Das senatus consultum Pegasianum [1 ed.]
 9783428466375, 9783428066377

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ULRICH MANTHE

Das senatus consultum Pegasianum

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Hr.

Neue Folge· Band 12

Das senatus consultum Pegasianum

Von Prof. Dr. Ulrich Manthe

DUßcker & Humblot . Berliß

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg i. Br. gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Manthe, Ulrich: Das senatus consultum Pegasianum / von Ulrich Manthe. Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen; N. F., Bd. 12) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Habil.-Schr., 1985 ISBN 3-428-06637-5 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 3-428-06637-5

Vorwort Die Arbeit wurde im Frühjahr 1985 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg i. Br. als Habilitationsschrift angenommen. Seither erschienene Literatur ist bis Ende 1986 berücksichtigt. Meine ganze Dankbarkeit gebührt meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Joseph Georg Wolf. Er hat nicht nur schon früh das Interesse am Römischen Recht in mir geweckt, sondern auch mich und meine romanistische Arbeit vom Studium bis zur Habilitation in ständiger Gesprächsbereitschaft betreut und gefördert. Seiner Kritik und seinem Rat verdankt diese Arbeit sehr viel. Danken möchte ich auch den Herren Professoren Detlef Liebs und Albrecht Dieckmann für viele wertvolle Hinweise, den Herren Professoren Elmar Bund, John Crook, Franz Wieacker und nicht zuletzt dem unvergessenen Hans Julius Wolff sowie meinen Kollegen der Assistentenzeit am Freiburger Rechtsgeschichtlichen Institut für viele anregende Diskussionen. Mein Dank gilt ebenso Frau Waltraud Riesinger , die dem Manuskript die druckfertige Form verlieh. Für die Aufnahme dieses Buches in die Reihe der Freiburger Rechtsgeschichtlichen Abhandlungen danke ich den Herren Herausgebern und dem Verlag, für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Passau, im Juni 1989

V/rich Manthe

Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel Einleitung § 1 Legate und Fideikommisse

I. Legate

...............................

15

.........................................

15

11. Fideikommisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

111. Entwicklung des Fideikommißrechts bis zum Pegasianum

18

IV. Nachpegasianische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

§ 2 Die Mängel des senatus consultum Pegasianum

..................

20

I. Kritik und Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

11. Umgehung des Pegasianum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

III. Bisherige Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

IV. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Zweites Kapitel Stipulationen und Senatsbeschlüsse § 3 Die stipulationes emptae et venditae hereditatis ....................

27

I. Die Anwendung bei der Restitution von Erbschaftsfideikommissen ..

27

11. Rekonstruktion des Formulars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

III. Die Regelung der Vermächtnislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

§ 4 Das senatus consultum Trebellianum

35

I. Rekonstruktion des Wortlautes

35

11. Aktionentransfer III. Unvollkommenheit des Trebellianum § 5 Das senatus consultum Pegasianum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Die Regelungen des Pegasianum

11. Rekonstruktion des Wortlautes

38

39 41 41

42

8

Inhaltsverzeichnis IH. Die Auslegung durch die Rechtswissenschaft

43

IV. Primäre Fideikommisse, Intestatfideikommisse, sekundäre Fideikommisse

45

V. Mittelbare Kürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6 Die stipulationes partis et pro parte

I. Glaubwürdigkeit des Theophilos

11. Inhalt der partiarischen Stipulationen IH. Rekonstruktion des Wortlautes

47 53 53 56

61

§ 7 Die Nachteile der pegasianischen Regelung und die justinianische Reform..

64

I. Die stipulationes ex senatus consulto Pegasiano descendentes . . . . . ..

64

H. Das Pegasianum verteilt die Last der falzidischen Kürzung nicht nach dem Willen des Erblassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

IH. Quartrecht und völliger Aktionentransfer sind nicht vereinbar .....

68

IV. Die plena fides wird bestraft

69

V. Justinianische Kritik und Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

Drittes Kapitel Quarta Pegasiana § 8 Die pegasianische Quart und ihre Bezeichnung

76

§ 9 Die Teilung der Sachlegitimation beim Quotenfideikommiß ..........

78

I. Der Aktionentransfer in der Quote der testamentarischen Verfügung..

78

11. Entstehung der Quotenfideikommisse und des ,scindere actiones' ...

79

III. Ein praktischer Fall: D 36.1.1.20 § 10 Antrittszwang und Quartverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Das Zwangsverfahren

11. Das Schicksal der verlorenen Quart 111. Aktionentransfer und Antragsbefugnis: die Neuerung Papinians

83 85 85

92 95

§ 11 Die Konkurrenz von Einzel- und Erbschaftsvermächtnissen .......... 101

I. Das Problem

101

11. D 36.1.2: deductis legatis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 102

Inhaltsverzeichnis III. D 36.1.3 pr: ad heredis onus

9

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Viertes Kapitel

UniversaJfideikommiß mit EinzelvorbehaIt § 12 Umgehung des Pegasianum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

I. Die Aufgabe

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

II. Die Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 § 13 Das Präfideikommiß

133

I. lure hereditario oder iure legati? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 H. Der Einzelvorbehalt ist nicht iure hereditario erworben . . . . . . . . . . 134 IH. Der Einzelvorbehalt ist Vermächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 IV. Einzelvorbehalt bei Restitution an einen Miterben

154

§ 14 Das Wechselvermächtnis

156 156

I. Vorausvermächtnis

II. Compensatio mutuorum legatorum: C 3.36.24 . . . . . . . . . . . . . . . . 157 III. Wechselseitige Anrechnung beim Erbschaftsfideikommiß IV. Geld und Grundstücke: D 36.1.60.3; 31.77 pr; 35.2.93

........ 162

. . . . . . . . . . 166

V. Vorbehalt unter dem Betrage der Quart: D 36.1.1.16 . . . . . . . . . . . 175 VI. Ergebnis der Untersuchung in §§ 12 bis 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Fünftes Kapitel

Quartverzicht § 15 Plenam (pleniorem) fidem praestare

182

I. Terminologie

182

II. Vollerfüllung

186

III. Übererfüllung

189

§ 16 Rechtsfolgen des Quartverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 190

I. Die Quote des Aktionentransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 H. Ausschluß der Kondiktion

194

Inhaltsverzeichnis

10

111. Nichtanwendbarkeit des Schenkungsrechts

199

IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Sechstes Kapitel

Schlußbetrachtung § 17 Das Recht der Erbschaftsfideikommisse nach dem senatus consultum

Pegasianum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 I. Problemstellung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

11. Stipulationen und Senatsbeschlüsse ........... . . . . . . . . . . .. 211 111. Quarta Pegasiana

213

IV. Universalfideikommiß mit Einzelvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 V. Quartverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 § 18 Quellengeschichtliche Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

I. Die Leistung der Jurisprudenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

11. Kaiserrecht

220

III. Nebenüberlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 220 IV. Texteingriffe

221

V. Historisches

221

QueUenregister

222

Abkürzungsverzeichnis Die romanistische Literatur wird nach den Abkürzungsverzeichnissen bei Kaser I und 11 zitiert. Daneben werden folgende Werke abgekürzt zitiert: ACV

Atti dei congresso internazionale di studi vespasiani, Rieti Sett.1979,1(1981),1,2

AE

L'Annee epigraphique (Paris 1888ff.)

Alciat

Alciatus, Paradoxorum at Pratum libri VI (Lugd. Bat. 1535), weitere Ausgaben bei Troje, Graeca leguntur (1971) 23 61 •

Astolfi, Lex Iulia

R. Astolfi, La lex Iulia et Papia (Padova 1970)

Bartosek

M. Bartosek, Senatusconsultum Trebellianum (v Praze 1945)

Berger, Studies I

A. Berger, Studies in the Basilica I. To kata podas. Estr. da Bull. 14/15 (1951) 65 - 184. Der Artikel ist nur als Sonderdruck verbreitet und nicht im Bulletino veröffentlicht worden.

BK

Ordnung der exzerpierten Bücher nach Bluhme / Krüger, Dig. ed. stereotypa, Add. I

Bonifacio

F. Bonifacio, Ricerche sulla lex Falcidia de legatis (Napoli 1948)

Brinz III (W)

A. Brinz, Lehrbuch der Pandekten 111 1, 2. Auf!. (Erlangen 1886); 11 1,1. Auf!. (Erlangen 1860)

Brissonius, De formulis Barnabae Brissonii de formulis et solennibus populi Romani verbis libri VIII (Halae et Lipsiae 1731)

BS

Basilicorum libri LX. Series B Scholia, edd. H. J. Scheltema / N. Holwerda (Groningen 1953ff.)

BT

Basilicorum libri LX. Series A Textus, edd. H. J. Scheltema / N . van der Wal (Groningen 1955ff.)

Buckland / Stein

W. W. Buckland / P. Stein, A Textbook of Roman Law, 3. Auf!. (Cambridge 1966)

Collectio

Collectio librorum iuris anteiustiniani, edd. Krüger / Mommsen / Studemund 1, 4. Auf!. , 11, III (Berolini 1899, 1878, 1890)

CRII

Conference romanistiche (Trieste) 11 (Milano 1967)

Cujaz

Band- und Kolumnenangaben folgen der ed. Pratensis: lacobi Cuiacii IC. Tolosatis Opera ad Parisiensem Fabrotianam Editionem diligentissime exacta in Tomos XIII distributa (Prati 1836 - 1844)

David / Nelson

M. David / H . L. W. Nelson, Gai institutionum commentarii IV, Text, Kommentar (Leiden 1954ff.)

12

Abkürzungsverzeichnis

Donatuti, Studi

G. Donatuti, Studi di diritto romano, ed. Reggi, I, 11 (Milano 1976,1977)

Duncan-Jones

R. Duncan-Jones, The Economy of the Roman Empire, 2. Auf!. (Cambridge 1982)

EP

Edictum Perpetuum; die Einteilung nach Paragraphen folgt der von Lenel, Ep3 = FIRA 1335 ff.

Ess. Beinart I - III

Essays in Honour of Ben Beinart I - III (Cape Town 1976 1978)

Faber, Coni.

A. Faber, Coniecturarum iuris civilis libri viginti (Lugduni 1661)

Fadda, Concetti

C. Fadda, Concetti fondamentali deI diritto ereditario romano 1,11 (Milano 1949)

Ferrini

C. Ferrini, Teoria generale dei legati e dei fedecommessi (Milano 1889)

Ferrini / Scialoja

s. GaiAug

Fitting

H. Fitting, Alter und Folge der Schriften römischer Juristen von Hadrian bis Alexander, 2. Auf!. (Halle 1908)

GaiAug

Gai fragmenta Augustodunensa, edd. Ferrini / Scialoja, Bull. 13 (1900) 5ff. = Ferrini 11 437ff. = Scialoja 11 495ff.; ferner Krüger, Collectio 14 (1899) p. XLllff., SZ 24 (1903) 375ff.

Gebauer / Spangenberg

Corpus Iuris Civilis, edd. Gebauer / Spangenberg I (Gottingae 1776)

D. Gothofredus

Corpus Juris Civilis ... cum notis integris repetitae quintum praelectionis Dion. Gothofredi (Amstelodami 1663)

Gradenwitz, Interpolationen

O. Graden witz, Interpolationen in den Pandekten (Berlin 1887)

Haloander

nach Gebauer / Spangenberg

Heimbach

Basilicorum libri LX ... ed. C. G. E. Heimbach I - V (Lipsiae 1883 - 1850) Manuale Basilicorum, Basilicorum tom. VI (Lipsiae 1870) 217ff. Prolegomena Basilicorum, Basilicorum tom. VI, 1 ff. Supplementum editionis Basilicorum Heimbachianae ed. C. E. Zachariae a Lingenthal (Lipsiae 1846)

- Man. - Prol. - Suppl. I

Hofmann / Szantyr

J. B. Hofmann / A. Szantyr, Lateinische Grammatik 11. Lateinische Syntax und Stilistik (München 1965)

T. Honore, Emp. - Trib. - Ulpian

T. Honore, Emperors and Lawyers (London 1981) T. Honore, Tribonian (London 1978) T. Honore, Ulpian (Oxford 1982)

HR

Ordnung der exzerpierten Bücher nach Honore / Rodger, SZ 87 (1970) 285ff. = Honore, Trib. 257ff.

