Die Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst den auf den Zivilprozeß bezüglichen Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und den Einführungsgesetzen: In der Fassung vom 20. Mai 1898 und der Novellen von 1905 und 1909. Kommentar [9., umgearb. Aufl. Reprint 2018] 9783111528168, 9783111159973

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Die Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst den auf den Zivilprozeß bezüglichen Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und den Einführungsgesetzen: In der Fassung vom 20. Mai 1898 und der Novellen von 1905 und 1909. Kommentar [9., umgearb. Aufl. Reprint 2018]
 9783111528168, 9783111159973

Table of contents :
Vorwort zur ersten Auflage
Vorwort zur zweiten Auflage
Vorwort zur siebenten Auflage
Vorwort zur neunten Auflage
Inhalt
Erklärung der wichtigsten Abkürzungen
Einleitung
Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen
Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz
Drittes Buch. Rechtsmittel
Viertes Buch. Wiederaufnahme des Verfahrens
Fünftes Buch. Urkunden- und Wechselprozeß
Sechstes Buch. Ehesachen. Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern. Entmündigungssachen
Siebentes Buch. Mahnverfahren
Achtes Buch. Zwangsvollstreckung
Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren
Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren
Gesetz, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1877
Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Änderungen der Zivilprozeßordnung. Vom 17. Mai 1898
Einführungsgesetz zur Novelle von 1909. Gesetz, betr. Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte. Vom 1. Juni 1909
Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877
Sachregister
Front Matter 2
Einleitung
Gesetz, betreffend die Zuständigkeit des Reichsgerichts. Vom 22. Mai 1910 (RGBl. 767)

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Struckmann und Koch:

Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich.

Die

Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst

beit auf he« ZimlproM bezüglichen Sestimmungen des Gerichtsverfassttttgsgefehes imb den Einftthrmigsgefetzen. In der Fassung vom 20. Mai 1898 und der Novellen von 1905 und 1909.

Kommentar von

weiland Dr. I. Struckmann, Wirklicher Geheimer Ober-Justizrat, Oberlandesgerichts-Prästdent,

und

Dr. R. Koch, Wirklicher Geheimer Rat. Präsident des Reichsbank-Direktonums a. D-,

unter Mitwirkung von

Dr. P. Koll,

K. Rasch, Präsident des Landgerichts in Altona,

Senats-Präsident am Oberlandesgericht in Cöln,

Dr. I. Flechtheim, Rechtsanwalt am Oberlandesgericht in Cöln.

Neunte, umgearbeitete Auflage.

Berlin 1910.

I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. £>.

Aorwort zur erste« Auflage. Das Bedürfnis einer gemeinsamen Ordnung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten war bereits zu einer Zeit, als noch der Deutsche Bund das jetzt geeinigte Deutschland lose verband, ein tief empfundenes und veranlaßte den Bundes­ tag zur Niederfetzung einer Kommission in Hannover, welche freilich bei dem Fernbleiben Preußens von vornherein geringe Aussicht auf unmittelbar prakttschen Erfolg bot. Der Entwurf dieser Kommission und ein inzwischen in Preußen ausgearbeiteter Entwurf lagen den Beratungen der demnächst vom Bundesrate des Norddeutschen Bundes berufenen Kommission zugrunde. In dem aus beinahe dreijährigen Beratungen hervorgegangenen Entwürfe der Norddeutschen Prozeß­ kommission traten nicht minder, als in jenem der Kommission zu Hannover die im Schoße derselben waltenden Gegensätze der verschiedenen Rechtsgebiete, ivelche man in zahlreichen Kompromissen zu versöhnen gesucht hatte, deutlich zutage. Eine schärfere Ausprägung des diese Arbeiten beherrschenden Mündlichkeits- oder richttger Unmittel­ barkeitsprinzips zeigt der sodann im preußischen Justizministerium ausgearbeitete Entwurf.

Wie dieser, im wesentlichen auf dem Norddeutschen Entwürfe fußend,

sich dessen Einzelarbeit in sorgfältiger Sichtung aneignete, so haben gerade die Einzelheiten in der demnächst vom Bundesrate des Deutschen Reichs berufenen S a ch v e r st ä n d i g e n - K o m m i s s i o n eine weitere Durchbildung erfahren. Der Kom­ missions-Entwurf ist wiederum in grundsätzlichen Punkten durch Beschlüsse des Bundesrats mehrfach modifiziert worden.

In dieser neuen Gestalt wurde der

Entwurf dem Reichstage vorgelegt, hierauf von der dazu erwählten Kommission des Reichstags im einzelnen durchberaten und bei grundsätzlicher Billigung mit manchen Änderungen im einzelnen angenommen — Vorgänge, welche noch in frischem Gedächtnisse sind. Der Hinweis auf diese Marksteine in der Geschichte der Zivilprozeßordnung genügt, um in sprechender Weise ein Wort der „Allgemeinen Begründung"

des

letzten Entivurfs zu bestätigen: „Die Herstellung eines Reichsprozeßrechts für bürgerliche Rechtsstteitigkeiten ist ein Werk von außerordentlicher Schwierigkeit." Eine solche Entstehungsgeschichte und die dadurch bedingte Fülle der Materialien, noch mehr aber eine andere, innere Eigenschaft des Gesetzes, welche in derselben „Begründung" mit den Worten gekennzeichnet wird: „Die neue Prozeßordnung erfordett einen Aufbau durch die Hand des Gesetzgebers vom Fundamente auS", erweisen die Nottvendigkeit eines Kommentars für das Verständnis der Zivil-

IV

Vorwort

Prozeßordnung. Zumal im Gebiete des Preußischen Rechts wird das neue Gesetz mit seinen Prinzipien der Unmittelbarkeit und des selbständigen Prozeßbetriebs dem Praktiker zunächst fremdartig erscheinen und sich ihm nur durch eingehendes Studium erschließen. Die Herausgeber, welche dem großen Werke seit Jahren lebhaftes Interesse zugewendet haben und in dessen verschiedenen Stadien mehr oder weniger beteiligt gewesen sind, haben in dem vorliegenden Kommentar versucht, vor allem dem Be­ dürfnisse der Praxis, mit besonderer Berücksichtigung jenes Rechtsgediets sowie der gemeinrechtlichen Bezirke innerhalb Preußens, zu genügen. Der Schwerpunkt der Ärbeit fällt daher nicht sowohl in eine wissenschaftliche Ergründung oder Beurteilung der leitenden Grundsätze, wenngleich die Verbindung mit der Prozeßrechtswissenschaft nicht verabsäumt ist; unsere Ziele waren vielmehr die Sichtung und Verarbeitung der Materialien, insonderheit der einschlagenden Stellen der Motive, jedoch un­ beschadet unserer Selbständigkeit, ferner die Anknüpfung an das bestehende Recht und an die Praxis, namentlich in jenen Rechtsgebieten, der Nachweis des Zusammenhangs zerstreuter Bestimmungen, die Lösung naheliegender Zweifel, welche sich hauptsächlich bei Anwendung der Rechtsregel „Reichsrecht geht vor Landrecht" zahlreich ergeben, kurz die Aufbietung aller Mittel zur theoretisch-praktischen Erläuterung eines Gesetzes, welches den großen Schritt in das Leben noch vor sich hat. Erst der weitere Lebensweg des Gesetzes wird auch unserem Kommentar, sofern er sich überhaupt als lebensfähig erweist, reicheren Stofs zuführen. Abgesehen von dem Einführungsgesetze waren die den Zivilprozeß be­ treffenden Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und des zu diesem gehörigen Einführungsgesetzes, in ähnlicher Weise jedes für sich kommentiert, als unentbehrliche Ergänzung beizufügen. Eine kurzgefaßte historische Einleitung sowie ein ausführliches Sach register sollen mit der letzten Lieferung ausgegeben werden. So mögen denn die deutschen Praktiker, für welche wir ein nützliches Hilfsinittel geschaffen zu haben hoffen, diesen Versuch mit Wohlwollen aufnehmen! Berlin im Februar 1877.

Die Verfasser.

Aorrvorl zur zweiten Auftage. Noch vor dem 1. Oktober 1879 hat sich die Notwendigkeit einer zweiten Auflage unseres Kommentars ergeben. Gesetzgebung und Wissenschaft sind inzwischen vereint tätig gewesen, die mit jenem Tage anbrechende neue Periode der deutschen Rechtspflege weiter vorzubereiten. Außer wichtigen Gesetzen, wie die Rechtsanwalts­ ordnung, das Gerichtskostengesetz usw., waren daher die zahlreiche» Kommentare zur Zivilprozeßordnung zu berücksichtigen, welche teils vollendet, teils ihrer Vollendung näher geführt worden sind. Eine ganze Reihe von Streitfragen bereits begleitet

Vorwort.

V

die Zivilprozeßordnung auf ihrem Wege in die Praxis. Neben zustimmenden Äußerungen sind wir im einzelnen mancher Polemik begegnet. Demgegenüber haben wir nicht bloß an den geeigneten Punkten Stellung genommen» sondern uns zugleich bemüht, wo es nötig erschien, in gedrängter Kürze eine Übersicht der streitenden Lehrmeinungen zu geben, um für eigene Ansichten Stützpunkte durch Bezugnahme auf hervorragende Arbeiten anderer zu gewinnen. Noch mehr als bisher haben wir auch an die ältere Prozeßrechtswissenschast anzuknüpfen und so die vorgetragenen Sätze zu vertiefen gesucht. In der Hauptsache aber sind wir der in der ersten Auflage befolgten Methode einer kurzen, hauptsächlich für die Praxis bestimmten Erläuterung treu geblieben. Die Vielheit der Kommentare rechtfertigt sich ja am besten durch die Verschiedenheit der möglichen Wege zu dem einen Ziel, die richtige Anwendung eines Gesetzes zu fördern, welches auf lange Zeit daS Rechtsleben Deutschlands wesentlich beeinflussen wird. Berlin im Februar 1879. Die Verfasser.

Aorwort zur siebenten Auflage. Das Erscheinen einer siebenten Auflage des nun fast 23 Jahr alten Kom­ mentars fällt mit einem bedeutsamen Abschnitt unserer Rechtsentwicklung zu­ sammen und findet schon hierdurch allein ausreichende Rechtfertigung. Das am 1. Januar 1900 in Kraft tretende Bürgerliche Gesetzbuch hat bekanntlich eine große Zahl von Abänderungen der Zivilprozeßordnung mit ihren Nebengesetzen hervorgerufen. Außer den mit dem bürgerlichen Recht unmittelbar zusammen­ hängenden Neuerungen hat die Gesetzgebung die Gelegenheit ergriffen, ohne Antastung der Grundlagen des Gesetzes eine Reihe von dringlichen Verbesserungen des Verfahrens einzuführen. Diese neuen, in dem Gesetze vom 17. Mai 1898 zahl­ reich enthaltenen Vorschriften bedurften der Erläuterung und organischen Ein­ fügung in den Körper des Kommentars. Daneben mußte das Bürgerliche Gesetz­ buch selbst anstatt deS bis zum 1. Januar 1900 geltenden Rechts fortlaufend berücksichttgt »verden. Zugleich ist das Ziel der früheren Auflagen weiter verfolgt, der Praxis ein tunlich vollständiges Auslegungsmaterial unter Benutzung der Ergebnisse der Rechtsprechung, namentlich des Reichsgerichts sowie aller wirklich bemerkenswerten Literaturerscheinungen bis auf die neueste Zeit zu bieten. Trotz dieses sehr vermehrten Stoffes (statt der bisherigen 872 zählt die ZPO. in der neuen Redaktton 1048 Paragraphen) ist der Umfang des Buches nicht allzusehr geivachsen, da manche älteren Ausführungen und Zitate weggelassen werden konnten. Abermals sind die eigenen Ansichten der Verfasser nachgeprüft und in wichttgen Puntten berichtigt.

VI

Vorwort.

Zu meinem Schmerze hat der

mir in langjähriger gemeinsamer Arbeit eng

verbundene Mitherausgeber, Oberlandesgerichts-Präsident Dr. Joh. Struckmann den

Abschluß

dieser

Auflage nicht mehr erlebt.

Die Hauptarbeit

befand sich

freilich ohnehin in den von ihm selbst in der Praxis erprobten Händen der Herren Landgerichtsrat Rasch Beginn an auf Bitte

genommenen Herausgeber wesentlichen

und Landrichter Dr. Soll,

welche dieselbe von

der durch ihre eigenen Amtsgeschäfte allzusehr in Anspruch übernommen

hatten.

Aber dieselben

unter der forttvährenden Leitung und Mitwirkung

haben doch im meines

mit der

Anwendung der ZPO. in seltenem Grade vertrauten und in steter unablässiger Berührung können.

bis

Wenn

ans Ende

gebliebenen

ich

für

ihnen

ihre

verewigten Freundes hingebende,

das Werk vollenden

erfolgreiche

Mitarbeit

meinen

wärmsten Dank auch an dieser Stelle ausspreche, so handle ich damit im Sinne des ausgezeichneten Mannes,

dessen Geist in dieser Auflage wie in den früheren

in gleichem Maße fortlebt. Das Werk in der vorliegenden neuen Gestalt,

an der Schwelle

des neuen

Jahrhunderts in den Gebrauch der Berufsgenossen übergehen zu sehen, gereicht nur zu großer Genugtuung.

Möge es sich neue Freunde zu den alten erwerben!

Berlin im Oktober 189t).

Dr. R. K o ch.

Vorwort zur neunten Auflage. Das Horazische „Nonumquc prematur in annuin“ trifft diesmal zu.

Seil

der letzten Auflage bis zur gegenwärtigen sind neun Jahre verflossen, binnen deren neue Bestimmungen besserungen

des

über

die Zuständigkeit

Berfahrens

Prozesses vereinfacht und

der Gerichte erlassen,

vorgenommen,

abgekürzt,

endlich

die

Normen

des

dringende Ber^ amtsgerichtlichen

frühere Meinungen

in Praxis und

Wissenschaft auf Grund neuer Erfahrung ergänzt und berichtigt sind.

Allen diesen

Veränderungen mußte der Kommentar folgen, wenn er nicht veralten sollte.

Gleich

zeitig waren auch eigene Meinungen nachzuprüfen, nötigenfalls zu berichtigen, und es konnte durch veränderte Allegierungsinethode sowie durch Weglassung geschichtlicher und entbehrlicher,

wesentlich theoretischer Ausführungen

bei völliger Umarbeitung

auf tunlichste Kürzung hingewirkt werden, so daß die Minderung des Inhalts um 257 Seiten und die Rückkehr zur Vereinigung in einem Bande trotz des reicheren Stoffes erreicht ist. An die Stelle des durch sein jetziges Amt an der weiteren Mitwirkung be hinderten Sohnes des Mitherausgebers ist ein bewährtes Mitglied der Anwaltschaft getreten, wodurch die Vielseitigkeit der Arbeit nur gewinnen konnte. Ich darf mit dem wiederholten Wunsche schließen,

daß das alte Werk auch

in der neuen Gestalt sich die alten Freunde erhalten und neue gewinnen möge. Eharlottenburg, den 15. März 1910.

Dr.

R. Kvch.

Inhalt. Einleitung.............................................................................................Seite XIII-XXXVIII

Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Erster Rbsdmitt.

Gerichte. Erster Titel, sachliche Zuständigkeit der Gerichte......................1—11 Seite 1— Zweiter Titel. Gerichtsstand................................................................. „ 12— 37 „ Dritter Titel. Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte „ 38— 40 „ Vierter Titel. Ausschließung n. Ablehnung der Gerichtspersonen „ 41— 49 „ Zweiter Rbsdmitt. Parteien. Erster Titel. Parieifähigkeit.Prozeßfähigteil......................................... „ 50— 58 „ Zweiter Titel. Streitgenossenschaft....................................................... 59— 63 „ Dritter Titel. Beteiligung Dritter am Rechtsstreite............. 64— 77 Vierter Titel. Prozeßbevollmächtigte und Beistände........................ .. 78— 90 „ Fünfter Titel. Prozeßkosten................................................................. „ 91—107 „ Sechster Titel. Sicherheitsleistung................................................. „ 108—113 Siebenter Titel. Armenrecht................................................................. 114—127 „ Dritter Rbsdmitt. Verfahren. Erster Titel. Dtündlichc Verhandlung................................................. 128- 165 „ Zweiter Titel. Zustellungen. 1. Zustellungen auf Betreiben der Parteien............................................ 166—207 „ II.Zustellungen von Amts wegen „ 208—213 „ Dritter Titel. Ladungen, Termine und Fristen................................ „ 214—229 „ Vierter Titel. Folgen der Versäumung. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand................................................................................„ 230—238 „ Fünfter Titel. Unterbrechung liitb Aussetzung des Verfahrens . „ 239—252 „



11 11— 38 38— 41 41— 47 48— 60 60— 66 67— 84 84— 98 99-120 121—127 127—136 137 -175 175—205 206—209 209—221 222—230 231—246

Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Erster Rbsdmitt.

Verfahren vor den Landgerichten. Erster Titel. Verfahren bis zum Urteil.......................................... „ Zweiter Titel. Urteil ........................................................................... „ Dritter Titel. Versäumnisurteil.......................................................... „

253—299 300 -329 330—347

„ 247—319 „ 320—366 „ 366—382

VIII

Inhalt.

Vierter Titel. Vorbereitendes Verfahren in Rechnung-sachen, Auseinandersetzungen und ähnlichen Prozessen ... 88 348—354 Seite Fünfter Titel. Allgemeine Bestimmungen über die Beweis355-370 „ aufnähme............................................................................................................ „ Sechster Titel. Beweis durch Augenschein....................... n 371—372 373—401 „ Siebenter Titel. Zeugenbeweis......................................... 402—414 „ Achter Titel. Beweis durch Sachverständige....................... 415—444 „ Neunter Titel. Beweis durch Urkunden........................... 445—477 „ Zehnter Titel. Beweis durch Eid..................................... Elster Titel. Verfahren bei der Abnahme öoti Eiden. . . • „ 478—484 w 485—494 , Zwölfter Titel. Sicherung de- Beweise-........................................... 495—510c „ Zweiter Rbfdmitt. Verfahren vor den Amtsgerichten . • .

383—387 388—398 398-399 399-424 424—434 434-456 456—485 486—489 489—494 494-506

Drittes Buch. Rechtsmittel. Erder Rbfdmitt. Berufung............................................................................... Zweiter Rbfdmitt. Revision.............................................. Dritter Rbfdmitt. Beschwerde........................................................................

511—544 545—566 567—577

„ „

507—530 539—664 565—578

Viertes Buch. Wiederaufnahme des Berfahreus..........................................................

578—591



579—591

Fünftes Buch. Urdmdeu- und Wechselproieß................................................................

592-605



592—606



Sechstes Buch. Ehesachen. Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern. Entmündigungssachen. Erster Rbfdmitt. Verfahren in Ehesachen................................ §§ 606—639 Seite 607—630 Zweiter Rbfdmitt. Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisse- zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstände haben.....................................„ 640—644 Dritter Rbfdmitt. Verfahren in Entmündigungssachen . . . „ 645—687

„ „

630-633 633-656



657—670

Erder Rbfdmitt. Allgemeine Bestimmungen................................ „ 704—802 „ Zweiter Rbfdmitt. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

671—766

Siebentes Buch. Mahnverfahren

688-703

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung. Erster Titel. Zwangsvollstreckung in da- bewegliche Vermögen. I. Allgemeine Bestimmungen.............................................. „ 803—807 II. Zwangsvollstreckung in körperlicheSachen........................„ 808—827 m HI. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Ver­ mögensrechte ................................................................... 828—863 „

800—843

Zweiter Titel. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver­ mögen ................................................................................. „ 864—871 Dritter Titel. Verteilungsverfahren......................................... 872—882

843—850 850—856

„ „

766—773 776—790

IX

Inhalt.

Dritter Rbfdinitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Her­ ausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen............................................................. §§ 883— vierter Rbfdinitt. Offenbarungseid undHaft.................................„ 899— fünfter Rbfdinitt. Arrest undeinstweiligeVerfügungen . . „ 916—

898 Seite 857— 875 915 „ 875— 884 945 884— 916

m

Neuntes Buch.

Aufgebotsverfahren..........................................................................„

946—1024



917—

963

Zehntes Buch.

Schiedsrichterliches Verfahren................................... „

K-s-tz,

betreffend die Einfühmng der Zioilprozetzordnuag

.

.

1025-1048



. §§ i—24

964— 985



986—1004

Ki«füyrungsg,setz

betreffend Snderungen des Serichtsoerfasfungsgesetzes, der ZtoUprozeßordnnng, des Gerichtskosteagesetzes und der Gebfldrenerdnttttg für Rechisanwittte......................................An.

i—x

„ loos—1000

Kerichtsverfassuugsgesetz. Erster Titel. Richteramt.................................................................§§ 1—11 „ 1010—1021 Zweiter Titel. Gerichtsbarkeit............................................................... „ 12— 21 „ 1021—1036 Dritter Titel. Amtsgerichte................................................................. 22— 24 „ 1037—1042 Vierter Titel. Schöffengerichte..........................................................„ 25— 57 „ 1043—1048 Fünfter Titel. Landgerichte........................................................... „ 58— 78 „ 1048—1062 Sechster Titel. Schwurgerichte................................................................. 79— 99 , 1062—1064 Siebenter Titel. Kammern für Handelssachen........................... „ 100—118 „ 1064—1080 Achter Titel. OberlandeSgerichte..........................................................„ 119—124 1081—1088 Neunter Titel. Reichsgericht................................................................. 125—141 „ 1083—1090 Zehnter Titel. Staatsanwaltschaft.................................................... „ 142—153 „ 1090—1092 Elster Titel. Gerichtsschreiber...............................................................„ 154 „ 1092 Zwölfter Titel. ZustellungS- und Vollstreckungsbeamte . . . „ 155—156 „ 1093—1094 Dreizehnter Titel. Rechtshilfe........................................................... „ 157—169 „ 1095—1107 Vierzehnter Titel. Öffentlichkeit und Sitzungspolizei . . . . „ 170—185 „ 1108—1117

m

Fünfzehnter Titel. Gerichtssprache...................................................... 186—193 Sechzehnter Titel. Beratung und Abstimmung...............................„ 194—200 Siebzehnter Titel. Gerichtsferien..........................................................„ 201—204



1117—1121 „ 1122—1127 „ 1127—1131

Kinfüyrungsgesetz zum

Gerichtsoerfasfuugsgesetze................................................ „

1—22

Sachregister................................................................................................................. ......

„ H32—1145 H4«—1210

IrMitmti Irr »WM AdMM. A. Unter dem Gesetzestexte. E. — Entwurf einer Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich. des Bundesrats dem Reichstage vorgelegt).

Berlin 1874 (nach den Beschlüssen

Mot. = Begründung des E. der ZPO. (Drucksachen des Reichstags. 2. LegislPer. 1874-1875. Zu Nr. 6)*). Prot. — Protokolle der Justizkommission des Deutschen Reichstags. Berlin 1876. Sitzung 161—174 — desgleichen**).

2. Session

Nov. 1898 = Gesetz, bett. Änderungen der ZPO., v. 17. Mai 1898 (RGBl. 256). Nov. 1898 E. — Enlw. eines Gef. bett. Änderungen d. ZPO. 1897. (Drucks, b. Reichs­ tags. 9. LegislPer. 5. Sess. Nr. 61.) Begr. — Begründung des E. (Drucks, d. Reichstags 9. LegislPer. 5. Sess. Nr. 61)*). KomB. — Bericht der 6. Kommission d. Reichstags. 1898. (Drucks, d. Reichstags. 9. Le' gislPer. 5. Sess. Nr. 240.) StenB. — Stenographische Berichte über die Verhandlungen d. Reichstags in der 9. Legisl­ Per. 5. Sess. Nov. 1905 — Gesetz, bett. Änderungen der ZPO., v. 5. Juni 1905 (RGBl. 536). Begr. = Begründung des E. (Drucks, d. Reichstags 11. LegislPer. 1. Sess. Nr. 415). KomB. = Bericht der 12. Kommission des Reichstags. 1905. (Drucks, des Reichstags. 11. LegislPer. l...Sess. Nr. 782.) Nov. 1909 — Gesetz, beit. Änderungen des GVG., der ZPO., des GKG. u. d. RAGebO., v. 1. Juni 1909 (RGBl. 475). E. — Entwurf dazu 1908. (Drucks, d. Reichstags. 12. LegislPer. 1. Sess. Nr. 735). Begr. — Begründung des E. (Drucks, d. Reichstags. 12. LegislPer. 1. Sess. Nr. 735). KomB. = Bericht der 30. Kommission des Reichstags. 1909. (Drucks, des Reichstags 12. LegislPer. 1. Sess. Nr. 1322)***).

B. In den Anmerkungen.

I

GVG. — Gerichtsverfassungsgesetz ZPO. — Zivilprozeßordnung' für das Deutsche Reich. StPO. — Strafprozeßordnung KO. — Konkursordnung EG. z. GVG. = Einführungsgesetz z. GVG. EG. z. ZPO. = „ z. ZPO. EG. z. StPO. = „ z. StPO. RAO. — Rechtsanwaltsordnung GKG. — Gerichtskostengesetz GBGebO. — Geführenordnung für Gerichtsvollzieher GO. f. Z. u. S. — Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige RAGebO. = Gebührenordnung für Rechtsanwälte RTK. — Justiz-Kommission des Reichstags.

für das Deutsche Reich.

*) In den abgedruckten Stellen der Motive und der Begründung sind die Paragraphen des Entwurfes in dieienigen des Gesetzes umgewandelt. **) Die Prot, dieser Sitzungen sind mit besonderen Seitenzahlen gedruckt. ***) Der Gesetzestext ist bei der Novelle 1898 gesperrt, bet den Novellen 1905 und 1909 Antiqua (lateinisch) gedruckt.

Erklärung der wichtigsten Abkürzungen.

XI

HGB. — Handelsgesetzbuch. WO. — Allgemeine Deutsche Wechselordnung. StGB. — Strafgesetzbuch für da- Deutsche Reich. Preuß. AG. z. GVG. — Preußisches Ausführungsgesetz zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz. Preuß. AG. z. ZPO. — Preußische- AuSführungsgesetz zur Deutschen Zivilprozeßordnung. N. E. — Entw. einer Zivilprozeßordnung für den Norddeutschen Bund. Berlin 1870. Nordd. Prot. — Protokolle der Norddeutschen Zivilprozeß-Kommission. H. E. — Entw. einer allgem. Zivilprozeßordnung f. d. Deutschen Staaten. Nach den von der Deutschen Zivilprozeßkommission zu Hannover bei der zweiten und letzten Lesung gefaßten Beschlüffen. Hannover 1866. Hann. Prot. = Protokolle der Kommission zu Hannover. P. E. — Entwurf einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für die Preuß. Staaten. Berlin 1864. . AGO. — Allgemeine Gerichtsordnung für die Preußischen Staaten. . ALR. — Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Hann. PO. — Allgemeine bürgerliche Prozeßordnung für das Königreich Hannover vom 6. No­ vember 1850. Bayer. PO. — Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern. München 1869. Wnrtt. PO. — Zivilprozeßordnung für das Königreich Württemberg vom 3. April 1866. Bad. PO. — Prozeßordnung in bürgerlichen Recht-streitigkeiten für das Grobherzogtum Baden vom 18. März 1864. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich v. 18. August 1896. EG. z. BGB. = Einführung-gesetz z. BGB. vom 18. August 1896. Mot. z. BGB. — Motive zum 1. Entwurf des BGB. Amtliche Ausgabe. Berlin 1888. Prot. z. BGB. — Protokolle der Kommission f. d. 2. Lesung d. Entw. d. BGB. Berlin 1898. FGG. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Mai 1898 (RGBl. 189). Preuß. FGG. — Preuß. Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. September 1899 (GS. 249). ZVG — Ges. über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung v. 24. März 1897 (RGBl. 97). GBO. = Grundbuchordnung v. 24. März 1897 (RGBl. 139). Struckmann u. Koch, Preuß. AG. —I. Struckmann u. R. Koch, Die Preußischen Aus­ führungsgesetze zu den Reich-justizgesetzen. Berlin 1879. I. Guttentag. Erg.-Heft. — Ergänzungsheft. Berlin 1881. I. Guttentag. Die Hand- und Lehrbücher von Wach, Planck, Wetzell (3. Aufl.) und Renaud (2. Aust.), Fitting, Der Reichs-Zivilprozeß. 12./13. Aufl. Berlin 1907, Schmidt, Lehrbuch d. D. Zivilprozeßrechts. 2. Aufl. Leipzig 1906, Weismann, Lehrbuch d. D. ZivilprozeßrechtS. 1903/1905, Bolgiano, Handbuch des Reichs-Zivil-Prozeßrechts, Mandry-Geib. Der zivilrechtliche Inhalt der Reichsgesetze. 4. Aufl. Freiburg 1898, sowie die Kommentare zur Zivilprozeßordnung (siehe unten S. XXXVf.) sind meistens lediglich nach den Namen ihrer Verfasser in den neuesten Auflagen angeführt; deSgl. die Lehrbücher des Preuß. Privatrechts von Förster (EcciuS) 6. Aufl. und Dernburg Bd. I u. II in 5., Bd. III in 4. Aufl., sowie die daS Bürgerliche Gesetzbuch betreffenden Kommentare von Planck, Biermann usw., Staudinger, Rehbein, die Lehrbücher von Dernburg, Endemann, Cosack, Matthiaß, Crome, Landsberg und System d. Rechts d. BGB. v. Zitelmann. Die römischen Ziffern bezeichnen die Bände.

Ö

Sammlungen von Rechtssprüchen. RG. — Entscheidungen des Reichsgerichts. Herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofs und der Reichsanwaltschaft. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. Leipzig 1880 und ff. Verlag von Veit & Comp. RG in StS. — Entscheidungen usw. (wie vor). Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. Leipzig 1880 u. ff. Verlag von Veit & Comp. Rechtspr. d. RG. in StS. — Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts in Sirassachen. Heraus­ gegeben von den Mitgliedern der Reicksanwaltschast. Bd. 1 — 10. München u. Leipzig 1879—1888. R. Oldenboura.

XII

Erklärung der wichtigsten Abkürzungen.

ROHG. — Entscheidungen des Bundes-, später Reichsoberhandelsgerichts. Herausgegeben von den Räten des Gerichtshofs. Bd. 1—25. Stuttgart 1871—1880. Ferd. Enke (Bd. 1—8 in 2. Aust. 1872—1879). SA. ----- I. A. Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den Deutschen Staaten. Herausgegeben von H. F. Schütt. München u. Berlin. R. Oldenbourg. Rechtspr. — Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts. Heraus­ gegeben von dm Kammergerichtsräten B. Mugdan und R. Falkmann. Leipzig 1900 u. f. ' Blum, Ann. — Annalen des Reichsgerichts. Samml. aller wichtigen Entscheidungen usw. Unter Mitwirkung von K. Braun herausgegeben von H. Blum. Leipzig 1880 u. ff. Blum, Urt. u. Ann. — Urteile und Annalen, herausgeg. v. Hans Blum. Berlin 1885, 1886. Mecke, Arch. — Archiv f. die zivilrechtlichen Entsch. des Reichsgerichts für die gemeinrechtlichen Gebiete Deutschlands, herausgegeben v. G. Fenn er und H. Mecke. 3 Bde. Berlin 1880—1883. Entsch. d. OT. = Entscheidungen des Königl. Obertribunals, herausgegeben in amtlichem Auftrage von den Obertribunals-Mitgliedern (zuletzt Sonnenschmidt, Clauswitz u. Hahn). Bd. 1—83. Berlin. Carl Heymanns Verlag. Striethorst, Arch. — Archiv für Rechtsfälle, die zur Entscheidung des K. Obertribunals gelangt sind. Herausgegeben u. red. von Th. Striethorst, Landgerichtsrat. Bd. 1—100. Berlin. I. Guttentag.

Zeitschriften. Busch — Zeitschrift für Deutschen Zivilprozeß und das Verfahren in Angelegenheiten der frei­ willigen Gerichtsbarkeit. Herausgegeben von H. Busch, später von M. Schultzen­ stein u. Vierhaus. Berlin. Carl Heymanns Verlag, c. A. — Archiv für die zionistische Praxis. Freiburg i. B. u. Tübingen. I. C. B. Mohr (Paul Siebeck). Gruchot — Beiträge zur Erläuterung des Deutschen (früher: des Preußischen) Rechts, in besonderer Beziehung auf das Preußische Recht, mit Einschluß des Handels- und Wechselrechts (früher mit dem Zusatze: durch Theorie und Praxis). Begründet von Dr. I. A. Gruchot. Jetzt herausgegeben von Küntzel, Eccius und Predari. Berlin. Franz Bahlen. Bödiker, Mag. — Bödiker, Magazin für das deutsche Recht der Gegenwart. Bd. 1—8. 1881 u. ff. Hannover. Helwingsche Verlagsbuchhandlung. Sächs. A. = Sächs. Archiv für Bürgerliches Recht und Prozeß. Herausgegeben von Hoffmann, v. Sommerlatt u. Wulfert, dann von Lessing, jetzt von Degen. Leipzig. Roßbergsche Hofbuchhandlung. IW. — Juristische Wochenschrift. Organ des Deutschen Anwalt-Vereins, herausgegeben von H. Neu mann. Berlin 1872 u. ff. DJZ. — Deutsche Juristenzeitung. Herausgegeben von Fr. Wallmann. Charlottenburg 1877 u. ff., später von Laband, Hamm und Heinitz 1896 u. ff. RhA. = Archiv f. d. Zivil- und Kriminalrecht der Rheinprovinz. Cötn. Pet. Schmitz Wwe. KritB. — Kritische Vierteljahrsschrist für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Frerburg i. B. I. C. B. Mohr. Recht —Das Recht. Rundschau für den Deutschen Juristenstand. Herausgegeben v. Soergel. Helwingsche Verlagsbuchhandlung. Hannover u. Leipzig. Jahrg. I—XIV. LeipzZ. — Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Bersicherungsrecht. Herausgegeben v. Düringer, Jäger u. Könige. I. Schweitzer Verlag. München. RheinZ. — Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht. Herausgegeben von Köhler, Rabel. Mendelssvhn-Bartholdy u. Pagenstecher. I. Bensheimer. Mannheim.

Einleitung. i.

Seit betn vierzehnten Jahrhundert war in Deutschland mit dem Eindringen der fremden Rechte an Stelle des alten öffentlichen und mündlichen Verfahrens vor Bolksgerichten (Schöffengerichten)*) unter dem Einfluffe der italienischen Praxis ein dem kanonischen Prozesse nachgebildetes, heimliches und schriftliches Verfahren vor ständigen, zum Teil mit Rechtsgelehrten befedten Gerichten in den Gerichtsgebrauch übergegangen*). Auf dieser Grundlage beruhte namentlich daS Verfahren bei dem im Jahre 1495 zum Schutze des gleichzeitig verkündeten ewigen Landfriedens er­ richteten Reichskammergerichts, welches, durch die ReichSkammergerichtSordnungen positiv geregelt, wiederum daS Vorbild für zahlreiche Landesprozeßordnungen, zumal des südlichen und westlichen Deutschlands, wurde *). Nicht bloß, um den immer lauter werdenden Klagen über die Langsamkeit des sich mühselig durch drei Instanzen hin­ schleppenden Prozeffes zu begegnen, sondern auch vielfach angeregt und bestimmt durch die namentlich in Sachsen lebendige Opposition des einheimischen Rechtes*), unternahm der Jüngste Reichsabschied (von 1654) eine umfassende Reform des Zivilprozeffes. Das Wichtigste war die Aufhebung der alten »Positionen" oder „Artikel" (88 34, 37) und die Verschärfung der sog. Eventualmaxime (88 37, 46 ff.). Auch hinsichtlich des Beweises wurden Bestimmungen getroffen, aus denen die gemein­ rechtliche Anerkennung des im sächsischen Prozeß ausgebildeten Beweisinterlokuts er­ wachsen ist. Diese Reformen bildeten den Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung des Zivilprozeßrechts. Bei aller logischen Folgerichtigkeit blieb jedoch das auf dem Jüngsten ReichSabschied fußende, von der Praxis und einer reichhaltigen Doktrin bis in die feinsten Einzelheiten ausgebildete, nunmehr rein schriftliche Verfahren äußerst langsam und schwerfällig und vermochte weitaus nicht den Ansprüchen der Rechtsuchenden zu ge­ nügen*). Auch die partikulären Prozeßordnungen» denen fortan die gesetzliche Fort­ bildung deS Zivilprozeffes zufiel*), suchten wohl im einzelnen zu bessern, verharrten jedoch in allen wesentlichen Punkten bei den Grundgedanken deS gemeinen schriftlichen ProzeffeS und konnten deffen Hauptmängeln somit nicht entgehen. Erst gegen daS Ende deS vorigen Jahrhunderts zeigt sich mit dem allgemeinen Aufschwünge des geistigen Lebens in Deutschland auch auf diesem Gebiet eine frischere Bewegung, und es beginnt eine Reformperiode, die erst 1879 einen Abschluß gefunden hat. 1) Ungtr, D. altdeutsche Gerichtsverfassung. Göttingen 1842. Maurer, Grsch. des altdeutschen u. namentlich altbayr. Gerichtsverfahrens. Heidelberg 1824. v.Bethmann-Hollweg, D. Zivilprozeß des gern. Rechts in geschichtlicher Entwicklung. IV. Bonn 1868. V 1 (1871). Planck, D. deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter. Braunschweig 1879. I 123 ff., 133 ff., Schnitze, Privatrecht u Prozeß in ihrer Wechselbeziehung. Freiburg u. Tübingen. 1883. I 97ff. 2) Mittermaier im c. A. 11, 124ff. 3) Wetzell 6, 7; v. Bar in v. Holtzendorfs, Enjykl. b. RechtSw.

5. Aufl.

4) Wetzell, 22 ff.; v. Bar a. a. O. 5) Eine treffende kurze Kritik de» gemeinrechtl. Bersahren» f. bei Wach I 131 ff. 6) Linde, Lehrb. des gern. deutschen Ziv.Proz. 7. Aust. Bonn 1850. §29.

782.

XIV

Einleitung.

II. Einen eigentümlichen Weg schlug die Reform des Zivilprozeffes in Preußen ein. Friedrich der Große hatte darauf sogleich nach seinem Regierungsantritte sein Augenmerk gerichtet. Während aber das bald nach Erteilung eines unbedingten Privi­ legiran de non appellando et evocando (v. 31. Mai 1746) unterm 3. April 1748 als allgemeine Prozeßordnung für das ganze Land publizierte Projekt eines Codicis Fridericiani Pommeranici (von Cocceji) noch eine sehr nahe Verwandtschaft mit dem gemeinen Zivilprozeßrecht aufweist?), liegt dem (von v. Carmer entworfenen) mittels Patents vom 26. April 1781 unter dem Titel „Corpus Juris Fridericianum. Erstes Buch von der Prozeßordnung" publizierten Gesetze (das Zivilrecht sollte das zweite Buch bilden) und der revidierten zweiten Ausgabe dieses Gesetzes, der allgemeiuen Gerichtsordnung vom 6. Juli 1793, ein von den Grundsätzen des gemeinen Prozeßrechts abweichendes Prinzip, die sog. Jnquisitionsmaxime, zugrunde. Der Richter sollte, ohne an die Grundsätze von der Beweislast und an die Angaben der Parteien gebunden zu sein, von Amts wegen durch persönliches Verhandeln mit den Parteien oder deren Vertretern") die materielle Wahrheit ermitteln. Der Versuch entsprach nicht den anfänglich hoch gespannten Erwartungen. Das Jnstruktionsverfahren der allgemeinen Gerichtsordnung erwies fich bald als schleppend und haltlos"). Die Gesetzgebung der Jahre 1833 und 184610) knüpfte daher, zuerst zögernd auf sachlich beschränktem Gebiete, nachher allgemein, durch Einführung der Berhandlungs- und der Eventualmaxime wieder an den gemeinen Prozeß an, näherte fich aber anderseits dem Grundsätze der Mündlichkeit, indem sie dem schriftlichen Vorver­ fahren eine mündliche Schlußverhandlung hinzufügte. Dieses Verfahren ist dem­ nächst in den Jahren 1849, 1851 und 1867 auf gemeinrechtliche Gebiete ausge­ dehnt"). Die Grundzüge sind folgende12): Die Klage wird dem Gericht eingereicht, das sie materiell und formell prüft. Ist nichts zu erinnern, so wird der Beklagte unter Benachrichtigung des Klägers zur Klagebeantwortung aufgefordert. Dieser kann nötigenfalls noch Replik und Duplik folgen. Ist die Jnstruksion geschloffen, so erfolgt von Amts wegen Ladung beider Parteien in eine Sitzung des Gerichts. Hier gibt zunächst ein Müglied eine Darstellung der Sachlage nach Maßgabe der Schriften bzw. Proto­ kolle auf Grund eines schriftlichen Referats. Sodann werden beide Parteien zum Worte verstattet. 7) Vgl. E. F. Koch. Preuß. Zivilprozeß. 2. Ausg. Berlin 1858. 81, 101 ff. Freilich sollte der Prozeß mit einem mündlichen Vorverfahren vor dem Kollegium anfangen. 8) Der ursprüngliche Zwang zum persönlichen Erscheinen ist schon durch Verordnung v. 20. Sept. 1783 abgeschafft. 9) Vgl. Koch a. a. O. 106ff. Goetze, D. neueste Preuß.Zivilprozeßgesetz v. 21.Juli 1846. Berlin 1846, 17. Mot. z. ZPO. 6. Abegg, Versuch einer Geschichte der Preuß. Zivilprozeßgesetzgebung. Breslau 1848. 10) Verordn, v. 1. Juni 1838 (GS. 33) u. v. 21. Juli 1846 (GS. 291). 11) Verordn, v. 21. Juli 1849 (GS. 307), v. 30. April 1851 (GS. 188) u. v. 24. Juni 1867 (GS. 885). 12) Vgl. Mot. z. ZPO. 12. Eine Kritik dieses Verfahrens f. das. 13-15. Über den Gegensatz zur reinen Mündlichkeit u. gewisse Vorzüge beider Systeme s. auch Glaser, Gesammelte kleinere Schriften. Wie» 1868. n 295ff.; Dernburg, Abhandlungen. Frankfurt a. M. 1849. 243 ff.; v. Holzschnher, D. Rechtsweg. Nürnberg 1831.

Einleitung.

XV

Wie die Klage, so bestimmen auch die übrigen Schriften die Grenzen deRechtsstreits. Tatsächliche Anführungen, die nicht in der dafür bestimmten Schrift enthalten sind, gehen für die Instanz verloren. Anführungen des Gegner- und von ihm produzierte Urkunden, worüber in dem nächsten Schriftsätze bzw. Protokoll eine Erklärung nicht erfolgt, gelten als zugestanden bzw. anerkannt. Die Antretung der Beweise kann mit den betreffenden Anführungen ver­ bunden werden. Sie muß spätestens in der mündlichen Verhandlung geschehen, soweit es sich nicht um eine Eideszuschiebung oder solche Beweismittel handelt, die sich erst aus der stattgefundenen Beweisaufnahme ergeben haben. Nach erfolgter Beweisaufnahme, die das Gericht ebenfalls von Amts wegen bewirkt, werden die Parteien aufs neue in die Audienz geladen unter der (nur monitorischen) Verwarnung, daß angenommen werde, der Ausbleibende habe zur Unter­ stützung seiner Behauptungen und Anträge nichts mehr anzuführen. Die Entscheidung ergeht alsdann nach Lage der Akten. Dieselben Grundsätze beherrschen die oberen Instanzen. III. Seit Anfang dieses Jahrhunderts hat auch der französische Prozeß des Code de proc6dnre civile (1806) in Deutschland erheblichen Einfluß erlangt, da er, ab­ gesehen von den Umständen seiner Einführung, manchen von alters her überlieferten germanischen Rechtsgedanken enthält und bei allen Mängeln doch in wesentlichen Punkten die Hauptnachteile des gemeinrechtlichen Verfahrens vermeidet^; bis zum 1. Oktober 1879 ist er ein geltendes Recht in den linksrheinischen Gebieten Preußens sowie in Elsaß-Lothringen und in Rheinheffen geblieben"). Er steht in engem Zu­ sammenhange mit der eigentümlichen Gerichtsverfassung. Kollegialisch gestaltete Gerichtshöfe (die ordentlichen Gerichte) bestehen nur in größeren Städten, daneben für Handelssachen ausschließlich mit Kaufleuten besetzte Handelsgerichte, im übrigen Friedensgerichte (Einzelrichter). Neben den Gerichten steht die Staatsanwaltschaft (öffentliches Ministerium) als Aufsichtsbehörde für die gesamte Rechtspflege. Ihr fällt die Korrespondenz mit in- und ausländischen Behörden zu. Ihre Beamten müssen in jeder Sitzung des Gerichts gegenwärtig sein und darüber wachen, daß das Gesetz be­ folgt werde. Sie geben motivierte Gutachten ab und müssen in den vom Gesetze bezeichneten Fällen ihre Anträge stellen. Den Verkehr unter den Parteien besorgten teils die Anwälte, teils die Gerichtsvollzieher, selbständige Beamte, denen auch die Vollstreckung der Urteile anheimfällt"). Eine gerichtliche Prozeßleitung ist dem französischen Prozeß unbekannt. An das Gericht gelangt eine Streitsache erst nach beendetem Schriftwechsel. »Wenn der Beklagte auf die vom Kläger ohne Mitwirkung des Gericht- an ihn gerichtete Aufforderung eilten Anwalt bestellt hat, so können zwischen den Parteien Schriftsätze (dtiense, 13) Vgl. Wach I 135 ff. 14) Auch die am 15. Dez. 1815 erlassene Handelsgericht-ordnung für Hamburg Art. 19 verordnet, daß die Sachen von den Parteien mündlich verhandelt werden, falls da- Gericht nicht ein schriftliche- Verfahren vorzieht (vgl. die Schrift: D. Errichtung de- Handelsgericht- in Hamburg. Hamburg 1866). Ebenso wurde in der preuß. Provinz Posen durch die (später ab­ geschaffte) Verordn, v. 9. Febr. 1817 (GS. 37) ein im wesentlichen mündliche- Verfahren eingeführt. 15) Über die Geschichte n. das Wesen der stanz. Gertcht-versaffung s. Boitard, Le$ons de proc. civ. £d. 12. Paris 1876. I p. 3sqq.; Perrot, Verfassung, Zuständigkeit u. Verfahren der Gerichte der preuß. Rheinprovinzen in bürg. Rechtssachen. Tl. 1. Trier 1842; Schiink, Komm, über die stanz. ZivProzOrdn. 2. Aufl. Bd. 1 Buch 1. Eoblenz 1856. II Strutfmonn u. Koch. Zivilprozeßordnung 9. Aufl

XVI

Einleitung.

räponse) gewechselt werden, welche dem Gericht fremd bleiben. Ist dieser Schriftwechsel erledigt oder als erledigt anzusehen, so hat der fleißigere Teil den Gegner in eine Gerichtssitzung zu ladm, welche nicht zur mündlichen Verhandlung, vielmehr nur zur Einleitung derselben bestimmt ist. Die Einleitung der mündlichen Verhandlung erfolgt aber dadurch, daß die Anwälte ihre motivierten Konklusionen (Gesuche und deren Begründung) verlesen und dieselben bei dem Gerichte hinterlegen. Die Anwälte können im Verlause der mündlichen Verhandlung ihre motivierten Konklusionen ändern, müssen aber die Abänderungen schriftlich zum Sitzungsprotokoll überreichen. Das Verlesen der motivierten Konklusionen ist ein sehr bedeutungsvoller Akt. Mit diesem Akte wird die Sache dergestalt kontradiktorisch, daß kein BerfäumniSurteil ergehen kann, auch wenn der Anwalt in der zur mündlichen Verhandlung der Sache bestimmten Sitzung nicht erscheint. Die Sache erscheint mit diesem Akte aber auch zur Entscheidung reif (en etat), so daß die Urieils­ fällung durch eine in der Zwischenzeit in der Person der Partei oder ihres Anwalts eintretenden Änderung nicht gehindert toitb 16)."

So liegt in den conclnsions motiv6es ein sehr starkes schriftliches Element, durch das die mündliche Verhandlung (plaidoirie) unter Umständen sogar ent­ behrlich gemacht werden sann17). An die Konklusionen knüpft sich auch die mündliche Verhandlung, zu der jede Partei die andere demnächst zu laden berechtigt ist. Indessen wurden sie bei den meisten rheinischen Gerichten ohne die Begründung verlesen"). Tie Beweisaufnahme verliert im französischen Prozesse durch die sog. Forma­ lisierung der Beweise (Beschränkung des Zeugenbeweises usw.) an Bedeutung. Wo eine Beweisaufnahme erforderlich wird, bildet sie einen getrennten Abschnitt des Pro­ zesses, dessen Betrieb ebenfalls den Parteien anheimfällt. Tiefer Abschnitt wird zwar durch ein nach Art des Urteils mit Gründen versehenes Interlokut von dem voran­ gegangenen Verfahren getrennt"); es bindet aber weder das Gericht noch die Par­ teien; für letztere gilt keine Evemualmaxime. Nach erhobenem Beweise können die Parteien einander wieder zur mündlichen Verhandlung laden, auf die das Urteil ergeht^). Während man am Rhein im ganzen von der Vortresilichkeit der infolge der französischen Zwischenregierung überkommenen Einrichtungen überzeugt blieb, findet in Frankreich schon seit länger als 60 Jahren eine lebhafte Reformbewegung statt, die freilich zu einer neuen Zivilprozeßordnung noch nicht geführt hat^1). Eine scharfe Kritik des franz. Prozesses enthalten auch die Motive zur Genfer Prozeßordnung 16) So die Mot. z. ZPO. 16. 17) Der Referent der belgischen Revisionskommission bezeugt, daß man sich in einfachen Sachen auf die Vorlesung der Konklusionen und die Hinterlegung der Manualakten (dossiers) statt der gesetzlich vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung des Streites zu beschränken pflege — s. R6vue de droit intern. 1870 II p. 221. Vgl. auch Schlink a. a. O. Bd. 2, 558 in Verb. mit Bd. 1, 272 ff.; PE. §§ 241, 341, 342; weniger scharf Bayer. PO. §§ 229 ff. 18) Vgl. Mot. z. ZPO. 17. 19) Vgl. Mot. z. ZPO. 33; Schlink a. a. O. Bd. 2, 351 ff. 20) Vgl. Schlink a. a. O. Bd. 2, 368 ff., 460ff. 21) Unter den Reformschrtststellern sind namentlich zu nennen: Regnard, De l’org&jnsation judici&ire et de 1& proc. civile en France. Paris 1855. Seligmann, Quelles sont au point de vue juridique et au point de vue philosophiqne les reformes dont notre proc. civ. est susceptible? Reims 1855. Raymond Bordeaux, Philosophie de la proc. civile. Paris 1857. Vgl. ferner: De la r6forme du Code de proc. civile etc. Paris 1868. S. amch Leonhardt, Zur Reform des Zivtlproz. in Deutschland. Erster Beitrag. Hannover 1865. 85ff.

XVII

(Einleitung.

vom 29. September 1819**) und die des Belgischen Entwürfe- einer bürgerlichen Prozeßordnung**). In Deutschland fanden diese Vorgänge sorgfältige Beachtung (vgl. IV, V). IV. Mit dem Jahre 1850 beginnt, getragen von dem allgemeinen Verlangen nach Mündlichkeit und Öffentlichkeit, eine Reihe von Partikulargesetzen, welche die Gedanken des französischen Prozesses vielfach in sich aufgenommen und mehr oder weniger mit denen des gemeinen Prozeßrechts zu verschmelzen gesucht haben*4). Von besonderer Bedeutung ist die Bürgerliche Prozeßordnung des vormaligen Königreichs Hannover vom 8. November 1850*5), die wiederum in manchen Punkten auf die Genfer Prozeßordnung als Quelle zurückweist. „In der Hannoverschen Prozeßordnung ist der Versuch gemacht worden, ein Verfahren herzustellen, welches auf den Grundlagen de- gemeinen deutschen Prozesses das große fteigestaltete Prozeßprinzip der Unmittelbarkeit der Verhandlung eines Rechtsstreit» vor dem erkennenden Ge­ richte mit seinen Konsequenzen in sich aufnimmt. Fundamental------- ist, daß da» Hauptverfahren in zwei Abschnitte zerfällt, von denen der erstere die Behauptungen der Parteien, der zweite den Beweis der bestrittenen Behauptungen zum Gegenstände hat; daß diese beiden Abschnitte getrennt und gegeneinander abgeschlossen werden durch eine richterliche Verfügung, in welcher nach Prüfung deS von den Parteien vorgelegten ProzeßstoffS diesen eröffnet wird, wa» und von wem zu be­ weisen sei; daß diese richterliche Verfügung im Sinne de» deutschen Prozeßrecht» ein Urteil ist, unabänderlich für die Instanz, in welcher sie erlassen wurde—).'

DaS Verfahren leidet indessen an einer gewissen Zwiespältigkeit. Auf der einen Seite hat es die freien Formen des mündlichen Verfahrens in sich aufgenommen; auf der anderen Seite ist es vielfach in der Art des schriftlichen gebunden**). Die Schriftsätze, die in der mündlichen Verhandlung vorausgehen, haben eine lediglich vorbereitende Bedeutung. Was von deren Inhalte nicht mündlich vorge­ tragen ist, darf nicht berücksichtigt werden, und alles mündlich Verhandelte ist zu berücksichtigen, auch wenn es nicht in den Schriftsätzen enthalten ist. Anderseits ist die Eventualmaxime, die innerhalb des ersten der beiden Prozeßabschnitte nicht gilt, im Berhältniffe des einen Abschnitts zum andern streng festgehalten, und die Ver­ säumnisfolgen sind in beiden Abschnitten durchgreifend verschieden**). Der Prozcßbetrieb ist nicht in dem Umfange des französischen Prozesses den Anwälten und den Gerichtsvollziehern überlassen; vielmehr gelangt die Sache von vornherein durch Anberaumung eines Termins nach Erhebung der Klage in die Hände des Gerichts, und auch im Laufe des Prozesses wird vielfach durch Ansetzung der 22) Beliot, Loi sur 1» proced. civ. du canton de Gen6ve. II. 6dit. Paris 1837. 23) Allard, Rapport, exposant les motifs du Projet. Doc. pari. Session 1869/70. Tit. 1 des Livre prtiiminaire (in 3 Kap. u. 56 Art.), von der sachlichen und örtlichen Zu­ ständigkeit in streitigen Rechtssachen handelnd, ist als Gesetz vom 25. März 1876 publiziert. Vgl. Bormans, Code de proc. Beige. Commentaire 16gislatif etdoctr. 2. 6d. Bruxelles 1877. Supplement. Bruxelles 1878. 24) Vgl. die Aussätze v. Mittermaier im c. A. 43—50; v. Arnold, D. Umgestaltung des Zivilproz. in Deutschland. Nürnberg 1863. 25) Vgl. Leonhardt, D. bürg. Prozeßordn. und deren Nebengesetze. 4. Aust. Han­ nover 1867. 26) Mot. z. ZPO. 9. 27) Vgl. Wach I 140. 28) Vgl. Mot. z. ZPO. 16, 19 ff.

n*

XVIII

Einleitung.

Termine von Amts wegen dafür Sorge getragen, daß — im Gegensatze zu dem fran­ zösischen Defaisierungsprinzipe — die Sache möglichst beim Gericht anhängig bleibe. Der Hannoversche Prozeß, dem eine der französischen in vielen Punkten nach­ gebildete Gerichtsverfasiung entsprach, erregte in Deutschland große Aufmerksamkeit*"). Mehr gemeinrechtlichen Traditionen schließt sich die Braunschweigische Zivil­ prozeßordnung vom 19. März 1850 an. Die mündliche Verhandlung hat hier, wie in dem Prozeßgesetze für Lübeck vom 28. April 1862, nur den Charakter einer bloßen Schlußverhandlung'"). Ein der ersteren nahestehender Versuch, die Schrift­ lichkeit mit der Mündlichkeit zu verbinden, ist das Oldenburgische Prozeßgesetz vom 2. November 1857, das im Vergleiche mit dem Hannoverschen Prozesse das Ge­ biet der Schriftlichkeit erweitertS1). Entschieden auf dem Miindlichkeitsprinzipe dagegen beruht die Badische Prozeßordnung vom 28. März 1864*'2). In Bremen, wo vorübergehend, wie in Hamburg, französisches Recht gegolten, in der Gerichtsordnung von 1820 aber nur die Privatladung sich erhalten hatte, wurde durch Verordnung vom 24. Mai 1864 ebenfalls die Mündlichkeit eingeführt. Auch die Württem­ bergische Prozeßordnung vom 3. April 1868, die Österreichischen Entwürfe (1861, 1867 und 1876)") und der (unvollendete) Großh. Hessische Entwurf (1867) sowie in manchen Punkten der Kgl. Sächsische Entwurf (1864) sind Mündlichkeitsverordnungen, deren nahe Beziehungen zu der bei ihrer Bearbeitung — allerdings teilweise nur als entferntere Quelle (s. unten V) — benutzten Hannoverschen Zivilprozeßordnung nicht zu verkennen sind, während die Bayerische Zivilprozeßordnung vom 29. April 1869 im Zusammenhange mit der Rechtsentwicklung in der Rheinpfalz und der Preußische Entwurf von 1864 (s. unten V), wenigstens was die Gestaltung des Verfahrens anlangt, sich im wesentlichen dem französischen Prozeß angeschlossen haben. V. In die letzten Jahre des Teutsche» Bundes fallen die offenbar durch das Gelingen des Handelsgesetzbuchs (wie früher der Wechselordnung) angeregten Be­ mühungen des Bundes für das Zustandekommen einer gemeinsamen Zivilprozeß­ ordnung"). Auf den Antrag von zehn deutschen Regierungen vom 17. Dezember 1859 trat zufolge der Bundesbeschlüsse vom 6. Februar und 17. Juli 1862 am 15. Sep­ tember desselben Jahres zu Hannover eine Kommission") behufs Ausarbeitung eines 29) Vgl. c. A. 33, 119 ff.; 37, 442 ff.; 43, 314 ff.; 44, 100 ff., 341 ff.; 45, 27 ff.; 46, 48ff.; Planck in KritB. 4, 242ff. 30) «gl. Wach I 137ff. 31) Vgl. die Vordem, in der Ausgabe mit Erläut. von Becker. Oldenburg 1859; «ach I 141. 32) Vgl. über die dortige Entwicklung v. Freydorf, Erläut. der Prozeßordn. Heidel­ berg 1867. 62 ff. u. Wach I 141 ff. 33) Den letzteren vergleichen mit der ZPO.: v. Bar in Grünhut, Zeilschr. 4, 593 ff., v. Canstein, D. rationellen Grundlagen des Zivilproz. usw. Wien 1877, des. 289 ff. 34) Nähere- f. bei Hellweg im c. A. 61, 75ff. u. Wach I 141 ff. 35) In ihr waren vertreten: Österreich (Sektionschef Dr. Frhr. v. Rizy — Vorsitzender), Bayern (O.St.A. v. Bomhard — Korreferent: in 2. Lef. O.A.G.R. v. PixiS), Sachsen (O-A.G.R. Dr. Tauchnitz — Korreferent), Hannover (O.J.R. Dr. Leonhardt — Referent, später O.G.R. Dr. Peterssen), Württemberg (O.Tr.R. Frhr. v. SternenfelS, später O-J.R. Frhr. v. Holzschuher), Baden (K.G.Dir. Dr. v. Stößer), Kurhessen (O.A.R. Dr. Büsf), Großh. Hessen (Geh. R. Dr. Seitz), Mecklenburg-Schwerin (J.K.Dir. v. Scheve, später St.R. v. AmSberg), Holstein u. Lauenburg (AG.Präs. Dr. Preußer, später O.A.R. Dr. Brink-

Einleitung.

XL

Entwurfes zusammen. Sie erledigte ihre Aufgabe kurz vor dem Zusammenbruche des Bundes. Die erste Lesung wurde am 25. Juli 1864 vollendet; die zweite (u. letzte) dauerte vom 17. Februar 1865 bis zum 24. März 1866. Die Hannoversche Prozeß­ ordnung hatte der Beratung als Leitfaden gedient. Ein Kardinalpunkt derselben, das bindende Beweisinterlokut (s. oben IV), wurde indessen aufgegeben und dafür daS System der sog. Beweisverbindung ({. unten S. 291 s.) angenommen. Im übrigen wurden schließlich die Einleüungsformen der Hann. PO. gebilligt; auch die Eventualmaiime in gewisser Ausdehnung und die richterliche Prozeßleitung bei anhängigen Sachen, überhaupt die wichtigsten Grundsätze der Hann. PO. find, allerdings mehr oder weniger verändert, beibehalten. Der Entwurf, der 689 Paragraphen enthält, verweist bei zahlreichen Punkten auf die Landesgesetzgebung und deutet damit auf die Unvollkommenheit einer nur internationalen Einigung hin'*). Auf diesem, dem sog. Hannoverschen Entwürfe, der mittels Berichts vom 30. April 1866 der Bundesversammlung vorgelegt und von dieser durch Beschluß vom 19. Mai 1866 dem Ausschüsse für Errichtung eines Bundesgerichts überwiesen wurde, beruhen in den wesentlichsten Punkten die Badische und die Württem­ bergische Zivilprozeßordnung und der Hessische Entwurf (s. oben IV). In Preußen dagegen, das sich bei der Kommission in Hannover nicht be­ teiligte, war man inzwischen selbständig vorgegangen. Schon durch den Allerh. Erlaß vom 25. Februar 1861 (JMBl. 42) hatte der König die Revision des gesamten Zivilprozeßrechts behufs Ausarbeitung einer gemeinsamen, wo möglich für ganz Deutschland geeigneten ZPO. angeordnet. Das Ergebnis der Arbeiten einer zu diesem Zwecke berufenen Kommission") ist der im Jahre 1864 nebst Motiven veröffentlichte „Entwurf einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für den Preußischen Staat". Das System schließt sich, wie bereits bemerkt (IV), dem französischen Prozeß an, obwohl in allen Materien auch das deutsche und das preußische Recht sowie die deutsche und die preußische Rechtswissenschaft sorgfältig benutzt und im einzelnen zur Geltung gebracht worden sind. Die Grundgedanken des franz. ProzeffeS aber, die sich im Code de proc. (besonders bezüglich des materiellen Prozeßrechts) nur in Umriffen angedeutet finden, sind hier mit großer Feinheit und Folgerichtigkeit entwickelt und durchgeführt. mann), Staffau (Reg.Präs. Winter), S.Meiningen (O.St.A. Dr. Albrecht, später A.G.Präs. Liebmann). Frankfurt (A.G.Präs. Dr. Nestle). Als „Sekretäre" fungierten die O.G.Ass. Peterssen (s. oben) und Struckmann (der Miwerf. diese- Komm.). 36) En iw. erster Lesung mit Genehmigung der Kommission herau-geg. von den Sekretären derselben G. R. Peterssen u. I. Struckmann. Hannover 1864; Entw. zweiter Lesung, mit Genehmigung der Deutschen BundeSversamml. herau-geg. von dem Sekr. der Komm. I. Struck­ mann. Hannover 1866. Die Protokolle sind seit 1862 zu Hannover in einer amtlichen, jedoch nicht in den Buchhandel gelangten Ausgabe in 17 Bänden erschienen. Auszüge auihnm enthält: Winter, Erläuterungen zu d. Entw. einer allg. ZPO. f. d. deutschen Bundes­ staaten. Wiesbaden 1867. Kritiken des Entw. sind erschienen von Osterloh (Leipzig 1865), Rissen (Leipzig 1864), Meyersburg (Celle 1866), v. Bar (1867, 1868), HinschiuS (1867) u. o. Sgl. auch Leonhardt, Zur Reform de- Zivilproz. in Deutschland. Zweiter Beitrag. Hannover 1865 u. Wach a. a. O. 37) Den Vorsitz führte der 2. Präs, des Obertr., W. G. R. Dr. Bornemann; Mitglieder waren: der später« Präs. d. B.O.H.G. W. G. R. Dr. Pape, O.St.A. Dr. Oppenhoff und der spätere O.L.G.Präs. Dr. Kühne. Als Schriftführer fungierten die G.Ass. Dr. Bornemann u. Makower.

XX

Einleitung.

Ebendeshalb begegnete der Entwurf einer lebhaften Opposition, aber auch in vielen Punkten der Zustimmung"). Tie politischen Ereignisse des Jahres 1866 drängten indessen zu einer anderen Lösung.

VI. Das mit den politischen Einheitsbestrebungen in Deutschland von jeher ver­ bundene Streben nach Einheit des Rechtes gelangte sogleich bei der Gründung des Norddeutschen Bundes in Art. 4 Nr. 13 der Bundesverfassung zum Ausdrucke, wonach „die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels­ und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren" der Beaufsichtigung seitens des Bundes und seiner Gesetzgebung unterworfen wurden. Eine der ersten Aufgaben der Bundesgesetzgebung war die Reform des Zivilprozeffes. Auf den Antrag Preußens vom 4. September 1867 wurde durch Beschluß des Bundesrats vom 2. Oktober und vom 10. Dezember 1867 zu diesem Zwecke eine Kommission berufen, deren Beratungen am 3. Januar 1868 in Berlin von dem Bundeskanzler eröffnet wurden und mit dem Ausbruche des Französischen Krieges in der 390. Sitzung vom 20. Juli 1870 ihr Ende erreichten'"). Aus ihr ist der „Entwurf einer Zivilprozeßordnung für den Norddeutschen Bund" hervorgegangen, welcher zuerst bruchstückweise, dann auch im ganzen veröffentlicht ist40). Als äußerer Leitfaden war der Hannoversche Entwurf „unter fortwährender und vollständiger Berücksichtigung der im Preuß. Entwurf enthaltenen Bestimmungen" zugrunde gelegt worden. Auch innerlich hat der Entwurf, wenn man ihn mit den oben erwähnten Gesetzen und Entwürfen vergleicht, am meisten Verwandtschaft mit dem H. E. (V), wenngleich er sich in wichtigen Punkten, z. B. hinsichtlich der in be­ schränkterem Umfange beibehaltenen Eventualmaxime, der Bedeutung des Tatbe­ standes im Urteil und des Sitzungsprotokolls, der Auffassung des Rechts­ mittels dritter Instanz (Nichtigkeitsbeschwerde) usw., von ihm wesentlich unter­ scheidet. Zudem ist der Umfang des Nordd. Entw. fast doppelt so groß als der des H. E. (1178 Paragraphen gegen 689), teils weil die Regelung mehr ins einzelne geht, teils weil die Vorbehalte für die Landesgesetzgebung auf das tunlich kleinste Maß eingeschränkt find. An den Nordd. Entw. hat sich eine überaus reichhaltige Literatur angeknüpft, in der er von den verschiedensten Standpunkten aus im ganzen oder im einzelnen 38) Vgl. Leonhardt, Reform. Zweiter Beitrag; v. Kräwel, Bedenken über da- sranz. Besen usw. Leipzig 1865; Silberschlag in Preuß. AnwZtg. 1865 Nr. 2, 6, 14, 43; v. BilmowSki das. Nr. 3 usw.; Eccius das. Nr. 22; R. Koch (hauptsächlich gegen v. Kräwel) tu D. GerZtg. 1866 Nr. 12, 43 u. in Schletter, Jahrb. Bd. 12, 134 ff., auch in Gruchot 9 (1865), 191 ff. usw. S. auch Hellweg a. a. O. 100ff., Bach I 148, 149. 39) Vorsitzender: der K. Preuß. Staatsminister Dr. Leonhardt und in dessen Be­ hinderung der K. Preuß. O.Tr.B.Präs. W. G. R. Dr. Grimm. Mitglieder: O.Tr.R. Dr. Löwenberg; G. O.J.R. Dr. Pape, Referent; O.A.G.R. Dr. Tauchnitz; G. R. Dr. Settz sän deffen Stelle später: O.G.R. Aull); Min.R. v. Amsberg, O.A.G.R. Prof. Dr. Ende­ mann; O.G.Präs. Dr. TriepS (Braunschweig); O.A.G.R. Dr. Drechsler (Lübeck). Protokoll­ führer: St.G.R. Koch (der Mitverf. dieses Komm.) und O.G.R. Droop. — Die Protokolle der Kommission (in 5 Bänden mit fortlaufenden Seitenzahlen) sind als Manuskript gedruckt (Berlin 1868—1870) und nicht im Buchhandel erschienen. 40) Berlin 1870. Verlag von R. v. Decker.

Einleitung.

XXI

bekämpft, anderseits aber auch verteidigt und mehr oder weniger bedingt zur Annahme als Gesetz empfohlen worden ist41). VII. Nach Beendigung des Krieges wurde die Zivilprozeß-Reform, bei der gehört zu werden jetzt auch die süddeutschen Staaten Anspruch hatten, unverzüglich von neuem aufgenommen. Auf Grund des Art. 4 Nr. 13 der Berfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871, der die entsprechende Vorschrift der Verfassung des Norddeutschen Bundes (f. VI) wörtlich wiederholte4*), wurde dem Bundesrate bald Gelegenheit gegeben, sich mit dem Zivilprozeßrechte zu beschäftigen. Im preußischen Justizministerium nämlich war der Norddeutsche Entwurf einer Umarbeitung unterzogen worden. Ter hieraus entstandene, im Jahre 1871 nebst Begründung veröffentlichte Entwurf („Entw. I“) weicht in wichtigen Punkten von dem Nordd. Entw. ab; so namentlich hinsichtlich der Zulassung eines Verfahrens zur Berichtigung des Tat­ bestandes4*), der engeren Begrenzung des Eventualprinzips44) und in Verbindung hiermit einer Abschwächung der Wirkungen des Beweisbeschlusses4*), endlich der Beseitigung der Berufung und Zulassung einer „Revision" und „Oberrevision"44). Soweit aber diese Grundsätze nicht in Frage kommen, sind die Bestimmungen des Nordd. Entw., wenngleich vielfach (zum Teil mit Rücksicht auf die in Aussicht genommene Gerichtsverfassung) in abgekürzter Gestalt, im wesentlichen beibehalten worden. Durch Beschluß des Bundesrats vom 8. Mai 1871 wurde nun abermals „zur definitiven Feststellung des Entwurfes einer Prozeßordnung in bürgerlichen RechtSstreitigkeiten für das Deutsche Reich" eine Kommission von zehn Juristen berufen, die ihren Beratungen jenen vom preuß. Justizminister aufgestellten Entw. in Ver­ bindung mit dem Nordd. Entw. und den sonstigen einschlägigen legislativen Vorarbeiten zugrunde legen sollte4*). Sie beriet vom 7. September 1871 bis zum 7. März 1872. Das Ergebnis war: Tie dem Justizministerialentwurfe zugrunde liegenden Grundsätze wurden von der Kommission im wesentlichen angenommen; dagegen erfuhren die einzelnen Bestimmungen dieses Entwurfes ihrer Mehrzahl nach sowohl in sachlicher 41) Vgl. z. B. die betreffenden Schriften von Osterloh (Leipzig 1870), Plathner (Berlin 1870), Scheller (Berlin 1870), Bad (Berlin 1870). v. Mittelstädt (Berlin 1870), Phtltppi (Elberfeld 1869), Hagen (Bonn 1869), Merenberg (Berlin 1869), Fuchs (BreSlau 1869) usw., die Gutachten in den Verh. d. 9. Juristentags Bd. II 3—359, die Abh. von v. MilmowSki in Behrend, Zeitfchr. f. D. Gesetzgeb. Bd. 3, 163ff., Levy das. Bd. 3, 501 ff., Korn das. Bd. 4, 175ff., v. Bar das. Bd. 5, 369ff., v. Kräwel das. Bd. 6, Iss., 161 ff., Sabarth das. Bd. 6, 35ff.. R. Koch das. Bd. 3, 480ff., 708ff., Bd. 4. 16ff., 150ff., v. Kräwel in Gruchot 14. 1 ff., 161 ff., 641 ff., Silberschlag das. 14 ff.. Medem das. 18ff., 189ff., 482 ff. usw. S. auch Wach I 149, 150. 42) RGBl. 63. Auch das Ges. vom 20. Dez. 1873 (RGBl. 379) hat bezüglich des gerichtlichen Verfahrens nichts darin geändert. 43) Vgl. Begründung 222 ff. 44) Das. 225 ff. 45) Das. 231 ff. 46) Das. 238ff., 245 ff. Über die Grundsätze de« Entw. f. auch Wach I 151, 152. 47) Vorsitzender: K. Preuß. Staat-minister Dr. Leonhardt, in dessen Vertretung Dr. Schmitt, K Bayer. App.G.R. Mitglieder: G. O.J.R. Dr. Falk, Referent; O.Tr.R. v. Diepenbroick-Grüter (Berlin); App.G.R. Dr. Planck; R.A. Dr. Dorn; J.R. v. Wilmowski; G. J.R. Abeken, an dessen Stelle später K. Sächs. L.G.Präs. Klemm; K. WürttO Tr.R. v. Kohlhaas; Großh. Bad. Min.R. Dr. Gebhard; v. Amsberg (Referent nach Aus­ scheiden des Dr. Falk). Schriftführer: St.G.R. Hägens (1) u. Kr.GR. Polenz.

XXII

Einleitung.

als auch in redaktioneller Beziehung Abänderungen"). Ter von der Kommission aufgestellte (Enttourf49) („Entw. II“) gelangte sodann wieder in den Bundesrat und ist hier mehrfach geändert. Tie wichtigsten Änderungen bestehen in der Aufnahme der Zustellung durch die Post (vgl. ZPO. §§ 193ff.) und in der Wiedereinführung der Berufung an Stelle der Revision als Rechtsmittel gegen die in erster Instanz erlassenen Urteile der Landgerichte (und der Handelsgerichte). „Infolge davon ist für die erste Instanz eine Präkluston de- Beklagten mit nachträglichem Vorbringen und für die Berufungsinstanz eine Verweisung nachträglichen Vorbringens zum be­ sonderen Verfahren eingeführt sowie die Zulässigkeit der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Endurteile erweitert

In dieser ihm durch die Beschlüsse des Bundesrats gegebenen Gestalt endlich wurde der Entwurf („Entw. III") von einer „Begründung" begleitet51), mit den Entwürfen eines Grrichtsverfassungsgesetzes (). unten IX) und einer Strafprozeßordnung sowie der Einführungsgesetze zu diesen Gesetzen dem Reichstag in der Herbstsession von 1874 vorgelegt. Tie allgemeine Beratung (erste Lesung) der Gesetzentwürfe fand in den Sitzungen vom 24. bis 27. November 1874 statt62). Nachdem sie an eine Kommission von 28 Mitgliedern verwiesen worden, erklärte sich der Reichstag auf Antrag des Abg. Dr. Lasker in der Sitzung vom 27. November 1874 bereit, einem Gesetze zuzustimmen, das die Kommission ermächtigte, zwischen dieser und der nächsten Session des Reichstags ihre Beratungen behufs Vorbereitung der 2. Lesung fort­ zusetzen5^). Diese Ermächtigung ist sodann durch das Gesetz, betreffend die geschäftliche Behandlung des GVG. usw., vom 23. Dezember 1874 (RGBl. 195) erteilt worden. Da die Beratungen indessen bei dem Wiederzusammentritte des Reichstags am 29. Ok­ tober 1875 noch nicht beendigt waren, so wurden die Mitglieder der Kommission (der sog. Reichs-Justizkommission ^ RTK.)54) zunächst durch Akklamation zu Mitgliedern einer nach § 24 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu bildenden Kommission gewählt und sodann die Befugnisse der Kommission durch Gesetz vom 1. Februar 1876 (RGBl. 15) nochmals verlängert55). 48) Vgl. „Begründung" Vorwort III ff.; Mot. z. ZPO. 4; Wach I 152, wo in N. 4 die durch diesen Entw. hervorgerufene Literatur angegeben ist. Eine erhebliche Änderung bestand z. B. in der Erweiterung der Revision auf die Auslegung von Urkunden (§ 479). Gegen diese s. R. Koch in Behrend, Zeitschr. s. D. Gesetzgeb. Bd. 6, 73 ff. 49) Als Entw. einer Deutschen ZPO. nebst dem Entw. eines EinfGes. mit „Begründung“ veröffentlicht im Verlage der K. Geh. Oberhofbuchdruckerei (R. v. Decker). Berlin 1872. 50) So die Mot. z. ZPO. 4. Vgl. auch Wach I 153. 51) Drucksachen deS Reichstags Nr. 6. Hiernach wird in diesem Kommentar angeführt. Sämtliche Entw. u. Mot. sind auch im Buchhandel erschienen. — Berlin 1874 (bei Fr. Kortkampf). 52) StenB. deS Reichstags 2. LegislPer. II. Sess. 1874/75, 275—363. 53) StenB. a. a. O. 363 und Nr. 64 der Drucksachen. 54) StenB. des Reichstags 2. LegislPer. III. Sess. 1875/76, 13—16. 55) Die Komm, bestand aus folgenden Mitgliedern: Vorsitzender: Dr. Miguel, O.B.M. (Osnabrück), Stellvertreter desselben: Dr. v. Schwarze, Gen.St.A. (Dresden): Schriftführer: Eysoldt, Adv. (Pirna), Dr. Mayer, App.G.R (Augsburg), Dr. Struck­ mann, O.Tr.R. (Berlin), der Mitverf. dieses Komm., Thilo, Kr.G.Dir. (Delitzsch). Fernere Mitglieder: Dr. Bähr, O.Tr.R. (Berlin), Becker, O.App.G.R. (Oldenburg), Bernards, L.G.R. (Düsseldorf), v. Forcade de Biaix, O.Tr.R. (Berlin), Gaupp, Kr.G.R. (Ellwangen), Prof. Dr. v. Gneist (Berlin), Dr. Grimm, R.A. (Karlsruhe), Hauck, Bez.A. (Markt-Schein­ feld), Herz, Bez.G.R. (Nürnberg), v. Jagow, W. G. R., O.Präs. (Potsdam), Klotz, Kr.G.R. (Berlin), Krätzer, App.G.R. (Paffau), Dr. Lasker, R.A. (Berlin), Dr. Lieber (Camberg),

Einleitung.

xxra

Die Gesetzentwürfe wurden von der Kommission in zwei Lesungen durchberaten. Über den Gang der Beratungen bemerkt der Bericht der RTK. @93®.: „Zuerst gelangten die ZPO. und die StPO, sowie die auf die Handelsgerichte und da» Verfahren vor denselben bezüglichen Teile de- GBG. in erster Lesung zur Beratung. Die Komm, lehnte zwar die Handelsgerichte ab, trat jedoch auf den bezeugten Wunsch deS Bundesratfür den Fall entgegengesetzter Beschlußfassung des Reichstag» eventuell in die Detailberatung de» auf daS Verfahren vor den Handelsgerichten bezüglichen Teiles der ZPO. rin86). Demnächst wurden die ZPO. in zweiter Lesung und hiernach daS GBG. und sämt­ liche Einführungsgesetze in erster Lesung durchberaten. Nach Vollendung der Beratung der ZPO. in zweiter Lesung wurde dieselbe noch einmal auf Grund der abgegebenen Erklärungen deS Bundesrats sowie zur Beschlußfassung über die von einigen bayerischen Mitgliedern der Komm., welche bei der zweiten Lesung abwesend gewesen waren, gestellten Anträge wieder eröffnet, und gelangte erst dann die Beratung der ZPO. zum Abschluß8^). Die zweite Lesung deS GBG. und der StPO, sowie der EinfGesetze erfolgte gleich­ falls, nachdem die Ergebniffe der ersten Lesung der Beschlußfassung de» BundeSratS unter­ legen hatten.-------------Die Kommission hat 160 Sitzungen gehalten. Die Beratung deS GBG. und des EG. zu demselben hat einschließlich der eventuellen Beratung deS handel-gerichtlichen Verfahrens in erster Lesung 36 Sitzungen, in zweiter Lesung 18 Sitzungen-------- erfordert. Die Kommission ist versammelt gewesen am 26., 26., 30. und 31. Jan. 1875, vom 26. April bis zum 10. Juli 1875, vom 1. Sept. 1875 bis zum 19. Febr. 1876 und vom 2. Mai bis zum 3. Juli 187658). Die Redaktionskommission8*) hat, soviel festgestellt worden, 85 Sitzungen gehabt.

Dr. v. Marquardsen, Prof. (Erlangen), v. Puttkamer, App.G.R. (Colmar), Psafferott, O.A.R. (Liebenburg), Reichensperger, O.Tr.R. (Berlin), v. Schöning, L R. (Pyritz), Dr. Bölk, R.A. (Augsburg), Dr. Wolffson, Adv. (Hamburg), Dr. Zinn, Dir. d. Landirrenanstalt, G.S.R. (EberSwalde). — An Stelle de» ausgeschiedenen Abg. Grimm fungierte kurze Zeit der Abg. Dr. Blum (Heidelberg). — Als Protokollführer waren beigeordnet: die G.Aff. Sydow (an dessen Stelle eine Zeitlang Kr.R. Ege), Aff. Dr. L. Seuffert (an dessen Stelle später Aff. Mettenleiter), Dr. Schreber 56) Bgl. unten 1064. 57) Dieses Stadium ist später als „Revision der 2. Lesung" bezeichnet. 58) Als Vertreter des Deutschen Reichs und der Einzelstaaten nahmen an den Beratungen teil: I. der ZPO.: der Direktor im Reichskanzleramt, v. AmSberg, G. O.R.R. Hanauer, G. R.R. Dr. Hägens (II), der K. Preuß. G. O.J.R. Dr. Kurlbaum II, K. Preuß. Oberstleut v. Blume, K. Bayer. App.G.R. Dr. Hauser, K. Württ. Min.R. Heß, K. Württ. O.Tr.R. v. KohlhaaS, K. Sächs. G. J.R. Held; II. de» GBG.: die zu I genannten Mitglieder deS Reichskanzleramts; die K. Preuß. G. O.JRäte Dr. Kurlbaum II, Oehlschläger und Schmidt, K. Preuß. G. O.R.R. Dr. Forch, K. Bayer. Min.R. Loe, die bereits genannten Dr. Hauser, Heß u. Held, der G. O.PostR. Dr. Fischer. Außerdem beteiligten sich der K. Preuß. Justizmin. Dr. Leonhardt und der K. Bayer. Justizmin. Dr. v. Fäustle an verschiedenen Sitzungen zu I und II. 59) Die Redaktionskomm, bestand aus den Abg. Dr. Bühr, Becker, Dr. v. Schwarze, zu welchen in 2. Lesung noch die Abg. v. Forcade u. Klotz hinzutraten. An ihren Arbeiten nahmen regelmäßig die in der vorigen Anm. genannten Mitglieder des Reich-kanzleramt- sowie die Vertreter verschiedener Bundesregierungen teil. — Hinsichtlich einzelner Fragen waren noch besondere Subkommissionen tätig (vgl. z. B. unten 1064).

XXIV

Einleitung.

Nach Beendigung der zweiten Lesungen der Entwürfe beschloß die Komm., dem Reichstag über dieselben schriftliche Berichte erstatten zu lassen. Rach dem Beschluß der Komm, sollen diese Berichte jedoch keine erschöpfende und eingehende Begründung aller einzelnen Beschlüsse der Komm, enthalten, da diese in den gedruckten Protokollen niedergelegt ist60). Die Berichte sollen vielmehr nur eine erläuternde übersichtliche Darstellung der wichtigsten zur Erläuterung gelangten Fragen und der wesentlichsten Differenzpunkte zwischen der Komm, und dem BundeSrat geben und dadurch daS Verständnis der Ergebnisse der Beratungen dem Reichstage und dem deutschen Volke selbst erleichtern")."

Soweit der KommBericht zum GVG.

Die Berichte^) mit einer Zusammenstellung der Kommissionsbeschlüsse^) wurden dem Reichstage bei Eröffnung der 4. Session Ende Oktober 1876 vorgelegt. Die ersteren waren zuvor in der Zeit vom 17. bis 28. Oktober (161.—165. Sitzung) endgültig festgestellt worden, wobei man gleichzeitig eine Anzahl redaktioneller Abünderungsanträge erledigt hatte64). Das Ergebnis dieser Beschlüsse, soweit sie neue Abänderungen enthielten, wurde in besonderen Nachträgen der erwähnten Zusammen­ stellung beigefügt. Wie der KommBer. z. ZPO. bezeugt, „hat eine große Mehrheit der Kommission allen wesentlichen, in sich zusammenhängenden und die Symmetrie des Ganzen be­ dingenden Bestimmungen zugestimmt, nicht bloß den Grundlagen, auf denen der Neubau des deutschen Zivilprozeffes errichtet ist, sondern auch die Konstruktion des ganzen Gebäudes, seiner Einrichtung im Innern, den verschiedenen Arten des Verfahrens in erster Instanz, dem Verfahren in der Rechtsmittelinstanz usw. bis zu dem den Prozeß abschließenden Bollstreckungsverfahren“. Nichtsdestoweniger waren von den 813 Paragraphen des Entwurfes 204, zum großen Teile allerdings nur in der Fassung, geändert, 27 gestrichen oder durch neue Paragraphen ersetzt und 44 Paragraphen hinzugefügt. Indessen betreffen alle diese Änderungen, wie der Bericht (17) bemerkt, doch nur Einzelheiten und ver­ schwinden fast beim Blicke auf das Ganze. Am wichtigsten ist die Einführung einer Revisionssumme (§ 546), die Umgestaltung des Entmündigungsverfahrens (§§ 645 ff.) und die Beseitigung der Handelsgerichte (f. unten). Bon viel erheblicherer Bedeutung waren die Änderungsvorschläge, welche die RTK. zu 77 der 166 Paragraphen des Entwurfes des GVG. formuliert hatte. Auch sollten zwei vollständige Titel über das Richteramt und über die Rechts­ anwaltschaft (vgl. unten 1010 f.) neu aufgenommen werden. Überdies wurden zu den Einführnngsgesctzen Änderungen und Ergänzungen beantragt. Die schon in der Sitzung des Reichstags vom 3. November 1876 seitens des preuß. Justizministers angekündigte^) Gesamtübersicht der Bedenken des Bund es 60) Vgl. unten XI. 61) Als Berichterstatter wurden gewählt: 1. für daS GVG. und das EG. zu diesem der Abg. Miquel, als Korres. und Stellvertreter der Abg. Hauck; 3. für die ZPO. und das EG. zu ihr der Abg. Becker und als Korref. und Stellvertreter der Abg. v. Forcade de Biaix. 62) Drucksachen des Reichstags. 2. LegiSlPer. 4. Seff. 1876 Nr. 8, 9. Der »er. über die ZPO. (18 S.) hebt nach einigen allgemeinen Bemerkungen nur kurz einige Hanptgrundsätze und Vorschriften hervor, über welche vorzugsweise Meinungsverschiedenheit in der RTK. bestanden hatte, während der Ber. z. GVG. (82 S.) Titel für Titel einer Besprechung unterwirft. 63) Drucksachen Nr. 5, 6. 64) 6 zur ZPO., 11 zum GVG. Vgl. Anl. A—C z. Prot, der 162. Sitzg. 65) StenB. des RT. 2. LegiSlPer. 4. Seff. 1876, 16.

(Einleitung.

XXV

rats gegen die Anträge der RTK. wurde dem Reichstage durch Schreiben von dem­ selben Tage mitgeteilt60). Nach längerer Erörterung beschloß der Reichstag am 7. dess. Mts. auf Antrag deS Abg. Dr. Wehrenpfennig, sie der Justiz-Kommisfion, in welche die Abteilungen die Mitglieder der RTK., nachdem deren Mandat erloschen war, aufs neue gewählt hatten6'), mit der Maßgabe zur Vorbereitung zu überweisen, daß die Kommission im Fortgang ihrer Beratung einzelne ihr überwiesene Fragen auch ohne vorgängige Entscheidung zur Plenarberatung des Reichstags zu verstellen berechtigt fei68). Tie Kommission erledigte ihre Aufgabe vom 8. bis 14. November 18766e) und beschloß eine Anzahl Änderungen der Entwürfe. So wurden infolge der Bedenken deS Bundesrats zu der ZPO. bei 7 Paragraphen, zum EG. z. ZPO. bei 1 Para­ graphen sachliche, und außerdem noch 11 Fassungs-Änderungen, zum GBG. 20 sach­ liche, zum EG. z. GBG. eine sachliche und außerdem 4 Fassungs-Änderungen vor­ geschlagen'6). Tie zweite Beratung über die Justizgesetze wurde hiernächst am 17. dess. Mts. im Reichstage mit der Frage wegen Einsetzung von Handelsgerichten eröffnet (vgl. unten 1064)"). In der folgenden Sitzung (v. 18. dess. Mts.) beschloß der Reichstag nach Aus­ setzung der Beratung über den einzigen Abänderungsvorschlag'6) die Enblocannahme der ZPO. nach den Kommissionsvorschlägen, und zwar, wie der Präsident feststellte» .mit großer überwiegender Majorität, fast Einstimmigkeit" '•). Dagegen nahmen die Beratungen Aber das GBG. noch 6 Sitzungen (11.—16.) in Anspruch. Haupt­ gegenstände waren: die Voraussetzungen des Richteramtes (s. unten 1010 ff.), die Gemeindegerichte (1029), die Zulässigkeit des Rechtswegs (1023 ff.), die Zuständigkeit der Amtsgerichte (1037 ff.), die Zuständigkeit von Hilfsrichtern (1054 ff.), die Gerichts­ sprache (§ 186) usw. Das Ergebnis war indeffen überall die Aufrechterhaltung der Beschlüffe der Kommission'6), bei welchen es auch hinsichtlich der Einführungs­ gesetze sz. B. in bezug auf den Geltungstermin (§ 1 EG. z. GBG.), die Verantwort­ lichkeit der Beamten (§ 11 EG. z. GBG.) usw.s sein Bewenden behielt'6). Noch vor Beginn der dritten Lesung ging nun dem Reichstag ein Schreiben deS Reichskanzlers vom 12. Dezember 1876 zu, wonack der Bundesrat zwar die zur ZPO. und deren EG., nicht aber auch die zum GBG. und deffen EG. (sowie zur StPO.) gefaßten Beschlüffe annahm, sondern dort 5 und beim EG. 3 Punkte als schlechthin unannehmbar bezeichnete'6). Schon war überall die Besorgnis verbreitet, daß die Justizgesetze in entscheidender Stunde scheitern würden. Nach manchen Verhandlungen kam indeffen zwischen dem BundeSrat und der Majorität des RT. eine Verständigung (.Kompromiß") zustande, wonach jener verschiedene Bedenken ganz oder zum Teil aufgab, der RT. dagegen eine Reihe von Beschlüssen zweiter Lesung zurücknehmen oder modifizieren sollte. Die einzelnen Punkte wurden als Abänderungsantrag der Abgg. Miquel u. Gen. in den RT. gebracht"). 66) 69) 70) 72) 73) 75) 77)

Drucksachen Nr. 22. 67) StenB. 30. 68) StenB. 53—62. Prot, der 168.—174. Sitzung — ein jedes mit besonderen Seitenzahlen. Drucksachen Nr. 35, 36. 71) StenB. 135-166. ES war der später zurückgezogene Antrag auf Streichung des § 157 (143) Abs. 1 ZPO StenB. 167—175. 74) StenB. 175—353. Das. 357—392. 76) Drucksachen Nr. 115. Drucksachen Nr. 138. Über die Beschichte und die innere Berechtigung deS sog. Kam»

vromiffeS vgl. Bölk in Hirth, Ann. d. D. Reichs. 1877,450ff. Bgl. auch die Ansprache das. 444ff.

XXVI

Einleitung.

Die am 18. Dezember 1876 begonnene dritte Beratung betraf zunächst das GBG. Namentlich führte die Frage wegen Gewährung von Gratifikationen und Remunerationen an Richter sowie die Frage wegen der Vertretung der Richter nochmals zu lebhafter Erörterung. Auch auf die Einschaltung des Titels über die Rechtsanwaltschaft und auf die Frage der Gerichtssprache kam man zurück. Abgesehen von einer Ab­ änderung der §§ 69 und 187 des GBG. (1054 f.), wurden indessen überall die Kommissionsvorschläge mit den Kompromißanträgen angenommen78). In dem betreffenden EG. wurde den Kompromißanträgen gemäß der Geltungs­ termin von dem Erlasse der Gebührenordnung (vgl. EG. z. ZPO. § 2) abhängig gemacht und eine Änderung des § 11 beschlossen7"). Die ZPO. wurde abermals im ganzen ohne Beratung angenommen, und ebenso gelangte das EG. z. ZPO. mit einer dem § 1 des EG. z. GBG. entsprechenden Abänderung zur Annahme8^. Bei der Gesamtabstimmung am 21. Dezember 1876 erfolgte die Annahme des GBG. und des EG. hierzu nach Maßgabe der in dritter Beratung gefaßten Beschlüffe mit 194 Stimmen gegen 100 (mit Namensaufruf), die der StPO, mit Stimmen­ mehrheit. Die ZPO. und das EG. z. ZPO. sowie die gleichfalls in einer Kommission von Sachverständigen vorbereitete, dem Reichstage zuerst im Januar, dann unverändert im November 1875 vorgelegte und in einer besonderen Kommission durchberatene Konkursordnung8') wurden „mit ganz überwiegender Majorität, fast Einstimmigkeit" angenommen82). Nachdem auch der Bundesrat alsbald durch Beschluß vom 22. Dezember 1876 seine Zustimmung erteilt hatte, find das GBG. und das EG. z. GBG. unterm 27. Januar 1877 in Nr. 4 des RGBl. (41 ff.), die ZPO. und das EG. z. ZPO. unterm 30. Januar 1877 in (der am 19. Februar 1877 ausgegebenen) Nr. 6 des RGBl. (83 ff.) verkündet. Wir schließen diesen Abschnitt mit den denkwürdigen Worten, womit die Schlußthronrede des Kaisers die Bedeutung der Justizgesetze bezeichnete. „Durch die stattgehabte Verabschiedung der Justizgesetze ist die Sicherheit gegeben, daß in naher Zukunft die Rechtspflege in ganz Deutschland nach gleichen Normen gehandhabt, daß vor allen deutschen Gerichten nach den­ selben Vorschriften verfahren werden wird. Wir sind dadurch dem Ziel der nationalen Rechtseinheit wesentlich näher gerückt. Die gemeinsame Rechtsentwicklung aber wird in der Nation das Bewußt­ sein der Zusammengehörigkeit stärken und der politischen Einheit Deutschlands einen inneren Halt geben, wie ihn keine frühere Periode unserer Geschichte aufweist8S)." VIII. Zwanzig Jahre ist die ZPO. fast unverändert geblieben. Nur wurden durch Gesetz vom 30. April 1886 (RGBl. 130) dem bisherigen § 809 (jetzt § 929) der 78) StenB. 849—920. 79) StenB. 921—936. 80) StenB. 999, 1000. Vgl. auch Wach I 153—155. 81) Die äußere Entstehungsgeschichte der KO. s. in v. Sarwey, D. KO. für daS D. Reich. 2. Aufl. Berlin 1882. XXXIII ff. 82) StenB. 1003, 1004. 83) StenB. 1008. Über die äußere Geschichte der Justizgesetze vgl. auch Endemann in Hirths Annalen 1869 Sp. 5ff., 1870 Sp. 15ff., 1872 Sp. 118ff., 143ff., 154ff., 1873 Sp. 331 ff., 1874 Sp. 413 ff., 1875 Sp. 1202 ff., 1877 Sp. 646 ff., Sydow in Schmoller, Jahrb. f. Gesetz­ gebung usw. 6 (1882), 12 ff.

Einleitung.

XXVII

Abs. 3 hinzugefügt und durch Gesetz vom 29. März 1897 (RGBl. 159) Art. 2 dem Absätze 4 des bisherigen § 749 (jetzt § 850) eine veränderte Fassung gegeben (vgl. § 850 An«. 12). Eine umfangreiche Änderung und Ergänzung der ZPO. wurde durch die Ein­ führung des BGB. notwendig. DaS EG. z. BGB. Art. 1 bestimmt, daß das BGB. am 1. Januar 1900 gleichzeitig mit einem Gesetze, betr. Änderungen des GBG., der ZPO. usw. in Kraft tritt. Der Entwurf I des BGB. hatte die notwendigen Ergänzungen der ZPO., soweit sie zugleich materiellrechtlicher Natur waren, in das Gesetzbuch selbst (z. B. §§ 191, 192, 833, 1088, 1113, 1130 u. a.) und weitere Ergänzungen und Abänderungen in Art. 11 des Entwurfes des EG. zum BGB. aufgenommen (Entw. I d. Nov.). Die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfes des BGB. hat die wesentlich prozessualen Bestimmungen aus dem BGB. selbst wieder beseitigt und nahm eine Abänderung der ZPO. durch besonderes Gesetz in AuSficht. Die Beschlüsse der Kommission wurden mit den in Art. 11 vorgesehenen Bestimmungen zu 220 Abänderungsvorschlägen zusammengefaßt und als Anlage II der Denkschrift zum Entw. deS BGB. (Drucks, des RT. 9. LegislPer. 4. Sesi. Nr. 87) veröffentlicht (Entw. II d. Nov.). Vorschläge zu Abänderungen der ZPO. wurden auch der Denkschrift zu dem Entwürfe des Reichsgesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung als Anlage I beigefügt (Drucks, des RT. 9. LegislPer. 4. ©eff. Nr. 607). Am 9. Dezember 1897 wurden dem Reichstage die Entwürfe 1. eines Ges., betr. Änderungen des GBG. und der StPO., 2. eines Ges., betr. Änderungen der ZPO-, 3. eines EG. zu dem Ges., betr. Änderungen der ZPO., nebst Begründung vorgelegt (Drucks, des RT. 9. LegislPer. 5. ©eff. Nr. 61). Ter Entwurf der Abänderung der ZPO. (Entw. III —E. d. Nov.) sieht neben den mit dem bürgerlichen Rechte in unmittelbarer Verbindung stehenden Neuerungen noch eine Reihe sonstiger Verbesserungen vor. Hierzu bemerkt die Begründung ©. 77: „Hierbei sind indesien im wrsrntlichen nur solche Punkte berücksichtigt, in denen eine Reform auf Grund der bisherigen Erfahrungen allgemein als dringend anerkannt wird und ohne Eingriffe in die Grundlagen des Gesetzes, damit aber auch ohne tiefgretfmde Erörterungen--------durch­ geführt werden tonn. Demgemäß hat der Entw. hauptsächlich solche Abänderungen vorgenommen, von denen sich durch Milderung deS Formzwanges, durch Abkürzung von Fristen und in gewissem Umfang auch durch Beschränkung der Rechtsmittel eine Bereinfachung und Beschleunigung d«S Verfahren- sowie eine Verminderung und Verbilligung der Prozesse erwarten läßt. Bei der Revision deS Entmündigung-- und des Zwangsvollstreckungsverfahrens ist außerdem auf rineu erhöhten Schutz der Persönlichkeit und der wirtschaftlichen i^istenz Bedacht genommen. Mehrfache Anregungen haben der ReichSverwalMng Anlaß zu einer Prüfung der Frage gegeben, ob die Ge­ staltung deS Prozesses auf Grund der geltenden Gesetzgebung weiterreichende Änderungen erheische. Die Erwägungen darüber haben bi» jetzt nicht zum Abschlüsse gebracht werden können. Ihre Fortführung muß von den Erfahrungen abhängig bleiben, welche mit dem auS der gegenwärtigen Revision sich ergebenden Prozeßgangr werden gemacht werden. Es wird wohl keinem Zweifel unterliegen, daß nicht die jetzige Zeit mit ihren so vielfachen Umgestaltungen des prozessualen und materiellen Rechte- sich für die Erledigung tief einschneidender Revision-fragen eignet, daß die Aufgabe vielmehr erst unter ruhigeren Verhältnissen zu einer befriedigenden Lösung gebracht werden kann.*

Durch Beschluß des Reichstages vom 14. Januar 1898 wurden die vorbezeichneten Entwürfe zur Vorberatung der aus 21 Mitgliedern bestehenden VI. Kom­ mission überwiesen, welche die Entwürfe in 24 Sitzungen einer zweimaligen Lesung unterzog. Am Schluffe der ersten Lesung bestellte sie einen Redaktionsausschuß. Der

XXVIII

(Einleitung.

von dem Abg. R.A. Trimborn (Cöln) abgefaßte Bericht der Kommission (Drucks, des RT. 9. LegislPer. 5. Sess. Nr. 240) enthält als Anlage eine Gegenüberstellung der Vorlagen und der Beschlüsse der Kommission. Aus der nicht unerheblichen Zahl der Änderungen mag hier hervorgehoben werden, daß der in der Vorlage zur ZPO. ent­ haltene neue Titel über den Bortermin §§ 312a bis 312d beseitigt wurde. Die im Entwürfe vorgeschlagene Erhöhung der Revisionssumme wurde von der Kommission im wesentlichen beibehalten (vgl. Vordem. 5 vor § 545), jedoch vom Reichstag in der Sitzung vom 3. Mai 1898 abgelehnt (StenB. 2118 ff.). Am 17. Mai 1898 (RGBl. 256) wurde das Gesetz, betr. Änderungen der ZPO., nebst dem EG. zu diesem Gesetze (RGBl. 332) veröffentlicht. Tie Bezeichnung der neuen Paragraphen erfolgte hierbei, entsprechend dem Entwurf, im Anschluß an die bisherigen Paragraphen ohne Änderung der Nummernfolge, z. B. §§ 293 a—i, 836 a—88. Auf Grund des gleichzeitig erlassenen Gesetzes, betr. die Ermächtigung des Reichskanzlers zur Bekanntmachung der Texte verschiedener Reichsgesetze (RGBl. 342), wurde mittels Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 20. Mai 1898 (RGBl. 369) die ZPO. in ihrer neuen Gestalt mit fortlaufender Nummernfolge der Para­ graphen bekannt gemacht. Tie Zahl der Paragraphen hat sich von 872 auf 1048 vermehrt, obschon die frühen §§ 15, 17, 199, 238, 244, 484, 519, 586, 594, 658, 694, 755, 756, 849 in Wegfall gekommen sind. Abgeändert sind 207 Paragraphen. Eine weitere Änderung trat durch das Gesetz vom 5. Juni 1905 (RGBl. 536) ein. Am 6. Mai 1904 war dem Reichstage der Entwurf eines Gesetzes, betr. Änderung der ZPO. (Drucks, d. RT. 1903/04 Nr. 415), vorgelegt, der bezweckte, durch Erhöhung der Revisionssumme, Vereinfachung des Revisionsverfahrens und Be­ schränkung der Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte das Reichs­ gericht zu entlasten. Der Entwurf wurde einer Kommission von 21 Mitgliedern über­ wiesen (StenB. 1903/04, 2946 ff.), die ihn in 13 Sitzungen einer zweimaligen Lesung unterzog. Ter Bericht der Kommission, abgefaßt von dem Abg. Trimborn (Cöln), wurde am 10. Mai 1905 erstattet (Drucks, d. RT. 1903/05 Nr. 782). Durch das am 5. Juni 1905 verkündete Gesetz sind 17 Paragraphen der ZPO. (§§ 553 ff.) geändert und zwei Paragraphen (553 a, 554 a) eingeschaltet worden. Eine umfassendere Änderung der ZPO. brachte das Gesetz vom 1. Juni 1909 (RGBl. 475). Der im Herbst 1908 dem Reichstage vorgelegte Entwurf (Trucks, d. RT. 12. LegislPer. 1. Sess. Nr. 735) bezweckte in der Hauptsache eine Reform des amtsgerichtlichen Verfahrens. Über diesen Rahmen hinaus ging er nur in einzelnen Fragen, die mit dem amtsgerichtlichen Verfahren zusammenhängen oder aus besonderen Gründen einer Abhilfe bedurften (z. B. Kostenfestsetzungsverfahren §§ 104 ff., Eid §§ 392, 410, 481). Der Reichstag überwies den Entwurf durch Beschluß vom 6. November 1908 einer Kommission von 28 Mitgliedern, die ihre Beratungen am 20. Nov. 1908 begann und den Entwurf in 17 Sitzungen einer zweimaligen Lesung unterzog. Ter von dem Abg. Dr. Heinze abgefaßte Bericht der 30. Kommission (Drucks, d. RT. 12. LegislPer. 1. Sess. Nr. 1322) enthält S. 95 ff. eine Zusammen­ stellung des Entwurfes mit den Beschlüssen der Kommission. Das am 1. Juni 1909 verkündete Gesetz, das zugleich Änderungen des Gerichtsverfaffungsgesetzes, des Gerichts­ kostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte enthält, hat 72 Paragraphen der ZPO. geändert, einen Paragraphen gestrichen (§ 179) und 7 Paragraphen ein­ geschaltet (§§ 210 a, 340 a, 509, 510 b, 510 c, 795 a, 888 a). IX.

Über das Verhältnis des Gerichtsverfassungsgesetzes zur ZPO. ist noch folgendes zu bemerken:

(Einleihuig.

XXIX

Während der Hannoversche Entwurf (f. oben V) sich hinsichtlich der Gerichts­ verfassung noch großer Zurückhaltung befleißigt hatte (vgl. §§ 2, 4, 57 usw.), wurden dem Nordd. Entw. (VI), den veränderten politischen Verhältnissen entsprechend, „Vor­ bemerkungen" vorausgeschickt, wonach der Entwurf auf der Voraussetzung beruhte, daß die Gerichtsverfassung nach Maßgabe gewisser demnächst entwickelter Grundsätze ein­ heitlich geregelt werde, die in Verbindung mit den einschlagenden Bestimmungen deS Entwurfes selbst (§§ 9—11, 15—21, 36 usw.) bereits manche Elemente des GBG., insbesondere der Tit. 2. 3, 5, 7—9, enthalten. Überdies war die Bahn selbständiger Reichsjustizeinrichtungen schon durch die Einsetzung deS Bundes- (später Reichs-) Oberhandelsgerichts, dessen Zuständigkeit sott und fort eroeitert wurde (s. unten EG. z. GBG. § 8 Anm. 4), von oben herab beschritten. Der Überzeugung, daß die Reform des Zivilprozeffes ohne gleichzeitige reichsgesetzliche Regelung der Gerichtsverfassung unausführbar sei, gaben auch die seit dem Jahre 1869 fast all­ jährlich im Reichstage wiederholten und angenommenen Anträge wegen Änderung des Art. 4 Nr. 13 der Verfassung Ausdruck, wonach die Gesetzgebungsgewalt deS Bundes bzw. Reichs sich auf das gesamte bürgerliche Recht, das Strafrecht und daS gerichtliche Verfahren einschließlich der Gerichtsorganisation erstrecken sollte. Wenn gleichwohl bei der erneuten Einbringung des Antrags im Jahre 1873 und in dem diesem Antrag entsprechenden Ges. vom 20. Dezember 1873, betr. die Abänderung der Nr. 13 des Art. 4 der Verfassung des Deutschen Reichs (RGBl. 379), die Gerichtsorganisation nicht mehr Erwähnung gefunden hat, so geschah dies nur, weil es als selbstverständlich galt, daß zur Ordnung deS Verfahrens auch solche An­ ordnungen über die Gerichtsorganisation gehören, die sich aus der Einrichtung des Verfahrens selbst als dessen naturgemäße und notwendige Voraussetzung oder Ergänzung ergeben84). Inzwischen hatte der Bundesrat in seiner Sitzung vom 21. Februar 1870 beschlossen: „den Bundeskanzler zu ersuchen, den Entwurf eines Bundesgesetzes, be­ treffend die Gerichtsverfassung und die gerichtlichen Institutionen, ausarbeiten zu lassen". Diesem Ersuchen entsprechend, ließ der Reichskanzler am 12. November 1873 dem Bundesrate 1. den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Einführung des Gesetzes über die Verfassung der Gerichte im Deutschen Reiche für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, nebst Begründung, 2. den Entwurf eines Gesetzes über die Verfassung der Gerichte im Deutschen Reiche für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Strassachen nebst Begründung zugehen. Nachdem beide Entwürfe zunächst im preußischen Justizministerium, sodann im Bundesrat einer vollständigen Umarbeitung unterzogen worden waren, wurden der 16 Titel und 166 Paragraphen enthaltende Entwurf eines GerichtsverfaffungsgesetzeS und der 14 Paragraphen umfassende Entwurf eines Einführungsgesetzes nebst aus­ führlicher Begründung, gleichzeitig mit den Entwürfen der ZPO. und StPO., dem Reichstage vorgelegt und haben von da ab die Schicksale dieser Gesetze geteilt (s. oben VII). Der Entwurf des GBG. ist aus den Beratungen der RTK. und des Reichstags selbst um einen Titel (Tit. 1 — vgl. unten S. 1010 ff.) und 38 Para­ graphen verstärkt hervorgegangen.

84) Vgl. Mot. z. BBG. 1 u. die Rede des Abg. Meyer (Thorn) in RTSitzung d. 26. Nov. 1874 (StenB. 320ff.). S. auch v. Canstein, Grundlagen 141 ff.; John, D. Straf­ prozeßordnung I 5 ff.

XXX

Einleitung.

Der Inhalt steht in enger Verbindung mit dem der Prozeßgesetze *6). Zu den letzteren gehört auch die Konkursordnung nebst dem betreffenden (Eins.* Gesetze (s. oben S. XXVI). Wie diese Gesetze einander ergänzen, so dienen sie auch wechselseitig zur Auslegung. Das GBG. enthält die gemeinsamen Grundlagen für die drei Prozeßordnungen, indem es die staatlichen Organe für deren Anwendung bestimmt. Der Charakter der Bestimmungen des GBG. ist hauptsächlich der von NormativBorschriften für die Landesgesetzgebung und Landesjustizverwaltung, da die Justiz­ hoheit grundsätzlich den einzelnen Bundesstaaten verblieben ist. Nur die oberste In­ stanz, das Reichsgericht (Tit. 9) einschließlich der Staatsanwaltschaft bei diesem (§ 143 Nr. 1) und des betreffenden Unterpersonals (§§ 154, 155), ist Reichseinrichtung. Alle übrigen Gerichte sind Landesbehördcn. Aus diesem Grunde hat das Gesetz ge­ wissermaßen nur fragmentarischen Charakter. Man hat die Justizhoheit der Bundes­ staaten nur so weit beschränkt, als es notwendig war, um die gemeinsamen Prozedur­ ordnungen ins Leben zu rufen86). Eine erhebliche Ergänzung dieses organisatorischen Teiles des GBG. bildet die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (RGBl. 177)87). Vgl. unten 84 ff., 1011. Die Tit. 13—17 des GBG. regeln das Verfahren, soweit dies für alle drei Prozeßordnungen gemeinsam geschehen konnte (vgl. unten Borbem. vor § 157 GBG). Das GBG. ist abgeändert worden durch Ges., betr. Abänderung des § 137 d. GBG., vom 17. März 1886 (RGBl. 61) und Ges., betr. die unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindenden Gerichtsverhandlungen, v. 5. April 1888 (RGBl. 133); das letztere Ges. betrifft die §§ 173—176, 195. Ter § 12 EG. z. GBG. ist auf­ gehoben worden durch Ges. v. 12. Juni 1889 (RGBl. 95). Sodann sind gleichzeitig mit dem Erlasse der Nov. v. 1898 z. ZPO. (s. oben VIII) durch Ges., betr. Änderungen d. GBG. und d. StPO, vom 17. Mai 1898 (RGBl. 252) Art. I 8 Paragraphen des GBG. abgeändert; auf Grund d. Ges., betr. die Ermächtigung des Reichskanzlers zur Bekanntmachung der Texte verschiedener Reichsgesetze, vom 17. Mai 1898 (RGBl. 342) wurde mittels Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (RGBl. 371) der neue Text des GBG. veröffentlicht. Durch Art. II des vorbezeichneten Ges. hat das EG. z. GBG. in den §§ 5, 9 u. 10 Änderungen erfahren. Weiter ist das GBG. durch die Gesetze vom 20. März 1905 (RGBl. 179), vom 5. Juni 1905 (RGBl. 533) und vom 1. Juni 1909 (RGBl. 475) abgeändert worden. X. Die ZPO. ist nicht auf dem Boden eines einzelnen der in Deutschland geltenden Prozeßsysteme erwachsen. Im schärfsten Gegensatze steht sie zum gemeinen Zivilprozeß und, obwohl in geringerem Maße, zu dem preußischen Prozeßrechte, schon weil ihr die bindende Bedeutung der Schriftsätze und (abgesehen von den sog. prozeßhindernden Einreden) das Eventualprinzip fremd sind. Vom gemeinen und hannoverschen 85) Vgl. die Mot. z. GBG. 2. 86) Vgl. besonders die Rede de- Staatsministers vr. Leonhardt bei der ersten Be­ ratung im RT. — StenB. d. RT. 2. LegislPer. 3. Seff. 1874/75, 276. Der Landesgesetz­ gebung verblieb hiernach noch eine ziemlich umfassende Tätigkeit auf diesem Gebiete. Vgl. z. B. das Preuß. AG. z. D. GVG. v. 25. April 1878 (GS. 230), abgeändert durch Ges. über frw. Gb. v. 21. Sept. 1899 (GS. 249) Art. 130. 87) Die äußere Geschichte d. RAO. s. bei Meyer, D. RAO. 2. Aust. Berlin 1893. 1 ff.; Völk, D. RAO. f. d. Deutsche Reich. Rördlingen 1879. 1 ff. S. auch Wach I 156 f.

Einleitung.

XXXI

Prozeß unterscheidet sie ferner die Abwesenheit des bindenden Beweisinterlokuts, von jenem auch der selbständige Prozeß betrieb der Parteien, den freilich die Novellen zur ZPO. im amtsgericktlichen Prozeß und bei der Einlegung des Einspruchs und der Rechtsmittel durch den Amtsbetrieb ersetzt haben. Bon manchen wesentlichen Grundsätzen des französischen Prozesses, wie der sog. Souveränität der Gerichte, ist wenig, von anderen, wie der dem franz. Rechte eigentümlichen Behandlung des Geständnisses, der Beschränkung des Zeugenbeweises usw., ist nichts in ihr zu finden, während der Grundsatz des selbständigen Prozeßbetriebs schon damals nur in erheblich abgeschwächter Gestalt aufgenommen ist. In manchen Punkten wiederum insbesondere hinsichtlich des ganzen sog. materiellen Prozeßrechts, lehnt sich die ZPO. an das gemeine und an das diesem verwandte preußische Recht an. Sie hat Gedanken aller jener Systeme in sich aufgenommen und zu einem eigenartigen Ganzen ausgebildet. Ein Hauptziel war die Rückkehr zu einer natürlichen und einfacheren Gestalt des Verfahrens, die Abstreifung des Formalismus und der davon unzertrennlichen Beeinträchtigung des materiellen Rechtesb«). In Verbindung hiermit steht eine bedeutende Vermehrung des dispositiven Prozeßrechts89). An der Spitze der die ZPO. beherrschenden Grundsätze steht das Mündlichkeits­ prinzip. Ihm an Bedeutung nahe kommen die Beweisverbindung, die Beseitigung der Eventualmaxime, die freie Beweiswürdigung, der selbständige Prozeßbetrieb. Diese wie die übrigen Grundgedanken einzeln zu entwickeln, ist hier nicht der Ort90). Eine sich durch Klarheit sowie durch Knappheit der Form auszeichnende Darstellung enthält die „Allgemeine Begründung" des Entwurfes, insbesondere in den 88 4—1591). XL Die Mittel zur Auslegung der ZPO. sind äußerst reichhaltig. Redendem, was Wortlaut und Zusammenhang des Gesetzes und der übrigen Justizgesetze, waS Wissenschaft und Praxis des Prozeßrechts bieten, kommen ganz besonders die sog. Materialien in Betracht. Im weiteren Sinne gehören hierzu die zahlreichen bei der Abfassung berücksichtigten Prozeßgesetze und Entwürfe, unter denen der Nord­ deutsche Entwurf und die betreffenden Beratungsprotokolle (VI) wegen der Zeit der Abfassung und ihres bedeutenden Einflusses auf den Inhalt der ZPO. besondere Beachtung beanspruchen dürfen. In engerem Sinne find darunter die vielfach mit den Mot. der Entw. I u. II übereinstimmenden Motive („Begründung") des Entw. III der ZPO., die Motive des Entw. zum GBG. und der Entwürfe zu den beiden EinführungsGesetzen99) und die Protokolle der RTK. v. 1875") zu verstehen; die Plenar88) „Alle wesentlichen Einrichtungen de- neuen deutschen Prozeffes find geeignet, die Herrschaft des materiellen Recht- über da- Prozeßrecht zu fördern" (SomB. der RTK. v. 1875 s. ZPO. 2). 89) Bgl. Bülow, DiSpof. Zivilprozeßrecht 23 f. 90) Vgl. darüber die Anmerkungen z. ZPO. an den geeigneten Stellen. 91) Eine nach der „allg. Begründung" zusammengestellte Überficht der Grundsätze s. bei Hellmann I 13 ff. Vgl. auch v. Bar, Zivilprozeßrecht 5 ff., Sydow a. a. O. 34 ff. 92) Sie sind fortlaufend unter dem Texte bei jedem Paragraphen der Gesetze angeführt, und zwar nach den Drucksachen de- RT. (2. LegPer. 3. Seff. 1874/75 Nr. 6), nicht nach der bet Kortkampf in Berlin erschienenen PrivalauSgabe. 93) Auch diese Prot, sind überall unter dem Texte angeführt, jedoch mit Ausnahme der­ jenigen Stellen, nach welchen bei der 3. Lesung oder deren Revision ein Paragraph ohne jede Bemerkung einfach angenommen ist. Auf die ZPO. und da- EG. z. ZPO. beziehen fich

Struckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Aufl.

III

XXXII

Einleitung.

beratungen des Reichstags haben sich nur auf wenige Punkte erstreckt (vgl. oben

S. XXIIff.)94). Tie Zulässigkeit der Benutzung von Gesetzgebungsverhandlungen als Hilfsmittel der Gesetzauslegung ist bekanntlich streitig^). Neue Nahrung erhält diese Streit­ frage aber gerade in der vorliegenden Anwendung durch die Äußerungen, die hin­ sichtlich der Motive im Reichstag und in der RTK. v. 1875 vom Regierungstisch aus gefallen sind. So bemerkte Staatsminister vr. Leonhardt bei der ersten Beratung der Justizgesetze im Reichstage folgendes: „Sämtliche Gesetzentwürfe sind mit eingehenden Motiven begleitet. Ich hebe das hervor, um daran die Bemerkung zu knüpfen, daß die verbündeten Regierungen die Vertretung dieser Motive nicht übernehmen, weil eine Prüfung dieser Motive nicht einmal im Justizausschuß des Bundesrats, geschweige denn im BundeSrat stattgefunden hat, auch der Natur der Sache nach nicht wohl stattfinden konnte. Dieser Umstand dürfte jedoch für Ihre Beratung von besonderer Bedeutung kaum sein. Die Motive sind von Männern, welche den Arbeiten sehr nahe standen, mit ebensoviel Sorgfalt als Einsicht in die Verhältnisse geordnet worden; sie legen Ihnen die Mannigfaltigkeit der Rechtszustände dar, in welche die gesetzlichen Vorschriften reformierend ein­ greifen sollen, sie entwickeln vom legislativen Standpunkte das Für und Wider in betreff der einzelnen Vorschriften und Grundsätze, sowie zwischen Grundsätzen einerseits und einzelnen Folge­ sätzen anderseits. Ich glaube, m. H., daß diese Motive für Sie ein fast unentbehrliches Hilfs­ mittel sein werden, wenn Sie nämlich eine eingehende Prüfung der Gesetzentwürfe in einer verhältnismäßig nicht zu langen Zeit vornehmen tooDen®6).“

Hiermit im wesentlichen übereinstimmend äußerte sich der Direktor im Reichs­ kanzleramte, v. Amsberg, in der RTK. v. 1875 auf die Interpellation eines Abgeordneten 97). Bon einer bindenden Bedeutung der Vorarbeiten hinsichtlich der Auslegung kann freilich nicht die Rede fein. Der Wille derer, die an dem Zustandekommen des Gesetzes mitgewirkt haben, ist nicht gleichbedeutend mit dem Willen des Gesetz­ gebers (im konstitutionellen Staate: der gesetzgebenden Faktoren), und selbst von diesem reißt sich, wie Th öl bemerkt^), das Gesetz durch die Publikation los. („Auf dieser Selbständigkeit beruht es, daß das Gesetz einsichtiger sein kann als die Gesetzgeber-.) die Prot, der Sitzungen Nr. 5—36, 81—88, 93, 94, 121, 123 T. 2, 125—129, 130 T. 2, 132 T. 2, 139 T. 2, 158 T. 2, 161—164, 167—169, 173; auf daS GVG. u. daS EG. z. GBG. die Prot, der Sitzungen Nr. 69—92, 95—103, 104 T. 1, 105-108, 109 T. 1, 110—116, 117 T. 1, 119, 120, 122 T. 2, 123 T. 1, 124, 131, 132 T. 1, 133—138, 139 T. 1, 140, 141, 142 T. 2, 152 T. 2, 155 T. 2, 156 T. 1, 158 T. 2, 159 T. 2, 3, 160 T. 1 u. 2, 161—164, 167, 169—174. Vgl. übrigens unten Anm. 103. 94) Bei den betreffenden Stellen sind die StenB. des RT. unter dem Texte der Ge­ setze angeführt. 95) Eine Übersicht der umfangreichen Literatur s. bei Seuffert XX Anm. *), Petersen in Hauser, Zeitschr. f. Reichs- und Landesrecht 5 (1881), 337 ff. Der Unterschied der verschiedenen Schattierungen ist im ganzen nicht sehr bedeutend. In der Anwendung gestaltet sich die Be­ nutzung der Vorarbeiten meistens in dem weiter unten auch von uns vertretenen Sinne. 96) StenB. der RT. 2. LegPer. 2. Seff. 1874/75, 275, 276. 97) Sitzung der RTK. v. 10. Mai 1875 — Prot. 138, 139. 98) Thöl, Einl. in das D. Privatrecht § 60, 150. Vgl. auch v. Hahn, Komm. z. HGB. 3. Ausl. Einl. § 19, LXIIff. In noch schärferer Weise wird dieser Gesichtspunkt be­ tont von Thibaut, Schafsrath, Schlesinger, Meyer in Gmchot 13, Iff., auch von Wach! 559 ff., 282 ff., der nicht einmal eine Vermutung der Wahrheit hier gelten lassen will u. a.

XXXIII

Einleitung.

Aber die Vorarbeiten nehmen doch unter allen Auslegungsmitteln die erste Stelle ein, weil sie in einem unmittelbaren grundlegenden Verhältnisse zum Gesetze stehen00). Zu dem rein wiflenschafllichen tritt bei ihnen ein starke- historisches Element der Auslegung. Alles dies gilt auch für die hier in Betracht kommenden Gruppen von Vorarbeiten. Als RegieruagS-Motive im gewöhnlichen Sinne können allerdings die oben erwähnten „Begründungen" nicht, oder doch nur in eingeschränktem Maße angesehen werden. Die Verfassung des Deutschen Reichs bereitet der Abfassung von solchen Motiven, zumal bei Gesetzentwürfe» von dem Umfange der Justizgesetze, ganz besondere Schwierigkeiten, da eine Abstimmung im Bundesrat über den Inhalt der Motive zu den dem Reichstage vorzulegenden Gesetzentwürfen nicht wohl denkbar ist. Alles, was gegen die Zuverlässigkeit von Motiven überhaupt zu sagen ist, spricht daher in noch höherem Grade gegen Motive der vorliegenden Art. Gleichwohl geht die Bedeutung der Mot. z. ZPO. materiell weit über die einer bloßen „Privatarbeit" 10°) hinaus. Denn sie find immerhin in der Werkstätte des Gesetzes gleichzeitig und im Zusammenhange mit der Abfassung des Entwurfes oder doch unmittelbar nachher ent­ standen und von Kundigen in eminentem Sinne, die an den Vorbereitungen teil­ genommen haben oder sonst amtlich Jahre hindurch mit der Sache befaßt waren, ausgearbeitet. Ihr innerer wissenschaftlicher Wert ist ferner ein sehr erheblicher. Überdies bleibt die Tatsache von Bedeutung, daß die Motive unter Zustimmung deS Bundesrats mit den Gesetzentwürfen selbst dem Reichstag überliefert, und daß sie während der Beratungen in der RTK. im einzelnen stets als wirkliche „Motive" im gewöhnlichen Sinne ohne Widerspruch der Regierungsvertreter behandelt worden find, also immerhin auch äußerlich einen offiziellen Charakter bewahrt haben. Unter diesen Umständen haben sie nicht bloß durch die Benutzung bei der Beratung im RT. und in der RTK. v. 1875 — die auch Staatsminister Leonhardt für zulässig erklärte — ihren Zweck erfüllt, sondern werden auch fort und fort für die Auslegung das erste und wertvollste Hilfsmittel bilden, sobald Wortlaut und Zusammenhang einer Gesetzes­ vorschrift Zweifel übrig lassen. Namentlich wird dies da gelten müssen, wo die RTK. und der Reichstag ohne Erörterung die Vorlage genehmigt haben, da man im ganzen davon ausgehen darf, daß dies im Sinne der Mot. geschehen fei101). Auch nach der negativen Seite hin werden die Mot. häufig zur Auffindung des richtigen Sinnes beitragen, also zur Begründung eines Schlusses aus dem Gegenteil, oder wenn eS sich um eine nach den Mot. als selbstverständlich oder als ungeeignet nicht aufgenommene Bestimmung handelt100). In ähnlicher Weise dienen die Protokolle der RTK. der Auslegung der Sv) Goldschmidt, Handb. des HR., 2. Ausl. I 314. Etwas weiter gehen v. Mahl, Wächter u. a. Gegen Meyer a. a. O. wendet sich hauptsächlich Petersen a. a. O. 848ff., ferner Deutschmann in Gruchot 24, 805ff. u. Heitmann, Lehrb. 25. S. auch Dernburg, Preuß. Privatr. I § 17, Förster (EcciuS) I § 12, Planck, Kommentar z. BGB. Sb. I, Ein­ leitung 27f. u. die bei Petersen a. a. O. 366 Anm. **) angeführten Entsch. d. RG. u. ROHG., ferner RG. 9 76, 404, 22 143 u. im Preuß. JMBl. 1886, 169 (PZS.). 100) So der Abg. LaSker im RT. — StenB a. a. O. 282. Vgl. dagegen Ende­ mann I 29 ff., Wach I 263 Anm. 17, 283 ff., der die Mot. aber nur als „Vorbereitung deGesetzes" beachtet wissen will. 101) Vgl. Petersen 5 u. a. a. O. 367—369. 102) Warum die Mot. hier in geringerem Grade von Gewicht sein sollen (s. Gold­ schmidt a. a. £).), ist nicht abzusehen.

in*

XXXIV

Einleitung.

Justizgesetze. Bei den Bestimmungen, die aus der Initiative der RTK. hervor­ gegangen sind, vertreten sie oft geradezu die Stelle von Motiven. Dasselbe gilt von Änderungen, Zusätzen, Streichungen (f. oben S. XXII, XXIV). Aber auch da, wo Bestimmungen der Entwürfe ganz unverändert geblieben sind, tragen die Erörterungen der RTK., wie sie durch die Protokolle in authentischer Weise wiedergegeben werden"»), zur Klarstellung des Sinnes des Gesetzes häufig in sehr beachtenswerter Weise bei. Allerdings ist nicht jede Äußerung eines Kommissionsmitglieds oder RegierungsKommissars über die Bedeutung einer Bestimmung, namentlich über die maßgebenden Grundsätze, wenn sie ohne Widerspruch anderer Mitglieder bzw. RegierungsKommisiarien blieb, als für die Auslegung maßgebend zu betrachten. Dagegen ist es sehr bedeutungsvoll, wenn solchen Äußerungen ausdrücklich von den RegierungsKommissarien oder von anderen Mitgliedern der RTK. ohne Widerspruch zugestimmt wurde, zumal wenn daraufhin irgendeine Änderung des Entwurfes erfolgt ist. Noch schlagender ist häufig (jedoch keineswegs immer) die Verwerfung von Berbesserungsanträgen. Alles kommt darauf an, zu ermitteln, inwieweit durch die Protokolle ein Einverständnis aller Faktoren festgestellt toirb104). In besonderem Maße ist dies da der Fall, wo ein solches Einverständnis der RTK. unter ausdrücklicher oder still­ schweigender Zustimmung der Regierungsvertreter förmlich zu Protokoll gegeben wurde. Eine von den Protokollführern ausgearbeitete Zusammenstellung dieser (uneigentlich) sog. „authentischen Interpretationen"105) vonKommijsionsbeschlüssen ist der RTK. in der 164. Sitzung vom 20. Oktober 1876 vorgelegt und von ihr ausdrücklich genehmigt106). Hinsichtlich der Redaktions-Kommission (s. oben S. XXIII f.) ist noch zu be­ merken, daß deren Anträge fortlaufend gedruckt den übrigen Mitgliedern zugestellt wurden. Erfolgte kein Widerspruch gegen die Richtigkeit, so galten sie als genehmigt, während im anderen Falle ein Plenarbeschluß der Kommission über die streitige Frage herbei­ geführt wurde107). Nicht immer also geben die Protokolle über die bei der Gelegenheit der Redaktion erfolgten, freilich meistens wenig bedeutsamen Änderungen früherer Beschlüsse Auskunft. 103) Die Protokolle wurden nach ihrer Fertigstellung, wie der Vorsitzende der RTK. v. 1875 im RT. bemerkte, den Komm.-Mitgliedern zur Revision ihrer Ausführungen zugänglich gemacht. Erst nach erfolgter Revision wurden sie gedruckt und den Mitgliedern der RTK., allen Mitgliedern des RT. sowie den Bundesregierungen übersandt. Von einer amtlichen Veröffent­ lichung glaubte die RTK. sowohl au- sachlichen wie auS formellen Gründen absehen zu müssen (vgl. StenB. d. RTK. 2. LegPer. 3. Seff. 1875/76, 13). Indessen sind die Verhandlungen der RTK. von Hahn, D. ges. Mater, zu den Reichsjustizgesetzen (unten S. XXXVIII), veröffentlicht. Angeführt sind die Protokolle in dem Kommentar nach der amtlichen Ausgabe. Die Seitenzahlen laufen bei der ZPO. bis 771, bei dem GVG. bis 776 (160. Sitzg.). Die Prot, der Sitzungen 161—174 sind ein jedes mit besonderen Seitenzahlen gedruckt. 104) Vgl. Petersen 5 u. Endemann I 31 ff. (auch in Busch 4, 194 ff.), wo diese Fragen mit besonderer Gründlichkeit erörtert sind. Gegen eine zu weit gehende Schätzung von Äußerungen der RegVertreter (als „authentische Interpretation") und Kommissionsmitglieder vgl. Wach I 263 ff. 105) Über die Mißverständlichkeit dieser Bezeichnung s. Wach I 265.

Eine Einteilung

der verschiedenen Bestandteile der Materialien nach ihrem Auslegung-wert ist sehr schwer durch­ führbar. (Vgl. auch Wach I 284.) 106) Anlagen J u. K zum Prot, der 164. Sitzg. (s. das. 1, 5—10). Diese wurden auf Beschluß der RTK. gedruckt und unter die Mitglieder des RT. verteilt. 107) Vgl. KomB. z. GVG. 2.

Einleitung.

XXXV

Diese Grundsätze finden auch auf die Begründungen und die Kommissions­ berichte zu den Novellen Anwendung. XIL Von der älteren prozeßrechtlichen Literatur sind, abgesehen von zahlreichen Monographien, Abhandlungen, Sammlungen von Entscheidungen u. dgl. m., in dem Kommentar hauptsächlich benutzt: a) die gemeinrechtlichen Kompendien von Wetzell, Renaud und Endemann 10S), b) für den Preußischen Prozeß das Lehrbuch von C. F. Koch und dessen Kommentar zur Prozeßordnung (Allg. Ger.-Ord. T. I)10*), c) hinsichtlich der Hann. PO. der Kommentar von Leonhardt""), d) fiir das Rheinische Recht der Kommentar von Schlink"'). Auch an die ZPO. und das GVG. mit den Einf.-Gesetzen hat sich eine reich­ haltige Literatur angeschlossen""). Eine große Zahl von Bearbeitungen hat die Kommentarform "*) gewählt. Hierunter sind zu nennen: W. Endeman», D. Deutsche Zivilprozeß. Berlin 1878, 1879. 3 Bde. Weidmannsche Buchhandlung. v. Sarwey, K. Württ. St.R. (später Staatsminister), D. Justizgesetzgebung des D. Reichs. L Abteilung, UI. Zivilprozeßordnung. Berlin 1878/79. 2 Tle. Carl Heymanns Verlag*"). Fried. Hellmann, Zivilprozeßordnung f. das D. Reich nebst Einführungsgesetzen. Erläutert. 3 Abteilungen. Erlangen 1877/78. Palm & Enke. Otto Kleiner, K. bayer. L.G.Präs. Kommentar zur ZPO. f. daS D. Reich. Würzburg 1878—1881. 3 Bde. A. Stüber. L. Frhr. v. Bülow, L.G.Präs., D. Zivilprozeßordnung und ihre Nebengesetze. 2. Aust. Hannover 1882. Hahnsche Buchhandlung. G. v. WilmowSki, G.J.R. u. M. Levy, 3.9t., RA. beim Kammerg. z. Berlin, ZPO. u. GBG. f. das D. Reich nebst den Einf.-Gesetzen. Mit Komm, in Anmerkungen. 7. Ausl. Berlin 1895. F. Bahlen. JuliuS Petersen, [email protected]., D. Zivilprozeßord. f. das Teutsche Reich nebst Eins.» Ges. 6. Ausl. Herausgegeben von R.G.R. E. Remels und L.G.Dir. E. Anger. Lahr 1904/06. Moritz Schauenburg. Lochar Seuffert, Prof., Zivilprozeßordnung f. daS D. Reich nebst dem EG. v. 30. Januar 1877. Erläutert. 10. Aust. München 1908. C. H. Beck. 11. Aust, im Erscheinen 1910. 108) G. SB. Wetzell, System des ordentl. Zivilprozeffes. Dritte Aufl. Leipzig 1878. Verlag von Beruh. Tauchnitz. A. Renaud, Lehrb. de- Gemeinen Deutschen ZivilprozeßrechtS mit Rücksicht auf die neueren Ztvilprozeßgesetzgebungen. Der ordentl. Prozeß. Zweite Aufl. Leipz. u. Heidelberg 1873. E. F. Winter. W. Endemann, D. Deutsche Zivilprozeßrecht. Heidelberg 1867,1868. Bangel u. Schmitt. 10S) C. F. Koch, D. Preußische Zivilprozeß. Zweite Ausgabe. Berlin 1855. I. Guttentag. Ders., Prozeßordnung «ach ihrer heutigen Geltung. Sechste Aufl. Berlin 1871. I. Guttentag. 110) S. oben 91. 25. 111) Vgl. oben R. 15. 112) Wegen der Anführung s. oben „Erklärung der wichtigsten Abkürzungen" unter B. 113) Über die Kommentarien-Literatur vgl. Wach I 177 ff. 114) Das Mahnverfahren und daS Zwangsvollstreckungsverfahren sind vom KrriSrtchtrr Ege bearbeitet.

XXXVI

Einleitung.

L. Gaupp, T. Zivilprozeßordnung für das D. Reich nebst den auf den Zivil­ prozeß bezüglichen Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und den Einführungsgesetzen. 8./9. Aust., bearbeitet von Prof. Stein. Freiburg i. B. 1906—1908. Akad. Berlagsbuchh. v. I. B. C. Mohr (Paul Siebeck). A. Förster, T. ZPO. f. das D. Reich nebst Einf.-Ges. erläutert. 1. Bd. 2. Aufl. Berlin 1908. Reincke, R.G.R., T. Deutsche Zivilprozeßordnung. Für das Studium und die Praxis erläutert. 5. Aust. Berlin 1904. H. W. Müller. 6. Aust., bearbeitet v. Kammergerichtsrat R. Wienstein, im Erscheinen 1910. R. Skonietzki u. M. Gelpcke, ZPO. u. GBG. für das T. Reich. Berlin F. Bahlen. Im Erscheinen. R. Sydow, Zivilprozeßordnung, fortgeführt v. L. Busch. 12. Aufl. Berlin 1910. I. Guttentag. Dr. Neukamp, Ob.L.G.R., T. Zivilprozeßordnung. Göttingen 1900. Bandenhoeck u. Ruprecht. 0. Warneyer, Zivilprozeßordnung f. das D. Reich. 2. Aufl. Leipzig 1909. Zur Einführung in die ZPO. dienen Vorträge und systematische Bear­ beitungen. Hiervon sind die bemerkenswertesten: Ad. Wach, Prof., Vorträge über die Reichs-ZPO. 2. Aufl. Bonn 1896. Ad. Marcus. Herrn. Fitting, Prof., Zur Einführung in die Reichsgerichtsverfassung und den Reichs-Zivilprozeß. 5 Vortrüge. 2. Abdruck. Berlin 1879. I. Guttentag. Wernz, T. Deutsche ZPO. Eine Einleitung in die Grundzüge der neuen ZPO. Nördlingen 1877 (bes. Abdruck aus Hausers Zeitschr. 3, 333ff.). R. Schmidt, Prof., Lehrbuch des D. Zivilprozeßrechts. 2. Aufl. Leipzig 1906. Herm. Fitting, Prof., D. Reichs-Zivilprozeß. 12./13. Aufl. Berlin 1907. I. Guttentag. Bunsen, Ob.A.R. in Rostock, Lehrbuch des T. Zivilprozeßrechts. Berlin 1900. I. Guttentag. Engelmann, Ob.L.G.R., D. Deutsche Zivilprozeß. Berlin 1901. Hervorzuheben sind ferner: Herm. Meyer, Ob.L.G.R., Anleitung z. Prozeßpraxis in Beispielen an Rechts­ fällen. 7. Aufl. Berlin 1906. Fr. Bahlen. Hellwig, Zivilrechtsfälle. Freiburg 1891. I. C. B. Mohr. Ders., Anspruch und Klagerecht. Jena 1900. G. Fischer. 1. Köhler, Prozeß als Rechtsverhältnis. Mannheim 1888. I. Bensheimer. Ders., Prozeßrechtl. Forschungen. Berlin 1889. H. W. Müller. Ters., Zivilprozessuale Rechtsaufgaben. Jena 1693. G. Fischer. Ters., Gesammelte Beiträge zum Zivilprozeß. Berlin 1894. Carl Heymanns Verlag. (Sammlung von Aufsätzen, die zum größten Teil schon früher veröffentlicht sind.) Ad. Stölzel, Schulung für die zivilistische Praxis, I. Teil 8. Aufl., II. Teil 4. Aufl. Berlin 1909 bzw. 1906. Eine ausführliche vergleichende Darstellung des alten und neuen Prozeßrechts hinsichtlich der Hauptlehren enthält: K. Bolgiano, Prof., Handbuch des Reichs-Zivil-Prozeßrechts auf rationellen Grundlagen mit vergleichender Darstellung des gemeinen Deutschen Zivil­ prozesses. Allgemeiner Teil. Stuttgart 1879. gerb. Enke.

Einleitung.

XXXVII

Den Übergang zu den großen systematischen Darstellungen des Zivilprozeß­ rechts von Ad. Wach, Handbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts. Band I. Leipzig 1885. Duncker & Humblot (unvollendet) und Jul. Wilh. Planck, Lehrb. des Deutschen Zivilprozeßrechts. Band L Allg. Teil. Nördlingen 1887. Band II. München 1896 (vgl. Seuffert in Busch 9, 189 ff.). C. H. Becksche Buchhandlung. Konrad Hellwig, Lehrb. des Deutschen Zivilprozeßrechts. Band I—III. Leipzig 1903/08. A. Deichert. Band III im Erscheinen I. Weismann, Lehrb. des deutschen Zivilprozeßrechts. 2 Bände. Stuttgart 1903/05. F. Enke. bildet: Fr. Hellmann, Lehrbuch deS Deutschen Zivilprozeßrechts für den akad. und prakt. Gebrauch. 1—3. Abt. München 1886. Th. Ackermann, das viele treffliche Ausführungen enthält, aber die historische Seite (absichtlich) allzu sehr vernachlässigt. Ein wichtiges Hilfsmittel für die Erkenntnis und Anwendung der ZPO. sind auch die Zeitschriften. Der Entwicklung des neuen Zivilprozeffes ganz besonders gewidmet ist die mit großem Geschicke redigierte „Zeitschrift für Deutschen Zivilprozeß und das Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" von H. Busch, herausgegeben von Dr. M. Schultzenstein, Wirkl. Geh. OberregierungSrat und Senatspräsident am Oberverwaltungsgericht, und Dr. F. Vierhaus, Wirkl. Geh. Ob.J.R. und Prä­ sident des Oderlandesgerichts in Breslau. Wertvolle Arbeiten in bezug aus das Zivilprozeßrecht enthalten auch die neueren Bände des .Archivs für die zivilistifche Praxis", der „Beiträge zur Erläuterung des Teutschen Rechts" von Küntzel, Eccius u. Predari (früher Gruchot), der „Kritischen Vierteljahrsschrift" von Brinz u. Pözl (jetzt Birkmeyer, Hellmann, v. Stengel, Ullmann), die „Juristische Wochenschrift, Organ deS Deutschen Anwaltsvereins" (herausgegeben von Neumann), die Deutsche Juristenzeitung (von Fr. Wallmann) (eingegangen) und — seit 1896 — die Deutsche Juristenzeitung von Laband, Hamm u. Heinitz, „Das Recht" (herausgegeben von Soergel); Böhm, Zeitschr. f. intern. Privat- u. Strafrecht, daS Sächsische Archiv für Bürg. Recht und Prozeß und andere Zeitschriften'"). Hierzu treten die zahlreichen Sammlungen von Rechtssprüchen, namentlich von Entscheidungen deS Reichsgerichts und der Oberlandesgerichte'"). Zu nennen ist auch das „Lexikon der Zivilprozeß- und Konkursgesetzgebung des Teutschen Reichs, zusammengestellt von Dr. W. v. Melle, Rechtsanwalt" (Hamburg 1879. Otto Meißner), das in alphabetischer Ordnung die einschlagenden Vor­ schriften sehr übersichtlich gruppiert. 115) Vgl. Wach I 180 Nr. 34. 116) Vgl. oben „Erklärung der wichtigsten Abkürzungen" u. Wach I 182 R. 35. Zu nennen sind noch: Scherer, D. Entscheidungen des RG. und bei daher. ObLG. z. ZPO. Leipzig 1893. Rotzbergsche Hofbuchhandlung; Fuchsberg er, Entscheidungen bei RG. usw. z. ZPO. ®seien 1889. 1894. Emil Roth; Hergenhahn u. Otto Ecciui, Rechtsprechung der höheren und höchsten Gerichtshöfe über Prozeßbevollmächtigte und Rechtianwälte. Hannover 1894. Helwingsche Verlagsbuchhandlung.

XXXVIII

Einleitung.

Das Gerichtsverfassungsgesetz behandeln außer einem Teile der vorstehenden Kommentare (Endemann, v. Wilmowski u. Levy, v. Bülow usw.) u. a.: Ad. Keller, App.G.R., D. Gerichtsverfassungsgesetz f. das D. Reich. Für den prakt. Gebrauch erläutert. Lahr 1877. Moritz Schauenburg. Tt. Hauck, Bez.-Amtm., GBG. f. das T. Reich nebst dem Einf.-Ges. Nördlingen 1879. C. H. Becksche Buchhandlung. G. Thilo, Kr.G.Dir., D. Justizgesctzgebung des Deutschen Reichs. I. Abteilung. IV. T. Gerichtsverfassungsgesetz. Kommentar. Berlin 1678/79. Carl Heymanns Verlag. E. Löwe, Senatspräs. beim Reichsgericht, T. Strafprozeßordnung f. das Deutsche Reich nebst dem Gerichtsverfassungsgesetz und den das Strafverfahren betreffenden Bestimmungen der übrigen Reichsgesetze. Mit Kommentar. 12. Aufl., bearbeitet von R.G.R. Hellweg. Berlin 1907. I. Guttentag F. O. v. Schwarze, Komm. zu der D. Strafprozeßordnung u. zu den auf dieselbe bez. Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes. Leipzig 1877. Fues' Verlag (R. Reisland)118). Turnau, Kammerger.R., D. Justizverfassung in Preußen nach Reichs- und Landesrecht. Erster Teil (erste Hälfte). Berlin und Leipzig 1882. I. Guttentag. Rintelen, Gerichtsverfassung u. Gerichtsverwaltung, systematisch bearbeitet für die ordentlichen Gerichte des Preuß. Staats. 2. Aust. Paderborn 1889. Ferdinand Schöningh. Eine vollständige Sammlung der Materialien enthält: D. gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen. Auf Veranlassung des Kais. Reichsjustizamtes herausgegeben von C. Hahn, Geh. Ob.J.R., Senatspräs. des Kammergerichts. 4 Bünde. Berlin 1879—1881. R. v. Deckers Verlag. Eine zweite Auflage ist nach dem Tode Hahns von E. Stege mann besorgt. Die beiden ersten Bände beziehen sich auf das GVG., die ZPO. und die Einf.Gesetze zu denselben. Tie Materialien zur Novelle v. 1898 enthält der im Jahre 1898 herausgegebene 8. Bakid. Die Justizreform, soweit sie sich auf Gerichtsverfaffung und Zivilprozeß bezieht, behandelt auch die Abh. von Sydow a. a. O. (s. oben Anm. 93). Eine Zusammenstellung der Literatur über den neuen Zivilprozeß (bis Mitte 1881) gibt Birkmeyer in der „Mecklenb. Zeitschr. für Rechtspflege und Rechts­ wissenschaft" 1 Heft 2 (auch als Separatabdruck erschienen) und (bis Nov. 1883) in Gruchot 28, 179 ff. (ebenfalls im Separatabdruck erschienen), ferner einen Literatur­ bericht über den Zivilprozeß seit Mitte 1884 bis Mitte 1886 Fischer im c. A. 70, 321 ff. Die in juristischen Zeitschriften (bis Mitte 1886) erschienenen Ab­ handlungen stellt zusammen Seligsohn in Busch 8, 383 ff.; 10, 532ff. Periodische Literaturübersichten gibt jetzt Kleinfeller in derselben Zeitschrift sowie Oertmann im Arch. f. bürg. Recht von Köhler usw. 117) Die Erläuterung des GBG. ist darin auf die mehr oder weniger das Straf­ verfahren betreffenden Bestimmungen beschränkt. 118) Auch hier werden nur die auf das Strafverfahren bezüglichen Bestimmungen erläutert.

