälle] oder die Verjährung entgegensteht [Verjährungsfälle]“ 129, so behält die Einziehung von Taterträgen – angesichts des oben Gesagten – auch hier ihren kondiktionsähnlichen Charakter. Bei einem zivilrechtlichen Verzicht des Verletzten, der Erfüllungswirkung hat,130 kommt die strafrechtliche Vermögensabschöpfung – aufgrund der Vorschrift des § 73e I StGB – ohnehin nicht (mehr) in Betracht,131 weshalb sich ein Vergleich mit dem Bereicherungsrecht von vornherein erübrigt. Bei zivilrechtlich verjährten Ansprüchen des Verletzten hingegen, die nicht zum Erlöschen des Verletztenanspruchs i. S. v. § 73e I StGB führen,132 liegt der Fall so wie in den Belohnungsfällen. Die Verjährung tangiert – wie auch die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB – den Bestand des Anspruchs nicht. Sie hindert lediglich die Durchsetzbarkeit des Anspruchs.133 Demnach ist auch in Verjährungsfällen nichts gegen die kondiktionelle Grundausrichtung der staatlichen Vermögensabschöpfung einzuwenden. c) Die Einziehung von Taterträgen bei Delikten gegen überindividuelle Rechtsgüter Bei Delikten gegen überindividuelle Rechtsgüter könnte die Einziehung von Taterträgen hingegen wiederum als (quasi-kondiktionelle) Ausgleichsmaßnahme betitelt werden.134 Wolters zufolge usurpiert der Tatbeteiligte in diesen Fällen das jeweilig tatbestandlich geschützte Rechtsgut.135 Jenes usurpierte Rechtsgut ist aber weder dem Tatbeteiligten selbst noch einer individuellen Person (bzw. einem Verband) und – auf den ersten Blick – auch nicht ausschließlich dem Staat 128 Ähnlich wie hier Burghart, wistra 2011, 241, 244; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 10; Weßlau, StV 1991, 226, 227; besonders kritisch aber Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 45, der es für verwirrend hält, hier „von (Quasi-)Kondiktion [. . .] zu sprechen“; a. A. auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 84: „[. . .] für den heutigen Entgeltverfall wird man die Strafnatur nicht leugnen können“ sowie S. 113 und 335. 129 Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 37. 130 Vgl. vertieft hierzu S. 181 ff. 131 Vgl. erneut Johann, Möglichkeiten und Grenzen, S. 52 und 76 f. 132 Vgl. Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 208. 133 Siehe allgemein zur Bedeutung der Verjährung statt vieler MüKo-BGB/Grothe, Vor § 194 Rn. 5. 134 Vgl. Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 95 ff., der daran sowohl für konkrete als auch für abstrakte Gefährdungsdelikte festhält. 135 Vgl. Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 96 f.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

zugewiesen.136 Allerdings wird vertreten, bei Universalrechtsgütern sei der Staat, der die Allgemeinheit repräsentiere,137 selbst der Rechtsguts- und Interessenträger.138 Erlangt der Betroffene etwas durch eine Tat, die überindividuelle Rechtsgüter schützt, würde insofern in den Zuweisungsgehalt der staatlichen Gemeinschaft eingegriffen.139 Da der Staat über für alle gewährleistete Rechtsgüter hütet – ihm obliegt der (in seinem Ermessen stehende)140 Rechtsgüterschutz141 – dürfe er sich selbst als Kondiktionsgläubiger einsetzen.142 Eine solche Sichtweise ist – möchte man die strafrechtliche Vermögensabschöpfung schematisch bereicherungsrechtlich erklären – durchaus problematisch: Einen Zuweisungsgehalt im Sinne der allgemeinen Eingriffskondiktion haben nur Güter, die deliktsrechtlich geschützt sind.143 Das Deliktsrecht schützt wiederum ausschließlich Individualrechtsgüter, mithin auch die Rechtsgüter des Staates, sofern er als Fiskus auftritt.144 Die Einziehung von Taterträgen lässt sich, sofern kein Individualrechtsgut betroffen ist, gleichfalls nicht als quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme bezeichnen. Indes ändert dieser Umstand nichts an ihrer kondiktionsähnlichen Grundausrichtung.145 Auch bei Delikten gegen überindividuelle Rechtsgüter wird ein missbilligter Vorteil erlangt, den es – dem Kernanliegen des Bereicherungsrechts zufolge – abzuschöpfen gilt: 136 Vgl. dazu auch Altenhain, Anschlussdelikt, S. 355, der eine individualistische Strafrechtsauffassung vertritt (S. 20 ff.). 137 So auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 41, aber nur im Hinblick auf die Umweltdelikte. 138 Vgl. Vormbaum, Schutz der Rechtsgüter, S. 10, der den Streit nach der Rechtsgutträgerschaft pointiert zusammenfasst. Schon von Liszt, ZStW 8 (1888), 133, 142 ff. vertrat (unter Aufgabe seiner vorherigen Auffassung) die Ansicht, der Staat könne selbst als Repräsentant der Allgemeinheit zum Rechtsgut- und Interessenträger erhoben werden. 139 In diese Richtung Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 121; Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 96 ff., 107 ff.; SK-StGB/Wolters, § 73 a. F. Rn. 4. 140 Vgl. hierzu Roxin, StrafR AT I, § 2 Rn. 87; vgl. zur „Demokratizität des Strafrechts“ Gärditz, JZ 2016, 641, 649: „Strafrecht ist wie alles Recht politisch“ sowie „Das BVerfG hat in seinem Inzestbeschluss die Prärogative des demokratischen Gesetzgebers gestärkt, das Strafwürdige zu bestimmen.“ 141 Vgl. statt vieler Appel, KritV 82 (1999), 278: „Daß Rechtsgüterschutz die Aufgabe des Strafrechts ist, wird im Strafrechtsdenken der Gegenwart nicht mehr ernsthaft bestritten.“; siehe auch Pawlik, ZIS 2006, 274, 275 m.w. N.; vgl. aber zu den Problemen der Rechtsgutskonzepte NK-StGB/Hassemer/Neumann, Vorb. zu § 1 Rn. 116 ff.; siehe auch die Kritik von Frisch, NStZ 2016, 16, 22 f. 142 Siehe insofern auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 285: „Es ist also [. . .] der Ausgleichszweck, der den Staat dazu legitimiert, als Repräsentant des Gemeinwohls, als der er zugleich auch die Interessen seiner geschädigten Individuen zu vertreten hat, die rechtswidrigen Gewinne wieder abzuschöpfen.“ 143 Vgl. Larenz/Canaris, SchuldR II, S. 170 f.; zustimmend Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 10 mit Fn. 13. 144 Vgl. insofern S. 183 f., wonach der „Staat“ individuell betroffen sein kann („Staat als Verletzter“). 145 Vgl. auch SK-StGB/Wolters, § 73 a. F. Rn. 4.

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Erlangt der Täter etwa durch einen Insiderhandel gem. § 119 III Nr. 1 WpHG, der das überindividuelle Rechtsgut der Funktionsfähigkeit des organisierten Finanzmarkts schützt,146 etwas, nämlich typischerweise das (wirtschaftliche) Eigentum an erworbenen Aktien147 oder das Eigentum bzw. den Besitz am vollen Erlös (oder eine entsprechende Kontogutschrift)148 aus verkauften Aktien, so ist dieser (gesamte) missbilligte Vorteil – gerade nicht nur der Sondervorteil – gem. § 73 I Var. 1 StGB einzuziehen;149 und zwar ungeachtet der Tatsache, dass in kein deliktsrechtlich geschütztes (Individualrechts-)Gut eingegriffen wurde,150 mithin mit der Tatbegehung kein (unmittelbarer) „Nachteil“ auf Seiten einer anderen Person entstand. d) Die Einziehung von Taterträgen bei Dritten (sogenannte Verschiebungsfälle) Die Einziehung von Taterträgen kann indes nicht nur gegen die unmittelbar begünstigte Person (§§ 73 I, 73b I 1 Nr. 1 StGB), sondern auch gegenüber einem Dritten angeordnet werden, der erst aufgrund einer unentgeltlichen, rechtsgrundlosen bzw. böswilligen Übertragung (§ 73b I 1 Nr. 2a und b StGB) oder eines erbrechtlichen Übergangs (§ 73b I 1 Nr. 3a und b StGB) in den Genuss des Tatertrags kommt (sogenannter Verschiebungsfall). Der Reformgesetzgeber begründet diese – nach alter Rechtslage schon durch den BGH151 entwickelte – Erweiterung möglicher Einziehungsadressaten einerseits mit der Vorschrift des § 822 BGB und andererseits mit einer wertenden Betrachtung: „Der Entwurf normiert [. . .] die Parallele des ,Verschiebungsfalls‘ zur Vorschrift des § 822 BGB. [. . .] Nach geltendem Recht hindert der Tod des ursprünglich bereicherten Tatbeteiligten die

146 Vgl. statt vieler MüKo-StGB/Pananis, § 119 WpHG Rn. 5 (mit zahlreichen Nachweisen in Fn. 14). 147 Siehe hierzu – aber auch zu weiteren Einzelheiten – Schmid, DStR 2021, 1203 ff., wonach Aktien nach herrschender Auffassung keine Forderungen, sondern Sachen sind. Damit sind Aktien – freilich mittels der juristischen Konstruktion, mittelbarer Besitz an der Globalurkunde – besitz- und eigentumsfähig. 148 Vgl. zur Kontogutschrift als erlangtes Etwas z. B. Köhler, NStZ 2017, 497, 507. 149 So auch Köhler, NStZ 2017, 497, 507; a. A. jedoch Bittmann, NZWiSt 2021, 133, 140, obschon der Reformgesetzgeber dieser vormaligen Rechtsprechung (BGH NJW 2010, 882, 884) – und zwar gleichwohl (auch) auf erster Stufe – entgegengetreten ist (vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 47, wo die Entscheidung des BGH [NJW 2010, 882 ff.] im Zusammenhang mit dem ungeschriebenen Merkmal der Unmittelbarkeit zitiert wird; laut BT-Drs. 18/9525, S. 55 soll dieses Kriterium aber gerade aufgegeben werden; siehe vertieft zum Unmittelbarkeitskriterium S. 104 ff.). 150 Vgl. MüKo-StGB/Pananis, § 119 WpHG Rn. 8 f., wonach die Tatbestände des WpHG – mangels individualschützenden Charakters – keine Schutzgesetze i. S. v. § 823 II BGB sind. 151 Siehe BGHSt 45, 235 ff. und dazu umfassend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 149 ff.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

Abschöpfung der Taterträge [. . .], obwohl es bei wertender Betrachtung keinen Unterschied macht, ob der Drittbegünstigte den Tatvorteil unentgeltlich oder als Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder als Vermächtnisnehmer erlangt.“ 152 aa) Der Vergleich zwischen § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB und § 822 BGB In der Literatur wird der Vergleich zwischen § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB und § 822 BGB für fehlerhaft erachtet.153 Dem ist für die bösgläubige Übertragung i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2b StGB, nicht hingegen für die unentgeltliche bzw. rechtsgrundlose Übertragung i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2a StGB und (teilweise) für den Erbfall i. S. v. § 73b I 1 Nr. 3 StGB zuzustimmen. Die Vorschrift des § 822 BGB normiert eine Herausgabepflicht des Dritten, sofern dieser das erlangte Etwas unentgeltlich erworben hat und der Bereicherungsanspruch gegen den (ehemaligen) Bereicherungsschuldner gerade deshalb – sprich aufgrund des Erwerbs des Dritten – ausgeschlossen ist.154 Auf den ersten Blick scheint der Vergleich mit § 822 BGB schon aufgrund der Tatsache, dass der Erstempfänger von der Bereicherungshaftung ausgeschlossen sein muss, nicht zu passen: Ein Tatbeteiligter, der den Tatertrag verschiebt, „haftet“ nämlich weiterhin gem. § 73c S. 1 StGB auf Wertersatz.155 Allerdings wird in der zivilrechtlichen Lehre eine (analoge) Anwendung des § 822 BGB befürwortet, wenn der Bereicherungsschuldner zwar von der Bereicherungshaftung nicht ausgeschlossen, aber zumindest insolvent ist.156 In solchen Fällen sei es nicht sachgerecht, dem Bereicherungsgläubiger den Zugriff auf den Dritten, der aufgrund des unentgeltlichen Erwerbs ohnehin weniger bzw. nicht schutzwürdig ist,157 zu verwehren. Übertragen auf das Vermögenabschöpfungsrecht bedeutet dies, dass – sofern man die Parallele zu § 822 BGB wirklich ernst nimmt – eine Haftung des Dritten gem. § 73b I 1 Nr. 2a StGB nur subsidiär in Betracht kommt; nämlich dann, wenn die Einziehung beim Tatbeteiligten nicht möglich ist. Anders gewendet: Die Anordnung der Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB beim Tatbeteiligten geht der Anordnung der Einziehung des Originals gem. § 73b I 1 Nr. 2a

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BT-Drs. 18/9525, S. 56 f. Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 215 ff. 154 Vgl. Brockmann/Lücke, JA 2021, 448, 452. 155 Vgl. dazu ausführlich S. 111 ff. 156 Dafür etwa Knütel, NJW 1989, 2504, 2508; siehe auch Schilken, JR 1989, 363, 365 f., der § 822 BGB nicht analog, sondern unmittelbar für anwendbar hält und die Anwendbarkeit nicht nur vom Insolvenzfall abhängig macht; dagegen aber etwa MüKoBGB/Schwab, § 822 Rn. 17. 157 Vgl. allgemein zur (erheblich) herabgesetzten Schutzwürdigkeit des unentgeltlichen Erwerbers im Zivilrecht Brockmann/Lücke, JA 2021, 448 ff.; siehe ferner Rübenstahl/Weißbeck, WiJ 2020, 90, 95. 153

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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StGB beim Dritten grundsätzlich vor.158 Legt man eine solche Sichtweise der Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 2a StGB zugrunde, passt der Vergleich mit dem Rechtsgedanken von § 822 BGB. Dies gilt nicht nur für den unentgeltlichen, sondern auch für den rechtsgrundlosen Erwerb.159 Der BGH (Zivilsenat) hat nämlich – entgegen der herrschenden Auffassung im Schrifttum160 – die rechtsgrundlose Zuwendung der unentgeltlichen Zuwendung gleichgestellt.161 Der Reformgesetzgeber scheint also lediglich der Rechtsprechung des BGH (Zivilsenat) zu folgen. Damit ist der Vergleich zwischen § 73b I 1 Nr. 2a StGB und § 822 BGB – folgt man dem BGH (Zivilsenat) – grundsätzlich nicht zu beanstanden. Indes passt der Vergleich zwischen dem bösgläubigen Erwerb i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2b StGB und § 822 BGB nicht.162 Zwar ist auch im Bereicherungsrecht ein bösgläubiger Erwerber nicht schutzwürdig, doch gilt dies erst auf Rechtsfolgenseite.163 Insofern kann die Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 2b StGB – möchte man ihr ihren bereicherungsrechtsähnlichen Charakter nicht nehmen – ausschließlich mit den (modifizierten)164 Wertungen der §§ 818 III, IV, 819 I BGB erklärt werden.165 Wirft man letztlich einen Blick auf die Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 3a StGB, wonach gegenüber dem Erben oder Vermächtnisnehmer die Einziehung angeordnet werden kann, so bereitet auch hier eine zivilrechtliche Parallele keine Schwierigkeiten: Gem. § 1967 I BGB haftet der Erbe für Nachlassverbindlichkeiten, zu denen auch Verbindlichkeiten aus ungerechtfertigter Bereicherung zählen.166 Bei 158 Siehe hierzu – auch zur Ausnahme: höchstpersönliche Verletztengegenstände – vertieft S. 164 ff. 159 A. A. Theile, JA 2020, 1, 5: gilt nur für den unentgeltlichen Erwerb. 160 Siehe in Bezug auf § 822 BGB: Staudinger/Lorenz, § 822 Rn. 9; MüKo-BGB/ Schwab, § 822 Rn. 11; in Bezug auf § 816 I 2 BGB: Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, Rn. 45; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 816 Rn. 22. 161 Vgl. BGHZ 37, 363, 367 ff. und dazu MüKo-BGB/Schwab, § 816 Rn. 61 mit Fn. 157; teilweise wird vertreten, der BGH (BGHZ 37, 363, 367 ff.) habe die Frage offengelassen, so z. B. Medicus/Lorenz, SchuldR BT II, § 64 Rn. 14 mit Fn. 8; vgl. zum Ganzen auch Grunsky, JZ 1962, 207, wonach die Definition des RG (RGZ 168, 354 ff.) zum Begriff „unentgeltlich“ (im Rahmen von § 988 BGB), den Schluss zulässt, jeder rechtsgrundlose Erwerb erfolge (zugleich) unentgeltlich. Doch tritt Grunsky dieser Auffassung unter Hinweis auf Boehmer (Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, S. 10 f.) entgegen. Der rechtsgrundlose Erwerber ist bereits deshalb schutzwürdiger als ein unentgeltlicher Erwerber, weil ersterer – im Falle einer Direktkondiktion – den Gegenstand an den ursprünglichen Berechtigten herausgeben müsste, ohne im Gegenzug seine (bereits erbrachte) Gegenleistung zurückzuerhalten (vgl. dazu auch Erman-BGB/ Buck-Heeb, § 816 Rn. 10). 162 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 215. 163 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 215. 164 Vgl. hierzu ausführlich S. 53 ff. 165 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 216 f.; ähnlich auch Theile, JA 2020, 1, 5. 166 Siehe zu Einzelheiten ausführlich MüKo-BGB/Küpper, § 1967 Rn. 14.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

einem Vermächtnis handelt es sich um eine „unentgeltliche Zuwendung“, die Parallele zur Vorschrift des § 822 BGB ist damit nicht zu leugnen.167 Problematisch ist allerdings die Vorstellung des Reformgesetzgebers, wonach die Einziehung auch gegenüber derjenigen Person anzuordnen ist, die das Erlangte als Pflichtteilsberechtigter erlangt hat. Während sich sowohl die Erbschaft als auch das Vermächtnis auf eine konkrete Rechtsposition beziehen (können), richtet sich der Pflichtteilsanspruch ausschließlich (und von vornherein) auf die Zahlung einer (beliebigen) Geldsumme gegen den/die Erben168 und damit gerade nicht (auch) auf das konkret erlangte Etwas. Vor diesem Hintergrund kommt eine Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 3b Var. 1 StGB überhaupt nur in Verbindung mit § 73b II StGB in Betracht.169 Wertungsmäßig ist dies nicht, insbesondere nicht unter Zugrundelegung der Wertungen des § 822 BGB überzeugend. Während es im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB gerade darum geht, das aus einer rechtswidrigen Tat Erlangte auch bei Verschiebungen desselben zu erfassen, fehlt es im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 3b Var. 1 StGB gerade an dieser erforderlichen Verknüpfung zwischen rechtswidriger Tat, erlangtem Etwas und der Verschiebung. Wirft man einen Blick auf die Vorschrift des § 822 BGB, so zeigt sich, dass der Dritte zumindest potentiell in den Genuss des Originalgegenstands kommen kann.170 Daher überzeugt es nicht, den Pflichtteilsberechtigen als tauglichen Einziehungsadressaten zu begreifen. Der Gesetzgeber sollte den Pflichtteilsberechtigten, um den Vergleich zum Bereicherungsrecht (§ 822 BGB) nicht in Frage zu stellen, als tauglichen Einziehungsadressaten streichen. bb) Ergebnis Die Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB lässt sich, abgesehen vom Pflichtteilsberechtigten als tauglichen Einziehungsadressaten, bereicherungsrechtlich mit der Vorschrift des § 822 BGB, den Wertungen der §§ 818 III, IV, 819 I BGB sowie allgemeinen erbrechtlichen Wertungen erklären. Damit steht fest, dass die Einziehung von Taterträgen auch in den Verschiebungsfällen – vorbehaltlich der Auslegung der §§ 73 ff., 75 ff. StGB – als quasi-kondiktionelle Maßnahme betitelt werden kann.

167 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 822 Rn. 11, wonach „in erster Linie [. . .] letztwillige Verfügungen zugunsten von Personen, die nicht Erbe geworden sind [. . .] [infrage kommen]“. 168 Siehe nur MüKo-BGB/Lange, § 2303 Rn. 17: „Der Pflichtteilsanspruch ist auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet [. . .]“; MüKo-BGB/ders., § 2317 Rn. 5: „Der Pflichtteilsanspruch stellt eine Geldforderung dar [. . .].“ 169 Siehe zur Vorschrift des § 73b II StGB ausführlich S. 159 ff. 170 Vgl. zu den Einzelheiten unten S. 161 f.

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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e) Auswirkungen auf den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen Bisher konnte gezeigt werden, dass das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht und das zivilrechtliche Bereicherungsrecht das gleiche Kernanliegen haben. Beide Rechtsinstitute zielen darauf ab, Vermögensverschiebungen, die nach dem Gesamturteil der Rechtsordnung missbilligt sind, rückgängig zu machen. Darüber hinaus ähneln sie sich zwar in ihren Grundvoraussetzungen, doch gelingt ein schematischer Vergleich beider Rechtsinstitute nicht durchgehend. Ungeklärt bleibt gleichwohl, ob es sich beim strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht tatsächlich – wie das BVerfG meint – um keine Strafe oder strafähnliche Maßnahme handelt. Die Sichtweise des BVerfG ließe sich für den Fall teilen, dass der Einziehungsbetroffene vergleichbar einem Bereicherungsschuldner, jedenfalls aber nicht „schärfer“ als dieser haftet. Dann mangelt es nämlich an einem konstitutiven Merkmal von Strafe bzw. Strafähnlichkeit im verfassungsrechtlichen Sinne: Der Übelszufügung.171 Hier sollte klar sein, dass nicht das subjektive Empfinden des Betroffenen über die Einordnung als Übel entscheiden kann.172 Denn: Vermag die individuelle Person auch die Erhebung einer Steuer als Übel empfinden, weil mit ihr ein (erheblicher) Eingriff in das Vermögen verbunden ist, so wird sie niemand – unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung (insbesondere den Artt. 105 ff. GG) – als Strafe oder strafähnliche Maßnahme qualifizieren. Bevor man also der Einziehung von Taterträgen das Verdikt Strafe oder Strafähnlichkeit aufbürdet, bedarf es der Auslegung des nationalen Einziehungsrechts.173 Führt die Auslegung der Einziehungsvorschriften zu einer erheblichen Abweichung derselben von ihrem kondiktionsrechtlichen Vorbild, liegt die Annahme eines Straf- oder strafähnlichen Charakters nahe. Wird der Einziehungsbetroffene hingegen – vergleichbar einem Bereicherungsschuldner – nur in die Pflicht genommen, um die Rechtsordnung in ihren rechtmäßigen Zustand zu versetzen, ist die Einziehung von Taterträgen – nach dem Gesamturteil der Rechtsordnung – keine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, weil dem Einziehungsbetroffenen kein Übel zugefügt wird.

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Vgl. bereits Altenhain, Anschlußdelikt, S. 349 und dazu sogleich S. 49. Vgl. M. Müller, Vergeltungsstrafe und Gerechtigkeitsforschung, S. 10. 173 Wie hier: Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 73 ff., insb. S. 78 ff.; so letztlich auch Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 65: „Eine Beschäftigung mit der Problematik muß [. . .] zunächst methodisch mit der Auslegung [. . .] beginnen.“ 172

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

aa) (Einige) Bemerkungen zum Begriff „Strafe“ Was „Strafe“ (oder „Strafähnlichkeit“)174 im Rechtssinne bedeutet, ist noch weitgehend ungeklärt. Bittmann und Gebauer konstatieren zutreffend, dass eine „verbindliche Definition“ nicht existiere175 – und zwar weder im GG noch in der GRCh, im SDÜ oder in der EMRK.176 Solange keine verbindliche (Legal-)Definition von Strafe existiert, bleibt der Rechtsanwender zur Begriffsbestimmung auf seinen juristischen Werkzeugkasten verwiesen. Es bedarf der Gesetzesauslegung. Auch Strafe ist ein Rechtsbegriff. Er findet sich in höherrangigen Gesetzen177 an unterschiedlichen Stellen:178 Auf nationaler Ebene und verfassungsrechtlich zum Beispiel in Art. 103 II und III GG. Auf europäischer Ebene und dort primärrechtlich in Art. 49 I 2 GRCh und Art. 50 GRCh.179 Schließlich auf internationaler Ebene in Art. 7 I 2 EMRK. Dem Begriff „Strafe“ vollständig auf den Grund zu gehen, kann die hiesige Untersuchung nicht leisten. Die folgenden Bemerkungen zum Strafbegriff beschränken sich daher auf drei Kernfragen. Erstens geht es um die Frage, auf welches Strafbegriffsverständnis – das nationale, europäische oder internationale – überhaupt abzustellen ist. Zweitens um jene, ob sich Begriff und Zweck von Strafe wirklich – wie fast schon formelhaft behauptet wird180 – trennen lassen. Für die Beantwortung der zweiten Frage wird insbesondere die Rechtsprechung des BVerfG berücksichtigt und analysiert. Drittens und abschließend geht es um

174 Der Begriff der „Strafähnlichkeit“ wird zwar verbreitet gebraucht (vgl. etwa BVerfG NJW 2004, 2073), er ist aber zugleich inhaltsleer wie nichtsagend. Eine Maßnahme löst entweder besondere verfassungsrechtliche verbürgte Garantien aus oder eben nicht, siehe insofern auch Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 229 zur Dritteinziehung: „Mit dem Begriff der ,Strafähnlichkeit‘ [. . .] wird sich [. . .] keine klare und verbindliche Antwort geben lassen.“; ebenfalls kritisch zum Begriff der Strafähnlichkeit Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 55. 175 Vgl. Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 51; Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 59. 176 Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 51 nennt das SDÜ nicht; vgl. insofern die sekundärrechtlichen Normen des SDÜ (Artt. 54, 56), die von „Sanktion“ sprechen (vgl. zum Rangverhältnis zwischen GRCh und SDÜ Duesberg, ZIS 2017, 66, 68). 177 Gemeint sind in erster Linie das GG sowie europäische Primär- und Sekundärrechte; vgl. aber auf S. 45 f. die Auswirkungen der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR auf das nationale (sowie europäische) Recht. 178 Vgl. die Aufzählung vom Begriff der Strafe bzw. des Strafrechts im GG bei Appel, Verfassung und Strafe, S. 209 in Fn. 678. 179 Vgl. Jarass, NStZ 2012, 611, 612, der von „strafrechtliche[n] Grundrechte[n]“ spricht. 180 So etwa Rebell-Houben, NZWiSt 2018, 153, 154: „Auch wenn der Zweck der Strafe weitestgehend umstritten ist, so herrscht im Wesentlichen über den Begriff der Strafe Einigkeit.“; siehe ferner LK-StGB/Weigend, Einl. Rn. 63: „Über den Begriff der Strafe herrscht weitgehend Einigkeit [. . .].“

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die Frage, ob (und warum) die Übelszufügung ein konstitutives Merkmal von Strafe ist. (1) Das nationale, europäische oder internationale Strafbegriffsverständnis Die erste Fragebestellung betrifft in erster Linie das „Rangverhältnis“ zwischen Verfassungsrecht, europäischem Primärrecht und der EMRK. Stand heute181 ergibt sich das folgende Bild: Die EMRK steht im Rang hinter europäischem Primärrecht182 und damit hinter der GRCh.183 Die EMRK steht – aus deutscher Sicht – im Rang auch hinter dem Verfassungsrecht, weil sie nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hat (vgl. Art. 59 II GG).184 Nach Auffassung des BVerfG sind die nationalen (Prozess-)Grundrechte aber konventionsfreundlich auszulegen.185 Damit ist auch die Rechtsprechung des EGMR zum Begriff der Strafe (Art. 7 I, II EMRK) grundsätzlich bei der Auslegung des nationalen Verfassungsrechts zu berücksichtigen. Indes berücksichtigt das BVerfG die Rechtsprechung des EGMR dann nicht, wenn sie sich „nicht schonend in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen [vermag].“ 186 Ist letzteres der Fall, findet die EMRK bzw. EGMR-freundliche Auslegung des Grundgesetzes an dieser Stelle ihre Grenze.187 Der Zweite Senat des BVerfG hat mit seinem Beschluss vom 10. Februar 2021 umfassend die Kriterien des EGMR zum konventionsrechtlichen Strafbegriff geprüft, gleichwohl betont, dass die Auslegung des nationalen Verfassungsrechts – nach wie vor – keine schematische Parallelisierung der Aussagen des Grundgesetzes mit denen der EMRK verlangt.188 An sich hat der Zweite Senat des BVerfG sein Auslegungsergebnis nur mit der Rechtsprechung des EGMR geschmückt, ohne sich an die Rechtsprechung des EGMR zum konventionsrechtlichen Strafbegriff gebunden zu fühlen. Tatsächlich verfolgt der Straßburger Ge181 Vgl. Art. 6 II EUV, wonach die EU der EMRK beitritt, dies aber (noch) nicht geschehen ist, vgl. aber Schwarze-EU-Kommentar/Hatje, Art. 6 EUV Rn. 11, wonach die EMRK – im Falle eines Beitritts – zu einer „unmittelbar verbindlichen Rechtsquelle“ für die Union würde. 182 Vgl. aber Art. 6 III EUV und Art. 52 III 1 GRCh, wonach die EMRK den Rang einer „Rechtserkenntnisquelle“ hat, siehe dazu Schwarze-EU-Kommentar/Hatje, Art. 6 EUV Rn. 11. 183 Vgl. Schwarze-EU-Kommentar/Hatje, Art. 6 EUV Rn. 11. 184 Vgl. BVerfGE 111, 307, 316; Hering, ZaöRV 2019, 241, 256. 185 Vgl. hierzu nur BVerfG NJW 2004, 3407, 3408; siehe ferner aus dem strafrechtlichen Schrifttum Swoboda, ZStW 132 (2020), 826, 877; Zehetgruber, ZJS 2016, 52, 53. 186 BVerfG NVwZ 2018, 1121, 1126. 187 Vgl. hierzu allgemein Hering, ZaöRV 2019, 241, 265 ff.; nicht diskutiert von LG Kaiserslautern NZWiSt 2018, 149, 151 f. und Swoboda, ZStW 132 (2020), 826, 877. 188 So BVerfG NJW 2021, 1222, 1225 unter Verweis auf BVerfGE 128, 326, 366 u. 392 f.

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richtshof, wenn es um den konventionsrechtlichen Strafbegriff geht, keine klare Linie.189 Über die Bedeutung respektive Gewichtung der fünf Kriterien, die der EGMR zur Bestimmung von Strafe nennt und auf die im weiteren Verlauf der Untersuchung noch eingegangen wird, besteht auch kein Konsens.190 Insofern vermag sich die an dieser Stelle kasuistische Rechtsprechung des EGMR gerade „nicht schonend in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen“, so dass die EMRK bzw. EGMR-freundliche Auslegung des Grundgesetzes hier ihre Grenze findet. Als schmückendes Beiwerk kann sie allerdings, wie auch dem Zweiten Senat des BVerfG, für die Bestimmung des nationalen Strafbegriffs (weiterhin) dienen. Im Gegensatz zur EMRK genießt das Unionsrecht in der Regel Anwendungsvorrang vor nationalem Verfassungsrecht.191 Nach aktueller bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung (Recht auf Vergessen I und II) – auf die noch vertieft eingegangen wird – ist sogar richtliniendeterminiertes nationales Recht primär an den Unionsgrundrechten zu messen, sofern die einzelnen Richtlinienbestimmungen vollharmonisierend wirken.192 Das BVerfG hat hiermit seine bisherige Rechtsprechung zum Verhältnis Verfassungs- und Unionsrecht erweitert.193 Attestiert man der Einziehungsrichtlinie (zum Teil) eine vollharmonisierende Wirkung, so müsste – der Rechtsprechung des BVerfG zufolge – primär das europäische Strafbegriffsverständnis (vgl. Artt. 49, 50 GRCh) für die Frage, ob die Einziehung von Taterträgen Straf- oder strafähnlichen Charakter habe, zugrunde gelegt werden. Indes kann man der Einziehungsrichtlinie in ihrer Gesamtheit keinen zwingenden Charakter entnehmen. Insbesondere verhält sich die Einziehungsrichtlinie nicht zu der Frage, ob nach dem Netto- oder Bruttoprinzip zu verfahren ist. Lediglich in Art. 6 II Einziehungsrichtlinie findet sich eine zwingende Vorgabe, wonach die Einziehungsrichtlinie „die Rechte gutgläubiger Dritter unberührt“ lässt. Auf die Bedeutung dieses Passus wird noch im Rahmen der Eigentumsgarantie eingegangen.194 Damit ist auf die Frage, welches Strafbegriffsverständnis für den Bereich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung gilt, zu antworten: ein rein national-verfassungsrechtliches Strafbegriffsverständnis.195 189

Vgl. Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 430. Vgl. Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 430. 191 Vgl. allgemein hierzu Fromberger/Schmidt, ZJS 2018, 29, 30 ff. unter Verweis auf die Rspr. des EuGH (vgl. nur EuGH NJW 1964, 2371; 1971, 343; 1978, 1741) und BVerfG (vgl. nur BVerfGE 126, 286, 301 f.; 73, 339, 374 f.; 75, 223, 224; 89, 155, 188 u. 209 f.; 123, 267, 399 f.); vgl. kritisch zur These vom Anwendungsvorrang aber etwa Hwang, EuR 2016, 355 ff. 192 Vgl. dazu S. 59 f. 193 Vgl. S. 59. 194 Vgl. S. 60 f. 195 Auf die weitergehende Frage, ob es nur einen einheitlichen verfassungsrechtlichen Strafbegriff oder mehrere, insofern verschiedene verfassungsrechtliche Strafbe190

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(2) Der Begriff und Zweck von Strafe Mittlerweile, so jedenfalls das überwiegende staats- und strafrechtliche Schrifttum, besteht Konsens darüber, die Strafbegriffsbestimmung habe unabhängig vom – höchst umstrittenen – Zweck der Strafe zu erfolgen.196 Bei genauerer Untersuchung der Rechtsprechung des BVerfG zeigt sich aber, dass der mit der Strafe verfolgte Zweck durchaus Einfluss auf das Strafbegriffsverständnis hat.197 Grob lassen sich die Strafzwecke in absolute, relative und vereinigte Straftheorien einteilen.198 Eine Reinform – im Sinne einer absoluten oder relativen Straftheorie – wird heute, soweit ersichtlich, nicht mehr vertreten.199 Vielmehr haben sich die vergeltende Vereinigungstheorie sowie die präventive Vereinigungstheorie durchgesetzt.200 Nach der vergeltenden Vereinigungstheorie dient Strafe vordergründig dem gerechten Schuldausgleich,201 wohingegen nach der präventiven Vereinigungstheorie der gerechte Schuldausgleich, um den Zweck von Strafe zu griffe gibt, wird hier, um den Rahmen der Untersuchung nicht zu sprengen, nicht vertieft eingegangen. Doch seien einige Bemerkungen erlaubt: Teilweise wird vertreten, dass der Strafbegriff i. S. v. Art. 103 (II) GG weiter sei als derjenige des Schuldprinzips, vgl. Best, ZStW 114 (2002), 88, 102; ders., JR 2003, 337, 339. Letzterer Sichtweise kann man nur folgen, wenn man – mit Best – das Schuldprinzip nicht auch in Art. 103 II GG verankert sieht. Ob der Schuldgedanke auch zu den Grundlagen des Gesetzlichkeitsprinzips (Art. 103 II GG) gehört, ist umstritten. Ein Teil der Lehre geht tatsächlich hiervon aus (siehe etwa Roxin, StrafR AT I, § 5 Rn. 25; Sachs-GG/Degenhart, Art. 103 Rn. 55, wonach Art. 103 II GG auf dem Schuldprinzip beruhe). Fernerhin verweist auch das BVerfG (NJW 2004, 2073) auf seine zu Art. 103 II und III GG ergangene Rechtsprechung (vgl. etwa den Verweis auf die Entscheidung BVerfGE 21, 391, 404, die die Vereinbarkeit einer Laufbahnstraße, die neben einer Kriminalstrafe erlassen wurde, mit Art. 103 III GG zum Gegenstand hatte), um die Vereinbarkeit des erweiterten Verfalls (§ 73d StGB a. F.) mit dem Schuldprinzip zu prüfen. Sofern man Art. 103 II GG zudem als „Vorauswirkung der Unschuldsvermutung“ ansieht (so Stuckenberg, Unschuldsvermutung, S. 52), besteht doch zumindest ein gewichtiger Konnex zwischen den Gewährleistungsrechten des Art. 103 II und III GG, dem Schuldprinzip und der Unschuldsvermutung, der eine einheitliche verfassungsrechtliche Strafbegriffsbestimmung nahelegt. 196 So ausdrücklich Best, ZStW 114 (2002), 88, 97 ff.; Rebell-Houben, NZWiSt 2018, 153, 154; Dürig/Herzog/Scholz-GG/Remmert, Art. 103 II Rn. 35 m.w. N.; vgl. auch Lichtenthäler, ZJS 2020, 566 f.; LK-StGB/Weigend, Einl. Rn. 62; siehe ferner Androulakis, ZStW 108 (1996), 300, 305, der davon spricht, dass die Zweckbestimmung das Wesen von Strafe voraussetze und sich nach diesem richtet, nicht umgekehrt; siehe aktuell zum Ganzen Seher, FS Merkel, 493 ff. 197 Siehe insofern schon Volk, ZStW 83 (1971), 405 ff. 198 Vgl. hierzu Rengier, StrafR AT, § 3 Rn. 9 ff.; Roxin, StrafR AT I, § 3 Rn. 33 ff.; vgl. zudem Frister, StrafR AT, 2. Kap. Rn. 2 ff. zu den absoluten und präventiven Straftheorien. 199 Vgl. Rengier, StrafR AT, § 3 Rn. 21; Lichtenthäler, ZJS 2020, 566, 570; LKStGB/Weigend, Einl. Rn. 59; siehe aber kritisch zu dieser Abkehr Bruckmann, KriPoZ 2019, 105, 106 ff. 200 Vgl. Rengier, StrafR AT, § 3 Rn. 21 ff.; Roxin, StrafR AT I, § 3 Rn. 33 ff.; Lichtenthäler, ZJS 2020, 566, 570. 201 Vgl. Rengier, StrafR AT, § 3 Rn. 22; Roxin, StrafR AT I, § 3 Rn. 33 ff.; Lichtenthäler, ZJS 2020, 566, 570.

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erklären, überhaupt keinen Platz hat. Der Zweck der Strafe, so die präventive Vereinigungstheorie, ist allein in spezial- und generalpräventiven Gründen zu suchen.202 Das BVerfG, das – wie auch der BGH – den Vertretern der vergeltenden Vereinigungstheorie zugeordnet werden kann,203 hat in seinem Beschluss zur Verfassungsmäßigkeit des erweiterten Verfalls (§ 73d StGB a. F.; heute: erweiterte Einziehung gem. § 73a StGB) einen Strafcharakter desselben – unter anderem deshalb – verneint, weil „die Entziehung deliktisch erlangten Vermögens nicht Ausdruck vergeltender, sondern ordnender Gerechtigkeit“ 204 sei und der Gesetzgeber mit ihr nur einen (positiv) generalpräventiven Zweck verfolge.205 (Positiv) Generalpräventive Zwecke verfolge aber auch das Gefahrenabwehrrecht – ein solcher Zweck sei „kein Spezifikum strafrechtlicher Vorschriften“.206 Abschließend formuliert das BVerfG: „[Die] Gewinnabschöpfung [. . .] [ist] keine pönale Reaktion auf ein früheres normwidriges Verhalten des Betroffenen. [. . .]. Der erweiterte Verfall verfolgt nicht repressiv-vergeltende, sondern präventiv-ordnende Ziele und ist daher keine dem Schuldgrundsatz unterliegende strafähnliche Maßnahme.“ 207 Hiermit steht fest: Die staatliche Reaktion, mithin die Maßnahme (hier: die Einziehung von Taterträgen), muss ein repressiv-vergeltendes Ziel verfolgen, um nach der Auffassung des BVerfG Strafe zu sein. Oder anders gewendet: Sofern die Maßnahme (hier: die Einziehung von Taterträgen) kein repressiv-vergeltendes Ziel verfolgt, ist sie keine Strafe. Es handelt sich hierbei zwar um eine „zirkelschlüssige Argumentation“ 208, doch belegt sie, dass Zweck und Begriff von Strafe in der Rechtspraxis untrennbar miteinander vermengt sind.209 Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die Bestimmung des Strafbegriffs mindestens genauso umstritten ist, wie die Bestimmung des Strafzwecks. Solange man nämlich in die Definition der Strafe auch den Strafzweck mit hineinzieht, wird „eine allgemein gebilligte Begriffsbestimmung der Strafe [. . .] unmöglich“.210

202

Vgl. Rengier, StrafR AT, § 3 Rn. 24. Vgl. statt vieler Bruckmann, KriPoZ 2019, 105, 107; Lichtenthäler, ZJS 2020, 566, 570. 204 BVerfG NJW 2004, 2073, 2075. 205 Vgl. BVerfG NJW 2004, 2073, 2075. 206 BVerfG NJW 2004, 2073, 2075. 207 BVerfG NJW 2004, 2073, 2076. 208 Vgl. hierzu S. 50 f. 209 Dazu bereits Volk, ZStW 83 (1971), 405, 409; siehe aber auch Androulakis, ZStW 108 (1996), 300, 305, wonach der Begriff von Strafe die Zweckbestimmung beeinflusst. Indes stellt dieser Umstand das hiesige Ergebnis nicht in Frage: Entweder bedingt der Begriff den Zweck oder der Zweck den Begriff. 210 von Birkmeyer, Strafen und sichernde Massnahmen, S. 9; anders aber Androulakis, ZStW 108 (1996), 300, 303 ff. 203

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(3) Die Übelszufügung als konstitutives Merkmal von Strafe Indes bedarf es abschließend noch einiger, gleichwohl nicht allzu umfassender Bemerkungen zu der Frage, ob (und warum) jedenfalls die Übelszufügung ein konstitutives Merkmal von Strafe ist. Schon und selbst von Liszt – als Vertreter einer spezialpräventiven Strafzwecktheorie – leugnete Anfang des 20. Jahrhunderts nicht, dass Strafe Vergeltung sei.211 Die Vergeltung ihrerseits verlangt aber, dass „Gleiches mit Gleichem bezahlt werde“.212 Insofern führte auch von Birkmeyer – ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts – völlig zutreffend aus: „Soll also die Strafe Vergeltung für ein Verbrechen sein, so muss sie ein Übel sein, wie das Verbrechen ein Übel ist.“ 213 Mit anderen Worten: Wie der Verbrecher in die Rechtsgütersphäre des Opfers eingegriffen hat, mithin diesem ein Übel zugefügt hat, muss auch der Staat in die Rechtsgütersphäre des Verbrechers eingreifen, mithin diesem ein Übel zufügen, damit von Strafe überhaupt die Rede sein kann.214 Diese Sichtweise steht schließlich in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG, das die Übelszufügung ebenfalls als konstitutives Merkmal von Strafe betrachtet; auszugsweise: „Jede Kriminalstrafe ist ihrem Wesen nach Vergeltung durch Zufügung des Strafübels“ 215; „Rechtsnachteil [. . .], den der Gesetzgeber an einen von ihm mißbilligten Sachverhalt angeknüpft hat“ 216; „Die Kriminalstrafe wird in der Rechtstheorie als die Auferlegung eines Übels wegen und nach dem Maß einer schuldhaft begangenen Übeltat bestimmt“ 217; „Strafe ist die Auferlegung eines Rechtsnachteils wegen einer schuldhaft begangenen rechtswidrigen Tat.“ 218 Damit steht fest: Ohne Übelszufügung kann auch nicht von Strafe die Rede sein.219 211 Vgl. hierzu von Birkmeyer, Strafen und sichernde Massnahmen, S. 10 mit Fn. 33, wonach von Listz am 16. Dezember 1905 in München geäußert haben soll: „Ich leugne es gar nicht, die Strafe ist Vergeltung . . . wie auch immer die Reaktion beschaffen sein mag, die die Gesellschaft ausübt gegen den Verbrecher, diese Reaktion wird immer Vergeltung sein.“ 212 von Birkmeyer, Strafen und sichernde Massnahmen, S. 11; siehe ferner zum Begriff der Vergeltung etwa Walter, ZIS 2011, 636, 637 f. 213 von Birkmeyer, Strafen und sichernde Massnahmen, S. 11. 214 Vgl. von Birkmeyer, Strafen und sichernde Massnahmen, S. 11 f. und 13 f. 215 BVerfGE 22, 125, 132. 216 BVerfGE 9, 137, 145. 217 BVerfGE 21, 391, 403. 218 BVerfG NJW 2004, 2073. 219 Wie hier auch Altenhain, Anschlußdelikt, S. 349; Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 65; so auch Walter, ZIS 2011, 636, 637; a. A. aber etwa Brüning, Das Verhältnis des Strafrechts zum Disziplinarrecht, S. 544 ff.; ebenfalls anders eine im Schrifttum verbreitete Auffassung, wonach für die Annahme von „Strafe“ entscheidend sei, dass mit dem Täter (bzw. Teilnehmer) in einem formalisierten Verfahren über einen schuldhaften Normverstoß kommuniziert wird und ebendieser schuldhafte Normverstoß in diesem Verfahren verbindlich festgestellt werde, so etwa Dürig/Herzog/Scholz-GG/

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bb) Zirkelschlüssige Argumente der Rechtsprechung Irreführend und „zirkelschlüssig“ 220 erweisen sich demgegenüber die – angesprochenen – Ansätze in der Rechtsprechung, den Straf- bzw. strafähnlichen Charakter der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mit dem Argument zu leugnen, der Gesetzgeber wollte die Vermögensabschöpfungsmaßnahmen nicht als Strafe oder strafähnliche Maßnahme verstanden wissen und deshalb könnten Vermögensabschöpfungsmaßnahmen auch keinen Straf- oder strafähnlichen Charakter haben.221 Eine solche Sichtweise läuft nämlich im Ergebnis darauf hinaus, den einfaches Recht erlassenden Gesetzgeber darüber entscheiden zu lassen, was Strafe oder Strafähnlichkeit im verfassungsrechtlichen Sinne bedeutet.222 Dass eine solche Sichtweise nicht nur staatsorganisationsrechtlich, sondern auch methodisch problematisch ist, dürfte außer Frage stehen.223 Hiermit wäre faktisch der Weg für den Erlass einer „Vermögensstrafe“, nach dem Vorbild des § 43a StGB a. F., gebahnt; und das, obschon das BVerfG mit Urteil vom 20. März

Remmert, Art. 103 II Rn. 40, 56 unter Rekurs auf Appel (Verfassung und Strafe, S. 493 ff., insb. 503, der ebenfalls auf das formalisierte Verfahren abstellt) sowie Androulakis, ZStW 108 (1996), 300, 303 und LK-StGB/Weigend, Einl. Rn. 62 (Hervorhebung nur hier, weil bei Remmert Rn. 63 angegeben wird). Unter Zugrundelegung dieser Definition wird auch die Einziehung von Taterträgen teilweise als „Strafe“ bezeichnet: Einziehungsanordnungen ergehen in einem Strafverfahren; sie sind mit dem Strafverfahren „untrennbar“ verbunden, vgl. Dürig/Herzog/Scholz-GG/Remmert, Art. 103 II Rn. 57 Fn. 3 sowie Rn. 67. Angesichts der Möglichkeit der Abtrennung (vgl. § 422 S. 1 StPO) der Einziehungs- von der Hauptfrage ist letztere These zumindest ungenau. Zudem läuft ein derartiges Strafbegriffsverständnis darauf hinaus, den (einfaches Recht erlassenden) Gesetzgeber darüber bestimmen zu lassen, welche Maßnahmen „Strafe“ darstellen und welche nicht, denn: gemessen an dieser Definition wäre etwa die selbstständige Einziehung (§ 76a StGB) schon deshalb keine „Strafe“, weil sie im objektiven Strafverfahren ergeht und im objektiven Strafverfahren nicht über einen schuldhaften Normverstoß kommuniziert wird, da ein schuldhafter Normverstoß überhaupt nicht festgestellt werden muss, um eine Einziehungsanordnung im selbstständigen (objektiven) Einziehungsverfahren treffen zu können. 220 So Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 63 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. auch Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 51 und Müller, Entschädigungsverfahren, S. 70. 221 Vgl. neuerdings kritisch hierzu Becker/Heuer, NZWiSt 2019, 411, 414 f.; Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 62 f.; Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 50 f.; Saliger/Schörner, StV 2018, 388, 389; siehe bereits Best, JR 2003, 337, 339 (noch zur Auffassung des BGH, vgl. BGHSt 47, 369, 375 = JR 2003, 335, 336); siehe ferner Hofmann, wistra 2008, 401, 405; SK-StGB/Wolters, § 73 a. F. Rn. 3; anders aber Sachs, JuS 2004, 1092, 1093: „Das entscheidende Kriterium ist damit im Ergebnis allein die vom Gesetzgeber verfolgte Zielsetzung einer Regelung.“ 222 Besonders kritisch zu einer solchen Sichtweise Stuckenberg, ZIS 2017, 445, 453: „Strafe ist also, was der Gesetzgeber dafür hält – eine theoretische Bankrotterklärung.“ 223 Hinzu kommt, dass die besonderen verfassungsrechtlich verbürgten Garantien, die an Strafe anknüpfen, gerade (auch) einen Appell an den Gesetzgeber richten. Man denke hier nur an Art. 103 II GG, vgl. zu dessen Appellfunktion Dürig/Herzog/ScholzGG/Remmert, Art. 103 II Rn. 49 sowie Bürger, ZIS 2020, 532.

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2002224 die Vermögensstrafe für verfassungswidrig – das BVerfG nahm einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 II GG an – und nichtig erklärt hat. Der Gesetzgeber müsste, um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 II GG zu vermeiden, schlicht auf die gesetzgeberische Ausgestaltung – und auf seine Äußerung in den Gesetzesmaterialien – achten. Statt „Vermögensstrafe“ könnte er ein Institut mit dem Namen „Vermögenseinziehung“ in das Strafgesetzbuch aufnehmen, dieses systematisch von den „Strafen“ abgrenzen, indem er sie – wie auch mit der Einziehung von Taterträgen geschehen – als Maßnahme i. S. v. § 11 I Nr. 8 StGB begreift,225 und die Anordnung jener „Vermögenseinziehung“ von einer tatsächlich begangenen rechtswidrigen – nicht schuldhaften – Tat abhängig machen. In der Gesetzesbegründung müsste er nur noch hervorheben, dass die „Vermögenseinziehung“ nicht vergelten solle, sondern vielmehr und ausschließlich generalpräventive Ziele verfolge. Letztere Ziele seien, dem BVerfG zufolge, „kein Spezifikum strafrechtlicher Vorschriften“.226 Eine derartige zirkelschlüssige Rechtsprechungsargumentation ist nicht in der Lage, eine konsistente Antwort auf die Frage, ob die Einziehung von Taterträgen Straf- oder zumindest strafähnlichen Charakter hat, zu geben. Sie ist damit abzulehnen. cc) Die Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zum Begriff der Strafe i. S. v. Art. 7 EMRK Nicht nur die nationale Rechtsprechung argumentiert zur Qualifikation einer Maßnahme als Strafe oder strafähnliche Maßnahme wenig überzeugend, sondern auch die internationale Rechtsprechung, namentlich der EGMR zu Art. 7 I, II EMRK. Das BVerfG nahm schon im vergangenen Jahrhundert den Standpunkt ein, dass das Verfassungsrecht konventionsfreundlich auszulegen sei.227 Der EGMR nennt (mittlerweile) fünf Kriterien, die für eine Strafe i. S. v. Art. 7 I, II EMRK sprechen (können): Das erste Kriterium, das einen Strafcharakter nahelegt, ist die Verhängung der Maßnahme im Anschluss an eine strafrechtliche Verurteilung bzw. die Verhängung einer solchen im Zusammenhang mit der Begehung einer Straftat. Hinzu kommen: (2) Die Natur und der Zweck der Maßnahme, (3) die 224

Vgl. BVerfG NJW 2002, 1779 ff. Siehe insofern auch Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 51: Allein die systematische Verortung im StGB kann keinen Aufschluss über den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen geben; vgl. allgemein zum „Sanktionensystem“ des StGB Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 15 f.; Roxin, StrafR AT I, § 1 Rn. 1 ff.; siehe insofern auch Hochmayr, ZStW 124 (2012), 64, 68, wonach heute von einer „Dreispurigkeit“ des Sanktionensystems gesprochen werden muss: „Strafe“; „vorbeugende Maßnahme“ und „Gewinnabschöpfung“. 226 BVerfG NJW 2021, 1222, 1224. 227 Vgl. BVerfG NJW 1987, 2427. 225

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Charakterisierung der Maßnahme nach nationalem Recht, (4) das vorgesehene prozessuale Verfahren für die Verhängung (Strafverfahren) sowie (5) die Schwere der Maßnahme.228 Über die Bedeutung und Gewichtung der einzelnen Kriterien besteht noch kein Konsens.229 Der Straßburger Gerichtshof verfolgt keine klare Linie.230 Diese Unsicherheiten, die mit einer Berücksichtigung der Strafkriterien des EGMR einhergehen, haben zu einem Meinungsstreit in Rechtsprechung und Lehre geführt: Während ein kleiner Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung – namentlich das LG Kaiserslautern231 – und ein Teil des Schrifttums232 dem deutschen Vermögensabschöpfungsrecht Strafcharakter attestierten, hat das BVerfG mit Beschluss vom 10. Februar 2021 – unter Zugrundelegung der Strafkriterien des EGMR – die §§ 73 ff., 75 ff. StGB nicht als Strafe oder strafähnliche Maßnahme qualifiziert.233 Das BVerfG bezeichnete in seinem Beschluss die Art (Natur) und den Zweck der Maßnahme, für deren Bestimmung die nationale Rechtsprechung und Dogmatik heranzuziehen sind, als „zentrale Kriterien“.234 Den restlichen Kriterien komme nach der Rechtsprechung des EGMR hingegen, so das BVerfG, „keine ausschlaggebende Bedeutung zu“.235 dd) Die §§ 73 ff., 75 ff. StGB im Gewand der EGMR-Strafbegriffkriterien Selbst wenn man die Rechtsprechung des EGMR der national-verfassungsrechtlichen Strafbegriffsbestimmung zugrunde legt, lassen sich die §§ 73 ff., 75 ff. StGB – ohne eine vorherige Auslegung derselben – nicht als Strafe oder strafähnliche Maßnahme einordnen: Unstreitig dürfte sein, dass das nationale Vermögensabschöpfungsrecht die Kriterien (1) und (4) erfüllt.236 Unstreitig dürfte ferner sein, dass die §§ 73 ff., 75 ff. StGB (auch, jedenfalls aber reflexartig) eine generalpräventive Zweckrichtung aufweisen.237 Ob damit auch das Kriterium (2)

228 Vgl. hierzu Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 425 unter Rekurs auf EGMR, Urt. v. 9.2.1995, Nr. 17440/19, Tz. 28 sowie EGMR, Urt. v. 7.1.2016, Nr. 23279/14, Tz. 150; vgl. hierzu auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 83 f.; Saliger/Schörner, StV 2018, 388, 389. 229 Vgl. Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 430. 230 Vgl. Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 430. 231 Vgl. LG Kaiserslautern NZWiSt 2018, 149, 151 f. 232 Vgl. unter Rekurs auf die Rechtsprechung des EGMR und dem LG Kaiserslautern zustimmend etwa Rebell-Houben, NZWiSt 2018, 153 ff.; Swoboda, ZStW 132 (2020), 826, 876 f. 233 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222, 1225 f. 234 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222, 1226. 235 Vgl. BVerfG NJW 2021, 1222, 1226. 236 Siehe insofern auch Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 426. 237 Siehe ausführlich zur generalpräventiven Wirkung Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 46 ff.

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bereits teilweise zu bejahen ist, erscheint mehr als zweifelhaft,238 kann aber dahinstehen. Jedenfalls ungesichert ist nämlich, welche (Rechts-)Natur im Sinne des Kriteriums (2) das deutsche Vermögensabschöpfungsrecht hat. Hierüber kann erst die Auslegung des nationalen Einziehungsrechts Aufschluss geben. Sollte die Auslegung der §§ 73 ff., 75 ff. StGB ergeben, dass der Einziehungsbetroffene „schärfer“ haftet als ein Bereicherungsschuldner, dürfte dem Vermögensabschöpfungsrecht bereits nach nationalem Verständnis Straf- oder strafähnlicher Charakter zukommen, weshalb das Kriterium (2) jedenfalls zum Teil zu bejahen wäre. Schließlich liegt auch die Annahme des Kriteriums (5) nahe, sofern den Einziehungsbetroffenen eine „schärfere“ Haftung als einen Bereicherungsschuldner trifft. ee) Ergebnis Ohne eine vorherige Auslegung der Einziehungsvorschriften, lässt sich kein Licht ins Dunkel rund um den Rechtscharakter derselben bringen. Der Rechtsanwender ist, um den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen zu wahren und damit zugleich einen Verstoß gegen höherrangiges Recht zu vermeiden, daran gehalten, die Einziehungsvorschriften derart (im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung)239 auszulegen, dass sie dem Einziehungsbetroffenen kein Übel – als konstitutives Merkmal von Strafe im verfassungsrechtlichen Sinne – zufügen.240 Dem Einziehungsbetroffenen wird jedenfalls dann kein Übel zugefügt, sofern er vergleichbar einem Bereicherungsschuldner haftet.241

III. Der Bereicherungsschuldner im Öffentlichen Recht Bislang mied die Untersuchung – scil. die Stellungnahme zum umstrittenen Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen – bewusst den Begriff des zivilrechtlichen Bereicherungsschuldners. Der Hintergrund ist simpel: Es existieren neben zivilrechtlichen auch öffentlich-rechtliche Bereicherungsschuldner. Nicht 238

So aber Thorhauer, Jurisdiktionskonflikte, S. 426 f. Vgl. zu dieser allgemein Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 151 ff., S. 171 ff. sowie S. 243 ff. und aktuell Höpfner/Schneck, AL 2020, 201, 206; vgl. zudem Kuhlen, Verfassungskonforme Auslegung, S. 1 ff., insb. S. 8 ff. zur Pflicht der Fachgerichte, nach einer verfassungskonformen Auslegungsmöglichkeit zu suchen und diese schließlich zu wählen; Lüdemann, JuS 2004, 27 f.; siehe ferner Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 418, wonach der BGH (BGHSt 22, 146, 153 unter Rekurs auf BVerfGE 18, 97, 111) als Grenze verfassungskonformer Auslegung den Wortlaut und einen entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen erachtet; siehe zu dieser Grenze auch Kuhlen, Verfassungskonforme Auslegung, S. 13 mit Rechtsprechungsnachweisen (vgl. erneut BVerfGE 18, 97, 111). 240 Vgl. insofern auch Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Schilling, § 73 Rn. 4: „[. . .] Eine Verfallsanordnung [. . .] [darf sich] im Einzelfall nicht als ,Strafübel‘ darstellen [. . .].“ 241 Vgl. ebenfalls Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Schilling, § 73 Rn. 4, wonach bereicherungsrechtliche Wertungen konsequent auf die strafrechtliche Vermögensabschöpfung übertragen werden müssen. 239

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nur das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht, sondern auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, dessen dogmatisches Fundament – Herleitung aus den Grundrechten242 oder dem Gesetzmäßigkeitsprinzip243 – umstritten ist,244 lässt sich maßgeblich von den Wertungen der §§ 812 ff. BGB leiten.245 Nichtsdestotrotz gehen die Rechtsprechung, namentlich das BVerwG, und das verwaltungsrechtliche Schrifttum einhellig davon aus, dass die Wertungen des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts nicht pauschal auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch übertragen werden dürfen.246 Vielmehr gelten die §§ 812 ff. BGB nur den öffentlich-rechtlichen Bedürfnissen angepasst entsprechend.247 Sucht man nach einem Grund für diese (unbestrittene) Auffassung, wird man schnell fündig: Während das zivilrechtliche Bereicherungsrecht von gleichberechtigten Privaten ausgeht, steht dem Bürger im Öffentlichen Recht eine zu einseitig-hoheitlichem Handeln befugte Verwaltung gegenüber.248 Mit anderen Worten: Das im Öffentlichen Recht bestehende Subordinationsverhältnis verbietet eine blinde Übertragung der §§ 812 ff. BGB auf das Öffentliche Recht.249 Diese Grundsätze haben das BVerwG bereits im Jahre 1985 dazu veranlasst, den Leitsatz aufzustellen, dass „auf den allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch [. . .] die Vorschriften der §§ 818 III, IV, 819 I BGB nicht entsprechend anzuwenden [sind]“.250 Wenn daher Saliger251 den Stand242 Sofern es um einen Anspruch eines Bürgers gegen eine Behörde geht, vgl. Detterbeck, Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 1239. 243 Vgl. dazu BVerwGE 107, 304, 307; ferner Maurer/Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 27. 244 Vgl. die Diskussion zusammenfassend Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 516; siehe ferner Schoch/Schneider-VwVfG, § 49a Rn. 21, der – wie auch Ossenbühl (NVwZ 1991, 513, 516 m.w. N.) – von gewohnheitsrechtlicher Anerkennung spricht. 245 Vgl. nur Detterbeck, Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 1239; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513; Maurer/Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 28 f. 246 Vgl. aus der Rechtsprechung nur: BVerwGE 71, 75, 87; BVerwG NVwZ 2008, 212, 213 mit jeweils weiteren Nachweisen; aus dem Schrifttum: Detterbeck, Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 1239; Maurer/Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 28 f. 247 Vgl. BVerwGE 71, 85, 88 f.; ausdrücklich auch Detterbeck, Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 1239. 248 Die (streitige) Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht wird pointiert zusammengefasst von MüKo-BGB/Papier/Shirvani, § 839 Rn. 198 f.; vgl. allgemein (sowie kritisch) zu dieser Subordinationstheorie VwGO-Sodan/Ziekow, § 40 Rn. 293 ff.; gleichwohl lässt mit ihr eine Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Recht feststellen, wenn sich eine Seite auf „Hoheitsgewalt“ stützen kann, vgl. Leisner, JZ 2006, 869, 873. Ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis ist aber im Rahmen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs dann nicht anzunehmen, wenn die Vermögensverschiebung im Verhältnis verschiedener Verwaltungsträger untereinander erfolgt, vgl. zu dieser Konstellation Maurer/Waldhoff, Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 31. 249 Vgl. BVerwGE 71, 85, 88 f. 250 BVerwGE 71, 85, 88 f. 251 Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1007.

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punkt einnimmt, die Übertragung der §§ (817 S. 2), 818 III, IV, 819 I BGB auf das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht sei verfehlt, weil (auch) im Einziehungsrecht ein Subordinationsverhältnis besteht,252 so hat er damit im Kern Recht. Während im Zivilrecht nur bei positiver Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes der Vertrauensschutz – namentlich die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung – versagt wird,253 ist das Vertrauen des Bereicherungsschuldners im Öffentlichen Recht bereits aufgrund von grob fahrlässiger Unkenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit nicht schutzwürdig.254 Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei bestehendem Subordinationsverhältnis sogar eine weitreichendere Haftung des Bürgers möglich ist. Begründet wird diese Sichtweise von der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung damit, dass auch die besonders geregelten öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche (z. B. § 49a II 2 VwVfG) ein auf grober Fahrlässigkeit beruhendes Verhalten nicht schützen und insofern kein Grund besteht, „das Vertrauen des Bereicherten, der nicht einem besonderen, sondern dem allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch ausgesetzt ist, stärker zu schützen“.255 Auch das strafrechtliche Schrifttum vertritt die Auffassung, im Vermögensabschöpfungsrecht sei kein Grund ersichtlich, „warum Fälle leichtfertigen Verkennens der Umstände der positiven Kenntnis nicht gleichgestellt werden sollten“. 256 Als Begründung führt es an, die Einziehung von Taterträgen verfolge (primär) einen generalpräventiven Zweck, eine Beschränkung auf Fälle positiver Kenntnis dieser Zweckerreichung aber entgegenstünde.257 Im Ergebnis ist den Auffassungen zuzustimmen, wonach im öffentlichen Recht, dem auch unstreitig das Strafrecht angehört,258 zusätzlich zur positiven Kenntnis auch grob fahrlässige (leichtfertige) Unkenntnis den Entreicherungseinwand ausschließt. Gleichwohl ist die Begründung hierfür weder in spezifischen Unterschieden zwischen Privat- und öffentlichem Recht noch in Strafzwecken zu suchen.259 252

Siehe dazu auch Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based-confiscation,

S. 70. 253 Vgl. statt vieler MüKo-BGB/Schwab, § 819 Rn. 14, wonach selbst grobe Fahrlässigkeit nicht zur verschärften Haftung nach § 819 I BGB führt. Siehe aber Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 143 f. zur gegenteiligen Auffassung für Fälle der Eingriffskondiktion (entsprechende Anwendung von § 990 I 1 BGB). 254 So schon BVerwGE 71, 85, 88 f. 255 BVerwGE 71, 85, 89. 256 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 78. 257 Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 78; siehe aber auch Altenhain, Anschlußdelikt, S. 357: „Für die Versagung des Vertrauensschutzes [bei grober Fahrlässigkeit] spricht im Strafrecht die Appellfuktion des Tatbestands.“ 258 Vgl. Gropp, StrafR AT, § 1 Rn. 35; Jestaedt, FS Stürner, 917, 922 f.; Roxin, StrafR AT I, § 1 Rn. 5; M. Wagner, ZJS 2020, 575 f. 259 Vgl. zum belanglosen Unterschied zwischen Zivil- und öffentlichem Recht in diesem Zusammenhang nur Ossenbühl, JZ 1985, 795.

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Vielmehr hat Ossenbühl bereits im Jahre 1985 eine zutreffende Begründung für diese Sichtweise geliefert: Die Wertung, auch grob fahrlässige (leichtfertige) Unkenntnis schade, ist kein öffentlich-rechtliches Spezifikum, wie sich schon an dem Umstand zeigt, dass auch fremde Zivilrechtsordnungen – namentlich das österreichische Zivilrecht (vgl. § 1437 ABGB) – eine Beschränkung des Entreicherungseinwands auf nur positive Kenntnis nicht vornehmen.260 Pointiert: Es handelt sich hierbei um keinen strukturellen Unterschied zwischen den Teilrechtsordnungen, sondern schlicht um eine „Fehlwertung des [Zivil-]Gesetzgebers in § 819 I BGB, die korrigiert werden sollte.“ 261 Nach alledem hat der Rechtsanwender bei der Auslegung der Einziehungsvorschriften zu berücksichtigen, dass der Einziehungsbetroffene nicht „schärfer“ haften darf als ein öffentlich-rechtlicher Bereicherungsschuldner.

IV. Wissen und Wissenmüssen im Vermögensabschöpfungsrecht Für die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt der Einziehungsbetroffene Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von seinem „strafrechtlich bemakelten“ Erwerb erlangt hat, mit der Folge des Ausschlusses eines Entreicherungseinwands, müssen die zivilrechtlichen Wissens- und Wissenszurechnungsvorschriften herangezogen werden.262 Andernfalls – legte man etwa strafrechtliche Wissens- und Wissenszurechnungsvorschriften zugrunde – würde ein Vergleich zwischen dem zivilrechtlichen bzw. für das öffentliche Recht modifizierten Bereicherungsrecht und der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung unmöglich – und damit auch die Beantwortung der Frage, ob der Einziehungsbetroffene schärfer haftet als ein öffentlich-rechtlicher Bereicherungsschuldner. Hinzu kommt, dass ein strafrechtsautonomes Lösungskonzept auch nicht aufgrund des bestehenden Subordinationsverhältnisses im Strafverfahren (oder sonstiger straf- und strafprozessualer Besonderheiten) geboten ist. Dies belegt einerseits die Diskussion rund um die Wissenszurechnung beim Betrugstatbestand (§ 263 StGB): Auch dort wird in der Lehre eine Heranziehung der zivilrechtlichen Wissenszurechnungsvorschriften befürwortet, wenn es um die Begründung eines Irrtums bei Verbänden und das Wissen von Hilfspersonen in diesem Zusammenhang geht.263 Die Einwände gegen diese Auffassung, die zivilrechtlichen 260

Vgl. Ossenbühl, JZ 1985, 795. Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 521. 262 Hiervon geht auch BT-Drs. 18/9525, S. 66 (ohne nähere Begründung) für die Bösgläubigkeit im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 2b StGB aus; siehe fernerhin und im Rahmen der Prüfung der Rechtsnatur der Abschöpfung von Taterträgen auf zivilrechtliche Wissenzurechnungsvorschriften, namentlich auf § 166 I BGB analog, abstellend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 79 ff.; vgl. hierzu vertieft S. 177 ff. 263 Vgl. etwa LK-StGB/Tiedemann, § 263 Rn. 82. 261

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Wissens- und Wissenszurechnungsvorschriften schützten vorrangig den Verkehr,264 vermögen nicht (jedenfalls nicht auf die Einziehung von Taterträgen) durchzugreifen. Zivilrechtliche Wissens- und Wissenszurechnungsvorschriften finden ungeachtet eines (bestehenden oder potentiellen) Verkehrsschutzes Anwendung, wie die Rechtsprechung des BGH in Zivilsachen belegt. Der BGH (Zivilsenat) wendet die Vorschrift des § 166 I BGB analog auf die verschärfte Bereicherungshaftung gem. §§ 819 I, 818 IV BGB an.265 Bei der verschärften Bereicherungshaftung – und der dortigen Annahme von Bösgläubigkeit – geht es aber gerade nicht, jedenfalls nicht primär, um einen (wie auch immer gearteten) Verkehrsschutz. Vielmehr liegt der Sinn und Zweck des § 819 I BGB in „eine[r] Erweiterung des Bereichs der verschärften Haftung [. . .]“.266 „Die Vorschrift umfasst alle Arten von Bereicherungsansprüchen“ 267 und ist damit nicht nur auf den rechtsgeschäftlichen Bereich (Leistungskondiktionen), bei dem typischerweise Verkehrsschutzaspekte relevant werden, beschränkt, sondern erfasst auch den außerrechtsgeschäftlichen Bereich (allgemeine Eingriffskondiktion). Bestätigt und untermauert wird diese Sichtweise schließlich dadurch, dass auch innerhalb der Vorschrift des § 817 S. 2 BGB, die ebenfalls keine verkehrsschützenden Aspekte aufweist, der Verstoß gegen ein Gesetz oder die guten Sitten dem Vertretenen gem. § 166 I BGB analog zugerechnet wird.268 Hinzu kommt, dass auch das BVerwG im Kontext des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs davon spricht, „ein besonders grober Verstoß gegen die im Verkehr zu beachtende Sorgfaltspflicht“ 269 sei anzunehmen, sich mithin – gewollt oder ungewollt – stark an den im Zivilrecht herrschenden objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab orientiert.270 Für die Zurechnung fremder Kenntnis sind konsequenterweise – dann auch hier – zivilrechtliche Wissenszurechnungsvorschriften anzuwenden.

264

So Eisele, ZStW 116 (2004), 14, 28; Rennicke, Zurechnungsfragen, S. 156. Vgl. BGHZ 83, 293, 295 f.; aufgegriffen auch von Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 79. 266 MüKo-BGB/Schwab, § 819 Rn. 1. 267 MüKo-BGB/Schwab, § 819 Rn. 1. 268 Vgl. BeckOK-BGB/Wendehorst, § 817 Rn. 17; siehe auch MüKo-BGB/Schwab, § 817 Rn. 75, der von einer Zurechnung nach „allgemeinen Grundsätzen“ spricht, in Fn. 273 jedoch auf die (teilweise) analoge Anwendung von § 166 I BGB in der Lehre aufmerksam macht. 269 BVerwGE 71, 85, 92 (Hervorhebungen nur hier). 270 Vgl. zum objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab im Rahmen von § 932 II BGB etwa MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 47 m.w. N. sowie im Rahmen von § 990 I BGB z. B. MüKo-BGB/Raff, § 990 Rn. 6; demgegenüber wird im öffentlichen Recht – etwa bei der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes gem. § 48 VwVfG – ein individualisierter, freilich jedoch gelegentlich auch „objektivierter“, Fahrlässigkeitsmaßstab befürwortet, vgl. Schoch/Schneider-VwVfG, § 48 Rn. 183 u. 186. 265

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V. Die Einziehung von Taterträgen und das Eigentumsrecht aus Art. 14 I 1 GG sowie Art. 17 I GRCh Während um den Rechtscharakter von Vermögensabschöpfungsmaßnahmen keine Einigkeit herrscht, gilt bisher als gesichert, dass der Einziehung von Taterträgen jedenfalls nationalgrundrechtliche Grenzen gesetzt sind.271 So wird verbreitet vertreten, die Einziehung von Taterträgen stelle – in der Regel – einen Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsrecht aus Art. 14 I 1 GG dar;272 dies soll – nach freilich nicht unbestrittener Auffassung – auch für die Fälle der Einziehung von Wertersatz gem. § 73c StGB gelten.273 In der Regel deshalb, weil das BVerfG zivilrechtlich unwirksam erworbene Vermögenspositionen nicht dem sachlichen Schutzbereich von Art. 14 I 1 GG subsumiert.274 Weder die aktuelle (Kommentar-)Literatur275 noch die zum reformierten Vermögens271 Vgl. statt vieler Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 155: „Durch die Vermögensabschöpfungsmaßnahmen werden [. . .] die Eigentumsgarantie und die allgemeine Handlungsfreiheit beeinträchtigt.“; die Vereinbarkeit der Abschöpfung von Taterträgen mit Art. 14 GG prüft auch Fleckenstein (Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 85 ff.) umfassend; vgl. ferner und gleichermaßen umfassend Julius, ZStW 109 (1997), 58, 59 ff. und 87 ff. 272 Vgl. statt vieler Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 155. 273 Vgl. zur Diskussion Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 6; siehe ferner Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 97 mit überzeugender Begründung, weil bei Anordnung und Vollstreckung einer Geldleistungspflicht dieselben Maßstäbe gelten müssen; siehe auch Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 157 unter Verweis auf das BVerfG (vgl. BVerfGE 14, 221, 241; 19, 119, 128 f.) und einen Teil der Lehre (vgl. Dreier-GG/ Wieland, Art. 14 Rn. 67 mit weiteren Nachweisen), wonach das Vermögen im Allgemeinen von Art. 14 GG geschützt ist, sofern jedenfalls die Auferlegung der Geldleistungspflicht die Vermögensverhältnisse des Betroffenen grundlegend verändert. Die gegenteilige Auffassung, zu welcher auch das BVerfG tendiert, misst die Wertersatzeinziehung (§ 73c S. 1 StGB) lediglich an Art. 2 I GG, vgl. insofern neuerdings BVerfG NJW 2021, 1222, 1228: „Nach Maßgabe des Vertrauensschutzgebots – das hier im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsgebot des Art. 14 I GG bzw. des Art. 2 I GG Wirkung entfaltet – ergeben sich [. . .].“ 274 Vgl. BVerfG NJW 2004, 2073, 2076 f.; vgl. hierzu auch Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 143; siehe zu dieser Diskussion ausführlich Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 87 ff., die durch Esers (Sanktionen gegen das Eigentum, S. 170 ff.) Auffassung, Grundrechte – mithin auch Art. 14 GG – seien „prinzipiell mißbrauchbar und verwirkbar“, so dass schon der Schutzbereich bei aus Straftaten herrührenden Gegenständen nicht eröffnet sei, angestoßen wurde. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 93 ff. kritisiert die Sichtweise des BVerfG und erachtet überzeugend das „Innehaben der faktischen Position mit dem Potenzial der privatnützigen Verwendung zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung“ ausreichend, um den Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG zu eröffnen; gegen den Verwirkungsgedanken ebenfalls deutlich Julius, ZStW 109 (1997), 58, 59 ff., insb. 66. 275 Vgl. etwa MüKo-StGB/Joecks/Meißner, Vorb. zu den §§ 73 ff. Rn. 55 f.; vgl. LKStGB/Lohse, Vor §§ 73 ff. Rn. 44: „In Fokus gerät damit die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG“, der aber in Rn. 49 darauf verweist, dass die nationalen Einziehungsvorschriften auch an Art. 17 GRCh zu messen sind, sofern es sich nicht um überschießende Regelungen des deutschen Rechts handelt.

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abschöpfungsrecht ergangenen Monographien276 diskutieren aber, ob die Einziehung von Taterträgen überhaupt und ausschließlich am nationalen Verfassungsrecht zu messen ist – obschon sich diese Vorfrage vor dem Hintergrund der Europäisierung des Einziehungsrechts, jedenfalls aufgrund neuerer bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung aufdrängt.277 1. Der Paradigmenwechsel des BVerfG: Recht auf Vergessen I und II Das BVerfG hat in seinen Beschlüssen zum Recht auf Vergessen I 278 und II 279 seine bisherige Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen nationalem Verfassungsrecht und Unionsrecht erweitert280 und sich der Rechtsprechung des EuGH zumindest angenähert.281 Das BVerfG erachtet nunmehr im „gestaltungsoffenen Spielraumbereich“ einer Richtlinie eine Prüfung primär anhand des Grundgesetzes, im „unionsrechtlich vollständig determinierten Bereich“ eine Prüfung primär anhand der Unionsgrundrechte für geboten.282 Diese neue – teils sogar als „revolutionär“ 283 bezeichnete – Rechtsprechung des BVerfG zwingt auch im Einziehungsrecht zu einer Differenzierung. Während Einziehungsanordnungen gegenüber Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten weiterhin (primär)284 am Maßstab des Art. 14 GG zu messen sind, sind Einziehungsanordnung gegenüber gutgläubigen Dritten (künftig und primär)285 an Art. 17 GRCh zu messen. Grundsätzlich 276 Vgl. etwa Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, passim; Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, passim; Serafin, Vermögensabschöpfung, passim. 277 Die im 1. Teil Fn. 275 u. 276 zitierten Schriften sind jedoch schon vor der neuen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erschienen. 278 Vgl. BVerfG NJW 2020, 300 ff. 279 Vgl. BVerfG NJW 2020, 314 ff. 280 Vgl. Brodowski, StV 2021, 682, 685. 281 Vgl. hierzu Wendel, JZ 2020, 157, 160: „weg vom Konflikt und hin zur Kooperation [mit dem EuGH]“. Letzterer hat nämlich den Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte in der Rechtssache Åkerberg Fransson (vgl. EuGH NJW 2013, 1415 ff.) auch auf unionsrechtlich begründete Gestaltungsspielräume erstreckt und ein Nebenund Miteinander von nationalem und europäischem Grundrechtsschutz in der Rechtssache Melloni (vgl. EuGH NJW 2013, 1215 ff.) anerkannt. 282 Vgl. hierzu kompakt Wendel, JZ 2020, 157 ff. 283 So Kühling, NJW 2020, 275, der von einer „Novemberrevolution“ spricht. 284 Vgl. aber auch Ruffert/Grischek/Schramm, JuS 2020, 1022, 1024 unter Verweis auf BVerfG NJW 2020, 300 ff., wonach – auch in Gemengelagen, wie sie durch Richtlinienumsetzungen typischerweise entstehen (vgl. schon Thym, NVwZ 2013, 889, 892 zur vom BVerfG [BVerfGE 73, 339, 387] vertretenen Trennungsthese; letztere wurde mit der hiesigen Rechtsprechung im Endeffekt aufgegeben, vgl. Swoboda, ZIS 2021, 66) – nunmehr die nationalen Grundrechte im Lichte der GRCh auszulegen sind. 285 Primär deshalb, weil dies nur gilt, sofern (und solange) der Schutz des jeweiligen Grundrechts durch die stattdessen zur Anwendung kommenden Grundrechte der Union hinreichend wirksam ist; davon sei aber regelmäßig auszugehen, so dass den nationalen Grundrechten nur eine Reservefunktion zukomme, vgl. BVerfG NJW 2020, 314, 317 f. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen.

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gilt zwar, „dass die Europäische Union mit der Wahl der Richtlinie als Rechtsform keine vollständige Vereinheitlichung eines Regelungsgegenstands erstrebt, sondern den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume belässt“.286 Hierfür spricht die Unterscheidung zwischen Verordnungen und Richtlinien in Art. 288 II und III AEUV sowie das Subsidiaritätsprinzip gem. Art. 5 III EUV.287 Gleichwohl kann eine Richtlinie bestimmte Fragen vollständig vereinheitlichen.288 Eine derartig vollständig vereinheitlichte Frage findet sich auch in der Einziehungsrichtlinie, die mit den §§ 73 ff., 75 ff. StGB in nationales Recht umgesetzt wurde.289 2. Die Einziehungsrichtlinie: Teil- und vollharmonisierendes Unionsrecht Der Einziehungsrichtlinie mag zwar – in ihrer Gesamtheit – kein zwingender Charakter entnommen werden. Dies folgt schon aus Art. 1 I Einziehungsrichtlinie, wonach diese nur „Mindestvorschriften“ festlege.290 Hinzu kommt, dass sie auch in den weiteren Bestimmungen – namentlich in Art. 5 II und Art. 6 I Einziehungsrichtlinie („mindestens“; „zumindest“) – den Mitgliedsstaaten (Umsetzungs-)Spielräume belässt.291 Exemplarisch sei die erweiterte Einziehung (Art. 5 Einziehungsrichtlinie) angesprochen: Gem. Art. 5 II Einziehungsrichtlinie erfolgt eine Auflistung von Delikten, die Gegenstand einer erweiterten Einziehung „mindestens“ sein sollen.292 Der Reformgesetzgeber erstreckt die erweiterte Einziehung aber nunmehr auf alle Delikte (vgl. § 73a I StGB). Gleiches gilt für den Fall der Dritteinziehung: Der Reformgesetzgeber erachtet in § 73b I 1 Nr. 2a StGB die Einziehung bei Dritten für möglich, wenn dem Dritten das Erlangte „unentgeltlich“ oder „ohne rechtlichen Grund“ übertragen wurde; Art. 6 I Einziehungsrichtlinie möchte aber „zumindest“ solche Verschiebungsfälle erfasst haben,

286

BVerfG NJW 2020, 314, 316. Vgl. BVerfG NJW 2020, 314, 316. 288 Vgl. BVerfG NJW 2020, 314, 316 unter Verweis auf EuGH BeckRS 2004, 77541 Rn. 16 ff.; NJW 2012, 509; 2019, 2532; NVwZ-RR 2019, 338; siehe auch Alexander/ Jüttner, JuS 2020, 1137, 1139, wonach es „Richtlinien gibt, die mindest- und vollharmonisierende Regelungen miteinander kombinieren“. 289 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 48: „Das Gesetzesvorhaben setzt zudem die Richtlinie 2014/42/EU in innerstaatliches Recht um.“; vgl. ferner und allgemein zur normativen Durchführung von Unionsrecht FrankfurterKommentar/Pache, Art. 51 GRCh Rn. 20 f.; vgl. allgemein zur anschließenden, sprich nachdem die Richtlinie in das nationale Recht umgesetzt wurde, judikativen Durchführung von Unionsrecht Frankfurter Kommentar/ ders., Art. 51 GRCh Rn. 27. 290 Eindeutig auch ErwGr (22). 291 Vgl. auch ErwGr (5), (13), (14), (15), (18), (20), (21) und (23). 292 Vgl. etwa „Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor gem. Art. 2 RB 2003/568/JI“; „Straftaten im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gem. Art. 2 RB 2008/841/JI, zumindest in Fällen, in denen die Straftat zu einem wirtschaftlichen Vorteil geführt hat“ und weitere. 287

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in denen der Dritte wusste oder hätte wissen müssen, „dass mit der Übertragung oder dem Erwerb die Einziehung [beim Tatbeteiligten] vermieden werden sollte.“ Der Reformgesetzgeber konnte und ist über das Mindestmaß der Richtlinie (Art. 6 I Einziehungsrichtlinie) hinausgeschossen. Gleichwohl findet sich in Art. 6 II Einziehungsrichtlinie eine zwingende Vorgabe. Gem. Art. 6 II Einziehungsrichtlinie lässt Art. 6 I Einziehungsrichtlinie „die Rechte gutgläubiger Dritter unberührt“.293 Vor diesem Hintergrund beinhaltet Art. 6 II Einziehungsrichtlinie eine Regelung zur vollständigen Harmonisierung des materiellen Gehalts.294 Ergeht eine Einziehungsmaßnahme gegenüber einem gutgläubigen Dritten, so kommen primär die Unionsgrundrechte zur Anwendung. Der zwingende Charakter einer einzelnen Richtlinienbestimmung (hier: Art. 6 II Einziehungsrichtlinie) genügt nämlich, um den europäischen Grundrechtsschutz – beschränkt auf diesen vollharmonisierten Bereich – auszulösen.295 3. Der Anwendungsbereich der Einziehungsrichtlinie (Art. 3 Einziehungsrichtlinie) Gem. Art. 3 Einziehungsrichtlinie findet die Einziehungsrichtlinie allerdings nur auf Straftaten im Sinne folgender Rechtsinstrumente Anwendung: – Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (sogenanntes „Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte beteiligt sind“), – Rahmenbeschluss 2000/383/JI des Rates vom 29. Mai 2000 über die Verstärkung des mit strafrechtlichen und anderen Sanktionen bewehrten Schutzes gegen Geldfälschung im Hinblick auf die Einführung des Euro, – Rahmenbeschluss 2001/413/JI des Rates vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln,

293

So auch ErwGr (24). Ob auch Art. 8 IX Einziehungsrichtlinie eine zwingende Vorgabe im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung enthält, ist indes zweifelhaft, da der Unionsgesetzgeber auch die – jeweilig – nationalen Eigentumsrechte meinen könnte und auch die restlichen – in Art. 8 Einziehungsrichtlinie gelisteten – Vorgaben den Mitgliedsstaaten Spielräume belassen. Die Untersuchung geht angesichts dieser Zweifel davon aus, dass Art. 8 IX Einziehungsrichtlinie keine zwingende Vorgabe enthält, vgl. allgemein zu solchen – aufgrund der neuen Rechtsprechung des BVerfG bestehenden – Unsicherheiten etwa Swoboda, ZIS 2021, 66, 70: „Noch weniger absehbar ist, nach welchen Kriterien das BVerfG entscheidet, ob eine Rechtsfrage dem abschließend europarechtlich determinierten Fachrecht oder dem vom Fachrecht offen gelassenen Gestaltungsspielraum [. . .] zugehört [. . .].“ 295 So eindeutig Karpenstein/Kottmann, EuZW 2020, 185, 187. 294

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– Rahmenbeschluss 2001/500/JI des Rates vom 26. Juni 2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten, – Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung, – Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor, – Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels, – Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, – Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates, – Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates, – Richtlinie 2013/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 über Angriffe auf Informationssysteme und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2005/222/JI des Rates – sowie anderer Rechtsinstrumente, sofern darin konkret festgelegt ist, dass die vorliegende Richtlinie auf die darin harmonisierten Straftaten Anwendung findet. Für den Rechtsanwender bedeutet dies in concreto, dass eine primäre Berücksichtigung des europäischen Grundrechtsstandards überhaupt nur bei Anknüpfungs- und Erwerbstaten in Betracht kommt, bei denen es sich um unionsrechtlich determiniertes – in Art. 3 Einziehungsrichtlinie gelistetes – Strafrecht handelt. Indes dürfte dies in den überwiegenden Einziehungskonstellationen der Fall sein. All jene Deliktsbereiche, die als typische Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität und damit auch als der typische Auslöser vermögensabschöpfungsrechtlicher Maßnahmen zu begreifen sind296 – hierunter fallen vor allem der unerlaubte Handel mit Betäubungsmittel, Betrug, Geldwäsche, Korrup-

296 Gemeint sind „profitorientierte Straftaten“ (vgl. zu dieser Bezeichnung etwa Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492).