Abkürzungsverzeichnis

13

Ius GR (lGR)

Ius Graecoromanum, cura J. Zepi et P. Zepi I - VIII (Athen 1931)

Kalb, Juristenlatein - Roms Juristen - Wegweiser

W. Kalb, Das Juristenlatein, 2. Auf!. (1888, Ndr. Aalen 1961) - Roms Juristen nach ihrer Sprache dargestellt (Leipzig 1890) - Wegweiser in die römische Rechtssprache (Leipzig 1912)

KaserI,II

M. Kaser, Das römische Privatrecht, I, 11,2. Auf!. (München

- RZ

1971,1975) - Das römische Zivilprozeßrecht (München 1966)

Kniep 112

F. Kniep, Gai institutionum commentarii 11 2 (Jena 1913)

KP

Der Kleine Pauly I - V (1964 - 1975)

Krüger, Gesch.

P. Krüger, Geschichte der Quellen und Litteratur des Römischen Rechts, 2. Auf!. (München 1912)

Kühner / Stegmann I, 11 R. Kühner / C. Stegmann, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache. Satzlehre I, 11. 4. Auf!. von A. Thierfelder (München 1962) Kühner / Holzweissig

R. Kühner / F. Holzweissig, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache I, Elementar-, Formen- und Wortlehre, 2. Auf!. (Hannover 1912)

Leipold

H. Leipold, Über die Sprache des Juristen Aemilius Papinianus (Passau 1891)

Lenel, Pal.

O. Lenel, Palingenesia Iuris Civilis I, 11 (Leipzig 1889)

Mancaleoni, Compensatio

F. Mancaleoni, Sulla compensatio mutuorum legatorum (Sassari 1903)

Manthe, Libri ex Cassio U. Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus (Berlin 1982)

Meinhart, SC Tert.

M. Meinhart, Die Senatusconsulta Tertullianum und Orfitianum (Graz 1967)

Mommsen, ed. mai

Digesta Iustiniani Augusti , ed. Th. Mommsen I, 11 (Berolini 1870)

Müller-Eiselt

K. P. Müller -Eiselt, Divus Pius constituit (Berlin 1982)

Nelson, Überlieferung

H. L. W. Nelson, Überlieferung, Aufbau und Stil von Gai institutiones (Leiden 1981)

Neuner

C. Neuner, Die heredis institutio ex re certa (Gießen 1853)

Pieler

P. E. Pieler, Rechtsliteratur, in: H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner 11 (München 1978) 343 - 480.

PIRI

Prosopographia Imperii Romani, edd. von Rohden / Dessau III (Berolini 1898)

PIR2

Prosopographia Imperii Romani, edd. Groag / Stein / Wikkert / Petersen (Berolini 1933 ff. )

14

Abkürzungsverzeichnis

Rastätter

J. Rastätter, Marcelli notae ad Iuliani digesta, Diss. jur. Frei-

Rend. Nap.

Rendiconti della Accademia di archeologia, lettere e belli arti, Napoli

Scheltema, L'enseignement

H. J. Scheltema, L'enseignement de droit des antecesseurs (Leiden 1970)

Schulz, Sabinusfragmente

F. Schulz, Sabinus-Fragmente in Ulpians Sabinus-Commentar (Halle 1906)

Schwarz, Condictio

F. Schwarz, Die Grundlage der condictio im klassischen römischen Recht (Münster / Köln 1952)

Schwing

F. Schwing, Zur Lehre von der heredis institutio ex re certa (Stralsund 1875)

Simonius, Donatio

P. Simonius, Die Donatio Mortis Causa im klassischen römischen Recht (Basel 1958)

Stiegler

H. Stiegler, partitio legata, RE Suppl. XI (1968) 1033ff.

St. Kaser

Studien im römischen Recht. Max Kaser zum 65. Geburtstag (Berlin 1973)

St. Sanfilippo

Studi in onore di Cesare Sanfilippo Iff. (Napoli 1982ff.)

Studemund, Apographum

Gaii institutionum ... codicis apographum confecit ... Gu. Studemund (Lipsiae 1874)

Thes.Otto

Thesaurus Juris romani, ed. Otto (Lugd. Bat. 1725 - 1735)

Theoph

Institutionum Graeca paraphrasis Theophilo antecessoris vulgo tributa ... recensuit ... F. C. Ferrini (Berolini 1884/ 1887)

burg 1980

ThlL

Thesaurus linguae Latinae (Lipsiae 1900ff.)

Tip

Tipucitus, edd. Ferrini / Mercati / Doelger / Hoermann / Seidl, I - V, Studi e testi 25, 51, 107, 179, 193 (Roma 1914, 1929, 1943,1955,1957)

TP

Tabulae Pompeianae, Zählung nach Bove, Documenti processuali dalle Tabulae Pompeianae di Murecine (1979) 17 ff.

Vangerowll

K.A. von Vangerow, Lehrbuch der Pandekten 11, 7. Aufl. (Marburg - Leipzig 1867)

VociI,1I

P. Voci, Diritto ereditario romano I, 11, 2. Aufl. (Milano 1967,1963)

Van der Wal, Comm. grecs

N. van der Wal, Les commentaires grecs du Code de Justinien (s'Gravenhage 1953)

Windscheid III

B. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts 111, 9. Aufl. bearb. von Th. Kipp (Frankfurt 1906)

ZPE

Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik (Bonn 1967 ff.)

ZZP

Zeitschrift für Zivilrecht und Prozeß, Neue Folge (Gießen 1845ff.)

Erstes Kapitel

Einleitung § 1 Legate und Fideikommisse I. Legate Die dem ius civile eigentümliche testamentarische Zuwendung einzelner Gegenstände aus der Erbschaft - das ,legatum' genannte Vermächtnis - war zahlreichen Beschränkungen unterworfen. 1. Belastet und begünstigt werden konnten nur römische Bürger; denn nur Testamentserben konnten beschwert werden 1, und es konnten grundsätzlich nur Personen, denen gegenüber passive testamenti factio bestand, bedacht werden2 . Damit war das Legat zur letztwilligen Zuwendung an peregrini, denen gegenüber keine passive testamenti factio bestand, nicht geeignet3 • 2. Ursprünglich scheint die schuldrechtlich wirkende Form des Legates das legatum per damnationem - den Erben auch über den Betrag der Erbschaft hinaus verpflichtet zu haben4 . Eine lex Furia testamentaria aus dem Beginn des zweiten Jahrhunderts v. Chr. beschränkte den Legatserwerb auf 1000 As je LegatarS; nur nähere Verwandte waren davon ausgenommen6 . Diese für wohlhabende Bürger geradezu lächerliche Höchstsumme erschwerte letztwillige Zuwendungen außerhalb der Familie7 • Die lex Voconia von 169 v. Chr. erweiterte die Legatsmöglichkeiten wieder, indem sie erlaubte, ein einzelnes Legat im Betrage der Summe des effektiven Erwerbes der Erben zu erwerben; andererseits verbot sie den Mitgliedern der ersten Censusklasse die Erbeinsetzung von Frauen8 . Damit waren Legate im Betrage der Hälfte der Erbschaft erlaubt und üblich9 . Schließlich löste ein Plebiszit10 der ausgehenden Republik die alte UE 24.20, 21; Kaser I § 18511. 12.20.4; Ausnahmen: Gai 2.238ff., I 2.20.25, UE 24.18; Kaser I § 1851II. 3 Gai 2.110, 285. 4 U. § 1322 • 5 Gai 2.225; Voci I 122f.; Kaser I § 188 12. 6 UE 28.7, Pau1796 vat 30l. 7 Vgl. Wesel, SZ 81 (1964) 31Off. 8 Gai 2.226, 274; Voci I 123f.; Kaserl § 188 I 3, § 161 IV 1; Wesel, SZ 81, 312ff. 9 Die Hälfte (oder ein geringerer Bruchteil, u. § 2 19) der Erbschaft pflegte durch Teilungslegat vermacht zu werden; republikanische Fälle u. § 99 - 13. Frauen, welche 1

2

16

1. Kap.: Einleitung

Regelung ab: die lex Falcidia aus dem Jahre 41 11 v. ehr. beschränkte die Summe der Legate auf drei Viertel der Erbschaft (dodrans) 12. Die einfache und klare Regelung erwies sich als so praktisch, daß sie ohne wesentliche Änderung fast 2000 Jahre überdauern konnte. Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich übernahm das falzidische Quartrecht nicht; in Südafrika trat die Falcidia 1902 außer Kraft13 . 3. Außerdem unterlagen Legate seit den augusteischen Ehegesetzen den Beschränkungen des Kadukarrechts 14 • nach der lex Voconia nicht eingesetzt werden konnten (Gai 2.274; Kaser I § 16137), konnten mit Legaten bedacht werden (besonders mit der partitio legata in der Legatshöchstgrenze der Voconia). 10 Auf Antrag der Volkstribunen P. (Cassius Dio 48.33.5) oder C. (Eusebius Chronica ex interpretatione Hieronymi, Olymp. 184.4 = Migne, PL 27 [1845] 542; Olymp. 184.3 = Eusebi Chronicorum Canonum quae supersunt ed. Schoene [1866] 11139) Falcidius. Ältere Spekulationen ("Falcidia a faice", Harmenop 5.9.1, "a Faicidio consule", GI. Lex Falcidia D 35.2.1) wurden durch Alciat, Parad. 6.4 (fol. 52 v.) und Cujaz, Nota ad D 35.2.1 (III 51Of.), Schol. lex Voconia 12.22 pr (11957) richtiggestellt. Hieronymus hatte die Chronik des Eusebius aus Sueton ergänzt (praef. ed. Schoene 113.7), und so mag die Angabe aus Suetons Historien stammen, Suet frg. 220 ed. Reifferscheid (1860) 358f. - Eine angeblich aus staufischer Zeit stammende Handschrift (Dilger, SZ 99 [1982] 332) führt die lex Falcidia zutreffend auf "falcidius tribunus plebi" zurück. 11 Das Datum ergibt sich zweifelsfrei aus den übereinstimmenden Angaben von Eusebios (0. 10 : Olymp. 184.4 = 41 - 40 Migne; Olymp. 184.3 = 42 - 41 Schoene) und Dio (41). Arnaldus Pontacus hatte in seiner Ausgabe der Hieronymusversion der Eusebiuschronik (Burdigalae 1604) in einer Anmerkung darauf hingewiesen, daß die Handschriften der Chronik verschiedene Daten von Olymp. 184.2 = 43 - 42 bis Olymp. 184.4 = 41 - 40 bieten (bei Migne, PL 27, 982 A). Dio führt das falzidische Gesetz zwar unter dem Jahre 40/714 auf, jedoch innerhalb einer Reihe von Maßnahmen des ver g a ngen e n Jahres. Das Datum ist daher das Jahr 41, vgl. Niccolini, I fasti dei tribuni della ptebe (1934) 361; Broughton, The Magistrates of the Roman Republik 11 (1952) 372. J. J. Scaliger (bei Migne, PL 27, 542 A Anm. c; Suetoni Reliquiae ed. Reifferscheid 358) hatte unter Hinweis auf Dio das Plebiszit in das Jahr 40 gesetzt (zu seiner Ausgabe der Eusebioschronik: Pfeiffer, Die klassische Philologie von Petrarca bis Mommsen [1982] 149); der Autorität Scaligers folgt die romanistische Literatur bis heute: Ferrini 20,419; Rotondi, Leg. publ. 438; Steinwenter, Lex Falcidia, RE XII (1925) 2346; Wesei, SZ 81 (1964) 314; Voci I 124; Kaser I § 18811. Durch die Datierung der Faicidia auf 41 fällt die Spekulation Rudorffs, die lex Falcidia habe die Erbschaftssteuer des Jahres 40 sichern sollen (ZGRW 12 [1845] 386f.; Karlowa 11 943; Voci 112669 ). Das Steuergesetz des Jahres 40 trat ohnehin nicht in Kraft, vgl. Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Dioc1etian (19052) 96; Wesener, vicesima hereditatium, RE VIII A (1958) 2471; daß es umgekehrt die Falcidia voraussetze (Niccolini 361; W. W. Tarn, Cambridge Ancient History X [19522] 45 zu2), ist aber auch nicht einsichtig. Dagegen leuchtet WeseLs Vermutung ein, die lex Falcidia sei deswegen erforderlich gewesen, weil die alte Voconia durch den Fortfall des Zensus nicht mehr praktikabel war (SZ 81, 315f.). 12 Voci 11 755ff.; Kaser I § 18811. Über die falzidische Rechnung handelt zutreffend (und von der Literatur außer Demburg, Pandekten III [1903 7] § 101 15 nicht gewürdigt) Brinz III 336ff. § 417. 13 Vgl. Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich V (1888) 204f. Geltung in Transvaal bis 1902: Lee, An Introduction to RomanDutch Law (Oxford 19535 ) 3686 •