Zivilprozeßordnung für da» Deutsche Deich. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zu­ stimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

Erstes Buch.

Alßmäie Kkßimumrk». Erster Abschnitt.

Gerichte. Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit der Gerichte.

§ 1. (1.) Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt. E. 8 1. Mot. 48. Prot. 4.

Erster Zitel. Literatur: Wach I §§ 28ff.; Planck I §§ 6ff.; Hellwig I §§ 7ff., II §§ 96f.; Schmidt §§ 43s.; Fitting §§ 12ff.; vgl. unten Aum. 2. 1) Die „sachliche Zuständigkeit" bildet den Gegensatz zur örtlichen Zuständigkett (Tit. 2). Nach der Zuständigkeit überhaupt bestimmt sich der „gesetzliche Richter" de- Rechts­ streits (GLG. § 16). Während aber die „sachliche Zuständigkeit" aus allgemeinen Gattungen der Rechtsstreitigkeiten beruht, nach denen sich die Verteilung unter die verschiedenen Arten der Gerichte regelt, richtet sich die „örtliche Zuständigkeit" („der Gerichtsstand") nach Merk­ malen des einzelnen Falles, wonach das eine oder andere der an sich gleichartigen und nur nach dem örtlichen Bezirke gegeneinander abgegrenzten Gerichte zur Entscheidung berufen ist. Die sachliche wie die örtliche Abgrenzung der Zuständigkeit ist eine Ordnung deS öffentlich« Rechtes; beide Arten von Zuständigkeit unterliegen gleichwohl in gewissem Maße der Verein­ barung (Tit. 3). (GVG. Tit. 2.) Vgl. § 274 Nr. 1, 2. 2) Über der Zuständigkeit stehen die Begriffe der GerichtSherrlichkeit und der Ge­ richtsbarkeit. Gerichtsherrlichkeit (Justizhoheit) ist der Teil der Staatsgewalt, der mtt der Verwirklichung des Rechtes befaßt ist — Gesetzgebung, Justizverwaltung, Gerichtsbarkeit (streitige und nichtstreitige). Gerichtsbarkeit ist die Befugnis und die Pflicht der Gerichte zur Ausübung der Rechtspflege. Nach der Gerichtsbarkeit bestimmt sich, ob für eine Angelegenheit die Gerichte überhaupt berufen sind, nach der Zuständigkeit, welches einzelne Gericht berufen ist. Die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Rechtswegs ist daher eine Frage der Ge­ richtsbarkeit, nicht der Zuständigkeit — wa- nicht immer beachtet wird.

6trutfmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Ausl- i.

1

2

Erstes Buch.

Alldem. Bestimmungen.

Erster Abschnitt. Gerichte.

§§ 2, 3.

§ 2. (2.) Insoweit nach dem Gesetze über die Gerichtsverfassung die Zu­ ständigkeit der Gerichte von dem Werte des Streitgegenstandes abhängt, kommen die nachfolgenden Vorschriften zur Anwendung. E. § 2.

Mot. 48.

Prot. 4.

§ 3. (3.) Der Wert des Streitgegenstandes wird von dem Gerichte nach freiem Ermessen festgesetzt; dasselbe kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie 3) Abgesehen von § 1 enthält der vorliegende Titel nur die Bestimmungen über die Fest­ setzung des Wertes des Streitgegenstandes (§§2—9) und einige Vorschriften zur tunlichsten Verhütung widersprechender Entscheidungen verschiedener Gerichte über die Frage der sachlichen Zu­ ständigkeit in einem und demselben Rechtsstreite (§§ 10, 11).

8 l.

1) Ter Begriff der sachlichen Zuständigkeit hat auch für die übrigen Justizgesetze — KL. u. StPL.: vgl. auch FGG. §§ 35, 65, 69, 72, 125 usw. — Bedeutung. Tie dahin ge­ hörenden Regeln sind deshalb grundsätzlich in das GVG. aufgenommen. 2) Im Zivilprozesse sind entweder die Amtsgerichte oder die Landgerichte, in den höheren Instanzen die Landgerichte, die Lberlandesgerichte, das Reichsgericht oder ein oberstes Landesgericht zuständig. Vgl. GVG. §§ 23, 24, 70, 71, 123, 135, 158, 160, EG. z. GVG. § 8. Grundsätzlich nicht unter den Begriff der sachlichen Zuständigkeit, sondern in das Gebiet der inneren Geschäftsverteilung fallen die Vorschriften über die Kammern für Handels­ sachen (GVG. §§ 101—108; vgl. das. § 100 Anm. 1). 3) Die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit finden sich nicht ausschließlich in dem GVG., sondern auch in der ZPL., namentlich für Ehesachen und für die Zwangsvollstreckung (vgl. z. B. §§ 486, 606, 609, 665, 676, 679, 684, 686, 764, 919, 942, 957), sowie in anderen Reichsgesetzen (vgl. KL. §§ 71, 146, 164, 194, 214, 238; ZVG. §§ 1, 163 Abs. 1; HGB. §§ 272 Abs. 2, 309, 524 Abs. 1; s. auch GVG. § 70 Anm. 5). 4) Tie sachliche Zuständigkeit ist wie die örtliche nach dem Zeitpunkte der Erhebung der Klage zu beurteilen (vgl. RG. 16 398; vgl. auch § 263 Abs. 2 Nr. 2); es genügt, wenn die Zu­ ständigkeit zur Zeit des Urteils begründet ist (LLG. Karlsruhe im Recht 1904, 195). Sie ist zuweilen eine ausschließliche (vgl. § 40 Anm. 2).

8 2. Literatur zu §§ 2—9: I. Schmidt: Wert des Streitgegenstandes usw. 1884, dazu Tränkner in KritV. 26, 716 ff.; Rittmann: Wert des Streitgegenstandes. 2. Ausl. 1905; Gerlach in Gruchot 31, 44 ff.; Wach I § 31; Planck I § 10; Hellwig II § 96. 1) „der Gerichte" — nämlich der Amtsgerichte und der Landgerichte (vgl. RG. 47 380). Jene sind in der Regel zuständig bei „Klagen über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von sechshundert Mark nicht übersteigt"; indessen sind den Amtsgerichten sowohl als den Landgerichten gewisse Sachen ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes zugewiesen (GVG. §§ 23, 70). 2) „die nachfolgenden Vorschriften" — d. h. die §§ 3—9; sie sind auch für die §§ 546 Abs. 2, 709 Nr. 4 sowie nach GKG. § 9, RAGebL. § 10 für den Ansatz der Gerichts­ und Rechtsanwaltsgebühren maßgebend. Vgl. auch § 97 Abs. 3.

8 3. 1) Streitgegenstand ist der durch die Klage oder Widerklage zur richterlichen Ent­ scheidung gebrachte Anspruch (vgl. §§ 145, 146 Anm. 2; RG in IW. 1894, 180: 1895, 39), der aber nicht mit dem materiellen Rechtsverhältnis, über das die Parteien streiten, noch auch mit dem Leistungsgegenstande gleichbedeutend ist. Vgl. auch GVG. § 23 Nr. 1. Ter Anspruch erhellt aus dem Antrage des Klägers oder Widerklägers; nötigenfalls ist der sonstige Inhalt

Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit der Gerichte.

§ 8.

3

von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sach­ verständige anordnen. E. § 3.

Mot. 49. Prot. 4.

der Klage zur Bestimmung deS Anspruchs

heranzuziehen.

Wie sich der Beklagte gegenüber

der Klage stellt, insbesondere ob er durch Zugeständniffe den Umfang des Streitstoffs verringert, ist für die Bestimmung deS Wertes de- Streitgegenstandes ohne Bedeutung ($R77; f. auch wegen der Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Revisionsfrist RG in IW. 1006, 7f>6), stets erforderlich (OLG. Celle in LA. 51 Nr. 220). 2) Nach Abs. 1 gilt als Regel die Verbindung des Verfahrens über den Antrag mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozeßhandlung. (Ähnlich § 590.) Ordnet das Gericht aus­ nahmsweise eine Trennung an, so ist das Verfahren über den Antrag als Zwischenstreit durch Zwischenurteil oder, wenn der Antrag abgewiesen wird, durch Enduneil zu erledigen. (Vgl. 8Z 303 Sinnt. 1 b, 347 Sinnt. 3; RG. 12 373, 32 402, OLG. Hamburg in LA. 56 Nr. 208.i Ein Zwischenurteil ist übrigens auch ohne vorherige Trennung der Verhandlung möglich, wenn dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattgegeben wird. 3) Slbs. 2: Tie Zulässigkeit des Antrags ist gleichfalls nach den Vorschriiten zu prüfen, die für die Zulässigkeit der versäumten Prozeßhandlnng gelten, mithin nach beu 88 104 Slbs. 3, 341, 535, 566, 589, 958, 1044. Es findet also namentlich auch Prüfung von Amts wegen statt (vgl. 8 139 Anm. 4; RG 32 402). Eine Ausnahme gilt in dieser Beziehung auch nicht in den Fällen der 88 958, 1044 (AM. Larwey, I 318, v. Bülow Sinnt. 3). Vgl. 8 95« Anm. 1. Auch die Anfechtung der Entscheidung richtet sich nach diesen Vorschriften (vgl. z. B. 8§ 511, 512, 568 Slbs. 2). [Übet die Folgen im einzelnen s. Leusfert Sinnt. 2b n’-] Eitle — mit der Bestimmung des 8 345 tm Einklänge stehende — Ausnahme macht der Einspruch; er steht der Partei, die den Slntrag gestellt, hat, nicht zu, während die Gegenpartei gegen ein Ver­ säumnisurteil, das wider sie bei der Verhandlung über die Wiedereinsetzung ergangen ist, der Regelvorschrift gemäß den Einspruch erheben kann. Zn dem ersteren Falle steht jedoch unter Voraussetzung des 8 313 Slbs. 2 (jgl. das. Anm. 3) der säumigen Partei noch die Bernsttng oder die Revision offen. Die Vorschrift der 88 302, 541, 000, 717, die eine Verurteilung des Klägers zur Er­ stattung des auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten anordnet, findet sich hier nicht; eine entsprechende Anwendung ist bedenklich. (SlM. Wilm.-Levy Anm. 5.) 4) Slbs. 3: Vgl. 88 341, 96 und 102 (wegen 8 235 Slbs. 1). — Ob und inwieweit .kosten durch unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, hat das Gericht frei zu würdigen.

Fünfter T:tel.

Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens.

Fünfter Titel.

§ 280.

231

Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens.

§ 239. (217.) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. Wird die Aufnahme verzögert, so können die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache geladen werden. Der die Ladung enthaltende Schriftsatz ist den Rechtsnachfolgern selbst zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt. Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termine nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln. Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet. E. § 209. Mot. 175 f. BGB. V 660 ff., VI. 654.

Prot. 76 — Nov. 1898 E. § 217; Begr. 100f.; Prot. z.

5) Abs. 4 ist von der Nov. v. 1909 im Anschlug an die anderweite Regelung der Ein­ legung des Einspruchs und der Rechtsmittel aufgenommen. Für die Versäumung der Notfrist de- § 466 bedurfte es besonderer Bestimmungen. Vgl. § 236 Abs. 2. 6) Über Hemmung der Zwangsvollstreckung s. § 707. Wegen der Gebühren s. GKG. § 26 Abs. 1 Nr. 5 n. Abs. 2, RAGebO. § 20.

Fünfter Titel. Literatur: Endemann, Lehrb. § 93, Bolgiano 262 ff., 267 ff., Planck 1 8 84, Fitting § 45, Schmidt tz 147, Frank in Busch 13, 184ff., Bunsen das. 26, 306 ff., Sperl, Sukzession in den Prozeß 1895. 1) Dieser Titel handelt von dem Stillstände, der im Prozeß eintreten sonn. Er ist entweder ein notwendiger, vom Willen der Parteien unabhängiger, oder ein freiwilliger, durch Einverständnis der Parteien herbeigeführter. Der notwendige Stillstand tritt entweder kraft Gesetzes in unmittelbarer Folge eines Ereignisses ein — ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Gericht- oder der Parteien (vgl. § 244 Anm. 1) — oder wird vom Gericht aus Grund gesetzlicher Bestimmungen (vgl. § 252 Anm. 1) angeordnet; im ersteren Falle spricht da- Gesetz von Unterbrechung, im letzteren von Aussetzung deS Verfahrens. Der freiwillige Stillstand wird als Ruhen des Verfahrens bezeichnet. — Die §§ 239—246 regeln die Unterbrechung, die §§ 246—248, 252 die Aussetzung des Verfahrens, die 88 249, 250 enthalten gemeinschaft­ liche Vorschriften für die Unterbrechung und die Aussetzung, § 251 behandelt daS Ruhen des Verfahrens. Die Gründe der Unterbrechung sind in den §§ 239—242, 244, 245 aufgeführt; es kommen hinzu die Fälle des § 13 des AnfechtGes. v. 21. Juli 1879 (RGBl. 1898, 709) und deS § 7 der preuß. Verordn., betr. die Kompetenzkonflikte, vom 1. Aug. 1879 (§ 252 Anm. 1 a. E.). Uber die Gründe der Aussetzung s. § 252 Anm. 1. — Allen diesen Fällen liegt der gemeinsame Gedanke zugrunde, daß, wenn in einem Prozeß ein Ereignis eintritt, infolgedessen eine Partei ihrem Gegner unverteidigt gegenübersteht, der Rechtsstreit so lange einhalten muß, bis der Partei Gelegenheit geboten ist, für die Verteidigung und Vertretung ihrer Rechte Sorge zu tragen. Das „Verfahren" dauert bis zum Eintritte der formellen Rechtskraft (§ 705). In der einzelnen Instanz bleibt das Verfahren anhängig bis zur Zustellung des Urteils; vgl. 88 170 Anm. 2, 706 Anm. 4. (Vgl. RG. 10 345, 18 310, 19 397, 27 358, 40 370, 41 427, 44 360, in IW. 1887, 288; 1890, 255; 1893, 133; 1900, 341, im DRA. 1887 des. Beil. 4, 263, ObLG. in SA. 47 Nr. 160, Planck I 531, Schultzc, V. d. prozessualen Zeitbestimmungen 32: s. auch RG in Gruchot 33, 455, LLG. Naumburg in Busch 4, 262. AM. Sarwey 1 323, Schultzen­ stein in Gruchot 27, 240.) Bis zur Einlegung des Rechtsmittel- hat jedoch da- untere Gericht

232

Erste- Buch. Allgem. Bestimmungen. DrÜter Abschnitt. Verfahren, g 239

trotz beendeter Anhängigkeit alle mit der Entscheidung über den Hauptanspruch nicht in Ver­ bindung stehenden Anträge der Regel nach zu erledigen, z. B. auch die Ausnahme des Verfahrens ($R@. VZS. 68 247). Die zur Zeit des Antrag- begründete Zuständigkeit des Untergerichts wird jedenfalls durch Zustellung des Urteils vor der Beschlußfassung nicht beseitigt (RG in IW. 1899, 366). Fälle der Aufnahme in der Revisionsinstanz s. RG. in IW. 1895, 164, 452 a. E. Die Rechtshängigkeit (§ 263) wird durch die Unterbrechung und Aussetzung nicht berührt (vgl. Planck, BGB. I § 211 Anm. 3). 2) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 26 Nr 4, 47 Nr. 1, RAGebO. § 20. 3) Auch auf das nicht vom Grundsätze der Mündlichkeit beherrschte Verfahren ist der vor­ liegende Titel entsprechend anzuwenden (vgl. RG. 3v 409). Dies gilt insbesondere vomKoftenfestsetzungsverfahren (RG. in IW. 1892, 204; 1900, 124; Busch 7, 559, OLG. Naumburg in d. Z. d. D. AnwaltSk. das. 1895, 70). Ist übrigens eine Partei vor Stellung des KostensestsetzungSgesuchs, aber nach eingetretener Rechtskraft des Urteils oder bei einem vorläufig voll­ streckbaren Urteile nach Verkündung des Urteils — oder genauer nach Schluß der vorausgegangenen mündlichen Verhandlung (§ 249 Abs. 3) — gestorben, so bedarf es zur Kostenfestsetzung keiner Aufnahme des Verfahrens, weder des Hauptverfahrcns noch des noch nicht eingeleiteten Fest­ setzungsverfahrens; es ist vielmehr das Festsetzungsgesuch von den Erben oder gegen die Erben einzureichen unter Nachweis der Rechtsnachfolge. Einer für oder gegen die Erben erteilten Voll­ streckungsklausel bedarf es zur Kostensestsetzung nicht, da §§ 724 und 750 Abs. 1 sich nur auf die Zwangsvollstreckung beziehen (vgl. Francke in Busch 6, 84. AM. v. Bruchhausen das. 16, 313, Wilm.-Levy vor § 217). Wegen des Mahnverfahrens f. SS 693 Anm. 3, 699 Anm. 4, wegen der Zwangsvollstreckung §§ 779 ff. Über daS Entmündigungsverfahren vgl. Tränkner im c. A. 68, 404 ff.

§239. 1) Abs. 1: Die im Falle des TodeS während des Rechtsstreits — RG- in Grnchot 39, 1138 — oder der Todeserklärung (Frank a. a. O. 204) einer nicht mit einem Prozeßbevollmächtigten versehenen (§ 246), prozeßfähigen oder nicht prozeßfähigen Partei eintretende Unter­ brechung des Verfahrens dauert bis zu dessen Ausnahme durch die Rechtsnachfolger (8 239) fort; wegen deS Nachlaßpflegers. Testamentsvollstreckers und Konkursverwalters deS Nachlasses. § 243. Unter „Rechtsnachfolger" sind hier nur diejenigen zu verstehen, welche die gesamte Persönlichkeit des Erblassers vertreten, also ohne weiteres an dessen Stelle treten, d. h. Gesamt­ nachfolger. (Vgl. 88 265 Anm. 2, 727 Anm. 1, Schollmeyer, Zwischenstreit 105, 111 ff., Kohln in Busch 12, 123 Anm. 46, Frank das. 13, 219. AM. Bolgiano 270, Sckmidt 8 147 II 1, Hellmann, Lehrb. 405, Gaupp Nr. II, Petersen Nr. 5, Wilm.-Levy Anm. 3, Seufsert Anm. lh, Skonietzki Anm. 2, A. Förster Anm. 2 a. Vgl. auch RG. 26 141, 31 331, 34 430.) Von der Rechtsnachfolge unter Lebenden und von dem Eintritte der Sondernachfolger in den Prozeß handeln die 88 265, 266. (S. ObLG. u. OLG. Karlsruhe in SA. 44 Nr. 220, 221.) Aus den Fall der Auflösung eines parteifähigen Vereins usw. (8 17; vgl. 8 50 Abs. 2) ist 8 239 entsprechend anwendbar (vgl. RG. 66 331, in IW. 1890, 334 f., OLG. Cassel in Busch 13, 381, Frank a. a. O. 214, Köhler, Prozeß als Rechtsverhältn. 90). Die offeneHandelsgesellschaft, Aktiengesellschaft usw. bestehen während der Liquidation noch als parteifähig fort. Es kann jedoch mit der Liquidation ein Wechsel in der Vertretung verbunden sein (§ 241). Vgl. 8 62 Anm. la. Auch auf die klagende oder beklagte Firma ist 8 239 anwendbar, wenn derjenige, welcher zur Zeit der Klagerhebung Inhaber war, im Laufe des Rechtsstreits stirbt (Denkschr. z. HGB. 32; Makower, HGB. 8 17 Anm. HI d). Der Ausdruck „Partei" in Abs. 1 umfaßt auch den Nebenintervenienten und dm benannten Drillen (§§ 76, 77) nach Übernahme de- Prozesses, nicht aber den gesetzlichen Vertreter; vgl. 88 51 Anm. 2, 241, 246. Der Tod des Nebenintervenienten unterbricht daS Berfahrm jedoch nur im Verhältnisse zu diesem (Seufiert Anm. 1 d. AM. Gaupp Nr. I, Frank a. a. O. 205 s.)'

Fünfter Titel. Unterbrechung und Aussetzung de- Verfahrens. § 289.

233

Im Falle der Streitgenossenschaft tritt beim Tode eines einzelnen Streitgenoffen die Unterbrechung nur rücksichtlich seiner Rechtsnachfolger ein (AM. Puchelt I 512 Sinnt. 4). Im Kalle de- § 62 fragt e- sich dann, ob die Überlebenden allein ohne die Rechtsnachfolger deBerstorbenen zur Sache legitimiert sind. Ist dies nicht der Fall (vgl. § 62 Sinnt. 2 b, §§ 59, 60 Anm. 4), so ist die von ihnen oder gegen sie allein weiter verfolgte Klage abzuweisen (abw. Frank a. a. O. 205). Eine Vertretung der säumigen Rechtsnachfolger durch die überlebenden Streitgenossen nach § 62 kann erst mit dem Augenblicke Platz greifen, wo die Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen ist (§ 239 Abf. 4), da sie vorher nicht am Rechtsstreite beteiligt sind (AM. Petersen Nr. 2, Gaupp Nr. V). Vgl. auch RS. in IW. 1893, 343, Köhler, Prozeß alS RechtSverhältniS 102 N. **, Hachenburg, Besondere Streitgenoss. 72 ff. 2) Abs. 2—4: Diese Absätze regeln das Verfahren für den Fall, daß die Rechtsnach­ folger die Aufnahme verzögern, d. h. den Prozeß nach Eintritt der Rechtsnachfolge nicht sogleich ausnehmen. Ob eine Verzögerung vorliegt, entscheidet daS Gericht nach fteiem Ermessen. Gegenüber Mit erben kann bei ungeteiltem Nachlasse der Rechtsstreit nicht gegen einen Erben allein aufgenommen werden; vielmehr liegt hier notwendige Streitgenoffenschaft vor (vgl. BGB. §§ 2058, 2059 und oben § 62 Anm. 2; vgl. auch Wilm.-Levy Sinnt. 4; s. jedoch ObLG. in SA. 42 Nr. 63). Der Gegner, dem das Recht gegeben wird, die Aufnahme zu erzwingen, hat die Ladung auf die Ausnahme und die Verhandlung zur Hauptsache zugleich zu erstrecken; dies folgt auS der vou der Nov. v. 1898 vorgenommenen Änderung de- Abs. 4 de- § 239 (vgl. auch Frank a. a. O. 234, Planck I 526. AM. Fitting § 45 N. 5 u. 8). Erfolgt dagegen die Aufnahme nur zum Zwecke der Zustellung des Urteils (vgl. § 249 Anm. 4 a. E.) oder um die Rechts­ mittelfrist gegen daS bereits zugestellte Urteil wieder in Lauf zu setzen (vgl. RS. 40 369, in Gruchot 36, 370), so ist nur eine Ladung zur Aufnahme möglich. Stirbt eine Partei vor Ein­ legung des Rechtsmittels, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens dann nicht ein, wenn sie bis zu ihrem Tode durch einen Prozeßbevollmächtigten der bisherigen Instanz vertreten war (RG. VZS. 68 247). Für den Fall des TodcS nach Einlegung vgl. RS. VZS. 71 155 u. § 246 Anm. 1 Abs. 3. Der Beweis der Rechtsnachfolge liegt im Falle des Bestreitens dem Gegner ob (Planck I 528 N. 72; vgl. RS in SA. 56 9k. 53). [Über die Folgen deS Eintritts eines Pseudoerben in den Prozeß s. RG. 4ö 359, Köhler in Busch 12, 127 ff., 138ff., Frank a. a. O. 243, Planck I 528.) Die Frage nach dem Vorhandensein der Rechtsnachfolger und nach deren Verpflichtung zur Ausnahme deS Verfahrens kann einen Zwischen st reit unter den Parteien bilden (vgl. § 303 Anm. Id. RS 27 358, 84 381, 430, 45 362, 406, 68 390, in IW. 1905, 536, Schollmeyer a. a. O. 109 ff, Faull, Zwischenstreit 64. AM. Frank a. a. O. 237 ff.). Das Urteil, daS den Antrag ablehnt, ist stets ein Endurteil (RG. 45 362, 406, in IW. 1895, 164 Nr. 8, in Gruchot 42, 971, Seuffert in Busch 7, 10, Köhler das. 12, 126 ff., Planck I 526 ff. AM. Schollmeyer a. a. O. 110). Ein Streitgenosse kann ungeachtet seines Betreibungsrechts (§ 63) nicht die Rechts­ nachfolger eines verstorbe.len Streitgenoffen nach Abs. 2 laden, noch gegen sie die RechtSwirkung de- ZugeständniffeS (Abs. 4) geltend machen. $) Abs. 3: Auf die Ladung finden die allgemeinen Grundsätze ber §§ 214—216 Anwendung. „den Rechtsnachfolgern selbst" — im Gegensatze zu ihrem Vertreter, insbesondere einem Zustellungsbevollmächtigten der verstorbenen Partei. Ein Prozeßbevollmächtigter der letzteren kann nicht gemeint sein, weil beim Vorhandensein eines solchen nach § 246 Abs. 1 eine Unterbrechung deS Verfahrens überhaupt nicht eintritt. (Vgl. jedoch Kleiner I 686 u. Frank a. a. O. 236.) Zulässig ist die Zustellung an einen der im § 173 erwähnten Vertreter der Rechtsnachfolger. Auch die Ersatzzustellung (§§ 181 ff.) ist nicht ausgeschlossen („selbst" bedeutet nicht „persönlich") und ebensowenig die öffentliche Zustellung (§§ 203 ff.).

234

Erstes Buch.

Allgem. Bestimmungen.

Dritter Abschnitt.

Verfahren.

§ 240.

§ 240. (218.) Im Falle der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Konkursmasse betrifft, unterbrochen,

Der zweite Satz des Abs. 3 hat die Bedeutung, daß der Vorsitzende nicht an die gesetz­ liche Dauer der Einlaffungs- und Ladungsfrist (§§ 262, 217) gebunden ist, vielmehr die Frist nach den Umständen des einzelnen Falles angemessen bestimmen kann. Hat er sie zu kurz be­ messen, so kann nach § 227 Abs. 2 Abhilfe eintreten. 4) Abs. 4: Die gesperrten Worte sind von der Nov. v. 1898 an die Stelle der früheren Fassung gesetzt: „von dem Gerichte durch Versäumnisurteil auszusprechen, daß das Verfahren von den Rechtsnachfolgern aufgenommen sei. Eine Verhandlung zur Hauptsache ist erst nach Ablauf der Einspruchsfrist und. wenn innerhalb derselben Einspruch eingelegt ist, erst nach dessen Erledigung statthaft/' Das früher notwendige Versäumniszwischenurteil ist damit beseitigt. Gegen die ausgebliebenen Rechtsnachfolger, die zugleich zur Verhandlung der Hauptsache geladen waren, kann sofort Versäumnisurteil in der Sache selbst erwirkt werden (vgl. Anm. 2). Eine Schädigung der Ausgebliebenen tritt hierdurch nicht ein, da sie im Wege des Einspruchs auch ihren Wider­ spruch gegen die behauptete Rechtsnachfolge noch geltend machen können. Aus dem Wort­ laute „die behauptete Rechtsnachfolge" sei als zugestanden anzusehen, ergibt sich, daß der die Aufnahme betreibende Gegner die einzelnen, die Rechtsnachfolge begründenden Tatsachen nicht zu behaupten braucht; er mutz nur — und zwar schon in der Ladung oder einem rechtzeitig zugestellten vorbereitenden Schriftsätze (arg. $ 335 Nr. 3) — den Rechtsgrund der Rechtsnachfolge (Testament, gesetzliche Erbfolge. Erbvertrag) bezeichnen, damit das Gericht ersehen kann, ob überhaupt eine Rechtsnachfolge im Sinne des § 239 behauptet wird. Eine tatsächliche Begründung der Rechts­ nachfolge würde für den Gegner häufig mit Schwierigkeiten verbunden sein. (Vgl. Troll, Bersäumnisnrteil 104, Planck I 530. AM. Frank a. a. C. 236, Skonietzki Anm. 14, Petersen Nr. 9: vgl. Gaupp Nr. III.) Datz eine Verzögerung der Aufnahme des Rechtsstreits int Sinne des Abs. 2 vorliegt, mutz der den Rechtsstreit aufnehmende Gegner allerdings durch Anführung von Tatsachen darlegen (vgl. Frank a. a. £.). Nehmen die Rechtsnachfolger den Streit auf und erscheint der Gegner nicht, so ist nicht, wie im Falle des Abs. 4 die behauptete Rechtsnachfolge, sondern es sind die die Rechtsnachfolge begründenden, von beit Rechtsnachfolgern zu behauptenden Tatsachen als zugestanden anzunehmen (§ 331). (Vgl. Planck I 529, Wilm.-Levy Anm. 8. AM. Seuffert Anm. 1, Gaupp Nr. III.) Jedoch ist auch in diesem Falle ein Versäumnisurteil in der Sache nach § 330 oder § 331 statthaft. 5) A b s. 5 ist von der Nov. v. 1898 in Durchführung des int BGB. § 1958 enthaltenen Grundsatzes aufgenommen, datz vor der Annahme der Erbschaft ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden kann. Vgl. wegen der Zwangsvollstreckung unten §§ 778 ff. Ist die Erbschaft angenommen, so kann der Erbe weder den Umstand, daß er innerhalb gewisser Fristen (£§ 2014, 2015 a. a. O.) die Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten verweigern darf, noch den Umstand, daß ihm eine Jnventarfrist be­ stimmt ist (§ 1994 a. st. O.), dem Begehren der Aufnahme des Rechtsstreits entgegensetzen. Nur vor der Annahme der Erbschaft ist er „zur Fortsetzung des Rechtsstreits" und daher auch zur Aufnahme nicht verpflichtet. Daß er die Erbschaft angenommen hat (ausdrücklich oder stillschweigend) oder daß die Ausschlagungsfrist verstrichen ist (§ 1943 a. a. O.), ist ihm gegen­ über zu beweisen. # 240. Literatur: Bunsen in Busch 26, 314 ff. 1) Die Unterbrechung im Falle des Äonkurses — eine Folge der in der Verwaltungs­ und Verfügungsbefugnis des Gemeinschnldners eintretenden Veränderung (ttC. § 6) — schützt die Interessen der Gläubiger. (Vgl. § 52 Anm. 3, Schultze, D. KonkR. 82 ff.) — Über „Partei"

Fünfter Titel.

Unterbrechung und Aussetzung deS Verfahren-.

§ 240.

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bis dasselbe nach den für den Konkurs geltenden ^Bestimmungen aufgenommen oder das Konkursverfahren aufgehoben wird. E. § 210.

Mot. 178.

Prot. 76, 667.

vgl. § 239 Anrn. 1. Die Unterbrechung tritt kraft Gesetzes ein; einerlei, ob das Gericht oder die Parteien von der Konkurseröffnung Kenntnis haben oder nicht (RG 11 398, 64 361). Die Eröffnung des Konkurse- im Auslande hat in Ansehung der Passwprozeffe des Gemeinschuldners nicht die Wirkung des § 239, abgesehen von den Staatsverträgen (vgl. KO. § 237, RG. 14 405, 412, 16 337; s. oben §§ 23 Anm. 3, 52 Anrn. 5 a. E.). 2) Die §§ 10—12, 144 Abs. 2, 146 KO. treffen Bestimmungen darüber, von wem, wann und wie die durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Prozesse einer Partei während des Konkurses wieder ausgenommen werden können. Die §§ 10, 11 beziehen sich auf Rechtsstreitig­ keiten über die Aktivmaffe und über Maffeschulden; in ihnen steht die Befugnis zur Ausnahme dem Konkursverwalter, im Falle des § 10 Abs. 2 dem Gemeinschuldner selbst zu. Die §§ 12, 144, 146 dagegen handeln von den Streitigkeiten über die Passivmasse; in ihnen ist es Sache der Gläubiger der streitig gebliebenen Forderungen oder der Widersprechenden, den Prozeß auf­ zunehmen (vgl. RG. 16 358, 34 409 u. im DRA. 1886 bes. Beil. 5, 300; s. auch RG. in IW. 1895, 83), im Falle de- Bestreitens des Gemeinschuldners (§ 144 Abs. 2) gegen den letzteren (RG. 13 315). Die Aufnahme erfolgt gemäß § 250. (Bgl. über die Unterbrechung und Aufnahme des Verfahren- RG. 27 350.) Ob der Rechtsstreit nach den für den Konkurs gellenden Bestimmungen aufzunehmen ist, hat das Prozeßgericht von Amts wegen zu prüfen (RG' im LächsA. 1, 670). Zum Verzicht auf ein Rechtsmittel oder auf den Einspruch durch den Konkursverwalter bedarf es der Aufnahme des Verfahren- nicht (RG. 45 323). Der § 240 findet sowohl auf einen die Aktivmasse wie aus einen die Passivmasse betreffenden Prozeß Anwendung. (Schultze a. a. O. 87 Anm. 2, RG. in SA. 38 Nr. 271, OLG. Dresden im SächsA. 1, 150.) Es kommt nur darauf an, datz der Prozeß die Konkurs­ masse betrifft, d. h. daß sich aus der Entscheidung eine Recht-wirkung für die Konkursmasse (f. KO. § 1) ergibt sein Beispiel s. RG. 11 396 — nach der aktiven Seite; ferner Busch 10, 387, RG 16 117, 45 170 (Anspruch aus widerrechtlicher photographischer Aufnahme), 374 (An­ spruch au- unlauterem Wettbewerbe), in IW. 1907, 108 (Anspruch wegen Warenzeichens): vgl. KO. § 10]. Dagegen bezieht sich § 240 nicht auf Prozesse, die überhaupt die Konkursmasse nicht berühren, z. B. über Familienftandsverhältniffe de- Gemeinschuldner-, über Ansprüche auf Unterlassung seiner gewerblichen Tätigkeit (OLG. Hamburg in SA. 50 Nr. 69) oder über Ansprüche, die im Konkurse nicht geltend gemacht sind, obwohl die Möglichkeit der Geltendmachung vorliegt (RG. 25 17, OLG. Eöln im RhA. 88 I 270. AM. OLG. Cöln im RHA. 89 I 178; vgl. auch RG in IW. 1897, 417). Über die (mehr konkursrechtliche) Streitfrage, ob durch die Konkurseröffnung auch da- von einem Aussonderungs- oder Absonderungsberechtigten betriebene Zwangsvoll­ streckungsverfahren unterbrochen wird und vom Konkursverwalter ausgenommen werden muß, vgl. Schultze a. a. O. 92 ff., Hauser in s. Z. f. Reichs- und LandesR. 3, 466 ff. Wegen des Einflüsse- der Konkurseröffnung auf die Zwangsvollstreckung überhaupt vgl. KO. § 14. Die Aufnahme kann durch den Konkursverwalter noch in der Revisionsinstanz erfolgen; er ist selbstverständlich befugt, die Tatsachen daselbst geltend zu machen, von denen die Zulässig­ keit dieser Aufnahme abhängt (RG. 11 398). 3) Die Worte „ober das Konkursverfahren aufgehoben" sind von der RTK. 1875 aufgenommen worden, weil die Frage, wie es mit den durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Prozessen zu halten sei, wenn lvährend des Konkurses eine Ausnahme nicht erfolgt, in der Konkurs­ ordnung nicht gelöst wird und eine entsprechende Anwendung des § 239 auf diesen Fall zu un­ nötigen Weitläufigkeiten führen würde. Die durch die Konkurseröffnung eingetretene Unterbrechung erreicht somit, wenn während des Konkurse- eine Aufnahme nicht erfolgt ist, mit der Aufhebung

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Erstes Buch.

Allgem. Bestimmungen.

Dritter Abschnitt.

Verfahren,

g

241.

§ 241. (219.) Verliert eine Partei die Prozeßfähigkeil oder stirbt der gesetzliche Vertreter einer Partei oder hört die VettretungsbefugniS desselben auf, ohne daß die Partei prozeßfähig geworden ist, so wird das Verfahren unterbrochen, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche Vertreter von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht, oder bis der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Vertreter anzeigt. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet wird. E. § 211. Mol. 176. Prot. 76. - Nov. 1898 E. § 219; Begr. 101; Prot. z. BGB. V. 294, 542, 811 f.. VI. 654.

deS Konkurses von selbst ein Ende; jede Partei kann ohne weiteres das Verfahren fortsetzen (9MB. 45 324, 47 372; OLG. Hamburg in LA. 38 Nr. 198). Bon der Aufhebung des Konkurs­ verfahren-, der hier die „Einstellung" (KO. §§ 202—206) gleichsteht, bandelt die KO. in den 88 163, 164, 190.

4) Das Aufnahmeverfahren bildet einen Zwischenstreit unter den Parteien (vgl. 88 239 Anm. 2, 303 Anm. 1 b, Schollmeyer a. a. O. 97 ff.), der nach mündlicher Verhandlung durch Urteil (nicht durch Beschluss) zu entscheiden ist (9MB. 32 428, 54 120). Die Entscheidung, daß die ausnehmende Partei zur Ausnahme des Verfahrens nicht befugt ist und die durch die Auf­ nahme entstandenen Kosten zu tragen hat, hat die Wirkung eine- EndurteilS (9MB. 45 406; vgl. 8 239 An in. 2 Abs. 5). 5) Vgl. noch 8 13 des AnfechtGes. v. 21. Juli 1879 (RGBl. 1898, 709). 6) Über die Anwendbarkeit des 8 240 beim Konkurs über einen Nachlaß s. 8 243. Der Konkurs über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft unterbricht nicht den Rechtsstreit über die (dadurch subsidiär beschränkte) Haftung der einzelnen Gesellschafter; es kann nur die Aussetzung nach 8 148 erfolgen (vgl. 8 62 Anm. 2, Förster Anm. 4; s. auch 9MB. 51 94). 8 241. 1) Dem Tode einer Partei (vgl. 8 239 Anm. 1) steht in prozessualer Beziehung der Ver­ lust der Prozetzfähigkeit oder bei einer nicht prozetzfühigen Partei der Wegfall deS ge­ setzlichen Vertreters — sei es infolge Todes oder eintretender Prozetzunfähigkeit oder Auf­ hörens seiner Vertretungsbefugnis — gleich, dieser Wegfall natürlich nur dann, wenn er nicht Folge der inzwischen eingetretenen Prozetzfähigkeit der Partei ist (vgl. übrigens 8 246). Über die Voraussetzungen, unter denen die Unterbrechung des Verfahrens wegen Wegfalls deS gesetzlichen Vertreters eintritt, s. 9MB. 33 412, 34 362, in IW 1898, 280 (Wegfall eines Vorstandsmitglieds). Gesetzlicher Vertreter ist auch der Konkursverwalter alS Vertreter des Konkursverwalteramts (8 52 Anm. 3; vgl. 9MB. 47 372). Der in einem Rechtsstreit eine prozetzfähige Person vertretende Pfleger gilt auch im Sinne der ZPO. für den Rechtsstreit als gesetzlicher Vertreter (vgl. 88 51, 53; Begr. 86, 101; s. auch unten Anm. 5). Ist eine Partei prozeßfahig geworden und scheidet infolgedessen ihr bisheriger gesetzlicher Vertreter aus, so findet eine Unterbrechung des Ver­ fahren- nicht statt, weil die Partei in jedem Zeitpunkte gehörig vertreten ist; es kann daher, wenn der gesetzliche Vertreter vor seinem Ausscheiden zu einem Termine geladen war, gegen die in­ zwischen prozetzfähig gewordene, in dem Termine nicht erschienene Partei ein Versäumnisurteil erlassen werden. Ist dagegen aus den in 8 241 bezeichneten Gründen eine Unterbrechung ein­ getreten und wird die Partei demnächst prozetzfähig, so ist in entsprechender Anwendung deS 8 241 die Anzeige an die Partei oder von dieser zu machen. — Unter Aufhören der VertrelungSbefugnis fällt das Aufhören des gesetzlichen Verwaltungsrechts, z. B. des Nießbrauchs am Kindesvennögen, nur dann, wenn der Berechtigte „gesetzlicher Vertreter" war (vgl. 8 52 Anm. 2). Stirbt bei der offenen Handelsgesellschaft ein vertretungsberechtigter Gesell­ schafter, so dürfte 8 241, wenn auch nicht unmittelbare, so doch entsprechende Anwendung finden (vgl. § 62 Anm. 2 a).

Fünfter Titel.

Unterbrechung und Aussetzung de- Verfahren-.

§ 242.

237

§ 242. Tritt während des Rechtsstreits zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegen­ stand der Fall der Nacherbfolge ein, so finden, sofern der Borerbe befugt war, ohne Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand zu verfügen, hinsichtlich der Unterbrechung und der Aufnahme des Ver­ fahrens die Vorschriften des § 239 entsprechende Anwendung. Nov. 1898 E. § 219 a; Begr. 101 f. 2) Eine förmliche Aufnahme des Verfahren- nach Art der §§ 239, 240 tritt nicht ein. Vielmehr genügt zur Fortsetzung des Verfahrens auf der einen Leite die Anzeige des gesetzlichen Vertreters oder des neuen gesetzlichen Vertreters von seiner Bestellung an den Gegner, auf der anderen Leite die Anzeige des Gegners an den gesetzlichen Vertreter von seiner Absicht, den Prozeß fortzusetzen (vgl. § 250). Wird die Bestellung eine- gesetzlichen Vertreter- verzögert, so hat sich der Gegner an die Behörde, die für die Bestellung zu sorgen hat (VormundschaftS> behörde usw.), mit Anträgen auf Bestellung zu wenden. 3) § 57 ist hier nicht entsprechend anwendbar. Dagegen trifft auch beim Tode des nach § 57 bestellten besonderen Vertreters § 241 zu. 4) Die Zwangsvollstreckung wird (anders als beim Tode des Lchuldners) durch die in § 241 vorgesehenen Ereignisse nicht unterbrochen. 5) Abs. 2 ist von der Nov. v. 1898 eingefügt. Mit „Nach laß Verwaltung" bezeichnet daBGB diejenige Art der Nachlaßpslegschaft, welche die Befriedigung der Nach labgläubiger bezweckt (§§ 1975, 1981 ff., Planck, BGB. V Vordem. HI 5 oor § 1942; s. auch unten § 243 Anm. 1). Im Falle einer Nachlaßverwaltung würde Abs. 1 an sich nicht Platz greifen, da der Erbe durch die Entziehung der Verfügung-befugnis die Prozebsähigkeit nicht verliert und dementsprechend der Nachlaßverwalter nur die Stellung eines Pflegers, nicht aber die eine- gesetzlichen Vertreterim Linne der ZPO. § 51 hat. Nur soweit er einen Prozeß bereit- führt, ist er gesetzlicher Vertteter, und nur insoweit verliert der Erbe die Prozebsähigkeit (§ 53 o. a. D.). Hiernach würde der Erbe einen beim Tode de- Erblassers anhängigen Rechtsstreit auch nach Anordnung der Nachlaßverwaltung an sich fortsetzen können. Um dies im Interesse der Gläubiger zu ver­ hindern, findet nach Abs. 2 die Vorschrift des Abs. 1 über die Unterbrechung deS Verfahrens ent­ sprechende Anwendung. (Vgl. Begr. 101; s. auch unten KZ 243 Anm. 5, 789 u FGG. § 76; Planck a. a. O. § 1984 Anm. 3b.) Auf nicht vermögen-rechtliche Prozesse findet Abs. 2 keine Anwendung, da die Vertretung-befugnis de- Nachlaßverwalters sich auf die den Nachlaß betreffenden Prozesse beschränkt. Ebensowenig findet Abs. 2 insoweit Anwendung, alS der Erbe ttotz angeordneter Nachlaßverwaltung aus seiner unbeschränkten Haftung in Anspruch genommen wird (vgl. BGB. § 1981 Abs. 2). Die vorgeschriebene Anzeige geschieht vom Nachlaßpfleger oder an ihn. § 242. 1) Der § 242, den die Nov. v. 1898 eingefügt hat, betrifft die vom Erblasser angeordnete Nacherbfolge (BGB. §§ 2100ff.). „Der Nacherbe ist nicht RtchtSnachfolger des Vorerben, er leitet vielmehr sein Recht unmittelbar von dem Erblasser ab An sich ist daher der Eintritt des Nacherben in den von dem Vorerben ftifütirtm Rechtsstreit ausgeschlossen. Ebensowenig aber kann, da mit dem Eintrltte des Falles der Nacherbfolge der Vorerbe aushört, Erbe zu sein (BGB. § 2139), der Streit diesem gegenüber sachlich zur Entscheidung gebracht werden" (Begr.). Vgl. jedoch Hellwig, Rechtskraft, 219 ff. u. 226 ff., Lehrb. I 278 f. Im Interesse der Beteiligten und zur Abfchneidung zweckloser Prozesse wird der Nacherbe gemäß § 242 insoweit, alS nach § 326 Abs. 2 ein gegen den Borerben ergehendes Urteil auch gegen den Nacherben wirken würde, ausnahmsweise wie ein Rechtsnachfolger(K 239) de- Vorerben behandelt.

238

Erstes Buch. Allgem. Bestimmungen. Triller Abschnitt. Verfahren, gg 243, 244.

§ 243. (220.) Wird im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein Nachlastpfleger bestellt oder ist ein zur Führung des Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden, so kommen die Vorschriften des § 241 und, wenn über den Nachlaß der Konkurs eröffnet wird, die Vorschriften des § 240 in betreff der Aufnahme des Verfahrens zur Anwendung. E. § 212. Mot. 177. Prot. 76. — Nov. 1898 E. § 220; Begr. 102; Prot. z. BGB. VI. 654.

§ 244. (221.) Stirbt in Anwaltsprozessen der Anwalt einer Partei oder wird derselbe unfähig, die Vertretung der Partei fortzuführen, so tritt eine Unter­ brechung des Verfahreno ein, bis der bestellte neue Anwalt von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht. Wird diese Anzeige verzögert, so kann die Partei selbst zur Verhandlung der Hauptsache geladen oder zur Bestellung eines neuen Anwalts binnen einer von deni Vorsitzenden zu bestimmenden Frist aufgefordert werden. Wird dieser Auf­ forderung nicht Folge geleistet, so ist das Verfahren als aufgenommen anzusehen. 2) „ohne Zustiinmung — zu verfügen" — An sich kann der Borerbe über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen (BGB. § 2112; vgl. §2136 das.); die Ausnahmen hiervon sind in den §§ 2113—2115 a. a. €. enthalten. (Bgl. Begr. 110.) Mit dem Eintritte der Aacherbfolge verliert der Borerbe die Aktivlegitimation. In den Fällen, in denen der Bor­ erbe ohne Zustimmung des Nacherben zu verfügen belügt ist und daher das Urteil, wenn es vor dem Eintritte der Nacherbfolge rechtskräftig geworden wäre, nach § 326 Abs. 2 auch gegen den Nacherben wirken würde, wird der Nacherbe dem Rechtsnachfolger im Sinne des § 239 gleich behandelt. Liegt dagegen kein solcher Fall vor, so trifft § 242 nicht zu; vielmehr bleibt es dem Nacherben überlassen, ob et selbständig klagen oder eine Klage gegen sich abwarten will. Prozesse über Nachlabverbindlichkeiten fallen nicht unter § 242.

§ 243. 1) Gin Nachlabplleger wird für die Zeit bis zur Annahme der Erbschaft, oder wenn der Erbe unbefannt oder es ungewiß ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, vom Nachlabgerichte bestellt, und zwar für denjenigen, welcher Erbe wird (BGB. § I960, FGG. §§ 72 ff.; vgl. über den Fall der Nachlabverwaltung znm Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger §§ 1975, 1981 ff. n. q. £. u. oben § 241 Anm. f>). „ein zur Führung des Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker" — s. BGB- §§ 2212, 2213. Tie Stellung dieser Personen hat Ähnlichkeit mit der des gesetzlichen Bertreters einer lebenden Partei (vgl. RG 4 437 u. oben §§ 51, 53, 242 Anm. 5), wie der Konkurs über den Nachlaß (vgl. KO. §§ 214—236) dem Konkurse über das Vermögen einer lebenden Person gleichsteht. Die Aufnahme erfolgt daher hier nickt nach § 239 Abs. 2—4, sondern nach §§ 240, 241 (vgl. RG. in SA. 38 Nr. 271, IW. 1904, 238; 1906, 311). 2) Wird im Falle der Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß das Konkursverfahren aufgehoben oder eingestellt, bevor die Aufnahme des Prozeßverfahrens erfolgt ist, so tritt wieder die Regel des § 239 ein, da die Beendigung des Konkursverfahrens die Beendigung der durch den Tod herbeigeführten Unterbrechung nicht bewirken kann (AM. Kleiner 1 692).

g 244. 1) Der Anwaltszwang (§ 78) hat zur Folge, daß, wenn der Anwalt einer Partei stirbt oder unfähig wird, ferner als Anwalt im Prozesse tätig zu sein, die Partei unvertreten und unverteidigt ist; mithin muß nach den allgemeinen Bemerkungen zu diesem Titel eine Unterbrechung de- Verfahrens eintreten, und zwar auch, wenn es sich nur noch um die Zustellung des Urteil­ handelt (RG. 10 347, 19 397, in Gruchot 28, 1130, in SA. 39 Nr. 248; vgl. §§ 176 Anm. 2,

Fünfter Titel.

Unterbrechung und Aussetzung deS Verfahrens.

§ 244.

239

Bis zur nachträglichen Anzeige der Bestellung eines neuen Anwalts können alle Zustellungen an die zur Anzeige verpflichtete Partei, sofern diese weder am Orte des Prozeßgerichts noch innerhalb des Amtsgerichtsbezirks wohnt, in welchem das Prozeßgericht seinen Sitz hat, durch Aufgabe zur Post (§ 175) erfolgen. E. § 213.

Mot. 178.

Prot. 76.

249 Anm. 4), dagegen nicht, wenn Einlegung des Rechtsmittels in Frage steht (RG 13 310 u. in Gruchot 30, 455; 33, 1145; vgl. auch das. 456), weil nach Beendigung einer Instanz von einer Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod des nur für diese Instanz bestellten Rechts­ anwalts nicht die Rede sein kann. Die Entscheidung der VZS. (RG. 68 247) steht nicht entgegen (vgl. Vordem. 1 z. V. Titel). Darauf, ob ein anderer Anwalt als Vertreter bestellt ist, kommt es nicht an (vgl. §§ 81 Anm. 2, 176 Anm. 1 — „Vertreters"; RG. 11 368, Planck I 232 Nr. 4). Wegen des Falle-, daß der Aufenthalt des Prozeßbevollmächtigten unbekannt ist, s. 8 177. Als „Anwalt einer Partei" gilt ein Anwalt von dem Zeitpunkt an, in welchem er als solcher kenntlich gemacht ist, z. B. durch Einreichung einer Rechtsmittelschrift (RG. 14 333). Dagegen tritt die Unterbrechung durch die bloße Tatsache deS TodeS oder der Unfähigkeit des Anwalt- ein, ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Gerichts oder des Gegners (RG. 19 399). Wenn ein Anwalt seiner Partei den Bollmachtsvertrag kündigt oder umgekehrt die Partei ihrem Anwälte, so tritt wegen der Vorschrift deS § 87 Abs. 1 eine Unterbrechung nicht ein. 2) Unfähig, die Vertretung der Partei fortzuführen, wird in Anwaltsprozessen ein Anwalt durch freiwilliges Scheiden aus der Rechtsanwaltschaft oder Aufgeben der Zulassung, durch Zurücknahme der Zulassung (RAO. §§ 21—24) oder durch Ausschließung von der Rechts­ anwaltschaft (RAO. §§ 63 Nr. 4, 96, StGB. §§ 31, 33, 35). Bei freiwilligem Rücktritte von der Rechtsanwaltschaft tritt die Unterbrechung des Verfahren- mit dem Zeitpunkte de- Löschens in der Liste ein, weil bis dahin der Rechtsanwalt an seine Rücktriitserklärung nicht gebunden ist (RG. 19 401 in Gruchot 33, 1145, in IW. 1897, 285; 1905, 178). Eine (körperliche oder geistige) Erkrankung ist an sich kein Grund der Unfähigkeit, sofern letztere nicht zur tatsächlichen Unzurechnungsfähigkeit oder zur Entmündigung führt (arg. §§ 79, 241. AM. Wilm.-Levy Anm. 2, Gaupp Nr. II 3, Skonietzki Anm. 3, Petersen Nr. 4), ebensowenig eine andere tatsächliche Ver­ hinderung an der Vertretung der Partei, z. B. infolge plötzlicher Verhaftung (RG. in SA. 37 Nr. 160), nicht einmal die Anordnung einer Pflegschaft wegen Abwesenheit, weil dadurch die Handlungsfähigkeit nicht verloren geht (vgl. H. Meyer in Busch 18, 141 ff. AM. OLG. Marien­ werder das.). 3) Eine förmliche Aufnahme des Verfahrens nach Art der §§ 239, 240 tritt auch hier nicht ein, sondem zur Fortsetzung genügt, wie nach § 241 eine Anzeige des bestellten neuen Anwalts von seiner Bestellung an den Gegner (vgl. § 250; s. auch RG. 11 370, 14 334). 4) Der Abs. 2 trifft Vorsorge für den Fall, daß die Anzeige „verzögert wird"; vgl. § 239 Anm. 2. Wie im Falle des § 239 die Rechtsnachfolger, so kann hier die Partei selbst (im Gegensatze zu einem Vertreter) zur Fortsetzung des Verfahrens aufgefordert werden, und zwar entweder a) durch eine bloße Aufforderung zur Bestellung eines neuen Anwalts oder b) durch Ladung zur Verhandlung der Hauptsache; mit dieser Ladung muß übrigen- nach § 215 die Aufforderung zur Bestellung eines Anwalts stets verbunden sein. a) Wird der Aufforderung binnen der vom Vorsitzenden gesetzten Frist (vgl. § 239 Anm. 2) nicht nachgekommen, so nimmt, abweichend von § 239, mit Ablauf der gesetzten Frist die Unterbrechung des Verfahrens von selbst ihr Ende. Außerdem ist für diesen Fall die Zu­ stellung an die zur Anzeige verpflichtete Partei nach Maßgabe des letzten Satze- erleichtert. Die Worte „Bis zur nachträglichen Anzeige" beziehen sich übrigens nur auf die Zeit vom Ab­ lause der Frist bi- zur nachträglichen Anzeige (AM. Sarwey I 236, v. Bülow Anm. 3). b) In dem zweiten Falle, wenn die säumige Partei zur Verhandlung der Hauptsache

240

Erstes Buch.

Allgem. Bestimmungen.

Dritter Abschnitt.

Verfahren.

§f 245,246.

§ 245. (222.) Hört infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses die Tätigkeit des Gerichts auf, so wird für die Dauer dieses Zustandes das Verfahren unterbrochen. E. § 214.

Mot. 175.

Prot. 76.

§ 246. (223.) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozetzfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nach! atz verwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozetzbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozeßgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richtet sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241—243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist der die Ladung enthaltende Schriftsatz auch dem Bevoll­ mächtigten zuzustellen. E. § 215.

Mot. 177.

Prot. 76. — Nov. 1898 E. § 223; Begr. 102.

geladen ist, wird, sofern sie in dem Verhandlungstermin ausbleibt oder nicht durch einen An­ walt vertreten ist, zur Hauptsache nach allgemeinen Regeln des Versäumnisveriahrens verhandelt, d. h. die nicht vertretene Partei nach §§ 330 ff. als säumig behandelt. 5) Fällt im Parteiprozesse der Anwalt oder der sonstige ProzeßbevollmächNgte infolge TodeS usw. weg, so befindet die Partei sich in derselben Lage, als wenn die gesetzliche Vertretung einer Partei aufhört, weil letztere selbst prozeßsähig geworden ist. Eine Unterbrechung des Ver­ fahren- tritt mithin nicht ein (vgl. § 241 Anm. 1).

§245. Der § 245 handelt von den Fällen des sog. justitium, in denen zufolge äußerer, nicht in der Person der Partei oder ihrer Vertreter liegender Ereignisse, z. B. eines .Krieges, an­ steckender Krankheiten usw., die Tätigkeit des Gericht- einen gänzlichen Stillstand er­ leidet. In der Regel wird ein Erlaß der Ltaats- oder Militärgewalt einen solchen Zustand feststellen; notwendige Voraussetzung ist dies aber nicht. Die Fortsetzung der Prozesses erfolgt nach Beendigung dieses Zustandes nach allgemeinen Regeln gemäß § 214 durch Ladung von der einen oder anderen Leite ohne jede Wiederaufnahme. Vgl. übrigens §36 Nr. 1.

§246. 1) Abs. 1: Wenn bei dem Tode (§ 239), dem Verluste der Prozcßfähigkett oder dem Weg­ falle deS gesetzlichen Vertreters (§ 241 Abs. 1), der Anordnung einer Nachlaßverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge — letztere beiden Fälle sind, entsprechend den §§ 241 Abs. 2, 242, durch die Nov. v. 1898 hinzugefügt — eine Partei durch einen Prozeßbevol lmächtigten (im Anwalts- oder Parteiprozesse) vertreten war, so steht sic ihrem Gegner nicht unverteidigt gegen­ über, weil nach § 86 die Vollmacht des Prozeßbevollmächtigten weder durch den Tod des Voll­ machtgebers noch durch eine Veränderung seiner Prozeßsähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben wird. Deshalb tritt in diesen Fällen nach § 246 Abs. 1 eine Uvterbrechnng des Verfahrens von Rechts wegen nicht ein. (Anders § 240.) Vgl RG in IW. 1894, 543; 1900, 14. Dem Prozeßbevollmächtigten steht der nach § 89 einstweilen zugelassene Geschäftsführer gleich. (AM. Kleiner I 698, Frank a. a. O. 208.) Dagegen ist für den Bevollmächtigten die Möglichkeit, die Aussetzung des Ver­ fahrens verlangen zu können, von großem Interesse, um von den ihm zurzeit vielleicht noch nicht einmal bekannten Rechtsnachfolgern seines Auftraggeber- oder von dem gesetzlichen Vertreter, dem Nachlaßverwalter oder dem Nacherben sich eine neue Vollmacht (§ 86 a. E.) und die nötige

Fünfter Titel.

Unterbrechung und Aussetzung deS Verfahren-.

| 247

241

§ 247. (224.) Befindet sich eine Partei zu Kriegszeiten im Militärdienste oder hält sich eine Partei an eineimOrte auf, welcher durch obrigkeitliche Anordnung oder durch Krieg oder durch andere Zufälle von dem Verkehre mit dem ProzeßAufklärung geben zu lassen; ebenso im Falle des Todes oder der Nacherbfolge für den Gegner, um die Personen der Rechtsnachfolger oder des Nacherben zu erfahren und sich zu vergewiffern, daß diese wirklich die Absicht haben, mit ihm den Prozeh fortzusetzen. Deshalb gibt § 246 dem Bevollmächtigten bzw. dem Gegner daS Recht, die Aussetzung bei dem Prozehgerichte zu ver­ langen. Das Recht für den Gegner fällt fort, wenn der Zweck schon durch Zustellung einer Erklärung der sich ausweisenden Rechtsnachfolger oder Nacherben, den Prozeh fortsetzen zu wollen, erreicht ist (vgl. SR®. in IW. 1896, 31 Nr. 7. AM. SR®. 86 404). DaS Gesuch um Aus­ setzung ist noch nach Schluß der mündlichen Verhandlung — bi- zur rechtskräftigen Entscheidung — zulässig (SR®, in IW. 1900, 341). Über daS Verfahren und die Zuständigkeit s. § 248. „des TodeS" — der Partei, nicht des gesetzlichen Vertreter- (SR®. 14 430), und zwar vor oder nach Erlaß deS Urteils (SR®. 7 332). Stirbt eine Partei nach Zustellung deS EndurteilS der Instanz und vor Einlegung deS Rechtsmittels, so tritt eine Unterbrechung deS Ver­ fahrens dann nicht ein, wenn sie bis zu ihrem Tode durch den Prozehbevollmächtigten der bisherigen Instanz vertreten war (9t®. VZS. 68 247). Stirbt sie nach Einlegung des Rechtsmittels, ohne einen Prozehbevollmächtigten für die neue Instanz bestellt zu haben, so tritt Unterbrechung deS Verfahrens ein, selbst wenn sie in der unteren Instanz durch einen Anwalt vertreten war (SR®. VZS. 71 155 — für die Nevisionsinstanz). „des Wegfalls deS gesetzlichen Vertreters" — nämlich deS bisherigen (SR®, in IW. 1895, 327 Nr. 7). Hierher gehört auch der Wegfall des nach §§ 57, 58 bestellten Vertreters (vgl. ObLG. in SA 42 Nr. 329), sofern nicht — im Falle des § 57 — die Partei selbst prozehfähig geworden ist (hiergegen fehlt daS ObLG. a. a. O.). „der Anordnung einer Nachlahverwaltung oder deS Eintritt- der Nach­ erbfolge" — von der Nov. v. 1898 mit Rücksicht darauf eingefügt, daß auf diese Fälle die Vor­ schriften über die Unterbrechung deS Verfahren- ausgedehnt sind; vgl. §§ 241 Anm. 5, 242 Anm. 1. Erfolgt keine Aussetzung de- Verfahrens, so ist der Prozeh auf den Namen der bisherigen Partei fortzuführen, sofern nicht ihr Prozehbevollmächtigter oder der Gegner die Änderung behauptet und, falls sie von der Gegenseite bestritten wird, beweist (vgl. auch Frank a. a. O. 209 f ). Die Zwangsvollstteckung freilich kann nur beginnen, wenn die Vollstreckungsklausel auf den Namen der Erben oder des Nacherben erteilt ist (§§ 727, 728, 750). sVgl. auch OLG. Dresden in SA. 43 Nr. 313.j

2) Abs. 2: Die Dauer der Aussetzung und die Art der Aufnahme des Ver­ fahrens ist in den einzelnen hier behandelten Fällen verschieden; sie richtet sich nach den Regeln, die für die einzelnen Fälle der Unterbrechung in den §§ 239, 241—243 unter der Voraussetzung gegeben sind, daß ein Prozehbevollmächtigter nicht vorhanden ist. — Ist ein Prozeh in mehreren Instanzen zugleich anhängig, so ergreift die von der einen Instanz angeordnete Aussetzung nicht zugleich das in der anderen Instanz anhängige Verfahren (SR®. 16 352). 8) Daß in den Fällen des Todes und — Zusatz der Nov. v. 1898 — der Nacherbfolge der die Ladung zur Aufnahme des Verfahren- enthaltende Schriftsatz neben den Rechtsnachfolgern bzw. dem Nacherben auch dem Bevollmächtigten der bisherigen Partei zugestellt werden muh, ist eine Abweichung von § 239 Abs. 3, die darauf beruht, daß erfahrung-mähig in den meisten Fällen derselbe Prozehbevollmächtigte beibehalten wird. Auf der anderen Leite enthält die Vorschrift, daß die Ladung in diesen Fällen auch an die Rechtsnachfolger oder an den Nacherben (vgl. § 242 in Verbindung mit § 239) selbst geschehen soll, keinen Widerspruch mit § 86 und dient zur Be­ zeichnung der Personen, die der Gegner alS neue Partei betrachtet wiffen will (Mot. 177). In Anwalt-prozessen muh die Ladung die in § 215 vorgeschriebene Aufforderung enthalten, ©trudmann u. Koch, Zlvtlproiebordnung. 9. Aufl. 16

242

Erste- Buch. Allgem. Bestimmungen. Dritter Abschnitt.

Verfahren,

gg 248, 249.

geeicht abgeschnitten ist, so kann dasselbe auch von Amts wegen die Aussetzung des Verfahrens bis zur Beseitigung des Hindernisses anordnen. E. § 216.

Mol. 175, 178.

Prot. 76.

§ 248. (225.) Das Gesuch um Aussetzung des Verfahrens ist bei dem Prozetzgericht anzubringen; es kann vor dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt werden. Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. E. § 217.

Mot. 175.

Prot. 76.

§ 249. (226.) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, datz der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unter­ brechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. g 247. 1) Im Gegensatze zum § 245 berücksichtigt der § 247 Hindernisse, die infolge äußerer Er­ eignisse nicht allgemein, sondern nur in der Person einer Partei eintreten. ES findet alsdann nicht eine Unterbrechung von Rechts wegen, sondern nur eine Aussetzung seitens des Gerichts statt, diese aber, abweichend von § 246, auch von Amts wegen und ohne Zwang („Tarnt*). DaS Vorhandensein eines Prozeßbevollmächtigten steht der Anwendbarkeit des § 247 nicht im Wege, verringert aber das Bedürfnis der Aussetzung. Nach Beseitigung des Hindernisses bedarf es zur Beendigung der Aussetzung, wie im Falle des § 245, weder einer Anzeige noch der Auf­ nahme int Sinne deS § 250; vielmehr ist nach Maßgabe des § 150 die Aussetzung aus Antrag oder von Amts wegen wieder aufzuheben. (Abw. Wilm.-Levy Anm. 3.) 2) Der Hauptfall ist der, wenn eine Partei sich „$u Kriegszeiten" (tatsächlicher oder rechtlicher Kriegszustand) int Militärdienste befindet. Ein besonderes Bundesgesetz dieses Inhaltwar das Gesetz vom 21. Juli 1870, betr. die zugunsten der Mititärpersonen eintretende Ein­ stellung deS ZPBerfahrens, (BGBl. 493). Im „Militärdi enste" befinden sich die ^Militärpersonen* (vgl. § 14 Anm. 1). 3) Der zweite Fall ist der, wenn der Lrt, an dem sich eine Partei aufhält, durch Krieg oder obrigkeitliche Anordnung, z. B. wegen ansteckender Krankheiten oder durch andere Zufälle, z. B. Überschwemmungen, von dem Verkehre mit dem Prozeßgericht abgeschnitten ist.

g 248. 1) § 248 Abs. 1 lt. 2 regelt die Form deS Verfahrens nicht nur für die Fälle der 88 246, 247, sondern für alle Arten der Aussetzung, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordern (vgl. §§ 148, 149 Anm. 2, 151 Anm. 1 a. E.; RG 29 383, 40 373 — nicht im Falle des § 139. AM. Planck I 520 N. 25, Gaupp Anm., Skonietzki Anm. 1). Vgl. § 252 Anm. 1. „Gesuch" ist hier gleichbedeutend mit „Antrag" (vgl. Fitting in Busch 7, 223); dafür besteht kein Anwaltszwang (§ 78 Abs. 2). — „ohne mündliche Verhandlung" — vgl. § 128 Anm. 4b. „Prozeßgericht" — Ist bereits das Urteil ergangen, so ist bis zur Einlegung des Rechtsmittels das Gericht der Instanz zuständig, in der das Urteil erging (RG- VZS. 68 247; s. auch Anm. 1 vor § 239). 2) Wegen der Gebührensreiheit s. GKG. §§26 Nr. 4, 47 Nr. 1.

8 249. 1) Die in § 249 verzeichneten Wirkungen der Unterbrechung und der Aussetzung sind — abgesehen von Abs. 3 — die gleichen. Sie treten auch in anderen Fällen der Aussetzung als in den der §§ 246, 247 ein (AM. Endemann I 640; vgl. § 252 Anm. 1), int Falle des § 7 b. Preuß. Vcrord., betr. d. Kompetenzkonfl., v. 1. Aug. 1879 (GS. 573) jedoch mit Ausnahme des Abs. 3. Bei einem in mehreren Instanzen anhängigen Verfahren beschränkt sich die Wirkung der Aussetzung auf die Instanz, in der sie angeordnet wurde (RG. 16 352).

Fünfter Titel.

Unterbrechung und Aussetzung de- Verfahrens.

§ 260.

243

Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozetzhandlungen sind der anderen Partei gegen­ über ohne rechtliche Wirkung. Durch die nach dem Schlüsse einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert. E. § 218.

Mot. 178, 179.

§ 260. (227.)

Prot. 76.

Die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Ver-

2) Abs. 1: „einer jeden Frist" — Auch der Notfristen. Dagegen hat § 249 für Jahresfristen, abgesehen von der Frist des § 234 Abs. 3, und ähnliche uneigentliche Fristen (§ 223 Anm. 1) feine Bedeutung, weil bei diesen ein Verfahren nicht anhängig ist. Bei der Frist de§ 234 Abs. 3 kann allerdings ein anhängiges Verfahren vorliegen (vgl. Frank a. a. O. 217). Ebensowenig ist § 249 auf Termine als solche anwendbar (ObLG. in SA. 43 Nr. 322). „nach Beendigung der Unterbrechung" — Im Falle des erhobenen Kompetenzkonflikts (vgl. Anm. 1) ist in Preußen als Zeitpunkt der Beendigung der Unterbrechung die gemäß § 17 der Verord. an die Parteien erfolgte Zustellung des Urteils des Kompetenzgerichtshofs anzusehen (9t®. in IW. 1900, 872; Droop, Rechtsweg in Preußen 120 N. 35).

3) Abs. 2: Selbstverständlich ist, daß zu den während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozetzhandlungen im Sinne des Abs. 2 nicht auch eine Ladung zur Verhandlung der Hauptsache gebort, die gemäß § 239 Abs. 2 mit der Ladung der Rechtsnachfolger zur Wiederaufnahme verbunden wird, ebenso, daß, wenn die unverteidigte Partei auf die Geltendmachung der Ungültigkeit ausdrücklich oder stillschweigend (§ 295) verzichtet, auch die während der Unterbrechung oder Aussetzung vorgenommenen Handlungen rechtliche Wirkungen haben (9t®. 10 69, 14 333, 51 94, Fitting § 46 Nr. 13; s. jedoch auch 9t@. 10 400 u. §§ 170—206 Anm. 1 Abs. 2). Der außergerichtliche vertragsmäßige Verzicht auf ein Rechtsmittel ist keine Prozeßhandlung (vgl. Frank a. a. O. 223). „der anderen Partei gegenüber" — Die handelnde Partei kann sich auf die Un­ gültigkeit der von ihr vorgenommenen Handlungen nicht berufen (Frank a. a. O. 223 f.). Zweifelhaft ist es, ob sich der Abs. 2 trotz des engeren Wortlauts auch auf die vom Gerichte vorgenommenen Prozeßhandlungen bezieht. Innere Gründe und der Abs. 3 sprechen für die Bejahung (9t®. 10 69, Frank a. a. O. 224 f.) Ein trotz der Unterbrechung erlassenes Urteil bleibt jedoch in Kraft, bis es nach Aufnahme des Verfahrens durch Einspruch, Rechts­ mittel, gegebenenfalls auch durch Nichtigkeit-- oder Restitutionsklage aufgehoben wird (9t®. 45 327, 64 361. AM. Frank a. a. O. 225 ff.). Dagegen fällt die Zustellung des Urteils unter die von der Partei vorgenommenen Prozeßhandlungen (R® 45 327). Die Ungültigkeit der richterlichen Handlung kann jede Partei geltend machen (AM. Seuffert Anm. 2d). 4) Abs. 3: Der Grundsatz gilt, weil im Abs. 3 — abweichend von den Abs. 1 und 2 — nur von der Unterbrechung die Rede ist, nicht von der Aussetzung (9t®. 30 374, in IW. 1900, 341, Planck I 521). Da diese von der Tätigkeit des Gerichts abhängt, ist kein Grund vorhanden, eine Urteilsverkündung noch zuzulassen, obwohl das Gericht sie nicht angeordnet hat (9t®. 30 374, in IW. 1900, 341, Planck I 521). Dagegen kann die Zustellung des Urteils sowohl bei der Unterbrechung wie bei der Aussetzung erst nach erfolgter Aufnahme des Verfahrens in der Instanz erfolgen (vgl. oben § 239 Anm. 2). 8 250. 1) „Die Aufnahme" — s. §§ 239, 240, 242, 243, 246 Abs. 2; „die--------An­ zeigen" - s. 88 241, 243, 244.

244

Erstes Buch.

Allgem. Bestimmungen.

Dritter Abschnitt.

Verfahren,

g 251.

fahrens und die in diesem Titel envähnten Anzeigen erfolgen durch Zustellung eines Schriftsatzes. E. § 219.

Mot. 179.

Prot. 76.

§ 251. (228.) Die Parteien können vereinbaren, daß das Verfahren ruhen Die Vereinbarung hat auf den Lauf der Notfristen keinen Einfluß. Erscheinen in einem Termine zur mündlichen Verhandlung beide Parteien nicht, so ruht das Verfahren, bis eine Partei eine neue Ladung zustellen läßt.

solle.

E. § 229.

Mot. 179, 180.

Prot. 76.

„durch Zustellung eines Schriftsatzes" — vgl. Frank a. a. C. 230 f. Der Schrift­ satz kann zugleich Anträge in der Hauptsache enthalten. Die Aufnahme bewirkt, daß die Fristen lausen und jede Partei rechtsverbindliche Anträge zur Hauptsache stellen darf (SR®. 13 315). In der Urteilszustellung allein liegt noch nicht die Aufnahmeerklärung (SR®. 41 403), die jedoch nicht eine ausdrückliche zu sein braucht (SR®. 51 97, in IW. 1902, 423). — Einer Ladung bedarf cs, abgesehen von dem in § 150 Anm. 2 Gesagten, nur zur Erzwingung der Aufnahme von dem diese verzögernden Gegner in den Fällen § 239 Abs. 2, KO. § 8, AnfechtGes. § 13. Tie den allgemeinen Regeln über den Prozeßbctrieb entsprechende Bestimmung des § 250 schließt nicht aus, daß die Wiederaufnabme des Verfahrens auch ohne Schriftsatz in der mündlichen Verhandltmg erfolgen kann (Mot.; SR®. 41 403, 52 347, 62 26, tu IW. 1908, 305; vgl. §§ 128 Anm. 1, 129). Einer Entscheidung dahin, daß das Verfahren für aufgenommen zu erachten sei oder nicht, bedarf eS nur, wenn unter den Parteien darüber, ob eine wirksame Auf­ nahme vorliegt, Streit besteht. Diese Entscheidung könnte nur dann Beschluß sein, wenn sie ledis l'ch prvzeßleitenden Inhalts wäre. Sie betrifft aber wohl immu zugleich die Sache selbst — St eit über die Rechtsnachfolge, Nacherbfolge, Nachlaßverwaltung, Legitimation des gesetzlichen Vertreters oder des neuen Anwalts — oder doch wenigstens die Prozeßvoraussetzungen und ist daher Zwischen- oder (im Falle der Abweisung der Aufnahme) Endurteil. sVgl. auch § 239 Abs. 2 u. Anm. 2, Planck I 527 f. AM. Frank a a. O 237 ff., auch wohl SR®, ls °T>8.] Der Zeitpunkt der Zustellung bezeichnet in den Fällen der Aufnahme oder . . Anzeige zugleich den Zeitpunkt für die Beendigung bei Unterbrechung oder Aussetzung und mithin auch für den Wiederbeginn des Laufes der Fristen (§ 249 Abs. 1). Wegen der Gebühren s. GKG. § 26 Nr. 4, RAGebO. § 20. 2) Im amtSgerichtlichen Prozeß erfolgt die Ausnahme nach Vorschrist der §§ 496,497. Die Form der Aufnahme nach § 250 ist auch für ein unterbrochenes Beschwerdeverfahren geboten (SR®. 30 409). Wegen der Kostensestsetzung usw. vgl. oben Vorbem. 3 vor § 239. # 251. 1) Das Verfahren ruht entlveder infolge einer Vereinbarung der Parteien (Abs. 1) oder Nichterscheinens beider Parteien im Termine zur mündlichen Verhandlung (Abs. 2); auch können beide Gründe zusammentreffen, wenn das Nichterscheinen beider Parteien auf einem vorherigen Ein­ verständnisse beruht. Ein hilssweiser Antrag aus Ruhenlassen ist aber nicht zulässig (OLG. Karls­ ruhe in Busch 7, 343). Erscheint nur eine Partei und stellt keine Anträge, so ruht das Verfahren ebenfalls (SR®, in IW. 1884, 174). 2) Abs. 1: Die Vereinbarung kann in jeder Lage der Sache ohne Beobachtung irgend­ welcher Form (vgl. § 224 Anm. 1) getroffen werden, für bestimmte oder unbestimmte Zeit. Im ersteren Falle kann einem vor Ablauf der verabredeten Frist gestellten, auf Fortsetzung deS Ver­ fahrens gerichteten Antrage — von Amts wegen ist die Vereinbarung, weil nur auf dem Partet­ willen, nicht auf dem öffentlichen Interesse beruhend, nicht zu beachten, auch nicht im Versäumnisfalle (Köhler, Prozeß als Rechtsv., 88. AM. Gaupp Nr. II, Wilm.-Levy Anm. 1) — der Gegner den Einwand des verfrühten Prozeßbetriebs entgegensetzen. Über den Einwand ist durch Beschluß zu entscheiden (SR®. 49 349, in IW. 1900, 310; OLG. Karlsruhe in SA. 47 Nr. 295). Im letzteren

Fünfter Titel.

Unterbrechung und Aussetzung deS Verfahrens.

| 282.

245

§ 252. (229.) Gegen die Entscheidung, durch welche auf Grund der Vor­ schriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet Beschwerde, im Falle der Ablehnung sofortige Beschwerde statt. E. § 231.

Mot. 175, 180.

Prot. 76, 77.

Falle kann eine jede Partei die andere in dem ihr geeignet scheinenden Zeitpunkte zur Fortsetzung des Verfahren- gemäß § 216 laden lassen. Letzteres gilt auch, wenn daS Verfahren ohne zuvortge Vereinbarung infolge Nichterscheinens beider Parteien ruht. Eine Anzeige der Vereinbarung an das Gericht ist angemessen, aber nicht erforderlich. Vgl. § 227 Anm. 1. Wegen der Kosten s. § 123 Anm. 2, GKG. §§ 93, 94, RAGebO. § 85. 3) Daß die Vereinbarung der Parteien auf den Lauf der Notfristen keinen Einfluß hat, ist eine Folge der Bestimmung des § 224 Abs. 1 (vgl. das. Anm. 2). Ein Gleiche- muß auch rücksichtlich der Fristen de- § 234 gelten, obwohl sie zu den Notfristen nicht gehören (das. Anm. 2 u. 3. AM. Puchelt I 529 Anm. 3, Planck I 522 N. 36). Im übrigen sind die Wirkungen deRühens dieselben wie die der Aussetzmlg de- Verfahrens (§ 249), auch hinsichtlich der Nichtanwend­ barkeit des § 249 Abs. 3. (Vgl. Planck I 521 f.) 4) Abs. 2: „Termine zur mündlichen Verhandlung" — Dies ist nicht jeder Termin, sondern nur ein zur kontradiktorischen Verhandlung bestimmter Termin (vgl. § 128 Aum. 4), auch, wenn die Verhandlung nur eine freigestellte ist (AM. Hellmann, Lehrb. 664). In Terminen, die zu anderen Zwecken, z. B. zur Beweisaufnahme oder zur Verkündung gerichtlicher Entscheidungen, stattsinden, hat daher das Ausbleiben beider Parteien ein Ruhm de- Verfahrens nicht zur Folge; vielmehr geht die Handlung, für die der Termin bestimmt ist, soweit überhaupt möglich, ohne Rücksicht auf die Abwesenheit der Parteien vor sich (§§ 312 Abs. 1, 367 Abs. 1, 368 Anm. 1; vgl. Schwalbach im c. A. 66, 260). 5) Eine förmliche Aufnahme des ruhendm Verfahrens (§ 250) findet nicht statt. Beendigt wird daS Ruhen durch eine Ladung (§ 214) seitens der einen oder anderen Partei (s. jedoch § 497) oder in Fällen, in denen eine mündliche Verhandlung durch die Lage de- Prozesses zunächst nicht erfordert wird, durch eine den Willen der Fortsetzung de- Verfahrens bekundende Prozeßhandlung, z. B. die Zustellung eines Urteils, um die Rechtsmittelftist in Lauf zu setzen, den Anttag an daGericht, die beschlossene Beweisaufnahme vorzunehmen. Die Berechnung der der Vereinbarung unterworfenen Fristen richtet sich bei der Fortsetzung des Verfahren- zunächst nach der Vereinbarung; im Zweifel laufen alle Fristen von der Fo.tsetzung an von neuem. Die Wirkung des Rühens auf die durch Klagerhebung eingetretene Unterbrechung der Verjährung wird durch BGB. § 211 Abs. 2 geregelt (vgl. RG. 32 354, 33 394; s. auch unten § 276 Anm. 1).

8 252. 1) In § 252 findet der Gedanke Ausdruck, daß es außer den in diesem Titel enthaltenen Fällen der Aussetzung des Verfahrens (§§ 246, 247) noch andere gibt, vorausgesetzt, daß diese auf reichsgesetzlicher oder von der Reicbsgesetzgebung zugelassener landesgesetzlicher Be­ stimmung beruhen (Prot. 76). Die ZPO. selbst enthält in anderen Abschnitten noch eine Reihe von Fällen, in denen eine Aussetzung durch das Gericht angeordnet werden kann; so bei der Hauptintervention (§ 65), bei der Abhängigkeit eines Zivilprozeffes von einem anderen Prozeß-, einem Verwaltungs- oder einem Strafverfahren (§§ 148, 149, 151 — 154; vgl. über die Beschwerde RG. 15 427; 18 186), im Wiederaufnahmeverfahren (§ 578 Abs. 2), in Ehesachen (§§ 620, 621), im Aufgebotsverfahren (§§ 953, 969); s. auch § 681. Außerdem hält EG. z. ZPO. tz 15 Nr. 1 die landeSgesetzlichen Vorschriften über die Einstellung des Verfahrens bei Kompetenzkonflikten ausdrücklich aufrecht (RG. 25 413). Nach der Preuß. Verordn, v. 1. Aug. 1879 (GL. 573) § 7 findet in diesem Falle eine Unterbrechung statt (s. § 249 Anm. 1 u. 2).

246

Erste- Buch.

Allstem. Bestimmungen.

Dritter Abschnitt. Verfahren.

§ 282.

2) DaS Gericht ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zur Anordnung einer Aus­ setzung befugt (vgl. Mot.; RG. 18 384 u. in IW. 1887, 228; 1897, 107). 8) Über die Beschwerde vgl. 88 567 ff., über die sofortige Beschwerde § 577. Nach seiner allgemeinen Fassung bezieht sich § 252 auch auf die Anordnung der Aussetzung von Amts wegen (8 247). Der Anordnung der Aussetzung stehen gleich die Ablehnung der Aufhebung (88 150 Anm. 1, 155 Anm. 3), der Beschluß, durch den ein Verfahren für unterbrochen erklärt wird (RG. 16 339), ebenso die Fälle, in denen die Aussetzung des Verfahren- nur mittelbar herbeigeführt wird (RG. 32 430; s. auch RG. in IW. 1897, 562 Nr. 4 i. A ). (Vgl. RG. 16 358 u. dagegen 8 250 Anm. 1.] Die Statthaftigkeit der Beschwerde fällt fort, wenn ein Endurteil vorliegt, da von Aussetzung deS Verfahrens oder der Verhandlung (88 148, 149) nach Erlaß des EndurteilS nicht die Rede fern kann (RG. 29 340 ; 43 422, in IW. 1889, 401, in Gruchot 42, 1177); ander- beim Bersäumnisurteil in den Fällen der Aussetzung des Verfahrens (88 239 ff.), da daS Verfahren der Instanz mit dem Versäumnisurteile, solange dieses dem Einspruch unterliegt, nicht endet (RG. 36 401, 46 385 u. in IW. 1896, 70 u. 588).

Zweites Buch.

Verfuhrt» in erster Min; (Srftcr Abschnitt.

verfahren vor den Landgerichten. erster Titel. Verfahren bis zum Urteil. § 253. (230.) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes. Derselbe muh enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; 2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag; 3. die Ladung des Beklagten vor das Prozetzgericht zur mündlichen Ver­ handlung des Rechtsstreits. In der Klageschrift soll ferner der Wert des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Streitgegenstandes angegeben werden, wenn die Zuständigkeit des Gerichts von diesem Werte abhängt. Außerdem finden die allgemeinen Bestimmungen über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift Anwendung. E. § 222.

Mot. 22, 182.

Prot. 77 f.

Zweites Buch. Literatur über das Prozeßverhältnis im allst.: Blllow, Prozeßeinreden. 1868, Iff., ders. in Busch 27, 224ff.; Schnitze, Privatrecht u. Proz. 1883, 287ff.; Wach I 35ff., in Gruchot 7, 136ff., in Busch 32, lff.; Planck l 205ff.; Köhler, Der Prozeß als Rechtsverhältnis, 1888; v. Canstein in Busch 16, 8ff.; Plüsz, Beiträge zur Theorie des Klagrechts, 1880; Trutter, Über prozessualische Rechtsgeschäfte, 1890; ders., Bona fides im Zivilpiozeß, 1892; Oetker, Konkursrechil. Grundbegriffe I 37ff.; Schmidt § 4; Hellwig, Anspruch u. Klagerecht, 1900; Stein, D. Voraussetzungen des Rechtsschutzes, 1902; Gaupp, Vordem, vor § 253.

Das zweite Buch, welches das Verfahren in erster Instanz regelt, zerfällt in zwei Ab­ schnitte, von denen der erste in zwölf Titeln das Verfahren vor den Landgerichten, bet andere das Verfahren vor den Amtsgerichten betrifft. Das Verfahren vor den Land­ gerichten ist erschöpfend behandelt und dient dem Beifahren vor den Amtsgerichten als Vorbild (§ 495). Über die Besonderheiten des Verfahrens vor den Kammern für Handelssachen vgl. GVG. §§ 102—108a, 118.

Erster Titel. Die §§ 253—260 handeln von der Erhebung der Klage, §§ 261, 262 vom Termine zur mündliche» Verhandlung, §§ 263—270 von den Wirkungen der Klagerhebung,

248

Zweites Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten, § 258.

§ 271 von der Zurücknahme der Klage, §§ 273—285

von

der mündlichen

§ 272

von

Verhandlung;

den

vorbereitenden Schriftsätzen,

die

§§ 286—294 enthalten allgemeine

Grundsätze über den Beweis, §§ 295—299 verschiedene Einzelvorschriften.

In die Bestimmungen

deS ersten Titels greifen die allgemeinen Vorschriften über das Verfahren (§§ 128—252) vielfach ergänzend ein.

8 253. Literatur über die „Klage" (actio) s. bei Windscheid-Kipp, Pand. I §§ 44 Anm. 5, 46 Anm. 1 u. bei Förster (Eccius) I § 50; vgl. ferner Planck II §§ 86, 87, 100; Weis­ mann, Lehrb. §§ 17ff. Kroll,

S. auch Brinkmann, Die Begründung der Klagen usw., Leipzig 1883;

Klage und Einrede.

Berlin 1884;

Rheinhold,

Die Lehre v. d. Klaggrunde

usw.

Berlin 1888; Staub in Gruchot 32, 554ff., Wach das. 33, 1 ff., Landsberg das. 36, 236ff., Holder in Jherings I. 46, 265ff. u. in Busch 29, 50ff'., Weizsäcker, Unrichtige Bezeichnung in der Klageschrift, in Busch 27, 20ff.; Schmidt $§ 49, 63 f.;

Planck, BGB. I 52; Cvsack,

Lehrb. d. bürg. R. I § 79; Matthiaß, desgl. I § 70; Crome, desgl. I § 125. 1) Die Klage bildet die Grundlage des ganzen Rechtsstreits, ihre Erhebung den Zeit­ punkt

des

Eintritts

der Rechtshängigkeit

(§§ 263,

267).

Nach Abs. 1 wird dieser Zeitpunkt

bestimmt durch die Zustellung (§§ 166ff.) der Klageschrift au den Gegner. Wegen Erhebung der Klage

durch mündlichen Bortrag

S. auch § 498.

im Parteiprozesse s. §§ 500, 510c.

Die Erhebung der Klage darf nicht an eine aufschiebende oder auflösende Bedingung ge­ knüpft werden (Petersen in Busch 16, 504). 2) Abs. 2:

Vgl. Anm

6, § 260 Anm. 7.

Die Klageschrift hat teils eine bestimmende,

Bedeutung (vgl. § 128 Anm. 2).

Soweit ersteres der Fall,

unter Nr. 1—3 den notwendigen Inhalt durch

teils eine vorbereitende

schreibt der Abs. 2 des § 253

das zwingende „muß* vor.

Der Abs. 2 regelt

aber nur die prozessualen Voraussetzungen einer ordnungsmäßigen Klage; was

sachlich zur Be­

gründung des klageweise verfolgten Anspruchs erforderlich ist, bestimmt das bürg. Recht. 3) Nr. 1: Die Bezeichnung der Parteien muß so bestimmt sein, daß über bereit Identität kein Zweifel obwalten kann.

(Vgl. §§ 130 Nr. 1, 690 Nr. 1; RG

6 349, Weizsäcker 71 ff.).

Die Erklärung, „soweit nötigt der Klage beizulrcten, ermangelt bei erforderlichen Bestimmtheit (s. Anm. 6). Bei Prozessen eines Kaufmanns,

auch

eines EinzelkaufmannS, genügt

die

Angabe

der

Firma (vgl. HGB. §§ 17 Abs. 2 (u. dazu Gvppert in GoldschmidtS Z. 47, 266, Kleinfeller in Busch 24, 504,

RG. 41 407, ROHG. 10, 411; 23, 102), 124, 161, 210, 320], jedoch, wie sich

auS dem Zusammenhange des § 17 Abs. 2 mit dem Abs. 1 ergibt, nur insoweit, als eS sich um Geschäft-Prozesse handelt (Göppert 268). Die in § 130 Nr. 1 anweisend vorgeschriebene Bezeichnung der gesetzlichen Vertreter (vgl. auch § 313 Nr. 1) bezieht sich auch aus die Klageschrift, ist aber für diese kein wesentlicher Bestandteil (vgl. Anm. 8, § 216 Anm. 3, RG. 2 393 u RhA. 84 I 113; 90 I 50; 94 I 159, Gaupp Nr. III 1).

in IW. 1888, 424, OLG. (£öht im Auch der Konkursverwalter braucht

nicht persönlich bezeichnet zu werden, da er nicht selbst Partei, sondern gesetzlicher Vertreter des KonkurSverwalteramts ist (oben § 52 Anm. 3). Der Eintritt eines neuen Klägers in den Prozeß an Stelle de- alten oder neben ihm oder die Richtung der Klage gegen einen neuen Beklagten an Stelle des alten oder neben ihm (z. B. früher A. als Vormund des B. — jetzt A.

im eigenen Namen;

früher die offene

Handelsgesellschaft — jetzt die einzelnen Gesellschafter) unterfällt nicht dem Begriffe der Klag­ änderung, die ihrer Natur nach nur zwischen den bisherigen Prozeßparteien stattfinden kann (vgl. § 264), sondern ist — abgesehen von §§ 239 ff., 265 f. — nur im Wege

der Erhebung

einer neuen Klage nach Vorschrift des § 253 und — falls der alte Kläger oder Beklagte

aus­

scheiden soll — gleichzeitiger Zurücknahme der alten Klage nach Vorschrift des § 271 möglich. (RG. in SA. 45 Nr. 277, in Gruchot 30, 443.

Der Gesichtspunkt unzulässiger Klagänderung

Erster Titel.

Verfahren bis zum Urteil.

§ 258.

249

wird geltend gemacht von RG. 11 341 (s. auch 19 185), in Gruchot 27, 1089, in IW. 1887, 271 Nr. 5: 1891, 412, Gaupp § 268 I N. 9.] In der mündlichen Verhandlung, ohne Zustellung einer Klageschrift, kann die neue Klage nur erhoben werden, wenn der Beklagte (und zwar bei dem Eintritt eines neuen Beklagten dieser) das Fehlen der Klageschrift nicht rügt und außerdem das Gericht ohne Terminsanberaumung zur Verhandlung sich bereit erklärt. sAM. OLG. Cassel in SA. 48 Nr. 289 u. Fitting in Busch 11, 33, welche die Klageschrift für ein unverzichtbares Erfordernis halten: s. dagegen RG. 18 337 (auch 15 396, in Gruchot 44, 1091), in IW. 1901, 650, Pfizer in Gruchot 31, 12 ff., unten Anm. 7 u. 8.] „des Gerichts" — Die Bezeichnung der Gerichtsabteilung (Kammer, Senat) ist — abgesehen von der Kammer für Handelssachen (GVG. § 102) — nicht erforderlich, weil die Zu­ weisung an jene als innere Angelegenheit des Gerichts von Amts wegen nach der bestehenden Geschäftsverteilung (vgl. GVG. § 62) zu erfolgen hat (s. Fischer in Gruchot 25, 633). 4) Nr. 2: „bestimmte Angabe des Gegenstandes" — Auch bezüglich des Gegen­ standes darf kein Zweifel über die Identität obwalten. Wie weit hiernach eine Bezeichnung er­ forderlich ist, richtet sich nach der Lage des einzelnen Falles. Vgl. § 690 Nr. 3 („Betrags oder Gegenstandes"). Bei Ansprüchenauf Herausgabe des Nachlasses einer bestimmten Person bedarf es der Angabe der einzelnen dazu gehörenden Gegenstände nicht(OLG. Cöln im RhA. 94 I 163). Vgl. § 254. Bei Feststellungsklagen (§ 256) ist das Rechtsverhältnis zu be­ zeichnen, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll (RG. 12 388 u. in Gruchot 32, 731; vgl. auch RG. 21 387). Wegen der Schadensersatzklagen vgl. Anm. 6. „Grund des erhobenen Anspruchs" — ist gleichbedeutend mit „Klagegründ" in § 268 (vgl. auch § 690 Nr. 3 hinsichtlich des Mahnverfahrens). Er umfaßt die sog. Klagetatsachen, d. h. „diejenigen Tatsachen, welche nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts an sich geeignet sind, den erhobenen Anspruch als in der Person des Klagers entstanden und zugleich als durch den Beklagten verletzt erscheinen zu lassen — die rechtsbegründenden Tatsachen" (Mot. 182); denn nur diese führen zu der erforderlichen Bestimmtheit svgl. auch RG. 10 434, 11 242, 48 372, in SA. 39 Nr. 145; 41 Nr. 306, in IW. 1889, 306; 1890, 79; 1901, 483, 750; 1902, 165; Bähr, Urt. d. RG. 153, Planck 11 §§ 67, 100, Weismann 63 f., Gaupp Nr. III 3, Petersen Nr. 9, Schultze, Privatrecht u. Prozeß I 9, Kroll 65 ff., Bolgiano in Grünhut 14, 360 ff. u. in Busch 12, 454 ff., Crome, Bürg. R. I 552 u. a.; vgl. auch Rümelin in c. A. 88, 87 ff.]. Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß nach der Nov. v. 1898 (§ 264) eine spätere Änderung der Klagetatsachen schlechthin nicht nur bei Einwilligung des Beklagten, sondern auch dann zuzulassen ist, wenn nach den: Ermessen des Gerichts durch die Änderung die Verteidigung des Beklagten nicht wesentlich erschwert wird (f. dagegen Schmidt, Lehrb. § 64 II b). Zum Klagegrunde gehört bei dinglichen Klagen die Angabe des Erwerbsgrundes nach Maßgabe des unten in Anm. 5 Gesagten. Der Klagegrund schließt ferner auch die Sachlegitimation in sich (RG. in IW. 1898, 502; 1901, 838); Tatsachen dagegen, die für die Begründung an sich unwesentlich sind und nurden Betrag, die Fälligkeit und andere Nebenpunkte betreffen, gehören nicht zum Klagegrunde. Der vorstehenden, den Einklang mit dem materiellen Rechte wahrenden Ansicht gegenüber ver­ langen andere nur „Individualisierung" des Anspruchs (im Gegensatze zur „Substantiierung") und verstehen unter dem Klagegrunde das „Rechtsverhältnis", aus dem geklagt (der klägerische Anspruch abgeleitet) wird. So besonders Wach, Vortr. 19 ff., Hellwig, Lehrb. §§ 37 ff., Petersen in Busch 3, 385 ff., in Gruchot 28, 658 ff. u. im SächsA. 2, 65 ff., 129 ff., Nessel in Gruchot 28, 34, Dreyer das. 26, 135, Seuffert Anm. 3 IV, Fitting im c. A. 61, 422 ff. u. in Busch 9, 69 ff., Schollmeyer, Kompens. 126, Schmidt, Klagänderung, Leipzig 1888, 147 ff. u. Lehrb. a. a. O. Oetker, Konkursrechtl. Grundbegriffe 278; ähnlich RG. 10 395. Der hierfür angeführte § 331 ist nicht beweisend, weil dessen Inhalt durch § 335 Nr. 1 u. 3 eingeschränkt ist; vgl. § 335 Anm. 4. Unrichtig ist die Behauptung jener Schriftsteller, daß der auf dem Gebiete des Privatrechts

250

Zweites Buch.

Bers. in erst. Instanz.

Erst. Abschn.

Verf. v. d. Landgerichten,

g 258.

herausgebildete Begriff des Klagegrundes aus die prozessualen Vorschriften über den Klage­ grund nicht paffe.

Die Entstehungsgeschichte der ZPO., auf welche Petersen in Busch a. a. O.

414 ff., in Gruchot a. a. O. 683 ff. u. im SächsA. 2, 76 ff. zurückgeht, spricht auch keineswegs dafür.

Insbesondere ergibt sich aus Nordd. Prot. 778, daß die Fassung deS RedaktionSausschuffeS

nicht bloß als zu weitläufig, sondern auch als „nicht völlig torrefi" abgelehnt wurde. denken,

welche Petersen

Die Be­

aus dem Grundsätze der Mündlichkeit herleitet, erledigen sich dadurch,

dah eine Ergänzung oder Berichtigung der angeführten Tatsachen und mit Zustimmung des Be­ klagten sogar die Nachholung einer gänzlich versäumten Begründung in der mündlichen Verhand­ lung zulässig ist (f. unten). ist,

die

als

Auch ergibt § 272 (vgl. auch § 616, wo von Tatsachen die Rede

selbständiger Klagegrund

geltend

gemacht werden können), daß die ZPO. als

Aufgabe der Klageschrift die Bezeichnung der Klagetatsachen ansieht.

Ebensowenig ist Leuffert

darin beizutreten, dah in § 268 der Ausdruck „Klagegrund" nicht die „Klagetatsachen" bezeichnen könne.

Denn ein und derselbe Anspruch kann sich sehr wohl auf verschiedene „Klagetalsachen"

gründen, und in § 268 liegt der Gegensatz gegen „Ättderung des Klage gründet in „Ergänzung und Berichtigung", nicht in den „tatsächlichen Anführungen".

des Mahnverfahrens (§ 690 Nr. 3) aber und des Konkursverfahrens (KO. §§ 139, Mot. dazu), welche Fitting in Busch 9, 77 u. Petersen im LächsA. 2,

der

Die Analogie 146 nebst

132 ff., 79 ff. besonders

heranziehen, beweist nur, dah eine knappe Angabe der wesentlichen Tatsachen bei Lchuldverhältnissen genügt (vgl. Planck II 38 N. 81). Gehört demnach die Angabe der Enistehungstatsachen (die „Substantiierung") zu den for­ mellen Erfordernissen der Klagerhebung, nicht nur zur sachlichen Begründung des Anspruchs, was namentlich

für dingliche Klagen (Angabe des Erwerbsgrundes) von praktischer Bedeutung ist,

ist es auf der anderen Leite zur Erfüllung dieses Formerfordernisses genügend,

so

wenn der

Kläger in der Klageschrift bestimmte Tatsachen derartig als Entstehungsgrund seines Rechtes vor­ trägt, daß erkannt werden kann, um welchen Vorgang es sich handelt (vgl. Planck II 38 {.). Frage,

ob

nach

Die

den angegebenen Tatsachen der eingeklagte Anspruch sich als begründet darstellt,

ist für die Frage der Ordnungsmähigkeit der Klagerhebung unerheblich und gehört in das Gebiet der

sachlichen Prüfung.

Hiermit

steht § 268

im

vollsten Einklänge,

wenn er in Nr. 1 dem

Kläger eine Ergänzung oder Berichtigung seiner tatsächlichen Angaben gestattet. darf

auf Grund

des § 268 Nr

1 zwar

den

in

Der Kläger

der Klageschrift bezeichneten Vorgang ergänzen

(z. B. im einzelnen Falle bei einer ererbten oder ihm übertragenen Forderung die in der Klage­ schrift nicht erwähnte Tatsache des Erbfalls oder der Übertragung nachholen) oder berichtigen (z. B. geltend machen, dah der Beklagte den Auftrag des Klägers nicht ausdrücklich, sondern nach HGB tz 362 durch sein Ltillschweigen angenommen habe, oder bei der Eigentumsklage anführen, daß sein Rechtsvorgänger die Lache nicht gesetzlich, sondern kraft Testaments geerbt habe). auch Planck II 31,

ins des. N. 60. J

Wenn

(Vgl.

aber der Kläger den in der Klageschrift angegebenen

Vorgang durch einen anderen ersetzt (;. B. bei der Eigrnlumsklage statt auf die angeblich vollendete Ersitzung sich aus Kauf und Übergabe von seilen des Eigentümers beruft) oder die in der Klage­ schrift völlig unterlassenen tatsächlichen Angaben (.;. B. bie versäumte Angabe eines Eigenturnserwelbsgrundes) in der mündlichen Verhandlung nachholt, so nimmt er eine Änderung der Klage vor.

die nach § 264 nur zuzulassen ist. wenn der Beklagte einwilligt oder wenn, wie die Nov.

v. 1898 hinzugefügt hat, nach dem Ermessen des Gerichts dadurch die Verteidigung des Beklagten nicht

wesentlich

erschwert wird.

Durch diesen Zusatz wird nicht der Begriff der Klagänderung,

wie er in dem unverändert gebliebenen § 268 bestimmt ist,

sondern nur ihre prozessuale Be­

handlung geändert.

Ob nun lediglich eine Ergänzung oder Berichtigung der Begründung oder

aber

der gänzlich versäumten oder eine völlig neue Begründung an Ltelle der

eine Nachholung

alten vorliegt, ist vielfach nur nach dem einzelnen Falle und dem bürg. Rechte zu beurteilen. Mit dem Latze, dah die Lchlüssigkeit der in der Klageschrift zur Begründung des Anspruchs an­ gegebenen Tatsachen nicht ein formelles Erfordernis der Klagerhebung ist, stimmt es auch überein.

Erster Titel. Verfahren bis zum Urteil, g 288.

251

bog die Zuständigkeit eine« Gericht- durch Mängel der Schlüssigkeit der für die Zuständigkeit vom Kläger angeführten Tatsachen nicht auSgeschloffen wird (oben Anm. 4 vor § 12); die Prüfung der Schlüssigkeit der Tatsachen gehört in dem einen wie in dem anderen Falle in die Verhandlung zur Hauptsache. Vermittelnde Ansichten hinsichtlich der „Substantiierung" und „3nbtotbuali* sierung" stellen noch auf Fuch« in Gruchot 29, 635, Staub das. 32, 554 ff. (s. dagegen Wach das. 33, 1 ff.). Der „Klagegrund" ist von besonderer Wichtigkeit mit Rücksicht auf die Rechtshängigkeit (88 263 ff.), die Rechtskraft (§§ 322 ff.) und die Erlassung eine« Versäumnisurteils (§331; vgl. unten Anm. 8). Die Angabe der Rechts sähe, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, ist nicht erforderlich, noch weniger die Bezeichnung der Klage mit dem juristischen KunstauSdrucke; dagegen mutz die Beziehung der Klagetatsachen aus einen RechtSgrund, wenn auch nicht mit ausdrücklichen Worten, hervortreten (RG. 11 243, Kroll 68, Planck II 25, 32). Wegen Zulässigkeit der Klage vor Eintritt der Fälligkeit deS Anspruch- oder ohne vorausgegangene Rechtsverletzung vgl. §§91 Anm. 1, 93 Anm. I, 145, 146 Anm. 2 Abs. 2 a. E.; §§ 256 Anm. 6, 257 ff.; s. auch §§ 267 Anm. 3, 805 Abs. 1. Der Klagegrund im engeren Sinne, z. B. die Tatsache, datz der Anspruch gerade in der Person de- Kläger­ erwachsen ist, mutz bereits zur Zeit der Klagerhebung vorhanden sein (RG. 42 248, in IW. 1899, 741), während die nur die Ausübung oder Verfolgbarkeit de- Anspruch- betreffenden Tat­ sachen, z. B. Eintritt der Fälligkeit oder Bedingung, auch dann zu berücksichtigen sind, wenn sie erst bei der Urteil-fällung vorliegen (RG. in SA. 54 Nr. 57). 5) Ob bei dinglichen Klagen die Angabe de- speziellen Erwerb-grunde- (causa expressa) erforderlich sei, ist nicht ausdrücklich bestimmt. Da aber eine bestimmte Angabe deGrunde- de- Anspruch- verlangt wird und hierzu eine blotze Bezeichnung des dinglichen Rechtes ohne Hervorhebung der Tatsachen, auf die eS gestützt wird (vgl. auch § 130 Nr. 3 u. 5 in Verbindung mit §§ 371, 373, 403, 445), in der Regel nicht genügt, auch nach Vorschrift des § 331 („tatsächliches mündliches Vorbringen") ohne Angabe de- Erwerb-grunde- ein Versäumnisurteil nicht erlassen werden kann, so wird der Erwerb-grund regelmäßig in der Klageschrift anzu­ führen sein. Dieser ist zu dessen Begründung ebenso notwendig, wie die Behauptung einer bestimmten Forderung zur Begründung einer persönlichen Klage; die blotze Behauptung de- Eigentum6, einer Dienstbarkeit usw. ist nichts weiter als die Behauptung eine« abstrakten Rechtsbegriffs (wenngleich in konkreter Beziehung) — nicht, wie Petersen in Busch 3, 416 N. 33 meint, einer tatsächlichen Voraussetzung. Mit Recht aber bemerken Gaupp Nr. III 3c u. Planck I 404, II 29 ff., datz sich die Notwendigkeit der Angabe nicht! auf solche Tatsachen beziehe, die nicht unmittelbar die Grundlage des erhobenen Anspruchs bilden, sondern nur zur Begründung eines andern Rechtes dienen, das die Voraussetzung des streitigen Anspruchs bildet, wie das Eigentum am herrschenden Grundstück in bezug auf die Klage aus einer Grunddienstbarkeit. Eine Ausnahme wird aus praktischen Rücksichten auch dann zuzulassen fein, wenn daS Eigentum zwar die un­ mittelbare Voraussetzung des Anspruchs bildet (z. B. bei der Eigentumsklage wegen Störung, sofern der Umfang einer Dienstbarkeit in Frage steht), aber nach dem Klagevortrag Überhaupt nicht bestritten ist, und der Kläger zur Zeit der Klagerhebung annehmen durfte, daß dies auch int Prozesse nicht geschehen werde. (Vgl. RG. 10 434, 11 242, in SA. 54 Nr. 184, in IW. 1890, 79, OLG. Hamburg in SA. 39 Nr. 144, Jena das. 41 Nr. 65, Wilm.-Levy Anm. 5, Frendenstein, Rechtskraft 131, 135 ff, Schnitze a. a. O. 9 ff., Kroll 70 ff., Erome, BürgR. I 552, Stein, Privates Wissen des Richters 174 f. AM. Wach, Bonr. 27 N. *, Petersen in Busch 3, 412 ff., in Gruchot 28, 659, 680 ff., 693 u. im SächsA. 2, 65 ff., 129 ff., Fitting in Bnfch 9. 78 ff., Becth, Beweislast, 1899, 77 N. *, Birkmeyer im c. A. 66, 39 ff., Schmidt, Klagänderung 147 ff. u. Lehrb. § 64 II b, Fuchs in Gruchot 29, 635 ff., Staub das. 32, 568 ff.] Ist der spezielle Erwerbsgrund angeführt, so steht einer späteren, auf einen anderen Er-

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Zweites Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. § 253.

werbSgrund gestützten Klage die Einrede rechtskräftig entschiedener Lache nicht entgegen [vgl. auch § 268 Anm. 3, Crome, Bürg. R. I 552 N. 14, Freudenstein a. a.O. 137 f., Planck I 260 ff. AM. Förster (Eccius) I § 56, 302, Wach. Vonr. 27, FuchS a. a. £. 646]. 6) Der Antrag (Klagebitte, Lachbitte, petitum) muh von der Angabe des Gegenstandes und des Klagegrundes gesondert und sowohl in bezug auf die Hauptsache als in bezug auf etwaige Nebenpunkte bestimmt fein. (Bgl. Planck II 36, v. Kienitz in Busch 10, 236 ff., ObLG. in SA. 41 Nr. 299; s. auch § 254.) Ein Mangel hinsichtlich eines Nebenpunktes hat aber aus die Klage in der Hauptsache keinen Einfluh. Bestimmt ist der Antrag nur, wenn er die Art und den Umfang des vom Kläger Geforderten deutlich ersehen läßt (so auch RG. 10 355 und in SA. 39 Nr. 143, 48 Nr. 68). Bei Feststellungsklagen muh aus dem Antrage hervorgehen, dah die Feststellung des bestimmt zu bezeichnenden Rechtsverhältnisses, das den Gegenstand der Klage bildet, verlangt werde (RG. 12 388 u. in IW. 1886, 9 Nr. 6; vgl. oben Anm. 4 j. A.). S. auch AnfG. § 9. Dem Erfordernisse der Bestimmtheit widerspricht das nur eventuelle Auftreten eines zweiten Klägers (z. B. des erwerbenden neben dem abtretenden Gläubiger) oder die nur eventuelle Richtung der Klage gegen einen zweiten Beklagten (z. B. gegen den Verein, vertreten durch seinen Vorstand, „soweit nötig" gegen die einzelnen Mitglieder; OLG. Cöln im RhA. 80 II 5, 85 I 36. Bgl. auch OLG. Cassel in Busch 14, 492. AM. Schmidt, Klagänderung 211). Dagegen kann der Antrag darauf gerichtet sein, dah an einen Dritten geleistet werde (vgl. BGB. § 986 Satz 2). Es kann niemand unter einer Bedingung einen Prozeh sichren (vgl. auch RG. in IW. 1901, 248). Zulässig ist dagegen die Verbindung eines eventuellen Antrags gegen denselben Beklagten mit einem Prinzipalen (vgl. § 260 Anm. 7) oder der Antrag auf Verurteilung des Beklagten zu einer alternativen Leistung nach dessen Wahl oder nach Wahl des Klägers (RG. 10 356, Kroll 80, Leussert Anm. 3 V, Planck, BGB. II § 264 Anm. 2 u. a. Vgl. auch Wach I 380 N. 37). Wegen der Anträge nach §§ 709—713 s. § 714 Anm. 2. Bei Schadensersatz-, Unterhalts- und ähnlichen Klagen muh der Antrag entweder auf eine zifsermähige Summe gerichtet — vgl. jedoch § 254 Anm. 1 — oder doch der erhobene Anspruch in der Art bezeichnet werden, dah über seine Identität kein Zweifel besteht, und dah der zu ersetzende Betrag durch richterliches Ermessen, nötigenfalls mit Hilfe von Sach­ verständigen, in demselben Prozesse festgestellt werden kann: dabei müssen freilich die tatsäch­ lichen Unterlagen für die Bestimmung des erhobenen Anspruchs vom Kläger angegeben werden [RG. VZS. 21 387 u. in IW. 1889, 19 Nr. 9; 1898, 69; 1900, 656; vgl. auch RG. 3 168, 10 175, 356, Übel in Busch 6, 157ff.; strenger Leussert Anm. 3 V; vgl. auch v. Kienitz in Busch 10, 246, Mot. 210, Kroll 79]. Eine Klage auf Verurteilung zum Schadensersatz unter Vorbehalt der Berechnung des Schadens in einem zweiten Prozeh ist nur als Fest­ stellungsklage (§ 256) und daher nur bei dem Vorhandensein eines rechtlichen Interesses au der alsbaldigen Feststellung der bloßen Schadensersatzpflicht zulässig sRG. VZS. a. a. O., 23 346, 18 437, in IW. 1888, 317; 1889, 18, 514, in Grucbot 33, 1150 (bedenklich: s. § 256 Anm. 5), in SA. 44 Nr. 222 (Widerklage); vgl. auch § 254; Rocholl in Busch 8, 405, Planck II 18 N. 60; abw. RG 10 413, 418, 422]. Es ist aber nicht notwendig, jede Lchadensersatzklage unter Vorbehalt der Berechnung als Feststellungsklage anzusehen (RG in IW. 1889, 204). — Auf die Unzulässigkeit genereller Schadensersatzklagen kann nicht verzichtet werden (RG. in LA. 44 Nr. 141; § 256 Anm. 5). Bei lediglich akzessorischen Schadensersatzansprüchen ist jedoch ein Antrag aus blohe Feststellung des Schadens vorbehaltlich der Berechnung auch ohne die Voraus­ setzungen des § 256 zulässig (RG. 12 353, in IW. 1892, 12, 331; 1897, 367 Nr. 2; 1901, 206, in Gruchot 33, 1054); dies gilt auch bei eventuellen Schadensersatzansprüchen (RG. in IW. 1898, 219). [Über die Folgen eines unbestimmten (dunkeln) Antrags s. Struckmann in Busch 3, 239 ff., f. jedoch auch oben § 139 Anm. 3 u. unten Anm. 8.]

Erster Titel. Verfahren bi- zum Urteil,

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Eine Zuerkennung von Amts wegen findet nicht statt (vgl. § 308); anderseits ist eine Formulierung der künftigen Urteilsformel (§ 313 Nr. 5) in dem Antrage nicht erforderlich. Der Inhalt der Nr. 2 findet auch auf die in der mündlichen Verhandlung erhobenen An­ sprüche (Widerklage usw.) entsprechende Anwendung (vgl. §§ 278 Sinnt. 2, 280 Anm. 2). 7) Nr. 3: Zu der Ladung gehört nach § 216 auch das Erfordernis der vorhergehenden Terminsbestimmung und die Mitteilung des Termins an den Beklagten. Die Zustellung einer Klageschrift, welche diese Mitteilung nicht enthält, ist keine Erhebung der Klage (vgl. RG 13 334 u. in IW. 1887, 271, Wach, Bortr. 169 N. *). Das bloße mündliche Vorbringen vermag im landgerichtlichen Verfahren diesen Mangel nicht zu heilen, weil es in diesem Verfahren eine Erhebung der Klage durch bloßen mündlichen Bortrag nicht gibt (RG. 9 388. AM. Neuling in IW. 1883, 57 ff. Vgl. übrigens oben Anm. 3 Abs. 4, unten Anm. 8 u. § 216 Anm. 5). Die Klage ist daher angebrachtermaßen abzuweisen; ein Bertagungsantrag deS Klägers darf gegen den Willen des Beklagten nicht berücksichtigt werden. Ebenso ist bei Ladung zu einem bereits in der Vergangenheit liegenden Termine die Erhebung der Klage zu verneinen ($R@. 45 424). Außer den in § 253 Abs. 2 aufgezählten Erfordernissen gehört nach § 215 in AnwaltSprozeffen auch die Aufforderung an den Gegner, einen Anwalt zu bestellen, zu den wesentlichen Erfordernissen der Klageschrift. (AM. Fitting in Busch 11, 35.) 8) Der Mangel eines der wesentlichen Bestandteile der Klageschrift kann unter Umständen geheilt werden, nämlich entweder durch nachttägliche Zustellung eines die Ergänzung enthaltenden Schriftsatzes, vorausgesetzt, daß die Einlassungsfrist (§ 262 Anm. 1) gewahrt bleibt, oder dadurch, daß in der mündlichen Verhandlung der Beklagte ausdrücklich oder still­ schweigend (§ 295) auf die Rüge des Mangels verzichtet, oder der Kläger mit Zustimmung des Beklagten den gerügten Mangel ergänzt (RG. 22 420 u. in IW. 1896, 442; zu weitgehend aber wohl RG. 21 405; vgl. RG 44 351, 49 376, in IW. 1903, 4). Vgl. auch § 71 Anm. 1. In dem nachträglichen Schtistsatze braucht das in der Klageschrift schon Enthaltene nicht wieder­ holt zu werden (ebenso Neuling a. a. O. 59, Wilm.-Levy Anm. 2, Köhler, Prozeß als Rechtsverhältn. 25, zum Teil Planck II 125s. AM. Seufsert Anm. 5d, Petersen Nr. 15 u. im SächsA. 2, 92, Gaupp Nr. IV 2). Ist der Mangel durch einen nachträglichen Schriftsatz geheilt, so ist die Klage erst mit der Zustellung dieses Schriftsatzes (AM. Planck II 126), ist er durch Nachholung in der mündlichen Verhandlung geheilt, so ist sie erst in der mündlichen Verhandlung erhoben. Ist die Heilung aber durch Verzicht deS Beklagten erfolgt, so muß, da infolge deS Verzicht- der Mangel als nicht vorhanden gilt, die Klage schon mit Zustellung der Klageschrift als erhoben angesehen werden. (So auch RG. 13 336 ff., Petersen Nr. 14, in Busch 3, 425 N. 40 u. in Gruchot 28, 756 u. a. Abw. Wilm.-Levy Anm. 2. Jede Nachholung deS Mangels verwerfen Schwalbach im c. A. 64, 276 N. 29, Fitting in Busch 11, 31 ff.) Die Anberaumung des Termins darf in keinem Falle versagt werden (s. §§ 216 Anm. 3, 261 Anm. 1). Wird der Mangel eines der wesentlichen Bestandteile nicht geheilt, so treten die Wirkungen, die das Gesetz an die Erhebung der Klage knüpft, nicht ein. Auch kann gegen den nicht erschienenen Beklagten kein Versäumnisurteil erlassen werden (§ 335) und ebensowenig gegen den erschienenen eine Verurteilung erfolgen, sondern die Klage ist in angebrachter Art abzuweisen, und der Kläger hat nach § 91 die Kosten zu tragen. Eine solche Abweisung (ab instantia) muß auch dann erfolgen, wenn die Klageschrift nicht die nach dem oben Anm. 4 Ge­ sagten erforderliche Begründung des Anspruchs enthält (vgl. Gaupp Nr. IV, Planck I 265 ff. — zu weitgehend; oben § 139 Anm. 3). Wenn aber der Beklagte bei einer nicht gehörig begründeten Klage lediglich Abweisung oder Abweisung wegen mangelnder Begründung beantragt, ohne hervor­ zuheben, daß er nicht nur die sachlich ungenügende Begründung des eingeklagten Anspruchs, sondern auch die formelle Ordnungswidrigkeit der Klagerhebung rüge, so ist der formelle Mangel der Klagerhebung nach § 295 geheilt und der eingeklagte Anspruch nach Ausübung deS Fragerechts (§ 139 — f. das. Anm. 3) endgültig abzuweisen (abs. ab actione). Wenn der Kläger seine

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Zweite- Buch. Vers, in erst. Instanz. Erst. Abschn. Bers. v. d. Landgerichten. H 254.

§ 254. Wird mit der Klage aus Rechnungslegung oder auf Vor­ legung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Leistung des Offen­ barungseides die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, welche der Kläger be­ ansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Ver­ mögensverzeichnis vorgelegt oder der Osfenbarungseid geleistet ist. Nov. 1898 E. § 230a; Bcgr. 102; Prot. z. BGB. II. 792 ff., VI. 654. mangelhaft begründete Forderung in einem neuen Prozesse vorbringen will, so hat der Richter zu prüfen, ob trotz der früheren mangelhaften Begründung sich die Identität der früher und der jetzt eingeklagten Forderung feststellen lägt; bejahendenfalleS ist die exc. rei judicatae begründet (vgl. Struckmann in Busch 3, 239). 9) Die vorbereitende Eigenschaft der Klageschrift drückt sich dadurch ans, daß auf sie nach Abs. 4 die allgemeinen Bestimmungen über die vorbereitenden Schriftsätze (§§ 130—133) Anwendung finden. Namentlich tritt auch Beweisverbindung nach §130 Anm. 4 ein, und zwar als Regel, nicht bloß hinsichtlich der im Besitze des Klägers befindlichen Urkunden, sondern auch hinsichtlich anderer Beweismittel, sofern der Kläger voraussieht, daß der Beklagte die Tatsachen, worauf sie sich beziehen, leugnen werde. — Eine besondere Ordnungsvorschrift enthält noch Abs. 3 hinsichtlich der Wertangabe (vgl. §§ 4, 554, GKG. § 14). 10) Die Unterschrift des Anwalts ist als wesentlicher Bestandteil der Klageschrift nicht ausdrücklich hervorgehoben, vielmehr nur unter den Ordnungsvorschriften des § 130 m Nr. 6 aufgeführt. Trotzdem betrachten die Mot. die wesentliche Bedeutung dieser Unterschrift mit Rücksicht auf die allgemeine Vorschrift des § 78 Abs. 1 („müssen sich vertreten lassen"), welche die Vertretung einer Partei durch einen Anwalt nicht nur in der mündlichen Verhandlung, sondern auch in dem prozessualen Verkehre der Parteien außerhalb dieser umfaßt, mit Recht als selbst­ verständlich. (Vgl. §§ 130 Anm. 5, 216 Anm. 3, 569 Anm. 4, RG 31 375 — s. jedoch auch 27 405 — Wach, Lortr. 82 ff., Gaupp Nr. III 6 u. a. AM. Schivnlbach im c. A. 63, 425 ff., Pfizer in Busch 20, 163 ff.) 11) Eine Klagerhebung in Gemäßheit des § 253 ist auch bei der Berufung aus den Rechtsweg gegen nichtrichterliche Entscheidungen, z. B. der Gemeindegerichte, erforderlich (vgl. GVG. §§ 13 Anm. 3, 14 Anm. 4; Preuß. AG. z. ZPO. § 1).

$254. Literatur: Friedrichs inJW. 1901,788 s.; Simonson in Busch 34,481 ff., Hellwig 111 42 ff. 1) Mit der Klage auf Rechnungslegung (BGB. §§ 259 Abs. 1, 666, 681, 713, 1214 Abs. 1, 1421, 1546, 1681, 1840, 1890ff., 1915 Abs. 1, 1978, 1991 Abs. 1, 2028, 2130, 2218, HGB. § 340 usw.), auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses (BGB. §§ 260 Abs. 1, 2011, 2027, 2057, 2121, 2127, 2136, 2314, 2362) oder aus Leistung des Osfenbarungseides (8§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2, 2028 Abs. 2, 2057 das.; vgl. FGG. §§ 79, 163, 15; s. auch Planck, BGB. II § 260 Anm. 3) ist in der Regel die Klage aus Herausgabe desjenigen, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse schuldet, zweckmäßig zu verbinden. Dieser objektiven Klagenhäufung (§ 260) ist aber, abgesehen davon, daß die erste Klage ihrer Natur nach der zweiten vorausgehen müßte (sog. sukzessive Klagenhäusung; vgl. § 260 Anm. 7 Abs. 3, RG. 14 200, 40 9), die Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 hinderlich, wonach der Kläger schon in der Klageschrift die von ihm beanspruchten Leistungen bestimmt anzugeben und hierauf einen bestimmten Antrag zu richten hat (vgl. § 253 Anm. 6). Hierzu ist der Kläger von vornherein häufig nicht in der Lage, vielmehr soll ihm erst die vorausgehende Rechnungslegung oder das Vermögen-Verzeichnis oder der Ofienbarungseid die Handhabe bieten, seinen Heraus­ gabeanspruch nach Umfang, insbesondere zifiermäßig, zu bezeichnen. Die Nov. v. 1898 hat

Erster Xitel

Verfahren bis zum Urteil

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§ 255. Hat der Kläger für den Fall, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder die Aufhebung eines Vertrags herbeizuführen, so kann er ver­ langen, daß die Frist im Urteile bestimmt wird. Das Gleiche gilt, wenn dem Kläger das Recht, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, für den Fall zusteht, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die beanspruchte Sicherheit leistet, sowie im Falle des § 2193 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Bestimmung einer Frist zur Vollziehung der Auflage. Nov. 1898 E. § 230b; Begr. 102 f.; Prot. z. BGB. VI. 155, 655. daher zugelassen, daß die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden kann, bis die Rechnung mitgeteilt, da- Vermögen-Verzeichnis vorgelegt oder der Offenbarung-eid geleistet ist, so daß der Kläger hier nicht gezwungen wird, sofort in der Klageschrift einen bestimmten Antrag im Sinne de- § 253 Abs. 2 Nr. 2 zu stellen. Ehandelt sich also nicht um eine Feststellung-klage (Gaupp Nr. I u. a.). Bon dem Falle des § 304 unterscheiden sich die Fälle des § 254 dadurch, daß dort nur ein Anspruch, der nach Grund und Bettag streitig ist, hier eine Anspruchshäufung vorliegt (vgl. § 304 Anm. 2; Gaupp Nr. I). § 254 ist auch auf eine im Zusammenhange mit einer Gegenforderung erhobene Wider­ klage auf Rechnungslegung usw. anwendbar (Weisnann in Busch 26, 13). „Rechnungslegung" — im weiteren Sinne, unter Umständen auch Auskunft-erteilung (RG. 53 252). „Herausgabe — schuldet" — Die geschuldete Leistung kann auch eine Löschungs­ bewilligung sein (RG. in IW. 1903, 432). 2) „vorbehalten werden" — Wird von dem Beklagten nicht freiwillig nach der Klag­ erhebung die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder der Offenbarung-eid nach Maßgabe de- § 261 BGB. und § 163 FGG. (vgl. BGB. § 2006, FGG. § 79) geleistet, so ist hierauf durch Teilurteil (§ 301) zu erkennen und dieses Urteil, nötigenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 888 f.), zur Ausführung zu bringen (RG. 58 57, Gaupp Nr. III 2 u. a.). Erst dann ist über den Anspruch auf Herausgabe der nunmehr bestimmt zu bezeichnenden Gegenstände weiter zu verhandeln. Auch die Abweisung des Anspruchs am Rechnungslegung usw. kann durch Teilurteil geschehen, wenn die Verneinung des Hilf-anspruch- nicht zugleich diejenige des Hauptanspruchs in sich schließt (z. B. bei Annahme, daß bereits genügende Rechnung gelegt war) sPetersen Nr. 2, Gaupp Nr. III 2]. Bei gänzlicher Klagabweisung ist in der Berufungs­ instanz bei Bejahung des Hilfsanspruchs § 538 nicht anwendbar (RG. in IW. 1905, 64). Auch kann in dieser Instanz nicht statt der Leistung des Hauptanspruchs das Interesse wegen Nicht­ erfüllung der Rechnungspflicht beansprucht werden (RG. 61 405). — Die Abnahme des durch Urteil auserlegten Offenbarungseides hat vor dem Prozeßgericht erster Instanz zu erfolgen (§ 889; vgl. dagegen § 899 und BGB. §§ 261, 2006). 3) Wegen der Gebühren f. GKG. § 10 a, RAGebO. § 11. §255. 1) Abf. 1: In den Fällen, in denen nach BGB. der Gläubiger seinem Schuldner eine Frist zur Leistung mit der Wirkung bestimmen kann, daß der Gläubiger bei fruchtlosem Ab­ laut Schadensersatz oder Vertragsaufhebung zu fordern berechtigt ist (vgl. BGB. §§ 283, 325 Abs. 2, 326, 527, 542,634), gewährt die Nov. v. 1898 durch § 255 dem Gläubiger die Befugnis, die Festsetzung der Frist schon in dem Urteile zu verlangen, das seinen Schuldner zur Leistung verurteilt (vgl Begr. 102 f., Hellwig, Anspruch § 15, 113 ff., Lehrb. I 377, Schultze in

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Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten, g 256.

§ 256. (231.) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung der Unechtbeil derselben kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung' alsbald festgestellt werde. E. § 223.

Mot. 182—185.

Prot. 78.

GrünhutsZ. 28, 530, Gaupp Nr. I). Hierher gehören auch die Fälle des BGB. §§ 250, 264 Abs. 2, 354, 1003 Abs. 2, 1133 und HGB. § 375 (Gaupp Nr. II d, Petersen Nr. 2). 2) „die Frist im Urteile bcstimmt wird" — Die Frist ist angemessen zu be­ stimmen (BGB. §§ 283, 325 Abs. 2, 320, 634; vgl. §§ 264, 354, 355, 516 Abs. 2, 1003 das.), d. h. unter Berücksichtigung des in Frage kommenden Rechtsverhältnisses und der Umstände des Einzehalls (Planck, BGB. § 250 Anm. 2; vgl. auch §§ 108, 177, 1396, in denen das BGB. selbst eine Frist von zwei Wochen bestimmt). Das Gericht hat hiernach die von dem Gläubiger beantragte Frist erforderlichenfalls anderweit zu bemessen. Für die Berechnung der festgelegten Frist sind die Auslegung-vorschriften des BGB. §§ 187 ff. maßgebend. Auf Schadensersatz oder Vertragsaufhebung kann erst nach Ablauf der Frist in besonderem Prozesse Klage erhoben werden t Petersen Nr. 1, Gaupp Nr. I u. «. AM. Endemann, BGB. I § 157 Nr. 3 b). Die im GewGG. §51 zugelassene Verbindung des Erfüllung-- und eventuellen Schadensersatzanspruchs ist nach § 510 b nur im amtsgerichtlichen Verfahren anwendbar. 3) Abs. 2: Nach BGB. § 1052 (s. auch § 1054) kann der Eigentümer und nach § 2128 das. der Nacherbe, wenn der Nießbraucher bzw. der Vorerbe zur Sicherheitsleistung Dmmeilt sind und die Sicherheit nicht int rhalb der ihnen bestimmten Frist leisten, die Anordnung einer Ver­ waltung verlangen. In d.. ien Fällen, denen der Fall des BGB. § 2193 Abs. 2 (Vollziehung einer letztwilligen Auflage- gletchgestellt ist, kann bereits in der Klage auf Sicherheitsleistung oder auf Vollziehung der Auflage dte Festsetzung einer Frist begehrt werden.

# 256. Literatur: Windscheid-Kipp, Pand. I §45 N. 8, Bähr, Die Anerkennung als Ver­ pflichtungsgrund (2.) 314 ff., Grome, Bürg. R. I § 133; Weismann, FeststeUungsklage. 1879 u. dazu Köhler in KritV. 22, 379 ff. und Leonhard in Goldschmidts Z. 25, 438 ft'.; Plosz, Beitr. z. Theorie d. Klagerechts 159 ff, Bahr, Urteile des RG. 1883, 143 ft. u. in Verh. des 20. DJT. 1, 287 ff.,j Kroll, Klage u. Einrede 54 ft., Lüning in Busch 4, 66 ff., 182 ff., Rocholl das. 8, 329 ff., v. Kienitz das. 10, 211 ff., Aendt im c. A. 70, 1 ff., Kahser das. 454 ff., Wach, Der Feststellungsanspruch. 1889 u. dazu Levy in Gl'uchot 35, 156 ff.; Vierhaus in Busch 14, 285 ff. u. Wach das. 351s.; Leonhard das. 15, 327 ft.; Heitmann, Jahrb. s. Togm. 31, 79 ff., Hol der dal. 46, 265 ff., Köhler, Prozeßrecht!. Forschungen. Berlin 1889. 63 ff., in GrünhutsZ. 14, 34 ff., 12, in Busch, Arch. f. H. u. W. R. 47, 336 f.; Schnitze in GrünhutsZ. 28, 531 ff.; Wach I 13 ff., des. 16 N. 13 u. dazu Fischer in Busch 10, 426 ff, Planck II § 66, 8 ff., 11 ff., Hellwig 1 §§ 58 ff., Schmidt § 113, Stölzel in Busch 26, 322 ff., Fl echt heim, Negative Feststellungsklage, das. 25, 405 ff. Über Verjährung der FeststellungSklage f. Hellmann im c. A. 84, 130 ff. Vgl. auch Stein, Voraussetzungen des Rechts­ schutzes § 10. 1) Der § 256 handelt von zweierlei Klagen, den Klagen auf Feststellung von Rechts­ verhältnissen (actiones praejtidiciales) (vgl. Planck II 16, Rocholl 358 ff.] und den Klagen aus Feststellung der Echtheit oder Unechtheit von Urkunden. Bei beiderlei Klagen liegt die Eigentümlichkeit darin, daß aus die bloße Feststellung geklagt wird, ohne daß zugleich sach­ liche Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis oder der Urkunde geltend gemacht werden. Es ergeht also keine (eigentliche) Verurteilung, sondern ein Urteil, da- künftig die Grundlage einer Verurteilung bilden kann (vgl. WeiSrnann 116 f., 124 ff.; Grenzfälle f. das. 136 ff.). Die Fest-

Erster Titel. Verfahren bi- zum Urteil. | 286.

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stellungSklage ist entweder positiv oder negativ, je nachdem sie bezweckt, ein Rechtsverhältnis oder eine Urkunde als rechtswirkfam oder als nicht bestehend feststellen zu lassen. Sie kann als selbständige Klage erhoben werden, und hiervon handelt § 256, oder als Inzidentklage, von der § 280 handelt. Neben diese eigentlichen Feststellung-klagen sind die durch die Nov. v. 1898 (§§ 257—259) eingeführten Klagen auf künftige Leistung getreten. Über da- Verhältnis der dinglichen Klagen zur Feststellung-klage vgl. v. Kienitz 222 N. 11, Wach, FA. 65, Hellmann im Jb. f. Dogm. 31, 125, Förster in Busch 8, 143, RG. in Gruchot 33, 1147. 2) Keine eigentlichen Feststellung-klagen im Sinne des § 256 sind die Klagen nach KO. §§ 146, 152 (vgl. RG. 24 405, 34 410 Anm. 1, Stein a. a. O. 134 ff., WeiSmann 142 ff., Kroll 57 N. 20, Rocholl 343 ff., 405 ff. AM. Wendt 36; vgl. auch Köhler im c. A. 81, 402) und ebensowenig ohne weiteres die Klage zwischen mehreren Forderungsprätendenten über die bessere Berechtigung (vgl. unten Anm. 3, § 75 Anm. 3). Zu scheiden von den Feststellung-klagen sind ferner die nicht aus Feststellung eineRechtsverhältnisses, sondern auf Schaffung eines neuen Rechtsverhältnisses gerichteten Klagen (z. B. auf Ehescheidung, Teilung — Recht-gestaltungsklagen, Bewtrkungsklagen; Gaupp, Borb. II3 vor § 253, Stein § 11; s. auch RG. in IW. 1890, 25). Ausgeschlossen ist die Feststellungsklage in § 9 de- AnfG. (vgl. RG. 57 102). 3) Bei den Klagen auf Feststellung von Rechtsverhältnissen (s. hierüber v. Kienitz 311 ff., Wach, FA. 48, RG. in IW. 1888, 135) ist Voraussetzung, daß das Rechtsverhältnis unter die vor die ordentlichen Gerichte gehörenden Rechtsstreitigkeiten fällt, d. h. daß es ein solche- ist, welcheden Gegenstand eines bürgerlichen Rechtsstreits bilden kann (vgl. EG. z. ZPO. § 3, RG. 6 387, 16 391, in SA. 37 Nr. 180, Wach, FA. 51), und sich nicht überhaupt oder in einem für die Willenseinigung der Vertragsparteien wesentlichen Punkte als rechtsungültig herausstellt (RG. in IW. 1896, 688); dagegen ist e- gleichgültig, ob es ein dingliche- oder obligato­ rische- (vgl. §29, auch §§ 8, 9) ist, ob eS dem Familienrecht oder dem Vermögensrecht angehört (vgl. RG. 49 370 — BGB. § 1620). Auch für den Besitz ist eine Präjudizialklage zulässig (vgl. Mot. 184, Btermann, Sachenrecht, § 862 Anm. 5 u. die Komment.); ebenso für das Urheberrecht und Warenzeichenrecht (vgl. RG. 25 378), aus Anerkennung der Nichtmitgliedschast einer Genossenschaft gegen deren Vorstand (RG. 8 3, 14 89), auf Feststellung der Kündbarkeit eines Kapitals (ObLG. in SA. 40 Nr. 174), eines Beamtendienstverhältniffes (RG. in Gruchot 46, 416), eine- SchuldverhältniffeS gegenüber dem Drittschuldner einer gepfändeten Forderung fetten­ des pfändenden Gläubigers (RG. 27 345 — § 829 Anm. 6), auf Gültigkeit einer Zuwendung an jur. Personen vor der erforderlichen staatlichen Genehmigung (RG. in IW. 1898, 639). Auf Feststellung bloßer Erwerbsgründe von dinglichen Rechten oder bloßer Tat­ sachen, wie Vollziehung des Beischlafs, kann nicht geklagt werden (so auch RG. bei Bähr, Urt. 143, 159 u. in IW. 1889, 364; 1903, 64, Wach, FA. 47 f., Petersen in Busch 3, 406; s. aber auch Planck II 16f.), ebensowenig auf Entscheidung allgemeiner Rechtsfragen (RG. 6 385, 397 u. hierzu Bähr a. a. O. 160 ff., RG. 18 172 u. in IW. 1888, 135; 1896, 247) oder darauf, ob unter gewissen Voraussetzungen ein gewisses Rechtsverhältnis entstehen würde (RG. in IW. 1899, 177; 1900, 70), wohl aber auf Feststellung eines der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnisses, auf das noch Ansprüche gegründet werden (RG. 27 205, in SA. 41 Nr. 168, in IW. 1895, 40). Die Klage ist auch bei noch nicht fälligen und bet bedingten Ansprüchen zulässig (vgl. Mot., RG. in Gruchot 35, 1188, in IW. 1891, 119; 1893, 424 Nr. 7; 1895, 60 Nr. 3; 1898, 69 Nr. 6; vgl. noch RG. 13 372, 386, 2 45, 4 149; s. auch §§ 257—259); dagegen nicht, wenn der Eintritt der festzustellenden Verpflichtung durch künjtige, zurzeit nicht absehbare Umstände in Frage gestellt werden kann (RG. in SA. 38 9K. 94; vgl. aber auch RG. in SA. 41 Nr- 2, in IW. 1888, 410). DaS Rechtsverhältnis muß unter den Parteien bestehen (RG. 7 419, 10 370, in Struckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Ausl. 17

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Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. § 256.

SA. 42 Nr. 186, Weismann 153 ff., 160, Löning 66, v. Kienitz 227 ff. u. a. AM. Wach, FA. 49 ff., Planck II16, Gaupp Nr. II c u. a.). Ein solches Rechtsverhältnis wird aber unter Umständen schon durch ein Bestreiten zwischen dem Bestreitenden und dem Prätendenten hergestellt (vgl. unten Sinnt. 6), so daß Anlaß zur Feststellungsklage gegeben ist. Nicht erforderlich ist, daß das Rechtsverhältnis zugleich die Grundlage für einen künftigen Leistungsanspruch bildet (Gaupp a. a. £).). Es ist daher die Feststellungsklage auch da zulässig, wo die Parteien ohne anderweite rechtliche Beziehungen im Widerspruche miteinander an derselben Sache Nutzungsrechte geltend machen ($R@. 41 345) oder desselben Anspruchs sich berühmen und dadurch dem Gegner Hindernisse oder Erschwerungen bereiten — sog. Prälendentenstreit — (RG. in IW. 1899, 140). Vgl. auch oben Sinnt. 2. Der Feststellungsanspruch kann nicht abgetreten werden (OLG. Hamburg in Rechtspr. 8, 46). Eine Art des Provokationsprozesses (vgl. die Provokationsklagen des gern. Rechtes — Wetzell 104ff., 111 ff.) kennt die ZPO. nur noch in dem Aufgebotsverfahren wider un­ bestimmte Gegner (§§ 946 ff.). Wegen der Bestimmtheit des Gegenstandes und des Antrags vg!. § 253 Sinnt. 4, 6.

4) Bei den auf Feststellung der Echtheit oder Unecht heit von Urkunden gerichteten Klagen, bei denen gewissermaßett ein Zwischenstreit über diesen Gegenstand vorweggenommen wird (und zwar unter Rechtskraft des Urteils), kommt es nicht darauf an, ob die Urkunde eine öffentliche oder eine Privaturkunde ist (vgl. §§ 437—443) und ob sie nur die Bedeutung eines Beweismittels für ein als bestehend behauptetes oder verneintes Rechtsverhältnis hat oder als Trägerin des Rechtsverhältnisses selbst erscheint. Die Urkunde muß sich auf ein Rechtsver­ hältnis beziehen, welches Gegenstand einer bürg. Rechtsstreitigkeit sein kann (vgl. oben Sinnt. 3 t. A.). Die Klage braucht sich nicht gegen den Slussteller zu richten (Gaupp Nr. II 2). 5) Gemeinsame Voraussetzung für beide Arten der Klage bildet ein rechtliches Interesse des Klägers, daß das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald (d. h. gerade jetzt, indes, ehe die Klage auf die Einzelleistung usw. zulässig ist) festgestellt werde (vgl. RG. in IW. 1897, 80). Ein solches Interesse liegt vor, wenn die Unsicherheit geeignet ist, den Kläger der Gefahr von Verlusten, unnötigen Ausgaben oder anderen Nachteilen auszusetzen (vgl. z. B. RG. 4 373, 31 30, 33 312, 35 392, 36 213, 37 305, in IW. 1889, 244; 1894, 195; 1895, 238, 292; 1897, 382; 1898, 280; 1901, 138; 1905, 536; 1909, 463, 497; in Gruchot 32, 1175; 33, 1154; 38, 482. AM. Rocholl 382ff). Das Interesse muß ein rechtliches sein; d. h. es muß „in betreff der Rechtsfolgen, welche sich aus der begehrten Fesfftellung ergeben, ein Interesse an alsbaldiger Herbeiführung der Entscheidung vorhanden sein" (RG. 14 390). Das Interesse oder die dieses begründenden Rechtsfolgen brauchen aber nicht aus dem Gebiete des Privatrechts zu liegen (RG. a. a. O., OLG. Hamburg in SA. 41 Nr. 167, Schnitze 141 ff., Planck II 19 n. a. AM. Seuffert Sinnt. 2d, Weismann 155, Wach, FA. 54 ff., Handb. I 619 Nr. 4 u. a. Vgl. auch §§ 66 Sinnt. 2, 299 Sinnt. 2). Ungenügend ist dagegen bloß wirtschaftliches oder moralisches Interesse. sBgl. Wach, FA. 54ff., RG. 10 368 (TOo aber zu Unrecht ein bloß wirtschaftliches Interesse für vorliegend erachtet wird; s. hiergegen Wach 58 ff.), 12 148 Ziff. 1, 35 392, in IW. 1896, 71; 1899, 177, 256, 827; in Gruchot 33, 1150 (bedenklich, vgl. oben § 253 Sinnt 6), Gaupp Nr. III 1 b. — Planck II 19 hält ein wirtschaftliches Interesse für ausreichend; vgl. auch RG. in IW. 1901, 598; 1909, 498, in Gruchot 48, 1097.] Das Interesse darf nicht vor der Klagezustellung befriedigt sein (Rocholl 402), eS muß vielmehr in der Regel zur Zeit des Urteils noch vorhanden sein (RG. in IW. 1909, 317, 417, Weismann 162, Herzog 327. Kayser 468); es genügt aber, wenn das Interesse nur zur Zeit §es Urteils, und nicht schon bei der Klagerhebung vorhanden ist (Wach, FA. 53). Dagegen kann anderseits auch das Interesse an der Feststellung eines hypothetischen Rechtsverhältnisses in Be­ tracht kommen (SIM. Rocholl 385ff.); jedenfalls kann eine Entschädigungspflicht im Falle eine-

Erster Titel.

Verfahren bis zum Urteil.

§ 286

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zwar noch nicht eingetretenen, aber nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwartenden VermögensschadenS festgestellt werden (RG in SA. 41 Nr. 2). Ein rechtliches Jntereffe besteht, wie schon aus dem Worte .alsbald" hervorgeht, in der Regel nicht, wenn der Kläger tu der Lage ist, den weitergehenden Anspruch auf die Leistung selbst gellend zu machen, oder wenn das fragliche Rechtsverhältnis schon Gegenstand einer Replik des Feststellungsklägers im Erfüllungsprozesse geworden ist (Rocholl 368, 379, 396). Insofern hat die FeststellungSklage eine Hilfsweise Bedeutung. sVgl. RG. 4 437, 5 393, 12 148, 18 436, 21 387 (VZS), in SA. 37 Nr. 282, in Gruchot 29, 418; 32, 1178; 45, 1104; in ID. 1886, 39; 1887, 434; 1888, 177; 1889, 129 f.; 1891, 130; 1899, 139, Bierhaus in Busch 5, 81 ff., 154, Förster dos. 8, 140 ff., Kroll 59, Rocholl 369, auch Planck II 18 f., Gaupp Nr. III 2 u. a. AM. Wach, FA. 61 ff., WeiSmann 157 ff., Bähr, Urt. 167 ff. u. a] Jedenfalls hat der Kläger die Gründe für das ihn zur Erhebung der Feststellungsklage berechtigende rechtliche Interesse dar­ zulegen (s. RG. 4 438, 5 393, 9 340, Rocholl 372 ff.), z. B. daß seinem Interesse durch die Leistungsklage nur unvollständig und nur mit größeren Schwierigkeiten genügt werde (RG. in IW. 1898, 659) oder daß für eine noch nicht abgeschloffene Beschädigung auS fortwirkender Ur­ sache ein Leistungsanspruch auf Entschädigung nur in Teilbeträgen und in mehreren Prozeffen zu verfolgen sein würde (RG. in IW. 1900, 49; vgl. RG 28 348 u. in Gruchot 45, 939). DaS Vorhandensein des rechtlichen Interesses ist in gleicher Weise wie überhaupt die recht­ liche Begründung der Klage auf Grund der Behauptungen und Beweise der Parteien von Amts wegen zu prüfen (RG. in Gruchot 32, 1174; 46, 419, in SA 44 Nr. 141, in IW. 1899, 827, Planck II 10). Eine ProzeßvorauSsetzung bildet es nicht (RG. in IW. 1897, 230; 1909, 317, Rocholl 405, Köhler, Forschungen 65; vgl. Stein, Urk. u. WProz. 65 u. Voraussetzungen deS Rechtsschutzes 21, 41 ff.). Über das Verhandensein hat der Richter nach vernünftigem Ermeffen

zu

entscheiden (vgl. RG. 12 148, 10 369 f.). Bei Prüfung der Frage nach dem Vorhandensein deS Interesses ist nicht zu berücksichtigen, ob die Klage in der Hauptsache begründet ist (RG. in Gruchot 32, 1177). Eine Feststellungsklage kann mit einer Klage auf Erfüllung verbunden werden, wenn die Feststellung sich aus einen anderen (z. B. umfassenderen) Gegenstand bezieht als die Erfüllung (RG. 10 350), nicht aber, wenn die Verurteilung sich als einfache Folge des fest­ zustellenden Rechtsverhältnisse- ergibt (dann handelt eS sich um eine gewöhnliche Erfüllungsklage). Wegen Verbindung der Ansprüche aus gegenwärtige und künftige Leistungen s. § 258.

