Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983 [1 ed.] 9783428543786, 9783428143788

Papst und Bischöfe sind die beiden Grundpfeiler des Verfassungsrechts der Kirche, wobei auch rund 30 Jahre nach Inkraftt

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Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983 [1 ed.]
 9783428543786, 9783428143788

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Kanonistische Studien und Texte Band 63

Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983

Von Sebastian Klappert

Duncker & Humblot · Berlin

SEBASTIAN KLAPPERT

Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983

Kanonistische Studien und Texte begründet von Dr. A l b e r t M . K o e n i g e r † o.ö. Professor des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Bonn fortgeführt von Dr. Dr. H e i n r i c h F l a t t e n † o.ö. Professor des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Bonn und Dr. G e o r g M a y Professor für Kirchenrecht, Kirchenrechtsgeschichte und Staatskirchenrecht an der Universität Mainz herausgegeben von Dr. A n n a E g l e r Akademische Direktorin i. R. am FB 01 Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Mainz und Dr. W i l h e l m R e e s Professor für Kirchenrecht an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Band 63 SEBASTIAN KLAPPERT

Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983

Das Verhältnis des Papstes zu den Diözesanbischöfen nach dem Codex Iuris Canonici von 1983

Von Sebastian Klappert

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Wintersemester 2013/2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Imprimatur: Die kirchliche Druckerlaubnis wird für die Veröffentlichung erteilt. Coloniae, die 15 ianuarii 2014 Jr.Nr.106 250 I 90 Dr. Stefan Heße vic.gen.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0929-0680 ISBN 978-3-428-14378-8 (Print) ISBN 978-3-428-54378-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-84378-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und Großeltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2013/2014 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Die Idee zur Anfertigung dieser Schrift entstand während meiner Tätigkeit an der französischen Botschaft beim Heiligen Stuhl im Herbst 2009. Zu meiner Freude durfte ich diese Arbeit während des großen Pontifikats Seiner Heiligkeit Papst Benedikts XVI. schreiben und abschließen. Seit meiner Jugendzeit bringe ich der Person Joseph Ratzinger aufrichtige und tiefe Verehrung entgegen. Nicht zuletzt sein Wirken als Papst hat meine unerschütterliche Treue zur römisch-katholischen Kirche begründet. Seine theologische Gelehrsamkeit, seine Demut und Wahrhaftigkeit und vor allem der thematische Schwerpunkt seines Petrusdienstes ließen mich zu einem leidenschaftlichen Anhänger seines Pontifikats werden. Allen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben, danke ich. An erster Stelle gebührt besonderer Dank meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Stefan Muckel, der meine Arbeit in jeder Phase geduldig betreut und mich stets bei meinem Vorhaben unterstützt hat. Ich danke ihm vor allem für seine stetige Ermutigung und konstruktive Kritik, mit der er mich zu motivieren wusste. Herrn Professor Dr. Manfred Baldus, der mein Interesse am kirchlichen Recht und seiner Geschichte im Studium geweckt hat, gilt mein aufrichtiger Dank für die Erstellung des Zweitgutachtens. Ich danke den Herausgebern für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe „Kanonistische Studien und Texte“. Der Studienstiftung des deutschen Volkes bin ich für ihre langjährige ideelle und finanzielle Förderung dankbar, die mir während Studium und Promotion zuteilwurde. Meinen Freunden, namentlich Nicole Pöppel, Nikolai Rüther und Raik Joseph, mit denen ich über die Arbeit diskutieren konnte und die das Manuskript einer kritischen Durchsicht unterzogen haben, danke ich in tiefer Verbundenheit. Bonn, 19. April 2014, am Jahrestag des Pontifikatbeginns von Papst Benedikt XVI. Sebastian Klappert

Inhaltsverzeichnis Einleitung – Problemstellung, Ziel und Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I.

Die Rechtsstellung des Papstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Der Ursprung der päpstlichen Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2. Der Umfang der päpstlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Potestas suprema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Potestas plena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 c) Potestas immediata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 d) Potestas universalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 e) Potestas ordinaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

II. Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Der Ursprung der bischöflichen Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Der Umfang der diözesanbischöflichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Potestas ordinaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Potestas immediata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 c) Potestas propria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 d) Omnis potestas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Hinführung: Das zentrale Problem der Verhältnisbestimmung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Die Auslegung des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Methodisches Vorgehen und Vorrang der Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . 39 b) Der Wortlaut aus päpstlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 aa) Die päpstlichen Machtattribute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 bb) Die immer freie Gewaltausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 cc) Der Vorrang ordentlicher Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 c) Der Wortlaut aus diözesanbischöflicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 aa) Die Grundsatz-Ausnahme-Struktur von can. 381 § 1 . . . . . . . . . . . . . . . . 47 bb) Ius divinum und Bischofsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) Fazit der Wortlautauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

10

Inhaltsverzeichnis 3. Die historische Auslegung des CIC nach can. 17 HS 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 b) Das Problem des Nebeneinanders zweier Ekklesiologien . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c) Fazit der historischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Das Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Die mehrdeutige Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums . . . . . . . . . . . . . 59 bb) Naturrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 c) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Kirchengeschichtliche Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Ekklesiologische Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 cc) Kanonistische Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 e) Inhalt des Subsidiaritätsprinzips ¢ Rechtsvermutung des Diözesanbischofs . 77 f) Der Grundsatz der päpstlichen Kompetenz-Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 g) Der Konfliktfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 h) Das Remonstrationsrecht des Diözesanbischofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 i) Die Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 j) Das Problem des überrechtlichen Kriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 k) Die theologische Letztbegründung des Kirchenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Die systematische Stellung des Bischofskollegiums im CIC . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Das Bischofskollegium als juristische Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Der hierarchische Aufbau des Bischofskollegiums ¢ der Kollegialitätsbegriff . . . 102 4. Die Fortdauer der apostolischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium . . . . . . . . . 110 a) Die sakramentale Weihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Die hierarchische Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 6. Umfang der Kollegialgewalt des Bischofskollegiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Höchste Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Volle Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 c) Universale Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Inhaltsverzeichnis

11

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt . . . . . . . . . . . 126 a) Das Ökumenische Konzil (can. 337 § 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Vorrechte des Papstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (1) Einberufungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Geschäftsordnung und Propositionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (3) Präsidialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (4) Approbations-, Bestätigungs- und Promulgationsrecht . . . . . . . . . . . . 136 bb) Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (1) Ordentliches Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (2) Außerordentliches Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Die außerkonziliare vereinte Amtshandlung (can. 337 § 2) . . . . . . . . . . . . . . . 151 aa) Besonderheiten der ordentlichen Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (1) Initiativrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (2) Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 bb) Die außerkonziliare vereinte Amtshandlung als kollegialer Akt . . . . . . . . 153 (1) Can. 337 § 2 Alt. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Can. 337 § 2 Alt. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 cc) Die Vorteile der außerkonziliaren vereinten Amtshandlung . . . . . . . . . . . 160 dd) Außerkonziliare Amtshandlung als kirchliches Notstandsrecht? . . . . . . . 162 V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum . . . . . 163 a) Der Papst als einziger Träger der Höchstgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Das Bischofskollegium als alleiniger Träger der Höchstgewalt mit dem Papst als Delegiertem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Papst und Bischofskollegium als zwei adäquat verschiedene Träger der Höchstgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 d) Papst und Bischofskollegium als zwei inadäquat verschiedene Träger der Höchstgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 e) Das Bischofskollegium mit dem Papst als Haupt als einziger Träger der Höchstgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Systematisch-kontextuelle Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Philologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 c) Zusammenführung der Argumente und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Die Zurückweisung der Lehre vom Bischofskollegium mit dem Papst als Subjekt der Höchstgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 bb) Der Papst ist alleiniges Subjekt der Höchstgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 cc) Die Besonderheit der inadäquat verschiedenen päpstlichen Höchstgewalt 215

12

Inhaltsverzeichnis 3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 a) Der häretische Papst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Häresie im CIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 bb) Der papa haereticus im kanonistischen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 cc) Der papa haereticus als kirchlicher Ausnahmezustand . . . . . . . . . . . . . . . 228 dd) Die außerkonziliare vereinte Amtshandlung der Bischöfe als Feststellungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Die dauerhafte Amtsunfähigkeit des Papstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 c) Die Verweigerung des kollegialen Aktes durch den Papst . . . . . . . . . . . . . . . . 243 d) Die Unfehlbarkeit im Lehramt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 aa) Das außerordentliche Lehramt des Papstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 bb) Das außerordentliche Lehramt des Bischofskollegiums . . . . . . . . . . . . . . 254 cc) Das ordentliche und allgemeine Lehramt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 dd) Das Subjekt der Unfehlbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 4. Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

Abkürzungsverzeichnis a.A. AAS a.E. AfkKR AK Alt. Anm. d. Verf. Apg. Art. Aufl. Bd. BGH bzw. can. cap. cc. CCCL CCEO CD C Fid CIC CIC/1917 Communicationes DBK ders. d. h. DH dies. ebd. Eph. Erg.-Lfg. Ex. f./ff. Fn. ggf. GG Vat.

andere Auffassung Acta Apostolicae Sedis, Bd. 1 (1909) ff. am Ende Archiv für katholisches Kirchenrecht, Bd. 1 (1857) ff. Apostolische Konstitution Alternative Anmerkung des Verfassers Apostelgeschichte Artikel Auflage Band, Bände Bundesgerichtshof beziehungsweise canon caput canones New Commentary on the Code of Canon Law, John P. Beal/James A. Coriden/Thomas J. Green (Hrsg.), New York 2000. Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche „Christus Dominus“ Congregatio pro Doctrina Fidei Codex Iuris Canonici von 1983 Codex Iuris Canonici von 1917 Communicationes, Pontificia Commissio Codici Iurs Canonici Recognoscendo (Hrsg.), Typ. Pol. Vat. 1969 ff. Deutsche Bischofskonferenz derselbe das heißt Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum, Heinrich Denzinger/Peter Hünermann (Hrsg.), Freiburg u. a. 43. Aufl. 2010 dieselbe, dieselben ebenda Der Brief an die Epheser Ergänzungslieferung Das Buch Exodus die folgende/folgenden Seite(n) Fußnote gegebenenfalls Grundgesetz des Staates der Vatikanstadt

14 Hervorhebung d. Verf. Hrsg. HS insb. i.S.v. i.V.m. Joh. Kap. Kol. LEF Lfg. LG lib. Lk. Mk. MKCIC Mt. m.w.N. n. NEP NJW Nr. OLG R. Rn. S. sog. Sp. St. Typ. Pol. Vat. u. u. a. UDG u. E. u.s.w. v. vgl. z. B. z. T.

Abkürzungsverzeichnis Hervorhebung des Verfassers Herausgeber Halbsatz insbesondere im Sinne von in Verbindung mit Das Evangelium nach Johannes Kapitel Der Brief an die Kolosser Lex Ecclesiae Fundamentalis Lieferung Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“ liber Das Evangelium nach Lukas Das Evangelium nach Markus Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Klaus Lüdicke (Hrsg.), Loseblattwerk, Essen seit 1985 Das Evangelium nach Matthäus mit weiteren Nachweisen Nummer Nota explicativa praevia Neue Juristische Wochenschrift Nummer Oberlandesgericht Romanus Randnummer Seite sogenannt Spalte Sankt Typis Polyglottis Vaticanis und unter anderem Universi Dominici Gregis unseres Erachtens und so weiter von vergleiche zum Beispiel zum Teil

Einleitung – Problemstellung, Ziel und Methode Der Primat des Papstes in der Nachfolge des heiligen Petrus und das Verständnis der Bischöfe als Nachfolger der Apostel sind die beiden Grundpfeiler des Verfassungsrechts der Kirche. Die richtige Beschreibung des Verhältnisses von Papst und Bischöfen zueinander gehört zu den zentralen Grundanliegen im kirchlichen Verfassungsrecht. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Bestimmung dieses Verhältnisses aus rechtswissenschaftlicher Perspektive und fokussiert dabei insbesondere zwei Aspekte. Im ersten Teil der Arbeit (I. – III.) steht das Verhältnis des Papstes zu dem Diözesanbischof als dem Gewaltenträger in der Diözese im Mittelpunkt. Die Gewalt des Diözesanbischofs über seine Diözese wird von can. 381 § 1 als ordentliche, eigenberechtigte und unmittelbare Gewalt beschrieben, die allerdings – wie bereits auf den ersten Blick zu erkennen ist – mit der in can. 331 genannten höchsten, vollen, universalen, ordentlichen und unmittelbaren Gewalt des Papstes zu kollidieren vermag. Es schließt sich die Frage an, ob das kirchliche Verfassungsrecht einen Ausgleich von primatialer Unmittelbarkeit und diözesanbischöflicher Allgewalt über die Diözese zulässt. Der zweite Teil der Arbeit (IV. – V.) widmet sich der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Papst und Bischofskollegium. Dabei geht es zum einen um die Rechtsstellung des Bischofskollegiums und seine universalkirchlichen Handlungsformen; zum anderen um die originär verfassungsrechtliche Frage nach dem Subjekt der höchsten Gewalt in der Kirche. Aus der Bedeutung dieser verfassungsrechtlichen Grundfrage ergibt sich die Notwendigkeit, die für das Selbstverständnis der Kirche ebenso zentrale wie für das Leben der Kirche maßgebliche Frage abgegrenzt von ekklesiologisch-theologischen Beschreibungen aus kanonistisch-juristischer Perspektive zu analysieren. Neben dem Versuch, die Frage nach der Höchstgewalt unter rechtlichen Gesichtspunkten abstrakt zu beantworten, wird das Augenmerk auch auf ausgewählte Aspekte der Verfassungswirklichkeit gerichtet, die im Zusammenhang mit der Verhältnisbestimmung von Papst und Bischofskollegium stehen und die besondere Konfliktsituationen aufzeigen. Aus der Vielzahl möglicher Beispiele sind hier exemplarisch einige herausgegriffen. Namentlich betrifft das die verfassungsrechtliche Frage nach der Geltung des Rechts im kirchlichen Ausnahmezustand, z. B. im Falle eines häretischen Papstes oder der Behinderung des Apostolischen Stuhls. Außerdem sollen die denkbare Verweigerung des kollegialen Aktes von Seiten des Papstes und einige das Lehramt der Kirche betreffende Fragen, insbesondere die nach dem Subjekt der Unfehlbarkeit, besprochen werden.

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Einleitung – Problemstellung, Ziel und Methode

Als originär verfassungsrechtliche Angelegenheit ist das Verhältnis des Papstes zu den Bischöfen nach dem kirchlichen Verfassungsrecht im CIC zu bestimmen. Dabei sind die einschlägigen gesetzlichen Regelungen nach den geltenden und verbindlichen Auslegungsregeln zu interpretieren. Nach can. 17 kommt bei der Auslegung der Rechtsnormen dem Gesetzeswortlaut eine primäre Bedeutung zu. Nur für den Fall, dass der Wortlaut des Gesetzes zweifelhaft bleibt, darf bei der Interpretation des Gesetzes auf Parallelstellen, auf Zweck und Umstände des Gesetzes oder die Absicht des Gesetzgebers zurückgegriffen werden.1 Diese für den weltlichen Juristen selbstverständliche Methodik hat auch für den Kanonisten zu gelten. Es ist notwendig, sich die Auslegungsregeln für kirchliche Rechtsnormen zu vergegenwärtigen, um der im theologischen und kanonistischen Schrifttum weitverbreiteten Methode zu einer „dynamischen“ und „progressiven“ Interpretation der Kirchengesetze zu begegnen. Die vielfach postulierte konzilskonforme oder konzilsnahe Interpretation der Rechtsnormen im Geiste des aggiornamento des Zweiten Vatikanischen Konzils verbietet sich. Mit dem Konzil ist eine Schlacht gegen den Codex nicht zu führen, da der Codex das Konzil sticht.2 Aufgrund des unvoreingenommenen und nüchternen Blicks auf den Gesetzestext stellt die vorliegende Arbeit gleichsam einen Beitrag zur Versachlichung und „Entmythologisierung“3 des Zweiten Vatikanischen Konzils dar. Das Konzil ist vom kirchenrechtlichen Standpunkt aus nicht mehr als ein vergangenes historisches Ereignis im Leben der Kirche, das zwar wesentliche – nicht unumstrittene – Impulse bis in die Gegenwart gesetzt hat, das aber nicht einseitig verklärt, die Geschichte und Tradition von zwei Jahrtausenden der Kirche preisgeben oder im Hinblick auf seine interpretatorische Relevanz für das Kirchenrecht überbewertet werden darf. Das Ziel dieser Arbeit ist es somit, das kirchliche Recht nach Maßgabe der verbindlichen Interpretationsregeln auszulegen, um so das komplexe Verhältnis des Papstes sowohl zum Diözesanbischof als auch zum Bischofskollegium kirchenrechtlich zu bestimmen. Es gehört zu den Wesensmerkmalen des Rechts, dass es Geltung und Verbindlichkeit beansprucht, dass es eine normative Wirklichkeit ist, die nicht beliebig ist und die nicht übergangen werden darf. Kirche verwirklicht sich auch in ihrer rechtlichen Ordnungsgestalt.4 Das Kirchenrecht ist verbindliches Recht. So ist auch der CIC kein beliebig interpretierbares „Zufallsprodukt“.5 Das Verfassungsrecht der Kirche regelt die Rechtsbeziehung der einzelnen Verfassungseinrichtungen zueinander mit verbindlichem Geltungsanspruch. Das Recht ist nicht nur als Tatsache zu verstehen, sondern es ist die normative Ordnung der Kirche. Der CIC ist nicht bloß eine Möglichkeit, um das Verhältnis des Papstes zu seinen Bischöfen kirchenrechtlich zu bestimmen, sondern es ist dessen verbindliche Grundlage und 1 2 3 4 5

Siehe Kap. III.2.a). Vgl. Lüdecke, Rezeption, 65. Ebd., 64. Lüdecke, Grundnormen, 74. Vgl. Bier, Rechtsstellung, 20.

Einleitung – Problemstellung, Ziel und Methode

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Grenze – auch für jede theologische Auseinandersetzung und Interpretation. Diese Arbeit folgt daher dem Selbstverständnis einer strengen juristischen Methodik der Gesetzesauslegung, die die Position des Gesetzgebers und des höchsten kirchlichen Lehramtes ernst nimmt und der sich in der Kirchenrechtswissenschaft die Schule der „korrekten Kanonisten“ verpflichtet fühlt.6 Mit ihrer methodischen Perspektive möchte diese Arbeit zudem einen Beitrag zur Diskussion um die Grundlegung des Kirchenrechts leisten. Es ist eine gewisse logische Konsequenz, dass das einseitige Verständnis des Kirchenrechts als einer theologischen Disziplin zu einem immer stärkeren Bedeutungsrückgang des Kirchenrechts an den rechtswissenschaftlichen Fakultäten führt. Dies ist bedauerlich. So vermag doch eine rechtswissenschaftliche Perspektive nicht nur unter methodischen Gesichtspunkten bei der Auslegung des kirchlichen Rechts fruchtbar zu sein. Dass dem weltlichen Staats- und Verwaltungsrecht geläufige Gegenstände wie das Subsidiaritätsprinzip, die Methode der praktischen Konkordanz zur Lösung von Normenkollisionen, der Ermessensbegriff oder Verhältnismäßigkeitsgrundsätze auch auf das kirchliche Verfassungsrecht bezogen werden können, wird in der vorliegenden Arbeit an geeigneten Stellen exemplarisch dargelegt, ohne dabei dem Selbstverständnis der Kirche als einer „komplexen Wirklichkeit“ und ihrem transzendentalen Ziel entgegentreten zu wollen. Zwar sind Regelungsgegenstände und Regelungsinhalt des Kirchenrechts genuin theologisch vorgegeben, dennoch ist das Kirchenrecht kirchliche Rechtswissenschaft.7 Wenn das Kirchenrecht vielfach als geistliches Recht verstanden wird, ändert dies aus juristischer Perspektive nichts an seiner Rechtsstruktur.8 Die Kanonistik betreibt keine Theologie, sondern sie befasst sich mit der Auslegung, der systematischen und begrifflichen Durchdringung dessen, was für die Kirche als sichtbare Gemeinschaft Recht ist. Die vorliegende Arbeit ist so als ein Beitrag zu verstehen, den Dialog zwischen weltlichen Juristen und kirchlichen Kanonisten bei der Durchdringung des Rechts der Kirche fortzusetzen.

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Zu Vertretern und zum Selbstverständnis der „korrekten Kanonisten“, die sich durch Wissenschaftlichkeit und Bindung an die kirchliche Autorität und die nüchternen Normen des Kirchenrechts auszeichnen, vgl. Schüller, Diözesanbischöfe, 488; Böckenförde, Kanonist, 16 ff. Diese auf Hans Barion zurückgehende Wortprägung ist in der Kirchenrechtslehre nicht nur positiv konnotiert (vgl. Marschler, Kirchenrecht, 455; Böckenförde, Kanonist, 22 f.). 7 Zutreffend ist die Ansicht von Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 168, unter Zurückweisung der Auffassung, nach der die Kanonistik eine theologische Disziplin mit juristischer Methode sei: „Die Kanonistik ist die Wissenschaft des Rechtes der Kirche und sie muss als solche echte Rechtswissenschaft sein und bleiben.“ 8 Vgl. Dreier, Rechtsbegriff, 275; Heimerl/Pree, Kirchenrecht, 3 f.

I. Die Rechtsstellung des Papstes 1. Der Ursprung der päpstlichen Vollmacht Das päpstliche Amt hat seine Grundlegung, wie cc. 330, 331 betonen, in der Heiligen Schrift und in der Tradition der Kirche. So nennt can. 330 den Papst Nachfolger des heiligen Petrus nach der Weisung des Herrn,1 und in can. 331 heißt es im Hinblick auf die ekklesiologisch-sakramentale Herkunft des Papstamtes: „Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden.“2 Der Codex bezieht sich zur Begründung des Petrusamtes explizit auf göttliche Anordnung und verweist damit auf eine biblische Grundlegung des petrinischen Primats.3 Der CIC impliziert damit die sog. klassischen Primatsstellen, die die Sonderstellung des Apostels Petrus hervorheben. Zu diesen neutestamentarischen Stellen zählen unter anderen die Bezeichnung Simons als Petrus,4 die Berufung des Petrus zum Menschenfischer,5 sein Erstzeugnis der Auferstehung Jesu,6 seine Rolle als mit besonderer Autorität ausgestatteter Sprecher der Apostel7 und seine mehrfache Nennung als Erster der Apostel.8 Als zentrale Primatsstelle gilt jedoch die ausdrückliche Verfügung Christi, mit der Petrus zum Felsen seiner Kirche berufen wird und aus der exklusive Kompetenzen abgeleitet werden: die Erteilung der Schlüsselgewalt an Petrus mit der Vollmacht, auf Erden mit Wirkung im Herr-

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„Sicut, statuente Domino, sanctus Petrus et ceteri Apostoli unum Collegium constituunt, pari ratione Romanus Pontifex, successor Petri, et Episcopi successores Apostolorum, inter se coniunguntur.“ 2 „Ecclesiae Romanae Episcopus, in quo permanet munus a Domino singulariter Petro, primo Apostolorum, concessum et successoribus eius transmittendum, Collegii Episcoporum est caput, Vicarius Christi atque universae Ecclesiae his in terris Pastor.“ 3 Vgl. grundlegend Pesch, Grundlagen, 30 ff.; Gnilka, Petrus, 3 ff.; G. Müller, Primat, 69 ff; Klausnitzer, Primat, 73 ff. 4 Joh. 1, 42; Mt. 4, 18. 5 Mk. 1, 17; Mt. 4, 19. 6 1. Kor., 15, 5. 7 Vgl. Apg. 15, 1 – 29. 8 Mt. 10,2. Vgl. dazu Pesch, Grundlagen 96 f.

1. Der Ursprung der päpstlichen Vollmacht

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schaftsbereich Gottes zu binden und zu lösen,9 den Auftrag zur Stärkung seiner Brüder im Glauben10 und die Übertragung des obersten Hirtenamtes in der Gesamtkirche.11 Die genannten Schriftargumente sind jedoch nicht unwidersprochen. So werden in der theologischen Diskussion um die biblische Grundlegung des Primats neutestamentarische Stellen angeführt, die gewissermaßen einer „Neutralisierung“ der Primatsstellen dienen sollen.12 Zahlreich sind auch die Argumente aus der Tradition der Kirche, die zur Begründung des päpstlichen Primats herangezogen werden. Die herrschende Lehre stützt sich dabei auf das seit der Frühzeit der Kirche bestehende Verantwortungsbewusstsein der römischen Kirche für die ganze Kirche und die kontinuierliche Anerkennung ihrer Vorrangstellung zum Zwecke der Kircheneinheit.13 Ferner ist insbesondere auf die lehramtliche Primatslehre des Ersten Vatikanischen Konzils zu verweisen. Unumstritten sind die Argumente jedoch nicht. Vor allem in ökumenischen Gesprächen stehen die theologische Begründung und die grundsätzliche Geltung des päpstlichen Primats zur Diskussion.14 Doch auch aus katholischer Sicht wird vielfach angemerkt, dass der päpstliche Primat in einem streng historischkritischen Sinn kaum begründet werden kann, weil eine historische Kontinuität der Nachfolge zwischen dem biblischen Petrus und dem römischen Bischof nicht nachweisbar ist. Die Frage, ob über Petrus hinaus an ein bleibendes Amt gedacht war, 9 Mt. 16, 18 f.: „Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.“ Vgl. auch Hoffmann, Petrus, 9 ff. 10 Vgl. Lk. 22, 31 f. Vgl. dazu Pesch, Grundlagen, 97. 11 Joh. 21, 15 – 17: „Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!“ Vgl. Pesch, Grundlagen, 85 ff. 12 Vgl. dazu G. Müller, Primat, 72 m.w.N. Vgl. auch die kritischen Bemerkungen aus protestantischer Perspektive bei Pannenberg, Petrusdienst, 352. 13 Vgl. ebd., 73 ff.; Schatz, Kollegialität, 290 ff.; G. Müller, Dogmatik, 622 f. 14 Einen Überblick über die strittigen Fragen in der Primatsdiskussion aus ökumenischer Perspektive bietet Böttigheimer, Relevanz, 331 ff. m.w.N. Vgl. auch ausführlich RiedelSpangenberger, Jurisdiktionsprimat, 49 ff.; Küng, Strukturen, 206 ff.; Radlbeck-Ossmann, Papstamt, 20 ff. m.w.N.; Granfield, Papsttum, 22 ff.; Kasper, Dienst, 82 ff. Auch unter katholischen Theologen hat der Dialog über eine erneuerte Form der Primatsausübung durch die Enzyklika von Papst Johannes Paul II. „Ut unum sint“ aus dem Jahr 1995 neue Impulse erfahren, zumal darin das petrinische Amt als Dienst an der Einheit verstanden wird (vgl. Quinn, Reform, 11 ff., insb. 24 ff.; Radlbeck-Ossmann, Papstamt, 23 ff.).

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I. Die Rechtsstellung des Papstes

wird daher – rein historisch gestellt – negativ zu beantworten sein.15 Der Primat des Papstes hat sich vielmehr durch eine Vielzahl an Faktoren historisch entwickelt, wobei der Jurisdiktions- und Lehrprimat, wie ihn das Erste Vatikanische Konzil definierte, eine Traditionslinie bildet, die sich auf die Spätantike zurückführen lässt und sich letztlich erfolgreich durchsetzen konnte.16 Die deutlichste lehramtliche Ausprägung hat das Papstamt durch die Dogmatische Konstitution „Pastor aeternus“ auf dem Ersten Vatikanischen Konzil gefunden. Das Erste Vatikanum verstand sich in Abgrenzung zu innerkirchlichen Herausforderungen wie dem Gallikanismus, dem Febronianismus, dem Episkopalismus, dem Kollegialismus und der konfessionell dominierten staatlichen Kirchenhoheit, aber auch gegenüber dem neuzeitlichen Liberalismus, seinem immanenten Fortschrittsoptimismus, seinen Forderungen nach Freiheit, Demokratie, Gewaltenteilung und seiner neuerlichen Betonung des Individuums.17 Die heutige Kodifizierung des päpstlichen Primats ist somit das Ergebnis einer Entwicklung der katholischen Lehre, die, von historischen Faktoren beeinflusst, ihren Höhepunkt im unfehlbar gelehrten Jurisdiktions- und Lehrprimat des Ersten Vatikanums erhielt. Die Dogmatische Konstitution „Pastor aeternus“ gliedert sich in vier Kapitel. Während das erste Kapitel unter expliziter Berufung auf neutestamentarische Stellen die Übertragung des Jurisdiktionsprimats über die Kirche auf Petrus nachweist,18 wird im zweiten Kapitel unter Androhung des Anathemas die ewige Fortdauer des päpstlichen Primats in den Nachfolgern Petri als des ersten Bischofs von Rom aufgrund des Stifterwillens Jesu und damit aufgrund göttlichen Rechts festgeschrieben.19 Das dritte Kapitel umschreibt das Wesen des päpstlichen Primats und definiert die Jurisdiktionsgewalt.20 Danach ist Petrus und seinen Nachfolgern als römischen Bischöfen von Jesus Christus die volle Gewalt über die Kirche übertragen worden. Diese wahrhaft bischöfliche Gewalt ist unmittelbar, weshalb dem Papst ein Vorrang ordentlicher Gewalt über alle Hirten und Gläubigen eingeräumt ist und sie zur hierarchischen Unterordnung verpflichtet sind.21 Durch die päpstliche Vollmacht 15

Vgl. Schatz, Primat, 13. Vgl. auch Krämer, Art. Primat, 590. Zur Kritik an der historischen Perspektive vgl. Schatz, Primat, 15; Kasper, Dienst, 83 f. 16 Vgl. Schatz, Primat, 208; vgl. weiterführend Klausnitzer, Primat, 122 ff. 17 Vgl. dazu Granfield, Papsttum, 60; Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 28 ff. m.w.N. Von Seiten des kirchlichen Lehramtes ist bereits auf den sog. Syllabus von Papst Pius IX. vom 8. 12. 1864 hinzuweisen, der als eine umfassende Sammlung falscher Thesen gegen den herrschenden Zeitgeist und modernistische Strömungen in der Kirche gerichtet war (vgl. DH 2901 – 2980). 18 Vgl. DH 3053 – 3055. 19 Vgl. DH 3056 – 3058. „Wer also sagt, es sei nicht aus der Einsetzung Christi, des Herrn, selbst bzw. göttlichen Rechts, daß der selige Petrus im Primat über die gesamte Kirche fortdauernd Nachfolger hat: oder der Römische Bischof sei nicht der Nachfolger des seligen Petrus in ebendiesem Primat: der sei mit dem Anathema belegt.“ (DH 3058). 20 Vgl. DH 3059 – 3064. 21 Vgl. DH 3060.

1. Der Ursprung der päpstlichen Vollmacht

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wird die bischöfliche Gewalt über die Teilkirche jedoch nicht beeinträchtigt.22 Unter Androhung des Anathemas wird der Jurisdiktionsprimat als die Fülle der unmittelbaren, ordentlichen, höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche festgeschrieben, der nicht bloß ein Amt der Leitung bzw. Aufsicht meint.23 Während die ersten beiden Kapitel für die Konzilsteilnehmer selbstverständlich waren, rief auch die Festlegung des Jurisdiktionsprimats im dritten Kapitel bei der überwiegenden Mehrheit der Konzilsväter kaum Widerspruch hervor, da der Primat jahrhundertelanger Praxis entsprach.24 So wurde das Ringen mit dem Konziliarismus zugunsten der Inappellabilität des Papstes als letzter Instanz entschieden. Der Papst hat in der Kirche nicht nur den Vorrang („potiores partes“), sondern die Fülle ordentlicher, unmittelbarer und höchster Gewalt („totam plenitudinem huius supremae potestatis“).25 Eigentlich umstritten war nur das vierte Kapitel über das unfehlbare Lehramt des Papstes.26 Danach schließt, wie unter ausführlicher Bezugnahme auf die Lehre und Tradition der Kirche belegt wird, der päpstliche Primat das unfehlbare Lehramt ein. In Ausübung seines höchsten Amtes als Hirte und Lehrer aller Gläubigen ist eine vom Papst ex cathedra unfehlbar vorgelegte Glaubens- oder Sittenlehre für die ganze Kirche aus sich heraus und nicht erst aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich.27

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Vgl. DH 3061. „Wer deshalb sagt, der Römische Bischof besitze lediglich das Amt der Aufsicht bzw. Leitung, nicht aber die volle und höchste Jurisdiktionsvollmacht über die gesamte Kirche, nicht nur in Angelegenheiten, die den Glauben und die Sitten, sondern auch in solchen, die die Disziplin und Leitung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche betreffen; oder er habe nur einen größeren Anteil, nicht aber die ganze Fülle dieser höchsten Vollmacht; oder diese seine Vollmacht sei nicht ordentlich und unmittelbar sowohl über alle und die einzelnen Kirchen als auch über alle und die einzelnen Hirten und Gläubigen: der sei mit dem Anathema belegt.“ (DH 3064) 24 Vgl. Schatz, Konzilien, 251 f. Zu den Diskussionen über die ersten drei Kapitel vgl. Aubert, Vaticanum, 255 ff. 25 Vgl. DH 3064. 26 Zu den heftigen Diskussionen um die Formulierung des Dogmas von der päpstlichen Unfehlbarkeit vgl. Schatz, Primat, 190 ff.; Aubert, Vaticanum, 135 ff., 261 ff.; instruktiv ist in diesem Zusammenhang auch die Studie zu der Haltung der deutschsprachigen Minoritätsbischöfe auf dem Ersten Vatikanischen Konzil von Schatz, Kirchenbild, 139 ff. 27 „Wenn der Römische Bischof ,ex cathedra‘ spricht, das heißt, wenn er in Ausübung seines Amts als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität entscheidet, daß eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verliehenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definition der Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich. Wer sich aber – was Gott verhüte – unterstehen sollte, dieser Unserer Definition zu widersprechen: der sei mit dem Anathema belegt.“ (DH 3074 f.) 23

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I. Die Rechtsstellung des Papstes

Diese dogmatischen Vorgaben werden vom CIC/1917 rezipiert und finden hinsichtlich des Jurisdiktionsprimats fast wortwörtlich Eingang in can. 218 CIC/1917.28 Der Canon nennt die wahrhaft bischöfliche Jurisdiktionsgewalt des Papstes volle, höchste, unmittelbare und ordentliche Gewalt. Das Zweite Vatikanische Konzil hat in seiner Dogmatischen Konstitution „Lumen gentium“ den päpstlichen Jurisdiktions- und Lehrprimat ausdrücklich bestätigt.29 Nach herrschender Ansicht im theologischen Schrifttum ist die in juridischen Kategorien formulierte Primatslehre des Ersten Vatikanums jedoch um die Lehre von der bischöflichen Kollegialität ergänzt und vertieft worden.30 Das Konzil hob namentlich die kollegiale Natur der kirchlichen Hierarchie und die Interdependenz von Primat und Episkopat hervor.31 Der Primat ist so vor allem „immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft“32. Die Primatslehre hat im Zuge der Konzilsrezeption und Neufassung des CIC nunmehr in can. 331 Eingang in das kirchliche Gesetzbuch gefunden.33 Die traditionelle Kanonistik unter der Herrschaft des CIC/1917 deutete den Primat streng juristisch als monarchisch bzw. absolutistisch.34 Eine solche Deutung wird jedoch nicht für zwingend gehalten und insbesondere durch die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils vielfach in Frage gestellt.35 Aus dogmatisch28 Can. 218 §§ 1, 2 CIC/1917: „Romanus Pontifex, Beati Petri in primatu Successor, habet non solum primatum honoris, sed supremam et plenam potestatem iurisdictionis in universam Ecclesiam tum in rebus quae ad fidem et mores, tum in iis quae ad disciplinam et regimen Ecclesiae per totum orbem diffusae pertinent. Haec potestas est vere episcopalis, ordinaria et immediata tum in omnes et singulas ecclesias, tum in omnes et singulos pastores et fideles, a quavis humana auctoritate independens.“ 29 Vgl. Art. 18 LG: „Diese Lehre über Einrichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden heiligen Primats sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor.“ 30 Vgl. Art. 18 ff. LG. Vgl. Schwendenwein, Papst, 332; Kasper, Theologie, 482 f.; Kasper, Petrusamt, 124 ff. So heißt es in Art. 18 LG selbst, dass das Konzil sich in Fortführung des damals Begonnenen entschlossen habe, die Lehre von den Bischöfen, die mit dem Nachfolger Petri zusammen das Haus des lebendigen Gottes leiten, zu erklären. 31 Vgl. G. Müller, Dogmatik, 625. 32 Art. 18 LG. 33 Siehe dazu ausführlich Kap. I.2. 34 So führt Eichmann, Lehrbuch I, 175 f., aus: „Als fortlebender Petrus hat der Bischof von Rom den Ehren- und Jurisdiktionsprimat über die Gesamtkirche. Er ist nicht bloß der Erste unter gleichen Bischöfen, sondern der Monarch, dem die Fülle der Kirchengewalt und die oberste, ordentliche und eigenberechtigte Gewalt über die Gesamtkirche zusteht. […] Der Papst kann daher von seiner Weihe- und Jurisdiktionsgewalt überall in der ganzen Kirche Gebrauch machen, er hat eine mit der bischöflichen konkurrierende Gewalt in jedem Bistum.“ Auch Schatz, Primat, 197, behauptet, es sei schwer zu leugnen, dass die faktische Stellung des Papstes gegenüber den Bischöfen weitgehend dem verfassungsrechtlichen Begriff des Absolutismus entspreche. Vgl. auch Schwaiger, Potestas, 616 f.; Granfield, Papsttum, 43, 58. 35 Vgl. Kasper, Petrusamt, 124 ff.; ders., Primat, 514 ff.; G. Müller, Dogmatik, 625 f.; Ries, Amt, 232 ff. Pottmeyer, Rolle, 61 ff., nennt weitere Argumente gegen eine absolutistische Interpretation der päpstlichen Machtfülle. Den Versuchen, die Definition des päpstlichen Ju-

1. Der Ursprung der päpstlichen Vollmacht

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ekklesiologischer Perspektive wird diese einseitige Interpretation der Kirche, nach der sie eine absolutistisch-monarchische Verfassung hat, mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass die Rechte des Papstes durch die auf göttliche Stiftung zurückzuführenden Befugnisse der Bischöfe begrenzt seien.36 Die herrschende Lehre im theologischen Schrifttum besagt, dass das Erste Vatikanum die bischöfliche Gewalt gegenüber der päpstlichen nicht mindern oder verneinen wollte; es galt vielmehr, sich gegenüber den Auffassungen abzugrenzen, die den päpstlichen Primat zugunsten einer alleinigen oder gegen den päpstlichen Primat gerichteten bischöflichen Gewalt gänzlich leugneten.37 Dieser Befund wird auch durch das Apostolische Schreiben „Mirabilis illa constantia“ von Papst Pius IX. gestützt, mit der der Papst auf den Vorwurf reagierte, durch den Jurisdiktionsprimat des Papstes seien die Bischöfe zu bloß ausführenden päpstlichen Beamten degradiert.38 Vor diesem Hintergrund muss der päpstliche Primat nach der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils auch als Ergänzung der Primatsidee durch die Lehre von der Kollegialität der Bischöfe und der communio-Struktur der Kirche verstanden werden.39 Allerdings ist ebenso anzuerkennen, dass nach katholischem Kirchenrecht die Primatsgewalt des Papstes ein im Stifterwillen Jesu Christi selbst gründender und damit als göttliches Recht zu qualifizierender Verfassungsgrundsatz ist, der zu einem unaufgebbaren Moment der Kirche zählt.40 risdiktionsprimats durch Hinweise auf die Textgeschichte der Dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“ zu relativieren, begegnet kritisch Bier, Rechtsstellung, 146 f., Fn. 133. 36 So insbesondere Rahner, Episkopat und Primat, 16 ff., insb. 18. Auch Küng, Strukturen, 213 ff., betont, dass die päpstliche Gewalt weder absolut noch willkürlich sei. Begrenzend wirke neben dem ius naturale insbesondere das ius divinum, darunter namentlich die Existenz des Episkopats, die ordentliche Amtsausübung des Bischofs sowie das Wesen und das Ziel der päpstlichen Amtsführung als Dienst der Einheit. Nach der Lehre von der Kollegialität der Bischöfe durch das Zweite Vatikanische Konzil erscheine der Papst nicht mehr als alleiniger Herrscher der Kirche, von dem alle Vollmachten ausgehen. Der Papst stehe als Ortsbischof innerhalb des Kollegiums der Bischöfe, habe darin eine besondere Verantwortung, aber stehe nicht über ihm (Neuner, Primat, 108). So heißt es auch schon bereits in der Dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“, dass die Gewalt des Papstes die ordentliche und unmittelbare Gewalt der bischöflichen Rechtsbefugnis nicht beeinträchtige; vielmehr werde die bischöfliche Gewalt vom Papst anerkannt, gefestigt und geschützt (vgl. DH 3061). Diese Formulierung findet sich heute beinahe wörtlich in can. 333 § 1 wieder. Allerdings weist Bier, Rechtsstellung, 146 m.w.N., richtig darauf hin, dass das Verhältnis der beiden konkurrierenden Gewalten damit nicht geklärt werden konnte. Der Vorrang des Papstes gegenüber dem Diözesanbischof wurde damit nicht in Frage gestellt. Der Text deute allenfalls hin auf eine gewisse, rechtlich nicht relevante Selbstbeschränkung bei der Ausübung seiner ordentlichen bischöflichen Gewalt in der Teilkirche. 37 So insbes. Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 33. 38 Zum Wortlaut des Apostolischen Schreibens vgl. DH 3117; siehe auch Fn. 70. 39 Vgl. de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 132, Rn. 6; Ries, Amt, 232 f.; Neuner, Primat, 106; Betti, Entstehungsgeschichte, 45. 40 Vgl. Scheuermann, Amt, 5 f. Treffend formuliert G. Müller, Dogmatik, 622, dass nicht die Existenz des Primats als eines von Gott seiner Kirche eingestifteten Elements überhaupt, sondern die Frage nach der Praxis des Primats Gegenstand der theologischen Forschung sein müsse.

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I. Die Rechtsstellung des Papstes

2. Der Umfang der päpstlichen Gewalt Der CIC bezeichnet in can. 331 HS 2 den Umfang des päpstlichen Primats als höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die der Papst immer frei ausüben kann.41

a) Potestas suprema Der Papst hat höchste – nach anderer Übersetzung oberste – Gewalt in der Kirche. Gemeint ist damit eine rechtlich absolute Unabhängigkeit von jeder kirchlichen Autorität. Es gibt somit oberhalb der päpstlichen Gewalt in der Kirche keine höhere Gewalt.42 Der Papst hat seine Vollmacht unmittelbar von Gott, nicht aufgrund einer Übertragung von Seiten innerkirchlicher Einrichtungen oder Versammlungen oder staatlicher Autoritäten.43 Mit der Bezeichnung der Papstgewalt als potestas suprema findet der Jurisdiktionsprimat des Papstes seinen gesetzlichen Anknüpfungspunkt. Die Höchstgewalt erstreckt sich auf sämtliche Angelegenheiten der Kirche in Heiligung, Verkündigung und Leitung. Dies umfasst namentlich den Glaubens- und Sittenbereich, einschließlich des unfehlbaren Lehramtes, die Rechtsordnung und die Rechtsprechung sowie die Regierung und das Verwaltungshandeln der Kirche. Die oberste Gewalt des Papstes beansprucht auch Unabhängigkeit von weltlichen Autoritäten, ohne dass der Papst für sich diesbezüglich eine konkurrierende oder gar übergeordnete Gewalt in Anspruch nimmt.44 Die Höchstgewalt bleibt mit dem Anspruch absoluter Freiheit vor weltlicher Bevormundung oder Intervention somit auf den kirchlichen Bereich beschränkt, jedoch unbeschadet einer moralischen Einflussnahme, die der Papst in Angelegenheiten des politischen Lebens trifft, sofern er zentrale Bereiche seiner Mission, die Freiheit der Kirche oder Menschenrechts-

41 „Qui ideo vi muneris sui suprema, plena, immediata et universali in Ecclesia gaudet ordinaria potestate, quam semper libere exercere valet.“ 42 Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 116. 43 Vgl. Schwendenwein, Papst, 332 f. Hier zeigt sich die deutliche Abgrenzung gegenüber innerkirchlichen Strömungen wie dem Episkopalismus in seinen vielfältigen Spielarten, namentlich in Abgrenzung zu dem nach der Schrift des Trierer Weihbischofs von Hontheim 1763 unter seinem Pseudonym Justinus Febronius benannten Febronianismus, der das Ziel einer Reduzierung des Primats auf einen bloßen Ehrenprimat und einen primatus inspectionis et directionis verfolgte (vgl. Reinhardt, Art. Episkopalismus, 727 f.). Auch die Lehre des Konziliarismus, soweit sie eine Unterordnung des Papstes unter das Ökumenische Konzil forderte, wird durch den Wortlaut des Gesetzes zurückgewiesen (vgl. Derschka, Art. Konziliarismus, 643). Nationalkirchliche Strömungen, die eine Eigenständigkeit im Sinne einer vom Apostolischen Stuhl unabhängigen episkopal bzw. konziliar verfassten Nationalkirche verlangten (beispielsweise der Gallikanismus in Frankreich), sind mit der päpstlichen Höchstgewalt nicht zu vereinbaren (vgl. Riedel-Spangenberger, Art. Gallikanismus, 1). Vgl. auch dies., Papst und Bischofskollegium, 28 ff. 44 Vgl. Schwendenwein, Katholische Kirche, 201.

2. Der Umfang der päpstlichen Gewalt

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fragen betroffen sieht.45 In diesem Fall fußt das päpstliche Interventionsrecht auf dem Verständnis der Höchstgewalt, die sich auf alle Gläubigen erstreckt. Die Möglichkeiten und Rechte einer politischen Intervention als Völkerrechtssubjekt sind davon losgelöst und allein völkerrechtlich zu bestimmen. Angesichts der absoluten Unabhängigkeit des Papstes als Ausfluss seiner Höchstgewalt ist die Frage nach einem möglichen Notstands- und Widerstandsrecht für den Fall des kirchlichen Ausnahmezustandes kirchenrechtlich nicht einfach zu beantworten.46

b) Potestas plena Das Attribut der vollen Gewalt umschreibt die Gewaltenfülle des Papstes. Materiell-rechtlich bezieht sich die päpstliche Gewalt nicht nur auf bestimmte Teilaspekte, sondern auf sämtliche Angelegenheiten der Kirche. Dazu zählen der Bereich des Lehrens, einschließlich des unfehlbaren außerordentlichen Lehramtes,47 der Bereich des Heiligens, insbesondere als Wächter und Förderer des gesamten liturgischen Lebens der Kirche und der Bereich des Leitens.48 Die volle Leitungsgewalt des Papstes gliedert sich formell-rechtlich in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung.49 Statt Gewaltenteilung kennt das Kirchenrecht nur eine funktionale Gewaltenunterscheidung.50 Als oberster Gesetzgeber der Kirche ist der Papst aus kirchenrechtlicher Perspektive nur an das göttliche Recht gebunden, sei es durch das in der Heiligen Schrift geoffenbarte ius divinum positivum oder durch das vernunftgemäß erkennbare höhere Naturrecht als die der Schöpfung eingestiftete Ordnung (ius divinum naturale).51 Rechts- und Geltungsgrund dieses unverfügbaren und den Papst bindenden göttlichen Rechts ist der göttliche Wille als Ursprung aller Normativität.52 In allem Übrigen ist die Gesetzgebungsvollmacht personal und territorial unbeschränkt; der Papst kann jedes Gesetz erlassen, ändern, aufheben, davon befreien oder Sonder- und Ausnahmerechte erlassen.53 Die vielfach im theologischen Schrifttum anzutreffende Auffassung von der Begrenztheit der absolutistisch ausgestalteten gesetzgeberischen Rechte des Papstes durch Verweis auf das Gemeinwohl der Kirche oder die Ver-

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Vgl. Schwendenwein, Papst, 333. Vgl. auch Art. 3 „Gaudium et spes“. Siehe dazu ausführlich Kap. IV.7.b)dd). 47 Vgl. can. 749 § 1. 48 Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 117 Rn. 9 49 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 206. 50 Vgl. Aymans, Art. Kirchengewalt, 11. 51 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 206; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 132 f., Rn. 9. 52 Vgl. Kistner, Kirchenverfassung I, 40. 53 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 206. 46

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I. Die Rechtsstellung des Papstes

bundenheit mit den Bischöfen ist allenfalls als eine moralische Selbstbeschränkung zu werten. Eine juristische Relevanz besteht jedoch nicht.54 Als höchster Richter (can. 1404 CIC) spricht der Papst entweder selbst Recht, regelmäßig bei ihm ordentlich vorbehaltenen Rechtsfällen,55 oder er delegiert die Rechtsprechung an Gerichte des Apostolischen Stuhls oder an besondere Richter.56 Der Grundsatz der Inappellabilität garantiert dem Papst, von niemandem vor Gericht gezogen zu werden.57 Jedem Gläubigen steht es zudem frei, unter Umgehung des Instanzenzuges unmittelbar den Papst als obersten Richter anzurufen.58 Der Papst entscheidet letztinstanzlich; es gibt keinen irdischen Richter über ihm. Daher gibt es gegen ein Urteil oder Dekret des Papstes weder Berufung noch Beschwerde.59 Dem Papst als obersten Verwaltungsträger obliegt die höchste Verantwortung für das kirchliche Gemeinwohl und das kirchliche Leben. So ist der Papst auch oberster Vermögensverwalter.60 Zur Ausübung bedient er sich seiner Gesandten,61 der kurialen Verwaltungsorgane und besonderer Visitatoren.62 Selbst wahrt er den Kontakt mit der Teilkirche, insbesondere durch das Erfordernis der Quinquennalberichte und der ad-limina-Besuche der Bischöfe, aber auch durch Visitationen und die apostolischen Nuntien.63

c) Potestas immediata Die Unmittelbarkeit der päpstlichen Gewalt ist in einem doppelten Sinn zu verstehen. Zum einen hinsichtlich ihres Ursprungs als eine ohne Mittlerschaft unmittelbar von Gott her begründete Gewalt; zum anderen bezieht sich die Unmittelbarkeit als eine inhaltliche Beschreibung auf die Ausübung und Ausrichtung der Gewalt, die sich ohne Zwischeninstanzen auf jeden einzelnen rechtsunterworfenen Gläubigen, sei es Laie oder Kleriker, erstreckt.64 Die kirchenrechtlichen Lehrbücher beschreiben daher die unmittelbare Gewalt des Papstes zunächst so, dass sie gegenüber allen natürlichen und juristischen Personen der Kirche unmittelbar einsetzbar ist und nicht den Weg über bestimmte Organe oder Instanzen nehmen muss.65 Gemeint ist damit 54

Zu der Unterscheidung zwischen juristischer Unbeschränktheit und moralischer Bindung des Papstes an die Stimme der Gesamtkirche siehe Fn. 1204. 55 Vgl. can. 1405 § 1. 56 Vgl. can. 1442. 57 Vgl. cc. 1404, 1372. 58 Vgl. can. 1417 § 1. 59 Vgl. cc. 333 § 3, 1629 Nr. 1, 1732. 60 Vgl. cc. 1256, 1273. 61 Vgl. cc. 362 – 367. 62 Vgl. can. 360. 63 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 206. 64 Vgl. Mörsdorf, Unmittelbarkeit, 466 f. 65 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 206 f.

2. Der Umfang der päpstlichen Gewalt

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nicht eine bloße Oberaufsicht, sondern ein jederzeit und überall in der Kirche anwendbares Eingriffsrecht.66 Da auch die Gewalt des Diözesanbischofs in seiner Diözese als unmittelbare Gewalt bezeichnet wird,67 stellt sich aus kirchenrechtlicher Perspektive die grundsätzliche Frage nach dem Verhältnis von bischöflicher und päpstlicher Gewalt über die Diözese. Auf den ersten Blick scheint eine gewisse Konkurrenz zwischen unmittelbarer Gewalt des Diözesanbischofs und ebenfalls unmittelbarer Gewalt des Papstes zu bestehen. Diese scheinbare Konkurrenz und der Eindruck einer Immediatisierung der Teilkirche unter den Papst traten bereits bei der Rezeption des Ersten Vatikanums zutage. Die misslungene Abgrenzung von unmittelbarer Primatsgewalt und bischöflicher Unmittelbarkeit bewog den deutschen Reichskanzler v. Bismarck zu seiner im Dezember 1874 veröffentlichten und vielzitierten Zirkulardepesche, in der er feststellte, dass nunmehr der Papst die Möglichkeit habe, in jeder einzelnen Diözese die bischöflichen Rechte in seine Hand zu nehmen. Die bischöfliche Jurisdiktion sei so in der päpstlichen aufgegangen; der Papst sei an die Stelle jedes einzelnen Bischofs getreten; die Bischöfe seien nunmehr Beamte ohne eigene Verantwortlichkeit, Beamte eines fremden Souveräns.68 Diese Depesche rief eine Gegenerklärung des deutschen Episkopats hervor, die in einer gemeinsamen Stellungnahme vom Januar/Februar 1875 die päpstliche Gewaltenfülle bestätigte und gleichsam auf die Einordnung des Papstes in das Verfassungsgefüge der Kirche verwies, zu dem aufgrund göttlicher Anordnung auch die unverfügbaren Rechte des Bischofs gehörten.69 Papst Pius IX. billigte in einem Apostolischen Schreiben

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Vgl. Schwendenwein, Katholische Kirche, 202. Vgl. can. 381 § 1. 68 Vgl. Bismarck, Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich-Preußischer Staats-Anzeiger n. 304 vom 29. 12. 1874, 1 f. 69 Im Wortlaut heißt es: „All diese Sätze entbehren der Begründung und stehen mit dem Wortlaute, wie mit dem richtigen […] Sinn der Beschlüsse des Vaticanischen Concils entschieden im Widerspruch. […] Nach dieser Lehre der katholischen Kirche ist der Papst Bischof von Rom, nicht Bischof irgendeiner anderen Stadt oder Diöcese, nicht Bischof von Köln oder Breslau u.s.w. Aber als Bischof von Rom ist er zugleich Papst, d. h. Hirt und Oberhaupt der ganzen Kirche, Oberhaupt aller Bischöfe und aller Gläubigen, und seine päpstliche Gewalt lebt nicht etwa in bestimmten Ausnahmefällen erst auf, sondern sie hat immer und allezeit und überall Geltung und Kraft. In dieser seiner Stellung hat der Papst darüber zu wachen, daß jeder Bischof im ganzen Umfang seines Amtes seine Pflicht erfülle, und wo ein Bischof behindert ist, oder eine anderweitige Notwendigkeit es erfordert, da hat der Papst das Recht und die Pflicht, nicht als Bischof der betreffenden Diöcese, sondern als Papst, alles in derselben anzuordnen, was zur Verwaltung derselben gehört.[… Es] kann die Bezeichnung eines absoluten Monarchen auch in Beziehung auf kirchliche Angelegenheiten auf den Papst nicht angewendet werden, weil derselbe unter dem göttlichen Rechte steht und an die von Christus für seine Kirche getroffenen Anordnungen gebunden ist. […] Er kann die der Kirche von ihrem göttlichen Stifter gegebene Verfassung nicht ändern.[…] Kraft derselben göttlichen Einsetzung, worauf das Papsttum beruht, besteht auch der Episkopat: auch er hat seine Rechte und Pflichten vermöge 67

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I. Die Rechtsstellung des Papstes

„Mirabilis illa constantia“ an die Bischöfe Deutschlands vom 4. März 1875 die gemeinsame Erklärung der deutschen Bischöfe als katholische Lehrmeinung.70 Es wäre jedoch falsch, die einfache Umkehrung der durch die Bischöfe und Papst Pius IX. zurückgewiesenen Verhältnisbestimmung als richtiges katholisches Lehrverständnis anzusehen.71 Allerdings wird deutlich, dass die päpstliche Unmittelbarkeit wegen der primatialen Bindung an das göttliche Recht verfassungsrechtlich durchaus begrenzt ist.72

d) Potestas universalis Die Universalgewalt des Papstes erstreckt sich territorial und personell auf die ganze Kirche, also nicht nur auf Angelegenheiten der Gesamtkirche, sondern auch auf jede Teilkirche, jede kirchliche Einrichtung und jeden Gläubigen, Laie wie Kleriker. Der Papst ist so nicht nur der Bischof der Diözese Rom, sondern der ganzen Kirche, weshalb er vielfach offiziell den Titel Catholicae Ecclesiae Episcopus verwendet. Damit überragt die Leitungsgewalt, die der Papst als Bischof besitzt, die der anderen Bischöfe zwar nicht hinsichtlich ihrer Qualität, doch hinsichtlich ihrer Ausdehnung.73 Diese universale Leitungsgewalt als Bestandteil des obersten Hirtenamtes entspricht der nie aufgegebenen Tradition der Kirche und ist unmittelbar mit dem Amt gegeben, wie das Erste und Zweite Vatikanische Konzil deutlich hervorheben.74 Zwar fehlte der Begriff der universalen Gewalt im CIC/1917, war allerdings inhaltlich in den anderen genannten Attributen päpstlicher Gewalt zur Lenkung der ganzen Kirche enthalten.75

der von Gott selbst getroffenen Anordnung, welche zu ändern der Papst weder das Recht noch die Macht hat.“ (DH 3112 – 3116). 70 Vgl. den Wortlaut des Apostolischen Schreibens in DH 3117. Dort heißt es: „Die Klarheit und Gediegenheit Eurer Erklärung ist fürwahr so, daß sie, da sie nichts zu wünschen übrig, nur Anlaß zu Unseren großartigsten Glückwünschen geben dürfte […]. Denn Eure Erklärung gibt die echt katholische und deswegen des heiligen Konzils und dieses Heiligen Stuhles Auffassung mit schlagenden und unwiderlegbaren Beweisgründen aufs geschickteste gestützt und glänzend erläutert so wieder, daß sie jedem ehrenwerten Menschen zu zeigen vermag, daß es in den angegriffenen Definitionen überhaupt nichts gibt, was neu wäre oder irgendetwas in den alten Beziehungen veränderte […].“ 71 Vgl. Mörsdorf, Unmittelbarkeit, 466. 72 Die Verhältnisbestimmung und Abgrenzung von päpstlicher und bischöflicher Gewalt über die Diözese sind komplex (siehe dazu ausführlich Kap. III.). 73 So Schwendenwein, Papst, 334. 74 Vgl. für das Erste Vatikanische Konzil Kap. 3 „Pastor aeternus“, für das Zweite Vatikanische Konzil Art. 2 CD. Darin heißt es: „In dieser Kirche besitzt der römische Bischof […] universale Seelsorgegewalt.“ 75 Vgl. Walf, CCCL zu cc. 330 ff., 434; Bier, Rechtsstellung, 145.

2. Der Umfang der päpstlichen Gewalt

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e) Potestas ordinaria Ordentlich ist die päpstliche Gewalt, weil sie mit dem Amt selbst von Rechts wegen gegeben ist.76 Die päpstliche Gewalt ist somit originäre Amtsgewalt.77 Der Papst übt seine Hirtengewalt in eigenem Namen aus, nicht kraft einer Delegation oder Genehmigung.78

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Das Kirchenrecht hat den Fachbegriff der ordentlichen Gewalt in Abgrenzung zur delegierten Gewalt in can. 131 § 1 legaldefiniert; vgl. auch Gerosa, Recht, 344; Linnan, Subsidiarity, 403. 77 Vgl. Lüdecke/Bier, Kanonisches Recht, 118 Rn. 12. 78 Vgl. Schwendenwein, Papst, 334; Stoffel, Kommentar zu 331, Rn. 4.

II. Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs 1. Der Ursprung der bischöflichen Vollmacht Der Episkopat ist in seiner apostolischen Nachfolge und Hirtenfunktion auf den Stifterwillen Jesu Christi zurückzuführen. So heißt es in can. 375 § 1, dass die Bischöfe, die kraft göttlicher Einsetzung durch den Heiligen Geist, der ihnen geschenkt ist, an die Stelle der Apostel treten, in der Kirche zu Hirten bestellt werden.87 Can. 375 § 1 rezipiert damit sinngemäß die entsprechende konziliare Formulierung in Art. 20 LG,88 die selbst wiederum die traditionelle Lehre der Kirche seit dem Konzil von Trient wiedergibt.89 Der Begriff der göttlichen Einsetzung ist juristisch im Hinblick auf seinen Begriffsinhalt problematisch. Kirchenrechtlich meint der Begriff die Unverfügbarkeit der auf den Stifterwillen Jesu Christi zurückgeführten Einrichtungen durch das kirchliche Recht. Der Episkopat gehört damit zum unabdingbaren und unwandelbaren Bestandteil der kirchlichen Verfassungsstruktur.90 Juristisch kommt dem Episkopat aufgrund der göttlichen Anordnung eine institutionelle Garantie seines Bestandes und seiner Hirtenfunktion in der Gesamtkirche zu.91 Die göttliche Anordnung bezieht sich jedoch ausschließlich auf den in can. 375 § 1 erwähnten Bischofsstand und die Apostelnachfolge, nicht auf ein konkretes Bischofsamt, dessen positiv-rechtliche Einrichtung und Ausgestaltung allein dem kirchlichen Gesetzgeber obliegt.92 Während nach der Lehre des dritten Kapitels von LG die Bischöfe ihren Dienst als Nachfolger der Apostel ausüben,93 der Herde als Hirten an Gottes Stelle vorstehen94 87

„Episcopi, qui ex divina institutione in Apostolorum locum succedunt per Spiritum Sanctum qui datus est eis, in Ecclesia Pastores constituuntur […].“ 88 In Art. 20 LG heißt es: „Proinde docet Sacra Synodus Episcopos ex divina institutione in locum Apostolorum successisse.“ 89 Vgl. die ausführlichen Belegstellen in Art. 20 LG, Fn. 51. 90 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 30. 91 Vgl. Bier, MKCIC zu can. 375, Rn. 2 (28. Erg.-Lfg. 8/1997). Kasper, Praxis, 484, spricht zutreffend von einer „Verfassungsgarantie“. 92 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 30; H. Müller, Stellung, 103 f.; diesbezüglich meint auch Rahner, Kommentar LG, 216 f.: „Das volle ganze Amt in seiner Inhaltlichkeit, seiner kollegialen Gestalt und seiner Einheit im Papst ist auf jeden Fall ex divina institutione […], ohne daß dadurch gesagt zu sein braucht, daß jedwedes Element des faktischen Bischofsamtes unter diese institutio divina fällt.“ 93 Vgl. Art. 20 LG: „[…] ita permanet munus Apostolorum pascendi Ecclesiam, ab ordine sacrato Episcoporum augite exercendum.”

1. Der Ursprung der bischöflichen Vollmacht

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und ihre Teilkirchen als Stellvertreter und Gesandte Christi95 und nicht als Stellvertreter der Bischöfe von Rom leiten,96 heißt es davon abweichend in Art. 11 CD, dass die Bischöfe ihre Teilkirchen unter der Autorität des Papstes leiten.97 Die Ausübung des diözesanbischöflichen Amtes unter der Autorität des Papstes entsprach der Rechtslage im CIC/1917.98 Der geltende Gesetzestext hat weder die alte Rechtslage explizit fortgeschrieben, noch die Lehre von LG über die Ausübung des Bischofsamtes als Stellvertreter Christi übernommen, obwohl der Gesetzgeber die im unmittelbaren Zusammenhang der loco-Dei-Formel stehende Aussage unverändert in den CIC übernommen hat. Im kanonistischen Schrifttum wird daher überzeugend vertreten, dass im Zusammenhang mit dem Bischofsamt bewusst auf den Stellvertreter-Christi-Titel verzichtet wurde.99 Die Widersprüchlichkeit der konziliaren Dokumente illustriere die Unterschiedlichkeit der konziliaren Positionen.100 Die zitierte Stelle in Art. 11 CD ergänze den in LG fehlenden Hinweis auf die unter der Autorität des Papstes auszuübende bischöfliche Gewalt und betone insoweit den Jurisdiktionsprimat.101 Kirchenrechtlich kann zur Beschreibung der Rechtsstellung des Diözesanbischofs der Titel des Stellvertreters Christi nicht herangezogen werden, da er im Gesetzbuch für den Bischof nicht gebraucht wird.102 Aus kanonistischer Perspektive kommt der Titel des Stellvertreters Christi allein dem Papst zu.103 Der Bischofsstand ist sakramental in der Weihe grundgelegt.104 Die Bischofsweihe erfolgt im Auftrag des Papstes und ist regelmäßig durch mehrere Bischöfe zu spenden.105 Nach diesem Prinzip apostolischer Sukzession lässt sich letztlich jede

94 Vgl. Art. 20 LG: „Episcopi […] ministerium […] susceperunt, loco Dei praesidentes gregi, cuius sunt pastores […].“ 95 Vgl. Art. 27 LG: „Episcopi Ecclesias particulars sibi commissas ut vicarii et legati Christi regunt.“ 96 Vgl. Art. 27 LG: „[…] neque vicarii Romanorum Pontificum putandi sunt, quia potestatem gerunt sibi propriam […].“ 97 Vg. Art. 11 CD: „Singuli Episcopi, quibus Ecclesiae particularis cura commissa est, sub auctoritate Summi Pontifici, tamquam proprii, ordinarii et immediati earum pastores, oves suas in nomine Domini pascunt […].“ Auch in Art. 3 CD findet sich die Formulierung: „[…] in communione et sub auctoritate Summi Pontificis […]“. Vgl. Puza, Teilkirche, 40. 98 Vgl. can. 329 § 1 CIC/1917: „Episcopi […] ex divina institutione peculiaribus ecclesiis praeficiuntur quas cum potestate ordinaria regunt sub auctoritate Romani Pontificis.“ 99 Diese Ansicht äußert Bier, Rechtsstellung, 37; ebenso ders., Aufwertung, 73 ff. 100 Ebd., 74. 101 Bier, Rechtsstellung, 37. 102 Vgl. ebd., 37 f.; Bier, Aufwertung, 76 f.; ders., MKCIC zu can. 375, Rn. 3 (28. Erg.Lfg. 8/1997). 103 Vgl. can. 331. Zur Bedeutung des Stellvertreter-Christi-Titels für den Papst vgl. Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 251 ff. 104 Siehe dazu ausführlich Kap. IV.5.a). 105 Vgl. cc. 375 § 2, 1008, 377 § 1, 1012, 1013, 1014.

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II. Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs

einzelne bischöfliche Weihe über die ununterbrochene Kette von Handauflegungen bis auf die Apostel zurückverfolgen.106

2. Der Umfang der diözesanbischöflichen Gewalt Can. 381 § 1 beschreibt den Umfang der Gewalt des Diözesanbischofs. Danach kommt dem Diözesanbischof in der ihm anvertrauten Diözese alle ordentliche, unmittelbare und eigenständige Gewalt zu, die zur Ausübung seines Hirtendienstes erforderlich ist. Davon ausgenommen ist, was von Rechts wegen oder aufgrund einer Anordnung des Papstes der höchsten oder einer anderen kirchlichen Autorität vorbehalten ist.107 Der Aufbau der Norm ist zweischrittig nach einem Grundsatz-Ausnahme-Schema aufgebaut. Während im ersten Halbsatz der Grundsatz der Allzuständigkeit bzw. Allgewalt des Diözesanbischofs in seiner Diözese zum Ausdruck gebracht wird, eröffnet der zweite Halbsatz beginnend bei „exceptis causis“ einen insbesondere päpstliche Reservationsrechte betreffenden offenen Ausnahmetatbestand.

a) Potestas ordinaria Das Merkmal der ordentlichen Gewalt ist als kanonistischer Fachbegriff im Sinne der Legaldefinition in can. 131 § 1 zu definieren. Danach ist die bischöfliche Gewalt von Rechts wegen mit dem Amt des Bischofs selbst gegeben und nicht als eine delegierte Vollmacht übertragen.108 Die bischöfliche Gewalt ist somit originäre Amtsgewalt.

b) Potestas immediata Unmittelbar ist die Gewalt des Diözesanbischofs, weil sie rechtlich zu ihrer Ausübung nicht an Zwischeninstanzen oder andere Personen gebunden ist.109 Der Diözesanbischof kann somit seine Vollmacht in territorialer und personaler Hinsicht über die ihm anvertraute Diözese direkt ausüben. Die Unmittelbarkeit der diözesanbischöflichen Amtsausübung wird jedoch beschränkt durch die im Codex vorgesehenen Mitwirkungsrechte von Beratungs- und 106

Bier, MKCIC zu can. 375, Rn. 2 f. (28. Erg.-Lfg. 8/1997). „Episcopo dioecesano in dioecesi ipsi commissa omnis competit potestas ordinaria, propria et immediata, quae ad exercitium eius muneris pastoralis requiritur, exceptis causis quae iure aut Summi Pontificis decreto supremae aut alii auctoritati ecclesiasticae reserventur.“ 108 Vgl. Krämer, Art. Bischof, 489; ders., Bischöfe, 116; Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 7 (30. Erg.-Lfg. 12/1998). 109 Vgl. Krämer, Bischöfe, 116. 107

2. Der Umfang der diözesanbischöflichen Gewalt

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Stellvertretungsorganen der Teilkirche sowie durch gesamtkirchliche Bindungen.110 Auch hat der Papst kraft seines Amtes unmittelbare Gewalt über jede Teilkirche.111 Dies bedeutet zwar keine dauerhafte Immediatisierung der Teilkirche unter die Gewalt des Papstes, legt aber kirchenrechtlich ein Konkurrenzverhältnis im Konfliktfall zwischen Papst und Bischof offen.112

c) Potestas propria Neu im Vergleich zur früheren Rechtslage ist das Merkmal der Eigenständigkeit bzw. Eigenberechtigung:113 Die Eigenständigkeit der bischöflichen Gewalt wurde auf dem Ersten Vatikanischen Konzil offen gelassen, findet sich aber ausdrücklich in den Konzilsdokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils.114 Allerdings war das Attribut nach Ansicht der Konzilsväter nicht unumstritten.115 Begriffsinhalt und Bedeutung der eigenberechtigten Gewalt werden im kanonistischen Schrifttum jedoch unterschiedlich bewertet. So sieht die ganz herrschende Lehre der Kanonistik die Hinzufügung des Attributes der Eigenberechtigung als Teil einer zentralen Grundsatzentscheidung im Verhältnis von Papst und Bischof und einer Aufwertung und Stärkung der Stellung der Teilkirche.116 Das Merkmal der Eigenberechtigung bedeute, dass die Gewalt des Diözesanbischofs eine unmittelbar von Gott gegebene Gewalt sei.117 Es drücke über 110 Dazu zählen unter anderem die Diözesansynode (vgl. cc. 460 – 468), der Priesterrat (vgl. can. 495 – 501) oder der Pastoralrat (vgl. cc. 511 – 514); vgl. diesbezüglich ausführlich H. Müller, Stellung, 106 ff. 111 Vgl. can. 331 CIC. Siehe dazu ausführlich Kap. I.2.c). 112 Siehe ausführlich Kap. III. 113 Can. 334 § 1 CIC/1917 kennzeichnete die bischöfliche Gewalt nur als ordentlich und unmittelbar: „Episcopi residentiales sunt ordinarii et immediati pastores in dioecesibus sibi commissis“. Vgl. dazu die Bemerkung von Mörsdorf, Kommentar CD, 159, Fn. 18. 114 Vgl. Art 27 LG: „Haec potestas qua, nomine Christi personaliter funguntur, est propria, ordinaria et immediata […]“; Art. 8a CD: „Episcopis, ut Apostolorum successoribus, in dioecesibus ipsis commissis per se omnis competit potestas ordinaria, propria ac immediata […].“ 115 So fürchtete eine Minderheit um die maximalistische Interpretation des Ersten Vatikanums und wandte sich dagegen, dass die Bischöfe bereits durch die Bischofsweihe als Mitglieder des Kollegiums der Bischöfe Anteil an der höchsten und universalen Jurisdiktionsvollmacht erhalten. Wäre dies der Fall, so ihre Argumentation, müsste der Papst die Bischöfe an der Leitung der Gesamtkirche beteiligen, da sie ihre Jurisdiktionsvollmacht von Christus und nicht vom Papst erlangten. Dieser Umstand stünde dann jedoch in Widerspruch zur Lehre des Ersten Vatikanums, wonach der Papst die Fülle und nicht bloß den größeren Anteil an der Höchstgewalt habe. Daher forderte die Minderheit, die Frage offen zu lassen, ob den Bischöfen ihre Jurisdiktionsgewalt unmittelbar von Christus oder lediglich mittelbar durch den Papst zukomme; vgl. Ries, Amt, 238; Pottmeyer, Rolle, 97. 116 Vgl. zur Bezeichnung H. Müller, Ortskirche, 28. 117 Mörsdorf, Kommentar CD, 159.

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II. Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs

die Festlegung des can. 131 hinaus aus, dass das Amt des Diözesanbischofs nicht vom Papstamt abgleitet sei, sondern seinen Ursprung auf göttliche Weisung zurückführe. Die mit dem Amt gegebene Gewalt sei also unmittelbar Gott gegeben und sei weder vom Papst verliehen, noch habe sie den Papst stellvertretenden Charakter.118 Der Papst handle bei der Übertragung des Kirchenamtes als „werkzeugliche Ursache“119 und werde lediglich vermittelnd tätig.120 Vertreter der herrschenden Ansicht stützen sich dabei insbesondere auf den Wortlaut in Art. 27 LG, wonach die Bischöfe der Teilkirche als Stellvertreter und Gesandte Christi und demzufolge nicht als Vertreter des Papstes vorstehen.121 Art. 8a CD vermittle daher die Schlussfolgerung, dass den Bischöfen von selbst (per se) alle Gewalt zukomme, die zur Ausübung des Hirtendienstes erforderlich sei. Durch den Zusatz per se solle unterstrichen werden, dass die Gewalt der Diözesanbischöfe nicht aus der päpstlichen Gewalt abgeleitet, sondern eigenständige Gewalt göttlichen Rechts sei.122 Weil das Gesetzbuch die Lehre des Konzils über die Amtsvollmacht des Bischofs nur in verkürzter Ausdrucksweise übernommen habe, müsse diese in das gesetzliche Merkmal der Eigenständigkeit hineingelesen werden.123 Zudem finde sich die eigenberechtigte Ausübung der diözesanbischöflichen Gewalt als Stellvertreter Christi bereits in can. 329 § 1 CIC/1917.124 Eine Mindermeinung in der Kirchenrechtswissenschaft kritisiert diese Interpretation.125 Als eigenberechtigter Träger von Leitungsgewalt übe der Diözesanbischof sein Amt im eigenen Namen und nicht etwa, wie andere Vorsteher von Teilkirchen, als Stellvertreter des Papstes und in dessen Namen aus.126 Bei wortnaher Interpretation der Vorschrift liege der Kern lediglich in der Abgrenzung von stellvertretender (vicaria) und eigenberechtigter (propria) Amtsausübung, damit also lediglich in einer Konkretisierung der ordentlichen Leitungsgewalt nach Maßgabe von can. 131 § 2: Der Diözesanbischof übe sein Amt als eigenberechtigter Träger in

118 Schmitz, Diözesanbischof, 434. Dieser Ansicht sind auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 342; Riedel-Spangenberger, Rechtsstellung, 740 f.; Krämer, Bischöfe, 116; ders., Art. Bischof, 489; Huber, Amt, 150, Schmitz, Vollmachten, 4. 119 Mörsdorf, Ortsbischof, 310. 120 Vgl. Schmitz, Diözesanbischof, 434 121 Siehe Fn. 95 und 96. 122 Mörsdorf, Kommentar CD 158. Vgl. fast gleichlautend Mörsdorf, Autonomie, 393 f. Dieser Ansicht ist auch Huber, Amt, 149 f. 123 Vgl. H. Müller, Stellung, 103; ders., Ortskirche, 29. Ders., Rechtliche Stellung, 402 f., spricht von einem bloßen Formulierungsdefizit. Für Krämer, Bischöfe, 116, ist der Stellvertreter-Christi-Titel im Merkmal der Eigenständigkeit verdeckt enthalten. Vgl. auch Kremsmair, Verhältnis, 287 124 Vgl. Puza, Teilkirche, 39. 125 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 133 ff.; ders., Aufwertung, 73 ff.; ders., MKCIC zu can. 381, Rn. 8 (30. Erg.-Lfg. 12/1998); Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 122 Rn. 21. 126 Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 8 (30. Erg.-Lfg. 12/1998).

2. Der Umfang der diözesanbischöflichen Gewalt

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eigenem Namen aus.127 Eigenberechtigte Gewalt sei aber von der Wortbedeutung her nicht notwendigerweise von Gott gegeben, sondern beruhe mehrheitlich auf kirchlicher Anordnung. Das Attribut der Eigenberechtigung erlaube daher für sich genommen keine derart weitgehende Interpretation.128 Auch seien die von Vertretern der herrschenen Lehre angeführten zusätzlichen Argumente unter der Geltung des CIC zu verwerfen. Die bereits in can. 329 § 1 CIC/1917 und Art. 27 LG enthaltene Feststellung, dass die Bischöfe ihre Teilkirchen als Stellvertreter Christi leiten, sei gerade nicht in das Gesetzbuch aufgenommen worden. Auch der in Art. 11 CD enthaltene Hinweis, dass den Diözesanbischöfen ihre erforderliche Vollmacht per se zukomme, sei im Laufe der Codexreformarbeiten gestrichen worden.129 Das Merkmal der Eigenständigkeit rechtfertige daher insgesamt weder die Annahme, die bischöfliche Gewalt gehe auf göttliche Anordnung zurück oder werde in Christi Namen ausgeübt, noch lasse es den Schluss zu, der Diözesanbischof sei Stellvertreter Christi.130 Die vorgetragenen Argumente der Mindermeinung überzeugen. Das Merkmal der eigenberechtigten Gewalt muss bei wortlautnaher Interpretation nach can. 131 § 2 definiert werden. Der Bischof übt somit seine Gewalt in eigenem und nicht in fremdem Namen mit Wirkung für oder gegen einen anderen aus. Die Frage, ob der Diözesanbischof seine Jurisdiktionsgewalt von Gott oder dem Papst erlangt, kann aus dem Merkmal der Eigenberechtigung nicht abgeleitet werden und bleibt daher kirchenrechtlich offen.131

127 Bier, Rechtsstellung, 133. Vgl. dazu auch die Definition der eigenberechtigten Gewalt bei Schwarz, Gewalt, 31 ff. 128 Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 8 (30. Erg.-Lfg. 12/1998); Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 122 Rn. 21. 129 Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 8 (30. Erg.-Lfg. 12/1998). 130 Bier, Rechtsstellung, 136. 131 Die These von der Ableitung der Jurisdiktionsgewalt des Bischofs aus der Fülle der päpstlichen Gewalt lässt sich auch unter der geltenden Rechtslage noch überzeugend vertreten. Sie tangiert weder den Grundatz des ius divinum des Episkopats noch die Eigenberechtigung der bischöflichen Gewaltausübung. Die bischöfliche Gewalt leitet sich aus der Fülle der päpstlichen Gewalt ab, indem der Papst dem Bischof die Jurisdiktionsgewalt verleiht, ohne dass sie dann in seinem Namen ausgeübt wird. Die Gewalt wird den Bischöfen unmittelbar durch den Papst übertragen, der sie selbst von Christus empfangen hat. Diese Ansicht entspricht auch der Tradition der Kirche (vgl. Brinktrine, Jurisdiktion, 317 m.w.N.; Staffa, Épiscopat, 163 ff. m.w.N). Beispielhaft sei hier Papst Pius XII. in seiner Enzyklika „Mystici corporis“ vom 29. 06. 1943 zitiert: „Deshalb sollen die Bischöfe nicht nur für herausragendere Glieder der gesamten Kirche gehalten werden, […] sondern – was die eigene Diözese eines jeden anbelangt – weil sie als wahre Hirten im Namen Christi die ihnen jeweils zugewiesenen Herden jeweils weiden und leiten; indem sie jedoch dies tun, sind sie nicht völlig eigenen Rechtes, sondern unterstehen der gebührenden Autorität des Römischen Bischofs, obwohl sie die ordentliche Jurisdiktionsvollmacht genießen, die ihnen von ebendiesem Papst unmittelbar zugeteilt wurde. Deshalb sind sie als Nachfolger der Apostel aufgrund göttlicher Einsetzung vom Volk zu verehren.“ (DH 3804)

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II. Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs

d) Omnis potestas Der Umfang der für die Ausübung seines Amtes erforderlichen Gewalt des Diözesanbischofs ist im Ansatz umfassend. So nennt can. 381 CIC sie explizit eine omnis potestas.132 Diese umfassende Gewalt wird allerdings eingeschränkt durch Vorbehalte, die zugunsten der höchsten oder einer anderen kirchlichen Autorität entweder aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder aufgrund päpstlicher Anordnung erfolgen können.133 Im kanonistischen Schrifttum hat sich eine herrschende Meinung durchgesetzt, die in dieser gesetzlichen Ausgestaltung das noch im CIC/1917 geltende System der Vollmachtgewährung an die Bischöfe,134 welches als Konzessionsprinzip bezeichnet und vom Konzil von Trient in die rechtstechnische Formel „tamquam Sedis Apostolicae delegatus“ gekleidet worden war, durch ein System päpstlicher Vorbehalte abgelöst sieht.135 Die grundsätzlich umfassende Gewalt des Diözesanbischofs, die lediglich durch gesetzliche oder päpstlich angeordnete Vorbehalte zugunsten der höchsten oder einer anderen kirchlichen Autorität eingeschränkt werden kann, wird als Reservationsprinzip bezeichnet. Die Installation des Reservationsprinzips wird von der herrschenden Lehre als ein Systemwechsel und als eine grundsätzliche Umkehrung im Verhältnis von Papst und Diözesanbischof begriffen, da der Diözesanbischof nunmehr nicht auf die Gewährung einzelner Vollmachten durch den Papst angewiesen ist und bloß Träger einzelner oder mehrerer gebündelter Befugnisse ist.136 Vielmehr kommt dem Bischof die ganze Fülle der für seine Amtsausübung in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung erforderlichen Gewalt zu, ausgenommen sind lediglich die Reservationen.137 Letztere finden sich zahlreich verstreut im Codex,138 insbesondere zugunsten des Papstes139 bzw. des Apostolischen Stuhles140 und der jeweiligen Bi-

132 Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 9 (30. Erg.-Lfg. 12/1998). Zu den einzelnen Zuständigkeiten und Befugnissen des Diözesanbischofs, insbesondere in administrativer Hinsicht, vgl. Fischer, Rechte, 193 ff. 133 Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 10 (30. Erg.-Lfg. 12/1998). 134 Dabei handelte es sich um ein Bündel von Einzelbefugnissen, die den Diözesanbischöfen um ihres Amtes willen delegiert wurden und zwar jeweils für den Fünfjahreszeitraum (quinquennium) zwischen zwei ad-limina-Besuchen. 135 Dieser Ansicht sind Mörsdorf, Kommentar CD, 160; ders., Rolle des Ortsbischofs, 310; ders., Autonomie, 394 f.; Aymans, Teilkirche, 59; Schmitz, Vollmachten, 7; ders., Diözesanbischof, 434; ders., Gesetzgebungsbefugnis, 65; Renken, CCCL zu cc. 368 ff., 520; Krämer, Art. Bischof, 489; Huber, Amt, 150; H. Müller, Stellung, 102; ders., Ortskirche, 28; ders., Aspekte, 535; Mikluscak, Einheit, 178; Demel, Art. Bischof, 69; Puza, Teilkirche, 40; Werneke, Ius, 110 f.; Kasper, Theologie, 494. 136 Vgl. Schmitz, Diözesanbischof, 434. 137 Vgl. Mörsdorf, Kommentar, 160. 138 Vgl. dazu ausführlich Strigl, Reservationen, 561 ff.; Witsch, Diözesen, 189 ff. 139 Vgl. z. B. cc. 291, 591, 782 § 1, 841, 995, 1013, 1075 §§ 1 – 2, 1077 § 2, 1142, 1405 § 1 nn. 1 – 3 und 4, 1698 § 2.

2. Der Umfang der diözesanbischöflichen Gewalt

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schofskonferenzen,141 aber auch zugunsten des Bischofskollegiums142 oder anderer kirchlicher Autoritäten143. Die einzelnen Reservationen beziehen sich dabei vor allem auf Sachverhalte von gesamtkirchlichem und überdiözesanem Interesse, die aufgrund ihrer hervorgehobenen Bedeutung aus der Zuständigkeit des einzelnen Diözesanbischofs herausgenommen werden. Zum Teil haben die Reservationen auch zum Ziel, eine einheitliche Regelung der betreffenden Angelegenheiten in allen Diözesen im Geltungsbereich einer bestimmten Bischofskonferenz zu gewährleisten. Darüber hinaus kann auch der Papst durch Änderung des Gesetzes oder durch Dekret die diözesanbischöfliche Gewalt beschränken.144 Diese Ansicht ist jedoch nicht unumstritten. So hält eine Mindermeinung den Wechsel vom Konzessions- zum Reservationssystem im Ergebnis für nicht vollzogen.145 Schon der Begriff der omnis potestas sei wenig sachgerecht, da eine ganze Vollmacht mit Ausnahme bestimmter Regelungen gerade keine ganze, sondern nur eine eingeschränkte Vollmacht sei.146 Nach wortlautnaher Interpretation des can. 381 § 1 sei der sachliche Umfang der diözesanbischöflichen Gewalt vielmehr so zu beschreiben, dass der Diözesanbischof alles könne, was ihm nicht entzogen sei. Zur Ausübung seines Amtes sei das erforderlich, was nicht aus dem diözesanbischöflichen Zuständigkeitsbereich durch den Papst herausgenommen worden sei.147 Die dem Diözesanbischof zukommende Gewalt sei mithin das Ergebnis einer Subtraktion.148 Geändert habe sich daher nur die Modalität der Kompetenzausstattung: statt Übertragung eines Bündels einzelner Kompetenzen würden dem Diözesanbischof nunmehr alle Kompetenzen innerhalb eines bestimmten Rahmens übertragen, die nicht einer anderen Autorität zukämen.149 140 Vgl. z. B. cc. 242 § 1, 290 Nr. 3, 293, 377 § 1, 415, 504, 584, 595 § 1, 605, 616 §§ 2, 4, 667 § 3, 686 § 2, 775, 838 § 2, 844 § 3, 1014, 1031 § 4, 1047, 1078, 1165 § 1, 1167 § 1, 1203, 1308 § 1, 1367, 1370 § 1, 1378 § 1, 1382, 1388 § 1, 1698 § 1, 1709 § 1. 141 Vgl. z. B. cc. 230 § 1, 236, 242 §1, 241 § 3, 276 § 2 Nr. 3, 284, 402 § 2, 496, 502 § 3, 522, 538 § 3, 766, 772 § 2, 788 § 3, 804 § 1, 831 § 2, 838 § 3, 841, 851 Nr. 1, 854, 877 § 3, 891, 964 § 2, 1031 §§ 3 – 4, 1061 § 1, 1067, 1083, 1112 § 1, 1120, 1126, 1127 § 2, 1236, 1246, 1251, 1253, 1262, 1272, 1274 § 2, 1277, 1292 § 1, 1297, 1421 § 2, 1425 § 4. Vgl. auch cc. 535 § 1, 844 § 5, 895, 1121 § 1, 1265, 1714, 1733 § 2. 142 Vgl. explizit nur can. 782 § 1; als höchste Autorität z. B. cc. 841, 995 § 1, 1075 §§ 1 – 2, 1077 § 2. 143 Hier sind beispielsweise Vorbehaltsrechte des päpstlichen Gesandten (cc. 364 n. 4, 377 § 3), des Metropoliten (can. 440 § 1) oder der Kardinäle (can. 967 § 1) zu nennen. 144 Zu Beispielen in jüngerer Zeit vgl. Bier, Aufwertung, 81 f., im Hinblick auf die Dispensgewalt, die Zuständigkeit für bestimmte Strafsachen oder die Zuständigkeit im liturgischen Bereich. 145 So die Ansicht von Bier, Rechtsstellung, 250, 255; ders., Aufwertung, 80; vgl. auch ders., MKCIC zu can. 381, Rn. 10 (30. Erg.-Lfg. 12/1998). 146 Ebd. Vgl. auch Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 121 Rn. 20. Diese Kritik teilt auch Demel, Art. Bischof, 69 Fn. 3. 147 Bier, Rechtsstellung, 250 f. Kritisch äußert sich auch Demel, Art. Bischof, 69. 148 Bier, Aufwertung, 80. 149 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 251.

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II. Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs

Die gesetzliche Ausgestaltung nach dem Grundsatz der umfassenden Gewalt des Diözesanbischofs unter dem Vorbehalt der Reservationsrechte hat aus juristischer Perspektive eine zweifache Bedeutung. Sie betont zunächst die Selbstständigkeit und Allzuständigkeit des Diözesanbischofs bei der Ausübung seines Amtes. Allerdings bedeuten die Reservationsbefugnisse eine rechtliche Einbindung des diözesanbischöflichen Amtes in das Verfassungsgefüge der Kirche und legen die Abhängigkeit von der primatialen Gewalt des Papstes offen, der allein die Gewalt des Diözesanbischofs im Hinblick auf das Kriterium der Erforderlichkeit bestimmt und damit begrenzt. Kirchenrechtlich zu problematisieren bleibt angesichts der gesetzlichen Regelung in can. 381 § 1 vor allem die Frage nach der Möglichkeit bzw. Rechtmäßigkeit einer Aushöhlung der Gewalt des Diözesanbischofs durch die Reservationsbefugnisse des Papstes.150

150

Siehe dazu Kap. III.4.d) und Kap. III.4.g).

III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof 1. Hinführung: Das zentrale Problem der Verhältnisbestimmung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt Die isolierte Analyse des Normenbestandes zur Rechtsstellung von Papst und Diözesanbischof hat aus kirchenrechtlicher Perspektive bereits an einigen Stellen Unklarheiten in Bezug auf das Verhältnis von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt offen gelegt. So wird im Codex beispielsweise sowohl die päpstliche als auch die diözesanbischöfliche Gewalt als potestas immediata bezeichnet, ohne dass der Gesetzgeber eine eindeutige Abgrenzung beider Gewalten vorgenommen hat. Auch ist das Verhältnis der omnis potestas des Diözesanbischofs über seine Teilkirche mit den Reservationsrechten des Papstes und den kraft seines Amtes bestehenden Eingriffsbefugnissen in die Diözese rechtlich näher zu bestimmen.

2. Die Auslegung des Gesetzes a) Methodisches Vorgehen und Vorrang der Wortlautauslegung Während das theologische und kanonistische Schrifttum zur Verhältnisbestimmung von Papst und Bischof vielfach auf die Konzilsdokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils rekurriert, ist es aus rechtswissenschaftlicher Perspektive geboten, die Normen des geltenden Gesetzbuches ins Zentrum zu rücken. Die rechtliche Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof muss daher von dem Wortlaut des Gesetzes in cc. 331, 333 § 1 bzw. cc. 375 § 1, 381 § 1 ausgehen. Der Vorrang des Gesetzes und seines Wortlautes folgt bereits aus can. 17. Danach sind kirchliche Gesetze zu verstehen gemäß der im Text und im Kontext wohl erwogenen eigenen Wortbedeutung; wenn sie zweifelhaft bleibt, ist zurückzugreifen auf Parallelstellen, auf Zweck und Umstände des Gesetzes und auf die Absicht des Gesetzgebers.151 Die Methode zur Gesetzesauslegung ist somit nicht beliebig, sondern folgt der in can. 17 niedergelegten Reihenfolge. Demzufolge gilt nur für den Fall, dass der Wortlaut unklar oder zweifelhaft bleibt, so beispielsweise wenn für mehrere 151 „Leges ecclesiasticae intellegendae sunt secundum propriam verborum significationem in textu et contextu consideratam; quae si dubia et obscura manserit, ad locos parallelos, si qui sint, ad legis finem ac circumstantias et ad mentem legislatoris est recurrendum.“

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Auslegungsmöglichkeiten gleichwertige Gründe sprechen,152 dass hilfsweise auf andere gesetzlich angeordnete Auslegungsregeln zurückgegriffen werden darf.153 Diese herrschende Lehre ist zwar nicht unumstritten. So hält die Gegenauffassung den Vorrang des Gesetzes und seines Wortlautes nicht für zwingend.154 Für die herrschende Auffassung spricht aber der eindeutige Wortlaut des can. 17, der durch seine besondere syntaktische Konstruktion im ersten Halbsatz den Grundsatz des Vorrangs der Wortlautauslegung und im zweiten Halbsatz eine subsidiäre Auslegung durch die genannte Interpretationsregel nur für den Fall erlaubt, dass die eigene Wortbedeutung zweifelhaft bleibt.155 Der Codex ist damit einem streng positivistischen Gesetzesverständnis verpflichtet, das eine dynamisch-pluralistische Gesetzesauslegung zurückweist.156 Andernfalls würde man die Kirchengesetze ihrer verpflichtenden Kraft berauben, das Vertrauen in die kirchliche Rechtsordnung untergraben und jede sinnvolle, rational überprüfbare Rechtsauslegung unmöglich machen.157 Der herrschenden Lehre folgend ist bei der Auslegung des Gesetzes zunächst auf die im Gesetzestext selbst gebrauchten Worte und deren eigene Bedeutung im konkreten Satzgefüge und im darüber hinaus gehenden Kontext abzustellen. Es ist also semantisch nach der inhaltlichen Bedeutung der im Gesetzestext benutzten Worte als solche zu fragen, wobei der Sprachgebrauch zur Zeit der Gesetzesent-

152

Vgl. Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 7 (13. Erg.-Lfg. 11/1990). Dies ist herrschende Lehre (vgl. de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 163, Rn. 29; Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 8 (47. Lfg. 2/2012), Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 182 f. Lüdecke, Codex, 221; Gehr, Beschlüsse, 191; Jestaedt, Auslegung, 103 f.; Drößler, Interpretationstheorie, 9, 22; Bier, Diözesanbischofsamt, 79 f.; Schwendenwein, Interpretationsfaktor, 327). 154 Heimerl/Pree, Kirchenrecht, 44, lehnen eine zwingende Hierarchie der Auslegungsregeln ab, da eine eindeutige Wortbedeutung nicht zwingend die vom Gesetzgeber beabsichtigte sein müsse. Auch nach der Ansicht von Puza, Kirchenrecht, 127, lässt sich eine Rangfolge der Interpretationsregeln nicht festlegen. Zwar stimmt L. Müller, Diözesanbischof, 116 f., den Aussagen der herrschenden Lehre über die Interpretationsregeln weitgehend zu, allerdings sei eine Interpretation des Gesetzes nur im Kontext des Zweiten Vatikanums möglich. Der Berücksichtigung der kirchlichen, insbesondere der konziliaren Lehre komme eine primäre Bedeutung für die Interpretation der kirchlichen Gesetzbücher zu (ders., Codex, 491). Für Hilberath, Codex, 46, sind die Canones und ihre Interpretationen daran auszurichten, „was wir im Verbund der Subjekte in der Communio der Kirche als Intention des Zweiten Vatikanums erkennen.“ Weitere von der herrschenden Lehre abweichende Vertreter nennt L. Müller, Codex, 473 ff. m.w.N. 155 Vgl. Bier, Diözesanbischofsamt, 79 ff. m.w.N.; Gehr, Beschlüsse, 191. 156 So meint auch Jestaedt, Auslegung, 114 f., dass der Codex einem Gesetzesverständnis verpflichtet sei, welches eben nicht als pluralistisch, offen oder dynamisch gekennzeichnet werden könne. Zuletzt hat sich in diesem Sinne auch Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache an die Römische Rota vom 22. 01. 2012 bezüglich einer falsch verstandenen hermeneutischen Gesetzesauslegung kritisch geäußert (siehe Fn. 1090). 157 Vgl. Socha, MKCIC zu 17, Rn. 7 (13. Erg.-Lfg. 11/1990). 153

2. Die Auslegung des Gesetzes

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stehung gilt. Die einzelnen Worte sind dabei zum Text und Kontext in Beziehung zu setzen.158 Der Vorrang des gesetzlichen Wortlautes hat Bedeutung für die Frage nach der an der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils orientierten sog. konzilsnahen Interpretation des Gesetzes.159 Die Konzilsdokumente sind für die Auslegung des Gesetzes zwar nicht gegenstandslos, dürfen jedoch nur subsidiär im Rahmen der historischen Auslegung herangezogen werden, wenn dies aufgrund der Unklarheit der gesetzlichen Bestimmungen im Einzelfall notwendig ist. Demnach ist die Methode einer streng konzilskonformen Gesetzesauslegung und grundsätzlichen Interpretation im Geiste des Konzils rechtlich unzulässig, soweit die grammatikalisch-systematische Auslegung eindeutig ist.160

b) Der Wortlaut aus päpstlicher Perspektive Für eine rechtliche Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof aus päpstlicher Perspektive, d. h. mit Blick auf die den Papst betreffenden Canones, sind drei gesetzliche Regelungen besonders zu würdigen. aa) Die päpstlichen Machtattribute Zunächst sind die vier bereits isoliert analysierten Attribute der päpstlichen Gewalt zusammenfassend juristisch zu berücksichtigen. Danach verfügt der Papst kraft seines Amtes über höchste, volle, unmittelbare und universale Gewalt in der Kirche.161 Diese Merkmale seiner Gewalt sind juristisch Ausdruck für die auf dem Ersten Vatikanischen Konzil unfehlbar vorgelegte Lehre vom Jurisdiktionsprimat 158

de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 163, Rn. 28; vgl. May/Egler, Methode, 201 f. Zur Lehre des Konzils als Kontext der Interpretation kirchenrechtlicher Normen vgl. L. Müller, Codex, 468 ff. m.w.N. vgl. auch Lüdecke, Rezeption, 47 ff.; Hilberath, Codex, 39 ff. 160 Vgl. Bier, Diözesanbischofsamt, 81; Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 13 (13. Erg.Lfg. 11/1990); Drößler, Interpretationstheorie, 17. So formuliert auch Lüdecke, Codex, 236, treffend, dass das Konzil kein „Rettungsanker“ gegen inakzeptabel erscheinendes positives Recht sein könne. Gegen das geltende Recht könne das Konzil nicht angerufen werden. Auch für Gehr, Beschlüsse, 191, gilt, dass der Gesetzgeber mit den Auslegungsnormen des can. 6 § 2 und can. 17 einer konzilskonformen Auslegung eine klare Absage erteilt habe. Dies schließe allerdings nicht aus, beim Vorliegen einer zweifelhaften Norm auch auf die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils zu rekurrieren. Eine andere Auffassung vertritt Puza, Communio-Ekklesiologie, 27: Danach müsse eine korrigierende Interpretation des CIC durch das Zweite Vatikanische Konzil möglich sein, solange eine Rechtsänderung im Sinne der ekklesiologischen Lehren des Konzils nicht erfolgt sei. Auch für Schulz, Interpretationsmaxime, 459, könne ein richtig verstandener „Geist des Konzils“ als legitime Interpretationsmaxime der kanonistischen Rechtsordnung akzeptiert werden. Zur Diskussion um eine konzilskonforme Auslegung des CIC insgesamt vgl. Werbick, Disput, 695 ff. 161 Siehe ausführlich Kap. I.2. 159

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

des Papstes. Die Gewalt des Papstes ist, wenn einseitig auf den Jurisdiktionsprimat abgestellt wird, in seinem Verhältnis zum Diözesanbischof nur durch das göttliche Recht beschränkt. Als Träger der höchsten Gewalt und damit als höchster Gesetzgeber hat der Papst das unbeschränkte Recht, das Amt des Diözesanbischofs rechtlich aus- und umzugestalten, soweit er dabei den verfassungsrechtlich garantierten Bestand und die Hirtenfunktion des Bischofsamtes als Vorgaben des ius divinum beachtet. Ebenso vermag er aufgrund der Universalität und Unmittelbarkeit seines Jurisdiktionsprimats nach freier Entscheidungsfindung in die diözesanbischöflichen Belange einzugreifen. Die Beurteilung der Angemessenheit einer Maßnahme steht allein dem Papst zu, dessen Entscheidung sich rechtlicher Überprüfung aufgrund seiner Höchstgewalt und gerichtlichen Inappellabilität entzieht.162 Somit kommt dem Papst begriffsnotwendig eine die diözesanbischöfliche überragende Gewalt in der Teilkirche zu.163 bb) Die immer freie Gewaltausübung Die Ausübung des durch die vier genannten Gewaltmerkmale juristisch bestimmten Jurisdiktionsprimats wird in can. 331 zudem durch den Relativsatz konkretisiert, wonach der Papst seine Gewalt immer frei ausüben kann.164 Eine wortlautnahe Interpretation ergibt daher, dass der Papst seine Gewalt jederzeit und ohne Beschränkung von Seiten einer anderen kirchlichen Autorität ausüben kann.165 Es besteht daher bei isolierter Betrachtung des can. 331 eine uneingeschränkte Eingriffsbefugnis des Papstes in die Diözese.166 Diese Ansicht ist zwar nicht unumstritten. So rekurriert die Gegenauffassung, die ein uneingeschränktes päpstliches Eingriffsrecht zurückweist, teilweise auf die Textgeschichte zu can. 331.167 Die Gegenauffassung verkennt aber, dass die Unbeschränktheit der Gewaltausübung 162 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 152; ders., Diözesanbischofsamt, 93. Allerdings wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, dass sich eine Höchstgewalt unzweifelhaft durch die Setzung von „Normen formaler Art“ selbst binden könne, ohne dadurch die Zuschreibung als Höchstgewalt zu verlieren (so Lüdicke, Bischofsamt, 72). Auch für Linnan, Subsidiarity, 406, gilt: „Full power and objective limitation are not opposed.” Eine Begründung für diese Auffassung wird jedoch nicht mitgeteilt. 163 Vgl. Montini, Riflessione, 28; Granfield, Realization, 463. 164 „[…] quam semper libere exercere valet.“ 165 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 150 ff.; Schwendenwein, Papst, 334; Demel, Art. Papst, 472; May, Episcopus, 532. 166 Vgl. Demel, Art. Papst, 472. 167 So sollte es ursprünglich im Codex heißen, dass der Papst seine Gewalt immer und frei ausüben könne. Die zuständige Theologische Kommission habe jedoch dieses „und“ mit der ausdrücklichen Begründung gestrichen, dass andernfalls der Eindruck entstanden wäre, der Papst könne jederzeit und damit letztlich willkürlich in die pastorale Leitung der Bischöfe eingreifen (vgl. Quinn, Reform, 79). Der Verweis auf die Textgeschichte ist rechtsdogmatisch nach der Auslegungsregel in can. 17 angesichts der Eindeutigkeit des gesetzlichen Wortlauts unangebracht.

2. Die Auslegung des Gesetzes

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rechtliche Folge des päpstlichen Jurisdiktionsprimats ist.168 Mit der Wortwahl der immer freien Ausübbarkeit der päpstlichen Gewalt verneint das kirchliche Recht – in juristischer Terminologie gesprochen – sowohl eine gebundene Entscheidung als auch eine Ermessensentscheidung des Papstes, die auf etwaige Ermessensfehler hin überprüfbar wäre. Aus kanonistischer Perspektive ist der Papst in seiner Entscheidungsfindung absolut frei, so dass er seine Gewalt nach eigenem Gutdünken ausüben kann.169 Ein Vorgehen nach Gutdünken ist von einer willkürlichen, also einer ausschließlich an eigenen Interessen oder völlig sachfremden Erwägungen orientierten Gewaltausübung des Papstes abzugrenzen. Willkürlich darf die Gewaltausübung des Papstes nicht sein.170 Die jederzeit freie, d. h. nach Gutdünken auszuübende Gewalt stellt vielmehr auf die Urteilsfähigkeit des Papstes ab. Die päpstliche Gewaltausübung wird so von dem inneren Anspruch und Selbstverständnis des Papstes bestimmt und nur durch das göttliche Recht begrenzt.171 Während das göttliche Recht zumindest im Ansatz kirchenrechtlich erfasst werden kann, ist das, was den inneren Anspruch des Papstes ausmacht, einer rechtlichen Überprüfbarkeit entzogen, da darüber allein der Papst in seiner Verantwortung vor Gott entscheidet.172 cc) Der Vorrang ordentlicher Gewalt Von zentraler Bedeutung für das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof aus päpstlicher Perspektive ist can. 333 § 1. Während der vorstehend besprochene can. 331 allgemein die päpstliche Gewalt behandelt, nimmt can. 333 § 1 ausdrücklich auf die dem Gewaltbereich des Diözesanbischofs zugeordnete Teilkirche Bezug. Darin heißt es, dass der Papst kraft seines Amtes nicht nur Gewalt über die Gesamtkirche, sondern auch über alle Teilkirchen einen Vorrang ordentlicher Gewalt besitzt, durch den zugleich die eigenberechtigte, ordentliche und unmittelbare Gewalt der Diözesanbischöfe über ihre Diözese gestärkt und geschützt wird.173 Der dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmende Vorrang ordentlicher Gewalt des Papstes 168

Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 118 Rn. 13. Dieser Begriff findet sich bereits in Nr. 4 NEP, ohne dass der Gesetzgeber den Begriff selbst in das Gesetzbuch aufgenommen hat. 170 Dies ist herrschende Lehre in der Kanonistik (vgl. nur Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 118 Rn. 13; Stoffel, MKCIC zu can. 331, Rn. 4 (30. Erg.-Lfg. 12/1998); Schwendenwein, Katholische Kirche, 204 Fn. 47; Manzanares, Pontefice, 56; Granfield, Realization, 463). Nicht zu überzeugen vermag die Ansicht von Lüdicke, Bischofsamt, 72, wonach der Papst an den Gesetzeszweck, d. h. an das Gemeinwohl der Kirche gebunden sei. Der Begriff Gemeinwohl ist kirchenrechtlich zu unbestimmt; auch findet sich für eine Bindung an das Gemeinwohl keine gesetzliche Anknüpfung. 171 Vgl. Ratzinger, Kommentar NEP 356; Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 118 Rn. 13. 172 Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 118 Rn. 13. 173 „Romanus Pontifex, vi sui muneris, non modo in universam Ecclesiam potestate gaudet, sed et super omnes Ecclesias particulares earumque coetus ordinariae potestatis obtinet principatum, quoquidem insimul roboratur atque vindicatur potestas propria, ordinaria et immediata, qua in Ecclesias particulares suae curae commissas Episcopi pollent.“ 169

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

wird im kanonistischen Schrifttum hinsichtlich seines Begriffsinhaltes und seiner Bedeutung für die Verhältnisbestimmung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt unterschiedlich ausgelegt. Die herrschende Lehre im Schrifttum besagt, dass der Vorrang ordentlicher Papstgewalt und damit seine Eingriffsbefugnis in die diözesanbischöfliche Amtsausübung nicht aufgrund einer gleichartigen und in jeder Hinsicht mit der des Diözesanbischofs konkurrierenden Kompetenz, sondern kraft eines höheren Rechts nur in außerordentlicher Weise erfolgen dürfe.174 Die herrschende Lehre stellt zur Begründung maßgeblich auf den die Gewaltenausübung konkretisierenden Nebensatz ab, wonach der Vorrang der ordentlichen Papstgewalt über die Teilkirche die diözesanbischöfliche Gewalt zugleich stärkt und schützt. Damit sei die päpstliche nicht länger beziehungslos neben die diözesanbischöfliche Gewalt gestellt; die primatiale Unmittelbarkeit verdunkle nicht, sondern schütze vielmehr die bischöfliche Gewalt.175 Vereinzelt wird auch trotz der Auslegungsregel in can. 17 eine historische Auslegung vorgeschlagen.176 Aus juristischer Perspektive ist nach herrschender 174 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 207 f. Vgl. auch Mörsdorf, Autonomie, 399; ders., Hirtenamt, 329; Stoffel, MKCIC zu can. 333, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Nach Mörsdorf, Unmittelbarkeit, 467 f., dürfe der Papst von seinem Vorrang nur dann Gebrauch machen, wenn das in ordentlicher Weise zuständige Organ versage. Dieser Ansicht schließt sich Aymans, Leitungsdienst, 39, an. Krämer, Kirchenrecht II, 101, spricht von einem korrigierenden Eingriffsrecht für den Fall, dass der Bischof in der Amtsausübung behindert sei oder versage. Werneke, Ius, 113, meint, dass die Gewalt des päpstlichen Jurisdiktionsprimats nicht einfach als gleichgewichtige Alternative mit identischer Zuständigkeit neben der teilkirchlichen stehe. 175 Vgl. Werneke, Ius, 110, 112. Auch für Krämer, Kirchenrecht II, 101, zielt der Vorrang darauf ab, die Eigenständigkeit und Unmittelbarkeit der bischöflichen Vollmachten zu stärken und zu schützen. 176 Diese Ansicht stützt sich auf einen rechtshistorischen Vergleich zur Rechtslage im CIC/ 1917. So bezeichnete die Vorgängernorm can. 218 § 2 CIC/1917 die päpstliche Gewalt noch als eine wirklich bischöfliche Gewalt: „Haec potestas est vere episcopalis, ordinaria et immediata tum in omnes et singulas ecclesias, tum in omnes et singulos pastores et fideles, a quavis humana auctoritate independens.“ Diese Formel verleitete zu dem Missverständnis, dass die Diözese zwei miteinander konkurrierende und in gleicher Weise unmittelbare Oberhirten habe. Diesem Missverständnis sei im neuen Codex durch die Bezeichnung der Primatialgewalt im Hinblick auf die Teilkirchen als ordinariae potestatis principatus entgegengewirkt. Der neue can. 333 § 1 müsse als bewusste Abgrenzung zur Vorgängernorm gelesen werden, so dass die päpstliche Einwirkung auf die Ortskirche von anderer Qualität sei als der Normalfall diözesanbischöflicher Leitung. Somit sei der Papst nicht mit dem Diözesanbischof konkurrierender unmittelbarer Hirte, in dessen Diözese er nach Belieben eingreifen dürfe (vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 178 f.; Aymans, Leitungsdienst, 39). Dass diese Ansicht fraglich ist, zeigt bereits die Formulierung der Kongregation für die Glaubenslehre in ihrem Lehrschreiben „Communionis notio“: „Der Primat des Bischofs von Rom und das Bischofskollegium sind Wesenselemente der Gesamtkirche, die sich nicht aus der Partikularität der Kirchen ableiten, die aber dennoch auch jeder Teilkirche innerlich zu eigen sind. Daher müssen wir das Amt des Petrusnachfolgers nicht nur als einen ,globalen‘ Dienst ansehen, der jede Teilkirche ,von außen‘ erreicht, sondern als schon ,von innen her‘ zum Wesen jeder Teilkirche gehörig. Das Amt des Primats ist also vom Wesen her ausgestattet mit wahrer bischöflicher Gewalt – nicht nur höchster, voller und universaler, sondern auch unmittelbarer Gewalt – über alle, sowohl über die Hirten als über die übrigen Gläubigen.“ (C Fid, Communionis notio, Nr. 13). Auch ist die Vorgängigkeit der

2. Die Auslegung des Gesetzes

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Lehre der gesetzliche Wortlaut von der Stärkung und dem Schutz der diözesanbischöflichen Gewalt als eine dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt entsprechende Einschränkung zum Zwecke der Rechtfertigung des päpstlichen Eingriffsrechts auszulegen. Diese durch den Relativsatz zum Ausdruck kommende Zweckbestimmung eines päpstlichen Eingriffs bedeutet nach Ansicht der herrschenden Lehre letztlich eine rechtliche Begrenzung der Primatialgewalt.177 Es gehört allerdings zu den Schwächen dieser Ansicht, dass sie außer Acht lässt, dass eine auf außerordentliche Fälle beschränkte Begrenzung der päpstlichen Eingriffsbefugnisse mit der unfehlbar vorgelegten Lehre von dem nur durch göttliches Recht begrenzten Jurisdiktionsprimat unvereinbar ist. Außerdem würdigt die herrschende Lehre den Umstand nicht ausreichend, dass der dem Papst zukommende Vorrang eine ordentliche und damit genuin mit seinem Amt verbundene Amtsgewalt ist. Vertreter der abweichenden Ansicht im kanonistischen Schrifttum rekurrieren bei ihrer Auslegung von can. 333 § 1 maßgeblich auf die Hervorhebung des Attributes, demgemäß der Papst einen Vorrang ordentlicher Gewalt innehat. Dieser Vorrang sei begriffsnotwendig Bestandteil der Amtsgewalt des Papstes und daher ein gerade nicht nur auf außerordentliche Fälle begrenztes Eingriffsrecht, mit dem der Papst in Konkurrenz zu dem Diözesanbischof trete.178 Nach dem Verständnis des Gesetz-

universalen Kirche vor den Teilkirchen zu berücksichtigen (vgl. dazu ausführlich Ratzinger, Ekklesiologie, 116 ff.). 177 Völlig unzureichend und als bloße Behauptung formuliert ist der Verweis von Werneke, Ius, 113, auf das „mit Verfassungsrang ausgestattete Communio-Prinzip“ zur Begründung eines bloß sekundären Eingriffsrechtes des Papstes. Dass das päpstliche Eingriffsrecht durch das Subsidiaritätsprinzip begrenzt sei (so die Auffassung von Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 208), ist aufgrund des Jurisdiktionsprimats nur dann zulässig, wenn es sich dabei um ein Prinzip göttlichen Rechts handelt. Auf eine Begrenzung der unmittelbaren Primatsgewalt aufgrund der dem Bischofsamt kraft göttlichen Rechts zukommenden eigenen und unmittelbaren Gewalt verweist explizit Schwendenwein, Papst, 335. Ausführlich nimmt auch Demel, Art. Papst, 473 f., zu einer Begrenzung der päpstlichen Eingriffsbefugnisse durch das Subsidiaritätsprinzip Stellung und schlägt diesbezüglich eine Gesetzeserweiterung vor, wonach can. 333 § 1 heißen solle: „Der Papst hat kraft seines Amtes Gewalt in Hinblick auf die Gesamtkirche. Über alle Teilkirchen und deren Verbände hat er nur Gewalt unter Einhaltung der Prinzipien von der Einheit in der Vielfalt, Kollegialität und Subsidiarität, so dass die eigenberechtigte, ordentliche und unmittelbare Gewalt gestärkt und geschützt wird, die die Bischöfe über die ihrer Sorge anvertrauten Teilkirchen innehaben.“ Aus juristischer Perspektive ist jedoch zu bedenken, dass die genannten Prinzipien viel zu unbestimmt sind. Aus Gründen des Wortlautes nicht vertretbar ist die Ansicht Riedel-Spangenbergers, Jurisdiktionsprimat, 43, wonach can. 333 § 1 den päpstlichen Vorrang ausdrücklich einschränke. So sage der Canon ausdrücklich, „daß dadurch nicht die Vollmacht der Bischöfe geschwächt oder gemindert werden soll.“ Gerade dies steht aber nicht im Gesetz. Die zitierte Norm nimmt eine andere Perspektive ein. So geht can. 333 § 1 nicht von der bischöflichen, sondern von der päpstlichen Perspektive der Vollmachtausübung aus. 178 Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 122 f., Rn. 23; May, Episcopus, 532; Bier, Rechtsstellung, 147; ders., Diözesanbischofsamt, 93; ders., Aufwertung, 83 f. Gegen eine entsprechende Auslegung des Attributs richtet sich in diesem Zusammenhang die Bemerkung Aymans/ Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 208, dass die ordinaria potestas des Papstes im Gegenüber zur

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

gebers könne der Papst jederzeit in jeder Diözese tun, was der Diözesanbischof darin zu tun vermöge. Allein der Papst entscheide, wann eine Intervention zum Wohle der betreffenden Teilkirche erforderlich sei.179 Die Zweckbestimmung, die can. 333 als Begründung für den päpstlichen Vorrang angebe, sei rechtlich irrelevant. Dass durch den Vorrang päpstlicher Gewalt die diözesanbischöfliche Gewalt gestärkt und geschützt werde, sei als bloße Feststellung formuliert. Can. 333 § 1 sage nicht, der Papst dürfe seinen Vorrang nur geltend machen, wenn er dadurch die diözesanbischöfliche Gewalt stärke und schütze. Vielmehr werde die Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass jedes Mal, wenn der Papst von seinem Vorrang Gebrauch mache, er die Gewalt des Bischofs stärke und schütze.180 Es gehört zu den Stärken dieser Ansicht, dass sie die in der Norm zum Ausdruck kommende rechtliche Konsequenz aus der dogmatischen Vorgabe über den Jurisdiktionsprimat überzeugend würdigt. Der Einwand, dass diese Ansicht die nach can. 381 § 1 umfassende und unmittelbare Gewalt des Diözesanbischofs bei der Verhältnisbestimmung zur primatialen Unmittelbarkeit völlig außer Acht lässt und eine rechtliche Begrenzung der päpstlichen Eingriffsbefugnis allein aufgrund des Jurisdiktionsprimats ablehnt, ohne anderweitige Limitierungen durch das ius divinum zu erwägen,181 ist verkürzt. Aus juristischer Perspektive ist es vorzuziehen, can. 333 § 1 als eine besondere Ausprägung einer sog. Inhalts- und Schrankenbestimmung zu verstehen. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung der diözesanbischöflichen Gewalt bedeutet eine abstrakt-generelle, aber auch durch Einzelmaßnahme erfolgte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Papst hinsichtlich solcher Rechte, die zur Diözesanbischofsgewalt gehören. Dadurch wird grundsätzlich die in can. 381 § 1 genannte umfassende und unmittelbare Gewalt des Diözesanbischofs geschützt. Allerdings besteht für die von der Inhalts- und Schrankenbestimmung erfassten Fälle eine nur begrenzte Garantie der Gewaltausübung, da die dem Diözesanbischof eingeräumte Rechtsposition durch Inhalts- und Schrankenbestimmung des Papstes rechtmäßig entzogen werden kann. Ein auf den Vorrang der ordentlichen Papstgewalt gestützter Eingriff in die diözesanbischöfliche Gewalt kann als Inhalts- und Schrankenbestimmung sowohl durch eine abstrakt-generelle gesetzliche Regelung als auch durch eine auf den Einzelfall beschränkte konkrete Handlung des Papstes, sowohl präventiv als auch repressiv, erfolgen. Diese Bestimmungen haben auch die Funktion einer delegata potestas und nicht im Gegenüber zur potestas extraordinaria verstanden werden müsse. Begründet wird dieses Verständnis jedoch nicht. 179 Bier, Diözesanbischofsamt, 91, 93. 180 Bier, Rechtsstellung, 151. 181 So heißt es ausdrücklich bei Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 128 Rn. 38: „Ein rechtsverbindlich beschränkter Jurisdiktionsprimat ist ein Widerspruch in sich.“ Außerdem heißt es, dass die Auffassung, der Papst könne nur subsidiär, im Notfall oder bei Überforderung des Diözesanbioschofs eingreifen, im Widerspruch zum Dogma vom Jurisdiktionsprimat stehe (ebd., 123 Rn. 24). Der Papst dürfte nicht höchste Autorität in der Kirche genannt werden, wäre er an solche Kriterien gebunden. Er sei lediglich dem inneren Anspruch seines Amtes, der Offenbarung und der Kirche verpflichtet. Was jedoch diesbezüglich gefordert sei, entscheide der Papst allein (vgl. Bier, Aufwertung, 84).

