Das Weingesetz vom 7. April 1909 mit den Ausführungsbestimmungen und der Weinzollordnung [Reprint 2022 ed.] 9783112692622

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Das Weingesetz vom 7. April 1909 mit den Ausführungsbestimmungen und der Weinzollordnung [Reprint 2022 ed.]
 9783112692622

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Nachtrag zu § 33 S. 109
A. Einleitung
I. Die Herstellung des
II. Geschichte des Gesetzes
III. Gellendes Recht
B. Weingesetz vom 7. April 1909
C. Anhang
I. Ausführungs- und Vollzugs-Verordnungen
II. Weinzollordnung
III. Uebersicht über die Gesetzgebung des Auslandes, betr. wein
D. Sachregister

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5chweitzer5 Textausgaben mit Anmerkungen

O.3oeller

Das Weingesetz für das Deutsche Reictj

München und Berlin J. Schweitzer Derlag (Brtijur Seiner)

Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs« und Versicherungsrecht heriuegegeben voll

Dr. A. Düringer e«kb«gCTicbi,rit

H. Könige

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Das Weingesetz vom 7. April 1909

mit den

Ausführungsbestimmungen und der

Weinzollordnung erläutert von

Otto Zoeller, Kgl. II. Staatsanwalt in Landau (Pfalz).

München und Berlin 1909. I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier)

Vorwort. Meine

Erläuterungen

Gerichtsgebrauch

find

bestimmt.

in

Linie

für

den

Kollegen,

die

dem

erster

Für

Weinfache vielleicht fremd gegenüberstehen, ist eine kurze Dar­ stellung der

Weinbereitung vorauSgeschickt.

Rechtsprechung ist berücksichtigt.

ständnis des

Sie wird

Die bisherige

auch zum Ver­

neuen Rechts wertvolle Anhaltspunkte geben.

Eine Uebersicht über die ausländische Gesetzgebung nach bertt

Stande des Jahres 1908 sowie die bis Mitte September 1909 erschienenen

Einzelstaaten

Ausführungsvorschriften Baden,

Bayern,

des Reiches und

Elsaß - Lothringen,

der

Hessen,

Preußen und Württemberg find dem Gesetze als Anhang bei­ gefügt.

Weitere etwa noch ausstehende Vollzugsvorschriften

abzuwarten verbot die bereits beginnende Weinlese.

Mögen meine Ausführungen ferner auch dem Wein» f a ch m a n n, dem Weinbauer und Weinhändler von Nutzen

sein!

Er muß vor allem wissen, was Rechtens ist, wenn er

die gesetzlichen Vorschriften beachten, andererseits aber auch

ungerechtfertigte Reklamationen und Chikanen seiner Abnehmer

zurückweisen

will.

Bei der Behandlung des so wichtigen

Zuckerungsparagraphen war ich bemüht, zu zeigen, nicht nur was das Gesetz theoretisch verlangt, sondern auch wie diesem

Verlangen praktisch

genügt werden kann.

Hiezu war ein

kleiner Abstecher in das Gebiet der Weinchemie erforderlich. Mögen mir die Herren Chemiker diesen Uebergriff verzeihen!

Dem praktischen

Bedürfnisse zuliebe ist als Anhang II die

Weinzollordnung

abgedruckt,

die den

Einfuhrbestimmungen

des Weingesetzes ergänzend sich anreiht.

Endlich sei das Merkchen auch noch demjenigen gewidmet, dessen man in der Hitze der Jnteressenkämpfe vielfach ganz

vergessen hat, obwohl er eigentlich der Hauptbeteiligte ist. Ich meine den Weintrinker.

Möge er sich Belehrung

schöpfen darüber, was er von seinem Lieferanten verlangen kann, und was er nicht verlangen kann; mögen ihm die

Augen geöffnet werden darüber, was ihm die Etikette ver­ spricht und was sie nicht verspricht, damit er seine Rechte

energisch vertreten, aber auch unbegründeter Ausstellungen sich enthalten möge.

Noch eins sei ihm vor Augen gehalten:

Wein, der monatelang angebrochen im Fasse liegt, verdirbt, und wenn er zur Verhütung des Verderbs recht tüchtig ge­

schwefelt wird, dann verdirbt er erst recht.

Wer Wein im

Fatz beziehen und nur nach und nach trinken will, muß ihn auf Flaschen füllen und diese im Keller kühl und liegend aufbewahren.

Wer diese Regeln nicht beachtet hat, der mag

es sich selbst zuschreiben, wenn sein Wein eine abscheuliche

Brühe geworden ist, seinen Lieferanten aber wolle er mit

Klagen und den Staatsanwalt mit Strafanzeige verschonen. Das Weingesetz mit seinen in das wirtschaftliche Leben

tief

einschneidenden

Maßnahmen

erfreut

sich

des

regsten

Interesses der Kommentatoren. Mögen meine vom juristischen

Standpunkte aus gegebenen

Erläuterungen

neben

anderen

Bearbeitungen, die die schwierigen Fragen des Weingesetzes

IX

mehr unter dem Gesichtswinkel des Weinfachmannes oder deS Chemikers beleuchten, mit dazu beitragen, das zu erreichen, was wir alle gemeinsam erstreben müssen: die Einheitlichkeit

des Vollzugs.

Mit

diesem Wunsche

übergebe

ich

das

Büchlein

Oeffentlichkeit.

Landau (Pfalz), im September 1909.

Der Verfasser.

der

Inhaltsverzeichnis. Vorwort. Seite A. Einleitung.................................................................... 1 I. Die Herstellung des Weins.......................... 1 II. Geschichte des Gesetzes ..................................... 3 HI. Geltendes Recht............................................... 8 B. Weingesetz vom 7. April 1909 ...............................

12

C. Anhang.........................................................................112 I. Ausführungs- und Vollzugsverordnungen 1. des Reichs Bundesratsbek.vom 9. Juli 1909 . . 112 2. der Bundesstaaten Baden.............................................................. 156 Bayern...............................................................158 Elsaß-Lothringen.............................................. 165 Hessen.............................................................. 170 Preußen......................................................... 180 Württemberg....................................................194 II. Weinzollordnung.................................................... 196 III. Ausländische Gesetzgebung betr. Wein . - 232

D. Sachregister................................................................... 250

Abkürzungen. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. (Erl.) — Amtliche Erläuterungen zum Entwurf des Weingesetzes. GBG. — Reichsgerichtsverfassungsgesetz. JME. — Entschließung des K. Bayerischen Staats­ ministeriums der Justiz. (Komm.) — Bericht der XXXI. Kommission des Reichs­ tages vom 4. März 1909 über den Entwurf des Weingesetzes. NM!G. — Neichsgesetz betr. den Verkehr mit Nahrungs­ mitteln, Genußmitteln und Gebrauchgegenständen vom 14. Mai 1879. RGE. — Entscheidung des Reichsgerichts in Straf­ sachen. RGR. — Rechtsprechung des Reichsgerichts in Straf­ sachen. StGB. — Reichsstrafgesetzbuch. StPO. — Reichsstrafprozeßordnung. Ztschr. f. R. — Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern, heraus­ gegeben von Th. von der Pfordten, Verlag von I. Schweitzer Verlag, München und Berlin.

Nachtrag zu § 33 S. 109. Ob das luxemburgische Weingesetz vom 24. Juli 1909, verkündet 27. August 1909, in Kraft seit 1. September 1909, dem deutschen Weingesetz entspricht, ist vom Bundes­ rate noch nicht entschieden.

A.

Einleitung. I.

Die Herstellung des Weins. Zum richtigen Verständnis des Weingesetzes ist die — wenigstens allgemeine — Kenntnis der Wein­ bereitung erforderlich. Die Weintrauben reifen in Deutschland je nach Gegend und Witterungsverhältnissen int September oder Oktober, manchmal auch noch später. Der Be­ ginn der Weinlese wird in weinbautreibenden Ort­ schaften vielfach durch Ortspolizeibeschluß festgesetzt. Bei der Lese werden die Trauben mit den Stielen („Kämmen", „Rappen") abgeschnitten und alsdann mittels der Traubenmühle zerquetscht. So entsteht die „Traubenmaische", auch „Trebermost" genannt. Sie setzt sich zusammen aus den Stielcn, Häuten, Kernen und dem Safte der Trauben. Werden vor oder bei der Bereitung der Maische die Stiele (Rappen) entfernt, so nennt man die Traubenmaische „entrappt". Bei der Herstellung von Weißwein wird die Maische alsbald abgepreßt, gekeltert. Der Saft — Most fließt ab, zurück bleiben die ausgepreßten, entmosteten Trauben, die „Trester". Der Most übersteht die erste, sog. stürmische Gärung und wird zum neuen Wein, der noch langsam weiter gärt. Hefe und Trub setzen sich allmählich zu Boden, der Wein hellt sich und im DeZoeller, Wcingesetz. 1

2

Einleitung.

