Das Kriterium des Handelns: Herausgegeben:Elschazli, Abd Elsamad;Übersetzung:Elschazli, Abd Elsamad 3534190394, 9783534190393

Das 'Kriterium des Handelns' ist ein Hauptwerk der arabischen Philosophie des Mittelalters. Neben den Werken &

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German Pages 349 [351] Year 2006

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Das Kriterium des Handelns: Herausgegeben:Elschazli, Abd Elsamad;Übersetzung:Elschazli, Abd Elsamad
 3534190394, 9783534190393

Table of contents :
Cover
Inhalt
Vorwort
Zur Umschrift
Siglen und Abkürzungen
Die Koranübersetzungen und -kommentare
Einführung von 'Abd-Elsamad'Abd-Elhamīd Elschazlī
I. Die Bedeutung der vorhandenen Schrift mīzān al-'amal und ihre Stellung innerhalb des Gesamtwerkes von al-Ghazālī
Echtheit des mīzān al-'amal
Handschriften zu mīzān al-'amal
Die Ausgaben des mīzān al-'amal
Übersetzungen
II. Die Bedeutung Gh.s für das jüdische Denken
Die Werke Gh.s in hebräischer Sprache
III. Der Aristotelismus in der islamishen Ethik
al-Fārābī, al-'Āmirī, Avicenna und ibn-Miskawaih über die Glückseligkeit
Die Bedeutung der Nikomachischen Ethik für das islamische Denken
Die Nikomachische Ethik (EN) in arabischer Übersetzung
Die islamischen Aristoteliker und der Islam
IV. Zweck und Inhalt des mīzān al-'amal
V. Anmerkungen und Quellenangabe zur Einleitung des Herausgebers
Abū-Hāmid al-Ghazālī. Das Kriterium des Handelns
Einleitung
I. Die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glück ist eine Torheit
II. Die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glauben (an den Jüngsten Tag) ist auch eine Torheit
III. Der Weg zur Glückseligkeit ist durch Wissen und Handeln möglich
IV. Über die Läuterung der Seele, ihre Kräfte und der Unterscheidungsmerkmale in Beispielen und im allgemeinen
V. Über das Verhältnis der Seelenkräfte zueinander
VI. Über das Verhältnis des Wissens zum Handeln
VII. Über den Unterschied zwischen dem Weg der Sūfī’s zum Wissen und dem der anderen
VIII. Über den besten dieser beiden Wege
IX. Über die Arten jenes Wissens und Handelns, welche zum Paradies führen
X. Über Analogien zur Stellung der Seele zu den mit ihr streitenden Kräften
XI. Über die Rangstufen des Kampfes der Seele gegen die Leidenschaft
XII. Über die Möglichkeit, die ethische Gesinnung zu ändern
XIII. Über die allgemeine Methode, die Charaktereigenschaften zu verändern und mit der Leidenschaft umzugehen
XIV. Über die Summe aller Tugenden
XV. Ausführliche Darstellung der Wege zur Verbesserung der Charaktereigenschaften
XVI. Über die Kardinaltugenden
XVII. Über das, was der Tugend der Weisheit und ihren Lastern, List und Dummheit, zugeordnet wird
XVIII. Über das, was der Tugend der Tapferkeit zugeordnet wird
XIX. Über das, was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird
XX. Über die Motive, die zur Suche nach den diesseitigen Gütern veranlassen, und die, die davon abhalten
XXI. Über die verschiedenen Arten des Glücks und der Glückseligkeit
XXII. Über Ziele und Bedeutung der verschiedenen Arten des Glücks
XXIII. Über lobens- und tadelnswerte Handlungen, die durch das Verlangen nach Nahrung, sexuelle Begierde und Veranlagung zum Zorn hervorgerufen werden
XXIV. Über die Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens
XXV. Über die Notwendigkeit des Lernens, um die Bedeutsamkeit der Vernunft darzutun
XXVI. Über die Arten der Vernunft
XXVII. Über die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers in den religiösen Wissenschaften, die zur Glückseligkeit führen
XXVIII. Über die Aufgaben bei der Einnahme von Geldern und deren Erwerb
XXIX. Der Weg zur Vermeidung des Kummers im Diesseits
XXX. Über die Verbannung der Angst vor dem Tod
XXXI. Über das Kennzeichen der ersten Etappe derjenigen, die sich auf den Weg des erhabenen Gottes begeben
XXXII. Über den Sinn der Lehrmeinung und der Streit der Menschen darüber
Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers
Literaturverzeichnis
A. Literaturverzeichnis zu der Einleitung des Herausgebers
B. Literaturverzeichnis zu den Anmerkungen
I. Schriften von al-Ghazālī und Übersetzungen
II. Schriften anderer islamischer Denker, sofern sie für den Text von al-Ghazālī relevant sind
III. Grundwerke zur islamischen Religion, Kultur, Philosophie und zur arabischen Sprache
IV. Sekundärliteratur zu al-Ghazālī, zur islamischen Mystik, Philosophie und Kultur
V. Grundwerke und Handbücher zur Philosophie, Theologie und zu anderen Disziplinen
VI. Sekundärliteratur zur Philosophie und zu anderen Disziplinen
Indices
I. Personenregister
II. Termini und ihre Anwendungen
A. Arabisch-deutsch
B. Deutsch-arabisch