§ 1 Legate und Fideikommisse

17

ß. Fideikommisse 1. Neben dem volksrechtlichen Legat bestand schon seit langem 15 eine formlose letztwillige Vermächtnisart: die Bitte des Erblassers an den Erben, einem Dritten einen Gegenstand der Erbschaft auszufolgen. Der Erbe war nur durch die Sitte gehalten, dasfidei commissum zu erfüllen 16 • Das Fideikommiß unterlag keiner Beschränkung des Legatsrechts. Es konnten andere Personen als die Testamentserben belastet werden, wenn sie nur irgend etwas aus der Erbschaft erhalten hatten 17 , und Personen, denen kein Legat ausgesetzt werden durfte, konnten mit Fideikommissen bedacht werden 18 , so etwa die Peregrinen 19 • 14 Defizienz: VE 1.21; 17.1; Astolfi, Lex Iulia 255ff.; Voci I 457ff. Incapacitas: Gai 2.111,286, 286a, VE 16.1 a; 17.1; Astolfi 77ff., 97ff.; Voci I 430ff.; Kaser I § 185 III 1. 15 Nichts anderes als ein Fideikommiß ist die Bitte der sterbenden Chrysis an Pamphilus, sich ihrer Schwester Glycerium anzunehmen, Ter Andria 290ff. "per tuam fidem perque huius solitudinem te obtestor, ne abs te hanc segreges neu deseras . . . (295) te isti virum do, amicum, tutorem, patrem, bona nostra haec tibi permitto et tuae mando fide." ... (298) "accepi: acceptum servabo". Die Andria wurde 166 v. Chr. aufgeführt. Zur Zeit Ciceros war das Institut des Fideikommisses voll ausgebildet, vgl. Plut Cic. 41.4. In noch frühere Zeit als die ciceronische weist Pomp 215 D 35.2.31 secundum Cassii et veterum opinionem, si a pupillo fideicommissa capiuntur, propter ea, quae e substituto erunt relicta, cavere debebit is cui solvatur: nach der Ansicht des Cassius und der veteres müsse der Fideikommissar bei Empfang eines dem Pupillen auferlegten Fideikommisses die cautio quanta amplius leisten (u. § 713), weil die den Pupillen belastenden Voreinsetzungsfideikommisse zusammen mit den den Substituten belastenden, aber nur im Falle des pupillaren Substitutionsfalles wirksamen Nacheinsetzungsvermächtnissen möglicherweise die Quart berühren. Natürlich konnten die veteres nicht die cautio quanta amplius befürworten, da diese vor der Falcidia (41 v . Chr.) nicht existiert haben kann und für Fideikommisse ohnehin erst nach dem Pegasianum denkbar war (anders Watson, Succ. 174). Aus der Stelle geht aber hervor, daß Cassius - dessen hier zitierte Ansicht das Pegasianum voraussetzt sich in seiner Argumentation auf die veteres berief, was Pomponius verkürzend wiedergab. Dem Fragment kann jedenfalls entnommen werden, daß die veteres - die vorservianische Jurisprudenz - sich mit Fideikommissen befaßte, vgl. (mit weitergehenden Annahmen) Behrends, in: Rechtswissenschaft und Rechtsentwicklung, hrsg. Immenga (1960) 6852 f. 16 Auf die fides war nicht stets Verlaß: Hor sat 1.3.94f. quid faciam si furtus fecerit aut si prodiderit conmissa fide sponsumve negarit? Immerhin war noch in der späten Republik die Scheu vor dem Treubruch so stark, daß P. Sextilius Rufus rechtliche Bedenken gegen die Ausfolgung eines Erbschaftsfideikommisses an die Fadia erheuchelte, Cic de fin 2.17.55 (hierzu etwa Pfaff, In fraudem legis agere [1895] 12lf.; Daube, Roman Law [1969] 96f.; Watson, Succ. 36f.). 17 Kaser I § 189 11 2. 18 Frauen über die Legatsgrenze der Voconia (0. 8) hinaus: Cic de fin 2.17.55, Gai 2.274; Proskribierte: Cic in Verrem 2. 1.47. 123 f. (das juristische Problem des Falles ist der Eid, nicht das außerhalb der Rechtsordnung stehende Fideikommiß). 19 Gai 2.285. Daube (0. 16) 1001 weist darauf hin, daß der Kodizillfall, welcher die Klagbarkeit der Fideikommisse veranlaßte (I 2.25 pr), auf einen Auslandsaufenthalt hindeutet; über den betroffenen Lentulus vgl. Champlin, ZPE 62 (1986) 249ff. 2 Manthe

18

1. Kap.: Einleitung

2. Anders als beim Legat war schon von jeher die Belastung mit Fideikommissen auf den Betrag des erbrechtlich Zugewandten beschränkt2o • Andererseits unterlagen Fideikommisse nicht den Schranken der leges Voconia und Falcidia 21 • Daher war ein Fideikommiß besonders dazu geeignet, die ganze Erbschaft zu vergeben und etwa einer Frau zuzuwenden, welche nicht als Erbin eingesetzt werden konnte22 • 3. Schließlich unterlagen die Fideikommisse auch nicht den Kadukargesetzen; erst das Pegasianum führte die Angleichung herbei23 • 111. Entwicklung des Fideikommißrechts bis zum Pegasianum

Solange die Fideikommisse keinen Rechtsschutz genossen, bestand ein wohlausgewogenes Gleichgewicht unter den Vermächtnisarten. Wollte der Erblasser sichergehen, daß seine letztwillige Verfügung erfüllt wurde, so mußte er sie den gesetzlichen Legatsbeschränkungen unterwerfen; wollte er aber die Beschränkungen vermeiden, so konnte er sich nur auf die nicht erzwingbare Treue des Erben24 verlassen. Es war Augustus, welcher dieses Gleichgewicht zerstörte, indem er systemwidrig die Klagbarkeit der Fideikommisse veranlaßte 25 • Hierdurch verschlechterte sich die Stellung des Erben ganz erheblich, ohne daß er zum Ausgleich in den Genuß der Legatsbeschränkungen gekommen wäre. Er mußte jetzt fideikommissarisch vermachte Erbschaftsgegenstände an Personen ausfolgen, U. § 1321 . Voconia: 0. 18 ; Falcidia: Gai 2.254; Impallomeni, CR 11 283. 22 Historische Beispiele (Cic de fin 2.17.55, Plut Cic 41.4) zeigen, daß das Erbschaftsfideikommiß schon vor der Klagbarkeit der Fideikommisse existierte (anders Kaser I § 190 I). Terminus post quem ist vielleicht Catu1l68.119 - 124: der Erblasser möchte die Erbschaft einem Abkömmling zukommen lassen; seine Tochter, welche nicht sua ist (also offenbar in manus-Ehe wegverheiratet ist, Huschke, ZRG 5 [1866] 1797 ; Crook, Classical Review N. S. 24 [1974] 242), kann wegen der lex Voconia nicht eingesetzt werden, und das Erbschaftsfideikommiß zur Umgehung der Voconia wird nicht einmal erwogen - vielleicht war es noch nicht oder nicht genügend üblich, um im Gedicht verwendet zu werden. Endlich wird aber von der Tochter ein Sohn geboren und im Testament eingesetzt - die gesetzlichen Erben haben das Nachsehen. 23 Gai 2.286, 286a; Impallomeni, CR 11 291, u. § 515 • 24 Pietas fides pudor: u. § 15 1 • 25 12.23.1; 25 pr; Kaser I § 1893 • Die Gewährung des Klagschutzes geschah in einem längeren Prozeß, welcher jedenfalls erst nach Erlaß der lex Papia (9 n. Chr.) beendet war, sonst hätte diese die Fideikommisse gewiß berücksichtigt. Daube (0. 16) 98 sieht in der Maßnahme des Augustus einen Akt der Kontrolle und Beschränkung der Fideikommisse - aber da sie keinerlei rechtlicher Beschränkung unterworfen waren, mußten sie durch die rechtliche Anerkennung erst recht wuchern. Schwing 6Of., 67 193 hält für möglich, daß auch in voraugusteischer Zeit das iudicium familiae erciscundae den durch Fideikommiß ausgedrückten Willen des Erblassers unter Miterben berücksichtigt und Augustus den Klagschutz auf Fideikommisse an Nichterben ausgedehnt habe. Die ansprechende Vermutung ist allerdings nicht beweisbar. 20 21

§ 1 Legate und Fideikommisse

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denen er dieselben Gegenstände hätte verweigern können, wenn sie iure civili legiert worden wären; Fideikommisse waren ja weiterhin weder vom Quartabzug noch von der Kaduzität betroffen. Fand der Erbe, der mit einem Erbschaftsfideikommiß belastet war, sich zum Antritt bereit, so mußte er alles ausfolgen; er haftete weiterhin für Schulden und hatte für den Rückgriff allenfalls die condictio indebiti zur Verfügung26 • Nicht wenige Erben zogen vor, den Erwerb der Erbschaft einfach zu unterlassen. Das senatus consultum Trebellianum schuf nur unvollkommene Abhilfe, indem es den Übergang der aktiven und passiven Sachlegitimation auf den Erbschaftsfideikommissar anordnete27 , doch hatte es die Überschwerung der Erbschaft durch Einzelfideikommisse nicht bedacht28 • Erst das Pegasianum räumte die falzidische Quart auch gegenüber dem Erbschaftsfideikommissar ein29 ; die Jurisprudenz dehnte das Quartrecht konsequent auch auf Einzelfideikommisse aus30 • Wir richten unsere Untersuchung auf die Erbschaftsfideikommisse und betrachten im folgenden KapitePl zunächst die historische Entwicklung von Augustus bis Justinian. IV. Nachpegasianische Entwicklung

Das Pegasianum führte die Unterwerfung der Fideikommisse unter das Legatsrecht nicht vollständig durch. Zu einer nicht näher bekannten Zeit32 wurden Fideikommisse an Peregrine verboten; seit Hadrian kaduzierten sie. Das Pegasianum, welches die testamentarischen Fideikommisse unter das Kadukarrecht gestellt hatte 33 , wurde im Jahre 100 n. ehr. 34 für tacita [ideicommissa durch das senatus consultum Plancianum ergänzt35 .