zember oder Januar erfolgt gewöhnlich der erste Abstich. Das im Fasse zurückbleibende „Geläger" (der Hefetrub) enthält noch viel Wein. Um diesen zu gewin­ nen kann man das Hefegeläger in einem Sacke keltern oder durch eine Filter pressen. Der hiebei ablaufende Wein wird „Hefepreßwein" genannt. Er ist minder­ wertig, aber Wein im Sinne des Gesetzes. Hievon wohl zu unterscheiden ist der unter Verwendung von Aufgüssen von Zuckerwasser auf Hefen hergestellte, nach­ gemachte Wein, der „Hefenwein". Zur Rotweinbereitung läßt man die Maische ver­ gären und keltert erst nach Beendigung der Haupt­ gärung. Mit Ausnahme der Färbertraube haben auch die roten Trauben einen hellen, nur leicht rötlichen Saft. Erst durch die Gärung auf der Maische nimmt der Saft aus den Traubenhäuten, Kernen und Stielen, Bestandteile, vor allem Farbstoffe und Gerbstoffe, in sich auf, färbt sich rot und nimmt den herben Rot­ weingeschmack an. Werden Rotweintrauben, insbesondere Portugieser, oder rote und weiße Trauben vermischt, sofort abgekeltert, so entsteht ein rötlich schillernder Wein, der „Schillerwein", in Lothringen „vin gris” ge­ nannt. Da dieser weder die Farbe noch die sonstigen für Rotwein charakteristischen Stoffe aus den Beeren­ häuten usw. hat aufnehmen können, ähnelt er nach chemischer Zusammensetzung, Aussehen, Geruch und Geschmack mehr dem Weißwein wie dem Rotwein, und ist daher auch rechtlich als Weißwein zu be­ trachten. Zuweilen wird jedoch eine Notweinmaische, die schon einige Zeit herumgestanden ist oder einen längeren Bahn- oder Landtransport hinter sich hat, erst mitten in kräftiger Gärung abgekeltert und der Wein trotzdem noch Schillerwein ^genannt, obwohl er in der Tat Rotwein ist. Auch werden sogenannte Schillerweine (falsche Schillerweine), durch Verschnitt

Geschichte des Gesetzes.

3

von Rot- und Weißwein hergestellt. Endlich soll, wie die Erfahrung lehrt, jeder durch übermäßigen Zucker­ wasserzusatz überstreckte, zu dünne und verwässerte Rotwein angeblich süß abgekelterter Schillerwein sein. Für die Frage, ob ein gegebenenfalls vorliegender Wein Rotwein oder Weißwein im Sinne des Gesetzes ist, ist daher weder die Bezeichnung des Weins ent­ scheidend, noch die angebliche Art der Herstellung, sondern die objektive Beschaffenheit des betr. Ge­ tränkes nach Aussehen, Geruch, Geschmack und che­ mischer Zusammensetzung, da hieraus immer noch die sichersten Anhaltspunkte für die wirkliche Her­ stellungsart zu gewinnen sind. In schlechten Jahren werden die Trauben in klimatisch weniger begünstigten Lagen nicht ganz reif. Der Wein wird sauer und alkoholarm. Um ihn leichter verkäuflich zu machen, Pflegt man dem Moste oder Weine — bei der Rotweinbereitung der vollen Trauben­ maische — Zucker oder Zuckerwasser zuzusetzen und ihn damit vergären bzw. nochmals vergären zu lassen. Der Zucker verwandelt sich durch die Gärung in Alkohol und Kohlensäure. Letztere entweicht. Bei entsprechendem Zuckerzusatz erhöht sich trotz der Wässerung der Al­ koholgehalt. Die Säure wird prozentual vermindert und geschmacklich abgestumpft. Diesen Zusatz von Zucker­ wasser so zu regeln, daß den wirtschaftlichen Ansprüchen entgegengekommen, ein Übermaß aber verhindert wird, ist die schwierigste Aufgabe des Gesetzes gewesen.

II.

Geschichte des Gesetzes. Die Herstellung und der Vertrieb von Wein unterlag reichsstrafrechtlich ursprünglich nur den all­ gemeinen gesetzlichen Vorschriften. Nach diesen war 1*

4

Einleitung.

die Nachmachung und Verfälschung von Wein straflos, nur das Feilhalten und das Verkaufen verfälschten Weines konnte als Übertretung gemäß § 367 Nr. 7 StGB., möglicherweise auch als Betrug oder Betrugs­ versuch geahndet werden. Gerade der Verkauf ver­ fälschten Weines ließ sich jedoch erfahrungsgemäß schwer nachweisen, da die Abnehmer billiger Weine diese baldmöglichst mit anderen besseren Sorten zu verschneiden pflegten; und zum Tatbestand des Be­ trugs fehlte es in der Regel an der Vermögensschädi­ gung. Die Händler, die gefälschten Wein zu Schleuder­ preisen kauften, waren nicht betrogen. Sie erhielten, was sie für ihr Geld erhalten konnten. Bis der Wein schließlich zum Verbraucher kam, war er, zumeist viel­ fach verschnitten, durch die Hände mehrerer, mehr oder minder gutgläubiger Zwischenhändler gegangen. Das Nährungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 brachte vor allem das Verbot der Nachmachung und Verfälschung, und erforderte weder die pekuniäre Schädi­ gung noch — der richtigen Auslegung nach, s. RGE. 31 S. 73, u. 39 S. 230 — die Täuschung des un­ mittelbaren Abnehmers. Allein die schwierigste Frage: Wann ist ein Wein verfälscht und wann gehören Zu­ sätze zur sog. erlaubten und üblichen Kellerbehand­ lung? — blieb noch immer strittig. Insbesondere die Aufzuckerung von Wein mit Zucker oder Zuckerwasser zu dem Zwecke, saure Weine schlechter Jahrgänge oder Lagen „mundgerechter" zu machen, wurde in weinbau­ treibenden Kreisen vielfach als erlaubt angesehen, wäh­ rend andererseits die sog. Puristen hierin eine Nah­ rungsmittelfälschung erblickten und nur ein Erzeugnis aus reinem Traubensaft als Wein gelten lassen wollten. Die Rechtsprechung schwankte. Theoretisch ist aber zweifellos richtig, daß dem Weine infolge des Zucker­ wasserzusatzes durch Verdeckung seiner Mängel der Schein einer besseren Herkunft verliehen wird. So

Geschichte des Gesetzes.

5

RGE. 15 S. 192. Streitig war demgemäß auch, ob die Aufzuckerung nicht wenigstens deklariert werden müsse. Diesen Mißständen sollte durch das Weingesetz vom 20. April 1892 ein Ende gemacht werden. Es erläuterte, wenn auch nicht erschöpfend, die anerkannte Kellerbehandlung und gab die ausdrückliche Erlaubnis Weine aufzuzuckern und solche ohne weitere Deklara­ tion als Wein zu verkaufen. Andererseits verbot es die Verwendung bestimmter, wie man annahm, gesund­ heitsschädlicher Stoffe, namentlich des Glyzerins, bei der Weinbereitung und untersagte den Verkauf ge­ zuckerten Weines unter einer diesen Zusatz ausschließen­ den Bezeichnung. Auch setzte das Gesetz, in Verbindung mit der Bundesratsbekanntmachung vom 29. April 1892, eine Mindestgrenze fest, bis zu welcher der Wein durch Zuckerwasserzusatz verdünnt werden durfte, ohne seinen Charakter als Wein zu verlieren. Es wurde u. a. zum mindesten verlangt, in 100 ccm Wein 1,5 g Extrakt (— Rückstand nach Verdunstung der flüssigen Bestandteile) und 0,14 g Mineralbestandteile, auch Asche genaunt (— Rückstand nach Verbrennung des Extrakts). Mit diesen auf dem Wege der chemischen Analyse zu er­ mittelnden Grenzzahlen begann die in ihren Begleit­ erscheinungen, man darf wohl sagen unheilvolle Herr­ schaft des vielfach nur nach den Grenzzahlen urteilenden Chemikers. Immer mehr machte sich nämlich im Wein­ verkehr die Anschauung breit, jedes Fabrikat sei Wein, wenn es nur den Grenzzahlen genüge. Dazu kam dann noch die ebenso unheilvolle Erlaubnis des Ge­ setzes zur Fabrikation von Kunstwein, wenn dieser als solcher deklariert wurde. Was war die Folge? Die Verfälschung von Wein nahm einen nie geahnten Um­ fang an. Moste, die mit der gleichen Menge Zucker­ wasser aufgegoren wurden, blieben ja als Wein er­ fahrungsgemäß zumeist über den Mindestgrenzen oder, wie der Fckchausdruck heißt, „hielten die Analyse".

6

Einleitung.