6) Der Feststellungsklage und der LeistungSklage liegen nicht zwei selbständig nebeneinander­ stehende Ansprüche zugrunde (so Rocholl 362 ff.); die beiden Klagen unterscheiden sich vielmehr dadurch, daß letztere nur bei einer Rechtsverletzung, erstere schon bet einer Rechtsgefährdung zulässig ist (vgl. Gaupp Nr. III); die Feststellungsklage hat demnach eine Rechtsverletzung nicht zur Voraussetzung (vgl. Wach, FA. 4ff., Holder in Busch 22, 1 ff.). Regelmäßig wird jedoch ein rechtliches Jntereffe an der Feststellung nur vorliegen, wenn der Beklagte (nicht ein Dritter — RG. in IW. 1901, 205) das Bestehen deS RechtsverhältniffeS ganz oder teilweise bestritten bzw. behauptet hat (Seuffert Anm. 2 6, Bolgiano 99, vgl. RG. in IW. 1897, 133; 1898, 217; 1899, 177; 1900, 390; zu streng RG. 6 397; vgl. dagegen Bähr, Urt. 161). Ausnahmsweise läßt sich aber auch ohne diese Voraussetzung ein rechtliches Interesse denken, z. B. wenn der Kläger über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses in Zweifel ist, der Beklagte aber auf ergangene Anfrage keine Antwort erteilt. Anderseits reicht daS Bestreiten nicht unter allen Umständen zur Begründung der Feststellungstlage aus (vgl. RG. 4 438, Seuffert a. a. 0., Wach, FA. 53 f.), z. B. ein Bestreiten, das sich als ein bloß theoretisches Verhalten darstellt; vielmehr muß mit dem Bestreiten die Absicht verbunden sein, zu eigenem Nutzen entsprechend zu handeln (RG. in IW. 1900, 390 Nr. 5). Immer muß übrigen- daS rechtliche Jntereffe in dem Verhalten des Beklagten — wenn auch nicht notwendig in einem subjektiv schuldbaren — seinen Grund haben (Wach 53); eS genügt daher nicht die Gefahr des Verlustes von BeweiS-

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Zweites Buch. Berf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Berf. v. d. Landgerichten,

g 256.

Mitteln bei einem zurzeit unbestrittenen Rechtsverhältnisse. Wegen der negativen Fe st st ellungsklage s. RG in LA. 54 Nr. 114; vgl. auch Stütze! in Busch 26, 322ff. Liegt im Einzelfatle das Feststellungsintereffe vor, hat jedoch der Beklagte durch sein Ver­ halten (subjektiv) zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben, so greift hinsichtlich der Kosten § 93 Platz (vgl. WeiSmann 157, Kroll 59). 7) Dasjenige Gericht ist sachlich und örtlich zuständig, vor welchem auf Leistung auS dem Rechtsverhältnisse geklagt werden kann (Mot.), wobei insoweit, als die Zuständigkeit vom Werte des Streitgegenstandes abhängt (GBG. §§ 23 Nr. 1, 70 Abs. 1), für die Feststellungsklage der Wert des Rechtsverhältnisses, der regelmäßig höher sein wird als der einzelner Leistungen (vgl. §§ 8, 9), nicht (wie bei der Feststellung von Urkunden) das Interesse an der Feststellung maßgebend ist. (Auch die Kammern für Handelssachen sind unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 100a, 101 des GVG. zuständig.) Ein Ausfluß dieses Satzes in bezug aus die örtliche Zuständigkeit findet sich in § 29. [Bo auch RG 13 386: vgl. 21 111 (s. jedoch auch 23 426 f. u. in IW. 1898, 197), Planck II 17, Weismann 164 f., Gaupp Nr. IV 1. AM. hinsichtlich der Klagen aus Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde Petersen Nr. 18, Seuffert Anm. 7c u. a., die hier nur den allgemeinen Gerichtsstand für gegeben erachten.^ Für den allgemeinen Gerichtsstand ist jedoch nach § 12 auch bei negativen Feststellungsklagen die Person des Beklagten maßgebend, obgleich es bei der Leistungsklage auf die Person des jetzigen Feststellungsklägers ankommen würde (Seusfert a. a. C.). 8) Durch die Feststellungsklage wird keine Änderung in der Beweis last rücksichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses oder der Echtheit oder Unechtheit der Urkunde herbeigeführt (Mot.); hierüber entscheiden vielmehr im einzelnen Falle die Grundsätze des bürg. Rechtes. Beruht daher die negative Feststellungsklage aus der Verneinung der Entstehung des Rechtsverhältnisses, so hat der Beklagte letzteres zu erweisen: beruht sie aus der Behauptung von Einredetatsachen, so liegt der Beweis dem Kläger ob (RG 9 337, in Gruchot 26, 839: 27. 1061 u in SA. 38 Nr. 297, auch RG in IW. 1889, 40; 1896, 370, 597, im Recht 1908, 18; Rocholl 378, 401, Wcismann 104, Beckh, Beweislast 25ff., Planck II 20, Gaupp Nr. IV 5 u. a ). Vgl. auch RG. 7 375, 8 5, 14 91. Gegen eine im Feststellungsprozesse geltend gemachte Forderung sind alle Einreden zulässig, so auch der Einwand der Aufrechnung (vgl. Lchollmeyer, Kompens. 44 f.). 9) Die Klage auf Feststellung unterbricht die Verjährung des Anspruchs aus dem Rechtsverhältnisse sowohl wie die Ersitzung (BGB. §§ 209, 941j. Ist der Anspruch betagt oder bedingt, so kann die Verjährung der Klage auf Leistung erst vom Eintritte des Tages oder der Bedingung beginnen, auch wenn der Gläubiger vor dieser Zeit aus Anerkennung der bedingten oder betagten Forderung geklagt hat, da erst mit dem Eintritte der Bedingung oder des Tages actio Data vorhanden ist (Planck, BGB. I § 198 Anm. 1). 10) Das auf die Feststellungsklage ergangene rechtskräftige Urteil gewährt zwar dem Kläger keinen vollstreckbaren Schuldtitel auf irgendwelche Leistung, da sachliche Leistungen überhaupt nicht den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. s'Vgl Gaupp Nr. V, Wcismann 119ff., Köhler in KritV. 22, 382 f., Förster in Busch 8, 145 f.; RG in SA. 47 Nr. 21 (s. § 890 Anm. 1).] Das Urteil ist aber in einem späteren, über die Leistungen aus dem Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien entstandenen Prozesse für die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens des Rechts­ verhältnisses maßgebend (nicht in bezug auf Einreden, die sich lediglich auf die Verpflichtung zur Leistung beziehen), während es — abweichend von einem Urteil in Familienstandsprozessen (88 629, 643) — gegenüber Dritten niemals Rechtskraft erlangt. Das Gleiche gilt von einem zugunsten des Beklagten erlassenen Urteile (OLG. Hamburg in SA. 40 Nr. 87, WeiSmann 121 ff., Rocholl 730 ff.). Vgl. § 325. Dem Urteile können aber selbstverständlich Einreden, die erst nach eingetretener Rechtskraft entstanden sind, entgegengesetzt werden (vgl. SA. 36 Nr. 29, Kroll 61).

Erster Titel.

Verfahren bis zum Urteil. | 257.

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§ 257. Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung einos Grundstücks, eines Wohnraums oder eines anderen Raumes an den Eintritt eines Kalendertags geknüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder Räumung erhoben werden. Nov. 1898 E. § 231 a; Begr. 103 f.; KomB. 82 f.; Prot. z. BGB. I. 244 f., VI. 665 ff. Die Erhebung der Klage aus Feststellung de- Bestehens eines RechtSverhültniffes be­ gründet gegenüber der LeistungSklage — und umgekehrt die Erhebung der Leistung-klage gegen­ über jener ersteren Klage — die Rechtshängigkeit, wenn die Feststellung-klage lediglich die LeistungSklage hinsichtlich desselben Anspruchs vorbereitet (vgl. § 254), nicht aber, wenn sich auS dem festzustellenden Rechtsverhältnisse nicht ersehen lägt, welcher Anspruch auS ihm her­ geleitet werden soll (z. B. Klage auf Feststellung der Mitgliedschaft einer Gesellschaft, daneben Klage aus Zahlung de- Gewinn- oder auf Vorlegung der Bücher). Parallel geht die Frage, ob die Umwandlung der Feststellungsklage in die LeistungSklage eine Klagänderung (§ 268 Nr. 2) enthält; im ersteren Falle ist die- zu verneinen, im letzteren Falle zu bejahen. Wegen der Zulassung im Falle der Klagänderung vgl. § 264. [®. auch RS 23 419 f., 349, 14 346, 427, 31 97, in IW. 1901, 536; 1902, 127; s. jedoch auch RS. in Gruchot 42, 1178. AM. Gaupp § 263 9fo. II 3 (die Einrede der Rechtshängigkeit sei niemals begründet); vgl. auch WeiSmann 163, Löning 49, Rocholl 394, Bähr, Urt. 155, Schollmeyer, Kompens. 156, Wach in Gruchot 33, 3 u. FA. 42, Schmidt, Klagänderung 199.] Unter der gleichen Voraussetzung be­ gründet die LeistungSklage gegenüber der Klage auf Feststellung de- Nichtbestehens eineRechtSverhültniffes die Einrede der Rechtshängigkeit (AM. OLG. Celle in SA. 54 Nr. 262 a. E., Gaupp a. a. O.; vgl. jedoch Weismann, Löning a. a. O.). Die negativeFe st stellungsklage begründet dagegen gegenüber der LeistungSklage die Einrede der Rechtshängigkeit schon deshalb nicht, weil der Leistungsberechtigte nicht durch die negative Feststellung-klage de- Gegner­ in seinem Rechte, die Leistung einzuklagen, beschränkt werden kann (vgl. RS. 21 392, 27 327, 40 362, in IW. 1909, 318). Durch die positive Feststellung-klage entsteht gegenüber der negativen die Einrede der Rechtshängigkeit (Wilm.-Levy § 231 Anm. 4) und umgekehrt (Seuffert § 263 Anm. 3 c). Auch wo die LeistungSklage gegenüber der Feststellungsklage die Einrede der Rechts­ hängigkeit begründet, ist in der ersteren Klage die letztere nicht ohne weitere- als ein mindereenthalten (RS. in SA. 38 Nr. 35; vgl. jedoch Bähr, Urt. 154 ff.). Auch ist e- bei der negativen Feststellung-klage nicht zulässig, eine engere als die beantragte Faffung im Urteil auszusprechen (RS. 14 104). Die Urteil-formel kann lauten: „Beklagter ist schuldig, anzuerkennen" (vgl. die Borte „ouf Anerkennung einer Urkunde") oder: „Es wird festgestellt, daß" usw. (vgl. Kroll 56). Vorläufige Vollstreckbarkeit eines auf Grund des § 256 ergangenen Urteils findet, abgesehen von den Fällen de- § 708 Nr. 1—3 und vom Kostenpunkte, nicht statt (vgl. §§ 704 Anm. 3, 708 Anm. 2; f. jedoch Gmelin, Vollstreckbarkeit. 1898, 51 ff ). 11) Die Erhebung einer auf bloße positive Feststellung gerichteten Widerklage gegenüber der negativen Feststellung-klage ist zulässig (vgl. RS. in IW. 1893, 425 Nr. 8). 12) Wegen des Werte- de- Streitgegenstände- f. Anm. 7, ferner §3 Anm. 2 und RG. 66 422.

§§ 257-259. Lii.: Mot. z. BGB. I 365 ff., Stützet, Schulung usw. I (8.) 168 ff., Hellwig, An­ spruch u. Klagerecht. 1900, 368ff. u. Lehrb. I, 370ff., Schultze in GrünhutSZ. 28, 531 ff. In den §§ 257—259 hat die Nov. v. 1898 Klagen auf künftige Leistung (vgl. BGB. §§ 843 f.. HastpflG. § 7) zugelassen, und zwar im Anschluß an die Feststellung-klage deS § 256. Gleichwohl haben diese Klagen iiidjt die rechtliche Natur der Feststellung-klage, sondern die der

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Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten, g 258.

§ 258. Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlassung des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage aus künftige Entrichtung erhoben werden. Nov. 1898 E. § 231b; Begr. 103 f.; KomB. 82 f.; Prot. z. BGB. I. 244 f., VI. 655 fr. Leistungsklage, bei der lediglich die Vollstreckung des Urteils, entsprechend der künftigen Leistungs­ pflicht, hinausgeschoben wird (vgl. § 751). (Vgl. Trutter in KritV. 41, 410 ff.; 42, 87 ff., Langheineken, Urteil-anspruch, 94, 214 ff., Gaupp § 257 Nr. I.] Die in den §§ 257—259 im Anschluß an g 256 gewählte Fassung „Klage kann erhoben werden" schließt selbstverständlich die Zulässigkeit der Verurteilung ein. Die vorzeitige Verurteilung in diesen Fällen hat zur Folge, daß der Schuldner die ihm zwischen der Verurteilung und der Erfüllungszeit erwachsenden Einreden als solche verliert (vgl. § 767) und daß der klagende Gläubiger vor anderen einen Vorsprung gewinnt (vgl. KomB. 83). Bei dem Rechtsbehelfe de- Arrestes tritt zwar nicht die erstere, wohl aber die letztere Wirkung gleichfalls ein (vgl. Jastrow in DJZ. 1898, 32, Wach das. 66, Gmelin, Vollstreckbarkeit 103). Einen Schutz gegenüber der Verurteilung zu künftigen Leistungen gewährt jedoch neben § 767 der die Einstellung der Zwangsvollstreckung gestattende § 769, sowie der § 323. Ferner tritt hier mit der Klagerhebung die sonst daran geknüpfte Pflicht zur Zahlung von Prozeßzinsen nicht ein (BGB. § 291); ebensowenig die Wirkung des Verzugs (8 284 das.). 8 257. Lit.: Markus in DJZ. 1900, 456 f. u. Recht 1901, 558 f.; Busch in DJZ. 1902, 305 ff. 1) Räumungs- und Darlehnsklagen führen, wenn für ihre Erhebung der Eintritt der Fälligkeit des Anspruchs abgewartet werden muß, nur verspätet zum Erfolge. Um das berechtigte Interesse des Klägers zu schützen, gibt ihm § 257, im Anschluß an die Kündigungsklage de- Preuß. Rechtes, die Möglichkeit, schon vorher ein Urteil auf Zahlung oder Räumung zu er­ wirken, das etwaige Streitpunkte, insbesondere über die Tatsache oder die Rechtzeitigkeit der Kündigung oder darüber, ob der Beklagte an einem bestimmten Kalendertag einem RäumungSanspruche zu genügen hat, im voraus beseitigt und sofort mit der Fälligkeit die Zwangsvollstreckung ermöglicht. Jedoch muß nach § 751 mit dem Beginne der Zwangsvollstreckung bis zum Ablaufe des Kalendertags, von dem der Anspruch abhängig ist, gewartet werden. Zu einer Anwendung des § 721 Abs. 1 wird in den Fällen deS § 257 in der Regel kein Anlaß vorliegen (vgl. § 721 Anm. 1). „nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung" — Hierher gehören Geldforderungen aus einseitigen Verträgen, insbesondere Darlehen, sowie aus Lerpflichtungsscheinen (HGB. § 363) und Wechseln (KG. int Recht 1901, 594. AM. Markus in DJZ. 1900, 456), aber auch aus zweiseitigen Verträgen, wenn die der Geldforderung entsprechende Gegenleistung vollständig erfüllt ist (vgl. § 688 Anm. 3, Gaupp Nr IVa. AM. Weismann,Lehrb. 56). „Geldforderungen" sind Ansprüche auf Übereignung einer bestimmten Quantität der gesetzlichen Zahlungsmittel; diese bestehen in der Währung des Deutschen Reichs (vgl. § 109 Anm. 4 u. Anm. 1 vor § 803). „auf Räumuug eines Grundstücks usw." — vgl. BGB. § 580. Welche- Rechts­ verhältnis zugrunde liegt — B. Miete, Pacht, Leihe —, ist für die Anwendbarkeit des § 257 unerheblich. „an den Eintritt eines Kalendertags" — Nur auf befristete, nicht auf bedingte Ansprüche findet § 257 Anwendung. Ist der Eintritt des Fälligkeitstags an eine Kündigung geknüpft, so kann diese, sofern der Kläger nach bürg. Rechte zur Kündigung befugt ist, in der Klage erfolgen (Gaupp Nr. II. AM. Förtsch in DJZ. 1899, 489 f.; s. auch § 81 Anm. 2). 2) Ent besonderes Interesse an der vorzeitigen Klagerhebung oder eine dazu von dem Beklagten gegebene Veranlassung braucht der Kläger nicht darzutun (AM. Schultze a. a. C. 534). Hat jedoch der Beklagte zu der vorzeitigen Klage durch sein Verhalten keine Veranlassung

z.

Erster Titel. Verfahren bi- zum Urteil. | 289.

263

§ 258. Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Nov. 1898 E. § 231C; Begr. 103 f.; KomB. 82 f. gegeben und erkennt er den Anspruch sofort an, so fallen nach § 93 dem Kläger die Prozeßkosten zur Last (Gaupp Nr. V. AM. Wach in DJZ. 1898, 66, s. auch OLG. Celle in Rechtspr. 15, 265).

I 258. 1) § 258 enthält im Anschluß an die Rechtsprechung de- älteren Rechte- (vgl. RG in IW. 1897, 146) die Bestimmung, daß bei wiederkehrenden Leistungen auch wegen der erst nach Erlassung des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden kann. Die Vorschrift hat hauptsächlich den Zweck, einer Wiederholung gleichartiger Rechts­ streitigkeiten vorzubeugen (Begr. 104). Daß die Klage auch auf die von der Klagerhebung bis zum Urteile fällig werdenden Beträge mitgerichtet werden kann, ist als selbstverständlich nicht hervor­ gehoben; für diese Beträge würde auch die Vorschrift de- § 268 Nr. 2 eine genügende Hilfe ge­ währen (vgl. § 267 Anm. 3). Wie der Au-druck „ctlage auf künftige Entrichtung" und eine Ver­ gleichung mit § 257 ergibt, kann auch eine Klage lediglich auf künftig fällig werdende Beträge ohne Verbindung mit wenigsten- einem bereit- fälligen Betrag erhoben werden (RG. 63 406, Stein, Voraussetzungen d. Recht-schutze- 50 ff., Petersen Nr. 4 u. a. AM. OLG. Posen in Rechtspr. 5, 55, Hamburg in SA. 60 Nr. 177, Wei-mann 58, Gmelin 104, Hellwig, Anfpr. u. Klagerecht 371). Auch § 258 erfordert, daß der Anspruch de- Kläger- nicht von einer Gegen­ leistung des Beklagten abhängig ist sRG. 61 333 (Miet- u. Pachtzinsen). AM. Gaupp Nr. I]. „wiederkehrenden Leistungen" — Hierher gehören Unterhalt-renten (BGB. §§ 520, 618 Abs. 3, 843—845, 1360, 1578 ff., 1612, 1710, HaftpslG. § 7), Leibrenten (BGB. §§ 759 ff.), und zwar Geldrenten wie andere Renten (vgl. § 760 Abs. 2 das.), die Renten der §§ 912 Abs. 2, 917 Abs. 2 das. — nicht aber die § 528 Abs. 1 Satz 2 vorgesehene Rente, aus die nicht geklagt werden kann —, Rentenschulden (BGB. §§ 1199 ff.; vgl. EG. z. BGB. Art. 62), Kapitalzinsen, insbesondere DarlehnS-, Hypotheken- und Grundschuldzinfeu, bei deren selbständiger Einklagung jedoch zu beachten ist, daß die Wiederkehr dieser Leistungen — abweichend von den Renten — an den Fortbestand der Hauptforderung geknüpft ist. Nur betagte, nicht die in ihrer Entstehung bedingten Leistungen gehören hierher, wie der Ausdruck „fällig werdenden" ergibt. Daß der Wegfall der Leistungen an eine Bedingung geknüpft ist (z. B. bei lebenslänglichen Unterhalt-renten), schließt die Anwendung de- § 258 nicht aus (Gaupp Nr. 1). 2) Für künftige Alimente und die unter BGB. §§ 843 f. fallenden Geldrenten ist daUrteil nach § 708 Nr. 6 auch ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Rechtskraft, die auf die künftigen Leistungen sich erstreckt, steht der späteren Abänderung deUrteil- wegen wesentlicher Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht entgegen (§ 323). Vgl. BGB. § 218 Abs. 2. Wegen Sicherheitsleistung s. § 324, wegen des Beginn- der Zwangs­ vollstreckung § 751 Abs. 1. Vgl. auch § 850 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3. 3) Wegen Prozeßkosten und Prozeßzinsen s. § 257 Anm. 2 und Vordem, a. E.

8 289. 1) Über die Fälle der §§ 257 s. hinaus trägt § 259 den Anforderungen des Verkehrs durch die allgemeine Vorschrift Rechnung, daß der Gläubiger auf künftige Leistungen stet- unter der Voraussetzung einer gerechtfertigten Besorgnis, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, zu klagen vermag, damit die Zwangsvollstreckung, wenn nötig, sofort im Er­ füllungszettpunkt erfolgen kann. Diese Besorgnis wird namentlich dann begründet sein, wenn der Schuldner die Berbindlichkeü schon, bevor sie fällig ist, ausdrücklich bestreitet (vgl. Begr., Gaupp Nr. II). Ob in sonstigen Umständen ein gerechtfertigter Grund zu erblicken ist, wird

264

Zweites Buch. Berf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. § 200.

§ können, bunden dieselbe

260. (232.) Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage ver­ werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozeßgericht zuständig und Prozeßart zulässig ist.

E. § 224. VI. 658 f.

Mot. 185f.

Prot. 78. — Nov. 1898 E. § 232; Begr. 104; Prot. z. BGB.

nach Lage deS EinzelfallS zu beurteilen fein (OLG. Naumburg in SA. 57 Nr. 198); bevorstehende Zahlungsunfähigkeit ohne eine sie herbeiführende Tätigkeit des Schuldners wird mit Rücksicht auf die Worte „entziehen werde" nicht für genügend zu erachten sein (vgl. § 917 Anm. 1, Hellwig, Anspruch u. Klagerecht 387, Stein a. a. O. 77). Die besonderen Voraussetzungen der Feststellungsklage (§ 256) sind ebensowenig zu erfordern, wie die des Arrestes (Hellwig 386). Ob die Leistungen aus einseitigen oder gegenseitigen Verträgen (BGB. § 320) entspringen, ist einerlei; auch gehören nicht bloß befristete, sondern auch bedingte Ansprüche hierher (vgl. §§ 257 Anm. 1, 258 Anm. 1, RG. 61 333, öl 243, 58 139, im Recht 1907, 638; Hellwig 384 f., Gaupp Nr. I). Wegen Ansprüchen aus Unterlassung findet eine Klage aus § 259 nicht statt (Hellwig 388ff.). 2) Die Vollstreckung des auf künftige Leistung ergangenen Urteils darf nicht vor Ein­ tritt der Leistungspflicht erfolgen. Auch die vollstreckbare Ausfertigung eines solchen Urteils darf, wenn die Vollstreckung von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer Tatsache ab­ hängt, nur nach den Vorschriften der §§ 726, 730 f. erteilt werden. Wegen der Verurteilung zu einer Leistung Zug um Zug s. §§ 726 Abs. 2, 756, 765. 3) Wird die Voraussetzung einer gerechtfertigten Besorgnis im Sinne de- § 259 vom Gericht bejaht, so ist § 93 nicht anwendbar (Gaupp Nr. III).

« 260. 1) Der § 260 handelt von der objektiven Klagen Häufung; über die subjektive Klagenhäufung vgl. §§ 59 ff. 2) Die Zulässigkeit der objektiven Klagenhäufung ist an die doppelte Voraussetzung ge­ knüpft, daß das Prozeßgericht für sämtliche Ansprüche sachlich und örtlich zuständig, und daß dieselbe Prozeßart für alle Ansprüche zulässig ist. Vgl. § 25. Auch bei einer eventuellen Klagenhäufung (Anm. 7) sind beide Klagen abzuweisen, wenn daS Gericht für die Prinzipale nicht zuständig ist, da die Zuständigkeit für die eventuelle nur nach einer Sachentscheidung über die Prinzipale geprüft werden darf (RG. in IW. 1896, 396; s. auch das. 1903, 372). Die sachliche Zuständigkeit mutz der Gattung nach für jeden einzelnen Anspruch vorhanden sein sz. B. kann nicht bei einem Landgerichte neben einer Klage auf Rückgabe eines Darlehns von 1500 Mk. eine Klage wegen Wildschadens (GVG. § 23 Nr. 2) erhoben Werdens; soweit aber die Zuständigkeit durch den Wert bedingt ist, werden alle Ansprüche zusammen­ gerechnet (vgl. RG. in IW. 1894, 573). Daher können mehrere Ansprüche, die nicht einzeln, aber in ihrer Gesamtheit die für die Zuständigkeit der Landgerichte bestimmte Wertsumme er­ reichen, in einer Klage nur vor dem Landgerichte geltend gemacht werden (§ 5), während sie in getrennten Prozessen bei dem Amtsgericht anzubringen sind (vgl. Fuchs in IW. 1895, 32ff.), Dagegen ist es unzulässig, eine amtsgerichtliche Sache im Sinne des GVG. 8 23 Nr. 1 mit einer Sache, die ohne Rücksicht aus den Werl vor die Landgerichte gehört, vor dem Landgerichte zu verbinden (Planck I 40 N. 22). Wegen der Kammern für Handelssachen s. GVG. § 103 Anm. 1. Die örtliche Zuständigkeit kann für einzelne Ansprüche auch durch Vereinbarung oder durch einen Antrag nach tz 36 Nr. 2 u. 4 hergestellt werden. Besondere Prozeßarten, welche die Möglichkeit der Klagenhäufung mit anderen nicht in dieser Prozeßart zulässigen Rechtsstreitigkeiten ausschließen, sind der Urkundenprozeß (§§ 592 ff.), daS Verfahren in Ehesachen (§§ 606 ff.), Kindschaftssachen (§§ 640 ff.) und Entmündigungssachen (88 645 ff.), da- Mahnverfahren (§§ 688 ff.), das Arrestversahren (§§ 916 ff.) und das AufgebotsVerfahren (§§ 946 ff.).

Erster Titel.

Verfahren bi- zum Urteil

f 260.

265

3) Auch eine Verbindung der subjektiven und objektiven KlagenhLufung ist statt­ hast, einerlei, ob die objektiv gehäuften Klagen von sämtlichen oder nur von einzelnen oder gegen einzelne Streitgenoffen erhoben werden. 4) Über da- richterliche Trennung-recht bei gehäuften Klagen vgl § 145. Hat der Kläger unzulässigerweise eine Verbindung vorgenommen, so mutz (vgl § 295 Abs. 2), wenn die Unzulässigkeit auf der Ungleichartigkeit der erforderlichen Prozeßarten beruht, da- Gericht — selbst von Amt- wegen — trennen und denjenigen Anspruch, welcher in der für ihn nicht zulässigen Prozeßart, z. B. Urkundenprozeß, Eheverfahren usw., erhoben ist, angebrachtermaßen abweisen (SR®, ö 165, Senfsert Anm. 5, Petersen Nr. 7 u. a. AM. OLG. Cöln in Busch 7, 101, Gaupp Nr. V). Beruht die Unzulässigkeit auf der Unzuständigkeit de- Gericht-, so ist, sowett eine ausschließliche Zuständigkeit in Frage steht, von Amt- wegen, im übrigen auf Anttag die­ jenige Klage, für welche die Zuständigkeit fehlt, abzuweisen. Vgl. §§ 59, 60 Anm. 1, 3. 5) Der bisherige Abs. 2: „Die Besitzklage und die Klage, durch welche da-Recht selbst geltend gemacht wird, können nicht in einer Klage verbunden werden" ist von der Nov. v. 1898 gestrichen worden (s. Begr. 104). Die hiernach zulässige Verbindung beider Klagen ändert aber nicht- an der Vorschrift de- BGB. § 863 (vgl. hierzu Planck Anm. 4), wonach gegenüber dem Besitzansprüche (Az 861 s. das.) ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden kann, daß die Entziehung oder die Störung de- Besitze- nicht verbotene Eigenmacht sei. 6) Nack Art. 52 de- internal. Übereink. über d. Eisenbahnfrachtverkehr v. 14. Olt. 1890 (RGBl. 1892, 793) ist die Verbindung de- Rückgriff-verfahren- mit dem Entschädigung-verfahren unzulässig. Vgl. 88 60 Anm. 5, 145 Anm. 1. — Über die weiteren Beschränkungen der KlagenhLufung in Ehe-, KindschastS- u. Entmündigungssachen vgl. 88 615, 633, 640 f., 667, 679, 684, 686. — Wegen Verbindung mehrerer Ansprüche in einem Zahlungsbefehle f. 8 688 Anm. 5. 7) Die sog. eventuelle Klagenhäusung (Lämmert in Busch 16, 428ff., Petersen das. 493 ff., Pfizer das. 21, 367 ff., H. Meyer das. 22, 32 ff., BuceriuS das. 37, 193 ff.; EcctuS in Gruchot 33, 139 ff.; 36, 142), d. h. die Verbindung einer eventuellen Klage (Klaganspruchs, KlagebegehrenS) mit einer Prinzipalen — zu unterscheiden von der eventuellen Verbindung mehrerer Klagegründe oder Angriff-mittel (s. 88 145, 146 Anm. 2, 9t®. in Gruchot 29, 421, Petersen a. a. O. 495 ff.) — ist an sich zulässig (9t®. BZS. 27 385, Planck U 29). Selbstverständlich ist die-, wenn der Eventualantrag (al- da- mindere) schon in dem Hauptantrag enthalten ist. sei e-, daß er eine gleichartige Leistung von geringerer Größe oder den gleichen Gegenstand mit einer Maßgabe, z. B. Leistung unter einer Bedingung oder an einem späteren Tage, betrifft (EcciuS 33, 142; 36, 142, Petersen 505 ff.). Auch darüber hinan- ist die Verbindung nicht bloß dann zulässig, wenn au- demselben Klagegrund etwa- andere- gefordert wird (so Petersen 507 ff., EcciuS 36, 143) — einerlei, ob der eventuelle Antrag mit dem zunächst gestellten unvereinbar ist (9t@. in IW. 1900, 292) —, sondern auch, wenn der eventuelle abweichende Antrag auf einem anderen Klagegrunde beruht (z. B. in erster Reihe ist an j dem Kaufvertrag auf Zahlung geklagt, für den Fall aber, daß der Vertrag nicht erwiesen werden sollte, mit der Bereicherung-klage auf Rückgabe der Ware). Denn eine bedingte Klagerhebung, die prozessualisch unzulässig ist, liegt hier nicht vor: vielmehr werden beide Ansprüche unbedingt anhängig mit dem im materiellen Rechte begründeten Vorbehalte de- Kläger-, daß er die Entscheidung über den eventuellen Anspruch nur für den Fall begehrt, daß der Prinzipale nicht zugesprochen wird. — Aber auch darin liegt kein Hindernis der Verbindung, daß die Begründung der Klagansprüche miteinander in unver­ einbarem Widerspruche steht (z. B. die Prinzipale Klage geht auf Erfüllung de-Kaufvertrag-, die eventuelle, für den Fall, daß der Vertrag auf den Einwand de- Beklagten für nichttg erachtet würde, auf Rückgabe der überlieferten Sache); vgl. SR®, in PucheltZ. 31, 458. Die nötige Bestimmtheit (8 253 Nr. 2) mangelt nämlich auch dem eventuellen Klagebegehren nicht, und der

266

Zweites Buch. Berf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten,

g 260.

Widerspruch in den klügerischen Behauptungen kann nur dahin führen, diese demnächst bei der Beweiswürdigung in ihrer Glaubwürdigkeit zu beeinträchtigen. Dasselbe gilt, wenn bei gleichen Klaganttägen die Klage grün de auf unvereinbarem Widersprüche beruhen (9t@. in SA. 42 Nr. 160). Dabei richtet sich die Frage, ob mehrere Ansprüche gleichzeitig mit Erfolg erhoben werden können, selbstverständlich nach dem bürg. Rechte (vgl. z. B. das Verhältnis der Wandeluugsund Minderungstlage — BGB. §§ 462, 465). Dagegen liegt eine prozessualisch unzulässige be­ dingte Klagerhebung vor, wenn der eventuelle Anspruch mit dem Prinzipalen nicht dergestalt im Zusammenhange steht, daß er für den Fall des Durchdringens mit dem Prinzipalen für den Kläger gegenstandslos wird (z. B. ein DarlehnSanspruch von 100 Mt. wird nur erhoben, falls der Kläger mit einem Ansprüche von 500 Mk. aus einem Mietverträge nicht obsiegt). Nach gleichen Gesichtspunkten regelt sich die Verbindung mehrerer Klagen, die in einem alternativen Verhältnisse zueinander stehen und denselben Zweck verfolgen (Kroll, Klage u. Einrede 226, Lämmert 436 f.). Hiervon verschieden ist der alternative Klagantrag in einer und derselben Klage mit einem Wahlrechte des Beklagten (vgl. § 253 Sinnt. 6). Zulässig ist ferner die sog. sukzessive Klagenhäufung, d. h. die Verbindung zweier Klagen, von denen die eine zu der anderen int Verhältnisse der Präjudizial- oder vorbereitenden Klage steht, z. B. Klage auf Feststellung deS Bestehens der unehelichen Vaterschaft und Unterhaltsklage (§ 644, BGB. § 1708; s. dagegen § 640 Abs. 2). Fälle der sukzessiven Klagenhäufung enthält auch § 254. DaS Verhältnis kann hierbei auch ein solche- sein, daß die Verurteilung in der zweiten Klage nur dann Bedeutung erhält, wenn der Verurteilung zur ersten Klage vom Beklagten nicht Folge geleistet wird (wie bei der persönlichen Klage auf Zahlung u. der eventuellen Pfand­ klage auf Herausgabe der Pfandstücke) svgl. auch RG 10 418, in IW. 1895, 486 Nr. 36, Petersen a. a. O. 505, Köhler int c. A. 80, 288 N. 2. AM. OLG. Hamburg in SA. 47 Nr. 235]. Eine eventuelle Widerklage ist nicht zulässig (RG. 40 331, EcciuS 33, 144ff., Petersen 517 ff., Löning in Busch 4, 133 f., Pfizer a. a. O. 383; vgl. auch RG. in IW. 1887, 115). Wohl aber kann die Widerklage aus Tatsachen gestützt werden, die mit den zur Bekämpfung der Klage aufgestellten im Widersprüche stehen (s. oben, Lämmert 441 f., Hellwig III 57 f.; abw. Löning a. a. O. N. 170, Petersen 519). Vgl. jedoch § 521 Anm. 1 (eventuelle Anschlußberufung) und in Ehesachen OLG. Cöln in RhA. 93 I 166. 8) Ein Gebot der objektiven Klagenhäusung ist der ZPO. unbekannt. Auch ein (teilbarer) Anspruch kann daher in mehreren Teilklagen verfolgt werden, ohne daß daraus die Einrede der Rechtshängigkeit oder der rechtskräftig entschiedenen Sache oder der sachlichen Unzuständigkeit der Gerichte, wenn der Gesamtwert die amtsgerichtliche Zuständigkeit übersteigt, entsteht (Wilm.-Levy 88 235 Anm. 2, 293 Anm. 3, Wach I 373, unten 8 322 Anm. 3, GVG. 8 23 Anm. 2. AM. Linckelmann in Busch 17, 447 ff. u. a.; vgl. auch RG. in IW. 1901, 34).Vgl. jedoch wegen der Kosten § 91 Anm. 3. Über das richterliche Verbindung-recht s. § 147, über die Zwischenfeststeüungsklage 8 280 Anm. 5. 9) Eine Häufung einander widersprechender Einreden ist jedenfalls gestattet, weil eine jede Einrede nur die Abweisung des klügerischen Angriffs bezweckt und bei einer solchen Abwehr die eine Einrede zur anderen in das Verhältnis der Eventualität tritt (vgl. RG. in IW. 1893, 499). Ebenso ist daraus allein, daß der Beklagte eine mit dem Leugnen des Klagegrundes nicht vereinbare Einrede gellend macht, nicht zu schließen, daß er den Klagegrund an sich zugestehe (qui excipit, non fatetur; RG. in DJZ 1883, 379. AM. Pfizer a. a. O. 367 ff.). Indessen kann in beiden Beziehungen bei widersprechendem Verhalten des Beklagten zu seinen Ungunsten der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286) zur Anwendung kommen (vgl. Anm. 7). Auch sind, wenn der Beklagte aus denselben Tatsachen, aus die der Kläger seinen Anspruch stützt, eine Einrede herleitet, diese nach dem Grundsätze, daß die Partei dasjenige, waS sie für sich behauptet, auch gegen sich gelten lassen muß (Planck I 251 ff., 324 f.), als zugestanden anzusehen (s. 8 288 Anm. 4, OLG. Hamburg in SA. 50 Nr. 128).

Erster Tttel. Verfahren bis zum Urteil, ff 261, 262.

267

§ 261. (233.) Die Klageschrift ist zum Zwecke der ^Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung bei dem Gerichlsschreiber des Prozeßgerichts einzureichen. Der Termin soll nur so weit hinausgerückt werden, als es zur Wahrung der Einlassungsfrist geboten erscheint. Nach erfolgter Bestimmung des Termins hat der Kläger für die Zustellung der Klageschrift Sorge zu tragen. E. § 225.

Mot. 186.

Prot. 78. — Nov. 1898 § 233; KomB. 84, 91 ff.

§ 262. (234.) Zwischen der Zustellung der Klageschrift und dem Termine zur mündlichen Verhandlung mutz ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen (Einlassungsfrist). In Meß- und Marktsachen beträgt die Einlassungsftist mindestens vierundzwanzig Stunden.

8 261. 1) Der § 261 enthält nur eine Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des § 216 auf die Klageschrift. Nach § 216 Abs. 2 ist daher der Termin binnen 24 Stunden vom Borfitzenden $u bestimmen. Die .Bestimmung des Termin-"' ist ein lediglich formeller Akt deS Vor­ sitzenden; eine sachliche Prüfung der Klageschrift und eine Abweisung der Klage durch Verfügung findet — abgesehen von § 608 (vgl. auch §§ 649, 947) — nicht statt. Freilich muß wirklich eine Klage vorliegen, nicht ein Schriftstück, daS sich nur als solche bezeichnet (Wach, Bortr. 29 N. *), wogegen daS bloße Fehlen einzelner notwendiger Bestandteile der Klage die Termin-bestimmung nicht hindert. S. §§ 216 Anm. 3, 253 Anm. 8. Gegen die Verweigerung steht dem Kläger nach § 567 die Beschwerde zu. Wegen der Zustellung ohne vorherige Termins­ bestimmung vgl. § 253 Anm. 7. Eine Abschrift der Klageschrift ist nach § 133 auf der Gericht-schreiberei niederzulegen. 2) Abs. 2: Der Entwurf der Nov. v. 1898 hatte in §§ 312 a—e die Einrichtung eineBortermins vorgesehen, der bei unstreitigen Ansprüchen dem Kläger die schleunige Erlangung eine- Tttel- gewähren und zugleich dem zur Anerkennung de- Anspruch- bereiten Beklagten die Kosten der Anwalt-bestellung ersparen sollte (Begr. 112 ff.). Die Reich-tag-kommission hat diesen Vorschlag abgelehnt, jedoch den Abs. 2 eingefügt und die Einlaffung-frist (von einem Monat) auf zwei Wochen (§§ 262, 520 Abs. 2, 555 Abs. 2) abgekürzt (KomB. 91 ff.; s. auch §§ 262 Anm. 2, 604 Abs. 2). In Ehe- und KindschaftSsachen (§§ 618 Abs. 1, 640 Abs. 1, 641 Abs. 1) findet Abs. 2 keine Anwendung, wohl aber auf den Wechselprozeß (§ 604) und nach der Nov. v. 1909 (§ 507) auf daS Verfahren vor den Amt-gerichten. „Zur Wahrung der Einlassung-frist"' — Zu berücksichtigen ist, daß zwischen der Anberaumung und der Zustellung an den Beklagten noch einige Tage zu liegen pflegen und bei öffentlicher Zustellung (§ 206) eine weitere Frist hinzukommt. Vgl. auch § 262 Anm. 6. Abs. 2 ist auch bei umfangreichen, voraussichtlich kontradiktorischen Sachen anzuwenden, um auf baldige Bestellung eines Anwalt- seitens de- Beklagten hinzuwirken. Bei der Kürze der EinlaffungSsrist empfiehlt sich als erster Termin ein sog. Sammeltermin, in welchem Bersäumnisfatben, recht-geschäftliche Prozeßhandlungen (Vergleiche, Aneckenntniffe usw.) und einfache kon­ tradiktorische Sachen zu erledigen und für die noch nicht bereiten Sachen geeignete Termine zu bestimmen sind (vgl. KomB. 94, 99, Rassow in Gruchol 44, 149 ff., Stein in DJZ. 1900, 33 ff.). Trotz der kurzen Einlassungsftist steht dem Beklagten ein Recht auf Vertagung nicht zu (KomB. 92 f., 101 f., Stein 36, Petersen Nr. 4). 3) Abs. 3: Vgl. §§ 166—207. — Wegen Benachrichtigung der Vorgesetzten bei Klagen gegen aktive Offiziere in Preußen s. JMV. v. 28. Febr. u. 24. April 1880 (JMBl. 41, 92). Andere Benachrichtigungen sind nicht mehr erforderlich, wenngleich zuweilen, z. B. bet Klagen gegen Beamte, üblich. Vgl. auch JMV. v. 10. Aug. 1881, 31. Oft. 1894 u. 7. Mai 1901 (JMBl. 168, 306, 115).

268

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. § 268.

Ist die Zustellung im Auslande vorzunehmen, so hat der Vorsitzende bei Festsetzung deS Termins die Einlassungsfrist zu bestimmen. E. § 226.

Mot. 186 f.

Prot. 78, 537 ff. — Nov. 1898 § 234; KomB. 84, Öl ff.

§ 263. (235.) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen: 1. wenn während der Dauer der Rechtshängigkeit von einer Pattei die Streitsache anderweit anhängig gemacht wird, so kann der Gegner die Einrede der Rechtshängigkeit erheben; 2. die Zuständigkeit des Prozehgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. E. § 227.

Mot. 187 ff.

Prot. 79, 540 ff. — Nov. 1898 E. § 235; Begr. 104 f.

8 262. 1) Über den Begriff der Einlassungssrist vgl. § 217 Sinnt. 1. Ihre Wahrung ist bei bloßer Ergänzung oder Berichtigung des Klagegrundes oder Erweiterung des KlagantragS (§ 268 Nr. 1, 2) nicht erforderlich (vgl. § 132 Sinnt. 3, RG. 15 392, 31 391), wohl aber bet einem Klagenachtrage, der die formell mangelhafte Klage ergänzt (f. § 253 Sinnt. 8). 2) Slbf. 1: Durch die Nov. v. 1898 ist die Frist von „einem Monat" auf zwei Wochen abgekürzt (vgl. § 261 Sinnt. 2, KomB. 103). Ist die Einlassungsfrist nicht gewahrt, so kann vom Beklagten Vertagung verlangt, gegen den nicht erschienenen Beklagten aber ein Versäumnisurteil nicht erlassen werden (§ 335 Nr. 2). Bei einer Vertagung wird die Einlaffung-frist von Zu­ stellung der Klageschrift bis zum zweiten Termine berechnet (OLG. Dresden in Busch 6, 499); außerdem ist aber die Ladungssrist zu dem letzteren Termine zu wahren (vgl. §§ 335 Abs. 2, 218 Anm. 2). Der Beklagte, der trotz nicht gewahrter Einlassungsfrist erscheint, kann gegen den nicht erschienenen Kläger auf Grund des § 330 ein Bersäumnisurleil beantragen (§ 335 Sinnt. 3). Vgl. auch § 337. 8) „Meh- und Marktsachen" — vgl. § 30. Auch die Ladungsfrist beträgt hier nur 24 Stunden (§ 217). — Eine kurze Einlassungsfrist s. noch in §§ 499, 604 Abs. 2. 4) Abs. 2: Auch bei Zustellung int Auslande muß die Einlassungssrist mindestens zwei Wochen betragen. Die vom Vorsitzenden zu bestimmende längere Frist muß zwischen der Zustellung der Klage und dem Verhandlungstermine liegen. Vgl. auch § 339 Abs. 2. Eine Zu­ stellung im Auslande ohne vorgängige richterliche Bestimmung der Einlassungssrist ist ungültig; eS ist jedoch § 295 Abs. 1 anwendbar (Petersen Nr. 1). Bei öffentlichen Zustellungen tritt ein Monat zu der Einlassungsfrist hinzu (§ 206 Abs. 1). 5) Eine Abkürzung der Einlassungsfrist kann sowohl in den Fällen deS Abs. 1 wie in denen des Abs. 2 in Gemäßheit des § 226 erfolgen. 6) In den Fällen der §§ 272 Abs. 4, 320 Abs. 3, 325 Nr. 4 HGB. und §§ 51 Abs. 4, 107 Abs. 1 GenG. (RGBl. 1898, 810) hat der Vorsitzende von Amts wegen, eventuell durch Vertagung, für die Wahrung der vorgeschriebenen Monatsfrist zu sorgen.

8 263. Literatur: Schwalbach im c. A. 64, 256 ff., Lippmann das. 65, 358 ff.; 71, 291 ff., Rümelin das. 88, 87 ff., Schollmeyer, KompensEinr. 8 ff., Wach in Gruchot 30, 766 ff., Fischer in d. Festgabe f. v. Jhering, Berlin 1892, 36 ff., Petersen im SächsA. 2, 139, Stein, Urk. u. WProz. § 35, Köhler, Prozeß als Rechtsverhältnis 36f., Trutter, Proz. RechtSgesch. 106ff., 485 ff., Planck 1 § 54, II § 104, Schmidt, Lehrb. §69, Weismann §88, Hellwig § 164. 1) Die Erhebung der Klage (s. §§ 253, 261 Anm. 1) erzeugt den Zustand eines schwebenden (begonnenen, aber noch nicht beendeten) Rechtsstreits, welchem das Gesetz mit „Rechts­ hängigkeit der Streitsache" (Litispendenz) bezeichnet. fWeismann, Hauptinterv. 164, Stein

Erster Titel.

Verfahren

bis zum Urteil,

f 268.

269

e. ö. O., Wilm.-Levy Anm. 1 wollen noch zwischen Rechtshängigkeit de- Anspruchs (oder der Streitsache) und Anhängigkeit des Rechtsstreits (oder der Klage) unterscheiden.] Dieser Zustand äußert sich wesentlich in der Gebundenheit der Parteien an die so dem Ansprüche gegebene Gestalt und Richtung. Die Entstehung der „konkreten Richterpflicht", worin Schwalbach 267 s. daS Besen der Rechtshängigkeit findet (vgl. auch Aschrott in Gruchot 38, 626, Lüning in Busch 4, 135 R. 174, Planck II 144, Trutter in KritB. 41, 413 ff.), bedeutet, wie er selbst anerkennt, „bald mehr, bald weniger". Man kann indeffen zugeben, daß mit der Rechtshängigkeit auch eine gewtffe Gebundenheit des Gerichts eintritt. Die Rechtshängigkeit setzt, wie die Rechtskraft, Identität der Personen, deS Gegenstandes und deS Rechtsgrundes voraus (vgl. RG. 26 367 u. in JB. 1898, 387, 504). Dgl. Anm. 3. Durch Nebenintervention des Hauptschuldners im Prozeffe deS Bürgen wird Rechtshängigkeit nicht begründet (RG. in SA. 39 Nr. 241). Die Klage auf einen Teil begründet gegenüber der Klage auf den Rest nicht die Einrede der Rechtshängigkeit (vgl. §§ 260 Anm. 8, 322 Anm. 3, 4). Die Streitfrage, ob „an Stelle deS ZweiseitigkeitsprinzipS der alten litis contestatio das Prinzip einseitiger Prozeßbegründung" (durch die bloße Klagerhebung) gesetzt (Bülow im c. A. 62, 22, Lüning a. a. O., Schwalbach 256 f., v. AmSberg im c. A. 65, 103 N. 25 u. a.), oder ob noch immer die Streitbegründung von der Einlaffung abhängig ist (Wach in GrünhutSZ. 7, 134 ff., Plösz, Beitr. z. Theorie d. Klagerechts 10, 130, 132 ff., Birkmeyer im c. A. 66, 32 ff. u. a ), hat in der Hauptsache nur theoretische Bedeutung. Der größte Teil der Wirkungen der Streitbegründung schließt sich jedenfalls nach der ZPO. an die Klagerhebung an (§§ 263, 267), während andere sich nach wie vor an die Einlassung knüpfen (s. Anm. 4, § 267 Anm. 2, 3). sDaß die Erhebung der Klage, wenn die ProzeßvorauSsetzungcn nicht vorliegen, nur Rechtshängig­ keit, nicht daS ProzeßverhältniS herstellt, erkennt auch Schwalbach 257 ff. an.] Wichtig für die Begründung jener Wirkungen ist der Begriff der durch die Klagerhebung eintretenden EinlassungSpflicht des Beklagten (f. Wach a. a. O. 146 ff., Bortr. 145 f. u. im c. A. 64, 312 N. 6, Birkmeyer a. a. O. 24), an deren Stelle Bülow a. a. O. 22 ff. ein bloßes Recht zur Einlaffung an­ nimmt (vgl. Schmidt § 66 I; f. auch §§ 138 Anm. 1, 331 Anm. 2). Für die erst im Laufe des Prozesses erhobenen Ansprüche ist der Zeitpunkt der Geltend­ machung in der mündlichen Verhandlung entscheidend (s. § 281). Begriff und Wirkungen der Rechtshängigkeit sind nämlich ebensowenig, wie die der Rechtskraft, an die Form der Klage gebunden, sondern finden überall da Anwendung, wo ein „Anspruch" zur richterlichen Entscheidung (mit der Wirkung materieller Rechtskraft) gebracht wird, also auch auf Widerklagen (vgl. Lüning 135 ff., 145, Schollmeyer, Kompens. 14 ff. u. in Gruchot 31, 227 ff. AM. Lippmann a. a. O. 65, 358 ff.; 71, 359 ff.), Zwischen fest stellungsklagen und mittels Einwandes geltend gemachte Gegenforderungen. Vgl. §§ 33, 280, 281, 302 Abs. 4, 320, 322 Abs. 2, 529 Abs. 2; §§ 145, 146 Anm. 2. (Die vorstehende Ansicht teilen außer den Mot.: Wach, Bortr. 137 ff., Freudenstein, Rechtskraft 202 ff., Planck I 372, Wex in Gruchot 31, 248 ff., Scholl­ meyer, Komp. 8 ff., 96 ff., 101 u. in Gruchot 31, 222 ff., Oetker, Konkursr. Grundbegriffe I 581 f. u. a. Vgl. auch Lippmann in Busch 13, 80ff. u. Schmidt § 118 a. E. Dagegen verneinen die Rechtshängigkeit durch Aufrechnung einer Gegenforderung: RG. 6 422, 16 375, 18 408, 27 299 (vgl. aber auch 15 376, 421; 8 364; in IW. 1887, 352), Petersen Nr. 2, 5 sowie in Busch 1, 93 ff.; 4, 293 ff., in Gruchot 30, 1 ff.; 31, 535 ff., Lüning a. a. O. 48 N. 47, Schwalbach 269, Redlich in Busch 25, 376 f., Seuffert Anm. 1, Gaupp Nr. I u. a.] Der neue § 302 Abs. 4 spricht für die Annahme der Rechtshängigkeit der Gegenforderung, und die Ändenmg des § 322 Abs. 2 (Begr. 108) steht nicht entgegen. Ebensowenig steht entgegen, daß nach BGB. die Aufrechnung durch Erklärung gegenüber dem anderen Teile erfolgt (§ 386) und bewirb, daß die sich deckenden Forderungen in dem Zeitpunkt als erloschen gelten, in welchem sie zur Aus­ rechnung geeignet einander gegenübergetreten sind (§ 389). Die Vorschrift des BGB. § 209 Nr. 3, daß die Geltendmachung der Aufrechnung deS Anspruchs im Prozeffe die Verjährung deS Auf-

270

Zweites Buch. Berf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Berf. v. d. Landgerichten, g 268.

rechnungsanspruchs unterbricht, spricht vielmehr für die Annahme der Rechtshängigkeit (vgl. Köhler in Busch 24, 25). Der AufrechnungSeinwand wird in jedem Falle wenigstens eventuell erhoben (vgl. auch Fitting § 50 2. 215, Planck, BGB. § 209 Anm. 2 a). Der inneren Verschiedenheit wird durch die Möglichkeit der Aussetzung (f. unten Anm. 3) genügend Rechnung getragen. Die Wirkungen unter Nr. 2 (vgl. Schollmeyer, Komp. 102) und § 264 (vgl. § 268 Anm. 1 a. E.) paffen freilich nicht auf Einreden. Im Mahnverfahren treten die — in HZ 263 f. aufgeführten — Wirkungen der Rechts­ hängigkeit mit der Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner ein (§ 693 Abs. 2: vgl. auch § 695, BGB. § 209 Abs. 2 Nr. 1). — Die Klage im ordentlichen Prozesse begründet gegenüber der Klage im Urkundenprozesse die Einrede der Rechtshängigkeit und umgekehrt (Gaupp Nr. II 3 d u. a.). Über den Beweis dieser Einrede im Urkundenprozeffe s. RG 27 327, § 595 Anm. 2. Für das Verhältnis der Feststellungsklage zur Klage im Urkundenprozeffe gilt das in § 256 Anm. 10 im allgemeinen Gesagte. — Durch Erwirkung des Arrestbefehls (oder einer einst­ weiligen Verfügung) wird zwar Rechtshängigkeit der Hauptsache nicht begründet (RG. 13 363, 26 407, Planck I 274 N. 18, Köhler, Prozeßrecht!. Forsch. 138: unten § 930 Anm. 2); indessen findet § 263 doch insofern entsprechende Anwendung, als wegen des nämlichen Anspruchs auf den nämlichen Gegenstand nicht bei verschiedenen Gerichten Arrest beantragt werden kann (RG. 8 358). — Durch Anmeldung der Forderung im Konkurse tritt Rechtshängigkeit nicht ein; eS wird aber die Verjährung unterbrochen (BGB. § 209 Nr. 2).

2) Die ZPO. regelt nur die prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit (vgl. § 267). Die Rechtshängigkeit dauert bis zum Eintritte der Rechtskraft (vgl. H 322) oder der anderweiten Beendigung des Rechtsstreits (s. z. B. §§ 271, 306, 321 Abs. 2). Sie wird nicht dadurch aufgehoben, daß über einen in der Klageschrift enthaltenen Klagegrund in erster Instanz nicht verhandelt, vielmehr vom Kläger erklärt worden ist, er behalte sich diesen vor (RG. in IW. 1893, 293; vgl. RG in SA. 47 Nr. 163, auch § 879 Anm. 4). Hinsichtlich des Mahn­ verfahrens s. § 701. 3) Nr. 1: Die Hauptwirkung besteht in der „Einrede der Rechtshängigkeit" (exceptio litis pendentis oder rei in judicium deductae), die den Grundsatz von der Unstatthaftigkeit gleichzeitiger Verhandlung desselben Streitverhältniffes (vgl. RG. 49 344, 50 419, 52 260, 54 49, in Gruchot 48, 122, in IW. 1904, 260) in zwei Prozessen verwirklicht (vgl. ROHG. 19, 417). Sie gehört zu den prozeßhtndernden Einreden (§ 274 Nr. 4). Sachlich steht sie auf einer Linie mit der Einrede der Rechtskraft, deren Vorläuferin sie ist und deren Zweck sie sogar zuweilen dauernd erfüllt (vgl. RG. in Gruchot 28, 1136, Schollmeyer, Kompens. 10 u. in Gruchot 31, 224, Gerbaulei das. 30, 799, Schwalbach 282 ff. AM. Lippmann im c. A. 65, 438 ff.), und hat denselben Umfang wie diese (s. Anm. 1 und Ullmann im c. A. 91, 404); sie steht daher auch beiden Teilen zu (s. ROHG. 8, 167, Enlsch. d. preuß. OT. 55, 211). Hiernach be­ antwortet sich namentlich die Frage, ob auch durch die Anhängigkeit bei einem ausländischen Gerichte die Einrede begründet wird (vgl. RG. 49 344 u. in LA. 47 Nr. 296, Petersen Nr. 1, Gaupp Nr. II 4). Ob das ausländische Gericht die Einrede versagt, ist unerheblich (s. ROHG. 19, 417). Vgl. § 328 Anm. 1. Es kommt nicht darauf an, ob die Prozeßvoraussetzungen vorliegen (s. Anm. 1, Lchwalbach 281 ff., Ulbricht im c. A. 78, 76, Gaupp Nr. I; vgl. auch § 33 Anm. 1 a. E. AM. Wilm.Levy Anm. 1). Eine den Bestimmungen des § 253 Nr. 2 nicht entsprechende Klage kann aber naturgemäß die Einrede der Rechtshängigkeit nur dann begründen, wenn sich erkennen läßt. welcher Anspruch mit ihr verfolgt wird (vgl. § 253 Anm. 6). Ob die nochmalige Anhängigmachung durch Klage, Widerklage, Zwischenfeststellungsktage oder durch Geltendmachung einer Gegenforderung mittels Einrede erfolgt, ist unerheblich (s. Anm. 1). Demnach kann auch einer Klage, durch die ein bereits im Wege der Aufrechnung geltend gemachter Anspruch erhoben wird, die Einrede der Rechtshängigkeit und dem Aufrechnungseinwande die

Erster Titel.

Verfahren

bis zum Urteil,

g 263.

271

Replik der Rechtshängigkeit entgegengesetzt werden, ebenso wie die Replik der res jndicata nach § 322 Abs. 3. ^Zustimmend Planck I 274, Freudenstein a. a. O. 204, Wach, Bortr. 137 ff., jetzt auch Schollmeyer, Kompens., 8 ff. 52 ff. u. a. AM. RG. 6 420, 16 375, Petersen. Löning, Wilm.-Levy a. a. O. (f. oben Anm. 1), Lippmann im e. A. 65, 358 ff., Kroll, Klage u. Einr. 202 u. fl., die nur eine „Einrede" der Rechtshängigkeit juloffcn.] Indessen ist nur die nochmalige Entscheidung über die Gegenforderung selbst ausgeschlossen; die Ausrechnung auf Grund einerechtshängigen Anspruchs ist nicht unzulässig (BGB. §§ 387 ff.; RG in IW. 1888, 12 Nr. 17. AM. Schollmeyer 69, 101). Vgl. §§ 281 Anm. 2, 322 Anm. 4. Die Wirkung der Replik ist daher nur die, daß der Richter die Entscheidung über den Einwand bis zur rechtskräftigen Ent­ scheidung des VorprozesseS auf Grund entsprechender Anwendung des § 148 abzulehnen und folge­ weise die Verhandlung des ganzen später erhobenen Rechtsstreits bis dahin auszusetzen hat. sBgl. auch OLG. Dresden in Busch 6, 489, oben § 145 Anm. 5; Wilm.-Levy Anm. 2 a. E. AM. Schollmeyer, Kompens. 52 ff., des. 69, 102, Planck I 274.] Statt der Aussetzung ist eS jedoch häufig angezeigt, von dem gewöhnlichen Trennung-rechte Gebrauch zu machen, falls die Voraus­ setzungen des § 145 Abs. 3 vorliegen; auf Grund entsprechender Anwendung des § 145 Abs. 3 einen rechtshängigen, aufrechnungsweise geltend gemachten tonn exen Anspruch aus dem zweiten Prozesse herau-zuweisen, ist nicht zulässig. Aus Einreden, die nicht auf einer Gegenforderung beruhen, ist der Begriff der Rechts­ hängigkeit nicht anwendbar, auch nicht auf die Zurückbehaltungseinrede; sowenig diese Einreden Rechtshängigkeit bewirken, ebensowenig steht ihnen die Replik der Rechtshängigkeit entgegen. Widersprechenden Entscheidungen kann hier nur durch Verbindung oder Aussetzung (§§ 147, 148) vorgebeugt werden. Vgl. Anm. 6 u. RG. in IW. 1895, 81. Die Einrede der Rechtshängigkeit ist nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (AM. Köhler, Prozeßrechtl. Forsch. 95 ff.). Auf sie kann — ausdrücklich oder stillschweigend — verzichtet werden. In solchem Falle gehen beide Prozesse nebeneinander her (s. § 148 Anm. 1; abw. Osterloh in Busch 3, 77). Wird demnächst aber der eine von ihnen rechtskräftig entschieden, so kann noch immer in dem anderen Prozeß auf dieses Urteil die Einrede der Rechtskraft gestützt werden. Ge­ schieht dies nicht und ergehen zwei widersprechende Urteile, so gilt daS spätere Urteil, falls diesenicht etwa nach § 580 9k. 7a beseitigt wird. (Vgl. Gaupp Nr. II A, Köhler in Busch 10, 470; s. aber auch Busch 17, 241.) 4) Nr. 2: „Zuständigkeit" — sachliche wie örtliche (perpetuatur formn, perpetuatio judicii). Vgl. RG BZS. 27 385 (§ 32 Anm. 1 a. E.), aber auch R«. in IW. 1890, 402. Umgekehrt kann aber die (örtliche) Zuständigkeit auf später eingetretene Tatumstände gestützt werden (RG. 82 136). 8) „der sie begründenden Umstände" — z. B. Minderung des Werte- de- Streit­ gegenstände-, Wechsel des Wohnsitzes usw.; vgl. § 4. Auch durch teilweise Einräumung deAnspruchs oder teilweise Zurücknahme der Klage wird die Zuständigkeit nicht geändert (RG. 3 392, Wach I 379 u. a.). Freilich bleibt auch die Einlassung für die Zuftändigkeitsfrage stets von Bedeutung (f. §§ 39, 274, 275; Wach in GrünhutsZ. 7, 139 f.). Über den Einfluß einer Änderung der Gerichtsbezirke auf anhängige Sachen f. Betzinger in Busch 17, 429ff., Stölzel das. 32, 35ff.; vgl. auch OLG. Hamm das. 18, 426ff. Wegen der Klagerweiterung s. § 506. 6) Eine Vorschrift über die Prävention ist nicht aufgenommen. Es gilt als notwendige Folge der Rechtshängigkeit, daß im Falle der Konkurrenz mehrerer zuständiger Gerichte oder im Falle doppelseitiger Klagen durch die Rechtshängigkeit und während ihrer Dauer die Zuständigkeit anderer Gerichte ausgeschlossen wird. Vgl. § 35. 7) Die Erhebung der Widerklage setzt die Rechtshängigkeit der Klage voraus (§§ 33, 145 Abs. 2, 278—281; f. auch Löning a. a. O. 6 s., 30 ff , Planck H 146 N. 32). Vgl. noch §§ 33 Anm. 8, 271 Anm. 6. 8) Bildet da- im Streite begriffene Rechtsverhältnis die Borftage für einen andern Recht--

272

Zweites Buch. Vers, in erst. Instanz. Erst. Abschu. Vers. v. d. Landgerichten, § 264.

§ 264. Nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage nur zuzulassen, wenn der Beklagte einwilligt oder wenn nach dem Ermessen des Gerichts durch die Änderung die Verteidigung des Beklagten nicht wesentlich erschwert wird. Nov. 1898 E. § 235a; Begr. 104 f.; KomB. 84. streit, ohne doch dessen Gegenstand zu bilden, so kann die Verhandlung des letzteren nach § 148 ausgesetzt werden (§148 Sinnt. 1), z. B. wenn eine Grunddienstbarkeit gleichzeitig mittels Klage (BGB. § 1027) und als Einrede gegen die Eigentumsklage geltend gemacht wird (s. oben Sinnt. 3; ROHG. 13, 202 ff.).

§264. 1) In § 264 hat die Nov. v. 1898, um Verschleppungen vorzubeugen, bestimmt, daß eine Änderung der Klage auch ohne Einwilligung des Beklagten vom Gericht unter gewissen Voraussetzungen zugelassen werden kann. Eine Klagänderung ist daher jetzt in zwei Fällen zu­ lässig, int Falle der Einwilligung des Beklagten und bei dessen Widerspruch im Falle der Zulassung durch das Prozeßgericht; das letztere gilt jedoch nur für das Verfahren erster Instanz, doch kommt die Vorschrift auch in der Berufungsinstanz zur Anwendung, wenn ein eventueller Antrag in erster Instanz noch keiner Prüfung bedurfte. Für die Berufungsinstanz, für die früher das Klagänderungsverbot unbedingt galt, hat die Nov. die Klagänderung mit Einwilligung des Gegners für statthast erklärt (§ 527), dagegen int Falle des Widerspruchs an dem Verbote festgehalten (vgl. § 527 Sinnt. 1). Wegen der Ehesachen s. §§ 614, 616, wegen der Wider­ klage § 268 Sinnt. 1 a. E. Die Anwendung des § 264 hat neben dem Eintritte der Rechtshängigkeit (§ 263) das Vorhandensein einer Klagänderung zur Voraussetzung. Inwieweit in der Änderung der in der Klagschrist (als Grundlage deS Rechtsstreits — s. § 253) enthaltenen Anführungen überhaupt nicht eine Klagänderung zu finden ist, ergibt § 268 (vgl. das. Sinnt. 3ff. und die Literalurangabe). 2) „einwilligt" — in der mündlichen Verhandlung. Die Einwilligung kann still­ schweigend, und zwar nicht nur durch die in § 269 vorgesehene Einlassung, erteilt werden. Sie kann aber nicht schon darin gesunden werden, daß der Beklagte selbst den geänderten Tatbestand, den der Kläger später sich aneignet, in den Prozeß eingeführt hat (wie Wach in Gruchot 30, 769 ff. u. OLG. Hamburg in SSI. 50 Nr. 128 annehmen); vgl. jedoch Sinnt. 3 a. E. Im Falle der Einwilligung des Beklagten bedarf es eines Ausspruchs der Zulassung nicht. Vgl. § 270 Sinnt. 2 a. E. 3) Widerspricht der Beklagte, so hat das Gericht zu ermessen, ob es die Klagänderung zulassen will. Entscheidet es sich hierfür, so kann dies durch Zwischenurteil (§ 303) ausgesprochen oder dem Endurteile vorbehalten werden. Durch die Zulassung wird der Einwand der Klag­ änderung beseitigt; es kann daher die Zulassung nicht durch Beschluß erfolgen (s. auch Schmidt, Lehrb. § 130 II 3). Die Entscheidung ist zwar nach § 270 unanfechtbar; aber ebensowenig, wie der ihr darin gleichgestellte Slusspruch, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege, durch Beschluß ergehen kann, ist dies bei der Zulassung statthast (vgl. § 270 Sinnt. 2). Entscheidet das Gericht sich nicht für Zulassung, so ist lediglich auf die ursprüngliche Klage zu erkennen, es sei denn, daß in dem veränderten Vorbringen deren Zurücknahme zu erblicken und daß diese nach § 271 zulässig ist (vgl. § 268 Sinnt. 7). Die Ablehnung der Zulassung kann in den Gründen des EndurteilS, jedoch auch durch Zwischenurteil (§ 303) erfolgen. Die an sich zulässige Anfechtung der Ablehnung (vgl. § 270) kann im Falle des Zwischenurteils erst mit dem Rechtsmittel gegen da- Endurteil verfolgt werden. Der Kläger kann sich aber nicht beschweren, wenn er trotz des Einwände- der Klagänderung aus sachlichen Gründen abgewiesen wird (RG 53 35). „nicht wesentlich erschwert wird" — Dieses ist nach der Gesamtlage des EinzelfalleS zu beurteilen, jedoch vom Standpunkte der Verteidigung des Beklagten aus.

Erster Titel. Verfahren bi- zum Urteil, g 265.

273

§ 265. (236.) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozeß keinen Einfluß. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozeß als Hauptpariei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so findet der § 69 keine Anwendung. Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, daß er zur Geltend­ machung des Anspruchs nicht mehr befugt sei. E. § 228.

Mot. 189 f.

Prot. 79. — Rov. 1898 E. § 236; Begr. 105.

, den er in dem anhängigen Rechtsstreite (Nachverfahren)

Zweiter Titel.

Urteil,

g 802.

325

In betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vor­ behalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergibt, datz der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Voll­ streckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreite geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. E. § 264. Mot. 135, 217. Prot. 97. — Nov. 1898 E. § 274; Begr. 106; KomB. 87 ff., 170 ff.; Prot. z. BGB. H. 673 ff.. 717 ff., VI. 659 f. mit der Wirkung geltend machen kann, daß den Kläger die mit der Rechtshängigkeit verknüpile Steigerung der Haftpflicht trifft (vgl. Anm. 4). „die Aufrechnung einer Gegenforderung" — Bgl. RG 57 268. Der Ausdruck „Aufrechnung" ersetzt die bisherigen Worte „mittels Einrede" (vgl. Planck a. a. O. Anm. 4, Redlich a. a. O. 379, Wach in Busch 27, 5ff); hierher gehören nicht die Fälle der dilatorischen Auf­ rechnungseinrede (vgl. BGB. § 770 Abs. 2, HGB. § 129 Abs. 3). Die Ausrechnung kann im Prozesse geltend gemacht werden, einerlei, ob sie vor oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist oder erst durch die Geltendmachung im Prozesse sich vollzieht (vgl. § 81 Anm. 2, KomB 88, Fitting § 50 R. 17; s. auch Mot. z. EG. BGB. 73). — Über die Befugnis des Prozeßbevollmächtigten zur Bornahme und Entgegennahme der Aufrechnung im Sinne des § 388 BGB. s. § 81 Anm. 2 u. Weismann in Busch 26, 17 f. — Auch findet § 302 sowohl dann Anwendung, wenn nach § 145 über die Klage und Über die Aufrechnung getrennt verhandelt worden ist, wie dann, wenn das Gericht von der Befugnis des § 145 keinen Gebrauch macht und erst nach der Berhandlung die Trennung durch Erlaß des Borbehaltsurleils vornimmt. Jedoch können spruchreife Gegen­ forderungen, ohne daß eine getrennte Berhandlung nach § 145 stattgefunden hat, nicht durch Urteil nach § 302 einem Nachversahren überwiesen werden (vgl. RG. 24 423 u. in Gruchot 33, 1143) Wird eine Gegenforderung durch Widerklage geltend gemacht, so findet nicht § 302, sondern § 301 Anwendung (AM. Petersen Nr. 3). 2) „Berhandlung Über die Forderung" — nicht umgekehrt; denn nur die Forderung stellt einen selbständig zuzusprechenden Anspruch dar, während die Aufrechnungssorderung stets nur die Abweisung bezweckt, also unter § 303 (s. das. Anm. 1) fällt, obwohl die Ent­ scheidung über die Gegenforderung nach § 322 Abs. 2 in gewisser Hinsicht materiell rechtskräftig wird. (So auch RG. 6 422. AM. Schollmeyer, Kompens. 23 N. 1.) Über die Frage, ob eine Prüfung der Hauptsorderung unterbleiben kann, wenn eine Gegenforderuug von gleicher Höhe begründet ist, s. §§ 300 Anm. 1, 322 Anm. 4. „Entscheidung — über die Aufrechnung"— Die über die Hauptforderung ergehende Entscheidung (vgl. RG. in Gruchot 45, 1112) ist nicht Teilurteil, denn sonst hätte es der Bestimmung des Abs. 3, daß das unter Borbehalt ergehende Urteil in betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen sei, nicht bedurft. Dieses BorbehaltSurteil ist vielmehr ein Zwischenurteil, das ausnahmsweise, wie in den Fällen der §§ 540, 599, in betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen ist (vgl. § 599 Anm. 4; Wach, Bortr. 114, Weismann in Busch 26, 22; vgl. auch Petersen Nr. 4. AM. Bunsen in Busch 27, 387 s., Fitting § 50 N. 21 f., Gaupp Nr. III). Im Falle des § 304 ZPO. kann auch ein Urteil über den Grund ergehen (RG. in Gruchot 47, 1162, SchmidtBardeleben das. 793). Der Borbehalt muß von Amts wegen, mithin auch ohne Antrag des Beklagten, im Urteil, und zwar in der Urteilswrmel, ausgesprochen werden (RG. 47 364); fehlt er. so kann entweder aus dem in Abs. 2 bezeichneten Wege oder mit der Berufung Abhilfe gesucht

326

Zweites Buch. Vers, in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. § 302.

werden (vgl. §§ f>40 Anm. 3,

599 Anm. 3).

Von

den Fällen

der §§ 540,

599 weicht § 302

darin ab, daß hier das Borbehaltsurteil erfolgen kann. In dem Vorbehalt-urteil Nr. 4, Gaupp

Nr. HI.

ist auch über die Kosten zu entscheiden (vgl. Abs. 4, Petersen

AM. früh. Aust.).

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung

kann der Beklagte auf Grund seiner Gegenforderung nicht verlangen; jedoch kann er, wenn die Voraussetzungen des Arrestes vorliegen, die urteilsmäßige Hauptforderung im Wege des Arrestes pfänden lasten (vgl. KomB. 89, RG. in IW. 1889, 169). 3) Abf. 4: „bleibt der Rechtsstreit anhängig" — Es wird hier nicht gesagt, daß die Gegenforderung (vgl. § 263 Anm. 1), sondern

daß

der Rechtsstreit als solcher an­

hängig bleibe. Für ihn tritt jedoch mit dem Erlasse des Vorbehaltsurteils, sofern nicht über die Gegenforderung zugleich ein Beweisbeschluß verkündet oder dessen Verkündung ausgesetzt ist, ein Stillstand ein;

Sache

der Parteien ist es, das Nachverfahren zu betreiben (Gaupp Nr. IV 2).

4) „Der Kläger ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet" — Vgl. Schultze in GrünhutsZ. 25, 538 ff. Abs. 4 Satz 3 u. 4 entsprechen dem § 717 Abs. 2 (vgl. §§ 600 Abs. 2, 945; s. auch § 541 Abs. 2).

Nach den bisherigen §§ 503 Abs. 2, 563 Abs. 2, 655 Abs. 2 be­

gründete die Aufhebung des früheren Urteils nur einen Anspruch des Beklagten auf „Erstattung des auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten".

Die hierauf beschränkte Erstattung-pflicht

nach den Vorschriften der Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ist von der Nov. v. 1898 für den Fall des § 541 (früher 503) Abs. 2 nicht erweitert, da hier der Beklagte die Zurückweisung seiner Verteidigungsmittel dem eigenen schuldhasten Verhalten zuzuschreiben hat (Begr. 120; KomB. 171 f.). Dagegen ist in den Fällen der §§ 600, 717 (früher 563, 655) eine erweiterte Haftpflicht des Klägers eingeführt, die auch in den §§ 302, 945 Aufnahme gesunden hat. in

Die

diesen Fällen dem Kläger eingeräumte außerordentliche Befugnis, seinen Anspruch vor end­

gültiger Feststellung zur zwangsweisen Durchführung zu bringen, rechtfertigt es, daß er diese Befugnis nur aus seine Gefahr ausübt und dem Beklagten auch zum Schadensersätze ver­ pflichtet ist, insoweit sich hinterher ergibt, daß die vollstreckte Entscheidung sachlich ungerechtfertigt war (Begr. 106, 146; KomB. 173 f.). dadurch

entsteht,

Die Ersatzpflicht

ist auch auf den Schaden ausgedehnt, der

daß der Beklagte zur Abwendung einer bereit- angedrohten Vollstreckung

geleistet hat (KomB. 174; vgl. RG 25 426, 30 420, in IW. 1897, 464), mag die Androhung ausdrücklich erfolgt sein oder sich an- den Umständen ergeben. Freiwillige Zahlung trotz ausdrücklicher oder stillschweigender Erklärung des Klägers, nicht vollstrecken zu wollen, begründet den Ersatzanspruch nicht.

Zu ersetzen sind auch

die Kosten, die dem Kläger auf Grund eines

aus dem früheren Urteile benthenden Festsetzungsbeschlusses erstattet sind (Begr. 106).

Die Ersatz-

pflicht ist, wenn die Geltendmachung in dem anhängigen Rechtsstreit erfolgt, noch dadurch erweitert, dag die Wirkungen der Rechtshängigkeit, insbesondere die Steigerung der Haftpflicht (vgl. § 267 Anm. 1), schon mit dem Zeitpunkte der Zahlung oder Leistung eintreten.

Von einem

Verschulden des Klägers ist seine Schadcnsersatzpflicht nicht abhängig (KomB. 170, 173ff.; vgl. auch BGB. §§ 229, 231); im übrigen finden jedoch die allg. Vorschriften des BGB. §§ 249ff. über den Schadensersatz,

insbesondere

auch § 254 Abs. 1 u. 2,

Anwendung,

so daß z. B. die

Schadensersatzpflicht des Klägers dann eine Einschränkung findet, wenn der Beklagte schuldhaster­ weise es unterlassen hat, ungewöhnlich

den Kläger aus

hohen Schadens

die Gefahr eines mit der Vollstreckung verbundenen,

aufmerksam zu machen,

den der Kläger weder kannte noch

kennen mußte (vgl. KomB. 171 ff., Schultze 556f., Cohn in Gruchot 43, 96ff., 376ff., Petersen Nr. 6). Gegenüber dem Schadensersatzanspruche,

der in dem anhängigen Rechtsstreite geltend ge­

macht werden kann und der in betreff des über die Bereicherung hinausgehenden Schadens häufig eine Beweisaufnahme erfordern wird, sind Einwendungen, wie aus BGB. § 254 (vgl. oben), so

auch auf Grund des Vergleichs,

rechnungen

sind nach

der Zahlung usw. zulässig;

nur neue Ansprüche, Auf­

dem erkennbaren Zwecke der Bestimmung auszuschließen,

den Rahmen des anhängigen Rechtsstreits hinausgehen (vgl. auch

RG.

da diese über

in Gruchot 44, 182).

Zweiter Titel.

Urteil.

§ 303

327

§ 303. (275.) Ist ein einzelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungs­ mittel oder ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil erfolgen. E. § 265.

Mot. 29 f., 217 f.

Prot. 97.

Soll der Anspruch auf Schadensersatz in beut anhängigen Rechtsstreite (Nachverfahren) geltend gemacht werden, so ist er spätestens in derjenigen Verhandlung zu erheben, auf welche die Entscheidung über die Aufhebung des früheren Urteils ergeht; er ist auch in der Berufungs­ und Revisionsinstanz zulässig; im Falle der Aufhebung des Berufungsurteils ist die Sache nach § 565 in die Berufungsinstanz zurückzuverweisen (vgl. RG. 27 44). — Der Anspruch kann auch im Wege der Widerklage erhoben werden (RG. 63 367). Wird der Anspruch auf Schadensersatz in einem besonderen Rechtsstreit erhoben, so bestimmt sich die Zulässigkeit von Einwendungen und der Eintritt der Rechtshängigkeit nach. allge­ meinen Grundsätzen. 5) Wegen der Gebühren s. GKG. § 28, RAGebO. § 29. Der im Nachverfahren er­ hobene Schadensersatzanspruch stellt einen selbständigen Anspruch des Beklagten dar und ist daher nicht als Nebenforderung im Sinne des § 4 anzusehen (AM. RG. in IW. 1909, 23).

§ 303. Literatur: Brettner in Bödiker, Mag. 5, 283 ff., v. Kräwel im c. A. 66, 314 ff., Hergenhahn das. 79, 108 ff., Uebel in Busch 6, 464 ff., Faull, Über d. Begriffe des Zwischen­ streits. 1893, Schollmeyer, Zwischenstreit, Gusinde, D. Zwischenstreit in der deutschen ZPO. 1905, Wach, Vortr. 112 ff., Planck I 455 ff., Fitting § 70, Schmidt § 119, Weismann § 82. 1) a) Der Hauptfall, in dem ein „Zwischenurteil" erlassen werden darf, ist der, wenn ein einzelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel (s. § 146 u. §§ 145, 146 Anm. 2) — im Gegensatze von Prozessen (§ 300 Abs. 2), Ansprüchen (§ 301), Teilen eines Anspruchs in quantitativem Sinne (§ 301 Anm. 2 a, b), Klage oder Widerklage (§ 301 Anm. 2 c) — zur Entscheidung reif ist, mag die Verhandlung darauf beschränkt worden sein oder nicht (§§ 300—303 Anm. 1), und das Gericht auch nicht von § 304 Gebrauch macht. Hierher gehört z. B. die Verwerfung des Grundes einer geltend gemachten Gegenfordemng oder der sog. Einrede der mangelnden Passivlegitimation (RG. 11 389) oder der Einwendung des Ablaufs einer Ausschlußfrist (RG. in IW. 1898, 282), die Beurteilung des Klagegrundes vor­ behaltlich gewisser Einreden (RG. in Gruchot 28, 1146. AM. Wach a. a. O. 113 N.*) oder die Beurteilung nur einer Replik (RG. in IW. 1893, 346) oder die Verwerfung eines von mehreren Klage- oder Widerklagegründen (RG. 42 406). fVgl. auch Wach I 290 ff.] Ebendahin ist wegen ihrer doppelten Natur die „Gegenforderung" (Aufrechnung) zuzählen, obwohl sie an sich eine Form des „Anspruchs" bildet (s. §§ 263 Anm. 1, 322 Abs. 2, 302 Anm. 2, 304 Anm. 1, RG. 42 356, in Gruchot 45, 1114; Schollmeyer 20 ff., Kompens. Ulf.). In allen diesen Fällen beschränkt sich das Zwischenurteil auf Feststellung eines sog. Urteils­ elements ohne unmittelbar praktisches Ergebnis; es begnügt sich, den Klagegrund, die Einrede (Planck II 154) usw. als begründet anzuerkennen oder zu verwerfen, ohne daran — abgesehen von den Kosten (§§ 91 Anm. 1, 96 Anm. 2) — eine weitere Folge zu knüpfen. Im übrigen s. Anm. 3. — Eine Ausnahme machen die Fälle der §§ 302, 540, 599. b) Den zweiten Fall der Zulässigkeit eines Zwischenurteils bildet ein zur Entscheidung reifer „Zwischenstreit". Dieser Begriff ist nicht bestimmt. Aus den Mot. ergibt sich, daß nicht solche Zwischenstreite gemeint sind, die zwischen einer Partei und einem Dritten entstehen (besondere Rechtsstreite i. S. des GKG. §§ 27, 39 — vgl. Mot. dazu 54; ZPO. §§ 71, 102, 135, 387, 402). Der § 303 setzt vielmehr einen unter den Parteien (vgl. Schollmeyer 93 ff.) entstandenen Zwischenstreit voraus (s. auch RG. 34 381). In welchen Fällen ein solcher ent­ steht, ist jedoch zweifelhaft (vgl. Mot. 217). Das treffendste Beispiel ist ein bei der Beweis-

328

Zweites Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Verf. v. d. Landgerichten. § 303.

aufnähme sich erhebender Streit, von dessen Erledigung die Fortsetzung abhängt. Diesen Streit bezeichnet das Gesetz selbst in § 366 Abs. 2 als Zwischenstreit, obwohl nicht alle unter Abs. 1 das. fallenden Streitigkeiten einer mündlichen Verhandlung bedürfen und sich somit zum Zwischenstreit eignen (f. Schollmeyer 85). Vgl. auch PE. § 336. Ob im übrigen ein Streitpunkt als Zwischen­ streit zu behandeln, also nach mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil zu erledigen ist, folgt nicht immer aus der Natur der Sache (wie bezüglich der hier nicht in Frage kommenden Zwischenstreitigkeiten mit Dritten), sondern ist vielfach Sache einer verständigen Prozeßleitung im einzelnen Falle. Dies wird von vielen bestritten (z. B. Faull 9 f., Schollmeyer 45). Allein das richterliche Ermessen hat hier ebenso seine Stelle, wie bei der Beurteilung, ob ein Streit zur Ent­ scheidung, zur Erlassung eines Urteils oder eines Beweisbeschlusses reif ist (vgl. §§ 300 Anm. 1, 350 Abs. 2). So kann z. B. durch Bestimmung eines Termins lediglich zur Verhandlung über einen Zwischenstreit, zu der nach § 214 Abs. 2 geladen wird, der praktische Vorteil eines Ver­ säumnisurteils gewonnen werden (s. § 347 Abs. 2 u. Anm. 3, 4). Hierfür wie für die An­ ordnung einer Eidesleistung durch Beweisbeschluß nach § 461 Abs. 1 ist die Frage von unmittel­ barem praktischen Interesse. (Vgl. v. Bülow in Gruchot 22, 813 ff., Wach, Vortr. 118 ff., Brettner 285 ff.) Im allgemeinen ist ein das Verfahren betreffender Streit vorausgesetzt, von welchem dessen Fortsetzung abhängt (Schollmeyer 64 ff., Wach, Vortr. 118). Auch ein Streit über einen Antrag aus Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gehört hierher (RG. 12 373). Selb­ ständige Angriffs- und Verteidigungsmittel (s. §§ 145, 146 Anm. 2b) eignen sich nicht zu einem Zwischenstreite. Dies geht nicht allein aus dem in § 303 erkennbaren Gegen­ satze beider sowie aus der Gegenüberstellung von Hauptsache und Zwischenstreit in § 214 Abs. 1 (vgl. Faull 12) hervor, sondern folgt auch aus den Bestimmungen über die Vorbereitung von Zwischenstreiten (§ 132). sVgl. Schollmeyer 36 ff., 81 ff., Wach 118 ff., Schepers in Gruchot 24, 764, Gaupp Nr. III, Petersen Nr. 5.] Nicht ausgeschlossen vom Gebiete des Zwischenstreits sind die von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte, ebensowenig die Einrede unzulässiger Klageänderung (vgl. §§ 268 Anm. 7, 270 Anm. 2; Wach 118) und die prozeßhindernden Einreden. (So auch Schollmeyer 78 ff., Faull 27, Petersen a. a. £., Seufferl Anm. 3 u. in Busch 7, 19. AM. (aus verschiedenen Gründen) Wach 119, Birkmeyer, Zur Leyre v. Versäumnisurteil 38 ff., Gaupp a. a. O. u. a. Vgl. auch §§ 278 Anm. 1, 348 Anm. 3.] Wesentlich ist ferner, daß der Streit sich vor dem rechtskräftigen (vgl. RG. 27 358) Urteil er­ hebt und im Laufe des Prozesses durch Urteil erledigt wird (Schollmeyer 66). Der Kostenpunkt als solcher kann im allgemeinen nicht Gegenstand eines Zwischenurteils sein (vgl. Birkmeyer 17 ff., Seuffert in KritV. 26, 483); indessen kann die Kostenaussonderung des § 95 durch Zwischenurteil erfolgen (s. § 95 Anm. 1) und ferner über die Kosten eines Zwischmstreits in dem über diesen ergehendenLwischenurteil entschieden werden (vgl. §§ 302 Anm. 2 a. E., 599 Annt. 4 a. E.). [%auil 83 ff.] 2) „kann — durch Zwischenurteil erfolgen" — Die Erlassung eines Zivischenurteils konnte nicht, wie in § 301 die eines Teilurteils, als Regel vorgeschrieben, sondern mußte dem Ermessen des Gerichts („kann") überlassen werden, da die Angemessenheit abgesonderter Entscheidung einzelner Streitpunkte nur nach der Lage des einzelnen Falles richtig zu beurteilen ist (RG. 21 343, in IW. 1897, 383; Wach 122). Das Zwischenurteil kann auch durch Eid bedingt ergehen (§ 461); andere Bedingungen sind unzulässig (RG. 16 328). Obligatorisch ist das Zwischen­ urteil — abgesehen von den Zwischenstreiten zwischen einer Partei und einem Dritten — in den nicht zu den reinen Zwischenurteilen gehörigen Fällen der §§ 275, 540, 599 (Brettner 292 nennt sie „präjudizielle Zwischenurteile"), ferner in den Fällen der §§ 347 Abs. 2, 366, nicht auch in den Fällen der §§ 302, 304 („kann"). Streitpunkte, die nicht durch Zwischenurteil, sondern nur durch Beschluß (z. B. § 46) erlediat werden können, sind eben desbalb nickt rum Zwisckenftieite aeeianet 14. Sckollmever 87 ü.V

Zweiter Titel.

Urteil.

§ 304.

329

§ 304. (276.) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. Das Urteil ist in betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, daß über den Betrag zu verhandeln sei. E. § 266.

Mot. 218 f.

Prot. 97 f.

Daraus folgt weiter, daß der Zwischenstreit eine notwendige mündliche Verhandlung zur Voraus­ setzung hat (vgl. § 329 Anm. 1, Hoffmann in Gruchot 24, 743 ff., Schollmeyer 90 ff., Faull 22 ff., Planck I 451. AM. v. Bülow in Gruchot 22, 815). 3) Im Gegensatze zum Endurteil ist das Zwischenurteil nur vorbereitender Natur (vgl. §§ 300—303 Anm. 2). Es ist „ein antizipierter Bestandteil der Endenlscheidung" (vgl. § 461 Abs. 2), welcher daher (abgesehen von den Ausnahmefällen der §§ 275 Abs. 2, 302 Abs. 3, 304 Abs. 2, 540 Abs. 3, 599 Abs. 3) nur mit dieser durch Rechtsmittel angefochten werden kann (vgl. §§ 512, 548, RG in IW. 1901, 37 Nr. 11). Ein zur Hauptsache ergehendes Versäumnis­ urteil kann das Zwischenurteil folgeweise beseitigen (vgl. §§ 332 Anm. 3, 342 Anm. 1). Auch kann der Richter, obwohl er an sein Zwischenurteil gebunden ist, es doch nachträglich als unerheblich unbeachtet lassen (Wach, Vortr. 128, Schepers a. a. O. 870, Brettner 307). Wegen des Bersäumniszwischenurteils s. § 347 Abs. 2. § 304. Literatur: Haas in Gruchot 34, 336 ff., Schmidt-Bardeleben das. 47, 588 ff., 781 ff., Eickhofs das. 51, 110 ff., Uebel in Busch 6, 464, Hergeuhahn im c. A. 79, 108 ff., Schmidt § 118. 1) § 304 beruht wesentlich auf der Erwägung, daß regelmäßig für die Entscheidung über den Anspruchs gründ andere Tatsachen und Rechtsfragen in Betracht kommen als für den Anspruchsbetrag. Die aus anderen Erwägungen beruhende Trennungsbesugnis der §§ 146, 300 Abs. 2, 301—303 (vgl. §§ 300—303 Anm. 1, 301 Anm. 1) bezieht sich aus den vorliegenden Fall strenggenommen nicht. Indessen, wie dieZulässigkeit einer Trennung der Verhandlung über Grund und Betrag mittelbar aus § 146 zu entnehmen ist, so ergibt sich in dem Falle, wenn das Gericht den Klagegrund für hinfällig erachtet, das Recht und die Pflicht zur sofortigen Entscheidung — ohne Prüfung des Betrags — doch aus § 300 Abs. 1. Das in diesem Falle ergehende abweisende Urteil ist, wie auch die Entstehungsgeschichte (s. Anm. 3) ergibt und die Mot. hervorheben, ein wahres Endurteil (RG. 16 311, 17 349). Der § 304 gestaltet (vgl. RG. in IW. 1897, 232 Nr. 18) aber zugleich dem (erkennenden) Gericht (auch dem Berufungs­ gerichte — vgl. § 523 Anm. 1) dann, wenn es den Anspruch für begründet erklärt, diese Frage vorab durch ein Urteil zu entscheiden, das an sich die Natur eines Zwischenurteils hat (s. Anm. 4), jedoch aus Zweckmäßigkeitsgründen der sofortigen Anfechtbarkeit durch Rechts­ mittel zugänglich ist, so daß eine spätere Anfechtung (mit dem eigentlichen Endurteil) ausge­ schlossen ist (vgl. § 512 Anm. 3). sS. RG. 16 352, in Gruchot 39, 442, Dreyer in Gruchot 26, 131, Haas 342 ff., 358.] Kommen für die Entscheidung über den Grund des Anspruchs dieselben Tatumstände in Betracht, die für die Bemessung des Betrags maßgebend sind, so ist von einer Trennung abzusehen (RG. in Gruchot 44, 970; s. auch Schmidt-Bardeleben 606 ff.). Voraussetzung ist, daß das Gericht den Anspruch (bzw. jeden von mehreren Ansprüchen — RG. in IW. 1905, 386) für begründet erklärt, d. h. nicht nur an sich und zwar nach allen Richtungen, nach Dasein und Inhalt (vgl. RG. 31 361, in SA. 46 Nr. 227, 228, in Gruchot 28, 1146; 32, 424; 37, 970, 1241, 1243, in IW. 1889, 130; 1893, 306, 346; 1894, 180, 424; 1895, 126, 294; 1896, 397, 432; 1897, 450), sondern auch nicht als durch Einreden (z. B. Aufrechnungs- oder Zahlungseinwendungen — vgl. Haas 347) beseitigt (vgl. RG. in IW. 1898, 388; 1900, 249; 1901, 121; 1902, 393; 1903, 6, 579; 1909, 225 Nr. 20, s. jedoch auch im

330

Zweites Buch. Vers, in erst. Instanz. Erst. Löschn. Bers. v. d. Landgerichten. §

904.

Recht 1909 Nr. 1553). Insbesondere dürfen streitige Aufrechnung-forderungen nicht dem Nachverfahren vorbehalten werden (9MB. 52 27, Gaupp Nr. I 2. AM. RG in IW. 1904, 39). Auch genügt eS nicht, daß die Behauptungen des Klägers einstweilen als richtig unterstellt werden (RG. in IW. 1900, 411, in Gruchot 44, 970); vielmehr muh aus den festgestellten Tatsachen das Vorhandensein des Anspruchs sich mit Notwendigkeit ergeben (RG 16 387, s. auch in IW. 1697, 108) und insbesondere bei Schadensersatzklagen das Dasein irgend eines, wenn auch ge­ ringen, Schadens nachgewiesen sein (RG. in Gruchot 35, 945; in IW. 1895, 453; 1897, 107; 1898, 69; 1901, 839. Abw. IW. 1893, 75). Jedenfalls mutz feststehen, daß der Eintritt eines Schadens nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge anzunehmen ist (vgl. RG. 65 49, in JÄ. 1898, 69 Nr. 10, 141). Im Grundurteil ist auch ein Einwand aus § 254 BGB. zu erledigen (RG. in IW. 1904, 211, 448; 1907, 199 — s. jedoch auch im Recht 1909 Nr. 113, 116), desgleichen die Frage, ob Kapital oder Rente zu leisten ist (RG. in PucheltsZ. 38, 357 — s. jedoch auch in IW. 1908, 558), während die zeitliche Begrenzung einer Schadensrente auS § 843 BGB. dem Nachverfahren überlassen werden kann (RG. in IW. 1906, 473; 1907, 366) — ander- im Falle des § 844 das. (RG. 64 33 u. in IW. 1908, 9). Vgl. noch RG in IW. 1907, 202: 1908, 451; 1909, 225 Nr. 31. Ein vorgängiger Beschluh ist sowenig erforderlich als eine abgesonderte Verhandlung, wenn die Absicht, vorab, also durch Zwischenurteil zu entscheiden, nur erkennbar gemacht ist (RG. 8 360, 10 429 n. in LA. 38 Nr. 276). Der Grund des Anspruchs kann in der Urteils forme! durch Angabe der Tatsachen, au« denen er sich zusammensetzt, näher bestimmt und begrenzt werden (RG. 13 405, 16 387, in IW. 1900, 828). Die Entscheidungen über die einzelnen Richtungen, in denen ein Schaden eingetreten ist, gehört jedoch in das Verfahren über die Höhe de- Anspruchs (RG. in IW. 1895, 518). Das ergehende Urteil hat die Eigenschaft einer Jnzidentseststellung: es ist nicht vollstreckbar und ebensowenig der materiellen Rechtskraft fähig (vgl. § 322 Anm. 3 u. unten Anm. 3; Schollmeyer, Zwischenstreit 30, Haa- 339, Wach, Bortr. 145, 180). Ein Teilurieil über den Grund ist bei einem einheitlichen Ansprüche nicht zulässig (Lchmidt-Bardeleben 790 f., RG in IW. 1909, 22), wohl aber bei einer Mehrheit von An­ sprüchen oder gegen einen von mehreren Beklagten (RG. in Gruchot 47, 1167). L. auch RG. in IW. 1904, 357. Das Urteil darf auch durch Eid bedingt sein (vgl. RG. 6 430, 431, in IW. 1889, 356; 1894, 180, in SA. 46 Nr. 228, Seufsert in Busch 7, 20 ff., Meyer dal. 16, 533 ff.: RG 7 421 steht nicht entgegen. AM. Haas 351 ff.). Beim Ausbleiben oder Nichtverhandeln einer Partei kann ein Bersäumnisurteil nur nach 88 330, 331 in der Sache, nicht lediglich über den Grund erlassen werden (RG. 36 425, Gaupp Nr. I 3, Petersen Nr. 2 u. a. AM. RG. 10 357). § 304 ist nur mir die Klage und Widerklage (vgl. hierüber Brettner a. a. O. 297) anwendbar, nicht auf die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen (RG. 6 420, 12 362, in SA. 50 Nr. 285, in IW. 1891, 89; 1894, 196; 1897, 323; 1904, 364, Schollmeyer, Kompens. 112ff., Petersen Nr. 2 u. a.), selbst wenn sie zu einem besonderen Prozesse verwiesen sind (RG. 49 338), wohl aber an sich auf eine teils in Aufrechnung, teils als Widerklage geltend gemachte Gegen­ forderung hinsichtlich des durch Widerklage geltend gemachten Teiles (vgl. § 302 Anm. 2, RG in SA. 51 Nr. 226 u. in IW. 1896, 32).

2) Besonders praktisch ist die Bestimmung für Ansprüche auf Schadensersatz oder Leistung eines Interesses. Sie erstreckt sich aber auf alle Ansprüche, deren Grund und Betrag streitig ist, z. B. Gesellschaft-- und Erbschaftsklagen (vgl. § 254 Anm. 1, RG 54 341, Gaupp Nr. I 1; enger RG 60 366), nicht auf Streitigkeiten wegen eines einzelnen unter verschiedenen einge­ klagten Rechnungsansätzen (RG. 8 363 u. in IW. 1893, 538), wohl aber auf Feststellungsklagen (RG. 8 360). Ein Streit über den Betrag hat dessen bestimmte Angabe zur Voraussetzung

Zweiter Titel.

Urteil.

§ 805.

331

§ 305, Durch die Geltendmachung der dem Erben nach den §§ 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Einreden wird eine (RG. 61 55 — s. jedoch auch in IW. 1909, erfolgen kann (RG. in Gruchot 50, 1081).

364 Nr.

11),

die aber noch in der Berufungsinstanz

Wegen Vorbehalts der Schadensberechnung nt der Klage vgl. § 253 Anm. 6; s. auch § 254. 8) Macht das Gericht mit Unrecht von der Befugnis des § 304 Gebrauch, so darf doch der Berufungsrichter die Berufung nicht als unzulässig verwerfen, sondern kann nur ab­ ändernd erkennen (RG. 6 421, 429, 8 363, 18 401, 42 350, in IW. 1893, 346; 1898, 46, in Gruchot 32, 424; vgl. § 512 Anm. 4. AM. Hagemann in Busch 12, 361 ff.), bzw. die Sache ln die frühere Instanz zurückverweisen (§ 539; OLG. Braunschweig in SA. 44 Nr. 60). Jedoch Ist nicht die Bezeichnung des Urteils und die Auffassung des Gerichts, von dem es erlassen Ist, sondern sein Inhalt, wie er sich aus der Formel und der Begründung ergibt, maßgebend (RG. 42 346, in IW. 1899, 534; 1900, 249); wenn daher die Parteien sowie das Gericht zwar «in Zwischenurteil nach § 304 bezweckt haben, das Urteil aber nach seiner Fassung den Er­ fordernissen des § 304 nicht entspricht, so ist ein Rechtsmittel dagegen unzulässig (RG. in IW. 1896, 204). Anderseits ist die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß das Gericht irrigerweise angenommen hat, der Fall gehöre nicht unter § 304, sondern unter H 303 (RG. 89 389). Entscheidet das Gericht vorab über den Grund, so unterbleibt der Regel nach die Fest­ stellung des Betrags bis zur eingetretenen formellen Rechtskraft jener Entscheidung. Wie nach § 275 kann indessen, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, jede Partei die Fortsetzung der Verhandlung über den Betrag verlangen und das Gericht nach seinem Ermessen dem Antrage stattgeben (Mot.). Vgl. § 275 Anm. 3, 4. Es wird dies nur dann geschehen, wenn das Gericht nach den Umständen des Falles auf Unterlassung oder auf Erfolglosigkeit der Anfechtung mit Sicherheit rechnen kann. Die Anordnung setzt eine vorgängige mündliche Verhandlung voraus. Ist sie einmal erfolgt, so kann das Urteil nicht ausgesetzt werden. Ergeht in dem Verfahren über den Grund der Forderung in letzter Instanz ein die Klage abweisendes Erkenntnis, so bedarf es nicht der Anfechtung und Aufhebung des den Betrag festsetzenden (verurteilenden) Urteils; dieses tritt vielmehr mit der Hinfälligkeit des Verfahrens von selbst außer Kraft. (Vgl. •§ 275 Anm. 4 RG. 5 422, 15 348; Haas 358 ff., H. Meyer in Busch, 9, 342. AM. Hönemann in Gruchot 25, 858 ff.) Wegen der Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz durch das Berufungsgericht s. § 538 Nr. 3 u. Anm. 4. 4) Die eigentliche Sachverhandlung ist trotz des vorangegangenen Urteils über den Grund -och immer das Nachverfahren über den Betrag des Anspruchs (vgl. Schmidt-Bardeleben 812ff.), daher kann in diesem noch ein Versäumnisurteil ergehen, das die über den Grund ergangene günstige Entscheidung im Ergebnisse wieder beseitigt (§§ 275 Anm. 4, 322 Anm. 3, 342 Anm. 1, 347 Anm. 2, 600 Anm. 6; RG. 14 343, 36 428, Haas 354 ff.; s. anderseits Wach, Vortr. 179 ff. u. H. Meyer a. a. O.); ebenso kann die Abweisung der Klage wegen Nichtvorhandenseins eines Schadens erfolgen. Daher kann ferner noch die Klage erweitert werden, wobei jedoch die Rechts­ traft des Zwischenurteils auf den ursprünglichen Betrag beschränkt bleibt (vgl. RG. 28 428, 56 36, 58 39, in SA. 50 Nr. 52); auch können noch Einreden gegen den Grund des Anspruchs, die erst nach Erlaß des Zwischenurteils über den Grund entstanden sind und durch Rechtsmittel nicht mehr geltend gemacht werden tonnten, vorgebracht werden (vgl. Franke in Busch 6, 86, Struckmann das. 411, Gaupp Nr. III. AM. Haas 344, Schmidt-Bardeleben 815). Aus demselben Grunde ist die Urieilsformel richtig: „Der Anspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt er­ klärt", nicht eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach (RG. 60 314). 5) Die Entscheidung über die Kosten ist, abgesehen von § 96, dem Endurteile vorzubehalten; § 91 ist unanwendbar (RG. 13 390, in SA. 39 Nr. 252, in Gruchot 28, 1094, 1131, in IW. 1902, 182). (Vgl. auch Haas 351 ff. und wegen der Berufungsinstanz § 97 Anm. 1 Abs. 2 j

332

Zweites Buch. Lers. in erst. Instanz. Erst. Abschn Lers. v. b. Landgerichten § 905.

unter dem Vorbehalte der beschränkten Haftung ergehende Verurteilung des Erben nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für die Geltendmachung der Einreden, die im Halle der fortgesetzten Gütergemeinschaft dem überlebenden Ehegatten nach dem § 1489 Abs. 2 und den §§ 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs zustehen. Nov. 1898 E. 8 267 a; Begr. 107; Prot. z. BGB. V. 784 fi., VI. 295, 661, 664.

8 305. 1) Die Rov. v. 189h hat den Vorschriften des BGB. (Ofll. 88 1938, 1973—197.7, 1990 biS 1992,2013—2015;, welche die Haftung des Erben für Nachlaßschulden beschränken, in den §§ 239 Abs. 5, 305, 778, 782—785 Rechnung getragen (vgl. 88 779—781, 863). Bor der Annahme der Erbschaft kann ein Anspruch gegen den Nachlaß nicht gegen den Erben gerichtlich gellend gemacht werden (BGB. § 1958), aber auch nach der Annahme ist der Erbe, falls er nicht das Recht auf Beschränkung seiner Haftung verloren hat (8 2016 Abs. 1 BGB ), berechtigt, die Berichtigung einer Nachlaßoerbindlichkeit biS zum Ablaufe der in den §§ 2014, 2015 das. bestimmten Fristen zu verweigern, damit er die zur Errichtung des Inventars und zum Auf­ gebote der Rachlatzgläubiger notige Ieit gewinnt. Dadurch wird er während der Fristen gegen die Folgen des Verzugs gesichert. Es würde aber zu weit gehen und das Interesse der Gläubiger gefährden, wenn auch nach der Annahme für die Dauer der Fristen die gerichtliche Geltendmachung einer Nachlaßverbindlichkeit gegen den Erben den Gläubigern schlechthin versagt bliebe (Begr). Der Erbe kann daher nach 8 305, nachdem er die Erbschaft angenommen hat, trotz der ihm nach BGB. 88 2014 i. zustehenden verzögerlichen Einreden zur Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit unter Vorbehalt der beschränkten Haftung verurteilt werden. Der 8 2014 berechtigt den Erben, die Berichtigung einer Nachlatzverbindlichkeit bis zum Ablaufe von drei Monaten nach der Annahme, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus, zu verweigern, und § 2015 gibt ihm, wenn cc das Aufgebot der Rachlatzgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme beantragt hat und der Antrag zugelassen ist, das gleiche Recht bis zur Beendigung des Aufgebots­ verfahrens iDfll. 88 2016, 2017 das.: s. auch unten § 089). Der Erbe kann diese Einreden, die auch dem Nachlaßpfleger und dem Testamentsvollstrecker zustehen (Planck. BGB. V Vordem. 4 vor 8^014;, gegenüber allen Rachlatzverbindlichkeiten, zu denen auch die den Erben als solchen treffendeit Verbindlichkeiten, insbesondere aus PflichUeilsrechten, Vermächtnissen und Auf­ lagen gehören (8 1967 das.-, geltend machen, soweit nicht 8 -016 Abs. 2 eine Ausnahme begründet (vgl. Planck § 2014 Anm 1 a). Sobald er das Recht auf Beschränkung der Haftung ver­ loren hat, stehen ihm die Einreden nicht mehr zu. Ebensowenig kann er sie einem Gläubtger entgegensetzen, der ein dingliches oder sonstiges Recht auf Befriedigung aus einem bestimmten Nachlaßgegenstande geltend macht, sofern nicht dieses Recht erst nach dem Erbfall im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt ist (Planck Vordem. 5 vor 8 2011; vgl. unten 8 778 Anm. 3). Er muH, wenn er als Erbe verklagt wird, die Einreden bereits im Prozesse geltend machen, damit ihm die Beschränkung seiner Haftung im Urteile vorbehalten wird lEccius in Gruchot 43, 612). Liegt ei» schon gegen seinen Erblasser ergangener Titel vor, so kann er die verzögerlichen Einreden der 88 2014 s. BGB. noch m der Vollstreckungsinstan z nach §8 767 Abs. 2, 782, 785 (vgl. 8 779) geltend machen. Die Einreden aus BGB. 88 2014 f. schließen die Verurteilung deS Nachlaßpflegers oder Testamentsvollstreckers zur Leistung aus dem Nachlasse nicht aus (Eccius 607). Der Vorbehalt der beschränkten Haftung, der in der Urteilsformel auszusprechen ist, hindert nicht gänzlich die Vollstreckung m den Nachlaß und das eigene Vermögen des Erben: vielmehr kann dieser nur verlangen, daß die Zwangsvollstreckung für die Dauer der fraglichen Fristen auf solche Maßregeln beschränkt wird, die zur Vollziehung des Arrestes zulässig sind (vgl. § 782 Anm. 1.. Mit dieser Maßgabe kann der Erbe die Beschränkung auch den eigenen

Zweiter Titel.

Urteil.

§ 806.

333

§ 306. (277.) Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Verhandlung aus den geltend gemachten Anspruch, so ist er auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abzuweisen, wenn der Beklagte die Abweisung beantragt. E. § 267.

Mot. 219.

Prot. 98 f.

Gläubigern gegenüber noch in der Vollstreckungsinstanz geltend machen, wenn sie Nach­ laßgegenstände pfänden, es sei denn, daß er unbeschränkt hastet (vgl. §§ 783, 785; Matthiaß, Bürg. R. II §§ 169 N. 4, 174; Jaeger, Erbenhaftung usw. 1898, 1, 20 ff.). „nicht ausgeschlossen" — Vgl. BGB. § 274 (Zurückbehaltungseinrede). 2) Abs. 2: Bei der allgemeinen Gütergemeinschaft wird im Falle des Todes eines Ehe­ gatten zwischen dem Überlebenden und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die gesetzlich als Erben berufen sind, die Gütergemeinschaft fortgesetzt (BGB. § 1483; vgl. jedoch §§ 1484, 1508s.). Der überlebende Ehegatte haftet für die Gesamtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemein­ schaft persönlich; soweit ihn jedoch die persönliche Haftung nur infolge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, finden die für die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung (§ 1489). Hierzu gehören die in §§ 2014 f. das. bezeichneten Einreden. Vgl. auch § 786. 8) Wegen Anwendung des § 93 s. OLG.-Rechtspr. 3, 131, 434. § 306. Literatur: Köhler in Busch 29, 34 ff., Planck 1 §§ 57 f., 61. 1) „Verzichtet der Kläger auf den-------Anspruch" — Der Gegensatz ist die bloße Zurücknahme der Klage (§ 271; vgl. ObLG. in SA. 43 Nr. 159). Der Verzicht ist eine Verfügungshandlnng, wie das gerichtliche Geständnis (§§ 288—290 Anm. 1). In der Er­ mäßigung des Klaganspruchs liegt nicht ohne weiteres ein Verzicht im Sinne des § 306; viel­ mehr kann darin ebensowohl bloß der Verzicht auf die weitere Geltendmachung in diesem Prozeß oder in dieser Instanz, als der Verzicht auf das geltend gemachte Recht gefunden werden (vgl. § 268 Anm. 4, RG. in Gruchot 41, 699). Zu seiner Wirksamkeit gehört, daß der Gegenstand der Verfügung des Erklärenden unterliegt (vgl. Birkmeyer in Busch 7, 383 ff., 422). Die Wirk­ samkeit tritt sogleich mit der Erklärung ein, indem der Verzicht, abgesehen von dem Kostenpunkte, jede richterliche Nachprüfung ausschließt. Annahme seitens des Gegners oder auch nur dessen Anwesenheit ist nicht erforderlich (s. §§ 514, 566; Schollmeyer, Zwischenstreit, 25, Planck I 294, 301 u. a. AM. v. Canstein in Busch 1, 329), es sei denn, daß der Verzicht dem Schuldner zum Nachteile gereicht (RG. 31 87). Auch vor dem Antrag auf Abweisung (s. Anm. 3) kann der Verzicht nicht mehr einseitig zurückgenommen werden (RG. in IW. 1898, 282 Nr. 19; Wach im c. A. 64, 243 ff. u. a. AM. Demelius, Die confessio, 240, v. Canstein 331). Inwieweit der Verzicht wegen Irrtums usw. widerrufen werden kann, richtet sich nach dem bürg. Rechte (vgl. § 307 Anm. 4). Versäumung der Verhandlung wirkt wie Verzicht (§ 330), wenngleich nur vorläufig. 2) „bei der mündlichen Verhandlung" — nicht notwendig in derjenigen, auf welche unmittelbar das Urteil erlassen wird (vgl. Wilm.-Levy § 278 Anm. 1 u. a. AM. anscheinend RG. in IW. 1888, 328; s. auch das. 1902, 271). Außergerichtliche oder in Schriftsätzen niedergelegte Verzichte bedürfen der Feststellung vor dem erkennenden Richter, die jedoch, abgesehen von dem vorbereitenden Verfahren, nicht ausschließlich durch das Protokoll (§ 160 Nr. 1) zu er­ folgen braucht (§ 162 Anm. 1; RG. 10 366 u. IW. 1898, 282); ohne diese sind sie nur Be­ weismittel (Schultzenstein in Gruchot 27, 237, ObLG. in SA. 46 Nr. 223). Das in § 307 Anm. 2 Gesagte findet entsprechende Anwendung. Eine besondere Vollmacht zum Verzicht ist nicht erforderlich (§ 81). Die Vollmacht kann aber in dieser Beziehung beschränkt werden (tz 83 Abs. 1). Wegen gesetzlicher Vertreter s. § 54 Anm. 1.

334

Zweites Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Berf. v. d. Landgerichten. § 907.

8 307. (278.) Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch bei der mündlichen Verhandlung ganz oder zum Teil an, so ist sie auf Antrag dem Anerkenntnisse gemäß zu verurteilen. E. § 268.

Mot. 219.

Prot. 98 f.

Der Verzicht kann ohne Einwilligung deS Beklagten, im Gegensatze zur Zurücknahme der Klage (§ 271), in jeder Lage deS Rechtsstreits, und zwar wie jene noch in den höheren Instanzen, erfolgen, jedoch unbeschadet der vom Beklagten durch Erhebung einer Widerklage etwa erworbenen Rechte (vgl. § 33 Anm. 3). 3) Die auf Antrag — beim Vorhandensein der ProzeßvorauSsetzungen — erfolgende A b Weisung des Klägers mit seinem Ansprüche begründet den Einwand rechtskräftig ent­ schiedener Sache. Unterlassung des Antrags ist nicht als Verzicht aus den Verzicht aufzufaffen (Wach a. a. D. 245; vgl. Planck I 304). Das Erfordernis des Antrags ist übrigens nicht ent­ sprechend beim Verzicht auf Einreden, Repliken usw. anzuwenden. — Gegen das Urteil sind die gewöhnlichen Rechtsmittel zulässig; sie berühren aber selbstverständlich nicht die materielle Wirkung deS Verzichts und betreffen mithin wesentlich nur die Frage, ob das Gericht mit Recht einen Verzicht angenommen hat. Vgl. § 307 Anm. 4. 4) Beiteilweiser Verzichtleistung ist auf Antrag stets ein Leiturteil zu erlaffen (vgl. 88 307, 301 Anm. 5, Planck I 303 N. 11, Wach, Bortr. 111 N. * u. a. AM. Löning nt Busch 4, 163 N. 213). 5) Über das Verhältnis des Verzichts zu § 268 Nr. 2 s. das. Anm. 4. 6) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 21, 22 Abs. 2, 23 Abs. 1, 101.

8 307. Literatur: Metzelt 116f., Reuaud 276, Demelius, Die confessio, 1880, 229 ff.. Degenkolb, Anerkenntnisurteil 1902, Wach im c. A. 64, 246ff., v. Canstein in Busch 1, 257 ff., 325 ff., Köhler das. 29, 36 ff., Hofmann, D. Anerkennung i. ZP., 1892, Kroll, Klage u. Einr. 253 f., Planck I § 62, Schmidt § 88. 1) Die Aufnahme dieser Bestimmung beruht auf ähnlichen Gründen wie die des § 306. GS tritt aber noch der Vorteil eines klaren vollstreckbaren Titels hinzu (vgl. 8 708 Nr. 1). — Das gerichtliche „Anerkenntnis" ist Versügungshandlung wie das Geständnis. DaS unter­ scheidende Merkmal liegt aber darin, daß es sich nicht auf einzelne Tatsachen (vgl. §§ 288—290 Anm. 1), auch nicht auf einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel (vgl. das. Anm. 2), sondern auf den geltend gemachten Anspruch richtet, also eine Unterwerfung unter den gegnerischen An­ trag des Klägers oder Widerklägers unmittelbar enthält (RG in IW. 1895, 165, ObLG.in SA. 47 'Jhr. 234). Anerkennung einer Gegenforderung (Aufrechnungseinwand) hat nicht die gleiche Wirkung (vgl. RG. in IW. 1897, 546. AM. Planck I 320) und ebensowenig die eines .Recht«verhältniffeS", wenngleich der Anerkennnng eines solchen die bindende Kraft nach bürg. Rechte nicht zu versagen ist (vgl. 88 ^88—290 Anm. 2. AM. Birkmeyer in Bnsch 7, 382 N. 189). Das Anerkenntnis mufi vorbehaltslos erfolgen (RG. in SA. 54 Nr. 255, vgl. auch im Recht 1908, 64. AM. Pfizer in Gruchot 32, 379). Annahme ist nicht erforderlich (vgl. § 288 Abs. 2) und nicht einmal Gegenwart des Gegners (Schollmeyer, Zwischenstreit, 25 N. 1, Planck I 321. AM. v. Canstein 329). Aus der Einseitigkeit folgt aber nicht, daß das Anerkenntnis ohne Zustimmung des Gegners widerrufen werden kann (AM. Demelius 236 ff.). Vgl. Anm. 4, § 306 Anm. 1. In Ehe-, Kindschasts- und Endmündigungssachen, wie überhaupt in den der Verfügung der Parteien nicht unterworfenen Sachen ist das Anerkenntnis ebenso unwirksam wie da- gerichtliche Geständnis (s. 88 288—290 Anm. 1, 306 Anm. 1, Birkmeyer 378 ff.). Wegen deS zivilrechtlichen Anerkennungsvertrags f. BGB. §§ 397 Abs. 2, 781. 2) Ein Anerkenntnis vor einem beauftragten oder ersuchten Richter rechtfertigt, ab­ gesehen von dem vorbereitenden Verfahren (§ 353 Anm. 2), ein Anerkenntnisurteil nicht, auch

Zweiter Titel.

Urteil.

§ 308.

335

§ 308. (279.) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. Über die Verpflichtung, die Prozeßkosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen. E. §. 269.

Mot. 219 f.

Prot. 99 ff.

nicht im Falle des § 296. Es ist gleich dem in einem Schriftsatz abgegebenen als ein außer­ gerichtliches Anerkenntnis (vgl. auch §§ 288—290 Anm. 3, 290 Anm. 2) zu behandeln (vgl. Gaupp Nr. II u. a. AM. Planck I 321), kann jedoch als gerichtliches Geständnis in Betracht kommen. Vgl. § 306 Anm. 2 u. RG. in SA. 57 Nr. 131. 8) „auf Antrag" — Ein besonderer, auf das Anerkenntnis gegründeter Antrag — des Gegners des Anerkennenden (Wach in Gruchot 36, 21 ff.) — ist vorausgesetzt (s. RG. 3 200, 201, IW. 1894, 314). Die Unterlassung des Antrags enthält keinen Verzicht auf die bindende Wirkung des Verfügungsakts (AM. Demelius 239). Daß bei teilweisem Anerkenntnis ein Teilurteil auf Antrag erlassen werden muß, ist nach den Worten „oder zum Teil" in Verbindung mit „dem Anerkenntnisse gemäß" unzweiselhast (s. §§ 301 Anm. 5, 306 Anm. 4, Wach, Vortr. 111, Kroll 253 u. a. AM. Löning in Busch 4, 163 N. 213). Ohne Antrag darf auch nicht zugleich mit dem streitig gebliebenen Teile über den anerkannten Teil ein Urteil erlassen werden (Gensel im SächsA. 2, 561). Bei leilweisem Anerkenntnis ist Voraussetzung für das Anerkenntnisurteil die Anerkennung eines be­ stimmten individuellen Teiles des Klaganspruchs (OLG. Darmstadt in Busch 21, 79). 4) Gegen das Urteil sind zwar die gewöhnlichen Rechtsmittel zulässig, sie berühren

jedoch nicht die materielle Wirkung des Verfügungsakts, der allerdings vor dem Urteil von Mängeln des Willens oder der Erklärung nach den Grundsätzen des bürg. Rechtes werden kann (RG. in IW. 1887, 434; 1889, 431; 1897, 631). § 290 ist hier nicht (v. Canstein 332, Petersen Nr. 3, Gaupp Nr. V u. a. AM. Planck I 330 N. 45, Wach a.

auf Grund angefochten anwendbar a. O. 253).

6) Wegen Herstellung der Anerkenntnisurteile in abgekürzter Form s. §§ 313 Abs. 2, 316 Abs. 3, 317 Abs. 4, 696 Abs. 3. 6) Wegen der Prozeßkosten s. §§ 93, 99 Abs. 2, wegen der Gebühren GKG. §§ 21, 22 Abs. 2, 23 Abs. 1, 101 u. Mot. z. RAGebO. 38.

§308. 1) Abs. 1: Das Gericht muß alle Ansprüche der Parteien, die in dem Prozesse geltend gemacht (rechtshängig geworden — § 263 Anm. 1) sind, auch die, wenngleich nur stillschweigend in dem Antrag enthaltenen eventuellen (RG. 2 56, in IW. 1897, 546), erledigen (s. § 321), darf aber nicht darüber hinaus (ultra petita) erkennen, wobei der Antrag — nicht die tat­ sächliche Begründung — maßgebend ist (§ 297 Anm. 1; RG. in SA. 40 Nr. 156, in IW. 1901, 35 Nr. 6). Dies folgt aus dem Verhandlungsgrundsatze (Planck I 435 ff.). Ist z. B. nur die Scheidungsklage angestellt, so darf nicht aus Nichtigkeit der Ehe erkannt werden (RG. 9 193, 11 354 u. in SA. 40 Nr. 156; vgl. auch RG. 14 104, in Gruchot 30, 520, in IW. 1897, 234). Der Satz bezieht sich auch auf Beschlüsse des Gerichts. Eine Verbesserung eines nur schlecht gefaßten Antrags durch das Gericht ist zulässig (RG. 31 97, s. auch im Recht 1908, 20). Ist bezüglich der Früchte, Zinsen und anderen Nebenforderungen (§ 4 Anm. 3) kein Antrag gestellt, so gelten sie weder stillschweigend als aberkannt (EG. z. ZPO. § 14 Nr. 5), noch ist ein Ergänzungsantrag zulässig (§ 321 Anm. 1). Wegen der Moratorien und Urteilsfristen s. EG. z. ZPO. § 14 Nr. 4. 8 308 verbietet übrigens nur das Zusprechen ultra petita; ein Antrag auf Abweisung ist zum Obsiegen des Beklagten nicht erforderlich (s. § 331 Abs. 2), wenngleich er zum ordnungs­ mäßigen Verfahren gehört (vgl. § 297 Anm. 1, 5).

336

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. &mbflerid)tcn. gg 909, 810.

§ 309. (280.) Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteile zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben. E. § 270.

Mot. 220.

Prot. 101.

§ 310. (281.) Die Verkündung des Urteils erfolgt in dem Termine, in welchem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termine, welcher nicht über eine Woche hinaus angesetzt werden soll. E. § 271.

Mot. 220 f.

Plot. 101 f.

2) Ein Urteil, das ultra petita ersannt hat, ist nach allgemeinen Grundsätzen nicht von selbst nichtig, sondern nur mittels Berufung oder Revision anfechtbar (vgl. § 579 Anm. 1). 3) Abs. 2: Die Ausnahme hinsichtlich der Prozeß kosten rechtfertigt sich durch deren be­ sondere Natur als einer unmittelbar an den Prozeß geknüpften Verbindlichkeit (vgl. § 91 Anm. 1). Daher darf, wenn ein Antrag bezüglich der Kosten gestellt ist, der Richter auch über ihn hinaus­ gehen. Der im Urteil übergangene Kostenersatzanspruch kann in einem neuen Prozesse nicht geltend gemacht werden (RG. 22 421, in IW. 1889, 244, in SA. 44 Nr. 284, Planck I §§ 80 R. 25, 69 N. 50 f.). Vgl. auch Schlichter in Busch 26, 305 f. Wegen der Ergänzung des Urteils s. § 321 u. RG 68 301. Ist im vorinstanzlichen Urteile der Kostenpunkt übergangen, so muß, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird (§ 99 Abs. 1), in der höheren Instanz nach § 308 Abs. 2 auch ohne vorgängige Ergänzung deS Urteils über die Kosten erster Instanz entschieden werden (OLG. Cassel in SA. 47 Nr. 236. AM. Hergenhahn in Busch 17, 146 ff.). g 309. 1) Der § 309 enthält nur eine notwendige und unverzichtbare (RG. 6 194) Folge des Grundsatzes der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit (§ 128). Ist einer der Richter, die der Verhandlung beigewohnt haben, dauernd verhindert, an der Urteilsfällung teilzunehmen, so muß eine Wiederholung der Verhandlung ftahfinben (§§ 128 Anm. 3 a. E., 156). Wegen der Ergänzungsrichter s. GVG. § 194 Abs. 2. 2) „zugrunde liegenden" — Auf Verhandlungen über andere Punkte, z. B. Zwischen­ streitigkeiten, die in dem betreffenden Urteile nicht entschieden werden sollen, vielmehr durch Zwischenurteil (§ 303) bereits in bindender Weise erledigt worden sind, kommt es nicht an. „Verhandlung" — Wegen der Beweisaufnahme s. § 285 Anm. 4. 3) Der § 309 findet auch auf Beschlüsse des Gericht-, soweit sie auf mündliche Verhand­ lung ergehen, Anwendung (§ 329 Abs. 2). Anderseits ist es nicht erforderlich, daß die erkennenden Richter dieselben sind, welche vorangegangene Beschlüsse, z. B. Beweisbefchlüsse, gefaßt haben; diese werden durch einen Richterwechsel an sich nicht unwirksam. 4) Aus dem Ausdrücke „gefällt", der den Gegensatz zu „verkündet" (§§ 310 bis 312) bildet, geht hervor, daß die Vorschrift de- § 309 sich nur auf die Abfassung, nicht auch aus die Verkündung des Urteils bezieht (vgl. Mot., RG. in IW. 1897, 132; 1901, 250; Wach I 325 N. 10. AM. Kleiufeller, D. Funktionen der Vorsitzenden 296 f.). Anders in Straf­ sachen (StPO. 8 225). 5) Über die Beratung und Abstimmung der Richter s. GVG. 88 194 ff. g 310. 1) „welcher — angesetzt werden soll" — Hierdurch ist nicht ausgeschlossen, daß das Gericht die Urteilsverkündung weiter hinaussetzt, wenn die Umstände des Falles dies ausnahms­ weise als notwendig erscheinen lassen. In dem Verkündüngstermine darf eine Beweisaufnahme nicht erfolgen (RG. in Gruchot 37, 1224). — Eine besondere Bestimmung für den Fall der Unterbrechung enthält § 249 Abs. 3. Vgl. auch § 467 Abs. 1. 2) Der § 310 findet auch auf Beschlüsse des Gerichts, soweit sie auf mündliche Ver­ handlung ergehen, Anwendung (§ 329 Abs. 2).

Zweiter Titel.

Urteil

ff 311, 312.

337

§ 311. (282.) Die Verkündung des Urteils erfolgt durch Vorlesung der Uneilsformel. BersäumnisuNeile, Urteile, welche auf Grund eine- An­ erkenntnisses erlassen werden, sowie Urteile, welche die Folge der Zurücknahme der Klage oder des Verzichts auf den Klaganspruch oder welche den Eintritt der in einem bedingten Endurteil ausgedrückten Folgen aussprechen, können verkündet werden, auch wenn die Urteilsformel noch nicht schriftlich abgefaßt ist. Wird die Verkündung der Entscheidungsgründe für angemessen erachtet, so erfolgt sie durch Vorlesung der Gründe oder durch mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts. «. 8 272.

Mot. 221.

Prot. 102 f. — Nov. 1898 § 282; KomB. 90.

8 312. (283.) Die Wirksamkeit der Verkündung eines Urteils ist von der Anwesenheit der Parteien nicht abhängig. Die Verkündung gilt auch derjenigen Partei gegenüber als bewirk, welche den Termin versäumt hat.

Die Befugnis einer Partei, auf Grund eines verkündeten Urteils das Ver­ fahren fortzusetzen oder von dem Urteil in anderer Weise Gebrauch zu machen, ist von der Zustellung an den Gegner nicht abhängig, soweit nicht dieses Gesetz ein anderes bestimmt. E. g 273.

Mot. 221 f.

Prot. 103.

f 311. 1) Bei Verkündung des Urteil- wird unterschieden zwischen der Urteil-formel (8 813 Ar. 5) und den Entscheidung-gründen (8 813 Nr. 4). Die Verkündung der Urteil-formel ist notwendig und muß — abgesehen von Versäumnis- und Anerkennungsurteilen usw. — durch Vorlesung erfolgen, wa- eine vorgängige genaue schriftliche Abfassung voraussetzt und eine Bürgschaft für die Übereinstimmung mit dem später in vollständiger Form abgefaßten und aus Antrag auszufertigenden Urteile gewährt. Die Verletzung ist aber nicht immer Revision-grund (.beruht* — f. 9t®. in StS. 3 131). Die Verkündung der Entscheidung-gründe hängt von dem Ermessen de- Bericht- ab (ander- StPO. 8 267 Abs. 1) und kaun, gleichfallnach dem Ermeffeu de- Gericht-, entweder durch Vorlesung oder durch mündliche Mitteilung de- wesentlichen Inhalt- erfolgen. Die Vorschrift der StPO. § 267 Abs. 2 gilt für die ZPO. nicht. Der Tatbestand ist niemals zu verkünden. Die Verkündung selbst geschieht durch den Vorsitzenden (§ 136 Abs. 4); jedoch kann er die — nicht wesentliche — Verkündung der Gründe auch einem der beifitzenden Richter übertragen. Wegen der Beurkundung s. §§ 160 Nr. 6, 315 Abi 3. .Urteile,welche ausGrund eine- Anerkenntnisse- — au-sprechen* — §§271,806, 307, 462 Abs. 2. Die Nov. v. 1898 hat diese Fälle den VersäumniSurteilen (§§ 330 ff.) gleich­ gestellt. Ebenso sind die auf Grund der Zurücknahme der Berufung und Revision zu er­ laffenden Urteile (§§ 515, 566) zu behandeln. 2) § 311 findet, da er im § 329 Abs. 2 nicht angeführt ist, auf die auf Grund mündlicher Verhandlung ergehenden Beschlüsse de- Gerichts keine Anwendung (§ 329 Abs. 1).

f

312.

1) Abs. 1: Da- Urteil gewinnt nach außen hin, also insbesondere für die Parteien, erst durch Verkündung rechtliche- Dasein (f. 9t®. in SA. 49 Nr. 59, in Gruchot 37, 1246). Ein Verzicht auf sie ist unwirksam. Vgl. auch §§ 309 Anm. 4, 317 Abs. 2, 318. Die Verkündung kann auch in Abwesenheit der Parteien erfolgen, e- sei denn, daß ein Ruhen de- Verfahren(§ 251) vereinbart und zur Kenntnis de- Gericht- gebracht wäre. Die Parteien haben die Ver­ pflichtung, die Verkündung abzuwarten oder sich demnächst nach deren Inhalt zu erkundigen. 2) Abs. 2:1 Als Regel gilt, daß eine Zustellung — durch die eine Verkündung uteeiTutfmonn u. «och. Zivilprozeßordnung, v. gUfl 22

8 313. (284.) Das Urteil enthält: 1. die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozeßbevollmächtigten nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; 2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben; 3. eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien unter Hervorhebung der gestellten Anträge (Tatbestand): 4. die Entscheidungsgründe; 5. die von der Darstellung des Tatbestandes und der Entjcheidungsgründe äußerlich zu sondernde Urteilsformel. Bei der Darstellung des Tatbestandes ist eine Bezugnahme aus den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und aus die zum Sitzungsprotokoll erfolgten Fest­ stellungen nicht ausgeschlossen. Wird durch Versäumnisurteil oder Anerkenntnisnrteil nach dem Antrage des Klägers erkannt, so kann das Urteil in abgekürzter Form ans die bei den Akten befindliche Urschrift oder Abschrift der Klage oder ans ein damit zn verbindendes Blatt gesetzt werden. In diesem Falle ist das Urteil als Versänmnisnrteil oder Anerkenntnisurteil zn bezeichnen. Des Tatbestandes, der Entscheidnngsgründe und der Bezeichnung der mitwirkenden Richter bedarf es nicht. Der Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozeßbevollmächtigten bedarf es nur insoweit, als von den Angaben der Klageschrift abgewichen wird. In der Urteilsformel kann auf die Klage­ schrift Bezug genommen werden. Wird das Urteil auf ein Blatt gesetzt, das mit der Klageschrift verbunden wird, so soll die Verbindungsstelle mit dem Gerichtssiegel versehen oder die Verbindung mit Schnur und Siegel bewirkt werden. E. § 274. Mot. 23 f., 222. Nov. 1909 KomB. 41 ff.

Prot. 103, 543 f. — 'Jtoo. 1898 E. § 284; Bcgr. 107. —

malS ersetzt wird — neben der Verkündung nicht erforderlich ist (vgl. RG. 32 421). Ins­ besondere bedarf es für die Fortsetzung deS Verfahren- in derselben Instanz, namentlich für alle prozetzleitenden Verfügungen, Beweisbeschlüsse, Zwischenurteile, einer Zustellung nicht. Als Aus­ nahme ist dagegen für den Beginn deS Laufes der Notfristen (§§ 104 Abs. 3, 339, 516, 552, 574 Abs. 2, 577 — s. jedoch auch § 577 Abs. 2 Satz 1) sowie der Frist für die Ergänzung (§ 321) und für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung (§ 750 Abs. 1; vgl. § 798) die Zu­ stellung vorgeschrieben. S. auch § 320 Abs. 2. Eine Ausnahme bildet noch der Schiedsspruch (§ 1039). Wegen des Ausschlutzurteils s. § 958. — Insoweit eine Zustellung erforderlich ist, erfolgt sie auf Betteiben der Parteien (§ 317 Abs. 1). Wegen der Ausnahmen s. § 317 Anm. 1. „da- Verfahren fortzusetzen" — z. B. durch Einspruch (f. § 339 Anm. 1). „von dem Urteil in anderer Weise Gebrauch zu machen" — z. B. im Falle der SS 103 (s. das. Anm. 1), 275 Abs. 2. 3) Aus verkündete Beschlüsse und Verfügungen findet § 312 auch Anwendung (S 329 Abs. 2).

#313. Literatur (inSbes. zu Nr. 3): v. Streich in Gruchot 25, 237fs., v. Bülow in Busch 4, 333 ff., Bünger das. 352 ff., Brückner das. 5, 409 ff., H. Meyer das. 14, 476 ff., Pfizer das. 17, 66ff., Wach, Bortr. 41 ff.; Wengler, Der Tatbestand d. Zivilurteils 1884, Püttner, Urteile, Beschlüsse, Berf. usw. 1885, Daubenspeck, Referat Votum u. Urteil (9.) 1905, H. Meyer^

Zweiter Titel.

Urteil.

§ BIS.

339

Protokoll u. Urteil (2.) 1900, 39 ff. u. in Busch 19, 255, Planck I § 77. S. ferner die „Mit­ teilung au- der (preuß.) Justizprüfungskommission": Über Proberelationen (2.) 1892. Wegen der Praxis deS SR®, vgl. BierhauS in Busch 5, 87 ff., Bähr, Urt. 207 ff., ders., D. Deutsche Zivilproz usw. 79 ff., u. Noch ein Wort D. ZP. 1886, 25, 42 ff., Rocholl, RechtSf. I 486 ff. Gegen Bähr s. Wach, D. ZPO. u. d. Praxi- 1886, 39 ff., Francke in Busch 9, 516 ff., Lippmann im c. A. 70, 111 ff. Über die Praxis der Landgerichte s. Wach, D. zivilpr. Enqu. 134ff. 2. auch Stützet, Schulung I (8) 118ff. 1) Über eine Eingangs- und Schlußformel („Bon Rechts wegen") ist nichts bestimmt. Sie kann durch Dienstanweisung angeordnet werden. In Preußen tragen die Ausfertigungen (8 317) die Eingang-formel: ,3m Namen des Königs" (s. BerfUrk. Art. 86 Abs. 2), beim Reichsgericht: „Im Namen des Reichs" (GeschO, b. RG. v. 2. April 1880 § 17 — Zentralbl. f. d. D. R. 190). — Zu Nr. 1 vgl. §§ 130 Nr. 1, 159 Nr. 4, 253 Nr. 1. „Parteien" — die ursprünglichen, wie die später an deren Stelle getretenen oder hinzu­ getretenen (§§ 75, 76, 77, 239 ff., 265, 266); auch die Nebenparteien. Wegen genauer Angabe der Namen der Parteien s. für Preußen JMB. v. 17. Dez. 1883 (JMBl. 363). In HandelSprozeffen genügt die Angabe der Firma (f. HGB. § 17 Abs. 2 u. oben § 253 Anm. 3, Staub, HGB. § 17 Anm. 12). Bgl. § 130 Anm. 3. Läßt das Urteil nicht ersehen, zwischen welchen Parteien entschieden ist, so ist eS als Grundlage der Zwangsvollstreckung und der Einrede der Rechtskraft unbrauchbar (Planck I 464). Die bloße Namhaftmachung deS Bevollmächtigten der Partei genügt nicht (SR®, in Gruchot 42, 1192). „gesetzlichen Vertreter" - Vgl. § 51 und 9t®. im Recht 1907, 334 (Aktiengesellschaft). „der Prozeßbevollmächtigten" — Die Nov. von 1898 hat diese- auS Zweckmäßig­ keit-gründen vorgeschrieben (Bgr.; s. auch SR®, in Gruchot 44, 1175). Bgl. noch § 235 Abs. 2. 8) Nr. 2: Bgl. §§ 130 Nr. 1, 159 Nr. 4, 253 Nr. 1, 309, 315. Haben andere Richter bei der Entscheidung als bei der Verkündung mitgewirkt, so sind nur die Namen der ersteren in da- Urteil aufzunehmen. Die Namen der letzteren ergeben sich aus dem Sitzung-protokolle (vgl. §§ 159 Nr. 2, 160 Nr. 6, 309 Anm. 4), desgleichen der de- Gericht-schreiber- (vgl. § 315 Anm. 4). Die Vorschrift ist wie die übrigen des § 313 wesentlich (AM. Heilbut im e. A. 69, 378). Den Tag der Verkündung hat nach § 315 Abs. 3 der Gericht-schreiber aus dem Urteile zu bemerken, und zwar aus dem nach § 315 Abs. 2 vollständig abgefaßten Urteil (OLG. Hamburg in SA. 37 Nr. 263). 3) Nr. 3: Der Tatbestand de- Urteil- ist da- Hauptbeurkundung-mittel im mündlichen Verfahren. Das Sitzung-protokoll (§ 160) und noch mehr die vorbereitenden Schriftsätze (§§ 129 ff.) haben neben ihm nur beschränkte Bedeutung. Bgl. § 128 Anm. 2. Er ist von dem Gericht, also nötigenfalls auf Grund besonderen KollegialbeschluffeS, abzufassen. Seine Grundlage bilden die mündlichen Parteivorträge (vgl. § 128) nach Maßgabe der letzten Verhandlung (vgl. H. Meyer in Busch 14, 476 ff.). Der Inhalt hat sich zu beschränken auf die vorgebrachten Tatsachen mit Einschluß der nicht erledigten Beweisantretungen (H. Meyer 482) und de- tatsächlichen Inhaltder Beweisaufnahme, insbesondere auch des Inhalt- der Urkunden (vgl. 9t®. 47 403, in IW. 1890, 236; abw. anscheinend SR®. 17 346) und der Zeugenaussagen, deren Feststellung im Sitzung-protokolle gemäß § 161 unterblieben ist (9t®. in IW. 1898, 414) — im Gegensatze zu der Würdigung de- Ergebnisse- (AM. v. Bülow a. a. O., Rocholl 519 ff., Koffka in Gruchot 25, 275 ff.; vgl. dagegen Dünger 365 ff., Streich 247, Möller in Gruchot 26, 192 ff.; Mengler 58 ff., 106 N. 29) — und die gestellten Anträge (vgl. SR®. 4 428, Mengler 93. AM. Rocholl 518). Die Bezugnahme auf Beweismittel enthält noch keine solche auf die unter Beweis gestellten Tatsachen (f. SR®, in Gruchot 25, 1111). Rechtsau-führungen gehören nicht in den Tatbestand; dagegen ist eine kurze Andeutung der streitigen rechtlichen Gesichtspunkte nicht ausgeschlossen (Streich 242, Wengler 50 ff.) Eine Erleichterung bietet Abs. 2. Die „Darstellung de- Sach- und StreitstandeS" hat nicht bloß dasjenige tatsäch-

340

Zweites Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. § 318.

liche Vorbringen zu enthalten, welches für die abzugebende Entscheidung nach der Auffassung des Richters erheblich (sog. Entscheidungstalbestand), sondern auch dasjenige, welches nicht von ünmittelbarem Interesse ist (sog. Prozeßtatbestand), weil es bet einer abweichenden Auffassung des höheren Richtsrs Bedeutung gewinnen kann und alsdann das Urteil als Beweismittel dafür dient, daß das betreffende Vorbringen Gegenstand der Verhandlung gewesen ist (§ 314, vgl. § 97 Abs. 3). fVgl. RG. in IW. 1900, 153 Nr. 10, 11; Leonhardt, Zur Reform I 56 ff., Wengler 38 ff., Planck I 460, H. Meyer in Busch 19, 225 ff. u. a. AM. v. Kräwel dos. 4, 243 ff.; 6, 183 ff., Pfizer das. 17, 82ff.] Der Tatbestand des Berufungsurteils muß insbesondere erkennbar machen, ob und wieweit die Verhandlungen, namentlich auch die Beweisaufnahme erster Instanz, dem Berufungsrichter vorgetragen sind (§ 543 Anm. 1; RG. im Preuß. JMBl. 1885, 154). Auch von Amts wegen zu beachtende Punkte gehören in den Tatbestand (H. Meyer, Prot, u. Urt. 62. AM. Pütter, Urt. 17). Ein sich widersprechender Tatbestand ist gar keiner (RG. in Gruchot 26, 1143), und ein mangelhafter kann in der Revisionsinstanz vernichtet werden (vgl. Gaupp Nr. IV 6, RG. 2 404, in IW. 1897, 631). Auch der Berufungsrichter kann bet mangelhaftem Tatbestände die Sache an die vorige Instanz zurückverweisen (§ 539 Anm. 1, 2). Uber die Frage, ob der Mangel des Tatbestandes einen Revisionsgrund bildet, vgl. auch § 551 Anm. 10. Über Wider­ spruch zwischen Tatbestand und Gründen als Revisionsgrund s. RG. in Gruchot 25, 1114, Bähr, Urt. 233. 4) Nr. 4: Eine äußerliche Trennung der Entscheidungsgründe von der Darstellung des Tatbestandes ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben und nicht wesentlich (s. RG. 2 431, 433, 4 418, in Gruchot 26, 126, in IW. 1894, 424; 1899, 536), aber zweckmäßig und in den §§ 314, 320, 543 offenbar unterstellt (Streich 243, v. Bülow 335, Wengler 82 ff.; Bähr 232, Rocholl 527 ff. u. a.). Daher kann eine in dem als „Entscheidungsgründe" bezeichneten Abschnitte des Urteils enthaltene tatsächliche Bemerkung als Ergänzung des Tatbestandes angesehen werden (vgl. RG. 2 394, 4 428, in IW. 1887, 434, Bähr 232 ff., Streich 244 ff., Planck I 463 f. u. a. AM. Erythropel in Busch 3, 110 N. 1; vgl auch RG. in IW. 1899, 4). Die Berichtigung einer solchen Bemerkung ist somit auch als Berichtigung des Tatbestandes nach § 320 zulässig (v. Kräwel in Busch 3, 461, Wengler 66 N. 9, 115). Die Entscheidungsgründe müssen sich auf den ganzen Umfang des Urteils, auch aus die Beweiswürdigung, beziehen (§ 286 Anm. 2). Sie müssen erkennen lassen, ob die Entscheidung aus Rechtsgründen oder tatsächlicher Würdigung beruht. Für jedes selbständige Angriffs­ und Berteidigungsmittel sind Gründe anzugeben, sofern nicht ein einzelner erkennbar durchgreist (RG. 3 388, 8 341). Wegen Bezugnahme auf die Gründe des Vorderrichters f. § 543 Anm. 2. Der Mangel an Entscheidungsgründen bildet nach § 551 Nr. 7 einen Revisionsgrund. Auf Nichtübereinstimmung der mündlich mitgeteilten mit den schriftlichen Entscheidungsgründen kann die Revision dagegen nicht gestützt werden; es kommt nur auf die letzteren an (s. auch RG. StS. 4 383). 5) Nr. 5: „Urteilsformel" — (tenor aententiae) ist gleichbedeutend mit „Entscheidung" (vgl. Nr. 2 u. §§ 318, 321), die im Gegensatze zu den „Entscheidungsgründen" (Nr. 4) steht (§ 322 Anm. 2 a. E.). Die Urteilsformel kann dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen vorangestellt oder nachgestellt werden (Mot. 222). sBeim RG. geht sie in der Regel voran (vgl. GeschO, d. RG. v. 2. April 1880 § 17 — ZentrBl. 190).] Eine Bezugnahme auf vor­ bereitende Schriftsätze oder auf Feststellungen zum Sitzungsprotokoll ist in der Urteils forme! nach dem Zwecke der letzteren und aus dem Gegensatze zu Abs. 2 unzulässig (s. auch OLG. Jena in SA. 43 Nr. 66). Über die Fassung der Urteilsformel bei Abweisung der Klage s. Schultzenstein in Busch 16, 171 f. 6) Abs. 2: „Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze" — selbstverständlich nur so wett, als er in der mündlichen Verhandlung wiederholt ist. (Vgl. RG. 10 318, in Gruchot 46, 1115,

Zweiter Titel.

Urteil,

g 314.

341

§ 314. (285.) Der Tatbestand des Urteils liefert rücksichtlich des münd­ lichen Parteivorbringens Beweis. Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungs­ protokoll entkräftet werden. E. § 275.

Mot. 24 f., 222.