U. § 1611 1. U. § 411. 28 Es war möglich, drei Viertel der Erbschaft durch Legate und das letzte Viertel durch Einzelfideikommisse zu vergeben, vgl. Paul 1404 D 35.2.22.1 (die in diesem Fragment mit ,Falcidiam' bezeichnete pegasianische Quart wurde erst durch das Pegasianum eingeführt). 29 U. § 5. 30 U. § 5 III 1. 31 U. §§ 3 - 7. 32 Gai 2.285 ,postea' - nach dem Pegasianum? 33 0.23. 34 Müller-Eiselt 267ff. 35 Gai 509 D 34.9.23, Pap 235 D 34.9.11, Mod. 128 D 35.2.59.1, UE 25.17; Astolfi, Lex Iulia 330ff.; Impallomeni, eR 11 295f.; Müller-Eiselt 265ff.; Manthe, Gnomon 56 (1984) 148. Vor dem Plancianum spielt der Fall Quint inst. 9.2.73f. 26 27

2"

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l. Kap.: Einleitung

§ 2 Die Mängel des senatus consultum Pegasianum I. Kritik und Mängel

1. Ein vielzitiertes, in 12.23.7 überliefertes Wort Papinians gehört zu den ganz seltenen kritischen Äußerungen eines römischen Juristen, welche nicht nur einen einzelnen Regelungspunkt einer Rechtsnorm verwerfen, sondern das gesamte Gesetz in Zweifel ziehen l : Weil aber die aus dem pegasianischen Senatsbeschluß herrührenden Stipulationen schon der klassischen Jurisprudenz mißfielen und der mit hervorragender Verstandeskraft begabte Papinian sie in gewissen Fällen verfänglich nennt und da Wir einfache Gesetze den schwierigen vorziehen, so haben Wir nach Erwägung aller Ähnlichkeiten und Unterschiede der beiden Senatsbeschlüsse beschlossen, den später hinzugekommenen pegaslanisehen Senats beschluß aufzuheben und dem trebellianischen Senats beschluß alleinige Gültigkeit zu gewähren. Die in I 2.23.7 verordnete Reform trat am 30. Dezember 533 in Kraft2 • Das neue justinianische Recht löste ein mißglücktes Senatsgesetz aus vespanianischer Zeit ab, welches der klassischen Jurisprudenz große Probleme aufgegeben hatte: das SC Pegasianum. Papinian stand mit der Kritik am Pegasianum nicht alleine; doch können wir über die Ansichten anderer Juristen nichts Genaueres erfahren3 • 2. Das Pegasianum regelte das Recht der Erbschaftsfideikommisse. Seit dem Trebellianum von 56 n. ehr. ging mit der Herausgabe einer durch Erbschaftsfideikommiß vermachten Erbschaft die Sachlegitimation für Erbschaftsforderungen und -schulden auf den Erbschaftsfideikommmissar über. Dieser war vom Zeitpunkt der Restitution an berechtigt, Erbschaftsforderungen für sich geltend zu machen, und verpflichtet, Erblasserschulden und Erbfallschulden zu erfüllen. Die Restitution der Erbschaft entließ den Erben aus jeder Haftung. Der Erbe konnte aber auch, da er durch den Erwerb der Erbschaft nichts zu gewinnen hatte, den Antritt der Erbschaft oder die Immiszierung unterlassen; damit destituierte das Testament, und mit dem Testament wurde das darin verfügte Erbschaftsfideikommiß unwirksam4 • Diesem unbefriedigenden Rechtszustand versuchte das Pegasianum unter Vespasian abzuhelfen. Es erschwerte die Ausschlagung der Erbschaft, indem es dem Erbschaftsfideikommissar das Recht gewährte, den säumigen Erben zum Antritt Vgl. Nörr, Rechtskritik in der römischen Antike (1974) 121 ZU I28 . U. §7V3. 3 12.23.7 et ipsi antiquitati displicuerunt, c Tanta 6a et ipsis veteribus odiosas Pegasiani senatus consulti ambages, u. § 7 V. Die Bezeichnungsweisen sind von Papinian (u. § 750) und Tribonian (u. § 7 V). Kritik an Pegasus selbst: Gai 3.64. 4 U. § 419 • 1

2

§ 2 Die Mängel des senatus consultum Pegasianum

21

zu zwingen; zum Ausgleich erhielt der Erbe das Recht auf die sonst nur gegenüber Legataren bestehende falzidische Quart auch aus dem Erbschaftsfideikornrnißs . Den segensreichen trebellianischen Aktionentransfer hob es allerdings auf6. Da aber das alte Trebellianum für Erbschaftsfideikommisse, welche nicht mehr als den dodrans betrugen, noch in Kraft blieb, war ein verwikkeltes Zusammenspiel von pegasianischen und trebellianischen Normen7 die Folge des pegasianischen Senatsbeschlusses. Das Pegasianum stellte die Fideikommisse nicht nur hinsichtlich der Falcidias, sondern auch hinsichtlich der Kadukargesetze den Legaten gleich. Das Kadukarrecht bleibt außerhalb unserer Untersuchung9 • 3. Die Regelung des Pegasianum war kompliziert und unüberschaubar1o , aber auch für die Betroffenen gefährlich und verfänglich. Der Senatsbeschluß stellte nämlich den Erben von den Erbschaftsschulden nicht frei; nur durch Stipulationen gesichert, trug er das Risiko der Insolvenz des Erbschaftsfideikommissarsll . Die difficultas senatus consulti Pegasiani12 zeigte sich aber vor allem bei einem zentralen Problem. Nach trebellianischem Recht war die Passivlegitimation für alle Nachlaßschulden mit der Restitution auf den Erbschaftsfideikommissar übergegangen; dieser mußte also die Vermächtnisse auszahlen 13 . Nach pegasianischem Recht war der Erbe hinsichtlich der Erblasserschulden und gewisser vorrangiger Erbfallschulden (funus, alimenta ventris, manumissio) durch die stipulatio pro parte gesichert l 4, nicht hingegen (wie wir sehen werden 1S) hinsichtlich der Vermächtnisse. Dies erklärt sich aus einer unbedachten Bestimmung des Pegasianum, welche den Erbschaftsfideikommissar nicht in die Stellung des Erben, sondern in die eines Teilungslegatars einsetzte. Da ein Teilungslegatar für neben dem Teilungslegat ausgesetzte andere Legate nicht haftete, enthielt die von ihm abzugebende stipulatio pro parte 5

6 7

U. § 5. Gai 2.255, u. § 9 I. U. §§ 8 - 10.

s O. § 129 • 9 o. § 515 • 10

Siehe dazu Rabel, Grdz. 539; Kunkel § 227.4; Voci 11 346ff.; Kaser I § 190 IV; u.

§ 7 V 1.

11 U. § 7 V. Umgekehrt konnte auch ein Erbschaftsfideikommissar leer ausgehen, wenn ein Erbe die Erbschaftsforderungen einzuziehen unterließ (vgl. Nörr, Rechtskritik 108); die stipulatio partis gab kein gegenüber Dritten wirkendes Recht zum Eintritt in einen Erbschaftsprozeß (u. § 726). 12 12.23.7 quia ... et nobis in legibus magis simplicitas quam difficultas placet. 13 Singularvermächtnisse und - wie etwa Afr 56 D 36.1.29.1 (u. § 1011) zeigt - auch Erbschaftsvermächtnisse in Form von Quotenfideikommissen (u. § 9 I). 14 U. § 611 1. 15 U. §7I2.

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1. Kap.: Einleitung

keinen Rückgriff für Vermächtnisse 16 . Mithin wurde der Erbe, welcher in Folge 17 des Pegasianum durch die stipulatio pro parte gesichert war, für ausgefolgte oder noch auszufolgende Vermächtnisse nicht schadlos gestellt. Der Gesetzgeber hatte nämlich übersehen, daß ein Teilungslegat nicht mehr als drei Viertel der Erbschaft betragen durfte 18 , gewöhnlich aber ohnehin nur die Hälfte der Erbschaft ausmachte 19 • Daher war neben Teilungslegaten noch Raum für kleinere Singularvermächtnisse; es bestand also kein Bedürfnis, den Partitionslegatar mit diesen zu belasten. Eine eventuelle Überschreitung des dodrans glich die Falcidia aus. Deshalb brauchte die stipulatio pro parte keinen Rückgriff für Vermächtnisse zu gewähren. Ein Erbschaftsfideikommiß umfaßte aber regelmäßig die ganze Erbschaft20 . Wenn neben dem Erbschaftsfideikommiß noch Einzelvermächtnisse ausgesetzt waren, mußten sie mit dem Fideikommiß kollidieren; die Überschreitung nicht nur des falzidischen dodrans, sondern sogar der ganzen Erbschaft war vorprogrammiert. Der Gesetzgeber löste die Kollision, indem er das Erbschaftsfideikommiß einer Einzelzuwendung (Teilungslegat) gleichstellte; daher waren Erbschaftsfideikommiß und Einzelvermächtnisse hinsichtlich der stets notwendigen falzidischen Kürzung gleichrangig. Wie wir sehen werden, mußte diese Bestimmung des Pegasianum dazu führen, daß die Einzelvermächtnisnehmer die Last des Erbschaftsfideikommisses mittrugen21 • Es entsprach aber keinesfalls dem Willen des Erblassers, daß die Einzelvermächtnisse durch die Konkurrenz mit dem Erbschaftsfideikommiß im Wert verringert wurden; vielmehr sollte der Erbschaftsfideikommissar für die Einzelvermächtnisse einstehen22 • Die Praxis behalf sich alsbald durch Aufnahme der U. § 6112. Die partiarischen Stipulationen waren nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt (u. § 5 III), daher heißen sie bei Pap 288 I 2.23.7 ,ex SC Pegasiano des c end e n t es' . 18 Durch ,sine fraude sua' (Paul 921 D 35.2.1 pr; H. Krüger I Kaser, SZ 63 [1943] 127) hatte die lex Falcidia die vokonische Beschränkung der Legate auf die Hälfte der Erbschaft (Gai 2.226, o. S. 1) aufgehoben. Damit war grundsätzlich eine partitio legata in der Quote 3/.1 erlaubt.· 19 UE 24.25; eine partitio legata im Betrage von mehr als der Hälfte der Erbschaft ist nicht belegt (Fälle u. § 99 . 13 ,22). Cic de leg 2.20.49 (si maior pars pecuniae legata est) stammt aus vorvokonischer Zeit. Man nutzte die partitio legata zur Umgehung des vokonischen Einsetzungsverbotes für Frauen (Gai 2.274) und bis zur Legatsgrenze der Voconia: von Woeß, Das römische Erbrecht und die Erbanwärter (1910) 6287 f.; Stiegler 1038ff. Auch nach Außerkrafttreten der Voconia diente das Teilungslegat dem wirtschaftlichen Zweck einer Miterbeneinsetzung und betrug naturgemäß einen Bruchteil der Erbschaft (vgl. UE 24.25). Daß jemals mehr als die Hälfte der Erbschaft in nachvokonischer Zeit legiert worden sei, ist daher unwahrscheinlich. 20 Das Quotenfideikommiß - das Erbschaftsfideikommiß eines Teiles der Erbschaft - ist erst in nachpegasianischer Zeit belegt und wahrscheinlich auch erst in Folge des Pegasianum entwickelt worden (u. § 9 11). 21 U. § 11 11 4. 22 Vgl. U. § 11 11 5. 16