Fielen die Weine unter die Grenze, so wurden sie mit Chemikalien wieder in die Grenzen gerückt, „analhsenfest" gemacht. Viele Weinproduzenten und Händler ließen sich als Kunstweinfabrikanten versteuern, natürlich nur, um sich, wenn nötig, hierauf berufen zu können. Aus Trestern, Hefe, Säuren, Rosinen und sonstigen Früchten wurde mit gesetzlicher Bewilligung Kunstwein in enor­ men Mengen hergestellt, aber kaum einmal als solcher deklariert. Der Konsument hat wohl niemals dekla­ rierten Kunstwein getrunken. Mit diesen minderwerti­ gen Produkten wurde der Weinmarkt geradezu über­ schwemmt. Die Preise fielen immer mehr und 120 Mk. für das Fuder (1000 1) Wein waren keine Selten­ heit. Ja hie und da wurden sogar nur 80 bis 100 Mk. und noch weniger für das Fuder bezahlt. Mit den Weinpreisen sank auch der Wert der Weinberge und ihre ^Rentabilität, und die Lage der Winzer wurde immer schlechter. So kam man zum Weingesetz vom 24. Mai 1901 Es war in erster Linie bestimmt die wirtschaftliche Lage der Winzer zu verbessern. Es verbot die gewerbsmäßige Herstellung und den Verkauf von Kunstwein, erlaubte die Aufzuckerung nur zwecks Verbesserung und ohne erhebliche Vermehrung des Weines, setzte in Verbin­ dung mit der Bundesratsbekanntmachung vom 2. Juli 1901 u. a. den Mindestextraktgehalt für Weißwein auf 1,6 g, für Rotwein auf 1,7 g hinauf, erhöhte den Mindestaschengehalt für Rotwein auf 0,16 g (nur der Mindestaschengehalt für Weißwein wurde auf 0,13 g ermäßigt) und führte vor allem die Kellerkontrolle ein. Ihre Ausführung wurde aber bis zur reichsgesetz­ lichen Regelung, die nie erfolgte, den Landesregie­ rungen überlassen. Das Gesetz hat sich gut bewährt, immerhin wurden aber auch manche berechtigten Aus­ stellungen erhoben: Es wurde gerügt die Verquickung des Weingesetzes

Geschichte des Gesetzes.

7

mit dem Nahrungsmittelgesetz, die zu unerwünschten Konsequenzen führte — s. RGE. 38 S. 360 — und die Rechtsunsicherheit infolge der Dehnbarkeit des Begriffes der erheblichen Vermehrung. (Das Landgericht Landau, das am 1. September 1908 mit 220 von 749 in Deutschland auf Grund des Weingesetzes vom Jahre 1901 verurteilten Personen an der Spitze marschierte, hat in feststehender Rechtsprechung bei einem Mischungs­ verhältnis von 1 Teil Zuckerwasser bis herab zu 3 Teilen Wein niemals verurteilt, während man ander­ wärts bald noch höhere Zuckerwasserzusätze für zu­ lässig hielt, bald schon die Zufügung von 1 Teil Zuckerwasser zu 4 oder gar zu 5 Teilen Wein für erhebliche Vermehrung erachtete.) Gerügt wurde ferner die fortdauernde Notwendig­ keit der Zuziehung des Chemikers, und der bisher kaum zu belangende Etikettenschwindel. Gefordert wurde der Wegfall der Grenzzahlen, die Einschränkung des Gebrauchs von Zuckerwasser, die räumliche und zeitliche Begrenzung des Zuckerwasser­ zusatzes, die Deklaration des Notweißverschnittes, strengere Ueberwachung des Verkehrs mit Wein und der Herstellung von Haustrunk, Verbot des Verkaufs von Weinfälschungsmitteln zu Fälschungszwecken, Ver­ schärfung der Strafen und vor allem eine einheitliche Durchführung der Weinkontrolle durch Sachverständige im Hauptamte. Derartigen Wünschen wurde insbesondere auch im Reichstage Ausdruck verliehen. Vgl. die am 7. März 1907 verhandelten Interpellationen Dr. Nösicke bzw. Schellhorn und Genossen und die am 17. April 1907 angenommene Resolution Baumann und Genossen. Die Regierung hatte bereits im November 1906 eine Anzahl besonders berufener Vertreter, hauptsächlich aus Kreisen des Weinbaues und Weinhandels, nach Berlin zu einem Weinparlament eingeladen und dort

8

Einleitung.

mit ihnen in dreitägigen Verhandlungen am 8., 9. und 10. November 1906 eine Reihe von Resolutionen und Anträgen besprochen. Am 18. April 1908 veröffentlichte sie den vor­ läufigen Entwurf eines neuen Weingesetzes im Reichs­ anzeiger. Unter Berücksichtigung der zahlreich erfolgten Ge­ genäußerungen von Interessenten wurde der Entwurf alsdann umgearbeitet und am 19. Oktober 1908 dem Reichstage vorgelegt. Der Reichstag überwies am 9. November 1908 die Vorberatung des Entwurfs einer Kommission, die ihn in 20 Sitzungen beriet und zum Teil grundlegend abänderte. Die Kommissionsbeschlüsse wurden mit Be­ richt vom 4. März 1909 dem Reichstage vorgelegt. Dieser nahm am 9. und 11. März 1909 in 2. Lesung den Entwurf unverändert nach den Beschlüssen der Kommission an. Am 16. März 1909 wurden in 3. Lesung die §§ 6 a und 6b (jetzt 7 und 8) nochmals geändert, insbesondere wurde das Verbot, einen Verschnitt aus deutschem Weißwein mit Ausländer als deutschen Wein zu ver­ kaufen, infolge des Widerstands der Regireung ge­ strichen und alsdann das ganze Gesetz angenommen. Am 25. März 1909 erklärte der Bundesrat seine Zustimmung. Die Ausfertigung des Gesetzes erfolgte am 7. April 1909, die Verkündigung am 16. April 1909 (RGBl. Nr. 20 S. 393 ff.). Das Gesetz tritt in Kraft am 1. September 1909.

III. Gellendes Recht. Das Gesetz regelt nicht bloß die Herstellung und den Verkehr mit Wein, sondern zieht — und zwar in

Geltendes Recht.

9

noch ausgedehnterem Maße wie die älteren Wein­ gesetze — auch einige verwandte Gebiete mit in den Kreis seiner Vorschriften. Es enthalten die §§ 1—4 Vorschriften über die Herstellung von Wein; die §§ 5—8 Vorschriften über die Bezeichnung von Wein; § 9 das Verbot der Weinnachmachung; § 10 Vorschriften über die Herstellung und Be­ zeichnung von weinähnlichen Getränken; § 11 Vorschriften über Haustrunk; § 12 Vorschriften über Traubenmost und Trauben­ maische ; §§ 13 und 14 ein Verkehrs- und Einfuhrverbot für gesetzwidrige Getränke; §§ 15 und 16 Vorschriften über die Herstellung von weinhaltigen Getränken, Schaumwein und Kognak. § 17 Vorschriften über die Bezeichnung von Schaumwein; § 18 Vorschriften über die Bezeichnung von Kognak; § 19 Vorschriften über die Buchführung; § 20 Vorschriften über die Kennzeichnung anderer Getränke in Weinkellern; §§ 21—24 Kontrollvorschriften; § 25 Vollzugsvorschriften; §§ 26—31 Strafvorschriften; §§ 32—34 Einführungs- und Übergangsvorschriften. Das Gesetz hat die von den früheren Weingesetzen beliebte Anlehnung an das Nahrungsmittelgesetz auf­ gegeben. Während die §§ 3, 4, 5 und 6 des Wein­ gesetzes vom 17. März 1892 und § 2 des Wein­ gesetzes vom 24. Mai 1901 nur gesetzgeberische Aus-

10

Einleitung.

legungen des § 10 NMG. waren und eine Verletzung der angeführten Vorschriften nur aus dem Nahrungs­ mittelgesetze bestraft werden konnte, hat das neue Weingesetz sich selbständig gemacht und Zuwiderhand­ lungen gegen seine Vorschriften in der Hauptsache selbst unter Strafe gestellt. Bei einigen Bezeichnungs­ vorschriften muß allerdings auf die Strafbestimmungen der Gesetze zum Schutze der Warenbezeichnungen und zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zurück­ gegriffen werden. An Stelle des letztgenannten Gesetzes tritt vom 1. Oktober 1909 ab das Gesetz gegen den un­ lauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909. Die wichtigsten Vorschriften für die Herstellung des Weines sind dem bisherigen Rechte gegenüber wie folgt geändert: Bei der Kellerbehandlung sind nur die ausdrück­ lich angeführten Zusätze erlaubt. Es darf nicht mehr jeder Wein, sondern nur noch das inländische Erzeugnis aufgezuckert werden. Die Höchstgrenze des Zuckerwasserzusatzes ist von 25 o/o der gesamten Flüssigkeit (bisherige Gerichts­ praxis) auf 20 o/o (gesetzlich festgelegte Grenze) herab­ gesetzt. Innerhalb dieser Grenze ist für die Bemessung und Beurteilung des Zucker- oder Zuckerwasserzusatzes nicht mehr maßgebend der Extrakt- und Mineralstoff­ gehalt des Durchschnitts der ungezuckerten Weine des Weinbaugebietes, dem der Wein nach seiner Bezeich­ nung entsprechen soll, und daneben noch als Mindest­ erfordernis die Einhaltung bestimmt festgesetzter Grenz­ zahlen, sondern der Alkohol- und Säuregehalt eines Naturweines gleicher Art und Herkunft aus guten Jahrgängen. Die Aufzuckerung darf nur noch zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Gegenden vorgenommen werden.