Prot. 103.

in IW. 1904, 119.) Unter der gleichen Voraussetzung darf auch auf ihre Anlagen, z. B. Ur­ kunden, Gutachten usw., sowie auf Urkunden, die in der mündlichen Verhandlung überreicht sind und bis zur Rechtskraft des Urteils bei den Akten belassen werden (vgl. RG. 16 19), Bezug genommen werden. »Feststellungen" — vgl. §§ 160, 297 f., 510a. Die Bestimmung findet auf Protokolle eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechende Anwendung (Gaupp Nr. IV 4). Bei derartigen Bezugnahmen, die nicht die Regel bilden sollen („nicht ausge­ schlossen"), ist dafür Sorge zu tragen, daß die Klarheit und Übersichtlichkeit der Darstellung nicht leide, namentlich völlig deutlich erkennbar sei, was der Richter hat feststellen wollen (RG. 2 404, 6 350, 10 71, 74, 318, 16 19, 17 362, in IW. 1892, 13; 1893, 16; 1899, 256; 1902, 76, 128, 312; 1903, 420); auch darf die „Darstellung" nicht völlig durch eine Bezugnahme ersetzt werden (RG. 2 404, 421, 4 188, 431, in Gruchot 26, 737, 1164; 27, 1101, in IW. 1898, 47 Nr. 9 f.; Streich 250, Brückner 410, Wengler 75 ff. Minder streng RG. 3 433, v. Kräwet in Busch 4, 251, Bähr 235 ff.; s. gegen letzteren Wengler 160 N. 21); ebensowenig ist neben einer ausführlicheren Darstellung eine allgemeine Bezugnahme auf eine große Reihe von Schriftsätzen zulässig (RG. 10 74, in IW. 1889, 41; 1900, 391). Keinesfalls ist eine einfache Bezugnahme auf die Akten zulässig (RG. 4 188, 431, Streich 251 N. 7, Wengler 82, 152 N. 12), auch nicht auf Borakten (OLG. Jena in SA. 40 Nr. 250). Da die Anträge (§§ 130 Nr. 2, 137, 297) einen Teil des Tatbestandes bilden, so ist auch dieserhalb eine Bezugnahme zulässig, aber wohl meist unzweckmäßig. Auch aus den Tatbestand eines früheren, in demselben Prozesse zwischen denselben Parteien ergangenen Urteils kann Bezug genommen werden, mag dieses ein Zwischenurteil, ein bedingtes Endurteil oder ein in derselben Sache früher erlassenes, aber in der gleichen oder in der höheren Instanz aufgehobenes Versäumnis- oder kontradiktorisches Urteil sein (vgl. §§ 543, 566 Anm. 4; RG. 56 30 Anm., 57 149, in IW. 1894, 424 Nr. 17; 1904, 67f.; Gaupp Nr. IV 4). 7) Über das bedingte Endurteil s. § 462. 8) Abs. 1 und 2 beziehen sich auf alle Urteile, auch auf Teil-, Zwischen- und Ver­ säumnisurteile (s. wegen letzterer H. Meyer in Gruchot 28, 718 N. 1 u. in Prot. u. Urt. 68 ff., Gensel in Busch 14, 311 ff.), dagegen nicht auf Beschlüsse und Verfügungen (vgl. § 329), namentlich auch nicht aus den Beweisbeschluß (vgl. § 359). Ein Verzicht der Parteien auf Beifügung des Tatbestandes oder der Gründe bei Zwischenurteilen von untergeordneter Bedeutung (z. B. über die Zulässigkeit des Einspruchs) ist nicht statthaft, da die Vorschriften des § 313 öffentlichen Rechtes sind (vgl. auch RG. 2 407. AM. H. Meyer in Gruchot 22, 1 ff.).

9) Abs. 3: Namentlich zur Entlastung der größeren Amtsgerichte hat die RTK. f. d. Nov. v. 1909 für Versäumnis- und Anerkenntnisurteile, die nach dem Klagantrag ergehen, die Herstellung in abgekürzter Form in das Belieben des Gerichts gestellt („kann"). Auf die bei den Akten befindliche Urschrift der Klage (bzw. auf den Zahlungsbefehl — § 696 Abs. 3) oder auf ein damit gemäß dem Schlußsätze zu verbindendes Blatt kann hiernach die vom Richter zu unterschreibende und zu datierende Urieilsformel oder auch (falls genau nach dem Antrag erkannt wird) ein Vermerk, daß antragsgemäß erkannt wird, gesetzt werden mit der Bezeichnung als Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil. Der Vermerk kann unter Umständen auch durch Vordruck aus der Klageschrift oder durch einen Stempel hergestellt werden (KomB. 43). Wird der Antrag des Klägers teilweise abgewiesen, so ist das Urteil in vollständiger Form abzufassen (das. 44). Da eine Tatbestandsberichtigung hier nicht in Frage kommen kann, stnd die Vorschriften des § 316

342

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten, g 315

§ 315. (286.) Das Urteil ist von den Richtern, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vor­ sitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteile bemerkt. in dessen Abs. 3 für unanwendbar erklärt. Wegen der Ausfertigung der abgekürzten Urteile s. 8 317 Abs. 4. 10) Wegen der Gebühren (Entscheidungsgebühr) s. GÄG. 8§ 18 Nr. 3, 24, 28. 8 314. 1) Der § 314 bezieht sich nur aus das „mündliche Parteivorbringen*, d. h. die von den Parteien angeführten Tatsachen und Beweismittel (wegen der Anträge s. § 297 Anm. 1, f>) mit Einschluß der Frage, ob die Parteien daS Ergebnis der Beweisaufnahme vorgetragen haben, mithin nicht auf sonstige Feststellungen, z. B. der Aussagen der Zeugen und Sachverständigen, des Ergebnisse- der Augenscheinseinnahme, der Tatsache einer Eidesleistung. Für diese ist lediglich das Sitzungsprotokoll maßgebend. Vgl. § 160 Nr. 3, 4; s. jedoch auch § 313 Anm. 3. (Vgl. RG 13 422, 17 348, 36 195; Wcngler a. a. O. 105 ff., H. Meyer in Busch 19, 255 ff., Gaupp Nr. 1 u. a. AM. Bünger in Busch 4, 357 ff.) Auch dafür, daß etwa- nicht vorgebracht oder unwider­ sprochen geblieben sei, liefert der Tatbestand selbst dann Beweis gemäß § 314, wenn er diese Negative nicht ausdrücklich hervorhebt (vgl. RG. 4 420, OLG. Augsburg in Busch 4, 432, v. Bülow das. 340, Vierhaus das. 5, 89 f., Wengler a. a. O. 119, Gaupp Nr. I u. a. AM. v. Kräwel in Busch 4, 242 ff. u. in Jb. f. Dogm. 25, 376 ff., Bähr, Urt. 226; anscheinend auch RS in IW. 1891, 199). Unter .Sitzungsprotokoll" kann hier nicht dessen ganzer Inhalt, sondern nur der nach § 162 vorgelesene und genehmigte, die Nr. 1 und 2 deS § 160 betreffende Teil mit Ein­ schluß der Anlagen [§§ 160 Nr. 3 (RS. in IW. 1907, 146), 297, 298, 350, 510a] verstanden werden (vgl. Mot. 24, Leonhardt, Berufung 83 N. 1, Gaupp Nr. II it. a. AM. Wengler 108 ff.), weil nur dieser unter Mitwirkung der Parteien vom Gerichte festgestellte Teil eine höhere Bürgschaft der Richtigkeit gewährt, als der vom Gericht allein auf Grund der Erinnerung und etwaiger Aufzeichnungen der Richter aufgenommene Tatbestand. Die Beweiskraft geht mithin noch über § 415 Abs. 1 hinaus, insofern der Beweis der unrichtigen Beurkundung (das. Abs. 2) ausschließlich durch das Sitzungsprotokoll geführt werden kann. Bei Widersprüchen zwischen beiden geht das letztere vor; seine Beweiskraft kann aber selbst wieder nach §§ 415 Abs. 2, 418 entkräftet werden. Das bloße Schweigen des Protokolls genügt nicht, selbst wenn eS sich um Tatsachen handelt, die nach §§ 159, 160 im Protokolle festzustellen sind (RG. 10 366 f., in IW. 1894, 315; Wengler 111, Petersen Nr. 2 u. a AM. Lippmann im c. A. 70, 123 N. 15). Wegen der Anträge f. 8 297 Anm. 5. — Lind die Parteien in der Berufungsinstanz darüber einig, daß der Tatbestand eine vorgebrachte Tatsache nicht enthalte oder unrichtig darstelle, so bedarf eS insoweit nach § 288 nicht einer Entkräftung durch das Sitzungsprotokoll (vgl. auch RS. 4 421. AM. Vierhaus in Busch 5, 90); dagegen bleibt für den Revision-richter auch gegenüber den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien der Tatbestand und daS Sitzungsprotokoll maßgebend, da der § 561 öffentlichen Rechtes ist (vgl. § 561 Anm. 1). 2) Die Berichtigung des Tatbestandes (§ 320) ist zu dessen Widerlegung durch das Litzungsprotokoll nicht notwendig (vgl. RS. 10 366, 13 423 u. in IW. 1890, 202). 8 315. 1) Abs. 1 Satz 1 bezieht sich auf da- den Bestimmungen des § 313 gemäß vollständig abgefaßte Urteil (und zwar auf die bei den GerichtSakten verbleibende Urschrift — U9I. § 734), nicht auf daS bei der Verkündung noch nicht in vollständiger Form vorhandene Urteil (vgl. § 313 Anm. 2). Die Vorschrift umfaßt also auch Urteile, die vollständig dem Protokolle selbst ein-

Zweiter Xitel.

Urteil.

«# 316, 817.

343

Ein Urteil, welches bei der Verkündung noch nicht in vollständiger Form abgefatzt war, ist vor Ablauf einer Woche, vom Tage der Verkündung an gerechnet, in vollständiger Abfassung dem Gerichtsschreiber zu übergeben. Der Gerichtsschreiber hat auf dem Urteile den Tag der Verkündung zu bemerken und diese Bemerkung zu unterschreiben. E. §§ 276, 277 Abs. 2.

Mot. 222 f.

Prot. 103. — Nov. 1898 KomB. 90.

§ 316. (287.) Der Gerichtsschreiber hat die verkündeten und unterschriebenen Urteile in ein Verzeichnis zu bringen. Das Verzeichnis wird an bestimmten, von dem Vorsitzenden im voraus festzusetzenden Wochentagen mindestens auf die Dauer einer Woche in der Gerichtsschreiberei ausgehängt. Der Gerichtsschreiber hat auf dem Urteile den Tag des AushangS zu bemerken und dieje Bemerkung zu unterschreiben. Die Vorschriften der Abs. 1, 2 finden ans die im § 313 Abs. 3 be­ zeichneten Urteile keine Anwendung. E. § 277 Abs. 1. Nov. 1909 KomB. 41 ff.

§ 317. (288.)

Mot. 222.

Prot. 103 f., 544 f. — Nov. 1898 KomBschl. § 287. —

Die Zustellung der Urteile erfolgt auf Betreiben der Parteien.

verleibt, nicht ihm beigefügt sind (vgl. § 160 Nr. 5). [5o auch Peterfen Nr. 1 u. a. AM. Planck I 465, Wach, Lortr. 125.] Die Vorschrift ist wesentlich (Heilbut im c. A. 69, 404). — Wegen der Beschlüsse s. § 329 Anm. 3. Wegen der Beifügung abweichender Abstimmungen s. GVG. § 195 Anm. 4. 2) Abs. 1 Satz 2: .verhindert* * __ nicht bloß dauernd (z. B. durch den Tod), sondern auch vorübergehend — auf längere Zeit (z. B. durch Krankheit). Vgl. StPO. § 275 Abs. 2. Diese Vorschrift bezieht sich auch auf Fälle, in denen ein oder mehrere Richter nach der Verkündung und vor der vollständigen Absaffung de- Urteils weggefallen sind (Gaupp Nr. II u. a.). Sind alle Richter oder ist der Einzelrichter dauernd verhindert zu unterschreiben, so bleibt nicht- übrig als die Wiederholung der Verhandlung (Peterfen Nr. 3, Wtlm.-Levy Anm. 2. AM. MoSler in DJZ. 1905, 351, Gaupp Nr. II, Seuffert Anm. 3, welche annehmen, daß da- unvollkommene Urteil zuzustellen sei und alsdann der Berufung oder Revision unterliege). (Vgl. auch § 817 Anm. 1, 8t@. 29 366.] — Die Vorschrift ist ebenfalls wesentlich (9t@. in IW. 1901, 840. AM. Heilbut 373 f). 3) Abs. 2 soll der Verschleppung entgegenwirken. Die Fristbesttmmung ist nur Ordnungs­ vorschrift (Heilbut 405). 4) Abs. 3: Der Gerichtsschreiber hat — abgesehen vom VerkündungSvermerke, der auch in die Ausfertigung aufzunehmen ist (vgl. jedoch RG in Gruchot 27, 1118 u. in IW. 1903, 397, wonach dies nicht die Gültigkeit der Zustellung usw. bedingt) — die Urschrift deS Urteils nicht zu unterschreiben; er unterzeichnet nur die Ausfertigungen (§ 317 Abs. 3). *316.

1) Die (anweisenden) Bestimmungen über daS Urteilsverzeichnis und den Vermerk des AuShangeS haben teils den Zweck, den Parteien Gelegenheit zu geben, von den Urteilen Einsicht zu nehmen und die Erteilung von Ausfertigungen, Auszügen oder Abschriften zu bean­ tragen (§§ 299, 317 Abs. 2), teils Bedeutung für die Frist zu Anträgen auf Berichtigung deS Tatbestandes (§ 320 Abs. 2). Die Nichtbeachtung beeinträchtigt aber die Gültigkeit der Ver­ kündung deS Urteils nicht (Gaupp Nr. UI, Seuffert Anm. 2 u. a.). 2) Abs. 2 ist durch die Nov. von 1898 mit Rücksicht auf die Änderung der Friftbestimmuiifl für Anträge aus Berichtigung des Tatbestandes (§ 320 Abs. 2) hinzugefügt worden, 3) Abs. 3: Vgl. §313 Anm. 9.

344

Zweite- Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten,

Solange das Urteil fertigungen, Auszüge und Die Ausfertigungen zu unterschreiben und mit

g 318.

nicht verkündet und nicht unterschrieben ist, dürfen Aus Abschriften desselben nicht erteilt werden. und Auszüge der Urteile sind von dem GerichtSschreiber dem Gerichtssiegel zu versehen.

Ist das Urteil nach § 313 Abs. 3 in abgekürzter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in gleicher Weise unter Benutzung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, daß das Urteil durch Aufnahme der im § 313 Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 bezeichneten Angaben vervollständigt wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den Gerichtsschreiber oder durch den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden. E. § 278.

Mot. 222.

Prot. 104. — Nov. 1898 KomB. 90, — Nov. 1909 KomB. 41 ff.

§ 318. (289.) Das Gericht ist an die Entscheidung, welche in den von i()iit erlassenen End und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden. E. § 279.

Mot. 223.

Prot. 104. 8 317.

1) Abs. 1: Nur vollständig abgefaßte, von allen beteiligten Richtern unterschriebene Urteile (§315 Abs. 1, 2) dürfen zugestellt werden (RG-29 366); eine vorher erfolgte Zustellung ist wirkung-loS [9t@. in IW. 1903, 383 — ander-, wenn (selbst unrichtig) die im Urteil aus­ geführten Richter unterschrieben haben (91®. 58 118)]. Über die Fälle, in denen eine Zustellung der Urteile erforderlich ist, vgl. § 312 Anm. 2. .auf Betreiben der Parteien" — d. h. derjenigen Partei, welche an dem Weiter­ betrieb ein Interesse hat. Vgl. § 166 Anm. 2. Eine Ausnahme enthalten die §§ 625, 640, 641 für da- Verfahren in Ehe- und Kindschaft-sachen, nicht aber § 168 (f. § 166 Anm. 3); vgl. auch 88 659, 660, 662, 674, 678 Abs. 3, 683, 684, 686; KO. § 73. Die mit Unrecht von Amt- wegen erfolgte Zustellung de- Urteil- setzt die Notfrist nicht in Lauf (vgl. §§ 295 Anm. 7. 329 Anm. 4). Die Zustellung ist eine aus den Betrieb der Hauptsache gerichtete Handlung (9t®. 37 400). Nach § 496 Abs. 1 gilt die Vorschrift de- Abs. 1 auch in dem Verfahren vor den Amtsgerichten. Vgl. auch § 699 Abs. 1 Satz 4. Die Zustellung erfolgt durch Übergabe einer beglaubigten Abschrift von der au die zustellende Partei auf deren Antrag erteilten Ausfertigung (9t®. 3 435; vgl. § 170 Anm. 2). 2) Abs. 2; .Die Ausfertigungen" — (vgl. § 170 Anm. 2), d. h. feierliche gerichtliche Beurkundungen de- Urteils, enthaltend die Eingangsformel (s. § 313 Anm. 1), da- vollständige Urteil und die Unterschrift de- Gericht-schreiber- (vgl. § 724 Abs. 2) unter dem Vermerke dev AuSfertigüngserteilung sowie den Abdruck deS Gericht-siegel- (vgl. 9t®. 46 364). .Auszüge* — d. h. teilweise Ausfertigungen, und (formlose) Abschriften werden nach § 299 Abs. 1 auf Antrag von dem GerichtSschreiber erteilt; an diesen sind daher auch die Anträge der Parteien zu richten. Vgl. § 576. Wegen vollstreckbarer Ausfertigungen f. §§ 724 ff. 3) Der Inhalt des § 317 findet auch aus Beschlüsse und Verfügungen Anwendung (g 829 Abs. 2), jedoch mit der in § 329 Abs. 3 enthaltenen Abweichung von § 317 Abs. 1. 4) Abs. 4: Vgl. § 313 Anm. 9. Die Nov. v. 1909 hat hierdurch zwei Arten der Aus­ fertigung der Urteile in abgekürzter Form vorgesehen, nämlich entweder die Übertragung be* Urteil-vermerkes aus eine nach Satz 2 zu beglaubigende Abschrift der Klage (bzw. de- Zahlungs­ befehl- — § 696 Abs. 3) oder die Vervollständigung des abgekürzten Urteil- durch Bezeichnung der Parteien und de- Gericht- und eine besondere Urieilsformel (KomB. 44). ö) Wegen der Gebühren vgl. GKG. § 79 Abs. 2; RAGebO. § 76 Abs. 5 Nr. 2, Abs 6.

g

818.

Literatur: Planck I § 79, Schmidt § 123. 1) Über End- und Zwischenurteile vgl. §§ 300—304.

Auch das bedingte Euduneil

Zweitrr Titel. Urteil. § 318.

345

§ 319. (290.) Schreibfehler, Rechnungssehler und ähnliche offenbare Un­ richtigkeiten, welche in dem Utteile vorkommen, sind jederzeit von dem Gerichte auch von Amts wegen zu berichtigen. Uber die Berichtigung kann ohne vorgängige mündliche Berhandlung ent­ schieden werden. Der Beschluß, welcher eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen bemerkt. fällt unter § 318, nicht aber eine Entscheidung, der die Eigenschaft eine- Zwischenurteil- wegen ungesetzlicher Bedingtheit nicht zukommt (9t®, 16 328; vgl. § 303 Anm. 2). Ein nachher ge­ schlossener Vergleich kann nur nach § 767 geltend gemacht werden (OLG. Hamburg in SA. 40 Nr. 268). Die Hauptbedeutung der Vorschrift liegt in der bindenden Kraft der Zwischenurteile (vgl. § 803 Anm. 3). Bindend ist nur die Entscheidung, nicht die Begründung (vgl. 8 322, R® in Gruchot 37, 1253; 48, 1120, Wach, Vortr. 127), indessen darf in dem Endurteil eine abweichende Begründung — wenigsten- ohne zuvorige mündliche Verhandlung darüber — nicht gegeben werden (9t®. in SA. 49 9hr. 210). — Beschlüsse und (prozeßleitende) Verfügungen haben dagegen für da- Gericht keine bindende Kraft und sind mithin auch der Recht-kraft unter dm Parteien nicht fähig (Mot. 222. AM. teil». Planck I 475 ff ). In bezug auf den Beweisbeschluß insbesondere ergibt sich dies außerdem au-g 360. — Wegen der durch sofortige Be­ sch wer de angegriffen« Entscheidungen s. g 577 Abs. 3. .erlassenen* — hier gleichbedeutend mit „verkündeten" (s. § 309 Anm. 4, 9t®. in Gruchot 50, 1086). Ein noch nicht verkündete- Urteil kann abgeändert werden. 2) Die gg 319 und 320 enthalten Abweichungen von g 318.

I 319. Literatur: Boas in Gruchot 25, 868f., Schmidt § 123. 1) Abs. 1: „ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" — d. h. solche, die sich sogleich äußerlich al- unzweifelhafte Versehen, als Mängel im Au-drucke de- vom Gerichte Gewollt«, nicht al- Mängel de- Völlens, kennzeichnen, auch offenbare Unrichtigkeiten in der Entscheidung selbst, die nach dem sonstigen Inhalte de- Urteil-, insbesondere nach den Entscheidung-gründen, nicht auf einem Irrtum im Wollen, sondern in der Erklärung de-Willen- beruhen (vgl. 9t®. 23 399, 05 278. in SA. 47 Nr. 69, 53 Nr. 193, 59 Nr. 164, in IW. 1891 7, 889 Nr. 15; 1893, 197; 1900, 714; in Gruchot 43, 1239; 45, 1120, s. auch das. 46, 147; 48, 397, Wach, Vortr. 146; s. auch 9t®. 8 392). Fälle de- Irrtum- im Wollen s. 9t®. in JB. 1888, 96; 1892, 332 (auch 1889, 305); 1898, 157; 1899, 225, in SA. 47 Nr. 237; bedenklich 9t®. in IW. 1888, 221. Gegenüber einem Versehen der Partei greift der g 319 nur daun Platz, wenn die dadurch veranlaßte Unrichtigkeit zugleich auf einem Mangel im Au-drucke des vo« Gerichte Gewollten beruht — z. B. bei einem vom Gericht übersehenen Rechnung-fehler, nicht aber bei falscher Bezeichnung des dem Gericht unbekannten Beklagten durch den Klüger (vgl. 9t®. 23 406, in IW. 1899, 369, in Gruchot 43, 1238, KG. in Busch 16, 75; s. jedoch auch Schultzenstein das. 81 ff. u. Rostock in OLGR. 3, 137). Wegen bedingter Urteile s. g 469 und 9t®. in Gruchot 50, 1089. „in dem Urteile" — auch in dem Rubrum (9t@. 88 392); vgl. jedoch g 320 Anm. 1. Wegen Anwendung de- g 319 auf Beschlüsse s. g 329 Anm. 3, auf Zahlungsbefehle Schultzenstein 75 ff., auf gerichtliche Vergleiche OLG. Frankfurt in Busch 30, 133. 2) „jederzeit* — auch in der Revision-instanz (9t@. 4 210) und sogar nach ein­ getretener Rechtskraft (9t®. 29 405;; eine Zurückforderung kann nur durch besondere Klage er­ folg« (OLG. Hamburg in SA. 55 Nr. 49). „auch von Amts wegen* — Der Antrag kann in jeder Form erfolgen; Zustellung eine- Schriftsätze- ist nicht vorgeschrieben. Doch gilt auch hier der Anwaltszwang (g 78 Abs. 1, 9t®. 28 404, Gaupp Nr. TI n. a.).

34(>

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Verf. v. d. Landgerichten. # 319.

Gegen den Beschlutz, durch welchen der Antrag auf Berichtigung zurück­ gewiesen wird, findet kein Rechtsmittel; gegen den Beschlutz, welcher eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt. E. § 280.

Mot. 223 ff.

Prot. 104 f.

3) Abs. 2: An der Entscheidung können (arg. e coutr. aus § 320 Ads. 4) auch Richter teilnehmen, die bei dem Urteile selbst nicht mitgewirkt haben (RG. in IW. 1892, 310, Leufsert Sinnt. 2 u. a.). Die Berichtigung hat eine Änderung des übrigen Teiles des Urteils nicht zur Folge

(RG

in Blum, Urt. u. Ann. 1, 117) und ist so anzusehen, als ob das Urteil in

(RG.

der ihm dadurch gegebenen Fassung von vornherein erlassen wäre

29 403, in IW. 1898, 661).

Wegen der Verkündung und Zustellung s. §§ 170 Sinnt. 2, 329 Sinnt. 2—5.

Ist der Be­

schluß nicht verkündet, so ist er von Amts wegen zuzustellen. Andrenfalls ist es im Anwaltsprozesse

Lache der Partei, ihn zustellen zu lassen (vgl. Boas 871 f.). „auf dem Urteil" — d. h. seinem ganzen Inhalte nach auf der Urschrift. einer mündlichen Verhandlung ist in dem Protokolle der Beschluß

Im Falle

mindestens unter Bezug­

nahme auf den Vermerk zu erwähnen (§ 160 Nr. 5, Boas 868 ff.). „und den Ausfertigungen" — mögen sie schon erteilt sein oder noch (s.

RG.

erteilt roerbett

3 436), auf ersteren nur dann, wenn sie zu diesem Zwecke eingereicht werden;

hierfür von Amts wegen einzufordern (Petersen Nr. 3, Gaupp Nr. II 2 tt. a. u. Boas 870 f.).

sie sind

AM. früh. Aust,

Ein Zwang zur Einreichnug ffnbet aber nicht statt.

4) Abs. 3:

Im Falle der Zurückweisung des Antrags oder auch statt dieses Antrags

oder gleichzeitig mit ihm (RG. in LA. 47 Nr. 237) kann der Antragsteller, wenn gegen das Urteil Berufung oder Revision zulässig ist. die Berichtigung im Wege dieses Rechtsmittels geltend machen, nötigenfalls auch eine besondere Klage erheben

(RK.

in IW. 1902, 588).

Es

gehen also die Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde und bey Berufung oder Revision selbständig nebeneinander her.

Die Fristen zur Einlegung der letzteren laufen, ungeachtet des Berichtigungs­

RG

verfahrens. von der Zustellung des Urteils an (§§ 516, 522,

29 403 u. in IW. 1898, 661).

Die Einlegung der Berufung oder Revision hindert nicht die Verfolgung der Beschwerde (vgl. in Gruchot 29, 1096). Zulässigkeit

1903, 373, in Gruchot 43, 1236;

46, 147, in IW. 1897, 459).

nommenen Berichtigung

ist

RG.

das Beschwerdeverfahren einmal eröffnet, so unterliegt die

der weiteren Beschwerde den Regeln der §§ 567 ff.

IW. 1901, 121; 45, 1119;

Ist

(RG. 30 323, 51 RG. 35 421, in

vgl. jedoch auch

146,

in

Gruchot

Auch für den Fall einer von SlmtS wegen vorge­

das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben („welcher eine Berich­

tigung ausspricht"). Die sofortige Beschwerde

findet nur beim Vorhandensein eines

die Berichtigung aus­

sprechenden Beschlusses statt, mithin nicht gegen ein von dem mündlich verkündeten abweichendes Urteil,

in

.).

Sechster Titel. Beweis durch Augenschein. § 372.

Siebenter Titel. Zeugenbeweis. § 373.

399

§ 372. (337.) Das Prozeßgericht kann anordnen, daß bei der Einnahme des Augenscheins ein oder inehrere Sachverständige zuzuziehen seien. Es kann einem Mitgliede des Prozeßgerichts oder einem anderen Gerichte die Einnahme des Augenscheins übertragen, auch die Ernennung der zuzuziehenden Sachverständigen überlassen. E. § 327.

Mot. 246 f.

Prot. 126.

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis

§ 373. (338.) Die Antretung des Zeugenbeweises erfolgt durch die Be­ nennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Ver­ nehmung der Zeugen stattfinden soll. E. § 328.

Mot. 247.

Prot. 126.

Eine der Zeugnispflicht entsprechende allgemeine Verpflichtung Dritter zur Vorweisung behufs Einnahme des Augenscheins (auf Antrag oder von Amts wegen) besteht somit nicht. Die Verurteilung des Dritten zur Vorweisung kann nur in einem besonderen Prozeß erstritten werden (Planck II 262 ff., v. Weveld 45 ff., 63, Heldmann 409 f., Petersen a. a. O. u. o.; vgl. auch OLG. München in SA. 56 Nr. 119). Der Ort der Vorlegung bestimmt sich nach BGB. § 811. Weigert sich der Beweisführer, wenn er im Besitz ist, die Sache vorzulegen, so verliert er nach §§ 230 f. das Beweismittel, und es ist ebenfalls § 286 anwendbar (vgl. § 367 Anm. 3, Heldmann 408, Gaupp Borbem. III vor § 371). Befindet sich die Sache im Besitze des Gegners, so finden hinsichtlich des Verfahrens bte §§ 142—144 entsprechende Anwendung (v. Weveld 43 u. a.). Zwang-maßregeln sind also nicht gestattet, die Folgen der Weigerung indefi'en nach § 286 frei zu würdigen (RT in IW. 1897, 166 Nr. 4, ROHG. 20, 62; 23, 308; Heldmann 417 ff., Zensiert Borbem. 3 u. a.; Planck II 265 hält eine entsprechende Anwendung der §§ 422—427 für zulässig). Wegen Proben s. Heldmemn 434. Wird die Vorlegungspflicht des Prozeßgegners streitig, so ist hierüber in einem besonderen Prozesse zu entscheiden sGaupp a. a. O. AM. Heldmann 437 ff. (Zwischenstreit)). 3) Wer dem Prozeßgerichte die Identität des vorgezeigten Gegenstände- zu beweisen hat, richtet sich nach den allgemeinen Regeln über die Beweislast. 4) Wegen de« Kostenvorschusses f. GKG. §§ 79, 84 Abs. 1. 6 372. 1) Abs. 1: Vgl. § 144. Die Besichtigung nur durch Sachverständige ist kein Augenschein. 2) Abs. 2 enthält eine Abweichung von der Regel deS § 355 Abs. 1 Satz 1. „kann" — z. B. wenn die Einnahme des Augenscheins nicht an der Gerichtsstelle erfolgt (§ 219 Abs. 1); der Augenschein-beweis kann auch durch das ganze Prozeßgericht erhoben werden. Wirkt der beauftragte Richter auch bei dem Urteile mit, so kann seine an Ort und Stelle gewonnene Ansicht berücksichtigt werden (RG. im SächsA. 13, 217). — Wegen der Einnahme de- Augen­ scheins außerhalb des Gericht-bezirkes s. GBG. § 167. Wegen der Ernennnng der Sachverstän­ digen vgl. §§ 404, 405. „anderen Gerichte" — Vgl. § 355 Anm. 2. 3) Wegen der Protokollierung des Ergebnisses s. § 160 Abs. 2 Nr. 1.

Siebenter Titel. Literatur: Pfizer in Busch 14, 293 ff., Grisebach das. 21, 41 ff., Neubauer das. 19, 136 ff., Thiele im c. A. 82, 30 ff.; Planck II §§ 110 ff., Schmidt §81, Wei-mann 157 ff. 1) Die Begriffe „Zeugenbeweis, Zeuge, Zeugnis" sind in der ZPO. nicht ausdrücklich bestimmt. Da- Wesentliche dieses Beweismittel- besteht in der Mitteilung eigener Wahr­ nehmungen über streitige Tatsachen seiten- dritter, nicht als Partei beteiligter Personen

400

Zweite- Buch. Bers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. §373.

§§ 373, 392, 393 Nr. 4, 396, 414; Wetzell 206, Planck II 193, Schmidt 476 f.), womit freilief) „testes de aiidito“ nicht ausgeschloffen sind (s. HeuSler im c. A. 62, 278 ff., v. Canstein in Busch 2, 333 ff.). Eine Partei kann in demselben Prozesse nicht zugleich Zeuge sein, auch nicht in den vom gesetzlichen Vertreter geführten Prozessen (z. B. RG. 12 188, in Gruchot 29, 1080), doch ist es praktisch unentbehrlich, daß sich die Fähigkeit zum Parieieid und zum Zeugnisse gegenseitig ergänzen. Als Zeugen sind daher nur diejenigen Personen auszuschließen, welche durch (Geständnis und Eid Prozeßstoff schaffen (Schmidt 500 ff., Seuffert Vorbem. 2, Gaupp Borbem. IA n.a. AM. früh. Ausl.). Ein Streitgenoffe kann daher auch nicht über die besonderen, für einen anderen Streitgenoffen allein in Betracht kommenden Tatsachen Zeugnis ablegen svgl. 9MB. 29 370, OLG. Celle in SA. 48 Nr. 134. AM. Seuffert a. a. O. — den daraus entstehenden Nach­ teilen für die Streitgenosien kann durch §§ 145, 475, 476 (vgl. auch § 286) abgeholfen werden: OLG. Celle a. a. £).], ebensowenig der gesetzliche Vertreter einer Partei in demselben Prozesse, z. B. Vormund, Vorsteher einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genoffenschajt (vgl. in letzterer Hinsicht §§ 473, 474; RG. 2 400, in SA. 37 Nr. 163, 40 Nr. 252, in Gruchot 31, 446: Wach I 593. AM. bezüglich des Vormundes RG. in IW. 1896, 4), Geschäftsführer einer Ge­ sellschaft m. b. H. oder der vertretungsberechtigte Gesellschafter oder Liquidator bei der offenen Handelsgesellschaft (vgl. §§ 62 Anm. 2, 393 Anm. 5, 474 Anm. 1) oder die Mitglieder einer zur Vertretung der prozeßführenden juristischen Person oder des Fiskus berufenen Kollegialbehörde (RG. 45 427, 46 318). Kommanditisten können dagegen im Prozesse der Kommanditgesellschaft Zeugen sein (AM. RG. 32 398, in IW. 1908, 748), ebenso der nichtvertretungsberechtigte Gesellschafter (Seuffert, Gaupp a. a. O. AM. Petersen Vorbem. 5, Staub, HGB. (6.) § 124 Anm. 13) und Mitglieder eine- verklagten nicht rechtsfähigen Vereins (RG. im Recht 1908, 544). Zeugen können sein: Mitglieder des Aufsichtsrats (RG. in SA. 49 Nr. 285), nicht­ vertretungsberechtigte Mitglieder einer Gesellschaft in. b. H. (RG das. 55 Nr. 119), Mitglieder eines rechtsfähigen Verein-, eine-Gläubigerausschusses usw.; ferner der Ehemann, der zur Prozeßführung der Frau zuzustimmen hat (RG. 60 85, in Gruchot 50, 1090, in IW. 1908, 499), der Prozeßbevollmächtigte (s. § 385 Anm. 2) und die ausgeschiedene Partei (vgl. z. B. §§ 75, 76 Abs. 4, 265 Abs. 2) sowie der ausgeschiedene gesetzliche Vertreter (RG. 13 416, 29 370, 49 425, ObLG. in SA. 38 Nr. 325). Die ausgeschiedene Partei kann sogar, auch wenn sie noch jetzt beim Ausgange de- Prozesses beteiligt ist, nachträglich beeidigt werden (RG. 13 416 u. in IW. 1897, 546). Umgekehrt kann auch die früher rechtsgültig abgegebene Zeugenaussage einer Person, die später Partei im Prozesse wird, berücksichtigt werden (RG. 29 343, in IW. 1907, 263). Der Gemeinschuldner kann in Prozessen dcS Konkursverwalters als Zeuge vernommen werden sRG. 29 29, in IW. 1891, 179; 1894, 315 und öfter; s. auch Jaeger, KO. (2) § 6 Anm. 27, Petersen Vorbem. 5J. Ähnlich ist das Verhältnis des Testamentsvollstreckers zur Nachlaßmasse; es kann daher der Erbe in Prozessen des Testamentsvollstreckers Zeuge sein (OLG. Hamburg in SA. 57 Nr. 222). Wegen der Zulässigkeit des Zeugnisses der gütergemeinschastlichen Ehefrau in Prozessen des Ehemanns vgl. RG. in IW. 1898, 197; 1908, 70. Nebenintervenienten, die nach § 69 als Streitgenoffen gellen, können nicht Zeugen sein (RG. 20 393, in SA. 46 Nr. 289, in IW. 1891, 129, Gaupp a. a. O. n. a. AM. Petersen a. a. O.). Andere Nebenintervenienten können als Zeugen vernommen werden, desgleichen Litisdenunziaten und Nominalen, sic fallen aber unter § 393 Nr. 4 (vgl. § 395 Anm. 5, RG. 20 390. AM. Francke, Nebenparteien 109 u. in Busch 27, 307). Der Hauptintervenient (§ 64) kann in dem Prozeß, in welchem er interveniert, Zeuge sein. Die Vernehmung eines unzulässigen Zeugen kann nicht nach § 295 geheilt werden, weil es sich um eine wesentliche Vorschrift handelt (RG. in IW. 1891, 130). 2) Bon der Beweisantretung durch Zeugen handeln die §§ 373 f., von der Ladung §£ 377—379, von den Folgen des Ausbleibens §§ 380f., von der Verweigerung des (Ost!.

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis.

401

§ 374.

§ 374. (339.) Die Vernehmung neuer Zeugen, welche nach Erlassung eines Beweisbeschlusses bezüglich der in demselben bezeichneten streitigen Tatsachen benannt werden, ist auf Antrag zurückzuweisen, wenn durch die Vernehmung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde nnd das Gericht die Überzeugung gewinnt, daß die Partei in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Nach­ lässigkeit die Zeugen nicht früher benannt hat. E. § 829.

Mot. 248.

Prot. 126.

Zeugnisses §§ 383—390, von der Beeidigung bzw. unbeeidigten Vernehmung §§ 391—393. Die Vernehmung selbst betreffen die §§ 375, 379, 394—398. 3) Protokollierte Zeugenaussagen aus einem anderen Prozeß (auch in Strafsachen) können nach den Regeln des Urkundenbeweises (RG. 46 410) verwertet werden, sofern nicht der Gegner die abermalige Vernehmung der Zeugen beantragt (vgl. § 286 Sinnt. 1).

§373. 1) „Die Antretung — erfolgt" — Vgl. §§ 282, 359 Nr. 1. Die ZPO. kennt wegen des Verhandlungsgrundsatzes (§ 139 Anm. 2) keine Zeugenvernehmung von Amts wegen. Wie die Zulässigkeit des Zeugenbeweises an sich (§ 282 Anm. 7), so unterliegt auch die Zahl der Zeugen keiner Beschränkung. Vgl. jedoch § 91 Abs. 1. 2) „Tatsachen" — auch sog. innere Tatsachen (RG. 32 375, in IW. 1901, 36), nicht aber die Nichtkenntnis eines anderen, z. B. von einer Zahlungseinstellung (RG. in SA. 52 Nr. 58; vgl. §445 Anm. 1). Allgemein verständliche Rechtsbegriffe (z. B. Kauf, Darlehen) brauchen nicht aufgelöst zu werden (s. RG. in IW. 1889, 324; vgl. auch Stein, Priv. Wissen. 9 ff., Seuffert Anm. 2; vgl. §§ 288—290 Anm. 2, 445 Anm. 1, jedoch auch RG. 32 375 u. Ln IW. 1902, 166). Zur Benennung gehört auch die Angabe des Wohnorts (vgl. § 377). — Der Antrag auf Vernehmung von Zeugen zu dem Zwecke, die Tatsachen zu ermitteln, die zur Be­ gründung der Klage oder Einrede dienen sollen, ist keine Beweisantretung (RG. in IW. 1892, 13, in SA. 57 Nr. 115). 3) Der in der Praxis nicht selten vorkommende Antrag auf Einholung einer (amtlichen) Auskunft öffentlicher Behörden als Beweismittel war bisher von der ZPO. nicht erwähnt (s. jedoch jetzt § 501 Abs. 1 Nr. 3) und fällt jedenfalls nicht unter die Regeln des Zeugen­ beweises. Das Gericht wird daher die beantragte Einholung ablehnen dürfen (vgl. § 432 Abs. 2). Wird die Auskunft eingeholt und erteilt, so fällt sie unter die Regeln des Urkundenbeweises (RG. int Recht 1909 Nr. 1560).

§874. 1) Unter den Voraussetzungen des § 279 läßt § 374 gegenüber beiden Parteien den Aus­ schluß verspäteter Zeugen eintreten (ebenso § 433). Nur in diesem Umfang ist die Regel des § 283 Abs. 1 (abgesehen von Abs. 2 das.) eingeschränkt, da von anderen Beweismitteln eine erhebliche Prozeßverschleppung nicht zu besorgen ist. Hinsichtlich der Sachverständigen wird die Anwendung des § 374 durch die Amtsstellung des Richters in der Regel erübrigt werden (s. d. allg. Bem. z. Tit. 8, § 402 Anm. 1, Obermeyer, D. Lehre v. d. Sachverst. 1880, 95 N. 15, Seuffert § 402 Anm.). Überhaupt kommt § 374 bei den von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkten nicht unbedingt zur Anwendung (vgl. Birkmeyer in Busch 7, 448 f.). 2) „neuer" — Den Gegensatz bilden die bereits für denselben Beweissatz von einer der Parteien benannten Zeugen. Neu sind auch nicht solche Zeugen, die zwar von der Partei bereits früher benannt, aber in dem Beweisbeschlusse nicht berücksichtigt worden sind. § 374 ist auch anwendbar, wenn der frühere Beweisbeschluß andere Beweismittel als Zeugen enthalten hat, dagegen nicht auf den Zeugenbeweis für Tatsachen, die erst nach dem Beweisbeschlusse geltend gemacht sind. 3) „wenn — verzögert werden würde" — also nicht wenn der Beweisführer im Struckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Aufl.

26

402

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. §

373.

§ 375. (340.) Die Ausnahme des Zeugenbeweises kann einem Mitglied des Prozeßgerichts oder einem anderen Gericht übertragen werden: 1. wenn zur Ausmittelung der Wahrheit die Vernehmung des Zeugen an Ort und Stelle dienlich erscheint; 2. wenn die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht erheblichen Schwierig leiten unterliegen würde; 3. wenn der Zeuge verhindert ist, vor deni Prozeßgerichte zu erscheinen: 4. wenn der Zeuge in großer Entfernung von deut Sitze des Prozeßgerichts sich aufhält. Die Landesherren und die Mitglieder der landesherrlichen Familien foiuie die Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern sind durch ein Mitglied des Prozeßgerichts oder durch ein anderes Gericht in ihrer Wohnung zu vernehmen. Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hanno­ verschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vor­ maligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses. E. § 330.

Mot. 248 f.

Prot. 120, 608 ff., 680. — Nov. 1898 E. 8 340; Begr. 81.

Verhandlungstermine die neuen Zeugen zur Vernehmung stellt oder wenn in jenem Termine weitere Beweisaufnahme beschlossen wird, die in gleichem Maße wie die fragliche Zeugenvernehmung das Verfahren verzögert (Mot.). 4) Fehlt eines der Erfordernisse — der Antrag des Gegners, die Verzögerung oder die Überzeugung von der Absicht oder der groben Nachlässigkeit des Beweisführers —, so kann die Vernehmung nicht abgelehnt werden. Anderseits ist beim Zusammentreffen aller Erfordernisse die Zurückweisung nicht wie in § 272 freigestellt, sondern der Gegner hat ein Recht darauf. Über den Antrag entscheidet das Prozehgericht (nicht der beauftragte oder ersuchte Richter) nach mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil (s. § 303 Anm. 1 b) oder in den Gründen des Endurteils (Petersen sJZr. 3 u. in Busch 4, 318 u. a.) Wird kein Antrag aus Zurückweisung gestellt, so erfolgt die Anordnung durch Beweisbeschluh. ö) § 374 gilt (gemäh der Regel des 8 523) auch unverändert in der Berufungsinstanz (anders § 279; vgl. das. Anm. 5 u. 8 540). Die in erster Instanz hiernach zurückgewiesenen Beweismittel können dagegen in der Berufungsinstanz nachgeholt werden (Petersen Nr. 3 u. a.).

§375. 1) § 375 Abs. 2 enthält eine Ausnahme von § 355, dessen Regel gerade hier wegen § 286 von besonderer Bedeutung ist; ihre Anwendung wird durch $ 161 erleichtert. — Wegen der Form der Übertragung s. § 355 Anm. 1. 2) Abs. 1: Die Anordnung ist nur in den Ausnahmefällen Nr. 1- 4 zulässig (anders $ 372 Abs. 2). Der Beschluh ist nicht anfechtbar ivgl. § 355 Anm. 3). — „anderen Gerich t" — vgl. § 355 Anm. 2. Wegen der Kosten s. GBG. §§ 165, 166, GKG. § 79 4tr. 4, 5. 3) Nr. 1: ES ist nicht ausgeschlossen, dah daS ganze Prozehgericht sich zur Vernehmung der Zeugen an Ort und Stelle begibt. Vgl. §§ 219 Abs. 1, 372 Anm. 2. 4) Nr. 2: „erheblichen Schwierigkeiten* — d. h. solchen, die in der Art der Be­ weisaufnahme liegen, nicht solchen, welche durch die Geschästsverhältnisse des Gerichts bedingt werden (Prot. 126; anders die notgedrungene Praxis vieler Gerichte, s. Wach, D. zivilproz. Enquete. 121 ff.). Auch ist eS hier absichtlich vermieden, als erhebliche Schwierigkeit den Umstand hervorzuheben, daß die unmittelbare Beweisaufnahme (z. B. wegen großer Anzahl der Zeugen) lehr zeitraubend sein würde. Es kommt aus daS sachlich begründete Ermessen deS Gerichts an. 5) Nr 3: „verhindert" — z. B. durch Krankheit. Vorübergehende Verhinderung, z. B. durch AmtSgeschäfte, ist in der Regel kein ausreichender Grund. Vgl. § 219 Abs. 1. 6) Nr. 4: „in großer Entfernung* — Auch hier entscheidet daS Ermessen des Gerichts,

siebenter Titel.

Zeugenbeweis,

gg

376, 377.

403

8 376. (341.) Öffentliche Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der ihnen zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden. Für den Reichskanzler bedarf es der Genehmigung des Kaisers, für die Minister der Genehmigung des Landesherrn, für die Mitglieder der Senate der freien Hanse­ städte der Genehmigung des Senats. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeug­ nisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachteil bereiten würde. Die Genehmigung ist durch das Prozetzgericht einzuholen und dem Zeugen bekannt zu machen. Prot. 127 f., 671, 675 ff.

8 377. (342.) Die Ladung der Zeugen ist von dein Gerichtsschreiber unter Bezugnahrne auf den Beweisbeschlutz auszufertigen und von Amts wegen zuzustellen. wobei auch das Verhältnis der Reisekosten zu dem Werte des Gegenstandes der Aussage zu be­ achten ist. Eine andere Ausnahme f. in § 383. Unzulässig ist es, die Zeugen nur deshalb durch ein ersuchtes Gericht vernehmen zu lassen, weil sie nicht innerhalb de- Bezirkes deS ProzessgerichtS wohnen. 7) Abs. 2: Vgl. § 219 Abs. 2, EG. z. ZPO. § 5 Anm. 1, 3. 3. auch RGes. vom 23. März 1904 (RGBl. 149), betr. die Stellung des Herzog!. Holsteinischen Fürstenhauses. g 376. 1) Diese Bestimmung (vgl. StPO. § 53) soll das öffentliche Interesse an der Wahrung des Amtsgeheimnisses schützen (vgl. R® 35 400). 2) Abs. 1: „Öffentliche Beamte" — ist gleichbedeutend mit „Beamte" in §§ 811 Nr. 7, 8,850 Nr. 8, 910. Vgl. § 811 Anm. 7, EG. z. GBG. § 11 Anm. 5. Indessen sind die in § 811 besonders genannten Notare hier mitbegriffen, sofern sie nach Landesrecht Beamte sind und die ihnen auferlegte Pflicht zur Verschwiegenheit nicht nur das Interesse der Parteien zu wahren bezweckt. Die preussischen Notare bedürfen daher auf Grund de- PreussgGG. Art. 90 der Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde (KG. in SA. 60 Nr. 43, RauSnitz FGG. 653 Anm. 3 a, Wellfteiu. PreussFGG. Art. 90 Anm. 1 u. a. AM. früh. Aufl.). Recht-anwälte sind nach der RAO. nicht Beamte. Enger ist der Begriff „Staatsbeamte" in GBG. § 70 Abs. 3. 3) Abs. 2: Die Prüfung der Frage, ob Gründe zur Versagungder Genehmigung vor­ liegen, gebührt der Natur der Sache nach der vorgesetzten Dienstbehörde, nicht dem Gerichte (vgl. Ä®. in StS. 7 74). E- genügt nicht, dass der FiskuS in einem Prozess, in welchem er selbst Partei ist, durch die Aussage benachteiligt werden würde. 4) Abs. 3: „durch daS Prozessgericht" — Die Einholung erfolgt von Amts wegen ohne Rücksicht darauf, ob der Beamte daS Zeugnis verweigert. Im Zweifel ist die Auskunft durch Aufrage bei der vorgesetzten Dienstbehörde zu erlangen (vgl. Preuss. JMB. v. 24. Mai 1886 — JMBl. 137). Der Beamte kann den Mangel der Genehmigung nach§§ 386 ff. geltend machen (vgl. § 383 Anm. 2). Wird die Genehmigung erteilt, so können noch § 383 Abs. 1 Nr. 5 ii. Abs. 3 zur Anwendung kommen (9t@. 54 1). Dem Prozessgerichte steht im Falle der Versagung eine Beschwerde nicht zu; ob der Partei, hängt von dem Staatsrechte de- Staates ab, dem die Dienstbehörde angehört (Seuffert Anm. 3 u. a.). 5) Wegen der Benachrichtigung der vorgesetzten Dienstbehörde, wenn ein unmittelbarer Staatsbeamter als Sachverständiger oder ausserhalb seines Wohnorts als Zeuge geladen wird, f. Preuss. JMV. v. 17. Mai 1883, 13. März 1834, 19. Febr. 1895 (JMBl. 155 bzw. 54 u. 56). g 377. 1) Abs. 1 entspricht dem Grundsätze de- Offizialbetriebs (vgl. auch §§ 214 Anm. 2, 389 Abs. 3). Die Ladung ist vom Gericht-schreiber auszufertigen; doch handelt e- sich hierbei

404

Zweite- Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. # 378.

Die Ladung muh enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien; 2. den Gegenstand der Vernehmung: 3. die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Strafen in dem nach Zeit und Ort zu bezeich­ nenden Termine zu erscheinen. E. § 331.

§ 378.

Mot. 249.

(343.)

Prot. 126. — Nov. 1898 KomB. 104 f.

Die Ladung einer dem aktiven Heere oder

der

aktiven

nicht um eine Ausfertigung im eigentlichen Sinne (§ 170 Anm. 2), sie braucht daher nicht mit dem Dienstsiegel versehen zu werden (vgl. Preuß. GeschO, f. d. Gerichtsschr. d. LG. § 11 9k. 3, 4, der AG. § 12 Nr. 3. AM. Fitting in Busch 10, 9 N. 28, Gaupp § 170 Nr. II u. a.). Der Gerichtsschreiber des ladenden Gerichts übergibt die von ihm ausgefertigte Ladung einem Gerichisdiener oder der Post zur Zustellung (vgl. §§ 208ff.). Öffentliche Zustellung ist un­ statthaft (Gaupp Nr. I u. a.), wohl aber kommen die Vorschriften über die Ersatzzustellung (§§ 181—184) zur Anwendung. DaS Erbieten der Partei, den Zeugen zu gestellen oder die Zustellung zu besorgen, macht die gerichtliche Ladung nicht entbehrlich. Eine entsprechende An­ wendung des § 218 auf die Ladung von Zeugen zur Fortsetzung der Vernehmung ist zulässig, sofern die Vorschriften der Nr. 3 dabei beobachtet werden (vgl. Wilm.-Levy Anm. 4. AM. Gaupp Nr. I u. a.). 2) Abs. 2 stellt den Inhalt der Ladung fest. Zu beachten ist das „muß". Fehlt etwas, so braucht der Zeuge der Ladung nicht zu folgen (vgl. auch § 380 — „ordnungsmäßig": Heilbut im c. A. 69, 399 s.). Indessen sind die Mangel verzichtbar (§ 295). 3) 9k. 2: Vgl. Brettner int Recht 1902, 146. Diese Vorschrift (vgl. § 373) dient zur Vorbereitung für daS abzulegende Zeugnis. Nach der jetzigen Fassung ist es zweifellos, daß eine gedrängte Angabe des Inhalts des Beweisbeschlusses genügt (Pelersen 9k. 3). Der Zeuge kann auch über eine in der Ladung nicht angegebene Tatsache vernommen werden (Seuffert Anm. 3). 4) Rr. 3: Die „Anweisung" erteilt der Gerichtsschreiber (s. Anm. 1). Die „durch das Gesetz angedrohten Strafen" bedürfen keiner näheren Bezeichnung: nicht einmal die Bezugnahme auf § 380 ist notwendig. Vgl. StPO. § 48 Abs. 1. Daß der Zeuge im Bezirk eines anderen Gerichts wohnt, entbindet ihn nicht von Befolgung der Anweisung. Jedes deutsche Gericht hat in dieser Beziehung „Gerichtszwang" (f. GVG. § 161 u. Vordem. 3 z. GVG. Tit. 13; vgl. auch oben Vorbem. 2 z. Buch 1 Tit. 3). Auch be­ züglich der Beamten gilt keine Ausnahme (wegen Benachrichtigung der vorgesetzten Dienstbehörde s. § 376 Anm. 5), wohl aber bezüglich des Soldaten st andes nach § 378. ü) Ausländer, die sich im Inland aushalten, können — mit Ausnahme der Exterri­ torialen (vgl. auch v. Bar, Internat. PrivR. II 642) — ebenfalls unmittelbar geladen werden, dagegen nicht Personen (Inländer oder Ausländer), die im Auslande wohnen: ihre Vernehmung erfolgt, abgesehen von besonderen Staatsvertragen, nach Maßgabe des § 363. Wegen der Vernehmung von Exterritorialen (GVG. §$ 18 Anm. 5, 19, 21), die das Recht der Exterritorialität nur in einem Bundesstaate haben, ist nach $ 200 zu verfahren. Die dem Reiche gegenüber Exterritorialen können nur durch die zuständige Behörde ihres Staates ge­ laden werden. Konsuln fremder Staaten haben vielfach das Recht, das Zeugnis schriftlich oder in ihrer Wohnung abzulegen (vgl. Gaitpp Nr. III). 8 378. 1) Da die dienstliche Abkvmmlichkeit dieser Militärperionen nur durch die mililärischen Vor­ gesetzten beurteilt und herbeigeführt werden kann, so ist deren Vermittlung unentbehrlich (Mot.). - Vgl. auch §§ 172, 201 u. StPO. § 48 Abs. 2. 2) Hierher gehören (abweichend von § 172) auch die Offiziere. Im übrigen s. §§ 14

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis.

§ 379.

405

Marine angehörenden Person des Soldalenstandes als Zeuge erfolgt durch Ersuchen der Militärbehörde. E. § 332.

Mot. 249 f.

Prot. 126.

§ 379. (344.) Das Gericht kann die Ladung davon abhängig machen, daß der Beweisführer einen Vorschuß zur Deckung der Staatskasse wegen der durch die Vernehmung des Zeugen erwachsenden Auslagen hinterlegt. Erfolgt die Hinterlegung nicht binnen der bestimmten Frist, so unterbleibt die Ladung, wenn die Hinterlegung nicht so zeitig nachgeholt wird, daß die Ver­ nehmung ohne Verzögerung des Verfahrens erfolgen kann. E. § 333.

Mot. 250.

Prot. 126, 131.

Anm. 2, 172 Anm. 2. Die zum aktiven Heere gehörigen Militärbeamten und die Zivil­ beamten der Militärverwaltung gehören nicht dem „Soldatenstande" an [ögl. Kais. Verordn, v. 12. Aug. 1901 (RGBl. 283) u. Beilage I z. RGes. v. 26. Juli 1897 (RGBl. 619)]. Bgl. auch §§ 790, 850 Nr. 5 u. Anm. 13; anders: §§ 14, 20, 380 Abs. 4, 390 Abs. 4, 409 Abs. 3, 752, 850 Nr. 6, 904 Nr. 2, 912; BGB. § 9. Das Gendarmeriekorps gehört nicht zum aktiven Heere (RG. 44 190, KG. in DJZ. 1904, 1092). Wegen Benachrichtigung der vorgesetzten Zivildienstbehörde s. Preuß. JMB. v. 29. Juli 1880 (JMBl. 186). 3) „Die Ladung — erfolgt durch Ersuchen der Militärbehörde" — Eine Ladung nach § 377 wird somit überhaupt nicht ausgefertigt. Das Ersuchungsschreiben ist von dem Vor­ sitzenden des Prozeßgerichts, bzw. dem beauftragten oder ersuchten Richter (Seuffert Anm. 3 u. a.), zu erlassen. Vgl. auch Preuß. JMB. v. 31. Oft. 1881 (JMBl. 257) Nr. 1. Das Ersuchungsschreiben hat zwar die Bezeichnung der Parteien und des Gegenstandes der Vernehmung (§ 377 Abs. 2 Nr. 1, 2), aber nicht die Anweisung (das. Nr. 3) zu enthalten. Letztere (die Paritionsorder) zu erteilen, ist Sache der Militärbehörde. (Anders bei der Zwangs­ vollstreckung — § 752: „Anzeige".) Hiermit erst ist die Ladung beendet (Prot. 302). Bgl. Anh. §§ 54, 55 z. Preuß. AGO. 17 § 19, KabO. v. 22. März 1827 (GS. 31). — Die Be­ stimmung gilt auch für die im Ausland oder bei einem mobilen Truppenteile befindlichen Personen des Soldatenstandes. P Von dem Preuß., Bayer., Württ. u. Sächs. Kriegsminister sind für den Bereich ihrer Heereskontingente sowie von dem Chef der Kais. Admiralität für die Kais. Marine zur Feststellung des Begriffs „Militärbehörde" in § 378 genaue Bestinunungen erlassen (RZBl. 1880 Nr. 26; s. auch Preuß. JMBl. 1880, 156). 5) Wegen der Folgen des Ausbleibens oder der Weigerung s. §§ 380 Abs. 4, 390 Abs. 4.

§879. 1) Abs. 1: „Das Gericht" — nur das Prozeßgericht, nicht der beauftragte oder er­ suchte Richter (OLG. Nürnberg in Busch 6, 129, Hamburg in SA. 37 Nr. 347, Gaupp Nr. I n. a.). Vgl. GVG. § 165. „kann abhängig machen" — nur freigestellt, weil sonst das Verfahren bei zweifel­ los vermögenden Parteien ohne Grund Aufenthalt erleiden würde (Mot.). Das Gericht kann jedoch nach seinem Ermessen auch bei anderen Personen von einem Vorschuß Abstand nehmen (OLG. Dresden in Busch 6, 503). Beim Eintreten einer anderen Prozeßpartei aus Grund des § 266 ist auf Antrag von neuem zu prüfen, ob gegenüber dieser von § 379 Gebrauch zu machen sei (RG. 21 398). Unanwendbar ist § 379, wenn das Armenrecht bewilligt ist (§§ 115 Nr. 1, 120; RG. 55 268). Bgl. GKG. § 3. Der Beschluß, in welchem die Summe und die Frist zu bestimmen ist, kann nur vor der Ladung (s. Abs. 2), wenngleich nach dem Beweisbeschluß, erlassen werden; im letzteren Falle ist er von Amts wegen zuzustellen (§ 329 Abs. 3). Das Gericht kann den Beschluß auch von Amts

401)

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Verf. v. b. Landgerichten. § 380.

8 380. (345.) (Sin ordnungsmäßig geladener Zeuge, welcher nicht erscheint, ist, ohne daß es eines Antrags bedarf, in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten sowie zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen. Im Falle wiederholten Ausbleibens ist die Strafe noch einmal zu erkennen, auch kann die zwangsweise Borführung des Zeugen angeordnet werden. Gegen diese Beschlüsse findet die Beschwerde statt. wegen erlassen, weil er zur Sicherung der Staatskasse dienen soll. Er unterliegt daher, falls er ein entgegenstehendes Gesuch einer Partei zurückweist, nach § 567 der Beschwerde (vgl. Sächs. Ann. 3, 257, Wilm.-Levy Anm. 1. AM. OLG. Colmar im Recht 1904, 578, Petersen Nr. 1 u. a.; vgl. auch RG 55 268 u. in IW. 1899, 829). 2) „zur Deckung der Staatskasse" — denn diese hat den Zeugen zu entschädigen (8 401, Z.-u.S.GebO. § 17 Abs. 2). Auch der Zeuge selbst kann unter Umständen einen Vorschub fordern (GLG. § 166 Abs. 3). „wegen — Auslagen" — Vgl. GKG. §§ 79 Nr. 4, 5, 84; RG. in IW. 1896, 102. Die Bestimmung des § 84 GKG. ist zwar nicht bloß freistellend, doch kann die Vornahme der Handlung, abgesehen von § 379, nur im Falle des § 85 das. versagt werden. Im Falle des 8 85 Abs. 5 kann nach Zahlung de- Vorschusses der Antrag auf Ladung der Zeugen bis zum Schluffe der mündlichen Verhandlung nachgeholt werden (vgl. Seuffert Anm. lc). „hinterlegt" — d. h. bei der mit Zahlung der Gericht-kosten beauftragten Amtsftelle, von welcher seinerzeit der Zeuge befriedigt wird (s. § 401 Anm. 2). Soweit der Vorschub nicht erschöpft wird, ist er zurückzuzahlen. 3) Abs. 2 entspricht dem § 356. Aus welchem Grunde die Frist versäumt wurde, ist gleichgültig (vgl. RG. 7 391, in SA. 51 Nr. 143, in IW. 1893, 157); ein Antrag des Gegners ist nicht erforderlich. Nach Ablauf der Frist, die übrigens nach § 224 verlängert werden kann, erfolgt die Ladung nur, wenn dadurch das Verfahren nicht verzögert wird (vgl. RG. 7 391, in IW. 1895, 380; 1909, 419). Dagegen ist die Benutzung des Beweismittel-, sofern sie ohne Ladung (im Falle der Gestellung des Zeugen) erfolgen kann, nicht ausgeschlossen und ebensowenig in der Berufungsinstanz. 4) § 379 findet nach § 402 auch auf den Beweis durch Sachverständige entsprechende Anwendung (RG. 7 390, in IW. 1899, 829, Seuffert §402 Anm. u. a.; vgl. auch RG. in SA. 56 Nr. 62). Die Folge der Nichterlegung des Borschuffes ist jedoch nur, dab die im Beweisdeschluffe bezeichneten Sachverständigen nicht geladen werden, wogegen ein Antrag aus Ver­ nehmung anderer Sachverständiger oder Zuziehung solcher von Amt- wegen nicht auSgeschloffen ist (RG. a. a. O.). Bei einer Zuziehung Sachverständiger von Amts wegen findet dagegen trotz § 144 Abs. 2 der § 379 keine Anwendung (vgl. § 144 Anm. 2).

§380. Literatur: Abegg, Zeugnispflicht u. Zeugniszwang. 1885, Köhler in KritV. 22, 479ft., Preger im ArchöfsR. 7, 365 ff., Frtedländer. Gerichtssaal 46, 417 (Busch 18, 428), Laband, Staat-recht d. D. Reich- (3) II § 92, Landau in Gruchot 42, 484 ff., Planck II § 111, Weis­ mann 138ff., Ortlieb in Busch 38, 393 ft. (bett. Ersuchen ausländischer Gerichte). - Vgl. StPO. § 50. 1) Abs. 1: Die Zeugnispflicht wurzelt im öffentlichen Rechte (vgl. §§ 383—390 Anm. 2) und gilt auch für die im Jnlande sich aushallenden Ausländer. Ein Strafantrag der Partei wegen de- Ausbleiben- ist daher nicht erfordert, wohl aber zulässig (RG. in Gruchot 35, 1193): selbst gegen den Antrag tritt die Strafe ein. Sie ist eine „Ordnungsstrafe" (StGB. § 138 Abs. 3), also disziplinärer Natur (Geyer, Strafprozetzr. I 512, John, StPO. 1 83 ff., 538 ft.;

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis,

§ 380.

407

Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärperson erfolgt auf Ersuchen durch das Militärgericht, die Vorführung einer solchen Person durch Ersuchen der Militärbehörde. E. 8 334. Mot. 250ff. Prot. 126f., 131, 148 f., 678f. — Nov. 1898 E. § 345; Begr. 115. Seuffert Anm. 1 u. a. AM. Abegg 30 f.). Die eventuelle Freiheitsstrafe wird der Einfachheit halber sofort bei Berhängung der Geldstrafe festgestellt. Wegen ihrer Vollstreckung kommen die Vorschriften deS Buch 8 Abfchn. 2 zur Anwendung (StPO. § 495). Die strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung (StGB. § 18). Auf diese kommen die Bestimmungen der StPO, über Vollstreckung von Freiheitsstrafen zur Anwendung (nicht die §§ 904 ff. — vgl. EG. z. LtPO. § 3 Abs. 1, Preuß. GA. f. d. GL. § 85 Nr. 2). Von einer anderen Hast, bei der letztere- allerdings der Fall ist, handelt im Falle der Zeugnisweigerung 8 390 Abs. 2. Die Verjährung der Strafvollstreckung tritt nach StGB. § 70 ein. — Der Zeuge braucht nicht zu seiner Entschuldigung die Kosten einer ärztlichen Bescheinigung aufzuwenden (9MB. 56 79). „ordnungsmäßig geladener" — Vgl. §§ 377, 376. Eine Ladung-frist (8 217) ist nicht vorgeschrieben; über die Rechtzeitigkeit entscheidet da- richterliche Ermeffen. Spätere- Er­ scheinen wendet die Folgen de- Ungehorsam- nicht ab. Vgl. jedoch § 381 Abs. 1. „welcher nicht erscheint" — nämlich beim Aufrufe der Sache (§ 220 Abs. 1 u. Anm. 1), mag auch der Termin noch nicht geschloffen sein, wenn der Zeuge nachträglich erscheint (abweich. Seuffert Anm. 3, Gaupp Nr. II 2 u. a.). Jndeffen ist ein Ermeffen, ob der Zeuge nicht dennoch zu vernehmen und nicht al- säumig zu betrachten ist, in diesem Falle nicht unstatthaft. Wer sich nachträglich unbefugt entfernt oder nach § 158 entfernt worden ist, wird al- nicht erschienen be­ handelt (KG. in DJZ. 1907, 484, Gaupp a. a. O. u. a. AM. Geyer a. a. O. 513 N. 4). Die Folgen der Zeugni-weigerung (§ 390) können daneben vorkommen (Prot. 129). 2) Abs. 2: Die von der Nov. v. 1898 eingefügten Worte beseitigen jeden Zweifel darüber, daß da- Erkennen der Strafe beim zweiten Ausbleiben eine zwingende Vorschrift ist. Über den in Abs. 1 bestimmten Höchstbetrag darf auch in diesem Falle nicht hinausgegangen und ebensowenig darf, wenn der Zeuge nochmal- ausbleibt, die (Strafe zum dritten Male erkannt werden. (So auch Planck a. a. O. N. 87f., Wei-mann 141 N. 8, Seuffert Anm. 4 u. a. AM. Peterfen Nr. 4u. a.). Die zur Erzwingung de-ZeugniffeS bestimmte Vorführung ist freigestellt, aber gleich­ falls nicht von einem Antrage de- Beweisführers abhängig. Die Borführung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher (f. GBGebO. § 9 Abs. 1). Die Kosten (s. Abs. 1) sind dem Zeugen in jedem Wiederholungsfall aufzuerlegen. 3) Abs. 3: Der Beschluß (Abs. 1, 2) wird vom Prozeßgerichte, bzw. dem beauftragten ober ersuchten Richter (§ 400), sogleich bei der Verhandlung, in welcher der Zeuge ausgeblieben ist, oder auch nachher ohne mündliche Verhandlung gefaßt (§ 128 Anm. 4 a) und von Amt- wegen zugestellt (§§ 329 Abs. 3, 750 Abs. 1); Anhörung de- Zeugen (zur Verantwortung) ist nicht erforderlich (vgl. § 381 Abs. 2). — Die Beschwerde (nicht sofortige, wie in § 387) hat in diesem Falle aufschiebende Wirkung (§ 572 Abs. 1). Weil die Partei ein Jntereffe an der Ver­ urteilung de- Zeugen hat, so steht auch ihr gegen die Ablehnung der Verurteilung Beschwerde zu (vgl. R®. in SA. 46 Nr. 144, Seuffert Anm. 1; s. aber auch Planck a. a. O. N. 63. S. ferner 8 287 Anm. 2). Au- demselben Grunde ist ein nicht verkündeter, die Verurteilung eine- Zeugen betreffender Beschluß auch ihr zuzustellen. — Das Verfahren ist gebührenfrei (GKG. § 47 Nr. 8), vgl. jedoch RAGebO. §§ 23 Nr. 1, 29 Nr. 6. 4) Abs. 4 ist eine Folge de- § 378 und de- fortbestehenden besonderen Militärgerichtsslandes in Strafsachen snamentlich bezüglich der subsidiären Haft). Daß nicht bloß die Voll­ streckung, sondern auch die Festsetzung der Strafe (nicht die Verurteilung in die Kosten) gegen Militärpersoueu (nicht bloß gegen Personen des Soldatenstande- wie in § 276) dem Militär­ gericht anheimfällt, soll eine doppelte Bestrafung derselben Handlung (au- 8 880 und wegen

408

Zweite- Buch. Vers, in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. b. Landgerichten. §§ 381, 382

§ 381. (346.) Die Verurteilung in Strafe und Kosten sowie die An­ ordnung der zwangsweisen Vorführung unterbleiben, wenn das Aus­ bleiben des Zeugen genügend entschuldigt ist. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder aufgehoben. Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten neuen Termine angebracht werden. E. 8 335-.

Mot. 250 fi.

Pr^t. 127. - Rov. 1808 MomW. 105 s.

8 382. (347.) Der Reichskanzler, die Minister eines Bundesstaates, die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte, die Vorstände der obersten Reichsbehörden und die Vorstände der Ministerien sind an ihrem Amtssitze oder, wenn sie sich außerhalb desselben aushallen, an ihrem Aufenthaltsorte zu vernehmen. Ungehorsams gegen den militärischen Befehl — s. MilLtGB. 8 "-) verhüten. Vgl. 88 390 Abs. t, 409 Abs. 3 u. EG. z. MStGO. § 19. — Das Ersuchnugsschreiben ist von dem Vorsitzenden des Prozeßgerichts, bzw. von dem beauftragten oder ersuchten Richter, zu erlassen (vgl. $ 378 Anm. 3). Wegen der Vollstreckung s. 88 752, 790. 5) Über den Begriff „Militärbehörde" in § 380 enthält die in § 378 Anm. 4 erwähnte Bekanntmachung genaue Bestimmungen. 6) Eine entsprechende Anwendung der §§ 380, 381 gegen nicht erschienene Parteien in Ehesachen verordnet § 619 Abs. 3. Bgl. auch §§ 640, 041.

8 381. 1) Abs. 1: Die Verurteilung des ungehorsamen Zeugen und die Vorführung unter­ bleiben nur unter der in Latz 1 bezeichneten Voraussetzung (vgl. auch LtPO. § 50). Das Vor­ handensein eines Weigeruugsgruudes ist kein genügender Grund, wenn der Zeuge nicht der Vor­ schrift des § 386 Abs. 1 entspricht (Planck II § 111 N. 82). Ebenso ist es für die Bestrafung unerheblich, ob der Beweissührer auf die Vernehmung nachträglich verzichtet oder ob diese aus anderen Gründen nicht erforderlich ist (Mot.), doch kann das Gericht auf solche Umstände bei Prüfung der Entschuldigung Rücksicht nehmen. Ein Entschuldigungsgrund ist z. B. unverschuldete Unkenntnis der Ladung bei Erfatzzustellung: s. ferner GVG. § 166 Anm. 3 a. E. und SiO). in LA. 56 9er. 18. Wegen Bestrafung unwahrer Behauptungen s. LtGB. § 138.

Glaubhaftmachung ist nicht erfordert, aber der Natur der Lache nach notwendig (Planck II § Hl N. 29 arg. §§ 224 Abs. 2, 227 Abs. 2) und genügend (vgl. RG. 54 430). In Krank­ heitsfällen genügt in der Regel eine Bescheinigung der Polizeibehörde (KomB.). 2) In Latz 2 wird neben der Beschwerde (§ 380 Abs. 3) ein zweiter bequemer Weg zur Wiederaufhebung der getroffenen Anordnungen eröffnet. Die Wiederaufhebung der Anordnungen des beauftragten oder ersuchten Richters steht sowohl diesem als auch dem Prozeßgerichte zu. Ob auch die Verurteilung in die Kosten wieder aufzuheben ist, wird davon abhängen, ob der Zeuge sich vor dem Termine hätte entschuldigen können (vgl. Gaupp Nr. II). Der Beschluß ist von Amts wegen zuzustellen (vgl. § 360 Anm. 3). Zinsen des gezahlten Betrags und Auslagen sind nicht zu erstatten (RG. in Gruchot 40, 662). 3) Abs. 2: In dem Zwischeuversahren gegen den Zeugen gilt kein Anwaltszwang. Es ist gebührenfrei lGKG. §47 Nr. 6), vgl. jedoch RAGebO. §§ 23 Nr. 1: 29 Nr. 6.

6 382. 1) Die Bestimmung (vgl. LtPO. § 49) soll Kollisionen der Erscheinungspflicht mit den Anforderungen des öffentlichen Dienstes vorbeugen und die betreffenden Beamten vor den Schwankungen des richterlichen Ermessens (§ 375) sicherstellen.

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis,

g

383.

409

Die Mitglieder des Bundesrats sind während ihres Aufenthalts am Litze deS BundeSratS an diesem Sitze, die Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung während der Sitzungsperiode und ihres Aufenthalts am Orte der Versammlung an diesem Orte zu vernehmen. Zu einer Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen bedarf es: in betreff des Reichskanzlers der Genehmigung des Kaisers, in betreff der Minister und der Mitglieder des Bundesrats der Genehmigung des Landesherrn, in betreff der Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des Senats, in betreff der übrigen vorbezeichnelen Beamten der Genehmigung ihres un­ mittelbaren Vorgesetzten. in betreff der Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung der Genehmigung der letzteren. Ent. —

Mot. —

Prot. 679 ff., 747.

§ 383. (348.) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt : 1. der Verlobte einer Partei; 2) Abs. 1: Dem Reichskanzler steht hier bet allgemeine Stellvertreter (Vizekanzler) gleich [Dstl. Ges. v. 17. März 1878 (RGBl. 7) § 2].

„Vorstände der obersten Reichsbehörden" — s. die Nr. I der Beilage der BO. v. 27. Dez. 1899 (RGBl. 731), ferner der Präsident des Reichsmilitärgerichts (RGBl. 1901, 173), der Staatssekretär des Kolonialamts (RGBl. 1907, 239), der Präsident des Reichsbankdirektoriums (RGBl. 1875, 378. AM. Petersen Nr. 3), der Präsident des Reichsgerichts sGBG. §§ 125 ff. (AM. Gaupp Nr. II 2 u. a.)] sowie der Statthalter und der Staatssekretär von Elsaß-Lothringen sGes. v. 4. Juli 1879 (RGBl. 165) §§ 1, 4, BO. v. 23. Juli 1879 (das. 282)]. 3) „Vorstände der Ministerien" — In manchen Bundesstaaten gibt eS nur einen wirklichen Minister oder Staatssekretär und für die übrigen Geschäftskreise bloße Ministerialvorstände unter den verschiedensten Titeln. Diese, nicht aber die Vorstände der Abteilungen der einzelnen Ministerien (Unterstaatssekretäre, Ministerialdirektoren) sind hier gemeint (Gaupp Nr. II 3 u. a. AM. BoituS in Goltdammer A. 29, 1 ff.). 4) „wenn sie sich außerhalb desselben aufhalten" — gleichviel, ob zu amtlichen oder anderen Zwecken, z. B. der Erholung wegen. 5) „sind zu vernehmen" — also unbedingt, auch ohne einen auf diesen Ort der Ver­ nehmung gerichteten Antrag, doch ist Verzicht zulässig. Bei Verletzung der Vorschrift ist § 386 entsprechend anzuwenden. 6) Ulster „Amtssitz"' und „Aufenthaltsort" ist nicht die Wohnung, sondern der Ort (Stadt usw.) zu verstehen, wo der Beamte feinen dienstlichen Wohnsitz hat (vgl. RBeamtenGes. §§ 21, 22, 40 usw.), bzw. sich aufhält. DaS Gericht oder der beauftragte Richter braucht sich also nicht notwendig zu dem Zeugen zu begeben, fonbern die Ladung erfolgt au die Gerichts­ oder Vernehmungsstelle. 7) Abs. 2: „während ihres Aufenthalts am Sitze des Bundesrats" — gleich­ viel, ob der BundeSrat versammelt ist. „während der Sitzungsperiode und wahrend ihres Aufenthalts am Orte der Versammlung" — Beide Voraussetzungen müssen zusammentreffen. 8) Abs. 3: Die Genehmigung hat das Gericht einzuholen (Gaupp Nr. V n. a). doch ist hierzu auch der Zeuge selbst und der Beweisführer berechtigt. „unmittelbarer Vorgesetzter" — Der Statthalter von Elsaß-Lothringen und die Lbnegsminister unterstehen dem Kaiser, die übrigen Reichsbehörden dem Reichskanzler (vgl. Gaupp Nr. V).

41u

'stveiles Buch. i'Cif. in ctft. Jttflan^. Erst. Äbschn. Beri. v. d. Landgerichie». 9 883. i. der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 4. diejenigen, welche mit einer Partei in gerader Linie venvandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade venvandt oder bis zuin zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist. nicht mehr besteht: 4. Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist: •">. Personen, welchen krast ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

98 383-890. 1) Die l)cit die gemeinrechtliche Unterscheidung von unlüchtigen linhabiles), ver­ dächtigen (suspecti) und unverdächtigen oder „klassischen" Zeugen fomni exceptione majores) — vgl. Wetzell 206 ff. - nicht aufgenommen. Über die nach allgemeiner Erfahrung den Beweiswerr einer Zeugenaussage hairptsächlich bedingenden Umstände s. Planck II 193 ff. 2) Als selbstverständlich ist auch eine Bestimmung über die allgemeine Zeugnispflicht nicht aufgenommen (vgl. die Sit. zu § 380). Dagegen werden eingehende Bestimmungen über die Ausnahmen getroffen, bei denen zwischen vollständiger Zeugnisverweigerung (§ 383 Nr. 1 bis 3) und bloßer Aussageverweigerung (§§ 383 M. 4, 5; 375, 384) unterschieden werden kann. Die materiellen Vorschriften enthalten die §§ 383—385: von dem Verfahren und den Strafen handeln die §§ 386—390. Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich Über dasjenige, was er nidjt weiß, durch Nach­ forschungen zu unterrichten (RG. 48 392, OLG. Stuttgart in DJZ. 1901, 31), doch muß er alle Mittel benutzen, um sein Gedächtnis aufzufrischen (RG. a. o. £.). 3) Das Weigerungsrecht der §§ 383—385 bezieht sich sowohl auf die Aussage, als auch auf die Eidesleistung nach Wahl des Berechtigten iRG in SA. 56 Nr. 187, IW. 1901, 399. AM. Schmidt 481 N. 2, Gaupp § 333 Nr. I): die Zeugnisverweigerung kann auch aus dem Verhallen des Zeugen entnommen werden (RG. in IW. 1903, 24). Die Verweigerung kann vom Gerichte imd) § 286 verwertet werden (RG. in IW. 1896, 130) und verhindert nicht eine Beweisaufnahme über frühere Aussagen des Verweigernden. Auch können Protokolle über frühere Vernehmungen als Urkunden berücksichtigt werden (anders StPO. $ 251). Vgl. auch $8 383 Anm. 3, 386 Anm. 4.

8 383. Sit.: Meyer in Busch 17, 459 ff., Atelier in PucheltZ. 26, 161 ff. 1) Abs. 1: Die Nr. 1—3 enthalten die meisten Fälle der verwerflichen Zeugen der älteren Prozeßrechte. Siegt eines der in Nr. 1—3 aufgeführten Verhältnisse hinsichtlich eines Streitgenossen vor, so besteht daS Recht der Zengnisverweigerung gegenüber allen (vgl. Borbem. 1 vor § 373, s. auch RG. in ID. 1899, 257). Nr. 1: Vgl. § 41 Anm. 4. Als „Verlobte" sind hier, wie im BGB. 88 1297 ft., die­ jenigen anzusehen, welche sich gegenseitig ein ernstlich gemeintes Eheversprechen gegeben haben (RG- in StS. 10 117, 38 49). Ein bloßes Siebesverhältnis, namentlich ein ehebrecherisches, genügt nicht (Rechtspr. d. RG- in StS. 2, 182; 6, 52 f.). Das Verlobungsverhältnis muß noch zur Zeit der Zeugnisablegung bestehen (vgl. RG. in StS. 31 142). Nr. 2 u. 3 entsprechen dem § 41 Nr. 2, 3; vgl. das. Anm. 4, 5. Das Recht der Weigerung besteht auch bei gleicher Verwandtschaft mit beiden Parteien. Vgl. §§ 384 97t. 1, 2, 385 Abs. 1, 393 Nr. 3 und BGB. §§ 1589, 1590: s. auch EG. z. BGB. Art. 33. „Schwägerschaft" — Diese gilt hier als fortdauernd, wenn die das Verhältnis be-

Liebenter Titel.

Zeugenbeweis.

§ 383.

411

Die unter Nr. 1—3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren. Die Vernehmung der Nr. 4, 5 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, datz ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann. E. 8 336.

Mot. 251 f.

Prot. 127 f.

gründende Ehe durch den Tod eines der Ehegatten gelöst ist (Rechtspr. d. SR® in StS. 3, 278; 6, 56). Sie liegt auch vor, wenn daS Verhältnis des Zeugen zur Partei aus unehelicher Geburt beruht (SR®, a. a. O. 8, 439; vgl. Planck, BGB. IV § 1590 Anm. 1), jedoch nicht im Ver­ hältnisse des einen Ehegatten zu dem von dem anderen an Kindes Statt Angenommenen (BGB. § 1763). Nr. 4 schützt da- Beichtsiegel und die geistliche Amtsverschwiegenheit hinsichtlich ^„Seel­ sorge^ überhaupt (vgl. StPO. § 52 9k. 1, SR®, im Recht 1908, 484, OLG. Zweibrücken in SA. 57 Nr. 253 u. dagegen SinteniS in DJZ. 1903, 120), entbindet aber nicht von der Zeugnispflicht über eigene Mitteilungen deS Geistlichen (SR®, in SA. 39 Nr. 58) oder über Mitteilungen, die dem Geistlichen mit Rücksicht auf ein nicht geistliches Nebenamt gemacht sind. Als „Geistliche" gelten die Religionsdiener aller staatlich anerkannten (nur diese wollen Seuffert, Anm. 6, Löwe, StPO. § 52 Anm. 6 berücksichtigen; s. dagegen Gaupp Nr. II u. a.) oder zugelaffenen religiösen Gemeinschaften, welche eine Seelsorge ausüben. Ausnahmen f. in § 385 Abs. 2 (vgl. das. Anm. 3). 2) Nr. 5: Hierher gehören vor allem die Reichsbeamten (Ges. v. 18. Mai 1907 § 11) und anderen öffentlichen Beamten (s. § 376 Anm. 1 — auch Borsteher von Handelskammern, s. SR®, in IW. 1902, 167), bezüglich deren zunächst die Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde in Frage kommt, ohne daß das Weigerungsrecht hiervon unbedingt abhängt. Ferner fallen unter Nr. 5 insbesondere Rechtsanwälte [SR®. 90 382, 60 353, in Gruchot 38, 497 (f. aber auch das. 43, 509, KG. in Rechtspr. 5, 69, SR®. 67 362, OLG. Jena in Busch 26, 518), in SA. 43 Nr. 235, 49 Nr. 212, 51 Nr. 144, 56 Nr. 266, in IW. 1893, 347 — gemeinschaftlicher Vertrauensmann, 559], Notare (SR®. 90 355, 53 168, in SA. 49 Nr. 212 u. anderseits KG. in Rechtspr. 6, 128; vgl. Preuß. FGG. Art. 90), Verteidiger in Straf­ sachen, Ärzte (9t®. 53 315), Wundärzte, Hebammen, Apotheker, sowie die Gehilfen dieser Personen (StGB. § 300; 9t®. 54 360 u. in IW. 1903, 240), Schöffen und Geschworene (GVG. § 200) usw., Gewerbeinspektoren (GO. § 139 b — 9t®. 54 1), unter Umständen auch Geistliche (OLG. Zweibrücken in SA. 57 Nr. 253), jedoch nicht Gerichtsvollzieher (9t®. 35 400). Wegen der SchiedSmänner in Preußen f. JMB. v. 1. Nov. 1880 (JMBl. 248). Auch Privatbeamte, z. B. von Aktiengesellschaften, gehören hierher und Inhaber von AuskunstSstellen (9t®. 1903, 6 Nr. 12 — s. auch OLG. Bamberg in Rechtspr. 17, 160), jedoch nicht Angestellte eine- kaufmännischen Geschäft- f9t®. 53 15, 40). Wegen Prozeßagenten s. Sontag in IW. 1903, 338 ff. Da- Zeugnis von Beamten muß auch dann verweigert werden, wenn das Dienstverhältnis inzwischen aufgelöst ist (vgl. § 376; RBeamtenges. § 12 Abs. 2). „anvertraut" — Hierunter fallen auch Wahrnehmungen, welche die genannten Personen in der Vertrauensstellung gemacht haben (SR®. 53 169, 54 1, in IW. 1901, 719). „die Natur derselben" — Vgl. SR®, in IW. 1894, 324 (nicht bloß Jntereffe an der Geheimhaltung — 9t®. 33 362). Dahin gehört der Anwalt hinsichtlich der Unterweisung (OLG. Frankfurt in SA. 48 Nr. 148) und nach 9t®. in IW. 1904, 69 sogar die Auskunftseinholung bei einem Geschäftsfteund. (AM. OLG. Hamburg in SA. 37 Nr. 162 u. früh. Aufl.) „gesetzliche Vorschrift" — ist jede Rechtsnorm (EG. z. ZPO. § 12). Eine höchstens vertragsmäßig übernommene Verpflichtung zur Verschwiegenheit, z. B. bei einem Privatdiener, Freunde usw., genügt nicht (Köhler in KritB. 22, 483 ff.). „Verpflichtung zur Verschwiegenheit" — Dahin gehören nur amtlich anvertraute.

412

Zweites Buch. Verf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Verf. v. d. Landgerichten. §

384.

§ 384. (349.) Das Zeugnis kann verweigert werden: 1. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu welcher derselbe in einem der im § 383 Nr. 1—3 bezeichneten Verhält­ nisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde; 2. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem der im § 383 Nr. 1—3 bezeichneten Angehörigen desselben zur Unehre gereichen oder die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde; 3. über Fragen, welche der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren. E. § 337.

Mot. 252 f.

Prot. 128.

nach ihrer Naiur oder nach besonderer Vorschrift geheimzuhaltende Tatsachen, dagegen nicht andere gelegentliche freiwillige Mitteilungen (Planck II § 111 N. 40). Den Mitgliedern des Reichstags (auch nicht den Mitgliedern der Landtage; vgl. StGB. § 11) steht wegen Äußerungen in Ausübung ihres Berufs ein Recht der Zeugnisoerweigeruug auf Grund des Art. 30 d. DRVerf. nicht zu (vgl. Laband in DJZ. 1906, 953 ff., Sontag das. 1010 f., Gaupp Nr. II u. a. AM. Fuld im Gerichtssaal 35, 535 ff.; s. auch AlexanderKatz in IW. 1906, 638 f.). 3) Abs. 2: Vgl. StGB. § 157 Nr. 2. Die Belehrung ist zu Protokoll festzustellen; 164 greift aber nicht Platz. Eine Belehrung vor jeder Vernehmung (§ 398, StPO. § 51 Abs. 2) ist nicht erforderlich. Die Vorschrift ist zwingend („sind") (Gaupp Nr. III u. a.; vgl. auch RG. in StS. 2 192, 9 384). Der Verzicht auf die Weigerung kann jederzeit wider­ rufen werden (RG. in SA. 49 Nr. 212, in Gruchot 38, 497), was aber die Benutzung der bis dahin gemachten Aussage nicht ausschließt; desgleichen die Weigerung selbst (vgl. §§ 383—390 Anm. 3, 386 Anm. 4). 4) Abs. 3: Vgl. Planck II 206. Noch weiter geht das Übcrwachungsrecht des Gerichts in § 376.

§ 384. 1) Der § 384 zählt die sachlichen Grunde auf, aus denen das Zeugnis verweigert werden kann. Eine vorherige Belehrung ist für diese Fälle nicht vorgeschrieben. 2) Nr. 1: Es muß ein unmittelbarer vermögensrechtlicher Schaden von der Beant­ wortung der Frage zu erwarten sein (vgl. RG. in IW. 1899, 5); dies trifft nicht zu, wenn der Zeuge nur eine rechtlich begründete Verpflichtung erfüllen muß (RG. 32 381 u. in SA. 47 Nr. 168). Wegen der Ausnahmen von Nr. 1 f. § 385 Abs. 1. 3) Nr. 2: Vgl. StPO. § 54. „zur Unehre" — Es genügt, wenn die zu machende Aus­ sage den Schluß auf ein unehrenhaftes Handeln gestattet (RG. in IW. 1887, 415; 1899, 829). Ob die Angehörigen noch leben, ist unerheblich. „die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung" — s. z. B. Busch 3, 158 ff. Nach der Lage der Sache kann sich dies über den Umfang einzelner Fragen hinaus auf das ganze Zeugnis erstrecken; hierüber sowie über das Vorhandensein der Gefahr entscheidet das Ermessen des Richters (Rechtspr. d. RG. in StS. 2, 305). Daß die Beantwortung mit Notwendigkeit die wirkliche Bestrafung nach sich ziehe, ist nicht erforderlich (RG. 23 134, Planck II § 111 N. 54). Die strafgerichtliche Verfolgung umfaßt nicht die disziplinarische; wegen dieser fragt es sich also, ob die Beantwortung der Fragen dem Zeugen zur Unehre gereichen würde (vgl. StGB. § 157 Nr. 1; RG. in IW. 1895, 478 Nr. 7). 4) Nr. 3: Es kommt nicht darauf an, ob es sich um ein eigenes Geheimnis oder mit ein solches des Arbeitgebers handelt (RG. im Recht 1904, 80). Oft wird schon Nr. 1 ausreichen, um das Zeugnis abzulehnen. Unter den Begriff des Gewerbegeheimniffes können auch geschäft­ liche Beziehungen jeder Art fallen (vgl. RG. 53 42, 54 323, in SA. 49 Nr. 231, in IW. 1903, Rechtspr. 5, 67 ff.).

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis.

§ 385.

413

§ 385. (350.) In den Fällen des § 383 Nr. 1—3 und des § 384 Nr. 1 darf der Zeuge das Zeugnis nicht verweigern: 1. über die Errichtung und den Inhalt eines Rechtsgeschäfts, bei dessen Errichtung er als Zeuge zugezogen war; 2. über Geburten, Verheiratungen oder Sterbesälle von Familiengliedern: 3. über Tatsachen, welche die durch das Familienverhältnis bedingten Ver­ mögensangelegenheiten betreffen: 4. über diejenigen auf das streitige Rechtsverhältnis sich beziehenden Hand­ lungen, welche von ihm selbst als Rechtsvorgänger oder Vertreter einer Partei vorgenommen sein sollen. Die im § 383 Nr. 4, 6 bezeichneten Personen dürfen das Zeugnis nicht ver­ weigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. E. § 338.

Mot. 253.

Prot. 128, 548—550.

8 385. 1) Abs. 1: Unter Nr. 1 fällt bet Urkundszeuge, aber auch jeder andere Beweiszeuge (vgl. R®. im Recht 1908, 21), nicht der beurkundende Beamte, für welchen die §§ 376, 383 Nr. 5 gelten. (Vgl. Köhler in KritV. 22, 485.) Schriftliche Errichtung und Mitunterschrift des Zeugen sind nicht erforderlich, doch genügt zufällige Anwesenheit nicht (Petersen Nr. 2). Nr. 2: Hierher gehört auch der Zeitpunkt deS Bekanntwerden- deS EheschlufseS (f. BGB. H 1329 Abs. 2). „Familienglieder" — im weitesten Sinne (Petersen Nr. 3). Nr. 3: „durch das Familienverhältnis bedingten Vermögensangelegen­ heiten" — d. h. die auf das Familien- und Erbrecht bezüglichen Familienangelegenheiten, z. B. erbrechtliche Ansprüche, Ansprüche au- dem ehelichen Güterrechte (vgl. 9MB. in IW. 1886, 147; 1895, 8; 1897, 564), auS einem Überlassungsvertrage zwischen Eltern und Kindern (91®. in SA. 45 Nr. 52 u. in IW. 1894, 516), Mitgiftversprechen deS BaterS (R®. 40 344), Ver­ fügungen über den Nachlaß der Eltern (91®. in IW. 1899, 814), Unterhaltsansprüche (ObLG. im Recht 1904, 142, in DJZ. 1907, 487) usw., nicht reine Personenstand-sachen, Ehescheidungen oder gar Forderungen, die zufällig von Familienangehörigen oder gegen solche erhoben werden svgl. § 20 Anm. 2, 9t@. in SA. 51 Nr. 145, in IW. 1902, 20; vgl. auch Neubauer in Busch 19, 161 f. und 9t@. in SA. 54 Nr. 117, in IW. 1903, 24, in DJZ. 1902, 311 (weitgehend)). 2) Nr. 4: An sich sind die hier bezeichneten Personen, sofern sie nicht ein rechtlicheInteresse am Obsiegen einer Partei haben (§ 393 Nr. 4), nicht unfähig, eidlich al- Zeugen ver­ nommen zu werden (abw. Herz in IW. 1897, 265). Es gelten nur die gewöhnlichen Ausnahmen der §§ 383 f., von denen hier wiederum eine Ausnahme gemacht wird. Die Zeugnispflicht dieser Personen ist also noch ausgedehnter als die anderer. „Handlungen" — aller Art, die für da- fragliche Rechtsverhältnis von Bedeutung sind (vgl. R®. 47 430), jedoch nicht Wahrnehmungen, wohl aber auch Handlungen, die dem Vertreter gegenüber vorgenommen worden sind (Lenffert Anm. 5). „Rechtsvorgänger" — ist auch der mittelbare; „Vertreter" ist der Bevollmächtigte, Geschäftsführer, Bote und der gewesene (vgl. Anm. 1 vor § 373) gesetzliche Vertreter. Über die Bedeutung jener Ausdrücke vgl. §§ 189 Anm. 1, 232 Anm. 2, 445 Anm. 2; R® in Gruchot 48, 1104, in SA. 49 Nr. 283; s. auch R® 13 417. „Vertreter" sind auch (vertretungs­ berechtigte) Gesellschafter und Liquidatoren einer offenen Handelsgesellschaft (s. §§ 62 Anm. 2, 393 Anm. 5), sowie Vorstandsmitglieder des verklagten Vereins (R®. in IW. 1892, 180 Nr. 4-. Welche Partei den Zeugen benannt hat, ist unerheblich; es genügt die Behauptung, daß der Zeuge als Vertreter gehandelt habe (R®. 53 111, Gaupp Nr. I n. a. AM früh. Aufl. u. Richter in Busch 23, 291 ff.). 3) Abs. 2: „entbunden" — d. h. wirksam entbunden; der Richter hat diese Rechts­ frage zu prüfen. Im Falle des § 383 Nr. 4 ist nach protestantischem Kirchenrecht eine solche

414

Zweites Buch. Vers. in erst. Instanz. irrst. Abichn. Vers. v. d. Landgerichten. 88 386, 387.

§ 386. (351.) Der Zeuge, welcher das Zeugnis verweigert, hat vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termine schriftlich oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers oder in diesem Termine die Tatsachen, auf welche er die Wei­ gerung gründet, anzugeben und glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen des § 383 Nr. 4, 5 die mit Berufung auf einen geleisteten Diensteid abgegebene Versicherung. Hat der Zeuge seine Weigerung schriftlich oder zum Protokolle des Gerichtschreibers erklärt, so ist er nicht verpflichtet, in dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termine zu erscheinen. Von dem Eingänge einer Erklärung des Zeugen oder von der Aufnahme einer solchen zum Protokolle hat der Gerichtsschreiber die Parteien zu benach richtigen. (£. 8 339.

Mot. 253.

Prot. 128 f.

§ 387. (352.) Über die Rechtmätzigkeit der Weigerung wird von dem Prozetzgerichte nach Anhörung der Parteien entschieden. Der Zeuge ist nicht verpflichtet, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt. E. § 340.

Mot. 253.

Prot. 129.

Entbindung mir durch den Beichtenden selbst zulässig, nach katholischem aber überhaupt nicht iGaupp Nr. II u. a.). Die Entbindung von der Verschwiegenheit ist Jache des Anver­ trauenden, nicht des Gerichts (OLG. Hamburg in Rechtspr. 6, 126); unter Umständen kann die Befugnis von dem Konkursverwalter ausgeübt werden (vgl. RG. 50 85, in Gruchot 51, 201, in SA. 61 Nr. 186; f. auch OLG. Dresden das. Nr. 185). Für öffentliche Beamte kommt außerdem die Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde f $ 376) in Frage, namentlich auch für Notare (8 376 Anm. 1; vgl. RG 30355 u. in IW. 1906,430)

8 386. Lit.: Meyer in Busch 17, 459 ff.; vgl. auch Neubauer das. 19, 163 ff. 1) Abs. 1: „vor dem — Termine schriftlich oder zum Protokolle des Gerichts­ schreibers" - Der Zeuge braucht also nicht zu erscheinen (Abs. 3). Der Gerichtsschreiber ist der des Prozeßgerichts, bzw. des ersuchten Richters. Die schriftliche Mitteilung muß die Glaubhastmachung enthalten, sofern sich nicht die Voraussetzungen der Zeugnisweigerung (etwa nach § 381 Nr. 2) unmittelbar aus dem Gegenstände der Vernehmung ergeben (RG. in IW. 1900, 15). Unwahre Behauptungen sind strafbar (StGB. § 138). 2) Abs. 2: Vgl. §§ 294 Anm. 2, 392 Anm. 3; StPO. 8 55, LlGB. 8 155 Nr. 3. „genügt" — Der Zeuge darf also andere Mittel wählen, setzt auch bloße Versicherung an Eides Statt (8 294). 3) Abs. 4: Hierdurch wird der Fortgang des Verfahrens gefördert. Erkennt nämlich der Beweisführer den Weigerungsgrund an, so liegt Verzicht vor (vgl. § 387 Anm. 1), andernfalls entsteht zwischen der Partei und dem Zeugen ein Zwischenstreit (vgl. §§ 387—389 u. 303 Anm. IX Eine Form ist für die Benachrichtigung nicht vorgeschrieben.

8 387. 1) § 387 hat, wie § 388, den regelmäßigen Fall im Auge, daß die Vernehmung vor dem Prozeßgericht erfolgen sollte (§ 355), ein besonderer Termin zur Verhandlung des Zwiscbenftreits also nicht erst anzuberaumen ist. (Anders im Falle des § 389.) Abs. 2 setzt voraus, daß der Zeuge erscheint, § 388, daß er nicht erscheint. Für dm Zeugen besteht nicht nur kein An­ waltszwang (Abs. 2), sondern er ist überhaupt nicht genötigt, mündlich zu verhandeln, da seine schriftlichen oder protokollarischm Anführungen von AmtS wegm vorgetragen werdm (§ 388).

Siebenter Titel.

Zeugenbeweis.

$f 388, 389.

415

§ 388. (353.) Hat der Zeuge seine Weigerung schriftlich oder zum Pro­ tokolle des Gerichtsschreibers erklärt und ist er in dem Termine nicht erschienen, so hat auf Grund seiner Erklärungen ein Mitglied des Prozetzgerichts Bericht zu erstatten. E. § 341.

Mot. 253.

Prot. 129.

§ 389. (354.) Erfolgt die Weigerung vor einem beauftragten oder ersuchten Richter, so sind die Erklärungen des Zeugen, wenn sie nicht schriftlich oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers abgegeben sind, nebst den Erklärungen der Parteien in das Protokoll aufzunehmen. Irin Lersäumnisverfahren findet also gegen ihn nicht statt >vgl. § 347 Anm. 1). Ter Streit be­ wegt sich in erster Reihe zwischen dem Zeugen und dem Prozeßgerichte wegen einer dem letzteren geschuldeten Leistung (Planck II 207); vgl. § 380 Anm. 1. Den Parteien wird nur Gelegen­ heit gegeben, sich zu äußern („nach Anhörung"). Machen sie davon Gebrauch, so gewinnt der Streit zugleich die Eigenschaft eines Zwischenstreits zwischen dem Zeugen und den Parteien (vgl. $R®. 18 414, 20 380, 28 439; Planck a. a. O.). Die Entscheidung durch Zwischenurteil (Abs. 3; vgl. § 303 Anm. 1 b i. A.) erfolgt ohne Rücksicht darauf, ob von irgendeiner Seite eine Er­ klärung abgegeben wird, und folglich auch gegen die Parteien niemals als Versäumnisurteil (Planck II 209). Sie wird dadurch erübrigt, daß der Beweisführer den Weigerungsgrund als richtig anerkennt — vgl. jedoch § 399 (Planck II § 111 N. 65); auch ist § 295 anwendbar (RG. in Gruchot 40, 915). 2) Abs. 3: Vgl. §§ 577 u. 71 Anm. 1. Die Beschwerde steht dem Zeugen und, wenn die Weigerung für begründet erklärt wird, dem Beweisführer zu; der Gegner hat das Beschwerde­ recht nur unter den Voraussetzungen deS § 399 (RG 20 378, 82 381, 42 402; in Gruchot 34, 751; 39, 1143; Planck II § 111 91. 48, Meyer in Busch 17, 464 u. a. AM. Gaupp Nr. III). Erst nach Recht-kraft des ZwischenurteilS (j. §§ 390 Abs. 1, 705) wird das Verfahren gegeu den Zeugen und der Rechtsstreit selbst, soweit er von diesem Verfahren abhängig ist, fort­ gesetzt (vgl. RG. 18 413). Im Endurteile darf auch eine die Weigerung für begründet erklärende Entscheidung nicht getroffen werden (RG. a. a. O. u. in IW. 1896, 130). Die Parteien, denen allein die Rechtskraft bekannt ist, haben einander in regelmäßiger Weise nach Maßgabe des § 214 zu laden. Dies gilt auch dann, wenn die Weigerung für unbegründet erklärt ist; zu dem von dem Vorsitzenden anzuberaumenden Termin ist alsdann der Zeuge von AmtS wegen zu laden (Schmidt 483, Gaupp a. a. O. AM. Meyer 461 f., Seuffert Anm. 3 b u. a.). Weigert der Zeuge auch in diesem Termine das Zeugnis, so wird gegen ihn nach § 390 verfahren. 3) Über die Kosten vgl. § 96 Anm. 3. Das nicht mutwillig veranlaßte Verfahren ist gebührenfrei {&m. § 47 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2). Vgl. RAGebO. §§ 23 Nr 1. 29 Nr. 6. 6 388. Vgl. 88 386 Abs. 3, 387, 389 Abs. 3. — § 387 Abs. 1 u. 3 gelten auch hier. Erscheint der Zeuge, so liegt ihm der mündliche Vortrag deS Weigerungsgrundes ob: Gründe, die er nicht geltend gemacht hat, müsse« unberücksichtigt bleiben (RG. 54 323). § 389. 1) Der Zeuge braucht nicht vor dem Prozeßgerichte zu erscheinen. Das Verfahren hat den Charakter des schriftlichen Verfahrens mit mündlicher Schlußverhandlung (ähnlich wie in § 354), die schriftliche Seite ist jedoch überwiegend (Abs. 3). 2) Abs. 1: Die Form der Weigerung ist die des § 386; insbesondere gilt auch hier der Abs. 3 das. Der beaustragte oder ersuchte Richter hat nur die Ausgabe, die Erklärungen des (er­ schienenen) Zeugen und der Parteien in das (d. h. sein) Protokoll aufzunehmen. 3) Abs. 2: „vor dem Prozeßgerichte" — Nur diesem gebührt die Entscheidung nach

416

Zweites Buch. Ben. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Ben- v. d. Landgerichten,

g 390.

Zur mündlichen Verhandlung vor dem Prozeßgerichte werden der Zeuge und die Parteien von Amts wegen geladen. Aus Grund der von dem Zeugen und den Parteien abgegebenen Erklärungen hat ein Mitglied des Prozeßgerichls Bericht zu erstatten. Nach dem Vortrage des Berichterstatters können der Zeuge und die Parteien zur Begründung ihrer Anträge das Wort nehmen; neue Tatsachen oder Beweismittel dürfen nicht gellend gemacht werden. E. § 342.

Prot. 253.

Prot. 129.

§ 390. (355.) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne Angabe eines Grundes oder, nachdem der vorgeschützte Grund rechtskräftig für unerheblich erklärt ist, venveigert, so ist der Zeuge, ohne daß es eines Antrags bedarf, in die durch die Weigerung verursachten Kosten, sowie zu einer Geldstrafe bis zu drei­ hundert Mark und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurteilen. Im Alle wiederholter Weigerung ist auf Antrag zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft anzuordnen, jedoch nicht über den Zeitpunkt der Beendigung des Prozesses in der Instanz hinaus. Die Vorschriften über die Haft tut Zwangsvollstreckungsversahren finden entsprechende Anwendung. Gegen diese Beschlüsse findet die Beschwerde statt. § 387 Abs. 1,

daher

der

besondere

Bgl. § *214 Anm. 2.

Termin.

Wegen

der

Ladung

vgl.

RG. 67

343. Ein Bersäurnnisv er fahren gegen den Zeugen oder die Parteien findet auch hier nicht statt (vgl. § 387 Anm. 2). Der bei der mündlichen Verhandlung erschienene Zeuge hat keinen Anspruch aus Ersatz der Reisekosten, weil er nur zur Wahrnehmung seines Rechtes als Partei

im Zwischenstreite geladen ist

(RG. 28

437,

43

409; Meyer a. a. O. 463, 469).

4)

Abs. 3: In der mündlichen (Lchluß-)Berhandlung gilt für die vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel strenge Eventualmaxime, und der mündliche Bortrag ist überhaupt freigestellt („können"). Dagegen ist eine neue rechtliche Begründung nicht ausgeschlossen (RG. in IW. 1869, 169; Gaupp Nr. II. AM. Schmidt 481 N. 2). Auch sind nach § 570 in der Beschwerde­ instanz neue Tatsachen und Beweismittel zulässig Nr. 2).

(RG.

67 365, Meyer 468.

Auf die Befolgung dieser Vorschriften kann nicht verzichtet

werden

AM.

(RG.

Petersen

in Gruchot

41, 1180). 5) Sobald die Rechtskraft des Zwischenurteils nachgewiesen ist (§ 390 Abs. 1), geht, wenn die Weigerung verworfen ist, die Sache an den beauftragten oder ersuchten Richter zurück, der den Zeugen von neuem ladet (s. § 387 Anm. 2).

8 390. Literatur: Landau in Gruchot 42, 489 ff.; vgl. StPO. § 69. 1) Abs. 1: Während § 380 von den Folgen des Nichterscheinens handelt, setzt § 390 eine ungerechtfertigte Weigerung des (freiwillig oder vorgeführt)

erschienenen Zeugen

voraus,

„das Zeugnis" — überhaupt oder bezüglich einzelner Fragen.

„die Eidesleistung" — Die Weigerung der Ableistung des Zeugencides (§§ 391,393) steht der Zeugnisweigerung gleich.

Bgl. aber §§ 383—390 Anm. 3.

Cb der Zeuge bereits nach § 380 wegen Nichterscheinens bestraft und zwangsweise vor­ geführt ist, ist für die Anwendung der vorliegenden Strafbestimmung unerheblich.

„ohne Angabe eines Grundes" — Bgl. § 386 Abs. 1. In diesem Falle tritt die Bestrafung nach Abs. 1 sofort ivhne Zwischenurteil — §§ 387, 389) ein. „nachdem der vorgeschützte Grund — erklärt ist" — Bgl. ZA 387—389. Die An­ wendung des Abs. 1 ist in diesem Falle von einer nochmaligen Ladung der Zeugen und einer abermaligen Weigerung abhängig.

Bgl. § 387 Anm. 2. — Voraussetzung ist ferner, daß der vor-

Siebenter Titel.

ZeugenbeweiS.

g 801.

417

Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärperson erfolgt auf Ersuchen durch das Militärgericht. E. § 343.

Mot. 253 f.

Prot. 129, 131 f.

164. Sitzg. 1, 9.

§ 391. (356.) Jeder Zeuge ist, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, zu beeidigen. Die Parteien können auf die Beeidigung verzichten. E. § 344.

Mot. 254 f.

Prot. 132 ff., 683 ff. — Nov. 1909 Begr. 29 f.; StenB. 8204 ff.

geschützte Grund rechtskräftig abgewiesen ist. Hiernach sind neue Gründe, gleichviel ob sie neu entstanden oder bekannt geworden sind oder nicht, geeignet, von neuem die Weigerung und daVerfahren der §§ 387—389 zu begründen (RG. in IW. 1889, 169, Seussert Anm. 2 u. a. AM. Planck H § 111 N. 94). 2) Abs. 2: „Im Falle wiederholter Weigerung" — d. h. der nach Verhängung einer Strafe aus Abs. 1 — einerlei, ob die Strafe schon vollstreckt ist oder nicht — aber­ mals geladene und erschienene Zeuge muß sich nochmals ohne Angabe eines Grundes oder unter Berufung auf den rechtskräftig verworfenen Grund auszusagen oder zu schwören geweigert haben. £b der Zeuge wegen Nichterscheinen- bestraft oder vorgeführt ist, ist auch hier unerheblich. 3) „auf Antrag" — Diese Abweichung von dem leitenden Grundsätze (Abs. 1) beruht auf der Schwere der ZwangSmaßregel; auch ist der Antrag der Partei wegen ihrer Verbindlichkeit zur Vorauszahlung der Haftkosten (§ 911) erforderlich. Eine Ausnahme f. in §§ 653 Abs. 2, 680 Abs. 3. Zum Antrag ist auch der Gegner nach Maßgabe des § 399 berechtigt. Die „Hast" hat hier den Charakter der Erzwingung einer Handlung (vgl. §§ 888, 901, daber die Anwendung der §§ 904 ff.; s. auch Preuß. GA. f. d. GB. § 85 Nr. 1). Nach § 913 dauert die Haft längstens sechs Monate; indeffen wird sie schon früher beendet, wenn daS Zeugnis nachttäglich abgelegt oder darauf verzichtet wird, außerdem aber auch mit dem Ende der betreffenden Instanz, weil damit der Grund aufhört. Ein Teilurteil oder auch ein Zwifchenurteil, wodurch der besondere Stteitstoff, über den der Zeuge vernommen werden soll, seine Erledigung gefunden hat, steht hierin einem die ganze Instanz beendigenden Endurteile gleich iPlanck II 210 f.). Kommt eS in der späteren Instanz wiederum auf daS Zeugnis an, so kann der Zeuge bei abermaliger Weigerung von neuem verhaftet werden; indeffen darf die Zwang-haft in allen Instanzen zusammen nicht über sechs Monate dauern, falls nicht etwa daS Zeugnis über einen anderen Punkt in Anspruch genommen und verweigert ist. — Die Strafe deAbs. I darf nicht noch einmal erkannt werden; den Zeugen treffen aber die durch wiederholte Weigerung verursachten Kosten (vgl. § 380 Anm. 2). 4) Abs. 3: Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung (§ 572, s. das. Anm. 1). 5) Abs. 4: Vgl. § 380 Anm. 4. — „die Strafe" — nicht die Zwang-Haft de- Abs. 2, die vom Zivilgerichte festgesetzt wttd; wegen Vollstreckung der letzteren vgl. § 912. 6) Die Frage, ob und in welchem Umfange der Zeuge dem Bewei-führer zum Schadens­ ersätze verbunden ist, überläßt die ZPO. dem Zivilrechte (vgl. $R6. in DJZ. 1902, 525 92, Planck II 8 111 N. 8). ES gilt keine Vermutung, daß der Zeuge den Beweissatz wttklich bekundet haben würde (vgl. § 286). 7) Wegen des beauftragten und ersuchten Richters vgl. § 400. 8) DaS Verfahren ist gebührenfrei (GKG. § 47 Nr. 8). Vgl. jedoch RAGebO. §§ 23 Nr. 1, 29 6. Wegen der Verhaftung s. GVGebO. § 9. g 391.

Vgl StPO. 88 58, 60; GcwGG. v. 29. Sept. 1901 (RGBl. 353) § 44. 1) Während nach dem Entw. zur Nov. v. 1909 in §§ 509 Abs. 2, 533 a im Verfahren vor den Amtsgerichten und vor dem Landgericht in der Berufungsinstanz die Beeidigung der Ltruckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Ausl.

37

418

Zweite- Buch. Berf. in erst. Instanz. Erst. Abschn. Vers. v. d. Landgerichten. §§ 392, 398.

§ 392. (357.) Die Beeidigung erfolgt nach der Vernehmung. Mehrere Zeugen können gleichzeitig beeidigt werden. Die Eidesnorm geht dahin, daß der Zeuge nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts ver­ schwiegen habe. E. § 344.

Mot. 254ff.

§ 393. (358.)

Prot. 135, 550f., 683ff. — Nov. 1909 Begr. 29 s.; KomB. 51 ff.

Unbeeidigt sind zu vernehmen:

1. Personen, welche zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet oder wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen Zeugen nur stattfinden sollte, wenn sie vom Gericht für erforderlich erachtet oder von einer Partei verlangt werde, hat die RTKomm. an dem grundsätzlichen Erfordernisse der Beeidigung festgehalten, sofern nicht die Parteien auf sie verzichten (Abs. 2\. Gleichzeitig wurde der früher die Regel bildende Boreid durch den bisher nur aus besonderen Gründen zulässigen Nacheid (§ 392) ersetzt, nachdem dies früher bereits wiederholt vergeblich beantragt worden war (vgl. Drucks, d. RT. 9. Leg.-P. 5. Session Nr. 36). Vgl. § 393 Anm. 1. 2) Abs. 2: Die Verzichtbarkeit entspricht dem Berfügungsrechte der Parteien; Aus­ nahmen gelten daher in Ehe-, Kindschafts- und Entmündigungssachen (§§ 617 Abs. 2, 3, 640 Abs. 1, 641 Abs. 1, 670 Abs. 1, 679, 684, 686) und folgerichtig auch wegen aller von Amts wegen zu berücksichtigender Punkte (vgl. Birkmeyer in Busch 7, 394 ff.). Ohne Verzicht darf die Vereidigung nicht unterbleiben (vgl. § 393 Anm. 1, Haase in Busch 5, 372 ff.). Der Verzicht kann auch stillschweigend durch Unterlassung der Rüge der Nichtbeeidigung erfolgen, ist jedoch nicht anzunehmen, wenn die Beeidigung infolge eines Gerichtsbeschlusses unterblieben ist (vgl. RG. 17 380, in Gruchot 28, 1150; 30, 1134, in SA. 42 Nr. 164, 47 Nr. 166, 46 Nr. 149, 54 Nr. 118; s. auch § 410 Anm. 1. AM. Schmidt 486 bei N. 1, Fitting in Busch 11, 1) oder wenn die Annahme eines Verzichts nach Lage der Sache ausgeschlossen ist (RG. in IW. 1899, 742). Die Parteien können auch aus die Beeidigung lediglich für die erste Instanz verzichten (RG. in IW. 1893, 306). Die freie Beweiswürdigung (§ 286> bleibt unberührt; das Gericht ist nicht ver­ pflichtet, der Aussage eines Zeugen, aus dessen Beeidigung verzichtet ist, die gleiche Beweiskraft wie einer beeidigten beizulegen, kann es aber tun 04 Abs. 2.

3) Aos. 2: „soweit keine Der Parteien widerspricht" — also auch im Versäumnisverfahren (KomB.).

Das Gericht soll cm m Mißbrauche dieser Voischrist entgegentreten.

6 508. Vgl. §§ 251, 497 Anm. 1.

Zweite- Buch. Verfahren in erster Instanz.

600

§ 605.

Anwendung, als die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts and die Einrede, daß die Entscheidung des Rechtsstreits durch Schiedsrichter zn erfolgen habe, vor der Verhandlung zur Hauptsache geltend zu machen sind. Ist das Amtsgericht sachlich unzuständig, so hat eS vor der Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache denselben auf die Unzuständigkeit aufmerksam zu machen. Auf Grund prozetzhindernder Einreden darf die Verhandlung zur Haupt­ sache nicht verweigert werden; das Gericht kann jedoch die abgesonderte Verhand­ lung über diese Gnreden anordnen. E. § 446.

Mot. 293.

Prot. 205 ff., 554. — Nov. 1909 Begr. 35 f.

§ 606. (466.) Ist auf Grund der Bestimmungen über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszu­ sprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluß sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

8 604 1) Abs. 1: Über den Gegensatz zwischen prozeßhindernden Einreden und Ver­ handlung zur Hauptsache vgl. § 274 Sinnt. 1. Die Anwendbarkeit des § 274 Abs. 1 ist — mit der die Einrede der Unzuständigkeit deS Gerichts betreffenden Ausnahme, welche die Nov. v. 1909 wegen gleichartiger Bedeutung auf die Einrede des SchiedsvertragS (§ 274 Abs. 2 Nr. 3 und Sinnt. 6) ausgedehnt hat — ausgeschlossen, teils um eine Verzögerung deS Prozesse« zu vermeiden, teils um rechtSunkundige Parteien vor den Nachteilen zu bewahren, die ihnen leicht auS der Vorschrift deS § 274 Abs. 1 erwachsen können. Jene Ausnahme war notwendig, nHl die Einrede der Unzuständigkeit nach § 39 bei Vermeidung der Annahme einer stillschweigenden Ver­ einbarung vor der Einlassung deS Beklagten zur Hauptsache geltend gemacht werden muh. In den Fällen des § 274 Abs. 3 ist die Versäumung unschädlich (vgl. § 39 Sinnt. 1). Dagegen tritt bei Versäumung deS Termins die stillschweigende Vereinbarung nicht ein, sondern die Zuständig­ keit ist von Amts wegen zu prüfen (vgl. § 39 Sinnt. 2). 2) Abs. 2 soll vor den Gefahren schützen, die aus dem Rechtsnachteile des § 39 entstehen können (vgl. § 502). Bei örtlicher Unzuständigkeit deS Gerichts findet er keine Anwendung. Der Hinweis auf die Unzuständigkeit mutz nach der Verhandlung deS Klägers, aber vor der Einlassung deS Beklagten zur Hauptsache etfolgen. Ist der Hinweis unterblieben und ver­ handelt der Beklagte zur Hauptsache, so wird daturch der Eintritt der stillschweigenden Vereinbarung nicht gehindert, da die Vorschrift nur eine lex imperfecta ist. Vgl. § 39 Anm. 2 u. Fitting in Busch 6, 274 N. 35, 366. 3) Abs. 3: Die hier enthaltene Abweichung von tz 275 Abs. 1 soll eine Verschleppung des Prozesses durch den Beklagten vermeiden. Die Slnordnung der abgesonderten Verhandlung (s. § 275 Anm. 1 b) kann auch nach der Verhandlung zur Haurtsache geschehen und sich auf einzeli-e oder auf alle prozehhindernde Einreden beziehen. Auf das Urteil findet alsdann § 275 Abs. 2 Anwendung. Vgl. 528 Anm. 3, 593 Sinnt. 1. In dem Ausdrucke „verweigert" liegt, daß eine bloße Unterlassung der Verhandlung zur Hauptsache ohne zuvorige Aufforde u>,g des Gerichtnicht den Rechtsnachteil der 88 138, 334 (ein Veisäumnisurteil kann nicht in Frage kommen — vgl. 8 334 Anm. 1) herbeiführen kann. (Vgl. Wach, Vonr. 153, Gaupp Nr. II).

§ 605. 1) Die bisherige Vorschrift ließ nur bei „sachlicher" Unzuständigkeit in dem diese aussprechenden „Urteile" die Verweisung der Lache an das übergeordnete Landgericht zu, während bereits die

Zweiter Abschnitt.

Verfahren vor den Amtsgerichten.

§ 006.

601

Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt; mit der Verkündung des Beschlusses gilt der Rechtsstreit als bei dem im Beschlösse bezeichneten Gericht anhängig. Der Beschluß ist für dieses Gericht bindend. Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, welche bei dem im Beschlusse bezeich­ neten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt Prot. 207. — Noo. 1909 Begr. 36 f. § 606. (467.) Wird durch Widerklage oder durch antrags (§ 268 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der Landgerichte gehört, oder wird in Gemäßheit deS § 280 Rechtsverhältnisses beantragt, für welches die Landgerichte

Erweiterung des Klag­ zur Zuständigkeit der die Feststellung eines zuständig sind, so hat

Nov.v. 1898irnFalle bcfl§506 eine Berweisung durch Beschluß vorgesehen hatte. Hieran anknüpfend, hat die Nov. v. 1909 die nicht unbedenkliche Bestimmung getroffen, daß auch bet örtlicher Un­ zuständigkeit durch unanfechtbaren Beschluß die Berweisung an da- zuständige Gericht zu erfolgen hat, wenn der Kläger die- beantragt und da- zuständige Gericht bestimmt werden kann. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so ist, wie bisher, die Klage (wegen Unzuständigkeit) durch Urteil ab­ zuweisen. Hierbei ist namentlich an Orte gedacht, welche, wie Berlin, in mehrere GerichlSbezirke geteilt find (Begr.), doch ist die Vorschrift nicht aus solche Fälle beschränkt. Die Berweisung kann aber nur an die ordentlichen Gerichte (nicht an ein Gewerbe- oder KausmannSgericht) erfolgen (Begr. 37). Bgl. §§ 506, 508 Abs. 3, 697 Abs. 1. 2) Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 find dem bisherigen § 506 Abs. 2 entnommen. Der Satz 2 deS Abs. 3 entspricht den allgemeinen Grundsätzen. Solche Mehrkosten können namentlich durch einen Wechsel in der Person deS Rechtsanwalts entstehen (Begr. 37). ,(Sitte Anfechtung — findet nicht statt" — Die Ablehnung des Antrags hat durch ein die Einrede der Unzuständigkeit zurückweisendes gwifchenurteil (vgl. §§ 303, 504 Abs. 3, Gaupp § 506 Nr. II) zu erfolgen. „anhängig" — Bgl. §§ 11 Anm. 1, 2, 276 Anm. 2. Ist Lerweisung an ein Land­ gericht erfolgt, so erfolgt die Ladung zur Fortsetzung der Verhandlung im Parteibetrieb, und fie muß die Aufforderung an den Gegner zur Bestellung eines bei dem Landgerichte zugelaffenen Anwalt- enthalten (§ 215 Anm. 2), sofern fie nicht an einen solchen Rechtsanwalt erfolgt. ES genügt die Wahrung der Ladungsfrist. Erfolgt die Überweisung an ein anderes Amtsgericht, so hat diese- nach Eingang der Akten von Amts wegen Termin zu bestimmen und zu laden (§ 497 Abs. 1). Die Wirksamkeit der früheren Prozeßhandlungen bleibt bestehen. Beim Landgerichte hat nach erfolgter Terminsbestimmung, entsprechend § 544 Abs. 1, der GerichlSschreiber von dem GerichtSschreiber deS Amtsgerichts die Prozeßakten einzufordern, während bei Überweisung an ein andere- Amtsgericht diesem die Akten alSbald zu übersenden sind. — Erfolgt die Ladung zur Verhandlung vor einem Landgerichte durch den Beklagten, so wird dieser nicht vorschußpflichtig im Sinne deS GKG. § 81 (OLG. Cöln in PucheltZ. 30, 66). 3) Wegen der Verweisung vor die Kammer für Handelssachen vgl. GBG. § 102 Abs. 2. Im Verfahren vor den Gewerbegerichten ist § 505 entsprechend anwendbar (WilhelmiBewer, GewGG. § 26 Sinnt. 2 b). 4) Hinsichtlich der Gebühren bildet daS Verfahren vor dem anderen Gerichte mit dem­ jenigen vor dem Amtsgericht eine Instanz (GKG. § 30, RAGebO. § 26). §506.

1) Bgl. § 505 Anm. 1, 2. Der bisherige Abs. 1 ist durch die Nov. v. 1909 sachlich nicht verändert. Die Vorschrift ist eine Folge der den Parteien in den §§ 33, 268, 278, 280 gewährten Möglichkeit, durch Erhebung einer Widerklage, durch Erweiterung deS KlagantragS oder durch

602

Zweite- Buch.

Verfahren in erster Instanz.

§ 606.

das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt,, durch Beschlust sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen. Die Vorschriften des § 505 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 finden entsprechende Anwendung. E. § 447.

Mot. 293 f.

Prot. 208. — Nov. 1898 KomB. 109 f. - Nov. 1909 Begr. 87.

Erhebung einer Feftstellungszwischenklage einen vor dem Amtsgericht anhängigen Rechtsstreit aus Gegenstände oder Rechtsverhältnisse auszudehnen, die zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören, von welcher nicht ohne den übereinstimmenden Willen beider Parteien abgesehen werden darf. Während die Berweisung früher durch Urteil zu erfolgen hatte, hatte die Nov. v. 1898 die Form des Beschlusses gewählt. 2) „ein Anspruch" — Bgl. §§ 145, 146 Anm. 2a. Der Anspruch für sich allein muß die Zuständigkeit des Landgerichts begründen, also bei der Widerklage ohne Zusammenrechnung mit der Borklage (f. § 5). Eine vom Gerichte beschlossene Berbindung mehrerer Prozesse macht § 506 nicht anwendbar (vgl. RG. in Gruchot 44, 198, Busch 26, 361). „die Feststellung eines Rechtsverhältnisses" — Bgl. § 280 Anm. 5. „eine Partei" — sei es die Partei, die den neuen Anspruch usw. erhebt, oder die Gegenpartei (nicht bloß der Kläger wie in § 505). „vor weiterer Berhandlung zur Hauptsache" — d. h. hier, ehe über den neuen Anspruch eine weitere Berhandlung stattfindet, ähnlich wie bei der Einrede der Unzuständigkeit (§ 504). Ist bezüglich des neu erhobenen Anspruchs die Vereinbarung auf ein Amtsgericht nicht zulässig (§ 40), so kann der Berweisungsantrag auch noch später gestellt werden, weil von einer stillschweigenden Vereinbarung nicht die Rede sein kann und das Amtsgericht seine Unzuständigkeit von Amts wegen würde aussprechen müssen. (Ebenso Petersen in Busch 2, 192, Fitting im c. A. 63. 247, Wach I 488 f. u. n. AM. Baron in Busch 1, 31 ff.) Bgl. auch § 280 Anm. 2. Ohne Antrag kann aber auch in diesen Fällen die Verweisung an das Landgericht nicht aus­ gesprochen werden (Gaupp Nr. I 4). Auch wenn es an einer sonstigen Voraussetzung der Widerklage oder der Feststellungszwischenklage oder der Klagerweilerung fehlt (vgl. §§ 33 Anm. 2, 280 Anm. 5), ist die Ver­ weisung unzulässig; die Widerklage usw. mutz vielmehr vom Amtsgericht als unstatthaft zurück­ gewiesen werden (Gaupp Nr. I 2 u. a.). Eine unzulässige Überweisung ist aber rechtswirksam (OLG. Stettin u. Marienwerder in Rcchtspr. 5, 83; 11, 85). 3) Abs. 2: Vgl. § 505 Anm. 2. Der Beschluß ist demnach unanfechtbar und für das Landgericht bindend. S. auch Anm. 7. 4) Wegen der Verweisung vor die Kammer für Handelssachen, bzw. an die Zivil­ kammer, vgl. GVG. §§ 102 Abs. 2, 103. Eine dem § 506 ähnliche Vorschrift enthält GenossGes. § 112 (vgl. GVG. § 23 Anm. 13). 5) Wegen des umgekehrten Falles, wenn bei dem für die Borklage zuständigen Landgericht eine an sich vor das Amtsgericht gehörige Widerklage erhoben wird. vgl. § 33 Anm. 5. 6) War in erster Instanz dem rechtzeitig gestellten Verwelsungsantrage mit Unrecht nicht Folge gegeben, so ist noch in der Berufungsinstanz die Verweisung an das Landgericht, d. h. an dasselbe Landgericht als erste Instanz, auszusprechen. Auch kann ein Verweisungsanlrag noch neu in der Berufungsinstanz gestellt werden, da § 529 Abs. 2 nicht entgegensteht (§ 527 Anm. 2. AM. Gaupp Nr. IV u. a., jetzt auch Peter,en Nr. 3). Dieser Antrag ist jedoch nur rechtzeitig, wenn entweder die Vereinbarung ausgeschlossen war oder die sachliche Unzuständigkeit erst durch Erweiterung der Anträge in zweiter Instanz eintrat. (So auch Seuffert Anm. 3 u. Busch 15, 414.) Anderseits kann durch teilweise (zulässige) Zurücknahme des Klagantrags die anfänglich nicht vorhandene Zuständigkeit des Amtsgerichts dergestalt hergestellt werden, daß dieses sich nicht mehr für unzuständig erklären kann (vgl. § 271 Ads. 3); § 263 Abs. 2 Nr. 2 hat nicht die um-

Zweiter Abschnitt.

Verfahren vor den Amtsgerichten.

§§ 507—509.

503

§ 507. (469. 508.) finden keine Anwendung.

Die Vorschriften des § 297 und der §§ 348 bis 354

E. § 449. Mot. 294. 1909 Begr. 37; KomB. 59 f.

Prot. 208 ff., 685 f. — Nov. 1898 KomB. 100, 102. — Nov.

§ 508. Der Gerichtsschreiber hat die Zustellung des Versäumnisurteils zu vermitteln, sofern nicht die Partei, welche das Urteil erwirkt hat, erklärt hat, selbst einen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung beauftragen zu wollen. Die im § 339 Abs. 1 bezeichnete Frist beträgt eine Woche. Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht nach §§ 505, 506 findet nur statt, wenn das Amtsgericht den Einspruch für zulässig erachtet. Das Gericht, an welches der Rechtsstreit verwiesen wird, ist an die Entscheidung des Amtsgerichts, durch welche der Einspruch zugelassen wird, gebunden. Nov. 1909 Begr. 37 ff.; KomB. 48 ff., 60.

§ 509. Beschließt das Gericht eine Beweiserhebung, so soll die Auf­ nahme des Beweises, soweit dies tunlich ist, sofort erfolgen, insbesondere gekehrle Bedeutung, daß die sachliche Unzuständigkeit nicht durch Zurücknahme eines Teiles des Klagantrags beseitigt werden könnte. 7) Wegen der Gebühren vgl. § 505 Anm. 4. Wegen Erstattung doppelter Anwalts­ kosten s. RG. in LA. 53 Nr. 251, in Gruchot 44, 201, in IW. 1899, 490. Vgl. auch RG. in Gruchot 44, 205 (betr. Korrespondenzgebühr) und OLG. Kiel in Rechtspr. 7, 224 (Prozeßgebühr).

§ 507. 1) Die Nov. v. 1909 hat die Mitanführung des § 261 Abs. 2 beiseitigt, um das Verfahren zu beschleunigen. Die Nichtanwendbarkeit des § 297 (Verlesen der Anträge) ist eine Folge davon, daß der Anwaltszwang und das Gebot, vorbereitende Schriftsätze zu wechseln, für das amtsgerichtliche Verfahren nicht bestehen (vgl. §§ 78, 79, 129). 2 „§§ 348—354 — keine Anwendung" — d. h. das vorbereitende Verfahren in Rechnungssachen usw., also auch § 277.

§ 508. 1) Vgl. § 700. Die Nov. v. 1909 hat in § 496 Abs. 1 (s. das. Anm. 2) für die Ur­ teilszustellung den Parteibetrieb beibehalten, so daß an sich § 166 Abs. 2 Anwendung finden würde. Zum Zwecke der Beschleunigung soll aber nach Abs. 1 bereits der Antrag auf Erlaß des Versäumni-urteils im Zweifel als Antrag auf dessen Zustellung durch Vermittlung des Gerichlsschreibers angesehen werden (Begr. 38); die entsprechende Vorschrift des § 168 findet nämlich auf die Zu­ stellung von Urteilen keine Anwendung (vgl. § 166 Anm. 3). 2) In Abs. 2 wird die Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 auf eine Woche herabgesetzt. Wegen Einlegung des Einspruchs vgl. §§ 340 f. §§ 339 Abs. 2 bleibt unberührt. 3) Abs. 3 regelt den Fall, daß nach Einlegung des Einspruchs eine Verweisung der Sache gemäß § 505 oder § 506 beantragt wird. Das Amtsgericht hat dann zunächst über den Ein­ spruch zu befinden, dessen Verwerfung nach § 341 durch ein Endurteil erfolgt, das der Berufung unterliegt. Ist der Einspruch zulässig und der Verweisungsantrag begründet, so kann das Amts­ gericht sich durch Beschluß für unzuständig erklären und den Rechtsstreit an das andere Gericht verweisen. Der Verweisungsbeschluß enthält dann stillschweigend die Entscheidung, daß der Ein­ spruch zulässig ist, und ist ebenso wie ein Zwischenurteil dieses Inhalts für das andere Gericht bindend und erst mit dessen Endurteil gemäß § 512 anzufechten (Begr. 38 f.). Vgl. auch §§ 505 Abs. 2, 506 Abs. 2, 697 Abs. 1, 700.

504

Zweite- Buch.

Verfahren in erster Instanz. g| Ö10# 510 a.

sollen Zengen und Sachverständige, falls sie zur Stelle sind oder ihre unver­ zügliche Gestellung möglich ist, sofort vernommen werden. Nov. 1909 Begr. 39; KomB. 60 f.

§ 510. (468. 507.) Wegen unterbliebener Erklärung ist eine Urkunde nur dann als anerkannt anzusehen, wenn die Partei durch das Gericht zur Erklärung über die Echtheit der Urkunde aufgefordert ist. Prot. 207 f.

§ 510a. (470. 509.) Anträge, sowie die Erklärungen über Annahme oder Zurückschiebung zugeschobener Eide sind durch das Sitzungsprotokoll festzustellen; anstatt der Feststellung genügt die Bezugnahme auf den Inhalt eines vorbereitenden Schriftsatzes. Sonstige Erklärungen einer Partei, insbesondere Geständnisse, sind durch das Protokoll insoweit festzustellen, als das Gericht bei dem Schlüsse der mündlichen Verhandlung die Feststellung für ange­ messen erachtet. E. § 450. Mot. 294 f. Prot. 208 ff., 554 f., 701 f. § 470; Begr. 118f.; KomB. 110ff.

168. Sitzg. 6. — Nov. 1898 E.

8 509. 1) Während § 501 dem Gerichte die Befugnis gewährt, die Verhandlung durch Bereit­ stellung der Beweismittel vorzubereiten, gibt § 509 die Anweisung („soll"), wenn möglich noch in dem Termin, in welchem der BeweiSbeschluß ergeht, die Beweismittel heranzuziehen, um eine Vertagung zu verhüten. Da- Gericht hat bei derartigen Anordnungen nicht bloß auf feine Ge­ schäftslage, sondern auch auf die Interessen der Parteien Rücksicht zu nehmen und beispielsweise von der sofortigen Vernehmung eine- Zeugen abzusehen, wenn eS zweckmäßig erscheint, der Gegenpartei erst noch Gelegenheit zu geben, über den Zeugen Erkundigungen einzuziehen (Begr.). 2) Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften über die Beweisaufnahme (§§ 355 ff.). Den Vorschlag deS Entwurfs, die Beeidigung der Zeugen von einem Antrage der Parteien oder vom Ermessen deS Gerichts abhängig zu machen, hat die RTK. abgelehnt (KomB. 60 f.).

8 510. Der § 510 (bisher § 507) steht im Zusammenhange mit dem Grundsätze des § 502; vgl. § 439 Abs. 3. Eine entsprechende Bestimmung bezüglich der Erklärung auf eine EideSzuschtebung findet sich ohne Beschränkung auf daS amtSgerichtliche Verfahren in § 455 (f. das. Anm. 1).

# 510a. Literatur: Meyer in Busch 21, 406 ff. u. in Bl. f. Rechtsanw. 63, 333 ff., 483 f. 1) Der Abs. 2 des bisherigen § 509, der durch die Nov. v. 1898 geändert worden war, stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Protokollierung (§§ 159 f., 297 f.) die Regel auf, daß das Ermessen deS Gerichts darüber entscheidet, was von den Erklärungen der Parteien zu protokollieren ist. Abs. 1 bestimmt dasjenige, waS in Abweichung von jener Regel zu Protokoll festgestellt werden muß, und zwar — im Gegensatze zum früheren § 470 — von Amts wegen, nicht bloß auf Antrag; vgl. jedoch Anm. 4. 2) Abs. 1: .Anträge" — Vgl. §§ 130 Nr. 2, 297 Anm. 1. „Erklärungen über — Eide" —- Vgl. §§ 452ff. „durch daS Sitzungsprotokoll festzustellen" — Die Feststellung hat regelmäßig als­ bald zu erfolgen, da Abf. 2 sich nur auf die sonstigen Erklärungen bezieht. DaS Gesetz hat neben der Aufnahme in daS Protokoll selbst (§ 160 Abs. 2) oder der Aufnahme in eine Schrift, die dem Protokoll als Anlage beigefügt ist (§§ 160 Abs. 3, 297s.), auch die Bezugnahme auf den Inhalt vorbereitender Schriftsätze zugelaffen, die nicht dem Protokoll al- Anlage beigefügt

Zweiter Abschnitt.

Verfahren vor den Amtsgerichten,

ff

510b, 510e,

606

§ 610 d. Erfolgt die Verurteilung zur Vornahme einer Handlung, so kann der Beklagte zugleich auf Antrag des Klägers für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden; das Gericht hat die Ent­ schädigung nach freiem Ermessen festzusetzen. Nov. 1900 Begr. 89 f. § 610 c. (471. 610.) Wer eine Klage zu erheben beabsichtigt, kann unter An­ gabe des Gegenstandes seines Anspruchs bei dem Amtsgerichte, vor welchem der Gegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, beantragen, daß zum Zwecke eines Stlhneversuchs Termin bestimmt werde. Erscheinen beide Parteien und wird ein Vergleich geschlossen, so ist der Vergleich zu Protokoll festzustellen. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so wird auf Antrag beider Parteien der Rechtsstreit sofort verhandelt; die Erhebung der zu werden brauchen. Der Amtsrichter kann zwar der Partei nicht aufgeben, die zu protokollieren­ den Anttäge und Erklärungen in Schriftsätzen niederzulegen, doch ist eS zulässig, daß, sofern eine Panet auf Beranlasiung deS Richters dies freiwillig tut, ein solcher Schriftsatz nach vorgängiger Vorlesung und Genehmigung als Teil des Protokolls angesehen wird. Bei der Bezug­ nahme auf den Inhalt bedarf eS der Verlesung deS Schriftsatzes selbst nicht: sie ist auch im Falle deS Abf. 2 zulässig. 8) Abs. 2: „Sonstige Erklärungen" - Vgl. §§ 180 Nr. 3—5, 298; „Geständ­ nisse" — vgl. § 288. „sind — festzustellen" — DaS frühere Erfordernis deS AnttagS ist beseitigt, der Amtsrichter hat daher in jedem Falle von Amis wegen zu prüfen, in welchem Umfang eine Protokollierung zweckmäßig erscheint. Die Geständniffe sind wegen ihrer verfügenden Natur und ihrer Wirksamkeit für die höhere Instanz (§ 532) besonder- hervorgehoben. 4) „bei dem Schlüsse der mündlichen Verhandlung" — Diese Vorschrift der Nov. v. 1898 weist den Richter an, die Protokollierung, soweit er sie für erforderlich erachtet, bet dem Schlüsse derjenigen mündlichen Verhandlung zu bewirken, in welcher die Erklärung erfolgt. 5) „für angemessen erachtet" — Der Amtsrichter kann einerseits Anträge der Parteien auf Protokollierung zurückweisen und anderseits von Amts wegen die Protokollierung anordneuDte Protokollierung kann namentlich unterbleiben, wenn die Urteilsverkündung sofort erfolgt und alsdann die wesentlichen tatsächlichen Erklärungen der Parteien in den Tatbestand deS Urteils (f. §§ 813 Nr. 3, 814) aufgenommen werden. Dieser Tatbestand unterliegt nach Maßgabe deS § 820 der Berichtigung. 6) Der § 510a handelt überhaupt nur von „Anträgen und Erklärungen einer Partei" und enthält bloß die Ausführung deS 8 16° Abs. 2 Nr. 2 für daS amt-gerichtliche Verfahren (wie die 88 297 f. für daS landgerichtliche). Die übrigen im 8 l60 vorgesehenen Feststellungen (Abf. 2 Nr. 1, 8—6) müssen im amt-gerichtlichen Verfahren gleichfalls erfolgen, insbesondere diejenigen der Aussagen der Zeugen und Sachverständigen. f 510 b. Vgl. GewGG. § 51 Abs. 1. Die Vorschrift soll im Falle der Verurteilung de- Beklagten zur Vornahme einer Handlung dem Kläger ermöglichen, an Stelle direkter VollstteckungSmaßregelu ten Anspruch auf Schadensersatz ohne Anstellung einer neuen Klage durchzuführen (Begr. 39). Abweichend vom GewGG. ist die Verurteilung zur Entschädigung, fall- sie der Kläger beantragt, richt zwingend vorgeschrieben („kann"); sie kann daher vom Gericht abgelehnt werden. Denn die Festsetzung noch eine umfangreiche Beweiserhebung erfordert. Ist die Verurteilung zur Entschädigung gemäß 8 510b erfolgt, so ist nach 8 888a die Zwangsvollstreckung nach $8 667 f. ausgeschlossen (vgl. GewGG. 8 51 Abs. 2 und unten 8 888a Anm ).

Zweite- Buch.

506

Verfahren in erster Instanz.

§ 510 e.

Klage erfolgt in diesem Falle durch den mündlichen Bortrag. Die Klage ist zu Protokoll za nehmen, falls die Sache streitig bleibt. Ist der Gegner nicht erschienen, oder der Sutineversuch erfolglos geblieben, so werden die erwachsenen Kosten als Teil der Kosten des Rechtsstreits behandelt. Mot. 215 f.

Prot. 200 ff., 555, 702. — Nov. 1909 Degr. 40.

8 510c. 1) Durch § 510c wird ein amtsgerichtliches Sühneverfahren vorgesehen, an da­ sich im Falle des Mißlingens des Sühneversuchs unter gewissen Voraussetzungen sofort ein Prozeß­ verfahren vor dem Amtsgericht anschließt. Auf Sachen, die vor die besonderen Gerichte (GÜG. § 14) gehören, ist § 510c nicht anwendbar (EG. z. ZPO. § 3). Nach der bisherigen Vorschrift war eine Ladung des Gegners erforderlich, während die Nov. v. 1909 die aus dem Amlsbetriebe sich ergebenden Änderungen vorgenommen hat (vgl. § 497). 2) Abs. 1: „Klage zu erheben" — sei es vor dem Amtsgericht oder vor dem Land­ gerichte. Vgl. Sinnt. 5. „beabsichtigt" — Das Sühneverfahren muh der Erhebung der Klage vorausgehen. 3) „unter Angabe — Anspruchs" — Eine Angabe der den Anspruch begründenden Tatsachen ist nicht erforderlich. „allgemeinen Gerichtsstand" — Vgl. §§ 12—18; selbst im Falle eines ausschliehlichen Gerichtsstandes. [§ 36 Nr. 3 ist nicht anwendbar (PetersenNr. 2. AM. Seuffcrt Sinnt. 3).] 4) Abs.2: Der erste Satz entspricht der Vorschrift des § 160 Abs. 2 Nr. 1. Aus betn Vergleiche findet nach § 794 Nr. 2 die Zwangsvollstreckung statt. Der durch die Nov. v. 1909 hinzugefügte Satz 3 entspricht dem § 500 Abs. 2 Satz 2. Wegen der Gebühren s. §98; GKG. §§21, 23, 41, 101; RAGebO. §37. 5) Im Falle des Mihlingens der Sühne kann sich die sofortige Verhandlung deRechtsstreits nur dann anschließen, wenn beide Parteien daraus antragen. Die Verhandlung des Rechtsstreits kann dann auch in Sachen eintreten, die an sich zur Zuständigkeit der Land­ gerichte gehören (f. aber § 504 Abs. 2), insoweit eine Vereinbarung zulässig ist (§40 Abs. 2). Die Erhebung der Klage durch mündlichen Bortrag und ihre Protokollierung entspricht dem § 500 Abs. 2. Vgl. § 281. Erfolgt ein beiderseitiger Antrag auf sofortige Verhandlung nicht, so hat der Kläger seine Klage in den regelmäßigen Formen des § 496 zu erheben. 6) Abs. 3: Vgl. § 91, GKG. § 41, RAGebO. §37 in Verbindung mit § 13 Nr. 3 OLG. Oldenburg in SA. 51 Nr. 59, OLG. Dresden in Rechtspr. 17, 184. Jeder auch nur mittelbare Zwang des Gegner- zum Erscheinen, wie er in der Verpflichtung zur Tragung der Kosten devergeblichen Termins liegen würde, ist vermieden worden. — Zu den zu ersitzenden Kosten ge­ hören auch die Reisekosten der obsiegenden Partei zu dem Sühnelermin (OLG. Kiel in SA. 41 Nr. 226). — Erscheint der Antragsteller nicht oder erhebt er nach gescheitertem Sühneversuche die beabsichtigte Klage nicht, so kann der erschienene Gegner Ersaß der ihm erwachsenen Kosten nur int Wege einer förmlichen Klage verlangen (Gaupp Nc. IV u. a. AM. Weismann, Lehrb. 419). 7) In dem Sühnetermin ist eine Vertretung der Parteien durch Bevollmächtigte (§ 79) nicht ausgeschlossen. 8) Auch int amtsgerichtlichen Verfahren kann das Gericht von der Befugnis deS § 296 Gebrauch machen, gleichviel ob ein Sühneverfahren des § 510 c vorausgegangen ist oder nicht. 9) Über das Vorverfahren vor den Gemeindegerichten vgl. GVG. § 14 Nr. 3, über die Tätigkeit der Gewerbegerichte als Einigungsämter GewGG. §§ 62ff. S. auch

Drittes Buch.

Ke >hts«itte 1. Erster Abschnitt.