2. Die Auslegung des Gesetzes

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Konsolidierung der teilkirchlichen Ordnung. Stärkung und Schutz der diözesanbischöflichen Gewalt sind dabei rechtlich nicht als besondere qualifizierte Rechtfertigungsgründe für ein päpstliches Eingreifen in den diözesanbischöflichen Rechtsbereich zu verstehen. Dies gibt bereits der Wortlaut nicht her. So heißt es nicht, dass durch den Vorrang der päpstlichen Gewalt die diözesanbischöfliche Gewalt gestärkt oder geschützt werden müsse, sondern dass sie dadurch zugleich gestärkt und geschützt werde.182 Inhalts- und Schrankenbestimmungen zugunsten eines päpstlichen Eingriffs in die diözesanbischöfliche Gewalt dürfen allerdings nicht willkürlich erfolgen. Vielmehr erfolgt ein Eingreifen nach päpstlichem Gutdünken unter Berücksichtigung des ius divinum und nach Maßgabe des inneren Anspruchs an sein Amt; beide Kriterien sind allerdings einer rechtlichen Überprüfung entzogen.183 Kirchenrechtlich bedeutet der aus päpstlicher Perspektive betrachtete Wortlaut der cc. 331, 333 § 1 somit im Ergebnis eine zwar nicht willkürliche, wohl aber freie, rechtlich nicht überprüfbare und allein dem eigenen Urteilsvermögen unterliegende Amtsgewalt des Papstes über die diözesanbischöfliche Gewalt.

c) Der Wortlaut aus diözesanbischöflicher Perspektive Um das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof aus bischöflicher Perspektive, d. h. unter Berücksichtigung der den Diözesanbischof betreffenden Regelungen, rechtlich zu bestimmen, sind vor allem zwei Canones näher zu betrachten. aa) Die Grundsatz-Ausnahme-Struktur von can. 381 § 1 Zunächst ist der Regelungsinhalt von can. 381 § 1 rechtlich zu erfassen. Danach kommt dem Diözesanbischof, wie es im ersten Halbsatz heißt, alle Gewalt in der Teilkirche zu, die zur Ausübung seines Hirtendienstes erforderlich ist. Ausgenommen ist, wie der zweite Halbsatz fortfährt, was von Rechts wegen oder aufgrund einer päpstlichen Anordnung der höchsten oder einer anderen kirchlichen Autorität vorbehalten ist.184 Der Norm liegt bei wortlautnaher Auslegung eine Grundsatz-Ausnahme-Struktur zugrunde. Als Grundsatz gilt demnach, dass dem Diözesanbischof sämtliche für die Amtsausübung in der Diözese erforderliche Gewalt zukommt. Das Merkmal der Erforderlichkeit ist jedoch normativ. Was für die Ausübung der Diözesanbischofsgewalt erforderlich ist, stellt eine juristische Wertung dar, die durch den Gesetzgeber selbst oder durch Auslegung konkretisiert werden muss. Von diesem Grundsatz der im Hinblick auf die erforderliche diözesanbischöfliche Amts182

Hier ist die genannte Auslegung von Bier (vgl. auch ders., Rechtsstellung, 151 f.) auch aus juristischer Perspektive vorzuziehen. Vgl. auch Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 122 Rn. 22. 183 In diesem Sinne äußert sich auch Demel, Art. Papst, 472. Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 123 Rn. 24. 184 Siehe Fn. 107

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

ausübung umfassenden Gewalt können jedoch Vorbehalte zugunsten anderer kirchlicher Autoritäten durch gesetzliche oder päpstliche Anordnungen getroffen werden. Die Ausnahmen greifen dabei in die für das Diözesanbischofsamt erforderliche Gewalt ein. Voraussetzung für die Anwendung der Klausel ist also, dass eine Angelegenheit in den diözesanbischöflichen Sachbereich fällt, dass also der Bischof über Amtsgewalt in der zugunsten anderer Autoritäten vorbehaltenen Angelegenheit verfügt.185 Diese Ansicht ist jedoch nicht unumstritten.186 Aus juristischer Perspektive ist problematisch, dass das normative Merkmal der Erforderlichkeit im Zusammenhang mit der umfassenden Gewalt des Diözesanbischofs in seiner Teilkirche gesetzlich nicht konkretisiert wird und die Reservationen zugunsten anderer kirchlicher Autoritäten nicht gesetzlich eingegrenzt werden. Für das Reservationssystem schreibt can. 381 § 1 lediglich ein formales Verfahren vor,187 das Vorbehalte entweder durch das Gesetz selbst oder aber durch päpstliche Anordnung oder einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums zulässt. An diese Verfahrensordnung ist auch der Papst gebunden, es sei denn, dass er sie durch Gesetzesänderung aufhebt oder ändert. Die herrschende Lehre im kanonistischen Schrifttum leitet aus der GrundsatzAusnahme-Struktur des can. 381 § 1 und dem Epitheton der omnis potestas eine Allzuständigkeit des Diözesanbischofs ab. Danach gibt es keine Angelegenheit in der Diözese, die der Diözesanbischof nicht zu regeln befugt ist. Es spreche daher bei Auslegungsschwierigkeiten oder Kompetenzkonflikten eine Rechtsvermutung für die Zuständigkeit des Diözesanbischofs.188 Der in can. 381 § 1 HS 1 formulierte 185 Vgl. Lüdicke, Gehorsamsbindung, 271; ders., Bischofsamt, 70; H. Müller, Stellung, 102; Schmitz, Diözesanbischof, 434. Von vornherein fallen damit Angelegenheiten heraus, die die Gesamtkirche betreffen. Nach herrschender Ansicht gehören auch Angelegenheiten der Glaubenslehre nicht zur Zuständigkeit des Diözesanbischofs. Die Glaubenslehre in ihrer universalkirchlichen Dimension sei in der Kirche notwendig nur eine und könne nicht teilkirchlich verschieden sein. Außerdem spreche der Canon von potestas, nicht von magisterium (vgl. Lüdicke, Bischofsamt, 70 f.). 186 Nach einer Mindermeinung im kanonistischen Schrifttum sind die Vorbehalte zugunsten anderer kirchlicher Autoritäten nicht Bestandteil der für das Diözesanbischofsamt erforderlichen Gewalt. Da die Ausgrenzungen aus der bischöflichen Gewalt vorgenommen werden müssten, gehörten die Ausnahmen folgerichtig zu dem, was notwendigerweise in die Zuständigkeit der begünstigten Autorität falle. Es handle sich um Kompetenzen, die für die begünstigte Autorität erforderlich seien. Mithin seien sie für das Diözesanbischofsamt nicht erforderlich. Vereinfacht besage can. 381 § 1 CIC dann, dass dem Bischof alle erforderliche Gewalt zukomme, außer die nicht erforderliche (Bier, Rechtsstellung, 142). Dieser Interpretationsansatz vermag nicht zu überzeugen. Dass die Vorbehalte notwendigerweise in die Zuständigkeit der begünstigten Autoritäten fallen, ist eine bloße Behauptung. Ausschlaggebend sind vielmehr sachliche Erwägungen, wie die Herstellung von Rechtseinheit oder tradierte Reservatsrechte, ohne dass sie notwendigerweise der begünstigten Autorität zukommen müssen. Kritisch zur zitierten Mindermeinung äußert sich auch Huber, Amt, 155. 187 Vgl. Lüdicke, Bischofsamt, 74. 188 Vgl. H. Müller, Stellung, 102; ders., Ortskirche, 29; Mörsdorf, Kommentar CD, 160; Schmitz, Diözesanbischof, 434; Lüdicke, Bischofsamt, 71; Puza, Kirchenrecht, 266; ders.,

2. Die Auslegung des Gesetzes

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Grundsatz der Allzuständigkeit unterstreiche, dass dem Diözesanbischof bei der Ausübung seines Amtes keine konkurrierende Gewalt entgegenstehe und dass er über die ausschließliche und gänzliche Amtsgewalt zur erforderlichen Amtsausübung verfüge.189 Das Erforderlichkeitsmerkmal impliziere lediglich, dass dem Diözesanbischof nicht sämtliche in der Kirche verfügbare Gewalt zugesprochen sei. Die Norm unterstreiche, dass die bischöfliche Machtfülle auf die wesensmäßige Amtsausübung beschränkt bleibe, dass der Diözesanbischof keine KompetenzKompetenz zur Begründung eines neuen Gewaltverhältnisses inne habe.190 Aus dem Amtsbereich des Bischofs seien lediglich um der Einheit der Kirche willen einzelne Fälle ausgegrenzt und dem Papst oder anderen kirchlichen Autoritäten zugewiesen, grundsätzlich sei aber dem Diözesanbischof die für seinen Dienst notwendige Vollmacht als mit seinem Amt gegeben zuerkannt.191 Vorbehalte seien daher immer nur sekundär gegenüber jener umfassenden Kompetenz, in die sie kraft höheren Rechts eingreifen.192 Es gehört allerdings zu den Schwächen der herrschenden Lehre, dass sie die umfassende Gewalt des Ortsbischofs nicht ausreichend vor dem Hintergrund der primatialen Unmittelbarkeit und Höchstgewalt würdigt und zudem Kriterien bzw. Rechtfertigungsgründe für ein päpstliches Eingreifen in die diözesanbischöfliche Amtsgewalt nennt, die dem Gesetz nicht zu entnehmen sind.193 Aus rechtlicher Perspektive ist can. 381 § 1 wortlautnah dahingehend auszulegen, dass sämtliche zur diözesanbischöflichen Amtsausübung erforderliche Gewalt bei dem Diözesanbischof liegt. Es gibt für alle diözesanbischöflichen Sachbereiche eine originäre Erstzuständigkeit des Ortsbischofs. Da das Gesetz den unbestimmten Rechtsbegriff der Erforderlichkeit im Zusammenhang mit der diözesanbischöflichen Amtsgewalt nicht näher bestimmt, ist dessen Auslegung und damit die Ausgestaltung der Diözesanbischofsgewalt allein dem Papst vorbehalten, der darüber durch primatiale Anordnung oder durch kollegialen Akt des Bischofskollegiums mittels eines Vorbehalts entscheiden kann. Nur durch eine solche förmliche zuständigkeitsverlagernde Entscheidung wird dem Diözesanbischof die Erstzuständigkeit entzogen. Für alle anderen Fälle gilt die Zuständigkeit des Diözesanbischofs. Can. 381 § 1 ist daher aus diözesanbischöflicher Perspektive so zu verstehen, dass alle Gewalt im Hinblick auf die Teilkirche bei dem Ortsbischof liegt, falls und solange nicht der Communio-Ekklesiologie, 33; Scheuermann, Amtsgewalt, 14; Schmitz, Gesetzgebungsbefugnis, 66; Schwendenwein, Katholische Kirche, 353; Werneke, Ius, 178. 189 Vgl. Aymans, Leitungsdienst, 39, der in diesem Zusammenhang von der „Exklusivität der Leitungsgewalt des Diözesanbischofs in Unmittelbarkeit zu seiner Diözese“ in Abgrenzung zur päpstlichen Gewalt spricht. 190 Vgl. Schmitz, Codex, 67. Auch für Lüdicke, Bischofsamt, 69, gilt: „Die Begrenztheit der bischöflichen Gewalt wird in diesen Aussagen deutlich: Sie bezieht sich nicht auf die Gesamtkirche, ist keine Vollgewalt und schon gar nicht höchste Gewalt. Positiv aber wird von ihr ausgesagt, dass sie so umfassend ist, wie die Leitung der Teilkirche es erfordert.“ 191 H. Müller, Stellung, 102. 192 H. Müller, Ortskirche, 28. 193 Zur Kritik an der Auffassung der herrschenden Lehre vgl. auch Bier, MKCIC zu can. 381, Rn. 11 (30. Erg.-Lfg. 12/1998).

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Papst etwas anderes bestimmt.194 Kriterien oder Rechtfertigungsgründe für einen Eingriff des Papstes in die Zuständigkeit des Diözesanbischofs sind aus can. 381 § 1 nicht abzuleiten. bb) Ius divinum und Bischofsamt Im kanonistischen und theologischen Schrifttum ist vielfach zu lesen, dass die Unmittelbarkeit der päpstlichen Gewalt durch die auf göttliches Recht zurückzuführenden ekklesialen Funktionen des Diözesanbischofsamtes begrenzt werde.195 Kirchenrechtlich ist diese Auffassung höchst fragwürdig. So hat can. 375 § 1 das Diözesanbischofsamt selbst nicht als Einrichtung göttlichen Rechts qualifiziert. Auch in can. 381 § 1 fehlt jeder Hinweis, dass die Amtsgewalt des Diözesanbischofs im göttlichen Recht gründet.196 Nach can. 375 sind vielmehr der Episkopat und die Hirtenfunktion der Bischöfe göttlichen Rechts. Juristisch ist daher nur ein institutioneller Bestandsschutz des Bischofsamtes insgesamt herzuleiten, ohne dass dadurch die konkrete Ausgestaltung des bischöflichen Amtes, seine Funktion und seine Stellung im kirchlichen Verfassungsgefüge unveränderbar vorgegeben ist. Es obliegt vielmehr dem Gesetzgeber, das konkrete Bischofsamt inhaltlich auszugestalten.197 Daher ist der Hinweis auf das ius divinum des Episkopats rechtlich nicht geeignet, das Verhältnis von primatialer Unmittelbarkeit und diözesanbischöflicher Eigenständigkeit abschließend zu bestimmen. Durch das ius divinum des Episkopats ist kirchenrechtlich allenfalls eine Abschaffung des Bischofsamtes durch den Papst als Verstoß gegen dessen Einrichtungsgarantie aus can. 375 § 1 ausgeschlossen.

194

Vgl. Huber, Amt, 156. Vgl. H. Müller, Stellung, 105; ders., Ortskirche, 31. Für Mörsdorf, Unmittelbarkeit, 467 f., habe der Diözesanbischof kraft göttlichen Rechts eine Zuständigkeit, in die der Papst nicht nach Belieben eingreifen dürfe. Nach Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 207, ist die Unmittelbarkeit der päpstlichen Vollmacht durch die auf göttlichem Recht beruhende Eigenständigkeit des Bischofsamtes begrenzt. Diese Ansicht macht sich auch Krämer, Universales Recht, 60 f. zu eigen. Daher dürfe der Papst seine Gewalt über die Teilkirche nur dann einsetzen, wenn er es aus pastoralen Gründen um der Einheit der Kirche willen für notwendig halte. Auf die inneren Grenzen der Vollmachtsausübung verweist auch L. Müller, Diözesanbischof, 121. Für Lüdicke, Bischofsamt, 67 f., darf das päpstliche Eingriffsrecht nicht „die Aussagen über die direkt von Gott gegebene, eigenständige und unmittelbare Gewalt der Bischöfe über ihre Teilkirche“ konterkarieren. Bei Rahner, Episkopat, 18, heißt es, dass der Episkopat selbst göttlichen Rechtes sei und der päpstliche Primat nur zusammen mit diesem für die rechtliche Verfasstheit der Kirche konstitutiv sei. Daher sei der Papst gehalten, die inneren Grenzen dieses Anspruchs zu beachten, die durch das ius divinum der Bischöfe gegeben seien. Dieser Ansicht folgen auch Ratzinger, Episkopat, 57, und Mikluscak, Einheit, 183. 196 Dies stellt auch H. Müller, Stellung, 104, fest. 197 Siehe dazu Kap. II.1. 195

3. Die historische Auslegung des CIC nach can. 17 HS 2

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d) Fazit der Wortlautauslegung Die Auslegung des gesetzlichen Wortlautes über die päpstliche und diözesanbischöfliche Gewalt hat in rechtlicher Perspektive ein Spannungsverhältnis offengelegt. Das Eingriffsrecht des Papstes in die Diözese und die unbegrenzten päpstlichen Vorbehalte im Zusammenhang mit der diözesanbischöflichen Gewalt als Ausfluss seines Jurisdiktionsprimats auf der einen Seite und der Grundsatz der Erst- und Allzuständigkeit des Ortsbischofs in seiner Diözese auf der anderen Seite prägen das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof, ohne dass der Wortlaut des Gesetzes einen Ausgleich aufzeigt. Kriterien für die Ausübung der päpstlichen Gewalt über eine Diözese nennt das Gesetz nicht. Der Papst darf daher jederzeit nach Gutdünken in die diözesanbischöfliche Amtsgewalt eingreifen. Die Grenzen der Papstgewalt im Verhältnis zur Diözesanbischofsgewalt sind unter Wortlautgesichtspunkten daher nur durch das göttliche Recht und den inneren Anspruch an sein Amt zu ziehen.

3. Die historische Auslegung des CIC nach can. 17 HS 2 a) Anwendbarkeit Da der Wortlaut des Gesetzes zur Verhältnisbestimmung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt im Hinblick auf die Kriterien, die eine Beschneidung der Diözesanbischofsgewalt durch Eingriffe oder Vorbehalte des Papstes rechtfertigen, nicht eindeutig ist, eröffnet can. 17 eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des Gesetzes, zu der die in HS 2 genannten Auslegungshilfen herangezogen werden dürfen.198 Dabei kommt vor allem eine historische Auslegung in Betracht. Maßgeblich zu berücksichtigen sind dabei Veranlassung, Zweck und Umstände, unter denen die einschlägigen Canones entstanden sind.199 Dazu gehört namentlich der das Gesetz auslösende Anlass, für den zur Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof maßgeblichen CIC also das Zweite Vatikanische Konzil.200 Allerdings muss im Hinblick auf die interpretatorische Relevanz der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils einschränkend klargestellt werden, dass nur die Umstände berücksichtigt werden dürfen, die erkennbar und nachweislich auf das Entstehen des Gesetzes eingewirkt haben.201 198

Siehe dazu Kap. III.2.a). Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 183. 200 Vgl. Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 32, Rn. 7; Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 11 (13. Erg.Lfg. 11/1990). 201 Vgl. Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 15 (47. Lfg. 2/2012) m.w.N. der herrschenden Lehre. An dieser Stelle soll nicht die Frage vertieft werden, ob und inwieweit die einzelnen Konzilsdekrete selbst als Rechtsquellen bzw. als unmittelbar anwendbare Rechtsgrundsätze zu gelten haben (vgl. dazu grundlegend Gehr, Beschlüsse, 89 ff.; Potz, Geltung, 167 ff.). Die Frage 199

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Weiterhin kann gemäß can. 17 HS 2 auch die mens legislatoris für eine Interpretation der Gesetzesbedeutung herangezogen werden.202 Unter mens legislatoris ist der Wille bzw. die Denkart des Gesetzgebers gemeint, die ihn im Hinblick auf die auszulegende Norm geleitet hat.203 Die Absicht des Gesetzgebers zum Erlass des CIC wird vor allem im Hinblick auf die Frage nach der interpretatorischen Relevanz der Konzilsdekrete des Zweiten Vatikanischen Konzils deutlich benannt. Aufschlussreich ist dazu die Apostolische Konstitution „Sacrae Disciplinae Leges“ zur Promulgation des CIC, die das amtliche Verständnis des CIC mit dem geflügelten Wort von Papst Johannes Paul II. von dem Codex als dem „letzte[n] Konzilsdokument“204 konkretisiert. Nach dieser vielzitierten Formulierung ist der Codex als Übersetzung der konziliaren Ekklesiologie in Rechtssprache anzusehen.205 Auch wenn es unmöglich sei, das in der Lehre des Konzils beschriebene Bild der Kirche erschöpfend in die kanonistische Sprache zu übertragen, so müsse doch der Codex sich immer auf dieses Bild wie auf ein vorrangiges Beispiel beziehen, dessen Züge er soweit wie möglich gemäß seiner Natur ausdrücken müsse.206 Zu den Elementen, die das Kirchenbild ausmachen, nennt die zitierte Apostolische Konstitution u. a. „die Lehre, die die Kirche als Communio ausweist und daher die gegenseitigen Beziehungen bestimmt, die zwischen Teilkirche und Gesamtkirche sowie zwischen Kollegialität und Primat bestehen müssen.“207 So sei der CIC „als Vervollständigung der vom II. Vatikanischen Konzil vorgestellten Lehre“ über die Kirche anzusehen.208 Die Absicht des Gesetzgebers beim Erlass des CIC sei daher von dem Bemühen geleitet, die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils kanonistisch umzusetzen. Dabei dürfe ein nach der Rechtserheblichkeit der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils stellte sich insbesondere vor dem Hintergrund des vorherrschenden Antijuridismus und der pastoralen Rhetorik des Zweiten Vatikanischen Konzils, das sich gegen eine Vorherrschaft rechtlichen Denkens wandte (vgl. Schmitz, Codex, 52 f.; Krämer, Grundlegung, 105 ff.; Demel, Rechtspositivismus, 27 f.; Aymans, Codex, 44). So wurde vor allem vor Inkrafttreten des CIC der für die Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof relevante Art. 8a CD als eine rechtliche Grundsatzbestimmung (vgl. Mörsdorf, Kommentar CD, 160), vereinzelt auch als unmittelbar anwendbarer Rechtsgrundsatz (vgl. Schmitz, Vollmachten, 6 f.; Schmitz, Codex, 53) bewertet. Die einschlägigen konziliaren Rechtsgrundsätze können unbeschadet der Frage nach ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit im Rahmen von can. 17 HS 2 von interpretativer Bedeutung sein (vgl. Gehr, Beschlüsse, 207, 247). 202 Die mens legislatoris wird teilweise zur historischen Auslegung gezählt (vgl. May, Kirchenrechtswissenschaft, 93), teilweise als genetische Auslegung bezeichnet (vgl. Drößler, Interpretationstheorie, 9; Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 32 Rn. 7). 203 Vgl. Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 12 (13. Erg.-Lfg. 11/1990). Die deutsche Übersetzung spricht diesbezüglich von der „Absicht“ des Gesetzgebers. 204 Papst Johannes Paul II., Ansprache vom 21. 11. 1983, 125; ders., Ansprache vom 30. 11. 1983, 127; ders., Ansprache vom 9. 12. 1983, 128; ders., Ansprache vom 26. 1. 1984, 644. 205 So Papst Johannes Paul II., AK zur Promulgation des CIC, XIX, ausdrücklich: „Dieser neue Codex kann gewissermaßen als ein großes Bemühen aufgefasst werden, eben diese Lehre, nämlich die konziliare Ekklesiologie, in die kanonische Sprache zu übersetzen.“ 206 Ebd. 207 Ebd. 208 Ebd.

3. Die historische Auslegung des CIC nach can. 17 HS 2

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Rückgriff auf die konzilsnahe Denkart des Gesetzgebers zwar nicht vom Gesetz unabhängig oder gegen den Gesetzeswortlaut erfolgen, allerdings dürften die Konzilsdekrete gemäß der mens legislatoris zur rechtlichen Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof im Rahmen von can. 17 HS 2 herangezogen werden.209

b) Das Problem des Nebeneinanders zweier Ekklesiologien Bevor untersucht werden kann, inwieweit die Konzilslehren im Einzelnen erkennbar auf die Rechtsnormen eingewirkt haben, die zur Bestimmung des Verhältnisses von Papst und Diözesanbischof relevant sind, ist die Frage vorgeordnet, ob das Konzil selbst diese Verhältnisbestimmung einheitlich gelehrt hat. Nach ganz herrschender Lehre im theologischen und kanonistischen Schrifttum hat sich auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil keine einheitliche ekklesiologische Lehre herausbilden können. Vielmehr stehen zwei miteinander konkurrierende Auffassungen von Kirche unverbunden nebeneinander.210 Dem entspricht einerseits die tradierte universalistisch-zentralistisch ausgerichtete Lehre von der Kirche als societas perfecta, der eine sozialphilosophisch-naturrechtliche und juridische Ekklesiologie zugrundeliegt. Neben ihr steht andererseits die theologisch begründete proepiskopale Lehre von der Kirche als communio, um das Beziehungsgefüge innerhalb der Kirche zu beschreiben. Dem soziologisch-juridischen Kirchenverständnis einer Kirche als societas perfecta liegt eine sozialphilosophisch-naturrechtliche Ekklesiologie zugrunde, die die wesensmäßige Verschiedenheit, ihre Unabhängigkeit und ihren Eigenbereich gegenüber dem Staat betont.211 Auf das innere Wesen der Kirche bezogen beschreibt die societas-perfecta-Lehre die sichtbare, institutionalisierte Kirche in staatsanalo209 Von einer hilfsweisen Heranziehung der Konzilsdokumente im Rahmen der erweiterten Auslegungsregel von can. 17 HS 2 unberührt bleibt die Unzulässigkeit einer grundsätzlichen konzilskonformen Auslegung des Gesetzes. Vgl. diesbezüglich die zutreffenden Bemerkungen von Bier, Diözesanbischofsamt, 86 f.: „Nicht der CIC ist im Lichte des Konzils auszulegen. Umgekehrt gilt: Der CIC macht deutlich, wie der Gesetzgeber die Konzilstexte versteht und verstanden wissen will.“ Wenn Papst Johannes Paul II. schreibe, der CIC müsse sich immer auf das in der Lehre des Konzils beschriebene Bild der Kirche beziehen, so bedeute dies, dass der Papst lediglich eine Aussage darüber mache , wie der CIC beschaffen sein müsse, nämlich so, dass er die wesentlichen Aspekte der konziliaren Ekklesiologie gemäß seiner Natur, d. h. in rechtlich adäquater Weise, zum Ausdruck bringe. Damit wiederhole der Papst bloß, dass der CIC die Übersetzung des Konzils in rechtliche Sprache sein müsse. Vgl. auch Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 38 ff. Rn. 19 – 24. 210 Grundlegend ist die Arbeit von Acerbi, Ecclesiologie. Vgl. auch Kremsmair, Verhältnis, 283; H. Müller, Communio, 483 f.; Neuner, Primat, 110 ff.; Puza, Communio-Ekklesiologie, 32; Aymans, Codex, 42; Sobanski, Vorüberlegungen, 180 ff.; Corecco, Grundlagen, 166 ff.; Riedel-Spangenberger, Strukturprinzip, 228 f.; Bier, Rechtsstellung, 57 f.; ders., Diözesanbischofsamt, 82 f.; ders., Dezentralität, 179 Fn. 22; Listl, Kirche, 224; L. Müller, Kirche, 293 f.; ders., Societas-Perfecta-Lehre, 265; Hilberath, Verhältnis, 40 f.; Schmitz, Stellungnahmen, 9. 211 Vgl. Schwarz, Art. Societas-perfecta, 557; Huizing, Rechtssystem, 179.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

ger Denkart, der eine mit dem Staatsrecht vergleichbare, regulierende, Kompetenzen abgrenzende und die kirchliche Ordnung garantierende Rolle zukommt.212 Dass die Kirche auch Heilsgemeinschaft ist, kommt in dieser Lehre nur ungenügend zum Ausdruck.213 Diese Schwäche hat das Zweite Vatikanische Konzil durch die Lehre von der Kirche als communio ausgeglichen; ein Wort, das zum Schlüsselbegriff und bestimmenden Leitmotiv für das Verständnis der Kirche wurde.214 Danach wird das nur im Glauben voll erfahrbare Wesen der Kirche als eine durch Christus in die Welt gesandte Gemeinschaft der Glaubenden in einer komplexen Bildersprache wie „Volk Gottes“, „Leib Christi“ und „Tempel des Heiligen Geistes“ theologisch grundgelegt, ohne dabei die sichtbare Verfasstheit der Kirche gänzlich aufzugeben.215 Als Kirchenbegriff drückt communio den für die Kirche typischen Gemeinschaftscharakter aus, der nicht aus dem Willen der Menschen, sondern von Gott stammt.216 Dabei ist der Begriff aus rechtstheologischer Perspektive Ausdruck der hierarchischen Struktur des Volkes Gottes und bestimmt das Verhältnis der Zu- bzw. Unterordnung innerhalb der hierarchisch verfassten kirchlichen Gemeinschaft.217 Was für die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils grundsätzlich gilt, ist auch für die Frage nach der Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof bestimmend: Aus den Konzilsdokumenten ist dazu keine einheitliche Lehre herzuleiten. In der für die Verfassungsstruktur der Kirche zentralen dogmatischen Konstitution über die Kirche wird das Verhältnis der einzelnen Bischöfe oder der Bischöfe insgesamt zum Papst vorzugsweise durch den Begriff der communio beschrieben.218 So heißt es dort beispielsweise, dass die Kirche vom Nachfolger Petri und den mit ihm in

212 Vgl. H. Müller, Communio, 487. Die zentralistische Ekklesiologie wird im Schrifttum vielfach kritisiert. Werbick, Subsidiarität, 42, nennt sie eine „Einbahn-Ekklesiologie“, die von dem Kirchenbild der societas perfecta ausgehend die kirchliche Vielfalt als ekklesiologisch inferior beschreibe und Spannungen zwischen der kirchlichen Zentralmacht und Partikularkirchen als heilsbedrohlichen Ungehorsam werte. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass die Fortdauer des Zentralismus weniger am Machtwillen der Kurie, ihrem Interesse an effektiver Administration oder ihrer Angst vor den Folgen der Aufweichung des römischen Autoritätssystems liegt; vielmehr ist die tiefe historische Verwurzelung der zentralistischen Ekklesiologie ausschlaggebend. Pottmeyer, Rolle, 120 f., bezeichnet diese zentralistische Ekklesiologie „ – in historischer Sicht – als gegenreformatorisch und – in systematischer Hinsicht – als einseitig juridisch-gesellschaftliche Betrachtung der Kirche und – in theologischer Hinsicht – als christomonistisch.“ 213 Vgl. Schwarz, Art. Societas-perfecta, 557. 214 Vgl. Riedel-Spangenberger, Art. Communio, 355; Schmitz, Stellungnahmen, 8. 215 Vgl. Schwarz, Art. Societas-perfecta, 559; Riedel-Spangenberger, Art. Communio, 355 f. 216 Vgl. Aymans, Kirche, 11. 217 Vgl. Saier, Communio, 11 f. 218 Vgl. grundlegend die Arbeit von Saier, Communio, insb. 12 f.

3. Die historische Auslegung des CIC nach can. 17 HS 2

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communio stehenden Bischöfen geleitet wird;219 die Bischöfe lehren in der communio mit dem römischen Bischof stehend;220 sie wahren auch über die Erde verstreut das Band der communio mit dem Nachfolger Petri.221 Die Communio hierarchica ist auch mitgliedschaftsbegründendes Element für die Eingliederung des Bischofs in das Bischofskollegium.222 Allerdings verschwindet aus dem konziliaren Sprachgebrauch der Begriff der societas zur Beschreibung der Kirche im Hinblick auf ihre rechtliche Verfasstheit nicht.223 So seien die mit hierarchischen Organen ausgestattete societas und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche nicht als zwei verschiedene Größen zu betrachten, sondern als eine einzige komplexe Wirklichkeit.224 Die Kirche werde in dieser Welt als societas verfasst und geordnet und vom Papst und den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet.225 Die Apostel haben in der hierarchisch geordneten societas der Kirche für die Bestellung von Nachfolgern Sorge getragen.226 Aus kanonistischer Perspektive gilt jedoch, dass selbst für den Fall einer eindeutigen ekklesiologischen Lehre daraus keine konkreten und unmittelbar geltenden kirchenrechtlichen Grundsätze hergeleitet werden dürfen.227 So ist es unzulässig, aus der das Konzil allgemein ekklesiologisch beherrschenden communio-Struktur der Kirche verbindliche Einzelaspekte für die hoch differenzierte und detailliert ausgestaltete kirchliche Verfassungsstruktur abzuleiten.228 Auch eine detaillierte Analyse der Konzilsdokumente gelangt im Hinblick auf die Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof nicht zu eindeutigen Ergebnissen. In der dogmatischen Konstitution über die Kirche wird ausdrücklich an

219

Art. 8 LG. Art. 25 LG. 221 Art. 25 LG. 222 Siehe dazu Kap. IV.5.b). Gerade den Begriff der communio hierarchica hält Kasper, Communio, 65, für eine typische Kompromissformel, die das Nebeneinander von sakramentaler communio-Ekklesiologie und juristischer Einheitsekklesiologie verdeutliche. Dieser Einschätzung gegenüber ablehnend äußert sich Riedel-Spangenberger, Strukturprinzip, 231. 223 Vgl. Riedel-Spangenberger, Strukturprinzip, 228 f. 224 Art 8 LG. 225 Art. 8 LG. 226 Art. 20 LG. 227 Dieser Ansatz, unter Bezugnahme auf grundlegende Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils Folgerungen für die Gestaltung der kirchlichen Rechtstrukturen zu gewinnen und Schlüsselbegriffe wie den der communio ins Zentrum der Rechtsbegründung zu rücken, steht im Zusammenhang mit dem Bemühen um eine Theologisierung des Kirchenrechts (vgl. kritisch Luf, Grundlagen, 37 f.). 228 So formuliert treffend George, Subsidiarity, 42 f.: „The principle of dogmatic ecclesiology will not solve all the problems.“ Ähnlich gibt auch Krämer, Versuche, 35, zu bedenken, dass kirchliche communio und kirchliche Rechtsordnung nicht deckungsgleich seien. 220

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

der Primatslehre des Ersten Vatikanischen Konzils festgehalten.229 Während einerseits Teile des Schrifttums auf die proepiskopale Perspektive der communio-Struktur in Art. 27 „Lumen gentium“ verweisen,230 können andererseits Formulierungen in dem Dekret „Christus Dominus“ zitiert werden, die die zentralistische Perspektive im Verhältnis von Papst und Diözesanbischof fortschreiben. So benennt CD explizit den Vorrang der höchsten, vollen, unmittelbaren und universalen ordentlichen Gewalt des Papstes über alle Kirchen und unterstreicht, dass die Bischöfe „gemeinsam mit dem Papst und unter seiner Autorität“ das Werk Christi durch alle Zeit fortsetzen.231 Das Dekret fährt fort, dass die Bischöfe das bischöfliche Amt in der Gemeinschaft und „unter der Autorität des Papstes“ ausüben.232 An anderer Stelle heißt es, dass die einzelnen Bischöfe, denen die Sorge für die Teilkirche anvertraut ist, unter der Autorität des Papstes als deren eigentliche, ordentliche und unmittelbare Hirten ihre Schafe im Namen des Herrn weiden.233 Bei der Kommentierung der zitierten Textpassagen wird vermerkt, dass das Konzil weder in diesem Dekret noch in der Konstitution über die Kirche die Problematik der Unmittelbarkeit der päpstlichen Höchstgewalt im Hinblick auf die Verhältnisbestimmung zur diözesanbischöflichen Gewalt erörtert habe.234 Dieses Problem sei teils nicht gesehen, teils bewusst übersehen worden.235 Nach Auffassung des Schrifttums betont das Dekret in Abgrenzung zu einer rein zentralistischen Perspektive in besonderer Weise die Eigenständigkeit des Bischofsamtes, in dem es formuliert, dass den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel in den ihnen anvertrauten Diözesen von selbst („per se“) jede ordentliche, eigenständige und unmittelbare Gewalt zustehe, die zur Ausübung ihres Hirtendienstes erforderlich

229

So heißt es in Art. 18 LG: „Diese Lehre über Einrichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden heiligen Primats sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor.“ Art. 27 LG konkretisiert diese Aussage in Bezug auf die bischöfliche Gewalt, deren Vollzug letztlich von der höchsten kirchlichen Autorität geregelt werde und mit bestimmten Grenzen umschrieben sei. Vgl. auch Bier, Diözesanbischofsamt, 83 m.w.N. 230 Vgl. Kremsmair, Verhältnis, 284. Hier rekurriert das Schrifttum insbesondere auf die Formulierung in Art. 27 LG, wonach die Bischöfe als Stellvertreter und Gesandte Christi ihre ihnen zugewiesenen Teilkirchen leiten. Sie seien, wie es im Konzilstext heißt, nicht als Stellvertreter der Bischöfe von Rom zu verstehen, da sie eine ihnen eigene Gewalt innehätten und in voller Wahrheit Vorsteher des Volks hießen, das sie leiteten. Folglich werde ihre Gewalt von der obersten und allgemeinen Gewalt nicht ausgeschaltet. Siehe zur Bedeutung des Stellvertreter-Christi-Titels für die Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof die Ausführungen auf S. 30 f. Vgl. auch Bier, Diözesanbischofsamt, 83. Vgl. zum Bischofsamt unter Berücksichtigung des bischöflichen Treueides Kreusch, Bischofsamt, 595 ff. m.w.N. 231 Art. 2 CD. 232 Art. 3 CD. 233 Art. 11 CD. 234 Vgl. Mörsdorf, Kommentar CD, 149; vgl. auch Mörsdorf, Unmittelbarkeit, 464 ff. 235 Mörsdorf, Kommentar CD, 149 f.

3. Die historische Auslegung des CIC nach can. 17 HS 2

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sei.236 Eine papstzentrierter Perspektive nimmt dagegen die „Nota Explicativa Praevia“ zum dritten Kapitel von LG ein, wenn es dort auch im Hinblick auf die diözesanbischöfliche Gewalt heißt, dass der Papst als höchster Hirte der Kirche seine Vollmacht jederzeit nach Gutdünken („ad placitum“) ausüben könne, wie es von seinem Amt her gefordert werde.237

c) Fazit der historischen Auslegung Die Konzilsdokumente können im Rahmen des can. 17 HS 2 für die konkrete Bestimmung des Verhältnisses von Papst und Diözesanbischof, insbesondere im Hinblick auf die durch den CIC nicht genannten Kriterien für einen päpstlichen Eingriff in die diözesanbischöfliche Gewalt, nicht herangezogen werden.238 Dies liegt in erster Linie daran, dass das Zweite Vatikanische Konzil keinem einheitlichen Kirchenverständnis gefolgt ist, weshalb in den verschiedenen Konzilstexten unterschiedlich formuliert wurde. Daher darf nicht unter Berufung auf die konzilsnahe mens legislatoris eine einseitige Interpretation der für das Verhältnis von Papst und Bischof relevanten Canones im Sinne der communio-Ekklesiologie erfolgen. Darüber hinaus hat das Konzil einige der für die rechtliche Verhältnisbestimmung relevanten Aspekte nicht hinreichend problematisiert,239 so dass eine ergänzende historische Auslegung insgesamt unfruchtbar bleibt. Das bereits im Zusammenhang mit der Wortlautauslegung gezogene Fazit, dass der Papst im Hinblick auf die diözesanbischöfliche Gewalt nur von seinem inneren Anspruch bestimmt und durch das göttliche Recht begrenzt ist, gilt daher fort.240 Kirchenrechtlich stellt sich die Frage, ob das Verhältnis von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt durch das Subsidiaritätsprinzip rechtlich näher bestimmt werden kann. 236 Art. 8a CD. Vgl. diesbezüglich die Kommentierung von Mörsdorf, Kommentar CD 158 f. m.w.N. der herrschenden Lehre. Siehe auch Fn. 122 u. Fn. 123. 237 Nr. 4 NEP. Zwar heiße es, wie Ratzinger, Kommentar NEP, 356, diesbezüglich kommentiert, ad placitum und nicht, wie auf dem Ersten Vatikanum noch z. T. gefordert, ex arbitrio, doch sei der Eindruck und die Gefahr absolutistischer Machtfülle des Papstes nicht zu leugnen (vgl. Ratzinger, Kommentar NEP, 349). Auch Kremsmair, Verhältnis, 284, kommt zu dem Schluss, dass in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils trotz der Aufwertung teilkirchlicher Strukturen die Betonung der gesamtkirchlichen primatialen Sicht überwiege. Als einen in der Tradition der zentralistischen Ekklesiologie des Ersten Vatikanischen Konzils stehenden Text bewertet Neuner, Primat, 111, die NEP. Für Bier, Diözesanbischofsamt, 84, belegt auch die NEP das Nebeneinander unterschiedlicher Positionen in den konziliaren Dokumenten. Für Kremsmair, Verhältnis, 283, sei durch die NEP „die Gefahr der Verwirklichung eines extremen Papalismus“ keinesfalls gering einzuschätzen. 238 Im Ergebnis so auch Bier, Diözesanbischofsamt, 84 f. 239 Dies gilt namentlich für die Frage nach der primatialen Unmittelbarkeit im Verhältnis zur diözesanbischöflichen Amtsgewalt, siehe Fn. 234. 240 Siehe Kap. III.2.d).

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

4. Das Subsidiaritätsprinzip a) Ausgangspunkt Ausgangspunkt für die Darstellung des Subsidiaritätsprinzips bildet die Enzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius XI. vom 15. Mai 1931.241 Die Enzyklika erinnert an den 40. Jahrestag der Enzyklika „Rerum novarum“ von Papst Leo XIII. und reagiert kritisch auf die veränderte Gesellschaftsordnung mit einer Fortschreibung der kirchlichen Soziallehre. Sie zeichnet das Bild einer modernen Gesellschaftsordnung, die durch die Zerschlagung der einzelnen gesellschaftlichen Gemeinschaftsformen und eine Übermacht des Staates gegenüber dem nunmehr vereinzelten Individuum charakterisiert wird. Der Staat leide daher an einem Übermaß von Pflichten, die ihm von den Gemeinschaften zugefallen seien, die er selbst verdrängt habe. In diesem Zusammenhang heißt es: „Auch wenn es wahr ist, […] daß wegen der veränderten Verhältnisse vieles jetzt nur von großen Gemeinschaften geleistet werden kann, was in früherer Zeit auch von kleinen geleistet wurde, so bleibt dennoch in der Moralphilosophie jener äußerst gewichtige Grundsatz (,gravissimum illud principium‘) fest und unverrückbar: wie das, was von einzelnen Menschen auf eigene Faust und in eigener Tätigkeit vollbracht werden kann, diesen nicht entrissen und der Gemeinschaft übertragen werden darf, so ist es ein Unrecht und zugleich ein schwerer Schaden und eine Störung der gerechten Ordnung, das auf eine größere und höhere Ordnung zu übertragen, was von kleineren und niedrigeren Gemeinschaften erreicht und geleistet werden kann; denn jede gesellschaftliche Tätigkeit muß ihrem Wesen und ihrer Natur nach den Gliedern des gesellschaftlichen Leibes Unterstützung leisten, darf sie aber niemals zerstören und aufsaugen. […] Deshalb sollen die Machthaber davon überzeugt sein: je vollkommener durch die Beachtung dieses Prinzips des ,subsidiären‘ Handelns die hierarchische Ordnung unter den verschiedenen Gemeinschaften blüht, desto hervorragender wird die soziale Autorität und Wirksamkeit und desto glücklicher und erfreulicher der Zustand des Gemeinwesens sein.“242

Nach allgemeiner Auffassung bildet diese Passage den Kern des Subsidiaritätsprinzips, dessen Idee selbst zwar nicht neu war,243 das als Begriff und Prinzip in dieser grundlegenden, klaren und rechtssatzförmigen Formulierung jedoch erstmals vorgelegt wurde.244

241

Vgl. AAS 23 (1931), 190 – 216. DH 3738. 243 Zur Begriffs- und Ideengeschichte des Subsidiaritätsprinzip vgl. Kistner, Kirchenverfassung II, 61 ff.; Leys, Subsidiarity, 1 ff.; Anzenbacher, Sozialethik, 211 f. 244 Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 3; v. Nell-Breuning, Baugesetze, 87; Schmitt, Subsidiaritätsprinzip, 28; Kistner, Kirchenverfassung II, 59; Mikluscak, Einheit, 18; Leys, Subsidiarity, 78 ff. 242

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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b) Herleitung Damit das Subsidiaritätsprinzip auf das verfassungsrechtliche Verhältnis von Papst und Diözesanbischof bezogen werden kann, sind zwei Fragen vorweg zu beantworten. Zum einen die Frage, ob eine Herleitung des Subsidiaritätsprinzips gelingt, die mit der rechtlichen Bestimmung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt vereinbar ist.245 Zum anderen stellt sich die Frage, ob das Subsidiaritätsprinzip auch auf das kirchliche Verfassungsgefüge anwendbar ist, oder ob es nur auf weltliche Gesellschaftsordnungen bezogen bleibt. aa) Die mehrdeutige Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums Im Schrifttum findet sich die Auffassung, dass das Subsidiaritätsprinzip durch die ekklesiologische Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils grundgelegt sei. So ergebe die Untersuchung der Konzilsdokumente, dass das Konzil das Subsidiaritätsprinzip der Sache nach als verbindlichen Maßstab für die Gestaltung der innerkirchlichen Beziehungen und als Baugesetz der kirchlichen Struktur angesehen habe.246 Die Aufwertung der Teilkirche infolge der communio-Ekklesiologie durch das Zweite Vatikanische Konzil führe zur Geltung des Subsidiaritätsprinzips.247 Gegen diese Auffassung muss kritisch eingewandt werden, dass das Konzil mit der expliziten Erwähnung oder Festschreibung des Subsidiaritätsprinzips für das kirchliche Verfassungsgefüge ausgesprochen zurückhaltend war.248 Das Subsidiaritätsprinzip wird in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils nur an drei Stellen mit Blick auf weltliche Gesellschaftsordnungen erwähnt, dabei allerdings nie 245 Die bisherige Analyse der Rechtsstellung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt hat ergeben, dass der Papst trotz der grundsätzlichen Allzuständigkeit des Diözesanbischofs aufgrund seines Vorrangs ordentlicher Gewalt und des unfehlbar gelehrten Jurisdiktionsprimats jederzeit in den diözesanbischöflichen Amtsbereich der Diözese eingreifen kann, ohne dass es dafür durch das Kirchenrecht rechtliche Beschränkungen gibt (vgl. Bier, Verhältnis, 74 f.). 246 Mikluscak, Einheit, 249, der in diesem Zusammenhang auch von einer „kopernikanischen Wende“ und einem „neuen Weg“ spricht (ebd., 172). Diesem Ergebnis schließt sich auch Pottmeyer, Verhältnis, 28, an. Demnach leite das Konzil eine Abkehr von der universalistischen Ekklesiologie ein und führe durch die Hinwendung zur communio-Ekklesiologie zu einem Verständnis von Weltkirche als Gemeinschaft von Ortskirchen. 247 So statuiert Norgard-Hoyen diesbezüglich, dass die Hervorhebung der Teilkirche im Grunde nichts anderes sei als die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Bereich der Ekklesiologie (Norgard-Hoyen, Papstamt, 132). Auch für Kasper, Subsidiaritätsprinzip, 159, gilt, dass das Petrusamt nicht gegen das mit dem Subsidiaritätsprinzip bezeichnete Anliegen stehe. Vielmehr erweise sich die communio-Struktur als dessen höchste Verwirklichung. Nach der Auffassung von Schasching, Subsidiaritätsprinzip, 432, habe sich das Zweite Vatikanische Konzil von der Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens Impulse für die innere Struktur der Kirche versprochen, die wesentlich mit dem Subsidiaritätsprinzip zusammenhingen. 248 Für Mikluscak, Einheit, 53 ff., gibt es jedoch konkrete Hinweise, die die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips auf die Kirche zumindest erahnen ließen. Mikluscak verweist hier auf die Vorbereitungsphase und auf Wortbeiträge während des Konzils.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

in kirchlichen Sinnzusammenhängen.249 Eine ausdrückliche Festlegung auf das Subsidiaritätsprinzip für das kirchliche Verfassungsrecht ist nicht erfolgt. Auch in diesem Zusammenhang machen sich die Fortdauer der universal-zentralistischen Positionen auf dem Zweiten Vatikanum und das Nebeneinander zweier Ekklesiologien bemerkbar.250 Vom kirchenrechtlichen Standpunkt aus kann das Subsidiaritätsprinzip aus der ekklesiologischen Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils für die Verhältnisbestimmung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt daher nicht hergeleitet werden. So ist bereits die Herleitung des Subsidiaritätsprinzips aus der proepiskopalen communio-Ekklesiologie angesichts der Fortdauer der universalistischen Ekklesiologie und der Bestätigung des Jurisdiktionsprimats fraglich. Entscheidend ist, dass eine Herleitung des Subsidiaritätsprinzips aus ekklesiologischen Grundannahmen der Konzilslehre vom kanonistischen Standpunkt aus grundsätzlich nicht geeignet ist, da das Verfassungsrecht der Kirche nicht einfach mit dem Hinweis auf ein spezifisches ekklesiologisches Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils bestimmt werden darf.251 Das Verfassungsrecht der Kirche, namentlich das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof, kann nur dann durch das Subsidiaritätsprinzip konkretisiert werden, wenn es aufgrund kirchlichen oder göttlichen Rechts verfassungsrechtlich verankert ist. Nur als Rechtsprinzip, nicht als ekklesiologisches Prinzip kann dem Subsidiaritätsprinzip eine besondere Bedeutung bei der Auslegung von Rechtsnormen zukommen. Aus diesem Grunde ist ein Verweis auf die ekklesiologische Lehre des Konzils grundsätzlich ungeeignet, um die Geltung des Subsidiaritätsprinzips für das Kirchenrecht herzuleiten. bb) Naturrechtslehre Aus kirchenrechtlicher Perspektive ist das Subsidiaritätsprinzip als naturrechtliches Prinzip herzuleiten. In diesem Zusammenhang sind jedoch drei Vorbemerkungen anzustellen. Erstens ist anzuerkennen, dass ein thematischer Zusammenhang zwischen dem Naturrecht und der Kirchenverfassung besteht. So hatte das scholastische Naturrechtsdenken das Naturrecht eher als eine menschliche und christliche Lebensordnung und weniger als kirchliche Verfassungsordnung verstanden.252 Allerdings 249

Vgl. Gravissimum Educationis Nr. 3 und 6; Gaudium et Spes Nr. 86. Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 91 ff.; Beyer, Subsidiaritätsprinzip, 116. Auch für Deckers, Subsidiarität, 280, steht fest, dass man sich auf die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht stützen könne. So habe das Konzil das Subsidiaritätsprinzip für Staat und Gesellschaft postuliert, nicht aber auf die Kirche angewandt. 250 Siehe Kap. III.3.b). 251 Hier ist auf die Grenze der historischen Auslegung zu verweisen (siehe dazu Kap. III.2.a). 252 Kistner, Kirchenverfassung I, 94. Vgl. auch Hollerbach, Ordnung, 182. So werden auch im gegenwärtigen Schrifttum, wenn Beispiele für naturrechtliche Regeln genannt werden, bevorzugt auf die menschliche Lebensordnung zurückgegriffen. Namentlich sind hier zu

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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haben die päpstlichen und konziliaren Äußerungen des 19. und 20. Jahrhunderts einen sehr viel differenzierteren Zusammenhang von Naturrecht und (kirchlichem) Verfassungsgefüge aufgezeigt.253 In der Kirche eignet sich auch eine naturrechtliche Rechtsbegründung.254 Zu den Voraussetzungen einer Naturrechtsbegründung gehört es, dass für den Fall eines fehlenden Konsenses über den Inhalt des verbindlichen Naturrechts eine diesbezügliche „Definitionsautorität“ existiert.255 Diese Definitionskompetenz besitzt in der Kirche das kirchliche Lehramt. Dem Papst als kirchlicher Autorität kommt daher eine doppelte Rolle im Rahmen der Naturrechtsbegründung zu: Als Träger des obersten Lehramtes bestimmt er inhaltlich und verbindlich offene Naturbegriffe und als oberster Gesetzgeber positiviert er als Naturrecht erkanntes Recht.256 Zweitens ist zu erörtern, ob angesichts der gegenwärtig vorherrschenden theologischen Grundlegung des Kirchenrechts überhaupt noch Raum für eine spezifisch naturrechtliche Begründung kirchlicher Rechtsprinzipien wie das Subsidiaritätsprinzip bleibt.257 Diese zentrale Frage ist ein Teilaspekt der immer noch andauernden Diskussion um die Grundlegung des Kirchenrechts, bei der sich in erster Linie ein rechtsphilosophischer und ein theologischer Ansatz gegenüberstehen.258 Ausgangspunkt der Diskussion bildet die durch Ansätze der protestantischen Rechtstheologie begünstigte und durch die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils erstarkte Motivation, eine spezifisch theologische Grundlegung kirchlichen Rechts zu erreichen. Die noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vorherrschende naturrechtliche Grundlegung des Kirchenrechts fußte auf der im 18. Jahrhundert entstandenen und im 19. Jahrhundert weiterentwickelten Schule des Ius Publicum nennen das Prinzip, Gutes zu tun und Schlechtes zu meiden, das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Gewissensfreiheit oder die sog. Goldene Regel (vgl. Graulich, Art. Naturrecht, 7; Schmitt, Subsidiaritätsprinzip, 19; Huizing, Göttliches Recht, 165; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 107, Rn. 21). 253 Vgl. ausführlich Kistner, Kirchenverfassung I, 94. Die päpstliche Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ mit der naturrechtlichen Begründung des Subsidiaritätsprinzips sei beispielhaft genannt. Vertieft worden sei der Verfassungsbezug des Naturrechts durch das Zweite Vatikanische Konzil, namentlich durch die Konzilsdokumente „Gaudium et spes“ und „Dignitas humanae“. Für das Naturrechtsdenken bedeute es eine „personale Wende“, da die traditionelle Orientierung an einer natürlich-wesenhaften Ordnung der Dinge zugunsten einer Konzentration auf die Würde und Freiheit des Menschen als Person abgelöst werde. Damit sei das Naturrecht in der Kirchenverfassung an die Stelle getreten, die in den staatlichen demokratischen Verfassungen die Grund- und Menschenrechte einnähmen (ebd.). 254 So macht Hahn, Kirchenrechtsbegründung, 94, deutlich, dass die Kirchenglieder, die eine gemeinsame Glaubensüberzeugung verbinde, vielfach ein bestimmtes Naturrechtsverständnis teilten und mit ihm verbundene Sollenssätze für plausibel hielten. Sei die Füllung des Naturrechtsbegriffs in Einzelfällen strittig, bestehe ein Lehramt mit Definitionskompetenz. 255 Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 443. 256 Vgl. Hahn, Kirchenrechtsbegründung, 94. 257 Vgl. Hollerbach, Kirchenrecht, 295 f. 258 Vgl. L. Müller, Kirchenrecht, 1 ff.; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 103 ff., Rn. 12 – 18; Sobanski, Grundlagen, 29 ff.; ders., Lage, 345 ff.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Ecclesiasticum, das die Legitimität des kirchlichen Rechts in Auseinandersetzung mit dem neuzeitlichen Staat philosophisch zu begründen versuchte. Demgemäß ist die Kirche wie der Staat eine rechtlich vollkommene Gesellschaft (societas perfecta).259 Ziel dieser Lehre ist es, der Kirche eine der Staatsgewalt analoge, aber von ihr unabhängige hoheitliche Gewalt zuzusichern.260 Die Notwendigkeit einer kirchlichen Rechtsordnung wird dabei nicht genuin theologisch, sondern in Analogie zur Rechtfertigung staatlicher Hoheitsgewalt mit dem sozialphilosophischen Grundsatz „ubi societas ibi ius“ begründet.261 Dieses funktionalistische Rechtsverständnis ist einseitig an der Idee der Rechtssicherheit und der Wahrung der kirchlichen Eigenständigkeit orientiert.262 Der einzige theologische Grund für das Kirchenrecht ist schlicht der Willensakt Christi, der die Kirche als societas perfecta gewollt habe.263 Im Gegensatz dazu geht der Ansatz einer theologischen Grundlegung des Kirchenrechts, der im deutschen Sprachraum maßgeblich durch die sog. Münchener Schule ab der Mitte des 20. Jahrhunderts geprägt wird, bei der Begründung des Kirchenrechts vom Wesen der Kirche und dem katholischen Glaubensverständnis aus.264 Demzufolge ist das Kirchenrecht nicht bloß eine äußerliche, sondern wesensnotwendige Einrichtung zur Ordnung kirchlicher Grundbeziehungen, für die ekklesiologische Grundannahmen konstitutiv sind.265 Es wird insbesondere an grundlegende Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils angeknüpft.266 Dabei rückt für die Gestaltung der kirchlichen Rechtsordnung das Kirchenverständnis als communio ins Zentrum der Rechtsbegründung.267 Gegen eine rein theologische Grundlegung des Kirchenrechts ohne Einbeziehung rechtsphilosophischer und naturrechtlicher Überlegungen wird im Schrifttum überzeugend eingewandt, dass durch das Ausblenden der philosophisch-juristischen Begründungen die Gefahr einer Spiritualisierung, theologischen Überfrachtung und 259

Vgl. L. Müller, Naturrecht, 298 f. Luf, Grundlagen, 36. 261 Vgl. Mörsdorf, Grundlegung, 232; L. Müller, Naturrecht, 297 ff.; Sobanski, Vorüberlegungen, 180; ders., Grundlagen, 30 m.w.N. 262 Vgl. Luf, Grundlagen, 36. 263 Vgl. de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 104, Rn. 14; Mörsdorf, Grundlegung, 231 f.; L. Müller, Naturrecht, 299. 264 Für einen Überblick über die verschiedenen Ansätze zu einer theologischen Grundlegung des Kirchenrechts vgl. Krämer, Kirchenrecht I, 15 ff.; Erdö, Grundlegung, 20 ff. Zur Einordnung des Kirchenrechts als theologische Disziplin vgl. Mörsdorf, Recht, 45 ff. 265 So wendet sich Aymans, Volk Gottes, 6, gegen den naturrechtlichen Grundsatz „ubi societas ibi ius“, indem er erklärt, dass darin die Eigenart der Kirche und ihres Rechts nicht erkannt werden könne. Das Volk Gottes sei nicht ein Volk wie jedes andere. Für das Volk Gottes sei der Gedanke der Konstituierung durch Gott maßgeblich. Hierin wurzle der Kern des Kirchenrechts. Für Hartelt, Grundlegung, 325, hat das Kirchenrecht den Sinn und die Aufgabe, „die Lebensordnung, die aus dem Dialog der Liebe zwischen Gott und dem erlösten Geschöpf entspringt, zu schützen, zu entfalten“. 266 Vgl. Gollor, Grundlagenforschung, 332 ff. 267 Vgl. Luf, Grundlagen, 37 f. m.w.N. 260

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institutionellen Verarmung des kirchlichen Rechts besteht.268 Es wird daher vielfach die Notwendigkeit einer Verbindung der traditionellen katholischen Naturrechtsphilosophie mit der Rechtstheologie postuliert.269 Rechtsphilosophie und Rechtstheologie sind keine Gegensätze.270 Das Naturrecht sei eine lebendige Kraft in der Gestaltung des kirchlichen Gemeinschaftslebens, aber gänzlich eingebettet in die übernatürliche Existenz der Kirche.271 Auch wird auf die Notwendigkeit eines kritischen und fruchtbaren Dialogs mit der Rechtsphilosophie hingewiesen.272 Das Kirchenrecht ist auch noch in seiner gegenwärtigen Gestalt wesentlich durch die Tradition christlichen Naturrechtsdenkens geprägt. Dass das Naturrecht kirchenrechtlich fortdauert, zeigt sich daran, dass der CIC explizit begrifflich auf das ius naturale Bezug nimmt.273 Außerdem hat das Kirchenrecht in bestimmten Sachbereichen der Kirche ausdrücklich an naturrechtlichen Begründungen festgehalten.274 Zudem hat das Zweite Vatikanische Konzil die Kirche als eine „komplexe Wirklichkeit“ beschrieben, die sich aus dem geheimnisvollen himmlischen Leib Christi und der sichtbaren, mit hierarchischen Organen ausgestatteten Gesellschaft zusammensetze.275 Damit werden die sichtbaren Strukturen nicht mehr von dem inneren Leben der Kirche isoliert. Gerade die der sichtbaren Kirche zuzurechnende verfassungsrechtliche Ordnung der Kirche knüpft an die naturrechtliche Tradition der societas an. So hat can. 204 § 2 explizit festgehalten, dass die Kirche in dieser Welt als societas verfasst und geordnet wird. Damit wird auf den spezifischen 268 Vgl. Maier, Zusammenhang, 38. Dass die Kirche nicht bloß Liebes- sondern auch Rechtskirche ist, hat bereits Papst Pius XII. grundlegend in seiner Enzyklika „Mystici Corporis“ deutlich gemacht: „Deshalb bedauern und verwerfen wir den verhängnisvollen Irrtum jener, die sich eine selbstersonnene Kirche erträumen, nämlich eine nur durch die Liebe aufgebaute und erhaltene Gesellschaft, der sie – mit einer gewissen Verächtlichkeit – eine andere, die sie Rechtskirche nennen gegenüberstellen (zitiert nach Walser, Art. Rechtskirche, 907). Als mystischer Leib des Herrn sei die Kirche notwendig eine sichtbare, rechtlicher Ordnung fähige Gemeinschaft (Walser, Art. Rechtskirche, 907). 269 Vgl. Potz, Geltung, 261. Es ist nach Ansicht von Potz zu vermeiden, auf den Ertrag der Naturrechtsphilosophie zugunsten einer rechtstheologischen Grundlegung zu verzichten, durch die sich das kirchliche Recht als eschatologisches Recht zu sehr der konkreten Wirklichkeit entziehe. Letztlich geht es dabei auch um einen kritischen und fruchtbaren Dialog mit der Rechtsphilosophie (vgl. Gerosa, Recht, 23 ff.). Zum christlichen Naturrecht im Kontext des allgemeinen Naturrechtsdenkens in historischer Perspektive vgl. Hollerbach, Naturrechtsdenken, 231 ff.; vgl. auch Roos, Naturrechtsphilosophie, 110 ff. 270 Vgl. Luf, Grundlagen, 34 m.w.N. 271 Mörsdorf, Grundlegung, 233. 272 Vgl. Gerosa, Recht, 23 ff. L. Müller, Naturrecht, 303 f., meint, dass die Basis des rechtsphilosophisch begründeten Naturrechts in dem Sinne unentbehrlich sei, dass anerkannt sei, dass das kanonische Recht ebenso wie jede andere Rechtsordnung unter der Anforderung der Gerechtigkeit stehe. 273 Vgl. cc. 1163 § 2, 1165 § 2, 1259, 1299 § 1. Vgl. Witsch, Art. Ius naturale, 337. 274 Das gilt namentlich für das kirchliche Eherecht (vgl. cc. 1056, 1084 § 1, 1091 § 1) oder das kirchliche Vermögensrecht (vgl. L. Müller, Naturrecht, 287 ff. m.w.N.). 275 Vgl. Art. 8 LG.

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Rechtscharakter der Kirche hingewiesen, wonach die Kirche ihr Recht als organisierte Gesellschaft hat. So wird das Kirchenrecht nicht aus dem unsichtbaren Mysterium der Kirche abgeleitet, sondern mit dem Begriff der societas verbunden.276 Das Verfassungsrecht der Kirche, dem auf einer metajuristischen Ebene ein spezifisch theologisches Verständnis zugrundeliegt, ist vom kanonistischen Standpunkt aus ein Hoheitsgewalt und Kompetenzen verleihendes und konkrete verfassungsrechtliche Ordnungsfragen regelndes Recht einer als societas konkret verfassten kirchlichen Gesellschaft, nicht ausschließlich einer communio-Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.277 Bei dem hier vertretenen „integrativen“278 Begründungsmodell ist eine naturrechtliche Herleitung des Subsidiaritätsprinzips für das Verfassungsrecht der Kirche mit einer theologischen Grundlegung des kirchlichen Rechts vereinbar. Als dritten Punkt gilt es festzuhalten, dass das Subsidiaritätsprinzip als naturrechtliches Prinzip Teil des göttlichen Rechts ist und daher den Papst bei der Ausübung seiner Gewalt bindet. Das Naturrecht (ius divinum naturale) ist neben dem aus den Offenbarungsquellen abgeleiteten ius divinum positivum die zweite Erscheinungsform des unmittelbar auf göttlichen Ursprung und Willen zurückzuführenden göttlichen Rechts (ius divinum).279 Dabei ist das Naturrecht nach herkömmlichem, scholastisch geprägtem Verständnis auch ohne Zuhilfenahme einer übernatürlichen göttlichen Offenbarung allein aufgrund natürlicher Verstandestätigkeit des Menschen zugänglich.280 Es spricht daher nicht den menschlichen Glauben, sondern allein die menschliche Vernunft an. Der als Rechtsgrund beanspruchte Wille Gottes, der sich in der natürlichen Wirklichkeit der Schöpfung ausdrückt, ist Gegenstand einer philosophischen, natürlichen Theologie. Diese meint Gott mittels der Vernunft als Schöpfer erkennen und in Gott die philosophische Letztbegründung des Naturrechts finden zu können.281 Zusammen mit dem ius divinum positivum geht das ius naturale in der Kirche als unveränderbares Recht höchster Ordnung jeder menschlichen Rechtssetzung vor.282 Dessen dogmatischer Inhalt bildet daher eine dem 276

Vgl. Sobanski, Grundlagenproblematik, 130. Vgl. kritisch Sobanski, Grundlagenproblematik, 133, 144. 278 Zum Begriff vgl. Luf, Grundlagen, 34. 279 Diese Einteilung ist ganz herrschende Lehre (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 35; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 107, Rn. 21; Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 17 f. Rn. 8; Aymans, Art. Ius Divinum, 698 f.; Huizing, Göttliches Recht, 162; Hollerbach, Ius, 196. Vereinzelt wird in Frage gestellt, ob ein transzendental begründetes, vernünftiges, vorpositives Naturrecht noch als göttliches Recht bezeichnet werden sollte (vgl. Kistner, Kirchenverfassung I, 94 f.). Ein lediglich durch die Vernunft erkennbares Naturrecht reiche für die Legitimierung, Normierung und Limitierung des Kirchenrechts, dessen Ziel und Ende transzendental das Heil der Seelen ist, nicht aus. Das Naturrecht, das in der Kirche als göttliches Recht qualifiziert werden wolle, brauche einen theologischen Zugang, der von der Gotteskindschaft des Menschen, seiner Gottesbeziehung und Heilsberufung ausgehe. 280 Vgl. Pototschnig, Ius naturale, 877. 281 Kistner, Kirchenverfassung I, 41. 282 Vgl. de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 108 f., Rn. 24. 277

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positiven Kirchenrecht unverfügbar vorausliegende begrenzende und legitimierende Rahmenordnung.283 Die Formulierung des göttlichen Rechts als sichtbare menschliche Rechtsnorm stellt lediglich den Versuch des Gesetzgebers dar, die göttlichen Weisungen in der Praxis umzusetzen.284 Die Interpretationskompetenz, über die Reichweite des göttlichen Rechts zu entscheiden, liegt dabei bei dem Gesetzgeber, d. h. der höchsten kirchlichen Autorität.285 Vor diesem Hintergrund wird das Subsidiaritätsprinzip im herrschenden theologischen und kirchenrechtlichen Schrifttum als Prinzip des Naturrechts eingeordnet.286 Die naturrechtliche Herleitung ist jedoch nicht unumstritten.287 Papst Pius XI. bezeichnet in seiner Enzyklika das Subsidiaritätsprinzip als einen allzeit unverrückbaren, höchst gewichtigen sozialphilosophischen Grundsatz.288 283 Vgl. Witsch, Art. Ius naturale, 337. Vielfach findet sich die Formulierung, das göttliche Recht legitimiere, limitiere und normiere das menschliche Kirchenrecht (vgl. Hollerbach, Kirchenrecht, 299; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 36; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 108 f., Rn. 24; Pree, Ius, 51). 284 Vgl. ebd. 285 Vgl. Hollerbach, Kirchenrecht, 295. Dabei stellt das Naturrecht nicht ein menschengemachtes Instrument der Kirche mit potentiell jedem Inhalt dar (so aber tendenziös der Vorwurf von Knoll, Naturrecht, 37). Dagegen grundsätzlich Rauscher, Subsidiarität, 128. Es ist auch keine „ideale Norm“, sondern „reale Norm“ innerhalb der existentiellen Wirklichkeitsordnung (vgl. M. Müller, Problematik, 467; A. Kaufmann, Struktur, 476). 286 Vgl. v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 147; ders., Baugesetze, 79 ff.; Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 16; Messner, Naturrecht, 295 f.: Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 252 ff.; Karrer, Subsidiaritätsprinzip, 522; Kasper, Geheimnischarakter, 235; Höffner, Gesellschaftslehre, 59 ff.; Linnan, Subsidiarity, 421; Pree, Recht, 72. Unter den juristischen Autoren vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 21 ff.; Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 524 ff.; Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 209 ff.; Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 6 ff. 287 Vgl. aus kanonistischer Perspektive grundlegend Kistner, Kirchenverfassung II, 89 ff. Kistner hält eine naturrechtsphilosophische Letztbegründung des Subsidiaritätsprinzips unter Außerachtlassung theologischer Begründungsansätze für problematisch (vgl. Kistner, Kirchenverfassung II, 89). Er plädiert für eine theologische Begründung des Subsidiaritätsprinzips aus der Offenbarung und dem katholischen Glauben (vgl. Kistner, Kirchenverfassung II, 93 ff.). Auch Hagel, Solidarität, 257 ff., interpretiert das Subsidiaritätsprinzip nicht naturrechtlich, sondern als ein sinnvolles Prinzip der Effizienzsteigerung in Anlehnung an den biblischen Rat des Jitro gegenüber seinem Schwiegersohn Moses (vgl. Ex. 18, 22) und als moralphilosophische Vorzugsregel, wonach es prima facie sittlich falsch sei, dem einzelnen die Sorge für sein Wohl zu entziehen. Auch für Utz, Mythos, 16, ist das Subsidiaritätsprinzip nicht ein naturrechtliches Apriori, sondern Ausdruck praktischer Vernunft. Dieser Ansicht ist auch Drost, Solidarität, 56. Aus juristischer Perspektive macht Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 17, auf die Schwierigkeiten einer naturrechtsphilosophischen Begründung des Subsidiaritätsprinzips aufmerksam. Aus philosophischer Perspektive vgl. Höffe, Subsidiarität, 24 ff. Eine ausführliche Aufstellung der Gegner der naturechtsphilosophischen Herleitung des Subsidiaritätsprinzips findet sich bei Höffner, Gesellschaftslehre, 65 ff. m.w.N. 288 „Fixum tamen immotumque manet in philosophia morali gravissimum illud principium“, DH 3738. Die richtige Übersetzung der Formulierung „gravissimum illud principium“ ist umstritten. Ein Teil der Literatur übersetzt es als Elativ mit dem relativierenden Aussagegehalt nur eines höchstgewichtigen sozialphilosophischen Grundsatzes, während der andere Teil im Schrifttum die Passage als Superlativ übersetzt und darin den obersten sozialphilosophischen

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Einen Verstoß gegen diesen Grundsatz qualifiziert der Papst als Verstoß gegen die Gerechtigkeit und verweist damit implizit auf eine naturrechtsphilosophische Begründung.289 Papst Pius XI. ist darum bemüht, das Wesen des Subsidiaritätsprinzips als ein allgemeingültiges, zum Wesen der menschlichen Natur gehöriges, vorgesatztes Prinzip zu beschreiben. Es sei Grundlage und Voraussetzung aller menschlichen Ordnung, gehöre zum Wesensmerkmal menschlicher Gesellschaftsordnung, so dass ganz selbstverständlich von seiner Geltung auszugehen sei.290 In der katholischen Lehrtradition wird das Subsidiaritätsprinzip aus schöpfungstheologisch-anthropologischen Erwägungen und damit aus dem Schöpferwillen Gottes hergeleitet.291 Die naturrechtsphilosophische Begründung des Subsidiaritätsprinzips steht in der Tradition der neuscholastischen Naturrechtslehre.292 Ausgangspunkt bildet dabei der Mensch in seiner Gottesebenbildlichkeit, die ihm seine Würde als Person verleiht. Der Mensch ist nach katholischem Verständnis als Wesen von Leib und Geist erschaffen.293 Durch die Leiblichkeit ragt der Mensch in die Raum- und Zeitgebundenheit menschlicher Beschränktheit hinein, während der Geist des Menschen diese Begrenztheit losgelöst von den Gesetzen der Materie überwindet, sich selbst begreift und so in die Unendlichkeit Gottes vorzudringen vermag.294 Das Ziel menschlicher Existenz besteht in der Vervollkommnung des Menschen als Geschöpf Gottes.295 Der Mensch erfüllt erst dadurch den Zweck seines Daseins, dass er seine Wesenspotenz aktualisiert.296 Das Problem des Menschen ist die Begrenztheit seines Vermögens als „endliche Geistnatur“297. Aus dieser Beschränktheit des Einzelnen leitet sich alle Gesellschaftstätigkeit des Menschen ab, weil nur die Verbindung mit anderen Personen in der Wertverwirklichung eine vermehrte Möglichkeit zu größerer Wertfülle ermögliche.298 Der Mensch bedarf so aufgrund seiner Unvollkommenheit naturnotwendig der Mithilfe anderer, um das Grundsatz erkennt. Der letzteren Interpretation folgt auch die autorisierte vatikanische Übersetzung ins Deutsche (vgl. AfkKR 111 (1931), 554). Zum Streitstand vgl. Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 5; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 19; Hense, Subsidiaritätsprinzip, 421 m.w.N. 289 Vgl. „Quadragesimo Anno“ Nr. 79. Zur moralischen Dimension des Gerechtigkeitsbegriffs im Zusammenhang mit der Verbindlichkeit des Subsidiaritätsprinzips vgl. Höffe, Subsidiarität, 28 f. 290 Vgl. Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 6. 291 Vgl. Furger, Subsidiaritätsprinzip, 167. 292 Instruktiv Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 21 ff. 293 Vgl. Höffner, Subsidiaritätsprinzip, 59; Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 7. 294 Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 20. 295 Vgl. ebd., 21. Die durch die kirchliche Lehrautorität verbindlich beantwortete Frage nach dem Sinn menschlicher Existenz kann dem Kirchenrecht zugrunde gelegt werden, bringt jedoch aus juristischer Perspektive das grundlegende Problem mit sich, dass bereits dann die Grenze der Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips erreicht ist, wenn eine solche Autorität fehlt (vgl. Herzog, Subsidiaritätsprinzip, 404 f.). 296 Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 22. 297 Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 26. 298 Ebd., 25 f. vgl. auch Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 293.

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voll entfalten zu können, was Gott als Möglichkeit in ihm angelegt hat.299 Die Gemeinschaft ist dem Einzelmenschen zu Beistand verpflichtet, weil der Mensch nach göttlichem Willen Träger, Schöpfer und Ziel aller Gemeinschaft ist.300 Die Gemeinschaftstätigkeit des Menschen in ihrer institutionalisierten Gesellschaftsordnung führt dabei nicht zu einem Verschmelzen der Individualität des Einzelnen zu einem höheren Ganzen.301 Dies wäre ein Verstoß gegen die Wesensbestimmung des mit Geist und Freiheit begabten Menschen.302 Das Verhältnis von Person und Gemeinschaft bestimmt sich so weder individualistisch noch kollektivistisch. Der Ausgangspunkt des sozialen Lebens bildet stets das geistig-sittlich freie Individuum, das als endliche Person wesenhaft sozial ist und in der Gesellschaft seine Vervollkommnung im Ebenbild Gottes sucht.303 Was für das Verhältnis von Einzelmensch und Gesellschaft gilt, gilt auch für das in der Enzyklika „Quadragesimo Anno“ ausdrücklich thematisierte Verhältnis von kleineren und größeren Gemeinschaften.304Auch hier geht die naturrechtliche Begründung von der Würde der menschlichen Person als Ebenbild Gottes aus. So trägt jede gesellschaftliche Gemeinschaft in ihrer Weise zur Vervollkommnung der menschlichen Person bei und hat gerade darin ihren eigenen Wert. Die größeren Gemeinschaften, deren Glieder kleinere Gemeinschaften sind, dienen dem Einzelmenschen stets mittelbar, indem sie ihren kleineren Gliedgemeinschaften dienen, die sich aus Einzelmenschen zusammensetzen.305 Daraus ergibt sich: „Je näher ein solches Sozialgebilde der Person steht, je unmittelbarer, persönlicher sich ein Mensch in seiner solidarischen Verbundenheit mit anderen entfaltet, je lebendiger die Kräfte des Einzelnen darin wirksam werden, desto mehr gebührt ihr der Vorrang gegenüber der weiteren Gesellung“.306 Somit ergibt sich eine hierarchische Rangordnung der verschiedenen verfassten Gemeinschaften nach dem Grad ihrer Personennähe, also nach der Intensität ihrer Wertverwirklichung im Hinblick auf die Vervollkommnung der menschlichen Person.307 299

Vgl. v. Nell-Breuning, Baugesetze, 80; Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 12. Vgl. v. Nell-Breuning, Baugesetze, 80, mit Hinweis auf „Mater et Magistra“; vgl. auch Stegmann, Subsidiarität, 365; Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 252; Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 9. 301 „Weil die Person das vollkommene Sein darstellt, kann die Gesellschaftstätigkeit nie ,über‘ der Person stehen, auch nicht auf gleicher Ebene ,mit‘ der Person.“ (Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 36). 302 Vgl. Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 252. 303 Vgl. Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 41. „Je subsidiärer sich das gesellschaftliche Leben gestaltet, je inniger es seine ihm eigene Seinsmöglichkeit ergreift, je reiner es seine Hilfsfunktion erfüllt, sein akzidentelles Sein lebt, desto vollkommener und wertvoller wird es.“ (ebd.) Instruktiv zum Einfluss des modernen Individualismus auf die kirchliche Soziallehre Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 24 f. 304 Vgl. Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 16 ff. 305 Vgl. v. Nell-Breuning, Baugesetze, 80. 306 Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 57. 307 Vgl. Glaser, Subsidiaritätsprinzip, 17; Küchenhoff, Staatsverfassung, 76. 300

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Als sozialphilosophische Wahrheit leitet sich das Subsidiaritätsprinzip demnach von der Würde der nach dem Ebenbild Gottes erschaffenen menschlichen Person ab. Weil diese Würde den Menschen wesenhaft konstituiert, werden diese Wahrheiten auch „Seinswahrheiten“ genannt.308 Die naturrechtsphilosophische Begründung des Subsidiaritätsprinzips fußt somit auf dem spezifischen Wesensverhältnis von Mensch und Gemeinschaft. Subsidiarität ist das in der menschlichen Natur wurzelnde Prinzip zur Bewältigung der Gratwanderung zwischen Individualität und Gemeinschaftlichkeit, zwischen Freiheit und Bindung, zwischen Selbstständigkeit und Abhängigkeit. Denn der Mensch kann sich nur in Freiheit zur vollen Persönlichkeit entwickeln und zugleich kann diese Persönlichkeitsvervollkommnung nur in der Einbindung in eine unterstützende Gemeinschaft gelingen.309

c) Anwendbarkeit Während das Subsidiaritätsprinzip als Sozialkonzept ursprünglich Anwendung auf weltliche Gesellschaften finden sollte,310 wird in der Kanonistik heftig über die Geltung des Subsidiaritätsprinzips für die kirchliche Ordnung gestritten. Die einzelnen Argumente lassen sich unter thematischen Gesichtspunkten kirchenhistorisch, ekklesiologisch und kirchenrechtlich systematisieren. aa) Kirchengeschichtliche Argumente Während Papst Pius XI. die Frage der innerkirchlichen Anwendung in seiner Enzyklika „Quadragesimo anno“ offen ließ, äußerte sich sein Nachfolger Papst Pius XII. in einer Ansprache an das Heilige Kollegium aus Anlass der Kreierung der neuen Kardinäle am 20. Februar 1946 deutlicher. Pius XII. bezeichnet unter expliziter Bezugnahme auf die Sozialenzyklika seines Vorgängers das Subsidiaritätsprinzip als allgemeingültigen Grundsatz und als „wahrhaft leuchtende Worte, die für das soziale Leben in allen seinen Stufungen gelten, auch für das Leben der Kirche, ohne Nachteil für deren hierarchische Struktur“.311 Gerade dieser Zusatz „servata eius structura hierarchica“ wird allerdings von Kritikern als eine implizite Ein308 Vgl. v. Nell-Breuning, Baugesetze, 80 f., Messner, Naturrecht, 296, spricht von „Seinsprinzip“. 309 Vgl. Mikluscak, Einheit, 249. 310 An der Geltung des Subsidiaritätsprinzips für weltliche Gesellschaftsordnungen halten sämtliche päpstliche Verlautbarungen seit Papst Pius XI. fest (vgl. Papst Johannes XXIII., „Mater et magistra“, Nr. 53 (Utz/von Galen, Rn. 248); Papst Paul VI., „Octogesima adveniens“, Nr. 46 (Utz/von Galen, Rn. 943); Papst Johannes Paul II., „Centesimus annus“, Nr. 15 und 48; Papst Benedikt XVI., „Deus caritas est“, Nr. 28 b: „Nicht den alles regelnden und beherrschenden Staat brauchen wir, sondern den Staat, der entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip großzügig die Initiativen anerkennt und unterstützt, die aus den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften aufsteigen.“; Papst Benedikt XVI., „Caritas in veritate“, Nr. 57 und 58). 311 Pius XII., Ansprache an die Kardinäle, 145.

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schränkung oder Rücknahme im Hinblick auf die innerkirchliche Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips interpretiert.312 Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen. Diese Auslegung verkennt die sorgfältig durchdachte und formulierte Aussage des Papstes.313 Es hätte auch keinen Sinn, wenn Papst Pius XII. zunächst klar die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in der Kirche formuliert, um sodann durch den zitierten Zusatz den Kerngehalt seiner Aussage zurückzunehmen. Die Befürworter des Subsidiaritätsprinzips halten daher dagegen, die Formulierung Papst Pius XII. über den selbstverständlichen Hierarchievorbehalt schränke die innerkirchliche Anwendung des Subsidiaritätsprinzips nicht ein,314 sondern weise bloß auf den übernatürlichen Charakter der Kirche hin, der in all ihrer Tätigkeit gewahrt werden müsse.315 Durch diesen Zusatz stelle der Papst ja gerade fest, dass sich Subsidiarität und hierarchischer Aufbau der Kirche miteinander verbinden ließen.316 Dass die päpstlichen Ausführungen nicht bloßes obiter dictum blieben, beweist die Tatsache, dass Pius XII. am 5. Oktober 1957 noch einmal vor dem zweiten Weltkongress des Laienapostolates ausführt: „Auch hier [gemeint ist das Laienapostolat, Anm. d. Verf.] möge die kirchliche Autorität das allgemeingültige Prinzip der Subsidiarität und gegenseitiger Ergänzung anwenden“.317 Angesichts dieser Deutlichkeit kann an der grundsätzlichen Geltung des Subsidiaritätsprinzips kein Zweifel herrschen.318 Für Papst Pius XII. ist auch die Kirche ein Sozialkörper, in dem das Subsidiaritätsprinzip anwendbar ist, allerdings, wie er selbst betont, unbeschadet ihrer hierarchischen Struktur und ohne Gefährdung des Gemeinwohls der Kirche.319 Jedoch muss bei einem weiteren Gang durch die Kirchengeschichte festgestellt werden, dass die Frage der innerkirchlichen Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips von Seiten der höchsten kirchlichen Autorität weniger ausdrücklich bejaht 312

Vgl. Metz, Subsidiarité, 164, der von einer Anwendung „en termes restrictifs“ spricht. Vgl. v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 150. 314 Vgl. Furger, Brücke, 103. 315 Vgl. Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 267. 316 v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 150. Vgl. auch Kasper, Geheimnischarakter, 236; Stegmann, Subsidiarität, 363; Hollerbach, Kirchenrecht, 296. 317 Papst Pius XII., Ansprache vom 5. 10. 1957, 922 ff. Diesbezüglich bemerkt v. NellBreuning, Subsidiarität, 156: „Hatte Pius XII. in seiner Ansprache vom 20. 02. 1946 […] die Geltung des Subsidiaritätsprinzips für die Kirche data opera verkündet, so nimmt er hier […] nur in einem obiter dictum darauf Bezug, um die Träger kirchlicher Autorität aufzufordern, in ihrem kirchlichen Amtshandeln dieses allgemeingültige Prinzip zu befolgen.“ Gerade diese beiläufige Bezugnahme beweise, dass sich das Subsidiaritätsprinzip nicht nur selbstverständlich mit der hierarchischen Struktur vertrage, sondern zu dieser Struktur gehöre. 318 So fragt sich Furger, Brücke, 103, auch: „Denn wovon, wenn nicht von der Kirche, hätte denn der Papst vor neuernannten Kardinälen sprechen sollen?“ Nicht zu überzeugen vermag daher die Bewertung von Beyer, Subsidiaritätsprinzip, 115, Papst Pius XII. habe nur von einer „möglichen Anwendung im Leben der Kirche“ gesprochen. 319 Nach der Bewertung von Huizing, Subsidiarität, 487, sei das Subsidiaritätsprinzip für Papst Pius XII. eine fundamentale Norm der Gerechtigkeit, die die hierarchische Leitung der Kirche binde und für die von ihr aufrecht zu erhaltende Ordnung volle Gültigkeit besitze. 313

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wird und vielfach unklar bleibt.320 Obwohl das Subsidiaritätsprinzip während der Debatten des Zweiten Vatikanischen Konzils thematisiert wurde,321 findet es nur an drei Stellen Eingang in die Konzilstexte, beschränkt auf die Perspektive gesellschaftlicher Anwendung.322 Während die Bischofssynode des Jahres 1967 das Subsidiaritätsprinzip für innerkirchlich anwendbar erklärte,323 machte Papst Paul VI. 1969 anlässlich der Außerordentlichen Bischofssynode erstmals auf die Gefahr einer innerkirchlichen Anwendung des Subsidiaritätsprinzips aufmerksam.324 Auch die Außerordentliche Bischofssynode im Jahr 1985 empfahl eine Studie zur Klärung der Frage, „ob das für den Bereich der menschlichen Gesellschaft gültige Subsidiaritätsprinzip auch im Bereich der Kirche angewandt werden kann.“325 Zu berücksichtigen ist außerdem, 320 Nach der sehr rigiden und in der Bewertung undifferenzierten Einschätzung von Deckers, Subsidiarität, 294, sei das oberste kirchliche Lehramt weder vor noch nach Papst Pius XII. der Ansicht, das Subsidiaritätsprinzip gelte in der Kirche. Die These von Papst Pius XII. sei so insgesamt nicht rezipiert worden. Vgl. auch Beyer, Subsidiaritätsprinzip, 115. 321 Über die verschiedenen Auffassungen der Konzilsväter zum Subsidiaritätsprinzip für die Ordnung der Kirche vgl. Deckers, Subsidiarität, 276 f. m.w.N. Auch Papst Johannes Paul II. verweist in seinem Apostolischen Schreiben „Pastores Gregis“, Nr. 56, darauf, dass das Subsidiaritätsprinzip in der Synodenaula des Zweiten Vatikanischen Konzils mit dem Wunsch zur Verwirklichung einer größeren Dezentralisation unter Achtung der jeweiligen Kompetenzen zur Sprache gekommen sei. 322 Vgl. Fn. 249. Siehe auch Kap. III.4.b), insb. S. 59 f. Vgl. auch Komonchak, Subsidiarity, 309 ff. 323 Vgl. Caprile 1968, 134 ff. Gegenstand der dieser Entscheidung vorausgehenden Diskussionen war das den Teilnehmern vorgelegte Dokument der päpstlichen Kommission für die Revision des Codex, dessen 5. Prinzip die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips in der Kirche betraf. Während der Synode wurde dieses Prinzip von elf Mitgliedern befürwortend kommentiert und in der am 7. 10. 1967 erfolgten Abstimmung mehrheitlich angenommen (vgl. Komonchak, Subsidiarity, 313 f.). 324 So weist Papst Paul VI. in der abschließenden Allokution der außerordentlichen Sitzung der Bischofssynode vom 27. 10. 1969 darauf hin, dass ein richtig verstandenes Subsidiaritätsprinzip seinem Wesen nach in der Kirche zwar anwendbar sei, allerdings dürfe dieses nicht mit einer falschen Vorstellung von Pluralismus verwechselt werden, welcher den Glauben, das Sittengesetz und die grundlegenden Formen der Sakramente sowie der liturgischen und kirchenrechtlichen Disziplin verletze: „Nous sommes disposés à accueillir toute aspiration légitime à une meilleure reconnaissance des caractéristiques et des exigences particulières des Eglises locales, grâce à une application bien comprise du principe de subsidiarité: principe qui requiert certainement un surcroît d‘approfondissement doctrinal et pratique, mais que Nous n‘hésitons pas à accepter dans son acception fondamentale. Celui-ci, cependant, ne doit pas être confondu avec une prétendue requête de ,pluralisme‘ qui toucherait la foi, la loi morale et les lignes fondamentales des sacrements, de la liturgie et de la discipline canonique, qui tendent à conserver dans l’Eglise l’unité nécessaire.“ (AAS 61 (1969) 728 f.; Herder Korrespondenz 23 (1969), 580). Diese Stelle zeigt somit eindeutig, dass Papst Paul VI. trotz seiner vorsichtigen Zurückhaltung das Subsidiaritätsprinzip in der Kirche für grundsätzlich anwendbar hält. Damit folgt er dem eindeutigen Mehrheitsvotum der Bischöfe auf der außerordentlichen Bischofssynode von 1969 (vgl. Komonchak, Subsidiarity, 317; Caprile 1, 216 f.). 325 Schlussdokument der Außerordentlichen Bischofssynode 1985, 18. Vgl. auch Cattaneo, Fondamenti, 169. Es entstand, wie Kasper, Zukunft, 89, ausführt, Verwirrung bezüglich der

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dass sich Papst Johannes Paul II. in seiner Ansprache an die Römische Kurie am 28. 6. 1986 unter Bezugnahme auf das synodale Schlussdokument für eine gründliche Studie zum Subsidiaritätsprinzip ausspricht, wobei eine innerkirchliche Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ohne Nachteil für die Natur und die Aufgabe des päpstlichen Primats erfolgen müsse.326 Auch in seinem Apostolischen Schreiben „Pastores Gregis“ vom 16. 10. 2003 verweist Papst Johannes Paul II. explizit auf den Umstand der fehlenden ausdrücklichen Erwähnung durch das Zweite Vatikanische Konzil und auf die Zweideutigkeit des Subsidiaritätsprinzips hin.327 Anwendung des Subsidiaritätsprinzips. Die Frage habe auf der Synode nicht mehr ausdiskutiert werden können, obwohl die Klärung dieser Frage nicht allzu schwierig sei. Komonchak, Subsidiarity, 321, betont ebenfalls, dass sich trotz vereinzelter kritischer Äußerungen die Mehrheit der Synodenteilnehmer für das Subsidiaritätsprinzip aussprachen (vgl. so neben vielen den Beitrag von Lorscheiter in Caprile 2, 299 f.; weitere Nachweise bei Komonchak, Subsidiarity, 321). Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die Frage, ob das Subsidiaritätsprinzip in der Kirche gelte, in der die Diskussionen zusammenfassenden Relatio ernsthaft gestellt wurde, „since none of the interventions appear to have raised it“ (Komonchak, Subsidiarity, 323). Ebenso überrascht äußert sich Castillo Lara, Caprile 2, 221. Erst daraufhin kam es zu einer ausführlichen Diskussion innerhalb der vier Sprachgruppen, wobei sich insbesondere die französische und lateinische Gruppe kritisch mit der Anwendbarkeit auseinandersetzten (vgl. dazu Komonchak, Subsidiarity, 323 f.; Caprile 2, 341, Synode extraordinaire, 523, 543 f.). Dass es dann zu der zitierten Formulierung in dem Schlussdokument kam, verwundert angesichts der Tatsache, dass Johannes Paul II. das Subsidiaritätsprinzip in der Vorrede zur Einführung des neuen Codex ausdrücklich für anwendbar hielt (siehe Fn. 353). Daher meint auch Castillo Lara, Caprile 2, 392: „Alcune questioni di cui si raccomanda lo studio sono già adeguatamente regolate dal Codice, per es. circa l’applicazione del principio di sussidiarietà.“ Vor dem Hintergrund müsse die zitierte Empfehlung der Außerordentlichen Bischofssynode als eine Aufforderung zur notwendigen Konkretisierung und Festschreibung des Subsidiaritätsprinzips verstanden werden, nicht als grundsätzliche Infragestellung (vgl. Huizing, Subsidiarität, 488; Werbick, Subsidiarität, 49). Das gilt umso mehr, als es im Anschluss an die Enzyklika „Quadragesimo anno“ nicht zu einem systematischen und vollständigen Durchdenken der Konsequenzen aus der befürworteten innerkirchlichen Geltung des Subsidiaritätsprinzips kam. Tillard, Schlussbericht, 459, weist diesbezüglich darauf hin, dass der Schlussbericht insofern „schlicht und maßvoll“ eine offene Lösung anbiete. 326 „Già i miei Predecessori Pio XI e Pio XII di v. m. l’avevano accolto come principio valido per la vita sociale mentre, per la vita della Chiesa, avevano rilevato che ogni applicazione va fatta ,senza pregiudizio della sua struttura gerarchica‘, come si espresse Pio XII […], come pure senza pregiudizio della natura o dell’esercizio del primato del Romano Pontefice.“ (Caprile 2, 470 f.) 327 Vgl. Johannes Paul II., Pastores Gregis, Nr. 56. Darin fährt Papst Johannes Paul II. weiter fort, dass das Konzil zu einer Aufteilung unter den Organen der Kirche ermutige und dabei ein neues Nachdenken über die Theologie des Episkopats in Gang gesetzt habe. Hinsichtlich der Ausübung der bischöflichen Gewalt hätten die Synodenväter jedoch das Wesen der bischöflichen Autorität im Lichte des communio-Prinzips theologisch zu vertiefen versucht. Nach der Interpretation von Bier, Verhältnis, 201, hält Papst Johannes Paul II. das communioPrinzip für geeigneter, um das Verhältnis von Papst und Bischöfen zu beschreiben. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass bereits das Instrumentum Laboris zur 10. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode aus dem Jahre 2001 das Subsidiaritätsprinzip nur einmal namentlich erwähnt und dabei negativ konnotiert (vgl. X. Bischofssynode, Nr. 120). Im Übrigen wird das Verhältnis von päpstlicher und diözesanbischöflicher Vollmacht gänzlich im Lichte einer communio-Ekklesiologie verstanden, ohne dabei mögliche Konfliktfälle zu beachten (vgl.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Unter dem Pontifikat Papst Benedikts XVI. wurde zur Frage nach der innerkirchlichen Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips von Seiten der höchsten kirchlichen Autorität nicht Stellung bezogen.328 bb) Ekklesiologische Argumente Unter ekklesiologischen Gesichtspunkten müssen insbesondere drei Aspekte näher berücksichtigt werden. Erstens halten vereinzelte Stimmen in der Kanonistik das Subsidiaritätsprinzip in der Kirche für grundsätzlich unanwendbar.329 Zur Begründung führen sie an, dass das Subsidiaritätsprinzip ein soziologisch-politisches, kein genuin theologisches Konzept und daher für die Kirche nicht anwendbar sei. Die gesellschaftliche und rechtliche Verfasstheit der Kirche sei im Vergleich zum Staat wesentlich verschieden.330 Bei der Kirche handle es sich um mehr als eine bloß politisch-gesellschaftliche Realität. Aus der Tatsache, dass die Kirche auch eine menschliche Gesellschaft sei, ließe sich eine Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in ihr nicht ableiten. Als menschliche Gesellschaft lebe die Kirche die Inkarnation des göttlichen Wortes; sie sei also nicht nur menschlich, habe ihr eigengeartetes Leben und ihren eigenen kirchlichen Geheimnischarakter. Die Kirche gründe auf anderen Prinzipien als auf dem Willen des Volkes und seiner notwendigen Organisation als Gesellschaft im Interesse des Gemeinwohls.331 Die Kritiker des innerkirchlichen Subsidiaritätsprinzips verstehen die Kirche somit als eine Einheit der übernatürlichen Ordnung, die durch ihr gleichsam übernatürliches Heilsziel völlig anderen, gewissermaßen sakralen Regeln folgt und daher von der weltlichen Dimension von Verfasstheit abgekoppelt verstanden werden muss.332 Diese Auffassung überzeugt allerdings nicht. So führt die herrschende Lehre im Schrifttum an,333 dass die Kirche zwar auf ein übernatürliches, rein innerliches und

X. Bischofssynode, Nr. 61 ff.; vgl. auch Johannes Paul II., Pastores Gregis, Nr. 56). Aus universalkirchlicher Perspektive wird vielmehr auf die „Grenzen der Teilkirche“ unter Verweis auf das Dokument „Communionis notio“ verwiesen (vgl. X. Bischofssynode, Nr. 84) 328 Zu der Fortdauer des Subsidiaritätsprinzips für die weltliche Gesellschaftsordnung vgl. die Nachweise in Fn. 310. 329 Dieser Auffassung sind insbesondere Hamer, Synode extraordinaire, 598 ff.; Beyer, Autonomie, 801 ff.; ders., Subsidiaritätsprinzip, 113 ff.; ders., Subsidiarité, 435 ff.; Mucci, Sussidiarietà, 428 ff. 330 Vgl. Beyer, Subsidiarité, 441. 331 Beyer, Subsidiarität, 114, 136. 332 Vgl. Furger, Subsidiaritätsprinzip, 163 f. 333 Die herrschende Lehre wird angeführt von Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 256 ff.; Rauscher, Subsidiarität, 125 ff.; Stegmann, Subsidiarität, 366; Burkhard, Subsidiarity, 332; Kasper, Geheimnischarakter, 233 ff.; König, Einführung, 14 f.; Linnan, Subsidiarity, 426; Furger, Subsidiaritätsprinzip, 163 f.; ders., Subsidiaritätsprinzip als Brücke, 105 ff.; Freiling,

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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unsichtbares Ziel ausgerichtet sei, allerdings sei das übernatürliche Gut in der Fülle der rechtlichen Institution der Kirche gegeben, sodass alle Tätigkeit der Kirche sowohl übernatürlichen als auch organisatorischen Charakter habe.334 Daher ergebe sich die Regel, dass je intensiver in einer Sphäre kirchlicher Tätigkeit der übernatürliche Charakter sei, um so weniger das Subsidiaritätsprinzip anzuwenden sei; je weniger intensiv jedoch der übernatürliche Charakter sei und je mehr es sich um Tätigkeit organisatorischer Art handle, um so mehr sei das Subsidiaritätsprinzip anzuwenden.335 Das Subsidiaritätsprinzip bezieht sich auf die rein organisatorische Seite kirchlichen Lebens und ist daher in der Kirche anwendbar. Zweitens wird im Schrittum die Frage aufgeworfen, ob das Subsidiaritätsprinzip, das auf der überholten Lehre der Kirche als societas perfecta beruhe, mit der herrschenden communio-Ekklesiologie zu vereinbaren sei.336 Nach der kirchlichen Tradition der societas perfecta, die sich in Analogie zum Staat selbst als eine in Ziel und Mitteln eigenständige Gesellschaft versteht, gelten für beide Gesellschaftsordnungen vergleichbare Organisationsstrukturen, so dass das Subsidiaritätsprinzip in Staat und Kirche Anwendung finde. Nach der communio-Ekklesiologie sei jedoch nicht die soziologische Sichtweise der Kirche, sondern das Bild der Kirche als „Geheimnis“, als „Leib Christi“ oder „Tempel des Heiligen Geistes“ Grundlage des richtigen Kirchenverständnisses, in dem das sozio-politische Subsidiaritätsprinzip keinen Platz habe.337 Subsidiaritätsprinzip, 219 ff.; Heimbach-Steins, Verhältnis, 219. Vgl. auch Puza, CommunioEkklesiologie, 31 f.; Pree, Recht, 72 f. 334 Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 256 f. 335 Ebd., 261. In ähnlicher Hinsicht unterscheidet v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 148 f., zwischen Sozial- und Mysteriencharakter der Kirche. Die Kirche sei zwar auch ein echtes Sozialgebilde, aber sie sei zugleich auch mehr als das. So gelte es zu unterscheiden zwischen der Kirche als Sozialgebilde (Ecclesia ut societas) und der Kirche, die mehr ist als ein Sozialgebilde (Ecclesia ut mysterium). Das Prinzip der Subsidiarität lasse sich daher in spezifischer bzw. analoger Weise auf das Sozialgebilde Kirche anwenden. 336 Vgl. Mucci, Sussidiarietà, 428 ff. So bemerkt Mucci, dass die Argumentation für die innerkirchliche Anwendung des Subsidiaritätsprinzips auf der Grundlage des Kirchenverständnisses als societas perfecta fuße, damit aber auf einem Kirchenbild, das während des Zweiten Vatikanums als überholt angesehen worden sei. Ironischerweise seien jene, die sich für das auf dem anachronistischen Modell der societas perfecta basierende Subsidiaritätsprinzip aussprachen, identisch mit jenen, die für ein verändertes Kirchenbild als communio eintraten (vgl. auch Burkhard, Subsidiarity, 308 f., der Muccis Argumentation als eine Reduzierung der Ekklesiologievorstellungen des Zweiten Vatikanums kritisiert). Ausführlich zur Frage nach der Vereinbarkeit von communio-Ekklesiologie und Subsidiaritätsprinzip vgl. Leys, Impacts, 113 ff., 179 ff. und aus rechtswissenschaftlicher Perspektive vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 222 ff.; vgl. auch Kasper, Geheimnischarakter, 234 f. Im Wortbeitrag von Hollerbach, Diskussionsbeitrag, Essener Gespräche 37 (2003), 71, wird die Frage gestellt, inwieweit die theologische Grundlegung noch Raum für das Subsidiaritätsprinzip lasse. 337 Vgl. den Beitrag von Lorscheider, Synode, 463, über die Auffassung der Gegner des innerkirchlichen Subsidiaritätsprinzips. Komonchak, Theologische Diskussion, 450, hält es für einen gravierenden ekklesiologischen Missgriff, wenn das Geheimnis auf Kosten anderer Dimensionen der Kirche betont werde und diese dann vernachlässigt würden. Dieser Ansicht ist

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Gegen diese Auffassung ist grundsätzlich einzuwenden, dass die communioEkklesiologie die societas-perfecta-Lehre nicht vollständig abgelöst hat.338 Das Konzil hat den Begriff der societas zur Beschreibung der menschlichen Verfasstheit der Kirche nicht aufgegeben.339 Ohne eine sozialphilosophische Grundlage bleibt die Kirche „anthropologisch ortlos und innerweltlich kommunikationslos“340. Dies führt zu einer mit der Tradition katholischer Ekklesiologie unvereinbaren Spiritualisierung des Kirchenverständnisses. Es ist vielmehr so, dass die übernatürliche Ordnung die natürliche Ordnung nicht aufhebt, sondern voraussetzt. Demnach gilt für die sichtbare Gestalt der Kirche auch das Subsidiaritätsprinzip, das ein wesentliches gesellschaftliches Prinzip ist, in spezifischer bzw. analoger Weise.341 Eine rein jenseitsbezogene Idealisierung des innerkirchlichen Selbstverständnisses verdunkelt die inkarnatorisch verstandene Körperlichkeit und Sichtbarkeit von Kirche. Insbesondere der biblische Begriff vom neuen „Volk Gottes“ als Ausdruck der Ekklesiologie des zweiten Vatikanums widerspricht solchen Tendenzen. Schließlich wird mit diesem Bild eine Umschreibung der Kirche akzentuiert, deren Verfassung in Analogie zum fleischgewordenen Wort, also der Inkarnation verstanden wird.342 Zudem entspricht das Subsidiaritätsprinzip nicht nur der societas-perfecta-Lehre, sondern auch dem vorkonziliaren paulinischen Bild der Kirche als corpus mysticum.343 Drittens wird von Kritikern des innerkirchlichen Subsidiaritätsprinzips vorgetragen, es sei ein Prinzip der Dezentralisation, so dass die Gefahr der Herausbildung von Nationalkirchen und falschen Demokratisierungstendenzen entstehe.344 Gerade auch Burkhard, Subsidiarity, 332: „The influence of pneumatology in contemporary ecclesiology is welcome […]. [But] there is no competition between christology and pneumatology. Each adds a needed dimension to a balanced ecclesiology but only to the extent that each is open to enrichment from the other. “ 338 Siehe Kap. III.3.b). 339 So wird auch im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzip mit Hinweis auf Art. 8 LG darauf verwiesen, dass die in dieser Welt als Gesellschaft verfasste und geordnete Kirche und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft eine komplexe Wirklichkeit bilden, die aus menschlichen und göttlichen Elementen zusammenwächst (vgl. Stegmann, Subsidiarität, 366; Kasper, Geheimnischarakter, 234; Marx, Kirche, 125). 340 Kasper, Geheimnischarakter, 235. 341 So ausdrücklich Kasper, Geheimnischarakter, 235. „Das kann freilich nicht heißen, daß sie [die gesellschaftlichen Prinzipien, Anm. d. Verf.] in der Kirche weniger gelten, sondern vielmehr, daß sie dort in einem höheren Maß gelten und dort in besonders exemplarischer und vorbildlicher Weise verwirklicht sein müssen.“ (ebd.) Vgl. auch v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 155. 342 Furger, Brücke, 106; ders., Subsidiaritätsprinzip, 164. 343 Vgl. Furger, Brücke, 105 f. Das Kirchenbild des corpus mysticum fußt auf dem soziologischen Bild des einen Leibes mit vielen Gliedern, deren ganz unterschiedliche Gaben zum Aufbau des Ganzen beitragen, vgl. Eph. 4, 7 – 16 und die Fortführung dieses Gedankens in der Enzyklika von Papst Pius XII. „Mystici corporis“. 344 Vgl. Beyer, Subsidiaritätsprinzip, 114, 136 f.; Hamer, Synode extraordinaire, 602.

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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der Dezentralisationsgedanke bewirke, dass die Immanenz der ganzen Kirche in jeder Teilkirche nicht vollständig gelebt werde, da der Gesamtkirche im Hinblick auf die Partikularkirche lediglich subsidiäre Funktion zukomme; dies entspreche aber nicht dem wirklichen Bezug zwischen beiden.345 Diese Auffassung fußt nach Ansicht der herrschenden Lehre auf einem unzutreffenden und tendenziösen Verständnis von Subsidiarität.346 Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet vielmehr eine Gesamtverantwortung für die Einheit, die für den Einzelnen nicht äußerlich, sondern wesensgemäß ist, weil er seinem Wesen nach auf Gemeinschaft hingeordnet ist. Diese Gesamtverantwortung muss aber so ausgeübt werden, dass dabei die Rechte und Freiheit des Einzelnen gewahrt werden. Daher ist das Subsidiaritätsprinzip kein einseitiges Dezentralisationsprinzip, sondern schafft einen Ausgleich zwischen Einheit und Vielfalt und wahrt voll und ganz die Immanenz der Universalkirche in jeder Teilkirche.347 Nach dem Subsidiaritätsprinzip soll sich die Teilkirche selbstständig entwickeln, wobei sie stets auf das Gemeinwohl der Gesamtkirche achten, aber auch eigene Traditionen pflegen und entwickeln muss, wodurch sie zum Reichtum der Gesamtkirche beiträgt.348 Von diesem Verständnis ausgehend versteht es sich, dass das Subsidiaritätsprinzip die Immanenz der Universalkirche in jeder Teilkirche wahrt. Dem Vorwurf der von der Mindermeinung implizierten Zweitrangigkeit der Universalkirche bei Geltung des Subsidiaritätsprinzips wird also entgegengehalten, dass es sich bei richtigem subsidiärem Verständnis um eine Wesenseigenschaft, nicht um eine Rangordnung handelt.349 Das richtige communio-Verständnis sieht das Verhältnis von Universal- und Teilkirche als eine Beziehung „gegenseitiger Innerlichkeit“350. Einerseits sei die Kirche Christi wahrhaft in allen rechtmäßigen Ortsgemeinschaften der Gläubigen anwesend, andererseits bestehe die Gesamtkirche in und aus Teilkirchen.351

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Beyer, Subsidiaritätsprinzip, 136. Vgl. Burkhard, Subsidiarity, 334 ff. So zeigt die Argumentation Beyers insgesamt, dass die Ablehnung des Subsidiaritätsprinzips weniger aufgrund grundlegender ekklesiologischdogmatischer Einwände als vielmehr aus Angst vor einer antiautoritären, volksdemokratischen kirchlichen Fehlinterpretation des Prinzips beruht. So spricht Beyer, Subsidiaritätsprinzip, 136 f., stets von Gefahren, „nachteiligen Folgen“ und der grundsätzlichen Unbrauchbarkeit. 347 Kasper, Geheimnischarakter, 235. 348 Mikluscak, Subsidiarität, 33. 349 So Furger, Brücke, 104. Differenziert äußert sich Mikluscak, Subsidiarität, 27 ff. Er spricht von der Notwendigkeit einer „Analogie bei der Übertragung der allgemein gültigen sozialpolitischen Prinzipien auf die Kirche“ (28) unter Berücksichtigung ihrer eigenen Wesensstruktur. Eine unmittelbare Übertragung sei nicht erlaubt, da es sich bei der Gesamtkirche nicht lediglich um ein gesellschaftliches Gebilde handle, sondern selbige wesenhaft in der Teilkirche immanent sei (33). Daraus folgert er, dass man der Gesamtkirche nicht eine lediglich subsidiäre Funktion im Sinne des Ersatzes bzw. der Aushilfe in Bezug auf die Teilkirche zuweisen dürfe (33). 350 C Fid, Communionis notio, Nr. 9. 351 Stegmann, Subsidiarität, 368. 346

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

cc) Kanonistische Argumente Aus kanonistischer Perspektive spricht für die innerkirchliche Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips bereits die naturrechtliche Herleitung, insoweit der dogmatische Inhalt des Subsidiaritätsprinzips Teil des unverfügbaren göttlichen Rechts ist und aufgrund der damit verbundenen Allgemeingültigkeit für sämtliche Gesellschaftsordnungen auch für das Verfassungsrecht der Kirche gilt.352 Zudem hat Papst Johannes Paul II. in seiner Vorrede zur Einführung des Codex von 1983 die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips in der Kirche ausdrücklich erwähnt. Im Zusammenhang mit der Nennung der Prinzipien, die der Reform des Codex aufgrund des Beschlusses der Generalversammlung der Bischofssynode von 1967 zugrundeliegen, heißt es als fünftes Prinzip: „Genau soll das Prinzip berücksichtigt werden, das […] Subsidiaritätsprinzip genannt wird; es muss in der Kirche um so mehr angewendet werden, weil das Amt der Bischöfe mit den zusammenhängenden Vollmachten göttlichen Rechts ist.“353 Dies ist bei einer historischen Auslegung und der Berücksichtigung der mens legislatoris zu beachten. Da der Codex in can. 204 § 2 ausdrücklich anerkennt, dass die Kirche in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet ist, bedeutet das, dass die Kirche auch nach dem Bild der Kirche als communio den Charakter einer societas annimmt, sobald sie verfasst und geordnet in der Welt greifbar wird.354 In can. 113 § 1 wird die katholische Kirche als eine auf göttliches Recht zurückzuführende juristische Person beschrieben. Als solche ist sie Träger von Rechten und Pflichten und stellt demnach einen sichtbaren Teil der Rechtsordnung dar, ohne ihren Mysteriencharakter aufzugeben. Als Rechtssubjekt unterliegt die katholische Kirche als verfasste, geordnete Rechtsgemeinschaft den geltenden Rechtsprinzipien. 355 Das Geheimnis als Kategorie der Theologie liegt außerhalb einer kirchenrechtlichen Perspektive auf das verfasste Sozialgefüge Kirche.356 Aus kanonistischer Perspektive muss daher be352 Siehe ausführlich Kap. III.4.b)bb). Vgl. auch Deckers, Subsidiarität, 270 f.; Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 211. 353 Papst Johannes Paul II., Vorrede, XXXV. Weiter heißt es dort: „Solange die Einheitlichkeit im Bereich der Gesetzgebung sowie das gesamtkirchliche und allgemeine Recht gewahrt werden, wird durch dieses Prinzip auch die Angemessenheit und die Notwendigkeit verteidigt, für das Beste besonders einzelner Einrichtungen durch partikulare Rechte und durch die diesen zuerkannte recht verstandene Autonomie der partikularen ausführenden Gewalt zu sorgen. Auf dasselbe Prinzip gestützt solle der neue Codex entweder dem partikularen Recht oder der ausführenden Gewalt überlassen, was für die Einheit der gesamtkirchlichen Disziplin nicht notwendig ist, so daß für die mit Recht so bezeichnete ,Dezentralisation‘ auf geeignete Weise gesorgt wird, wobei die Gefahr des Auseinandergehens oder der Bildung von Nationalkirchen vermieden werden muß.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch Kustermann/Puza, Teilkirchenrecht, 13 f. 354 Vgl. Potz, Rechtsbegriff, 174. Siehe ausführlich S. 63 f. 355 Vgl. auch Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 221. 356 Vgl. Kaufmann, Subsidiarity, 288 f.: „One of the most important tasks of ecclesiology is to distinguish more clearly between the essential hierarchical functions of the Church, which

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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rücksichtigt werden, dass das Verfassungsgefüge der Kirche hierarchisch angelegt ist. So bestehen ein gemeinsamer Zielhorizont der universalen Kirche und unterschiedliche, hierarchisch gestufte Ebenen, auf denen die Kirche ihre Aufgaben wahrnimmt. Damit sind die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips gegeben. Das Prinzip greift nicht bei gleichgeordneten Handlungsträgern, sondern verlangt eine Hierarchie der Handlungsebenen.357

d) Zwischenfazit Die Zusammenschau der vorgetragenen Argumente spricht – auch wenn dies kirchenrechtsgeschichtlich nicht linear nachzuweisen ist und von Seiten der Ekklesiologie Einwände geäußert werden – vom kirchenrechtlichen Standpunkt aus für eine die Besonderheiten der Kirche berücksichtigende analoge Anwendung des Subsidiaritätsprinzips für die Kirche in verfassungsrechtlichen Organisationsfragen.358 Die maßgebliche naturrechtliche Herleitung des Subsidiaritätsprinzips und die Festlegung der Kirche als einer in der sichtbaren Wirklichkeit als societas rechtlich verfassten und hierarchisch strukturierten Rechtsgemeinschaft sprechen aus rechtlicher Perspektive für eine innerkirchliche Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips.

e) Inhalt des Subsidiaritätsprinzips ¢ Rechtsvermutung des Diözesanbischofs Seinem Inhalt nach ist das Subsidiaritätsprinzip ein naturrechtliches Zuständigkeitsprinzip,359 ein Struktur- und Organisationsprinzip, weil es formal die Grundregel für die Zuständigkeitsverteilung in gegliederten Gemeinschaften festlegt, ohne die im Einzelfall sachgerechte Zuordnung auf konkrete Zuständigkeitsträger explizit vorzugeben.360 Von Seiten der Rechtswissenschaften wird dem Subsidiaritätskonzept angesichts seiner nicht hinreichenden Bestimmtheit in der Regel die Normtauglichkeit abgesprochen; es wird vielmehr als rechtliches Prinzip aufgefasst.361 Auch in arise from its sacramental order, and those which are only accidentally hierarchical and arise from its administrative order.“ 357 Vgl. Isensee, Diskussionsbeitrag, Essener Gespräche 37 (2003), 45; Kaufmann, Subsidiarity, 288 f. 358 Nicht weiter thematisiert wird an dieser Stelle, ob das Subsidiaritätsprinzip nur auf den Bereich der Jurisdiktion des kirchlichen Sozialkörpers oder auch auf lehramtliche Fragen Anwendbarkeit findet (diesbezüglich vgl. Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 260 f.; Werbick, Subsidiarität, 51 f; Lüdicke, Bischofsamt, 70 f.). 359 Vgl. Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 254; Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 528. 360 Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 412; Anzenbacher, Sozialethik, 212. 361 Vgl. ausführlich Hense, Subsidiarität, 420 f. m.w.N.; Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 527, Fn. 58.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

der Kanonistik wird vielfach darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei dem Subsidiaritätsprinzip um ein formales Prinzip handelt.362 Damit ist nicht seine vermeintliche Inhaltslosigkeit, sondern vielmehr die Notwendigkeit gemeint, das Prinzip angesichts seiner hohen Abstraktheit inhaltlich und situativ zu konkretisieren.363 Das Subsidiaritätsprinzip bestimmt sich nach allgemeiner Ansicht durch eine positive und negative Seite.364 Die positive Seite beinhaltet zweierlei. Zum einen muss die übergeordnete Gemeinschaft leisten, was der Einzelne365 für sich nicht zu leisten vermag. Die übergeordnete Gemeinschaft muss bei Überforderung des Einzelnen eingreifen. Zum anderen muss diese Gemeinschaft Voraussetzungen schaffen, die eine optimale und sinnvolle Betätigung des Einzelnen in seinen Aufgaben garantieren.366 Anders formuliert hat jeder Einzelne das Recht auf und die Pflicht gegenüber der Gemeinschaft zur Selbsthilfe und Selbstsorge.367 Die negative Seite legt fest, dass die übergeordnete Gemeinschaft nur subsidiär in die Angelegenheit des Einzelnen eingreifen darf (sog. Kompetenzanmaßungsverbot)368. So darf die Gemeinschaft das, was der Einzelne aus eigenem Vermögen leisten kann, diesem nicht entziehen.369 Anders formuliert hat jeder Einzelne das Recht gegenüber der Gemeinschaft auf Hilfe zur Selbsthilfe. Wo der Einzelne versagt und Hilfe zur Selbsthilfe nicht ausreicht, muss die übergeordnete Gemeinschaft Ersatzhilfe leisten.370 362 Vgl. Burkhard, Subsidiarity, 331; Karrer, Subsidiaritätsprinzip, 522; v. Nell-Breuning, Baugesetze, 86; Hense, Subsidiaritätsprinzip, 418, der von einem „ziemlich allgemeinen Prinzip formaler Dimension“ spricht. 363 Vgl. Glatzel, Subsidiarität, 382: „Das Subsidiaritätsprinzip ist keine Handlungsanweisung“; Burkhard, 331: „It is always related to a specific situation for its full content. It brings meaning and direction to a given situation, but in turn is empty […] apart from the concreteness of a given situation.“ Vgl. auch Karrer, Subsidiaritätsprinzip, 522. So betont Messner, 296 f., dass das Subsidiaritätsprinzip den betroffenen Einheiten sachlich ganz bestimmte Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und Rechte zuweise; es sei ein inhaltsbestimmtes Gerechtigkeitsprinzip, ein Begrenzungsgesetz, das eine inhaltlich bestimmte Zuständigkeitsverteilung ausspreche. 364 Vgl. v. Nell-Breuning, Baugesetze, 93 ff.; Kerber, Subsidiarität, 75; Kerber, Sozialethik, 61 f. Stegmann, Subsidiarität, 365, unterscheidet eine „gebietende und verbietende Seite“. Rauscher, Subsidiaritätsprinzip, 17 f., stellt insbesondere den positiven Gehalt des Prinzips in den Vordergrund. Burkhard, Subsidiarity, 333, weist darauf hin, dass das Subsidiaritätsprinzip stets in seiner doppelten Funktion gesehen werden müsse, nicht in einem isolierten Gegenüberstellen von positiver und negativer Seite. 365 Wenn im Folgenden vom Einzelnen im Verhältnis zur Gemeinschaft gesprochen wird, ist damit auch immer analog die untergeordnete Gemeinschaft im Verhältnis zu einer umfassenden übergeordneten Gemeinschaft gemeint. 366 Vgl. Stegmann, Subsidiarität, 365. 367 Vgl. Ermecke, Thesen, 65; Burkhard, Subsidiarity, 333. 368 Zum Begriff vgl. Anzenbacher, Sozialethik, 213. 369 Vgl. Stegmann, Subsidiarität, 365. 370 Vgl. Ermecke, Thesen, 65.

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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Bei der inhaltlichen Konkretisierung ist von einem statischen Verständnis des Subsidiaritätsprinzips auszugehen. Dabei knüpft das Subsidiaritätsprinzip an die bereits bestehenden kirchlichen Einheiten an. Die Gesamtheit der kirchlichen Aufgaben sind auf die bereits (zufällig) bestehenden oder noch (zufällig) entstehenden kirchlichen Einrichtungen zu verteilen.371 Dass für die Kirche ein statisches Verständnis von Subsidiarität zugrunde zu legen ist, folgt aus der vorgegebenen, als communio hierarchica gegliederten und spezifisch hierarchischen Struktur der Kirche.372 Ein statisches Verständnis von Subsidiarität setzt so die nach göttlichem Willen durch die höchste kirchliche Autorität kirchenverfassungsrechtlich geschaffene Gliederung voraus. Unbeschadet der Allgemeingültigkeit seines dogmatischen Inhalts ist die konkrete gesetzliche Ausformung des Subsidiaritätsprinzips der Versuch des Gesetzgebers, das göttliche Recht zeitgebunden in Worte zu fassen.373 Das Subsidiaritätsprinzip als Bestandteil des ius divinum ist in seiner Erkenntnis und damit auch in seiner gesetzlichen Ausgestaltung dem historischen Wandel unterworfen. Daher erscheint das göttliche Recht in einem kirchlichen Rechtssatz immer in geschichtlicher Konkretheit und durch zeitgebundene Umstände bedingt.374 Bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips auf das kirchliche Verfassungsrecht ist von der Gesetzeslage im CIC auszugehen. Es ist daher unzulässig, die Regelungen des CIC zu ignorieren und das Subsidiaritätsprinzip gewissermaßen „vom Himmel herunterzureißen“,375 um das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof allein abstrakt und ohne Beachtung der konkreten Normen zu bestimmen.376 Aus juristischer Perspektive kann nunmehr formuliert werden, dass dem Subsidiaritätsprinzip als ein dem höchstrangigen Recht zugeordnetes naturrechtliches 371

Im Unterschied dazu würde bei einem dynamischen Verständnis des Subsidiaritätsprinzips die Gesamtheit der kirchlichen Aufgaben in sich schon nach dem Subsidiaritätsprinzip ideal gegliedert und daran die faktische Zuständigkeitsverteilung für die einzelnen zu bildenden Einrichtungen orientiert. Zur begrifflichen Unterscheidung von statischem und dynamischen Verständnis von Subsidiarität vgl. Herzog, Subsidiaritätsprinzip, 405. 372 Dass diese bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in der Kirche berücksichtigt werden muss, haben das kirchliche Lehramt und die herrschende Lehre nachdrücklich betont (siehe Fn. 311). 373 Siehe ausführlich S. 64 f. 374 Vgl. Listl, Rechtsnormen, 112. 375 Vgl. die Perspektive von Werbick, Subsidiarität, 45 ff., der von Subsidiarität als einem ekklesiologischen Prinzip spricht. 376 Nach dieser Vorgabe verwirklicht sich dann auch die vielfach geforderte Vermittlungsfähigkeit von Naturrecht und positivem Recht, als ein Nebeneinander zweier geltender Rechtsordnungen, die sich weder gegenseitig ausschließen noch begriffsnotwendig gegenüberstehen, sondern durch gegenseitige Beziehung, Ergänzung und Unterstützung geprägt sind (vgl. Kaufmann, Struktur, 475 ff., insb. 477; Hollerbach, Naturrecht, 302). Dabei darf nicht der Fehler begangen werden, angesichts der Unhaltbarkeit des Rechtspositivismus die Essenz des Rechts, also ihren Gerechtigkeits-, Wahrheits- und Naturrechtsgehalt, so sehr der Positivität überzuordnen, dass der Gesetzeswortlaut nahezu keine Rolle mehr spielt (vgl. Kaufmann, Struktur, 475).