17

§ 2 Die Mängel des senatus consultum Pegasianum

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Klausel ,deductis legatis' in die Erbschaftsfideikommißverfügung23 ; wo diese aber fehlte, war grundsätzlich zu klären, ob Einzel- und Gesamtvermächtnis gleichmäßig oder eines von beiden vorrangig zu kürzen seien24 • Celsus fand eine vernünftige Lösung, welche sich allerdings vom Wortlaut des Pegasianum entfernen mußte25 • Die Bestimmung des Verhältnisses der Kürzungen von Einzel- und Gesamtvermächtnis war eines der wichtigsten Probleme, vor welchen die klassische Jurisprudenz stand. Wir werden diesem bisher nicht besonders beachteten Konkurrenzproblem im dritten Kapitel nachgehen26 • 11. Umgehung des Pegasianum

Es lag nahe, den praktischen Schwierigkeiten, die vom Pegasianum hervorgerufen waren, auszuweichen, indem man den Senatsbeschluß umging. Die Kompilation hat jeden unmittelbaren Bericht über die Umgehungspraxis getilgt27 ; die romanistische Forschung hat sich im allgemeinen damit begnügt, die Kritik am Pegasianum festzustellen, ohne nach den von der Jurisprudenz gefundenen Abhilfen zu suchen28 . Die Kompilatoren haben jedoch nicht jede Spur auslöschen können. Zwei Umgehungswege sind noch deutlich erkennbar: 1. Die kautelare Praxis empfahl dem Erblasser eine bestimmte Verfügung - das Universalfideikommiß mit Einzelvorbehalt im rechnerischen Betrage der Quart -, um sowohl die pegasianischen Stipulationen zu vermeiden als auch den ungeteilten Übergang der Sachlegitimation herbeizuführen. Damit war das für Erbschaftsfideikommisse, welche die gesamte Erbschaft umfaßten, eigentlich außer Kraft gesetzte Recht des Trebellianum wieder hergestellt. Diese Verfügungsart war den Pandektenlehrern bekannt29 , ihre dogmatische Grundlage aber heftig umstritten3o • Ferrinis Erklärung schien 1889 die Diskussion beendet zu haben31 ; seither ist diese Art der Verfügung nicht mehr eigens untersucht worden. Es wird sich jedoch zeigen, daß Ferrinis Erklärung U. § 11 11 8. U. §711. 25 U. § 11 115. 26 U. § 11. Vangerow (u. § 11 III 5) und Rastätter (u. § 11 III 3) haben die einschlägigen Stellen behandelt, ohne jedoch den Ursprung des Problems in der mißglückten Redaktion des Pegasianum zu erkennen. 27 Durch die Trebellianisierung, u. § 742 . 28 Nörr (0. 2) 108: "So können wir nicht sagen, ob Papinian versuchte, die Ergebnisse des SC Pegasianum zu korrigieren." Siehe dazu aber u. § 18 I und Neuner (u. § 127). 29 Neuner, Vangerow, u. § 127 • 30 U. § 135 • 31 Ferrini 193. 23

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24

1. Kap.: Einleitung

mit den Quellen nicht vereint werden kann 32 ; vielmehr war die von Ferrini verworfene Theorie Neuners (1853) im wesentlichen richtig33 • Zugleich kann die alte Erklärung die klassische Existenz eines seit dem Jahre 1903 fast einhellig für eingefälscht erklärten Rechtsinstitutes erweisen34 • Wir werden das Universalfideikommiß mit Einzelvorbehalt im vierten Kapitel untersuchen. 2. Hatte der Erblasser vom Universalfideikommiß mit Einzelvorbehalt keinen Gebrauch gemacht, so blieb der Erbe, wenn er freiwillig die Erbschaft erwarb, der Vermächtnishaftung zu mindestens einem Viertel ausgesetzt; selbst der Verzicht auf die Quart konnte ihn von dieser Haftung nicht entbinden35 . Das Pegasianum ordnete den vollständigen Aktionentransfer nur für den Fall an, daß der Erbe sich weigerte, die Erbschaft zu erwerben36 • Das Antrittszwangsverfahren wurde alsbald zur Übertragung der gesamten Sachlegitimation, mithin zur Umgehung der pegasianischen Rechtsfolgen genutzt37 ; allerdings verlor der Erbe damit die pegasianische Quart; ohne Verzicht auf die Quart waren die pegasianischen Stipulationen oder das ,scindere actiones' (die Teilung der Sachlegitimation) nicht zu vermeiden. Der Quartverzicht und seine Folgen werden im fünften Kapitel behandelt werden. Für den Gang der Untersuchung wird es förderlich sein, den Wortlaut der senatus consulta Trebellianum und Pegasianum sowie der stipulationes emptae et venditae hereditatis und partis et pro parte wiederherzustellen, um eine feste Ausgangsbasis zur Betrachtung des klassischen Rechtszustandes zu gewinnen. Dies geschieht im zweiten Kapitel. 111. Bisherige DarsteUungen Es fehlt bisher an einer gründlichen Darstellung des Pegasianum. Das ausführliche und verdienstvolle Werk Bartoseks über das senatus consultum Trebellianum 38 steht noch auf der Grundlage einer unrealistischen und heute überwundenen Quellenkritik, welche vom Idealbild einer festgefügten klassischen Dogmatik ausging und den Spuren klassischer Kontroversen keine große Bedeutung beimaß. Tatsächlich entwickelte sich das pegasianische Recht gerade innerhalb des 2. Jahrhunderts n. ehr. in großer Dynamik, bis es schließlich unter den Severern zu einem gewissen Abschluß gelangte39 • 32

U. § 13 11.

Neuner 108, vg!. § 1431 ; anders wiederum Vangerow, u. § 1445 • 34 Nämlich die compensatio mutuorum legatorum. Mancaleonis Verdikt wird nur von Voci 11 766 58 f. nicht geteilt. 35 Hatte der Erblasser die Quart nicht eingeräumt, so blieb der Erbe der Vermächtnishaftung ungeteilt ausgesetzt (u. § 15 11, 163 ; hatte er sie eingeräumt, so verblieb mindestens ein Viertel der Passivlegitimation beim Erben (u. § 9). 33

36 37

U. § 102. U. § 11 11 2.

38 M. Bartosek, Senatusconsultum Trebellianum (v Praze 1945), VII, 232 S. Eine kurze Zusammenfassung des in tschechischer Sprache geschriebenen Buches findet sich in Scr. Ferrini Mi!. III (1948) 308 - 336.

§ 2 Die Mängel des senatus consultum Pegasianum

25

Zudem widmet sich Bartoseks Buch hauptsächlich den Folgen der trebellianischen Restitution und behandelt die spezifischen pegasianischen Probleme nur am Rande4O • Das Universalfideikommiß mit Einzelvorbehalt ist außer in den Pandektenlehrbüchern41 auch durch Schwing monographisch behandelt worden42 . Die scharfsinnig durchdachte Abhandlung stützt sich allerdings im entscheidenden Teil auf unbeweisbare Interpolationsvermutungen und ist daher kaum verwertbar43 . Der einschlägige Beitrag von F. Schwarz zum Quartverzicht44 hat vieles Förderliche zur Irrtumslehre erbracht, die Rechtsfolgen des Quartverzichts aber nicht einheitlich erklären können. Sturms Untersuch~ng des Pegasianum45 bemüht sich um eine Ehrenrettung für Pegasus: die Unzulänglichkeiten des Pegasianum seien - wohldurchdacht - als Strafe für den Erblasser, der die Quart nicht gewährt habe, geplant, die Folgen des Pegasianum hätten der Abschreckung gedient46 • Wenn diese Erklärung wirklich zuträfe, wäre es ganz erstaunlich, daß die römische Jurisprudenz nichts über die Motivation des Gesetzgebers berichtet hat, sondern vielmehr die Folgen des Senatsbeschlusses beklagte. Es hätte auch nahe gelegen, darauf hinzuweisen, daß die Strafe den unschuldigen Erben an Stelle des eigentlich gemeinten Erblassers traf. Die Arten und Weisen, wie die Jurisprudenz mit dem Pegasianum auskam, werden bei Sturm nicht untersucht47 .

IV. Terminologie

Zur besseren Verständigung empfiehlt es sich, einige Bezeichnungen als Fachausdrücke zu normieren. Ich werde dann von ,Vermächtnissen' sprechen, wenn Legate 0 der Fideikommisse gemeint sind. Legate lasten stets auf dem Erben; Fideikommisse können dagegen den Erben oder einen anderen erbrechtlich Begünstigten belasten - wir sprechen von ,primären' und ,sekundä39

Das Konkurrenzproblem

(0. ZU26)

wurde von Celsus und Marcellus diskutiert (u.

§ 11), das Schicksal der verwirkten Quart nach Antrittszwang von Celsus und Gajus (u. § 1011). Papinian respondierte zum Antragsrecht (u. § 10 III) und dem hadrianischen Reskript de pecunia accepta (u. § 14 IV 2) und führte vielleicht die Feder bei den severischen Reskripten über den Kondiktionsausschluß nach Quartverzicht (u. § 16 I).

Ulpian korrigierten den unbefriedigenden Versuch Julians, eine fehlgeschlagene Verfügung zu retten (u. § 14 V 2). Modestin erörterte kautelare Praxen zur Herbeiführung des Aktionentransfers (u. § 1511 2). 40 Schicksal der verwirkten Quart (u. § 10 11): Bartosek 132; Konkurrenz von Einze1und Erbschaftsvermächtnissen (u. § 11): B. 140f.; dogmatische Erklärung des Einzelvorbehaltes (u. §§ 13,14): B. 141ff.; Quartverzicht (u. §§ 15,16): B. 134ff. 41 U. § 135,9. 42 F. Schwing, Zur Lehre von der heredis institutio ex re certa (Stralsund 1875) 27 56. 43 Vgl. u. § 12112. 44 F. Schwarz, Die Funktion des Irrtums bei Erfüllung gänzlich oder teilweise nicht geschuldeter Fideikommisse, SZ 68 (1951) 266 - 319. Hierzu u. § 16 pass. 45 F. Sturm, Pegaso: un giureconsulto dell'epoca di Vespasiano, ACV 1 (1981) 106 136, besonders 118 - 131. 46 Sturm 130f. 47 Das Universalfideikommiß mit Einzelvorbehalt (u. § 12) wird von Sturm 124 ZU74 gar nicht, der Quartverzicht (u. § 15) nur kurz (12473 ,128 ZU89 ) erwähnt.