Berufung. § 511. (472.) Endurteile statt. E. § 452.

Die Berufung findet gegen die in erster Instanz erlassenen

Mot. 40 f.f 296 ff.

Prot. 213 ff.. 725 ff.

Drittes Buch. Literatur: Harras v. Harrasowsky, Die Rechtsmittel im ZP. Wien 1879; v. KrieS, Die Rechtsm. deS ZP. u. des StP. 1880, Barazetti, Die Rechtsm. d. Berufung u. d. Be­ schwerde. 1882; Wach, Bortr. 243 ff.; Planck 1 8 60, II §§ 138 ff.; Schmidt §§ 124ff.; Fitting §81; Weismann §§ 97 f. 1) Unter „Rechtsmitteln" versteht die ZPO. nur diejenigen prozessualen Rechtsbehelfe, wodurch Entscheidungen, welche die Rechtskraft noch nicht beschritten haben (§ 705), vor einem höheren Richter angefochten werden. Daher gehören — wie der Inhalt des dritten Buche- ergibt — nur die Berufung, die Revision und die Beschwerde zu den Rechtsmitteln, nicht aber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der Einspruch, die Nichtigkeitsklage, die RestttutionSklage und der Widerspruch (gegen einen Zahlungsbefehl). Eine Unterscheidung von „orbentlidjm* und „außerordentlichen" Rechtsmitteln läßt sich mit dem Systeme der ZPO. nicht vereinigen (vgl. EG. z. ZPO. § 19 Anm. 2; v. KrieS a. a. O. 8 ff.). 2) Eine Zusammenstellung der sämtlichen Rechtsmitteln gemeinsamen Vorschriften (StPO. §§ 338—345) ist nicht vorausgeschickt, vielmehr für daS Verfahren in den höheren In­ stanzen zunächst dasjenige in der Berufungsinstanz zusammenhängend geregelt und auf diese Vor­ schriften zum Teil in dem Abschnitte von der Revision zurückverwiesen (§ 566), während daS völlig abweichende Verfahren in der Beschwerdeinstanz einer besonderen Regelung (§§ 567—577) bedurfte. Die früheren Vorschriften über die Revision sind durch die Nov. v. 1905 wesentlich abgeändert worden. Die Nov. v. 1909 (vgl. KomB. 62 ff.) hat für die Einlegung der Berufung (und deS Einspruchs) wiederum die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Revision hergestellt (s. §8 518, 520, 340 f.). 3) Die Rechtsmittel hemmen die Rechtskraft (§ 705); wegen der Vollstreckbarkeit s. 88 704 ff. und rücksichtlich der Beschwerde § 572. 4) Der Verhandlungsgrundsatz bringt eS mit sich, daß, abgesehen von dem Anschlüsse deS Gegners (§§ 521, 556), die angegriffene Entscheidung nicht zum Nachteile der Partei, die daS Rechtsmittel ergriffen hat, abgeändert werden darf (keine reformatio in pejus).

508

Dritte- Buch. Rechtsmittel.

§ 511.

Erster Abschnitt. Mot. 39ff., 295, 296. Prot. 213ff. — Literatur: Wach, Bortr. 247ff., Planck!! §§ 139ff., v. KrieS 145 ff., Fitting §82, Schmidt § 125, WeiSmann §99. 1) Über das Wesen der Berufung, der Appellation deS römischen Rechte-, be­ merken die Mot.: .Das Berufung-recht ist nicht ein Recht auf Kritik deS Verfahren- erster Instanz oder aus Nachprüfung oder Berichtigung de- unterrichterlichen Urteil- vom Gesichtspunkte der Frage aus, ob gerecht geurteilt, d. h. da- dem Unterrichter vorgelegte Material richtig gewürdigt fei, vielmehr da- Recht auf Gewährung eines neuen Indizium, auf Erneuerung und Wiederholung des Rechtsstreit- vor einem anderen Richier." 2) Abweichend vom gem. und stanz. Rechte findet die Berufung nur gegen Endurteile statt, von denen regelmäßig nur eine- in jedem Recht-zug ergeht. Die Anfechtung de- End­ urteils ergreift alle ihm vorausgegangenen Akte de- Gericht- (§ 512). 3) Die Berufung setzt eine formelle Beschwerung de- Berufung-kläger- voraus, sie ist daher dem völlig obsiegenden Kläger zu versagen (RG 86 352, 55 244, in Gruchot 43, 1223, in IW. 1899, 335), selbst wenn sie zum Zwecke der Klagänderung im Sinne de- § 529 erfolgt (vgl. § 527 Anm. 2). Eine Ausnahme gilt für den Eheprozeß wegen § 616 (vgl. § 614 Anm. 1, RG. 36 351, 45 321). Eine weitere Voraussetzung ist, daß zur Zeit der Einlegung der Be­ rufung ein streitige- Rechtsverhältnis noch besteht (RG. 45 412). 4) Da- Verfahren in der Berufungsinstanz beruht aus wesentlich denselben Grundsätzen wie das Verfahren erster Instanz (vgl. § 523); e- wird insbesondere auch von dem M ün blich keitsgrundsatze beherrscht (vgl. Planck II 429). Die Gericht-gebühren der ersten Instanz werden auch für die Berufungsinstanz erhoben; jedoch erhöhen sich die Gebührensätze (vgl. GKG. § 8) um ein Vierteil (GKG. § 49), die Anwaltsgebühren nach der Nov. v. 1909 um drei Zehnteile (RAGebO. § 52). 5) Die Landgerichte sind die Berufungsgerichte in den vor den Amtsgerichten (GBG. § 71) [in Handelssachen die Kammem für Handelssachen — GBG. § 100 a, 105 a], die Oberlandesgerichte in den vor den Landgerichten, wenngleich infolge einer Vereinbarung (§ 38), verhandelten Recht-streitigkeiten (GBG. § 123 Nr. 1). 6) Die §§ 511—515 betreffen die Zulässigkeit der Berufung, die §§ 516—520 die Einlegung, die §§ 521 f. die Anschließung, die §§ 523—541 da- Verfahren, § 542 daBerfäumniSverfahren; die §§ 543 f. enthalten Einzelvorschriften.

§ 511. 1) Den Begriff de- EndurteilS f. in den §§ 300, 301 (vgl. § 513 Anm. 4); e- ge­ hören dahin auch da- Teilurteil (§ 301), da- Ergänzungsurteil (§ 321 — f. das. Anm. 5), die bei Verzicht und Anerkenntnis ergehenden Urteile (§§ 306, 307, 99 Abs. 2) und von dm Zwischenurteilen die Fälle der §§ 275, 304 (sog. Präjudizialurteile), die VorbehaltSurteile (§§ 145, 302, 529, 540, 599), daS Verweisungsurieil (§ 276), sowie auch zahlreiche Entscheidungen, die im Verfahren, betreffend Arrest und einstweilige Verfügung, ergehen (§§ 922, 925—927, 936), nicht aber das gewöhnliche Zwischenurteil (§ 303) und auch nicht dasjmige, welche- im Falle des Todes einer Partei die Eigenschaft als Rechtsnachfolger und die Verpflichtung zur Aufnahme des Rechtsstreits bejaht (vgl. § 239 Anm. 2 a. E , Planck II 435 ff.). Vgl. auch §§ 614 Anm. 4, 300 Anm. 2. Die Ausnahmen bezüglich des Versäumnisurteils s. in § 513, des Ausschlußurteil- in § 957, des Schiedsspruchs in § 1040, der Entscheidung über den Kostenpunkt in § 99. 2) Die Anfechtung eines Teilurteils darf nicht bis zur Anfechtung des letzten Urteilder Instanz aufgeschoben werden. Vgl. §§ 301 Anm. 1, 322 Anm. 3. Auch die Anfechtbarkeit de- Präjudizialurteil- (§§ 275, 304) unterliegt keinem Aufschübe, jedoch kann das Gericht

Erster Abschnitt. Berufung,

f

512.

509

§ 612. (473.) Der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen auch die­ jenigen Entscheidungen, welche dem Endurteile vorausgegangen sind, sofern nicht die­ selben nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar oder mit der Beschwerde anfechtbar sind. E. § 458.

Mol. 298.

Prot. 231.

anordnen, daß ungeachtet des Rechtsmittels die Einlassung zur Hauptsache, bzw. die Verhandlung über den Betrag, erfolge, (dgl. §§ 275 Anm. 3, 304 Anm. 3.) 3) Dem Endurteile stehen ferner hinsichtlich der Zulässigkeit der Rechtsmittel gleich die bedingten Endurteile (§§ 460 Abs. 1, 477 Abs. 3), und zwar auch, wenn (unrichtigerweise) nur die eine Alternative entschieden ist (vgl. §§ 460 Anm. 1, 462 Anm. 1), sowie daLäuterungsurteil (§ 462 Abs. 2). 4) Die Zulässigkeit der Berufung ist von einer Berufung-- oder Beschwerdesumme nicht abhängig. Ander- KowGG. v. 7. April 1900 § 43 (300 M.) svgl. 9t® 13 409], SchutzgebG. v. 10. Sept. 1900 (RGBl. 812) § 2 [f. auch BO. v. 9. Nov. 1900 (RGBl. 1005)], GewGG. v. 29. Sevt. 1901 (RGBl. 353) § 55 (100 M.) u. KfmGG. v. 6. Juli 1904 (RGBl. 266) § 16 (300 M.). 5) Unbedingt berechtigt zur Einlegung der Berufung sind nur die Hauptparteien und deren Gesamlrechtsnachfolger (vgl. v. Arie- 31 ff.). Wegen der Sonderrecht-nachiolger f. §§ 265 f. Jeder Ltreitgenosse kann für sich Berufung einlegen, und ebenso kann einzelnen Slrettgenoffen gegenüber Berufung eingelegt werden (vgl. § 61 Anm. 1); sie wirkt nur denjenigen Streitgenoffen gegenüber, gegen welche sie eingelegt ist (vgl. ObLG. in SA. 49 Nr. 120 ). Mehrere Streitgenofftn in derselben Parteistellung können aber nicht gegeneinander ein Rechtsmittel einlegen (9t®. 87 376, in IW. 1898, 6f.). Wegen der notwendigen Streitgenoffenfchast gilt aber auch hier der Grundsatz de- § 62 (s. das. Anm. 4). Über die Vollmacht zur Einlegung der Berufung s. §8 81, 88. Hinsichtlich der Nebenintervenienten s. §§ 66 Anm. 8, 67 Anm. 1; vgl. auch 9t® 42 405, 389. Abgesehen hiervon können dritte, die an dem Verfahren erster Instanz nicht formell beteiligt waren, niemals Berufung einlegen (s. 9t®. in Gruchot 30, 442, in IW. 1890, 111, Planck II 433; vgl. auch § 253 Anm. 3 Abs. 2), sondern sich höchsten- noch in der Berufungs­ instanz der H. uptpartei, wenn diese da- Rechtsmittel ergriffen hat, nach § 66 anschließen. 6) Die Berufung ist da- einzige Recht-mittel gegen die Enduneile erster Instanz, jedoch mit der in § 99 Abs. 3 durch die Novelle v. 1898 begründeten Au-nahme. § 512. 1) Da nach § 511 die Berufung nur gegen Endurteile stattfindet, so ist noch eine Be­ stimmung rücksichtlich derjenigen Entscheidungen nötig, die dem Endurteile vorausgegangen sind und nach btt Sprache der ZPO. (§ 160 Nr. 5, 321) entweder in Urteilen (insbesondere Zwischenurteilen — §§ 303, 461 Abs. 2; vgl. 9t®. 27 358, in SA. 47 Nr. 297, in I«. 1894, 689 Nr. 1), Beschlüssen (vgl. z. B. §§ 150 Anm. 1, 225 Anm. 3, 358; 9t®. in IW. 1898, 602, OLG. Karlsruhe in SA. 52 Nr. 266) oder Verfügungen bestehen können. Diese Bestimmung trifft der § 512 dahin, daß diese Entscheidungen in der Regel mittel- der Be­ rufung gegen das Endurteil anfechtbar sind. Hierin liegt der Grundsatz der Konzen­ tration der Beru'ung (vgl. Vordem. 2 vor § 611; Planck II 434 ff.). 2) Die Anfechtung de- Endurteil- oder des selbständigen Zwischenm teils (9t®. im SächsA. 11, 94) genügt ohne formelle Anfechtung der vorausgegangenen Entscheidungen, um daBerufungsgericht auch mit den Vorentscheidungen zu befassen. Diese erscheinen als Teil der Gründe des En tmi teils, insbesondere auch in Beziehung aus die Erlangung der Rechtskraft (g 822 %>m. 3; vgl. 9t® 5 347). 8) Als Ausnahmen stellt § 512 zwei Gruppen hin: die gänzliche Unanfechtbarkeit

510

Drittes Buch. Rechtsmittel. § 513.

§ 513. (474.) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen welche es erlassen ist, mit der Berufung nicht angefochten werden. ©in Versäumnisurteil, gegen welches der Einspruch an sich nicht statthast ist, unterliegt der Berufung insoweit, als dieselbe darauf gestützt wird, daß der Fall der Versäumung nicht vorgelegen habe. E. § 454.

Mot. 299.

Prot. 231 f.. 558.

der Entscheidung und die Anfechtbarkeit mittels der Beschwerde. Fälle der ersteren Art s. in den §§ 37 Abs. 2, 46 Abs. 2, 127, 157 Abs. 3, 174 Abs. 1, 177 Abs. 2, 225 Abs. 3, 270, 319 Ads. 3, 320 Abs. 4, 355 Abs. 2, 406 Abs. 5, 490 Abs. 2, 505 Abs. 2, 506 Abs. 2, 534 Abs. 2, 691 Abs. 3, 707 Abs. 2, 718 Abs. 3, 770, 771 Abs. 3; GVG. § 107. Die Fälle der zweiten Art s. § 567 Anm. 1. Zu diesen Vorentscheidungen gehören auch Beschlüsse, die nur äußerlich mit dem Endurteile verbunden sind, der Natur der Sache nach aber ihm vorausgehen müssen und an sich der Beschwerde unterliegen (3. B. nach § 127. AM. ObLG. in SA. 39 Nr. 260; vgl. § 336 Anm. 1). Anders, wenn die bezüglichen Entscheidungen in dem Endurteil als Bestandteil der Ent­ scheidungsgründe ergehen (RG in IW. 1905, 209 Nr. 16). Vgl. § 252 Anm. 3 a. E. Nicht hierher gehören die Zwischcnurteile, die in betreff der Rechtsmittel als Endurteile anzusehen sind (§§ 275 Abs. 2, 302 Abs. 3, 304 Abs 2, 599 Abs. 3). sVgl. §§ 275 Anm. 2, 304 Anm. 1; RG 5 422, 16 352, in Gruchot 30, 1117; Planck II 439.] Wegen der Versaumniszwischeuurteile s. § 513 Anm. 4. 4) Ist von dem Gericht erster Instanz eine Entscheidung erlassen, die nach der auch äußerlich erkennbaren Absicht des Gerichts ein Endurteil oder ein selbständig anfechtbares Zwischenurleit im Sinne der §§ 275 Abs. 2, 302 Abs. 3, 304 Abs. 2, 599 Abs. 2 sein soll, so ist gegen diese Entscheidung die Berufung auch dann zulässig, wenn die Entscheidung nicht als Enduneil oder selbständig anfechtbares Zwischenurteil hätte erlassen werden dürfen oder wenn sie ihrem Inhalt oder ihrer Form nach den Erfordernissen eines Eudurteils nicht entspricht. Aus der Anwendung äußerer Förmlichkeiten eines Urteils ist dabei nicht notwendig auf die Absicht der Erlassung eines Urteil* zu schließen (f. RG 32 379, in Gruchot 45, 106). sVgl. RG 6 421, 429, 7 427 (LZS.), 8 363. 12 363, 13 404, 18 361, 32 429, 39 411; in IW. 1887, 493; 1888, 11; 1890, 112; 1892, 93; 1896, 412; 1898, 281; Planck I 482. AM. RG. 5 350 (vgl. 1 427), in IW. 1896, 432; Hagemann in Busch 12, 401. 3. noch §§ 275 Anm. 2, 304 Anm. 3, 460 Anm. ^ 545 Anm. 1, RG. 42 346, 356, 394, in IW. 1900, 310; Werner in Gruchot 45, 585 ff., Stonieyki das. 591 ff] Anderseits wird aber gegen eine Entscheidung, die sachlich ein Endurteil ist. die Berufung nicht nur dann für zulässig erachtet werden müssen, wenn das Gericht erster Instanz durch ein bloßes Versehen im Ausdrucke die Entscheidung äußerlich als Zwischenurteit oder Beschluß erlassen hat (vgl. RG. in IW. 1889, 130; 1891, 412; 1898, 503, 571, in LA. 53 Nr. 54; vgl. auch RG 15 392, 413, 16 286), sondern auch dann, wenn das Gericht sich der Bedeutung der Entscheidung als eines Urteils nicht bewußt gewesen ist (vgl. RG. 39 389; Planck I 483).

8 513. 1) Die ZPO. folgt dem Grundsätze des röm. Rechte- „contumax non appellatfc. § 513 gilt selbstverständlich auch für die Anschlußberusung. 2) „gegen welche es erlassen ist" — sei es Kläger oder Beklagter (§§ 330,331), un) -war auch dann, wenn er zum Verhandlungstermine nicht geladen war; denn wrewohl hier der Fall der Versäumung nicht vorliegt, so ist doch der Einspruch statthaft (vgl. Abs. 2; RG. ii Gruchot 25, 1111). Die Partei, die das Versäumnisucieil beantragt hat, kann es mit der Berufung ansechlen. Hiernach hat der Kläger, soweit das Urteil im Falle des § 331 Abs. 2 die Abweisung der Klage ausgesprochen hat (vgl. § 331 Anm. 4), nicht den Einspruch, sondern dir Berufung. Alsdann stehen, da das Urteil nicht auf der Versäumung beruht, nach den allgemeiner

Erster Abschnitt. Berufung,

g 514.

511

§ 614s (475.) Die Wirksamkeit eines nach Erlassung des Urteils erklärten Verzichts auf das Recht der Berufung ist nicht davon abhängig, daß der Gegner die Berzichtleistung angenonlmen hat. G. § 455.

Mot. 299 f.

Prot. 232 f.

Grundsätzen (f. §§ 529, 531) dem Beklagten vor dem Berufungsgericht alle DerteidigungSmittel geradeso zu, als ob er bereits in erster Instanz erschienen wäre, ohne daß es des Einspruchs bedarf (Troll, BersäumniSurteil 241 f., v. Kries a. a. O. 162 ff., Wach, Bortr. 274 s., 278 u. a. AM. Köhler, Prozeß als Rechtsoerh. 62 ff. u. Forsch. 61). Bgl. auch §§ 529 Anm. 1, 538 Anm. 6. Ist das Ul teil für den Kläger teilweise abweisend, teilweise obsieglich, so steht gegen den ab­ weisenden Teil dem Kläger die Berufung, gegen den zusprechenden dem Beklagten der Einspruch zu (vgl. § 524). 3) Der Abs. 2 enthält eine Einschränkung des Abs. 1 unter den Voraussetzungen, daß 1. ein Versäumnisurteil vorliegt, gegen welches der Einspruch an sich nicht statthaft ist, und 2. die Berufung darauf gestützt wird, daß der Fall der Versäumung nicht vor­ gelegen habe. Ein Urteil, daS durch den Einspruch nur wegen Ablaufs der Einspruchsfrist nicht mehr angefochten werden kann, wird durch den Abs. 2 nicht betroffen, weil in einem solchen Falle der Einspruch an sich statthast war (vgl. § 341 Anm. 2). Aber auch in Fällen, in denen der Einspruch an sich unstatthaft ist (vgl. §§ 345, 238 Abs. 2), ist der einzige Berusungsgrund der, daß der Richter mit Unrecht einen Fall der Versäumung angenommen habe (z. Ä. roeun das Versäumnisurteil aus den Gründen bv8 § 335 hätte zurück­ gewiesen werden müssen, wenn das Gericht unzuständig war usw. — vgl. Troll 228 u. Schwalbach in Gruchot 26, 2 ff.). Kein Berufungsgrund ist es, daß die erste Instanz nach § 337 hätte vertagen sollen (Troll 229). War das BersäumniSurteil zu Recht ergangen, so ist nach RG. 51 197 die Berufung zurückzuweisen. Die Zulassung der Berusung gegen ein Velsäumnisurteil in dieser doppelten Beschränkung enthält keinen Widerspruch mit dem dem Abs. 1 zugrunde liegenden Gedanken, weil gegen eine unrichtige Annahme des Vorhandensein- einer Versäumung ein Rechtsbehels gegeben werden muß, mittet- des Einspruchs aber in diesen Fällen nicht geholfen werden kann. Über die Zulässigkeit der Berusung gegen ein Urteil, daS sich formell a!s ein BersäumniSurteil darstellt, sachlich aber solches nicht hätte erlaffen werden dürfen, s. RG. 89 411; vgl. auch § 512 Anm. 4. 6. aber auch RS 28 393 u. 85 345. Wegen der Gebühren s. GKG. § 26 Abs. 1 Rr. 6 u. Abs. 2; RAG bO. § 20. 4) Bezieht sich der Fall deS § 513 Abs. 2 auf einen Zwischenstreit (§ 347 Abs. 2), so findet nach § 512 die Berufung gegen das Zwischenurteil erst mit derjenigen gegen das Endurteil stau (RG. 13 397, in IW. 1891 89). Dabei unle»liegt auch das Versäumniszwischenurteil der Beurteilung des Bemfung-gerichts nur in der Beschränkung des § 513 Abs. 2 (Wach, Vortr 256 ff., Troll 248 ff.. Faull, Zwischenstreit 71 u. a. AM. v. Kries 167 ff., Barazetti a. a. O. 27, Müller in Busch 4, 323 ff., H. Meyer das. 9, 351). Vgl. auch § 347 Anm. 3.

§514. Literatur: Planck I §§ 57, 60, II § 111 B. 1) Die Vorschrift des § 514 besteht sich nur auf einen nach Erlassung (d. h. Beschtußfafiung und Verkündung) d»s Urieils, aber — im Gegensatze zur Zurücknahme — vor Ein­ legung der Berusung erklär'en Verzicht. Auch ist dabei nur an einen Verzicht gedacht, der gegenüber dem Gericht oder dem Gegner eifäit wird (Mot., Planck I 312 u. a. AM. Barazetti 71 ff., v. KrieS 58). Alleren s hat ein dem Beauftragten des Gegners, z. B einem mit der Zustellung betrauten Gerichtsvollzieher, gegenüber erklärter Verzicht eine gleiche Wirkung sAM. Falkmann, ZV. (2.) 31 N. 22a]. Der Annahme des Gegners bedarf eS nicht. Vgl. auch

512

Dritte- Buch. Rechtsmittel. | 515.

§ 515. (476.) Die Zurücknahme der Berufung ist ohne Einwilligung des BerufungSbeklagten nur bis zum Beginne der mündlichen Verhandlung des Be­ rufungsbeklagten zulässig. Die Zurücknahine erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Zustellung eines Schriftsatzes. Abschrift desselben ist sofort nach erfolgter Zustellung auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen. §§ 288 Abs. 2, 346, 566, 843. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben (RG im Recht 1909 Nr. 1017, Falkmann 30 N. 22 u. a. — Planck a. a. O. will § 515 Abs. 2 entsprechend an­ wenden). Anwaltszwang besteht für die Verzichterklärung nicht (ObLG. in SA. 37 Nr. 161). Die Wirkung des Verzicht- besteht darin, daß die trotzdem eingelegte Berufung als nicht mehr zulässig (so Planck II 466), bzw. als unzulässig (RG. 45 330) zu verwerfen ist. Die Verzicht­ leistung hat die formelle Rechtskraft des Urteils zur Folge (§ 705 Anm. 1). Über die Befugnis des Verzichtenden zur Anschlußberufung vgl. § 521 Abs. 1. 2) Unter Verzicht im Sinne des § 514 kann nur ein ausdrücklicher Verzicht verstanden werden, zumal da auch sonst prozessuale Erklärungen nicht immer stillschweigend erfolgen können (RG. 16 346, in IW. 1888, 12; Falkmann 31 N. 24, Barazetti 72 u. a.; vgl. auch RG- 5 384 und in IW. 1886, 73; 1900, 272. AM. OLG. Hamburg in Rechtspr. 7, 284; v. Kries 58 ff., Köhler in Gruchot 31, 285 N. 12, Troll 203, Planck I 312, Gaupp Nr. II). 8) Indem die ZPO. über den Verzicht auf die Berufung vor Erlassung des Urteils keine Besttmmung aufgenommen hat, überläßt sie die Beurteilung ft irrer Gültigkeit lediglich dem bürger­ lichen Rechte (vgl. RG. in IW. 1903 Beil. 53, OLG. Celle in SA. 54 Nr. 91, Wach im c. A. 64, 243 N. 30, Schwalbach das. 291 ff., Köhler a. a. O. 285 ff. u. a. AM. Fitting § 82 bei N. 12). Die Gültigkeit eines vereinbarten Verzichts ist nach den allgemeinen Grundsätzen deS BGB. zu bejahen sFalkmann 31 N. 25 u. a.; vgl. auch RG. 20 399, 86 421 — anders in Ehesachen (RG. 70 59)], eS sei denn, daß er nur eine Nebenverabredung zu einem ungültigen Hauptverlrage (z. B. Spielvertrag) ist (RG. 86 423, in IW. 1903, 400; s. auch § 346 Anm ). Der Verzicht vor dem Urteile macht aber die Berufung nicht formell unzulässig (RG. in IW. 1899, 537, Petersen Nr. 1. AM. Seuffert Anm. 3 u. a ).

«515. Literatur: Möller in Gruchot 26, 182 ff., Schultzenstein das 27, 229 ff., Birkmeyer, RechtSfälle 1 ff., Planck I § 60, II § 141; Freimuth in Busch 28, 41 ff. 1) Abs. 1: Die hier ausgesprochene, dem § 271 Abs. 1 entsprechende Beschränkung der Zurücknahme der eingelegten Berufung steht im Zusammenhange mit der dem Berufungsbeklagten in weitem Umfange gr statteten (§ 521), jedoch von der Hauptberufung abhängigen (§ 522 Abs 1) Anschlußberusung (vgl. v Kries 60). Mit Einwilligung des Beruiungsdrklagten kann die Berufung bis zur Beendigung der Berufungsinstanz, ohne Einwilligung nur bis zum Beginne der mllndlichen Verhandlung des Beiuiungsbeklagteu sjedoch nicht bloß über die Zu­ lässigkeit der Berufung (vgl. § 271 Abs. 1 .zur Hauptsache" u. das. Anm. 4; Planck I 314 N. 16)] zurückgenommen werden. (Näheres f. bei Schulpenstein a. a. O.; vgl. auch OLG. Cassel in B. sch 13, 385) Auch nach Erlaß eines bedingten Endurteils ist die Zurücknahme der Berufung nicht ausgeschlossen. Eine Beschränkung der Berumngsanträge ist keine (teilweise) Zurücknahme der Berufung . Hierher gehört insbesondere der Fall, wenn die Beschwerde als unzulässig (§ 574) verworfen wird, oder wenn die erste Instanz aus sachlichen Gründen, die zweite wegen Unzuständigkeit abweist oder umgekehrt. (Vgl. SR®. 1 431, 4 362, 12 357, 394, 14 387, in IW. 1891, 272, in SA. 47 Nr. 75, im Preuß. IMBl. 1886, 165 (VZS.); LbLG. in SA. 45

Dritter Abschnitt.

Beschwerde.

§ 568.

569

Gegen die Entscheidungen der Oberlandesgerichte findet eine weitere Beschwerde nicht statt. E. § 507. Mot. 329 f. Prot. 272, 622 f. — Nov. 1898 E. § 531; Begr. 123; KomB. 148 ff. — Nov. 1905 Begr. 7; KomB. 43. Nr. 148; Planck II 559, v. Kries 397, Schmidt in Busch 3, 20 u. a. AM. Fitting das. 2, 286, 290 f.J Hierher gehört ferner der Fall, daß die Prüfung der Beschwerde unterlassen ist, voraus­ gesetzt, daß dies sich aus dem Zusammenhang ergibt, insbesondere die Annahme ausgeschlossen ist, daß das Übergehen in den Gründen auf einer stillschweigenden Billigung der angefochtenen Entscheidung beruhe (RG. 18 425, 30 438, 35 375, in SA. 53 Nr. 129, in IW. 1899, 674, 700). Umgekehrt entzieht aber die Billigung des Inhalts der angefochtenen Entscheidung dem in der Verwerfung der Beschwerde als unzulässig enthaltenen neuen Beschwerdegrunde die Eigenschaft der Selbständigkeit und macht damit die weitere Beschwerde unzulässig (RG. 5 431 u. in SA. 37 Nr. 272). Neu ist eine Beschwerde auch nicht, wenn dem Antrage des Beschwerde­ führers auf Grund der ersten Beschwerde teilweise entsprochen war (RG. 4 361, 14 321, in SA. 41 Nr. 76). In einer von der Begründung der Entscheidung erster Instanz abweichenden, ver­ schiedenen materiellen (rechtlichen oder tatsächlichen) Begründung der auf die Beschwerde er­ gangener! ablehnenden Entscheidung liegt kein neuer (selbständiger) Beschwerdegrund, da es nur auf die Entscheidung selbst ankommt. Vgl. § 573 Anm. 3. (Vgl. v. Völderndorff a. a. O. 24 f., Fitting 290, Schmidt 22, Brettner a. a. O. 250 ff.; s. auch RG. 14 388, 60 407, in IW. 1893, 349; 1898, 2; 1899, 179, 280 Nr. 11, 436; 1900, 493 Nr. 2, 494; 1901, 59; 1902, 170, in SA. 60 Nr. 66; ObLG. das. 42 Nr. 169 — s. jedoch auch RG. in IW. 1898, 506 Nr. 22.) Die weitere Beschwerde ist also auch nicht zulässig, wenn das Beschwerdegericht die am neue Tatsachen gestützte Beschwerde verworfen hat (so auch RG. 1 223, 4 358, 17 373, in SA. 16 Nr. 72, in IW. 1888, 110), vorausgesetzt, daß der Partei nicht die Prüfung der neu vorgebrachten Tatsachen oder Beweismittel versagt worden ist, sowie ferner nicht, wenn bei einer Kosten­ festsetzung die geforderte Summe im ganzen zugebilligt ist (vgl. RG. in IW. 1898, 506 Nr. 21, s. auch das. 1899, 159). Dagegen ist sie zulässig, wenn die beiden Entscheidungen zwar dem äußeren Anscheine nach übereinstimmen, in Wirklichkeit aber die eine ihrer Folge halber die Lage des Beschwerdeführers ungünstiger gestaltet (RG. 13 325, in Gruchot 29, 1127, in IW. 1901, 735; 1902, 132) oder eine dem Beschwerdeführer ungünstigere Wirkung hat herbeiführen wollen als die andere (RG. 16 318, 21 331, 32 56, 34 378, in IW. 1894, 14), ebenso bei völligem Übergehen ausdrücklich geltend gemachter Beschwerdegründe (RG. in Blum, Url. u. Ann. 1, 309, s. auch in IW. 1900, 129 Nr. 1) oder beim Mißverstehen des Beschwerdevortrags (RG. in IW. 1894, 181; 1898, 355), desgleichen wenn das Beschwerdegericht ein ganz anderes Rechlsverhältnis zugrunde gelegt hat (RG. in IW. 1898, 222, OLG. Cöln im RHA. 88 I 129) oder wenn neue, selbständige Umstände eingetreten waren, die der erste Richter nicht gekannt hatte (RG. 38 424). Bei Übergehung des Kostenpunkts (auch bei teilweiser) ist weitere Beschwerde zulässig, da § 321 nicht anwendbar ist (RG- in IW. 1898, 501, OLG. Jena in SA. 52 Nr. 206; vgl. auch das. Nr. 50). Die weitere Beschwerde ist kein besonderes Rechtsmittel, sondern nur die Beschwerde in der Richtung gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts. Voraussetzungen, Folgen und Vor­ schriften sind daher im allgemeinen dieselben wie bei der ersten Beschwerde (vgl. §§ 569 Anm. 7, 570 Anm., 572 Anm. 3, Fitting a. a. O. 285, v. Kries 393 ff.). 4) Abs. 3 und 4 sind durch die Nov. v. 1898 hinzugefügt und durch die Nov. v. 1905 weiter eingeschränkt worden (vgl. § 567 Anm. 5). Besonders wichtig ist hier der Fall des § 104. Der Beschwerdeführer muß die Beschwerdesumme glaubhaft machen (vgl. RG. in IW. 1901, 491). Die Kosten der Beschwerde selbst sind nicht mit zu berücksichtigen (Gaupp Nr. IV); wenn beide Parteien Beschwerde einlegen, findet keine Zusammenrechnung statt (RG. 51 173). Vgl. auch

570

Dritte- Buch

Rechtsmittel. § 566.

§ 569. (532.) Die Beschwerde wird bei dem Gericht eingelegt, von welchem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist; Beschwerden gegen Entscheidungen der Amts- and Landgerichte können in dringenden Fällen auch bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden.

Die Einlegung erfolgt durch Einreichung einer Beschwerdeschrift. Die Ein­ legung kann auch durch Erklärung zum Protokolle des Gerichtsschreibers erfolgen, wenn der Rechtsstreit bei einem Amtsgericht anhängig ist oder anhängig war, wenn die Beschwerde das Armenrecht betrifft oder von einem Zeugen oder Sach§ 546 Anm. 3. — Ausgeschlossen ist die weitere Beschwerde auch nach GBG. § 183, ftC. § 189, FGG. § 64. 8. auch Preutz. FGG. Art. 11 Abs. 2. 5) Nach GBL. § 78 und FGG. §27 findet ein Rechtsmittel der weiteren Beschwerde in gröberem Umfange wegen Gesetzesverletzung statt (vgl. RG 48 15).

8 569. 1) Vgl. LtPL. § 348. — Abs. 1.: Die Einlegung der Beschwerde bei dem ange­ griffenen Gerichte (vgl. RG. in ZA. 60 Nr. 158) ist nach den Mot. mit Rücksicht auf dessen Befugnis vorgeschrieben, der Beschwerde abzuhelfen (§ 571), vgl. auch § 572 Abs. 2. BorgLngige Zustellung der angefochtenen Entscheidung ist nicht erforderlich (vgl. § 577 Anm. 2). 2) „dessen Vorsitzenden" — Dieser wird als Vertreter des Gerichts kraft Gesetzes angesehen und deshalb seine Entscheidung wie die des Gerichts selbst behandelt (vgl. Mot. 322 und §§ 571, 572, 575). Anders nach § 576 beim ersuchten und beauftragten Richter. Die §§ 140, 397 Abs. 3 enthalten keine Ausnahmen, weil hier nicht einzelne von dem Vorsitzenden in den seiner Amtssphäre allein überwiesenen Gebieten getroffene Verfügungen in Frage stehen (Mot.). Vgl. § 140 Anm. 1, 2. 3) „in dringenden Fällen" — z. B. um eine begonnene Zwangsvollstreckung ab­ zuwenden (vgl. RG. 12 354). Ob ein dringender Fall vorliegt, hat zunächst der Beschwerde­ führer selbst zu beurteilen: das Beschwerdegericht aber kann, wenn eS diese Ansicht nicht teilt, entweder Bericht des angegriffenen Gerichts einfordern oder auch dem Beschwerdeführer aufgeben, die Beschwerde bei dem angegriffenen Gericht einzulegen (vgl. noch § 577 Abs. 2); auch ist Abgabe an daS Untergericht statthaft (OLG. München in Busch 3, 149, Gaupp Nr. I u. a. Abw. Planck II 546). Nicht jeder Fall, in welchem es sich um den Erlab einer einstweiligen Verfügung handelt, ist ein dringender (vgl. §§ 937 Abs. 2, 942 Abs. 1). — Die Nov. v. 1905 hat wegen der in § 574 Abs. 2 getroffenen Änderung diese Vorschrift auf die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte eingeschränkt. 4) Abs. 2 Zatz 1: Die Befchwerdeschrift (vgl. Planck II 544 ff.) ist, weil für das Beschwerdegericht, also für ein Kollegialgericht, bestimmt, nach der allgemeinen Vorschrift des § 78 Abs 1 eine Anwaltsschrift (Mot ), mag auch für das abgewiesene Gesuch erster Instanz kein Anwaltszwang bestanden haben ivgl. RG. 36 363, in IW. 1891, 90 Nr. 8). Deshalb muß sie — abgesehen von den Ausnahmesällen — von einem Anwälte (RG. 31 375: § 216 Anm. 3), und zwar von einem bei dem Beschwerdegerichte zugelassenen Rechtsanwalt, unterzeichnet sein (vgl. § 130 Anm. 6. RG 46 375, in IW. 1904, 117, KG. in Rechtspr. 2, 255): wenn das Reichsgericht Beschwerdegericht ist, also von einem der bei diesem zugelassenen Rechts­ anwälte. Wird jedoch die Beschwerdeschrift bei dem Gericht eingereicht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, so bedarf es der Unterschrift eines bei diesem zugelassenen Anwalts. [8o auch RG 1 431 (VZ8.), 7 403, 14 30 u. in Gruchot 26, 1146; Planck a. a. 0.: vgl. RAGebL. §41 Abs. 2, Lchultzenstein in Busch 27, 529 ff. AM. RG. in LA. 35 Nr. 250, OLG. Jena in Busch 32, 351: Vierhaus a. a. 0. 113, Barazetti a. a. 0. 257, Nöldeke in Busch 28, 437.] In den besonderen Fällen, in denen nach Latz 2 die Einlegung durch Erklärung zum

Dritter Abschnitt. Beschwerde, f 009.

571

verständigen erhoben wird; richtet sich die Beschwerde in diesen Fällen gegen die Entscheidung eines Oberlandesgerichts, so kann die Einlegung nur durch Erklärung zum Protokolle des Gerichtsschreibers des Oberlaudesgerichts oder durch Einreichung einer zum Protokolle des Gerichtsschreibers eines Amts­ gerichts erklärten oder von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift erfolgen. E. § 508.

Mot. 330.

Prot. 272. — Nov. 1905 Begr. lös.; KomB. 44 ff., 74.

Protokolle de- Gericht-schreibers (b. h. des Gericht-, bei dem die Beschwerde einzulegen ist) erfolgen kann, findet nach dem Grundsätze des § 78 Abs. 3 auch rücksichtlich der Beschwerdeschrist (einschließlich der weiteren Beschwerde, sofern sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Amts- oder Landgerichte richtet, Anwaltszwang nicht statt (9MB. 3 379, 6 392, 12 354. Vierbaus a. a. O. u. a. AM. Herzog a. a. O. 172 ff., Rintelen in Busch 12, 201 ff., welche die Privatschrist ganz ausschließen; s. auch RG in IW. 1893, 268). Dagegen hat die Nov. v. 1905 für die in diesen Fällen gegen eine Entscheidung der Oberlandesgerichte sich richtende Beschwerde entweder die Erklärung zum Protokolle beim OberlandeSgericht oder die Einreichung einer von einem RechtSanwalte (der also nicht beim Beschwerdegertchte zugelassen zu sein braucht) unterzeichneten oder zum Protokoll eines Amtsgericht- erklärten Beschwerdeschrist vorgegeschrieben, um, namentlich in Armenrechtssachen, die Einreichung verworrener Schriften der Parteien zu verhüten (Begr.). ES genügt daher nicht, wenn der Gerichtsschreiber in seinem Protokolle bloß auf eine vom Beschwerdeführer überreichte Schrift verweist (RG. in Gruchot 50, 433). Die Beschwerde ist auch bei der Erklärung zum Protokolle des Amtsgericht- erst eingelegt mit der Einreichung des Protokolle- beim Oberlandesgerichte (RG. 60 345). „Protokolle deS Gericht-schreiber-" — Diesem steht das Sitzungsprotokoll nicht gleich IR«, in IW. 1893, 158, Gaupp Nr. IV B 1. AM. OLG. Stuttgart in SA. 40 Nr. 75, Falkmann, ZV. (2) 318]; indessen kann die Beschwerdeschrift im Verhandlungstermin überreicht werden (RG. 29 341). „anhängig war" — d. h. in erster Instanz, also auch, wenn eine amtSgertchtliche Sache in der Berufungsinstanz schwebt. Hierher gehört auch eine Beschwerde gegen den Be­ schluß de- Landgerichts, durch den die Ablehnung de- Amt-richter- in einem Amt-gericht-prozeffe, bzw. eine- um Erledigung eines landgerichtlichen Bewei-beschluffeS ersuchten Amtsrichters, für unbegründet erklärt wird (RG. 30 348, 96 362), sowie die Beschwerde im Zwangsvollstreckungs­ verfahren (falls nicht ausnahmsweise da- Landgericht in erster Instanz zuständig ist — § 890, RG. in IW. 1892, 15 — oder al- Prozeßgericht über die Einstellung entschieden hat — §§ 769 ff., 765, RG in IW. 1898, 603), bzw. in einem die Rechtshilfe betreffenden Verfahren, überhaupt jede Beschwerde gegen eine in erster Instanz von einem Amtsgericht ergangene Verfügung (RG. 12 354), nicht aber die Beschwerde gegen einen Beschluß, der in erster Instanz bei dem Landgericht ergangen ist, an da- die zunächst beim Amtsgericht anhängige Sache durch Verweisung nach 88 505 f. gelangt war (RG. 30 384). — Vgl. noch GewGG. § 55 Abs. 3, KfmGG. § 16. Ausgeschlossen ist der Anwaltszwang in den in §§ 127, 387 Abs. 2, im GKG. §§ 4, 16, 47 Abs. 2, 48, in GVGebO § 22, ZGebO. § 17 u. in RAO. § 35 (vgl. RG. 6 392) hervorgehobenen Fällen, nicht aber bei Beschwerden nach § 12 RAGebO. (vgl. RG 10 374, in IW. 1902, 610). Auf Beschwerden gegen Kostenentscheidungen der Kollegialgerichte (§§ 104 Abs 3, 107 Abs. 3) ist die Ausnahme nicht auszudehnen (vgl. § 104 Anm. 3, RG. in Gruchot 26, 1146, in IW. 1898, 413; 1899, 71, 277). 0) Im übrigen unterliegt die Beschwerdeschrist keinen Formvorschriften. Der Inhalt muß sich nach dem Zwecke der Beschwerde im einzelnen Falle richten (vgl. auch v. Kries a. a. O. 400). Ein Antrag oder eine Begründung ist nicht wesentlich (vgl. auch §§ 518, 553); fehlt ein Antrag, so gilt im Zweifel die Verfügung oder der Beschluß in dem ganzen, den stüheren Anträgen des Beschwerdeführer- zuwiderlaufenden Umfange für angefochten (RG. 24 395, in

572

Drittes Buch.

§ 570. (533.) gestützt werden.

Die Beschwerde kann aus neue Tatsachen und Beweise

E. § 50V.

Mot. 330.

Rechtsmittel.

$f 570, 571.

Prot. 272.

8 571. (534.) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie derselben abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde vor Ablauf einer Woche dem Beschwerdegerichte vorzulegen. E. § 510.

Mot. 330.

Prot. 272.

LA. 42 Nr. 267). Demgemäß ist denn auch bei der sofortigen Beschwerde selbst nach Ablauf der Notfrist eine Ausdehnung der Beschwerde über die Anträge der Beschwerdeschrist hinaus zulässig (RG im RHA. 82 II 97). Eine Beschwerde ohne Begründung läuft freilich Gefahr, zurück­ gewiesen zu werden, ohne daß das Beschwerdegericht die Gründe des Beschwerdeführers kennt (Planck II 545). Eine Berufungseinlegung kann nicht nachträglich als Einlegung der Beschwerde gelten (RG. 43 415). Auch darf die Beschwerde nicht bedingt eingelegt werden (RG. in IW. 1900, 660;.

8 570. Vgl. § 529 Abs. 1. Der § 570 gilt auch von der weiteren und der sofortigen Beschwerde (RG. 8 338, Wolfs im c. A. 86, 345). Die neuen Tatsachen (vgl. RG. in IW. 1902, 359) und Beweise sind in der Beschwerdeschrift vorzubringen, können aber auch noch bei der etwaigen mündlichen Verhandlung oder einer späteren schriftlichen Erklärung (§ 573) geltend gemacht werden. Auch der Gegner kann zur Widerlegung Neues vorbringen, wenn er zu einer Gegenerklärung auf­ gefordert wird (§ 573 Anm. 1). Nichtberücksichtigung des neuen Vorbringens begründet die weitere Beschwerde (vgl. § 568 Anm. 3). Neue Ansprüche sind regelmäßig ausgeschlossen, doch ist im Falle einer mündlichen Verhandlung § 529 Abs. 2 entsprechend anwendbar (vgl. Gaupp Anm. u. a. AM. RG. 55 61). § 97 Abs. 2 ist ebenfalls entsprechend anzuwenden (AM. Petersen § 97 Nr. 6 a. E.).

8 571. 1) Vgl. Li PL. § 348. — Durch die nur für die Fälle der sofortigen Beschwerde (8 577 Abs. 3) ausgeschlossene Befugnis des angegriffenen Gerichts bzw. Vorsitzenden, der Be­ schwerde abzuhelfen, sei es auf Grund erneuter Erwägung, sei es auf Grund neuer Tat­ sachen oder Beweismittel (§ 570), nimmt die Beschwerde sachlich zugleich den Charakter einer Gegenvorstellung an. Eine vorherige Anhörung deS Gegners oder der sonst Beteiligten ist nicht vorgeschrieben, ist aber, sofern die Beschwerde auf neue Tatsachen oder Beweise gestützt wird und ein Gegner oder sonst Beteiligter überhaupt vorhanden ist, nach allgemeinen Grundsätzen ge­ boten (vgl. § 573 Anm. 1). Gegen die abhelfende Entscheidung kann der Gegner Beschwerde einlegen, sofern er nach §$ 567 f. Überhaupt ein Beschwerderecht hat (RG. in IW. 1905, 741). Das angegriffene Gericht darf auch teilweise der Beschwerde abhelfen (RG. in Gruchot 39, 1114). Es ist auch dadurch, daß bereits zwei gleichförmige Entscheidungen vorliegen (und deshalb die weitere Beschwerde unzulässig ist) nicht behindert, der von ihm für begründet erachteten ein­ fachen Beschwerde abzuhelfen (RG. 33 377, 37 385; vgl. LLG. Stettin in Rechtspr. 2, 308). Das erstinstanzliche Gericht kann jedoch seinen Beschluß nicht mehr abändern, nachdem eine gegen ihn eingelegte einfache Beschwerde in höherer Instanz zurückgewiesen worden ist (RG. 37 384) 2) Bei der Vorlegung der Beschwerde kann der angegriffene Richter in geeigneten Fällen seine Bemerkungen hinzufügen; auf Aufforderung des Beschwerdegei ichrs ist er zur Erteilung weiterer tatsächlicher Auskunft verpflichtet. Auch hat er ohne besondere Aufforderung erforderlichenfalls die Prozeßakten einzureichen. Ist dies nicht geschehen, so kann sie das Be­ schwerdegericht einfordern. Über Auskunftserteilung zwischen verschiedenen Gerichten vgl. noch Vorbem. 7 vor GVG. § 157.

Dritter Abschnitt.

Beschwerde.

88 572, 573.

573

§ 572. (535.) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen eine der in den §§ 109, 380, 390, 409, 619, 656, 678 erwähnten Entscheidungen gerichtet ist. Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann anordnen, daß die Vollziehung derselben auszusetzen sei. Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen sei. E. § 511.

Mot. 331.

Prot. 272 f., 713. — Nov. 1898 E. § 535; Begr. 123.

§ 573. (536.) Die Entscheidung über die Beschwerde kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklärung an, so kann die Abgabe derselben durch einen Anwalt erfolgen, der bei dem Gerichte zugelassen ist, von welchem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Ent8 572. Vgl. StPO. 8 349, Planck II 8 156. 1) Abs. 1: Als Regel gilt die sofortige Vollstreckbarkeit der der Beschwerde (auch der weiteren) unterliegenden Entscheidungen (vgl. auch RG in IW. 1895, 539) sanderS FGG. 8 24]. — Die Fälle der 88 109 (f. das. Anm. 3) und 656 sind durch die Nov. v. 1898 hinzugefügt, weil auch hier auS der Vollziehung besondere Nachteile erwachsen können (Begr.). Die Ausnahmen beziehen sich auf Anordnung der Rückgabe einer Sicherheit, auf Sttafverfügungen und ZwangSmaßregeln (gegen Zeugen,. Sachverständige und die in Ehe- und Kindschaftsprozessen nicht er­ schienene Partei — vgl. §8 640, 641), sowie auf Anordnung der Unterbringung eines zu Ent­ mündigenden in eine Heilanstalt (vgl. noch GBG. 8 183, GenofsenschGes. 8 H2). In diesen Ausnahmefällen ist, soweit eS sich nicht um sofortige Beschwerden (8 577) handelt, zwar die Beschwerde (im Jntereffe der Zeugen und Sachverständigen) an eine Notfrist nicht gebunden; allein da mit der Bollstteckung bis zur Erhebung der Beschwerde vorgegangen werden kann (8 794 Nr. 3), so ist kaum zu besorgen, dag die Ansechtung jener Verfügungen häufig erst lange nach ihrem Erlab erfolgen werde. Eine zur Zeit der Anfechtung bereits eingeleitete ZwangSvollstteckung ist durch Beschluß einzustellen; der Gerichtsvollzieher hat kein Recht zu eigenmächtiger Einstellung. 2) Abs. 2: „kann" — nämlich abgesehen von den im Abs. 1 gedachten Ausnahmefällen, in denen die Vollziehung ausgesetzt werden muh. Die Befugnis, in dm im Abs. 1 bezeichneten AuSnahmesällen die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist nicht erteilt (anders KO. 8 74, FGG. 8 26). 3) Der Abs. 3 handelt von der Befugnis des Beschwerdegerichts. Diese bezieht sich nicht blotz auf die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung (wie im Abs. 2), sondern überhaupt auf einstweilige Anordnungen — nicht gleichbedeutend mit „einstweiligen Ver­ fügungen" im Sinne der 88 035 ff. (vgl. 88 035—942 Anm. 3; PeterS in Gruchot 29, 356 f)—, zu denen z. B. auch eine Aussetzung deS Prozeßverfahrens in der Hauptsache gehören kann. Gegen die Anordnung ist eine Beschwerde nach 8 667 nicht zulässig, auch nicht in Zwangsvoll­ streckungssachen, da keine Entscheidung im Sinne des 8 793 vorliegt (RG 35 341); die Zu­ stellung erfolgt nach 8 329 Abs. 3. 4) Die Anordnungen in den Fällen der Abs. 2 und 3 können auch von AmtS wegen erfolgm (Planck II 552 N. 15); sie treten mit der Entscheidung Über die Beschwerde von selbst gußer Kraft. 8 573. 1) Der 8 573 handelt von der Tätigkeit deS Beschwerdegerichts, nicht auch zugleich von derjenigen deS Gerichts, deffm Entscheidung angefochten ist, wmn eS nach g 571 der Be»

Dritte« Buch.

574

RechlSmiiiel.

|

573.

scheidung erlassen ist. In den Fällen, in welchen die Beschwerde zum Proto­ kolle des Gerichtsschreibers eingelegt werden darf, kann auch die Erklärung zum Protokolle des Gerichtsschreibers abgegeben werden. E. § 512. Begr. 40.

Mot. 331.

Prot. 273. — Noo. 1898 E. § 536; Begr. 123f. — Nov. 1909

schwerde abhelfen will (abw. Fitting § 84 92. 39). Vor letzterem ist eine mündliche Verhandlung nicht möglich (Petersen § 571 Nr. 1 u. a. AM. Seuffert Anm. 1, s. auch Gaupp zu § 571). Das Beschwerdegericht ist befugt, aber (abgesehen von § 99 Abs. 3) nicht ver­ pflichtet, vor der Entscheidung den Gegner oder den sonst Beteiligten (Zeugen usw.), sei es münd­ lich oder schriftlich (vgl. Abs. 2), in gleichzeitiger kontradiktorischer Verhandlung oder in Abwesen­ heit des Beschwerdeführers (Petersen 9fr. 3 u. a.) zu hören. S. auch § 128 Anm. 4b. Erfolgt eine Anhörung nicht, so ist auf Grund des Akteninhalts zu entscheiden (RG in IW. 1889, 169 9fr. 10). Eine vorherige Anhörung des Gegners oder der sonst Beteiligten ist zwar selbst dann nicht vorgeschrieben, wenn sich die Beschwerde auf neue Tatsachen oder Beweise stützt (vgl. RG. in IW. 1898, 284, 352), dürste aber in diesem Falle angemessen sein (vgl. § 571 Anm. 1: s. auch KG. in Busch 13, 396). Unterbleibt die Erklärung trotz Aufforderung, so gilt § 286 (RG in IW. 1895, 382). Der Gegner kann sich der Beschwerde anschließen (ObLG. in Rechtspr. 7, 295, Gaupp 9fr. II. AM. OLG. Braunschweig im Recht 1904, 255, Petersen Nr. 1 und früh. Aufl). Mündliche Verhandlung wird nur in seltenen Fällen, wenn verwickelte Tatsachen noch streitig sind, anzuwenden sein. Für diese gilt Anwaltszwang, und zwar auch in den in § 569 Anm. 4 Abs. 5 hervorgehobenen Fällen (Nöldeke in Busch 28, 442 f., Gaupp Nr. I 2 u a. AM. Weismann 454 u. früh. Aufl.; abw. auch Planck H 556). Den Termin bestimmt der Vor­ sitzende nach Einreichung der Ladung; wegen dieser s. § 128 Anm. 4b. Die Entscheidung ist nicht als Urteil anfechtbar. Ein Versäumnisverfahren ist auch bei mündlicher Verhandlung nicht denkbar, weil das VersäumuiSurteil eine notwendige mündliche Verhandlung voraussetzt (vgl. § 347 Anm. 4; abw. OLG. Braunschweig im Recht 1904, 141); eine Ausnahme bildet jedoch der Fall der Beschwerde gegen Ablehnung einer einstweiligen Verfügung wegen § 922 Abs 1 (RG 40 425). Das Gericht entscheidet beim Ausbleiben einer Partei nach freiem Ermessen: beim Ausbleibem beider Parteien ruht nach § 251 Abs. 2 das Verfahren (§ 128 Anm. 4b a. E ), jedoch unbeschadet der Befugnis des Gerichts, auch ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (Planck a. a. O.; teilweise abw. Petersen 9fr. 4). Besteht Zweifel darüber, ob ein Rechtsanwalt die Beschwerde in eigenem Namen oder namens der Partei eingelegt Hai, so ist zunächst zu ermitteln, für wen sie eingelegt sein soll (RG. in SA 54 9fr. 177). Über die Verkündung bzw. Zustellung der Entscheidungen vgl. § 329 Abs. 1, 3. Vgl. auch § 575 Anm. 2. 2) Abs. 2 Satz 1: „Ordnet — an" — zweckmäßigerweise unter Bestimmung einer Frist, nach deren Ablauf ohne weitere- entschieden werden kann. Zur Erleichterung hat die Nov. v. 1898 bestimmt, daß — anders als bei der mündlichen Verhandlung — die Erklärung in denjenigen Fällen, in welchen Anwaltszwang stattfindet, nicht bloß durch einen beim Beschwerdegerichte zugelassenen Anwalt eingereicht werden kann (Begr.). Satz 2: Vgl. § 569 Abs. 2. Wenn Me Einlegung zum Protokolle des GerichtSschreibers erfolgen kann, ist nach § 78 Abs. 2 der Anwaltszwang auch dann ausgeschlossen, wenn die Erklärung nicht zu Protokoll abgegeben wird (vgl. § 569 Anm. 4). Bei Beschwerden gegen Entscheidungen deS Oberlandesgerichts ist für die Erklärung die Form der Nov. v. 1905 zulässig (Gaupp Nr. I 3). Außer der Anordnung einer schriftlichen Erklärung kann das Beschwerdegertcht auch selbst Ermittlungen (vgl. §§ 141—144) anstellen, insbesondere Beweis erheben.

Auch

die Eides-

Dritter Abschnitt.

Beschwerde.

§§ 074, 570.

575

§ 574. (537.) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthast und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sei. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Ist gegen die Entscheidung eines Oberlandesgerichts Beschwerde ein­ gelegt, so steht die Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde dem Oberlandesgerichte zu. Wird die Beschwerde von dem Ober­ landesgericht als unzulässig verworfen, so kann der Beschwerdeführer binnen einer Woche auf die Entscheidung des Beschwerdegerichts antragen; die Frist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses. In diesem Falle sind die Akten dem Beschwerdegerichte zu übersenden. E. § 513.

Mot. —

Prot. 273, 711 f. — 9hm. 1005 Begr. 19 f.; KomB. 44 ff., 74 f.

§ 575. (538.) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es demjenigen Gericht oder Vorsitzenden, von welchem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen. E. § 514.

Mot. 331.

Prot. 273.

zuschiebung sowie der richterliche Eid find — unbeschadet des § 294 — zulässig. Die Anordnung deS EideS erfolgt durch Beschluß (vgl. § 461 Anm. 1, 9MB. 50 368, OLG. Dresden in SA. 46 9Zr. 78. AM. Sprenger im c. A. 81, 281 ff.). 3) Wie angemessen eS auch ist, daß die Entscheidung mit Gründen versehen wird, so kann doch deren Mangel an sich keinen Grund zu einer weiteren Beschwerde geben. Die Be­ stimmung deS tz 313 Nr. 4 bezieht fich nur auf Urteile. Indessen kann bei mangelnden Gründen da- Beschwerdegericht von seiner Befugnis, weitere tatsächliche Auskunft zu verlangen (§ 571 Anm. 2), Gebrauch machen; diese Auskunft kann unter Umständen dahin führen, daß fich die Ent­ scheidung selbst alS unrichtig herausstellt (vgl. § 568 Anm. 3 a. E., f. auch 9MB. in IW. 1891, 199). § 574. 1) Abs. 1: Lgl. §8 341, 535, 554 a, 589. — Die Prüfung in betreff der Frist beschränkt fich selbstverständlich auf die sofortige Beschwerde, weil nur diese an eine Frist gebunden ist. Wegen der weiteren Beschwerde, wenn die Beschwerde als unzulässig verworfen wird, vgl. 8 568 Anm. 3, wegen der Wiederholung der Beschwerde s. 8 567 Anm. 6. 2) Abs. 2 Satz 1: Zur Entlastung des Reich-gericht- hat die Nov. v. 1905 die Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlande-gerichle diesen überwiesen und dementsprechend die 88 569 Abs. 1, 577 Abs. 2 geändert. Die Zulassung der Beschwerde durch da- Oberlandesgericht ist aber für da- Reichsgericht nicht bindend (9MB. 61 417); diesem find die Akten ohne Zustellung de- Zulassung-beschlusse- einzureichen (Gaupp Nr. II 1). 3) Abs. 2 Satz 2: Wenn da- Oberlande-gericht die Beschwerde al- unzulässig verwirft, so findet gegen diesen Beschluß zwar keine Beschwerde statt (9MB. in IW. 1905, 741), doch kann der Beschwerdeführer binnen einer mit der Zustellung de- Beschlusse- beginnenden Notfrist (88 223 f.. 233) von einer Woche aus die Entscheidung de- Beschwerdegerichts antragen. Der Anttag bedarf der in 8 569 Abs. 2 vorgesehenen Form (9MB. 65 345), dasselbe gilt für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Gaupp 9h. I 2 b, c). 4) Wegen der Gebühren s. 9MB. in Gruchot 50, 1116, in IW. 1906, 68. §575. 1) Wird die Beschwerde zurückgewiesen, so ist da- Verfahren erledigt, wird sie aber für begründet erachtet, so kann da- Beschwerdegericht nach seinem Ermessen die al-dann erforderlich werdende neue Anordnung entweder selbst treffen oder dem angegriffenen Gerichte bzw. Vorsitzenden überlassen (9MB. 29 398, Planck U 549 f.); in letzterem Falle greift der Grundsatz

Drittes Buch. Rechtsmittel,

576

g 576.

§ 576. (539.) Wird die Änderung einer Entscheidung des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Gerichtsschreibers verlangt, so ist die Entscheidung des Prozeßgerichts nachzusuchen. Die Beschwerde findet gegen die Entscheidung des Prozeßgerichts statt. Die Bestimmung des ersten Absatzes gilt auch für das Reichsgericht. E. § 515.

Mol. 332 f.

Prot. 273.

des § 565 Abs. 2 Platz (vgl. auch § 538 Anm. 1, RG. 58 318, KG. im RHA. 96 II 137). Wird auf weitere Beschwerde eine für unzulässig erklärte Beschwerde für begründet erachtet, so ist es zweckmäßig, lediglich den die Unzulässigkeit aussprechenden Beschluß aufzuheben, die Sachentscheidung aber dem untergeordneten Gerichte zu überlassen (RG. 16 323; Gaupp Nr. II u. a. ; ab». RG. 14 387). Bgl. auch RG. im Recht 1909 Nr. 1361.

2) Ist über die Beschwerde im kontradiktorischen Verfahren verhandelt worden, so ist nach § 329 Abs. 1 der Beschluß zu verkünden, andernfalls ist er nach Abs. 3 das. von Amts wegen den Parteien zuzustellen (Gaupp § 573 Nr. III; abw. früh. Aufl.). 3) Wegen der Kosten ist, wenn bte Beschwerde begründet ist, der § 91, wenn sie un­ begründet ist, der § 97 Abs. 1 maßgebend. (Vgl. Altvater im c. A. 63, 431 ft'., Solinger in IW. 1901, 74 ff.; s. auch §§ 97 Anm. 1 a. (£., 570 Anm., 574 Anm. 4.) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 45, 47 Abs. 3; RAGebO. § 41 (vgl. auch RG 8 428). 8 576. 1) Bgl. StPO. § 348 Abs. 3. — Der Stellung des beauftragten oder ersuchten Richters, der lediglich übertragene Rechte des Gerichts auszuüben hat (§ 366; vgl. Wach I 328 ff.) und nur ausnahmsweise befugt ist, selbständig Entscheidungen zu treffen (§§ 229, 365, 400),

entspricht eS, daß die Partei, welche die Änderung seiner Anordnungen verlangt, zunächst die Entscheidung des Prozeßgerichts nachzusuchen hat, und daß erst gegen letztere die Be­ schwerde stattfindet (vgl. Mot., RG. 68 66 u. §§ 569 Anm. 2, 398 Abs. 2). Der beauftragte oder ersuchte Richter (sowie der Gericht-schreiber) kann übrigens, da seine Verfügungen (vgl. § 329 Anm. 1, 3) nicht dem Grundsätze des § 318 unterliegen, seine beschwerende Verfügung selbst flbäncent und dadurch das Gesuch erledigen. Für die Nachsuchungder Entscheidung des Prozeßgerichts ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben (abgesehen von §577 Abs. 4). Sie unterliegt daher den allgemeinen Regeln über die betreffenden Prozeßhandlungen, insbesondere in betreff des Anwaltszwanges (vgl. RG. in IW. 1897, 324). Letzterer ist demnach nur ausgeschlossen (§ 78 Abs. 2), wenn es sich um eine Entscheidung des Gericht-schreibers handelt (RG. 66 204) oder das Prozeßgericht ein Amtsgericht ist: die weiteren Ausnahmen des § 569 Abs. 2 gelten nur rücksichtlich der Beschwerde (Gaupp Nr. II u. a. AM. Seuffert Anm. 2). Au- § 78 Abs. 2 folgt jedoch, daß das Abänderungsgesuch in der Verhandlung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter stets ohne Anwalt vorgebracht werden kann. Da das Abänderungsgesuch keine Beschwerde ist, vielmehr Überschreitungen deetteilteu Auftrags beseitigen will, so ist es auch zulässig, wenn gegen die Entscheidungen, falls sie vom Prozeßgericht erlassen waren, die Beschwerde unzulässig sein würde (Gaupp Nr. I u. a.; vgl. auch Abs. 3. AM. Seuffert a. a. L ). Die vom Prozeßgericht erlassene Entscheidung ist aber nur nach § 567 anfechtbar Die Entscheidung des Prozeßgerichts kann unter Umständen eine mündliche Verhandlung er­ fordern (vgl. RG. in SA. 44 Nr. 287, Gaupp Nr. III u. a. AM. Seuffert Anm. 2 u. früh. Ausl.). 2) Der Gerichtsschreiber handelt auch lediglich als Beauftragter des Gerichts, und eine Abänderung seiner Anordnungen (vgl. z. B. §§ 299, 706, 724, 725, 733, 797) kann durch das letztere auf dem einfachsten Wege herbeigeführt werden. — Wegen der Beschwerde gegen Hand­ lungen, die der Gerichtsschreiber auf Anordnung de- Vorsitzenden vorgenommen hat, vgl. §§ 730 Anm. 3, 733 Anm. 4.

Dritter Abschnitt.

Beschwerde.

$ 577.

577

§ 577. (540.) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nach­ folgenden besonderen Bestimmungen. Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, welche mit der Zustellung, in den Fällen der §§ 336 und 952 Abs. 4 mit der Verkündung der Entscheidung beginnt, einzulegen. Richtet sich die Beschwerde gegen die Ent­ scheidung eines Amts- oder Landgerichts, so genügt die Einlegung bei dem Beschwerdegerichte zur Wahrung der Notfrist, auch wenn der Fall für dringlich nicht erachtet wird. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden. 3) Abs. 2: Die Beschwerde ist nicht die weitere Beschwerde, weshalb die Beschränkung des § 568 Abs. 2 nicht Platz greift (RG. 9 348). Abs. 2 findet auf daS Reich-gericht keine Anwendung, weil gegen besten Entscheidungen Beschwerde unzulässig ist Darüber, daß die Be­ schwerde nicht eventuell mit der Nachsuchung der Entscheidung deS ProzetzgerichtS verbunden werden kann, f. § 577 Anm. 6. 4) Abs. 3: Vgl. EG. z. ZPO. § 7 Abs. 5. 5) Wegen der Gebühren s. GKG. § 45 Abs. 2 u. RAGebO. §§41 Nr. 2, 29 Nr. 5. — Auf die in § 17 Abs. 3 ZGebO. zugelaffene Beschwerde findet § 576 keine Anwendung (RG. 17 352, in Gruchot 44, 205, in IW. 1900, 495), deSgl. in den Fällen des GVG. §§ 160, 183 und des GKG. § 4; die Beschwerde gegen solche Entscheidungen deS ersuchten Richter- geht (Mot.). Bewegliches Vermögen in Ansehung der Zwangsvollstreckung ist alles, was nicht zum unbeweglichen Vermögen gehört; der Umfang dieses Begrists bestimmt sich nach dem bürger­ lichen Rechte (vgl. auch § 864 und Dernburg, Bürg. R. III § 4). Nach § 810 gehören aber zu jenem auch noch ungetrennte Früchte, obgleich sie an sich unbewegliche Sachen sind (Dernburg a. a. O. Nr. 1). Das seiner Natur nach bewegliche Zubehör eines Grundstücks (vgl. BGB. §§ 97, 98) unterliegt dagegen nach der Nov. v. 1898 der Mobiliarpfändung nicht (ZPO. § 865 Abs. 2 Satz 1 u. das. Anm. 1). Die noch auf dem Grundstücke befindlichen abgesonderten Früchte unterliegen bis zur Beschlagnahme für sich allein der Mobiliarpsändung (§ 865 Abs. 2 Satz 2), in Verbindung mit dem Grundstücke dagegen der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (s. auch ZBG. §§ 20, 21, 146). Vgl. §§ 805 Anm. 2 a. E., 810 Anm. 2. 2) Abs. 1 Satz 2 bezweckt möglichste Schonung des Schuldners und rechtfertigt sich dem Gläubiger gegenüber deshalb, weil die frühere Pfändung der späteren gegenüber bevorzugt wird (ß 804, vgl. Preuß. GeschA. f. d. GB. § 57 Nr. 9). Er hat nur die Bedeutung einer Dienst­ vorschrift; ein Zuwiderhandeln begründet eine Beschwerde nach § 766 (RG. in IW. 1895, 600; OLG. Karlsruhe in SA. 40 Nr. 328). Er bezieht sich auch auf die Pfändung einer Mehrheit von Forderungen, wobei deren Wert frei zu schätzen ist (OLG. Dresden in SA. 44 Nr. 295, Königsberg in Busch 19, 465, Posen in Rechtspr. 15, 281, Gaupp Nr. NI. AM. teilweise Kuttner in Busch 19, 463, Burlage das. 23, 242 ff., 254; vgl. auch Jäger in LeipzZ. 1909, 194 ff.). Vgl. auch § 829 Anm. 2 a. E. Eine Reihenfolge je nach der Art der zu pfändenden Gegen­ stände ist nicht vorgeschrieben (vgl. § 753 Anm. 3). Reichen die gepfändeten Gegenstände zur Befriedigung nicht aus, so kann selbstverständlich eine Pfändung weiterer Gegenstände erfolgeil (sog. Nachpfändung — OLG. Rostock in Rechtspr. 3, 153). Vgl. noch Preuß. GeschA. §§ 61 Nr. 2 a. E., 69 Nr. 4. „zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung" — Vgl. § 788 Abs. 1. 3) Abs. 2 enthält ebenso wie Abs. 1 Satz 2 eine Anweisung für den Gerichtsvollzieher, auf dessen Entscheidung es hierbei zunächst ankommt, und gewährt gleichfalls dem Schuldner eine Rücksicht, die für den Gläubiger ohne Nachteil ist. Vgl. für Preußen noch GeschA. f. d. GL. §§ 50 Nr. 1, 58 Nr. 2. Eine Anschlußpfändung (§ 826) kann wegen der Vorrechte der Erstpfändenden nicht in entsprechender Anwendung des § 803 Abs. 2 gehindert werden (OLG. Hamburg in SA. 43 9fr. 171, Seuffert Anm. 2, Gaupp Nr. III). Das Pfandrecht deS Ver­ mieters erstreckt sich auch auf die Sachen, deren Pfändung nach Abs. 2 zu unterbleiben hat (vgl. RG. in StS. 31 310). 8 804. Literatur: Rudolph in Jb. f. Dogm. 20, 311 st., Mandry-Geib 391 st., 401 st., v. Kräwel in Busch 5, 332 st., Ruhstrat das. 16, 451 ff., Gercke das. 18, 228 ff., Francke das. 36, 308ff., Riehl, Über die materiell-rechtl. Voraussetzungen des Pfändungspfandrechts Berlin 1888 u. dazu Vierhaus in Busch 13, 493 ff., Hassenpflug in Gruchot 32, 81 ff., Mügel das. 33, 61 ff., Pfizer, Anti-Seuffert (1892) Nr. 18, Pagenstecher in Gruchot 50, 274ff., Falkmann (1) 168 ff., Planck II §§ 181 ff.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Veldforderungen.

§ 804.

769

Das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger im Verhältnis zu anderen Gläubigem dieselben Rechte wie ein durch Vertrag erworbenes Faustpfandrecht; es geht Pfandund Vorzugsrechten vor, welche für den Fall eines Konkurses den Faustpfandrechten nicht gleichgestellt sind. 1) Im Anschluß an die herrschende Ansicht des gem. Rechtes (vgl. Windfcheid-Ktpp, Pand. I § 23), jedoch im Gegensatze zum franz. Rechte (C. civ. art. 2093 ff., C. de proc. art. 656 ff.) und zu den meisten neueren deutschen Gesetzgebungen, nach denen die Pfändung weder ein Pfandrecht noch ein sonstiges Vorzugsrecht begründete, entsteht nach der ZPO. durch die (gesetzlich zulässige und in gesetzlicher Form erfolgte) Pfändung ein Pfandrecht an dem gepfändeten Gegen­ stände (pignus in causa judicati captum). S. jedoch auch § 815 Abs. 3. 2) Als Wirkung der Pfändung tritt nicht ein bloßes Vorzugsrecht, sondern ein Pfand­ recht ein, das dem Pfandrecht an beweglichen Sachen (Faustpfandrecht) nachgebildet ist. 3) Soweit die Wirkungen des Pfandrechts nicht in der ZPO. und der KO. bestimmt sind, richten sie sich nach dem bürgerlichen Rechte (vgl. BGB. §§ 1204 ff., 1257; s. auch Falkmann 171). Letzteres entscheidet daher auch, welche Rechtsbehelfe dem Gläubiger zu­ stehen. Insbesondere unterliegt die Pfand klage (actio hypothecaria) denjenigen Beschränkungen, die das bürgerliche Recht in bezug aus die Eigentumsklage bei beweglichen Sacken gegen den redlichen Erwerber oder Pfandnehmer enthält (BGB. § 1006, HGB. §§ 366, 367). Aber nur auf die Wirkungen, nicht auch auf die Entstehung des Pfandrechtes taffen sich die Grundsätze des bürgerlichen Rechtes anwenden; besonders erwirbt der Gläubiger, der gutgläubig fremde, aber im Besitze des Schuldners befindliche Sachen pfändet, kein Pfandrecht (OLG. Hamburg in Rechtspr. 2, 219, vgl. auch RG. 60 222). 4) Auch in seiner Wirkung gegenüber dritten Gläubigern ist das PfändungSpfandrecht dem durch Vertrag erworbenen Faustpfandrechte völlig gleichgestellt (Abs. 2). Im einzelnen ergibt sich folgendes: a) Der Gläubiger kann vermöge der Pfändung auS dem gepfändeten Gegenstände feine Befriedigung vor allen anderen Gläubigern des Schuldners verlangen, mit alleiniger Ausnahme der­ jenigen, welche an dem Gegenstände bereits ein vertragsmäßiges Pfandrecht (vgl. BGB. §§ 1205, 1206, 1274, KO. § 48, EG. z. KO. g 14) oder ein nach KO. § 49 diesem gleichstehendes Recht erworben haben, denn das PiändungSpfandrecht ,geht Pfand- und Vorrechten vor, welche für den Fall eines Konkurses den Faustpfandrechten nicht gleichgestellt sind"; nach KO. § 49 aber stehen außer den Gläubigern, die durch Pfändung ein Pfandrecht erlangt haben, nur die daselbst aufgefühtten Gläubiger den Faustpsandgläubigern gleich. Vgl. § 805 Anm. 2 a. E. und fönet Hypolhekenbankges. v. 13. Juli 1899 (RGBl. 375) §§ 35, 43; Gesetz über die privaten Bersicherungsunternehmen v. 12. Mai 1901 (RGBl. 139) § 61; Gesetz über den Versicherungsvertrag v. 30. Mai 1908 (RGBl. 263) § 1.7 (u. dazu Flechtheim in LeipzZ. 1908, 801 ff). Ob die in KO. § 49 bezeichneten Vorzugsrechte auch außerhalb des Konkurse- ein den gewöhnlichen Gläubigern vorgehendes Pfand- oder Vorzugsrecht gewähren und welchen Rang sie im Verhältnisse zum Pfändung-pfandrecht einnehmen, bestimmt sich nach bürgerlichem Rechte (vgl. z. B. BGB. §§ 233, 559, 563, 581, 585, 590, 704; HGB. § 371; f. auch EG. d. Rov. z. «O. Art. DI). S. für Preußen AG. z KO. § 7. b) Selbstverständlich wirkt das Pfändungspfandrecht auch im Verhältnisse zu den bloßen Konkursgläubigern (KO. §§ 47 ff.). Daß dagegen da- Pfändungspfandrecht einem Faustpfandrecht oder einem dem letzteren gemäß § 49 KO. gleichgestellten Vorzugsrechte, falls diese Rechte zur Zeit der Pfän­ dung bereit- erworben waren, auch nach Eröffnung de- Konkurse- nachstehen muß, ergibt sich auS der allgemeinen Fassung de- § 804 Abs. 2 von selbst (RG. 25 288). Vgl. noch KO. § 49 Abs. 2. c) Die Bestimmungen der KO. über die Wirkung der Konkurseröffnung und die Struckmannu. Koch, Ztvllpro-eßorbnung. 9. Sufi

49

Achtes Buch.

770

Zwangsvollstreckung,

g 804

Das durch eine frühere Pfändung begründete Pfandrecht geht demjenigen vor, welches durch eine spätere Pfändung begründet wird. E. § 658.

Mot. 421 ff.

Prot. 370 ff., 565 ff., 713 ff.

Anfechtung von Rechtshandlungen (MC. §§ 14, 15, 29— 41, 49 Nr. 2, 106) kommen auch für das Pfändungspfandrecht zur Anwendung (vgl. RG. 533E. 10 33, 17 26, 28 113, 25 38, 47 223). Im Falle des Nachlaßkonkurses f. MC. § 221. d) Das durch eine frühere Pfändung begründete Pfandrecht geht demjenigen vor, welches durch eine spätere Pfändung begründet wird (Abs. 3; vgl. auch BGB. § 1209, Preuß. GeschA. f. d. $53. § 56 Nr. 2). Der später Pfändende hat nur einen Anspruch auf den nach Be­ friedigung des früher Pfändenden verbleibenden Überschuß. Über die Attschlußpfändung selbst vgl. §§ 826, 627. Bei gleichzeitiger Pfändung für mehrere Gläubiger (aus die Reihenfolge der Aufträge an den Gerichtsvollzieher kommt es nicht an; vgl. Preutz. GeschA. f. d. OHv § 70 Nr. 1) sind diese nach Verhältnis ihrer Forderungen berechtigt; ein Pfand- oder Vorzugsrecht, das für den Fall eines Konkurses den Faustpfandgläubigern nicht gleichgestellt ist, gewährt auch in diesem Falle keinerlei Vorzug. Vgl. § 827 Anm. 6. e) Im Verhältnisse zum Eigentümer des gepfändeten Gegeustattdes steht das PfändungsPfandrecht dem durch Vertrag erworbenen Faustpfandrechte (BGB. § 1207) nicht gleich (vgl. § 771 Anm. 2; RG. in IW. 1895, 239, CLG. Zweibrücken in PucheltZ. 31, 507; KG. in Rechtspr. 9, 119; Prot. z. BGB. III 78 f ). 5) Auch die Arrestgläubiger erwerben durch Vollziehung des Arrestes in das bewegliche Vermögen des Schuldners ein Pfandrecht (§ 930). 6) In der ZPC. ist die Wirkung der Sicherheitsleistung des Echuldners und der Hinterlegung des Schuldbetrags im Falle des § 713 Abs. 2 (vgl. auch §§ 707, 719, 732 Abs. 2, 766 Abs. 1, 769 Abs. 1, 815 Abs. 3, 819) nicht bestimmt worden: sie richtet sich daher nach dem bürgerlichen Rechte. Vgl. § 108 Anm. 3. Nach BGB. § 233 begründet aber jede Sicherheitsleistung durch Hinterlegung für den Berechtigten ein Pfandrecht an dem hinterlegten Gelde bzw. an den hinterlegten Wert­ papieren (vgl. auch RG. 56 146). Geht das hinterlegte Geld in das Eigentum des Staates oder der als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt über (s. Preuß. HinterlO. v. 14. März 1879 §§ 7, 8), so ist die Forderung aus Rückerstattung Gegenstand des Pfandrechts. Die Hinterlegung des Schuldbetrags (oder des Streitgegenstandes) seitens des Schuldners (vgl. § 713) ist Zahlung unter einer auflösenden Bedingung (daß nämlich das Urteil nicht wieder aufgehoben werde), macht also den Gläubiger zum Eigentümer. (Vgl. Seuffert § 713 Anm. 3, § 809 Anm. 9, Petersen Nr. 4 u. a. S. auch RG. 12 397; Mot. z. BGB. II 96 f. AM. Mandry-Geib 440 N. 21, Faltmann (2) 329 ff., Crtmann in c. A. 79, 254 u. a.; teiln), abw. jetzt auch Gaupp Nr. I 2.] Die Bestimmung des BGB. § 378 ist entsprechend anwendbar, da sich aus dem Zwecke der Hinterlegung von selbst ergibt, daß dem Schuldner nicht das Recht der Rücknahme zustehen kann. BGB. § 379 Abs. 2 bestimmt, daß durch die Hinterlegung des Schuldbetrags der Zinsenlauf gehemmt wird und daß die Gefahr aus den Gläubiger übergeht. Vgl. auch § 75 Anm. 2. Hinterlegt der Gerichtsvollzieher (§§ 720, 805, 815, 827, 839, 853, 854, 930 — vgl. auch Preuß. GeschA. f. d. GV. § 87) oder der Drittschuldner (§ 853), so kann die Wirkung keine andere sein als ein Pfandrecht (vgl. auch § 108 Anm. 3, Mandry-Geib 441, Gaupp Nr. V 3 u. a.). Auch die Wirkungen einer Sicherheitsleistung von seiten des Gläubigers zum Zwecke einer Zwangsvollstreckung, eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung in den Fällen der

Zweiter Abschnitt.

nicht nicht aus seine

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 805.

771

§ 805. (710.) Der Pfändung einer Sache kann ein Dritter, welcher sich im Besitze der Sache befindet, auf Grund eines Pfand- oder Vorzugsrechts widersprechen; er kann jedoch seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung dem Erlöse im Wege der Klage geltend machen, ohne Rücksicht darauf, ob Forderung fällig ist oder nicht. Die Klage ist bei dem Vollstreckungsgericht und, wenn der Streitgegenstand

§§ 707, 710, 713 Abs. 1, 719, 732 Abs. 2, 769 Abs. 2, 771 Abs. 3, 921 Abs. 2, 924, 936 bestimmen sich nach BGB. § 233 (vgl. auch RG in IW. 1898, 223). 7) Rechtswidrige Verfügungen des Schuldners über den gepfändeten körperlichen Gegenstand werden nach § 137 StGB, bestraft (s. unten § 808 Sinnt. 3); vgl. auch §§ 288, 289 das. S. wegen der Forderungen § 829 Anm. 6. 8) Das Pfändungspfandrecht erlischt nach §§ 814, 819 (vgl. § 815 Anm. 3, 4) mit der Wegnahme des gepfändeten Geldes oder bei gepfändeten Sachen mit der Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher, ferner durch Rückgabe des Pfande- an den Schuldner auf Anweisung deS Gläubigers (vgl. BGB. § 1253), durch Verzicht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner (vgl. BGB. § 1255, OLG. Königsberg in Rechtspr. 6, 275) und außerdem nach dm Grundsätzen deS bürgerlichen Rechtes (vgl. z. B. BGB. § 936 (anders § 1208), HGB. § 366 Abs. 1; f. auch oben Anm. 3, RG. in IW. 1895, 328; OLG. Cöln im RhA. 98, 1, 52]. Durch eine gerichtliche Anordnung (vgl. § 775) verliert daS Pfandrecht nicht von selbst seine RechtSbeftändigkeit; eS bedarf noch der besondern Aufhebung (RG. 56 148; Pagenstecher in Gruchot 50, 293 ff. AM. Seuffert Anm. 7a u. die früh. Aufl.). S. auch § 808 Anm. 4. 9) In Preußen finden die Vorschriften der ZPO. über die Wirkungen der Pfändung entsprechende Anwendung auf die auf Grund von Entscheidungen der Verwaltungsbehörden, BerwaltungSgerichte oder Auseinandersetzungsbehörden bewirkte Pfändung (AG. z. ZPO. § 5). Vgl. auch Verordn, v. 15. Nov. 1899, betr. d. BerwaltungszwangSverfahren (GS. 545), §§ 22 ff. u. hierzu Gaupp Nr. III 46. 8 805. Literatur: Voß im e.A.76, 284ff., Falkmann (1.) 130ff., Planck ll 8178f., bes. 716ff. 1) Der § 805 entspricht dem § 771, den er gewissermaßen einschränkt. Wie § 771 sich auf Dritte bezieht, die gegm die Zwangsvollstreckung selbst Widerspruch erheben, so § 805 auf Dritte, die dem Fortgange der Vollstreckung durch Pfändung (nicht auch durch Wegnahme nach §§ 863, 884) nicht widersprechen, sondern nur einen Anspruch auf vorzugsweise Be­ friedigung erheben können. (So auch RG. im DRAnz. 1881 bes. Beil. 6, 3 a. E.) ES find dies solche, die ein Pfand- oder gleichgestellte- Vorzugsrecht an der gepfändeten Sache habm, ohne sich zugleich im Besitze der Sache zu befinden. Für diejenigen, welche fich im Besitze befinden, bedarf eS, wenn dennoch ohne ihre Zustimmung (f. § 809) gepfändet ist, nicht der An­ wendung deS § 805; ihr WiderspruchSrecht gewährt, sobald die Versteigerung erfolgt ist, schon nach § 771 ein Anrecht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlöse (s. § 771 Anm. 3 a. E.). Wenn also der Dritte die ihm verpfändete oder von ihm, z. B. kraft deS kaufmännischen Zurückbehaltungsrechts (HGB. §§ 371 f.), zurückbehaltene Sache im Besitze hat, muß der Gläubiger, der daraus Befriedigung beanspruchen will, seinerseits gegen den Dritten im Wege der Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe oder Leistung vorgehen (vgl. §§ 846, 847), ist hierzu aber auch vor Eintritt der Fälligkeit seiner Forderung berechtigt. Stärkere Rechte hat die Gläubigerschaft im Konkurse (KO. §§ 118 bis 120, 127; vgl. auch Begemann in Busch 26, 371 ff.). 2) Abs. 1: „Dritter" — Dazu gehört nicht ein anderer pfändender Gläubiger; diesem gegmüber finden die §§ 872 ff. Anwendung (RG. in IW. 1894, 14, Falkmann 141). Vgl. § 771 Anm. 2 i. 91.

772

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

g 805.

zur Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gehört, bei dem Landgerichte zu erheben, in dessen Bezirke das Vollstreckungsgericht seinen Sitz hat. Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen. „©adbe* — sann sich hier nur auf körperliche Sachen beziehen, da das BGB. einen Besitz an nichtkörperlichen Gegenständen nicht anerkennt (vgl. auch RG in IW. 1902, 532. AM. früh. Ausl.).

„nicht im Besitze der Sache" — Im Besitz ist der Pfand- oder Borzugsberechtigte, falls er selbst oder für ihn ein Dritter (nicht der Schuldner), sei es als Besitzdiener oder Besitz­ mittler, die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt (BGB. §§ 854, 855, 868, 1205, 1206). lBgl. Preuß. GeschA. f. d. GB. § 63 Nr. 1.] Als „Besitz " im Sinne des § 805 ist auch das Verhältnis besten anzusehen, der mittels KonnoffementS, Lagerscheins, Ladescheins oder eines ähnlichen Papiers in der Lage ist, über den Gegenstand zu verfügen (vgl. HGB. §§ 397, 410, 421, 440 Abs. 2; Preuß. AG. z. KO. § 5). [Bo auch RG. 9 424.] Dringt der Gerichtsvollzieher widerrechtlich in den Gewahrsam eine- Dritten ein, so ist gegen ihn nach BGB. § 859 Selbsthilfe und gegen den Gläubiger, in dessen Aufträge jener handelt, die Klage auS BGB. § 861 wegen Besitzstörung zulässig. Welche Rechte unter § 805 fallen, entscheidet sich nach bürgerlichem Rechte. Es gehören dahin die gesetzlichen Pjandrechte an beweglichen Sachen, so das deS Vermieters an den eingebrachten Sachen des Mieters (BGB. §§ 559 ff.), des Verpächters an den eingebrachten Sachen (das. § 581) und an den Früchten des Pächters (§ 585) — solange nicht vom BrsitzergreifungSrechte (§ 561) Gebrauch gemacht ist —, des Gastwirts an den eingebrachten Sachen deS Gastes (BGB. § 704) und die Pfandrechte des Frachtführers und Verfrachters nach Ab­ lieferung des Gutes (HGB. §§ 440, 623). Ferner gehören hierher die Fälle, in denen die Pfandsache nach gültiger Entstehung des Faust- oder Pfändung-pfandrecht- dem Faustpfandgläubiger oder Gerichtsvollzieher abhanden gekommen ist, sofern da- Pfandrecht fortdauert (vgl. § 804 Sinnt. 3; f. auch BGB. § 1253 Abs. 2). Das Pfandrecht deS Vermieter- (Verpächter-, Gastwirts) erlischt weder durch widerspruchslose Entfernung der Pfandsachen durch den Gerichtsvollzieher gemäß BGB. § 560 (581, 704), noch durch Ablauf der einmonatigen Frist gemäß BGB. § 561 Abs. 2 Satz 2. Der § 805 schließt eben das Widerspruch-recht gegen Vollstteckungshandlungen au- und gewährtan Stelle des Rechtsbehelfes aus BGB. § 561 einen selbständigen, ander- gearteten Anspruch (so Kiese in DJZ. 1903, 175, MetzgeS in Gruchot 49, 495 ff., Brückner int Recht 1905, 180 ff., OLG. Hamburg in Rechtspr. 9, 298, Cöln im RhA. 100 I 96 u. a. AM. Karsten int Recht 1904, 440, Brandts in DJZ. 1906, 858 f., KG. in Rechtspr. 5, 37; 19, 2, Siel das. 7, 463 u. a.). Die Beschränkungen de- Widerspruch-recht- gemäß BGB. § 560 Satz 2 gelten dagegen auch gegenüber der Klage auS § 805 (RG. in IW. 1909, 657. AM. OLG. Frankfurt in Rechtspr. 19, 153). Sind bewegliches Zubehör von Grundstücken (vgl. § 865 Abs. 2) oder stehende und hängende sowie abgesonderte, aber noch auf dem Grundstücke besindliche Früchte int Wege der Mobiliarzwang-vollstreckung gepfändet (vgl. § 803 Sinnt. 1 a. E.), so kann der Realgläubiger, soweit nicht, wie bei den letztgedachten Früchten, der Pfandverband durch die Veräußerung und Entfernung vom Grundstücke vor der Beschlagnahme gelöst ist (BGB. § 1121), nach vorstehenden Grundsätzen sein Vorrecht an dem Erlöse geltend machen (vgl. auch §§ 771 Anm. 3 a E., 810 Anm. 10, OLG. Kiel in SA. 59 Nr. 169). Es kann aber auch jeder Realberechtigte einer Zwangs­ vollstreckung dieser Art in die mrtverhafteten beweglichen Gegenstände unter entsprechender Anwen­ dung de- § 771 widersprechen (vgl. § 810 Abs. 2), und gegen eine Pfändung von Zubehör ist auch eine Einwendung gemäß § 766 begründet (§ 865 Anm. 3). Vgl. auch RG. 42 85.

Zweiter Abschnitt,

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 805.

773

Wird der Anspruch glaubhaft gemacht, so hat das Gericht die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen. Die Vorschriften der §§ 769, 770 finden hierbei ent­ sprechende Anwendung. E. § 659.

Mot. 425.

Prot. 374, 571.

3) Abs. 2: Im einzelnen entsprechen die Bestimmungen des § 805 meistens gleichfalls denjenigen des § 771. Insbesondere ist auch fiter der die Einwendung erhebende Dritte auf den Weg der Klage im ordentlichen Verfahren (§ 764 Abs. 3 findet keine Anwendung) verwiesen (vgl. Voß 293); int Berteilungsverfahren kann sein Streit mit dem pfändenden Gläubiger nicht aus­ getragen werden (Mot.; vgl. § 872 Anm. 2). Der Pfand- und Vorzugsberechtigte aber, der sich im Besitze der Sache befindet und daher das Widerspruchsrecht nach § 771 hat, kann an Stelle des letzteren Rechtes von dem Klagerecht aus § 805 (als dem geringeren) Gebrauch machen (Cretschmar im c. A. 64, 325, Planck II 716 u. a.). Ist der Erlös bereits ausgezahlt oder der gepfändete Gegenstand freihändig an den Psändungsgläubiger verkauft worden (OLG. Celle in SA. 53 Nr. 63), so kann die Klage beim Vollstreckungsgerichte nicht mehr angestellt werden (RG. 12 370; vgl. dazu Grisebach in Busch 9, 264 ff.; s. auch RG. in IW. 1897, 345). Die bloße Empfangnahme durch den Gerichtsvollzieher hat nicht die gleiche Wirkung; § 819 paßt hier nicht (vgl. §§ 815 Anm. 3, 819 Anm.; OLG. Kiel in SA. 40 Nr. 186 I, Celle das. II, Rostock das. 43 Nr. 248, Dresden das. 46 Nr. 77; Jaeobi in d. Festgabe f. Gneist 166. AM. Voß a. a. O. 294 f.). Eine Klage wegen grundloser Bereicherung (BGB. §§ 812 ff.; vgl. OLG. Bamberg in Rechtspr. 2, 352, Dresden in SA. 63 Nr. 154) kann nur int gewöhnlichen Gerichtsstand angestellt werden (vgl. §§ 771 Anm. 3 a. E., 878 Anm. 5, 879 Anm. 1). Wegen Unterschlagung des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher vgl. RG. in Gruchot 44, 1207 und für Preußen jetzt Ges. v. 1. Aug. 1909 (GS. 691). 4) Im Einklänge mit den allgemeinen Grundsätzen über die sachliche Zuständigkeit sowie mit dem in § 771 Abs. 1 beibehaltenen Grundsatz ist die Klage nur dann beim Vollstreckungs­ gerichte zu erheben, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehört (GVG. § 23). Die Kammern für Handelssachen sind nicht ausgeschlossen (s. oben Anm. 2). Die Gebühren sind die gewöhnlichen des GKG. § 18, bzw. der RAGebO. § 13. 5) Der Abs. 3 stimmt vollständig mit § 771 Abs. 2 überein. Wegen der Streitgenossen­ schaft gelten die gleichen Grundsätze (vgl. § 771 Anm. 6, Planck II 718). S. auch RG. in Gruchot 46, 433. 6) Abs. 4: Die Hinterlegung, die auch schon vor Erhebung der Klage angeordnet werden kann (vgl. § 767), erfolgt durch den pfändenden Gerichtsvollzieher. Vgl. § 827. Sie begründet bzw. erhält das Pfändungspfandrecht (vgl. § 804 Anm. 6); auch dem Widersprechenden gegenüber tritt der Erlös an Stelle der gepfändeten Sache (s. Abs. 1). Wo zu hinterlegen ist, richtet sich nach den Landesgesetzen. Vgl. EG. z. BGB. Art. 144, 145; ZPO. §§ 108 Anm. 3, 713 Anm. 3, 4. Für Preußen ist eine die vorläufige Verwahrung beim Amtsgerichte rechtfertigende besondere Dringlichkeit int Sinne des § 74 Nr. 3 der Hinter­ legungsordn. v. 14. März 1879 (GS. 249) nicht anzunehmen. Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 35 Nr. 1, 39 Abs. 1; RAGebO. §§ 23 Nr. 1, 29 Nr. 4, 30 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 2. 7) Die „Hinterlegung des Erlöses" entspricht der „Einstellung der Zwangsvollstreckung und Aufhebung der bereits erfolgten Bollstreckungsmaßregeln" int Falle des § 771 Abs. 3; da die Zwangsvollstreckung selbst hier ihren Fortgang nimmt, kann § 771 Abs. 3 keine unmittelbare An­ wendung finden. Der letzte Satz des § 771: „Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig" eignet sich nicht einmal zur entsprechenden Anwendung. Da int Falle des § 769 auch das Berufungsgericht als Prozeßgericht die Einstellung verfügen kann (s. § 769 Anm. 1), so kann es unter gleicher Voraussetzung auch die Hinterlegung des Er­ löses anordnen (RG. 33 385).

774

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§§ 806, 807.

§ 806. Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache ein Anspruch aus Gewähr­ leistung nicht zu. Nov. 1898 E. 8 710a; Begr. 165; Prot. z. BGB. I. 668f., 701, VI. 717.

§ 807. (711.) Hat die Pfändung zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt oder macht dieser glaubhaft, daß er durch Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen könne, so ist der Schuldner auf Antrag verpflichtet, ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen, in betreff seiner §806. Lgl. Entw. I des BGB. § 395 u. dazu Mot. I 237 f. 1) § 806 soll nach der Begr. etwaigen Zweifeln vorbeugen, die sich aus den Vorschriften des BGB. über den Kaufvertrag ergeben könnten. Die Gewährleistung würde hier dem Zwecke der Veräußerung widersprechen (ähnlich ZVG. § 56). Vgl. BGB. § 461 und dazu Planck Anm. 2 und Eccius in Gruchot 43, 270, 313 ff.; s. auch BGB. § 1242 und Planck, BGB. V § 2115 Anm. 3. Bezüglich des Eigentumserwerbes gelten regelmäßig BGB. §§ 932, 935 Abs. 2, 936, eventuell auch § 1244 (RG. 61 330). 2) Eine Haftung wegen Betrugs oder ungerechtfertigter Bereicherung wird durch § 806 nicht berührt; die Bestimmung gilt auch entsprechend, wenn die Veräußerung im Wege der Zwangs­ vollstreckung durch den Konkursverwalter erfolgt (KO. § 127), nicht aber bei Zwangsversteigerung im Teilungsverfahren (s. Mot. z. BGB.; vgl. auch Seuffert in Busch 22, 375). 3) § 806 bezieht sich auch auf die Veräußerung von gepfändeten Rechten (Petersen Anm. — Bedenken deswegen äußert Seuffert a. a. O. 374). Bei der Überweisung einer gepfändeten Forderung an Zahlungs Statt ist aber das Bestehen der überwiesenen Forderung die Voraussetzung der Wirksamkeit ff. § 835 Anm. 5).

#807. Literatur über den Offenbarungscid der ZPO.: W. Francke, D. Offenbarung-eid. Berlin 1885, Schönfeld, Offenbarungseid u. Hast. Gnesen 1888, Drache in Busch 3, 314 ff., Mugdan das. 5,262 u. in Gruchot 26, 274 ff., Krech in Gruchot 26, 218 ff., Friedländer das. 33, 562 ff., Just im c. A. 68, 342 ff., Staub in IW. 1885, 9 ff., Lewinsohn in Busch 14, 96 ff., Falkmonn (1.) 316ff., Planck II § 188. Über die Geschichte des Offenbarungseides s. Gallinger, D. Offenbarungseid. München 1884. 1) Der durch die gemeinrechtliche Praxis ausgebildete Offenbarung-eid (Manifestations­ eid) ist, zumal nach Aufhebung der Schuldhaft und der Lohnbeschlagnahme sowie unter Berück­ sichtigung der in den §§ 811, 850 eingeführten erheblichen Beschränkungen der Vollstreckung, zur Sicherung des Gläubigers für unentbehrlich erachtet worden. (8. auch §§ 883, 889 u. KO. § 125.) 2) Die Verpflichtung zur eidlichen Offenbarung nach § 807 ist eine wesentlich prozessuale (vgl. Krech 223 ff., Francke 23 ff.). Der Schuldner kann nur auf Antrag des Gläubigers zur Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses und zu dessen eidlicher Erhärtung angehalten werden. Diese Verpflichtung liegt auch demjenigen Schuldner ob, welcher lediglich zur Duldung der Zwangs­ vollstreckung in bestimmte Gegenstände oder Vermögenskomplexe verurteilt worden ist (RG. in IW. 1909, 321). Voraussetzung der Zulässigkeil des Antrags ist, daß entweder eine Pfändung, d. h. eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (§ 803) voraus­ gegangen ist, die zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat — daß die Pfändung in allen bekannten inländischen Wohnsitzen des Schuldners ohne Erfolg vor­ genommen sei, ist nicht erforderlich (Schönfeld 8. AM. Francke 9 ff.)—, oder daß der mit einem Vollstreckungstitel — als solcher genügt ein Arrestbesehl nicht; vgl. OLG. Hamburg in SA. 44 Nr. 292, Cöln in RhA. 91 I 77, Dresden in Rechtspr. 14. 195, Planck II 770 N. 3, Merkel,

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldfordemngen.

§ 807.

775

Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen, sowie den Offen­ barungseid dahin zu leisten: datz er nach bestem Wissen sein Vermögen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. E. § 660.

Mot. 426.

Prot. 374 f. — Nov. 1898 E. § 711; Begr. 165.

Arrest 168, Schönfeld 14 N. 15 u. a. AM. wegen § 928 OLG. Hamburg in Rechtspr. 2, 129, Marienwerder das. 359, Colmar das. 14, 195, KG. das. 197, Francke 4 ff., Friedländer 566 ff., Falkmann 321, jetzt auch Gaupp Nr. II, Pelersen Nr. 5 u. a., wohl aber ein vorläufig vollstreckbares Urteil (RG. in Gruchot 41, 715) — versehene Gläubiger glaubhaft macht, daß eine Pfändung zu seiner vollständigen Befriedigung nicht führen werde, z. B. durch Ver­ weisung aus frühere fruchtlose Pfändungen oder durch den Nachweis, daß der Schuldner seine Wohnung verheimlicht (KG. in Rechtspr. 16, 301). Darauf also, ob etwa eine Befriedigung des Gläubigers aus unbeweglichen Gütern erfolgen kann, kommt es nicht an. § 17 Abs. 1 des Preuß. GKG. begründet eine Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides ohne vorgängige fruchtlose Zwangsvollstreckung. Die vertragsmäßige Ausschließung des Offenbarungseides sowie die Verpflichtung, ihn ohne die gesetzlichen Voraussetzungen abzuleisten, ist unwirksam (Köhler in Gruchot 31, 319, Pelersen Nr. 1. AM. Gmelin, D. Vollstreckbarkeit 37 N. 2, jetzt auch Gaupp Nr. II 3, OLG. Dresden in Rechtspr. 13, 198). Der Antrag auf Vorlage deS Vermögensverzeichnisses und derjenige auf Leistung deS Offenbanlngseides müssen notwendig miteinander verbunden werden. Das Verzeichnis bedeutet eine gesonderte Angabe der einzelnen Bermögensstücke; die Angabe, „der Schuldner besitze nichts" oder „nichts, als was er auf dem Leide trage", oder er besitze „nur unpfändbare Gegenstände" (s. Anm. 3), genügt nicht (vgl. Krech 227, Planck II 771 Nr. 2). Ein besonderer Zwang zur Vorlegung oder Vervollständigung des Verzeichnisses, etwa nach §§ 887, 888, findet aber nicht statt; eS gibt nur den Zwang zur Eidesleistung in dem in Anm. 5 bezeichneten Verfahren. 8) Die Form des Offenbarungseides ist rein assertorisch, wie auch die frühere („daß er sein Vermögen vollständig angegeben imb wissentlich nichts verschwiegen habe"); durch die Nov. v. 1898 ist die Form mit dem BGB. § 260 in Übereinstimmung gebracht, wobei eine Ab­ schwächung gegen früher eingetreten ist. Ein Versprechen der Anzeige von nachträglich ermittelten Vermögensstücken ist in die Eidesnorm ebensowenig aufgenommen wie die Verneinung betrüglicher Veräußerung. Daher besteht auch keine Verpflichtung zur Angabe in anfechtbarer Weise veräußerter Gegenstände (OLG. München in Rechtspr. 19, 5). Auf der anderen Seite umfaßt aber der Eid in seiner allgemeinen Faffung das gesamte (aktive) Vermögen deS Schuldners, auch das unbewegliche und die nach den §§ 811, 850 von der Vollstreckung ausgenommenen Teile des beweglichen; es soll nicht der Beurteilung deS Schuldners anheimgestellt werden, ob eine der Voraussetzungen der §§ 811, 850 zutrifft (Rechtspr. d. RG. in StS. 4 205, OLG. Posen in Rechtspr. 14, 194, Friedländer 580 ff. u. a.) Ebenso bezieht sich die eidliche Verpflich­ tung auf die Bezeichnung des Grundes und der Beweismittel hinsichtlich der in dem Verzeichnis aufgeführten Forderungen, wodurch der Gläubiger in den Stand gesetzt wird, zu beurteilen, ob er nach §§ 828 ff. die Zwangsvollstreckung in diese Forderungen mit Nutzen herbeiführen kann (vgl. Mot.). Fehlen diese Angaben, so darf der Eid nicht abgenommen werden (RG. 62 351 ff.). Bei körperlichen Sachen ist auch der Ort, wo sie sich befinden, genau anzugeben (RG. 62 353, Krech 227, Francke 24 ff. u. a. AM. Bunsen in MecklZ. 2, 321 ff.). Auch bedingte und betagte Forderungen, die Beteiligung an einer Handelsgesellschaft (RG. in StS. 24 74, in IW. 1893, 285 Nr. 3), mit dem Familienstande verbundene Nutznießungsrechte, das eingebrachte Gut der Ehefrau (KG. in Rechtspr. 11, 190) und angefallene, wenngleich noch nicht angenommene Erb­ schaften müssen angegeben werden. Über die Grenzen der Offenbarungspflicht vgl. KG. in Recht­ er. 11, 190, dagegen Gaupp Nr. III 1.

Achtes Buch.

776

Zwangsvollstreckung,

§ 808.

II. Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen.

§ 808. (712.) Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befind­ lichen körperlichen Sachen wird dadurch bewirkt, dah der Gerichtsvollzieher dieselben in Besitz nimmt. Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, sofern nicht hierdurch die Be­ friedigung des Gläubigers gefährdet wird. Werden die Sachen im Wegen der Verletzung der Eidespflicht s. StGB. §§ 153,

163 (§ 162 patzt nicht mehr);

auch die fahrlässige Verletzung ist strafbar (9t (B. in StS. 27 417). 4) Ist der Schuldner nicht prozetzfähfig, so hat statt seiner nach allgemeinen Grund­ sätzen sein gesetzlicher Vertreter zu schwören (vgl. §§ 51 Anm. 2, 473 Abs. 1 und hierzu überhaupt Bondi in Busch 32, 221 ff., 236), bei einer Mehrheit von Vertretern auf Antrag alle, da es sich um eine Anzeigepflicht handelt (Krech 233).

§ 473 Abs. 2 ist nicht entsprechend anwendbar (vgl.

§ 473 Anm. 4, Francke 35, Friedländer 571 u. a.

AM. Waller in Busch 21, 176, Krech 222).

5) Das Verfahren in bezug aus die Abnahme des Lffenbaruugscideö regeln die §§ 899 bis 903.

Wegen der Gebühren s. § 899 Anm. 4.

# 808. 1)

Der § 808

handelt

von

der Zwangsvollstreckung in

körperliche Sachen,

die sich im

Gewahrsame des Schuldners, § 809 von der Zwangsvollstreckung in solche, die sich im Ge­ wahrsame des Gläubigers oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden. In sämtlichen Fällen erfolgt die Zwangsvollstreckung nach dem allgemeinen Grundsätze des § 803 durch Pfändung (vgl.

9tG. in Gruchot 26, 1185).

2) Abs. 1: In dem Falle des § 808 (vgl. auch § 831) wird die Pfändung durch Besitz­ nahme der Sachen seitens des Gerichtsvollziehers bewirkt. unmittelbarer,

der Gläubiger mittelbarer Besitzer.

Hierdurch wird der Gerichtsvollzieher

Werden die gepfändeten Lachen im Gewahr­

same des Schuldners gelassen (Vlbf. 2), so wird dieser unmittelbarer Besitzer, der Gerichtsvollzieher und durch ihn der Gläubiger mittelbarer Besitzer. sVgl. §§ 753 Anm. 1, 754, 755; s. auch RG. in IW. 1895, 543 Nr. 34, OLG. Dresden im c. A. 68. 415, Jena in Rechtspr. 2, 267, Dresden das. 12, 295; Gaupp Nr. IV u. a.; vgl. auch RG. 67 326 u. a. AM. („Besitz von Amts wegen") Votz im c. A. 66, 173, 185, 188ff., 203, Nessel in Gruchot 28. 93 ff., Planck II 724 bei N. 25 („Besitz für den Schuldner").) „Die mit der Pfändung nach § 804 eintretende Wirkung mutz auf die Form der Ausführung derselben zurückwirken. Zur Begründung eines dem Faustpfande gleich­ stehenden Pfandrechts kann eine blotze Beschlagnahme der zu pfändenden körperlichen Sachen bei dem Schuldner ebensowenig ausreichen, wie die Bestellung eines Hüters, wenn nicht zugleich in dem materiellen Verhältnisse des Schuldners zur Sache eine Peränderung eintritt. Wie zur Erwerbung des vertragsmätzigen Faustpfandrechts die Übergabe, so mutz hier die Besitznahme als Erfordernis festgehalten werden." (Mot.) „Gewahrsam" — Dieser Ausdruck ist dem BGB. fremd, er bedeutet tatsächliche Gewalt (BGB. §§ 854ff.), ausschlietzliches Innehaben (objektive Detention) (vgl. auch Preutz. GeschA. f. d. GB. § 57 Nr. 2, Gaupp Nr. II).

Nicht genügt blotz mittelbarer Besitz (BGB. § 868; vgl.

OLG. Colmar in Rechtspr. 10, 375; Prot. z. BGB. VI, 717) oder Mitbesitz (BGB. § 866; vgl. OLG. Hamburg in Rechtspr. 16, 308).

Der Ehemann als Haushaltsvorstand gilt im Zweifel

im Verhältnisse zu der Ehefrau, den Kindern und sonstigen Familienangehörigen als alleiniger Inhaber der in den Haushaltsräumen befindlichen Sachen, und eine Pfändung dieser Sachen ist daher nur auf Grund eines gegen ihn gerichteten Titels zulässig (RG. in SA. 55 Nr. 125, Planck, BGB. IV § 1411 Anm. 7; vgl. Falkmann (2.) 183f., Wieruszowski, Handb. d. EherechtS 1900 I 136).

In der Wohnung einer von ihrem Manne gctrennt lebenden Frau kann da­

gegen auf Grund von Ansprüchen an den Ehemann keine Pfändung stattfinden; vielmehr kommen

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 808.

777

Gewahrsam des Schuldners belassen, so ist die Wirksamkeit der Pfändung dadurch bedingt, datz durch Anlegung von Siegeln oder auf sonstige Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner von der geschehenen Pfändung in Kenntnis zu setzen. E. § 661.

Mot. 426 f.

Prot. 384. — Nov. 1898 KomB. 180f.; Prot. z. BGB. VI. 717.

die §§ 846 ff. zur Anwendung (s. auch Planck a. a. O. § 1362 Anm. 1 u. R®. a. a. £).). DieS gilt auch, wenn eS sich um Gegenstände handelt, die zum Gesamtgute, der allgemeinen Güter­ gemeinschaft gehören (vgl. § 740 Anm. 2). M iteigentum, wenn es mit gemeinsamem Gewahr­ same verbunden ist, kann nicht nach § 808 gepfändet werden; die Pfändung ist hier nur nach 8 857 möglich [91®. in SA. 61 Nr. 264, OLG. Kiel das. 39 Nr. 72, Jena das. 40 Nr. 79, Hamburg das. 49 Nr. 291 u. die Komment. AM. Falkmann (l.) 166ff., der Ergreifung des Besitzebzw. Mitbesitzes und Verkauf des ideellen Anteils an der Sache für richtig &ält]. Vgl. noch § 858; ander- nach BGB. (§ 1258) beim Foustpfandrechte. Hat der Schuldner den alleinigen Gewahrsam, so kann der Miteigentümer nach § 771 Widerspruch erheben (vgl. BGB. § 1011). Der Pfändung unterliegen auch solche Sachen, die der Schuldner unter Eigentumsvorbehalt erworben hat, sog.Leihmöbel (vgl. hierzu Flechtheim in RhA. 104, 275 ff., Fromherz in Busch 38,49ff.; 39, 469ff., Kaufmann in Gruchot 53, 325ff. und im SächsA. s. RPfl. IV 326ff.; Flatau, Die Zwangsvollstreckung in Leihmöbel, Berlin 1909). Ein dritter Gläubiger braucht nicht das be­ dingte Eigentumsrecht des Schuldners gemäß § 857 (so Gaupp § 657 Nr. II 9; Kaufmann a. a. O.) oder gar einen Anspruch auf Eigenturnsübertragung nach § 847 (s. KG. in Rechtspr. 4, 366) zu pfänden, sondern er kann eine Sachpfändung nach § 808 vornehmen und den Verkäufer für den noch ausstehenden Kaufpretsrest befriedigen; dieser darf die Annahme der Zahlung nicht ab­ lehnen. Durch die Befriedigung des Verkäufers wird das Pfandrecht auch materiell voll wirksam (vgl. 9t®. 60 70). Die Aufwendungen des Gläubiger- zur Befriedigung des Verkäufers sind Losten der Zwangsvollstreckung (vgl. § 788 Anm. 1). Auch der Verkäufer selbst kann die von chm an den Schuldner unter Eigentum-vorbehalt verkaufte und übergebene Sache pfänden. Die Pfändung wird materiell gültig, sobald er aus seinen Eigentumsvorbehalt verzichtet; wann ein solcher Verzicht vorliegt, ist Tatfrage (Flechtheim a. a. O. 283 ff., 9t®. 66 344; OLG. Cöln in RHA. 102 I 80, Düffeldorf das. 105, 67 u. a. AM. Brüller, Pfändungspfandrecht 109f., Gaupp § 804 Nr. II 4 b, Kaufmann in Gruchot 53, 337 ff., OLG. Cöln in RhA. 102 I 196 u. a ). Hatte der Gerichtsvollzieher bereit- den Besitz früher ergriffen, so genügt die Erklärung, daß er die Pfändung aufrecht erhält (9t®. in Gruchot 29, 1139). 3) Auch zum strafrechtlichen Schutze der Pfändung (StGB. § 137) genügt die proto­ kollarische Besitzergreifungserklärung des Gerichtsvollziehers aus Grund de- § 808 Abs. 1 nicht, sondern eS muß eine wirkliche Besitzergreifung der Sachen stattfinden, und e- müssen auch die wetteren Vorschriften de- Abs. 2 über die Sichtbarmachung des Pfandrechts beobachtet sein. 4) Abs. 2: Der Satz 1 lautete ursprünglich: „Im Gewahrsam des Schuldners sind die Sachen nur, wenn der Gläubiger ein­ willigt oder wenn ein anderes Verfahren mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, zu belassen." Im Gegensatze dazu hat die RTK. f. d. Nov. v. 1898 entsprechend der früheren Praxis beschloffen, daß die gepfändeten Sachen (außer Geld, Kostbarkeiten und Wertpapieren) regelmäßig im Gewahrsame des Schuldners zu belassen sind, falls kein besonderer Grund zur Besorgnis für den Gläubiger obwaltet. Wegen Kostbarkeiten vgl. § 814 Anm. 1, wegen Geld § 815 Anm. 1, wegen Wertpapiere § 821 Anm. 1. Über die Aufbewahrung der nicht im Gewahrsame des Schuldners belassenen Sachen (in der Pfandkammer) vgl. Preuß. GeschA. f. d. GV. §§ 62, 57 Nr. 11; GBO. § 29.

778

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung. § 809.

§ 809. (713.) Die vorstehenden Bestimmungen finden entsprechende An­ wendung aus die Pfändung von Sachen, welche sich im Gewahrsam des Gläubigers oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden. E. 8 6G2. Mot. 42G f. Prot. 384. Bleiben die Lachen im Gewahrsame des Schuldners, so mutz, behufs Erwerbung des Psandbesitzes für den Gläubiger, zunächst eine Besitznahme seitens des Gerichtsvollziehers erfolgen und sodann äußerlich ersichtlich gemacht werden (Preuß. GeschA. f. d. GB. § 47 Nr. 5—7; RG. in LtL. 32 316), sei es durch Anlegung von Siegeln (vgl. StGB. § 136), die jedoch an den gepfändeten Lachen selbst angelegt sein müssen [bic Anheftung einer gesiegelten Anzeige in dem Geschäftsraum oder an der offenen Türe genügt nicht (RG. in LA. 47 Nr. 173: OLG. Rostock u. Nürnberg das. Nr. 251, 252, Hamburg das. 50 Nr. 296, Eöln im RhA. 74 II 19, Dresden in Busch 6, 378)] und den Blicken nicht entzogen sein dürfen (RG. in LA. 51 Nr. 160), oder auf eine sonstige äußerlich erkennbare Weise, z. B. durch Aufstellung einer Tafel mit deutlich erkennbarer Anzeige der Pfändung (RG. in IW. 1897, 135: 1905, 234, s. jedoch auch RG. in Gruchot 44, 1195 — belr. lebende Tiere) oder Einbrennen von Marken, was an die „symbolische Verpfändung" erinnert (vgl. auch § 810 Anm. 5, Falkmann 184 ff.), aber von der in Abs. 1 verordneten Wegnahme nicht wesentlich verschieden ist. Fehlt eine solche Erkennbarkeit, so ist die Pfändung ungültig (RG. in LA. 38 Nr. 286, in Gruchot 36, 718, in IW. 1894, 455, bei Bolze 22 Nr. 824; OLG. Rostock u. Nürnberg a. a. SD.). Die Ungültigkeit wird durch die bloße Versteigerung in der Zwangsvollstreckung nicht geheilt (RG. 32 420, 37 343). Ein bloßes constitutum possessorium genügt nicht lvgl. auch Mot., BGB. § 1205, Preuß. GeschA. f. d. GB. § 57 Nr. 8). Übet die Belastung der Pfandstücke im Gewahrsame des Lchuldners hat der Gerichts­ vollzieher auch bei entgegenstehendem Antrage des Gläubigers nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, und er ist für gehörige Prüfung verantwortlich (KomB. 181; Preuß. GeschA. § 57 Nr. 4). Erachtet er nachträglich die Befriedigung des Gläubigers durch den Gewahrsam des Lchuldners für gefährdet, so kann er die Wegnahme auch noch später bewirken. Streitigkeiten hierüber entscheidet nach § 766 das Vollstreckn,igsgericht, bzw. wenn eine Klage aus §§ 767, 771 erhoben ist, das Prozeßgericht (vgl. RG. in LA. 52 Nr. 126). Die Entfernung der äußeren Zeichen ohne Wissen des Gläubigers oder des Gerichts­ vollziehers oder ihr Unkenntlichwerden hebt das einmal entstandene Pfandrecht nicht auf, kann aber den Erwerb der Lache oder eines Pfandrechts von seiten eines Dritten zu einem gutgläubigen machen (vgl. § 804 Anm. 3, 8; RG. 35 333, in Gruchot 44, 1200, in LtL. 18 163; OLG. Hamburg in LA. 39 Nr. 274, Kiel das. 43 Nr. 74, Cöln in RhA. 87 I 252, 89 I 120, vgl. auch Rechtspr. 2, 58; Krvschel in Busch 12, 479 ff. u. a. AM. OLG. Karlsruhe in Busch 11, 317, Brettner in IW. 1881, 221 ff.). Werden die Zeichen mit Einwilligung des Gläubigers entfernt, so erlischt das Pfandrecht auch trotz ausdrücklichen Vorbehalts (RG. 57 323). Dadurch, daß der Schuldner unter Mitnahme der Pfandstücke in einen anderen Gerichtsvollzieherbezirk verzieht, er­ lischt das gemäß § 808 Abs. 2 erworbene Pfandrecht nicht (Grohmann im SächsA. 3, 614 ff.), Der Gläubiger hat zur Geltendmachung seines Pfändungspfandrechts nur die gültige Ent­ stehung zu beweisen, der Gegner die Aufhebung (OLG. Rostock in SA. 47 Nr. 251). Im übrigen s. wegen des Erlöschens des Pfändungspfandrechts § 804 Anm. 8. 5) Abs. 3: Die Mitteilung an den Schuldner ist für die Wirksamkeit der Pfändung ahne Bedeutung, dagegen ist sie erheblich für spätere Handlungen des Schuldners. Die Unter­ lassung kann Ersatzansprüche gegen den Gerichtsvollzieher begründen. Vgl. § 829 Abs. 3. Die Mitteilung erfolgt nach § 763. Vgl. auch Preuß. GeschA. f. d. GB. § 57 Nr. 12.

8 809. 1) „Die vorstehenden — Anwendung" — Es muß also auch im Falle des § 809 die Besitznahme seitens des Gerichtsvollziehers erfolgen und ebenso, wenn unter entsprechender

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 810.

779

§ 810. (714.) Früchte, die von bqm Boden noch nicht getrennt sind, können gepfändet werden, solange nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist. Die Pfändung darf nicht früher als einen Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife erfolgen. Anwendung des § 808 Abs. 2 die Sachen beim Gläubiger oder Dritten belassen werden (vgl. Francke in Busch 10, 112 ff.; Preuß. GeschA. f. d. GV. § 62 Nr. 3), die Erkennbarmachung (vgl. Voß im c. A. 66, 179). 2) „zur Herausgabe bereiten Dritten" —

Vgl. RG. in IW. 1894,

55 Nr. 4.

§ 809^ gilt auch, wenn die Sache im Mitgewahrsame des Schuldners und eines Dritten ist {älf- VollstrR. 9, 166). Der Gläubiger kann es zunächst darauf ankommen lassen, ob der Dritte dem Gerichtsvollzieher gegenüber der Pfändung widerspricht.

Ist letzteres der Fall,

jo muß die Pfändung unterbleiben (vgl. Preuß. GeschA. § 63 Nr. 2).

Nimmt der Gerichts­

vollzieher trotzdem die Pfändung vor, so kann der Dritte — nicht der Schuldner; s. OLG. Dresden im SächsA. 1, 63 — nach § 766 Einwendungen beim Vollstreckungsgericht oder je nach Lage der Sache Klage nach § 771 oder § 805 erheben (vgl. § 771 Anm. 3 Abs. 2, § 805 Anm. 1, 2). Auch steht ihm der Besitzschutz des BGB. (vgl. oben § 805 Anm. 3), sowie bei Verschulden des Gläubigers (AM. früh. Aufl.) ein Anspruch auf Schadensersatz zu.

Dem Gläubiger bleibt im

Weigerungsfälle, sowie dann, wenn er es nicht erst auf den Versuch ankommen lassen will, über­ lassen, von den §§ 846, 847 Gebrauch zu machen (Francke a. a. O. 113 ff., Falkmann 188 u. a.), während eine Pfändung

gegen den Willen des Dritten auch bei gutem Glauben des Gerichts­

vollziehers nichtig ist (RG. in Gruchot 44, 186.

AM. OLG. Cöln in RHA. 98 I 79, wo nur

Unwirksamkeit gegenüber Dritten angenommen wird). Der Gerichtsvollzieher kann mit dem dritten Besitzer auch namens des Gläubigers auch rechtswirksam vereinbaren, daß die Sachen wieder freizugeben sind, falls der Dritte ein besseres Recht an ihnen nachweist (OLG. Celle in SA. 53 Nr. 132).

§ 809 findet selbstverständlich keine Anwendung, wenn der Dritte zur Duldung der

Zwangsvollstreckung verurteilt ist (z. B. § 737 Abs. 1). §810. Literatur: Francke in Busch 28, 139 ff. 1) Der § 810 handelt von der sog. Pfändung

der Früchte auf dem Halme,

namentlich im sranz. Rechte (G. de proc. art. 626 ff.) sorgfältig ausgebildeten,

einer

aber auch in

manchen gemeinrechtlichen Teilen Deutschlands nicht unbekannten Rechtseinrichtung (vgl. z. B. Hann. PO. § 554).

2) Die vom Boden noch nicht getrennten Früchte sind nach BGB. §§ 93, 94 wesentliche Bestandteile des Grundstückes, also nicht bewegliche Sachen. Nach § 810 gelten jedoch ausnahmsweise jene Früchte hinsichtlich der Zwangsvollstreckung als bewegliche Sachen (s. RG. 18 367, PucheltZ. 26, 289).

Hieraus ergibt sich zugleich, daß das Pfandrecht mit der Vornahme des Pfändungsakts,

nicht erst mit der Trennung der Früchte vom Boden, entsteht (s. Mandry-Geib 393, Gaupp Nr. II u.a.). Dagegen ist durch § 810 nicht

ausgeschlossen,

daß die gedachten Früchte zusammen mit dem

Grundstücke selbst Gegenstand der Jmmobiliarzwangsvollstreckung werden; es liegt dies deutlich in dem freistellenden „können"

(s. auch Begr. und ZVG. §§ 21 Abs. 1, 148). — Soweit die

Früchte Zubehör sind, ist ihre Pfändung nach

§ 865 Abs. 2 ausgeschlossen (s. das. Anm. 1),

desgl. nach § 811 Nr. 4 (s. das. Anm. 4). — Wegen Zuziehung von Sachverständigen bei der Pfändung s. § 813. 3) Eine weitere Bedeutung des § 810 liegt darin, zu verhindern, daß die Pfändung nicht Lu einer ungeeigneten Zeit erfolgt; deshalb ist nach dem Vorbilde der meisten neueren Gesetz­ gebungen ein Termin vor der Reife gesetzt, bis zu welchem sie unzulässig ist. 4) „vor der gewöhnlichen Zeit der Reife" — Dieser Ausdruck soll klarstellen, daß es nicht auf den Zeitpunkt der Reife im einzelnen Jahre, sondern auf die gewöhnliche Zeit der

780

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 810.

Ein Gläubiger, der ein Recht auf Befriedigung aus dem Grund­ stücke hat, kann der Pfändung nach Matzgabe des § 771 widersprechen, sofern nicht die Pfändung für einen im Falle der Zwangsvollstreckung in das Grundstück vorgehenden Anspruch erfolgt ist. E. § 663.

Mot. 430f.

Prot. 384ff. — Nov. 1898 E. § 714; Begr. 165; KomB. 182ff.

Reife ankommt, die der Gerichtsvollzieher meistens kennen wird oder doch leicht in Erfahrung bringen kann (vgl. RG. 42 382). Daneben ist es nicht unzulässig, den Gerichtsvollziehern durch Dienstvorschriften in dieser Beziehung Anweisungen zu erteilen. Vgl. für Preußen GeschA.^s. d. GV. § 68 Nr. 3. Die Vorschrift selbst ist übrigens auch nur anweisender Natur; wird ste verletzt, so ist das Vollstreckungsgericht nach § 766 anzurufen. [So auch RG. 34 377, im DRAnz. 1890 bes. Beil. 1, 107 (3t®.): Planck II 722 bei N. 15 u. a. AM. ObLG. in SA. 39 Nr. 275, OLG. Colmar in ElsLothrZ. 20, 90.] 5) In der RTK. v. 1875 hat der Reg.Vertreter erklärt: „Im allgemeinen lasse sich nur sagen, daß die Pfändung (der nicht getrennten Früchte) in der Weise erfolgen müsse, dast ste sich nach außen hin als erkennbar darstelle. Je nach der Lokalität und der Art der zu pfän­ denden Früchte würde verschieden zu verfahren sein. Früchte, die sich in einem verschließbaren Garten befinden, würde man durch Wegnahme der Schlüssel zu dem Garten, Früchte aus einem Acker durch Anschlag eines Plakats, Anbringen einer Tafel usw. abpfänden können. Der Gerichts­ vollzieher werde an Ort und Stelle gehen, ein Protokoll aufnehmen und die Pfändung in irgend­ einer Weise erkennbar machen. Wie dies in jedem einzelnen Falle zu geschehen habe, werde Sache der Instruktion sein." Jedenfalls erfordert die Pfändung einen irgendwie (vgl. § 708 Abs. 2) sichtbar zu machenden Akt der Besitzergreifung (Rechlspr. d. RG. in ®;S. 5, 587). Vgl. f. Preußen GeschA. f. d. GV. § 68 Nr. 2 und wegen des Inhalts des Protokolls das. Nr. 6. Wegen der Gebühr des Gerichtsvollziehers s. GVGebO. § 4, wegen der Vergütung für die Kosten der Abcrntung das. § 13 Nr. 7. — Über die strafrechtliche Beurteilung der Aberntung gepfändeter Früchte durch den Schuldner f. RG in StS. 23 71. 6) Daß § 810 auch zur Anwendung kommt, wenn der Schuldner Pächter (oder Nieß­ braucher) des Grundstücks ist, auf dem die Früchte wachsen, ergibt sich von selbst aus der allge­ meinen Fassung sowie daraus, daß bezüglich der Pfändung die Früchte auf dem Halme bereits als bewegliche Sachen gelten (vgl. Anm. 1, 2), und wird zudem in den Mot. ausdrücklich her­ vorgehoben. Daher ist einerseits die Pfändung der hängenden Früchte gegen den Pächter zulässig, wenn dieser der Schuldner ist, anderseits nach § 609 nicht ohne den Willen des Pächters gegen den Eigentümer, wenn letzterer der Schuldner ist. (Vgl. BGB. §§ 581, 1039; RG 18 368, 37 207; Francke a. a. O. 211 f. u. in Busch 28, 143 ff. u. a., s. auch Fuchs in Busch 24, 188 ff., bes. 202ff.) Auch kann auf Grund des § 771 der Pächter der Pfändung der stehenden Früchte seitens eines Gläubigers des Eigentümers widersprechen, da er, wenn ihm der Besitz der Sache überlassen ist, ein Recht auf Erwerb der Früchte mit dinglicher Wirkung hat (BGB. § 956 Abs. 1 Satz 2). Der Käufer hängender Früchte kann, da er nicht Besitzer ist, weder die Pfändung gegen den Pächter hindern, noch Widerspruchsklage nach § 771 erheben (RG. 18 368); ebenso nicht der Verpächter wegen der Vorschrift des BGB. § 956 (Fuchs a. a. £.). Das gesetzliche Pfand­ recht des Verpächters (BGB. § 585) geht dem Pfändungspsandrecht vor; denn wenn es auch erst mit der Trennung entsteht, so bildet es doch nur den Ersatz für das mit der Trennung verlorene Eigentum des Verpächters. Dieser Altersvorzug muß bestehen bleiben (ähnlich Seuffert Anm. 3, Peterfen Nr. 3, Planck BGB. § 585 Anm. 3, Weihrauch in DJZ. 1905, 357 f., OLG. Posen in Rechtspr. 18, 6. AM. Gaupp Nr. II, Jaeger KO. § 49 N. 51, Staudinger BGB. § 585 Nr. Ille, OLG. Braunschweig in Rechlspr. 13, 202). 7) Über die Versteigerung gepfändeter Früchte aus dem Halme vgl. § 834. 8) Daß Früchte, die von dem Boden bereits getrennt sind, den allgemeinen Bestim-

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen,

f 811.

781

§ 811. (715.) Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unterworfen: 1. die Kleidungsstücke, die Betten, die Wäsche, das Haus- und Küchen­ gerät, insbesondere die Heiz- und Kochöfen, soweit diese Gegenstände für den Bedarf des Schuldners oder zur Erhaltung eines angemessenen Hausstandes unentbehrlich sind; 2. die für den Schuldner, seine Fainilie und sein Gesinde auf vier Wochen erforderlichen Nahrungs-, Feuerungs- und Beleuchtungsmittel oder, soweit solche Vorräte auf zwei Wochen nicht vorhanden und ihre Beschaffung für diesen Zeitraum auf anderem Wege nicht gesichert ist, der zur Beschaffung erforderliche Geldbetrag; 3. eine Milchkuh oder nach der Wahl des Schuldners statt einer solchen zwei Ziegen oder zwei Schafe nebst den zum Unterhalt und zur Stteu für die­ selben auf vier Wochen erforderlichen Futter- und Streuvorräten oder, soweit solche Vorräte auf zwei Wochen nicht vorhanden, dem zur Beschaffung erforderlichen Geldbeträge, wenn die bezeichneten Tiere für die Ernährung des Schuldners, seiner Familie und seines Gesindes unentbehrlich sind; mutigen über die Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen unterliegen, ist unzweifelhaft. Vgl. § 803 Anm. 1 und 3m § 148 Abs. 1. S. aber §§ 865 Anm. 1, 811 Nr. 4 u. Anm. 4. 9) Der § 810 bezieht sich nach seinem Wortlaut und seiner Entstehungsgeschichte nicht auf schlagbare-, jedoch noch nicht geschlagenes Holz. Dieses kann der allgemeinen Regel nach nur Gegenstand der JmmobiliarzwangSvollstreckung oder, soweit die Abholzung Gegenstand deS Nieß­ brauchs oder einer Holzung-gerechtigkeit ist, der Zwangsvollstreckung nach § 857 werden (91(8. in EtS. 8 174, Rechtspr. d. 9t@. in 8t5. 2, 696). 10) Abs. 2: Während Abs. 1 Satz 1 die Pfändung (abgesehen vom Falle der Verpachtung (ZVG. § 21 Abs. 3; vgl OLG. Braunschweig in Rechtspr. 13, 202)] nur so lange gestattet, als noch keine Beschlagnahme im Wege der LiegenschastSvollstreckung erfolgt ist (f. ZBG. §§ 20, 148 ff.), trifft Abs. 2 eine weitere Bestimmung zum Schutze derjenigen Gläubiger, welche ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke haben (vgl. ZBG. § 10). S. auch § 865 Abs. 2 Satz 1. (Vgl. noch g 805 Anm. 2 a E., Fuchs a. a. O. .186 ff.) Auch der nicht hypothekarisch gesicherte betreibende Gläubiger (GVZ. § 10 Nr. 5) ist zum Widersprüche gegen die Pfändung berechtigt, wenngleich die Beschlagnahme erst nach der Pfändung erfolgt ist. Abs. 2 kann keine Anwendung finden, wenn daS Grundstück verpachtet ist (ZVG. § 21 Abs. 3, OLG. Braunschweig a. a. O., Francke 146). Wegen Anspruchs auf den Erlös der versteigerten Früchte vgl. § 805 Anm. 3 a. E. I 811. Literatur: Fuld in Gruchot 36, 248 ff., Altmann, D. beneficium competentiae, Berlin 1888; Burlage, Pfändung bei Personen, welche Landwirtschaft betreiben, Berlin 1893; Verh. d. 22. DJT. I 240 ff., II 29 ff., IV 86 ff., 417; Falkmann (1.) 191 ff.; Conrad, Die Pfändung-beschränkungen usw. 1906; Müller, Die Wirksamkeit de-Pfändung-pfandrechts 1907; Sozialpolitische- s. bei Fl ei sch mann in Zeitschr. für Sozialwiffenschaft 1900, 862 ff. Vgl. auch Prenß GeschA. f. d. GV. § 58 Nr. 1. 1) Die in ähnlicher Weise in den meisten Gesetzgebungm sich findenden Beschränkungen der Pfändung beruhen, gleich denjenigen de- § 850 und dem Vorbehalte de- Notbedarfs (BGB. § 519), auf Billigkeit-rücksichten gegen den Schuldner, aber auch auf öffentlichem Interesse. Sie finden gegenüber allen Arten beizutreibender Forderungen und auch gegenüber Arrestpfändungen (s. 9t@. in 3$. 1889, 108) Anwendung; f. jedoch hinsichtlich der Nr. 8 unten Anm. 8. Die Nov. v. 1898 hat die Ausnahmen von der Pfändbarkeit noch erheblich au-gedehvt.

Achtes Buch.

782

Zwangsvollstreckung,

g 811.

4. bei Personen, welche Lcmdwirlschaft betreiben, das zum Wirtschafte betrieb erforderliche Gerät und Vieh nebst dem nötigen Dünger, sowie die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirtschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden; 5. bei Künstlern, Handwerkern, gewerblichen Arbeitern und anderen Personen, welche aus Handarbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur persönlichen Fortsetzung der Erwerbstätigkeit unentbehrlichen Gegenstände: Zunächst entscheidet der (Gerichtsvollzieher, vorbehaltlich der Einwendungen, Anträge oder Erinne­ rungen des Schuldners (nicht auch seiner Ehefrau oder seiner Angehörigen; vgl. OLG. Breslau in Busch 15, 420, Eöln im RhA. 94 I 3.

AM. Busch 2t, 437 f., teilweise abweichend

auch

Gaupp Nr. III, Seufsert Anm. 1; s. auch §§ 861 Abs. 2, 862 Abs. 3) oder des Gläubigers, nach § 766 (vgl. das. Anm. 1; RG. in StS. 5 210, 19 165). Eine unter Verletzung des § 811 vorgenommene Pfändung ist also nicht schlechthin nichtig, sondern bloy anfechtbar (OLG. MarienWerder in Nechlspr. 10, 378, Müller, Pfündungspfandrecht 62 ff ). Der Gerichtsvollzieher darf daher auch den einmal gepfändeten Gegenstand auf Grund des § 811 nicht wieder freigeben

(RG. barkeit

18 391 u. in Gruchot 40, 1039; Preutz. GeschA. f. d. GV. § 58 Nr. 4). Die Unpfänd­ eines Gegenstandes ist zu beurteilen nach den zur Zeit der Pfändung bestehenden Ver­

hältnissen (OLG. (söln im RHA. 106, 73). Sehr bestritten war früher das Verhältnis des § 811 zu dem gesetzlichen Pfandrecht unb dem Zurückbehaltungsrechte deS Vermieters und Verpächters (vgl. 6. Aufl.).

§ 559 Latz 3 BGB.

(der nach § 704 das. auch für das Pfandrecht des Gastwirts gilt) hat aber bestimmt, daß das Pfandrecht des Vermieters sich nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen erstreckt. Dagegen erstreckt sich das Pfandrecht des Verpächters auch auf die nach ZPO. § 811 Nr. 4 der Pfändung nicht unterworfenen Gegenstände (BGB. § 585).

Das Pfändungsverbot erstreckt

sich

bestimmten und erforderlichen

nicht auch auf einen zur Anschaffung unpfändbarer Sachen

Geldbetrag oder eine diesem wirtschaftlichen Zwecke dienende Geldforderung (vgl. jedoch Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 S 15; s. § 850 Anm. 14). 2) Nr. 1 — 3: Durch die Nov. v. 1898 ist in Nr. 1 zur Beseitigung von Zweifeln auch die Wäsche mitaufgeführt. In Nr. 2 sind die Beleuchtungsmittel milaufgesührt. In Nr. 2 und 3

ist die Dauer des Zeitraums,

für den die Vorräte zu belassen sind, von zwei auf vier

Wochen ausgedehnt und außerdem bestimmt worden, daß beim Nichtvorhandenfein der bezeichneten Vorräte für zwei Wochen der zu so weiter Beschaffung erforderliche Geldbetrag freigelassen werden muß. In Nr. 3 hieß es früher statt „erforderlich": „unentbehrlich", desgl. auch in Nr. 4, und statt „Futter- und Strohvorräte": „Futter und Stroh". Nr. 1: „Hausgerät" — z. B. Möbel: auch eine Nähmaschine (OLG. Breslau in SA. 51 Nr. 240, Dresden das. 57 Nr. 243 u. in Rechtspr.6, 139) und unter Umständen eine Uhr (StenBer.2138). „Hausstand" — Der Begriff gestattet eine Rücksichtnahme auf den bisher gerührten Haushalt (Begr. 166, Dronke in Busch 31, 521 ff.). Nr. 2: Vgl. Preuß. GeschA. §§ 57 Nr. 6, 58 Nr. 6. — „Farn ilie" — Zu ihr gehören die mit dem Schuldner tatsächlich in Familiengemeinschaft lebenden Angehörigen. „Gesinde" — Dieses umfaßt im Gegensatze zu „Bediensteten" (§ 184 Abs. 1, GBG. § 19) nur die zu Dienstleistungen niederer Art verpflichteten Personen (vgl. GVG. § 23 Nr. 2). „erforderlichen" — Vgl. auch Nr. 3, 4, 7. Dieser Begriff läßt nach dem Zwecke deS Gesetzes eine mildere Auslegung zu, als „unentbehrlich" (vgl. Nr. 1, 5, 6, 9). 3) Nr. 3: Nach den Mot. soll dieser, hauptsächlich der ländlichen Bevölkerung zngute kommende Befreiungsgrund einen Ausgleich bilden gegen die besonders bei städtischen Arbeitern

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 811.

783

6. bei den Witwen und den minderjährigen Erben der unter Nr. 5 bezeichneten Personen, wenn sie das Erwerbsgeschäft für ihre Rechnung durch einen Stellvertreter fortführen, die zur persönlichen Fortführung des Geschäfts durch den Stellvertreter unentbehrlichen Gegenstände; 7. bei Offizieren, Deckosfizieren, Beamten, Geistlichen,^ Lehrern an öffentlichen Unterrichtsanstalten, Rechtsanwälten, Notaren sowie Ärzten undHebammen die zur Verwaltung des Dienstes oder Ausübung des Berufs erforderlichen Gegenstände, sowie anständige Kleidung; 8. bei Offizieren, Militärärzten, Deckosfizieren, Beamten, Geistlichen, bei Ärzten und Lehrern an öffentlichen Anstalten ein Geldbetrag, welcher dem der Pfändung nicht unterworfenen Teile des Diensteinkommens oder und Handwerkern eintretende Unzulüssigkeit des Lvhnarrestes (vgl. § 850 Nr. 1). Diese Aus­ nahme gilt auch bei der Liegenschaftsvollstreckung (vgl. Peiser in Busch 26, 132). „Milchkuh" — Sie braucht nicht gerade zur Zeit der Pfändung Milch zu geben (OLG. Oldenburg im SA. 47 Nr. 82). 4) Nr. 4: Vgl. Solinger in DJZ. 1905, 737ff. Die entsprechende Vorschrift war früher die 9h. 5, die das „unentbehrliche Gerät, Vieh- und Feldinventarium" und die „zur Fortsetzung der Wirt­ schaft bis zur nächsten Ernte unentbehrlichen" Erzeugnisse von der Pfändung ausschloß (vgl. oben Anm. 2). — Wegen Zuziehung von Sachverständigen bei der Pfändung von Gegenständen der in Nr. 4 bezeichneten Art s. § 813. — Die in Nr. 4 bestimmte Beschränkung der Pfändung setzt die Zulässigkeit der letzteren voraus, sie ist also nach § 865 Abs. 2 Satz 1 nur insoweit von Bedeutung, als es sich nicht um Zubehör des Grundstücks handelt (vgl. §§ 865 Anm. 1, 805 Anm. 2 a. E., BGB. §§ 98 Nr. 2, 97); sie schützt namentlich den Pächter. Die Rechte der Realgläubiger werden durch diese Vorschrift nicht berührt. „Sie ist nicht eine Beschränkung der Zwangsvollstreckung überhaupt, sondern nur Beschränkung der Pfändung beweglicher Sachen: als Zubehör des Grundstücks unter­ liegen die fraglichen Gegenstände mit diesem der Zwangsvollstreckung" (Mot.). Vgl. auch § 665 Abs. 1, ZVG. §§ 20, 21, 55, 148, BGB. § 1120. — Auch hier soll der Ausdruck „erforderlich" (vgl. oben Anm. 2 a. E.) einer zu engen Auslegung vorbeugen (f. auch Begr.) und eine Berücksichtigung der Art des Wirtschastsbetriebs gestalten (KomBer. 187, OLG. Darmstadt in Rechtspr. 1, 243). „landwirtschaftliche Erzeugnisse" — Auch die forstwirtschaftlichen, insbesondere Heizvorräte (KomBer. 190). Auch eine Pfändung der vom Boden noch nicht getrennten Früchte gemäß § 810 ist in­ soweit nicht zulässig, als diese Früchte zur Fortsetzung der Wirtschaft bis zur nächsten Ernte erforderlich sind (OLG. Dresden in SächsA. 1, 748, Jena in SA. 55 Nr. 185). Ob der Schuldner die Landwirtschaft als Eigentümer oder als Pächter betreibt, ist an sich unerheblich.' Die Worte „betreiben" und „Fortführung" weisen aber darauf hin, daß Personen, welche die Landwirtschaft zeitweise ausgegeben haben (im Gegensatze zur bloßen Unter­ brechung), das Vorrecht nicht genießen (Schultzenstein a. a. O. 491, 495). Vgl. Anm. 5 a. E. Die Landwirtschaft braucht nicht den Hauptberuf des Schuldner- auszumachen (OLG. Karlsruhe in Rechtspr. 4, 152). Die Anwendbarkeit der Nr. 4 auf das Inventar ausländischer Grundstücke wird mit Unrecht verneint in Busch 19, 470, ferner von Conrad 319, Gaupp Nr. IV e — wie hier Wilm.Levy Anm. 11. Wegen Einverständnisses deS Schuldners mit der Pfändung vgl. unten Anm. 12. Im Konkurse kommt die Nr. 4 nicht zur Anwendung (KO. § 1 Abs. 2); vgl. auch BGB. § 585 und oben Anm. 1.

784

Achte- Buch.