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Prinzip besondere Bedeutung bei der Auslegung von Rechtsnormen zukommt. Sofern der sachliche Anwendungsbereich im Hinblick auf eine Zuständigkeitsverteilung hierarchisch strukturierter Gemeinschaften betroffen ist und die Notwendigkeit einer Auslegung mittels übergeordneter Rechtsprinzipien besteht, muss das Subsidiaritätsprinzip in die konkrete Rechtsvorschrift hineingelesen werden.377 Kollidieren bei der Auslegung von Normen mehrere höherrangige Rechtsgrundsätze miteinander, so sind diese im Wege praktischer Konkordanz in Ausgleich zu bringen.378 Aus dem Subsidiaritätsprinzip ergibt sich aus rechtlicher Perspektive zunächst zwingend eine Rechtsvermutung zugunsten der Zuständigkeit der untergeordneten Einheit.379 Auf das kirchliche Verfassungsgefüge übertragen, ist damit eine Rechtsvermutung verbunden, die für die Zuständigkeit des Diözesanbischofs in allen Angelegenheiten der Diözese spricht.380 Die Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips vermag einer Bevormundung der Ortskirche durch universalkirchliche, päpstliche Eingriffe entgegegenzuwirken. Päpstliche und diözesanbischöfliche Gewalt sind demnach keine konkurrierenden Gewalten im Sinne einer kumulativen Kompetenz.381 Der Papst als höhere Leitungsinstanz muss die Voraussetzungen zu einer sinnvollen und vollständigen Erfüllung diözesaner Angelegenheiten schaffen. Der Gesetzgeber hat diese naturrechtlich begründete Zuständigkeitsordnung in can. 381 umgesetzt, in dem die diözesanbischöfliche Vollmacht eine im Hinblick auf die erforderliche Amtsausübung umfassende ordentliche, eigenberechtigte und un377

Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 215. Vgl. Hollerbach, Kirchenrecht, 296. Der aus dem staatlichen Verfassungsrecht bekannte Begriff der praktischen Konkordanz bezeichnet die Methode, um Normenkollisionen zu lösen. Ziel ist im staatlichen Recht vor allem die Optimierung des Rechtsgüterschutzes. So müssen den beiden miteinander kollidierenden Rechtsgütern Grenzen gezogen werden, damit beide zur optimalen Wirksamkeit gelangen können. Diese Grenzziehungen müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht weiter gehen, als es notwendig ist, um die Konkordanz beider Rechtsgüter herzustellen (vgl. Hesse, Grundzüge, 28). 379 Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 28 f.; Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 528; Hagel, Solidarität, 254; Hense, Subsidiaritätsprinzip, 418. Vgl. auch Höffe, Subsidiarität, 30 f.; Anzenbacher, Sozialethik, 214. 380 So im Ergebnis auch die Ansicht der herrschenden Lehre, allerdings mit abweichender Begründung (siehe Fn. 188). Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Subsidiaritätsprinzip gelangt auch Pree, Recht, 82 f., zu diesem Ergebnis. Ergänzend, zum Teil einschränkend trotz grundsätzlicher Anerkennung des Subsidiaritätsprinzips innerhalb der Kirche positioniert sich Mikluscak, Subsidiarität, 33 ff. Es sei falsch, der Gesamtkirche lediglich subsidiäre Funktion im Sinne des Ersatzes bzw. der Aushilfe in Bezug auf die Teilkirchen zuzuweisen. Dies begründe sich mit der immanenten Anwesenheit der Gesamtkirche in der Teilkirche. Die Vorsteher der Teilkirche müssten mit „entsprechenden Mitteln“ zur angemessenen Leitung für die „relativ selbständige und eigenständige“ Teilkirche ausgestattet werden. Andererseits gibt er zu, dass das Subsidiaritätsprinzip eine Kompetenzverteilung begünstige, die den jeweils niedrigen Instanzen den Vorzug gebe und dennoch die jeweils höhere Instanz mit einschließe. 381 Vgl. Pree, Recht, 82; Krämer, Universales Recht, 61; Werneke, Ius, 113; Aymans/ Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 207; Aymans, Leitungsdienst, 39; ders., Teilkirche, 598. 378

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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mittelbare Gewalt genannt wird. Unter Subsidiaritätsgesichtspunkten ist die Norm so auszulegen, dass dem Diözesanbischof eine primäre Allzuständigkeit in diözesanen Angelegenheiten zukommt, die nicht bloß aus Einzelbefugnissen zusammengesetzt ist und nur subsidiär durch ausdrückliche Vorbehalte eingeschränkt werden darf. Diese naturrechts- und subsidiaritätskonforme Auslegung von can. 381 § 1 darf jedoch nicht isoliert erfolgen. So sind cc. 331, 333 § 1 zu berücksichtigen, deren Auslegung unter Beachtung des unfehlbar gelehrten Jurisdiktionsprimats aufgrund der vollen, unmittelbaren und universalen Höchstgewalt und des Vorrangs ordentlicher Gewalt über die Diözese ergab, dass der Papst jederzeit nach Gutdünken in die diözesanbischöfliche Amtsgewalt eingreifen darf.382 Bei der Auslegung von cc. 381 § 1 und 331, 333 § 1 kollidiert somit das naturrechtlich begründete Subsidiaritätsprinzip mit dem aus der Offenbarung abgeleiteten und unfehlbar gelehrten Jurisdiktionsprimat des Papstes. Beide Rechtsgrundsätze sind jedoch Teil des übergeordneten und höchstrangigen ius divinum. Die Lösung der Normenkollision hat aus juristischer Perspektive durch praktische Konkordanz zu erfolgen. Dabei müssen beide Rechtsgrundsätze einander so zugeordnet werden, dass jeder von ihm Wirklichkeit erhält. Bei Kollision zweier Rechtsgrundsätze darf nicht einer vorschnell auf Kosten des anderen verwirklicht werden. Beiden Rechtsgrundsätzen müssen Grenzen gesetzt werden, damit beide zu ihrer optimalen Wirksamkeit gelangen können.383 Grundsätzlich unbeschränkte primatiale Eingriffsrechte und primäre diözesanbischöfliche Allzuständigkeit sind so mit dem Ziel der Optimierung beider Rechtsprinzipien in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei werden die schrankenlosen päpstlichen Vorbehalts- und Eingriffsrechte in die diözesanbischöfliche Amtsgewalt subsidiaritätskonform auf solche Angelegenheiten beschränkt, die der Diözesanbischof selbst nicht leisten kann oder nicht leistet. Vor diesem Hintergrund subsidiaritätskonformer Auslegung ist auch can. 333 § 1 CIC zu verstehen. Der Vorrang päpstlicher Gewalt bezieht sich auf die Befugnis, die diözesanbischöfliche Amtsausübung vollständig und effektiv sicherzustellen, um dadurch, wie die Vorschrift selbst hervorhebt, die diözesanbischöfliche Gewalt zu stärken und zu schützen. Der Vorrang päpstlicher Gewalt ist somit als subsidiärer Vorrang zu interpretieren.384 So fußt die päpstliche Eingriffsbefugnis nicht auf gleichartigem, sondern vielmehr auf übergeordnetem Recht.385 Die Auffassung, 382

Siehe Kap. III.2.d). Vgl. Hesse, Grundzüge, 28, Rn. 72. 384 Anderer Auffassung ist Mikluscak, Einheit, 251, wonach die Aufgabe des Papstes durch das Subsidiaritätsprinzip nicht auf ein lediglich gelegentliches Eingreifen im Sinne des Ersatzes reduziert sei. Da die Gesamtkirche in der Teilkirche immanent sei, könne die Gesamtkirche nicht bloß eine subsidiäre Funktion zukommen (ders., Subsidiaritätsprinzip, 33). Der Papst müsse durch Jurisdiktionsprimat und potestas immediata in jeder kirchlichen Gemeinschaft der communio der Kirche wegen präsent sein und könne daher nicht nur ausnahmsweise oder aushilfsweise intervenieren (ders., Subsidiaritätsprinzip, 34). Diese Auffassung ist inkonsequent und hebelt letztlich das Subsidiaritätsprinzip aus. 385 Vgl. Mörsdorf, Unmittelbarkeit, 468; ders., Autonomie, 399; Hierold, Gesamtkirche, 18; Leys, Subsidiarity, 111. 383

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

wonach bei bischöflicher und päpstlicher Gewalt grundsätzlich zwei miteinander konkurrierende Gewalten miteinander ringen, ist unter Subsidiaritätsgesichtspunkten abzulehnen.386 Aus juristischer Perspektive bietet es sich diesbezüglich an, zwei Kategorien für ein subsidiäres Eingriffsrecht der übergeordneten Instanz zu unterscheiden, die im Folgenden Amtsunfähigkeit und Amtsunzuständigkeit genannt werden sollen. Unter die Kategorie der Amtsunfähigkeit des Diözesanbischofs sind folgende Fallgestaltungen zu subsumieren: – Der Diözesanbischof ist an der Ausübung seiner Amtsgewalt gehindert.387 Darunter fällt auch die Vakanz des bischöflichen Stuhles.388 – Der Diözesanbischof ist zur Ausübung seiner Amtsgewalt nicht in der Lage.389 – Der Diözesanbischof ist zur Ausübung seiner originären Leitungsbefugnisse nicht willens.390 In den genannten Fällen ist der Papst in seiner subsidiären universalkirchlichen Zuständigkeit zur Hilfeleistung und damit zur Sicherstellung der Amtsausübung in der Diözese verpflichtet.391 Seine Eingriffsbefugnis ist sowohl präventiv, wenn abzusehen ist, dass ein Fall der Amtsunfähigkeit eintreten wird, als auch repressiv für den Fall, dass die diözesanbischöfliche Amtsunfähigkeit bereits eingetreten ist. Es 386

Vgl. Pree, Recht, 82. Vgl. Hierold, Gesamtkirche, 18; Werbick, Subsidiarität, 47. Diese Ansicht wurde auch schon in der gemeinsamen Antwort der deutschen Bischöfe 1875 auf die Circular-Depesche Bismarcks vertreten (vgl. DH 3113). Bei Behinderung des diözesanbischöflichen Stuhls sind regelmäßig cc. 412 – 415 anzuwenden. 388 Vgl. Kaiser, Bischofsamt, 83. Bei Vakanz des diözesanbischöflichen Stuhls halten cc. 416 ff. bereits eine Verfahrensweise bereit. 389 Vgl. Kremsmair, Verhältnis, 288; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 207 f.; Aymans, Leitungsdienst, 39; Krämer, Bischofskonferenzen, 120; Mörsdorf, Autonomie, 399; ders., Unmittelbarkeit, 466; Ries, Amt, 320; Scheuermann, Amtsgewalt, 15. Für den Fall, dass der Diözesanbischof zwar willens, aber nicht in der Lage ist, eine entsprechende Amtsaufgabe zu erfüllen, hat der Papst als übergeordnete Instanz die Pflicht, die Amtsausübung des Diözesanbischof sicherzustellen und darf sie dem Diözesanbischof erst dann entziehen, wenn er trotz aller Hilfe dazu nicht in der Lage ist (vgl. Herzog, Subsidiaritätsprinzip, 408 m.w.N.). Als Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Anordnung zu erwähnen, wonach einem Bischof durch die päpstliche Kommission Ecclesia Dei Rat und Hilfe zu geben ist, der dem Wunsch der Gläubigen, die Eucharistie nach der 1962 approbierten Form des Römischen Ritus zu feiern, entsprechen will, aber daran gehindert ist (vgl. Papst Benedikt XVI., Summorum Pontificum, Art. 8). 390 Vgl. Scheuermann, Amtsgewalt, 15. Wenn es am Willen zur Erfüllung der diözesanbischöflichen Aufgaben fehlt, ist der Papst berechtigt, aber nicht verpflichtet, die unerledigte Aufgabe an sich zu ziehen (vgl. auch Herzog, Subsidiaritätsprinzip, 408). So entzog der Papst dem Bischof von Limburg im März 2002 im Zusammenhang mit der Schwangerschaftskonfliktberatung die Zuständigkeit, nachdem dieser aus Gewissensgründen der päpstlichen Weisung nicht folgen wollte (vgl. Johannes Paul II., Schreiben vom 7. 3. 2002, 23 f.). 391 Zur Pflicht zum Eingreifen vgl. Mikluscak, Subsidiarität, 34. 387

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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steht in freiem Ermessen des Papstes, von den bereits universalkirchlich vorhandenen Regelungen für den Fall diözesanbischöflicher Amtsunfähigkeit Gebrauch zu machen.392 Der Papst kann jedoch auch neue Maßnahmen anordnen, durch die er seinen Vorrang in der Leitung der Diözese wahrnimmt.393 Unmittelbar nach Wiedererlangung diözesaner Leitungsfähigkeit ist der Papst zur Rückübertragung der Leitungsgewalt an den Diözesanbischof verpflichtet. Auch für den Fall der sogenannten Leitungsunzuständigkeit verlangt das Subsidiaritätsprinzip nach einem Eingreifen durch die übergeordnete Instanz. Unter den Begriff der Leitungsunzuständigkeit sind folgende Fälle zu subsumieren: – Eine Angelegenheit betrifft ausschließlich gesamtkirchliche Fragen. – Eine Angelegenheit ist von grundlegender gesamtkirchlicher Bedeutung.394 Dies umfasst auch regelungsbedürftige Angelegenheiten zur Wahrung der Rechts- oder Glaubenseinheit in universalkirchlichem Interesse.395 Unter Angelegenheiten von grundlegender gesamtkirchlicher Bedeutung sind regelmäßig Fälle zu subsumieren, in denen die Glaubenseinheit396 oder Glaubensreinheit397 gefährdet sind oder eine Krise für die Kirche oder die kirchliche Ordnung398 droht.399 392

So kommen hier insbesondere die Vorschriften zur Versetzung, Amtsenthebung, Absetzung nach can. 184 § 1 in Betracht. Zudem kann der Papst den Diözesanbischof zum Verzicht auffordern oder nach can. 403 §§ 1, 3 einen Auxiliarbischof oder Bischofskoadjutor ernennen. 393 So wurde beispielsweise für die österreichische Diözese St. Pölten im Jahre 2004 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Apostolischen Visitator als päpstlichen Sonderbevollmächtigten zu bestellen, dem gegenüber der Diözesanbischof die Einzelheiten seiner Amtsführung offenlegen musste (vgl. den Bericht in Herder Korrespondenz 58 (2004), 439 – 441). 394 Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang die Aufforderung von Papst Johannes Paul II. an die deutschen Bischöfe, bei der kirchlichen Mitwirkung in der gesetzlichen Schwangerenkonfliktberatung die Ausstellung jener Bescheinigungen nicht länger zuzulassen, die nach deutschem Strafrecht den Weg zu einer straffreien Abtreibung eröffnen (vgl. die Dokumentation der päpstlichen Anweisungen bei Schmitz, Schwangerschaftskonfliktberatung, 83 f., Fn. 1 – 3). Explizit folgert Papst Johannes Paul II. aus dem kirchlichen Auftrag zum Lebensschutz, dass die Botschaft und die Handlungsweise der Kirche in der Frage der Abtreibung in ihrem wesentlichen Gehalt in allen Ländern dieselben sein müssten (vgl. Johannes Paul II., Schreiben vom 11. 1. 1998, Nr. 5). 395 Dazu gehören beispielsweise die Vorbehalte hinsichtlich der liturgischen Ordnung (zur grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung vgl. can. 838 §§ 1 – 4), zuletzt ausgeweitet durch das Motu Proprio „Summorum Pontificum“ von Papst Benedikt XVI. Nach dessen Art. 7 hat der Diözesanbischof dem Wunsch der Gläubigen zu entsprechen, die Eucharistie nach der von Papst Johannes XXIII. 1962 approbierten, tridentinischen Form des Römischen Ritus zu feiern. Wenn er für diese Feier nicht sorgen kann, ist die Sache der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei mitzuteilen. Bis dahin stand es im freien Ermessen des Diözesanbischofs, die Feier nach dieser Form des Römischen Ritus zuzulassen (vgl. Johannes Paul II., Motu Proprio „Ecclesia Dei“). 396 Dieser Ansicht ist auch Schatz, Primat, 211, mit dem Hinweis, dass im Konfliktfall der Wert kirchlicher Einheit Vorrang vor partikularkirchlicher Eigenständigkeit habe. Für Linnan, Subsidiarity, 410, gilt: „Since unity in face and communion is the purpose of the primatial power, it may not be used to achieve pastoral or administrative centralization unless centralization is needed to conserve unity and communion. The exercise of primatial power is le-

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

– Eine Angelegenheit ist zumindest auch, aber nicht überwiegend, von gesamtkirchlicher Bedeutung.400 Mit dieser Zuständigkeits- und Begrenzungsregel ist zwar grundsätzlich ein Ausgleich von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt herzustellen. Allerdings stellt sich im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips die grundlegende Frage, wer überhaupt über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips entscheidet, wer also festzustellen berechtigt ist, ob das Vermögen der untergeordneten Gemeinschaft für die Wahrnehmung einer Aufgabe nicht ausreicht und daher die Voraussetzungen für den Eintritt der übergeordneten Gemeinschaft in die Aufgabenwahrnehmung gegeben sind.401

f) Der Grundsatz der päpstlichen Kompetenz-Kompetenz Aus juristischer Perspektive ist damit die Frage nach der Kompetenz-Kompetenz angesprochen, also der Befugnis zur verbindlichen Entscheidung über eine sachgitimate only when there is a genuine need, or at least a clearly evident usefulness (the good of souls), to act in order to conserve the unity of the Church.“ Ein Eingreifen bei Gefahr für die Glaubenseinheit oder Glaubensreinheit postuliert auch Mikluscak, Subsidiarität, 34. 397 Als Beispiel kann hier der weitgehende Entzug der diözesanbischöflichen Kompetenz zur Durchführung von Lehrbeanstandungsverfahren, insbesondere bei dem Entzug der Lehrbefugnis von Theologieprofessoren genannt werden (vgl. C Fid, Agendi). Dem Apostolischen Stuhl ist diesbezüglich das Recht vorbehalten, jederzeit zu intervenieren. Eine Beteiligung des Diözesanbischofs steht weitgehend im Ermessen der zuständigen Kongregation (vgl. Lüdecke/ Bier, Kirchenrecht, 125, Rn. 30). 398 Dieser Ansicht ist auch Mikluscak, Subsidiarität, 34. 399 Hier sind beispielsweise die strafrechtlichen Vorbehalte zugunsten des Apostolischen Stuhls im Hinblick auf die Untersuchung bestimmter Straftaten durch die Kongregation für die Glaubenslehre, namentlich deren Zuständigkeit für Fälle von sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker zu nennen (vgl. C Fid, Normae, Art. 6 § 1). Neben der Pflicht des Diözesanbischofs zur Unterrichtung der zuständigen Kongregation (Art. 16), hat diese nunmehr neben dem Diözesanbischof das Recht, prozessvorbereitende Maßnahmen oder Vorsichtsmaßnahmen nach can. 1722 zu treffen (vgl. Art. 17, 19). Diese zuletzt 2010 überarbeiteten strafrechtlichen Normen sind als Reaktion auf das Fehlverhalten einiger Diözesanbischöfe im Zusammenhang mit der kirchenstrafrechtlichen Verfolgung zu verstehen, die die moralische Integrität der Kirche in Frage zu stellen drohte. So hat Papst Benedikt XVI. in seinem Hirtenbrief im März 2010 den Bischöfen Irlands ausdrücklich schwere Fehler und furchtbares Versagen vorgeworfen (vgl. Papst Benedikt XVI., Hirtenbrief an die Katholiken in Irland, Nr. 11). Vgl. auch grundlegend Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 237 ff., insb. Rn. 3, 14 f. m.w.N. 400 Als Beispiel kann hier die Klärung der Frage nach der Übersetzung der Worte „pro multis“ in den Kanongebeten der heiligen Messe und die entsprechende Aufforderung an die deutschen Bischöfe zur Umsetzung durch Papst Benedikt XVI. genannt werden (vgl. Benedikt XVI., Brief vom 14. 4. 2012 an die DBK). Ob der Papst eine Angelegenheit, die nicht überwiegend von gesamtkirchlichem Interesse ist, aufgrund seines übergeordneten Eingriffsrechts an sich ziehen darf, ist vor allem eine Frage der Verhältnismäßigkeit (siehe S. 88). 401 Vgl. Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 530.

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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gemäße Zuständigkeitsverteilung über- und untergeordneter Gemeinschaften im konkreten Einzelfall.402 Diese Frage ist deshalb zentral, weil die Gefahr besteht, dass die übergeordnete Einheit die Wirkmöglichkeiten der untergeordneten durch willkürliche Eingriffsvoraussetzungen unangemessen zu eigenen Gunsten einschränkt.403 Dass die Kompetenz-Kompetenz wesensnotwendig der höchsten übergeordneten Einheit zukommt, folgt nicht zwingend aus dem Subsidiaritätsprinzip. So wären auch andere Ansätze denkbar.404 Da dem Kirchenrecht ein statisches Subsidiaritätsverständnis zugrundeliegt,405 sind zur Bestimmung der Kompetenz-Kompetenz auf die Regelungen des CIC zurückzugreifen. Maßgeblich sind hier cc. 331, 333 § 2, nach denen dem Papst aufgrund seiner höchsten, vollen, unmittelbaren und universalen Gewalt auch die Kompetenz zukommt, über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips zu entscheiden.406 Dies ist aus dem Verständnis von Subsidiarität auch nicht zu beanstanden. So folgt die der übergeordneten Einheit zugewiesene KompetenzKompetenz dem Gedanken, dass die für das Ganze letztverantwortliche Instanz auch über die sachgerechte Verteilung der Zuständigkeiten insgesamt entscheiden soll.407 Als Träger der kirchlichen Letztverantwortung und Garant der kirchlichen Einheit entscheidet der Papst auch über den Subsidiaritätsfall.408 Als Träger der Kompetenz-Kompetenz ist der Papst daher im konkreten Einzelfall berechtigt, neue untergeordnete oder übergeordnete kirchliche Verfassungseinrichtungen zu schaffen und deren Verhältnis zueinander und zu seiner Person als höchster Autorität zu bestimmen. Diese Befugnis gilt auch bereits für bestehende kirchliche Verfassungseinrichtungen. Für das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof bedeutet dies, dass der Papst über das in can. 381 § 1 a.E. verankerte Reservationssystem dauerhafte gesetzliche oder angeordnete Vorbehalte zugunsten anderer übergeordneter Einrichtungen, namentlich der Bischofskonferenz oder des Apostolischen Stuhls, treffen kann, wenn ein Fall diözesanbischöflicher Amtsunfähigkeit oder -unzuständigkeit gegeben ist. Nach cc. 331, 333 § 1 steht es dem Papst in diesem 402

Vgl. ebd. Aus kanonistischer Perspektive vgl. v. Nell-Breuning, Baugesetze, 111; ders., Subsidiarität, 155 f. 403 Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 217. 404 Vgl. Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 530. So wäre es zudem denkbar, dass eine untergeordnete Gemeinschaft entscheidet, dass eine einvernehmliche Entscheidung zwischen unterund übergeordneter Gemeinschaft getroffen wird oder dass eine dritte Instanz die Entscheidung trifft (vgl. ebd.; Herzog, Subsidiaritätsprinzip, 422). 405 Siehe Fn. 371. 406 Nach der Formulierung von v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 156, ist die päpstliche Kompetenz-Kompetenz durch göttliches Recht, durch die göttlich-rechtliche Institution des Primats institutionalisiert. Diese Begründung macht sich auch Kasper, Geheimnischarakter, 233, zu eigen. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 218, verweist zur Begründung auf den hierarchischen Aufbau der Kirche. Vgl. auch Bertrams, Subsidiaritätsprinzip, 265 f. 407 Vgl. Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 533. 408 Vgl. Pree, Recht, 80 f.; Hierold, Gesamtkirche, 19.

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Fall auch zu, die Aufgabe selbst vorübergehend an sich zu ziehen oder an eine andere natürliche oder juristische Person zu delegieren oder auf eine andere übergeordnete Einrichtung zu übertragen.

g) Der Konfliktfall An die Regelung der Kompetenz-Kompetenz schließt sich die Frage an, wie ein Konflikt zwischen unter- und übergeordneter Gemeinschaftseinrichtung zu entscheiden ist. Welches rechtliche Verfahren gilt, wenn sich der Papst unter Berufung auf das Subsidiaritätsprinzip für ein Eingreifen in die diözesanbischöfliche Gewalt entscheidet, diese Entscheidung allerdings von Seiten des in seinen Rechten betroffenen Bischofs objektiv für nicht gerechtfertigt gehalten wird. Während das Subsidiaritätsprinzip in der „idealen Wesenswelt“ als „Seinsprinzip“ gelten kann, so stellt es in der Wirklichkeit doch vielmehr ein Gebot des Sollens dar.409 Der CIC hat für den Konfliktfall kein Verfahren ausgestaltet. Ein Teil der Literatur verweist darauf, dass dies aufgrund des primatialen Jurisdiktionsprimats und des Grundsatzes der Inappellabilität des Papstes auch nicht möglich ist.410 Diese einseitige Betrachtung erweist sich rechtlich als unzutreffend, da sie das naturrechtlich begründete Subsidiaritätsprinzip als Teil der göttlichen Rechtsordnung außer Acht lässt. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ist ein Konfliktfall aus verfahrensrechtlicher Perspektive nach einer dreifachen Regel zu entscheiden. An diese Regeln ist der Papst als Vertreter der übergeordneten Einrichtung naturrechtlich gebunden. So folgt aus dem Subsidiaritätsprinzip grundlegend die Auslegungsregel, der zufolge die Rechtsvermutung für eine Zuständigkeit des Diözesanbischofs spricht.411 Daraus leitet sich eine Beweisregel ab, die den Papst für sein übergeordnetes Eingreifen in die diözesanbischöfliche Amtsgeschäfte beweislastpflichtig macht.412 Der Papst muss aufgrund seiner bloß subsidiären Eingriffsbefugnis beweisen, dass ein Fall diözesanbischöflicher Amtsunfähigkeit oder Amtsunzuständigkeit vorliegt.413 Die Nichterweislichkeit geht zu Lasten der übergeordneten päpstlichen Einrichtung. Die bloße Behauptung oder Vermutung, es liege ein Fall unzureichender diözesanbischöflicher Amtsausübung oder Unzuständigkeit vor, ohne dass dieser durch hinreichende Verdachtsmomente oder Plausibilitätsnachweise bekräftigt werden kann, reicht nicht aus. Diese Beweislastverteilung ergibt sich nicht aus dem CIC, sondern aus dem hergebrachten Rechtsgrundsatz über die Darlegungspflicht des behaupteten tatsächlichen Sachverhalts. Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist die übergeordnete Instanz, die in die eigentlich zuständige untergeordnete Instanz einzugreifen begehrt, den Beweis schuldig. 409 410 411 412 413

Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, 29. Siehe Fn. 162. Siehe Kap. III.4.e). Vgl. Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 528; Hense, Subsidiaritätsprinzip, 418 f. Vgl. Glatzel, Subsidiarität, 377.

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Außerdem ist der Papst im Hinblick auf sein subsidiäres Eingriffsrecht verpflichtet, die aus dem Subsidiaritätsprinzip abzuleitende Ermessensregel414 zu berücksichtigen.415 Unter dem rechtswissenschaftlichen Terminus des Ermessens ist der Handlungs- oder Entscheidungsspielraum gemeint, innerhalb dessen das Rechtsanwendungsorgan berechtigt ist nach eigener amtlicher Überzeugung vorzugehen. Dabei kommt ihm sowohl ein sog. Entschließungsermessen über das Ob einer Entscheidung oder Handlung zu als auch ein sog. Auswahlermessen über die verschiedenen Entscheidungs- oder Handlungsalternativen.416 Für das kirchliche Verfassungsgefüge bedeutet dies, was die Frage der Subsidiarität betrifft, dass der Papst im Hinblick auf seine Maßnahmen gegenüber dem Diözesanbischof Ermessen auszuüben hat. Darin ist ein formales Instrument der Bindung päpstlicher Machtvollkommenheit zu sehen. Der Diözesanbischof hat einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Papstes. Aus der Pflicht des Papstes zur ermessensfehlerfreien Entscheidung lassen sich Fallkonstellationen entwickeln, nach denen der Papst die diözesanbischöflichen Rechte durch sein übergeordnetes Einschreiten verletzt. Eine solche Verletzung ist stets im Falle eines sog. Ermessensnichtgebrauches gegeben. Ein Ermessensnichtgebrauch liegt dann vor, wenn der Papst ausschließlich unter Berufung auf seinen Jurisdiktionsprimat handelt. Der Papst verkennt in diesem Fall seine Pflicht zur Ermessensentscheidung, die aus dem letztlich naturrechtlich begründeten Anspruch des Diözesanbischofs folgt, nur im Subsidiaritätsfall in seiner Zuständigkeit rechtmäßig beschnitten zu werden. Handelt der Papst also, ohne zu erkennen, dass er Ermessen ausüben muss, übt er seine Kompetenz rechtswidrig aus. Auch für den Fall, dass der Papst nicht alle diözesanen Umstände berücksichtigt, weil die Tatsachenermittlung unvollständig bzw. fehlerhaft ist, und er so von einem falschen Sachverhalt ausgeht, liegt ein rechtswidriger Ermessensnichtgebrauch vor.

414 Anderer Auffassung sind u. a. Stadler, Subsidiaritätsprinzip, 28 f.; Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 537 f. m.w.N., für den die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips nach den Grundsätzen über den unbestimmten Rechtsbegriff auszulegen ist. Im Subsidiaritätsprinzip werde ein bestimmter Tatbestand umschrieben und daran eine bestimmte Rechtsfolge geknüpft. Tatbestand sei die Fähigkeit des Einzelmenschen oder einer kleineren Gemeinschaft, eine Aufgabe selbstständig zu erfüllen. Als Folge der Leitungsfähigkeit statuiere das Subsidiaritätsprinzip ein Verbot an die übergeordnete Gemeinschaft, den Aufgabenbereich, zu dessen Besorgung ihre Glieder fähig sind, an sich zu reißen. Damit soll nicht negiert werden, dass die Beurteilung der tatbestandlichen Ausfüllung des Subsidiaritätsprinzips von zahlreichen Faktoren und Erwägungen abhängig sei. Entscheidend sei jedoch allein, ob sich bei zutreffender Beurteilung der Verhältnisbestimmung eine richtige Entscheidung fällen lasse. Dies sei bei dem Subsidiaritätsprinzip zu bejahen, da man hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen bei objektiver Betrachtung und gehöriger Anspannung des Erkenntnisvermögens durchaus zu einer Beurteilung der Verhältnisbestimmung und damit zu einer justiziablen Entscheidung gelangen könne. 415 Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 215; Lehmann, Subsidiaritätsprinzip, 113; Glatzel, Subsidiarität, 376; v. Nell-Breuning, Subsidiarität, 155. 416 Vgl. Pree, Art. Ermessen, 605.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Ein Ermessensfehler ist auch dann gegeben, wenn sich der Papst bei der Beurteilung der Sachlage, die ihn zur Wahrnehmung diözesanbischöflicher Aufgaben berechtigt, von sachfremden Erwägungen leiten lässt. Ein solcher Ermessensfehlgebrauch liegt konkret dann vor, wenn objektiv weder Amtsunfähigkeit noch Amtsunzuständigkeit des Diözesanbischofs gegeben sind, der Papst aber dennoch die diözesane Amtsaufgabe aus persönlichen Gründen, aus Effektivitätsgesichtspunkten oder anderen sachfremden Motiven an sich zieht. Unter Subsidiaritätsgesichtspunkten muss der Papst die in can. 333 § 1 genannten Zweckbestimmungen in seine Ermessensentscheidung wesentlich einfließen lassen, wonach durch das subsidiäre päpstliche Eingreifen die diözesanbischöfliche Gewalt gestärkt und geschützt wird. Dem päpstlichen Eingreifen muss demnach eine pflichtgemäße Prüfung vorausgehen, ob ein Fall bischöflicher Unfähigkeit oder Unzuständigkeit vorliegt. Ebenso rechtswidrig ist der Fall der sog. Ermessensüberschreitung. Diese ist dann gegeben, wenn der Papst bei objektivem Vorliegen einer eingriffsberechtigenden Sachlage in nicht gebotener und unverhältnismäßiger Weise handelt. Beispielsweise wäre es unzulässig, mehr Kompetenzen des Diözesanbischofs zu beschneiden als notwendig oder aber nach einem Wiedererlangen der bischöflichen Fähigkeit zur Amtsausübung die Rückübertragung zu verweigern. Die Ermessensausübung des Papstes muss im Übrigen den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen. Das bedeutet, dass das päpstliche Eingreifen insbesondere angemessen sein muss. Die Nachteile, die mit der päpstlichen Maßnahme verbunden sind, dürfen nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die die päpstliche Maßnahme bewirkt. Hier ist eine Abwägung erforderlich. Je mehr die originäre diözesanbischöfliche Amtsaufgabe betroffen ist, umso größer sind die Anforderungen an die Angemessenheit für ein päpstliches Eingreifen, insbesondere im Hinblick auf Dauer und Intensität des Eingriffs.

h) Das Remonstrationsrecht des Diözesanbischofs Zur Geltendmachung des Widerspruchs des Diözesanbischofs gegen eine bevorstehende oder bereits erlassene Maßnahme des Papstes ist auf die Grundsätze des Remonstrationsrechts zurückzugreifen.417 Unter dem Remonstrationsrecht versteht die Kanonistik das Rechtsmittel des Diözesanbischofs, gegenüber universalkirchlichen Gesetzen Bedenken anzumelden.418 Obwohl das Remonstrationsrecht nicht in den CIC aufgenommen wurde, ist es kirchenrechtlich als außerkodikarisches Recht nach ganz herrschender Lehre

417

Instruktiv Guth, Ius Remonstrandi, 13 ff.; Beykirch, Remonstrationsrecht, 91; Eicholt, Remonstrationsrecht, 139 ff. 418 Vgl. Beykirch, Remonstrationsrecht, 114 f.; Guth, Ius Remonstrandi, 95; RiedelSpangenberger, Grundbegriffe, 202; Puza, Diözesanrecht, 61.

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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anerkannt.419 Die Rechtsqualität und die Rechtswirkungen der Remonstration werden allerdings unterschiedlich bewertet.420 Während zur Begründung des Remonstrationsrechts vielfach auf kirchenhistorische,421 kirchenrechtshistorische,422 kanonistische423 oder ekklesiologische424 Argumente zurückgegriffen wird, ist das Remonstrationsrecht letztlich naturrechtlich auf das Subsidiaritätsprinzip zurückzuführen und zwar als ein Verfahrensrecht, um das Verhältnis von primatialer und diözesanbischöflicher Gewalt in angemessenen Ausgleich zu bringen.425 Es ist das Rechtsmittel der untergeordneten Gemeinschaft, um geltend zu machen, dass ein Fall diözesanbischöflicher Amtsunfähigkeit oder -unzuständigkeit objektiv nicht gegeben ist oder die Maßnahme des Papstes ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig ist. Nach überzeugender Ansicht ist das Remonstrationsrecht nicht nur gegen Gesetze, sondern gegen sämtliche Entscheidungen und Handlungen des Papstes möglich, die im Zusammenhang mit der diözesanbischöflichen Amtsausübung stehen.426 Dieser umfassende Anwendungsbereich ergibt sich aus dem im kirchlichen Verfassungsrecht vorherrschenden Prinzip der Gewalteneinheit, wonach der Papst sämtliche legislative, exekutive und judikative Gewalt inne hat. Entscheidend ist daher nicht, in welcher Rechtsform der Papst handelt, sondern allein, dass durch die päpstliche Maßnahme der Diözesanbischof in seinen Rechten betroffen ist.427 Das 419 Vgl. statt vieler Guth, Ius Remonstrandi, 33 ff. m.w.N. Kritisch zur Geltung des Remonstrationsrechts äußert sich Bier, Rechtsstellung, 271. 420 So wird das Remonstrationsrecht als „Verfahrensweg“ (Eicholt, Remonstrationsrecht, 159), als „Recht auf Widerspruch“ (Walf, Kirchenrecht, 50), als „Vorbringen einer Gegenvorstellung“ (Beykirch, Remonstrationsrecht, 115), als „nachgängige Konsultation“ (Puza, Kirchenrecht, 121) bezeichnet. Ob die Remonstration gegenüber der päpstlichen Maßnahme Suspensivwirkung entfaltet, ist umstritten (zur Diskussion vgl. Guth, Ius Remonstrandi, 22 ff.). 421 Zu den historischen Grundlagen des Remonstrationsrechts vgl. Eicholt, Remonstrationsrecht, 140 ff.; Beykirch, Remonstrationsrecht, 96 ff. Ausgangspunkt ist dabei die Entscheidung von Papst Alexander III. (1159 – 1181) über den Widerspruch eines Bischofs gegen die päpstliche Maßnahme. 422 Zu der Anerkennung des Remonstrationsrechts in der kanonistischen Literatur vor dem CIC/1917 und bis zur Promulgation des CIC vgl. Beykirch, Remonstrationsrecht, 98 ff.; Guth, Ius Remonstrandi, 13 ff. 423 Aus kanonistischer Perspektive sei auf das Remonstrationsrecht als ein Instrument zur Steuerung der Akzeptanz kirchlicher Normen (vgl. Guth, Ius Remonstrandi, 46 ff.) oder auf rechtstheoretische und rechtssystematische Gründe (vgl. ebd., 81 ff.) verwiesen. Auch wird das Remonstrationsrecht als Recht auf Meinungsäußerung verstanden (Potz, Geltung, 240, unter Hinweis auf Art. 37 LG; vgl. can. 212 § 3). 424 Aus ekklesiologischer Perspektive wird mit der Aufwertung der Teilkirche durch das Zweite Vatikanische Konzil, der Wahrung der Eigenständigkeit der Teilkirche und der Achtung vor dem Partikularrecht argumentiert (vgl. Puza, Teilkirche, 50 f.; H. Müller, Katholizität, 14 ff.; 33 f.). 425 Vgl. Beykirch, Remonstrationsrecht, 111 ff. 426 Vgl. Walf, Kirchenrecht, 50; Eicholt, Remonstrationsrecht, 153 f. 427 Vgl. ebd., 153.

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

Remonstrationsrecht ist das verfahrensrechtliche Rechtsmittel, den angemessenen Ausgleich zwischen originärer diözesanbischöflicher Amtsgewalt und primatialer Eingriffsbefugnis herzustellen. Daher entfaltet die Einlegung der Remonstration auch Suspensivwirkung für eine bereits getroffene päpstliche Maßnahme, soweit die Remonstration ausreichend plausibel und aus Gründen der Rechtssicherheit schriftlich begründet wurde.428 Der Papst ist so verpflichtet, die Maßnahme zu überdenken.429 Hält er daran fest, so hat er die Remonstration durch eigene oder kuriale Entscheidung zurückzuweisen.430 Damit entfällt die Suspensivwirkung und die päpstliche Maßnahme wird rechtskräftig. Das Remonstrationsrecht verstößt nicht gegen die in can. 333 § 3 konkretisierte primatiale Jurisdiktionsgewalt, wonach es gegen Urteil oder Dekret des Papstes keine Berufung oder Beschwerde gibt. Bischöfliche Remonstration, die sich immer an den Papst selbst wendet, ist in diesem Sinne weder Berufung noch Beschwerde, wie auch die damit korrespondierende strafrechtliche Bestimmung in can. 1372 erkennen lässt.431

i) Die Rechtsdurchsetzung Selbst wenn davon auszugehen ist, einen rechtlichen Ausgleich von diözesanbischöflicher und päpstlicher Gewalt über die dargelegten Grundsätze des Subsidiaritätsprinzips als Sollensnorm formulieren zu können, so bleibt das grundsätzliche Problem der Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit der bischöflichen Vorstellung bestehen. So ist der Papst in einer Person nicht nur Eingriffsbefugter, sondern gleichsam Richter über seine Eingriffsbefugnis. Im diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass der Papst in seiner Funktion als oberster Gesetzgeber immer zumindest das Ermessen hat, das geltende Recht in seinem Sinne zu ändern. Aufgrund seiner Jurisdiktionsgewalt und Inappellabilität behält der Papst im Zweifel das letzte Wort. Somit wird von Seiten der Kanonistik zum Teil vertreten, das Verhältnis von Papst und Diözesanbischof sei zugunsten des Papstes entschieden.432 Auch kann im Ergebnis die Wirksamkeit des Subsidiaritätsprinzips angezweifelt werden, wenn der Papst trotz grundsätzlicher Bindung an die aus diesem Prinzip abzuleitenden Pflichten faktisch an einem rechtswidrigen Handeln nicht gehindert werden kann. Ein Verstoß gegen die Erlaubtheit hat keinen Einfluss auf die Gül-

428 Zum Schriftformerfordernis vgl. Guth, Ius Remonstrandi, 99; a.A. Eicholt, Remonstrationsrecht, 155. 429 Anderer Auffassung ist Bier, Rechtsstellung, 272. Dem Remonstrationsrecht des Bischofs entspreche keine Pflicht des Papstes, die Remonstration zu prüfen. 430 Ob dies durch konkludentes Handeln möglich ist oder ob der Papst die diözesanbischöfliche Remonstration förmlich zurückweisen muss, ist eine Frage, die nicht geklärt ist. 431 Vgl. Guth, Ius Remonstrandi, 38. 432 Vgl. Bier, Verhältnis, 63 f. Über die Angemessenheit einer Maßnahme urteile allein der Papst (ders., Rechtsstellung, 152).

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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tigkeit. Rechtliches Dürfen und rechtliches Können sind nicht aufeinander bezogen.433 Diese Interpretation verkennt jedoch den Erkenntniswert der vorstehenden Ausführungen im Hinblick auf die Auslegung des kirchlichen Rechts. Angesichts der gesetzlichen Unklarheiten ist es notwendig, das naturrechtliche Prinzip der Subsidiarität neben dem päpstlichen Jurisdiktionsprimat bei der Auslegung der cc. 331, 333 § 1, 381 § 1 zur Verhältnisbestimmung von Papst und Diözesanbischof zu berücksichtigen. Dadurch können nunmehr die bestehende Rechtslage formuliert und die Grenzen päpstlicher Eingriffsrechte aufgezeigt werden. Das Subsidiaritätsprinzip hat somit zur Rechtsklarheit beigetragen. Allein der imperative Sinn der aufgezeigten Sollenssätze hat eine eigene Wirklichkeitsebene der Geltung und Verbindlichkeit. Aus der aufgezeigten Rechtslage folgt eine objektive Verpflichtung, diese einzuhalten.434 Quis custodiet ipsos custodes? Juvenals sprichwörtliche Frage pointiert das an dieser Stelle aufgeworfene Problem der Kontrolle angesichts päpstlicher Höchstgewalt. Es geht um die Frage, wie das subsidiäre Eingriffsrecht des Papstes rechtmäßig erfolgen und die Rechte des Diözesanbischofs wirksam durchgesetzt werden können. Im staatlichen Bereich ist die Garantie der Rechtsdurchsetzung den unabhängigen Gerichten auferlegt.435 Eine solche Verfassungsgerichtsbarkeit ist der katholischen Kirche fremd. Vielmehr wird von Seiten der Kanonistik stets auf ein außerrechtliches Prinzip abgestellt, das rechtswidriges Amtshandeln des Papstes verhindern soll: die Wirkkraft des Heiligen Geistes. Seit Beginn der Diskussion über das Verhältnis von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt hat die herrschende Lehre im theologischen Schrifttum die wirkmächtige und regulierende Kraft des Heiligen Geistes betont und beharrlich daran festgehalten.436 Da es zur Durchsetzung der richtigen Abgrenzung der kirchenrechtlichen Zuständigkeiten keine rechtliche Instanz gebe, könne nur das Walten des Heiligen Geistes immer wieder dafür sorgen, dass ein praktischer Ausgleich geschehe.437 Darum sei der letzte Garant gegen die Gefahr der Aushöhlung der 433 Auch Congar, Bischofsamt, 717, weist unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil darauf hin, dass der Papst in zerstörerischer Weise häufig und unnötig in die diözesanbischöfliche Unmittelbarkeit eingreifen könne: „Selbst unter solchen Umständen würde jedoch niemand wagen, die päpstliche Jurisdiktion für ungültig zu erklären. Es läge ein Verstoß gegen die Erlaubtheit und nicht gegen die Gültigkeit vor. Wie bei allen Angelegenheiten, an denen Menschen beteiligt sind, können sich Missbräuche einschleichen.“ 434 Vgl. Hofmann, Rechtsphilosophie, 17. 435 Kalkbrenner, Verbindlichkeit, 534. 436 Vgl. Rahner, Episkopat und Primat, 34; Ratzinger, Kollegialität, 60; Congar, Bischofsamt, 717; H. Müller, Stellung, 106; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 205; Stoffel, MKCIC zu can. 333, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Huber, Amt, 156; Bausenhart, Communio, 168. 437 Rahner, Episkopat und Primat, 34. Vgl. auch Congar, Bischofsamt, 717: „Der göttliche Bräutigam der Kirche aber, der versprach, dass der Heilige Geist immer mit ihr sei, wird je-

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

bischöflichen Gewalt nur das Vertrauen in den Beistand des Heiligen Geistes.438 Der Heilige Geist sei das Prinzip der Einheit der Kirche und Garant der Katholizität und Apostolizität der Kirche.439 Es zeige sich, dass die Gegebenheiten der moralischen und juridischen Ordnung keinesfalls in eins fielen. So unterstehe der Papst keiner äußeren Gerichtsbarkeit, sei aber an den inneren Anspruch seines Amtes und der Offenbarung gebunden.440 Letztendlich gebe es kein Rechtsmittel gegen Amtsmissbrauch im höchsten Amt. Lediglich das Vertrauen darauf, dass der Papst sein Amt im Geiste Christi ausübe, gebe diesem geistlichen Recht ein wenig Sicherheit. Ein einklagbares Recht zur Regelung des Konfliktfalls sei für einen Ernstfall demnach unbekannt.441 Auch in päpstlichen Verlautbarungen wird in Bezug auf die päpstliche Amtsausübung stets auf den Beistand des Heiligen Geistes verwiesen.442

j) Das Problem des überrechtlichen Kriteriums Der Verweis auf das überrechtliche Kriterium der Macht des Heiligen Geistes als Ausdruck des „Geheimnischarakters in der Kirche“443 hat in der Kanonistik durchaus Kritik erfahren.444 An dieser Stelle tritt das grundsätzliche Problem zweier sich scheinbar ausschließender Dimensionen kirchlichen Rechts zu Tage: das Verhältnis zwischen theologisch-ekklesiologischem und kanonistisch-juridischem Wesen kirchlichen Rechts. derzeit darüber wachen, dass die Kirche niemals durch die Schwäche oder Unklugheit eines Menschen derartigen Katastrophen ausgesetzt wird.“ 438 Rahner, Episkopat und Primat, 35. „Der Geist Gottes ist also auch der letzte Garant dafür, daß dem Episkopat der Kirche wirklich jener Spielraum bleibt, den er – iure divino – haben muß. […] Diesem Geist kann zwar durch Normen des Rechts ein Raum seines freien Wirkens umschrieben werden, aber im letzten muß er selbst diese Normen schützen.“ (ebd.) 439 Figura, Geist, 17. 440 Ratzinger, Kommentar NEP, 356. Vgl. Demel, Art. Papst, 472. 441 Walf, Einführung, 74. 442 Vgl. statt vielen Papst Johannes Paul II., Ut unum sint, 63: „[…] das Amt des Nachfolgers des Apostels Petrus, des Bischofs von Rom, […] dem der Heilige Geist beisteht […].“ 443 Rahner, Episkopat und Primat, 21; vgl. auch grundsätzlich zur Bedeutung des Heiligen Geistes in der Kirche: Papst Johannes Paul II., Dominum et vivificantem, Nr. 25 u. 26. 444 So stellt sich Pree, Recht, 78 f., die Frage, ob gerade in den unter Subsidiaritätsgesichtspunkten relevanten Materien die Erörterung abzubrechen sei und kurzerhand auf den Heiligen Geist als Garanten der Sachrichtigkeit rekurriert werden könne. Sei es denkbar, dass gerade die höchste rechtliche Autorität der Kirche keiner wie immer gearteten rechtlichen Verantwortung unterstehe? So sei doch zu beachten, dass es dabei nicht nur um die Bindung des Papstes an Offenbarungs- bzw. Glaubenswahrheiten gehe, sondern auch um die Bindung an die Grundsätze des Rechts. Ähnlich kritisch äußert sich Krämer, Universales Recht, 62, demzufolge eine vorschnelle Berufung auf dieses überrechtliche Prinzip nicht erfolgen dürfe. Zuvor müssten sämtliche rechtlichen Möglichkeiten entwickelt und ins Spiel gebracht werden, die dazu beitragen könnten, die für die Kirche typische spannungsvolle Einheit von Universal- und Partikularkirche zu wahren und fruchtbar zu machen.

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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Aus juristischer Perspektive ist die Berufung auf die ausgleichsstiftende Kraft des Heiligen Geistes zur Garantie der Verhältnisbestimmung von päpstlicher und bischöflicher Gewalt ein bloß moralisches und damit außerrechtliches Postulat. Vom Standpunkt des Juristen bleibt bei dieser pneumatologischen Letztbegründung des Ausgleichsverhältnisses das Problem seiner fehlenden juristischen Durchsetzbarkeit und Kontrolle. Der Heilige Geist ist aus rechtlicher Perspektive Ausdruck einer kerygmatischen Sprache der Theologie, die sich nicht in eine exakte juristische Denk- und Sprechweise einfügt.445 Für den juristisch denkenden Kanonisten bleibt das konkrete Verhältnis von Papst und Diözesanbischof rechtlich nicht erzwingbar und damit dessen Verbindlichkeit, Befolgung und Durchsetzung im Ergebnis immer von der Gewissensbindung und Bereitschaft des Papstes abhängig, dem inneren Anspruch an sein Amt in Verantwortung vor Gott zu entsprechen. Der Verweis auf die Wirkkraft des Heiligen Geistes in dieser verfassungsrechtlichen Frage zeigt somit vom rechtlichen Standpunkt aus das Problem einer Theologisierung des kirchlichen Rechts. Eine Überbetonung der theologischen Elemente führt zu einer Entrechtlichung und damit gleichsam zu einer Entmenschlichung des Kirchenrechts, da zugunsten der Theologie der Rechtscharakter des Kirchenrechts in seiner Bedeutung derart herabgewürdigt wird, dass es einer Nivellierung gleichkommt.446 Die eigentliche Spannung zwischen Recht und Moral wird so nicht hinreichend in den Blick genommen. Durch die spiritualisierende Überhöhung des Rechts mit Verweis auf die Kategorie des Heiligen Geistes wird das Kirchenrecht aus rechtswissenschaftlicher Perspektive seiner Friedensfunktion zur Entschärfung verfassungsrechtlicher Konflikte und seiner Überwachungsfunktion zur Durchsetzung des Regelungssystems nicht wirksam gerecht.447 Es besteht, juristisch betrachtet, die Gefahr, verfassungsrechtliche Konfliktsituationen im Verhältnis von Papst und Diözesanbischof mit Hinweis auf die Wirkkraft des Heiligen Geistes zu verschleiern und durch moralische Appelle zu verharmlosen. Konflikte würden demnach mehr als ein pathologisches Phänomen einer defizitären Praxis gesehen, nicht als ein Rechtsproblem, das im Lichte seiner Friedensfunktion ermöglichen könnte, konfligierende Interessen auszugleichen.448

k) Die theologische Letztbegründung des Kirchenrechts Allerdings zeigt das überrechtliche Moment des Vertrauens auf die Macht des Heiligen Geistes auch die Grenze des Kirchenrechts, insbesondere im Hinblick auf 445

Vgl. Söhngen, Rechtstheologie, 65. Vgl. Demel, Rechtspositivismus, 25. Schatz, Primat, 214, spricht von der Gefahr, sich mit „frommen Ausflüchten“ zufrieden zu geben. 447 Vgl. Luf, Grundlagen, 40. Dreier, Rechtstheologie, 34, verweist auf die spezifische Gefahr theologischer Kirchenrechtslehren, statt präziser rechtlicher Begriffe und Aussagen mystische Beschwörungen und moralische Appelle zu liefern. 448 Vgl. Luf, Grundlagen, 41. 446

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

die Steuerungs- und Regelungsfunktion des Rechts. Das Kirchenrecht ist nicht in der Lage, das Geheimnis der Kirche und des Glaubens umfassend rechtlich zu beschreiben.449 Damit ist die theologische Letztbegründung allen kirchlichen Rechts angesprochen, die im Zusammenhang mit der Diskussion um die theologische bzw. rechtsphilosophische Grundlegung des Kirchenrechts steht.450 Kirchenrecht ist nicht einfach „analoges“ weltliches Recht,451 sondern ein sakramental geprägtes Recht eigener Art,452 ein Recht „sui generis“.453 Im Zusammenhang mit dem kirchlichen Verfassungsrecht kann nichtsdestotrotz eine Synthese der beiden wesentlich verschiedenen kirchenrechtlichen Grundlegungen erfolgen: der Kirche, die dem Grundsatz der societas und damit einem ausschließlich juridisch-soziologischen Kirchenverständnis als gesellschaftlich verfasster Rechtsgemeinschaft folgt, und der Kirche, der ein heilsgeschichtlichekklesiologischer Kirchenbegriff der communio zugrunde liegt und die immer auch Gemeinschaft im Heiligen Geist ist. Im Verfassungsrecht der Kirche tritt so zu Tage, dass die Kirche zwar weltlichen Gesellschaftsordnungen vergleichbar ist, sich aber durch den erhabeneren, ins Transzendente weisenden Zweck von diesem abhebt.454 Das verfassungsrechtliche Verhältnis von Papst und Diözesanbischof zeigt die dialektische Verbindung der ekklesiologisch-dogmatischen und juridisch-soziologischen Aussagen über die Kirche, mit der der Gefahr einer Missdeutung des Kirchenrechts im Sinne wirklichkeitsferner Spiritualisierung ebenso begegnet wurde wie einer einseitigen Verrechtlichung des Kirchenverständnisses.455 Das pneumatologische Element in der Kirche erweist sich dabei als Fundament der institutionellen Gestalt der Kirche.456 Die Kirche ist der Ort des Geistes Christi. Den vermeintlichen Widerspruch zwischen einer Kirche des Rechts und einer Kirche des Geistes gibt es nicht.457 Die mit irdischen und mit himmlischen Gaben ausgestattete Kirche entspricht nicht zwei verschiedenen Größen, sondern bildet eine „komplexe

449

Vgl. L. Müller, Aussagen, 33. Siehe dazu die zweite Vorbemerkung in Kap. III.4.b)bb). 451 Zum Verständins des Kirchenrechts als analoges Recht vgl. L. Müller, Kirchenrecht, 14 ff.; Sobanski, Lage, 359. 452 Vgl. Demel, Art. Kirchenrecht, 335. May, Wesen, 27: „Die Andersartigkeit des kanonischen Rechtes gegenüber dem weltlichen, insbesondere dem staatlichen Recht kommt in seiner Bezeichnung als geistliches Recht zum Ausdruck. Geistlich bedeutet nach biblischem und kirchlichem Sprachgebrauch ,vom Geist gewirkt‘, ,vom Geist erfüllt‘ oder ,dem Geist entsprechend‘, und zwar ist unter diesem Geist der Geist Gottes zu verstehen […], nicht bloß als objektiver Geist […], sondern der lebendige und lebensspendende Gott.“ 453 So Krämer, Versuche, 23; Bertolino, Verständnis, 296. 454 Vgl. Pirson, Communio, 39. 455 Vgl. Rees, Strafgewalt, 52. Demel, Art. Kirchenrecht, 335, spricht in diesem Zusammenhang zutreffend von „Wechselwirkung“ und einer Art „innerer Verschmelzung“ von Recht und Theologie. 456 Vgl. Erdö, Grundlagen, 29. 457 Aymans, Kirche, 8. 450

4. Das Subsidiaritätsprinzip

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Wirklichkeit“,458 die in dieser Welt als societas verfasst und geordnet ist.459 Der mystische Leib der Kirche ist daher nicht allein für die unsichtbare Wirklichkeit der Kirche maßgeblich, sondern Ausdruck für die komplexe Realität der himmlischen und gesellschaftlich verfassten Kirche.460 Es ist derselbe Heilige Geist, der die Kirche als Institution schafft und aufrechterhält, in Amt und Charisma prägt. Die Kirche kann in ihrer Sichtbarkeit nur aus dem beständigen Wirken des Heiligen Geistes begriffen werden.461 Nicht zu überzeugen vermag der im kanonistischen Schrifttum vertretene Ansatz, dass von einem kirchlichen Rechtsbegriff auszugehen sei, der den Heiligen Geist als kalkulierbares Element voraussetze.462 Diese Auffassung verkennt, dass sich eine originär theologische Sprache und Begrifflichkeit mit der an einer juristischen Terminologie und Methodik orientierten kanonistischen Methode kaum verbinden lassen. Dass die Verfassungsstruktur im Hinblick auf rechtmäßiges päpstliches Amtshandeln durch das außerrechtliche pneumatologische Element garantiert wird, ist auch für den Juristen im Zusammenhang mit der Frage nach der Rechtsgeltung und dem Wesen des Rechts von grundsätzlichem Interesse. So ändert die fehlende Erzwingbarkeit des Rechts nichts daran, dass der Befehlscharakter des Rechts und dessen Verbindlichkeit erhalten bleiben.463 Richtigerweise ist die Erzwingbarkeit kein Begriffsmerkmal von Recht, sondern kann ergänzend hinzutreten.464 Das pneumatologische Element ist ein nicht-normatives Steuerungselement im kirchlichen Verfassungsrecht, das zwar auf den Papst als Rechtsadressaten mit dem Ziel der Verhaltensbeeinflussung einwirkt, ihn allerdings in seinem Verhalten nicht einschränkt oder bindet.465 Dass sich auch im kirchlichen Verfassungsrecht das den Papst verpflichtende Recht wesentlich auf die innere Haltung des Amtsträgers abzielt und damit in erster Linie Gewissensbefolgung ohne rechtliches Zwangselement bedeutet, entspricht dem Wesen des kirchlichen Rechts als lex imperfecta. Es ist somit ein gewissens458

Art. 8 LG. Vgl. can. 204 § 2. 460 Vgl. Aymans, Volk Gottes, 10. 461 Aymans, Kirche, 8; vgl. auch Congar, Heiliger Geist, 494 f. 462 Vgl. Pirson, Communio, 41. Im Zusammenhang heißt es: „Wenn eben die Materie des Kirchenrechts nicht die wägbaren und meßbaren Relationen des in der Kirche in Erscheinung tretenden Personenverbands sind, sondern unmittelbar die durch den Heiligen Geist vermittelten Beziehungen, müßte von einem Rechtsbegriff ausgegangen werden, der den Heiligen Geist als kalkulierbares Element voraussetzt. Der Rechtsbegriff wird dann nur vom Glauben her verstehbar. Denn der Heilige Geist ist bei dieser Prämisse nicht nur für die Entstehung der Umstände maßgeblich, die einer rechtlichen Beurteilung zugänglich gemacht werden, sondern schon für die Qualifizierung der Beurteilung als rechtliche Beurteilung.“ (ebd.) 463 Instruktiv Sobanski, Verbindlichkeit, 534 f. 464 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 105 f., Rn. 18 m.w.N. Diese Ansicht ist nicht unumstritten (vgl. May/Egler, Methode, 162; L. Müller, Rechtsbegriff, 315 ff.). 465 Zum Begriff der nicht-normativen Steuerung vgl. Bier, Dezentralität, 175. 459

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III. Das Verhältnis des Papstes zum Diözesanbischof

gelenktes Sollensrecht,466 dessen Verbindlichkeit und Befolgung in weiten Teilen nicht zwanghaft durchgesetzt werden kann. So zeigt sich, dass das Recht in der Kirche wie auch das Glaubensgut der Kirche allein vor Gott verbindlich ist und damit letztlich um des Heils Willen gewissensverpflichtend ist.467 Demnach führen allein der Glaube und das Bewusstsein der eigenen Verantwortung vor Gott zu einer sittlichen Verpflichtung, kirchliches Recht zu befolgen.468 Die fehlende Durchsetzungsfähigkeit steht jedoch weder den verfahrensrechtlichen Überlegungen für den Konfliktfall noch den Ausführungen zum Befehlscharakter der durch das Subsidiaritätsprinzip naturrechtlich begründeten Verhältnisbestimmung von Papst und Bischof entgegen.

5. Zusammenfassung Die Darstellung zeigt, dass das Verhältnis von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt spannungsgeladen ist. Die Auslegung des Gesetzeswortlautes hat das Verhältnis der zur Leitung der Diözese erforderlichen umfassenden, ordentlichen, eigenberechtigten und unmittelbaren Gewalt des Diözesanbischofs angesichts der primatialen höchsten, vollen, unmittelbaren und universalen ordentlichen Gewalt des Papstes, dem über alle Teilkirchen ein Vorrang ordentlicher Gewalt zukommt, nicht eindeutig bestimmen können. Auch die daher zulässige historische Auslegung und die Berücksichtigung der mens legislatoris im Lichte des Zweiten Vatikanischen Konzils kann aufgrund der Fortdauer konträrer ekklesiologischer Kirchenmodelle, die sich in den Konzilsdokumenten nebeneinander wiederfinden, nicht zur Verhältnisbestimmung beitragen. Als Fazit der Auslegung des positiven Gesetzes vermag sich daher der Papst angesichts seines Jurisdiktionsprimats im Verhältnis zum Diözesanbischof durchzusetzen – unbeschadet der Bindung des Papstes an das ius divinum. In diesem Zusammenhang ist zur Abgrenzung von päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt auf das letztlich naturrechtlich begründete und auch auf die Kirche anzuwendende Subsidiaritätsprinzip als Teil des außerkodikarischen göttlichen Rechts zurückzugreifen. Da das Subsidiaritätsprinzip als ein formales Prinzip konkretisiert werden muss, sind die einschlägigen Normen subsidiaritätskonform auszulegen. Soweit das naturrechtliche Subsidiaritätsprinzip als Teil des höherrangigen göttlichen Rechts mit dem ebenfalls auf göttliches Recht zurückzuführenden päpstlichen Jurisdiktionsprimat bei der Auslegung des Gesetzes kollidieren, ist die Normkollision im Wege praktischer Konkordanz zu lösen. Unter diesen Gesichtspunkten ergibt die Auslegung des can. 381 § 1 eine Rechtsvermutung zugunsten der Zuständigkeit des Diözesanbischofs für sämtliche Angelegenheiten 466

Zum Begriff des Sollensrechts in anderem Zusammenhang vgl. Sander, Rechtsdogmatik, 95. 467 Zur Bedeutung Gottes als Ursprung von moralischer und rechtlicher Ordnung vgl. L. Müller, Rechtsbegriff, 294. 468 Vgl. May, Glaubensgesetz, 115; ders., Auctoritas, 131 f. m.w.N.

5. Zusammenfassung

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der Diözese. Das Eingriffsrecht des Papstes durch Vorbehalte oder primatiale Einzelakte aus cc. 331, 333 § 1 ist als subsidiäres Eingriffsrecht auf Fälle diözesanbischöflicher Amtsunfähigkeit oder Amtsunzuständigkeit beschränkt. Aufgrund seines Jurisdiktionsprimats hat der Papst aber stets die Kompetenz-Kompetenz und entscheidet damit über das Vorliegen des Subsidiaritätsfalles. Im Konfliktfall zwischen päpstlicher und diözesanbischöflicher Gewalt steht der Papst aufgrund der aus dem Subsidiaritätsprinzip abgeleiteten Rechtsvermutung zugunsten der Erstzuständigkeit des Diözesanbischofs in der Pflicht zu beweisen, dass ein Subsidiaritätsfall vorliegt. Die Entscheidung, in die diözesanbischöfliche Gewalt einzugreifen, muss ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig erfolgen. Für die verfahrensrechtliche Geltendmachung der Bedenken des Diözesanbischofs gegen die päpstliche Entscheidung ist auf die Grundsätze des diözesanbischöflichen Remonstrationsrechts zurückzugreifen. Da dem Kirchenrecht eine unabhängige Verfassungsgerichtsbarkeit fremd ist und der Papst gleichsam Eingriffsbefugter und Richter über seine Eingriffsbefugnis ist, stellt sich die Frage nach der Durchsetzbarkeit und Erzwingbarkeit der diözesanbischöflichen Rechte. In der von der Kanonistik favorisierten Garantie des Ausgleichs der beiden verfassungsrechtlichen Gewalten durch die Wirkkraft des Heiligen Geistes zeigt sich die theologische Letztbegründung des kirchlichen Rechts und die dialektische Verbindung von theologischen und rechtlichen Kategorien im Kirchenrecht. Aus juristischer Perspektive ist das pneumatologische Element ein außerrechtliches, nicht normatives Steuerungsmittel. Während der Befehlscharakter und die Verbindlichkeit der verfassungsrechtlichen Pflichten des Papstes bleiben, sind deren Befolgung und Durchsetzung allein von der Gewissensbindung und Bereitschaft des Papstes abhängig, dem inneren Anspruch an sein Amt in Verantwortung vor Gott zu entsprechen.

IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums 1. Die systematische Stellung des Bischofskollegiums im CIC Die Vorschriften über das Bischofskollegium sind eingebettet in den zweiten Teil des zweiten Buches unter der Überschrift „De Ecclesiae Constitutione Hierarchica“. Unter der Sektion I, die mit „De Suprema Ecclesiae Auctoritate“ überschrieben ist, finden sich im ersten Kapitel die Vorschriften zu „De Romano Pontifice Deque Collegio Episcoporum“. Es schließen sich sodann vier weitere Kapitel an.469 Kapitel I wird mit can. 330 eingeleitet, der die Fortdauer des zwischen Petrus und den Aposteln bestehenden Apostelkollegiums in der Verbundenheit des Papstes als Nachfolger Petri mit den Bischöfen als Nachfolger der Apostel zum Gegenstand hat. Diesem Einleitungscanon folgen die beiden zentralen Artikel. Während sich Artikel 1 in cc. 331 – 335 zunächst mit dem Papst befasst, hat Artikel 2 in cc. 336 – 341 das Bischofskollegium zum Inhalt.470

469

Die Anordnung der einzelnen Kapitel unter die Sektion I ist unter systematischen Gesichtspunkten betrachtet misslungen. Sektion I ist im Singular mit „die höchste Autorität der Kirche“ überschrieben. Es wird daher, wenn man die Überschrift der Sektion I und deren unmittelbar angeschlossenes erstes Kapitel über Papst und Bischofskollegium betrachtet, zunächst der Eindruck erweckt, dass es sich bei Papst und Bischofskollegium um die eine höchste Autorität der Kirche handle. Dieser erste Eindruck erweist sich jedoch als trügerisch. Wenn man die folgenden Kapitel II bis V hinzunimmt, die von der Bischofssynode, den Kardinälen der Heiligen Römischen Kirche, der römischen Kurie und den Gesandten des Papstes handeln, so ist bereits bei Betrachtung der Kapitelüberschriften offenkundig, dass es sich bei diesen Einrichtungen keinesfalls um die höchste Autorität der Kirche handelt, sondern allenfalls um untergeordnete und weisungsabhängige Hilfsorgane der Höchstautorität. Der Wortlaut der Sektion I ist daher unvollständig. Es hätte sich angeboten, den Wortlaut des Titulus VII. des CIC/1917 zu übernehmen, der die Formulierung „De suprema potestate deque iis qui eiusdem sunt ecclesiastico iure participes“ wählte. Keinesfalls kann die Formulierung der Sektion I herangezogen werden, um zu behaupten, bei Papst und Bischofskollegium handele es sich gemeinsam um „die [eine] höchste Autorität der Kirche“. Dies könnte unter systematischen Gesichtspunkten nur nachvollziehbar behauptet werden, wenn die Sektion I bereits nach dem ersten Kapitel schließen würde. 470 Komonchak, Konzil, 576, sieht in der systematischen Anordnung des das Bischofskollegium betreffenden Artikels nach dem Papst mit Verweis auf die Relation zum revidierten Text von 1971 der LEF eine bewusste Entscheidung: Die Anregung, das Bischofskollegium vor dem Papst zu behandeln, sei mit der Begründung abgelehnt worden, man könne kaum vom Bischofskollegium sprechen, wenn nicht zuvor vom Papst als dem Haupt des Kollegiums die Rede gewesen sei.

2. Das Bischofskollegium als juristische Person

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Der Codex unterscheidet sich hier von seinem Vorgänger, in dem jeder Hinweis auf das Bischofskollegium fehlte.471

2. Das Bischofskollegium als juristische Person Neben dem Menschen als natürliche Person kennt das kanonische Recht soziale Gebilde, denen die Rechtsordnung die Fähigkeit zuerkennt, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.472 Diese werden auch ideale Rechtssubjekte genannt.473 Das kanonische Recht unterscheidet insoweit zwischen juristischen Personen und einfachen Kollegien.474 Letztere unterscheiden sich von der juristischen Person insbesondere durch eine Begrenztheit, was Sinn und Umfang ihrer Rechtsfähigkeit anbelangt. Während juristischen Personen allgemeine Rechtsfähigkeit zukommt und sie umfassend und allgemein Träger aller wesensgemäßen Rechte und Pflichten sind, gelten einfache Kollegien lediglich als normiert rechtsfähig, d. h. nur insoweit das Gesetz selbst ihnen konkrete Rechte und Pflichten einräumt. Es sind in der Regel durch Gesetz konstituierte Kollegien, denen Befugnisse im Rahmen der Kirchenverfassung zukommen und die diese in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung zur Geltung zu bringen haben.475 Weil das Bischofskollegium bereits nach dem eindeutigen Wortlaut in can. 336 HS 2 allgemein und vollumfänglich als Träger höchster und voller Gewalt über die Gesamtkirche mit eigener und umfassender Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist, ist das Bischofskollegium als juristische Person einzuordnen.476 Von besonderem kirchenrechtlichem Interesse ist die noch nicht abschließend geklärte Frage nach dem Entstehungsgrund der Rechtsfähigkeit des Bischofskollegiums als juristische Person. Nach can. 113 § 1 werden die katholische Kirche und der Apostolische Stuhl bereits aufgrund göttlicher Anordnung als moralische (d. h. juristische) Personen angesehen.477 Damit ist die Rechtspersönlichkeit beider Ein471

So stellte lediglich can. 228 § 1 CIC/1917 die Höchstgewalt des Ökumenischen Konzils über die Kirche fest. Wenngleich von namhafter Seite hervorgehoben wird, dass die Lehre über das Bischofskollegium bereits der Sache nach in can. 228 § 1 CIC/1917 enthalten gewesen sei (Rahner, Kommentar, 222), so wird zutreffend angemerkt, dass durch das Schweigen des CIC/ 1917 über das Kollegium der Bischöfe die Grundlage der Autorität des Ökumenischen Konzils im Dunkeln gelassen worden sei (Feliciani, Kodifizierung, 527). 472 Vgl. can. 113 § 2. 473 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 307. 474 Vgl. ausführlich Aymans, Kollegium, 49 ff., insb. 80. 475 Aymans, Kollegium, 79; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 320 f. 476 Vgl. Mörsdorf, Kollegialitätsprinzip, 1438. 477 „Catholica Ecclesia et Apostolica Sedes, moralis personae rationem habent ex ipsa ordinatione divina.“ Der Codex bedient sich hier eines terminologisch abweichenden Sprachgebrauchs, indem er beide Einrichtungen nicht als juristische, sondern als moralische Person bezeichnet. Damit wird unterstrichen, dass es sich um eine juristische Person besonderer

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

richtungen unabhängig von der positiven kirchlichen Rechtsordnung kraft göttlichen Rechts als bestehende Rechtssubjekte anerkannt. Beide Rechtsträger bedürfen demnach keiner konkreten Einrichtung, weil sie bereits dann mit der Rechtsordnung selbst konkret gegeben sind, wenn diese überhaupt die Rechtsfigur der juristischen Person kennt.478 Die Rechtsfähigkeit sämtlicher anderer juristischer Personen ist nach einfachem kirchlichen Recht begründet und in can. 114 § 1 geregelt. Demnach entstehen solche juristischen Personen entweder aufgrund einer Rechtsvorschrift selbst oder aufgrund einer durch Dekret gegebenen besonderen Verleihung seitens der zuständigen Autorität. Anders als juristische Personen göttlichen Rechts können die in can. 114 § 1 genannten juristischen Personen auch aus tatsächlichen Gründen oder durch hoheitliche Aufhebung erlöschen.479 Fraglich ist somit, ob das Bischofskollegium nach dem Codex als eine juristische Person göttlichen oder lediglich einfachen kirchlichen Rechts gilt. In der Kirchenrechtswissenschaft wird diese Frage uneinheitlich bewertet. Mehrheitlich wird das Bischofskollegium als juristische Person iure divini unter can. 113 gefasst.480 Lediglich eine Mindermeinung hält diese Auffassung für nicht zwingend.481 Richtig ist, dass das Bischofskollegium nicht von den in can. 113 genannten Einrichtungen umfasst wird. Unter der katholischen Kirche („Catholica Ecclesia“) wird im Zusammenhang mit dieser Norm allgemein die katholische Gesamtkirche als die über den Erdkreis ausgebreitete Rechtsgemeinschaft des Gottesvolkes verstanden, die Christus errichtet hat, damit in ihr und durch sie die Menschen ihr ewiges Heil verwirklichen, weshalb sie Art handelt, da weder die katholische Kirche noch der Apostolische Stuhl von irgendeiner menschlichen Autorität innerhalb wie außerhalb der Kirche ihre Rechtspersönlichkeit verliehen bekommen hat (Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 313; vgl. auch L. Müller, SocietasPerfecta-Lehre, 271; Pototschnig, Rechtspersönlichkeit, 142). Kritisch zur Gleichsetzung von persona moralis und juristischer Person äußert sich Huizing, göttliches Recht, 172. 478 Vgl. Aymans, Kollegium, 32. 479 Vgl. can. 120 § 1. Danach erlischt die öffentliche juristische Person durch rechtmäßige Aufhebung von Seiten der zuständigen Autorität oder wenn die juristische Person über einen Zeitraum von hundert Jahren hinweg zu handeln aufgehört hat. Die Vorschrift zeigt, dass die juristische Person, soweit sie eine Einrichtung des positiven kirchlichen Rechts ist, von dem konkreten Gestaltungswillen des Gesetzgebers abhängig ist, der über Anfang und Ende ihrer rechtlichen Existenz entscheidet. 480 So meint Aymans, allerdings ohne eine Begründung anzuführen, dass auch das Bischofskollegium trotz fehlender gesetzlicher Regelung den Charakter einer moralischen Person kraft göttlicher Anordnung habe (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 313). Bereits im Zusammenhang mit der inhaltsidentischen Vorgängernorm can. 100 § 1 CIC/1917 hielt Aymans die Aufzählung für unvollständig und forderte angesichts der vorgelegten Lehre vom Bischofskollegium durch das Zweite Vatikanische Konzil eine entsprechende Ergänzung der Norm (vgl. Aymans, Kollegium, 32). Auch nach Meinung zahlreicher anderer Autoren hätte das Bischofskollegium in can. 113 § 1 genannt werden müssen (vgl. L. Müller, Societas-PerfectaLehre, 270; Chiappetta, Codice, 138 f.; Jiménez Urresti, Kommentar, 88; Huysmans, Normen, 225). 481 So bemerkt Bier, Rechtsstellung, 326, dass der Gesetzestext in can. 330 offen lasse, ob und inwiefern sich das Bischofskollegium einer institutio divina verdanke, und auch gemäß can. 113 § 1 habe das Bischofskollegium nicht aufgrund göttlicher Anordnung den Charakter einer moralischen Person.

2. Das Bischofskollegium als juristische Person

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durch ihn mit den notwendigen Mitteln ausgestattet wurde.482 Das Bischofskollegium ist somit bereits unter Wortlautgesichtspunkten nicht darunter zu fassen. Die Bezeichnung Apostolischer Stuhl („Apostolica Sedes“) meint hier entweder nach enger Auslegung allein das Papstamt als die ständig bestehende Einrichtung des päpstlichen Primats483 oder nach weiter Auslegung gem. can. 361 den Papst mit allen Behörden, deren er sich als Amtsperson zur Ausübung der ihm zustehenden Rechte und Pflichten für den Bereich der Gesamtkirche bedient.484 Unumstritten ist, dass das Bischofskollegium nicht unter den Begriff des Apostolischen Stuhls gefasst werden kann.485 Der Codex hat die Frage nach dem Entstehungsgrund des Bischofskollegiums als juristische Person letztlich offengelassen. Zwar indiziert die insoweit abschließende Formulierung in can. 113, dass der Gesetzgeber nur die katholische Kirche und den Apostolischen Stuhl, nicht aber das Bischofskollegium als juristische Personen kraft göttlichen Rechts anerkennt. In diesem Zusammenhang ist jedoch erneut auf das grundsätzliche hermeneutische Problem hinzuweisen, das zwischen dem geoffenbarten Recht als der kirchlichen Rechtssetzung irreversibel vorgegebenen göttlichen Grundverfügung einerseits und der rechtssatzmäßigen Formulierung durch den historischen Gesetzgeber andererseits besteht. Göttliches Recht ist in seiner rechtssatzmäßigen Ausgestaltung immer auch menschlich und damit bloß begrenzt sprachlich erkannt; es ist der fehlbare Versuch, das göttliche Recht in der konkreten historischen Situation der Kirche in Rechtsnormen zu kleiden.486 Auf die konkrete Norm angewandt bedeutet dies: Soweit eine Einrichtung, die nach kirchlichem Recht juristische Person ist, aufgrund göttlicher Anordnung eingesetzt ist, ist sie immer eine juristische Person göttlichen Rechts, auch wenn ein entsprechender Rechtssatz im Kirchenrecht fehlt. Man kann daher nicht mit dem Hinweis auf den abschließenden Charakter der Norm einen göttlich-rechtlichen Entstehungsgrund des Bischofskollegiums als juristische Person zurückweisen. Der Gesetzgeber hat diese Frage der theologischen und kirchenrechtlichen Lehre zur Diskussion überlassen. Dass der Codex das Bischofskollegium in can. 113 jedoch nicht erwähnt hat, zeigt die Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Klärung dieser Frage. Diese Tatsache kann so als Argument dafür angeführt werden, dass der Gesetzgeber das Bischofskollegium lediglich als juristische Person de iure mere ecclesiasticum begreift. 482

So bereits zur Gesetzeslage des CIC/1917 Holböck, Handbuch I, 214. Vgl. in konziliarer Sprache leicht akzentuiert Pree, MKCIC zu can. 113, Rn. 3 (33. Erg.-Lfg. 6/2000). 483 So mit überzeugender Begründung ebd. m.w.N. 484 So bereits Holböck, Handbuch I. Im Einzelnen ist strittig, wer neben dem Papst noch dem Apostolischen Stuhl zugerechnet wird (vgl. Pree, MKCIC zu can. 113, Rn. 3 (33. Erg.-Lfg. 6/2000) m.w.N.). 485 Selbst nach Maßgabe der weiten Begriffsauslegung gilt, dass, auch wenn das Bischofskollegium wesentlich durch den Papst konstituiert wird, es doch selbst keine Einrichtung des Petrusamtes ist, sondern ein vom Papstamt streng zu unterscheidendes, eigenständiges gesamtkirchliches Kollegialorgan. Das Bischofskollegium ist auch keine untergeordnete päpstliche Hilfsbehörde und damit keine Einrichtung des Apostolischen Stuhls. 486 Vgl. Listl, Rechtsnormen, 112 f.; Hollerbach, Ius, 197; Pree, Ius, 50.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Sofern das Bischofskollegium nicht als juristische Person kraft kirchlichen Rechts eingeordnet wird, besteht nicht nur die grundsätzliche Möglichkeit einer rechtmäßigen Aufhebung durch die zuständige Autorität nach Maßgabe von can. 120 § 1 Alt. 1; vielmehr stellt sich die Frage, ob nicht auch für das Bischofskollegium der faktische Erlöschensgrund nach can. 120 § 1 Alt. 2 gilt, wenn es mit Ablauf von hundert Jahren zu handeln aufgehört hat.487 Das Bischofskollegium ist, da es immer als juristische Person in der Kirche anwesend ist, ein beständiges Rechtssubjekt. Der Codex folgt hier der konziliaren Lehre vom Bischofskollegium, wonach diese Kollegialgewalt nicht erst durch einen päpstlichen Initialakt geschaffen wird, sondern in ihrem Rechtsträger fortdauernd in der Kirche anwesend ist. Dies unterscheidet die gegenwärtige Gesetzeslage von dem Vorgängercodex, nach dem die Kollegialgewalt nur in ihrem ereignishaften Wirksamwerden im ökumenischen Konzil entsteht.488 Allerdings ist die Frage nach dem Entstehungsgrund der Rechtspersönlichkeit des Bischofskollegiums weiterhin offen, wobei der Wortlaut und die Systematik der cc. 113 f. dafür streiten, dass es sich bei dem Bischofskollegium um eine juristische Person des einfachen kirchlichen Rechts handelt.

3. Der hierarchische Aufbau des Bischofskollegiums ¢ der Kollegialitätsbegriff Das Bischofskollegium besteht nach can. 336 aus dem Papst als dessen Haupt und den Bischöfen als dessen Gliedern. Die Formulierung des Gesetzes ist größtenteils auf die Konzilsdokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils zurückzuführen. Hauptquellen sind Art. 22 LG489 und Art. 4 CD. Mit der Zweiteilung der Mitglieder in Haupt und Glieder ist bereits durch den Wortlaut des Gesetzes ein hierarchisches Verhältnis angelegt, welches kirchenrechtlich zu konkretisieren ist. Aus der Mitgliedschaft im Kollegium folgt angesichts der textlich hervorgehobenen Sonderstellung des Papstes als kollegiales Haupt keine rechtliche Gleichstellung der Mitglieder. Fraglich ist, wie dieser hierarchische Kollegiumsbegriff ausgelegt werden kann.

487 Die Norm des can. 120 zeigt die Besonderheit eines Nebeneinanders von hoheitlich verfügtem und faktischem Erlöschensgrund. Gerade der faktische Erlöschensgrund durch Zeitablauf zeigt, dass eine bloß rechtlich existierende juristische Person in passiver Existenzweise ohne konkretes Handeln mit dem Wesen der juristischen Person unvereinbar ist. Von elementarer Bedeutung ist die aktive Wahrnehmung der Kollegiumsrechte, d. h. ein Handeln der juristischen Person im Sinne des can. 120 (vgl. auch Aymans, Kollegium, 41). 488 Vgl. cc. 222 – 229 CIC/1917; zum Ganzen vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 216. 489 „Das Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur Autorität, wenn das Kollegium verstanden wird in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen.“

3. Der hierarchische Aufbau des Bischofskollegiums

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Aus kirchenrechtshistorischer Perspektive ist auf die Diskussion um das richtige Verständnis des Begriffs „Kollegium“ während des Zweiten Vatikanischen Konzils einzugehen, die durch die NEP zu LG verbindlich entschieden wurde. Darin wird betont, dass das Kollegium nicht im streng juridischen Sinne verstanden werde, d. h. nicht als ein Kreis von Gleichrangingen, sondern als fester Kreis, dessen Struktur und Autorität der Offenbarung entnommen werden müssten.490 Diesbezüglich wird kommentiert, dass auf dem Konzil die Auffassung vertreten worden sei, dass das Wort „Kollegium“ in der Rechtssprache eindeutig eine societas aequalium bezeichne und daher auf die Beziehung von Papst und Bischöfen angesichts der durch das Erste Vatikanische Konzil festgelegten inaequalitas nicht anwendbar sei.491 Diese Auffassung bezog sich auf die Auseinandersetzung während des Ersten Vatikanischen Konzils im Hinblick auf eine Kollegialstruktur der Gesamtkirche im Sinne der reformatorischen Idee der völligen Gleichheit aller Kirchenglieder.492 Eine solche Verwechslung war jedoch dem Grunde nach bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Konzilstexte einen ausdrücklichen Hinweis auf die Vorrangstellung des Papstes erhielten und damit einen hierarchischen Kollegialitätsbegriff zugrunde legten. Außerdem zwingt der allgemeine Sprachgebrauch nicht zu einem Verständnis des Kollegiums als einer Gemeinschaft Gleichberechtigter bzw. Gleichgestellter.493 Dennoch entschloss sich die Theologische Kommission auf die vorgetragenen Bedenken einzugehen: zum einen durch die abwechselnde Verwendung der Ausdrücke „Ordnung“ oder „Körperschaft“ auf das Bischofskollegium; zum anderen durch die Hinzufügung des „seu coetus stabilis“494 in Art. 19 LG im Zusammenhang mit der Beschreibung des kollegialen Charakters des Apostolates der Zwölf.495 Ein Rückgriff auf die Interpretation des Kollegiumsbegriffs in LG durch die NEP mag daher auch zum Verständnis der mens legislatoris des historischen Gesetzgebers herangezogen werden, der sich dem Kollegialitäts-Verständnis der NEP ausnahmslos angeschlossen hat.496 Doch auch der Blick auf die allgemeinen Normen des Codex bestätigt den in der NEP vorgetragenen Befund, dass eine gleichberechtigte Stellung der Mitglieder des Kollegiums nicht begriffsnotwendig ist. So heißt es in can. 115 § 2: „Eine Gesamtheit von Personen […] ist kollegial, wenn die Mitglieder deren Handeln bestimmen, indem sie nach Maßgabe des Rechtes und der Statuten bei der 490

Nr. 1 NEP. Ratzinger, Kommentar NEP, 350. 492 Vgl. Ratzinger, Kollegialität, 45; ders., Kommentar NEP, 350 f. 493 So auch Rahner, Kommentar, 225. Für Rahner ist es nicht nachvollziehbar, warum die NEP behaupte, bei dem Kollegium handle es sich nicht um eines im streng juridischen Sinne, zumal das Bischofskollegium eine verfassungsrechtliche Größe der Kirche darstelle. Dass nach der Definition des römischen Rechts ein Kollegium jedoch stets eine Gemeinschaft von Gleichrangigen sei, behauptet Ratzinger, Implikationen, 51. 494 Z.T. übersetzt als „fester Kreis“ (Rahner, Kommentar, 213) bzw. „feste Gemeinschaft“ (Ratzinger, Kollegialität, 46), möglich auch „feste Versammlung“. 495 Ratzinger, Kommentar NEP, 351; vgl. auch Rahner, Kommentar, 212. 496 So Bier, Aufwertung, 88 f. 491

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Entscheidungsfällung zusammenwirken, sei es gleichberechtigt oder nicht; andernfalls ist sie nichtkollegial.“ Maßgebliches Kriterium für die kollegiale Struktur ist die rechtmäßige Beteiligung am Prozess der Willensbildung und der Beschlussfassung; diese Beteiligung erfordert explizit keine Gleichberechtigung im Hinblick auf ein entscheidendes Stimmrecht, kann demnach auch lediglich beratend sein.497 Kollegialität im Rechtsinne ist somit dadurch gekennzeichnet, dass der Handlungswille des Kollegiums nach Maßgabe des Rechts in irgendeiner Form durch die Mitglieder bestimmt wird.498 Im Schrifttum wird „Kollegium“ als ein Personenverband definiert, der als ideales Rechtsgebilde Träger aller seiner Wesensart entsprechenden Rechte und Pflichten sein könne und dessen Mitglieder dazu miteinander verbunden seien, den Gesamtwillen durch die Integration ihrer Einzelwillen in der Beschlussfassung zu bestimmen, so dass der Verband als solcher seine eigenen Rechte wahrnehmen und seine eigenen Pflichten erfüllen könne.499 Can. 115 § 2 stellt insoweit die Mindestanforderung an eine kollegiale juristische Person dar, überlässt es im Übrigen dem Gestaltungswillen des Gesetzgebers, darüber hinausgehende Konkretisierungen vorzunehmen. An dieser Stelle ist somit auf die Ausgestaltung der Mitgliedschaftsrechte als hierarchisches Kollegium des can. 336 zurückzukommen. Die wortlautbezogene Differenzierung des Bischofskollegiums in Haupt und Gliedern allein konkretisiert noch nicht hinreichend die hierarchische Struktur des Kollegiums mit der Vorrangstellung des Papstes, auch wenn die vierfache Erwähnung des Papstes als Haupt in can. 336 wohl die Besorgnis um den päpstlichen Vorrang widerspiegelt.500 So kann der päpstliche Vorrang entweder als primus inter pares oder primus supra pares verstanden werden. Erst aus dem weiteren Kontext der Norm wird die hierarchische Struktur des Bischofskollegiums deutlich, die das päpstliche Haupt als primus supra pares versteht.501 Hierfür gibt es drei wesentliche Erwägungen: Erstens unter ämtertheoretischen Gesichtspunkten. So wird dadurch, dass die Unterscheidung in can. 336 nicht zwischen dem Papst einerseits und allen übrigen Bischöfen andererseits erfolgt, sondern zwischen dem Papst für sich und dem Papst vereint mit den Bischöfen, nachdrücklich unterstrichen, dass der Papst als Haupt im Kollegium sein Amt als Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche unverkürzt bewahrt.502 497

Vgl. Gerosa, Recht, 336; Aymans, Kollegium, 47. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 309. 499 Aymans, Kollegium, 186. 500 Vgl. die Bemerkung von Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 4 (14. Erg.-Lfg. 4/1991), zu Art. 22 LG. 501 Rusch, Struktur, 281, unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen egalitärer und autoritärer Kollegialität und schlussfolgert: „Der Gesamtepiskopat bildet una cum Pontifice Maximo ein nicht egalitäres, also autoritäres sakrales Kollegium […].“ 502 Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 4 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). So auch explizit Nr. 3 NEP. 498

3. Der hierarchische Aufbau des Bischofskollegiums

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Zweitens im Hinblick auf die Art der Ausübung der Gewalt, die sich beim Papst grundlegend von der des Bischofskollegiums unterscheidet. So wird die Zuordnung des Kollegiums der Bischöfe zum Papst mit una cum capite et numquam sine capite umschrieben. Damit wird das Haupt begriffsnotwendige Voraussetzung, ohne die das Kollegium nicht existieren kann. Das Bischofskollegium ist nur zusammen mit dem Papst Kollegium, der Papst hingegen kann als Hirte der Gesamtkirche auch ohne das Kollegium tätig werden.503 Drittens unter kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten. So wird in den can. 336 nachfolgenden Vorschriften deutlich, dass dem Papst als Haupt nicht nur eine ehrenhalber eingeräumte Präzedenz, sondern eine amtsbezogene kompetenzielle Vorrangstellung zukommt. So hat der Papst das alleinige Einberufungsrecht und entscheidet allein über Verlegung, Unterbrechung und Auflösung eines Ökumenischen Konzils (can. 338 § 1); der Papst bestimmt über die Verhandlungsgegenstände und erlässt die Geschäftsordnung (can. 338 § 2); Rechtsverbindlichkeit erlangen konziliare Dekrete nur durch päpstliche Approbation, Bestätigung und Promulgation (can. 341 § 1).504 Zusammenfassend ist festzuhalten: Can. 336 HS 1 konkretisiert nicht abschließend das genaue hierarchische Verhältnis innerhalb des Bischofskollegiums, sondern stellt lediglich fest, dass die Aufnahme in das Bischofskollegium keine unterschiedslose Mitgliedschaft vermittelt und vielmehr die Glieder in eine hierarchische Ordnung hineinstellt, die durch die Verfassungsstruktur der Kirche vorgegeben ist.505 Insoweit erschöpft sich der Begriff des Kollegiums im Rechtssinne. Die kirchenrechtliche und ekklesiologische Bedeutung des Begriffs „Bischofskollegium“ geht jedoch weit über den Rechtsbegriff des Kollegiums hinaus. Er umfasst die gesamte Verbundenheit der mit dem Papst in hierarchischer Gemeinschaft stehenden Bischöfe und deren Verhältnis zueinander.506 Das Verhältnis zwischen dem Papst in seiner primatialen Funktion und dem Bischofskollegium mit dem Papst als dessen Haupt geht jedoch rechtlich weder aus dem Kollegiumsbegriff an sich noch aus den einschlägigen Vorschriften des CIC eindeutig hervor. Die Formulierung des can. 330, der von einer Verbundenheit von Papst und Bischöfen untereinander spricht, legt zwar nahe, dass einerseits der Primat nicht bloß eine Funktion des Episkopates ist, andererseits der Episkopat auch nicht bloß ein Instrument des Primats.507 Justiziabel ist dies jedoch nicht. Dem Grunde nach kann aus kirchenrechtlicher Perspektive das Verhältnis von Haupt und Gliedern innerhalb des Bischofskollegium nur nach Maßgabe einer doppelten Grenze umschrieben werden: der Abhängigkeit des Kol503

Vgl. Bier, Verhältnis, 68; ders., Aufwertung, 88; Ruf, Recht, 103 f.; Bacht, Primat, 1452 f. Für Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 4 (14. Erg.-Lfg. 4/1991), erscheint daher der Papst als souveräner Pontifex mit untergebenen Bischöfen. 504 Siehe ausführlich Kap. IV.7.a)aa). 505 Vgl. auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 195. 506 Aymans, Art. Bischofskollegium, 496. 507 Ratzinger, Volk Gottes, 140.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

legiums vom Papst und der Unabhängigkeit des Papstes vom Kollegium.508 Eine darüber hinausgehende juristische Präzisierung ist nicht möglich. Die weitergehende inhaltliche Ausgestaltung der Kollegialität überlässt der Codex der kirchlichen Praxis. Damit ist jedoch ein Gegenstand der Ekklesiologie angesprochen, der als Kollegialität im weiteren Sinne509 bezeichnet werden kann und sich einer originär rechtlichen Betrachtung entzieht.510 508

Ebd., 188; Stoffel, MKCIC zu 330, Rn. 5 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Während hier unter Kollegialität im engeren Sinne kanonistisch das Rechtsverhältnis der Mitglieder des Bischofskollegiums verstanden wird, meint Kollegialität im weiteren Sinne die ekklesiologisch-theologische Beziehung zwischen Papst und Bischöfen. Für eine ähnliche Unterscheidung vgl. Saier, Communio, 195 ff., 201; vgl. auch Kasper, Zukunft, 92. 510 Die Klärung der Frage nach der bischöflichen Kollegialität gilt als Grundanliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils, wo nach der dogmatischen Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit und des Jurisdiktionsprimats die Primatslehre des Ersten Vatikanischen Konzils um eine Lehre des Episkopats ergänzt werden sollte. Die bischöfliche Kollegialität gehört daher zu den wesentlichen verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien der Kirche (vgl. Riedel-Spangenberger, Ekklesiologie, 171 m.w.N.). Allerdings liest sich die Literatur zum Bischofskollegium überwiegend als ein Bemühen um das richtige ekklesiologische Verständnis eines weiten Kollegialitätsbegriffes (Kollegialität im weiteren Sinne): Für Gampl, Diskussion, 408, umfasst die Kollegialität der Bischöfe zweierlei. Zum einen die latente Möglichkeit, vom Papst zur Mitwirkung an einem juristisch relevanten Akt des Gesamtkollegiums aufgerufen und so zum Mitträger der vollen und höchsten Gewalt in der Kirche zu werden. Zum anderen die ständige, konstitutionell vorgezeichnete Bestimmung jedes einzelnen Bischofs, mit sorgendem Blick für das Ganze die Einheit in der Vielfalt zu verkörpern und die Vielzahl in Einheit zu halten. Vgl. auch Valentini, Kollegialität, 284 ff., der das Bischofskollegium im Lichte der communio-Ekklesiologie betrachtet und betont, dass das Juridische bloße Dienstfunktion habe und sich in das größere Ganze des Theologischen einordnen müsse. Vgl. auch Sobanski, Implikationen, 292 f., der in Anlehnung an den Schlussbericht der Bischofssynode von 1985 ausführt, dass die theologische und rechtliche Sicht bei der Begriffsbestimmung von Kollegialität nicht auseinanderfallen dürften. Zwar sei die Theologie der Kollegialität wesentlich umfassender als ihre rein juridische Betrachtung, diese Feststellung dürfe aber nicht die Tatsache verdecken, dass die Kollegialität als besonderer Ausdruck der communio rechtliche Implikationen beinhalte. Auch für Scheuermann, Amtsgewalt, 18, steht fest, dass man sich in der Kirche nicht auf die juridische Denkweise beschränken dürfe. Jenseits der Verfassungstheorie entwickle sich in der Verfassungswirklichkeit eine stärkere Ausgewogenheit des Monarchischen und des Kollegialen. Für Demel, Art. Papst, 473, umschreibt das Prinzip der Kollegialität die Tatsache, dass der Papst keine höhere Vollmacht habe als seine Amtsbrüder im Bischofsamt, da die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakraments sei. Folglich stehe der Papst auch nicht über, sondern neben bzw. in Gemeinschaft mit den Bischöfen und erteile ihnen auch prinzipiell keine Weisungen hinsichtlich ihrer Amtsführung. Schatz, Kollegialität, 35 f., hält den Versuch für misslungen, den Primat konsequent und ausschließlich aus der Mitte des Kollegiums zu verstehen. Das als sog. Harmoniemodell bezeichnete Kollegialitätsverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils, das der Kollegialität nur immer in Einheit mit dem Haupt Gewicht und Autorität zuerkennt, hält Schatz für problematisch, soweit Kollegialität nicht nur als letzte ekklesiale Einheit, sondern immer auch als aktuelle Übereinstimmung verstanden werde. Dieses Verständnis negiert jedoch das kritische, begrenzende Element gegenüber dem Primat. 509

4. Die Fortdauer der apostolischen Gemeinschaft

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4. Die Fortdauer der apostolischen Gemeinschaft Der in einem verschachtelten Satzgefüge abgefasste Hauptsatz in can. 336 HS 1 betont, dass in dem Bischofskollegium die apostolische Körperschaft immerzu fortdauere. Diese Aussage muss im Zusammenhang mit der das Kapitel 1 einleitenden Vorschrift des can. 330 gelesen werden. Dort heißt es: „Wie nach der Weisung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges Kollegium bilden, so sind in gleicher Weise („pari ratione“) der Papst als Nachfolger des Petrus und die Bischöfe als Nachfolger der Apostel untereinander verbunden.“511 So besteht nach can. 330 eine Verbundenheit zwischen Papst und Bischöfen, die der kollegialen Verbundenheit zwischen Petrus und den übrigen Aposteln entspricht. Während der Rusch, Struktur, 281 bezeichnet das Bischofskollegium als ein „nicht egalitäres, also autoritäres sakrales Kollegium, wobei alle Mitglieder eine Leitungsfunktion ausüben“. Die bischöfliche Kollegialität sei die gemeinsam mit Petrus als Primas gegebene solidarische Teilnahme an der Heilsvollmacht Christi zur Leitung der Kirche und zur Rettung der Welt (ebd., 282). Andere Literaturmeinungen differenzieren im Zusammenhang mit dem Begriff der Kollegialität zwischen affektiver und effektiver Kollegialität. Während sich die affektive Kollegialität auf das Kollegium des Papstes mit den Bischöfen beziehe und als Vollverwirklichung gelte, fasse die effektive Kollegialität jene Teilverwirklichungen zusammen, die dennoch Zeichen und Werkzeug für die Verwirklichung der Kollegialität seien (so Kasper, Zukunft, 92). Als Beispiele institutionalisierter effektiver Kollegialität werden genannt: Kardinalskollegium, Bischofssynode, Bischofskonferenzen, römische Kurie, bischöfliche Ad-Limina-Besuche, päpstliche Pastoralreisen, Partikularkonzilien (ausführlich bei Sobanski, Implikationen, 293 ff.; Kasper, Zukunft, 91 f.). Aber auch außerinstitutionell verwirklicht sich effektive Kollegialität als Ausdruck einer kollegialen Gesinnung zur Beseelung des Wirkens angesprochener Gremien, vgl. das Beispiel zur Promulgation des CIC bei Sobanski, Implikationen, 295. Anders differenziert Ratzinger, Kollegialität, 56 ff.: Er unterscheidet zwei Typen der Kollegialitätsidee, die sich in LG vorfinden: eine von der Gesamtkirche und vom Gesamtkollegium ausgehende, deren übergeordnete Idee die Einheit aller Bischöfe in einem gesamtkirchlichen Kollegium sei. Das Bischofsamt definiere sich von da aus gerade von der Verantwortung für die Gesamtkirche aus. Zielpunkt dieses Typs ist die Einbindung des Papstes in das Bischofskollegium zur Überwindung des Zentralismus (Ries, Amt, 248; Rahner, Schriften VIII, 374 ff.; Pottmeyer, Rolle, 102 f.) Anders das Kollegialitätsverständnis, das die Idee des Gesamtkollegiums für sekundär hält und das Hauptanliegen in der Wiederherstellung des Organismus der Einzelkirche in der Einheit der Gesamtkirche sieht. Gesamtkirche ist demnach Gemeinschaft von Kirchen. Insofern der Bischof Hirte einer Einzelkirche ist, ist er Mitglied des Bischofskollegiums. Daher ist auch der Papst als Bischof der Kirche von Rom Mitglied des Bischofskollegiums. Sein Primat ist ein communio-Primat für den Erhalt der Einheit der universalen Gemeinschaft der Kirche (Ries, Amt, 248; Pottmeyer, Rolle, 103). Zur grundlegenden theologischen Betrachtung des Bischofskollegiums vgl. statt vieler Pottmeyer, Art. Bischofskollegium, 493 ff. m.w.N. Zur ekklesiologischen Funktion des Bischofskollegiums, insbesondere als immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in der Vielheit der ganzen Kirche vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 198 f. Zur Kollegialität der Bischöfe im Hinblick auf den Primat des Papstes vgl. Ratzinger, Implikationen, 54 ff.; ders, Volk Gottes, 187 ff. 511 Can. 330 hat Art. 22 LG beinahe wörtlich übernommen. Lediglich wurde in Art. 22 LG das Kollegium noch als ein „einziges apostolisches Kollegium (unum Collegium apostolicum)“ bezeichnet.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Codex bezüglich der Verbundenheit der Apostel von einem Kollegium spricht, heißt es in Bezug auf Papst und Bischöfe allgemeiner von deren Verbindung.512 Diese ursprüngliche Kollegialität des Apostelkollegiums erfolgte aufgrund göttlicher Stiftung.513 Es handelt sich dabei in erster Linie um theologische Aussagen.514 Dennoch sind sie vom Standpunkt des Rechts aus betrachtet in zweierlei Hinsicht relevant. Zum einen in Bezug auf die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Verbundenheit des apostolischen Nachfolgekollegiums und zum anderen im Hinblick auf den Charakter des Kollegiums als göttliches Recht. Das Apostelkollegium dauert im Bischofskollegium fort. Das Verhältnis zwischen beiden Ordnungen, zwischen Petrus und den übrigen Aposteln einerseits und dem Papst und den Bischöfen andererseits, bestimmt sich in verfassungsrechtlicher Hinsicht als eine Verhältnisgleichheit.515 Es handelt sich um eine Verbundenheit „pari ratione“, wie can. 330 mitteilt.516 Im Hinblick auf das Verhältnis von Apostelund Bischofskollegium besteht somit keine Identität. In diesem Sinne führte bereits die NEP aus, dass aus dem Parallelismus keine Übertragung der außerordentlichen Vollmacht der Apostel auf ihre Nachfolger folge.517 Die besonderen Prärogativen der Apostel, die sie von Gott erhielten,518 hängen mit der Einmaligkeit des Apostolats zusammen und werden nicht an das Bischofskollegium tradiert.519 Die Verhältnisgleichheit darf auch nicht als Gleichheit innerhalb des Kollegiums fehlinterpretiert werden.520 Der Codex folgt nicht dem Konzept einer Kollegialverfassung als eines Kreises von Gleichrangingen, da er das Bischofskollegium im selben Canon ausdrücklich als ein hierarchisch strukturiertes Organ mit Haupt und Gliedern be-

512

Dazu ausführlich Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 192. Ausführlich heißt es dazu in Art. 19 LG: „Der Herr Jesus rief, nachdem er sich betend an den Vater gewandt hatte, die zu sich, die er selbst wollte, und bestimmte zwölf, daß sie mit ihm seien und er sie sende, das Reich Gottes zu verkündigen (vgl. Mk. 3, 13 – 19; Mt. 10, 1 – 42). Diese Apostel (vgl. Lk. 6, 13) setzte er nach Art eines Kollegiums oder eines festen Kreises ein, an dessen Spitze er den aus ihrer Mitte erwählten Petrus stellte (vgl. Joh. 21, 15 – 17).“ 514 Vgl. grundlegend L. Müller, Aussagen, 32 ff., insb. 39. 515 Vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 330, Rn. 3 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). 516 Daher ist es irreführend, wenn die fünfte amtliche deutsche Übersetzung des CIC die Passage mit „in gleicher Weise“ übersetzt. Dies hätte im Lateinischen eadem ratione heißen müssen und so einen Bedeutungsunterschied mit sich gebracht. Diese Formulierung wurde jedoch bewusst verworfen (vgl. Nr. 1 NEP a.E.). 517 Nr. 1 NEP. 518 Zu diesen Prärogativen gehören z. B. die erstglaubende Augenzeugenschaft, die Vermittlung der Offenbarung oder ihre unbeschränkte Zuordnung zur Gesamtkirche ohne Einschränkung auf ein bestimmtes Bistum. 519 Stoffel, MKCIC zu can. 330, Rn. 3 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Rahner, Kommentar, 225; vgl. auch Ratzinger, Kommentar NEP, 351 f.; ders., Kollegialität, 54 f. 520 Vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 330, Rn. 3 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Gerosa, Recht, 342. Dies hob bereits Nr. 1 NEP hervor. So heißt es dort, dass der Parallelismus „selbstverständlich auch nicht eine Gleichheit zwischen Haupt und Gliedern des Kollegiums“ bedeutet. 513

4. Die Fortdauer der apostolischen Gemeinschaft

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schreibt. Eine weitergehende und konkrete rechtliche Bestimmung des Verhältnisses zwischen Papst und Bischöfen kann aus der Norm nicht erfolgen.521 Vielfach wird aus der Formulierung des can. 330, wonach das Apostelkollegium auf eine Anordnung des Herrn zurückgehe, geschlossen, dass auch das Bischofskollegium eine Einrichtung göttlichen Rechts sei.522 Diese Ansicht ist jedoch nicht zwingend.523 Richtig ist zwar, dass das Lehramt des Zweiten Vatikanischen Konzils diese Auffassung begünstigt.524 Bei strenger Betrachtung des Wortlautes muss sich dieser Rückschluss nicht ergeben. So bezieht sich die göttliche Stiftung lediglich auf das Apostelkollegium. Dass damit gleichsam auch das Bischofskollegium als 521

Siehe dazu ausführlich Kap. IV.3. Vgl. grundlegend aus theologischer Perspektive Rahner, Ius Divinum, 67 ff., ders, Episkopat und Primat, 18; Ratzinger, Implikationen, 46 f.; ders, Kollegialität, 47; Rusch, Struktur, 282; Pissarek-Hudelist, Lehramt, 178. Vgl. Socha, Ius Divinum, 155 ff., 161; Rahner, Kommentar LG, 225, bemerkt in Bezug auf Art. 22 LG, dass eine explizite Aussage über das ius divinum des Bischofskollegiums vermieden worden, der Sache aber nach gemeint sei. Auch Semmelroth, Lehre, 164, ist der Ansicht, dass die Bischöfe als Nachfolger der Apostel zunächst nicht als einzelne, sondern als Bischofskollegium betrachtet würden, das dem Apostelkollegium nachfolge und ihm gewissermaßen Dauerexistenz in der Kirche gebe. Unter den Kanonisten betont Stoffel, MKCIC zu can. 330, Rn. 5 (14. Erg.-Lfg. 4/1991), das Bischofskollegium bilde in Fortsetzung des Apostelkollegiums „ein wesentliches Element der hierarchischen Verfassung der Kirche und zwar institutione divina“. So sind wohl auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 192, zu verstehen. Dort heißt es, dass sich aus can. 330 ergebe, dass Papst und Bischöfe in ihren Ämtern nicht kirchlicher Schöpfung, sondern nach der Weisung des Herrn seien. Ebenso liest sich Gerosa, Recht, 342: „Vielmehr lässt sich […] darauf schließen, dass innerhalb des Apostelkollegiums und des Bischofskollegiums das Verhältnis jeweils des Ganzen zu seinem Haupt gleich ist und dass es durch die apostolische Sukzession im göttlichen Recht gründet.“ 523 So insbesondere Bier, Rechtsstellung, 326. Ob die Weisung des Herrn, ein Kollegium zu bilden, über Petrus und die Apostel hinaus auch deren Nachfolgern gilt, sage can. 330 nicht. Zurückhaltend äußert sich auch Riedel-Spangenberger, Ekklesiologie, 171 f. 524 Zentral ist in diesem Zusammenhang Art. 20 LG. Dieser widmet sich umfassend der geschichtlichen Fortsetzung des Apostelamtes im Bischofsamt und dem göttlichen Recht des Episkopats, um schlussendlich zu formulieren: „Aus diesem Grunde lehrt („docet“) die Heilige Synode, daß die Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel als Hirten der Kirche getreten sind.“ Zwar impliziert die Formulierung, dass die episkopale Verfassung der Kirche nicht lediglich einfachen kirchlichen Rechts, sondern aufgrund göttlichen Offenbarungsgeschehens eingesetzt ist (vgl. auch Rahner, Kommentar LG, 215), allerdings wird auch in LG nicht explizit vom der Verfasstheit der Bischöfe im Bischofskollegium gesprochen. Ebenso bekunden andere lehramtliche Zeugnisse zwar die göttliche Stiftung des Bischofsamtes, ohne dabei deren Verfasstheit im Bischofskollegium zu erwähnen (vgl. die Wendungen auf dem Trienter Konzil: „Wer sagt, in der katholischen Kirche gebe es keine durch göttliche Anordnung eingesetzte Hierarchie, die aus Bischöfen, Priestern und Dienern besteht: der sei mit dem Anathema belegt“ (DH 1777) oder „die Bischöfe, die auf die Stelle der Apostel nachgerückt sind“ (DH 1768). In dieser Tradition heißt es auf dem Ersten Vatikanischen Konzil: „So wollte er [der Herr], daß es in seiner Kirche bis zur Vollendung der Zeit Hirten und Lehrer gebe.“, (DH 3050). An anderer Stelle heißt es von den Bischöfen, „die eingesetzt vom Heiligen Geist, an die Stelle der Apostel nachgefolgt sind.“ (DH 3061); vgl. auch Papst Pius XII. in seiner Enzyklika „Mystici corporis“: „Und daher sind sie [die Bischöfe] als Nachfolger der Apostel aufgrund göttlicher Einsetzung […] zu verehren.“ (DH 3804) 522

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Nachfolgeorgan eine Einrichtung göttlichen Rechts sei, bleibt vielmehr offen. Für diese zurückhaltende Interpretation spricht zudem, dass der Gesetzgeber dem Bischofskollegium auch in can. 113 § 1 nicht aufgrund göttlicher Anordnung den Charakter einer moralischen Person verliehen hat.525 Allenfalls unter dem Gedanken einer strengen Rechtsnachfolge, die in die Formulierung des can. 336 hineingelesen werden müsste, wonach im Bischofskollegium die apostolische Körperschaft immerzu fortdauere („continuo“), ließe sich die These aufrechterhalten, dass auch das Bischofskollegium göttlichen Rechts sei. Zweifelhaft ist jedoch, ob das Bischofskollegium wirklich Rechtsnachfolger sein kann, wenn es lediglich in einer verhältnisgleichen und nicht identitären Verbindung zu seinem Vorgängerorgan steht.526 Nur wer der Ansicht ist, das Bischofskollegium sei göttlichen Rechts, kann daraus verfassungsrechtlich dessen institutionellen Bestandsschutz ableiten. Eine Abschaffung des Bischofskollegiums wäre damit ausgeschlossen. Auch eine vollständige Aushöhlung der Kompetenzen und Aufgaben des Bischofskollegiums würden einen Verstoß gegen das ius divinum bedeuten.527 Andererseits kann aus der verfassungsrechtlich verankerten Garantie des Bestandes des Bischofskollegiums keine Unveränderbarkeit der Kompetenzen und Aufgaben des Bischofskollegiums hergeleitet werden. Die konkrete Ausgestaltung der Rechtsbefugnisse des Bischofskollegiums liegt weiterhin in den Händen des höchsten Gesetzgebers.528 Die kirchenrechtliche Bedeutung der cc. 330, 336 HS 1 über die Fortdauer der apostolischen Gemeinschaft erschöpft sich in der Beschreibung des Verhältnisses von Apostel- und Bischofskollegium als verhältnisgleich. Die These, wonach das Bischofskollegium eine Institution göttlichen Rechts sei, lässt sich aus den Normen hingegen nicht zwingend ableiten.

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium Can. 336 HS 1 besagt, dass die Glieder des Bischofskollegiums „kraft der sakramentalen Weihe und der hierarchischen Gemeinschaft mit dem Haupt und den Gliedern des Kollegiums“ die Bischöfe sind. Damit hat das kirchliche Rechtsbuch die bereits auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil in Art. 22 LG formulierte Lehre

525

Siehe dazu Kap. IV.2. Das Bischofskollegium ist vielmehr der personal-sakramentale Nachfolger der Apostelgemeinschaft (vgl. Socha, Ius Divinum, 160). Ratzinger, Volk Gottes, 177, nennt es daher aufgrund der sakramentalen Gegebenheit „eine unaufgebbare Vorgegebenheit der kirchlichen Struktur“. 527 Vgl. Rusch, Struktur, 282 f. Es müsse iure divino auch ein exercitium, eine Ausübung der collegialitas gegeben sein. Es gelte der Grundsatz: Potestas enim sine exercitio est nulla. 528 Vgl. ebd, 282 f. 526

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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übernommen.529 Der Codex knüpft damit die Mitgliedschaft im Bischofskollegium an zwei gleichgeordnete, rechtlich relevante Elemente an.

a) Die sakramentale Weihe Erstes konstitutives Element für die Zugehörigkeit zum Bischofskollegium ist der Empfang des Weihesakraments. Can. 336 setzt dabei den in can. 1008 legal definierten Weihebegriff voraus. Demnach werden durch das Sakrament der Weihe kraft göttlicher Weisung aus dem Kreis der Gläubigen einige mittels eines untilgbaren Prägemals, mit dem sie gezeichnet werden, zu geistlichen Amtsträgern bestellt. Notwendig für die Mitgliedschaft im Bischofskollegium ist der sakramental wirksame Empfang der Bischofsweihe.530 Durch die Bischofsweihe wird die Fülle des Weihesakraments übertragen, die den Ursprung und die Quelle für jede andere Art der Teilhabe am Priestertum Christi bildet; daher nehmen die Bischöfe in hervorragender und sichtbarer Weise an den Aufgaben Christi teil und handeln in seiner Person.531 Diese grenzt die Mitglieder der Gemeinschaft der Bischöfe von dem übrigen Volk Gottes, Klerikern oder Laien, ab. Daher ist ein lediglich mit der Priesterweihe ausgestatteter Vorsteher der Teilkirche (z. B. Gefreiter Abt oder Prälat) auch kein ordentliches Mitglied des Bischofskollegiums.532 Die Episkopatsweihe als unzerstörbares Prägemal verleiht gleichsam eine unaufhebbare Sondergliedschaft.533 Das sakramentale Element zur Mitgliedschaft im Bischofskollegium ist somit unverlierbar, soweit die Weihe gültig erfolgt, d. h. keine Nichtigkeitsgründe gegeben sind.534 Die Frage der Legitimität der Bischofsweihe ist 529

Dort heißt es: „Glied der Körperschaft wird man durch die sakramentale Weihe und die hierarchische Gemeinschaft.“ Dieser Satz verweist seinerseits zurück auf die Formulierung des Abschnittes über die Sakramentalität der Bischofsweihe in Art. 21 LG: „Die Bischofsweihe überträgt mit dem Amt der Heiligung auch die Ämter der Lehre und der Leitung, die jedoch ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden können.“ Auch in Nr. 2 NEP findet sich gleichlautend eine Wiederholung der zitierten Passage von Art. 22 LG. 530 Vgl. can. 1009 § 1 Alt. 1. 531 Art. 21 LG; vgl. Saier, Communio, 204. 532 Ebd., 206; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 194. 533 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 14. 534 Die Nichtigkeitsgründe sind, wenngleich nicht ausdrücklich gesetzlich festgelegt, eng umgrenzt. In Betracht kommt die Nichtigkeit der Weihe bei einem wesentlichen Mangel des liturgischen Weiheritus oder bei einer fehlenden Befähigung oder in einem Willensmangel des Weihespenders oder des Geweihten (Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 171; vgl. Fahrnberger, Nichtigerklärung, 881 f.). Die Nichtigkeit der Weihe wird nach Durchführung des Weiheprozesses durch Feststellungsurteil tenoriert. In dem Nichtigkeitsverfahren (vgl. cc. 1708 – 1712; Fahrnberger, Weiheverfahren, 1208 ff.) wird festgestellt, dass die scheinbar gültige Weihe in Wirklichkeit ein nichtiger Akt war, so dass der vermeintlich Geweihte tatsächlich das unauslöschliche sakramentale Prägemal nie erhalten hat und somit tatsächlich stets Laie geblieben ist (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 172).

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

in diesem Zusammenhang nach herrschender Lehre nicht von Bedeutung. So ist der unter Missachtung des Verbots in can. 1013 ohne päpstlichen Auftrag und dadurch mit der Tatstrafe der Exkommunikation nach can. 1382 Alt. 2 belegte illegitim Geweihte sakramental-rechtlich gültig geweihter Bischof.535 Auch das Ausscheiden des Bischofs aus dem Klerikerstand und die damit wiederbegründete Gliedschaftsstellung als Laie ändert nichts daran, dass der Laisierte ungeachtet des Verbotes der erlaubten Ausübung der Weihegewalt gültig geweiht ist und bleibt.536 Die Frage, welche Wirkung die Weihe entfaltet, gehört zu den schwierigsten und umstrittensten kirchengeschichtlichen Problemen.537 Grundlegend ist dabei die Unterscheidung von Weihegewalt (postestas ordinis) und Leitungsgewalt (potestas iurisdictionis538). So führte die begriffliche Unterscheidung zwischen Weihe- und Leitungsgewalt zu einer falschen gegenständlichen Abgrenzung, weil die Weihegewalt fortan auf den sakramentalen, kultischen Bereich, die Leitungsgewalt sich hingegen ausschließlich auf die äußere Leitung der Kirche bezog. Mit dieser Unterscheidung verband sich ein dualistischer Kirchenbegriff, der Kirche zum einen als sakramentale Wirklichkeit und zum anderen als äußere gesellschaftliche Größe verstand.539 Erst das Zweite Vatikanische Konzil widersprach der Auffassung, nach welcher Weihe- und Leitungsgewalt voneinander getrennt sind.540 Bewusst spricht das Konzil einheitlich von potestas oder potestas sacra. Mit dem Verständnis von potestas als der einen geistlichen Vollmacht ist nach allgemeiner Ansicht eine Entwicklung aufgegeben worden, durch die das Leben der Kirche erheblich belastet wurde.541 So heißt es in der einschlägigen Passage der Kirchenkonstitution: „Die Bischofsweihe aber verleiht, zusammen mit dem Heiligungsdienst, die Dienste des Lehrens und des Leitens, die aber ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit dem Haupt und den Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden 535

Das Zweite Vatikanische Konzil und die CIC-Reformkommission hatte diese Frage bewusst der theologischen Forschung überlassen (vgl. Communicationes 10 (1978), 182; Nota Bene NEP; Hirnsperger, Ordination, 870). So meint Gerosa, Recht, 260: „Auch ein suspendierter, exkommunizierter oder nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehender Bischof [kann] das Weihesakrament gültig spenden“. Es ist somit zwischen der bestehenden Gültigkeit der Weihe und der fehlenden Erlaubtheit der Ausübung der Weihegewalt zu unterscheiden; vgl. auch Ratzinger, Kommentar NEP, 358; Saier, Communio, 206. Die Gegenauffassung referiert Semmelroth, Lehre, 169 f. 536 Cc. 290 S. 1, 292 S. 2; ausführlich bei Fahrnberger, Ausscheiden, 283 f. m.w.N. 537 Ausführlich bei Ratzinger, Kommentar NEP, 352. Vgl. auch ders., Kollegialität, 48. In kirchengeschichtlicher Perspektive insbesondere Krämer, Dienst und Vollmacht, 4 ff., Gänswein, Primatialgewalt, 50 ff.; zum Zweiten Vatikanischen Konzil vgl. Saier, Communio, 203 ff. 538 Der Codex verwendet regelmäßig statt potestas iurisdictiones die Bezeichnung potestas regiminis. Leitungsgewalt wird im kanonistischen Schrifttum auch vielfach als Hirtengewalt bezeichnet. 539 Krämer, Kirchenrecht II, 49. Vgl. auch ders., Dienst und Vollmacht, 8; ders., Sacra potestas, 23 f.; Ratzinger, Kollegialität, 48; ders., Kommentar NEP, 352 ff.; Mörsdorf, Weihegewalt, 95 ff. 540 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 391. Vgl. Lécuyer, Bischofsweihe, 33. 541 Krämer, Kirchenrecht II, 49.