26

1. Kap.: Einleitung

ren' Fideikommissen oder Vermächtnissen48 • Hat ein Fideikommiß eine Erbschaft, eine Portion oder einen Teil einer Erbschaft oder Portion zum Objekt, so liegt ein ,Erbschaftsfideikommiß' vor; umfaßt das Fideikommiß die ganze Erbschaft, so nennen wir es ,Universalfideikommiß' oder ,Gesamtfideikommiß', umfaßt es nur einen Teil einer Erbschaft, so ist es ein ,Quotenfideikommiß', umfaßt es eine ganze Portion oder einen Teil von ihr, so liegt ein ,Portionsfideikommiß' vor. Die aktive oder passive Zuständigkeit für Rechte oder Verbindlichkeiten pflegt mit ,Sachlegitimation' bezeichnet zu werden; den Übergang der Sachlegitimation für Erbschaftsklagen vom Erben auf den Erbschaftskommissar nenne ich verkürzend ,Aktionentransfer'49. Je nachdem, ob die Quart aus Legaten oder aus Fideikommissen gezogen wird, heißt sie ,falzidische' oder ,pegasianische' QuartSo . Hat der Erblasser die Quart durch Zuweisung einer Quote der Erbschaft gewährt, so ist es eine ,ideale' Quart, besteht sie in einzelnen Gegenständen, so ist sie ,real'Sl. Bei der Frage, ob eine Quote oder ein Gegenstand der Quart genüge, unterscheide ich die ,Einrechnung' als die von der lex Falcidia angeordnete "imputatio eines iure hereditario erworbenen Gegenstandes in die Quart" von der ,Anrechnung' als die durch "compensatio mutuorum legatorum geschehene wechselseitige Anrechnung eines iure legati/fideicommissi erworbenen Gegenstandes" auf die Quart. Davon ist die eigentliche ,compensatio' "Aufrechnung" zu unterscheiden 52 . In Anlehnung an klassischen Sprachgebrauch bezeichne ich alle Vermächtnisse, welche einen erbrechtlich Begünstigten zugunsten eines Erben belasten, als ,Vorausvermächtnisse' - je nach Vermächtnistyp handelt es sich um ,Prälegate' oder ,Präfideikommisse's3. Diejenigen Vorausvermächtnisse, welche die ganze Erbschaft zugunsten eines Teilerben belasten, sind ,eigentliche' im Gegensatz zu den ,uneigentlichen', welche einen bestimmten Teilerben zugunsten eines seiner Miterben belasten54 .

U. U. 50 U. 51 U. 52 U. 48 49

§ 5 IV 3. §4II4. § 8. § 1211 l. § 14112.

53 U. § 13108 • 54 U. § 1382 •

Zweites Kapitel

Stipulationen und Senatsbeschlüsse § 3 Die stipulationes emptae et venditae hereditatis J. Die Anwendung bei der Restitution von Erbschaftsfideikommissen Seit Augustus setzte sich die Klagbarkeit der Fideikommisse durch l . War der Erbe gebeten, die gesamte Erbschaft2 herauszugeben und gab er sie heraus, so übertrug die Restitution allerdings nur die Rechte an den einzelnen Erbschaftsgegenständen, nicht jedoch die Erbenstellung. Der Erbe blieb weiterhin Inhaber der Nachlaßforderungen und war aus den Nachlaßschulden verpflichtet. Seine Situation glich derjenigen eines Erbschaftsverkäufers, der mit der Übertragung der Erbschaft auch nur die Rechte an den Erbschaftsgegenständen und nicht die Erbenstellung übertragen konnte. Beim Erbschaftsverkauf war der Abschluß ergänzender Stipulationen üblich geworden; der Erbschaftsverkäufer versprach, all das herauszugeben, was er noch aus der Erbschaft erwerben würde, der Erbschaftskäufer dagegen, den Erben für alle Nachteile schadlos zu halten, die ihn noch aus der Erbschaft treffen würden. So wurde die Erbenstellung wenigstens im Innenverhältnis übertragen. Die Praxis machte alsbald diese Stipulationen für die Restitution eines Erbschaftsfideikommisses nutzbar: Gai 2.252 Tunc enim in usu erat ei, cui restituebatur hereditas, nummo uno eam hereditatem dicis causa venire. et quae stipulationes inter heredem et eum, cui restituebatur hereditas.

Sie ermöglichten die Übertragung der Erbenstellung im Innenverhältnis zwischen fiduziarischem Erben und Fideikommissar.

lOben § 1 III. Quotenfideikommisse wurden wahrscheinlich erst nach dem Pegasianum üblich, unten § 9 11. 2

28

2. Kap.: Stipulationen und Senatsbeschlüsse

11. Rekonstruktion des Formulars

Der in der Institutionenparaphrase des Theophilos überlieferte Wortlaut der Stipulationen3 ist nicht vollständig. Dies wird durch die Kommentierungen einzelner nicht bei Theophilos berücksichtigter Lemmata erwiesen; Theophilos hat seine Formeln offenbar aus einer griechischen Gajusübersetzung entwickelt 4 • So versuchte man seit dem 16. Jhdt. den Wortlaut zu rekonstruieren5 . Unterdessen ist unsere Kenntnis durch das Fragment der Gajusparaphrase von Autun erweitert worden. Zwar pflegt die Autuner Paraphrase vom klassischen Sprachgebrauch abzuweichen, so daß dem in ihr überlieferten Wortlaut kein allzu großes Vertrauen zu schenken ist6 ; doch mag das Fragment von Autun hier und dort den klassischen Wortlaut bewahrt haben.

3 Theoph 2.23.2 (240.9ff.): stipulatio emptae hereditatis: 'OIlOAOYEt;, 34, excipere actiones hereditarias invitus cogi non potest.

277 hat das Kephalaion Bas 19:4.26 (= C 4.39.2) zunächst nur aus dem Tipukeitos wiederhergestellt. Der Nachtrag Heimb. 11 780 verweist indessen auf Schol. 5 Bas 11.1.63 Heimb. I 643. 31 Ferrini bei Heimb. Suppl. 1264, Heimbach, Manuale 370, und Scheltema, BT 931.24 (vgl. A III praef. VII), beziffern die Übersetzung von C 4.39.1 mit Bas 19.4.26, das nicht aufgenommene Kephalaion für C 4.39.2 wäre mithin Bas 19.4.27. BS 309.11 nennt aber die Kephalaia 25 und 26; damit sind C 4.39.1 und 2 gemeint. Daher ist die Zählung von Ferrini und Scheltema um jeweils 1 zu erniedrigen, wie Heimbach 11 277 es noch getan hatte. Daß in der Tat Paul509 D 18.4.9 nicht als eigenes Kephalaion in die Basiliken aufgenommen wurde, lehrt Tip 19.4.8 (11 104.27f.); Bas 19.4.10 Schelt. wäre also 19.4.9 usw. Die Numerierung der Kephalaia dient freilich nur praktischen Ordnungszwecken; eine offizielle Numerierung der Fragmente hat es nämlich nicht gegeben, Scheltema, TR 16 (1939) 341. Zur Numerierung des Basilikenexemplars, welches dem Tipukeitosverfasser Patzes vorlag, s. Seidl, Fs. Koschaker III (1939) 294ff. 32 Tip 19.4.26 referiert C 4.39.2. Doelger ergänzt 11 106.10 ETtEQOO"tlj(t}) fideicommissarie, eav c'mUL"tT]Öiö"tt {mo hereditariu creditoros, OJlOA.OYEt~,

ÖtÖ6VUL JlOt "tou"to ijyouv xui defendeuein JlE xui ltEQtltOtEtV JlOt"to UVEv6XA.T]"tov; xui EA.EYEV 0 fideicommissarios· oJloA.oyiö. uV"tEltEQonu öe xui 0 fideicommissarios "tov XA.T]Qov6JloV ou"tw~·

oJloA.oyd~,

d> XA.T]QOV6JlE, ta.v

ciJtULn't fideicommissarLep xA.rll~OVO!lLUV ,adire et totam hereditatem fideicommissario restituere'. Zum Quartverlust u. § 10 11. Vlpian erklärte den Quartverlust als Folge des Prinzips "commodum eius esse debet, cuius periculum est" (I 3.23.3; Liebs, Lat. Rechtsregeln und Rechtssprichwörter [1983 3] C 41): Vip 1874 D 36.1.4 nam cum alieno periculo adierit hereditatem: merito omni commodo arcebitur, 1879 D 36.1.15.4 sicut ceteris commodis caret; noch ohne Verbindung mit periculum: Iul569 D 36.1.28.2 nullum commodum ex testamento consequetur; Brinz III § 416 13 • 22 Vip 1871 D 36.1.1.9, 1880 D 36.1.17.4, 1881 D 36.1.17.9; Afr 56 D 36.1.29 pr (U. 39 ); Voci 11 356.

3. Kap.: Quarta Pegasiana

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testamentarisch zugedachten Teil beschränken; dann behielt der Erbe den Rest und konnte für diesen Rest das Quartrecht ausüben23 . 6. Die prätorisch erzwungene Restitution führte den Aktionentransfer her~ bei, atque si ex senatus consulto Trebelliano (hereditas) restituta esset. Der Übergang der Sachlegitimation richtete sich in seiner Quote nach der Restitution24, nicht nach der Verfügung des Erblassers25 • Dies führte dazu, daß sogar auf einen Quotenfideikommissar, welcher den Erben zum Antritt und zur Restitution der ganzen Erbschaft gezwungen hatte, die ungeteilte Sachlegitimation überging: Ulp 4 d fid 1881 D 36.1.17.826 Maecianus (33) scribit: cum quis ex fideicommissariis [abesset et praesentes] (praesens) desidere[n]t suo periculo (adiri, heres cogetur) adire hereditatem translatisque in solidum actionibus in eum, qui coegit, absentes, si velint fideicommissum suscipere, a praesente petent ...

Von mehreren Quotenfideikommissaren hat nur einer das Zwangsverfahren durchgeführt; der Erbe muß die gesamte Erbschaft an ihn herausgeben, und die Sachlegitimation geht ungeteilt auf den zwingenden Fideikommissar über. In den transferierten Aktionen sind auch die actiones fideicommissi der anderen Quotenfideikommissare enthalten, die nunmehr ihre Erbschaftsfideikommisse vom Inhaber der Erbschaft verlangen können27 . Der Übergang der ungeteilten Sachlegitimation ist Konsequenz des pegasianischen Regelungszusammenhangs. Das Pegasianum läßt den AktionentransMaec33 bei Vip 1881 D 36.1.17.9. Im Fall 0. 23 • 2S Dagegen ging bei freiwilliger trebellianischer Restitution die Sachlegitimation nur in der Quote der Verfügung über, Gai 395 D 36.1.65.3, u. § 15 III. 26 Emendation nach Mommsen, ed mai. Der von F überlieferte Text ist jedenfalls unrichtig, denn der Wechsel von Singular und Plural bei den absentes und praesentes ist ganz unmotiviert, und da durch ,translatisque' die beiden Prädikate ,desiderent' und ,petent' gleichgeordnet werden, hat der Satz keinen Hauptsatz. Eine Vulgatemendation (,cum quidam ex fideicommissariis abessent et praesens desideret' , nach Gebauer I Spangenberg) gleicht den Numeruswechsel aus; Gebauer berichtigt die fehlerhafte Gleichordnung der Prädikate durch Streichung des ,-que' in ,translatisque'. Mommsens Emendation ist eleganter und erklärt den Wegfall von ,adiri' wegen Homoioteleutons; Haloander hatte noch einfach ,suo periculo [adire] (adiri)' konjiziert. Ähnlich wie Mommsen noch Beseler 11 102, willkürlich aber SZ 53 (1933) 38. Die Übersetzung des Anonymos in den Basiliken hat nur pluralische Subjekte, Bas 35.11.17.8 BT 1602.5 - 7, restituiert nach Tip 41.1 aE (IV 41.25, vgl. Tip. IV, edd. Hoermann I Seidl, praef. XI) und Tip 35.11.17 (III 220.28 - 30). Dieser Text ist Ergebnis der von Anonymos ohne Kenntnis vorjustinianischer Überlieferung vorgenommenen Glättung (vgl. Sontis, Die Digestensumme des Anonymos 1[1937] 142, 145) und daher ohne selbständigen Überlieferungswert. 27 Fortgang der Stelle u. 11 3. Ferner: Ulp 1871 D 36.1.1.9 (der andere Quotenfideikommissar verlangt seinen Teil vom Inhaber der Erbschaft), ebenso Afr 56 D 36.1.29.1; Ulp 1880 D 36.1.17.9 (quia in solidum actiones transierint in eum, qui coegit). 23 24