Geltendes Recht.

11

Bei der Bezeichnung von Wein auf Etiketten, Preislisten usw. ist wenigstens eine gewisse beschränkte Ehrlichkeit zur Pflicht gemacht. Die Zuziehung des Chemikers, dem jedoch bei der Beurteilung des Weines keine Schablone mehr zur Verfügung steht, wird auch künftig nicht ganz in Wegfall kommen. Dagegen ist den übrigen, unter Ziff. II oben an­ geführten Forderungen genügt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die einzelnen Gesetzesstellen und die beigefügten Erläuterungen ver­ wiesen.

B.

Weingesetz vom 7. April 1909. (RGBl. S. 393 ff.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: Vorbemerkung.

Das Weingesetz enthält Vorschriften über die Her­ stellung von Wein, weinähnlichen Getränken, Haus­ trunk, weinhaltigen Getränken, Schaumwein und Kog­ nak, und über den Verkehr mit diesen Getränken. Die Vorschriften über die Herstellung der Ge­ tränke greifen in bollem Umfange auch dann Platz, wenn die betr. Getränke zum Export ins Aus­ land bestimmt sind. Vgl. RGE. Bd. 35 S. 169 (175) und Bd. 41 S. 35 (zu & 10 des NMG. bzw. §§ 7, 13 Nr. 1 des WeinG. vom 24. Mai 1901). Bei Faßversand nach tropischen Gegenden ist Alko­ holzusatz zugelassen. Bek. v. 9. Juli 09 S. 114.

Begriff Wein.

§ 1.

Wein ist das durch alkoholische Gärung aus dem Safte der frischen Weintraube hergestellte Ge­ tränk.

1.

Eine wesentliche Eigenschaft des Weines ist ein Gehalt an Alkohol. S. RGE. 37 S. 203ff. Alkohol­ freie Weine, mögen sie nun unter Verhinderung der alkoholischen Gärung aus Traubensaft hergestellt oder durch alkoholische Gärung von Traubensaft ge­ wonnen und dann entgeistet sein, sind weder Wein noch weinhaltig oder weinähnlich im Sinne des Ge­ setzes, sondern aus Most oder Wein hergestellte Kunst­ produkte. Der Verkehr mit solchen Getränken untersteht nicht, ihre Herstellung nur insoweit dem Weingesetze, als der zur Herstellung verwendete Most oder Wein gesetzentsprechend sein muß. §§ 13 und 15 Satz 2. Die Beschaffenheit dieser Getränke kommt daher wein­ gesetzlich nur insoweit in Betracht, als daraus mög­ licherweise die Verwendung gesetzwidrigen Weines oder Mostes zur Herstellung nachgewiesen werden kann. (AM. anscheinend Komm.) Alkoholfreier Wein ist so wenig Wein, wie Weinschlempe ((Rückstand von Wein, dem durch Brennen oer Alkohol entzogen ist). Die Bezeichnung „Alkoholfreier Wein" oder „Al­ koholfreier Traubensaft" ist nicht zu beanstanden, da man auch nach der Anschauung des Verkehrs hierunter keinen „Wein" versteht, eine Verwechselung sohin aus­ geschlossen ist.

2. „Frische Weintrauben" im Gegensatz zu ge­ trockneten Weintrauben, d. s. Rosinen. Rosinen dür­ fen zur Herstellung von Wein nicht verwendet wer­ den (s. § 9), auch nicht zur Herstellung von Ge­ tränken, welche als Dessertweine (s. § 2) ausländi­ schen Ursprungs in den Verkehr kommen. Eine dem 8 3 Nr. 3 des WeinG. vom 24. Mai 1901 entsprechende Bestimmung fehlt im neuen Weingesetz. Dagegen bleibt die Bereitung von Trockenbeer­ auslesen oder Strohwein aus Trauben, die über die Reife hinaus am Stock belassen oder vor der Kel­ terung eine Zeitlang gelagert werden und dabei einen Teil ihres Saftes verlieren, auch ferner zu­ lässig. Solche Trauben sind von Rosinen wohl zu unterscheiden; sie können noch so lange für „frisch"

14

Verschnitt.

gelten, als sie noch ohne Flüssigkeitszufuhr gekeltert werden können. Die Herstellung von Haustrunk aus Rosinen ist gestattet. § 11. 3. Die Bestimmung des § 1 wird erweitert durch die §§ 3 und 4. Hienach sind gewisse Zusätze aus­ drücklich erlaubt. Ein unter Verwendung erlaubter Zusätze durch alkoholische Gärung aus dem Safte der frischen Weintraube hergestelltes Getränk bleibt „Wein" im Sinne des § 1. Bezüglich der Bezeichnung „Naturwein" f. § 4 Note 2a am Ende und Nachtrag zu § 5. Alle nicht ausdrücklich durch Gesetz oder Bundes­ ratsbekanntmachung erlaubten Zusätze sind bei der Herstellung von Wein verboten. S. § 4.

Verschnitt.

§ 2.

Es ist gestattet, Wein aus Erzeugnissen ver­ schiedener Herkunft oder Jahre herzustellen (Ver­ schnitt). Dessertwein (Süd-, Süßwein) darf jedoch zum Verschneiden von weißem Wein anderer Art nicht verwendet werden. 1. Unter „Herkunft" ist, wie sich aus der Gegen­ überstellung 'der Begriffe „Herkunft" und „Jahre" ergibt, der Ort (=: Platz, Stelle, nicht Ortsgemeinde, Ortsbezirk) der Traubengewinnung zu verstehen. „Erzeugnisse", die vermischt werden dürfen, sind nicht nur fertige Weine, sondern auch Trauben, Traubenmaischen und Traubenmoste (Erl.). Im Hinblick auf §§ 1 und 4 dürfte es jedoch nicht zulässig sein, einem Moste oder Weine Trauben, volle Traubenmaische, teilweise entmostete Trauben­ maische oder völlig ausgepreßte Trauben, d. J. Trester, zuzusetzen. Mit solchen Zusätzen kann nur oer Zweck verfolgt werden, dem Moste oder Weine durch Stehen­ lassen oder Vergärenlassen über diesen fremden Traubenschalen, Kernen, Stielen oder Trestern extrakt-

§ 2.

15

erhöhende fremde Stoffe Huzuführen, ein Verfahren, was den §§ 1 und 4 widerspricht. Vgl. für das frühere Recht RGE. 37 S. 221, wonach die Vermischung von Rotweintraubenmaische mit teilweise entmosteten Trauben (Clairettrauben? trestern) auf Grund des 8 3 Nr. 6 des WeinG. vom 24. Mai 1901 für verboten erachtet wurde. 2. „Dessertwein" (Süd-, Süßwein) — im Gegen­ satz zu Tisch- und Tafelwein — ist Wein, der zur Erzielung eines durch die Gärung des Saftes frischer Trauben allein nicht erreichbaren hohen Ge­ halts an Alkohol oder an Alkohol und Zucker be­ sonderen Verfahren (Eindicken des Mostes und dgl.), in der Regel unter Verwendung gewisser Zusätze (Al­ kohol, Trockenbeeren u. a.) unterworfen worden ist und sich durch solchen Getränken eigentümlichen Ge­ schmack auszeichnet. Als „Südwein" ist demgemäß nicht .ohne weiteres jeder Wein anzusehen, der aus südlichen Ländern stammt, es müssen vielmehr bei solchem Weine die angegebenen Merkmale zutreffen, wenn er unter diesen Begriff fallen soll. (Komm.) Deutscher Edelwein ist kein „Süßwein", mag er auch einen feinen süßen Geschmack zeigen. Dessertwein ist „Wein". (S. 8 2: „Wein anderer Art", 8 4 und Bundesratsbek. vorn 9. Juli 1909 zu 88 4, 11, 12, '«Lit. B., § 9 Note ♦

(1) Die Kosten der gemäß der §§ 22, 23 vovgenommenen Untersuchungen einschließlich der Ver­ sendung der Proben sind von dem Antragsteller zu tragen. (2) Für die zum Zwecke dieser Untersuchungen entnommenen und dabei vernichteten oder zum Genuß unbrauchbar gewordenen Proben kommt Zoll nicht zur Erhebung. Aufbewahrung bis zum Verschneiden.