Zwangsvollstreckung,

g

811.

der Pension für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Termine der Gehalts oder Pensionszahlung gleichkommt: 9. die zum Betriebe einer Apotheke unentbehrlichen Geräte, Gefätze und Waren; 10. die Bücher, welche zum Gebrauche des Schuldners und seiner Familie in der Kirche oder Schule oder einer sonstigen Unterrichtsanstalt oder bei der häuslichen Andacht bestimmt sind; 5) Nr. 5, 6: Nr. 5 ersetzt die alte Nr. 4, die lautete: „bei Künstlern, Handwerkern, Hand- und Fabrikarbeitern sowie bei Hebammen die zur persönlichen Ausübung des Berufs unentbehrlichen Gegenstände;" Wegen der Hebammen s. jetzt Nr. 7; wegen der Künstler vgl. Busch 29, 244. Der Kreis der Personen, denen der Schutz der Nr. 5 zuteil werden soll, ist durch die Nov. v. 1898 in er­ heblichem Matze ausgedehnt (s. Begr.), und durch die Nr. 6 ist auch für die Witwen und minder­ jährigen Erben der durch die Nr. 5 geschützten Personen eine Fürsorge getroffen worden (vgl. auch KG. in Rechlspr. 1, 431). Eine Auszählung der hierher gehörigen Falle ist absichtlich vermieden, um einer einschränkenden Auslegung vorzubeugen (Lten.Ber. 2139). Hierher gehören u. a.: Schrift­ steller, Förster, Wirtschastsbeamte, Musiker u. dgl. (Sten.Ber. a. a. £).); Personen, die von Schau­ stellungen ohne höheren künstlerischen Wert (OLG. Cöln im Recht 1904, 142) oder ähnlichen Leistungen ihren Unterhalt gewinnen, auch Handwagenführer (Begr.), Fischer (Kom.Ber. 191) und Agenten (DJZ. 1900, 236 — betr. Warenproben; KG. in Rechlspr. 14, 209, OLG. Colmar das. 15, 165). Nicht hierher gehören regelmätzig Schiffseigner, Fuhrunternehmer (vgl. auch KG. in Busch 14, 267, OLG. Breslau in Rechlspr. 14, 175, und anderseits ElsLothrZ. 25, 464), wohl aber Lohnkutscher, die ihr Fuhrwerk selbst führen (OLG. Bamberg in Rechlspr. 4, 150, Posen das. 6, 139), Kleinkaufteme (KG. in Rechlspr. 4,152; 7, 351, OLG. Dresden das. 10, 380. AM. Stettin das 134, Gaupp Nr. IV f 1), Kleinindustrielle, Zimmervermieter (Conrades im Recht 1904, 163. AM. OLG. Frankfurt in Rechlspr. 7, 352, Weitz in DJZ. 1908, 536). Vgl. überhaupt Gaupp Nr. IV f. „persönlichen Fortsetzung"' — Nur die dem Künstler usw. für seine eigene Person (wenngleich für fremde Rechnung — Busch 24, 436), nicht die in seinem Geschäft überhaupt, seinen Gehilfen usw., zur Ausübung des Berufs unentbehrlichen Gegenstände (vgl. auch C. de proc. art. 692 n. 6, OLG. Dresden in Busch 6, 521; in Rechlspr. 5, 453, Posen das. 7, 306, s. anch RG in IW. 1895, 225) —- ohne Rücksicht daran», ob sie Eigemum de- Schuldners sind (vgl. Buich 24, 435, OLG. Bamberg in Recht,pr. 4, 150). Umgekehrt kommen für den Gewerbe­ gehilfen nur die zur Ausübung der Gehilfeniätigkelt als solcher unentbehrlichen Gegenstände in Betracht (OLG. Dresden in Rechlspr. 10, 380). Wohl ober genietzen die zur Fortführung des von der gütergemeinschaftlichen Frau betriebenen Erwerb-geschäftes unentbehrlichen Sachen den Schutz au§ 811 Nr. 5 (OLG. Posen in Rechlspr. 15, 165). Die blotze Borbereitung zu einem der in Nr. 5 dezeichueten Berufe ist nicht geschützt (vgl. Stein in Busch 24, 249). „Gegenstände"' — nicht btotz „Werkzeuge"'. E- gehören dahin folglich auch andere zur Ausübung des Berufs unmtbehrliche Sachen, z. B. die Garderobe einer Schauspielerin (Prot. 388), die zum Vertriebe der Erzeugnisse unentbehrlichen Sachen, wie Handkarren (OLG. Frank­ furt in SA. 50 Nr. 223), und die zur Verarbeitung bestimmten Vorräte von Rohstoffen, insoweit sie dem Schuldner für die persönliche Fortsetzung seiner Be»ufSiätigkeit unentbehrlich sind (Begr.; s. jedoch auch RG. 36 382). Wegen der Nähmaschinen bei Schneidern s. Preutz. JMV. v. 22. Nov. 1882 (JMBl. 368); wegen der ZwangSvollstrckung gegen Handwerker, Handarbeiter und Handarbeiterinnen s. deSgl. v. 21. Aug. 1884 (JMBl. 20h). Inwieweit aber derartige Sachen als zu jenem Zwecke unentbehrlich anzusehen sind, unterliegt dem richterlichen Ermessen im einzelnen Falle (vgl. OLG. Dresden in SA. 42 Nr. 271;. Au- dem höheren Werte deGegenstandes kann kein Einwand gegen die Freilassung abgeleitet werden, wenn ein minder wert­ voller nicht vorhanden ist (OLG. Hamburg in SA. 39 Nr. 73); auch kann ein Gegenstand von

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderuugen.

f 811.

785

11. die in Gebrauch genommenen Haushaltungs- und Geschäfts­ bücher, die Familienpapiere, sowie die Trauringe, Orden und Ehrenzeichen; 12. künstliche Gliedmatzen, Brillen und andere wegen körperlicher Gebrechen notwendige Hilfsmittel, soweit diese Gegenstände zum Gebrauche des Schuldners und seiner Familie bestimmt sind; höherem Werte nicht dadurch zur Pfändung gebracht werden, daß der Gläubiger dafür dem Schuldner einen gleichanigen von minderem Werte zum Ersatz anbietet (OLG. Cöln im RhA. 89 I 124, Jena in SA. 52 Nr. 210). Erzeugnisse der Kunst fallen nicht unter Nr. 5, insofern sie nicht etwa zur Weiterbetreibung des Berufs dem Künstler unentbehrlich sind (wie z. B. das Tonmodell einer Figur dem Bildhauer). Ob der Handwerker usw. das Gewerbe zeitweise nicht ausübt, ist unerheblich, falls nicht der Beruf ausgegeben ist (OLG. Dresden in Busch 6, 520 u. in SA. 44 Nr. 293, Zweibrücken in PucheltZ. 30, 100, KG. in Busch 17, 48"», Schultzenstein das. 486 ff., Falkmann 194 — teil­ weise voneinander abweichend). Vgl. auch Anm. 4. 6) Nr. 7, 8 entsprechen den früheren Nr. 6, 7; in Nr. 7 sind auch die Hebammen (früher in Nr. 4) aufgeführt, in Nr. 8 auch die Ärzte; statt Anstalten hieß es früher in Nr. 8 „Unter­ richt-anstalten", s. unten Anm. 8. Nr. 7: „Offizieren" — Vgl. Anl. z. Mil.StGB. v. 20. Juni 1872 A. Nr. I (RGBl. 204). Vgl. auch § 14 Anm. 2. Bei Reserve- und Landwehrosfizieren gehören' hierher die not­ wendigen Ausrüstungsgegenftände auch außerhalb der Zeit der Einberufung zum Dienste (OLG. Marienwerder in SA. 50 Nr. 224; Busch 31, 109). „Deckoffizteren" — Diese gehören nicht zu den Offizieren (vgl. Beil. z. Preuß. Mil.StGB. v. 1845 Nr. 1 a im BGBl. 1817, 284, ferner RGBl. 1872, 204). 7) „Beamten" — Hierunter sind (nach den Mot.) zu verstehen: alle im Dienste deReichs oder im unmittelbaren oder mittelbaren Dienste eines Bundesstaats aus Leben-zeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, desgleichen Notare. Der Begriff umfaßt nicht bloß die Zivil-, sondern auch die Militär- und Marinebeamien. Er bestimmt sich rücksichtlich der Reichsbeamten nach § 1 des RBG. i. d. F. v. 18. Mai 1907 (RGBl. 245); vgl. auch § 156 das., Bankges. § 28; rücksicdtlich der Beamten der Einzelstaaten — zu denen auch die Kommunal- und andere im mittelbaren Dienste deS Staates stehende Beamte (aber nicht „SchiedSmänner") gehörm (vgl. StGB. § 359) — nach dem Landesrechte. Vgl. §§ 376 Anm. 1, 850 Anm. 10, 910. „zur Verwaltung des Dienstes" — Die Vorschrift bezieht sich also nur auf aktive Offiziere und Beamte, einschließlich jedoch der Reserve- und Landwehroffiziere sowie der zur Disposition gestellten Offiziere und Beamten (Steidle a. a. £).). „Geistlichen" — Der Ausdruck ist in demselben Sinne aufzufaffen wie im StGB. §§ 130 a. 174 Nr. 1, 181 Nr 2. „Lehrern an öffentlichen Unterricht-anstalten" — mithin nicht HauS- oder Privatlehrcrn oder Lehrern an einer Privatunterricht-anstalt. (Vgl. RG. in StS. 28 346, f. auch unten Anm. 6.) „Rechtsanwälten" — Vgl. RAO. §§ 1 ff., 20, 24, 107ff. „Ärzten" — im Sinne der GewerbeO § 29 (Prot. 391). s. auch Anm. 8. Zu den hier in Frage stehenden Gegenständen können auch Bücher gehören (Mot.). 8) Nr. 8: Vgl. Nr. 7. „Militärärzten" — Hierzu sind auch die Ärzte der Marine zu rechnen. Die Nov. v. 1898 hat in Nr. 8 überhaupt die Ärzte mitaufgeführt, weil sie, auch ohne Beamte zu sein, ein Diensteinkommen beziehen können, z. B. wenn sie an berufSgenossenschastlichen Heilanstalten angestellt sind; vgl. auch § 850 Abs. 1 Nr. 8. „Lehrer an öffenUichen Anstalten" — (früher Unterricht-anstalten), vgl. Anm. 7. Struckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Aufl. 50

786

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§811.

13. die zur unmittelbaren Verwendung für die Bestattung be­ stimmten Gegenstände. E. § 664. Mot. 427 f. Prot. 387 sf.. 715 ff. — Nov. 1898 E. § 715; Begr. 166 f.; KomD. 186 ff.; StenB. 2136 ff., 2198 f. Durch diese Änderung der Nov. v. 1898 ist die Bestimmung auch auf Lehrer an Strafanstalten ausgedehnt worden (KomB). „ber Pfändung nicht unterworfenen" — Vgl. § 850 Abs. 1 Nr. 8 u. Abs. 2. Die Beschränkung fällt weg gegenüber den in § 850 Abs. 4 bezeichneten Unterhallsansprüchen (vgl. Seuffert Anm. lc). „ober der Pension" — Anders als in Nr. 7 kommen also auch inaktive Offiziere usw. in Betracht. Die sog. Berstümmelungszulagen sind weder der Pfändung unterworfen, noch bei der Ermittelung, ob und zu welchem Betrag ein Einkommen der Pfändung unterliegt, zu berechnen (Ges. v. 31. Mai 1906 (RGBl. 565) § 37]. Auch ist bei Unteroffizieren während dreier Monate nach Auszahlung der ihnen bei ihrem Ausscheiden gewährten Dienstprämien ein diesen gleich­ kommender Geldbetrag der Pfändung nicht unterworfen fGes. v. 31. Mai 1906 (RGBl. 539) § 40]. Vgl. noch § 850 Anm. 12. 9) Die Bestimmung der Entwürfe unter Nr. 8: „das Inventarium der Posthaltereien", entsprechend dem § 20 des Postges. v. 28. Okt. 1871 (RGBl. 347), ist zwar von der RTK. v. 1875 gestrichen worden: hierdurch ist aber nach EG. z. ZPO. § 13 eine Änderung des be­ stehenden Rechtszustandes nicht herbeigeführt (vgl. auch Prot. z. KO. 7, 8). Die Nr. 9 (früher Nr. 8) kommt im Konkursverfahren nicht zur Anwendung (KO. § 1 Abs. 2). An Stelle der jetzigen Nr. 10, 11 hieß es früher unter Nr. 9, 10: „9. Orden und Ehrenzeichen; 10. die Bücher, welche zum Gebrauch des Schuldners und seiner Familie in der Kirche oder Schule bestimmt sind". Wegen der früheren Nr. 9 s. auch oben Anm. 6. — Die Abänderungen in den jetzigen Nr. 10—13 sind durch das öffentliche Recht-bewußtsein geboten (vgl. Begr.) und waren in der Praxis schon vielfach anerkannt. Nr. 11: Über Handelsbücher vgl. HGB. § 38; nach KO. § 1 Abs. 3 gehören die Ge­ schäftsbücher zur Konkursmasse (vgl. auch das. § 117 Abs. 2). „Trauringe" — (nicht Berlobungsringe), ohne Rücksicht darauf, ob die Ehe noch besteht. Nr. 12: „Hilfsmittel" — auch Fahr- und Rollstühle von Kranken und Gebrechlichen (KomB. 196). 10) Das Ges., betr. die Unzulässigkeit der Pfändung von Eisenbahnfahrbetriebs­ mitteln, v. 3. Mai 1886 (RGBl. 131) enthält eine weitere Beschränkung, die im Falle des Konkurses nicht gilt. (Vgl. die Materialien zu diesem Gesetz in Pusch 10, 172 ff. und v. Cuny das. 272 ff.) — Die Gegenseitigkeit (vgl. Abs. 3 des Ges.) ist verbürgt zwischen dem D. Reiche und Österreich-Ungarn durch die Erklärung v. 17. März 1887 (RGBl. 153). Vgl. auch preuß. Ges., betr. die Pfandr. an Privateisenbahnen, v. 19. Aug. 1895 (GS. 499) § 47. Nach Art. 23 des internat. Übereinkommens Über den Eisenbahnsrach tverkehr v. 14. Okt. 1890 (RGBl. 1892, 793) kann das rollende Material der Eisenbahnen mit Einschluß sämtlicher beweglicher, der Eisenbahn gehöriger Gegenstände, die sich in diesem Materiale befinden, in dem Gebiet eines anderen Staates als desjenigen, welchem die betr. Eisenbahn angehört, weder mit Arrest belegt noch gepfändet werden, außer in dem Falle, wenn der Arrest oder die Pfändung auf Grund einer Entscheidung der Gerichte des Staates erfolgt, dem die Eisenbahn angehört. Demgemäß können die Eisenbahnbetriebsmittel deutscher Bahnen niemals, die fremder Bahnen, falls solche zu einer der Berttagsstrecken gehören, nur aus Grund von Entscheidungen der Gerichte

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldsorderungen.

f 812.

787

§ 812. Gegenstände, welche zum gewöhnlichen Hausrate gehören und im Haushalte des Schuldners gebraucht werden, sollen nicht gepfändet werden, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch deren Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, welcher zu dem Werte außer allem Verhältnisse steht. Nov. 1898 E. § 715a; Begr. 167; KomB. 167 ff.; StenB. 2140, 2199. des betr. Staates, und falls sie zu keiner der Lertragsstrecken gehören, nur sofern die Gegenseitig­ keit bezüglich der Unpfändbarkeit nicht verbürgt ist, gepfändet werden. 11) Urkunden — mit Ausnahme der Wertpapiere (vgl. hierüber §§ 821—823, 831) — sind, auch abgesehen von § 811 Nr. 11, trotz ihre- Makulaturwerts kein Gegenstand der Pfändung körperlicher Sachen, weil ihre Bedeutung wesentlich in ihrem rechtlichen Inhalte beruht (vgl. Falk­ mann 162, Gaupp Nr. IV u. a.). DeS Urheberrechtsschutzes teilhaftige Manuskripte (vgl. Nordd. Prot. 2022) sind nicht selbständig pfändbar; ebensowenig Formen, Platten, Steine usw., die zur Ver­ vielfältigung eines Werkes der bildenden Künste oder der Photographie bestimmt sind [§ 10 des Gef. vom 19. Juni 1901 (RGBl. 227) u. § 14 des Ges. v. 9. Jan. 1907 (RGBl. 7)], wegen deS Urheberrecht- selbst vgl. § 857 Anm. lb. 12) Die in § 811 enthaltenen Beschränkungen der Pfändung können, weil sie dem öffent­ lichen Rechte angehören, auch durch Vertrag nicht ausgeschloffen werden (vgl. § 860 Anm. 1; Nordd. Prot. 2023). Wenn indessen der Schuldner einen der in Nr. 1—6 bezeichneten Gegen­ stände freiwillig der Zwangsvollstreckung (als „entbehrlich" usw.) unterwirft, so hat der Gerichts­ vollzieher diesen nicht von Amts wegen auszuschließen. Vgl. oben Anm. 4. [So auch OLG. Jena im SächsA. 9, 580; Hamburg in Rechtspr. 4, 368; Marienwerder das. 10, 378; Karlsruhe das. 14, 174, vgl. auch 91®. in IW. 1895, 239. AM. Seuffert Anm. 1; Cretzschmar im c. A. 68, 461; Planck II 732; Falkmann 199; Conrad a. a. O. 322; Müller a. a. O. 82ff.; OLG. Cöln im RhA. 97 I 1 u. a., auch Preuß. GeschA. f. d. GB. § 58 Nr. 1. Diese halten den Verzicht überall für unwirksam, wenngleich Seuffert zugibt, daß der Schuldner tatsächlich die Nichtanwendung von § 811 herbeiführen könne. 9t®. in IW. 1910, 28 erklärt den Verzicht wenigstens im Falle der Nr. 1 für unwirksam. Vgl. noch Busch 19, 358.)

9 812. 1) 8 812 soll nach der Begr. verhüten, daß dem Schuldner durch die Zwangsvollstreckung solche Gegenstände entzogen werden, die zwar für seinen Haushalt noch einen nicht unerheblichen Wert haben, deren Verkauf-wert aber so gering ist, daß die Pfändung in der Regel nur zu einer zwecklosen Verschleuderung und einer schweren Schädigung de- Schuldners führen würde, ohne die Lage des Gläubiger- wesentlich zu verbeffern. Hierdurch wird freilich die Aufstellung eine- all­ gemeinen Grundsätze-, daß eine Vollstreckung unzulässig ist, wenn deren Vorteil für den Gläubiger im Vergleiche zum Nachteile de- Schuldner- ein unverhältnismäßig geringer ist, au-geschloffen. 2) .gewöhnlicher HauSrat" — also nicht Sachen, die schon einem gewiffen LuxuSbedürfniffe dienen, fonbrat namentlich alte und abgenutzte Gegenstände (Begr.). „im Haushalte des Schuldner- gebraucht werden" — ES kommt auf die tatsäch­ liche Benutzung, und zwar im Haushalte, nicht im Wirtschaft-- und Geschäftsbetrieb an. „sollen nicht gepfändet werden" — Dieser Ausdruck unterscheidet sich absichtlich von dem in § 811 gebrauchten („sind der Pfändung nicht unterworfen") und schließt zwar die Herein­ ziehung solcher Gegenstände zur Konkursmasse (KO. § 1), jedoch nicht das gesetzliche Pfandrecht des Vermieter- (BGB. § 559) aus. Vgl. KomB. 201 f. „ohne weiteres ersichtlich" — Die Beschaffenheit der Sachen zur Zeit der Pfändung muß die Voraussetzungen de- § 812 zweifellos ergeben (vgl. Preuß. GeschA. f. d. GB. § 58 Nr. 2). 3) Die Prüfung, ob § 812 zutrifft, ist Sache deS Gerichtsvollziehers (Preuß. GeschA. a. a. O. Nr. 3); für die Einwendungen gilt § 766, während an sich keine Nichtigkeit vorliegt. Die Beg«, hebt noch hervor, daß, wenn die Versteigerung deS gepfändeten Gegenstände- ein ungünstige- Er-

788

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

tztz 813, 814.

§ 813. Zur Pfändung von Früchten, die von dem Boden noch nicht getrennt sind, und zur Pfändung von Gegenständen der im § 811 Nr. 4 bezeichneten Art bei Personen, welche Landwirtschaft betreiben, soll ein landwirtschaftlicher Sachverständiger zugezogen werden, sofern anzunehmen ist, dah der Wert der zu pfändenden Gegenstände den Betrag von eintausend Mark übersteigt. Inwieweit bei einem geringeren Werte ein Sachverständiger zu­ gezogen werden soll, bestimmt die Landesjustizverwaltung. Nov. 1898 E. § 715b; Begr. 167; KomB. 202 f.; StenB. 2139 f.

8 814. (716.) Die gepfändeten Sachen sind von dem Gerichtsvollzieher öffentlich zu versteigern, Kostbarkeiten sind vor der Bersteigerung durch einen Sach­ verständigen abzuschätzen. E. § 665.

Mot. 429.

Prot. 368 ff., 391 f. — Nov. 1898 E. § 716; Begr. 167.

gebnis hat, diese Tatsache allein nicht die Annahme rechtfertigt, daß der Gerichtsvollzieher jene Prüfung verabsäumt habe. Besondere Anweisungen für die Gerichtsvollzieher sind den Landes­ justizverwaltungen vorbehalten. 4) Wegen der Gerichtsvollziehergebühren s. GBGebO. § 4 Abs. 4. 8818. 1) Die in Abs. 1 vorgesehene Ordnungsvorschrift (vgl. KomB. 203) soll eine erhöhte Gewähr dafür bieten, daß die gesetzlichen Pfändungsbeschränkungen in betreff der Früchte und der zum Betriebe der Landwirtschaft dienenden Gegenstände (§§ 810, 811 Nr. 4, 865 Abs. 2) einge­ halten werden (Begr.). Vgl. auch § 812 Anm. 3 und Preuß. GeschA. f. d. GV. § 60, wonach der Gerichtsvollzieher die von der Aufsichtsbehörde für gewisse Grundstücke im voraus bestimmten Sachverständigen zuzuziehen, bzw. sich wegen Bezeichnung von Sachverständigen an den Gemeinde­ oder Gut-vorsteher zu wenden hat (das. Nr. 3). S. auch das. § 68 Nr. 4, 5. Daß der Schuldner selbst die Landwirtschaft betreibt, ist im Falle des § 810 nicht Voraussetzung. Das Gutachten der Sachverständigen ist für den Gerichtsvollzieher nicht bindend; das Ergebnis der Begutachtung ist in das Protokoll aufzunehmen. 2) Der Gerichtsvollzieher erhält für die Zuziehung des Sachverständigen keine besondere Gebühr (GVGebO. § 12 Nr. 1); wegen der Vergütung für den Sachverständigen s. das. § 16 u. GeschA. a. a. O. Nr. 7, 8. 3) Abs. 2 ist hinzugefügt mit Rücksicht auf eine vom Deutschen Landwirtschastsrat in An­ regung gebrachte Herabsetzung des Mindestwertbetrags des Abs. 1 aus 500 M. sowie auf die Ver­ schiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Teilen de- Reich-. Die Ausführung des Abs. 2 ist also den Geschästsanweisungen für die Gerichtsvollzieher vorbehalten. Nach 8 60 Nr. 1 a. a. O. ist die Zuziehung eines Sachverständigen im Falle des §811 Nr. 4 bei einem Werte von 300 M. vorgeschrieben; bei einem geringeren Werte mutz sie erfolgen, wenn der Schuldner es verlangt und dadurch weder eine Verzögerung, noch unverhältnismäßige Kosten entstehen. Nach § 68 Nr. 4 das. soll im Falle deS § 810 bei einem Werte unter 1000 M. die Zuziehung erfolgen, wenn voraussichtlich die Begutachtung zu einer sachgemäßen Entscheidung erforderlich ist, und sie kann erfolgen, wenn der Schuldner sie unter den vorstehend angegebenen Voraussetzungen verlangt. §8 814—820, Literatur: Riehl in Busch 17, 32 ff., Falkmann (1) 201 ff. 1) Die weitere Ausführung der Zwangsvollstreckung geschieht regelmäßig durch Ber­ steigerung (Ausnahmen s. in §§ 815 Abs. 1, 820, 821, 825); vgl. Preuß. GeschA. f. d. GB. § 64 Nc. 1, 3. [Über Begriff und Natur der Bersteigerung vgl. BGB. §§ 156, 461, 1235 ff., s. auch R. Koch in Busch, A. f. HR. 4, 261 ff., Mandry-Geib 398, 401, 403.] Wie die Per-

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 815.

789

§ 815. Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern. Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht, daß an gepfän­ detem Gelde ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten bestehe, so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvollstreckung ist fortzusetzen, wenn nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit dem steigerung erfolgen soll, hat die ZPO. nur in allgemeinen Umrissen in den §§ 814—820 festgesetzt; nähere Vorschriften enthalten unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse die Dienstanweisungen für die Gerichtsvollzieher; für Preußen s. GeschA. § 65. Vgl. auch KO. § 127 Abs. 1. Sachen, deren Veräußerung gesetzlich verboten ist, darf auch der Gerichtsvollzieher nicht versteigem (RG. in StS. 28 316). — Wegen der Gebühren s. GVGebO. § 7. 2) Die ZPO. entscheidet nicht, ob der Gerichtsvollzieher bei der Versteigerung im Namen des Gläubigers oder des Schuldners handelt (vgl. Mot. 429). S. jedoch § 827 Abs. 1 a. E., anderseits §§ 822 (s. Anm. 2 das.), 823 sowie 753 Anm. 1, 808 Anm. 2. Nach dem hierfür jetzt maßgebenden (§ 804) BGB. (§§ 1233 ff. u. Mot. III 822 f., 825 f.) handelt der Faustpfandgläubiger als Verkäufer (ebenso Neumann in DJZ. 1901, 17, Gaupp § 814 Nr. I, Seuffert § 814 Anm. 2 u. a. AM. Riehl 33 ff., Planck II 742 f. u. a.); ein Anspruch auf Gewährleistung ist allerdings durch ZPO. § 806 ausgeschlossen (vgl. BGB. § 461). Zuweilen erscheint der Gerichtsvollzieher in der ZPO. auch als Beauftragter des Schuldners (vgl. § 822 Anm. 2). Hinsichtlich der Zahlung s. §§ 815 Anm. 3, 819. 8) Nach BGB. § 1233 Abs. 2 gellen die Vorschriften der ZPO. auch beim Faustpsande, wenn der Gläubiger für sein Recht zum Verkauf einen vollstreckbaren Titel gegen den Eigentümer erlangt hat (vgl. Preuß. GeschA. f. d. GV. § 98). Vgl. auch HGB. § 371 Abs. 2. § 814. 1) In der Regel soll eine Abschätzung der zu versteigernden Sachen nicht stattfinden (vgl. auch KO. § 120). Eine Ausnahme gilt nur für „Kostbarkeiten", d. h. Gegenstände von hohem Werte, sei es wegen ihres Stoffes oder wegen ihres Kunstwerts (RG. 13 36), z. B. Gemälde, Gold- und Silbersachen, fremde Münzen, Juwelen svgl. § 808 Abs. 2, KO. §§ 132, 137, HGB. § 429 Abs. 2, BGB. §§ 372, 702; Preuß. HinterlO. v. 14. März 1879 §§ 1 Nr. 4, 36, 42]. Vgl. übrigens § 820. Daß der Gerichtsvollzieher stets den Wert der gepfändeten Gegen­ stände überschlagen muß, um sich vor zu weit gehender Pfändung zu hüten, erklären die Mot. für selbstverständlich (vgl. § 803 Abs. 2, s. auch §§ 812, 813; Preuß. GeschA. f. d. GB. § 65 Nr. 12). 2) Dem Sachverständigen (Preuß. GeschA. § 64 Nr. 2) kann eine Vergütung nach dem ortsüblichen Preise vom Gerichtsvollzieher gewährt werden (GVGebO. § 16). Der Gerichtsvoll­ zieher erhält für die Zuziehung keine Gebühr (s. das. § 12 Nr. 1, vgl. auch § 13 Nr. 4).

§ 815. Literatur: Voß in Z. f. Vollstreckungs-R. 12, 146 ff. 1) Abs. 1 entspricht dem früheren § 716 Abs. 2 Satz 1; Abs. 2 ist hinzugefügt. Abs. 3 ersetzt den früheren § 716 Abs. 2 Satz 2, dessen Schluß lautete: „sofern nicht dem Schuldner nach­ gelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden". Die Abänderung entspricht dem jetzigen Abs. 2. Abs. 1 enthält eine Ausnahme von dem Gebote der Versteigerung, da diese bei ge­ pfändetem Gelde zwecklos sein würde. Unter „Geld" ist, wie Satz 2 ergibt, nur solches Geld zu verstehen, welches, wenn auch nicht ohne jede Einschränkung, als gesetzliches Zahlungsmittel gilt, also die sämtlichen Münzen der Reichswährung svgl. Münzges. v. l.Juni 1909 (RGBl. 507) §§9 bis 15]. Reichsbanknoten sind jetzt gesetzliches Zahlungsmittel (Nov. zum Bankges. v. 1. Juni 1909 (RGBl. 515) Art. 3]. Vgl. § 108 Anm. 4. [Über den Begriff des Geldes s. auch Goldschmidt, Handb. d. HR. I 2, 1060 ff., Dernburg, BürgR. II § 13, in GrünhutsZ. 7, 1 ff., R. Koch im Rechtslex. II ▼. „Geld", „Münzwesen", ders. in v. Stengel, Wörterb. d. D. Berwaltungsrechts II (1890)

8.

790

Achte- Buch

Zwangsvollstreckung

§ 815.

Tage der Pfändung eine Entscheidung des nach § 771 Abs. 1 zu­ ständigen Gerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung bei­ gebracht wird. Die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von seiten des Schuldners, sofern nicht nach Abs. 2 oder nach § 720 die Hinterlegung zu erfolgen hat. Vgl. § 814. — Nov. 1898 E. § 716a; Begr. 167 f. s. v. „Münzwesen", ders. in Endemann, Handb. d. HR. II 113 ff. u. in „Geld- u. Wertpapiere" bei Bekker-Fischer, Beitr. Heft 4, 14 ff.] Der Gläubiger wird indessen wenigstens die im Verkehr allgemein wie „Geld" behandelten Wertpapiere („usuelle- Geld") — also Rcichskassenscheine und die Noten der nach Bankges .§ 45 vom Reichskanzler bekannt gemachten Privatbanken [ogl. R. Koch, die Reichsgesetzgebung über Münz- u. Notenbankwesen usw. (6) 1910, 213 N. 166] nicht zurückweisen dürfen, wenn der Gerichtsvollzieher diese selbst an ihn abliefert (vgl. Preuß. GeschA. f. d. GV. 8 67 Nr. 5; OLG. Celle in SA. 52 Nr. 26; vgl. auch RG. 43 178). In dieser Beziehung ist die Willenserklärung des Gerichtsvollziehers, als gesetzlichen Bevollmächtigten (vgl. Anm. 3), der freilich nicht genötigt werden kann, Zahlungsmittel, die nicht Währungsgeld sind, wegzunehmen und an den Gläubiger abzuliefern, zum Abschlüsse des Zahlungsgeschästs (Abs. 3) genügend. sEnger d. Preuß. HinterlO. § 11. Vgl. auch RG. 22 267; Mandry-Geib 224 ff., Seussert Anm. 3a, Gaupp Nr. I u. a. AM. Falkmann (1) 202.] Anders hinsichtlich fremder Münzen, selbst wenn sie im Anlande Kurs haben; nimmt der Gläubiger (nicht der Gerichts­ vollzieher besten gesetzliche Vollmacht hier nicht ausreicht — AM. Seuffert a. a. O., Planck II 744 bei N. 27) sie statt Geldes an, so kommt es auf die Vereinbarung über den Preis (Kurs) an; andernfalls sind sie zu versteigern (§ 820). sEbenso Gaupp, Falkmann a. a. O. u. o.] Für fremde Banknoten und fremdes Papiergeld gilt § 821 (vgl. das. Anm. 2). Handelt eS sich um eine Sorten schuld (vgl. Anm. 1 vor § 803 und Dernburg, Bürg. R. II § 16), so ist zunächst nach der betreffenden Sorte zu suchen. Wird diese nicht gefunden und ist auch das Ver­ hältnis zur Reichswährung (sofern die Sorte nicht selbst zu dieser gehört, z. B. Doppelkronen oder Kronen) im Urteile nicht bestimmt, so hat der Gerichtsvollzieher innezuhalten und beim Gläubiger wegen Fortsetzung der Vollstreckung anzufragen; diese kann unter Zugrundelegung des zeitigen Kurswerts der Sorte nach inländischem Gelde erfolgen. Wird jene gefunden, so ist die Wegnahme nicht minder Zahlung nach Abs. 3. sBgl. über alle diese Fragen R. Koch in Busch 3, 373 ff.] 2) Abs. 2: „Mit der Ablieferung ist das Vollstreckungsverfahren beendigt. Der Dritte, welcher geltend macht, daß ihm an dem Gelde ein die Veräußerung hinderndes Recht, insbesondere das Eigentum zustehe, kann daher nur bis zu dem bezeichneten Zeitpunkte die zur Wahrung seines Anspruchs nach §771 erforderlichen Schritte vornehmen. Da aber gegenwärtig die Ablieferung des Geldes in allen Fällen sich unmittelbar an die Pfändung anschließt, kommen die fraglichen Schritte regelmäßig zu spät. Dies hat schon wiederholt zu einer empfindlichen Schädigung bestehender Rechte geführt. Der Abs. 2 will hier Abhilfe gewähren. Danach ist seitens des Gerichtsvollziehers, wenn ihm bei oder nach der Pfändung, aber vor der Ablieferung des Geldes, sei es durch den Schuldner sei es durch den Dritten glaubhaft gemacht wird, daß an dem Gelde ein Recht der gedachten Art bestehe, da- Geld zu hinterlegen. Der Gerichtsvollzieher hat aber die Zwangsvollstreckung fortzusetzen, wenn nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit der Pfändung eine Entscheidung des für die Widerspruchsklage zu­ ständigen Gerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung beigebracht wird. Eine Anordnung des Vollstreckungsgertchts, wie sie der § 771 Abs 3 in Verbindung mit § 769 Abs. 2 für dringende Fälle zuläßt, ist hier ausgeschlossen; die Frist von vierzehn Tagen erscheint ausgiebig genug, um eine Anordnung des int § 771 Abs. 1 bezeichneten Gerichts herbeizuführen." (Begr.) „betn Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht" — Vgl. § 294. Der Gerichtsvoll­ zieher kann also hier auch eine eidesstattliche Versicherung zum Zwecke der Glaubhaftmachung

Zweiter Abschnitt. Zwang-Vollstreckung wegen Geldfordenmgen. | 816.

791

§ 816. (717.) Die Versteigerung der gepfändeten Sachen darf nicht vor Ablauf einer Woche seit dem Tage der Pfändung geschehen, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner über eine frühere Versteigerung sich einigen oder dieselbe erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertsverringerung der zu versteigernden Sache abzuwenden oder um unverhältnismätzige Kosten einer längeren Aufbewahrung zu vermeiden. Die Versteigerung erfolgt in der Gemeinde, in welcher die Pfändung geentgegennehmen (vgl. auch Preuß. GeschA. § 61 Nr. 3, Boß a. a. O., Gaupp Nr. II 2 u. a. AM. Seuffert Anm. 2, Petersen Nr. 2). Gehörte daS Geld einem Dritten, so findet nach der Ablieferung an den Gläubiger BereicherungSklage statt (vgl. RG. in SA. 54 Nr. 199). 3) Abs. 3 (vgl. auch §§ 830 Abs. 1, 897 Abs. 1; Entw. I d. BGB. §§ 875, 1112 Abs. 2, Entw. II §§ 845, 1026, 1061) ist eine Folge des § 755, wonach der Gerichtsvollzieher Beauftragter des Gläubigers ist svgl. auch § 753 Anm. 1; 9t@. (BZS.) 16 396, Mot. z. BGB. in 340, Windscheid-Kipp, Pand. I § 237 N. 22 a, v. Glasenapp in Gruchot 24, 246, Jaeobi in b. Festgabe f. Gneist 163 ff., 170 ff. AM. Boß in Gruchot 23, 242]. Er soll zum Ausdrucke bringen, daß der Schuldner durch die Wegnahme des Geldes von seiten des Gerichtsvollzieher- bizur Höhe deS weggenommenen Betrag- befreit ist und die Gefahr auf den Gläubiger übergeht. Dagegen wird der Entscheidung der Frage, ob diese Zahlung unter Umständen (auf Grund deAnfechtungsges. oder der KO. §§ 29 ff.) angefochten werden kann, nicht vorgegriffen (vgl. Mot.). Die Anfechtung nach KO. § 30 Nr. 2 ist nicht möglich, denn der Gläubiger hat im Verhältnisse zum Schuldner keine bloße Sicherung, sondem Befriedigung seiner Forderung erlangt (RG. in SA. 39 Nr. 177, Gaupp Nr. III, Jaeger 120 § 30 N. 51; vgl. §,819 Anm). Bgl. auch §§ 804 Anm. 4 c, 814—820 Anm. 2. Jedoch ist da- Zwangsvollstreckung-verfahren erst mit der Aushändigung des gepfändeten Geldes an den Gläubiger al- beendigt anzusehen, da erst mit diesem Zeitpunkte dieser tatsächlich befriedigt ist („abzuliefem") und bis dahin ihm der RechtSbehels de- § 766 gegen den Gerichtsvollzieher zustehen muß, auch das Widerspruch-recht des Dritten (§ 771) sonst vereitelt würde (vgl. Abs. 2; KG. in SA. 50 Nr. 62, Planck II 687 {., teilweise abw. jetzt Gaupp Nr. HI. S. auch RT. 14 81, 22 267). Bgl. noch §§ 771 Anm. 3 a. E., 805 Anm. 3 und wegen der Bereicherungsklage des Eigentümers RG. 43 178. Ebenso wie § 819 regelt § 815 Abs. 3 nur da- Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger, dem Schuldner und anderen Gläubigem, nicht aber gegenüber dem dritten Eigentümer. — Weil das Geld, ab­ gesehen von Fällen der Hinterlegung (s. Anm. 4), nicht mehr zum Vermögen de- Schuldner­ gehört, sindAnschlußpfändungen zugunsten anderer Gläubiger — abgesehen von jmen Fällen — vom Augenblicke der Wegnahme des Geldes an au-geschloffen (vgl. auch Nordd. Prot. 2026, Seuffert § 727 Anm 3, Falkmann (1) 203 u. a. AM. OLG. Celle in SA. 40 Nr. 186, jetzt auch Gaupp Nr. III; vgl. auch Planck II 743 bei N. 22). Auch die auf Grund bloß vorläufig vollstreckbaren Urteil- erfolgende Wegnahme hat für den Schuldner befreiende Wirkung (vgl. jedoch RG. 63 330).

4) Der Schlußsatz „sofern nicht — zu erfolgen hat" bezieht sich seinem Wortlaute nach außer auf Abs. 2 nur auf den § 720; er kommt aber auch in den Fällen der §§ 805 Abs. 4, 827 Abs. 2, 3, 854 Abs. 2, 3, 930 Abs. 2, in denen das Geld mit der Wirkung eines Pfand­ rechts hinterlegt wird, zur Anwendung (vgl. Gaupp Nr. IV; oben § 804 Anm. 6 a. E.), dagegen nicht in den Fällen der §§ 707 Abs. 1, 719, 732 Abs. 2, 766 Abs. 1, 769 Abs. 1, 771 Abs. 3, denn in diesen Fällen ist das Geld dem Gläubiger auszuliefem (§ 720 Anm.). Wird das Geld hinterlegt, so tritt die Zahlungswirkung mit der späteren Empfangnahme durch den Gläubiger oder Gerichtsvollzieher ein (Gaupp Nr. IV, Seuffert Anm. 3, teilweise abw. Boß in Z. s. Vollstr. N. 12, 141 u. früh. Ausl.).

792

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

$ 817.

schehen ist, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner über einen anderen Ort sich einigen. Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der zu versteigernden Sachen öffentlich bekannt zu machen. Bei der Versteigerung finden die Vorschriften des § 1239 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. E. § 666. Mot. 429. Prot. 393 f. — Nov. 1898 E. § 717; Mot. 98; Begr. 168; EtenB. 2140 s.; Prot. j. BGB. VI. 717.

§ 817. (718.) Dem Zuschlag an den Meistbietenden soll ein dreimaliger Aufruf vorausgehen; die Vorschriften des § 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung. Die Ablieferung einer zugeschlagenen Sache darf nur gegen bare Zahlung geschehen. Hat der Meistbietende nicht zu der in den Versteigerungsbedingungen be­ stimmten Zeit oder in Ermangelung einer solchen Bestimmung nicht vor dem Schlüsse des Versteigerungstermins die Ablieferung gegen Zahlung des Kaufgeldes verlangt, so wird die Sache anderweit versteigert. Der Meistbietende wird zu einem weiteren Gebote nicht zugelassen; er haftet für den Ausfall, auf den Mehrerlös hat er keinen Anspruch. §816. 1) Eine Verletzung der Vorschriften des § 816 macht den Verkauf nicht unwirksam, sondern begründet nur eine Schadensersatzpflicht des Gerichtsvollziehers (9t (B. in Gruchot 38, 499, KG. in Rechtspr. 2, 77, Gaupp Nr. I u. a. AM. früh. Aufl.). Anträge auf Vorschriften über recht­ zeitige Benachrichtigung deS Schuldners von dem Versteigerungstermine (vgl. BGB. §§ 1237, 384) wurden von der RTK. v. 1875 als in die Geschäftsanweisung gehörig abgelehnt (vgl. Preuß. GeschA. f. d. GV. § 65 Nr. 2). 2) Abs. 1: Die Frist ist auch bei einer Anschlußpsändung zu beobachten (KG. in Rechtspr. 2, 77). — Für Preußen ist in d. GeschA. § 65 Nr. 3 die Frist in der Regel auf zwei Wochen be­ stimmt; nur aus besonderen Gründen darf der Termin über einen Monat nach der Pfändung hinausgeschoben oder vor Ablauf einer Woche festgesetzt werden (eine Ausnahme s. das. § 62 Nr. 7). 3) Abs. 2: Anders BGB. § 1236. S. Preuß. GeschA. § 65 Nr. 1. 4) Abs. 3. Vgl. BGB. § 1237. Die Art der Bekanntmachung unterliegt, soweit in den Anweisungen nichts bestimmt ist, dem Ermessen des Gerichtsvollziehers, z. B. durch Aushang an der Gerichts- oder Gemeindestelle, Einrückung in öffentliche Blätter, Ausrufen u. dgl. m. (vgl. Preuß. GeschA. § 65 Nr. 4). Wegen der Vergütung für die Bekanntmachung s. GVGebO. 8 12 Nr. 5. ö) Abs. 4 ist durch die Nov. v. 1898 hinzugefügt worden. Die angezogenen Vorschriften ergeben, daß sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner in der Versteigerung mitbieten können, daß aber das Gebot des letzteren zurückgewiesen werden darf, wenn nicht der Betrag bar erlegt wird (Preuß. GeschA. a. a. O. Nr. 8).

8 817. 1) Abs. 1: Die frühere Bestimmung („Der Zuschlag an den Meistbietenden erfolgt nach dreimaligem Aufrufe") gewährte durch ihre zwingende Fassung dem Meistbietenden ein Recht aus den Zuschlag (vgl. hierüber 6. Aufl.). Die Nov. v. 1898 übernimmt für die Versteigerung ge­ pfändeter Sachen die für die außerhalb einer Zwangsvollstreckung erfolgende Versteigerung im BGB. § 156 aufgestellten Sätze, daß der Vertrag erst durch den Zuschlag zustande kommt und daß ein Gebot durch Abgabe eines Ubergebots oder Schließung der Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags erlischt.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegm Geldforderungen.

| 817.

793

Wird der Zuschlag dem Gläubiger erteilt, so ist dieser von der Verpflichtung zur baren Zahlung soweit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzu­ wenden. Soweit der Gläubiger von der Verpflichtung zur baren Zahlung befreit ist, gilt der Betrag crls von dem Schuldner an den Gläubiger gezahlt. G. 8 667. Mot. 429. Prot. z. BGB. VI. 717 f.

Prot. 394. — Nov. 1898 E. § 718; Mot. 99; Begr. 168f.;

Im Verhältnisse zum Gläubiger ist dagegen der Gerichtsvollzieher nicht berechtigt, geschweige denn verpflichtet, ein ihm zu niedrig erscheinende- Meistgebot zurückzuweisen (RG in RhA. 104, 246, in IW. 1909, 731). Der Schuldner kann demnach auch bis zum Zuschlage die gepfändete Sache gegen Zahlung der Schuld und der Kosten einlösen. S. Preuh. GeschA. f. d. GL. § 65 Nr. 9. Der Zuschlag allein bewirkt nicht, wie die (gerichtliche) Adjudikation, Übergang deS Eigen­ tums. Der Eigentumsübergang richtet sich vielmehr, ebenso wie der Übergang der Gefahr, der Lasten und der Nutzungen, nach dem bürgert. Rechte (vgl. BGB. §§ 929, 1242, ander- ZBG. § 90). Bei dem dreimaligen Ausrufe handelt es sich nur um eine Ordnungsvorschrift („soll"). 2) Abs. 2: Von der RTK. v. 1875 wurde ein Antrag, hinzuzusetzen „falls nicht die Parteien über Stundung der Einzahlung des Kaufpreise- einverstanden sind", abgelehnt. Eine solche Vereinbarung wird zwar nicht als ungültig anzusehen sein [so auch Gaupp Nr. III, Seufsert Anm. 2 u. a. AM. Falkmann 210 f.]; der Gerichtsvollzieher haftet aber dem Gläubiger bzw. Schuldner, ohne dessen Zustimmung eine Stundung bewilligt ist, für den au- dem Ntchteingehen des Geldes entstehenden Nachteil. Auch kann der Käufer seine Schuld nicht durch Aus­ rechnung mit einer Forderung an den Schuldner tilgen und aus Grund dieser Aufrechnung Ablieferung der Sache verlangen. Anderseits darf der Gerichtsvollzieher den Erlös an den Gläubiger nicht abführen, bevor die Übergabe der versteigerten Gegenstände stattgefunden hat (RS. 85 270, in Gruchot 38, 1032). 8) Abs. 3: „Versteigerung-bedingungen" — Sie sind vom Gerichtsvollzieher fest­ zusetzen (vgl. Preuh. GeschA. § 65 Nr. 7); Erinnerungen sind nach § 766 zu erledigen. Im Zweifel muh die Abnahme gegen Barzahlung (Abs. 2) schon im BersteigerungStermine selbst verlangt werden, so daß bei einem Verzüge deS Käufer- sofort von dem Aufhebungs­ vorbehalte Gebrauch gemacht werden und mithin die anderweite Versteigerung erfolgen kann. Indessen kann auch eine Frist, sogar nach dem Zuschlage, vereinbart werden. Die anderweite Versteigerung erfolgt (sofern nicht das Vollstreckungsgericht nach § 825 abweichende Anordnungen trifft — Preuh. GeschA. § 65 Nr. 10) nicht für Rechnung des ersten Käufer- — wodurch diesem nicht bloh der Nachteil, sondern auch der etwaige Vorteil der Wieder­ versteigerung zufallen würde — sondern sie wird unter Aufhebung de- ersten Zuschlags als Wieder­ holung der ersten Versteigerung ausgeführt, mithin für Rechnung des Schuldners, wobei aber der erste Käufer wegen seines Verzugs für den Ausfall haftet. Letzterer kann jedoch nicht sogleich durch Zwangsvollstreckung beigettieben, sondern muh nötigenfalls eingeklagt werden. Im übrigen hat der erste Käufer weder die Rechte, noch die Pflichten eines Käufers (vgl. auch RG. 13 272). 4) Wegen des Verbots der Ansteigerung seiten- der mit der Vornahme oder Leitung der Versteigerung beauftragten Personen und Hilfspersonen gelten BGB. §§ 456 ff. (vgl. dazu Mot. III 826). S. Preuh. GeschA. § 64 Nr. 3. 5) Erscheint kein Bieter (was übrigens der Gläubiger durch eigenes Bieten verhindenr kann), so ruht die Versteigerung bis zu einem etwaigen neuen Termin oder einer anderen An­ ordnung de- Vollstreckungsgerichts über die Verwertung (§ 825).

Achter Buch.

794

Zwangsvollstreckung.

66

818.—821.

§ 818. (719.) Die Versteigerung wird «ingestellt, sobald der Erlös zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung hinreicht. E. § 668.

Mot. 429.

Prot. 394.

§ 819. (720.) Die Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von seiten des Schuldners, sofern nicht dem Schuldner nach­ gelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. E. § 669.

Mot. 429.

Prot. 368 ff., 394.

§ 820. (721.) Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter ihrem Gold- oder Silberwerte zugeschlagen werden. Wird ein den Zuschlag gestattendes Gebot nicht abgegeben, so kann der Gerichtsvollzieher den Verkauf aus freier Hand zu dem Preise bewirken, welcher den Gold- oder Silderwert erreicht. E. § 670.

Mot. 429 f.

Prot. 394.

§ 821. (722.) Gepfändete Wertpapiere sind, wenn sie einen Börsen- oder Marktpreis haben, von dem Gerichtsvollzieher aus freier Hand zum Tageskurse zu verkaufen und, wenn sie einen solchen Preis nicht haben, nach den allgemeinen Bestimmungen zu versteigern. E. § 671.

Mot. 429 f.

Prot. 394.

6) Der durch die Nov. v. 1898 hinzugefügte Abs. 4 steht mit § 816 Abs. 4 im Zusammen­ hang. Er entspricht dem BGB. § 1239 Abs. 1 Satz 2 mit den durch §§ 713 Abs. 2, 720 ge­ botenen Ausnahmen. Bgl. Preuß. GeschA. s. d. GB. § 65 Nr. 11. |818. Bgl. Planck II 728 bei N. 58; BGB. §§ 1230 Satz 2, 1243 Abs. 1; für Preußen s. GeschA. s. d. GB. §§ 65 Nr. 12, 72. Der Gerichtsvollzieher dars die Versteigerung auch nicht wegen eines inzwischen geltend gemachten BermieterpsandrechtS um den Betrag der Mietschuld ausdehnen Unfallversicherungsgef. § 06 und die übrigen in Anm. 3 und 5 angeführten Gesetze, auch die Nov. z. Preuß. Bergges. v. 19. Juni 1906 (GS. 199) § 173. Die in Abs. 4 ausgestellten Ausnahmen finden ebenfalls auf die Rcntenansprüche aus § 7 des Haflpflichtges. Anwendung (vgl. Begr.). Auch das weniger als 1500 Mk. betragende Einkommen darf somit wegen der Alimente gepfändet werden (Busch 12, 273), doch beschränkt sich der Anspruch auf die Zeit nach Erhebung der Klage (oder eines Antrags auf einstweilige Berfügung) und das vorausgehende letzte Viertel­ jahr. Hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs der unehelichen Kinder ist jedoch der Vorbehalt des Notbedarss für den Schuldner und die von ihm zu Unterhaltenden gemacht. Die geschiedene Ehefrau steht nach BGB. § 1579 der gegenwärtigen nach. Der Vorzug gilt nur für die Alimentenforderung selbst, nicht auch für die Kosten des Alimentenprozesses (OLG. Düsseldorf in RhA. 104, 26; Pigge in DJZ. 1909, 1136. AM. OLG. Celle in Rechtspr. 6, 422). Andere Gläubiger haben nicht das Recht, den zuerst nach Abs. 4 pfändenden bevorrechtigten Gläubiger auf den Überrest des Gehalts über den pfändbaren Teil zu verweisen (KG in Busch 17, 166). Umgekehrt ist die Pfändung des Überrestes nicht deshalb ausgeschlossen, weil bereits eine Pfändung für einen Alimcntationsgläubiger vorliegt (OLG. Dresden in Rechtspr. 10, 386). Der Ortsarmenverband tritt nach RGes. über den UnterstÜtzungSwohnsitz v. 12. März 1894 8 62 an die Stelle des Unterstützten, andere Rechtsnachfolger dagegen nicht. 13) Abs. 5: „zur Bestreitung eines D.ienstaufwandes" — z. B. Umzugskosten bet Versetzungen, Reisekosten und Tagegelder bei Dienstreisen, Tafelgelderu. dgl. m. — Der „Servis" ist verschieden von dem Wohnungsgeldzuschusse; vgl. Reichs-Verfass. Art. 61, Verordnung vom 7. Nov. 1867 (Preutz. Allg. Reg. v. 17. März 1810), Ges. v. 30. Juni 1873 (RGBl. 166) § 3. 3. auch RG. 59 415. „Militärbeamten" —Vgl. RGes., betr. den Servistarif u. die Klasseneinteilung der Orte, v. 6. Juli 1904 (RGBl. 272) u. 17. Mai 1906 (RGBl. 473). Die „Zollbeamten der Militär­ verwaltung" (ReichsMilGes. v. 2. Mai 1874 § 38 C) gehören nicht hierher. Bgl. § 378 Anm. 2. 14) Hinsichtlich der Pfändbarkeit von „Kautionen" und „Depositalgeldern" sind besondere Beichrüukungen nicht aufgenommen (vgl. Nordd Prot. 2055 f.). Die Pfändung ist zulässig, kann aber bei Kautionen erst nach Erledigung der Verpflich­ tungen wirksam werden, für die sie haften. sVgl. § 829 Anm. 6, Preusi. Hinterlegungsordu. v. 14. März 1879 § 24; vgl. auch RGes. v. 20. Febr. 1898 (RGBl. 29) wegen Aufhebung der Kautionepflicht der Reichsbeamten, desgl. Preuß. Ges. v. 7. März 1898 (GL. 19).] Die Pfändung von Fenerversicherungsgeldern, die policegemäß nur zur Wieder­ herstellung des Gebäudes zu zahlen sind, ist nach §§ 97 und 98 des Gesetzes über den Versicherungs­ vertrag vom 30. Mai 1908 (RGBl. 305) in Verbindung mit § 851 beschränkt. Nach § 15 desselben Gesetzes ist die Pfändung von Versicherungssorderungen wegen Zerstörung oder Be­ schädigung unpsändbarer Sachen auf diejenigen Gläubiger beschränkt, welche den Ersatz geliefert haben. 15) Nach Art. 23 des internal. Übereinkommens über den Eisenbahn fr achtverkehr v. 14. Oft. 1890 (RGBl. 1892, 793) können aus der Internat. Beförderung herrührende Forde­ rungen der Eisenbahnen untereinander, wenn die schuldnerische Eisenbahn einem andern Staate angehört als die forderungsberechtigte, nicht mit Arrest belegt oder gepfändet werden, außer in dem Falle, wenn der Arrest oder die Pfändung aus Grund einer Entscheidung der Gerichte des Staates erfolgt, dem die forderungsberechtigte Eisenbahn angehört. Vgl. § 811 Anm. 10. § 851.

1) Abs. 1: Ist die Übertragung einer Forderung gesetzlich ausgeschlossen, so darf der Zweck des Gesetzes auch nicht mit Hilfe der Pfändung vereitelt werden (Begr.); vgl.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen,

g 851.

829

Forderung kann insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. E. BGB. § 296 Abs. 2; Nov. 1898, E. § 749»; Begr. 174, KomB. 207; Prot. z. BGB. I. 384 f., H. 237 f., VI. 724. auchBGB. § 1274 Abs. 2, Hellwig 75 ff. Die Unzulässigkeit der Pfändung ist nach § 766 geltend zu machen; sie gilt auch im Konkursverfahren (KO. § 1 Abs. 4). Nicht übertragbare Forderungen erwähnt das BGB. z. B. in §§ 717, 719, 847, 1300, 1427, 1585, 1623, 1658 (1655, 1656); im Zweifel sind nicht übertragbar die im BGB. §§ 613, 664, 514 bezeichneten Forderungen (vgl. unten §§ 857 Abs. 3, 859—863). Anderseits kann nach BGB. § 400 eine Forderung nicht abgetreten werden, soweit sie nach ZPO. §§ 850, 851 der Pfändung nicht unterwotfen ist (vgl. auch BGB. § 394). Nicht übertragbar und deshalb auch nicht pfändbar ist der Anspruch auf die Aufwandsentschädigung der Reichstagsmitglieder gemäß Ges. v. 21. Mai 1906 (RGBl. 468) § 8. 2) „Eine Ausnahme von dieser Regel (des Abs. 1) tritt nach Abs. 2 für den Fall ein, daß die Forderung aus dem Grunde nicht übertragbar ist, weildie Leistung au einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalterfolgen kann oder weil die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner aus­ geschlossen ist (BGB. § 399). Das berechtigte Jntereffe, welches in einem solchen Falle der Schuldner daran hat, nur dem ursprünglichen Gläubiger.zu basten, wird nicht verletzt, wenn die Pfändung der Forderung lediglich behufs Überweisung zur Einziehung erfolgt. Dieser Weg ist aber möglich, sobald der geschuldete Gegenstand selbst der Pfändung unterliegt Indem der Entwurf die Frage unter diesem Gesichts­ punkte regelt, beugt er namentlich..auch der Gefahr vor, daß der Schuldner durch vertragsmäßige Ausschließung der Übertragbarkeit die ihm zustehenden Forderungen dem Zugriffe seiner Gläubiger entzieht." (Begr.) Vgl. auch Planck, BGB. II § 399 Anm. 2, 3 u. RG. in IW. 1901, 653. Der Drittschuldner kann zum Schutze seiner eigenen materiellen Rechtsstellung die Unzulässigkeit der Pfändung, und zwar auch einredeweise, geltend machen (RG. 66 233). 8) Der Entw. d. Nov. v. 1898 hatte in Abs. 3 die Pfändbarkeit des Pachtrechts, ungeachtet de- BGB. 88 549 Abs. 1, 581 Abs. 2, 596 Abs. 2, durch Anordnung einer Verwaltung vorgesehen. Diese Bestimmung wurde aber durch die RTK. gestrichen, weil die Pfändung des Pachtrechts nur dazu führen werde, daß sich ein einzelner Gläubiger die Früchte für mehrere Jahre aneigne (KomB. 210). Die Pfändung des Miet- und Pachtrechis) gemäß § 857) ist daher nur zulässig, wenn die Über­ tragung der Ausübung vertragsmäßig gestattet war (.KG. in Rechtspr. 19, 22); wegen der Wirkung der Pfändung vgl. auch RG. 87 412 u. OLG. Cöln im RhA. 97 I 14; vgl. auch RG 70, 229. 4) Eine besondere Vorschrift zum Schutze des Altenteilsrechts (vgl. EG. z. BGB. Art. 96) erachtet die Begr. für überflüssig mit Rücksicht aus BGB. §§ 399, 413 und ZPO. 88 851 Abs. 2, 857 Abs. 1. Vgl. auch OLG. Hamburg in SA. 41 Nr 318 (betr. alternative Forderung auf Alienteilsleistungen) und RG. in Gruchot 39, 157 und bes. Gaupp Nr. III. 5) Die vollen Rechte aus einem pactum de matuo dando sind in der Regel nicht übertragbar, weil dem Dritten nicht zugemutet werden kann, einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger als Darlehnsschuldner anzunehmen. Wohl ist aber die Abtretung lediglich de- An­ spruchs auf Auszahlung der Darlehnsvaluta mit der Wirkung zulässig, daß durch diese Zahlung nicht der Empfänger, sondern der ursprüngliche VertragSgegner DarlehnSschuldner wird. Eine gegenteilige Verabredung würde nach 8 851 die Pfändung daher nicht ausschließen. Selbstredend bleiben aber dem Drittschuldner die sachlichen Einreden aus dem Vertrage, besonders kann er beim Baugeldvertrage gellend machen, daß er die Gelder zur Förderung des Baue- habe ver­ wenden müssen fvgl hierzu RG. 88 310, 66 359, 69 355, in IW. 1908, 676, OLG. Cöln in RhA. 98 I 81, OLG. ,Dresden in Rechtspr. 15, 14, bes. Staudinger, BGB. 8 807 Nr. II 9. AM. KG. in Rechtspr. 13, 211, Cassel 14, 184, Gaupp Nr. III; vgl. ferner zu 8 1 des Ges. über die Sicherung der Bauforderungen v. 1. Juni 1909 (RGöl. 449), Breit in IW. 1909, 349 u. 403, Kiese das. 382, Hagelderg das. 446J.

Achtes Buch.

830

Zwangsvollstreckung.

§§ 852, 858.

§ 852. Der Pslichtteilsanspruch ist der Pfändung nur unter warfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig ge worden ist. Das Gleiche gilt für den nach § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Schenker zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes. E. BGB. § 1992 Abs. 2; Nov. VI. 726, 754, 802.

1898 § 749b, Begr. 174 f., Prot. z. BGB. V. 526 ff.,

§ 853. (750.) Ist eine Geldforderung für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, welchem die Forderung überwiesen wurde, verpflichtet, unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse an das Amtsgericht, dessen Beschluß ihm zuerst zugestellt ist, den Schuldbetrag zu hinterlegen. E. § 697.

Mot. 436.

Prot. 406.

6) Der Anspruch auf Befreiung

von

einer

Verbindlichkeit

ist grundsätzlich nicht

abtretbar und nicht pfändbar; eine Ausnahme gilt für den Gläubiger dieser Verbindlichkeit selbst. Daher

kann

nur

der Verletzte

selbst

die Ansprüche seines Schuldners aus einer Haftpflicht

Versicherung pfänden (vgl. hierzu Flechtheim in LeipzZ. 1908, 801 ff., RG. 60 257 und in IW. 1909, 500. AM. Meuret in LeipzZ. 1908, 900 ff., 1910, 63 ff., Seuffert das. 1909, 106, Josef in Jb. f. Dogm. 56, 159).

§852. 1) Abs. 1: eine Geldforderung

Der Pflichtteilsanspruch, begründet,

sich auch pfändbar (§ 851).

ist

frei

der nach BGB. §§ 1867 Abs. 2, 2303 Abs. 1 nur

übertragbar (BGB. § 2317 Abs. 2) und wäre daher an

Da es jedoch dem Wesen dieses Rechtes widerstreitet, wenn der An­

spruch gegen den Willen des Berechtigten gellend gemacht wird, wird die Pfändung nur zugelassen, wenn der Anspruch bereits durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (Begr. d. Nov. v. 1898).

Vorbildlich für diese Regelung waren BGB. §§ 847 Abs 1 Satz 2, 1300 Abs. 2. — Vgl.

auch Mot. z. BGB. V 418. — § 852 Abs. 1 ist entsprechend anwendbar im Falle des BGB. § 1511. 2) Abs. 2:

Auch

hier

entspricht es nach der Begr. der persönlichen Beziehung zwischen

dem Schenker und dem Beschenkten,

die Entscheidung darüber,

ob der Anspruch erhoben werden

soll, dem Schenker zu überlassen. 3) Einwendungen auf Grund des § 852 sind gemäß § 766 zu erheben.

§§858-856. Literatur:

Hellwig,

Verpfändung u. Pfändung von Forderungen 210 ff.,

Dorendors,

Arrest 111 ff., Köhler in Z. f. Priv. u. öfsentl. R. 14, 24ff., Planck II 760ff. 1) Eine Verwickelung entsteht trotz § 804, wenn ein und derselbe Anspruch für mehrere Gläubiger gepfändet ist.

(Wegen der Formen s. §§ 829 Sinnt. 1, 831 Slum. 1.)

Diesen (in

den §§ 826, 827 für die Pfändung körperlicher Sachen geregelten) Fall ordnen die vorliegenden Bestimmungen,

§ 853

§ 855 für solche, enthält § 856.

für Geldforderungen,

§ 854 für Ansprüche,

die eine unbewegliche Sache betreffen;

eine

die

eine

bewegliche,

gemeinsame Bestimmung

Dem Drittschuldner, der sich nicht ohne Gefahr mit einem einzelnen der pfändenden

Gläubiger einlassen kann,

ist weder die Verpflichtung zu prüfen,

wer der bestberechtigte sei (vgl.

auch § 75), noch die Berechnung der beteiligten Forderungen — behufs Ermittelung, ob die Schuld zur Deckung der Ansprüche aller pfändender Gläubiger ausreicht — auferlegt (s. RG in IW. 1893, 199, OLG. Celle in Busch 21, 518; vgl. jedoch in § 872 „nicht hinreicht"). Die Verwickelung

ist

einfach

durch

das Recht

und

die auf Verlangen eintretende,

nach § 856 er­

zwingbare Pflicht zur Hinterlegung oder Herausgabe an den Gerichtsvollzieher oder Sequester gelöst (vgl. auch BGB- §§ 372, 1281), an die sich ein Verteilungsversahren (§§ 872 ff.), nötigenfalls nach Umwandlung der herausgegebenen Sache in Geld, anschließt.

S. auch

RG. in IW.

1901, 515.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

| 854.

831

§ 854. (751.) Ist ein Anspruch, welcher eine bewegliche körperliche Sache betrifft, für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, welchem der Anspruch überwiesen wurde, ver­ pflichtet, die Sache unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse dem Gerichtsvollzieher herauszugeben, welcher nach dem ihm zuerst zugestellten Beschlusse zur Empfangnahme der Sache ermächtigt ist. Hat der Gläubiger einen solchen Gerichtsvollzieher nicht bezeichnet, so erfolgt dessen 2) Die Verpflichtung zur Hinterlegung usw. tritt selbstverständlich nur unter denselben Voraussetzungen ein, unter denen die Verpflichtung zur Zahlung usw. besteht, also z. B. erst nach Eintritt der Bedingung, Fälligkeit usw. (vgl. auch RG a. a. £).). 3) Das „Verlangen eine- Gläubigers (§§ 853—856) wird sich in einer unmittelbar an den Drittschuldner gerichteten (formlosen) Aufforderung äußern, die der Gläubiger ihm deBeweises wegen in gewöhnlicher Weise zuzustellen hat. Nur die Überweisung (§§ 835, 846), nicht die bloße Pfändung gewährt einem Gläubiger das Recht, die Hinterlegung zu verlangen. Sobald die Aufforderung erfolgt ist, darf der Drittschuldner nicht mehr an den Erstpfändenden zahlen. Wegen der Klageberechtigung deS Gläubigers s. § 856. Über daS Verhältnis des § 853 zu § 872 vgl. Falkmann in Busch 21, 518ff. 4) Wegen des Verfahrens bei der Hinterlegung s. für Preußen Hinterlegungsordn. 88 18, 19. Zu den Fällen, in denen nach § 74 eine Dringlichkeit stets als vorhanden anzusehen und daher die vorläufige Verwahrung bei den Amtsgerichten gestattet ist, gehören die vorliegenden nicht. Vgl. § 827 Anm. 4.

§ 853. 1) „für mehrere Gläubiger gepfändet" — sei eS gleichzeitig oder nacheinander. Der §854 behandelt diese Fälle getrennt in Abs. 2 und 3; an eine weitere Voraussetzung ist die Befugnis des Drittschuldners zur Hinterlegung nicht geknüpft (OLG. Celle in SA. 51 Nr. 163). Ist die Forderung sowohl abgetreten als gepfändet worden, so findet § 853 keine Anwendung (RS. 49 357, 50 18). ©. auch RG. 57, 329. „unter Anzeige der Sachlage" — d. h. unter näherer Angabe seiner Schuld und der bei ihm vorgenommenen Pfändungen (vgl. § 827 Abs. 2). Die Anzeige muß in dem Hinter­ legungsgesuche, wenn die Zulaffung zur Hinterlegung nach den betreffenden Landesgesetzen von einem Befehle des Gericht- abhängt, sonst in demjenigen Schriftsatz erfolgen, mit welchem die Beschlüsse (§§ 829 Abs. 2, 835 Abs. 3) überreicht werden. Ohne die Anzeige und Aushändigung der Beschlüsse ist die Hinterlegung unwirksam (KG. in Rechtspr. 14, 184). Verweigert das Gericht die Annahme der Anzeige, so hat der Drittschuldner die sofortige Beschwerde (§ 793; RG in IW. 1893, 199). Die gleichzeitige Anzeige an alle Gläubiger ist nickt vorgeschrieben. 2) „das Amtsgericht — zugestellt ist" — Vgl. § 828. Bei doppeltem allgemeinen Gerichtsstände (vgl. § 13 Anm. 1) können hinsichtlich der Pfändung mehrere Amtsgerichte zusammentreffen (vgl. § 828 Anm. 2). Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts ist auch dann maßgebend, wenn der zuerst zugestellte Beschluß in der Beschwerdeinstanz erlassen war (OLG Colmar in ElsLothZ. 25, 40. AM. OLG. Kiel in Rechtspr. 14, 184 Anm., Gaupp Nr. III). 3) „zu hinterlegen" — Die Hinterlegung hat für den Drittschuldner, dessen materielle Verpflichtung durch den § 853 beeinflußt wird, die Wirkung der Befreiung, da er zur Rücknahme des Hinterlegten nicht befugt ist (vgl. BGB. § 378; RG. 49 357). S. auch § 804 Anm. 6. Nach der Hinterlegung bildet nur der etwaige Anspruch des Schuldner- gegen die Hinter­ legungsbehörde einen Gegenstand neuer Pfändung (vgl. § 629 Anm. 6, BGB. § 233, Preuß. Hinterleg.O. §§ 7, 8). 4) Bei den in § 831 bezeichneten Papieren muß der Schuldner die Präsentation abwarten und ist zur Hinterlegung nur gegen Rückgabe des Wechsels usw. verpflichtet.

832

Achte- Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 855.

Ernennung auf Antrag des Drittschuldners von dem Amtsgerichte des Otts, wo die Sache herauszugeben ist. Ist der Erlös zur Deckung der Forderungen nicht ausreichend und verlangt der Gläubiger, für welchen die zweite oder eine spätere Pfändung erfolgt ist, ohne Zustimmung der übrigen beteiligten Gläubiger eine andere Verteilung als nach der Reihenfolge der Pfändungen, so hat der Gerichtsvollzieher die Sachlage unter Hinterlegung des Erlöses dem Amtsgericht anzuzeigen, dessen Beschlutz dem Dritt­ schuldner zuerst zugestellt ist. Dieser Anzeige sind die auf das Verfahren sich be­ ziehenden Schriftstücke beizufügen. In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig bewirkt ist. E. § 698. Mot. 436 f. Prot. 406.

§ 855. (752.) Betrifft der Anspruch eine unbewegliche Sache, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, welchem der An§854.

1) Abs. 1: „unter Anzeige der Sachlage" — nämlich an den Gerichtsvollzieher (s. § 853 Anm. 1). „dem Gerichtsvollzieher — ermächtigt ist" — Vgl. § 847 Anm. 1. 2) „Hat — nicht bezeichnet" — nämlich weder in dem Pfändungsgesuche, noch bis zur Zustellung des zweiten Beschlusses. Wegen der Mitbeteiligung anderer Gläubiger darf sich der Drittschuldner hier nicht untätig verhalten, sondern mutz, um der Klage zu entgehen, selbst die Ernennung deS Gerichtsvollziehers beantragen. 3) „von dem Amtsgerichte des Orts — herauszugeben ist" — also nicht von dem VoUstreckungsgerichte (§ 828 Abs. 2), sondern von dem Amtsgericht am Orte der Erfüllung deS gepfändeten Anspruchs, der nicht notwendig mit dem Orte, wo die Sache liegt, zusammen­ fällt (vgl. §§ 33, 24, 29). — Die Bestimmung ist gebührenfrei (GKG. § 47 Nr. 3; s. jedoch RAGebO. §§ 23 Nr. 1, 29 Nr. 6). 4) Abs. 2: „Ist der Erlös-------nicht ausreichend" — nämlich nach bewirkter Verwertung (vgl. § 847 Abs. 2 vbd. mit § 827 Abs. 2). Ist der Erlös ausreichend oder wird von keiner Seite eine andere Verteilung als nach der Reihenfolge der Pfändungen beansprucht (vgl. § 804 Abs. 3), so nimmt der Gerichtsvollzieher selbst die Verteilung vor. Andernfalls tritt das Verteilung-verfahren nach §§ 872 ff. ein. „dessen Beschlutz------ zuerst zugestellt ist" — Meistens werden sämtliche Beschlüsse von demselben Amtsgerichte zugestellt fein; das Zusammentreffen mehrerer Amtsgerichte ist eine Ausnahme (vgl. §§ 828 Anm. 2, 853 Anm. 2, 873 Anm 1; Planck II 620 a. E ). Die Zu­ ständigkeit ist selbst dann begründet, wenn der Beschlutz von einem unzuständigen Gericht erlassen war (RG. 36 360). 5) „die auf das Verfahren sich beziehenden Schriftstücke" — nämlich PfLndungsbeschlüsse, Znstellungsurkunden, Aufträge, Ernennungen usw. 6) Abs. 3 setzt gleichzeitige Zustellung der Pfändungsbeschlüsse an den Drittschuldner voraus (vgl. § 829 Abs. 3). S. auch § 827 Abs. 3. Dies liegt vor, wenn derselbe Genchtsvollzieher in einem Akte mehrere Beschlüsse zustellt, waS sich mit Abs. 1 u. § 847 Abs. 1 sehr wohl verträgt. Der Gerichtsvollzieher hat hier bezüglich der Hinterlegung, wenn mehrere Amts­ gerichte in ftrofle kommen, die Wahl. 7) Wegen der Gebühren des Gerichtsvollziehers s. GVGebO. §§ 5, 14 Nr. 3. § 855.

1) „an den vom Amtsgerichte der belegenen Sache ernannten" — nämlich den auf Antrag deS Gläubigers ernannten Sequester (§ 848 Abs. 1).

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen,

g 886

833

spruch überwiesen wurde, verpflichtet, die Sache unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse an den von dem Amtsgerichte der belegenen Sache ernannten oder auf seinen Antrag zu ernennenden Sequester herauszugeben. E. § 099.

Mot. 436 f.

Prot. 406.

§ 856. (753.) Jeder Gläubiger, welchem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage aus Erfüllung der nach den Be­ stimmungen der §§ 853—855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben. Jeder Gläubiger, für welchen der Anspruch gepfändet ist, kann sich dem Kläger in jeder Lage des Rechtsstreits als Streitgenosse anschließen. Der Drittschuldner hat die Gläubiger, welche die Klage nicht erhoben und dem Kläger sich nicht angeschlossen haben, zum Termine zur mündlichen Verhand­ lung zu laden. 2) „oder auf seinen Antrag zu ernennenden Sequester" — Die Ernennung auf Antrag de- Drittschuldners erfolgt in ähnlicher Art wie nach § 848 Abs. 1, sofem bei der Zustellung deS ersten Zustellungsbeschlusses der Sequester noch nicht namentlich bezeichnet ist. Der Sequester steht in einem privatrechtlicheu Vertrag-verhältnisse zum Gericht als seinem Auf­ traggeber (OLG. Dresden in SA. 38 Nr. 80). — Die Bestellung geschieht gebührenfrei (GKG. 8 47 Nr. 3; s. jedoch RAGebO. §§ 23 Nr. 1, 29 Nr. 6). 3) Wegen der Verwertung und Verteilung vgl. § 848 Abs. 3. — Der Sequester hat die Eintragung der Forderungen in der durch die Zeit der Pfändungen bestimmten Reihenfolge zu bewilligen, wenn ein Gläubiger eine andere Reihenfolge verlangt oder die Zeit der Pfändungen nicht erhellt, zu gleichen Rechten unter dem miteinzutragenden Vorbehalt einer anderweiten Fest­ stellung ihres Ranges untereinander. (AM. Gaupp, Anm.) Vgl. § 848 Anm. 2.

8 856. 1) Abf. 1: Die Gläubiger, denen der Anspruch überwiesen ist (§§ 835, 849), sind nicht genötigt, gemeinschaftlich zu klagen; jeder von ihnerr kann vielmehr allein klagen, ohne die anderen beiladen zu müssen, und zwar mit der Wirkung, daß der Anspruch für alle — abgesehen von Abs. 5 — rechtshängig wird. Selbstverständlich wirken Klage und Urteil auch gegen solche Gläubiger, die noch nicht einmal gepfändet haben; es ist damit ebenso, als wenn der Schuldner selbst geklagt hätte. Klagen mehrere Gläubiger gemeinschaftlich, so sind sie Streitgenossen nach § 62. Auf den Fall der Klage des Schuldners selbst findet § 856 keine An­ wendung (RG. in Gruchot 29, 1055). Hinsichtlich deS Gerichtsstandes gilt nichts Besonderes. „berechtigt" — Macht er von diesem Rechte keinen Gebrauch, so kommt auch hier 8 842 zur Anwendung. „Klage auf Erfüllung — Verpflichtungen" — d. h. die gewöhnliche Klage auS dem Ansprüche mit den sich aus den §§ 853—855 ergebenden Besonderheiten. Der Dritt­ schuldner kann selbstverständlich auch gegen die Rechtsgültigkeit der Pfändung und Überweisung Einwendungen erheben (ObLG. in SA. 46 Nr. 149; vgl. Anm. 4; s. aber auch RG. 38 400). Gegenüber der Klage eines einzelnen Gläubigers auf Leistung an ihn kann der Drittschuldner sich auch auf die vorhergehenden Pfändungen anderer Gläubiger berufen (OLG. Braunschweig in Rechtspr. 19, 26). Dem Schuldner ist nach § 841 der Streit zu verkünden. Hinsichtlich der Prozeßführung s. § 841 Anm. 4. Vgl. auch ObLG. in SA. 57 Nr. 25. 2) Der Abs. 2 enthält eine Anwendung der §§ 66, 69. Es ist nicht erforderlich, daß der beitretende Gläubiger bereits eine Überweisung (§ 835), also ein eigenes Klagerecht, erlangt hat; die bloße Pfändung (§ 829) — auch die bloße Arrestpfändung — genügt. Daß er dessen­ ungeachtet nach Abs. 2 als Streitgenosse, nicht als gewöhnlicher Nebenintervenient gilt, ent­ spricht der Natur der Sache. Die Anschließung erfolgt, da nichts Besonderes (wie in § 70) Struckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Aufl.

53

Achtes Buch.

834

Zwangsvollstreckung,

tz 856.

Die Entscheidung, welche in dem Rechtsstreite über den in der Klage er­ hobenen Anspruch erlassen wird, ist für und gegen sämtliche Gläubiger wirksam. Gegen einen Gläubiger, welcher nicht zum Termine zur mündlichen Ver­ handlung geladen ist, obgleich er von dem Drittschuldner hätte geladen werden sollen, kann der Drittschuldner sich auf die ihm günstige Entscheidung nicht berufen. E. § 700.

Mot. 437.

Prot. 406 ss.

bestimmt ist, in der mündlichen Verhandlung: ein etwaiger Schriftsatz ist nur vorbereitender Natur (f. Seufsert Anm. 3, Gaupp Nr. I u. a.

AM. v. Canstein in Busch 8, 236, Hellwig 225).

8) Der Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 bildet den Schwerpunkt des Paragraphen. Den Rechten jedes Gläubigers aus Erfüllung (Abs. 1), wie dem Ansprüche des Drittschuldners, seine Lage nicht durch

die mehrfache Pfändung verschlechtert zu sehen, ist dadurch genügt, dag

hier die Hauptpflicht zum Betriebe des Prozesses auf den Drittschuldner gewälzt wird. Der Drittschuldner, der nach §§ 829 Abs. 3, 835 Abs. 3, 846 alle beteiligte Gläubiger kennen kann und muR, hat diese — und zwar auch diejenigen, für welche der Anspruch nur gepfändet ist (s. Anm. 2) —, sofern sie sich nicht freiwillig nach Abs. 2 angeschlossen haben, durch Bei­ ladung zur Teilnahme an dem auf Gefahr aller geführten Prozeh aufzufordern (vgl. §§ 59, 60 Anm. 5).

Diese Verpflichtung ist auch dann nicht (wie nach § 841) ausgeschlossen,

wenn eine

Zustellung im Ausland oder eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. Im amtsgerichtlichen Verfahren genügt der Antrag des Drittschuldners auf Ladung; (§ 497).

die Ladung selbst erfolgt von Amts wegen

Bei der Ladung ist die Ladungsfrist (§§ 217, 226) zu beobachten.

wenn sie dem Kläger beitreten, als Streitgenossen (vgl. Anm. 1, 2).

Die Geladenen gelten,

Tritt ein Geladener nicht

bei, so wird ein Versäumnisurteil nicht erlassen; es genügt Abs. 4.

4) Abs. 4 enthält einen der Fälle, in denen die Rechtskraft sich über die Hauptparteien binauserstreckt (§§ 69 Anm. 1, 325 Anm. 4). Es werden, wenigstens was den Anspruch selbst betrifft, die verschiedenen Überweisungen in einen Prozeh zusammengezogen.

Erfüllt

Pflicht, so ist er einer ferneren Klage wegen kann auch jeder pfändende Gläubiger,

der Drittschuldner desselben Anspruchs

die ihm in Abs. 3 nicht ausgesetzt.

auferlegte

Aber ebenso

mag er an dem Prozesse teilgenommen haben oder nicht,

die Rechte aus dem Urteil auf Grund des zugestellten Pfänduugsbeschlusses — auch ohne be­ sondere Überweisung — für sich geltend machen. Die „Wirksamkeit" schlieht auch die „Voll­ streckbarkeil", jedoch

nur unter den gewöhnlichen Voraussetzungen des § 750 Abs. 1, in sich.

IAM. Kalkmann (2.) 176 N. 4].

Selbstverständlich reicht die Wirksamkeit des Urteils nicht über den

Teil des Anspruchs hinaus, für den eine Verurteilung erfolgt ist (s. RG. in Gruchot 24, 1087). Bei der Zulässigkeit von Einwendungen aus der Person jedes einzelnen Gläubigers, mit dem der Drittschuldner infolge der Überweisung vor der Aufforderung zur Hinterlegung (§§ 853—856 Anm. 3) wirksame Verträge geschlossen haben kann (§ 835 Anm. 3), können aber dessenungeachtet verschiedene Entscheidungen in betreff des Bestehens

oder des Betrags der ein­

geklagten Forderung im Verhältnisse des Drittschuldners zu den einzelnen Gläubigern ergehen, da die durch eine frühere Pfändung erworbenen Rechte ((. § 804 Abs. 3) nicht durch derartige, nur dem später psätldenden Gläubiger gegenüber begründete Einwendungen dürfen.

Erstpfändende nicht mehr gültig über die Forderung verfügen. lichen

beeinträchtigt werden

Nachdem aber das Verlangen der Hinterlegung gestellt worden (§ 853), Ergebnisse nur eine einheitliche Entscheidung, namentlich

(Auszahlung), erlassen werden.

Bei

verschiedenartigem

Gläubiger sind also die §§ 62, 426, 472 anzuwenden.

kann auch der

Im übrigen kann stets im schliehhinsichtlich

Verhalten

der

der

Verteilung

teilnehmenden

Vgl. auch § 288 Anm. 3.

5) Der Abs. 5 bildet die einzige Ausnahme von dem Grundsätze des Abs. 4. Hat der Drittschuldner die ihm in Abs. 3 auferlegte Pflicht nicht erfüllt, so kommt ihm in dem Verhält­ nisse zu dem betrefsenden Gläubiger die ergangene günstige Entscheidung nicht zustatten.

Da­

gegen ist die dem Drittschuldner ungünstige Entscheidung auch in jenem Falle für den Gläu­ biger wirksam.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 857.

835

§ 857. (754.) Auf die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte, welche nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, finden die vorstehenden Bestimmungen entsprechende Anwendung. Ist ein Drittschuldner nicht vorhanden, so ist die Pfändung mit dem Zeit­ punkt als bewirkt anzusehen, in welchem dem Schuldner das Gebot, sich jeder Verfügung über das Recht 31t enthalten, zugestellt ist. Ein unveräußerliches Recht ist in Ermangelung besonderer Vor­ schriften der Pfändung insoweit unterworfen, als die Ausübung einem anderen überlassen werden kann. 6) Die über den Anspruch ergehende Entscheidung ist auch für und gegen den Schuldner wirksam svgl. § 841 Anm. 2, 4. (Ebenso Wilm.-Levy Anm. 5, Dorendorf, Arrest 116 u. a. AM. jetzt Gaupp Nr. IV, Petersen, Anm. 4 u. a.)].

»§ 857-863. 1) In § 857 sind Abs. 3, 6 durch die Nov. v. 1898 hinzugefügt. Der frühere Abs. 3 (jetzt Abs. 4) handelte nach der jetzt abgeänderten Fassung von den Rechten, „welche nur in An­ sehung der Ausübung veräußerlich sind"; die Änderung durch die Nov. entspricht dem jetzigen Abs. 3 (Begr). 2) In den durch die Nov. v. 1898 hinzugefügten §§ 858—863 sind folgende Vermögensrechte besonders behandelt: Schiffsparten (§ 858), Anteil an einer Gesellschaft nach BGB. (§ 859 Abs. 1), Anteil an einem Nachlasse (§ 859 Abs. 2), Anteil an einer ehelichen Gütergemeinschaft (§ 860), ehemännliche Nutznießung (§ 861), elterliche Nutznießung (§ 862), Nutzung eines Erben, der durch Einsetzung eines Nacherben beschränkt ist (§ 863 Abs. 1, 2), bzw. eines Nachkömmlings am Anteile des Gesamtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft im Falle des BGB. § 1513 (§ 863 Abs. 3). 6 857. 1) Abs. 1: „in andere Vermögensrechte — sind" — d. h. alle nicht unter die §§ 829 ff., 846 ff., 858 ff. fallenden Rechte des beweglichen Vermögens, die nach Maßgabe des bürgerlichen Rechtes wenigstens in Ansehung der Ausübung veräußerlich sind (vgl. Abs. 4, OLG. Jena in SA. 39 Nr. 276). Hierunter fallen noch namentlich: a) AnteilsrechtL an den nicht in §§ 859, 860 bezeichneten ungeteilten Vcrmögensmassen, z. B. an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (RGes., betr. Ges. m. b. H. § 15 — vgl. SR®. 57 415) und an einer Gemeinschaft (BGB. §§ 741 ff. — vgl. OLG. Braun­ schweig in Rechtspr. 9, 126). Die Pfändung eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mit be­ schränkter Haftung ist auch dann zulässig, wenn die Abtretung von der Genehmigung der Gesellschaft abhängt (SR®. 70 64 und in LeipzZ. 1909, 235). Häufig kann der Gläubiger nur aus dem Umweg einer Überweisung des Anspruchs auf Auseinandersetzung oder des Auseinandersetzungsguthabens an die Substanz des Anteils selbst ge­ langen, und es gellen in dieser Beziehung mancherlei Beschränkungen, z. B. für offene Handels­ gesellschaften usw. (HGB. §§ 135, 161, 339, vgl. Staub, HGB. § 135 Anm. 4 u. 5), für Ge­ nossenschaften (Genoffensch.Ges. §§ 66, 69 Abs. 1, 71, 72). Wegen der Zulässigkeit der Pfändung von Bruchteilen beweglicher Sachen nach § 857 vgl. § 808 Anm. 2. Von dem Landesrechte hängt es nach EG. z. BGB. Art. 67 ab, ob der Anteil eines Gewerken (Kux) nach den Regeln der §§ 828 ff. oder nach den von den Wertpapieren handelnden Vorschriften (§§ 821 ff.) zu pfänden ist. (Vgl. in letzterem Sinne z. B. Preuß. Bergges. v. 24. Juni 1865 § 109, Dernburg, Bürg. SR. III § 152 N. 7. AM. Westhoff in Z. f. Bergr. 36, 213 ff.) b) Gewerbeberechtigungen, z. B. die in GewO. § 48 bezeichneten Real-Gewerbe­ berechtigungen.

Achtes Buch.

83 ü

Zwangsvollstreckung.

§ 857.

Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem anderen überlassen werden kann, besondere An­ ordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in Nutzungs­ rechte eine Benvaltung anordnen: in diesem Falle wird die Pfändung durch Uebergabe der zu benutzenden Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher bewirkt ist. Ist die Veräußerung des Rechts selbst zulässig, so kann auch diese Ver­ äußerung von dem Gericht angeordnet werden. c) Im material güterrechte (vgl. hierzu Wertheimer in Leipz.Z. 1908, 279 ff.).

Der

Pfändung unterliegt hiernach besonders das Patentrecht (Ges. v. 7. April 1891), auch das Recht aus der Patentanmeldung (RG. 52 227), nicht aber das Recht an der Erfindung vor der Anmel­ dung (OLG. Cöln in Rechtchr. 15, 6, Köhler, Handbuch des Patentrechts 264 u. a. AM. Klein in Lechz.Z. 1908, 210 u. a.). Pfändbar ist inner das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst, der bildenden Künste, einschließlich des Kunstgewerbes und der Photographie, jedoch mit der Einschränkung,

daß die Zwangsvollstreckung gegen den Urheber selbst nur mit seiner Ein­

willigung stattfinden fami, gegen seine Erben dagegen auch ohne deren Einwilligung, wenn das Werk oder eine Vervielfältigung erschienen ist iGes. v. 19. Juni 1901 tz 10 und Ges. v. 9. Jan. 1907 tz 14). Über die Frage, wo die Schutzrechte, besonders das Patentrecht des Ausländers, int Jnlande sich befinden (§§ 23, 828 ZPO.-, vgl. Köhler, Ges. Beiträge 516 ff. u. in Busch, A. f. HR. 47, 339 ff. d) Sonstige Nutzungsrechte (vgl. Abj. 4) jeder Art, z. B. Nießbrauch (OLG. Bamberg in Rechtspr. 1, 18), beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, wenn die Überlassung der Ausübung gestattet ist (BGB. § 1092), Rechte des Vasallen und Fideikommißbesitzers, Wohnungs­ rechte, Jagdrecht (OLG. Cassel in Rechtspr. 19, 22 lehnt die Pfändbarkeit des Jagdpachtrechtes ab) usw. — vgl.

RG.

in Gruchot 31, 952.

Beim Nießbrauchs kommt

die Beschränkung

des

$ 850 Nr 3 in Betracht (RG 11 373; vgl. auch LbLG.in SA. 50 Nr. 22). Wegen des Mietund Pachtrechts s. $ 851 Anm. 3. e) Reallasten, Grundschuldcn und Rentenschulden ,Abs. 6). k- Barkaufs-, Wiedertaufs-, Ankaufsrechle (Flechtheim in Busch 28, 294ff.). g) Hypotheken des Eigentümers am eigenen Grundstücke (vgl. § 830 Anm. 6 u. unten Anm. 2).

Tie Frage nach der Pfändung der Eigentümerhypothek oder richtiger der Eigenlümer-

grundschuld (BGB. § 1177; ist äußerst

streitig (vgl. hierzu bes. Gaupp Nr. II 6, Freudenthal

in IW. 1904, 600 ff., Oberneck in Gruchot 50, 551 ff.).

Nach der herrschenden Ansicht fällt die

Eigentümergrundschuld als Gruudschuld unter Abs. 6 und unterliegt daher den Vorschriften des § 830 (so besonder- ständig das Reichsgericht, vgl. RG. 55 379, 56 13 u. 185, 59 316, 68 217. AM. Gaupp a. a. £.).

Praktisch führt diese Ansicht zu großen Schwierigkeiten, sehr häufig zur

Unmöglichkeit der Pfändung. Ter Pfändungsbeschluß braucht nur dem Schuldner, der ja gleichzeitig Eigentümer,

also

dinglicher Drittschuldner ist, zugestellt zu werden, da ein persönlicher Drittschuldner fehlt. Bei der Briefhypothek bedarf es ferner der Übergabe des Briefes (vgl. hierzu § 830 Anm. 1). Ist die Hypothek nur zum Teil dem Eigentümer zugefallen,

so muß der Gläubiger den Attspruch seines

Schuldners gegen ben Hypothekengläubiger auf Vorlegung des Briefes beim Grundbuchamte zwecks Bildung eines Teilhypothekenbriefs und Berichtigung des Grundbuchs,

sowie weiter den An­

spruch seines Schuldners gegen das Grundbuchamt auf Aushändigung dieses Teilhypothekenbriefs pfänden und sich überweisen lassen (RG. 59 314 ff., bes. 318). Handelt es sich um eine Buch­ hypothek, so ist die Eintragung der Pfändung im Grundbuch erforderlich. Hierzu bedarf es je­ doch der vorausgehenden Eintragung des Schuldners als Gläubigers der Eigentümerhypothek oder wenigstens des durch geeignete Urkunden (GBO. § 29) geführten Nachweises, daß die Eigentümerhypothek in bestimmter Höhe besteht (RG. 61 380).

Zu diesem Zwecke kann der Gläubiger den

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungeu.

§ 857.

837

Auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld finden die Vorschriften über die Zwangsvoll­ streckung in eine Forderung, für welche eine Hypothek besteht, ent­ sprechende Anwendung. E. § 701. Prot. 408. — E. BGB. § 312 Satz 2; Nov. 1898: E. § 754, Mot. 100 f., 8 754, Begr. 175; Prot. z. BGB. I. 404, VI. 726 f.

Berichtigungsanspruch des Schuldners gegen den eingetragenen Hypothekengläubiger pfänden und sich überweisen lassen. Bgl. auch KG. in DJZ. 1905, 460. Weitere Beschränkungen der Pfändbarkeit entstehen für die Höchstbetragshypothek (BGL. 8 1190) aus dem Rechtssatze, daß diese erst nach Abwickelung des Kreditverhältnifses und Fest­ stellung des schließlichen Saldos zur Eigentümerhypothek werden kann 56 322, 61 374).

(RG. 51

117,

55

220,

Wegen der Pjändungsankündigung s. § 845 Anm. 3; wegen der Pfändung des Anspruches auf einen Teil de- Bersteigerungserlöses s. § 829 Anm. 6. Eine Überweisung an Zahlung- Statt zum Nennwert ist in der Regel bei den unter § 857 fallenden Vermögensrechten nicht möglich; eine Ausnahme bildet die Eigentümerhypothek. 2) Abs. 2 tritt an die Stelle von § 829 Abs. 2. Anm. 1, Dorendorf a. a. C. 119 ff., bes. N. 427.



Wegen der Arrestpfändung s. § 928 Ein Drittschuldner fehlt namentlich

den Fällen unter a, b, c, g der Anm. 1 (vgl. zu den Fällen a GeschA. f. d. GB. § 75 Nr. 7.

RG

57 414).

in

S. auch Preuß.

3) Abs. 3 (vgl. §§ 857—863 Anm. 1) bringt im Anschlug an BGB. §§ 1059, 1092 den Grund­ satz zum Ausdrucke, daß ein unveräußerliches Recht in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen

ist,

als

die Ausübung

einem anderen überlassen

werden sann (Begr.). Bgl. RG. 56 383. Das Recht zur Führung der Firma ist nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung (HGB. §§ 22, 23;

RG

in SA. 38 Nr. 330),

ebensowenig das Recht an Warenzeichen (Warenz.Ges.

§ 7), auch nicht das Handelsgeschäft als Ganzes (RG. 70 226), deSgl. höchstpersönliche Rechte, wie daS Recht des AuSzüglers auf Wohnung und Beköstigung im Hause des Sohnes (vgl. § 851, s. auch OLG. Jena, Celle u. Hamburg in SA. 39 Nr. 276, 41 Nr. 32, 318;

vgl. jedoch auch

RG.

das. 46 241) oder der Anspruch der zum Vereine deutscher Eisenbahnverwaltungen gehörigen Bahnen auf Überweisung ihrer Guthaben durch die Generalsaldierung-kafse des Verein- (RG. 15 5). DaS Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten ist nicht selbständig pfändbar, sondern nur indirekt durch Pfändung der gesicherten Forderung, vgl. § 629 Anm. 2 und § 835 Anm. 3.

4) Abs. 4: „deren Ausübung einem anderen überlassen werden kann" —Vgl. Anm. 1 d u. Abs. 5. Wegen der Änderung durch die Nov. v. 1898 s. §§ 857—863 Anm. 1. Dem Gericht ist hier — abgesehen von § 844 — ausdrücklich noch die Befugnis zu „beson­ deren Anordnungen" je nach Lage der Sache beigelegt.

Ein Beispiel bildet die Verwal­

tung der dem Nutzungsrecht unterliegenden Sache; die Zwangsvollstreckung nähert sich alsdann dem in § 848 vorgeschriebenen Verfahren. Die Jnnehabung der Sache wird dem Schuldner oder dem zur Herausgabe bereiten Dritten entzogen und diese an den vom Vollstreckungsgcricht ober bei Grundstücken vom Amtsgerichte der belegenen Sache ernannten Verwalter herausgegeben. Geht die durch den Gerichtsvollzieher gegen den Schuldner zu erzwingende Übergabe der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner (wo ein solcher vorhanden), bzw. den Schuldner (Abs. 2), voran, so beginnen die Wirkungen der Pfändung (anders als in § 648) von dieser Übergabe. Der Verwalter, dem auch eine angemessene Vergütung ausgesetzt

werden kann,

hat unter

der

Pflicht der Rechnungslegung die gezogenen Früchte regelmäßig an den Gläubiger abzuliefern. Übrigens ist der Verwalter Beauftragter des Gerichts, das auch die Geschäftsführung und Rechnungslegung zu überwachen hat (vgl. § 855 Anm. 2). — Das Gericht kann aber auch nach

838

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

§ 858.

§ 858. Auf die Zwangsvollstreckung in den Anteil an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe (Schiffspart) finden die Be­ stimmungen des § 857 mit folgenden Abweichungen Anwendung. Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich der Heimatshafen oder der Heimatsort des Schiffes befindet. Dem Antrag auf Anordnung der Veräußerung der Part ist ein Auszug aus dem Schiffsregister beizufügen, der alle die Part be­ treffenden Eintragungen enthält-, der Auszug darf nicht älter als eine Woche sein. Der Pfändungsbeschlust soll dem Korrespondentreeder zugestellt werden; die Pfändung wird auch mit dieser Zustellung wirksam. Das Vollstreckungsgericht soll der Registerbehörde von der Er­ lassung des Pfändungsbeschlusses unverzüglich Mitteilung machen. Ergibt der Auszug aus dem Schiffsregister, dah die Part mit einem Pfandrechte belastet ist, welches einem anderen als dem be­ treibenden Gläubiger zusteht, so ist die Hinterlegung des Erlöses an­ zuordnen. Die Verteilung des Erlöses erfolgt in diesem Falle nach den Bestimmungen der §§ 873—882; Forderungen, für die ein Pfand­ recht an der Part eingetragen ist, sind nach dem Inhalte des Schiffs­ registers in den Teilungsplan aufzunehmen. 9hm. 1898 E. 8 754a, Vegr. 175 f., KomB. 210 f. freiem Ermessen andere Matznahmen, z B. Verpachtung an den Meistbietenden, wählen (obl. auch § 844). Ist für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist mit dem Reinertrag entsprechend dem 8 854 Abs. 2, 3, nötigenfalls nach §§ 872 ff. zu verfahren. 5) Abs. 5. „die Veräutzerung des Rechts selbst" — im Gegensatze zur Überlassung der Ausübung (Abs. 4). Welche Rechte darunter fallen, beurteilt sich nach bürgerlichem Rechte (vgl. auch BGB. §§ 549, 1092). Die Veräutzerung ist entsprechend der Veräutzerung beweglicher Pfänder (§§ 814 ff.) zu bewirken. Indessen unterliegt auch hier die Wahl der zweckmätzigsten Art der Verwertung dem Ermessen des Vollstreckungsgerichts (vgl. 8 **44 Anm. 1), gegen dessen Ent­ scheidung Gegenvorstellung (8 766), eventuell sofortige Beschwerde stattfindet (8 793). 6) ^Der Abs. 6 überträgt die Vorschriften, welche hinsicktlich der Zwangsvollstreckung in einer Forderung gelten, für die eine Hypothek besteht, auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld. Die Frage, inwieweit eine Reallast überhaupt der Pfändung unterliegt, beantwortet sich aus BGB. 88 Hlu, 1111 Abs. 2 in Verbindung mit ZPO. 88 8' *r>1 * *Abs. * 5 61,7 857 Abs. 1." (B e g r.) Vgl. 88 830 Anm. 4, 837 Anm. 1; SR®. 55 378, 56 10. Die Vorschrift gilt nicht, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbries aus den Inhaber ausgestellt ist (BGB. 88 1195, 1199; f. oben 8 821 Anm. 1 a. E.). Zur Überweisung einer Reallast ist stets Eintragung tm Grundbuch erforderlich. 7) Hinsichtlich der Gebühren s. 88 628—863 Anm. 2. Die Ausführung der Zwangs­ vollstreckung durch Verwaltung (Abs. 2) bildet nach RAGebO. § 32 eine besondere Instanz der Zwangsvollstreckung if. 8 23 Nr. 2 dal'.). Vgl. auch GKG. 8 39. 8 858. Vgl. BGB. 8 1272. HGB. § 474, EG z. HGB. Art. 6. 1) Abs. 1: Das ZVG. hat die Schisfsparten von dem sonst für Zchiffe geltenden Versteigerungsverfahren ausgeschloffen und so in Ansehung der Zwangsvollstreckung den Gegen­ ständen des beweglichen Vermögens zugewiesen. Dem entspricht der Grundsatz des Abs. 1 gl. Begr).

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 800.

839

§ 869. Der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschafts­ vermögen einer nach 8 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist der Pfändung unterworfen. Der Anteil eines Gesell­ schafters an den einzelnen zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen ist der Pfändung nicht unterworfen. Die gleichen Vorschriften gelten für den Anteil eines Miterben an dem Nachlaß und an den einzelnen Nachlaßgegenständen. Nov. 1898 § 754 b, E. § 754 b, Begr. 176 f.; Prot. z. BGB. V. 837, 841 f., VI. 317, 327 f., 727. 2) Abs. 2, 3: Bgl. § 828 Abs. 2; HGB. § 480 und RGes., betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, in der Fassung v. 20. Mai 1898 § 6. — Der Abs. 3 soll die Zuziehung der im Schiffsregister eingetragenen Pfandgläubiger zu dem Verteilung-verfahren sichern (Begr.). 3) Abs. 4: Bgl. § 857 Abs. 2. „Abs. 4 sieht auS praktischen Gründen vor, daß, wo gemäß HGB. § 493 ein Korrespondentreeder bestellt ist, der Pfändungsbefehl sowohl dem Schuldner als dem Korrespondentreeder zugestellt werden soll. Erfolgt hier die Zustellung zuerst an den Korrespondentreeder, so wird die Pfändung schon mit diesem Zeiwunkte wirksam, ob­ wohl jener nicht Vertreter deS einzelnen Reeder- ist, sondern den Geschäftsbetrieb der Reederei führt (HGB. § 493 Abf. 1)." (Begr.) 4) Abs. 5: Durch die Mitteilung an die „Registerbehör de" (vgl. § 864 Anm. 1; s. auch FGG. § 110) soll in den Bundesstaaten, in denen die Pfändung der Part durch einen Vermerk im Schiffsregister ersichtlich zu machen ist, die Beibehaltung dieser Einrichtung ermög­ licht werden. ü) Abs. 6: Bgl. 88 805 Abs. 4, 874 Abs. 3; GKG. § 42, RAGebO. § 39. * 850.

1) Abs. 1: Nach BGB. §§ 717, 725 haben die Gläubiger eines Gesellschafters die Be­ fugnis, die Gesellschaft ohne Einhaltung einer KündigungSfttst zu kündigen, sofern sie auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Titels die Pfändung des Anteils deS Gesell­ schafters an dem Gesellschaftsvermögen erwirkt haben. Satz 1 bestimmt deshalb, daß der An­ teil eine- Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen der Pfändung unterworfen ist (vgl. HGB. § 135). Satz 2 erklärt dagegen die Pfändung des Anteil- eine- Gesellschafters an den einzelnen, zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen für unzulässig, weil nach BGB. § 719 Abs. 1 der Gesellschafter weder über diesen Anteil verfügen, noch Teilung ver­ langen kann (vgl. Begr.). S. auch Planck, BGB. II § 725 Anm. 1 ff. Bei der Pfändung deAnteils fehlt es an einem Drittschuldner ($R@. 57 414. AM. Gaupp Nr. I, Petersen Nr. 1, welche die andern Gesellschafter als Drittschuldner behandeln wollen). Die Pfändung des Gesellschaftsanteils umfaßt außer dem Anspruch auf den Gewinnanteil (BGB. § 717) sowohl den Anspruch de- Gesellschafter- auf die Auseinandersetzung, als auch den bei dieser dem Gesellschafter zukommenden Anteil am Vermögen der Gesellschaft. Der Anspruch auf Rechnungslegung ist nicht pfändbar (RG 52 35, in Gruchot 48, 914, Planck, BGB. II § 717 Anm. 2. AM. Marcus im Recht 1903, 425 u. a., teilw. abw. auch Gaupp Nr. I). Die Befriedigung des Gläubiger- erfolgt nach § 857 ZPL. (vgl. RG. 49 405). 2) Abs. 2: Vgl. BGB. §§2033, 2040, die das Rechtsverhältnis der Miterben bezüglich des Nachlasses ähnlich wie da- Verhältnis der Gesellschafter zum Gesellschaflsvermögen regeln (Begr.). 3. auch RG in IW. 1905, 205, Eccius in Gruchot 43, 804 ff., bes. 810 f., Planck, BGB. V § 2033 Anm. 4, Kalkmann (2) 265. Das durch die Pfändung entstehende Pfandrecht ist nach Analogie des § 1258 BGB. zu beurteilen (Planck a. a. O. Anm. 1, 4). Eine Versteigerung des Erbanteils wird in der Regel zu Unzuträglichkeitcn führen (vgl. Eccius a. a. O., der sie trotz § 857 Abs. 5 für unzulässig er­ klärt. AM. Planck a. a. C.); der Gläubiger kann aber nach FGG. § 86 die Auseinandersetzung

840

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

gg 860, 861.

§ 861). Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaslsgemeinschaft oder der Fahrnisgemeinschaft ist der Anteil eines der Ehegatten an dem Gesamtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen der Pfändung nicht unterworfen. Das Gleiche gilt bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft von den Anteilen des überlebenden Ehegatten und der Abkömmlinge. Nach der Beendigung der Gemeinschaft ist der Anteil an dem Gesamtgute zugunsten der Gläubiger des Anteilsberechtigren der Pfändung unterworfen. E. I. d. BGB. 88 1345 Abs. 1, 1373 Abs. 1, 1397 Abs. 1, 1406 Abs. 1, 1417, 1429 Abs. 1, 1431 Abs. 1 — Nov. 1898 § 754 c, Begr. 177; Prot. z. BGB. IV. 234, 239, 279 f.. 344, 351 s., 370, VI. 728.

§ 861. Das Recht, welches bei dem Güterstande der Berwaltung und Nutznießung dem Ehemann an dem eingebrachten Gute zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Die von dem Ehemann er­ worbenen Früchte des eingebrachten Gutes sind der Pfändung nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung der in den §§ 1384 -1387 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Verpflichtungen des Ehedes Nachlasses verlangen, und das Psandrecht ergreift auch die hiernach sich ergebenden Rechte des Schuldners und die bei der Teilung auf den gepfändeten Erbanteil fallenden Gegenstände (RG. 60 133). Auf die Nachlaßgrundstücke kann aus der Pfändung eine Verfügungsbeschränkung eingetragen werden (vgl. Schweitzer in DJZ. 1900, 393, Hamburger in Gruchot 48, 58 v; KG. in Rechtspr. 12, 366). Eine Abtretung „desjenigen, was dem Miterben bei der Auseinander­ setzung zufallen wird" (entsprechend BGB. § 717) ist nicht möglich, wenigstens nicht mit ding­ licher Wirkung (RG 60 120 ff.); daher auch nicht eine solche Pfändung. Wegen Pfändung des einem Vorerben zustehenden Erbteils vgl. Planck a. a. O. Vordem. 4a vor § 2100, wegen Pfändung des dem Nacherben zustehenden Rechtes s. das. Borbem. 4b.

g 860. 1) Abs. 1 entspricht dem 8 851 Abs. 1 und der aus BGB. §8 1442 Abs. 1, 1487 Abs. 1, 1519 Abs. 2, 1549, 1557 sich ergebenden Unübertragbarkeit der bezeichneten Anteile (Begr.); s. auch Mot. z. BGB. IV 338 und andererseits KL. § 2. Einwendungen aus Grund des § 860 Abs. 1 sind nach § 766 geltend zu machen. Wegen der Vollstreckung in das Gesamtgut s. §§ 740ff.; vgl. auch § 740 Anm. 5. 2) „Abs. 2 (lägt- nach der Beendigung der Gütergemeinschaft für den Anteil an dem Gesamtgute, nicht aber für den Anteil an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen, zugunsten der Gläubiger des Anteilsberechtigten die Pfändung zu. Ter letztere kann seinen Anteil auch jetzt noch nicht veräußern, vielmehr ist er nur befugt, die Auseinandersetzung in Ansehung des Gesamtguts zu verlangen (BGB. §§ 1471 Abs. 2, 1497 Abs. 2, 1546, 1549, 1557). Die Ausübung dieser Befugnis kann in­ dessen den Gläubigern des Anteilsberechtigtcn schon int Hinblick aus diejenigen Ver­ bindlichkeiten nicht entzogen werden, die nach der Beendigung der Gemeinschaft nur in seiner Person entstanden sind. Denn die Gläubiger wären in solchen Fällen bis zur Auseinandersetzung überhaupt außerstande, sich bic Befriedigung aus dem Gesamtgute zu sichern (vgl. § 743)." (Begr.) Vgl. auch Mot. z. BGB. IV 405 (., Seuffert in Busch 22, 380 und oben § 743 Anm. 2.

Die Überweisung des Teilungsanspruchs gewährt dem Gläubiger ein Anrecht auf dasjenige, was dem Schuldner bei der Auseinandersetzung zukommt (vgl. Plattck a. a. £. u. II § 725 Anm. 4, Prot. z. BGB. VI 317; s. auch HGB. § 135). Die Pfändung dieses Anspruchs als eines zu­ künftigen ist schon vor Beendigung der Gemeinschaft zulässig, vgl. § 829 Anm. 2 (ObLG. in SA. 62 Nr. 183. AM. Ganpp Nr. I).

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldsorderungen.

g

861.

841

manns, zur Erfüllung der ihm seiner Ehefrau, seiner früheren Ehe­ frau oder seinen Verwandten gegenüber gesetzlich obliegenden Unter­ haltspflicht und zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Der Widerspruch kann auch von der Ehefrau nach § 766 geltend gemacht werden. E. I. d. BGB. §§ 1298, 1299|; Nor,. 1898 § 754Begr. 177 ff.; Prot. z. BGB. IV. 134, 182 f., 204 f., 352 f., VI. 725. g 861. 1) Abs. 1: „Das BGB. geht davon aus, daß das Verwaltungs- und NutznießungSrecht des Ehemanns seinem Grunde und Zwecke nach ein höchst persönliches Recht ist. Diese Auffassung hat namentlich in der Vorschrift Ausdruck gesunden, daß das Recht nicht übertragbar ist (§ 1408). Im Einklänge damit erklärt Satz 1 das Recht auch für unpfändbar.------Anders liegt die Sache bezüglich der Früchte des eingebrachten Gutes, welche der Mann kraft seiner Verwaltung und Nutznießung erworben hat. Diese Früchte fallen gleich den auf Grund eines Nießbrauchs erworbenen Früchten in das Vermögen deMannes (BGB. §§ 99, 954, 1073, 1383) und dürfen daher dem Zugriffe der Gläu­ biger deS Mannes nicht schlechthin entzogen werden. Auf der anderen Seite kann aber auch hier der Zweck der ehelichen Nutznießung, dem Manne in den Einkünften des eingebrachten Gutes einen Beitrag zur Bestreitung der ehelichen Lasten zu gewähren, nicht unberücksichtigt bleiben. Diesen verschiedenen Interessen wird Satz 2 durch die Bestimmung gerecht, daß die von dem Manne erworbenen Früchte der Pfändung insoweit entzogen sind, als der Ehemann ihrer zur Erfüllung der mit der ehelichen Nutznießung verbundenen Verpflichtungen (BGB. §§ 1384—1387;------- und zur Be­ streitung seines standesgemäßen Unterhalts bedarf. Es sollen hierbei alle Verwandten in Betracht kommen, denen der Ehemann Unterhalt zu gewähren hat. Wird nur der für die Eheftau und die Kinder erforderliche Betrag der Pfändung entzogen, so ergibt sich die Gefahr, daß der Ehentann unter Benachteiligung dieser Berechtigten den in solcher Weise gekürzten Betrag tatsächlich gleichwohl zugunsten der hierher gehörigen Verwandten mitverwendet. Die Berücksichtigung der dem Manne seiner früheren Ehefrau gegenüber obliegenden Unterhaltspflicht (BGB. §§ 1345, 1446, 1351, 1578, 1583, 1586) ist um deswillen geboten, weil nach § 1609 Abs. 2 das. die frühere Ehefrau den volljährigen oder verheirateten Kindern sowie den Übrigen Verwandten vorgeht (vgl. § 528 Abs. 1 Satz 1 das.)." (Begr.) Vgl. auch BGB. §§ 1389, 1602, ferner Mot. z. BGB. IV 211 ff., Planck, BGB. IV 1408 Anm. 2, 1525 Anm. 2e, 1604 Anm. üb. Satz2: „erworbeneFrüchte" — Vgl. SächsA. 10, 628, Gaupp Nr. II. Andere Nutzungen, z. B. das Nutzungsrecht an einem eingebrachten Hause über den Bedarf, sind nicht pfändbar. Die Früchte sind erst pfändbar mit der Trennung (BGB. § 954); es gilt jedoch die Sondervorschrist deS § 810 (ebenso Mot. z. BGB. IV 218; Gaupv Nr. II, Seuffert Nr. 3. AM Habicht in Gruchot 42, 439 N. 24 u. früh. Ausl.). „standesmäßigen Unterhalts" — vgl. BGB. § 1610; s. auch oben § 850 Anm. 4. Über Vereinbarungen zwischen Angestellten und Dienstherrn, wonach das jährliche Gehalt des ersteren auf 1500 Mark festgesetzt, ein weiterer Betrag der Eheftau zugewiesen wird, vgl. RG. 69 59. 2) Abs. 2: Das Widerspruchsrecht der Ehefrau ist namentlich für den Fall von oraktischer Bedeutung, daß der Mann abwesend ist oder aus anderen Gründen die Wahrung der in Frage stehenden Interessen verabsäumt (Begr.). 3) § 861 bezieht sich nicht auf die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft, bei denen in Ansehung des eingebrachten Gutes der Frau ein besonderes Nutznießungsrccht nicht besteht, dessen Früchte vielmehr unmittelbar kraft Gesetzes dem Gesamtgute zufallen (BGB. §§ 1525 Abs. 1, 1550 Abs. 2). Die Pfändung der Früchte darf hier, entsprechend der Zweck-

842

Achles Buch. Zwangsvollstreckung. §§ 862, 863.

§ 862. Das Recht, welches dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Das Gleiche gilt von den ihnen nach den §§ 1655, 1656 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Ansprüchen, solange die Ansprüche nicht fällig sind. Auf die Pfändung der von dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung erworbenen Früchte finden die Vorschriften des § 861 Abs. 1 Satz 2 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die in den §§ 1655, 1656 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeich­ neten Ansprüche, wenn sie fällig sind, den erworbenen Früchten gleichstehen. Der Widerspruch kann auch von dem Kinde nach § 766 geltend gemacht werden. E. BGB. 88 1534 Satz 1, IV. 551, 582, VI. 725, 799.

1535; '.Udo. 1898 8 754e, B«gr. 179; Prot. j. BGB.

§ 863. Ist der Schuldner als Erbe nach § 2338 des Bürger­ lichen Gesetzbuchs durch die Einsetzung eines Nacherben beschränkt, so sind die Nutzungen der Erbschaft der Pfändung nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung der dem Schuldner seinem Ehegatten, seinem früheren Ehegatten oder seinen Verwandten gegenüber gesetzlich ob­ liegenden Unterhaltspflicht und zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner nach § 2338 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, für seinen Anspruch auf den jährlichen Reinertrag. beftimmung bc8 Gesainiguis, den Gesamlgulsverbindlichkeite» gegenüber nichl beschränk! werde» (vgl. Bcgr.). Bgl. § 8(50 '.Hum 1.

8 862. „Der 8 8(52 überträgt die im § 861 bezüglich der ehelichen Nutznießung vorgesehenen PscindungSbeschrcinlungen in entsprechender Weise aus die elterliche Nutznießung. Auch hier ergeben sich jene Beschränkungen aus der Bestimmung und der familien­ rechtlichen Natur der Nutzungsbefugnis. Die gleichen Beschränkungen sollen für die nach BGB. 88 1655, 1656 betn Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung zustehenden Ansprüche aus den jährlichen Reingewinn eines Erwerbsgejchäfts sowie aus die Nutzungen des der elterlichen Verwaltung nichl unterliegenden Vermögens gelten. Solange diese Ansprüche nicht fällig sind, liegt es im Interesse des Kindes, daß sie gleich dem NutznießungSrechte selbst der Pfändung entzogen bleiben, damit nichl die Verwaltung des dem Kinde gehörenden Vermögens durch die Einmischung der Gläubiger des Vaters oder der Mutter gestört wird. Nach dem Eintritte der ftäfligfeit aber wird die Pfändung nur unter den Beschränkungen zugelassen, welche bei den erworbenen Früchten Platz greifen, da sie in erster Reihe dem Zwecke dienen, die mit der elterlichen Nutznießung verbundenen Lasten zu bestreiten und die dem Vater oder der Mutter gesetzlich Ob­ liegenheit Unterhaltspflichten zn erfüllen (vgl. BGB. §8 1654, 1(558 Abs. 2.)" (Begr.) Vgl. auch § 861 Sinnt. 1, 2; s. ferner Mot. z. BGB. IV 793f., Planck, BGB. IV 8 1658 Sinnt. 2, 3. — Wegen der elterlichen Gewalt der Mutter vgl. BGB. § 1684. S. auch die Übergangsvorschrift deS EG. z. BGB. Slrt. 203 u. RG 48 191.

„Zufolge BGB. § 2338 Abs. 1 Latz 1 ist der Erblasser in der Lage, das Pflicht­ teilsrecht eines Slbkönimlinges, bet sich in solchem Maße bet Verschwendung ergeben

Zweiter Abschnitt. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. § 864.

843

Die Pfändung ist unbeschränkt zulässig, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein auch dem Nacherben oder dem Testaments­ vollstrecker gegenüber wirksames Recht geltend gemacht wird. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn der Anteil eines Abkömmlinges an dem Gesamtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft nach § 1513 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Beschränkung der im Abs. 1 bezeichneten Art unterliegt. E. BGB. § 2002 Abs. 2; Nov. 1898 § 754f, Begr. 179 f., Prot. z. BGB. V. 573 ff., VI 294 f., 726.

Zweiter Titel. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen.

§ 864. Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen außer den Grundstücken die Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, und die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe. hat oder in einem solchen Maße überschuldet ist, daß sein späterer Erwerb erheblich gefährdet wird, durch die Anordnung zu beschränken, daß nach dem Tode des Ab­ kömmlinges dessen gesetzliche Erben das ihm Hinterlassene oder den ihm gebührenden Pflichtteil als Nacherben oder Nachvermächtnisnehmer erhalten sollen. Der Erblasser kann auch für die Lebenszeit des Abkömmlinges die Verwaltung einem Testaments­ vollstrecker übertragen; der Abkömmling hat in solchem Falle Anspruch auf den jähr­ lichen Reinertrag (BGB. § 2338 Abs. 1 Satz 2). Nach dem Vorgänge des preuß. ALR. (II 2 § 429) handelt es sich darum, den Erfolg der Anordnung gegenüber den Gläubigern des Abkömmlinges sicherzustellen.------ Die Gläubiger des Abkömmlinges werden durch diese Beschränkung nicht verletzt, da sie auf den Nachlaß keinerlei Recht haben." (Begr.) Vgl. Entw. I d. BGB. § 2002 Abs. 2 und dazu Mot. V 440 f.; BGB. §§ 2271 Abs. 2, 2289 Abs. 2. Der Abs. 1 entspricht den §§ 861 Abs. 1 Satz 2, 862 Abs. 2. „standesmäßigen Unterhalts" — Vgl. BGB. § 1610; s. auch oben ZH 850 Anm. 4, 861 Anm. 1 a. E. 2) Abs. 2: „Nachlaßgläubiger" — BGB. §§ 1967—1969. „ein auch dem Nacherben oder Testamentsvollstrecker gegenüber wirksames Recht" — Vgl. §§ 326 Abs. 2, 327; BGB. §§ 2100ff., 2197ff. 3) Abs. 3: In diesem Falle ist die Rechtslage eine gleichartige wie in dem des Abs. 1 (Begr.). Die entsprechende Anwendung des Abs. 2 bezieht sich auf Ansprüche, die zur Zeit des Inkrafttretens der Anordnung gegen das Gesamtgut begründet waren. 4) Einwendungen wegen Verletzung der relativen Unpfändbarkeit des § 863 sind nach § 766 zu erheben. Zweiter Titel.

Begr. d. Nov. v. 1898, 180. Literatur: Schmidt §§ 151sf., Fitting §§ llOff., Weismann Hß 160 ff., Jäckel, ZVG. (3.) 1909, Wolfs, ZVG. (3.) 1909. 1) Die ZPO. hatte ursprünglich in § 757 das ganze Gebiet der Zwangsvollstreckung (wegen Geldforderungen — vgl. § 885) in das unbewegliche Vermögen wegen ihres engen Zusammenhanges mit dem Eigentums- und Hypothekenrechte grundsätzlich der Landes­ gesetzgebung überlassen und sich nur aus einige wenige, die Zuständigkeit und die Befugnisse des Gerichts betreffende Vorschriften beschränkt. In Preußen hatte die Materie zunächst das Gesetz vom 4. März 1879 (GS. 290), später in umfassenderer Weise sür das Geltungsgebiet der GBO. vom 5. Mai 1872 [feil dem Gesetze von: 12. April 1888 (GS. 52) mit einigen Änderungen auch für das Gebiet des rhein. Rechtes^ das Gesetz vom 13. Juli 1883 (GS. 131) geregelt.

844

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 864.

Die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks oder einer Berechtigung ist nur zulässig, wenn der Bruchteil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit welchem der Bruchteil als solcher belastet ist. Nov. 1898 § 757, Mot. 101, Vegr. 180 f. 2) Die Nov. v. 1898 hat den Vorbehalt zugunsten der Landesgesetzgebung und auch im übrigen die bisherigen Vorschriften vollständig beseitigt, weil das BGB. ein gemeinsames Liegenschastsrecht geschaffen hat und auch durch das ZVG. v. 24. März 1897 die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung einheitlich geregelt sind (vgl. § 869). Die früheren §§ 755, 756 sind ersetzt durch ZVG. §§ 1, 2, 15, 18; an Stelle von § 757 Abs. 1, 2 sind die Bestimmungen der Nov. getreten; § 757 Abs. 3 ist ersetzt durch ZVG. § 115. fVgl. auch Denkschr. z. ZVG. (Drucks, d. RT. 9. Leg.Per. 4. Sess. Nr. 607, 2838 ff.).] Die §§ 864, 865 handeln von dem Gegenstände der Liegenschaftsvollstreckung; die §§ 866, 869, 870 bezeichnen die zulässigen Vollstreckungsmaßregeln im allgemeinen, §§ 867, 868 handeln von der Sicherungshypothek im Wege der Zwangsvollstreckung, § 871 enthält einen ausdrücklichen Vorbehalt für die Landesgesetzgebung bezüglich der Eisenbahnen und Kleinbahnen. Sonstige Vor­ behalte dieser Art zugunsten der Landesgesetze ergeben sich z. V. nach EG. z. BGB. Art. 57—60 (vgl. Planck VI, EG. z. BGB. Art. 60 Anm. 1, 2), 62, 63 (vgl. Planck a. a. O. Art. 63 Anm. 3 a), 83, 167. Vgl. für Preußen auch AG. z. BGB. Art. 37 Nr. I, XIII, 38 § 5, 40; AG. z. ZVG. Art. 12 f., 15 ff., 34. S. auch GBO. § 83 und EG. z. ZVG. § 2, wonach in­ soweit die Landesgesetze auch für die Zwangsvollstreckung maßgebend sind. Vgl. noch EG. z. ZPO. § 15 Nr. 4 und das. Anm. 6. 8) Im Zusammenhange mit dem ZVG. stehen auch die neuen Bestimmungen der ZPO. in §§ 325, 810, 931, 932. 4) Die allgemeinen Bestimmungen des ersten Abschnitts (§§ 704—802), so­ wie die allgemeinen Bestimmungen der ZPO. überhaupt, soweit letztere nicht durch besondere, für die Zwangsvollstreckung gegebene Vorschriften ausgeschlossen sind (vgl. auch RG. in Gruchot 25, 430), kommen auch bei der vorliegenden Art der Zwangsvollstreckung zur An­ wendung (s. auch RG. 3 374). Wie die Begr. (184f.) hervorhebt, stehen die Bestimmungen der §§ 864—871 mit dem RZVG. in untrennbarem Zusammenhange (vgl. auch § 869 Anm. 2); es findet daher auf diese Vorschriftelt der ZPO. auch EG. z. ZVG. v. 24. März 1897 (RGBl. 135) § 1 Abs. 1 Anwendung, wonach sie bezüglich der Schiffe gleichzeitig mit dem BGB., im übrigen für jeden Grundbuchbezirk mit vollendeter Anlegung des Grundbuchs in Kraft treten [ügt. auch EG. z. BGB. Art. 189. (RG. in IW. 1902 Beil. 217)]. Ein vorher beantragtes Verfahren ist nach den Landesgefetzen zu erledigen (§ 15 a. a. £).), wobei auch die früheren §§ 755—757 ZPO. maßgebend bleiben. 5) Die Gebühren des Gerichts, wie des Rechtsanwalts richten sich, mit Ausnahme der Anwallsgebühr bei Eintragung einer Sicherungshypothek (§§ 866 ff.), nach den Landesgesetzen (vgl. auch RAGebO. § 31 Abs. 2). Für Preußen s. GKG. in der Fassung vom 6. Okt. 1899 (GS. 326) §§ 119, 124—136; Ges., enthaltend die landesgesetzl. Vorschriften über die Gebühren der RA. u. GV., in der Fassung vom 6. Okt. 1899 (GS. 381) Art. 4 ff. Vgl. auch § 866 Anm. 4. § 864, 1) Abs. 1: „den Grundstücken" — also Grund und Boden nebst den Bestandteilen, insbesondere den wesentlichen Bestandteilen (BGB. §§ 93—96). „Berechtigungen — gellen" — Hierher gehört nach BGB. § 1017 Abs. 2 vor allem das Erbbaurecht.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen,

g

865.

845

§ 865. Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen umfaßt auch die Gegenstände, auf welche sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek, bei Schiffen das eingetragene Pfand­ recht erstreckt. Diese Gegenstände können, soweit sie Zubehör sind, nicht ge­ pfändet werden. Im übrigen unterliegen sie der Zwangsvoll­ streckung in das bewegliche Vermögen, solange nicht ihre Beschlag­ nahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver­ mögen erfolgt ist. Nov. 1898, E. § 757 a, Begr. 181 f., KomB. 211. DaS Gleiche gilt gemäß EG. z. BGB. Art. 63 Abs. 2, 68 Abs. 2 hinsichtlich einiger Rechte, die im übrigen der landesgesetzlichen Regelung überlaffen sind, nämlich hinsichtlich des Erbpachtrechts mit Einschluß des Büdnerrechts und des Häuslerrechts, sowie hinsichtlich deS Rechtes zur Gewinnung eines den bergrechtlichen Vorschriften nicht unterliegenden Minerals. Ferner kann die Landesgesetzgebung für Berechtigungen, die innerhalb der ihr vorbehaltenen Gebiete liegen, bestimmen, daß sie den auf Grundstücke bezüglichen Vorschriften unterliegen sollen. In Betracht kommen hier namentlich daS Bergwerkseigentum und die Ftschereiberechtigungen (EG. z. BGB. Art. 67, 69), desgleichen die an Grundstücken bestehenden vererblichen und über­ tragbaren Nutzungsrechte (Art. 196 das.). sBegr.) Vgl. §§ 865, 870, 871, ZVG. §§ 162ff. Für Preußen vgl. AG. z. BGB. Art. 37 Nr. I, XIII, 38 § 5 Abs. 1, 40; AG. z. ZVG. Art. 15 ff., 22 ff.; GeschA. f. d. GB. § 59 Nr. 3, RG. 61 188, Jäckel, Vordem, vor 8 1 N. 9—11. „die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe" — Vgl. FGG. 88 100ff., Preuß. FGG. Art. 29, Ges., betr. d. privatr. Berhältniffe der Binnenschiffahrt (RGBl. 1698, 868) 88 119 ff., Ges., betr. d. Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe, v. 22. Juni 1899 (RGBl. 319) 88 4 ff., Gesetz, betr. d. Registrierung u. Bezeichnung der Kauffahrteischiffe, v. 28. Juni 1873 (RGBl. 184) und d. hierzu erlassenen Vorschriften d. Bundesrats v. 13. Nov. 1873 (RGBl. 367). — Die im Schiffsregister nicht eingetragenen Schiffe gelten, auch wenn ihre Eintragung hätte erfolgen müssen, als bewegliche Sachen. — Wegen des Umfanges des Pfandrechts s. 8 865 Anm. 2. — Auf ausländische Schiffe findet die Vorschrift gemäß ZVG. 8 171 entsprechende Anwendung. — Vgl. auch HGB. 8 696 Abs. 1, EG. z. HGB. Art. 20 und BGB. 8 1268; Jäckel a. a. O. N. 12, 15. 2) Abs. 2: Vgl. BGB. 88 H06, 1114, 1192, 1199. Der Anspruch des Gläubigers gründet sich auf ein Recht, mü dem der Bruchteil als solcher belastet ist, wenn ein Mit­ eigentum nicht mehr besteht, ein früherer Miteigentümer aber zu der Zeit, zu der daS Miteigen­ tum noch bestand, seinen Anteil mit einem Rechte der bezeichneten An belastet hatte (vgl. Begr.). Nicht hierher gehören somit der Anteil eines Miterben an einem Nachlaßgrundstücke (vgl. KG. in Entsch. in Angelegenh. d. frw. Gb. 1, 29, in Rechtspr. 2, 27 — betr. Arrest, 7, 321), eines Ge­ sellschafters an einem Gesellschaft-grundstück und der Anteil an einem zum Gesamtgute gehörenden Grundstücke (vgl. 88 859, 860). Vgl. Jäckel a. a. O. N. 3—9. Schiffsparten unterliegen der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen gemäß 8 856.

8 865. 1)

„Nach BGB. § 1147 erfolgt die Befriedigung des Hypothekengläubigers aus dem Grundstück und aus denjenigen Gegenständen, auf welche sich nach den 88 H20ff. die Hypothek erstreckt, int Wege der Zwangsvollstreckung. Der gleiche Grundsatz gilt nach den 88 H05, 1107, 1192, 1199 in Ansehung der Reallast, der Grundschuld und der Rentenschuld. Damit ist aber der Frage nicht vorgegriffen, ob Gegenstände der bezeichneten Art für die Zwangsvollstreckung als Bestandteile des un­ beweglichen oder des beweglichen Vermögens zu behandeln sind. Die Entscheidung dieser Frage, die auch für den Fall von Bedeutung ist, daß die Zwangsvollstreckung wegen eines persönlichen Anspruchs betrieben wird, ist vielmehr der Regelung des BollstreckungSverfahrenS überlaflen.-------

846

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

g

866.

8 866. Tie Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Die Beziehungen, die zwischen dem Grundstück und denjenigen Gegenständen be­ stehen, auf welche sich die Hypothek erstreckt, rechtfertigen es, turnn eine Zwangsvoll­ streckung, die zur. Trennung dieser Gegenstände von dem Grundstücke führt, nicht be­ günstigt wird. Überdies darf auch der Gläubiger im Hinblick auf die damit ver­ bundenen Kosten und Weiterungen nicht gezwungen werden, seine Befriedigung aus dem Grundstück und aus den übrigen Gegenständen in getrenntem Verfahren zu suchen. Andererseits würde es indessen zu weit gehen und weder dem Interesse des Schuldner-, noch dem des Gläubigers entsprechen, wenn diesem die Befugnis hinsichtlich der frag­ lichen Gegenstände die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen zu betreiben, einfach versagt bliebe. Namentlich kann der Gläubiger wegen der das Grundstück be­ treffenden Miet- und Pachtzinsforderungen (BGB. §§ 1123—1125) nicht lediglich auf die Einleitung der Zwangsverwaltung beschränkt werden." (Begr.) Vgl. auch BGB. §§ 97, 98, ZBG. §§ 20, 22, 148, 151; Preuß. GeschA. f. d. GV. § 59, Falkmann (2.) 109 N. 52, Gaupp Nr. I. — Hiermit weicht der § 865 von den meisten Landes­ gesetzen (z. B. Prcuß. ZVG. v. 1863 § 206) ab, die bis zur Beschlagnahme die Pfändung des Zubehörs im Wege der Mobiliarzwangsvollstreckung zuließen. Die Beschlagnahme ergreift nur die nicht getrennten Früchte und Zubehörungen. Ge­ trennte Früchte, soweit sie nicht Zubehör des Grundstücks sind, sowie Pacht- und Mietforderungen werden nach ZBG. §§ 21, 148 erst durch die Anordnung der Zwangsverwaltung ergriffen; bei Anordnung der Zwangsversteigerung behält der Schuldner die Verwaltung (§§ 23 Abs. 1, 24 das.) und damit auch die Ziehung der Früchte; s. jedoch auch § 25 a. a. C. Die mithaftenden Gegenstände, mit Ausnahme des Zubehörs, unterliegen bis zur Beschlagnahme der Mobiliarzwangsvollstreckung, und zwar sowohl zugunsten des persönlichen Gläubigers, wie auch des ledig­ lich dinglich Berechtigten (OLG. Braunschweig in Rechtspr. 10, 419). Inwieweit jedoch das Psändungspfandrecht dem hypothekarischen Rechte der Realgläubiger vorgeht, bestimmt sich nach den Bestimmungen des BGB. Mit Rücksicht auf BGB. § 1121 können die Realgläubiger gegen­ über der Pfändung von getrennten Erzeugnissen ihre besseren Rechte gemäß § 805 oder, wenn sie später gleichfalls gepfändet haben, im Verteilungsverfahren geltend machen (Gaupp Nr. IV, OLG. (£öln im RhA. 102 I 126); einer Beschlagnahme bedarf es hierzu nicht (KG. in Rechtspr. 15, 169). Dagegen geht das Pfändungspfandrecht an Mictforderungen nach BGB. § 1124 auch den älteren Realberechtigten vor; vgl. auch BGB. §§ 1126, 1129 (OLG. Dresden in Rechtser. 3, 180; 10, 122). 2) „Berechtigungen" — f. § 864 Anin. 1; „bei Schiffen das eingetragene Pfandrecht erstreckt" — Vgl. BGB. §§ 1265, 1268; HGB. § 478, s. auch das. § 755; Binnenschiffahnsges. § 103 Abs. 1. Für Preußen s. auch GeschA. f. d. GV. § 59 Nr. 4. 8) Eine nach § 865 unzulässige Pfändung ist absolut nichtig, also sowohl dem Schuldner, wie jedem Gläubiger gegenüber (RG. 59 88, in Gruchot 49, 1066). Einwendungen sind gemäß § 766 durch Erinnerung zu erheben, doch ist den dinglich Berechtigten auch die Widerspruchsklage nach § 771 gegeben (RG. 55 207, 63 373, OLG. Cöln in RHA. 102 I 126 u. a. AM. Gaupv Nr. V, Müller, Pfändungspfandrecht 126 u. a.).

g 866. 1) Abs. 1: Neben der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung, die bereits durch das ZBG. geregelt sind, läßt Abs. 1 als weitere Maßregel der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück die Eintragung einer Sicherungshypothek zu. Sie gibt dem Gläubiger die Möglichkeit, Schonung gegenüber dem Schuldner ohne Gefährdung seiner eigenen Jntereffen zu üben; nicht selten wird dadurch der Schuldner vor dem wirtschaftlichen Untergange bewahrt. Wenn das Gesetz die Zwangshypothek nur in der Form der Sicherungshypothek gewährt, so geschieht

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 866.

847

Der Gläubiger kann verlangen, daß eine dieser Maßregeln allein oder neben den übrigen ausgeführt werde. Auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtitels darf eine Sicherungs­ hypothek nur für eine den Betrag von dreihundert Mark übersteigende Forderung eingetragen werden; die Vorschriften der §§ 4 und 5 finden entsprechende Anwendung. Noo. 1898, E. § 757 b, Vegr. 182 f., KomB. 211—218, StenV. 2141—2146. — Nov. 1909. Begr. 147 f., KomB. 69 ff., StenB. 8222 ff. dies mit Rücksicht aus den Schuldner, der dadurch in der Lage bleibt, die ihm gegen die Forderung zustehenden Einreden auch einem dritten gutgläubigen Erwerber der Forderung gegen­ über geltend zu machen (BGB. § 1184). Andererseits gewährt auch eine solche Hypothek dem Gläubiger, der von der Durchführung der Zwangsversteigerung zunächst absehen will, ausreichende Sicherheit (Begr.). Vgl. auch RG- 28 283 u. in Gruchot 36, 704. Auch der Gläubiger selbst kann seinen Rechtserwerb nicht bloß auf den Inhalt des Grund­ buchs stützen, da er nicht durch Rechtsgeschäft erwirbt (BGB. § 892). 2) Abs. 2: Der gleiche Grundsatz gilt auch allgemein für die Zwangsvollstreckung nach der ZPO. (vgl. § 753 Anm. 3). Über das Zusammentreffen von Zwangsversteigerung und Zwangs­ verwaltung vgl. auch Schöller in Z. d. Rheinpreuß. Amtsr. Ver. 1899, 186 ff. Vgl. auch EG. z. BGB. Art. 60. 3) Abs. 3 ist das Ergebnis eines lebhaften Streites. Durch die Nov. v. 1898 war neben der heutigen Beschränkung der Zwangshypothek auf größere Forderungen diese Vollstreckungsart ganz aus­ geschlossen für Vollstreckungsbefehle. Der von derRTK. zur Nov. v. 1909 angenommene Ent­ wurf schlug die vollständige Streichung vor; das Plenum ließ jedoch trotz vielseitig erhobener Bedenken den Ausschluß der Zwangshypothek für Forderungen unter 300 M. bestehen. Entscheidend war das Bestreben, das Grundbuch möglichst von geringfügigen, schwer zu beseitigenden und hierdurch den Eigentümer behindernden Eintragungen frei zu halten. Auch erschien es nicht angezeigt, derartigen Bagatellforderungen den Realkredit zugänglich zu machen. Die Zusammenrechnung mehrerer Urteilsforderungen zum Zwecke einer Eintragung von mehr als 300 M. ist daher nicht zulässig [Dgl. RG. 48 242 (s. die dort angef. Literatur), ObLG. in IW. 1900, 543, OLG. Jena in Entsch. in Angelegenh. d. frw. Gb. 1, 16, KG. in Rechtspr. 3, 295 u. a. AM. Frey im SächsA. 10, 594ff., Dronke in Busch 28, 339ff. u. o.], wohl aber dürfen in dem Vollstreckungstitel mehrere Ansprüche zusammengefaßt sein. Auch Nebenforderungen, besonders Kostenerstattungs­ ansprüche, die den Betrag von 300 M. nicht übersteigen, können nicht selbständig eingetragen werden (RG. 61 423, KG. in Entsch. in Angelegenh. d. frw. Gb. 1, 33, in Rechtspr. 3, 15. AM. Dronke a. a. O. 350 u. a.). Bei gleichzeitiger Eintragung von Hauptsumme und Kosten findet eine Zusammenrechnung nicht statt; übersteigt der Hauptanspruch 300 M., so können beide Ansprüche eingetragen werden (RG. 61 423, KG. in DJZ. 1904, 748, OLG. Hamburg in Rechtspr. 13, 213). S. auch Brogsitter in Z. d. Rheinpreuß. Amtsr. Ver. 18, 213 ff. u. das. 201, Rosenmüller in SächsA. 10, 677 ff. „vo llstreckbaren Schuldtitels" — S. §§ 704, 794, 801. Im letzteren Falle sind ab­ weichende landesgesetzliche Vorschriften zulässig. Die Vorschrift gilt nicht für Arrestvollstreckung in Grundstücke (vgl. § 932 Anm. 3) und im Falle des ZVG. § 128, desgleichen nicht, wenn der Schuldner zur Bewilligung einer Sicherungshypothek verurteilt ist (KG. in Rechtspr. 1, 205) oder gemäß BGB. § 648 eine Hypothek für den Baugläubiger eingetragen werden soll (KG. das. 2, 221). Vgl. noch § 848 Anm. 2. Gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes findet Beschwerde nach Maßgabe der GBO. §§ 71 ff. statt (RG. 48 242,61 423,OLG. Jena a. a. O., KG. in Rechtspr. 1, 206). Weitere Beschränkungen der Zwangshypothek s. Reichsstempelges. i. d. Fass, der Bekanntm. vom 15. Juli 1909 (RGBl. 833) § 98; Wechselstempelsteuerges. v. 15. Juli 1909 (RGBl. 717» § 15; preuß. Erbschastssteuerges. v. 3. Juni 1906 (GS. 620) § 48.

Achtes Buch.

848

Zwangsvollstreckung,

§ 867.

§ 867. Tie Sicherungshypolhek wird auf Antrag des Gläubigers in das Grundbuch eingetragen; die Eintragung ist auf dem vollstreck­ baren Titel zu vermerken. Mit der Eintragung entsteht die Hypothek. Das Grundstück haftet auch für die dem Schuldner zur Last fallenden Kosten der Eintragung. Sollen mehrere Grundstücke des Schuldners mit der Hypothek belastet werden, so ist der Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke zu verteilen: die Größe der Teile bestimmt der Gläubiger. Noo. 1898 E. § 757 c, Begr. 183 f., KomB. 211 f.

4) Wegen der Anwaltsgebühren gilt, Zwecke

der

behandelt

Zwangsvollstreckung

ist,

da die Eintragung der Sicherungshypothek zum

in der ZPO. als

eine

RAGebL. § 23 Nr. 2 (vgl. Vordem. 5

ElsLothZ. 25, 500.

Maßnahme

der

Zwangsvollstreckung

zu diesem Titel und OLG. Colmar in

AM. Schanz in IW. 1905, 196, Gaupp § 867 Nr. VI).

Die Gerichts-

gebühr für die Eintragung regelt sich nach Landesrecht (vgl. Preuß. GKG. § 59).

§ 867. 1) Abs. 1: „Wie die Zwangsvollstreckung überhaupt, ist auch die Zwangsvollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek davon abhängig, daß der Gläubiger gegen den Eigentümer des Grundstücks einen vollstreckbaren Titel erwirkt hat und daß die allge­ meinen Voraussetzungen für ihren Beginn (§§ 750 ff.) vorliegen. Die Eintragung er­ folgt nach Satz 1 auf Antrag des Gläubigers; sie soll, um den Schuldner vor Schwierig­ keiten zu bewahren, aus dem vollstreckbaren Titel vermerkt werden. Den Antrag hat der Gläubiger an das Grundbuchamt zu richten (vgl. GBO. § 13). Im Interesse sowohl der Beschleunigung als auch der Kostenersparnis ist von der Vermittelung des Prozeßgerichts oder des Vollstreckungsgerichts abgesehen. Die sonst gemäß BGB. § 873 zur Entstehung einer Hypothek erforderliche Einigung zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer sowie die im § 19 der GBL. bezeichnete Eintragungsbewilligung des Eigentümers wird durch den vollstreckbaren Titel ersetzt. Zur Entstehung der Hypothek genügt daher die Eintragung (Satz 2). Das Grundstück haftet, wie Satz 3 entsprechend dem Zwecke der Vollstreckungsmaßregel und im Anschluß an die allgemeine Vorschrift des $ 788 bestimmt, auch für die dem Schuldner zur Last fallenden Kosten der Eintragung". (Begr.) Für den Fall, daß der Schuldner noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, s. § 792 Anm. 1. Der Vermerk auf dem Titel dient dem gleichen Zwecke wie § 803 Abs. 1 Satz 2. Über das Verfahren bei der Eintragung vgl. Gaupp Nr. II u. III. 2) Abs. 2: Der Abs. 2 will den Schuldner gegen eine übermäßige Belastung seines Grund­ besitzes schützen,

die nicht zu vermeiden wäre,

wenn nach dem Vorgänge deS preuß. Ges. vom

13. Juli 1883 § 6 die Forderung auf Verlangen des Gläubigers auf sämtlichen Grundstücken des Schuldners ungeteilt eingetragen werden müßte. liegt

keine Gefährdung

Benachteiligung Lage

ist,

des

deS

Zweckes,

Gläubigers,

das Grundbuch

da

einzusehen

dem die dieser und

In der vom Gesetze vorgeschriebenen Verteilung VollstreckungSmaßregel dient,

vor den

der Wert

Stellung

noch eine unbillige

deS Eintragungsantrags

der einzelnen

Grundstücke

in der

abschätzen

zu

laffen (vgl. Begr.). Als selbständige Grundstücke sind diejenigen anzusehen, welche im Grundbuch als solche ein­ getragen sind (Planck, BGB. III Vordem, vor § 873 I 2, Schüller a. a. O. 155 f., ObLG. in Rechtspr. 1, 75).

S. noch Busch 28, 157.

vgl. auch

Der Teilbetrag kann auch weniger als

300 M. betragen (Rosenmüller a. a. O. 683, OLG. Dresden in Rechtspr. 3, 201).

Hierbei kann

auch die Kostensorderung aus ein Grundstück allein verteilt werden (OLG. Colmar in Rechtspr. 5, 331).

Die Bestimmung

deS Abs. 2 findet keine Anwendung,

wenn

für

die

zu

vollstreckende

Forderung aus einem anderen Grundstücke bereits eine Vertrags Hypothek eingetragen ist (ObLG. in

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

|| 868, 869.

849

§ 868. Wird durch eine vollstreckbare Entscheidung die zu voll­ streckende Entscheidung oder ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aufge­ hoben oder die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder deren Einstellung angeordnet, so erwirbt der Eigentümer des Grundstücks die Hypothek. Das Gleiche gilt, wenn durch eine gerichtliche Entscheidung die einstweilige Einstellung der Vollstreckung und zugleich die Aufhebung der erfolgten Bollstreckungsmaßregeln angeordnet wird oder wenn die zur Abwendung der Vollstreckung nachgelassene Sicherheits­ leistung oder Hinterlegung erfolgt. Nov. 1898 E. § 757 d, Begr. 184, KomB. 212.

§ 869. Die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung werden durch ein besonderes Gesetz geregelt. Nov. 1898 E. § 757 e, Mot. 101, Begr. 184 f. Rechtspr. 5, 333, KG. das. 6, 135, Dernburg, BürgP. III § 244 N. 16 u. a. AM. Oberneck int Recht 1902, 308, Gaupp Nr. V u. a., unentschieden 9t®. in IW. 1909, 165). Auch soweit der Eintragungsantrag die Verteilung enthält, bedarf er keiner Beglaubigung (RG. 71 312, Foltz im Recht 1908, 72. AM. KG. in KGJ. 33 A 101, Gaupp Nr. V u. a.). 3) Die Vorschriften über die Zwangshypothek (§§ 867, 868) finden auf die Arresthypothek entsprechende Anwendung (§ 932 Abs. 2). — Wegen Eintragung von Sicherungs­ hypotheken im Zwangsversteigerungsverfahren s. ZBG. §§ 128 ff. § 868. 1) Abs. 1: Bgl. §§ 775 Nr. 1 (und das. Anm. 3), 776, 932 Abs. 2. Das Recht des Gläubigers aus der Sicherungshypothek muß in diesen Fällen in Wegfall kommen. Entsprechend BGB. § 1163 Abs. 1 Satz 2 soll die Aushebung des dem Gläubiger aus der Sicherung-hypothek zustehenden Rechte- aber nicht durch deren Löschung, sondern nur in der Weise sich vollziehen, daß der Eigentümer des Grundstücks die Hypothek erwirbt (vgl. Begr.). Er kann daher die Um­ schreibung der Hypothek auf seinen Namen beim Grundbuchamte beantragen. Au- Abs. 1 ergibt sich zugleich, daß die Eintragung der Zwangshypothek auch auf Grund eines bloß vorläufig voll­ streckbaren Titels erfolgen kann; s. anderseits § 895. Die Befriedigung des Gläubiger- allein führt hier nicht zur Eigentümerhypothek: BGB. § 1163 wird durch § 868 für die Zwang-hypothek nicht erweitert, sondern ersetzt (vgl. OLG. Colmar in Rechtspr. 11, 114, Petersen Nr. 2, Gaupp Nr. II u. a. AM. Seuffert Anm. 3). Bgl. auch KG. im Recht 1910 Nr. 465. Daher kann bei teilweiser Tilgung auch keine teilweise Löschung verlangt werden (OLG. Hamburg in Rechtspr. 16, 313). 2) Abs. 2: Bgl. §§ 775 Nr. 2, 3, 776, 707, 719, 769, 770, 771, 785, 795. „nachgelassene Sicherheitsleistung oder Hinterlegung" — 3. § 713 Abs. 2.