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tion, Geldfälschung etc. –,297 sind europäisch beeinflusst298, so dass der Anwendungsbereich der Einziehungsrichtlinie in zahlreichen – freilich ohne dies empirisch zu belegen: sogar in den meisten – Fallkonstellationen eröffnet ist. 4. Konsequenzen für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Einziehungsrecht Folglich haben all jene Vorschriften, die die Einziehung von Taterträgen gegenüber Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten erlauben, primär dem nationalen Verfassungsrecht, wohingegen all jene Vorschriften, die die Einziehung von Taterträgen gegenüber gutgläubigen Dritten erlauben, primär den Unionsgrundrechten standzuhalten. a) Die Einziehung von Taterträgen bei Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten (Art. 14 GG) aa) Persönlicher und sachlicher Schutzbereich Träger des Grundrechts aus Art. 14 I 1 GG können sowohl natürliche als auch inländische juristische Personen des Privatrechts sein.299 Demgegenüber können sich ausländische juristische Personen nicht auf die Eigentumsgarantie berufen.300 Eine Ausnahme hiervon gilt aufgrund des Anwendungsvorrangs der europäischen Grundfreiheiten und des Art. 18 AEUV für juristische Personen aus dem europäischen Rechtsraum.301 Damit ist der persönliche Schutzbereich nicht nur für Tatbeteiligte, sondern regelmäßig auch für Gesellschaften, die typischerweise Drittbegünstigte im Sinne von § 73b I 1 StGB sind,302 eröffnet. Weniger eindeutig lässt sich hingegen die Frage nach der Eröffnung des sachlichen Schutzbereichs beantworten. Während das BVerfG den sachlichen Schutzbereich von Art. 14 I 1 GG ausschließlich auf zivilrechtlich wirksam erworbene Vermögenspositionen beschränkt und grundsätzlich – mit Blick auf die Wertersatzeinziehung (§ 73c StGB) – nicht auf das Vermögen als solches erweitert,303 297 Siehe insofern auch Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 104 ff., der Delikte nach dem BtMG, AWG, WpHG (siehe zur europäischen Beeinflussung etwa MüKo-StGB/Pananis, § 119 WpHG Rn. 25 ff.), ZAG (siehe zur europäischen Beeinflussung etwa Casper/Terlau, ZAG, § 63 Rn. 1) sowie die sogenannten Korruptionsdelikte und die Geldwäsche als solche bezeichnet, „die häufig Gegenstand gerichtlicher [Vermögensabschöpfungs-]Entscheidungen waren“. 298 Vgl. umfassend zum europäischen Einfluss auf das materielle Strafrecht Böse, ZJS 2019, 1, 6 ff. betreffend Terrorismusbekämpfung; ders., ZJS 2019, 85 ff. betreffend organisierter Kriminalität. 299 Vgl. statt vieler BeckOK-GG/Axer, Art. 14 Rn. 37. 300 Vgl. nur Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 343. 301 Vgl. BVerfGE 129, 79, 94. 302 Vgl. dazu S. 133. 303 Vgl. hierzu bereits S. 58.

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möchte ein Teil des Schrifttums304 auch zivilrechtlich unwirksam erworbene Vermögenspositionen – namentlich den (zivilrechtlichen) Besitz – sowie das Vermögen als solches vom Schutzbereich umfasst wissen. Der Sichtweise des BVerfG zufolge ist damit für einen Dieb (§ 242 StGB) der sachliche Schutzbereich aus Art. 14 I 1 GG nicht eröffnet, für einen Betrüger (§ 263 StGB) aber schon.305 Die angestellte Differenzierung des BVerfG überzeugt allerdings schon aus zwei Gründen nicht: Einerseits überlässt sie dem einfachen Recht über die Eröffnung des Grundrechtsschutzbereichs zu entscheiden.306 Andererseits macht sie die Eröffnung von Zufälligkeiten abhängig.307 Dies belegt die – seit jeher geführte und teils diffizile – Diskussion rund um die Abgrenzung von Diebstahl und (Sach-)Betrug.308 Schließlich zeigt die – vordergründig im Rahmen der Vermögensdelikte – geführte Diskussion rund um die Einbeziehung des unrechtmäßig erlangten Besitzes in den Schutzbereich der Vermögensdelikte,309 dass die §§ 858 ff. BGB, mithin das – auch vom BVerfG herangezogene – einfache Recht, dem unrechtmäßig erlangten Besitz einen gewissen Schutz zusprechen.310 Nach alledem überzeugt es mehr, auch zivilrechtlich unwirksam erworbene Vermögenspositionen in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie einzubeziehen, den rechtswidrigen Erwerb aber im Rahmen der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung – auf der Ebene der Angemessenheit im engeren 304

Siehe bereits S. 58. Vgl. zu diesem Einwand bereits Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 95: So kann eine täuschungsbedingt (§ 263 I StGB) erlangte Forderung oder die Erfüllung einer solchen Forderung zur (Rechts-)Inhaberschaft des Täters führen – freilich besteht für das Opfer die Möglichkeit der Anfechtung gem. § 123 I Var. 1 BGB, die aber erklärt werden muss (vgl. § 143 BGB), vgl. dazu auch MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 53, wonach die Verwirklichung des Betrugstatbestandes nicht immer gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit des täuschungsbedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts führt. Insbesondere muss gesondert untersucht werden, inwiefern das (strafrechtliche) Verbotsgesetz (auch) zur Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts führt, vgl. hierzu Stadler, BGB AT, § 26 Rn. 12 ff. 306 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 96; siehe ferner Lepsius, Besitz und Sachherrschaft, S. 90 und 92 f., wonach (1) eine zivilrechtliche Betrachtungsweise für das Verfassungsrecht nicht leitend sein kann, (2) das Verfassungsrecht zwischen Rechtspositionen differenzieren kann, die das Zivilrecht gleichbehandelt und (3) eine zu stark von zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverständnissen geprägte Argumentation im Rahmen von Art. 14 GG nicht zu überzeugen vermag; ähnlich auch Kingreen, Jura 2016, 390, 392 sowie SK-StGB/Wolters, § 73 Rn. 6 unter Hinweis auf Art. 18 GG. 307 Ähnlich Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 95. 308 Neuerdings zu dieser Einschätzung etwa Högel, Trickdiebstahl und Betrug, S. 21. 309 Vgl. zu dieser Diskussion etwa MüKo-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 508 f.; NKStGB/Kindhäuser, § 263 Rn. 239. 310 Vgl. etwa Rengier, StrafR BT I, § 13 Rn. 141; siehe ferner Lepsius, Besitz und Sachherrschaft, S. 90 f., der auch den (zivilrechtlich) unrechtmäßigen Besitz als verfassungsrechtliches Eigentum begreift, weil die Rechtsordnung tatsächliche Sachherrschaftsverhältnisse durch Normprägung (§§ 858, 861, 862 BGB) geschaffen hat. 305

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Sinne – hinreichend zu berücksichtigen.311 Schließlich ist es in der Sache wenig überzeugend, unterschiedliche grundrechtliche Maßstäbe bei der Einziehung des Originals und der Wertersatzeinziehung anzulegen, zumal zwischen der Einziehung des Originals und der Wertersatzeinziehung eine gewichtige Verbindung besteht: Ohne ein – zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat – erlangtes Etwas, kommt auch keine Einziehung des Wertersatzes in Betracht.312 Darüber hinaus soll gerade die (Einziehungs-)Anordnung zur Vollstreckung einer Geldleistungspflicht ermächtigen.313 Folglich ist das Vermögen als solches jedenfalls dann in den Schutzbereich von Art. 14 I 1 GG einzubeziehen, wenn eine Verknüpfung zwischen der konkreten Vermögensposition (Original) und dem Vermögen als solchem (Wertersatz des Originals) besteht. Eine solche Auffassung steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 1 1. ZP-EMRK. Nach Auffassung des Straßburger Gerichtshofs sind öffentlich-rechtliche Ansprüche, wie etwa Steuerzahlungen, von Art. 1 1. ZP-EMRK erfasst.314 Auch die Einziehung von Wertersatz gem. § 73c S. 1 StGB ist ein öffentlich-rechtlicher (Zahlungs-)Anspruch, bei dem der (Einziehungs-)Betroffene – wie auch der Steuerschuldner – einen (Zahlungs-) Betrag zu entrichten hat.315 bb) Inhalts- und Schrankenbestimmung oder Enteignung? Die Einziehung von Taterträgen greift damit bei Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten in das Eigentumsrecht aus Art. 14 I 1 GG ein. Dieser Eingriff bedarf der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung.316 Nahezu einhellig wird die strafrechtliche Vermögensabschöpfung als eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 I 2 GG und nicht als Enteignung i. S. v. Art. 14 III GG qualifiziert.317 Die wenigen Stimmen, die die strafrechtliche Vermögensabschöpfung als Enteignung qualifizierten,318 dürften spätestens mit dem Urteil des BVerfG

311

So Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 96. Vgl. hierzu Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 83. 313 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 97. 314 Vgl. hierzu nur Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 89 sowie Stern/Sachs-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 38 unter Verweis auf EGMR Nr. 11581/85 (Darby), Series A 187, Rn. 30 = NJW 1991, 1404. 315 Vgl. Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 82 und 84, der treffend von einem „Zahlungsanspruch des Staates gegen den Einziehungsadressaten“ spricht. 316 Vgl. statt vieler BeckOK-GG/Axer, Art. 14 Rn. 82 ff. 317 Vgl. neuerdings und mit zahlreichen Nachweisen Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 98 ff.; so schon Altenhain, Anschlußdelikt, S. 358; ferner bereits Julius, ZStW 109 (1997), 58, 89; siehe auch SK-StGB/Wolters, § 73 Rn. 6. 318 Hierzu neigt Lampe, JZ 1994, 123, 131. 312

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vom 6. Dezember 2016319 zur Vereinbarkeit der Dreizehnten Novelle des Atomgesetzes mit dem Grundgesetz verstummt sein. Im Rahmen dieser „Atomausstiegs-Entscheidung“ arbeitet das BVerfG heraus, dass die Enteignung eine Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder des sonst Enteignungsbegünstigten verlangt.320 Kurz: Der Güterbeschaffungsvorgang ist konstitutives Merkmal einer Enteignung i. S. v. Art. 14 III GG.321 Die Einziehung von Taterträgen entzieht dem Tatbeteiligten oder bösgläubigen Dritten zwar dessen – von Art. 14 I 1 GG – gewährleistete Rechtsposition vollständig, doch sollen die eingezogenen Gütern keiner bestimmten Aufgabe zugeführt werden.322 In den Worten des BVerfG hat der „Staat [. . .] kein originäres Interesse an der Beschaffung des betroffenen Gegenstands aus Gründen des Gemeinwohls [. . .]“.323 Schließlich, so das BVerfG, „entspricht [es] der grundsätzlichen Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 II GG), den Eigentumsentzug in solchen Fällen nicht als entschädigungspflichtige Enteignung zu qualifizieren, sondern als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die auch beim Entzug von Eigentum nur ausnahmsweise einen Ausgleich erfordert [. . .]“.324 Hier ist nicht der Ort, um auf das Für und Wider des Erfordernisses der Güterbeschaffung für die Annahme einer Enteignung einzugehen.325 Angemerkt sei aber zumindest, dass der Güterbeschaffungsvorgang als konstitutives Element der Enteignung eine pragmatische Unterscheidung zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung ermöglicht.326 Angemerkt sei zudem, dass eine exakte Unterscheidung – Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung – nur wenig in der Sache beiträgt. Dies zeigt die Figur der (ausnahmsweise) ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung.327 Selbst wenn man die Einziehung von Taterträgen bei Tatbeteiligten bzw. bösgläubigen Dritten – wie die herrschende Meinung – als Inhalts- und Schrankenbestimmung qualifiziert, könnte der Entzug der gewährleisteten Rechtsposition ausnahmsweise entschädigungspflichtig sein; dann spielt die Einordnung – Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung – auch keine wesentliche Rolle. Die hiesige Untersuchung geht im Folgenden – mit der 319

Vgl. BVerfG NJW 2017, 217 ff. Vgl. BVerfG NJW 2017, 217, 224 f. 321 Vgl. BVerfG NJW 2017, 217, 225; siehe hierzu ferner Paulus/Nölscher, Eigentum und Investitionsschutz nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg, S. 133, 145 f. 322 Vgl. hierzu auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 99. 323 BVerfG NJW 2017, 217, 225. 324 BVerfG NJW 2017, 217, 225. 325 Vgl. umfassend zur historischen Entwicklung des Enteignungsbegriffs Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 629 ff., insb. Rn. 633, wonach das BVerfG (NJW 2017, 217, 225) eine Rückkehr zum „klassischen Enteignungsbegriff“ vollzogen hat; vgl. umfassend zum Merkmal der Güterbeschaffung Lege, NJW 1993, 2565, 2567 ff. 326 So auch BVerfG NJW 2017, 217, 225. 327 Vgl. hierzu auch Froese, NJW 2017, 444, 445 f. 320

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herrschenden Auffassung – davon aus, dass die Einziehung von Taterträgen gegenüber Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten eine Inhalts- und Schrankbestimmung i. S. v. Art. 14 I 2 GG darstellt. Darauf, ob sie sich auch als ausnahmsweise entschädigungspflichtig erweist, ist sogleich einzugehen. (1) Die Verhältnismäßigkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen Das BVerfG erachtet in ständiger Rechtsprechung eine Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 I 2 GG) für verhältnismäßig, wenn der Gesetzgeber – unter verbindlicher Achtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes328 – mit ihr „die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers sowie die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis“ bringt.329 Der Gesetzgeber hat hierbei zu beachten, dass die Einschränkungen des Eigentumsrechts nicht weiter gehen dürfen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert.330 Hinzu kommt, dass die Inhalts- und Schrankenbestimmung „mit allen anderen Verfassungsnormen vereinbar“ sein muss.331 Die Einziehungsvorschriften haben demnach etwa den Art. 20 III GG abgeleiteten (Rechtsstaats-)Garantien zu entsprechen: dem Willkürverbot, dem Rückwirkungsverbot, dem Vertrauensgrundsatz, dem Gebot der Normenklarheit und Normenbestimmtheit sowie der Wesentlichkeitstheorie.332 Pointiert: Die Einziehungsvorschriften (§§ 73 ff., 75 ff. StGB) müssen ein legitimes Ziel verfolgen, geeignet und erforderlich sein, um dieses Ziel zu erreichen, verhältnismäßig im engeren Sinne, mithin angemessen, sowie konform mit sonstigen Verfassungsprinzipien sein.333 (a) Legitimer Zweck Das – vom BVerfG schon zur alten Rechtslage herausgearbeitete und vom Reformgesetzgeber bestätigte – legitime Ziel der Einziehung von Taterträgen liegt darin, eine Störung der Vermögensordnung zu beseitigen und so der materiellen Rechtsordnung Geltung zu verschaffen.334 Bezweckt wird also primär eine (strafrechtlich verursachte) irreguläre Vermögensverschiebung zu beseitigen.335 328 Vgl. neuerdings zum Grundsatz (und Umgang mit dem Grundsatz) der Verhältnismäßigkeit Michaelis, JA 2021, 573 ff. 329 BVerfG NJW 2004, 2073, 2078 m.w. N. 330 Vgl. BVerfG NJW 2004, 2073, 2078 m.w. N. 331 Vgl. BVerfG NJW 2004, 2073, 2078 unter Rekurs auf BVerfGE 14, 263, 278, wo ausdrücklich die „Prinzipien der Rechts- und Sozialstaatlichkeit“ genannt werden. 332 Vgl. zu diesen Brodowski, JuS 2012, 892; siehe ferner Hömig/Wolff-GG/Antoni, Art. 14 Rn. 7; Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 439. 333 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 100; Julius, ZStW 109 (1997), 58, 89. 334 Vgl. insofern bereits S. 35 sowie BVerfG NJW 2004, 2073, 2078; vgl. zudem BT-Drs. 18/9525, S. 45 auf diese Rechtsprechung abstellend. 335 Siehe insofern bereits 1. Teil Fn. 122.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

Die damit einhergehenden Abschreckungswirkung an die Allgemeinheit ist nur ein Reflex dieser primären Zielsetzung.336 (b) Geeignet- und Erforderlichkeit An der Geeignet- und Erforderlichkeit der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zur Erreichung dieses (gemeinschaftlichen) Ziels werden zwar in der Literatur teils Bedenken erhoben, da empirisch nicht gesichert sei, dass die strafrechtliche Vermögensabschöpfung eine Abschreckungswirkung erziele, jedoch darf nicht übersehen werden, dass ebenso wenig ihre Unwirksamkeit (empirisch) belegt ist.337 Der primäre Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung liegt aber nicht in der Abschreckungswirkung, sondern in der Beseitigung einer strafrechtswidrig zustande gekommenen Vermögensverschiebung. Dass die strafrechtliche Vermögensabschöpfung zur Erreichung des primären Zwecks geeignet und erforderlich ist, dürfte außer Frage stehen. Die (vom Gesetzgeber durchaus gewünschte) Abschreckungswirkung ist hingegen nur ein Reflex dieser primären Zwecksetzung. Auf ihre Geeignet- und Erforderlichkeit kommt es insofern nicht an. Im Übrigen wird dem Gesetzgeber ein weitreichender Beurteilungsspielraum eingeräumt: die Geeignet- und Erforderlichkeit sind nur eingeschränkt überprüfbar.338 (c) Angemessenheit Die höchste (und entscheidende) Hürde, die zu nehmen ist, um der Verhältnismäßigkeitsprüfung Stand zu halten, ist jene der Angemessenheit.339 In diesem Zusammenhang stellt das BVerfG – bei der Eigentumsgarantie (Art. 14 I 1 GG) – primär Vertrauensschutzerwägungen an.340 In den Worten des BVerfG wird „das Vertrauen in die Verläßlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte [geschützt]“.341 Es geht also zuvörderst um die Kontinuität erworbener Rechtspositionen.342 336

Vgl. bereits S. 35. Vgl. zur Diskussion Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 159; siehe auch Sotiriadis, Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 140: „Die empirische Absicherung der Abschreckungswirkung gewinnabschöpfender Maßnahmen bleibt noch aus.“ 338 Vgl. dazu bereits BVerfG NJW 2004, 2073, 2078; siehe zudem Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 158 ff.; siehe dazu, dass die Geeignet- und Erforderlichkeit nur eingeschränkt überprüfbar sind, Julius, ZStW 109 (1997), 58, 91. 339 Ähnlich Serafin, Vermögensabschöpfung, S. 160; siehe auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 104 ff. 340 Vgl. hierzu ausführlich Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 440 ff. 341 BVerfGE 36, 281, 293. 342 So Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 440. 337

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

69

Übertragen auf das Vermögensabschöpfungsrecht stellen sich mithin zwei Fragen. Zunächst jene, ob das Vertrauen von Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten, die etwas durch oder für eine Tat erlangt haben, überhaupt schutzwürdig ist (sog. Bestandsschutz). Sodann jene, ob getätigte Aufwendungen auf das erlangte Etwas einen Vertrauensschutz erzeugen bzw. genießen (sog. Investitionsschutz343). Erst dann, wenn feststeht, dass überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen besteht, kann eine sinnvolle Prüfung der Angemessenheit, die eine Abwägung der gegensätzlichen Belange erfordert, vorgenommen werden. (d) Das schutzwürdige Vertrauen von Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten Unbestritten ist, dass Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten, die durch oder für eine Tat bzw. im Fall des Dritten durch eine Übertragung des Erlangten etwas erlangt haben, kein nennenswertes schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich des erlangten Etwas zuzusprechen ist: Das Erlangte ist in diesen Fällen strafrechtlich bemakelt und erzeugt aufgrund der Bösgläubigkeit diesbezüglich einen nur eingeschränkten – schwachen – Eigentumsschutz.344 An dieser Stelle überwiegt – da schon kein relevanter, abstrakt gleichwertiger Gegenposten ersichtlich ist – das legitime Ziel, die unrechtmäßig erfolgte Vermögensverschiebung zu korrigieren. Weniger eindeutig lässt sich hingegen die Frage beantworten, ob Investitionen von Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten auf das Erlangte schützenswert sind. Dies belegt schon die Diskussion rund um das Netto- und Bruttoprinzip. Man kommt an dieser Stelle nicht umhin, die bereits dargestellten bereicherungsrechtlichen Wertungen, die für das Öffentliche Recht – namentlich den öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch – modifiziert wurden, in die Bewertung einfließen zu lassen. Während im Zivilrecht nur bei positiver Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes der Vertrauensschutz – namentlich die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung – versagt wird, ist das Vertrauen im Öffentlichen Recht bereits aufgrund von grob fahrlässiger Unkenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit nicht schutzwürdig.345 Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei bestehendem Subordinationsverhältnis der Bürger nur einen geringeren Vertrauensschutz hinsichtlich seiner getätigten Investitionen genießt. Hat der Einziehungsbetroffene positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der strafrechtlichen Bemakelung seines Erwerbs, so überlagert das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung einer gesetzmäßigen Vermögenslage das private Vertrauensschutzinteresse.

343

Dazu Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 444. Vgl. bereits Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 104 f.: „wenig gefestigtes Eigentumsrecht“. 345 Vgl. hierzu bereits S. 53 ff. 344

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

(e) Ausnahmsweise ausgleichspflichtige Inhaltsund Schrankenbestimmung? Indes könnte es sich bei der Einziehung von Taterträgen um eine ausnahmsweise ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung handeln. Das BVerfG hat in seiner Atomausstiegs-Entscheidung obiter dictum ausgeführt, dass mit der Güterbeschaffung als konstitutives Enteignungsmerkmal „[. . .] zudem die in der Sache unstreitige grundsätzliche Entschädigungslosigkeit von Einziehung, Verfall oder Vernichtung [. . .] beschlagnahmter Güter nach straf- und polizeirechtlichen Vorschriften erklärt werden [kann]“.346 Die Ausführungen des BVerfG dürfen an dieser Stelle nicht missverstanden werden; Ausnahmen erkennt das Gericht nämlich an, indem es sich des Wortes „grundsätzlich“ bedient. Das BVerfG ließ sich wohl von der Überlegung leiten, dass die Einziehung (auch von Taterträgen) gegenüber Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten, weil diese keinen Vertrauensschutz genießen, entschädigungslos ist, während sie gegenüber gutgläubigen Dritten, weil diese einen Vertrauensschutz genießen, entschädigungspflichtig ist. Wie die Diskussion rund um die Höhe der Entschädigung im Rahmen der Enteignung (Art. 14 III 2 GG) zeigt, hat sich die Entschädigung aber gerade nicht stets am Verkehrswert der entzogenen Vermögensposition zu orientieren.347 Vielmehr statuiert Art 14 III 2 GG ein – an den Gesetzgeber gerichtetes – Abwägungsgebot, wonach sich sowohl die Art als auch die Höhe der Entschädigung – unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten – zu bestimmen haben.348 All diese Grundsätze lassen sich unproblematisch auch auf die ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung übertragen, zumal es sich bei dieser um eine Enteignung „light“ 349 handelt. Im Rahmen dieser gebotenen Abwägung spielt der rechtswidrige Erwerb eine Rolle und suspendiert eine Ausgleichspflicht – bei Bösgläubigkeit, mithin bei Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten – völlig.350 Mit anderen Worten: Die Investitionen von Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten sind verfassungsrechtlich nicht schutzwürdig. (2) Ergebnis Bevor man den §§ 73 ff., 75 ff. StGB einen unverhältnismäßigen Eingriff in Art. 14 I 1 GG attestiert, muss geprüft werden, ob und inwieweit das strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht das öffentliche Interesse an der Wiederher346

BVerfG NJW 2017, 217, 225. Vgl. hierzu Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 702 f. 348 Vgl. Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 699. 349 So Froese, NJW 2017, 444. 350 So im Ergebnis auch – freilich, ohne auf die Frage der ausnahmsweise ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung einzugehen – Altenhain, Anschlußdelikt, S. 360 sowie Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 105 f. 347

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

71

stellung einer gesetzmäßigen Vermögenslage und das private Vertrauensschutzinteresse in ein interessengerechtes Verhältnis bringt. Der Rechtsanwender hat hierbei besonders zu beachten, dass Tatbeteiligte und bösgläubige Dritte keinen Vertrauensschutz – und zwar weder Bestands- noch Investitionsschutz – genießen. Für die Auslegung des einfachen Rechts ist damit im Hinterkopf zu behalten, dass eine Regelung erst dann unangemessen, mithin verfassungswidrig und damit nichtig ist, wenn eine verfassungskonforme Auslegung nicht in Betracht kommt.351 Die Auslegung kann die Vorschrift(en) nämlich vor der Verfassungswidrigkeit bewahren. b) Die Einziehung von Taterträgen bei gutgläubigen Dritten (Art. 17 GRCh) Die Einziehung von Taterträgen bei gutgläubigen Dritten ist primär an den Unionsgrundrechten – namentlich an Art. 17 GRCh – zu messen. Im Gegensatz zu Art. 14 GG schränkt Art. 17 GRCh – bereits dem Wortlaut nach – den Schutzbereich des Eigentumsrechts auf „rechtmäßig erworbene“ Positionen ein.352 Im Schrifttum ist vor diesem Hintergrund umstritten, ob aus Straftaten erlangte Vermögenspositionen den europäischen Eigentumsschutz genießen.353 Während zwei Auffassungen nach dem Entweder-oder-Prinzip verfahren, sprich solche generell aus dem Schutzbereich herausnehmen354 bzw. solche stets in den Schutzbereich einbeziehen355, differenziert eine dritte Ansicht danach, ob „das strafrechtlich relevante Verhalten auch auf die Wirksamkeit des zivilrechtlichen Erwerbsvorgangs durchschlägt“.356 Damit genießt etwa ein Straftäter, der das Eigentum an einer Sache betrügerisch erlangt hat, den Schutz aus Art. 17 GRCh, wohingegen der Dieb, der jedenfalls aufgrund von § 935 BGB kein Eigentum erwerben kann, keinen europäischen Grundrechtsschutz genießt.357 Die dritte Ansicht überträgt damit gewissermaßen die Rechtsprechung des BVerfG zum erweiterten Verfall, wonach der Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG bei zivilrechtlich unwirksam erworbener Vermögenspositionen schon nicht eröffnet sein soll, auf das europäische Recht. Sowohl gegen jene Auffassung, die aus Straftaten erlangte Vermögenspositionen den Schutz aus Art. 17 GRCh versagen möchte, als auch gegen jene, die die Eröffnung des Schutzbereichs vom einfachen Recht –

351

Vgl. schon S. 53. Vgl. Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 98. 353 Vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2880 ff.; Sachs/Stern-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 51. 354 So Sachs/Stern-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 51. 355 So Rengeling/Szczekalla, Grundrechte in der EU, Rn. 808. 356 So etwa Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2881 f. und Jarass, NVwZ 2006, 1089, 1090 f. 357 Vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2881 f. 352

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

scil. der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Erwerbs – abhängig machen möchte, sprechen gewichtige Gründe. Gegen die erste Auffassung lässt sich bereits anführen, dass sie selbst (einfachrechtlich) wirksam erworbenes Eigentum – wie das Beispiel des Betrügers zeigt – von vornherein aus dem Schutzbereich ausnimmt und damit dem Verhältnis zwischen europäischem Eigentumsgrundrecht und nationalem Normunterbau zuwiderläuft.358 Gegen die differenzierende Ansicht spricht hingegen der Umstand, dass damit das einfache nationale Recht über die Eröffnung des europäischen Grundrechtsschutzbereichs entscheidet.359 Darüber hinaus macht sie die Eröffnung des Schutzbereichs von Zufälligkeiten abhängig. Dies belegt die angesprochene Diskussion rund um die Abgrenzung von Diebstahl (dann keine Eröffnung des Schutzbereichs) und Betrug (Eröffnung des Schutzbereichs).360 Im Ergebnis vermag nur diejenige Auffassung zu überzeugen, die pauschal alle Vermögenspositionen – also auch und gerade den (zivilrechtlichen) Besitz an einer Sache – in den Schutzbereich des Art. 17 GRCh einbezieht und den strafrechtlichen Erwerb der Vermögensposition erst bei der Abwägung der entgegenstehenden Belange hinreichend berücksichtigt.361 Darüber hinaus ist auch die Wertersatzeinziehung gegenüber gutgläubigen Dritten an Art. 17 GRCh zu messen. So hat der EuGH zwar in der Rechtssache Zuckerfabrik Süderdithmarschen362 das Vermögen als solches nicht dem Schutz der Eigentumsgarantie unterworfen,363 doch tat er es in der Rechtssache Faroe Seafood 364.365 Zudem misst auch der EGMR Geldleistungspflichten am Eigentumsrecht.366 Gemäß Art. 52 III 1 GRCh haben die Grundrechte der Charta aber die „gleiche Bedeutung und Tragweite“ wie die entsprechenden Gewährleistungsrechte der EMRK – mithin auch wie die Eigentumsfreiheit.367

358

Insofern Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2883 zustimmend. Vgl. dazu bereits S. 64. 360 Vgl. S. 64. 361 Vgl. bereits S. 65; siehe ferner Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2883: „Dass eine Eigentumsposition im Rahmen einer Straftat erworben wurde, kann im Übrigen im Rahmen der Entschädigung Berücksichtigung finden.“ Frenz (Handbuch Europarecht, Rn. 2882) qualifiziert aber den bloßen Besitz (des Diebes) nicht als Eigentumsposition i. S. v. Art. 17 GRCh. 362 Vgl. EuGH, JZ 1992, 36, 38 f. (mit krit. Anm. Gornig, JZ 1992, 39, 41). 363 Vgl. aber Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2856 f., wonach das Urteil Zuckerfabrik Süderdithmarschen unterschiedlich bewertet wird. 364 Vgl. EuGH, Rs. C-153 u. 204/94, Slg. 1996, I-2465. 365 Vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2857; a. A. aber Sachs/Stern-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 52. 366 Vgl. hierzu bereits S. 65. 367 Vgl. zur Funktion der EMRK und Rechtsprechung des EGMR als „Mindestschutzstandard“ und „sehr gewichtige Rechtserkenntnisquelle“ GRCh/Jarass, Art. 52 Rn. 63 f.; wie hier und mit umfassender Begründung Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2859 ff. 359

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

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aa) Nutzungsregelung oder Eigentumsentziehung Indes ist fraglich, ob nach europäischem Verständnis die Einziehung von Taterträgen eine Nutzungsregelung oder Eigentumsentziehung darstellt. Der EuGH hat sich hierzu noch nicht explizit geäußert. Auch in einer neuen Entscheidung, die sich zwar nicht mit der Einziehung von Taterträgen, aber mit der Einziehung von Tatwerkzeugen beschäftigt,368 grenzt der EuGH nicht ausdrücklich zwischen Nutzungsregelung und Eigentumsentziehung ab. Gleichwohl wählt er aber – im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung – die folgenden Worte: „In Anbetracht des erheblichen Eingriffs in die Rechte des Einzelnen, der sich aus der Einziehung von Vermögensgegenständen, nämlich der endgültigen Entziehung des Eigentumsrechts an diesen Vermögensgegenständen, ergibt, stellt eine solche Einziehung gegenüber einem gutgläubigen Dritten, der nicht wusste und nicht wissen konnte, dass sein Vermögensgegenstand für die Begehung einer Straftat verwendet wurde, im Hinblick auf den verfolgten Zweck einen unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff dar, der dessen Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antastet.“ 369

Der EuGH spricht ausdrücklich von endgültiger Entziehung sowie einer Antastung des Eigentumsrechts in seinem Wesensgehalt. Damit liegt eine Qualifikation der Einziehung von Tatwerkzeugen als Eigentumsentziehung zumindest nahe. Indes geriet ein solches Verständnis der Rechtsprechung des EuGH in Konflikt mit der Rechtsprechung des EGMR. Der Straßburger Gerichtshof qualifiziert – wie auch das BVerfG – die Entziehung eines Gegenstands aus Gründen der Verletzung von strafrechtlichen Vorschriften als Regelung zur Nutzung des Eigentums.370 Der EuGH darf zwar den europäischen Grundrechten – aufgrund der Vorschrift des Art. 52 III 2 GRCh – gegenüber der Konvention einen weitergehenden Schutz gewähren.371 Da aber auch das europäische Recht die Figur einer ausgleichspflichtigen Nutzungsregelung kennt,372 ist – im Hinblick auf die Frage nach dem Bestands- und Investitionsschutz – die Einordnung als Entziehung oder Nutzungsregelung ohne wesentliche Relevanz. Um aber letztlich den nationalen, europäischen und internationalen Grundrechtsstandard zu vereinheitlichen,373 sprechen die besseren Argumente für eine Qualifikation der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung als Nutzungsregelung i. S. v. Art. 17 I 3 GRCh.374

368

Vgl. EuGH, Rs. C-393/19, Slg. 2021. Vgl. EuGH, Rs. C-393/19, Slg. 2021 (Hervorhebungen nur hier). 370 Vgl. hierzu Sachs/Stern-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 75 unter Verweis auf EGMR Nr. 9118/80 (AGOSI), Series A 108, Rn. 47 ff. sowie Jarass, NVwZ 2006, 1089, 1092, der die Rechtsprechung des EGMR auf Art. 17 GRCh überträgt. 371 Vgl. GRCh/Jarass, Art. 52 Rn. 62 mit weiteren Nachweisen. 372 Vgl. GRCh/Jarass, Art. 17 Rn. 41; Frankfurter Kommentar/Kühling, Art. 17 GRCh Rn. 31; siehe zur Diskussion auch Sachs/Stern-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 41. 373 Siehe insofern schon Thym, JZ 2015, 53 ff., insb. 57: „Vereinigt die Grundrechte!“ 374 So im Ergebnis auch Frenz, Handbuch Europarecht, Rn. 2961. 369

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

bb) Die Verhältnismäßigkeit von Nutzungsregelungen unter besonderer Berücksichtigung von Vertrauensschutzerwägungen Jede Nutzungsregelung hat den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren.375 Dies erfordert zunächst die Feststellung, ob mit der Einziehung von Taterträgen ein legitimer Zweck verfolgt wird. Ausweislich des Art. 52 I 2 GRCh kommt nur eine dem Gemeinwohl dienende und von der Union anerkannte Zielsetzung in Betracht.376 An dieser Stelle ist zwar diskutabel, ob auf die Ziele des nationalen Umsetzungsrechts oder die Ziele der Richtlinie abzustellen ist. Indes bedarf die Diskussion hier keiner Streitentscheidung, da sich die nationalen und europäischen Ziele decken: Auch die Einziehungsrichtlinie bezweckt in erster Linie eine Korrektur strafrechtswidrig verursachter Vermögensverschiebungen; freilich beschränkt auf die – grenzüberschreitend operierende – organisierte Kriminalität.377 Diese Zielsetzung wird von der Union ausdrücklich in den Art. 82 ff. AEUV anerkannt.378 Wie auf der Ebene des nationalen Verfassungsrechts, bedarf es auch auf europäischer Ebene einer gesetzlich, hinreichend bestimmten und verhältnismäßigen 375

Vgl. statt vieler GRCh/Jarass, Art. 17 Rn. 34. Vgl. GRCh/Jarass, Art. 17 Rn. 33. 377 Vgl. ErwGr (1), (2) und (3). 378 Der Deutsche Richterbund leugnet demgegenüber in einer Stellungnahme vom April 2017 (Nr. 13/17) – freilich die Einziehungsverordnung betreffend – eine Gesetzgebungskompetenz der EU für vermögensabschöpfende Maßnahmen, sofern diese zivilrechtlich ausgestaltet sind. Für den Begriff des Strafrechts i. S. v. Art. 82 AEUV, so der Deutsche Richterbund, genügt es nicht, dass eine Straftat die vermögensabschöpfende Maßnahme auslöst. Vielmehr müsse die vermögensabschöpfende Maßnahme ihrerseits Strafcharakter haben, damit eine Gesetzgebungskompetenz der EU angenommen werden kann. Ungeachtet der Tatsache, dass der Begriff des Strafrechts i. S. v. Art. 82 AEUV autonom auszulegen ist, belegt doch gerade das nationale Verständnis von Strafrecht i. S. v. Art. 74 I Nr. 1 GG, dass die Gesetzgebungskompetenz nicht zwingend auf den Erlass von „Straftatbeständen“ (und „Strafe“ im „klassischen Sinne“) beschränkt sein muss; vielmehr sind von der Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 I Nr. 1 GG alle Rechtsfolgen umfasst, die im Zusammenhang mit einer Straftat stehen (vgl. hierzu, allerdings zugleich kritisch, Appel, Verfassung und Strafe, S. 216 mit Rechtsprechungsnachweisen [vgl. etwa BVerfGE 68, 319, 328]). Der Begriff des Strafrechts i. S. v. Art. 74 I Nr. 1 GG ist insofern „weiter“ zu verstehen als der Begriff „Strafe“ (siehe nur BVerfG NJW 2013, 3151, 3152). Anders gewendet: Aus dem Verständnis von „Strafrecht“ (i. S. v. Art. 74 I Nr. 1 GG) lassen sich keine Rückschlüsse auf den Begriff „Strafe“ ziehen und umgekehrt (so letztlich auch BVerfGE 109, 133, 170; NJW 2013, 3151, 3152; SachsGG/Degenhart, Art. 74 Rn. 10). Weshalb auf europäischer Ebene nun ein anderer Maßstab gelten soll, begründet der Deutsche Richterbund nicht. M. E. bestehen – angesichts der vorherigen (nationalen) Erwägungen – auch keine Bedenken hinsichtlich der unionsrechtlichen Gesetzgebungskompetenz für den Erlass der Einziehungsrichtlinie und Einziehungsverordnung, i. E. wie hier wohl auch Burchard, Gegenseitige Anerkennung, S. 93 ff., der ein weites Verständnis von Strafsache i. S. v. Art. 82 AEUV befürwortet, vgl. insofern sein Fazit auf S. 172: „Eine Strafsache liegt regelmäßig vor, wenn es sich um eine Hoheitsmaßnahme handelt, die durch eine Straftat im Entscheidungsmitgliedsstaat veranlasst wird oder auf deren Verhütung zielt; [. . .].“ 376

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

75

Eingriffsgrundlage.379 Im Rahmen der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung ist dabei ein Vergleich zwischen der Schwere des Nachteils für den „enteigneten“ 380 Eigentümer und dem Vorteil für die Allgemeinheit vorzunehmen.381 Hierbei spielen auf europäischer Ebene ebenfalls Vertrauensschutzerwägungen eine erhebliche Rolle.382 Insofern sei auf die obigen Ausführungen zum nationalen Verfassungsrecht verwiesen: Der gutgläubige Drittbegünstigte genießt grundsätzlich sowohl Bestands- als auch Investitionsschutz.383 Mit anderen Worten: Da dem gutgläubigen Dritten nicht einmal (grob) fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist, besteht grundsätzlich ein schutzwürdiges Vertrauen sowohl im Hinblick auf das Erlangte selbst als auch im Hinblick auf getätigte Investitionen. cc) Notwendigkeit einer „doppelten Abwägung“ Im Folgenden bedarf es also einer „doppelten Abwägung“ der gegenseitigen, schutzwürdigen Interessen. Vereinfacht: Zunächst muss der Frage nachgegangen werden, ob das Erlangte selbst beim gutgläubigen Dritten eingezogen werden darf. Bejahendenfalls muss die Frage aufgeworfen werden, ob getätigte Investitionen des gutgläubigen Dritten Beachtung finden müssen. (1) Einziehung des Erlangten bei gutgläubigen Dritten Der Eingriff in das Eigentumsrecht des gutgläubigen Dritten wiegt schwer – ihm wird das europaverfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum vollständig entzogen. Demgegenüber ist das legitime Ziel, eine irreguläre – strafrechtswidrig zustande gekommene – Vermögensverschiebung zu korrigieren, überragend wichtig. Ohne Vermögensabschöpfungsmaßnahmen auch gegenüber (gutgläubigen) Dritten würde das legitime Ziel, den irregulären Vermögenszustand zu beseitigen, praktisch nie erreicht werden können, da Tatbeteiligte ihre Beute stets bei tatunbeteiligten Dritten unterbringen würden.384 Hinzu kommt, dass die, in den europäischen Rechtsordnungen anerkannte,385 herabgesetzte Schutzwürdigkeit 379

Vgl. statt vieler hierzu GRCh/Jarass, Art. 17 Rn. 32 ff. Gemeint ist hiermit lediglich, dass dem Adressaten die Rechtsposition vollständig entzogen wird. 381 Vgl. GRCh/Jarass, Art. 17 Rn. 36. 382 Siehe insofern Frankfurter Kommentar/Kühling, Art. 17 GRCh Rn. 42 auch unter Hinweis auf den Investitionsschutz. 383 Siehe dazu S. 69 f. 384 Siehe hierzu auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 102, der aber die generalpräventive Aussage, „Verbrechen lohnt sich nicht“, als das eigentliche legitime Ziel der Vermögensabschöpfung benennt. 385 Vgl. Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich II, S. 310 ff. zum rechtsgrundlosen Erwerb (anders hier überwiegend das deutsche Schrifttum, vgl. dazu bereits S. 41) und S. 313 ff. zum unentgeltlichen Erwerb (anders hier vereinzelt das französische und spanische Recht: unentgeltlicher Erwerber nicht zwingend weniger schutzwürdig). 380

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

des unentgeltlichen und rechtsgrundlosen Erwerbers auch im europäischen Verfassungsrecht seine Fortsetzung finden muss. Insgesamt fällt die gebotene Abwägung hinsichtlich des Erlangten – sowohl beim unmittelbaren (vgl. § 73b I 1 Nr. 1 StGB) als auch beim unentgeltlichen und rechtsgrundlosen Erwerb (vgl. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB) – auch hier zugunsten des legitimen Ziels aus. (2) Berücksichtigung von Investitionen des gutgläubigen Dritten Indes müssen getätigte Investitionen des gutgläubigen Dritten auf das Erlangte selbst sowie – im Fall des § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB – jene, die den Erwerb des Erlangten überhaupt ermöglicht haben, bei der Vermögensabschöpfung berücksichtigt werden, um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu wahren.386 Gerade im Fall des rechtsgrundlosen, aber entgeltlich-gutgläubigen Erwerbs drängt sich dies besonders auf. Die Einziehung des Erworbenen – ohne Ausgleichszahlung – würde eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen: Der Dritte würde in einem solchen Fall nämlich (ggfs.) „doppelt“ auf seinen Investitionen sitzen bleiben. Während der Staat das entgeltlich Erworbene beim Dritten einzieht, müsste dieser seine getätigte Investition (Entgeltlichkeit) erst vom Verschiebenden erstreiten. Berücksichtigt man hier zudem Insolvenzrisiken, kann das legitime Ziel der Vermögensabschöpfung hier nur gegen Entschädigung erreicht werden, damit die Maßnahme gegenüber dem gutgläubigen Dritten nicht das Verdikt der Unverhältnismäßigkeit trifft. dd) Ergebnis Eine Auslegung der Einziehungsvorschriften hat mithin insbesondere zu beachten, dass die Einziehung des Tatertrags beim gutgläubigen Drittbegünstigten – aufgrund seines schutzwürdigen Vertrauens und sofern Investitionen getätigt wurden – nur gegen eine Entschädigung möglich ist. Ob die §§ 73 ff. StGB eine solche vorsehen bzw. aufgrund einer europarechtskonformen Auslegung vorsehen müssen,387 wird der weitere Verlauf der Untersuchung zeigen.

VI. Die Einziehung von Taterträgen und die Erbrechtsgarantie aus Art. 14 I 1 Var. 2 GG bzw. aus Art. 17 I GRCh Bislang wurde die Erbrechtsgarantie – speziell in Art. 14 I 1 Var. 2 GG, allgemein in Art. 17 I GRCh gewährleistet388 – im Vermögensabschöpfungsrecht nicht 386 Überzeugend mit Blick auf Art. 14 I 1 GG Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 107 ff. 387 Vgl. allgemein zur europarechtskonformen Auslegung Wank, Methodenlehre, § 9 Rn. 106 ff. 388 Vgl. GRCh/Jarass, Art. 17 Rn. 14, wonach jedenfalls das Vererben geschützt ist; die Anwartschaft des Erben aber nur, „wenn sie ausreichend gesichert ist“; vgl. ferner Sachs/Stern-GRCh/Vosgerau, Art. 17 Rn. 55 zur streitigen Diskussion an der Stelle.

§ 2 Grundlagen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

77

berücksichtigt. Die Einziehung von Taterträgen kann aber durchaus die Erbrechtsgarantie antasten.389 Denkbar sind grundsätzlich zwei Konstellationen: Einerseits kann ein Tatbeteiligter oder Dritter durch die Tat – nämlich durch die Tötung des Erblassers – Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer geworden sein (vgl. § 73 I Var. 1 und § 73b I 1 Nr. 1 StGB, sofern ein Tatbeteiligter für den Dritten gehandelt hat).390 Andererseits kann sich die Einziehung von Taterträgen auch gegen den Erben, Pflichtteilsberechtigten oder Vermächtnisnehmers eines Tatbeteiligten, dem das zuvor durch oder für eine Tat erlangte Etwas zugeflossen ist, richten (sogenannter Erbfall, vgl. § 73b I 1 Nr. 3a und b StGB).391 In beiden Konstellationen hat der Rechtsanwender zwingend zu beachten, dass (jedenfalls national) verfassungsrechtlich (auch) der zivilrechtliche Erbvorgang geschützt ist.392 Das Vermögensabschöpfungsrecht hat insofern stets die zivilrechtlichen Wertungen – namentlich die Erbschaftsanfechtung (§§ 2078 ff. BGB) und -ausschlagung (§ 1942 BGB) – zu berücksichtigen.393

VII. Die Einziehung von Taterträgen im Gewand der Einziehungsrichtlinie Darauf, dass der Anwendungsbereich der Einziehungsrichtlinie in den meisten vermögensabschöpfungsrelevanten Fallkonstellationen eröffnet ist, wurde bereits hingewiesen. Daraus folgt, dass eine Auslegung des nationalen Einziehungsrechts nicht nur nationale und europäische Grundrechte im Rahmen der verfassungsbzw. europarechtskonformen Auslegung, sondern – darüber hinaus – auch die Richtlinienbestimmungen im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung zu berücksichtigen hat. Auch die richtlinienkonforme Auslegung ist verpflichtend.394

389

Vgl. hierzu Zivanic, ZWH 2021, 113 ff., insb. 115 f. Siehe dazu BGH ZWH 2021, 123 f. 391 Siehe dazu bereits S. 40 ff. 392 Vgl. Dürig/Herzog/Scholz-GG/Papier/Shirvani, Art. 14 Rn. 408, wonach das Grundgesetz unter Erbrecht auch den einfachrechtlichen Normenkomplex versteht, der sich mit der Rechtsnachfolge aus Anlass des Todes befasst. Zugegebenermaßen entscheidet auch hier – vergleichbar der Rechtsprechung zur Eigentumsgarantie – gewissermaßen das einfache Recht darüber, was von der Erbrechtsgarantie geschützt ist. Indes konnte gezeigt werden, dass etwa der (berechtigte oder unberechtigte) Besitz selbst unter Zugrundelegung des einfachen Rechts (§§ 858 ff. BGB) einen gewissen Schutz genießt, so dass selbst nach dieser Sichtweise der (berechtigte oder unberechtigte) Besitz vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst ist. Da die Vorschriften über die Erbschaftsanfechtung (§§ 2078 ff. BGB) und -ausschlagung (§ 1942 BGB) gerade (potentielle) Erben schützen, sie mithin nicht vom Schutzbereich der Erbrechtsgarantie ausnehmen, besteht insofern auch kein Widerspruch zu der im Rahmen der Eigentumsgarantie vertretenen Auffassung. 393 Vgl. Zivanic, ZWH 2021, 113, 116. 394 Vgl. Höpfner/Schneck, AL 2020, 201, 206; siehe allgemein zur richtlinienkonformen Auslegung im Strafrecht Hecker, JuS 2014, 385 ff. 390

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

Ihre Verpflichtung folgt bereits aus Art. 288 III AEUV, resultiert jedenfalls aber aus der Unionsfreundlichkeit des Grundgesetzes.395

§ 3 (Ein) Stufenmodell der Gesetzesanwendung Die Auslegung des strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsrechts hat nicht nur höherrangiges Recht zu beachten. Angesichts der zum Bereicherungsrecht aufgezeigten Parallele und teilweise identischen Wortwahl bedarf es fernerhin der Untersuchung, ob die bereicherungsrechtlichen Begrifflichkeiten im Einziehungsrecht zivilrechtsakzessorisch oder strafrechtsautonom zu verstehen sind. Klar dürfte sein: Gerade ein zivilrechtsakzessorisches Begriffsverständnis396 öffnet die Tür zur Diskussion der Fremdrechtsanwendung im Strafrecht.397 Grundsätzlich sind strafrechtliche Begrifflichkeiten – namentlich solche aus dem StGB – strafrechtsautonom auszulegen.398 Rechtsbegriffe sind nämlich relativ zu verstehen.399 Insofern können selbst identische Begrifflichkeiten innerhalb des StGB unterschiedliche Bedeutungen aufweisen.400 Im Endeffekt handelt es sich dabei um ein Auslegungsergebnis anhand der Auslegungskanones. Mit anderen Worten: Eine Begriffsspaltung ist zulässig, wenn und soweit sie methodisch eine Rechtfertigung erfährt.401 Daran vermag auch die „Einheit der Rechtsord395

Vgl. Höpfner/Schneck, AL 2020, 201, 206. Mit dem Begriff „zivilrechtsakzessorisches Begriffsverständnis“ ist die Feststellung Cornils’ (Fremdrechtsanwendung, S. 10) angesprochen, wonach von Akzessorietät die Rede ist, „wenn das Strafrecht einzelne Rechtsbegriffe aus anderen Rechtsgebieten übernimmt bzw. ausdrücklich auf sie verweist oder sonst ihre Berücksichtigung voraussetzt“; vgl. zudem zur „Begriffsakzessorietät“ des Umweltstrafrechts Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 19 mit Fn. 23. Dort, so Felix, sei „die begriffliche Akzessorietät nur eine scheinbare, d. h. trotz gleichlautender Begriffe sind verschiedene Inhalte gemeint [. . .]“. 397 Vgl. umfassend und allgemein zur Fremdrechtsanwendung im Strafrecht Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 39 ff.; Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704 ff.; ansonsten findet lediglich bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 7 StGB eine Fremdrechtsanwendung im Strafrecht statt, vgl. dazu MüKo-StGB/Ambos, § 7 Rn. 8; LK-StGB/Wehrle/Jeßberger, Vorb. zu § 3 Rn. 351 und § 7 Rn. 21 f. 398 Vgl. allgemein zum Verhältnis zwischen strafrechtsautonomer und zivilrechtsakzessorischer Auslegung Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 15; Cornils, Fremdrechtsanwendung, S. 8 u. 10, wonach strafrechtliche Begrifflichkeiten grundsätzlich strafrechtsautonom auszulegen sind und eine zivilrechtsakzessorische Auslegung nur dann in Betracht kommt, sofern eine solche dem Sinn und Zweck der Strafnorm entspricht. 399 Vgl. dazu Demko, Relativität der Rechtsbegriffe, S. 13 ff.; Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, S. 44 ff. u. 59 ff.; Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 158 mit weiteren Nachweisen; Hermann, Begriffsrelativität im Strafrecht und das Grundgesetz, S. 23 ff.; Kruis, NVwZ 2012, 797, 800; Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 453 ff. mit verschiedenen Beispielen; ders., NStZ 2009, 84, 85; siehe auch Zivanic, ZStW 132 (2020), 803, 806. 400 Vgl. BeckOK-StGB/Heintschel-Heinegg, § 1 Rn. 24 f. sowie Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht, S. 454 f. 401 Vgl. Simon, NStZ 2009, 84, 85. 396

§ 3 (Ein) Stufenmodell der Gesetzesanwendung

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nung“ nichts zu ändern.402 Mithin kommt ein zivilrechtsakzessorisches (Begriffs-) Verständnis nur in Betracht, wenn dies die Auslegung der Begrifflichkeiten – anhand der Auslegungsmethoden – gebietet.403 So besteht heute Einigkeit darüber, dass die Begriffe „fremd“ 404 (vgl. z. B. §§ 242, 246, 249, 303, 306 StGB )405 „rechtswidrig“ 406 (vgl. z. B. §§ 242, 246 StGB) oder „Ehe“ 407 (vgl. § 172 StGB) der begriffsausfüllenden Wertung des Zivilrechts bedürfen.408 Doch scheiden sich bereits beim Begriff der „Sache“ (vgl. z. B. §§ 242, 246, 249, 303, 324a StGB) die Geister zwischen einem strafrechtsautonomem bzw. zivilrechtsakzessorischem Begriffsverständnis.409 Abgesehen von der Auslegung normativer (oder deskrip-

402 Vgl. hierzu umfassend Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 1 ff. einerseits zu der Frage, was unter der „Einheit der Rechtsordnung“ bis dato verstanden wurde (insb. S. 5 ff.) und andererseits, ob sie als „Argumentationsfigur“ überhaupt sinnvoll ist (insb. S: 404 f.), mit dem zutreffenden Ergebnis (S. 404): „[Die Einheit der Rechtsordnung] verwischt [. . .] die Grenze zwischen normorientierter und normgelöst rechtspolitischer (oder rechtsästhetischer) Argumentation.“; vgl. aber dies., S. 112 ff. zur „Vorgabewirkung des Zivilrechts und seiner Begrifflichkeiten im Steuerrecht“, wonach der BFH (in der frühen Nachkriegszeit) zivilrechtlich geprägte Tatbestandsmerkmal im Steuerrecht möglichst identisch auslegte – die Ausnahme bildete für ihn „ein [klar feststellbarer] Wille des Steuerrechtsgesetzgebers“ (vgl. etwa BFHE 68, 515, 520; 80, 103, 106); mittlerweile sei aber wieder eine Abkehr von einer einheitlichen Begriffsauslegung im Steuerrecht erkennbar, die allerdings im Schrifttum nicht selten Kritik erfährt (vgl. dazu dies., S. 119 ff.). 403 Vgl. Demko, Relativität der Rechtsbegriffe, S. 29 zur Bedeutung der juristischen Auslegungsmethoden bei einer Auseinandersetzung mit der Begriffsrelativität im Strafrecht; vgl. zudem M. Wagner, Akzessorietät des Wirtschaftsstrafrechts, S. 78 ff.; siehe auch Brutscher (Zivilrechtsakzessorietät, S. 15 m.w. N.), die maßgeblich darauf abstellt, ob „nach Sinn und Zweck der Strafnorm [eine Orientierung am Zivilrecht] angezeigt [ist]“. 404 Vgl. umfassend zur Diskussion Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 12 ff.; kürzer Hohmann, ZIS 2007, 38, 40. Auch verfassungsrechtlich ist eine zivilrechtsakzessorische Auslegung unbedenklich, vgl. BVerfG NJW 2020, 2953. Losgelöst von einer starren, am Zivilrecht orientieren Auslegung, fragt Otto danach, wer im Tatzeitpunkt das „stärkere Vermögensrecht“ an der Sache innehat, vgl. etwa Otto, Jura 1989, 137, 139. 405 Vgl. zudem Brand, Untreue, S. 62 mit zahlreichen weiteren Nachweisen, wonach auch das Merkmal „fremd“ i. S. d. § 266 StGB anhand der zivil- bzw. gesellschaftsrechtlichen Rechtslage zu bestimmten sei. Allerdings können an dieser Stelle auch öffentlich-rechtliche Kriterien relevant werden, vgl. nur NK-StGB/Kindhäuser, § 266 Rn. 30. 406 Vgl. umfassend hierzu Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 21 ff., wonach das Merkmal der „Rechtswidrigkeit“ (der erstrebten Zueignung) ein objektives Tatbestandsmerkmal ist, das dann nicht verwirklicht wird, wenn dem Täter ein fälliger, einredefreier Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der weggenommenen Sache zusteht. 407 Vgl. Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 705. 408 Siehe zu weiteren Beispielen aus dem Kern- und Nebenstrafrecht (sowie dem Strafprozessrecht) Mankowski, FS Merkel, 609, 613 ff. 409 Ein strafrechtsautonomes Verständnis des Begriffs „Sache“ befürworten: Cornils, Fremdrechtsanwendung, S. 9; Hohmann, ZIS 2007, 38, 41; demgegenüber befürworten ein zivilrechtsakzessorisches Verständnis: MüKo-StGB/Schmitz, § 242 Rn. 25 und wohl auch Fahl, JA 2019, 161 f.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

tiver)410 Tatbestandsmerkmale können zivilrechtliche Vorschriften das Strafrecht „indirekt“ beeinflussen. Hierfür werden etwa die Konkretisierung der objektiven Sorgfaltspflicht im Fahrlässigkeitsbereich, die Begründung der Garantenstellung sowie der Ausschluss der Rechtswidrigkeit angeführt.411 Übertragen auf das Einziehungsrecht geht es also um die Frage, ob und inwieweit die Einziehungsvorschriften „indirekt“ vom Zivil- bzw. Bereicherungsrecht beeinflusst sind. Auch an dieser Stelle ist ausschließlich die Gesetzesauslegung berufen, um eine Antwort auf diese Frage zu liefern. Im Folgenden wird ein Stufenmodell der Gesetzesanwendung präsentiert, das der weiteren Untersuchung als Leitfaden dient. Der Sinn und Zweck des Stufenmodells liegt darin, die „Problematik“ rund um die Erkenntnis von der Relativität der Rechtsbegriffe und ihrem Verhältnis zur zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorischen Auslegung der Begrifflichkeiten im Einziehungsrecht sowie dem zu beachtenden höherrangigem Recht einer widerspruchsfreien Struktur zuzuführen. Die Idee eines Stufenmodells der Gesetzesanwendung ist dabei keineswegs neu. Exemplarisch sei die umfassende Untersuchung von Höpfner („Die systemkonforme Auslegung“) erwähnt, die ein dreistufiges Modell der Gesetzesanwendung zugrunde legt.412 Sich einem Stufenmodell der Gesetzesanwendung anzuschließen oder ein eigenes zu präsentieren, ist nicht nur sinnvoll, sondern zwingend geboten, denn: Wer nicht offenlegt, wie er zu einem bestimmten (Auslegungs-)Ergebnis gelangt, entrationalisiert die Rechtsanwendung413 und muss sich (teilweise) den Vorwurf gefallen lassen, in einer „Traum- und Schaumwelt“ zu leben.414 410 Bei dem Begriff der „Sache“ soll es sich nach verbreiteter Auffassung um ein deskriptives Tatbestandsmerkmal handeln, vgl. etwa Cornils, Fremdrechtsanwendung, S. 21. Eine klare Trennung ist an dieser Stelle aber wohl kaum möglich. Für den Laien ist nicht ohne nähere Rechtskenntnis erkenntlich, dass auch Tiere (befruchtete Eizellen und Embryonen außerhalb des Mutterleibs, vgl. zu dieser Diskussion MüKo-StGB/ Schmitz, § 242 Rn. 27) Sachen im Sinne der §§ 242, 246, 249, 303 StGB sein können, vgl. dazu auch Groteguth, Norm- und Verbots(un)kenntnis, S. 76; vgl. zudem Cornelius, Verweisungsbedingte Akzessorietät, S. 269, der alle juristischen Begriffe als normativ betrachtet (aber doch zwischen deskriptiven und verweisend normativen Tatbestandsmerkmalen [sowie diese von offen normativen Begriffen] unterscheidet, vgl. S. 291) sowie ders., S. 276 ff. zu der (weitergehenden) schwierigen Abgrenzung zwischen normativen Tatbestandsmerkmalen und Blanketten, vgl. zur letzteren Abgrenzung auch Kuhli, Normative Tatbestandsmerkmale, S. 177 ff. 411 Vgl. Bruns, Befreiung, S. 241 f.; Cornils, Fremdrechtsanwendung, S. 12; Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, S. 58. 412 Vgl. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 141 ff., insb. S. 143 ff. 413 Vgl. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 143, der – unter Hinweis auf Hassold (FS Larenz, 211, 213) – davon spricht, dass andernfalls weder das Gleichbehandlungsgebot noch die Rechtssicherheit gewahrt werden. 414 Vgl. aktuell (beschränkt auf die Frage, was das Auslegungsziel ist bzw. welche Auslegungsmethode den höchsten Rang einnimmt) Walter, ZIS 2021, 298, 302: „Viele und geraden die Jüngeren scheinen sich in der Traum- und Schaumwelt eines ,Methodenpluralismus‘ einrichten zu wollen, in der alles irgendwie geht, solange man nicht allzu dummes Zeug schwätzt [. . .].“

§ 3 (Ein) Stufenmodell der Gesetzesanwendung

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I. Das dreistufige Modell der Gesetzesanwendung nach Höpfner Das dreistufige Modell der Gesetzesanwendung nach Höpfner vollzieht sich wie folgt: In einem ersten Schritt „hat der Rechtsanwender [ausgehend von der subjektiv-historischen Auslegungsmethode] den ursprünglichen Normzweck zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der historische Normzweck im Anwendungszeitpunkt noch verbindlich ist. Auf einer dritten Stufe schließlich sind etwaige Anwendungshindernisse [– namentlich höherrangiges Recht –] zu berücksichtigen“.415 Mit diesem Modell entscheidet Höpfner schon im Rahmen der ersten Stufe, was – unter anderem seiner Auffassung zufolge – das Ziel der Gesetzesauslegung ist: Der (ursprüngliche) Wille des historischen Gesetzgebers.416 Letzterer wird mittels der restlichen Auslegungsmethoden, mithin der grammatischen, historischen und systematischen Auslegungsmethode erforscht.417

II. Zur Modifikation des Stufenmodells der Gesetzesanwendung Freilich ist die Frage, was das Auslegungsziel ist, in der Methodenlehre ähnlich „klassisch“ umstritten,418 wie im Vermögensabschöpfungsrecht die Frage nach dem Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen. Teilweise – namentlich in der (älteren) Rechtsprechung des BVerfG419 – wird vertreten, dass es einen „objektivierten“, mithin von der (ursprünglichen) Vorstellung des historischen Gesetzgebers abweichenden Sinn und Zweck gibt, mit der Folge, dass das das Ziel der Gesetzesauslegung nicht der (ursprüngliche) Wille des historischen Gesetzgebers sei.420 Mit anderen Worten: Von den vier klassischen Auslegungsmethoden – der grammatischen, historischen, systematischen Auslegung und jener, die nach dem Sinn und Zweck einer Norm fragt421 – genieße keine (verfassungsrechtlich) „Vorrang“.422 415

Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 143. Dafür auch (aus strafrechtlicher Sicht) LK-StGB/Dannecker/Schuhr, § 1 Rn. 354; NK-StGB/Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 122; MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 108; siehe allgemein zur subjektiv-historischen Auslegung etwa Krüper/Sauer, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 27, wonach – genau genommen – zwischen historischer und genetischer Auslegung zu unterscheiden ist. 417 Vgl. hierzu statt vieler Fallmann, Sekundäre Lücken, S. 23. 418 Vgl. Würdinger, JuS 2016, 1 ff.: „Grundsatzfrage der Methodenlehre“; „Grundsätzlicher könnte ein Streit nicht sein [. . .]“; siehe ferner zu dieser „Grundweichenstellung“ Reimer, Methodenlehre, Rn. 247. 419 Vgl. BVerfG NJW 1960, 1563, 1564; siehe aber Rüthers, NJW 2011, 1856, 1857, wonach gemäß einer Rechtsprechung des Ersten Senats des BVerfG (NJW 2011, 836 ff.) eine Abkehr von der „objektiven Theorie“ zu beobachten ist. 420 Vgl. die „objektive Theorie“ zusammenfassend Würdinger, JuS 2016, 1, 3. 421 Vgl. zu diesen statt vieler Nestler, Jura 2018, 568, 569; verbreitet findet sich – gerade unter den Subjektivisten – die Auffassung, der „Sinn und Zweck“ sei keine Auslegungsmethode, sondern allein das ermittelte Auslegungsergebnis, vgl. hierzu etwa Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 725 ff. 416

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

Ungeachtet der Frage, welcher Auffassung letzten Endes der Vorzug gebührt, spielt der Streit für ein Stufenmodell der Gesetzesanwendung keine Rolle. Die Begründung hierfür ist simpel: Sofern sich der ermittelte (ursprüngliche) Wille des historischen Gesetzgebers und der (ermittelte) „objektivierte“ Sinn und Zweck decken, bedarf es überhaupt keiner Streitentscheidung zwischen diesen Sichtweisen. Demnach hat der Rechtsanwender in einem ersten Schritt sowohl den (ursprünglichen) Willen des historischen Gesetzgebers als auch den „objektivierten“ Sinn und Zweck der Norm zu ermitteln. Erst dann, wenn diese Sichtweisen divergieren, muss er die Vorrangfrage entscheiden. Schließt sich der Rechtsanwender – aus überzeugenden (verfassungsrechtlichen) Argumenten423 – im Rahmen eines notwendigen Streitentscheids der ersteren Sichtweise an, so hat er in einem zweiten Schritt – und insofern ist Höpfner uneingeschränkt zuzustimmen – zu prüfen, ob der ermittelte Normzweck im Anwendungszeitpunkt noch Geltung beanspruchen kann.424 Bei neueren Gesetzen, mithin auch bei den hier behandelten Vorschriften des Vermögensabschöpfungsrechts, ist hiervon regelmäßig auszugehen, da sich weder „technische, ökonomische oder gesellschaftliche“ Umstände noch „der Norm zugrundeliegende Wertvorstellungen“ innerhalb kürzester Zeit verändern425 – obschon uns die Geschichte mit Blick auf ökonomische, aber allen voran gesellschaftliche Entwicklungen und gesetzgeberische Wertvorstellungen gelegentlich anderes lehrt.426 Der letzte, insofern dritte Schritt der Gesetzesanwendung hat das Augenmerk auf etwaige Anwendungshindernisse zu richten.427 Unter Umständen verpflichtet nämlich höherrangiges und umsetzungspflichtiges Recht zu einer rangkonformen Auslegung, die von dem eigentlichen Auslegungsergebnis (erster Schritt) abweicht.428

III. Ergebnis Nach alledem folgt für den weiteren Verlauf der Untersuchung, dass die Auslegung der Tatbestandsmerkmale innerhalb der §§ 73 ff., 75 ff. StGB zunächst und in der Regel429 anhand einer objektiv-grammatischen, objektiv-historischen430 422

So BVerfG NJW 1960, 1563, 1564. Vgl. dazu S. 123 f. 424 Vgl. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 148 ff. 425 Zu all diesen Aspekten Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 148. 426 Vgl. Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, passim zum „Wandel der Rechtsordnung im Nationalsozialismus“. 427 Vgl. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 150 f. 428 Vgl. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 151. 429 Sofern sich ein oder mehrere Auslegungsmittel bei der konkreten Rechtsfrage als offensichtlich nicht hilfreich erweisen, wird lediglich auf die restlichen – insoweit hilfreichen – Auslegungsmittel (vertieft und gesondert) eingegangen. 423

§ 3 (Ein) Stufenmodell der Gesetzesanwendung

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und objektiv-systematischen Auslegung erfolgt (erster Schritt). Im Anschluss daran werden die relevanten Gesetzesmaterialien zur Vermögensabschöpfungsreform herangezogen, um das aufgefundene (objektive) Ergebnis zu überprüfen (subjektiv-historische Auslegung).431 Decken sich das objektive und (wirkliche bzw. mutmaßliche) subjektive Verständnis, muss der Streit, ob ein objektives oder subjektives Verständnis verzugswürdig ist, nicht entschieden werden. Sind die Gesetzesmaterialien aber nicht ergiebig oder in sich widersprüchlich, so kann der wirkliche Wille des historischen Gesetzgebers nicht sinnvoll – mittels der grammatischen, systematischen und historischen Auslegungsmethode – erforscht und der Auslegung zugrunde gelegt werden. Der Auslegungsvorgang endet aber 430 Unter dem Stichwort „objektiv-historische Auslegung“ werden im Rahmen dieser Untersuchung die Erwägungen aller vorheriger Vermögensabschöpfungsgesetzgeber sowie die dazu ergangene Rechtsprechung und Lehre dargelegt, während unter dem Stichwort „subjektiv-historische Auslegung“ die Erwägungen des (jetzigen) Reformgesetzgebers erläutert werden („Reformgesetzgeber“ ist hierbei nur der Bundestag als kollektiv und nicht auch das Europäisches Parlament und der Europäische Rat mit Blick auf die Einziehungsrichtlinie. Was letztere bezweckt, wird gesondert – als richtlinienkonforme Auslegung – in der hiesigen Untersuchung erläutert.). Die „objektiv-historische Auslegung“ berücksichtigt daher in erster Linie die (Gesetzgebungs-)Diskussionen und (tatsächliche) Gesetzgebung vor der aktuellen Vermögensabschöpfungsreform; siehe aber auch Demko, Relativität der Rechtsbegriffe, S. 127, wonach sich dem BGH (NJW 1967, 343 ff.) zufolge der historische Kontext bestimmten lässt aus: (1) den früheren Zwecken sowie den Beweg- und Rechtfertigungsgründen für die Rechtsbestimmung, (2) den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sowie den betreffenden Rechtszustand, von denen der Gesetzgeber ausging und (3) von den Änderungsvorstellungen des Gesetzgebers und der Interessenskonflikte, die er auszugleichen bezweckte. 431 Die subjektiv-historische Auslegung im hier verstandenen Sinne berücksichtigt primär die Entstehungsgeschichte der Norm im engeren Sinne. Deshalb ist zur Feststellung des historischen Gesetzgeberwillens maßgeblich auf die Materialen zurückzugreifen, vgl. Wank, Methodenlehre, § 10 Rn. 16 u. 45, aber auch BGHSt 45, 235, 240, wonach sich aus den Gesetzesmaterialien der Wille des Gesetzgebers bestimmen lässt; besonders kritisch zur Heranziehung von Gesetzesmaterialien ist hingegen Wischmeyer, JZ 2015, 957, 963 f., dem zufolge die Materialien allenfalls Indizcharakter haben können, weil unklar ist, welche Materialien überhaupt herangezogen werden können und welche „Gewichtung“ zwischen den Materialien vorzunehmen ist (dazu 958). Daher kommen Wischmeyer zufolge die Materialien lediglich „dort ins Spiel, wo die unscharfen Grenzen des Gesetzestextes erreicht sind“; siehe ferner zu der schwierigen Ermittlung der gesetzgeberischen Zwecksetzung Krüper/Sauer, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 32. Die hier relevanten Gesetzesmaterialien bilden in erster Linie die Drucksachen BTDrs. 18/9525 und BT-Drs. 18/11640, vgl. dazu auch Zivanic, JR 2022, 193, 197. Die hier bevorzugte „subjektiv-historische“ Auslegung, die vordergründig die Gesetzesbegründung(en) heranzieht, steht auch in Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BGH zu Einziehungsfragen anlässlich der neu gefassten §§ 73 ff. StGB. Der BGH bedient sich nämlich regelmäßig der genannten Drucksachen und weist ihnen damit einen besonderen Stellenwert bei der Auslegung zu, vgl. etwa die Rechtsprechungsauflistung bei Bittmann, NStZ 2019, 383 ff. sowie 447 ff.; ders., NStZ 2020, 517 ff. sowie 648 ff. Vgl. zu einer Kombination von subjektiver und objektiver Theorie etwa Würdinger, JuS 2016, 1, 6, der aber auch primär den Willen des historischen Gesetzgebers (zur Ermittlung des Sinns und Zwecks der Vorschrift) heranzieht.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

hier keineswegs. Vielmehr bedarf es dann eines Rückgriffs auf die weiteren Auslegungsmethoden.432 Gemeint ist damit, dass der Rechtsanwender einen eigenen „denkenden Gehorsam“ 433 der Auslegung zugrunde legen muss, der aber nicht völlig unbeeinflusst vom wirklichen Willen des historischen Gesetzgebers ist. Anders gewendet: Mit den gängigen Auslegungsmethoden muss sich der Rechtsanwender fragen, wie der (historische) Gesetzgeber das auszulegende Tatbestandsmerkmal mutmaßlich verstehen wollte.434 An dieser Stelle decken sich aber die „subjektive“ und „objektive“ Auslegungstheorie, weil die Erforschung des mutmaßlichen Willens des historischen Gesetzgebers nichts anderes ist als eine „objektive“ Auslegung des zugrundliegenden Gesetzes.435 Der zweite Schritt des Stufenmodells nach Höpfner ist für die hiesige Untersuchung ohne wesentliche Bedeutung. Da es sich bei den §§ 73 ff., 75 ff. StGB um neue Vorschriften handelt, wird der – in einer Rangfolge der Auslegungsregeln vorzugswürdige – wirkliche bzw. mutmaßliche Wille des Gesetzgebers nach wie vor Geltung beanspruchen, weil sich weder „technische, ökonomische oder gesellschaftliche“ Umstände noch „der Norm zugrundeliegenden Wertvorstellungen“ typischerweise innerhalb kürzester Zeit verändern. Der zweite Schritt des Stufenmodells beginnt – insofern vergleichbar dem ersten Schritt – mit der Auslegung der Einziehungsrichtlinie (als umsetzungspflichtiges Recht) mittels einer objektiv-grammatischen, objektiv-historischen und objektiv-systematischen autonomen Auslegung.436 Das Ergebnis wird sodann anhand der Erwägungsgründe (subjektiv-historische autonome Auslegung) einer Kontrolle unterzogen. Anschließend wird untersucht, ob und inwiefern die Einziehungsrichtlinie dem Auslegungsergebnis aus der ersten Stufe entgegensteht, mit anderen Worten: ob und inwiefern eine richtlinienkonforme Auslegung geboten erscheint. Letztlich muss der Frage nachgegangen werden, ob dem Auslegungsergebnis der ersten Stufe (und einer ggfs. richtlinienkonformen Auslegung jenes Ergebnisses) nationale bzw. europäische Grundrechte entgegenstehen, die – unter Umständen – eine verfassungs- bzw. europarechtskonforme Auslegung erfordern. Von der verfassungs-, europarechts- und richtlinienkonformen Auslegung ist hierbei die verfassungs-, europarechts- und richtlinienorientierte Auslegung zu unterscheiden. Während bei der verfassungs-, europarechts- und richtlinienkon432 So auch Reimer, Methodenlehre, Rn. 253: „kein Vorbehalt der subjektiv-historischen Auslegung“. 433 So schon Heck, AcP 112 (1914), 1, 54 f.; vgl. zudem Wank, Methodenlehre, § 6 Rn. 189. 434 So auch Krüper/Sauer, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 31 f. 435 Ähnlich Krüper/Sauer, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 31; so wohl auch Puppe, Kleine Schule, S. 124 f., wonach die „subjektive und objektive Auslegung [. . .] bei allen drei Interpretationsmethoden angewandt werden können“. 436 Siehe zu erforderlichen autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts statt vieler Calliess/Ruffert-EUV/AEUV/Wegener, Art. 19 EUV Rn. 13 mit Fn. 40 und 41.

§ 4 Zusammenfassung

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formen Auslegung mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen, von denen mindestens eine zur Verfassungs-, Europarechts- bzw. Richtlinienmäßigkeit, mindestens eine andere zur Verfassungs-, Europarechts- bzw. Richtlinienwidrigkeit führen würde,437 besteht bei der verfassungs-, europarechts- und richtlinienorientierten Auslegung die Möglichkeit zwischen mehreren verfassungs-, europarechts- und richtliniengemäßen Auslegungsvarianten zu wählen.438 Eine Verpflichtung zur verfassungs-, europarechts- oder richtlinienorientierten Auslegung besteht indes nicht,439 gleichwohl gibt sie den entscheidenden Ausschlag für ein bestimmtes Auslegungsergebnis.440

§ 4 Zusammenfassung Der Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen ist seit der Umstellung auf das sogenannte Bruttoprinzip umstritten. Während das (überwiegende) Schrifttum auf dem Standpunkt steht, die Einziehung von Taterträgen habe Strafbzw. strafähnlichen Charakter, geht die Rechtsprechung – sowohl des BVerfG als auch des BGH – davon aus, die Einziehung von Taterträgen sei lediglich eine quasi-kondiktionelle Maßnahme eigener Art ohne Straf- oder strafähnlichen Charakter. Der Standpunkt der Rechtsprechung lässt sich teilen, sofern die Auslegung der nationalen Einziehungsvorschriften zu dem Ergebnis führt, dass der Einziehungsbetroffene nicht „schärfer“ – im Sinne von weitreichender – haftet als ein öffentlich-rechtlicher Bereicherungsschuldner. Hierbei hat der Rechtsanwender stets zu beachten, ob eine rangkonforme Auslegung der Einziehungsvorschriften in Betracht kommt, um die Einziehung von Taterträgen vor dem Verdikt der Strafe oder Strafähnlichkeit zu bewahren. Die Einziehung von Taterträgen greift darüber hinaus in die nationale bzw. europäische Eigentumsgarantie ein, weil sowohl der unberechtigte Besitz als auch das Vermögen als solches richtigerweise von der nationalen und europäischen Eigentumsgarantie geschützt werden. Zwar gelten – aufgrund neuerer bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung und auf den ersten Blick – unterschied437 So zur verfassungskonformen Auslegung etwa Kuhlen, Verfassungskonforme Auslegung, S. 1. 438 Vgl. zur verfassungsorientierten Auslegung: Kuhlen, Verfassungskonforme Auslegung, S. 2; vgl. dazu auch MüKo-StGB/Joecks/Erb, Einl. Rn. 27; vgl. zur richtlinienorientierten Auslegung: Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 256 m.w. N. 439 Vgl. zur verfassungsorientierten Auslegung: Kuhlen, Verfassungskonforme Auslegung, S. 2; vgl. aber Herresthal, JuS 2014, 289, 296, der die Bezeichnung „verfassungsorientierte Auslegung“ als wenig aussagekräftigen Terminus betitelt; vgl. zur richtlinienorientierten Auslegung: Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 256 f. m.w. N.: „keine Vorrangregel“. 440 So ähnlich zur verfassungsorientierten Auslegung: Kuhlen, Verfassungskonforme Auslegung, S. 2; vgl. aber Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 257, der davon spricht, dass es „stets eine[r] Gewichtung und Abwägung der richtlinienorientierten Auslegung mit den übrigen Auslegungsmitteln [bedarf]“.

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1. Teil: Grundlagen der Diskussion

liche verfassungsrechtliche Anforderungen an die Einziehung von Taterträgen bei Tatbeteiligten und bösgläubigen Dritten und der Einziehung von Taterträgen bei gutgläubigen Drittbegünstigten. Gleichwohl konnte gezeigt werden, dass sowohl im nationalen als auch im europäischen Verfassungsrecht, im Rahmen der Rechtfertigung des Eingriffs, Vertrauensschutzerwägungen eine gewichtige Rolle spielen: Während die Einziehung von Taterträgen – wie auch das Bereicherungsrecht und der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch – die Wiederherstellung einer gesetzmäßigen Vermögenslage bezweckt, steht diesem legitimem Zweck möglicherweise ein Bestands- und Investitionsinteresse des Einziehungsadressaten gegenüber. Hier wurde gezeigt, dass allenfalls ein gutgläubiger Einziehungsadressat Bestands- und/oder Investitionsschutz genießt. Vor diesem Hintergrund hat eine Auslegung der Einziehungsvorschrift auch diese verfassungsrechtlichen Anforderungen im Blick zu behalten, um die Einziehungsvorschriften vor einem Verstoß gegen die nationale bzw. europäische Eigentumsgarantie zu bewahren. Wenig bis keine Beachtung im strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsrecht fand bislang die Erbrechtsgarantie, obschon die Einziehung von Taterträgen (sowohl bei Tatbeteiligten als auch bei Dritten) durchaus in diese eingreifen kann. Verfassungsrechtlich ist nämlich auch der zivilrechtliche Erbvorgang geschützt ist, so dass gerade auch die Vorschriften über die Erbschaftsanfechtung (§§ 2078 ff. BGB) und -ausschlagung (§ 1942 BGB) im Einziehungsrecht zu beachten sind. Schließlich stellt sich für den Rechtsanwender die Frage, ob die bereicherungsrechtlichen Begrifflichkeiten des Einziehungsrechts zivilrechtsakzessorisch oder strafrechtsautonom auszulegen sind. Hierbei hat er zu beachten, dass eine Begriffsspaltung (und damit eine strafrechtsautonome Auslegung) zulässig ist, wenn und soweit sie methodisch eine Rechtfertigung erfährt. Mit anderen Worten: Die bereicherungsrechtlichen Begrifflichkeiten sind nur dann zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorisch auszulegen, wenn dies die Auslegung der Begrifflichkeiten – anhand der Auslegungselemente – gebietet. All jene Vorgaben können nur mit einem zweistufigen Modell der Gesetzesanwendung transparent Beachtung finden. Während in einem ersten Schritt das nationale Recht anhand aller anerkannten Auslegungsmethoden auszulegen ist, bedarf es in einem zweiten Schritt der Prüfung, ob die Einziehungsrichtlinie und europäische sowie nationale Grundrechte das Ergebnis der ersten Stufe stützen oder dieses suspendieren. Im letzteren Fall bedarf es – sofern möglich – einer verfassungs-, europarechts- und richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift.

2. Teil

Die Auslegung der Einziehungsvorschriften § 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten I. Das erlangte Etwas im Einziehungsrecht Den primären Einziehungsgegenstand bildet, sowohl beim Täter als auch beim Teilnehmer, das – gegenständlich1 zu bestimmende – erlangte Etwas (vgl. § 73 I StGB).2 Sofern das ursprünglich erlangte Etwas nicht eingezogen werden kann, kommt eine Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 und 2 StGB in Betracht.3 Obschon die Einziehung des Wertersatzes die Praxis dominiert,4 bildet der Begriff des erlangten Etwas den Dreh- und Angelpunkt des Einziehungsrechts. Die Wertersatzeinziehung setzt nämlich zwingend voraus, dass der Tatbeteiligte zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat etwas erlangt hat.5 Erst, wenn die Erlangung eines Etwas zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat festgestellt ist, kommt die Einziehung des Wertersatzes überhaupt in Frage. Im Schrifttum wurde der Begriff „etwas erlangt“ schon bei seiner erstmaligen Einführung erheblich kritisiert. So wurde eingewandt, der Begriff sei zu unbestimmt,6 „gehe zu weit“ 7 und sei „uferlos und

1 Siehe zur gegenständlichen Betrachtungsweise nur Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 10; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 16. 2 Vgl. allgemein zum erlangten Etwas i. S. v. § 73 I StGB etwa Fischer, § 73 Rn. 20 f.; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 9 Rn. 19 f.; Wolf, ZIS 2020, 29 mit jeweils weiteren Nachweisen; vgl. MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 74 Rn. 9 f. sowie Bittmann, NZWiSt 2021, 133 ff. zur Abgrenzung zwischen Tatertrag und den sogenannten Tatobjekten (vgl. § 74 II StGB). Letztere Abgrenzung „war“ insbesondere für GeldwäscheKonstellationen notwendig und auch keinesfalls leicht zu vollziehen (vgl. Bittmann, NZWiSt 2021, 133, 134 ff.). Der Gesetzgeber stellt nun in § 261 X 3 StGB klar, dass die Einziehung von Taterträgen der Einziehung von Tatobjekten in Geldwäsche-Konstellationen vorgeht. 3 Vgl. statt vieler Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 83; Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 112. 4 Vgl. etwa Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 82; Reitemeier, ZJJ 2019, 354, 356 f.; Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 251; Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 114. 5 Vgl. statt vieler Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 114. 6 Vgl. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 158. 7 Sotiriadis, Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 158.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

nebelhaft“.8 Darüber hinaus wurde eine Begriffsakzessorietät zum Zivilrecht abgelehnt: So führt etwa Sotiriadis aus, dass allein „die Tatsache, dass sich das Zivilrecht ebenfalls dieser Begrifflichkeit bediene, [. . .] kein überzeugendes Argument [für eine zivilrechtsakzessorische Auslegung darstelle], denn [dies würde] eine Vergleichbarkeit beider Rechtsordnungen [suggerieren]. [Erst] eine vorsichtige Betrachtung der Systematik und Zielrichtung der entsprechenden Vorschriften des Zivilrechts in Verbindung mit anderen Einordnungskriterien lasse den wahren Inhalt des Begriffs erkennen“.9 Sotiriadis erläutert aber weder, welchen Inhalt der Begriff des erlangten Etwas im Zivilrecht hat noch, ob methodisch eine Begriffsakzessorietät geboten erscheint oder nicht. Dieser Frage gilt es aber zuvörderst nachzugehen, um eine Begriffsparallelität zu leugnen – oder eben anzunehmen.

II. Das erlangte Etwas im Bereicherungsrecht (§ 812 I 1 BGB) Das erlangte Etwas wird im Bereicherungsrecht nach heute ganz herrschender Auffassung gegenständlich bestimmt.10 Das erlangte Etwas muss – im Gegensatz zur früher im Schrifttum vertretenen vermögensorientierten Betrachtungsweise11 – auch keinen Vermögenswert im Sinne eines Marktpreises besitzen.12 So weist Canaris zutreffend darauf hin, dass selbst „ein Photo oder ein Brief zweifellos ,etwas‘ i. S. von § 812 BGB sein [können], auch wenn sie nicht den geringsten wirtschaftlichen Wert haben“.13 Damit steht fest: Etwas ist jede vorteilhafte Rechtsposition, mithin etwa das Eigentum, der bloße Besitz an einer Sache, eine Forderung, aber auch Nutzungen und Dienstleistungen, nicht jedoch ersparte Aufwendungen.14 Anders gewendet: Jede vorteilhafte Rechtsstellung des Bereicherten stellt einen Vermögenswert im Sinne des Bereicherungsrechts dar. Ob der Bereicherungsschuldner aber eine vorteilhafte Rechtsstellung – aufgrund des Bereicherungsvorgangs – erlangt hat, beantwortet das Bereicherungsrecht

8 Vgl. Sotiriadis, Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 158 und Göhler, wistra 1992, 133, 135: „Fehlleistung des Gesetzgebers“. 9 Sotiriadis, Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 158. 10 Vgl. Burghart, wistra 2011, 241, 245; Canaris, JZ 1971, 560, 561; Staudinger/ Lorenz, § 812 Rn. 65; vgl. auch MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 1 und 3. 11 Vgl. zu dieser etwa pointiert Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 70 m.w. N. 12 Vgl. Canaris, JZ 1971, 560, 561 sowie Goetzke, AcP 173 (1973), 289, 310 und Wieling/Finkenauer, Bereicherungsrecht, § 2 Rn. 2; siehe zudem Köhler, AcP 190 (1990), 496, 531; Jauernig/Stadler, § 812 Rn. 8; MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 3; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rn. 4. 13 Canaris, JZ 1971, 560, 561. 14 Vgl. zu all diesen vorteilhaften Rechtspositionen umfassend MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 6 ff.