§ ad. (1) Verschnittweine, welche nicht sofort nach der Untersuchung zum Verschneiden verwendet oder weiter versendet werden, sind getrennt von den sonstigen Weinen unter amtlicher Aufsicht oder Zollverschluß zu halten. (2) Tritt aus irgend einem Grunde vor der Durch­ führung des Verschneidens die Verpflichtung zur Zoll­ entrichtung ein, so ist der Zoll nicht nach dem ver­ tragsmäßigen Satze für Verschnittweine, sondern nach dem für andere Weine von gleichem Weingeist­ gehalte zutreffenden Satze der Nr. 180 des Zolltarifs zu erheben. B. Verschnittmoste.

§ 27. Frische Moste von Trauben zu rotem Weine, die als Verschnittmoste angemeldet werden, sind nach der in der Anlage 1 abgedruckten Anweisung auf ihren Gehalt an Fruchtzucker und trockenem Extrakte zu untersuchen. Im übrigen finden alle vorstehenden Bestimmungen über bie Verschnittweine sinngemäß auf die Verschnittmoste Anwendung.

212

Wetnzollordmmq.

C. Ausführung des Verschn itts. Begriff.

§ 28.

Der Verschnitt besteht in der Zumischung der untersuchten Verschnittweine oder Verschnittmoste zu Weißwein oder zu Rotwein in bestimmtem Mengen­ verhältnis und erfolgt auf Anmeldung unter amtlicher Überwachung. Die Zumischung zu Most ist nicht als ein die Anwendung des vertragsmäßigen Zollsatzes von 15 Mark für einen Doppelzentner begründender Verschnitt anzusehen. Zuständigkeit.

§ 29.

Der Verschnitt kann bei den zur Prüfung der Verschnittweine und Verschnittmoste befugten Zoll­ stellen (y? 21), ferner bei allen mit Niederlagebefugnis versehenen Zollstellen und außerdem auch bei anderen, von den obersten Landesfinanzbehörden dazu er­ mächtigten Zollstellen auf Antrag vorgenommen werden. Die amtliche Überwachung des Verschnitts kann auf Antrag auch außerhalb der zuständigen Amtsstelle stattfinden. Hierfür hat der Antragsteller Gebühren nach Maßgabe der Zollgebührenordnung zu entrichten. Anmeldung zum Verschneiden. § 30.

(1) Die Anmeldung zum Verschneiden hat außer den sonstigen, für die Zollabfertigung erforderlichen Angaben zu enthalten: a) Menge des zu verwendenden Verschnittweins oder Verschnittmostes in Liter und b) Art (Weiß- oder Rotwein), Abstammung (in­ ländisch oder ausländisch) und Menge (Zahl und Art der Gefäße sowie Litermenge) des zu ver­ schneidenden Weines. (2) Wird roter Wein aus dem freien Verkehre des Zollgebiets zum Verschneiden vorgeführt, so bedarf es außerdem der Angabe, daß kein bereits unter amtlicher Überwachung verschnittener Wein vorliegt.

Mindcstmenge des Verschnitt' „ . Weins oder Berschnittmostes. § 31«

Die auf einmal zur Abfertigung anzumeldende Mindestmenge des Verschnittweins oder Verschnitt­ mostes wird auf 100 Liter festgesetzt. Beschaffenheit der zu verschneidenden Weine. 1. Allgemeine Vorschrift.

§ 34«

Der zu verschneidende Weiße oder rote Wein muß den Anforderungen entsprechen, welche für Wein im Weingesetze vom 7. April 1909 (Reichs-Gesetzbl. S. 393) vorgesehen sind. Getränke, welche nach § 13 des genannten Gesetzes nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, sind zum Verschneiden mit zollbegünstigtem Verschnittwein oder Verschnittmoste nicht zuzulassen. Die Zollstelle hat sich von der vorschriftsmäßigen Beschaffenheit der zum Verschneiden vorgeführten Weine zu überzeugen und in Zweifelsfällen Gut­ achten hierüber von einer der im 8 2 A wie die Behandlung mit schwefeliger Säure und schwefeligsauren l Salzen, s ®cl. die Zufügung von Tannin, J Wein die Zufügung von reiner, kristallisierter Weinsteinsäure in die Gär­ kufe zu Mosten von ungenügender Säure, die alsdann jedoch nicht auch noch gezuckert werden dürfen, die Verwendung von Reinbefen. Hervorzubeben ist, daß der in Deutschland streng verpönte Zusatz von Weinsteinsäure zu Most und Wein in Frankreich zu Mosten von geringer Säure erlaubt ist. Wein aus solchem Most ist in Deutschland gesetzwidrig. S. § 13.

Mittel durch Broschüren, Rundschreiben, Anzeigen oder dergleichen auffordert (Gesetz vom 1. August 1905 Artikel 3 Nr. 4). Was ferner die Herkunftsbezeichnung anbelangt, so ist zunächst allgemein jede Täuschung eines Käufers über den Ursprung der Ware untersagt, wenn Vertrags­ oder gewohnheitsmäßig die der Ware fälschlich beigelegte Bezeichnung des Ursprunges als die hauptsächlichste Ver­ anlassung zum Kaufe anzusehen ist. Ferner sollen behördlich Bezirke gebildet werden, deren Abgrenzung für die Herkunftsbezeichnung (Champagne, Bordeaux, Bourgogne, Cognac usw.) maßgebend ist. Auf den Etiketten, Marken, Rechnungen, Handelspapieren, Em­ ballagen und Gefäßen darf sich als „Grundbesitzer in", als „Weinbauer in", als „Kaufmann in" oder als ,/Großhändler in" unter Hinzufügung einer Gegend oder einer besonderen Lage nur bezeichnen, wer dort ein Besitztum oder Weinland oder eine Handelsnieder­ lassung hat (Gesetz vom 1. August 1905 Artikel 1 und 11, sowie Verordnung vom 3. September 1907 Artikel 2, 10 bis 13). Bei der Herstellung von Schaumwein sind die Ver­ fahren, die unter der Bezeichnung „methode champenoise” bekannt sind, sowie die Hinzufügung von reiner Kohlensäure erlaubt. Jedoch darf als „vin mousseux” nur ein Wein bezeichnet werden, dessen Kohlensäure­ gehalt ausschließlich von einer zweiten alkoholischen Flaschengärung herrührt. Wenn die Kohlensäure auch nur teilweise von einem künstlichen Kohlensäurezusatz herrührt, so darf bei der Bezeichnung das Wort „mousseux“ nur verwendet werden, wenn das Wort „fantaisie“ hinzugefügt ist (Artikel 5 der Verordnung vom 3. September 1907). Als Kognak (eaux-de-vie de vin, alcool de vin, esprit de vin) darf nur ein reines Weindestillat bezeichnet werden (Artikel 6 der Verordnung vom 3. September 1907). Die Verordnung vom 31. Juli 1906, betreffend die Lebensmittelkontrolle, umfaßt auch die Weinkontrolle. Die Entnahme von Proben liegt gewissen staatlichen

Oesterreich-Ungarn.

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Beamten oder vom Staate zugelassenen Departements­ oder Gemeindebeamten ob. Die Proben werden in staat­ lichen Laboratorien oder in Departements- oder Ge­ meindelaboratorien, die vom Staate dazu ermächtigt sind, untersucht.

Oesterreich-Ungar«. In Österreich ist Wein das durch alkoholische Gärung des Weinmostes oder zerquetschter frischer Weintrauben (Weinmaische) hergestellte Getränk (§ 2 des Gesetzes vom 12. April 1907). Als Verfälschung sind nicht anzusehen: die in der rationellen Kellerbehandlung anerkannten Verfahrens­ arten, der Verschnitt von Wein mit Wein und Weinmost, das Entsäuern mit reinem, gefälltem, kohlensaurem Kalke, bei der Wiederherstellung erkrankter Weine und Weinmoste der Zusatz von Weinsäure im Höchst­ maße von 1 g auf das Liter und von Natriumbisulfit im Höchstmaße von 5 g auf das Hektoliter, sowie das Auffärben von Wein durch Behandlung mit frischen Notweintrestern oder durch Zusatz von Karamel (§ 3 des ^Gesetzes vom 12. April 1907 und Erlaß des Ackerbauministeriums vom 22. November 1907). Der Zusatz von (technisch reinem Rohr- oder Rüben-) Zucker zu Wein oder Weinmost ist nur auf Grund einer von Fall zu Fall an einzelne Personen oder bei schlechter Ernte für ganze Gemeinden oder Gebiete von der politischen Behörde erteilten Erlaubnis statthaft (§ 5 des Gesetzes vom 12. April 1907, Artikel II der Ministerialverordnung vom 27. November 1907, vgl. Erlaß vom 22. November 1907). Eine Verfälschung wird insbesondere durch Zu­ fügung folgender Stoffe begründet: Getrocknete Früchte (Rosinen, Korinthen), sowie Feigen und Johannis­ brot oder andere zuckerhaltige Pflanzen und Pflanzen­ teile (auch in Auszügen und Abkochungen), künstliche Süßstoffe, Glyzerin, Stärkezucker unreiner Sprit, Tamarinden, Obstmost und Obstwein. Gummi und sonstige den Extrakt erhöhende Substanzen, Bukett-