# 869. lj „ein besonderes Gesetz" — Die- ist das ZBG. v. 24. März 1897 (RGBl. 97) nebst seinem EG. vom gleichen Tage (RGBl. 135), ersteres in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. 713). Literatur. Dernburg, Bürg.R. III §§ 248ff., Wolfs, ZBG. (3.) Berlin 1909, Jäckel, ZBG. (3.) Berlin 1909, Günther, desgl. Berlin 1899, 1900, Reinhard, desgl. Leipzig 1901, Fischer-Schaefer, desgl. Berlin 1902, Fitting §§ 108, Ulfs. Bgl. auch für Preußen AG. z. RGes. über die Zwangsversteigerung u. d. Zwangsverwaltung v. 23. Sept. 1899 (GS. 291). 2) Bei der Anwendung des ZBG. sollen die Borschristen der ZPO. in gleicher Weise Platz greifen, wie wenn dieses Gesetz ein Bestandteil der ZPO. wäre (Denkschr. z. ZBG. 31); es finden daher namentlich die allgemeinen Borschriften des 1. Abschnitts de- 8. Buches An-

Struckmann u. Koch, Zivilprozeßordnung. 9. Aufl.

54

Achtes Buch.

850

Zwangsvollstreckung

§§ 870—872.

§ 870. Auf die Zwangsvollstreckung in eine Berechtigung, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Grundstücke ent­ sprechende Anwendung. Die Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes Schiff erfolgt nur durch Zwangsversteigerung. Nov. 1898 E. § 757 f, Begr. 185.

§ 871. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn ein anderer als der Eigentümer einer Eisenbahn oder Kleinbahn den Betrieb der Bahn kraft eigenen Nutzungsrechts ausübt, das Nutzungsrecht und gewisse dem Betriebe gewidmete Gegenstände in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören und die Zwangsvollstreckung abweichend von den Vorschriften der Reichsgesetze geregelt ist. Nov. 1898 E. 8 757 g, Begr. 185. Dritter Titel.

Verteilungsverfahren.

§ 872. (758.) Das Verteilungsverfahren tritt ein, wenn bei der Zwangs­ vollstreckung in das bewegliche Vermögen ein Geldbetrag hinterlegt ist, welcher zur Befriedigung der beteiligten Gläubiger nicht hinreicht. E. § 705.

Mot. 438—440.

Prot. 408.

Wendung. Für die Zustellungen (ZVG. § 3) gelten die §§ 208—213 ZPO. (vgl. auch ZVG. §§ 4—8); für da- Versteigerung-protokoll (§78 das.) finden die §§ 159—164 ZPO. Anwendung (vgl. auch ZVG. § 80). Die Beschwerde ist in §§ 95 ff. besonder- geregelt. Wegen des Ver­ teilung-verfahrens vgl. Vordem. 2 vor § 872.

§ 870. 1) Abs. 1: Vgl. § 664 Anm. 1. Vgl. für Preußen AG. z. ZVG., Abschnitt 2, 3. 2) Abs. 2 betrifft die Zwangsvollstreckung in eingetragene Schisse sowie in die ihnen nach ZVG. § 171 gleichgestellten ausländischen Schiffe. Einer Zwang-verwaltung steht die Zweck­ bestimmung der Schiffe entgegen. Ein Bedürfnis, die zwangsweise Eintragung eines Pfandrechts znzulaffen, hat sich nicht geltend gemacht (vgl. Begr.). Vgl. §§ 864 Anm. 1, 865 Anm. 2, ZVG. §§ 162 ff.; Dernburg, BürgR. III § 276 Nr. 8.

8 871. 1) Den besonderen landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in die einem Eisenbahn- oder Kleinbahnunternehmen gewidmeten Grundstücke und sonstigen Vermögen-gegenstände (die Bahneinheit) ist bereits durch einen Vorbehalt in dem EG. z. ZVG. v. 24. März 1897 Rechnung getragen (vgl. § 2 das. mit EG. z. BGB. Art. 112). § 871 ergänzt diesen Vorbehalt für den Fall, daß ein anderer als der Eigentümer einer Eisenbahn oder Kleinbahn den Betrieb der Bahn traft eigenen Nutzungsrechts ausübt [ogl. Preuß. Ges., betr. Pfandrecht an Privateisenbahnen u. Kleinbahnen und d. ZV. in dies. i. d. Fass. v. 8. Juli 1902 (GS. 238) §§ 20 ff., 54]. S. hierzu Kommentar von Eger (2.) Berlin 1905; vgl. auch Dernburg, BürgR. III § 285 Nr. 2. 2) Vgl. noch § 25 d. RGes. betr. die gemeins. Rechte der Bes. v. Schuldverschr. v. 4. Dez. 1899 (IRmi 691) und für Preußen AG. z. ZBG. Art. 45, AG. z. GBO. Art. 31, FGG. Art. 3, GKG. § 134.

Dritter Titel. Literatur: Schönfeld, D. VerteilungSversahren, 1887, Falkmann (1.) 284 ff., Köhler im c. A. 80, 164 ff., Planck II § 187, Schmidt § 150, Fitting § 107.

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.

§ 873

851

§ 873. (759.) Das zuständige Amtsgericht (§§ 827, 853, 854) hat nach Einaang der Anzeige über die Sachlage an jeden der beteiligten Gläubiger die Aufforderung zu erlassen, binnen zwei Wochen eine Berechnung der Forderung an Kapital. Zinsen, Kosten und sonstigen Nebenforderungen einzureichen. E. § 706.

Mot. 439 f.

Prot. 408. — Nov. 1898 E. § 759; Begr. 185.

1) Da weder dem Gerichtsvollzieher noch dem Drittschuldner die Übernahme der Gefahr einer unrichtigen Verteilung der durch die Zwangsvollstreckung erzielten Geldbeträge unter mehrere beteiligte Gläubiger zugemutet werden soll, hat die ZPO. sür die Verteilung ein Verfahren von Amts wegen eingeführt (Mot. 439). 2) Der 3. Titel bezieht sich ausschließlich auf die Zwangsvollstreckung in da- bewegliche Vermögen (§ 872); die §§ 876—882 finden jedoch auf die Verhandlung über den Teilungsplan und auf Verteilungsstreitigkeiten bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen entsprechende Anwendung (ZVG. §§ 115, 156, vgl. auch § 125 Abs. 2 das. u. unten § 876 fl mit. 2). 3) Wegen der Gebühren s. GKG. § 42; RAGebO. § 39.

S 872. 1) Die Fälle der hier in Frage kommenden Hinterlegung des Geldbetrag- sind in den §§ 827, 853, 854, 858 ausgeführt (vgl. § 873). In dem Falle des § 720 ist ein Verteilung-verfahren nicht erforderlich, da hier nur der Schuldner mitbeteiligt ist. Der § 855 kommt gemäß ZVG. § 115 nur rücksichtlich der §§ 876-882 in Betracht (vgl. § 848 Abs. 3). Im Falle de- § 853 ist die Unzulänglichkeit der hinterlegten Summe zur Befriedigung der beteiligten Gläubiger nicht erforderlich. Vgl. auch OLG. Dresden in SA. 58 Nr. 155 u. Busch 33, 290. 2) Die „beteiligten Gläubiger" sind nur solche, die entweder im Wege der Zwangs­ vollstreckung oder des Bollstreckungs- oder Sicherheitsarrestes eine (formell gültige —OLG. Cöln im RhA. 83 I 70; 95 I 154) Pfändung bewirkt haben — die Arrestgläubtger stehen nach § 930 den Vollstreckung-gläubigern gleich; die Überweisung der Forderung bildet keine Voraussetzung der Beteiligung (vgl. § 874 Anm. 4; s. auch RG. in Gruchot 27, 1120, Petersen Nr. 1 u. a.) —, nicht auch andere Gläubiger, wie z. B. diejenigen, welche ein gesetz­ liches oder vertragsmäßiges Pfandrecht beanspruchen (s. § 805 Anm. 3), oder der Widerspruchs­ kläger des § 771 (vgl. OLG. Cöln in RHA. 90 I 100), selbst wenn sie ihren Anspruch aus den Erlös richten (f. das. Anm. 3). Diejenigen, welche nur ein Pfand- oder Vorzugsrecht besitzen, haben ihren Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung auS dem Erlös im Wege der Klage zufolge § 805 gellend zu machen (OLG. Cöln im RHA. 83 I 70, Planck II 763, Gaupp Nr. 2 u. a.; vgl. § 805 Anm. 3). Den Arrestgläubigern flehen Gläubiger, die den Drittschuldner gemäß § 845 von dem Bevorstehen der Pfändung benachrichtigt haben, während der dreiwöchigen Frist des § 845 Abs. 2 gleich (Fitting § 107 N. 1, Petersen Nr. 2 u. a.). Wegen der Zulässigkeit einer Anschlußpsändung vgl. § 827 Anm. 5. 8) Eine Klage zur Geltendmachung eines besseren Pfandrechts zum Zwecke der Um­ gehung des Verteilungsverfahrens ist unzulässig (OLG. Breslau in Busch 23, 183). 8 873. 1) Eine nochmalige Anmeldung der beteiligten Gläubiger bei Vermeidung des Ausschlusses wird nicht gefordert (Mot.), vielmehr wird den Gläubigern nur Gelegenheit gegeben, ihre Nebensorderungen, insbesondere an Kosten der Vollstreckung, aufzustellen, überhaupt die Summe ihrer Forderung mit Rücksicht auf Zinsen, Kosten und etwaige Ab­ schlagszahlungen genau anzugeben; hierauf allein bezieht sich der Ausschluß (§ 874 Abs. 3). Vorausgesetzt ist jedoch, daß die Pfändung auch für die Nebenforderungen erfolgt war. Im Verteilungsverfahren ist, abgesehen von den Vollstreckung-kosten, eine Ergänzung nicht zulässig.

Achtes Buch.

852

Zwangsvollstreckung.

§ 874.

§ 874. (760.) Nach Ablauf der zweiwöchigen Fristen wird von dem Gericht ein Teilungsplan angefertigt. Der Betrag der Kosten des Verfahrens ist von dem Bestände der Masse vorweg in Abzug zu bringen. Die Forderung eines Gläubigers, welcher bis zur Anfertigung des Teilungs­ plans der an ihn gerichteten Aufforderung nicht nachgekommen ist, wird nach der Anzeige und deren Unterlagen berechnet. Eine nachträgliche Ergänzung der Forderung findet nicht statt. E. § 707.

Mot. 440.

Prot. 408.

Wegen der übrigen Kosten vgl. § 874 Anm. 3. Die Berechnung kann schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers eingereicht werden. Wegen der Zuständigkeit vgl. RG 36 360. Die „Anzeige" ist die des hinterlegenden Gerichtsvollziehers oder Drittschuldners (§§ 827, 853, 854). Vgl. auch § 874 Anm. 1 und Planck II 764 Nr. II. „beteiligten Gläubiger" — Vgl. § 872 Anm. 2. Die „Aufforderung" ist von Amts mcgeit zuzustellen (£ 329 Abs. 3, Gaupp Nr. II). „binnen zwei Wochen" — seit Zustellung der Aufforderung. Erst die Anfertigung des Teilungsplans aber wirkt ausschließend (f. Z 874 Abs. 3>. 2) Der Lauf der Zinsen wird durch das Verteilungsverfahren nicht gehemmt. 3) Eine Anzeige des etwa beanspruchten Vorrechts ist zweckmäßig, aber nicht notwendig, tveil ein Anspruch aus vorzugsweise Befriedigung Dem Amts wegen zu beachten ist. §874. 1) Der Teiluugsplan wird auf Grund der eingereichten Berechnung und der von dein Gerichtsvollzieher oder Drittschuldner gemachten Anzeige sowie deren Unterlagen (d. h. Urteil oder sonstiger Schuldtitel mit der Vollstreckungsklausel) ohne sachliche Prüfung der Ansprüche (Gaupp 9fr. I u. a. AM. Wilm.-Levy Anm. 1> von dem Amtsrichter aufgestellt; eine mündliche Ver­ handlung findet vor der Aufstelluitg nicht statt. Die Aufstellung bient zur Erleichterung der nachfolgenden Verhandlung über die Verteilung (§ 875); die äußere Art und Weise der Auf­ stellung bleibt dem Ermessen des Richters überlassen. 2) In sachlicher Beziehung entscheiden die §§ 804, 827, 853, 854, 858. Es kommt also im allgemeinen aus die Reihenfolge der Pfändungen an, sofern nicht eines der in § 804 Abs. 2 bezeichneten besonderen Vorrechte vorliegt. Ein bloßes privilegium exigendi nach S 61 kommt nicht in Betracht. Vgl. § 804 Anm. 4 a. E. 3) Abs. 2: „der Kosten des Verfahrens" — d. h. der gemeinschaftlichen Kosten, z. B. der Hinterlegung des Teilungsplans, die Bewirtung der Gegenleistung (Flechtheim in Busch 28, 290) usw.; vgl. KL. § 58, Mot. z. GKG. 101. Die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahme an dem Verteilungsverfahren erwachsen, gehören nicht hierher; sie sind vielmehr mit der Hauptforderung anzusetzen (Gaupp Nr. II, Peterfen Nr 1 u. a. AM. früh. Aust, u. LbLG. in LA. 39 Nr. 336). 4) Wenn sich unter den beteiligten Gläubigem Arrest gläubig er befinden, so kann, solattge deren Fordemng ttoch nicht rechtskräftig feststeht, ein unbedingt zur Geltung kommender Verteilungsplan nicht angefertigt werden. Der Amtsrichter hat jedoch in den Plan auch die noch nicht feststehenden Forderungen für den Fall der Feststellung aufzunehmen, zugleich aber darin den anderen Fall, daß die Forderung ausfällt, zu deren Gunsten Arrest stattfindet, zu berücksicht igelt (vgl. Prot. 409). Eine Aushändigung des Betrags an die Arrestgläubiger findet jedoch vor Fest­ stellung ihrer Forderungen nicht statt (§ 930 Abs. 2). 5) Abs. 3: Der Rechtsnachteil kann nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entkräftet werden (vgl. §§ 230, 231, 233 vbd. mit § 226). 6) Abgesehen von der Beteiligung und von dem Range der Gläubiger (§ 878), können prozeßrechtliche Einwendungen gegen den Plan gemäß § 793 durch sofortige Beschwerde geltend gemacht werden (vgl. SA. 57 Nr. 118, 59 Nr. 191, 00 9fr. 202).

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldsorderungen.

HK 875—877.

863

§ 876. (761.) Das Gericht hat zur Erklärung über den Teilungsplan sowie zur Ausführung der Verteilung einen Termin zu bestimmen. Der Teilungs­ plan muß spätestens drei Tage vor dem Termine auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt werden. Die Ladung des Schuldners zu dem Termin ist nicht erforderlich, wenn sie durch Zustellung int Ausland oder durch öffentliche Zustellung erfolgen müßte. E. § 708.

Mot. 440.

Prot. 408—410.

§ 876. (762.) Wird in dem Termin ein Widerspruch gegen den Plan nicht erhoben, so ist dieser zur Ausführung zu bringen. Erfolgt ein Widerspruch, so hat sich jeder bei demselben beteiligte Gläubiger sofort zu erllären. Wird der Widerspruch von den Beteiligten als begründet anerkannt oder kommt andenveit eine Einigung zustande, so ist der Plan demgemäß zu berichtigen. Wenn ein Wider­ spruch sich nicht erledigt, so erfolgt die Ausführung des Plans insoweit, als der Plan durch den Widerspruch nicht betroffen wird. E. § 709.

Mot. 440.

Prot. 410.

§ 877. (763.) Gegen einen Gläubiger, welcher in dem Termine weder er­ schienen ist noch vor dem Termine bei dem Gerichte Widerspruch erhoben hat, wird angenommen, daß er mit der Ausführung des Plans einverstanden sei. Ist ein in dem Termine nicht erschienener Gläubiger bei dem Widersprüche §875. 1) Abs. 1: Die Bestimmung des Termins und die Ladung erfolgen von Amts wegen. Die Niederlegung de- Teilung-plans auf der Gericht-schreiberei soll die rechtzeitige Abgabe der Erklärung im Termin und die Erledigung der Streitpunkte in diesem ermöglichen. Die Unter» lafsung der rechtzeitigen Niederlegung rechtfertigt für jeden Beteiligten einen Antrag aus Berlegung de- Lerteilung-termins („mu&"), nicht aber eine Anfechtung deS Verfahrens von seiten eine- Be­ teiligten, der in diesem Termin ausgeblieben ist oder einen BerlegungSantrag nicht gestellt hat (Gaupp Sinnt. u. a ). Die Teilung-masse muß herbeigeschafft und nötigenfalls wieder hinterlegt werden (Peterfen Nr. 3), sofern nicht da- Mißlingen einer Einigung vorauszusehen ist. 2) Abs. 2: Vgl. §§ 841, 844. Abgesehen von den AuSnahmfällen de- Abs. 2 muß der Schuldner stet- geladen werden. 3) Die Ladung der Gläubiger muß stet- erfolgen. — Für die Gläubiger wie für den Schuldner muß die dreitägige Ladung-frist des § 217 eingehalten werden (s. Fitting § 107 N. 5 u. a.).

8 876. 1) Außer dem im Termin erhobenen Widerspruche muß, wie § 877 ergibt, auch ein vor dem Termine bei dem Gerichte (schriftlich oder zu Protokoll) erhobener Widerspruch berücksichtigt werden (vgl. Mot.). „bett Beteiligten" — d. h. bei dem Widerspruche Beteiligten, nämlich denjenigen, deren Forderung durch den Widerspruch berührt tvird, nicht „allen beteiligten Gläubigern" im Sinne der §§ 872, 873. Die Berichtigung hat sogleich im Termitte zu geschehen (Petersen Nr. 2). 2) „sich nicht erledigt" — d. h. in gütlichem Wege dadurch, daß der Widerspruch von den Beteiligten als begründet anerkannt wird oder anderweit eine Einigung zustande kommt. Bleibt ein Streit bestehen, so muß gemäß § 878 verfahren werden, und der Plan wird insoweit einstweilen nicht ausgeführt. — Bgl. auch ZBG. § 124 Abs. 1. 3) Bon einem Widerspruche de- Schuldners ist nicht die Rede. Ein solcher ist, soweit zulässig, nach §§ 766, 793 oder im Wege der Klage geltend zu machen (§§ 767, 768, 879 Sinnt. 2; vgl. auch ZBG. §§ 115 Abs. 3, 156 Abs. 2). Zu Einwendungen gegen die Rangordnung ist der Schuldner überhaupt nicht befugt (vgl. Planck II 765 Nr. 1 u. a ).

854

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

§ 878.

beteiligt, welchen ein anderer Gläubiger erhoben hat, so wird angenommen, datz er diesen Widerspruch nicht als begründet anerkenne. E. § 710.

Mot. 440.

Prot. 410.

§ 878. (764.) Der widersprechende Gläubiger mutz ohne vorherige Auf­ forderung binnen einer Frist von einem Monate, welche mit dem Terminstage beginnt, dem Gerichte nachweisen, daß er gegen die beteiligten Gläubiger Klage erhoben habe. Nach fruchtlosem Ablaufe dieser Frist wird die Ausführung des Plans ohne Rücksicht aus den Widerspruch angeordnet. Die Befugnis des Gläubigers, welcher dem Plane widersprochen hat, ein besseres Recht gegen den Gläubiger, welcher einen Geldbetrag nach dem Plane erhalten hat, im Wege der Klage gellend zu machen, wird durch die Versäumung der Frist und durch die Ausführung des Plans nicht ausgeschlossen. N. § 711.

Mot. 440.

Prot. 410.

8 877. Entsprechend § 333 steht dein nicht erschienenen Gläubiger in betreff des Rechtsnachteils ein Gläubiger gleich, der im Termine zwar erschienen ist, aber Widerspruch nicht erhebt oder einem Widersprüche, bei dem er beteiligt ist, sich nicht anschließt (vgl. RG. 26 424, Gaupp Nr. I). Als „beteiligt" ist jeder Gläubiger anzusehen, dessen Befriedigung beeinträchtigt werden kann, wenn der Widerspruch begründet ist (vgl. §§ 876 Anm. 1, 878). 8 878. 1) Abs. 1: Die einzelnen Widersprüche sind in besonderen Prozessen (nicht durch Fest­ stellungsklage — RG. in IW. 1904, 342) zu erledigen, dagegen sind in dem einzelnen Prozesse die mehreren „beteiligten Gläubiger" als Streitgenossen zu behandeln. Auch ist nach § 147 eine Verbindung der Prozesse zulässig. 2) Die Frist ist eine ausschließende (vgl. RG. in IW. 1888, 209), aber keine Not­ frist (§ 223 Abs. 3). Wegen Verlängerung oder Abkürzung der (gesetzlichen) Frist gilt § 224, wegen der Gerichtsserien GVG. § 204 (vgl. auch RG. in Gruchot 42, 746). 3) Die Frist beginnt auch für den Gläubiger, der nur schriftlich vor dem Terminstage Widerspruch erhoben hat, mit dem Terminstage. 4) „nachweisen" — z. B. durch die Zustellungsurkunde oder Einreichungsbescheinigung (§ 496 Abs. 3). Der Nachweis muß noch innerhalb der Frist geführt werden; letztere wird durch die Tatsache der Erhebung allein nicht gewahrt. Nach Ablauf der Frist hat der Amtsrichter von Amts wegen zur Ausführung des Verteilungsplans zu schreiten. Im übrigen behält der erhobene Widerspruch nach Abs. 2 seine Kraft (Köhler im c. A. 80, 182). Ist der Rechtsweg über beii streitigen Anspruch ausgeschloffen, so genügt die Erhebung des Widerspruchs bei der zuständigen Behörde (RG. 32 349, 34 246). „gegen die beteiligten Gläubiger" — Vgl. §§ 876 Anm. 1, 877 Anm.: RG. in IW. 1901, 403. Der Schuldner ist nicht mit zu verklagen. Wegen Widerklage s. RG. 51 318. 5) Der Abs. 2 stellt außer Zweifel, daß den sachlichen Rechten der widersprechen den Gläubiger durch Versäumung der Frist und Ausführung des Planes nicht geschadet wird. Der verletzte Gläubiger, der widersprochen hat, kann also nach Maßgabe de- bürgerlichen Rechtes zurückfordern (RG. 39 379, 58 156, in IW. 1896, 302; 1904, 72 — vgl. auch §§ 771 Anm. 3 a. E, 805 Anm. 3 a. E ). Auch kann dem verletzten Gläubiger eine Deliktsklage zustehen (vgl. RG. in LA. 47 Nr. 83; BGB. §§ 826, 823). Für diese Klagen ist die Zuständigkeit nach § 872 nicht maßgebend (vgl. § 879 Anm. 1). Der nicht erschienene Gläubiger ist zwar nach § 877 Abs. 1 als einwilligend anzusehen, doch wird auch ihm die Bereicherungs- (oder Delikts-) klage nicht zu versagen sein, da nur eine Fiktion, entsprechend § 331, vorliegt (RG. 39 379, 40 292, 42 247, 64 196, Petersen Nr. 3 u. a.; jetzt auch Gaupp Nr. III. AM. früh. Ausl.,

Zweiter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung wegen Geldsorderungeu.

g

879.

855

§ 879. (765.) Die Klage ist bei dem Verteilungsgericht und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständiakeit der Amtsgerichte nicht gehört, bei dem Land­ gerichte zu erheben, in dessen Bezirke das Berteilungsgericht seinen Sitz hat. Das Landgericht ist für sämtliche Klagen zuständig, wenn seine Zuständigkeit nach dem Inhalte der erhobenen und in dem Termine nicht zur Erledigung ge­ langten Widersprüche auch nur in betreff einer Klage begründet ist, sofern nicht die sämtlichen beteiligten Gläubiger vereinbaren, daß das Verteilungsgencht über alle Widersprüche entscheiden solle. E. § 712.

Mot. 440.

Prot. 410.

Planck II 767, 769 f., Wilm-Levy Anm. 4 u. a.). — s. Köhler 177, RG in Bad. Ann. 58, 296. 6) Die Vorschriften der §§ 879, 878 finden wendung (FGG. § 156); dagegen sind im ZBG. § ErsteherS für unanwendbar erklärt. S. auch RG

Wegen Berteilung unter einer Voraussetzung auch aus die Dispache entsprechende An­ 125 Abs. 2 die §§ 878-882 bezüglich des 51 318 (Bildung der TeilungSmaffe).

§ 879. 1) Der § 879 setzt ein noch schwebendes BerteilungSverfahren voraus (§ 876 Abs. 1) und bezieht sich nicht auf die Rückforderungsklage wegen unrichtiger Verteilung (vgl. § 876 Anm. 5, RG. 21 357 und in Gruchot 29, 121; 38, 186; Planck II 767 ff.). Er gewährt eine An­ fechtungsklage wider eine vorläufige Feststellung (vgl. §§ 664, 679, 684, 686, 957, 1041; OLG Cöln in RHA. 100 1171), die einen Zwischenstreit im Zwangsvollstreckungsverfahren bildet (vgl. § 81, OLG. Hamburg in SA. 39 Nr. 277; s. auch Köhler a. a. O. 172 a. E.). 2) Die Klage kann sich nicht nur auf den Vorrang, sondem auch auf den Bestand einer beteiligten Forderung beziehen. Während allerdings seiten- des Schuldners Einwendungen gegen den Inhalt des zu vollstreckenden Urteils, z. B. auf Grund später erfolgter Zahlung, vor dem Prozeßgerichte zur Erledigung zu bringen sind (vgl. §§ 767, 797, 876 Anm. 3), kann sich jeder Gläubiger auch dadurch einen befferen Platz zu verschaffen suchen, daß er die Gültig­ keit (den Bestand) einer ihm vorgehenden oder gleichstehenden Forderung angreift, sei eS auf Grund von Einwendungen, die an sich dem Schuldner zustehen, oder mittels der Paultanifchen Anfechtung (f. AnfGes. § 2). Nur so sind Kollusionen zwischen dem Schuldner und ben einzelnen Gläubigern zu vermeiden, insbesondere bei Arrestgläubigern, die der Schuldner vielleicht absicht­ lich nicht zur Klage nach § 926 nötigt. (Vgl. RG. 27 304 und in Gruchot 30, 869, 1014, in IW. 1895, 600 Nr. 18, OLG. Hamburg in SA. 39 Nr. 277; Planck U 768, Köhler 169 ff., Gaupp § 878 Nr. H u. a. AM. Rocholl in Busch 8, 416 u. a. S. auch ZBG. § 115, KO. 8 144.) Auch die Frage, ob die Forderung gerade demjenigen Gläubiger zusteht, welcher die Anweisung erhalten hat (Aktivlegitimation), ist im Verteilungsverfahren zu prüfen (RG. 27 304), und die Klage kann auch auf persönliche, obligatorische Beziehungen gestützt werden (RG. in IW. 1902, 170). 8) Der Gerichtsstand gemäß Abs. 1 und 2 ist nach § 802 ein ausschließlicher (RG 37 390, in IW. 1904, 342 — vgl. jedoch Anm. 5); maßgebend ist die tatsächliche An­ hängigkeit des Verteilungsverfahrens (RG. 52 312). Die Widerspruchsklage ist daher durch die bloße Rechtshängigkeit einer anderen Klage vor einem anderen Gerichte nicht auSgeschloffen (RG. 87 390). Ein vor dem Gerichte des § 879 anhängiger Rechtsstreit kann bet Vereinbarung die Klage auS § 878 ersetzen (RG. in Gruchot 42, 746). 4) Abs. 1: Wegen des Zusammenhanges der Klage mit dem ganzen BerteilungSverfahren bildet die Zuständigkeit deS Verteilungsgerichts (s. § 873) die Regel (s. auch RG- in IW. 1895, 296), die jedoch wiederum mit Rücksicht auf die beschränkte sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte Ausnahmen erleidet (ähnlich § 805). Die einmal begründete Zuständigkeit fällt nicht deshalb fort, weil der Gläubiger es unterlassen hat, dem Verteilungsgerichte den Nachweis der Klagerhebung zu erbringen (RG. in SA. 49 Nr. 68).

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung. §§ 880—882.

856

§ 880. (766.) In dein Urteile, durch welches über einen erhobenen Wider­ spruch entschieden wird, ist zugleich zu bestimmen, an welche Gläubiger und in welchen Beträgen der streitige Teil der Masse auszuzahlen sei. Wird dies nicht für angemessen erachtet, so ist die Anfertigung eines neues Plans und ein ander­ weites Verteilungsverfahren in dem Urteile anzuordnen. E. 8 713.

Prot. 410.

§ 881. (767.) Das Versäumnisurteil gegen einen widersprechenden Gläubiger ist dahin zu erlassen, daß der Widerspruch als zurückgenommen anzusehen sei. E. § 714.

Prot. 410.

§ 882. (768.) Auf Grund des erlassenen Urteils wird die Auszahlung oder das andenveite Verteilungsverfahren von dem Verteilungsgericht angeordnet. E. § 715.

Prot. 410.

„Streitgegenstand" — d. h. hier der Betrag, dessen andere Verteilung von einer Seite beantragt wird (OLG. Darmstadt in SA. 42 Nr. 174; Gaupp Nr. II, Petersen Nr. 3; vgl. RG. 4 365, oben § 6 Anm. 2). 5) Abs. 2 will eine möglichst rasche und einheitliche Entscheidung aller Widersprüche herbei­ führen; dabei sind für die Zuständigkeit die „Widersprüche" maßgebend ohne Rücksicht darauf, ob die Klage wegen eines Widerspruchs demnächst verfolgt wird (OLG. Jena in SA. 51 Nr. 305). Der Schlußsatz „sofern — entscheiden solle" enthält eine Beschränkung des Grundsätze- der Ausschließlichkeit des Gerichtsstandes. Eine stillschweigende Vereinbarung kann nicht statt­ finden (§ 39). — Die Kammern für Handelssachen sind niemals zuständig (Petersen Nr. 4 u. a.). Vgl. auch § 722 Anm. 4.

8 880. 1) DaS Berteilungsgericht ist im Falle de- zweiten Satzes an die rechtliche Auifassung des Urteils gebunden (f. Seuffert Anm. u. a.). Durch diese Vorschrift soll namentlich das Berufungsgericht, da- ein den Widerspruch abweisendes Urteil abändert, nicht notwendig mit de,n ganzen Verteilungsverfahren belastet werden (Prot.). 2) Wird die Anfertigung eines neuen Planes und ein anderweites Verteilungs­ verfahren angeordnet, so finden die §§ 874—879 von neuem Anwendung. Ein Widerspruch kann jedoch nicht aus Gründe gestützt werden, mit denen der betreffende Gläubiger in dem früheren Verteilungsverfahren rechtskräftig zurückgewiesen oder ausgeschlossen ist (RG. 26 420; Seuffert Anm.). Bei Verteilung der Streitmasse können nur die am Widerspruche Beteiligten berücksichtigt werden (RG. in Gntchot 42, 745).

6 881. 1) Der § 881 enthält eine Abweichung von der allgemeinen Vorschrift des § 330, die mit § 882 in Verbindung steht. Der Einspruch ist nach § 338 zulässig. 2) „als zurückgenommen" — Dem Kläger steht mithin auch nicht mehr eine Klage nach § 878 Abs. 2 zu (Gaupp Anm. u. a., s. jedoch auch Petersen Anm.).

8 882. Ob das eine oder das andere angeordnet wird, entscheidet sich nach dem Inhalte des Urteils (§ 880). Die Anordnung de- Verteilungsgerichts ergeht zwar von Amts wegen, jedoch immer erst nach Rechtskraft deS Urteils, die von den Parteien nachzuweisen ist (vgl. § 705). Vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht zulässig (Seuffert Anm. u. a.).

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

§ 888.

857

Dritter »dsch-itt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen. § 883. (769.) Hat der Schuldner eine bewegliche Sache oder von be­ stimmten beweglichen Sachen eine Quantität herauszugeben, so sind dieselben von dem Gerichtsvollzieher ihm wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben. Wird die herauszugebende Sache nicht vorgefunden, so ist der Schuldner verpflichtet, auf Antrag des Gläubigers den Offenbarungseid dahin zu leisten: daß er die Sache nicht besitze, auch nicht wisse, wo die Sache sich befinde. Das Gericht kann eine der Lage der Sache entsprechende Aenderung der vorstehenden Eidesnorm beschließen. E. § 716.

Mot. 441.

Prot. 410—412, 445 f., 572 ff.

Dritter Abschnitt. Der 3. Abschnitt behandelt die Zwangsvollstreckung, soweit sie nicht zur Befriedigung von Geldsorderungen bient (sog. Realexekution). Die §§ 883—886 betreffen die Errvbckuug der Herausgabe (und der Leistung) von Sachen, und zwar §§ 683, 884 von beweglichen sentweder mehr oder weniger einzeln (§ 883) oder nur der Gattung nach bestimmten, vertretbaren (§ 884)], § 885 von unbeweglichen Sachen und bewohnten Schiffen, während § 886 den Fall behandelt, wenn sich die Sache im Gewahrsam eines Dritten befindet; die §§ 867—892, 894—898 betreffen die Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen. Eine gemeinsame Be­ stimmung enthält § 693. In der erstbezeichneten Gruppe von Fällen findet ein unmittel­ barer Zwang statt. In den Fällen der §§ 887 ff. dagegen ist zwar nicht minder die wirk­ liche Erfüllung das Ziel der Zwangsvollstreckung; der Zwang gegm den Schuldner ist aber mehr oder minder beschränkt und meisten- nur ein mittelbarer. Der neue § 888a bezieht sich auf den Fall de- § 510 b.

6 883. Literatur: Planck II § 190, Schmidt 920 f. u. § 153, WeiSmann § 177. 1) Abs. 1: „Hat — herauszugeben" — Gemeint sind erstens dingliche oder persön­ liche Ansprüche auf Herausgabe (dare, tradere, resdtuere, edere, exhibere) einer einzelnen oder mehrerer individuell bestimmten beweglichen Sachen (speciea) — nicht auch auf Heraus­ gabe eines ideellen Anteils an solchen (AM. $R@. in IW. 1902, 396) — und zweiten- An­ sprüche auf HemuSgabe einer Quantität von an sich verttetbaren (BGB. § 91), jedoch durch die in dem Urteil enthaltene Beschränkung mehr oder weniger, obschon nicht vollständig, individualisierten beweglichen Sachen, z. B. 20 Sack von dem auf dem Lager de- Be­ klagten befindlichen Javakaffee. Diese Ansprüche bilden den Gegensatz zu den Ansprüchen auf Lefftung von vertretbaren Sachen oder Wertpapieren in den Fällen de- § 884 (f. das. Anm. 1 u. 2). Sowohl bei den Ansprüchen der ersten als bei denen der zweiten Art unterstellt da- Urteil (im Gegensatze zu § 886) stets, daß sich die Sachen im Gewahrsame de- Schuldnerbefinden. Dagegen dürfte es nicht notwendig sein, daß das Urteil gerade aus Herausgabe der Lachen an den Gläubiger geht (vgl. Anm. 1 vor § 803; § 884 Anm. 2, Köhler im c. A. 80, 296 ff.; vgl. auch RG. in Gruchot 50, 1110. AM. Gaupp Nr. I 1). „von dem Gerichtsvollzieher — übergeben" — Der Gerichtsvollzieher hat bei der Wegnahme nach den §§ 756 ff. zu verfahren (vgl. Preuß. GA. f. d. GB. § 79). Bestreitet der Schuldner die Gleichheit der von dem Gerichtsvollzieher weggenommenen Sachen, so hat er die Entscheidung des BollstreckungsgerichtS anzurufen (§ 766). Abgesehen hiervon wird der Schuldner durch die Wegnahme von der Verpflichtung aus dem Urteile befreit.

858

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 884.

§ 884. (770.) Hat der Schuldner eine bestimmte Quantität vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zu leisten, so findet die Vorschrift des § 883 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Prot. 561 f., 572 ff., 604—606. Über die Zwangsvollstreckung aus wahlweise vollstreckbaren Schuldtiteln, insbesondere aus alternative Leistungen, s. BGB. § 264; vgl. auch oben § 751 Anm. 3. 2) In den Fällen der zweiten Art hat der Gerichtsvollzieher statt des Schuldners die Ausscheidung aus dem größeren Ganzen (z. B. aus der im Urteil erwähnten Schiffsladung) vorzunehmen. Auch wenn nur ein Teil der zugesprochenen Quantität vorgefunden wird, ist selbstverständlich die Wegnahme zulässig (vgl. Preuß. GeschA. a. a. O. Nr. 3). 3) Abs. 2: Der Ofsenbarungseid (s. § 807) ist nötig, weil das Interesse nicht immer in Geld nachweislich ist, sowie mit Rücksicht auf Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Die vor­ geschriebene Norm enthält weder einen promissorischen Teil, noch die Verneinung einer (nach StGB. § 288 strafbaren) Beiseiteschaffung (s. auch § 807 Anm. 3). Sie schließt nach den Mot. nicht die Verpflichtung des Schuldners aus, alles anzugeben, was ihm über den Verbleib der Sache bekannt ist. Der Richter hat ihn in dieser Beziehung vor der Eidesleistung zu belehren (§ 480), damit sich hinter dem Nichtwiffen nicht Irrtümer oder Denkvorbehalte verbergen (vgl. § 426 Anm. 2, Krech in Gruchot 26, 230 ff.). Auch im Falle der Anzeige erledigt sich die Ver­ pflichtung des Schuldners erst mit der wirklichen Leistung des Eides. Ergeben sich Anzeichen, daß, der Leistung des Eides ungeachtet, die Sache dennoch vorhanden ist, so darf das Gericht auf Antrag des Gläubigers nach erfolgter Sachprüfung eine nochmalige Leistung des Eides fordern (Mot. 445, Krech a. a. O. 232, Planck II 784 Nr. 3, Gaupp Nr. IV u. a.). Über das Verfahren und die eventuelle Haft s. §§ 899 ff. „auf Antrag des Gläubigers" — Der Antrag äußert sich nur in der Beantragung des Termins zur Leistung des Offenbarungseides (§ 900). Eine Entscheidung des Prozeßgerichts oder des Vollstreckungsgerichts braucht nicht voranzugehen (Krech 235 ff.). Der Gläubiger kann auch statt des Offenbarungseides sofort das Interesse fordern sFalkmann (1.) 314]. 4) Abs. 3: Vgl. § 426 Abs. 2. — Abs. 2, 3 sind gemäß FGG. § 83 entsprechend an­ wendbar. S. auch Preuß. FGG. Art. 17 Abs. 2. 5) Die Frage, ob durch Leistung des Interesses die Verpflichtung des Schuldners zur Eidesleistung erlischt, regelt sich nach bürgerlichem Rechte. Es kommt darauf an, in welchen: Sinne die Leistung angenommen ist, ob mit oder ohne Vorbehalt des Anspruchs aus die Sache selbst (Petersen Nr. 6 u. a.). Fordert der Gläubiger die Leistung des Interesses in Ausübung des ihm zustehenden Wahlrechts, so ist damit über die Verpflichtung des Schuldners entschieden (BGB. § 263). 6) Ist der Offenbarungseid geleistet, so bleibt dem Gläubiger nur noch der Anspruch auf Leistung des Interesses (§ 893). Anschaffung durch einen Dritten oder Zwang durch Strafen findet nicht statt (§ 887 Abs. 3). 7) Für Ansprüche auf Herausgabe von Personen (BGB. § 1632) ist § 883 entsprechend anzuwenden (RG. in SA. 60 Nr. 113, OLG. Hamburg u. Frankfurt das. 46 Nr. 152; Planck II 780 bei N. 4, Wach I 275 N. 14, Francke, Offenbarungseid 13ff., Gaupp Nr. III u. a.; vgl. auch Preuß. GeschA. f. d. GV. § 81. AM. OLG. Darmstadt u. Stuttgart in SA. 36 Nr. 195, 289, Wilm.-Levy Anm. 2 u. a.; vgl. auch Schultzenstein in Busch 16, 173). 8) Wegen der Gebühren des Gerichtsvollziehers s. GBGebO. § 6.

§884. 1) Die Vorschrift des § 683, die sich auf bestimmte bewegliche Sachen beschränkt (s. § 883 Anm. 1), wird durch § 884 ergänzt. 2) Der Ausdruck „leisten" im Gegensatze zu „herausgeben" (§ 883 Anm. 1) deutet

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

$ 885.

859

§ 885. (771.) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein be­ wohntes Schiff herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichts­ vollzieher den Schuldner auS dem Besitze zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Bewegliche Sachen, welche nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten desselben oder einer zur Familie des Schuldners gehörigen oder in dieser Familie dienenden erwachsenen Person über­ geben oder zur Verfügung gestellt. Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend, so hat der Gerichtsvollzieher die Sachen auf Kosten des Schuldners in das Pfand­ lokal zu schaffen oder anderweit in Verwahrung zu bringen. Verzögert der Schuldner die Abforderung, so kann das Vollstreckungsgericht den Verkauf der Sachen und die Hinterlegung des Erlöses anordnen. E. § 717.

Mot. 441.

Prot. 412.

164. Sitzg.

Anlage K. S. 10.

an, daß das Urteil ohne Rücksicht auf solche Sachen ergangen ist, die sich im Gewahrsame des Schuldners befinden. Es werden daher namentlich LteferungSansprÜche 6etoo£fen, MMRfe der Schuldner zur Anschaffung von Sachen der betreffenden Art verpflichtet ist, gleichviel ob er an seinem Wohnort oder anderswo zu liefern hat (RG 36 369). Ein unmittelbarer Zwang zur Anschaffung ist freilich aus Grund des § 884 nicht möglich (vgl. Anm. 4). Ob sich tatsächlich Sachen der bestimmten, tioni Schuldner zu liefernden Art in seinem Gewahrsame vorfinden, ist von dem Gerichtsvollzieher, nötigenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen, zu prüfen. Das Verfahren des Gerichtsvollziehers richtet sich nach § 863 Abs. 1 (Preuß. GeschA. f. d. GV § 79 Nr. 1). Wegen etwaiger Versehen kann jeder Teil das BollstreckungSgericht nach § 766 anrufen. Gegen die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung wird sich der Schuldner unter Umständen nach § 767 schützen. „eine bestimmte Quantität vertretbarer Sachen oder Wertpapiere" — Vgl. §§ 592 Anm. 1, 686, 794 Nr. 5. ES ist nicht gerade eine Mehrheit von Sachen erforderlich. Die Sachen und Wertpapiere müssen objektiv vertretbar sein (vgl. BGB. § 91). Allerdings wird es hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 884 immer daraus ankommen, ob daS Urteil (oder der sonstige vollstreckbare Titel) die zu leistende Sache als eine solche behandelt hat, die durch andere derselben Gattung vertreten werden kann. Insofern fallen die Forderung (bzw. das Ver­ mächtnis) einer der Gattung nach bestimmten Sache (BGB. §§ 243, 2155) usw. unter § 884. (Vgl. Planck II 780, Gaupp Anm.; abw. Fitting im c. A. 61, 438). S- übrigen- § 887 Anm. 6. 3) Der Abs. 1 de- § 883 findet nur entsprechende Anwendung, d. h. wenn der Schuldner Lachen, zu deren Leistung er verurteilt ist, besitzt (nämlich'zur Zeit der Zwangsvollstreckung) svgl. OLG. Zweibrücken in PucheltZ. 32, 420, Planck a. a. O.f. Da nur jener für anwendbar erklärt ist, sind die vom Ossenbarungseide handelnden Abs. 2 u. 3 de- § 883 nicht anwendbar. 4) Finden sich Sachen der in Rede stehenden Art nicht, so bleibt dem Gläubiger nur der Anspruch auf Leistung des Interesses (§ 893). Auch hier gibt eS keinen weiteren (f. §§ 883 Anm. 6, 887 Anm. 5). Indessen kann unter Umständen strafrechtliche Ahndung ein­ treten (StGB, tz 329). §885. 1) Abs. 1: Der § 885 handelt von der Vollstreckung der Urteile aus Herausgabe, Überla'sung oder Räumung einer unbeweglichen Sache (vgl. z. B. GVG. § 23 Nr. 2 u. anderseits RG. in IW. 1899, 394 Nr. 7) oder eines bewohnten Schiffes, einschließlich der Scdiffsmühlen. (Vgl. auch ZVG. §§ 93, 94 Abs. 2, 150 Abs. 1; Preuß. GeschA. f. d. GL. § 80 Nr. 8, 9.) Ob die Herausgabe usw. behufs Einräumung des Eigentums oder Besitzes erfolgen soll, ob der Anspruch dinglicher oder persönlicher Natur ist, ist unerheblich (Gaupp Nr. I u. a.).

860

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

§ 886.

§ 886. (772.) Befindet sich eine herauszugebende Lache im Gewahrsam eines Dritten, so ist dem Gläubiger auf dessen Antrag der Anspruch des Schuldners auf Herausgabe der Sache nach den Vorschriften zu überweisen, welche die Pfändung und Ueber Weisung einer Geldforderung betreffen. E. 8 718.

Mot. 441.

Prot. 412. — Nov. 1898 E. § 772; Begr. 185.

Da (körperlicher) Besitz des Schuldners vorausgesetzt ist, so sind nur Grundstücke im eigent­ lichen Sinne gemeint (Planck II 782, Gaupp a. a. £.). Auf einzelne Teile einer unbeweg­ lichen Sache findet § 885 insoweit Anwendung, als an dem Teile körperlicher Besitz möglich ist (z. B. auf Räumung einzelner Zimmer — BGB. § 865), dagegen nicht auf Einweisung in ideelle Teile. Bewegliche Sachen können als Zubehör (BGB. §§ 97, 98; HGB § 478) unter Abs. 1 fallen. Nähere Bestimmungen, wie der Gerichtsvollzieher zu verfahren hat, enthalten die Dienst­ anweisungen (vgl. Preuff. GeschA. § 80). — Wegen seiner Gebühren s. GVGebL. § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2. 2) Abs. 2—4: Diese Vorschriften beziehen sich auf bewegliche Sachen (des Schuldners oder Dritter), die nicht, wie Zubehör des Grundstücks oder Schiffes, Gegenstand der Zwangsvoll­ streckung nach Abs. 1 sind. Ist der Schuldner oder ein Vertreter anwesend, so ist der Gerichts­ vollzieher zur Fürsorge für die herausgeschafften Sachen nicht verpflichtet. Als Vertreter gelten aber nur die in Abs. 2 bezeichneten Personen. Daß die zur Familie des Schuldners ge­ hörige oder in dieser dienende erwachsene Person Hausgenosse de- Schuldners sei, ist nicht notwendig (s. auch § 759 Anm. 1; anders § 181). „in das Pfandlokal" — Vgl. Preufi. GVL. § 29, GeschA. j. d. GV. 88 80 M. 0, 62 9h. 4. sNicht wegzuschaffen sind diejenigen Sachen, an welchen der Gläubiger als Vermieter sein Zurückbehaltungsrecht (BGB. §§ 559, 561) ausüben will; vgl. RG in IW. 1894, 200.] 8) Abs. 4: Die Anordnung des Verkaufs kann von Amts wegen oder aus Antrag des Verwahrers oder einer anderen Person, die ein Interesse dabei hat, getroffen werden (Gaupp Nr. III u. a.). S. Preutz. GeschA. § 80 Nr. 6. Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 35 Nr. 2, 39; RAGebL. 88 23 Nr. 2, 31.

8 836. 1) Wenn nicht ausnahmsweise (vgl. §§ 76 Abs. 4, 727, 809 Anm. 2) unmittelbare Zwangsvollstreckung gegen den Dritten zulässig ist, so kann die (bewegliche oder unbewegliche) Sache, die den Gegenstand des Urteils bildet, in dem fremden Gewahrsame, da in diesen die Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres eindringen darf (vgl. §§ 805 Anm. 2, 808 Anm. 2), nur mittels Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe erreicht werden (vgl. RG. in IW. 1901, 9). Der Überweisung mufi auch hier die Pfändung vorangehen (vgl. §§ 829, 835; Gaupp 9h. I); die Vorschriften von der Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (§§ 828—830, 834—843) sind anzuwenden. Dies ist durch die Nov. v. 1898 völlig klargestellt, welche die fttthere ungenaue Fassung durch^den Zusatz („und Überweisung") berichtigt hat. Die Überweisung an Zahlungs Statt sowie die §§ 844, 845 sind unanwendbar, ebenso die §§ 846—849, 854—856, weil sie Pfändung wegen einer Geldsorderung voraussetzen. Die Herausgabe erfolgt an den Gläubiger selbst, nicht an den Gerichtsvollzieher oder Sequester (vgl. auch Petersen 9h. 3' . Wenn kein Herausgabeanspruch des Schuldners besteht, so bleibt dem Gläubiger nur der Anspruch auf das Interesse (§ 893). Vgl. § 887 Abs. 3. „eines Dritten" — Ein solcher ist im Verhältnisse zum Vermieter auch der Untermieter (vgl. BGB. § 556 Abs. 3), nicht aber die Familie und das Gesinde des Mieters (vgl. Linkelmanri in Busch 14, 333 ff., § 808 Anm. 2). 2) Die Bestimmung beschränkt sich auf den Fall, wenn nach Bestimmung des Urteils

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

g

887.

861

§ 887. (773.) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der GlLlbiger von dem Prozetzgericht erster Instanz auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen. eine (bewegliche oder unbewegliche) Sache herauszugeben ist (§§ 883 Anm. 1, 885 Anm. 1). Eine entsprechende Anwendung auf die anderen Fälle des § 885 rechtfertigt sich aus der Gleichheit des Grundes. Dagegen paßt die Bestimmung nicht auf die Leistung vertretbarer Sachen (§ 884), weil die Anwendbarkeit des § 884 voraussetzt, daß die zu leistenden Sachen sich int Gewahrsame des Schuldners befinden (s. § 884 Anm. 3). (Zustimmend Gaupp Nr. II u. a.] 3) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 35 Nr. 2, 39 Abs. 2. §§ 887-896.

Literatur: Köhler im c. A. 80, 230 ff., Kipp, D. Verurteilung zur Abgabe von Willens­ erklärungen usw., in der Festgabe der Kieler JurFak. für Jhering 1892, Fatkmann, ZV. (1) 299 ff., Planck II §§ 191 ff., Weismann § 178, Schultzenstein in Busch 35, 475 ff. 1) Die ZPO. stellt die Zulässigkeit des unmittelbaren Zwanges bei allen aus ein Handeln oder aus ein Unterlassen oder Dulden gerichteten Verpflichtungen als Regel aus. „Dem Schuldner soll nicht da- Recht eingeräumt werden, durch Unterlaffm der Erfüllung und noch mehr durch fortgesetztes positives Handeln gegen die Verpflichtung den Gläubiger auf die Forderung des Interesses zu beschränken, welche wegen der Insolvenz des Schuldners oder wegen der Unschützbarkeit de- Gegenstandes vielleicht ganz illusorisch ist. Berücksichtigt ist nur, daß ein Zwang gegen den Schuldner nicht stattfinden soll, wenn dasselbe Ziel aus anderem Wege zu erreichen bleibt; daß der Zwang gegen die Person de- Schuldners nicht anwendbar ist, wenn die auszuführende Handlung noch mehr voraussetzt, als den Willen deS Schuldners; und daß endlich ein sicherer Erfolg des Zwanges nicht erwartet, der Zwang selbst daher nicht ohne Schranken angewandt werden darf." (Mot.) Hiernach unterscheidet die ZPO.: Handlungen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann (§ 887); solche, deren Vornahme nicht durch einen Dritten erfolgen kann, aber ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt (§§ 888, 889); Unterlassen und Dulden (§ 890). Nur bei den beiden letzten Gruppen wendet sich der Zwang gegen die Person (s. Anm. 2). 2) Die Vollstreckungsmittel sind je nach den betreffenden Fällen Vornahme der Handlung durch einen — vom Gläubiger auszuwählenden — Dritten (§ 887) oder Zwang durch 3nmfe (§§ 888—890), in allen Fällen unbeschadet des Anspruchs auf Leistung des Interesses (§ 893), während Willenserklärungen ohne weitere- als abgegeben gelten (§ 894). Die durch die Nov. v. 1898 hinzugefügten §§ 895—898 handeln von den Wirkungen der erzwungenen Willenserklärung. Der neue § 888a bezieht sich auf den Fall des § 510b. Wegen Anwendbarkeit der §§ 888, 890 gegen juristische Personen s. SR®. 43 405. 3) Abgesehen von §§ 892, 894, bedarf es nach der Natur der Vollstreckung-mittel (Anm. 2) überall einer Mitwirkung des Gerichts, das die Zulässigkeit der Maßregeln zu prüfen und das Urteil gewissermaßen zu ergänzen hat. Die Entscheidung ist dem Prozeßgericht über­ wiesen, da sie wesentlich auf einer fortgesetzten Beurteilung de- Hauptrechtsstreits beruht (§§ 867 Abs. 1, 888 Abs. 1, 889 Abs. 1, 890 Abs. 1, 2). Über das Verfahren s. § 891. Im Falle des § 893 Abs. 2 ist eine förmliche Klage erforderlich. 4) Wegen der Anwendbarkeit der §§ 887—892 auf die Vollziehung einstweiliger Ver­ fügungen s. Dorendorf, Arrest 159 ff.; vgl. auch § 890 Anm. 3 und SR®, in IW. 1897, 8. 5) Für das Verfahren vor den Gewerbegerichten enthält der § 51 d. GewGG. besondere Vorschriften über die Zwangsvollstreckung bei Verurteilung zu einer Handlung (Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung); vgl. KausmGG. § 16, GewO. §§ 91a, 100c. Diesen Vorschriften ist der neue § 888 a nachgebildet. 6) Bisher unerörtert gebliebene Streitpunkte in betreff der Verpflichtung selbst können nicht gemäß §§ 887ff. erledigt werden. Vielmehr hat der Schuldner, der die nach-

862

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung. § 887.

Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, welche durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht. rrägliche Vornahme der Handlung (Erfüllung) behauptet, nach § 767 Klage zu erheben, und der Gläubiger kann so lange mit der Vollstreckung vorgehen, bis der Beklagte auf Grund des § 769 die Einstellung erwirkt. sVgl. RG 21 377, 28 364, 27 385, 37 406 (Rechnungslegung), in LA. 47 Nr. 61, in IW. 1887, 353; 1868, 424; 1891, 148; 1892, 15, 161; 1893, 184; 1895, 43; OLG. Cassel in Busch 13, 420; 15, 526 a. E., vgl. auch H. Meyer das. 15, 488 u. Schneider das. 24, 294 ff., Falkmann (2) 97 ff.] S. auch RG in SA. 54 Nr. 200 (Geltendmachung des Annahmeverzugs durch Beschwerde). Ausstellungen deS Gläubigers gegen die Art der Erfüllung oder des Schuldners gegen den Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung sind nach §§ 887 ff. vom Bollstreckungsrichter zu erledigen (s. RG. 28 364, OLG. Marienwerder in SA. 60 Nr. 46 u. oben § 766 Anm. 1); insbesondere mutz der Gläubiger bei einer Zwangsvollstreckung aus einem Urteile, das zu wiederholten Leistungen oder zur Erhaltung eines dauernden Zustandes verurteilt, beim Bestreiten des Schuldner-, daß der Wiederholungsfall gegeben sei, dem Vollstreckungsrichter dieses nachweisen (RG. 26 392, OLG. Cöln im RhA. 95 I 56). Ist aber die Verpflichtung des Schuldners in dem Zwangsvollstreckungstitel nicht in genügend bestimmter Weise bezeichnet, so muß die nähere Bezeichnung in einem neuen, selbständigen Prozesse herbeigeführt werden (OLG. Braunschweig in SA. 47 Nr. 253; vgl. auch Posen das. 56 Nr. 141, KG. in Rechtspr. 9, 117, Planck II 656, Rassow in Gruchot 43, 681 ff.). Es ist Tatfrage, ob ein neuer Prozeß zur Erläuterung des Titels erforderlich ist oder ob vollstreckt werden kann unter Verweisung des Schuldners aus den Weg de- § 767. Vgl. auch §§ 319 Anm. 6, 767 Anm. 1; OLG. Cöln a. a. L. (Teilw. abw. Köhler im c. A. 80, 259 N. 1, 284 ff.) 7) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 27 Nr. 2, 39 Abs. 1;RAGebO. §§ 33, 34. — Wegen des Wertes des Streitgegenstandes vgl. OLG. Cöln im RHA. 95 I 128. Wegen der Verhandlung-- und Beweisgebühr de- Anwalts s. das. 130.

8 887. 1) Abs. 1: „Erfüllt — vorzunehmen" — Eine vorgängige gerichtliche Aufforderung mit Leistungsfrist ist nicht erforderlich (§§ 750 Anm. 3, 788 Anm. 2. AM. Köhler 251; vgl. auch § 255 Anm. 1). Wegen Nachholung der schuldigen Leistung vgl. RG. in IW. 1699, 94 und unten Anm. 4 a. E. „deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann" — Welche Handlungen (dieS im Gegensatze zu den Fällen der §§ 603 ff., 883 f., 887 Abs. 3, 890) hierher zu rechnen sind, ist der Natur der Sache nach im einzelnen Falle oft zweifelhaft (vgl. auch RG. in IW. 1898, 605). ES können nur sog. vertretbare Handlungen, d. h. solche gemeint sein, deren Ver­ richtung nicht an die Person des Verpflichteten geknüpft, bei deren Verrichtung vielmehr die Person des Handelnden gleichgültig ist (vgl. BGB. § 267). Die Handlung braucht nicht gerade in mechanischen Verrichtungen, z. B. Beseitigung von Bauten (vgl. RG. 15 343) zu bestehen. Hierher kann auch die Verbindlichkeit, den Kläger von Forderungen Dritter zu befreien ss. RG. 18 435 (Bürgschaft), 4 523; OLG. Dresden in Busch 6, 525] oder eine Hypothekenpost eines Dritten zur Lösung zu bringen, gehören, wenn der Schuldner in der Lage ist, die Aufhebung des Rechtes herbeizuführen (vgl. RG. 21 377, 23 364, in SA. 58 Nr. 128, in &vud)ot 33, 126, § 866 Anm. 1; s. anderseits RG. 31 412. AM. Köhler 297 ff.; s. ferner RG. in SA. 50 Nr. 66, in IW. 1893, 562 Nr. 17; 1894, 315, 455; 1900, 552; 1901, 366). Auch die Erzwingung einer Auflaffung fällt unter § 887 (RG. 55 60); die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder Vorlegung eines BermögenSverzeichnisses (BGB. § 260; vgl. auch RG in Gruchot 27, 1126) fällt dagegen unter § 888 (Gaupp Nr. II 2), nicht aber die Anfertigung eines Buchauszugs (RG.

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

§ 887.

863

Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. E. § 719.

Mot. 442 f.

Prot. 413, 573, 580—583, 604—606.

in IW. 1902, 272). Auch bei Verurteilung zur Sicherheitsleistung mittels Hinterlegung ist § 887 und nicht § 884 anwendbar (Gaupp Nr. II 1 u. a. AM. früh. Aufl.; vgl. auch SR®. 19 207). Zur Eintragung in das Grundbuch, wenn das Urteil unmittelbar auf diese oder auf die Bewilligung gerichtet ist, bedarf es nicht erst der Anwendung des § 887 (vgl. § 894 Anm. 1). Überhaupt fallen Rechtshandlungen nur insoweit unter den § 867, als sie nicht unter § 894 fallen und als die Handlung ohne Vollmacht oder Einwilligung des Schuldners von einem Dritten vorgenommen werden kann. Kann die Handlung von einem Dritten nur aus Grund einer Voll­ macht de- Schuldners vorgenommen werden, so greift nicht § 887, sondern § 886 Platz, denn die Ermächtigung des § 887 setzt voraus, daß die Handlung von einem Dritten vorgenommen werdm kann; diese Ermächtigung kann daher nicht selbst erst die Vollmacht ersetzen. § 888, nicht 8 887, kommt daher zur Anwendung bei Urteilen zur Unterzeichnung eine- Wechsels (s. §§ 868 Anm. 1, 894 Anm. 1), zur Klagerhebung (AM. OLG. Cassel in Busch 15, 526), zur Teilung (OLG. Jena in Busch 7, 114) oder zur Versteigerung einer gemeinschaftlichen Sache (vgl. einen Fall in SA. 38 Nr. 324). [S. Kipp 133 ff., Köhler 272 ff., 290; vgl. auch OLG. Kiel in SA. 39 Nr. 278. SR®. 9 317, 24 378. Abw. beiläufig R®. in Gruchot 33, 127.] Der § 887 ist auch nicht anwendbar, wenn die Handlung nur unter der Zustimmung eine- Dritten möglich ist (R® in SA. 52 Nr. 129, vgl. auch das. 54 Nr. 69). Wegen der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung f. § 884 Anm. 2 a. E. 2) „so ist — zu ermächtigen" — Ein Wahlrecht de- Gläubiger- -wischen diesem Vollstreckung-mittel und dem de- § 886 findet nicht statt. Die Vornahme durch einen Dritten oder durch den Gläubiger — SR®. 18 435) ist, abgesehen von der Forderung de- JntereffeS, das ausschließlich zulässige Mittel (KG. in Rechtspr. 9, 129). Vgl. jedoch § 888 Anm. 1 Abs. 2. ES unterscheidet sich von der Forderung de- JntereffeS durch den Zwang gegen den Schuldner, die Vornahme der Handlung zu dulden (vgl. § 892). Auch Abs. 2 enthält einen Unterschied. In dem Urteile selbst, das die Verpflichtung au-spricht, kann die Ermächtigung, die bereUS den Beginn der Zwangsvollstreckung enthält, nicht erteilt werden (vgl. SR®. 34 173, ObLG. in SA. 50 Nr. 136 u. unten §§ 888 Anm. 2, 890 Anm. 3. AM. für dm Fall des Urteil- Köhler 252 und anderseits 287). Ist daS Prozeßgericht ein Landgericht, so unterliegt der Antrag dem Anwalt-zwange (§ 78; vgl. § 891 Anm. 1). Der Schuldner muß gehört werdm (§ 891), und sein Interesse ist mit zu berücksichtigen (9t®. 53 232). In dem Falle de- § 794 Nr. 2, wobei e- an einem Prozeßgericht erster Instanz mangelt, hat daS Amtsgericht, vor dem der Vergleich geschloffen ist, die Ermächtigung zu erteilen sFalkmann (1) 302 N. 3, Kipp 129; Fitting § 122 N. 14, Gaupp Nr. III 1 u. a.]. Bei einstweiligen Verfügungen ist daS für die Hauptsache in erster Instanz zuständige Gericht (§ 943) auch dann Prozeßgericht erster Instanz, wmn die Verfügung vom Berufungsgericht erlassen ist (OLG. Braunschweig in Busch 7, 115) und ebenso im Falle de§ 942 (R®. in IW. 1897, 632, OLG. Cöln im RhA. 94 I 104, Gaupp a. a. O. u. a. AM. früh. Aufl. und Smffert Anm. 2). War die Hauptsache beim Amtsgericht anhängig und ist nach §§ 505 f. eine Verweisung erfolgt, so ist da- Landgericht das Vollstreckung-gericht (SR®, in IW. 1896, 230). Übrigens ist die Zuständigkeit eine ausschließliche (§ 802). Eine besondere Art der Vollstreckung s. im Bankges. §§ 51—53 (vgl. EG. z. ZPO. § 13). 3) Die Zuziehung eine- Gerichtsvollziehers zur Verhütung von Gewalttätigkeitm ist nicht ausgeschlossen, aber nicht immer notwendig und ausführbar. Nach § 892 steht sie dem Gläubiger zu. Dem Gerichtsvollzieher bleibt überlaffen, nach den Umständen de- Falle- die Anwesenheit der Polizei oder unter Vermittelung des Vollstreckungsgerichts militärische Hilfe nach -»suchen. (Vgl. auch GVGebO. § 8 Abs. 1 Nr. 2; Preuß. GeschA. f. d. GB. § 82).

864

Achte- Buch.

Zwangsvollstreckung,

g

888.

§ 888. (774.) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Anttag von dem Prozeßgericht erster Instanz zu erkennen, daß der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Geldsttafen bis zum Gesamtbettage von fünf zehnhundert Mark oder durch Haft anzuhalten sei. 4) Abs. 2: Vgl. Lämmert in Busch 17, 156ff. — Die Verpflichtung des Schuldners, die Kosten der Vollstreckung zu tragen, ist keine Besonderheit dieses Vollstreckung-mittels (vgl. §§ 788,803). Eigentümlich ist nur, daß hier eine gerichtliche Verurteilung zur Vorauszahlung der Kosten erfolgt (vgl. RG. 18 436). Eine förmliche Klage ist ebensowenig nötig als münd­ liche Verhandlung, sondern nur Gehör des Schuldners (§ 891). Die Entscheidung, gegen welche die sofortige Beschwerde stattfindet (vgl. RG 23 364; § 891 Anm. 3), ist vorläufig vollstreckbar (f. §§ 793, 794 Nr. 3, 572 Abs. 1). sVgl. Meili in GoldschmidtsZ. 24, 282 f.] Die voraus­ gezahlte Summe geht in das Eigentum des Gläubigers über, der bei der Verwendung nicht als Stellvertreter des Schuldners handelt, was freilich weder im Falle eines größeren Kostenaufwandes eine Nachforderung wie im umgekehrten Falle eine Verpflichtung zur teilweisen Rückzahlung des Vorschusses ausschließt (Falkmann 303). — Dem Gerichte gegenüber hat der Gläubiger die baren Auslagen vorzuschießen (GKG. § 84 Abs. 1). Im übrigen vgl. wegen der Gebühren GKG. §§ 26 Nr. 2, 39 Abs. 1; RAGebL. §§ 23 Nr. 2, 31, 33 Abs. 1. Die vorzunehmende Handlung muß durch da- Urteil nach An und Umfang begrenzt sein (RG. in IW. 1896, 372), die Höhe der Kosten aber bestimmt das Gericht vorläufig nach seinem Ermessen. Zahlt der Schuldtter sie nicht, so kann der Gläubiger sie im Wege der Zwangsvollstteckung beitreiben lassen. Die etwa entstandenen Mehrkosten — oder, wenn keine Voraus­ bezahlung stattgefunden hat, die überhaupt entstandenen Kosten — kann der Gläubiger nach § 788 einziehen, wiewohl eine besondere Klage auf Erstattung des Mehraufwandes (vgl. auch RG. 18 430) oder eine Festsetzung im Kostensestsetzungsversahren (vgl. § 788 Anm. 1) nicht ausgeschlossen ist (Gaupp Nr. III 3). Dagegen kann die Erstattung des zuviel geforderten Betrags im Falle des Nichtverbrauchs (vgl. oben) nur im gewöhnlichen Klagewege gefordert werden (Gaupp a. a. £., abro. Planck II 787 Nr. 2). Selbstverständlich kann der Schuldner auch die bereits von einem Dritten begonnene Vornahme durch eigene Vornahme der Handlung abwenden, bleibt aber für die bereits aufgewandten Kosten des Dritten verhaftet (Gaupp a. a. £).), während er im übrigen die Herauszahlung des Vorschusses sordem kann (RG. in IW. 1898, 201). 5) Der A b s. 3 ist eine weitere Folge des § 884. Danach ist nicht nur in den Fällen der §§ 883, 885 s., sondern auch in denen des § 884, mit Einschluß des Falles, wenn es sich um die Lieferung einer Quantität vertretbarer beweglicher Sachen handelt, die nur der Gattung nach bestimmt sind und sich nicht int Besitze des Schuldners vorfinden, nicht die executio ad faciendum, sondern nur die Jnteressesorderung zulässig (s. § 884 Anm. 4; vgl. auch RG 36 369, 58 160, in IW. 1896, 32: Planck II 786).

g 888. 1) Abs. 1: Die Voraussetzung ist eine doppelte: daß die Handlung nicht von einem Dritten vorgenommen werden kann (s. § 887 Anm. 1) und daß sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt. Von einer näheren Bestimmung der hiernach zu unterscheidendett (nicht zahlreichen) Fälle ist abgesehen. Die Mot. heben hervor, daß ebensowenig die Aufwendung von Geldmüteln, wie die Anwendung irgendeiner besonderen Fähigkeit als aus­ schließlich von dem Willen des Schuldners abhängig angesehen werden kann. Sind Geldmittel erforderlich, so ist deren Herbeischaffung, wenn sie der Gläubiger nicht vorschießt, Gegenstand der Zwangsvollstreckung wegen Geldsorderungen. Sind besondere Fähigkeiteti bei der Handlung an­ zuwenden, so wird sich nie mit Gewißheit feststellen lassen, daß der Schuldner sie hat; er wird ihren Mangel durch ungenügende Ausführung der erzwungenen Handlung dartun. Aus-

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

f 888.

865

Diese Bestimmung kommt im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe, im Falle der Verurteilung zur Herstellung des ehelichen Lebens und im geschlossen find auch die Fälle des § 894 Abs. 1 (s. das. Anm. 1), in denen der Schuldner -ur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt ist, da an Stelle der Erklärung da- rechtskräftige Urteil gilt. Es gehören hierher u. a. Rechnungslegung (9MB. 7 358, 8 336, 37 406, in IW. 1897, 450), Vorlegung eines BermögenSverzeichniffes (vgl. § 887 Anm. 1), Aufstellung einer kaufmännischen Bilanz (RG. in IW. 1888, 136 Nr. 8, vgl. in SA. 50 Nr. 10), Vorlegung von Geschäftsbüchern (RG. in IW. 1897, 450; 1898, 285), Schließung eines Geschäfts (RG. im SächsA. 4, 748), Auskunstserteilung (RG. in IW. 1897, 464), Ausstellung eines Zeug­ nisses (vgl. § 884 Anm. 1) oder eines Wechsels (OLG. Dresden in DJZ. 1901, 33). Vgl. auch BGB. § 2196 Abs. 2; RG. 14 248 (Verkauf mit Spezifikation), 42 63 (Zurücknahme eineStrafantrags) und Raffow in Gruchot 43, 681 ff. Wegen des zivilrechtlich gebotenen Offen­ barung-eides s. 8 889; wegen des prozessualen Offenbarungseides §§ 899—903. Nicht hierher gehört die Löschung einer zugunsten eines Dritten bestehenden Hypothek (vgl. § 887 Anm. 1) oder da- Gebot des Austritts aus einem Konkurrenzgeschäfte (dies fällt unter § 890 — s. OLG. Stuttgart in SA. 42 Nr. 77. AM. Planck II 793 bei N. 54 —, nicht nur unter § 893, wie Köhler 291, 295 annimmt) oder die Ausübung eines Wahlrechts (RG. 8 353, 12 184; vgl. §§ 751 Anm. 3, 894 Anm. 1). Gleichgültig ist, ob dem ursprünglichen Beklagten gegen­ über eine Zwangsvollstteckung aus § 888 nicht hätte Platz greifen können, weil die Handlung von seinem Willen nicht abhing, während sie vom Willen des Rechtsnachfolger- abhängt (RG. in IW. 1896, 102). Bei unbestimmter Verurteilung ist § 888 nicht anwendbar (RG. das. 1899, 304 und 60 120). Ist die Handlung, wenngleich durch Nachlässigkeit oder sonstiges schuldhaftes Verhalten des Schuldners, tatsächlich (vgl. RG. 8 336, in IW. 1892, 507; 1897, 209, in Puchelt-Z. 30, 500; KG. in Busch 17, 496) nicht ausschließlich von dessen Willen abhängig (z. B. bei einer geistigen schöpferischen Tätigkeit; vgl. RG. 30 420, in SA. 50 Nr. 10) oder stellt sich nach der Verurteilung die Erzwingung der Handlung als unmöglich heraus (RG. 31 412, in SA. 52 Nr. 279), so bleibt nur die Jnteresseforderung (§ 893). Jedoch wird (mit Köhler 249 ff.) bei schöpferischen Leistungen dem Gläubiger gestattet werden müssen, flch mit einer Ersatzleistung durch einen gleichwertigen Dritten nach § 887 zu begnügen, wie denn über­ haupt bei der Frage, ob eine vertretbare (§ 687) oder eine nicht vertretbare Handlung (§ 888) vorliegt, aus die Äußerung de- Gläubigers Rücksicht zu nehmen ist. Die Vornahme der Hand­ lung wird nicht dadurch allein dem ausschließlichen Willen de- Schuldner- entzogen, daß eine Behörde mitzuwirken hat; es kommt vielmehr darauf an, ob der Schuldner im einzelnen Falle imstande ist, unter Mithilfe der Behörde die Handlung auszuführen oder nicht (RG. 80 418). Der Schuldner kann sich unter Umständen auch der Hilfe Dritter bedienen, doch ist er für deren Handlungen verantwortlich (BGB. § 278, RG. in IW. 1897, 569). Auf die Herausgabe oder Leistung von Sachen findet auch § 884 keine Anwendung. (Vgl. auch RG. in Gruchot 43, 769, OLG. Jena in Busch 7, 114.) Ebensowenig ist § 886 anwendbar, wenn zur Vornahme der Handlung weitere Mittel, z. B. Geld, Pfänder oder Bürgen, gehören (RG. 8 339; s. auch Kipp a. a. O. 79 f.). Vgl. aber Anm. 6. Ebensowenig ist § 888 anzuwenden, wenn von mehreren eine Gesamtleistung geschuldet wird (RG- 24 381). 2) Der auf Vornahme der Handlung selbst gerichtete Zwang durch Geldstrafen oder Hast erfolgt, damit nicht der Schuldner durch seinen bösen Willen da- Recht des Gläubigervereiteln kann (Mot.). Insoweit steht der Personalarrest auch mit dem Grundsätze des Ges. v. 29. Mai 1868 (BGBl. 237) nicht im Widersprüche, da diese- Fälle betrifft, in denen die Er­ füllung nicht oder doch nicht ausschließlich von dem Willen de- Schuldners abhängt. Hinsichtlich des Sicherheitspersonalarrestes s. § 918 Anm. 1. Die „Haft" de- 8 884 hat eine andere Bedeutung als die „Strafe der Haft" in § 890 (vgl. Anm. 4). Sie ist nämlich hier überhaupt Struckmann u. Koch. Zlvtlpro;etzordnung. 9. Aufl. 55

866

91 djtcS Buch.

Zwangsvollstreckung,

f 888.

Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstverträge nicht zur Anwendung. E. § 720. Mot. 443 f. Prot. 413 ff. — Nov. 1898 E. § 774, Begr. 186, KomB. 218f.; Prot. z. BGB. VI. 728. nicht Strafe, sondern Zwangsmittel, steht als solches neben der Androhung und Festsetzung von Geldstrafen zur Wahl und wird, einmal angeordnet, ohne weiteres bis zu der zulässigen Dauer fortgesetzt (Mot.). Weil Geldstrafe und Haft hier Zwangsmittel sind, können sie — abweichend von § 890 Abs. 2 (vgl. das. Anm. 3) — nicht gleichzeitig mit der Verurteilung zur Handlung angedroht werden (OLG. Hamburg in SA. 48 Nr. 234, Cöln im RhA. 87 I 93; Gaupp Nr. II 1. AM. Köhler 152 u. a.; vgl. §§ 887 Anm. 2, 890 Anm. 3). DaS Wahlrecht zwischen Geldstrafe und Haft gebührt nach der Fassung des Abf. 1 dem Gerichte, nicht dem Gläubiger, dessen Antrag beide umfaßt (OLG. Marienwerder in SA. 48 Nr. 75, BreSlau das. 49 Nr. 138 und in Busch 21, 336, Gaupp Nr. II 2 u. a. AM. Planck II 790, Falkmann 307 f. u. a.). Eine Strafandrohung (vgl. § 890 Abs. 2) braucht nicht voraus­ zugehen (Planck II 789 N. 38, Gaupp Nr. II 3 u. a.; vgl. § 887 Anm. 1. AM. Köhler 251 f.). Sie kann erst im Zwangsvoll streckungsverfahren erfolgen (RG. in IW. 1909, 24), und der Schuldner wird dadurch, daß er gegen sie keinen Widerspruch erhoben hat, nicht bvS Rechtes ver­ lustig, mittels Beschwerde gegen die Einziehung der Strafe die Unzulässigkeit der Art der Zwangs­ vollstreckung geltend zu machen ($R@. 24 378; vgl. § 890 Anm. 3). Wegen des Verfahrens f. § 891; bei Aufhebung der vorläufigen Vollstreckbarkeit s. § 717 Anm. 4 Abs. 6. Mit der Entschei­ dung, daß der Schuldner durch Haft anzuhalten sei, ist zugleich ein Haftbefehl zu erlaffen (§ 908). 3) DaS Maß der Geldstrafe bestimmt daS Gericht. Die Vollstreckung geschieht, wenn­ gleich die Geldstrafe der Staatskasse verfällt, nur im Aufträge bcS Gläubigers (RG 53 181, Gaupp Nr. II 4 u. a., Preuß. GeschA. f. d. GV. § 90 Nr. 3. AM. früh. Aufl., Planck II 790 f., Schneider in Busch 26, 451 ff. u. a.). Die Geldstrafe kann wiederholt werden. Sämtliche ver­ hängte Geldstrafen dürfen aber den Betrag von 1500 M. nicht übersteigen. Die Beitreibung der Geldstrafe unterbleibt, wenn der Schuldner nach der Verurteilung zu dieser die Handlung vor­ genommen hat (OLG. Dresden in Busch 7, 115, Planck II 791, Köhler 256, 258 u. a., f. auch RG 24 384. AM. Schneider 453 u. a.). — Auch durch spätere Aufhebung des VerpflichtungSgrundeS (z. B. durch andere Erledigung der Hauptsache) oder durch Zurücknahme deS Antrags (OLG. Cöln im RhA. 95 I 215) kommt die Strafe in Wegfall (vgl. Gaupp Nr. II 3). Sind die Geld­ strafen erschöpft, so bleibt noch die Anwendung der Haft in voller Dauer (§ 913) zulässig (f. RG 7 358; Wach I 276 N. 21, Köhler 257). 4) Eine Umwandlung der Geldstrafe in Haft im Unvermögensfalle findet in Er­ mangelung einer dahin gehenden Bestimmung (StGB. §§ 28, 29, StPO. § 491) nicht stau (Planck a. a. O., Gaupp Nr. II 4 u. a.; vgl. auch RG. 7 360 u. RLHG. 13, 160 ff.). Dagegen kann nachträglich, wenn sich die Geldstrafe wegen Vermögenslosigkeit fceS Schuldners als wirkungslos erweist, an ihre Stelle eine Haftstrafe gesetzt werden (OLG. Braunschweig in SA. 54 Nr. 70). Statt der Geldstrafe kann aber auch von vornherein auf Haft erkannt werden, für welche die §§ 904ff. anzuwenden sind. Eine bestimmte Dauer wird in diesem Falle nicht festgesetzt (s. oben Anm. 2, Gaupp Nr. II 5 u. a. AM. Meyer in Busch 21, 336 f.). Der Gläubiger hat die Vollziehung unter Vorauszahlung der Kosten (8 911) zu betreiben (bei, bzw. nach Zustellung bcS Urteils — § 750 Abs. 1). Die Hast darf aber in ihrer Gesamtheit die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten (§ 913). Über die Vollstreckung der Haft vgl. für Preußen GeschA. f. d. GV. § 83. Wegen der Ausländer vgl. das Haager Abkommen über d. Zivilvrozeß v. 17. Juli 1905 (RGBl. 1909, 410) Art. 24. 5) Für Militärpersonen gelten außer den §8004 Nr. 2, 905 Nr. 2, 912 keine Besonder­ heiten. Abgesehen hiewon findet also (anders als nach 88 380 Abs. 4, 390 Abs. 4, 409 Abs. 3) eine Mitwirkung deS Militärgerichts nicht statt (vgl. DeltuS in DJZ. 1897, 420 f ).

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

ßß 888a, 889.

867

§ 888a. Ist im Falle des § 510b der Beklagte zur Zahlung einer Ent­ schädigung verurteilt, so ist die Zwangsvollstreckung auf Grund der Vor­ schriften der §§ 887, 888 ausgeschlossen. Nov. 1909 Begr. 40.

§ 889! Ist der Schuldner auf Grund der Vorschriften des bürger­ lichen Rechts zur Leistung eines Offenbarungseides verurteilt, so erfolgt die Eidesleistung vor dem Prozetzgericht erster Instanz. Aus die Abnahme des Eides finden die Vorschriften der §§ 478—484 An­ wendung. Erscheint der Schuldner in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht oder verweigert er die Eidesleistung, so ist nach § 888 zu verfahren. Ist der Schuldner zur Erzwingung der Eidesleistung in Haft genommen, so finden die Vorschriften des § 902 Anwendung. E. BGB. § 777 Abs. 2; Nov. 1898 E. § 774a; Begr. 186; Prot. z. BGB. H. 788ff., VI. 728. 6) Kann der Schuldner die Handlung ohne Aufwendung von Kosten nicht vornehmen und sind diese von ihm nicht zu erlangen, so hat der Gläubiger behufs Anwendung des § 888 zunächst die Kosten vorzuschieben (vgl. Anm. 1 a. E.). Ein Verfahren wie nach § 887 findet nicht statt. Der Schuldner kann zur Erstattung nur in einem besonderen Prozeffe gezwungen werden. 7) Abs. 2: Die Verurteilung zur Eingehung einer Ehe bildete (wie in § 894 Abs. 2) auch schon vor der Nov. v. 1898 eine Ausnahme. Nach BGB. § 1297 ist eine Klage aus Eingehung der Ehe überhaupt ausgeschlossen, und die Vorschrift hat somit nur für ausländische Urteile Bedeutung lvgl. Begr.). Die Ansprüche auS BGB. §§ 1298ff. werden durch diese Bestimmung nicht berührt. In Ansehung der Herstellung d eS ehelichen Lebens (Borbem. 5 vor § 606) hat die Nov. v. 1898 den Zwang nach § 888 ebenfalls für unanwendbar erklärt (vgl. Mot. z. BGB. IV 109 ff.). Dagegen bestimmt BGB. § 1567 Abs. 2 Nr. 1, datz im Falle deS Ungehorsam- gegen ein Urteil aus Herstellung der häuslichen Gemeinschaft nach Ablauf eine- JahreS auf Scheidung wegen böslichen Verlassen- geklagt werden kann; in anderen Fällen kann unter Umständen § 1568 das. anwendbar werden (vgl. Wieru-zow-ki, Handb. d. Eher. 1900 I 20). Als fernere Ausnahme hat die Nov. v. 1898 die Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrage sBGB. §§ 611 ff. — also nicht auS einem Werkverttag oder Aufträge — Falkmann (2) 101, Peterfen Nr. 9. AM. Gaupp Nr. III 3; f. jedoch BGB. § 675J hinzugefügt, weil es den heutigen Anschauungen nicht entspreche, jemanden durch Zwang in seinem Dienste zu behalten (vgl. jedoch auch RG 67 3). Soweit die Dienste nicht vertretbar find (§ 887), bleibt hiernach nur die Jnteresfeforderung nach § 893 übrig (KomB.). Vgl. auch GewGG. § 78 Satz 2, KaufmGG. § 19 Abs. 2. 8) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 27 Nr. 2, 39; RAGebO. §§ 23 Nr. 2, 34. Für den Streitwert gilt § 3 (RG. in SA. 46 Nr. 154). Die Kosten de- Antrags hat der Schuldner nach § 788 auch dann zu tragen, wenn er noch vor der richterlichen Entscheidung die verzögerte Erfüllung bewirkt (RG. in IW. 1898, 658).

§ 888 a. In Übereinstimmung mit § 51 Abs. 2 GewGG. schließt die neue Vorschrift der Nov. v. 1909, wenn auf Antrag des Kläger- bei der Verurteilung de- Beklagten zur Vornahme einer Handlung die Entschädigung für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen wird, festgesetzt worden ist, die Zwangsvollstreckung zur Erzwingung ber Handlung (also auch nach § 889 Abs. 2) aus (vgl. § 510b Anm ).

1) Abs. 1: Die Vorschriften des bürgerlichen Rechte- find in BGB. §§ 259, 260, 2006, 2028 enthalten (vgl. das. §§ 666, 681, 713, 1421, 1546, 1890, 1978, 2057, 2130,

868

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 890.

§ 890, (775.) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von bent Prozeßgericht erster Instanz zu einer Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder zur Strafe der Haft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das Matz der Gesamtstrafe darf zwei Jahre Haft nicht übersteigen. 2218); s. auch EG. z. ZPO. § 16 Nr. 2. Das Prozeßgericht erster Instanz kann die für die Eidesleistung in Betracht kommenden Verhältnisse am besten beurteilen. Die Fälle der prozes­ sualen Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides sind in §§ 807, 883 und in KO. § 125 enthalten; bei diesen erfolgt die Eidesleistung vor dem Vollstreckungsgerichte (§ 899). Die Fälle des § 889 haben eine gewöhnliche Klage (vgl. § 254) und regelmäßig die Feststellung der Eidesnorm im Urteile zur Voraussetzung (RG. in IW. 1902, 193, Gaupp Nr. I); fehlt diese, so wird darüber im Vollstreckungsverfahren bestimmt (vgl. RG. 11 395, 84 406; OLG. Jena in Busch 27, 184). sÜber die Unzulässigkeit der Anordnung des Offen­ barungseides durch Beweisbeschluß vgl/ObLG. in SA. 53 Nr. 240.] Dem Verfahren aus § 889 muß nach § 750 die Urieilszustellung vorausgehen. Beim Landgerichte hat der Gläubiger zu laden (AM. Gaupp Nr. II), beim Amtsgericht ist § 900 maßgebend. Zur Eidesleistung kann auch der gesetzliche Vertreter des Schuldners gezwungen werden (KG. in Rechtspr. 4, 156, Gaupp Nr. III. AM. OLG. Hamburg in SA. 56 Nr. 124, Schultzenstein in Busch 35, 508). 2) Abs. 2: Die Anwesenheit des Gläubigers in dem Termin ist nicht erforderlich (vgl. § 900 Abs. 2). Nach Z 888 kann beim Nichterscheinen des Schuldners auch Geldstrafe verhängt werben (anders § 901). Ist der Schuldner nachträglich zur Leistung des Eides bereit, so hat er den Gläubiger zu laden, jedoch ist im Falle der Verhaftung in Abweichung von Abs. 1 Satz 1 der § 902 entsprechend anwendbar (vgl. Gaupp Nr. II). 8) Die Fälle des § 889 unterscheiden sich von denjenigen des § 900 dadurch, daß hier bereits die Pflicht zur Eidesleistung durch das Urteil feststeht, so daß darüber nicht mehr zu verhandeln ist (anders § 900 Abs. 3). 4) Erbietet sich der Schuldner zur Eidesleistung, ohne dazu verurteilt zu sein, so sind für das Verfahren BGB. § 261, EG. z. BGB. § 147 Abs. 2 und FGG. §§ 163, 79 maß­ gebend (ObLG. in SA. 56 Nr. 156). 5) Wegen der Gerichtsgebühr s. GKG. §§ 43 Abs. 1, 27 Nr. 2. Im Falle des § 902 wird hier keine besondere Gebühr erhoben. Vgl. auch §§ 788, 900 Anm. 6. Wegen des Streit­ werts vgl. OLG. Bamberg in Rechtspr. 4, 266.

§ 890. Literatur: H. Meyer in Busch 15, 477 ff., Falkmann (1.) 309 ff., Wen dt in e. A. 92,97 ff. 1) Urteile auf Unterlassung oder Duldung werden, abgesehen von dem Falle des § 892, mittelbar, ähnlich wie nach § 888, durch Geldstrafen oder Haft erzwungen, falls bei Urteilen auf Duldung der Gläubiger nicht den Weg des § 892 vorzieht. Die Pflicht zur Unterlassung kann nicht bloß aus einem dinglichen, sondern auch aus einem obligatorischen Verhältnis entspringen (vgl. auch UnlWG. v. 7. Juni 1909 § 13 Abs. 3); inwieweit eine solche Verpflichtung zulässig ist, insbesondere ein Verbot, mit Dritten Rechtshandlungen vorzunehmen, entscheidet sich nach bürgerlichem Rechte (vgl. Köhler 292ff.). Ein Unterlassungszwang nach § 890 ist nicht schon dann zulässig, wenn der Schuldner sich durch ein Tun in die Unmöglichkeit versetzen würde, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen; hier kann nur gegebenenfalls der Arrest oder eine einstweilige Verfügung helfen (s. Köhler 292, RG. in SA. 47 Nr. 21). Auch aus dem Begriffe der negatorischen Klage und der Eigentumsstörung folgt nicht ohne weiteres die Anwendbarkeit des § 890 (s. RG 15 343, in IW. 1897, 306). Es genügt ein bloß teilweises Zuwiderhandeln (RG. in IW. 1897, 632). Die in den Umständen begründete Unbestimmtheit des in dem Urteil erlassenen Verbots verursacht für die Zwangsvollstreckung nach

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

§ 890.

869

Der Verurteilung muß eine Strafandrohung vorausgehen, welche, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteile nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozeßgericht erster Instanz erlassen wird. Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlung entstehenden Schaden auf be­ stimmte Zeit verurteilt werden. E. § 721.

Mot. 443 f.

Prot. 414 ff., 719 f.

§ 890 oft große Schwierigkeiten (s. z. B. RG. in Gruchot 44, 1096, OLG. Brannschweig in SA. 40 Nr. 279, Köhler 285 f.; vgl. §§ 887—898 Anm. 6). Bei Urteilen, die eine Verpflichtung des Schuldners nur feststellen (nach § 256), ist § 890 nicht anwendbar (s. RG. in Gruchot 36, 893. AM. Wach, Feststellungsanspruch 40). — Selbstverständlich muß der Gläubiger die Zu­ widerhandlung nachweisen (RG. in IW. 1899, 180, OLG. Dresden in SA. 46 Nr. 78); auch bildet ein Verschulden des dem Verbote zuwiderhandelnden Schuldners die notwendige Voraussetzung der Strafe (RG. 86 417, Gaupp Nr. II 3). Diese kann wegen einer früheren Zuwiderhandlung nach Aufhebung des die Verpflichtung begründenden Titels nicht mehr verhängt werden (RG. 43 396; vgl. auch KG. in Nechtspr. 1, 91), sie wird aber nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die Zukunft nichts mehr zu erzwingen ist (vgl. KG. bas. 17, 343, Rospatt in IW. 1900, 892 f.). — Wegen Unterlassungen im Auslande s. Köhler in Busch 10, 449 ff. 2) Wegen des Maßes der Geldstrafe sowie der Umwandlung in Haft gilt hier dasselbe wie im Falle des § 888 (s. das. Anm. 3, 4). Die Vollstreckung der Geldstrafe er­ folgt jedoch hier nicht im Auftrage des Gläubigers, sondern von Amts wegen (Preuß. GeschA. f. d. GV. § 90 Abs. 3). Die „Strafe der Haft", auf die sogleich statt der Geldstrafe erkannt werden kann, hat hier nicht den Charakter der „Haft" als Zwangsmittel, sondern den einer wirk­ lichen Strafe (wie in den Fällen der §§ 380 Abs. 1, 390 Abs. 1). Aus Grund eines für vor­ läufig vollstreckbar erklärten Urteils auf Unterlassung einer Handlung darf nicht mehr zu einer Strafe verurteilt werden, wenn nach'der Zuwiderhandlung die Zwangsvollstreckung eingestellt oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufgehoben ist (RG. 38 422, vgl. auch im RhA. 95 II 11). Die Vollstreckung geschieht von Amts wegen wie die anderer Freiheitsstrafen (StPO. § 483) ohne Anwendung der §§ 904 ff. (vgl. Vordem, zu §§ 904—913, Preuß. GeschA. f. d. GV. §§ 83 Nr. 7, 88). Da eine wirtliche Strafe vorliegt, ist hier auch Begnadigung zulässig (Gaupp Nr. III 3). Das Wahlrecht zwischen Geldstrafe und Haststrafe (vgl. § 888 Anm. 2), nicht bloß die Bemessung, gebührt dem Gerichte (Planck II 796 bei N. 70, Gaupp Nr. III 2 u. a. AM. Falkmanu 310). Wegen des Verfahrens s. § 891. Die Geldstrafe wie die Haft kann (abweichend von § 888) hier „wegen einer jeden Zuwiderhandlung", also wiederholt im vollen zulässigen Umfang, erkannt werden (Mot.), doch ist zur Verhütung maßloser Strafen die in dem Schlußsätze des Abs. 1 ci;i;.::stBe­ schränkung der Haft hinzugefügt. Diese Beschränkung gründet sich auf § 74 StGB., >eyt a'so voraus, daß mehrere (real) zusammentreffende Zuwiderhandlungen gleichzeitig zu bestrasen sind oder die wegen der früheren Zuwiderhandlung erkannte Strafe noch nicht verbüß!, verjährt oder erlassen ist (StGB. § 79). 3) Abs. 2: Die wesentliche („muß") Strafandrohung gegen die Partei ist eine in der Natur der Sache begründete Eigentümlichkeit des § 890 (vgl. § 231 Anm. 1). Sie setzt eine Zuwiderhandlung gegen das Urteil nicht voraus (s. RG. 20 385, OLG. Nürnberg in Busch 6, 132; Falkmann 311, Gaupp Nr. II 2 u. a.). Die nach dem Urteil erlassene Strafandrohung ist aber bereits Beginn der Zwangsvollstreckung, weil sie sich gegen dem Schuldner zum Zwecke der Ausführung des Urteils richtet sNG. 42 419 (VZS-), 15 344; Planck II 794, Gaupp a. a. O. n. a. AM. RG. 20 387, 37 409, Falkmann 311]. Demgemäß ist vorherige Urteilszustellung (§ 750) erforderlich und sofortige Beschwerde (§ 793) zulässig (vgl. auch Planck II 795). Die Strafandrohung braucht nicht in jedem Falle wiederholt zu werden, auch braucht sie nicht eine

Achtes Buch.

870

Zwangsvollstreckung.

§ 891.

§ 891. (776.) Die in Gemäßheit der §§ 887—890 zu erlassenden Ent­ scheidungen können ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. E. § 722.

Mot. 444 f.

Prot. 416 f.

bestimmte Strafe nach Art und Größe zu enthalten (Gaupp a. a. O. u. a.); enthält sie aber eine bestimmte Strafe, so darf über diese hinaus nicht erkannt werden, wohl aber darunter (RG. 36 420). Die Strafandrohung wirkt auch gegen den allgemeinen Rechtsnachfolger (vgl. Seuffert Anm. 2; s. auch Busch 17, 167 ff. AM. Köhler 265). „wenn sie------- enthalten ist" — Der Anspruch auf Schutz gegen künftige Störung kann übrigens auch mittels selbständiger Klage (actio negatoria) verfolgt werden (RG in IW. 1889, 515). Die in einem gerichtlichen Vergleiche für den Fall der Zuwiderhandlung fest­ gesetzte Geldstrafe hat nicht die Bedeutung und Wirkung einer Strafandrohung im Sinne des § 890 (RG. 40 414, OLG. Dresden in SA. 42 Nr. 341; vgl. auch Wolff im c. A. 88, 226 f.). 4) Abs. 3: Der Ausdruck „Schaden" umfaßt auch die dem Gläubiger erwachsenden Kosten, nicht aber die dem Fiskus gebührende Strafe. — Die Auferlegung der Sicherheits­ bestellung ist übrigens nur freigestellt („kann"). Sie kann nicht mit der Strafandrohung, sondern erst in einer verurteilenden Entscheidung (Abs. 1) erfolgen („fernere"). [So auch Planck II 796 Nr. 3, Gaupp Nr. IV u. o.] Wegen der Sicherheitsmittel s. § 108. Wegen des Verfahrens s. § 891. 5) Eine besondere Bestimmung enthält das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. 7. Juni 1909 (RGBl. 449) § 23 Abs. 4, 5 (öffentliche Bekanntmachung). 6) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 27 Nr. 2, 39 Abs. 1; RAGebO. §§ 23 Nr. 2, 33 Abs. 2, 3.

§ 891. 1) Die Entscheidungen (Beschlüsse, nicht Urteile, auch wenn im einzelnen Falle eine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist — s. §§ 329 Anm. 1, 347 Anm. 4; RG 18 360, 32 379, ObLG. in SA. 41 Nr. 255) des Prozeßgerichts in den Fällen der §§ 887 Abs. 1, 2, 888 Abs. 1, 890 Abs. 1—3 (vgl. §§ 887—898 Anm. 3) dürfen sich von der in dem zu voll­ streckenden Urteil enthaltenen unabänderlichen Grundlage nicht entfernen und bedürfen deshalb nicht der vorgängigen mündlichen Verhandlung (vgl. § 128 Anm.4). Die Anhörung des Schuldners ist jedoch nach Satz 2 wesentlich, weil fast durchweg für die Entscheidung Tatsachen in Betracht kommen, über die eine Verhandlung noch nicht stattgefunden hat (Mot.). Auch für die Strafandrohung ist vorherige Anhörung des Schuldners erforderlich (vgl. § 890 Anm. 3, OLG. Naumburg in Busch 18, 265, Gaupp Anm. u. a.). Vor der Verurteilung in die angedrohte Geldstrafe oder Haft bedarf es auch in den Fällen des § 888 der Anhörung des Schuldners, weil die Verurteilung eine Entscheidung im Sinne des § 891 enthält; dies gilt jedoch nicht unbedingt für die Beschwerdeinstanz, wenn der Schuldner vor Erlaß der angefochtenen Ent­ scheidung gehört worden ist (RG. in IW. 1899, 74). Wird eine mündliche Verhandlung ange­ ordnet, was lediglich Sache des richterlichen Ermessens ist („können"), so kommen hinsichtlich der Ladung beim Landgerichte die Grundsätze des Parteibetriebs zur Anwendung. Vgl. §§ 128 Anm. 4, 132 Anm. 4 und anderseits § 497 Abs. 1. (So auch RG. 39 423, OLG. Cöln im RhA. 90 I 142, Fischer in Gruchot 25, 647 ff. u. a.; es kann also auch vom Gegner des Antragstellers geladen werden. AM. Hoffmann in Gruchot 24, 739 ff., Gaupp § 128 Nr. V L 1 u. a., die von Amts wegen laden wollen; vgl. auch ObLG. a. a. O.) Wegen des Versäumnisverfahrens s. § 347 Anm. 4, wegen der Beweisbeschlüffe s. § 461 Anm. 1, OLG. Dresden in SA. 46 Nr. 78 u. abw. ObLG. a. a. O., Meyer in Busch 15, 490, teilw. auch Sprenger im c. A. 81, 262 ff. Die an das Landgericht gerichteten Anträge (vgl. RG. in SA. 59 Nr. 21) müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (RG. in IW. 1893, 501 f., OLG. Cöln a. a. O.). 2) Je nachdem in den Fällen der §§ 887—890 die Vollstreckung der Haft oder der Geld-

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

ff 862, 868.

871

§ 892. (777.) Leistet der Schuldner Widerstand gegen die Vornahme einer Handlung, welche er nach den Bestimmungen der.tzZ 887, 890 zu dulden hat, so kann der Gläubiger zur Beseitigung des Widerstandes einen Gerichtsvollzieher zuziehen, welcher nach den Bestimmungen deS § 758 Abs. 3 und des § 759 zu verfahren hat. E. § 723.

Mot. 445.

Prot. 417. — Nov. 1898 E. 8 777, Begr. 186.

§ 893. (778.) Durch die Bestimmungen dieses Abschnitts wird das Recht des Gläubigers nicht berührt, die Leistung des Interesse zu verlangen.

Den Anspruch auf Leistung des Interesse hat der Gläubiger im Wege der Klage bei dem Prozetzgericht erster Instanz geltend zu machen. E. § 734.

Mot. 445.

Prot. 417 f.

strafe vom Gläubiger oder von Amts wegen zu betteiben ist, muh auch die nach § 750 erforder­ liche Zustellung der betreffenden Entscheidung (vgl. § 750 Anm. 1) im Aufträge des Gläubigers oder von Amts wegen erfolgen (vgl. auch H. Meyer in Busch 15, 491). Entscheidungen ohne vorgängige mündliche Verhandlung sind nach § 329 Abs. 3 von Amts wegen zuzustellen. Die Zustellung der Entscheidung erfolgt an den Prozeßbeoollmächtigten erster Instanz (§§ 176 ff., vgl. RG. in Gruchot 37, 425). 3) Gegen die in § 891 bezeichneten Entscheidungen findet die sofortige Beschwerde statt (§ 793), selbst wenn die Entscheidung in der Form eines Utteils — aber ohne die Ab­ sicht, ein Urteil zu erlaffen — ergangen ist (vgl. RG 18 360, 32 379, in IW. 1900, 155; § 512 Anm. 4). 3ie sind also ohne weiteres vollstreckbar (§ 794 Nr. 3). 8 892. 1) Der Gläubiger darf den Widerstand des Schuldners nicht selbst mit Gewalt brechen (vgl. StGB. § 240; s. jedoch auch BGB. § 229). Wo ein solcher ihm entgegentritt, ist die Zu­ ziehung de- Gerichtsvollzieher- unentbehrlich. Vgl. Preuß. GeschA. f. d. GB. § 82. 2) Wegen der Gebühren deS Gerichtsvollziehers s. GBGebO. § 8 Abs. 1 Nr. 2.

8 868. 1) Die §§ 683— 892 enthalten keine Bestimmung darüber, inwiefern der Gläubiger bei ausbleibender Erfüllung der Urteilsobligation sein Interesse geltend machen kann (Mot.). Der § 893 Abs. 1 hält die darüber (jetzt oder künftig) geltenden gesetzlichen Bestimmungen aufrecht erricht berührt"; vgl. auch EG. z. BGB. Art. 3). Es fragt sich also, inwiefern und von welchem Zeitpunkt an der Gläubiger nach bürgerlichem Rechte (vgl. Planck II 800) einen Anspruch bot, die Leistung eines Interesses zu verlangen (Beispiele: RG 10 176, 420, 22 225, 27 321, 34 341; in IW. 1887, 94; 1894, 428 Nr. 27). Nach BGB. §§ 260, 325 kann statt der ursprünglichen Leistung das Interesse eingeklagt werden, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit der Leistung zu vertreten hat. Dasselbe gilt nach § 286 Abs. 2 das., wenn infolge des Verzug- de- Schuldner- die Leistung für den Gläubiger kein Interesse mehr hat. Nach rechtsttästigcr Verurteilung des Schuldners zur Leistung kann ihm der Gläubiger nach BGB. §§ 283, 325 Abs. 2 eine angemessene Frist mit der Erklärung be­ stimmen. daß er die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist ablehne. Ein Versuch der Zwangsvollstreckung braucht hierbei nicht vorauszugehen. Nach fruchtlosem Ablaufe dieser Frist ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen; es ist dann Klage auf Schadensersatz nach ZPO. § 893 begründet, es sei denn, daß vor Ablauf der Frist die Leistung infolge eines Um» 'tandes unmöglich wird, den der Schuldner nicht zu vertreten hat (s. jedoch BGB. § 287). Bei tetlivcijer Nichterfüllung gilt BGB. § 283 Abs. 2 (vgl. Mot. z. BGB. II 53 ff., RG 54 32, tm SächsA. 13, 56u). Im Falle des § 13 Abs. 3 UnlWG. ist, falls die Bcsttafung des Betriebsmhabers mangels eigenen Verschuldens ausgeschlossen ist (vgl. § 890 Anm. 1), die Schadens­ ersatzklage nach § 831 BGB. zu beurteilen. Abgesehen hiervon steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Jnteresseleistung (vgl. BGB.

Achtes Buch.

872

Zwangsvollstreckung.

§ 894

§ 894. (779.) Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung ver­ urteilt, so gilt die Erklärung als - abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Bestimmungen der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist. Die Vorschrift des ersten Absatzes kommt im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe nicht zur Anwendung. E. § 725.

Mot. 443 f.

Prot. 418 f., 720; Prot. Z. BGB. VI. 728 f.

§ 252) nur dann zu, wenn die §§ 883 ff. zur Erzwingung der wirklichen Erfüllung nicht aus­ reichen (s. §§ 884 Anm. 4, 887 Anm. 5, 888 Anm. 1 a. E., 7 a. E., 894 Anm. 1 Abs. 4). 2) Abs. 2 enthält eine prozessuale Bestimmung hinsichtlich der Geltendmachung der Jntereffeforderung. Letztere bildet einen neuen Prozeß („im Wege der Klage"), für den das Prozeßgericht erster Instanz, d. h. dasjenige, welches das Urteil erster Instanz in der Haupt­ sache erlassen hat, wegen des inneren Zusammenhanges mit der Hauptsache ausschließlich (§ 802) zuständig ist (so daß es auch aus den Wert des Streitgegenstandes nicht weiter an­ kommt; s. RG. 18 367, 14 203, in IW. 1897, 237; Planck I 99 N. 22, II 797 u. a.). Vgl. § 10 und RG. 66 17 (tz 11). AM. Gaupp Nr. II. — Auch eine mit der Verurteilung zur Leistung verbundene eventuelle Verurteilung zur Leistung des Interesses ist zulässig (vgl. § 260 Anm. 7; s. auch §§ 510b, 888a). Der Abs. 2 findet nur Anwendung, wenn bereits ein vollstreckbarer Titel im Sinne der §§ 883 ff. vorliegt, nicht aber, wenn der Gläubiger von vornherein auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung klagt (vgl. BGB. § 280, RG. in SA. 58 Nr. 225). In diesem Falle gelten die allgemeinen Regeln über die Zuständigkeit (Gaupp Nr. II). Auch bezieht Abs. 2 sich nicht auf Einreden (RG. 85 379, in Gruchot 30, 924). § 894. Literatur: Köhler im c. A. 80, 267 ff., die zu §§ 887—898 angef. Schrift von Kipp, Falkmann (1.) 312f., Planck II 791 ff., Weismann § 181, Stiff, D. Verurt. z. notar. Beurkundung v. Grundeigentumsverträgen (dazu Mügel in Gruchot 39, 479 ff.), Gmelin, D. Vollstreckbarkeit 43 f., Hellwig, Anspruch u. Klagrecht 445 ff. 1) Von dem Zwange zur Abgabe einer Willenserklärung (von bestimmtem Inhalte — KG. in Rechtspr. 17, 345) ist gänzlich abgesehen (vgl. RG. 48 398), da dieser den Gläubiger nur aufhalten und den Schuldner ohne Not belästigen würde (Mot.). Das rechtskräftige Urteil — auch das Vollstreckungsurteil der §§ 722, 1042 (vgl. RG. 16 420 ff., Kipp 129 ff.; s. auch Köhler 277 ff., 287 ff.), nicht aber schon das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil und ebensowenig andere vollstreckbare Schuldtitel, z. B. Vergleiche (RG. 65 56, Gaupp Nr. I I u. et.; vgl. Prot. z. BGB. VI 728 f. AM. Kipp 115 ff., 126 ff.; s. auch Köhler 281 ff., 287 ff.) — tritt an Stelle der Erklärung (vgl. Bülow, Dispos. Zivilprozeßrecht 79 N. 48) und erübrigt eine Zwangsvollstreckung (s. auch Wach I 12, Köhler 267 ff.). Bei der Eintragung in das Grundbuch kann auf das Urteil Bezug genommen werden (BGB. §§ 874, 1115). Die vorläufige Vollstreckbarkeil rechtfertigt auch keinen Zwang nach Maßgabe der §§ 887f., da nach den Mot. hier der unmittelbare Zwang überhaupt ausgeschlossen sein soll; sie hat daher, abgesehen vom Kostenpunkte, nur die Bedeutung, daß auf Grund dieser eine Vormerkung im Grundbuch oder Schiffsregister nach § 895 zulässig ist. (Vgl. Gaupp Nr. I 3; s. auch RG. 25 379, in IW. 1899, 75, Gmelin 45 f. und Labes in KritV. 41, 80.) Eine Ausnahme bildet HGB. § 16. — Vorausgesetzt wird, daß die Erklärung zur Zeit des Urteils noch rechtlich möglich ist (RG. 34 344, Gaupp Nr. II). Gleichgültig ist, ob die Erklärung mündlich oder schriftlich (vgl. OLG. Breslau in SA. 51 Nr. 164) oder in einer anderen Form, z. B. vor einer Behörde, in einer öffentlichen Urkunde,

Dritter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung zur Erwirkung usw.

§ 896.

873

§ 895. Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch oder das Schiffsregister erfolgen soll, so gilt die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs als bewilligt. Nov. 1898 Mot. z. EG. BGB. 92 f., E. § 779 a, Begr. 187. abgegeben werden soll [öfll. § 896, OLG. Rostock in Rechtspr. 1, 364, Kipp 87 ff., Gaupp ')h. II u. a.; z. T. dbm. SR®. in ID. 1899, 75, Wilm.-Levy Anm. 2. AM. Falkmann (2.) 106]. § 894 spricht ganz allgemein davon, daß die Willenserklärung als abgegeben gelte. Setzt die Willenserklärung daher zu ihrer Wirksamkeit eine bestimmte Form voraus, z. B. bei Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen § 925), so wird auch diese Form durch das Urteil ersetzt; Form und Erklärung sind unzertrennlich. Auch wenn die Form nur zum Beweise dient, z. B. wenn der Beklagte zur Ausstellung einer schriftlichen Vollmacht verurteilt ist, mutz die Willenserklärung als in der int Urteile bezeichneten Form abgegeben angesehen werden; ein Zwang zur Ausstellung schriftlicher Vollmacht nach § 888 wäre weitläufig und überflüssig (vgl. auch Köhler 294. AM. Gaupp Nr. I 2 u. tt.). Das Urteil ersetzt aber nur die Erklärung des Beklagten (Schuldners), nicht die deS Gläubigers. Ist daher der Beklagte verurteilt, einen Vertrag durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung zum Abschlüsse zu bringen (BGB. § 128), so muß der Kläger noch vor dem Notar erscheinen und den Vertragsabschluß erklären (vgl. SR®. 31 359 u. in IW 1893, 200, Kipp 89). Daß dabei daS rechtskräftige Urteil in dem Beurkundungstermine vorgelegt wird (SR®. 31 359), ist nach BGB. § 128 nicht mehr erforderlich (Gaupp Nr. III). Bei Verträgen, die bei gleich­ zeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden müssen (vgl. BGB. § 925, Preuß AG. z. BGB. Art. 26), bedarf es allerdings der Vorlegung des Urteils int Termine. Auch bei Verurteilung deS Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung gegenüber Dritten ist § 894 anwendbar (Gaupp Nr. I 2. AM. früh. Aufl., Kipp 82, Köhler 269 ff. u. a.), insbesondere wird bei der Verurteilung, einen Antrag auf Eintragung oder Löschung bei einer Registerbehörde u. dgl. zu stellen, dieser Antrag durch daS Urteil ersetzt, und der Kläger ist befugt, seinerseits den Antrag zu stellen (vgl. § 896; f. auch Köhler 285). Beispiele von Willenserklärungen, die unter § 894 fallen, sind Übertragung von Forde­ rungen, Löschung-bewilligung (SR®, in IW. 1897, 602), Ausstellung einer Quittung — nicht aber die Ausstellung eines Zeugnisses, da ein Zeugnis keine Willenserklärung ist (AM. bei Zeug­ nissen mit bestimmtem Inhalte Kipp 80) —, Annahme einer Erbschaft (vgl. OLG. Braunschweig in SA. 36 Nr. 205. Keine Anwendung findet der § 894 aber bei der Verurteilung zur Ausstellung von Wechseln und ähnlichen Papieren, bei denen das tatsächliche Vorhandensein der Urkunde Er­ fordernis für die Geltendmachung von Rechten ist (Kipp 99 ff. u. a.; vgl. Köhler 270). Solche Urteile sind nach § 886 (nicht § 887) zu vollstrecken (s. § 887 Anm. 1). Auch greift § 894 nicht Platz, wenn dem Schuldner die Wahl zwischen mehreren Leistungen (BGB. § 264; vgl. auch SR®. 27 384, Levy in Gruchot 36, 51, oben § 751 Anm. 3; s. jedoch auch Köhler 284ff.) oder zwischen einer Leistung oder einer Willenserklärung zusteht (SR®. 53 80, Rieß in Gruchot 48, 502). Ferner ist § 894 unanwendbar bei Urteilen, in denen die beschrankte Erbenhaftung vorbehalten wird (SR®. 49 412). 2) Abs. 1 Satz 2: Der erste Satz, der aus die hier bezeichneten Fälle, z. B. wenn jemand verurteilt ist, gegen Zahlung eine Eintragung in das Grundbuch zu bewirken, nicht paßt, ist da­ durch mit den angeführten allgemeinen Vorschriften der Zwangsvollsireckungslehre in Einklang ge­ bracht. Als Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung gilt hier die Erteilung der vollstreck­ baren Ausfertigung. Vgl. § 726 Abs. 2 u. Anm. 3 das. 3),Abs. 2: Wegen dieser Ausnahme von Abs. 1 vgl. § 888 Abs. 2 u. Anm. 7; s. auch Levy in Gruchot 36, 34.

874

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§§ 896, 897.

§ 896. Soll auf Grund eines Urteils, das eine Willenserklärung des Schuldners ersetzt, eine Eintragung in ein öffentliches Buch oder Register vorgenommen werden, so kann der Gläubiger an Stelle des Schuldners die Erteilung der im § 792 bezeichneten Urkunden ver­ langen, soweit er dieser Urkunden zur Herbeiführung der Eintragung bedarf. Noo. 1898 E. § 779 b; Begr. 187 f.

§ 897. Ist der Schuldner zur Uebertragung des Eigentums oder zur Bestellung eines Rechts an einer beweglichen Sache ver­ urteilt, so gilt die Üebergabe der Sache als erfolgt, wenn der Gerichts­ vollzieher die Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zur Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder zur Abtretung oder Belastung einer Hypothekenforderung, Grundschuld oder Rentenschuld verurteilt ist, für die Üebergabe des Hypotheken-, Grundschuld-oder Rentenschuldbriefs. Nov. 1898 E. § 779C; Begr. 188; Prot. z. BGB. III. 204 f., VI 729.

1) § 895 ersetzt den früheren § 658; nach dem BGB. kommt hier als Sicherungsmittel die Eintragung einer Vormerkung (§§ 883 ff.) und eines Widerspruchs (§ 899) in Betracht. Die Vormerkung sichert den Anspruch auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Rechte oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechtes. Der Widerspruch soll denjenigen, dessen dingliches Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, gegen die mit dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs (BGB. §§ 892, 1138) verbundenen Gefahren sichern (Begr.). Die Eintragung erfolgt auf den Antrag des Gläubigers, ohne daß es einer Bewilligung des Schuldners bedarf (vgl. GBO. §§ 13 Abs. 2, 19, 25 Satz 2). Diese Vorschriften bringt § 895 auch für das Schiffsregister zur Geltung (vgl. FGG. § 103). Danach kann insbesondere der Gläubiger, wenn der Schuldner durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil verurteilt ist, ihm ein Pfandrecht an einem Schiffe zu bestellen, die Eintragung einer Vormerkung mit den grundbuchrechtlichen Wirkungen herbeiführen (Begr.). Vgl. auch § 896, KO. §§ 14 Abs. 2, 24; Seckler, Lehre v. d. Vormerkung 1904, 56ff. 2) Der Unterschied von der früheren Vorschrift besteht im wesentlichen darin, daß positiv die Eintragung (auch Löschung — Begr.) einer Vormerkung usw. für zulässig erklärt ist. § 896. Vgl. § 792 Anm. 1. — „öffentliches Buch oder Register" — z. B. in das Grund­ buch und Schiffsregister, die Patentrolle (PatenlGes. § 19), das Reichsschuldbuch und die Staats­ schuldbücher (Begr.). § 897. 1) Abs. 1: Bei beweglichen Sachen bedarf es zur Übertragung des Eigentums sowie zur Bestellung eines Rechtes nach BGB. §§ 929, 1032, 1205 der Übergabe der Sache und der Einigung des Eigentümers und des Erwerbers über den Eintritt der Rechtsänderung. Die zu dem Eintritte der Rechtsänderung erforderliche Erklärung des Eigentümers wird gemäß § 894 durch Urteil ersetzt und nach Abs. 1 gilt bei Verurteilung des Schuldners die Übergabe der Sache als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher diese zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt (vgl. §§ 883 Abs. 1, 884). Vgl. Begr., RG. 16 399, 89 160, in Gruchot 41, 1196; s. auch §§ 819, 815 Abs. 3 u.

Dritter Abschnitt. § 898. — Vierter Abschnitt. Offenbarungseid u. Haft. § 899.

875

§ 898. Auf einen Erwerb, der sich nach den §§ 894, 897 voll­ zieht, finden die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten der­ jenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, An­ wendung. Nov. 1898 E. § 779 d; Begr. 188; Prot. z. BGB. VI. 387 f., 729.

Vierter Abschnitt.

Offenbarungsei- und § 899. (780.) Für die Abnahme des Offenbarungseides in den Fällen der §§ 807, 883 ist das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Schuldner im Deutschen Reiche seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Auf­ enthaltsort hat, als Vollstreckungsgericht zuständig. E. § 726.

Mot. 445.

Prot. 420. — Nov. 1898 E. § 780; Begr. 188; KomB. 219.

das. Anm. 3; Mot. z. BGB. III 840; Falkmann (1.) 295, Kipp a. a. O. 76 f., Planck II 783, Gaupp Nr. I. 2) Abs. 2: Vgl. BGB. §§ 1117, 1154, 1192, 1199, 1274. Handelt es sich um die Be­ stellung einer Hypothek, so kann der anzufertigende Hypothekenbrief, entsprechend BGB. § 1117 Abs. 2, vom Grundbuchamt auch dem Gläubiger übergeben werden (vgl. GBO. § 60 Abs. 2). 3) Der § 897 ist eine Anwendung des § 894 und setzt daher in Ansehung der erforderlichen Erklärung des Eigentümers die Rechtskraft des Urteils voraus (vgl. auch Kipp 49, 70, 76 f.; Prot. z. BGB. VI 387 f.). Ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil genügt jedoch zur Weg­ nahme der Sache durch den Gerichtsvollzieher (Petersen Nr. 1), doch tritt der Eigentums­ erwerb erst mit der Rechtskraft des Urteils ein.

1) Die Vorschriften des BGB. §§ 892f., 932ff., 1242 und des HGB. §§ 366f. über den Schutz des gutgläubigen Erwerbers finden an sich auf einen Erwerb im Wege der Zwangsvoll­ streckung keine Anwendung, doch werden sie durch § 898 sinngemäß auf einen Erwerb nach §§ 894, 897 ausgedehnt (Begr.). Nach BGB. §§ 935 geht also das Eigentum nicht über, wenn die Sache gestohlen oder abhanden gekommen war (anders § 935 Abs. 2 das.). Auch der Zeit­ punkt, in welchem der gute Glaube vorhanden sein muß, richtet sich nach dem bürg. Rechte. In den Fällen, in denen sich der Erwerb durch die bloße Willenserklärung vollzieht (z. B. BGB. §§ 929 Satz 2, 931), muß der gute Glaube zur Zeit der Rechtskraft bestehen. Ist dagegen außer der Willenseinigung Übergabe erforderlich, so muß die Gutgläubigkeit zur Zeit der Rechtskraft und der Wegnahme vorhanden sein (Prot. z. BGB. VI 387 f.). Auch der Gerichtsvollzieher muß bei der Wegnahme gutgläubig sein (vgl. § 753 Anm. 1 Abs. 6). 2) Die Pfändung hat im Gegensatze hierzu gemäß § 804 Abs. 2 die Wirkung der Ver­ pfändung nur gegenüber den anderen Gläubigern (nicht aber gegenüber dem Eigentümer); vgl. § 771 Anm. 2?

Vierter Abschnitt. Literatur über den Offenbarungseid s. bei § 807 u. dazu Pfizer, Auti-Seuffert 383ff. (Rechnungsstellung und Offenbarungseid), Lessing im SächsA. 4, 158ff., Schmidt § 154. 1) Dieser Abschnitt faßt zwei Voll st reckungs mittel zusammen, die einen inneren Zusammenhang untereinander nicht haben. Die §§ 899—903 handeln vom Offenbarungs­ eid (in den Fällen der §§ 807, 883; vgl. auch KO. §§ 72, 125), die §§ 904—914 von der Haft, und zwar von dieser im allgemeinen, nicht bloß von der Haft zur Erzwingung des Offenbarungseides, von der in den §§ 901 f., 914 die Rede ist (vgl. Vordem, zu §§ 904—913).

876

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung,

g 900.

§ 900. (781.) Das Verfahren beginnt mit dem Antrage des Gläubigers auf Bestimmung eines Termins zur Leistung des Lfsenbarungseides. Dem An­ trage sind der Vollstreckungstitel und die sonstigen Urkunden, aus denen sich die Verpflichtung des Schuldners zur Leistung des Eides ergibt, bei­ zufügen.

Die Anwesenheit des Gläubigern in dem Termin ist nicht er­ forderlich. Bestreitet der Schuldner die Verpflichtung zur Leistung des Eides, so ist von dem Gerichte durch Beschluß über den Widerspruch zu entscheiden. Die Eidesleistung erfolgt erst nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung: das Der § 915 schreibt die Anlegung eines Verzeichnisses derjenigen vor, welche den Offenbarungseid geleistet oder verweigert haben. 2) Der zivilrechtlich gebotene Offenbarungseid (vgl. § 889 u. das. Anm. 1) fällt nicht unter die §§ 899—903. Das Verfahren bei freiwilliger Leistung eines solchen Eides gehört zur freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. FGG. §§ 79, 83, 163). 3) In Preußen bezieht sich die JMV. v. 23.'März 1885, betr. Vertretung des Diskus in bürgert. Rechtsstreitigkeiten der Justizverwaltung (JMBl. 149), auch auf das in den §§ 899 bis 914 vorgesehene Verfahren (JMV. v. 22. Dez. 1886 — JMBl. 340). — Vgl. auch Preuß. FGG. Art. 17 Abs. 2. 8 899.

1) Die Voraussetzungen und den Inhalt des Offenbaruugseides bestimmen die 88 807 ff. das. Anm 2), 883, während § 889 hier nicht in Betracht kommt (Begr.). Die §§ 899 bis 903, 914 betreffen das Verfahren. 2) Über den Begriff des Wohnsitzes vgl. BGB. §§ 7 ff. u. oben § 13 Anm. 1, des Aufenthaltsorts §16 Anm. 2. Das Gericht des Aufenthaltsorts tritt — abweichend von § 16 — schon ein, wenn der Schuldner im Deutschen Reiche keinen Wohnsitz hat; ob er anderswo einen Wohnsitz hat, ist unerheblich. Vgl. § 13 Anm. 2. Der Gerichtsstand ist aus­ schließlich (§ 802). Das Gericht des Wohnsitzes kann das Gericht des Aufenthaltsorts um Ab­ nahme des Eides ersuchen (vgl. § 479; s. auch OLG. Breslau in Busch 23, 193). 3) „ V o l l st r e ckn n g s g e r i ctn" Vgl. § 761. 8 900.

1) Rach der Rov. v. 1898 ist die Anwesenheit des Gläubigers im EideSleistungstermine nicht erforderlich (Abs. 2) und erfolgt die Entscheidung des Gerichts über den Widerspruch durch Beschluß (früher Urteil) — Abs. 3 Satz 1. Hieraus folgt, daß die mündliche Verhandlung nicht wesentlich ist; es handelt sich vielmehr in erster Linie um die Eidesleistung, bzw. um eine Anhörung des Schuldners über eine Vollstreckungshandlung (vgl. § 764 Abs. 3). Die Rov. v. 1909 hat sodann, entsprechend §§ 496s., die srnher vorgeschriebene Parteiladung des Schuldners beseitigt und zugleich den Satz 2 des Abs. 1 hinzugefügt. 2) Abs. 1: Der Antrag des Gläubigers, der nach § 496 Abs. 2 auch zum Protokolle des Gerichtsschreibers erklärt werden kann, enthält die Aufforderung zur Eidesleistung, int Falle des § 807 zugleich zur Vorlegung des Vermögensverzeichnisses (vgl. Gaupp Rr. 111 1), eventuell zur Erklärung über die Verpflichtung zur Eidesleistung vor dem Gericht in dem von diesem be­ stimmten Termine. Die Ladung erfolgt von Amts wegen (§§ 497, 208 ff.). Der Gläubiger muß, wie jetzt Satz 2 ausdrücklich bestimmt, beim Nachsuchen der Derminsbestimmung den gehörig zugestellten Vollstreckungstitel vorlegen (§ 750) und die Voraussetzungen der Verpflichtung des Schuldners zur Leistung des Offenbarungseidcs (§§ 807, 883) dem Gerichte nachweisen, das — sofern die Ergänzung eines unvollständigen Gesuchs nicht zu erzielen ist — die Terminsbestimmung, auf die § 216 Abs. 2 keine Anwendung findet, beim Mangel der Voraussetzungen zu versagen

Vierter Abschnitt.

Offenbarung-eid und Hast.

§ 900.

877

Bollstreckungsgericht kann jedoch die Eidesleistung vor Eintritt der Rechtskraft anordnen, wenn bereits ein früherer Widerspruch rechts­ kräftig verworfen ist. E. § 727. Mot. 445. — Nov. 1909 Begr. 48.

Prot. 420f. — Nov. 1898 (i. § 781; Begr. 188s.; StenB. 2199s.

hat (vgl. Begr. b. Nov. v. 1909,48). Die Labungsfrist — nicht bie Einlafsungsfrist (Francke, D. Offeudarungseib 97) — ist einzuhalten. Entsprechend bem § 500 ist eS ben Parteien auch gestaltet, sich ohne weiteres behufs Abnahme des Offenbarung-eides vor dem BoÜstreckungSgericht einzu­ finden (Gaupp Nr. III 1 u. a. AM. Mugdan in Busch 5, 265). Für Prozeßunfähige ist der gesetzliche Vertreter zu laden (s. Mot. 286, § 478 Anm. 1, Bondi in Busch 32, 221 ff.). Bei der Ladung von aktiven Offizieren hat in Preußen der Gerichtsschreiber dem Vor­ gesetzten Nachricht zu geben (JMV. v. 28. Febr. u. 24. April 1880 — JMBl. 41, 92). 3) Abs. 2: Vgl. oben Anm. 1 u. FGG. §79 Latz 3. Im Falle des Ausbleiben- des Gläubigers ist dem Schuldner, wenn er zur Leistung des Eides bereit ist, der Eid abzunehmen, sofern kein von Amts wegen zu beachtendes Hindernis (s. Anm. 4) vorliegt. Andernfalls ist der Schuldner zu hören und über seinen Widerspruch nach Abs. 3 durch Beschluß zu entscheiden. Der Gläubiger kann demgemäß den Antrag auf Erlaß deS Haftbefehls (§ 901) auch schriftlich stellen (Begr. v. 1898). Wegen des Ausbleibens des Schuldners s. § 901. 4) Abs. 3: Ist der Schuldner zur Leistung des Offenbarung-eide- bereit, so hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob es zuständig ist (§ 802), ob ein vollstreckbarer und zu­ gestellter (§ 750) Titel vorliegt und ob die Voraussetzungen der §§ 807, 883 vorhanden sind (vgl. § 901 Anm. 1). Die Weigerung der Abnahme ist durch Beschluß auszusprechen, gegen den sofortige Beschwerde stattfindet (Gaupp Nr. IV 2 u. a.). Bestreitet dagegen der Schuldner seine Verpflichtung, z. B. wegen Mangels der Voraus­ setzungen der §§807, 883 oder auf Grund des § 903 (OLG. Hamburg im Recht 4, 195; Fried­ länder in Gruchot 33, 567, 608 ff.), so ist eine förmliche mündliche Verhandlung über die Verpflichtung zur Leistung des Offenbarung-eides, wie in der Regel bei den Entscheidungen des Vollstreckung-gerichts (§ 764 Abs. 3), nicht erforderlich, und die Entscheidung erfolgt ebenfalls durch Beschluß, gegen ben sofortige Beschwerde stattfindet (vgl. auch KG. in Rechtspr. 13, 218). Der Gläubiger muß nötigenfalls die Voraussetzungen der §§ 807, 883 durch Vorlegung der be­ treffenden Urkunden nachweisen. Die bloße Weigerung der Leistung ohne ein Bestreiten der Verpflichtung zur Leistung bedingt noch keine Entscheidung (vgl. § 901). Durch den Beschluß wird nicht bloß der wirklich geltend gemachte Widerspruch beseitigt, sondern, wie im Falle des § 767, jede Einwendung, die damals der Schuldner gegen die Leistung des Eides geltend machen konnte (Gaupp Nr. IV 1 b. AM. früh. Aufl. und OLG. Hamburg in Rechtspr. 5, 135). Einwendungen gegen den Anspruch selbst können nur im Wege des § 767 (behufs einstweiliger Einstellung de- Verfahrens nach § 769) geltend gemacht werden (s. RG in IW. 1890, 30, Francke 86 u. a.), müssen aber, wenn der Schuldner deshalb seine Verpflichtung zur Eidesleistung bestreitet, nach § 900 als formell unzulässig zurückgewiesen werden (vgl. OLG. Hamburg in SA. 47 Nr. 174, Dresden das. 56 Nr. 23, SächsA. 4, 750; 9, 248). Das Bollsireckungsgericht kann dann auch nicht nach § 148 die Verhandlung aussetzen (Petersen Nr. 4 a u. a. ÄM. früh. Aufl. und Seuffert Anm. 3 c). 5) „dem Gerichte" — d. h. dem in § 899 bezeichneten Amtsgerichte. „Die Eidesleistung erfolgt" — nach den Vorschriften der §§ 478 ff. Zur Eides­ leistung hat der Gläubiger in diesem Falle eine neue Terminsbestimmung zu beantragen. „erst nach Eintritt der Rechtskraft" — Gegen die (von Amts wegen zuzustellende) Entscheidung steht beiden Teilen die sofortige Beschwerde zu (§§ 793, 577). Verzichtet der Schuldner auf die Beschwerde, so kann die Eidesleistung erfolge«. Zur Vermeidung von Ver-

878

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

# 901.

§ 901. (782.) Gegen den Schuldner, welcher in dem zur Leistung des Offenbarungseides bestimmten Termine nicht erscheint oder die Leistung des Eides ohne Grund verweigert, hat das Gericht zur Erzwingung der Eidesleistung auf Antrag die Hast anzuordnen. E. § 728.

Mot. 445.

Prot. 420.

schleppungen ist dem Bollstreckungsgerichte die Befugnis gewährt, die Eidesleistung vor Ein­ tritt der Rechtskraft anzuordnen, falls bereits ein früherer Widerspruch rechtskräftig verworfen ist. Gegen die Anordnung ist auch sofortige Beschwerde zulässig (Fitting § 122 N. 7), die aber keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. § 572). 6) Die Kosten des Verfahrens fallen unter die §§ 91, 788; es mus; aber, wie bei ge­ richtlichen Zwischenstreitigkeiten, eine Entscheidung und Festsetzung durch das Gericht erfolgen (vgl. § 788 Anm. 1). Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 35 Nr. 2, 39, 43: RAGebO. §§ 23 Nr. 2, •>1 Abs. 2, 32: vgl. Piafferoth in IW. 1893, 491 ff. und Bon di 237.

8 901. 1) „nicht erscheint" — oder nicht verhandelt. Bloßer schriftlicher Widerspruch ist nicht zu berücksichtigen (Cß$. Hamburg in Rechtspr. 3, 335, Gaupp § 900 Nr. IV 3 u. a. AM. Z. f. Vollstreckungswesen 1900, 134, DJZ. 1903, 228, H. Meyer in Busch 19, 477).

„ober die Leistung — verweigert" — Als verweigernd gilt auch, wer die Vorlage des Vermögensverzeichnisses ablehnt (vgl. § 900 Anm. 4, Gaupp Nr. I u. a.). „ohne Grund" — d. h. ohne seine Verpflichtung zu bestreiten oder nach rechtskräftiger Entscheidung, daß er zur Leistung verpflichtet ist (vgl. auch Friedländer 612). Der Schuldner kann jedoch einen neuentstandenen Grund angeben (vgl. § 900 Anm. 4). Das Gericht hat, so­ weit es nicht durch einen die Verpflichtung zur Eidesleistung aussprechenden Beschluß dieser Prüfung enthoben ist, von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Offenbarungseides [vgl. z. B. § 750, auch § 914 (s. OLG. Dresden im c. A. 70, 158)] vorliegen, und im Berneinungsfalle den Antrag trotz Nichterscheinens des Schuldners zurückzuweisen (vgl. § 900 Abs. 2, 4). Bei Verhinderung des Schuldners durch unabwendbaren Zufall ist der Haftbefehl unzulässig (OLG. Dresden in Busch 23, 196, s. auch das. 30, 144). „das Gericht" — Vgl. §§ 899. 900. Der Sache nach ist die Erzwingung der Eides­

leistung durch Haft hier nur eine Anwendung des Grundsatzes des § 888. heitsarrestes s. § 918 Anm. 1.

Wegen des Sicher­

2) „auf Antrag" — Dieser kann nach § 900 Abs. 2 auch schriftlich erfolgen (§ 900 Anm. 3) und auch nach dem Termine (Körner in Busch 35, 572). Wird kein Antrag gestellt, so ruht beim Ausbleiben des Schuldners das Verfahren. „die Haft" — Geldstrafe ist auch im Falle des § 883 nicht zulässig. Der Hast unter­

liegt auch der gesetzliche Vertreter (Wilm.-Levy Anm. 2). „anzuordnen" — Durch Beschluß unter Erlassung des Haftbefehls (§ 908), gegen den sofortige Beschwerde (vgl. § 793) zulässig ist. Dies gilt auch von dem abweisenden Beschlusse (s. Anm. 1). [So OLG. Hamburg in SA. 40 Nr. 331, Busch 30, 142, Gaupp Nr. III u. o.]. Die Tauer der Haft wird in dem Beschlusse nicht bestimmt. Nach Anordnung der Haft kann diese — abgesehen von § 902; s. das. Anm. 1 — nicht mehr durch den Schuldner abgewendet werden (s. KG. in Rechtspr. 13, 221, OLG. Cöln im RhA. 88 I 5, Krech in Gruchot 26, 271 f., Francke 83, Schönfeld, D. Offenbarungseid 26, 28 N. 43. AM. Planck II 774 bei N. 18, Lobe im SächfA. 5, 117, Gaupp Nr. IV 2; s. auch Busch 24, 262). Über die Vollstreckung der Haft s. für Preußen GeschA. f. d. GB. § 83. Wegen der Ausländer vgl. d. Haager Abkommen über den Zivilprozeß v. 17. Juli 1905 (RGBl. 1909, 410) Art. 24. 8) Wegen der Gebüh ren s. § 900 Anm. 6.

Im Konkursverfahren s. GKG. § 56.

Vierter Abschnitt. Offenbarung-eid und Hast, ßß 902, 908.

879

§ 902. (783.) Der verhaftete Schuldner kann zu jeder Zeit bei dem Amts­ gerichte deS Haftorts beantragen, ihm den Eid abzunehmen. Dem Antrag ist ohne Verzug stattzugeben. Nach Leistung des Eides wird der Schuldner aus der Haft entlassen und der Gläubiger hiervon in Kenntnis gesetzt. E. 8 729.

Mot. 445.

Prot. 420.

§ 903. (784.) Ein Schuldner, welcher den im § 807 erwähnten Offen­ barungseid geleistet hat, ist zur nochmaligen Leistung des Ädes auch einem anderen Gläubiger gegenüber nur verpflichtet, wenn glaubhaft gemacht wird, datz er später Vermögen erworben habe. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn seit der Eides­ leistung fünf Jahre verstrichen sind. E. § 730.

Mot. 445.

Prot. 420. — Nov. 1898 E. 8 784; Begr. 189.

§ 902. 1) Vgl. § 889 Abs. 2 — Auch der nicht verhaftete Schuldner wird, da er an der Fort­

setzung des eingeleiteten Verfahrens ein Interesse hat, die Bestimmung eines Termin- beantragen können — aber nur im Gerichtsstände de- § 899 (vgl. Friedländer in Gruchot 33, 600, Schön­ feld 28, Ganpp Nr. II) —, um den Offenbarung-eid zu leisten und dadurch die Verhaftung von sich abzuwenden (AM. Seuffert Anm. 2). Bis zur Leistung kann der Gläubiger den Haftbefehl noch vollstrecken lassen. Vgl. auch Preuh. GeschA. s. d. GB. § 83 Nr. 6. „dem Amtsgerichte de- HaftortS" — nicht notwendig dem des § 899. 2) „ohne Verzug" — ohne zuvorige Ladung oder Benachrichtigung de- Gläubiger-, wie auch aus Abs. 2 hervorgeht (s. auch Friedländer a. a. O., Kaiser in DJZ. 1900, 456 u. a. AM. Stande 85). Über die Eidesleistung ist ein Protokoll aufzunehmen. Im Falle de- § 807 mutz auch ein Vermögen-verzeichnis vorgelegt werden (vgl. noch OLG. Breslau in Rechtspr. 6, 145). 3) Abs. 2: Die Benachrichtigung ist formlos und geschieht von Amts wegen durch dain Abs. 1 bezeichnete Gericht. Beschwerde gegen die Entlastung findet nicht statt (OLG. Dresden in SA. 58 Nr. 112). 4) Wegen der Gebühren f. GKG. 8 43. fAM. Preuh. JMV. v. 26. Januar 1901 (JMBl. 30) und OLG. Cöln im RhA. 80 II 31 — f. dagegen Pfafferotha. a. L.] Auch hier ist der Gläubiger nach § 89 GKG. Kostenschuldner. (AM. Pfafferoth, GKG.§ 43 Anm. 3.) Vgl. noch § 889 Anm. 3.

8 903. 1) Abs. 1: Der Grund der Vorschrift liegt darin, daß der in § 807 erwähnte Offenbarung-eid da- ganze Vermögen umsaht. (Ander- der OffenbarungSeid des § 883, dessen Wiederholung daher nicht ausgeschloffen ist — Wach I 271.) Die Vorschrift setzt eine ordnungSmähige Ableistung des Eide- (Vorlage des Vermögen-verzeichnisses usw.) voraus (KG. in Rechtspr. 1, 401; 2, 358). Vgl. auch § 914. Der § 903 findet auf den Schuldner, der den OffenbarungSeid de- § 125 der KL. geleistet hat, keine Anwendung, da der letztere Eid nur das zur Konkursmasse gehörige Vermögen umsaht (KG. in DJZ. 1899, 294, OLG. Posen in Rechtspr. 1, 245, Busch 21, 524, Gaupp Nr. II u. a). — Vgl. auch BGB. § 2006 Abs. 4. 2) „später" — d. h. nach Vorlegung des Vermögensverzeichnisses. Auch derselbe 'betreibende) Gläubiger kann alsdann die nochmalige Eidesleistung fordern. ES müssen aber für Sen neuen Antrag zugleich die Erforderniffe des § 807 vorliegen (Gaupp Nr. IV. AM. Fried­ länder in Gruchot 33, 588 N. 21). 3) Die Vorschrift des § 903 ist öffentlichen Rechte- und daher von Amts wegen zu beachten (OLG. Bamberg in Rechtspr. 1, 210, Braunschweig das. 5, 136, Cöln das. 6, 143, Seuffert Anm. 1 u. a. AM. KG. in Rechtspr. 13, 223, Busch 36, 353, Lewinsohn das. 14, 108,

Achtes Buch.

880

Zwangsvollstreckung.

§8 904, 905.

8 904. (785.) Die Haft ist unstatthaft : 1. gegen Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung während der Sitzungsperiode, sofern nicht die Versammlung die Vollstreckung genehmigt: 2. gegen Militärpersonen, welche zu einem mobilen Truppenteil oder zur Be­ satzung eines in Dienst gestellten Kriegsfahrzeuges gehören: 3. gegen den Schiffer, die Schiffsmannschaft und alle übrigen auf einem Seeschiff angestellten Personen, wenn das Schiff zum Abgehen fettig isegelfertig) ist. E. 8 731.

Mot. 446.

Prot. 420 f.

§ 905. (786.) Die Haft wird unterbrochen: 1. gegen Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung für die Dauer der Sitzungsperiode, wenn die Versammlung die Freilassung verlangt: Gaupp Nr. I it. a.). Ist aber der Schuldner rechts kräftig zur Ableistung des Offenbarungseides verpflichtet erklärt, so kann die frühere Eidesleistung nicht mehr nachträglich berücksichtigt werden (vgl. § 900 Amn. 4, Friedländer 611. AM. KG. in LA. 49 Nr. 69). Tie Glaubhaftmachung des späteren — eine Zwangsvollstreckung lohnenden (SächsA. 3, 802, Stein in Busch 24, 250, Gaupp Nr. III) — Bermögenserwerbes liegt dem Gläubiger ob. — Wegen Erteilung von Ab­ schriften vorgelegter Vermögensverzeichnisse s. Preuh. JMV. v. 13. Juni 1908 (JMBl. 242). 4) Abs. 2: Vgl. §§ 914 Abs. 2, 915 Abs. 2. — Der Schuldner soll nicht durch eine zeitlich unbegrenzte Vermutung der Vermögenslosigkeit begünstigt werden (Begr.).

88 904-913. 1) Die §§ 904—913 enthalten allgemeine Bestimmungen über die Hast im Voll­ st reckungsverfahren. Diese ist in Ausführung des dem Ges. v. 29. Mai 1868 (BGBl. 237) zugrunde liegenden Gedankens aus die Fälle des Zwanges zu einer Handlung beschränkt, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann (§ 888). Hiervon ist der Zwang zur Leistung des Offenbarungseides (§ 901) nur eine besondere Anwendung (Mot.). Über die Natur der Haft s. 8 909 Slum. 2. Datz sich die „Strafe der Hast" des 8 890 .ebenso wie in den Füllen der 88 380 Abs. 1, 390 Abs. 1) nicht nach den §§ 904 ff. regelt, ergibt sich aus deren Charakter als Strafe (s. § 890 Anm. 2). Vgl. auch Preuff. GeschA. f. d. GV. 8 85 Nr. 2. 2) Die Vorschriften über die Hast im Zwangsvollstreckungsversahren finden nach 8 390 Abs. 2 auf die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses entsprechende Anwendung (Preuh. GeschA. f. d. GV. § 85 Nr 1), und ebenso richtet sich nach den 88 904—913 die Vollziehung de- persönlichen Sicherheitsarrcstes, wenn sic durch Haft erfolgt (8 933); desgl. die Haft im Konkurse (KO. §§ 101 Abs. 2, 106 Abs. 1, 125). 3) Ist die Partei nicht vrozehfähig, so unterliegt nur der gesetzliche Vertreter der Hast.

8 ;>04. 1) Der 8 904 enthält Befreiungen von der Hast im öffentlichen Interesse. Sie hindern nur die Vollstreckung (g§ 909, 912), nicht die Anordnung der Haft und die Erlassung des Haft­ befehls (Seuffert Anm. 1 u. a.; f. auch Preutz. GeschA. f. d. GV. § 83 Nr. 2). Wegen der Gebühren des Gerichtsvollziehers s. GVGebO. § 9 Abs. 2. 2) Nr. 1: „Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung" — Vgl. 8 382, Reichsverfassung Art. 31, Preuß. Verfassung Art. 84. 3) Nr. 2: „Militärpersonen" — Vgl. § 14 Anm. 2. — „mobilen Truppenteil", „in Dienst gestellten Kriegssahrzeuges" — Vgl. 88 201 Anm. 1, 790 Anm. 2. Gegen andere Militärpersonen, die nicht in diesen Verhältnissen stehen, ist Hast zulässig. Vgl. § 912. 4) Nr. 3: Vgl. Seemannsordn. v. 2. Juni 1902 (RGBl. 175) 88 2, 3; HGB. 8 482. — Auf Flußschiffe bezieht sich die Bestimmung nicht.

Vierter Abschnitt.

Offenbarung-eid und Hast.

KD 906—909.

881

2. gegen Militärpersonen, welche zu einem mobilen Truppenteil ober auf ein in Dienst gestelltes Kriegsfahrzeug einberufen werden, für die Dauer dieser Verhältnisse. E. § 732.

Mot. 446.

Prot. 421.

§ 906. (787.) Gegen einen Schuldner, dessen Gesundheit durch die Voll­ streckung der Hast einer nahen und erheblichen Gefahr ausgesetzt wird, darf, solange dieser Zustand dauert, die Hast nicht vollstreckt werden. E. § 733.

Mot. 446.

Prot. 421.

§ 907. (788.) Die Haft wird in einem Raume vollstreckt, in welchem nicht zugleich Untersuchungs- und Strafgefangene sich befinden. Mot. 446.

Prot. 421.

§ 908. (789.) Das Gericht hat bei Anordnung der Haft einen Haftbefehl zu erlassen, in welchem der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Ver­ haftung zu bezeichnen sind. E. § 734.

Mot. 446.

8 909. (790.)

Prot. 421.

Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichts6 905.

1) Nr. 1: Bql. Reichsversassung Art. 31. 2) Nr. 2: Vgl. § 904 Sinnt. 3. Die Unterbrechung hat das Amtsgericht des Hastorts von Amts wegen anzuordnen; vgl. §§ 902 Abs. 1, 911, 913 (Seuffert Sinnt. u. a.); auch samt der Verhaftete sie (nach § 766) fordern. Der Gläubiger ist nicht zu hören.

8 906. 1) Es ist dies die einzige Beschränkung der Zulässigkeit der Hast (nicht der Eibe-abnahme — OLG. Hamburg in Rechtspr. 13, 219) aus Rücksicht auf die Person deS Schuldners. Nötigenfalls ist ein Gutachten von Sachverständigen einzuholen. 2) „nicht vollstreckt" — Der Erlaß des Haftbefehls ist nicht unzulässig (vgl. g 904 Anm. 1, KG. in Rechtspr. 10, 398). Hat die Haft schon begonnen, so ist sie zu unterbrechen. Die Ent­ scheidung hat zunächst der Gerichtsvollzieher (§ 909), eventuell das Gericht zu treffen (§ 766; s. auch Preuß. GeschA. r. d. GV. § 83 Nr. 3). Vgl. auch GBGebO. § 9 Abs. 2.

«907. Der Raum darf an sich (mie das Gebäude) auch zum Gefängnisse für Untersuchungs­ oder Strafgefangene dienen; aber in demselben Raume dürfen sich solche nicht gleichzeitig be­ finden. Ein Verzicht auf diese (häufig eine Einzelhaft bedingende) Beschränkung ist nicht aus­ geschlossen.