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Abu¯-Hamid Muhammad al-Ghaza¯lı¯ ˙ ˙ Das Kriterium des Handelns

Abu¯-Hamid Muhammad al-Ghaza¯lı¯ ˙ ˙

Das Kriterium des Handelns Miza¯n al-2amal Aus dem Arabischen übersetzt, mit einer Einleitung, mit Anmerkungen und Indices herausgegeben von 2Abd-Elsamad 2Abd-Elhamı¯d Elschazlı¯ ˙ ˙

Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2006 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-darmstadt.de

ISBN-13: 978-3-534-19039-3 ISBN-10: 3-534-19039-4

„Alle Menschen sind tot außer denen, die das Wissen besitzen; alle Wissenden sind tot außer denen, die es üben; alle Handelnden sind tot außer denen, die aufrichtig sind. Die Aufrichtigen befinden sich in großer Gefahr.“ Der Prophet Muhammad ˙

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Siglen und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Koranübersetzungen und -kommentare . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einfhrung von 2Abd-Elsamad 2Abd-Elhamı¯d Elschazlı¯ . . . . . . . . . ˙ ˙ I. Die Bedeutung der vorhandenen Schrift mı¯za¯n al-2amal und ihre Stellung innerhalb des Gesamtwerkes von al-Ghaza¯lı¯ . . . . . . Echtheit des mı¯za¯n al-2amal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handschriften zu mı¯za¯n al-2amal . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ausgaben des mı¯za¯n al-2amal . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Bedeutung Gh.s für das jüdische Denken . . . . . . . . . . Die Werke Gh.s in hebräischer Sprache . . . . . . . . . . . . . . III. Der Aristotelismus in der islamishen Ethik . . . . . . . . . . . . ¯ mirı¯, Avicenna und ibn-Miskawaih über die al-Fa¯ra¯bı¯, al-2A Glückseligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bedeutung der Nikomachischen Ethik für das islamische Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Nikomachische Ethik (EN) in arabischer Übersetzung . . . Die islamischen Aristoteliker und der Islam . . . . . . . . . . . IV. Zweck und Inhalt des mı¯za¯n al-2amal . . . . . . . . . . . . . . . V. Anmerkungen und Quellenangabe zur Einleitung des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glück ist eine Torheit . II. Die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glauben (an den Jüngsten Tag) ist auch eine Torheit . . . . . . . . . . . . III. Der Weg zur Glückseligkeit ist durch Wissen und Handeln möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zur Umschrift

Abu¯-Ha¯mid al-Ghaza¯lı¯. Das Kriterium des Handelns ˙

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Inhalt

IV. Über die Läuterung der Seele, ihre Kräfte und der Unterscheidungsmerkmale in Beispielen und im allgemeinen . V. Über das Verhältnis der Seelenkräfte zueinander . . . . . . . . VI. Über das Verhältnis des Wissens zum Handeln . . . . . . . . . VII. Über den Unterschied zwischen dem Weg der Su¯fı¯’s zum Wissen und dem der anderen . . . . . . . . . . . . . ˙. . . . . . . . . .