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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können.“542 Damit wird nunmehr die bestehende Einheit des dreifachen bischöflichen Dienstes deutlich. So hebt auch die NEP hervor, dass in der Weihe die seinsmäßige Teilnahme an den heiligen Ämtern verliehen werde.543 Mit Bedacht ist der Ausdruck Ämter (munera) verwendet und nicht Vollmachten (potestates), weil das letztgenannte Wort als die zum Vollzug völlig freigegebene Vollmacht missverstanden werden könnte. Eine solche zum Vollzug völlig freigegebene Vollmacht entsteht jedoch nicht bereits durch die Weihe, sondern bedarf zusätzlich einer kanonischen, das heißt rechtlichen Bestimmung (determinatio) durch die hierarchische Obrigkeit.544 Damit unterscheidet das Zweite Vatikanische Konzil die Kirchengewalt in ontologischer Hinsicht und von ihrer konkreten Ausübung.545 Der Codex ist dieser Lehre gefolgt. Die Weihe gibt entsprechend der jeweiligen Weihestufe eine seinsmäßige Teilhabe an dem dreifachen Dienstamt des Bischofs: der Lehre, Heiligung und Leitung.546 Als höchste Weihestufe wird durch die Bischofsweihe die Fülle der einen geistlichen Vollmacht übertragen.547 Diese Weihevollmacht kann nicht wieder entzogen werden.548 Unterschiedlich beantwortet wird die Frage, wie sich seinshafte Grundlegung (consecratio) und Ausübung der Gewalt (iuridica determinatio) zueinander verhalten.549 Damit die ontologische Fülle der bischöflichen Vollmacht zum Vollzug freigegeben ist, d. h. damit der Bischof die konkrete Befugnis zur Heiligung, Lehre und Leitung erhält, bedarf es in jedem Fall einer weiteren rechtlichen Bestimmung (iuridica determinatio) durch die hierarchische Obrigkeit.550 Diese Jurisdiktionsanweisung an die Bischöfe durch den Papst ist auf der Ebene der rechtlichen Einweisung zu verstehen, durch die das Amt (munera) zur vollziehbaren Vollmacht (potestates) konkretisiert wird.551 Damit ist die Ergänzungsbedüftigkeit der durch die heilige Weihe vermittelten Gewalt angesprochen, allerdings in dem Sinne, dass mit der Jurisdiktion nicht eine zur Weihe 542

Art. 21 LG. Nr. 2 NEP. 544 Ebd. 545 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 392 f. 546 Vgl. can. 1008 HS 2. 547 Vgl. can. 1008 HS 2 i.V.m. can. 1009 § 1. 548 Vgl. can. 1338 § 2. 549 Zu den unterschiedlichen Positionen vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 394 f. m.w.N. Vgl. auch Krämer, Sacra potestas, 25 ff., in Auseinandersetzung mit der Position von Kaiser, Potestas, 81 ff. 550 Vgl. can. 129 § 1. 551 Vgl. Ratzinger, Kommentar NEP, 352 f. So betont Mörsdorf, Verfassung, 94, dass die Zuordnung von Bischofsweihe und Bischofsamt dahingehend bestimmt werde, dass sich die aus der Weihe und dem Amt fließenden Gewalten gegenseitig ergänzten und zusammen die zur Ausübung bereite Bischofsgewalt begründe. Somit seien Weihe- und Hirtengewalt komplementäre Elemente der einen heiligen Gewalt und dürften nicht mehr als für sich stehende und getrennte Gewalten angesehen werden. 543

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

hinzutretende Vollmacht gemeint ist, sondern die rechtliche Konkretisierung einer Vollmacht, die als solche im Sakrament der Weihe bereits verliehen wird.552 Die Jurisdiktion ist also die konkrete Ausgestaltung des im Sakrament der Weihe bereits Angelegten; die Jurisdiktion wird dem bischöflichen Amt nicht bloß von außen her zugefügt, sondern ist in der Struktur des Sakramentes bereits angelegt.553 Leitungsgewalt als ein Element der Kirchengewalt kann somit nicht ohne Bezug zur Weihe bestehen, folglich auch nicht real von dieser getrennt werden.554 Insoweit der Codex zur Erlangung der Mitgliedschaft im Bischofskollegium den Empfang der sakramentalen Weihe verlangt, genügt die gültige, d. h. nicht nichtige Weihehandlung, durch die die habituelle Vollmacht des einen dreifachen bischöflichen Dienstes übertragen wird; auf die zur Ausübung der Vollmacht notwendige konkrete determinatio kommt es an dieser Stelle nicht an. Die determinatio gehört wesentlich zum zweiten mitgliedschaftsbegründenden Element der communio hierarchica.

b) Die hierarchische Gemeinschaft Neben der sakramentalen Weihe nennt can. 336 die hierarchische Gemeinschaft („hierarchica communione“) mit dem Haupt und den Gliedern des Kollegiums als notwendiges Element der Mitgliedschaft im Bischofskollegium.555 Das Verständnis der Kirche als communio gehört seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zu den wesentlichen ekklesiologischen Strukturprinzipien der Kirche, das der CIC im Sinne

552

Krämer, Vollmacht, 152; ders., Kirchenrecht II, 51. Vgl. auch Grillmeier, Sorgen, 296 f. Insofern wird durch Nr. 2 NEP auch die Äußerung der Enzyklika „Mystici Corporis“, wonach die Jurisdiktionsgewalt den Bischöfen unmittelbar vom Papst zugeteilt werde („quamvis ordinaria iurisdictionis potestate fruantur, immediate sibi ab eodem Pontifice Summo impertita“, AAS 35, 212), in den größeren theologischen Zusammenhang gestellt. Derlei Äußerungen beziehen sich auf die Ebene der rechtlichen Determination, ohne die bereits durch das Sakrament der Weihe grundlegende ontologische Beteiligung am Hirtenamt auszuschließen (vgl. Ratzinger, Kollegialität, 64). 554 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 395; vgl. Mörsdorf, Weihesakrament, 193 f. 555 Unzutreffend bzw. unvollständig ist daher die Äußerung von Demel, Art. Bischof, 68, in der allein die Bischofsweihe als Voraussetzung zur Eingliederung in das Bischofskollegium genannt wird. Ratzinger, Kollegialität, 65, weist im Zusammenhang mit dem Wortlaut in LG darauf hin, dass es ursprünglich nur communio geheißen habe, später sei aber das Adjektiv hierarchica beigefügt worden, um dem Missverständnis vorzubeugen, das Wort communio lediglich im Sinne einer unverbindlichen Beziehung zu verstehen. Es sei der Kommission um eine Erneuerung der altkirchlichen communio-Ekklesiologie gegangen, in der das Wort communio Ausdruck für die verbindliche Rechtsgestalt der Kirche sei, allerdings im Sinne eines betont sakramental verankerten Rechts. Dieses Grundanliegen klar zu machen, sei Absicht der Hinzufügung des Wortes hierarchica gewesen, auch wenn dieses der altchristlichen Terminologie fremd und insofern sprachlich nicht besonders glücklich sei. 553

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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der konziliaren Vorgaben aufgenommen hat.556 In seiner vielgestaltigen ekklesiologischen und verfassungsrechtlichen Dimension taucht der Begriff der communio hierarchica explizit neben can. 336 nur noch ein weiteres Mal in can. 375 § 2 auf. Dort wird der Begriff der hierarchischen Gemeinschaft in Zusammenhang mit der Ausübung der durch die Bischofsweihe empfangenen munera der Heiligung, Lehre und Leitung gestellt. Während jene drei munera durch die Bischofsweihe empfangen werden, sind diese ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft auszuüben. Die hierarchische Gemeinschaft erscheint hier als ein sich zur Bischofsweihe komplementär verhaltendes Element. Die Einordnung der Bischöfe in die hierarchische Gemeinschaft ist notwendig dafür, dass die in der Bischofsweihe 556 Vgl. dazu grundlegend die Arbeit von Acerbi, Ecclesiologie, nach der die nachkonziliare Rezeption zwischen communio-Ekklesiologie und hierarchisch-juridischer Ekklesiologie unterscheidet. Ebenso grundlegend ist die rechtsbegriffliche Untersuchung des communio-Begriffs in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils von Saier, Communio. Für Saier, Communio, 11, ist communio neben anderem der Ausdruck für die hierarchische Struktur des Volkes Gottes, durch die ein bestimmtes Verhältnis der Zu- bzw. Unterordnung ausgesagt werde. Für Hierold, Recht, 187 f., ist communio neben der Bezeichnung der Kirche als Volk Gottes oder Leib Christi ein tragender Begriff zur Beschreibung des Wesens der Kirche. Die Bezeichnung der Kirche als communio weise darauf hin, dass diese einen sakramentalen Charakter habe (ders., 191). So habe das Zweite Vatikanische Konzil in einem bewussten Rückgriff auf das neutestamentarische und patristische Selbstverständnis der Kirche communio zum Leitbegriff der Ekklesiologie erhoben (vgl. Drumm, Art. Communio, 1280). Für die außerordentliche Bischofssynode von 1985 ist die communio-Ekklesiologie „die Grundlage für die Ordnung der Kirche und besonders für die rechte in ihr bestehende Beziehung zwischen Einheit und Vielfalt“ (Kasper, Zukunft, 34) und die „zentrale und grundlegende Idee der Konzilsdokumente“ (ders., 33). Für Papst Johannes Paul II. ist das Verständnis der Kirche als communio neben anderem „jenes grundlegende Neue, das, ohne jemals von der gesetzgeberischen Tradition der Kirche abzuweichen, im II. Vatikanischen Konzil anzutreffen ist, besonders was seine ekklesiologische Lehre betrifft, auch das Neue im neuen Codex ausmacht.“ (AK zur Promulgation des CIC, XIX). Pirson, Communio, 36, hält die Wiederentdeckung des communio-Gedankens symptomatisch für die nachkonziliare Ekklesiologie. Mit ihr gehe eine Abkehr von einer ausschließlich juridischen Betrachtung der Kirche einher (ders., 37). Das Verständnis der Kirche als communio (hierarchica) meine, dass die in ihr herrschende Rechtsgewalt nicht bloß Folge des Gemeinschaftscharakters (societas perfecta) sei, sondern ihren eigenen Ursprung in Christus habe, der sie den Aposteln übertragen habe und die geschichtlich durch das Weihesakrament vermittelt werde (Aymans, Art. Communio, 1283). Auch H. Müller, Communio, 490 ff., beschäftigt sich mit der Frage der communio als kirchenrechtliches Gestaltungsprinzip des CIC. Müller weist nach, dass im CIC weiterhin neben dem Verständnis der Kirche als communio auch das juridische Kirchenbild der societas perfecta zu Tage tritt (ders., 497). Hilberath, Communio, 202 ff., bemüht sich in seinem Aufsatz um ein richtiges Verständnis der communio, das weder „unbefriedigender historischer Kompromiss“ noch ein „hölzernes Eisen“ sei. Hilberath plädiert für ein Verständnis der communio als „Gemeinsamkeit in lebendigen Strukturen“ (ders., 218). Ausführlich und differenziert mit der communio als Strukturprinzip der Kirche und der Rezeption im CIC befasst sich RiedelSpangenberger, Communio, 217 ff., 233 ff. Zum kirchenrechtlichen Verständnis der Kirche als Communio vgl. de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 112, Rn. 5; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 22 ff., Aymans, Kirche, 8 ff.; Gerosa, Recht, 45 ff.; Schmitz, Wertungen, 32 ff.; Corecco, Voraussetzungen, 100 ff.; ders., Grundlagen, 166 ff.; Pfannkuche, Papst und Bischofskollegium, 85 ff.; Bier, Rechtsstellung, 53 m.w.N.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

angelegte dreifache Befähigung rechtmäßig und umfänglich ausgeübt werden kann.557 In verfassungsrechtlicher Hinsicht wird im Zusammenhang mit der institutionellen Gestalt der Kirche und ihrer gesellschaftlichen Verfasstheit im ämterrechtlichen Verhältnis von Papst und Bischöfen der communio-Begriff, wenngleich auch ohne attributive Hinzufügung des Adjektivs hierarchica, zudem in cc. 204 § 2, 333 § 2, 375 § 2, 437 § 1, 749 § 2, 753 und 1021 verwendet. Diese Formulierungen bezeugen die verfassungsrechtlich bestehende hierarchische Struktur der Kirche, die stets eine Gemeinschaft mit dem Papst in seiner besonderen Stellung als kollegiales Haupt ist.558 Die Verwendung des communio-Begriffs im Zusammenhang mit der Verhältnisbestimmung von Papst und Bischöfen im CIC zeigt, dass er zwei unterschiedliche Bedeutungsebenen umfasst. Communio hierarchica beschreibt zum einen in einem weiten Sinne grundlegend das hierarchische Verfassungsgefüge der Kirche im ekklesiologischen Verhältnis von Papst und Bischöfen. Zum anderen ist es jedoch im Zusammenhang mit can. 336 im engeren Sinne als formales Ordnungselement zur Begründung eines Mitgliedschaftsrechtes gebraucht.559 Communio hierarchica meint dort eine kumulativ zur sakramentalen Weihe gehörende konstitutive Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Bischofskollegium. Der Begriff der hierarchischen Gemeinschaft wird im Zusammenhang mit can. 336 jedoch weder legal definiert noch inhaltlich entfaltet.560 Er ist vielmehr ein unbestimmter Rechtsbegriff, da er semantisch keinen eindeutigen Inhalt hat und insofern unscharf ist. Überwiegend wird die communio hierarchica im Hinblick auf die Ergänzungsbedürftigkeit der Weihe eingeordnet.561 Während die Weihe auf der ontologisch-sakra557

Vgl. Saier, Communio, 235. Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 57. Auch die Überschrift des zweiten Teils des zweiten Buches des CIC lässt bereits die hierarchische Verfassungsstruktur erkennen. So heißt es dort „de ecclesiae constitutione hierarchica“. 559 So auch Saier, Communio, 234. 560 Vgl. auch Schreiber, Konzilsrecht, 283. 561 So heißt es bereits in der Nota Bene der NEP: „Ohne die hierarchische Gemeinschaft kann das sakramental seinsmäßige Amt, das von dem kanonisch-rechtlichen Gesichtspunkt zu unterscheiden ist, nicht ausgeübt werden.“ In diesem Sinne ist auch Graulich, Titularbischöfe, 403, zu verstehen. Damit die durch die Weihe ontologisch-sakramental gegebenen munera sich ekklesiologisch-struktural auswirken könnten, sei es erforderlich, dass der Bischof in der Gemeinschaft mit dem Haupt und den Gliedern des Bischofskollegiums stehe. Stubenrauch, Papst, 78, nennt die communio hierarchica eine Bedingung dafür, dass die in der Weihe mitgeteilte Gnade zu ihrer Entfaltung gelangen könne. Bertrams, Einheit, 34, knüpft in diesem Zusammenhang an den Begriff der bischöflichen Gewalt an, die sowohl ein sakramentales als auch ein sozial-rechtliches Element habe. Zur Bischofsweihe müsse deshalb die Eingliederung in das Bischofskollegium und die Koordination der Gewaltausübung mit der Gewaltausübung der übrigen Bischöfe hinzukommen. Prägnant formuliert Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 17: „Die Bischofsweihe als solche ordnet den Bischof nicht in die hierarchische Gemeinschaft ein, noch umschreibt sie eine konkret auszuübende Gewalt. Es muß zur Gewalt ein 558

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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mentalen Ebene die Voraussetzung des dreifachen Dienstes des Bischofs schafft, ist die communio hierarchica auf ekklesiologisch-verfassungsrechtlicher Ebene die Voraussetzung für die Ausübung des dreifachen Dienstes. Allerdings sind beide Elemente rechtlich relevant und gehören zusammen.562 Die communio hierarchica wird grundsätzlich durch eine kanonisch-rechtliche Bestimmung (sog. iuridica determinatio) durch die zuständige kirchliche Autorität hergestellt.563 Diese determiElement positiv-rechtlicher Natur hinzukommen.“ Vgl. auch Riedel-Spangenberger, Communio, 231. 562 So ausdrücklich Aymans, Element, 97; ebenso Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 193, die von zwei gleichgeordneten Elementen sprechen. Vgl. auch Ratzinger, Kollegialität, 49; ders., Kommentar NEP, 352; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 135, Rn. 14; Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Die mit can. 375 § 2 identische Formulierung in Art. 21 LG macht deutlich, dass Bischofsweihe und hierarchische Gemeinschaft nicht bloß zwei isoliert nebeneinander stehende, sondern inhaltlich aufeinander bezogene und sich ergänzende Elemente sind. Gerade diese inhaltliche Beziehung wird in Art. 22 LG, der wortwörtlich in can. 336 aufgenommen wurde, nicht deutlich. Dort stehen Weihe und hierarchische Gemeinschaft unverbunden nebeneinander. Um diesen in Art. 22 LG fehlenden Bezug deutlich zu machen, dient Nr. 2 NEP. Dort nimmt der Begriff der hierarchischen Gemeinschaft unmittelbar Bezug auf die Weihe als die Vermittlung der ontologica participatio; diese müsse jedoch durch die hierarchische Obrigkeit rechtlich determiniert werden. Erst dadurch werde eine zum Handeln bereite Gewalt geschaffen. Verkürzt ist daher auch die Sichtweise von Brandmüller, Konzil, 124, wenn er behauptet, „in eben dieser sakramental begründeten Teilhabe besteht darum auch die eigentliche Grundlage für die vollberechtigte Teilnahme und Mitwirkung am Konzil.“ Brandmüller lässt hier den gleichberechtigten Aspekt der communio hierarchica völlig unberücksichtigt. Unzutreffend ist die Auffassung Greshakes, Zwischeninstanzen, 106, wonach bereits durch die Weihe der einzelne Bischof eo ipso in das Bischofskollegium aufgenommen werde. Auch Jiménez Urresti, Kollegialität, 628, irrt mit seiner Behauptung, dass man in das Bischofskollegium durch das Sakrament der Weihe eingegliedert werde. Problematisch ist daher auch die Formulierung Bettis, Beziehungen, 73, wonach die sakramentale Weihe als Wirkursache, die hierarchische Gemeinschaft als lediglich unerlässliche Bedingung bezeichnet wird. Diese Abwertung des Elements der hierarchischen Gemeinschaft entspricht nicht der gleichberechtigten Bedeutung beider Elemente in can. 336. Diesbezüglich ist auch die Formulierung von Graulich, Titularbischöfe, 403, zu kritisieren, wonach die communio hierarchica Bedingung der Ausübung des bischöflichen Dienstes, und nicht causa efficiens der Mitgliedschaft im Kollegium sei. Zutreffend ist vielmehr die Bemerkung von Aymans, Element, 97, dass eher umgekehrt die Erteilung der hierarchischen Gemeinschaft als Wirkursache und die Weihe als unerlässliche Bedingung bezeichnet werden könne, da es Geweihte gebe, die nicht zum Bischofskollegium gehörten, durch spätere Erteilung der hierarchischen Gemeinschaft aber in dieses Kollegium aufgenommen werden könnten. 563 So auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 135, Rn. 14. Ebenso Saier, Communio, 219: Die communio hierarchica „wird von der zuständigen Autorität eigens gegeben“. Dies erfolge auf dem Wege der Amtsübertragung (ebd.). Auch für Bier, Rechtsstellung, 365, könne die Amtsübertragung durch den Papst als implizite Feststellung der bestehenden communio hierarchica angesehen werden. So meint auch Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 18, dass die missio canonica jenes Element positiv-rechtlicher Natur sei, das zur Bischofsweihe hinzukommen müsse, damit der Bischof in das Kollegium eingegliedert werde. Allerdings gibt Bertrams zu bedenken, dass bereits die legitime Bischofsweihe die Eingliederung in das Kollegium der Bischöfe vermittle, insofern die legitime Weihe eben die Weihe innerhalb der communio sei und damit die kanonische Mission in diesem Sinne einschließe. Auf die Zuteilung einer Diözese oder eines konkreten Amtes komme es dann nicht mehr an, um in das Bi-

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

natio erfolgt regelmäßig für die Diözesanbischöfe in der Zuweisung einer konkreten Teilkirche und für die Titularbischöfe in der Zuweisung einer universal- oder teilkirchlichen Aufgabe innerhalb der Kirche.564 Der Vorgang der determinatio ist somit Mittel zur Herstellung der communio hierarchica. Bei der Herstellung der hierarchischen Gemeinschaft geht es demnach inhaltlich um die verfassungsrechtliche Einordnung des Geweihten in die hierarchisch strukturierte Gemeinschaft mit dem Papst und den übrigen Bischöfen als Voraussetzung für eine Ausübung der in der Bischofsweihe verliehenen Vollmacht.565 Insoweit ist die hierarchische Gemeinschaft streng auf die sakramentale schofskollegium aufgenommen zu werden (ebd., 18 f.). So ist auch die Formulierung Bettis, Beziehungen, 75, zu verstehen, wonach sich die Zugehörigkeit zum Bischofskollegium vom Augenblick der Weihe an verwirkliche, wenn diese nur legitim gewesen sei. Auch für Semmelroth, Lehre, 168, steht fest, dass die die communio hierarchica begründende juridische Form nicht identisch sei mit der Zuweisung einer Diözese oder eines einzelnen Amtes. Vielmehr sei die juridische Form dann hinreichend gesichert, wenn der Geweihte seinen Glauben und seinen Willen zur Einheit mit dem Papst und dem Kollegium kundtue, der Papst seine Ernennung oder Zustimmung gebe und die im Kollegium stehenden Konsekratoren die Bischofsweihe spendeten. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Äußerungen ist daher zu differenzieren: Während die Bischofsweihe durch den Papst grundsätzlich eine im rechtlichen Sinne legitime Bischofsweihe ist, durch die für den Geweihten gleichsam die communio und damit die Aufnahme in das Bischofskollegium hergestellt wird, bedarf es für jede andere Bischofsweihe, die nicht durch den Papst selbst erfolgt, zum Nachweis ihrer Legitimität und damit zur Aufnahme des Geweihten in das Bischofskollegium der Herstellung der communio hierarchica durch den Papst. Dieser Nachweis kann entweder einschlussweise durch päpstliche Ernennung oder ausdrücklich durch Erteilung der communio erfolgen (vgl. bspw. das Schreiben von Papst Benedikt XVI. vom 24. 3. 2011 an Béchara Boutros Rai anlässlich dessen Wahl zum Patriarchen von Antiochia: „Von ganzem Herzen gewähre ich Ihnen […] in Übereinstimmung mit der Tradition und den Weisungen der katholischen Kirche die kirchliche Gemeinschaft.“ Eine in Missachtung von can. 1013 ohne päpstlichen Auftrag vorgenommene Bischofsweihe stellt die communio hierarchica nicht her und gliedert den Geweihten nicht in das Bischofskollegium ein, da bereits die Missachtung des kanonischen Verbotes einen eigenmächtigen Akt treuwidrigen Verhaltens gegenüber dem Papst darstellt (vgl. Bier, Rechtsstellung, 41). Bereits Art. 24 a.E. LG hat im Hinblick auf die Vermittlung der kanonischen Sendung festgehalten: „Die kanonische Sendung der Bischöfe kann geschehen durch rechtmäßige, von der höchsten und universalen Kirchengewalt nicht widerrufene Gewohnheiten, durch von der nämlichen Autorität erlassene oder anerkannte Gesetze oder unmittelbar durch den Nachfolger Petri selbst. Falls er Einspruch erhebt oder die apostolische Gemeinschaft verweigert, können die Bischöfe nicht zur Amtsausübung zugelassen werden.“ Im CIC vermisst man diese Regelung. 564 Vgl. Graulich, Titularbischöfe, 404. Ähnlich bereits die Unterscheidung in Nr. 2 NEP. Dort werden zwei verschiedene Formen der determinatio durch die zuständige Autorität genannt: Erstens die Zuweisung einer besonderen Dienstobliegenheit (consessione particularis officii). Damit ist die Übertragung jedweder bischöflicher Aufgaben und Dienste gemeint (so Saier, Communio, 238). Zweitens die Zuordnung von Untergebenen („assignatione subditorum“). Zu denken ist hier an die Stellung des Bischofs als Haupt einer Ortskirche oder aber an besondere Fälle, wo Bischöfe in außerordentlicher Weise für einen bestimmten Teil des Gottesvolkes zu sorgen haben (so Neumann, Weihe, 12; a.A. Saier, Communio, 238). 565 Nach Aymans, Art. Hierarchie, 87, erhält der Bischof durch die communio hierarchica einen bestimmten Platz in der bischöflichen Amtsgemeinschaft als Erzbischof, Diözesanbischof oder als Titularbischof.

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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Weihe bezogen. Aber dadurch, dass die determinatio die Einsetzung in die hierarchische Gemeinschaft bewirkt, geht letztere inhaltlich über die bloße determinatio hinaus: hierarchische Gemeinschaft meint nicht nur die Notwendigkeit eines einmaligen Eingeordnet-Werdens, sondern auch eines dauerhaften Eingeordnet-Seins des Bischofs an dem Platz in dem Verfassungsgefüge der Kirche, der ihm von der zuständigen kirchlichen Autorität, d. h. vom Papst zugewiesen wird.566 Darüber hinaus umfasst der Begriff der hierarchischen Gemeinschaft die Bedeutungsebene der dauerhaften Einordnung in das Verfassungsgefüge der Kirche. Was darunter jedoch rechtlich zu verstehen ist, bleibt in der theologischen und kanonistischen Literatur vielfach unklar.567 Allgemein meint das Erfordernis der communio hierarchica die dauerhafte Anerkennung der durch das kanonische Recht vorgegebenen hierarchischen Verfassungsstruktur der Kirche durch den Bischof, insbesondere in seinem Verhältnis zum Papst. Was diese Anerkennung im Einzelnen umfasst, ist rechtlich nicht geregelt und auslegungsbedürftig. Sie wird jedoch namentlich auf der Ebene des Lehr- und Leitungsgehorsams anzusiedeln sein.568 Im Hinblick auf den Lehrgehorsam ist zu verlangen, dass der Bischof in Übereinstimmung mit cc. 750 § 1, 749 das von der Kirche in ihrem außerordentlichen oder ordentlichen und allgemeinen Lehramt vorgetragene Glaubensgut verinnerlicht und 566

So auch Saier, Communio, 239 f. Nr 2 NEP betont, dass darunter kein unbestimmtes Gefühl verstanden werde, sondern eine „organische Wirklichkeit“, die eine rechtliche Gestalt verlange und zugleich von der Liebe beseelt sei (vgl. auch Ghirlanda, Communio, 386 ff.). Papst Paul VI. nennt sie jene Bande, welche die kollegialen Tätigkeiten des Papstes mit jenen des Episkopates verbinden und koordinieren (Paul VI., Ansprache vom 14. 9. 1964, AAS 56 (1964), 813). Entstehungsgeschichtlich weist Ratzinger auf eine im Rahmen der Expresio modorum vorgenommene Änderung des Wortes communio in communio hierarchica hin (vgl. Nr. 2 NEP, 3. Abschnitt a.E.; Ratzinger, Kommentar NEP, 353; ders., Kollegialität, 65). Communio hierarchica sei demnach Ausdruck für die sakramentsbestimmte Rechtsstruktur der alten Kirche, wonach der rechtliche Aufbau der Kirche sich im Miteinander-Kommunizieren der bischöflich geleiteten ecclesiae, also in einer hierarchischen Gemeinschaft sakramentalen Inhalts vollziehe (Ratzinger, Kommentar NEP, 353). Deutlich subordinationsrechtlicher versteht Ghirlanda, Communio, 412, den Begriff der hierarchischen Gemeinschaft. Er betont, dass die communio hierarchica stets eine Beziehung von Gemeinschaft und gleichzeitig hierarchischer Überordnung des Papstes begründe („Ma questa ,communio‘ […] è vista come ,communio‘ gerarchicamente organizzata, perché il vescovo è sempre in una relazione di communione e di subordinazione gerarchica con il Sommo Pontefice.“, ebd.). Auch für Kaiser, Hierarchie, 119, ist der Begriff der hierarchischen Gemeinschaft nicht gleichbedeutend mit Unterordnung unter den Papst, sondern rechtlich fixierte Verbindung mit der Gesamtkirche, durch die der Bischof als Organ der Kirche fähig sei, in der Vollmacht Jesu Christi dessen Aufgaben zu erfüllen, wozu er durch die Bischofsweihe bestimmt sei. Für Bier, Rechtsstellung, 40, ist die communio hierarchica der „institutionalisierte Ausdruck der Übereinstimmung der Bischöfe untereinander und mit dem Papst.“ Auch Saier, Communio, 210, bezeichnet mit dem Begriff der hierarchischen Gemeinschaft zunächst die Verbundenheit der Bischöfe mit dem Papst, den sie als Haupt und damit als Ursprung und Zentrum der Gemeinschaft anerkennten und der für sie sichtbares Prinzip der Einheit bilde. Es sei ein formales Prinzip für die Struktur der Gemeinschaft der Bischöfe und für die Mitgliedschaft in ihr (ebd., 222). 568 Bier, Rechtsstellung, 41 f., 366 f. 567

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

nach außen bejaht. Lehrgehorsam schuldet der Bischof auch gegenüber einer Lehre, die von Seiten des Lehramtes der Kirche im Sinne von can. 750 § 2 endgültig vorgelegt wird. Außerdem darf erwartet werden, dass der Bischof einer Lehre Gehorsam entgegenbringt, die in Glaubens- oder Sittenfragen bei Ausübung des authentischen, wenn auch nicht unfehlbaren Lehramtes verkündet wird.569 Im Hinblick auf den Leitungsgehorsam ist es unabdingbar, dass der zum Bischof Geweihte die hierarchische Verfassungsstruktur der Kirche innerlich und nach außen bejaht. Zu den zwingend anzuerkennenden Grundsätzen zählen insbesondere die Anerkennung des päpstlichen Jurisdiktionsprimats,570 die hierarchische Struktur des Bischofskollegiums und die verfassungsrechtlichen Regelungen für einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums.571 Ferner hat der Bischof rechtskräftige obergerichtliche Entscheidungen des Papstes, dessen delegierten Richters oder der ordentlichen Gerichte des Apostolischen Stuhles zu befolgen. Wie can. 336 hervorhebt, gilt das Prinzip der communio hierarchica über das Verhältnis zwischen Bischof und Papst hinaus auch in horizontaler Ebene für das Verhältnis der Bischöfe untereinander.572 Der zum Bischof Geweihte hat sich, um Mitglied des Bischofskollegiums zu sein, an eine bestimmte Stelle im hierarchischen Gefüge der Bischöfe einzuordnen. Dies gilt sowohl für die horizontale Gemeinschaftsverbindung der Diözesanbischöfe untereinander, wobei sie das hierarchische Gefüge des Metropolitan- und Patriarchalverbandes zu achten haben,573 als auch auf vertikaler Ebene im Verhältnis der Ortskirche zu Bischofskoadjutor und Auxiliarbischof.574 Zu beachten ist dies auch im Verhältnis zu den übrigen Titularbischöfen.575 Mit der Geltung des hierarchischen Prinzips auch für die Glieder des Bischofskollegiums untereinander ist dem Missverständnis vorgebeugt, die Mit569

Vgl. can. 752. Wenn bereits die Gläubigen diesen Lehren zwar keinen Glaubensgehorsam, dafür jedoch religiösen Verstandes- und Willensgehorsam schulden, so gilt aus Gründen der Glaubenseinheit und der Vorbildfunktion der Bischöfe eine ihnen obliegende gesteigerte Gehorsamspflicht bezüglich dieser Lehren. 570 So ausdrücklich auch H. Müller, Träger, 250, Anm. 16; Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Bier, Rechtsstellung, 42. 571 So auch Betti, Beziehungen, 75, wonach der Papst die Bischöfe als solche mit allen Rechtswirkungen und die Bischöfe den Papst als Haupt des Kollegiums mit allen Vorrechten anerkennen. Während für Betti die communio hierarchica eine gegenseitige Anerkennung der Rechtsstellung von Papst und Bischöfen beinhaltet, so ist das Erfordernis der communio hierarchica doch in erster Linie eine einseitige Anerkennungspflicht des Bischofs in seinem Verhältnis zu Papst und den übrigen Mitbischöfen; vgl. dazu auch Bier, Rechtsstellung, 367; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 195. 572 Allerdings ist Schneider, Konzilsrecht, 283, beizupflichten, dass das Gemeinschaftsgefüge der Bischöfe untereinander nicht präzisierend beschrieben werde. 573 Vgl. zum ostkirchlichen Patriarchat Saier, Communio, 174 f. 574 Vgl. insb. cc. 405 § 2, 407 § 3, 408 § 1 im Hinblick auf deren Hilfsfunktion und Gehorsamspflicht. Zum Ganzen ausführlich Saier, Communio, 173 ff., 212 ff. 575 Vgl. beispielsweise im Hinblick auf die zu Titularbischöfen geweihten päpstlichen Gesandten im Verhältnis zu den Diözesanbischöfen can. 366.

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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gliedschaft begründe – vom Vorrang des Papstes abgesehen – eine gleiche Rechtsstellung im Sinne einer unterschiedslosen Gleichberechtigung. Auch als Mitglieder des Bischofskollegiums bleiben die Bischöfe in einer von der ihnen jeweils übertragenen Aufgabe abhängigen hierarchischen Ordnung hineingestellt.576 Allerdings hat eine Missachtung der horizontalen Ebene der communio hierarchica grundsätzlich keine Auswirkung auf die Zugehörigkeit zum Bischofskollegium.577 Während die Gemeinschaft mit dem Papst konstitutiven Charakter hat, ist die Gemeinschaft mit den übrigen Bischöfen lediglich konsekutiven Charakters.578 Bei der communio hierarchica handelt es sich im Unterschied zum sakramentalen Element der Weihe um ein verlierbares Element, so dass bei einem Abfall von der hierarchischen Gemeinschaft die Mitgliedschaft im Bischofskollegium wieder entfällt.579 Unklar ist, wann der Verlust des Mitgliedschaftsrechts eintritt. Dies ist sicherlich dann der Fall, wenn der Bischof durch einen von Seiten der zuständigen Autorität festgestellten Akt der Apostasie, Häresie oder eines Schismas mit der Strafe der Exkommunikation belegt wird.580 Aus dem Bischofskollegium scheidet auch der ausdrücklich infolge illegitimer Bischofsweihe exkommunizierte Bischof aus.581 Ob 576

Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 195 f.; vgl. auch Aymans, Element, 120; Mörsdorf, Verfassung, 94. 577 Zutreffend meint Bier, Rechtsstellung, 367, dass die hierarchische Gemeinschaft in erster Linie eine Funktion der Beziehung zwischen dem einzelnen Bischof und dem Papst, nicht aber Ausdruck der Beziehung der Bischöfe untereinander sei. Ein Bischof könne sich daher im Gegensatz zu allen anderen Bischöfen befinden. Solange er sich in Übereistimmung mit dem Papst wisse, stehe seine communio hierarchica mit diesem nicht in Frage. 578 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 195. 579 Dies ist unumstritten (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 194; de Wall/ Muckel, Kirchenrecht, 135, Rn. 14; Mörsdorf, Verfassung, 92; Saier, Communio, 210, 221). Zur umstrittenen Frage nach dem Verhältnis beider Elemente, insbesondere ob eine außerhalb der communio erfolgte Bischofsweihe deren Gültigkeit antaste, vgl. Semmelroth, Lehre, 169 f.; Saier, Communio, 215 ff. Ebenso unumstritten ist, dass ein Ausscheiden aus dem konkreten Dienst des Bischofs nicht seine Mitgliedschaft im Bischofskollegium berührt (vgl. Graulich, Titularbischöfe, 412 m.w.N.). 580 Jeder Akt der Apostasie oder der Häresie ist ein schwerwiegender Verstoß gegen den geschuldeten Lehrgehorsam, jeder Akt des Schismas ein schwerwiegender Verstoß gegen den geschuldeten Leitungsgehorsam, der alle Bande mit dem Papst zerreißt und begriffsnotwendig den Abfall von der communio mit sich bringt. Dieser Ansicht ist auch Bier, Rechtsstellung, 369. 581 Vgl. cc. 1013, 1382. So auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 194. Hier ist es die treuwidrige Eigenmacht ohne bzw. gegen den Willen des Papstes, durch den der Konsekrant schwerwiegend den geschuldeten Leitungsgehorsam verweigert und sich damit außerhalb der communio hierarchica stellt. Allerdings führt auch die Aufhebung der Exkommunikation in dieser Fallgestaltung nicht automatisch zur Wiedereingliederung in das Bischofskollegium. So sind beispielsweise die vier Bischöfe der Bruderschaft St. Pius X. Fellay, Tissier de Mallerais, Williamson und de Galarreta trotz Aufhebung ihrer Exkommunikation mit Wirkung vom 21. 01. 2009 weiterhin keine Mitglieder des Bischofskollegiums. Bereits im einschlägigen Aufhebungsdekret der Kongregation für die Bischöfe vom 21. 01. 2009 heißt es ausdrücklich: „Es ist zu wünschen, dass diesem Schritt die baldmögliche Verwirklichung der vollen Gemeinschaft der gesamten Bruderschaft St. Pius X. mit der Kirche folgt, um so die echte Treue und wahre Anerkennung des Lehramts und der Autorität des Papstes durch ein Zeichen der

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

auch ein aus anderen Gründen exkommunizierter Bischof per se seine Mitgliedschaft im Bischofskollegium verliert, ist umstritten, wohl aber zu bejahen.582 Auch der Ausschluss des Bischofs aus dem Klerikerstand nach can. 290 führt stets zum Ausscheiden aus dem Bischofskollegium.583 In allen anderen Fällen liegt die Entscheidung über den Verlust der communio hierarchica im Ermessen der zuständigen

sichtbaren Einheit zu bezeugen“, (zitiert nach Beinert, Pius-Brüder, 233). Insoweit heißt es auch in dem Brief von Papst Benedikt XVI. an die Bischöfe der Katholischen Kirche vom 10. 03. 2009, dass die Rücknahme der Exkommunikation gegenüber den Lefebvre-Bischöfen dem Ziel diene, die vier Bischöfe zur Rückkehr einzuladen, nachdem sie ihre „grundsätzliche Anerkennung des Papstes und seiner Hirtengewalt ausgesprochen hatten, wenn auch mit Vorbehalten, was den Gehorsam gegen seine Lehrautorität und die des Konzils betrifft“ (zitiert nach Beinert, Pius-Brüder, 251). Beide offiziellen Verlautbarungen des Heiligen Stuhls lassen erkennen, dass mit der Aufhebung der Exkommunikation noch keine volle Wiederaufnahme in die communio hierarchica der Kirche erfolgt ist, weil die Differenzen im Hinblick auf die Verweigerung des Gehorsams gegenüber dem Lehramt der Päpste Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI. und die Verweigerung der vollen Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils ungelöst sind (vgl. auch die Note des Staatssekretariats zu den vier Bischöfen der Bruderschaft St. Pius X. vom 04. 02. 2009, Nr. 2). Dass eine Wiederaufnahme in die Kirche durch die Aufhebung der Exkommunikation nicht erfolgt ist, meint auch Aymans, Pius-Bruderschaft, 77 f.; vgl. auch Puza, Exkommunikation, 70 ff. Ein weiteres Beispiel sind die irregulären Bischofsweihen von El Palmar de Troya vom 14. 01. 1976 (vgl. ausführlich Beltrán y Bachero, Weihen, 422 ff.). 582 Nach Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 194 ist der ausdrücklich exkommunizierte Bischof per se aus dem Bischofskollegium ausgeschieden. Anderer Ansicht ist Bier, Rechtsstellung, 367 f. m.w.N. Angesichts der unterschiedlichen Tatbestände, die zu einer Exkommunikation führen könnten, sei von einem automatischen Herausfallen nicht auszugehen. Daher müsse neben der Exkommunikation eine ausdrückliche Erklärung zu den Folgen für die communio hierarchica hinzukommen. So seien die in jüngerer Vergangenheit wegen Verfehlungen gegen den Zölibat aus dem Bischofsamt durch Amtsverzicht Ausgeschiedenen auch weiterhin als emeritierte Bischöfe im Annuario Pontificio gelistet; dies sei als Hinweis auf ihre unveränderte Zugehörigkeit zur communio hierarchica zu verstehen. Diese Auffassung überzeugt nicht. Insoweit die Exkommunikation als Tatstrafe für die noch verbleibenden Fälle der Entehrung der eucharistischen Gestalten (can. 1367), der Realiniurie gegen den Papst (can. 1370 § 1), der direkten Verletzung des Beichtgeheimnisses (can. 1388 § 1) vorgesehen ist, rechtfertigt bereits die Schwere der Straftat den Ausschluss aus der communio hierarchica. Darüber hinaus indizieren bereits die gesetzlich festgelegten Rechtswirkungen den Ausschluss aus dem Bischofskollegium. So ist dem Exkommunizierten gem. can. 1331 § 1 Nr. 3 jedwede Ausübung kirchlicher Ämter, Dienste oder Aufgaben oder das Setzen von Akten der Leitungsgewalt untersagt. Der exkommunizierte Bischof ist daher per se von den kollegialen Handlungsformen des Bischofskollegiums ausgeschlossen, weil er aus Rechtsgründen bereits nicht mehr an der Höchstgewalt des Kollegiums teilhaben darf; das gem. can. 339 § 1 CIC entscheidende Stimmrecht auf dem Ökumenischen Konzil steht dem exkommunizierten Bischof nicht zu, da er aus dem Kollegium der Bischöfe ausgeschlossen ist. 583 So Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 194. Nach can. 292 verliert ein ausgegliederter Kleriker die mit dem Klerikerstand verbundenen Rechte und wird „rechtlich wie ein Laie behandelt“ (ebd., 177). Der Entzug der Befugnisse der Leitungsgewalt und die Unterbindung der erlaubten Ausübung der Weihe schließen eine Mitgliedschaft im Bischofskollegium aus.

5. Die konstitutiven Elemente der Mitgliedschaft im Bischofskollegium

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Autorität.584 Selbst der unfreiwillige Verlust des Bischofsamtes durch Amtsenthebung bzw. Absetzung hat für sich allein genommen keinen Einfluss auf die Zugehörigkeit zum Bischofskollegium, führt also nicht automatisch zum Ausschluss aus dem Kollegium der Bischöfe. Es bedarf stets der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, die ein Herausfallen aus der communio hierarchica rechtfertigen. Wer über den Ausschluss aus dem Bischofskollegium entscheidet und in welcher Form ein Ausschluss erfolgt, ist gesetzlich nicht geregelt. In erster Linie ist der Papst als zuständige Autorität zu benennen. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus seiner Kompetenz zur Verleihung des Mitgliedschaftsrechtes und ist letztlich Folge seines Jurisdiktionsprimats.585 Allerdings ist auch ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums denkbar.586 Es ist selbst Träger der höchsten und vollen Leitungsgewalt über die Gesamtkirche und daher zur Entscheidung berechtigt. Insoweit die Gewähr der communio hierarchica neben der vertikalen auch eine horizontale Dimension auf Ebene der Mitbischöfe hat, spricht dies dafür, die Bischöfe auch bei einem Ausschlussverfahren im Wege eines kollegialen Aktes zu beteiligen. Im Hinblick auf die Form der Bekanntmachung des Ausschlusses kann diese entweder ausdrücklich durch mündliche oder schriftliche Mitteilung erfolgen oder aber konkludent, bei-

584 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 366. Ob ein Bischof noch auf dem Boden der kirchlichen Lehre stehe, sei angesichts der möglichen Nuancen und Differenzierungen hinsichtlich einzelner Glaubensinhalte nicht in jedem Fall ohne weiteres erkennbar. Selbst wenn einzelne bischöfliche Aussagen eine lehramtliche Klarstellung notwendig machten, lasse sich deshalb nicht folgern, der betreffende Bischof habe die hierarchische Gemeinschaft aufgekündigt. Auch nicht jede unbedachte Äußerung eines Bischofs sei in jedem Fall ein Indiz für eine Verletzung des Leitungsgehorsams und für eine Missachtung der hierarchischen Ordnung der Kirche (ebd.). 585 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 367. 586 Anderer Auffassung ist Bier, Rechtsstellung, 367. Das Bischofskollegium könne seiner Meinung nach sinnvollerweise nicht darüber befinden, ob ein einzelner Bischof in der communio hierarchica stehe. Eine Entscheidung des Kollegiums ohne den Bischof, um den es gehe, sei kein kollegialer Akt, da dieser zum Kollegium hinzugehöre, bis sein Ausscheiden aus der hierarchischen Gemeinschaft offiziell deklariert sei. Eine Einbeziehung des Bischofs in eine Entscheidung, in der es um seine Person gehe, sei zumindest ungewöhnlich. Diese Auffassung überzeugt nicht. Zwar ist es richtig, dass der aus dem Kollegium auszuschließende Bischof an der Entscheidung mit Stimmrecht zu beteiligen wäre, damit ein kollegialer Akt des Kollegiums erfolgen kann; dies ist jedoch nicht ungewöhnlich, sondern auch unter Berücksichtigung des weltlichen Rechts übliche Verfahrenspraxis. Für den wohl häufigsten Fall einer Aufkündigung des Lehr- und Leitungsgehorsams gegenüber dem Papst wäre ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums, der sich auf ein Mehrheitsvotum der Mitbischöfe stützt, wohl auch kirchenpolitisch wünschenswert, um die bei alleiniger Entscheidung des Papstes sonst zu unterstellende Besorgnis der Befangenheit zurückzuweisen. Während es im weltlichen Recht zu den elementaren Verfahrensrechten beim Ausschluss eines Vereinsmitglieds gehört, dass das „verletzte“ Mitglied oder Organ nicht an dem Ausschlussverfahren mitwirken darf (vgl. nur Heinrichs/Ellenberger, Palandt, § 25, Rn. 16; BGH NJW 81, 744; OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. 12. 1995, 3 U 26/95 m.w.N.), gilt dies im kirchlichen Recht jedoch zumindest für die Person des Papstes nicht, weil darin eine Beschneidung seines Jurisdiktionsprimats zu sehen wäre.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

spielsweise durch die Verweigerung einer Einladung zur Teilnahme am Ökumenischen Konzil.587 Die Mitgliedschaft im Bischofskollegium wird neben dem unverlierbaren Element der Bischofsweihe durch das verlierbare Element der communio hierarchica begründet. Hierarchische Gemeinschaft, die grundsätzlich durch kanonisch-rechtliche determinatio hergestellt wird, ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und meint die Einordnung des Bischofs in das Verfassungsgefüge der Kirche, d. h. sowohl im Verhältnis zum Papst als auch zu seinen Mitbrüdern im Bischofsamt.

6. Umfang der Kollegialgewalt des Bischofskollegiums In can. 336 HS 2 wird das Bischofskollegium „ebenfalls Träger höchster und voller Gewalt im Hinblick auf die Gesamtkirche“ genannt. Es ist damit durch den CIC als beständige kollegiale juristische Person institutionalisiert und wird anders als nach dem Verständnis des CIC/1917 nicht erst durch die Versammlung seiner Mitglieder lediglich ereignishaft konstituiert.588 Der CIC/1917 schrieb dem Ökumenischen Konzil nur die suprema potestas, nicht aber die plena potestas über die Gesamtkirche zu.589 Die heutige Kennzeichnung der Kollegialgewalt als höchste und volle Gewalt entspricht der gleichlautenden Stelle in den Konzilsdokumenten von Art. 22 LG und Art. 4 CD.

a) Höchste Gewalt Die Gewalt des Bischofskollegiums wird mit dem Epitheton suprema charakterisiert. Höchstgewalt bedeutet grundsätzlich Unabhängigkeit von und Übergeordnetheit im Verhältnis zu anderen kirchlichen Autoritätsträgern. Dadurch erklärt sich can. 1732, wonach es eine Beschwerde gegen Verwaltungsdekrete des Ökumenischen Konzils nicht gibt. Da jedoch auch der Papst in can. 331 als Träger höchster Gewalt bezeichnet wird, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der vermeintlich beiden Höchstgewalten in der Kirche. Diese Frage ist bis heute in der theologischen und kirchenrechtlichen Wissenschaft viel diskutiert und nicht abschließend geklärt. Sie ist von grundlegender verfassungsrechtlicher Bedeutung für die Kirche, da sich 587

Da das Bischofskollegium in erster Linie als abstrakte Größe erscheint, das an sich zwar als Rechtssubjekt habituell verfasst ist, aber außerhalb der konkreten kollegialen Handlungsformen real nicht in Erscheinung tritt, könnte in Anlehnung an die Strafart der poenae latae sententiae im Rahmen des kirchlichen Strafrechts anzudenken sein, dass der Verlust der Mitgliedschaft im Bischofskollegium als Tatstrafe automatisch beim Bruch mit der hierarchischen Gemeinschaft erfolgt (vgl. die generelle Strafandrohung in can. 1399 für jede äußere Gesetzesverletzung). Allerdings ist diese Auffassung durch den Wortlaut in can. 1314 verwehrt, wonach eine Tatstrafe nur bei ausdrücklicher Festlegung im Gesetz eintritt. 588 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 216. 589 Vgl. can. 228 § 1 CIC/1917.

6. Umfang der Kollegialgewalt des Bischofskollegiums

125

hinter dieser Frage letztlich die Auseinandersetzung um das richtige Verständnis von Kirche verbirgt, die entweder eine monarchisch bestimmte oder kollegial verfasste Institution ist.590

b) Volle Gewalt Die Gewalt des Bischofskollegiums wird wie die Gewalt des Papstes „volle Gewalt“ genannt. Vollgewalt meint nach kanonistischem Rechtsverständnis die Fülle der von Christus übertragenen Gewalt, die für den dreifachen Dienst in der Kirche erforderlich ist. Das bedeutet, dass sich die Kollegialgewalt auf alle Angelegenheiten des kirchlichen Lebens bezieht. Dies ist rechtstheoretisch nicht unproblematisch.591 Nach allgemeiner Lesart beinhaltet Vollgewalt auch die Entscheidung darüber, ob die Gewalt persönlich oder kollegial ausgeübt wird.592 Diese Kompetenz-Kompetenz liegt jedoch allein beim Papst und nicht beim Bischofskollegium mit dem Papst.593 Insoweit erweist sich die Primatialgewalt des Papstes bereits als „voller“ im Vergleich zu der Gewalt des Bischofskollegiums.594 Anders als der Papst als natürliche Person vermag auch das Bischofskollegium aufgrund seines Wesens als juristische Person, das nur in der Handlungsform des kollegialen Aktes in Erscheinung treten kann, den Dienst des Heiligens nicht sichtbar zu vertreten.595 Es ist daher bereits begriffsnotwendig in seiner Gewaltausübung auf die Bereiche der Lehre und Leitung beschränkt.596 Seine Vollgewalt bezieht sich neben der Gesetzgebung auch auf 590 Zum Verhältnis von Papst und Bischofskollegium aus kanonistischer Perspektive siehe ausführlich Kap. V. 591 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 217. 592 Bier, Rechtsstellung, 332. 593 Vgl. can. 333 § 2. 594 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 217 f. „Unzutreffend“ nennt daher Aymans, Art. Bischofskollegium, 496, die Bezeichnung der Kollegialgewalt als Vollgewalt. Zurückhaltender äußert sich Metz, Papst, 206. So sei die Gewalt des Papstes ihrem Inhalt nach nicht größer als die des Bischofskollegiums. Der Unterschied bestehe darin, dass sie der Papst in ihrer ganzen Fülle allein ausüben könne, während das Bischofskollegium diese nur zusammen mit dem Papst ausüben dürfe. So gebe es einen Vorrang des Papstes gegenüber dem Bischofskollegium, der sich jedoch nicht auf den Inhalt der kirchlichen Gewalt, sondern lediglich auf deren Ausübung beziehe. Auch Luf, Recht, 103 f., sieht den grundlegenden Unterschied nicht in Wesen und Inhalt der Gewalt, sondern in der Art der Ausübung. Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 44 f., meint, dem Papst obliege zwar die Festlegung der konkreten Ausübungsweise der kollegialen Leitungsgewalt; der Papst begründe sie damit aber nicht, da sie iure divino gegeben sei und bestimme somit lediglich über Zeitpunkt und Art und Weise ihrer Ausübung. Bier, Rechtsstellung, 332, stellt sich weiterführend die berechtigte Frage, ob eine Gewalt, die nicht alles vermöge, überhaupt noch als Höchstgewalt qualifiziert werden dürfe. 595 Anschaulich erklärt Mörsdorf, Kollegialitätsprinzip, 1438 f., dass das Kollegium begriffsnotwendig nicht solche Rechte und Pflichten haben könne, welche die natürlichen Eigenschaften des Menschen voraussetzten. So könne das Kollegium nicht beten und nicht predigen, nicht taufen, nicht weihen, nicht firmen und nicht die Eucharistie feiern. 596 So auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 218.

126

IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

sämtliche Bereiche der Verwaltung und Rechtsprechung.597 Es wird daher vorgeschlagen, die Vollgewalt des Bischofskollegiums nicht im strikten Wortsinn zu verstehen.598 Die potestas plena kann nur in dem Sinn verstanden werden, dass das Bischofskollegium in allen Sachbereichen, in dem es kraft seines Wesens als juristische Person tätig werden kann, tatsächlich auch tätig werden darf.

c) Universale Gewalt Der Codex nennt die Gewalt des Bischofskollegiums anders als bei der Definition der päpstlichen Vollmacht nicht explizit eine universale Gewalt; vielmehr ist die Rede von der Gewalt „in universam Ecclesiam“. Ein sachlicher Unterschied besteht durch die andere Diktion jedoch nicht.599 Die Gewalt des Bischofskollegiums erstreckt sich somit sowohl geographisch als auch im Hinblick auf die Rechtsunterworfenen auf den gesamten Bereich der Weltkirche. Die kollegiale Gewalt ist jedoch im Unterschied zur päpstlichen Vollmacht nicht unmittelbar (immediata), da sie der konstitutiven Mitwirkung des Papstes bedarf, um Rechtsverbindlichkeit zu erlangen.600 Das Bischofskolegium wird im CIC als Träger höchster und voller Gewalt im Hinblick auf die Gesamtkirche bezeichnet und damit als beständige juristische Person errichtet. Allerdings wird weder das Verhältnis zur Gewaltenfülle des Papstes näher bestimmt noch werden die verfassungsrechtlichen und rechtstheoretischen Probleme, die sich aus einzelnen Attributen der kollegialen Gewalt ergeben, aufgelöst.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt Im Mittelpunkt der cc. 336 bis 341 über das Rechtssubjekt Bischofskollegium steht die Darstellung seiner konkreten Handlungsweisen. Mit Ausnahme des can. 336 CIC widmet sich der Codex in sämtlichen folgenden Canones der Ausübung der kollegialen Gewalt. Dabei unterscheidet der Codex in can. 337 zwei Handlungsweisen des Bischofskollegiums: Die Beschlussfassung auf dem Ökumenischen Konzil (can. 337 § 1) und die vereinte Amtshandlung der auf dem Erdkreis verstreut 597

496.

Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 218. Vgl. Aymans, Art. Bischofskollegium,

598 Ebd. Kritisch äußert sich auch Walf, Kirchenrecht, 112. Was das Attribut plena neben dem Attribut suprema mehr gebe oder aussage, sei nicht ersichtlich. Einen anderen Ansatz verfolgt Rusch, Struktur, 283 f., indem er die komplementäre Beziehung von Papst und Bischofskollegium in den Vordergrund stellt. 599 Vgl. Aymans, Element, 250; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 217. 600 Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 5 (14. Erg.-Lfg. 4/1991).

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

127

weilenden Bischöfe, sofern diese Handlung als solche vom Papst in die Wege geleitet oder frei angenommen ist (can. 337 § 2). Die Aufzählung ist abschließend. Nur diese beiden genannten Handlungsweisen sind zulässige Formen kollegialer Gewaltausübung im engeren Sinne, also solche, bei denen das Bischofskollegium Träger von gesamtkirchlicher Höchst- und Vollgewalt ist.601 Andere Formen des kollegialen Zusammenwirkens von Papst und Bischöfen sind unter dem geltenden Verfassungsrecht der Kirche nicht als kollegiale Gewaltausübung im Sinne von can. 336 HS 2 zu qualifizieren.602 Es steht nicht nur im freien Ermessen des Papstes, über die Form der kollegialen Handlungsweise zu entscheiden;603 auch die vorgelagerte Frage, ob überhaupt ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums erfolgen soll, ist in das Ermessen des Papstes gestellt.604 Dies ergibt sich aus can. 333 § 2 HS 2. Dort heißt es, der Papst habe das Recht, entsprechend den Erfordernissen der Kirche darüber zu bestimmen, ob er dieses Amt persönlich oder im kollegialen Verbund ausübt.605 Diese Norm begründet die sog. päpstliche Kompetenz-Kompetenz, also die Entscheidung darüber, ob die kirchliche Höchstgewalt durch ihn persönlich oder durch einen Akt des Bischofs-

601

Beide Formen der kollegialen Gewaltausübung werden auch als kollegiale Akte sensu stricto bezeichnet (vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 337, Rn. 3 (14. Erg.-Lfg. 4/1991)). Es ist zudem rechtlich anerkannt, dass der Papst als Träger des Jurisdiktionsprimats und der KompetenzKompetenz die gesetzgeberische Befugnis hat, jederzeit neue Handlungsformen als strenge kollegiale Akte des Bischofskollegiums zu schaffen. So ist auch can. 337 § 3 zu verstehen, wodurch dem Papst das Recht eingeräumt wird, gemäß den Erfordernissen der Kirche neue Zwischenformen für die Ausübung der Höchstgewalt des Bischofskollegiums zu ermöglichen (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 219). 602 Zu solchen Formen eines kollegialen Zusammenwirkens im weiteren Sinne, die kein kollegialer Akt im Rechtssinne sind, gehört die gemeinsame Teilnahme der Bischöfe an der Ausübung der Primatsgewalt, beispielsweise durch die schriftliche Befragung der Bischöfe in ihrer Gesamtheit durch den Papst (zu einzelnen Beispielen siehe Fn. 768). Zu solchen kollegialen Akten sensu lato gehört aber auch die individuelle Zusammenarbeit mit dem Papst nach can. 334. Diesbezüglich heißt es in Art. 23 LG treffend, diese Mitwirkung der Bischöfe sei zwar nicht durch einen hoheitlichen Akt wahrgenommen, trage aber doch im höchsten Maße zum Wohle der Gesamtkirche bei, vgl. Congar, Konzil, 137 f. 603 Vgl. can. 337 § 3. 604 Eine gewisse Einschränkung dieses Grundsatzes ist durch die Regelung des can. 337 § 2 erfolgt. So ist bei der vereinten außerkonziliaren Amtsausübung auch ein bischöfliches Initiativrecht anerkannt. Doch auch in diesem Fall steht es im freien Ermessen des Papstes, ob er sich der bischöflichen Initiative anschließt und damit einen kollegialen Akt setzt oder nicht, wodurch seine Kompetenz-Kompetenz ungekürzt gewahrt bleibt. 605 „Ipsi ius tamen est, iuxta Ecclesiae necessitates, determinare modum, sive personalem sive collegialem, huius muneris exercendi.“ Die Norm entspricht somit weitestgehend der entsprechenden Passage in Nr. 3 NEP. Dort heißt es: „Dem Urteil des Papstes, dem die Sorge für die ganze Herde Christi anvertraut ist, unterliegt es, je nach den im Laufe der Zeit wechselnden Erfordernissen der Kirche die Weise festzulegen, wie diese Sorge tunlich ins Werk gesetzt wird, sei es persönlich, sei es kollegial. Der Bischof von Rom geht bei der Leitung, Förderung und Billigung der kollegialen Betätigung in Ausrichtung auf das Wohl der Kirche nach eigenem Urteil vor.“

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

kollegiums ausgeübt werden soll.606 Bei seiner Ermessensentscheidung hat sich der Papst nach dem Wortlaut des Gesetzes von den Erfordernissen der Kirche leiten zu lassen. Der Codex hat damit ein höchst unbestimmtes Kriterium genannt, das bei der Entscheidung des Papstes zu berücksichtigen ist. Es darf jedoch nicht als ein rechtlich überprüfbares und einklagbares Kriterium missinterpretiert werden.607 Dennoch wird im Schrifttum vereinzelt eine Pflicht des Papstes zu einer kollegialen Handlung hergeleitet.608 Eine solche Rechtspflicht lässt sich allerdings weder aus kirchlichem noch aus göttlichem Recht ableiten.609 Der Papst prüft gestützt auf seinen Jurisdiktionsprimat und in seiner Funktion als Haupt des Bischofskollegiums unter Berücksichtigung kirchlicher Erfordernisse nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen die Notwendigkeit einer kollegialen Handlungsweise und entscheidet letztverbindlich.610 Das Bischofskollegium ermittelt seinen rechtserheblichen Handlungswillen stets auf dem Wege eines kollegialen Aktes.611 Der kollegiale Akt ist dadurch charakterisiert, dass die einzelnen Willenserklärungen der Mitglieder des Kollegiums so 606 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 211. Vgl. auch Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 44 f. 607 So erinnert Ratzinger, Kommentar NEP, 355 f., im Zusammenhang mit der Formulierung am Ende zu Nr. 3 NEP, wonach der Papst bei der Leitung, Förderung und Billigung der kollegialen Tätigkeit secundum propriam discretionem vorgehe, dass die Theologische Kommission nachdrücklich davor gewarnt hat, die inneren Grenzen der päpstlichen Gewalt zu konkretisieren. Dies sei wohl auch der Grund, weshalb man dem Wort von der propria discretio das intuitu boni Ecclesiae vorausgesetzt habe, um die inneren Grenzen der päpstlichen Gewalt wenigstens anzudeuten. 608 So betont Granfield, Papsttum, 97, dass es zwar keine rechtliche, so aber eine moralische Verpflichtung des Papstes zur kollegialen Handlung gebe, wenn die Kirche sich ernsthaften Problemen gegenübersehe. Auf ausdrücklich moralischer Ebene meint auch Ratzinger, Kommentar NEP, 356, dass für den Papst eine Verpflichtung entstehen könne, „auf die Stimme der Bischöfe zu hören“. Dieser Ansicht schließt sich Scheuermann, Amtsgewalt, 18, an. Auch Stubenrauch, Papst, 82, verfolgt den Ansatz, dass der Papst es dem Bischofskollegium ermöglichen müsse, wenigstens ab und zu als handelndes Subjekt in Erscheinung zu treten, da ansonsten die Feststellung des Zweiten Vatikanums, dass das Bischofskollegium iure divino bestehe und eine dauerhafte Einrichtung darstelle, eine bloße Makulatur bleibe. 609 Vor allem greifen hier nicht die Grundsätze des Subsidiaritätsprinzips zur Begründung einer Verpflichtung für kollegiales Handeln, da der kollegiale Akt des Bischofskollegiums ausschließlich die Ebene der Gesamtkirche betrifft. Es geht damit nicht um die Kompetenzverteilung zwischen zwei unterschiedlichen Ebenen der kirchlichen Organisationsform, sondern um die kompetenzrechtliche Ausgestaltung innerhalb der gesamtkirchlichen Gemeinschaftsebene. Enttäuscht äußert sich daher Komonchak, Konzil, 577: Die Weigerung, den Sinn des objektiven Kriteriums der „Bedürfnisse der Kirche“ zu erklären oder die Grenzen anzugeben, innerhalb deren die päpstliche Autorität auszuüben sei, verpasse eine günstige Gelegenheit, eine richtig ausgewogene Sicht der päpstlichen Souveränität zu schaffen. Vgl. auch die Bemerkungen bei der letzten Revision der LEF in Communicationes 13 (1981), 83 ff. 610 Diese Entscheidung ist unanfechtbar. So betont can. 1372 die Strafbarkeit, sich gegen eine Maßnahme des Papstes an ein Ökumenisches Konzil oder das Bischofskollegium zu wenden. 611 Can. 337 § 2 verlangt sogar explizit das Zustandekommen eines kollegialen Aktes.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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miteinander verschmolzen werden, dass ein von diesen Einzelwillen kategorial verschiedener und eigener kollegialer Gesamtakt gebildet wird.612 Der Wille des Kollegiums ist also nicht gleichzusetzen mit der Summe der Willensäußerungen der einzelnen Mitglieder.613 Rechtliches Ausdrucksmittel des kollegialen Aktes ist der Beschluss. Soweit nicht die Geschäftsordnung zur Durchführung eines Ökumenischen Konzils oder zur vereinten kollegialen Amtshandlungen Spezialnormen vorsieht, gilt verfahrensrechtlich can. 119 als subsidiäre Auffangnorm.614 Durch den Beschluss werden die Einzelwillen der stimmberechtigten Mitglieder so zusammengefasst, dass am Ende des Beschlussfassungsprozesses der Gesamtwille des Kollegiums feststeht.615 Dieser Prozess wird auch „Integrationsprozess“616 bzw. „Willensintegration“617 genannt und gliedert sich regelmäßig in drei Stufen.618 Charakteristisch für den kollegialen Akt des Bischofskollegiums ist angesichts der hierarchischen Struktur des Kollegiums und der besonderen Stellung des Papstes als dessen Haupt, dass ein Beschluss des Kollegiums seine Rechtsverbindlichkeit und Eigenständigkeit erst durch Zustimmung des Papstes erlangen kann.619 Der gesetzliche Regelfall ist, dass die Mehrheit der Mitglieder des Kollegiums einen Beschluss fasst und sich der Papst diesem Beschluss anschließt. Dann liegt zweifellos ein kollegialer Akt vor. Allerdings sind rechtlich namentlich zwei Fälle problematisch, bei denen sich die Frage nach dem Vorliegen eines kollegialen Aktes stellt. Dies ist zum einen der Fall, wenn ein Mehrheitsbeschluss der berechtigten Mitglieder vorliegt und der Papst sich nicht anschließt. Dann fehlt es an der notwendigen konsti612 Vgl. dazu grundlegend die Studien von Aymans, Kollegium, 81 ff., 92 f.; ders., Element, 190 ff.; ders., Akt, 86 ff. 613 Aymans, Element, 209. 614 Namentlich die ersten beiden Vatikanischen Konzilien haben gezeigt, dass die wesentlichen verfahrensrechtlichen Modalitäten zur Bildung des Gesamtwillens (z. B. Festlegung des Quorums, Abstimmungs- und Mehrheitsfragen) spezialrechtlich in einer Geschäftsordnung geregelt waren (vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 617; vgl. §§ 37 ff. der Geschäftsordnung von Papst Johannes XXIII. vom 6. 8. 1962, AAS 54, 623 ff., insbesondere § 39 hinsichtlich der zunächst geforderten Zweidrittelmehrheit zur Annahme von Texten; vgl. auch die Änderungen in der revidierten Geschäftsordnung durch Papst Paul VI. in AAS 55, 740 ff.). 615 Aymans, Element, 209. 616 Ebd. 617 Aymans, Kollegium, 125. 618 Aymans unterscheidet im Rahmen des Beschlussfassungsprozesses drei Stufen. Die erste Integrationsstufe legt das Beteiligungsquorum fest und bestimmt somit, welche Willensanteile für die Berechnung der Mehrheit heranzuziehen sind (vgl. ebd., 128 ff.). In der zweiten Integrationsstufe wird das Zustimmungsquorum, also die Mehrheit selbst festgelegt, d. h. es wird bestimmt, wie viele Willenserklärungen übereinstimmen müssen, damit diese zu einem mehrheitlich bestimmten Willen des Kollegiums zusammengefasst werden können (vgl. ebd., 149 ff.). Die dritte Integrationsstufe beschreibt die Eigenständigkeit und Verbindlichkeit des kollegialen Beschlusses und des in ihm zum Ausdruck kommenden Gesamtwillens (vgl. ebd., 155 ff.). 619 Vgl. Aymans, Element, 224. Zu den Einzelheiten siehe Kap. IV.7.a)aa)(4) und Kap. IV.7.b)bb).

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

tutiven Mitwirkung des Papstes, sodass kein kollegialer Akt zustande kommt.620 Vergleichbar ist zum anderen der Fall, dass die Mehrheit der Mitglieder einen Beschluss ablehnt, der Papst diesen jedoch zusammen mit einer Minderheit des Kollegiums durchsetzt. Dies ist kein kollegialer Akt des Kollegiums, sondern ein primatialer Akt des Papstes.621

a) Das Ökumenische Konzil (can. 337 § 1) Anders als sein Vorgänger hat der CIC dem Ökumenischen Konzil kein eigenständiges Kapitel gewidmet.622 In rechtstheologischer Konsequenz hat der Gesetzgeber das Konzil in das Kapitel über das Bischofskollegium eingeordnet, dessen eine Handlungsform es bildet.623 Der Begriff des Ökumenischen Konzils wird im CIC nicht legaldefiniert. Es wird allgemein verstanden als die Zusammenkunft der Träger der kirchlichen Lehr- und Hirtengewalt zur gemeinschaftlichen Ausübung dieser Gewalt.624 Insoweit benennt auch can. 337 § 1 das Konzil als die feierliche Ausübung der gesamtkirchlichen Gewalt durch das Bischofskollegium. Ökumenisch ist das Konzil, weil zu dieser Versammlung Teilnehmer aus der gesamten Weltkirche geladen sind; der Begriff der Ökumene bezieht sich damit ausschließlich auf die Herkunft der Konzilsteilnehmer.625 Das Konzil ist eine mit nichts anderem vergleichbare Institution sui generis und kann insbesondere nicht mit einem Kirchen620 Nicht vertretbar ist daher die Auffassung von Alberigo, Rolle, 556, wonach die Entscheidung eines Konzils für den Papst auch dann bindend sei, wenn er einer Entscheidung des Konzils seine Stimme nicht gegeben habe. Diese Auffassung steht dem eindeutigen Wortlaut des can. 341 entgegen und verkennt, dass die Zustimmung des Papstes stets frei erfolgen kann und in jedem Fall konstitutiv für einen kollegialen Akt ist. 621 So auch Aymans, Papst und Bischofskollegium, 146. Anderer Auffassung ist noch zur Zeit des CIC/1917 Holböck, Handbuch I, 296. Danach liege auch ein Konzilsbeschluss und kein päpstliches Gesetz vor, wenn sich der Papst einer „ansehnlichen Minderheit“ anschließe. Diese Auffassung ist abzulehnen. Selbst wenn sich der Papst auf die Seite der Konzilsminderheit schlägt, kann eine pars minor niemals zugleich pars sanior sein, da so jede konziliare Kompetenz untergraben würde (vgl. Wohlmuth, Konziliarismus, 524). 622 Vgl. die Gliederung des Ökumenischen Konzils im CIC/1917 durch „Caput II. De Concilio Oecumenico“ im Anschluss an „Caput I. De Romano Pontifice“. Beide Kapitel waren eingeordnet in „Titulus VII. De suprema potestate deque iis qui eiusdem sunt ecclesiastico iure participes“. 623 Für Walf und Huizing bedeutet die Entfernung des Ökumenischen Konzils aus der formalen Gliederung des CIC eine Verwässerung und Neutralisierung des Ökumenischen Konzils (Walf/Huizing, Konzil, 499 f.; Walf, Kirchenrecht, 113; vgl. auch ders., Einführung, 75). Das Ökumenische Konzil sei dadurch in seiner Eigenständigkeit und verfassungsrechtlichen Bedeutung beschnitten worden (ders., Kirchenrecht, 115). Diese Kritik ist abwegig. Sie verkennt, dass im gegenwärtigen Codex Bischofskollegium und Ökumenisches Konzil in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und daher konsequent in einem Kapitel zusammengefasst sind (vgl. Ries, Amt, 318; Krämer, Kirchenrecht II, 110; Hierold, Perspektiven, 359 f.). 624 Brandmüller, Konzil, 123. 625 Ebd., 124.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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parlament verglichen werden.626 Dabei ist das Ökumenische Konzil durch zwei wesentliche Strukturprinzipien gekennzeichnet: Zum einen durch die überragende Rechtsstellung des Papstes und zum anderen als lokale Versammlung der Bischöfe. aa) Vorrechte des Papstes Das geltende Recht begründet konzilsrechtlich eine überragende Stellung des Papstes. Dies manifestiert sich in der Auflistung der päpstlichen Vorrechte, die regelmäßig ausschließlich ihm zustehen. Diese Dominanz des Papstes wird im Schrifttum nachdrücklich kritisiert.627 Dabei wird jedoch verkannt, dass die entscheidende Stellung des Papstes ein vom Gesetzgeber gewolltes Strukturprinzip des Ökumenischen Konzils darstellt. Der Codex hat sich damit für die Ausgestaltung des Typus eines „päpstlichen Konzils“ entschieden.628 Dies bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass der Episkopat reiner Vollstrecker des päpstlichen Willens ist.629 626

So auch Dordett, Gewalt, 259 f.; Brandmüller, Konzil, 123. Nach Komonchak, Konzil, 577, würden durch die päpstlichen Vorrechte die Unterordnung des Kollegiums unter den Papst so oft und so stark betont, dass dieser beinahe nicht mehr innerhalb des Konzils zu stehen scheine. So sei das Ökumenische Konzil mehr ein Werkzeug der päpstlichen Politik. Schneider, Konzilsrecht, 284, ist der Ansicht, dass der Kollegialität des Gesamtepiskopats durch die redundanten Hinweise auf die primatialen Prärogativen des römischen Pontifex enge Grenzen gezogen würden. Ebenso sieht H. Müller, Konzil, 396, die Prärogativen des Papstes so einseitig dominierend hervorgehoben, dass das in den ekklesiologischen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils herausgearbeitete kollegial-konziliare Element nicht wirksam zum Tragen komme, sondern höchstens in verkürzter Weise anklinge. Auch für Kasper, Theologie, 488, stellt sich die Frage, ob die Autorität und Initiative des Kollegiums nicht praktisch zu einer bloßen Fiktion werde, wenn der Papst sie jederzeit unterbinden könne. Für Demel, Art. Ökumenisches Konzil, 468, hat die Machtfülle des Papstes „nichts mehr mit einer legitimen Vorrangstellung zu tun, sondern bedeutet schlichtweg, dass der Papst sowohl den äußeren wie auch den inneren Ablauf des Konzils absolut beherrscht.“ Die Bischöfe seien „bessere Handlanger des Papstes“ statt gleichgestellte Kollegen im Bischofsamt. 628 Jedin, Strukturprobleme, 18, spricht bereits über das Zweite Vatikanische Konzil als von einem „päpstlichen Konzil“. Jedin unterscheidet vier unterschiedliche Konzilstypen: 1. Die altkirchlichen Konzilien als Bischofsversammlungen der Ökumene, berufen durch die Kaiser und ohne Teilnahme des römischen Bischofs. 2. Die päpstlichen Konzilien des Hochmittelalters als Versammlung der Res publica christiana unter Berufung und Leitung des Papstes. 3. Die Konzilien des 15. Jahrhunderts als repraesentatio der Universalkirche und 4. das Konzil von Trient als bischöfliches Konzil unter der Leitung des Papstes in Anlehnung an die ersten beiden Typen (vgl. ebd., 9 ff.; ders., Konzil, 590 ff.). 629 Zutreffend ist zwar die Einschätzung von Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 4 (14. Erg.Lfg. 4/1991), dass die Gefahr einer Bevormundung durch den Papst vor dem Hintergrund der Konzilsgeschichte nicht ganz auszuschließen sei. Allerdings verkennt das Schrifttum mit seiner einseitigen Kritik, dass es neben der konziliaren Handlungsform des Bischofskollegiums auch noch dessen außerkonziliare Handlungsform gibt, in welcher wesentliche Rechte des Papstes (z. B. Initiativrecht, Bestimmung des Beratungsgegenstandes) auch den Bischöfen zustehen. Es steht den Bischöfen auch auf einem Konzil rechtlich zu, einen päpstlich dominierten kollegialen Akt durch mehrheitliche Verweigerung der Zustimmung zu verhindern. Daher muss die entscheidende Stellung des Papstes auf dem Konzil auch als notwendiges rechtliches Korrektiv verstanden werden, um eine einseitige Machtausübung der versammelten Bischöfe durch ihr 627

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

(1) Einberufungsrecht Nach can. 338 steht es allein dem Papst zu, ein Ökumenisches Konzil einzuberufen. Die gesetzliche Formulierung unterscheidet sich sprachlich von der Vorgängerregelung in can. 222 § 1 CIC/1917, ohne jedoch in der Sache etwas anderes auszusagen.630 Damit hat der Codex ein ausschließliches Einberufungsrecht des Papstes begründet; ein Selbstversammlungsrecht der Mitglieder gibt es nicht.631 Die entscheidende Passage in dem Konzilsdokument LG war hingegen noch offener formuliert.632 Dieses exklusive Einberufungsrecht ist rechtlich aus dem päpstlichen Jurisdiktionsprimat abzuleiten.633 Es ist jedoch nicht zwingend eine ausschließlich dem Papst vorbehaltene Kompetenz, sondern eine bewusste Entscheidung des kirchlichen Gesetzgebers.634 So erklärt es sich auch, dass in der Vergangenheit ein kaiserliches Einberufungsrecht anerkannt war.635 Nunmehr hat der CIC die umstrittene Frage, ob auch andere als der Papst unter besonderen Umständen eigenmächtig ein Konzil einberufen können, eindeutig negativ beantwortet.636 Insbesondere dem Episkopat steht für den Fall eines kirchlichen Mehrheitsvotum zu verhindern (so auch Jedin, Strukturprobleme, 18 f.). Darüber hinaus ist auch vom theologischen Standpunkt zu erkennen, dass der Papst nicht bloß über dem Konzil, sondern auch im Konzil steht (Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 4 (14. Erg.-Lfg. 4/1991)). Es wird daher von der Person und dem Amtsverständnis des Papstes abhängen, welche Rolle er sich und den übrigen Bischöfen im Rahmen des geltenden Rechts und unter Würdigung der Erfordernisse der Kirche auf einem zukünftigen Konzil beimessen wird. 630 In can. 222 § 1 CIC/1917 hieß es noch: „Dari nequit Oecumenicum Concilium quod a Romano Pontifice non fuerit convocatum.“ (Ein ökumenisches Konzil, das nicht vom römischen Bischof einberufen wurde, kann nicht abgehalten werden.) 631 So auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 219; Krämer, Kirchenrecht II, 111; Hartelt, Konzil, 348; a.A. Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). 632 So hieß es in Art. 22 LG, dass es ein ökumenisches Konzil nur gebe, wenn es vom Papst als solches bestätigt oder wenigstens angenommen werde („ut tale confirmatur vel saltem receptum“). Erst im Anschluss daran folgt bei der Auflistung der päpstlichen Prärogativen der Hinweis, dass der Bischof von Rom das Vorrecht habe, diese Konzilien einzuberufen. Der Codex ist dem nicht gefolgt. Allerdings war auch schon die NEP um Zurücknahme der weiten Formulierung in LG bemüht. Dort heißt es: „Da aber der Papst das Haupt des Kollegius ist, kann er allein manche Handlungen vollziehen, die den Bischöfen in keiner Weise zustehen, z. B. das Kollegium einberufen […] usw.“ (Nr. 3 NEP) 633 So sei dem Papst von Christus die universalis iurisdictio ecclesiastica übertragen worden und habe somit das Recht, Konzilien einzuberufen (vgl. Küng, Strukturen, 297). 634 Vgl. ebd., 292 f. 635 Ein originäres kaiserliches Einberufungsrecht war lange Zeit umstritten; vgl. dazu ebd., 300 ff. mit Hinweis auf Funk, Römischer Stuhl, 561 ff.; ders., Abhandlungen, 56 f.; vgl. auch Jedin, Konziliengeschichte, 15. 636 Anderer Ansicht ist Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Seiner Ansicht nach sei die Einberufung durch den Papst nicht schon aus der Sache heraus Gültigkeitsbedingung. Die absolute Formulierung des can. 222 § 1 CIC/1917 sei aufgehoben. Ob die neue Rechtslage die Einberufung durch den Papst als Gültigkeitsvoraussetzung verstehe, sei nicht deutlich. Es schließe zwar eine Einberufung durch eine andere Autorität aus, nicht jedoch eine Einberufung durch gemeinsame Initiative seiner Teilnehmer. Diese Auffassung ist ab-

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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Ausnahmezustandes kein Einberufungsrecht zu.637 So ist can. 338 § 1 hinsichtlich des Initiativrechtes völlig eindeutig und abschließend formuliert. Daher ist es auch nicht denkbar, dass ein nicht vom Papst berufenes Konzil gewissermaßen stillschweigend als vom Papst berufen anzusehen ist.638 Eine Duldung oder nachträgliche Genehmigung einer rechtswidrigen Einberufung durch den Papst ist dem Codex fremd.639 Damit unterscheidet sich die feierliche Ausübung der kollegialen Höchstgewalt hinsichtlich des Initiativrechts wesentlich von der außerkonziliaren vereinten Amtshandlung i.S.v. can. 337 § 2, wo ein bischöfliches Initiativrecht anerkannt ist.640 Es wird noch darauf zurückzukommen sein, ob und inwieweit can. 338 § 2 auch im Sinne einer Notstandsgesetzgebung verstanden werden kann.641 Im Zusammenhang mit can. 338 § 1 muss jedoch abschließend betont werden: Die ausdrückliche Einberufung eines ökumenischen Konzils durch den Papst ist unverzichtbare Gültigkeitsvoraussetzung. Mit der Abhängigkeit des Konzils von seinem primatialen Haupt hängt es zusammen, dass gem. can. 340 bei Vakanz des Apostolischen Stuhls das Konzil von Rechts wegen unterbrochen ist. Diese Unterbrechung dauert solange, bis ein neuer Papst – also nicht zwingend der neugewählte Nachfolger – die Fortsetzung des Konzils anordnet oder das Konzil aufhebt.642 Damit generalisiert can. 340 das alte zulehnen. Ihr steht schon der eindeutige Wortlaut des can. 339 entgegen, der das Einberufungsrecht ausdrücklich „alleine“ dem Papst zubilligt; die noch in LG verwendete; wesentlich offenere Formulierung wurde gerade nicht übernommen. Auch spricht die differenzierte Regelung in can. 337 § 2 in Anerkennung eines alternativen, päpstlichen und bischöflichen Initiativrechts dafür, dass sich der Gesetzgeber in can. 339 bei der feierlichen Form des Konzils bewusst gegen eine entsprechende Ausweitung des Initiativrechts entschieden hat. Völlig unklar bleibt auch, woraus Stoffel in der einschlägigen Norm erkennen will, dass zwar eine Einberufung durch eine nichtkirchliche Autorität undenkbar, eine bischöfliche Initiative aber nicht ausgeschlossen sei. Dies gibt der CIC nicht zu erkennen. 637 Vgl. diesbezügliche Forderungen bei Küng, Strukturen, 298 f. m.w.N. 638 Aymans, Element, 110 f.; vgl. auch Küng, Strukturen, 298. 639 Insoweit unterscheidet sich die Gesetzeslage von der erwähnten Passage in der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils, vgl. Rahner, Kommentar LG, 226. 640 Siehe ausführlich Kap. IV.7.b). Nicht zu überzeugen vermag Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 45, die mit Hinweis auf das bischöfliche Initiativrecht in can. 337 § 2 behauptet, dass auch der bischöfliche Vorschlag zur Durchführung eines Ökumenischen Konzils möglich sei, solange dieses nicht als Appellationsinstanz gegen eine Maßnahme des Papstes verlangt werde. Angesichts des eindeutigen Wortlautes von can. 338 § 1, der apodiktisch nur dem Papst allein ein Einberufungsrecht zuerkennt, ist das grundsätzlich bestehende Initiativrecht der Bischöfe zur Setzung einer vereinten kollegialen Amtshandlung in can. 337 § 2 Alt. 2 mittels teleologischer Reduktion einschränkend auszulegen. Eine von den Bischöfen initiierte vereinte Amtshandlung als Aufforderung an den Papst, ein ökumenisches Konzil einzuberufen, konterkariert den hinter der Regelung des can. 338 § 1 stehenden Zweck, dem Papst die uneingeschränkte Freiheit und alleinige Entscheidungsbefugnis über die Einberufung eines Konzils zu garantieren. 641 Siehe ausführlich Kap. IV.7.b)dd). 642 Vgl. Hartelt, Konzil, 352 f. Diese Regelung galt bereits unter dem CIC/1917 (vgl. can. 229 CIC/1917) und wurde zuletzt durch den Tod Papst Johannes XXIII. am 3. 6. 1963

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Recht, das explizit nur den Tod des Papstes als das die Sedisvakanz auslösende Ereignis benannte und konkretisiert can. 229 CIC/1917 im Hinblick auf das päpstliche Auflösungsrecht, das dort noch fehlte. Dennoch lässt der Canon zentrale Fragen offen.643 So stellt sich die Frage, was geschehen soll, wenn der Apostolische Stuhl zwar nicht durch Tod oder Amtsverzicht vakant wird, aber durch physische oder psychische Unfähigkeit oder durch äußere Einwirkungen vollständig behindert wäre oder der Papst öffentlich vom katholischen Glauben oder der Gemeinschaft der Kirche abfiele.644 (2) Geschäftsordnung und Propositionsrecht Can. 338 § 2 nennt zwei weitere Prärogativrechte des Papstes: Das Recht, eine Geschäftsordnung zu erlassen und die Beratungsgegenstände festzulegen.645 Mit der Festlegung der Geschäftsordnung wird organisationsrechtlich die Funktionsfähigkeit des Konzils sichergestellt.646 Regelungsgegenstände sind insbesondere der Kreis der stimmberechtigten Teilnehmer, der Ablauf und die Methode der Verhandlungen sowie der Geschäftsgang. Der Papst nimmt damit wesentlichen Einfluss auf den äußeren Ablauf des Konzils.647 Mit dem Recht, die Beratungsgegenstände des Konzils festzulegen, nimmt er hingegen Einfluss auf den inneren Verlauf des Konzils. Das Recht, die Verhandlungsgegenstände zu bestimmen, bedeutet, in zentraler Weise die inhaltliche Ausrichtung des Konzils zu gestalten. Diesbezüglich differenziert der Canon: Während zunächst der Grundsatz mitgeteilt wird, dass es Sache des Papstes sei, die Verhandlungsgegenstände des Konzils zu bestimmen, erhält der folgende Halbsatz eine Einschränkung. Danach können die Konzilsväter den vom Papst vorgelegten Themen andere hinzufügen, die vom Papst jedoch zu genehmigen sind.648 Demnach ist das Vorschlagsrecht der Bischöfe zwar einerseits anerkannt, andererseits jedoch vollständig von der päpstlichen Zustimmung abhängig.649 Im

während des Zweiten Vatikanischen Konzils relevant. Sein Nachfolger Paul VI. versprach bereits am 22. 6. 1963 die Fortsetzung des Konzils, deren zweite Sitzung am 29. 9. 1963 durch ihn eröffnet wurde (vgl. Kelly, Päpste, 341). 643 So Stoffel, MKCIC zu can. 340, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). 644 Siehe dazu ausführlich Kap. V.3.a) und V.3.b). 645 Der Vorgängercodex regelte die genannten päpstlichen Vorrechte in can. 222 § 2 CIC/ 1917. Ein bischöfliches Recht, Beratungsgegenstände vorzuschlagen, findet sich im CIC/1917 hingegen nicht. 646 Zur Geschäftsordnung des Zweiten Vatikanischen Konzils vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 610 ff. m.w.N. 647 Dass der Festlegung der Geschäftsordnung durch den Papst zudem eine eminente ekklesiologische Bedeutung zukommt, heben Ganzer, Geschäftsordnungen, 835 ff. und Jedin, Geschäftsordnung, 614, hervor. 648 Ähnlich formulierte die Vorgängernorm in can. 226 CIC/1917: „Propositis a Romano Pontifice quaestionibus Patres possunt alias addere, a Concilii tamen praeside antea provata.“ 649 Vgl. Krämer, Kirchenrecht II, 111.

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Schrifttum werden gegen diese Regelung vielfach Vorbehalte eingewandt.650 Der Codex folgt jedoch dem Leitbild eines päpstlichen Konzils. Dass in der Ausgestaltung der päpstlichen Vorrechte stets die Gefahr einer Verdunkelung der kollegialen Strukturen gesehen wird, ist in dieser Entschiedenheit unzutreffend. Vielmehr können die päpstlichen Vorrechte auch als ein notwendiges Korrektiv verstanden werden, um eine organische Entwicklung der Kirche zu gewährleisten.651 (3) Präsidialrecht Der Papst hat, wie can. 338 § 1 betont, das ausschließliche Recht, dem Konzil vorzusitzen. Dies kann entweder höchstpersönlich oder durch Beauftragte erfolgen. Der Stellvertreter handelt im Namen und in der Autorität des Papstes.652 Die Willenserklärung eines rechtmäßig bevollmächtigten Stellvertreters bindet jedoch nur so lange, wie der Papst keinen abweichenden Willen erklärt. Damit steht es dem Papst zu, eine ohne bzw. gegen seinen Willen abgegebene Willenserklärung seines Stellvertreters jederzeit durch eine neue päpstliche Erklärung zu widerrufen; dieses Recht ist aus dem päpstlichen Primat abgeleitet. In Zusammenhang mit dem Präsidialrecht steht in can. 338 § 1 das ausschließliche Recht des Papstes, das Konzil zu verlegen, zu unterbrechen oder aufzulösen.653 Mit dem Recht, ein Konzil zu verlegen, ist der Wechsel des Tagungsortes gemeint. Ein Konzil zu unterbrechen, meint das vorübergehende Einstellen der Tagung bis zum Zeitpunkt der Wiedereinberufung. Die hier gemeinte Unterbrechung unterscheidet sich von der in can. 340 genannten Unterbrechung, die im Falle der Vakanz 650 Für Schneider, Konzilsrecht, 283, zeigt diese Regelung beispielhaft die papstzentrierte Tendenz des Verfassungsrechts, die geeignet sei, die konziliaren Strukturen zu überlagern und zu neutralisieren. Nach Auffassung von Hartelt, Konzil, 349, stellt das Recht der Bischöfe, ihre Anliegen einzubringen und auf dem Konzil frei zu artikulieren, eine notwendige Voraussetzung zur Ausübung der Höchstgewalt des Bischofskollegiums dar, weil sie selbst, wie es mit Hinweis auf Art. 23 LG heißt, als Glieder des Bischofskollegiums und Nachfolger der Apostel aufgrund von Christi Stiftung zur Sorge für die Gesamtkirche gehalten sind. Die Bischöfe seien schließlich in Ausübung ihres apostolischen Amtes im Zusammenhang mit ihrem Haupt, zwar nicht getrennt von ihm, aber auch nicht seine Beauftragten (vgl. Jedin, Konzilien, 582). Ebenso argumentiert Krämer, Kirchenrecht II, 111. 651 Jedin, Strukturprobleme, 19. Damit entgegnet Jedin den Konzilsberichten, die den päpstlich-kurialen Traditionalismus ausschließlich als „Bremsklotz“ bewerteten. Dabei sei in den Zentralbehörden der Römischen Kurie ein so großer Schatz von Erfahrung in Kirche und Welt aufgespeichert, dass man allen Grund habe, ihn nicht einfach beiseite zu schieben. Dass der Papst ein Konzil lenken könne, ohne ihm seinen Willen aufzuzwingen, sieht Jedin beispielhaft auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil unter Papst Johannes XXIII. verwirklicht (vgl. ebd., 18). 652 Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Vgl. auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 343. 653 Insoweit hat der Codex die Gesetzeslage in can. 222 § 2 CIC/1917 auch wörtlich übernommen. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte sich diesbezüglich nicht geäußert (vgl. Komonchak, Konzil, 575).

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des Apostolischen Stuhls automatisch eintritt. Das Konzil aufzulösen, meint dessen endgültige Beendigung.654 Die Wahrnehmung der präsidialen Rechte steht im alleinigen Ermessen des Papstes, die er jederzeit auch ohne bzw. gegen den Willen der übrigen Konzilsväter ausüben darf. (4) Approbations-, Bestätigungs- und Promulgationsrecht Can. 341 § 1 behandelt das Sanktions- und Promulgationsrecht des Papstes für Beschlüsse des Ökumenischen Konzils.655 Can. 341 vervollständigt damit das bereits in can. 338 § 1 a.E. genannte Recht des Papstes zur Approbation der Konzilsbeschlüsse.656 So heißt es in can. 341 § 1, dass Dekrete657 des Ökumenischen Konzils nur rechtsverbindlich sind, wenn sie zusammen mit den Konzilsvätern vom Papst genehmigt („approbata“), von diesem bestätigt („confirmata“) und auf seine Anordnung hin promulgiert („promulgata“) worden sind.658 Die Norm statuiert ein dreigliedriges formales Verfahren, durch das ein Konzilsbeschluss nach innen und außen Eigenständigkeit und Rechtsverbindlichkeit erlangt. Nach der von Aymans eingeführten Gliederung des Beschlussfassungsprozesses in drei Integrationsstufen,659 gehört das hier angesprochene dreigliedrige Verfahren auf die dritte Inte654

Vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Zum Sanktions- und Promulgationsrecht des Papstes für die außerkonziliare vereinte kollegiale Amtshandlung gem. can. 337 § 2 siehe ausführlich Kap. IV.7.b)bb). 656 Hartelt, Konzil, 348, macht darauf aufmerksam, dass das approbare in can. 338 § 1 sich mit dem approbare des can. 341 § 1 so nicht vereinbaren lasse. Diese These bleibt jedoch unbegründet und lässt sich nicht nachvollziehen. 657 Der Begriff ist nicht im rechtstechnischen Sinne, sondern allgemein als Konzilsbeschluss zu verstehen und umfasst alle endgültig verabschiedeten Konzilsdokumente (Aymans/ Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 220). 658 „Concilii Oecumenici decreta vim obligandi non habent nisi una cum Concilii Patribus a Romano Pontifice approbata, ab eodem fuerint confirmata et eius iussu promulgata.“ Die Norm unterscheidet sich von der Vorgängernorm cc. 222 § 2, 227 CIC/1917 insofern, als dort lediglich ein zweifaches päpstliches Vorgehen kodifiziert war: ein „confirmare“ und eine anschließende Promulgation (vgl. Fürst, Konzil, 214). Auch hat der Gesetzgeber nicht die einschlägige Formulierung der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils übernommen. Dort war neben der ausdrücklichen Bestätigung durch den Papst auch die freie Annahme („receptum“) der Konzilsergebnisse anerkannt: „Concilium Oecumenicum numquam datur, quod a Successore Petri non sit ut tale confirmatum vel saltem receptum“, (Art. 22 LG). Papst Paul VI. verwendete auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil u. a. die folgende Formel: „Was in dieser Konstitution im gesamten und im einzelnen ausgesprochen ist, hat die Zustimmung der Väter gefunden. Und Wir, kraft der von Christus Uns übertragenen Apostolischen Vollmacht, billigen („approbare“), beschließen („decernimus“) und verordnen („statuismus“) es zusammen mit den Ehrwürdigen Vätern („una cum Venerabilibus Patribus“) im Heiligen Geiste und gebieten zur Ehre Gottes die Veröffentlichung dessen, was so durch das Konzil verordnet ist.“ (LKThK2 I, 109). Es folgt die päpstliche Unterschrift mit „Ich Paulus Bischof der katholischen Kirche“ (ebd.), sodann folgen die Unterschriften der Väter. Bemerkenswert ist, dass die Promulgationsformel auf die im CIC/1917 festgelegte Formulierung des confirmare gänzlich verzichtet und stattdessen drei andere Termini wählt. 659 Siehe Fn. 618. 655

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grationsstufe.660 Das konziliare Approbationsrecht ist durch den Codex als Teil des kollegialen Aktes ausgestaltet und darf daher, auch wenn es gänzlich päpstliche Obliegenheit ist, nicht aus dem Kontext des kollegialen, wenn auch typisch hierarchischen Handelns von Papst und Bischöfen gerissen werden. Es ist somit gänzlich einzuordnen in den komplexen dreistufigen Beschlussfassungsprozess des kollegialen Aktes. Das Konzilsrecht selbst verzichtet jedoch auf eine Regelung der ersten beiden Stufen dieses Integrationsprozesses, also die Festlegung des Beteiligungsquorums bzw. des Zustimmungsquorums. Hier gilt, wenn die Geschäftsordnung eines zukünftigen Konzils keine Spezialnormen kennt, der subsidiäre can. 119.661 Der Codex setzt somit voraus, dass auf den ersten beiden Stufen des Beschlussfassungsprozesses ein rechtmäßiges Mehrheitsvotum der Bischöfe zustande gekommen ist.662 Erst die dritte Stufe des Beschlussfassungsprozesses, also die Frage nach der Eigenständigkeit und Rechtsverbindlichkeit des kollegialen Beschlusses, hält das Gesetzbuch für regelungsbedürftig, indem es ein dreigliedriges päpstliches Mitwirkungserfordernis (Abschlussverfahren) statuiert. Im Schrifttum wird dieses päpstliche Abschlussverfahren höchst unterschiedlich gewürdigt. Weitgehend einhellig äußert sich das Schrifttum in Bezug auf die zunächst gebotene päpstliche Genehmigung (approbatio). Diese sei das nach innen wirkende Moment des Abschlussverfahrens, in dem sich der Papst in seiner spezifischen Stellung als Haupt des Kollegiums der konziliaren Vorlage der Bischöfe anschließe. Die päpstliche Genehmigung „zusammen mit den Konzilsvätern“ sei konstitutives Moment für das Konzil im Unterschied zu einem reinen Primatialakt des Papstes.663 Unklar und umstritten ist jedoch, wie das päpstliche Abschlussverfahren in Hinblick auf dessen Bestätigung (confirmatio) und Promulgation (promulgatio) zu verstehen ist. Hier konfligieren unterschiedliche Sichtweisen. Eine Auffassung betont, dass dieser doppelte formale Akt des Papstes ein zusätzlicher primatialer Akt ist, der losgelöst von dem spezifischen Miteinander von Papst und Bischöfen und außerhalb des kollegialen Aktes allein aufgrund der päpstlichen Primatsgewalt er-

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Vgl. Aymans, Element, 223 ff. Siehe dazu Kap. IV.7. 662 Ein Konzilsdokument ist also nur dann das Ergebnis eines kollegialen Aktes des Ökumenischen Konzils, wenn es auf einer Mehrheitsentscheidung der Konzilsteilnehmer beruht (Hartelt, Konzil, 351). Notwendig, aber auch ausreichend ist dafür die absolute Mehrheit der anwesenden Bischöfe. Dies gilt, soweit eine zukünftige Geschäftsordnung keine abweichende Regelung trifft (vgl. can. 119). Die Zustimmung einer „ansehnlichen Minderheit“ (Holböck, Handbuch I, 296) ist nicht ausreichend. In diesem Fall würde kein Konzilsbeschluss, sondern ein päpstliches Gesetz vorliegen (a.A. ebd.; wohl auch Schneider, Konzilsrecht, 274). 663 Hartelt, Konzil, 351. Vgl. auch Schneider, Konzilsrecht, 281. Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 220. 661

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folgt.664 Als primatialer Akt sei er daher geeignet, das Miteinander von Haupt und Gliedern zu verdunkeln.665 Die Gegenauffassung betont, dass das Mitwirkungserfordernis des Papstes kein von außen hinzutretender Akt, sondern ein inneres Moment des kollegialen Aktes selbst ist. Es erfolgt in der spezifischen Stellung, die dem Papst als Haupt des Bischofskollegiums zu eigen ist. Als solcher ist er Träger der Primatsrechte, die im gesetzgeberischen Abschlussverfahren vollumfänglich gewahrt bleiben, die er aber nicht als eine dem Konzil gegenüberstehende Instanz ausübt.666 Dies wird durch die in can. 341 § 1 verwendete Formel „una cum Concilii Patribus“ als Ausdruck für das kollegiale Miteinander bestärkt.667 Eine dritte Auffassung vertritt die Ansicht, dass can. 341 § 1 nicht als zusätzliche Bestätigung der gemeinsam approbierten Beschlüsse zu verstehen ist.668 Vielmehr handele es sich bei dem Erfordernis der päpstlichen Bestätigung lediglich um eine 664 Stoffel, MKCIC zu can. 341, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Hartelt, Konzil, 351 f.; H. Müller, Konzil, 395. 665 Stoffel, MKCIC zu can. 341, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); ebenso H. Müller, Konzil, 395; Hartelt, Konzil, 351. Zurückhaltender noch die frühere Auffassung Hartelts, Konzil 1983, 271, wonach, can. 341 § 1 nicht so zu verstehen sei, dass die vom Papst zusammen mit den Konzilsvätern approbierten Dekrete noch einmal einer zusätzlichen confirmatio durch den Papst bedürften, bevor dieser den Auftrag zur Promulgation erteile; die notwendige, konstitutive Mitwirkung des Papstes sei durch sein zusammen mit den Konzilsvätern erfolgendes Approbieren sichergestellt. Zu Recht wird gegen diese Ansicht eingewandt, sie widerspreche dem insoweit eindeutigen Wortlaut von can. 341 § 1 (Stoffel, MKCIC zu can. 341, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991)). Hartelt, Konzil, 351, hält nunmehr das zusätzliche confirmatio des Papstes für überflüssig. 666 So Rahner, Kommentar LG, 226, 229; Jedin, Geschäftsordnung, 621; Mörsdorf, Promulgationsformel, 341. Vgl. auch die Auffassung von Gehr, Beschlüsse, 94 f.: Ausgangspunkt dieser Ansicht bildet die vom Zweiten Vatikanischen Konzil geprägte Lehre vom Bischofskollegium im Hinblick auf die spezifische Stellung des Papstes als Haupt und zugleich als Glied des Bischofskollegiums. Bezüglich des Bestätigungsrechts ergeben sich für den Papst zwei verschiedene Verhaltensweisen. (1) Als Mitglied des Bischofskollegiums beschließe er zusammen mit den Konzilsvätern den zu verabschiedenden Text. (2) Als Haupt des Kollegiums aber bestätige er ihn. Daher sei die Norm terminologisch zu kritisieren. Statt von approbare müsse daher von decernere, alternativ von censere, sciscere, constituere, statuere evtl. auch decidere gesprochen werden (Gehr, Beschlüsse, 94). Gegen diese Auffassung ist zunächst einzuwenden, dass der Wortlaut die äußere Grenze der Auslegung des Gesetzes bildet und dieser nicht mit Verweis auf alternative Formulierungen übergangen werden darf. Darüber hinaus ist einzuwenden, dass die hier vorgenommene Aufspaltung der päpstlichen Rechtsbefugnisse nach seiner Stellung als Haupt bzw. Glied des Kollegiums dem Codex fremd ist. 667 Vgl. Bausenhart, Communio, 161. 668 Vgl. Hartelt, Konzil, 351 f. So äußert ders., Konzil 1983, 271, sein Unverständnis, wenn can. 341 § 1 so zu verstehen sei, dass die vom Papst zusammen mit den Konzilsvätern approbierten Dekrete noch einmal einer zusätzlichen Bestätigung (confirmatio) durch den Papst bedürfen sollten. Die notwendige, konstitutive Mitwirkung des Papstes sei durch sein zusammen mit den Konzilsvätern erfolgtes Approbieren der Konzilsbeschlüsse sichergestellt, ebenso wie das unbestrittene Promulgationsrecht des Papstes klar herausgehoben sei. Eine zusätzliche Bestätigung erscheine daher zumindest als überflüssig.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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Absicherung im Blick auf Konzilien, an denen der Papst nicht persönlich teilnehme, was insbesondere in historischer Perspektive relevant sei.669 Zu erwägen ist außerdem, dass in Ermangelung eines einheitlichen formalen kirchenrechtlichen Gesetzesbegriffs die Begriffe der approbatio und der confirmatio keine semantisch fest umrissenen Begriffe sind und trotz stilistischer Unterschiede überwiegend synonym gebraucht werden.670 Überzeugen kann aus rechtlicher Perspektive letztlich nur der Ansatz, der die dritte Stufe des Beschlussfassungsprozesses als ein dreigliedriges und doch zusammengehörendes Verfahren begreift.671 Es lassen sich somit drei hintereinander geschaltete Elemente des päpstlichen Bestätigungsrechts unterscheiden: Beitritt, Ausfertigung und Verkündung eines Konzilsbeschlusses. Zunächst meint die in can. 341 § 1 genannte approbatio die feierliche und förmliche Zustimmung des Papstes zu der Mehrheitsentscheidung der übrigen Mitglieder des Bischofskollegiums. Daher betont der Codex an dieser Stelle, dass die Zustimmung „una cum Concilii Patribus“ erfolge.672 Der Papst heißt damit die konziliare Erlassvorlage gut und tritt ihr bei, sodass mit der Approbation die verbindliche Festlegung des Beschlussinhaltes erfolgt. Um die besondere Hoheit des Konzilsbeschlusses sprachlich zum Ausdruck zu bringen, verwendet der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang den stärkeren Terminus der approbatio.673 Der Beschluss entfaltet damit eine rechtliche Wirkung nach innen, weil mit der päpstlichen Approbation die Integration der mehrheitlichen Einzelwillen der Bischöfe in einen davon verschiedenen, eigenen kollegialen Gesamtwillen erfolgt. Aus einem Mehrheitsvotum der Bischöfe wird nach innen ein Konzilsbeschluss. Die beiden nunmehr noch erforderlichen Stadien des Abschlussverfahrens entfalten reine Außenwirkung.674 Konstitutiv ist sodann die sich anschließende päpst669 So Schneider, Konzilsrecht, 281. So verweist auch Jedin, Konziliengeschichte, 14, darauf, dass die Beschlüsse der Konzilien entweder durch den römischen Bischof angenommen (so im Altertum) oder durch den Papst bestätigt und verkündet (so seit dem Mittelalter) wurden. Danach stehe die Aufzählung des can. 341 § 1 in einem Alternativverhältnis. 670 Vgl. Mörsdorf, Promulgationsformel, 457 f. 671 Vgl. Puza, Kirchenrecht, 217; Mörsdorf, Promulgationsformel, 458. Vgl. auch Gehr, Beschlüsse, 124 f. Überzeugend ist der Ansatz von Bier, Rechtsstellung, 336, der approbatio, confirmatio und Promulgationsbefehl als dreistufige Vervollständigung des kollegialen Aktes verstanden wissen will. Ebenso sinnvoll ist der Ansatz von Mörsdorf, das in can. 341 § 1 beschriebene Verfahren in die Mehrschichtigkeit des confirmatio-Begriffes einzuordnen (vgl. Mörsdorf, Promulgationsformel, 459). 672 Um dieses zentrale päpstliche Recht zu unterstreichen, wurde es bereits in can. 338 § 1 in den Katalog der päpstlichen Vorrechte aufgenommen. Andere Autoren sehen es zu Unrecht als inkonsequente Redaktion an, dass can. 338 § 1 das Approbationsrecht einzig in die Hände des Papstes legt, während es in can. 341 § 1 heißt, der Papst approbiere zusammen mit den Konzilsvätern (Stoffel, MKCIC zu can. 338, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991)). 673 Zu der sprachlichen Bedeutung vgl. Mörsdorf, Promulgationsformel, 457 f. 674 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 220. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der Papst noch in diesem Verfahrensstadium seine confirmatio verweigern kann.

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liche confirmatio, d. h. die eigentliche Ausfertigung durch den Papst, indem er mit seiner Unterschrift und Datierung die Urschrift des Beschlusses herstellt. Voraussetzung für die Ausfertigung ist, dass die dem Papst vorgelegte Urkunde mit dem von dem Bischofskollegium beschlossenen Text übereinstimmt. Es gilt somit der Grundsatz der Unverrückbarkeit des kollegialen Votums. Der Papst bekräftigt durch die Ausfertigung den Konzilsbeschluss nach außen, indem er verbindlich feststellt, dass rechtmäßig beschlossen wurde. Daher steht dem Papst in diesem Zusammenhang ein formelles Prüfungsrecht zu. Er prüft insbesondere die Übereistimmung von vorgelegter Urkunde und kollegialem Votum sowie etwaige Verfahrensfehler.675 Abschließend erfolgt nunmehr die Promulgation, mit der der Papst den Gesetzesbefehl erteilt. Es handelt sich bei der Promulgation um die Verkündung des kollegialen Beschlusses, d. h. die amtliche Bekanntgabe des Beschlusswortlautes in dem dafür vorgeschriebenen amtlichen Publikationsorgan.676 Erst mit der Promulgation wird der Beschluss des Konzils als kollegialer Akt rechtlich existent.677 Als eigenständiger kollegialer Akt des Bischofskollegiums wird er nach außen verbindlich und entfaltet nach Maßgabe von can. 8 § 1 HS 2 seine Rechtskraft. Dieses mehrgliedrige Verfahren zeigt die besondere Mitwirkungsobliegenheit des Papstes im Rahmen der kollegialen Beschlussfassung. Es ist zwar richtig, dass der Papst vom theologischen Standpunkt aus von seiner spezifischen Stellung als Haupt des Kollegiums im kollegialen Miteinander mit den übrigen Bischöfen geleitet wird. Rechtlich ist das Approbations-, Bestätigungs- und Promulgationsrecht aber genuin primatiale Gewalt. Erst durch diese Primatsgewalt kann eine konziliare Mehrheitsentscheidung der Bischöfe zu einem mit Wirkung nach außen rechtsverbindlichen kollegialen Akt des Bischofskollegiums werden. Weil das Bischofskollegium rechtlich vom Papst abhängig und durch den Codex nicht mit einem eigenen BeDies ist unter ausschließlicher Betrachtung der Verfahrensgrundsätze des kollegialen Aktes grundsätzlich nicht der Fall. Mit der Approbation hat der Papst der Konzilsvorlage zugestimmt und damit einen mit Wirkung nach innen verbindlichen kollegialen Akt gesetzt. Daran ist auch er gebunden. Da der Papst als Träger der Kompetenz-Kompetenz und aufgrund des Jurisdiktionsprimats über höchste und volle Gewalt in der Kirche verfügt, ist eine entsprechende Verweigerung der confirmatio rechtlich zulässig, allerdings handelt es sich dann dabei um einen neuen, eigenständigen primatialen Akt, mit dem er das kollegiale Handeln aufhebt und den kollegialen Akt verhindert. Beide Wege der Gewaltausübung sind somit streng voneinander zu unterscheiden. 675 Es geht hier insbesondere um die Prüfung der Einhaltung des verfahrensrechtlichen Beschlussfassungsprozesses. Es ist daher anzuerkennen, dass der Papst bei gravierenden Verstößen gegen das Verfahren (bspw. bei Missachtung des Beteiligungs- bzw. Zustimmungsquorums, bei äußerem Zwang), eine Ausfertigung des Konzilserlasses verweigert. Dem Papst kommt insoweit eine Verwerfungskompetenz zu. Die päpstliche confirmatio ist angesichts des päpstlichen Prüfungsrechts und seiner Verwerfungskompetenz alles andere als „überflüssig“, wie es teilweise im Schrifttum abwertend heißt (vgl. Hartelt, Konzil, 271; Gehr, Beschlüsse, 94). 676 Nach can. 8 § 1 ist offizielles Publikationsorgan für die konziliaren Beschlüsse grundsätzlich die Acta Apostolicae Sedis. 677 Vgl. can. 7.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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stätigungs- und Promulgationsrecht – es fehlt bereits an einem eigenen Publikationsorgan des Bischofskollegiums – ausgestattet ist, ist es die päpstliche Primatsgewalt, die dem Bischofskollegium zur Setzung eines kollegialen Aktes im Hinblick auf das Abschlussverfahren Gewalt verleiht.678 Es handelt sich dabei um seine eigene primatiale Gewalt, nicht um eine spezifische aus dem Bischofskollegium hergeleitete oder durch die Bischöfe irgendwie begrenzte Gewalt. Approbation, Bestätigung und Promulgation sind somit primatiale Gewaltausübung, allerdings im Rahmen eines konziliaren und damit kollegialen Handelns zur Setzung eines kollegialen Aktes.679 Das päpstliche Abschlussverfahren formt den Konzilsbeschluss somit zu einem kollegialen Akt, der damit rechtlich kategorial verschieden ist von einem alleinigen primatialen Akt des Papstes. bb) Teilnahmerecht Der Codex unterscheidet in den beiden Paragraphen des can. 339 ordentliches und außerordentliches Teilnahmerecht am Ökumenischen Konzil. (1) Ordentliches Teilnahmerecht So heißt es in can. 339 § 1 über das ordentliche Teilnahmerecht, dass alle und nur die Bischöfe, die Glieder des Bischofskollegiums sind, das Recht und die Pflicht zur Teilnahme am Ökumenischen Konzil mit entscheidendem Stimmrecht haben.680 Der Codex nennt damit als einziges, jedoch exklusiv sakramentalrechtliches Zulassungskriterium die Mitgliedschaft im Bischofkollegium. Die Teilnehmer müssen daher neben der sakramentalen Weihe auch in hierarchischer Gemeinschaft mit dem Papst und den übrigen Bischöfen stehen. Diese strenge Abhängigkeit der Konzilsteilnahme von der Mitgliedschaft im Bischofskollegium unterscheidet die gegenwärtige Rechtslage erheblich von dem alten Recht im CIC/1917. Der einschlägige can. 223 CIC/1917 benannte kein abstraktes Zulassungskriterium, sondern listete die verschiedenen Gruppen der Konzilsteilnehmer auf,681 schloss sogar mehrfach explizit das Erfordernis bischöflicher Weihe aus.682

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So auch Mörsdorf, Promulgationsformel, 458. Vgl. auch Musselli/Tedeschi, Diritto, 22. Unzutreffend ist daher die Auffassung von Hartelt, Konzil, 351 f., dass eine solche zusätzliche Bestätigung außerhalb des konziliaren Aktes kein konziliarer, sondern primatialer Akt sei. Hier werden die einzelnen Akte isoliert betrachtet, ohne in den mehrschichtigen Prozess zur Bildung des kollegialen Aktes eingeordnet zu werden. Dann ist nämlich festzustellen, dass die primatialen Einzelakte im Rahmen des kollegialen Handelns gerade für die Setzung eines kollegialen Aktes konstitutiv sind. 680 „Ius est et officium omnibus et solis Episcopis qui membra sint Collegii Episcoporum, ut Concilio Oecumenico cum suffragio deliberativo intersint.“ 681 Schneider, Konzilsrecht, 279, spricht zutreffend von einer Vereinfachung bzw. Konzentration. 679

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Vom juristischen Standpunkt aus ist nunmehr zu fragen, welche Veränderung es aufgrund dieser Konzentration bzw. Vereinfachung des Teilnahmerechts für die noch im CIC/1917 genannten Teilnehmer gibt. Während die Gruppe der Kardinäle nach altem Recht in can. 223 § 1 Nr. 1 CIC/1917 an erster Stelle als ordentliche Teilnehmer gelistet waren, folgt deren Teilnahme nach neuem Recht aus ihrer Bischofsweihe. Der heutige can. 351 § 1 HS 2 verlangt, dass alle neu zu erhebenden Kardinäle die Bischofsweihe empfangen müssen. Damit sind sämtliche Kardinäle unabhängig von ihrer Rangklasse gleichsam Mitglieder des Bischofskollegiums und damit ordentliche Teilnehmer am Ökumenischen Konzil.683 Can. 223 § 1 Nr. 2 CIC/1917 benannte die Patriarchen, Primasse, Erz- und Diözesanbischöfe, die gegenwärtig stets Bischöfe und so „geborene“ Mitglieder des Konzils sind.684 Uneinheitlich ist die Rechtslage für die ehemals in can. 223 § 1 Nr. 3 CIC/1917 als ordentliche Konzilsteilnehmer gelisteten Gefreiten Äbte und Prälaten. Diese werden heute nach Maßgabe des can. 370 als Gebietsäbte und Gebietsprälaten bezeichnet. Sie sind aufgrund besonderer Umstände als Leiter eines gebietsmäßig abgegrenzten Teiles des Gottesvolkes berufen, wobei sie ihre Gebietsprälatur bzw. -abtei „nach Art eines Diözesanbischofs als eigener Hirte“ leiten.685 In den gegenwärtig im Annuario Pontificio genannten 44 Gebietsprälaturen hat jeder Prälat ausnahmslos die Bischofsweihe empfangen.686 Anders verhält es sich bei den elf im Annuario Pontificio gelisteten Gebietsabteien. Der Gebietsabt ist in der Regel Priester, nur ausnahms-

682 An erster Stelle war die Gruppe der Kardinäle genannt, auch wenn sie nicht Bischöfe sind („etsi non Episcopi“). Für die anschließende Gruppe der Patriarchen, Primasse, Erzbischöfe und Residenzbischöfe ist ebenfalls die Weihe nicht erforderlich („etiam nondum consecrati“). An dritter und vierter Stelle sind die Gefreiten Äbte und Prälaten bzw. der Abt-Primas und ausgewählte Ordensobere genannt, die ebenfalls regelmäßig nicht Bischöfe waren. Die Gesamtbetrachtung dieser Vorschrift zeigt, dass die Mitgliedschaft im Bischofskollegium, insbesondere der Empfang der sakramentalen Weihe, keine notwendige Bedingung für ein ordentliches Teilnahmerecht am Ökumenischen Konzil darstellte. Dass der Empfang der Bischofsweihe wiederum keine hinreichende Bedingung zur vollen Teilnahme am Ökumenischen Konzil ist, macht can. 223 § 2 CIC/1917 in Bezug auf die Titularbischöfe, die zum Konzil als außerordentliche Mitglieder gerufen sind, („vocati ad Concilium“) deutlich: So haben diese, soweit sie zum Konzil eingeladen wurden, zwar im Zweifel entscheidendes Stimmrecht, es sei denn, etwas anderes sei ausdrücklich bei der Einberufung zu beachten („nisi aliud convocationis decretum ferat“); vgl. auch Mörsdorf, Lehrbuch I, 351. 683 Leisching, Kardinäle, 361. Diese Rechtslage wurde bereits durch das Motu Proprio Papst Johannes XXIII. „Cum gravissima“ vom 15. 4. 1962 begründet. 684 Zum Begriff der „geborenen“ Teilnehmer in Abgrenzung zu den berufenen Teilnehmern vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 339, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Sind die Genannten jedoch noch nicht konsekriert, steht ihnen, anders als es can. 223 § 1 Nr. 2 a.E. CIC/1917 noch regelte, ein Teilnahmerecht nicht zu (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 221). 685 Instruktiv Rodríguez, Teilkirchen, 161 ff. 686 Vgl. Annuario Pontificio 2012, 1014 ff. Vgl. auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 323 ff.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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weise hat er die Bischofsweihe empfangen.687 Unter dem geltenden Codex ist es fraglich, ob jene bischofsgleichen Amtsträger ohne Bischofsweihe zu den ordentlichen Teilnehmern des Konzils zählen können. Dies wurde noch vor Promulgation des neuen CIC mit Hinweis auf die Konzilslehre bejaht.688 Aus der Gleichstellung der Gebietsprälaten und -äbten mit den Diözesanbischöfen sei auch eine rechtliche Gleichstellung verbunden, die sich nicht nur auf den Bereich der Leitung der Teilkirche, sondern auch in Bezug auf ihre gesamtkirchliche Verantwortung erstrecke.689 Gegen diese Auffassung steht nunmehr der eindeutige Wortlaut des can. 339, der ausdrücklich nur den Bischöfen als Glieder des Bischofskollegiums ein ordentliches Teilnahmerecht zuerkennt. Damit ist unter Wortlautgesichtspunkten ausgeschlossen, dass auch der nicht bischöflich geweihte Vorsteher einer Teilkirche mit bischofsgleicher Stellung ordentlicher Teilnehmer eines Ökumenischen Konzils ist. Anknüpfungspunkt ist eben nicht das hirtenamtliche Vorstehen einer Teilkirche, sondern die Mitgliedschaft im Bischofskollegium. Nur die Mitglieder des Bischofskollegiums sind dem Wortlaut nach Teilnehmer eines Ökumenischen Konzils; damit ist der hirtenamtliche Vorsitz einer Teilkirche, wie es genuines Amt eines Diözesanbischofs und insoweit auch des Gebietsprälaten bzw. -abtes ist, nicht das entscheidende Zulassungskriterium.690 Daher sind Gebietsprälaten und -äbte, insoweit sie nicht Mitglied im Bischofskollegium sind, keine ordentlichen Teilnehmer.691 Inwieweit aus dieser verfassungsrechtlich ungleichen Behandlung von Bischöfen und bischofsgleichen Amtsträgern und der uneinheitlichen Rechtsstellung innerhalb der Gruppe der geweihten und nichtgeweihten Gebietsprälaten bzw. -äbten ein einheitliches Teilnahmerecht begründet werden muss, ist ausnahmslos eine Frage des außerordentlichen Teilnahmerechtes.692 687 Vgl. Annuario Pontificio 2012, 1026 ff. Von den elf Gebietsäbten hat nur der Gebietsabt von Pannonhalma in Ungarn die Bischofsweihe empfangen und ist Titularbischof. 688 Vgl. Aymans, Element, 102 ff. m.w.N. 689 So heißt es ebd., 105, dass niemand ernstlich sagen wolle, dass die nicht zu Bischöfen geweihten Ortsoberhirten nur eine Aufgabe nach innen, bezüglich ihrer eigenen Ortskirche hätten, sich aber jeder gemeinsamen Aktion nach außen zu enthalten und so ihre Ortskirche in die Isolierung zu führen hätten. 690 Dies wird bereits dadurch deutlich, dass auch Kardinäle und andere Vertreter des Papstes, die nach Maßgabe der cc. 353 f. als Helfer in Konsistorien oder als Vorsteher von Dikasterien oder anderen ständigen Einrichtungen der Kurie oder des Vatikanstaates nicht Vorsteher einer Teilkirche sind, dennoch zu Bischöfen geweiht und Mitglieder des Bischofskollegiums sind. Vergleichbares gilt für die Auxiliarbischöfe, die in der Regel ohne eigenes Territorium zur Unterstützung des Diözesanbischofs berufen und dennoch Mitglieder des Bischofskollegiums sind. 691 Der derzeit einzigen im Annuario gelisteten Personalprälatur Opus Dei ist gegenwärtig ein Personalprälat vorgesetzt, der die Bischofsweihe empfangen hat und daher ordentlicher Teilnehmer des Konzils ist (vgl. Annuario Pontificio 2012, 1043; vgl. auch Klein, Personalprälatur, 289; Schmitz, Personalprälaturen, 651). 692 Ein ordentliches Teilnahmerecht kann sich auch nicht auf can. 4 stützen (vgl. den Ansatz von Schneider, Konzilsrecht, 279 mit Hinweis auf ein „jahrhundertealtes Gewohnheitsrecht“). Nach can. 4 bleiben wohlerworbene Rechte und Privilegien unangetastet, soweit sie nicht ausdrücklich durch den Codex widerrufen werden. Bei dem Teilnahmerecht handelt es sich

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Vergleichbar uneinheitlich ist die Rechtslage bezüglich der in can. 371 genannten Apostolischen Vikariate und Präfekturen. Dabei handelt es sich um einen bestimmten Teil des Gottesvolkes, der aufgrund besonderer Umstände noch nicht als Diözese errichtet worden ist. Diese werden von einem Apostolischen Vikar bzw. Präfekten im Namen des Papstes geleitet; ihre Amtsgewalt hat stellvertretenden, nicht eigenberechtigten Charakter.693 Der CIC/1917 gestand beiden Gruppen kein ordentliches Teilnahmerecht zu.694 Gegenwärtig sind sämtliche Apostolische Vikare Titularbischöfe und als solche ordentliche Teilnehmer des Ökumenischen Konzils,695 während die Apostolischen Präfekten ausschließlich Priester und damit keine ordentlichen Konzilsteilnehmer sind.696 Anders als unter der Geltung des CIC/1917 sind die in can. 371 § 2 genannten Apostolischen Administratoren, die ebenfalls stellvertretende Leitungsgewalt im Namen des Papstes über ein aus schwerwiegenden Gründen nicht zur Diözese errichteten Teil eines Gottesvolkes ausüben, regelmäßig ordentliche Teilnehmer des Konzils. Dies folgt allerdings in Übereinstimmung mit can. 339 allein aus der Tatsache, dass sie mit Ausnahme des Apostolischen Administrators der Komoren zu Titularbischöfen geweiht sind.697 Dass die Apostolischen Administratoren ebenso wie die Apostolischen Vikare und Präfekten bloß stellvertretende Amtsgewalt ausüben, ist für das Recht an der Konzilsteilnahme unerheblich.698 Während can. 223 § 1 Nr. 4 CIC/1917 auch den Abtprimas, die höchsten Oberen der monastischen Klosterverbände sowie die Ordensgenerale exemter priesterlicher

bereits nicht um ein wohlerworbenes Recht oder Privilegium. Es handelt sich vielmehr um die von can. 4 nicht umfasste Kategorie der subjektiven Rechte kraft objektiven Rechts (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 124 f.). Bei dem Teilnahmerecht handelt es sich um ein subjektives Recht, das der genannten Gruppe aufgrund ihrer Rechtsstellung im objektiven Recht zukommt. Es erwächst von Rechts wegen aus der objektiven Rechtsordnung selbst. Der Inhalt dieses Rechts wird deshalb allein vom objektiven Recht bestimmt und untersteht nicht dem besonderen Schutz, den can. 4 meint. Das Teilnahmerecht wurde so mit dem neugestalteten objektiven Recht verändert. 693 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 324; Rodríguez, Teilkirchen, 160. 694 Vgl. ausführlich Aymans, Element, 108 f.: Der entscheidende Grund für die Verweigerung des Teilnahmerechts sei nicht der Mangel der Bischofsweihe, sondern dass diese Amtsträger ihrem Gebiet in fremdem Namen vorstünden. 695 Vgl. Annuario Pontificio 2012, 1044 ff. 696 Vgl. ebd., 1061 ff. 697 Vgl. ebd., 1066 f. Der Apostolische Administrator, der ausnahmsweise nur Priester ist, ist somit kein ordentlicher Teilnehmer des Ökumenischen Konzils. 698 Siehe bereits Fn. 694. Den derzeit acht im Annuario Pontifcio gelisteten Missionen sui iuris, die auf das Dekret „Excelsum“ vom 12. 09. 1896 (vgl. ASS 29 (1896 – 97), 437 – 440) zurückgehen und die weder Apostolische Vikariate noch Apostolische Präfekturen sind, stehen z. T. geweihte, z. T. nicht geweihte Superiore vor (vgl. Annuario Pontificio 2012, 1069 f:). Was das ordentliche Teilnahmerecht am Ökumenischen Konzil betrifft, kommt es auch hier zur bereits besprochenen Uneinheitlichkeit.