§ 10 Antrittszwang und Quartverlust

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fer genau dort zu, wo der Erblasser nicht die Quart verletzt hat28 • Wenn der Erbe den Erbschaftserwerb verweigert, steht ihm nach dem Pegasianum keine Quart zu ("restituat totam hereditatem"); sein Quartrecht ist also gar nicht verletzt, und deshalb findet trebellianischer Aktionentransfer statt. Dieser richtet sich in seiner Quote nach derjenigen Quote, in der die Herausgabepflicht besteht. Es sind zwei Fälle denkbar: (1) Das Pegasianum ist gar nicht anwendbar, weil der Erblasser die Quart gewährt hat. Dann ist die Erbschaft in der vom Testator verfügten Quote (höchstens drei Viertel) herauszugeben; in derselben Quote geht die Sachlegitimation über29 • (2) Der Erblasser hat die Quart nicht gewährt, und der Erbe verweigert den Antritt. Da das Pegasianum dem Erben die Quart entzieht, hat der Erblasser auch in diesem Fall das Quartrecht nicht verletzt. Herauszugeben ist die ganze Erbschaft, wenn nicht der Erbschaftsfideikommissar den Antrittszwang auf einen Teil beschränkt hapo. Damit geht auch die Sachlegitimation ungeteilt oder gegebenenfalls in der Quote des Antrags auf Antrittszwang über. In diesem Fall wird die Verfügung des Erblassers, die bei Quotenfideikommissen zugleich die Quote des Aktionentransfers bestimmt, durch die gesetzliche Anordnung ersetzt. 7. Die Zuständigkeit für das Verfahren lag beim praetor fideicommissarius31 • Aus der Paraphrase des Gajus von Autun32 und aus den Ausdrücken, die in den Juristenschriften immer wieder erscheinen und daher offenbar zu einem festen Formular gehören33 , läßt sich der Wortlaut des Antrags rekonstruieren: 28 Nämlich in den Fällen eines Quotenfideikommisses bis zu drei Vierteln der Erbschaft (0. § 91) und eines Vniversalfideikommisses mit Einzelvorbehalt in Höhe eines Viertels der Erbschaft (u. § 12 11); ferner dort, wo das Erbschaftsfideikommiß nicht dem Erben auferlegt worden war: da niemand außer dem Erben das Quartrecht besaß, war das Pegasianum nicht anwendbar, u. zu6\. 29 o. § 740 .

30 0.23.

31 Pomp 178 D 1.2.2.32, Gai 2.278; Vocill 23237 ,347 V, 358; Röhle, RIDA 15 (1968) 41548 ; Kaser, RZ § 68 11 1. Das Verfahren kann daher nicht im Edictum perpetuum geregelt gewesen sein, Lenel, EP 366; anders noch Rudorff, De iuris dictione edictum [1869] 158); Kniep, Der Rechtsgelehrte Gajus und die Ediktskommentare (1910) 268f.; H. Krüger, SZ 37 (1916) 298. Zuständigkeit außerhalb Roms: PS 4.4.2. 32 Gai Aug 72 (103 v. 15 - 17) Ille scribtus heres rogatus est mihi res[tituere heredijl tatem: suspectam sibi esse dicit: ego rogatus (sie cod.; paratus: Scialoja / Ferrini) sum [onera . ..} / hereditatis in me suscipere: meo periculo adeat et restit[uat mihi}. 33 Maec 30 D 36.1.67.3 velle se periculo suo hereditatem [adire} , 44 D 36.1.73 suo periculo velit adiri hereditatem; VIp 1874 D 36.1.4 suo periculo [adire} et restitui sibi velle, 1881 D 36.1.17.8 suo periculo adiri, 0. 26 ; zu ,onus suscipere paratus' vgl. Pomp. 806 D 29.2.99 onus suscipere parata, Paul1l69 D 31.8.3, 4 defendere heredem parati.

3. Kap.: Quarta Pegasiana

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Ille scriptus heres rogatus est rnihi restituere hereditatern: suspectarn sibi esse dicit. Ego paratus surn onera ... hereditatis in rne suscipere. Volo rneo periculo adeat et restituat mihi.

Gegen Abwesende fanden Antrittsdekret und missio in possessionem statt34 ; hatte der Erbe brieflich ausgeschlagen, genügte das Dekret35 • 11. Das Schicksal der verlorenen Quart

1. Die Verpflichtung zur Totalrestitution bedeutete nicht nur, daß der Erbe die pegasianische Quart verlor36 , sondern auch, daß der Erbschaftsfideikommiss ar und die Einzelvermächtnisnehmer dadurch begünstigt wurden. Da die Passivlegitimation ganz überging, konnten die Einzelvermächtnisnehmer ihre Forderungen ungekürzt gegen den Erbschaftsfideikommissar geltend machen. Cels 21 dig 183 D 36.1.2 Qui quadringenta reliquit, Titio treeenta Iegavit, heredis fidei cornrnisit, ut tibi hereditatern restitueret, isque suspeetarn iussu praetoris adiit et restituit: quaerebatur, quid legatario dare deberes. dieendum est ... tota treeenta te dare Titio debere: ... si hereditatern sua sponte adisset, daret Titio ducenta viginti quinque, tibi septuaginta quinque. [non] ergo plus Titio debetur, quarn si iniussu praetoris adita hereditas foret.

Wir betrachten hier nur einige Sätze der Entscheidung37 • Bei freiwilligem Antritt hat der mit einem Gesamtfideikommiß belastete Erbe das Recht zur pegasianischen Quart. Er muß an den Erbschaftsfideikommissar 75, an den Legatar 225 herausgeben - Erbschaftsfideikommiß (400 - 300 = 100) und Legat (300) sind um je ein Viertel gekürzt worden. Ist der Erbe zum Antritt gezwungen worden, fällt das Quartrecht weg. Der Legatar hat gegen den nunmehr passiv legitimierten Erbschaftsfideikommissar den ungekürzten Legatsanspruch von 300. Die verwirkte Quart fällt ebenso, wie sie zur Kürzung geführt hätte, an die Vermächtnisnehmer zurück: der Legatar gewinnt 75, der Erbschaftsfideikommissar 25. Afrikan entschied wie Celsus: Afr 6 quaest 56 D 36.1.29.1 - 2 Idern (seil. pIerique) tarnen existirnabant, si ex asse heres institutus rnihi quadrantern pure, tibi aeque quadrantern sub eondicione restituere rogatus sit et, curn suspectarn hereditatern dieeret, eogente rne adi38, quandoque condicio exstiterit, semissern 34

PS 4.4.3; Solazzi V 179ff.; Voci 11 35974 ; entsprechend der missio inbona nach

§ 206 EP, vgl. Kaser, RZ § 76 zu5 • Zu skeptisch über unsere Kenntnis vom Verfahren: Kunkel § 2278.

35 VIp 1875 D 36.1.6 pr; Voei 11 35872 • 36 Vip 1874 D 36.1.4,1879 D 36.1.15.4,1881 D 36.1.17.9; Dioci293 C 6.49.4 aE, PS 4.4.4, Gai Aug 72. 37 Genaueres u. § 11 11. 38 Lenel, SZ 51 (1931) 248.

§ 10 Antrittszwang und Quartverlust

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tibi esse restituendum. (2) Sed nec lege Falcidia in proposita specie usurum me puto, quamvis scriptus heres, si sponte adisset, uteretur. Der Erbe ist gebeten, an Ego ein Viertel unbedingt, an Tu ein weiteres Viertel unter einer Bedingung herauszugeben. Er wird auf Antrag Egos zum Antritt gezwungen. Nach dem Pegasianum erlangt Ego als Antragsteller die ganze Erbschaft, obwohl er nur Viertelfideikomrnissar ist39 • Wenn die Bedingung des Quotenfideikommisses an Tu eingetreten ist, muß er die Hälfte an Tu herausgeben. Der Erbe hat nicht nur die Quart verwirkt, sondern auch die halbe Erbschaft verloren, die er nach dem Testament hätte behalten dürfen. Diese Hälfte wird gleichmäßig an die beiden Erbschaftsfideikommissare aufgeteilt: sie wächst ihren Vierteln gleichsam an4O •

In unserem Zusammenhang ist § 2 von Bedeutung: Ego, der antragsteIlende Quotenfideikommissar, kann die pegasianische Quart nicht abziehen; sie steht nämlich nur dem Erben zu, und dieser hat sie verwirkt. Sind also was man hier annehmen muß41 - weitere Vermächtnisnehmer vorhanden, deren Vermächtnisse zusammen mit den beiden Quotenfideikommissen mehr als drei Viertel der Erbschaft betragen, so erwerben sie ihre Vermächtnisse ungekürzt von den Quotenfideikommissaren. Afr. D 36.1.29.2 steht mit dem Schlußsatz von Cels D 36.1.2 in Einklang42. 2. Die Quästionen Afrikans sind wahrscheinlich noch unter Antoninus Pius herausgegeben worden 43 . Schon wenig später, nach Pius' Tod 44 , räumte Gajus die Quart, die der Erbe verwirkt hatte, allein dem Erbschaftsfideikommissar ein: Gai 2 fid 398 D 36.1.65.11 Si cum suspectam videret, hereditatem45 postulante me iussu praeto!is adieris et restitueris mihi, ita utar legis Falcidiae beneficio adversus legatarios, si tu quoque ea lege 39 o. § 1022 , vgl. Afr 56 D 36.1.29 pr Ex asse heres institutus partem hereditatis mihi pure, tibi sub condicione restituere rogatus cum suspectam diceret, postulante me adit et mihi tot a m ex senatus consulto restituit: . . . 40 Es ist keine wirkliche Anwachsung: bei dieser ist ein Erbe oder Legatar mit anderen auf dasselbe eingesetzt und erwirbt durch den Wegfall der anderen das, was bei concursus an die anderen "abgewachsen" wäre. Anwachsung ist eigentlich Nichtabwachsung (Manthe, Libri ex Cassio 166 zu209); sie kann die in der Erblasserverfügung bezeichnete Portion nicht vergrößern, sondern hebt nur die Beschränkung durch die Mitberechtigung anderer auf. Hier (D 36.1.29.1) erwerben Ego und Tu mehr, als ihnen der Erblasser zugewandt hatte; dies geschieht in Folge des Pegasianum und nicht in Folge einer Akkreszenz. Cujaz, 6 ad Afr, ad D 36.1.29, IV 198, verweist auf Pap 297 bei Vip 662 D 36.1.44: diese Entscheidung erklärt sich allerdings aus wirklicher Anwachsung beim Erben, in deren Folge die herauszugebende Portion vergrößert wird, nicht aus Verwirkung durch den Antrittszwang; die Parallele ist also nur scheinbar. 41 Natürlich ist nicht das Quartrecht gegenüber Tu gemeint: dieser soll ja nur ein Viertel der Erbschaft bekommen, und selbst bei ,Anwachsung' (0. 40) eines weiteren Viertels ist die Quart nicht verletzt. 42 Beseler, SZ 53 (1933) 38, gewährt Ego die Quart; das ist nicht nur willkürlich, sondern auch angesichts Cels 183 D 36.1.2 falsch. Die Verdächtigung des ganzen Fragments durch Beseler ist grundlos, Bartosek, SC Treb. 15312 (155). 43 Fitting, Alter und Folge 32. 44 Divus Antoninus: Gai 398 D 36.1.65.5; Lenel, Pa!. 1237 1; Müller-Eiselt 277 198 •

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3. Kap.: Quarta Pegasiana

uti poteras et quatenus uti poteras: nam si quid praeterea a me alicui per fideicommissum relictum sit, id quasi a legatario relictum non venit in computationem eius legis, sed extrinsecus numeratur.