§ 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten

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nicht eigenständig. Im Gegenteil. Das Bereicherungsrecht bedient sich zur Beantwortung dieser Frage den restlichen zivilrechtlichen Teildisziplinen. So entscheidet beispielsweise in erster Linie das Sachenrecht, ob eine Person das Eigentum oder (nur) den Besitz an einer Sache erlangt hat. Das Bereicherungsrecht kann man insofern bei der Bestimmung des erlangten Etwas als akzessorisch zu den restlichen zivilrechtlichen Teildisziplinen bezeichnen.

III. Das erlangte Etwas in der Rechtsprechung des BGH zum Vermögensabschöpfungsrecht (§ 73 I StGB) Der BGH in Strafsachen geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Vermögenswert, mithin etwas i. S. v. § 73 I StGB (durch oder für die Tat) erlangt ist, wenn er (der Vermögenswert) dem Tatbeteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann.15 Entscheidend sei zwar eine gegenständlich-tatsächliche Betrachtungsweise, auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumsverhältnisse solle es aber nicht ankommen.16 Der BGH positioniert sich damit gegen eine zivilrechtsakzessorische Auslegung des Begriffspaars etwas erlangt. Doch liefert (auch) der BGH keine methodische Begründung für seine strafrechts- bzw. vermögensabschöpfungsautonome Auslegung.

IV. Die Auslegung des Begriffspaars „etwas erlangt“ (§ 73 I StGB) 1. Objektiv-grammatische Auslegung Der Wortlaut („etwas erlangt“) legt ein kodifikationsübergreifendes einheitliches Verständnis nahe.17 Das Begriffspaar „etwas erlangt“ liegt dem allgemeinen Sprachgebrauch eher fern, lässt aber jedenfalls unendliche Deutungen zu.18 Es handelt sich um ein juristisch vorgeprägtes Begriffspaar.19 Da nach verbreiteter Auffassung ein juristischer Sprachgebrauch dem allgemeinen Sprachgebrauch vorgeht,20 spricht jedenfalls eine objektiv-grammatische Auslegung für ein zivilrechtsakzessorisches Verständnis des Begriffs „etwas erlangt“. 15 Vgl. aktuell BGH BeckRS 2021, 15677 Rn. 9; siehe ferner BGHSt 56, 39, 45 f. sowie BGH NStZ 2021, 221, 222; 2019, 272; NStZ-RR 2019, 22. 16 Vgl. aktuell BGH BeckRS 2021, 15677 Rn. 9; siehe ferner BGHSt 56, 39, 45 f. sowie BGH NStZ 2021, 221, 222; 2019, 272; NStZ-RR 2019, 22. 17 So schon Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 67 f. 18 Vgl. auch Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 67. 19 Vgl. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 38. 20 Vgl. hierzu statt vieler MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 87; Wank, Methodenlehre, § 7 Rn. 27 ff.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

2. Objektiv-historische Auslegung Wirft man einen Blick in die – als allgemeines Rechtsinstitut relativ junge21 – Historie des Vermögensabschöpfungsrechts, so zeigt sich, dass zunächst nicht das Begriffspaar „etwas erlangt“, sondern das Begriffspaar „Vermögensvorteil erlangt“ den Dreh- und Angelpunkt des Vermögensabschöpfungsrechts darstellte.22 Aus dem Begriff Vermögensvorteil folgerten Rechtsprechung23 und Lehre24, dass das Nettoprinzip gilt: Nur dasjenige, was dem Tatbeteiligten oder Dritten tatsächlich als Vorteil zugeflossen ist, war abzuschöpfen;25 eigene Aufwendungen und Gegenleistungen waren stets – selbst und gerade von Tatbeteiligten – abzugsfähig.26 Nur selten findet jedoch die Tatsache Beachtung, dass aus den Protokollen des Sonderausschusses des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform (5. Legislaturperiode)27 hervorgeht, dass das Begriffspaar „Vermögensvorteil erlangt“ dem Begriffspaar „etwas erlangt“ aus § 812 I 1 BGB entsprechen sollte.28 Nachdem mit Gesetz vom 28. Februar 1992 das Begriffspaar „Vermögensvorteil erlangt“ durch das Begriffspaar „etwas erlangt“ ersetzt wurde und der historische Gesetzgeber mit dieser Änderung (auch) eine Harmonisierung von bereicherungsrechtlichen Wertungen und der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung herzustellen bezweckte,29 läuft jedenfalls der Wille des historischen Gesetzgebers darauf hinaus, den Begriff „etwas erlangt“ in § 73 I StGB zivilrechts- bzw. bereicherungsakzessorisch zu verstehen.30 Damit steht fest: Eine objektiv-historische Auslegung spricht für ein bereicherungsakzessorisches Begriffsverständnis von „etwas erlangt“ in § 73 I StGB.

21 Siehe den knappen historischen Überblick bei Lenz, Einziehung und Verfall, S. 190 f.; LK-StGB/Lohse, Vor §§ 73 ff. Rn. 12 ff. und SK-StGB/Wolters, § 73 Rn. 1. 22 Vgl. dazu etwa Brenner, DRiZ 1977, 203; siehe ferner Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, S. 218 und 254 f.; Kett-Straub/Kudlich, Sanktionenrecht, § 14 Rn. 22. 23 Vgl. nur BGHSt 36, 251, 252 ff. 24 Vgl. den guten Überblick hierzu bei Katholnigg, JR 1994, 353, 355 f. und Altenhain, Anschlußdelikt, S. 349 f. 25 Vgl. Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, S. 254 f. 26 Vgl. Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, S. 254 f. 27 Vgl. dort S. 1001. 28 Vgl. dazu nur Brenner, DRiZ 1977, 203; aufgegriffen von Rübenstahl, DPC 2012, 6, 9. 29 Vgl. BT-Drs. 12/1134, S. 12 unter Hinweis darauf, dass der Rechtsgedanke des § 817 S. 2 BGB beim Verfall Anwendung finden solle. 30 Siehe insofern auch SK-StGB/Wolters, § 73 Rn. 6: Gesetzgeber knüpft mit dem Begriff „etwas“ erkennbar an das Bereicherungsrecht an; vgl. zudem Zivanic, NStZ 2021, 264, 265 f.

§ 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten

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3. Objektiv-systematische Auslegung Einen weiteren Beleg für ein akzessorisches Begriffsverständnis liefert die vergleichbare Gesetzessystematik im Einziehungs- und Bereicherungsrecht. Hat der Tatbeteiligte im Einziehungsrecht bzw. der Bereicherungsschuldner im Bereicherungsrecht „etwas erlangt“ und ist er zur Herausgabe des Erlangten nicht in der Lage, so hat der Tatbeteiligte dem Staat bzw. der Bereicherungsschuldner dem Bereicherungsgläubiger grundsätzlich den Wert des Erlangten zu ersetzen (vgl. einerseits § 73c S. 1 StGB und andererseits § 818 II BGB).31 Darüber hinaus gilt sowohl im Einziehungsrecht als auch im Bereicherungsrecht ein Vorrang der Naturalrestitution.32 Mit anderen Worten: Die Wertersatzeinziehung (§ 73c S. 1 StGB) bzw. die Wertersatzhaftung (§ 818 II BGB) sind gegenüber der Herausgabe des Originals subsidiär. Fernerhin erstreckt sich die Einziehung von Taterträgen gem. § 73 II StGB – wie auch der Bereicherungsanspruch gem. § 818 I Var. 1 BGB33 – auf die aus dem Erlangten (tatsächlich)34 gezogenen Nutzungen.35 Dasselbe gilt für Nutzungen aus Surrogaten i. S. v. § 73 III Nr. 1 und 2 StGB einerseits und i. S. v. § 818 I Var. 2 BGB andererseits.36 a) Der einziehungsrechtliche Surrogatsbegriff Schließlich deckt sich der einziehungsrechtliche Surrogatsbegriff (§ 73 III StGB) in weiten Teilen mit dem bereicherungsrechtlichen Surrogatsbegriff (§ 818 I 31 Vgl. für das Vermögensabschöpfungsrecht statt vieler Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 112; vgl. für das Bereicherungsrecht statt vieler Staudinger/Lorenz, § 818 Rn. 21. 32 Vgl. zur Subsidiarität der Wertersatzeinziehung gem. § 73c StGB nur Bittmann/ Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 10; Köhler, NStZ 2017, 497, 498 (und 502: der Gesetzgeber orientiert sich an dem Gedanken der Naturalrestitution schon aus Opferschutzgesichtspunkten), die jeweils die Bezeichnung „ersatzweise“ verwenden; vgl. zur Subsidiarität der Wertersatzleistung gem. § 818 II BGB Staudinger/ Lorenz, § 818 Rn. 21; Jauernig/Stadler, § 818 Rn. 12. 33 Vgl. zur Einordnung des Anspruchs auf Herausgabe von Nutzungen als „ein den Hauptanspruch ergänzender und erweiternder Nebenfolgeanspruch“ MüKo-BGB/ Schwab, § 818 Rn. 6. 34 Vgl. zum Erfordernis der tatsächlichen Nutzungsziehung Lackner/Kühl/Heger, § 73 Rn. 7; BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73 Rn. 22; Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 100; Wolf, ZIS 2020, 29 bei der Einziehung von Taterträgen und MüKo-BGB/ Schwab, § 818 Rn. 8 hinsichtlich des Umfangs des Bereicherungsanspruchs. 35 Vgl. zur Nutzungseinziehung allgemein Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 26 sowie LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 43 zur Parallele zwischen § 73 II StGB und § 818 I Var. 1 BGB. 36 Vgl. in Bezug auf das Einziehungsrecht einerseits Fischer, § 73 Rn. 31; Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 104 und das Bereicherungsrecht andererseits BGH NJW 2004, 1314, 1315; Staudinger/Lorenz, § 818 Rn. 15; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 10.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Var. 2 BGB).37 Erfasst ist jeweils immer nur das erste Surrogat.38 Jedoch geht das Einziehungsrecht in § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB über das Bereicherungsrecht hinaus, indem es die Einziehung rechtsgeschäftlicher Surrogate erlaubt.39 Zwar ist im Bereicherungsrecht streitig, ob das commodum ex negotiatione40 als Surrogat i. S. d. § 818 I BGB aufzufassen ist.41 Gleichwohl lehnt die ganz herrschende zivilrechtliche Literatur42, der sich der BGH43 und auch das BVerwG44 – jenes jedoch betreffend den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch – angeschlossen haben, die Einbeziehung des Veräußerungserlöses in die Herausgabepflicht ab.45 Für diese Auffassung streitet bereits der eindeutige Wortlaut der Norm, der als Surrogate nur die commoda ex re auflistet,46 sowie der Umstand, dass das BGB die Berücksichtigung des commodum ex negotiatione – an anderer Stelle47 – besonders regelt.48 Hinzu kommt, dass das rechtsgeschäftliche Surrogat nicht im Bereicherungsgegenstand selbst angelegt ist, was aber bei den commade ex re gerade der Fall ist.49 Prinzipiell existiert damit im Bereich des § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB die Möglichkeit einer Gewinneinziehung: Der durch die Veräußerung des ursprünglich erlangten Etwas erlangte Gegenstand kann nämlich einen höheren Wert aufweisen als der ursprüngliche Einziehungsgegenstand.50 37 Vgl. etwa Lackner/Kühl/Heger, § 73 Rn. 7; Wolf, ZIS 2020, 29; ferner NK-StGB/ Saliger, § 73 a. F. Rn. 32. 38 Vgl. dazu BT-Drs. 18/11640, S. 78; Rettke, wistra 2018, 234, 235 für das Einziehungsrecht und Jauernig/Stadler, § 818 Rn. 11 mit Rechtsprechungsnachweisen für das Bereicherungsrecht. 39 Dies wird auch von Lackner/Kühl/Heger, § 73 Rn. 7 erkannt. 40 Vgl. zur Definition MüKo-BGB/Emmerich, § 285 Rn. 22. 41 Vgl. dazu MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 46. 42 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 47; Staudinger/Lorenz, § 818 Rn. 27; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 9; a. A. etwa Koppensteiner, NJW 1971, 1769, 1771. 43 Vgl. etwa BGH NJW 1980, 178; 1983, 868, 870. 44 BVerwG NJW 1992, 328, 329. 45 Dies wurde auch von Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 71 zutreffend erkannt. 46 So etwa MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 47; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 9. 47 Vgl. §§ 1418 II Nr. 3, 1473, 2041, 2111 I 1 BGB, siehe zu dieser Auflistung Medicus/Lorenz, SchuldR II, § 67 Rn. 10. 48 So auch Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 8. 49 Vgl. BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 9. 50 Dass ein Gericht die Einziehung eines Surrogatsgegenstands gem. §§ 73 III Nr. 1 Var. 1, 73b III Nr. 1 Var. 1 StGB anordnet, das einen geringeren Wert aufweist als der ursprüngliche Einziehungsgegenstand, erscheint – angesichts der Möglichkeit der Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB – als unwahrscheinlich, so auch NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 32. Zudem würde eine derartige Praxis dem immanenten Sinn und Zweck der Vermögensabschöpfung, zumindest wertmäßig abzuschöpfen, was durch oder für die Tat erlangt wurde, widersprechen, vgl. insofern auch § 73c S. 2 StGB, der aber den Fall regelt, dass sich das ursprünglich Erlangte noch im Vermögen des Einziehungs-

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b) „Gewinnhaftung“ im Bereicherungsrecht Freilich kennt auch das Bereicherungsrecht mit § 816 I 1 BGB eine Vorschrift, die – nach verbreiteter, aber nicht unbestrittener Auffassung51 – eine Gewinnhaftung vorsieht. Unabdingbare Voraussetzung für den Anspruch aus § 816 I 1 BGB ist, dass ein „Nichtberechtigter“ über einen Gegenstand verfügt.52 Ein Tatbeteiligter, der „durch“ 53 eine Tat etwas erlangt, ist aber keineswegs immer „Nichtberechtigter“. Durch eine Tat kann auch die Rechtsinhaberschaft erlangt werden.54 Verfügt damit ein Tatbeteiligter über ein ihm gehörenden Gegenstand oder ein ihm zustehendes Recht, handelt er als „Berechtigter“ i. S. v. § 816 I 1 BGB.55 Die Frage nach der Gewinnhaftung stellt sich damit schon nicht. Nach alledem weicht das Einziehungsrecht an dieser Stelle – und auf den ersten Blick – vom Bereicherungsrecht ab.56 Indes zeigt ein zweiter Blick, dass die Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats auch im Bereicherungsrecht vorgesehen ist – und zwar ungeachtet der besonderen Voraussetzungen des § 816 I 1 BGB. Nach der

adressaten befindet, vgl. allgemein zu der Regelung des § 73c S. 2 StGB Fischer, § 73c Rn. 8 sowie BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73c Rn. 8. 51 Für eine Gewinnhaftung treten etwa ein: BGHZ 29, 157, 159; Röthel, Jura 2015, 574, 576 f.; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 37; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 816 Rn. 17; dagegen aber von Caemmerer, FS Rabel, S. 333, 356 f.; Medicus/ Lorenz, SchuldR II, § 64 Rn. 11; Medicus/Petersen, BürgerlR, Rn. 723; Staudinger/Lorenz, § 816 Rn. 23 und 25; MüKo-BGB/Schwab, § 816 Rn. 44 ff.; differenzierend Wilburg, Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 128 ff., insb. S. 132 ff., der – anhand einer zum Gesellschaftsrecht gezogenen Parallele – eine Aufteilung des erzielten Gewinns befürwortet. 52 Siehe zum Begriff des Nichtberechtigten ausführlich Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 28 f. 53 Demgegenüber dürfte das Verfügungsgeschäft bei einem „für“ die Tat erlangten Etwas stets gem. § 134 BGB i.V. m. der zu begehenden oder begangenen Tat, jedenfalls aber gem. § 138 I BGB nichtig sein, so dass der Tatbeteiligte die Rechtsinhaberschaft in diesen Fällen nicht erlangt, vgl. nur BeckOK-BGB/Wendtland, § 138 Rn. 36 m.w. N., wonach (auch) das Verfügungsgeschäft gem. § 138 I BGB sittenwidrig ist, wenn im dinglichen Rechtsvorgang die Sittenwidrigkeit begründet ist. 54 So kann eine täuschungsbedingt (§ 263 I StGB) erlangte Forderung oder die Erfüllung einer solchen Forderung zur (Rechts-)Inhaberschaft des Täters führen – freilich besteht für das Opfer die Möglichkeit der Anfechtung gem. § 123 I Var. 1 BGB, die aber erklärt werden muss (vgl. § 143 BGB), vgl. dazu auch MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 53, wonach die Verwirklichung des Betrugstatbestandes nicht immer gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit des täuschungsbedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts führt. Insbesondere muss gesondert untersucht werden, inwiefern das (strafrechtliche) Verbotsgesetz (auch) zur Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts führt, vgl. hierzu Stadler, BGB AT, § 26 Rn. 12 ff. 55 Siehe zum Begriff des Berechtigten Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 27 und 29, wonach „Berechtigter“ der Rechtsinhaber ist und zwar unabhängig von seiner Verfügungsbefugnis. 56 Zurückhaltendender Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 52: „Frage [. . .] für das Strafrecht eindeutig entschieden.“

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Auffassung des VII. BGH-Zivilsenats57 hat ein verschärft haftender Bereicherungsgläubiger das rechtsgeschäftliche Surrogat herauszugeben. Mit anderen Worten: Die Vorschrift des § 285 BGB gehört zu den „allgemeinen Vorschriften“ i. S. v. § 818 IV BGB.58 Insofern weicht das Einziehungsrecht, wenn es um die Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats bei Tatbeteiligten geht, weil diese verschärft haftenden Bereicherungsgläubigern gleichen, nicht vom Bereicherungsrecht ab. c) Zwischenergebnis Insgesamt lässt die vergleichbare systematische Vorgehensweise bei der Bestimmung des Einziehungsumfangs einerseits und des Umfangs des Bereicherungsanspruchs andererseits,59 den Schluss zu, dass all jene Rechtspositionen, die auch im Sinne der §§ 812 I, II, 818 I BGB Gegenstand eines Bereicherungsanspruchs sein können, prinzipiell auch als Gegenstand der Einziehung in Betracht kommen.60 Darüber hinaus sind auch die Folgen einer rechtskräftigen Einziehungsentscheidung rein zivilrechtlicher Natur – der Staat wird nun mal der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber des Eingezogenen –, so dass ein zivilrechtsakzessorisches Begriffsverständnis ferner in Einklang mit der Vorschrift des § 75 I StGB steht. Die (objektive) Systematik streitet daher für ein zivilrechtsakzessorisches Begriffsverständnis der Begrifflichkeit „etwas erlangt“. 4. Subjektiv-historische Auslegung Der Reformgesetzgeber bestätigt in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich den „quasi-kondiktionellen Charakter“ der Einziehung von Taterträgen und verweist zudem darauf, dass sich das erlangte Etwas i. S. v. § 73 I StGB rein gegenständlich zu bestimmen habe.61 Jene gegenständliche Betrachtungsweise ist aber evident dem Bereicherungsrecht entnommen. Darüber hinaus spricht gerade der vom Reformgesetzgeber verfolgte Sinn und Zweck des strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsrechts für ein zivilrechtsakzessorisches Begriffsverständnis des Begriffspaars „etwas erlangt“. Das grundsätzliche Anliegen der Einziehung von Taterträgen besteht darin, strafrechtswidrige Vermögensverschiebungen – in Anlehnung an bereicherungsrechtliche Grundsätze – rückgängig zu machen. Abgeschöpft wird lediglich ein Mehr beim Einziehungsadressaten. 57

Siehe BGHZ 75, 203, 207. Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 335 m.w. N.; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 92. 59 Vgl. zum Aspekt der vergleichbaren Systematik bei der Bestimmung des „erlangten Etwas“ LK-StGB/Schmidt, § 73 a. F. Rn. 18. 60 So auch Lackner/Kühl/Heger, § 73 Rn. 3 und 7; Satzger/Schluckebier/Widmaier/ Heine, § 73 Rn. 38; siehe auch Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 68: „Der strafrechtliche Verfallsgegenstand entspricht damit dem zivilrechtlichen Bereicherungsgegenstand.“ 61 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 62. 58

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Gleichwohl nimmt der Reformgesetzgeber in den Materialien62 auf die Rechtsprechung des BGH bestätigend Bezug, wonach es auf zivilrechtliche Besitzoder Eigentumsverhältnisse für ein Erlangen i. S. v. § 73 I StGB nicht ankommen soll. Damit widerspricht der Reformgesetzgeber aber seiner gewünschten Anlehnung an das Bereicherungsrecht. Ein strafrechtsautonomes Begriffsverständnis birgt nämlich die Gefahr, dem Einziehungsadressaten einen Nachteil zuzufügen, wie sich an der Rechtsprechung des BGH in Fällen vorübergehender Verfügungsgewalt zeigt: a) Fälle vorübergehender Verfügungsgewalt Die sogenannten Fälle vorübergehender Verfügungsgewalt sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Tatbeteiligter, der sich lediglich als „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“ erweist, nur kurzfristige Verfügungsgewalt über die Taterträge – i. d. R. Bargeld – erlangt.63 Die Funktion des „Boten“, „Kuriers“ bzw. „Abholers“ erschöpft sich darin, die Beute lediglich weiterzuleiten. Typischerweise wird ihm für diesen Dienst ein Lohn versprochen. Dass der empfangene Lohn der Einziehung gem. § 73 I StGB (ggfs. i.V. m. § 73c S. 1 StGB) unterliegt, steht außer Frage. Doch ist fraglich, ob bei einem „Boten“, „Kurier“ bzw. „Abholer“ der gesamte Tatertrag, der den bloßen (versprochenen) Lohn über ein Vielfaches übersteigen kann,64 eingezogen werden kann. Der 2. BGH-Strafsenat bejaht dies, sofern der „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“ jedenfalls bei längeren Transportfahrten die Beute in seiner (faktischen) Verfügungsgewalt hat;65 entscheidend für ein Erlangen i. S. v. § 73 I StGB soll damit eine zeitliche Komponente sein. Ob der „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“ in der Weiterleitungsphase weisungsgebunden handelt, ist dem 2. BGH-Strafsenat zufolge unbeachtlich.66 Ähnlich verfahren der 1. und 5. BGH-Strafsenat.67 Im Ergebnis befürworten der 1., 2. und 5. BGHStrafsenat eine strafrechtsautonome Auslegung des Begriffspaars „etwas erlangt“ – und betrachten damit im Ergebnis den strafrechtlichen Gewahrsam (an einer Sache) als erlangtes Etwas i. S. v. § 73 I StGB.68 Folgt man dem, so haftet ein „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“, der weisungsgebunden agiert, im Strafrecht schärfer als ein weisungsgebunden handelnder Bereicherungsschuldner im Zivilrecht. Befürwortet man demgegenüber – wie hier – eine zivilrechtsakzessorische Auslegung des Begriffspaars „etwas erlangt“, so erlangt ein weisungsgebunden 62

Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 62. Vgl. Zivanic, NStZ 2021, 264. 64 Siehe Zivanic, NStZ 2021, 264. 65 Vgl. BGH NStZ 2021, 37, 38. 66 Vgl. zu dieser Einschätzung Zivanic, NStZ 2021, 264, 265 f. 67 Vgl. BGH BeckRS 2019, 5646 = wistra 2019, 234 und BGH BeckRS 2019, 32802 = NStZ-RR 2020, 112. 68 Siehe hierzu Zivanic, NStZ 2021, 264, 266. 63

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handelnder „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“ nur seinen (versprochenen) Lohn und gerade nicht den gesamten Tatertrag, weil er sich als Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB erweist.69 Die Besitzdienerschaft ist nämlich kein erlangtes Etwas.70 Die Vorschrift des § 855 BGB geht davon aus, dass im Falle von Besitzdienerschaft „nur der andere“, gemeint ist der Besitzherr, Besitzer ist. Zu dieser Sichtweise neigt auch der 4. BGH-Strafsenat71, der ebenfalls nicht das zeitliche Moment für ausschlaggebend hält, sondern den Umstand, ob sich der „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“ „weisungsgemäß“ verhält: Fungiert der Tatbeteiligte – nach der Abrede (mit den anderen Tatbeteiligten) – nur als „Bote“, „Kurier“ bzw. „Abholer“, „kann von einer Einigung über die Einräumung oder Ausübung von Mitverfügungsgewalt [desselben] keine Rede sein [. . .]“.72 Beispiel 1:73 T führt mit einer – von ihm zufällig auserwählten – Person ein Telefongespräch, in dem er (T) dieser vorgaukelt, er (T) sei Polizeibeamter und sie (die Person) stünde im Visier einer Einbrecherbande. Deshalb solle die Person ihr gesamtes Vermögen durch die „Polizei“ sichern lassen. Die getäuschte Person kommt der Aufforderung des T nach, indem sie ihr gesamtes auf der Bank befindliches Geld abhebt und dieses an den – von T – angegebenen Ort deponiert (10.000 A in bar). A, der nach der Absprache mit T als bloßer „Abholer“ fungieren soll, holt das Bargeld ab und bringt dieses – unter ständiger telefonischer Anweisung des T – an einen von T vorhergesehenen (und A unbekannten) Ort. Angekommen am Zielort übergibt A dem T die Tatbeute und erhält von ihm (T) absprachegemäß 500 A. Lösung des Beispiels 1: Unabhängig davon, ob A als Gehilfe oder Mittäter zu bestrafen ist, hat er nach hier vertretener Auffassung lediglich 500 A durch die Tat i. S. v. § 73 I Var. 1 StGB erlangt. A unterlag während der Weiterleitungsphase den Weisungen des T. Zivilrechtlich gesprochen übte er die tatsächliche Gewalt über die Tatbeute für T aus (vgl. § 855 BGB). Damit hat A, weil er zu keinem Zeitpunkt die (faktische) Verfügungsgewalt über die gesamte Beute innehatte, nicht den gesamten Erlös i. H. v. 10.000 A, sondern lediglich seinen Anteil i. H. v. 500 A erlangt.

Verlangt man – wie hier – vom Rechtsanwender „denkenden Gehorsam“, so ist nur ein zivilrechtsakzessorisches Verständnis in der Lage, erhebliche Abweichungen zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht zu vermeiden, mithin auch dem mutmaßlichen Willen des Reformgesetzgebers zu entsprechen. Anders gewendet: Wäre dem Reformgesetzgeber diese Unstimmigkeit einer strafrechtsautonomen Auslegung bewusst gewesen, hätte er den BGH in seiner Auffassung, wonach es

69 Vgl. Zivanic, NStZ 2021, 264, 265 f.; die Parallele zu § 855 BGB zieht auch Habetha, NStZ 2021, 160, 161; meiner Sichtweise (neuerdings) zustimmend: Bittmann, NZWiSt 2021, 362, 363; BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73 Rn. 1.26. 70 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 6; so auch Satzger/Schluckebier/Widmaier/ Heine, § 73 Rn. 39. 71 Vgl. BGH BeckRS 2018, 13152 Rn. 14. 72 Vgl. BGH BeckRS 2018, 13152 Rn. 14. 73 Nach BGH NStZ 2021, 37.

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auf zivilrechtliche Besitz- und Eigentumsverhältnisse nicht ankommen soll, nicht bestätigt. b) Keine „Abschöpfungslücken“ Ungeachtet der Fälle vorübergehender Verfügungsgewalt, führt ein zivilrechtakzessorisches Begriffsverständnis auch in sonstigen Konstellationen nicht zu Abschöpfungslücken: Im Bereicherungsrecht wird heute überwiegend die Auffassung vertreten, ersparte Aufwendungen seien kein erlangtes Etwas i. S. v. § 812 I BGB.74 Solche werden lediglich beim Entreicherungseinwand gem. § 818 III BGB berücksichtigt.75 So wurde auch die Lösung des BGH (Zivilsenat) im prominenten Flugreisefall76 kritisiert, weil dieser davon ausging, der Minderjährige habe zu keinem Zeitpunkt etwas erlangt (bzw. auch nichts erspart), zumal er den Flug an sich nicht unternommen hätte.77 In ständiger Rechtsprechung geht der BGH in Strafsachen aber davon aus, ersparte Aufwendungen (in Höhe nicht gezahlter Steuern) stellen ein erlangtes Etwas i. S. v. § 73 I StGB dar.78 Damit entsteht der Eindruck, das Strafrecht würde den Begriff des „erlangten Etwas“ anders – insofern „weiter“ – verstehen als das Zivilrecht. Indes handelt es sich hier nur um eine terminologische Ungenauigkeit.79 Werden etwa Steuern i. S. v. § 370 I AO hinterzogen, führt dies dazu, dass der Fiskus seinen Steueranspruch80 nicht bzw. nicht in voller Höhe gegen den 74 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 18; siehe aber auch Schulze-BGB/Wiese, § 812 Rn. 4. 75 So auch Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rn. 6. 76 Vgl. BGHZ 55, 128 ff. 77 Vgl. zur Kritik etwa Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 21 f., der die Dienstleistung als erlangtes Etwas bezeichnet; siehe insofern auch Canaris, JZ 1971, 560, 561: Beförderungsleistung. 78 Vgl. die noch zur alten Rechtslage ergangene Entscheidung BGH NZG 2019, 427, 428 mit weiteren Nachweisen; vgl. zur Bestätigung dieser Rechtsprechung und nun zur neuen Rechtslage BGH BeckRS 2019, 17574 Rn. 9; kritisch aber MüKo-StGB/Schmitz/ Wulf, § 370 AO Rn. 560; a. A. – freilich das österreichische Recht betreffend (§ 20 öStGB) – Schumann, NZWiSt 2018, 441, 445: „Ersparte Aufwendungen erlangt man nicht, man erspart sich allenfalls eine Vermögensausgabe. Ersparte Aufwendungen für Dienstleistungen sind auch keine Nutzungen eines erlangten Vermögenswertes.“; siehe umfassend zur Rechtsprechung zum erlangten Etwas bei Steuerstraftaten Tschakert, WiJ 2021, 9 ff., insb. 11, wonach sich der Vorteil stets im Vermögen des Täters widerspiegeln muss, „dieser mithin über die Steuerersparnis verfügt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt“. 79 Vgl. zur Diskussion, ob ersparte Aufwendungen schon primärer Einziehungsgegenstand sein können Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 69 f., wonach sich ersparte Aufwendungen lediglich auf das Vermögen auswirken, wenn „der Umfang des Bereicherungsausgleichs in Rede steht“. Wolters sieht – völlig zutreffend – im Nutzungsvorteil selbst das primär Erlangte. 80 Dass ein solcher besteht, ist notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit gem. § 370 I AO, vgl. Erbs/Kohlhaas-Nebengesetze/Hadamitzky/Senge, § 370 AO Rn. 1;

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Steuerschuldner oder sonst Steuerpflichtigen geltend macht.81 Das erlangte Etwas liegt demnach typischerweise82 in der Nichtgeltendmachung des Steueranspruchs (ggfs. in voller Höhe). Oder anders gewendet: Durch die Steuerstraftat erlangt der Steuerschuldner oder sonst Steuerpflichtige die (ggfs. nur teilweise) Befreiung von seiner Verbindlichkeit83.84 Letzteres ist aber unstreitig ein erlangtes Etwas i. S. v. § 812 I BGB.85 Ähnlich verhält es sich bei Straftaten gegen die Umwelt: Hier liegt das erlangte Etwas ebenfalls nicht in ersparten Aufwendungen, sondern in der Nutzung des fremden Rechtsguts.86 Auch Nutzungen können ein erlangtes Etwas i. S. v. § 812 I BGB, mithin primärer Bereicherungsgegenstand sein.87 5. Auslegungsergebnis Sowohl eine objektiv-grammatische, objektiv-historische als auch eine objektiv-systematische sowie subjektiv-historische Auslegung bestätigen das Erfordernis einer zivilrechtsakzessorischen Auslegung des Begriffs „etwas erlangt“. Damit sind auch nicht vermögenswerte – wirtschaftlich wertlose – Vorteile tauglicher Einziehungsgegenstand i. S. v. § 73 I StGB.88 Es genügt jede vorteilhafte

siehe auch Dollmann, Verfall nach geltendem Recht, S. 68, wonach „bei Steuerhinterziehungen [. . .] in aller Regel ein Nachzahlungsanspruch des Fiskus bestehen [wird]“. 81 Vgl. zum „Schadenseintritt“ nur Erbs/Kohlhaas-Nebengesetze/Hadamitzky/Senge, § 370 AO Rn. 43 sowie 53. 82 Eine nähere Untersuchung der jeweilig erlangten Posten – bei Steuerstraftaten – würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, vgl. dazu aber Tschakert, WiJ 2021, 9 ff., insb. 11 ff.; vgl. zudem etwa BGH NZG 2019, 427: „In Höhe von mehreren Mio. Euro wurden Steuern zu niedrig festgesetzt.“ 83 Bzw. die (teilweise) Befreiung von seiner Schuld, vgl. zu dieser Terminologie etwa Staudinger/Lorenz, § 812 Rn. 67. 84 Vgl. zu § 47 AO, der die „Zahlung“ regelt, nur Klein-AO/Ratschow, § 47 Rn. 7, wonach bei zu niedriger Steuerfestsetzung der Anspruch eben nur teilweise erlischt; siehe ferner Weidemann, wistra 2021, 41, 43: „Bei der Steuerhinterziehung [. . .] hat der Täter eine gesetzwidrig [. . .] unzureichende Schuldverpflichtung [erreicht].“ 85 Vgl. nur Erman-BGB/Buck-Heeb, § 812 Rn. 5. 86 Vgl. überzeugend Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 97. 87 Vgl. zu Nutzungen als primärer Bereicherungsgegenstand etwa MüKo-BGB/ Schwab, § 812 Rn. 22 und § 818 Rn. 26 ff., insb. Rn. 36 sowie ausführlich BGH NJW 2013, 2021, 2023, wonach nur tatsächlich gezogene Nutzungen primärer Bereicherungsgegenstand sein können. 88 So wohl auch Rettke, wistra 2018, 234; Wolf, ZIS 2020, 29; insofern missverständlich oft die Rechtsprechung, vgl. BGHSt 50, 299, 309; BGH NStZ 2018, 401, 404 f.; vgl. ferner Scholl/Ackermann/Thommen/Seelmann, Kriminelles Vermögen, Art. 70 StGB Rn. 195 zum schweizerischen Recht und mit dem zutreffenden Hinweis darauf, dass (nur) subjektiv wertvolle Gegenstände selbstverständlich nicht Gegenstand der Wertersatzeinziehung (mangels objektiven Werts) sein können; a. A. aber Matt/Renzikowski-StGB/Altenhain/Fleckenstein, § 73 Rn. 4.

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Rechtsposition: Angesprochen sind damit in erster Linie dingliche Rechte – vor allem das Eigentum und der Besitz89 – sowie Forderungen, Buchpositionen, im bargeldlosen Verkehr: die auf dem Konto des Empfängers eingegangene Gutschrift90, aber auch tatsächlich sichere Erwerbsaussichten.91 Freilich besteht über die Frage, ob auch nichtige Forderungen und eine unwirksame Abtretung einer tatsächlich bestehenden Forderung ein erlangtes Etwas (i. S. v. § 73 I StGB und § 812 I 1 BGB) sein können, kein Konsens. a) Nichtige Forderung als erlangtes Etwas? Teilweise, so unter anderem der 1. BGH-Strafsenat 92, wird vertreten, dass der Einziehungsadressat – mangels Werthaltigkeit einer nichtigen Forderung – nichts erlangt.93 Demgegenüber vertritt namentlich Heine94 die Auffassung, bei nichtiger Forderung sei „die rechtlich unverbindliche Aussicht auf die Leistung“ erlangt. Sie stützt sich damit auf (bloße) Erwerbsaussichten. Eine Erwerbsaussicht ist aber allenfalls dann ein erlangtes Etwas, wenn sie tatsächlich sicher ist.95 Dies ist – bei bloß nichtiger Forderung – in der Regel zu verneinen. Der Schuldner wird typischerweise schon nicht zahlungswillig sein.96 Zudem hätte eine (zivilgerichtliche) Durchsetzung einer solchen Forderung keine Aussicht auf Erfolg. b) Unwirksame Abtretung einer tatsächlich bestehenden Forderung als erlangtes Etwas? Demgegenüber ist eine unwirksame, sprich nichtige Abtretung einer tatsächlich bestehenden Forderung in all denjenigen Fällen ein erlangtes Etwas, in denen der Schuldner vom Zedenten gem. § 409 I BGB (wirksam)97 benachrichtigt 89 A. A. im Hinblick auf den Besitz aus bereicherungsrechtlicher Perspektive Wilburg, Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 37 ff.: Der Besitz könne nur Gegenstand einer Leistungskondiktion sein. 90 Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 503 und das dortige Beispiel „ebay-Betrug“; vgl. ferner MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 11: ggfs. kommt als erlangtes Etwas ein Anspruch auf Herausgabe des Überweisungsbetrags gegen diejenige Bank in Betracht, mit der der Empfänger einen Zahlungsdienstevertrag hatte (wenn das Konto – vor der Überweisung – aufgelöst wurde). 91 Vgl. umfassend und zu weiteren Einzelfragen MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 6 ff. 92 Vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199 (zur alten Rechtslage). 93 Vgl. auch Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 17. 94 Vgl. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 39. 95 Vgl. zur Diskussion MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 17, der diese Einordnung kritisch betrachtet. 96 Vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199, der auch auf die mangelnde Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit abstellt. 97 Vgl. BeckOGK-BGB/Lieder, § 409 Rn. 18 zur Einordnung der Abtretungsanzeige als „rechtsgeschäftsähnliche Handlung“, weshalb auch für diese die allgemeinen Vorschriften der Rechtsgeschäftslehre gelten.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

wird.98 Die Vorschrift des § 409 I BGB behandelt die Abtretung bei Abtretungsanzeige als wirksam.99 Insofern erlangt der Scheinzessionar eine werthaltige Forderung, zumal der Schuldner aufgrund der Abtretungsanzeige – und sofern er nicht von der Unwirksamkeit der Abtretung Kenntnis hat – typischerweise an ihn leisten wird, um die Wirksamkeit seiner (Erfüllungs-)Leistung nicht zu gefährden (vgl. § 407 I BGB). Weiß der Schuldner hingegen von der Nichtigkeit der Abtretung, so gewährt ihm die Vorschrift des § 409 I BGB – nach verbreiteter Auffassung – ein Wahlrecht:100 Er darf sowohl an den – aus seiner Sicht101 – Neu- als auch an den Altgläubiger leisten. Damit erlangt der Scheinzessionar in derartigen Fallkonstellationen zwar eine vorteilhafte Rechtsposition, allerdings keine tatsächlich sichere Erwerbsaussicht; trotzdem spricht der Umstand, dass die Aussicht auf die Leistung nicht völlig aussichtslos, vielmehr wahrscheinlich ist, dafür, auch in derartigen Fällen von einem erlangten Etwas auszugehen. Demgegenüber wird bei nichtiger Abtretung – ohne Abtretungsanzeige – nichts erlangt. Der Schuldner wird in derartigen Fällen weiterhin an seinen bekannten (und nach wie vor materiell berechtigten) Gläubiger leisten. Von einer vorteilhaften Rechtsposition kann hier keine Rede sein. 6. Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht Letztlich stehen dem hiesigen Auslegungsergebnis – der Begriff des erlangten Etwas i. S. v. § 73 I StGB ist zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorisch auszulegen – weder die Einziehungsrichtlinie noch höherrangiges Recht entgegen. Die Einziehungsrichtlinie definiert Erträge als wirtschaftliche Vorteile, wobei der Vorteil aus Vermögensgegenständen aller Art bestehen kann (vgl. Art. 2 Nr. 1 Einziehungsrichtlinie). Der (objektive) Wortlaut legt daher ein Verständnis nahe, wonach wirtschaftlich wertlose Gegenstände nicht eingezogen werden können. Gleichwohl wird in Art. 8 IX Einziehungsrichtlinie ausgeführt, dass „Dritte [. . .] berechtigt [sind], ihre Eigentumsrechte geltend zu machen“. Würde man wirtschaftlich wertlose Sachen (z. B. persönliche Briefe) nicht auch als taugliche Einziehungsgegenstände betrachten, würde die Garantie aus Art. 8 IX Einziehungsrichtline unterlaufen. Vor diesem objektiv-systematischen Hintergrund besteht 98 Eine mündliche Benachrichtigung ist ausreichend, vgl. Schulze-BGB/Schulze, § 409 Rn. 2. Vgl. auch § 409 I 2 BGB und dazu BeckOK-BGB/Rohe, § 409 Rn. 5 zur (identischen) Wirkung einer vom Altgläubiger für den Scheinzessionar ausgestellten und diesen als Neugläubiger bezeichnenden Urkunde, die dem Schuldner vorgelegt wird. 99 Vgl. BeckOGK-BGB/Lieder, § 409 Rn. 48. 100 Vgl. BGHZ 64, 117, 119; Haertlein, JuS 2007, 1073,1075; BeckOGK-BGB/Lieder, § 409 Rn. 52; kritisch aber MüKo-BGB/Roth/Kieninger, § 409 Rn. 12: „nicht bei bloß mündlicher Anzeige“, sondern nur in den Fällen des § 410 BGB. 101 Vgl. zudem BeckOGK-BGB/Lieder, § 409 Rn. 4 und 49, wonach selbst die Abtretungsanzeige auf die materielle Rechtslage keine Auswirkungen hat.

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auch kein Bedürfnis für eine richtlinienkonforme teleologische Reduktion des § 73 I StGB auf lediglich wirtschaftlich wertvolle Erträge. Des Weiteren streitet auch das höherrangige Recht für eine zivilrechtsakzessorische Auslegung. Die Einziehung von Taterträgen ist jedenfalls dann keine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, wenn der Einziehungsadressat vergleichbar einem Bereicherungsschuldner haftet. Wenn man aber ein strafrechtsautonomes Begriffsverständnis zugrunde legt, so haftet der Einziehungsadressat schärfer als ein Bereicherungsschuldner.102 Dies belegt die geschilderte Rechtsprechung des BGH in Fällen nur vorübergehender Verfügungsgewalt. Das Auslegungsergebnis wird mithin nicht aufgrund sonstiger ranghöherer Normen suspendiert. Es bleibt bei der Feststellung, dass der Begriff des erlangten Etwas i. S. v. § 73 I StGB zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorisch zu verstehen ist.

V. Nutzungen (§ 73 II StGB) und Surrogate (§ 73 III StGB) als Erweiterung des Abschöpfungsumfangs Versteht man – wie hier – den Begriff des erlangten Etwas konsequent zivilrechtsakzessorisch, so bereitet auch die Bestimmung von Nutzungen (§ 73 II StGB) und Surrogaten (§ 73 III StGB) keine weiteren Probleme, zumal auch die strafrechtliche Lehre nicht leugnet, dass die Begrifflichkeiten Nutzungen103, Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung sowie auf Grund eines erlangten Rechts zivilrechtsakzessorisch im Lichte des Bereicherungsrechts auszulegen sind.104 Zudem kommt auch im Fall der Surrogatseinziehung gem. § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB ein zivilrechtsakzessorisches Begriffsverständnis in Betracht, weil auch ein verschärft haftender Bereicherungsgläubiger das rechtsgeschäftliche Surrogat herauszugeben hat.105 Die Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats bei Tatbeteiligten gem. § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB stellt damit den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen, aber auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in Frage. Dass der Mehrerlös aus der Veräußerung des Erlangten der Einziehung gem. § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB unterliegt, leuchtet ein: Das Recht, das Erlangte gewinnbringend zu

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Vgl. Habetha, NStZ 2021, 160, 162 auf die Nähe zur Sanktion hinweisend. Nach herrschender Ansicht im Bereicherungsrecht deckt sich der Nutzungsbegriff des § 818 I Var. 1 BGB mit dem Nutzungsbegriff der §§ 99, 100 BGB, vgl. dazu und zur Gegenansicht (Hagmann, Gewinnherausgabe, S. 139 ff., der eine eigenständige Begriffsbildung für das Bereicherungsrecht befürwortet) MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 8 ff. 104 Vgl. etwa LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 45 für Nutzungen; vgl. Lackner/Kühl/Heger, § 73 Rn. 7 für die Ersatzgegenstände. 105 Vgl. bereits S. 93 f. 103

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veräußern, stand vor der Tat entweder dem (individuell) Verletzten oder keinem106 zu.107 Damit ist aber nicht zugleich festgestellt, dass der Verletzte oder ein anderer den Gewinn hätte genauso erzielen können. Die Höhe des erzielten Gewinns hängt nicht selten von Umständen ab, die durch den Veräußernden beeinflusst sind.108 Als Beispiel führt der VII. BGH-Zivilsenat109 eine „geschickte Werbung“ an. Eine (geschickte) „Werbung“ kann aber auch mit Vermögensopfern verbunden sein. 1. Investitionsschutz bei der Surrogatseinziehung Damit stellt sich aber die weitergehende Frage, ob Vermögensopfer, die zum Zwecke der Veräußerung des Erlangten getätigt wurden, bei der Surrogatseinziehung Beachtung finden müssen. Bei Tatbeteiligten wird sich diese Frage eher selten stellen. Die Veräußerung – eines durch die Tat erlangten Gegenstands – wird regelmäßig eine eigene Straftat darstellen,110 durch die der Tatbeteiligte etwas erlangt. Vermögensopfer, die für die Begehung dieser Tat oder für ihre Vorbereitung getätigt wurden, sind nach der Vorschrift des § 73d I 2 StGB nicht abzugsfähig. Selbst wenn die Veräußerung des erlangten Etwas keine Straftat darstellt, so kann der Tatbeteiligte einen Aufwendungsabzug gem. § 73d I StGB deshalb nicht geltend machen, weil seine (Veräußerungs-)Investitionen nicht gutgläubig getätigt wurden.111 Eine solche Sichtweise steht in Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben (Art. 14 GG).112 Beispiel 2: T hat einen fremden Pkw (Marktwert: 25.000 A) entwendet (§ 242 I StGB). Auf „www.mobile.de“ bietet er diesen – mit einer äußerst lukrativen Beschreibung – zum Verkauf an (Inseratspreis: 30.000 A). Für das Erstellen des Inserats nutzt er das dortige „Premiumpaket“ (Kosten: 25 A), damit sein Inserat in der vorgegebenen Suchfunktion („Standard-Sortierung“) an oberster Stelle erscheint. Zudem hat T den ihm bekannten Urkundenfälscher X beauftragt, eine Zulassungsbescheini106

Bei einer Anknüpfungstat ohne (individuell) Verletzten. Vgl. zur ähnlichen Argumentation im Rahmen von § 816 I 1 BGB etwa BGH NJW 1959, 668. Siehe darüber hinaus auch von Caemmerer, FS Rabel, S. 334, 353, wonach der Bereicherungsanspruch des § 816 I 1 BGB dem Güterschutz (Schutz des Eigentums sowie aller sonstigen absoluten Rechte, worunter auch Forderungen fallen sollen, vgl. auch 355) dient. 108 Vgl. auch dazu BGH NJW 1959, 668. 109 Vgl. BGH NJW 1959, 668. 110 Man denke hier etwa an eine wiederholte Zueignung i. S. v. § 246 I StGB, die nach verbreiteter Auffassung tatbestandsmäßig ist, vgl. zur Diskussion NK-StGB/Kindhäuser, § 246 Rn. 37 ff. Siehe darüber hinaus BGHSt 16, 280, wonach eine Unterschlagung an betrügerisch erlangten Gegenständen in Betracht kommt. In Betracht kommt auch die Verwirklichung des Geldwäschetatbestandes (§ 261 I StGB), zumal es sich bei der Vortat nicht um eine Straftat eines anderen handeln muss, vgl. hierzu MüKo-StGB/ Neuheuser, § 261 Rn. 45. 111 Vgl. dazu S. 177 ff. 112 Vgl. bereits S. 69 ff. 107

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gung Teil II für das Fahrzeug herzustellen, die ihn (T) als Inhaber der Zulassungsbescheinigung ausweist (Kosten: 500 A). Verbraucher K wird auf das Angebot des T aufmerksam und erwirbt das Fahrzeug zum Preis von 30.000 A. Dass die Zulassungsbescheinigung Teil II, die sich K vorlegen ließ, eine bloße Fälschung war, konnte K – als Verbraucher – nicht erkennen. Weitere Verdachtsmomente, die eine fehlende Eigentümerstellung des T in Frage stellten, waren nicht ersichtlich. Lösung des Beispiels 2: Ordnet das Gericht die Einziehung des Veräußerungserlöses (hier: 30.000 A) gem. § 73 III Nr.1 Var. 1 StGB gegenüber T an, stellt sich die Frage, ob die von T getätigten Vermögensopfer – namentlich die Kosten für das Premiumpaket (25 A) sowie diejenigen für das Erstellen der gefälschten Zulassungsbescheinigung Teil II (500 A) – abzugsfähig sind. Die Beauftragung der Erstellung einer gefälschten Zulassungsbescheinigung stellt eine eigene Straftat dar113; ein Aufwendungsabzug erfolgt nicht (vgl. § 73d I 2 StGB). Auch die Kosten für das Premiumpaket sind nicht abzugsfähig, denn das Auftreten des T als Verkäufer des entwendeten Fahrzeugs stellt eine eigene Straftat dar (vgl. § 246 I StGB), weist aber zumindest einen Bezug zur vorherigen Tat (dem Diebstahl) auf, der ihm bekannt ist. Die getätigten Vermögensopfer sind insgesamt nicht abzugsfähig. Fraglich bleibt, ob sich die Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB als weniger einschneidende Maßnahme erweisen würde: Der Einziehung gem. § 73c S. 1 StGB unterläge lediglich ein Betrag i. H. v. 25.000 A. Der Gewinn (5.000 A; genauer: 4.475 A) verbliebe bei T. Allerdings ist T – aufgrund seiner Bösgläubigkeit: er weiß, dass das von ihm veräußerte Fahrzeug aus einer Straftat (nämlich der von ihm begangenen Straftat) stammt – unter keinem Gesichtspunkt schutzwürdig (kein verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz i. S. v. Art. 14 GG). Deshalb ist die Einziehung des Surrogats hier gerechtfertigt. Ist aber die Herausgabe des Surrogatsgegenstand (hier der 30.000 A) unmöglich geworden, so bleibt es bei der Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB i. H. v. 25.000 A.114 Ein Abzug der getätigten Vermögensopfer bleibt allerdings auch hier außer Betracht (vgl. § 73d I 1 und 2 StGB).

2. Exkurs: Rechtsinhaberschaft als Voraussetzung der Surrogatseinziehung? Lohse115 und Schmidt116 vertreten die Auffassung, eine Surrogatseinziehung komme nur in Betracht, wenn der Tatbeteiligte der Eigentümer (Rechtsinhaber) des Surrogatsgegenstands geworden ist.117 Die Auffassung, wonach der Tatbeteiligte der Eigentümer (Rechtsinhaber) des Surrogatsgegenstands geworden sein muss, ist abzulehnen. Dies folgt bereits 113 Als Anstiftung (jedenfalls) zur Urkundenfälschung gem. § 267 I StGB; vgl. zudem BGH NStZ 2009, 387 ff. zur „Zulassungsbescheinigung I“ als „öffentliche Urkunde“ i. S. v. § 271 StGB; vgl. LG München I, BeckRS 2015, 11520 zu einem (zivilrechtlichen) Fall einer gefälschten Zulassungsbescheinigung II. 114 Vgl. zur Höhe der Wertersatzeinziehung etwa BGH NStZ 2018, 654 sowie Köhler, NStZ 2017, 497, 504. 115 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 46. 116 Vgl. Schmidt, Vermögensabschöpfung, Rn. 112. 117 So wohl auch Leipold/Tsambikakis/Zöller/Rübenstahl, § 73 Rn. 39.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

(systematisch) aus der Vorschrift des § 75 I StGB, wonach die Rechtsinhaberschaft keine Voraussetzung für die Einziehungsanordnung ist. Zudem hinge die Möglichkeit der Surrogatseinziehung dann von Zufälligkeiten – scil. zivilrechtlichen Erwerbshindernissen – ab und könnte so die irreguläre Vermögenszuordnung nur selten beseitigen. Demnach muss das Strafgericht, wenn es die Einziehung des Surrogats anordnen möchte, lediglich feststellen, dass der Tatbeteiligte zumindest die faktische Verfügungsgewalt – typischerweise den Besitz – am Surrogatsgegenstand erlangt hat. Dies entspricht auch der Sichtweise der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Lehre zum Ersatz von rechtsgeschäftlichen Surrogaten.118

VI. Spezifikation des Einziehungsobjekts Nachdem nun feststeht, dass nur solche Rechtspositionen als erlangtes Etwas in Betracht kommen, die auch das Bereicherungsrecht anerkennt, bedarf es der weitergehenden Frage, welche Konsequenzen die Ersetzung des Wortes „aus“ (der rechtswidrigen Tat) mit dem Wort „durch“ (die rechtswidrige Tat) für die Bestimmung des „erlangten Etwas“ hat. Konkret geht es um die Frage, wie das Einziehungsobjekt spezifiziert werden kann. Im Schrifttum wurde diese Frage bereits intensiv diskutiert;119 aus dem bloßen (objektiven) Wortlaut der Norm ist wenig gewonnen. Fraglich bleibt daher lediglich, ob die Rechtsprechung des 3. und 5. BGH-Strafsenats zur alten Rechtslage auch nach der Vermögensabschöpfungsreform fort gilt. 1. Objektiv-historische Auslegung Der 3. und 5. BGH-Strafsenat forderten zur alten Rechtslage – scil. aus dem Merkmal „aus“ – zwischen der Anknüpfungstat und dem erlangten Etwas das Merkmal der „Unmittelbarkeit“.120 Das Unmittelbarkeitskriterium hatte sich – was nicht selten verkannt wird – für zwei unterschiedliche Sachfragen eingebürgert: Erstens ging es um die Frage, „ob andere Handlungen als die rechtswidrige Tat selbst den abschöpfbaren Vermögenszufluss verursachen dürfen“ 121 und

118 Vgl. MüKo-BGB/Emmerich, § 285 Rn. 23 zu § 285 BGB sowie BGH NJW 1958, 1040 f. (noch) zu § 281 BGB a. F. 119 Siehe etwa Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f.; Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 12; Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1 ff.; Theile, JA 2020, 1, 4; demgegenüber ist die Frage, ob das Erlangte „für die Tat“ gewährt wurde, weniger streitig, vgl. dazu Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 46. 120 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 47 (unter Rekurs auf BGHSt 47, 260 ff.; 50, 299 ff. [jeweils der 5. BGH-Strafsenat] und BGHSt 57, 79 ff.; 59, 80 ff. [jeweils der 3. BGHStrafsenat]), 55 und 62 und dazu auch Rettke, wistra 2018, 234, 235; Theile, JA 2020, 1, 4; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73 Rn. 7. 121 Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 4 unter Hinweis auf BGHSt 52, 227, 246 (1. BGH-Strafsenat).

§ 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten

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zweitens, ob nur diejenigen Tatvorteile abzuschöpfen sind, die nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht beim Tatbeteiligten oder Dritten verbleiben dürfen.122 2. Objektiv-systematische Auslegung Die (objektive) Systematik belegt, dass das Unmittelbarkeitskriterium, soweit es die erste Frage betrifft (auch) nach neuer Rechtslage nicht aufgegeben werden darf.123 Vermögensvorteile, die durch die Nutzung oder die Veräußerung des ursprünglich Erlangten, mithin durch andere Handlungen erzielt werden, können lediglich gem. § 73 II StGB oder § 73 III StGB eingezogen werden.124 Jedes andere Verständnis steht evident im Widerspruch zur Gesetzessystematik,125 zumal auch im Rahmen von § 74 I StGB das Merkmal „durch“ eine unmittelbare Beziehung zwischen Tatbegehung und Tatprodukt verlangt.126 Demgegenüber sind objektiv-systematische Argumente für die Beantwortung der zweiten Frage nicht auszumachen.127 3. Subjektiv-historische Auslegung Der Reformgesetzgeber bezweckte mit der neuen Formulierung („durch“ die rechtswidrige Tat) der Rechtsprechung des 3. und 5. BGH-Strafsenats128 den Boden zu entziehen.129 Er verweist in seiner Gesetzesbegründung zu der erforderlichen Kausalbeziehung zwischen Anknüpfungstat und dem erlangten Etwas auf die „Wertungen des Bereicherungsrechts“.130 Das Unmittelbarkeitskriterium, sofern es die zweite Frage und somit die „Schutzzwecklösung“ 131 betrifft, soll daher nach dem Willen des Reformgesetzgebers aufgegeben werden.132 122 Vgl. ebenfalls Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 4; zutreffend auch Leipold/ Tsambikakis/Zöller/Rübenstahl, § 73 Rn. 23 ff.; „mindestens drei verschiedene Bedeutungen“ entnehmen dem Merkmal Grosse-Wilde/Thurm, wistra 2021, 337, 340, wobei die (dort genannte) dritte Bedeutung in der hiesigen Lösung – weites Tatbegriffsverständnis – aufgeht. 123 So auch Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 12; Theile, JA 2020, 1, 4. 124 So bereits zur alten Rechtslage NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 9; so auch Matt/ Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73 Rn. 6. 125 Siehe dazu auch Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 6. 126 Darauf abstellend Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 12; Meißner/Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, Rn. 48. 127 Siehe aber S. 110 zur Bedeutung von § 76b StGB für das hiesige Auslegungsergebnis. 128 Vgl. zu dieser Rechtsprechung auch Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 41 ff. 129 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 62 sowie BT-Drs. 18/11640, S. 78 und dazu Zivanic, ZWH 2021, 113, 114 sowie Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73 Rn. 6. 130 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 55 und 62; dazu auch Zivanic, NZG 2020, 703, 704. 131 So die Bezeichnung bei Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 2. 132 Auf dieser Linie auch Theile, JA 2020, 1, 4; Matt/Renzikowski/Altenhain/ Fleckenstein, § 73 Rn. 6 f.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Demgegenüber äußert sich der Gesetzgeber nicht dazu, ob auch das Unmittelbarkeitskriterium, sofern es die erste Frage betrifft, nach der neuen Rechtslage aufzugeben ist.133 In diesem Zusammenhang wurde bislang das bereicherungsrechtliche „Unmittelbarkeitskriterium“, wie es für die allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) von der zivilrechtlichen Rechtsprechung134, aber auch für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch135 gefordert wird, nicht beachtet: Dort mangelt es an einer unmittelbaren Vermögensverschiebung, wenn der Bereicherungsschuldner den Vorteil nur mittelbar, auf dem Umweg über das Vermögen eines Dritten, erlangt hat.136 Das „Unmittelbarkeitskriterium“ nimmt im Bereicherungsrecht also gerade die Funktion wahr, das Bereicherungsobjekt zu spezifizieren,137 indem es das ursprünglich Erlangte von Surrogaten und Nutzungen abgrenzt. Angesichts des vom Reformgesetzgeber betonten sowie gewünschten bereicherungsrechtlichen Charakters der Einziehung von Taterträgen und des Verweises auf die Wertungen des Bereicherungsrechts, bedarf auch das Einziehungsrecht – nach dem mutmaßlichen Willen des Reformgesetzgebers – eines derartigen Unmittelbarkeitskriteriums.138 4. Zwischenergebnis Das Unmittelbarkeitskriterium, sofern es die zweite Frage und somit die „Schutzzwecklösung“ 139 betrifft, muss, um der Gesetzessystematik sowie dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers gerecht zu werden, nach der neuen Rechtslage aufgegeben werden.140 Mit dem gesetzgeberischen Willen ist auch der Vorschlag nicht vereinbar, die Kriterien der objektiven Zurechnung bei der Bestimmung des erlangten Etwas im 133 Siehe insofern Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 5, wonach jedenfalls „die Auslegungsanweisungen in den Materialien und die Anwendungsbeispiele missverständlich sind“ – unter Rekurs auf BT-Drs. 18/9525, S. 55 f. und 68. Auch aus BT-Drs. 18/11640, S. 78 ergibt sich m. E. keine eindeutige gesetzgeberische „Entscheidung“. 134 Vgl. grundlegend BGHZ 71, 86, 99. 135 Vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 545 f. m.w. N. 136 Vgl. Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 14; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 134; siehe aber auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 142 ff., insb. S. 185 ff. und 209, wonach der Reformgesetzgeber im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 1 StGB nunmehr an den Willen des historischen Gesetzgebers anknüpft, der (bei § 73 III StGB a. F.) seinerseits einen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen der rechtswidrigen Tat und dem erlangten Etwas forderte. 137 Siehe dazu BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 135. 138 So schon Zivanic, NZG 2020, 703, 704 f.; siehe bereits S. 36, wonach die Grundnorm, § 73 I StGB – nach der Vorstellung des Gesetzgebers – der allgemeinen Eingriffskondiktion nahesteht. 139 So die Bezeichnung bei Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 2. 140 Vgl. hierzu auch Theile, JA 2020, 1, 4.

§ 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten

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Rahmen der §§ 73 I Var. 1, 73b I 1 Nr. 1 StGB fruchtbar zu machen.141 Auf einem anderen Blatt steht hingegen, ob Schutzzweck- bzw. objektive Zurechnungserwägungen beim Aufwendungsabzug gem. § 73d I StGB Berücksichtigung finden (können).142 Die gesetzgeberische Vorgabe, die „Schutzzwecklösung“ aufzugeben, zugleich aber das Unmittelbarkeitskriterium, soweit es die erste Frage betrifft, beizubehalten, um den Wertungen des Bereicherungsrechts zu entsprechen, lässt sich dadurch erzielen, indem man – der Auffassung von Rönnau/Begemeier143 folgend – den Begriff der „Tat“ in §§ 73 I Var. 1, 73b I 1 Nr. 1 StGB extensiv versteht, so dass die Beendigungsphase mit umfasst ist. „Durch die rechtswidrige Tat“ i. S. v. §§ 73 I Var. 1, 73b I 1 Nr. 1 StGB ist demnach all dasjenige erlangt, das „unmittelbar“, „also ohne weitere Handlungen außer der Tat selbst“ 144, in das Vermögen des Einziehungsadressaten fließt. Ein solches Verständnis steht zudem in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, wonach der Vermögenswert (das erlangte Etwas) dem Tatbeteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sein muss.145 Zur Phase des Tatablaufs gehört insofern auch die Beendigungsphase.146 Beispiel 3: T erlangt durch einen Betrug (§ 263 I StGB) 10.000 A auf sein Konto gutgeschrieben. Mit den 10.000 A erwirbt er ein gebrauchtes Motorrad. Lösung des Beispiels 3: Der Zufluss der 10.000 A erfolgt in der Beendigungsphase, mithin hat T „durch“ die Tat eine Gutschrift i. H. v. 10.000 A erlangt, vgl. § 73 I Var. 1 StGB. Demgegenüber führt die weitere Handlung (Erwerb des Motorrads) nur mittelbar zu einem Vermögenszufluss. Das Motorrad unterliegt mithin gem. § 73 III 1 Nr. 1 Var. 1 StGB der Einziehung. Abwandlung: Durch den Betrug (§ 263 I StGB) erlangt eine von T und E gegründete Außen-GbR 10.000 A auf ihr Konto gutschrieben. Zwei Monate nach Beendigung der Tat überweist die Außen-GbR den gesamten Betrag auf das Konto des T. Lösung der Abwandlung: Unstreitig hat die Außen-GbR gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB eine Gutschrift i. H. v. 10.000 A erlangt. Fraglich bleibt, ob die Weiterleitung der Taterträge an T, dem Täter der (Erwerbs-)Tat, eine Einziehung (auch) bei diesem zulässt. Da dem T der Vorteil nur mittelbar zufloss, sprich den Weg über das Vermögen der 141 Dies schlägt aber Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 92 ff. vor; Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 43 weist zutreffend darauf hin, dass der 3. und 5. Strafsenat mit der „Schutzzwecklösung“ an sich die Lehre der objektiven Zurechnung herangezogen haben. Dieser Rechtsprechung wollte der Reformgesetzgeber aber gerade entgegentreten, vgl. dazu bereits Zivanic, ZWH 2021, 113 f. 142 Siehe dazu S. 173 ff. 143 Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 6 f. 144 Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 7; in diese Richtung (wohl) auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73 Rn. 6. 145 Vgl. dazu bereits S. 89. 146 Vgl. exemplarisch Bittmann, NZWiSt 2019, 383, 388 sowie Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 9 Rn. 23: Vorbereitung bis zur Beendigung.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Außen-GbR nahm, scheidet eine Einziehung bei ihm sowohl gem. § 73 I Var. 1 StGB als auch gem. § 73b I 1 Nr. 2 StGB, da T kein tatunbeteiligter Dritter ist, aus.147 In Beispiel 1 erlangen sowohl der Haupttäter (T) als auch der Abholer (A) „durch“ (und gerade A nicht „für“) den Betrug die jeweiligen Beuteanteile. Das Geschehen spielt sich (noch) in der Beendigungsphase ab. A wird (unmittelbar) aus dem Tatertrag vergütet. Problematischer sind Fälle, in denen der Abholer erst wesentlich später, aber noch aus dem Tatertrag, „vergütet“ wird. Eine Qualifikation als Erlangen „für“ die Tat gelingt nicht.148 Hier kommt es entscheidend auf die (interne) Absprache an: Sollte der Abholer – nach der Absprache mit den übrigen Beteiligten – nur einen Anteil (etwa 500 A in bar) erlangen, so hat er diesen schon in der Weiterleitungsphase und damit „durch“ die Tat erlangt. Die spätere, d. h. nach Beendigung der Tat erfolgte, (tatsächliche) Beuteaufteilung darf insofern nicht als eigenständige Handlung gewertet werden.

Der Begriff „durch“ (die Tat) ist nach alledem unter Berücksichtigung bereicherungsrechtlicher Wertungen auszulegen. 5. Exkurs: Der Begriff der (Tat-)Beendigung Die Bestimmung der Tatbeendigung – im hiesigen Kontext: als „Grenze“ für das „durch die Tat“ erlangte Etwas i. S. v. § 73 I StGB – gestaltet sich als eine schwierige Aufgabe.149 Die Beendigung ist in erster Linie von der Tatvollendung zu unterscheiden. Der Beendigungs- bzw. Vollendungszeitpunkt kann – je nach verwirklichtem Straftatbestand – (erheblich) variieren.150 So ist etwa der Betrug (§ 263 I StGB) bereits vollendet, „wenn der Vermögensschaden – auch in Form der schädigenden Vermögensgefährdung – vorliegt“, wobei der angestrebte Vermögensvorteil – um von einer Tatvollendung auszugehen – weder eingetreten noch gesichert sein muss.151 Beendet ist der Betrug nach der Rechtsprechung hingegen erst dann, wenn der Vorteil tatsächlich erlangt ist.152 Damit existiert nach der Rechtsprechung ein „nachtatbestandliches Unrecht“.153 Tatsächlich würde eine gegenteilige Auffassung, wonach Beendigung schon dann anzunehmen ist, wenn das tatbestandsmäßige Tun oder Unterlassen abgeschlossen ist,154

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Vgl. zu diesen Fragestellungen umfassend S. 140 ff. Vgl. dazu Zivanic, NStZ 2021, 264, 266. 149 Vgl. zu dieser Einschätzung etwa MüKo-StGB/Mitsch, § 78a Rn. 5; ferner Bitzilekis, ZStW 99 (1987), 723, 725 ff. 150 Vgl. MüKo-StGB/Mitsch, § 78a Rn. 5. 151 MüKo-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 949 m.w. N. 152 Vgl. BGHSt 32, 236, 243 und MüKo-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 951 mit zahlreichen weiteren Nachweisen auch aus der Literatur. 153 MüKo-StGB/Mitsch, § 78a Rn. 5 unter Rekurs auf Dallmeyer, ZStW 124 (2012), 711, 713 ff.; siehe auch Bitzilekis, ZStW 99 (1987), 723, 724, der von „Nachzone“ spricht. 154 So etwa MüKo-StGB/Mitsch, § 78a Rn. 5. 148

§ 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten

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zu erheblichen Abschöpfungslücken führen, weil die – von Köhler155 vertretene – Kausalitätsthese auf keinem sicheren methodischem Fundament steht:156 Systematisch spricht gegen die Kausalitätsthese, dass – aufgrund der bestehenden Sonderregelungen in § 73 II und III StGB – von § 73 I StGB nur „unmittelbar durch die Tat erlangte Vorteile“ einzuziehen sind.157 Schließlich widerspricht sie den Fallbeispielen aus der Regierungsbegründung, weil dort bei korrupter Werkvertragserlangung die später ausgezahlte Vergütung als erlangtes Etwas i. S. v. § 73 I StGB – und gerade nicht als erlangter Surrogatsgegenstand i. S. v. § 73 III Nr. 2 StGB – erklärt wird;158 ein solches Ergebnis lässt sich indes nur erzielen, wenn man zur Tat i. S. v. § 73 I Var. 1 StGB auch die Beendigungsphase zählt.159 Vor diesem Hintergrund schließt sich die Untersuchung der Auffassung der Rechtsprechung an, wonach es ein nachtatbestandliches Unrecht gibt. Der Beendigungszeitpunkt ist damit unter Berücksichtigung des jeweils verwirklichten Straftatbestands zu bestimmen. Hierbei bedarf es der Untersuchung, wann „das Tatunrecht in vollem Umfang [verwirklicht ist]“.160 Dies ist typischerweise der Fall, wenn die verbrecherische Absicht (vollständig) erreicht ist,161 wobei dieser Zeitpunkt tatbestandsbezogen und gerade nicht prozessual zu bestimmen ist.162 Beispielhaft: Bei den Ein- und Ausfuhrdelikten gem. §§ 17, 18 AWG, wenn die Ware „am Ort ihrer endgültigen Bestimmung angelangt ist“ 163 und – zieht man hier die Rechtsprechung zum Betäubungsmittelstrafrecht heran, weil es sich gleichermaßen um ein profitorientiertes Delikt handelt – der „Geldfluss zur Ruhe gekommen ist“.164 Bei einem Rauschgiftgeschäft (§ 29 I 1 Nr. 1 BtMG: Fall des Handeltreibens), „wenn der Waren- und Geldfluss zur Ruhe gekommen ist“.165 Im Fall der Marktmanipulation gem. §§ 119 I, 120 I WpHG – und zwar unabhängig davon, ob diese informations- oder handelsgestützt stattfindet –, „wenn die Preiswirkung abgeschlossen ist und [beispielsweise] die unrichtigen oder irreführen-

155

Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f. Vgl. dazu ausführlich Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 5 f. 157 Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 6. 158 Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 6. 159 Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 6. 160 MüKo-StGB/Mitsch, § 78a Rn. 5 unter Verweis auf BGH StraFo 2016, 257, 258; StV 2018, 22, 23; wistra 2018, 34, 36, der diese Rechtsprechung aber ablehnt. 161 So Welzel, Das Deutsche Strafrecht, S. 188; siehe zu einer leicht abweichenden – konkretisierenden – Formulierung Brodowski, ZStW 133 (2021), 913, 916: „[. . .], wenn das durch den Tatbestand (objektiv und subjektiv, auch durch Absichten) umschriebene, tatsächliche ,Geschehen vollständig abgeschlossen ist.‘“ 162 Vgl. Brodowski, ZStW 133 (2021), 913, 916. 163 Siehe zu den Einzelheiten Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Nestler, § 17 AWG Rn. 58. 164 Hierzu Zivanic, JR 2022, 196, 199 m.w. N. 165 Siehe zu den Einzelheiten MüKo-StGB/Og ˘ lakcıog˘lu, § 29 BtMG Rn. 470; siehe hierzu auch das Fallbeispiel von Grosse-Wilde/Thurm, wistra 2021, 337, 342. 156

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

den Informationen vollständig eingepreist sind“.166 Folgt man dem, so ist auch dem 5. BGH-Strafsenat zuzustimmen, der im Fall handelsgestützter Marktmanipulation den gesamten Erlös aus den Aktienverkäufen als erlangtes Etwas, hingegen im Fall informations- und handlungsgestützter Marktmanipulation nur die eingetretene Wertsteigerung als erlangtes Etwas i. S. v. § 73 I StGB qualifiziert.167 Bei der Steuerhinterziehung, sobald die Steuerverkürzung oder die Gewährung des unrechtmäßigen Steuervorteils eingetreten ist.168 Auf den Beendigungszeitpunkt anderer, für das Vermögensabschöpfungsrecht bedeutender, Delikte – namentlich § 331 I StGB – wird noch im Rahmen der Erläuterungen der Vorschrift des § 73d I StGB eingegangen.169 Die Auffassung, die (Tat-)Beendigung markiere die Grenze des abschöpfbaren Etwas gem. § 73 I Var. 1 StGB, wird jedoch – angesichts der Tatsache, dass die Beendigungszeitpunkte typischerweise im Kontext der Verjährung (§ 78a StGB) bestimmt werden – kritisiert.170 An dieser Stelle darf man jedoch nicht verkennen, dass der Beendigungszeitpunkt auch in (zahlreichen) anderen strafrechtlichen Rechtsfragen – beispielsweise bei der Verwirklichung von Qualifikationstatbeständen und der sukzessiven Tatbeteiligung – Bedeutung erlangt.171 Ein Abstellen auf die (Tat-)Beendigung – als Grenze des erlangten Etwas in § 73 I Var. 1 StGB – ist damit keinesfalls ungewöhnlich oder gar unverständlich, vor dem Hintergrund der – in „Beendigungsfragen“ (mehr oder weniger) gefestigten – Rechtsprechung sogar durchaus nachvollziehbar.172 Zudem markiert die Beendigung der Tat den Verjährungsbeginn bei der erweiterten und selbstständigen Einziehung (vgl. § 76b I 2 StGB), so dass auch die Gesetzessystematik dem hiesigen Auslegungsergebnis nicht entgegensteht, vielmehr für dieses spricht. 6. Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht Die hier vertretene Auffassung, wonach das bereicherungsrechtliche Kriterium der Unmittelbarkeit auch im Vermögensabschöpfungsrecht zu berücksichtigen 166

MüKo-StGB/Pananis, § 119 WpHG Rn. 268. Vgl. BGH NStZ 2021, 355, 356. 168 Vgl. MüKo-StGB/Wulf, § 376 AO Rn. 22, wonach sich bei der Steuerhinterziehung Vollendungs- und Beendigungszeitpunkt decken. 169 Vgl. S. 170 ff. 170 Vgl. insofern Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 8 (allerdings zum Tatbegriff innerhalb von § 73d I StGB); siehe Kett-Straub/Kudlich, Sanktionenrecht, § 14 Rn. 30 zu der weiteren Kritik, dies eröffne „subjektiven Wertungen Tür und Tor“. 171 Vgl. umfassend hierzu Hsueh, Tatbeendigung im Strafrecht, S. 151 ff. sowie Brodowski, ZStW 133 (2021), 913, 920 ff. 172 Siehe insofern auch die Nachweise bei Brodowski, ZStW 133 (2021), 913, 916 betreffend Diebstahl, Raub, Betrug und Erpressung. Auf einem anderen Blatt steht hingegen die Frage, ob man sich nicht besser insgesamt vom Begriff der Tatbeendigung im Strafrecht – angesichts seiner problematischen Handhabung – verabschieden sollte, vgl. hierzu etwa Hsueh, Tatbeendigung im Strafrecht, passim. 167

§ 5 Die Einziehung bei Tatbeteiligten

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ist, teilt der 3. BGH-Strafsenat (auch) unter Rekurs auf die Einziehungsrichtlinie nicht. Der 3. BGH-Strafsenat führt hierzu aus: „Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung spricht nichts dafür, dass ein Erlangen durch die Tat i. S. d. § 73 Absatz I StGB n. F. erfordern könnte, dass die Vermögenswerte an den Täter ohne Zwischenschritte übergegangen sind. Im Gegenteil teilen die Gesetzesmaterialien ausdrücklich mit, das neue Recht trage den Art. 2 Nr. 1, 4 I der RL 2014/42/EU Rechnung, wonach in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sicherzustellen sei, dass nicht nur ,direkt‘, sondern auch ,indirekt‘ durch eine Straftat erlangte wirtschaftliche Vorteile der Einziehung unterliegen (s. BT-Drs. 18/9525, 55).“ 173

Es ist zwar richtig, dass die Einziehungsrichtlinie sowohl „direkte“ als auch „indirekte“ wirtschaftliche Vorteile beim Tatbeteiligten abgeschöpft wissen will (vgl. Art. 2 Nr. 1 und 4 I Einziehungsrichtlinie). Allerdings folgt aus ErwGr (11) der Einziehungsrichtlinie, dass „alle mittelbaren Vorteile einschließlich der aus einer späteren Reinvestition oder Umwandlung direkter Erträge erlangten Vorteile“ umfasst sein sollen. Als „indirekten“ Vorteil hat die Einziehungsrichtlinie damit primär gezogene Nutzungen sowie Surrogatsgegenstände im Blick. Auf weitere Argumente, die gegen die Sichtweise des 3. BGH-Strafsenats sprechen, wird noch im Rahmen des sogenannten Vertretungsfalls vertieft eingegangen.174 Fest steht: Die Einziehungsrichtlinie steht – ebenso wenig wie sonstiges höherrangiges Recht – dem hier gefolgerten Auslegungsergebnis nicht entgegen.

VII. Die Wertersatzeinziehung (§ 73c StGB) Das Gericht ordnet subsidiär die Einziehung von Wertersatz gem. § 73c S. 1 StGB an, wenn die Einziehung des primären Einziehungsgegenstands (1) wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder (2) aus einem anderen Grund nicht möglich ist. Die Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB ist zudem statthaft, wenn das Gericht auf die Einziehung des Surrogatsgegenstands gem. § 73 III StGB verzichtet. Die Formulierung in § 73c S. 1 StGB entspricht derjenigen in § 818 II BGB.175 Auch nach der Vorschrift des § 818 II BGB ist Wertersatz zu leisten, wenn die Herausgabe des primären Bereicherungsgegenstands (1) wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder (2) aus einem anderen Grund nicht möglich ist. 1. Der Begriff der Unmöglichkeit i. S. v. § 818 II BGB Nach bereicherungsrechtlichen Maßstäben umfasst der Begriff der „Unmöglichkeit“ i. S. v. § 818 II BGB sowohl die subjektive als auch die objektive Un173 174 175

BGH NZG 2020, 355, 358. Vgl. S. 140 ff. Siehe auch Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73c Rn. 1.

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möglichkeit.176 Indes ist die Reichweite des subjektiven Unmöglichkeitsbegriffs streitig. Teilweise wird der Begriff der subjektiven Unmöglichkeit ebenso wie in § 275 I BGB verstanden.177 Von Unmöglichkeit kann so lange nicht gesprochen werden, wie der Bereicherungsschuldner das Erlangte noch wiederbeschaffen kann. Freilich steht die Herausgabepflicht des Bereicherungsschuldners dann unter dem Vorbehalt der Erstattung des für die Wiederbeschaffung getätigten Aufwands (sogenannte Entreicherungslösung).178 Demgegenüber berücksichtigen andere bereits im Rahmen von § 818 II BGB ebendiesen Mehraufwand: Der Bereicherungsgläubiger kann die Wiederbeschaffung (von vornherein) nicht verlangen (sogenannte Wertersatzpflichtlösung).179 2. Der Begriff der Unmöglichkeit i. S. v. § 73c S. 1 StGB Angesichts des vergleichbaren Wortlauts zwischen § 818 II BGB und § 73c S. 1 StGB sowie der identischen Gesetzessystematik betreffend die Herausgabe bzw. der Einziehung des Originals und der Leistung bzw. Einziehung von Wertersatz, sprechen sowohl eine objektiv-grammatische als auch eine objektiv-systematische Auslegung für ein zivilrechtsakzessorisches Verständnis der Unmöglichkeit im Rahmen von § 73c S. 1 StGB. Dieses Auslegungsergebnis wird auch von einer subjektiv-historischen Auslegung gedeckt: Der Reformgesetzgeber verweist nämlich – freilich nur den Zeitpunkt der Wertermittlung betreffend – auf die zivilrechtliche Literatur zu § 818 II BGB.180 a) (Keine) Wiederbeschaffungspflicht des Einziehungsadressaten Folgt man dem, so bedarf es – übertragen auf das Einziehungsrecht – der Beantwortung der Frage, ob die Wertersatzeinziehung erst dann anzuordnen ist, wenn der Einziehungsbetroffene das ursprünglich Erlangte nicht mehr wiederbeschaffen kann (Entreicherungslösung) oder bereits dann, wenn sich das ursprünglich Erlangte schlicht nicht mehr in seiner (faktischen) Verfügungsgewalt befindet (Wertersatzpflichtlösung). Letzteres ist zu bejahen. Es mag zwar Fälle geben, in denen der Verletzte ein Interesse daran hat, das ursprünglich erlangte Etwas zurückzuerhalten. Allerdings haben Verletzteninteressen im Einziehungsrecht keinen generellen Vorrang vor Betroffeneninteressen. Würde man bei Letzteren eine Einziehung des ursprünglich Erlangten unter der Verpflichtung zur Wieder176 Vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 153; MüKoBGB/Schwab, § 818 Rn. 50 m.w. N. 177 So etwa Bodenbenner, Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung, S. 100 ff. 178 Siehe die Darstellung bei MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 51. 179 So etwa Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 154; MüKoBGB/Schwab, § 818 Rn. 50. 180 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67 unter Verweis auf Palandt-BGB/Sprau, § 818 Rn. 20 (73. Aufl. 2014).

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beschaffung anordnen, würde unter Umständen ein zusätzlicher Vermögensverlust herbeigeführt. Weil dieser zusätzliche Vermögensverlust auch keine hinreichende Verknüpfung181 zum erlangten Etwas aufweisen würde, fände von vornherein kein Aufwendungsabzug nach Maßgabe des § 73d I StGB statt. Im Endeffekt würde unter Umständen mehr abgeschöpft, als ursprünglich erlangt wurde. Dies verbietet sich vor dem Hintergrund des zu wahrenden quasi-kondiktionellen Rechtscharakters der Einziehung von Taterträgen. Die Wertersatzeinziehung ist mithin bereits dann anzuordnen, wenn sich das ursprünglich Erlangte nicht mehr in der (faktischen) Verfügungsgewalt des Betroffenen befindet. Wird das ursprünglich Erlangte einem Dritten i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2 bzw. 3 StGB übertragen, stellt sich die Frage, ob die Wertersatzeinziehung beim Tatbeteiligten gem. § 73c S. 1 StGB auch dann zulässig ist, wenn die Einziehung des Originalgegenstands beim Dritten möglich ist. Auf diese Frage wird noch im weiteren Verlauf der Untersuchung vertieft eingegangen.182 b) Teilunmöglichkeit Unklar ist, wie Fälle der sogenannten Teilunmöglichkeit zu behandeln sind. Gemeint sind Fallkonstellationen, in denen ein erlangter Gegenstand beschädigt, belastet oder umgebildet wird. Für die erste und zweite Variante beinhaltet das Gesetz in § 73c S. 2 StGB eine Lösung: Eine Wertersatzeinziehungsanordnung trifft das Gericht auch dann, wenn es den Originalgegenstand einzieht, dessen Wert aber mittlerweile (aufgrund der Beschädigung oder Belastung) geschmälert wurde.183 Die dritte Variante, die Umbildung des ursprünglich Erlangten, erweist sich jedenfalls dann als problematisch, wenn damit kein Wertverlust einhergeht. Hier kann jedenfalls nicht von einer Unmöglichkeit der Herausgabe des ursprünglich Erlangten die Rede sein.184 Immerhin besteht in derartigen Fällen weiterhin eine Gegenstandsidentität. Das Gericht ist daher auf die Einziehungsanordnung gem. § 73 I StGB verwiesen. Eine Wertersatzanordnung kommt nicht in Betracht. c) „Wegen der Beschaffenheit des Erlangten“ Ferner ist die Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB statthaft, wenn die Einziehung des Gegenstandes „wegen der Beschaffenheit des Erlangten“ nicht möglich ist. Gemeint sind damit – wie auch bei § 818 II BGB – geldwerte Vorteile anderer Art. Beispielhaft seien hier die Nutzung fremder Gegenstände, die 181

Vgl. dazu unten S. 171 ff. Vgl. dazu unten S. 165 f. 183 Vgl. allgemein zur Einziehung gem. § 73c S. 2 StGB MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73c Rn. 10 f. 184 Vgl. überzeugend aus bereicherungsrechtlicher Sicht MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 61; anders aber Wabnitz/Janovsky/Schmitt/Podolsky/Veith, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 30. Kap. Rn. 69. 182

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(ggfs. teilweise) Befreiung von einer Verbindlichkeit (das „Ersparen von Aufwendungen“) sowie auf ein als Kontokorrentkonto geführtes Girokonto eingegangene Gelder genannt.185 Für die Frage der Unmöglichkeit i. S. v. § 73c S. 1 StGB ist nach alledem an die umfassende zivilrechtliche Doktrin zu § 818 II BGB anzuknüpfen. 3. Sonderfall (1): Bargeld Für die praxisrelevanten Fälle, in denen Tatbeteiligte Bargeld durch die Tat erlangen, stellt sich die Frage, ob – bei einer Vermischung mit eigenen (legalen) Zahlungsmitteln (vgl. §§ 948 I, 947 BGB)186 – von einer Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB auszugehen oder schlicht der erlangte Geldbetrag gem. § 73 I StGB187 einzuziehen ist. a) Diskussion im Bereicherungsrecht Im Bereicherungsrecht wird bei rechtsgrundlos erlangtem Geld teilweise eine Abkehr von einer rechtstechnischen Betrachtungsweise befürwortet: „bei rechtsgrundlos erlangtem Geld [ist] für die Rechtsfolgen verschärfter Haftung stets von einem Geldherausgabeanspruch [und nicht von einem Geldwertanspruch] auszugehen.“ 188 b) Widerspruch zur gegenständlichen Betrachtungsweise Diese Sichtweise hätte den Vorteil, dass es in (Geld-)Verschiebungsfällen nicht auf die – noch zu behandelnde und so viel vorab: missglückte189 – Vorschrift des § 73b II Var. 1 StGB ankäme. Freilich ist sie nicht mit der gegenständlichen – und damit rechtstechnischen Betrachtungsweise – des Einziehungsrechts zu vereinbaren. Zudem lassen sich die Gründe, die das bereicherungsrechtliche Schrifttum zu dieser Sichtweise bewegen, nicht auf das Einziehungsrecht übertragen. Im Bereicherungsrecht würde – nach teilweise vertretener Auffassung – bei einer rechtstechnischen Betrachtungsweise „der verschärft haftende Empfänger von Geldscheinen, dem ohne Verschulden die Brieftasche abhandenkommt, von jeder Verpflichtung befreit, wenn sich ausschließlich die empfangenen Geldscheine darin befanden, während er weiterhin haften müsste [. . .], wenn die Scheine mit 185 Vgl. zu diesen praxisrelevanten Fällen Wabnitz/Janovsky/Schmitt/Podolsky/Veith, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 30. Kap. Rn. 61 ff.; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 85; vgl. zu weiteren Fallgruppen Jauernig/Stadler, § 818 Rn. 12; siehe zu – auf ein als Kontokorrentkonto geführtes Girokonto – eingegangenen Geldern etwa BGH NZWiSt 2021, 478, 487. 186 Insbesondere durch Einzahlung auf ein Bankkonto. 187 So Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 113. 188 BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 89. 189 Vgl. hierzu S. 159 ff.