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Verbände zu ordentlichen Teilnehmern des Ökumenischen Konzils zählte,699 gilt dies unter der gegenwärtigen Rechtslage nicht mehr. Da die genannten Gruppen NichtBischöfe und daher auch keine Mitglieder des Bischofskollegiums sind, bleiben sie von einer Konzilsteilnahme ausgeschlossen.700 Im Unterschied zur ausdifferenzierten Regelung in can. 223 § 2 CIC/1917 sind sämtliche Titularbischöfe nunmehr aufgrund ihrer sakramentalrechtlich begründeten Mitgliedschaft im Bischofskollegium eo ipso ordentliche Teilnehmer des Ökumenischen Konzils.701 Diese gesetzliche Neuregelung ist das Ergebnis der Rezeption der Beratungen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil über das Bischofsamt und das Bischofskollegium.702 Damit sind gegenwärtig über 2000 Titularbischöfe ordentliche Teilnehmer des Konzils.703 Diese Regelung wird im Schrifttum vielfach kritisiert.704 699

Kirchenrechtlich erhielten nur die Äbte das Teilnahmeprivileg, die als Inhaber von Regierungsgewalt eine quasi-bischöfliche Stellung inne hatten. Dies traf auf die abbates nullius, die Generaläbte und auf die praesides von sieben Benediktinerkongregationen zu (vgl. Ganzer, Äbte, 367 ff.). 700 Vgl. Ganzer, Äbte, 371. Dies wird im Schrifttum vielfach kritisiert. So hält bereits Rahner, Ius Divinum, 101, namentlich ein ordentliches Teilnahmerecht des Oberen eines exemten Ordens für sinnvoll. Ebenfalls für eine ordentliche Teilnahme der Ordensoberen spricht sich Mörsdorf, Kommentar CD, 154. aus. Aymans, Element, 101, hält eine Teilnahme, um eine angemessene Repräsentation der Gesamtkirche zu gewährleisten, für erforderlich. Primetshofer, Tendenz, 42, verweist auf das große Erfahrungspotential der Generaloberen. Ganzer, Geschäftsordnungen, 867, bemerkt, dass der Gedanke, wonach das Konzil die Gesamtkirche repräsentiere, nicht konsequent verwirklicht werde, weil die Hinzuziehung der Repräsentanten der großen Orden gänzlich in das Ermessen des Papstes gestellt sei. 701 Nach can. 223 § 2 CIC/1917 sind sowohl Teilnahme- als auch Stimmrecht der Titularbischöfe nicht selbstverständlich. Sie konnten nur teilnehmen, soweit sie gerufen wurden, dann jedoch grundsätzlich mit entscheidendem Stimmrecht, es sei denn, dass bei Einberufung ausdrücklich etwas anderes bestimmt wurde. Die Teilnahme der Titularbischöfe als außerordentliche Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils erfolgte in Übereinstimmung mit can. 223 § 2 CIC/1917 aufgrund ausdrücklicher Einladung Papst Johannes XXIII., der diese bereits in seiner Apostolischen Konstitution „Humanae salutis“ vom 25. 12. 1962 ankündigte (vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 615). 702 Hartelt, Konzil, 350; Stoffel, MKCIC zu can. 339, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). So hatte bereits Art. 4 CD den Grundsatz festgelegt, dass allen Bischöfen und damit auch den Titularbischöfen, „die Glieder des Bischofskollegiums sind, das Recht zusteht, am Ökumenischen Konzil teilzunehmen.“ Das Konzilsdokument ließ jedoch die Frage offen, ob aus dem ordentlichen Teilnahmerecht auch ein ordentliches Stimmrecht folgt (vgl. Mörsdorf, Kommentar CD, 153; vgl. auch Aymans, Leitungsdienst, 41; Listl, Auxiliarbischof, 276; Graulich, Titularbischöfe, 414). 703 Vgl. Annuario Pontificio 2012, 1143. 704 Zum einen wird im Hinblick auf die Organisation eines zukünftigen Konzils pragmatisch darauf hingewiesen, dass die große Anzahl der Teilnehmer zu kaum praktikablen, allenfalls schwerfälligen und wenig fruchtbaren Versammlungsrunden führen wird (so insbesondere Primetshofer, Tendenz, 40; Aymans, Element, 132; Krämer, Kirchenrecht II, 113). Zum anderen wird das Zulassungskriterium der Mitgliedschaft zum Bischofskollegium grundsätzlich für unzureichend gehalten (vgl. Primetshofer, Tendenz, 41). Dadurch erscheine der Teilnehmerkreis einerseits hinsichtlich der Titularbischöfe als überzogen und andererseits hinsichtlich

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

Der Ausschluss sämtlicher Nicht-Bischöfe mit bischofsgleicher Rechtsstellung und die Teilnahme sämtlicher Titularbischöfe, die regelmäßig keine teilkirchliche Hirtengewalt haben, zeigen einen bedeutenden strukturellen Wandel im Verständnis des Ökumenischen Konzils. Das Ökumenische Konzil ist nicht Ort der Repräsentation der Teilkirche, sondern vielmehr ganz in den universalkirchlich akzentuierten Kontext des Bischofskollegiums gestellt.705 Der Codex verknüpft untrennbar das ordentliche Teilnahmerecht mit einem sog. entscheidenden Stimmrecht (suffragio deliberativo). Dies galt schon unter dem CIC/ 1917,706 allerdings ließen die Konzilsdokumente die Frage des entscheidenden Stimmrechts, namentlich für die Gruppe der Titularbischöfe, offen.707 Von kanonistischer Seite wurden diesbezüglich bereits bei den Vorbereitungen des neuen Codex kritische Vorbehalte laut.708 Der Wortlaut des geltenden Codex ist jedoch eindeutig: Jeder ordentliche Teilnehmer genießt entscheidendes Stimmrecht. Die herrschende Lehre im Schrifttum – soweit gesichtet – interpretiert das Stimmrecht der ordentlichen Mitglieder daher auch einhellig im Sinne einer Stimmengleichheit.709 Diese Sichtweise ist jedoch nicht zwingend. Der Begriff des entscheidenden Stimmrechts muss nicht zwangsläufig eine Gleichheit von Zählwert und Erfolgschance bedeuten. Can. 339 spricht bewusst nicht von gleichem, sondern viel allgemeiner von entscheidendem Stimmrecht und grenzt dieses damit von einem bloß beratenden, konsultativen Teilnahme- und Stimmrecht ab.710 Eine solche Abstufung der ausgeschlossenen nichtbischöflichen Vorsteher von Teilkirchen als defizitär (Hartelt, Konzil, 350). So schreibt Primetshofer, Tendenz, 42, das Erfahrungspotential der Generaloberen von Ordensgemeinschaften sei für die Effizienz des Ökumenischen Konzils wichtiger als die Präsenz sämtlicher Titularbischöfe. 705 Dies überrascht angesichts der viel betonten Aufwertung der Teilkirche durch das Zweite Vatikanische Konzil als maßgebliches Strukturprinzip der communio ecclesiarum. Schließlich betont Art. 23 LG – wie nunmehr auch can. 368 – hinsichtlich der Teilkirche, dass aus ihnen und in ihnen die eine katholische Kirche besteht. Das geltende Teilnahmerecht macht dieses von den Teilkirchen ausgehende Strukturprinzip jedoch nicht deutlich, wird vielmehr grundsätzlich übergangen (vgl. Hartelt, Konzil, 350; Primetshofer, Tendenz, 41). Für eine Stärkung des Gedankens der Repräsentation der Teilkirche durch eine Revision des Teilnahmerechts spricht sich Krämer, Kirchenrecht II, 113, aus. 706 Vgl. can. 223 § 1 CIC/1917: „Vocantur ad Concilium in eoque ius habent sufragii deliberativi: […].“ 707 Vgl. Mörsdorf, Kommentar CD, 153. 708 Vgl. Aymans, Element, 118 ff.; Mörsdorf, Kommentar CD, 153 f.; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 222. Anderer Ansicht ist Bertrams, für den ein gleichberechtigtes Stimmrecht eine „logische Schlussfolgerung“ ist (Bertrams, Einheit, 37; vgl. ders., Relatione, 81). 709 So insbesondere Hartelt, Konzil, 350; H. Müller, Konzil, 394; Primetshofer, Tendenz, 40; Schneider, Konzilsrecht, 280; Krämer, Kirchenrecht II, 113; Stoffel, MKCIC zu can. 339, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Graulich, Titularbischöfe, 409. Bereits vor Geltung des CIC sprach sich Bertrams, Relatione, 81; ders., Einheit, 37, für ein gleiches Stimmrecht der Titularbischöfe aus. 710 Vgl. so den Wortlaut des can. 223 § 3: „suffragium non habent, nisi consultivum“. Außerordentliche Teilnehmer hatten demnach „kein Stimmrecht, außer beratendes“.

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des Stimmrechts der Titularbischöfe lässt sich aus dem verfassungsrechtlich fundamentalen Strukturprinzip der Kirche herleiten, wonach die Mitgliedschaft im Bischofskollegium eine hierarchische Struktur aufweist, die den Bischof in eine hierarchische Gemeinschaft einordnet, die gerade nicht zu einer unterschiedslosen Gleichberechtigung führt.711 Daher ist es fragwürdig, warum alle ordentlichen Teilnehmer des Konzils trotz ihrer unterschiedlichen Stellung im hierarchisch strukturierten Bischofskollegium mit gleichem Stimmrecht ausgestattet sein sollen. Gerade mit der hierarchischen Gliederung des Bischofskollegiums und der unterschiedlichen Stellung, die Diözesan- und Titularbischöfe im Verfassungsleben der Kirche haben, lässt sich eine differenzierte stimmrechtliche Stufung beim Ökumenischen Konzil begründen.712 Der Wortlaut des can. 339 ist insoweit einschränkend auszulegen, dass er mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der hierarchischen Gemeinschaft in Einklang steht. Bei der Abstufung des Stimmrechts bildet jedoch der Wortlaut des can. 339 die äußere Grenze der Auslegung, so dass das titularbischöfliche Stimmrecht weiterhin ein nicht bloß beratendes sein darf. Es muss daher immer noch eine beschließende Stimme im Sinne eines mit-beschließenden und nicht bloß konsultativ-beratenden Stimmrechts sein. Ob sich die höchste Autorität bei einem zukünftigen Konzil der herrschenden Lehre in der Kanonistik anschließen wird oder mit Blick auf die hierarchische Struktur des Kollegiums eine Abstufung des Stimmrechts vornehmen wird, bleibt abzuwarten. Für sämtliche ordentliche Teilnehmer besteht auch eine Teilnahmepflicht am Ökumenischen Konzil, wie can. 339 § 1 explizit feststellt.713 Anders als der CIC/ 1917 hat der neue Codex darauf verzichtet, die Rechtsfolgen einer Nichtteilnahme oder ein Stellvertretungsrecht zu regeln.714 Ein Stellvertretungsrecht für den Fall einer entschuldigten Nichtteilnahme ist somit gegenwärtig nicht anerkannt; es bleibt dem Papst jedoch unbenommen, ein solches im Rahmen einer im Vorfeld zu erlassenen Geschäftsordnung zu regeln.715 Dies gilt auch für die Sanktionierung einer unentschuldigten Nichtteilnahme.

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Vgl. Primetshofer, Tendenz, 40; so auch schon Aymans, Element, 120 f.; Aymans/ Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 222, verweisen auf die wesentlich verschiedenen ekklesiologischen Rollen von Diözesan- und Titularbischof. 712 Bereits aus dem weltlichen Recht ist der Grundsatz bekannt, dass es unzulässig ist, wenn wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird. Die hierarchische Struktur des Bischofskollegiums und die unterschiedliche Rechtsstellung von Diözesan- und Titularbischof auf teilkirchlicher Ebene begründet dabei ihre strukturelle Ungleichheit. Daher wäre es unzulässig, sämtlichen Teilnehmern ein gleiches Stimmrecht beim kollegialen Akt des Bischofskollegiums zuzuerkennen, welches die hierarchische Struktur in der Abstimmung aufheben würde. Anders jedoch die Ansicht, die die Rolle der Titularbischöfe nicht erstrangig von ihrer Funktion her bestimmt, sondern rein sakramentalrechtlich von ihrer Weihe und Zugehörigkeit zum Kollegium (so insbesondere Graulich, Titularbischöfe, 414 m.w.N.). 713 Art. 4 CD nannte noch nicht die Verpflichtung zur Teilnahme. 714 Vgl. noch die ausführlichen Regelungen in cc. 224 §§ 1 – 2 und 225 CIC/1917. 715 Vgl. can. 338 § 2.

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(2) Außerordentliches Teilnahmerecht Neben dem ordentlichen Teilnahmerecht regelt can. 339 § 2 das außerordentliche Teilnahmerecht. So heißt es dort, dass darüber hinaus zur Teilnahme „auch einige andere, die nicht Bischöfe sind, von der höchsten Autorität der Kirche berufen werden“.716 Bereits auf Tatbestandsebene sind zwei Aspekte bemerkenswert. Zum einen spricht die Norm allgemein von der „höchsten Autorität“ der Kirche. Damit ist geklärt, dass nicht nur der Papst im Vorfeld des Konzils, sondern auch das Konzil selbst durch einen kollegialen Akt den Teilnehmerkreis seiner außerordentlichen Mitglieder festlegen kann.717 Zum anderen gestattet die Vorschrift durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „einige andere“ nur eine beschränkte Anzahl außerordentlicher Teilnehmer. Es ist von rechtlichem Interesse zu bestimmen, wer zu dem Kreis außerordentlicher Teilnehmer gehört und inwieweit sich aus der gesetzlichen Formulierung Kriterien entwickeln lassen, um einen Teilnahmeanspruch zu begründen. Diese Frage lässt sich jedoch aus reinen Rechtserwägungen nicht beantworten. Der Wortlaut sagt nur, dass „einige wenige“, nicht jedoch wer und wie viele an einem Konzil in außerordentlicher Weise teilnehmen dürfen. Es handelt sich bei dieser Formulierung um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der auslegungsbedürftig ist und tragenden Ermessenserwägungen von Papst oder Bischofskollegium unterliegt. So ist es denkbar, dass bei der Festlegung des außerordentlichen Teilnehmerkreises eine Orientierung an dem Recht des CIC/1917 erfolgt;718 zwingend ist dies jedoch nicht. Bei der Auslegung des Rechtsbegriffes werden wohl insbesondere die ekklesiologischen Implikationen relevant, die das Wesen des Ökumenischen Konzils betreffen. Das Wesen des Ökumenischen Konzils wird jedoch im Schrifttum höchst uneinheitlich beschrieben.719 Sieht man das Konzil als einen Ort der Repräsentation der Teilkirche an,720 so spricht vieles dafür, insbesondere jenen nichtbischöflichen Vorstehern von Teilkirchen aus Gründen der Funktionsgleichheit mit ihren bischöflichen Vorstehern ein außerordentliches Teilnahmerecht zuzuerkennen. Diese 716

„Ad Concilium Oecumenicum insuper alii aliqui, qui episcopali dignitate non sint insigniti, vocari possunt a suprema Ecclesiae auctoritate, cuius est eorum partes in Concilio determinare.“ 717 Hartelt, Konzil, 350; vgl. auch Aymans, Element, 94; Komonchak, Konzil, 575. 718 Danach käme auch die Gruppe der gefreiten Äbte und Prälaten als Vorsteher territorialer Prälaturen und Abteien, der Abtprimas und die Abt-Präsides monatischer Orden bzw. Klosterverbände und die Generaloberen exempter klerikaler Orden, die regelmäßig Nicht-Bischöfe sind, als Teilnehmer in Betracht (Schwendenwein, Kirchenrecht, 172). 719 So wird das Ökumenische Konzil wahlweise verstanden als Ausdruck der Kollegialität der Bischöfe, als Ausdruck der aus Teilkirchen bestehenden communio ecclesiarum oder als eine stellvertretende Darstellung der gesamten Gemeinschaft der Gläubigen (vgl. zu den einzelnen Auffassungen ausführlich Ricca, Konzil, 564 ff.). Grundlegend dazu vgl. auch Ratzinger, Kollegialität, 56 ff. 720 So Mörsdorf, Kollegialitätsprinzip, 1441; vgl. Gerosa, Synodalität, 37; vgl. auch Aymans, Element, 125 f. m.w.N.

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Auffassung folgt einerseits aus dem Wesensverständnis des Bischofssamtes in seiner Relation zur Teilkirche721 und andererseits aus der ekklesiologischen Aufwertung der Teilkirche durch die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils, die selbst Eingang in den Codex gefunden hat und in can. 368 theologisch formuliert, dass die eine und einzige katholische Kirche in und aus Teilkirchen bestehe. Gerade als Ausdruck der Einheit sei das Ökumenische Konzil Versammlungsort der bischöflichen Vorsteher der Vielheit der einzelnen Teilkirchen. Nicht zuletzt lässt sich auch die Konzilsgeschichte für diese Auffassung heranziehen.722 Diese Auffassung ist jedoch mit dem gesetzlichen Ansatz des CIC nicht zu vereinbaren. Der Codex institutionalisiert das Ökumenische Konzil seinem Wesen nach ausschließlich als Vollversammlung des Bischofskollegiums.723 Es ist Ausdruck der Kollegialität der Bischöfe in einer sakramentalrechtlich begründeten und gesamtkirchlich akzentuierten Perspektive.724 Das Bischofsamt beruht damit primär auf seiner Zugehörigkeit zu diesem obersten Leitungsgremium. Es begründet somit eine Priorität der Zugehörigkeit zum Bischofskollegium, die der konkreten Aufgabe des Bischofs, namentlich einer Teilkirche vorzustehen, vorausgeht.725 Insoweit folgt der Codex auch dem eindeutigen Lehramt der Kirche.726 So hat der CIC das Ökume721 So insbesondere Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 329: Dass auch die Titularbischöfe den Titel einer untergegangenen Teilkirche trügen, sei ein untrüglicher Hinweis darauf, dass das Wesen des Bischofsamtes nicht aus sich selbst heraus und noch weniger im Hinblick auf die Person, sondern nur in seiner Relation zu einer Teilkirche verstanden werden könne. Anderer Ansicht ist Graulich, Titularbischöfe, 414. 722 So weist Jedin nach, dass bereits auf dem Trienter Konzil und dem Ersten Vatikanum für das Teilnahme- und Stimmrecht nicht die bischöfliche Weihe, sondern die Jurisdiktionsgewalt des Amtsträgers maßgebliches Kriterium war (vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 610; ders., Konzilien, 587). 723 So äußert sich H. Müller, Konzil, 393: „Ekklesiologisch tritt damit der traditionelle Aspekt der Repräsentation der Einzelkirchen […] zurück gegenüber der neuzeitlichen Kollegialitätslehre, die gesamtkirchlich auf den actus stricte collegialis und den Ausgleich mir der päpstlichen Vollmacht konzentriert ist.“ Vgl. auch Krämer, Kirchenrecht II, 110; Hartelt, Konzil, 349 f.; Ganzer, Geschäftsordnungen, 866 f.; Ganzer, Äbte, 373. 724 Hartelt, Konzil, 350. So meint auch Komonchak, Konzil, 576, dass das Ökumenische Konzil mehr ein Instrument zur Leitung der Gesamtkirche als Ausdruck für die Vertretung der Teilkirchen und ihrer Bischöfe sei. Diese gesamtkirchliche Akzentsetzung der Einheit aller Bischöfe sieht auch Primetshofer, Tendenz, 47, verwirklicht. 725 Graulich, Titularbischöfe, 412. 726 So heißt es in dem Apostolischen Schreiben von Papst Johannes Paul II. „Apostolos Suos“ vom 21. 05. 1998: „Ebensowenig ist das Bischofskollegium als die Summe der den Teilkirchen vorstehenden Bischöfe noch als Resultat ihrer Gemeinschaft zu verstehen. Da es wesentliches Element der Universalkirche ist, ist das Bischofskollegium eine Wirklichkeit, die dem Auftrag, einer Teilkirche vorzustehen, vorgeordnet ist.“ (Johannes Paul II., Apostolos Suos, Nr. 12). Auch in dem Apostolischen Schreiben „Pastores Gregis“ von Papst Johannes Paul II. vom 16. 10. 2003 heißt es in Nr. 8: „Eben weil das Bischofskollegium eine Wirklichkeit ist, die dem Amt, einer Teilkirche vorzustehen, vorgeordnet ist, gibt es viele Bischöfe, die zwar eigentlich bischöfliche Aufgaben erfüllen, aber doch keiner Teilkirche vorstehen.“ Beispielhaft nennt das Dokument als Formen der Ausübung des Bischofsamtes außerhalb des Vorsitzes einer

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nische Konzil rechtssystematisch ganz in den Abschnitt über das Bischofskollegium eingefügt, da das Konzil dessen genuine Handlungsweise ist.727 Auch spricht aus rechtlicher Perspektive für diese Sichtweise die Ausgestaltung des ordentlichen Teilnahmerechts. Dieses knüpft allein an das Bischofsamt an. Bischof wird jedoch nicht allein nur derjenige, der Vorsteher einer Teilkirche ist. So werden auch Helfer bei den bischöflichen Funktionen, Kardinäle, päpstliche Gesandte und Mitarbeiter der Kurie in den Bischofsstand erhoben. Nicht zu vernachlässigen ist auch die rechtstheologische Parallele von Apostel- und Bischofskollegium728. Nur weil sich Petrus mit seinen Aposteln kollegial verbunden wusste, sind auch die Nachfolger der Apostel mit dem Nachfolger Petri verbunden. Diese im Bischofskollegium konstituierte Verbundenheit entfaltet ihre rechtlichen Handlungsspielräume konziliar. Daher kann das Konzil genuin nur sakramentalrechtlich vom Bischofskollegium als dem Nachfolgeorgan des Apostelkollegiums her verstanden werden. Daher gibt es auch nur Bischöfe als ordentliche Teilnehmer und ausnahmsweise nur „wenige andere, die keine Bischöfe sind“. Die genannten Ausführungen haben mögliche Kriterien aufgezeigt, von denen sich die höchste Autorität bei der Auswahl der außerordentlichen Teilnehmer leiten lassen wird. Die Berufung außerordentlicher Konzilsteilnehmer steht im freien Ermessen der höchsten kirchlichen Autorität. Zahlenmäßig muss diese jedoch von unbedeutendem Umfang sein. Gleichwohl ist auch die Möglichkeit der Teilnahme von Nicht-Klerikern nicht ausgeschlossen. Die Regelung des can. 339 § 2 lässt Spielraum für die ekklesiologische Bedeutung, die die Kirche in der zukünftigen Situation einer Gruppe beimisst, um deren Partizipation an der universalkirchlichen Leitungsgewalt zu ermöglichen.729 Da durch die Ausgestaltung des Teilnahmerechts die Möglichkeit einer außerordentlichen Teilnahme von Nicht-Bischöfen auf einem Ökumenischen Konzil besteht, kann nicht behauptet werden, das Ökumenische Konzil sei nichts anderes als eine reine Versammlung des Bischofskollegiums. Dies unterscheidet die feierliche Teilkirche die Weihbischöfe oder die Vertreter des Papstes in den Behörden des Heiligen Stuhls oder in den päpstlichen Gesandtschaften (ebd.). 727 Vgl. Primetshofer, Tendenz, 39; Krämer, Kirchenrecht II, 110. 728 Vgl. can. 330. 729 Traditionell gehören zu dem Kreis der außerordentlichen Konzilsteilnehmer die Gruppe erfahrener Theologen, Kanonisten und sonstiger Sachverständiger. Zu den auf dem Trienter Konzil nicht ordentlich teilnehmenden Ordensoberen und Äbten vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 610. Zur Frage der Berufung von Laien als Teilnehmer und zur Rechtslage beim Trienter Konzil und Erstem Vatikanum vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 611, aber auch Küng, Strukturen, 77 ff. Auch Aymans, Element, 112 ff., setzt sich mit einem ordentlichen Teilnahmerecht der Laien auseinander, hält dies jedoch noch für verfrüht; anders der Ansatz Küng, Strukturen, 93 ff., der mit dem allgemeinen Priestertum der Gläubigen argumentiert und eine „Laienrepräsentanz“ (ebd., 103) begrüßt (vgl. auch ders.,Verständnis, 68 f.). Zur Kritik an der Formel Küngs vgl. Aymans, Element, 113 m.w.N. Auf dem Zweiten Vatikanum waren zudem die nicht mit Rom verbundenen Kirchen und Kirchengemeinschaften als Beobachter ohne Rede- und Stimmrecht eingeladen worden (vgl. Jedin, Geschäftsordnung, 616).

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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konziliare Handlung von der einfachen nach can. 337 § 2. Während auf dem Konzil auch Nicht-Bischöfe teilnehmen können, ist die außerkonziliare vereinte Amtshandlung ausschließlich ein kollegialer Akt der Bischöfe mit dem Papst.730 Daher kann aber auch nicht behauptet werden, das Ökumenische Konzil sei kollegialer Träger der Höchstgewalt; dies kann nur das Bischofskollegium sein.731 Hinsichtlich des Stimmrechts gilt can. 339 § 2 HS 2. Dort ist allgemein statuiert, dass die Stellung der außerordentlichen Konzilsteilnehmer und damit verbunden auch Fragen ihres Stimmrechtes durch die höchste Autorität der Kirche näher zu bestimmen sind. Der Codex hat sich somit nicht darauf festgelegt, außerordentlichen Teilnehmern ein nur beratendes Stimmrecht (suffragium consultivum) zu gewähren.732 Hier sind abermals die dargelegten ekklesiologischen Implikationen zu berücksichtigen. Wer eine Gleichstellung von bischöflichen mit nicht-bischöflichen Vorstehern für angezeigt hält, wird wohl auch für diese Gruppe ein einheitliches beschließendes Stimmrecht fordern müssen. Wer hingegen sakramentalrechtlich argumentiert, wird den Nicht-Bischöfen wohl lediglich eine beratende Stimme einräumen.

b) Die außerkonziliare vereinte Amtshandlung (can. 337 § 2) Can. 337 § 2 nennt die zweite Handlungsform des Bischofskollegiums neben dem Ökumenischen Konzil: „Dieselbe Gewalt übt es durch eine vereinte Amtshandlung der auf dem Erdkreis verstreut weilenden Bischöfe aus, sofern diese Handlung als 730 Daher differenziert beispielsweise can. 1372 auch zwischen einer Appellation an das Ökumenische Konzil und das Bischofskollegium. 731 Anders jedoch Schneider, Konzilsrecht, 279. So stellt sich Schneider die Frage, wie sich die Teilnahme und das Stimmrecht von Nicht-Bischöfen mit der Konzeption des Konzils als kollegialer Träger der höchsten Gewalt vereinbaren lasse (ebd.). Ähnlich skeptisch äußert sich Betti, Beziehungen, 79: „Die […] Identität der obersten kollegialen Gewalt in ihrem Sein und ihrer konkreten Anwendung macht die Gewohnheit, in der historischen Form des ökumenischen Konzils auch Personen an ihrer Ausübung teilnehmen zu lassen, die nicht zum Bischofskollegium gehören, theologisch schwierig. Es genügt nicht zu sagen, eine solche Teilnahme gründe lediglich im Kirchenrecht. […] Haben wir zugegeben, daß die höchste Gewalt sakramentalen Ursprungs ist, so kann doch offenbar keine kirchliche Gesetzgebung den wesentlichen Unterschied zwischen einem geweihten Bischof und dem, der es nicht ist, aufheben.“ Gerade weil das Ökumenische Konzil selbst nicht kollegialer Träger der Höchstgewalt ist, entschärft sich die Frage. Nach dem eindeutigen Wortlaut des can. 336 ist nicht das Ökumenische Konzil, sondern das Bischofskollegium Träger der Höchstgewalt. Auf dem Ökumenischen Konzil wird die kollegiale Gewalt, wie can. 337 § 1 explizit sagt, feierlich ausgeübt. Das bedeutet jedoch, dass Papst und Bischofskollegium als höchste Autorität(en) einen weitergehenden Teilnehmerkreis festlegen können, dessen Partizipationsrecht von der höchsten Autorität abgeleitet und abhängig ist. Soweit ihnen auch beschließendes Stimmrecht zukommt, fließen ihre Stimmen in den Akt der kollegialen Willensbildung mit ein (so auch Hartelt, Konzil, 351). 732 So noch explizit can. 223 § 3 CIC/1917 im Hinblick auf die außerordentlichen Konzilsteilnehmer der Theologen und anderer im heiligen kanonischen Recht Erfahrene („sacrorum canonum periti“).

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solche vom Papst in die Wege geleitet oder frei angenommen ist, so daß ein wirklich kollegialer Akt zustande kommt“.733 Diese kollegiale Handlungsweise ist im Vergleich zum CIC/1917 eine Neuerung. Mit der Kodifikation der vereinten Amtshandlung wurde die entsprechende Passage in Art. 22 LG vom Gesetzgeber übernommen.734 Während das Ökumenische Konzil in can. 337 § 1 als die „feierliche“ Handlungsform des Bischofskollegiums bezeichnet wird, wird die vereinte Amtshandlung im Schrifttum überwiegend als eine „einfache“ Handlungsform bezeichnet.735 Das Schrifttum sieht den wesentlichen Unterschied zum Ökumenischen Konzil darin, dass die vereinte Amtshandlung keine örtliche Versammlung erfordert und damit auf eindrucksvolle Förmlichkeiten und Feierlichkeit verzichtet.736 Verzichtet wird damit auch auf die eine Versammlung auszeichnende Einheit von Zeit, Ort und Handlung. Deshalb wird die vereinte Amtshandlung auch vereinzelt als „Briefkonzil“737, „Papierkonzil“738 oder „Fernkonzil“739 bezeichnet. Seit Inkrafttreten des Codex ist es jedoch bislang noch nie zu einer entsprechenden außerkonziliaren Amtshandlung des Bischofskollegiums gekommen. aa) Besonderheiten der ordentlichen Ausübung (1) Initiativrecht Anders als can. 337 § 1 liegt das Initiativrecht für eine vereinte Amtshandlung nicht ausschließlich beim Papst. Der Codex differenziert an dieser Stelle. So heißt es zunächst in can. 337 § 2 Alt. 1, dass eine entsprechende Handlung vom Papst ausgehen muss. Dies entspricht dem Regelungsgehalt von cc. 337 § 1 i.V.m. 338 § 1, wonach der Papst die Bischöfe zur kollegialen Versammlung auf ein Konzil beruft. Neu ist jedoch can. 337 § 2 Alt. 2. Danach kann eine entsprechende Handlung auch vom Papst frei angenommen („libere recepta“) werden. Damit ist ein Initiativrecht der Bischöfe zur Setzung eines kollegialen Aktes kodifiziert, wobei der Papst eine auf Initiative der Bischöfe erfolgte Mehrheitsentscheidung erst nachträglich durch seine Zustimmung annimmt. Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit das bischöfliche Initiativrecht mit der in can. 333 § 2 formulierten ausschließlichen 733 „Eandem potestatem exercet per unitam Episcoporum in mundo dispersorum actionem, quae uti talis a Romano Pontifice sit indicta aut libere recepta, ita ut verus actus collegialis efficiatur.“ 734 Vgl. dazu Rahner, Kommentar LG, 226. Allerdings nannte der Konzilstext neben der freien Annahme auch noch die Billigung („approbet“) als päpstliche Mitwirkungsalternative. Das geltende Gesetzbuch hat diese Formulierung nicht übernommen. 735 Vgl. Aymans, Element, 129; ders., Art. Bischofskollegium, 496. 736 Vgl. Aymans, Element, 129 f; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 222; Congar, Konzil, 136 ff. 737 Rahner, Kommentar LG, 226. Puza, Kirchenrecht, 216, hält diese Bezeichnung für falsch. 738 Groot, Kollegialität, 96. 739 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 222 f.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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Kompetenz-Kompetenz des Papstes in Einklang zu bringen ist. Für den durch die Bischöfe initiierten kollegialen Akt ist eine Mitwirkung des Papstes weiterhin unverzichtbar. Der Papst entscheidet durch Annahme bzw. Verweigerung der Annahme darüber, ob die vereinte Amtshandlung ein wahrhaft kollegialer Akt sein soll. Gerade in dieser konstitutiven Mitwirkungsobliegenheit wird die päpstliche KompetenzKompetenz gewahrt. Der Papst ist in seiner Entscheidung frei. So kann er jederzeit durch bloßes Nichthandeln einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums verhindern. Indem er seine Annahme ausdrücklich verweigert, entscheidet sich der Papst für ein primatiales Vorgehen, während er sich bei Annahme des bischöflichen Mehrheitswillens für ein kollegiales Vorgehen entscheidet und gleichsam mit seiner Annahme die bischöflichen Einzelwillen zu einem kollegialen Gesamtwillen verbindet, durch den ein kollegialer Akt zustande kommt. Bei sämtlichen drei Handlungsoptionen ist der Papst alleiniger Herr des Verfahrens und wahrt somit seine alleinige Kompetenz zur Entscheidung über eine primatiale bzw. kollegiale Ausübung seines Amtes. (2) Teilnehmer Ein weiterer Unterschied betrifft den Teilnehmerkreis der vereinten Amtshandlung. Während am Ökumenischen Konzil neben den Bischöfen als genuine Teilnehmer auch Nicht-Bischöfe als außerordentliche Teilnehmer zugelassen werden können, beschränkt sich die Teilnahme an einer vereinten Amtshandlung ausnahmslos auf die „auf dem Erdkreis verstreut weilenden Bischöfe“. Damit sind entsprechend den Grundsätzen zu can. 339 § 1 auch die Titularbischöfe aufgefordert. Ausdrücklich ist das Erfordernis der Mitgliedschaft im Bischofskollegium in can. 337 § 2 nicht genannt. Das bedeutet jedoch nicht, dass auch Bischöfe zur Mitwirkung an einer vereinten Amtshandlung berechtigt sind, die nicht Mitglieder des Bischofskollegiums sind.740 bb) Die außerkonziliare vereinte Amtshandlung als kollegialer Akt Es fehlen detaillierte Rechtsbestimmungen zur Ausübung der außerkonziliaren vereinten Amtshandlung.741 Unzutreffend ist es jedoch, diesen Zustand als erhebliche 740 Dafür sprechen insbesondere systematische Gründe. So nimmt can. 337 § 2 Bezug auf das in can. 337 § 1 genannte Bischofskollegium („es“), dessen mitgliedschaftsbegründende Elemente ausdrücklich in can. 336 genannt sind. Außerdem verlangt auch can. 341 § 2 in Bezug auf das Promulgationsrecht des Papstes bei der vereinten Amtshandlung ausdrücklich das Vorliegen eines kollegialen Aktes des Bischofskollegiums. Daher sind die in can. 337 § 2 aufgerufenen, „auf dem Erdkreis verstreut weilenden Bischöfe“ nur solche, die Mitglieder des Bischofskollegiums sind. Dass die Notwendigkeit von sakramentaler Weihe und hierarchischer Gemeinschaft der in can. 337 § 2 genannten Bischöfe nicht explizit angeführt ist, liegt wohl daran, dass es angesichts der eindeutigen Regelung in cc. 336, 337 § 1 und 341 § 2 überflüssig erschien und die Norm des can. 337 § 2 unnötig verkompliziert hätte. 741 Rahner, Kommentar LG, 226; Stoffel, MKCIC zu can. 337, Rn. 3 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Pfannkuche, Papst und Bischofskollegium, 165.

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Rechtsunsicherheit und rechtsfreien Raum zu disqualifizieren.742 Der Codex hat vielmehr mit cc. 337 § 2, 341 § 2 Mindestanforderungen an die außerkonziliare Amtshandlung formuliert, die in ausreichendem Maße für Rechtsklarheit und Justiziabilität sorgen und damit ein kollegiales Handeln ermöglichen, gleichsam aber auch der kirchlichen Praxis ein förderliches Maß an Handlungsspielräumen eröffnen.743 Charakteristisch für die vereinte Amtshandlung ist, dass anders als bei der örtlichen Versammlung auf dem Ökumenischen Konzil grundsätzlich keine offizielle Beratung und kein strukturierter Entscheidungsfindungsprozess der Glieder des Bischofskollegiums erfolgt.744 Die im Schrifttum anzutreffende Ansicht, dass das Kollegium vielmehr ohne Aussprache und wechselseitigen Austausch von Glaubenszeugnissen und Meinungen gleichsam unmittelbar zur Abstimmung übergehe,745 ist jedoch nicht zwingend. Es fehlen zwar Regelungen zu den Verfahrensmodalitäten für einen strukturierten Ablauf von Beratung und Entscheidungsfindung. Jedoch ermöglichen die modernen elektronischen Kommunikationsmittel jederzeit eine schnelle, effektive und strukturierte Kommunikation, Forenbildung und Abstimmung untereinander. Der Codex beschränkt sich darauf, bei der außerkonziliaren Amtshandlung einen wirklich kollegialen Akt zu verlangen.746 Damit hat der CIC gleichzeitig die wesentliche und letztlich entscheidende Frage der Beschlussfassung vorgegeben: Das Bischofskollegium bildet seinen Gesamtwillen auch bezüglich der außerkonziliaren Handlungsweise stets und nur auf dem Wege eines kollegialen Aktes. 742 So aber Riedel-Spangenberger, Rechtsstellung, 744. Zurückhaltender äußert sich Gerosa, Recht, 346, der das Fehlen von Konkretisierungen bedauert. 743 Positiv bewertet auch Puza, Kirchenrecht, 217, die Konzentration des Konzilsrechts auf einige wesentliche Rahmenaussagen. 744 Dies kritisiert Congar, Konzil, 140 f. Eine schriftliche Umfrage könne nicht dieselbe Tragweite wie ein lebendiger Austausch in einem Gespräch haben. Vielmehr sitze jeder Prälat hinter seinem Schreibtisch, ohne Kontakt mit anderen, ohne die Hilfe der anderen, ohne Austausch. Als Einzelner habe man auch nicht die Möglichkeit, in den jeweils aktuellen Problemen mit Sicherheit die Wahrheit zu entdecken (ebd.). Nur die Versammlung bringe ihre eigene Gnade mit. Dies gelte zum einen im Bereich der menschlichen Erfahrung, wonach durch den engen Kontakt der Bischöfe untereinander die begrenzte Erfahrung eines einzelnen zur Erfahrung der ganzen Kirche werde. Zum anderen gelte dies auch auf der Ebene des Beistandes Christi und des Heiligen Geistes, denn es heiße, dass der Herr dort seinen Beistand verheißen habe, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt seien (ders., Struktur, 503 f.). Jedenfalls im Hinblick auf den Vorwurf, es fehle der außerkonziliaren Amtshandlung an einem lebendigen Diskurs, ist die Kritik Congars zurückzuweisen. Die Bischöfe sind gegenwärtig vielfach eingebunden in ein Netz deliberativen und diskursiven Austauschs. Sie sind auf horizontaler Ebene durch die ständige Bischofskonferenz oder durch Bischofssynoden verbunden. Es besteht zudem die nicht zu vernachlässigende Möglichkeit eines Austausches mit Klerikern und Laien in den heimatlichen Ortskirchen. 745 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 223. So auch Pfannkuche, Papst und Bischofskollegium, 166; vgl. auch Congar, Struktur, 503. 746 Vgl. can. 337 § 2 a.E.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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Nach dem gesetzgeberischen Willen lassen sich im Hinblick auf eine außerkonziliare Amtshandlung nach cc. 337 § 2 Alt. 1 bzw. 337 § 2 Alt. 2 jeweils drei verschiedene verfahrensrechtliche Stufen zur Bildung des kollegialen Aktes unterscheiden. (1) Can. 337 § 2 Alt. 1 Bei einem Vorgehen nach can. 337 § 2 Alt. 1 betrifft die erste Stufe das päpstliche Initiativrecht. In diesem Fall geht die Initiative für eine vereinte Amtshandlung des Bischofskollegiums allein vom Papst aus. Das konkrete Verfahren überlässt der Codex der kirchlichen Praxis. Mindestanforderungen lassen sich jedoch aus den allgemeinen Normen zum Wesen des kollegialen Aktes ableiten. So muss der Papst sich an sämtliche Bischöfe, die Mitglieder des Bischofskollegiums sind, wenden. Der Papst hat sich dabei eines tauglichen Kommunikationsmittels zu bedienen, das sämtlichen berechtigten Bischöfen die Möglichkeit der Kenntnisnahme garantiert. Zudem muss eindeutig und unmissverständlich erkennbar sein, dass die Bischöfe zur Vornahme einer außerkonziliaren Amtshandlung aufgerufen werden.747 Inhaltlich räumt der Codex dem Bischofskollegium eine sachlich umfassende Kompetenz ein. Wie beim Ökumenischen Konzil kann sich die Amtshandlung des Bischofskollegiums auf sämtliche Bereiche der höchsten kirchlichen Lehr- und Leitungsgewalt beziehen.748 Namentlich in Betracht kommen sämtliche Angelegenheiten der gesetzgebenden, verwaltenden und rechtssprechenden Gewalt, darüber hinaus alle lehramtlichen Entscheidungen des ordentlichen und allgemeinen bzw. des feierlichen Lehramtes mit definitivem Verpflichtungscharakter,749 aber auch lehramtliche Entscheidungen des authentischen Lehramtes ohne definitiven Verpflichtungscharakter.750 Vielfältig und in das freie Ermessen des Papstes gestellt sind auch die Anforderungen, die an Inhalt und Darstellung der vorzulegenden Angelegenheit zu stellen sind. So können neben einzelnen oder mehreren konkreten Fragestellungen in Bezug

747 Wird auch nur eine dieser formalen Anforderungen nicht eingehalten, liegt bereits ein so weitreichender formeller Verstoß vor, dass ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums nicht zustande kommen kann. Vor allem wenn sich der Papst nur an einen (beispielsweise regional beschränkten, in einem Gremium zusammengefassten oder repräsentativen) Teil der Bischöfe wendet, ist ein kollegialer Akt von vornherein nicht möglich. Grundvoraussetzung eines kollegialen Aktes ist stets, dass sämtliche Berechtigten die Möglichkeit zur Artikulation ihres Einzelwillens haben. 748 Vgl. Riedel-Spangenberger, Rechtsstellung, 743 f. Der Sachbereich des Heiligungsdienstes ist dem Bischofskollegium bereits aufgrund seines Wesens als juristische Person verschlossen (siehe Fn. 595). 749 Vgl. cc. 749 § 2, 750, 754. 750 Vgl. cc. 752, 754.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

auf den Lehr- und Leitungsdienst auch zusammenhängende Abhandlungen oder Erklärungen zur Abstimmung gestellt werden.751 Die zweite Stufe, die der Codex regelt, ist das Zustandekommen eines kollegialen Aktes sensu stricto, d. h. das Vorliegen eines Mehrheitswillens der Bischöfe im Hinblick auf die vom Papst vorgelegte Angelegenheit.752 Unter kollegialem Akt versteht das Gesetzbuch die Art und Weise, wie das Bischofskollegium seinen rechtserheblichen Willen bildet. Es ist ein formalisiertes Verfahren zur Ermittlung des kollegialen Gesamtwillens. Hier gelten die Grundsätze zum kollegialen Akt des Ökumenischen Konzils fort.753 Zur Anwendung kommt der subsidiäre can. 119, da der Gesetzgeber in den cc. 336 ff. keine spezielleren Normen für eine außerkonziliare Amtshandlung formuliert hat.754 Can. 119 Nr. 2 verlangt für sämtliche Sachbeschlüsse zunächst hinsichtlich der Beschlussfähigkeit die „Anwesenheit wenigstens der Mehrheit der Einzuladenden“. Da es sich bei der außerkonziliaren Amtshandlung des Bischofskollegiums gerade nicht um eine örtliche Versammlung handelt, muss die Norm analog ausgelegt werden. Das Beteiligungsquorum ist somit dann erreicht, wenn mindestens die Hälfte der zur Willensabgabe aufgeforderten Mitglieder des Bischofskollegiums mitwirkt.755 Für das Zustimmungsquorum gilt: Die außerkonziliare Amtshandlung ist angenommen, wenn sich mindestens die überhälftige Mehrheit der Abstimmenden für sie ausgesprochen hat.756 Offen und der kirchlichen Praxis überlassen sind sämtliche Verfahrensfragen im Hinblick auf die Möglichkeit zu offizieller multimedialer Kommunikation, Beratung und Forenbildung sowie bezüglich Form und Frist der Abstimmung.757

751

Die Auffassung, die außerkonziliare Amtshandlung sei nicht für alle Fragestellungen geeignet (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 223; Pfannkuche, Papst und Bischofskollegium, 166), ist allzu pauschal. 752 Vgl. can. 337 § 2 a.E. 753 Vgl. dazu ausführlich Kap. IV.7 und IV.7.a)aa)(4). 754 Denkbar ist es, dass der Papst auch für die außerkonziliare vereinte Amtshandlung eine Geschäftsordnung zur Regelung verfahrensrechtlicher Fragen erlassen wird. Diese würden dann als spezielleres Recht den subsidiären can. 119 verdrängen. 755 Wenn also die Hälfte der abstimmungsberechtigten Bischöfe eine Mitwirkung verweigert, ist das notwendige Quorum nicht erreicht; ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums kann nicht zustande kommen. 756 Notwendig ist also die absolute Mehrheit (vgl. can. 119 Nr. 2). Für den Fall einer Stimmengleichheit ist die Abstimmung zu wiederholen. Falls nach zwei Abstimmungen immer noch Stimmengleichheit besteht, eröffnet can. 119 Nr. 2 dem Vorsitzenden ein Ermessen, mit seiner Stimme den Ausschlag zu geben. In analoger Anwendung dieser Norm kann somit der Papst (oder ein von ihm rechtmäßig Bevollmächtigter) den Ausschlag geben. 757 Aus dem Fehlen entsprechender Regelungen ist es jedoch unzutreffend abzuleiten, dass eine Abstimmung und Entscheidung per se ohne Diskussion stattfinde (so aber Pfannkuche, Papst und Bischofskollegium, 166). Angesichts der Fortschritte in der Kommunikationstechnik und den Möglichkeiten, die beispielsweise durch E-Mail oder Konferenz- und Videoschaltungen eröffnet sind, ist zu erwarten, dass auch die von den päpstlichen Behörden vorbereitete außerkonziliare Amtshandlung virtuelle Foren der Diskussion nutzen wird.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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Damit aber ein wahrhaft kollegialer Akt entstehen kann, bedarf es zwingend der konstitutiven Mitwirkung des Papstes. Damit ist die dritte Stufe der außerkonziliaren Amtshandlung angesprochen.758 Es handelt sich dabei um das päpstliche Abschlussverfahren. Danach bedarf die vom Papst initiierte und vom Mehrheitswillen der Bischöfe getragene Amtshandlung zu ihrer rechtlich nach außen tretenden Wirksamkeit der päpstlichen Bestätigung und Promulgation.759 Es reicht nicht aus, dass der Papst die bischöfliche Amtshandlung initiiert.760 Von Rechts wegen unverzichtbar für das Zustandekommen eines kollegialen Aktes ist es zunächst, dass der Papst den Mehrheitswillen der Bischöfe durch seine Unterschrift bestätigt, d. h. ausfertigt. Mit dieser Ausfertigung bestätigt der Papst die inhaltliche Übereinstimmung seiner Initiative mit dem Mehrheitsvotum der Bischöfe. Anschließend muss der gemeinsame Wortlaut im päpstlichen Publikationsorgan ordnungsgemäß promulgiert werden.761 Erst nach diesem Abschlussverfahren ist aus den mehrheitlichen Einzelwillen der Bischöfe der Gesamtwille des Bischofskollegiums und ein wirklich kollegialer Akt erfolgt. (2) Can. 337 § 2 Alt. 2 Dreistufig gliedert sich auch das Zustandekommen eines kollegialen Aktes nach can. 337 § 2 Alt. 2. Auf der ersten Stufe steht das Initiativrecht. In dieser Alternative geht die Initiative jedoch nicht vom Papst, sondern regelmäßig von den Bischöfen aus.762 Allerdings lässt der Codex die Frage, wem das Initiativrecht zusteht, offen. Es ist daher denkbar und rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Initiative von einem einzelnen Bischof,763 einem anderen Kleriker oder gar einem Laien ausgeht. Dabei handelt es sich allerdings um eine bloß theoretisch bestehende Möglichkeit angesichts des Mangels an personeller Vernetzung, struktureller Defizite und des hohen organisatorischen, zeitlichen und finanziellen Aufwandes. Realistischer ist es anzunehmen, dass eine Initiative von einer kirchlichen Organisationseinheit, beispielsweise einer Bischofssynode, einer Bischofskonferenz oder dem Kardinals758

Nach der von Aymans vorgenommenen Unterscheidung handelt es sich um die dritte Integrationsstufe im Rahmen des Beschlussfassungsprozesses (siehe Fn. 618). 759 Vgl. can. 341 § 2. Anders als bei Beschlüssen des Konzils (vgl. cc. 338 § 1, 341 § 1) wird eine Approbation nicht verlangt. Dies widerspräche auch dem Rechtscharakter der vereinten Amtshandlung, deren kollegialer Akt hier bereits auf päpstlicher Initiative beruht. Mit der päpstlichen Initiative bringt der Papst rechtlich zum Ausdruck, dass er sich unter der Bedingung der mehrheitlichen Zustimmung der übrigen Mitglieder des Kollegiums einem kollegialen Handeln unterwerfen und einen kollegialen Akt setzen will. Zum päpstlichen Approbations-, Bestätigungs- und Promulgationsrecht siehe Kap. IV.7.a)aa)(4). 760 Dem Papst steht es zu diesem Zeitpunkt immer noch frei, dem Mehrheitswillen der Bischöfe nicht zu entsprechen und damit das Zustandekommen eines kollegialen Aktes zu verhindern. 761 Zum Bestätigungs- und Promulgationsrecht des Papstes siehe ausführlich Kap. IV.7.a)aa)(4). 762 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 223; Rees, Diözesanbischof, 78. 763 Ebd.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

kollegium ausgeht. Sowohl die Rechte des Weltepiskopats als auch das päpstliche Recht der Kompetenz-Kompetenz werden durch die weite Ausgestaltung des Initiativrechts nicht berührt, da es sowohl den übrigen Bischöfen als auch dem Papst zusteht, eine entsprechende Initiative ausdrücklich zurückzuweisen oder schlichtweg zu ignorieren. Verfahrensrechtlich ist es auch hier entscheidend, dass die Initiative an sämtliche Bischöfe mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme und unter ausdrücklichem Hinweis auf eine kollegiale außerkonziliare Amtshandlung ergeht. Grob formal fehlerhaft und unzulässig ist es, wenn sich die Initiative zur Vornahme einer außerkonziliaren Amtshandlung lediglich an bischöfliche Repräsentativorgane mit der Bitte um Entscheidung richtet.764 Notwendig es ist vielmehr, dass jeder Bischof für sich selbst seinen Einzelwillen artikuliert. Das folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des can. 337 § 2, der sich explizit an die einzelnen auf dem Erdkreis verstreuten Bischöfe wendet.765 Die zweite Stufe, das Beschlussverfahren zur Zusammenfassung der Willensäußerungen der Einzelbischöfe zum kollegialen Gesamtwillen, unterscheidet sich zunächst nicht von dem Verfahren zu can. 337 § 2 Alt. 1. So ist auch hier nach den genannten Grundsätzen ein bischöflicher Mehrheitswille zu ermitteln. Im Anschluss daran bedarf es jedoch noch einer zusätzlichen und für den kollegialen Akt konstitutiven Mitwirkung des Papstes. Da die Amtshandlung in diesem Fall nicht vom Papst ausgegangen ist, verlangt der Codex eine freie Annahme („libere recepta“) durch den Papst. Was genau unter dem Begriff der freien Annahme zu verstehen ist, hat der Codex nicht legal definiert. Es handelt sich dabei um eine auf Zustimmung gerichtete Willenserklärung des Papstes gegenüber dem Mehrheitswillen der Bischöfe, die konstitutiv dafür ist, dass nach innen von einem kollegialen Akt des Bischofskollegiums gesprochen werden kann. Die freie Annahme entspricht somit von ihrem Regelungsgehalt her der Approbation des Papstes auf einem Konzil. Die freie Annahme als eine lediglich nach innen wirkende Willenserklärung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, ausdrücklich, aber auch konkludent, beispielsweise durch Bestätigung und Promulgation des außerkonziliaren Dekretes, abgegeben werden. 764

Vgl. Gampl, Diskussion, 406 f. So wird vertreten, dass die Bischofssynode als Organ des Bischofskollegiums kollegiale Akte stellvertretend ausüben könne (zu dieser Auffassung vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 342, Rn. 3 (11. Erg.-Lfg. 11/1989); ablehnend Kafuti, Bischofssynode, 138 f.). Vereinzelt findet sich auch die Behauptung, dass die Bischofskonferenzen Organe des Bischofskollegiums seien (vgl. Leitmeier, Bischofskonferenzen, 67). Diese Auffassung ist unzutreffend. Die Kollegialgewalt des Bischofskollegiums ist unteilbar, weshalb sie nicht dezentralisiert von den einzelnen Bischofskonferenzen ausgeübt werden kann (vgl. Gampl, Diskussion, 411). 765 Zudem bestehen grundsätzliche dogmatische Bedenken gegenüber einer repräsentativen Vertretung der Bischöfe. Der Wille eines bischöflichen Repräsentativorgans ist etwas kategorial anderes als der Wille des dadurch vertretenen Einzelbischofs. Für die Ausübung der außerkonziliaren kollegialen Höchstgewalt kommt es jedoch gerade auf die Summe der Einzelwillen an. Zulässig ist allenfalls eine wirksame singuläre Stellvertretung eines Bischofs durch einen Bevollmächtigten.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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Damit die nunmehr vom Papst frei angenommene kollegiale Amtshandlung auch mit Rechtswirkung nach außen als kollegialer Akt qualifiziert werden kann, ist ein Abschlussverfahren als dritte Stufe erforderlich. Das Abschlussverfahren besteht auch hier aus der ausdrücklichen Bestätigung (confirmatio) und der offiziellen Promulgation (promulgatio) des Dekretes des Bischofskollegiums.766 Erst durch das Abschlussverfahren erlangt das außerkonziliare Amtshandeln des Bischofskollegiums als kollegialer Akt Rechtsverbindlichkeit nach außen.767 Bestätigungs- und Promulgationsrecht des Papstes sind bereits aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig. Angesichts der Unbestimmtheit des Begriffs der freien Annahme und der vielgestaltigen Form, in der eine freie Annahme erfolgen kann, dienen ausdrückliche Bestätigung und Promulgation durch den Papst der Rechtsklarheit. Durch das zu unterschreibende und auszufertigende Dekret wird inhaltliche Klarheit und Bestimmtheit, die Möglichkeit zumutbarer Kenntniserlangung des Inhalts und ein Mindestmaß an Beständigkeit der außerkonziliaren Amtshandlung erreicht. Zudem wahren Bestätigungs- und Promulgationsrecht die primatialen Vorrechte des Papstes, namentlich dessen Kompetenz-Kompetenz, da es dem Papst garantiert, eine nicht auf seine Initiative zurückgehende, aber von einer Mehrheit der Bischöfe getragene außerkonziliare Amtshandlung der Bischöfe zurückweisen zu können. Die im kanonistischen Schrifttum vielfach erwähnten sog. „Briefkonzilien“, d. h. die schriftliche Aufforderung des Papstes an die Bischöfe mit der Bitte um Stellungnahme in einer bestimmten Angelegenheit, sind zwar grundsätzlich geeignet, einen kollegialen Akt zu setzen. Allerdings sind die bisherigen Konsultationen des Weltepiskopats noch nicht als kollegiale Akte zu qualifizieren.768 So fehlte es nicht 766

Vgl. can. 341 § 2. Dazu Schneider, Konzilsrecht, 281. Einen anderen Ansatz verfolgt Hartelt, Konzil, 352. Für ihn ist die Bestätigung (confirmatio) durch den Papst das zum Zustandekommen des kollegialen Beschlusses notwendige, qualifizierte Mitwirken des primatialen Hauptes mit den übrigen Gliedern des Kollegiums und damit ein inneres, konstitutives Moment des kollegialen Beschlussaktes selbst. Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Das innere Moment der päpstlichen Mitwirkung zur außerkonziliaren Amtshandlung, das dem Approbationsrecht des Papstes auf dem Konzil entspricht, besteht bereits in der päpstlichen Initiative (Alt. 1) bzw. in der freien Annahme der bischöflichen Initiative (Alt. 2); päpstliche Bestätigung und Promulgation sind zusätzliche Verfahrensschritte der primatialen Gewalt, damit der kollegiale Akt als solcher nach außen Rechtskraft entfalten kann. 768 So auch Congar, Konzil, 137 f. m.w.N. Anderer Ansicht ist Stoffel, MKCIC zu can. 337, Rn. 3 (14. Erg.-Lfg. 4/1991), der zwar betont, dass es aufgrund des Fehlens positiv-rechtlicher Normen schwierig sei, einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums eindeutig auszumachen. Dazu zählt er sodann jedoch die Bitten des Weltepiskopats an den Papst oder Antworten des Weltepiskopats auf Fragen des Papstes und nennt beispielhaft die sog. „Briefkonzilien“. Auch Gerosa, Recht, 346, geht fälschlicherweise davon aus, dass es sich bei diesen „Briefkonzilien“ um Formen der kollegialen Ausübung der höchsten Autorität des Bischofskollegiums handelt. Im Zusammenhang mit diesen sog. „Briefkonzilien“ sind namentlich insbesondere folgende historische Beispiele zu betrachten, in denen der Weltepiskopat um eine Stellungnahme gebeten wurde: (1) Im Vorfeld der Verkündung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis durch die Aufforderung Papst Pius IX. in seiner Enzyklika „Ubi Primum“ vom 02. 02. 1849 (vgl. DH vor 2800). (2) Die Aufforderung Papst Pius XII. zunächst als Brief in forma del tutto reservata, 767

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

nur an der Ausdrücklichkeit, mit der die Bischöfe zu einer außerkonziliaren Amtshandlung aufgefordert werden; in sämtlichen Fällen nahm der Papst die im Anschluss an die bischöflichen Konsultationen erfolgten Amtshandlungen zudem in eigenem Namen kraft seiner primatialen Vollmacht vor.769 Demzufolge kann allenfalls von einer kollegialen Mitwirkung im weiten Sinne gesprochen werden.770 cc) Die Vorteile der außerkonziliaren vereinten Amtshandlung Es überrascht, dass seit Inkrafttreten des gegenwärtigen Codex noch keine außerkonziliare kollegiale Amtshandlung vorgenommen wurde. Dabei könnte zum einen der Papst, gestützt auf seine kurialen Behörden, auf diesem Wege bei bedeutenden gespäter aufgenommen in die AAS als Enzyklika „Deiparae virginis mariae“ vom 01. 05. 1946 an die Bischöfe des Erdkreises mit der Bitte um Stellungnahme zur Möglichkeit eines Dogmas zur Aufnahme Mariens in den Himmel. (3) Im Vorfeld der Redaktion des CIC/1917 durch das Motu Proprio Papst Pius X. „Arduum sane“ vom 19. 3. 1904, in dem die Bischöfe aufgefordert wurden, durch Äußerung der Meinung und Ratschläge „volumus autem universum episcopatum, iuxta normas opportune tradendas, in gravissimum hoc opus conspirare atque concurrere“ (AAS 36 (1903 – 4), 551). (4) Im Vorfeld der Redaktion des CIC/1983 wurden die Schemata dem gesamten Episkopat und den übrigen Beratungsorganen zur Prüfung übersandt, vgl. diesbezüglich die Vorrede zum CIC von Papst Johannes Paul II., Praefatio, XLIII f. (5) Im Vorfeld der Redaktion des Weltkatechismus: So heißt es diesbezüglich in der Apostolischen Konstitution „Fidei Depositum“ von Papst Johannes Paul II. vom 11. 10. 1992: „Der Entwurf wurde dann Gegenstand einer umfangreichen Beratung aller katholischen Bischöfe, ihrer Bischofskonferenzen oder ihrer Synoden, ferner der Institute für Theologie und Katechese. Im ganzen fand er eine weithin günstige Aufnahme beim Episkopat, und man kann mit Recht feststellen, daß dieser Katechismus die Frucht der Zusammenarbeit des gesamten Episkopates der katholischen Kirche ist, der hochherzig meine Einladung angenommen hat, den eigenen Anteil an Verantwortung bei einer Initiative zu übernehmen, die das kirchliche Leben so unmittelbar betrifft.“ 769 Vgl. zur Verkündung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis Mariens durch Papst Pius IX. die päpstliche Bulle „Ineffabilis Deus“ vom 8. 12. 1854. Darin heißt es ohne Bezugnahme auf den Episkopat: „Kraft der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklären, verkünden und bestimmen Wir in Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und in Unserer [eigenen], erklären, verkünden und definieren Wir […]“ (DH 2803). Bei der Verkündung des Dogmas der Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel durch Papst Pius XII. in der Apostolischen Konstitution „Munificentissimus Deus“ vom 1. 11. 1950 heißt es ebenfalls ohne Bezugnahme auf den Episkopat: „[…] zur Freude und Begeisterung der ganzen Kirche, kraft der Autorität Unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und Unserer [eigenen], verkündigen, erklären und definieren Wir deshalb […]“ (DH 3903). Bei der Approbation und Veröffentlichung des Katechismus der katholischen Kirche durch die Apostolische Konstitution „Fidei Depositum“ von Papst Johannes Paul II. vom 11. 10. 1992 heißt es: „Der Katechismus der katholischen Kirche, den ich am 25. 06. 1992 approbiert habe und dessen Veröffentlichung ich kraft meines apostolischen Amtes heute anordne […]. Die Approbation und Veröffentlichung des „Katechismus der katholischen Kirche“ stellen einen Dienst dar, den der Nachfolger Petri der heiligen katholischen Kirche und allen Einzelkirchen erweisen möchte […].“ (AAS 86 (1994), 113 – 118). Als „von oben verordnet“ wird er daher von Teilen des Schrifttums scharf kritisiert (Greinacher, Verordnet, 23 ff.). 770 Vgl. auch Congar, Konzil, 137 ff.

7. Die Handlungsformen des Bischofskollegiums: Der kollegiale Akt

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samtkirchlichen Angelegenheiten eine Entscheidung des Kollegiums herbeiführen, die sich auf einen breiten Konsens der Kirche stützen und dadurch unter Umständen gerade bei umstrittenen Sachfragen auf der Ebene der Legitimität einen höheren Grad an Anerkennungswürdigkeit von Seiten der Gläubigen erhalten. Weitere Vorteile sind vor allem verfahrensrechtlicher Natur: So bedarf die außerkonziliare Amtshandlung keiner aufwendigen, kostspieligen und ressourcenbindenden Vorbereitung bzw. Durchführung im Vergleich zur konziliaren Versammlung; sie kann sich sogar inhaltlich auf bloß eine einzige Sachfrage erstrecken und nicht zuletzt kann sie aufgrund moderner Kommunikationsmittel sicher, organisiert und schnell erfolgen.771 Zum anderen kann die außerkonziliare Amtshandlung angesichts des bischöflichen Initiativrechts gerade als jenes Rechtsinstrument gelten, das die Verantwortung des Weltepiskopates und dessen Eintreten für die Angelegenheiten der Gesamtkirche nachdrücklich garantiert. Jene Stimmen im Schrifttum, die im Kontext des Konzilsrechts von einem übertriebenen Zentralismus des Papsttums sprechen,772 verkennen, dass der Codex bereits ein rechtliches Verfahren kennt, das dem Episkopat die Möglichkeit einräumt, ein kollegiales Handeln in die Wege zu leiten. Zwar können die Bischöfe keine Entscheidungen gegen den Willen des Papstes durchsetzen, sie können allerdings zunächst auch ohne den Papst eine kollegiale Amtshandlung aus eigenem Antrieb initiieren und im Falle eines Mehrheitswillens erheblichen Druck auf den Papst ausüben, sich diesem Mehrheitswillen anzuschließen. Dabei werden dank der bestehenden vielfältigen Formen der institutionellen und persönlichen Vernetzung der Bischöfe untereinander, der vollständigen Kenntnis über den Adressatenkreis und der modernen Kommunikationsmittel zum Zwecke der praktischen Durchführung keine überspannten Forderungen an die Realisierbarkeit einer solchen kollegialen Amtshandlung gestellt.773 Der päpstliche Primat, der sich auf rechtstheologischer Ebene als ein Primat der Einheit und der dauerhaften Gemeinschaft mit den Gliedern des Bischofskollegiums versteht,774 wird in diesem Fall wohl nicht willkürlich über den Mehrheitswillen der Bischöfe hinweggehen, sondern nach Maßgabe seines ihm zustehenden Ermessens und entsprechend den Erfordernissen der Kirche entscheiden. 771 So machen auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 223, darauf aufmerksam, dass die Durchführung Ökumenischer Konzilien in der überkommenen Form schon wegen der Zahl der Bischöfe an ihre organisatorischen Grenzen stoße, so dass die außerkonziliare Amtshandlung eine neue und geeignetere Form der Ausübung der Kollegialgewalt sein könne. Vgl. auch in diesem Zusammenhang Gerosa, Recht, 346. 772 Vgl. nur Schneider, Konzilsrecht, 283 f.; Bier, Verhältnis, 68; Hünermann, Bischof, 149. 773 Zu den Vorteilen einer Einbeziehung der (Diözesan-)Bischöfe in die Leitung der Gesamtkirche durch die außerkonziliare Amtshandlung äußert sich auch Rees, Diözesanbischof, 78. 774 Vgl. cc. 330, 333 § 2. So auch schon Ratzinger, Kommentar NEP, 356, wonach der Papst bei seinem Handeln zwar nicht juridisch, wohl aber nach dem inneren Anspruch seines Amtes gebunden sei. Daher werde auf moralischer Ebene für den Papst eine Verpflichtung entstehen können, auf die Stimme der Bischöfe zu hören, und umgekehrt für die Bischöfe eine Notwendigkeit auftreten können, von sich aus initiativ zu werden. Vgl. dazu auch Scheuermann, Amtsgewalt, 18; Gerosa, Synodalität, 49 f.

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IV. Die Rechtsstellung des Bischofskollegiums

dd) Außerkonziliare Amtshandlung als kirchliches Notstandsrecht? In der Kirche ist ein Ausnahmezustand denkbar, in dem die Leitung oder sogar die Existenz der Kirche als bedroht erachtet wird. Ein solcher status necessitatis folgt in erster Linie aufgrund eines Versagens des Papstes als Träger der höchsten kirchlichen Leitungsgewalt. Denkbar ist dies beispielsweise bei einer vollständigen Behinderung des Apostolischen Stuhls, einer Amtsunfähigkeit des Papstes aufgrund physischer oder psychischer Unfähigkeit oder aber im Falle eines häretischen Papstes. Ob es für den Fall eines solchen Ausnahmezustandes ein kirchliches Notstandsrecht gibt, gehört zu den klassischen und noch nicht abschließend geklärten Fragen der Kanonistik.775 In der Rechtswissenschaft wird vielfach zwischen zwei Rechtstraditionen unterschieden. Die eine Rechtstradition versucht, den Ausnahmezustand im Bereich der Rechtsordnung zu erfassen und mit intrakonstitutionellen Regelungen zu lösen, während die andere Rechtstradition den Ausnahmezustand als ein wesentlich politisches und außerrechtliches Phänomen ansieht, das Maßnahmen außerhalb der Rechtsordnung notwendig macht.776 In der Kanonistik wird gegenwärtig mehrheitlich behauptet, dass dem Kirchenrecht die Ausgestaltung eines solchen Notstandsrechtes fremd sei.777 Dem ist insoweit zuzustimmen, als es keine Regelung des kirchlichen Ausnahmezustandes im geltenden Verfassungsrecht der Kirche gibt. Das kirchliche Verfassungsrecht wird ausschließlich von seiner monarchischen Spitze bestimmt. Der Papst ist maßgeblicher Verteidiger und Garant der Kirche sowohl auf universal- bzw. teilkirchlicher als auch auf völkerrechtlicher Ebene. Das Verfassungsrecht schützt den Papst daher vor einem Angriff auf seine Autorität und Souveränität.778 Dass die Höchstgewalt selbst jedoch derart untragbar wird, dass dadurch die Kirche in ihrer Existenz oder Leitung gefährdet sein würde, ist vom Codex nicht in den Blick genommen worden. Es gibt somit nach dem Wortlaut des Gesetzes keine maßgebliche und vom Papst verschiedene Instanz, die den Ausnahmezustand zu erklären und zu regeln bevollmächtigt ist. Es scheint der bereits im Decretum Gratiani anzutreffende Grundsatz zu gelten: necessitas legem non habet.779 Dass in diesem „Niemandsland zwischen Öffentlichem Recht und politischer Faktizität, zwischen Rechtsordnung und Leben“780 ein Spielraum für eine rechtliche Regelung des kirchlichen Ausnahmezustandes durch das geltende Verfassungsrecht eröffnet ist, verdeutlicht die außerkonziliare vereinte Amtshandlung des Bischofskollegiums. In dieser Ausübungsweise des kollegialen Aktes des Bischofskollegiums verbirgt sich ein intrakonstitutioneller Anknüpfungspunkt für ein kirchliches Notstandsrecht.781 775 Aus historischer Perspektive, insbesondere zur Rechtsfigur des papa haereticus, vgl. Bacht, Primat, 1456 ff.; Küng, Strukturen, 228 ff. 776 Vgl. Agamben, Ausnahmezustand, 32. 777 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 205; Rahner, Episkopat und Primat, 35. 778 Vgl. cc. 1372, 1404. 779 Vgl. dazu ausführlich Agamben, Ausnahmezustand, 33 ff. 780 Ebd., 8. 781 Siehe ausführlich Kap. V.3.a)dd).

V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium Während das Erste Vatikanische Konzil den Jurisdiktionsprimat des Papstes beinahe kritiklos und dessen Unfehlbarkeit nach heftiger Diskussion einer Minderheit der Konzilsteilnehmer zum Dogma erhoben und auch dessen Rezeption im CIC/1917 den Papst alleine zum beständigen und dauerhaften Rechtssubjekt der kirchlichen Höchstgewalt erklärt hatte,782 ermöglichte das Zweite Vatikanische Konzil mit seiner pro-episkopalen Perspektive und der Stärkung des kollegialen Prinzips im Geiste der communio-Struktur der Kirche eine Neubelebung der Frage nach der Höchstgewalt und dem Verhältnis von Papst und Bischofskollegium. Die Entscheidung für eine monarchische Verfassungsstruktur der Kirche wurde nunmehr erneut in Frage gestellt. Dies mag neben theologischer Besinnung sicherlich auch an den zunehmend verinnerlichten säkularen Demokratisierungs- und Rationalisierungsprozessen liegen, denen sich die mit der Frage befassten Konzilväter nicht entziehen konnten. Der CIC, der als wesentliche Rezeptionsleistung des Zweiten Vatikanischen Konzils anzusehen ist, benennt nunmehr nicht nur den Papst, sondern auch das Bischofskollegium als Inhaber höchster und voller Gewalt.783 Die für den Juristen und Kanonisten so zentrale verfassungsrechtliche Frage nach der Höchstgewalt in der Kirche kann somit allein aus dem Verhältnis von Papst und Bischofskollegium bestimmt werden.

1. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum Im Vorfeld der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Auffassungen zur Frage nach dem Subjekt der Höchstgewalt in der Kirche ist voranzustellen, dass diese vielfach nicht allein aus einem abstrakt akademischen Interesse heraus formuliert wurden und werden, sondern historisch bedingte Reaktionen auf geschichtliche oder kirchliche Entwicklungen, Ereignisse oder Gefahren sind. Sie artikulieren damit regelmäßig eine bestimmte kirchliche Strömung bzw. Geisteshaltung und haben damit auch intentionale Funktion. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Teile des Schrifttums die Höchstgewalt der Kirche nicht allgemein anhand der Frage nach dem 782

Vgl. Schatz, Konzilien, 251 f.: „Insgesamt freilich wurde die päpstliche Jurisdiktionsgewalt von der Minorität nicht entfernt in derselben Radikalität problematisiert wie die Unfehlbarkeit. Denn sie war seit Jahrhunderten gewohnte und gelebte Wirklichkeit und wurde daher auch von der Minorität mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit in die ersten Jahrhunderte hineinprojiziert.“ Grundlegend vgl. auch Aubert, Vaticanum, 247 ff. 783 Für den Papst vgl. can. 331, für das Bischofskollegium vgl. can. 336.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Träger der Gewalt, sondern spezifisch anhand des Subjekts der Unfehlbarkeit zu beantworten versuchten. Im Schrifttum sind namentlich fünf bedeutsame Theorien zu unterscheiden.784

a) Der Papst als einziger Träger der Höchstgewalt Eine einflussreiche, heute jedoch vielfach als überkommen bewertete Position sieht den Papst als einzigen Träger der kirchlichen Höchstgewalt an.785 Danach besitzt allein der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden und aufgrund seiner Eigenschaft als Haupt der Kirche die volle und höchste Gewalt in der Kirche. Zwar ist der Papst durch das göttliche Recht begrenzt und vom Beistand des Heiligen Geistes abhängig, ansonsten jedoch von jedem menschlichen und kirchlichen Einfluss unabhängig.786 Im Hinblick auf die geltende Lehrtradition, wonach auch die auf einem allgemeinen Konzil mit dem Papst versammelten Bischöfe höchste Gewalt in der Kirche ausüben, stellt sich die Frage, ob mit dem Papst auch die Bischöfe unabhängige Träger kirchlicher Höchstgewalt sind. Dies wird allgemein verneint.787 Die Höchstgewalt des Bischofskollegiums folgt stets aus der Autorität des Papstes, d. h. in Abhängigkeit von dem Papst.788 Nur wegen der für die Gewalt des Konzils konstitutiven Machfülle des Papstes kann von einer Höchstgewalt des Konzils gesprochen werden. Dabei bleibt der Papst stets einziger und unabhängiger Träger dieser höchsten Gewalt. Alle Autorität des Konzils ist nur Ausfluss der höchsten Gewalt des Papstes; diese ist Quelle und Fundament, auf dem das Konzil ruht.789 Das Bischofskollegium ist damit kein institutionalisierter, eigenständiger und habitueller Träger der höchsten Gewalt der Kirche, sondern wird ereignishaft durch den Papst als Träger dieser Gewalt konstituiert. Als Hersteller der Einheit steht der Papst über den übrigen Mitgliedern des bischöflichen Kollegiums, die nur gemeinsam mit dem Papst in untergeordnetem gliedhaftem Anteil an der Höchstgewalt 784

Nicht ausführlich dargestellt wird die sog. aristokratisch-oligarchische Theorie, wonach nicht das Bischofskollegium bzw. das Konzil, sondern das Kardinalskollegium zusammen mit dem Papst Träger der höchsten Gewalt in der Kirche sei. Kirchenrechtshistorisch wurde diese kardinalizische Auffassung, die dem Kardinalskollegium auch das Recht zur Beseitigung eines kirchlichen Notstandes zugestand, namentlich von Pierre d’Ailly auf dem Konstanzer Konzil vertreten, allerdings ohne dass sich diese Lehre durchsetzen konnte (vgl. dazu Jedin, Bischöfliches Konzil, 14 f. m.w.N.). 785 Zu den Vertretern dieser Lehre gehören im 20. Jahrhundert insbesondere Straub, Träger, 254 ff.; v. Kienitz, Gestalt, 79 f.; Staffa, Épiscopat, 115 ff.; Gampl, Diskussionen, 401 ff.; May, Verhältnis, 250; Koeniger, Kirchenrecht, 247; Jung, Art. Concile, 1284, 1298; Atzberger, Handbuch, 400 ff.; Gutierrez, Collegium, 434; May, Demokratisierung, 27, 96. 786 Straub, Träger, 255. 787 Vgl. Straub, Träger, 256, 285; May, Verhältnis, 253; Staffa, Épiscopat, 107; v. Kienitz, Gestalt, 80. 788 Straub, Träger, 257. 789 v. Kienitz, Gestalt, 80.

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

165

partizipieren, während dem Papst selbst ein eigenes und persönliches Recht zukommt.790 Das Bischofskollegium ist nach dieser Auffassung nur mittelbares Subjekt dieser Vollmacht und somit lediglich Teilhaber an der päpstlichen Höchstgewalt. Die Kollegialgewalt ist damit Partizipation an der alleinigen Höchstgewalt des Papstes.791 Während die Höchstgewalt des Papstes göttlichen Rechts ist, ist die kollegiale Gewalt der Bischöfe auf dem Ökumenischen Konzil eine vom Papst abgeleitete Gewalt.792 Diese Lehre lässt sich einordnen in das monarchisch strukturierte Kirchenmodell der societas perfecta als eine ultramontane ekklesiologische Zuspitzung des Ersten Vatikanischen Konzils und als reaktionäre und restaurative Antwort auf die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche nach der Französischen Revolution, dem Untergang des Kirchenstaates und den episkopal-konziliaren Tendenzen innerhalb der Kirche. In einer ekklesiologischen Engführung wird eine pyramidale Verfassungsstruktur der Kirche vorgelegt, in der die Gewaltenfülle des Papstes in monarchischer Übergeordnetheit von oben nach unten vermittelt wird.793 Diese Auffassung wird differenziert begründet. So wird sie zunächst auf biblische Textpassagen und deren Interpretation durch die Kirchenväter gestützt. Nach Thomas von Aquin geht diese verfassungsrechtliche Ordnung auf den göttlichen Willen zurück, der in der Heiligen Schrift bereits dadurch angedeutet sei, dass Christus die Schlüsselgewalt zuerst dem Apostel Petrus alleine übertragen794 und erst später den übrigen Aposteln verliehen habe.795 Dies weise darauf hin, dass die Petrus übertragene Gewalt von ihm alleine auf die anderen Apostel überfließen solle. Es sei daher anzunehmen, dass die den Aposteln übertragene Gewalt nicht koordiniert neben der zuerst Petrus allein übertragenen Gewalt stehe, sondern von dieser abhängig sei.796 Neben dem Zeugnis der Kirchenväter797 und der Geschichte der Konzilien798 wird 790 Vgl. Dejaifve, Primat, 15; Staffa, Épiscopat, 109, 119. Jung, Art. Concile, 1298: „Les deux autorités ne sont pas, en effet, également constituées.“ 791 So Staffa, Épiscopat, 109, 115, 119. Explizit heißt es: „Le principe et la source de l’autorité suprême dans l’Eglise est uniquement le Chef de l’Eglise, et par conséquent le sujet du pouvoir suprême est ,per se‘, c’est-à-dire, ,sensu absoluto et magis proprio‘ le seul Pontife Romain.“ (ders., 117 ff.). Instruktiv sind die zahlreichen Fundstellen ebd., 116 ff., Fn. 20. Vgl. auch Semmelroth, Lehre, 173. Deutlich äußert sich auch Koeniger, Kirchenrecht, 247: „Dem allgemeinen Konzil kommt durch den Papst höchste Gewalt über die Gesamtkirche zu.“ Ebenso dezidiert Gampl, Diskussion, 402: „Die volle und höchste Gewalt, deren Träger auch das Bischofskollegium sein kann, ist u. E. somit stets die volle und höchste Gewalt des Papstes, an deren Ausübung das (übrige) Kollegium beteiligt wird.“ 792 Vgl. Staffa, Épiscopat, 125, 199. 793 Zu Ursprung und Entwicklung der ultramontanen Ekklesiologie vgl. Pottmeyer, Auctoritas, 505 ff. m.w.N. 794 Vgl. Mt. 18, 18. 795 Vgl. Mt. 16, 19. 796 Brinktrine, Jurisdiktion, 321. Zu weiteren biblischen Belegen und deren Auslegung vgl. grundlegend Pesch, Grundlagen, 56 ff., 68; Straub, Träger, 258 f., 278. 797 Dazu ausführlich ebd., 260 ff., 279.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

insbesondere die Lehre des Ersten Vatikanischen Konzils zur Begründung herangezogen. Im Mittelpunkt der Argumentation steht dabei der durch das Erste Vatikanische Konzil in seiner Dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“ begründete Jurisdiktionsprimat des Papstes.799 Danach sei die Regierung der Kirche nach dem Willen Gottes monarchisch und ruhe im Primat des Papstes. Daher sei auch die bischöfliche Gewalt der päpstlichen Gewalt auf dem Konzil unterworfen.800 Wenn behauptet wird, die höchste Gewalt liege beim Papst und Bischofskollegium, so dann nur deshalb, weil zum Bischofskollegium wesentlich der die Fülle der Gewalt besitzende Papst gehöre, der durch diese Zugehörigkeit aber an unumschränkter Machtfülle nichts einbüße. Demzufolge bleibe die bischöfliche Autorität auch auf dem Konzil stets untergeordnet und vom Papst abhängig und beschränkt.801 Der Papst könne seine oberste Gewalt auch nicht zugunsten der Bischöfe teilen. Dies folge bereits begriffsnotwendig aus dem Wesen der vollen Gewalt des Papstes, die ohne eigene Beeinträchtigung sein müsse.802 Eine Übertragung und damit Beschränkung der höchstpersönlich durch Gott verliehenen auctoritas solius pontificis wäre ein Verstoß gegen das göttliche Recht.803 Außerdem schließt sich die Annahme von zwei obersten Gewalten denknotwendig aus, weil sie unvereinbar mit der durch das Erste Vatikanische Konzil begründeten monarchischen Verfassungsstruktur der Kirche ist.804 Allein die Zusammenfassung der ganzen Kirchengewalt in der Hand einer einzigen Person kann das in der Kirche vorherrschende Prinzip der Einheit überzeugend wahren, da so das Prinzip der Einheit in sich selbst, eben in dem Amt des Papstes eins ist.805 Auch aus kirchenrechtlicher Perspektive wird diese Ansicht unter Geltung des CIC/1917 gestützt. Während die Gewalt des Papstes in can. 218 § 1 CIC/1917 als höchste und volle Gewalt in der Kirche gekennzeichnet ist,806 wird die Gewalt des

798

Vgl. ebd., 259. Zum Wortlaut siehe Fn. 27. 800 Straub, Träger, 287. 801 Vgl. ebd., 270, 287. Jung, Art. Concile, 1284, betont nachdrücklich: „Aussi le souverain pontife, qui seul possède une autorité universelle, peut-il associer à la plénitude de sa puissance tous les évêques, étendre momentanément l’autorité enseignante et gouvernante de ceux-ci à la catholicité et imposer à tous les successeurs des apôtres l’obligation de se réunir.“ 802 Vgl. Straub, Träger, 287. Explizit auch Staffa, Épiscopat, 191: „Mais si le Pontife Romain est obligé de concéder aux évêques l’exercice de ce pouvoir, son pouvoir suprême en serait nécessairement limité et ne pourrait plus être considéré comme totalement plénier, contrairement à la définition du [Premier] Concile du Vatican, parce qu’il devrait le partager de droit divin avec les évêques.“ 803 Vgl. im Hinblick auf die Übertragung der päpstlichen Unfehlbarkeit Spacil, Träger, 434 f. 804 Vgl. Straub, Träger, 287. 805 Vgl. Rudiger, Machtfrage, 57 m.w.N. und Argumenten. 806 „Romanus Pontifex, Beati Petri in primatu Successor, habet non solum primatum honoris, sed supremam et plenam potestatem iurisdictionis in universam Ecclesiam tum in rebus 799

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

167

Konzils in can. 228 § 1 CIC/1917 lediglich höchste Gewalt genannt.807 Nur eine volle, d. h. umfassende und uneingeschränkte Gewalt kann aber an sich eine höchste Gewalt sein. Wenn also auch das Bischofskollegium Höchstgewalt hat, dann nur vermittelt durch die volle und daher wirkliche Höchstgewalt des Papstes. Dieser These steht auch nicht can. 329 § 1 CIC/1917 entgegen, wonach die Bischöfe kraft göttlichen Rechts als Nachfolger der Apostel der Ortskirche vorgesetzt werden.808 Wenn sich die Bischöfe als Träger teilkirchlicher Gewalt mit dem Papst als Träger der höchsten Gewalt auf dem Allgemeinen Konzil vereinen, so erlangen sie Anteil an dessen Gewalt über die ganze Kirche. Dabei wird dem Papst nichts von seiner Gewalt entzogen, seine Gewalt verbreitet sich lediglich auf die zum Konzil versammelten Bischöfe, die der höchsten Gewalt teilhaftig werden, allerdings stets in abhängiger Weise.809 Der CIC/1917 kennt die kollegial auszuübende Gewalt also nur in ihrem ereignishaften Wirksamwerden im Ökumenischen Konzil, ohne dass das Bischofskollegium beständiges Rechtssubjekt ist.810 Schon allein deshalb ist der Papst alleiniger Träger der Höchstgewalt, insoweit dessen Gewalt eine ordentliche und ständige ist.811 Außerdem wird die Gewalt des Papstes in can. 219 CIC/1917 explizit göttlichen Rechts genannt, während dies im Hinblick auf die Gewalt des Konzils nicht gesagt wird.812 Indem die Bischöfe als Träger höchster Gewalt konstituiert werden, ist das Bischofskollegium zwar nicht bloßes Beratungsorgan des Papstes, sondern zu einem kollegialen Akt in sämtlichen kirchlichen Angelegenheiten von Lehre und Leitung befähigt. Allerdings behält der Papst auch auf dem Konzil seine höchste kirchliche Gewalt. Es handelt sich lediglich um verschiedene Erscheinungsweisen der einen gleichen höchsten Gewalt, deren Träger der Papst ist.813 Auch die Einzelbestimquae ad fidem et mores, tum in iis quae ad disciplinam et regimen Ecclesiae per totum orbem diffusae pertinent.“ Vgl. May, Verhältnis, 249. 807 „Concilium Oecumenicum suprema pollet in universam Ecclesiam potestate.“ 808 „Episcopi sunt Apostolorum successores atque ex divina institutione peculiaribus ecclesiis praeficiuntur quas cum potestate ordinaria regunt sub auctoritate Romani Pontificis.“ 809 Vgl. May, Verhältnis, 250. Festgehalten wird jedoch an dem Qualitätsunterschied, der zwischen dem primatialen Vorgehen des Papstes und einer konziliaren Entscheidung des Bischofskollegium besteht: Die Repräsentation der Kirche, die sowohl durch den Papst für sich als auch durch das allgemeine Konzil erfolge, sei eine jeweils verschiedene. Der Papst repräsentiere mehr die Einheit, das Allgemeine Konzil mehr die Fülle der Kirche. Das Wesen der Kirche als einer auf den beiden Grundpfeilern des Episkopats und des Primats ruhenden Körperschaft werde offenkundig deutlich sichtbarer im Konzil, so ebd., 252. 810 Vgl. cc. 222 – 229 CIC/1917. Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 216. 811 Vgl. Schneider, Konzilsrecht, 273. 812 Vgl. Staffa, Épiscopat, 201; Gampl, Diskussion, 401. 813 Vgl. May, Verhältnis, 251 f. So formuliert auch Eichmann, Lehrbuch I, 175 f.: „Als fortlebender Petrus hat der Bischof von Rom den Ehren- und Jurisdiktionsprimat über die Gesamtkirche. Er ist nicht bloß der Erste unter gleichen Bischöfen, sondern der Monarch, dem die Fülle der Kirchengewalt […] zusteht […]. Die Gesamtkirche ist gewissermaßen ein einziges großes Bistum, dessen ,Universalbischof‘ der Papst ist. […] Der Papst vereinigt in sich die ganze Kirchengewalt; er teilt sie nicht mit dem Gesamtepiskopat.“

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

mungen zum Konzilsrecht im CIC/1917 zeigen, dass es völlig von den päpstlichen Prärogativen und dessen Machtfülle her konzipiert wurde.814 Während gegenwärtig vielfach betont wird, die vorgenannte Lehre sei mit der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils unvereinbar,815 gibt es vereinzelt Stimmen im Schrifttum, die unter Bezugnahme auf die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils an der vorgetragenen Auffassung festhalten.816 Ausgangspunkt sind dabei das 3. Kapitel der Dogmatischen Konstitution LG sowie die als authentische Interpretation derselben angesehene NEP.817 So heißt es in Art. 22 LG: „Das Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur Autorität, wenn das Kollegium verstanden wird in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen. […] Die Ordnung der Bischöfe aber […] ist gemeinsam mit ihrem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne dieses Haupt gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche. Diese Gewalt kann aber nur unter Zustimmung des Bischofs von Rom („Romano Pontifice“) ausgeübt werden. Der Herr hat allein Simon zum Felsen und Schlüsselträger der Kirche bestellt […]. Es steht aber fest, daß jenes Binde- und Löseamt, welches dem Petrus verliehen wurde […], auch dem mit seinem Haupt verbundenen Apostelkollegium zugeteilt worden ist […]. Die höchste Gewalt, die dieses Kollegium besitzt, wird in feierlicher Weise im ökumenischen Konzil ausgeübt. Ein ökumenisches Konzil gibt es nur, wenn es vom Nachfolger Petri als solches bestätigt oder wenigstens angenommen wird.“ Der zitierte Ausschnitt beschreibt die kollegiale Gewalt des Bischofskollegiums als eine nicht dauerhaft institutionalisierte, sondern in Einzelfällen aufgrund päpstlicher Aufforderung und Mitwirkung aktivierte Gewalt.818 Bei der Kollegialgewalt handle es sich lediglich um die Bevollmächtigung zu kollegialer Vorbereitung, Vorentscheidung, Vorbeschlussfassung, die ohne päpstliche Sanktion keine Rechtskraft 814 So Schneider, Konzilsrecht, 270, und Schwaiger, Potestas, 616 ff., mit einer ausführlichen Zusammenschau. So qualifiziert Blat, Commentarium, 208, die höchste Gewalt des Papstes als ursprünglicher bzw. hauptsächlicher („principalior“) im Vergleich zur höchsten Gewalt des Konzils. Die persönliche Gewalt des Papstes überrage die des Allgemeinen Konzils, insofern von ihm die Existenz des Konzils abhänge, der Papst dem Konzil vorstehe, von ihm die höchste Gewalt des Konzils abgeleitet werde, ihm die Konzilsväter untergeben seien und die Konzilsbeschlüsse erst durch ihn volle Verbindlichkeit erlangen. Vgl. auch Hagen, Prinzipien, 135: Sowenig der Papst der Gewalt des Konzils bedarf, um seine höchste Gewalt über die ganze Kirche innezuhaben und auszuüben, so notwendig bedarf das Konzil der Gewalt des Papstes, um höchste Gewalt über die ganze Kirche zu besitzen und auszuüben. 815 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 43 f.; ders., Einheit, 41; Rahner, Verhältnis, 283; ders., Theologie des Konzils, 326; Semmelroth, Lehre, 173 f.; Steinheimer, Gewalt, 62; Kasper, Petrusamt, 126; Krämer, Kirchenrecht II, 107; Valentini, Kollegialität, 289; Ries, Amt, 251; Gerosa, Träger, 326 f.; Aymans, Papst und Bischofskollegium, 144; Auer, Kirche, 269; Kasper, Petrusamt, 126. 816 Insbesondere Gampl, Diskussion, 388 ff., und Gutierrez, Collegium, 421 ff. 817 Vgl. Gampl, Diskussion, 397. 818 Vgl. ebd., 399.

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erlangen könne.819 Die Kollegialgewalt der Bischöfe sei zwar volle und höchste Gewalt in der Kirche, aber nur mit dem Papst zusammen. Der Papst besitze die Höchstgewalt jedoch auch alleine und ohne Mitwirkung der Bischöfe unmittelbar mit Annahme seiner gültigen Wahl820 und ohne Verminderung und Veränderung, wenn er als Haupt des Kollegiums handelnd auftrete.821 Daher ist die Gewalt des Kollegiums eine vom Papst mitgeteilte Gewalt. Die Höchstgewalt des Bischofskollegiums sei stets als essentialiter vom Papst abhängig formuliert, an deren Ausübung das übrige Kollegium beteiligt werde.822 Diese Auffassung werde auch durch die NEP gestützt, wonach deutlich hervorgehoben werde, dass der Papst seine eigene Höchstgewalt mit in das Bischofskollegium hineinnehme.823 Konsequent heißt es daher auch in der NEP, dass die Unterscheidung zwischen dem Bischof von Rom für sich alleine („seorsim“) und dem Bischof von Rom vereint mit den Bischöfen gelte.824 Dies sei der alleinige Grund dafür, dass das Kollegium der Bischöfe auch als Träger der höchsten Gewalt in der Kirche bezeichnet werde. Trotzdem aber bleibe der Papst der einzige, der diese höchste Gewalt frei, direkt und unmittelbar gebrauchen könne, weil sie nach wie vor seine ordentliche und eigenberechtigte Amtsgewalt sei.825

819

Vgl. ebd., 400. Die Höchstgewalt des Papstes fußt auch nicht auf seiner Eigenschaft als Haupt des Bischofskollegiums, da es vorkommen kann, dass der gültig zum Papst Gewählte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht Bischof und somit noch nicht Mitglied des Bischofskollegiums ist. Der Papst ist daher Träger der Höchstgewalt als Haupt der Kirche und Stellvertreter Christi auf Erden (vgl. ebd., 403). 821 „[…] und unbeschadet („integre“, [unverletzt, unvermindert; Anm. d. Verf.]) dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen.“, Art. 22 LG; vgl. Gampl, Diskussion, 403. 822 Ebd., 402. 823 Vgl. ebd., 403 f. 824 So heißt es in Nr. 3 NEP: „Von dem Kollegium, daß es ohne Haupt nicht gibt, wird gesagt: ,Es ist ebenfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche.‘ Das anzunehmen ist notwendig, damit die Fülle der Gewalt des Bischofs von Rom nicht in Frage gestellt wird. Denn bei dem Kollegium wird sein Haupt immer und notwendigerweise mitverstanden, das in dem Kollegium sein Amt als Statthalter Christi und Hirt der Gesamtkirche unverkürzt bewahrt. […] Die Unterscheidung waltet nicht zwischen dem Bischof von Rom einerseits und den Bischöfen zusammengenommen anderseits, sondern zwischen dem Bischof von Rom („Romanum Pontificem“) für sich und dem Bischof von Rom vereint mit den Bischöfen. Da aber der Papst das Haupt des Kollegiums ist, kann er allein manche Handlungen vollziehen, die den Bischöfen in keiner Weise zustehen“. In Nr. 4 NEP heißt es: „Im ganzen aber wird ersichtlich, daß es sich um die Verbundenheit der Bischöfe mit ihrem Haupt handelt, niemals jedoch um die Betätigung der Bischöfe unabhängig vom Papst. In diesem Fall, wenn die Tätigkeit des Hauptes ausfällt, können die Bischöfe als Kollegium nicht handeln.“ 825 Gampl, Diskussion, 404. Treffend auch Gutierrez, Collegium, 434: „Itaque subiectum plenae-supremae-universalis potestatis orginarium et principale est unicum: R. pontifex, qui ipsam exercere potest solus vel, si velit, secum vocatis episcopis omnibus. Ex unione cum ipso episcopi evadunt subiectum, secundarium, accidentale, transitorium potestatis plenae et supremae, ea mensura, qua hoc sit intrinsece possibile.“ 820

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Dieser Auffassung wird im Schrifttum, insbesondere nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, heftig widersprochen.826 Im Mittelpunkt der Kritik steht die These, dass die Annahme einer alleinigen Höchstgewalt des Papstes durch die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils überholt sei, da die einseitige ekklesiologische Konzentration auf den päpstlichen Primat durch eine verfassungsrechtliche Aufwertung der Bischöfe ergänzt worden sei. Die Auffassung sei unvereinbar mit den Kernaussagen der dogmatischen Konstitution über die Kirche. So spreche Art. 22 LG davon, dass das Kollegium der Bischöfe mit dem Papst als Träger von Höchstgewalt bestehe („existit“).827 Demnach sei das Bischofskollegium immerwährender habitueller Träger der höchsten kirchlichen Gewalt und nicht erst dann, wenn es durch den Papst aufgefordert werde, diese Gewalt auszuüben.828 Gegen die Annahme einer rein partizipierenden Gewalt des Bischofskollegiums an der päpstlichen Machtfülle spreche entscheidend, dass LG ausdrücklich von zwei Subjekten der Höchstgewalt spreche. Auch die NEP unterscheide explizit als Aussagesubjekte „nicht zwischen dem Bischof von Rom einerseits und den Bischöfen zusammengenommen anderseits, sondern zwischen dem Bischof von Rom für sich („seorsim“) und dem Bischof von Rom vereint mit den Bischöfen.“829 Diese Gegenüberstellung spreche nicht dafür, dass das Bischofskollegium als bloßer Teilhaber an der päpstlichen Gewalt betrachtet werde.830 Das in der NEP zentrale „seorsim“ schließe nur die Notwendigkeit eines kollektiven Aktes des Bischofskollegiums aus, es wolle sagen, dass der Papst, auch wenn er alleine von seiner ihm zukommenden höchsten Gewalt Gebrauch mache, legitim und für die Kirche verpflichtend handle, ohne an eine Zustimmung der Bischöfe gebunden zu sein. Über die ontologische Natur dieses alleinigen Handelns sage die NEP aber nichts. Es sei daher offen, ob der Papst in diesem Falle immer auch als Haupt des Kollegiums handle oder aber nicht.831 Ferner wird vertreten, dass die Ableitung der Vollmacht des Konzils aus der päpstlichen Primatsgewalt denknotwendig unvereinbar sei mit der insoweit unbestrittenen Lehre von der Höchstgewalt des Konzils. Eine Gewalt, die von einer an826

Siehe die Nachweise in Fn. 815. Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 43; Bausenhart, Communio, 159. In Art. 22 LG heißt es: „Die Ordnung der Bischöfe aber, die dem Kollegium der Apostel im Lehrund Hirtenamt nachfolgt, ja, in welcher die Körperschaft der Apostel immerfort weiter besteht, ist gemeinsam mit ihrem Haupt, dem Bischof von Rom […] gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche.“ Vgl. auch Art. 24, 27 LG; Art. 8 CD. 828 Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 43. 829 Nr. 3 NEP. 830 Semmelroth, Lehre, 173 f.; vgl. auch Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 38 f., die in Anbetracht der ausdrücklichen Gegenüberstellung behauptet, dass das Zweite Vatikanische Konzil die Aussagen des Ersten Vatikanums zwar rezipiert habe, es diese jedoch gleichsam auch in den kollegialen Zusammenhang mit dem Bischofskollegium gestellt habe. 831 Rahner, Verhältnis, 381. 827

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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deren Gewalt in der Kirche abgeleitet werde, bleibe immer vom Mitteilenden abhängig und könne nicht mehr höchste Gewalt sein.832 Eine innerhalb der Kirche selbst übertragene Gewalt könne im Unterschied zu einer Verleihung durch Christus begriffsnotwendig nicht die Höchstgewalt sein, da sie ja diejenige als höhere über sich habe, die die Gewalt mitteile.833 Für nicht vertretbar wird die Auffassung von der Partizipation des Bischofskollegiums an der päpstlichen Primatsgewalt auch dann gehalten, wenn angenommen wird, dass der Ursprung der höchsten und vollen Gewalt des Bischofskollegiums göttlichen Rechts sei.834 Würde die Gewalt des Bischofskollegiums auf dem Willensakt dessen beruhen, der an seiner Gewalt Anteil gebe und dies auch unterlassen könne, dann sei eine solche partizipierte Gewalt sicherlich nicht göttlichen Rechts.835 Das Zweite Vatikanische Konzil habe nicht den Versuch unternommen, die Vollmacht des Kollegiums aus der Vollmacht seines Hauptes abzuleiten; es führe vielmehr diese episkopale Vollmacht auf die Nachfolge des Apostelkollegiums zurück. Dem Apostelkollegium selbst und nicht dem Petrus als solchem sei diese Gewalt von Christus verliehen.836 Vielmehr intendiere der Wille Christi einen Gesamtepiskopat, der genuin und nicht abgeleitet dieselbe Gewalt habe wie der Papst, wobei diese Gewalt nur mit und unter dem Papst bestehe.837 Auch die vermeintliche Eindeutigkeit des Ersten Vatikanischen Konzils, insbesondere der entsprechenden Stellen in „Pastor aeternus“, auf die zur Begründung der These von dem Papst als einigem Träger kirchlicher Höchstgewalt rekurriert wird, sei bei näherer Betrachtung nicht gegeben. So habe das Erste Vatikanische Konzil eine Entscheidung darüber, ob es nur den Papst als einziges Subjekt der höchsten kirchlichen Gewalt gebe, an dessen Höchstgewalt das Konzil teilnehme, bewusst unentschieden gelassen.838 Daher habe die Dogmatische Konstitution „Pastor 832

Ebd., 383; Rahner, Kommentar LG, 226. Rahner, Verhältnis, 376. 834 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 43; ebenso Rahner, Verhältnis, 383; Dejaifve, Primat, 17. Vgl. dazu ausführlich Rahner, Ius Divinum, 60 ff. 835 Rahner, Verhältnis, 383. 836 Ebd., 384. 837 Vgl. ebd., 383. 838 Vgl. Semmelroth, Träger, 173. Vgl. auch Rahner, Verhältnis, 380 f. Rusch, Struktur, 258, konstatiert, dass die Konstitution über die Kollegialität schweige. Ihr sei weder pro noch kontra etwas zu entnehmen. So hebt auch Bacht, Primat und Episkopat, 1460 f., hervor, dass das Erste Vatikanum keine unbegrenzte und isolierte Primatsstellung des Papstes lehren wollte und sich nicht dem Gedanken einer kollegialen Verfassung der höchsten kirchlichen Gewalt verschlossen hatte. Allerdings wird auch eingestanden, dass sich diese Auffassung nicht in erster Linie in den Konzilsdokumenten wiederfinden lasse, sondern Gegenstand heftiger Diskussionen während des Konzils war. Vgl. auch den Kommentar des Relators über die Glaubensfragen, Bischof Gasser, der sein Bedauern über die Lehre zum Ausdruck bringt, dass einzig der Papst unfehlbar sei und von ihm auf die Kirche abgeleitet und ihr mitgeteilt werde: „Causa hujus rei non est ea, quae ex hoc ambone aliquoties, dolens dico, indicata fuit, scilicet, ac si omnis infallibilitas Ecclesiae sit sita in solo Papa et a Papa derivetur in Ecclesiam et illi communicetur“ 833

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

aeternus“ auch keine Formulierung gewählt, die für die eine oder andere Auffassung spreche.839 Zu beachten sei, dass zahlreiche Konzilsväter gegen die vorgenannte Lehre waren.840 Außerdem seien vorgebrachte Verbesserungen und Zusätze zurückgewiesen worden, welche sich ausdrücklich für ein einziges Subjekt aussprachen.841 Die Definition, wonach der Papst die ganze Fülle der höchsten kirchlichen Gewalt besitze, wolle nur ausschließen, dass das Bischofskollegium deren einziger Inhaber sei und dass sie dem Haupt als dem wichtigsten Glied nur zustehe, insofern es eben Haupt sei, und nicht auch als einem vom ganzen Kollegium verschiedenen Träger.842 Die referierten Argumente des Schrifttums für bzw. gegen die Lehre vom Papst als einzigem Subjekt kirchlicher Höchstgewalt lassen sich den verschiedenen Teildisziplinen der katholischen Theologie zuordnen. Für die originär verfassungsrechtliche Frage nach dem Träger der Höchstgewalt in der Kirche ist allerdings in erster Linie die kirchenrechtliche Bewertung maßgeblich, nach der die Regelungen des geltenden CIC auszulegen sind.843

b) Das Bischofskollegium als alleiniger Träger der Höchstgewalt mit dem Papst als Delegiertem Eine entgegengesetzte Position erkennt nur das Bischofskollegium als alleinigen Träger der Höchstgewalt an, wobei der Papst als kollegiales Haupt rechtlich stets dem Bischofskollegium untergeordnet ist.844 Nach dieser Lehre hat das Kollegium die Gewalt, auf die persönliche Ausübung der Papstgewalt derart einzuwirken, dass seine Gewaltausübung von der Auffassung des Kollegiums abhängig ist.845 Der Papst (Mansi, 52, 1216). Vgl. dazu auch Straub, Träger, 298 f. Auch wird vielfach Zinelli im Namen der Glaubensdeputation zitiert, der die Fülle der Gewalt der Bischöfe vereint mit dem Papst betonte: „Das Haupt von den Gliedern zu trennen, ist aber denen eigentümlich, die den Papst den Bischöfen […] unterordnen. Wenn der Papst aber mit den Bischöfen gemeinsam, seien sie zerstreut oder versammelt, die oberste und volle Gewalt in solidum ausübt, ist ein Konflikt nicht möglich.“ (Mansi, 51, 1109; vgl. auch Dejaifve, Primat, 11 f.). Instruktiv Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 34 ff. 839 Spacil, Träger, 539. 840 Vgl. Dejaifve, Kollegialität, 669 ff. m.w.N., der die kritischen Äußerungen der Konzilsväter kurz referiert. 841 Spacil, Träger, 540. 842 Betti, Beziehungen, 77; vgl. auch Betti, Costituzione, 313 ff., 478. 843 Siehe dazu ausführlich Kap. III.2. 844 Diese Lehre wird kurz vorgetragen von Valentini, Kollegialität, 289, Krämer, Kirchenrecht II, 107, und Ries, Amt, 251 f., dort auch unter Hinweis auf Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 50, der sich an der genannten Stelle mit der von Rahner u. a. vorgetragenen Lehre auseinandersetzt; allerdings lassen sich dessen Argumente auch gegen die hier angesprochene Lehre anführen. Vgl. auch die Nennung dieser Auffassung bei Dordett, Gewalt, 261 f., und Greshake, Zwischeninstanzen, 92. 845 Vgl. in anderem Zusammenhang Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 50.

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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kann somit seine Vollmacht nur durch rechtliche Rückbindung an das Kollegium ausüben; damit steht seine Gewalt jedoch nicht länger unabhängig zu seiner Verfügung, sondern wird äußerlich beschränkt.846 Es erfolgt somit letztlich eine Kollegialisierung des Primats.847 Große kirchengeschichtliche Bedeutung erlangte die vorgetragene und als Konziliarismus bezeichnete Position während der Kirchenkrise, die durch das Abendländische Schisma (1378 – 1417) ausgelöst wurde. Dieser spätmittelalterliche Konziliarismus findet seine klassische Formulierung in den beiden wichtigsten Dekreten des Konstanzer Konzils „Haec sancta“ und „Frequens“, mit denen die Kirchenspaltung überwunden werden konnte.848 Der in seiner fünften Sitzung vom 6. April 1415 verabschiedete Konstanzer Konzilsbeschluss „Haec sancta“ formulierte den Grundsatz der konziliar-episkopalen Theorie, wonach das allgemeine Konzil als Träger der höchsten Gewalt in der Kirche gelte, dem auch der Papst unterworfen sei. Ferner wurde deklariert, dass das im Heiligen Geist versammelte Konzil die ganze katholische Kirche repräsentiere und die Gewalt des Konzils unmittelbar von Gott habe.849 Das Dekret „Frequens“ vom 9. Oktober 1417 bestimmte ergänzend, dass zukünftig in periodischen Abständen Konzilien abzuhalten sind, die so zu einer ständigen Einrichtung der Kirche werden sollten.850 Es wäre jedoch verkürzt, von einer einheitlichen konziliaren Theorie zu sprechen. So meinen die Vertreter einer gemäßigten Konziliartheorie, dass das Konzil nur in bestimmten Ausnahmesituationen – beispielsweise im Falle eines Schismas oder häretischen Papstes – die höchste Gewalt auch gegenüber dem Papst behaupten kann; der radikale Konziliarismus verteidigt hingegen grundsätzlich die Superiorität und Höchstgewalt des Konzils und die Abhängigkeit und Unterordnung des Papstes.851

846

Vgl. Ries, Amt, 252. Dordett, Gewalt, 262. 848 Vgl. grundlegend zur Geschichte der Konstanzer Dekrete das zweibändige Werk von Brandmüller, Konzil von Konstanz, und im Hinblick auf das Weiterleben konziliaristischen Gedankenguts die Studie von Schneider, Konziliarismus. 849 „Diese im Heiligen Geiste rechtmäßig versammelte, ein allgemeines Konzil darstellende und die streitende katholische Kirche vertretende Synode hat ihre Vollmacht unmittelbar von Christus; jeder beliebige, welchen Standes oder welcher Würde auch immer, auch wenn es die päpstliche sein sollte, ist gehalten, ihr in dem zu gehorchen, was den Glauben und die Ausrottung des genannten Schismas betrifft […]“ („ipsa Synodus in Spiritu Sancto congregata legitime, generale concilium faciens, Ecclesiam catholicam militantem repraesentans, potestatem a Christo immediate habet, cui quilibet cuiuscumque status vel dignitatis, etiam si papalis exsistat, oboedire tenetur in his quae pertinent ad fidem et exstirpationem dicti schismatic […]“), DH vor 1151. Vgl. Smolinsky, Art. Konziliarismus, 349 ff.; instruktiv Schatz, Kollegialität, 301 ff. m.w.N. 850 Vgl. Jedin, Bischöfliches Konzil, 18; Smolinsky, Art. Konstanzer Dekrete, 322 m.w.N. Jedin, Bischöfliches Konzil, 19, sieht in dem Dekret den Versuch, durch die regelmäßigen Konzilien eine Kontrollinstanz über das Papsttum und eine gewisse Art des Parlamentarismus in der Kirche zu schaffen. 851 Vgl. Smolinsky, Art. Konziliarismus, 349 f.; Küng, Strukturen, 259; Schatz, Primat, 129. 847

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Kirchengeschichtlich ist der Konziliarismus hingegen eine bloße Episode geblieben.852 Gegen diese Auffassung lassen sich rechtshistorisch zahlreiche Gegenstimmen des päpstlichen Lehramtes anführen.853 Vor allem steht die Lehre in diametralem Widerspruch zu den Lehrtraditionen des Ersten854 und Zweiten855 Vatikanischen Konzils über die freie Ausübung des päpstlichen Jurisdiktionsprimats und über die Abhängigkeit kollegialer Akte von der konstitutiven päpstlichen Mitwirkung und Zustimmung.856 Demzufolge wurden die übrigen Mitglieder des Bischofskollegiums in einer Weise an den Primat gebunden und vom ihm abhängig, dass sie aufhören, ein selbstständiges und damit kritisch-begrenzendes Element ihm gegenüber zu sein; gleichsam gewinnt das primatiale Element dergestalt an Eigenständigkeit, dass dessen Gewalt oberhalb der kollegialen Strukturen beansprucht wird.857 Es ist herrschende Lehre, dass es nicht Absicht des Zweiten Vatikanischen Konzils gewesen sei, den Papst rechtlich oder faktisch an ein Kollegium zu binden.858 852

So meint Jedin, Bischöfliches Konzil, 25, dass Konstanz und Basel Konzilistypen seien, auf die man später nicht mehr zurückgegriffen habe und die schon deshalb unwiederholbar gewesen seien, weil sie aus dem Kampf um Einheit und Reform der Kirchenreform hervorgegangen seien. Zu den vielfältigen Entwicklungslinien und Argumenten für die konziliare Lehre vgl. überblicksartig Smolinsky, Art. Konziliarismus, 350. 853 So bereits den Brief „Proposueramus quidem“ von Papst Nikolaus I. vom 28.9.865 an Kaiser Michael, in dem es heißt: „Weder vom Kaiser noch vom ganzen Klerus […] wird der Richter gerichtet werden. ,Der erste Sitz wird von niemandem gerichtet werden‘.“ (DH 638). Instruktiv ist in diesem Zusammenhang auch das Dekret „Moyses vir Dei“ von Papst Eugen IV. vom 4. 9. 1439 über die Abhängigkeit des allgemeinen Konzils vom Papst, abgedruckt in DH 1309. Vgl. auch die Zurückweisung einer Appellation an ein allgemeines Konzil durch die Bulle „Exsecrabilis“ von Papst Pius II. vom 18. 1. 1460, abgedruckt in DH 1375. Im 19. Jahrhundert ist beispielhaft der „Syllabus“ von Papst Pius IX. vom 8. 12. 1864, in dem die Behauptung verworfen wird, dass „auf Beschluß irgendeines allgemeinen Konzils […] das höchste Papsttum vom Römischen Bischof […] auf einen anderen […] übertragen werden [kann]“ (DH 2935). 854 So heißt es in der Dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“: „Das Urteil des Apostolischen Stuhles aber, über dessen Autorität hinaus es keine größere gibt, darf von niemandem neu erörtert werden, und keinem ist es erlaubt, über sein Urteil zu urteilen. Daher irren vom rechten Pfad der Wahrheit ab, die behaupten, man dürfe von den Urteilen der Römischen Bischöfe an ein ökumenisches Konzil als an eine gegenüber dem Römischen Bischof höhere Autorität Berufung einlegen.“ (DH 3063). So meint Schneider, Konziliarismus, 235, dass die von „Pastor aeternus“ gezogene Grenze so bemessen sei, dass konziliaristische Ideen keinen Platz mehr hätten. Schneider, Konziliarismus, 235 ff., weist nach, dass der Konziliarismus auch nach dem ersten Vatikanischen Konzil von Anhängern des sog. Reformkatholizismus bzw. der sog. Modernisten, die sich gegen den römischen Zentralismus und die päpstlichen Ansprüche richteten, nicht weiter vertreten wurde. 855 So heißt es in Art. 22 LG: „Ein ökumenisches Konzil gibt es niemals, wenn es vom Nachfolger des Petrus nicht als solches bestätigt oder wenigstens angenommen worden ist“ (DH 4146). 856 Vgl. Ries, Amt, 252. Auch bei Krämer, Kirchenrecht II, 107, wird diese Lehre mit dem lapidaren Hinweis auf die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils für „wohl […] unvereinbar“ gehalten. 857 Vgl. Schatz, Kollegialität, 289 f. 858 Vgl. Dordett, Gewalt, 262. So meint Schneider, Konziliarismus, 309 f., dass der Konziliarismus infolge der neuzeitlichen Entflechtung von Staat und Kirche nicht mehr eine un-

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Bereits die Ausgestaltung des Konzilsrechts im CIC/1917 belege, dass der Gefahr eines Wiederauflebens konziliarer Tendenzen juristisch letztverbindlich entgegengewirkt werden sollte. Signifikant dafür sei, dass das entsprechende Kapitel mit einer Negation beginne, mit der Darlegung der päpstlichen Prärogativen fortfahre und erst gegen Ende des Kapitels von der Gewalt des Konzils spreche.859 Hinzu kommt die mehrfache Wiederholung des Appellationsverbots gegen päpstliche Entscheidungen an ein Ökumenisches Konzil.860 Die konziliar-episkopale Theorie wird daher im gegenwärtigen Schrifttum überwiegend rechtshistorisch gewürdigt, aber nicht länger vertreten.861

mittelbare politische Gefahr bedeutete und daher das Zweite Vatikanische Konzil unter dem Begriff der Kollegialität vorsichtige, gesunde episkopale und konziliare Anliegen aufnehmen konnte. Doch erkläre es nur die Kollegialität der Bischöfe unter den Papst, nicht aber eine Kollegialität des Papstes, die ihn verpflichten würde, auf das übrige Kollegium zu hören und der Meinung des Weltepiskopates Rechnung zu tragen. Dieser habe theoretisch und praktisch keine Möglichkeit, sich gegen den Papst im Konfliktfall durchzusetzen. 859 Schneider, Konzilsrecht, 272. So meint auch Schneider, Konziliarismus, 309, dass ein Wiederaufbrechen konziliaristischer Ideen im Zuge des Ersten Vatikanischen Konzils zunächst dogmatisch, dann kanonistisch abgeriegelt worden sei. 860 Cc. 228 § 2 und 1880 § 1 CIC/1917. 861 Vgl. Ries, Amt, 252; Auer, Kirche, 269; Valentini, Kollegialität, 288 f., Greshake, Zwischeninstanzen, 92, mit Verweis auf Art. 27 LG; Dordett, Gewalt, 261 f.; vgl. auch Brandmüller, Konzil, 130 f. Es lässt sich im gegenwärtigen Schrifttum vereinzelt eine gewisse Sympathie für die Lehre des Konziliarismus feststellen, die insbesondere als Gegenbewegung zum römischen Zentralismus des Ersten Vatikanischen Konzils und zur Dogmatisierung des päpstlichen Primats verstanden wird und gleichsam modernen, jedoch höchst fragwürdigen Demokratisierungstendenzen innerhalb der Kirche entgegenkommt (vgl. dazu Brandmüller, Konzil, 130 ff.; Smolinsky, Art. Konziliarismus, 351). Die Ablehnung einer mehrheitlich demokratischen Kirchenregierung, wie sie in die Lehre des Konziliarismus hineingelesen werden könne, folge jedoch bereits aus dem richtigen Kirchenverständnis, welches durch Schrift und Tradition bestimmt werde: Danach beruhe die Kirche auf übernatürlicher Erwählung zum Heil durch Gott. In ihr gehe alle Gewalt von Gott aus (Brandmüller, Konzil, 130). Von kirchenrechtlichem Interesse und noch nicht abschließend geklärt ist die Frage nach dem dogmatischen bzw. kirchenrechtlichen Charakter der Konstanzer Dekrete. Einige wenige Autoren halten das Dekret für eine dogmatisch verbindliche Definition (so Küng, Strukturen, 244 ff., 258; de Vooght, Conciliarisme, 152). Gegen diese Auffassung wendet sich die herrschende Lehre im Schrifttum, die die dogmatische Verbindlichkeit der Dekrete ablehnt (so Brandmüller, Haec Sancta, 225 ff., mit Verweisen auf die Positionen von Jedin, Franzen, Bäumer und Hürten) und z. T. die Dekrete als ein im konkreten geschichtlichen Einzelfall notwendiges und legitimes Notstandsrecht qualifiziert (so insbesondere Hollnsteiner, vgl. dazu Schneider, Konziliarismus, 226 ff.).