236

Uebersicht über die Gesetzgebung des Auslandes.

stosse, Essenzen, künstliche Moststoffe, Rückstände von der Kognakerzeugung, Färbemittel, Säuren und säure­ haltige Stoffe, lösliche Aluminiumsalze, Kochsalz, Baryum-, Strontium- und Magnesiumverbindungen, Gips, Borsäure, Borax, Salizylsäure, Formaldehyd, lösliche Fluorverbindungen sowie Gemische, die eine dieser Substanzen enthalten (§ 6 des Gesetzes vorn 12. April 1907, vgl. Erlaß vom 22. November 1907). Bei der Erzeugung von Schaumwein sind die in der rationellen Schaumweinfabrikation üblichen, gemäß § 6 des Gesetzes sonst unstatthaften Verfahrensarten und gesundheitsunschädlichen Zusätze gestattet, wenn sie zur Erzielung eines entsprechenden Säuregehalts und Buketts erforderlich sind. Wein oder Weinmost, der einen Zuckerzusatz er­ halten hat, darf nicht als „Naturwein", „Originalwein", „Naturmost", Originalmost" oder ähnlich bezeichnet werden (§ 7 des Gesetzes vom 12. April 1907, vgl. Erlaß vom 22. November 1907). Tresterwein darf nur für den eigenen Haushalt hergestellt werden und unterliegt einer Anzeigepflicht (§§ 8, 9 des Gesetzes vom 12. April 1907, vgl. Erlaß vom 22. November 1907 und vgl. Verordnung vom 27. November 1907 Artikel III). Zur Weinkontrolle sind besonders fachmännisch gebildete, beeidete, staatliche Kellereiinspektoren zu be­ stellen (§ 13 des Gesetzes vom 12. April 1907, sowie Gesetz vom 16. Januar 1896, betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln usw., vgl. Dienstesinstruktion für die staatlichen Kellereiinspektoren, Erlaß des Acker­ bauministeriums vom 17. Juli 1908). Für Ungarn ist durch- Gesetz vom 30 Juni 1893 die Erzeugung und der Vertrieb von Kunstweinen, d. h. von solchen Weinen, welche nicht ausschließlich aus Trauben bereitet sind, oder welchen außer raffiniertem Sprit oder Kognak Wasser oder andere Stoffe beigemischt sind, sowie die Ankündigung oder der Vertrieb der zur Herstellung von Künstweinen dienenden Stoffe zu diesem Zwecke verboten. Gestattet ist als rationelle Keller­ behandlung nach der Ausführungsverordnung vom

Oesterreich-Ungarn.

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23. August 1897 jedes Verfahren, welches die Qualität des Weines verbessert, ohne dessen Quantität wesentlich zu vermehren oder einen solchen Stoff in denselben zu geben, welcher im Naturweine nicht vorkommt. Gestattet ist daher das Versetzen mit reinem Sprit oder Kognak; die Klärung mit Hausenblase, Gelatine, Tannin, Eiweiß, Milch oder spanischer Kreide; die Benutzung von Karamel und Saflor zu dem Zwecke, um den Weißweinen eine schönere Farbe zu geben; die Anwendung von Hefe zur Nachgärung; das Verschneiden verschiedener Weine sowie jedes Verfahren, welches zur Klärung und Konservierung des Weines dient, vorausgesetzt, daß fremde oder schädliche Stoffe nicht in den Wein gelangen. Dagegen ist verboten des Verschneiden von Naturweinen mit Tresterwein oder Obstwein. Der zur Versüßung dienende Zucker darf nur in festem Zustand oder in Most oder Wein gelöst zugesetzt werden. Wässerige Zucker­ lösungen, Sirup oder Invertzucker sind als Zusatz, nicht gestattet, ebensowenig getrocknete, in Wasser ge­ tauchte, einheimische Trauben und ausländische Ro­ sinen. Die Anwendung aller sonstigen Stoffe, wie Wasser, Saccharin, mineralische oder vegetabilische Färbemittel, Glyzerin, Salizylsäure, Tamarindenextrakt, Kernextrakte, Essenzen, ätherische Lle oder sonstige Flüssigkeiten, ist unbedingt verboten. Champagner, Wermut, Tresterwein und Obstwein dürfen nur unter der ihrer Qualität entsprechenden Benennung eingelagert und in Verkehr gebracht werden. Aus den Trestern darf der noch in denselben vorhandene Wein ausgepreßt werden; dagegen ist es unbedingt verboten, aus Wein­ trestern mit Hinzugabe von Wasser oder anderen Stoffen ein weinähnliches Getränk herzustellen und in den Verkehr zu bringen. Trester und Tresterwein unter­ liegen einer Verkehrskontrolle. Wein darf nicht mit der Bezeichnung einer solchen Gegend in den Verkehr gebracht werden, in welcher er nicht gewachsen ist, beziehungsweise deren Charakter er nicht entspricht. Es ist ferner verboten, den Wein mit der Bezeichnung einer Nebengattung in Verkehr zu bringen, aus welcher er nicht erzeugt war. Im Falle

der Vermischung von Weinen, die in verschiedenen Ge­ genden gewachsen sind oder aus verschiedenen Reben­ gattungen erzeugt wurden, kann der so vermischte Wein als von einer solchen Gegend stammend, beziehungs­ weise als von einer solchen Rebengattung erzeugt bezeichnet werden, deren überwiegender Weingattung er tatsächlich entspricht. Die durch Verschneiden von vaterländischen Weinen mit ausländischen Weinen her­ gestellten Mischungen können nur in dem Falle als inländische Weine mit der Bezeichnung der Weingegend verkauft werden, wenn in der Mischung der heimische Wein in solcher Menge vorhanden ist, daß die Mischung dem Charakter des vaterländischen Weines und der betreffenden Weingegend vollständig entspricht, und daß nicht mehr als 25 Prozent ausländischer Wein in der Mischung enthalten sind. Nach der Ungarischen Ausführungs-Verordnung vom 13. November 1904 dürfen Moste und Weine, die im Tokajer Weingebiete gewachsen sind, nur mit Mosten beziehungsweise Weinen, die in derselben oder in einer anderen zum Tokajer Weingebiete gehörenden Gemeinde gewachsen sind, verschnitten werden. Ver­ boten ist, im Tokajer Weingebiete gewachsene Moste oder Weine mit Mosten oder Weinen zu verschneiden, die aus anderen inländischen Weingebieten oder aus dem Auslande stammen. Als „Tokajer", „Hegyaljaer" oder als „Szamorodner" darf nur Wein bezeichnet werden, der ausschließlich im Tokajer Weingebiete gewachsen ist. Der Vertrag zwischen Österreich und Ungarn vom 8. Oktober 1907 bestimmt unter anderem, daß in Ungarn spätestens innerhalb Jahresfrist nach Inkraft­ treten dieses Vertrags ein neues Weingesetz zu schaffen ist, das ebenso strenge Bestimmungen enthält wie das österreichische Gesetz vom 12. April 1907, und daß in Österreich ein Wein, der nicht aus dem Tokajer Wein­ gebiete stammt, als „Tokaier", „Hegyaljaer", „Mäsläs", „Szamorodner" oder dergleichen nicht bezeichnet werden darf. Ein neues ungarisches Weingesetz ist im Entwurf ausgearbeitet und veröffentlicht worden („Ungarischer

Italien.

239

Weinhandel" vom 17. Mai 1908). Seine wichtigsten Bestimmungen sind folgende: Die Verwendung von Alkohol zur Erhöhung des Alkoholgehalts irrt Weine ist verboten. Das Zuckern ist nur mit behördlicher Genehmigung bei Most gestattet, um den Zuckergehalt auf das Normalmaß zu heben. Tresterwein darf nicht in den Handel gebracht werden. Die Verwendung von Rosinen ist untersagt. Das Tokajer Weingebiet wird als geschlossenes Gebiet erklärt, in das Wein nur zum örtlichen Verbrauch eingeführt und aus dem anderer als dort gewachsener Wein nicht ausgeführt werden darf.