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anderem Geld vermischt wurden“.190 Im Einziehungsrecht wird derjenige, dem die – aus Straftaten stammenden – Geldscheine zugeflossen sind, sofern er bösgläubig ist, nicht von der Einziehung verschont, wenn ihm diese Geldscheine – mit oder ohne sein Verschulden – abhandenkommen. Dasselbe – Haftung auf Wertersatz bei Bösgläubigkeit ungeachtet eines Verschuldens – gilt richtigerweise auch für das Bereicherungsrecht.191 Nach alledem ist in (Geld-)Vermischungs- und Einzahlungsfällen die Einziehung des Wertersatzes gem. § 73c S. 1 StGB anzuordnen. Beispiel 4: T erlangt durch den Verkauf von Betäubungsmitteln den Besitz an zwei Hunderteuroscheinen. Die Scheine wirft er in einen Umschlag, in dem sich bereits weitere fünf Hunderteuroscheine befinden oder zahlt sie auf sein Bankkonto ein. Lösung des Beispiels 4: Aufgrund der Vermischung wurde die Einziehung des ursprünglich Erlangten (Besitz an zwei Hunderteuroscheinen) unmöglich. Deshalb bedarf es der Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB i. H. v. 200 A. Abwandlung: Die von T erlangten zwei Hunderteuroscheine werden kurz nach der Tat – und ohne Ts Verschulden – von X entwendet. Lösung der Abwandlung: T ist nicht mehr im Besitz der Geldscheine. Die Einziehung des ursprünglich Erlangten ist (bei T) unmöglich geworden. Da der Einziehungsanspruch des Staates schon mit der Erlangung der Geldscheine entstanden ist, hat das Gericht die Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB i. H. v. 200 A gegen T anzuordnen. Das fehlende Verschulden des T hindert die Einziehung nicht.192 Abwandlung 2: T überlässt die Geldscheine schenkweise M. Mit diesen Geldscheinen begibt sich M in den örtlichen Supermarkt. Dort werden sie M von X – und ohne Ms Verschulden – entwendet. Lösung der Abwandlung 2: Die Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB ist gegenüber T anzuordnen. Gegenüber M kann die Wertersatzeinziehung gem. §§ 73b I 1 Nr. 2a Var. 1, 73c S. 1 StGB nicht angeordnet werden, weil das Erlangte ersatzlos – und ohne Ms Verschulden – weggefallen ist (vgl. § 73e II StGB).193

4. Sonderfall (2): Code-, Spar-, Prepaid- und SIM-Karten Bislang wurde die Frage, wie mit der Erlangung von Code-, Spar-, Prepaidund SIM-Karten194 einziehungsrechtlich umzugehen ist, nicht diskutiert. Klar dürfte sein, dass solche Karten gem. § 73 I StGB einzuziehen sind, sofern sie sich noch im Besitz eines Tatbeteiligten befinden, mithin gegenständlich vorhanden sind. Doch wie ist zu verfahren, wenn die Karten ge- bzw. verbraucht werden 190 BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 88; differenzierend an dieser Stelle MüKoBGB/Schwab, § 818 Rn. 322 f. 191 Vgl. hierzu S. 189 f. 192 Siehe aber die Vorschrift des § 459g V StPO für das Vollstreckungsverfahren. 193 Vgl. hierzu vertieft unten S. 189 f. 194 Vgl. zu Spar- und Prepaid-Karten und deren Funktion Schnabel, NStZ 2005, 18; vgl. zu Codekarten und deren Funktion Rengier, StrafR BT I, § 2 Rn. 113.

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oder die Herausgabe der Karten nicht mehr möglich ist, weil sie zerstört oder veräußert wurden? Unbestritten ist, dass Code-, Spar-, Prepaid- und SIM-Karten einen gewissen Materialwert haben, mag dieser in aller Regel äußerst gering sein. Damit könnte in jedem Fall der Materialwert gem. § 73c S. 1 StGB bei einer Zerstörung oder Veräußerung der Karte eingezogen werden. Werden derartige Karten ge- bzw. verbraucht, könnte jedenfalls der tatsächlich gezogene Nutzungsbetrag gem. § 73 II StGB eingezogen werden. Freilich weisen Spar- und Prepaid-Karten einen verkörperten Sachwert auf (lucrum ex re).195 Diesen ist nämlich gemein, „dass bei ihrer Benutzung der verbrauchte Betrag von dem Speicherchip bzw. dem Guthabenkonto ,abgebucht‘ wird“.196 Demgegenüber haben Code- und SIM-Karten keinen verkörperten Sachwert.197 Mit der Benutzung solcher Karten wird kein der Sache innewohnender verkörperter Sachwert entzogen.198 Demnach wird bei Besitzerlangung einer Spar- und Prepaid-Karte zugleich auch deren verkörperter Sachwert i. S. v. § 73 I StGB erlangt, wohingegen bei Code- und SIM-Karten – mangels verkörperten Sachwerts – erst bei tatsächlicher Verwendung dieser Karten der (bloße) Nutzungsbetrag, sprich in der Regel bei Codekarten der tatsächlich abgehobene Betrag, gem. § 73 II StGB einzuziehen ist. Da bei Spar- und Prepaid-Karten der verkörperte Sachwert wegen der Beschaffenheit des Erlangten (von vornherein) nicht eingezogen werden kann, unterliegt er der Einziehung gem. § 73c S. 1 StGB. Werden hingegen Code- und SIM-Karten überhaupt nicht benutzt und hinterher zerstört oder veräußert, so unterliegt lediglich deren Materialwert der Einziehung gem. § 73c S. 1 StGB. Eine solche Sichtweise steht zudem in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH in Zivilsachen, der im Fall der Nutzung eines Telefonanschlusses (nach wirksamer Kündigung des Vertrags) nur die tatsächlich gezogene Nutzung als gem. §§ 812 I 1 Var. 1, 818 I, II BGB herausgabefähig erachtet.199 5. Der Wertbegriff Seit geraumer Zeit streitet das bereicherungsrechtliche Schrifttum über die Bestimmung des Wertbegriffs in § 818 II BGB. Die Kontroverse dreht sich darum, ob nur der objektive Wert des Erlangten (sogenannter Verkehrswert)200 zu erset195 So Krey/Hellmann/Heinrich, StrafR BT II, § 1 Rn. 68; a. A. aber Schnabel, NStZ 2005, 18, 20 hinsichtlich Prepaid-Karten, weil diese nur einen Notizzettel darstellen, ihre Verfügungsmöglichkeit nicht an eine weitere Substanz gebunden ist. Letztlich kommt es aber auf die vertragliche Ausgestaltung an. 196 Krey/Hellmann/Heinrich, StrafR BT II, § 1 Rn. 68. 197 Vgl. Krey/Hellmann/Heinrich, StrafR BT II, § 1 Rn. 69. 198 Vgl. statt vieler Rengier, StrafR BT I, § 2 Rn. 113. 199 Vgl. BGH NJW 2013, 2021, 2023. 200 Vgl. hierzu eingehend (und kritisch) Mankowski/Schreier, AcP 208 (2008), 725, 728 ff., wonach der Verkehrswert – nach Ansicht der Rechtsprechung – anhand des

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zen ist oder der Wertersatzbegriff einer Subjektivierung zugänglich ist.201 Die zivilrechtliche Rechtsprechung, sowohl des RG202 als auch des BGH203, hat die Streitfrage dahingehend entschieden, dass ausschließlich der objektive Wert des Erlangten zu ersetzen ist. Der strafrechtlichen Literatur ist dieser Streit nicht verborgen geblieben. Sie vertritt überwiegend die Auffassung der zivilrechtlichen Rechtsprechung, den Wertersatzbegriff im Rahmen von § 73c S. 1 StGB rein objektiv zu bestimmen.204 a) Objektiv-grammatische Auslegung Der Wortlaut der Norm, „Wert des Erlangten“, spricht in erster Linie für ein objektives Verständnis.205 Indes ist das Wortlautargument – für sich allein – schwach. Auch im Rahmen von § 818 II BGB bezieht sich das Wort „Wert“ auf das ursprünglich Erlangte, wird aber nicht als Hindernis für die entsprechende Wertbegriffsdiskussion erachtet. b) Objektiv-historische Auslegung Der historische Gesetzgeber bezweckte bereits mit der Umstellung auf das Bruttoprinzip eine Angleichung an das Bereicherungsrecht.206 Eine Angleichung an das Bereicherungsrecht gelingt jedoch nur, wenn man den im Bereicherungsrecht dominierenden Wertbegriff auch dem Vermögensabschöpfungsrecht zugrunde legt. Damit streitet eine objektiv-historische Auslegung für ein bereicherungsakzessorisches Wertbegriffsverständnis. Auf die Frage, wie der Wertersatzbegriff im Bereicherungsrecht zu verstehen ist, wird sogleich eingegangen. c) Objektiv-systematische Auslegung Die (objektive) Systematik des Einziehungsrechts streitet hingegen deutlich für ein objektives Wertbegriffsverständnis: Gem. § 73d II StGB kann der „Wert des Erlangten“ geschätzt werden. Für die Schätzung ist dabei grundsätzlich der ge„Marktes“ bestimmt werde, letztere Verweisung aber nicht selten versage (vgl. S. 744 ff.). 201 Vgl. zum Streitstand etwa Erman-BGB/Buck-Heeb, § 818 Rn. 16 ff.; MüKoBGB/Schwab, § 818 Rn. 82 f.; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 27. 202 Vgl. RGZ 147, 396, 398. 203 Vgl. exemplarisch BGHZ 5, 197, 201 f.; vgl. BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 27 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. 204 Vgl. Fischer, § 73c Rn. 5; Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73c Rn. 10; Lackner/Kühl/ Heger, § 73c Rn. 4; BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73c Rn. 9; LK-StGB/Lohse, § 73c Rn. 14; a. A. aber Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 66; Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 100 f., die einen subjektiven Wertbegriff befürworten. 205 So MüKo-StGB/Joecks, § 73a Rn. 14; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 115. 206 Vgl. BT-Drs. 12/1134, S. 12. Dies wird auch von Wolters (Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 100) angeführt.

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wöhnliche Verkaufspreis (Marktpreis) maßgeblich.207 Würde man hingegen bei der Schätzung subjektive Gegebenheiten berücksichtigen, erfolgte eine solche ohne handfeste (konkrete) Anhaltspunkte. Letzteres verbietet sich aber im Rahmen von § 73d II StGB.208 d) Subjektiv-historische Auslegung Der Reformgesetzgeber verweist – freilich nur den Zeitpunkt der Wertermittlung betreffend – auf die zivilrechtliche Literatur zu § 818 II BGB.209 Gerade letzterer Umstand spricht dafür,210 dass der Reformgesetzgeber den Wertersatzbegriff in § 73c StGB so verstehen will, wie ihn das Bereicherungsrecht in § 818 II BGB versteht. Damit stellt sich die – bereits angedeutete – Frage: Wie ist der Wertersatzbegriff in § 818 II BGB zu verstehen – objektiv oder subjektiv?211 Der Wertersatzbegriff in § 818 II BGB ist richtigerweise objektiv zu verstehen.212 Einerseits vermag das Anliegen der subjektiven Theorie, über die Vorschrift des § 816 I 1 BGB hinaus, eine Gewinnhaftung dogmatisch herzuleiten, nicht zu überzeugen.213 Die Vorschrift des § 818 II BGB zielt nämlich aus-

207 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73d Rn. 35 unter Verweis auf BGHSt 4, 305 = NJW 1953, 1640, der nur auf den inländischen Marktpreis rekurriert. Dieser Auffassung ist der 3. BGH-Strafsenat (BGH NZWiSt 2021, 478, 488) – zu Recht – entgegengetreten, vgl. zum Ganzen auch S. 125. 208 Vgl. MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73d Rn. 26; LK-StGB/Lohse, § 73d Rn. 27. 209 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67 unter Verweis auf Palandt-BGB/Sprau, § 818 Rn. 20 (73. Aufl. 2014). 210 Den Zeitpunkt für die objektive Wertermittlung hat der Reformgesetzgeber eindeutig bestimmt, vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67: Grundsätzlich ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Wertersatzanspruch entstanden ist. Dies ist im Falle anfänglicher Unmöglichkeit der Herausgabe der Zeitpunkt der Erlangung, im Falle nachträglicher Unmöglichkeit der Herausgabe der Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit der Herausgabe, vgl. dazu Palandt-BGB/Sprau, § 818 Rn. 20. Diese Sichtweise des Reformgesetzgebers steht in Einklang mit der herrschenden Auffassung im Zivilrecht zum Wertermittlungszeitpunkt innerhalb von § 818 II BGB, vgl. BGHZ 168, 220, 234 f. und BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 33 m.w. N. aus der Lehre. Lediglich dann, wenn das Gericht von einer Surrogatseinziehung absieht, ist der Zeitpunkt der Entscheidung bestimmend. Im letzteren Fall entsteht der Wertersatzanspruch nämlich erst mit der gerichtlichen Entscheidung, vgl. Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 117. 211 Diese Folgerung stellt nicht in Frage, dass das Strafrecht an sich nicht „zivilrechtlerakzessorisch“ ist, sondern über die Auslegung zivilrechtsakzessorischer Tatbestandsmerkmale selbständig und in eigener Verantwortung entscheidet, vgl. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 913. 212 Eine Ausnahme gilt freilich in Fällen der sogenannten aufgedrängten Bereicherung, vgl. dazu nur Löwenheim, Bereicherungsrecht, S. 121 f. sowie 141. 213 Vgl. Staudinger/Lorenz, § 818 Rn. 27; MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 83 und ihnen zustimmend OLG Rostock BeckRS 2013, 9795; zudem kann das Argument, die subjektive Theorie diene dem Aufdrängungsschutz bei der Aufwendungskondiktion, nicht überzeugen, zumal für die Aufwendungskondiktion besondere Voraussetzungen gelten, sprich dieses Argument nicht verallgemeinerungsfähig ist, vgl. BeckOK-BGB/

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schließlich auf einen Geldausgleich bei Unmöglichkeit primärer Herausgabe ab.214 Hinzu kommt, dass die subjektive Werttheorie „das Erlangte bzw. dessen Wert unzulässig mit der Bereicherung vermengt“.215 Der Begriff des erlangten Etwas ist rein gegenständlich zu bestimmen. Daran orientiert sich letztlich auch die Vorschrift des § 818 II BGB. Vertreter eines subjektiven Wertbegriffs stellen hingegen ausschließlich auf den konkreten Nutzen für den Bereicherungsschuldner ab.216 Eine solche Vorgehensweise widerspricht aber einer gegenständlichen Betrachtungsweise.217 e) Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht Weder der (objektive) Wortlaut der Einziehungsrichtlinie (ErwGr 14) noch ihre (objektive) Systematik geben Aufschluss darüber, ob einem objektiven oder subjektiven Wertersatzbegriff der Vorzug gebührt.218 Indes wahrt grundsätzlich nur ein objektives Verständnis den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen, denn: Eine subjektivierende Betrachtung kann dazu führen, dass der Tatbeteiligte oder Dritte (subjektiv) mehr erlangt, als es dem objektiven Marktwert entspricht.219 Im Ergebnis würde also mehr abgeschöpft werden, als ursprünglich erlangt wurde. Die Nähe zur Strafqualität der Maßnahme wäre zu befürchten, wenn nicht eine Korrektur dieses Ergebnisses rechtsdogmatisch möglich erscheint: aa) Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei gebundenen Entscheidungen Sowohl die Anordnung der Einziehung des ursprünglich Erlangten gem. § 73 I StGB als auch diejenige des Wertersatzes gem. § 73c StGB hat, sofern die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, zwingend zu erfolgen. Es handelt sich bei beiden Einziehungsanordnungen um gebundene Entscheidungen.220 Der Ausspruch der zwingenden Rechtsfolge kann sich aber in gewissen FallkonstellaWendehorst, § 818 Rn. 27, die ausschließlich bei der Aufwendungskondiktion die subjektive Theorie heranzieht (vgl. § 818 Rn. 145). 214 Vgl. Goetzke, AcP 173 (1973), 289, 311 und 320; MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 83. 215 MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 83; ähnlich auch Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 115. 216 So etwa Erman-BGB/Buck-Heeb, § 818 Rn. 17 ff. 217 Überzeugend MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 83; a. A. aber Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 171 f. 218 Gem. Art. 6 I Einziehungsrichtlinie soll eine Einziehung bei Dritten möglich sein, wenn ihm (dem Dritten) die Erträge oder andere Vermögenswerte „deutlich unter dem Marktwert“ übertragen wurden. Damit besteht zumindest ein Anhaltspunkt für eine Orientierung am objektiven Wert. 219 Siehe Wolters, Neufassung der Verfallsvorschrift, S. 100. 220 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 28 und § 73c Rn. 8; Theile, JA 2020, 1, 8.

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tionen als unverhältnismäßig, gar als „ungerecht“, erweisen.221 Die alte Rechtslage sah für derartige Fälle die sogenannte Härteklausel gem. § 73c I 1 StGB a. F. vor. Mit Blick auf die neue Rechtslage muss daher der Frage nachgegangen werden, ob auch bei gebundenen Entscheidungen die Verhältnismäßigkeit der konkreten Maßnahme zu prüfen ist.222 Würde man eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei gebundenen Entscheidungen zulassen, könnten überschießende Einziehungsanordnungen, die den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen in Ausnahmekonstellationen missachteten, korrigiert werden.223 Im Verwaltungsrecht ist, aufgrund von Entscheidungen einiger Verwaltungsgerichte, ein Streit über genau diese Frage – Verhältnismäßigkeitsprüfung trotz gebundener Entscheidung – entfacht.224 bb) Auffassung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Ein Teil der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung225 hält nämlich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei gebundenen Entscheidungen für statthaft und widerspricht damit der herrschenden Auffassung des verwaltungsrechtlichen Schrifttums. cc) Auffassung des verwaltungsrechtlichen Schrifttums Letzteres lehnt eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei gebundenen Entscheidungen ausdrücklich ab.226 Zur Begründung verweist es darauf, dass der Gesetzgeber, wenn er eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Maßnahme bezweckte, genauso gut eine „Soll-Vorschrift“ oder einen Regelbeispielkatalog hätte erlassen können.227 Darüber hinaus, so die Auffassung der herrschenden Lehre, bestünde für den Gesetzgeber die Möglichkeit, einen ausdrücklichen Hinweis auf eine entsprechende Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erteilen.228 Trotz der grundsätzlichen 221 Vgl. ausführlich zum Verhältnis „Gerechtigkeit – Billigkeit – Verhältnismäßigkeit“ Barczak, VerwArch 105 (2014), 142, 144 ff. 222 Vgl. auch Zivanic, ZWH 2021, 113, 115 f. zur Einziehung des Nachlasses im Falle der Tötung des Erblassers durch seinen Erben. 223 Die Fragestellung betrifft insofern nicht nur die Wertbegriffsdiskussion, sondern beeinflusst das gesamte Vermögensabschöpfungsrecht. 224 Aktuell und monographisch aufgearbeitet von Plappert, Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei gebundenen Verwaltungsentscheidungen, passim. 225 Besonders deutlich OVG Münster, BeckRS 2008, 37729; vgl. zudem Barczak, VerwArch 105 (2014), 142, 158 ff. mit weiteren Nachweisen zur verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Freilich herrscht in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung kein Konsens über diese Vorgehensweise, vgl. VGH BW VBlBW 2008, 437, 443 eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei gebundener Entscheidung verneinend. 226 Vgl. statt vieler Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 243; vgl. mit zahlreichen weiteren Nachweisen Mehde, DÖV 2014, 541 Fn. 6. 227 So etwa Mehde, DÖV 2014, 541, 544. 228 Vgl. Mehde, DÖV 2014, 541, 544 unter Hinweis auf § 7 II PaßG in Fn. 45.

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Ablehnung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen gebundener Entscheidungen besteht auch nach Ansicht der herrschenden verwaltungsrechtlichen Literatur zumindest die Möglichkeit, eine solche im Rahmen eines unbestimmten Rechtsbegriffs, mithin auf Tatbestandsebene, vorzunehmen.229 Unbestimmte Rechtsbegriffe sind dabei solche, die sowohl hinsichtlich Inhalt als auch Umfang einen Interpretationsspielraum lassen.230 Gemessen an dieser Definition ist auch der Begriff „Wert des Erlangten“ ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als Einfallstor für die Verhältnismäßigkeitsprüfung dient. Eine weitere Meinung in der Literatur231 hält eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei gebundenen Entscheidungen jedenfalls dann für möglich, sofern methodische Anhaltspunkte gegeben sind. Ein methodischer Anhaltspunkt für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung (auch bei gebundenen Entscheidungen) im Einziehungsrecht ist in § 74f I StGB zu finden. Die Vorschrift des § 74f I StGB normiert den verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einfachrechtlich.232 Obschon es sich bei der Anordnung der Einziehung bzw. Unbrauchbarmachung von Schriften gem. § 74d I StGB um eine gebundene Entscheidung handelt, wird die Vorschrift von § 74f I 2 StGB erfasst.233 Dieser Umstand kann als Beleg dafür gelten, dass der Gesetzgeber eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei gebundenen Entscheidungen in Grenzfällen für notwendig hielt.234 Ein solches Verständnis deckt sich auch mit der strafrechtlichen Kommentarliteratur zu § 74f StGB.235 dd) Widerspruch zur Diskussion im Jugendstrafrecht? Ebendiese Frage – Verhältnismäßigkeitsprüfung trotz gebundener Entscheidung – wird zudem im Jugendstrafrecht diskutiert: Der 1. BGH-Strafsenat236 steht auf dem Standpunkt, die Einziehung von Taterträgen und des Wertes von 229 Es handelt sich damit um eine verfassungskonforme Auslegung, vgl. zu dieser Möglichkeit Naumann, DÖV 2011, 96, 98; Mehde, DÖV 2014, 541, 545. 230 Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 108; Nastelski, GRUR 1968, 545. 231 So Naumann, DÖV 2011, 96, 101 ff. 232 Vgl. statt vieler Matt/Renzikowski-StGB/Altenhain/Fleckenstein, § 74f Rn. 1; siehe zudem BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73 Rn. 37.1. 233 Vgl. nur Sch/Sch/Eser/Schuster, § 74d Rn. 16 f. 234 Vgl. Zivanic, ZWH 2021, 113, 115 f. 235 Vgl. Zivanic, ZWH 2021, 113, 116 unter Verweis auf Sch/Sch/Eser/Schuster, § 74f Rn. 2; MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 74f Rn. 4; LK-StGB/Lohse, § 74f Rn. 2; Schmidt, Vermögensabschöpfung, Rn. 495; vgl. zur Problematik der obligatorischen Einziehung bereits Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 360 ff., der – mit dem OLG Celle (NJW 1964, 1381), das eine Umdeutung in eine Ermessensvorschrift befürwortet – von der „Elastizität der gesetzlichen Einziehungsregelungen im Interesse größtmöglicher Einzelfallgerechtigkeit“ spricht und deshalb eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei gebundenen Entscheidungen als notwendig erachtet. 236 Vgl. BGH NZWiSt 2019, 467 ff.

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Taterträgen stehe dort im Ermessen des Tatgerichts. Dies folge unter anderem aus der Vorschrift des § 8 III 1 JGG, der zufolge die Entscheidung, ob die Nebenfolge angeordnet werde, im Ermessen des Gerichts liege. Die Vorschrift des § 8 III 1 JGG gehe dabei – wie sich auch § 2 II JGG ergebe – den Regelungen des allgemeinen Strafrechts vor. Dieser Ansicht trat der 5. BGH-Strafsenat237 entgegen. Ihm zufolge findet eine Ermessensentscheidung keinen Anhalt im Gesetz und widerstreitet dem Willen des Gesetzgebers. Der 5. BGH-Strafsenat begründet seine Ablehnung einer Ermessensentscheidung im Jugendstrafrecht zudem damit, dass lediglich gem. § 459g V StPO – und somit im Vollstreckungsverfahren – „erzieherischen sowie resozialisierenden Belangen [. . .] Rechnung getragen werden kann“.238 Der 1. BGH-Strafsenat hat diese „vollstreckungsrechtliche Lösung“ – völlig zutreffend – als „unzureichend“ bezeichnet: Gem. § 459g V 2 StPO besteht nämlich die Möglichkeit, die Vollstreckung wiederaufzunehmen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten. Hierbei ist unklar, welche Gründe zur Wiederaufnahme berechtigen.239 Der Senat verweist darauf, dass auch die Erlangung legaler Vermögenswerte einen Grund zur Wiederaufnahme darstellen könne, weshalb der Einziehungsadressat mehrere Jahre mit einer Vollstreckung rechnen müsse (vgl. § 79 IV 2 StGB: i. d. R. 10 Jahre, ggfs. aber gem. § 79 V 1 StGB 25 Jahre [vgl. § 79 III Nr. 1 StGB]).240 Überhaupt ist der Rechtscharakter der Maßnahme bereits bei der Anordnung der Einziehung, sprich im Hauptverfahren, und nicht erst im Vollstreckungsverfahren zu wahren.241 Die Lösung über § 459g StPO verfängt daher nicht. Schließlich kann auch die Vorschrift des § 421 StPO, zumal für ein Absehen von der Einziehung die Zustimmung der Staatsanwaltschaft erforderlich ist, nicht stets die Verhältnismäßigkeit der konkreten Anordnung wahren. Letzteres hat sogar der 5. BGH-Strafsenat242 im Hinblick auf die Zulässigkeit der sogenannten formlosen Einziehung243 gewissermaßen erkannt, indem er ausführt: „Eine der in dieser – den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit [. . .] konkretisierenden Regelung – vorgesehenen Konstellationen ist jedoch in § 421 StPO eingestellt worden. [. . .]. Hinzu kommt, dass eine derartige Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen würde.“

Der 5. BGH-Strafsenat prüft demnach die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, obwohl „die Norm [gemeint ist § 73 I StGB] dem Gericht kein Ermessen 237 238 239 240 241 242 243

Vgl. BGH, NZWiSt 2020, 166 ff. BGH NZWiSt 2020, 166, 168. Vgl. BGH NZWiSt 2019, 467, 470. Vgl. BGH NZWiSt 2019, 467, 470. Vgl. hierzu auch Johann, Möglichkeiten und Grenzen, S. 48. Vgl. BGH NStZ 2018, 333. Vgl. dazu unten S. 198 ff.

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ein[räumt]“ und § 421 StPO „weitere prozessuale Möglichkeiten vor[sieht], von einer Einziehung abzusehen.“ Nach alledem steht die Möglichkeit, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei gebundenen Entscheidungen vorzunehmen, nicht im Widerspruch zur entsprechenden Diskussion im Jugendstrafrecht.244 ee) Zwischenergebnis Die Ausführungen haben gezeigt, dass auch die Vertreter eines subjektiven Wertersatzbegriffs den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen wahren können – nämlich dann, wenn eine (gesonderte) Verhältnismäßigkeitsprüfung, sei es auf Tatbestands- oder Rechtsfolgeebene, stattfindet.245 Ob nun einem objektiven oder subjektiven Wertersatzbegriff der Vorzug gebührt, hängt von der entscheidenden Frage ab, welche Auslegungsmethode Vorrang genießt. ff) Der (hypothetische) Wille des (historischen) Gesetzgebers in einer Rangfolge der Auslegungsmethoden Der große Pool an Auslegungsmethoden führt dazu, dass die einzelnen Auslegungsregeln zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen.246 Im (strafrechtlichen) Schrifttum besteht deshalb Streit darüber, ob lediglich von einer „Synthese der Auslegungsregeln“ auszugehen ist, die der objektiven Auslegungsmethode in Streitfällen Vorrang einräumt247 oder nicht die subjektiv-historische Auslegung – im Falle unterschiedlicher Deutungsmöglichkeit – den höchsten Rang innerhalb der Auslegungsregeln einnimmt.248 In Konfliktfällen muss der subjektiv-historischen Auslegungsmethode der Vorrang eingeräumt werden. Eine solche Sichtweise ist nicht nur verfassungsrechtlich – für sie spricht sowohl die Gesetzesbindung gem. Art. 20 III, 97 I GG als auch das Gewaltenteilungs- und Demokratieprinzip – geboten,249 sondern verhin244 A. A. aber nun und aktuell BGH NStZ 2021, 679 ff. (mit – zu Recht – krit. Anm. Kölbel/Eisenberg/Sonnen), der aber zumindest die Frage offen lässt, ob der vom Gesetzgeber beschrittene Weg – Härtefallklausel nur im Vollstreckungsverfahren gem. § 459g V StPO – der zweckmäßigste ist. 245 Angemerkt sei zudem, dass auch die Einziehungsrichtlinie einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall nicht abgeneigt ist, vgl. Erwägungsgrund (18), der aber eine solche nur bei „außergewöhnlichen Umständen“ zulassen möchte. Als Beispiel wird etwa eine (beinahe) Existenzvernichtung angeführt. 246 So auch der Befund von MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 105. 247 So etwa Sch/Sch/Hecker, § 1 Rn. 44 f., der sich durch die Rechtsprechung des BVerfG und BGH bestätigt sieht, aber zugleich – zutreffend – darauf hinweist, dass diese nicht selten die Entstehungsgeschichte und den Willen des (historischen) Gesetzgebers als maßgeblich erachtet; vgl. auch Fischer, § 1 Rn. 24, der vom „objektivierten Willen des Gesetzgebers“ spricht; siehe auch Lackner/Kühl, § 1 Rn. 6. 248 Vgl. zu dieser Streitfrage bereits S. 81. 249 Vgl. zur Bedeutung der Gesetzesbindung Krüper/Sauer, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 30; vgl. zur Bedeutung des Gewaltenteilungs- und Demokratieprinzips etwa

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dert zugleich eine Umwandlung des Rechtsstaats in einen Richterstaat.250 Eine „Synthese der Auslegungsregeln“ führt hingegen zu einem Methodenpluralismus,251 der die Gefahr einer Politisierung des Urteils in sich birgt252 und damit einen Zustand der Rechtsunsicherheit schafft.253 Oder, um es in den Worten des BGH zu fassen: „Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen.“ 254 Die dominierende subjektive Auslegung ist auch nicht „starr“, wie von Objektivisten verbreitet behauptet wird.255 Sie verlangt vom Rechtsanwender stets „denkenden Gehorsam“.256 Selbst wenn man die subjektiv-historische Auslegung – wie hier – an die hierarchische Spitze der Auslegungsmethoden platziert, müssen die „Erwägungen des Normsetzer (hinreichend) feststellbar“ und gerade nicht „wertungswidersprüchlich oder gar perplex (d. h. in sich widersprüchlich [sein])“.257 Im letzteren Fall gelangen die restlichen Auslegungsregeln in ihrer „Synthese“ zur Anwendung, um ein Auslegungsergebnis zu erzielen.258 Vorliegend sind die wirklichen und mutmaßlichen Erwägungen des Reformgesetzgebers hinreichend feststellbar und auch nicht wertungswidersprüchlich und/oder perplex. Damit ist der (wirkliche bzw. mutmaßliche) Wille des Reformgesetzgebers das auslegungsdominante Kriterium für die Bestimmung des Wertersatzbegriffs.

Looschelders/Roth, Juristische Methodik, S. 50 ff.; Reimer, Methodenlehre, Rn. 255; vgl. zu beiden Aspekten Rüthers, JZ 2006, 53, 58; klarstellend ders., NJW 2011, 1856, 1857: „Methodenfragen sind Verfassungsfragen.“; vgl. auch Dürig/Herzog/Scholz-GG/ Hillgruber, Art. 97 Rn. 57, wonach die subjektiv-historische Auslegungsmethode die „demokratische“ – vom GG vorgegebene – Auslegungsmethode sei. 250 Vgl. umfassend zu dieser „heimlichen Revolution“ Rüthers, Revolution vom Rechtsstaat zum Richterstaat, passim; siehe bereits Rüthers, JZ 2006, 53, 56. 251 Vgl. neuerdings Möllers, ZfPW 2019, 94, 97 unter Verweis auf die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts (vgl. BGE 138 II 440, 453), das von einem „pragmatischen Methodenpluralismus“ spricht. 252 Gemeint ist der Zusammenhang von Recht und politischer „Systemideologie“, vgl. Rüthers, JZ 2006, 53, 56. 253 Vgl. zum Aspekt der Rechtsunsicherheit Rüthers, JZ 2006, 53, 54. 254 Vgl. BGH JZ 2014, 1114, 1116. 255 Vgl. hierzu Wank, Methodenlehre, § 6 Rn. 189 ff. 256 Vgl. bereits S. 84. 257 Vgl. Reimer, Methodenlehre, Rn. 253; siehe zudem und speziell zur Vermögensabschöpfungsreform Rönnau/Begemeier, JR 2019, 471, 476: „Ohnehin ist es eine gewagte Annahme, dass der Gesetzgeber bei einer so umfangreichen Reform alle Wechselwirkungen des neuen Rechts mit praktischen Gepflogenheiten erkannt, durchdacht und dann bewusst (nicht) kommentiert hat.“ 258 So auch Reimer, Methodenlehre, Rn. 253.

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gg) Ergebnis Es wurde gezeigt, dass ein objektiver, an die Dogmatik des § 818 II BGB angelehnter, Wertersatzbegriff nicht nur in Einklang mit der Systematik und dem – in einer Reihenfolge der Auslegungsregeln dominierenden – gesetzgeberischen Willen steht, sondern zugleich den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen ohne eine zusätzliche Verhältnismäßigkeitsprüfung wahrt. Er ist damit bei der Auslegung des § 73c S. 1 StGB zugrunde zu legen. Die Bestimmung des objektiven Verkehrswerts hat sich dabei am Wiederbeschaffungspreis, den der Einziehungsbetroffene aufwenden müsste, um ein vergleichbares Objekt am Markt zu erwerben, zu orientieren.259 Hierbei muss zunächst der sachlich und räumlich relevante Markt ermittelt werden.260 Ein ausschließlich „inländischer“ Markt existiert heute – in Zeiten der internationalwirtschaftlich verflochtenen Welt – nicht (mehr).261 Vielmehr bietet sich zu seiner Bestimmung ein Rückgriff auf das Kartellrecht an, das – wie Mankowski/ Schreier bereits herausgearbeitet haben – die genaueste Eingrenzung ermöglicht.262 Ohne in Detailfragen zu versinken, seien hier – anlässlich aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung des 3. BGH-Strafsenats – einige Bemerkungen erlaubt: Der 3. BGH-Strafsenat geht zwar zutreffend davon aus, dass nicht nur der im Inland, sondern auch der im Ausland erzielbare Preis einen „Marktpreis“ definieren könne.263 Fälschlicherweise nimmt er jedoch an, der objektive Verkehrswert sei der tatsächlich erzielte Erlös.264 Der vereinbarte (und ggfs. bezahlte) Preis einer Ware hat nämlich allenfalls Indizcharakter für den Marktpreis265 und begrenzt den Wert des Abschöpfbaren.266 Damit hat sich das Gericht – typischerweise unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – stets einen Marktüberblick zu verschaffen und anhand dieser Informationen den objektiven Verkehrspreis zu bestimmen.267 259

Vgl. Mankowski/Schreier, AcP 208 (2008), 725, 736 im Hinblick auf § 818 II

BGB. 260

So Mankowski/Schreier, AcP 208 (2008), 725, 736 ff. im Hinblick auf § 818 II

BGB. 261 Zurückhaltender in der Formulierung und anders in der Begründung, aber im Ergebnis (wohl) dasselbe meinend BGH NZWiSt 2021, 478, 487 f. 262 Überzeugend Mankowski/Schreier, AcP 208 (2008), 725, 737 ff. im Hinblick auf § 818 II BGB. 263 Vgl. BGH NZWiSt 2021, 478, 488; a. A. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73c Rn. 10. 264 Vgl. BGH NZWiSt 2021, 478, 488. 265 So auch Mankowski/Schreier, AcP 208 (2008), 725, 738. 266 Vgl. aus bereicherungsrechtlicher Sicht BGHZ 111, 308, 314; BGH NJW 2013, 2021, 2023. 267 Siehe zudem Mankowski/Schreier, AcP 208 (2008), 725, 748, wonach die Markermittlung und Verkehrswertfeststellung einer Partei im Zivilprozess nicht zugemutet werden kann. Staatlichen Stellen – insbesondere Ermittlungsbehörden und Gerichten – ist dies aber durchaus zuzumuten; dies folgt schon aus dem Amtsermittlungsgrundsatz.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

6. Gesamtschuldnerische Einziehung Darauf, dass einziehungsrechtlich mehrere Personen durch ein- und dieselbe Tat etwas erlangt haben können, wurde bereits hingewiesen. Angesprochen sind in erster Linie Fälle, in denen Mittäter etwas erlangt haben, hinterher aber nicht beweissicher geklärt werden kann, wie hoch der jeweilige Anteil der Mittäter an der Beute tatsächlich ist.268 In Fällen, in denen ein Mittäter die bloße Funktion hat, die (gesamte) Beute zu transportierten oder zu verwahren, er sich mithin als bloßer Besitzdiener i. S. v. § 855 BGB erweist, erlangt dieser nicht den gesamten Tatertrag, sondern lediglich seinen „Lohn“ gem. § 73 I Var. 1 StGB.269 Gegenüber einem solchen Mittäter kann die gesamtschuldnerische Wertersatzeinziehung (in voller Höhe) nicht angeordnet werden.270 Begreift man demgegenüber einen Mittäter nicht als bloßen Besitzdiener, ist über die Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Wertersatzeinziehung nachzudenken. Die Rechtsprechung ordnet gegenüber Mittätern die gesamtschuldnerische Wertersatzeinziehung an, die nach der (täterschaftlichen) Abrede (faktische) Verfügungsgewalt über die Beute haben sollten und auch tatsächlich innehatten.271 Im Endeffekt handelt es sich hierbei um eine modifizierte Zurechnung gem. § 25 II StGB.272 Problematisch wird der Rekurs auf die Zurechnungsnorm des § 25 II StGB, wenn gegenüber einem Tatbeteiligten, der nicht Mittäter, sondern Gehilfe oder Anstifter ist, die gesamtschuldnerische Einziehung angeordnet wird. Die Vorschrift des § 25 II StGB kann dann nämlich gerade nicht herangezogen werden.273 Der BGH begründet indes die Zulässigkeit der gesamtschuldnerischen Einziehung von Tatbeteiligten mit dem Willen des historischen Gesetzgebers, dem Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen sowie mit dem sogenannten Opferschutzgedanken im Einziehungsrecht.274 Gegen letzteres Argument lässt sich zwar einwenden, dass der Opferschutz im Einziehungsrecht keinen (generellen) Vorrang vor einer Belastung des Einziehungsbetroffenen genießt, doch haben das erste und zweite Argument Gewicht. a) Objektiv-historische Auslegung Der historische Gesetzgeber ging von der Prämisse aus, „daß die Gerichte [. . .] auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung ausspre268

Vgl. hierzu Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 89. Vgl. Zivanic, NStZ 2021, 264, 266 f. 270 Vgl. dazu Habetha, NStZ 2021, 160 f.; Zivanic, NStZ 2021, 264, 266 f. 271 Vgl. nur BGH BeckRS 2018, 13152 Rn. 12 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen. 272 Vgl. BGH BeckRS 2018, 13152 Rn. 12, der von einer „Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB“ spricht; siehe dazu auch Zivanic, NStZ 2021, 264, 265. 273 Vgl. Zivanic, NStZ 2021, 264, 265. 274 Vgl. BGHSt 56, 39, 47 f. 269

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chen werden“.275 Vertreter einer objektiven Auslegungstheorie würden bereits mangels eines Anhaltspunkts im Wortlaut der Einziehungsvorschriften den Willen des historischen Gesetzgebers als unbeachtlich bezeichnen.276 Dies gölte umso mehr, wenn man der Einziehung von Taterträgen Strafcharakter zuspricht, zumal dann eine Verletzung von Art. 103 II GG – scil. des Gesetzlichkeitsprinzips – in Rede stünde. b) Zulässigkeit qua Gewohnheitsrecht? Selbst wenn man aber das Gesetzlichkeitsprinzip – bei entsprechender Auslegung: mangels Strafcharakters der Einziehung von Taterträgen – für nicht anwendbar hält,277 muss der Frage nachgegangen werden, ob die gesamtschuldnerische Einziehung möglicherweise bereits gewohnheitsrechtlich zulässig ist. Gewohnheitsrecht entsteht, wenn zwei Kriterien erfüllt sind: Einerseits muss es sich um eine „lange Übung“ handeln und zweitens muss diese „allgemeine Anerkennung“ genießen.278 Angesichts der zahlreichen ablehnenden Stimmen in der Literatur gegen die Zulässigkeit einer Gesamtschuldnerhaftung im Einziehungsrecht, kann jedenfalls die zweite Voraussetzung nicht bejaht werden.279 c) Der Rechtsgedanke der deliktsrechtlichen, gesamtschuldnerischen Haftung (§§ 830, 840 I BGB) Der Wille des historischen Gesetzgebers, den sich der Reformgesetzgeber (mutmaßlich) zu eigen machte, weil er dieser gefestigten Rechtsprechung im Rahmen der Neufassung der Einziehungsvorschriften nicht den Boden entziehen wollte, muss daher auf anderem Wege zur Geltung gebracht werden. Dies kann dadurch geschehen, indem man den Rechtsgedanken der §§ 830, 840 I BGB für die Begründung einer gesamtschuldnerischen (Wertersatz-)Haftung heranzieht (offene Rechtsfortbildung praeter legem)280.281 Erachtet man nämlich – wie hier

275

Vgl. BT-Drs. IV/650, S. 245. Dies spricht für Rönnau (Vermögenabschöpfung, Rn. 91) „entscheidend“ gegen die Gesamthaftungslösung. 277 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 147: „Art. 103 II GG [ist] auf die Regelungen der Abschöpfung von Taterträgen nicht anwendbar [. . .].“; siehe ferner unten 2. Teil Fn. 306. 278 Vgl. dazu nur Krebs/Becker, JuS 2013, 97, 98 m.w. N. 279 Vgl. hierzu die Auflistung der ablehnenden Stimmen bei Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 91 in Fn. 231. 280 Vgl. zur offenen Rechtsfortbildung praeter legem allgemein Zippelius, Methodenlehre, S. 65: „für Sachbereiche, für die eine gesetzliche Regelung vermisst wird“. 281 Die §§ 830, 840 I BGB werden auch von BGHSt 56, 39, 48 f. erwähnt; für eine entsprechende Anwendung auch Barreto da Rosa, NJW 2009, 1702 ff.; pauschal gegen die Anwendung der §§ 830, 840 I BGB im Einziehungsrecht aber Rönnau, JZ 2009, 1125, 1127 f. 276

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und wovon der Reformgesetzgeber offensichtlich ausgeht282 – die Einziehung von Taterträgen als mit der zivilrechtlichen Eingriffskondiktion – jedenfalls ansatz- und teilweise: in ihrem Kernanliegen – vergleichbar, könnten die genannten deliktsrechtlichen Vorschriften sinngemäß Anwendung finden. Larenz/Canaris283 fordern, damit dem Bereicherungsgläubiger die Eingriffskondiktion zur Seite steht, dass das Rechtsgut, in das eingegriffen wurde, Deliktsschutz genießt. Zwischen der zivilrechtlichen Eingriffskondiktion und dem Deliktsrecht besteht damit eine enge Verknüpfung. Diese Verbindung ermöglicht eine sinngemäße Anwendung der deliktsrechtlichen Vorschriften (§§ 830, 840 I BGB) im Einziehungsrecht, wenn die Anknüpfungstat dem Schutz individueller Interessen dient. So schützen auch die drei „kleinen“ deliktischen Generalklauseln des deutschen Rechts – insbesondere aber § 823 I BGB und § 823 II BGB – ausschließlich Individualinteressen.284 Um die notwendige Brücke zur Anwendung der §§ 830, 840 I BGB zu schlagen, bietet sich die Untersuchung an, ob die Anknüpfungstat ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 II BGB darstellt.285 Ist dies der Fall, so sind die deliktsrechtlichen Vorschriften (§§ 830, 840 I BGB) sinngemäß heranzuziehen. Freilich kann mit der hier vertretenen Auffassung bei den – in der Praxis bedeutsamen – Betäubungsmitteldelikten keine gesamtschuldnerische (Wertersatz-) Einziehung angeordnet werden, zumal diese nur „Gemeinschaftsbelange“ schützen.286 Nur damit ist aber eine dogmatisch haltbare Begründung der Anwendbarkeit der §§ 830, 840 I BGB im Einziehungsrecht gegeben, die den Willen des historischen Gesetzgebers zur Geltung bringt. Mit einer solchen Sichtweise würde zudem sowohl dem Interesse des Verletzten, die „Rückgewinnung“ zu ermöglichen, als auch dem Interesse des von der Einziehung Betroffenen, keiner unverhältnismäßig hohen Belastung ausgesetzt zu sein, hinreichend Rechnung getragen, wenn der Nachweis der internen Aufteilung der erwirtschafteten Beute misslingt. Beispiel 5: A aus Beispiel 1 unterliegt keinen Weisungen. Die Beute wird – wie im Ausgansfall – aufgeteilt. Nur A wird gefasst und verurteilt. Seinen Beuteanteil hat er längst verprasst. Lösung des Beispiels 5: In entsprechender Anwendung von §§ 830, 840 I BGB haben sowohl A als auch T schon mit der Besitzergreifung des Bargelds (durch A) den 282

Vgl. hierzu bereits S. 36. Vgl. Larenz/Canaris, SchuldR BT II, S. 170 f. 284 Vgl. zu der Einordnung „drei kleine Generalklauseln“ sowie zu der Schutzfunktion des § 823 I BGB Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 15 Rn. 7 f.: Schutz bestimmter Rechte und Rechtsgüter; vgl. MüKo-BGB/Wagner, § 823 Rn. 562 zum Individualschutzcharakter des Schutzgesetzes i. S. v. § 823 II BGB. 285 Vgl. auch MüKo-BGB/Wagner, Vor § 823 Rn. 2 und 77 (mit jeweils weiteren Nachweisen) zu „derselben [historischen] Wurzel“, die das Delikts- und Strafrecht haben und der Tatsache, dass „das Deliktsrecht [seinerseits] über § 823 Abs. 2 [BGB] in erheblichem Umfang an die Wertungen des Strafrechts anknüpft“. 286 Vgl. dazu BVerfG NJW 1994, 1577, 1579. 283

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gesamten Tatertrag erlangt. Die spätere Aufteilung der Beute ändert daran nichts, zumal die Erwerbstat (§ 263 I StGB) ein Individualrechtsgut schützt. Damit kann gegenüber A die Wertersatzeinziehung in Höhe des gesamten Tatertrags (als Gesamtschuldner) gem. § 73c S. 1 StGB ergehen. Abwandlung: Das deponierte Geld aus Beispiel 1 stammt aus Betäubungsmittelverkäufen (§ 29 I 1 Nr. 1 BtMG) und A aus Beispiel 1 unterliegt keinen Weisungen. Die Beute wird – wie im Ausgangsfall – aufgeteilt. Seinen Beuteanteil hat A längst verprasst. Lösung der Abwandlung: A hat hier – zwischen Vollendung und Beendigung – den Besitz am Bargeld erlangt. Allerdings fand – ebenfalls in der Beendigungsphase – eine Beuteteilung statt, die den Anteil des A minderte. A hat damit gem. § 73 I Var. 1 StGB „durch die Tat“ nur seinen Beuteanteil erlangt. Eine gesamtschuldnerische Wertersatzeinziehung (§ 73c S. 1 StGB) gegenüber A, weil dieser zu „irgendeinem“ Zeitpunkt der Tat den Besitz am gesamten Bargeld erlangt hat, scheitert am fehlenden individualschützenden Charakter der Erwerbstat. Abwandlung 2: Das deponierte Geld aus Beispiel 1 stammt aus Betäubungsmittelverkäufen (§ 29 I 1 Nr. 1 BtMG) und A aus Beispiel 1 unterliegt Weisungen. Die Beute wird – wie im Ausgangsfall – aufgeteilt. Seinen Beuteanteil hat A längst verprasst. Lösung der Abwandlung 2: A hat hier – zwischen Vollendung und Beendigung – schon nicht den Besitz am gesamten Bargeld erlangt. A hatte lediglich die Funktion eines Besitzdieners (§ 855 BGB). Er (A) hat damit gem. § 73 I Var. 1 StGB „durch die Tat“ nur seinen Beuteanteil erlangt. Eine gesamtschuldnerische Einziehung gegenüber A kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dieser zu keinem Zeitpunkt den Besitz am gesamten Bargeld, sondern nur den Besitz an seinen Beuteanteil erlangt hat.

d) Die gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Haftung im österreichischen und schweizerischen Strafrecht sowie die „freiwillige Rechtsvergleichung“ als Auslegungsmethode für das nationale Recht Einen Ablehnungsgrund für gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Einziehungen könnte indes die Rechtsvergleichung beinhalten. Komparative Aspekte fanden – im Sinne einer „freiwilligen Rechtsvergleichung“ – bereits früh Eingang in die Auslegung des nationalen Rechts.287 Sowohl das BVerfG288 als auch der BGH289 werfen gelegentlich einen Blick über den Tellerrand, um ihre Entscheidung (auch) rechtsvergleichend zu begründen.290 Damit ist jedenfalls die „freiwillige 287 Vgl. für das Strafrecht Schramm, Strafrechtsvergleichung „in action“, S. 155, 161 ff. 288 Vgl. z. B. BVerfGE 20, 162; 39, 1; 45, 187; s. weitere Nachweise bei Schramm, Strafrechtsvergleichung „in action“ S. 155, 164 ff.; vgl. dazu auch von Busse, Methoden der Rechtsvergleichung, S. 61 ff. 289 Vgl. BGHSt 38, 214; 9, 139; s. weitere Nachweise bei Schramm, Strafrechtsvergleichung „in action“, S. 155, 172 ff. 290 Vgl. dazu auch Schramm, Strafrechtsvergleichung „in action“, S. 155, 160.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Rechtsvergleichung“ als Auslegungsmethode in der Rechtsprechung anerkannt.291 Freilich darf der Rechtsanwender den rechtsvergleichenden Befund nicht überschätzen.292 Die „freiwillige Rechtsvergleichung“ kann allenfalls einen Beitrag dazu leisten, das – durch die gängigen Auslegungsmethoden aufgefundene – Ergebnis, zu stützen oder einer kritischen Überprüfung zu unterwerfen.293 Der – auf den germanischen Rechtskreis beschränkte294 – rechtsvergleichende Blick zeigt für die Frage der Zulässigkeit einer gesamtschuldnerischen (Wertersatz-)Einziehung, dass die deutsche Rechtsprechung einen Sonderweg eingeschlagen hat: Weder das schweizerische Bundesgericht295 noch der OGH296 sehen eine „Kumulativ- bzw. Solidarhaftung“ 297 im Einziehungsrecht vor. Diese Rechtsprechung wird von der dort herrschenden Lehre auch nicht kritisiert.298 Als Begründung für die Ablehnung wird – wie auch im deutschen kritischen Schrifttum – zunächst angeführt, dass die Anordnung einer Kumulativ- bzw. Solidarhaftung im Gesetz keinen Niederschlag findet.299 Darüber hinaus betont die

291 Vgl. zum Begriff der freiwilligen Rechtsvergleichung Paulsen, Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 97. 292 Die (judikativ-freiwillige) Rechtsvergleichung trägt in nur geringem Anteil zur Rechtsfindung bei, vgl. von Busse, Methoden der Rechtsvergleichung, S. 62 zur Rechtsprechung des BVerfG. 293 So im Ergebnis auch von Busse, Methoden der Rechtsvergleichung, S. 527 im Hinblick auf die Verfassungsgerichtsbarkeit; vgl. aber auch Art. 1 II, III ZGB sowie Art. 7. Seeschifffahrtsgesetz (Schweiz), wonach das schweizerische Zivilgericht auch die rechtsvergleichende Erkenntnis zur Lückenschließung (Auslegung) heranziehen darf und dazu zusammenfassend (sowie kritisch) von Busse, Methoden der Rechtsvergleichung, S. 132 ff., der aber nicht die neue Fassung des Art. 1 II, III ZGB zitiert. Nunmehr lautet Art. 1 II, III ZGB: „Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht nach Gewohnheitsrecht und, wo ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde. Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.“ (Hervorhebungen – zur Unterscheidung – nur hier). 294 Die Beschränkung auf den germanischen Rechtskreis erfolgt deshalb, weil eine Lösung für ein „nationales Problem“ gefunden werden soll, so dass sich solche Rechtssysteme anbieten, die einen ähnlichen politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Kontext aufweisen, vgl. hierzu Seiwerth, Jura 2016, 596, 599. Vgl. zur Einordnung „germanischer Rechtskreis“ (beschränkt auf das Strafrecht) bereits Zivanic, ZStW 132 (2020), 803, 812 mit Fn. 73 unter Rekurs auf LK-StGB (12. Aufl.)/Vogel, Vor §§ 15 ff. Rn. 76 ff. 295 Vgl. etwa BGE 125 IV 4, E. 2a/aa sowie Scholl/Thommen/Seelmann/Ackermann, Kriminelles Vermögen, Art. 71 Rn. 86 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. 296 Vgl. etwa OGH 15 Os 13/15y. 297 Dies ist die entsprechende Bezeichnung für eine gesamtschuldnerische Haftung. 298 Siehe etwa Fuchs/Tipold, Wiener Kommentar, § 20 Rn. 35 mit weiteren Nachweisen aus dem Schrifttum zum österreichischen Recht sowie Scholl/Thommen/Seelmann/Ackermann, Kriminelles Vermögen, Art. 71 Rn. 86 mit weiteren Nachweisen zum schweizerischen Schrifttum in Fn. 144. 299 Vgl. Scholl/Thommen/Seelmann/Ackermann, Kriminelles Vermögen, Art. 71 Rn. 86.

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ausländische Lehre, eine gesamtschuldnerische Haftung könne dazu führen, dass einzelne Mittäter300 mehr an den Staat zurückerstatten müssen, als sie überhaupt durch die Straftat erlangt haben.301 Die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Einziehung würde der Einziehung von Taterträgen mithin einen pönalen Charakter verleihen.302 Diese Erwägungen sind nur zum Teil zutreffend. Sie verhindern nämlich gerade nicht die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Einziehung von Taterträgen: Die Rechtsprechung des BGH fordert für ein „Erlangen“, dass zumindest faktische (Mit-)Verfügungsgewalt an den Taterträgen erlangt wurde.303 Damit kommt die Anordnung einer gesamtschuldnerischen (Wertersatz-)Einziehung von Taterträgen gegen einen Tatbeteiligten überhaupt nur in Betracht, wenn dieser bereits – zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat – den gesamten Erlös erlangt hat.304 Dass der Erlös hinterher aufgeteilt wird, vermag an dem Ergebnis, der Tatbeteiligte habe bereits zu einem Zeitpunkt der Tat „alles“ erlangt, nichts zu ändern.305 Nur, wenn ein Tatbeteiligter nach der internen Absprache gerade nicht die faktische (Mit-)Verfügungsgewalt über die gesamte Beute erlangt hat, kann einem solchen gegenüber keine gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Einziehung von Taterträgen angeordnet werden. Nach hier vertretener Auffassung spielen Beuteteilungen in der Tatphase nur dann eine Rolle, wenn die Anknüpfungstat nicht dem Schutz eines Individualrechtsguts dient. In diesen Fällen scheidet eine gesamtschuldnerische Einziehungsanordnung aus. Der rechtsvergleichende Befund zeigt, dass die Ablehnung der Anordnung gesamtschuldnerischer (Wertersatz-)Einziehungen vor allem auf eine fehlende strafgesetzliche Grundlage zurückzuführen ist. Eine fehlende strafgesetzliche Normierung ist aber überwindbar, sofern ein entsprechender Wille des (historischen) Gesetzgebers anderweitig – wie hier: unter Hinzuziehung zivilrechtlicher Normen – zur Geltung gebracht werden kann. Dies trifft zwar nicht auf den von Art. 103 II GG determinierten Bereich, aber doch auf den Bereich der Einziehung von Taterträgen zu, für den Art. 103 II GG keine Geltung beansprucht.306

300

Dass auch ein Teilnehmer oder Dritter gesamtschuldnerisch haften könne, wird weder in der Schweiz noch in Österreich ernsthaft diskutiert. 301 Vgl. Scholl/Thommen/Seelmann/Ackermann, Kriminelles Vermögen, Art. 71 Rn. 87. 302 Scholl/Thommen/Seelmann/Ackermann, Kriminelles Vermögen, Art. 71 Rn. 87. 303 Vgl. BGH BeckRS 2020, 25090 Rn. 14 u. 16. 304 Vgl. BGH BeckRS 2020, 25090 Rn. 14 u. 16. 305 Vgl. BGH BeckRS 2020, 25090 Rn. 14 u. 16. 306 Vgl. Brand, ZWH 2021, 58, 64; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, Vorb. zu § 73 Rn. 3; siehe aber BGH NJW 1963, 499, 500, der Art. 103 II GG auch bei Maßnahmen für anwendbar erklärt, die keine „Strafe“ sind, vgl. so auch MüKo-StGB/ Schmitz, § 1 Rn. 21.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

e) Ergebnis Eine gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Einziehung ist jedenfalls bei Anknüpfungstaten unbedenklich, die individualschützenden Charakter haben. Hier kann nämlich der Wille des historischen Gesetzgebers über den Rechtsgedanken der §§ 830, 840 I BGB zur Geltung gebracht werden. Demgegenüber scheidet bei Anknüpfungstaten, die keinen individualschützenden Charakter aufweisen, eine gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Einziehung aus. Der Rechtsgedanke der §§ 830, 840 I BGB kann bei solchen Anknüpfungstaten gerade nicht herangezogen werden. Anzumerken bleibt, dass unter entsprechender Anwendung von § 426 BGB der in Anspruch genommene Tatbeteiligte von den restlichen Tatbeteiligten Ausgleich verlangen kann.307 Mit der Befriedigung des staatlichen Einziehungsanspruchs geht die Forderung des Staates auf ihn im Wege der Legalzession (cessio legis) über (vgl. § 426 II 1 BGB).308 Dieser Ausgleichsanspruch ist aber in einem gesonderten Zivilprozessverfahren geltend zu machen.309 Beispiel 6: Gegenüber A aus Beispiel 5 wird die Einziehung des gesamten Erlöses gem. § 73c S. 1 StGB angeordnet. Lösung des Beispiels 6: Aufgrund der Befriedigung des staatlichen Einziehungsanspruchs (im Vollstreckungsverfahren) erlangt A die Forderung des Staates, die auch gegenüber T bestand, im Wege der Legalzession (§ 426 II 1 BGB). Der Beuteanteil des T betrug 9.500 A. Damit kann A von T Zahlung in Höhe von 9.500 Averlangen.

7. Exkurs: Die nachträgliche Einziehung von Wertersatz gem. § 76 StGB Das Gericht des ersten Rechtszugs kann – durch Beschluss (§ 462 I 2 StPO) – auch nach der Rechtskraft der (Einziehungs-)Entscheidung die Einziehung von Wertersatz anordnen, wenn nachträglich, sprich nach der (Einziehungs-)Anordnung, Umstände bekannt werden, die die Einziehung eines Gegenstandes unzureichend oder unausführbar machen. Unausführbar ist die Einziehung eines Gegenstandes, wenn schon vor der Anordnung Unmöglichkeit i. S. v. § 73c S. 1 StGB in Rede stand, dies aber erst nachträglich bekannt wird.310 Unausführbar ist sie auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 73c S. 1 StGB nach der Anordnung 307 Vgl. dazu Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 92 unter Verweis auf BGHSt 56, 39, 48; auf § 426 BGB stellt auch Wolf, NZWiSt 2020, 257, 261 ab; kürzlich zitierte etwa BGH, Beschl. v. 21.4.2021 – 6 StR 135/21 Rn. 2 die Vorschrift des § 421 BGB im Zusammenhang mit der gesamtschuldnerischen Haftung. 308 Vgl. Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 168. 309 Vgl. MüKo-BGB/Heinemeyer, § 426 Rn. 46, wonach derjenige, der die „öffentliche Beitreibung [nicht] in Anspruch nehmen kann“, auf den Zivilrechtsweg verwiesen ist. 310 Vgl. dazu LK-StGB/Lohse, § 76 Rn. 6.

§ 6 Die Einziehung bei Drittbegünstigten

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eintreten, wenn also etwa der einzuziehende Gegenstand hinterher vernichtet, verwertet oder an einen gutgläubigen Dritten veräußert wird.311 An dieser Stelle kann die zivilrechtliche (Vor-)Frage, ob die Veräußerung an den Dritten wirksam ist, eine gewichtige Rolle spielen. Der Fiskus wird mit der Einziehungsanordnung und Rechtskraft der Entscheidung gem. § 75 I StGB der Eigentümer des Gegenstandes.312 Er kann mithin einen Anspruch aus § 985 BGB gegen den jetzigen Besitzer durchsetzen, so dass keine Rede von einer Unausführbarkeit sein kann.313 Unzureichend ist sie hingegen, wenn nachträglich bekannt wird, die Voraussetzungen des § 73c S. 2 StGB lagen vor oder sind nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung eingetreten, so dass nicht sämtliche Taterträge eingezogen wurden.314 Hier stellen sich wiederum keine spezifischen zivil- bzw. bereicherungsrechtlichen Fragestellungen für das Gericht.

§ 6 Die Einziehung bei Drittbegünstigten Die Einziehung von Taterträgen kann nicht nur gegenüber einem oder mehreren Tatbeteiligten, sondern auch gegenüber tatunbeteiligten Dritten angeordnet werden. Die exakte Bestimmung des oder der Einziehungsadressaten erweist sich insbesondere dann als keine einfache Aufgabe, wenn mehrere Tatbeteiligte vorhanden und/oder auch Dritte („andere“) im Sinne von § 73b I StGB involviert sind.315 Als Drittempfänger kommen grundsätzlich sowohl natürliche Personen als auch – und typischerweise316 – Gesellschaften in Betracht.317 Der Dritte kann einen Tatertrag durch die Tat (vgl. § 73b I 1 Nr. 1 StGB) oder aufgrund einer Übertragung (vgl. § 73b I 1 Nr. 2 StGB) bzw. eines (erbrechtlichen) Übergangs (vgl. § 73b I 1 Nr. 3 StGB) erlangt haben. Der Begriff des erlangten Etwas i. S. v. § 73b I 1 StGB ist dabei identisch auszulegen wie im Rahmen von § 73 I StGB. Fernerhin hat auch der Drittbegünstigte Wertersatz gem. § 73c S. 1 und 2 StGB zu leisten, sofern die Herausgabe des ursprünglich Erlangten in natura nicht möglich ist.318 Darüber hinaus erstreckt sich die Einziehung bei Dritten gleicher311

Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 76 Rn. 4 und 6. Ausführlicher hierzu unten S. 204. 313 Vgl. dazu LK-StGB/Lohse, § 76 Rn. 3, wonach die Einziehung in derartigen Fällen nur unausführbar ist, wenn der Besitzer im Nachverfahren gem. § 434 StPO „eine gerichtliche Entscheidung [mit dem Inhalt erwirkt], dass die Einziehung ihm gegenüber nicht gerechtfertigt sei“. 314 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 76 Rn. 6. 315 Vgl. zu dieser zutreffenden Einschätzung Brand, ZWH 2021, 58. 316 Vgl. nur die Ausführungen von Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 131; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 9 Rn. 42. 317 Vgl. bereits zur alten Rechtslage (§ 73 III StGB a. F.) Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 53 ff.; NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 34 mit jeweils weiteren Nachweisen; zur neuen Rechtslage, die an dieser Stelle zu keiner Änderung geführt hat, nur Sch/Sch/ Eser/Schuster, § 73b Rn. 2; LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 12. 318 Vgl. dazu nur BGH BeckRS 2020, 19007 Rn. 34. 312

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

maßen auf die aus dem Erlangten oder dem Surrogat i. S. v. § 73 III Nr. 1 und 2 StGB (tatsächlich) gezogenen Nutzungen. Dass sowohl Nutzungen als auch Surrogate beim Drittbegünstigten eingezogen werden können, folgt aus dem Verweis in § 73b I 1 StGB auf die gesamte Vorschrift des § 73 StGB.319 Die Vorschrift des § 73b II Var. 2 StGB stellt lediglich klar, dass nicht nur die Übertragung des erlangten Etwas, sondern auch die Übertragung der aus ihm tatsächlich gezogenen Nutzungen (durch den Tatbeteiligten) der Einziehung (beim Dritten) unterliegen.320 Die Vorschrift des § 73b III StGB stellt lediglich klar, dass auch das dem Dritten vom Tatbeteiligten übertragene Surrogat der Einziehung unterliegt.321 Die Haftungserweiterung auf gezogene Nutzungen und Surrogate ist grundsätzlich gleichermaßen in der (für den Fall des § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB) „Zwillingsvorschrift“ des § 822 BGB vorgesehen.322 Im Gegensatz hierzu hat die Vorschrift des § 73b II Var. 1 StGB nicht nur klarstellende, sondern eine eigenständige Funktion.323 Die Vorschrift des § 73b II Var. 1 StGB erlaubt die Einziehung eines Gegenstands, der auf einen Dritten verschoben wurde und dem Wert des (ursprünglich) Erlangten entspricht. Da die Vorschrift nur in den sogenannten Verschiebungsfällen Relevanz hat, wird sie auch erst im Zusammenhang mit diesen erläutert. Gesetzeschronologisch ist zunächst der sogenannte Vertretungsfall i. S. v. § 73b I 1 Nr. 1 StGB zu erläutern. Vorab sei jedoch auf die Besonderheit der Einziehung des rechtgeschäftlichen Surrogats bei Drittbegünstigten einzugehen.

I. Die Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats bei Drittbegünstigten Die Möglichkeit der Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats bei Drittbegünstigten ist – berücksichtigt man bereicherungsrechtliche Wertungen – nicht unproblematisch; dies gilt indes nur für die Einziehung des rechtsgeschäftlichen Surrogats bei gutgläubigen Drittbegünstigten. Während der bösgläubige Drittbegünstigte wie ein Tatbeteiligter, mithin bösgläubiger Bereicherungsschuldner zu behandeln ist, ist ein gutgläubiger Drittbegünstigter wie ein gutgläubiger Berei-

319

Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67. Vgl. zu dieser klarstellenden Funktion Matt/Renzikowski-StGB/Altenhain/Fleckenstein, § 73b Rn. 8. 321 Vgl. zu dieser klarstellenden Funktion Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 239 und LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 40; vgl. dazu auch BGH BeckRS 2020 19007 Rn. 34, wonach „nicht nur der erlangte Originalgegenstand, sondern auch das hierfür erhaltene Surrogat [beim anderen] im gleichen Umfang wie beim Tatbeteiligten abgeschöpft werden [kann].“ 322 Vgl. dazu BeckOK-BGB/Wendehorst, § 822 Rn. 11, wonach der Dritte gem. §§ 818–821 BGB bezogen auf den Gegenstand der Zuwendung haftet. 323 Siehe dazu S. 159 ff. 320

§ 6 Die Einziehung bei Drittbegünstigten

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cherungsschuldner zu behandeln. Insofern kann – und sofern man die bereicherungsrechtliche Vorbildsfunktion ernst nimmt – eine Gewinneinziehung bei gutgläubigen Drittbegünstigten nur dann bejaht werden, wenn man den einziehungsrechtlichen Surrogatsbegriff modifiziert auslegt. Freilich ist eine Auslegung – entgegen dem klaren Wortlaut einer Norm – nur „aus schwerwiegenden Gründen“ zulässig.324 Derart schwerwiegende Gründe sind in der Wahrung des Rechtscharakters der Einziehung von Taterträgen zu erblicken. Damit sich die Einziehung von Taterträgen an dieser Stelle nicht dem Vorwurf ausgesetzt sieht, als Strafe begriffen zu werden, ist eine einschränkende Auslegung des einziehungsrechtlichen Surrogatsbegriffs angezeigt. In Betracht kommt zunächst eine an § 816 I 1 BGB orientierte Auslegung. Eine Gewinneinziehung wäre dann zulässig, wenn der Tatbeteiligte oder Dritte eine Veräußerung als „Nichtberechtigter“ nach bereicherungsrechtlichem Verständnis vorgenommen hat. Die Klärung einer solchen „zeitraubenden zivilrechtlichen Frage“ im strafrechtlichen Erkenntnisverfahren stünde aber evident im Widerspruch zum gesetzgeberischen Willen.325 Unabhängig davon, dass es bei der Gesetzesauslegung (im Strafrecht) nicht um Einfachheit, sondern ausschließlich um Sachgerechtheit – im Sinne von Methodenehrlichkeit – geht,326 lässt sich der Rechtscharakter im Falle einer Gewinneinziehung auf anderem Wege wahren: Die Einziehung des Surrogats steht im Ermessen des Gerichts.327 Weist der Surrogatsgegenstand einen höheren Wert auf, als das ursprünglich Erlangte, hat das Gericht auf die Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB auszuweichen. Damit verbleibt der Surrogatsgegenstand beim gutgläubigen Dritten und seine getätigten – europaverfassungsrechtlich geschützten – Vermögensopfer erscheinen nicht nutzlos. Besteht das Gericht aber auf die Einziehung des Surrogatsgegenstands, muss zumindest der Rechtsgedanke des § 73d I StGB herangezogen werden. Die Vorschrift des § 73d I 2 StGB zeigt, dass all diejenigen Aufwendungen abzugsfähig sind, die nicht für die Begehung oder Vorbereitung der Anknüpfungstat getätigt wurden.328 Darüber hinaus wäre die Einziehung des Surrogatsgegenstands – ohne Berücksichtigung der getätigten Vermögensopfer gem. § 73d I StGB – unverhältnismäßig, zumal sich die Werteinsatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB als

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So etwa BGH NJW 1959, 668. Vgl. zum Aspekt der Vermeidung „zeitraubender zivilrechtlicher Fragestellungen“ im Erkenntnisverfahren BGH BeckRS 2020, 19007 Rn. 33. 326 Vgl. zum Aspekt der Sachgerechtheit im Kontext der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung auch Fuchs/Tipold, Wiener Kommentar zum StGB, Vor §§ 19a–20c StGB Rn. 7. 327 Vgl. statt aller LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 51. 328 Vgl. umfassend zu den Voraussetzungen für einen Aufwendungsabzug nur S. 166 ff. 325

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weniger einschneidende Maßnahme in das Eigentumsrecht aus Art. 17 GRCh erweisen würde.329 Für gutgläubige Drittbegünstigte findet überdies die Vorschrift des § 73e II StGB Anwendung, deren Nähe zur Vorschrift des § 818 III BGB evident ist.330 Im Bereicherungsrecht ist anerkannt, dass der i. S. v. § 816 I 1 BGB veräußernde Nichtberechtigte eigene Aufwendungen nach § 818 III BGB absetzen kann.331 Insofern kann auch die Vorschrift des § 73e II StGB, die ausdrücklich auf den gesamten § 73b StGB verweist, dem Rechtscharakter widersprechende Ergebnisse bei der Surrogatseinziehung korrigieren.332

II. Der Vertretungsfall (§ 73b I 1 Nr. 1 StGB) Gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB ist die Einziehung gegenüber einem Dritten anzuordnen, wenn der Tatbeteiligte „für ihn“ (gemeint ist: für den Dritten) gehandelt hat und der Dritte durch die Tat etwas erlangt hat. Darüber, wie das Merkmal „für ihn“ auszulegen ist, herrscht Streit. 1. Stand der Diskussion Teilweise wird für die Auslegung des Begriffs „für ihn“ der hinter § 14 StGB stehende Gedanke herangezogen.333 Die im Rahmen von § 14 StGB zum Begriff „als“ angestellten Überlegungen werden auf das Merkmal „für ihn“ übertragen.334 Begründet wird die Auffassung damit, dass die Formulierung „für ihn“ bereits dafür spreche, nur auf die eigenen (subjektiven) Ziele des Tatbeteiligten käme es nicht an.335 Wieder andere fordern – jedenfalls bei juristischen Personen und den in § 74e StGB genannten Personenverbänden – ein organschaftliches oder organschaftsähnliches Zurechnungsverhältnis.336 329 Denkbar erscheint auch eine Einziehung gegen Ausgleichszahlung (nach Verwertung des Gegenstandes), vgl. dazu Köhler, NStZ 2017, 497, 511 sowie Sch/Sch/Eser/ Schuster, § 73d Rn. 3; vgl. zudem MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 337, wonach seiner Auffassung zufolge selbst der verschärft haftende Bereicherungsschuldner i. S. v. §§ 818 IV, (819 I), 285 BGB nur auf den objektiven Wert (des Erlangten) haftet. 330 Vgl. dazu unten S. 188 f. 331 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 816 Rn. 56 mit weiteren Nachweisen, der explizit „Verkaufskosten“ nennt. 332 Vgl. aber S. 188 ff. zum hier vertretenen Verhältnis zwischen § 73d StGB und § 73e StGB. 333 So Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 135; Hofmann, wistra 2008, 401, 407 nennt zusätzlich den Katalog des § 74e StGB (dort noch § 75 StGB a. F.). 334 Vgl. Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 135 ff., der das sogenannte Zurechnungsmodell befürwortet, vgl. zum Zurechnungsmodell Brand, Untreue, S. 234 f.; MüKo-StGB/Radtke, § 14 Rn. 66 ff. 335 So Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 135. 336 Vgl. Ceffinato, ZWH 2018, 161, 164; Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73b Rn. 4; und Leipold/Tsambikakis/Zöller/Rübenstahl, § 73b Rn. 8.

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Dem steht die herrschende Auffassung entgegen, der zufolge ausreichend ist, dass lediglich im Interesse des Dritten gehandelt wurde.337 Ihr zufolge spielen weder straf- noch zivilrechtliche Vertretungs- und Organschaftsverhältnisse eine wesentliche Rolle für das Merkmal „für ihn“. 2. Stellungnahme Nur die herrschende Ansicht verdient Zustimmung. Schon das Wortlautargument der Mindermeinung, die den Rechtsgedanken des § 14 StGB heranziehen möchte, überzeugt nicht. „Für ihn“ gehandelt im Sinne von § 73b I 1 Nr. 1 StGB ist – dem bloßen Wortlaut nach – sogar der Interpretation zugänglich, dass immer, wenn jemand anderes als ein Tatbeteiligter „durch die Tat“ etwas erlangt, der Tatbeteiligte – losgelöst von jeglichen subjektiven Erwägungen338 – „für ihn“ gehandelt hat.339 Der Wortlaut der Norm kann für sich alleine ohnehin nicht zu einem abschließenden – dem gesetzgeberischen Willen entsprechenden – Auslegungsergebnis führen.340 Gegen die Heranziehung des Gedankens von § 14 StGB spricht zudem, dass weder der historische Gesetzgeber341 noch die zum alten Recht ergangenen Rechtsprechung342 (und die diesbezügliche Lehre343) einen echten Vertretungsfall voraussetzten.344 Der Tatbeteiligte muss daher gerade

337 Vgl. BGH NJW 1991, 367, 371; OLG Düsseldorf NJW 1979, 992; Theile, ZJS 2011, 333, 336 jeweils zur alten Rechtslage; vgl. zudem mit zahlreichen weiteren Nachweisen Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 178 ff., der aber zutreffend die nur klarstellende Bedeutung des Merkmals „für einen anderen gehandelt“ herausarbeitet (vgl. S. 184 f.); siehe ferner Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73b Rn. 4 mit Fn. 7; Rübenstahl/Weißbeck, WiJ 2020, 90, 101 sowie Brand, ZWH 2021, 58, 59 mit Fn. 12 mit weiteren Nachweisen; vgl. aber auch SK-StGB/Hoyer, § 263 Rn. 141 für lediglich diese Voraussetzung bei Verfügungen Dritter im Rahmen von § 263 StGB („Lagertheorie“). 338 So auch Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 57, der darauf hinweist, „den drittempfängerbezogenen Verfall“ könne allenfalls – aufgrund des entgegenstehenden „klaren Wortlaut(s) des Gesetzes“ – die Rechtsnatur des Verfalls beschränken; i. E. lehnt Güntert aber jede Beschränkung ab. 339 Siehe zu dieser Interpretationsmöglichkeit auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 208. 340 Vgl. etwa Honsell, ZfPW 2016, 106, 120, wonach der Wortlaut lediglich „starting point“ der Auslegung ist sowie Reimer, Methodenlehre, Rn. 284 u. 310, wonach der „mögliche“ Wortsinn – aufgrund der Erkenntnis von der „Relativität der Rechtsbegriffe“ – extrem weit ist und die Auslegung nur in geringem Maße beeinflussen sowie begrenzen kann. 341 Vgl. BT-Drs. V/4095 S. 40, wonach die Formulierung „als Vertreter eines anderen oder sonst“ abgelehnt wurde und dazu LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 16. 342 Vgl. BGHSt 45, 235, 243; dazu auch LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 3. 343 So etwa Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 112; NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 34. 344 Vgl. Radtke, FS Schünemann, S. 927, 932 f. u. 937.

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nicht im Einflussbereich des Dritten stehen;345 auch eines (nur) objektiven Näheverhältnisses, wie es die Vertreter der Lagertheorie bei § 263 StGB fordern,346 bedarf es nicht.347 Es genügt, dass lediglich im Interesse des Dritten gehandelt wurde.348 Ein gegenteiliges Ergebnis lässt sich auch nicht unter Heranziehung der Einziehungsrichtlinie oder unter Berücksichtigung höherrangigen Rechts erzielen. Während sich die Einziehungsrichtlinie zu der Thematik nicht äußert, sprechen bereicherungsrechtliche Wertungen gerade gegen das Erfordernis eines „echten Vertretungsverhältnisses“;349 zur Illustration: Kaufinteressent K schließt mit Verkäufer V einen Kaufvertrag über einen Pkw ab (§ 433 I 1 BGB). Später stellt sich heraus, dass der Kaufvertrag aus irgendeinem Grund nichtig ist (man denke zum Beispiel an § 105 II BGB). Bei der Übereignung des Fahrzeugs hat sich K von B vertreten lassen (§§ 164 ff. BGB); K und B haben vereinbart, dass B dem K den Besitz am Fahrzeug vermitteln soll (§ 868 BGB). Hinterher stellt sich heraus, dass die Vollmachtserteilung unwirksam war. Das Fahrzeug befindet sich aktuell im unmittelbaren Besitz (vgl. § 854 I BGB) des B. Wenn K den Vertragsschluss – scil. den Abschluss des dinglichen Rechtsgeschäfts durch B (für K) – nicht genehmigt (vgl. § 177 I, II BGB), bleibt V der Eigentümer des Fahrzeugs. Fraglich ist nun allerdings, ob V von B – aus ungerechtfertigter Bereicherung – Herausgabe des Fahrzeugs verlangen kann. B hat unzweifelhaft den unmittelbaren Besitz am Pkw, mithin etwas – eine vorteilhafte Rechtsposition – erlangt. Fordert man – mit der h. M. – eine zweckgerichtete Leistung, die in der Tilgung der (vermeintlich bestehenden) Verbindlichkeit besteht,350 kommt man zu dem Ergebnis, dass V gerade nicht an B, sondern an K geleistet – er bezweckte, seiner (vermeintlichen) Verpflichtung aus § 433 I 1 BGB nachzukommen – hat, weshalb ein Anspruch aus § 812 I 1 Var. 1 BGB (Leistungskondiktion) gegen B ausscheidet. Übrig bleibt ein Anspruch gegen B aus § 812 I 1 Var. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion), der neben der Vindikation aus § 985 BGB besteht.351 Kurzum: Wenn Dritte – rechtsgrundlos (und unmittelbar) – in den Genuss vorteilhafter Rechtspositionen gelangen, haben sie diese, 345 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 176; Lackner/Kühl/Heger, § 73b Rn. 2. 346 Dazu nur Rengier, StrafR BT I, § 13 Rn. 100 ff. 347 Siehe aber ganz aktuell BGH BeckRS 2021, 11580 Rn. 57, wonach es genügt, wenn der Täter der Organisation angehört und in ihrem Interesse tätig wird. Mit „Organisation“ meint der 3. BGH-Strafsenat (wohl) nichts anderes als eine Betriebszugehörigkeit – also doch „Lagertheorie“?! 348 Vgl. bereits 2. Teil Fn. 337. 349 Ähnlich auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73b Rn. 4: „[. . .] denn warum zur Abschöpfung beim Dritten eine darüber hinausgehende Drittrichtung des Handelns eines Tatbeteiligten erforderlich sein sollte, ist nicht ersichtlich“. 350 Vgl. hierzu allgemein BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 48. 351 Vgl. BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 145; hier dürfte auch der sog. Vorrang der Leistungskondiktion nicht greifen, siehe dazu besonders kritisch BeckOK-BGB/ Wendehorst, § 812 Rn. 31 f.

§ 6 Die Einziehung bei Drittbegünstigten

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ungeachtet der Frage, ob sie im Zuge der Erlangung zivilrechtlich (wirksam) vertreten wurden, (auch) nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen herauszugeben. Bezogen auf das illustrative Beispiel: Im geschilderten Fall wollte K erreichen, dass B den unmittelbaren Besitz an der Sache erlangt; andernfalls wäre ein Eigentumserwerb von vornherein – auch die Genehmigung des dinglichen Rechtsgeschäfts würde (mangels Besitzerwerbs) daran nichts ändern – unmöglich. Dies belegt, dass selbst im Bereicherungsrecht die subjektive Absicht des (schuldrechtlich) „Beteiligten“ ausreicht, um einen Kondiktionsanspruch gegen einen Dritten zu begründen – freilich mit dem Unterschied, dass K hier vordergründig im eigenen Interesse handelt. Trotzdem ist der Besitzerwerb des B ein notwendiger Zwischenschritt, um das eigene Interesse (Eigentumserwerb an der Sache) zu befriedigen. Folglich erfordert auch eine bereicherungsrechtliche Wertung keine Abweichung vom hiesigen Auslegungsergebnis. Insofern spielen zivilrechtliche Vertretungs- und Organschaftsverhältnisse im Rahmen des Vertretungsfalls (§ 73b I 1 Nr. 1 StGB) keine (übergeordnete) Rolle.352 3. Zivilrechtliche Fragestellungen in Vertretungsfällen Damit ist aber nicht zugleich festgestellt, dass zivilrechtliche Fragestellungen im Rahmen der Dritteinziehung gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB nicht auftauchen. In der Rechtsprechung353 ist anerkannt, dass sich die Einziehung auch gegen den Rechtsnachfolger des Drittbegünstigten richten kann.354 Gemeint sind damit insbesondere Fälle der Umwandlung von Unternehmen.355 Ob und wie sich eine solche Umwandlung vollzieht, regelt das Zivilrecht (UmwG). Für eine zulässige Einziehungsanordnung gegenüber einem Rechtsnachfolger des Verbands muss beachtet werden, ob es zu einer Verschmelzung (§§ 2 ff. UmwG), Spaltung (§§ 123 ff. UmwG) – im Sinne einer Aufspaltung, Abspaltung bzw. Ausgliederung – bzw. Vermögensübertragung (§§ 174 ff. UmwG) oder einem bloßen Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) kam. Eine Einziehungsanordnung kommt gegen den neuen (übernehmenden) Rechtsträger nur in Betracht, wenn der alte (übertragende) Rechtsträger nicht mehr existiert. Dies ist anzunehmen im Falle der Verschmelzung und Aufspaltung, nicht jedoch, wenn eine Abspaltung oder Ausgliederung in Rede steht.356 In letzteren beiden Fällen bleibt der 352 Wie hier auch BGH BeckRS 2021, 11580 Rn. 57; Brand, ZWH 2021, 58, 59 mit Fn. 12; Lackner/Kühl/Heger, § 73b Rn. 2; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 131; Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 78. 353 Vgl. BGHSt 47, 369, 377 = NJW 2002, 3339, 3341 f. 354 Vgl. auch Wehrstedt, Vermögensabschöpfung und Verletztenansprüche, S. 27. 355 Vgl. BGHSt 47, 369, 377 = NJW 2002, 3339, 3341 f.; und dazu kritisch Hofmann, wistra 2008, 401, 404 f. 356 Vgl. insofern auch die Vorschrift des § 30 IIa OWiG, wonach bei Gesamtrechtsnachfolge oder partieller Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung gegen den oder die

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

übertragende Rechtsträger bestehen. Dasselbe gilt für den bloßen Formwechsel, der an der Kontinuität der Vermögensverhältnisse des Rechtsträgers nichts ändert.357 Die Einziehungsanordnung richtet sich in diesen Fällen jedenfalls gegen den ursprünglich begünstigten und nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 73b I 1 Nr. 2 StGB (auch) gegen den übernehmenden Rechtsträger.358 Ob eine Verschmelzung bzw. Aufspaltung wirksam vollzogen wurde, ist anhand des Zivilrechts zu prüfen: Beide Umwandlungsarten werden erst mit der Eintragung im Register wirksam (vgl. für die Verschmelzung § 20 I UmwG und für die Aufspaltung §§ 130, 131 I UmwG).359 Bei einer Aufspaltung besteht zudem ein Wahlrecht des Strafgerichts, gegen welchen Teilrechtsnachfolger die (Wertersatz-) Einziehungsanordnung ergehen soll.360 Schließlich ist eine Einziehungsanordnung auch in Fällen der wiederholten bzw. mittelbaren Rechtsnachfolge zulässig.361 4. Die Abgrenzung der Einziehung bei Tatbeteiligten gem. § 73 I Var. 1 StGB von der Einziehung bei Drittbegünstigten gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB Steht fest, dass ein Tatbeteiligter für einen Drittbegünstigten gehandelt hat, so bedarf das Merkmal „durch“ (die Tat) i. S. v. § 73b I 1 Nr. 1 StGB näherer Betrachtung. Angesprochen ist damit die Frage, inwiefern die Einziehung bei Tatbeteiligten gem. § 73 I Var. 1 StGB von der Einziehung bei Drittbegünstigten gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB abzugrenzen ist. Den Ausgangspunkt der Abgrenzung bildet die Feststellung, dass nur gegenüber demjenigen, der eigene Verfügungsgewalt über die Taterträge – und zwar bis hin zur Beendigung der Tat362 – erlangt hat, die Einziehung anzuordnen ist.363 Deshalb erlangt ein Täter oder Teilnehmer i. S. v. § 73 I Var. 1 StGB im Falle des Zuflusses von Taterträgen an eine GesellRechtsnachfolger die Geldbuße festgesetzt werden kann; vgl. allgemein zu den Umwandlungsformen Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 20 ff. 357 Vgl. dazu Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 23. Auch eine Umfirmierung führt nicht zu einer Identitätsänderung, vgl. BeckOK-OWiG/Meyberg, § 30 Rn. 39. 358 Vgl. hierzu aktuell BGH NZWiSt 2021, 478, 489 f., wonach bei einer Ausgliederung eine Einziehung beim Rechtsnachfolger (übernehmenden Rechtsträger) nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 73b I 1 Nr. 2 StGB in Betracht kommt. 359 Vgl. dazu Henssler/Strohn/Heidinger, Gesellschaftsrecht, § 20 UmwG Rn. 2, wonach die Rechtsfolge der Eintragung auch nicht disponibel ist; siehe zudem Henssler/ Strohn/Wardenbach, Gesellschaftsrecht, § 130 UmwG Rn. 3 ff., dem zufolge die Missachtung der Eintragungsreihenfolge keine Konsequenzen für die Wirksamkeit der Spaltung hat, wenn die Eintragung beim übertragenden Rechtsträger erfolgt ist. 360 Vgl. auch BeckOK-OWiG/Meyberg, § 30 Rn. 44 zur Anordnung der Geldbuße gem. § 30 IIa OWiG. 361 Vgl. auch BeckOK-OWiG/Meyberg, § 30 Rn. 44b zur Anordnung der Geldbuße gem. § 30 IIa OWiG. 362 Vgl. hierzu bereits S. 107 ff. 363 Siehe dazu BGH NJW 2020, 1309, 1310 sowie Brand, ZWH 2021, 58, 59.