#908. 1) „Das Gericht" — im Falle des § 889 das Prozeßgericht erster Instanz, im Falle des § 901 das Amtsgericht des Wohnorts bzw. Aufenthaltsorts des Schuldners, im Falle de- § 390 Abs. 2 das Prozeßgericht bzw. der beauftragte oder ersuchte Richter (§ 400), im Falle de- § 933 da- Arrestgericht. 2) Der Haftbefehl ist gewissermaßen die Vollmacht des Gerichtsvollziehers (8 909). Ein besonderer Antrag des Gläubigers ist nickt erforderlich; im Falle des § 901 genügt namentlich der dort vorausgesetzte Antrag (s. auch Gaupp Anm.). Vgl. § 909 Anm. 1. Er muß den Grund der Verhaftung enthalten und bei der Verhaftung selbst vorgezeigt werden (Mot.). Der Gerichtsvoll­ zieher hat sich jedoch auch die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels aushändigen zu taffen (vgl. § 750; Preuß. GeschA. f. d. GB. § 83 9k. 1). Struckmann u. Koch. Zivilprozeßordnung. 9. Aufl.

56

882

Achte- Buch.

Zwangsvollstreckung.

§§ 910, 911.

Vollzieher. Der Haftbefehl muß bei der Verhaftung dem Schuldner vorgezeigt und auf Begehren abschriftlich mitgeteilt werden. E. § 735.

Mot. 446.

Prot. 421.

§ 910. (791.) Vor der Verhaftung eines Beamten, eines Geistlichen oder eines Lehrers an öffentlichen Unterrichtsanstalten ist der vorgesetzten Dienstbehörde von dem Gerichtsvollzieher Anzeige zu machen. Die Verhaftung darf erst erfolgen, nachdem die vorgesetzte Behörde für die dienstliche Vertretung des Schuldners gesorgt hat. Die Behörde ist verpflichtet, ohne Verzug die erforderlichen Anord­ nungen zu treffen und den Gerichtsvollzieher hiervon in Kenntnis zu setzen. E. § 736.

Mot. 446.

Prot. 421.

§ 911. (792.) Der Gläubiger hat die Kosten, welche durch die Haft ent­ stehen. einschließlich der Verpflegungskosten, von Monat zu Monat vorauszuzahlen. Die Aufnahme des Schuldners in das Gefängnis ist unstatthaft, wenn nicht mindestens für einen Monat die Zahlung geleistet ist. Wird die Zahlung nicht spätestens bis zum Mittage des letzten Tages erneuert, für welchen sie geleistet ist, so wird der Schuldner von Amts wegen aus der Haft entlassen. Gegen den Schuldner, welcher aus diesem Grunde oder ohne sein Zutun aus Antrag des Gläubigers entlassen ist. findet auf Antrag desselben Gläubigers eine Erneuerung der Haft nicht statt. E. § 737.

Mot. 446 f.

Prot. 421, 583. 8909.

1) Der Gerichtsvollzieher ist vom Gläubiger zu beauftragen (vgl. § 753). Seine Tätigkeit ist innerhalb der gesetzlichen Schranken eine selbständige; indeffen bleibt da« von ihm bei der Ver­ haftung einzuhaltende Verfahren (neben de» §§ 758, 759, 761) dienstlichen Vorschriften vorbehalten (vgl. j. B. Preuß. GeschA. f. d. GV. §§ 83 f.). — Wegen der Gebühren s. GLGebO. § 9 Abs. 1 (vgl. auch KG. in Rechtspr. 4, 269). 2) Die Haft ist nur Zwangsmittel, nicht Strafe. Sie besteht in einfacher Freiheits­ entziehung (f. § 888 Anm. 2, 4; StGB. § 18 Abf. 2). 8 910. 1) Die Vorschriften des § 910 sind im öffentlichen Interesse gegeben. 2) »Beamten, Geistlichen usw." — Vgl. auch § 811 Anm. 7. 8) »der vorgesetzten Dienstbehörde" — Wegen der ReichSbeamlen vgl. die Kais. SO. v. 23. Nov. 1874 (RGBl. 135) und die BO. v. 19. Dez. 1875 (RGBl. 378) § 2. Rücksichtlich der Beamten usw. der Einzelstaaten entscheidet da- Landesrecht. Wegen der Schreibgebühren des Gerichtsvollziehers s. GVGebO. § 14 Nr. 4. 8 911. 1) Für die Vorauszahlung der Haftkosten ist der Zeitraum oou einem Monate festgesetzt, um den Schuldner vor zu leichtfertigem Gebrauche der Hast zu schützen. Die Haftkosten gehören zu den VollstreckungSkosten (§ 788), und zwar zu den baren Auslagen des Gerichts, und bestimmen sich nach Maßgabe der für die Sirashast gellenden landesgesetzlichen Vorschriften (GKG. § 79 Nr. 8). Wegen der Erstattung s. § 788. Da- Armenrecht entbindet von der Vorauszahlung (s. § 116 Anm. 3; vgl. noch OLG. Dresden in Rechtspr. 9, 71, Frtedländer 602, Hergenhahn im c. A. 80, 301 ff., Petersen Nr. 3, Gaupp Nr. I u. a. AM. OLG. Cassel in SA. 40 Nr. 246; Francke 5, Dorendorf, Arrest 136, Wilm.-Levy Anm. 1; s. auch IW. 1902, 378). Der Erlaß des Haftbefehls darf von der Vorauszahlung nicht abhängig gemacht werden.

Vierter Abschnitt.

Offenbarung-eid und Haft.

|§ 912—915.

883

§ 912. (793.) Soll die Hast gegen eine dem aktiven Heere ober der aktiven Marine angehörende Militärperson vollstreckt werden, so hat das Gericht die vor­ gesetzte Militärbehörde um die Vollstreckung zu ersuchen. E. § 738.

Mot. 446.

Prot. 421.

§ 913. (794.) Die Hast darf die Dauer von sechs Monaten nicht über­ steigen. Nach Ablauf der sechs Monate wird der Schuldner von Amts wegen aus der Hast entlassen. E. § 739.

Mot. 447.

Prot. 421.

§ 914. (795.) Ein Schuldner, gegen welchen wegen Verweigerung des im § 807 erwähnten Offenbarungseides eine Hast von sechs Monaten vollstreckt ist, kann auch auf Antrag eines anderen Gläubigers von neuem zur Leistung dieses Eides durch Hast nur angehalten werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Schuldner später Vermögen erworben habe. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn seit der Beendigung Der Haft fünf Jahre verstrichen sind. E. § 740.

Mot. 447.

Prot. 421. — Nov. 1898 E. § 795; Begr. 189.

§ 915. Das Bollstreckungsgericht hat ein Verzeichnis derjenigen Personen zu führen, welche vor ihm den im § 807 erwähnten Offen06 der Vorschub rechtzeitig geleistet und erneuert ist, beurteilt zunächst der Gerichtsvollzieher, so­ dann die GefüngniSverwaltung (Gaupp Nr. II). 2) „auS diesem Grunde oder ohne sein Zutun" — d. h. wegen Nichterneuerung des Vorschusses oder wegen einer ohne Zustimmung deS Schuldners vom Gläubiger beantragten Unterbrechung der Hast. Ist der Schuldner aus anderm Gründen entlaffen, so ist die Erneuerung der Hast unbeschränkt (vgl. Planck II 778). 8) „auf Antrag desselben Gläubiger-" — d. h. zugleich auf Grund desselben vollstreckbaren Titel- (Planck a. a. O.). Die- gilt auch für den Rechtsnachfolger. .Erneuerung der Haft" — d. h. Wtederverhaftung au- demselben Grunde. Entsteht ein neuer Haftgrund (vgl. z. B. § 903), so kann auch von demselben Gläubiger eine Wiederholung der Verhaftung beim Gerichte beantragt werden. *912.

1) Die Vorschrift ist zur Wahrung dienstlicher Interessen gegeben. Vgl. auch § 790 Abs. 1. Nur die Vollstreckung, nicht die Anordnung der Hast gebührt der Militärbehörde (vgl. § 390 Anm. 5). Da- Ersuchen, da- einen Antrag de- Gläubiger- voraussetzt, er­ folgt durch das Gericht, da- die Haft angeordnet hat. Wegen mobiler Truppenteile usw. s. § 904 Nr. 2. 2) Über die Begriffe „aktive- Heer" und „aktive Marine" vgl. § 172 Anm. 2. Wegen der „vorgesetzten Militärbehörde" vgl. § 378 Anm. 4. 8) Die Mitwirkung de- Gericht- ist gebührenfrei (GKG. § 47 Nr. 13). I*** 913, * § 914.

Die in den §§ 913f. enthaltenen Beschränkungen der Haft sind teils durch Rücksichten ler Menschlichkeit, teil- durch die Erwägung geboten, daß von einer weiteren Haft sich ein Erfolg richt erwarten laßt. § 913 bezieht sich nur aus ein und denselben Gläubiger und auf dieselbe Leistung. Ander- § 914, der mit § 903 übereinstimmt. Selbstverständlich kann im Falle de§ 913 der Gläubiger auch früher die Entlaffung herbeiführen. — Auch § 914 ist von Amt- wegen pt beachten (vgl. § 903 Anm. 3). § 914 Abs. 2 entspricht dem § 903 Abs. 2 (vgl. das. Anm 4 i. § 915 Anm. 2).

884

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

# 916.

barungseid geleistet haben oder gegen welche wegen Verweigerung des Eides die Haft angeordnet ist. Die Vollstreckung einer Haft ist in dem Verzeichnisse zu vermerken, wenn sie sechs Monate gedauert hat. Sind seit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Eintragung in das Verzeichnis bewirkt ist, fünf Jahre verstrichen, so ist die Eintragung dadurch zu löschen, bafe der Name unkenntlich gemacht oder das Verzeichnis ver­ nichtet wird. Die Einsicht des Verzeichnisses ist jedem gestattet, auch hat der Gerichtsschreiber auf Antrag über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Eintragung Auskunft zu erteilen. Nov. 1898 E. § 795 a; Begr. 189. — Nov. 1909 Begr. 48; .NomB- 71.

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen. 8 916. (796.) Der Arrest findet zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, welcher in eine Geldforderung übergehen kann. # 915. 1) Dir früher durch die ZPL. nicht angeordnete Führung eines Verzeichnisses hatte die Nov. v. 1898 im Interesse der Sicherheit des Verkehrs im Anschluß an die bereits in einzelnen Bundesstaaten erlassenen Verwaltungsanordnungen vorgeschrieben. Die Nov. v. 1909 hat in Abs. 2 das Löschungsverfahren vereinfacht (Begr. 48) und in Abs. 3 den Gerichtsschreiber zur Auskunstserteilung verpflichtet (KommB 71). 2) Abs. 2: „ober daS Verzeichnis vernichtet wird" — Bei größeren Amtsgerichten wird sich die Führung von Jahreslisten empfehlen. Nach der neuen Vorschrift wird zwar das Verzeichnis nicht mehr stets eine richtige Grundlage für die Feststellung bieten, ob § 914 einem zwangsweisen Vorgehen gegen den Schuldner entgegensteht, doch hat die Begr. a. a. £. hiervon keine praktischen Unzuträglichkeiten befürchtet. 8) Abs. 3 verlangt weder für die Einsicht noch für den Antrag aus schrijtliche Aus­ kunft den Nachweis eines rechtlichen Interesses l vgl. Ganpv Nr. III). Die Einsicht ist gebührenfrei. 4) Besch tv erde wegen Eintragung oder Löschung findet nur im Dien st aussichtSwege statt (Gaupp Nr. IV).

Fünfter Abschnitt. Literaluri Merkel, Arrest u. einstweilige Verfügungen. 1880; Dorendors, Arrest u. einstw. Vers. 1884; Peters, Arrest u. einstw. Vers. 1884; Werner, Das Recht des Arrestes im Zivilprozesse, 1884; Schmidt § 92; Fitting §§ 125 ff.; Weismann §§ 182 ff.; v. Bar, T. D. Zivilprozeßrecht, 1880, 76 ff.; Meibom, D. Jmmobiliararrest, im c. A. 72, 331 ff.; Güthe in Busch 24, 346 ff. 1) Nach den Mot. dient der Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung (§ 916), die einstweilige Verfügung zur Sicherung einer Individual­ leistung (8 935) oder zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (§ 940). fBgl. auch RG. in SA. 43 Nr. 253, in Gruchot 32, 743 u. unten §§ 935—942 Anm. 1; Preuß. GeschA. f. d. GL. § 86 Nr. 1.1 Der Arrest entspricht im allgemeinen dem 2., die einstweilige Verfügung dem 3. Abschnitte dieses Buches (vgl. jedoch § 916 Anm. 2). Indessen wird die einstweilige Verfügung nicht durch die in dem

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

§ 916.

885

Die Zulässigkeit des Arrestes wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der An­ spruch ein betagter oder ein bedingter ist, es sei denn, daß der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Bedingung einen gegenwärtigen Vermögenswert nicht hat. E. § 741. Mot. 448 f. Prot. 423 ff. — Nov. 1898 Mot. z. EG. BGB. 102; E. 8 796; Begr. 189 f.; Prot. z. BGB. I. 181 ff., VI. 729 f. letzteren behandelten Falle erschöpft (vgl. z. B. §§ 627, 672, EG. z. ZPO. § 16 Nr. 3). Der Arrest ist stets, die einstweilige Verfügung in der Mehrzahl der Fälle eine antizipierte Zwangsvollstreckung, die auf Grund eines summarischen Verfahrens (vgl. Anm. 1 vor § 592) angeordnet wird, aber nicht zur Befriedigung, sondern nur zur Sicherstellung des Gläubigers führt (vgl. RG. 33 418, in IW. 1892^ 311). — Wenn sich eine gerichtliche An­ ordnung als „Arrestbefehl" (vgl. § 923) bezeichnet, während sie ihrem Inhalte nach eine einst­ weilige Verfügung ist, so steht diese falsche Bezeichnung der Gültigkeit der Anordnung nicht ent­ gegen lvgl. auch § 512 Anm. 4). 2) Die §§ 916—918 bestimmen die Voraussetzungen des Arrestes; Me §§ 919—923 handeln von der Anordnung des Arrestes, §§ 924, 925 von dem Widersprüche, §§ 926, 927 von der Aufhebung, §§ 928—933 von der Vollziehung des Arrestes, § 934 von der Aufhebung des vollzogenen Arrestes, §§ 935 und 940 bestimmen die Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung, §§ 936—939, 941, 942 das Verfahren. Gemeinsame Vorschriften enthalten die §§ 943—945. Vgl. auch § 708 Nr. 5. 3) Die Arrestsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen sind nach GVG. § 202 Nr. 2 Feriensachen, mit Ausnahme der Klage aus § 945. 4) Über den „offenen Arrest" im Falle des Konkurses s. KO. §§ 110 ff., 118 ff. 5) Über die völkerrechtliche Unzulässigkeit des Arrestes gegen fremde (außer­ deutsche) Staaten s. Droop in Gruchot 26, 289 ff. Vgl. Dorendorf 8 N. 26, Böhm, Handb. d. Rechtshilfeverfahrens 1886, 202ff., v. Bar, Theorie u. Praxis der Internat. Priv.- u. StR. II 661 ff., 677 ff., Z. f. internal. Priv.- u. StrR. 2, 97, 159, 241, Busch 17, 242, Niemeyer in DJZ. 1910, 105, Löning das. 161, Fleischmann int Recht 1910, 49; s. auch § 18 Anm. 4. — Anders der Arrest gegen fremde Fürsten; dieser ist in Preußen geregelt durch Anh. §§ 201—204 ;u AGO. I 29 § 90 (Löning a. a. O. 165). 6) Die Bestimmungen der ZPO. über die Vollziehung und die Wirkungen des dinglichen Arrestes finden auch auf die nach der StPO, zulässige Beschlagnahme einzelner zum Vermögen des Angeschuldigten gehöriger Gegenstände Anwendung (StPO. §§ 325, 480, StGB. §§ 93,140); vgl. Grauer int Jb. d. Württemb. RPflege 9, 11 ff. u. dazu Kleinfeller in Busch 24, 518. 7) Über den Arrest und die einstweiligen Verfügungen int Verfahren vor den Gewerbegerichten s. GewGG. § 56 Abs. 4. 8) Wegen der Wirkung eines von einem ausländischen Gericht erlassenen Arrestes vgl. RG. 36 355. 8 916. 1) Abs. 1: „zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das — Vermögen" — Dies ist der einzige Zweck des Arrestes; vgl. d. allg. Bem. und die ZA 917f. Auch zur Sicherung der Vollstreckung von Urteilen ausländischer Gerichte ist der Arrest zulässig. — Gegen den Erben des Schuldners kann vor Annahme der Erbschaft kein Arrestbefehl erlassen werden (RG. 60 179). 2) „oder wegen eines Anspruchs — kann" — Hierdurch wird der Umfang des Arrestes auf alle vermögensrechtlichen Ansprüche (s. § 20 Anm. 2) erweitert, auch auf solche, bei denen die Vollstreckung nach §§ 888, 890 erfolgt, da bei ihnen die Möglichkeit des Übergehens in eine Jnteresseforderung stets vorhanden ist (vgl. § 893 — RG. in Gruchot 32, 743, ObLG. in SA. 50 Nr. 225). Will der Gläubiger sich jedoch die Jndividualleistung selbst sichern, so muß er nach den §§ 935 ff. vorgehen. Dgl. noch RG. 54 162 und in Gruchot 50, 433.

886

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

$ 917.

§ 917. (797.) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, baß ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Als ein zureichender Arrestgrund ist es anzusehen, wenn das Urteil im Auslande vollstreckt werden müßte. E. § 742.

Mot. 449.

Prot. 425.

3) Abs. 2: Die Zulässigkeit des Arreste- bei betagten Ansprüchen hat dieselben Voraus­ setzungen wie bei bereits fälligen, wenngleich die Frage, ob Gefahr vorliegt, bei betagten An­ sprüchen der Natur der Sache nach einer anderen Beurteilung unterliegen wird. 4) Hinsichtlich der bedingten Ansprüche hat die Nov. v. 1898 ebenfalls eine Sicherung durch Arrest zugelaffen, sofern sie nicht wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Be­ dingung überhaupt keinen gegenwärtigen Vermögenswerl haben (vgl. auch KO. § 154 Abs. 2). Im Sinne des Abs. 3 ist übrigens der Anspruch auch dann bedingt, wenn die Bedingung zwar eingetreten, da- Ergebnis aber noch nicht bekannt ist (Begr.). Zu den bedingten Ansprüchen gehören auch die Ansprüche der Ehefrau im Scheidungsprozesse wegen der künftigen Vermögens­ absonderung (vgl. SR®, in Gruchot 37, 755). Ausgeschlossen ist dagegen ein Arrest für einen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglichen, aber noch nicht zur (bedingten) Entstehung gelangten Anspruch (OLG. Hamburg in SA. 58 Nr. 26, Gaupp Nr. II). Wegen des Arrestes für einen Kostenerstattungsanspruch während schwebenden Prozesse- vgl. SR®, in IW. 1906, 29. ß) Soweit der Zweck des Arrestes nach Lage des einzelnen Falle- durch anderweile Sicherheitsmittel (z. B. Pfand, Bürgschaft, Zurückbehaltungsrecht, auch Arrest) schon erreicht ist, kann der Arrest nicht angeordnet werden, weil dann der Arrestgrund fehlt (vgl. SR®. 8 358, Merkel 37 und oben § 263 Anm. 1 a. E.). Auf die Vollziehung eines angeordneten Arreste- findet nach § 928 der § 777 Anwendung (vgl. § 928 Anm. 1).

8 917. 1) Der tz 917 handelt von den Voraussetzungen des Arrestes auf (unbewegliche oder bewegliche) Gegenstände, einschließlich der Forderungen und anderer Vermögensrechte („dinglicher Arrest"). Wegen der zulässigen Gegenstände s. § 928 Anm. 1, Merkel 60 ff. Als einziger „Arrestgrund" (causa arresti) gilt die Besorgnis der Vereitelung oder wesentlichen Er­ schwerung der Zwangsvollstreckung, sei e- durch den Schuldner selbst oder durch einen unberechtigten Dritten oder auch durch äußere und zufällige Umstände (s. auch SR®, in IW. 1898, 541 Nr. 6). Letztere müssen jedoch in der Zukunft liegen; eine in der Vergangenheit liegende Tatsache (z. B. ein Brand) kann nur insofern in Betracht kommen, als sie die Besorgnis einer künftigen Ver­ eitelung der Zwangsvollstreckung erweckt (SR®, in IW. 1890, 113 Nr. 10). Auf die Absicht der Vereitelung oder Erschwerung kommt es nicht an, weshalb auch gegen Willen-unfähige oder in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkte Personen, sofern tatsächlich eine Vereitelung usw. zu be­ sorgen ist, ein Arrest zulässig erscheint (SR®, in IW. 1904, 557). Die Aufzählung von Bei­ spielen sBerschwendung oder verdächtige Veräußerung des Vermögens, Flucht oder Verdacht der Flucht, unsteter Aufenthalt de- Schuldners, der die Beitreibung der Forderung wesentlich erschwert (SR®, in IW. 1893, 384), bevorstehende Teilung der Erbschaft, Herbeiführung der Gütertrennung usw.] ist, abgesehen von Abs. 2, vermieden worden, um der freien Beurteilung des Gericht- keine Feffeln anzulegen. Da der Zweck de- Arreste- nicht in der Erlangung eines Vorzugsrechts vor den übrigen Gläubigern besteht, so ist die Bermögenszerrüttung des Schuldners und der drohende Zugriff anderer Gläubiger ohne Hinzutritt besonderer Umstände kein genügender Arrestgrund (SR®. 8 395, 416, in IW. 1899, 143; 1900, 393; in Gruchot 51, 1080, Puchelt in Busch 3, 3ff., Vier­ haus das. 5, 120 f., Barkhausen in Gruchot 26, 526 ff., Gaupp Nr. I u. a.). „des Urteils" — mag eS auch noch nicht erwirkt sein. Dasselbe gilt entsprechend hin­ sichtlich anderer vollstreckbarer Titel (§ 794). [So auch Merkel 31 u. a.]

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

f§ 918, 919.

887

§ 918. (798.) Der persönliche Sicherheitsarrest findet nur statt, wenn er erforderlich ist, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu sichern. E. 8 743.

Mot. 449 f.

Prot. 426 ff.

§ 919. (799.) Für die Anordnung des Arrestes ist sowohl das Gericht der Hauptsache als das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke der mit Arrest zu 2) Abs. 2: Es kommt nicht darauf an, ob der Schuldner Ausländer ist oder der Gläubiger, sondern darauf, ob die Vollstreckung des Urteils nur im Auslande (wozu hier auch die Schutzgebiete gehören — Busch 14, 207) erfolgen kann, gleichviel ob im Wege der Rechtshilfe oder weil der Schuldner nur im Auslande verklagt werden kann (OLG. Braunschweig in SA. 45 Nr. 68). Gleichgültig ist es, ob im Auslande Rechtshilfe gewährt wird oder nicht, selbst wenn die Gewährung der Rechtshilfe durch StaatSverttäge verbürgt ist (OLG. Breslau in HoldheimSMSchr. 8, 80, Petersen Nr. 3 u. a. AM. Mot ). Der Ausschluß des Arrestes kann nur durch einen vom Deutschen Reiche, nicht von einem einzelnen Bundesstaat, abgeschloffenen Staatsvertrag herbeigefühtt werden. 3) Landesrechtliche Befreiungen vom Arreste, z. B. auf Grund deS Immobiliar­ vermögens, sind durch § 917 aufgehoben (vgl. RG 26 400, in Gruchot 34, 947). 4) Eine besondere Anwendung deS dinglichen Arrestes s. im BGB. § 230 Abs. 2 und im HGB. §§ 691 Abs. 2, 698 Abs. 3. 8 918. 1) Der hier erwähnte Fall deS persönlichen Sicherheitsarrestes (Personalarrestes) ist aus § 2 deS Ges. v. 29. Mai 1868 allein übrig geblieben [f. auch KO. §§ 101, 106 und Art. 24 des Haager Abkommens vom 17. Juli 1906 (s. § 110 Anm. 3)]. Die Voraussetzungen sind nach den Mot.: 1. daß der Schuldner Vermögen besitzt, daS der Zwangsvollstreckung unterliegt, 2. daß Umstände obwalten, die die Bollstteckung in dieses Vermögen verhindern oder die Ver­ hinderung besorgen lassen, 3. daß diese Hindernisse durch Verhaftung deS Schuldners beseitigt werden können (vgl. auch ROHG. 6, 851; 6, 7f.; 10, 134ff.; 13, 156). So kann der Personalarrest z. B. erforderlich sein, um die ZwangSvollstteckung in daBermögen durch Leistung deS Offenbarung-eides (§§ 807, 901) zu sichern. (Ander-, toptn die ZwangSvollstteckung sich unmittelbar gegen die Person richtet.) Ein Arrestgrund ist eS ferner, wenn der Schuldner verdächtig ist, sein im Jnlande befindliches Vermögen in-Ausland schaffen zu wollen (Mot.). Dagegen ist der Personalarrest nicht mehr zulässig, um den Schuldner zu nötigen, im AuSlande befindliche Deckung-mittel herbeizuschaffen (RG. in SA. 55 Nr. 127, Merkel 9 ff., Petersen Nr. 3, Gaupp Nr. 3 u. a.). Der im Ausland eröffnete Konkurs schließt den persönlichen Sicherheit-arrest nicht au(vgl. KO. § 237, Gaupp Nr. 1). 2) Das Wort „erforderlich" drückt aus, daß der persönliche Sicherheit-arrest nur zu­ lässig ist, wenn die Bollstteckung durch einen dinglichen Arrest nicht gesichert werden kann. Der persönliche Arrest kann auch neben dem dinglichen angeordnet werden. Auf Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kommt e- nicht an. Immer muß jedoch erhellen, daß die ZwangSvollstteckung in das Vermögen möglich und in dem Falle, daß der Schuldner nicht in Hast genommen werde, gefährdet ist (vgl. Merkel 57 ff.). 3) Der persönliche Sicherheit-arrest besteht in Freiheitsbeschränkung, nicht notwendig in Haft des Schuldners. Über die geltenden Beschränkungen s. d. Anm. zu § 933, Merkel 73ff. Wegen der Ausländer vgl. das Haager Abkommen (Anm. 1). 4) Eine besondere Anwendung de- persönlichen Sicherheit-arrestes s. im BGB. § 230 Abs. 3.

888

Achtes Buch.

belegende Gegenstand Person sich befindet. E. § 744.

oder

Mot. 450 f.

die

Zwangsvollstreckung.

in

§ 920.

ihrer persönlichen

Freiheit

zu

beschränkende

Prot. 427.

§ 920. (800.) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter An­ gabe des Geldbetrags oder des Geldwerts sowie die Bezeichnung des Arrest­ grundes enthalten. 6 919. 1) Der § 919 enthält eine Verbindung sachlicher und örtlicher Zuständigkeit ff. H 1 Anm. $). Das „Gericht

der Hauptsache*

ist

das zur Entscheidung über die Geldforderung oder den

RG. 7 323 ff.), berufene (RG. 4 405, 7 323, 31 372, 45 346; vgl. auch

Anspruch (§916 Abs. 1) in erster Instanz, z. B. nach § 23 (vgl. Gericht — ohne Rücksicht auf die Anhängigkeit

unten § 943 Anm. 2) —, wenn der Rechtsstreit das Berufungsgericht (§ 943;

bereits

in der Berufungsinstanz anhängig ist,

s. jedoch auch OLG. Hamm in Rechtspr. 7, 330 u. wegen der

Fortdauer der Zuständigkeit bis zur Einlegung der Revision Anm. 1 Abs. vor § 239). Daneben ist nach Wahl des Gläubiger- (§ 35) als „Arrestgericht", d. h. als das Gericht, das den Arrest anordnet (§§ 926, 930, 933), das Amtsgericht zuständig, gegenstand (die Lachen einschließlich der Forderungen oder

in dessen Bezirke der Arrest-

die Person) sich befindet (vgl. § 23

Anm. 3—5), und zwar ohne Rücksicht auf das schwankende Erfordernis größerer oder geringerer Dringlichkeit. Anderen Gerichten gegenüber ist der Gerichtsstand ein ausschließlicher (§ 802). Über die Befugnis des Vorsitzenden in dringenden Fällen s. § 944. Ist die Hauptsache noch nicht anhängig gemacht, so hat der Gläubiger zwischen mehreren zuständigen Gerichten,

gegebensalls

auch

der Kammer für Handelssachen — vgl. GVG. § 101

RG 4 7 322, Petersen Nr. 2 u. a.). — Ist die Hauptsache anhängig gemacht und hat sich das

Anm. 4 — (und dem in Abs. 1 bezeichneten Amtsgerichte) die Wahl (vgl. § 943 Anm. 2, 407,

bett. Gericht noch nicht rechtSttäftig für unzuständig erklärt, so ist dieses stets das Gericht der Hauptsache im Sinne des § 919, auch wenn es sich mit Unrecht für zuständig erklärt hätte

(RG. 35 349, vgl. auch 40 379, 50 346, OLG. Hamburg in SA. 54 Nr. 129; s. aber auch Busch 30, 147). 2) Die Vollmacht für

den Hauptprozeß

genügt

auch für das Arrestverfahren (§ 82);

aber nicht umgekehrt.

3) Die Zuständigkeit des Arrestgerichts erstteckt sich auf die Vollziehung des Arrestes mittels Pfändung von Forderungen usw. (§§ 828, 857, 930 Abs. 2), auf das Widerspruchsverfahren (§ 924 Anm. 1), aus die zuweilen nötige Klage auf Erteilung der Vollstteckungsklausel (vgl. §§ 796 Abs. 3, 929 Anm. 1)

und auf die Anordnung im Falle des § 926 Abs. 1 (Merkel 198 ff.).

Wegen Pfändung von Forderungen im Auslande vgl. § 829 Anm. 3, 5. Ausnahmsweise ist daS Vollstteckungsgericht zuständig im Falle des § 930 Abs. 3. Über die Zuständigkeit hinsichtlich der Aufhebung des Arrestes s. §§ 926 Abs. 2, 927, 934. erlaffene Arrestbeschluß ist nicht nichtig,

Der von einem unzuständigen Gericht

sondern nur durch Widerspruch anfechtbar

(RG. in

Gruchot 42, 1211). Über den Einfluß des Arrestgesuchs auf die Anhängigkeit der Hauptsache vgl. § 263 Anm. 1 a. E.

6 920. 1) „Das Gesuch" — nämlich das an den zuständigen Richter (§ 919) gerichtete „Gesuch" (vgl. § 37 Anm. 1) um Anordnung deS Arrestes.

Auf dessen Form bezieht sich Abs. 3, während

Abs. 1 u. 2 den Inhalt betreffen. 2) Die Erfordernisse des Abs. 1 sind zwar nicht wesentlich („foM").

Ohne Bezeich­

nung des Anspruchs und des Arrestgrundes ist indessen den wesentlichen Erforderniffen des Abs. 2 nicht zu genügen und daS Gesuch überhaupt nicht zu begründen, doch kann der Richter die Verbefferung eines mangelhaften Gesuchs, namentlich in der mündlichen Verhandlung, anordnen.

Die

Bezeichnung deS Arrestgrundes insbesondere, die in der Angabe der die Besorgnis oder Gefahr

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Beifügungen.

| 920.

889

Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. Das Gesuch kann vor dem Gerichtsschreider zu Protokoll erklärt werden. T. 8 745.

Mot. 451 f.

Prot. 427.

(§8 917, 918) begründenden besonderen Umstände deS Falles zu bestehen hat, kann in der münd­ lichen Verhandlung (§§ 922, 924, 925) vervollständigt und verbessert werden (s. RG. 5 364 ff., Gvupv Nr. II it. o.; vgl. auch RG 24 372). Hierbei ist eine Unterscheidung zwischen Tatsachen, die bei dem Arrestantrage schon vorhanden, jedoch in dem Gesuche nicht vorgebracht worden wartn, und solchen, die erst später eingetreten sind, nicht gerechtfertigt (RG. in LA. 47 Nr. 175, Hergeubahn in Busch 18, 350 f.; vgl. auch § 924 Anm. 1, 2). Überhaupt hat daS Gericht den An­ forderungen deS § 920 gegenüber eine sehr freie Stellung (vgl. § 921 Abs. 2). — Der Anspruch ist nicht bloß durch Angabe des SchuldgruudeS genau zu bezeichnen, sondern auch durch Angabe des Geldbetrags oder (wenn der Inhalt nicht in einer Geldsumme besteht) des Geldwertnäher zu bestimmen (vgl. §§ 253 Nr. 2, 690 Nr. 3), was wiederum für den nach § 923 festzu­ stellenden Geldbetrag von Bedeutung ist. 8) Die Angabe des Gegenstandes deS Arrestes ist nicht vorgeschrieben. Notwendig ist sie zur Erwirkung deS persönlichen Arrestes sowie im Falle der Erwirkung des Arrestes bei einem anderen Gericht als dem der Hauptsache wegen der besonderen Voraussetzungen, dort der betreffen­ den Arrestart, hier der Zuständigkeit des Amtsgerichts (vgl. §§ 918, 919. AM. Gaupp § 919 Nr. III). Hiervon abgesehen, begründet der Arrestbefehl, wenn er unbeschränkt erlaffen wird, die Vollstreckung in alle Vermögens stücke des Schuldners, und nur im Jntereffe deS Gläubiger- liegt es, die dem Gegenstände nach erforderliche Mitwirkung des Gerichts zur Vollziehung unter Be­ zeichnung des Gegenstandes sofort in Anspruch zu nehmen (Mot.). Ein Gesuch um .Arrest" schlechthin ist also dahin zu verstehen, daß dinglicher Arrest nachgesucht wird (Merkel 136). Dem­ gemäß braucht auch der Arrestbefehl nicht den Gegenstand zu bezeichnen (vgl. RG. 9 321, in Gruchot 29, 1140; 34, 944), und eS gilt in dieser Beziehung auch keine Ausnahme für die Pfän­ dung von Forderungen (Dorendorf 92 N. 70), während der nicht vom Gerichte der Hauptsache verhängte Arrest die Beschränkung auf die im Gerichtsbezirke befindlichen Sachen enthalten muß. Vgl. §§ 928- 930 und Preuß. GeschA. f. d. GV. § 66 Nr. 4. 4) Abs. 2: DaS Erfordernis der Glaubhaftmachung gehört zur Begründung des Ge­ suchs (RG. 88 419, in Gruchot 85, 1104, in SA. 60 Nr. 20). Mehr als Glaubhaftmachung wird auch in dem Verfahren über die Rechtmäßigkeit deS Arrestes (§§ 922, 925) zur Rechtfertigung nicht erfordert, und zwar weder in betreff deS Anspruchs, noch bezüglich des Arrestgrundes (vgl. RG. 7 325; H. Meyer im c. A. 81, 281 ff.). Eine Vervollständigung deS Gesuchs in bezug auf die Glaubhaftmachung darf vom Richter nicht angeordnet werden (Dorendorf 11), wohl aber mündliche Verhandlung (Peterfen § 921 Nr. 1). Auch in der Berufungsinstanz kommt nur Glaubhaftmachung in Bettacht (vgl. § 924 Anm. 2, OLG. Cöln in RhA. 87 I 103). Die Ent­ scheidung über die Glaubhaftmachung unterliegt an sich nicht der Nachprüfung in der RevisionSmstanz (RG. in Gruchot 30, 1180; 35, 1105). Auf einen Gegenbeweis hinsichtlich deS Bestehcn§ deS Rechtes darf sich das Arrestgericht nicht einlassen (f. RG in IW. 1894, 55, ObLG. in SA. 41 Nr. 321). Dagegen ist bei Prü­ fung der Glaubhaftmachung des Anspruchs auch zu berücksichtigen, ob Einreden gegen ihn glaub­ haft gemacht sind (RG. in SA. 45 9hr. 64, in IW. 1893, 156), wahrend ein förmlicher Beweis der Einreden nicht verlangt werden darf (RG. 27 427, in SA. 59 Nr. 172; 60 Nr. 20; vgl. auch H. Meyer a. a. O.). In einem die Anordnung oder Aufhebung des Arrestes bettefsenden Rechtsstreite können sich )ie Parteien gemäß §§ 920 Abs. 2, 294 der Eideszuschiebung als Beweismittel überhaupt nicht und der sonst zulässigen Beweismittel nur dann bedienen, wenn die Beweisaufnahme sofort, s. h. ohne Anberaumung eines besonderen Beweisaufnahmetermins, erfolgen kann. Wegen eides­ stattlicher Versicherung der Partei vgl. § 294 Anm. 2, 3.

Achte- Buch.

890

Zwangsvollstreckung

# 921.

S 921. (801.) Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Berhandlung erfolgen. Das Gericht kann, auch wenn der Anspruch oder der Arrestgrund nicht glaubhaft gemacht ist, den Arrest anordnen, sofern wegen der dem Gegner drohenden Nachteile eine nach freiem Ermessen zu bestimmende Sicherheit geleistet wird. Es kann die Anordnung des Arrestes von einer solchen Sicherheitsleistung abhängig machen, selbst wenn der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft gemacht sind. E. § 746.

Mot. 451 f.

Prot. 427 f. — Nov. 1898 KomB. 219 f.

Wegen der Ausnahmen von Abs. 2 f. § 921 Abs. 2. 5) Abs. 3: Die Form des Arrestgesuchs ist mit Rücksicht auf dessen Dringlichkeit so frei wie möglich gestaltet (Mot.). Der Anwaltszwang ist in allen Fällen ausgeschlossen (§ 78 Abs. 2). Statt der Protokollierung kann selbstverständlich auch ein schriftliches Gesuch beim Ge­ richt eingereicht werden, während der bloße Vortrag bei der mündlichen Verhandlung nicht genügt. (So auch RG. 8 372, in IW. 1893, 38, Gaupp Nr. I u. a. AM. Merkel 135.) Vgl. §§ 41 Anm. 1, 297 Anm. 1, 647 Anm. 1.

8 921. 1) Abs. 1: Die ZPL. geht davon aus, daß der Arrest regelmäßig auf einseitiges, dein Gegner nicht mitzuteilendes Gesuch angeordnet wird. Indessen ist nicht ausgeschlossen, daß, ins­ besondere über einen im Lause des Prozesses gestellten Antrag auf Arrest, mündlich verhandelt wird (daher „kann"), z. B. wenn die Zuständigkeit nachzuweisen ist (vgl. QLG. Dresden in Busch 6, 479). Hierüber zu befinden, ist ausschließlich Sache des Gerichts. Der Beschluß, daß mündlich zu verhandeln sei, ist dem Gläubiger von Amts wegen zuzustellen (s. §§ 128 Anm. 4 b, 329 Abs. 3); die Ladung des Schuldners ist, wie gewöhnlich (§ 214), Sache des betreibenden Gläubiger- (vgl. Fischer in Gruchot 25, 649 ff., Petersen § 922 Nr. 4, Gaupp § 922 Nr. III 1 u. a. AM. Merkel 139, Hofsmann in Gruchot 24, 747 u. a). Im amtsgerichtlichen Verfahren ist auch hier von Amts wegen zu laden (§ 497). Die Ladungssrist (§ 217) — nicht die EinlassungSfrist — ist einzuhalten. Über den Fall, daß der Antragsteller ohne Gerichtsbeschluß zur mündlichen Verhandlung ladet, s. § 128 Anm. 4 b. Wegen Ergänzung des Arrestgesuchs in der mündlichen Verhandlung s. § 920 Anm. 2. Die Anordnung der mündlichen Verhandlung unter­ liegt nicht der Beschwerde (RG. 64 348). Die Worte „ohne vorgängige mündliche Verhandlung" sind aber nicht gleich­ bedeutend mit „ofone alles (vorgängiges) Gehör". Wird nicht mündlich verhandelt, so kann dennoch der Gegner gehört werden. Dies gilt auch (trotz § 834), wenn der Gläubiger sogleich eine For­ derung des Schuldners als Arrestgegenstand bezeichnet. Vgl. §§ 37 Anm. 2, 128 Anm. 4, 573 Anm. 1; anders §§ 225 Abs. 2, 834. Die Erklärung unterliegt, wenn sie an ein Kollegialgericht zu richten ist, dem Anwaltszwange (Dorendorf 12, Petersen Nr. 1, Gaupp § 922 Nr. I u. a. AM. srllh. Aufl., Peters 29, Hofsmann 737). 2) Abs. 2: Die Sicherheitsleistung als tatsächliche Bekräftigung kann die Glaub­ haftmachung des Anspruchs oder des Arrestgrundes (§ 920 Abs. 2) ersetzen (vgl. RG in IW. 1895, 167 Nr. 16 f.; 1898, 606 Nr. 30), nicht aber den Arrestgrund selbst (RG. in Gruchot 39, 454, in IW. 1900, 393). Auch ist der Arrest gegen Sicherheitsleistung zulässig, wenn weder der Arrestgrund noch der Anspruch glaubhaft gemacht ist (RG. 27 415, Merkel 137 f., Gaupp Nr. II u. a.). Die Sicherheitsleistung kann aber auch neben der Glaubhaftmachung beider ge­ fordert werden. In beiderlei Hinsicht unterliegt die Anwendung des vorliegenden Bestärkungs­ mittels dem pflichtmäßigen richterlichen Ermessen und ebenso der Betrag und die Art der Sicher­ heitsleistung (vgl. § 108). Vgl. §§ 922 Abs. 3/923, 925 Abs. 2, 927 Abs. 1; RG in IW. 1902, 444. Daß der Gläubiger die Sicherheitsleistung anbiete, ist nicht erforderlich (RG. 12 366, in Gruchot 33, 1211).

Fünfter Abschnitt.

Arrest imb einstweilige Verfügungen.

| 922.

891

§ 922. (802.) Die Entscheidung über das Gesuch erfolgt im Falle einer vorgängigen mündlichen Verhandlung durch Endurteil, anderenfalls durch Beschluß. Den Beschluß, durch welchen ein Arrest angeordnet wird, hat die Partei, welche den Arrest erwirkt hat. zustellen zu lassen. Der Beschluß, durch welchen das Arrestgesuch zurückgewiesen oder vorgängige Sicherheitsleistung für erforderlich erklärt wird, ist dein Gegner nicht mitzuteilen. E. § 747.

Mot. 452.

Prot. 428.

Die Rückgabe einer geleisteten Sicherheit nach Aufhebung des Arrestes oder rechtskräftiger Verurteilung des Arrestbeklagten in der Hauptsache regelt sich nach § 109 (vgl. § 943 Anm. 4). Der Beschluß (oder das Urteil), der die Anordnung deS Arrestes von einer Sicherheits­ leistung abhängig macht, kann sogleich den (bedingten) Arrestbefehl enthalten, wenn das Gericht eS nicht vorzieht, nur daS Verlangen der Sicherheitsleistung auszusprechen (vgl. § 922 Abs. 3); in diesem Falle wird der Arrestbefehl erst erlaffen, wenn die erfolgte Sicherheitsleistung nach­ gewiesen ist. (So auch Merkel 145, Mugdan in Busch 17, 396, Dorendors 14, Petersen Rr. 3. Gaupv Nr. III u. a.; vgl. OLG. Dresden in SA. 44 Nr. 152, Karlsruhe in Puchelt-Z. 32, 21. AM. Friedmann in Gruchot 37, 682 ff., Seuffert Anm. 3 u. a.; vgl. auch 9MB. 36 359, in SA. 47 Nr. 3, OLG. Hamburg das. 59 Nr. 24.) Gegen den bedingten Arrestbefehl finden RechtSbehelse in gleicher Weise statt wie gegen den unbedingten. Gegen den (Zwischen-) Beschluß, der die Sicherheitsleistung anordnet, steht dem Arrestsucher die (einfache) Beschwerde zu, weil in diesem Beschluß eine teilweise Zurückweisung deS Arrestgesuchs liegt (vgl. § 922 Abs. 3), wahrend der Gegner erst gegen die wirkliche Anordnung des Arrestes das Recht des Widerspruchs (§ 924 Abs. 1) hat (vgl. § 922 Anm. 1). Wegen der Vollziehung deS bedingten Arrestbefehls vgl. § 929 Anm. 6. 8) Inwiefern die geleistete Sicherheit im Falle der Aufhebung deS Arrestes von dem Schuldner in Anspruch genommen werden kann, richtet sich nach § 945. Für die hiemach sich ergebenden Ansprüche gewährt die Sicherheitsleistung ein Pfandrecht (BGB. § 288). Wegen der Anwaltsgebühren bei der Sicherheit vgl. auch R®. in Gmchot 44. 207.

| 922. 1) Abs. 1: Nach der Form deS Verfahren- (§ 921) richtet sich auch die Form der Ent­ scheidung, die übrigen- in allen Fällen, abgesehen von § 922, dem Gerichte, nicht dem Vor­ sitzenden zusteht. Daß im Falle einer mündlichen Verhandlung ein Urteil erlaffen wird, obwohl die mündliche Verhandlung nicht notwendig ist, enthält eine Abweichung von deu all­ gemeinen Gmndsätzen (s. Vordem. 1 z. 2. Zit. d. 2. Buche- u. § 329 Anm. 1). Eine Folge dieser Ausnahme ist, daß beim Ausbleiben deS einen oder andem Teile- BerfäumntSurtetl stattfindet (vgl. § 347 Anm. 4; 9MB. in Gruchot 43, 770 AM. OLG. Hamburg in Rechtfpr. 9, 82). Die Glaubhaftmachung wird beim Ausbleiben des Schuldner- durch deffen Säumnis ersetzt. (So auch Meyer in Busch 9, 347 f., Gaupp Nr. III u. a. AM. Hoffmann in Gruchot 24, 745, 748, Wach, Dortr. 163 N. **.) Ein Urteil ist auch dann zu erlaffm, wenn erst da- Beschwerdegericht (nach Ablehnung des Gesuchs in erster Instanz) mündliche Verhandlung anordnet (91®. in IW. 1898, 142). Die mündliche Anordnung eine- Arrestes ist nicht statthaft. Vgl. auch § 923 Anm. 2 („Arrestbefehl").

Die Verhandlung und Entscheidung kann, wenn die Hauptsache bereits anhängig ist, wegen Verschiedenheit der Prozeßart nicht mit der letzteren verbunden werden (vgl. § 147, Merkel 143, Gaupp Nr. lila, Seuffert Anm. 2e u. a. AM. früh. Aufl.). Die mündliche Verhandlung unterliegt den allgemeinen Vorschriften, soweit nicht der eigenartige Charakter de- Arrestverfahrens die Anwendung verbietet. Im Verfahren vor dem Amtsgerichte kommen deshalb grundsätzlich auch die Bestimmungen der §§ 496 ff., insbesondere auch § 501, zur Anwendung. Gegen die in einem Endurteil enthaltene anordnende oder zurückweisende Entscheidung fiidet Berufung, Revision oder Einspruch nach allgemeinen Grundsätzen statt (§§ 338, 511, 545,

Achtes Buch.

892

Zwangsvollstreckung.

§ 923

§ 923. (803.) In dem Arrestbefehl ist ein Geldbetrag festzustellen, durch bessert Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird. E. § 748.

Mot. 452. ^Prot. 428.

943). Vgl. §§ 924, 925 Anm. 3, 943 Anm. 3. Ist die Entscheidung auf eine mündliche Verhandlung erfolgt, die das Gericht als Beschwerdegericht oder als Berufungsgericht (§ 943 Abs. 1) angeordnet hat, so ist daher gegen das Urteil des Landgerichts kein Rechtsmittel gegeben (RG. 71 24; OLG. Dresden int SächsA. 9, 586), gegen das Urteil des Oberlandesgerichts die Revision (RG. 52 270, auch 50 324; vgl. § 545 Anm. 2). Gegen den zurückweisenden Beschluß (Abs. 3) ist nur die Beschwerde (§ 567 Abs. 1) zulässig (nicht die „sofortige" — §§ 793, 934 Abs. 4; vgl. §§ 916, 928 — so auch RG. 16 367, in IW. 1890, 99, Merkel 150, Peters 30 u. a.), gegen den anordnenden Beschluß nur der „Widerspruch" nach § 924 (vgl. §§ 924, 925 Anm. 1, Dorendorf 25, Gaupp Nr. II 1). 2) In dem Endurteile des § 922 muß gemäß § 308 Abs. 2 auch über die Kosten des Arrestverfahrens nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 91 ff. entschieden werden. Ein Hinausschieben der Entscheidung bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist unzulässig, weil daS Arrestverfahren einen besonderen Prozeß bildet und es ungewiß ist, ob in der Hauptsache demnächst eine Entscheidung erfolgen wird (OLG. Cöln im RhA. 91 I 84, H. Meyer in Busch 7, 324 ff., Falkmann das. 15, 63 ff.). Fehlt die Entscheidung über die Kosten, so ist Ergänzung nach § 321 zulässig. Die Verurteilung in der Hauptsache schließt die Verurteilung in die Kosten des Arrest­ verfahrens nicht in sich (vgl. §§ 91 Anm. 2 Abs. 3, 103 Anm. 1). Die Kosten des Arrestbeschlusses muß der Gläubiger vorschießen; die Erstattung kann er mit der Hauptklage geltend machen oder mittels besonderer Klage verlangen; auch kann er in die durch den Arrest zu sichernde Forderung die voraussichtlichen Kosten mitaufnehmen (vgl. OLG. Hamburg in SA. 46 N. 161, OLG. Cöln u. H. Meyer a. a. O., Petersen Nr. 2 u. a. AM. ObLG. in Rechtspr. 3, 212, Seuffert Anm. 5, jetzt auch Gaupp Nr. II, die gleiche Grundsätze anwenden wie im Falle des Endurteils, obwohl § 308 nicht zutrifft; desgl. Falkmann a. a. O. 63 ff., Marcus im c. A. 79, 451 ff. und bes. Anger im SächsA. 1909, 319 ff.). Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 26 Nr. 9, 28, 35 Nr. 3, 39 Abs. 1; RAGebO. § 28 (Nov. v. 1909). 3j Abs. 2 und 3 handeln von der Zustellung bzw. Mitteilung des Beschlusses. An sich würde der Beschluß beiden Teilen von Amts wegen zuzustellen sein (§ 329 Abs. 3), was anch an den Antragsteller geschieht (vgl. § 929 Abs. 2). Zur wirksamen Entstehung des Pfandrechts genügt die bloße Ausreichung an den Antragsteller (RG. 11 402). Im übrigen ist aber ausnahmsweise in Abs. 2 bezüglich des den Arrest anordnenden Beschlusses dem Antragsteller die Zustellungspflicht auferlegt (s. auch §§ 829 Abs. 2, 178 Anm. 2; Preuß. GeschA. f. d. GV. § 86 Nr. 2, OLG. Colmar in ElsLothZ. 26, 147). Dies gilt trotz § 496 Abs. 1 auch im amtsgerichtlichen Verfahren, da sonst der gesetzgeberische Zweck, dem Gläu­ biger die Zwangsvollstreckung gleichzeitig mit oder sogar vor der Zustellung (vgl. § 929 Abs. 3) zu ermöglichen, vereitelt würde (vgl. auch die im § 496 Abs. 1 aus ähnlichen Gründen ausdrücklich aufrechterhaltene Ausnahme des § 317 Abs. 1). Ein zurückweisender oder vorgängige Sicherheits­ leistung fordernder Beschluß (vgl. § 921 Abs. 2) wird nach Abs. 3 dem Gegner überhaupt nicht mitgeteilt, weil eine solche Mitteilung den Zweck des Arrestes ebenso gefährden würde wie die Mitteilung des Arrestgesuchs vor dem Beschlusse (Mot.). Zur Zustellung genügt die Übergabe einer beglaubigten Abschrift (s. § 170 Anm. 2). Vgl. aber § 929 Anm. 3. Die Zustellung im Auslande darf nicht durch Übergabe zur Post bewirkt werden (ObLG. in SA. 49 Nr. 70; vgl. auch Busch 18, 440). Wegen der Verkündung und Zustellung des nach Abs. 1 ergehenden Endurteils gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 310 ff., 317. Vgl. § 929 Abs. 2. — Wegen der Vollziehung des Arrestes vor der Zustellung vgl. § 929 Abs. 3, wegen der sofortigen Vollstreckbarkeit § 929 Anm. 4.

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

§ 924.

893

§ 924. (804.) Gegen den Beschluß, durch welchen ein Arrest angeordnet wird, findet Widerspruch statt. Die widersprechende Partei hat den Gegner unter Mitteilung der Gründe, 8 923. 1) „In beut Arrckst beseht" — d. h. in der den Arrest anordnenden Entscheidung. Die Sicherheitsleistung mittels Hinterlegung baren Geldes, die, selbst bei un­ wirksamer Arrestpfändung (RG. 39 399), gemäß BGB. § 233 wie eine Pfandbestellung wirkt und daher ein Absonderungsrecht im Konkurse gewährt (s. §§ 108 Anm. 3, 4, 804 Anm. 6; vgl. auch RG. 18 28(5, OLG. Jena in SA. 38 Nr. 84, Merkel 182 ff. u. a.), genügt zur Ab­ wendung bzw. Beseitigung des Arrestes, weil dadurch der Zweck des letzteren erreicht wird (Mot.). Der hinterlegte Betrag tritt in gleicher Weise an die Stelle des in Beschlag genommenen Gegen­ standes, wie der Erlös des Pfandgegenstandes an die des letzteren (§§ 771 Anm. 3, 805; s. auch RG. 9 428; vgl. jedoch auch RG. 20 396, OLG. Hamburg in SA. 43 Nr. 317, wonach die Verwendung des Geldbetrags nicht denselben Beschränkungen unterliegen soll wie die Sache, z. B. wegen älterer Pfandrechte). Die Feststellung ist — anders als in den Fällen der §§ 921, 925, 927 — wesentlich und hat von Amts wegen zu geschehen („ist — festzustellen"). Geschieht sie nicht, so kann die Ergänzung des Urteils (entsprechend § 321) verlangt werden (vgl. § 716 Anm. 1, 2, jetzt auch Gaupp Nr. I u. a. AM. Merkel 147, Dorendorf 17, Seuffert Anm. 3 u. a., die nur die ordentlichen Rechtsmittel gegen das Endurteil zulassen). War der Arrestbefehl durch Beschluß erlassen, so kann der Gläubiger im Wege der einfachen Beschwerde (§ 567), der Schuldner durch Widerspruch (§ 924 Abs. 1) die Ergänzung erwirken. Eine Sicherheitsleistung anderer Art, z. B. die Hinterlegung von Wertpapieren, hat nicht die Wirkung der Hinterlegung. (AM. Cohn in Gruchot 32, 591 ff.) Der festgestellte Geldbetrag ist nach § 933 Satz 2 im Falle des persönlichen Sicherheits­ arrestes in den Haftbefehl aufzunehnten und bildet nach § 932 Abs. 1 beim Jmmobiliararreste den Höchstbetrag für die einzutragende Sicherungshypothek, desgl. nach § 931 Abs. 3 Satz 1 beim Arrest in Schiffe den Höchstbetrag der Haftung. — Nach GVGebO. § 4 Abs. 2 ist der Betrag auch für die Pfändungsgebühr des Gerichtsvollziehers maßgebend. 2) Die Höhe des festzustellendenGeldbetrags richtet sich nach der Höhe der zu sichernden Forderung (vgl. § 916 Abs. 1). sVgl.auch RG u. OLG. Hamburg in SA. 43 Nr. 317.] An sich ist der Richter freilich an die Angabe des Gläubigers nicht gebunden. Gegen die Feststellung der Höhe des Betrags finden die gegen das Urteil oder den Beschluß, in dem die Feststellung erfolgt, zulässigen Rechtsmittel statt. — Die „Hinterlegung" erfolgt in der landes­ gesetzlich vorgeschriebenen Weise (vgl. §§ 108 Anm. 3, 4, 713 Anm. 3). Sie muß dem Antrage vorangehen („durch dessen Hinterlegung — der Schuldner zu dem Antrage — be­ rechtigt wird"), nicht bloß angeboten werden; sie kann auch durch einen Dritten bewirkt werden (RG. 34 356, OLG. Marienwerder in SA. 51 Nr. 215). 3) Der Antrag auf Hemmung der Vollziehung eines Arrestbefehls — im Gegensatze zur Aufhebung eines vollzogenen Arrestes (§ 934) — ist auf Grund der erfolgten Hinterlegung bei dem Arrestgericht anzubringen, bzw. dem Vollstreckungsorgane gegenüber geltend zumachen (vgl. Preuß. GeschA. s. d. GV. § 86 Nr. 6). Der Widerspruch gegen den Arrestbefehl ist dazu nicht geeignet (RG- in SA. 50 Nr. 143). Erfolgt die Vollstreckung durch den Gerichts­ vollzieher, so ist dieser ebenfalls zur Einstellung der Zwangsvollstreckung verpflichtet, wenn ihm die erfolgte Hinterlegung durch eine öffentliche Urkunde dargetan wird (§§ 775 Nr. 3, 928; Merkel 167). Der Arrestbefehl selbst, wird durch die Hinterlegung nicht aufgehoben. 4) Der hinterlegte Betrag kann vom Schuldner zurückgefordert werden, wenn der Gläubiger einwilligt oder der Arrestbefehl aufgehoben wird (§ 708 Nr. 5); der Rechtskraft des Urteils bedarf es dazu nicht (RG. 18 287).

894

Ächtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 924.

welche sie für die Aufhebung des Arrestes geltend machen will, zur mündlichen Verhandlung zu laden, ist das Arrestgericht ein Amtsgericht, so ist der Wider­ spruch unter Angabe der Gründe, welche für die Aufhebung des Arrestes geltend gemacht werden sollen, schriftlich oder zum Protokolle des Gerichts­ schreibers zu erheben; das Gericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung von Amts wegen zu bestimmen. Durch Erhebung des Widerspruchs wird die Vollziehung des Arrestes nicht gehemmt. E. § 749.

Mot. 452 f.

Prot. 428 f. — Nov. 1909 Begr. 48f.

88 924, 925. 1) Die §§ 924, 925 ordnen das Verfahren über die Rechtmäßigkeit des durch Beschluß angelegten Arrestes (f. § 922 Abs. 1). Es ist Sache des Schuldners, eine Ent­ scheidung über die Rcchimäßigkeit des Arrestes mittels Widerspruchs herbeizuführen. Der Widerspruch kann nur beim Arrestgericht erhoben werden (RG. 18 361, 377, OLG. Kiel in SA. 38 Nr. 293, ObLG. das. 40 Nr. 81, 46 Nr. 156; Merkel 198, Seuffert Anm. 2; s. auch § 10 Anm. 2). Auch wenn der Arrest aus erhobene Beschwerde erst in zweiter Instanz ange­ ordnet war, ist nur Widerspruch — nicht Beschwerde — zulässig (RG. 90 432, in IW. 1887 313 Nr. 9; vgl. auch RG 14 391 u. in SA. 41 Nr. 157) und dieser beim Gericht erster In­ stanz zu erheben (RG. 29 396, 37 369, 52 272, in IW. 1893, 76 Nr. 13, OLG. Hamburg in SA. 56 Nr. 122, Dorendorf 22 u. a. AM. KG. in Busch 19, 311 und in Gruchot 27, 861, Küntzel das. 29, 459, v. Kräwel in Busch 2, 397, Neubauer das. 19, 311 ff., v. Bischoffshauscn das. 408 ff., Seufsert Anm. 2, Gaupp § 924 Nr. III u. a). — Daß die Zustellung des Be­ schlusse- nicht ordnungsmäßig erfolgt ist, hindert die Erhebung deS Widerspruchs nicht (RG. in Gruchot 30, 163). Eine Frist ist für den Widerspruch nicht vorgeschrieben. Auch nach der Hinterlegung (§ 923), nach der Vollziehung des Arrestes (§ 928) und nach Erhebung der Haupiklage, ja selbst nach deren Erledigung (OLG. Dresden in Rechtspr. 14, 214), ist er noch zulässig (vgl. § 934 Anm. 3). Dagegen ist eine Bestreitung der Rechtmäßigkeit deS Arrestes im Wege einfacher Verteidigung gegen eine auf dem angeordneten Arreste fußcnde Klage nicht statthaft (Herzog im Busch 6, 389f.). Die Zulässigkeit des Widerspiuchsversahrens gilt für den dinglichen wie für den persön­ lichen Arrest und ist nicht von dem Nachweis abhängig, daß dem Schuldner aus dem Ausschube Nachteile erwachsen würden. Auch während des Konkurses des Schuldners kann über die Rechtmäßigkeit des Arrestes entschieden werden (RG. 3 396). Das Arrestpfandrecht bleibt in Kraft, bis über den Widerspruch entschieden ist (s. ObLG. in SA. 40 Nr. 81). 2) Die Bestimmungen beziehen sich nur auf den vom Schuldner oder von dessen Rechts­ nachfolgern. wie z. B. dem Konkursverwalter (vgl. § 52 Anm. 3; f. auch OLG. Karlsruhe in SA. 38 Nr. 85, ObLG. das. 46 Nr. 156), nicht aus einen von anderen Personen, z. B. vom Drittschuldner, erhobenen Widerspruch; im letzteren Falle ist vielmehr § 771 anzuwenden. (Vgl. auch Puchelt in Busch 3, 7 ff.; RG 12 401, 18 376.) Ebensowenig fällt die Anfechtung deArrestes auf Grund der §§ 29ff. KO. u. des § 6 des Anfechtungsges. unter § 924 (RG. 12 401). 3) Wenn der Arrest auf Grund mündlicher Verhandlung (durch Endurteil) an­ geordnet ist, kommen die §§ 924, 925 nicht zur Anwendung, da alsdann bereits in dieser alle Erörterungen Platz gesunden haben, die sonst bei der Verhandlung nach erhobenem Wider­ sprüche stattfinden würden (Mot.). Das Urteil unterliegt vielmehr der Berufung, der Revision oder dem Einsprüche nach allgemeinen Grundsätzen (§ 922 Anm. 1).

§924. 1) Abs. 2: Die Form der Erhebung des „Widerspruchs" steht mit den allgemeinen Verfahren-formen der ZPO. im Einklänge. Die Nov. v. 1909 überträgt deshalb auch die Grund-

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

§ 925.

895

§ 925. (805.) Wird Widerspruch erhoben, so ist über die Rechtmäßigkeit des Arrestes durch Endurteil zu entscheiden. Das Gericht kann den Arrest ganz oder teilweise bestätigen, abändern oder aufheben, auch die Bestätigung, Abänderung oder Aufhebung von einer nach freiem Ermessen zu bestimmenden Sicherheitsleistung abhängig machen. E. § 750.

Mot. 452 ff.

Prot. 429.

sähe der neuen §§ 496, 497 auf den beim Amtsgericht als Arrestgericht zu erhebenden Widerspruch. Die Vorschriften der §§ 214—217 kommen zur Anwendung. Über die Zustellung f. §§ 166ff., 496. Die Mitteilung der Gründe für die Aufhebung des Arrestes soll die mündliche Verhandlung vorbereiten (§§ 129ff.), jedoch können in der mündlichen Verhandlung auch andere Aufhebungsgründe geltend gemacht werden. Auch der Kläger kann neue, in dem schrift­ lichen Gesuche nicht angeführte Arrestgründe für die Bestätigung geltend machen (vgl. § 920 Anm. 2; RG. 5 364 ff., Dorendorf 23). Das Gericht hat unter Prüfung der von beiden Seiten beigebrachten Tatsachen und Beglaubigungsmittel (vgl. § 922 Anm. 1 Abs. 2) das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Voraussetzungen der Arreflanlage nach §§ 920, 921 festzustellen (RG. in IW. 1887, 96; 1898, 606 Nr. 29). 2) Als Aufhebungsgrund kann nur der Mangel einer der sachlichen oder for­ mellen Voraussetzungen des Arrestes (§§ 916—921) gellend gemacht werden. Dabei hat, da sich der Schuldner dem Arrestsucher gegenüber sachlich in der Rolle der Verteidigung befindet, letzterer die Voraussetzungen des Arrestes (Anspruch und Arrestgrund) glaubhaft zu machen, während ersterem die Pflicht zur Glaubhaftmachung nur in Ansehung der selbständigen Behauptungen (Anfechlungsgründe) obliegt, mithin unter Umständen die Bestreitung der Voraussetzungen des Arrestes genügt (vgl. RG. 20 380, in SA. 37 Nr. 174, in Gruchot 26, 1184; 28, 1173, in IW. 1889, 108 Nr. 7). Es können auch Einreden gegen dm Arrestgrund oder Tatsachen zur Aufrechterhaltung, des Arrestes geltend gemacht werden, die erst nach Anordnung des Arrestes entstanden sind (RG. 27 426, in SA. 47 Nr. 175). Vgl. § 920 Anm. 2, 4. In die Entscheidung über den Anspruch selbst hat sich das Arrestgericht aber nur so weit einzulassen, als es sich um das Erfordernis der Glaubhaftmachung handelt, gleichviel, ob die Hauptsache bereits anhängig ist oder nicht (vgl. RG. 27 427). „Denn nur der Arrest als solcher ist Gegenstand des Streits; zur Feststellung des Anspruchs ist das Gericht durch den Arrestantrag nicht berufen" (Mot.). Die Entscheidung im Arrestprozeß ist daher für die Entscheidung in der Hauptsache nicht maßgebend. Auch bei der tatsächlichen Prüfung der Einwendungen gegen den Hauptanspruch kommt es wegen der notwendigen Gleichheit der Parteirechte gleichfalls nur auf die Glaubhaftmachung an (RG. a. a. O., in IW. 1898, 508. AM. Hergenhahn in Busch 18, 360ff.; s. dagegen H. Meyer im c. A. 81, 284 ff. u. in Busch 19, 478), und die Beweisführung ist an die Schranken des § 294 auch hier gebunden (RG. in IW. 1882, 54; 1889, 108; 1891, 391; OLG. Dresden in Busch 7, 116, Hergenhahn a. a. O. 365 ff. u. a.). Vgl. § 920 Anm. 2, 4. Die Geltend­ machung neuentstandener Einwendungen und der Rechtsbehelf aus § 927 können miteinander konkurrieren (RG. 57 223, in Gruchot 49, 1071). Der § 280 kommt bei dem Widerspruchsverfahren nicht zur Anwendung (s. Mot.). Über die Frage der Zulässigkeit einer Widerklage im Arrestversahren s. noch Hergenhahn 351 a. E., Gaupp § 922 Nr. III, RG. in IW. 1888, 271 (im verneinenden Sinne); anderseits Löning in Busch 4, 34, 124. 3) Abs. 3; Der „Widerspruch" hat, wie'regelmäßig die Beschwerde (8 572), keine auf­ schiebende Wirkung. Hierzu bedarf es der Hinterlegung (§ 923).

§925. 1) Abs. 1: „über die Rechtmäßigkeit des Arrestes" — d. h. darüber, ob der Arrest ganz oder teilweise zu bestätigen, abzuändern oder aufzuheben ist (vgl. Abs. 2).

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung,

896

tz 926.

8 92V. (806.) Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne vorgängige mündliche Verhandlung anzuordnen, daß die Partei, welche den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe. Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch Endurteil auszusprechen. E. § 751.

Mot. 454.

Prot. 429.

„durch U; 11 burteil* — Also nach mündlicher Verhandlung, für welche die allgemeinen (^runbfäjje gellen (i. § 924 Anm. 1), insbesondere auch der Anwaltszwang. Gegen das Urteil findet Berufung, Revision (vgl. SR®. 5 430, 37 368. in Gruchot 27, 861) und bei Versäumung der Einspruch statt (§ 922 Anm. 1; s. SR®, in Gruchot 30, 1181, v. Kräwel in Busch 2, 397ff.). In der Berufungsinstanz ist ein neuer Widerspruch gegen den bisher nicht angefochtenen Teil deS Arrestbefehls nur mit Einwilligung des Gegners zulässig (vgl. auch SR®, in LA. 46 Nr. 79, in IW. 1890, 373). Über das Bersüumnisversahreu s. Merkel 193, SR®. 20 380; es finden die allgemeinen Grundsätze entsprechende Anwendung. — Eine einstweilige Anordnung der Einstellung der ArrestvoÜstrecknng bis zum Erlasse des Urteils ist unzulässig (SR®. 40 383, in IW. 1894, 279: OLG. (Sölu im RhA. 94 I 146). Wegen der Aufhebungsgründe und deren Glaubhaftmachung f. § 924 Anm. 1, 2. — Über die Entschädigungspflicht des Gläubigers vgl. § 945. Hinsichtlich der kosten der Vollziehung eines aufgehobenen Arrestes findet § 78h Abs. 2 Anwendung (s. das. Anm. 2). 2) Abs. 2: Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift liegt in dem Lpielraume, der nach Art und Umfang dem richterlichen Ermessen gewährt wird. Die Zulässigkeit der (vollständigen oder teilweisen) Bestätigung gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers entspricht den §§ 713 Abs. 1, 732 Abs. 2, 769, 770, 921 Abs. 2, die der Abänderung oder Aushebung gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers oder des Schuldners den §§ 713 Abs. 2, 732 Abs. 2, 769, 771 Abs. 3, 927. Vgl. § 923 Anm. 2, SR®, in IW. 1889, 42 8. - Die Anbringung eines neuen Arrestgesuchs wegen veränderter Umstände ist. entsprechend dem § 927, nicht ausgeschlossen. 3) Die vorläufige Vollstreckbarkeit des den Arrest aufhebenden oder beschränkenden oder von einer Sicherheitsleistung des Gläubigers abhängig machenden Urteils regelt § 708 Nr. 5 (s. das. Anm. 6). Indessen kommen auch die §§ 712—714 zur Anwendung (vgl. Mot., 'Keifel 1:76 s. u. a ). DaS bestätigende Urteil ändert selbstverständlich nichts in der Vollstreckbarkeit des Arrestbefehls (s. § 929 Anm. 4). Bei Vorlegung des den Arrest aufhebenden oder be­ schränkenden Urteils ist die Vollziehung des Arrestes einzustellen (§§ 77f> Nr. 1, 776, 928). 4) Wegen der Gebühren s. (MG. §§ 26 Abs. 1 Nr. 9, 28; RAGebO. § 28 (Nov. v. 1909). Wegen der Vorscdußpflicht des Widersprechenden s. OLG. Coln im RhA. 93 I 212. « 920. 1) Die Arrest fache hat sachlich stets die Natur eines Zwischenpunktes. Die ZPO. ge­ währt daher dem Schuldner das Recht, falls die Hauptsache noch nicht anhängig ist, die Erhebung der Klage in der Hauptsache zu erwirken. Selbstverständlich besteht hierfür nur dann ein Bedürfnis, wenn der Schuldner nicht inzwischen infolge der Vollziehung des Arrestes gezahlt hat. (Die Sicherheilsbestellung schließt das Interesse des Schuldners an alsbaldiger Entscheidung der Haupt­ sache nicht aus.) Daher ergeht die betrefiende richterliche Anordnung nur „auf Antrag". Bei betagten ober bedingten Ansprüchen (§ 916 Abs. 2) kann vor Eintritt des Termins oder der Bedingung in der Regel nur Erhebung der Feststellungsklage (§ 256; vgl. auch §§ 257—259) verlangt werden (vgl. § 256 Anm. 10; $R®. in Gruchot 51, 1083). Über die Anhängigkeit vgl. § 943 Anm. 3. Der Antrag unterliegt nach § 78 dem Anwaltszwange. Die Anordnung erfolgt, mafl der

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen,

g

927

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§ 927. (807.) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen ver­ änderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zu einer nach freiem Ermessen zu bestimmenden Sicherheits­ leistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden. Arrest durch l£nbinrteil ober Beschluß angeordnet sein, seitens des „Arrestgerichts" (vgl. § 919 Anm. 3) ohne mündliche Verhandlung (also durch Beschluß), wenngleich die Anhörung de- Gegners auch hier nicht ausgeschlossen ist (vgl. § 921 Anm. 1). Wegen der Zustellung s. § 329 Abs. 3. Die Frist bestimmt sich nach richterlichem Ermessen. Sic kam: auf Antrag abgekürzt ober verlängert werden (f. §§ 2*24, 225). Da sie zum Arrestverfahren gehört, wird sie durch die Ferien nicht gehemmt. Der Gläubiger hat kein Rechtsmittel, der Schuldner gegen die Versagung, auch gegen die Festsetzung einer zn langen Frist einfache Beschwerde (§ 567). (Vgl. § 922 Anm. 1, RG 16 366 und in Gruchot 30, 1149; OLG. Hamburg in SA. 39 Nr. 174, Celle in Busch 3, 19.] Die Klage kann beim Vorhandensein mehrerer Gerichtsstände in jedem Gerichtsstand erhoben tu erben (RG 13 365). Auch die Klage bei einem Schiedsgerichte kann hier gemeint sein RG 81 370), nicht aber ein bloßer Zahlungsbefehl, der nicht „Klage" ist (s. Seufsert Anm. 4, teilw. abw. Gaupp Nr. III). 2) Abs. 2: Der Rechtsnachteil ist die Aufhebung des Arrestes, die gleichfalls nur auf Antrag des Schuldners von dem Arrestgericht ausgesprochen wird. Da erworbene Rechte des Gläubigers in Frage stehen, kann die Aufhebung de-Arrestes nur auf Grund mündlicher Ver­ handlung durch Endurteil erfolgen. Der Gläubiger ist nach §§ 214, 697 zu laden; die Ladung vor ein Kollegialgericht unterliegt dem Anwaltszwange. Der Antrag kann auch im Wider­ spruchsverfahren gestellt werden, sogar in der Berufungsinstanz (RG. in IW. 1906, 30). Ist das Urteil ein Versäumnisurieil (vgl. H. Meyer in Busch 9, 378 ff.; Seufsert Anm. 5), so ist der Einspruch unbeschränkt zulässig. Bei Aufhebung deS Arrestes ist der Gläubiger in die Kosten des Arrestverfahrens, einschließlich der durch die Vollziehung des Arrestes en|)tonbenen, zu verurteilen (RG 7 376 a. E.: vgl. §§ 922 Anm. 2, 926 Anm. 1). Wegen der vorläufigen Vollstreckbarkeit vgl. 8 708 Nr. 5. 8) Solange die Verhandlung über den Antrag nicht geschlossen ist, kann der Nachteil noch durch Anstellung der Klage abgewendet werden (f. § 231 Abs. 2). 4) Wegen der Gebühren im Falle des Abs. 2 s. GKG. §§ 26 Abs. 1 Nr. 9, 28; RAGebO. § 28 (Nov. v. 1909). 8 927.

1) Abs. 1: Die freie, durch die Natur des Arrestes als einer vorläufigen Sicherheits­ maßregel gebotene Stellung des Richters (vgl. § 925 Anm. 2) zeigt sich auch nach der Be­ stätigung im Widerspruchsverfahren (§§ 924, 925). „wegen veränderter Umstände", d. h. in diesem Falle solcher, die sich erst nach der Bestätigung ereignet haben oder doch dem Schuldner erst nach der Bestätigung bekannt geworden sind (RG. 24 368. AM. Möller in Busch 10, 504 ff.), kann stets die Aufhebung des Arrestes oder die Umwandlung der Sicherheit in eine andere beantragt werden. Als Beispiel der ersteren („insbesondere") gilt die Erledigung des Arrestgrundes (vgl. 8§ 917, 918; OLG. Dresden in SA. 50 Nr. 68). Auch die Abweisung des Arrestklägers in der Hauptsache wird regelmäßig ausreichen; stets rechtfertigt sich die Aufhebung bei rechtskräftiger Aberkennung des Anspruchs (RG- in IW. 1896, 38) und bei rechtskräftiger Abweisung wegen Unzuständigkeit (RG. 50 346. AM. Gaupp Nr. II). Die rechtskräftige Entjqeibuiifl in der Hauptsache erledigt den Arrest, aber nur mit Hilfe des hier vorgeschriebenen Verfahrens (teilw. abw. RG. 71 309, wonach die rechtskräftige Aberkennung deS Hauplanspruchs oad) ohne Aufhebung des Arrestes und der Arrestpsändung dem Drittschuldner gegenüber die Pfändung unbeachtlich machen soll). Das Verfahren gemäß § 927 kann mit dem in der Haupt­ sache verbunden werden; der Standpunkt des Richters ist hier insofern ein anderer als bei Anbrruckmann u. Koch. Zivilprozeßordnung. 9. Aufl. 57

898

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§ 928.

Die Entscheidung ist durch Endurteil zu erlassen; sie erfolgt durch das Gericht, welches den Arrest angeordnet hat, und, wenn die Hauptsache anhängig ist, durch das Gericht der Hauptsache. E. § 752.

Mot. 454 f.

§ 928. (808.)

Prot. 429.

Auf die Vollziehung des Arrestes finden die Vorschriften

ordnung des Arrestes (vgl. § 934 Anm. 2). Dagegen ist die Eröffnung des Konkurses allein keine genügende Veränderung der Umstände; das Arrestpfandrecht wäre sonst fast ganz bedeutungslos (vgl. § 917 Anm. 1). [@o auch Hölscher in Busch 6, 207 ff. u. a. AM. Bark­ hausen in Gruchot 26, 532 ff.] Was von der Bestätigung (§ 925) vorgeschrieben ist („auch"), gilt auch bezüglich der durch Widerspruch nicht angegriffenen oder von vornherein durch Urteil erfolgten Anordnung (vgl. § 922 Abs. 1). Auch diese versteht sich nur „rebus sic stantibus“ und kann im Wege des § 927 angegriffen werden (RG. in IW. 1894, 562). War Widerspruch nicht erhoben oder ist das Urteil, das den durch Beschluß angeordneten Arrest bestätigt oder den Arrest angeordnet hat, noch mit Berufung anfechtbar, so können die veränderten Umstände nicht nur mittels des § 927, sondern auch durch Erhebung des Widerspruchs oder durch Berufung geltend gemacht werden. (Vgl. RG. 57 223, OLG. Braunschweig in SA. 43 Nr. 81, Herbst in Busch 7, 519 ff. AM. RG in IW. 1899, 395 a. E., Möller 507 ff.). Anderseits ist auch die Wiederholung des Arrestgesuchs nach Aufhebung eines früheren Arrestes nicht unzulässig (RG. 33 415); vgl. auch § 925 Anm. 5. 2) „auf Grund des Erbietens — Sicherheitsleistung" — Vgl. §§ 921 Abs. 2, 925 Abs. 2. Selbstverständlich kann auch der Arrestkläger wechseln und eine Umwandlung oder Ergänzung der in dem Arreste gebotenen Sicherheit beantragen (§ 916; vgl. auch § 112 Abs. 3). S. noch § 923 Anm. 2. „beantragt werden" — Der Antrag kann nur vom Arrestbeklagten gestellt werden, nach § 265 Abs. 2 auch nicht vom Erwerber der arrestierten Forderung (OLG. Stettin in SA. 39 Nr. 280). Der Gläubiger kann die Aufhebung des Arrestbefehls nicht beantragen, vielmehr nur auf die Vollziehung verzichten (f. RG. 15 430. Abw. OLG. Hamburg in SA. 45 Nr. 65; vgl. RG. 15 406). Vgl. § 914 Anm. 2 a. E. und hinsichtlich des Verzichts auf die Vollziehung auch § 843 Anm. 2. 3) Abs. 2: Die Entscheidung kann nur durch Endurteil erfolgen, auch wenn der Arrest durch Beschluß angeordnet war (RG- in Gruchot 30, 1183, OLG. Dresden in SA. 43 Nr. 80). Ist die Hauptsache noch nicht oder nicht mehr anhängig, so ist der Arrestkläger zur mündlichen Verhandlung vor das Arrestgericht (§ 919) zu laden (vgl. § 926 Anm. 2). Die Beweislast hat der Arrestbeklagte (RG. 20 380, OLG. Breslau in Busch 19, 478). Auch hier genügt aber Glaubhaftmachung; ein Versäumnisurteil ist zulässig (vgl. H. Meyer in Busch 9, 348, RG. a. a. O.; §§ 925 Anm. 1, 926 Anm. 2). Wegen der Widerklage gilt das in § 924 Anm. 2 a. E. Gesagte. Ist die Hauptsache anhängig, so kann der Antrag auf Aufhebung in der Verhandlung über die Hauptsache gestellt werden. Wird der Hauptanspruch aberkannt, so ist die sofortige Aus­ hebung des Arrestes auszusprechen (§§ 708 Nr. 5, 712 ff.). — Die Verbindung mit der an­ hängigen Hauptsache ist nicht notwendig. Die Sache kann getrennt von der Hauptsache, jedoch (abweichend von § 919) nur bei dem Gerichte der Hauptsache (8 943), verhandelt und ent­ schieden werden, wenn die Parteien bzw. das Gericht die Trennung vorziehen (§§ 145, 147). Als „Gericht der Hauptsache" kann nie ein Schiedsgericht gellen, bei dem der Prozeß anhängig ist (vgl. § 926 Anm. 1 a. E.). (So auch RG. 31 375; vgl. auch RG. 30 319, Köhler in Gruchot 31, 310 N. 64.] 4) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 26 Abs. 1 Nr. 9, 28; RAGebO. § 28 (Nov. v. 1909).

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

§ 929

899

über die Zwangsvollstreckung entsprechende Anwendung, soweit nicht die nach­ folgenden Paragraphen abweichende Bestimmungen enthalten. E. § 753.

Mot. 455.

Prot. 429.

§ 929. (809.) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehle bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehle bezeich­ neten Schuldner erfolgen soll. Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tage, an lvelchem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch derselbe erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. §928.

1) Die „Vollziehung des Arrestes" (zu der die Zustellung des Arrestbefehls nicht ge­ bort — ObLG. in SA. 49 Nr. 70) ist die Ausführung der Anordnung des Arrestes (des Arrest­ befehls). Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung als Regel ergibt sich aus der Natur des Arrestes (f. die allg. Bem. z. 5. Abschn.). Sie bezieht sich sowohl auf die Form und die Voraussetzungen der Vollziehung als auf die hinsichtlich des Gegenstandes geltenden Beschränkungen svgl. z. B. §§ 766, 771 (RG. in IW. 1890, 275), 777, 811, 850 (RG. in Gruchot 34, 1179), 904, 905; ferner §§ 808, 809], ebenso auf die einst­ weilige Einstellung der Vollziehung (§§ 767, 771; vgl. RG. in IW. 1894, 279, bei Bolze 22 Nr. 828, OLG. Hamburg in SA. 51 Nr. 247 — betr. einst». Verfg., s. auch § 936 Anm. 2 a. GL; wegen des § 719 f. § 707 Anm. 7) und auf die Kosten (§ 788 — vgl. RG in Gruchot 41, 202, in IW. 1899, 483; wegen § 788 Abs. 2 s. das. Anm. 2; teilw. abw. Wolfs in Gruchot 38, 121). Reichsgesetzliche Bestimmungen, wonach gewisse Gegenstände nicht mit Arrest belegt werden können fvgl. z. B. HGB. § 482; Post-Ges. v. 28. Okt. 1871 (RGBl. 347) § 20], bleiben daneben bestehen (EG. z. ZPO. § 13), während die landesgesetzlichen Beschränkungen beseitigt sind. Bezüglich des Personalarrestes vgl., auch § 933. Der Arrestbefehl (§ 922), der den Gegenstand des Arrestes nicht zu bezeichnen braucht, sondern sich mit der Anordnung des dinglichen Arrestes^ im allgemeinen begnügen kann (vgl. §§ 920 Anm. 3, 923 Anm. 1), und das unter Umstünden zu seiner Vollziehung zu erlassende Gebot können zwar gleichzeitig in derselben Urkunde erlassen und zugestellt werden (vgl. ObLG. a. a. O.); es muß jedoch das zu klarem Ausdrucke gelangt sein (RG. 9 319; vgl. auch RG im DRA. 1885 bes. Beil. 6, 297). Während des Konkurses finden Arreste sowenig wie Zwangsvollstreckungen (KO. § 14) statt. 2) „soweit — enthalten" — nämlich die §§ 929—934. Sie beruhen meistenteils auf dem besonderen Zwecke des Arrestes (s. d. allg. Bem.). 3) Uber die Gebühren in den Fällen der §§ 928-934 s. RAGebO. §§ 23, 31, 36; RG. 8 400 (vgl. 44 373). S. auch Preug. GeschA. f. d. GV. § 86 Nr. 9. §929.

1) Abs. 1 stimmt mit dem in gleicher Weise durch die Nov. v. 1896 geänderten § 796 Abs. 1 überein. Vgl. § 796 Anm. 1. Der Arrestbefehl enthält, wie der Vollstreckungsbefehl, bereits alle wesentlichen Bestandteile der Vollstreckungsklausel (§ 725). Hinsichtlich des Ausnahme­ falls konrmen die §§ 727 ff. zur Anwendung. — Wegen der Gebühren s. GKG. § 38 Nr. 8; RAGebO. §§ 24, 35. 2) Abs. 2: Diese Beschränkung der Vollstreckbarkeit auf eine kurze gesetzliche Frist (vgl. §§ 222, 223 Abs. 2; GVG. §§ 202 Nr. 2, 204) soll die Vollziehung des Arrestes unter vielleicht ganz veränderten Verhältnissen verhüten. Vgl. auch § 701. Die Nov. v. 1909 setzt wegen der durch Überlastung der Gerichtsschreibereien häufig hervorgerufene Verzögerungen an Stelle der zwei­ wöchigen eine einmonatige Frist. Die Frist ist von den Vollstreckungsorganen von Amts wegen

Achtes Buch.

900

Zwangsvollstreckung.

§ 929.

Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absätze bestimmten Frist erfolgt. E. § 754. KomB. 71.

Mot. 455.

Prot. 429. — Nov. 1898 E. § 809; Begr. 190. — Nov. 1909

zu beachten; von dem Gegner kann aber darauf verzichtet werden, loeil sie nicht als Notfrist be­

(RG. 37

zeichnet ist

378).

Durch den bloßen Auftrag an den Gerichtsvollzieher wird die Frist

nicht gewahrt (RG. 26 397); die Pfändung einer Buchhypothek ist erst durch die Eintragung im Grundbuche vollzogen (§ 830; KG. in Rechtspr. 19, 160); s. überhaupt Gaupp Nr. II 2. Bgt. auch §§ 845 Anm. 3, 932 Abs. 3 u. das. Anm. 2. „verkündet oder — zugestellt" — je nachdem der Arrest durch Endurteil oder durch Beschluß angeordnet ist; vgl. § 922 Anm. 3.

Hat der Arrestrichter die Zustellung des Arrest­

befehls an den Arrestsucher versäumt und der letztere; nachdem er in formloser Weise in den Besitz gelangt ist,

die Zustellung an den Arrestbeklagten veranlaßt,

so läuft die zweiwöchige Frist von

dieser Zustellung an, da ein Verzicht des Arrestktägers auf die Zustellung an seine Person anzu­ nehmen ist

(RG.

Gaupp Nr. II.

in SA. 45 Nr. 66; s. auch

RG. 11

404 und bei Bolze 22 Nr. 771, ebenso

AM. Seuffert Anm. 2).

3) Behufs Vollziehung muß

der Arrestsucher eine Ausfertigung des Arrestbefehls in

Händen haben (s. § 724).

4)

Die Vollziehung des Arrestes kann sofort erfolgen.

Arrestbefehle Arrestes.

(auch

Dies ergibt sich hinsichtlich aller

der den Arrestbefehl enthaltenden End urteile)

aus Natur und Zweck des

Die Frist des Abs. 2 hätte sonst keinen Sinn, und ebenso unterstellt § 923 (s. auch

§ 924 Abs. 3) offenbar, daß bis zur Hinterlegung die Vollziehung unbeschränkt zulässig ist. (Vgl. auch Prot, und RG. in IW. 1887, 312 Nr. o!) 5) Ist der Arrestbefehl wegen Versäumung der Monatsfrist hinfällig geworden, so ist der Arrestbeklagte berechtigt,

gegen die verspätete Vollstreckung sich der Hilfe des § 766 zu

bedienen oder den Arrestbefehl gemäß § 927 und auch noch in der Rechtsmittelinstanz durch Urteil

(RG.

aufheben zu lassen

51 129, OLG. Cöln im RhA. 86 I 212).

(§ 924) ist nicht ausgeschlossen (OLG. Frankfurt in Busch 39, 358). Unwirksamkeit

des

Arrestes hindert aber nicht die

Erneuerung

Auch

der Widerspruch

Die nach Abs. 2 eingetretene des Arrestgesuchs

(ObLG. in

SA. 37 Nr. 175). Der Abs. 2 findet gemäß § 932 Abs. 3 auch auf die Vollziehung des Arrestes in unbe­ wegliches Vermögen Anwendung (s. das. Anm. 2). — Wegen der Anwendbarkeit der Frist auf einstweilige Verfügungeu s. § 936 Anm. 1. 6) Über die Entstehungsgeschichte des durch Ges. v. 30. April 1886, betr. die Ergänzung des § 809 der ZPO. (RGBl. 130), hinzugefügten Abs. 3 ist einerseits

vgl.

die ftüh. Aust.

Durch Abs. 3

bei der Arrestvollziehung — im Gegensatze zur Zwangsvollstreckung — all­

gemein die Vollziehung vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig und mithin die Anwendbarkeit jener Vorschrift des § 750 für die Arrestvollziehung völlig beseitigt, anderseits wird die Wirksamkeit einer

vor der Zustellung erfolgten Vollziehung des Arrestes

gemacht, daß die Zustellung innerhalb einer kurzen Frist nachfolgt. zweifache.

Erstens muß die Zustellung innerhalb

davon abhängig

Diese Frist ist eine

einer Woche nach der Vollziehung und

zweitens innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung des Arrestbefehls an den Gläubiger erfolgen (vgl. auch Preuß. GeschA. f. d. GV. § 86 Nr. 3).

Auf die Zustellung

des Arrestbefehls an einen Schuldner, der sich im Ausland aufhält oder dessen Aufenthalt unbekannt ist, kommt aber § 207 zur Anwendung, so daß die Wahrung der Frist gegenwärtig stets möglich ist. Zweifelhaft ist es dagegen, ob der § 207 auch Platz greift, wenn der Gläubiger ohne Rück­ sicht auf Abs. 3 ein Gesuch um Zustellung vor der Vollziehung überreicht. Obwohl alsdann zur

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

§ 980.

901

§ 930. (810.) Die Vollziehung des Arrestes in bewegliches Vermögen wird durch Pfändung bewirkt. Die Pfändung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie jede andere Pfändung und begründet ein Pfandrecht mit den im § 804 bestimmten Wirkungen. Für die Pfändung einer Forderung ist das Arrestgericht als Vollsrreckungsgericht zuständig. Gepfändetes Geld und ein im Verteilungsverfahren auf den Gläubiger fallender Betrag des Erlöses werden hinterlegt. Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag anordnen, daß eine bewegliche körperliche Sache, wenn sie der Gefahr einer beträchtlichen Wertsverringerung ausZeit der Überreichung eine Frist für die Zustellung noch nicht begonnen hatte, dürfte die Frage dennoch zu bejahen sein, weil in Ermangelung ausdrücklicher entgegenstehender Vorschriften (rote z. B. im Falle des § 516 Abs. 2) eine Zustellung vor Beginn einer Frist der Zustellung inner­ halb der Frist gleichsteht. (So auch RG. 40 390. AM. Peterseu in Busch 10, 165 ff.) Die Zustellung ntitB an den Prozeßbevollmächtigten des Gegners erfolgen (RG. 15 429, in IW. 1896 230; vgl. auch RG 40 416). Alles dies gilt ebenso von der Zustellung der die Sicherheits­ leistung nachweisenden Urkunden (abw. von § 751 Abs. 2); die Vollziehung darf aber erst nach erfolgter Sicherheitsleistung begonnen werden (OLG. Dresden in SA. 44 Nr. 152; Gaupp Nr. III. AM. OLG. Cöln int RHA. 95 I 125 u. früh. Aufl. in § 921 Anm. 2). 7) Ist die Frist des Abs. 3 nicht gewahrt, so ist die Arreftvollziehung, die bis dahin nur eine eütstweilige Geltung hatte, ex tune wirkungslos; die Ungültigkeit kann auch von Dritten, insbesondere von anderen Gläubigern, geltend gemacht werden, und zwar auch gemäß § 766 beim Vollstreckungsgerichte (vgl. OLG. Cvln im RHA. 93 I 110, Thiele in Gruchot 37, 8L1 f.). Dagegen kann der Schuldner die Aufhebung des Arrestbesehls wegen Versäumung dieser Frist nicht verlangen; vielmehr kann der Gläubiger, sofern die Frist des Abs. 2 noch läuft, von neuem dessen Vollziehung erwirken (Petersen a. a. O. 168, Jastrow in Busch 10, 280 u. a. AM. Marcus in Gruchot 31, 37 ff.). Vgl. auch § 934 Anm. 1. Über den Fall, daß der Arrestschuldner vor der Zustellung in Konkurs gerät, vgl. Busch 26, 100, Gaupp Nr. III 3. 8) Über die Anwendbarkeit des § 929 Abs. 3 auf einstweilige Verfügungen vgl. § 936 Anm. 1, auf Arreftvollziehung in Grundstücke § 932 Abs. 3.

1) Abs. 1 enthält einen wichtigen Grundsatz hinsichtlich der Wirkung des Arrestes in bewegliches Vermögen. Die ZPO. läßt durch den Arrest ein Pfandrecht wie durch die Zwangsvollstreckung entstehen (§ 804). pBgL auch Rudolph in Jb. s. Dogm. 20, 399ff., Mandry-Geib 254 f., 391 ff.] 2) Satz 1 stimmt mit § 803 Satz 1 überein. Satz 2 wiederholt zunächst (s. § 928 Anm. 1), daß auch die Pfändung den Regeln der Vollstreckungspfändung folgt svgl. §§ 808—813, 826 bis 834, 840, 846, 850—853 (vgl. dazu Jastrow in Busch 10, 278), 854, 855, 857—863; Preuß. GeschA. f. d. GV. § 86 Nr. 4, 5J; der Schwerpunkt des Satzes liegt in der Bestimmung der Wirkungen der Pfändung.

Da das Arrestpfandrecht die Wirkungen des Vvllstreckungspfandrech ts hat, so bestimmt sich das Verhältnis dieser Pfandrechte untereinander nach der Zeit der Pfändung (§ 804 Abs. 3), während im übrigen dafür die §§ 826, 827 maßgebend sind; ebenso geht ein früher be­ gründetes Arrestpfandrecht einem späteren Vertragspfandrechte vor. Auch der Konkursmasse des Schuldners gegenüber behält das früher erworbene Arrestpfandrecht seine Wirkung — abge­ sehen von dem Falle in KO. § 106 Abs. 1. (Vgl. §§ 924, 925 Anm. 2; KO. §§ 48, 49 Nr. 2.) Dabei findet jedoch eine Anfechtung nach KO. §§ 29ff. und dem Anfechtungsges. wie beim Voll­ streckungspfandrechte statt (vgl. z. B. RG. 4 435, 6 367; § 804 Anm. 4c, auch § 753 Anm. 1).

Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

902

§ 930.

gesetzt ist oder wenn ihre Aufbewahrung unverhältnismäßige Kosten verursachen würde, versteigert und der Erlös hinterlegt werde. E. § 755.

Mot. 455f.

Prot. 429ff., 583ff., 720, 731 ff.; Prot. z. BGB. VI. 739f.

Eine vollkommene Übereinstimmung der Wirkungen des Arrestes in bewegliches Vermögen mit denen der Zwangsvollstreckung ist gleichwohl nicht vorhanden. Das Pfandrecht des Arrest­ suchers wird erst endgültig durch die vollstreckbare Verurteilung in der Hauptsache. Erfolgt statt dieser die Abweisung des Klägers, so ist das Pfandrecht hinfällig. Allerdings muß die förm­ liche Aufhebung des Arrestes hinzutreten (vgl. § 927 Anm. 1). Das Arrestpfandrecht führt als solches nicht zur Befriedigung, sondern nur zur Sicher­ stellung (s. Vordem. 1 z. 5. Abschn.). Der Arrest bleibt bei der Pfändung stehen. Die Versteigerung gepfändeter Sachen (§§ 814ff.) findet in der Regel nicht statt, ebensowenig die Überweisung gepfändeter Forderungen, selbst nicht zur Hinterlegung (§§ 835 ff.). [($. auch RG. 33 421, OLG. Dresden in Busch 6, 523; Gaupp Nr. II u. a. AM. in letzterer Hütsicht „mit der Wirkung, daß der Drittschuldner den Schuldbetrag hinterlege" OLG. Braunschweig in Busch 7, 111, Oswalt das. 11, 182 ff. Vgl. noch Ruhstrat in Busch 14, 473 f., Gercke das. 18, 288 ff.] Folgen des Grundsatzes enthalten Abs. 2 u. 3. Eine Folge ist auch, daß der Arrest­ gläubiger nicht berechtigt ist, vom Schuldner den Offenbarungseid zu fordern (vgl. § 807 Anm. 2) oder Ansprüche Dritter, die der Verwertung des Pfand gegenständes hinderlich sind, anzufechten, solange ihm nicht selbst die Möglichkeit der Verwertung gegeben ist (RG. 32 230). Dagegen kann er zum Schutze seines Arrestpfandrechts nach § 256 auf Feststellung gegen einen Dritten, z. B. den Erwerber einer Forderung, klagen, wenn ohne eine alsbaldige Feststellung die Gefahr der Vereitelung seines Rechtes vorhanden ist (RG. 33 312; vgl. § 829 Anm. 6). Anderseits ist der Arrest beklagte befugt, gegen den Drittschuldner auf Zahlung zur Hinterlegungsstelle zu klagen (vgl. RG. 17 291, 36 357, in IW. 1892, 311; vgl. auch § 829 Anm. 6). Tritt jedoch eine vollstreckbare Verurteilung hinzu, so verwandelt sich das Arrestpfandrecht von selbst in ein Vollstreckungspfandrecht; eine wiederholte Pfändung zum Zwecke der Voll­ streckung ist nicht erforderlich. Dies folgt aus dem Satze: „Die Pfändung — begründet ein Pfandrecht mit den in § 804 bestimmten Wirkungen." Allerdings kann das Ver­ fahren nur auf Grund eines zugestellten vollstreckbarer: Schuldtitels fortgesetzt werden (§§ 724, 750 Abs. 1). Rechtshängigkeit hinsichtlich des Anspruchs und Streitbefangenheit des Gegenstandes werden durch das Arrestverfahren nicht begründet (vgl. § 263 Anm. 1) und ebensowenig der Gerichtsstand der Hauptsache (vgl. § 23 Anm. 1). 3) Eine Zuständigkeitsbestimmung für die Pfändung einer Forderung enthält Abs. 1 Satz 3, sie ersetzt den § 828 Abs. 2; sie gilt auch für die Pfändung der in § 857 be­ zeichneten Rechte. „Arrestgericht" (vgl. § 919 Anm. 1) und „Bollstreckungsgericht" fallen hier zusammen. Die Beschlüsse können äußerlich verbunden werden, büßen aber hierdurch ihre Selbständigkeit nicht ein (vgl. hierzu Gaupp Nr. I). Wegen der Vollziehung s. §§ 928 Anm. 1, 929 Anm. 3. Auf die spätere Überweisung erstreckt sich diese Zuständigkeit nicht (OLG. Jena in Busch 26, 534; Gaupp Nr. I u. a.); auch für Erledigung von Erinnerungen gemäß § 766 gilt nicht die Zuständigkeit des Arrestgerichts (OLG. München in Rechtspr. 18, 401). Hinsichtlich der Hypothekenforderungen und Grundschulden ist § 830 anzuwenden. Wegen Arrestpfändung von Reichsschuldbuchforderungen s. Ges. v. 31. Mai 1891 (RGBl. 321) §§ 7, 15; vgl. auch' Preuß. Ges. v. 20. Juli 1883 (GS. 120) §7. S. R. Koch, Die Reichs­ gesetzgebung über Münzwesen usw. (6.) 1910, 432 ff., 440 ff. 4) Abs. 2: Die Bestimmung, daß gepfändetes Geld hinterlegt, nicht, wie nach § 815 Abs. 1, dem Gläubiger abgeliefert wird, ist eine in der Natur des Arrestes begründete Abweichung von den Grundsätzen der Zwangsvollstreckung (s. oben Anm. 2); vgl. auch § 720. Dasselbe gilt von dem im Berteilungsverfahren auf den Arrestgläubiger fallenden Betrage des Erlöses von Sachen (vgl. §§ 872ff.). Bei dem Zusammentreffen des Arrestgläubigers mit

Fünfter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügungen.

§ 931.

903

§ 931. Die Vorschriften des § 930 gelten auch für die Vollziehung des Arrestes in ein Schiff, das im Schiffsregister eingetragen ist. Ist zur Zeit der Arrestvollziehung die Zwangsversteigerung des Schiffes eingeleitet, so gilt die in diesem Verfahren erfolgte Beschlag­ nahme des Schiffes als erste Pfändung im Sinne des § 826; die Abschrift des Pfändungsprotokolls ist dem Vollstreckungsgericht einzureichen. Das Arrestpfandrecht wird auf Antrag des Gläubigers in das Schiffsregister eingetragen; der nach § 923 festgestellte Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für welchen das Schiff haftet. Im übrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht an einem Schiffe Anwendung. Pov. 1898 E. 810 a; Begr. 190; Prot. z. BGB. VI. 740. anderen Gläubigem, die ein Vollstreckungspfandrecht haben, samt es nämlich gleichwohl zur Ver­ steigerung und Hinterlegung eines Erlöses kommen (vgl. §§ 805, 826, 827, 854). Entsprechend wird die Vorschrist auch bei Pfändung von Geldsorderungen anzuwenden sein, wenn der Schuld­ betrag hinterlegt ist (§ 853). Wegen der Wirkungen der Hinterlegung s. §§ 804 Anm. 6, 923 Anm. 1. Beim Hinzutritt eines rechtskräftigen Urteils verwandelt sich auch hier (vgl. Anm. 2 a. E.) das Arrestpfandrecht in ein Vollstreckungspfandrecht. — Nach § 24 Abs. 1 d. Preuß. Hinterlegungsordn. v. 14. März 1879 (GS. 249) findet die Auszahlung hinterlegter Beträge, die im Wege des Arrestes gepfändet sind, nicht statt, solange der Arrest nicht beseitigt ist. 5) Abs. 3 bildet eine notwendige Ausnahme von dem Grundsätze, daß das Arrestpfand­ recht nickt zur Versteigerung des Arrestgegenstandes führt (Anm. 2). Die Anordnung steht als Teil der Vollziehung nur dem Vollstreckungsgericht (im Gegensatze zum Arrestgerichte) zu (vgl. §§ 764, 766, 930 Abs. 1 Satz 3). Sie ergeht nur auf Antrag eines der Beteiligten und ist freigestellt („kann"), da das Vorhandensein der Voraussetzungen sich nur nach freiem Ermessen beurteilen läßt. Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt (§§ 793, 928). Daß der Erlös nur hinterlegt, nicht gezahlt wird, entspricht dem Abs. 2. Vgl. auch Preuß. GeschA. f. d. GB. § 86 Nr. 5. 6) Eine Anwendung des § 930 s. in § 845 Abs. 2. 7) Wegen der Gebühren s. GKG. §§ 35 Nr. 2, 39; RAGebO. §§ 23 Nr. 2, 36; GVGebO. § 4 Abs. 2.

§981. 1) Abs. 1 bestimmt, daß die Vollziehung des Arrestes in ein Schiff, auch wenn es im Schisfsregister eingetragen ist, durch Pfändung bewirkt wird. Die zur Bewachung und Verwahrung des Schiffes im einzelnen Falle erforderlichen Maßregeln hat nach den §§ 808, 928 der Gerichtsvollzieher zu veranlassen. Für die Pfändung eines bereits gepfändeten Schiffes sind im allgemeinen die Vorschriften des § 826 maßgebend; ist zur Zeit der Arrestvollziehung schon die Zwangsversteigerung des Schiffes eingeleitet, so entspricht es der Sachlage, wenn die in diesem Verfahren erfolgte Be­ schlagnahme (ZBG. §§ 22, 162, 165) als erste Pfändung im Sinne des § 826 behandelt und der Gerichtsvollzieher verpflichtet wird, die Abschrift des Pfändungsprotokolls dem Vollstreckungsgericht einzureichen. Die dahin gerichtete Vorschrift des Abs. 2 hat zur Folge, daß der Arrest­ gläubiger in dem eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren als Beteiligter zuzuziehen ist (ZVG.§ 9). Nach Abs. 3 ist auf Antrag des Gläubigers das Arrestpfandrecht in das Schiffsregister einzutragen. Hierbei soll der aus dem Arrestbefehl ersichtliche Geldbetrag, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird, als der Höchstbetrag, für den das Schiff haftet, tut Register ersichtlich gemacht werden. Vermöge der Eintragung ist nach der weiteren Bestimmung, daß auf das eingetragene Arrestpfandrecht die Vorschriften des BGB. über das durch Rechtsgeschäft

904

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

§§ 932, 933.

§ 932. Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück oder in eine Berechtigung, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vor­ schriften gellen, erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung; der nach § 923 festgestellte Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für welchen das Grundstück oder die Berechtigung haftet. Im übrigen finden die Vorschriften der §§ 867, 868 Anwendung. Der Antrag auf Eintragung der Hypothek gilt im Sinne des § 929 Abs. 2, 3 als Vollziehung des Arrestbesehls. Nov. 1898 E. § 811; Mot. 102; Begr. 190 f.; Prot- z. BGB. HI. 694 ff., 699 ff.,

711, VI. 739.

§ 933. (812.)

Die Vollziehung des persönlichen Sicherheitsarrestes richtet

bestellte Pfandrecht an einem Schiffe Anwendung finden (vgl. § 1262 Abs. 1), der Gläubiger gegen Verfügungen des Schuldners über das Schiff auch dann geschützt, wenn der Erwerber fick in gutem Glauben befindet. (Begr.) Vgl. auch BGB. § 1271, FGG. § 100, GBO. §§ 14 ff. Knitschky in Gruäwt 45, 782 ff., bes. 790. 2) Wegen Unzulässigkeit des Arrestes in ein segelfertiges Schiff (vgl. § 904 Anm. 4) s. HGB. § 482 Abs. 1 Satz 2. 3) Wegen der Gerichtsvollziehergebühren s. GVGebO. § 4 Abs. 2.

§ 932. 1) Die Nov. v. 1898 hat auch der Vollziehung des Arrestes in unbewegliches Vermögen piandrechtliche Wirkungen beigelegt. Als zweckmäßigste Form der Gewährung einer dinglichen Sicherheit erschien wie bei der Zwangshypothek die Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung (Abs. 1). Bei der Eintragung soll aber, entsprechend § 931 Abs. 3 Satz 1, der Geldbetrag, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag ans Aushebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird (§ 923), angegeben und als der Höchstbetrag bezeichnet werden, für den das Grundstück oder die Berechtigung haftet (BGB. § 1190). Im übrigen eignen sich die für die Zwangshypothek geltenden Vorschriften auch zur Anwendung auf die Arresthypothek, und Abs. 2 trifft daher eine Bestimmung in diesem Sinne. (Begr.) Vgl. § 931 Anm. 1 a. E. und wegen der Sicherungshypothek §§ 866 ff. — Die Vollziehung des Jmmobiliarrestes durch Zwangsverwaltung ist ausgeschlossen. — Gegen eine die Sicherheit der Hypothek gefährdende Verschlechterung des Grundstücks kann sich der Gläubiger gemäß BGB. §§ 1134, 1135 schützen (Begr.). Wegen der Pfändung vom Zubehör s. § 865 Abs. 2. 2) Abs. 3, der mit den Vorschriften des § 929 Abs. 2, 3 zusammenhängt, legt die Wahrung der Frist in die Hand des Gläubigers, ohne daß anderseits die Interessen des Schuldners gefährdet werden. Deshalb wird auch ein Antrag vorausgesetzt, auf den die Eintragung erfolgen kann und demnächst erfolgt. Erst mit der Eintragung selbst entsteht die Hypothek (vgl. OLG. Hamburg in Rechtspr. 15, 232). Stand dem Antrag ein Hindernis entgegen, so ist die in der Frist des § 18 GBO. erfolgte Hebung als Vollziehung im Sinne des Abs. 3 anzusehen (KG. in Rechtsvr. 13, 231). Die Bestimmung des Abs. 3 ist für alle Fälle, in denen der Arrest durch Eintragung in ein von einer öffentlichen Behörde geführtes Buch vollzogen werden soll, entsprechend anwendbar (vgl. auch oben § 930 Anm. 3 a. E.). 3) Die in §§ 750—752, 929 bestimmten Voraussetzungen der Vollziehung sind nebst der Arrestanordnung beim Antrag an den Grundbuchrichter nachzuweisen. Die Beschränkung der Sicherungshypothek durch § 866 Abs. 3 ist hier nicht anwendbar, weil es keine andere Art der Arrestvollstreckung in Grundstücke gibt. sGaupp Nr. II u. a. AM. NG 60 279 (dort 284 N. 5 u. bei Gaupp Zusammenstellung der Literatur) u. Anm. 1).

Tie

Wirkungen

.Nichter gewählten Mittel.

der

einstweiligen

Inwiefern

Verfügung richten sich nach der Natur der vorn

insbesondere

ein

Veräußerungs-

oder

Belastungs-

Verbot auch Dritten gegenüber wirksam ist, bestimmt sich nach BGB. 88 135, 136 den Fällen der 88 829 Abs. 1, 845 Abs. 2, 857 Abs. 2).

anders in

[Vgl. auch Mot. z. BGB. 1 212 rf.|

Bei Grundstücken ist da,zu Eintragung in das Grundbuch erwrderlich (vgl. 88 032 Anm. 1, 041, BGB. §§ 878, 892: SR®, in Gruchot 37, 755). 4) Nach dem Zwecke der einstweiligen Verfügungen ist es selbstverständlich,

daß sie weder

der Entscheidung in der Hauptsache vorgreifen, noch in dem materiellen Rechte der Parteien unter­ einander oder in den hierdurch gegebenen Parteirollen etwas ändern ivgl. Mot. 457, SR®. 30 320, 9 336; s. auch 88 935—042 Anm. 1, 036 Anm. 1). «939. 11 „Nur unter besonderen Umständen" — Hierin liegt die sich ans dem ^luerfe der einstweiligen Verfügung ergebende Abweichung von den 88 923, 925 Abs. 2, 927, 934,

die

im

übrigen auch hier anwendbar sind. Vgl. auch §§ 707 Anm. 2, 927 Abs. 1; SR®, in IW. 1806, 33; 1905, 155.

Die Aufhebung einer gemäß BGB. 8 648 erlassenen einstweiligen Verfügung ist gegen

Hinterlegung des Lchuldbetrags zu gestatten (SR®. 55 140). 2) „gestattet" — also nur auf Antrag, und zwar durch Endurteil von dem Gerichte, das bte einstmalige Verfügung erlassen hat (vgl. SR®. 40 384),

bzw. wenn in den Fällen des

8 942 die Hauptsache anhängig ist, von dem Gerichte der Hauptsache (§ 927 Abs. 2); die A u f Hebung der V oll st reckungs maß regeln erfolgt alsdann durch das Vollstreckungsorgan nach 8 775.

8 934 Abs. 1 bezieht sich nur auf 8 023 und kommt hier nicht zuc Anwendung.

(Vgl.

8 936 Anm. 1.) «940. Vgl. die allg. Bem. z. 5. Abschn. u. zu den §§ 935—942; 6)üthe in Busch 24, 381 ff. 1) „eines einstweiligen Zustandes" — Vgl. Güthe t. a. C. 389 ff ; z. B. des Besitz­ standes (vgl. SR®. 4 404 u. in LA. 38 Nr. 294).

Das Verfahren tritt insofern an die Stelle

des sog. possessorium summariissimuin des gemeinen Rechtes; auf die letzte ungestörte Besitz­ handlung kommt cs nicht unbedingt an. (L. auch BGB. §§ 861 ff., M o t. hierzu III 121 f.) Die einstweilige Verfügung soll aber nicht zum Zwecke der Änderung eines vont Antragsteller längere Zeit geduldeten Zustandes erlassen werden (OLG. Dresden in LächsA. 10, 58, Bamberg in Rechtspr. 9, 81).

Fünfter Abschnitt. Arrest und etnftoriftße Verfügungen,

f

941.

911

§ 941. Hat auf Grund der einstweiligen Verfügung eine Ein­ tragung in das Grundbuch oder das Schiffsregister zu erfolgen, so ist Hierher gehören auch die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Gastwirt und Gast, Bau­ streitigkeiten (OLG. Zweibrücken in Rechtspr. 4, 61) usw., die Regelung der Ausübung de- Zurück­ behaltungsrechts seitens des Leibzüchters (vgl. RG in SA. 49 Nr. 292) oder des Vermieters (vgl. BGB. § 561, s. auch OLG. Breslau in Busch 20, 487), die Ernennung und Abberufung des Liquidators einer offenen Handelsgesellschaft (RG. 29 352, 90 319, in IW. 1893, 502, ctoiib, HGB. I §§ 146 Anm. 9 und 147 Anm. 4, Geiger in GoldschmidtsZ. 40, 144, Merfeld das. 41, 95. AM. Gaupp vor § 916 Nr. I 1), die einstweilige Erhaltung eines Hinterlegungsverhältnisses (9t(8. in IW. 1898, 109), Vermeidung von Lagerkosten und Entwertung von Waren (9tHGB. 8 765; Binnenschiffahrtsges. v. 15. Juni 1895 (RGBl. 1898, 868) 8 HO]; f) in 88 1003—1023 zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Urkunde sBGB. 88 799, 808, 1162, 1192, 1195, 1199; HGB. 88 228 (EG. z. HGB. Art. 25), 363, 365 Abs. 2; WO. Art. 73; Scheckgesetz v. 11. März 1908 (RGBl. 71) 8 27]. Hierbei ist zu bemerken, daß!nach EG. z. ZPO. 8 13 Abs. 1 die prozeßrechtlichen Vor­ schriften der Reichsgesetze, die das gerichtliche Ausgebotsverfahren betreffen, unberührt geblieben sind [f. wegen Aufgebots von Reich-schuldverschreibungen und Reichsschatzanweisungen die Reichs­ schuldenordnung v. 19. März 1900 (RGBl. 129) 88 17 ff., von Reichsbankanteilsscheinen daS Reichs­ bankstatut (RGBl. 1900, 793) % 8; vgl. auch ZVG. 88 136, 138, 140, EG. z. ZVG. 8 12]. Bgl. 88 948, 950. Für die landesrechtlichen Aufgebotssälle bestimmt EG. z. ZPO. 8 11, daß hierfür die Landesgesetze die Anwendung der Bestimmungen der ZPO. über da- AufgebotsVerfahren ausschließen oder diese Bestimmungen durch andere Vorschriften ersetzen können. Außer­ dem sind in einzelnen Richtungen Vorbehalte zugunsten der Landesgesetzgebung in 88 1006 Abs. 8, 1009 Abs. 3, 1023, 1024, EG. z. BGB. Art. 101, 102, 174, 177 gemacht worden. Bgl. Daude 4 ff., Preuß. AG. z. ZPO. (GS. 1899, 388) § 10 u. Begr. d. AG. z. Nov. v. 1898, 11 ff. (Drucks, d. AbgeordH. 19. LegPer. I. Sess. Nr. 56). Aufgebote, die nicht von den Gerichten zu erlassen sind, gehören nicht hierher, z. B. Auf­ gebote bei Eheschließungen (BGB. 8 1316, Ges. v. 6. Febr. 1875 88 44 ff. in der Fassung des EG. z. BGB. Art. 46), die öffentlichen Aufforderungen der 88 297, 301 Abs. 1, 303 Abs. 3, 306 Abs. 5, 320 Abs. 3, 334 Abs. 2 HGB. Ebensowenig gehören öffentliche Aufforderungen der Gerichte hierher, denen der Eintritt bestimmter, im Ausschlußurteil auszusprechender Recht-nachteile nicht eigentümlich ist, z. B. öffentliche Aufforderungen seitens des Nachlaßgericht-

Neunte- Buch.

Aufgebot-Verfahren.

§ 947.

919

§ 947. (824.) Der Antrag kann schriftlich oder zum Protokolle des GerichtSschreiberS gestellt werden. Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Ist der Antrag zulässig, so hat das Gericht das Aufgebot zu erlassen. In dasselbe ist insbesondere aufzunehmen: zur Anmeldung der anderen Personen zustehenden Erbrechte zmn Zwecke der Erteilung des Erb­ schein« (BGB. § 2358 Abs. 2). Vgl. oben Anm. 2 u. Preuß. AG. z. ZPO. § 10. 4) Über die Gebühren in Aufgebotssachen s. GKG. § 44, RAGebO. § 40. «gl. Daube § 13.

8 946. 1) Abs. 1: „öffentliche" — im Gegensatze zu der an bestimmte Personen gerichtet« Aufforderung (vgl. die allg. Bem. unter 1). — „gerichtliche" — Bgl. die allg. Bem. unter 2 u. 3. .oder Rechten" — Neben den „Ansprüchen" sind hier auch die „Rechte" gmaunt, weil häufig auch solche Beteiligte zum Hervortreten genötigt werden, der« (noch nicht durch Ver­ letzung zum „Ansprüche" gewordme) Rechte der Antragsteller nur kennen lernen, nicht bekämpf« will. (Bgl. §§ 145, 146 Anm. 2 ft.) „mit der Wirkung — zur Folge hat" — Vorausgesetzt ist, daß der Recht-nachteil (s. § 947 Abs. 2 Nr. 3) sich nur mit Hilfe eine- Au-schlußurteil- verwirklicht. Bgl. §§ 962, 964, 981, 986 Abs. 4, 987 Abs. 2, 988, 995, 997, 1001, 1002 Abs. 6, 1008. Der Recht-nachteil kann auch iu einer bloßen Erschwerung der Recht-verfolgung bestehen. „durch da- Gesetz" — d. h. durch ein bestehendes oder künftige- Reichs- oder LandeSgefetz, soweit nicht die §9 960 ff. Platz greif«. In der Regel sind die- besondere Gesetze von sehr verschiedmartigem Inhalte. Bgl. die allg. Bem. unter 2 u. 3, EG. z. ZPO. § 11; f- auch ZBG. § 136, Preuß. AG. z. BGB. Art. 2 §§ 10, 11; 18 §§ 9, 10; 29 9 11; 33 § 3 9k. 3; 39; 84 9k. Hilf. Die Beschränkung deS Aufgebotsverfahr«- auf die durch Gesetz bestimmt« Fälle ist eine -wingmde und trifft auch solche Fälle, tu dm« die Landesgesetze da- AufgebotsVerfahren de- Neunte Buche- ganz oder -um Teil au-schließm. Inwiefern eine landesherrlich bestätigte Satzung iu der vorliegend« Beziehung einem Gesetze gleich steht, bestimmt sich nach Lande-recht (vgl. Förster (EcciuS) I 8 56 N. 8]. Bloße Verträge sind nicht geuügmd, die Zulässigkeit eine- Aufgebotsverfahr«- zu rechtfertig«. (Bgl. Nordd. Prot. 2241; Peters« 9k. 2, Wilm.-Levy Anm. 4.) 2) Abs. 2: „daS Gesetz" — Hierunter sind einerseits daS GLG. 9 23 9k. 2 a. E., welche- das AufgebotSverfahrm den Amtsgerichten überweist, anderseits die besonderen Borichrfften der 99 961, 972, 978, 983, 988, 990, 1001, 1002 Abs. 2, 1005, 1006 zu versteh«. Für andere reich-rechtliche oder lände-rechtliche Aufgebotsfälle wird, da die 99 12 ff. unanwmdbar find (Daube 11), die örtliche Zuständigkeit für da- Aufgebot-verfahren durch die besonder« Ge­ setze bestimmt. Weg« der Anfechtungsklage de- 9 957 f. das. Anm. 2. Die Lände-gesetzgebung kann nach EG. z. GBG. 9 3 Abs. 3 in Verbindung mit EG. z. ZPO. 8 11 in anderen als dm durch ein Reichsgesetz bestimmten Fällen da- Aufgebot-ver­ fahren an andere Gerichte, z. B. an die Landgerichte oder an die Oberlandesgerichte, verweisen. Für Preußen s. AG. z. GBG. 8 49. Vereinbarung der Zuständigkeit ist auSgeschloff«. 3) Ein auf Grund der Zuständigkeit-bestimmung des 8 246 oder der ergänzenden landeSgefetzlichen Vorschriften erlassenes AuSfchlußurteil muß im ganzen Reichsgebiet anerkannt werd«.

§947. 1) Abs. 1: „Der Antrag" — Ohne ihn findet die Einleüuug des Verfahren- nicht statt. Die Form ist dieselbe wie in ähnlichen Fäll« (vgl. 8 647 Anm. 1). Der Anwaltszwang ist

Neunte- Buch.

920

Aufgebotsverfahren.

8 947

1. die Bezeichnung des Antragstellers; 2. die Aufforderung, die Ansprüche und Rechte spätestens im Aufgedotstermine anzumelden; 3. die Bezeichnung der Rechtsnachteile, welche eintreten, menn die Anmeldung unterbleibt; 4. die Bestimmung eines Aufgebotstermins. E. § 796.

Mot. 460 f.

ausgeschlossen (s. § 78 Abs. 2).

Prot. 435. Ob landesgesetzlich das Landgericht oder Oberlandesgericht zu­

ständig ist (§ 946 Sinnt. 2), ändert hierin,nichts, da der Antrag zu Protokoll des Gerichtsschreibers angebracht werden kann (Daude 13). Vorschriften wegen des Inhalts erteilt die ZPO. in §§ 963, 980, 985, 986, 987, 988, 992, 1001, 1002 Abs. 4, 1007 (vgl. unten Sinnt. 4 Nr. 3; s. auch §§ 1010 Abs. 2, 1011 Abs. 2, 1012, 1013), wegen der Personen, die zur Stellung des Antrags berechtigt sind, in 88 962, 979, 984, 968, 991, 999, 1001, 1002 Abs. 3, 1004. 2) Abs. 2: Die Zulässigkeit des Antrag- ist in allen Fällen vor Erlag des Ausgebots, sei es nach mündlicher Verhandlung mit dem Antragsteller, zu der das Gericht den Termin ohne Rechtsnachteil bestimmt und worin jener, falls er erscheint, den Slnttag und dessen Begründung zu er­ gänzen und zu verbessern Gelegenheit hat, oder ohne eine solche von Amts wegen zu prüfen, ähnlich wie in den Fällen des 8 204 (f. das. Anm. 2).

Die Entscheidung erfolgt stets durch Beschluß, schon

deshalb, weil die etwa eintretende mündliche Verhandlung wegen Mangels eines Gegners nur eine einseitige sein kann (vgl. auch Daude 16, sowie oben Vordem. 1 vor 88 300—303). lassung-beschluß

liegt in dem Erlasse de- Aufgebots.

Der Zu­

Wegen der Zustellung s. 8 329 Abs. 3

sowie unten Anm. 4 a. E. Wird der Slntrag zurückgewiesen, so ist seine Wiederholung unter besserer Begründung zulässig, wenn der Antragsteller nicht die Beschwerde (8 567) vorzieht. 8) Der Erlaß de- Aufgebot- erfolgt durch da- Gericht (ohne Parteibetrieb),

was dem

Grundsätze der 88 204 ff. entspricht (Mot.). Zur Besorgung der öffentlichen Bekanntmachung be­ dient sich daS Gericht auch hier der Hilfe des Gerichtsschreibers, wenngleich dies nicht, wie in 8 204, ausdrücklich ausgesprochen ist (vgl. Daude 23).

4) Für den Inhalt deS Aufgebots sind nur die wichtigsten Erfordernisse (,.welche niemals werden fehlen dürfen" — AM. Heilbut im c. Sl. 68, 410) beispielsweise („insbesondere") auf­ gezählt („ist aufzunehmen^, während im übrigen, abgesehen von dem im EG. z. ZPO. 8 11 *2*4****** gemachten Vorbehalte für neu zu erlassende Landesgesetze, weil eine Verweisung auf daS „Gesetz" (wie in 8 957 Nr. 2) hier nicht stattfindet, alles dem Ermessen deS Aufgebotsrichters überlassen bleibt

(RG.

32 139).

Vgl. noch 88 964, 981, 986 Abs. 4, 987 Abs. 2, 988 Abs. 1, 995, 997

Abs. 1, 998, 1001, 1002 Abs. 6, 1008. Nr. 1: Vgl. § 130 Nr. 1. Nr. 2: „spätestens im Aufgebotstermine" — Vgl. jedoch 8 951. Anmeldungen vor oder nach dem Slufgebotstermine sind schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers bei steller genügen nicht.

dem

Gerichte (s. 8 1008) anzubringen.

(So auch Daude 26.

Anmeldungen bei dem Antrag­

AM. Puchelt II 702.)

Nr. 3: Diese Ausnahme von einem allgemeinen Grundsätze (vgl. 8 231 Anm. 1) entspricht der materiellen Bedeutung de- Aufgebots, die auch in dem Antrage zum Ausdrucke kommen muß. Die Bestimmung des an die Versäumung geknüpften Rechtsnachteils enthält gewissermaßen eine bedingte Verurteilung.

Will der Aufgebotsrichter in der Androhung des Rechtsnachteils

von dem Antrag abweichen, so darf er ohne Zustimmung des Antragstellers daS Aufgebot nicht erlassen, da da- beschränktere Aufgebot etwas anderes ist als da- beantragte (Mot.). Vgl. Preuß. Hinterlegungsordn. 8 62. Nr. 4: In dem Aufgebotstermin (am Schluffe der Anmeldungsfrist — Nr. 2) kann gleichzeitig über den Antrag auf Erlassung de- Ausschlußurteils verhandelt werden (8 952). Der

Neuntes Buch.

Aufgebotsverfahren.

|g

948—900.

921

§ 948. (825.) Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel und durch Einrückung in den Deutschen Reichs­ anzeiger, außerdem aber, sofern nicht das Gesetz für den betreffenden Fall eine abweichende Anordnung getroffen hat, nach den im § 204 für Ladungen gegebenen Vorschriften. E. § 770.

Mot. 461 f.

Prot. 435.

§ 949. (826.) Auf die Gültigkeit der öffentlichen Bekanntmachung hat es keinen Einfluh, wenn das anzuheftende Schriftstück von dem Orte der Anheftung zu früh entfernt ist oder wenn im Falle wiederholter Bekanntmachung die vor­ geschriebenen Zwischenfristen nicht eingehalten sind. E. § 771.

Mot. 461 f.

Prot. 435 f.

§ 950. (827.) Zwischen dem Tage, an welchem die Einrückung oder die erste Einrückung des Aufgebots in den Deutschen Reichsanzeiger erfolgt ist, und dem Termin gewährt den doppelten Vorteil, daß das Urteil sich der Regel nach an den Ablauf der Frist unmittelbar anschließt, also nicht erst eine nachträgliche Zulassung der nach Ablauf einer be­ sonderen Aufgebotsfrist angemeldeten Ansprüche nötig wird, und daß er sowohl im Falle eineerhobenen Widerspruch- wie ohne solchen Gelegenheit zur leichtesten Erledigung von Streitigkeiten oder sonstigen Anständen bietet (Mot.). — Die Ladung de- Antragsteller- zum Aufgebot-termine wird durch die Zustellung (f. Anm. 2) ersetzt. 5) Wegen der Gebühren s. GKG. § 44 Nr. 1, RAGebO. § 10. §948.

1) „Die öffentliche Bekanntmachung" —Ob außerdem eine besondere Mitteilung de- Aufgebot- an bekannte Interessenten stattzufinden hat, richtet sich ebenso wie der Einfluß de- Aufgebot- auf solche Interessenten nach den besonderen Gesetzen (vgl. §§ 986 Abs. 5, 994 Abs. 2; Daube 24). 2) „durch Anheftung an die Gericht-tafel" — und zwar der Ausfertigung (vgl. da­ gegen § 204 Abs. 2). „durch Einrückung in den Deutschen Reich-anzeiger" — des vollständigen Auf­ gebot-, nicht bloß eine- AuSzugS oder de- „wesentlichen Inhalts", wie in den Fällen der §§ 204 Abs. 2, 956. Ander- «onsGG. v. 7. April 1900 (RGBl. 213) § 29. Die vorstehend bezeichneten Erfordernisse sind, vorbehaltlich der Vorschriften der §§ 966, 1023, 1024 (vgl. Preuß. AG. z. ZPO. §§ 7—9) und de- EG. z. ZPO. § 11, unbedingt in allen Fällen zu erfüllen. Außerdem aber sind die Formen zu beobachten, die der § 1009 und besondere Gesetze („da- Gesetz") vorschreiben; vgl. ReichSbankstatut (RGBl. 1900, 793) § 8 Abs. 3. Nur soweit die besonderen Gesetze nichts Abweichendes verordnen („sofern — getroffen hat"), kommt § 204 zur Anwendung; insbesondere ist alsdann, wie nach § 204 Abs. 2, noch die zweimalige Einrückung eine- AuSzugS in das für den Sitz de- Prozeßgerichts zur Ver­ öffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen bestimmte Blatt erforderlich. §949.

1) „das anzuheftende — entfernt" — Vgl. § 206 Abs. 3. 2) „oder wenn — eingehalten sind" — Die Erleichterung gilt nur von den in den besonderen Gesetzen vorgeschriebenen Zwischensristen (zwischen mehrmaligen Veröffentlichungen), nicht von der Hauptfrist (Aufgebotsfrist) der 88 950, 965, 966 Abs. 2, 987 Abs. 3, 994 Abs. 1, 1002 Abs. 5, 1015 (vgl. Prot. 435 f.), und ebensowenig von den Fristen der §§ 1010—1014. (Vgl. Daube 24. AM. Hellmann III 186.) Die Vorschrift des § 949 ist zwingend; sie gestatte! dem richterlichen Ermessen keinen Spielraum.

Neuntes Buch.

922

AufgebotSverfahreu.

88 951, 952.

Aufgebotsternnne mutz, sofern das Gesetz nicht eine abweichende Anordnung enthält, ein Zeitraum (Aufgebotsfrist) von mindestens sechs Wochen liegen. E. § 772.

Mot. 462.

Prot. 436. — 9hm. 1898 E. § 827.

§ 951. (828.) Eine Anmeldung, welche nach dem Schlüsse des Aufgebots­ termins, jedoch vor Erlassung des Ausschlutzutteils erfolgt, ist als eine rechtzeitige anzusehen. E. § 773.

Mot. 462.

Prot. 436.

§ 952. (829.) Das Ausschlutzurteil ist in öffentlicher Sitzung auf Antrag zu erlassen. Einem in der Sitzung gestellten Antrage wird ein Antrag gleichgeachtet, welcher vor dem Aufgebotstermine schriftlich gestellt oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers erklärt worden ist. Vor Erlassung des Urteils kann eine nähere Ermittelung, insbesondere die Versicherung der Wahrheit einer Behauptung des Anttagstellers an Eides Statt, angeordnet werden. 8 950. 1) Wie § 948 ergänzt auch der 8 950 daS geltende Recht in betreff der AusgebotSfrift behufs Sicherung einer gleichmäßigen Behandlung. Die Mindestfrist von sechs Wochen kommt nicht zur Anwendung, wenn die besonderen Gesetze eine längere oder kürzere Frist bestimmen oder die Festsetzung der Frist ausdrücklich dem Ermessen des Gerichts überlaffen. Vgl. §§ 965, 966 Abs. 2, 987 Abs. 3, 988, 994 Abs. 1, 1001, 1002 Abs. 5, 1010—1015. Die hier gebotene Frist fällt nicht unter die §§ 221 ff., mithin auch nicht unter § 223 Abs. 1 (vgl. auch § 223 Anm. 1 Abs. 2). Aufgebotssachen sind keine Feriensachen (vgl. GVG. § 202). 2) DaS gesperrte Wort „AusgebotSfrift" ist von der Nov. v. 1898 hinzugefügt. Über den die AusgebotSfrift betreffenden Vorbehalt zugunsten der Landesgesetzgebung s. §§ 1023, 1024. §951. 1) Wegen Form und Zeit der Anmeldung vgl. § 947 Abs. 4. Wird ausnahmsweise (vgl. § 310) daS Ausschlußurteil nicht sogleich im Aufgebotstermin erlassen, z. B. weil zunächst noch die gehörige Bekanntmachung näher festzustellen ist oder weil auS anderen Gründen ein neuer Termin bestimmt wird (vgl. §§ 952 Abs. 3, 954, 955), so läßt die ZPO. auch solche Anmel­ dungen zu, die nach dem Schluffe des Termins, jedoch vor Erlassung des Urteils erfolgen. Vgl. 8 231 Anm. 2. „DaS Urteil richtet sich wesentlich gegen Ausbleibende. Wann die angedrohten Folgen des Ausbleibens eintreten, bestimmt sich daher nach den generellen Grundsätzen über die Versäumung im ordentlichen Verfahren (§ 231), und diesen entspricht eS, jede Anmeldung, welche vor Erlaß des AuSschlußurteils erfolgt, als rechtzeitig anzusehen, weil bis dahin die Verhandlung über den Antrag aus Erlaß desselben nicht als ge­ schloffen gelten kann. Abgesehen Hiewon ist die Vorschrift des § 951 auch durch die Billigkeit geboten, sobald gegen daS AuSschlußurteil weder Einspruch noch Rechtsmittel gegeben werden (§ 957)." (M o t.) 2) Für die Anmeldung gilt vor den Kollegialgerichten (s. § 946 Anm. 2) Anwalts­ zwang, sofern nicht die Landesgesetze aus Grund des EG. z. ZPO. § 11 anders bestimmen: entsprechende Anwendung des § 947 Abs. 1 Satz 1 dürfte ausgeschlossen sein (Daube 26). 8 952. 1) In dem Ausgebotstermine wird nach allgemeinen Grundsätzen mündlich verhandelt. Der Ausschluß nicht angemeldeter Ansprüche erfolgt durch Urteil. Besonders vorgeschrieben ist, daß die Erlassung in öffentlicher Sitzung (vgl. GVG. §§ 170, 174) und auf Antrag statt-kinden soll. Nach der Fassung des früheren § 829 war der Antrag, entsprechend den Grund-

Neunte- Buch.

Aufgebot-verfahren,

f

958.

923

Gegen den Beschluß, durch welchen der Antrag auf Erlassung des Ausschluß­ urteils zurückgewiesen wird, sowie gegen Beschränkrngen und Vorbehalte, welche dem Ausschlußurieile beigefügt sind, findet sofortige Beschwerde statt. E. § 774.

Mot. 462 f.

Prot. 436. — Nov. 1898 E. 8 829; KomB. 220 f.

§ 953. (830.) Erfolgt eine Anmeldung, durch welche das von dem Antrag­ steller zur Begründung des Antrags behauptete Recht bestritten wird, so ist nach sähen über mündliche Verhandlung (vgl. § 297), im Aufgebotstermine zu stellen. Diesen „rein formalen Antrag" erachtete die RTK. f. d. Nov. v. 1898 für eine zwecklose und daS Ver­ fahren verteuernde Vorschrift, die bei weüer Entfernung dm Antragsteller häufig zur Bestellung eines Bevollmächtigten zwinge. Mit Rücksicht hierauf hat die Nov. v. 1898 dm Abf. 2 eingefügt und darin den vor dem Aufgebotstermine schriftlich gestellten oder zum Protokolle de- GerichtSfchreiberS erklärtm Antrag auf Erlaß des AuSschlußurteilS als genügmd bezeichnet. Durch die Raffung „gleichgeachtet" wird zum AuSdmcke gebracht, „daß der Antragsteller nach jeder Richtung so behandelt werden soll, wie wenn er int Termin erschienen und dm Antrag gestellt hätte, so daß insbesondere auch der Lauf der im Abs. 4 vorgesehmen Beschwerdefrist gemäß § 577 Abs. 2 mit der Verkündung deS Beschlusse- beginnt" (KomB. 221). Über daS Verhältnis de§ 952 Abf. 2 zu BGB. § 2015 Abf. 2 vgl. Goldmaun in DJZ. 1899, 334. Für dm Antrag besteht, soweit daS Amtsgericht zuständig ist, kein Anwaltszwang (vgl. § 951 Anm. 2). DaS Gericht hat von Amt- wegm seine Zuständigkeit sowie die sach­ lichen und formellen Voraussetzungen de- AuSschlußurteilS zu prüfm (vgl. Daude 27), insbesondere auch die ZuläsfigkeU des AusgebotSverfahrens, da die bei dem Erlaffe de- Aufgebots erfolgte Prüfung dm erkennmdm Richter nicht bindet. Hinsichtlich der Gebühren s. GKG. § 44 Nr. 4; RAGebL. § 40.

2) Abs. 3, worin durch die Nov. v. 1898 im Anschluß an § 294 die .eidliche Versicherung" durch „Versicherung an Eide- Statt" ersetzt ist, betrifft Fälle, in benot nach dm Vorschriften der ZPO. oder der besonderen Gesetze irgmdeine sachliche oder formelle Voraussetzung de- Ausschlusses noch näher festzustellm ist. Ob sogleich ein neuer Termin bestimmt und verkündet werdm kaun (f. §§ 310, 955 Anm. 1), hängt von der Sachlage ab. Ist die Verkündung unterblieben, so ist der Antragsteller zu dem neuen Termine von Amt- wegen zu laden. Die Zulaffung der Versicherung an Eide- Statt (vgl. §§ 986 Abs. 3, 988, 1007 Nr. 3; s. auch §970 Abs. 1) ist (wie in § 294 Abs. 1) freigestellt („kann"), sofern nicht die besonder« Gesetze eine solche unbedingt erfordem. Ermittlungen von Amt- wegen sind im Falle de§ 968 vorgeschrieben. 3) Abs. 4: Die Zurückweisung de- in Abs. 1 bezeichneten Antrags erfolgt durch Be­ schluß. Daß gegm diesen die sofortige Beschwerde (seitens de- Antragsteller- — Busch 14, 349JI binnen einer mit der Verkündung der Entscheidung beginnmdm Notfrist von zwei Wochm (§ 577 Abs. 2; vgl. oben Anm. 1) zulässig ist, stimmt mit § 336 überein. Wird die Notfrfft versäumt, so sind damit die sachlichen Wirkungen der Einleitung de- Aufgebot-Verfahrens end­ gültig beseitigt. Der Antragsteller kann aber ein neue- Verfahren beantragm. Die sofortige Beschwerde soll aber auch dann zur Anwmdung kommm, wenn der Aus­ schluß nicht unbedingt nach dem Antrage, sondern nur in eingeschränkter Weise („gegen Beschränkungen und Vorbehalte, welche dem AnSschlußurteile beigefügt sind") er­ folgt. Dahin gehören auch Vorbehalte zugunsten Dritter (Mot.). Daß Ansprüche und Rechte, die im Aufgebotsverfahren angemeldet werden, im AuSschlußurteile berücksichtigt werden müssen, ergibt § 953 in Verbindung mit §, 957 Nr. 5, der zu­ gleich die Klagerhebung als den einzigm Weg bezeichnet, aus dem der Dritte, wenn die Be­ rücksichtigung nicht erfolgt, Abhilfe zu suchen hat. Vgl. §§ 969, 1016. Ob der Anmeldende tm Termin erscheint, ist unerheblich (vgl. Daude 30).

Neuntes Buch.

924

Aufgebolsverfahren.

# 954.

Beschaffenheit des Falles entweder das Aufgebotsverfahren bis zur endgültigen Entscheidung über das angemeldete Recht auszusetzen, oder in dem Ausschlutzurteile das angemeldete Recht vorzubehalten. E. § 775.

Mot. 463 f.

Prot. 436.

Wenn der Antragsteller weder in dem Aufgebotstermine § 954. (831.) erschienen ist noch vor dem Termine den Antrag aus Erlassung des Aus­ schlußurteils gestellt hat, so ist auf seinen Antrag ein neuer Termin zu bestimmen. Der Antrag ist nur binnen einer vom Tage des Aufgebotstermins laufenden Frist von sechs Monaten zulässig. E. § 776.

Mot. 462 f.

Prot. 437. — Nov. 1808 E. § 831; ^omB. 220 f. #958.

1) Der § 053 behandelt nur eine einzelne .Gattung von Anmeldungen, nämlich solche, durch die daS behauptete Recht des Antragstellers bestritten wird. Über andere Arten von An­ meldungen außen: die Mot.: „Die Ansprüche, zu deren Anmeldung das Aufgebot auffordert, können derart sein, daß sie weder die Befugnis des Antragstellers, das Aufgebot zu beantragen, noch das von ihm behauptete Recht, welches durch das Aufgebot gegen Angriffe geschützt werden soll, in Frage stellen; solche Anmeldungen haben nur zur Folge, daß die Ansprüche von dem im übrigen auszusprechenden Eintritt der mit Recht angedrohten Rechts­ nachteile auszunehmen sind, wie dies regelmäßig der Fall sein wird, wenn Rechte an­ gemeldet werden, die nicht soweit reichen als das von dem Antragsteller verfolgte Recht (z. B. bei dem Aufgebot eines Grundstücks werden jura in re aliena angemeldet). In anderen Fällen wird die Anmeldung genügen, um das ganze Verfahren als erledigt anzusehen (z. B. wenn der Verschollene, dessen Todeserklärung beantragt ist, sich meldet oder die zu amortisierende Urkunde vorgelegt wird). Die Anmeldungen können auch einen Widerspruch gegen das Verfahren auf Grund solcher Umstände enthalten, welche schon bei Erlaß des Aufgebots zu berücksichtigen gewesen wären: stellt sich danach der Antrag auf Erlaß des Ausschlußurteils schon äußerlich, und ohne daß es der Entscheidung eines Streites bedarf, als unbegründet dar, so ist derselbe unbedenklich durch Beschluß zurückzuweisen, da es sich nicht bloß um den Widerspruch des Anmeldenden, sondern auch um die Zulässigkeit de- Ausschlußurteils gegen alle übrigen Beteiligten handelt." Zwischen den vorstehend in den Mot. bezeichneten drei Fällen liegt der Fall des § 053 jn der Mitte.

So z. B., wenn beim Aufgebote von Urkunden ein angeblich besser Berechtigt er

auftritt usw., also die Legitimation des Antragstellers bestreitet.

Hier kommen neue, bei der Ein­

leitung des Aufgebotsverfahrens nicht zur Sprache kommende Umstände oder Ansprüche in Be­ tracht, worüber der Aufgcbotsrichter nicht entscheiden kann.

Vgl. § 1008 Anm. 2.

Die Aussetzung (§ 252) wird das Gericht in der Regel nur dann beschließen, wenn durch die Anmeldung zugleich die Zulässigkeit des Aufgebotsverfahrens in Frage gestellt wird (SR®. 67 95). Für den in diesem Falle wie in dem eines Vorbehalts einzuleitenden besonderen Prozesse gelten die allgemeinen Zuständigkeitsregeln (SR®, a. a. £.). Durch das Ausschlußurteil mit Vorbehalt wird nur festgestellt, daß an de ^Berechtigte als die, deren Rechte vorbehalten werden, nicht vorhanden sind (SR®, a. a. O.). Wegen der Wiederaufnahme eines ausgesetzten Verfahrens s. § 250; wegen der Rechtsmittel s. § 252. 2) Selbstverständlich können formel l unzulässige Anmeldungen von Rechten, die an sich unter das Aufgebot fallen, ausdrücklich verworfen werden.

Aus sachliche Mängel des Anspruchs

oder der Anmeldung wird aber eine Verwerfung nicht gegründet werden können. # 954. Nach

der früheren Fassung:

„Ist der Antragsteller in

schienen, so ist auf seinen Antrag usw."

dem Aufgebotstermine nicht er­

konnte beim Ausbleiben des Anttagstellers in Er­

mangelung des erforderlichen mündlichen Antrags das Ausschlußurteil nicht erlassen werden.

Die

NermteS Buch

AusgedotSverfahren. DG 966—967.

925

§ 956. (832.) Wird zur Erledigung des Aufgebotsverfahrens ein neuer Termin bestimmt, so ist eine öffentliche Bekanntmachung des Termins nicht er­ forderlich. E. 8 777.

Mot. 462 f.

Prot. 486 f.

§ 956. (833.) Das Gericht kann die öffentliche Bekanntmachung deS wesentlichen Inhalts des Ausschlußurteils durch einmalige Einrückung in den Deutschen Reichsanzeiger anordnen. E. § 778.

Mot. 469.

§ 957. (834.)

Prot. 487.

Gegen das Ausschlußurteil findet ein Rechtsmittel nicht statt

Das Ausschlußurteil kann bei dem Landgerichte, in dessen Bezirke das Auf­ gebotsgericht seinen Sitz hat, mittels einer gegen den Antragsteller zu erhebenden Klage angefochten werden: 1. wenn ein Fall nicht vorlag, in welchem das Gesetz das Aufgebotsverfahren zuläßt; 2. wenn die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots oder eine in dem Gesetze vorgeschriebene Art der Bekanntmachung unterblieben ist; Änderung der Nov. v. 1898 schließt sich dem in § 952 eingefügten Abs. 2 an. Der Antragsteller, der den Aufgebot-termin versäumt und auch nicht vorher schriftlich oder zum Protokolle de- Ge­ richt-schreiber- den Antrag auf Erlaß de- AuSschlußurteilS gestellt hat, kann einen neuen Termin verlangen, jedoch nur binnen sechs Monaten, „damit nicht da-AuSschlußurteil unter vielleicht ganz veränderten Verhältnissen erlassen wird". (Mot.) Nach Ablauf dieser (gesetzlichen — s. § 224 Abs. 2) Frist kann nur die vollständige Wiederholung de- Aufgebot-verfahren- be­ antragt werden. Eine Wiederholung de- Antrag- auf Bestimmung eine- neuen Termin-, wenn der Antragsteller auch in dem nach § 954 bestimmten neuen Termin ausbleibt, ist nicht statthast (Gaupp Anm. 7. AM. Daube 32).

«9ÖÖ. 1) „Wird — bestimmt" — sei eS auf Grund de- § 954 oder aus einem anderen Grunde (vgl. § 951 Anm. 1). 2) Wenn andere Beteiligte im ersten Termin erschienen sind oder sich schriftlich gemeldet haben, so ist ihnen, fall- der Termin nicht verkündet ist, der Beschluß, durch den der Termin an­ beraumt wird, zuzustellen, und zwar von Amt- wegen (Daube 32, Gaupp Anm., Seusfert Anm. 2. Vgl. § 496 Abs. 1). Wegen der Ladung de- Anttagsteller- s. § 952 Anm. 2. Nur die öffentliche Bekanntmachung