. 97 . 104 . 108 . 112

VIII. Über den besten dieser beiden Wege . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Über die Arten jenes Wissens und Handelns, welche zum Paradies führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Über Analogien zur Stellung der Seele zu den mit ihr streitenden Kräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Über die Rangstufen des Kampfes der Seele gegen die Leidenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Über die Möglichkeit, die ethische Gesinnung zu ändern . . . . . XIII. Über die allgemeine Methode, die Charaktereigenschaften zu verändern und mit der Leidenschaft umzugehen . . . . . . . . . XIV. Über die Summe aller Tugenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV. Ausführliche Darstellung der Wege zur Verbesserung der Charaktereigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI. Über die Kardinaltugenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII. Über das, was der Tugend der Weisheit und ihren Lastern, List und Dummheit, zugeordnet wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII. Über das, was der Tugend der Tapferkeit zugeordnet wird . . . . XIX. Über das, was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XX. Über die Motive, die zur Suche nach den diesseitigen Gütern veranlassen, und die, die davon abhalten . . . . . . . . . . . . . . XXI. Über die verschiedenen Arten des Glücks und der Glückseligkeit XXII. Über Ziele und Bedeutung der verschiedenen Arten des Glücks . XXIII. Über lobens- und tadelnswerte Handlungen, die durch das Verlangen nach Nahrung, sexuelle Begierde und Veranlagung zum Zorn hervorgerufen werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIV. Über die Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV. Über die Notwendigkeit des Lernens, um die Bedeutsamkeit der Vernunft darzutun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVI. Über die Arten der Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII. Über die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers in den religiösen Wissenschaften, die zur Glückseligkeit führen . . . . . XXVIII. Über die Aufgaben bei der Einnahme von Geldern und deren Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX. Der Weg zur Vermeidung des Kummers im Diesseits . . . . . . . XXX. Über die Verbannung der Angst vor dem Tod . . . . . . . . . . . XXXI. Über das Kennzeichen der ersten Etappe derjenigen, die sich auf den Weg des erhabenen Gottes begeben . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

XXXII. Über den Sinn der Lehrmeinung und der Streit der Menschen darüber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . 239 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Literaturverzeichnis zu der Einleitung des Herausgebers . . . . . . . . . B. Literaturverzeichnis zu den Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schriften von al-Ghaza¯lı¯ und Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . II. Schriften anderer islamischer Denker, sofern sie für den Text von al-Ghaza¯lı¯ relevant sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundwerke zur islamischen Religion, Kultur, Philosophie und zur arabischen Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sekundärliteratur zu al-Ghaza¯lı¯, zur islamischen Mystik, Philosophie und Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Grundwerke und Handbücher zur Philosophie, Theologie und zu anderen Disziplinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Sekundärliteratur zur Philosophie und zu anderen Disziplinen . . .

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Indices . . . . . . . . . . . . . . . I. Personenregister . . . . . . . . II. Termini und ihre Anwendungen A. Arabisch-deutsch . . . . . . B. Deutsch-arabisch . . . . . .