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schaft nur dann selbst etwas, wenn die Gesellschaft als lediglich „formaler Mantel“ genutzt wird oder, wenn die der Gesellschaft zugeflossenen Taterträge zeitnah an den Tatbeteiligten weitergeleitet werden (sogenannte faktische Verschmelzung der Vermögensmassen).364 Ist eine solche Ausnahmekonstellation nicht dargetan, hat man die Trennung zwischen Privat- und Gesellschaftsvermögen auch im Einziehungsrecht ernst zu nehmen.365 Die Anordnung der Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB erfolgt dann ausschließlich gegenüber der drittbegünstigten Gesellschaft.366 Beispiel 7: Die Außen-GbR aus Beispiel 2 verfolgt keine legale Geschäftstätigkeit bzw. der illegale Teil ihrer Geschäfte überwiegt. Lösung des Beispiels 7: T (aus Beispiel 2) hat damit schon mit dem Zufluss der Gutschrift auf das Konto der Außen-GbR durch die Tat etwas i. S. v. § 73 I Var. 1 StGB erlangt.

a) Die nicht zeitnahe Weiterleitung von Taterträgen an einen Tatbeteiligten Allerdings sind sowohl die Rechtsprechung367 als auch ein Teil der Lehre368 – indem sie Rekurs auf den gesetzgeberischen Willen und die Einziehungsrichtlinie nehmen369 – der Auffassung, die Einziehung von Taterträgen beim Tatbeteiligten gem. § 73 I Var. 1 StGB sei auch dann möglich, wenn die Taterträge, die zunächst der drittbegünstigten Gesellschaft zugeflossen sind, nicht zeitnah, aber doch zu irgendeinem späteren Zeitpunkt an den Tatbeteiligten weitergeleitet wurden.370 Jedoch soll nach Ansicht des 3. BGH-Strafsenats die Einziehung beim 364 Umfassend und mit zahlreichen Nachweisen BGH NJW 2020, 1309, 1310 f.; vgl. ferner Brand, ZWH 2021, 58, 62 f., der diese beiden Fallgruppen konkretisiert; siehe noch zur alten Rechtslage NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 36. 365 Vgl. Zivanic, NZG 2020, 703, 704. 366 Vgl. Zivanic, NZG 2020, 703, 704; so auch Leipold/Tsambikakis/Zöller/Rübenstahl, § 73 Rn. 30. 367 Vgl. BGH NJW 2020, 1309, 1310 f. 368 In diese Richtung Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 157 f.; siehe ferner Vizcaino Diaz, jurisPR-StR 6/2020, Anm. 2. 369 Von BGH NJW 2020, 1309, 1311 f. werden Art. 2 Nr. 1, 4 I RL 2014/42/EU sowie BT-Drs. 18/9525, S. 55 und BT-Drs. 18/11640, S. 78 angeführt. 370 So ausdrücklich BGH NJW 2020, 1309, 1312; bestätigt von BGH, Urteil v. 29.10.2021 – 5 StR 443/19, Rn. 89; teilweise findet sich auch der Versuch, § 73b I 1 Nr. 2 StGB teleologisch extensiv auszulegen und den Täter oder Teilnehmer als „anderen“ zu begreifen (vgl. etwa Bittmann/Tschakert, wistra 2020, 217, 219; Bittmann, NStZ 2020, 405, 406 f.). Methodisch ist dies zumindest fragwürdig, weil der mögliche Wortsinn einer solchen Auslegung im Wege steht und auch der Reformgesetzgeber den Täter oder Teilnehmer offensichtlich nicht als „anderen“ begreifen wollte, vgl. dazu schon Brand, ZWH 2021, 58, 63 f., der auf den gesetzgeberischen Fehler an dieser Stelle hinweist; vgl. ferner Lamsfuß, NZWiSt 2020, 329, 330, der „das Risiko einer Verschleifung der unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale“ betont; dagegen jetzt auch BGH Beschl. v. 1.6.2021 – 1 StR 133/21 Rn. 9: „Täter und Teilnehmer [. . .] gehören nach der eindeutigen Gesetzessystematik und dem Gesetzeswortlaut, der bei dem ho-

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Tatbeteiligten gem. § 73 I Var. 1 StGB zumindest ausgeschlossen sein, wenn der (späteren) Vermögensverschiebung ein „nicht bemakelter Vertrag“ zugrunde lag.371 b) Auslegung des Begriffs „durch“ im Sinne von § 73b I 1 Nr. 1 StGB Ein derart extensives Verständnis des Begriffes „durch“ als bloßer Kausalzusammenhang zwischen Tat und Tatertrag einerseits und der Ausschlussgrund des „nicht bemakelten Vertrags“ andererseits finden weder in der Gesetzessystematik und -begründung eine Stütze, noch sprechen bereicherungsrechtliche Wertungen oder eine richtlinienkonforme Auslegung für eine solche Auffassung: aa) Objektiv-systematische Auslegung Die Kausalitätsthese steht nicht im Einklang mit der Gesetzessystematik, wenn behauptet wird, die Einziehung beim Tatbeteiligten müsse zumindest so weit reichen, wie diejenige beim Drittbegünstigten.372 Aus dem systematischen Vergleich zwischen § 73 I Var. 1 StGB und § 73b I 1 Nr. 1 StGB folgt, dass „durch die Tat“ entweder der Täter bzw. Teilnehmer oder der Dritte etwas erlangt haben kann.373 Jede spätere Vermögensverschiebung stellt einziehungsrechtlich keinen Erwerb „durch“ die Tat, sondern – und das zeigt auch § 73b I 1 Nr. 2 StGB – eine „Übertragung“ (des bereits Erlangten) dar.374 Den Fall, dass der Täter oder Teilnehmer zunächst einen Dritten begünstigt und dieser Dritte das Erlangte dem Täter oder Teilnehmer (unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund) überträgt, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich.375 Für eine derartige Auffassung besteht letztlich auch kein Bedürfnis,376 da die Einziehungsanordnung gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB gegen den Drittbegünstigten ergehen kann und muss.377 bb) Subjektiv-historische Auslegung Zudem lässt sich der Wille des Gesetzgebers, wie er in den Materialien zum Ausdruck kommt, an dieser Stelle nicht hinreichend bestimmen.378 Der Reformgesetzgeber verweist lediglich auf die Wertungen des Bereicherungsrechts. heitlichen Eingriff der Einziehung die Auslegung umgrenzt, jedoch nicht zu diesem Personenkreis des ,anderen‘ [. . .].“ 371 Vgl. BGH NJW 2020, 1309, 1312; bestätigt von BGH, Urteil v. 29.10.2021 – 5 StR 443/19, Rn. 89 und ab Rn. 92 ff. konkretisierend, für welche Vermögenszuflüsse – im konkreten Fall – ein rechtlicher Grund (nicht) bestand. 372 Dies behauptet etwa Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 158. 373 Vgl. Zivanic, NZG 2020, 703, 705. 374 Vgl. Zivanic, NZG 2020, 703, 705. 375 Vgl. Brand, ZWH 2021, 58, 63 f. 376 In diese Richtung auch Meißner, NZWiSt 2019, 198, 199. 377 Vgl. zur gebundenen Entscheidung bereits S. 119. 378 Dazu bereits Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 5.

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cc) Höherrangiges Recht: Wahrung des quasi-kondiktionellen Rechtscharakters der Einziehung von Taterträgen Die hier vertretene Auffassung, die das Erfordernis einer Unmittelbarkeit, wie es auch die zivilrechtliche Rechtsprechung für § 812 I 1 Var. 2 BGB fordert, im Einziehungsrecht als notwendig erachtet, kann ein weiteres bereicherungsrechtliches Argument für sich beanspruchen und wird damit den „Wertungen des Bereicherungsrechts“ gerecht: Der Reformgesetzgeber begreift die Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB als mit § 822 BGB vergleichbar.379 Der Fall der „Übertragung“ des „durch die Tat“ Erlangten bedurfte also einer Sonderregelung, weil sich auch im Bereicherungsrecht ein Durchgriff (durch eine Bereicherungskette) verbietet.380 Die (Durchgriffs-)Ausnahmen bilden dort § 816 I 1, II BGB und § 822 BGB.381 Aus deren Existenz folgert die zivilrechtliche Lehre (im Umkehrschluss), dass es für die Grundnorm des § 812 I 1 Var. 2 BGB eines Unmittelbarkeitserfordernisses bedarf,382 das in seiner zweiten Funktion die Parteien des Schuldverhältnisses spezifiziert.383 Die Grundnormen des Einziehungsrechts sind die §§ 73 I, 73b I 1 Nr. 1 StGB, mithin bedürfen auch diese eines – so verstandenen – Unmittelbarkeitskriteriums. dd) Einziehungsrichtlinie Eine Ergebniskorrektur dergestalt, dass in den geschilderten Fällen eine Abschöpfung beim Tatbeteiligten möglich ist, lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Einziehungsrichtlinie erzielen. Zwar ist richtig, dass die Einziehungsrichtlinie sowohl „direkte“ als auch „indirekte“ wirtschaftliche Vorteile beim Tatbeteiligten abgeschöpft wissen will (vgl. Art. 2 Nr. 1 und Art. 4 I Einziehungsrichtlinie). Allerdings ist mit „indirekten“ Vorteilen gerade nicht der Fall gemeint, dass der Ertrag zunächst in das Vermögen eines Dritten fließt und im Anschluss daran eine erneute Übertragung auf den Täter erfolgt. Dies folgt aus ErwGr (11) der Einziehungsrichtlinie, wonach „alle mittelbare Vorteile einschließlich der aus einer späteren Reinvestition oder Umwandlung direkter Erträge erlangten Vorteile“ umfasst sein sollen. Als „indirekten“ Vorteil hat die Einziehungsrichtlinie demnach vor allem gezogene Nutzungen sowie Surrogatsgegenstände im Blick. Bestätigt wird diese Sichtweise schließlich durch die (ob379

Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 56. Siehe zum Durchgriffsverbot im Bereicherungsrecht BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 135. 381 Vgl. zum Ausnahmecharakter dieser Vorschriften: Medicus/Lorenz, SchuldR II, § 64 Rn. 1 in Bezug auf § 816 I, II BGB und MüKo-BGB/Schwab, § 822 Rn. 1 in Bezug auf § 822 BGB; siehe dazu auch Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 105 im Kontext des Drittverfalls (§ 73 III StGB a. F.). 382 Vgl. BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 135. 383 Siehe zu dieser Funktion des Unmittelbarkeitskriteriums nur BGHZ 94, 160, 165; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 135. 380

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

jektive) Systematik der Einziehungsrichtlinie. Diese erachtet in Art. 6 I Einziehungsrichtlinie die Dritteinziehung für notwendig, weil im Falle des Erwerbs durch Dritte eine Einziehung bei Tatbeteiligten typischerweise nicht möglich ist (vgl. ErwGr [24] Einziehungsrichtlinie). Selbst wenn man aber den Begriff des „indirekten“ Vorteils derart weit versteht, wie ihn der BGH verstanden hat und ihn ein Teil der Literatur versteht, findet eine richtlinienkonforme Auslegung ihre Grenze in der Auslegungsfähigkeit nach der deutschen Methodenlehre.384 Vom möglichen Wortsinn lässt sich ein Tatbeteiligter nicht als Dritter i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2 StGB begreifen.385 Schließlich verbietet es die Systematik auf § 73 I Var. 1 StGB Rekurs zu nehmen, da ansonsten „das Risiko einer Verschleifung der – unterschiedlichen – tatbestandlichen Voraussetzungen [der] § 73 StGB und § 73b StGB“ 386 besteht. Eine „Verschleifung“ verbietet sich aus rechtsstaatlichen Gründen. Die Vorschrift des Art. 103 II GG ist zwar im Rahmen der §§ 73 ff., 75 ff. StGB nicht anwendbar, weil die Einziehung von Taterträgen – bei entsprechender Auslegung – keine Strafe ist.387 Doch existiert auch jenseits von Art. 103 II GG das Gebot der Rechtssicherheit. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip.388 In diesem Zusammenhang hat auch die Judikative die Gesetze möglichst berechenbar und vorhersehbar auszulegen.389 All das gilt umso mehr, wenn die Maßnahme in bedeutsame Grundrechte – wie vorliegend in Art. 14 I 1 GG bzw. Art. 17 GRCh – eingreift.390 Eine Auslegung, die zu einer Umgehung von besonderen Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm führt,391 wird diesen rechtsstaatlichen Vorgaben – auch außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 103 II GG – nicht gerecht.392

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Vgl. Satzger, Europäisierung, S. 533. Vgl. BGH NStZ 2020, 404, 405. 386 Meißner, NZWiSt 2019, 198, 199. 387 Vgl. 2. Teil Fn. 306. 388 Vgl. statt vieler Dürig/Herzog/Scholz-GG/Grzeszick, Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit Rn. 50 ff. 389 Vgl. Dürig/Herzog/Scholz-GG/Grzeszick, Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit Rn. 105 f., wonach „auch die Gerichte Art. 3 I GG zu beachten haben“, weshalb eine Änderung der Rechtsprechung zulässig ist, „wenn sie sich im Rahmen der vorhersehbaren Entwicklung bewegt bzw. wenn die Gerichte die Änderung hinreichend begründen“. Eine vorhersehbare Entwicklung bzw. hinreichende Begründung kann aber nur eine methodisch nachvollziehbare Auslegung liefern. 390 Darauf stellt auch BGH NJW 1963, 499, 500 ab. 391 Vgl. Brand, ZWH 2021, 58, 64. 392 Vgl. auch Bürger, ZIS 2020, 532, 533 Fn. 20, wonach „eine Auslegung eines strafbegründenden Merkmals jenseits des möglichen Wortsinns einen unverhältnismäßigen Eingriff in die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Betroffenen jedenfalls aus Art. 2 I GG“ darstellt. Dasselbe gilt auch für ein einziehungsbegründendes Merkmal. 385

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Beispiel 8: Die Außen-GbR aus Beispiel 2 verfolgt eine legale Geschäftstätigkeit bzw. der legale Teil der Geschäfte überwiegt. Lösung des Beispiels 8: Entspricht der Lösung von Beispiel 2. T ist nicht tatunbeteiligter Dritter i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2 StGB. Würde man die Übertragung der der Außen-GbR zugeflossenen Gelder auf T der Vorschrift des § 73 I Var. 1 StGB subsumieren, kommt es zu einer Verschleifung der unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen (§ 73 I Var. 1 StGB einerseits und § 73b I 1 Nr. 1 und 2 StGB andererseits). Durch die Tat hat nur die Außen-GbR etwas erlangt. Die Einziehung richtet sich gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB gegen die Außen-GbR.

c) Ergebnis Der Gesetzgeber lässt mit dem Hinweis auf die Auslegung anhand „bereicherungsrechtlicher Wertungen“ den Schluss zu, dass es auch im Einziehungsrecht einer Unmittelbarkeitsbeziehung bedarf, die die Einziehung bei Tatbeteiligten von derjenigen bei Dritten hinreichend unterscheidet. Eine Einziehungsanordnung gem. § 73 I Var. 1 StGB gegen einen Tatbeteiligten kommt dann nicht in Betracht, wenn dieser den Vorteil nur mittelbar, auf dem Umweg über das Vermögen eines Dritten, erlangt hat. Hier verbleibt nur die Möglichkeit der Einziehung beim Dritten gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB. Nur ein solches Verständnis überzeugt methodisch und wahrt den quasi-kondiktionellen Charakter der Einziehung von Taterträgen. Der Begriff „durch“ die Tat (i. S. v. §§ 73 I Var. 1, 73b I 1 Nr. 1 StGB) kann damit unter strenger Berücksichtigung bereicherungsrechtlicher Wertungen die Abgrenzung zwischen der Einziehung von Taterträgen bei Tatbeteiligten und Dritten konsistent erklären. d) Exkurs: Bösgläubigkeit des Dritten als Voraussetzung für eine Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB? Mit Urteil vom 30. März 2021 hat der 3. BGH-Strafsenat darüber hinaus – völlig zutreffend – festgestellt, dass der Dritte i. S. v. § 73b I 1 Nr. 1 StGB gerade nicht bösgläubig sein muss, damit ihm gegenüber die Einziehung angeordnet werden kann.393 Weder der Wortlaut noch die Systematik und gesetzgeberische Wille erlauben eine Beschränkung des Vertretungsfalls auf nur bösgläubige Dritte: Während der Wortlaut keine Beschränkung auf nur bösgläubige Drittbegünstigte beinhaltet, belegt doch die Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 2b StGB und damit die (objektive) Systematik, dass für bösgläubige Dritte eine besondere Vorschrift existiert. Schließlich kannte auch die alte Rechtslage keine Beschränkung des Vertretungsfalls auf nur bösgläubige Dritte.394 Der Reformgesetzgeber bezweckte keine (inhaltliche) Änderung des Vertretungsfalls.395 Vor diesem Hin393 394 395

Vgl. BGH BeckRS 2021, 11580. Vgl. BGH BeckRS 2021, 11580 Rn. 60. Vgl. BGH BeckRS 2021, 11580 Rn. 60.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

tergrund muss der Dritte i. S. v. § 73b I 1 Nr. 1 StGB gerade nicht bösgläubig sein, um als tauglicher Einziehungsadressat in Betracht zu kommen.

III. Die Verschiebungsfälle (§ 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB) Die Verschiebungsfälle, geregelt in § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB, unterscheiden sich vom Vertretungsfall dadurch, dass der Drittbegünstigten dort nicht (unmittelbar) durch die Tat etwas erlangt, sondern erst durch einen weiteren rechtlichen Vorgang, nämlich einerseits durch eine (rechtsgeschäftsähnliche) „Übertragung“ oder andererseits durch einen (erbrechtlichen) „Übergang“. 1. Die unentgeltliche und rechtsgrundlose Übertragung (§ 73b I 1 Nr. 2a StGB) Den gesetzeschronologisch ersten Verschiebungsfall bildet die unentgeltliche bzw. rechtsgrundlose Übertragung gem. § 73b I 1 Nr. 2a StGB. Gemäß dieser Vorschrift soll also eine Einziehung beim Dritten nicht nur möglich sein, wenn dem Dritten das (durch oder für die Tat) Erlangte „unentgeltlich“ übertragen wurde, sondern auch dann, wenn der Vermögenstransfer „ohne rechtlichen Grund“ erfolgt. Der Gesetzgeber stellt damit den unentgeltlichen und rechtsgrundlosen Erwerb – entgegen der herrschenden Lehre im Bereicherungsrecht – gleich.396 Eine unüberlegte gesetzgeberische Entscheidung.397 Zwar bewegt sich der Reformgesetzgeber damit auf der Linie der zivilrechtlichen Rechtsprechung, die eine Gleichstellung von „unentgeltlichem“ und „rechtsgrundslosem“ Erwerb befürwortet,398 doch schlägt er damit zugleich, innerhalb des germanischen Rechtskreises, einen Sonderweg ein: So kennen weder das österreichische Strafrecht in § 20 II, III öStGB i.V. m. § 20a II Nr. 1 öStGB noch das schweizerische Strafrecht in Art. 70 II Schweizerisches StGB die Möglichkeit der „Dritteinziehung“ 399 von Taterträgen im Falle eines lediglich rechtsgrundlosen Erwerbs. Vielmehr ist die Einziehung von Taterträgen im österreichischen und schweizerischen Strafrecht nur dann möglich, wenn die Verschiebung unentgeltlich bzw. ohne gleichwertige Gegenleistung400 erfolgt.

396

Zutreffend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 224. Vgl. dazu Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 223 ff. 398 Vgl. dazu schon S. 41. 399 Das österreichische StGB verwendet noch den Begriff des „Verfalls“ – insofern ist mit der „Dritteinziehung“ von Taterträgen bei Dritten das jeweils vergleichbare Rechtsinstitut in der anderen Rechtsordnung gemeint. 400 Vgl. dazu BGer 1B 132/2017, E. 3.4. sowie Wohlers, Handkommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, Art. 70 Rn. 11 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. 397

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a) Die Auslegung des Begriffs „Übertragung“ Trotz dieser – wenig nachvollziehbaren – gesetzgeberischen Entscheidung, stellt sich zunächst die Frage, wie der Begriff der „Übertragung“ zu verstehen ist. Im Schrifttum scheint – soweit ersichtlich – Konsens darüber zu bestehen, dass der Begriff rein tatsächlich zu verstehen ist:401 Übertragung soll als das „Verschaffen der faktischen Verfügungsgewalt“ zu verstehen sein.402 Darüber hinaus sollen auch sogenannte „Scheinverschiebungen“ dem Begriff der Übertragung zu subsumieren sein.403 Damit sind Fälle angesprochen, in denen die Beute lediglich beim Dritten „geparkt“ wird, ohne dass dieser selbstständig über die Beute verfügen könnte.404 Der Reformgesetzgeber äußert sich nicht zu der Frage, wie der Begriff der Übertragung zu verstehen ist. Allerdings zeigt der Hinweis auf § 822 BGB, dass man sich im Rahmen der Verschiebungsfälle im rechtsgeschäftlichen Bereich bewegt.405 Das Korrelat zum Begriff der Übertragung bildet im Rahmen des § 822 BGB der Begriff der Zuwendung, hingegen im Rahmen des § 816 I 2 BGB der Begriff der Verfügung. Die Übertragung ist damit ein Rechtsgeschäft. aa) Die Übertragung körperlicher Gegenstände Bei der Übertragung körperlicher Gegenstände muss das Rechtsgeschäft aber keineswegs zivilrechtlich wirksam in dem Sinne sein, dass der Dritte das Eigentum bzw. die Rechtsinhaberschaft am Gegenstand erwirbt.406 Einem Tatbeteiligten wird nämlich regelmäßig die (Verfügungs-)Berechtigung zu versagen sein. Der Zugriff auf die verschobenen Taterträge muss aber trotzdem möglich sein. Ausreichend ist, wie auch im Rahmen von § 73 I StGB, dass der Dritte lediglich den Besitz am körperlichen Gegenstand erlangt. Beispiel 9: E wird der entwendete Pkw aus Beispiel 2 schenkweise überlassen. Lösung des Beispiels 9: E kann aufgrund der Vorschrift des § 935 I 1 BGB das Eigentum am Pkw nicht erwerben. Die Verfügung (§ 929 S. 1 BGB) ist zivilrechtlich unwirksam. Da E aber den Besitz am Pkw unentgeltlich erlangt hat, ist die Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB gegen sie (E) anzuordnen.

Vor dem Hintergrund des rechtsgeschäftlichen Charakters setzt eine Übertragung in jedem Fall zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus, die darauf 401 Vgl. Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666; LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 24; Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 87. 402 Vgl. Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666. 403 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 232; ihm zustimmend LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 24. 404 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 188 sowie 231. 405 Vgl. noch zu § 73 III StGB a. F. Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 106. 406 So auch Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666.

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abzielen, das durch die Tat Erlangte dem Vermögen des Dritten einzuverleiben. Die Auslegung dieser Willenserklärungen erfolgt anhand des objektiven Empfängerhorizonts gem. den §§ 133, 157 BGB.407 An der Übertragung werden in den meisten Fällen Tatbeteiligte und Dritte beteiligt sein. Möglich ist aber auch eine Kettenverschiebung. Gemeint sind Fälle, in denen ein Tatbeteiligter einem Dritten die Taterträge überträgt,408 der Dritte diese wiederum auf einen anderen Dritten verschiebt.409 Im letzteren Fall käme es also auf die Willenserklärungen der tatunbeteiligten Personen an. Die Willenserklärungen müssen aber gerade nicht wirksam sein. Andernfalls ließe sich etwa die (prinzipielle)410 Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 73 ff. StGB im Jugendstrafrecht nicht erklären.411 Jugendliche i. S. v. § 1 II Var. 1 JGG sind beschränkt geschäftsfähig.412 Eine wirksame Willenserklärung können sie nur nach Maßgabe der §§ 107 ff. BGB abgeben. Erlangt ein Jugendlicher „durch“ die Tat die Rechtsinhaberschaft an den Taterträgen und überträgt er diese an einen Dritten, unterlägen die Taterträge beim Dritten – setzte man eine wirksame Willenserklärung voraus – nur dann der Einziehung, wenn die Eltern der Verschiebung zustimmten (vgl. § 107 f. BGB).413 Dies wäre zweifelsohne ein zufälliges Ergebnis. Hinzu kommt, dass bei einem solchen Verständnis Scheinverschiebungen nicht erfasst würden, weil § 117 I BGB die Nichtigkeit der Willenserklärung(en) anordnet.414 Beispiel 10: T, der betrügerisch (§ 263 I StGB) das Eigentum (und den Besitz) an einer Sache erlangt hat, übereignet das Eigentum (und verschafft den Besitz) an der Sache der beschränkt geschäftsfähigen E ohne Gegenleistung. Die beschränkt geschäftsfähige E einigt sich (ohne die Zustimmung ihrer Eltern) mit X, dass das Eigentum (und der Besitz) an der Sache auf ihn (X) übergehen soll(en). Zu diesem Zweck übergibt E dem X die Sache. X erbringt hierfür keine Gegenleistung. Lösung des Beispiels 10: Die Übereignung des Eigentums (§ 929 S. 1 BGB) an X scheitert daran, dass der Verlust des Eigentums für E i. S. v. § 107 BGB rechtlich nachteilhaft ist. X hat damit lediglich den Besitz an der Sache erlangt – dies ist aber

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Vgl. dazu Stadler, BGB AT, § 18 Rn. 8 ff., insb. 12. Bzw. der gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB unmittelbar begünstigte Dritte die Taterträge auf einen anderen Dritten verschiebt. 409 Vgl. MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73b Rn. 15; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 134; diese „Bereicherungskette“ wird nur durch § 73b I 1 2 StGB unterbrochen, vgl. dazu S. 131. 410 Vgl. aber Eisenberg, NStZ 2019, 222 f., dem zufolge sich nicht sämtliche „Grundsätze“ zu den §§ 73 ff. StGB auf das Jugendstrafrecht übertragen lassen. 411 Vgl. BGH NStZ 2019, 221 ff. (mit krit. Anm. Eisenberg) zur Anwendbarkeit der §§ 73 ff. StGB im Jugendstrafrecht. 412 Da sie das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, vgl. §§ 2, 106 BGB. 413 Vgl. umfassend zu den Vorschriften der §§ 107 ff. BGB Stadler, BGB AT, § 23 Rn. 8 ff., insb. Rn. 10, wonach „ein Rechtsverlust [. . .] für den beschränkt Geschäftsfähigen immer rechtlich nachteilig und somit zustimmungsbedürftig [ist]“. 414 A. A. aber Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 190. 408

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für eine Einziehungsanordnung gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB völlig ausreichend, zumal sich E und X der Sache nach darüber einig waren, der Gegenstand (genauer: der Besitz am Gegenstand) solle auf X übergehen.

Als zweite Voraussetzung für eine Übertragung muss die vollständige Aufgabe der (faktischen) Verfügungsgewalt über die Taterträge des Übertragenden sowie ein vollständiger Erwerb der (faktischen) Verfügungsgewalt des Dritten hinzutreten.415 Nur diese Sichtweise erlaubt es, Scheinverschiebungen dem § 73b I 1 Nr. 2 StGB zu subsumieren. Bei Scheinverschiebungen befindet sich der Gegenstand – nach faktisch-wirtschaftlicher Betrachtungsweise – weiterhin im Vermögen des Täters.416 Der Dritte würde demnach nichts erlangen.417 Freilich verkennt eine faktisch-wirtschaftliche Betrachtungsweise, dass es auch im Rahmen von § 812 I 1 BGB – für ein „Erlangen“ – nicht auf eine „wirtschaftliche“ Betrachtungsweise ankommt.418 Entscheidend ist vielmehr eine formalrechtliche Sicht.419 Formalrechtlich erlangt der Dritte damit auch bei Scheinverschiebungen etwas,420 weil sich die übertragenen Taterträge nunmehr ausschließlich in der Verfügungsgewalt des Dritten befinden. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn sich der Dritte als bloßer Besitzdiener (vgl. § 855 BGB) des Verschiebenden erweist. Beispiel 11: T, der betrügerisch eine Gutschrift auf sein Bankkonto erlangt hat, überweist das Geld auf das Bankkonto einer GmbH, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, zum „Schein“. Lösung des Beispiels 11: Die Gutschrift befindet sich nunmehr auf dem Konto der GmbH. Formalrechtlich hat die GmbH als Drittbegünstigte i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB die Gutschrift erlangt. Eine „wirtschaftliche“ Betrachtungsweise würde die Übertragung des Tatertrags als nicht vollzogen betrachten. Wirtschaftlich betrachtet befände sich der Tatertrag weiterhin im Vermögen des T. Eine solche Sichtweise führt aber zu Abschöpfungslücken: Nur eine formalrechtliche Sicht erlaubt sowohl die Einziehung bei T (nunmehr gem. § 73c S. 1 StGB) als auch bei der GmbH (gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB, ggfs. i.V. m. § 73c S. 1 StGB).

bb) Die Übertragung unkörperlicher Gegenstände, namentlich Forderungen Bei der Übertragung unkörperlicher Gegenstände, namentlich Forderungen, kann hingegen erst dann eine „Übertragung“ angenommen werden, wenn der Dritte entweder – durch wirksame Abtretung (vgl. § 398 BGB) – die Forderung erlangt hat oder die (nichtige) Abtretung dem Schuldner zumindest gem. § 409 415 Diese Voraussetzung ist vor allem für die Verschiebung körperlicher Gegenstände von Relevanz. 416 Vgl. zum „faktisch-wirtschaftlichen Erwerb“ umfassend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 189 f. 417 Zutreffend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 190. 418 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 3 mit zahlreichen Nachweisen. 419 So auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 191 f. sowie 232. 420 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 24.

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BGB angezeigt wurde, so dass die Leistung an den Dritten zumindest möglich erscheint.421 Von einer Übertragung ist auch dann auszugehen, wenn das Erlangte als Bestandteil einer Vermögensgesamtheit aufgrund eines Ausgliederungs- und Übernahmevertrags auf den Dritten übergeht.422 cc) Keine Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht Zur alten Rechtslage forderte der BGH423 für die Verschiebungsfälle (zusätzlich) eine beim Tatbeteiligten festzustellende Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht: Die Verschiebung auf den Dritten müsse gerade erfolgen, um „[die Tatvorteile] dem Zugriff der Geschädigten zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern“.424 Eine Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht ist nach neuer Rechtslage nicht notwendig.425 Der Hinweis des Reformgesetzgebers auf § 822 BGB impliziert, dass der Dritte – ausschließlich – aufgrund des „unentgeltlichen“ bzw. „ohne rechtlichen Grund“ erfolgten Erwerbs nicht schutzwürdig ist.426 Überdies spricht die (objektive) Gesetzessystematik in § 73b I 1 Nr. 2 StGB dafür, subjektive Voraussetzungen nur beim Dritten zu prüfen (vgl. § 73b I 1 Nr. 2b StGB).427 Von einem solchen Verständnis geht auch die Einziehungsrichtlinie aus: Aus Art. 6 I Einziehungsrichtlinie folgt, dass die Dritteinziehung maßgeblich von der Kenntnis bzw. vorwerfbaren Nichtkenntnis des Dritten abhängen soll. Nur wenn der Dritte wusste oder hätten wissen müssen, dass mit der Übertragung die Einziehung vermieden werden sollte, soll eine Dritteinziehung möglich sein. Dass aber der Übertragende mit einer Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht handeln muss, folgt weder aus Art. 6 I Einziehungsrichtlinie noch aus ErwGr (24) der Einziehungsrichtlinie. 428 Letzterer weist zwar darauf hin, dass „es [. . .] eine übliche und zunehmend verbreitete Praxis [sei], dass die verdächtigte oder beschuldigte Person Vermögensgegenstände einem eingeweihten Dritten überträgt, um zu vermeiden, dass diese Gegenstände eingezogen werden“429; daraus folgt aber nicht, dass es auf die subjektiven Absichten des Übertragenden ankommt. 421

Vgl. dazu bereits oben S. 99 f. Vgl. BGH NZWiSt 2021, 478, 489 f. 423 Vgl. bereits BGHSt 45, 235, 246. 424 BGH NZWiSt 2012, 349, 350 (mit zust. Anm. Rübenstahl). 425 So auch Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 134. 426 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 26. 427 Ähnlich LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 26, der darauf hinweist, dass der Reformgesetzgeber – hätte er das Merkmal der Vermeidungs- bzw. Verschleierungsabsicht voraussetzen wollen – eine andere Formulierung hätte wählen können. 428 Anders aber OLG Celle, Beschl. v. 2.3.2018 – 1 Ws 19/18 –, juris Rn. 35. 429 Hervorhebungen nur hier. 422

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Andernfalls würde der Richtliniengeber an dieser Stelle nicht von „eingeweihten Dritten“ 430 sprechen. Überdies hätte (auch) er für Art. 6 I Einziehungsrichtlinie eine andere Formulierung gewählt, wenn er eine Verschleierungs- oder Vermeidungsabsicht gefordert wissen wollte. Schließlich greift ein weiteres bereicherungsrechtliches Argument: Im Bereicherungsrecht unterscheidet sich die Zuwendung (vgl. § 822 BGB) von der Leistung (vgl. § 812 I 1 Var. 1 BGB) dadurch, dass erstere gerade keine Zweckrichtung und kein Leistungsbewusstsein erfordert.431 Mit dem Hinweis auf § 822 BGB bringt der Reformgesetzgeber damit zum Ausdruck, dass es auf eine subjektive Absicht – im Sinne einer Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht – nicht ankommt. Beispiel 12: E aus Beispiel 10 weiß nicht davon, dass die Sache (von T) betrügerisch erlangt wurde. Trotzdem ist sie sich mit X, der von diesem Umstand ebenfalls keine Kenntnis hat, einig, dass das Eigentum und der Besitz an der Sache auf ihn (X) übergehen sollen. Lösung des Beispiels 12: Die Einziehung der Sache, die sich nunmehr in der Verfügungsgewalt des X befindet, ist trotz fehlender „Vermeidungs- oder Verschleierungsabsicht“ gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB gegenüber X anzuordnen.

dd) Notwendigkeit eines „bösgläubigen“ Dritten bei der Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2a StGB? Für die Fallgruppe des § 73b I 1 Nr. 2a StGB ist indes unerheblich, ob der Dritte im Zeitpunkt der Übertragung gut- oder bösgläubig war.432 Eine gegenteilige Auffassung findet weder im Wortlaut noch in der Systematik eine Stütze. Gleichwohl spielt die Gut- bzw. Bösgläubigkeit im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 2a StGB dann eine Rolle, wenn die Verschiebung rechtsgrundlos, aber entgeltlich erfolgt. Darauf wird im weiteren Verlauf der Untersuchung noch eingegangen.433 ee) Ergebnis Subjektive Absichten des Tatbeteiligten haben bei der „Übertragung“ i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2 StGB keine Relevanz. Entscheidend für die Annahme einer Übertragung sind ausschließlich zwei Kriterien: Erstens bedarf es zwei übereinstim430 Ein „eingeweihter Dritter“ wird sich mit der Übertragung aber bereits eines Anschlussdelikts (§§ 257, 259, 261 StGB) strafbar machen, so dass es auf die Voraussetzungen des § 73b I 1 Nr. 2b StGB überhaupt nicht (mehr) ankäme, vgl. allgemein zur Überschneidung zwischen der Einziehung gem. § 73 I StGB und § 73b I 1 Nr. 2b StGB MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73b Rn. 17. 431 Vgl. zu dieser Unterscheidung Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 10 Rn. 10. 432 Vgl. so auch LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 27. 433 Vgl. S. 154 f.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

mender Willenserklärungen der an der Übertragung beteiligter Personen. Zweitens muss der Dritte die faktische Vermögensgewalt über den Gegenstand erlangt, der Übertragende hingegen jegliche Verfügungsgewalt an dem Gegenstand verloren haben. b) Die Auslegung des Begriffs „unentgeltlich“ Der Begriff „unentgeltlich“ entstammt dem Bereicherungsrecht.434 Damit liegt – schon nach objektiv-grammatikalischer Auslegung – eine zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorische Auslegung des Begriffs nahe. Für eine derartige Auslegung spricht ferner, dass der Verschiebungsfall – nach dem Willen des Reformgesetzgebers – in § 822 BGB sein Vorbild findet.435 Eine zivilrechtsakzessorische Auslegung des Merkmals unentgeltlich steht auch in Einklang mit der Einziehungsrichtlinie. Diese fordert in Art. 6 I Einziehungsrichtlinie, dass die Einziehung anzuordnen ist, wenn „der Erwerb [des Dritten] unentgeltlich oder deutlich unter dem Marktwert erfolgte“.436 Auch im Rahmen von §§ 816 I 2, 822 BGB gilt eine Vermutung der „unentgeltlichen“ Verfügung, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.437 Freilich ist diese Vermutung widerlegbar. Maßgebend ist, ob die (Gegen-)Leistung des Dritten „bei verständiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls als Ausgleich für den Gegenstand anzusehen“ war.438 Auf die subjektive Auffassung der – an der Übertragung – beteiligten Personen kann es nicht ankommen.439 Insbesondere ist es wenig überzeugend auf die Sicht des Empfängers,440 sprich auf die Sicht des Dritten abzustellen. Dieser könnte andernfalls einwenden, aus seiner Sicht stellte die Gegenleistung einen Ausgleich für den Erwerb dar und somit die Einziehung von Taterträgen gem. § 73b I 1 Nr. 2a StGB verhindern. Der Begriff „unentgeltlich“ ist damit zivilrechtsakzessorisch im Lichte des Bereicherungsrechts auszulegen, wobei die Gesamtumstände des Einzelfalls besonderes Gewicht haben.441

434

Vgl. §§ 816, 822 BGB. Vgl. bereits S. 39 ff. 436 Vgl. auch ErwGr (24) Einziehungsrichtlinie. 437 Vgl. dazu MüKo-BGB/Schwab, § 816 Rn. 69 unter Hinweis auf BGHZ 59, 132, 136 f. = NJW 1972, 1709, 1710, der die Vermutungswirkung mit dem Schutzzweck des § 2325 BGB begründet. 438 BeckOK-BGB/Wendehorst, § 816 Rn. 9. 439 So Erman-BGB/Buck-Heeb, § 816 Rn. 12. 440 So BGH BeckRS 1954, 31200361. 441 Vgl. BeckOK-BGB/Wendehorst, § 816 Rn. 9. 435

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c) Die Auslegung des Begriffs „ohne rechtlichen Grund“ Der Begriff „ohne rechtlichen Grund“ könnte demgegenüber durchaus auch einer strafrechtsautonomen Auslegung zugänglich sein, obschon auch hier der (objektive) Wortlaut eine zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorische Auslegung (vgl. § 812 I 1 BGB) nahelegt. Freilich betonte bereits die zum alten Recht ergangene Rechtsprechung, dass ein Verschiebungsfall (auch) dann in Rede steht, wenn dem Vermögenstransfer ein „bemakeltes Rechtsgeschäft“ zugrunde liegt.442 Der Begriff des „bemakelten Rechtsgeschäfts“ wurde neuerdings vom 3. BGH-Strafsenat innerhalb von § 73 I Var. 1 StGB eingeführt.443 Allerdings äußert sich die Rechtsprechung nicht zu der Frage, was konkret unter einem „bemakelten Rechtsgeschäft“ zu verstehen sei. Genügen hierfür bloße zivilrechtliche „Makel“, wie etwa die Anfechtung wegen Irrtums, oder bedarf es zumindest (irgend-)eines strafrechtlichen Bezugs, indem etwa das der „Verschiebung“ zugrundeliegende Rechtsgeschäft gegen ein (straf-)gesetzliches Verbot verstößt?444 Diese Fragestellung impliziert bereits eines: Eine strafrechtsautonome Begriffsbestimmung würde mangels hinreichender Bestimmtheit ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit bergen.445 Deshalb muss und kann auch an dieser Stelle ausschließlich das Zivilrecht darüber entscheiden, ob die Übertragung des (durch oder für die Tat) Erlangten an einen Dritten mit oder ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Mit der vorherrschenden Auffassung im Zivilrecht446 ist hierbei ein objektiver Rechtsgrundsbegriff zugrunde zu legen, wonach „ohne rechtlichen Grund“ bedeutet, „[. . .] dass der Empfänger den ihn zugeflossenen Vorteil nicht behalten darf “.447 Für die Verschiebungsfälle, deren rechtsgeschäftlicher Charakter nicht von der Hand zu wei442

Grundlegend BGHSt 45, 235, 246 ff. Vgl. BGH NJW 2020, 1309, 1312 unter Hinweis darauf, dass der der Übertragung zugrundeliegende Vertrag „mit der Straftat in keinem Zusammenhang“ stehen darf. 444 Die Formulierung des BGH (BGHSt 45, 235, 247: „das weder für sich noch im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat bemakelt ist“) ist unterschiedlichen Interpretationen zugänglich: So könnte „weder für sich . . . bemakelt“ dergestalt verstanden werden, jeder x-beliebige zivilrechtliche Mangel genüge. Gleichwohl ist das Bezugswort „bemakelt“ der weitergehenden Interpretation zugänglich, es genügen nur zivilrechtliche Mängel, die dazu führen, dass „der Dritte in die Nähe der Tatbeteiligung geraten kann“, sprich der zivilrechtliche Mangel müsse in einem (straf-)gesetzlichen Verbot liegen. Gerade letztere Interpretation stünde eher in Einklang mit der neueren Entscheidung des 3. BGH-Strafsenats (vgl. BGH NJW 2020, 1309, 1312). 445 Vgl. zum Aspekt der Rechtsunsicherheit bei eigenständiger strafrechtlicher Auslegung – freilich im Zusammenhang mit der Bestimmung des Versammlungsbegriffs innerhalb des StGB – Zivanic, ZStW 132 (2020), 803, 806. 446 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 398; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 60. 447 MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 398. 443

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

sen ist, bedeutet dies, dass ein Recht auf ein Behaltendürfen nicht besteht, wenn das der Übertragung zugrundeliegende Rechtsgeschäft unwirksam ist.448 Fraglich bleibt, welcher Zeitpunkt für das Nichtbestehen des rechtlichen Grundes maßgeblich ist. In Betracht kommen zwei Anknüpfungspunkte. Denkbar erscheint auf den Zeitpunkt der Entstehung des staatlichen Einziehungsanspruchs, sprich auf den Zeitpunkt der Übertragung – scil. auf den Zeitpunkt der Erlangung der Verfügungsgewalt durch den Dritten und den Verlust jeglicher Verfügungsgewalt des Übertragenden – abzustellen. Demgegenüber käme aber auch der Zeitpunkt der Entscheidung in Betracht. Weder der Reformgesetzgeber noch die Einziehungsrichtlinie äußern sich zu dieser Frage. Eine zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorische Auslegung des Begriffs legt nahe, den im Zivilrecht maßgeblichen Zeitpunkt heranzuziehen: Der maßgebliche Zeitpunkt kann nur derjenige der Übertragung sein.449 Beispiel 13: T, der betrügerisch das Eigentum an einer Sache erlangt hat, verkauft und übereignet diese an K. Hinterher stellt sich heraus, dass K im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses aufgrund eines Zustands i. S. v. § 105 II BGB keine wirksame Willenserklärung abgeben konnte. Bei der zeitlich späteren Übereignung konnte K wiederum eine wirksame Willenserklärung abgeben. Lösung des Beispiels 13: Sowohl das Eigentum als auch der Besitz an der Sache wurden K übertragen. Allerdings ist das der Übertragung zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig. Deshalb kann die Sache gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB eingezogen werden.

d) Teleologische Reduktion des § 73b I 1 Nr. 2a StGB im Fall des rechtsgrundlos-gutgläubig entgeltlichen Erwerbs Schließlich stellt sich die Frage, ob § 73b I 1 Nr. 2a StGB im Falle des rechtsgrundlosen, aber gutgläubig450 entgeltlichen Erwerbs des Dritten teleologisch zu reduzieren ist.451 Die Frage ist zu bejahen. Die Einziehungsrichtlinie (vgl. Art. 6 II) stellt fest, dass die Rechte gutgläubiger (nicht unentgeltlich erwerbender) Dritter nicht beeinträchtigt werden dürfen.452 Den Fall des rechtsgrundlosen Erwerbs erwähnt Art. 6 Einziehungsrichtlinie überhaupt nicht. Würde man die Einziehung gegenüber einem rechtsgrundlosen, aber gutgläubigen entgeltlichen Erwerber anordnen, bestünde ein Widerspruch zu der Vorgabe des Art. 6 II Einziehungsrichtlinie. 448

In Anlehnung an MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 398. Entsprechend zur ganz h. M. bei der Leistungskondiktion (§ 812 I 1 Var. 1 BGB), wonach der Mangel des Rechtsgrunds im Zeitpunkt der Leistung bestanden haben muss, vgl. statt vieler BeckOK-BGB/Wendehorst, § 812 Rn. 63. 450 Vgl. S. 155 ff. zur Gut- bzw. Bösgläubigkeit. 451 Vgl. zu dieser Frage bereits Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 224 f. 452 Vgl. hierzu bereits S. 61. 449

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Die Vorschrift des § 73b I 1 Nr. 2a StGB ist damit im Wege einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung teleologisch zu reduzieren: Der Reformgesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung seine Absicht bekundet, richtlinienkonforme Regelungen zu schaffen.453 Das Gesetz ist mithin an dieser Stelle „planwidrig unvollständig“.454 Eine richtlinienkonforme teleologische Reduktion der Vorschrift steht auch nicht im Widerspruch zu einer eindeutigen Entscheidung des Reformgesetzgebers. Dieser schweigt zu der vorliegenden Frage.455 Schließlich hält sich eine teleologische Reduktion der Vorschrift – aufgrund des Hinweises des Reformgesetzgebers auf die Vorschrift des § 822 BGB – im Rahmen des Vorhersehbaren.456 Insofern stehen einer teleologischen Reduktion weder die Methodik noch verfassungsrechtliche Prinzipien im Wege.457 Beispiel 14: K aus Beispiel 13 weiß nicht, dass die Sache aus einer Straftat herrührt. Lösung des Beispiels 14: K hat rechtsgrundlos (siehe Lösung Beispiel 13), aber gutgläubig und entgeltlich das Eigentum sowie den Besitz an der Sache erlangt. Eine Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB kommt daher – wegen des Widerspruchs zur Einziehungsrichtlinie – nicht in Betracht. Übrig bleibt nur die Anordnung der Wertersatzeinziehung gem. § 73c S. 1 StGB gegenüber T.

2. Die bösgläubige Übertragung (§ 73b I 1 Nr. 2b StGB) Losgelöst vom Bereicherungsrecht und in Anlehnung an die zum alten Recht ergangenen Leitsatzentscheidung des BGH458 zu „Verschiebungsfällen“ sowie die Einziehungsrichtlinie, 459 findet sich in § 73b I 1 Nr. 2b StGB die Möglichkeit der Einziehung von Taterträgen bei einem bösgläubigen Dritten. Wenn der Dritte einerseits erkannt hat oder andererseits zumindest hätte erkennen müssen, dass das Erlangte, sprich ihm Übertragene, aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, ist er einziehungsrechtlich nicht schutzwürdig und somit tauglicher Adressat einer Einziehungsanordnung. Interessant erscheint an dieser Stelle, dass der Gesetzgeber – dem Wortlaut zufolge – im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 2b StGB einen anderen Fahrlässigkeitsmaßstab fordert als für die Ausschlussregelung des § 73e

453

Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 48: „Das Gesetzesvorhaben setzt zudem die Richtlinie 2014/42/EU in innerstaatliches Recht um.“ 454 Vgl. hierzu allgemein BGH (Zivilsenat) NJW 2009, 427, 429. 455 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 23. 456 Vgl. insgesamt zur richtlinienkonformen teleologischen Reduktion im Wege der Rechtsfortbildung BGH (Zivilsenat) NJW 2009, 427 ff. 457 I. E. wie hier Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 224 f. und LKStGB/Lohse, § 73b Rn. 23, die aber auf die Einziehungsrichtlinie nicht Bezug nehmen und somit „nur“ von teleologischer Reduktion sprechen. 458 BGHSt 45, 235 ff. 459 Vgl. dazu Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 225; vgl. Art. 6 I Einziehungsrichtlinie sowie ErwGr (24) Einziehungsrichtlinie.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

II StGB.460 Bei § 73e II StGB verwehrt nämlich lediglich leichtfertige Unkenntnis hinsichtlich des Herrührens des Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat dem Dritten die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung. a) Stand der Diskussion Teilweise461 wird daher – unter Berufung auf die Materialien462 – ein Gleichlauf zwischen § 73e II StGB und § 73b I 1 Nr. 2b StGB hinsichtlich des „Fahrlässigkeitsgrades“ gefordert, weshalb auch im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 2b StGB nur leichtfertige Unkenntnis die Einziehung rechtfertigen kann. Andere463 verweisen auf § 932 II BGB, demzufolge ebenfalls nur grobe Fahrlässigkeit einer Gutgläubigkeit im Wege steht. Demgegenüber soll nach anderer Auffassung464 – getreu dem Wortlaut – jede Fahrlässigkeit ausreichen. b) Stellungnahme: Zivilrechtlicher Fahrlässigkeitsgrad Der systematische Zusammenhang zwischen § 73b I 1 Nr. 2a StGB und § 73b I 1 Nr. 2b StGB lässt erkennen, dass der Verschiebungsfall in beiden Varianten wegen der Voraussetzung einer Übertragung ein rechtsgeschäftliches Tätigwerden erfordert. Beide Verschiebungsfälle weisen einen gewichtigen zivilrechtlichen Bezug auf, so dass ein Verweis auf die zivilrechtliche Regelung des § 932 II BGB überzeugt. Stützen lässt sich die Auffassung zunächst mit dem Wortlaut des § 73b I 1 Nr. 2b StGB, der von „hätte erkennen müssen“ spricht.465 Die Wortwahl „müssen“ spricht – im Gegensatz zu „(hätte erkennen) können“ – für einen besonders hohen Grad von Fahrlässigkeit.466 Darüber hinaus verweist der Reformgesetzgeber467 hinsichtlich etwaiger Wissenszurechnung auf die „allgemeinen Regeln (§§ 31, 166, 278 BGB)“, legt an dieser Stelle zivilrechtliche Regelungen zugrunde.468 Im Übrigen deckt sich der Begriff der groben Fahrlässigkeit mit demjenigen der Leichtfertigkeit im Sinne von § 73e II StGB, sofern auch 460

Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 226 f. So Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 227. 462 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 69. 463 So Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73b Rn. 8; MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73b Rn. 17; ähnlich auch Rübenstahl/Weißbeck, WiJ 2020, 90, 95: „grobe Fahrlässigkeit“. 464 So BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73b Rn. 7; Korte, NZWiSt 2018, 231, 233; Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 84. 465 Das Wortlautargument ist zugegebenermaßen schwach. Auch § 122 II BGB spricht von „kennen müssen“, worunter aber jede Form von Fahrlässigkeit zu subsumieren ist, vgl. BeckOGK-BGB/Rehberg, § 122 Rn. 17. Deshalb stützt sich auch Ullenboom (Vermögensabschöpfung, Rn. 84) auf § 122 II BGB analog und lässt jede Form von Fahrlässigkeit ausreichen. 466 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73b Rn. 8. 467 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 66. 468 Vgl. dazu auch Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666. 461

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dort ein zivilrechtliches Verständnis des Begriffs zugrunde gelegt wird.469 Zwischen § 73b I 1 Nr. 2b StGB und § 73e II StGB bestünde damit – wie teilweise470 gefordert – ein Ausschlussverhältnis. c) Beispiele der Bösgläubigkeit In Anlehnung an die zivilrechtliche Rechtsprechung471 hätte damit ein Dritter im Sinne von § 73b I 1 Nr. 2b StGB das Herrühren des ihm Übertragegenen aus einer rechtswidrigen Tat erkennen müssen, wenn – im Erwerbszeitpunkt – die Umstände mit auffallender Deutlichkeit dafür sprachen, das Übertragene habe einen deliktischen Ursprung. Mit dem Erwerbszeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt der Vornahme des Erfüllungsgeschäfts gemeint.472 Bei der Übertragung beweglicher Sachen stellt damit typischerweise die Übergabe den maßgeblichen Zeitpunkt für die Gut- bzw. Bösgläubigkeit dar;473 bei Grundstücksgeschäften ist § 892 II BGB zu beachten, der den Zeitpunkt der Redlichkeit auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags (vgl. § 13 GBO) vorverlagert bzw. den Zeitpunkt der Einigung (vgl. § 873 BGB) als maßgeblich erachtet.474 Bei der Abtretung einer erlangten Forderung ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages (§ 398 S. 1 BGB) maßgeblich.475 Die Fixierung des Redlichkeitszeitpunkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Erfüllungsgeschäfts entspricht letztlich auch der gewählten Formulierung in § 73b I 1 Nr. 2b StGB („übertragen wurde und er erkannt hat [. . .]“).476

469

Siehe dazu S. 188 ff. So Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 227. 471 Vgl. hierzu MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 48 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen. 472 So auch LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 31: „das dingliche Geschäft“; A. A. aber Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 228 f., wonach nicht das Erfüllungs-, sondern bereits das Verpflichtungsgeschäft die Entreicherung beim Dritten begründe. 473 Vgl. dazu Jauernig/Berger, § 932 Rn. 16; MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 38 jeweils mit dem Hinweis, dass beim Erwerb gem. § 929 S. 2 BGB die Einigung den maßgeblichen Zeitpunkt darstellt. Zudem kann bei einer Eigentumsübertragung gem. §§ 931, 934 BGB (auch) der Zeitpunkt der Abtretung der Herausgabeansprüche aus dem Besitzmittlungsverhältnis maßgeblich sein, vgl. hierzu ebenfalls MüKo-BGB/ Oechsler, § 934 Rn. 5. 474 Siehe zu § 892 II BGB BeckOK-BGB/H.-W. Eckert, § 892 Rn. 14. 475 Anmerkung: Eine wirksame Übertragung durch Abtretung kommt nur in Betracht, wenn „durch die Tat“ die Rechtsinhaberschaft an der Forderung erlangt wurde, vgl. MüKo-BGB/Roth/Kieninger, § 398 Rn. 3, wonach es keinen gutgläubigen Forderungserwerb gibt (siehe aber § 405 BGB). 476 Dies wird auch von Fleckenstein (Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 228) erkannt und als Hindernis für seine Auffassung erachtet; vgl. wie hier LK-StGB/Lohse, § 73b Rn. 31. 470

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d) Kein objektiv-subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab Fraglich erscheint allerdings, ob an dieser Stelle ein lediglich objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab heranzuziehen ist oder nicht einem objektiv-subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab der Vorzug gebührt.477 Letzteres würde der unbestrittenen Auffassung im Rahmen von Straftatbeständen entsprechen.478 Bei der Einziehung von Taterträgen im Sinne von § 73b I 1 Nr. 2b StGB handelt es sich aber gerade nicht um einen Straftatbestand479 – überhaupt hat die Einziehung von Taterträgen bei entsprechender Auslegung keinen Strafcharakter. Vielmehr ist – wie bereits festgestellt wurde – der rechtsgeschäftliche Bereich bei den Verschiebungsfällen maßgeblich. Es muss also lediglich danach gefragt werden, ob der Dritte übliche bzw. typische „Erkundigungsobliegenheiten“ verletzt hat.480 Insofern ist prinzipiell ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzulegen,481 der nach Verkehrskreisen differenziert und die sonstigen besonderen Umstände des Einzelfalls hinreichend berücksichtigt.482 Auch an dieser Stelle geben die zum Zivilrecht entwickelten Grundsätze eine Antwort auf die Frage, ob der Dritte – ggfs. ihm zurechenbare – positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der deliktischen Herkunft des ihm übertragenen Erlangten hatte oder nicht.483 Beispiel 15: K aus Beispiel 2 lässt sich beim Erwerb des Kraftfahrzeugs von T durch X vertreten (§§ 164 ff. BGB). X soll, sobald er den unmittelbaren Besitz am Pkw erlangt, K den Besitz vermitteln (§ 868 BGB). X merkt (im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs), dass die vorgelegte Zulassungsbescheinigung Teil II eine Fälschung ist. Trotzdem kommt es zu einer Einigung und der Übergabe des Fahrzeugs. Lösung des Beispiels 15: K hat den mittelbaren Besitz (§ 868 BGB) am Fahrzeug erlangt. X hat die Fälschung der Zulassungsbescheinigung Teil II erkannt. Insofern hätte er zumindest erkennen müssen, dass der Pkw aus einer rechtswidrigen Tat herrührt. K muss sich die Kenntnis bzw. fehlende Unkenntnis des X gem. § 166 I BGB zurechnen lassen. Der Pkw unterliegt der Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2b StGB. 477

Vgl. hierzu umfassend BeckOGK-BGB/Klinck, § 932 Rn. 37 ff. Vgl. hierzu etwa Rengier, StrafR AT, § 52 Rn. 83 ff.; zudem Steinberg, ZStW 131 (2019), 887, 890 unter Hinweis auf BGHSt 50, 347, 352 = NJW 2006, 1297, 1299, wonach sich der strafrechtliche Begriff der „Leichtfertigkeit“ mit dem zivilrechtlichen Begriff der „groben Fahrlässigkeit“ nur in objektiver Hinsicht deckt. Insofern ist ein Abstellen auf objektiv-grobe Fahrlässigkeit im Rahmen von § 73b I 1 Nr. 2b StGB vor dem Hintergrund einer Geldwäschestrafbarkeit gem. § 261 I 1, VI 1 StGB systematisch unbedenklich, sogar zur Abgrenzung – dann kommt nämlich nur eine Einziehung des Geldwäscheobjekts gem. § 73 I StGB in Betracht (vgl. insofern § 261 X 3 StGB) – notwendig, weil dort (zusätzlich) die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Täters Berücksichtigung finden müssen (vgl. MüKo-StGB/Neuheuser, § 261 a. F. Rn. 98). 479 Siehe aber Gebauer, Die Bestimmung des erlangten Etwas, S. 94 ff., der die Einziehung von Taterträgen als „Quasi-Tatbestand“ qualifiziert. 480 Vgl. dazu Röhl, JZ 1974, 521, 525. 481 Vgl. auch BeckOGK-BGB/Klinck, § 932 Rn. 38; MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 47. 482 Vgl. dazu BeckOGK-BGB/Klinck, § 932 Rn. 37. 483 Siehe hierzu vertieft S. 177 ff. 478

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3. Die Erbrechtsfälle (§ 73b I 1 Nr. 3 StGB) Während bei unmittelbar drittbegünstigten Verbänden i. S. v. § 73b I 1 Nr. 1 StGB typischerweise das UmwG über eine Rechtsnachfolge befindet, existiert für natürliche Personen mit § 73b I 1 Nr. 3 StGB eine Norm, die ausdrücklich feststellt, dass die Einziehung von Taterträgen auch gegenüber dem Erben, Pflichtteilsberechtigten oder Vermächtnisnehmer, mithin dem Rechtsnachfolger des Tatbeteiligten oder zunächst begünstigten Dritten ergehen kann. Darüber, wer Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer des Tatbeteiligten oder zunächst begünstigten Dritten ist, kann und muss ausschließlich das Zivilrecht entscheiden. Eine strafrechtsautonome Auslegung verbietet sich schon vor dem Hintergrund des Art. 14 I 1 Var. 2 GG, weil verfassungsrechtlich auch der zivilrechtliche Erbvorgang geschützt ist.484 4. Gutgläubiger und entgeltlicher Zwischenerwerb (§ 73b I 2 StGB) Eine Einziehung in Verschiebungsfällen bei Dritten scheitert nach der Vorschrift des § 73b I 2 StGB in Fällen, in denen der Dritte die Beute gutgläubig, entgeltlich und mit rechtlichem Grund erlangt hat. Insofern sei auf die obigen Ausführungen zur Bösgläubigkeit, Unentgeltlichkeit und zum rechtlichem Grund verwiesen. 5. Der „weitergereichte Wertersatz“ gem. § 73b II Var. 1 StGB Die Vorschrift des § 73b II Var. 1 StGB, die auch unter dem Namen „weitergereichte Wertersatz“ firmiert,485 hat – worauf bereits hingewiesen wurde – eine eigenständige Funktion.486 Sie ist – wie sich aus aktueller landes- und oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung487 ergibt – auch von erheblicher Praxisrelevanz und erlaubt die Einziehung eines Gegenstandes488, der auf einen Dritten verschoben wurde und dem Wert des (ursprünglich) Erlangten entspricht. Der Wortlaut scheint in erster Linie nur die Verschiebung eines Gegenstandes auf den Dritten zu fordern, der dem ursprünglich Erlangten exakt wertmäßig entspricht.489 Freilich stellte ein solches Verständnis ein merkwürdiges, gar zufälli484 Vgl. bereits S. 76 f. zur Reichweite der Erbrechtsgarantie (Art. 14 I 1 Var. 2 GG) und teilweise kritisch zum Erbfall S. 41 f. 485 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 56 u. 67: „Zuwendung bzw. Weiterreichung des Wertersatzes“. 486 Vgl. so auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 239. 487 Vgl. etwa LG Kiel, Urt. v. 3.4.2019 – 3 KLs 3/18; OLG Celle BeckRS 2018, 4729; OLG Düsseldorf BeckRS 2019, 39646; OLG Hamm ZWH 2020, 304 ff. 488 Vgl. zum „Gegenstandsbegriff“ etwa BGH NZWiSt 2021, 478, 490, wonach jedenfalls „ersparte Aufwendungen“ keine Gegenstände sind. 489 Vgl. dazu auch Fleckenstein, wistra 2018, 444.

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ges Ergebnis dar.490 An dieser Stelle zeigt sich, dass dem Reformgesetzgeber die Formulierung der Vorschrift missglückt ist.491 Trotzdem ist das mit der Vorschrift verfolgte (gesetzgeberische) Ziel klar: Eine Weiterreichung von Wertersatz auf den Dritten soll auch dann der Vorschrift des § 73b II Var. 1 StGB zu subsumieren sein, wenn illegales Vermögen mit legalem Vermögen vermischt wurde.492 a) Die vormalige Rechtsprechung Die zu § 73 III StGB a. F. ergangene Rechtsprechung hielt eine Einziehung weitergereichten Wertersatzes beim Dritten aber nur für möglich, wenn zwischen der Anlasstat und dem Vorteilseintritt beim Dritten – etwa aufgrund einer Gesamtschau der Zahlungsflüsse – ein Zusammenhang festgestellt werden konnte.493 Der 3. BGH-Strafsenat 494, das OLG Celle495 und ein Teil der Literatur496 sind der Auffassung, die Gesetzesreform habe dieser Rechtsprechung nicht den Boden entzogen. Dem kann nicht gefolgt werden. b) Die Sichtweise nach der Vermögensabschöpfungsreform Der Reformgesetzgeber verweist in der Gesetzesbegründung darauf, dass „der Entwurf [. . .] die Parallele des ,Verschiebungsfalls‘ zur Vorschrift des § 822 BGB [normiere] (vgl. dazu [. . .] BGHSt 45, 235–249, Rn. 45)“.497 Damit knüpft der Reformer aber ersichtlich nicht an die gesamte (zum alten Recht ergangene) Rechtsprechung des BGH, sondern lediglich an den – vom BGH – vorgenommenen Vergleich zwischen den einziehungsrechtlichen Verschiebungsfällen und § 822 BGB an.498 490 Deshalb stellen Köhler/Burkhard (NStZ 2017, 665, 667 f.) fest, dass ein exaktes Entsprechen „selbstverständlich“ nicht notwendig sei. 491 Besonders kritisch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 239 ff., insb. S. 246 ff. 492 Vgl. dazu auch Fleckenstein, wistra 2018, 444. 493 Vgl. etwa die Entscheidungen BGH BeckRS 2014, 4053 Rn. 36 ff. sowie BGH NStZ 2014, 89, 94, die vom OLG Celle (BeckRS 2018, 4729 Rn. 23 f.) angeführt werden. 494 Vgl. BGH NZWiSt 2021, 478, 491 f. 495 Vgl. OLG Celle BeckRS 2018, 4729. 496 Vgl. etwa Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 107. 497 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 56. 498 Problematisch erscheint aber der Umstand, dass der Reformgesetzgeber auf S. 67 der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9525) auf das (bis dato) geltende Recht und die Entscheidungen BGH wistra 2010, 406 sowie OLG Hamburg NJW 2005, 1383 ff. verweist. Deshalb entstand auch beim OLG Celle (BeckRS 2018, 4729 Rn. 32) der Eindruck, der Reformgesetzgeber wollte weiterhin an dieser Rechtsprechung festhalten. Fleckenstein (wistra 2018, 444, 445) hat indes sauber herausgearbeitet, dass der Reformgesetzgeber wohl kaum im mittelbaren Bereich – nämlich nur bei § 73b II Var. 1 StGB – einen „Bereicherungszusammenhang“ fordern wollte, hingegen im unmittelbaren Bereich – nämlich in den Fällen des § 73b I 1 Nr. 2 und 3 StGB – nicht.

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Die Vorschrift des § 822 BGB kommt nach ganz herrschender Auffassung sowohl bei der unentgeltlichen Weitergabe von Surrogaten oder Nutzungen als auch bei unentgeltlicher Weitergabe „eines entsprechenden Werts, den der Empfänger gemäß § 818 II [BGB] dem Gläubiger schuldete“ 499, zur Anwendung.500 Darüber hinaus wird verbreitet eine analoge Anwendung des § 822 BGB befürwortet, wenn der Erstempfänger dem Dritten einen gänzlich anderen Gegenstand, sprich weder das ursprünglich Erlangte noch ein Surrogat, zuwendet.501 Indem sich der Reformgesetzgeber mit der Normierung des § 73b II Var. 1 StGB am Bereicherungsrecht orientierte, brachte er eindeutig zum Ausdruck, dass der weitergereichte Gegenstand gerade nicht deliktisch kontaminiert sein muss.502 Ausreichend ist, dass die Verschiebung auf den Drittbegünstigten dem Zufluss beim Tatbeteiligten nachfolgt.503 Festzustellen ist – mittels eines „Ausschlussverfahrens“ und unter Hinzuziehung des Rechtsgedankens von § 437 StPO – lediglich ein wirtschaftlicher Zusammenhang:504 Nur soweit eine legale Herkunft des weitergereichten Wertersatzes realistisch erscheint, fehlt es am wirtschaftlichen Zusammenhang.505 Setzt man sich zudem mit der von Schwab506 zu § 822 BGB gewählten Formulierung näher auseinander, so zeigt sich, dass der Dritte dort seiner (Wertersatz-)Pflicht dadurch nachkommt, indem er lediglich den unentgeltlich erworbenen Gegenstand herausgibt; dies setzt aber keineswegs voraus, dass der Dritte, sofern der Gegenstand weniger Wert ist als das ursprünglich Erlangte, für den Differenzbetrag aufkommen müsste. Umgekehrt muss der Dritte aber auch einen Gegenstand herausgeben, der den Wert des ursprünglich Erlangten übersteigt.507 Dies lässt sich bereits damit rechtfertigen, dass der Dritte aufgrund des unentgeltlichen Erwerbs ohnehin weniger schutzwürdig ist.508 Beispiel 16: T erlangt durch eine Tat vier Fünfzigeuroscheine. Diese zahlt er sodann auf sein Bankkonto ein. Wochen später überweist T der gutgläubigen E schenkungsweise 150 A. 499

MüKo-BGB/Schwab, § 822 Rn. 12. Vgl. dazu auch Schulze-BGB/Wiese, § 822 Rn. 3 u. 5. 501 Gemeint ist die Fallkonstellation, dass der Empfänger das ursprünglich Erlangte bzw. das entsprechende Surrogat selbst behält, vgl. dazu auch (freilich die Streitfrage offengelassen) BGH NJW 1999, 1026, 1027. Vgl. für eine analoge Anwendung Bockholdt, JZ 2004, 796, 798; MüKo-BGB/Schwab, § 822 Rn. 15; a. A. aber etwa Linardatos, JuS 2017, 816, 819. 502 Ähnlich auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73b Rn. 9. 503 So Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667. 504 Überzeugend Bittmann, NZWiSt 2021, 464, 471. 505 Vgl. Bittmann, NZWiSt 2021, 464, 471. 506 MüKo-BGB/Schwab, § 822 Rn. 15; so auch Schulze-BGB/Wiese, § 822 Rn. 5. 507 A. A. aber (wohl) Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 247: „natürlich jeweils nur bis zur Höhe des ursprünglich Erlangten“. 508 Vgl. dazu schon S. 40. 500

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Lösung des Beispiels 16: Eine Verschiebung des ursprünglich Erlangten (Geldscheine) kam aufgrund er Einzahlung auf das Bankkonto nicht mehr in Betracht. Die Einziehungsanordnung gegen T richtete sich zu diesem Zeitpunkt bereits nach § 73c S. 1 StGB. Die spätere Überweisung an E erweist sich also als eine Weiterreichung des Wertersatzes. Die Einziehung bei E gem. § 73b I 1 Nr. 2a, II Var. 1 StGB muss aber unabhängig davon möglich sein, ob T lediglich 150 A oder exakt 200 A (exakter Wert des Erlangten) weiterreicht. E ist aufgrund des unentgeltlichen Erwerbs nicht schutzwürdig.

c) Ergebnis Um einen Verstoß gegen den möglichen Wortsinn der Norm zu vermeiden, sollte der Gesetzgeber die Vorschrift des § 73b II Var. 1 StGB umformulieren. Legt man den soeben dargelegten bereicherungsrechtlichen Gedanken zugrunde, stößt zumindest die Anordnung der Einziehung eines jeden, unabhängig seines Wertes, unentgeltlich übertragenen Gegenstands – den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang unterstellt – auf keine Bedenken. Die zu § 822 BGB gezogene Parallele überzeugt damit im Hinblick auf den Fall des § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB. Freilich ist auch ein bösgläubiger Empfänger (i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2b StGB) und ein solcher, der ohne Rechtsgrund (vgl. § 73b I 1 Nr. 2a StGB) bzw. als Erbe oder Vermächtnisnehmer (vgl. § 73b I 1 Nr. 3 StGB) erwirbt, einziehungs- und – nach zivilrechtlicher Rechtsprechung – bereicherungsrechtlich nicht schutzwürdig.509 Jedenfalls werden aber die Voraussetzungen des § 73b I 1 Nr. 2b StGB schon nicht erfüllt sein, wenn der verschobene Gegenstand nicht aus der Anlasstat herrührt.510 Dasselbe gilt für den Fall eines rechtsgrundlosen, aber entgeltlich, gutgläubigen Erwerbs i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB: Abwandlung des Beispiels 16: Wie oben, nur überweist T der E die 150 A aufgrund eines mit E geschlossenen Kaufvertrages über ein Radarwarngerät (der Kaufvertrag ist wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 I BGB nichtig).511 Lösung der Abwandlung: Eine Einziehung der 150 A bei E gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2, II Var. 1 StGB kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB – sprich der Grundnorm – liegen schon nicht vor, da E die Gutschrift gutgläubig und entgeltlich erworben hat.512

Seine Grenze findet der weitergereichte Wertersatz – wie Fleckenstein überzeugend dargelegt hat – in der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 76b I StGB, wenn es zu zahlreichen Kettenverschiebungen kommt.513

509

Siehe dazu schon S. 40 ff. Dies wurde auch vom OLG Celle (BeckRS 2018, 4729 Rn. 36) angeführt; vgl. dazu auch Fleckenstein, wistra 2018, 444. 511 Vgl. dazu BGH NJW 2005, 1490 f. 512 Vgl. S. 154 f. zur richtlinienkonformen teleologischen Reduktion der Vorschrift. 513 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 249. 510

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6. Gesamtschuldnerische Haftung zwischen Tatbeteiligten und Dritten im Einziehungsrecht? Umstritten ist, ob eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen Tatbeteiligten und Dritten im Einziehungsrecht möglich ist. Es geht um Fallkonstellationen, in denen der originäre Einziehungsgegenstand auf einen Dritten übertragen wurde. Fraglich ist insofern, ob in derartigen Konstellationen nur der Tatbeteiligte auf Wertersatz gem. § 73c StGB bzw. nur der Dritte haftet oder ggfs. eine gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Einziehung sowohl des Tatbeteiligten als auch des Dritten angeordnet werden kann. Der BGH hat einst die Möglichkeit der Anordnung einer gesamtschuldnerischen (Wertersatz-)Haftung von Tatbeteiligten und Dritten angedeutet.514 Indes besteht eine solche Möglichkeit nicht.515 Erstens bieten die angeführten deliktsrechtlichen Vorschriften (§§ 830 I, 840 BGB) keine taugliche Grundlage, da Dritte weder Täter noch Teilnehmer sind.516 Zweitens erlangt im Fall der Drittbegünstigung gem. § 73b I 1 Nr. 1 StGB ausschließlich der Dritte die Verfügungsgewalt am Etwas. Drittens greift die für eine gesamtschuldnerische Einziehung bei Dritten angeführte Wertung und Rechtsprechung zum Bereicherungsrecht nicht durch: In der bereicherungsrechtlichen Rechtsprechung ist allenfalls bei der entgeltlichen Veräußerung i. S. v. § 816 I 1 BGB anerkannt, dass „Dieb“ und „Abnehmer“ (Dritter) Gesamtschuldner sein können.517 Bei unentgeltlichen Veräußerungen i. S. v. § 816 I 2 BGB und § 822 BGB, die gerade für den in § 73b I 1 Nr. 2a StGB kodifizierten Verschiebungsfall Pate standen, kommt eine gesamtschuldnerische Haftung aber gerade nicht in Betracht. Bei § 822 BGB drängt sich dies besonders auf, haftet der Dritte dort nur subsidiär, weshalb es bereits an einer – für die Entstehung einer Gesamtschuld notwendigen – „Gleichstufigkeit“ 518 mangelt. Nach alledem käme eine gesamtschuldnerische Haftung allenfalls in den Fällen des § 73b I 1 Nr. 2b und 3 StGB in Betracht. Doch mangelt es hierfür an einer hinreichenden dogmatischen Begründung, die den Willen des Gesetzge514 Vgl. Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 95 unter Hinweis auf BGHSt 52, 227, 252 f. in Fn. 250; angedeutet nun auch von BGH NZG 2020, 355, 359: „Sollte gegen den Angekl. [den Täter] auf eine Wertersatzeinziehung zu erkennen sein, hätte das neue Tatgericht Bedacht auf eine etwaige gesamtschuldnerische Haftung [der begünstigten Gesellschaft und des Täters] zu nehmen.“ 515 So auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73b Rn. 5; a. A. Beckemper, ZJS 2020, 17, 21 f. 516 Zutreffend Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 95. 517 Vgl. Barreto da Rosa, NJW 2009, 1702, 1704 unter Verweis auf BGHZ 52, 39, 43 ff.; siehe auch zur Diskussion rund um die Annahme von Gesamtschuld bei der Rückabwicklung gescheiterter Verträge MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 37 ff. 518 Vgl. allgemein zum Erfordernis der Gleichstufigkeit MüKo-BGB/Heinemeyer, § 421 Rn. 12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen, auch aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung.

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bers zur Geltung bringt. Damit bleibt festzuhalten: Eine gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Haftung kommt ausschließlich bei Tatbeteiligten in Betracht. 7. Subsidiarität der Einziehung von Taterträgen bei Dritten? Hält man – wie hier – eine gesamtschuldnerische Haftung von Tatbeteiligten und Dritten für nicht möglich, stellt sich die weitergehende Frage, ob der Dritte im Verhältnis zu Tatbeteiligten subsidiär haftet. Dabei gilt es zwei Konstellationen zu unterscheiden: Einerseits können sowohl bei Tatbeteiligten als auch bei Dritten ausschließlich die Voraussetzungen der Wertersatzeinziehung vorliegen. Darüber hinaus existieren aber auch Fälle, in denen beim Tatbeteiligten die Voraussetzungen der Wertersatzeinziehung vorliegen, das Erlangte (körperlich) aber noch beim Dritten vorhanden ist. Der 3. BGH-Strafsenat hatte lediglich die zweite Konstellation zu entscheiden, da er in der ersten Konstellation die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung für möglich erachtet. Er hat die Streitfrage dahin gehend entschieden, dass eine Wertersatzeinziehung bei Tatbeteiligen auch dann zulässig ist, wenn der Originalgegenstand beim Dritten vorhanden ist.519 Dieses Ergebnis überzeugt. Indes vermag die generelle Ablehnung einer subsidiären Haftung des Dritten durch den 3. BGH-Strafsenat nicht zu überzeugen. a) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Subsidiäre Haftung des Dritten Der 3. BGH-Strafsenat führt aus, dass die Auffassung, wonach der Dritte subsidiär haften soll, deshalb nicht überzeugt, weil die Einziehungsanordnung gem. § 73b I 1 StGB eine gebundene Entscheidung darstellt.520 Diese Sichtweise verkennt, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei gebundenen Entscheidungen zu erfolgen hat; zumindest und jedenfalls dann, sofern ein unbestimmter Rechtsbegriff das Tor zu dieser öffnet.521 Als unbestimmter Rechtsbegriff gilt hier das Begriffspaar „übertragen wurde“ i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2a und b StGB. Bereits aufgrund verfassungskonformer Auslegung lässt sich so lange von keiner „Übertragung“ sprechen, wie die Einziehung (des Wertersatzes) bei einem Tatbeteiligten möglich ist. Mit anderen Worten: Nur eine subsidiäre Haftung des Dritten wahrt die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Art. 14 I 1 GG (bzw. Art. 17 GRCh).522 Zudem entspricht eine solche Sichtweise dem gesetzgeberischen Wil-

519

Vgl. BGH NJW 2020, 3046 ff. Vgl. BGH NJW 2020, 3046, 3047. 521 Vgl. dazu bereits S. 121. 522 Vgl. zum Aspekt der Verhältnismäßigkeit bei der Bestimmung des Haftungsverhältnisses Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 115 f. 520

§ 6 Die Einziehung bei Drittbegünstigten

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len, der für die Verschiebungsfälle ausdrücklich auf die Vorschrift des § 822 BGB verweist, die eine – wie auch der 3. BGH-Strafsenat nicht abstreitet – subsidiäre Haftung des Dritte nahelegt.523 Trotzdem, so der 3. BGH-Strafsenat, sei die Bezugnahme (des Gesetzgebers) auf § 822 BGB unbeachtlich, weil sie sich nicht im Wortlaut des § 73b I StGB wiederfindet.524 Damit widerspricht der 3. BGH-Strafsenat aber der bisherigen Rechtsprechungslinie: Auch die Anordnung einer gesamtschuldnerischen (Wertersatz-)Einziehung erachtet er – aufgrund der (bloßen) Intention des historischen Gesetzgebers – als zulässig.525 Der Gerichtspraxis des BGH in Einziehungsfragen ist insofern eine ergebnisorientierte Rechtsanwendung zu attestieren, die von einer methodischen Beliebigkeit beherrscht wird. b) Wertersatzeinziehung bei Tatbeteiligten trotz potentieller Surrogatseinziehung bei Dritten möglich Dem 3. BGH-Strafsenat ist jedenfalls insoweit zuzustimmen, als er die Auffassung ablehnt, wonach die Wertersatzeinziehung bei einem Tatbeteiligten erst möglich sein soll, wenn weder die Surrogatseinziehung noch eine Einziehung des Originals bei Dritten in Betracht kommt.526 Hierfür spricht entscheidend der systematische Zusammenhang zwischen § 73 I StGB und § 73c S. 1 StGB. Die Unmöglichkeit der Einziehung des ursprünglich durch die Tat erlangten bezieht sich stets auf die Unmöglichkeit der Einziehung beim jeweiligen Empfänger, nicht hingegen auf eine „generelle Unmöglichkeit dieser Einziehungsform“.527 Zudem würden mit einer solchen Sichtweise Abschöpfungslücken entstehen: „Verbleiben (nämlich) beim Tatgericht Zweifel, ob die Voraussetzungen der Einziehung gem. § 73b I StGB vorliegen, müsste es die Wertersatzeinziehung gegen den Tatbeteiligten ablehnen.“ 528 All diese Ungereimtheiten lassen sich dadurch verhindern, indem man den Drittbegünstigten typischerweise subsidiär haften lässt.529 c) Ausnahme: Höchstpersönliche Verletztengegenstände Eine Ausnahme von diesem Grundsatz – subsidiäre Haftung des Dritten – sollte allerdings dann gemacht werden, wenn der „Verletzte“ ein erhebliches Interesse an der Rückerlangung des strafrechtlich „verlorengegangenen“ (Original-)Gegenstandes (man denke hier an höchstpersönliche Gegenstände oder solche, die 523

Vgl. BGH NJW 2020, 3046, 3047. Vgl. BGH NJW 2020, 3046, 3047. 525 Siehe dazu bereits S. 126 ff. 526 So etwa die Auffassung von Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73c Rn. 5a; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 113. 527 Vgl. BGH NJW 2020, 3046, 3047 f. 528 BGH NJW 2020, 3046, 3048. 529 So auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73b Rn. 5. 524

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

für den Verletzten einen besonderen ideellen Wert haben) hat. Immerhin ist der Opferschutz ein „Kernstück“ 530 der Vermögensabschöpfungsreform – und wie kann dieser besser realisiert werden als durch die Rückerlangung des strafrechtlich „verlorenen“ (Original-)Gegenstandes?

§ 7 Begrenzung des Einziehungsumfangs und Ausschluss der Einziehung I. Konkretisierung des Bruttoprinzips (§ 73d I StGB) Gem. § 73d I 1 StGB ist der „Wert des Erlangten“ unter Abzug der vom Tatbeteiligten oder Dritten getätigten Aufwendungen zu bestimmen. Mit der Vorschrift des § 73d I StGB soll das Bruttoprinzip konkretisiert werden.531 1. Objektiv-grammatische Auslegung Die in § 73d I 1 StGB gewählte Formulierung scheint die Anwendbarkeit der Vorschrift nur auf die Fälle der Wertersatzeinziehung gem. § 73c StGB zu beschränken.532 2. Objektiv-historische Auslegung Die alte Rechtslage beinhaltete keine Konkretisierung des Bruttoprinzips. Gleichwohl wollte der historische Gesetzgeber mit der Umstellung vom Nettoauf das Bruttoprinzip dem Vermögensabschöpfungsrecht nicht seine kondiktionsähnliche Grundausrichtung nehmen. Im Gegenteil: Er bezweckte eine Annäherung an das Bereicherungsrecht, wie auch der Zweite Senat des BVerfG mit Beschluss vom 14. Januar 2004 feststellte.533 Im Bereicherungsrecht sind vermögensmindernde Vermögensnachteile (beim gutgläubigen Bereicherungsschuldner) unabhängig davon abzugsfähig, ob das Original herauszugeben oder nur Wertersatz zu leisten ist.534 Folglich spricht eine objektiv-historische Auslegung für eine Anwendbarkeit des § 73d I StGB auch auf die Fälle der Originaleinziehung. 3. Objektiv-systematische Auslegung Demgegenüber lässt die (objektive) Gesetzessystematik diverse Interpretationen zu. Da die Vorschrift erst nach der Einziehung des Originals (§§ 73 I, 73b I 1 530 Vgl. Rönnau/Begemeier, JR 2019, 471, 476 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 2 und 49. 531 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73d Rn. 1 und 3 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 46 f., 50 f., 67 ff. 532 Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 502. 533 Vgl. dazu schon S. 26 f. 534 Vgl. statt vieler nur Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 15 ff.