Die Legatare (und, nicht ausgesprochen: Einzelfideikommissare) werden durch den erzwungenen Antritt nicht besser gestellt; der Erbschaftsfideikommissar kann die Einzelvermächtnisse, die den Erben beschwerten, falzidisch und pegasianisch kürzen. Freilich werden die Fideikommisse, welche den Erbschaftsfideikommissar als solchen beschweren, nicht pegasianisch gekürzt, denn diese sekundären Fideikommisse hätte er auch nicht kürzen können, wenn der Erbe die Erbschaft freiwillig erworben hätte46 . Marcellus schloß sich bald47 der gajanischen Ansicht an 48 : Mare apud lul565 = Ulp 3 de fid 1873 D 36.1.3 pr ... nam iniquissimum est plus ferre legatarium ideo, quia suspecta dicta est hereditas, quam laturus esset, si sponte adita fuisset.

3. Ein von Ulpian mitgeteilter Fall erklärt sich vor dem Hintergrund dieser Rechtsänderung: VIp 4 de fid 1881 D 36.1.17.849 Maecianus (33) scribit: cum quis ex fideicommissariis [ - ] desidere[ - ]t suo periculo adire hereditatem translatisque in solidum actionibus in eum, qui coegit, absentes, si velint fideicommissum suscipere, a praesente petent: consequenter ait nec quartam eum retenturum adversus fideicommissarios [suos] , quia nec heres potuit. Antrittszwang durch einen von mehreren Quotenfideikommissaren führt zur Restitution der ganzen Erbschaft an ihn mit ungeteiltem Aktionentransfer; der Anspruch der anderen Quotenfideikommissare richtet sich nun gegen den Inhaber der Erbschaftso. Da durch den Antrittszwang die pegasianische Quart verwirkt ist, kann keines der Quotenfideikommisse gekürzt werden.

Maecian begründete die Entscheidung mit dem Verlust der Quart durch den Erben ("quia nec heres potuit"); er gewährte die verwirkte Quart gleichmäßig 45 So die lectio difficilior von F; als Subjekt von ,videret' ist ,praetor' zu supponieren. S hat mit ,suspecta videretur hereditas' deutlich geglättet und daher sicher nicht authentisch emendiert (vgl. Kantorowicz, SZ 30 [1909] 230). Beseler, SZ 66 (1948) 393, streicht ,cum suspectam videret' ohne rechten Grund. 46 o. § 5 IV. 47 Die Noten Marcells zu Julian sind wohl erst nach 170 n. Chr. veröffentlicht worden (Rastätter 39), damit vielleicht später als die Fideikommisse des Gajus (0. 44). Möglicherweise geht die Entscheidung Marcells aber auch der gajanischen zeitlich voraus. Vielleicht hatte Julian noch wie Celsus und Afrikan entschieden - der Inhalt der julianischen Entscheidung ist uns nicht bekannt (u. § 1160). 48 S. u. § 11 III3. 49 Zur Textherstellung 0. 26 ; [suos} Mommsen, ed. mai. - es handelt sich nicht um sekundäre (dem praesens selbst auferlegte) Fideikommisse, sondern um die primären Erbschaftsfideikommisse, welche nur infolge des Aktionentransfers den praesens belasten. 50 o. 16.

§ 10 Antrittszwang und Quartverlust

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den Quotenfideikommissaren, ohne den einen antragstellenden Quotenfideikommissar vorrangig zu begünstigen. Wir haben gesehen, daß sich nach dem Tode Antoninus Pius' die Ansicht durchsetzte, daß die verwirkte Quart alleine dem antragstellenden Erbschaftsfideikommissar zufiel, so daß der Quartverlust keine Auswirkungen auf die Höhe der Einzelvermächtnisse hatte 51 ; vorher war die Quart auf Einzel- und Gesamtvermächtnisse gleichmäßig verteilt worden52 . ,Quia nec heres potuit' steht im Einklang mit der früheren Ansicht53 . In der Severerzeit hatte sich aber die gajanische (oder marcellinische) Neuerung durchgesetzt. Wenn der Erbe die Quart verwirkt hatte, bedeutete das jetzt nicht mehr, daß der antragstellende Erbschaftsfideikommissar diejenigen Vermächtnisse, die er jetzt an Stelle des Erben auszufolgen hatte, nicht kürzen durfte. Vielmehr stand ihm allein das Quartrecht ex persona heredis ZU 54 • Es wäre konsequent gewesen, dem zwingenden Erbschaftsfideikommissar die pegasianische Quart von Quotenfideikommissen ebenso zu gewähren wie von Einzelvermächtnissen. Ulpian folgte dennoch der alten Ansicht Maecians und teilte die verwirkte Quart auf alle Quotenfideikommisse auf. Das hätte sich auch begründen lassen: die pegasianische Totalrestitution sollte eben zur Übertragung der ganzen Erbschaft an alle Erbschaftsfideikommissare führen, ohne daß der Antragstellende vor den anderen privilegiert wurde. Die ulpianische Entscheidung ließ sich aber nicht daraus begründen, daß der Erbe die Quart verwirkt hatte; denn nach diesem Gesichtspunkt hätte die Quart auch dem Einzelvermächtnisnehmer zugute kommen müssen, was in der Severerzeit nicht mehr geschah. ,Consequenter' ist daher für die Severerzeit falsch. Ulpian hat die bei Maecian noch gültige Argumentation unkritisch übernommen, ohne die unterdessen eingetretene Rechtsänderung zu berücksichtigen55 • DI. Aktionentransfer und Antragsbefugnis: die Neuerung Papinians

Gegen Ende des 2. Jahrhunderts erhielt der Erbschaftsfideikommissar die verwirkte Quart gegenüber Einzelvermächtnissen. Papinian bekräftigte diese Lehre und entwickelte zugleich in einem umfassenden Gutachten neue Grundsätze zum Aktionentransfer und zur Antragsbefugnis. 51 Gai 398 D 36.1.65.11, Marc apud Iul565 D 36.1.3 pr; 0.11 2. Gajus schrieb unter Marc Aurel (0. 44), Marcellus frühestens unter Marc Aurel (0. 47). 52 Cels 183 D 36.1.2, Afr 56 D 36.1.29.2: noch unter Pius, 0. 43 • 53 Maec 33 D 36.17.8 ist jedenfalls vor Marc apud Iul 565 D 36.1.3 pr geschrieben worden: Maec bezeichnet 8 de fid 41 D 35.2.30.7 Julian noch als Lebenden ("Iulianus noster", vgl. Fitting, Alter und Folge 4f., o. § 544 ; die Noten Marcells zu Julian erschienen dagegen wohl erst nach dem Tode Julians, Rastätter 39. 54 Ulp 1873 D 36.1.3 pr., o. 11 2, Pap 299 D 36.1.57.2, s. sogleich. 55 Ein weiteres Beispiel ungenauer Verarbeitung des zitierten Textes durch Ulpian fand sich o. § 934 • ,Consequenter' ist für Ulpian charakteristisch, VIR I 928 (von 37 Belegen 33mal Ulpian), vgl. Honore, Ulpian 66295 •296 •

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3. Kap.: Quarta Pegasiana 1. Pap 20 quaest 299 D 36.1.57.2 Qui fideicommissam hereditatem ex [Trebelliano] LÖEi:K6~~Laaov, d KE/..EUo-&ii lÖLKOV qJLÖEi:K6~~Laaov cl/../..q> öLMvm, rtUQUKQUtEL to ö'. KUt ou Ö(ÖWOL tO lÖLKOV qJLÖEi:K6~~Laaov, a/../..' ö KU-fr' ö~aöu q>LÖEi:Ko~~LaaaQLO~ UUtO rtUQEXEL. Qui rogatus est alicui universitatis fideicommissum restituere, si iussus sit speeiale fideicommissum alii dare, retinet quadrantem neque dat speeiale fideicommissum, sed universitatis fideicommissarius id praestat. Schindler 18222 liest aus den Worten ,El (seil. ö a~LW'frEC~) KE/..Wo-&ii lÖLKOV q>LÖEi:K6~~Laaov cl/../..q> öLMvm', daß "ausdrücklich der Erbe mit dem Fideikommiß beschwert" sei, und sieht hierin die Besonderheit des Tatbestandes, die zum klassischen Zweifel geführt habe. Das ist nicht möglich; denn gerade in diesem Fall konnte es zu keinem Zweifel über die Passivlegitimation kommen. War nämlich nicht der Erbschaftsfideikommissar mit einem sekundären Fideikommiß belastet (so daß er natürlich Klagegegner war), sondern der Erbe selbst (was der Normalfall war und keine Besonderheit begründen konnte), so war vor oder ohne trebellianische Restitution stets der Erbe, nach trebellianischer Restitution stets der Erbschaftsfideikommissar zur Ausfolgung des primären Fideikommisses verpflichtet; es war kein Unterschied in den Rechtsfolgen, ob der Erbe "ausdrücklich" mit dem Singularfideikommiß belastet war oder ohne besondere Nennung (etwa: "Titio C dari volo"). Schindler scheint mit "ausdrücklieh" auf die Klausel ,ad heredis onus' (u. In 2) anzuspielen: aber auch diese hat keine Auswirkungen auf die Passivlegitimation, welche bei pegasianischer Restitution beim Erben bleibt (u. In 2), bei trebellianischer Restitution auf den Erbschaftsfideikommissar übergeht (u. In 3). Vielmehr betraf der klassische Zweifel gerade den Fall, in welchem der Erblasser die wirtschaftliche Last (onus) nicht dem Erben, sondern dem Erbschaftsfideikommissar aufgebürdet hatte; dieser Fall ist Schindlers Fall gerade ent46

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§ 11 Die Konkurrenz von Einzel- und Erbschaftsvennächtnissen

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Nach klassischem Recht kann es keinen Zweifel geben, gegen wen Sempronius die actio jideicommissi erheben muß. Tritt der Erbe unter Zwang an, so ist Titius passiv legitimiert. Tritt der Erbe freiwillig an und behält die Quart, so ist der Erbe passiv legitimiert; er muß nach der Auslegung des Celsus nur ,deducto fideicommisso' restituieren. Verzichtet der Erbe aber auf die pegasianische Quart und restituiert er etwa gegen die stipulatio venditae hereditatis48 , so kann sich Sempronius jedenfalls an den Erben halten, da dieser auch bei fiktivem Erbschaftsverkauf passiv legitimiert bleibt49 ; klagt Sempronius gegen Titius, so kann dieser - muß aber nicht - die Klage annehmen5o . Nur Julians Interpretation von ,deductis legatis'51 konnte die Unsicherheit wegen der Passivlegitimation bewirken. Wir dürfen annehmen, daß Justinians "quaerebatur" genau das durch die julianische Auslegung in Ulp 1880 D 36.1.17.3 entstandene Problem meint. Justinians Konstitution ebnete ganz allgemein und nicht nur für die Fälle des erzwungenen Antritts - den Weg zur Reform durch I 2.23.752 . gegengesetzt. Außerdem ist die Summe des Theodoros als Quelle für vorjustinianisehen Text ganz unbrauchbar. Theodoros war nämlich nicht etwa Mitglied einer Kompilationskommission wie Theophilos, Dorotheos oder Stephanos, sondern wirkte erst einige Jahrzehnte später; sein Novellenkommentar berücksichtigte noch Nov 163 aus dem Jahre 575, vgl. Kübler, Theodoros Nr. 43, RE V A (1934) 1863ff. Er hat kaum den vorjustinianischen Codextext gekannt; daher stützt sich sein aUVtol'O; crUv :n:aQ