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

c) Papst und Bischofskollegium als zwei adäquat verschiedene Träger der Höchstgewalt Die Lehre, nach der es zwei völlig verschiedene Träger der Höchstgewalt gibt, und zwar der Papst auf der einen Seite und das Bischofskollegium auf der anderen Seite, wird in der neueren Kirchenrechtswissenschaft nicht mehr vertreten.862 Gegen die Annahme zweier adäquat verschiedener Gewaltenträger in der Kirche spricht bereits die tradierte Auffassung von der Einheit der Kirchengewalt.863 Die vorgetragene Lehre wird zudem auch mit der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils für unvereinbar gehalten.864 Gerade die durch die Annahme zweier sich gegenüberstehender Verfassungsrealitäten vermittelte Beziehungslosigkeit von Papst und Bischofskollegium widerspricht der Lehre des Zweiten Vatikanums, das die Einheit der beiden Verfassungsgrößen in ihrer spezifischen hierarchischen Stellung hervorzuheben bemüht war.865 Auch aus der Formulierung des geltenden Codex geht deutlich hervor, dass das Bischofskollegium nur zusammen mit dem Papst als seinem Haupt tätig werden und

862 Vgl. Ries, Amt, 252; Krämer, Kirchenrecht II, 107; H. Müller, Träger, 249; Gerosa, Recht, 342; Auer, Kirche, 268 f.; Spacil, Träger, 524. 863 Grundlegend muss in diesem Zusammenhang auf die Enzyklika von Papst Leo XIII. „Satis cognitum“ über die Einheit der Kirche vom 29. 6. 1896 verwiesen werden. Danach gehört die Einheit der Leitung der Kirche („unitas regiminis“) zu den wesentlichen Strukturprinzipien des kirchlichen Verfassungsrechts. So heißt es dort: „Der Stand der Bischöfe ist aber dann für gebührend – wie Christus es geheißen – mit Petrus verbunden zu erachten, wenn er Petrus untertan ist und ihm gehorcht; andernfalls wird er notwendigerweise in eine wirre und ungeordnete Vielzahl abgleiten. Um die Einheit des Glaubens und der Gemeinschaft gebührend zu bewahren, genügt es nicht, ehrenhalber die führende Rolle zu spielen oder das Kommando zu führen; vielmehr bedarf es durchaus einer wahren und ebenso höchsten Autorität, der die ganze Gemeinschaft gehorchen soll […]. Jenes aber ist mit der Wahrheit unvereinbar und widerstreitet offensichtlich der göttlichen Bestimmung, daß es zwar rechtens sei, daß die Bischöfe der Jurisdiktion der Römischen Bischöfe als einzelne unterlägen, nicht aber in ihrer Gesamtheit. […] Diese Vollmacht gegenüber dem Kollegium der Bischöfe aber […] anzuerkennen und zu bezeugen, hat die Kirche zu keiner Zeit aufgehört. […] In der Tat bezeugt die heilige Schrift, daß die Schlüssel des Himmelreiches einzig Petrus anvertraut, und ebenso die Vollmacht zu binden und zu lösen den Aposteln zusammen mit Petrus übertragen wurde; woher die Apostel aber die höchste Vollmacht ohne Petrus und gegen Petrus empfangen haben sollen, ist nirgends bezeugt.“ (DH 3308 f.) 864 So insbesondere Krämer, Kirchenrecht II, 107; Ries, Amt, 252; Valentini, Kollegialität, 289 m.w.N.; Löhrer, Mysterium, 577; Kasper, Petrusamt, 126. 865 Vgl. Betti, Beziehungen, 71. Zur näheren Begründung wird regelmäßig auf die eindeutige Klarstellung in Nr. 3 NEP rekurriert, wonach die Unterscheidung im Hinblick auf den Gewaltträger nicht zwischen dem Bischof von Rom einerseits und den Bischöfen zusammengenommen andererseits walte, sondern stets zwischen dem Bischof von Rom für sich und dem Bischof von Rom vereint mit den übrigen Bischöfen (vgl. Ries, Amt, 252).

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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daher nicht adäquat von diesem unterschieden werden kann.866 Mit besonderer Deutlichkeit kann somit auch aus heutiger kirchenrechtlicher Perspektive diese Lehre abgelehnt werden.

d) Papst und Bischofskollegium als zwei inadäquat verschiedene Träger der Höchstgewalt Die vornehmlich von Kanonisten vertretene Auffassung besagt, es gebe in der Kirche zwei auf besondere Weise verschiedene Träger der Höchstgewalt: der Papst persönlich als Stellvertreter Christi einerseits und das Bischofskollegium mit dem Papst als seinem Haupt andererseits.867 Es gibt somit einen doppelten Träger der Höchstgewalt, wobei beide Träger nur insoweit und daher inadäquat verschieden sind, als das Bischofskollegium ohne dessen Haupt nicht als Träger der höchsten Gewalt konstituiert ist.868 Die Gewaltausübung vollzieht sich nach dieser Lehre auf zwei verschiedene Weisen: eine persönliche Ausübung durch den Papst alleine und eine kollegiale Ausübung des Bischofskollegiums zusammen mit dem Papst als seinem Haupt.869 Handelt der Papst alleine, so ist dies Ausdruck seiner Primatialgewalt, die ihm unabhängig von dem Bischofskollegium als Stellvertreter Jesu Christi und Oberhaupt der Universalkirche persönlich zukommt.870 Bei der persönlichen Gewaltausübung ist der Papst gleichsam stets Repräsentant des Bischofskollegiums. Dabei handelt er jedoch weder stellvertretend im Namen des Kollegiums noch in Ausübung dessen 866 Vgl. can. 336: „Es [das Bischofskollegium] ist zusammen mit seinem Haupt und niemals ohne dieses Haupt ebenfalls Träger höchster und voller Gewalt.“ Vgl. dazu ausführlich Gerosa, Recht, 342 f. 867 Hauptvertreter dieser Auffassung sind Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 52 ff., ders., Einheit, 37, 39 ff.; ders., de potestatis, 472; Kasper, Praxis, 487 f.; Betti, Beziehungen, 76 f; Hamer, Sogetti, 139 ff.; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 217; Aymans, Papst und Bischofskollegium, 145 ff.; ders., Element, 249 f.; Mörsdorf, Verfassung, 90; ders., Hirtenamt, 327 ff.; Gerosa, Recht, 342; Bier, Rechtsstellung, 331; Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 197 f.; Schillebeeckx, Signatur, 166; Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 136; wohl auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 132, Rn. 8, 135, Rn. 14; Schwendenwein, Katholische Kirche, 215 f.; Hamer, Sogetti, 139 ff.; del Giudice/Gallo/Mariani, Diritto, 122; Cattaneo, Fondamenti, 164. Bereits auf dem Ersten Vatikanischen Konzil wurde diese Lehre als subiectum duplex inadaequate distinctum verteten (vgl. die Relatio von Kleutgen, Mansi 53, 321). Auch unter der Geltung des CIC/1917 und vor dem Zweiten Vatikanum wurde diese Auffassung vertreten (vgl. Spacil, Träger, 524 ff. m.w.N.; Hagen, Prinzipien, 135 f. und Wernz/Vidal, Ius, 705 ff.). Zum Urteil des 18. Jahrhunderts über die Frage nach der Kollegialgewalt des Bischofskollegiums und der inadäquaten Verschiedenheit der beiden Gewaltenträger sind die Aufsätze von Beumer, Gewalt, 280 ff., 296, und L. Müller, Papst, 22 ff., instruktiv. 868 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 52. Zum Begriff der inadäquaten Verschiedenheit vgl. auch Scheffczyk, Träger, 311; Betti, Beziehungen, 76; Aymans, Papst und Bischofskollegium, 145; Valentini, Kollegialität, 289. 869 Vgl. Betti, Beziehungen, 77. 870 Vgl. H. Müller, Träger, 250.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Gewalt oder Willens, sondern als Haupt des Kollegiums, dessen Leitung ihm nach göttlichem Recht anvertraut ist. Seine Gewalt ist somit weder von der Gewalt des Kollegiums abgeleitet noch abhängig.871 Gleichwohl ist aber auch das Bischofskollegium habitueller und eigenständiger Träger der Höchstgewalt über die ganze Kirche. Es übt also nicht bloß eine aus der Höchstgewalt des Papstes abgeleitete Gewalt aus, sondern ist eigener und genuiner Träger höchster Gewalt, allerdings in Anerkennung der hierarchischen Struktur des Bischofskollegiums und der damit verbundenen Abhängigkeit von der päpstlichen Zustimmung.872 Die Gewalt des Kollegiums werde der Substanz nach den einzelnen Gliedern sakramental verliehen, aber nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit dem Papst wirkkräftig.873 Die Mitwirkung des Papstes kommt aber nicht von außen als ein numerisches Hinzutreten neuer Macht hinzu, sondern folgt aus dem Kollegium selbst und bleibt in ihm. Die päpstliche Weisung zur Ausübung kollegialer Gewalt schafft diese nicht neu; die Existenz kollegialer Gewalt geht folglich ihrer Ausübung voraus874 und ist von ihr unabhängig.875 Das Bischofskollegium wird nicht als biologischer Organismus, in dem Haupt und Leib niemals getrennt gedacht werden können, sondern als moralische und soziale Einheit „intentionaler Natur“ angesehen mit der Bestimmung zur gemeinsamen Ausübung des Hirtenamtes, der Lehre und Leitung.876 Durch die Ausübung der Höchstgewalt des Bischofskollegiums mit dem Papst tritt daher die Einheit des Kollegiums und die Gemeinschaft der ganzen Kirche in besonderer Weise zutage und fördert die Anerkennung der Gewaltausübung von Seiten der Rechtsunterworfenen zwar nicht in rechtlicher, aber in

871 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 55 f.: Die hierarchische Struktur des Bischofskollegiums und die rechtliche Abhängigkeit des Bischofskollegiums von dem Papst schließe es gerade aus, dass die persönliche Ausübung päpstlicher Gewalt nur erfolgen könne, wenn er Repräsentant des Kollegiums sei und letztlich dessen Gewalt ausübe (ebd., 55). So heißt es ebd., 56, auch: „Die Primatsgewalt ist ihrer Natur gemäß als solche konstituiert vorgängig (nicht zeitlich, sondern sachlich) zur Konstituierung des Kollegiums als Träger der höchsten Gewalt.“ Weiterführend zum Repräsentationsgedanken im kirchlichen Verfassungsrecht vgl. Peters, Repräsentation, 232 f. 872 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 55; Mörsdorf, Kollegialitätsprinzip, 1438, 1441; ders., Verfassung, 90. 873 Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 35. 874 Vgl. den Wortlaut von Art. 22 LG: „Die höchste Gewalt über die ganze Kirche, die dieses Kollegium besitzt [Hervorhebung d. Verf.], wird in feierlicher Weise im ökumenischen Konzil ausgeübt.“ 875 Vgl. Betti, Beziehungen, 78; vgl. auch die Schlussansprache von Papst Paul VI. zur dritten Konzilsperiode vom 21. 11. 1964, 535 f.: „Es war auch von höchster Bedeutung, die Vorrechte des obersten Pontifikats so klar und entschieden anzuerkennen, weil die Frage der Autorität der Bischöfe in der Kirche zu lösen war […]. Wegen dieser innigen und im Wesen der Sache gründenden Verbindung wird der Episkopat zu einer Art von geschlossenem Körper, der in dem Bischof, der Nachfolger des hl. Petrus ist, nicht eine verschiedene, von außen wirkende Vollmacht besitzt, sondern im Gegenteil sein eigenes Haupt und gleichsam seinen Mittelpunkt.“ 876 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 57 ff.

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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faktischer Hinsicht.877 Als Haupt des Kollegiums kommt dem Papst das Recht zu, Weisungen verpflichtender Natur zu geben; der Papst ist bei der Ausübung der höchsten Gewalt nicht an die Meinung des Kollegiums gebunden.878 Konstitutives Element für die Ausübung der höchsten Leitungsvollmacht des Bischofskollegiums ist stets die Mitwirkung des Papstes. Darin zeigt sich die besondere hierarchische Struktur des Bischofskollegiums als Träger der Höchstgewalt.879 Aufgabe und Funktion der Primatsgewalt ist die Förderung und Garantie der Einheit des Kollegiums.880 Da die sakramentale Gemeinschaft der Bischöfe und ihre rechtliche Bindung untereinander eine einheitliche Willensbildung des Kollegiums nicht garantieren kann und das Mehrheitsprinzip allein kein wirklich einheitsstiftendes Prinzip ist, bedarf es für den Konfliktfall der über dem Kollegium stehenden Autorität des Papstes.881 Das Papstamt ist darauf hingeordnet, die Einheit des Gottesvolkes und der Gesamtkirche, die aus vielen Kirchen besteht, wirksam zu wahren und das sichtbare Prinzip der Koordination und Leitung der gesamten Tätigkeiten der Kirche darzustellen.882 Der Papst ist aus eigenem Recht und unabhängig von der Auffassung der übrigen Mitglieder des Kollegiums als Stellvertreter Christi und Haupt des Kollegiums alleiniger Träger der Diskretionalsgewalt, d. h. er entscheidet darüber, ob eine primatiale oder kollegiale Gewaltausübung erfolgen soll.883 Dabei gehe der Papst je877

Ebd., 60, mit Verweis auf Bellarmin, Disputationes de controversiis christianae fidei adversus hujus temporis haereticos, II. lib. 1, cap. 19: Si „accipiatur Ecclesia cum papa, tunc maior est auctoritas Ecclesiae extensive, quam papae solius: intensive autem aequalis.“ (Wenn die Kirche mit dem Papst zusammen genommen wird, ist die Autorität der Kirche extensiv größer als die des Papstes allein; intensiv ist sie aber gleich.) 878 Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 71. 879 Es wird also nicht lediglich behauptet, das Bischofskollegium übe unter der Voraussetzung päpstlicher Mitwirkung Höchstgewalt aus [so aber die Lehre zu Kap. V.1.a)], sondern es ist in seiner besonderen hierarchischen Struktur Träger der höchsten kirchlichen Leitungsvollmacht (vgl. ebd., 55). 880 Vgl. ebd., 38, mit Hinweis auf Art. 18 LG: „Damit aber der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, hat er [Christus] den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit im Glauben und in der Communio gesetzt.“ Mörsdorf, Verfassung, 90, nennt den Papst das die Einheit des Kollegiums gewährleistende Prinzip. Vgl. auch Kasper, Primat, 517. 881 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 38 ff., 64 ff. 882 Vgl. ebd., 40. Die Hauptaufgabe des Papstes bestehe aufgrund seiner einheitsstiftenden Funktion darin, Einmütigkeit innerhalb des Bischofskollegiums herzustellen. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheide der Papst letztverbindlich, indem er für die ganze Kirche die Lösung der Frage vorlege und diese auch dem Teil des Kollegiums auferlege, der vorher anderer Auffassung gewesen sei. Darin realisiere sich auf wirksame Weise die Willensbildung des Kollegiums; ein autoritäres Vorgehen sei manchmal um der Kirche willen notwendig. Die Einheit der Willensbildung lasse sich so auf zwei Weisen realisieren: entweder durch das Kollegium selbst in übereinstimmendem Zusammenwirken mit dem Papst oder aber durch die persönliche Tätigkeit des Papstes, insofern er das autoritäre Haupt des Kollegiums sei und dieses als solches repräsentiere (ebd., 64 ff.). 883 Vgl. ebd., 54, 56, 68, 71. Vgl. auch Betti, Beziehungen, 80.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

doch nicht willkürlich vor, sondern berücksichtige Wort und Weisung des Herrn und die sozialen Gegebenheiten als objektive Kriterien.884 Letztlich bestimme stets das Wohl der Kirche die Art und Weise, wie die höchste Gewalt auszuüben sei.885 Die Bischöfe haben keinen Anspruch auf die kollegiale Gewaltausübung. Die Diskretionalsgewalt ist als Ausfluss des päpstlichen Jurisdiktionsprimats einzig beim Papst, der darüber rechtlich frei befinden kann.886 Die vorgetragene Auffassung wird differenziert begründet. So stehe die Lehre von den zwei inadäquat verschiedenen Trägern kirchlicher Höchstgewalt nicht in Widerspruch zu dem auf dem Ersten Vatikanischen Konzil dogmatisierten Jurisdiktionsprimat des Papstes, da anerkannt werde, dass dem Papst die höchste Gewalt persönlich zukomme.887 Die Primatsgewalt als solche sei ihrer Natur nach vorgängig zur Konstituierung des Kollegiums als Träger der höchsten Gewalt. Der Papst sei auch nach dieser Lehre stets Träger der Diskretionalsgewalt und entscheide daher eigenständig und unabhängig über die Frage nach einem primatialen oder kollegialen Vorgehen. Schließlich habe das Bischofskollegium selbst unter dem Nachfolger des heiligen Petrus als Haupt eine hierarchische Struktur. 888 Die Fülle der päpstlichen Primatsgewalt wird somit trotz der inadäquaten Verschiedenheit der Subjekte nicht in Frage gestellt. Die Lehre wahre auch das tradierte und herrschende Prinzip der Einheit der Kirchengewalt. Dieses besagt, dass in derselben Gesellschaft die höchste Gewalt notwendigerweise eine Einheit bilden muss, es daher stets nur eine höchste Autorität geben darf.889 Die Einheit der Kirchengewalt wird dadurch gewahrt, dass beide Subjekte miteinander verbunden sind, sofern der Papst auch das Haupt des Kollegiums ist und die Ausübung der Höchstgewalt nicht ohne die Zustimmung des Papstes möglich ist. Der Papst ist konstitutives und unverzichtbares Element des hierarchisch strukturierten Bischofskollegiums, ohne dass das Kollegium nicht existieren kann. Die Einheit der Höchstgewalt wird also dadurch realisiert, dass der Papst beide Träger wesentlich mitbegründet.890 884

Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 56. Ebd., 69 f. 886 Ebd., 54, 63; Bertrams, Collegialità, 450. So bereits unter Geltung des CIC/1917 vgl. Hagen, Prinzipien, 135 f. 887 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 45. 888 Ebd., 56, 31, mit Hinweis auf Nr. 3 NEP. 889 Andernfalls würde die Einheit der Gesellschaft aufgehoben oder zumindest implizit die höchste und volle Gewalt dem einen oder anderen Träger aberkannt (vgl. Rahner, Kommentar LG, 227). 890 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 53; Mörsdorf, Hirtenamt, 329. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 47, ist der Ansicht, dass, wer behaupte, dass Haupt und Leib notwendigerweise zusammengehörten, dass das Haupt immer mit dem Leib verbunden und gar nicht als vom Leib getrennt aufgefasst werden könnte, sich in einer falschen biologistischen Betrachtungsweise verrenne. Der Papst als Oberhirte der Kirche bilde mit dem Kollegium der Bischöfe keinen Leib im biologischen Sinne, sondern eine Ordnungseinheit, eine Körperschaft im Rechtssinne. 885

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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Besonders zentral für die Begründung der vorgetragenen Lehre ist der Wortlaut der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils und der NEP. Zunächst hat Art. 18 LG deutlich gemacht, dass die Kirchenkonstitution die Lehre vom päpstlichen Primat ergänzen, keineswegs aber modifizieren will.891 Daher wird ausdrücklich an den Formulierungen des Ersten Vatikanums festgehalten, wonach der römische Bischof kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche habe, die er immer frei ausüben könne.892 Der Papst ist damit eigenständiges Subjekt der höchsten Kirchengewalt. Darüber hinaus betont jedoch Art. 22 LG explizit, dass das Bischofskollegium gleichfalls („quoque“) Träger der höchsten Gewalt über die Kirche ist.893 Diese Aussage gehe somit eindeutig von der Existenz zweier Subjekte der Höchstgewalt aus.894 Auch die Kommentierung der NEP differenziert unter expliziter Bezugnahme auf die entsprechende Stelle in Art. 22 LG ausdrücklich „zwischen dem Bischof von Rom für sich und dem Bischof von Rom vereint mit den Bischöfen.“895 Dieser konziliaren Grundsatzentscheidung von der zweifach verschränkten Höchstgewalt trägt die vorgetragene Lehre am besten Rechnung, indem grundsätzlich zwei verschiedene Träger der Höchstgewalt angenommen werden, die aber entsprechend der Lehre der Kirchenkonstitution und der Kommentierung durch die NEP lediglich auf besondere Weise verschieden sind.896 Die vorgetragene Auffassung der zwei inadäquat verschiedenen Höchstträger bringe mit ihrer differenzierten Betrachtung gleichsam das Neue der Konzilslehre zur Geltung: die Hervorhebung, dass der kollegiale Akt des hierarchischen Bischofskollegiums ein Akt eigenen Rechts sei und die Gewalt des Kollegiums keine delegierte Gewalt des Papstes, sondern vielmehr eine ordentliche Gewalt sei.897 Damit dokumentiere die Lehre die relative Eigenständigkeit des Episkopates und den kollegialen Charakter der kirchlichen Gewalt, wodurch die Verfassung der Kirche den Charakter eines einseitig monarchischen bzw. absolutistischen Systems verliere.898

891

So besagt Art. 18 LG explizit: „Diese Heilige Synode setzt den Weg des ersten Vatikanischen Konzils fort […]. Diese Lehre über Einrichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem römischen Bischof zukommenden heiligen Primats sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor.“ 892 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 30, auch mit Verweis auf Art. 22 LG. 893 Art. 22 LG: „Die Ordnung der Bischöfe aber, die dem Kollegium der Apostel im Lehrund Hirtenamt nachfolgt, ja, in welcher die Körperschaft der Apostel immerfort weiter besteht, ist gemeinsam mit ihrem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne dieses Haupt, gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche.“ 894 Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 38. 895 Nr. 3 NEP. Vgl. auch Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 197 f. 896 So betont Nr. 3 NEP auch: „Denn bei dem Kollegium wird sein Haupt immer und notwendigerweise mitverstanden, das in dem Kollegium sein Amt als Statthalter Christi und Hirt der Gesamtkirche unverkürzt bewahrt.“ 897 Vgl. Aymans, Element, 253. 898 Vgl. Scheffczyk, Träger, 312.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Auch wenn von Seiten der Kritiker zugestanden wird, dass der Wortlaut der Kirchenkonstitution und der NEP die Lehre von der inadäquaten Verschiedenheit der doppelten Subjekte der kirchlichen Höchstgewalt zu unterstützen scheinen, so bedeute dies jedoch nicht, dass die entsprechenden Stellen zwingend in diesem Sinne verstanden werden müssten. Vielmehr könnten die entsprechenden Textstellen auch so interpretiert werden, dass sie bloß phänomenologisch die beiden verschiedenen Ausübungsweisen der kirchlichen Höchstgewalt beschreiben, ohne jedoch die Frage nach dem Subjekt der Höchstgewalt abschließend festzulegen.899 Die Betonung, dass der Papst auch seorsim handeln könne, schließe nur die Notwendigkeit eines kollegialen Aktes aus, nicht aber, dass der Papst bei seinem primatialen Handeln dann auch als Haupt des Bischofskollegiums entscheide.900 Die Frage nach dem Subjekt der Höchstgewalt und dem Verhältnis von primatialer und kollegialer Höchstgewalt seien auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil bewusst unentschieden gelassen worden.901 Die gewisse Zweiheit, von der die Konzilsdokumente sprechen, sei vielmehr funktionell. Im Vordergrund der Konzilslehre stehe hingegen wesentlich die Einheit der Höchstgewalt, die notwendigerweise erhalten bleiben müsse.902 Kritiker führen weiter an, dass die Lehre nicht geeignet sei, die Einheit der höchsten Gewalt über die ganze Kirche zu wahren.903 Die Begründung, wonach durch die spezifische Ausgestaltung der inadäquaten Verschiedenheit die Einheit gewahrt werde, sei rechtsphilosophisch nicht ausreichend904 oder gar „metaphysischer Nonsens“.905 Da eine Gesellschaft auch nur eine oberste Führung haben könne, sei es widersprüchlich anzunehmen, in derselben Gesellschaft gebe es zwei verschiedene Subjekte derselben höchsten und vollen Gewalt, ohne die Gesellschaft aufzuheben oder wenigstens implizit doch die höchste und volle Gewalt dem einen oder anderen Träger abzuerkennen.906 Schließlich sei zu bedenken, dass die Vollmacht des Papstes letztlich eine einzige sei und nicht aus disparaten, heterogenen Teilen zusammengestückelt gedacht werden dürfe.907 So sei die Lehre auch nicht logisch stringent. Unangemessen sei bereits die Annahme, dass der Papst als eigenpersönlicher Träger der Höchstgewalt als Teil 899

Semmelroth, Lehre, 175 f. Rahner, Kommentar LG, 228 f. 901 Semmelroth, Lehre, 177. Zu dieser wohl herrschenden Einschätzung gelangen auch Sieben, Konzilsidee, 346; Ratzinger, Kommentar NEP, 354; Rahner, Verhältnis, 376; Aymans, Papst und Bischofskollegium, 146; Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 68 Anm. 27. 902 Vgl. Semmelroth, Lehre, 175 f. 903 Vgl. Rahner, Kommentar LG, 228; ders., Theologie des Konzils, 326; Semmelroth, Lehre, 174; kritisch aber auch Aymans, Papst und Bischofskollegium, 147. 904 Rahner, Kommentar LG, 228. Vgl. auch Löhrer, Mysterium, 578, der von einer „spekulativen Inkonvenienz“ spricht. 905 Rahner, Ius Divinum, 86. Gegen diesen Vorwurf wendet sich entschieden Aymans, Papst und Bischofskollegium, 145. 906 Rahner, Kommentar LG, 227; vgl. auch ders., Ius Divinum, 86 f. 907 Rahner, Kommentar LG, 228. 900

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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dieses Ganzen angesehen werde, sofern er dem unvollständigen Ganzen des Bischofskollegiums gegenübergestellt werde. Als eigenpersönlicher Träger der Höchstgewalt sei er jedoch bereits stets das Ganze und könne denknotwendig niemals nur als Teil verstanden werden.908 Wenn die Gesamtheit der Bischöfe ohne den Papst kein höchster Gewaltträger sei, diese aber bei Einschluss der Gewalt des Papstes höchste Gewalt besitze, dann stehe diese kollegiale Gewalt in Abhängigkeit von der päpstlichen Gewaltenfülle und sei daher auch von diesem abgeleitet.909 Gegen die Lehre wird zudem eingewandt, dass sie bereits begrifflich höchst ungenau sei. Dies betreffe insbesondere die Frage, ob es wirklich zwei Subjekte der Höchstgewalt gebe, wenn sie lediglich als inadäquat verschieden qualifiziert würden oder ob im Grunde nur ein Subjekt existiere, weil eine wirklich adäquate Verschiedenheit nicht gegeben sei.910 Die vorgetragene Lehre sei daher nur geeignet, das äußerliche Faktum der zwei verschiedenen Handlungsformen der Ausübung der Höchstgewalt zu beschreiben, erschöpfe sich aber auch in der empirischen Beschreibung dieses Phänomens, ohne aber das eigentliche Wesen, das Verhältnis und die Einheit dieser beiden Subjekte rechtstheologisch überzeugend zu erklären.911 Der insbesondere von Kanonisten gestützten Lehre stehen, wie gezeigt wurde, grundsätzliche Bedenken anderer Autoren der theologischen Teildisziplinen entgegen. Aus kirchenrechtlicher Perspektive ist jedoch allein entscheidend, ob sich die Lehre von der inadäquat verschiedenen Höchstgewalt in der Kirche auch auf das geltende kirchliche Gesetzbuch stützen kann.912

e) Das Bischofskollegium mit dem Papst als Haupt als einziger Träger der Höchstgewalt Hauptvertreter dieser vornehmlich von Dogmatikern vertretenen Auffassung ist Karl Rahner.913 908

Vgl. Scheffczyk, Träger, 317 f. Vgl. ebd., 319 f. 910 Rahner, Verhältnis, 385. 911 Vgl. ebd., 384 ff. 912 Siehe dazu ausführlich Kap. V.2. 913 Vgl. Rahner, Ius Divinum, 60 ff.; ders., Kommentar LG, 221 ff.; ders., Theologie des Konzils, 321 ff.; ders., Verhältnis, 374 ff.; ders., Überlegungen, 321 ff. Weitere Vertreter dieser Auffassung sind Semmelroth, Lehre, 161 ff., insb. 175 ff.; Löhrer, Mysterium, 558, 571 f., 577 f.; Valentini, Kollegialität, 289; Kehl, Kirche, 374; Wiedenhofer, Kirchenverständnis, 355; wohl auch: Pissarek-Hudelist, Lehramt, 179, 181. Diese Auffassung scheint sich auch die außerordentliche Bischofssynode von 1985 zueigen gemacht zu haben, wenn es in ihrem Schlussdokument heißt: „Denn das Kollegium eins mit seinem Haupt und niemals ohne dieses Haupt ist Träger der höchsten und vollen Gewalt in der Gesamtkirche.“ (Kasper, Zukunft, 36). Bemerkenswert dabei ist, dass die Synode im vorgenannten Zitat bewusst auf den Wortlaut von Art. 22 LG Bezug nimmt, dort aber das wesentliche Wort „auch“ („quoque“) verschweigt, das unter sprachlogischen Gesichtspunkten vielmehr die Vorstellung von zwei Trägern der höchsten 909

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Im Mittelpunkt dieser Lehre steht die These, wonach das Bischofskollegium mit und unter dem Papst als seinem Haupt alleiniger Träger höchster Gewalt in der Kirche sei. Das Bischofskollegium als einziger Höchstträger verfüge jedoch über zwei verschiedene Handlungsweisen, ohne dadurch aber die Einheit des handelnden Subjekts aufzulösen.914 Dieser eine Träger könne seine Gewalt demnach entweder in einem eigentlichen kollegialen Akt ausüben oder durch einen Akt seines Hauptes, des Papstes, der auch in diesem Fall als Haupt des Kollegiums handle.915 Während allgemein anerkannt ist, dass im Akt eines Konzils auch immer der Akt des Papstes eingeschlossen ist, so könne auch umgekehrt gesagt werden, dass im alleinigen Handeln des Papstes immer auch Akt und Vollmacht des Bischofskollegiums eingeschlossen sei.Handle der Papst allein, indem er von seiner primatialen Gewalt Gebrauch mache, so handle er als Haupt des Bischofskollegiums und damit aus der Verbundenheit mit dem Kollegium heraus, so dass sein Akt zwar kein kollegialer Akt, wohl aber ein Akt des Kollegiums sei.916 Wenn der Papst einmal alleine und einmal zusammen mit dem Konzil handle, dann seien dies keine Akte zweier verschiedener Subjekte, sondern zwei verschiedene Verfahrensweisen ein und desselben Subjektes.917 Kurz: Der Papst hat seine spezifische primatiale Gewalt als Haupt des Bischofskollegiums.918 Die Ausübung des Primats dürfe aber nicht getrennt vom Bischofskollegium gedacht werden.919 Wenn die These von der Teilnahme des Bischofskollegiums an der primatialen Ausübung der höchsten Gewalt inhaltlich substantiiert sein solle, verlange dies jedoch irgendeine Form der Einbindung des päpstlichen Handelns in den Gesamtwillen des Bischofskollegiums.920 Das primatiale Handeln des Papstes als Haupt des Kollegiums meine jedoch keine Stellvertretung im Rechtssinne.921 Der Papst ist Vollmacht impliziert und somit gegen die Lehre von der Existenz bloß einer Höchstgewalt spricht (zur sprachlichen Auslegung von Art. 22 LG vgl. Rikhof, Kollegialität, 268 f.). 914 Vgl. Rahner, Theologie, 326. 915 Vgl. Rahner, Verhältnis, 379; Greshake, Zwischeninstanzen, 93. 916 Vgl. Rahner, Ius Divinum, 88 f.; vgl. ders., Verhältnis, 387; vgl. ders., Theologie des Konzils, 325 f. 917 Vgl. Rahner, Ius Divinum, 90; ders., Kommentar LG, 229; Löhrer, Mysterium, 578. 918 Greshake, Zwischeninstanzen, 92. 919 Vgl. Wiedenhofer, Kirchenverständnis, 355. 920 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 330. 921 Vgl. Rahner, Verhältnis, 381 f.; ders., Ius Divinum, 89 f.: „Klar ist auch, daß es grundsätzlich und ganz im allgemeinen keinen Widerspruch involviert, daß eine einzelne physische Person den Akt einer moralisch-kollegialen Person setzt, ohne daß deren andere physische Personenglieder physisch diesen Akt mitsetzen müssen. Klar ist auch, daß eine solche Möglichkeit nicht nur dann gegeben sein kann, wenn die Glieder des Kollegiums diese im Namen des Kollegiums handelnde Person beauftragen zu dieser Handlung. Die Bestellung einer physischen Person zur Vertretung einer Rechtsperson kann auf die verschiedensten Weisen geschehend gedacht werden (durch Gott, von der Natur der Sache her usw.). Diese Bestellung kann darum auch durchaus so aufgefaßt werden, daß sie von dem vertretenen Kollegium selbst nicht abgelehnt werden kann […]. Eine solche von dritter Seite erfolgte, vom Kollegium nicht ablehnbare Vertretung […] durch eine einzelne physische Person kann in ihrem genaueren

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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vielmehr ontologisch immer mit den übrigen Bischöfen verbunden.922 Es sei immer im Papst das Kollegium „repräsentiert“.923 So sei auch die Jurisdiktionsgewalt des Papstes inhaltlicher Teil der Bezeichnung des Papstes als Haupt des Bischofskollegiums; der Primat gehöre selbst „zur inneren Inhaltlichkeit des ,Haupt-des-Bischofskollegiums-Seins‘“924 dazu. Jurisdiktionsgewalt und die Gewalt als Haupt des Bischofskollegiums sind somit zwei Aspekte ein und derselben Gewalt. Allein handeln hieße ja nicht als persona privata, sondern als sichtbares Haupt der Kirche zu handeln, was der Papst nur sei, wenn er Glied der Kirche sei; müsse er als Haupt der Kirche handeln, dann auch als Haupt des Kollegiums. Die Betonung, dass der Papst auch seorsim handeln könne, schließe nur die Notwendigkeit eines actus stricte collegialis des Bischofskollegiums aus, nicht aber, dass der Papst gerade als Haupt des Bischofskollegiums handle, wenn er alleine entscheide.925 Die Ausübung der kollegialen Vollmachten bedürfe neben einem wahrhaft kollegialen Akt stets der Mitwirkung des Papstes. Dieser Mitwirkungsakt sei jedoch kein Akt, der zum Akt des Kollegiums von außen hinzukomme, sondern ein qualifiziertes, inneres Moment in diesem Akt selbst.926 Die Einflussnahme und Mitwirkung der Bischöfe beim primatialen Handeln des Papstes als Haupt wird als wesentlich innerlich, lebensmäßig und organisch beschrieben und entziehe sich einer vollständigen theoretischen Objektivierung und einer eindeutigen juristischen Fixierung.927 Die Einbindung wird somit in einer moralischen Bindung an die Stimme des Kollegiums gesehen.928 Eine

Inhalt und den ihr mitgegebenen Vollmachten durchaus so sein, ohne aufzuhören, in ihrem Akt Akt des Kollegiums zu sein, daß man diesen Akt in einem sehr wahren Sinn als Akt dieser physischen Person ,allein‘ qualifizieren kann, einfach schon dadurch, daß er nicht vom Kollegium annulliert werden kann.“ 922 H. Müller, Träger, 250. 923 Semmelroth, Lehre, 176. 924 Rahner, Ius Divinum, 93. 925 Rahner, Kommentar LG, 228 f. 926 Ebd., 226. 927 So explizit Scheffczyk, Träger, 330 f. 928 Vgl. H. Müller, Träger, 251. Grundlegend Kolping, Primat, 64 ff., 72 f.: „Nicht durch juridische Selbstbindung des päpstlichen Primats […] sondern effektiverer Kooperation aller an der Leitung der Kirche Beteiligten […] ist der Weg in die Zukunft. […] Nicht durch rechtliche Normen, sondern nur das ,Band der Vollkommenheit, die Liebe‘ (Kol 3,14), darf das Papsttum der Zukunft gebunden sein.“ Grundlegend auch Rusch, Struktur, 282 f., der die Kollegialität aus den Offenbarungsquellen ableitet und als iure divino qualifiziert. Auch wenn die Ausübung der Kollegialität ein plus vel minus zulasse, so dürfe sie doch nicht so eingeschränkt werden, dass sie de facto nicht mehr bestehe. „Der Primat ist also durch sittliche Pflicht kraft göttlicher Anordnung gehalten, das exercitium potestatis zu sichern“ (ebd., 283). Grillmeier, Sorgen, 301, spricht von einer höheren seinshaften und sittlichen Norm päpstlichen Handelns: „Kollegiales Handeln kann also – bei aller rechtlicher Freiheit und Unabhängigkeit – doch ein den Papst moralisch im Gewissen verpflichtendes Gebot der Stunde sein.“ Vgl. auch Ratzinger, Implikationen, 55 f., und ders., Kollegialität, 44, mit Verweis auf den inneren Anspruch des päpstlichen Amts.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

rechtliche Beschränkung und Bindung des Papstes werden bereits mit Blick auf dessen Jurisdiktionsprimat nicht gefordert.929 Befürworter dieser Auffassung führen ihre ausgleichende und vermittelnde Position im Vergleich zu den Meinungen an, die entweder die Eigenständigkeit der Kollegialgewalt nicht genügend wahren oder aber die Einheit der Höchstgewalt an zwei Träger dieser Gewalt preisgeben. Zur Begründung wird zunächst auf deren Vereinbarkeit mit der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils und der NEP hingewiesen.930 Obwohl die zentralen Stellen in LG zwar aufgrund ihrer Formulierungen die Lehre von einer doppelten Trägerschaft der Höchstgewalt begünstigen, so sei diese Auslegung nicht logisch zwingend. Die Zweiheit, die angesichts des Wortlautes von Art. 22 LG und der NEP wohl nicht vermieden werden könne, könne jedoch ausschließlich funktionell und phänomenologisch auf die konkrete Ausübungsweise der Höchstgewalt bezogen werden, ohne die bestehende Einheit der höchsten kirchlichen Leitungsgewalt nach der hier vorgetragenen Lehre in Frage zu stellen.931 Das eine kollegiale Subjekt der Höchstgewalt hat hiernach also gemäß seiner inneren Struktur zwei Handlungsweisen: durch den Papst als primatiales Haupt des Bischofskollegiums und durch einen eigentlich kollegialen Akt des Bischofskollegiums.932 Die Lehre konterkariert auch nicht die Formulierungen der NEP, wonach der Papst auch seorsim Träger der Höchstgewalt sei. Die Formulierung schließe nur die Notwendigkeit eines kollegialen Aktes des Bischofskollegiums aus, nicht aber, dass der Papst gerade als Haupt des Bischofskollegiums handle. Alleine handeln heiße nicht als persona privata, sondern als konkrete physische Einzelperson und als sichtbares Haupt der Kirche zu handeln, was der Papst nur sei, wenn er Glied der Kirche sei, die von ihrem Geist und ihrer Gesamtinstitution lebe.933 Ein weiterer Begründungsansatz fußt im Wesen des Apostelkollegiums, dessen Nachfolgeorgan das Bischofskollegium ist. Im Mittelpunkt steht dabei die These, dass Christus selbst ein Kollegium gründete, dessen Mitglieder eine Gewalt beanspruchten, da sie Glieder dieses Kollegiums seien und dass Petrus die ihm allein zustehende Gewalt innehabe, insofern er von vornherein als das Haupt dieses Kol929 Vgl. dazu ausführlich Rahner, Verhältnis, 381 f., ders., Ius Divinum, 92. So fragt sich auch Bacht, Primat, 1444, wo die Suprematie des Papstes bleibe, wenn er nur das befehlen könne, was dem Bischofskollegium recht und wahr erscheine. Grillmeier, Sorgen, 301, meint: „Die Entscheidung aber trifft der Papst selbst. Er hat sie nur vor Gott zu verantworten.“ 930 Vgl. ebd., 300; Rahner, Verhältnis, 381. 931 Semmelroth, 175 f. Dem widerspricht Bertrams, Einheit, 41, der die Behauptung, die Zweiheit sei phänomenologisch, aber nicht ontologisch, für „willkürlich“ hält. Außerdem werde diese Behauptung nicht dem Text gerecht, weil diese explizit vom Träger der höchsten Gewalt handelten (ders., Papst und Bischofskollegium, 46 Fn. 3). 932 Vgl. Rahner, Kommentar LG, 229; vgl. Semmelroth, Lehre, 175; vgl. Löhrer, Mysterium, 579. 933 Rahner, Kommentar LG, 228 f.; vgl. ders., Verhältnis, 381 f.; vgl. auch Grillmeier, Sorgen, 300.

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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legiums eingesetzt sei.934 Danach besteht eine ontologische Priorität des Kollegiums vor den einzelnen Vollmachtsträgern und auch die Primatsstellung des Papstes liegt in diesem Kollegium und nicht ihm gegenüber. Es gelte der thomistische Grundsatz „non enim plura secundum se uniuntur“, wonach eine wirkliche Einheit ihren Teilen vorausgehe und nicht von ihnen als solchen gebildet werde.935 Dass die Apostel von vornherein von Christus als Kollegium gedacht seien und dass Petrus die ihm allein zustehende Gewalt habe, insoweit er Haupt des Apostelkollegiums sei, ließe sich durch zahlreiche biblische Stellen belegen.936 Ontologisch und rechtlich bilde das Apostelkollegium mit Petrus als dessen Spitze eine Einheit. Es sei nicht ohne Petrus, Petrus sei nie ohne das Kollegium. Petrus sei der von Christus bestellte „Chef“ der Kirche, insoweit er das Haupt des Apostelkollegiums sei, das er regiere, indem er mit ihm die Kirche regiere.937 Indem das Bischofskollegium als Nachfolgeorgan und bleibende Vergegenwärtigung des Apostelkollegiums von Christus hergeleitet sei, werde die Gleichursprünglichkeit von kollegialer und primatialer Gewalt betont, wobei beide Gewalten nur miteinander ausgeübt werden könnten.938 Gerade in der Gleichursprünglichkeit der beiden Arten höchster Gewalt, die wechselweise aufeinander verwiesen, liege die Neurezeption der Papstdogmen des Ersten Vatikanums durch das Zweite Vatikanische Konzil. Dies gelte, sofern man nicht die Primatsaussagen des Ersten Vatikanums und die Kollegialitätsaussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils ohne innere theologische Verbindung aneinanderreihen wolle.939 Ebenso wie nach dem Zeugnis des Neuen Testaments Petrus nicht außerhalb des Apostelkollegiums durch Christus bestellt worden sei, so könne auch der Papst nicht außer- oder oberhalb des Bischofskollegiums seinen primatialen Einheitsdienst in der Kirche vollziehen.940 Diese innere theologische Verbindung spreche für die Annahme des Bischofskollegiums mit dem Papst als dessen Haupt als alleiniger Träger der kirchlichen Höchstgewalt. Vielfach wird von den Befürwortern angeführt, dass die vorgetragene Lehre auch nicht im Widerspruch zu dem päpstlichen Jurisdiktionsprimat und der Lehrtradition des Ersten Vatikanischen Konzils stehe.941 Trotz der Annahme, dass der Papst nur als Haupt des Bischofskollegiums gedacht werden könne, bleibe dessen primatiale Gewalt uneingeschränkt gewahrt. Es handle sich dabei allenfalls um eine Begrenzung aus dem Wesen des päpstlichen Primats als solchem. Dass der Papst eben seine eigene Gewalt als Haupt des Bischofskollegiums innehabe, konstituiere erst als 934

Rahner, Ius Divinum, 71; ders., Verhältnis, 388. Vgl. Rahner, Ius Divinum, 73. 936 Dazu ausführlich ebd., 73 f. 937 Ebd., 74. 938 Vgl. Kehl, Kirche, 373 f.; vgl. Art. 22 LG: „Insofern dieses Kollegium aus vielen zusammengesetzt ist, drückt es die Verschiedenheit und Universalität des Gottesvolkes aus, insofern es aber unter einem Haupt versammelt ist, drückt es die Einheit der Herde Christi aus.“ 939 Kehl, Kirche, 374. 940 Ebd. 941 Vgl. Greshake, Zwischeninstanzen, 94 f. 935

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

inneres Moment den Primatsbegriff, ohne dabei von einer anderen Instanz eine Beschränkung aufzuerlegen. Wenn sich aber diese Begrenzung aus dem inneren Wesen dieser Gewalt selbst heraus ergebe, bleibe die Primatsgewalt als höchste und volle Gewalt gewahrt.942 Das päpstliche Amt und dessen Gewalt werden dem Papst auch nicht vom Kollegium übertragen; die päpstliche Gewalt sei göttlichen Rechts, aber insofern er eben zum Haupt dieses Kollegiums bestellt sei, das ohne ihn nicht existieren könne.943 Mit der Begründung des rechtlich uneingeschränkten und unabhängigen Jurisdiktionsprimats durch das Erste Vatikanische Konzil sei keine absolute Monarchie in der Kirche eingerichtet worden. Das Konzil habe den Papst keineswegs aus dem communio-Gefüge der Kirche herausgenommen. Die Ausübung des Primats sei bezogen auf die Garantie der Einheit der katholischen Vielfalt. Entsprechend finde die Primatsausübung ihre Grenzen am geoffenbarten Glauben der Kirche und an der von Christus gestifteten Verfassungsstruktur, zu der die Existenz und der Handlungsspielraum des Episkopates gehören.944 Die päpstliche Primatsgewalt finde daher im kollegialen Prinzip eine Grenze.945 Nur wollte das Erste Vatikanische Konzil diese innere Grenze nicht mehr in rechtliche Normen gießen, da es dann eine äußere Rechtsinstanz zur Einschränkung des Primats hätte etablieren müssen, die aber dem Wesen des uneingeschränkten Primats widersprochen hätte.946 Trotz der einseitigen juridischen Perspektive von Papst und Bischofskollegium wurde die persönliche sittliche Verpflichtung des Papstes zur Einbindung in die communio der Kirche und in das Kollegium der Bischöfe vielfach betont.947 Wenn daher die kollegiale Gestalt der kirchlichen Höchstgewalt in der vorgetragenen Lehre betont werde, so stehe sie nicht im Widerspruch zu der Lehre des Ersten Vatikanischen Konzils, ergänze lediglich deren einseitige juridische Perspektive auf die Unabhängigkeit des Primats. Aus kirchenrechtlicher Perspektive wird, um die Lehre vom Papst als alleinigem Träger der Höchstgewalt zurückzuweisen, das Argument bemüht, dass diese Auffassung dem Bischofskollegium eine durch den Papst bloß mitgeteilte und delegierte Gewalt zuerkennt, die begriffsnotwendig eine vom Papst abhängige Gewalt bleibe und daher entgegen dem Wortlaut des Gesetzes keine höchste (und volle) Gewalt sein könne.948 Dieser Auffassung stehen jedoch entscheidende Erwägungen entgegen. Diese Lehre steht aus biblischer und ekklesiologischer Perspektive zunächst im Wider942

Vgl. Rahner, Verhältnis, 390. Vgl. ebd., 379. 944 Vgl. Greshake, Zwischeninstanzen, 94 f. 945 Ratzinger, Volk Gottes, 167 f. 946 Vgl. Greshake, Zwischeninstanzen, 95. 947 Vgl. ebd., 96 m.w.N. 948 Vgl. Rahner, Kommentar LG, 226. Zur gegnerischen Auffassung vgl. Gampl, Diskussion, 402. 943

1. Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im kanonistischen Schrifttum

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spruch zur Lehrtradition der Kirche, wonach Petrus allein zum Felsen der Kirche auserkoren wurde. Der Papst ist unmittelbarer und persönlicher Stellvertreter Christi, nicht jedoch indirekt und vermittelt als Stellvertreter des apostolischen Kollegiums.949 Dies rezipiert die konziliare Tradition des Zweiten Vatikanischen Konzils, wonach betont wird, dass der Papst persönlicher Träger kirchlicher Höchstgewalt ist, über die er eigens und frei verfügt.950 Diese Höchstgewalt ist weder vom Bischofskollegium abhängig, noch durch diese eingeschränkt. Die vorgetragene Lehre erkennt jedoch, indem sie behauptet, dass dem Papst seine Primatsgewalt nur als Haupt des Bischofskollegiums zustehe, letztlich nicht den Papst als personalen Träger der Höchstgewalt an. Der Papst hat danach lediglich Anteil an der kollegialen Höchstgewalt. Somit wäre er aber in Wirklichkeit nicht das sichtbare Haupt der Kirche, nicht in Besitz ganzer Gewalt, nicht bereits für sich alleine Träger, sondern bloß mittelbarer Repräsentant.951 Gegner dieser Auffassung weisen zudem darauf hin, dass die Formel, wonach in der Stimme des Bischofskollegiums stets jene des Papstes eingeschlossen sei, ebenso die Umkehrung erfahren könne, dass in die Stimme des Papstes auch jene der Bischöfe mitklinge. Das sei ontologisch durch die communio und durch die Tatsache gewährleistet, dass das Kollegium „immer bestehe“952. Tatsächlich verwirklicht werde dies, sooft der Papst im Einvernehmen und in moralischer Übereinstimmung mit den Bischöfen handle.953 Gegen diese Lehre wird weiter vorgetragen, dass sie die Handlungsfähigkeit der Kirche im Konfliktfall gefährdet.954 Primatiale Auffassungen und Weisungen des Papstes in seiner Stellung als bloß das Bischofskollegium repräsentierendes Haupt könnten von Teilen des Kollegiums abgelehnt werden und dadurch eine innerkirchliche Spaltung hervorrufen. Dies sei gefährlich und mit der Hauptaufgabe des Papstes als durchsetzungsfähiger Garant der Einheit unvereinbar. Nur ein außerhalb des Kollegiums stehender Papst mit persönlicher und autorativer Leitungsvollmacht könne eine solche Spaltung im Konfliktfall abwenden.955 Auch für den Fall, dass das Bischofskollegium uneinig sei und dadurch eine einmütige kollegiale Willensbildung unmöglich werde, bedürfe es des Papstes als persönlicher Gewaltträger, damit die Einheit und Einmütigkeit der Gewaltausübung wirkkräftig werden könne.956 949

Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 49 f., 51. Vgl. Art. 22 LG: „,Der Herr hat allein Simon zum Fels und Schlüsselträger der Kirche bestellt, und ihn als Hirten seiner ganzen Herde eingesetzt‘“. Nr. 3 NEP: „Die Unterscheidung waltet nicht zwischen dem Bischof von Rom einerseits und den Bischöfen zusammengenommen andererseits, sondern zwischen dem Bischof von Rom für sich und dem Bischof von Rom vereint mit den Bischöfen.“ 951 Vgl. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 46. 952 Nr. 4 NEP. 953 Dordett, Gewalt, 262; vgl. auch Ratzinger, Kollegialität, 59. 954 So Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 55. 955 Ebd., 47 f. 956 Ebd. 950

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Die vorgetragene Lehre steht insbesondere im Widerspruch zur Ausgestaltung des päpstlichen Jurisdiktionsprimats durch das Erste Vatikanische Konzil und der Konzeption der Höchstgewalt des Bischofskollegiums. Die kollegiale Gewalt der Bischöfe ist demnach zwar eine volle und höchste Gewalt in der Kirche, aber eben nur mit dem Papst zusammen. Der Papst allerdings besitzt volle und höchste Gewalt in der Kirche auch alleine, ohne Mitwirkung der Bischöfe.957 Der Jurisdiktionsprimat wird jedoch durch die vorgetragene Auffassung in letzter Konsequenz abgesprochen. Denn es wird die persönliche Ausübung der Höchstgewalt durch den Papst ihrer Natur nach abhängig vom Bischofskollegium gedacht und damit eingeschränkt. Dies sei mit dem Primat des Papstes in logisch kohärenter Weise nicht zu vereinbaren, da er dadurch lediglich Anteil an der Höchstgewalt des Kollegiums habe, diese aber nicht einfach als persönlicher Träger besitze.958 Der Jurisdiktionsprimat, wie ihn das Erste Vatikanische Konzil lehrt, verlangt jedoch, dass der Papst auch dem Bischofskollegium gegenüber bindende Weisungen erteilen kann. Um aber etwas erzwingen zu können, müsse derjenige, der den Zwang ausübe, verschieden sein von demjenigen, der den Zwang erleide. Daher könne der Papst nicht als bloßer Repräsentant des Bischofskollegiums gedacht werden, der lediglich die Gewalt des Bischofskollegiums ausübe.959 Der Papst übt seine Gewalt vielmehr unabhängig vom Bischofskollegium als Stellvertreter Christi aus. Kompetenzrechtlich wird gegen die Lehre auch angeführt, dass es Funktionen der obersten Gewalt gebe, die ihrer Natur nach gar nicht kollegial auszuüben seien.960 Dies betrifft namentlich den Heiligungsdienst. Kirchenrechtlich wird angeführt, dass die Auffassung auch in Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des can. 219 CIC/1917 stehe. Danach erhielt der Papst unmittelbar mit Annahme der rechtmäßigen Wahl kraft göttlichen Rechts die höchste und volle Jurisdiktionsgewalt.961 Dies galt auch dann, wenn der Papst selbst noch nicht zum Bischof konsekriert worden war. Die Höchstgewalt stand dem Papst also unter der Geltung des CIC/1917 bereits dann zu, als er noch nicht Mitglied des Bischofskollegiums war. Der päpstliche Primat war damit gerade nicht in die spezifisch bischöfliche Stellung innerhalb des Bischofskollegiums eingebunden, sondern völlig davon losgelöst.962 Dieses Rechtsargument spreche eindeutig gegen die

957

Gampl, Diskussion, 401. Bertrams, Papst und Bischofskollegium, 46. 959 Ebd., 48 f. 960 Aymans, Papst und Bischofskollegium, 147. 961 „Romanus Pontifex, legitime electus, statim ab acceptata electione, obtinet, iure divino, plenam supremae iurisdictionis potestatem” (can. 219 CIC/1917). 962 Ob das vorgetragene Gegenargument von der Erlangung der päpstlichen Gewalt ohne Ansehen bischöflicher Weihe des Gewählten noch unter der Neufassung des gegenwärtigen can. 332 § 1 aufrechterhalten werden kann, ist fraglich; siehe dazu ausführlich S. 199. Vgl. auch Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 7 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). 958

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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Annahme, dass dem Papst die höchste Jurisdiktionsgewalt nur als Haupt des Bischofskollegiums zustehe.963 Trotz gewichtiger Argumente, die gegen diese Lehre von Seiten des theologischen Schrifttums angeführt werden, hat sie sich unter den Dogmatikern als herrschend herausgebildet. Ob diese Auffassung vom Standpunkt des Kirchenrechts jedoch unter der Geltung des CIC überzeugen kann oder ob eine andere Lehre kirchenrechtlich vorzuziehen ist, ist nunmehr im folgenden Abschnitt darzulegen.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC Da sich diese Arbeit als eine genuin juristische Arbeit versteht, ist der Frage nach der höchsten kirchlichen Leitungsgewalt anhand des kirchlichen Gesetzbuches nachzugehen. Da die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt zu den grundlegenden verfassungsrechtlichen Fragen gehört, ist sie nach den kirchenrechtlichen Vorgaben des CIC zu entscheiden und darf nicht rein ekklesiologisch aus einem vermeintlichen „Geist des Konzils“ oder dem in theologischer Bildersprache beschriebenen „Wesen“ der Kirche heraus bestimmt werden. Der Codex bildet den zwingenden Rahmen und die innere Grenze auch für die theologische Interpretation der Gewaltenfrage in der Kirche. Dabei hat der Kanonist bei der Auslegung des Gesetzes den zwingenden Auslegungsregeln zu folgen. Diesbezüglich schreibt can. 17 vor, dass kirchliche Gesetze primär gemäß der im Text und Kontext erwogenen eigenen Wortbedeutung zu verstehen sind. Erst wenn die Wortbedeutung zweifelhaft ist, darf subsidiär auf Parallelstellen, den Telos oder die historische Absicht des Gesetzgebers zurückgegriffen werden.964 Der pauschale Verweis auf eine „konzilskonforme“ Interpretation des Gesetzes im Lichte der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils und eine Berücksichtigung der Absichten der vermeintlich progressiven, um eine Aufwertung der kollegialen Struktur in der Kirche bemühten Mehrheit, verbieten sich somit. Gelangt die systematisch-kontextuelle bzw. philologische Auslegung des Gesetzes zu einem eindeutigen Gesetzesverständnis, endet die Aufgabe des Kanonisten. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich für diese autoritär-positivistische kanonistische Auslegungslehre entschieden.965

963 So auch Gampl, Diskussion, 401. Außerdem stehe der Wortlaut des can. 108 § 3 CIC/ 1917 der Lehre von der Höchstgewalt des Bischofskollegiums entgegen, wo es heißt: „Ex divina institutione sacra hierarchica ratione […] iurisdictiones (constat) pontificatu supremo et episcipatu subordinato […]“ (Gampl, Diskussion, 401). 964 Siehe Fn. 151. 965 Dies ist herrschende Lehre in der Kanonistik (siehe Fn. 153). Siehe dazu ausführlich Kap. III.2.a).

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

a) Systematisch-kontextuelle Auslegung Die einschlägigen Canones, die sich mit der Höchstgewalt in der Kirche beschäftigen, sind eingeordnet in das zweite Buch des CIC über das „Volk Gottes“ („de populo Dei“). Im Anschluss an den ersten Teil über die Gläubigen („de christifidelibus“) widmet sich der einschlägige zweite Teil der hierarchischen Verfassung der Kirche („de ecclesiae constitutione hierarchica“).966 Dieser zweite Teil gliedert sich in zwei Sektionen. Sektion I ist mit „die höchste Autorität der Kirche“ („de suprema ecclesiae auctoritate“) überschrieben und umfasst neben dem Kapitel I über „Papst und Bischofskollegium“ („de romano pontifice deque collegio episcoporum“) weitere vier Kapitel über die Bischofssynode, die Kardinäle, die römische Kurie und die päpstlichen Gesandten. Daraufhin folgt die Sektion II über die Teilkirche und deren Verbände („de ecclesiis particularibus deque earundem coetibus“). Die Systematik innerhalb der Sektion I ist missverständlich. Während die im Singular formulierte Überschrift über „die höchste Autorität der Kirche“ den Eindruck erweckt, es gehe im Folgenden um den Träger der Höchstgewalt, wird diese Erwartung jedoch durch die nachfolgende Kapiteleinteilung enttäuscht. Die dort genannten Einrichtungen des kirchlichen Verfassungsrechtes sind ausnahmslos abgeleitete Teilhaber an der höchsten kirchlichen Gewalt. Es wäre daher unter systematischen Gesichtspunkten angeraten gewesen, dass der Codex eindeutig die Träger der höchsten Leitungsgewalt von deren bloß abgeleiteten und teilhabenden Verfassungseinrichtungen unterschieden hätte.967 So konsequent unterschied noch der CIC/1917, indem er das entsprechende Kapitel mit „de suprema potestate deque iis qui eiusdem sunt ecclesiastico iure participes“ überschrieb,968 also eindeutig „von der höchsten Gewalt und denen, die ihrer durch das Kirchenrecht teilhaftig sind“ sprach. Insofern der Codex diese Unterscheidung vermeidet, lässt sich unter systematischen Erwägungen keine Annäherung an die Frage erzielen, ob und inwieweit die in Kapitel I zusammen genannten Verfassungsorgane, Papst und Bischofskollegium, selbst originäre Träger oder bloß abgeleitet Teilhaber der höchsten Gewalt in der Kirche sind. Leitgedanke des Gesetzgebers war es wohl, die Einheit der höchsten Autorität der Kirche, die sich aus genuinen und abgeleiteten Gewalten zusammensetzt, zu unterstreichen. Die Systematik des gegenwärtigen Codex unterscheidet sich auch in einem weiteren Aspekt wesentlich von seinem Vorgänger. So hatte der CIC/1917 ebenfalls einen Abschnitt über die höchste Autorität („de suprema potestate“),969 widmete 966 In dieser systematischen Anordnung will Schneider, Konzilsrecht, 278, bereits die Absicht erkennen, die Verfassung vom Gedanken der communio her zu interpretieren und das im CIC/1917 vorherrschende Verständnis der Kirche als einer societas perfecta zu ergänzen. 967 Einen anderen Vorschlag unterbreitet Stoffel, MKCIC vor can. 330, Rn. 4 (14. Erg.Lfg. 4/1991). Danach solle Sektion I mit „de ecclesia universali“ überschrieben werden, da dies besser der Sektion II mit dem Titel „de ecclesia particulari“ entsprochen hätte. 968 Vgl. Liber II. Titulus VII des CIC/1917. 969 Vgl. Liber II. Titulus VII des CIC/1917.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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darin das erste Kapitel ausschließlich dem Papst („Romano Pontifice“) und erhob diesen eindeutig zum alleinigen Subjekt der Höchstgewalt über die Kirche.970 Daneben erkannte zwar auch der CIC/1917 im Ökumenischen Konzil einen weiteren Träger kirchlicher Höchstgewalt an, doch handelte es sich dabei nicht um eine beständige kollegiale Einrichtung, sondern um eine lediglich ereignishaft durch den Papst konstituierte Gewalt.971 Auch bestanden Unterschiede in der Qualifizierung der beiden Gewalten.972 Der heutige Codex fasst hingegen Papst und Bischofskollegium einheitlich in Kapitel I zusammen und nennt beide Verfassungsorgane Träger voller und höchster Gewalt.973 Durch die Zusammenfassung beider Verfassungsgrößen in einem Kapitel wird nicht nur die dauerhafte Einrichtung und Beständigkeit des Bischofskollegiums unterstrichen, sondern auch einer Verbundenheit von Papst und Bischofskollegium Ausdruck verliehen.974 Allerdings muss unter systematischen Gesichtspunkten gleichsam einschränkend festgestellt werden, dass die Bestimmungen über Papst und Bischofskollegium in zwei getrennten Artikeln dargestellt werden. So folgt zunächst der fünf Canones umfassende Artikel I über den Papst („de romano pontifice“); anschließend regelt der ebenfalls fünf Canones umfassende Artikel II das Bischofskollegium. Diese systematische Anordnung wird im Schrifttum vielfach kritisiert. So werde dadurch der Anschein geweckt, dass sich die beiden Autoritätsträger adäquat voneinander unterscheiden und trennen ließen.975 Ferner wird bedauert, dass in der getrennten Behandlung von Papst und Bischofskollegium die den Papst betreffenden Canones denen, die das Bischofskollegium betreffen, vorangestellt werden. Dadurch erfahre die bereits durch die systematische Trennung erfolgte Isolierung des Papstes eine nochmalige Verstärkung im Sinne seiner Überordnung über die Gemeinschaft der Bischöfe.976 Im systematischen Aufbau schlage sich zudem eine universalistische Ekklesiologie „von oben nach unten“ nieder, die sich von der Gesamtkirche zu den Ortskirchen hinunterbewege.977 Es sei so eine papstzentrierte Tendenz festgeschrieben, die die konziliaren Strukturen überlagere und neutralisiere.978 Zur sachgerechten Begründung der Vorordnung des Papstes vor das Bischofskollegium kann allerdings auf das Argument verwiesen werden, welches während des Entstehungsprozesses des Gesetzbuches vielfach angeführt wurde: dass man kaum vom Kollegium sprechen könne, wenn nicht vorher vom Papst als dessen Haupt die Rede 970

Vgl. can. 218 CIC/1917. Vgl. can. 228 § 1 CIC/1917. Vgl. Stubenrauch, Papst, 86. 972 So sprach der CIC/1917 dem Papst höchste und volle Gewalt zu (vgl. can. 218 CIC/ 1917), während dem Ökumenischen Konzil lediglich höchste Gewalt beigemessen wurde (vgl. can. 228 § 1 CIC/1917). 973 Vgl. für den Papst can. 331 HS 2 CIC und für das Bischofskollegium can. 336 HS 2. 974 Vgl. Stubenrauch, Papst, 85. 975 Gerosa, Recht, 343. 976 Stubenrauch, Papst, 88. 977 Komonchak, Konzil, 576. 978 Schneider, Konzilsrecht, 283. 971

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

gewesen sei.979 Außerdem wird der Eindruck fehlender Verbundenheit durch den Leitsatz in can. 330 relativiert, der gesetzessystematisch den beiden Artikeln über Papst und Bischofskollegium vorangestellt ist und gerade die durch die Überschrift zu Kapitel I angelegte Verbundenheit von Papst und Bischofskollegium hervorhebt. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass aus der Systematik des Gesetzes allein die Frage nach dem Subjekt der Höchstgewalt in der Kirche nicht eindeutig beantwortet werden kann.

b) Philologische Auslegung980 Es gilt nunmehr den Wortlaut des Gesetzes in den Blick zu nehmen. Die Lehre von der adäquaten Verschiedenheit von Papst und Bischofskollegium als doppeltem Träger höchster Kirchengewalt981 kann bereits aufgrund des eindeutigen Wortlautes des Gesetzes kirchenrechtlich nicht vertreten werden. Einen Canon, der diese Lehre stützen würde, gibt es nicht. So heißt es über das Bischofskollegium in can. 336 HS 2 explizit, dass es nur „zusammen mit seinem Haupt und niemals ohne dieses Haupt“982 Träger höchster Kirchengewalt ist. Die Auffassung, dass das Bischofskollegium losgelöst vom Papst über eine eigene, originäre Höchstgewalt verfügt, ist damit durch can. 336 nachdrücklich zurückgewiesen. Außerdem kennt der CIC Kompetenzen und Prärogativrechte, die ausschließlich dem Papst aufgrund seines Jurisdiktionsprimats zustehen. Dazu gehören die nach can. 333 § 2 allein dem Papst zustehende Befugnis, über eine primatiale oder kollegiale Ausübung der kirchlichen Höchstgewalt zu entscheiden (sog. Kompetenz-Kompetenz), aber auch die päpstlichen Vorrechte nach cc. 338, 340, 341 im Rahmen der kollegialen Amtsausübung, insbesondere auf dem Ökumenischen Konzil (Einberufungs-, Präsidial-, Sanktions- und Promulgationsrecht). Für die Zurückweisung der Lehre von zwei adäquat verschiedenen höchsten Gewalten spricht auch, dass can. 1372 es als eine Straftat gegen die kirchliche Autorität ansieht, wenn sich gegen eine Maßnahme des Papstes an ein Ökumenisches Konzil oder das Bischofskollegium gewandt wird.983 Diese Norm steht in Zusammenhang mit can. 333 § 3, wonach es gegen ein Urteil oder Dekret des Papstes weder Berufung noch Beschwerde gibt.984 Mit diesen Canones wird gerade die Rechtsauffassung abgewehrt, dass neben bzw. über dem Papst eine von diesem losgelöste zweite Höchstgewalt in der Kirche existiere. Daher steht diese Lehre in 979 Vgl. Stubenrauch, Papst, 87, Fn. 49, mit Hinweis auf die entsprechende Stelle in Schema LEF 1971; vgl. dazu auch Komonchak, Konzil, 576, der den Beschluss, den Papst vor dem Bischofskollegium zu behandeln, als eine bewusste Entscheidung bewertet. 980 Zum Begriff der philologischen Auslegung, auch grammatikalische oder grammatischlogische Auslegung genannt, vgl. Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 8 (47. Lfg. 2/2012) m.w.N. 981 Siehe ausführlich Kap. V.1.c). 982 „[…] una cum capite suo, et numquam sine hoc capite […].“ 983 Vgl. dazu ausführlich Rees, Strafgewalt, 444 f. 984 Vgl. auch cc. 1629 Nr. 1, 1732 sowie den Grundsatz in can. 1404, wonach der Papst von niemandem vor Gericht gezogen werden kann.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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diametralem Widerspruch zu der Grundentscheidung des gegenwärtigen Codex und muss bereits unter Wortlautgesichtspunkten verworfen werden. Die Lehre, nach der allein das Bischofskollegium mit dem Papst als dessen abhängigem Delegierten Träger der höchsten Gewalt in der Kirche sei,985 ist ebenfalls mit dem Wortlaut des Gesetzes zurückzuweisen. Für die Annahme einer delegierten und an das Bischofskollegium rückgebundenen Gewalt lässt der Codex keinen Spielraum. Gegen diese Lehre spricht bereits der eindeutige Wortlaut des can. 331 bezüglich der Gewalt des Papstes, die er kraft seines Amtes in der Kirche beansprucht und die als höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt qualifiziert ist, die er immer frei ausüben kann. Die päpstliche Gewalt ist somit eine originäre Amtsgewalt, die ihm als Stellvertreter Christi auf Erden und Hirten der Gesamtkirche zukommt und die sich gerade durch eine Unabhängigkeit auch von sämtlichen kirchlichen Verfassungseinrichtungen auszeichnet.986 In Widerspruch zur besagten Auffassung steht auch die gesetzliche Ausgestaltung der päpstlichen Kompetenz-Kompetenz. Danach entscheidet allein der Papst nach den Erfordernissen der Kirche, d.h nach nicht überprüfbarem, freiem Ermessen über eine primatiale oder kollegiale Amtsausübung.987 Auch die genannten päpstlichen Prärogativrechte im Zusammenhang mit der Ausübung der kollegialen Gewalt lassen keinen Zweifel daran, dass der Papst nicht als abhängiger Delegat des Bischofskollegiums, sondern kraft eigenen Rechts und – wie die päpstlichen Titulaturen unterstreichen – als „Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche“988 Träger von Höchst- und Vollgewalt ist.989 Schwieriger gestaltet sich die philologische Auslegung im Zusammenhang mit den anderen drei im Schrifttum vertretenen Lehren zum Subjekt der Höchstgewalt in der Kirche. Es sind nun in einem ersten Schritt diejenigen Stellen im CIC anzuführen, die die jeweilige Lehre stützen. Anhand zahlreicher Stellen im Gesetzbuch lässt sich nach wie vor die Lehre aufrechterhalten, nach der der Papst alleiniger Träger der höchsten Gewalt in der Kirche sei.990 Der Ausgestaltung des päpstlichen Jurisdiktionsprimats durch can. 331 zufolge, verfügt der Papst als Erbe der mit dem römischen Bischofssitz verbundenen Tradition des Petrusamtes aufgrund göttlicher Verheißung über höchste und volle ordentliche Gewalt in der Kirche. Der Codex hat an dieser Stelle den unfehlbar 985

Siehe dazu ausführlich Kap. V.1.b). Vgl. auch cc. 333 § 3, 1372. 987 Can. 333 § 2; vgl. auch can. 337 § 3. 988 Can. 331. 989 Zu diesen Vorrechten des Papstes zählen insbesondere das alleinige Recht zur Einberufung eines Ökumenischen Konzils (can. 338 § 1), zur Verlegung, Unterbrechung oder Auflösung des Konzils (can. 338 § 1), zur Genehmigung der Konzilsdekrete (cc. 338 § 1, 341 § 1), aber auch die Mitwirkungserfordernisse des Papstes im Falle einer außerkonziliaren vereinten Amtshandlung (cc. 337 § 2, 341 § 2). 990 Siehe dazu ausführlich Kap. V.1.a). 986

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

gelehrten Jurisdiktionsprimat entsprechend der förmlichen Definition des Ersten Vatikanischen Konzils wiedergegeben, wonach die genannten Attribute der päpstlichen Vollmacht originär mit seinem Amt verbunden sind, eine eigene und unabhängige Gewalt formen und nicht bloß als Amt der Aufsicht bzw. Leitung fungieren.991 Für die Sichtweise, die den Papst als alleiniges Subjekt der Höchstgewalt betrachtet, kann auch die päpstliche Titulatur in can. 331 angeführt werden, wonach der Papst im Verhältnis zum Bischofskollegium als „Haupt des Kollegiums“ bezeichnet wird. „Haupt“ meint dabei jedoch nicht abhängiger oder gebundener Repräsentant des Kollegiums oder bloße Präzedenz genießender primus inter pares, sondern unabhängiger Herr des Kollegiums. Dies gibt der Codex an zwei Stellen ohne Zweifel zu erkennen: Zum einen an den in cc. 338 ff. genannten päpstlichen Prärogativrechten im Rahmen der kollegialen Amtsausübung, die ihm unabhängig von einem Mitwirken der Bischöfe aufgrund eigenen Rechts als Ausfluss des Jurisdiktionsprimats zustehen; zum anderen seine nach can. 337 § 3 zustehende Kompetenz nach den Erfordernissen der Kirche, d. h. nach eigenem nicht überprüfbarem Ermessen und ohne Beteiligung der Bischöfe über die kollegiale Amtsausübung zu entscheiden. Diese überwältigende Vorrangstellung des Papstes bezüglich Entscheidung und Durchführung der kollegialen Amtsausübung stützt die Einschätzung, dass das Bischofskollegium selbst nicht genuin Träger der höchsten und vollen Gewalt in der Kirche ist. So lässt der Wortlaut des Gesetzes keinen Zweifel daran, dass der Papst dem Bischofskollegium vorangestellt ist und dessen Entscheidungen definitiver Natur sind,992 keiner Bestätigung bedürfen und schließlich gegen sein Urteil auch keine Berufung an eine andere Instanz möglich ist.993 Die Freiheit des Papstes in der Ausübung seines Amtes wird keiner Einschränkung unterworfen.994 Der CIC hat daher eine deutlich papalistische Tendenz.995 Für diese Tendenz spricht zudem, dass bei der Regelung des Bischofskollegiums in can. 336 an nicht weniger als vier Stellen mit Nachdruck auf den Papst als dessen Haupt Bezug genommen wird.996 Der Papst ist also nicht abhängiges repräsentatives, sondern im Gegenteil souveränes, d. h. rechtlich über dem Kollegium stehendes Haupt. Neben den bereits genannten Prärogativrechten, die der Papst kraft seines Amtes als Summus Pontifex genießt, ist er auch alleiniger Träger der Kompetenz-Kompetenz nach can. 333 § 2. In Analogie zum weltlichen Recht ist seine Befugnis, über die eigene Zuständigkeit zu entscheiden, vielfach Ausdruck von Unabhängigkeit und 991

Vgl. DH 3064. Vgl. den Grundsatz in can. 1404 „Prima sedes a nemine iudicatur” sowie das Verbot einer Appellation an das Bischofskollegium gem. can. 1372. 993 Vgl. can. 333 § 3. 994 Komonchak, Konzil, 576. 995 Norgaard-Hojen, Papstamt, 132. 996 Vgl. Komonchak, Konzil, 576. Dass der Papst in seiner Eigenschaft als Bischof auch Mitglied des Bischofskollegiums ist, wird somit rechtlich vollständig von seiner Eigenschaft als dessen Haupt absorbiert (vgl. Bier, Diözesanbischofsamt, 106). 992

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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Souveränität. Weil diese Kompetenz ausnahmslos beim Papst liegt, ist dies ein weiteres Indiz für seine alleinige Höchstgewalt, weil diese Befugnis dem Bischofskollegium gerade nicht zukommt. In Zusammenhang mit der päpstlichen Kompetenz-Kompetenz muss zudem auf eine Formulierung in can. 333 § 2 hingewiesen werden. Darin heißt es, dass der Papst bei der Ausübung seines Amtes als oberster Hirte der Kirche stets in Gemeinschaft mit den Bischöfen stehe, dass er aber das Recht habe, darüber zu bestimmen, ob er dieses Amt persönlich oder im kollegialen Verbund ausübe.997 Die Vorschrift vermittelt – man beachte das Possessivpronomen – den Eindruck, als existiere nur eine, allein dem Papst gebührende Höchst- und Vollgewalt. Diese eigene Gewalt kann entweder persönlich oder kollegial ausgeübt werden. Es kann daher unter kanonistischen Gesichtspunkten vertreten werden, dass es sich bei der Ausübung der Gewalt des Bischofskollegiums lediglich um eine modifizierte Ausübung des päpstlichen Amtes handelt.998 Diese Sichtweise wird zudem durch die Regelung des can. 334 bestärkt. Dort heißt es, dass dem Papst bei der Ausübung seines Amtes neben den Bischöfen auch die Kardinäle und andere Personen sowie verschiedene, den Erfordernissen entsprechende Einrichtungen zur Seite stehen. Die Tatsache, dass die durch die Autorität des Papstes zu dessen Amtsausübung ermächtigten Personen und Einrichtungen in gleichem Atemzug mit den Bischöfen genannt werden, kann als Abwertung der eigenberechtigten Vollmacht der Bischöfe, insbesondere im Hinblick auf das Bischofskollegium, gesehen werden.999 Für die insbesondere von Kanonisten vertretene Lehre, nach der es zwei lediglich inadäquat verschiedene Höchstgewalten gebe,1000 können unter ausschließlicher Analyse des Wortlautes des CIC zentrale Stellen angeführt werden. Zunächst spricht für diese Lehre die bereits unter systematischen Aspekten erörterte Zweiteilung des Kapitels über die Höchstgewalt, die nunmehr auch unter philologischen und kontextuellen Gesichtspunkten von Bedeutung ist. So wird zunächst der Papst im Einleitungscanon can. 331 von Artikel I als Inhaber höchster und voller Gewalt bezeichnet. Anschließend folgt erst im Einleitungscanon can. 336 zu Artikel II auch das Bischofskollegium als Träger der höchsten und vollen Gewalt. Der Codex geht somit primär von der Gewalt des Papstes aus. Die inadäquate Verschiedenheit wird dadurch 997

„Romanus Pontifex, in munere supremi Ecclesia Pastoris explendo, communione cum ceteris Episcopis immo et universa Ecclesia semper est coniunctus; ipsi ius tamen est, iuxta Ecclesiae necessitates, determinare modum, sive personalem sive collegialem, huius muneris exercendi.“ 998 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 211; Ries, Amt, 318. 999 Vgl. Ries, Amt, 318 f. Stoffel, MKCIC zu can. 335, Rn. 1 (14. Erg.-Lfg. 4/1991), weist darauf hin, dass noch in der LEF von 1980 zwei Paragraphen vorgesehen waren, wobei der erste von den Bischöfen und der zweite von den Kardinälen und der Kurie handelten; diese wurden dann aber gekürzt unter den jetzigen can. 334 zusammengefasst (vgl. Communicationes 13 (1981), 49). 1000 Siehe dazu ausführlich Kap. V.1.d).

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hervorgehoben, dass das Bischofskollegium immer nur zusammen mit dem Papst und niemals ohne ihn als Gewaltenträger fungieren kann. Für die herrschende Auffassung unter den Kanonisten spricht zudem der klare Wortlaut in can. 336, wonach das Bischofskollegium mit seinem Haupt ebenfalls Träger höchster kirchlicher Gewalt sei.1001 Der Wortlaut des Gesetzes begründet damit eine gewisse Zweiteilung der Leitungsgewalt. Gleichzeitig bleiben beide Gewaltenträger durch die Person des Papstes miteinander verbunden. Dies macht der Codex an mehreren Stellen deutlich: Neben dem bereits zitierten can. 336 auch in can. 333 § 2, wonach die Ausübung der Höchstgewalt nach päpstlichem Ermessen entweder primatial oder kollegial erfolgen kann. Die Höchstgewalt ist nicht auf zwei voneinander losgelöste Träger aufgeteilt, sodass die Einheit der kirchlichen Gewalt gewahrt bleibt.1002 Die unter den Dogmatikern gegenwärtig herrschende Lehre von der Höchstgewalt des Bischofskollegiums mit dem Papst in seiner spezifischen Stellung als dessen Haupt1003 lässt sich unter kirchenrechtlichen Gesichtspunkten nicht aufrechterhalten.1004 Vertreter dieser Lehre stützen sich regelmäßig auf die institutionalisierte Einrichtung des Bischofskollegiums als eigenständige und dauerhafte Verfassungsgröße, die als Nachfolgeorgan des Apostelkollegiums angesehen wird.1005 Diese durch das Zweite Vatikanische Konzil angeregte und im Vergleich zur alten Gesetzeslage neue Regelung hat der Gesetzgeber in can. 336 eingeführt. Nach streng kanonistischer Auslegung kann jedoch aus der zitierten Norm ein über die bloße dauerhafte Institutionalisierung des Bischofskollegiums hinausgehender Regelungsinhalt nicht abgeleitet werden. Dass das Bischofskollegium nunmehr vom Gesetzgeber als eine dauerhafte verfasste juristische Person errichtet wurde, sagt nichts über die konkrete Stellung in dem kirchlichen Verfassungsgefüge aus. Auch die von den Dogmatikern vielfach formulierte These, dass das Bischofskollegium eine Einrichtung göttlichen Rechts sei,1006 ist nicht geeignet, daraus die kirchliche Höchstgewalt abzuleiten. Abgesehen von den grundsätzlichen Erwägungen, die gegen diese Lehre aus kirchenrechtlicher Perspektive anzuführen sind, würde das ius divinum des Bischofskollegiums allenfalls eine institutionelle Garantie seines Bestandes gewährleisten, ohne jedoch etwas über seine Kompetenzen, Aufgaben und verfassungsrechtliche Stellung auszusagen. Mit dem Hinweis auf das ius divinum des Bischofskollegiums als dauerhaft institutionalisierte juristische Person des kirchlichen Rechts lässt sich die These von der Höchstgewalt des Kollegiums kanonistisch betrachtet nicht stützen. 1001 1002 1003 1004

199. 1005 1006

So auch Bier, Rechtsstellung, 331. Vgl. Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 6 (14. Erg.-Lfg. 4/1991). Siehe dazu ausführlich Kap. V.1.e). Vgl. Gerosa, Träger, 326; Bier, Rechtsstellung, 330 f.; Freiling, Subsidiaritätsprinzip, Siehe Kap. IV.4. Siehe Fn. 522.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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Unter Wortlautgesichtspunkten könnten die Befürworter der Höchstgewalt des Bischofskollegiums auf die Neugestaltung des can. 332 § 1, der sich zur Erlangung der päpstlichen Gewalt äußert, verweisen. Dort heißt es: „Volle und höchste Gewalt in der Kirche erhält der Papst durch die Annahme der rechtmäßig erfolgten Wahl zusammen mit der Bischofsweihe. Deshalb besitzt ein zum Papst Gewählter, der schon die Bischofsweihe empfangen hat, diese Gewalt vom Augenblick der Wahlannahme an. Wenn der Gewählte noch nicht Bischof ist, ist er sofort zum Bischof zu weihen.“1007 Während nach can. 219 CIC/1917 der Gewählte, auch wenn er nicht dem Bischofsstand angehörte, mit der Annahme der Wahl in jedem Fall sogleich Papst und damit Träger der vollen primatialen Jurisdiktionsgewalt war und diese gegebenenfalls auch ohne bischöfliche Weihe rechtswirksam ausüben konnte,1008 formuliert der gegenwärtige Codex abweichend, dass die höchste und volle Gewalt durch die Annahme der rechtmäßigen Wahl zusammen mit der Bischofsweihe auf den Papst übergehe. Durch die Neuformulierung des can. 332 § 1 ist nunmehr unklar, ob der Gesetzgeber das bisherige Verständnis aufgegeben und die Bischofsweihe zu einer zusätzlichen Voraussetzung für die Erlangung der päpstlichen Gewalt erhoben hat.1009 Klar ist nur: Ein zum Papst gewählter Bischof erlangt die höchste und volle Gewalt bereits im Augenblick der Wahlannahme. Wann ein zum Papst gewählter Nicht-Bischof diese Gewalt erlangt, ist offen und lässt sich weder anhand des Wortlautes noch unter Einbeziehung der Textgeschichte eindeutig entscheiden.1010 Befürworter der vorgetragenen Lehre können sich daher auf den offenen Wortlaut des can. 332 § 1 stützen und entsprechend auslegen, dass die Erlangung der päpstlichen Gewalt von der Bischofsweihe abhängig ist. Der die rechtmäßig erfolgte Wahl annehmende Nicht-Bischof wäre nach dieser Lesart noch nicht Träger primatialer 1007 „Plenam et supremam in Ecclesia potestatem Romanus Pontifex obtinet legitima electione ab ipso acceptata una cum episcopali consecratione. Quare, eandem potestatem obtinet a momento acceptationis electus ad summum pontificatum, qui episcopali charactere insignitus est. Quod si charactere episcopali electus careat, statim ordinetur Episcopus.“ 1008 Siehe den Wortlaut in Fn. 961. Papst Pius XII. formulierte daher zugespitzt vor Vertretern des Laienapostolats 1957, dass selbst ein Laie, sollte er zum Papst gewählt werden, noch vor seiner Ordination mit der Annahme der Wahl die Gewalt zu lehren und leiten erhalte (AAS 49 (1957), 898 – 939, 924). Zum Ganzen vgl. Gänswein, Primatialgewalt, 47 ff. Zur Frage nach dem Zeitpunkt der Übertragung des Primats vor der gegenwärtigen Rechtslage vgl. May, Papstwahlrecht, 256 ff. 1009 Dieser Auffassung ist u. a. Foster, Election, 703: „Only when both qualifications have been met does the one legitimately elected become the bishop of Rome and obtain full and supreme power in the Church as head of the college of bishops.“ Vgl. zur Diskussion grundlegend Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 7 (43. Lfg. 1/2008). 1010 So sprach sich die Studiengruppe zur Lex Ecclesiae Fundamentalis nach langer Debatte mit 15 zu 13 Stimmen für die Ergänzung des Gesetzes aus. Darin sollte es heißen, dass nur ein zum Papst Gewählter Bischof die päpstliche Gewalt mit Annahme der Wahl erlange, ein gewählter und die Wahl annehmender Nicht-Bischof jedoch erst im Augenblick der Bischofsweihe (vgl. Communicationes 8 (1977), 94 ff.). Diese Formulierung wurde jedoch in einer späteren Fassung zugunsten des noch heute in can. 332 § 1 zu lesenden Wortlautes aufgegeben (vgl. Communicationes 16 (1984), 95), ohne dass sich die Gründe für diese Änderung nachvollziehen lassen (vgl. Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 7 (43. Lfg. 1/2008)).

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Gewalt. Damit sich dies änderte, müsste er sogleich zum Bischof geweiht werden.1011 Nach dieser Lesart beruht der Übergang der päpstlichen Gewalt konstitutiv auch auf der Bischofsweihe. Der Papst ist damit nur als Bischof Träger seiner spezifischen Jurisdiktionsvollmacht. Dies folgt daraus, dass der Papst Mitglied des Bischofskollegiums ist und als Bischof von Rom seine spezifische Stellung als Haupt des Kollegiums wahrzunehmen hat. Das Papstamt wird somit gänzlich in das Bischofskollegium eingebunden. Dieses zusätzliche sakramentale Gültigkeitserfordernis ließe daher den Schluss zu, dass der Codex den Papst in erster Linie als Mitglied des Bischofskollegiums sehe und sich daraus erst seine spezifische verfassungsrechtliche Stellung ergebe. Diese Lesart ist jedoch nicht zwingend und mit der vorherrschenden papalistischen Perspektive des Gesetzbuches nicht zu vereinbaren. Gegen das Erfordernis der Bischofsweihe zur Erlangung der päpstlichen Primatialgewalt sprechen aus kirchenrechtsgeschichtlicher und kanonistischer Perspektive: (1) Es gibt Beispiele aus der Tradition der Kirche, die zeigen, dass die Bischofsweihe für die Ausübung der Primatialgewalt nicht erforderlich war, wie beispielhaft das Pontifikat von Papst Hadrian V.,1012 das zitierte Zeugnis Papst Pius XII. und die herrschende Rechtslage im CIC/1917 belegen.1013 (2) Die päpstliche Jurisdiktionsgewalt ist vom Empfang der Bischofsweihe unabhängig und entspringt nicht aus dem sakramentalen Element der Weihe. Die Spendung der Bischofsweihe hat lediglich komplementären Charakter. Während die Jurisdiktionsgewalt sofort nach Annahme der Wahl ausgeübt werden kann, sind Rechtsakte der Weihegewalt erst nach dem Weiheempfang gültig und erlaubt.1014 1011

Für diese Auffassung spricht das theologische Argument, dass, wenn schon die Glieder des Bischofskollegiums die Bischofsweihe empfangen haben müssen, dies erst recht für das Haupt des Kollegiums gelten sollte (vgl. Foster, Election, 700, mit Hinweis auf Art. 22 LG und Art. 4 CD). 1012 So wurde Papst Hadrian V. am 11. 7. 1276 zum Papst gewählt, allerdings wegen schwerer Krankheit bis zu seinem Tode wenige Wochen später weder geweiht noch gekrönt. Zu seinen überlieferten Amtshandlungen gehörten u. a. die Außerkraftsetzung der Konklaveregelung seines Vorvorgängers (Kelly, Päpste, 217; Herde, Art. Hadrian V., 1136). Die Rechtmäßigkeit seiner Amtsausübung wurde nie beanstandet. Weitere historische Beispiele von Päpsten, die unbestritten ihre Primatialgewalt schon vor der Bischofsweihe ausübten, finden sich bei Gänswein, Primatialgewalt, 59 ff. 1013 Zu den Belegstellen für can. 219 CIC/1917 vgl. ebd., 75. 1014 Vgl. zur alten Rechtslage May, Papstwahlrecht, 261. Diese Auffassung fußt auf der klassischen Doktrin der Zweigliedrigkeit der Kirchengewalt und der Unterscheidung von potestas ordinis und potestas iurisdictionis (vgl. ebd., 57 f.). Auch nach der durch das Zweite Vatikanische Konzil erfolgten Konstruktion von der Einheit der Kirchengewalt lässt sich vorstehende Trennung aufrechterhalten. So meint Gänswein, ebd., 81, zu Recht, dass den einschlägigen Konzilstexten nur zu entnehmen sei, dass die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakraments darstelle und daher eben nicht nur den Dienst der Heiligung, sondern auch die Dienste der Lehre und Leitung verleihe. Dies bedeute aber nicht, dass das Konzil lehren wolle, dass wahrhaft bischöfliche Gewalt einzig und allein durch die Bischofsweihe übertragen

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(3) Der Vorbehalt der Bischofsweihe ist mit der unfehlbar vorgelegten Lehre vom Jurisdiktionsprimat unvereinbar. Das Proprium der Gewalt des Bischofs von Roms liegt gerade nicht in der Weihe, die der Papst mit den übrigen Bischöfen gemeinsam hat, sondern in der spezifischen vollen und höchsten Jurisdiktionsvollmacht, die allein der Papst aufgrund göttlichen Rechts als Nachfolger Petri bereits mit Annahme seiner Wahl erlangt.1015 Es wäre mit dem Jurisdiktionsprimat unvereinbar, wenn der rechtmäßig gewählte und die Wahl annehmende Papst aufgrund der Verweigerung der Bischöfe, die Bischofsweihe zu spenden, so an der Ausübung seiner Höchstgewalt gehindert werden könnte. (4) Auch sprechen ämterrechtliche Erwägungen gegen das zusätzliche sakramentale Gültigkeitserfordernis. So heißt es in can. 178 HS 1, dass bei einer Wahl, die keiner Bestätigung bedarf, der Gewählte sofort das Amt mit vollem Recht erhalte.1016 Da die Annahme des päpstlichen Amtes unbestritten nicht bestätigungsbedürftig ist, erlangt der Elekt bereits mit Annahme der Wahl sein Amt. Die Bischofsweihe ist auch keine als Gültigkeitsvoraussetzung anzusehende Eigenschaft im Sinne des can. 149 § 2, weil sie durch can. 332 § 1 nicht ausdrücklich zur Gültigkeit der Amtsübertragung verlangt wird.1017 (5) Die Lektüre des can. 332 § 1 kann auch in Bezug auf can. 129 § 1 gelesen werden. Danach sind zur Übernahme von Leitungsgewalt, d. h. von Jurisdiktionsgewalt, diejenigen befähigt, die die heilige Weihe empfangen haben.1018 Die Norm verhindert somit eine gegenständliche Verselbstständigung der nicht sakramental begründeten Jurisdiktionsgewalt zur äußeren Kirchenleitung und der sakramental begründeten Weihegewalt für die Vornahme der heiligen Handlungen.1019 Die Funktion des can. 332 § 1 S. 3 besteht somit darin, die Jurisdiktionsgewalt des Papstes, die er aufgrund göttlichen Rechts bereits unmittelbar mit der Wahlannahme erlangt und die bereits zu diesem Zeitpunkt unabhängig von der sakramentalen Stellung des Elekten eine wahrhaft bischöfliche Gewalt werden könne und nicht etwa auch durch einen kraft göttlichen oder menschlichen Rechts erfolgenden reinen Rechtsakt. Wahrhaft bischöfliche Gewalt müsse auch nicht denknotwendig volle bischöfliche Gewalt sein; außerdem könne sie auch auf eine noch zu empfangende Bischofsweihe ausgerichtet sein. Auch Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 7 (43. Lfg. 1/2008), ist der Auffassung, dass sich can. 332 § 1 der Sache nach ausschließlich auf die Jurisdiktionsgewalt beziehe, weshalb das Argument entfiele, es gehe dort um die Weihe- und Jurisdiktionsgewalt umfassende sacra potestas, für welche die sakramentale Weihe unverzichtbar wäre. 1015 Vgl. Gänswein, Primatialgewalt, 94 f.; Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 7 (43. Lfg. 1/2008). Zu den Kontroversen um die Frage nach der Erlangung der Gewalt iure divino vgl. ebd., Rn. 8. 1016 „Electus, acceptata electione, quae confirmatione non egeat, officium pleno iure statim obtinet.“ 1017 Vgl. ebd., Rn. 7. 1018 „Potestatis regiminis, quae quidem ex divina institutione est in Ecclesia et etiam potestas iurisdictionis vocatur, ad normam praescriptorum iuris, habiles sunt qui ordine sacro sunt insigniti.“ 1019 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 390.

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genannt wird,1020 einzuordnen in die Lehre von der Einheit der Kirchengewalt. Die Bischofsweihe ist daher nicht notwendig, damit der Papst seine Jurisdiktionsgewalt ausüben kann, sondern um eine dauerhafte Verselbstständigung von Jurisdiktions- und Weihegewalt im wichtigsten Kirchenamt zu verhindern und damit dem Grundsatz der Einheit der Kirchengewalt und ihrer sakramentalen Grundlegung zu entsprechen.1021 Die Jurisdiktionsgewalt erlangt der Papst somit bereits kraft göttlichen Rechts mit der Wahlannahme; die Bischofsweihe ist konstitutiv für die Ausübung der Weihegewalt, allerdings lediglich rein deklaratorisch für die Ausübung der Jurisdiktionsgewalt. (6) Das Erfordernis der Bischofsweihe kann auch ausschließlich im Lichte des kollegialen Amtsverständnisses interpretiert werden. Weil der Papst aufgrund seiner spezifischen Stellung auch Haupt des Bischofskollegiums ist und er sein Amt nicht nur primatial, sondern auch kollegial ausüben kann, bedarf er zur Eingliederung in das Bischofskollegium der Bischofsweihe. Was mitgliedschaftsbegründend für die Glieder des Kollegiums gilt, gilt auch für dessen Haupt. Damit wäre das sakramentale Element keine Gültigkeitsvoraussetzung für die päpstliche Primatialgewalt, sondern allein Voraussetzung, um zur kollegialen Amtsausübung als Haupt des Bischofskollegiums befähigt zu sein, die jedoch stets sekundär ist. Vertreter der Lehre von der Höchstgewalt des Bischofskollegiums können zudem darauf verweisen, dass can. 336 das Bischofskollegium „zusammen mit seinem Haupt und niemals ohne dieses Haupt“ explizit als Träger der höchsten und vollen Gewalt über die Gesamtkirche nennt. Auch heißt es in can. 331 § 1, dass der Papst bei der Ausübung seines Amtes stets in Gemeinschaft mit den übrigen Bischöfen stehe. Allerdings können aus den zitierten Normen allein weder das Bischofskollegium als einziges Subjekt der Höchstgewalt noch die spezifische Stellung des Papstes als Repräsentant dieses Kollegiums abgeleitet werden. So stehen dieser These entscheidende kanonistische Erwägungen entgegen: (1) Can. 331 betont die Eigenständigkeit und spezifische verfassungsrechtliche Stellung des Papstamtes, die ihn in der Tradition der Petrusnachfolge und kraft göttlichen Rechts als Träger des Jurisdiktionsprimats auszeichnet. Als Papst ist 1020 So heißt es an der entsprechenden Stelle in der unfehlbar vorgelegten Lehre von dem Jurisdiktionsprimat des Papstes in „Pastor aeternus“ ausdrücklich: „Und ihm ist von unserem Herrn Jesus Christus im seligen Petrus die volle Gewalt übertragen worden, die gesamte Kirche zu weiden, zu leiten und zu lenken […]. Wir lehren demnach und erklären, […] dass diese Jurisdiktionsvollmacht des Römischen Bischofs, die wahrhaft bischöflich ist, unmittelbar ist.“ „Et ipsi in beato Petro pascendi, regendi ac gubernandi universalem Ecclesiam a Domino nostro Iesu Christo plenam potestatem traditam esse […]. Docemus proinde et declaramus, […] hanc Romani Pontificis iurisdictionis potestatem, quae vere episcopalis est, immediatam esse.“ (DH 3059 f.) 1021 Die sakramentale Grundlegung kirchlicher Amtsausübung kommt auch in can. 274 § 1 zum Ausdruck, wonach es allein Klerikern zusteht, Ämter zu erhalten, zu deren Ausübung Weihe- oder Leitungsgewalt erforderlich ist: „Soli clerici obtinere possunt officia ad quorum exercitium requiritur potestas ordinis aut potestas regiminis ecclesiastici.“

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er zugleich Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche. Das Papstamt wird so jedoch gerade nicht isoliert von seiner Stellung im Bischofskollegium her verstanden. Vielmehr folgt aus dem Papstamt auch seine Stellung als Haupt des Bischofskollegiums. Der päpstliche Primat wird aber nicht aus der Stellung des Papstes als Haupt des Bischofskollegiums abgeleitet. Vielmehr ist der Primat grundsätzlich eine unabhängige und eigenständige persönliche Amtsgewalt des Papstes losgelöst von der Mitgliedschaft im Kollegium. (2) In can. 336 heißt es ausdrücklich, dass neben dem Papst auch („quoque“) das Bischofskollegium Träger der Höchstgewalt ist. Das durch die verwendete Konjunktion vermittelte Nebeneinander verschiedener Gewaltenträger und die insoweit erfolgte Einschränkung der Höchstgewalt des Bischofskollegium als ein bloß nebengeordneter Gewaltenträger können von den Dogmatikern nicht entkräftet werden. (3) Zudem wird der Papst als Gewaltenträger bereits vor den Normen über das Bischofskollegium abgehandelt. Dies impliziert einen Vorrang des Papstes vor dem Bischofskollegium. Das Bischofskollegium ist nicht ohne eine bzw. vor einer rechtlichen Regelung des Papstamtes denkbar. (4) Die Prärogativrechte des Papstes sind allein aus seinem Jurisdiktionsprimat abgeleitet und keine an das Kollegium rückgebundenen oder von dem Kollegium ausgehenden Rechte, die der Papst nur aufgrund seiner spezifischen Stellung als das Kollegium stets repräsentierendes Haupt auszuüben berechtigt wäre. So macht der Wortlaut des CIC bereits deutlich, dass der Papst bei der Ausübung seiner Prärogativen nicht in das Kollegium eingebunden ist. Auf Formulierungen wie „in Gemeinschaft mit den Bischöfen“ oder „als Haupt des Kollegiums“ im Zusammenhang mit der kollegialen Amtsausübung hat der CIC verzichtet. Vielmehr hat sich der Codex an vielen Stellen entschieden, die absolute Eigenständigkeit bei der Wahrnehmung seiner Rechte festzuschreiben.1022 (5) Der Papst ist allein aufgrund des unfehlbar gelehrten Jurisdiktionsprimats und damit unabhängig von seiner Mitgliedschaft im Bischofskollegium Träger der Kompetenz-Kompetenz nach can. 333 § 2. Er entscheidet frei und nach eigenem Ermessen ausschließlich unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Kirche. Eine Rückbindung an das Kollegium oder eine Rechtspflicht, die Auffassung des Kollegiums zu erfragen oder zu berücksichtigen, besteht nicht. Der Papst entscheidet kraft seines spezifischen Jurisdiktionsprimats, nicht aufgrund seiner spezifischen Stellung als Mitglied und Haupt des Bischofskollegiums. Daher heißt es auch in can. 331 a.E., dass der Papst seine Gewalt immer frei ausüben 1022

So heißt es in can. 338 § 1 im Zusammenhang mit dem Einberufungsrecht, dass es „allein dem Papst“ zustehe. In diesem Sinne ist auch can. 338 § 2 zu verstehen, dass es „Sache des Papstes ist“, die Verhandlungsgegenstände zu bestimmen. Diese Formulierung findet sich auch in can. 337 § 3 bezüglich der kollegialen Amtsausübung, die „gemäß den Erfordernissen der Kirche“ in das Ermessen des Papstes gestellt sind.

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kann („quam semper libere exercere valet“). Diese Grundsätze gelten auch für can. 337 § 3, wonach allein der Papst darüber zu entscheiden hat, wie das Kollegium seine Aufgabe hinsichtlich der Gesamtkirche kollegial ausüben soll. (6) Der Wortlaut des can. 333 § 2 kann dahingehend interpretiert werden, dass es sich auch bei der kollegialen Ausübung um eine Form der päpstlichen Amtsausübung handelt. Danach sind primatiale und kollegiale Amtsausübung beides Formen der einen päpstlichen Amtsausübung. Die in can. 337 § 3 ausgestaltete ausschließliche Kompetenz des Papstes, die Ausübungsweise des kollegialen Handelns des Bischofskollegiums zu bestimmen, begünstigt diese Lesart. (7) Bei der Formulierung in can. 333 § 2 im Hinblick auf die bei Ausübung des Papstamtes stets bestehende ontologische Gemeinschaft mit den übrigen Bischöfen und der ganzen Kirche handelt es sich um eine theologische Aussage ohne kirchenrechtlich relevanten Regelungsgehalt. Sie ist eine Leerformel, eine metajuristische Präambel, aus der sich jedoch keine Rechte und Pflichten für die Ausübung des Papstamtes ableiten lassen und die für die verfassungsrechtliche Struktur der Kirche irrelevant ist.

c) Zusammenführung der Argumente und Ergebnis aa) Die Zurückweisung der Lehre vom Bischofskollegium mit dem Papst als Subjekt der Höchstgewalt Im Schrifttum wird vielfach behauptet, dass die verfassungsrechtliche Frage nach dem Subjekt der Höchstgewalt immer noch quaestio disputata sei.1023 Dies kann in dieser Allgemeinheit nicht aufrechterhalten bleiben. So zeigt bereits die systematische und philologische Auslegung, dass die mehrheitlich von Dogmatikern formulierte Lehre von dem Bischofskollegium als alleinigem Träger der höchsten und vollen Gewalt in der Kirche aus kanonistischer Perspektive unter Geltung des CIC nicht vertretbar ist. Angesichts der überragenden verfassungsrechtlichen Stellung des Papstes im CIC ist diese Lehre kirchenrechtlich nicht haltbar. Maßgeblich für dieses Ergebnis sind folgende Argumentationslinien: (1) Die Lehre von der Repräsentation des Bischofskollegiums durch den Papst als kollegiales Haupt bei seiner primatialen Amtsausübung fußt auf einem nicht juristischen und daher kirchenrechtlich völlig unbrauchbaren Repräsentationsbzw. Stellvertretungsbegriff. Stellvertretung im Rechtssinne bedeutet letztlich eine Abhängigkeit des Stellvertreters von dem Stellvertretenden, insoweit der zu bevollmächtigende Vertreter zwar eine eigene Willenserklärung, allerdings stets

1023 Vgl. z. B. Gerosa, Träger, 329. Auch Stoffel, MKCIC vor can. 330, Rn. 6 (14. Erg.Lfg. 4/1991), behauptet, dass die theologisch-kanonistische Forschung u. a. zur Frage nach der doppelten Hierarchie durch den CIC nicht eingeengt werden sollte.

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in fremdem Namen mit Wirkung für den Vertretenden abgibt.1024 Stellvertretung im Rechtssinne ist jedoch mit dem unfehlbar vorgelegten Jurisdiktionsprimat unvereinbar, insoweit dieser dem Papst aufgrund göttlicher Anordnung eigenberechtigt und persönlich zukommt. Die päpstliche Jurisdiktionsgewalt wird daher explizit ordentliche, d. h. nicht delegierte oder abgeleitete Gewalt genannt.1025 Jeder andere Repräsentationsbegriff ist dahingegen aus kanonistischer Perspektive eine bloße Leerformel und Ausdruck einer theologischen Bildersprache, die für das Kirchenrecht und eine verfassungsrechtliche Verhältnisbestimmung unangemessen ist.1026 (2) Die Lehre beruht zudem auf einem mit der kirchenrechtlichen Regelung nicht zu vereinbarenden Amtsverständnis des Papsttums. So versteht can. 331 den Papst als den Bischof der Kirche von Rom („Ecclesiae Romanae Episcopus“) und konkretisiert diesen Titel rechtlich als Inhaber des universalkirchlichen Petrusamtes1027 und als primatiales Haupt der katholischen Kirche1028. Nur als römischer Bischof in Tradition der petrinischen Nachfolge gebührt ihm der Primat in der Kirche. Als dieser römische Bischof trägt er die in can. 331 genannten päpstlichen Titulaturen, gemäß denen er Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche auf Erden ist. Diese Titulaturen konkretisieren lediglich das Petrusamt und den Primat des Papstes und bringen so seine überragende Stellung in der Gesamtkirche zum Ausdruck.1029 Von einer reduzierten und isolierten Perspektive des Primats, der eingeordnet in das Kollegium der Bischöfe ist, kann kirchenrechtlich daher nicht gesprochen werden. Vielmehr gilt: Der Papst ist als römischer Bischof auch Haupt des Bischofskollegiums, weil die Kirche auch eine episkopale Verfassungsstruktur hat. Die Stellung des Papstes als Haupt des Bischofskollegiums ist aber nur eine Konkretisierung des päpstlichen Amtes und will – wie sämtliche drei genannten Titel – vielmehr seine spezifische Stellung als überragendes Haupt im Kollegium hervorheben. Can. 331 beschreibt daher nachdrücklich die monarchische

1024 1025

3064). 1026

Vgl. nur Palandt/Heinrichs, Einf. v. § 164, Rn. 1 ff. Vgl. cc. 331, 333 § 1. So bereits auch schon in Kap. 3 „Pastor aeternus“ (vgl. DH 3060,

So hält es bereits Söhngen, Rechtstheologie, 64 ff., für unverzichtbar, dass das Kirchenrecht zunächst juristisch richtiges Recht ist und sich von einer kerygmatischen Bildersprache, die sich nicht einer juristisch sauberen Begrifflichkeit bedient, abhebt. Ausführlich zu Lehre und Funktion der Repräsentationstheologie als Abwehr der Vorstellung eines autonomen Handelns des Papstes vgl. Schatz, Petrus, 63 ff., insb. 70. 1027 Vgl. den Abschnitt in can. 331: „[…] in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert […].“ 1028 Vgl. can. 331 HS 2: „[…] deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann.“ 1029 Vgl. Schwendenwein, Papst, 340.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Verfassungsstruktur der Kirche, die selbst für kollegiale Strukturelemente wie das Bischofskollegium gilt.1030 (3) Der Papst ist nach Zusammenschau sämtlicher Canones in seinem Verhältnis zur Kirche und damit auch zum Bischofskollegium aufgrund des Jurisdiktions- und Lehrprimats in rechtlicher Hinsicht absoluter und uneingeschränkter Souverän.1031 (a) Dies folgt in erster Linie aus dem verfassungsrechtlich bedeutsamen Umstand, dass der Papst nach can. 333 § 2 alleiniger Träger der KompetenzKompetenz ist. Die Kompetenz, über den Umfang der Befugnisse der Kirchen- und Herrschaftsgewalt zu entscheiden, ist ein verfassungsrechtlicher Ausdruck des Suprematieanspruchs. Der Papst alleine definiert so seine Aufgaben und die Aufgaben der anderen kirchlichen Verfassungsorgane aus eigenem Recht und dabei grundsätzlich ohne dabei auf sachliche Grenzen zu stoßen.1032 Zudem besitzt alleine der Papst die Befugnis zur einseitigen Durchsetzung seiner Entscheidungen. (b) Nach richtiger Auslegung sind primatiale und kollegiale Amtsausübung beides Formen der einen päpstlichen Amtsgewalt. Dies folgt aus der Formulierung in can. 333 § 2, wonach im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Weisen der Amtsausübung stets von „seinem“ Amt gesprochen wird. Dies folgt auch aus der Analyse des can. 337 § 3, wonach es allein dem Papst zusteht, die kollegiale Amtsausübungsweise festzulegen. Schlussendlich ist auch can. 336 HS 2 dergestalt zu verstehen, dass der Papst seine alleinige Höchst- und Vollgewalt mit in das Bischofskollegium hineinnimmt, weshalb das Kollegium so auch Gewaltenträger genannt werden kann. (c) Die Amtsausübung des Papstes erfolgt nach freiem und rechtlich nicht überprüfbarem Ermessen, ohne dass eine rechtliche Bindung an den Willen 1030 Vgl. auch Dejaifve, Primat, 15 f.: „Seine [des Papstes] spezielle Aufgabe als oberster Hirte ist also eine Pflicht universaler Regentschaft, die gleichzeitig über eine Körperschaft ausgeübt wird und in ihr. […] Der Papst und die Bischöfe üben folglich über die ganze Kirche eine unmittelbare, wenn auch ungleiche Gewalt aus, da der Papst sie als oberster Hirte in besonderer Weise besitzt, der Bischof aber als Glied des Episkopats, der nur durch sein Einheitsprinzip als Kollegium konstituiert wird.“ 1031 So auch ausdrücklich May, Demokratisierung, 27: „Der Papst, dem Gott die höchste Gewalt über die Gesamtkirche gewährt, ist, mit dem Bischofskollegium ebenso wie ohne es, souverän […]. Einen anderen Souverän als den Papst […] gibt es in der Kirche nicht. Auch Lüdecke, Rezeption, 60, verwendet zur Beschreibung der absoluten päpstlichen Leitungsgewalt den Begriff der „rechtlich unbeschränkten Souveränität.“ Gegen den Ansatz, den Jurisdiktionsund Lehrprimat des Papstes in staatsrechtlicher Analogie als Souveränität zu interpretieren, wendet sich Pottmeyer, Auctoritas, 519 f. Für Longhitano, Primato, 19, steht fest: „La rigorosità con la quale il CIC ha collocato invece il papa prima del collegio lascia l’impressione che, almeno per quanto lo concerne, abbia preferito ignorare a dottrina dell’unico sogetto del supremo potere della Chiesa.“ 1032 Einzige den Papst bindende Grenze ist das ius divinum.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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des Kollegiums oder eine Berücksichtigungspflicht der Auffassung des Kollegiums besteht. Dies folgt aus cc. 333 § 2, 337 § 3, wonach der Papst entsprechend den Erfordernissen der Kirche vorzugehen hat; damit ist rechtlich ein Willkürverbot verbunden. Bei der can. 333 § 2 zu entnehmenden stets bestehenden Gemeinschaft des Papstes mit den übrigen Bischöfen und der ganzen Kirche handelt es sich ausschließlich um eine positive theologische Feststellung ohne rechtlichen Regelungsgehalt. Eine vermeintlich bestehende moralische Bindung des Papstes, wie sie vielfach vertreten wird, ist als eine außerrechtliche und theologische Kategorie nicht geeignet, verfassungsrechtliche Fragen zu lösen. Eine moralische Bindung des Papstes kennt das Kirchenrecht nicht. Vielmehr gilt: Nicht der Papst ist an das Bischofskollegium gebunden, sondern umgekehrt das Bischofskollegium an den Papst. Die dauerhaft bestehende Gemeinschaft zwischen Papst und Bischofskollegium, die can. 333 § 2 meint, bindet nicht den Papst, sondern die Bischöfe, die stets in Übereinstimmung mit ihrem Haupt zu handeln haben.1033 (d) Der Papst hat aufgrund seines Jurisdiktionsprimats ein originäres Erst- und alleiniges Letztentscheidungsrecht in allen sachlichen Angelegenheiten der Kirche. Dies folgt im Hinblick auf die primatiale Gewaltausübung unmittelbar aus den in can. 331 genannten Attributen seiner päpstlichen Gewalt, im Hinblick auf seine kollegiale Gewaltausübung folgt dies aus dem in can. 341 geregelten Bestätigungs- und Promulgationsrecht des Papstes. Gegen die letztinstanzliche Entscheidung des Papstes gibt es weder Beschwerde noch Berufung.1034 Wer sich gegen eine Maßnahme des Papstes an das Bischofskollegium wendet, soll bestraft werden.1035 Der Papst genießt als einziges Organ in der Kirche absolute rechtliche Immunität vor gerichtlicher Verfolgung.1036 Eine vergleichbare Immunität für die Bischöfe, insbesondere im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer kollegialen Gewalt, kennt das Kirchenrecht nicht. (4) Die Lehre vom Bischofskollegium als einzigem Träger kirchlicher Höchstgewalt und die damit verbundene Einordnung des päpstlichen Primats in das Bischofskollegium und dessen isoliert kollegiales Verständnis des Papstamtes als Haupt des Kollegiums bedeutet eine kirchenrechtlich nicht vertretbare Nivellierung des unfehlbar gelehrten Jurisdiktionsprimats. Es birgt zudem die Gefahr, fälschlicherweise anzunehmen, dass es im Grunde keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem Bischof von Rom und den anderen Bischöfen gebe. 1033

So ausdrücklich auch Bier, Rechtsstellung, 330, der auch auf die von Papst Paul VI. überlieferte Äußerung hinweist: „Ma sono loro [gemeint: die Konzilsväter] che devono consentire con me, non io con loro.“ 1034 Vgl. cc. 1629 Nr. 1, 1732. 1035 Vgl. 1372. 1036 Vgl. can. 1404.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Diese Gefahr ist bereits dadurch gegeben, dass das Zweite Vatikanische Konzil die Lehre von der untrennbaren Einheit der Kirchengewalt vorgelegt hat, wonach die Weihe als sakramentale Grundlegung notwendige Voraussetzung für die Ausübung kirchlicher Amtsgewalt ist. Die tradierte Unterscheidung zwischen Weihegewalt (potestas ordinis) und Leitungsgewalt (potestas iurisdictionis) wurde aufgegeben. Wie gezeigt wurde, ist diese Konzilslehre hinsichtlich der Rechtsstellung des Papstes problematisch. So folgt die Sonderstellung des Bischofs von Rom nicht aus der Weihe, die sich von den übrigen Bischöfen nicht unterscheidet, sondern aus dem einzigartigen Gewaltverständnis, wonach der zum Papst Gewählte unmittelbar von Gott verliehene genuine Jurisdiktionsgewalt über die Gesamtkirche hat.1037 Diese nur an das göttliche Recht gebundene Jurisdiktionsgewalt hat der zum Papst Gewählte bereits unabhängig von seinem Weihestatus mit Annahme der rechtmäßig erfolgten Wahl. Der päpstliche Primat, der im Wesentlichen Jurisdiktionsprimat ist, fällt daher mit der Aufweichung seiner potestas iurisdictionis, weshalb es dann letztlich keinen Unterschied mehr zwischen dem Bischof von Rom und den übrigen Bischöfen gäbe.1038 Die genannte Aufweichung und die damit verbundene Nivellierung der Sonderstellung des Papstes aus eigenem Recht droht durch die Lehre verstärkt zu werden, die nicht den Papst alleine, sondern das Bischofskollegium mit dem Papst als Haupt des Kollegiums als Träger der kirchlichen Höchstgewalt bezeichnet. Diese Verschiebung zu Gunsten des kollegialen Charakters der Höchstgewalt verdunkelt jedoch die päpstliche Primatsgewalt und entspricht nicht der unfehlbar gelehrten Lehre vom päpstlichen Jurisdiktionsprimat. Diese kraft göttlichen Rechts genuin und ausschließlich dem Papst zukommende ordentliche und unmittelbare Jurisdiktionsgewalt, die kein bloßes Amt der Aufsicht bzw. der Leitung ist, verlangt nach ausdrücklicher Weisung des Ersten Vatikanischen Konzils Unterordnung und Gehorsam sämtlicher Glieder der Kirche, auch der Bischöfe, „damit die Kirche Christi eine Herde unter einem obersten Hirten sei.“1039 Sie steht auch in rechtlich nicht vertretbarer Weise in Widerspruch zu der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der Höchstgewalt 1037

Vgl. Gänswein, Primatialgewalt, 94. Befürworter der Auffassung von der untrennbaren Einheit der Kirchengewalt vermögen daher nicht darzulegen, worin die Eigentümlichkeit des Primats besteht und wieso der gleiche Ritus der Bischofsweihe bei Papst und den übrigen Bischöfen unterschiedliche Vollmachten geben kann (vgl. ebd., 95). 1038 So auch ausdrücklich ebd. 1039 Vgl. Kap. 3 „Pastor Aeternus“, insbesondere den folgenden Abschnitt: „Docemus proinde et declaramus, Ecclesiam Romanam, disponente Domino, super omnes alias ordinariae potestatis obtinere principatum, et hanc Romani Pontificis jurisdictionis potestatem, quae vere episcopalis est, immediatam esse: erga quam cujuscumque ritus et dignitatis pastores atque fideles, tam seorsum singuli quam simul omnes, officio hierarchicae subordinationis veraeque oboedientiae obstringuntur, non solum in rebus, quae ad fidem et mores, sed etiam in iis, quae ad disciplinam et regimen Ecclesiae per totum orbem diffusae pertinent; ita ut, custodita cum Romano Pontifice tam communionis quam ejusdem fidei professionis unitate, Ecclesia Christi sit unus grex sub uno summo pastore. Haec est catholicae veritatis doctrina, a qua deviare salva fide atque salute nemo potest.“ (DH 3060)

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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durch den Codex, der der Definition gefolgt ist.1040 Es besteht die Gefahr, dass entgegen der rechtlichen Ausgestaltung im Codex sich im theologischen Schrifttum die Stimmen mehren, wonach die kollegiale Ausübung der Höchstgewalt die Regel, eine primatiale Ausübung lediglich die Ausnahme und zudem stets rückgebunden an das Bischofskollegium sein müsse.1041 Dieser Auffassung ist kirchenrechtlich entschieden entgegenzutreten. Aus kanonistischer Perspektive ist die kirchliche Verfassungsstruktur monarchisch bestimmt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass kollegiale Strukturelemente im geltenden Gesetzbuch fehlen. Zweifellos ist das kirchliche Verfassungsrecht durch die Regelungen bezüglich des Bischofskollegiums auch kollegial ausgestaltet. Als Belege dafür sind anzuführen: ¢ die dauerhafte Verfasstheit des Bischofskollegium als juristische Person des Kirchenrechts (can. 336 HS 1), ¢ die Bezeichnung des Bischofskollegiums als Nachfolgeorgan des Apostelkollegiums (can. 330), ¢ die detaillierte Regelung der kollegialen Gewaltausübung des Papstes und der übrigen Bischöfe auf dem Ökumenischen Konzil oder als außerkonziliare vereinte Amtshandlung (can. 337 §§ 1, 2), ¢ die bestehende Gemeinschaft von Papst und Bischöfen bei der Ausübung des päpstlichen Amtes (can. 333 § 2). Allerdings ist das Bischofskollegium als kollegiales Strukturelement der Kirche verfassungsrechtlich gänzlich in die Primatialgewalt des Papstes eingeordnet. Eine Einordnung der Primatsgewalt in das Bischofskollegium ist aus rechtlicher Perspektive gerade nicht festzustellen. Daher ist die These, dass das Bischofskollegium mit dem Papst als dessen Haupt der einzige Träger höchster Gewalt sei, aus kirchenrechtlicher Perspektive als nicht vertretbar abzulehnen.