§ 7 Begrenzung des Einziehungsumfangs und Ausschluss der Einziehung

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StGB) und der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c StGB) gelistet ist, ließe sich aus systematischer Sicht vertreten, § 73d I 1 StGB finde auf alle vorherigen Vermögensabschöpfungsmaßnahmen Anwendung. Freilich erlaubt die Systematik auch eine Interpretation dergestalt, dass § 73d I 1 StGB, aufgrund der Tatsache, dass die Vorschrift unmittelbar nach der Wertersatzeinziehung kodifiziert ist, auch nur auf diese Anwendung findet.535 4. Subjektiv-historische Auslegung Indes geht aus den Gesetzesmaterialien 536 hervor, dass die Vorschrift auch auf die Fälle der Einziehung des ursprünglich erlangten Etwas anwendbar ist.537 5. Einziehungsrichtlinie und höherrangiges Recht Die Einziehungsrichtlinie verhält sich nicht zu der Frage, ob nach dem Nettooder Bruttoprinzip abzuschöpfen ist und insofern auch nicht zu der Frage, ob ein Aufwendungsabzug auch bei der Einziehung des Originals zu erfolgen hat. Gleichwohl würde eine Beschränkung des Aufwendungsabzugs auf Fälle der Wertersatzeinziehung den bereicherungsrechtlichen Charakter der Einziehung von Taterträgen, da der gutgläubige Bereicherungsschuldner vermögensmindernde Vermögensnachteile in Abzug bringen kann, sowie die europaverfassungsrechtlichen Vorgaben der Eigentumsgarantie (Art. 17 GRCh), mithin höherrangiges Recht, missachten: Die Einziehung beim gutgläubigen Drittbegünstigten ist nämlich, sofern dieser Investitionen – auch auf das Original – getätigt hat, europaverfassungsrechtlich nur zulässig, wenn ihm eine Entschädigung gewährt wird.538 Andernfalls ist der Eingriff in das Eigentumsrecht aus Art. 17 GRCh unverhältnismäßig. Indes bestehen Unklarheiten bei der Umsetzung dieses Maßstabs: Beispiel 17: T entwendet fünf Kühe (Wert: 5.000 A) von Bauer B (§ 242 I StGB) und übereignet diese der ahnungslosen E unentgeltlich. E bringt die (hinterher) erkrankten Tiere zur Tierarztbehandlung und bezahlt Behandlungskosten i. H. v. 4.000 A. Lösung des Beispiels 17: Die Kühe unterliegen der Einziehung gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB. Fraglich bleibt, ob und wie die gutgläubige E ihre getätigten notwendigen Verwendungen gem. § 73d I StGB in Abzug bringen kann. Ein Aufwendungsabzug gem. § 73d I StGB muss – aufgrund europarechtskonformer Auslegung – mög-

535 So wohl Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73d Rn. 3: „(ungewöhnliche) systematische Stellung“. 536 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73d Rn. 3 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 56, 62, 67. 537 So auch MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73d Rn. 1. 538 Vgl. hierzu schon S. 74 ff.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

lich sein. Wie sich dieser vollzieht, ist unklar und umstritten: Denkbar erscheint, die Einziehung des Originalgegenstands gem. § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1 StGB nur gegen staatliche Ausgleichszahlung (hier: in Höhe von 4.000 A) zuzulassen.539 Demgegenüber wird verbreitet die Auffassung vertreten, die Einziehung sei in derartigen Fällen „aus einem anderen Grunde nicht möglich“, so dass nur eine Einziehung gem. § 73c S. 1 StGB „in Höhe des um die Aufwendungen geminderten Wertes des Erlangten [in Betracht] kommt“ 540 (hier: Wertersatzeinziehung in Höhe von 1000 A). Letztere Ansicht ist abzulehnen: Sie widerspricht schon dem Gedanken des Vorrangs der Naturalrestitution und damit der Gesetzessystematik.541 Hinzu kommt, dass der individuell Verletzte auch Interesse daran haben kann, seinen aufgrund der Tat „verlorenen“ Gegenstand zurückzuerhalten. Hiergegen ließe sich auch nicht einwenden, Verletzteninteressen genössen gegenüber Betroffeneninteressen keinen Vorrang. In der hiesigen Konstellation geht es gerade nicht um das Verhältnis Verletzter-Betroffener, sondern um das Verhältnis Staat-Verletzter. Ein „Kernstück“ der Vermögensabschöpfungsreform ist der Opferschutz. Dieser wird am besten dadurch realisiert, indem der Verletzte seinen verlorenen Originalgegenstand zurückerhält. Demnach verfängt nur der erste Vorschlag: Einziehung gegen Ausgleichszahlung.542

6. (Weitere) ungeklärte Fragen beim Aufwendungsabzug Ein Abzug der Aufwendungen findet dann nicht statt, wenn die Aufwendungen „für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung“ getätigt wurden, vgl. § 73d I 2 Hs. 1 StGB. Demgegenüber sind Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten stets abzugsfähig, vgl. § 73d I 2 Hs. 2 StGB. Im Rahmen des Aufwendungsabzugs stellen sich drei Fragen. Erstens: Ist der Begriff der „Aufwendungen“ strafrechtsautonom oder zivilrechtsakzessorisch zu verstehen? Zweitens: Wie ist der Tatbegriff in § 73d I 2 StGB zu verstehen? Drittens: Welche Qualität muss der (notwendige) Zusammenhang zwischen erlangtem Etwas und der getätigten Aufwendungen aufweisen? a) Der Begriff der „Aufwendungen“ Das Bereicherungsrecht beinhaltet den Begriff „Aufwendungen“ nicht. Er findet sich im BGB an unterschiedlichen Stellen.543 Die populärste Vorschrift im BGB, die den Begriff der Aufwendungen kennt, dürfte § 670 BGB sein. Unter

539 So BtMG/Kornprobst, § 33 Rn. 51; vgl. zudem Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 4 in Fn. 29: „Sollen Ausgleichszahlungen gewährt werden? Eine Antwort fehlt.“ 540 Wörtlich Matt/Renzikowski-StGB/Altenhain/Fleckenstein, § 73d Rn. 2; so auch Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73d Rn. 3. 541 Vgl. dazu schon S. 91 ff. 542 Vgl. BtMG/Kornprobst, § 33 Rn. 51, wonach der Einziehungsbetroffene seinen Anspruch auf Ausgleichszahlung entweder im Vollstreckungsverfahren (oder in einem gesonderten Zivilprozessverfahren) geltend machen kann. 543 Vgl. beispielsweise die §§ 256, 284, 670 BGB.

§ 7 Begrenzung des Einziehungsumfangs und Ausschluss der Einziehung

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Aufwendungen i. S. v. § 670 BGB versteht man „freiwillige Vermögensopfer des Beauftragten zum Zweck der Auftragsdurchführung“.544 Zwar handelt es sich bei dem Begriff „Aufwendungen“ um einen juristisch vorgeprägten Begriff, doch kann ein starres Festhalten an dieser Definition im Einziehungsrecht – vor dem Hintergrund des zu wahrenden Rechtscharakters – nicht überzeugen.545 Der Begriff der Aufwendungen i. S. v. § 73d I StGB ist weiter, aber dennoch im Lichte des Zivilrechts zu verstehen. Die Vorschrift des § 73d I StGB weist nämlich nicht nur Berührungspunkte zu § 817 S. 2 BGB auf,546 sondern beinhaltet zugleich Wertungen, die auch der Vorschrift des § 818 III BGB immanent sind: aa) Der Vergleich zwischen § 73d I StGB und § 818 III BGB Der Sinn und Zweck des § 73d I StGB liegt darin, beim Tatbeteiligten oder Dritten, Vermögensopfer, die nicht für die Begehung der Anknüpfungstat oder für ihre Vorbereitung eingesetzt worden sind, aber trotzdem einen Zusammenhang zum erlangten Etwas aufweisen,547 nicht zusätzlich abzuschöpfen. Sehr ähnlich verfährt § 818 III BGB. Auch im Rahmen dieser Vorschrift wirken Vermögensopfer, die mit dem Erwerbsvorgang einen Zusammenhang aufweisen, rechtsvernichtend.548 Vermögensopfer i. S. v. § 818 III BGB sind aber nicht nur „Aufwendungen“ im Sinne „freiwilliger Vermögensopfer“, sondern darüber hinaus auch Verwendungen, gewöhnliche Erhaltungskosten etc.549 – die Rede ist von sogenannten bereicherungsmindernden Vermögensnachteilen.550 bb) Aufwendungen als bereicherungsmindernde Vermögensnachteile Übertragen auf § 73d I StGB bedeutet dies, dass all jene Abzugsposten, die auch im Rahmen von § 818 III BGB Berücksichtigung finden, im Einziehungsrecht abzugsfähig sind. Eine Beschränkung des Aufwendungsbegriffs i. S. v. § 73d I StGB auf „freiwillige Vermögensopfer“ würde diese offenkundige Parallele

544 Vgl. statt aller MüKo-BGB/Schäfer, § 670 Rn. 8 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen. 545 A. A. Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 136; Wolf, ZIS 2020, 29, 30. 546 Vgl. dazu Lackner/Kühl/Heger, § 73d Rn. 5. 547 Gelegentlich findet sich auch die Formulierung, es müsse sich um Aufwendungen handeln, die im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat stehen (vgl. etwa Wolf, ZIS 2020, 29, 30). 548 Vgl. dazu zusammenfassend Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 20; umfassend MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 138 ff.; die Vorschrift des § 818 III BGB kann aber auch rechtshindernd wirken, vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 134. 549 Vgl. umfassend zu den einzelnen Abzugsposten MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 153 ff. 550 So die Bezeichnung bei Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 20.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

zum Bereicherungsrecht verkennen.551 Der Begriff der „Aufwendungen“ i. S. v. § 73d I StGB ist damit in Anlehnung an die Abzugsposten des § 818 III BGB zu verstehen: Erfasst sind alle bereicherungsmindernden Vermögensnachteile.552 Indes bleibt fraglich, welche Qualität der Zusammenhang zwischen dem erlangten Etwas und der getätigten Aufwendungen haben muss. Für das Einziehungsrecht kann die Frage nach der Qualität des Zusammenhangs aber erst beantwortet werden, wenn der Begriff der „Tat“ i. S. v. § 73d I 2 StGB Konturen erfahren hat. b) Der Begriff der „Tat“ Der Tatbegriff in § 73d I 2 StGB ist – dem bloßen Wortlaut nach – diversen Interpretationen zugänglich.553 Der Reformgesetzgeber versteht den Tatbegriff formal-tatbestandlich. 554 Die Beendigungsphase ist, anders als beim Tatbegriff des § 73 I StGB, gerade nicht umfasst.555 Erachtet man – wie hier – die subjektiv-historische Auslegung als die Königin der Auslegungsmethoden, genießt das Verständnis des Reformgesetzgebers Vorrang. Der Gesetzgeber ließ sich wohl von der restriktiven Interpretation des § 817 S. 2 BGB leiten, wonach eine Rückforderung nur hinsichtlich solcher Rechtspositionen ausgeschlossen ist, die auf dem vom Gesetz missbilligten Vorgang beruhen.556 Positiv gesprochen: Aufwendungen, die während der Tat im formal-gesetzlichen Sinne getätigt wurden, werden als vom (verwirklichten) (Straf-)Gesetz missbilligt erachtet. Eine solche Sichtweise steht zudem in Einklang mit der allgemeinen zivilrechtlichen Auffassung, wonach (Rechts-)Geschäfte, die (der Vorbereitung) einer Straftat dienen, bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Beteiligten sittenwidrig sind557; die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB greift nämlich auch bei Sittenverstößen, was im Rahmen der Diskussion rund um den Vergleich von § 73d I StGB und § 817 S. 2 BGB nahezu keine Beachtung findet. Damit ist der Ansicht des 3. BGH-Strafsenats558, der die Beendigungsphase auch beim Tatbegriff des § 73d I 2 StGB umfasst sieht, eine Absage zu ertei551 Vgl. insofern auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73d Rn. 4 mit Fn. 18, wonach eine Heranziehung der Wertungen der §§ 818 III, 819 IV BGB im Rahmen von § 73d I StGB „näherläge“. An dieser Stelle ist die Heranziehung der Wertung von § 818 III BGB (verfassungsrechtlich) zwingend, da andernfalls der Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen verändert würde. 552 Ähnlich aktuell BGH BeckRS 2020, 34579 Rn. 5: „alle geldwerten Leistungen“. 553 Vgl. dazu bereits Wolf, ZIS 2020, 29, 31 f. 554 Vgl. Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 8. 555 Vgl. Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 8. 556 Vgl. zur restriktiven Interpretation des § 817 S. 2 BGB etwa Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 16; dies., NStZ 2020, 1, 7. 557 Vgl. statt vieler und mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung MüKoBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 60. 558 Vgl. BGH BeckRS 2018, 21037 Rn. 30.

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len.559 Insofern sind im Grundsatz Investitionen abzugsfähig, die vor oder nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinne getätigt wurden (sog. zeitlicher Zusammenhang).560 Beispiel 18: A ist Amtsträger i. S. v. § 11 I Nr. 2c StGB und hat für seine Dienstausübung einen Vorteil für sich angenommen (§ 331 I StGB). Der Vorteil besteht im Abschluss eines Werkvertrags (mit dem Vorteilsgeber). Die Durchführung des Werkvertrags ist mit erheblichen Aufwendungen verbunden. Lösung des Beispiels 18: Vollendet ist der Tatbestand des § 331 I StGB schon mit der Entgegenahme des Vorteils, hier mit dem Abschluss des Werkvertrags.561 Beendet ist die Tat des § 331 I StGB, „wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun in Gänze abschließt und damit das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist“.562 Beendigung tritt demnach ein, sobald der Vertrag vollständig durchgeführt wurde563 – mithin sobald der Unternehmer (A) das Werk fertiggestellt und der Besteller (Vorteilsgeber) die vereinbarte Vergütung entrichtet hat (vgl. § 631 I BGB). Die Aufwendungen des A, die zum Zwecke der Durchführung des Vertrags angefallen sind, wurden damit nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinn getätigt und stellen damit jedenfalls einen potentiellen Abzugsposten dar.

c) Die Qualität des Zusammenhangs zwischen dem erlangten Etwas und der getätigten Aufwendungen Wenn Investitionen vor oder nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinne getätigt wurden, stellt sich die angesprochene Frage nach der Qualität des Zusammenhangs zwischen dem erlangten Etwas und der getätigten Aufwendungen. Das Ergebnis könnte erneut dem Bereicherungsrecht entnommen werden: aa) Abzugsfähige Vermögensnachteile i. S. v. § 818 III BGB Die ältere zivilrechtliche Rechtsprechung564 zu § 818 III BGB erachtete alle Vermögensnachteile als abzugsfähig, die mit dem Erwerb in adäquat kausalem Zusammenhang stehen. Demgegenüber stellt die überwiegende bereicherungsrechtliche Lehre565 – schon immer – Vertrauensschutzerwägungen an. Sie fragt danach, wie der Bereicherungsschuldner bei Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs 559

So auch Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 8. A. A. wohl Fischer, § 73d Rn. 5a. 561 Vgl. BGH BeckRS 2018, 21037 Rn. 30. 562 BeckOK-StGB/Heintschel-Heinegg, § 331 Rn. 52. 563 Vgl. BGH BeckRS 2018, 21037 Rn. 30. 564 So noch RGZ 106, 4, 7 sowie BGHZ 1, 75, 81; siehe dazu auch Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 20 mit Fn. 29. 565 Vgl. Erman-BGB/Buck-Heeb, § 818 Rn. 32; NK-BGB/Linke, § 818 Rn. 51; MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 140. 560

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

stünde.566 Abzugsfähig sind damit alle Investitionen, die im Vertrauen auf die Beständigkeit des Erwerbs getätigt wurden.567 Ein Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs besteht nicht, wenn und sobald der Bereicherungsschuldner verschärft haftet (§§ 818 IV, 819 BGB).568 Sobald der Bereicherungsschuldner Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes erlangt, kann er keine Vermögensnachteile bereicherungsmindernd geltend machen.569 Die neuere zivilrechtliche Rechtsprechung begnügt sich zudem nicht (mehr) nur mit einer bloßen Kausalitätsbetrachtung. Sie stellt – darüber hinaus – auf Risikogesichtspunkte ab, die den konkreten Einzelfall im Blick haben.570 Die grobe Testfrage lautet dort: Welcher Partei ist (nach den Vorschriften) das Entreicherungsrisiko zugewiesen?571 bb) Sinngemäße Übertragung auf das Einziehungsrecht Der Reformgesetzgeber sieht in § 73d I StGB den Rechtsgedanken des § 817 S. 2 BGB verankert.572 Aus letzterer Vorschrift folge, dass all dasjenige, das in ein „verbotenes [oder sittenwidriges] Geschäft investiert worden ist“, unwiederbringlich verloren sein muss.573 Indem sich der Reformgesetzgeber auf diese bereicherungsrechtliche Sichtweise stützt, spricht auf den ersten Blick vieles dafür, abziehbare Aufwendungen (auch) anhand wertender Kriterien zu bestimmen.574 Insofern könnte der Schutzzweck der verletzten Strafnorm bei vor oder nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinne getätigten Aufwendungen, über die Abziehbarkeit der Investitionen entscheiden.575 Eine solche Sichtweise stünde jedenfalls in Einklang mit der neueren bereicherungsrechtlichen Rechtsprechung zu § 818 III 566 So die Testfrage bei Larenz/Canaris, SchuldR BT II, S. 297 und MüKo-BGB/ Schwab, § 818 Rn. 140. 567 Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 152. 568 Vgl. – wie hier – auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 71: „Der [. . .] bösgläubige Bereicherungsschuldner (§§ 818 IV, 819 BGB) hat [. . .] kein schutzwürdiges Vertrauen.“ Im Bereicherungsrecht wäre – freilich beschränkt auf die Leistungskondiktion(en) – zusätzlich § 820 BGB zu beachten; vgl. zudem B. Rengier, AcP 177 (1977), 418, 430, wonach der bösgläubige Bereicherungsschuldner keine Vertrauensschäden geltend machen könne; dies folge laut B. Rengier aber nicht (unmittelbar) aus den §§ 818 IV, 819 f. BGB, sondern aus den Wertungen der §§ 122, 179 II, 307, 309 BGB (der Hinweis auf die §§ 307, 309 BGB bezieht sich auf die Fassung bis zum 1.1.2002 [geändert durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, vgl. BGBl. I S. 3138]). 569 A. A. aber offenbar Schulze-BGB/Wiese, § 818 Rn. 19. 570 Vgl. dazu umfassend MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 145 ff. 571 Vgl. etwa BGHZ 109, 139; 116, 251; siehe zum Ganzen auch Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 20 mit Fn. 30. 572 Vgl. dazu bereits S. 25. 573 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 55. 574 Vgl. Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 16; dies., NStZ 2020, 1, 8. 575 Siehe erneut Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 16; dies., NStZ 2020, 1, 8.

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BGB, wonach „die (gesetzlichen) Vorschriften“ darüber entscheiden, welche Partei das Risiko für bestimmte Kosten tragen muss. cc) Die Kriterien der objektiven Zurechnung An dieser Stelle könnte auch der Vorschlag Gebauers, die Kriterien der objektiven Zurechnung heranzuziehen, Zuspruch erhalten.576 Gegen die Heranziehung der „objektiven Zurechnung“ spricht aber schon die Anlehnung des Reformgesetzgebers an die Wertungen des Bereicherungsrechts. Es ist zwar einzuräumen, dass auch im Bereicherungsrecht – bei Entreicherungsfragen – der Versuch unternommen wurde, schadensersatzrechtliche Zurechnungskriterien577 fruchtbar zu machen.578 Doch stieß diese Sichtweise auf breite Ablehnung.579 Hinzu kommt, dass die schadensersatzrechtlichen Zurechnungskriterien auch nicht, jedenfalls nicht im Detail, mit den Kriterien der objektiven Zurechnung gleichgesetzt werden können.580 Die Kriterien der objektiven Zurechnung wurden im Gewand von Straftatbeständen entwickelt.581 Mit ihnen wird ein strafbarkeitseinschränkender Zweck verfolgt.582 Auf die Einziehung von Taterträgen passt die Lehre der objektiven Zurechnung aber schon deshalb nicht, weil es nicht (nur) die Handlung des Tatbeteiligten oder Dritten ist, die den Einziehungsanspruch auslöst,583 sondern auch der Erfolg in Gestalt der Anknüpfungs- bzw. Erwerbstat. Die Anwendbarkeit der Lehre von der objektiven Zurechnung würde damit der haftungsausfüllende Kausalität aus dem Deliktsrecht gleichen, die den Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsgutsverletzung und Schaden betrifft und eine Aussage 576

Vgl. dazu bereits S. 106 f. Vgl. so die Bezeichnung bei MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 141. 578 Vgl. hierzu umfassend Flessner, Wegfall der Bereicherung, S. 112 ff.; aufgegriffen von B. Rengier, AcP 177 (1977), 418, 419 und 427 ff. 579 Vgl. Kaiser, Rückabwicklung gegenseitiger Verträge, S. 447; Larenz/Canaris, SchuldR BT II, S. 308 f.; MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 142; 580 Der Wirkungsbereich der Adäquanztheorie, die im Schadensersatzrecht ihren Platz hat (und dort als herrschend gilt, vgl. nur Rengier, StrafR AT, § 13 Rn. 8), „beschränkt sich [nämlich] im Wesentlichen auf den Ausschluss der Zurechnung bei ungewöhnlichen Kausalverläufen“ (so Roxin, StrafR AT I, § 11 Rn. 42). Allerdings spricht etwa BeckOK-BGB/Förster, § 823 Rn. 257 von „objektiver Zurechnung“ im Rahmen des Deliktsrechts, greift aber letztlich Aspekte der Adäquanztheorie auf. 581 Vgl. NK-StGB/Puppe, Vorb. zu §§ 13 ff. Rn. 228, wonach die moderne Lehre von der objektiven Zurechnung auf Honig (Frank-FG, 174, 179) zurückzuführen ist; vgl. aber Rengier, StrafR AT, § 13 Rn. 38, wonach (vor allem) Roxin (Honig-FS, S. 133 ff.) einen wesentlichen Beitrag zu ihrer „Geburt“ geleistet hat. 582 Vgl. nur Rengier, StrafR AT, § 13 Rn. 8 ff. zur (bereits früh erkannten) notwendigen Einschränkung der Äquivalenztheorie, die heute durch die Lehre von der objektiven Zurechnung vollzogen wird; vgl. zudem Rengier, StrafR AT, § 13 Rn. 42, wonach die strafrechtliche Rechtsprechung – bei Vorsatzdelikten – objektive Zurechnungskriterien überhaupt nicht im objektiven Tatbestand, sondern vielmehr im subjektiven Tatbestand unter dem Stichwort „wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf“ diskutiert. 583 Darauf scheint aber Wolf, NZWiSt 2020, 257, 259 abzustellen. 577

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

darüber trifft, für welche Schäden der Schuldner einzustehen hat.584 Eine solche Sichtweise verkennt aber, dass es bei der Einziehung von Taterträgen gerade nicht um den Ausgleich von Schäden, sondern um die Abschöpfung einer Bereicherung beim Tatbeteiligten oder Dritten geht.585 Nach alledem verfängt Gebauers Vorschlag auch im Rahmen des Aufwendungsabzugs nicht. dd) Ablehnung der „Schutzzwecklösung“ Schließlich muss auch der Schutzzwecklösung eine Absage erteilt werden. Der Umgang mit wertenden Kriterien beinhaltet schon ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit.586 Diese Rechtsunsicherheit bezweckte der Reformgesetzgeber aber gerade zu beseitigen.587 Hinzu kommt, dass die Auffassung der herrschenden zivilrechtlichen Lehre hinreichend klare Kriterien zur Berücksichtigung vermögensmindernder Posten bietet, dem Willen des Reformgesetzgebers jedenfalls zum Teil entspricht und den quasi-kondiktionellen Charakter der Einziehung von Taterträgen wahrt. Dem Gesetzgeber zufolge sind entsprechend § 73d I 2 StGB und in Anlehnung an die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB solche Investitionen nicht abziehbar, die „bewusst“, d. h. vor allem willentlich und wissentlich, „für“ die Begehung oder zur Vorbereitung der Tat getätigt wurden.588 Über die Abzugsfähigkeit im Rahmen von § 73d I StGB kann und soll also nur die (fehlende) Bösgläubigkeit des Tatbeteiligten (bzw. Dritten) entscheiden,589 denn: Ist der Einziehungsbetroffene in Bezug auf die getätigten Aufwendungen gutgläubig, erlaubt weder der Rechtsgedanke des § 818 III (i.V. m. §§ 818 IV, 819 BGB) noch derjenige des § 817 S. 2 BGB eine Abschöpfung ohne Abzug der Investitionen.590 Andernfalls würde dem Betroffenen mehr entzogen als er ursprünglich erlangt hat und die Einziehung hätte Strafcharakter.591 Dies gilt 584

Vgl. dazu nur MüKo-BGB/Wagner, § 823 Rn. 70 ff. Vgl. allgemein zum Unterschied zwischen Bereicherungs- und Deliktsrecht Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 9 Rn. 3. 586 Dies wird auch von Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 17 eingeräumt. 587 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 45 ff. 588 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 76; vgl. insofern auch BT-Drs. 18/9525, S. 55 mit dem Verweis auf die Kommentierung von Schwab. Letzterer erachtet die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB auf die Situation vor dem (Gesetzes- und/ oder Sitten-)Verstoß gemünzt (vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 817 Rn. 10) und spricht von „muss wissen“, lässt also gleichermaßen vordergründig die Gut- bzw. Bösgläubigkeit über die Anwendbarkeit der Vorschrift (§ 817 S. 2 BGB) entscheiden. 589 Gemeint ist die „Bösgläubigkeit in Bezug auf den deliktischen Zweck der Ausgaben“ (so Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 77). 590 Überzeugend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 77; siehe zudem Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1015. 591 So auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 77. 585

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sowohl für Aufwendungen die vor und nach, aber auch für solche, die während der Tat im formal-gesetzlichen Sinne aufgewendet worden sind, sofern sie im Vertrauen auf die Beständigkeit des Erwerbs getätigt wurden. Demgegenüber sind Investitionen des Betroffenen – selbst solche, die vor und nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinne getätigt wurden – dann nicht abzugsfähig, wenn der Betroffene bösgläubig agierte, mithin auf die Beständigkeit seines Erwerbes nicht vertrauen durfte. Nur eine solche Sichtweise wahrt Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen: Die Bruttoabschöpfung wird (verfassungsrechtlich) dadurch legitimiert, indem sie den Einziehungsbetroffenen wie einen verschärft haftenden, mithin vor allem bösgläubigen Bereicherungsschuldner behandelt.592 Damit ist auch Kett-Straub/Kudlich darin beizupflichten, dass mit der Neufassung (§ 73d StGB) „nur vordergründig eine [. . .] Konkretisierung des Bruttoprinzips erfolgt [ist]“.593 Fortsetzung der Lösung des Beispiels 18: A ist mit der Vollendung des Tatbestandes, sprich mit der Annahme des Vorteils (hier: Vertragsabschluss), bösgläubig geworden. Dies ist er damit auch noch im Zeitpunkt der (zeitlich späteren) Aufwendungsleistung. Er kann die getätigten Aufwendungen daher nicht in Abzug bringen. Damit verdient die Entscheidung des 3. BGH-Strafsenats im Ergebnis Zustimmung. Der Reformgesetzgeber sieht das indes anders: „Aufwendungen für die beanstandungsfreie Werkleistung (insbesondere Personal- und Materialkosten) [sind] im Ergebnis zu berücksichtigen.“ 594 Die Erwägungen des Reformgesetzgebers sind an dieser Stelle perplex. Damit können sie auch nicht das auslegungsdominante Kriterium sein. Der Gesetzgeber hält nämlich auch bei der Einziehung des Erlöses aus einem verbotenen Betäubungsmittelgeschäft „Aufwendungen für die Tat (z. B. Fahrt- und Transportkosten)“ für nicht abzugsfähig.595 Ist die Anknüpfungstat etwa § 29 I 1 Nr. 1 BtMG (Fall des Handeltreibens), tritt die Vollendung schon ein, sobald ernsthafte Verhandlungen (über den Verkauf) geführt werden.596 Auf einen „Umsatzerfolg“ kommt es nicht an.597 Demgegenüber ist die Tat typischerweise beendet, „wenn Ware und Entgelt ausgetauscht sind“ bzw. der „Geldfluss zur Ruhe gekommen ist“.598 592 So überzeugend Altenhain, Anschlussdelikt, S. 351 ff.; Best, JR 2003, 335, 340 f.; Burghart, wistra 2011, 241, 244 ff.; Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 72; Wallschläger, Verfallsvorschriften, S. 34 ff.; siehe ferner zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 1251: „Schutzwürdig ist das Vertrauen des Bürgers jedenfalls dann nicht, wenn er die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.“ 593 Kett-Straub/Kudlich, Sanktionenrecht, § 14 Rn. 30. 594 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 68. 595 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 68. 596 Vgl. MüKo-StGB/Og ˘ lakcıog˘lu, § 29 BtMG Rn. 463 m.w. N. sowie BtMG/Weber, § 29 Rn. 628. 597 Vgl. MüKo-StGB/Og ˘ lakcıog˘lu, § 29 BtMG Rn. 464 f. 598 MüKo-StGB/Og ˘ lakcıog˘lu, § 29 BtMG Rn. 470 unter Rekurs auf BGH NStZ-RR 1997, 359.

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Beispiel 19: Drogendealer D verhandelt mit Abnehmer A – per Smartphone (WhatsApp oder telefonisch) – ernsthaft über den Verkauf eines Betäubungsmittels. D und A vereinbaren, dass A das Entgelt (100 A in bar) in einem abgelegten Waldstück deponieren soll. A kommt der Aufforderung nach. D nimmt Stunden später ein Taxi (Kosten 25 A) und lässt sich zum besagten Waldstück befördern. Lösung des Beispiels 19: Die Anknüpfungstat (§ 29 I 1 Nr. 1 BtMG) ist mit der ernsthaften Verhandlung über den Verkauf vollendet. „Durch die Tat“ (§ 29 I 1 Nr. 1 BtMG) hat D den Besitz am Bargeld (100 A) erlangt. Fraglich bleibt, ob die Kosten für die Taxifahrt (25 A) abzugsfähig sind. Die Kosten für die Taxifahrt sind zwischen Vollendung und Beendigung der Tat angefallen. Der Reformgesetzgeber versteht den Tatbegriff in § 73d I 2 StGB formal-gesetzlich, mithin sind die Kosten für die Taxifahrt, da sie nach Vollendung der Tat angefallen sind, prinzipiell abzugsfähig. Der Reformgesetzgeber hält nun aber „Fahrt- und Transportkosten“ (für die Tat) generell für nicht abzugsfähig; vielmehr, so der Gesetzgeber, sei der gesamte Verkaufserlös einzuziehen.599 Damit widerspricht er aber seiner Auffassung, wonach die Werkleistung, die ebenfalls zwischen Vollendung und Beendigung anfällt, einen abzugsfähigen Posten darstellen soll. Überzeugend ist das nicht, zumal der Reformgesetzgeber damit seiner gleichfalls geforderten subjektiven Absicht („nicht willentlich und bewusst“)600 den Boden entzieht. Seine Erwägungen sind an dieser Stelle in sich widersprüchlich und damit nicht (dominant) berücksichtigungsfähig. Die getroffene Feststellung, wonach nur gutgläubig getätigte Investitionen – vor bzw. nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinn anfallen – abzugsfähig sind, hat weiterhin Bestand. Siehe dazu auch nochmal Beispiel 17: E ist im Zeitpunkt der Behandlung (Zeitpunkt der Aufwendung) gutgläubig, mithin findet ein Aufwendungsabzug gem. § 73d I 1 StGB statt. Erfährt E hingegen vor der Behandlung, dass die Kühe gestohlen wurden, können die – zeitlich später – angefallenen Behandlungskosten nicht abgezogen werden (§ 73d I 1 und 2 StGB [Rechtsgedanke der §§ 818 III, IV, 819 I, 817 S. 2 BGB]). Indes sind – entsprechend der zivilrechtlichen Wertung (§§ 818 IV; 819 I, 292 II, 994 II BGB) – zumindest notwendige Verwendungen, wie sie auch die Behandlungskosten typischerweise darstellen, abzugsfähig, wenn die Behandlung dem Interesse und (wirklichen bzw. mutmaßlichen) Willen des Eigentümers entspricht.601

Angemerkt sei an dieser Stelle zudem, dass sich der Gesetzesentwurf (BT-Drs. 18/9525) nicht zu der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen des Dritten („anderen“) verhält. Dieser Umstand hat einen einfachen Hintergrund: Die Gesetzesbegründung beinhaltete lediglich die Möglichkeit des Abzugs von Aufwendungen des Täters oder Teilnehmers.602 Der „andere“ (Dritte) fand erst durch die Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbrau599 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 68; siehe insofern auch das Fallbeispiel bei Kett-Straub/ Kudlich, Sanktionenrecht, § 14 Rn. 24 sowie Rn. 27. 600 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 69. 601 Vgl. hierzu auch KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 64 (allerdings zur selbstständigen Einziehung gem. § 76a IV StGB); siehe auch Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 674, wonach der Rechtsgedanke der §§ 818 III, 819 IV BGB jedenfalls bei § 73e II StGB zu berücksichtigen ist. 602 Vgl. sowohl BT-Drs. 18/9525, S. 67 ff. als auch BT-Drs. 18/11640, S. 80.

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cherschutzes (sowie durch die Beratungen im Plenum) Eingang in das Gesetz.603 Schon deshalb kann man nur unter Zugrundelegung des Gesetzesentwurfs (BTDrs. 18/9525) das – noch zu behandelnde – Zusammenspiel zwischen § 73d I StGB und § 73e II StGB nicht verstehen.604 ee) Die Maßstäbe zur Bestimmung von Gut- oder Bösgläubigkeit Fleckenstein hat bereits erste Maßstäbe zur Bestimmung der Bösgläubigkeit herausgearbeitet: Bösgläubigkeit, die im Zeitpunkt der Vornahme der Investition gegeben sein muss, ist sowohl bei positiver Kenntnis als auch bei leichtfertiger Unkenntnis anzunehmen.605 Fleckenstein begründet das Erfordernis der Gleichstellung von positiver Kenntnis und leichtfertiger Unkenntnis bei der Einziehung von Taterträgen angesichts des von ihr verfolgten generalpräventiven Zwecks.606 Wenn man aber – wie hier – die Parallele zwischen der Einziehung von Taterträgen, dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch und der zivilrechtlichen Eingriffskondiktion nicht völlig verwirft,607 fällt die Begründung – im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung – pragmatischer aus: Die bürgerrechtlichen Vorschriften sind im Rahmen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nur insoweit entsprechend anzuwenden, als ihnen Interessenwertungen zugrunde liegen, die in das öffentliche Recht übertragbar sind.608 Im öffentlichen Recht verdient aber auch „grobe Fahrlässigkeit“ keinen Vertrauensschutz.609 Letzteres soll – nach teilweise vertretener Auffassung – auch für die zivilrechtliche Eingriffskondiktion gelten.610 Mithin verdient auch im Einziehungsrecht grob fahrlässige Unkenntnis keinen Vertrauensschutz.611 Von der Bösgläubigkeit des Tatbeteiligten ist regelmäßig auszugehen, sofern eine vorsätzliche Anknüpfungstat vorliegt, mithin Investitionen vorsätzlich zur Vorbereitung oder Begehung einer Straftat getätigt wurden.612 Dem Drittbegünstigten wird hingegen durchaus – und insbesondere in den Fällen des § 73b I 1 603

Vgl. BT-Drs. 18/11640, S. 80. Vgl. hierzu S. 188 ff. 605 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 78; vgl. allgemein und umfassend zur Abgrenzung zwischen Wissen und Wissenmüssen Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 173 ff.; siehe ferner Knauer/Schomburg, NStZ 2019, 305, 316: „[Der Täter] muss [. . .] billigend in Kauf nehmen, dass er (straf-)rechtswidrig handelt.“ 606 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 78. 607 Vgl. dazu bereits S. 27 ff. 608 Vgl. nur BVerwG NJW 1985, 2436. 609 Vgl. BVerwG NJW 1985, 2436, 2437; vgl. jüngst BVerwG NJW 2018, 568, 570. 610 Dort wird nämlich teilweise eine entsprechende Anwendung von § 990 I 1 BGB befürwortet, vgl. Koppensteiner/Kramer, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 143 f.; a. A. aber Staudinger/Lorenz, § 819 Rn. 8; MüKo-BGB/Schwab, § 819 Rn. 14. 611 Vgl. dazu bereits S. 53 ff. 612 Nicht hingegen bei fahrlässig getätigten Aufwendungen, vgl. hierzu Fischer, § 73d Rn. 6; Wolf, ZIS 2020, 29, 31 m.w. N. 604

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Nr. 2a und 3 StGB – Gutgläubigkeit attestiert werden können.613 Seine gutgläubig getätigten Investitionen sind damit regelmäßig gem. § 73d I StGB abzugsfähig.614 ff) Sonderfall: Der Verbotsirrtum gem. § 17 StGB Problematischer sind solche Fälle, in denen zwar eine vorsätzliche Anknüpfungstat in Rede steht, der Tatbeteiligte aber im Verbotsirrtum (§ 17 S. 1 und 2 StGB) handelt, mithin dem Tatbeteiligten die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun. Übertragen auf die Abzugsfähigkeit von Investitionen lautete die Frage demnach: Handelt derjenige, dem – während der Tat im formal-gesetzlichen Sinne – die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun, gutgläubig in Bezug auf seine – ggfs. während der Tat im formal-gesetzlichen Sinne – getätigten Investitionen? Dies ist jedenfalls für Fälle – äußerst seltener – unvermeidbarer Verbotsirrtümer anzunehmen.615 Indes überzeugt die Auffassung nicht, der zufolge auch ein vermeidbarer Verbotsirrtum einen Aufwendungsabzug zuließe.616 Eine solche Sicht führt praktisch dazu, dass „nur noch Rechtskundige bösgläubig sein können“.617 Auch einem Rechtsunkundigen, der vorsätzlich die objektiven Tatbestandsmerkmale eines Straftatbestands verwirklich hat (oder zumindest verwirklichen wollte),618 ist ein gewisses Maß an „wertender Reflexion“ 619 dahingehend zuzumuten, ob seine bereicherungsmindernden Investitionen rechtlich Bestand haben können oder nicht. gg) Die Zurechnung fremder Bösgläubigkeit Der Einziehungsbetroffene muss sich ggfs. eine fremde Bösgläubigkeit zurechnen lassen. So stellt Fleckenstein – in entsprechender Anwendung von § 166 BGB analog620 – fest: „Ist der von der Abschöpfung Betroffene selbst nicht bösgläubig, hat er den Tatbeteiligten aber mit der eigenverantwortlichen Erledigung seiner Angelegenheiten betraut und ist die Straftat in Ausführung dieser Tätigkeit begangen worden, dann muss er sich dessen Bösgläubigkeit zurechnen lassen. Das gilt unabhängig davon, ob der Betroffene eine natürliche oder eine juristische Person ist; erfasst sind namentlich Angestellte in Unternehmen, die be613 Insofern sind auch bei einem Unternehmensverkauf bzw. einer Umwandlung gemäß dem UmwG Aufwendungen abzuziehen, sofern „Kapital in strafbare Handlungen“ nicht bewusst investiert wurde, vgl. BGH NJW 2002, 3339, 3341. 614 Vgl. aber auch § 73e II StGB und dazu unten S. 188 ff. 615 So auch Fischer, § 73d Rn. 6; Rönnau/Begemeier, GA 2017, 1, 15; Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1014. 616 So aber Schäuble/Pananis, NStZ 2019, 65, 70; Wolf, ZIS 2020, 29, 34 f. 617 Wörtlich (aus zivilrechtlicher Sicht) MüKo-BGB/Schwab, § 819 Rn. 2. 618 Vgl. Rengier, StrafR AT, § 31 Rn. 1 zur sogenannten Appellfunktion des Tatbestandes. 619 MüKo-BGB/Schwab, § 819 Rn. 2. 620 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 79 f.

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stimmte Aufgaben nach außen mit einer gewissen Eigenverantwortlichkeit wahrnehmen.“ 621 Dass bei natürlichen Personen eine entsprechende Anwendung von § 166 BGB analog auf der Hand liegt, dürfte nicht zu bestreiten sein. Gleichwohl bedarf aber die Feststellung Fleckensteins, dies gölte auch für juristische Personen (und rechtsfähige Personengesellschaften), näherer Untersuchung. Bei Verbänden ist umstritten, ob eine Wissenszurechnung gem. § 31 BGB analog, gem. § 166 BGB analog oder anhand wertender Umstände erfolgt.622 Hier ist freilich nicht der Ort, um diesen Streit abschließend auszutragen. Gleichwohl ist Fleckenstein im Ergebnis zuzustimmen, da vieles für die Anwendbarkeit von § 166 BGB analog (unter Berücksichtigung wertender Umstände) für die Zurechnung des Wissens von Organmitgliedern spricht: Die Vorschrift des § 166 BGB trifft bereits „die sachnächste und mithin stärkste positivrechtliche Aussage“.623 Zudem fehlt der Organtheorie624 „hinsichtlich der Wissenszurechnung die notwendige geltend-rechtliche Kontur“.625 Trotz der prinzipiellen Anwendbarkeit der Vorschrift des § 166 BGB (analog) sowohl auf natürliche Personen als auch auf Verbände, bedürfen die Kriterien, die die zivilrechtliche Rechtsprechung für die sogenannten „Wissensvertreter“ aufgestellt hat und die Fleckenstein nunmehr auf das Einziehungsrecht zu transferieren bezweckt, näherer Betrachtung:626 So wendet namentlich Grigoleit gegen diese Rechtsprechung ein, dass es weder der Beschränkung auf das Kriterium der „Repräsentanz im Außenverhältnis“ noch auf dasjenige der „Eigenverantwortlichkeit“ bedarf.627 Dies liege, so Grigoleit, daran, dass „der entscheidende Aspekt der Verantwortlichkeit für das wissensrelevante Geschehen [. . .] nicht zwingend mit einem Auftreten nach außen verbunden [ist]“.628 Zudem können „Hilfspersonen [. . .] den in Frage stehenden Geschehensablauf und die [. . .] relevante Informationslage auch ohne ,eigenverantwortliche‘ Position entscheidend bzw. mit einem Stellvertretern gleichkommender Effektivität beeinflussen“.629 Bereits diese beiden Aspekte sprechen – im Hinblick auf genuin zivilrechtliche Sachverhalte – gegen die Linie der Rechtsprechung.630 621

Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 80. Vgl. ausführlich zum Streitstand MüKo-BGB/Leuschner, § 31 Rn. 25 ff. 623 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 188. 624 Vgl. allgemein zu dieser (und zur Vertretertheorie) MüKo-BGB/Leuschner, § 26 Rn. 3 f. 625 Vgl. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 188. 626 Vgl. etwa BGHZ 83, 293, 295 f.; vgl. zudem Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 183 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen. 627 Vgl. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 184. 628 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 184. 629 Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 184. 630 Als weiteres Argument benennt Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 184 die Vorschrift des § 166 II BGB. 622

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All diese Überlegungen lassen sich aber nicht auf die Einziehung von Taterträgen übertragen. Bereits die – im Einziehungsrecht angesiedelte – Vorschrift des § 74e StGB zeigt, dass die Zurechnungsperson restriktiv zu bestimmen ist.631 Letztlich spricht aber vor allem ein praktisches Argument632 für die Übernahme der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu „Wissensvertretern“ in das Vermögensabschöpfungsrecht: Gerade die Ausführungen zu den Angestellten in Unternehmen, „die bestimmte Aufgaben nach außen mit einer gewissen Eigenverantwortlichkeit wahrnehmen“, muten an, die Parallele zur Vermögensbetreuungspflicht i. S. v. § 266 I StGB zu ziehen. Insofern ließe sich vertreten, dass ein Tatbeteiligter nur mit der eigenverantwortlichen Erledigung von Angelegenheiten des anderen betraut ist, wenn er zugleich einer Vermögensbetreuungspflicht unterliegt. Freilich kann hier nur das im Rahmen von § 266 I StGB bekannte Kriterium der „Selbstständigkeit (mit Entscheidungsspielraum)“ 633 für die Konkretisierung des Zurechnungsmodells herangezogen werden. Demnach muss bei der Zurechnung der Bösgläubigkeit untersucht werden, ob dem Tatbeteiligten beim Umgang mit dem Vermögen des anderen eine gewisse Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit überlassen wurde.634 Ist dies zu bejahen, wird dem Betroffenen die Bösgläubigkeit des Tatbeteiligten zugerechnet. Eine solche Sichtweise deckt sich letztlich mit dem von Fleckenstein aus dem Zivilrecht übernommenen Gedanken des § 166 BGB analog, wonach „derjenige, der sich einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, [sich] das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen [muss]“.635

II. Ergebnis Im Ergebnis stellt sich die Rechtsanwendung im Rahmen von § 73d I StGB wie folgt dar: 631 Ähnlich lautet auch die Argumentation einiger Lehrmeinungen zur Qualität des „Vertretungsverhältnisses“ im Rahmen von § 73 III StGB a. F., vgl. dazu bereits 2. Teil Fn. 333. 632 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 48 und das Ziel der Vereinfachung der Vermögensabschöpfung. 633 Vgl. hierzu allgemein MüKo-StGB/Dierlamm, § 266 Rn. 52 ff., der den Standpunkt von Lehre und Rechtsprechung darstellt und letzterer einen Verstoß gegen das Präzisierungs- und Konkretisierungsgebot attestiert. 634 Vgl. dazu Rengier, StrafR BT I, § 18 Rn. 17 sowie BVerfG NJW 2010, 3209, 3214 f.: „Von maßgeblicher Bedeutung ist dabei in erster Linie, ob [. . .] dem Verpflichteten [. . .] ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbstständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt.“ 635 BGHZ 83, 293, 295 f.; vgl. zum sogenannten „Wissensvertreter“ Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160, 183; vgl. zudem Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 79.

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In einem ersten Schritt ist zu untersuchen, ob der Einziehungsbetroffene überhaupt Investitionen, die in Anlehnung an § 818 III BGB zu bestimmen sind, getätigt hat. In einem zweiten Schritt muss der Zeitpunkt der Investition – anhand der folgenden Testfrage – festgelegt werden: Erfolgte die Investition vor, während oder nach der Tat im formal-gesetzlichen Sinn? Erfolgt die Investition während der Tat ist ein Aufwendungsabzug regelmäßig – vorbehaltlich der „Gutgläubigkeit“ des Einziehungsbetroffenen – ausgeschlossen. Erfolgt die Investition hingegen vor oder nach der Tat, muss zudem geprüft werden, ob der Tatbeteiligte oder Dritte auf die Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs vertrauen durfte. Ein Vertrauen auf die Beständigkeit des Erwerbs besteht dann nicht, wenn der Einziehungsbetroffene im Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen „bösgläubig“ ist. Gutgläubig wird der Einziehungsbetroffene in aller Regel sein, wenn es sich bei der Anknüpfungstat um ein Fahrlässigkeitsdelikt handelt, er einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlag oder ein (gutgläubiger) Dritter i. S. v. § 73b I 1 Nr. 2a und 3 StGB betroffen ist. Soweit es sich bei den Investitionen „um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handel[t]“ (§ 73d I 2 Hs. 2 StGB), sind letztere immer – und ohne weitere Einschränkung – abzugsfähig. Die Vorschrift des § 73d I 2 Hs. 2 StGB soll verhindern, dass die Einziehung von Taterträgen „bei strafrechtswidrig zustande gekommenen Austauschverträgen zu einer strafrechtlichen Maßnahme wird“.636 Ihr Hauptanwendungsfall ist dabei der Eingehungsbetrug (§ 263 I StGB).637 Ficht jedoch in derartigen Konstellationen der Verletzte den – durch die Tat geschlossenen – Vertrag gem. §§ 123 I, 142 I BGB an, entfällt die Grundlage für die Rückausnahme des § 73d I 2 Hs. 2 StGB und der vollständige Verkaufserlös ist einzuziehen.638 Die Rückausnahme des § 73d I 2 Hs. 2 StGB greift nämlich nur ein, wenn der Vermögenszufluss (beim Einziehungsbetroffenen) dauerhaft durch den Abfluss der Gegenleistung gemindert ist.639 Letzterer Umstand hängt maßgeblich von der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Anfechtung ab, über die im Hauptverfahren abschließend zu befinden ist.640

III. Der Ausschluss der Einziehung von Taterträgen – Erlöschen des Verletztenanspruchs (§ 73e I StGB) Gem. § 73e I StGB ist die Einziehung gem. den §§ 73 ff. StGB ausgeschlossen, wenn der Verletztenanspruch – bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens641 – 636 OLG Saarbrücken BeckRS 2018, 16600 Rn. 25; vgl. dazu auch LK-StGB/Lohse, § 73d Rn. 17: Verhinderung doppelter Inanspruchnahme des Einziehungsbetroffenen. 637 Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 509 f.; LK-StGB/Lohse, § 73d Rn. 17. 638 Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 510. 639 Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 510. 640 Vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 510. 641 Vgl. hierzu statt vieler Ullenboom, Vermögensabschöpfung, Rn. 161 m.w. N.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

erloschen ist.642 Verletzter im Sinne der Vorschrift ist jeder, dessen Individualinteresse durch das vom Tatbeteiligten übertretene Strafgesetz geschützt werden soll,643 mithin prinzipiell auch der Staat.644 Der Verletzte muss gegen den Einziehungsbetroffenen, sprich den Täter (oder den Dritten), einen Anspruch haben, der ihm aus der Tat erwachsen ist. Es handelt sich hierbei um eine typische zivilrechtliche Vorfrage, über die im Hauptverfahren abschließend zu befinden ist. In der Regel wird dem Verletztem aus der Tat ein Schadensersatz-, Bereicherungs- und/ oder Vindikationsanspruch erwachsen sein.645 Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist daher sinngemäß nur auf Fälle beschränkt, in denen Tatbeteiligte (oder Dritte) „durch die Tat“ etwas erlangt haben.646 Im Falle der Erlangung eines Gegenstandes „für die Tat“ existieren keine durchsetzbaren (zivilrechtlichen) Ansprüche,647 die (unmittelbar) aus der Tat resultieren. Das Kriterium der Unmittelbarkeit, wie es in der hiesigen Untersuchung verstanden wird, gilt es daher auch im Rahmen von § 73e I StGB zu beachten. Damit muss der Verletztenanspruch als actus contrarius zur Bereicherung beim Einziehungsbetroffenen entstehen. 1. Erfüllung des Verletztenanspruchs Der Verletztenanspruch erlischt bei allen Maßnahmen, die zivilrechtlich Erfüllungswirkung entfalten, mithin nicht bei Verjährung des Verletztenanspruchs (vgl. § 214 I BGB).648 Der Reformgesetzgeber nennt in seiner Gesetzesbegründung hier neben der (klassischen) Erfüllung i. S. v. § 362 I BGB einen Erlassvertrag gem. § 397 I BGB.649 Es bedarf daher stets der Klärung der zivilrechtlichen Vorfrage im Hauptverfahren, (1) ob ein Verletztenanspruch überhaupt besteht sowie (2) ob und in welcher Höhe Erfüllung eingetreten ist, um einen Ausschluss der Einziehung von Taterträgen gem. § 73e I StGB anzunehmen.650 642

Siehe hierzu auch die vollstreckungsrechtliche Vorschrift des § 459g IV StPO. Vgl. zum Begriff des Verletzten i. S. v. § 73 I 2 StGB a. F., dessen Verständnis für die Vorschrift des § 73e I StGB übernommen werden kann (vgl. dazu LK-StGB/Lohse, § 73e Rn. 2), NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 20; a. A. aber Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73e Rn. 2 unter Rekurs auf BGHSt 58, 152, 154, wonach irrelevant ist, ob der Anspruchsinhaber durch das verletzte Strafgesetz geschützt werden soll. 644 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73e Rn. 2 sowie NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 20 mit Rechtsprechungsnachweisen zu § 73 I 2 StGB a. F. 645 Vgl. zu § 73 I 2 StGB a. F. NK-StGB/Saliger, § 73 a. F. Rn. 21 sowie jetzt zu § 73e I StGB Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73e Rn. 2. 646 Vgl. Elschenbroich, wistra 2020, 305 f. 647 Vgl. bereits oben S. 31 f. 648 Siehe hierzu BGH BeckRS 2018, 9646; kritisch aber MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73e Rn. 10. 649 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73e Rn. 2 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 69; siehe ferner Weidemann, wistra 2021, 41 f., wonach der Reformgesetzgeber offensichtlich nur die Erlöschenstatbestände der §§ 362 ff. BGB im Blick hatte. 650 Vgl. umfassend LK-StGB/Lohse, § 73e Rn. 3 ff.; siehe auch Meißner, NZWiSt 2018, 239, 244, wonach ein Verzicht des Verletzten den staatlichen Abschöpfungsan643

§ 7 Begrenzung des Einziehungsumfangs und Ausschluss der Einziehung

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a) Der Steueranspruch als Anspruch und der Steuerfiskus als Verletzter Zur alten Rechtslage war man sich weitgehend darüber einig, der Steuerfiskus (Staat) sei bei Steuerstraftaten „Verletzter“ i. S. v. § 73 I 2 StGB a. F., dem aus der Steuerstraftat ein Steuernachzahlungsanspruch erwuchs.651 Der Reformgesetzgeber spricht nun davon, „die Vorschrift [§ 73e I StGB] [sei] eine Konsequenz aus dem Wegfall des § 73 Absatz 1 Satz 2 StGB. Danach [stehe] ein Schadensanspruch des Verletzten der staatlichen Einziehung nicht mehr entgegen“.652 Ein Teil der neueren Literatur sowie der 1. BGH-Strafsenat folgern daraus, der Steuernachzahlungsanspruch des Fiskus sei als Anspruch i. S. v. § 73e I StGB zu qualifizieren.653 Die Auffassung wird wohl auch deshalb vertreten, weil der Reformgesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 111h II 2 StPO von „Fiskus als Verletzte[r] einer Steuerstraftat“ spricht.654 aa) Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Ansprüche? Indes hatte der Reformgesetzgeber öffentlich-rechtliche Ansprüche bei der Kodifizierung des § 73e I StGB gerade nicht im Blick.655 Erachtet man – wie hier – den (hypothetischen) Willen des Gesetzgebers als auslegungsdominantes Kriterium, ist der Steuernachzahlungsanspruch kein Anspruch i. S. v. § 73e I StGB. Für diese Sichtweise spricht auch der Umstand, dass der Reformgesetzgeber zur Erfüllung des Anspruchs i. S. v. § 73e I StGB ausschließlich auf zivilrechtliche Vorschriften Bezug nimmt; und gerade nicht auch auf etwa § 47 AO. Demnach konnte die Einziehung von Taterträgen – entgegen der Ansicht des 1. BGH-Strafsenats656 – auch bei verjährter Steuerschuld (vgl. § 47 AO und §§ 169 ff. und 228 AO) angeordnet werden.657 Dies regelt nun § 73e I 2 StGB ausdrücklich.658 Doch gilt dies auch für die restlichen Erfüllungsmaßnahmen i. S. v. § 47 AO, denn der Reformgesetzgeber wollte offensichtlich nur zivilrechtliche und nicht spruch nur ausschließt, wenn die Anknüpfungstat ein Individualrechtsgut schützt (so auch Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 674 f.). 651 Vgl. zur Diskussion (und auch zur Gegenansicht) Dollmann, Verfall nach geltendem Recht, S. 69 ff.; G. Müller, Rückgewinnungshilfe, S. 71 ff.; siehe auch NK-StGB/ Saliger, § 73 Rn. 20 mit Rechtsprechungsnachweisen zu § 73 I 2 StGB a. F. (vgl. insb. BGH NJW 2001, 693 f.) sowie Theile, ZJS 2011, 333, 338. 652 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 69. 653 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73e Rn. 2; vgl. BGH NZWiSt 2020, 39, 40. 654 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 79 und dazu auch Meißner, NZWiSt 2018, 239, 244. 655 Vgl. auch Bittmann/Tschakert, NZWiSt 2020, 40, 41 sowie Weidemann, wistra 2021, 41 f. 656 Vgl. BGH NZWiSt 2020, 39, 40. 657 So auch Madauß NZWiSt 2018, 28, 33 f.; ders. NZWiSt 2019, 49, 52. 658 Zwischenzeitlich, vom 01.07.2020 bis zum 28.12.2020, regelte dies § 375a AO, vgl. dazu etwa Tschakert, WiJ 2021, 9, 15; besonders kritisch zur Gesetzgebung Weidemann, wistra 2021, 41 ff.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

auch öffentlich-rechtliche Ansprüche, die dem Verletzten aus der Tat erwachsen sind, von § 73e I StGB umfasst wissen. Damit sieht sich der Einziehungsbetroffene zwar zwei Ansprüchen konfrontiert, gleichwohl wird er – jedenfalls im Steuerrecht – durch die Vorschrift des § 37 II AO vor einer doppelten Inanspruchnahme mittelbar geschützt.659 All das schließt nicht aus, dass der Staat weiterhin Verletzter i. S. v. § 73e I StGB sein kann. So ist anerkannt, dass sich auch Träger öffentlicher Gewalt auf § 823 II BGB (i.V. m. dem einschlägigen Schutzgesetz) berufen können.660 Der Staat kann daher nur Verletzter i. S. v. § 73e I StGB sein, wenn ihm ein zivilrechtlicher Anspruch aus der Tat erwachsen ist. bb) Die Vorschrift des § 370 AO als Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB Der BFH erachtet die Vorschrift des § 370 AO nicht als Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB.661 Zur Begründung führt der BFH an, § 370 AO diene allein dem Schutz der Allgemeinheit und habe damit keinen individualschützenden Charakter, wie es § 823 II BGB aber erfordert.662 Der BGH (Zivilsenat) bejahte hingegen einen Schutzzweckcharakter sowohl von § 264 StGB als auch von § 264a StGB, weil die Vorschriften auch das Vermögen des Staates schützen.663 Erachtet man – wie ein gewichtiger Teil der Literatur664 – das Vermögen des Staates als das von § 370 AO zu schützende Rechtsgut, ist auch § 370 AO konsequenterweise als Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB zu qualifizieren. Einziehungsrechtlich bestünde damit ein Anspruch des Steuerfiskus (Staates) gegen den Tatbeteiligten der Steuerstraftat – und der Staat wäre als Verletzter i. S. v. § 73e I StGB zu qualifizieren. b) Ergebnis Auch bei Steuerstraftaten kann dem Staat ein Anspruch i. S. v. § 73e I StGB aus der Tat erwachsen sein – nämlich dann, wenn man § 370 AO als Schutzgesetz i. S. v. § 823 II BGB qualifiziert. Die Qualifikation gelingt, sofern man das Vermögen des Staates als das von § 370 AO eigentlich zu schützende Rechtsgut erachtet. 659 Vgl. allgemein zum Erstattungs- bzw. Rückforderungsanspruch aus § 37 II AO AO-Klein/Ratschow, § 37 Rn. 10 ff. sowie 75 ff. 660 Vgl. hierzu MüKo-StGB/Wagner, § 823 Rn. 566. 661 Vgl. BFH NJW 1997, 1725, 1727. 662 Vgl. BFH NJW 1997, 1725, 1727; vgl. zum Erfordernis einer individualschützenden Norm im Rahmen von § 823 II BGB allgemein Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 17 Rn. 7. 663 Vgl. BGHZ 106, 204, 207 und MüKo-BGB/Wagner, § 823 Rn. 566 zu § 264 StGB; siehe BGHZ 116, 7 zu § 264a StGB. 664 Vgl. Lemmer, Hinterziehung, S. 168 sowie MüKo-StGB/Schmitz/Wulf, § 370 AO Rn. 6 m.w. N.

§ 7 Begrenzung des Einziehungsumfangs und Ausschluss der Einziehung

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2. Erfüllung durch „Dritte“? Neuerdings wurde im Schrifttum665 die Frage aufgeworfen, ob die Vorschrift des § 73e I StGB anwendbar ist, wenn die Erfüllung des Verletztenanspruchs durch einen Dritten, der nicht Einziehungsbetroffener ist, erfolgt. Den Hintergrund der Diskussion bildet ein Urteil des 2. BGH-Strafsenats666, dem der folgende – hier aber vereinfachte – Sachverhalt zugrunde lag: Beispiel 20: Der bösgläubige H erwirbt von T entgeltlich einen gestohlenen Pkw. H veräußert diesen entgeltlich an den gutgläubigen D. Die Polizei stellt den gestohlenen Pkw bei D sicher und übergibt den Pkw dem Verletzten.

T hat „durch die Tat“ (§ 242 I StGB) den Besitz am Pkw erlangt, § 73 I Var. 1 StGB. Zu diesem Zeitpunkt ist dem Verletzten (hier: dem Diebstahlsopfer) ein Anspruch auf Herausgabe des Pkw gem. § 985 BGB „aus der Tat“ erwachsen. Durch die Veräußerung des Pkw erlangte T von H den Veräußerungserlös. Aufgrund des Verlustes der Verfügungsgewalt am Pkw wandelte sich der ursprüngliche staatliche Anspruch aus § 73 I Var. 1 StGB (auf Einziehung des Originalgegenstandes) in einen Surrogatseinziehungsanspruch gem. § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB bzw. Wertersatzanspruch gem. § 73c S. 1 StGB um. H hingegen hat „durch“ die Tat (§§ 259 I, 261 I 1 Nr. 3 StGB) ebenfalls den Besitz am Pkw erlangt, § 73 I Var. 1 StGB.667 Der Anspruch des Verletzten auf Herausgabe des Pkw gem. § 985 BGB, der ihm schon aufgrund der Diebstahlstat, jetzt aber aufgrund der Hehlerei bzw. Geldwäsche erwachsen war, richtete zu dieser Zeit gegen H. Damit ist ein neuer Verletztenanspruch „aus der Tat“ erwachsen. Durch die anschließende Veräußerung des Pkw erlangte H von D den Veräußerungserlös. Aufgrund des Verlustes der Verfügungsgewalt am Pkw wandelte sich auch hier der ursprüngliche staatliche Anspruch aus § 73 I Var. 1 StGB (auf Einziehung des Originalgegenstandes) in einen Surrogatseinziehungsanspruch gem. § 73 III Nr. 1 Var. 1 StGB bzw. Wertersatzanspruch gem. § 73c S. 1 StGB um. Da der Besitz am Pkw dem Verletzten zurückübertragen wurde, stellt sich die Frage, welche Ansprüche aufgrund der Vorschrift des § 73e I StGB erloschen sind.

665

Vgl. Elschenbroich, wistra 2020, 305 ff. Vgl. BGH NZWiSt 2019, 119 f. 667 Freilich ließe sich vertreten, der gestohlene Pkw sei Tatobjekt i. S. v. § 74 II StGB und kann daher nur aufgrund von einer Sondervorschrift bei H eingezogen werden. Eine derartige Sondervorschrift findet sich aber für die Hehlerei nicht, wohl aber für die Geldwäsche, die hier ebenfalls tatbestandsmäßig ist, und in § 261 X 3 StGB feststellt, dass die Einziehung gem. den §§ 73 ff. StGB einer solchen gem. den §§ 74 ff. StGB vorgeht. Dieselben Erwägungen müssten konsequenterweise auch für die Hehlerei gelten. Hier sollte der Gesetzgeber klärend eingreifen. 666

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Der Auffassung des 2. BGH-Strafsenats668 zufolge dürfen sowohl der Dieb (T) als auch der Hehler (H) ihre Früchte der Straftat behalten, sofern die gestohlene Sache (der Pkw) – vor der Einziehungsanordnung – an den Verletzten (dem Eigentümer) und zwar durch einen Dritten (die Polizei) rücküberführt wird. Elschenbroich669 stellt dieses Ergebnis völlig zutreffend in Frage, wählt aber einen abweichenden Lösungsweg. Fest steht: Dem Verletzten stand – im Zeitpunkt der relevanten Taten – ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB gegen T und H zu. Da sich aber sowohl T als auch später H der Sache entledigten, bestand im Zeitpunkt der Rückführung der Sache an den Verletzten allenfalls ein Anspruch aus § 816 I 1 BGB gegen T und H auf Herausgabe des Veräußerungserlöses, sofern der Verletzte den (unwirksamen) Verfügungen nachträglich zustimmt. Andernfalls – ohne Genehmigung der Verfügung – richtet sich der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB nunmehr gegen den gutgläubigen D. Freilich ist der (denkbare) Anspruch aus § 816 I 1 BGB nicht „aus“ der (ersten) Tat erwachsen. Die Frage lautet nun: Steht der Einziehung des Erlöses gem. § 73 III Var. 1 StGB bzw. der Einziehung des Wertersatzes gem. § 73c S. 1 StGB bei T und H ein bestehender Verletztenanspruch, der die Einziehung gem. § 73e I StGB potenziell ausschließen könnte, entgegen? Die Verschaffung des Besitzes am Pkw wurde – durch den Dritten (die Polizei) – vollzogen. Ist damit das jeweilige Schuldverhältnis (Anspruch aus § 985 BGB ehemals und jeweils gegen T und H) erloschen? a) Leistung durch Dritte im Zivilrecht Nach ganz herrschender Auffassung findet die Vorschrift des § 362 I BGB auch auf den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB Anwendung.670 Der Schuldner (hier: der Besitzer) muss nach allgemeiner Auffassung nur dann in Person die Leistung (hier: die Besitzverschaffung) erbringen, wenn es sich um eine höchstpersönliche Leistungspflicht handelt.671 In anderen Fällen kann die Leistung auch durch Dritte bewirkt werden.672 Allerdings setzt die Leistung durch einen Dritten673 i. S. v. § 267 I 1 BGB voraus, dass der Dritte mit dem Willen handelt, eine fremde Schuld zu tilgen.674 Lehnt man die „Lehre vom Empfängerhori668

Vgl. BGH NZWiSt 2019, 119, 120 und dazu Elschenbroich, wistra 2020, 305. Vgl. Elschenbroich, wistra 2020, 305 ff. 670 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 11 Rn. 43; BeckOK-BGB/Fritzsche, § 985 Rn. 24; Staudinger/Thole, § 985 Rn. 12. 671 Vgl. statt vieler MüKo-BGB/Fetzer, § 362 Rn. 7. 672 Vgl. ebenfalls MüKo-BGB/Fetzer, § 362 Rn. 7. 673 Vgl. zum Begriff des Dritten nur MüKo-BGB/Krüger, § 267 Rn. 9: „[Dritter ist], wer aus eigenem Antrieb, also unabhängig von einer Veranlassung des Schuldners, leistet.“ 674 Vgl. nur BGHZ 46, 319, 325; siehe zudem MüKo-BGB/Krüger, § 267 Rn. 11 m.w. N. 669

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zont“ 675 – wie die (wohl) herrschende zivilrechtliche Lehre676, aber jedenfalls die neuere Rechtsprechung des BGH677 in Zivilsachen – ab, tritt Erfüllungswirkung durch den Dritten gem. §§ 362 I, 267 I 1 BGB nicht schon ein, wenn der Empfänger (Gläubiger) das Verhalten des Dritten als Ausdruck eines Willens, fremde Schuld zu tilgen, verstehen durfte.678 In der hiesigen Fallkonstellation handelte der Dritte (die Polizei) weder mit dem Willen, eine fremde Schuld – nämlich die Herausgabeverpflichtung der Täter aus § 985 BGB – zu tilgen, noch durfte der Verletzte (der Leistungsempfänger) darauf vertrauen, der Dritte (die Polizei) tilge die Schuld der Schuldner (T und H). Nach alledem ist selbst nach der „Lehre vom Empfängerhorizont“ keine Erfüllung gem. §§ 362 I, 267 I 1 BGB (§ 73e I StGB) eingetreten. Die Einziehung des Surrogats bzw. Wertersatzes gegenüber T und H ist damit anzuordnen und die Früchte der Tat verbleiben gerade nicht bei ihnen. b) Ergebnis Auch Dritte können den Verletztenanspruch aus § 73e I StGB erfüllen und damit zum Erlöschen bringen.679 Dies setzt aber zumindest einen entsprechenden „Fremdtilgungswillen“ des Dritten voraus. Eine solche zivilrechtsakzessorische Prüfung, ob und in welcher Höhe „Erfüllung“ des Verletztenanspruchs eingetreten ist, steht nicht nur in Einklang mit dem Willen des Reformgesetzgebers, der an dieser Stelle ausdrücklich auf zivilrechtliche Regelungen – namentlich auf die §§ 362 I, 397 I BGB – Bezug nimmt,680 sondern erzielt – wie gezeigt wurde – auch sachgerechte Ergebnisse, die zugleich den gesetzgeberischen Appell, „Verbrechen dürfen sich nicht lohnen“, beherzigen. Schließlich wahrt die hiesige Ansicht den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen: Bei öffentlich-rechtlichen Geldstrafen scheidet eine Leistung durch Dritte aus, „weil es der Strafzweck verlangt, dass der Täter die ihm auferlegte Geldstrafe aus seinem eigenen Vermögen selbst trägt“.681 Wenn es sich bei der Einziehung von Taterträgen um keine „Strafe“ handeln soll, muss – im Umkehrschluss – Erfüllung i. S. v. § 73e I StGB durch Dritte zumindest prinzipiell möglich, sie darf jedenfalls nicht von

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So BGH NJW 1964, 1898, 1899. Vgl. MüKo-BGB/Krüger, § 267 Rn. 11 m.w. N.; Schnauder, JuS 1994, 537, 539 f.; a. A. aber etwa BeckOK-BGB/Lorenz, § 267 Rn. 8. 677 Siehe BGH NJW 2005, 3213, 3214. 678 Vgl. zum Ganzen MüKo-BGB/Krüger, § 267 Rn. 11. 679 A. A. aber Elschenbroich, wistra 2020, 305, 310 f., der eine persönliche (Erfüllungs-)Leistung des Einziehungsbetroffenen fordert und die Leistung durch Dritte nur für möglich erachtet, wenn der Dritte gesamtschuldnerisch haftet. 680 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 69. 681 MüKo-BGB/Krüger, § 267 Rn. 7 unter Rekurs auf BGHZ 23, 222, 224 ff. 676

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

vorherein ausgeschlossen sein.682 Anderes gilt freilich dann, wenn der Anwendungsbereich des § 267 BGB – etwa wegen höchstpersönlicher Leistungspflicht (ggfs. kraft Gesetzes)683 – nicht eröffnet ist.

IV. Wegfall der Bereicherung bei Dritten (§ 73e II StGB) Nach der Vorschrift des § 73e II StGB ist die Einziehung ausgeschlossen, soweit der Drittbegünstigte entreichert ist. Die Vorschrift des § 73e II StGB ist stark an § 818 III BGB angelehnt.684 Fraglich bleibt allein, ob eine Auslegung in Anlehnung an § 818 III BGB auch vom Reformgesetzgeber gewollt ist. Die Vorschrift soll nach dem Willen des Reformgesetzgebers an die Stelle der Vorschrift des § 73c I 2 StGB a. F. treten,685 freilich mit dem Unterschied, dass sie für Tatbeteiligte nicht gilt und eine gebundene Entscheidung normiert.686 Im Rahmen von § 73c I 2 StGB a. F. war umstritten, ob auf ein bereicherungsrechtliches oder tatsächliches Entreicherungsverständnis abzustellen ist.687 Der Reformgesetzgeber hat in diesen Streit nicht klärend eingegriffen.688 Sein Wille ist nicht hinreichend feststellbar.689 Gleichwohl zeigen sowohl die Gesetzessystematik als auch der Sinn und Zweck beider Vorschriften, dass es sich bei § 73e II StGB nur um eine Konkretisierung von § 73d I StGB handelt: Es wurde bereits festgestellt, dass im Rahmen von § 73d I StGB bereicherungsmindernde Vermögensnachteile – bei hinreichendem Zusammenhang mit dem erlangten Etwas – abzugsfähig sind, sofern der Einziehungsbetroffene die Investitionen gutgläubig getätigt hat.690 Die Vorschrift des § 73e II StGB regelt nunmehr über § 73d I StGB hinaus, dass dem Drittbegünstigten das ersatzlose Wegfallen,691 mithin aber vor allem auch solche Aufwendungen, die der Drittbegünstigte ohne die Bereicherung nicht vorgenommen hätte (sogenannte Luxusauf-

682 Siehe aber auch BeckOK-BGB/Lorenz, § 267 Rn. 4, wonach RGSt 30, 232, 235 diese Möglichkeit noch vorsah. 683 Vgl. hierzu allgemein BeckOK-BGB/Lorenz, § 267 Rn. 3. 684 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73e Rn. 3. 685 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 69: „§ 73e Absatz 2 StGB-E ersetzt § 73c Absatz 1 Satz 2 StGB [. . .].“ 686 Vgl. NK-StGB/Saliger, § 73c a. F. Rn. 4 ff. zu diesen beiden Aspekten im Rahmen von § 73c I 2 StGB a. F. 687 Vgl. hierzu umfassend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 253 ff.; kürzer MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73e Rn. 13. 688 Vgl. Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 256 f. 689 Treffend Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 257. 690 Vgl. bereits S. 174 ff. 691 Vgl. allgemein zum ersatzlosen Wegfallen Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 16.

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wendungen),692 zugutekommen, sofern er – im Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung – gutgläubig war.693 Der Begriff der „Leichtfertigkeit“ i. S. v. § 73e II StGB ist insofern zivilrechtlich zu verstehen und deckt sich mit dem Begriff der groben Fahrlässigkeit, der auch dem Verschiebungsfall des § 73b I 1 Nr. 2b StGB sowie dem Maßstab im Rahmen von § 73d I 2 StGB zugrunde gelegt wird694; entsprechend gelten auch hier die zivilrechtlichen (Wissens-)Zurechnungsvorschriften. Der maßgebliche Unterschied zwischen § 73e II StGB und § 73d I StGB liegt pointiert darin, dass das ersatzlose Wegfallen des erlangten Etwas im Rahmen von § 73d I StGB gerade keine Berücksichtigung findet.695 Nach alledem haftet der gutgläubige Drittempfänger bei ersatzlosem Wegfall des ursprünglich Erlangten (auch) nicht auf Wertersatz – Tatbeteiligte und bösgläubige Dritte, wie auch bösgläubige Bereicherungsschuldner, aber durchaus. Indes ist fraglich, ob sich – aufgrund bereicherungsrechtlicher Grundsätze und entgegen § 73e II StGB, der zwingend eine Gutgläubigkeit fordert – ein bösgläubiger Drittempfänger auf den ersatzlosen Wegfall, und mithin auf eine Entreicherung berufen kann, wenn er den Wegfall der Bereicherung nicht zu vertreten hatte. Im Bereicherungsrecht wird nämlich unter Berücksichtigung der Wertungen von §§ 819 IV, 292 I, 989 BGB teilweise vertreten, dass sich auch ein verschärft haftender Bereicherungsgläubiger auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, wenn er den Wegfall nicht zu verschulden hat.696 Dieser Sichtweise ist allerdings Schwab – freilich nur hinsichtlich unkörperlicher Vorteile – überzeugend entgegengetreten:697 Bei unkörperlichen Vorteilen lässt sich ein vorhandenes oder fehlendes Verschulden am Wegfall nicht konsistent begründen, wie der Fall des Schwarzfahrers belegt. Indes vertritt Schwab die Auffassung, dass bei körperlichen Gegenständen die Wertersatzhaftung des verschärft haftenden Bereicherungsschuldners durch § 818 III BGB begrenzt wird. Folgt man dem, so kann sich auch ein bösgläubiger Drittempfänger auf den ersatzlosen

692 Vgl. allgemein zum Begriff der „Luxusaufwendungen“ Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 18. 693 Vgl. hierzu auch Fleckenstein, Abschöpfung bei Drittbegünstigten, S. 259, der die Luxusaufwendungen hervorhebt; vgl. ausführlich ders., S. 256 ff. zum unterschiedlichen (Entreicherungs-)Verständnis in § 73e II StGB und § 459g V StPO. Siehe zu letzterer Vorschrift auch BeckOK-StPO/Coen, § 459g Rn. 18 ff., insb. 25 f.; wie hier wohl auch Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73e Rn. 4. 694 Vgl. dazu bereits oben S. 156 ff. 695 Vgl. für das Bereicherungsrecht etwa Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 12 Rn. 15, der zwischen dem (1) Wegfall des Erlangten und (2) bereicherungsmindernden Vermögensnachteilen differenziert; ebenso Löwenheim, Bereicherungsrecht, S. 145 ff. (Der Wegfall des Erlangten) einerseits und 150 ff. (Bereicherungsmindernde Vermögensnachteile) andererseits. 696 So etwa Kohler, JuS 2018, 1173, 1176 ff.; Schulze-BGB/Wiese, § 818 Rn. 19. 697 Vgl. zur bereicherungsunabhängigen Wertersatzhaftung ausführlich MüKo-BGB/ Schwab, § 818 Rn. 321 ff.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

Wegfall des Erlangten – und sofern dieses in einem körperlichen Gegenstand zu erblicken ist – berufen, wenn er den Wegfall nicht zu vertreten hat. Eine Anwendung von § 818 III BGB zugunsten von verschärft haftenden Bereicherungsschuldnern nur in Fällen des unverschuldeten Verlustes körperlicher Gegenstände vermag nicht zu überzeugen. Damit würde ein verschärft haftender Bereicherungsschuldner nämlich „von einem Güterfluss profitieren [. . .], der ihm nicht zusteht und in dessen Rechtsbeständigkeit er auch kein Vertrauen bilden konnte“.698 Darüber hinaus trägt der – von Schwab vorgenommene – Vergleich zu §§ 818 IV, 292 I, 989 BGB nicht: Er selbst räumt ein, dass sich die „verschuldensabhängige Pflicht zum Schadensersatz, [. . .] von der Wertersatzpflicht sowohl in den Voraussetzungen als auch in den Rechtsfolgen [unterscheidet]“.699 Warum dann plötzlich bei körperlichen Sachen, diese Unterscheidung aufgehoben werden soll, erschließt sich – auch vor dem Hintergrund der §§ 818 IV, 292 I, 989 BGB – nicht. Insofern bedarf es auch aus bereicherungsrechtlicher Sichtweise keiner Erweiterung des § 73e II StGB auch auf bösgläubige Drittbegünstigte. Beispiel 21: D wird von Privatmann P, von dem er (D) weiß, dass er in kriminellen Machenschaften verwickelt ist, eine Antiquität von hohem archäologischem Wert unentgeltlich übertragen. Wenige Tage später wird sie dem D von X gestohlen. Lösung des Beispiels 21: Die Anordnung der Wertersatzeinziehung gegen D gem. §§ 73b I 1 Nr. 2a, 73c S. 1 StGB ist zulässig.700 D hat den Besitz an der Antiquität unentgeltlich erlangt. Er hat zwar den Wegfall der Bereicherung nicht zu vertreten, doch spielt dies angesichts seiner herabgesetzten Schutzwürdigkeit – scil. Bösgläubigkeit – keine Rolle.

Nach alledem erfordert der Einziehungsausschluss gem. § 73e II StGB eine – in Anlehnung an § 818 III BGB – zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorische Prüfung, ob der gutgläubige Dritte (noch) be- oder (mittlerweile) entreichert ist.

§ 8 Sonderfälle der Einziehung von Taterträgen Eine Einziehung von Taterträgen ist bei Tatbeteiligten und Dritten auch dann möglich, wenn (1) der Nachweis, dass die Taterträge aus einer rechtswidrigen Anknüpfungstat stammen, die Gegenstand der Anklage ist, nicht gelingt, aber zumindest feststeht, der Gegenstand habe eine deliktische Herkunft, (2) wegen

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MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 323, trotz Anwendung von § 818 III BGB. MüKo-BGB/Schwab, § 818 Rn. 321. 700 Freilich ließe sich auch an eine Einziehung gem. §§ 73 I Var. 1, 73c S. 1 StGB i.V. m. § 261 X 2 StGB denken, wenn dem D hier ein Leichtfertigkeitsvorwurf (vgl. § 261 VI StGB) gemacht werden kann. Dann hätte D den Besitz am Gegenstand nicht aufgrund einer Übertragung, sondern durch die Tat (Verwirklichung des Geldwäschetatbestands) erlangt. 699

§ 8 Sonderfälle der Einziehung von Taterträgen

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der rechtswidrigen Anknüpfungstat eine bestimmte Person nicht verfolgt oder verurteilt werden kann, (3) die verfolgte Straftat verjährt ist oder (4) das Gericht von Strafe absieht bzw. das Verfahren einstellt. Angesprochen sind hiermit die erweiterte Einziehung von Taterträgen gem. § 73a StGB sowie die selbstständige Einziehung von Taterträgen gem. § 76a StGB. Es handelt sich bei diesen Einziehungsinstituten um Sonderfälle der Einziehung von Taterträgen, die dem Zweck dienen, Lücken der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zu schließen.701 Mit ihnen sollen sämtliche Gegenstände, die deliktischen Ursprungs sind, aus dem Verkehr gezogen werden. Abgesehen von der erweiterten und selbstständigen Einziehung von Taterträgen existiert mit der sogenannten formlosen Einziehung ein weiterer – gesetzlich nicht normierter – Sonderfall der Einziehung von Taterträgen. All diesen Sonderfällen ist gemein, dass sie den hohen Anforderungen, die der Nachweis einer rechtswidrigen Anknüpfungstat mit sich bringt, entgehen. Mit Blick auf den hiesigen Forschungsgegenstand werden die erweiterte und selbstständige Einziehung von Taterträgen im Folgenden nur überblicksweise dargestellt, zumal diese nur teilweise einem zivil- bzw. bereicherungsrechtlichen Verständnis zugänglich sind. Demgegenüber tauchen im Rahmen der formlosen Einziehung zahlreiche zivilrechtliche Fragestellungen auf. Im Einzelnen:

I. Die erweiterte Einziehung von Taterträgen gem. § 73a StGB Im Wege der erweiterten Einziehung gem. § 73a I StGB ist die Einziehung eines Gegenstands bei Tatbeteiligten oder (bösgläubigen) Dritten möglich, wenn eine rechtswidrige Tat (tatsächlich) begangenen worden ist (sogenannte Anknüpfungstat), der einzuziehende Gegenstand aber für oder durch eine andere Tat (sogenannte Erwerbstat) erlangt worden ist.702 Im Gegensatz zu § 73 I StGB bezieht sich die erweiterte Einziehung von Taterträgen gem. § 73a I StGB lediglich auf „Gegenstände“ des Tatbeteiligten. Der Begriff des Gegenstandes ist enger gefasst als der Begriff des erlangten Etwas,703 aber ebenfalls anhand des Zivilrechts zu bestimmen.704 Es wäre (auch hier) ein durchaus fragwürdiges Ergebnis,

701 Vgl. in Bezug auf § 73a StGB nur BeckOK-StGB/Heuchemer, § 73a Rn. 1.1; MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73a Rn. 4; vgl. in Bezug auf § 76a IV StGB etwa Rönnau/Begemeier, ZStW 133 (2021), 287, 288 mit Fn. 7. 702 Vgl. etwa Bittmann, NStZ 2020, 648, 655 mit weiteren Nachweisen, wonach die erweiterte Einziehung gegenüber der Einziehung nach § 73 I StGB subsidiär ist und nur in Betracht kommt, „wenn keine eindeutige Zuordnung zu einer Herkunftstat möglich ist“. 703 Vgl. dazu MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73a Rn. 19. 704 So ausdrücklich Schmidt, Vermögensabschöpfung, Rn. 133: „Gegenstandsbegriff des BGB.“

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wenn das Strafrecht einen eigenen Gegenstandsbegriff zugrunde legen würde, da die Folgen einer rechtskräftigen Einziehungsentscheidung rein zivilrechtlicher Natur sind. „Gegenstand“ ist damit alles, was Objekt von Rechten sein kann.705 Umfasst sind damit exemplarisch Rechte und Sachen706 sowie Tiere707, nicht jedoch ersparte Aufwendungen.708 Der einzuziehende Gegenstand muss dem Tatbeteiligten oder Dritten zuzuordnen sein. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 73a I StGB, der von Gegenständen „des“ Täters oder Teilnehmers spricht. Ob ein Gegenstand einem Tatbeteiligten oder Dritten zugeordnet ist, richtet sich aber nicht nach den Eigentumsverhältnissen.709 Anders als im Rahmen von §§ 74 I, III 1, 74a StGB kommt es auf die Rechtsinhaberschaft des Tatbeteiligten oder Dritten nicht an. Ausreichend ist vielmehr, dass der Betroffene die (faktische) Verfügungsgewalt über den Gegenstand innehat.710 An dieser Stelle kann der strafrechtliche Gewahrsam an einer Sache ausreichen;711 das Strafrecht verfährt hier – im Gegensatz zur bewussten Übernahme des Begriffspaars „erlangtes Etwas“ – autonom. Zivilrechtliche Aspekte spielen demnach im Rahmen von § 73a I StGB vor allem eine Rolle, wenn es um die Auslegung des Begriffs „Gegenstand“ geht. 1. Einziehung auch von Nutzungen und Surrogaten? Ob auch Nutzungen und Surrogate der Einziehung gem. § 73a I StGB unterliegen, ist umstritten, weil ein entsprechender Verweis auf § 73 II, III StGB fehlt.712 Richtigerweise hat die Reform nichts an der Einziehungsfähigkeit von Nutzungen

705 Vgl. nur BeckOGK-BGB/Mössner, § 90 Rn. 10 m.w. N.; MüKo-StGB/Schmitz, § 242 Rn. 25. 706 Vgl. zum „einziehungsrechtlichen Begriff des Gegenstands“ Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 300 ff., der sich zwar auf die Einziehung von Tatmitteln, Tatobjekten und Tatprodukten bezieht, aber grundsätzlich identisch auszulegen ist, wie der Gegenstandsbegriff im Rahmen der erweiterten Einziehung. Ausnahmen ergeben sich aber freilich bei sogenannten Identitätsfragen (vgl. Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 304 ff.). 707 Vgl. etwa BeckOGK-BGB/Mössner, § 90a Rn. 2 m.w. N.: „(körperliche) Gegenstände eigener Art“. 708 Vgl. zu ersparten Aufwendungen BGH NZWiSt 2021, 478, 490 m.w. N.; a. A. aber Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73a Rn. 4. 709 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73a Rn. 9; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73a Rn. 4; a. A. offenbar BGH NStZ 2019, 141, der von dinglichem Herrschaftsrecht spricht. 710 Vgl. Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73a Rn. 4; MüKo-StGB/ Joecks/Meißner, § 73a Rn. 20. 711 Vgl. zum (strafrechtlichen) Gewahrsamsbegriff allgemein Jüchser, ZJS 2012, 195 ff. 712 Vgl. zum Streitstand LK-StGB/Lohse, § 73a Rn. 42, der den Gesetzgeber um Klarstellung bittet.