Italien. Nach dem Gesetze vom 11. Juli 1904 und den Aus­ führungsbestimmungen vom 5. August 1905 werden drei Gruppen von Weinen unterschieden: Naturweine (vini genuini), Nichtnaturweine (vim non genuini) und Nachweine (vinelli). Als Naturweine werden nur die durch alkoholische Gärung des Mostes frischer oder leicht angewelkter Weintrauben auf dem Wege oer sach­ gemäßen Kellerbehandlung bereiteten Getränke ange­ sehen. Dem Traubenmoste darf Rohrzucker jedoch nur zum Zwecke der Verbesserung zugesetzt werden. Der Zusatz darf weder die chemische Zusammensetzung noch die Grenzen der Verhältnisse zwischen den im Naturweine vorkommenden Bestandteilen zueinander verändern. Die gezuckerten Weine gelten noch als Naturweine. Alle anderen Weine —mit Ausnahme näher bezeichneter be­ sonderer Weinsorten wie Schaumwein, Wermutwein usw. — gelten als Nichtnaturweine und dürfen gewerbs­ mäßig nicht hergestellt werden. Ausgeschlossen von diesem allgemeinen Verbote sind jedoch die Halbweine, die nach vorheriger Anmeldung beim Gemeindevorsteher aus Trestern frischer Trauben hergestellt und unter der Bezeichnung Halbwein (vinello) verkauft werden dürfen. Die für den Handel in Italien zugelassenen aus­ ländischen Weine müssen Naturweine sein. Dement­ sprechend dürfen auch nur Naturweine aus geführt werden.

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Uebersicht über die Gesetzgebung des Auslandes.

Die Herstellung, die Ankündigung und der Verkauf von Fälschungsmitteln ist verboten. Die Weinkontrolle wird durch Beamte ausgeübt; Wein-Genossenschaften usw. dürfen in Verdachtsfallen auch Proben entnehmen. Die Proben werden in öffentlichen Laboratorien untersucht.

Schweiz. Das Bundesgesetz vom 8. Dezember 1905, betreffend den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegen­ ständen, enthält über den Verkehr mit Wein keine Son­ derbestimmungen, so daß die allgemeinen, auf alle Le­ bensmittel bezüglichen Vorschriften auch auf den Verkehr mit Wein Anwendung finden. Die Beaufsich­ tigung des Lebensmittelverkehrs findet im Innern des Landes und an der Landesgrenze statt. Die Aussichts­ organe (Lebensmittelinspektoren, Ortsexperten) sind befugt, die Räume und Vorrichtungen, die zur Her­ stellung, Aufbewahrung und zum Verkaufe dienen, zu besichtigen. Sie sind berechtigt, Proben zu ent­ nehmen lind beanstandete Waren mit Beschlag zu be­ legen. Die Zollämter überwachen die aus dem Ausland eingehenden Lebensmittel. Der Bundesrat wird verord­ nen, daß die Lebensmittel so bezeichnet werden, daß eine Täuschung über ihre Natur und Herkunft nicht möglich ist. Er wird weiter dafür sorgen, daß alle Zusätze als solche deklariert werden müssen mit Aus­ nahme derjenigen, welche zu der notwendigen oder all­ gemein, gebräuchlichen Behandlung gehören und welche für die einzelnen Lebensmittel festgesetzt werden sollen. Die Ausführung des Gesetzes und der bundesrätlichen Erlasse mit Ausnahme der Grenzkontrolle liegt den Kantonen ob. In den Verordnungen der Kantone ist u. a. be­ stimmt, daß als „Wein" nur das aus dem Safte frischer Trauben ohne jeden Zusatz durch alkoholische Gärung bereitete Getränk zu betrachten ist. Sind dem Traubensaft irgend welche Zusätze beigemischt, so darf das Getränk nur unter einer der Herstellungsweise

241

Schweiz.

entsprechenden Bezeichnung verkauft werden (Basel, Bern, Schwyz, Neuenburg, St. Gallen, Tessin, Zürich). Das gilt namentlich auch von den gallisierten, chaptalisierten und petiotisierten Weinen, von Tresterwein und dem aus Rosinen hergestellten Weine. Die Art des Weines muß in der Rechnung angegeben werden; Gastwirte müssen die Art der von ihnen verschärften Getränke in ihren Wirtschaften an einer sichtbaren Stelle durch Anschlag erkenntlich machen (Neuenburg, St. Gallen). Zur Klärung und Haltbarmachung des Weines dürfen nur unschädliche Stoffe verwendet wer­ den (Bern, Zürich); die Verwendung von Alaun, Metallsalzen, Salizylsäure, Borsäure, Borax und dgl. ist verboten (Bern, Schwyz). Der Zusatz fremder Farbstoffe zu Rotwein ist verboten (Bern, Luzern, St. Gal­ len, Zürich). Zum Schwefeln der Fässer darf nur arsen­ freier Schwefel verwendet werden (Bern, Baselstadt, St. Gallen). Weine, welche mehr als 80 mg schweflige Säure im Liter enthalten, dürfen nicht ausgeschenkt werden; Krankenweine dürfen höchstens 20 mg schwef­ lige Säure enthalten (Baselstadt, Luzern, Schwyz). Gegipste Weine dürfen nicht mehr als 2 g schwefelsaures Kalium irrt Liter enthalten (Baselstadt, Bern, Glarus, Luzern, St. Gallen, Schwyz). Luzern schreibt einen Mindestgehalt an Alkohol, Extrakt und Mineralbestand­ teilen vor. Auf Verlangen muß der Verkäufer dem Käufer angeben, ob der Wein rein oder verschnitten ist. Die Gefäße, in welchen Kunstwein verkauft oder versandt wird, müssen an in die Augen fallender Stelle die richtige Bezeichnung des Inhalts tragen (Zürich). Nachtrag: Nach der Bundesverordnung, betr. den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 29. Januar 1909, in Kraft getreten am 1. Juli 1909, darf unter Wein nur das aus dem Safte frischer Weintrauben durch alkoholische Gärung entstandene Getränk ohne Zusatz anderer als der durch die übliche Kellerbehandlung in den Wein gelangenden Stoffe in den Verkehr gebracht werden. Trocken gezuckerter Wein muß als „gezuckerter Wein", mit Zuckerwasser aufgezuckerter Wein als „gallisierter Wein", So eiter, Weingesetz.

16

mit Alkohol versetzter Wein als „avinierter Wein" drücklich bezeichnet werden.

aus-

Spanien. Der Verkehr mit Wein ist durch Königliches Dekret vom 11. März 1892 und Ausführungsverordnung vom 2. Dezember 1892 geregelt. Als „Wein" darf nur die aus dem Safte der Weintrauben durch Gärung entstehende Flüssigkeit bezeichnet werden, die ohne Zusatz von Stoffen geblieben ist, welche wicht Be­ standteile der Weintraube sind. Gestattet ist: der Verschnitt von Wein mit Wein; der Verschnitt mit rek­ tifiziertem Alkohol, welcher aus Wein oder Weintrestern gewonnen ist; die Klärung mittels Hausenblase oder Albumin aus Eiern oder Blut; das Schwefeln der Fässer; auf physikalischen Grundlagen beruhende Kon­ servierungsverfahren, bei welchem fremde Stoffe in den Wein nicht eingeführt werden; der Zusatz von Kochsalz bis zur Grenze von 2 g auf 1 Liter; der Zusatz von Weinstein; das Gipsen bis zu einer Grenze von 2 g Kaliumsulfat auf 1 Liter (herbe und lilörartige Dessertweine, wie Jerez, Malaga und ähnliche, dürfen in dem zu ihrer guten Erhaltung erforderlichen Maße gegipst werden); der Zusatz von reinem Rohrzucker. Verboten sind als Zusatz zum Weine: alle Alkohole, welche nicht von der Destillation von Nebenerzeugnissen herstammen (sog. Industrie-Alkohole); ferner alle Farbstoffe mit Ausnahme des Mostsirups und der eingekochten Moste oder farbigen Weine, welche durch Konzentrieren der von frischen Weintrauben her­ rührenden Moste gewonnen sind, Salizylsäure. Borsäure, Glyzerin, Alkalikarbonate, Bleiglätte, Metallsalze, Säu­ ren, antiseptische Stoffe, künstlicher Traubenzucker oder Stärkezucker bei Mosten, sowie nichtkristallisierter Stärke­ zucker überhaupt, Bukettstoffe, Äther, ätherische Ole, alle Klärmittel, außer den mechanisch wirkenden. Durch ein Gesetz vom 27. Juli 1895 ist die Her­ stellung von Kunstwein, mit Ausnahme der Schaum­ weine und sogenannten Mistelas (likörartige, meist aus

Spanien.