1040

Vgl. in diesem Zusammenhang die Betonung der päpstlichen Prärogativrechte und die vollkommene Abhängigkeit der Glieder des Bischofskollegiums vom päpstlichen Willen im Hinblick auf das Zustandekommen eines kollegialen Aktes (cc. 338 §§ 1 – 2, 341 §§ 1 – 2). 1041 Vgl. Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 196. So bezeichnet Ratzinger, Volk Gottes, 167, im Zusammenhang mit der Unfehlbarkeit des Lehramtes das primatiale Vorgehen als außerordentlichen Weg, während die kollegiale Ausübung der ordentliche Weg sei. Dagegen richtet sich jedoch bereits die Kritik Auers, Kirche, 269. Vgl. auch Kolping, Primat, 64 ff. H. Müller, Träger, 251 f., sieht darin letztlich die Konzeption eines rechtlich gebundenen Primats, der unweigerlich in eine Sackgasse führe. Dieser Auffassung widerspricht zudem die gelebte Verfassungswirklichkeit, in der die kollegiale Gewaltausübung des Bischofskollegiums nicht zuletzt aus organisatorischen Gründen bislang eine absolute Ausnahme geblieben ist.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

bb) Der Papst ist alleiniges Subjekt der Höchstgewalt Subjekt der höchsten und vollen Gewalt über die Kirche ist daher nur der Papst allein. Kanonistisch lassen sich für diese These ergänzend zu den bereits vorgetragenen Argumenten folgende Aspekte hinzufügen: (1) Die Lehre vom Papst als alleinigem Träger der Höchstgewalt wahrt den rechtsdogmatisch tradierten Grundsatz von der Einheit der Kirchengewalt.1042 Der Papst alleine repräsentiert an erster Stelle Christus als das unsichtbare Haupt der Kirche für die Gesamtkirche. Das Papstamt hat eine einheitsstiftende und zusammenfassende Funktion in dem Sinne, dass gesagt werden kann: Wo der Papst ist, da ist die Kirche.1043 (2) Die Lehre vermag rechtslogisch überzeugend zu begründen, weshalb der einzelne Bischof an sich keine höchste Gewalt hat, jedoch die Höchstgewalt der kollegialen Amtsausübung des Bischofskollegiums anerkannt ist. Diese unumstrittene kollegiale Höchstgewalt des Bischofskollegiums über die Gesamtkirche folgt weder unmittelbar aus göttlichem Recht noch aus der Jurisdiktion, die der einzelne Bischof über seine Diözese hat. Das Bischofskollegium empfängt seine höchste und universale Gewalt durch den Papst, der seine Gewalt mit in das Kollegium nimmt. Deshalb kann das Bischofskollegium auch („quoque“) Träger der Höchstgewalt genannt werden. Diese kollegiale Höchstgewalt ist jedoch keine eigenberechtigte Gewalt, sondern abgeleitete Gewalt, wie der Wortlaut des can. 336 durch die zweifache Betonung der Abhängigkeit des Kollegiums vom Papst unmissverständlich hervorhebt: Subjekt der Höchstgewalt ist es nur „zusammen mit seinem Haupt und niemals ohne dieses Haupt“.1044 (3) Es kann kirchenrechtlich nicht bestritten werden, dass nur der Papst wirklich höchste und volle Gewalt im Sinne des can. 331 hat. Dem Bischofskollegium steht gerade die zentrale Befugnis, über die Kompetenz, d. h. über eine kollegiale oder primatiale Gewaltausübung zu entscheiden, nicht zu. Die KompetenzKompetenz liegt allein beim Papst.1045 Dies gilt auch für die Entscheidung über die Weise, wie das Kollegium seine Aufgabe bezüglich der Gesamtkirche kollegial ausüben soll.1046 Schon weil die Gewalt daher nicht Vollgewalt genannt 1042

So bereits explizit die Formulierung in Kap. 3 „Pastor aeternus“, wonach durch die hierarchische Unterordnung unter den Papst und den Gehorsam sämtlicher Hirten und Gläubigen, sowohl einzeln für sich als auch alle zugleich, und die damit verbundene Wahrung der Einheit mit dem Römischen Bischof die Kirche Christi eine Herde unter einem obersten Hirten ist (vgl. DH 3060). Vgl. auch die nach wie vor nicht bloß geistesgeschichtlich zu würdigenden Zweckmäßigkeitserwägungen von Thomas von Aquin im Hinblick auf die Herrschaft eines einzelnen als die wirksamste Weise, die Einheit des Friedens zu stiften (vgl. Thomas von Aquin, De regimine principium, cap. 2 und cap. 3). 1043 Vgl. May, Demokratisierung, 95 f. Vgl. auch L. Müller, Verhältnis, 68. 1044 Siehe Fn. 866. 1045 Can. 333 § 2. 1046 Can. 337 § 3.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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werden kann, ist fraglich, ob eine solche Gewalt Höchstgewalt genannt werden kann.1047 Eigenberechtigte Höchstgewalt kommt dem Bischofskollegium bereits deshalb nicht zu, weil ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums jederzeit durch den Papst geändert oder aufgehoben werden kann. Die Gewalt des Papstes ist somit der Gewalt des Bischofskollegiums übergeordnet und daher begriffsnotwendig keine höchste Gewalt.1048 Wenn das Bischofskollegium hingegen Subjekt der Höchstgewalt wäre, dann müsste es auch rechtlich gegen eine Amtshandlung des Papstes vorgehen dürfen. Gerade dies verbietet jedoch das Kirchenrecht ausdrücklich.1049 Somit ist nur die päpstliche Gewalt höchste Gewalt, weil es keine Gewalt in der Kirche gibt, die ihr übergeordnet ist. Nur falls der Papst im Rahmen der kollegialen Gewaltausübung durch seine Höchstgewalt einen kollegialen Akt des Kollegiums setzt, kann das Bischofskollegium auch zum Träger der höchsten Gewalt werden; so ist can. 336 a.E. zu interpretieren. (4) Die Lehre entspricht der auf dem Ersten Vatikanischen Konzil unfehlbar gelehrten Auffassung über den Jurisdiktionsprimat und steht in Einklang mit der Ausgestaltung der Primatsrechte im CIC. Danach ist der Papst als Träger der Jurisdiktionsgewalt mit der ordentlichen Leitung der Gesamtkirche beauftragt. Der Papst ist höchster Gesetzgeber; er kann Gesetze erlassen, ändern, aufheben, davon befreien sowie Sonder- und Ausnahmerechte erlassen.1050 Der Papst ist oberster Richter,1051 genießt absolute Immunität vor gerichtlicher Verfolgung1052 und vermag kraft seines Primats jedes gerichtliche Verfahren an sich zu ziehen.1053 Gegen die Entscheidung des Papstes gibt es keine Beschwerde oder Berufung.1054 Kraft des Leitungsprimats hat der Papst die oberste Verwaltung

1047 Vgl. Bier, Rechtsstellung, 332. Aus dem Wesen des Bischofskollegiums als juristische Person folgt begriffsnotwendig auch, dass es zu bestimmten Amtshandlungen, namentlich was den Heiligungsdienst betrifft, nicht in der Lage ist. Hier kommt allenfalls eine Delegation dieser Amtshandlungen an eine natürliche Person im Wege eines kollegialen Aktes in Betracht. 1048 Diesen Umstand verkennt Bier, Rechtsstellung, 331, wenn er behauptet, das Bischofskollegium habe höchste Gewalt, weil es keine Gewalt in der Kirche gebe, die ihr übergeordnet sei. So gibt es nur gegen eine Entscheidung des Papstes keine Berufung oder Beschwerde (vgl. can. 333 § 3) und das Verbot einer Appellation an ein Ökumenisches Konzil oder das Bischofskollegium (vgl. can. 1372). Es wäre ausführlich zu erörtern, ob die genannten Regelungen für die Rechtsunterworfenen entgegen dem Wortlaut auch für einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums gelten, weil der kollegiale Akt nur durch die Gewalt des Papstes zustande kommt (vgl. can. 341). Unzweifelhaft steht dem Papst als oberstem Hirten das Recht zu, einen kollegialen Akt durch einen neuen primatialen Akt aufzuheben oder zu ändern. 1049 Vgl. cc. 1404, 1372. 1050 Vgl. cc. 291, 1196, 1698 § 2. 1051 Can. 1442. 1052 Can. 1404. 1053 Vgl. can. 1417 § 1. 1054 Cc. 333 § 3, 1629 Nr. 1, 1732.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

und Verfügung über sämtliche Kirchengüter.1055 Der Papst ernennt oder bestätigt und entlässt die Bischöfe;1056 die Bischofsweihe ist nur nach päpstlichem Auftrag gestattet.1057 Der Papst allein ernennt die Kardinäle.1058 Im Zusammenhang mit der kollegialen Ausübung seines Amtes genießt der Papst aufgrund seines Primats weitreichende Prärogativrechte.1059 Im Rahmen des Heiligungsdienstes steht allein dem Papst die gesamtkirchliche Regelung der liturgischen Ordnung zu;1060 die Einführung und verbindliche Auslegung anerkannter Sakramentalien obliegt allein dem Papst.1061 Im Rahmen des Verkündigungsdienstes besitzt der Papst als oberster Hirte und Lehrer aller Gläubigen Unfehlbarkeit im Lehramt und vermag eine unfehlbare Lehre des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes deklaratorisch zu bestätigen.1062 Sämtliche genannten Rechte sind Ausfluss der allein dem Papst zukommenden höchsten und vollen Gewalt über die Gesamtkirche, die eine spezifische eigenberechtigte und ordentliche Jurisdiktionsgewalt darstellt. (5) Die Lehre korreliert mit der völkerrechtlichen Stellung, die der Papst im Verhältnis zu den Mächten außerhalb der Kirche als societas perfecta beansprucht. So ist der Papst sowohl Oberhaupt des durch den Lateranvertrag geschaffenen Staates der Vatikanstadt als auch des davon streng zu unterscheidenden Völkerrechtssubjektes des Heiligen Stuhls.1063 Als monarchisches Oberhaupt des Vatikanstaates kommt dem Papst die Fülle der gesetzgebenden, ausführenden und richterlichen Gewalt zu.1064 Die Völkerrechtssubjektivität des Heiligen Stuhls wird vielfach gerade durch die geistliche und moralische Macht begründet, die sich in Ermahnungen, Stellungnahmen und Ansprachen des Papstes überall in der Welt niederschlägt.1065 Daher wird zur Begründung der Völkerrechtssubjektivität des Heiligen Stuhls gerade der Begriff der persönlichen Souveränität herangezogen, wonach der Heilige Stuhl nicht eine abstrahierte Verbandseinheit, sondern vielmehr durch den Papst selbst personalisiert ist.1066 1055

Can. 1273. Vgl. cc. 377 § 1, 401 § 1, 416. 1057 Can. 1013. 1058 Can. 351 § 1. 1059 Cc. 337 §§ 2, 3, 338 §§ 1, 2, 340, 341 §§ 1, 2. Vgl. Fn. 989. 1060 Can. 838 §§ 1, 2. 1061 Can. 1167 § 1. 1062 Vgl. can. 749 § 1 bzw. can. 750 § 1 i.V.m. C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 9. 1063 Vgl. Schwendenwein, Papst, 345; instruktiv Haule, Heiliger Stuhl, 100. 1064 Art. 1 GG Vat. 1065 Vgl. Casaroli, Heiliger Stuhl, 96; Haule, Heiliger Stuhl, 90 f. 1066 Vgl. Ipsen, Völkerrecht, 84. Dies entspricht auch der Legaldefinition in can. 361, wonach unter dem Begriff des Heiligen Stuhls der Papst oder Einrichtungen der Kurie gemeint sind, die ihre Rechtsgewalt auch vom Papst herleiten (vgl. can. 360). So meinen auch Hobe/ Kimminich, Völkerrecht, 154: „Im Grunde genommen handelt es sich also um die Völkerrechtssubjektivität einer Einzelperson, aber diese Einzelperson wird nicht als eine solche ge1056

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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Zwar ist die Unabhängigkeit juristischer Systeme anzuerkennen, so dass durchaus die Möglichkeit eines Auseinanderfallens von völkerrechtlicher Repräsentation und innerkirchlichem Gewaltverhältnis besteht und nicht zwingend aus der völkerrechtlichen Stellung des Papstes auf seine Stellung im Verfassungsgefüge der Kirche geschlossen werden kann. Allerdings ergibt sich letztlich die völkerrechtliche Stellung des Papstes aus seinem innerkirchlichen Jurisdiktionsprimat und seiner dadurch bedingten Höchstgewalt, die allein ihm in der Tradition der Petrusnachfolge zukommt.1067 (6) Die Lehre verstößt auch nicht gegen göttliches Recht. Dass die kollegiale Gewalt der Bischöfe über die Gesamtkirche göttlichen Rechts sei, ist kirchenrechtlich nicht vertretbar. Das ius divinum der kollegialen Gewalt kann insbesondere nicht aus der Bischofsweihe abgeleitet werden, die lediglich die Befähigung zur Amtsgewalt vermittelt.1068 Es kann auch nicht aus dem ius divinum des Bischofskollegiums abgeleitet werden. Obwohl es kanonistisch angesichts der fehlenden Erwähnung des Kollegiums in can. 113 § 11069 und der unklaren wertet, sondern nur in ihrer Stellung als Oberhaupt der katholischen Kirche.“ Nach anderer Lesart meint persönliche Souveränität die Herrschaft des Papstes über Personen im Unterschied zu einer Herrschaftsausübung über ein Territorium (vgl. Haule, Heiliger Stuhl, 92 f.). Diese Auffassung vermag sowohl angesichts der kirchenrechtlichen Regelung in cc. 361, 360 als auch aus historischen Gründen nicht zu überzeugen: Die Völkerrechtssubjektivität des Heiligen Stuhls steht in der geschichtlichen Tradition, wonach Herrschaftsverbände ihre Rechtssubjektivität allein in der Person des Souveräns erlangten (vgl. Ipsen, Völkerrecht, 84). 1067 Nicht zu überzeugen vermag der Ansatz von Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 226 ff., zwischen der nach innen gerichteten höchsten Autorität in der Kirche und der nach außen gerichteten Autorität der Kirche zu unterscheiden. Während die Kirche nach außen politischsoziologisch zu beschreiben sei, müsse sie nach innen ausschließlich theologisch verstanden werden. Die höchste Autorität der Kirche sei monarchisch, jedoch entspringe die höchste Autorität in der Kirche der „Dynamik des Geistes der Einheit“, der die „Einheit in der Vielheit“ begründe. In der von Reisinger gewählten Formulierung zeigt sich eine theologische Bildersprache, die einer rechtlichen Beschreibung des Gewaltverhältnisses von Papst und Bischofskollegium abträglich ist. Die Frage nach dem Gewaltverhältnis in der Kirche ist eine verfassungsrechtliche Frage, die mit den Kategorien des Rechts zu beschreiben und zu bestimmen ist. Das Konzil wollte gerade eine Missdeutung des Kirchenbegriffs im Sinne einer wirklichkeitsfernen Spiritualisierung verhindern und eine dialektische Verbindung des ekklesiologisch-dogmatischen und verfassungsrechtlich-soziologischen Kirchenverständnisses begründen. Daher heißt es auch in Art. 8 LG: „Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Größen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst.“ Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 227, verkennt zudem, dass der Papst allein aufgrund seines innerkirchlich begründeten Jurisdiktionsprimats auch völkerrechtlich die alleinige Vertretung der Kirche beanspruchen darf. 1068 Vgl. Brinktrine, Jurisdiktion, 316 f.; Dejaifve, Primat, 17 ff. 1069 So wird das Bischofskollegium in can. 113 § 1 CIC nicht als mit dem Charakter einer „persona moralis“ kraft göttlicher Anordnung ausgestatteter Einrichtung genannt (Vgl. Pree, MKCIC zu can. 113, Rn. 3 (33. Erg.-Lfg. 6/2000)).

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Formulierung in can. 3301070 bereits höchst zweifelhaft ist, das Bischofskollegium als Einrichtung göttlichen Rechts zu bezeichnen, so würde eine göttliche Stiftung des Kollegiums auch nicht die kollegiale Höchstgewalt begründen, sondern allenfalls eine institutionelle Bestandsgarantie bedeuten. Die konkrete Stellung des Bischofskollegiums im kirchlichen Verfassungsrecht und die Ausgestaltung der kollegialen Gewalt ist ius mere ecclesiasticum und wird nach Maßgabe der päpstlichen Kompetenz-Kompetenz bestimmt und aufgrund seiner Befugnis, die Weise der kollegialen Amtsausübung zu wählen, ausgefüllt.1071 (7) Die Lehre von der Höchstgewalt des Papstes verstößt bei der Bestimmung des richtigen Verhältnisses von primatialer und kollegialer Gewaltausübung durch den Papst auch nicht gegen das naturrechtlich verankerte Prinzip der Subsidiarität. Das Subsidiaritätsprinzip ist im Zusammenhang mit cc. 331, 336 bereits nicht anwendbar. Als sozialphilosophischer Grundsatz und nicht als bloße sachgerechte Zuständigkeitsregel in komplexen Sozialgebilden verlangt das Subsidiaritätsprinzip ein Verhältnis der Über- und Unterordnung verschiedener Sozialeinheiten. Gerade an dieser Voraussetzung fehlt es jedoch: Die Frage nach dem richtigen Verhältnis von Papst und Bischofskollegium als Verfassungsorgane im Hinblick auf die primatiale bzw. kollegiale Gewaltausübung betrifft ausschließlich die gesamtkirchliche Ebene.1072

1070 Das Bischofskollegium wird nach can. 330 zwar auf das Apostelkollegium zurückgeführt: Wie nach der Weisung des Herrn der Heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges Kollegium bilden, so seien auch in gleicher Weise der Papst als Nachfolger des Petrus und die Bischöfe als Nachfolger der Apostel untereinander verbunden. Dass die Weisung des Herrn zur Bildung eines Kollegiums über Petrus und die Apostel hinaus auch deren Nachfolgern gilt, sagt can. 330 CIC gerade nicht. Der Gesetzestext lasse mithin offen, ob und inwiefern sich das Bischofskollegium einer institutio divina verdanke (Bier, Rechtsstellung, 326). So sprach bereits Rahner, Kommentar, 225, in Bezug auf Art. 22 LG davon, dass eine explizite Aussage über das ius divinum des Bischofskollegiums vermieden, wenn auch der Sache nach gemeint gewesen sei. Rahner begründet dies mit Hinweis darauf, dass das Bischofsamt göttlichen Rechts sei; außerdem könne das Bischofkollegium andernfalls nicht die suprema et plena potestas in Ecclesiam haben, wie es das Konzil lehre. Auch nach Stoffel, MKCIC zu can. 330, Rn. 5 (14. Erg.-Lfg. 4/1991), bilde das Bischofskollegium institutione divina ein wesentliches Element der hierarchischen Verfassung der Kirche; vgl. auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 192). 1071 Vgl. cc. 333 § 2 i.V.m. 337 § 3. 1072 Die Auffassung von der kollegialen Amtsausübung des Papstes als Regelfall und die These von einer Rückbindung des Papstes bei primatialer Amtsausübung an das Bischofskollegium als Ausfluss des Subsidiaritätsprinzips lassen sich daher nicht vertreten. Das Subsidiaritätsprinzip ist innerhalb einer Gemeinschaftsebene, vorliegend auf der Ebene der Gesamtkirche, nicht anwendbar. Dies verkennt Freiling, Subsidiaritätsprinzip, 196 ff. Vielmehr hat der CIC auf der Ebene der gesamtkirchlichen Verantwortung die Zuständigkeiten und Kompetenzen von Papst und Bischofskollegium zugunsten des Papstamtes abschließend geregelt (vgl. insbesondere cc. 333 § 2, 337 § 3).

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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cc) Die Besonderheit der inadäquat verschiedenen päpstlichen Höchstgewalt Wenn von Seiten der Kanonisten vielfach vertreten wird, dass die höchste und volle Gewalt über die universale Kirche auf zwei inadäquat verschiedenen Trägern ruhe, so betont diese Auffassung eine organschaftliche und funktionsspezifische Verschiedenheit, ohne jedoch rechtlich dem Papst die alleinige Höchstgewalt abzusprechen. Zum einen vermag die Lehre von der inadäquaten Verschiedenheit die unterschiedlichen Handlungsweisen des Papstes als Verfassungsorgan zu verdeutlichen. Entweder handelt der Papst primatial oder der Papst handelt gemeinsam mit den übrigen Bischöfen kollegial durch das Bischofskollegium, dessen Haupt der Papst ist. Insoweit trägt die Lehre von der inadäquaten Verschiedenheit der Subjekte der Höchstgewalt dem Umstand Rechnung, dass nicht nur der Papst alleine, sondern auch der Papst zusammen mit den Gliedern des Bischofskollegiums Akte der Höchstgewalt setzen kann. Allerdings ist es stets die Jurisdiktionsgewalt des Papstes, die den verschiedenen Handlungsformen Gewalt verleiht.1073 Zum anderen vermag die Lehre den funktionalen Unterschied zwischen primatialer und kollegialer Ausübung der Höchstgewalt zu betonen. Dieser funktionale Unterschied ist auf die Ebene der Legitimation kirchlichen Handelns bezogen und 1073 In diesem Sinne ist can. 336 CIC zu interpretieren, wonach das Bischofskollegium mit dem Papst ebenfalls Träger höchster und voller Gewalt sei. Nur weil der Papst als persönlicher Träger voller und höchster Gewalt das Bischofskollegium wesentlich mitkonstituiert, ist dieses auch bzw. ebenfalls Träger höchster Gewalt. Dass dieser Ansatz nicht abwegig ist, ergibt sich aus den Verhandlungen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. So wurde ein Antrag von 164 Konzilsvätern, das Attribut plena im Zusammenhang mit der Kollegialgewalt des Bischofskollegiums zu streichen, damit die Gewaltenfülle des Papstes nicht in Frage gestellt werden könne, von der zuständigen Kommission mit der Begründung zurückgewiesen, dass gerade eine Streichung die Gewaltenfülle des Papstes antaste, da er ja selbst als Haupt zu diesem Kollegium gehöre („Textus agit de suprema potestate, quam tribuit collegio, una cum et Capite suo, Romano Pontifice: talis potestas necessario dicenda est plena. Per suppressionem vero propositam, ipsa plenitudo potestatis Romani Pontificis in discrimine poneretur. Collegium enim necessario et semper Caput cointelligit.“ (ModiEccl III, 81). Diese auf die Vollgewalt bezogene Argumentation gilt ebenso für die Frage der Höchstgewalt. Der Papst nimmt somit seine allein ihm zustehende Höchstgewalt mit in das Bischofskollegium hinein und verleiht dem gesamten Kollegium damit ebenfalls Höchstgewalt. Im Schrifttum findet sich vielfach das Gegenargument, dass sich bereits aus der Qualifizierung der Gewalt des Bischofskollegiums als höchste Gewalt ergebe (vgl. can. 336 HS 2), dass diese keine aus päpstlicher Vollmacht abgeleitete, delegierte Gewalt sein könne. Denn eine delegierte Gewalt sei keine Höchstgewalt (so Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 5 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Bier, Rechtsstellung, 331). Das Gegenargument überzeugt nicht, wenn angenommen wird, dass das Bischofskollegium lediglich aufgrund der unbestrittenen höchsten Gewalt des Papstes durch dessen Mitgliedschaft im Bischofskollegium ebenfalls Träger der höchsten Gewalt genannt werden kann. Der kollegiale Akt des Bischofskollegiums ist durch die Teilnahme des Papstes stets Ausfluss dessen höchster Gewalt; damit ist auch der kollegiale Akt des Kollegiums Ausfluss der höchsten Gewalt. Etwas anderes gilt auch nicht, wie bereits erörtert wurde, wenn das Bischofskollegium als eine Einrichtung göttlichen Rechts begriffen wird.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

unter dem Gesichtspunkt der Rezeption,1074 d. h. der Annahme höchstkirchlichen Amtshandelns durch die Rechtsunterworfenen (sog. acceptatio legis) von Bedeutung. Da die Exekutivgewalt der Kirche zur Durchsetzung der aufgrund ihrer Amtsautorität erlassenen Gesetze, Glaubenslehren und Befehle wesenstypisch schwach ausgestaltet ist, sind die Träger der kirchlichen Gewalt darauf angewiesen, dass ihre Erlasse von Seiten der Gläubigen als Rechtsunterworfenen einsichtig angenommen werden.1075 Das ius imperandi der Kirche findet daher vielfach seine Grenze bereits an dem bewussten und freiwilligen Gehorsam der Gläubigen. Die Ausgestaltung der päpstlichen Höchstgewalt durch ein primatiales oder kollegiales Handeln vermag daher eine gewisse rezeptions- und legitimationsspezifische Flexibilität für die Ausübung der kirchlichen Höchstgewalt zu garantieren. Insbesondere weil gegenwärtig die Ausübung der Höchstgewalt allein durch einen autoritären Einzelwillen des Papstes in zentralen Angelegenheiten der Kirche bei den Gläubigen auf Widerstand stoßen kann, weil sie sich übergangen und als bloße Rechtsunterworfene betrachtet fühlen,1076 kann es sinnvoll sein, einen wesentlichen Akt der Höchstgewalt auf den Mehrheitswillen der Bischöfe als Repräsentanten ihrer Teilkirchen zu stützen.1077 Ein durch kollegiales Handeln zustande gekommener kollegialer Akt des Bischofskollegiums, an dem auch der einzelne Bischof als Vertreter seiner Heimatdiözese beteiligt war, vermag so dem Einzelbischof selbst, hauptsächlich aber den Gläubigen in den Diözesen einsichtiger erscheinen und die Voraussetzung für die gehorsame Befolgung des kollegialen Aktes schaffen. Legitimationstheoretisch ist es jedoch allein die Gewalt des Papstes, die dieser aufgrund göttlicher Anordnung allein genießt, die das höchste kirchliche Amtshandeln rechtfertigt und die Gläubigen zu Anerkennung und Gehorsam verpflichtet. In diesem Zusammenhang ist auch auf ein soziologisches Phänomen einzugehen. Soziologisch betrachtet ist das Papsttum in seiner petrinischen Tradition vom Ursprung her eine – in den Worten Max Webers – „charismatische Herrschaft“, die durch rituelle Versachlichung des Charismas von Petrus seinen Nachfolgern im Papstamt vermittelt wurde und so durch die Schaffung einer Rechtsordnung anstelle der kontinuierlichen Neuordnung durch den Charismaträger selbst und durch den Übergang der charismatischen Jüngerschaft in einen legalen Klerikerstand „ver-

1074 Zum Rezeptionsbegriff im Kirchenrecht vgl. Potz, Geltung, 173 ff. m.w.N.; RiedelSpangenberger, Art. Rezeption, 448 ff. m.w.N. 1075 Vgl. Walf, Kirchenrecht, 26. Bertolino, Verständnis, 299, spricht in diesem Zusammenhang von der Kirche als „freiwillige Gesellschaft“. 1076 Dass die Gläubigen nicht bloß als passiv gesetzesfähige Gemeinschaft und Normunterworfene dem Willen der höchsten kirchlichen Autorität ausgeliefert seien, hebt Schulz, Rezeption, 158, hervor. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die kritischen Bemerkungen von Wolfinger, Rezeption, 561. Zur Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils für die Sicht auf die Laien als gehorchende Regierte im Sinne einer societas inaequalis vgl. Löbmann, Bedeutung, 85 f. 1077 Zum Repräsentationsbegriff und der Funktion der Repräsentation vgl. May, Demokratisierung, 95 ff. m.w.N.

2. Die Frage nach der höchsten Leitungsgewalt im CIC

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alltäglicht“ wurde.1078 Die Nachfolge fußt somit auf dem Glauben, dass das Charisma durch einen rituellen sakramentalen Akt der Händeauflegung eine übertragbare Qualität ist.1079 Trotz der beschriebenen Entpersonalisierung und Versachlichung charismatischer Herrschaft ist zu unterstreichen, dass sich die Autorität und Legitimation dieser Herrschaftsform letztlich allein auf die persönliche Hingabe an den Träger des (Amts-)Charismas stützt.1080 Das Papsttum ist somit existentiell darauf angewiesen, dass es von Seiten der Gläubigen in seiner besonderen charismatischen Autorität anerkannt wird und so Folgsamkeit erwarten kann. Versuche, zu denen auch die Infragestellung der Höchstgewalt des Papstes zählen, das Charisma des Papstes, das seine Grundlegung in dem Stifterwillen Jesu Christi hat, zu schmälern, können die Legitimation päpstlichen Amtshandelns und damit die Einheit und den Bestand der Kirche nachhaltig gefährden. Eine „Entzauberung“ und Entsakralisierung der monarchischen Papstgewalt im Namen eines konziliaren Rationalisierungsund Demokratisierungsprozesses verstößt somit gegen das Wesen und die tradierte Bestimmung der Kirche. Die hier vertretene kirchenrechtliche Auffassung von der alleinigen Höchstgewalt des Papstes über die Gesamtkirche muss namentlich gegenüber jenen im Schrifttum verteidigt werden, die eine Zentrierung und Überhöhung des Papstamtes im kirchlichen Verfassungsrecht als mit der Lehre von der communio-Struktur und der Kollegialität der Bischöfe durch das Zweite Vatikanum unvereinbar und daher als überholt erachten.1081 Hiergegen sind bereits grundsätzliche Einwände anzuführen: Erstens muss auf das Nebeneinander der communio-Struktur der Kirche und das tradierte Verständnis der Kirche als societas perfecta hingewiesen werden.1082 Es besteht jedoch gegenwärtig der Eindruck, als solle allein der viel beschworene „Geist des Konzils“ in seiner einseitig wahrgenommenen „progressiven“ und pro-episkopalen Tendenz zu einem historisch-kritischen Autoritätsargument etabliert werden.1083 Das Konzil wird so einer tendenziösen und alles zu lösenden Auslegungshilfe des CIC stilisiert.1084 Zweitens ist die interpretatorische Relevanz der Konzilsdokumente für die – bloß subsidiäre – Auslegung des kirchlichen Rechts gering und verbietet sich aufgrund 1078 Vgl. Weber, Herrschaft, 223 ff. Weber definiert in seiner Herrschaftssoziologie den Begriff der Herrschaft als „die Chance, Gehorsam für einen bestimmten Befehl zu finden.“ (ebd., 217). Herrschaft beruhe auf verschiedenen Motiven der Fügsamkeit. In diesem Zusammenhang klassifiziert Weber drei reine Typen legitimer Herrschaft: die legale Herrschaft kraft Gesetzes, die traditionelle Herrschaft kraft Glaubens an die Heiligkeit der tradierten Ordnung und die charismatische Herrschaft (ebd., 217 ff.). 1079 Vgl. ebd., 225. 1080 Vgl. ebd., 221. 1081 So aber Stoffel, MKCIC zu can. 336, Rn. 6 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Feliciani, Le basi, 86; Ries, Amt, 317 f. 1082 Vgl. L. Müller, Societas-Perfecta-Lehre, 265 ff. m.w.N. Siehe ausführlich Kap. III.3.b). 1083 Vgl. Lüdecke, Codex, 210; ders., Rezeption, 51. 1084 Vgl. ebd., 62.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

einer eindeutigen philologischen Gesetzesauslegung zur Gewaltenfrage. So hat die Rechtsauslegung in strikter Bindung an den Wortlaut zu erfolgen. Erst wenn das Gesetz unklar bleibt, können andere Auslegungsregeln Berücksichtigung finden.1085 Eine vermeintliche Allverbindlichkeit des Konzils folgt auch nicht aus der Qualifizierung der Konzilstexte als Verfassungsrecht, das einen Vorrang gegenüber allen anderen kirchlichen Gesetzen und Verwaltungsakten beanspruchen könnte.1086 Nicht zu überzeugen vermag auch der Ansatz, zwar kirchenrechtlich-soziologisch die Höchstgewalt des Papstes anzuerkennen, allerdings theologisch, d. h. ekklesiologisch-dogmatisch das Bischofskollegium als Subjekt der Höchstgewalt zu benennen.1087 Bereits das Zweite Vatikanische Konzil ist der Trennung in ein soziologisches und ein theologisches Kirchenverständnis angesichts der Gefahr einer wirklichkeitsfernen Spiritualisierung der Kirche entgegengetreten, indem es die Kirche als eine „komplexe Wirklichkeit“ beschrieben hat, die mit hierarchischen Organen und einem mystischen Leib ausgestattet ist und die nicht als zwei verschiedene Größen betrachtet werden darf.1088 Wenn jedoch das geltende Kirchenrecht durch die höchste Autorität des kirchlichen Gesetzgebers legitimiert und in Umsetzung der Lehrtradition der Kirche die verfassungsrechtliche Frage nach der Höchstgewalt in der Kirche zugunsten des Papstamtes regelt, dann bildet dies die verbindliche Grundlage, aber gleichsam auch die Grenze theologischer Interpretation. Der Codex manifestiert eine bestimmte Ekklesiologie, an der sich theologisch

1085 Dies ist herrschende Lehre innerhalb der Kanonistik. Die Rangfolge der Interpretationsregeln folgt aus can. 17 CIC. Siehe zum Ganzen Kap. III.2.a). Ausdrücklich daher auch Lüdecke, Codex, 221: „Ist dieser [der Wortlaut] klar, ist Kanonisten die Anwendung außergesetzlicher Interpretationsmittel, wie Konzilkonformität, ökumenische Offenheit, bestimmte ,Communio‘-Konzeptionen oder auch der sog ,Geist‘ des Konzils untersagt.“ 1086 So aber Hünermann, Text, 12, der den Konzilstexten „eine gewisse Ähnlichkeit mit Verfassungstexten“ bescheinigt. Hilberath, Codex, 41, nennt die Konzilstexte „eine Art constituante de la foi oder de l‘église“. Hünermann, Hermeneutik, 442, misst den Konzilstexten einen „Vorrang gegenüber autoritativen Weisungen und Verlautbarungen […] der Kirche“ bei. Dagegen wendet sich dezidiert Lüdecke, Rezeption, 62 f., und stellt klar, dass die behauptete Geltungsmacht der Texte nicht besteht. Auch Papst Benedikt XVI. hat sich unmissverständlich über ein falsches Verständnis des Konzils geäußert, das als verfassunggebende Versammlung fehlinterpretiert werde: „Die Hermeneutik der Diskontinuität birgt das Risiko eines Bruches zwischen vorkonziliarer und nachkonziliarer Kirche in sich. […] Damit mißversteht man jedoch bereits im Ansatz die Natur eines Konzils als solchem. Es wird so als eine Art verfassunggebende Versammlung betrachtet, die eine alte Verfassung außer Kraft setzt und eine neue schafft. Eine verfassunggebende Versammlung braucht jedoch einen Auftraggeber und muß dann von diesem Auftraggeber, also vom Volk, dem die Verfassung dienen soll, ratifiziert werden. Die Konzilsväter besaßen keinen derartigen Auftrag, und niemand hatte ihnen jemals einen solchen Auftrag gegeben; es konnte ihn auch niemand geben, weil die eigentliche Kirchenverfassung vom Herrn kommt.“ (Benedikt XVI., Ansprache an das Kardinalskollegium und die Mitglieder der Römischen Kurie beim Weihnachtsempfang vom 22. 12. 2005). 1087 So aber insbesondere Wiedenhofer, Kirchenverständnis, 355; Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 222 f., 217 ff. 1088 Vgl. Art. 8 LG. Siehe auch den Wortlaut in Fn. 1067.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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zu orientieren ist.1089 Das Kirchenrecht darf weder als quantité négligeable übergangen noch bis zur Unkenntlichkeit „dynamisch“ ausgehöhlt werden.1090 Die hier vorgelegte Auffassung leugnet nicht die theologische Grundlegung des kirchlichen Rechts. Es wird vielmehr betont, dass gerade aufgrund der theologischen und „ekklesiologischen Tiefenstruktur“1091 des kirchlichen Verfassungsrechts die Auslegung des Codex auch für die Theologie maßgeblich ist. Wenn die Theologie in Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils die Kollegialität der Bischöfe und die communioStruktur der Kirche hervorhebt, dann hat sie aufgrund kirchenrechtlicher Vorgaben zu bekennen, dass diese communio-Struktur rechtlich eine communio hierarchica mit pyramidalem Aufbau ist, an deren Spitze der Papst als verfassungsrechtliches Subjekt der Höchstgewalt steht.1092 Diese kanonistischen Vorgaben, die die entscheidende rechtliche Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils darstellen und – das ist hervorzuheben – in einer nicht einseitig-isolierten und geschichtsvergessenen Weise die tradierte Lehre der Kirche berücksichtigen, sind als maßgebliche Interpretation des Konzils von Seiten der Theologie anzuerkennen.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit Die vorliegende Arbeit will jedoch nicht bei der theoretischen verfassungsrechtlichen Frage nach der Höchstgewalt verharren, sondern für den verfassungsrechtlichen Konfliktfall aufzeigen, welche konkreten Auswirkungen die unterschiedlichen Lehren von der Höchstgewalt für die Verfassungswirklichkeit der Kirche haben und kanonistische Lösungsansätze aufzeigen.

1089

Vgl. Lüdecke, Rezeption, 47 f., 55. Vgl. in diesem Zusammenhang die deutliche Kritik von Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache an die Römische Rota vom 22. 01. 2012 an einer falsch verstandenen hermeneutischen Gesetzesauslegung. Darin weist Papst Benedikt XVI. die gegenwärtig vielfach postulierte und praktizierte dynamische Gesetzesinterpretation zurück, die einen mit den theologischen Grundlagen besser in Einklang stehenden Zugang erlaube und so jedoch zu einer gewissen „juridischen Kreativität“ führe. Es fehle an einem Bewusstsein für das objektive Recht, welches durch die dynamische Auslegung zum Spielball von Überlegungen werde, die den Anspruch erhöben, theologisch oder pastoral zu sein, am Ende jedoch der Gefahr der Willkür ausgesetzt seien. Im Grunde bestehe kein Interesse daran, die Gesetzesweisung zu verstehen, da sie jeder Lösung dynamisch angepasst werden könne, auch wenn diese dem Buchstaben des Gesetzes widerspreche. (vgl. Ansprache Papst Benedikt XVI. zur Eröffnung des Gerichtsjahres der Römischen Rota am 22. 1. 2012). So beschreibt auch Lüdecke, Codex, 67, das Selbstverständnis eines korrekten Kanonisten, der die Auffassung des Lehramtes und des Gesetzgebers ernst nimmt und sich der weit verbreiteten „Methode der Progressivität“ entzieht, sie im Sinne persönlich geschätzter theologischer Ansätze umzubiegen. 1091 Lüdecke, Rezeption, 55. 1092 So meint auch Lüdecke, ebd., 57, dass die Bezeichnung der Kirche als communio ohne die Beifügung hierarchica als differentia specifica in rechtlicher Sicht eine irreführende Leerformel bleibe. 1090

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

a) Der häretische Papst aa) Häresie im CIC Unter Häresie versteht can. 751 die nach Empfang der Taufe erfolgte beharrliche Leugnung einer kraft göttlichen und katholischen Glaubens zu glaubenden Wahrheit oder einen beharrlichen Zweifel an einer solchen Glaubenswahrheit.1093 Häresie liegt also vor bei einem öffentlichen und offiziellen Bekenntnis, das gegen eine göttlich geoffenbarte Wahrheit, die die Kirche in unfehlbarer Weise lehrt, verstößt.1094 Geheime Häresie oder Häresieverdacht reichen nicht aus. Nicht bereits das Infragestellen von Glaubenswahrheiten an sich erfüllt den Tatbestand; entscheidend ist vielmehr die schuldhafte und hartnäckige Beharrlichkeit, mit der bestimmte Glaubenswahrheiten bewusst aus dem Glauben der Kirche ausgeklammert werden.1095 Dass auch ein Papst häretisch werden kann, wird gegenwärtig theologisch anerkannt.1096 Darin wird nach herrschender Auffassung kein Widerspruch zur Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit gesehen. Wenn der Papst mit letzter Verbindlichkeit unter Berufung auf seine Unfehlbarkeit etwas zu glauben vorschreibe, was dem Glauben der Kirche widerspreche, dann verkünde der Papst kein Dogma, sondern entferne sich von der Kirche und werde häretisch.1097

1093 „Dicitur haeresis, pertinax, post receptum baptismum, alicuius veritatis divina et catholica credendae denegatio, aut de eadem pertinax dubitatio“. Vgl. ausführlich zum kirchenrechtlichen Häresie-Begriff Rees, Art. Häresie, 211 ff.; Gerosa, Schisma, 206 ff.; Reinhardt, Häresiebegriff, 422 ff. 1094 Ebd., 416; Vgl. Socha, MKCIC zu can. 194, Rn. 3 (8. Erg.-Lfg. 8/1988). 1095 Vgl. Mussinghoff, MKCIC zu can. 751, Rn. 2 (30. Erg.-Lfg. 12/1998). 1096 Kirchengeschichtlich wird vielfach der Fall Papst Honorius I. (625 – 638) als papa haereticus erwähnt. Dieser wurde wegen seiner Ansicht über die Energien in Christus durch das dritte Konzil von Konstantinopel in seiner 13. Sitzung vom 28.03.681 mit dem Anathema belegt (vgl. DH 550). Unumstritten ist die Ansicht, Honorius sei ein Häretiker, jedoch nicht. So wird die entsprechende Verurteilung für unmöglich gehalten, als Fälschung angesehen oder nicht als Glaubensurteil, sondern als Disziplinarmaßnahme interpretiert (vgl. Kreuzer, Art. Honorius I., 267 f. m.w.N.; ausführlicher zu dem Fall auch bei Küng, Strukturen, 237 f.). Heftig umstritten ist auch der Fall Papst Johannes XXII. (1316 – 1334), dessen Ansicht über die erst nach dem Endgericht mögliche Anschauung Gottes für häretisch gehalten wurde (vgl. Vones, Art. Johannes XXII., 951; Küng, Strukturen, 238) Vgl. in historischer Perspektive auch Bacht, Primat, 1456, und Granfield, Papsttum, 216 ff. Die Möglichkeit eines häretischen Papstes sehen auch Beinert, Kirchenbilder, 87; Hünermann, Bischof, 150; ders., Petrusdienst, 97; Schatz, Gedanken, 39 f. 1097 Neuner, Primat, 91. Ebenso Ries, Amt, 347; dies., Petrusdienst, 107. Auch für Krämer, Kirchenrecht II, 104, steht die Rechtsfigur des papa haereticus im Einklang mit der Unfehlbarkeitslehre des Ersten Vatikanischen Konzils. Schließlich besage die Unfehlbarkeitslehre, dass der Papst den Glauben der Kirche, der als ganzer die Unfehlbarkeit zu eigen sei, zum Ausdruck bringe, nicht aber, dass sich der Papst unter Berufung auf seine Unfehlbarkeit von eben diesem Glauben entfernen könne (vgl. auch Krämer, Universales Recht, 59 f.) Dieser Ansicht ist auch Kasper, Dienst, 98 f.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

221

Auch im kanonischen Schrifttum wird an der Rechtsfigur des papa haereticus festgehalten.1098 Der Fall eines häretischen Papstes wird zwar für unwahrscheinlich, aber durchaus nicht nur für eine bloß hypothetische Frage gehalten.1099 Allerdings trifft auch die Einschätzung zu, dass diese mehrheitlich akademisch diskutierte Frage gegenwärtig fast ganz aus dem Rechtsbewusstsein der Kirche verschwunden ist und daher nur vereinzelt in den kirchenrechtlichen Lehrbüchern behandelt wird.1100 In verfassungsrechtlicher Hinsicht wirft die Rechtsfigur des häretischen Papstes ein scheinbar unauflösbares Problem auf. Es geht dabei um die Frage, wie sich der verfassungsrechtliche Grundsatz des päpstlichen Jurisdiktionsprimats und seiner absoluten Immunität gegenüber dem kirchenrechtlichen Grundsatz verhält, einen die Glaubens- und Kircheneinheit gefährdenden häretischen Amtsträger aus seinem Amt zu entfernen. Zunächst ist festzustellen, dass der geltende Codex die Rechtsfigur des häretischen Papstes explizit nicht regelt. Namentlich hat auch der neue Codex den in can. 1404 übernommenen Rechtssatz „prima sedes a nemine iudicatur“ ohne den dem Decretum Gratiani entnommenen Nachsatz „nisi deprehendatur a fide devius“ festgeschrieben.1101 Diese sog. Häresieklausel fehlte auch schon in can. 1556 CIC/ 1917. Diese Auslassung kann daher als bewusste gesetzgeberische Entscheidung interpretiert werden, den Fall eines papa haereticus zugunsten des Vorrangs der päpstlichen Immunität zu entscheiden.1102 Zwingend ist diese Auffassung jedoch insbesondere dann nicht, wenn die innere Grenze des Rechtssatzes berücksichtigt wird oder die allgemeinen Normen des kirchlichen Gesetzbuches eine Lösung vorsehen.1103 Als Rechtsfolge zieht sich ein Häretiker gem. can. 1364 § 1 die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Die Norm verweist auf can. 194 § 1 Nr. 2, wonach ein Häretiker von Rechts wegen seines Kirchenamtes enthoben wird. Das Amt wird damit rechtlich vakant. Dies gilt in Ermangelung spezieller Vorschriften grundsätzlich auch 1098

Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 205; Krämer, Kirchenrecht II, 103 f.; Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 11 (43. Lfg. 1/2008); d’Ostilio, Pronuario, 178; Ries, Amt, 347 ff.; dies., Papst, 186, Graulich, Vakanz, 80 f.; Granfield, Papsttum, 212 ff.; ders., Limits, 71 ff. Vgl. auch die nach Abschluss dieser Arbeit erschienene Monographie von G. Müller, Sedes, 65 ff., 102 ff. 1099 So Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 11 (43. Lfg. 1/2008); Neuner, Primat, 234; Rahner, Kommentar LG, 226. Vor allem warne die Kirchengeschichte vor einem vermessenen Vertrauen auf Gottes Vorsehung (Küng, Strukturen, 237). 1100 Vgl. Prügl, Häretischer Papst, 215. 1101 Diese sog. Häresieklausel wurde so verstanden, dass der Papst nicht gegen den Glauben verstoßen durfte. Offenkundige Häresie galt in allen dekretistischen Äußerungen als Grund für die Absetzbarkeit des Papstes (vgl. Schneider, Konziliarismus, 244, auch zur Geschichte der Interpretationsbemühungen insgesamt; vgl. auch Aimone, Prima sedes, 4152 ff.). 1102 Vgl. Ries, Amt, 351. 1103 Vgl. Granfield, Limits, 71; Ries, Papst, 192. Auf die inneren Grenzen des Rechtssatzes verweist Klausnitzer, Primat, 211.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

für das Papstamt.1104 Schwierigkeiten bereitet jedoch die Regelung des can. 194 § 2. Danach kann der durch can. 194 § 1 Nr. 2 begründete Amtsverlust nur geltend gemacht werden, wenn er aufgrund einer Erklärung der zuständigen Autorität feststeht.1105 Es ist also ein Feststellungsurteil der zuständigen Autorität erforderlich. Bei der Feststellung der Häresie handelt es sich jedoch nicht um einen konstitutiven, sondern einen rein deklaratorischen Rechtsakt. Die Rechtswirkung des Amtsverlustes ist damit materiell-rechtlich bereits grundsätzlich vor dem feststellenden Rechtsakt eingetreten, indem der Papst den Tatbestand der Häresie verwirklicht hat. Mit der rein deklaratorisch wirkenden sententia declaratoria wird lediglich das neue Rechtsverhältnis nach außen klargestellt.1106 Während die Amtsenthebung dem Grunde nach mit der Erfüllung des Häresie-Tatbestandes selbsttätig eintritt, ist sie erst rechtlich urgierbar, wenn sie durch amtliche Erklärung feststeht.1107 Die Funktion des Feststellungsurteils besteht in der Schaffung von Rechtsklarheit im Hinblick auf die Verwirklichung des Häresie-Tatbestandes durch den Amtsträger und ermöglicht damit erst die Durchsetzung der materiell-rechtlich bestehenden Rechtslage. Damit ist die Feststellungserklärung keinesfalls entbehrlich. Da die Feststellung von der zuständigen Autorität erklärt werden muss, kommt im Falle des häretischen Papstes nur ein Träger höchster kirchlicher Leitungsgewalt in Betracht. Daher wird an dieser Stelle die Frage nach dem Subjekt der höchsten Gewalt in der Kirche praktisch relevant. Die abzulehnenden Lehren des Konziliarismus würden aufgrund der statuierten Höchstgewalt des Konzils zu dem Ergebnis gelangen, dass ein mehrheitlich gefasster Konzilsbeschluss der versammelten Bischöfe ein Feststellungsurteil vornehmen und

1104 Allerdings benennen die gesichteten Lehrbücher zum geltenden Recht nur die beiden im Codex tradierten Umstände für den Eintritt der Sedisvakanz: der Tod als der reguläre, jedoch nicht explizit im CIC erwähnte Fall der Begründung der Sedisvakanz bzw. der in can. 333 § 2 erwähnte Amtsverzicht des Papstes. Dass diese Aufzählung nicht vollständig ist, folgt einerseits aus dem Fehlen eines abschließenden Canons über die eine Sedisvakanz begründenden Fälle und andererseits aus der Formulierung in can. 335 § 1, der abstrakt-generell den unbestimmten Rechtsbegriff der Vakanz verwendet. Dass weitere Fälle denkbar sind, die die Vakanz auszulösen geeignet sind, legt auch die Apostolische Konstitution „Universi Dominici Gregis“ von Papst Johannes Paul II. vom 22. 2. 1996 über die Vakanz des apostolischen Stuhles und die Wahl des Papstes nahe. Diese Konstitution konkretisiert die Regelungen zur Papstwahl nach Maßgabe des can. 335 HS 2. In der Einleitung heißt es: „In diesem Sinne erlasse ich diese Apostolische Konstitution, in der die Normen enthalten sind, an die sich im Falle der Vakanz des Apostolischen Stuhles, aus welchem Grund oder Umstand auch immer, die Kardinäle streng halten müssen, die das verpflichtende Recht besitzen, den Nachfolger Petri zu wählen.“ Papst Johannes Paul II. lässt die Gründe, die zum Eintritt der Vakanz führen können, offen und unbestimmt und sichert so den größtmöglichen Handlungsspielraum für die Kirche. 1105 „Amotio, de qua in nn. 2 et 3, urgeri tantum potest, si de eadem auctoritatis competentis declaratione constet.“ 1106 Vgl. Klausnitzer, Primat, 210; Küng, Strukturen, 243 f. 1107 Socha, MKCIC zu can. 194, Rn. 5 (8. Erg.-Lfg. 8/1988).

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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damit den Amtsverlust des Papstes herbeiführen kann.1108 Die auf dem Konzil versammelten Bischöfe wären damit zuständige Autorität im Sinne von can. 194 § 2 CIC. Die Vertreter, die den Papst als alleinigen Träger der höchsten kirchlichen Leitungsgewalt ansehen, kommen an der Form- und Verfahrensvorschrift des can. 194 § 2 nicht vorbei. Da der Papst selbst Subjekt der höchsten kirchlichen Gewalt ist, gibt es keine von ihm verschiedene höhere Autorität, die eine tatbestandliche Verwirklichung der Häresie deklaratorisch feststellen dürfte.1109 Die Vorschrift des can. 194 § 2 wäre demnach mit Blick auf die dogmatischen Festlegungen des Ersten Vatikanums über den päpstlichen Primat zugunsten des Vorrangs der Unantastbarkeit des päpstlichen Amtes getroffen worden.1110 Für diese Sichtweise spricht nunmehr auch der klare Wortlaut des can. 1404, der eine uneingeschränkte Immunität des Papstes begründet.1111 Demnach wäre ein legaler Weg zur Beseitigung eines häretischen Papstes versperrt. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob die Lehre, nach der das Bischofskollegium mit und unter dem Papst als dessen Haupt einziger kirchlicher Höchstträger sei, zu einer anderen Auffassung gelangt. Wie bereits dargelegt, wird nach dieser Lehre der Jurisdiktionsprimat des Papstes stets im Hinblick auf seine spezifische Stellung als Haupt des Bischofskollegiums als eine Gewalt in und für die Kirche, für den Erhalt, die Förderung und den Schutz ihrer Einheit gesehen. Haupt und Glieder des Bischofskollegiums stehen in komplementärer Bezogenheit, in einer sich gegenseitig ergänzenden Einheit.1112 Insoweit würde ein häretischer Papst als Exkommunizierter nicht länger in voller Gemeinschaft mit der Kirche und somit folglich auch nicht mehr in hierarchischer Gemeinschaft mit der ganzen Kirche stehen,1113 weshalb er auch nicht mehr Mitglied des Bischofskollegiums wäre. Angesichts der spezifischen Stellung des Papstes als Haupt des Bischofskollegiums 1108 Nach wie vor von beispielhafter Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Dekret „Haec sancta“ vom 06. 04. 1415 des Konzils von Konstanz, das in der damaligen Situation von drei „Päpsten“ die Überordnung des Konzils über diese Päpste erklärte und auf dieser Grundlage das Schisma beendete. Jenseits der Frage nach dem dogmatischen oder kirchenrechtlichen Charakter des Dekrets (vgl. dazu grundlegend Schneider, Konziliarismus) wurde und wird es noch heute als Notstandstheorie befürwortet (Jedin, Bischöfliches Konzil, 11 f.; vgl. zum Ganzen Schneider, Konziliarismus, 232 f. m.w.N.; Brandmüller, Haec Sancta, 225 ff., insbesondere 238 f.; Klausnitzer, Primat, 246 f. m.w.N.). Nach Schatz, Gedanken, 41, sei dies in der damaligen Situation das einzige Mittel gewesen, die Einheit der Kirche und gerade die Fortdauer des Papstamtes zu retten. Darum sei dieses Dekret auch gegenwärtig ein Modell für Extremsituationen eines radikalen Versagens des Papsttums, auch im Falle eines häretischen Papstes. 1109 Ries, Papst, 191, konzediert daher angesichts der Formulierung in can. 194 § 2 für den Fall des häretischen Papstes eine durch den Codex nicht aufhebbare Spannung. 1110 Vgl. Schneider, Konzilsrecht, 284. 1111 So auch Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 11 (43. Lfg. 1/2008). 1112 Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 261. 1113 Vgl. cc. 149 § 1 i.V.m. 205.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

kann dieser, weil er nicht mehr Mitglied des Bischofskollegiums ist, damit auch nicht mehr dessen Haupt und folglich auch nicht mehr Papst sein.1114 Dem Bischofskollegium als dem eigentlichen Träger der kirchlichen Höchstgewalt fehlte nunmehr dessen Haupt; es wäre defizitär. Dies spräche nach dieser Lehre dafür, das Bischofskollegium ohne Papst als zuständige Autorität i.S.v. can. 194 § 2 anzusehen, um eine Häresie festzustellen und damit die Amtsenthebung des Papstes zu vollziehen.1115 Dennoch vermag auch diese Lehre nicht die Spannung aufzulösen, die durch den Grundsatz begründet ist, dass das Bischofskollegium letztlich niemals ohne den Papst Träger der kirchlichen Höchstgewalt ist und damit Entscheidungsgewalt hat.1116 Im Ergebnis wird daher auch die Lehre von der inadäquaten Verschiedenheit der päpstlichen Höchstgewalt angesichts der Abhängigkeit des Bischofskollegiums von der Mitwirkungsobliegenheit des Papstes kein Feststellungsurteil ohne Beteiligung des Papstes anerkennen können. bb) Der papa haereticus im kanonistischen Schrifttum Unabhängig von den vorgetragenen grundsätzlichen Erwägungen, die sich ausnahmslos an der Frage nach dem Subjekt der Höchstgewalt orientierten, vermögen die in der Literatur gesichteten Vorschläge zum Umgang mit einem häretischen Papst nicht zu überzeugen. Hier lassen sich drei Auffassungen unterscheiden:

1114 Als Häretiker sei der Papst nicht länger membrum der Kirche, weshalb er auch nicht länger caput der Kirche sein könne (Küng, Strukturen, 238). Dieser Ansicht ist auch Klausnitzer, Primat, 210. Bei Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 261, heißt es: „Ein Haupt des Bischofskollegiums, das sich von den Gliedern desselben trennt und abzukoppeln vermag, wäre nicht mehr Haupt dieses Kollegiums.“ 1115 Im Ergebnis so auch Hünermann, Petrusdienst, 97; ders., Bischof, 150; Küng, Strukturen, 242 ff. So behauptet Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 261, dass die höchste Autorität nicht nur dort missbraucht werde, wo sie gegen göttliches Recht verstoße, sondern auch dort, wo sie die Einheit der Kirche aufs Spiel zu setzen bereit sei. Nach dieser Ansicht kann aus der akuten Bedrohung, die ein häretischer Papst für die Glaubenseinheit und damit den Bestand der Kirche darstellt, konsequent weitergedacht wohl eine Handlungspflicht der übrigen Mitglieder des Bischofskollegiums abgeleitet werden, um die Handlungsfähigkeit der höchsten Autorität der Kirche wiederherzustellen. 1116 Vgl. can. 336 HS 2. So heißt es auch schon in Nr. 4 NEP: „Wenn die Tätigkeit des Hauptes ausfällt, können die Bischöfe als Kollegium nicht handeln.“ Auch Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 2 (43. Lfg. 1/2008), hebt hervor, dass das Bischofskollegium ohne den Papst als dessen Haupt nicht über höchste Gewalt verfüge. Auf dieses Problem verweist auch Klausnitzer, Primat, 211. Daher bekräftigt Rahner, dass es keine Instanz auf der Welt gebe, die als höhere Instanz eine päpstliche Maßnahme im Einzelfall für unzulässig erklären könnte; die Urteile des höchsten Stuhles unterlägen gerade keiner irdischen Nachprüfung autorativer Art (Rahner, Episkopat und Primat, 35).

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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(1) Zu einfach machen es sich die Vertreter, die auf eine providentia dei als göttliche Vorsehung hoffen, die den Papst sterben lasse,1117 oder im Vertrauen auf die Wirkkraft des Heiligen Geistes ein Notstandsrecht gegen einen häretischen Papst von vornherein ablehnen.1118 Aus kirchenrechtlicher Perspektive wird der Standpunkt vertreten, dass aufgrund des päpstlichen Jurisdiktionsprimats und der absoluten Immunität, die in can. 1404 zum Ausdruck kommt, keine menschliche Instanz über einen häretischen Papst urteilen könne. Mit rechtlichen Mitteln sei dieser Fall daher nicht zu lösen.1119 (2) Vereinzelt wird im Schrifttum ein Amtsverlust kraft göttlichen Rechts vorgeschlagen. Dies wird mit dem Hinweis auf das Johanneswort gestützt: „Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.“1120 Vielfach wird hingegen vertreten, dass ein hä1117

Zu dieser nur noch kirchengeschichtlich bemerkenswerten Position vgl. Prügl, Häretischer Papst, 203. 1118 So behauptet Rahner, Kommentar LG, 228: „Gegen solches Tun verlangt der Katholik keine einklagbare rechtliche Norm mehr, sondern vertraut auf die Macht der Gnade und des Geistes Gottes in der Kirche.“ Dies entspricht Rahners grundsätzlicher These, dass ein Widerstandsrecht die Kirche in ihrer Konkretheit aufhebe. Aus diesem Grunde gebe und dürfe es auch kein Notstandsrecht geben. Dieses müsse es aber auch nicht geben, da der Kirche der Beistand des Heiligen Geistes verheißen sei. (Rahner, Episkopat und Primat, 35). Insbesondere das pneumatologische und überrechtliche Element der Argumentation Rahners vom Vertrauen in ein außerordentliches Eingreifen des Heiligen Geistes kann aus einer kirchenrechtlichen Perspektive keinen Bestand haben. Dennoch haben sich dieser Ansicht auch namhafte Kanonisten angeschlossen (vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 205; Lüdecke/Bier, Kirchenrecht, 116). Die schon in Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 499, fehlende Besprechung der rechtlichen Konsequenzen eines häretischen Papstes kritisiert May, Rezension, 274. Eine solche mit Blick in die Kirchengeschichte „vermessen“ (Küng, Strukturen, 237) anmutende Theologisierung des Kirchenrechts ist nicht geeignet, die konkreten verfassungsrechtlichen Probleme der als societas verfassten Kirche in der Welt zu lösen. So heißt es ebd., 243, dass es doch gerade im Sinne des Herrn liegen könne, dass die Kirche unter dem Beistand des ihr verheißenen Heiligen Geistes diese Situation durch eigene Entscheidung bewältige. Auch Schatz, Gedanken, 41, bezeichnet ein bloßes Vertrauen auf Gebet und das Vertrauen auf die göttliche Vorsehung als einen „wenig überzeugende[n] Irrationalismus“. 1119 Bier, MKCIC zu can. 332, Rn. 11 (43. Lfg. 1/2008). Aus dem Amt, das der Papst durch missio divina erhalte, könne er nicht von Menschen abberufen werden. Dieser Ansicht ist auch Schneider, Konzilsrecht, 284: Ein Notrecht des Episkopates sei seit den dogmatischen Festlegungen des Ersten Vatikanischen Konzils über den päpstlichen Primat ausgeschlossen. Nach der Ansicht Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 205, würde jede andere Lösung die primatiale Höchstgewalt aushöhlen. Auch konstatiert Neuner, Primat, 91, dass es im Kirchenrecht keine Instanz gebe, um die Häresie des Papstes festzustellen und die nötigen Schritte zu übernehmen, weshalb das Recht einen Aufholbedarf gegenüber der Dogmatik habe. Auch für Granfield, Limits, 72, gibt es keine Norm, die eine päpstliche Amtsenthebung regelt. Daher meint er: „In the unhappy event that a future Pope would fall into heresy, the Church, under the guidance of the Spirit, would have to deal with the situation in a manner that is most beneficial to ecclesial unity and good order.“ (ebd., 72 f.) 1120 Joh. 3, 18. Vgl. dazu Granfield, Papsttum, 218. Die Auffassung, dass das Papstamt in dem Falle von selbst erledigt sei, wurde bereits unter Geltung des CIC/1917 von Hollweck und Hergenröther vertreten (vgl. Hollweck/Hergenröther, Lehrbuch, 267).

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

retischer Papst ipso facto abgesetzt sei.1121 Eine Absetzung im rechtstechnischen Sinne kommt hingegen nach dem geltenden CIC bereits deshalb nicht in Betracht, weil can. 196 § 1 die Absetzung nur als Strafmaßnahme für ein strafrechtlich zurechenbares Verhalten des Amtsinhabers kennt. Die Absetzung hat daher stets den Charakter einer durch hoheitlichen Spruch zu verhängenden Sühnestrafe.1122 Vielmehr müsste rechtsterminologisch korrekt von einem automatischen Amtsverlust gesprochen werden.1123 Der ipso facto eintretende Amtsverlust eines papa haereticus verkennt jedoch die Anforderungen des formellen Rechts, wonach in can. 194 § 2 ausdrücklich ein Feststellungsurteil über die tatbestandliche Verwirklichung der Häresie verlangt wird.1124 Ein weiteres Defizit dieser Auffassung besteht darin, dass ein automatischer Amtsverlust verfahrensrechtliche Unklarheiten im Hinblick auf den konkreten Zeitpunkt der Vakanz und damit gravierende Unsicherheiten in der Kirchenleitung stiftet.1125 (3) Soweit in der Literatur in Übereinstimmung mit der Regelung des can. 194 § 2 ein Feststellungsurteil gefordert wird, kann dies nicht überzeugend dargelegt 1121 Krämer, Kirchenrecht II, 104; Neuner, Primat, 91; Kasper, Dienst, 98; Klausnitzer, Primat, 210. Diese Auffassung hat eine lange Tradition in der Kirchengeschichte. Schon Bellarmin, Summo Pontifice, 418 b, ging davon aus, dass sich der offenkundig häretische Papst von der Kirche getrennt hat und daher von selbst aufhört, Papst zu sein: „non potest esse caput id quod non est membrum“. Zu den in der Kirchengeschichte vertretenen Positionen von Bellarmin und Suarez vgl. auch Küng, Strukturen, 238 f. Auch unter der Geltung des CIC/1917 betonten Wernz/Vidal, Ius, 437 f.: „Per haeresim notoriam et palam divulgatam R. Pontifex, si in illam incidat, ipso facto etiam ante omnem sententiam declaratoriam Ecclesiae sua potestate iurisdictionis privatus existit.“ [Eigene Übersetzung: „Wenn der R. Pontifex in offenkundige und ganz unverhüllte Häresie verfällt, ist er durch diese Tatsache selbst auch ohne jeden klarstellenden Richtspruch der Kirche seiner eigenen Gewalt über die Rechtsprechung enthoben.“]. Nach v. Kienitz, Gestalt, 90, sei der Papst von dem Tage einer erklärten Häresie an rechtlich „gestorben“. 1122 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht I, 501. Vgl. auch Hallermann, Art. Amissio, 71. 1123 So auch Graulich, Vakanz, 81. 1124 Vgl. ebd. Bei dieser sententia declaratoria handelt es sich auch nicht um eine zu vernachlässigende formale Ordnungsvorschrift. Es gibt grundsätzlich keine Hierarchie zwischen materiellem und formellem Recht. Das Feststellungserfordernis ist formellen Rechts und garantiert Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Kein kirchlicher Amtsträger soll dem Vorwurf ausgesetzt sein, häretisch zu sein, bis dass dies verbindlich durch die zuständige kirchliche Autorität festgestellt wurde. Die Rechtswirkungen des can. 194 § 1 CIC werden somit erst mit der Feststellung herbeigeführt. Vgl. dazu Küng, Strukturen, 243 f., der in diesem Zusammenhang von einer „echten Sentenz“ spricht. Auch bei Suarez, Opera omnia, 317, heißt es schon: „Si Papa sit haereticus et incorrigibilis, cum primum per legitimam Ecclesiae jurisdictionem sententia declaratoria criminis in eum profertur, desinit esse Papa.“ (Eigene Übersetzung: „Wenn ein Papst häretisch und nicht zur Vernunft zu bringen (unverbesserlich) ist, hört er auf, Papst zu sein, sobald (unmittelbar wenn) durch die Rechtsprechung der Kirche ein klares Urteil über das Vergehen gegen ihn vorgebracht wird.“) 1125 Unklar ist, wer die Zuständigkeit und Entscheidungsgewalt darüber haben soll, die Vakanz des Apostolischen Stuhls zu verkünden und die gebotenen rechtlichen Schritte einzuleiten.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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werden.1126 Vielfach wird dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen, dass nur die zuständige Autorität i.S.v. can. 194 § 2 feststellungsbefugt ist. Keine zuständige Autorität zur Feststellung der Häresie ist das Kardinalskollegium als bloßes päpstliches Wahlgremium und Beratungsorgan.1127 Auch der spekulative Vorschlag, mehrere Rechtskörper, namentlich ein mehrstufiges Fach- und Gutachtergremium, an einem solchen Urteil zu beteiligen, überzeugt nicht.1128 Eine andere Ansicht hält aus ekklesiologischer Perspektive aufgrund 1126 So insbesondere Ries, Amt, 350 ff.; dies., Petrusdienst, 108; Graulich, Vakanz, 81; Hünermann, Petrusdienst, 97. Im Ansatz auch May, Rezension, 274. Vgl. zur Rechtslage des CIC/1918 den Vorschlag von v. Kienitz, Gestalt, 90, ein Feststellungsurteil des Kardinalskollegiums zu verlangen. Auch Koeniger, Kirchenrecht, 196, hält trotz von selbst eintretender Erledigung des Amtes die Feststellung der Tatsache für notwendig. Rechtlich unzulässig ist der Vorschlag von Ries, Amt, 350, zur Feststellung der Häresie eine Parallele zum Gültigkeitserfordernis des päpstlichen Amtsverzichts gem. can. 332 § 2 CIC zu ziehen. In Analogie zum Fall der päpstlichen Resignation, die hinreichend kundgemacht, aber von niemandem angenommen werden müsse, solle auch die Feststellung der Häresie zwar kundgetan, nicht aber von einer kirchlichen Instanz angenommen werden müssen. Diese Auffassung verkennt, dass es sich um zwei kategorial unterschiedliche Amtserledigungsgründe handelt und der Codex bewusst sowohl für den freiwilligen Amtsverzicht als auch für die regelmäßig erzwungene Amtsenthebung unterschiedliche Formvorschriften formuliert hat, die nicht beliebig austauschbar sind. Da der Codex beide Fälle zudem umfassend geregelt hat, ist für eine Analogie kein Raum. 1127 So aber neben v. Kienitz, Gestalt, 90, der Vorschlag von Ries, Amt, 350; dies., Papst, 192. Ries begründet dies zunächst mit dem Recht der Kardinäle zur Papstwahl. Ferner entstehe nicht das Problem der Einberufung bzw. der Existenz des Konzils ohne sein Haupt. Außerdem sei das Kardinalskollegium im Unterschied zum Konzil handlungsfähig und daher am ehesten geeignet (ebd.). Die genannten Argumente sind allesamt zu verwerfen. Reine Praktikabilitätund Effizienzgesichtspunkte sind nicht ausschlaggebend. Aus dem Recht der Papstwahl letztlich ein Recht zur päpstlichen Amtsenthebung abzuleiten, müsste ausführlich begründet werden. Dies gilt umso mehr, weil daraus die Gefahr einer dominierenden Stellung des Kardinalskollegiums erwachsen kann. Außerdem sprechen grundsätzliche Erwägungen gegen eine Zuständigkeit des Kardinalkollegiums: Das Kardinalat ist nicht Kirchenamt, sondern höchste kirchliche Würde (vgl. nur Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 233, kritisch: Reisinger, Cardinales, 73 ff.). Die Kardinäle sind, wenngleich höchste Würdenträger, so doch – von der Papstwahl abgesehen – bloße Helfer des Papstes, aber niemals selbstständige Träger von Leitungsgewalt. Im Falle der Annahme einer Zuständigkeit des Kardinalskollegiums wären Würdenträger an der grundlegenden kirchlichen Maßnahme der Amtsenthebung des Papstes beteiligt, ohne selbst Träger von Leitungsgewalt in der Kirche zu sein. Dies ist im Codex nicht vorgesehen. Weil das Kardinalskollegium als päpstliches Beratungsorgan nicht Subjekt, sondern Teilhaber an der Höchstgewalt der Kirche ist, kann es nicht die zur Feststellung befugte zuständige Autorität i.S.v. can. 194 § 2 sein. Die Zuständigkeit des Kardinalskollegiums verwarf mit Verweis auf die originäre Pflicht der Bischöfe bereits Suarez, Opera omnia, 318. 1128 So plädiert Ries, Amt, 350 f., spekulativ für die Beteiligung eines „Gutachtergremiums“, z. B. der ohnehin bestehenden Internationalen Theologenkommission, und der zusätzlichen Mitwirkung eines weiteren Gremiums, das aufgrund des Gutachtens zu einem Urteil gelangen müsse. Dieses letztgenannte Gremium könne das Bischofskollegium oder eine Synode aller Bischöfe sein. Ries verweist jedoch auf das Problem der fehlenden Handlungsfähigkeit dieser Gremien ohne den Papst. Daher sei zu überlegen, ob in einem solchen Fall nicht etwa drei Vertreter einer jeden Bischofskonferenz zusammentreten, die nicht dem Kardinalskollegium angehörten, um eine weitere Kommission zu bilden, damit diese die Gutachten überprüfen und zu einem feststellenden Urteil gelangen könne (Ries, ebd.). Dieser zuletzt

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

der subsidiären Zuständigkeit der Bischöfe für die Gesamtkirche das Bischofskollegium für die zuständige Autorität.1129 Zu den Schwächen dieses Ansatzes gehört es, dass in erster Linie aus einer ekklesiologisch-theologisch vertretbaren Position für das Verfassungsrecht der Kirche rechtliche Schlussfolgerungen gezogen werden, ohne sich dabei jedoch auf den Codex beziehen zu können.1130 Dass das Bischofskollegium maßgebliche Autorität zur Feststellung der Häresie sein soll, vermag zunächst deshalb zu überzeugen, weil es vom CIC als Träger von höchster Leitungsgewalt bezeichnet wird. Allerdings wurde aufgrund seiner hierarchischen Struktur und der rechtlichen Abhängigkeit vom Papst bereits angemerkt, dass seine Zuständigkeit nicht bereits verfassungsdogmatisch stringent aus seiner Stellung als Subjekt der Höchstgewalt hergeleitet werden kann.

cc) Der papa haereticus als kirchlicher Ausnahmezustand Der Fall eines häretischen Papstes begründet für den Bestand der Kirche und ihres Glaubens eine derart akute Bedrohung, dass durch ihn eine Notzeit, ein Ausnahmezustand, herbeigeführt wird, der grundsätzlich nach einer rechtlichen Regelung genannte Vorschlag ist völlig abwegig. Wenn bereits das Bischofskollegium oder eine Vollversammlung der Bischöfe ohne den Papst als dessen Haupt nicht handlungsfähig ist, dann gilt dies erst recht für die willkürlich anmutende Anzahl der Vertreter der Bischofskonferenzen. Diesen Vertretern fehlt nach dem geltenden Recht jede Legitimation für ein entsprechendes Vorgehen. Unklar bleibt auch, wer diese Vertreter letztlich mandatieren und entsenden sollte. Ebenso abwegig ist der Vorschlag, ein „Gutachtergremium“ wie die Internationale Theologenkommission zu beteiligen. Eine so fundamentale Entscheidung wie die Amtsenthebung des Papstes darf aufgrund der sakramentalen Grundlegung aller Kirchengewalt nicht unter konstitutiver Mitwirkung von Laien erfolgen. 1129 So Hünermann, Petrusdienst, 92; ders., Bischof, 148, 150. Während dem Papst nach den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Kollegialität die unmittelbare Sorge für die Gesamtkirche zukomme, bestehe für die Bischöfe insgesamt eine Mitsorge und Mitverantwortung für die Gesamtkirche (ders., Petrusdienst, 92). Gleichzeitig bestehe ein Verhältnis der Verbundenheit und Notwendigkeit der Zusammenarbeit, aber auch eine wechselseitige Rechenschaftsabgabe der beiden Verfassungsgrößen, die sich aus der Formulierung des „una cum episcopis“ bei der Ausübung der päpstlichen Universalkompetenz ergebe (ders., Bischof, 148, 150). In diesem komplexen Verhältnis der wechselseitigen Ablage von Verantwortung und Rechenschaft erkennt Hünermann den Ansatzpunkt für die Kompetenz des Kollegiums, den Papst für häretisch zu erklären (vgl. ebd., 150; ders., Petrusdienst, 97). Eine Beeinträchtigung der päpstlichen Immunität sieht Hünermann deshalb nicht, da er das Prinzip des „una cum“ in Bezug auf die Ausübung der Höchstgewalt in der Kirche für konstitutiv hält; die Durchsetzung dieses Prinzips im Interesse der Kirche sei daher keine Beeinträchtigung dieser Gewalt (ders., Bischof, 97 f.). Auch Schatz, Gedanken, 41, hält das „Konzil auch ohne den (hier in Anführungszeichen zu setzenden) ,Papst‘ zu handeln berechtigt“. 1130 Zwar rekurriert Hünermann zur Begründung seines Ansatzes auf die zentralen Stellen in cc. 332 § 2, 336 und 375 § 2. Letztlich bekennt Hünermann, Bischof, 148 f., jedoch selbst, dass sein Ansatz in einem Kontrast zum geltenden CIC stehe, in dem die ordentliche Gewalt des Papstes in Bezug auf die Universalkirche nicht näher bestimmt werde, was die wesentliche Konditionierung durch das „una cum episcopis“ betreffe.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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verlangt. Mit guten Gründen kann kirchenrechtlich vertreten werden, dass in der Kirche angesichts des Jurisdiktionsprimats und der absoluten päpstlichen Immunität eine rechtliche Regelung dieses Ausnahmezustandes fehlt. In diesem Fall würde dann einzig der Grundsatz gelten: necessitas legem non habet. Diese Ansicht vertraut letztlich darauf, dass im konkreten Einzelfall ein Handlungsspielraum verbleibt, der den Gliedern der Kirche aufgrund ihrer akuten Notsituation geeignete Maßnahmen außerhalb des Rechts ermöglicht. Die Not ließe somit das Illegitime legitim werden, indem für einen Einzelfall die Geltung des Gesetzes und die buchstabengetreue Anwendung ausgesetzt werden.1131 Dann befindet sich der Ausnahmezustand jedoch letztlich außerhalb des Rechts auf der Ebene der Faktizität, in der allein diejenigen Kräfte obsiegen, denen die real-politische Macht und die Durchsetzungsfähigkeit zukommen. Im Gegensatz zu dieser Lehrtradition verdient jedoch diejenige Auffassung den Vorzug, wonach das geltende Kirchenrecht durchaus einen rechtlichen Anknüpfungspunkt zur Regelung des beschriebenen kirchlichen Ausnahmezustandes kennt. Es handelt sich dabei um die außerkonziliare vereinte Amtshandlung auf Initiative des Bischofskollegiums. Die im Folgenden darzulegende Auffassung erkennt dem Grunde nach die päpstliche Immunität, wie sie can. 1404 formuliert, an. Dass dieser Canon selbst jedoch keine Einschränkung kennt, bedeutet nicht, dass die päpstliche Immunität nicht selbst durch das göttliche Recht und die kodifizierten Regeln des Kirchenrechts begrenzt wird. Zu diesen inneren Grenzen der Norm gehört es, dass der Papst als kirchlicher Amtsträger im Falle einer Häresie zu einer eminenten Bedrohung für die Glaubens- und Kircheneinheit wird und daher seines Amtes nach allgemeinen Normen verlustig gehen muss. Hier ist das Spannungsverhältnis aus formellem und materiellem Recht auszutarieren. Der Amtsverlust tritt materiell-rechtlich bereits mit Verwirklichung des Häresietatbestandes ein. Damit dieser materiell-rechtliche Rechtszustand durchgesetzt werden und seine Wirkung entfalten kann, bedarf es einer Feststellungserklärung der zuständigen Autorität. Nach der im Folgenden vertretenen Auffassung kommt allein das Bischofskollegium als zuständige Autorität in Betracht. dd) Die außerkonziliare vereinte Amtshandlung der Bischöfe als Feststellungserklärung Das Bischofskollegium übt seine Höchstgewalt in zwei unterschiedlichen Handlungsformen aus: entweder auf dem Ökumenischen Konzil oder in der außerkonziliaren vereinten Amtshandlung. Eine Zuständigkeit des Konzils für die Feststellung der Häresie ist entschieden zu verneinen.1132 Der CIC kennt kein Selbstversammlungsrecht der Bischöfe. Es ist alleiniges Vorrecht des Papstes, ein 1131 1132

Vgl. dazu ausführlich Agamben, Ausnahmezustand, 34 f. Anderer Ansicht ist Küng, Strukturen, 244.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Ökumenisches Konzil einzuberufen.1133 Dass der Papst ein Konzil einberuft, um seine Amtsenthebung durch einen kollegialen Akt feststellen zu lassen, ist absurd und hypothetisch. Eine selbstinitiierte Versammlung der Bischöfe zur Feststellung einer Häresie des Papstes auf dem Wege des Konzils wäre somit in Zeiten eines kirchlichen Ausnahmezustandes ein Verstoß gegen geltendes Recht und daher rechtswidrig. Anders verhält es sich jedoch mit einer außerkonziliaren Amtshandlung gem. can. 337 § 2 Alt. 2. Wie bereits dargelegt, besteht für diesen Fall im Rahmen der ersten Stufe des Willensbildungsprozesses ein Initiativrecht der Bischöfe zur Setzung eines kollegialen Aktes.1134 Es ist daher vertretbar, anzunehmen, dass sich die Bischöfe aus eigenem Antrieb und auch gegen den Widerstand des Papstes1135 zu einer Amtshandlung entschließen, dass das Bischofskollegium gemäß cc. 194 § 1 Nr. 2, § 2 i.V.m. 751 in einem kollegialen Akt feststellen möge, dass der Papst vom katholischen Glauben oder von der Gemeinschaft der Kirche öffentlich abgefallen und daher seines Amtes enthoben sei. Dieser Feststellungsantrag muss nunmehr sämtlichen Mitgliedern des Bischofskollegiums zur Kenntnis gebracht werden, damit eine Abstimmung erfolgen kann. Verfassungsrechtlich kompliziert wird es auf der zweiten Stufe des Beschlussverfahrens und zwar bei der einheitlichen Willensbildung des Kollegiums durch Zusammenfassung der Einzelmeinung seiner Mitglieder. Soweit das Feststellungsbegehren mehrheitlich von den Bischöfen beschlossen wurde, handelt es sich noch nicht um einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums, da es an der nach can. 337 § 2 notwendigen päpstlichen Mitwirkung fehlt. Erst mit der freien Annahme durch den Papst und dem anschließenden Abschlussverfahren der päpstlichen Bestätigung und Promulgation vermag der außerkonziliare Beschluss Rechtswirkung nach außen zu entfalten. Gerade diese päpstliche Mitwirkung wird wohl der Papst versagen. Aufgrund der nunmehr fehlenden freien Annahme ist die zweite Stufe des Beschlussfassungsprozesses unvollständig. Rechtswissenschaftlich kann der entsprechende Rechtszustand jedoch am sinnvollsten mit dem Terminus der schwebenden Unwirksamkeit beschrieben werden. In diesem Zustand der schwebenden Unwirksamkeit wird jedoch angesichts des bestehenden Ausnahmezustandes folgendes Verfahren vorgeschlagen. Trotz der noch rechtlich schwebenden Unwirksamkeit des Feststellungsurteils werden bereits zu diesem Zeitpunkt die Rechtsfolgen ausgelöst, die sich aufgrund der vom Mehrheitswillen der Bischöfe getragenen Feststellungserklärung ergeben, d. h. es tritt die 1133

Can. 338 § 1. Siehe die Ausführungen in Kap. IV.7.a)aa)(1). Siehe die Ausführungen zum Initiativrecht in Kap. IV.7b)aa). 1135 Da can. 337 § 2 Alt. 2 ausdrücklich ein Initiativrecht ausgestaltet, das nicht vom Papst ausgeht, wäre es rechtswidrig, wenn der Papst zu diesem frühen Zeitpunkt das bischöflich initiierte Vorgehen willkürlich zu verhindern versuchte. Dies steht auch nicht im Widerspruch zur päpstlichen Kompetenz-Kompetenz und seinem Jurisdiktionsprimat. Zum einen hat der päpstliche Gesetzgeber durch die Ausgestaltung der Norm seine Jurisdiktion beschränkt. Zum anderen ist der Papst berechtigt, den kollegialen Akt im Anschluss an einen aufgrund bischöflicher Initiative erfolgten Mehrheitsbeschluss zu verhindern, indem er seine Genehmigung verweigert. 1134

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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Vakanz des Apostolischen Stuhles ein. Von diesem Zeitpunkt an gelten die für die Vakanz des Apostolischen Stuhles bestehenden allgemeinen Regeln. Die Kardinäle, die zugleich Bischöfe und damit Mitglieder des Bischofskollegiums sind und den Mehrheitsbeschluss selbst herbeigeführt haben, sind nunmehr zur Wahl eines Nachfolgers auf dem Stuhle Petri aufgefordert. Nach der Wahl des neuen Papstes hat dieser nunmehr die Gewalt, den schwebend unwirksamen Rechtszustand zu beheben, indem er den Mehrheitsbeschluss der Glieder des Bischofskollegiums nachträglich frei annimmt, bestätigt und anschließend promulgiert und damit die Willenserklärung der Bischöfe zu einem wirklich kollegialen Akt werden lässt. Mit der Genehmigung der Feststellungserklärung der Bischöfe durch den Papst wird der bis zu diesem Zeitpunkt andauernde Zustand der schwebenden Unwirksamkeit nachträglich geheilt. Im Übrigen stehen dem neu gewählten Papst nun gegen den Amtsenthobenen die Rechte aus can. 1336 § 1 Nr. 1 – 3 zu.1136 Der hier vertretene Lösungsvorschlag kann sich zwar nicht auf die Absicht des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des can. 337 § 2 Alt. 2 stützen und verlangt zudem eine extensive Auslegung des entsprechenden Canons. Allerdings sprechen folgende Gründe für ein solches Vorgehen: (1) Das beschriebene Prozedere vermag das durch die beiden widerstreitenden kirchenrechtlichen Grundsatzentscheidungen des Codex hervorgerufene Spannungsverhältnis überzeugend aufzulösen. Die Notwendigkeit der Amtsenthebung eines häretischen Amtsträgers, der für die Kirche als Gefahr ihrer Glaubens- und Kircheneinheit untragbar ist, auf der einen und der im Rechtssatz „Prima sede a nemine iudicatur“1137 zum Ausdruck gebrachte Grundsatz der absoluten Immunität des Papstes auf der anderen Seite dürfen nicht unverbunden nebeneinander stehen. Da ein Papst, wie die Kirchengeschichte zeigt, durchaus häretisch werden kann, ist ein Ausnahmezustand in der Kirche denkbar, der eine rechtliche Bewältigung verlangt. Allein das Recht vermag die kirchliche Ordnung wiederherzustellen, Verhaltenssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen und Legitimität zu stiften. Gerade um sich nicht auf die bloße Faktizität des RealPolitischen zu berufen oder in passiver Ergebenheit auf den Beistand des Heiligen Geistes und die göttliche Vorsehung vertrauen zu müssen, bietet der hier vertretene Lösungsvorschlag eine an der geltenden Rechtslage orientierte ausnahmslos rechtliche Bewältigung des Ausnahmezustandes an, indem die Canones des CIC angewendet werden. Außerdem verzichtet der aufgezeigte Lösungsvorschlag darauf, auf der Grundlage von einseitigen und tendenziösen ekklesiologischen Grundsatzannahmen bestehende Rechtsverhältnisse außerund überrechtlich zu regeln, ohne sich dabei auf die Vorgaben des CIC zu be1136 Der neu gewählte Papst kann dem des Amtes enthobenen vormaligen Papst insbesondere das Verbot erteilen, sich auf dem Gebiet des Staates der Vatikanstadt aufzuhalten und ihm sämtliche mit dem Papst- und Bischofsamt verbundene Vollmachten, Rechte, Befugnisse und Privilegien entziehen. 1137 Can. 1404.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

ziehen.1138 Der vorliegende Ansatz verzichtet konsequent auf eine Positionierung in der heftig umstrittenen Frage nach dem Träger der höchsten Gewalt in der Kirche. Im Mittelpunkt der Lösung steht vielmehr der durch den CIC vorgesehene rechtssetzende kollegiale Akt im Rahmen der außerkonziliaren Handlungsform. Es ist unumstritten, dass neben dem Papst auch das Konzil und die außerkonziliare vereinte Amtshandlung höchste rechtsgestaltende Gewalt in der Kirche hat.1139 Dies gilt unabhängig von der Frage nach dem eigentlichen Subjekt der Höchstgewalt.1140 (2) Dass die rechtliche Konstruktion von der schwebenden Unwirksamkeit und der Genehmigung durch den Nachfolger durchaus angreifbar ist, wird zugestanden. Die nachträgliche Annahme der Feststellungserklärung durch einen neu gewählten Papst und die dadurch bewirkte Heilung eines rechtsmäßig initiierten und beschlossenen, aber wegen der fehlenden päpstlichen Mitwirkung schwebend unwirksamen kollegialen Aktes wird vielmehr in die Formulierung des can. 337 § 2 in seiner notstandsrechtlichen Dimension hineingelesen.1141 Der Canon spricht allgemein vom Papst, ohne zu verlangen, dass Willensbildungsprozess und kollegialer Akt des Bischofskollegiums innerhalb eines Pontifikats abgeschlossen sein müssen. Daher kann die außerkonziliare Amtshandlung auf Initiative des Bischofskollegiums auch nachträglich von einem anderen Papst angenommen werden und den Zustand schwebender Unwirksamkeit heilen. 1138

So aber Hünermann, Petrusdienst, 91 ff.; ders., Bischof, 144 ff. Cc. 337 § 2 i.V.m. 336. So bereits Holböck, Handbuch I, 297: „Das Allgemeine Konzil hat höchste Gewalt über die ganze Kirche“; ebenso Mosiek, Verfassungsrecht, 31. Zum CIC/ 1983 vgl. nur Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 217. Was unter der Herrschaft des CIC/ 1917 nur für das Konzil galt, gilt nach der Hinzufügung des can. 337 § 2 auch für die außerkonziliare Handlung des Bischofskollegium. Der Wortlaut des can. 337 § 2 ist, weil er von „derselben Gewalt“ spricht, auch eindeutig. 1140 Der hier vertretene Ansatz kann auch vertreten werden, wenn davon ausgegangen wird, dass der Papst alleiniger Träger der kirchlichen Höchstgewalt ist. Das Feststellungsurteil kommt nämlich nur durch die einmütige Mitwirkung der Glieder des Bischofskollegiums und des Papstes zustande – allerdings des neugewählten und nicht des bereits de jure amtsenthobenen häretischen Papstes. 1141 Diese rechtliche Konstruktion von der schwebenden Unwirksamkeit gilt ebenfalls für die gewöhnlichen Fälle, bei denen Tod oder Amtsverzicht des Papstes die Vakanz des Apostolischen Stuhls auslösen. Während dieser Vakanz besteht gem. can. 335 ein grundlegendes Veränderungsverbot, das sich namentlich auch auf Angelegenheiten der Amtsenthebung bezieht. Erst nach der Annahme der Wahl eines neuen Papstes kann der vom Bischofskollegium initiierte und beschlossene, bislang jedoch noch schwebend unwirksame Rechtsakt durch die Mitwirkungsobliegenheit des Papstes geheilt werden. Hier unterscheidet sich auch das kollegiale Handeln des Bischofskollegiums auf einem Konzil, das im Falle der Vakanz des Heiligen Stuhls unterbrochen wird (can. 340), von der außerkonziliaren Handlungsform, die bei Vakanz gerade nicht unterbrochen wird. Eine can. 340 entsprechende Norm gibt es nicht. Kommt es also während einer initiierten und beschlossenen Amtshandlung der Bischöfe zu einer Vakanz des Apostolischen Stuhls, ist die bereits getroffene Mehrheitsentscheidung schwebend unwirksam. 1139

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(3) Für den hier vertretenen Ansatz spricht zudem, dass er in Bezug auf den Häresietatbestand das bestehende Spannungsverhältnis aus bestehender objektiver materiell-rechtlicher Rechtslage einerseits und den Anforderungen des formellen Rechts zur Durchsetzung dieser Rechtslage, welche sich aus can. 194 ergeben, andererseits in notstandsrechtlich gebotener Weise austariert. Nach richtiger Ansicht handelt es sich bei can. 194 § 2 um eine Norm formellen Rechts; die Feststellungserklärung wirkt rein deklaratorisch. Sie bestätigt lediglich gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft die bereits eingetretene Amtsenthebung, so dass diese nun als erwiesen vorausgesetzt und durchgesetzt werden kann.1142 Materiell-rechtlich tritt der Amtsverlust bereits mit Verwirklichung des Häresie-Tatbestandes ein. Von diesem Zeitpunkt an hört der Papst materiell-rechtlich bereits auf, päpstlicher Amtsträger zu sein.1143 Zur Durchsetzung dieser Rechtslage und zur Entfaltung der Rechtswirkungen ist jedoch auch aus Gründen der Rechtssicherheit eine entsprechende deklaratorische Feststellung unentbehrlich. Die hier vorgetragene Verfahrensweise respektiert die Geltung des formellen Rechts auch im Ausnahmezustand, ohne die materiell-rechtliche Rechtslage preiszugeben. Die notstandsrechtlich gebotene Besonderheit besteht darin, dass bereits zu dem Zeitpunkt, mit dem eigentlich ein schwebend unwirksamer Rechtszustand entsteht, die materiell-rechtlich bestehende Rechtslage, nämlich der Amtsverlust und die damit ausgelöste Vakanz des Apostolischen Stuhles, fingiert und rechtswirksam nach außen durchgesetzt wird, obwohl die Feststellungserklärung gerade noch nicht rechtswirksam ist. Vielmehr wird die schwebend unwirksame Feststellungserklärung für ausreichend erachtet, um die materiell-rechtliche Rechtslage bereits zu diesem Zeitpunkt durchzusetzen. Erst die Durchsetzung dieser Rechtslage (Amtsverlust, Vakanz, Neuwahl des Papstes) ermöglicht es, den schwebend unwirksamen Rechtszustand durch eine Genehmigung des neu gewählten Papstes zu heilen und damit das gesamte Verfahren zu legalisieren. Die Kirche kann gerade so ihre Handlungsfähigkeit bewahren. Im Ergebnis wird auch der Grundsatz „prima sede a nemine iudicatur“ gewahrt, da der Papst nicht im eigentlichen Sinne gerichtet wird, sondern nur die Tatsache der mit der Häresie bereits eingetretenen Amtsenthebung festgestellt wird.1144 Letztlich hat der Papst durch die Verwirklichung des Häresietatbestandes selbst die Rechtslage geschaffen, die seinen Amtsverlust begründet. (4) Zuletzt sprechen Legitimität stiftende verfahrensrechtliche Gründe für das hier vorgetragene Vorgehen. So sind mehrere kirchliche Verfassungsorgane und 1142

Socha, MKCIC zu can. 194, Rn. 5 (8. Erg.-Lfg. 8/1988). Vgl. ebd. 1144 Diese Meinung wird bereits in der Kanonistik zum CIC/1917 vertreten: So heißt es bei Wernz/Virdal, Ius, 437 ff.: „declarat factum criminis, quo ipse Papa haereticus sese ab Ecclesia separavit suaque dignitate privavit.“ [Eigene Übersetzung: „Ein Vergehen, wodurch ein häretischer Papst sich selbst von der Kirche entfernt und sich seiner Würde beraubt hat, bringt (es) an den Tag (od. macht es deutlich).“] 1143

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Amtsträger an der päpstlichen Amtsenthebung beteiligt. In erster Linie ist dies zunächst die Gesamtheit der Bischöfe im Hinblick auf ihr Initiativrecht und den notwendigen Mehrheitsbeschluss. Die Beteiligung sämtlicher Bischöfe beugt willkürlichen Entscheidungen vor und beschränkt ein Vorgehen auf wirklich offensichtliche Fälle päpstlicher Häresie. In einem zweiten Schritt ist sodann das Kardinalskollegium in den Entscheidungsprozess eingebunden, weil sie gemäß der geltenden, zuletzt durch Papst Benedikt XVI. geänderten Wahlordnung mit einer Zweidrittelmehrheit einen neuen Papst wählen müssen.1145 Diese zweite Kontrollstufe setzt voraus, dass die Kardinäle, die zugleich als Bischöfe an dem außerkonziliaren Feststellungsbegehren beteiligt waren, den entsprechend gefassten bischöflichen Beschluss auch insoweit mittragen, als sie sich mit einer Zweidrittelmehrheit auf einen neuen Papst festlegen können. Als dritte Kontrollstufe ist die Mitwirkungsobliegenheit des neu gewählten Papstes unverzichtbar. Der Nachfolger im päpstlichen Amt hat die Feststellungserklärung der Bischöfe anzunehmen und das Abschlussverfahren durchzuführen. Verweigert dieser seine Mitwirkung, ist kein kollegialer Akt zustande gekommen. Dieses Vorgehen kann sich auf sämtliche Träger und bedeutende Teilhaber an der kirchlichen Höchstgewalt stützen und dabei gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Kirche im Ausnahmezustand aufrechterhalten. Die an den Rechtsakten beteiligten kirchlichen Verfassungsorgane bzw. Amtsträger sind zudem allesamt durch die Bischofsweihe zur Ausübung von Leitungsgewalt befähigt, sodass der zentrale Grundsatz der sakramentalen Grundlegung aller Ausübung von Kirchengewalt hinreichend respektiert wird.

b) Die dauerhafte Amtsunfähigkeit des Papstes Von nicht zu unterschätzender praktischer Relevanz ist die kirchenrechtlich umstrittene Frage, wie Bestand und Leitung der Kirche bei einer dauerhaften Amtsunfähigkeit des Papstes garantiert werden können. Unter Amtsunfähigkeit ist die Gesamtheit der Fälle zu verstehen, in denen die Ausübung der primatialen Leitungsgewalt durch den Papst selbst nicht mehr möglich ist.1146 Hier kommen wohl gegenwärtig eher hypothetisch durch äußere Faktoren bestimmte Unfähigkeitsgründe wie Gefangennahme, Verbannung oder Exil des Papstes in Betracht. Ferner sind an Umstände zu denken, die in der Person des Papstes selbst begründet sind. Hierzu zählen die psychische oder physische Unfähigkeit des Papstes aufgrund eines Unfalls, schwerer Krankheit, dauerhafter, nicht bloß vorübergehender krankhafter

1145

Vgl. zur Änderung von Nr. 75 UDG das Apostolische Schreiben in Form eines Motu Proprio von Papst Benedikt XVI. „De aliquibus mutationibus in normis de electione Romani Pontificis“ vom 11. 06. 2007; Schima, Papstwahlrecht, 291 ff. 1146 Zum kirchenrechtlichen Fachbegriff der Unfähigkeit vgl. Bier, Art. Unfähigkeit, 726 f.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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Störung der Geistestätigkeit,1147 namentlich Geisteskrankheit, oder der krankhaft bedingte geistige Verfall des Papstes durch Altersdemenz oder Alzheimer-Krankheit. Gemeinsam ist allen Fällen, dass der Papst vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage ist, seine primatiale Kirchengewalt auszuüben. Im kirchenrechtlichen Schrifttum werden die entsprechenden Fälle gegenwärtig sehr unterschiedlich gewürdigt. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde ernsthaft die These vertreten, dass eine dauerhafte Amtsunfähigkeit des Papstes ausgeschlossen werden könne, weil die göttliche Vorsehung dies verhüten werde.1148 Diese Ansicht ist bereits bei einem Blick in die Kirchengeschichte höchst fragwürdig, wie das Beispiel von Papst Urban VI. zeigt.1149 Nunmehr hat jedoch der im Vergleich zu CIC/1917 neue can. 335 neben der Vakanz auch die vollständige Behinderung des Apostolischen Stuhls geregelt. Der kirchliche Gesetzgeber scheint also durchaus mit Fällen zu rechnen, bei denen die Ausübung primatialer Gewalt nicht möglich wäre. Gerade angesichts des oft hohen Alters des Papstes, der infolge des medizinischen Fortschrittes erheblich gestiegenen Lebenserwartungen und den technischen Möglichkeiten der Lebenserhaltung und -verlängerung und der zunehmenden Häufung von Krankheitsbildern mit Einschränkungen bzw. Verlust der kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten am Ende des Lebens muss mit einer Amtsunfähigkeit des Papstes gerechnet werden.1150 Nach einer auch noch heute vertretenen Mindermeinung wird insbesondere für den Fall einer krankhaften seelischen Anomalie, die regelmäßig am Beispiel der Geisteskrankheit erörtert wird, der Apostolische Stuhl ipso facto für vakant gehalten.1151 Diese Ansicht hat eine lange kanonische Tradition.1152 Zur Begründung wird 1147

Im Kirchenrecht wird hier vielfach der Begriff der Amentia verwendet, mit dem Verwirrtheit als psychische Erkrankung bezeichnet wird. Zu dem medizinischen Begriff des amentiellen Syndroms und der nicht einheitlichen Verwendung im Kirchenrecht ausführlich vgl. Rommel, Art. Amentia, 68 ff. 1148 Zu den Vertretern dieser Auffassung gehören Blat, Raus, Cappello und Zinelli (Nachweise bei Provost, Incapacity, 122 Fn. 76 f.). 1149 Nach der Wahl von Papst Urban VI. (1378 – 1389) haben dessen Gebaren und Amtsführung seinen Zeitgenossen Anlass zu der Einschätzung geboten, der Papst sei geisteskrank (dazu ausführlich Provost, Incapacity, 123; Kelly, 244 f.; Küng, Strukturen, 236 m.w.N.). 1150 Dieser Ansicht sind auch Schatz, Gedanken, 40; Ries, Amt, 358; Provost, Incapacity, 123; Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008). 1151 Dieser Ansicht ist d’Ostilio, Prontuario, 178, jedoch ohne Begründung; ebenso Küng, Strukturen, 236 f., mit Hinweis auf Wernz/Vidal, Ius, 516; wohl auch Ries, Amt, 354 ff. So heißt es dort: „Wenn […] Exil, Gefangenschaft oder Ausweisung sogar Grund für die Vakanz des Bischofsstuhls sein könnte, ist dies gerade auch bezüglich der Inhabilitas denkbar“ (ebd., 355). Ries referiert anschließend die Lehrmeinung, wonach ein geisteskranker Papst seine Jurisdiktionsgewalt verliere, da er einem toten Papst gleichzustellen bzw. als unmündig anzusehen sei. So würde „der papa idioticus ipso facto seines Amtes enthoben, nämlich aufgrund seines Geisteszustandes“ (ebd., 356). Allerdings müsse ein entsprechender Jurisdiktionsverlust in einem Urteil festgestellt werden. Diesbezüglich plädiert Ries für ein mehrstufiges Verfahren. Zunächst solle ein Gutachtergremium „verschiedene[r] Ärzte, Psychiater und Neurologen verschiedener Länder und verschiedener Konfessionen [!!!]“ Einzelstellungnahmen zum

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

vielfach die Geisteskrankheit als psychischer Tod bezeichnet und mit dem physischen Tod des Papstes gleichgesetzt.1153 Ein anderer Begründungsansatz knüpft an die Grundsätze der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre an, nach der die Vernunft wesentliche Bedingung für die Geschäftsfähigkeit ist. Durch die Geisteskrankheit werde der Papst seines Vernunftgebrauchs beraubt und sei daher unfähig, Rechtsgeschäfte zu tätigen und seine Jurisdiktionsgewalt auszuüben.1154 Diese Ansicht überzeugt nicht. Ihr steht entgegen, dass Geisteskrankheit nicht zu den in cc. 184 ff. genannten Gründen für den Verlust eines Kirchenamtes aufgezählt wird. Auch die Gleichsetzung mit dem Tod widerspricht nicht nur den Tatsachen, sondern auch der Lehre von der Würde allen menschlichen Lebens.1155 Vor allem steht dieser Auffassung die differenzierte Ausgestaltung von can. 335 i.V.m. UDG entgegen, wie noch darzustellen sein wird. Ein Vertreter der Mindermeinung plädiert für eine Absetzung des Papstes.1156 Überwiegend wird im kanonistischen Schrifttum für den Fall der päpstlichen Amtsunfähigkeit eine Behinderung des Apostolischen Stuhls gem. can. 335 Alt. 2 angenommen.1157 Dort heißt es: „Sede romana vacante aut prorsus impedita, nihil innovetur in Ecclesiae universae regimine: serventur autem leges speciales pro iis-

Geisteszustand des Papstes vorlegen (ebd.). Ein daraus zu erstellendes Gesamtergebnis solle sodann einem bzw. mehreren kirchlichen Gremien vorgelegt werden. Hier schlägt Ries eine Kommission aus Vertretern der einzelnen Bischofskonferenzen oder das Kardinalskollegium als letzte Instanz vor (ebd.). Dieser Vorschlag überzeugt jedoch nicht, so sehr Ries auch bemüht ist, die widerstreitenden Interessen (Objektivität des Verfahrens, Verhinderung eines Machtmissbrauchs, Garantie der Handlungsfähigkeit der Kirche) in Einklang zu bringen (siehe diesbezüglich bereits die Einwände in Fn. 1128). 1152 Nachweise finden sich bei Provost, Incapacity, 121 und Ries, Amt, 218 ff. Vgl. auch Koeniger, Kirchenrecht, 196, der bei Geisteskrankheit eine von selbst eintretende Erledigung annimmt. 1153 Hollweck/Hergenröther, Lehrbuch, 267. Weitere Nachweise bei Provost, Incapacity, 121 Fn. 72. 1154 Wernz/Vidal, Ius, 516; vgl. v. Kienitz, Gestalt, 90. Vgl. auch can. 99. 1155 So Graulich, Vakanz, 84. 1156 So Reese, Vatikan, 105: „Doch die Kirche braucht ein Prozedere, um einen Papst im Extremfall absetzen zu können.“ Reese plädiert für ein dreistufiges Verfahren unter Beteiligung des Kardinalskollegiums, der Bischofssynode und des Bischofskollegiums. Dieses komplexe Verfahren sei notwendig, um breitestmöglichen Konsens in der Kirche im Hinblick auf die Unumgänglichkeit einer Amtsenthebung des Papstes herzustellen. Dieser Vorschlag ist rein spekulativ und bereits im Ansatz abzulehnen, weil das geltende Kirchenrecht die zum Verlust des Kirchenamtes führende Absetzung nur als Strafe für eine begangene Straftat (cc. 184 § 1 i.V.m. 196) kennt (vgl. Hallermann, Art. Amissio, 71). 1157 So Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008); Provost, Incapacity, 124; Graulich, Vakanz, 79 ff.; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 214 f. Auch Chiappetta, Sommario, 257, teilt wohl diese Ansicht. Wörtlich heißt es: „Durante la vacanza della Sede Romana […] in caso di totale impedimento (ad esempio, per grave infermità dello stesso Pontefice) nessuna modifica può essere appartata al governo della Chiesa“. Vgl. auch die nach Abschluss dieser Arbeit erschienene Monographie von G. Müller, Sedes, 62 ff., 99 ff.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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dem adiunctis latae.“1158 Diese Ansicht überzeugt. Zwar fehlt in can. 335 ebenso wie an anderen Stellen des Gesetzbuches oder im kirchlichen Sonderrecht eine Legaldefinition über das Vorliegen einer Vakanz bzw. Behinderung des Apostolischen Stuhls. Es werden stets die beiden Rechtsbegriffe verwandt, ohne den entsprechenden Tatbestand zu konkretisieren.1159 Vakanz und Behinderung des Apostolischen Stuhls sind somit auslegungsbedürftige, unbestimmte Rechtsbegriffe. Nach herrschender Lehre wird die Vakanz des Apostolischen Stuhls nur im Falle des physischen Todes des Papstes oder eines Amtsverzichtes angenommen.1160 Zwingend ist diese Ansicht wegen des offenen Gesetzeswortlautes nicht. Auch die geltende Papstwahlkonstitution „Universi Dominici Gregis“ lässt aufgrund ihres offenen Wortlautes einen weiten Interpretationsspielraum zu.1161 Anders verhält es sich bei der vollständigen Behinderung des Apostolischen Stuhls. In can. 412 wird dieser Rechtsbegriff für den bischöflichen Stuhl legaldefiniert. In can. 412 heißt es: „Sedes episcopalis impedita intellegitur, si captivitate, relegatione, exsilio aut inhabilitate Episcopus dioecesanus plane a munere pastorali in dioecesi procurando praepediatur, ne per litteras quidem valens cum dioecesanis communicare.”1162 Nach richtiger Ansicht ist can. 412 im Rahmen analoger Gesetzesinterpretation zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs bei Behinderung des Apostolischen Stuhls heranzuziehen.1163 Nach can. 412 ist der bischöfliche Stuhl behindert, wenn der Bischof 1158 „Bei Vakanz oder völliger Behinderung des römischen Bischofsstuhles darf in der Leitung der Gesamtkirche nichts geändert werden; es sind aber die besonderen Gesetze zu beachten, die für diese Fälle erlassen sind.“ 1159 So für den Fall der Vakanz in cc. 335, 340, 347 § 2, 359, 367; die Behinderung des Apostolischen Stuhls wird nur in can. 335 genannt. 1160 Statt vieler Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008); Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 215; Graulich, Vakanz, 76. Zur höchst umstrittenen Frage, ob der Apostolische Stuhl auch bei einem häretischen Papst vakant wird, siehe Kap. V.3.a). 1161 Vgl. UDG von Papst Johannes Paul II. vom 22. 2. 1996, zuletzt geändert von Papst Benedikt XVI. durch das Motu Proprio „De aliquibus mutationibus in normis de electione Romani Pontificis“ vom 11. 6. 2007: „In diesem Sinne erlasse ich diese Apostolische Konstitution, in der die Normen enthalten sind, an die sich im Falle der Vakanz des Apostolischen Stuhles, aus welchem Grund oder Umstand auch immer [Hervorhebung d. Verf.], die Kardinäle streng halten müssen, die das verpflichtende Recht besitzen, den Nachfolger Petri zu wählen.“ 1162 „Der bischöfliche Stuhl gilt als behindert, wenn der Diözesanbischof wegen Gefangenschaft, Ausweisung, Exil oder Unfähigkeit vollständig an der Wahrnehmung seines Hirtendienstes gehindert wird, so daß er nicht einmal in der Lage ist, schriftlich mit den Diözesanen in Verbindung zu treten.“ 1163 Dies folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass es sich bei den Regelungen über die Behinderung des bischöflichen Stuhls um die allgemeine Norm handelt, die auf den Spezialfall des Apostolischen Stuhls anzuwenden ist, weil es gerade an einer speziellen Norm fehlt. Auch liegt keine Gesetzeslücke vor, die gemäß can. 19 durch Verweis auf die Parallelstelle in can. 412 zu schließen wäre (so aber die Auffassung von Graulich, Vakanz, 81, und Pfannkuche, Papst, 149). Vielmehr ist die Auslegungsregel von can. 17 anzuwenden (im Ergebnis auch Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008)). Da can. 335 den unbestimmten Rechtsbegriff impedita verwendet, ist im Rahmen analoger Gesetzesinterpretation auf die Parallelstelle in can. 412 zurückzugreifen, die denselben Rechtsbegriff bei der Regelung eines zumindest vergleichbaren Rechtsverhältnisses verwendet. Nicht zu überzeugen vermag die Begründung

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

wegen Gefangenschaft, Ausweisung, Exil oder Unfähigkeit (inhabilitas) vollständig an der Wahrnehmung seines Hirtendienstes gehindert wird, so dass er nicht einmal in der Lage ist, schriftlich mit den Diözesanen in Verbindung zu treten. Bei dem Begriff der Unfähigkeit handelt es sich ebenfalls um einen auslegungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff. Wegen der zunächst genannten drei Tatbestandsalternativen der Gefangenschaft, Ausweisung oder des Exils ließe sich unter systematischen Gesichtspunkten eine restriktive Auslegung vertreten, wonach Unfähigkeit einen Auffangtatbestand meint, der lediglich vergleichbare Fälle einer durch äußere Faktoren bedingten räumlichen Isolierung des Papstes von seiner Kurie meint. In Betracht kämen beispielsweise ein Verschwinden oder geheimes Verborgenhalten des Papstes. Dafür spräche auch der konsekutive Nebensatz, der allein an die fehlende schriftliche Kommunikationsfähigkeit als Resultat dieser tatsächlichen Trennung anknüpft. Angesichts des abschließenden Charakters des can. 412 wäre eine Behinderung des Apostolischen Stuhls somit nur in Fällen einer durch äußere Faktoren hervorgerufenen tatsächlichen Unfähigkeit des Papstes zur Wahrnehmung seiner Leitungsgewalt gegeben. Die herrschende Lehre in der Literatur geht jedoch einen anderen Weg.1164 Dieser weiten Auslegung ist letztlich zuzustimmen. So gibt es keinen vernünftigen Grund dafür, dass die durch äußere Faktoren bedingte Amtsunfähigkeit anders behandelt werden sollte als das in der Person des Papstes begründete Unvermögen. Maßgeblich ist allein die Unfähigkeit, Willenserklärungen abzugeben, was jedoch zur wirksamen Ausübung seiner Primatsgewalt unabdingbar ist.1165 Der Nebensatz, der an das Erfordernis der schriftlichen Kommunikationsfähigkeit anknüpft, ist jedoch im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken. Der denkbare Fall, dass der Papst aufgrund motorischer Einschränkungen nicht mehr zu schreiben, wohl aber noch bei uneingeschränkter Fortdauer seiner geistigen Kräfte zur mündlichen Willensartikulierung in der Lage ist, darf entgegen des Wortlautes des Gesetzes nicht zu einer Behinderung des Apostolischen Stuhls führen.1166 Biers, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008), dass gemäß can. 17 zur Schließung einer Gesetzeslücke auf can. 412 zurückzugreifen sei, da ein Spezialgesetz fehle. Zur Unterscheidung zwischen analoger Gesetzesinterpretation gem. can. 17 und analoger Schließung von Gesetzeslücken gem. can. 19 vgl. grundlegend Socha, MKCIC zu can. 17, Rn. 9 (13. Erg.Lfg. 11/1990). 1164 Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 215, definieren die Unfähigkeit in can. 412 als dauernde Geisteskrankheit im Sinne von can. 99. Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008), spricht in diesem Zusammenhang allgemein von einer physischen oder psychischen Unfähigkeit aufgrund schwerer Krankheit, geistiger Verwirrung oder vergleichbarer Umstände. Dieser Ansicht ist auch Graulich, Vakanz, 82. 1165 So auch Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008). 1166 So heißt es ebd.: „Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn für den Papst jegliche sinnvolle mündliche oder schriftliche Kommunikation unmöglich geworden ist.“ Dieser Ansicht ist auch Provost, Incapacity, 114: „If he can communicate orally but not in writing, the usual canonical principle would seem to apply that what he states in the presence of two witnesses, or of an official ecclesiastical notary […], is to be put down in writing and certified by those present.“ Unklar drückt sich Graulich, Vakanz, 82, aus. So heißt es dort: „Die körperliche Ursache der Unfähigkeit muss jedenfalls so beschaffen sein, dass es keine Möglichkeit der Kommunikation

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Ferner muss eine dauerhafte Unfähigkeit zur Amtsausübung gegeben sein. Diese tritt erst dann ein, wenn die erste rechtserhebliche Entscheidung durch den Papst innerhalb eines absehbaren und zumutbaren Zeitraums nicht getroffen werden kann.1167 Eine bloß vorübergehende Unfähigkeit der Willensbekundung führt nicht zur Behinderung des Apostolischen Stuhls. Allerdings bleiben für die Rechtspraxis viele Fragen ungeklärt, die auch hier weitestgehend spekulativ erörtert werden müssen, weil das in can. 335 für diesen Fall angekündigte Spezialgesetz bislang nicht erlassen worden ist. Unklar ist zunächst, wann der Tatbestand im konkreten Einzelfall verwirklicht ist. Dies gilt insbesondere für die psychischen oder physischen Unfähigkeitsgründe. So sind Konstellationen denkbar, in denen die geforderte Kommunikationsfähigkeit objektiv zwar nicht mehr gegeben ist, weil beispielsweise in den päpstlichen Äußerungen kein Sinn mehr zu erkennen ist, diese subjektiv aber noch beansprucht wird.1168 Auch sind Krankheitsverläufe möglich, in denen der Papst erst über einen langen Zeitraum hinweg seine geistigen Fähigkeiten einbüßt, sodass es schwierig sein wird, den Zeitpunkt der völligen Unfähigkeit der Amtsausübung zu bestimmen.1169 Völlig unklar ist es zudem, wer die Behinderung des Apostolischen Stuhls rechtsverbindlich festzustellen berechtigt ist. Einige Autoren schlagen ein mehrstufiges Verfahren vor, das aus einem fachlich versierten Gutachtergremium und einem letztlich entscheidenden kirchlichen Gremium, namentlich dem Kardinalskollegium, bestehen soll.1170 Nach anderer Auffassung sollen neben dem Kardinalskollegium auch die Bischofssynode und das Bischofskollegium beteiligt werden.1171 Diese Spekulationen überzeugen nicht. Unvertretbar ist insbesondere die Beteiligung medizinischer oder psychologischer Experten, soweit sie Laien sind. Dies widerspricht der sakramentalen Grundlegung kirchlicher Vollmachten. Die Ausübung von Kirchengewalt, und dazu gehört auch die Feststellung der Behinderung des Apostolischen Stuhls, ist grundsätzlich ausschließlich dem Klerus vorbehalten. Insofern kommt allenfalls eine beratende Tätigkeit der Fachwissenschaft in Betracht.1172 Reine Praktikabilitätsgründe, die für die Beteiligung des Kardinalskollegiums sprechen, dürfen ebenfalls nicht ausschlaggebend sein. Es ist zudem zu bedenken, dass mit der Beteiligung des Kardinalskollegiums ein enormer Machtmehr gibt, auch wenn ggf. die Umwelt weiterhin wahrgenommen oder verstanden werden kann und die intellektuellen Fähigkeiten erhalten bleiben. Ferner ist an eine Einschränkung der motorischen Fähigkeiten zu denken, die so weit geht, dass sie das Schreiben unmöglich macht.“ 1167 So auch Bier, MKCIC zu can. 412, Rn. 4 (31. Erg.-Lfg. 7/1999); Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 356 f. 1168 Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008). 1169 In solchen Situationen bleibt zu hoffen, dass der Papst rechtzeitig seinen Amtsverzicht erklärt, wie es can. 401 § 2 für den Diözesanbischof nachdrücklich empfiehlt. 1170 So Ries, Amt, 356, 358. 1171 So Reese, Vatikan, 105. 1172 Doch auch dies ist fraglich. Unklar ist, wer über die Auswahl und die Kriterien zur Ernennung der Wissenschaftler im konkreten Fall entscheiden sollte.