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und Surrogaten im Rahmen von § 73a I StGB geändert.713 Dies folgt bereits aus einer richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift:714 ErwGr (19) der Einziehungsrichtlinie stellt fest, dass Vermögensgegenstände (vgl. Art. 1 Nr. 2 Einziehungsrichtlinie), die das Gericht als Erträge aus anderen Straftaten ansieht, der erweiterten Einziehung unterliegen sollen. Der Begriff „Erträge aus Straftaten“ erfasst aber – wie sich aus Art. 1 Nr. 1 und ErwGr (11) der Einziehungsrichtlinie ergibt – auch „mittelbare Vorteile“, mithin Nutzungen und Surrogate. Eine Grenze findet diese Auslegung auch nicht in der deutschen Methodenlehre. Wenn der 5. BGH-Strafsenat meint, der Wortlaut „diese Gegenstände“ spreche gegen die Einziehung von Surrogaten,715 dann verkennt er, dass sich der Begriff „diese Gegenstände“ auf die „Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers“ bezieht, jener Gegenstandsbegriff aber auch Nutzungen und Surrogate umfassen kann (sogenannter weiter, nicht identitätsbezogener Gegenstandsbegriff). Im Gegensatz zu der Einziehung im Rahmen von §§ 74, 74a und § 74b StGB kommt es im Rahmen von § 73a StGB nicht auf die Identität des Einziehungsgegenstandes an. Das Erfordernis bei den §§ 74, 74a und § 74b StGB, der Einziehungsgegenstand müsse gerade der tatverstrickte (mithin identische) Gegenstand sein, folgt aus deren strafrechtlich-repressiven bzw. polizeilichpräventiven Funktion.716 Demgegenüber hat § 73a I StGB ausschließlich eine vermögensordnende Funktion,717 so dass „die ausgleichsbedürftige Unrechtslage gerade im Surrogat des rechtswidrigen Tatvorteils ihre unmittelbare körperliche Fortsetzung findet“.718 Letzteres gilt aber auch für Nutzungen, weshalb aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung des § 73a I StGB sowohl Surrogate als auch Nutzungen als „Gegenstände“ eingezogen werden können. 2. Zwischenergebnis Damit ist festzuhalten, dass auch die erweiterte Einziehung von Taterträgen gem. § 73a I StGB die Einziehung von Nutzungen und Surrogaten erfasst; möglich ist auch eine Einziehung des Wertersatzes gem. §§ 73a I, 73c StGB, so dass zivilrechtliche Fragestellungen mithin – wie im Rahmen der Einziehung gem. §§ 73, 73c StGB – auch an dieser Stelle auftauchen.

713 So i. E. auch Schmidt, Vermögensabschöpfung, Rn. 136; a. A. aber Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, § 73a Rn. 4. 714 Siehe hierzu Zivanic, wistra 2022, 162, 163. 715 Vgl. BGH NStZ 2020, 661. 716 Vgl. dazu bereits Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 341. 717 Vgl. SK-StGB/Wolters, § 73d a. F. Rn. 2, wonach auch die erweiterte Einziehung kondiktionsähnlicher Natur ist. 718 Eser, Sanktionen gegen das Eigentum, S. 341 unter Rekurs auf Stree, Deliktsfolgen, S. 96.

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

II. Die selbstständige Einziehung von Taterträgen gem. § 76a StGB Die selbstständige Einziehung von Taterträgen gem. § 76a StGB719 beinhaltet im Vergleich zu den vorherig behandelten Einziehungsmaßnahmen keine Besonderheiten hinsichtlich zivil- bzw. bereicherungsrechtlicher Fragestellungen, die sich potentiell stellen können.720 Gleichwohl gewinnt dieses Einziehungsinstitut an erheblicher Bedeutung, wenn es um die Frage der Abgrenzung zwischen Strafanwendungsrecht und Internationalem Zivilprozess- sowie Privatrecht geht.721 Hierauf wird noch im weiteren Verlauf der Untersuchung vertieft eingegangen.

III. Exkurs: Allgemeines und Besonderes zur erweiterten und selbständigen Einziehung Während bei der erweiterten Einziehung (§ 73a I StGB) ein subjektives bzw. subjektiv-getrenntes Einziehungsverfahren stattfindet, weil feststehen muss, dass zumindest eine rechtswidrige Tat tatsächlich begangen wurde (Anknüpfungstat),722 findet bei der selbstständigen Einziehung gem. § 76a StGB lediglich ein objektives Einziehungsverfahren statt.723 Abgesehen von der selbstständigen Einziehung gem. § 76a I StGB (ggfs. i.V. m. § 76a II oder III StGB), bei der – außer der in § 76a I–III StGB genannten tatsächlichen und rechtlichen Hinderungsgründe – alle restlichen Voraussetzungen einer Einziehungsanordnung gegeben sein müssen,724 sind für eine Anordnung der selbstständigen Einziehung gem. § 76a IV StGB unabdingbare Voraussetzung: (1) Sicherstellung des (einzuziehenden) Gegenstandes in einem Ermittlungsverfahren, das eine in § 76a IV 3 StGB benannte Straftat zum Gegenstand hatte,725 (2) dass der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann und (3) dass der Gegenstand – nach richterlicher Überzeugungsbildung – aus irgendeiner rechtswidrigen Tat herrührt, sprich 719

Dies gilt für alle Varianten der selbstständigen Einziehung. Siehe jetzt auch die Neufassung von § 76a IV StGB, der die Einziehung gezogener Nutzungen ausdrücklich anordnet. 721 Vgl. dazu unten S. 209 ff. 722 Vgl. dazu Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 184. 723 Vgl. statt vieler Rönnau/Begemeier, ZStW 133 (2021), 287, 292 und 295 (Grafik 1). 724 Vgl. hierzu etwa Sch/Sch/Eser/Schuster, § 76a Rn. 4 ff. 725 Vgl. hierzu BGH NJW 2020, 164 ff.; siehe aber El-Ghazi/Marstaller/Zimmermann, NZWiSt 2021, 297, 304, wonach – nach Auffassung des Rechtsausschusses (BTDrs. 19/26602, S. 8) – mit der Neuformulierung von § 76a IV 1 StGB das Erfordernis, der Gegenstand müsse wegen des Verdachts einer Katalogtat (§ 76a IV 3 StGB) sichergestellt worden sein, entfallen sei. Ob die Rechtsprechung – angesichts der unglücklichen Formulierung – dem folgen wird, bleibt abzuwarten. 720

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die Herkunftstat gerade nicht gerichtlich festgestellt werden kann.726 Die wesentliche Gemeinsamkeit zwischen § 73a I StGB und § 76a IV StGB liegt also darin, dass nur nach uneingeschränkter richterlicher Überzeugungsbildung irgendeine rechtswidrige Tat begangen worden ist und der einzuziehende Gegenstand aus dieser – im Einzelnen nicht bestimmten – rechtswidrigen Tat herrührt.727 1. Die Bedeutung von § 437 StPO Um ebendiese rechtswidrige Tat feststellen zu können, dienen die Kriterien des § 437 StPO in beiden Fällen als Anwendungs- bzw. Orientierungshilfe.728 Obschon sowohl im Falle eines subjektiven als auch objektiven Strafverfahrens das Strafgericht zwingend den wahren Sachverhalt zu erforschen hat, weil sich das Strafverfahren nach der StPO richtet,729 wird teilweise behauptet, die Vorschrift des § 76a IV StGB (i.V. m. § 437 StPO) stelle eine Beweislastregelung dar730 – und das, obwohl Beweislastregeln im Strafverfahren grundsätzlich keinen Platz haben.731 Der Wille des Reformgesetzgebers mag an dieser Stelle zwar durchaus uneindeutig sein,732 doch ist eines sicher: Die Vorschrift des § 437 StPO soll den Grundsatz freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 261 StPO) nicht einschränken.733 Beweislastregelungen sind diesem Grundsatz abträglich.734 Die Bedeu-

726 Vgl. zu diesen Voraussetzungen Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 194 f., der aber vier Voraussetzungen nennt; vgl. zudem Sch/Sch/ Eser/Schuster, § 76a Rn. 11 ff., die ebenfalls drei Voraussetzungen nennen. 727 Siehe zur „Strukturgleichheit“ der Vorschriften auch Bittmann, NZWiSt 2019, 445, 449. 728 Vgl. Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Vermögensabschöpfung, Rn. 198; siehe nun auch BGH NStZ 2021, 286 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 66. 729 Vgl. allgemein zum „Ziel des Strafverfahrens“ KK-StPO/Fischer, Einl. Rn. 3. 730 Vgl. Greeve, ZWH 2017, 277, 279, der zufolge sich aus § 76a IV StGB eine Beweislastumkehr ergebe. 731 Vgl. aber Prütting, Gegenwartsprobleme, S. 38 f. unter Verweis auf § 186 StGB als Beweislastregelung (im Strafrecht) und darauf, dass die objektive Beweislast im Strafprozess zwischen Staatsanwaltschaft und Angeklagten in den meisten Fällen nach dem Grundsatz in dubio pro reo verteilt ist; siehe zudem (rechtsvergleichend) Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1017. 732 Vgl. ausführlich Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based-confiscation, S. 53 ff., insb. S. 99 ff. 733 Vgl. hierzu MüKo-StPO/Scheinfeld/Langlitz, § 437 Rn. 8. 734 Vgl. allgemein zu sonstigen „Vermutungen“ Löwe-Rosenberg-StPO/Sander, § 261 Rn. 66, wonach diese nur das Beweisthema sowie den Bezugspunkt für die Beweiswürdigung ändern, aber gerade nicht „eine Überbürdung der Beweislast auf den Angeklagten“ darstellen; vgl. ferner KK-StPO/Fischer, Einl. Rn. 50, wonach sich der Grundsatz „in dubio pro reo“ aus dem Schuldgrundsatz i.V. m. § 261 StPO ergibt. Sieht man den Grundsatz nur in § 261 StPO verankert, so gilt er auch im Einziehungsverfahren (und dort auch für tatunbeteiligte Dritte) – unabhängig davon, ob die Einziehung von Taterträgen eine „Strafe“ ist, die am Schuldgrundsatz zu messen ist. Vgl. zu § 437 StPO auch Kraushaar, NZWiSt 2019, 288, 293, wonach es unter Geltung des Amts-

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tung der Vorschrift (§ 437 StPO) erschöpft sich damit in einer bloßen Anwendungs- bzw. Orientierungshilfe für das Gericht.735 Nach alledem gelten für das Einziehungsverfahren, unabhängig davon, ob ein subjektives, subjektiv-getrenntes oder objektives Strafverfahren stattfindet,736 mit Blick auf den – von § 261 StPO geforderten Überzeugungsmaßstab – keine Besonderheiten. 2. Verfassungsrechtliche Bedenken Der Reformgesetzgeber legt damit an die Überzeugungsbildung einen strengeren Maßstab an, als von der Einziehungsrichtlinie gefordert. Nach ErwGr (21) Einziehungsrichtlinie „muss [nämlich gerade nicht, nach uneingeschränkter richterlicher Überzeugungsbildung, feststehen], dass [die einzuziehenden] Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen.“ Die Einziehungsrichtlinie erlaubt vielmehr eine „Wahrscheinlichkeitsabwägung“.737 Trotz des geforderten (hohen) Maßstabs der Überzeugungsbildung und der damit restriktiven Auslegung der Vorschrift des § 73a I StGB, werden – wie auch schon zur alten Rechtslage738 – verfassungsrechtliche Bedenken gegen sie erhoben. Das BVerfG hat weder die erweiterte noch die selbstständige Einziehung nach neuer Rechtslage als Strafe bzw. strafähnliche Maßnahme begriffen.739 Die Vermögensabschöpfungsreform habe an der Grundausrichtung der erweiterten Einziehung nichts geändert.740 ermittlungsgrundsatzes überhaupt keine Beweis- bzw. Darlegungslasten gebe. Diese These ist aber – wie sich aus 2. Teil Fn. 731 ergibt – jedenfalls ungenau. 735 Vgl. Steinert, SVR 2020, 412, 415; so auch MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 73a Rn. 22 sowie MüKo-StPO/Scheinfeld/Langlitz, § 437 Rn. 9, aber letztere zugleich kritisch; vgl. zudem Kraushaar, NZWiSt 2019, 288, 292, wonach eine Anwendung zivilprozessualer Beweisgrundsätze auch nicht mit der Rspr. des BVerfG (NJW 2004, 2073 ff.) und BGH (NJW 1995, 470) zum erweiterten Verfall, auf die der Reformgesetzgeber aber (auch) anknüpft (vgl. BT-Drs. 19/9525, S. 57 f.), vereinbar wäre; vgl. Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based-confiscation, S. 106 ff., wonach die Vorschrift des § 437 StPO eine spezielle Variante eines (normativen) Anscheinsbeweises darstellt, „der vom Richter faktisch zu einer milden Herabsetzung des Beweismaßstabs genutzt werden kann“. Vgl. erneut Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based-confiscation, S. 57 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 89, 92 f., wonach die Gesetzesbegründung im Fall der selbstständigen Einziehung (§§ 76a IV StGB, 437 StPO) wohl vom Beibringungsgrundsatz ausgeht; vgl. dies., Non-conviction-based-confiscation, S. 116 ff., wonach eine Veränderung der Darlegungs- und Beweislast jedenfalls am Gebot der Normenwahrheit und -klarheit scheitert. 736 Siehe zu diesen Verfahrensarten S. 194. 737 Kritisch dazu aber Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1017 f.; siehe hierzu auch Brodowski ZIS 2013, 455, 467. 738 Vgl. etwa Julius, ZStW 109 (1997), 59, 96 ff.; NK-StGB/Saliger, § 73d a. F. Rn. 2 ff.; Perron, JZ 1993, 918, 919 ff. 739 Vgl. hierzu bereits S. 26 f. 740 Ebenso schon Pelz, NZWiSt 2018, 251, 254.

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Freilich wurden in der Lehre vor allem im Hinblick auf die Vereinbarkeit der erweiterten Einziehung mit Art. 14 I GG (bzw. Art. 17 GRCh) Bedenken erhoben.741 Die Neufassung des § 73a I StGB führt nämlich zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs: War die erweiterte Einziehung nach alter Rechtslage auf Anlasstaten, die einen Bezug zur organisierten Kriminalität aufweisen,742 beschränkt,743 „kommt [nunmehr] jede rechtswidrige Tat als Anknüpfungstat in Betracht“.744 Der Reformgesetzgeber erweiterte den Anwendungsbereich der erweiterten Einziehung über das von Art. 5 I, II Einziehungsrichtlinie geforderte Mindestmaß hinaus.745 Pelz746 und Korte747 waren schon vor der aktuellen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung der zutreffenden Auffassung, das BVerfG werde in der Neufassung keinen Verfassungsverstoß erblicken, weil kein Widerspruch zu den tragenden Entscheidungsgründen der vergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung bestehe:748 Das BVerfG erachtete den erweiterten Verfall seinerzeit nicht deshalb für verfassungsgemäß, weil er auf die organisierte Kriminalität beschränkt war. Vielmehr dürfte das notwendige Maß der Überzeugungsbildung der ausschlaggebende Punkt für die Verfassungskonformität der Vorschrift gewesen sein. Hinzu kommt, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 73a StGB nur „auf bestimmte Ausnahmefälle“ beschränkt ist.749 Dies folgt aus ihrer Subsidiarität.750 All diese – zu § 73a StGB geäußerten – Erwägungen lassen sich auch auf die selbstständige Einziehung gem. § 76a IV StGB übertragen; insbesondere ist auch die selbstständige Einziehung zu den restlichen Abschöpfungsinstrumenten subsidiär.751 Freilich darf, um einen Konflikt mit der Eigentumsgarantie zu vermeiden und den Rechtscharakter der Maßnahme zu wahren, die Geldwäschedogmatik – scil. die Totalkontaminationsthese – nicht auf § 76a IV StGB übertragen werden.752 741 Vgl. dazu vor allem und umfassend Rönnau/Begemeier, NZWiSt 2016, 260, 262 ff.; ebenfalls kritisch Greeve ZWH 2017, 277, 280; Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1019 ff.; Trüg, NJW 2017, 1913, 1915. 742 Vgl. Rönnau/Begemeier, NZWiSt 2016, 260, 261. 743 Vgl. dazu Lackner/Kühl/Heger, § 73a Rn. 1. 744 BT-Drs. 18/9525, S. 57. 745 Vgl. Fischer, § 73a Rn. 9a; Rönnau/Begemeier, NZWiSt 2016, 260, 263. 746 Pelz, NZWiSt 2018, 251, 254. 747 Korte, wistra 2018, 1, 6. 748 A. A. Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1021. 749 Rönnau/Begemeier, ZStW 133 (2021), 287, 299. 750 Vgl. umfassend Rönnau/Begemeier, ZStW 133 (2021), 287, 296 ff. 751 Vgl. Fischer, § 76a Rn. 9; siehe umfassend Rönnau/Begemeier, ZStW 133 (2021), 287, 313 ff. 752 Dazu bereits Rönnau/Begemeier, JZ 2018, 443 ff.; siehe aktuell dies., NStZ 2021, 705 ff., die zutreffend darauf hinweisen, dass der Sanktionsumfang des § 76a IV StGB

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3. Ergebnis Beachtet man all das, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschriften der §§ 73a I, 76a IV StGB.753

IV. Aufwendungsabzug bei der erweiterten und selbstständigen Einziehung von Taterträgen Hält man – wie hier – die Vorschrift des § 73d I StGB für alle Vermögensabschöpfungsmaßnahmen anwendbar, findet sie auch auf die erweiterte sowie selbstständige Einziehung von Taterträgen Anwendung. Andernfalls würde man auch diesen Maßnahmen ihre quasi-kondiktionelle Grundausrichtung nehmen.754 Das KG Berlin (4. Strafsenat) hat insofern völlig zutreffend – im Rahmen einer zu § 76a IV 1 StGB ergangenen Entscheidung – die Parallele zwischen dem strafrechtlichen Aufwendungsabzug und den §§ 818 III, IV, 819 I BGB aufgezeigt sowie geprüft, ob und welche vermögensmindernden Investitionen des (bösgläubigen) Einziehungsadressaten abziehbar sind.755 Nur mit einem solchen Verständnis – scil. einer bereicherungsrechtlichen Parallele – wahrt man den quasikondiktionellen Charakter aller (hier behandelten) Vermögensabschöpfungsmaßnahmen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB).

V. Die sogenannte formlose Einziehung von Taterträgen Bei der sogenannten formlosen Einziehung756, bei welcher der Einziehungsbetroffene in der Hauptverhandlung auf die Herausgabe bereits sichergestellter oder beschlagnahmter Gegenstände verzichtet, stellen sich eine Fülle an zivilrechtlichen Fragestellungen.757 Der Eigentumserwerb des Staates (hinsichtlich dieser

nicht mit dem Gedanken des Bereicherungsrechts erklärt werden kann, sofern man die Geldwäschedogmatik heranzieht. 753 Vgl. speziell im Hinblick auf § 76a IV StGB Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based-confiscation, passim sowie KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 26 ff.; neuerdings kritisch zur aktuellen Erweiterung des § 76a IV StGB El-Ghazi/Marstaller/ Zimmermann, NZWiSt 2021, 297 ff., wonach mit der (potentiellen) Möglichkeit der Einziehung von Tatprodukten gem. § 76a IV StGB der nicht-punitive Charakter der Vorschrift und auch ihre Vereinbarkeit mit Art. 14 GG, insbesondere aufgrund der Möglichkeit der Einziehung in Fällen von Bagatell-Geldwäsche, in Frage gestellt wird. 754 Vgl. SK-StGB/Wolters, § 73d a. F. Rn. 2 (noch zum erweiterten Verfall), wonach auch die erweiterte Einziehung (§ 73a I StGB) kondiktionsähnlicher Natur sei. 755 Vgl. KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 64 ff. 756 Siehe zu weiteren Bezeichnungen Britz, FS Merkel, 1321, 1323: verbreitet ist vor allem auch die Bezeichnung „außergerichtliche Einziehung“. 757 Vgl. allgemein zur formlosen Einziehung LK-StGB/Lohse, Vor §§ 73–76b Rn. 57; siehe neuerdings kritisch zur formlosen Einziehung Britz, FS Merkel, 1321 ff., insb. 1331 ff. zur „Problematik der grundsätzlichen Zulässigkeit“ der formlosen Einziehung angesichts verfassungsrechtlicher Hürden.

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Gegenstände)758 richtet sich nämlich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts:759 Der Einziehungsbetroffene gibt (bei beweglichen Sachen) mit der Verzichtserklärung ein Angebot zur Übertragung des Eigentums gem. § 929 S. 2 BGB ab, das die Staatsanwaltschaft760 – als Stellvertreterin für den Justizfiskus761 – typischerweise stillschweigend762 annimmt.763 Eine Übereignung gem. § 929 S. 2 BGB findet aber nur statt, wenn der Einziehungsbetroffene auch der Eigentümer der sichergestellten bzw. beschlagnahmten beweglichen Sache ist. Bei fehlender Verfügungsbefugnis des Einziehungsbetroffenen ist darüber hinaus die Gutglaubensvorschrift des § 932 I 1, 2, II BGB zu prüfen. Ein gutgläubiger Erwerb des Staates kommt danach nur in Betracht, wenn die Staatsanwaltschaft im Zeitpunkt der dinglichen Einigung und der Einigung über den Eigenbesitzwechsel764 nicht weiß und auch nicht hätte wissen müssen, dass der Veräußerer (der Einziehungsbetroffene) nicht der Eigentümer der sichergestellten bzw. beschlagnahmten beweglichen Sache ist und den Besitz vom Veräußerer (dem Einziehungsbetroffenen) erlangt hat. 1. Die (Un-)Anwendbarkeit der Vorschrift des § 1006 BGB Der 5. BGH-Strafsenat sieht das indes anders; jedenfalls entsteht ein solcher Eindruck. In einem seiner Beschlüsse heißt es nämlich: „Nach dem Rechtsgedanken des § 1006 Abs. 1 und 2 BGB wird das Eigentum des Besitzers an einer Sache vermutet. Die Widerlegung dieser Vermutung erfordert – nicht anders als in den Fällen der erweiterten Einziehung gemäß § 73a StGB [. . .] – eine sichere Überzeugung von der deliktischen Herkunft des Geldes, hier aus (anderweitigen) Drogengeschäften.“ 765 Der 5. BGH-Strafsenat stützt also die Eigentümerstellung des Einziehungsbetroffenen auf seine (vormalig) bestehende Besitzstellung. Vom Wortlaut her ließe sich § 1006 I, II BGB auch entsprechend verstehen.766 Allerdings verkennt der 758 Ein Verzicht des Einziehungsbetroffenen kann auch dazu führen, dass der staatliche Zahlungsanspruch gem. § 73c StGB in der Höhe des jeweiligen (verzichteten) Betrages erlischt, vgl. BGH BeckRS 2019, 27820. 759 Vgl. dazu nur BGH NJW 2019, 1692, 1693 sowie LK-StGB/Lohse, Vor §§ 73– 76b Rn. 57. 760 Gemeint ist der jeweilige Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, vgl. auch BGH NJW 2019, 1692, 1693. 761 Vgl. hierzu die überzeugenden Ausführungen von BGH NJW 2019, 1692, 1694. 762 Vgl. dazu etwa BeckOK-BtMG/Teriet, § 33 Rn. 60. 763 Vgl. zu weiteren Einzelheiten bzgl. der Annahme etwa BeckOK-BtMG/Teriet, § 33 Rn. 60; siehe zu weiteren Einzelheiten der Gerichtspraxis Britz, FS Merkel, 1321, 1323 ff. 764 Vgl. zum relevanten Zeitpunkt der Gutgläubigkeit des Erwerbers bei einem Erwerb gem. § 929 S. 2 BGB MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 38. 765 BGH BeckRS 2019, 27820. 766 Vgl. Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, S. 241.

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5. BGH-Strafsenat, dass § 1006 I 1 BGB nach h. M. zunächst nur vermute, der Besitzer habe mit dem Besitzerwerb auch das Eigentum an der Sache erworben.767 Die Eigentumserwerbsvermutung aus § 1006 I 1 BGB orientiert sich nach h.M an den Eigentumserwerbsvorschriften der §§ 929 ff. BGB, wonach mit dem Besitzerwerb auch das Eigentum erworben wird.768 Interessant erscheint die Heranziehung des § 1006 I, II BGB auch insofern, als es sich hierbei um eine „prozessuale“ Vorschrift769 handelt, die ihre Wirkung überhaupt erst im Zivilprozess entfaltet, indem sie dort die Beweislast umkehrt770 und damit den (wahren) Eigentümer schützen möchte.771 Gleichwohl hat auch das BVerwG772 die Anwendbarkeit der Eigentumsvermutung im Verwaltungsprozess, und damit im öffentlichen Recht, bestätigt.773 Insofern ließe sich die Anwendbarkeit der Vorschrift im Strafrecht (bzw. Strafprozess) damit begründen, dass die Einziehung von Taterträgen letztlich einem öffentlichen-rechtlichen (Restitutions-)Anspruch gleiche und wie dieser an zivilrechtliche Rechtspositionen anknüpfe. Nichtsdestotrotz kann die Vorschrift des § 1006 I, II BGB in Verzichtsfällen keine Geltung beanspruchen: In Verzichtsfällen geht es gerade nicht um Eigentumsschutz, weil ein Dritter das Eigentum an der streitgegenständlichen Sache beansprucht; insofern wirkt die Eigentumserwerbsvermutung hier schon nicht „zugunsten des Besitzers“, sondern zu seinen Lasten. Hinzu kommt, dass es in Verzichtsfällen ausschließlich um die Eigentumsübertragung geht, weil der Einziehungsbetroffene sein (vermeintliches) Eigentum an der Sache dem Staat übertragen möchte. Oder mit anderen Worten: Für eine Übereignung gem. § 929 S. 2 BGB muss der Veräußerer nicht zwingend der Eigentümer sein; ausreichend ist vielmehr eine entsprechende Verfügungsbefugnis.774 In diesen Fällen, sprich um

767 Vgl. BGHZ 64, 395, 396; Baur/Stürner, § 10 Rn. 6; Jauernig/Berger, § 1006 Rn. 1; BeckOGK-BGB/Spohnheimer, § 1006 Rn. 30; MüKo-BGB/Raff, § 1006 Rn. 44; Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, S. 241; a. A. Zivanic, Juridica International 30 (2021), 90, 96 f. 768 Vgl. Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, S. 241; a. A. Zivanic, Juridica International 30 (2021), 90, 96 f. 769 So Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, S. 240; siehe auch BeckOGK-BGB/Spohnheimer, § 1006 Rn. 60 ff. 770 Vgl. statt vieler Staudinger/Gurksy, § 1006 Rn. 43; a. A. aber MüKo-BGB/Raff, § 1006 Rn. 66, der von einer bloßen Beweiswürdigungsregel ausgeht. 771 Vgl. zu dieser Funktion MüKo-BGB/Raff, § 1006 Rn. 1. 772 Vgl. BVerwG NJW 2003, 689, 690. 773 Siehe auch BeckOGK-BGB/Spohnheimer, § 1006 Rn. 15. 774 Vgl. allgemein zur Verfügungsbefugnis Staudinger/C. Heinze, § 929 Rn. 86 ff.; BeckOGK-BGB/Klinck, § 929 Rn. 105 ff., wonach Eigentümerstellung und Verfügungsbefugnis durchaus auseinanderfallen können.

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die Verfügungsbefugnis des Veräußernden zu beweisen, greift § 1006 I, II BGB gerade nicht zugunsten des Besitzers ein.775 2. Gutgläubiger Eigentumserwerb des Staates Wenn demnach die Verfügungsbefugnis des Veräußerers zweifelhaft ist, so bedarf es der weitergehenden Prüfung der Gutglaubensvorschriften, hier des § 932 I 1, 2, II BGB. Erforderlich für einen gutgläubigen Erwerb ist, dass (1) ein Vertrauenstatbestand besteht, (2) den der ehemalige Eigentümer veranlasst hat und (3) auf den der Erwerber im relevanten Zeitpunkt vertrauen durfte.776 Richtig ist, und insofern ist dem 5. BGH-Strafsenat beizupflichten, dass der Besitz des Veräußernden die Vertrauensgrundlage schaffen kann.777 Allerdings ist auch diese – in der Rechtsprechung778 verbreitete – These etwas ungenau. So zeigen die Fälle des sogenannten Geheißerwerbs, dass die Vertrauensgrundlage nicht der Besitz, sondern vielmehr die Besitzverschaffungsmacht des Veräußernden bildet.779 Der 5. BGH-Strafsenat vermengt mit seinem Beschluss zwei unterschiedliche Aspekte, nämlich auf der einen Seite Eigentumsschutz gem. § 1006 I, II BGB und auf der anderen Seite Verkehrsschutz gem. §§ 932 ff. BGB. a) Grob fahrlässige Unkenntnis In Verzichtsfällen kommt es – bei zweifelhafter Eigentumslage – ausschließlich darauf an, ob der Erwerber, mithin der Staat (vertreten durch die Staatsanwaltschaft) auf das vermeintlich bestehende Eigentum des Veräußerers (im relevanten Zeitpunkt) vertrauen durfte oder eben nicht. Positive Kenntnis von der fehlenden Eigentümerstellung des Einziehungsadressaten wird die Staatsanwaltschaft in derart gelagerten Fällen typischerweise nicht haben.780 Übrig bleibt also nur der Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis. Hat die Staatsanwaltschaft 775 Vgl. insofern auch MüKo-BGB/Raff, § 1006 Rn. 5 f. bzgl. der unterschiedlichen Funktion von § 1006 BGB und den §§ 932 ff. BGB; siehe ferner Stagl, AcP 211 (2011), 530, 542, dem zufolge der Erwerb gem. §§ 932 ff. BGB verfahrensrechtlich mit der Vorschrift des § 1006 BGB „abgesichert“ werde. 776 Vgl. statt vieler MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 4; ob auch ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts vorliegen muss, ist zwar umstritten, aber für die hiesigen Verzichtsfälle unproblematisch zu bejahen, da Erwerber (Justizfiskus) und Veräußerer (Einziehungsadressat) personenverschieden sind, vgl. zum Ganzen MüKo-BGB/ Oechsler, § 932 Rn. 35 ff. 777 Siehe dazu Staudinger/C. Heinze, § 929 Rn. 14; MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 6. 778 Vgl. BGHZ 56, 123, 128 f. 779 Vgl. zum Ganzen und mit zahlreichen Nachweisen MüKo-BGB/Oechsler, § 932 Rn. 6. 780 So auch im Fall, der dem Beschluss des 5. BGH-Strafsenats zugrunde lag, indem die Staatsanwaltschaft und auch die Strafkammer davon ausgingen, das Geld stamme „hochwahrscheinlich“ aus Drogengeschäften.

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Zweifel am Eigentum des Erwerbers, und kann sie diese Zweifel – trotz (aller zumutbaren) Nachforschungen – weder bestätigen noch widerlegen, stellt sich die Frage, zu welchen Lasten sich nicht zu beseitigende Zweifel auswirken. Lehnte man eine grob fahrlässige Unkenntnis der Staatsanwaltschaft in derartigen Konstellationen ab, stünde zugleich eine vorsätzliche (potentielle) Verletzung des früheren Eigentums in Rede.781 Dieses Ergebnis ist aber hinzunehmen. Dies gebietet der von den §§ 932 ff. BGB gewährleistete Vertrauensschutz – oder, um es mit Klinck zu formulieren: „Schlössen durch Nachforschungen nicht zu beseitigende Zweifel am Eigentum des Veräußerers den gutgläubigen Erwerb aus, würden Sachen, deren Herkunft gegenwärtig nicht vollständig aufklärbar ist, vom Güterverkehr ausgeschlossen, was den gesamtwirtschaftlichen Funktionen des gutgläubigen Erwerbs zuwiderliefe.“ 782 Selbst wenn der Einziehungsbetroffene die sichergestellte Sache als Nichtberechtigter übereignet, kommt ein Eigentumserwerb des Staates gem. §§ 929 S. 2, 932 I 1, 2, II BGB in Betracht, wenn die Staatsanwaltschaft weder positive Kenntnis noch fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Eigentümerstellung des Einziehungsbetroffenen hat. b) Besitzerwerb „mit dem Willen des Veräußerers“ Problematisch erscheint hier jedoch die Voraussetzung des § 932 I 2 BGB, wonach der Erwerber (der Justizfiskus) den Besitz vom Veräußerer (dem Einziehungsbetroffenen) erlangt haben muss. Bei einer Beschlagnahme erlangt der Erwerber die Sache nämlich nicht „mit dem Willen des Veräußerers“; dies soll aber nach verbreiteter Auffassung gerade Voraussetzung für einen gutgläubigen Erwerb gem. §§ 929 S. 2, 932 I 1, 2, II BGB sein.783 Gegen diese Sichtweise bestehen tiefgreifende Bedenken, da sie dem dogmatischen Konstrukt der Rechtsscheinhaftung zuwiderläuft. Der Rechtsschein, sprich die Besitzverschaffungsmacht des Veräußerers, wird gerade nicht geschwächt oder gar beseitigt, wenn der Veräußerer den Besitz unfreiwillig verloren hat.784 Dieser Sichtweise lässt sich auch nicht entgegenhalten, für den Besitzerwerb im Rahmen von § 934 Var. 2 BGB genüge eine einseitige bzw. aufgrund von verbotener Eigenmacht erfolgte Besitzergreifung ebenfalls nicht.785 Bei § 934 Var. 2 BGB erlangt der Erwerber den Besitz von einem Dritten, nicht hingegen unmittelbar vom Veräußerer. Die Anforderungen an den Besitzerwerb müssen bei § 934 Var. 2 BGB 781

Vgl. BeckOGK-BGB/Klinck, § 932 Rn. 41. BeckOGK-BGB/Klinck, § 932 Rn. 41. 783 So etwa Gerlach/Manzke, StraFo 2018, 101, 102 und ihnen zustimmend Rönnau/ Begemeier, JR 2019, 471, 473 in Fn. 18; vgl. aus dem Zivilrecht Lüke, Sachenrecht, Rn. 209: Besitzerlangung „auf Veranlassung des Dritten“. 784 So auch BeckOGK-BGB/Klinck, § 932 Rn. 95; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 47 Rn. 11; a. A. aber Thode, Die außergerichtliche Einziehung, S. 83. 785 Vgl. dazu nur MüKo-BGB/Oechsler, § 934 Rn. 12. 782

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schon deshalb höher sein als bei § 932 I 2 BGB, weil der Erwerber stets gutgläubig hinsichtlich der Besitzverschaffungsmacht des Veräußerers sein muss. Selbst wenn der Erwerber sich den Besitz eigenmächtig verschafft, soll eine nachträgliche Zustimmung des Dritten (in die Wegnahme) möglich sein, und den Eigentumserwerb gem. §§ 931, 934 Var. 2 BGB auslösen.786 Letzteres müsste konsequenterweise auch für den Fall des § 932 I 2 BGB gelten, wenn man nicht schon die eigenmächtige, unfreiwillige Besitzverschaffung genügen lässt. Mit dem „Verzicht“ stimmt der Einziehungsbetroffene (als Veräußerer) dem Besitzerwerb nachträglich zu. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb des Staates ist daher prinzipiell auch im Kontext der formlosen Einziehung möglich.787 c) Ausschluss gem. § 935 BGB Der gutgläubige Eigentumserwerb kann indes aufgrund der Vorschrift des § 935 I 1 BGB ausgeschlossen sein, wenn die Sache dem ehemaligen Eigentümer abhandengekommen ist. Die Vorschrift des § 935 I BGB findet gem. § 935 II BGB jedenfalls keine Anwendung auf (das praxisrelevante) Geld, Inhaberpapiere sowie Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Ia BGB veräußert werden. Der 5. BGH-Strafsenat hätte daher einen Eigentumserwerb des Staates, auch ohne die – fehlerhafte – Heranziehung von § 1006 I, II BGB feststellen können: Selbst wenn der Einziehungsbetroffene nicht der Eigentümer des sichergestellten Geldes war, fand ein gutgläubiger Erwerb des Justizfiskus gem. §§ 929 S. 1, 932 I 1, 2, II BGB statt, der – aufgrund von § 935 II BGB – auch nicht gem. § 935 I 1 BGB ausgeschlossen war. 3. Verzicht als Dereliktion? Einen von den §§ 929 ff. BGB losgelösten Lösungsvorschlag, macht Heine: Sie nimmt den Standpunkt ein, dass in der Verzichtserklärung des Einziehungsbetroffenen eine Dereliktion gem. § 959 BGB gesehen werden kann, wenn dieser selbst der Eigentümer der Sache ist.788 Der staatliche Eigentumserwerb erfolge dann gem. § 958 I BGB (oder nach § 948 BGB).789 Diese Sichtweise verkennt allerdings, dass eine „Eigentumsaufgabe“, wie sie auch der Verzicht durchaus darstellt, zugunsten einer bestimmten Person, hier dem Staat, als Übereignungsofferte gem. § 929 S. 1 (bzw. S. 2) BGB auszulegen ist.790 Darüber hinaus versagt Heines Lösung, wenn die Eigentümerstellung des Einziehungsbetroffenen 786

So Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 249. A. A. Rönnau/Begemeier, JR 2019, 471, 473. 788 Vgl. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 54. 789 Vgl. Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, § 73 Rn. 54. 790 Vgl. MüKo-BGB/Oechsler, § 959 Rn. 5 unter Verweis auf BGH NJW 2019, 1692, 1693. 787

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zweifelhaft ist. Die Vermutung des § 1006 I, II BGB greift hier nicht ein. Eine sachgerechte Lösung bei unklarer Eigentumslage bieten daher lediglich die Gutglaubensvorschriften der §§ 932 ff. BGB. 4. Beschränkung der formlosen Einziehung auf „einfache und eindeutige Fälle“? Der 5. BGH-Strafsenat geht in einem vormalig veröffentlichten Beschluss noch weiter und weist darauf hin, „dass die formlose Einziehung auf einfachere, eindeutige Fälle beschränkt sein sollte. Bei möglicher Geschäftsunfähigkeit des Einziehungsbetroffenen, drohender Insolvenz oder fehlender Verfügungsbefugnis über den Einziehungsgegenstand vermag die formlose Einziehung die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Anordnung unter Umständen nicht zu erreichen“.791 a) Die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Einziehungsanordnung Die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Einziehungsanordnung richten sich gem. § 75 StGB. Der Staat kann nach der Vorschrift des § 75 I StGB auf drei unterschiedliche Arten das Eigentum bzw. die Rechtsinhaberschaft erwerben. Ein sofortiger Rechtserwerb des Staates findet statt, wenn der Einziehungsbetroffene der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber ist, vgl. § 75 I Nr. 1 StGB. Ein sofortiger Rechtserwerb des Staates findet auch dann statt, wenn ein Dritter der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber ist, den Gegenstand aber für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat, vgl. § 75 I Nr. 2 StGB. Schließlich beinhaltet § 75 I 2 StGB eine Sonderregelung, wonach der Staat „in anderen Fällen“ das Eigentum bzw. die Rechtsinhaberschaft mit Ablauf von sechs Monaten „nach Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung“ erwirbt, es sei denn, dass „vorher“ derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet. Kurzgefasst: Gem. § 75 I 2 StGB kann der Staat auch dann das Eigentum bzw. die Rechtsinhaberschaft erwerben, wenn (1) der Einziehungsbetroffene nicht der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber ist, (2) ein Dritter nicht verstrickt i. S. v. § 75 I 1 Nr. 2 StGB ist oder (3) wenn der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber nicht ermittelt werden kann bzw. (4) an einer Rückerlangung nicht interessiert ist.792 Erforderlich für den Rechtserwerb ist aber stets eine Mitteilung der Rechtskraft gem. § 459i StPO an den Verletzten. Fehlt diese, weil etwa das Gericht irrigerweise von der Eigentümerstellung bzw. Rechtsinhaberschaft des Einziehungsadressaten ausgeht (Fall des § 75 I Nr. 1 StGB), kommt es nicht zum Rechtserwerb des Staates.793 791

Vgl. BGH NJW 2019, 1692, 1694. Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 75 Rn. 5. 793 Vgl. Sch/Sch/Eser/Schuster, § 75 Rn. 5 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 71; zweifelnd aber Peters/Bröckers, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, Rn. 263: „mit dem Wortlaut des Gesetzes [. . .] nur schwer zu vereinbaren“. 792

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b) Möglichkeit einer deklaratorischen Einziehungsanordnung? Um die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Einziehungsanordnung nicht zu gefährden, könnte – unabhängig vom Vorliegen einer Verzichtserklärung des Einziehungsbetroffenen – erwogen werden, stets eine deklaratorische Einziehung anzuordnen.794 Indes verletzt eine deklaratorische Einziehungsanordnung bei erklärtem Verzicht, der zum Eigentumserwerb des Staates führt, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.795 Letzterer ist nämlich – in Ausnahmekonstellationen – auch bei gebundenen Entscheidungen zu beachten: Mit der Einziehung von Taterträgen verfolgt der Gesetzgeber das (legitime) Ziel, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen zu beseitigen, indem er unrechtmäßig erlangte Rechtspositionen (i. S. d. erlangten Etwas) abschöpft. Der unrechtmäßige Zustand wird aber nur beseitigt, wenn entweder zunächst der Staat das Eigentum bzw. die Rechtsinhaberschaft an den unrechtmäßig erlangten Rechtspositionen erlangt (und den Gegenstand oder den Erlös hinterher an den Verletzten auskehrt) oder der Anspruch des Verletzten (i. S. v. § 73e I StGB) – schon vorher – befriedigt wird. Das staatliche Mittel, das diesen Zweck erreichen soll, muss geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn sein. Geeignet ist ein Mittel schon dann, wenn mit ihm die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, der angestrebte Erfolg werde – jedenfalls zum Teil – erreicht.796 Eine (deklaratorische) Einziehungsanordnung, die zeitlich nach dem Verzicht erfolgt, erhöht die Chance des Rechtserwerbs des Staates nicht – sie ist daher schon nicht geeignet, den legitimen Zweck zu erreichen. Im Zeitpunkt der Einziehungsanordnung ist der Staat nämlich bereits – aufgrund des Verzichts – der Eigentümer bzw. Rechtsinhaber des Gegenstands geworden. Insofern muss das Gericht stets als Vorfrage klären, ob ein Verzicht erklärt wurde, der (nach Überzeugungsbildung) zum Eigentumserwerb des Staates führt. Erst dann, wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, der Verzicht führe nicht zum Rechtserwerb des Staates, kommt eine Einziehungsanordnung in Betracht. Diese Sichtweise steht letztlich auch in Einklang mit dem gesetzgeberischen Willen: Der Reformgesetzgeber wollte die Praxis der formlosen Einziehung nicht einschränken.797 Dass er darüber hinaus mit der Reform das Erkenntnisverfahren erleichtern wollte, ist ein nachvollziehbares Ziel.798 Im grundrechtssensiblen Bereich der Einziehung geht es aber nicht (ausschließlich) um Einfachheit. Richtig ist, dass bei einer formlosen Einziehung das vereinfachte Entschädigungsverfah794

Dafür etwa LK-StGB/Lohse, Vor §§ 73–76b Rn. 57. So i. E. auch BGH NStZ 2018, 333, aber mit abweichender Begründung. 796 Vgl. dazu allgemein Sachs-GG/Sachs, Art. 20 Rn. 150. 797 Vgl. dazu BGH JR 2019, 463, 465 unter Verweis auf BT-Drs. 18/9525, S. 465. 798 Vgl. dazu BGH JR 2019, 463, 466 und vor allem 467: „[Dem Gesetzgeber kam es] vor allem darauf an, das Erkenntnisverfahren zu vereinfachen (BT-Drs. 18/9525, S. 54), nicht dagegen das Vollstreckungsverfahren.“ 795

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

ren (§§ 459h ff. StPO) dem Tatverletzten nicht zur Seite steht.799 Allerdings sind Tatverletzte nicht immer individuelle Personen oder Personenverbände, sondern in zahlreichen Fällen auch der Staat selbst, der auf das vereinfachte Entschädigungsverfahren nicht angewiesen ist. Darüber hinaus kann der – im Vollstreckungsverfahren angesiedelte – Opferschutzgedanke die Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – im Erkenntnisverfahren – nicht beseitigen. Vor diesem Hintergrund hat das Tatgericht im Einziehungsverfahren, in dem ein Verzicht erklärt wurde, die zivilrechtliche Vorfrage zu klären, ob bereits der Verzicht zum Eigentumserwerb des Staates führt oder nicht. Bei beweglichen Sachen hat es dabei auf die Vorschriften der §§ 929 ff., 932 ff. BGB Bedacht zu nehmen. In diesem Zusammenhang kann – sofern es sich um Diebesgut handelt – auch die Vorschrift des § 935 I 1 BGB einen Eigentumserwerb des Staates verhindern. c) Beweislast und Beweismaß bei der formlosen Einziehung Die Annahme eines Erwerbsausschlusses gem. § 935 I 1 BGB bereitet keine Probleme, wenn tatsächlich festgestellt wurde, dass die rechtswidrige Tat gegen fremdes Eigentum gerichtet war (z. B. Begehung der §§ 242, 249 StGB) und der Einziehungsbetroffene „durch“ diese Tat (oder durch eine spätere Übertragung bzw. einen späteren Übergang) an den sichergestellten Gegenstand kam. Weitaus problematischer sind Fälle, in denen nur „vermutet“ wird, dass eine rechtswidrige Tat (gegen fremdes Eigentum) begangen wurde und der Einziehungsbetroffene „durch“ die vermutlich begangene Tat (bzw. durch eine spätere Übertragung oder einen späteren Übergang) den sichergestellten Gegenstand erhalten hat. Gemeint sind damit Gegenstände, die der erweiterten Einziehung gem. § 73a I StGB unterliegen. Dasselbe gilt für Gegenstände unklarer Herkunft, die gem. § 76a IV StGB einzuziehen sind. Bei der erweiterten und selbstständigen Einziehung muss das Gericht von der Herkunft des Gegenstands aus einer rechtswidrigen Tat uneingeschränkt überzeugt sein.800 Zur Überzeugungsbildung kann das Gericht auf den Katalog des § 437 StPO zurückgreifen.801 Das Gericht kann daher den Rechtserwerb des Staates – bei Verzicht – wegen Abhandenkommens des Gegenstands (§ 935 I 1 BGB) nur verneinen, wenn es zu der Überzeugung gelangt ist, der einst im unmittelbaren Besitz des Eigentümers (oder nur im mittelbaren Besitz des Eigentümers, vgl. § 935 I 2 BGB) befindliche Gegenstand ist – zu irgendeinem Zeitpunkt – unfreiwillig verlustig gegangen. Damit folgt die Beurteilung der zivil-

799 800 801

Dazu auch Rönnau/Begemeier, JR 2019, 471, 476 f. Vgl. hierzu bereits S. 195 f. Vgl. schon S. 195 f.

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rechtlichen Vorfrage, wie auch von § 262 I StPO verlangt wird, im Ergebnis den straf- und nicht den zivilprozessualen Regeln.802 Bei unbeweglichen Sachen und Forderungen dürfte die Beurteilung der zivilrechtlichen Vorfrage indes leichter fallen: Um die Eigentümerstellung des Einziehungsbetroffenen festzustellen, hilft ein Blick ins Grundbuch (vgl. §§ 891, 892 BGB). Ist der Einziehungsbetroffene als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, so gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, sofern nicht ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. An dieser Stelle schadet – im Gegensatz zur Vorschrift des § 932 II BGB – nur positive Kenntnis von der Unrichtigkeit.803 Damit erwirbt der Justizfiskus, selbst bei erheblichen Zweifeln der Staatsanwaltschaft an der Richtigkeit des Grundbuchs,804 das Eigentum am Grundstück in Verzichtsfällen, wenn der Einziehungsbetroffene als Eigentümer im Grundbuch ausgewiesen ist. Bei Zweifeln an der Inhaberschaft einer Forderung des Einziehungsbetroffenen ist stets die förmliche Einziehung anzuordnen. Einen gutgläubigen Forderungserwerb kennt das deutsche Recht nicht.805 Eine unterlassene Einziehungsanordnung würde damit die gewünschte Rechtsfolge – Rechtserwerb des Staates – verhindern. 5. Ergebnis Der Verzicht des Einziehungsbetroffenen in der Hauptverhandlung beinhaltet eine Fülle an zivilrechtlichen Fragestellungen, denen das Gericht zwingend nachgehen muss: Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet die Anordnung der Einziehung, wenn bereits der Verzicht zu einem Rechtserwerb des Staates führt. Das Gericht hat daher – bevor es die Einziehung anordnet – diese zivilrechtliche Vorfrage zu klären. Erst, wenn sich das Gericht davon überzeugen konnte, der Justizfiskus sei aufgrund des Verzichts nicht der Rechtsinhaber geworden, besteht Raum für eine förmliche Einziehungsanordnung. Darauf, dass sich die – noch zu behandelnde – Problematik der Fremdrechtsanwendung auch und vor allem bei der formlosen Einziehung stellen kann, weist der 5. BGH-Strafsenat hin: „Aufgrund des Namens der betroffenen Bank 802 Dasselbe gölte auch dann, wenn der Verletzte seinen (aus der Tat entstandenen) bürgerlich-rechtlichen Anspruch (auf Herausgabe der Sache) im Adhäsionsverfahren gem. §§ 403–406c StPO geltend machen würde, vgl. speziell zur Beweislast und zum Beweismaß im Adhäsionsverfahren Arz, JR 2019, 280 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur herrschenden Meinung; vgl. zudem Trüg, NJW 2017, 1913, 1918, wonach das Adhäsionsverfahren durch das neue Entschädigungsmodell nicht (vollständig) abgelöst wurde. 803 Vgl. statt vieler MüKo-BGB/Kohler, § 892 Rn. 47. 804 Vgl. Jauernig/Berger, § 892 Rn. 17; MüKo-BGB/Kohler, § 892 Rn. 47. 805 Siehe dazu MüKo-BGB/Roth/Kieninger, § 398 Rn. 29 unter Hinweis auf die engen Ausnahmen: § 405 BGB sowie „bei in Wertpapieren verbrieften Forderungen“ (mit Verweis auf §§ 793 I, 935 II BGB, Art. 16 WG, Artt. 19, 21 ScheckG etc.).

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2. Teil: Die Auslegung der Einziehungsvorschriften

ist jedoch nicht auszuschließen, dass es sich um ein ausländisches Konto des Angekl. handelt. Damit folgt die Übertragung womöglich Regeln, die einem wirksamen Verzicht vorliegend entgegenstehen.“ 806

§ 9 Zusammenfassung der Ergebnisse Das neue Vermögensabschöpfungsrecht provoziert neue Auslegungsfragen. Angesichts der externen Einflüsse auf das Vermögensabschöpfungsrecht erweist sich die Rechtsanwendung als schwierig. Indes konnte gezeigt werden, dass eine konsequent zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorische Sichtweise in der Lage ist, sowohl den – in einer Rangfolge der Auslegungsregeln dominierenden – Willen des Reformgesetzgebers zu respektieren als auch verfassungsrechtliche Vorgaben einzuhalten. Für den Rechtsanwender ist (und bleibt) damit ein Blick in das Zivilrecht unerlässlich, da zahlreiche Begrifflichkeiten des Vermögensabschöpfungsrechts zivilrechtsakzessorisch auszulegen sind und die Vorbildsfunktion des Bereicherungsrechts – sowie die Wahrung des Rechtscharakters der Einziehung von Taterträgen – zu einer starken „indirekten“ Beeinflussung des Einziehungsrechts führt. Eine zivil- bzw. bereicherungsrechtliche Auslegung erfordert: (1) Der Begriff des erlangten Etwas, (2) das Merkmal „durch“ (die Tat), (3) der Nutzungsbegriff und das „Surrogat“, (4) der Gegenstandsbegriff, (5) die Frage nach der Rechts- und Vermögensfähigkeit des betroffenen Dritten, (6) der Begriff der „Übertragung“ des Erlangten sowie (7) die Begrifflichkeiten „unentgeltlich“ und „ohne rechtlichen Grund“, (8) die Bestimmung der Erben-, Vermächtnisnehmer- und Pflichtteilsberechtigtenstellung, (9) die Unmöglichkeit der Einziehung des ursprünglich Erlangten einschließlich des Wertbegriffs und seiner Bestimmung, (10) die Bestimmung des Aufwendungsabzugs und (11) der Umstände, die einen Wegfall der Bereicherung begründen, (12) die Frage, ob es sich um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt, und (13) ob Verletztenforderungen bestehen bzw. erloschen sind und schließlich (14) in Verzichtsfällen, ob ein Rechtserwerb des Staates stattfand.

806

BGH NJW 2019, 1692, 1695 (Hervorhebungen nur hier).

3. Teil

Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung im Vermögensabschöpfungsrecht § 10 Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte Eine Besonderheit des Einziehungsrechts besteht darin, dass eine Einziehungsanordnung sowohl im subjektiven als auch im objektiven Verfahren sowie formlos ergehen kann. Die Einziehungsanordnungen gem. den §§ 73 ff., 75 ff. StGB erfordern – abgesehen vom „Spezialfall“ des § 76a IV StGB – eine tatsächlich begangene rechtswidrige Anknüpfungstat. Daher kommt es in der Regel zu einem (subjektiven) Strafverfahren gegen den bzw. die Beteiligten der Anknüpfungstat.1 In diesem Rahmen prüft – bei grenzüberschreitendem Bezug – das angerufene Gericht, ob gem. den §§ 3 ff. StGB deutsches Strafrecht hinsichtlich der Anknüpfungstat Anwendung findet.2 Gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, deutsches Strafrecht finde keine Anwendung, besteht ein Prozesshindernis.3 In einem derartigen Fall käme eine Einziehung im subjektiven Verfahren nicht in Betracht. Übrig bliebe die Möglichkeit, ein – aufgrund eines Antrags der Staatsanwaltschaft oder des Privatklägers (§ 435 I 1 StPO) – objektives Verfahren durchzuführen, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann und die überwiegende Wahrscheinlichkeit4 besteht, der in Rede stehende, typischerweise schon beschlagnahmte bzw. sichergestellte Gegenstand stamme aus einer rechtswidrigen Straftat (vgl. § 76a I 1 StGB, §§ 435, 436 StPO).5, 6

I. Fehlender Strafanwendungsanknüpfungspunkt als rechtlicher Hinderungsgrund i. S. v. § 76a I 1 StGB? An dieser Stelle ist diskutabel, ob die fehlende Strafanwendung (bezüglich der Anknüpfungstat) einen rechtlichen Grund darstellt, der eine selbstständige Ein1

So auch der Befund von Theile, JA 2020, 1, 2. Vgl. insofern auch Pasewaldt, Möglichkeiten und Grenzen, Dritter Teil B. (S. 118). 3 Vgl. statt vieler Safferling, Internationales Strafrecht, § 3 Rn. 5, wonach die Regeln des Strafanwendungsrechts eine materiell-prozessuale Doppelnatur haben; so auch Ambos, Internationales Strafrecht, § 1 Rn. 4. 4 Vgl. zu dieser Voraussetzung BeckOK-StPO/Temming, § 435 Rn. 6 unter Hinweis auf §§ 435 III 1, 204 StPO. 5 Vgl. allgemein zum Verfahren bei der selbstständigen Einziehung Schmidt, Vermögensabschöpfung, Rn. 1796 ff. 6 Vgl. ferner KK-StPO/Schmidt, Vorb. §§ 421 ff. Rn. 5. 2

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

ziehung gem. § 76a I 1 StGB im objektiven Verfahren erlaubt. Für eine solche Sichtweise ließe sich ins Feld führen, dass eine fehlende Strafanwendung die (mögliche) Strafbarkeit des Tatbeteiligten unberührt lässt.7 Indes lässt ein fehlender Strafanwendungsanknüpfungspunkt nur die (mögliche) Strafbarkeit des Tatbeteiligten nach ausländischem, aber nicht nach deutschem Recht unberührt. Darüber hinaus spricht gegen die Einordnung, die fehlende Strafanwendung stelle einen rechtlichen Verfolgungshinderungsgrund i. S. v. § 76a I 1 StGB dar, dass der Reformgesetzgeber in § 76a II 1 StGB explizit eine Sondernorm bei verjährter Anknüpfungstat für notwendig hielt, weil die Verjährung der Anknüpfungstat nicht schon als rechtlicher Grund i. S. v. § 76a I 1 StGB anzusehen ist.8 Schon deshalb ist auch eine fehlende Strafanwendung kein rechtlicher Verfolgungshinderungsgrund i. S. v. § 76a I 1 StGB. Bestätigt wird diese Sichtweise dadurch, dass der Reformgesetzgeber mit § 76a I 1 StGB eine nachträgliche – sprich nach einem vormals stattgefundenen Strafverfahren – Vermögensabschöpfung zu ermöglichen bezweckte.9 Dies zeigt sich letztlich auch an der Regelung des § 76a III StGB, wonach § 76a I StGB auch anzuwenden ist, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren eingestellt wird.10 Letzteres ist aber nur möglich, wenn hinsichtlich der rechtswidrigen Tat ein deutscher Strafanwendungspunkt besteht. Bei fehlender Strafanwendung findet hingegen gerade kein vorheriges deutsches Strafverfahren anlässlich der Anknüpfungstat statt. Von einem Strafklageverbrauch kann mithin keine Rede sein, weil eine Strafklagebefugnis zu keinem Zeitpunkt bestand.

II. Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte gem. §§ 3 ff. StGB Selbst wenn eine deutsche Strafanwendung im Hinblick auf die Anknüpfungstat zu bejahen ist, mithin ein subjektives Verfahren stattfindet, ist damit nicht (zwingend) zugleich festgestellt, dass das für die Anknüpfungstat zuständige Gericht auch international für die Einziehung von Taterträgen zuständig ist. Aus deutscher Sicht und auf den ersten Blick mag eine solche Sichtweise verwundern – immerhin ist die Einziehung von Taterträgen im StGB kodifiziert. Auch sie ist – vom Standpunkt des deutschen Rechts aus – Strafrecht. Indes lässt sich darüber streiten, ob die Verortung der Einziehung von Taterträgen im Strafrecht sinnvoll ist. Denkbar erscheint nämlich eine Verortung derselben im Zivil- oder 7

Vgl. zu diesem Erfordernis etwa MüKo-StGB/Joecks/Meißner, § 76a Rn. 5. Vgl. allgemein zur Vorschrift des § 76a II 1 StGB Sch/Sch/Eser/Schuster, § 76a Rn. 7. 9 Vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 72, wonach der Strafklageverbrauch entgegenstehen kann. Vgl. allgemein zum Strafklageverbrauch BeckOK-GG/Radtke, Art. 103 Rn. 45 ff.; gegen die Möglichkeit der Einziehung gem. § 76a StGB selbst bei Strafklageverbrauch Leipold/Tsambikakis/Zöller/Rübenstahl, § 73 Rn. 65. 10 Vgl. hierzu allgemein Sch/Sch/Eser/Schuster, § 76a Rn. 8. 8

§ 10 Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte

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Öffentlichen Recht.11 Das belegen andere Rechtsordnungen, in denen die Vermögensabschöpfung nicht als genuin strafrechtliche Aufgabe betrachtet wird.12 Hinzu kommt, dass eine Einziehungsanordnung im subjektiv-getrennten als auch im objektiven Verfahren ergehen kann: Zwar entscheidet das Strafgericht im Falle eines subjektiven Strafverfahrens gegen einen Beschuldigten über die Anordnung der Einziehung von Taterträgen sowie über andere Rechtsfolgen der Tat (vgl. §§ 38 ff. StGB)13 gemeinsam (Prozessökonomie).14 Doch wurde in § 422 S. 1 StPO die Möglichkeit eingestellt, das Einziehungsverfahren von der Hauptsache (der „Schuld- und Straffrage“)15 abzutrennen. Von ihr kann das Gericht Gebrauch machen, wenn die Einziehungsfrage die Hauptsache „unangemessen erschweren oder verzögern“ würde. Eine Abtrennung ist regelmäßig sinnvoll, aber auch notwendig, um dem Beschleunigungsgrundsatz aus Art. 6 I 1 EMRK sowie Art. 20 III GG (Rechtsstaatsprinzip) Rechnung zu tragen,16 wenn die Einziehungsfrage noch zahlreiche Ermittlungen, insbesondere (kostspielige) Beweiserhebungen voraussetzen würde, die Hauptsache aber schon (längst) entscheidungsreif ist.17 Kurz: Die Einziehungsanordnung bildet ein – vom Hauptverfahren – losgelöstes Verfahren. Mit der Streichung der Vorschrift des § 73 I 2 StGB a. F. hat der Reformgesetzgeber die Vermögensabschöpfung – wie bereits gezeigt wurde – endgültig in die Hände des Staates gelegt – sie ist nicht mehr subsidiär.18 Der Staat hat gegen den Einziehungsbetroffenen einen eigenen Anspruch auf Übertragung der deliktisch erlangten Beute (bzw. einen entsprechenden Wertersatzanspruch).19 Mit bereicherungsrechtlichen Worten: Der Staat ist der Bereicherungsgläubiger, der Einziehungsbetroffene der Bereicherungsschuldner. Kommt es zu einem grenzüberschreitenden Sachverhalt, muss der Frage nachgegangen werden, ob das deutsche Strafgericht auch für die Einziehung von Taterträgen international zuständig ist.

11

Vgl. hierzu Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 999 ff. Vgl. Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1000. 13 Vgl. allgemein zum „Sanktionensystem“ des StGB bereits 1. Teil Fn. 225. 14 Vgl. Theile, JA 2020, 1, 2, der die prozessökonomischen Gründe hervorhebt. 15 So KK-StPO/Schmidt, § 422 Rn. 2. 16 Vgl. hierzu BT-Drs. 18/9525, S. 87; vgl. allgemein zum Beschleunigungsgrundsatz KK-StPO/Fischer, Einl. Rn. 29 ff., der dessen Verankerung zusätzlich in Art. 5 III 2 EMRK erblickt (vgl. zu diesem „haftspezifischen Beschleunigungsgrundsatz“ nur MüKo-StPO/Gaede, Art. 5 EMRK Rn. 81 ff.); vgl. zur Verankerung des Beschleunigungsgrundsatzes im Rechtsstaatsprinzip (vgl. Art. 20 III GG, siehe aber Voßkuhle/ Kaufhold, JuS 2010, 116, 117, wonach sich das Rechtsstaatsprinzip auch aus Art. 20 II GG und Art. 1 III GG herleiten lässt, sich jedenfalls aber aus einer Gesamtschau des GG ergibt) nur BVerfGE 63, 45, 69. 17 Vgl. dazu KK-StPO/Schmidt, § 422 Rn. 1 und 3 sowie § 421 Rn. 5. 18 Vgl. Johann, Möglichkeiten und Grenzen, S. 51 f. 19 Vgl. exemplarisch BGH NJW 2019, 1692, 1694: „Der staatliche Einziehungsanspruch [. . .]“. 12

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1. „Zivilsache“ i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO Bei der Einziehung von Taterträgen könnte es sich um eine „Zivilsache“ i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO handeln. Da europäische Verordnungen gem. Art. 288 II AEUV unmittelbar in den Mitgliedsstaaten Anwendung finden und seit der EuGH-Rechtssache Costa/ENEL20 in transnationalen Sachverhalten Vorrang gegenüber nationalem Recht genießen,21 überlagert die Brüssel Ia-VO auch das deutsche Strafanwendungsrecht – wenn und soweit der Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO eröffnet ist. Der Begriff der Zivilsache in Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO ist verordnungsautonom auszulegen.22 Er ist insbesondere von „öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten“ i. S. v. Art. 1 I 2 Brüssel Ia-VO abzugrenzen. Die Abgrenzung erweist sich indes als keine einfache. Die Rechtsprechung des EuGH verfolgt hierzu keine klare Linie.23 Ein sinnvolles Abgrenzungskriterium bietet nur die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch seinen Ursprung in einem hoheitlichen Akt hat.24 Bejaht man dies, gelangt die Brüssel Ia-VO nicht zur Anwendung. In der EuGH-Rechtssache Gazdasági Versenyhivatal/Siemens Aktiengesellschaft Österreich wurde eine Klage auf Herausgabe wegen ungerechtfertigter Bereicherung, die ihren Ursprung in der Rückzahlung einer in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren verhängten Geldbuße hat, nicht dem Begriff der Zivil- und Handelssache subsumiert.25 Die Einziehung von Taterträgen hat ihren Ausgangspunkt entweder in einer tatsächlich rechtswidrig oder zumindest in einer nach uneingeschränkter richterlicher Überzeugungsbildung rechtswidrig begangenen Straftat. Die Grundlage einer Einziehungsanordnung bilden damit rein straf- und nicht zivilrechtliche Vorschriften. Die Einziehungsanordnung hat damit ihren Ursprung in einem hoheitlichen Akt – nämlich in der (straf-)gerichtlichen Feststellung, dass eine rechtswidrige Straftat begangen wurde.26 Diesem Ergebnis steht auch nicht Art. 7 Nr. 3 Brüssel Ia-VO entgegen. Zwar ist der Adhäsionsprozess ebenfalls eine Zivil- und Handelssache i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO, jedoch ist der Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 3 Brüssel Ia-VO auf „deliktische Ansprüche“ be20

Vgl. EuGH NJW 1964, 2371 ff. Vgl. hierzu allgemein Schwarze-EU-Kommentar/Biervert, Art. 288 AEUV Rn. 5 ff. 22 Vgl. statt vieler Musielak/Voit-ZPO/Stadler, Art. 1 EuGVVO n. F. Rn. 1 mit Rechtsprechungsnachweisen. 23 Vgl. hierzu BeckOK-ZPO/Antomo, Art. 1 Brüssel Ia-VO Rn. 48; Musielak/VoitZPO/Stadler, Art. 1 EuGVVO n. F. Rn. 2; M. Stürner, ZVglRWiss 119 (2020), 143, 147 f. 24 Vgl. Musielak/Voit-ZPO/Stadler, Art. 1 EuGVVO n. F. Rn. 2. 25 Vgl. EuGH EuZW 2016, 782 ff. und dazu Mankowski, EWiR 2016, 679 f. 26 Vgl. zudem BeckOK-ZPO/Antomo, Art. 1 Brüssel Ia-VO Rn. 49, wonach sich die Abgrenzung zur öffentlich-rechtlichen Streitigkeit gewissermaßen anhand der „Sonderrechtstheorie“ vollzieht. 21

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schränkt.27 Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung fallen aber nicht unter den Begriff der unerlaubten Handlung i. S. v. Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO.28 Selbst wenn man – mit Mankowski29 – gegenteiliger Auffassung ist, und jedenfalls die allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Var. 2 BGB) sowie die besonderen Eingriffskondiktionen (vgl. §§ 816 I 2, 822 BGB), die mit der Einziehung von Taterträgen zumindest partiell – in ihrem Kernanliegen und nach der Vorstellung des Vermögensabschöpfungsgesetzgebers – vergleichbar sind, dem Begriff der unerlaubten Handlung i. S. v. Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO subsumiert, spricht doch jedenfalls der Anwendungsbereich der neuen Einziehungsverordnung (vgl. Art. 1 I, IV Einziehungsverordnung)30 systematisch gegen die Auffassung, bei der Einziehung von Taterträgen handele es sich um eine Zivil- und Handelssache i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO. 2. Das KG Berlin (4. Strafsenat) zur (grenzüberschreitenden) selbstständigen Einziehung gem. § 76a IV StGB Das KG Berlin (4. Strafsenat) hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss die These aufgestellt, eine selbstständige Einziehung gem. § 76a IV StGB könne auch dann ergehen, wenn die – im Einzelnen nicht bekannten – Erwerbstaten im Ausland begangen wurden.31 Dies, so das KG Berlin (4. Strafsenat), resultiere aus „der vermögens- und nicht tatbezogenen Ausrichtung des § 76a IV StGB“.32 Die These des KG Berlins (4. Strafsenat) ist ungenau. Sie missachtet die Vorgaben der §§ 3 ff. StGB. Es wurde gezeigt, dass ein deutsches Gericht eine Einziehungsanordnung nur treffen kann, wenn es „in der Sache“ international zuständig ist. Letztere Zuständigkeit ergibt sich aus den §§ 3 ff. StGB und gerade nicht aus der Brüssel Ia-VO. Auch die Einziehungsvorschriften (§§ 73 ff., 75 ff. StGB) sind „deutsches Strafrecht“ (vgl. § 3 StGB). Über die Anwendung deutschen Strafrechts befindet nur das Strafanwendungsrecht. Korrekt kann die These daher nur lauten: Eine selbstständige Einziehung gem. § 76a IV StGB kann auch dann ergehen, wenn für die – im Einzelnen nicht bekannten – Erwerbstaten, nach richterlicher Überzeugungsbildung (§§ 261, 437 StPO), ein strafanwendungsrechtlicher Anknüpfungspunkt besteht. Dies dürfte regelmäßig

27

Vgl. Musielak/Voit-ZPO/Stadler, Art. 7 EuGVVO n. F. Rn. 23. Vgl. Musielak/Voit-ZPO/Stadler, Art. 7 EuGVVO n. F. Rn. 18. 29 Mankowski, RIW 2017, 322, 326 ff. 30 Art. 1 I Einziehungsverordnung spricht ausdrücklich von der Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen, die im Rahmen von Verfahren in Strafsachen erlassen wurden. Art. 1 IV Einziehungsverordnung davon, dass diese Verordnung nicht für Einziehungsentscheidungen gilt, die im Rahmen von Verfahren in Zivilsachen oder Verwaltungssachen erlassen werden. 31 Vgl. KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 52. 32 KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 52. 28

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

zu bejahen sein. Immerhin ist das deutsche Strafrecht für seine extensive Auslegung bekannt.33 Das KG Berlin (4. Strafsenat) hätte den Einwand des Einziehungsbetroffenen, „§ 76a IV StGB [sei] nur auf Vermögenswerte aus in Deutschland begangener Straftaten [anwendbar]“ 34, der „Ursprung hinsichtlich der aus der Türkei nach Deutschland transferierten Gelder [sei] jedoch nicht belegt“ 35, insofern eleganter verwerfen können: Ermittelt wurde wegen des Verdachts der Geldwäsche.36 Da eine Vortat i. S. v. § 261 I 2 StGB a. F. nicht nachgewiesen werden konnte, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.37 Im späteren objektiven Strafverfahren lag für das Gericht die Annahme nahe, die Erwerbstat sei eine solche gem. § 261 I 1 StGB a. F.; hinzu kam der Einwand des Einziehungsbetroffenen: Die Erwerbstat wurde allenfalls in der Türkei begangen. Da das Gericht – nach richterlicher Überzeugungsbildung – zu dem Ergebnis kam, der einzuziehende Gegenstand rühre aus einer rechtswidrigen Tat, nämlich vermutlich aus einer solchen gem. § 261 I StGB a. F. her, hätte es schlicht feststellen können: Hinsichtlich der vermuteten Erwerbstat (hier: § 261 I StGB a. F.) besteht gem. § 6 Nr. 9 StGB i.V. m. der „Palermo Konvention“ 38,39 die auch die Türkei unterzeichnet und ratifiziert hat,40 selbst dann eine deutsche Strafanwendung, wenn die Erwerbstat in der Türkei begangenen worden ist.41 3. Ergebnis Vor diesem Hintergrund folgt die internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte in Bezug auf die Einziehung von Taterträgen nicht aus der Brüssel IaVO. Die nationalen Vorschriften, namentlich die §§ 3 ff. StGB, werden bei grenzüberschreitenden Sachverhalten betreffend Einziehungsfragen nicht verdrängt. Nur aus ihnen, den §§ 3 ff. StGB, folgt die internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte (auch) für die Einziehung von Taterträgen.

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Vgl. hierzu statt vieler Wörner, ZIS 2012, 458, 461 m.w. N. KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 11. 35 KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 11. 36 KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 3; besteht schon für die Straftaten, die Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sind, keine deutsche Strafanwendung, so ist schon zweifelhaft, ob die Voraussetzungen des § 76a IV StGB dennoch vorliegen (können). 37 KG Berlin BeckRS 2020, 25767 Rn. 4. 38 BGBl. 2005 II, S. 954. 39 Vgl. dazu MüKo-StGB/Ambos, § 6 Rn. 26; Sch/Sch/Eser/Weißer, § 6 Rn. 11. 40 Vgl. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Ge setzesnummer=20004175 (zuletzt abgerufen am: 31.01.2022). 41 Vgl. überdies § 261 IX StGB, sofern der Gegenstand aus einer Auslandstat herrührt; freilich hätte man nach alter Rechtslage berücksichtigen müssen, dass die Einziehung des Geldwäscheobjekts nur als Tatobjekt möglich war, siehe dazu Bittmann, NZWiSt 2021, 133, 134; jetzt aber anders: siehe § 261 X 3 StGB. 34

§ 10 Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte

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III. Die mehrfache Einziehung von Taterträgen Das Internationale Strafrecht42 ist auch ungeachtet der §§ 3 ff. StGB für die Einziehung von Taterträgen von Bedeutung; nämlich dann, wenn es um die Mehrfachabschöpfung bei Straftaten mit Auslandsbezug geht. Sowohl Rönnau43 als auch Rübenstahl/Schilling44 und erst kürzlich Wegner45 haben sich bereits intensiv mit der mehrfachen, grenzüberschreitenden Vermögensabschöpfung beschäftigt46 – die ersteren beiden indes noch zur alten Rechtslage. Sowohl Rönnau als auch Rübenstahl/Schilling wählen zur Erörterung der Problematik einerseits eine Entscheidung des 4. BGH-Strafsenats47 und andererseits eine solche des LG Darmstadt48:49 Im Fall, den der 4. BGH-Strafsenat zu entscheiden hatte, ging es um die Frage, ob eine bereits im Ausland ergangene Vermögensabschöpfungsmaßnahme beitragsmäßig auf eine inländische Vermögensabschöpfungsmaßnahme anzurechnen sei. Der 4. BGH-Strafsenat verneinte die Frage. Die ausländische Vermögensabschöpfungsmaßnahme sei allein, so der 4. BGH-Strafsenat, gem. § 73c StGB a. F., sprich im Rahmen der Härteklausel, zu berücksichtigen. Das LG Darmstadt sah hingegen, unter Auslegung des Art. 54 SDÜ, eine bereits ergangene ausländische Vermögensabschöpfungsmaßnahme gegenüber einem Drittbegünstigten nicht als Hindernis dafür an, eine erneute Vermögensabschöpfungsanordnung gegenüber diesem zu treffen. Die Vorschrift des Art. 54 SDÜ, so das LG Darmstadt, sei mangels Straf- bzw. Sanktionscharakters der aussowie inländischen Vermögensabschöpfungsmaßnahme nicht anwendbar. Kurz: Der europäische ne bis in idem finde auf Vermögensabschöpfungsmaßnahmen keine Anwendung. Nachdem die Härteklausel (§ 73c StGB a. F.) mit der Vermögensabschöpfungsreform abgeschafft wurde, hat der vom 4. BGH-Strafsenat verfolgte Lösungsweg keinen Bestand (mehr). Es bedarf neuer Lösungen, um mehrfache Abschöpfungsmaßnahmen in grenzüberschreitenden Fällen zu verhindern. Hierbei gilt es zunächst zwei Fälle zu unterscheiden: Erstens ist denkbar, dass ein Schengener-Mit42 Vgl. die Kritik von MüKo-StGB/Ambos, Vorb. zu §§ 3 ff. Rn. 1 ff. am Begriff „Internationales Strafrecht“. 43 Rönnau, FS Volk, 583 ff.; ders., Vermögensabschöpfung, Rn. 589 ff. 44 Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492 ff. 45 Wegner, Transnationale Sanktionsverfahren, S. 190 ff. 46 Die kürzlich erschienene Dissertation von Menninghaus, Nationale und grenzüberschreitende Vermögensabschöpfung, S. 158 f. befasst sich mit der Problematik nicht vertieft. 47 Vgl. BGH NStZ 2005, 455 f. 48 Vgl. LG Darmstadt BeckRS 2007, 16611. 49 Vgl. Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 593; ders., FS Volk, 583, 584 f., wobei auf S. 586 ein eigener Fall gebildet wird; vgl. Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492, 493.

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gliedsstaat eine Abschöpfungsmaßnahme in der gleichen Sache getroffen hat. Zweitens ist aber denkbar, dass ein Drittstaat (Nicht-Schengener-Mitgliedsstaat) eine Einziehungsentscheidung in der gleichen Sache bereits getroffen hat. 1. Subjektives Strafverfahren Wird ein Tatbeteiligter im Schengener-Raum verurteilt (und die verhängte Sanktion i. S. v. Art. 54 SDÜ vollstreckt), so verhindert in jedem Fall der sekundärrechtliche (Art. 54 SDÜ), aber nicht – weil es sich bei Einziehungsanordnungen gegenüber Tatbeteiligten nicht um die „Durchführung von Unionsrecht“ (vgl. Art. 51 I 1 GRCh) handelt – der primärrechtliche (Art. 50 GRCh) europäische ne bis in idem jedenfalls mittelbar eine erneute Einziehungsanordnung gegen diesen Tatbeteiligten. 50 Gegen den Tatbeteiligten darf nämlich schon kein neues, subjektives Verfahren im Inland durchgeführt werden. Wird ein Tatbeteiligter hingegen in einem Drittstaat verurteilt und ergeht in diesem subjektiven Strafverfahren eine Einziehungsanordnung gegen ebendiesen, kann ein neues, subjektives Verfahren gegen den Tatbeteiligten im Inland angestrengt werden. Hier greift der mittelbare Schutz des europäischen ne bis in idem – mangels Anwendungsbereichs von Art. 54 SDÜ – gerade nicht. Dieser mittelbare Schutz des europäischen ne bis in idem entfaltet sich schließlich auch für Drittbegünstigte nicht, wenn nicht alle Tatbeteiligten (derselben Tat) im Schengener-Raum bereits verurteilt wurden und die verhängte Sanktion vollstreckt worden ist.51 Nichtsdestotrotz ist eine erneute, mehrfache Abschöpfung im Ergebnis und ungeachtet von Art. 54 SDÜ – wie sogleich zu zeigen sein wird – abzulehnen. 2. Objektives Strafverfahren Nach alter Rechtslage konnte in Fällen, in denen Tatbeteiligte im Schengener Raum verurteilt sowie die gegen sie verhängten Sanktionen vollstreckt wurden, 50 Vgl. zu Art. 54 SDÜ bereits Rönnau, FS Volk, 583, 588; siehe zur Anwendbarkeit von Art. 50 GRCh etwa BeckOK-GG/Radtke, Art. 103 Rn. 50.1. Dieser ist – nach (neuerer) Sicht des BVerfG – konsequenterweise nur anwendbar, wenn Einziehungsanordnungen gegenüber gutgläubigen Dritten ergehen, vgl. dazu bereits S. 36 ff.; die nachfolgenden Erwägungen betreffen insofern auch Art. 50 GRCh, wenn die Einziehung des Tatertrags gegenüber einem gutgläubigen Dritten angeordnet wird; siehe zudem Duesberg, ZIS 2017, 66, 68 ff. zur Diskussion, ob das Vollstreckungselement mit Inkrafttreten des Art. 50 GRCh entfallen ist. Siehe ferner Wegner, Transnationale Sanktionsverfahren, S. 168 ff., wonach Art. 54 SDÜ grundsätzlich im Lichte des Art. 50 GRCh auszulegen ist, es aber zu einer unterschiedlichen Auslegung kommen kann (und muss), weil Art. 50 GRCh nur zur Anwendung gelangt, wenn es sich um die Durchführung von Unionsrecht handelt, mithin die Anwendungsbereiche gerade nicht kongruent sind. 51 Vgl. Rönnau, FS Volk, 583, 593.

§ 10 Internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte

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auch kein objektives Strafverfahren im Inland angestrengt werden.52 Dies ist nunmehr gem. § 76a I StGB möglich. Als rechtlicher Hinderungsgrund i. S. v. § 76a I StGB gilt ausdrücklich der Strafklageverbrauch.53 Notwendige Voraussetzung für ein objektives Verfahren ist, wie bereits festgestellt wurde, aber zumindest das Bestehen eines strafanwendungsrechtlichen Anknüpfungspunktes. Damit verschärft sich die Problematik der grenzüberschreitenden Mehrfachabschöpfung. a) Der europäische ne bis in idem (Art. 54 SDÜ) Prinzipiell denkbare grenzüberschreitende Doppelabschöpfungen könnte in erster Linie der europäische ne bis in idem aus Art. 54 SDÜ verhindern. Doch müsste dieser erst auf Vermögensabschöpfungsmaßnahmen Anwendung finden. Mit anderen Worten: Hierfür müsste sich die jeweilige ausländische Einziehungsanordnung als „Sanktion“ i. S. v. Art. 54 SDÜ erweisen.54 Ob Vermögensabschöpfungsmaßnahmen in allen (anderen) Schengener-Staaten als „Sanktion“ zu qualifizieren sind, kann die hiesige Untersuchung nicht leisten. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf den germanischen Rechtskreis, namentlich auf die deutschen, österreichischen und schweizerischen Vermögensabschöpfungsmaßnahmen.55 Der Begriff der „Sanktion“ i. S. v. Art. 54 SDÜ ist – wie auch der Begriff der „Strafe“ in Art. 50 GRCh – autonom auszulegen. Der EuGH ist sowohl für die Auslegung des Sanktionsbegriffs aus Art. 54 SDÜ als auch für die Auslegung des Begriffs der „Strafe“ in Art. 50 GRCh zuständig. Dabei berücksichtigt der EuGH zugleich die Rechtsprechung des EGMR zum Begriff der „Strafe“.56 Legt man das deutsche Einziehungsrecht – wie hier – streng bereicherungsrechtlich aus, wird man die Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff., 75 ff. StGB) nicht als „Sanktion“ i. S. v. Art. 54 SDÜ qualifizieren können, weil sie sich als rein restitutive Maßnahme erweist. Solche Maßnahmen werden vom EuGH nicht als „Sanktion“ bzw. „Strafe“ begriffen.57 Das gleiche gilt für das österreichische sowie das schweizerische Vermögensabschöpfungsrecht.58

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Vgl. Rönnau, FS Volk, 583, 589 f. Vgl. hierzu Sch/Sch/Eser/Schuster, § 76a Rn. 6. 54 Vgl. hierzu allgemein Rönnau, FS Volk, 583, 592 f. sowie Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492, 494 ff. 55 Vgl. nur Duesberg, ZIS 2017, 66, 67 Fn. 12 sowie BeckOK-StPO/Inhofer, Art. 54 SDÜ Rn. 11, wonach auch die Schweiz am SDÜ beteiligt ist. 56 Vgl. hierzu Jarass, NStZ 2012, 611, 612. 57 Vgl. dazu nur GRCh/Jarass, Art. 50 Rn. 5a.; a. A. aber Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492, 496 ff. im Hinblick auf Art. 54 SDÜ. 58 Vgl. Rönnau, FS Volk, 583, 592 für Österreich sowie Scholl/Ackermann/Thommen/Seelmann, Kriminelles Vermögen, Art. 70 StGB Rn. 100 ff. für die Schweiz und unter Hinweis auf die uneinheitliche Rechtsprechung des Bundesgerichts; a. A. mit 53

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

Folglich kann der europäische ne bis in idem aus Art. 54 SDÜ den Betroffenen – in der Regel – nicht vor einer Doppelabschöpfung bewahren.59 b) Alternative Lösungsmöglichkeiten Unter der Geltung der alten Rechtslage wurde vorgeschlagen, die Vorschrift des § 51 III StGB analog heranzuziehen, um eine bereits erfolgte und vollstreckte ausländische Einziehungsanordnung im Inland anzurechnen.60 Der 4. BGH-Strafsenat hat diesen Lösungsweg – ohne Begründung – verworfen.61 Freilich hat Rönnau an dieser Stelle eine dogmatisch überzeugende Begründung – schon zur alten Rechtslage – geliefert: Es mangelt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.62 Nach neuer Rechtslage gilt dies erst recht: Der Reformgesetzgeber hielt es weder für notwendig auf eine entsprechende Anwendung von § 51 III StGB hinzuweisen noch schuf er eine gesonderte Vorschrift, die eine mehrfache Abschöpfung ausdrücklich verhindert. aa) Erlöschen des Verletztenanspruchs (§ 73e I StGB) und bereicherungsrechtliche Grundsätze Nichtsdestotrotz ist der Einziehungsadressat aus anderen Gründen vor doppelter Abschöpfung geschützt. Zunächst bedarf es der Unterscheidung zwischen individual- und nicht individualschützenden Anknüpfungs- bzw. Erwerbstaten: Sofern eine Einziehungsanordnung – in derselben Sache – schon im Ausland gegen den Einziehungsbetroffenen ergangen ist, so lässt sich bei individualschützenden und einen Verletztenanspruch i. S. v. § 73e I StGB auslösenden Delikten vertreten, dass der Verletztenanspruch i. S. v. § 73e I StGB mit der Einziehungsanordnung „erloschen“ ist.63 Hiervon ist jedenfalls im EU-Rechtsraum auszugehen, denn: Die Rückgabe verlustiger Gegenstände, jedenfalls aber die Entschädigung des Verletzten, ist auch ein Kernanliegen der Einziehungsverordnung

Blick auf die Rechtslage in der Schweiz Menninghaus, Nationale und grenzüberschreitende Vermögensabschöpfung, S. 65. Insgesamt a. A. an dieser Stelle wohl Wegner, Transnationale Sanktionsverfahren, S. 193 ff., der auf transnationaler Ebene danach fragt, ob nach dem Netto- bzw. Bruttoprinzip eingezogen wird. Wird nach dem Bruttoprinzip eingezogen, so sei die Maßnahme eine Sanktion i. S. v. § 54 SDÜ. 59 Vgl. so auch im Ergebnis Rönnau, FS Volk, 583, 592 ff. 60 So Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492, 500; siehe auch dies., HRRS 2008, 492, 500, die zutreffend eine entsprechende Anwendung von § 46 III StGB verwerfen. 61 Vgl. BGH NStZ 2005, 455, 456. 62 Vgl. Rönnau, FS Volk, 583, 595; ablehnend auch Korte, wistra 2018, 1, 10; a. A. aber Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 32 ohne nähere Begründung. 63 Vgl. hierzu mit Blick auf die Besonderheiten im Steuerstrafverfahren Peters/Bode, ZWH 2020, 233 ff.

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(vgl. Artt. 29, 30 Einziehungsverordnung). Damit wird eine erneute Abschöpfung regelmäßig schon aufgrund von § 73e I StGB ausgeschlossen sein.64 Handelt es sich aber bei der Anknüpfungs- bzw. Erwerbstat, um eine Tat, die überindividuelle Rechtsgüter schützt, so lässt sich ein Ausschluss nur anhand bereicherungsrechtlicher Grundsätze begründen.65 Eine Doppelabschöpfung würde der Einziehung von Taterträgen ihren quasi-bereicherungsrechtlichen Rechtscharakter nehmen, da mehr abgeschöpft würde, als ursprünglich erlangt wurde.66 Letzteres verbietet sich nicht nur nach deutschem, sondern zumindest auch nach europäischem Bereicherungsrechtsverständnis.67 Hinzu kommt, dass eine Doppelabschöpfung den europäischen (und nationalen) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt.68 bb) Die Einziehungsverordnung als Schutzmechanismus Mit dem Inkrafttreten der Einziehungsverordnung zum 19.12.2020 (vgl. Art. 41 Einziehungsverordnung) soll – so die Hoffnung des Unionsgesetzgebers – die transnationale Vermögensabschöpfung auf EU-Ebene vereinfacht und intensiviert werden. Die Rahmenbeschlüsse RB 2003/577/JI (sog. RB-Sicherstellung) sowie RB 2006/783/JI (sog. RB-Einziehung), die den Rechtsrahmen in diesem Bereich bis dato bildeten, seien, so der Bericht der Kommission, „nur eingeschränkt wirksam (gewesen)“ (vgl. ErwGr [6] Einziehungsverordnung). Vor diesem Hintergrund bedurfte es, gestützt auf Art. 82 I AEUV, der Einziehungsverordnung. Der Unionsgesetzgeber begründet das Erfordernis eines Verordnungserlasses mit der notwendigen Gewährleistung der „effektiven gegenseitigen Anerkennung“ (vgl. ErwGr [11] Einziehungsverordnung). Hier ist nicht der Ort, um der Frage nachzugehen, ob der Erlass der Verordnung den europäischen Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus Art. 5 III, IV EUV wahrt. Das Ziel der nachfolgenden Ausführungen liegt ausschließlich darin, der Verordnung einen Schutzmechanismus für mehrfache, grenzüberschreitende Einziehungen zu entnehmen.