243

Branntwein, Wasser, Zucker und Zimt usw. hergestellte Getränke) vollständig verboten. Als Kunstwein wird derjenige erklärt, welcher nicht aus der Gärung des Saftes von frischen Trauben herrührt, beziehungsweise derjenige, welcher irgend eine nicht von der Weintraube herrührende chemische oder vegetabilische Beimischung aufweist. Die Geschäfte, in welchen Wein verkauft wird, die Speicher, Niederlagen, Bodegas und Weingüter sollen gemäß einer Ausführungsverordnung vom 23. Dezember 1895 überwacht und besichtigt und dabei Proben zur Untersuchung entnommen werden. Die Einfuhr von französischen Weinen, welche zum Verschneiden von spanischen Weinen dienen sollen, unterliegt den Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Juli 1894. Danach sind Spezialniederlagen für ausschließlich zum Verschneiden mit spanischen Weinen und zu Ausfuhrzwecken bestimmte französische Naturweine ge­ stattet sowie die zollfreie Zulassung der genannten Weine, sofern sie in Fässern von mindestens 225 Liter Gehalt eingeführt werden. In den Spezialniederlagen darf außer für das Vermischen der spanischen Weine mit den französischen keinerlei Betrieb für eine anderweitige Bearbeitung der Weine errichtet werden. Die fran­ zösischen Weine sind bei ihrem Löschen im Hafen zur Feststellung ihrer Reinheit zu untersuchen. Der Trans­ port vom Hafen zur Niederlage und der für die Ausfuhr bestimmten Gemische zum Hafen hat unter Begleitung von Zollwächtern zu geschehen. Die Lagerinhaber müs­ sen unter eidesstattlicher Versicherung eine Erklärung über die Menge, die Art und die Herkunft des Weines, den sie zu mischen beabsichtigen, abgeben. Durch Königliche Verordnung vom 4. April 1899 wird bestimmt, daß die Mindestmenge spanischen Weines, der für die Mischungen zu verwenden ist, 50 Prozent von der Gesamtmenge der Flüssigkeit beträgt, welche in keinem Falle zum inneren Verbrauch im Königreiche bestimmt werden darf. Die in den Verschnittlagern vorgenommenen Verrichtungen unterliegen nicht der unausgesetzten Beaufsichtigung. Die Kontrolle soll sich darauf beschränken, zu verhindern, daß ausländische und 16*

mit einheimischen gemischte ausländische Weine in den Verkehr gelangen, und soll alle drei Monate die Richtig­ keit der Anschreibungen feststellen.

Portugal. Ein Königliches Dekret vom 1. September 1894 bestimmt, daß als „Wein" nur das durch die Gärung frischer Trauben erzeugte Getränk in den Handel ge­ bracht werden darf, mit alleiniger Ausnahme der Port- und Madeiraweine, die einer besonderen, von Alters her feststehenden Behandlung bedürfen. Tresterwein darf nur als solcher verkauft werden; ebenso müssen die aus Rosinen und die aus konzen­ triertem Moste hergestellten Flüssigkeiten als Zucker-, Rosinen- oder Mostwein bezeichnet werden. Naturweinen dürfen Wasser, Gips (über 2g auf 1 Liter), nicht rektifizierter Alkohol, Farbstoffe oder andere gesundheitsschädliche Stoffe nicht hinzugesetzt werden. Innerhalb der Städte Lissabon und Oporto ist die Fabrikation von Kunstweinen verboten und die Er­ zeugung von Naturweinen auf das Keltern der innerhalb der Stadtumfriedigung gewachsenen Trauben beschränkt. Die in Lissabon und Oporto eingehenden Weine, sowie die Weinlager im Innern des Landes sollen durch sachverständige Inspektoren untersucht und der Fälschung verdächtige Weine durch die Chemiker der landwirt­ schaftlichen Versuchsstationen geprüft werden. Nach der Verordnung vom 10. Mai 1907 ist ver­ boten, Weine mit dem Namen eines Bezirkes zu ver­ kaufen oder auszuführen, wenn sie nicht tatsächlich aus diesem Bezirke stammen.

Belgien. Der Wein unterliegt den allgemeinen Vorschriften über die Verfälschung der Nahrungsmittel. Besondere Bestimmungen sind für den Handel mit Wein durch die Königliche Verordnung vom 28. November 1899 getroffen. Wein ist das Erzeugnis der alkoholischen Gärung des Saftes oder des Mostes

Belgien.

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frischer Trauben. Schaumwein ist das mit Kohlen­ säure übersättigte Erzeugnis der alkoholischen Gärung des Saftes oder Mostes frischer Trauben. Wein, der mit fremden Stoffen vermischt ist, darf nicht als Wein in den Verkehr gebracht werden. Gestattet ist der Zusatz von mechanisch wirkenden Klärungsmitteln, von Kochsalz, doch darf der Gehalt an Chlor, als Chlornatrium berechnet, 2 Gramm im Liter nicht übersteigen; ferner das Gissen unter der Bedingung, daß der Gehalt an Schwefelsäure, als Kaliumsulfat berechnet, 2 Gramm im Liter nicht über­ steigt, sowie die Anwesenheit von schwefliger Säure, doch darf der Wein nicht mehr als 20 mg freie schwef­ lige Säure und nicht mehr als 200 mg schweflige Säure insgesamt enthalten; schließlich der Zusatz von reinem Zucker oder von reinem Alkohol unter der Bedingung, daß die Gefäße, in denen der Wein enthalten ist, an einer sichtbaren Stelle und in leicht leserlichen Schrift­ zeichen, die ebenso groß und sichtbar sind wie alle für andere Aufschriften angewandten, die entsprechende Be­ zeichnung „gezuckert" oder „gespritet" tragen, und daß dieselbe Bezeichnung in Rechnungen, Frachtbriefen oder Konnossementen ausgenommen wird. Weine, welchen fremde Stoffe zugesetzt sind, unbeschadet der genannten Ausnahmen, sowie weinähnliche Getränke, wie Piquette, Hefenwein, Tresterwein, Rosinenwein, Apfelwein, Met usw. dürfen nur in Gefäßen feilgehalten oder verkauft werden, welche an sichtbarer Stelle und in leicht leser­ lichen Schriftzeichen, die ebenso groß und sichtbar sind wie die für andere Aufschriften verwandten, ent­ weder die Bezeichnung der bei der Bereitung gebrauchten Stoffe oder eine den Ursprung genügend deutlich er­ kennbar machende Aufschrift tragen. Diese Bezeichnung darf nicht die Namen der Herkunftsorte natürlicher und wirklicher Weine enthalten. Sie muß sich gleicherweise in Rechnungen usw. befinden. Als schädlich im Sinne des Strafgesetzbuchs werden Wein, Dessertweine, Schaum­ weine und weinähnliche Getränke erklärt, denen fol­ gende Stoffe zugeseht sind: Äther oder ätherische Ole (Weinöle); bittere Mandeln; Kirschlorbeer; Alkaloide;

Arsen-, Blei-, Zink-, Tonerde-, Baryum-, Strontium-, Calcium-, Magnesiumverbindungen; Alkalien; Mineral­ säuren; freie oder gebundene Oxalsäure; Salizylsäure oder andere Antiseptika (unbeschadet der für die schwef­ lige Säure zugelassenen Ausnahme); Glyzerin; un­ reiner Zucker, unreiner Farinzucker oder unreiner Al­ kohol, deren Verkauf als Nahrungsmittel durch die diese Nahrungsmittel betreffenden Verordnungen ver­ boten ist; ferner andere Alkohole, als Äthylalkohol; Sulfate in größerer Menge als bestimmt ist, oder in mehr als der doppelten Menge, wenn es sich um Dessert­ weine handelt. Es ist verboten, Wein, Dessertweinen, Schaumweinen oder weinähnlichen Getränken irgend einen der aufgezählten Stoffe oder irgend einen anderen schädlichen oder der Gesundheit gefährlichen Stoff zu­ zusetzen. Den Wirten oder Händlern, welche Wein, Dessertweine, Schaumweine, oder weinähnliche Getränke vertreiben, ist es verboten, die in den Schankräumen in Gläsern oder auf Tischen und Schenktischen ver­ bleibenden Reste dieser Getränke zu sammeln, sofern diese Flüssigkeiten nicht derart denaturiert werden, daß sie nicht mehr als Getränk für Menschen geeignet sind, noch für die Herstellung von Essig verwandt wer­ den können. Alle Fässer, in welchen Wein, Dessertweine und weinähnliche Getränke feilgeboten oder geliefert werden, müssen den Namen oder die Firma, sowie die Adresse oder wenigstens die Marke des Fabrikanten oder des Verkäufers tragen.

Rumänien. Nach der zum Sanitätsgesetze vom 14. Juni 1893 ergangenen Ausführungsverordnung vom 11. September 1895 darf als Wein nur das durch alkoholische Gärung des Traubenmostes ohne Zusatz gewonnene Getränk in den Handel gebracht werden. Die Bestandteile des Weines müssen in entsprechendem Verhältnisse zur Her­ kunftsbezeichnung und zum Erntejahre stehen. Für Weine ohne Herkunftsbezeichnung und bestimmte Be­ nennung werden verlangt: der Mindestgehalt an Extrakt zu 14 § auf 1 I Weißwein, 17 g auf 1 1 Rotwein, 30 g

Rumänien.

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auf 1 1 süße ausländische Südweine - an Mineralstoffen der 10. Teil des Gehalts an Extrakt; ein Gehalt an Äthylalkohol von wenigstens 6,5 und höchstens 15 o/o (Vol.), bei Südweinen mindestens 8, höchstens 20o/o, bei Schaumweinen wenigstens 8, höchstens 15