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zuwachs und die Gefahr eines Machtmissbrauchs verbunden sind. Auch kann aus dem exklusiven Recht zur Papstwahl nicht zwingend das Recht hergeleitet werden, über die Behinderung des Apostolischen Stuhls zu entscheiden. Überzeugend wird von einer sich durchzusetzen beginnenden Lehrmeinung vorgeschlagen, dass der Kardinal-Camerlengo zur Feststellung der Amtsunfähigkeit berechtigt ist.1173 Begründet wird dies mit einer Analogie zu dem in der Apostolischen Konstitution „Universi Dominici Gregis“ über die Vakanz des Apostolischen Stuhls geregelten Fall, wonach der Camerlengo den Tod des Papstes offiziell festzustellen hat.1174 Wenngleich eingewandt wird, dass sich das zitierte Spezialgesetz nur sehr eingeschränkt auf die Situation der Behinderung des Apostolischen Stuhls anwenden ließe,1175 so ist diese durch den päpstlichen Gesetzgeber gewollte Regelung den Vorschlägen der Literatur vorzuziehen. Can. 335 HS 2 ordnet allgemein die für diese Fälle erlassenen Spezialgesetze an. Da ein solches für den Fall der Behinderung fehlt, ist im Wege der analogen Schließung von Gesetzeslücken auf das Spezialgesetz zur Vakanz zurückzugreifen. Dies folgt aus der allgemeinen Auslegungsregel des can. 19. Diese bestimmt für den Fall, dass, wenn in einer bestimmten Sache eine ausdrückliche Vorschrift fehlt, die Sache unter Berücksichtigung von Gesetzen, die für ähnliche Fälle erlassen worden sind, zu entscheiden ist.1176 Da sich die Fälle von Vakanz und Behinderung insoweit entsprechen, als auf tatbestandlicher Ebene eine gleichgelagerte Situation – nämlich der Ausfall der primatialen Kirchengewalt – besteht und auf Rechtsfolgenseite dasselbe grundlegende Veränderungsverbot gilt, ist nach can. 19 die bestehende Gesetzeslücke zur Behinderung des Apostolischen Stuhls durch analoge Anwendung der Regelung über die Vakanz zu schließen. Das ist das entscheidende Rechtsargument dafür, dass der Camerlengo zur Feststellung über die Behinderung des Apostolischen Stuhls berechtigt ist. Auch die Rechtsfolgen einer vollständigen Behinderung des Apostolischen Stuhls bleiben weitestgehend unklar. Der Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt, in 1173 So Provost, Incapacity, 125 f. So sei der Camerlengo persönlich vom Papst ausgesucht und während seiner Abwesenheit, insbesondere bei Reisen des Papstes, Träger besonderer Vollmachten. Es bestehe daher ein besonderes Vertrauensverhältnis, das einem Machtmissbrauch entgegenwirke und eine objektive Entscheidung ermögliche (ebd.). Dieser Lehre hat sich angeschlossen: Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008), der diesen Vorschlag für bedenkenswert hält, wobei die Entscheidung sinnvollerweise auf der Grundlage von fachlichen Sachverständigengutachten erfolgen solle. Auch Graulich, Vakanz, 84, schließt sich dieser Auffassung an und erwägt zur Unterstützung des Camerlengo die Beteiligung des Dekans und des Vizedekans des Kardinalskollegiums. 1174 Nr. 17 UDG, AAS 88 (1996), 317. Dort heißt es: „Ad Sanctae Romanae Ecclesiae Camerarium spectat, statim ac nuntium obitus Summi Pontificis acceperit, iure recognoscere Pontificis mortem, astantibus Magistro Pontificiarum Celebrationum Liturgicarum, Praelatis Clericis, Secretario et Cancellario Camerae Apostolicae, qui authenticum mortis actum conficiat.“ 1175 So Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 3 (43. Lfg. 1/2008). 1176 „Si certa de re desit expressum legis sive universalis sive particularis praescriptum; aut consuetudo, causa, nisi sit poenalis, dirimenda est attentis legibus latis in similibus.“

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can. 335 zu verfügen, dass an der Leitung der Gesamtkirche nichts geändert werden darf.1177 Dieser allgemeine Grundsatz wurde durch die Apostolische Konstitution „Universi Dominici Gregis“ für die Vakanz des römischen Bischofsstuhles spezialgesetzlich konkretisiert. Diese Konstitution ist gemäß can. 19 entsprechend für den Fall der Behinderung des Apostolischen Stuhls anzuwenden, um die Handlungsfähigkeit der Kirche garantieren zu können.1178 Darin ist ausdrücklich verfügt, dass die Primatialgewalt ruht und nicht auf ein anderes kirchliches Verfassungsorgan übergeht. Solange die Behinderung andauert, sind sämtliche Rechtsakte, die dem Papst vorbehalten sind oder nur mit dessen ausdrücklicher Billigung gesetzt werden können, ausgeschlossen.1179 Die Leitung der Kirche ist dem Kardinalskollegium anvertraut. Dies gilt aber nur für die Erledigung der ordentlichen Angelegenheiten und solchen, die keinen Aufschub dulden.1180 Päpstliche Gesetze dürfen nicht verändert oder aufgehoben werden.1181 Für wichtige Angelegenheiten ist die Generalkongregation zuständig, die aus sämtlichen Kardinälen besteht, soweit sie nicht rechtmäßig verhindert sind.1182 Für alle anderen Angelegenheiten ist die Sonderkongregation zuständig, die aus dem Kardinal-Camerlengo und drei assistierenden Kardinälen besteht, die durch Auslosung für eine Amtszeit von drei Tagen aus den in Rom eingetroffenen Kardinälen bestimmt werden.1183 Dem Kardinal-Camerlengo kommt auch im Namen und mit Zustimmung des Kardinalskollegiums die Sorge für den Schutz der Rechte und der zeitlichen Güter des Heiligen Stuhls und seiner ordnungsgemäßen Verwaltung zu.1184 Die Leiter der Dikasterien treten nach Feststellung der Behinderung des römischen Bischofsstuhls mit Ausnahme der in Nr. 14 UDG genannten Amtsträger von der Ausübung ihres Amtes zurück, während die ordentlichen Vollmachten der Dikasterien nicht erlöschen und in dringenden Fällen weiterhin vom Kardinalskollegium dem vormaligen Amtsträger anvertraut werden dürfen.1185 Die päpstlichen Gerichte behandeln weiterhin ihre Rechtsfälle.1186 Diese 1177 Dieses Veränderungsverbot ist zwingend. Daher ist die Auffassung von Graulich, Vakanz, 84 f., nicht vertretbar, wonach es dem Kardinalskollegium zukomme, über das weitere Vorgehen zu entscheiden, „d. h. festzulegen, ob der Apostolische Stuhl ,nur‘ als behindert zu gelten hat oder ob ein neuer Papst gewählt werden kann.“ Diese Auffassung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut und dem Telos des can. 335, der ein grundlegendes Veränderungsverbot festschreibt. Anders als die Vakanz führt die Behinderung des römischen Bischofsstuhles gerade nicht zur Wahl eines neuen Papstes, weil es bei der Behinderung im Unterschied zur Vakanz an der tatsächlichen Endgültigkeit fehlt. So ist davon auszugehen, dass die Behinderung des Apostolischen Stuhls nicht fortwährend ist, weil der Behinderungsgrund jederzeit wegfallen kann (so auch Bier, MKCIC zu 335, Rn. 5 (43. Lfg. 1/2008)). 1178 Auch Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 215, plädieren dafür, nur die Vorschriften über die interimistische Leitung der Kirche anzuwenden. 1179 Vgl. Nr. 1 UDG. 1180 Vgl. Nr. 2 UDG. 1181 Vgl. Nr. 4 UDG. 1182 Vgl. Nr. 7 UDG. 1183 Vgl. Nr. 7, 8 UDG. 1184 Vgl. Nr. 17 UDG. 1185 Vgl. Nr. 14, 24, 25 UDG.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Ausführungen zeigen, dass die Handlungsfähigkeit der Kirche auch für einen unbestimmten Zeitraum der Behinderung aufrechterhalten werden kann. Zwar ist die Behauptung richtig, dass es undurchführbar sei, das Kardinalskollegium längerfristig in Rom zu binden.1187 Aber hier vermag die Regelung in Nr. 5 UDG, wonach das Kardinalskollegium zur Interpretation zweifelhafter oder strittiger Punkte bevollmächtigt ist, eine Lösung herbeizuführen. So kann das Kardinalskollegium bestimmen, dass Kardinäle, die zugleich Diözesanbischöfe sind, von der Teilnahme an der Generalkongregation entpflichtet sind, da die Wahrnehmung ihrer Amtsaufgaben in der Heimatdiözese einen zulässigen Hinderungsgrund darstellt. Auch die notwendige Auslosung der Assistenten der Sonderkongregation kann so unter den regelmäßig in Rom residierenden und den sich dort unregelmäßig aufhaltenden Kardinälen durchgeführt werden. Es ist jedoch zu erwarten, dass der Kardinal-Camerlengo angesichts seiner weitreichenden Vollmachten und die Kurienkardinäle angesichts ihrer Präsenz und Stellung vor Ort zu den maßgeblichen Entscheidungsträgern in einer solchen Situation werden. Ebenso steht es fest, dass diese Situation für die Kirche einen einschneidenden Ausnahmezustand und weitestgehenden Stillstand bedeutet, da das sichtbare Haupt der Gesamtkirche auf unbestimmte Dauer ausfällt und primatiale Kirchengewalt nicht ausgeübt werden darf.1188 Das Bischofskollegium ist für diesen Zeitraum ebenfalls ohne Haupt und damit von einer Beteiligung an der höchsten Leitungsgewalt ausgeschlossen.1189 Obwohl durch eine analoge Anwendung von UDG die Handlungsfähigkeit der Kirche auch im Fall der Behinderung des Apostolischen Stuhls aufrechterhalten bleiben kann, wäre es doch im Interesse der Rechtssicherheit zu begrüßen, wenn ein Spezialgesetz erlassen würde.1190 Dies gilt deshalb, weil angesichts der ungewissen Dauer der Behinderung des römischen Bischofsstuhls das grundlegende Änderungsverbot und die fehlende

1186

Vgl. Nr. 26 UDG. Zumindest Kardinäle, die zugleich auch Diözesanbischöfe seien, könnten sich nicht auf unbestimmte Zeit in Rom aufhalten. Daher sei es praktikabler, die Leitung der Kirche einstweilen in die Hände jener Kardinäle zu legen, die als Vorsteher kurialer Dikasterien ständig in Rom verweilten (Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 6 (43. Lfg. 1/2008)). 1188 So hält Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 6 (43. Lfg. 1/2008), die in UDG Nr. 25 vorgesehene Zurückstellung schwerwiegender oder umstrittener Fragen für problematisch; schließlich könne sich die Behinderung des päpstlichen Stuhls über Monate oder sogar Jahre hinziehen, so dass ein entsprechender Aufschub nicht möglich sei. 1189 Eine Zuständigkeit des Bischofskollegiums, die Behinderung des bischöflichen Stuhles im Wege der außerkonziliaren vereinten Amtshandlung festzustellen, besteht nicht. Das Kollegium ist ohne sein Haupt nicht handlungsfähig. Auch die Rechtskonstruktion der schwebenden Unwirksamkeit eines durch das Bischofskollegium initiierten Mehrheitsbeschlusses kommt vorliegend nicht in Betracht, da eine Heilung dieses Rechtszustandes nicht möglich ist. Der Grund dafür ist, dass die Feststellung der Behinderung des Apostolischen Stuhles nicht zur Neuwahl eines Papstes führt, der die getroffene unwirksame Feststellung nachträglich heilen könnte. 1190 Dieser Ansicht ist auch Bier, MKCIC zu can. 335, Rn. 6 (43. Lfg. 1/2008); vgl. auch Graulich, Vakanz, 85. 1187

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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primatiale Kirchengewalt zu einer Belastung für den Bestand und die Leitung der Kirche werden könnten.

c) Die Verweigerung des kollegialen Aktes durch den Papst Eine besondere kirchenrechtliche Würdigung verlangt die im Schrifttum unterschiedlich bewertete Frage nach der Verweigerung des Papstes im Rahmen des kollegialen Aktes des Bischofskollegiums. Wie bereits dargestellt wurde, konstituiert sich der kollegiale Akt des Bischofskollegiums aus einem dreistufigen Beschlussverfahren. Besonderer verfassungsrechtlicher Aufmerksamkeit bedürfen dabei die zweite und dritte Stufe dieses Verfahrens. Während der Papst auf einem Ökumenischen Konzil einen gefassten Mehrheitsbeschluss der Bischöfe approbieren muss,1191 bedarf es bei einer außerkonziliaren vereinten Amtshandlung des Bischofskollegiums der freien Annahme durch den Papst.1192 Anschließend verlangt die dritte Stufe des Beschlussverfahrens noch die Bestätigung und Promulgation des kollegial gefassten Mehrheitswillens durch den Papst, damit der kollegiale Akt nach außen Rechtsverbindlichkeit erlangen kann.1193 Diese nachträgliche Genehmigungsund Mitwirkungsobliegenheit des Papstes birgt das verfassungsrechtliche Problem eines Auseinanderfallens der Willen beider Verfassungsgrößen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich der Papst dem Mehrheitswillen der Konzilsväter beugen muss oder aber ob – pointiert formuliert – ein einzelner Amtsträger seine Auffassung gegen die von zweitausend setzen kann.1194 Im kirchlichen Gesetzbuch fehlt es an einer expliziten Regelung für den Fall eines Auseinanderfallens. Die gesetzgeberische Ausgestaltung des dreistufigen Beschlussverfahrens impliziert, dass die verschiedenen Stufen zwar aufeinander aufbauen, aber rechtlich voneinander losgelöst und absolut unabhängig sind. Danach wäre der Papst nicht an das Mehrheitsvotum der Bischöfe gebunden. Logisch zwingend ist diese Interpretation jedoch nicht. Aus dem konstitutiven Mitwirkungserfordernis des Papstes lässt sich zwingend nur ableiten, dass Mehrheitsentscheidungen ohne bzw. gegen den Papst ausgeschlossen sind. Aus juristischer Perspektive sind drei verschiedene Handlungsalternativen denkbar und zu unterscheiden: Eine rechtliche Bindung des Papstes an den Mehrheitswillen der Bischöfe, eine Ermessensentscheidung des Papstes unter Berücksichtigung des bischöflichen Mehrheitsentwurfes oder aber eine völlig freie Entscheidung des Papstes. Welche Handlungsalternative von Rechts wegen gefordert ist, lässt sich aus der Ausgestaltung des Beschlussverfahrens selbst nicht herleiten. In der Literatur wird das Fehlen detaillierter Rechtsbestimmungen im Zusammenhang mit der gemeinsamen Amtshandlung des Bischofskollegiums teilweise scharf kritisiert und darin eine erhebliche Rechtsunsicherheit erblickt, da Konflikte in einem rechtsfreien 1191 1192 1193 1194

Can. 341 § 1. Cc. 337 § 2, 341 § 2. Can. 341. Zur Diskussion siehe Kap. IV.7.a)aa)(4). Vgl. Kolping, Primat, 72.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Raum zu entscheiden wären.1195 Bei der Lösung des verfassungsrechtlichen Problems sind grundlegende kirchenrechtliche Erwägungen und andere Rechtsnormen heranzuziehen. Die herrschende Meinung im Schrifttum ist der Auffassung, dass der Papst juristisch nicht an den Mehrheitswillen des Bischofskollegiums gebunden ist.1196 Diese Ansicht steht letztlich ganz in der Tradition der Lehre vom Papst als alleinigem Subjekt der kirchlichen Höchstgewalt und der damit verbundenen monarchisch-papalen Kirchenidee, wie sie das Erste Vatikanische Konzil dogmatisiert hat. Während auf dem Ersten Vatikanischen Konzil die Kategorien der communio und der Kollegialität gänzlich unbeachtet blieben, ist es auch dem Zweiten Vatikanum nicht gelungen, den Primat konsequent und ausschließlich aus der Mitte des Kollegiums zu verstehen.1197 Kirchenrechtsgeschichtlich habe daher das primatiale Element eine Eigen- und Selbstständigkeit gegenüber dem kollegialen Element in einer Weise gewonnen, dass der Papst eine spezielle Vollmacht oberhalb der kollegialen Strukturen beanspruchen und durchsetzen könne, die nicht darin aufgehe, für kollegiale Entscheidungen zu sorgen und diese zu ermöglichen.1198 Die von der herrschenden Lehre vertretene Auffassung findet zudem tragende Gründe im CIC. Während aus der dreistufigen Ausgestaltung und der dadurch bereits implizierten rechtlichen Unabhängigkeit der Verfahrensstufen lediglich indiziell auf eine fehlende Bindung des Papstes an den bischöflichen Mehrheitswillen geschlossen werden kann, ist der Wortlaut in can. 337 § 2 eindeutig. Dieser Canon 1195

So Riedel-Spangenberger, Rechtsstellung, 744. Vgl. Reisinger, Jurisdiktionsprimat, 163. So „scheint das Bischofskollegium dem Papst nur als Beratungsgremium zu dienen, von dessen Mehrheitsentschluss sich für ihn letztlich keine rechtlichen Konsequenzen ergeben“ (ebd., 164 f.). Für den Fall, dass „alle Bischöfe oder eine qualifizierte Mehrheit von ihnen nicht bereit sind, bestimmten Beschlußvorlagen zuzustimmen, oder wenn ein erheblicher sachlicher Dissens unter den Bischöfen besteht […] gilt bislang von Rechts wegen, daß der Papst allein darüber entscheidet, […] so daß er sogar die Bestätigung und Promulgation von Konzilsbeschlüssen verweigern kann“ (Riedel-Spangenberger, Rechtsstellung, 744). Diese nicht hinreichend juristisch geregelte Beteiligung der Bischöfe an Meinungsbildung und Entscheidungsfindung im Hinblick auf ihre gesamtkirchliche Gewaltausübung mache die tatsächliche Repräsentanz und Verbindlichkeit ihres Handelns fragwürdig (vgl. ebd., 745). Dieser Ansicht schließt sich Rees, Diözesanbischof, 79, an. Auch meint Schneider, Konzilsrecht, 274: „Der Papst braucht auch einer Mehrheitsentscheidung der Konzilsmitglieder nicht zu folgen.“ Für Scheider ergibt sich dies aus der das Konzilsrecht beherrschenden papstzentrierten Tendenz (vgl. ebd., 283). Klausnitzer, Primat, 366, verweist in diesem Zusammenhang auf die Verheißung in Lk. 22, 32, wonach der Papst den Entscheid der Mehrheit aufheben und sich der Minderheit anschließen könne, die dann Recht behalte. Nach Betti, Beziehungen, 80, ist der Papst „nicht gehalten, im Einklang mit der Mehrheit der Glieder zu entscheiden“. Als Grund führt er an, dass das Bischofskollegium auch bei der Setzung eines kollegialen Aktes ein hierarchisch strukturierter Organismus sei, in dem der Papst seine persönlichen Vorrechte beibehalte (vgl. ebd.). Auch für Rusch, Struktur, 285, ist der Papst wegen dieser Sonderstellung „nicht abhängig vom consensus ecclesiae“. 1197 So ausdrücklich Schatz, Kollegialität, 303 ff. 1198 Ebd., 289 f. 1196

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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verlangt ausdrücklich eine freie Annahme („libere recepta“) des Papstes. „Frei“ meint hier eine Freiheit von äußerem Zwang und von Ermessenserwägungen. Der Papst vermag diese Freiheit aber nur dann rechtlich verwirklichen zu können, wenn er losgelöst vom bischöflichen Mehrheitsbeschluss zu entscheiden berechtigt ist. Diese auch bei einem kollegialen Akt notwendige absolute Entscheidungsfreiheit folgt bereits aus der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers in can. 331, wonach der Papst sein Amt immer frei („semper libere“), d. h. auch hier ohne Zwang und ohne Behinderung seines Handelns ausüben kann. Mit dieser Regelung soll stets die Freiheit der Primatialgewalt von einer rechtlichen Zustimmung des Bischofskollegiums gewahrt werden.1199 Grundlegend für das Verständnis der freien päpstlichen Entscheidung ist aus kirchenrechtlicher Sicht can. 333 § 2. Dort heißt es, der Papst „hat aber das Recht, entsprechend den Erfordernissen der Kirche darüber zu bestimmen, ob er dieses Amt persönlich oder im kollegialen Verbund ausübt“. Danach ist der Papst alleiniger Träger der Kompetenz-Kompetenz und hat jederzeit das Recht, kollegiale Entscheidungsprozesse aufzugeben und durch ein primatiales Vorgehen zu ersetzen. Indem der CIC nachdrücklich betont, dass der Papst Haupt des Bischofskollegiums ist, ließe sich die Frage nach einer Bindung des Papstes an ein bischöfliches Mehrheitsvotum auch aus umgekehrter Perspektive stellen: Sind nicht die Bischöfe als Glieder des Kollegiums bei einem entgegenstehenden Willen des Papstes verpflichtet, ihr Mehrheitsvotum zurückzunehmen? Indem der Papst im Rahmen des kollegialen Aktes seine Funktion als Prinzip und Mitte für die Einheit des Bischofskollegiums ausübt, fordert er die anderen Glieder auf, mit ihm in seinem Urteil übereinzukommen.1200 Nicht zuletzt wegen der Fülle der päpstlichen Prärogativrechte,1201 die der Papst unverkürzt genießt, wäre es system- und sinnwidrig, gerade in der so bedeutenden Frage der Mitwirkungsobliegenheit beim kollegialen Akt eine Beschneidung der päpstlichen Entscheidungsfreiheit durch eine Berücksichtigungs- oder Bindungspflicht an den bischöfliche Mehrheitswillen anzuerkennen. Anderer Ansicht sind mehrheitlich jene Vertreter, die das Bischofskollegium als Subjekt der höchsten kirchlichen Gewalt anerkennen. Danach besteht eine, wenngleich nicht juristische, so doch moralische Bindung des Papstes an das Mehrheitsvotum der Bischöfe.1202 Im Mittelpunkt dieses Ansatzes steht das ekklesiologische und kirchenrechtliche Verständnis des Papstes als Haupt des Bischofskolle1199

So bemerken Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht II, 209 f., ausdrücklich: „Konkret ging es dem II. Vatikanischen Konzil auch darum, die Freiheit der Primatialgewalt von der rechtlichen Zustimmung durch das Bischofskollegium festzuhalten.“ 1200 So Betti, Beziehungen, 80. 1201 Gemeint sind seine Rechte aus cc. 338, 340, beispielhaft sein originäres und absolutes Einberufungs- und Präsidialrecht. 1202 Dieser Ansicht sind Ratzinger, Kommentar NEP, 356; Scheuermann, Amtsgewalt, 18; Gerosa, Synodalität, 49. Rahner wird mit der Äußerung zitiert, dass der Papst sich binden müsse, seine primatiale Gewalt über die ganze Kirche nur im letzten Konfliktfall auszuüben, sonst aber müsse er den Weg über den Gesamtepiskopat bei Entscheidungen nehmen (Rahner zitiert nach Kolping, Primat, 65).

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

giums. So handelt der Papst auch bei Ausübung seiner eigenen Prärogativrechte stets als Haupt des Bischofskollegiums. Aus diesem immerwährenden Verhältnis des Papstes zum Gesamtkollegium der Bischöfe wird das moralische Axiom abgeleitet, dass sich der Papst in Ausübung seiner Kirchengewalt stets seiner spezifischen Stellung als Haupt des Bischofskollegiums bewusst sei und daher auch entsprechend verhalten müsse.1203 Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ließe sich aus diesem Amtsverständnis eine Ermessensentscheidung des Papstes unter besonderer Berücksichtigungspflicht des bischöflichen Mehrheitsbeschlusses ableiten. Zwar steht der Wortlaut in can. 337 § 2, soweit er eine freie Annahme fordert, einer juristischen Bindung an den Mehrheitsbeschluss der Bischöfe oder einer Ermessensreduzierung auf Null entgegen. Die Norm eröffnet aber Spielraum für eine Interpretation als Ermessensentscheidung, deren Ermessensfehlerfreiheit dann wesentlich von der Berücksichtigung des bischöflichen Mehrheitswillens abhinge. Der Papst könnte somit das Mehrheitsvotum nicht einfach übergehen und wäre angehalten, den Beschluss der Bischöfe bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Eine solche Interpretation der Norm als Ermessensentscheidung wird von den genannten Vertretern nicht vorgeschlagen. Es wird ausschließlich eine außerrechtliche und damit bloß moralische Bindung des Papstes an die Gesamtkirche und den Mehrheitswillen der Bischöfe gefordert.1204 Diese Auffassung wird unterschiedlich begründet. Aus kirchenrechtlicher Sicht wird auf die Aussage in can. 333 § 2 verwiesen, wonach der Papst in Ausübung seines Amtes als oberster Hirte der Kirche stets in Gemeinschaft mit den übrigen Bischöfen stehe.1205 Ein anderer ekklesiologischer Ansatz knüpft an das Amtsverständnis des römischen Bischofs an, das neben seiner unmittelbaren Sorge für die Gesamtkirche auch die Mitsorge und Mitverantwortung der Glieder des Bischofskollegiums anerkennt, wie es in den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils und nunmehr auch im CIC durch die Formulierung des una cum-Prinzips zum Ausdruck kommt.1206 Eine angemessene Wahrnehmung 1203

Pissarek-Hudelist, Lehramt, 181. So meint Ratzinger, Kommentar NEP, 356: „Während juridisch der Papst inappellabel ohne das Kollegium, dieses aber nicht ohne ihn wirken kann, wird auf der moralischen Ebene für den Papst eine Verpflichtung entstehen können, auf die Stimme der Bischöfe zu hören, und umgekehrt für die Bischöfe eine Notwendigkeit auftreten können, von sich aus initiativ zu werden.“ Vgl. auch Ratzinger, Kollegialität, 59. Dieser Ansicht haben sich auch Scheuermann, Amtsgewalt, 18, und Gerosa, Synodalität, 49, angeschlossen. Kolping, Primat, 73, meint unter Zurückweisung jeder juridischen Bindung des Papstamtes: „Auch im Papsttum der Zukunft muß die persönliche Freiheit des obersten Hirten der Kirche zu entscheiden und zu handeln unvermindert bestehen bleiben. Nicht durch rechtliche Normen, sondern durch das ,Band der Vollkommenheit, die Liebe‘ (Kol. 3, 14), darf das Papsttum der Zukunft gebunden sein.“ Auch Greshake, Dienstamt, 337, betont, dass im Unterschied zur rechtlichen Ebene die Mehrheit der Konzilsväter eine Bindung des Papstes an die Gesamtkirche auf moralischer Ebene angenommen hätten, das heiße, dass der Papst selbst seinem Gewissen nach angehalten sei, alle Mittel zu ergreifen, um sich des Konsenses der Kirche zu versichern. 1205 So Gerosa, Synodalität, 50. Allerdings verweist Gerosa in seiner Begründung fälschlicherweise auf can. 331. 1206 Ausführlich Hünermann, Petrusdienst, 92 f. 1204

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der Verantwortung für die Gesamtkirche verlange die Bejahung der Mitsorge und Mitverantwortung der anderen Bischöfe.1207 Eine Ablehnung des bischöflichen Mehrheitsbeschlusses würde also gerade dieses kollegiale Amtsverständnis in unzulässiger Weise konterkarieren.1208 Das hier zugrunde liegende päpstliche Amtsverständnis gründet letztlich auf einer Vorstellung von Kollegialität als einem kritischen und auch begrenzenden Element gegenüber dem Primat.1209 Kirchenrechtlich ist diese Auffassung abzulehnen. Bei can. 333 § 2 HS 1 mit seiner lediglich deklamierenden Aussage über die stets bestehende Gemeinschaft des Papstes mit den übrigen Bischöfen handelt es sich um eine theologische Aussage, der jeder rechtserhebliche Normcharakter fehlt. Auch die in can. 333 § 2 HS 2 verankerte päpstliche Kompetenz-Kompetenz stützt ebenso wenig die Bindung des Papstes. Selbst wenn der Papst sich für ein kollegiales Handeln entscheidet und auf diesem Wege von seiner Kompetenz-Kompetenz Gebrauch macht, ist er an diese getroffene Entscheidung nicht gebunden. Denn darin wäre eine Beschneidung seines Jurisdiktionsprimats und seiner Kompetenz-Kompetenz zu sehen. Es steht dem Papst somit frei, ein auch auf seiner Initiative beruhendes kollegiales Amtshandeln in jedem Stadium zu vereiteln, indem er seine konstitutive Zustimmung oder das Abschlussverfahren verweigert. Dieses Recht folgt aus der Zusammenschau der cc. 331 HS 1, 333 § 2 HS 2 und 337 § 2. Es ist daher festzustellen, dass die vorgetragene Auffassung von der moralischen Bindung des Papstes an das bischöfliche Mehrheitsvotum ausschließlich auf ekklesiologischen Erwägungen fußt, durch das Kirchenrecht dahingegen nicht gestützt werden kann. Dieser Umstand ist bedeutend: So zeigt sich in der genauen Analyse des kollegialen Aktes, der konstitutiven päpstlichen Mitwirkungsobliegenheit und seiner absoluten Entscheidungsfreiheit, dass das Kirchenrecht gerade nicht das Bischofskollegium, sondern allein den Papst als Subjekt der kirchlichen Höchstgewalt sieht. Aus der Funktion des Papstes als Haupt des Bischofskollegiums und der damit verbundenen kollegialen Dimension des päpstlichen Amtsverständnisses können in rechtlicher Hinsicht keine Mitwirkungspflicht oder Bindung hergeleitet werden; allenfalls ist aus dem auch kollegialen Amtsverständnis ein Willkürverbot abzuleiten. Dies verbietet dem Papst, den bischöflichen Mehrheitswillen ohne sachlichen Grund zu verwerfen. Es reicht jedoch aus, dass der Papst mit implizitem oder explizitem Hinweis auf sein Einheits-

1207

Ebd. Ebd., 97, plädiert sogar mit dem Hinweis auf die kirchenschädigende Wirkung päpstlicher Entscheide dafür, dem Bischofskollegium die Kompetenz zuzuweisen, grundsätzlich „einzelne päpstliche Entscheidungen oder die Form seiner Amtsausübung [zurückzuweisen].“ Diese Position verkennt die kirchenrechtlich garantierte Immunität des Papstes und die Letztverbindlichkeit seiner Entscheidungen. 1209 Schatz, Kollegialität, 305, sieht darin eine notwendige Ergänzung des „,Harmoniemodells‘ des Zweiten Vatikanums, das der Kollegialität nur immer ,in Einheit mit dem Haupt‘ Gewicht und Autorität zuerkennt.“ Nur als kritisches und begrenzendes Element könne das kollegiale Element in der Kirche gegenüber dem primatialen eine Eigenständigkeit erhalten (ebd., 306). 1208

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

amt, seine abweichende Auffassung oder die tragenden Gründen der Mindermeinung die Mehrheitsauffassung übergeht. Im Ergebnis bleibt daher festzustellen, dass die Willensbildung in der Kirche selbst bei der kollegialen Amtsausübung nicht den Gesetzmäßigkeiten einer parlamentarischen Mehrheit und der Leitidee der Demokratie folgt. Es geht in der Kirche nicht um den Sieg und die Durchsetzung von Mehrheiten. Die kirchliche Autorität ist ihrem Ansatz nach „bevollmächtigter Zeugendienst an der Wahrheit ihres Glaubens und an der Nachfolge Christi“.1210 Wahrheit erweist sich jedoch nicht als Ergebnis einer Mehrheitsentscheidung. Daher hält die Kirche im Unterschied zu der gegenwärtigen Strömung säkularer westlicher Demokratien daran fest, dass der Papst als Stellvertreter Christi und Garant der Einheit seine absolute Entscheidungsfreiheit wahrt – nicht zuletzt dann, wenn die Bischöfe dem Papst mehrheitlich „Forderungen aus der Autorität der gerade gängigen Meinungen aus einer säkularisierten Mentalität der Mehrheit entgegenhalten“.1211 Die Primatslehre argumentiert vom sakramentalen Wesen der Kirche her. Der Episkopat als Zeichen der Einheit in Glauben und communio muss letztlich selbst ungeteilt sein. Zu diesem Zweck hat Jesus Christus den Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gesetzt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und Gemeinschaft eingesetzt.1212 Diesen zentralen und unverzichtbaren, bewusst einseitigen theologischen Grundsatz hat sich das Gesetzbuch zu eigen gemacht und in Rechtssprache übertragen.

d) Die Unfehlbarkeit im Lehramt Zu den umstrittenen verfassungsrechtlichen Fragen, die in der vorliegenden Arbeit von größerem Interesse sind, gehören im Zusammenhang mit dem Verkündigungsdienst der Kirche im dritten Buch des CIC namentlich die Regelungen über die Voraussetzungen für eine unfehlbare Lehre von Papst und Bischofskollegium und die Frage nach dem Subjekt der Unfehlbarkeit. Zentrales Objekt des Verkündigungsdienstes ist das kirchliche Glaubensgut (depositum fidei), das alle unmittelbar im geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes enthaltenen Wahrheiten zum Glauben und den Sitten umfasst, die nach katholischem Verständnis als von Gott selbst in der Heiligen Schrift geoffenbart und in der kirchlichen Lehrtradition entfaltet gelten.1213

1210

G. Müller, Amt, 20. So treffend, wenn auch in anderem Zusammenhang ebd., 19. 1212 Art. 18 LG; vgl. G. Müller, Dogmatik, 621 f. 1213 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 181 f., Rn. 1. Vgl. Riedel-Spangenberger/Witsch, Art. Lehramt, 714. 1211

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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Der Codex unterscheidet nach seiner Änderung durch das Motu Proprio von Papst Johannes Paul II. „Ad tuendam fidem“ vom 18. 5. 19981214 das der Kirche von Jesus Christus selbst anvertraute Glaubensgut in dreifacher Weise. Erstens die unmittelbar von Gott geoffenbarten Wahrheiten (sog. Primärbereich der Unfehlbarkeit),1215 zweitens die endgültig zu haltenden Glaubens- oder Sittenlehren, die aufgrund einer geschichtlichen Beziehung oder aufgrund logischen Zusammenhangs mit den göttlich offenbarten Wahrheiten in notwendigem Zusammenhang stehen (sog. Sekundärbereich der Unfehlbarkeit)1216 und drittens die bloß durch das authentische Lehramt der Kirche gelehrten Glaubens- oder Sittenfragen ohne Anspruch auf Unfehlbarkeit.1217 Dass diese Kategorisierung hierarchisch ist, zeigt sich bereits an den unterschiedlichen Verbindlichkeits- und Verpflichtungsgraden für die Gläubigen und den Strafbestimmungen. Während die Gläubigen dem Primärbereich der Unfehlbarkeit Glaubensgehorsam und -zustimmung („assensus fidei“) entgegenzubringen haben und gehalten sind, dem entgegenstehende Lehren zu meiden,1218 haben die Gläubigen den Sekundärbereich der Unfehlbarkeit fest anzunehmen und zu bewahren.1219 Während durch eine Ablehnung des Primärbereichs unter Umständen der Tatbestand der Häresie verwirklicht wird und sich der Gläubige die Tatstrafe der

1214 Vgl. AAS 90 (1998), 457 – 461. Durch das Motu Proprio hat Papst Johannes Paul II. den alten can. 750 als neuen § 1 gefasst und um einen § 2 erweitert. 1215 Can. 750 § 1. Vgl. auch den lehrmäßigen Kommentar der Glaubenskongregation zur Schlussformel der „Professio fidei“ Nr. 5 (C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 5). Zu diesen Wahrheiten gehören nach Ansicht der Glaubenskongregation, die in ihrem lehrmäßigen Kommentar Nr. 11 aufgezählten Beispiele, namentlich die Artikel des Glaubensbekenntnisses, die verschiedenen christologischen und marianischen Dogmen, die Lehre über die Einsetzung der Sakramente durch Christus und ihre Gnadenwirksamkeit, die Lehre von der wirklichen und substantiellen Gegenwart Christi in der Eucharistie sowie der Opfercharakter der Eucharistiefeier, die Gründung der Kirche durch Christus, die Lehre von dem Primat und von der Unfehlbarkeit des Papstes, die Lehre von der Existenz der Erbsünde, die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele und der unmittelbaren Vergeltung nach dem Tod, die Irrtumslosigkeit der inspirierten Heiligen Schriften sowie die Lehre, gemäß der die direkte und freiwillige Tötung eines unschuldigen Menschen ein schweres sittliches Vergehen ist (C Fid, Nota Doctrinalis, Nr. 11). 1216 Can. 750 § 2. Vgl. auch Johannes Paul II., Ad tuendam fidem, Nr. 3 sowie C Fid, Nota Doctrinalis, Nr. 6 und Nr. 7. Zu dem Begriff der auch „einschlussweise geoffenbart“ genannten Wahrheiten vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 15 f. m.w.N. Zu den Wahrheiten, die mit der Offenbarung aufgrund logischer Notwendigkeit verbunden sind, zählt die Glaubenskongregation in ihrem lehrmäßigen Kommentar Nr. 11 beispielhaft die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes vor der dogmatischen Definition des Ersten Vatikanischen Konzils, die Lehre von der nur Männern vorbehaltenen Priesterweihe, die Lehre von dem Verbot der Euthanasie, die Lehre von der Unrechtmäßigkeit der Prostitution und der Unzucht. Als Wahrheiten, die nicht als von Gott geoffenbart verkündet werden können, aber aufgrund geschichtlicher Notwendigkeit mit der Offenbarung verbunden und endgültig zu halten sind, werden die Rechtmäßigkeit der Papstwahl oder der Feier eines Ökumenischen Konzils, die Heiligsprechungen und die Ungültigkeit der anglikanischen Weihen genannt. 1217 Can. 752. 1218 Vgl. cc. 752 i.V.m. 750 § 1 a.E. 1219 Vgl. can. 750 § 2.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Exkommunikation zuziehen kann,1220 ist die Ablehnung einer Lehre des Sekundärbereichs tatbestandlich als Widerspruch gegen die Lehre der Kirche zu bewerten, die mit einer gerechten Strafe sanktioniert werden soll.1221 Jedoch hält es der lehrmäßige Kommentar der Glaubenskongregation für wichtig, ausdrücklich zu unterstreichen, „dass es hinsichtlich des vollen und unwiderruflichen Charakters der Zustimmung, die den entsprechenden Lehren [gemeint sind die Lehren i.S.v. can. 750 § 1 bzw. § 2] entgegenzubringen ist, keinen Unterschied gibt.“1222 Im Hinblick auf die nicht unfehlbar gelehrten Glaubenszeugnisse des höchsten kirchlichen Lehramtes wird religiöser Verstandes- und Willensgehorsam im Bewusstsein eigener Verantwortung gefordert.1223 Wenngleich der Lehre keine absolute und kritiklose Zustimmung entgegenzubringen ist, besteht die Pflicht, das Glaubenszeugnis zu achten und alles zu meiden, was diesem Zeugnis nicht entspricht.1224 Ein Verstoß gegen den Gehorsamsanspruch kann ebenfalls mit einer gerechten Strafe belegt werden.1225 Systematisch zu unterscheiden ist das Glaubensgut auch im Hinblick auf das handelnde kirchliche Organ und die konkrete Vorgehensweise. So können unfehlbare Lehren, sowohl die von Gott geoffenbarten (can. 750 § 1) als auch die endgültig zu halten vorgelegten (can. 750 § 2), von dem außerordentlichen oder von dem ordentlichen und allgemeinen Lehramt der Kirche vorgelegt werden. Das außerordentliche Lehramt liegt in der Hand des Papstes oder des Bischofskollegiums. Der Codex spricht in diesem Zusammenhang prosaisch vom „feierlichen Lehramt“.1226 Gemeint ist damit eine durch den formalen und endgültigen Definitionsakt herbeigeführte ausdrückliche Dogmatisierung, die entweder durch den Papst alleine oder durch das Bischofskollegium mit dem Papst erfolgt. Entsprechend differenziert hat der CIC das außerordentliche unfehlbare Lehramt ausgestaltet. So regelt can. 749 § 1 die dem Papst kraft seines Amtes zukommende Unfehlbarkeit, während can. 749 § 2 die Voraussetzungen für das unfehlbare außerordentliche 1220

Vgl. cc. 750 § 1, 751, 1364 § 1. So auch ausdrücklich C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 5 a.E. Vgl. cc. 750 § 2, 1371 Nr. 1 Alt. 2. Vgl. auch Riedel-Spangenberger/Witsch, Art. Lehramt, 716; Mussinghoff, MKCIC zu can. 750, Rn. 7 – 10 (5. Erg.-Lfg. 3/1987). 1222 C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 8. „Quod ad naturam assensionis erga veritates quae vel tamquam divinitus revelatae ab Ecclesia proponuntur (in primo commate) vel tamquam definitivae sunt habendae (in secundo commate), magni est momenti in lucem proferre indolem assensionis erga utraque praecepta eodem modo esse plenam et irrevocabilem.“ Vgl. Bier, Lehramt, 21. 1223 Cc. 752 i.V.m. 212 § 1. 1224 Can. 752 a.E. Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 21. 1225 Can. 1371 Nr. 1 Alt. 2. Vgl. Riedel-Spangenberger, Verkündigungsdienst, 172 f. 1226 So in can. 750. Der Grund für diese unglückliche Terminologie liegt wohl in der kirchlichenTradition. So war bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil nicht das Bischofskollegium als immerwährendes Subjekt, sondern das Konzil in seiner ereignishaften Gestalt als Träger von Höchstgewalt tradiert. Dies war neben der jederzeit möglichen ex-cathedra-Entscheidung des Papstes der Ort für eine förmliche und ebenso feierliche Dogmatisierung. Der CIC hat diese Tradition offensichtlich noch nicht ganz überwunden, obwohl er ausdrücklich den außerkonziliaren kollegialen Akt des Bischofkollegiums festschreibt (vgl. Aymans, Veritas, 371; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 18 f.). 1221

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Lehramt des Bischofskollegiums nennt. Eine formale Dogmatisierung durch das Bischofskollegium kann auf zwei Wegen erreicht werden: entweder durch einen kollegialen Akt auf einem Ökumenischen Konzil oder aber durch einen außerkonziliaren kollegialen Akt i.S.v. cc. 337 § 2, 341 § 2.1227 Davon strikt zu unterscheiden ist das unfehlbare ordentliche und allgemeine Lehramt der Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Papst.1228 Hier handeln die Bischöfe vereint mit dem Papst in einem nicht endgültigen Akt,1229 der auch kein formaler Definitionsakt ist, indem sie in beständig übereinstimmender Bezeugung eine Lehre des Glaubens oder der Sitte in ständiger Praxis für unfehlbar halten.1230 Nicht unfehlbar ist das sonstige Glaubenszeugnis des obersten kirchlichen Lehramtes1231 sowie das authentische Glaubenszeugnis des sonstigen bischöflichen Lehramtes.1232 aa) Das außerordentliche Lehramt des Papstes An erster Stelle nennt can. 749 § 1 die Unfehlbarkeit des päpstlichen Lehramtes. Unfehlbarkeit im Lehramt besitzt danach der Papst, wann immer er als oberster Hirte und Lehrer aller Gläubigen, dessen Aufgabe es ist, seine Brüder im Geiste zu stärken, eine Glaubens- oder Sittenlehre definitiv als verpflichtend verkündet.1233 Diese Formulierung entspricht inhaltlich weitgehend der Erklärung der Dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“ des Ersten Vatikanischen Konzils, auf welchem die päpstliche Unfehlbarkeit nach heftiger Diskussion als unfehlbare Lehrmeinung dogmatisiert wurde.1234 In der genannten Konstitution wird anders als im geltenden Recht ausdrücklich hervorgehoben, dass bereits „solche Definitionen des Römischen 1227

Die außerkonziliare Form der Dogmatisierung einer Wahrheit durch das Bischofskollegium wird in dem lehrmäßigen Kommentar der Glaubenskongregation zur Schlussformel der „Professio Fidei“ (C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 6, 9) nicht genannt, ist jedoch angesichts des eindeutigen Wortlautes in can. 749 § 2 HS 2 CIC unbestritten (so auch Riedel-Spangenberger/ Witsch, Art. Lehramt, 715; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 18). 1228 Allgemein („magisterio universali“) wird das Lehramt genannt, weil in ihm der Episkopat insgesamt und durch ihn die Universalkirche in Erscheinung tritt; ordentlich („magisterio ordinario“) wird es in Abgrenzung zum außerordentlichen konziliaren und außerkonziliaren Lehramt genannt (Löhrer, Mysterium, 569; vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 17; can. 750 § 1). 1229 Zu der Unterscheidung zwischen dem endgültigen Akt des außerordentlichen Lehramtes und dem nicht endgültigen Akt des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes vgl. C Fid, Nota Doctrinalis, Nr. 9. 1230 Vgl. Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 17. Zum ordentlichen und allgemeinen Lehramt siehe Kap. V.3.d)cc). 1231 Can. 752. 1232 Can. 753. Vgl. dazu ausführlich Gänswein, Episcopi, 106 ff. 1233 „Infallibiitate in magisterio, vi muneris sui gaudet Summus Pontifex quando ut supremus omnium christifidelium Pastor et Doctor, cuius est fratres suos in fide confirmare, doctrinam de fide vel de moribus tenendam definitivo actu proclamat. “, can. 749 § 1. 1234 Vgl. DH 3074 f.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich [sind].“1235 Damit ist eine deutliche Absage an jede Form von Konziliarismus erteilt, die eine Zustimmung des Konzils oder andere Formen nachträglicher kirchlicher Rezeption verlangen.1236 Der definierende Spruch des Papstes allein ist juristisch vollständig.1237 Diese juristische Vollständigkeit und Unabhängigkeit von der Zustimmung der übrigen Bischöfe muss im heutigen Gesetzbuch in die Formulierung hineingelesen werden, wonach der Papst Unfehlbarkeit im Lehramt kraft seines Amtes besitzt. Gemeint ist damit die Ausübung seines Amtes als oberster Hirte und Lehrer aller Gläubigen als Teil seiner höchsten und vollen Primatsgewalt.1238 Die päpstliche Unfehlbarkeit ist damit eine mit dem Petrusamt originär verbundene und aufgrund der Verheißung Christi (Mt. 16, 18 – 19) dem Papst selbst gegebene Befähigung.1239 Der Wortlaut des can. 749 § 1 knüpft an die Formulierung des Art. 25 LG an, obwohl es einige bedeutsame Abweichungen gibt: Zum einen wird in LG für den Papst noch der mit „Bischof von Rom“ zu übersetzende Titel Romanus Pontifex verwendet, der die Einbindung in die konkrete Ortskirche und in das Bischofskollegium stärker zum Ausdruck brachte. Die jetzige Gesetzesfassung spricht abweichend vom Summus Pontifex, welcher als ursprünglich auf Christus bezogener Titel vielmehr Ausdruck für die höchste Autorität des Papstes ist, die ihm originär und einzig in der Kirche als höchstem aller pontifices zukommt.1240 Außerdem fehlt in can. 749 § 1 die noch in LG enthaltene Einordnung des Papstes in das Bischofskollegium. In LG heißt es nämlich: „Dieser Unfehlbarkeit erfreut sich der Bischof von Rom, das Haupt des Bischofskollegiums [Hervorhebung d. Verf.], kraft seines Amtes“.1241 Es war Absicht des Gesetzgebers, mit der Auslassung, Abstriche aufgrund der päpstlichen Sonderstellung im Bischofskollegium einerseits zurückzuweisen und eine rechtlich relevante Einbindung des Papstes in das Bischofskollegium andererseits entschieden abzuwehren.1242 Diese Eigenständigkeit wird zudem 1235 „Ideoque eiusmodi Romani Pontificis definitiones ex sese, non autem ex consensu Ecclesiae, irreformabiles esse.“ (DH 3074). Dies wurde auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil ausdrücklich bestätigt. So heißt es an der entsprechenden Stelle in Art. 25 LG: „Daher heißen seine Definitionen mit Recht aus sich und nicht erst aufgrund der Zustimmung der Kirche unanfechtbar.“ Vgl. dazu auch Rahner, Kommentar LG, 238. 1236 Vgl. Schatz, Primat, 198; Greshake, Dienstamt, 337. 1237 Ratzinger, Volk Gottes, 168. Zur der sog. separaten Unfehlbarkeit des Papstes vgl. Pottmeyer, Rolle, 84, 88 f. 1238 Vgl. cc. 749 § 1 i.V.m. 331. 1239 So auch Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 2 (5. Erg.-Lfg. 3/1987). 1240 Der Titel Summus Pontifex wird auch in can. 336 verwendet. Vgl. Krämer, Art. Päpstliche Titulaturen, 1343; Stoffel, MKCIC zu can. 331, Rn. 2 (14. Erg.-Lfg. 4/1991); Lüdecke, Grundnormen, 242. 1241 Art. 25 LG. 1242 Zu diesem Ergebnis gelangt Lüdecke, Grundnormen, 240 ff., nach ausführlicher Darstellung der Textgeschichte. Anderer Auffassung ist G. Müller, Dogmatik, 93, der im Zusammenhang mit der Infallibilität der Kirche ohne Bezugnahme auf den CIC den Papst aus-

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durch die ausdrückliche und originäre Zuständigkeitsverteilung in can. 749 § 1 an den Papst hervorgehoben, seine Brüder im Bischofsamt im Glauben zu stärken. Diesem aus Lk. 22, 32 entnommenen theologischen Satz, der sich bereits als attributiver Relativsatz in Art. 25 LG befindet, darf jedoch keine überspannte juristische Bedeutung beigemessen werden. Er hebt lediglich das pastorale Element der lehramtlichen Äußerung und deren einheitsstiftende Funktion hervor.1243 Eine juristische Beschränkung dergestalt, dass es auch eine Notwendigkeit für eine entsprechende Stärkung der Amtsbrüder geben müsse, ist der Norm nicht zu entnehmen. Ein Konsens der Kirche ist für den Definitionsakt des Papstes rechtlich nicht erforderlich.1244 Drei tatbestandliche Voraussetzungen nennt der Codex für die päpstliche Unfehlbarkeit: Erstens muss es sich um einen tauglichen Vorlagegegenstand, das ist ausschließlich eine Glaubens- oder Sittenlehre, handeln.1245 Zweitens muss der Papst als oberster Hirte und Lehrer aller Gläubigen, d. h. in Ausübung seines Amtes, nicht als Privatperson handeln. Drittens muss der Papst den Vorlagegegenstand als endgültig verpflichtend verkünden (sog. Kathedralentscheidung ex cathedra). Wegen can. 749 § 3 muss der Papst durch einen formalen Definitionsakt unter Verwendung bestimmter Förmlichkeiten ausdrücklich und eindeutig zu erkennen geben, dass er eine unfehlbare Lehre vorlegt.1246 Darüber hinaus gehende Voraussetzungen oder nahmslos in seiner spezifischen Stellung als „Bischof von Rom, wenn er als Repräsentant (,Haupt‘) des Bischofskollegiums und der Gesamtkirche ,ex cathedra‘ spricht“ als einen von drei Trägern der Unfehlbarkeit nennt. Diese einseitig auf die Formulierung in Art. 25 LG gestützte Perspektive entspricht jedoch nicht der kirchenrechtlichen Interpretation, weil sie den Wortlaut des Gesetzes außer Acht lässt. 1243 Vgl. Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 2 (5. Erg.-Lfg. 3/1987). 1244 Dies mag aus theologischer Perspektive durchaus anders zu bewerten sein. So macht Ratzinger, Volk Gottes, 168, deutlich, dass der Spruch des Papstes zwar juristisch vollständig, allerdings ohne die Grundlage einer einträchtigen Verkündigung der Bischöfe faktisch unmöglich sei. Denn nur das, was im gläubigen Leben der Kirche an Erkenntnis gereift sei und in den einzelnen Kirchen in Übereinstimmung mit den Bischöfen und ihrer ordentlichen Verkündigung geglaubt werde, könne im außerordentlichen Spruch des Papstes spruchreif werden. Daher könne es ein Dogma, das gegen den Glauben der ganzen Kirche, gegen die Überzeugung des Episkopats oder seines größten Teils erlassen werde, nicht geben. Auch Rahner, Kommentar LG, 239, macht deutlich, dass das ex sese nichts über die Pflicht des Papstes aussage, seine Definitionen aus der Offenbarung, dem Glauben der Kirche und der nicht institutionalisierbaren Kraft des Heiligen Geistes zu schöpfen. Vgl. auch Riedel-Spangenberger, Verkündigungsdienst, 171 f. 1245 Es kann sich dabei entweder um eine göttlich offenbarte Wahrheit (vgl. can. 750 § 1) oder um eine zwar als solche nicht offenbarte, jedoch mit einer Offenbarungswahrheit in notwendigem Zusammenhang stehende Wahrheit (vgl. can. 750 § 2) handeln. 1246 In dem einzigen Zeugnis des außerordentlichen päpstlichen Lehramtes des 20. Jahrhunderts über die Aufnahme der Mutter Gottes in den Himmel durch die Apostolische Konstitution „Munificentissimus Deus“ von Papst Pius XII. vom 01. 11. 1950 wurde diese Ausdrücklichkeit durch einen Dreiklang erreicht. Erstens durch eine feierliche Floskel, mit der die päpstliche Legitimation hervorgehoben und ein formaler Rechtsakt eingeleitet wird („auctoritate Domini Nostri Iesu Christi, Beatorum Apostolorum Petri et Pauli ac Nostra pronuntiamus, declaramus et definimus“). Zweitens durch die prägnant zusammengefasste Aussage der un-

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rechtliche Beschränkungen der päpstlichen Unfehlbarkeit gibt es nicht.1247 Dass can. 749 § 1 zudem die Aufgabe des Papstes hervorhebt, seine Brüder im Glauben zu stärken, ist kein rechtlich relevantes Kriterium, sondern eine bloß theologische Aussage, die das pastorale Element des päpstlichen Lehramtes unterstreicht.1248 bb) Das außerordentliche Lehramt des Bischofskollegiums Das außerordentliche Lehramt des Bischofskollegiums mit dem Papst ist in can. 749 § 2 geregelt, das zwischen konziliarer (HS 1) und außerkonziliarer Handlung (HS 2) unterscheidet. So regelt can. 749 § 2 HS 1 das außerordentliche Lehramt des Bischofskollegiums durch einen kollegialen Akt auf einem Ökumenischen Konzil. Es ist aus rechtlicher Perspektive weitgehend unproblematisch. Zu den Voraussetzungen ist Folgendes festzuhalten: Tauglicher Vorlagegenstand ist allein eine Glaubens- oder Sittenlehre im Sinne von can. 750 § 1 oder § 2. Weitere Voraussetzung ist eine durch einen kollegialen Akt zustande gekommene ausdrückliche Erklärung des Bischofskollegiums mit dem Papst. Rechtlich zu würdigen bleibt allein die Frage nach den Anforderungen an die Mehrheit, durch die ein kollegialer Akt zustande kommt. Anders als can. 749 § 2 HS 2, der ausdrücklich qualifiziert „unam sententiam“ fordert,1249 verwendet der erste Halbsatz der Norm lediglich den unbestimmten Artikel, wonach eine Glaubens- oder Sittenlehre definitiv für verpflichtend zu erklären ist. Für den Fall, dass die Geschäftsordnung eines zukünftigen Konzils keine Regelungen zur Beschlussfassung erhält, ist die subsidiäre Vorschrift

fehlbaren Lehre, die ausdrücklich als geoffenbarte Glaubenslehre („divinitus revelatum dogma“) bezeichnet wird. Drittens durch den mahnenden Appell, dass ein Verstoß gegen die Glaubenswahrheit als Häresie kirchenrechtliche Strafmaßnahmen nach sich ziehen wird. 1247 Dieser rechtliche Rahmen wird von theologischer Seite durchaus ergänzend bzw. modifizierend entfaltet. Bereits auf dem Ersten Vatikanischen Konzil wurden Wesen und Bedingung der päpstlichen Unfehlbarkeit dargelegt. So besteht die Gabe der Unfehlbarkeit nicht in einer neuen Offenbarung, sondern im Beistand des Heiligen Geistes, damit die durch die Apostel überlieferte Offenbarung heilig bewahrt und getreu ausgelegt werde (vgl. die Dogmatische Konstitution „Pastor aeternus“, DH 3070); instruktiv ist in diesem Zusammenhang die gemeinsame Erklärung der deutschen Bischöfe vom Januar/Februar 1875 (DH 3116). Dass die Unfehlbarkeit nicht aus neuen Offenbarungen hervorgeht, wird auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil bekräftigt (vgl. Art. 25 LG a.E., DH 4150) und auch in jüngerer Zeit bekundet (vgl. C Fid, Mysterium ecclesiae, DH 4534). Der Papst ist an die Lehre der Heiligen Schrift und an die schon ergangenen Definitionen gebunden (vgl. „Pastor aeternus“, DH 3070, 3074). Auch in diversen päpstlichen Verlautbarungen wird vielfach hervorgehoben, dass die Gabe der Unfehlbarkeit den Papst nicht von der Verpflichtung befreit, Überlegungen und Nachforschungen anzustellen oder den Rat anderer einzuholen (vgl. Art. 25 LG, DH 4150; deutlich auch in der Konstitution „Cum inter nonnullos“ von Papst Johannes XXII. vom 12. 11. 1323: „gemäß dem Rat Unserer Brüder/de fratrum Nostrorum consilio“, DH 930). 1248 Vgl. Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 2 d (5. Erg.-Lfg. 3/1987), der dies jedoch als viertes Kriterium nennt. 1249 Siehe dazu ausführlich Fn. 1257.

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des can. 119 Nr. 2 anwendbar. Danach reicht es aus, wenn die Mehrheit der anwesenden Bischöfe zusammen mit dem Papst für die Erklärung stimmt.1250 Aus kanonischer Perspektive genauer zu betrachten ist die Regelung des can. 749 § 2 HS 2 CIC, der das außerkonziliare außerordentliche Lehramt des Bischofskollegiums regelt.1251 Dort heißt es, dass die Bischöfe „über die Welt verstreut, unter Wahrung der Gemeinschaft untereinander und mit dem Nachfolger Petri, zusammen mit eben dem Papst in authentischer Lehre über Sachen des Glaubens oder der Sitte zu ein und demselben, als definitiv verpflichtenden Urteil gelangen.“1252 Tauglicher Vorlagegegenstand ist auch hier ausnahmslos eine Glaubens- oder Sittenlehre. Weitere Voraussetzung ist ein formaler Definitionsakt.1253 Der CIC hat jedoch die formalen Anforderungen an diesen Definitionsakt nicht näher geregelt.1254 Unklar ist vor allem, ob im Rahmen des außerkonziliaren Lehramtes ein kollegialer Akt i.S.v. cc. 337 § 2, 341 § 2 erforderlich ist.1255 Danach wäre es u. a. notwendig, dass der Papst den kollegialen Akt des Bischofskollegiums in die Wege leitet oder frei annimmt, zudem bestätigt und auf seine Anordnung hin promulgiert (sog. Abschlussverfahren). Für diese Sichtweise spricht, dass can. 749 § 3 verlangt, dass Lehre nur dann als eine unfehlbare Lehre anzusehen ist, wenn dies offensichtlich feststeht.1256 Auch sprechen systematische Gründe dafür, dass can. 749 § 2 HS 2 1250 Anderer Ansicht ist Schatz, Primat, 190 f. Er verlangt allerdings ohne Begründung auch für die Abstimmung auf einem Ökumenischen Konzil moralische Einstimmigkeit der Konzilsteilnehmer. Dass dieses Prinzip nicht unumstößlich verfolgt worden sei, zeige sich u. a. an der Beschlussfassung zur Erklärung der Unfehlbarkeit des Papstes auf dem Ersten Vatikanischen Konzil. So macht Schatz auf die ca. 20 Prozent, d. h. etwa 140 der 700 Konzilsväter, aufmerksam, die gegen die Unfehlbarkeitsdefinition waren und daher z. T. vor der entscheidenden Abstimmung über die Frage aus Protest abreisten. Es mag sein, dass angesichts der Bedeutung, die eine so weitreichende Entscheidung wie die Definition einer unfehlbaren Glaubenslehre für das Leben der Kirche hat, ein einmütiger Konsens der Konzilsmitglieder zu begrüßen ist, allerdings ist dies rechtlich nicht erforderlich. Das Konzil ermöglicht seinem Wesen nach einen regen theologischen Diskurs seiner Teilnehmer, an dessen Ende eine Beschlussfassung durch Abstimmung steht. Maßgeblich ist allein, dass der Papst nach einem mehrheitlichen Votum der Bischöfe aufgrund seiner einheitsstiftenden Funktion konstitutiv zustimmt und damit einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums setzt, den letztlich das gesamte Kollegium anzuerkennen verpflichtet ist. 1251 Dies ist nicht unumstritten. Andere Autoren meinen, der entsprechende Abschnitt regele das ordentliche und allgemeine Lehramt des Bischofskollegiums (Nachweise siehe Fn. 1263). 1252 „aut quando per orbem dispersi, communionis nexum inter se et cum Petri successore servantes, una cum eodem Romano Pontifice authentice res fidei vel morum docentes, in unam sententiam tamquam definitive tenendam conveniunt.“, can. 749 § 1 HS 2. 1253 Dies ist herrschende Lehre (vgl. de Wall/Muckel, 185 f., Rn. 11; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 11; Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 3 b (5. Erg.-Lfg. 3/1987). 1254 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 185 f., Rn. 11; Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 3 (5. Erg.-Lfg. 3/1987). 1255 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 186, Rn. 11. Auch Walf, Einführung, 137, kritisiert diesbezüglich den systematischen Aufbau des Codex. 1256 So auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 186, Rn. 11.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

einen kollegialen Akt verlangt. Die Unfehlbarkeit des außerordentlichen Lehramtes des Bischofskollegiums ist Ausübung der höchsten und vollen Gewalt über die Gesamtkirche, die nach den allgemeinen Normen der cc. 337 § 2, 341 § 2 nur durch einen kollegialen Akt ausgeübt werden kann. Diese Regelung ist durch die Ausgestaltung des can. 749 § 2 weder aufgehoben noch konkretisiert worden, sondern wird vielmehr vorausgesetzt. Can. 749 § 2 verweist daher implizit auf cc. 337 § 2, 341 § 2, weshalb auch sprachlich an diese Stellen angeknüpft wird („sie [die Bischöfe] über die Welt verstreut“). Zu den in can. 749 § 2 HS 2 genannten Voraussetzungen für den kollegialen Akt gehören: Erstens die Wahrung der hierarchischen Gemeinschaft von Papst und Bischöfen, zweitens ein einheitliches Urteil über den Vorlagegegenstand1257 und drit-

1257 Welche Anforderungen an die Einheitlichkeit des Urteils zu stellen sind, ist fraglich (vgl. die erhebliche Kritik von Walf, Unfehlbarkeit, 172 f., an der gesetzlichen Ausgestaltung). Der lateinische Wortlaut ist „unam sententiam“, was im Deutschen zutreffend betont mit „ein und demselben Urteil“ übersetzt wurde. Unklar ist, ob sich die verlangte Einheitlichkeit auf die Zustimmung der Bischöfe bezieht oder ob sie die Einmütigkeit lediglich im Verhältnis von Papst und den übrigen Gliedern des Bischofskollegiums meint. Der Wortlaut lässt für beide Interpretationen Spielraum, je nachdem in welchen Zusammenhang die entsprechende Stelle gestellt wird. Da jedoch bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen klar ist, dass ein kollegialer Akt stets die volle Übereinstimmung im Verhältnis von Papst und Bischofskollegium verlangt, sprechen systematische Gründe dafür, dass sich die verlangte Einheitlichkeit auf die Zustimmungsebene der Glieder des Bischofskollegiums bezieht. Fraglich ist, ob die Norm, indem sie „unam sententiam“ fordert, ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis i.S.v. restloser Einstimmigkeit festschreibt und damit die Anwendung der subsidiären Vorschrift des can. 119 sperrt, wonach ein einfaches Mehrheitsvotum der Bischöfe ausreichen würde. Im Schrifttum wird dieser Problemkreis – soweit gesichtet – nur vereinzelt problematisiert (vgl. Walf, Unfehlbarkeit, 172; Aymans, Veritas, 372, hält moralische Einmütigkeit statt beliebige Mehrheitsentscheidung oder Einstimmigkeit für erforderlich). Schon praktische und kirchenpolitische Erwägungen sprechen dafür, dass Einstimmigkeit angesichts der Größe des Kollegiums und der Schwerfälligkeit der Entscheidungsfindung nicht ernsthaft gefordert werden kann. Dafür sprechen auch strukturelle Gesichtspunkte. So verlangt auch das konziliare außerordentliche Lehramt grundsätzlich nur eine einfache Mehrheit. Warum dies für das außerkonziliare außerordentliche Lehramt anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Zudem vermag der Papst aufgrund seiner einheitsstiftenden Funktion als Haupt des Kollegiums dafür Sorge zu tragen, dass trotz vielleicht knapper Mehrheitsentscheidung die Minderheitsauffassung nicht übergangen wird und ein kollegialer Akt durch Verweigerung der päpstlichen Zustimmung verhindert wird. Auch der Vergleich zum ordentlichen und allgemeinen Lehramt spricht dafür, die Anforderungen an die Mehrheit nicht zu überspannen. Im Zusammenhang mit dem ordentlichen Lehramt der Bischöfe wird „moralische Einmütigkeit“ (Dulles, Lehramt, 170) gefordert oder eine Übereinstimmung, die zwar nicht „eine restlose, wohl aber eine moralische“ (Aymans, Kanonisches Recht III, 17) sein muss. Während es bei dem ordentlichen und allgemeinen Lehramt an einem formalen Definitionsakt fehlt, der Erkennbarkeit und Klarheit im Hinblick auf die Unfehlbarkeit einer Lehre garantiert, sind die hohen Anforderungen an die Zustimmung zwingend geboten, um ausreichend Klarheit über den Verbindlichkeitsgrad einer Lehre zu erreichen. Diese strengen Anforderungen sind jedoch bei einem formellen Definitionsakt und der Zustimmungspflicht des Papstes, wie sie das außerkonziliare außerordentliche Lehramt

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tens der Rechtscharakter definitiv verpflichtenden Urteils, d. h. in bewusster Ausübung ihrer Mitwirkungsobliegenheit an dem höchsten kirchlichen Lehramt.1258 cc) Das ordentliche und allgemeine Lehramt Rechtliche Unklarheiten gibt es zudem im Zusammenhang mit der Regelung des unfehlbaren ordentlichen und allgemeinen Lehramtes des Bischofskollegiums.1259 Gemeint ist damit eine von den Bischöfen in Gemeinschaft untereinander und mit dem Papst in beständiger Übereinstimmung und ständiger Praxis bezeugter Lehre des Glaubens oder der Sitte, die entweder als von Gott geoffenbart zu glauben oder verlangen, nicht erforderlich, da hier bereits der formale Definitionsakt die notwendige Klarheit herstellt. An dieser Stelle kann die bereits grundsätzlich thematisierte Frage wieder aufgegriffen werden, wie sich eine ablehnende Auffassung des Papstes trotz Mehrheitsvotum der Bischöfe rechtlich auswirkt (siehe Kap. V.3.c). Es geht damit letztlich um die Eigenständigkeit und das Wesen des Kollegiums (vgl. dazu die kritischen Bemerkungen von Walf, Unfehlbarkeit, 172 f.). Es gelten jedoch auch hier die zu can. 336 dargestellten Grundsätze. Das Kirchenrecht kennt keinen kollegialen Akt des Bischofskollegiums, das ohne bzw. gegen die ausdrückliche päpstliche Zustimmung zustande kommt. Der Papst ist von Rechts wegen nicht verpflichtet, sich dem Mehrheitsvotum der Bischöfe anzuschließen (siehe Fn. 1196). 1258 Es reicht somit nicht aus, dass die Bischöfe lediglich auf dem Wege allgemeiner öffentlich gewordener Stellungnahmen, Interviews oder aus eigenem Antrieb abgegebener Erklärungen zu einer einheitlichen allgemeinen Ansicht in einer bestimmten Glaubens- oder Sittenlehre gelangen; es reicht auch nicht aus, dass die Bischöfe aufgrund einer allgemeinen Umfrage durch den Papst Stellung nehmen. Notwendig ist, dass den Bischöfen insbesondere bei päpstlich initiierten Befragungen deutlich gemacht wird, dass sie mit ihrer Antwort zu einem kollegialen Akt gerufen werden (so auch Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 2 (5. Erg.Lfg. 3/1987)). 1259 Ein „ordentliches“ unfehlbares Lehramt des Papstes wird hingegen von der herrschenden Kanonistik abgelehnt (Beinert, Unfehlbarkeit, 390; Beumer, Enzykliken, 262 ff.; Aymans, Begriff, 662; vgl. Pissarek-Hudelist, Lehramt, 172 f. m.w.N.; Löhrer, Mysterium, 585 f. m.w.N.; Lüdecke, Grundnormen, 269 m.w.N.). Es findet auch keinen Rückhalt im CIC (vgl. ebd., 268 f.). Die unfehlbare Lehrgewalt des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes ist gesicherte und unangefochtene Tradition der Kirche (dazu ausführlicher Lécuyer, Amt, 171 f. m.w.N.). Während dieses unfehlbare „ordentliche Lehramt der ganzen über die Erde hin verstreuten Kirche“ bereits von Papst Pius IX. in seinem Brief „Tuas libenter“ an den Erzbischof von München und Freising v. Döllinger vom 21. 12. 1863 ausdrücklich hervorgehoben wurde (DH 2879), taucht es lehramtlich erstmals in der Dogmatischen Konstitution „Dei Filius“ des Ersten Vatikanischen Konzils auf. Dort heißt es: „Mit göttlichem und katholischem Glauben ist ferner all das zu glauben, was im geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes enthalten ist und von der Kirche – sei es in feierlichen Entscheidungen oder kraft ihres gewöhnlichen und allgemeinen Lehramtes – als von Gott geoffenbart zu glauben vorgelegt wird (DH 3011). Und auch auf dem Zweiten Vatikanum wird das ordentliche und allgemeine Lehramt explizit in Art. 25 LG erwähnt. Dort heißt es: „Auch wenn die einzelnen Vorsteher nicht über den Vorzug der Unfehlbarkeit verfügen, so verkünden sie dennoch, immer wenn sie – auch wenn sie über den Erdkreis verstreut sind, aber das Band der Gemeinschaft untereinander und mit dem Nachfolger des Petrus beachten – authentische Sachen des Glaubens und der Sitten lehren und dabei auf eine Aussage als endgültig verbindliche übereinkommen, die Lehre Christi auf unfehlbare Weise.“ (DH 4149)

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

endgültig zu halten ist.1260 Bei der Vorlage des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes handelt es sich jedoch um einen nicht endgültigen Akt.1261 Die Unfehlbarkeit des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes wird jedoch im CIC lediglich in can. 750 kurz erwähnt. Es fehlt jedoch an einer eigenen klarstellenden Regelung.1262 Das ordentliche und allgemeine Lehramt der Kirche ist insbesondere nicht mit dem außerkonziliaren außerordentlichen Lehramt des Bischofskollegiums gem. can. 749 § 2 HS 2 zu verwechseln.1263 Während Letzteres ausdrücklich einen kol1260 Zu den vom allgemeinen und ordentlichen Lehramt der Kirche unfehlbar vorgelegten Lehren gehören die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe, die Unerlaubtheit der vorsätzlichen Abtreibung menschlichen Lebens und im Zusammenhang mit der Unauflöslichkeit der Ehe die Lehre von der Nichtausdehnung der Vollmacht des Papstes auf die gültigen und vollzogenen Ehen (siehe Fn. 1287). 1261 So ausdrücklich C Fid, Nota Doctrinalis, Nr. 9. 1262 So de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 186, Fn. 625; Aymans, Begriff, 661 f.; Aymans/ Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 17. 1263 So jedoch Bier, Lehramt, 6 f., Pfannkuche, Papst, 156, Lüdecke, Grundnormen, 245, 266, 273, 288, 293. Danach regelt can. 749 § 2 HS 2 das in can. 750 als ordentlich und allgemein bezeichnete Lehramt. Diese Auffassung ist jedoch nicht überzeugend. can. 749 regelt insgesamt nur das außerordentliche, „feierliche“ Lehramt (Aymans, Veritas, 371; ders., Begriff, 663 Fn. 21; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 185 f., Rn. 11 m.w.N.; wohl auch Riedel-Spangenberger, Papst und Bischofskollegium, 47; dies., Lehramt, 754). Die Auffassung, dass das ordentliche und allgemeine Lehramt in can. 749 § 2 HS 2 geregelt sei, ist bereits aus systematischen Gründen nicht überzeugend. Da sowohl 749 § 1 als auch 749 § 2 HS 1 das außerordentliche Lehramt regeln, spricht die Beibehaltung der systematischen Anordnung dafür, dass auch 749 § 2 HS 2 das außerordentliche Lehramt regelt. Auch kann die von Lüdecke, Grundnormen, 289 ff., selbst skizzierte Textgeschichte als Indiz angeführt werden. Dafür dass bei richtiger Sichtweise das ordentliche und allgemeine Lehramt der Kirche nicht (in can. 749 § 2 HS 2) geregelt ist, spricht, dass der CIC unter Beachtung der Auffassung des Konzils die Frage nicht präjudizieren wollte, ob ein kollegialer Akt für die Ausübung des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes erforderlich sei, weshalb auf eine Regelung verzichtet wurde. Uneindeutig ist, wie Mussinghoff, MKCIC zu cc. 749/750, einzuordnen ist. Eine deutliche Unterscheidung zwischen außerordentlichem und ordentlichem und allgemeinem Lehramt unterbleibt. Indem er von der zweifachen Weise einer Ausübung des unfehlbaren Lehramtes des Bischofskollegiums spricht, wobei dieses entweder auf einem Ökumenischen Konzil oder verstreut „durch jedweden kollegialen Akt“ geschehen kann, scheint er sich der Auffassung Lüdeckes anzuschließen (vgl. Mussinghoff, MKCIC zu can. 749, Rn. 3 (5. Erg.-Lfg. 3/1987)). Auch in seiner Kommentierung zu can. 750 scheint Mussinghoff neben dem außerordentlichen Lehramt durch den Papst und das Konzil nur das ordentliche und allgemeine Lehramt in Gestalt eines außerkonziliaren kollegialen Aktes zu unterscheiden (so ders., MKCIC zu can. 750, Rn. 8 (5. Erg.-Lfg. 3/1987)). Das durch den CIC dreifach zu unterscheidende unfehlbare Lehramt der Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Papst (konziliarer oder außerkonziliarer kollegialer Akt und einmütige Praxis der Bischöfe) wird so nicht deutlich. Auch die Unterscheidung von Dulles, Lehramt, 170, ist zumindest unvollständig. Dulles ordnet, ohne ausdrücklich auf die Normen des CIC zu rekurrieren, die päpstliche ex-cathedra-Entscheidung sowie den Konzilsbeschluss dem außerordentlichen Lehramt zu, während das ordentliche und allgemeine Lehramt durch die moralische Einmütigkeit der Bischöfe ausgeübt werde. Die außerkonziliare Form des außerordentlichen Lehramtes wird damit nicht gewürdigt. Ebenso missverständlich ist Walf, Unfehlbarkeit, 173. Bei Walf heißt es: „Der c. 750 unterscheidet zwischen Lehren des ,feierlichen‘ und des ,ordentlichen und allgemeinen Lehramtes‘. Faktisch umschreibt der vorangehende c. 749 die Träger des ,feierlichen Lehramtes‘: Der Papst, wenn er ,ex cathedra‘ spricht, sowie

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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legialen Akt erfordert, ist eine rechtliche Ausgestaltung des unfehlbaren ordentlichen und allgemeinen Lehramtes durch den CIC unterblieben. Unklar bleibt daher vor allem, wann von einer in der Praxis bestehenden beständigen und einheitlichen Lehre der Bischöfe gesprochen werden kann. Angesichts der bestehenden rechtlichen Unklarheit wird in der Literatur vereinzelt vertreten, dass auch das ordentliche und allgemeine Lehramt der Kirche nur auf dem Wege eines kollegialen Aktes unfehlbar lehren könne.1264 Gerade weil der einzelne Bischof an sich nicht unfehlbar lehren könne, lasse sich auch die Unfehlbarkeit der Summe der Bischöfe in ihrem ordentlichen und allgemeinen Lehramt nicht aus der Summe des unfehlbaren authentischen Lehramtes der einzelnen Bischöfe erklären.1265 Das unfehlbare ordentliche Lehramt des Gesamtepiskopats müsse daher als kollegialer Akt des Bischofskollegiums aufgefasst werden. Dogmatischer Ausgangspunkt dieser Auffassung bildet die Vorgeordnetheit des Kollegiums vor dem Einzelnen, insoweit das Kollegium Vollmachten hat, die dem einzelnen Mitglied als solchem nicht zukommen.1266 Das Zweite Vatikanische Konzil ließ diese Frage offen.1267 An der entsprechenden Stelle heißt es in LG: „Die einzelnen Bischöfe besitzen zwar nicht den Vorzug der Unfehlbarkeit; wenn sie aber, in der Welt räumlich getrennt, jedoch in Wahrung des das ökumenische Konzil können in feierlicher Weise eine Lehre verkünden.“ Wozu Walf dann das außerkonziliare Lehramt der Bischöfe zählt, bleibt unklar. Ebenso unklar bzw. unvollständig sind die Ausführungen von Riedel-Spangenberger/Witsch, Art. Lehramt, 715. Die Autoren unterscheiden nur drei Arten definitiver unfehlbarer Urteile (Verkündung durch den Papst, das Ökumenische Konzil oder den außerkonziliaren kollegialen Akt). Eine Unterscheidung von außerordentlichem und ordentlich-allgemeinem Lehramt erfolgt nicht. Entweder fehlt also die Darstellung des allgemeinen und ordentlichen Lehramtes oder aber die Autoren sind fälschlicherweise der Ansicht, dass es sich bei dem außerkonziliaren Lehramt der Bischöfe um das ordentliche und allgemeine Lehramt und nicht um eine Handlungsweise des außerordentlichen Lehramtes handelt. 1264 Hauptvertreterin dieser These ist Pissarek-Hudelist, Lehramt, 166 ff., insb. 168. So wohl auch Rahner, Kommentar LG, 237 f. Vgl. auch Gaillardetz, Witnesses, 167, der eine „formal papal approbation modelled on that given to conciliar decrees“ für notwendig hält. 1265 Pissarek-Hudelist, Lehramt, 177. Ebenfalls kritisch äußert sich Klinger, Unfehlbarkeit, 280. 1266 Pissarek-Hudelist, Lehramt, 177. Diese besondere Gewalt vermittelnde Vorgeordnetheit des Kollegiums wird zum einen aus dem Wesen des Bischofskollegiums als Nachfolgeorgan des Apostelkollegiums abgeleitet. Der einzelne Apostel sei von Christus als Glied des Kollegiums mit einer vom Kollegium abgeleiteten Gewalt ausgestattet worden; er partizipiere als Glied dieses Kollegiums an dessen Gewalt. Das Kollegium rangiere daher als Einheit vor der Pluralität des einzelnen Apostels (ebd., 178) Zum anderen ergibt sich die Vorgeordnetheit des Bischofskollegiums aus der Lehre von dem Konzil als oberste kirchliche Gewalt, demnach anerkannt ist, dass die Bischöfe eine solche oberste Gewalt einzeln nicht haben und auch nicht durch Summation ihrer Gewalten bilden können (ebd., 179). Daher müsse das Bischofskollegium als solches schon immer und im Voraus zum einzelnen Bischof als oberster Träger der gesamtkirchlichen Leitungsgewalt in der Kirche existiert haben (ebd.). 1267 Rahner, Kommentar, 227, 237. Zur Textgeschichte vgl. ausführlich Lüdecke, Grundnormen, 270 ff.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Gemeinschaftsbandes untereinander und mit dem Nachfolger Petri, authentisch in Glaubens- und Sittensachen lehren und eine bestimmte Lehre übereinstimmend als endgültig verpflichtend vortragen, so verkündigen sie auf unfehlbare Weise die Lehre Christi.“1268 Nach der Textanalyse kommt Rahner allerdings zu dem Schluss, dass der unfehlbare Akt des ordentlichen und allgemeinen Lehramts der Bischöfe doch ein „actus collegialis, wenn auch sehr informeller Art“ sein müsse. Dies sei zwar nicht Absicht der Konzilsväter gewesen, müsse aber angesichts der von einer aktiven und kollegialen Ausübung der Lehrgewalt sprechenden Textstellen so interpretiert werden.1269 Nach richtiger Ansicht der wohl herrschenden Lehre in der Kirchenrechtswissenschaft ist ein kollegialer Akt nicht erforderlich.1270 Dies wird zunächst mit der Textgeschichte begründet.1271 Der Haupteinwand der Gegner, dass die Unfehlbarkeit des ordentlichen Lehramtes damit durch die bloße Summe des authentischen Lehramtes der an sich nicht unfehlbar lehrenden Bischöfe vermittelt werde, hat den Gesetzgeber nicht überzeugt, zumal es stets der hierarchischen Gemeinschaft mit dem Papst und seiner konstitutiven Mitwirkung bedarf. Dass ein kollegialer Akt notwendig ist, kann auch nicht aus Gründen der Rechtssicherheit, wie es in can. 749 § 3 durch das Erfordernis der Offensichtlichkeit geboten ist, hergeleitet werden. So ist can. 749 § 3 nach überzeugender Ansicht nicht auf das ordentliche und allgemeine Lehramt anwendbar, da es sich aus systematischen Gründen nur auf die vorstehenden Paragraphen des can. 749 und damit auf das außerordentliche Lehramt bezieht.1272 Dass ein kollegialer Akt gerade nicht erforderlich ist, ergibt sich auch aus dem lehrmäßigen Kommentar der Glaubenskongregation zur Schlussformel der „Professio Fidei“. Dort heißt es: „Wenn folglich hinsichtlich einer Lehre kein Urteil in der feierlichen Form einer Definition vorliegt, diese Lehre aber zum Glaubensgut gehört und vom ordentlichen und allgemeinen Lehramt – das notwendigerweise jenes des Papstes einschließt – gelehrt wird, ist sie als in unfehlbarer Weise vorgelegt zu verstehen.“1273

1268 „Licet singuli praesules infallibilitatis praerogativa non polleant, quando tamen, etiam per orbem dispersi, sed communionis nexum inter se et cum Successore Petri servantes, authentice res fidei et morum docentes in unam sententiam tamquam definitive tenendam conveniunt, doctrinam Christi infallibiliter enuntiant.“, Art. 25 LG. 1269 Rahner, Kommentar LG, 237 f., verweist hier auf die Formulierungen wie „docere“ oder „in unam sententian convenire“. 1270 Lüdecke, Grundnormen, 273; ders., Dogma, 95; Aymans, Begriff, 662; Aymans/ Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 17; Sullivan, Magisterium, 347; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 186, Rn. 12; Bier, Lehramt, 7. 1271 Lüdecke, Grundnormen, 270 ff.; ders., Dogma, 99 ff. 1272 So de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 186, Rn. 12; Aymans, Begriffe, 662. 1273 „Idcirco, cum de aliqua doctrina nullum in forma sollemni definitionis exstet iudicium, sed eadem a Magisterio ordinario et universali ¢ in cuius numerum Papa necessarie confertur ¢ doceatur quippe quae ad patrimonium depositi fidei respiciat, intellegenda est tunc tamquam infallibiliter proposita.“ (C Fid, Nota Docrinalis, Nr. 9)

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

261

Es gehört im Unterschied zum außerordentlichen Lehramt gerade zum Wesen des unfehlbaren ordentlichen und allgemeinen Lehramtes, das es auf einen formellen kollegialen Definitionsakt verzichtet. Voraussetzung für das ordentliche und allgemeine Lehramt ist allein eine in der Praxis beständige und übereinstimmende Lehre durch die in der Welt verstreuten und in Gemeinschaft mit dem Papst stehenden Bischöfe in Angelegenheiten des Glaubens oder der Sitte.1274 Aus kirchenrechtlicher Perspektive stellt sich aber die Frage nach der Art der Feststellung einer durch die Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Papst einmütig praktizierten Lehre. Außerdem bleibt zu beantworten, wie viel Widerspruch es von den Bischöfen geben darf und wie relevant eine kritische Haltung der Schultheologie ist. In der Kanonistik wird vielfach von der Notwendigkeit moralischer Einmütigkeit gesprochen.1275 Dabei müsse die Übereinstimmung im Glaubenszeugnis nicht eine restlose, wohl aber eine moralische sein.1276 Notwendig sei in jedem Fall, dass man eindeutig von einem Konsens der Bischöfe sprechen könne; eine absolute Übereinstimmung dürfe hingegen bereits aus der Natur der Sache heraus nicht postuliert werden, da sonst die Übereinstimmung des Bischofskollegiums nie feststünde.1277 Unentschieden und vom Standpunkt der Kanonistik gänzlich unbeantwortet ist auch die Frage, wie eine entsprechende Einigkeit hergestellt werden kann.1278 Eng verbunden mit den formalen Anforderungen an die Mehrheit ist die Tatsache, dass die bischöfliche Einmütigkeit bei einem durch das ordentliche und allgemeine Lehramt unfehlbar tradierten Glaubenszeugnis, schwer festzustellen ist. Weder kommt es zu einer Abstimmung des Kollegiums noch zu einer wie auch immer gearteten bischöflichen Stellungnahme oder Befragung, wie sie bei ihrer Beteiligung an einem außerkonziliaren außerordentlichen Lehramt denkbar wäre. Nach Auffassung der Literatur kann sich eine solche Übereinstimmung sowohl direkt aus Verlautbarungen einzelner Bischöfe und des Papstes oder indirekt aus verschiedenen Zeugnissen der Liturgie, der Kurie oder der theologischen Wissenschaft ergeben.1279 Damit sind zwar einige Grundsätzlichkeiten benannt; es bleibt jedoch die Unsicherheit, ob von einer solchen Übereinstimmung bei kontrovers diskutierten Fragen noch gesprochen werden kann. Außerdem steht selbst bei moralischer Einmütigkeit 1274 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 186, Rn. 12. Vgl. auch Aymans, Begriff, 662. Ebenso dezidiert Sullivan, Magisterium, 347. 1275 Dulles, Lehramt, 170; Löhrer, Mysterium, 572, 579. 1276 So Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 17; Aymans, Begriff, 662. 1277 Löhrer, Mysterium, 572. 1278 Ausgehend vom Verständnis der Kirche als „Kommunikationsgemeinschaft“ auf dem Weg zum Konsens fordert Scharr in seiner Dissertation über die Unfehlbarkeit die Beteiligung aller Gläubigen an der Wahrheitsfindung, deren Vorbereitung durch synodale Prozesse und die Verpflichtung der juridischen Autorität zur Argumentation und zur Schaffung von Bedingungen „idealer Sprechsituationen“ (Chancengleichheit, gegenseitige Anerkennung, Geschwisterlichkeit und Wahrhaftigkeit der Diskussionsteilnehmer), vgl. Scharr, Consensus, 193 ff., 203 ff. 1279 Löhrer, Mysterium, 572.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

nicht immer fest, welche Aussage genau den Glauben verpflichten will.1280 Vereinzelt wird im Schrifttum ein Konsens der Theologen als notwendige Voraussetzung für eine unfehlbar vorgelegte Lehre verlangt.1281 Dies ist jedoch kirchenrechtlich nicht vertretbar. So sprechen der Wortlaut des CIC und ämterrechtliche Erwägungen gegen eine Beteiligung der theologischen Wissenschaft. Alleinige Träger des höchsten kirchlichen Lehramtes sind Papst und Bischofskollegium, so dass auch nur sie die Lehre der Kirche amtlich auszulegen und verbindlich vorzulegen berechtigt sind. Die Ausübung des unfehlbaren Lehramtes ist eine hoheitliche Amtsausübung im Rahmen der höchsten und vollen Gewalt auf der Ebene des Lehrens und daher aufgrund sakramentalrechtlicher Grundsätze nur denen vorbehalten, die das Weihesakrament empfangen haben.1282

1280

Ebd. So insbesondere Sullivan, Magisterium, 348 f., 353, der seine Argumentation maßgeblich auf die Formulierung des Briefes „Tuas libenter“ von Papst Pius IX. stützt. Diese Sichtweise ist jedoch nicht haltbar. Sie wird bereits nicht durch den Wortlaut des Briefes gestützt, auf den sich Sullivan bezieht. So macht der Papst deutlich, dass der Konsens der theologischen Wissenschaft lediglich die Folge der lehramtlichen Vorlage ist, nicht jedoch deren Voraussetzungen. Es heißt an der maßgeblichen Stelle: So ist auch zu glauben, „was durch das ordentliche Lehramt […] gelehrt und deshalb in allgemeiner und beständiger Übereinstimmung von den katholischen Theologen als zum Glauben gehörend festgehalten wird.“, DH 2879. Der Wortlaut legt damit die Nachrangigkeit der schultheologischen Zustimmung als lediglich ein hinzutretendes und möglicherweise stabilisierendes Element dar (vgl. auch Lüdecke, Krönung, 218). Diese Nachrangigkeit der theologischen Wissenschaft in Verbindung mit einer absoluten Gehorsamspflicht gegenüber dem davon abzugrenzenden, allein den „Hirten, den Nachfolgern des Petrus und der übrigen Apostel“ zustehenden hoheitlichen Lehramt macht auch die Erklärung der Glaubenskongregation vom 24. 06. 1973 deutlich, die sich gegen die Lehrmeinung des Tübinger Theologen Küng richtet. Dort heißt es über die Theologie lehrenden Gläubigen: „Diese dürfen sich nicht damit begnügen, sie [die unfehlbaren Wahrheiten] als der katholischen Kirche Kundige anzuhören, sondern sie müssen ihnen, wenn sie im Namen Christi lehren, mit der Ergebenheit gehorchen […].“ (C Fid, Mysterium ecclesiae, DH 4533). An diese Grundsätze wird auch in Apostolischen Verlautbarungen jüngeren Datums erinnert (vgl. nur C Fid, Donum Veritatis, Nr. 23 f., DH 4877 f.) Auch ist die These Sullivans mit dem Kontext des von ihm erwähnten päpstlichen Briefes kaum vereinbar, in dem Papst Pius IX. die Richtlinien für die Ausübung der theologischen Wissenschaft darlegt und insbesondere deren Gehorsamspflicht gegenüber dem von der Wissenschaft strikt zu unterscheidenden Lehramt einfordert (vgl. insbesondere den Abschnitt in DH 2875), vgl. Lüdecke, Dogma, 96. 1282 Eine entscheidende Beteiligung von Theologen, die auch Nichtkleriker oder Frauen sein können, ist daher bereits aus übergeordneten ämterrechtlichen Gründen kategorisch zurückzuweisen (vgl. can. 129 § 1). Zum Verhältnis von Lehramt und Theologen vgl. ausführlich Bier, Lehramt, 12 ff. Bier weist darin nach, dass der CIC die Theologen nicht eigens in den Blick nehme (ebd., 15). Allein das Lehramt habe die Kompetenz, festzulegen, wie Glaubens- und Sittenlehren auszulegen seien (ebd., 17). Aufgabe der Theologen sei vielmehr, zwischen dem Lehramt und den Gläubigen zu vermitteln, das vorgelegte Glaubenszeugnis zu durchdringen oder neue Vorschläge zum Verständnis des Glaubens zu machen (ebd., 41). Das Verhältnis zwischen Lehramt und Theologen sei somit vielmehr ein Verhältnis zwischen Lehrendem und Belehrten, da das Lehramt authentisch lehre und die Theologen auf die rechtlich vorgeschriebene Weise zu antworten haben (ebd., 17 f.). 1281

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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Zudem wird – wenig überzeugend – vertreten, dass die allgemeine Zustimmung der Gläubigen ein notwendiges Kriterium für die Feststellung sei, dass eine Lehre tatsächlich vom ordentlichen Lehramt vertreten werde.1283 Eine rechtliche Möglichkeit, die Einheitlichkeit bzw. das Vorliegen einer unfehlbaren Lehre des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes festzustellen, nennt der lehrmäßige Kommentar der Glaubenskongregation zur Schlussformel der Professio Fidei. Darin heißt es: „Eine solche Lehre kann vom Papst bestätigt oder bekräftigt werden, auch ohne eine feierliche Definition vorzunehmen, indem er ausdrücklich erklärt, dass sie zum Lehrgut des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes als von Gott geoffenbarte Wahrheit […] oder als Wahrheit der katholischen Lehre […] gehört..“1284 Weiter heißt es, dass diese bestätigende und bekräftigende Erklärung des Papstes in diesem Fall kein Akt der Dogmatisierung, also des außerordentlichen Lehramtes sei, sondern eine formale Bestätigung, dass eine Wahrheit bereits im Besitz der Kirche sei und von ihr unfehlbar weitergegeben werde.1285 Die Stellungnahme betont, dass im rechtstechnischen Zusammenhang mit der päpstlichen Erklärung nicht eine spezielle, besonders feierliche Formulierung gewählt werden müsse; es reiche aus, dass sich aus der Sprechweise und dem Kontext ergebe, dass eine unfehlbare Lehre erklärt werde.1286 Eine solche päpstliche Erklärung erweist sich daher als ein Instrument, den bestehenden Konsens der Bischöfe für die Gläubigen offenkundig zu machen und damit Rechtsklarheit zu schaffen.1287 Dies 1283 Vgl. Sullivan, Magisterium, 350 ff. Sullivan stützt sich dabei maßgeblich auf die Stelle in can. 750 a.F. (jetzt can. 750 § 1), in der es heißt: „quod quidem communi adhaesione christifidelium sub ductu sacri magisterii manifestatur“. Der consensus fidelium sei damit im CIC das Kriterium, das manifestiert, das eine Lehre unfehlbar gelehrt werde (Sullivan, Magisterium, 351). Diese These wird bereits unter Hinweis auf die Textgeschichte angezweifelt (Lüdecke, Dogma, 97 f.). Auch steht der These Sullivans abermals der vollständige Wortlaut in can. 750 § 1 entgegen, in welchem das Festhalten der Gläubigen eben unter „Führung des heiligen Lehramtes“ offenkundig gemacht wird. Damit wird auch hier die entscheidende Stellung dem hoheitlichen Lehramt übertragen. Im Übrigen gelten auch hier die übergeordneten ämterrechtlichen Erwägungen (siehe S. 262). 1284 C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 9. 1285 Ebd. Instruktiv sind die Ausführungen von Lüdecke, Dogma, 99 ff., zur Textgeschichte und zum Umgang mit einer entsprechenden päpstlichen Erklärung während des CIC-Reformprozesses. Während nach heftigem Ringen der zuständigen Arbeitsgruppe eine Regelung vorgeschlagen wurde, die der heutigen entsprach, wurde im Schema der Lex Ecclesia Fundamentalis von 1976 aus der Möglichkeit einer päpstlichen Bestätigung eine Voraussetzung für das ordentliche unfehlbare Lehramt. Erst während der letzten Überprüfung wurde dieser Zusatz gestrichen. 1286 So in C Fid, Nota doctrinalis, Fn. 17. 1287 Von dem Rechtsinstrument der förmlichen Bestätigung durch den Papst wurde bislang drei Mal Gebrauch gemacht. Vgl. die Erklärung von Papst Johannes Paul II. über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe durch sein Apostolisches Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ vom 22. 05. 1994, Nr. 4, die Erklärungen von Papst Johannes Paul II. über die Unerlaubtheit der vorsätzlichen Tötung eines unschuldigen Menschen (Nr. 57), das Verbot der Abtreibung menschlichen Lebens (Nr. 62) und das Verbot der Euthanasie (Nr. 65) in seiner Enzyklika „Evangelium vitae“ vom 25. 03. 1995 und zuletzt die Ansprache Papst Johannes

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

kann insbesondere bei Anzweiflungen oder Kritik von Seiten der theologischen Wissenschaft oder uneindeutigen Äußerungen durch einzelne Bischöfe angebracht sein. Bei einer solchen förmlichen Bestätigung handelt es sich jedoch nicht um eine außerordentliche Dogmatisierung, sondern lediglich um eine ausdrückliche Bekräftigung, dass eine Lehraussage von der Kirche bereits in unfehlbarer Weise gelehrt wird. Eine solche förmliche Bestätigung ist stets lediglich fakultativ und keine zwingende Voraussetzung für ein unfehlbar vorgelegtes Glaubenszeugnis des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes. Die Erklärung des Papstes ist im Hinblick auf ihre rechtliche Wirkung rein deklaratorisch, niemals konstitutiv. Allerdings sind mit der Möglichkeit einer päpstlichen Bestätigung bzw. Bekräftigung auch kirchenrechtliche Fragen verbunden, die noch nicht abschließend geklärt sind. Zu einer zentralen, wenn auch von der Kanonistik bislang kaum erörterten Frage gehört, ob auch die päpstliche Erklärung als solche vom Charisma der Unfehlbarkeit erfasst ist.1288 Die Klärung dieser Frage hat Bedeutung für einen möglichen Irrtum des Papstes bei der Feststellung einer vom ordentlichen Lehramt tradierten unfehlbaren Lehre.1289 Bereits aus Gründen des Wortlautes dürfte die päpstliche Bestätigung bzw. Bekräftigung nicht vom Charisma der Unfehlbarkeit umfasst sein.1290 So kennt can. 749 § 1 die päpstliche Unfehlbarkeit nur als ausdrückliche Erklärung im Rahmen des außerordentlichen Lehramtes. Dass es darüber hinaus noch eine weitere päpstliche Erklärung ohne ausdrücklichen Dogmatisierungsakt geben kann, die ebenfalls das Charisma der Unfehlbarkeit in sich trägt, widerspräche dem Telos des CIC, der eine solche Erklärung gerade nicht kennt. Auch in der Kommentierung durch die Glaubenskongregation wird diese Sichtweise unterstützt. So heißt es dort ausdrücklich: „Die Erklärung, in welcher der Papst sie bestätigt oder bekräftigt, ist in diesem Fall kein Akt der Dogmatisierung.“1291 Der Rechtscharakter dieser formalen Erklärung des Papstes ist daher in seiner Primatsgewalt zu suchen. Das Recht des Papstes zur Abgabe dieser Erklärung stützt sich auf die dem Papst gem. can. 331 zustehende höchste und volle Leitungsgewalt, die den Dienst des Lehrens einschließt. Der Papst entscheidet damit als Hirte der Gesamtkirche im Rahmen seiner originären Befugnis als Garant der Einheit letztverbindlich, Paul II. an die Römische Rota vom 21. 01. 2000 über die Lehre von der Nichtausdehnung der Vollmacht des Papstes auf die gültigen und vollzogenen Ehen (Nr. 8). Kritisch äußert sich Pottmeyer, Rolle, 116 f., über diese neue „Form des doktrinalen Zentralismus und einer ,schleichenden Unfehlbarkeit ‘“ des Papstes. Zum Hintergrund und zur Diskussion von „Ordinatio Sacerdotalis“ vgl. Lüdecke, Grundnormen, 504 ff., und den Sammelband von G. Müller, Inter Insigniores. Zu den offenen Fragen zum Verbindlichkeitsanspruch der Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe vgl. Lüdecke, Dogma, 41 ff. Zu „Evangelium vitae“ vgl. Lüdecke, Grundnormen, 518 ff.; Sullivan, Magisterium, 353 ff. Eine lehrrechtliche Analyse der zitierten Ansprache des Papstes an die Römische Rota findet sich bei Ferme, Rotal Allocution, 253 ff. 1288 de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 187, Rn. 14. 1289 Ebd. 1290 Vom Wortlaut her argumentieren auch de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 187, Fn. 631. 1291 C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 9.

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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wenn auch nicht unfehlbar über die Frage, ob eine unfehlbare Lehre des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes tradiert wird. Widerspruch oder Nichtbefolgung der päpstlichen Bekräftigung von Seiten der Bischöfe, der Theologen oder der Gläubigen sind unzulässige Verstöße gegen seine Primatsgewalt. Allerdings steht die Endgültigkeit der unfehlbar tradierten Lehre damit noch nicht fest.1292 Es ist denkbar, dass ein Nachfolger im Amt des Papstes oder ein kollegialer Akt des Bischofskollegiums die päpstliche Erklärung zurücknimmt; andererseits ist es ebenso denkbar, dass der Papst – oder das Bischofskollegium in einem kollegialen Akt – im Rahmen des außerordentlichen Lehramtes die unfehlbar tradierte Lehre endgültig dogmatisiert.1293 dd) Das Subjekt der Unfehlbarkeit Nachdem vorstehend von den Voraussetzungen des unfehlbaren höchsten kirchlichen Lehramtes die Rede war und bereits die verschiedenen Autoritäten des kirchlichen Lehramtes Erwähnung fanden, stellt sich nunmehr zusammenführend die zentrale Frage nach dem eigentlichen Subjekt der Unfehlbarkeit. Träger der Unfehlbarkeit können dabei nur der Papst alleine (can. 749 § 1) und bzw. oder das Bischofskollegium mit dem Papst (can. 749 § 2) sein.1294 An dieser Stelle ist erneut auf die Streitfrage zurückzukommen, die bereits im Zusammenhang mit cc. 331, 336 ausführlich dargestellt wurde. Es handelt sich um die Frage nach dem Subjekt der höchsten Kirchengewalt.1295 Um Wiederholungen zu vermeiden, sollen ergänzend die kirchenrechtlichen Erwägungen angeführt werden, die sich aus den Besonderheiten der cc. 747 ff. für diese Frage ergeben. Die Lehre, wonach das Bischofskollegium mit dem Papst in seiner spezifischen Stellung als Haupt, d. h. als Repräsentant des Kollegiums, alleiniger Träger der Höchstgewalt sein soll, ist aus kirchenrechtlicher Perspektive erneut entschieden

1292

Vgl. so bereits die Unterscheidung in C Fid, Nota doctrinalis, Nr. 9. So auch explizit die Auffassung der Glaubenskongregation: „Ohne eine dogmatische Definition vorzunehmen, hat der Papst bekräftigt, dass diese Lehre [gemeint ist die Lehre von dem Vorbehalt der Priesterweihe für Männer] endgültig zu halten ist […]. Das hindert nicht […] dass das Bewusstsein der Kirche künftig dazu kommen kann, zu definieren, dass diese Lehre als von Gott geoffenbart zu glauben ist.“, ebd., Nr. 11. 1294 So dezidiert äußert sich auch Bier, Lehramt, 8. Abweichend wird von Seiten der Dogmatiker, die auf Art. 12 LG Bezug nehmen, auch die Gesamtheit der Gläubigen als Subjekt der Unfehlbarkeit der Kirche genannt (so G. Müller, Dogmatik, 93). Dafür finden sich kirchenrechtlich keine Anhaltspunkte. Die cc. 479, 750 sind abschließend und weisen nur den Trägern der höchsten und vollen Kirchengewalt unfehlbare Lehrgewalt zu. Ablehnend zum Lehramt der Gläubigen auch Bier, Lehramt, 9 f. m.w.N. 1295 Es ist daher nicht verwunderlich, dass im Schrifttum die allgemeine Frage nach dem Subjekt der höchsten Gewalt in der Kirche regelmäßig implizit im Zusammenhang mit dem Subjekt des hoheitlichen Lehramtes abgehandelt wird (so beispielhaft die Aufsätze von Straub, Träger, 254 ff.; Pissarek-Hudelist, Lehramt, 166 ff.; Löhrer, Mysterium, 571 ff.). 1293

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

zurückzuweisen.1296 Sie lässt sich nach der Auslegung des Gesetzes nicht aufrechterhalten. Gegen diese Auffassung spricht gesetzessystematisch die binnendifferenzierte Normstruktur des can. 749. Durch die Regelung des außerordentlichen Lehramtes in zwei Paragraphen, wobei jeder Paragraph eine andere kirchliche Autorität als handelndes Organ nennt, ist bereits eine Dualität angelegt, die für die These, das Bischofskollegium sei alleiniges Subjekt der Unfehlbarkeit, keinen Raum lässt. Dagegen spricht auch der eindeutige Wortlaut des can. 749. In mehrfacher Weise wird hier die absolute Eigenständigkeit des Papstes hervorgehoben.1297 Seine Amtsgewalt ist, wie can. 749 § 1 ausdrücklich hervorhebt, kraft seines Amtes und damit genuin eigene Gewalt i.S.v. can. 331 HS 2. Der Papst ist in Besitz dieser Gewalt als Summus Pontifex, d. h. als der originär von Jesus Christus mit höchster und voller Lehrgewalt ausgestattete Träger des kirchlichen Lehramtes und eben nicht als bloßer Repräsentant der Bischöfe, da in can. 749 § 1 jeder Hinweis auf eine Einbindung des Papstes in das Bischofskollegium bei der Ausübung seines unfehlbaren Lehramtes fehlt. Zudem bestärkt er nach der biblischen Weisung seine bischöflichen Brüder im Glauben. Diese vom Codex ausgestaltete Eigenständigkeit steht ganz in der Tradition der Dogmatisierung des Ersten Vatikanischen Konzils, wonach die Definitionen des Papstes „ex sese non autem ex consensu Ecclesiae“ unabänderlich seien.1298 Während also die Unfehlbarkeit des Papstes selbst endgültiges und verpflichtendes Glaubensgut ist, ist dies für die Unfehlbarkeit des Bischofskollegiums nicht ausgesprochen. Wenn in dieser Deutlichkeit der Spruch des Papstes allein juristisch vollständig, die Stimme der Bischöfe ohne den Papst jedoch unvollständig ist,1299 kann vom Standpunkt der Kanonistik daraus ein weiteres Argument angeführt werden, dass der Papst sowohl im speziellen Bereich des unfehlbaren Lehramtes als auch bei der grundsätzlichen Verhältnisbestimmung rechtlich unabhängig und losgelöst vom Bischofskollegium handelt. Dieses Ergebnis mag vom theologischen Standpunkt aus mit Hinweis auf die um Einbindung des Papstes in die bischöfliche Kollegialität bemühte allgemeine Tendenz des Zweiten Vatikanischen Konzils kritisiert und auch abgeschwächt werden, es ändert jedoch nichts an der eindeutigen Rechtslage.1300 1296

Anderer Auffassung sind Rahner, Ius Divinum, 88 ff.; Pissarek-Hudelist, Lehramt, 181; Löhrer, Mysterium, 578. 1297 Walf, Unfehlbarkeit, 171 f., sieht darin eine „Papalisierung“ durch den CIC, „die man mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen muss“ und die die konziliar „ausgesprochene Einbindung des päpstlichen Amtes oder des Primats in das Bischofskollegium aufgegeben“ habe. Lüdecke, Grundnormen, 242, teilt diese Einschätzung nicht, da sie zu weit führe und der angelegte Maßstab überschätzt werde. 1298 Vgl. Pastor aeternus (DH 3074). 1299 Vgl. in dieser Ausdrücklichkeit Ratzinger, Volk Gottes, 168. 1300 Zu diesem Ergebnis gelangt auch Bier, Verhältnis, 70 f. Zu den theologischen Versuchen einer begrenzenden Einordnung des Papstes im Hinblick auf das Lehramt vgl. bereits die Ausführungen von Ratzinger, Volk Gottes, 168. Danach beziehe das Wort des Papstes seinen Sinn und seine Legitimität daraus, dass es den wahren „consensus fidelium“ ausdrücke. Damit sei der Papst faktisch vom Glaubensvollzug der gesamten Kirche und dem authentischen Lehramt der Bischöfe abhängig. Diese Versuche stehen ganz in einer nachkonziliaren theo-

3. Auswirkungen in der Verfassungswirklichkeit

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Die Dualität des Gesetzesaufbaus und der Wortlaut des Gesetzes, der zwischen Papst und Bischofskollegium unterscheidet, sprechen somit entscheidend dafür, dass der Codex von zwei (stets gemeint inadäquat) verschiedenen Trägern der Unfehlbarkeit ausgeht.1301 Zwingend ist diese Sichtweise, die als herrschende Lehre im kanonischen Schrifttum anzusehen ist,1302 nicht. So lässt sich die These, wonach der Papst alleiniges Subjekt der höchsten kirchlichen Gewalt ist, vom juristischen Standpunkt auch im Hinblick auf das unfehlbare Lehramt vertreten. Dafür sprechen nicht nur die einseitige Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit und die rechtlich vollkommene Eigenständigkeit des unfehlbaren päpstlichen Lehramtes. Für diese Auffassung spricht außerdem der Wortlaut des can. 749 § 2, der die entscheidende Rolle des Papstes auch bei dem außerordentlichen Lehramt des Bischofskollegiums ausdrücklich hervorhebt. Die Ausgestaltung des außerordentlichlichen Lehramtes des Bischofskollegiums als kollegialer Akt macht deutlich, dass es sich bei der Mitwirkungsobliegenheit des Papstes um einen konstitutiven Rechtsakt handelt, der erst die Ausübung des höchsten Lehramtes des Kollegiums ermöglicht. Ohne Zustimmung des Papstes läuft das unfehlbare Lehramt der Bischöfe ins Leere. Zudem betont can. 749 § 2 HS 2 zweimal die Wahrung der bischöflichen Gemeinschaft und Einmütigkeit mit dem Papst als Gültigkeitsvoraussetzung des höchsten Lehramtes. Damit wird deutlich, dass das Kirchenrecht eine Unfehlbarkeit ohne oder gegen den Papst nicht kennt. Dies gilt auch für das allgemeine und ordentliche Lehramt der Bischöfe, das stets eine gemeinsame Praxis mit dem Papst voraussetzt, unbeschadet der Möglichkeit einer formellen Bekräftigung durch das authentische Lehramt des Papstes bzw. des Bischofskollegiums im Rahmen eines kollegialen Aktes. Die Glieder des Bischofskollegiums bleiben somit stets in rechtlicher Abhängigkeit von ihrem Haupt: entweder weil sie durch einen juristisch vollständigen Spruch des Papstes übergangen werden können oder weil sie selbst bei einmütiger oder mehrheitlicher Vorlage eines Glaubenszeugnisses stets der konstitutiven Mitwirkung des Papstes bedürfen. Da ihnen von sich aus jede genuine Machtfülle fehlt, können sie auch nicht Subjekt der höchsten Leitungsgewalt genannt werden. Ihre höchste Lehrbefugnis

logischen Tradition, die Rouco als den Versuch einer „tiefen Erneuerung theologischer Problemstellungen“ und die Suche nach „realen Integrationsmöglichkeiten“ (Rouco, Primat, 316) bezeichnet. Man beabsichtige daher, die päpstliche Autorität theologisch und praktisch in organischer Verbindung mit der Wirklichkeit der Kirche und des Bischofsamtes zu verstehen und andere Kategorien aufzugeben, so etwa die der „absoluten Souveränität“, die dazu verleiten könnte, den Papst als Quelle von Vollmacht und Wahrheit in der Kirche anzusehen oder ihn bei der Ausübung seines Dienstes zu isolieren und die Beziehung zu ihm auf eine hierarchische Dynamik zu verkürzen (ebd., 315). 1301 So auch Lüdecke, Grundnormen, 245. 1302 Vgl. de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 185, Rn. 9, Gerosa, Recht, 132; Krämer, Träger, 267; Riedel-Spangenberger, Rechtsstellung, 746; Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 11.

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V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

leitet sich damit von der allein dem Papst zustehenden Gewaltfülle ab.1303 Mit dieser Ansicht lässt sich auch dem vermeintlichen theologischen Paradoxon begegnen, wonach zwar die einzelnen Bischöfe selbst nicht den Vorzug der Unfehlbarkeit besitzen,1304 sie aber in ihrer Gesamtheit unter Einhaltung bestimmter Bedingungen unfehlbar lehren können. Während die These von der Vorgeordnetheit des Kollegiums abzulehnen ist, überzeugt die Annahme, dass erst durch die hinzukommende Vollmacht des Papstes das authentische Lehramt der übrigen Bischöfe zu einem unfehlbaren Lehramt des Bischofskollegiums erstarkt. Dabei handelt es sich um die einzig rechtlich überzeugende und logische Auslegung. Dass dieser Auffassung von Teilen der nachkonziliaren Theologie als einseitige „Papalisierung“ heftig widersprochen wird,1305 belegt ein Auseinanderfallen von rechtlichen Vorgaben und vereinzelt tendenziösem theologischen Gestaltungswillen und zeigt damit eine Emanzipation und Entfernung der Theologie von der ordnenden und begrenzenden Funktion des Kirchenrechts. ee) Ergebnis Das gegenwärtige Schrifttum ist bemüht, die Unfehlbarkeit vor allem als eine Unfehlbarkeit der Bischöfe zu verstehen.1306 Dies entspricht der herrschenden Auffassung unter den theologischen Dogmatikern, das Bischofskollegium als höchsten Träger der kirchlichen Leitungsgewalt wahrzunehmen. Damit einher geht auf der einen Seite eine Vernachlässigung des unumstößlichen Dogmas von der päpstlichen Unfehlbarkeit des Ersten Vatikanischen Konzils und auf der anderen Seite eine Überbewertung der kollegialen Akzentuierung auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Das Ergebnis ist eine einseitige Akzentverschiebung zu Gunsten des bischöflichen Kollegialorgans.1307 Unter dem geltenden Kirchenrecht kann dies je1303

Anderer Auffassung ist Pissarek-Hudelist, Lehramt, 176 f., jedoch ohne überzeugende Begründung. 1304 So auch ausdrücklich can. 753: „Die Bischöfe […] sind […], wenn sie auch Unfehlbarkeit in der Lehre nicht besitzen, die authentischen Künder und Lehrer des Glaubens.“ 1305 Siehe Fn. 1297. 1306 So Aymans/Mörsdorf, Kanonisches Recht III, 9, 11; Löhrer, Mysterium, 558, 569 ff., insbesondere 571; ebenso Pissarek-Hudelist, Lehramt, 168, 181 f.; Rahner, Kommentar, 238 f.; vgl. auch Rouco, Primat, 314 ff.; G. Müller, Dogmatik, 92 ff. 1307 Diese Einseitigkeit überrascht angesichts der Eindeutigkeit, mit der das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit das außerordentliche Lehramt des Papstes „ex sese et non ex consensu Ecclesiae“ unter Außerachtlassung der übrigen Bischöfe zur unfehlbaren und immerwährenden Glaubenslehre erklärt hat. Daran hielt auch das Zweite Vatikanische Konzil fest. Zwar wird im entscheidenden Art. 25 LG die Unfehlbarkeit systematisch in das Lehramt der Bischöfe eingeordnet. Allerdings wird im gesamten Abschnitt stets die Abhängigkeit der Bischöfe von ihrem Haupt und ihre Gehorsamspflicht in Angelegenheiten ihres Lehramtes bekundet, während die dem römischen Bischof kraft seines Amtes gebührende Unfehlbarkeit mit ausdrücklichem Hinweis auf die entscheidende Stelle in „Pastor aeternus“ erneut rezipiert wird. Dass die Konstitution im Geiste einer gewollten Aufwertung des Bischofskollegiums euphemistisch von „Gemeinschaft mit dem Römischen Bischof“ oder dem „Band der Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Petrus“ spricht, ändert nichts an der absoluten juristischen Abhän-

4. Zusammenfassung und Fazit

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doch nicht aufrechterhalten werden. Der Codex hebt die dem Papst kraft seines Amtes genuin zukommende Unfehlbarkeit ebenso hervor wie die Abhängigkeit der Glieder des Bischofskollegiums von der päpstlichen Mitwirkung bei dem außerordentlichen bzw. ordentlichen und allgemeinen Lehramt des Kollegiums.1308 Die gesetzliche Regelung unterscheidet daher in inadäquater Verschiedenheit zwischen einer unfehlbaren Lehre des Papstes und des Bischofskollegiums mit dem Papst, wobei angesichts der juristischen Vollständigkeit des päpstlichen Spruchs und der genannten Abhängigkeit des Bischofskollegiums von der päpstlichen Mitwirkung der Papst allein das eigentliche Subjekt der Unfehlbarkeit ist.

4. Zusammenfassung und Fazit Das kirchliche Verfassungsrecht hat auf universalkirchlicher Ebene neben dem Papstamt als primatialem Element auch ein kollegiales Element in der juristischen Person des Bischofskollegiums dauerhaft verankert. Das Bischofskollegium übt seine Gewalt über die Gesamtkirche in einem kollegialen Akt mit dem Papst aus. Dies kann entweder durch Beschluss auf einem Ökumenischen Konzil oder als außerkonziliare vereinte Amtshandlung der über die Welt verteilten Bischöfe erfolgen. Die Mitwirkung des Papstes ist in beiden Fällen für das Zustandekommen eines kollegialen Aktes konstitutiv. Indem das Bischofskollegium gemeinsam mit dem Papst auf eine dieser beiden Weisen kollegial handelt, übt es höchste und volle Gewalt im Hinblick auf die Gesamtkirche aus. Nach der Auslegung des CIC nach Maßgabe des can. 17 ist allerdings nicht das Bischofskollegium, sondern allein der Papst Träger der höchsten und vollen Gewalt über die Gesamtkirche. Das Bischofskollegium kann nur insoweit Träger höchster und voller Gewalt genannt werden, als dies aufgrund der Eingebundenheit des Papstes als dessen Haupt begriffsnotwendig ist. Nur weil der Papst seine höchste und volle Gewalt in das Kollegium hineinnimmt, kann es auch Träger höchster und voller Gewalt genannt werden. Es ist aber allein der Papst, der aufgrund seines Jurisdiktionsprimates, der Kompetenz-Kompetenz und seiner Prärogativrechte über die Handlungsweise und die Grenzen eines kollegialen Handelns entscheidet. Soweit in der Kanonistik von einer inadäquaten Verschiedenheit der Träger der Höchstgewalt gesprochen wird, verdeutlicht dies einerseits den organschaftlichen Unterschied zwischen einem primatialen und einem kollegialen Vorgehen und verweist andererseits auf die unterschiedliche Bedeutung, die primatiales und kollegiales Handeln für die Rezeption und die Annahme kirchlichen Amtshandelns für die Rechtsunterworfenen hat.

gigkeit der Glieder des Bischofskollegiums vom Papst (so auch Bier, Verhältnis, 70 f.; a.A. Löhrer, Mysterium, 571). Diese wurde dann auch – wie gezeigt– im Rechtsbuch der Kirche verankert. 1308 Vgl. Bier, Verhältnis, 70 f.

270

V. Das Verhältnis des Papstes zum Bischofskollegium

Die Erörterung ausgewählter verfassungsrechtlicher Fragen, die im Zusammenhang mit der Verhältnisbestimmung von Papst und Bischofskollegium stehen, hat gezeigt, dass das kollegiale Element durchaus von Bedeutung sein kann. Dies gilt namentlich für den kirchlichen Ausnahmezustand. So ist – nach hier vertretener Ansicht – das Initiativrecht der Bischöfe zur Setzung eines außerkonziliaren kollegialen Aktes zu nennen, mit dem ein Feststellungsbegehren initiiert werden kann, um einen häretischen Papst seines Amtes zu entheben. Im Zusammenhang mit der dauerhaften Amtsunfähigkeit des Papstes und der Feststellung der Behinderung des Apostolischen Stuhles ist die Rolle des Bischofskollegiums allerdings ohne Bedeutung. Nach analoger Anwendung der für die Vakanz des Apostolischen Stuhles geltenden Apostolischen Konstitution UDG sind als Entscheidungsträger vielmehr das Kardinalskollegium und der Kardinal-Camerlengo zu benennen. Auch für den denkbaren Fall, dass der Papst einen kollegialen Akt des Bischofskollegiums verweigert, indem er sich dem bischöflichen Mehrheitsbeschluss nicht anschließt, zeigt sich die rechtliche Abhängigkeit des Bischofskollegiums von seinem Haupt. Das Bischofskollegium kann eine päpstliche Zustimmung rechtlich nicht erzwingen. Vergleichbar schwach ist die Rechtsposition des Bischofskollegiums im Zusammenhang mit der Unfehlbarkeit im Lehren ausgestaltet. So ist neben dem außerordentlichen Lehramt des Papstes, für das eine Zustimmung der Bischöfe entbehrlich ist, das außerordentliche Lehramt des Bischofskollegiums rechtlich stets von einer Mitwirkung des Papstes abhängig. Auch das ordentliche und allgemeine Lehramt der Bischöfe kann ohne Gemeinschaft mit dem Papst nicht wirksam ausgeübt werden. Eine besondere Bedeutung kommt dem Papst darüber hinaus durch die Möglichkeit einer formalen Erklärung zu, mit der er eine Lehraussage des ordentlichen und allgemeinen Lehramtes ausdrücklich bekräftigt. Aus der Zusammenschau der gesetzlichen Regelungen ergibt sich somit, dass aus rechtlicher Perspektive der Papst alleiniges Subjekt der Unfehlbarkeit ist. Die Kirche ist römisch zentrierte Papstkirche. Dem Verfassungsrecht der Kirche liegt eine hierarchische Struktur zugrunde, die trotz des institutionalisierten Bischofskollegiums als kollegiales Element im Ergebnis einseitig monarchisch ausgestaltet ist. So ist das Kollegium der Bischöfe kirchenrechtlich als ein kollegiales Organ des Papstamtes zu bewerten, weil es rechtlich ohne die Mitwirkung des Papstes keine verbindlichen Rechtsakte setzen kann. Aus kirchenrechtlicher Perspektive muss daher das als verfassungsrechtlicher „Schlüsselbegriff“ oder „Formalprinzip“ bezeichnete Verständnis der Kirche als communio, sofern es die Gemeinschaftsstruktur der Bischöfe zum Papst betrifft, unter Berücksichtigung der vom CIC vorgenommenen Zentrierung auf das Papstamt verstanden werden. Wenn an dem theologischen Verständnis der Kirche als communio festgehalten werden soll, so kirchenrechtlich nur in dem Sinne, dass die Kollegialität der Bischöfe in das Papstamt integriert ist. Die hierarchisch strukturierte Gemeinschaft verwirklicht ihr Einheitsprinzip in dem Papst als ihrem – verfassungsrechtlich gesehen – einzigen Repräsentanten. Das Bischofskollegium, als verfassungsrechtlicher Ausdruck der Kollegialität der Bischöfe, und der päpstliche Primat stehen in einem verfassungs-

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rechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis, das durch den CIC zugunsten einer Suprematie des Papstamtes und seiner alleinigen universalkirchlichen Höchstgewalt entschieden wurde.

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Sachverzeichnis Absetzung 83, 226, 236 Acceptatio legis 216 Aggiornamento 16 Apostolischer Stuhl siehe Heiliger Stuhl Approbatio 137, 139 Auslegung – Auslegungsregel 42, 44, 53, 86, 237, 240 – autoritär-positivistische 191 – konzilskonforme 16, 41, 191 Ausnahmezustand 161 f., 229, 233 f., 242, 270

– Rechtsfähigkeit 99 f. – Unfehlbarkeit 257 – Universalgewalt 126 – Vollgewalt 126 Briefkonzil siehe Vereinte Amtshandlung Camerlengo 240 f., 270 Communio 23, 54, 74, 219, 271 Communio hierarchica 55, 116, 119 Confirmatio 137 – 140, 158 f. Diözesanbischof siehe Bischof

Bischof – Absetzung 123 – Amtsenthebung 83, 123 – Amtsunfähigkeit 83 – Amtsunzuständigkeit 84 – Remonstrationsrecht 90 Bischofsamt – Einrichtungsgarantie 50 – Ius divinum 50 Bischofsgewalt – Eigenberechtigung 35 – Erforderlichkeit 50 – ordentliche 32 – Umfang 38 – umfassende 38 – Unmittelbarkeit 33 – Ursprung 32 Bischofskollegium – Apostelkollegium 110 – Einrichtungsgarantie 110 – Handlungsformen 130 – Höchstgewalt 125, 209 – Ius divinum 110 – juristische Person 99 – 102, 104, 124 – 126, 155, 198, 209, 211 – Kollegialer Akt 130 – Lehramt, ordentliches und allgemeines 265 – Mitgliedschaft 124

Ekklesiologie 57 Episkopat 22, 30, 50, 105, 132, 160, 179, 248 Ermessen 83 f., 87, 90, 122, 127, 136, 145, 150, 155, 195 f., 198, 203, 206 Fernkonzil siehe Vereinte Amtshandlung Feststellungsurteil 111, 222, 224, 226 f., 232 Frequens 173 Gesetz – Auslegung siehe Auslegung – Gesetzesauslegung 17, 39 – 41, 218 f. – Gesetzeslücke 237 f., 240 Gewalt – Leitungsgewalt 112, 200, 208 – Potestas sacra 112 – Weihegewalt 200, 202, 208 Haec sancta 173, 223 Heiliger Geist 95, 97, 164, 225 Heiliger Stuhl – Behinderung 243 – Bezeichnung 101 – Rechtspersönlichkeit 100 – Vakanz 133, 222, 231 f., 237, 240 – Völkerrechtssubjektivität 212

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Sachverzeichnis

Höchstgewalt – Subjekt 163 Ius divinum 25, 42, 46 f., 50, 64, 79, 81, 96, 110, 198, 213 f. Jurisdiktionsprimat 21, 23 f., 31, 41, 45 f., 81, 87, 91, 96, 128, 132, 163, 166, 180, 186 f., 190, 196, 201, 203, 205, 208, 211, 213, 223, 230 Kanonistik 17 Kardinalskollegium 107, 157, 164, 227, 234, 236, 239, 241, 270 Kirche – Communio 54 – Corpus mysticum 74 – Kirchenbegriff 54, 94, 112 – Komplexe Wirklichkeit 55, 63, 74, 95, 213, 218 – Rechtskirche 63 – Societas 53 – 55, 62 – 64, 73 f., 76 f., 94 f., 103, 165 Kirchenrecht – Durchsetzbarkeit 90, 93, 97 – Erzwingbarkeit 95, 97 – Grundlegung 17, 61 f., 64, 94, 219 – Letztbegründung, theologische 96 – Rechtswissenschaft, kirchliche 17 Kollegialer Akt 123, 130, 140, 151, 160, 184, 211, 216, 232, 234, 261 – Abschlussverfahren 137 f., 141, 156 – 158, 230, 234, 247, 255 – Annahme, freie 158, 230, 243, 245 – Beschlussfassung 104, 126, 140, 154, 254 – Mehrheitswillen 156 f., 161, 243 – 247 Kollegialität 106 Kollegium 106 Kompetenz-Kompetenz 49, 84 – 86, 97, 125, 127, 140, 152, 157, 159, 194 – 197, 203, 206, 210, 214, 230, 245, 247, 269 Konzessionssystem 36 f. Konzil – Approbationsrecht 141 – Bestätigungsrecht siehe Konzil/ Approbationsrecht – Einberufungsrecht 134

– Geschäftsordnung 135 – Präpositionsrecht siehe Konzil/ Geschäftsordnung – Präsidialrecht 136 – Promulgationsrecht siehe Konzil/ Approbationsrecht – Stimmrecht 146 f., 151 – Teilnahmerecht 151 Konziliarismus 175 Lehramt – außerordentliches 257 – authentisches 249, 251 – Definitionsakt 250 f., 253, 255 – 257, 261 – ordentliches und allgemeines 265 – Unfehlbarkeit siehe Unfehlbarkeit Lex imperfecta 95 Mens legislatoris

52 f., 57, 76, 96, 103

Naturrecht 25, 60 f., 63 f., 79 Notstandsrecht 161 f., 175, 225 Ökumenisches Konzil siehe Konzil Papst – Absetzung 226, 236 – Amtsenthebung 222, 224, 231, 233 – Amtsunfähigkeit 243 – Amtsverständnis 206 – Amtsverzicht 222, 237, 239 – Eingriffsrecht 27, 42, 45, 51, 82, 87, 91, 96 f. – Häresie 234 – Höchstgewalt 214 – Immunität 207, 211, 221, 223, 225, 228 f., 231, 247 – Kompetenz-Kompetenz 86 – Primat siehe Jurisdiktionsprimat – Schlüsselgewalt 18, 165 – Souveränität 207 – Summus Pontifex 196, 252, 266 – Titulaturen, päpstliche 195, 205 – Unfehlbarkeit 254 – Verweigerung 248 Papstgewalt – Gutdünken 43, 47, 51, 57, 81 – Höchstgewalt 25

Sachverzeichnis – ordentliche 29 – Umfang 29 – Universalgewalt 28 – Unmittelbarkeit 28 – Ursprung 23 – Vollgewalt 26 – Vorrang 47 – Willkür siehe Willkürverbot Pastor aeternus 20, 23, 28, 166, 171, 174, 202, 205, 210, 251, 254 Praktische Konkordanz 80 f. Rechtsphilosophie 63 Rechtstheologie 61, 63, 93, 205 Remonstrationsrecht 88 – 90 Repräsentation siehe Stellvertretung Reservationssystem 37, 48, 85 Sedisvakanz siehe Heiliger Stuhl/ Vakanz Sententia declaratoria siehe Feststellungsurteil Societas Perfecta 53 f., 62, 73, 115, 165, 192, 212, 217 Stellvertreter Christi 18, 31, 34 f., 104, 164, 169, 177, 179, 181, 189 f., 195, 203, 205, 248 Stellvertretung 205 Subsidiaritätsprinzip 96

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Anwendbarkeit 77 Herleitung 68 Inhalt 84 Naturrechtslehre 68

Teilkirche 27 f., 31, 33 f., 42, 44, 47, 49, 75, 80 f., 89, 146, 148 Titularbischof 145 f. Unfehlbarkeit 21, 166, 209, 212, 220, 268, 270 – Subjekt 269 Unwirksamkeit, schwebende 230 – 232, 242 Vereinte Amtshandlung 162 – Initiativrecht 153 – Kollegialer Akt 160 – Notstandsrecht 162 – Teilnahmerecht 153 – Vorteile 161 Verhältnismäßigkeit 84, 88 Weihe – Bischof 114 – Nichtigkeit 111 – Papst 202 Willkürverbot 43, 207, 247