64 Demgegenüber müsste bei Einziehungsentscheidungen aus Drittstaaten untersucht werden, ob das Einziehungsrecht des Drittstaats eine „Opferentschädigung“ kennt, vgl. allgemein und kritisch zur dieser Konzeption Saliger, ZStW 129 (2017), 995, 1033. 65 So schon Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492, 501. 66 Vgl. Rübenstahl/Schilling, HRRS 2008, 492, 501. 67 Vgl. dazu Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa I, S. 265 ff. und das Ergebnis auf S. 400: „[Der Bereicherungsschuldner] muß also nur herausgeben, was ihm als Bereicherung – gegebenenfalls in Form von Surrogaten – verblieben ist.“ 68 Siehe hierzu vertieft, aber – anders als hier zwischen Netto- und Bruttoabschöpfung – differenzierend Wegner, Transnationale Sanktionsverfahren, S. 194 ff.

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

(1) Der Anwendungsbereich der Einziehungsverordnung Die Einziehungsverordnung gilt nur im Verhältnis der EU-Mitgliedsstaaten (vgl. Art. 1 I Einziehungsverordnung). Eingehende oder ausgehende Ersuchen von bzw. an einen Drittstaat fallen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung. In diesen beiden Fällen finden für eingehende Ersuchen die §§ 48 ff. IRG, für ausgehende Ersuchen die §§ 71 ff. IRG Anwendung.69 Da die Einziehungsverordnung den RB-Einziehung abgelöst hat, sind die §§ 88 ff. IRG, die der Umsetzung desselben dienten, bedeutungslos geworden. Gem. Art. 1 IV Einziehungsverordnung gilt die Verordnung nicht für Einziehungsentscheidungen, die im Rahmen von Verfahren in Zivilsachen oder Verwaltungssachen erlassen werden. Vielmehr, so Art. 2 II Einziehungsverordnung, handelt es sich bei einer Einziehungsentscheidung um eine rechtskräftige Strafe oder Maßnahme, die von einem Gericht im Anschluss an ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Straftat verhängt wird und die zur endgültigen Entziehung von Vermögensgegenständen einer natürlichen oder juristischen Person führt. Auf die Art des Gerichts kommt es nicht an – entscheidend ist, dass das Verfahren eine „Strafsache“ betrifft. Der Begriff der Strafsache ist in diesem Zusammenhang autonom auszulegen (vgl. ErwGr [13] Einziehungsverordnung): Er umfasst auch Einziehungsentscheidungen, die ohne rechtskräftige Verurteilung ergehen. Angesprochen ist damit in erster Linie die erweiterte Einziehung. Allerdings geht ErwGr (13) Einziehungsverordnung noch weiter und erstreckt die Geltung auf alle Arten von Einziehungsentscheidungen, „d. h. nicht nur für Entscheidungen, die unter die (Einziehungsrichtlinie) fallen.“ Insofern fällt auch die selbstständige Einziehung – namentlich jene nach § 76a IV 1 StGB – unter den Begriff des Verfahrens in Strafsachen und ist damit tauglicher Anerkennungsund Vollstreckungsgegenstand der Einziehungsverordnung. Der Unionsgesetzgeber bleibt insgesamt seiner Linie treu. Die „Art der Gerichtsbarkeit“ spielt auf europäischer Ebene keine Rolle (vgl. auch Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO). Vielmehr ist eine Abgrenzung der Sache nach („Zivil- und Handelssache“, „Steuer- und Zollsache“, „Strafsache“ etc.) vorzunehmen. In diesem Zusammenhang bedürfen die Begrifflichkeiten einer autonomen Auslegung. Schließlich ist der Anwendungsbereich der Einziehungsverordnung nicht nur für „schwere Straftaten“, sondern für „sämtliche Straftaten“ eröffnet (vgl. ErwGr [14] Einziehungsverordnung). (2) Ne bis in idem als Versagungsgrund gem. Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung Gemäß Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung kann die Vollstreckungsbehörde die Anerkennung und Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung versagen, 69 Vgl. zur Vollstreckungshilfe im Verhältnis zu Drittstaaten Menninghaus, Nationale und grenzüberschreitende Vermögensabschöpfung, S. 151 ff., wonach bi- bzw. multilaterale Abkommen die allgemeinen Regeln ergänzen oder modifizieren können.

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wenn die Vollstreckung der Entscheidung dem Grundsatz ne bis in idem zuwiderlaufen würde. Der Unionsgesetzgeber äußert sich hier offensichtlich nicht zu der Frage, ob eine Einziehungsentscheidung in derselben Sache ergehen darf, vielmehr räumt er der Vollstreckungsbehörde (vgl. Art. 2 IX Einziehungsverordnung), mithin der Staatsanwaltschaft,70 ein Ermessen dahingehend ein, ob die bloße Vollstreckung der Einziehungsentscheidung dem Grundsatz ne bis in idem zuwiderlaufen würde, mit der Folge der Versagung der Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Einziehungsentscheidung. Der supranationale Gesetzgeber ist demnach der Auffassung, dass zwei Einziehungsentscheidungen in der derselben Sache – innerhalb der EU – ergehen können. Es darf – nach seiner Vorstellung – aber nur einmal vollstreckt werden. Nach alledem kann Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung zwar nicht die erneute Anordnung einer Einziehungsentscheidung verhindern, aber doch dessen Rechtsgedanke als Argument herangezogen werden, eine erneute Vollstreckung sei in jedem Fall unzulässig.71 Zur Vertiefung soll ein – leicht abgewandeltes – Fallbeispiel von Rönnau dienen:72 A und B begehen in Deutschland Korruptionsdelikte, um ihrem Arbeitgeber – der international tätigen S-AG – lukrative Aufträge zu verschaffen. Dazu wurden A und B von ihren Vorgesetzten C und D angestiftet. Nach Aufdeckung der Taten werden A und B in Deutschland rechtskräftig verurteilt und die Urteile bald darauf vollstreckt. Im Rahmen dieses Strafverfahrens werden bei der S-AG 6, 12 Mio. EUR als Erlös aus den korruptiv erlangten Aufträgen abgeschöpft. Im Anschluss verurteilt ein österreichisches Gericht C und D als Anstifter zu den Taten von A und B, wobei das Gericht gleichzeitig eine Abschöpfung i. H. v. 38 Mio EUR gegen die S-AG als Drittempfänger anordnet.

Nach der Sichtweise des Unionsgesetzgebers ist zumindest denkbar, dass sowohl in Deutschland als auch in Österreich eine Einziehungsentscheidung in derselben Sache ergeht – Art. 54 SDÜ führt gerade nicht dazu, dass in Österreich keine erneute Einziehungsentscheidung in derselben Sache ergehen kann (keine Sperrwirkung). Gleichwohl wäre im zugrundeliegenden Fall das Unternehmen faktisch wegen Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung vor einer Mehrfacheinziehung geschützt: Nimmt man an, die S-AG habe nur in Deutschland nennenswertes Vermögen, so wird die österreichische Entscheidungsbehörde die österreichische Einzie70 Vgl. § 96c IRG; vgl. vor der Änderung des IRG: Referentenentwurf des BMVJ eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, mit einer Stellungnahme der BRAK, Stellungnahme Nr. 10, März 2020 (abrufbar unter: www.brak.de; zuletzt abgerufen am: 31.01.2022); siehe auch Hüttemann, NZWiSt 2019, 248, 253 sowie Peters/Bode, ZWH 2020, 285: Die Staatsanwaltschaft ist Vollstreckungsbehörde i. S. v. Art. 2 IX Einziehungsverordnung. 71 Vgl. schon Rönnau, FS Volk, 583, 598 f. mit Fn. 87 zu Art. 8 II lit. a Rb Einziehung (2006/783/JI); so wohl auch Sch/Sch/Eser/Schuster, § 73 Rn. 32. 72 Vgl. Rönnau, Vermögensabschöpfung, Rn. 593.

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hungsentscheidung der deutschen Vollstreckungsbehörde – mithin der Staatsanwaltschaft – übermitteln. Die Staatsanwaltschaft wird dieser die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung versagen müssen, weil die Vollstreckung dem Grundsatz ne bis in idem zuwiderlaufen würde.73 Sollte die S-AG aber nennenswertes Vermögen auch in Österreich besitzen, so ist die österreichische Vollstreckungsbehörde zwar nicht auf den Rechtshilfeweg verwiesen, gleichwohl hindert der Rechtsgedanke aus Art. 19 I lit. a Einziehungsverordnung eine erneute Vollstreckung in derselben Sache und innerhalb der EU. c) Ergebnis Einziehungsbetroffene werden vor einer doppelten – grenzüberschreitenden – Mehrfachabschöpfung regelmäßig nicht durch den europäischen ne bis in idem aus Art. 54 SDÜ geschützt. Indes ergibt sich ein solcher Schutz aus der Vorschrift des § 73e I StGB, aus allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen und dem europäischen bzw. nationalen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Schließlich bietet, beschränkt auf den EU-Rechtsraum, auch die Einziehungsverordnung – in Art. 19 I lit. a – einen Schutzmechanismus, wodurch jedenfalls eine erneute Vollstreckung in derselben Sache verhindert wird. Eine solche Vollstreckungslösung scheint auch der Reformgesetzgeber zu befürworten, indem er in BT-Drs. 18/11640 auf S. 78 formuliert: „Außer Betracht bleiben auch Zahlungen auf ausländische Abschöpfungsentscheidungen wegen derselben rechtswidrigen Tat; etwaige Unbilligkeiten können über die vollstreckungsrechtliche Härteklausel (§ 459g Absatz 4 StPO-E) vermieden werden.“

§ 11 Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht Die (zivilrechtliche) Fremdrechtsanwendung im Strafrecht war schon mehrfach Gegenstand literarischer Äußerungen.74 Allerdings beschränkten sich jene Untersuchungen auf die Prüfung fremden Zivilrechts innerhalb von Straftatbeständen.75 Ob bzw. wie sich die Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht voll73 Vgl. zudem Hüttemann, NZWiSt 2019, 248, 255 mit dem Verweis auf § 88a II Nr. 3 IRG. 74 Vgl. zuletzt monographisch und umfangreich Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 33 ff.; Konzelmann, Fremdrechtsanwendung, S. 19 ff.; siehe ebenfalls aus neuerer Zeit und monographisch, aber kompakter Labinski, Verantwortlichkeit des directors einer englischen Limited, S. 70 ff. und Peukert, Untreue zum Nachteil einer Limited, S.187 ff.; vgl. zudem den Archivbeitrag von Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704 ff. sowie ganz aktuell Mankowski, FS Merkel, 609 ff.; siehe aber auch die bereits 1978 erschienene Schrift von Cornils, Fremdrechtsanwendung, S. 12 ff. 75 Siehe aber neuerdings die Untersuchung von Strobel, Internationales Privatrecht in der Strafprozessordnung, passim sowie Mankowski, FS Merkel, 609, 614 f., wonach sich zivilrechtliche Vorfragen auch innerhalb der Strafprozessordung stellen.

§ 11 Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht

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zieht, wurde – soweit ersichtlich – noch nicht eingehend diskutiert.76 Lediglich zur tätergerichteten Einziehung gem. § 74 StGB hatte der BGH einst ausgeführt, dass die Frage nach dem Eigentum am einzuziehenden Gegenstand auch eine Fremdrechtsanwendung erfordern könne – nämlich: die Anwendung der Vorschriften derjenigen Rechtsordnung, die nach den Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts (IPR) über die zivilrechtliche Vorfrage (im Fall: über das Eigentum am einzuziehenden Gegenstand) zu befinden hat.77

I. Zivilrechtliche Vorfragen und das deutsche Internationale Privatrecht (IPR) Vor diesem Hintergrund muss auch bei der Einziehung von Taterträgen gem. §§ 73 ff., 75 ff. StGB über eine Anwendung der Vorschriften des IPR nachgedacht werden. Immerhin sind zahlreiche Begrifflichkeit zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorisch zu verstehen und/oder stehen unter starkem Einfluss der zivilrechtlichen Wertung. Die Rechtsprechung und das ganz herrschende Schrifttum vertreten die Auffassung, das Strafgericht habe bei zivilrechtsakzessorischen (normativen) Tatbestandsmerkmalen grundsätzlich78 das an seinem Standort geltende IPR anzuwenden (sogenanntes IPR der lex fori).79 Die gegenteiligen Auffassungen, die ein strafrechtsautonomes Lösungskonzept – typischerweise angelehnt an das Strafanwendungsrecht – verfolgen, konnten sich – zu Recht – nicht durchsetzen.80

76 Vgl. aber (freilich ohne nähere Ausführungen zur Fremdrechtsanwendung selbst) Eberbach, NStZ 1985, 556, 557 f.: „Hat sich der Käufer der 8 kg Haschisch aber irgendwie entledigt, ist in Höhe der ihm ursprünglich tatsächlich zugeflossenen verfallsgeeigneten Vorteile – je nach sachenrechtlicher Zuordnung des jeweils einschlägigen ausländischen Rechts: Eigentum oder Besitz – ein Wertersatzverfall gem. § 73a StGB möglich. [. . .] auf Grund der Komplexität der gesetzlichen Regelungen, insb. der Verflechtung strafrechtlicher mit zivilrechtlichen Problemen und aller beider sogar noch mit den einschlägigen Vorschriften fremder Rechtsordnungen, ist oft zusätzlich kaum erkennbar, welche tatsächlichen Umstände überhaupt verfahrensrelevant sind.“ 77 Vgl. BGH BeckRS 1995, 2018. 78 Probleme ergeben sich bei der Nichtermittelbarkeit des ausländischen Rechts. Hier wird einerseits vertreten, dass ersatzweise das deutsche Sachrecht zur Anwendung gelangt (so Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 732 ff.), und andererseits, dass in diesem Falle der Angeklagte in dubio pro reo freizusprechen ist (so Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 237 ff. und 264). 79 Vgl. BGH BeckRS 1995, 2018; RGSt 27, 135, 137; OLG Schleswig NJW 1989, 3105 f.; vgl. Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 262 ff.; Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 721 f.; Peukert, Untreue zu Lasten einer Limited, S. 196 f.; vgl. zudem schon Kohler, Internationales Strafrecht, S. 253; Neumeyer, ZStW 23 (1903), 437, 445; Nowakowski, JZ 1971, 633, 634. 80 Vgl. hierzu zusammenfassend Peukert, Untreue zu Lasten einer Limited, S. 192 ff. mit zahlreichen Nachweisen zu den gegenteiligen Auffassungen (siehe dazu ausgewählt die Auffassung von Liebelt, GA 1994, 20 ff. sowie die Ansicht von MüKo-StGB/Ambos,

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1. Die Vorschrift des § 262 StPO im Kontext der Fremdrechtsanwendung Das Ergebnis der herrschenden Ansicht ist nämlich schon positivrechtlich vorgegeben: Ein deutsches Strafgericht wird über zivilrechtliche Vorfragen nur dann befinden, wenn die Beurteilung der Strafbarkeit einer Handlung (oder Unterlassung) in dessen Zuständigkeitsbereich fällt, was sich aus den §§ 3 ff. StGB ergibt. Wird die (internationale) Zuständigkeit eines deutschen Strafgerichts bejaht, statuiert § 262 I StPO, dass ebendieses über zivilrechtliche (als auch öffentlichrechtliche)81 Vorfragen „nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften“ entscheidet. Die Vorschrift des § 262 I StPO meint mit dem Zusatz „nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften“ zwar in erster Linie die deutsche StPO, umfasst aber auch verfassungsrechtliche (als auch völkerrechtliche)82 Vorschriften, die das Strafverfahren beeinflussen.83 Das Gesetz geht mithin von zweierlei Prämissen aus: Einerseits davon, dass zivilrechtliche Vorfragen im Strafverfahren auftreten können und andererseits davon, dass das Recht der lex fori den Ausgangspunkt für die Beurteilung zivilrechtlicher Vorfragen bildet. 2. Der Begriff des „bürgerlichen Rechtsverhältnisses“ Innerhalb von § 262 I StPO ist der Begriff des „bürgerlichen Rechtsverhältnisses“ weit zu verstehen.84 Er umfasst nicht nur bürgerliche Rechtsverhältnisse, die dem deutschen Zivilrecht (BGB, HGB etc.) unterfallen, sondern vielmehr sämtliche bürgerliche Rechtsverhältnisse. Eine Beschränkung nur auf das (heutige) deutsche Zivilrecht (das BGB, HGB etc.) konnte vom historischen Gesetzgeber schon deswegen nicht gewollt sein, weil die Vorschrift des § 262 StPO älter ist als unsere heutigen Zivilrechtskodifikationen.85 Eine Stütze findet die hiesige Sichtweise ferner in § 262 II StPO: Gemäß dieser Vorschrift ist das Strafgericht befugt, die Untersuchung auszusetzen und ei§ 7 Rn. 8, der von Tatortrecht spricht, aber damit wohl das in der Sache anwendbare Recht meint, vgl. zu letzterem Aspekt Mankowski/S. Bock, ZStW 120 [2008], 704, 726 unter Rekurs auf Nowakowski, JZ 1971, 633, 634). 81 Vgl. dazu statt vieler KK-StPO/Ott, § 262 Rn. 2 sowie BeckOK-StPO/Eschelbach, § 262 Rn. 11 ff.; siehe aber die Sondervorschrift des § 396 AO für das Steuerstrafverfahren. 82 Man denke hier an die Bestimmungen der EMRK und deren Einfluss auf das Strafverfahren, vgl. die nachfolgende Fußnote, 3. Teil Fn. 83. 83 Vgl. Stuckenberg, Internationalisierung und Strafrecht, S. 223, 241 zu der immensen Bedeutung internationaler Vorgaben für das Strafverfahrensrecht. 84 Dies zeigt sich schon daran, dass § 262 StPO für sämtliche Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten gilt, vgl. 3. Teil Fn. 82. 85 Vgl. MüKo-StPO/Miebach, § 262 Rn. 1 sowie C. Schmitz, Außerstrafrechtliche Vorfragen, S. 93, wonach die Vorschrift des § 262 StPO seit 1877 unverändert gilt.

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nem der Beteiligten eine Frist zur Erhebung einer Zivilklage zu bestimmen oder – bei bereits anhängigem Zivilverfahren – das Urteil des Zivilgerichts abzuwarten. Kommt der Beteiligte der Aufforderung i. S. v. § 262 II Var. 1 StPO nach oder ist ein Zivilrechtsstreit i. S. v. § 262 II Var. 1 StPO schon anhängig, würde das dort zuständige Zivilgericht gleichermaßen die Vorschriften des IPR anwenden. Gegen diese Sichtweise ließe sich zwar vermeintlich einwenden, das Strafgericht sei an die Entscheidung des (Zivil-)Gerichts i. S. v. § 262 II StPO in der Regel überhaupt nicht gebunden, sondern entscheide eigenständig.86 Die eigenständige Entscheidung des Strafgerichts muss aber auf den materiellen Rechtsvorschriften der jeweils außerstrafrechtlichen Disziplin, mithin – bei zivilrechtlichen Fragestellungen – auch dem IPR, beruhen. Andernfalls könnte die Vorschrift des § 262 II StPO ihre Zwecke, einerseits das Strafverfahren zu entlasten und andererseits möglichst einander widersprechende Entscheidungen des Zivil- und Strafrichters zu vermeiden,87 überhaupt nicht erreichen. Sie wäre – vorausgesetzt ein deutsches Zivilgericht i. S. v. § 262 II StPO ist international zuständig – überflüssig. a) Sinngemäße Übertragung auf das Einziehungsrecht Fraglich bleibt jedoch, ob all diese Überlegungen auch für das Einziehungsrecht gelten. Im Rahmen von Straftatbeständen hat der Strafgesetzgeber bewusst auf eine „Detailausgestaltung“ der zivilrechtlich geprägten Begrifflichkeiten verzichtet.88 Er hat dort gerade nicht ausdrücklich auf das BGB bzw. HGB (und seine Begrifflichkeiten) Bezug genommen.89 Im Einziehungsrecht liegt die Sache anders. Dort hat der (Straf-)Reformgesetzgeber bewusst BGB-Begrifflichkeiten übernommen90 – in § 75 III StGB nimmt er sogar ausdrücklich auf die Vorschrift des § 136 BGB Bezug und erhebt die Einziehungsanordnung zum behördlichen Veräußerungsverbot. Daraus ließe sich nun schließen, der Reformgesetzgeber bevorzuge im Einziehungsrecht die stete Anwendung deutschen Zivilrechts.91

86 Vgl. allgemein zur bestehenden oder fehlenden Bindungswirkung Meyer-Goßner/ Schmitt-StPO, § 262 Rn. 3 ff.; Löwe-Rosenberg-StPO/Stuckenberg, § 262 Rn. 9 ff. (insb. 15 ff.). 87 Vgl. zu diesen beiden Aspekten Löwe-Rosenberg-StPO/Stuckenberg, § 262 Rn. 2 m.w. N., wonach das Streben nach „Entscheidungsharmonie“ nur zurücktreten muss, wenn die strafprozessualen Grundsätze – nicht aber die anzuwendenden Rechtsvorschriften – dies erfordern; siehe zu diesen beiden Aspekten ferner Zivanic, ZWH 2021, 113, 115; a. A. aber SK-StPO/Velten, § 262 Rn. 13, wonach § 262 II StPO nicht dazu dient, divergierende Entscheidungen zu vermeiden. 88 Siehe zu diesem Aspekt Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 723. 89 Vgl. Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 723. 90 Siehe die zahlreichen bereicherungsrechtlichen Begrifflichkeiten in den §§ 73 ff., 75 ff. StGB und dazu bereits S. 27 1. Teil Fn. 63. 91 Vgl. Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 723, wonach ein solcher Umstand die stete Anwendung deutschen Zivilrechts zumindest erahnen ließe.

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

Allerdings wurde – an anderer Stelle – gezeigt, dass die gesamte Vorschrift des § 262 StPO im Einziehungsrecht analog anzuwenden ist:92 Der historische Gesetzgeber hatte zwar nur solche Fälle vor Augen, in denen der Strafrichter den Wertgehalt eines normativen Tatbestandsmerkmals aus dem Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs zu bestimmen hat, weshalb eine direkte Anwendung der Norm ausscheidet. Jedoch entstand mit der Einfügung allgemeiner Vermögensabschöpfungsvorschriften in das materiellere Strafrecht eine planwidrige Regelungslücke, die bis heute besteht. Zudem ist auch eine vergleichbare Interessenlage anzunehmen, weil der Strafrichter über zivilrechtliche Fragestellungen im Einziehungsrecht in eigener Verantwortung gemäß den strafprozessualen Vorschriften zu befinden hat. Die stete Anwendung deutschen Zivilrechts im Einziehungsrecht würde mithin dem Sinn und Zweck des § 262 II StPO analog zuwiderlaufen. Der Strafrichter würde zur Beurteilung der zivilrechtlichen Vorfrage völlig andere Rechtsnormen heranziehen, als es ein deutsches Zivilgericht täte.93 Divergierende – Rechtsfragen betreffende – Entscheidungen, die es möglichst zu vermeiden gilt, wären vorprogrammiert. Der Rechtsanwender hat an dieser Stelle streng zwischen Haupt- und Vorfragen zu unterscheiden. Lediglich zivilrechtliche Vorfragen erlauben eine Anwendung auch des IPR und damit ggfs. die Anwendung fremden Rechts im Vermögensabschöpfungsrecht. Auf die Unterscheidung zwischen Haupt- und Vorfrage wird sogleich ausführlich eingegangen. b) Entscheidung „nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften“ Einer Anwendung des IPR im Vermögensabschöpfungs- und (sonstigem) Strafrecht stehen letztlich weder das Strafanwendungsrecht, das Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 II GG), das für die Einziehung von Taterträgen ohnehin keine Geltung beansprucht, noch sonstige verfassungsrechtliche Grundsätze im Wege.94 Lediglich strafprozessuale Grundsätze, namentlich der Amtsermittlungsgrundsatz95 und der Grundsatz freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 261 StPO)96, ließen sich gegen eine Anwendbarkeit des IPR ins Feld führen, weil der Strafrich92 93

Vgl. hierzu Zivanic, ZWH 2021, 113, 114 f. Solche Bedenken hegen ebenfalls Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704,

724. 94 Vgl. zum Strafanwendungsrecht und Gesetzlichkeitsprinzip als „Hindernis“ ausführlich Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 207 ff. und 263 f.; vgl. zum Parlamentsvorbehalt bei normativen Tatbestandsmerkmalen sowie zum Rechtsstaatsprinzip Labinski, Verantwortlichkeit des directors einer englischen Limited, S. 80 ff., S. 88 ff. 95 Vgl. allgemein dazu MüKo-StPO/Kudlich, Einl. Rn. 139 ff. 96 Vgl. zu diesem Frisch, ZIS 2016, 707 ff. auch zur geschichtlichen Entwicklung (insb. zur Abkehr von gesetzlichen Beweisregeln) sowie 710 f. zur Sinnlosigkeit der Festlegung von Wahrscheinlichkeitsgraden.

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ter über die zivilrechtliche Frage „nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften“ zu befinden hat, vgl. § 262 I StPO (analog). Indes lassen jene strafprozessualen Grundsätze die (außerstrafrechtliche) Rechtsanwendung als solche unberührt. Diese verhindern allenfalls, dass zivilrechtliche Vermutungs- und Fiktionsregelungen – unbedacht97 – in das Strafverfahren Eingang finden und sich bei einem non liquet zu Lasten des (Sanktions-)Betroffenen auswirken, mithin das Prinzip der materiellen Wahrheit missachten.98 c) Anerkennung (ausländischer) zivilgerichtlicher Entscheidungen? Vor diesem Hintergrund besteht für das Strafgericht auch keine Bindung an eine (vor der Einziehungsanordnung ergangene) rechtskräftige Entscheidung eines Zivilgerichts. Es bleibt bei der Autonomie des Strafgerichts, auch dann, wenn es nach § 262 II StPO (analog) verfährt.99 Eine Ausnahme hiervon besteht aber dennoch: nämlich dann, wenn ein Urteil inter omnes-Wirkung entfaltet.100 All diese Grundsätze gelten erst recht, wenn die Anerkennung einer ausländischen zivilgerichtlichen Entscheidung in Rede steht. Das Strafgericht ist hier zwar verpflichtet das Urteil anzuerkennen,101 aber es ist – sofern das Urteil keine inter omnes-Wirkung entfaltet – an das ausländische Urteil nicht gebunden. 3. Ergebnis Bereits aus der Vorschrift des § 262 StPO (analog) folgt positivrechtlich, dass ein Strafgericht bei grenzüberschreitenden zivilrechtlichen Vorfragen auch das (deutsche bzw. europäisch-vereinheitlichte) IPR anzuwenden hat (IPR der lex fori). Dieser Sichtweise stehen weder das Strafanwendungsrecht, das Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 II GG) bzw. sonstige verfassungsrechtliche Prinzipien noch strafprozessuale Grundsätze im Wege. An in- und ausländische Zivilgerichtsent97 Vgl. hierzu Löwe-Rosenberg-StPO/Stuckenberg, § 262 Rn. 31 mit Fn. 79, 80 und 81, wonach (zivil-)gesetzliche Vermutungen und Fiktionen nicht per se, aber doch in der Regel im Strafprozess keinen Platz haben. 98 Vgl. dazu ebenfalls Löwe-Rosenberg-StPO/Stuckenberg, § 262 Rn. 31. 99 Vgl. statt vieler SK-StPO/Velten, § 262 Rn. 1 und 24; BeckOK-StPO/Eschelbach, § 262 Rn. 9 unter Hinweis auf § 359 Nr. 4 StPO, sofern das zivilrechtliche Urteil selbst Beweismittel wird. 100 Vgl. Löwe-Rosenberg-StPO/Stuckenberg, § 262 Rn. 15. 101 Vgl. hierzu Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 735 ff., die aber nicht (jedenfalls nicht eindeutig) zwischen Anerkennung und Bindung unterscheiden, aber als Beispiel die Anerkennung einer Entscheidung über einen Unterhaltsanspruch aus einem anderen Mitgliedsstaat des HUVÜ (hier gilt es [nunmehr] auch die EuUnthVO [und das LugÜ] zu beachten) nennen. In diesem Rahmen ist das deutsche Strafgericht an die ausländische Entscheidung bzgl. des rechtskräftigen Statusurteils lediglich hinsichtlich der Feststellung der Vaterschaft in diesem Zusammenhang (vgl. hierzu auch MüKo-StGB/ Ritscher, § 170 Rn. 24), aber nicht an den Unterhaltsanspruch gebunden (vgl. dazu MüKo-StPO/Miebach, § 262 Rn. 11 m.w. N.).

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scheidungen ist das Strafgericht nur gebunden, wenn diese für und gegen alle wirken.

II. Grenzüberschreitende zivilrechtliche Vorfragen Im Folgenden ist auf die – für eine Einziehungsanordnung im Hauptverfahren – relevantesten IPR-Bestimmungen einzugehen. Das Ziel dieser Ausführungen liegt selbstverständlich nicht darin, sämtliche Fallkonstellationen zu erfassen und die Vorschriften des IPR im Detail auszulegen. Vielmehr soll dem (deutschen) Rechtsanwender vor Augen geführt werden, auf welche Vorschriften des IPR – bei Einziehungsanordnungen – typischerweise Bedacht zu nehmen ist. 1. Keine „Gesamtanknüpfung“ an die Rom II-VO Bei der Prüfung, ob und wann das deutsche (Straf-)Gericht für die Einziehung von Taterträgen international zuständig ist, wurde festgestellt, dass die Einziehung von Taterträgen keine Zivil- oder Handelssache i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel IaVO darstellt. Vor diesem Hintergrund scheidet eine „Gesamtanknüpfung“ der Einziehung von Taterträgen an Art. 10 (i.V. m. Artt. 14 und 15) Rom II-VO sowie – und sofern man die deutsche Eingriffskondiktion (die mit der Einziehung von Taterträgen zumindest teil- und ansatzweise vergleichbar ist) als unerlaubte Handlung i. S. d. Rom II-VO begreift102 – an Art. 4 (i.V. m. Artt. 14, 15) Rom IIVO aus.103 2. „Einzelanknüpfungen“ In Betracht kommen daher lediglich „Einzelanknüpfungen“: Einzelne zivilrechtliche Vorfragen sind – bei grenzüberschreitendem Bezug – IPR-rechtlich anzuknüpfen. Diese gilt es nun herauszukristallisieren. Freilich können sich auch und gerade im Zivilrecht – scil. im Bereicherungsrecht – (selbstständige) zivilrechtliche Vorfragen im Rahmen des Hauptanspruchs stellen. Das Bereicherungsrecht ist nämlich selbst akzessorisch von den restlichen zivilrechtlichen Disziplinen: a) Vorfragen im Bereicherungsrecht So erfordert schon die Frage nach dem Bereicherungsgegenstand (nach dem „erlangten Etwas“) eine Vorprüfung: Hat der Bereicherungsschuldner eine vorteilhafte Rechtsposition erlangt und bejahendenfalls, welche? Das Eigentum oder den Besitz an einer Sache, die bloße Grundbucheintragung oder gar eine werthaltige Forderung? Die Frage, wie das Eigentum oder der Besitz an einer Sache begründet wird, beantwortet nicht das Bereicherungs-, sondern das Sachenrecht. 102 Siehe Mankowski, EWiR 2016, 679, 680, dem zufolge Bereicherungsklagen aus „Eingriffskondiktion“ dem Deliktsgerichtsstand unterfallen. 103 Vgl. zur Diskussion BeckOGK-BGB/Schinkels, Art. 10 Rom II-VO Rn. 11 ff.

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Dass die Grundbucheintragung, die durch einen sachenrechtlichen Vorgang erlangt wird, eine vorteilhafte Rechtsposition ist, ergibt sich ebenfalls nicht schon aus dem Bereicherungs-, sondern aus dem Sachenrecht. Demgegenüber gibt der Allgemeine Teil des bürgerlichen Rechts Aufschluss darüber, ob eine Forderung begründet wurde. Ob eine (bestehende) Forderung hingegen – durch Abtretung – übertragen wurde, regeln die §§ 398 ff. BGB – auch hier überwiegt der sachenrechtliche Charakter. Insgesamt verfährt das Bereicherungsrecht bei der Bestimmung des erlangten Etwas nicht autonom. Auch auf die Frage, ob das „erlangte Etwas“ dem Bereicherungsschuldner „ohne rechtlichen Grund“ zufloss, gibt das Bereicherungsrecht keine eigene Antwort, sondern bedient sich der Vorarbeit des Allgemeinen Teils und des Schuldrechts,104 manchmal auch des Sachenrechts.105 Bei der Eingriffskondiktion stellt sich zudem stets die Frage, ob das Recht, in das eingegriffen wurde, dem Bereicherungsgläubiger überhaupt zugewiesen war. Das Bereicherungsrecht liefert hierfür keine Antwort. Im Rahmen des Umfangs des Bereicherungsanspruchs kann sich die Frage stellen, ob Nutzungen aus dem Erlangten gezogen wurden – die Vorfrage, was Nutzungen i. S. v. § 818 III BGB überhaupt sind, beantwortet das Bereicherungsrecht ebenfalls nicht selbst, vielmehr verweist es auf die allgemeinen Vorschriften (§§ 99, 100 BGB).106 Vorfragen stellen sich auch dann, wenn es um die Herausgabe eines commodum ex re geht: Ob der Bereicherungsschuldner – etwa wegen der Zerstörung einer (ihm rechtsgrundlos zugeflossenen) Sache – eine Versicherungsforderung erlangt hat, beantwortet das Versicherungsrecht (vgl. etwa § 115 VVG).107 Schließlich überlässt das Bereicherungsrecht – etwa in bereicherungsrechtlichen Verschiebungsfällen (vgl. z. B. § 816 I 1 BGB) – dem Allgemeinen Teil des bürgerlichen Rechts und dem Sachenrecht die Beantwortung der Frage, ob eine Verfügung in Rede steht, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist.108 b) Vor- und Teilfragen im IPR Das Schrifttum zum IPR vertritt überwiegend die Auffassung, Vor- und Teilfragen seien selbstständig kollisionsrechtlich anzuknüpfen – letztere zumindest 104

Vgl. MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 418. So wird diskutiert, ob der Eigentumserwerb durch Ersitzung eine Leistungskondiktion ausschließt, sprich, ob der Erwerb durch Ersitzung einen Rechtsgrund darstellt oder nicht, vgl. zur Diskussion BGH NJW 2016, 3162, 3165 f., der dies bejaht. 106 Vgl. Staudinger/Lorenz, § 818 Rn. 10; BeckOK-BGB/Wendehorst, § 818 Rn. 12, aber dies. in Rn. 17 kritisch. 107 Vgl. dazu MüKo-BGB/Schwab, § 812 Rn. 45. 108 Vgl. hierzu allgemein Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 11 Rn. 30. 105

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dann, wenn der Gesetzgeber für sie eine Sonderanknüpfung vorgesehen hat.109 Vorfragen werden verbreitet als „Frage nach dem Bestand eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses“ definiert,110 wohingegen unter Teilfragen solche zu verstehen sind, die ein „unselbstständiges Glied einer Rechtsfigur“ betreffen.111 Vereinfacht: Vorfragen können selbst Gegenstand einer Hauptfrage sein, wohingegen sich Teilfragen nie selbst als Hauptfrage stellen.112 Nach hier vertretener Auffassung hat das Strafgericht im Hinblick auf zivilrechtliche Vorfragen exakt solche Rechtsvorschriften heranzuziehen, die auch ein deutsches Zivilgericht in der gleichen Sache heranziehen würde. Das deutsche Zivilgericht würde demnach Vorund Teilfragen selbstständig kollisionsrechtlich anknüpfen. Dies führt zu der folgenden Überlegung: Wird vor einem deutschen Zivilgericht ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend gemacht, so prüft das – unterstellt zuständige – deutsche Zivilgericht zunächst, welchem Recht der Bereicherungsanspruch, sprich der Hauptanspruch, unterliegt. Über das anwendbare Sachrecht auf ebendiesen Hauptanspruch entscheidet die Rom II-VO. Verweist die Rom II-VO für den Hauptanspruch auf das deutsche Sachrecht, so kann sich die Vorfrage stellen, ob und was der Bereicherungsschuldner erlangt hat (vgl. § 812 I 1 BGB).113 Im Rahmen dieser Vorfrage können sich wiederum Teilfragen stellen. Wird etwa behauptet, der Bereicherungsschuldner habe das Eigentum an einer Sache erlangt, kann sich Teilfrage stellen, ob der Bereicherungsschuldner überhaupt rechts- und geschäftsfähig war.114 Diese Vor- und Teilfragen hat das deutsche Zivilgericht selbstständig kollisionsrechtlich anzuknüpfen. Zusammengefasst: Die Frage nach dem Eigentum an der Sache (Vorfrage) richtet sich nicht schon deshalb nach deutschem Sachrecht, weil der Hauptanspruch deutschem Sachrecht unterliegt. Vielmehr ist die Frage nach dem Eigentum an 109

Vgl. dazu schon Cornils, Fremdrechtsanwendung, S. 78 ff., freilich beschränkt auf „Vorfragen“; siehe zudem und umfassend Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 11 f. (zur selbständigen Anknüpfung von Teilfragen, für die eigenständige Kollisionsnormen existieren: „h. M.“) sowie 36 ff. zur Diskussion rund um die unselbstständige und selbstständige Anknüpfung von Vorfragen; siehe insb. S. 36: „Es erscheint heute nahezu selbstverständlich, dass eine Vorfrage die erneute Einschaltung von Kollisionsrecht erfordert.“; siehe ferner MüKo-BGB/von Hein, Einl. zum IPR Rn. 183, 188 f., wonach auch im EU-Kollisionsrecht am Prinzip der selbstständigen Anknüpfung festzuhalten ist. 110 Vgl. Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 18 f. m.w. N.; siehe zudem MüKoBGB/von Hein, Einl. zum IPR Rn. 159, wonach zwischen Vorfragen im engeren Sinne und sog. Erstfragen zu unterscheiden ist. In der hiesigen Untersuchung geht es ausschließlich um Vorfragen im engeren Sinne, mithin um materiell-rechtliche Vorfragen. 111 Vgl. hierzu Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 11 f.; siehe auch MüKo-BGB/ von Hein, Einl. zum IPR Rn. 104. 112 Vgl. Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 12. 113 Vgl. Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 148 für die Frage, ob der Bereicherte das Eigentum erlangt hat. 114 Vgl. Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 11 m.w. N., wonach die Geschäftsfähigkeit weltweit einer Sonderanknüpfung unterliegt.

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der Sache selbstständig kollisionsrechtlich anzuknüpfen (vgl. Artt. 43 ff. EGBGB). So besteht die Möglichkeit, dass auf die Frage des streitigen Eigentumserwerbs ausländisches Sachrecht berufen wird. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass auf den streitigen Eigentumserwerb zwar ausländisches Sachrecht Anwendung findet, die Teilfrage nach der Rechts- und Geschäftsfähigkeit – der Beteiligten Personen – wiederum einer selbstständigen kollisionsrechtlichen Anknüpfung bedarf (vgl. Art. 7 EGBGB),115 die sodann auf eine andere Rechtsordnung verweist. c) Sinngemäße Übertragung auf das Einziehungsrecht Eine sinngemäße Übertragung dieser Grundsätze auf das Einziehungsrecht führt zu folgendem Bild: Überall dort, wo das Einziehungsrecht an bereicherungsrechtliche Begrifflichkeiten anknüpft, tauchen dieselben Vor- und Teilfragen auf, wie sie auch im Bereicherungsrecht auftauchen würden. Zivilrechtliche Vor- und Teilfragen können sich nach alledem stellen beim (1) erlangten Etwas, (2) bei der Nutzungsbegriffsbestimmung und Surrogatsbestimmung, (3) bei der Gegenstandsbegriffsbestimmung, (4) bei der Rechts- und Vermögensfähigkeit des betroffenen Dritten, (5) bei der „Übertragung“ des Erlangten, (6) ggfs. „ohne rechtlichen Grund“, (7) bei der Erbenstellung sowie im Hinblick auf die Stellung als Vermächtnisnehmer bzw. Pflichtteilsberechtigter, (8) bei der Frage, ob es sich um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt, (9) beim Bestehen bzw. Erlöschen der Verletztenforderung und (10) in Verzichtsfällen, ob ein Rechtserwerb des Staates stattfand. (Zivilrechtsähnliche)116 Hauptfragen sind demgegenüber solche, die zwar strafrechtsautonom, aber in (strikter) Anlehnung an das Zivil- bzw. Bereicherungsrecht beantwortet werden. Das gilt also in erster Linie für die Merkmale: (1) „durch“ (die Tat), (2) „unentgeltlich“, (3) Unmöglichkeit der Einziehung des ursprünglich Erlangten, (4) Bestimmung des Aufwendungsabzugs (5) Bestimmung der Umstände, die einen Wegfall der Bereicherung begründen. All jene Hauptfragen sind keiner selbstständigen Anknüpfung zugänglich. 3. Einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vor- und Teilfragen bei der Bestimmung des Einziehungsumfangs („erlangtes Etwas“) Im Folgenden werden einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vor- und Teilfragen sowie ihre jeweilige IPR-rechtliche Anknüpfung dargestellt. 115 Vgl. hierzu Staudinger/Mansel, Art. 43 EGBGB Rn. 1075; MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 85. 116 Hiervon sind Hauptfragen ausgenommen, die ausschließlich strafrechtsautonom zu bestimmen sind, vgl. etwa „für“ (die Tat) in § 73 I Var. 2 StGB sowie „für ihn gehandelt“ in § 73b I 1 Nr. 1 StGB.

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a) Körperliche Gegenstände Der Tatbeteiligte oder Dritte kann das Eigentum oder nur den Besitz an einer Sache erlangt haben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob und was erlangt wurde, ist derjenige der Entstehung des Einziehungsanspruchs, mithin der Zeitpunkt der Erlangung. Wird ein Pkw in Deutschland gestohlen, erlangt der Täter durch die Tat – nämlich § 242 I StGB – den Besitz i. S. v. § 854 I BGB an der Sache. Der Einziehungsanspruch des Staates gem. § 73 I Var. 1 StGB ist mit der Wegnahme der Sache entstanden und richtet sich auf die Einziehung der weggenommenen Sache. Wird hingegen ein Pkw im Ausland gestohlen, erlangt der Täter durch die Tat (die dortige Diebstahlsvorschrift) nicht den Besitz i. S. v. § 854 I BGB an der Sache. Da die weggenommene Sache – im Zeitpunkt der Erlangung – im Ausland belegen war (oder immer noch ist), richtet sich die Frage nach dem „Recht an der Sache“,117 zu der auch der Besitz zählt,118 nach dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet, vgl. Art. 43 I EGBGB (sogenannte lex rei sitae).119 Zwar handelt es sich bei dem Verweis in Art. 43 I EGBGB um eine Gesamtverweisung (vgl. Art. 4 I EGBGB), mithin eine Verweisung auch auf das IPR des ausländischen Staates,120 doch genießt die lex rei sitae-Regelung (mittlerweile) nahezu weltweite Anerkennung,121 so dass der ausländische Staat die Verweisung „annehmen“ wird. Vor diesem Grund entscheidet das Recht des Belegenheitsortes, was aufgrund des Diebstahls erlangt wurde. Dies wird typischerweise ebenfalls der Besitz (i. S. d. ausländischen zivilrechtlichen Vorschrift) sein, der nach ausländischem Recht ebenfalls eine vorteilhafte Rechtsposition sein dürfte.122 Ist die – im Inland – gestohlene Sache ein ausländisches Transportmittel i. S. v. Art. 45 I EGBGB, verweist Art. 45 I 1 EGBGB, obschon die Sache im Zeitpunkt der Erlangung im Inland belegen war (oder noch ist), auf das Recht des Herkunftsstaates.123 Doch wird sich auch hier in der Sache nichts ändern: Wenn der Herkunftsstaat die Verweisung annimmt (oder zurück- bzw. weiterverweist), wird der Täter auch dann typischerweise den Besitz am Transportmittel, ggfs. aber nach der ausländischen Zivilrechtsnorm, erlangen.

117 Siehe zur Bestimmung des Begriffs „Sache“ i. S. v. Art. 43 EGBGB ausführlich MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 11 ff. 118 Vgl. statt vieler MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 64. 119 Vgl. allgemein zur Situs-Regel MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 3 f. 120 Vgl. hierzu BeckOGK-BGB/Prütting, Art. 43 EGBGB Rn. 41. 121 Siehe dazu und zu den Ausnahmen Staudinger/Mansel, Art. 43 EGBGB Rn. 90 ff.: Teilweise unterstehen bewegliche Sachen (noch immer) der lex domicilii des Eigentümers; siehe auch Junker, Internationales Privatrecht, § 17 Rn. 1, wonach das schweizerische IPRG (Art. 104 I) eine beschränkte Rechtswahl der Parteien zulässt. 122 Vgl. zu diesem Befund MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 64; vgl. zudem zur Reichweite des Sachenrechtsstatuts BeckOGK-BGB/Götz, § 854 Rn. 47: Erwerb, Übertragung, Beendigung und Schutz des Besitzes. 123 Vgl. zu den Einzelheiten MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 45 EGBGB Rn. 43 ff.

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Ausnahmen von den in Art. 43 EGBGB und Art. 45 EGBGB aufgestellten Grundsätzen, lässt Art. 46 EGBGB zu. Besteht mit dem Recht eines Staates eine wesentlich engere Verbindung als mit dem Recht, das nach den Artt. 43 ff. EGBGB maßgebend wäre, so ist jenes Recht anzuwenden. Die Vorschrift des Art. 46 EGBGB ist nach allgemeiner Meinung restriktiv auszulegen.124 Allein der Umstand, dass das Recht der berufenen Rechtsordnung schwerlich zu ermitteln ist, rechtfertigt keine wesentlich engere Verbindung zur eigenen Rechtsordnung.125 Die Anwendbarkeit des eigenen Sachrechts folgt in solchen Fällen bereits aus anderen Gründen, nämlich aus dem „Gebot der Rechtsantwort“.126 Problematischer als die zuvor behandelten Fälle, sind solche, in denen die Einziehung tatsächlich gezogener Nutzungen (vgl. § 73 II StGB) bzw. die Einziehung eines Surrogatsgegenstands (vgl. § 73 III StGB) in Rede steht. aa) Nutzungsziehung im Ausland Verbringt der Tatbeteiligte den im Inland erlangten Gegenstand ins Ausland und zieht er dort aus ihm Nutzungen, stellt sich die Frage, welches Sachrecht auf die Nutzungsziehung Anwendung findet. Beispielhaft: Beispiel 22: Der Täter entwendet in Deutschland ein Wohnmobil und flieht mitsamt dem Wohnmobil in die Schweiz. Angekommen in der Schweiz vermietet der Täter das Wohnmobil und erzielt damit Erlöse. Später wird der Täter in Deutschland gefasst und wegen Diebstahls verurteilt. Das Gericht ordnet die Einziehung des Wohnmobils und der erzielten (Miet-)Erlöse gem. §§ 73 I, II StGB an. Lösung des Beispiels 22: Fest steht: Der Täter hat durch die Tat (§ 242 I StGB) den Besitz i. S. v. § 854 I BGB am Wohnmobil erlangt. Mit der Verbringung des Wohnmobils in die Schweiz kam es zu einem Statutenwechsel. Das neue Belegenheitsstatut (Art. 43 I EGBGB) entscheidet nun über die Rechte an der Sache – hier also grundsätzlich das schweizerische Zivilrecht. Allerdings ist fraglich, ob die Nutzungsziehung überhaupt vom Sachenrechtsstatut (Art. 43 I EGBGB) umfasst wird. Dafür spricht in erster Linie der Funktionszusammenhang127: Das dingliche Recht – nämlich der Besitz – ermöglicht erst die Nutzungsziehung. Indes beinhaltet die unberechtigte Nutzungsziehung zugleich eine Verletzung der Eigentumsposition. Oder zivilrechtlich gesprochen: Der Verletzte (Eigentümer) hätte gegen den Täter (Besitzer) einen Anspruch auf Nutzungsersatz – nach deutscher Sicht aus den §§ 987 I, 990 I, 100 Var. 1, 99 III BGB (ggfs. auch aus den §§ 812 I 1 Var. 2, 818 I Var. 1, 124

Vgl. MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 46 EGBGB Rn. 2. Siehe MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 46 EGBGB Rn. 15. 126 Vgl. Mankowski/S. Bock, ZStW 120 (2008), 704, 733; siehe ferner zur Einbringung und Ermittlung ausländischen Rechts im Strafverfahren Gössel, Einheit der Prozessrechtswissenschaft, S. 127, 129 ff. sowie S. 134 ff. zur Nichtanwendbarkeit ausländischen Rechts. 127 Vgl. dazu MüKo-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 100 unter Rekurs auf BGHZ 108, 353, 355: Schadensersatzansprüche aus EBV unterliegen dem „Belegenschaftsstatut“. 125

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100 Var. 1, 99 III BGB).128 Ein solcher Anspruch (auf Nutzungsersatz) ist aber als außervertragliches Schuldverhältnis i. S. d. der Rom II-VO zu qualifizieren.129 Je nach Auffassung folgt das anwendbare Recht bzgl. der Nutzungsziehung deshalb aus Art. 4 Rom II-VO oder Art. 10 Rom II-VO und gerade nicht aus Art. 43 I EGBGB.130

bb) Erlangung eines Surrogats im Ausland Vertritt man – mit Lohse131 und Schmidt132 – die Auffassung, eine Surrogatseinziehung komme nur in Betracht, wenn der Tatbeteiligte der Eigentümer (Rechtsinhaber) des Surrogatsgegenstands geworden ist, richtet sich der Eigentumserwerb nach dem Recht des Belegenheitsorts (Art. 43 I EGBGB). Wandelt man den obigen Beispielsfall dergestalt um, dass der Täter das ins Ausland verbrachte Wohnmobil veräußert und dafür marktwertgerechte 30.000 CHF in bar (oder einen ebenso wertvollen Tauschgegenstand) erlangt, hat das Strafgericht in Bezug auf die Frage, ob Eigentum am Bargeld (bzw. am Tauschgegenstand) begründet wurde, das schweizerische Zivilrecht anzuwenden. Indes ist die Auffassung, wonach der Tatbeteiligte der Eigentümer (Rechtsinhaber) des Surrogatsgegenstands geworden sein muss, abzulehnen.133 Demnach muss das Strafgericht, wenn es die Einziehung des Bargeldes (bzw. des Tauschgegenstandes) anordnen möchte, lediglich feststellen, dass der Tatbeteiligte den Besitz am Bargeld (bzw. am Tauschgegenstand) erlangt hat. Allerdings unterliegt – wie gezeigt wurde – auch diese Frage dem Belegenschaftsstatut: Im zugrundeliegenden Fall ist das schweizerische Zivilrecht berufen, um eine Antwort auf die Frage nach dem Besitzerwerb zu geben. b) Unkörperliche Gegenstände, insb. Forderungen Weitaus komplizierter erweist sich die zivilrechtliche Vorfrage nach dem erlangten Etwas, wenn das Erlangen unkörperlicher Gegenstände, insbesondere das 128 Sofern das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis an dieser Stelle keine Sperrwirkung entfaltet, siehe zu dieser Diskussion BeckOK-BGB/Fritzsche, § 987 Rn. 50 f. 129 Dazu BeckOGK-BGB/Prütting, Art. 43 EGBGB Rn. 79 f. 130 Vgl. BeckOGK-BGB/Prütting, Art. 43 EGBGB Rn. 79 f., der die Ansprüche auf Nutzungsersatz funktional Art. 10 Rom II-VO (Bereicherungsstatut) zuweist. 131 Vgl. LK-StGB/Lohse, § 73 Rn. 46. 132 Vgl. Schmidt, Vermögensabschöpfung, Rn. 112. 133 Siehe dazu bereits S. 103 f.; vgl. hierzu ferner BGH NStZ 2000, 483, wo ein dem Angeklagten gehörendes Grundstück in Spanien (als Surrogatsgegenstand) eingezogen wurde. Insofern war spanisches Recht berufen, um über den Eigentumserwerb am Grundstück zu befinden. Hätte der Angeklagte lediglich die spanische Grundbucheintragung erlangt, so wäre zu klären gewesen, ob diese eine vorteilhafte Rechtsposition darstellt. Dies ist anzunehmen, sofern auch das spanische Grundbuch Publizitätswirkung entfaltet. Dies ist zu bejahen (vgl. Reichmann, in: Recht der Kreditsicherheiten in europäischen Ländern, Teil VII/1: Spanien, S. 132), so dass schon die bloße spanische Grundbucheintragung ein einziehungsfähiges Surrogat gewesen wäre.

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Erlangen von Forderungen, in Rede steht. Da das Bestehen der Forderung unabdingbare Voraussetzung für die Annahme ist, der Tatbeteiligte habe durch die Tat etwas erlangt, muss der Strafrichter – bei grenzüberschreitendem Bezug – vor allem Bedacht auf das (äußere) Zustandekommen des Vertrags (Art. 10 Rom IVO), über das das nach Artt. 3 ff. Rom I-VO berufene Recht entscheidet,134 sowie die selbstständig anzuknüpfenden Teilfragen nach der Rechts- und Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen (Art. 7 EGBGB, Art. 13 Rom I-VO)135, der gewillkürten Stellvertretung (Art. 8 EGBGB)136 und der Form (Art. 11 Rom IVO)137 nehmen.138 Bei einer Abtretung hat er Art. 14 Rom I-VO zu beachten.139 4. Einzelne grenzüberschreitende Vorfragen in Vertretungsfällen Zivilrechtliche Vorfragen sind ferner bei der Dritteinziehung gem. § 73b I 1 StGB im Hauptverfahren abschließend zu klären. Der Drittbegünstigte (§ 73b I 1 Nr. 1 StGB) muss durch die Tat etwas erlangt haben. In grenzüberschreitenden Bezügen stellen sich daher – im Hinblick auf das erlangte Etwas – nahezu die identischen Fragen, wie im Rahmen von § 73 I StGB. Freilich wird in Fällen des § 73b I 1 Nr. 1 StGB oftmals ein Verband begünstigt sein. Beim erlangten Etwas kann sich daher die Frage stellen, ob der Verband selbst den (Organ-)Besitz140, gar das Eigentum an einer Sache oder eine Forderung erlangt hat. Diese Möglichkeit einer selbstständigen Erlangung besteht indes nur, wenn die betroffene Gesellschaft rechtsfähig ist und ein von dem bzw. den Tatbeteiligten getrenntes Gesellschaftsvermögen hat.141 In grenzüberschreitenden Fällen gibt das Gesellschafts- bzw. Personalstatut Auskunft über ebendiese Frage. Das Gesellschafts- bzw. Personalstatut bestimmt sich innerhalb des europäischen Rechtsraums nach der Gründungstheorie, außerhalb desselben nach der (modifizierten) Sitztheorie.142 Ob eine Gesellschaft rechts- und vermögensfähig ist, richtet sich demnach entweder nach der Gründungsrechtsordnung oder 134

Vgl. Junker, Internationales Privatrecht, § 15 Rn. 80. Vgl. Junker, Internationales Privatrecht, § 13 Rn. 1 ff. 136 Vgl. Köhler, Internationales Privatrecht, Rn. 231 ff. 137 Vgl. Köhler, Internationales Privatrecht, Rn. 221 ff. 138 Siehe zu all diesen auch MüKo-BGB/von Hein, Einl. zum IPR Rn. 104. 139 Vgl. Junker, Internationales Privatrecht, § 15 Rn. 72 ff. 140 Vgl. dazu ausführlich M. Brand, Der Organbesitz, S. 7 ff. und 24 ff., wonach für juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften (mit getrennter Vermögensmasse) die gleichen Grundsätze gelten; kürzer zum „Organbesitz“ BeckOGKBGB/Götz, § 854 Rn. 121 ff. 141 Vgl. zum „Organbesitz“ M. Brand, Der Organbesitz, S. 33 ff., wonach Innengesellschaften mit Gesamthandsvermögen die Ausnahme bilden: Mitbesitz der Gesellschafter. 142 Vgl. zu diesen beiden Theorien und zu ihrem Anwendungsverhältnis Grigoleit, Aktiengesetz, Einleitung Rn. 11 ff. 135

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nach der Rechtsordnung, in welcher jene – zum Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung – ihren effektiven Verwaltungssitz hat.143 In Umwandlungsfällen gilt es zu beachten, dass auch grenzüberschreitende Verschmelzungen, an welcher EU-/EWR-Kapitalgesellschaften beteiligt sind (§§ 122a ff. UmwG), wie auch nationale Verschmelzungen, erst mit der Eintragung im Register wirksam werden (§ 122a II UmwG). Demgegenüber fehlen für grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung von Personenhandelsgesellschaften gesetzliche Vorschriften.144 An gesetzlichen Vorschriften mangelt es auch für grenzüberschreitende Spaltungen und Formwechsel.145 Nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache SEVIC 146 sind von der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) sowohl die Hineinverschmelzung als auch die Hineinspaltung sowie der Hereinformwechsel geschützt.147 Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Kapitalgesellschaft oder Nicht-Kapitalgesellschaft handelt, zumal Art. 54 AEUV (und Art. 49 AEUV) beide Gesellschaftsarten erfasst.148 Vor diesem Hintergrund spricht auch nichts gegen eine Herausverschmelzung und -spaltung sowie einen Herausformwechsel.149 Die Möglichkeit eines Herausformwechsels hat der EuGH in der Rechtssache VALE150 sogar ausdrücklich bestätigt. Für die Durchführung grenzüberschreitender Umwandlungen im EU-Raum gilt die sogenannte Vereinigungstheorie:151 Die Voraussetzungen der Umwandlung bestimmen sich nach dem Gesellschaftsstatut der beteiligten Gesellschaften. Bei gemeinsamem Tätigwerden – sprich bei Abschluss des Umwandlungsvertrages – setzt sich die strengere Rechtsordnung durch.152 Der Vermögensübergang (Rechtsnachfolge) beurteilt sich schließlich nach dem Statut des übertragenden Rechtsträgers.153 Grenzüberschreitende Umwandlungen unter Beteiligung von Drittstaaten sind hingegen weiterhin ausgeschlossen.154 Auf all diese Grundsätze hat der Strafrichter in grenzüberschreitenden Sachverhalten, sofern Verbände beteiligt sind, zu achten.

143 Vgl. zur Unterscheidung zwischen Satzungs- und Verwaltungssitz nur Junker, Internationales Privatrecht, § 13 Rn. 38 sowie zur Reichweite des Gesellschaftsstatuts ders., Internationales Privatrecht, § 13 Rn. 45. 144 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 10. 145 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 10. 146 EuGH NJW 2006, 425 ff. 147 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 12. 148 So Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 12. 149 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 16 ff. 150 EuGH BB 2012, 2069 ff. 151 Vgl. hierzu Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 19 unter Rekurs auf MüKo-BGB/Kindler, IntGesellschaftsR, Rn. 799 ff. 152 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 19. 153 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 19. 154 Vgl. Henssler/Strohn/Decker, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 18.

§ 11 Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht

237

Steht – gemäß der Gründungs- bzw. Sitztheorie – fest, dass eine grundsätzlich rechts- und vermögensfähige Gesellschaft existiert, so bedarf es der weiteren Prüfung, ob ebenjene Gesellschaft selbst etwas erlangt hat. Das Erlangen einer vorteilhaften Rechtsposition unterliegt nicht dem Gesellschaftsstatut, sondern richtet sich nach allgemeinen Regeln: Bei körperlichen Sachen richtet sich das anwendbare Recht nach den Vorschriften über das Internationale Sachenrecht (Artt. 43 ff. EGBGB), wohingegen beim Erlangen unkörperlicher Sachen – namentlich Forderungen – die Rom I-VO anzuwenden ist. 5. Einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vorfragen in Verschiebungsfällen a) Übertragungsfälle In grenzüberschreitenden Verschiebungsfällen gilt es ebenfalls zwischen der Übertragung körperlicher und nichtkörperlicher Gegenstände zu unterscheiden. Auf körperliche Gegenstände finden erneut die Artt. 43 ff. EGBGB Anwendung – mithin typischerweise das Recht des Belegenheitsortes, denn: Voraussetzung für eine „Übertragung“ ist, dass der Drittempfänger die vollständige (faktische) Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt, der Übertragende hingegen jegliche Verfügungsgewalt verliert. Bei körperlichen Gegenständen ist demnach entscheidend, ob der Übertragende jeden Besitz verliert. Über den Erwerb und Verlust des Besitzes entscheidet aber – in grenzüberschreitenden Fällen – die gem. Artt. 43 ff. EGBGB berufene Rechtsordnung. Werden hingegen unkörperliche Gegenstände – namentlich Forderungen – übertragen, bedarf es der Anknüpfung gem. Art. 14 Rom I-VO; die Übertragung von Forderungen erfolgt nämlich durch Abtretung. Die Frage danach, ob die Übertragung unentgeltlich oder entgeltlich vollzogen wurde, kann nicht selbstständig angeknüpft werden (Fall des § 73b I 1 Nr. 2a Var. 1, 2 StGB). Darüber entscheidet das Strafgericht autonom und unter besonderer Berücksichtigung (deutscher) bereicherungsrechtlicher Maßstäbe. Auf einem anderen Blatt steht hingegen, ob die Übertragung auch ohne (oder mit) rechtlichen Grund vollzogen wurde (Fall des § 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB). Hier hat das deutsche Strafgericht eine selbstständige Anknüpfung vorzunehmen. Ob das der Übertragung zugrundeliegende Rechtsgeschäft wirksam oder nichtig ist, beurteilt sich anhand des – gem. der Rom I-VO berufenen – Vertragsstatuts und der in diesem Zusammenhang auftretenden Teilfragen. Die Frage nach der Kenntnis bzw. dem Kennenmüssen, das Übertragene rühre aus einer rechtswidrigen Tat her (Fall des § 73b I 1 Nr. 2b StGB), könnte ebenfalls selbstständig anzuknüpfen sein. Denkbar erscheint eine Anknüpfung an Art. 17 Rom II-VO, sofern es sich hierbei um „Sicherheits- und Verhaltensregeln“ handelt (Ortsrecht im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses).

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

Möglich erscheint aber auch die Frage nach der Konkretisierung des allgemeinen Sorgfaltsmaßstabs der lex causae zu unterwerfen. In der deutschen Lehre wird diese Frage uneinheitlich beantwortet.155 Für das Einziehungsrecht dürfte dieser Streit praktisch ohne Relevanz sein: Findet die Übertragung eines körperlichen Gegenstandes im Ausland statt, so findet auf die Frage, ob eine vermögenswerte Position erlangt wurde, gem. Art 43 I EGBGB typischerweise das Recht des Belegenheitsortes Anwendung. Selbst wenn man die Frage gem. Art. 17 Rom II-VO selbstständig anknüpfte, fielen Ortsrecht und Recht des Belegenheitsortes in der Regel156 nicht auseinander.157 Demgegenüber erscheint bei der Übertragung unkörperlicher Gegenstände – namentlich Forderungen – eine Anknüpfung an die lex causae und nicht an Art. 17 Rom II-VO geboten. Die Übertragung ist nämlich – wie gezeigt wurde – vom rechtsgeschäftlichen Bereich geprägt. Schon aus diesem Grund erscheint eine Anknüpfung an Art. 17 Rom II-VO verfehlt, zumal sich ihr Anwendungsbereich vor allem auf die unerlaubte Handlung (Artt. 4 ff. Rom II-VO) – genauer: auf Straßenverkehrsunfälle – erstreckt.158 b) Übergangsfälle Zahlreiche Fragen stellen sich in grenzüberschreitenden Erbfällen. Zunächst ist schon zweifelhaft, ob das deutsche Strafgericht selbstständig – wie von § 262 StPO (analog) verlangt – über die „Rechtsfolge von Todes“ wegen befinden darf.159 Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn der Erblasser, sprich derjenige, der zuvor die (faktische) Verfügungsgewalt über das erlangte Etwas innehatte, seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im EU-Ausland hatte und keine Gerichtsstandsvereinbarung, die die deutschen Gerichte für international zuständig erklärt, ersichtlich ist. In diesem Falle ist gem. Art. 4 EuErbVO nämlich dasjenige Gericht des Mitgliedsstaats für die Erbfrage international zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.160 155

Vgl. zur Diskussion BeckOGK-BGB/Maultzsch, Art. 17 Rom II-VO Rn. 41. Ein gegenteiliges Ergebnis ließe sich wohl auch nicht bei einem gestreckten Erwerb gem. Art. 43 III EGBGB erzielen. 157 Der Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses (Auslösung des staatlichen Einziehungsanspruchs) ist insofern der Zeitpunkt der Übertragung (vollständiger Verlust der Verfügungsmacht des Übertragenden und Erwerb der Verfügungsmacht durch den Dritten). 158 Vgl. hierzu auch MüKo-BGB/Junker, Art. 17 Rom II-VO Rn. 4 und 6 ff., wonach schon zweifelhaft ist, ob Art. 17 Rom II-VO bei der ungerechtfertigten Bereicherung i. S. v. Art. 10 Rom II-VO einen Anwendungsbereich haben kann. 159 Vgl. Art. 1 I 1 EuErbVO und Art. 3 I lit. a EuErbVO zum Anwendungsbereich der EuErbVO („Rechtsnachfolge von Todes wegen“) und dazu MüKo-BGB/Dutta, Art. 1 EuErbVO Rn. 2 und Art. 3 EuErbVO Rn. 2. 160 Vgl. allgemein hierzu MüKo-BGB/Dutta, Art. 4 EuErbVO Rn. 2 ff.; siehe hier auch Art. 21 I EuErbVO. 156

§ 11 Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht

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Aufgrund des (Anwendungs-)Vorrangs des EU-Rechts darf das deutsche Strafgericht nicht selbst über die Erbfrage befinden. Nach Maßgabe von Art. 15 EuErbVO muss es sich für unzuständig erklären. In derartigen Fällen besteht für das deutsche Strafgericht nur eine Möglichkeit, sofern noch keine dementsprechende ausländische Entscheidung vorliegt: Es hat das Verfahren über die Einziehung nach Maßgabe des § 422 S. 1 StPO abzutrennen und unter Anwendung von § 262 II StPO (analog) darauf hinzuwirken, dass eine Entscheidung über die Erbfrage vor dem international zuständigen (ausländischen) Gericht ergeht. Nach Maßgabe von Art. 14 EuErbVO hat das deutsche Strafgericht das international zuständige Gericht anzurufen und die Entscheidung abzuwarten. Die anschließende (ausländische) Entscheidung hat das deutsche Strafgericht (zwingend) anzuerkennen und es ist – mangels eigener internationaler Zuständigkeit – zugleich an diese gebunden. Letzteres gilt selbstverständlich schon dann, wenn eine entsprechende Entscheidung des ausländischen Gerichts vor der Entscheidung über die Einziehungsanordnung ergeht. Besteht hingegen (auch oder nur)161 eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, weil etwa der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, hat das Strafgericht über die Erbfrage eigenständig zu befinden – auch dann, wenn vor der Einziehungsanordnung ein (deutsches oder ausländisches) Urteil des anderen Gerichtszweigs ergeht. Es handelt sich nämlich bei der Feststellung, ob jemand Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer geworden ist, um kein Statusurteil, das eine Bindungswirkung des Strafgerichts an das ergangene Urteil erzeugt. Das Strafgericht hat in grenzüberschreitenden Erbfällen stets das anwendbare Recht nach den Artt. 21 ff. EuErbVO zu ermitteln. Dabei sei auf die Besonderheit der EuErbVO hingewiesen, die – im Gegensatz zur Rom I-VO (vgl. Art. 20 Rom I-VO) und Rom II-VO (vgl. Art. 24 Rom II-VO) – auch auf das IPR der berufenen (Drittstaats-)Rechtsordnung verweist (vgl. Art. 34 EuErbVO) und nach (wohl) überwiegender Auffassung eine unselbstständige Vorfragenanknüpfung verlangt.162 c) Exkurs: Zwingende Beteiligung des Dritten gem. § 424 StPO? In Dritteinziehungskonstellationen statuiert § 424 I StPO das Erfordernis der Beteiligung des Drittbegünstigten am Strafverfahren, soweit dieses die Einziehung betrifft und der Dritte nicht gem. § 424 II StPO bei Gericht, der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll oder einer anderen Behörde schriftlich 161 Im Gegensatz zur Brüssel Ia-VO bietet die EuErbVO nur wenig Raum für ein forum shopping, vgl. aber Art. 10 EuErbVO und dazu MüKo-BGB/Dutta, Art. 10 EuErbVO Rn. 15. 162 Vgl. umfassend zum Streitstand MüKo-BGB/Dutta, Vorb. zu Art. 20 EuErbVO Rn. 50 ff.; kürzer MüKo-BGB/von Hein, Einl. zum IPR Rn. 199.

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

erklärt, dass er gegen die Einziehung des Gegenstandes keine Einwendungen vorbringen wolle. Die Vorschrift des § 425 I StPO erlaubt es dem Gericht in Fällen der Einziehung gem. §§ 74a und 74b StGB von der Verfahrensbeteiligung des Dritten abzusehen, wenn wegen bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie nicht ausgeführt werden kann. Die Beteiligung i. S. v. § 425 I StPO ist unausführbar, wenn der Aufenthalt des Einziehungsadressaten unbekannt ist.163 Der bloße Aufenthalt des Einziehungsadressaten im Ausland macht die Beteiligung aber nicht unausführbar.164 Bei einem Aufenthalt im Ausland ist – wie das OLG Karlsruhe165 zutreffend erläutert hat – der Weg eines Rechtshilfeersuchens zu bestreiten, um dem bzw. den Einziehungsbeteiligten die Terminsnachricht (vgl. § 429 StPO) zuzustellen. Die Vorschrift des § 425 StPO ist auf die Einziehung von Taterträgen gem. den §§ 73 ff., 75 ff. StGB aber weder direkt noch analog anwendbar.166 Ist daher die Beteiligung des Einziehungsbeteiligten undurchführbar, kann eine Einziehungsanordnung gem. § 73b I 1 StGB im subjektiven Verfahren nicht ergehen.167 6. Einzelne grenzüberschreitende zivilrechtliche Vorfragen bei der formlosen Einziehung Der 5. BGH-Strafsenat hat ausgeführt, dass „aufgrund des Namens der betroffenen Bank [. . .] nicht auszuschließen [ist], dass es sich um ein ausländisches Konto des Angekl. handelt. Damit folgt die Übertragung womöglich Regeln, die einem wirksamen Verzicht vorliegend entgegenstehen“.168 Vor diesem Hintergrund ist zu untersuchen, welches Recht auf die Übertragung von Bankguthaben Anwendung findet. Wenn der 5. BGH-Strafsenat hier von „Übertragung von Bankguthaben“ spricht, dann meint er die Überweisung eines bestimmten Geldbetrags. Hier: vom Einziehungsbetroffenen an den Justizfiskus. Damit ist der kollisionsrechtliche Anknüpfungspunkt für eine solche Übertragung schnell ausfindig gemacht: Auf die „Überweisung“ findet gem. Art. 4 I lit. b Rom I-VO grundsätzlich das Recht am Sitz der (ausländischen) Bank, bei der der Einziehungsbetroffene sein „Konto“ unterhält, bzw. an ihrer Niederlassung (vgl. Art. 19 Rom I-VO) Anwendung.169 Gleichwohl dürfte der Einziehungsbetroffene nicht selten ein Verbraucher i. S. v. Art. 6 I Rom I-VO sein, so dass – bei mangelnder Rechtswahl (vgl. Art. 3 Rom I-VO) – auch das Recht des gewöhnlichen Aufent163 Vgl. hierzu KK-StPO/Schmidt, § 425 Rn. 3 unter Rekurs auf BayObLG NJW 1955, 1527 (noch zu § 431 II StPO a. F. ergangen). 164 Vgl. KK-StPO/Schmidt, § 425 Rn. 3 sowie OLG Karlsruhe NJW 1974, 709, 712. 165 OLG Karlsruhe NJW 1974, 709, 712. 166 Vgl. KK-StPO/Schmidt, § 425 Rn. 6. 167 Vgl. hierzu KK-StPO/Schmidt, § 425 Rn. 6. 168 BGH NJW 2019, 1692, 1695 (Hervorhebungen nur hier). 169 Vgl. BeckOGK-BGB/Köhler, Art. 4 Rom I-VO Rn. 468.

§ 11 Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht

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haltes des Verbrauchers in Betracht kommt.170 In der Praxis ist gleichwohl eine Rechtswahl die Regel: Auf die „Überweisung“ findet das gewählte – ggfs. durch AGB (wirksam) einbezogene – Recht Anwendung.171

III. Exkurs: Die Einziehung von im Ausland belegener Gegenstände Angesichts der geschilderten grenzüberschreitenden Bezüge kann es zu Einziehungsanordnung kommen, die im Ausland belegene Gegenstände betreffen. Der 1. BGH-Strafsenat hat noch zur alten Rechtslage entschieden, der erweiterte Verfall gem. § 73d StGB (heute: erweiterte Einziehung gem. § 73a I StGB) könne auch hinsichtlich eines im Ausland belegenden Gegenstands angeordnet werden.172 Die Entscheidung des 1. BGH-Strafsenat wurde vom Schrifttum – soweit ersichtlich – weder kommentiert noch kritisiert, vielmehr nur akzeptiert.173 Mit der Anordnung der erweiterten Einziehung gem. § 73a I StGB geht das Eigentum bzw. die Inhaberschaft am Gegenstand – kraft Gesetzes (§ 75 I StGB) – auf den deutschen Staat über.174 Dessen war sich auch der 1. BGH-Strafsenat bewusst, indem er ausführte: „Ein unzulässiger Eingriff in die Souveränität Spaniens liegt aber nicht vor. Sowohl Deutschland als auch Spanien sind dem [EuGeldwäscheÜbk]175 beigetreten.“ 176 Der 1. BGH-Strafsenat begründete die Zulässigkeit der erweiterten Verfallsanordnung im Ausland belegener Gegenstände mit dem EuGeldwäscheÜbK. Hier gilt es in Zukunft – beschränkt auf den EU-Rechtsraum – die Einziehungsverordnung zur Begründung heranzuziehen. Gleichwohl ist damit keineswegs geklärt, ob auch die Einziehung von Gegenständen zulässig ist, die im Ausland belegen sind, wenn mit dem ausländischen Staat gerade kein bi- oder multilaterales Übereinkommen besteht. In diesen Fällen ist über einen unzulässigen Eingriff in die Souveränität des ausländischen Staates nachzudenken – gleichwohl ist ein solcher abzulehnen. Das Völkergewohnheitsrecht (vgl. Art. 25 GG) verbietet die Anordnung der Einziehung von im Ausland belegener Gegenstände nicht.177 Vielmehr steht es im Ermessen des ausländischen Staates, ob es den (fremden) hoheitlichen Eingriff in die privat-

170

Vgl. BeckOGK-BGB/Köhler, Art. 4 Rom I-VO Rn. 450 u. 468. Vgl. hierzu BeckOGK-BGB/Köhler, Art. 4 Rom I-VO Rn. 449 u. 449.1. 172 Vgl. BGH NStZ 2000, 483. 173 Vgl. NK-StGB/Saliger, § 73d a. F. Rn. 7; Winkler, NStZ 2001, 301, 304. 174 Vgl. zu den Einzelheiten bereits S. 204 f. 175 Vgl. Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8.11.1990, BGBl. 1998 II, 519, 520 ff. 176 BGH NStZ 2000, 483. 177 Vgl. allgemein zur völkergewohnheitsrechtlichen Anerkennung fremdstaatlicher Enteignungsakte MüKo-BGB/Wendehorst, Anh. Art. 46 EGBGB Rn. 9 f. 171

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3. Teil: Zivilrechtliche Fremdrechtsanwendung

rechtliche Rechtszuständigkeit,178 anerkennen möchte oder nicht.179 Gegen die Zulässigkeit von Einziehungsanordnungen, die im Ausland belegene Gegenstände betreffen, bestehen damit keine Bedenken.

§ 12 Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit Die Europäisierung des Strafrechts schreitet, wie das Einziehungsrecht zeigt, voran. Über die Europäisierung des Einziehungsrechts hinaus führte die Vermögensabschöpfungsreform zu einer besonders starken zivil- bzw. bereicherungsrechtlichen Determinierung des Einziehungsrechts. Der Rechtsanwender hat – bei der Auslegung der Einziehungsvorschriften – sowohl die Richtlinienbestimmungen der Einziehungsrichtlinie als auch das deutsche Zivil- bzw. Bereicherungsrecht sowie das nationale und europäische Verfassungsrecht zu berücksichtigen, um den Rechtscharakter der Einziehung von Taterträgen als quasi-kondiktionelle Maßnahme zu wahren sowie ihre Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie zu gewährleisten – notfalls im Wege einer europa- bzw. verfassungskonformen Auslegung. Dieses Zusammenspiel, von Richtlinienbestimmung, Zivil- bzw. Bereicherungsrecht und nationalem sowie europäischem Verfassungsrecht, verkompliziert die Rechtsanwendung. Letzteres belegen schon rein inländische, aber allen voran grenzüberschreitende Fallkonstellationen. Die Annäherung an das Zivil- bzw. Bereicherungsrecht führt dazu, dass zahlreiche Begrifflichkeiten des Einziehungsrechts zivilrechtsbzw. bereicherungsrechtsakzessorisch zu verstehen sind. Dieses zivil- bzw. bereicherungsrechtsakzessorische Begriffsverständnis nötigt den Rechtsanwender – bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – dazu, das deutsche Kollisionsrecht zu prüfen (IPR). Eine positivrechtliche Aussage darüber, dass das Strafgericht – bei zivilrechtlichen Vorfragen – das an seinem Standort geltende IPR anzuwenden hat (sogenanntes IPR der lex fori), beinhaltet die Vorschrift des § 262 StPO, die im Vermögensabschöpfungsrecht analog anzuwenden ist. Die Untersuchung konnte zeigen, dass die Verweisungen des IPR in einigen Konstellationen zu einer zivilrechtlichen Fremdrechtsanwendung im Einziehungsrecht zwingen. Damit wird auch das Einziehungsrecht, wie das sonstige Strafrecht, nicht von einer zivilrechtlichen Fremdrechtsanwendung verschont. Selbstständig kollisionsrechtlich anzuknüpfende Vor- und Teilfragen tauchen in vielen Teilen des neuen Einziehungsrechts auf. Im Ergebnis bestätigt sich erneut, wie M. Wagner erst kürz178 Vgl. zur Definition von „Enteignung“ im Internationalen Enteignungsrecht MüKo-BGB/Wendehorst, Anh. Art. 46 EGBGB Rn. 33 m.w. N.; siehe MüKo-BGB/ dies., Anh. Art. 46 EGBGB Rn. 35, wonach sich die Anerkennung von hoheitlichen Justizakten dann nicht nach dem Internationalen Enteignungsrecht richtet, wenn jener der „Ahndung kriminellen Unrechts“ dient. Da der Einziehung von Taterträgen – mangels „Strafcharakters“ – auch keine ahnende Wirkung zukommt, ist sie dem Begriff der „Enteignung“ im Internationalen Enteignungsrecht zu subsumieren. 179 Vgl. allgemein hierzu MüKo-BGB/Wendehorst, Anh. Art. 46 EGBGB Rn. 10.

§ 12 Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

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lich betont hat, dass „eine Blickverengung auf einzelne ,Rechtsgebiete‘ nicht sinnvoll ist“.180 Für das Strafrecht gilt dies – aufgrund seiner teilweisen (Begriffs-)Akzessorietät – besonders.181 Der Strafrechtler ist Universaljurist.182 Die Annäherung an das Zivil- bzw. Bereicherungsrecht wirft darüber hinaus die Frage auf, welche Vorschriften heranzuziehen sind, um über die internationale Zuständigkeit deutscher Strafgerichte für Einziehungsanordnungen zu befinden. Angesichts des Rechtscharakters der Einziehung von Taterträgen – als quasi-kondiktionelle Maßnahme – ging die Untersuchung der Frage nach, ob es sich beim deutschen Vermögensabschöpfungsrecht um eine „Zivil- und Handelssache“ i. S. v. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO handelt. Hier konnte gezeigt werden, dass das Einziehungsrecht – auch, wenn es aus deutscher Sicht den Charakter einer „Quasi-Kondiktion“ hat – nicht dem, autonom zu bestimmenden, Begriff der „Zivil- und Handelssache“ i. S. v. Art. Art. 1 I 1 Brüssel Ia-VO subsumiert werden kann. Damit bestimmt allein das Strafanwendungsrecht (§§ 3 ff. StGB) über die (internationale) Zuständigkeit deutscher Strafgerichte für den Erlass von Einziehungsanordnungen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden grenzüberschreitende Erbfälle. Ist ein deutsches (Zivil-)Gericht nicht international für die „Erbfrage“ zuständig, darf auch ein deutsches Strafgericht nicht selbstständig über ebendiese befinden. Vielmehr hat es das in der Sache international zuständige (Zivil-)Gericht anzurufen. Dies ist nur die Konsequenz der analogen Anwendung von § 262 StPO im Vermögensabschöpfungsrecht – und seiner positivrechtlichen Aussage. Im Zusammenhang mit der Erläuterung der Bedeutung des Strafanwendungsrechts für die Vermögensabschöpfung wurde zudem gezeigt, dass inländische Einziehungsbetroffene keine mehrfache (grenzüberschreitende) Vermögensabschöpfung – wegen desselben Sachverhalts – fürchten müssen. Bei individualschützenden Anknüpfungs- und Erwerbstaten verhindert schon die Vorschrift des § 73e I StGB eine mehrfache Abschöpfung, wohingegen bei Delikten gegen überindividuelle Rechtsgüter allgemeine bereicherungsrechtliche Grundsätze bzw. Verhältnismäßigkeitserwägungen eine solche verhindern. Schließlich kann auch der Einziehungsverordnung (Art. 19 I lit. a) der Rechtsgedanke entnommen werden, eine doppelte Vermögensabschöpfung habe – jedenfalls in EU-Sachverhalten – zu unterbleiben. Summa summarum steht fest, dass der Facettenreichtum, den das Einziehungsrecht bietet, für die Strafrechtswissenschaft und -praxis Segen und Fluch zugleich ist. 180

M. Wagner, ZJS 2020, 575. Vgl. M. Wagner, ZJS 2020, 575, 578; ders., Die Akzessorietät des Wirtschaftsstrafrechts, passim. 182 Vgl. Mankowski/S. Bock, JZ 2015, 1092, die Josef Kohler als letzten deutschen Universaljuristen bezeichnen. 181

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Stichwortverzeichnis Aufwendungen bzw. Aufwendungsabzug 166 ff., 188 ff., 192 Auslegung – EMRK bzw. EGMR-freundliche Auslegung 45 f. – europarechtskonforme Auslegung 77 – Objektive und subjektive Auslegung 83 f., 123 f. – Relativität der Rechtsbegriffe 78 ff. – Stufenmodell der Gesetzesanwendung 78 ff. – verfassungskonforme Auslegung 71 Beendigung der Tat 108 ff. Bösgläubigkeit – bei Art. 14 GG bzw. Art. 18 GRCh 63 ff. – bei § 73b I 1 Nr. 2 StGB 155 ff. – bei § 73d I 2 StGB 171 ff. – bei § 73e II StGB 115 – bei § 817 S. 2 BGB 57, 171 f. – bei §§ 818 III, 819 I BGB 53 ff., 57, 115, 171 f. – Wissenszurechnung 178 ff. – Zeitpunkt 155 ff., 177 ff. – zivilrechtlicher Maßstab 177 ff. Bruttoprinzip – Einführung 24 f. – § 817 S. 2 BGB 25 ff. – §§ 818 III, 819 I BGB 25 ff., 171 ff. Eigentumsgarantie 58 ff. Einziehung bei Drittbegünstigten 133 ff. Einziehung bei Tatbeteiligten 87 ff. Einziehungsrichtlinie 46, 60 ff., 77 ff., 110 f., 143 f., 150 f., 154 f., 193, 196

Entreicherung – bei § 73d I StGB 168 ff. – bei § 73e II StGB 188 ff. – bei §§ 818 III, 819 I BGB 188 ff. Erbfall 40, 77, 159 Erweiterte Einziehung 191 ff. Etwas erlangt 87 ff. Formlose Einziehung 198 ff. Fremdrechtsanwendung 222 ff. Gesamtschuldnerische (Wertersatz-)Einziehung – bei individualschützenden Rechtsgütern 126 ff. – bei überindividuellen Rechtsgütern 126 ff. Gesellschaften 63, 133 Handeln im Interesse des anderen 137 f. Internationale Zuständigkeit 209 ff. Nettoprinzip – Abschaffung 24 f. Nutzungen und Surrogate – im Bereicherungsrecht 88, 91 ff. – im Einziehungsrecht 88, 91 ff., 101 f.,143, 192 f. Rechtsgrund (§ 73b I 1 Nr. 2a Var. 2 StGB) 39 ff., 76, 146 ff. Selbstständige Einziehung 194 ff. Strafe bzw. strafähnliche Maßnahme – Begriff 44 ff. – Bruttoprinzip 25

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Stichwortverzeichnis

– Rechtsprechung 49 ff., 52 f. – Übel 49 f. Subsidiäre Haftung des Dritten 40, 163 ff. Unmittelbarkeit 104 ff. Verschiebungsfall 39 ff., 146 ff. Vertretungsfall 136 ff. Vorfragen 223 ff., 228 ff.

Wertersatz – Art. 14 GG bzw. Art. 17 GRCh 58 ff. – weitergereicht (§ 73b II Var. 1 StGB) 159 ff. – Wertbegriff 116 ff. Wille des Gesetzgebers – mutmaßlich 84 Wissen 56 f. Wissenszurechnung 56 f., 156, 179 f.