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Vorwort Die drei Arbeiten: 1. al-munqid min ad-dala¯l (Der Erretter aus dem Irrtum), ˙ ˙ und 3. das vorhandene Werk mı¯za¯n 2. misˇka¯t al-anwa¯r (Die Nische ¯der Lichter) al-2amal (Das Kriterium des Handelns) haben eine Vorgeschichte. Während meiner Lehrtätigkeit an den Universitäten Marburg, Tübingen und Göttingen spürte ich das Verlangen meiner Studenten nach der Lektüre klassischer islamischer Autoren in deutscher Sprache. Diesen Wunsch äußerten auch einige meiner Freunde. Ich fand in Abu¯-Ha¯mid al-Ghaza¯lı¯ einen geeigneten Autor, insofern seine Schriften, wie die oben˙ erwähnten, in deutscher Sprache bis jetzt unbekannt sind. Außerdem ist seine Auseinandersetzung mit den Philosophen eine interessante Darstellung und bildet einen Gegensatz zu den islamischen Aristotelikern wie Avicenna und al-Fa¯ra¯bı¯, deren Schriften zum Teil viel früher ins Deutsche übertragen wurden. Gleichzeitig bieten diese Übersetzungen einen Blick in die Religionsphilosophie und Ethik des Islam, wie sie von al-Ghaza¯lı¯ vertreten werden. Seine Meinung gilt in vieler Hinsicht bis heute noch in der islamischen Welt als ˇ ˇgat al-Islam“. Argument für den Islam, „hug ˙ Lange Sätze, der Nominalstil sowie die Mehrdeutigkeit der ethischen Begriffe, wie „huluq, Charaktereigenschaft, ethische Gesinnung“, „haqq, Recht, Wahrheit“ ˘ Auflistung moralischer Begriffe, die der Autor unter ˙ den Kardinaltugenoder die den und deren Gegensätze aufgestellt hat (s. D 274 ff.), stellen große Probleme bei der Übersetzung dar. Meine Mitarbeiter(innen), die Germanistik im Hauptfach absolviert hatten, spürten die Härte und die Schwierigkeiten bei der Korrektur meiner Übersetzung. Viel Zeit muß bei der Prüfung der einzelnen Möglichkeiten und Varianten aufgewandt werden, um möglichst den genauen Sinn, den der Autor vertritt, zu übertragen. Einen herzlichen Dank richte ich an alle, die mich bei meinem Vorhaben unterstützt haben. Besonders danke ich Frau Susanne Schewior-Popp, Marita Giesecke und Dr. phil. Anke Bosse für ihre Mühe und Anstrengungen sowie für ihre Geduld, die sie bei der Korrektur meiner Übersetzung aufbrachten. Frau Dr. Anke Detken gilt mein außerordentlicher Dank für ihre Sorgfalt, Genauigkeit und die vortrefflichen Vorschläge bei der Korrektur meiner Arbeit während ihrer Promotion am Deutschen Seminar der Universität Göttingen. Auch nachdem sie eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin angetreten hatte und an ihrer Habilitation arbeitete, hat sie mich weiterhin geduldig unterstützt. Sie wirkte außerdem mit bei der Korrektur meiner Einleitung und dem größten Teil meiner Anmerkungen. Vielen Dank schulde ich meinem Freund Dr. Gerd Schrammen, Akademischer Rat am Seminar für Romanische Philologie der Universität Göttingen. Er hat einige Kapitel des Textes von al-Ghaza¯lı¯ durchgesehen sowie die zweite Hälfte meiner Anmerkungen zu dem Text des mı¯za¯n korrigiert. Seine Verbesserungsvorschläge, die teils in der Bibliothek des Seminars für Romanische Philologie sowie

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Vorwort

bei ihm privat stattfanden, haben dazu beigetragen, Text und Anmerkungen in die bestmögliche Fassung zu bringen. Es sind bescheidene Arbeiten, jedoch mühselige Tätigkeiten, mit denen ich versuche, diesen großen Denker auf dem Gebiete der Erkenntnistheorie, Mystik und Ethik in deutscher Sprache bekannt zu machen. Ich hoffe damit den Wunsch vieler erfüllt zu haben. Bei den Anmerkungen habe ich versucht, mich auf die Beiträge zu beschränken, die den Zugang zu dem Text von Gh. erleichtern und neue Informationen und Erkenntnisse hinzufügen, die in den bekannten Nachschlagewerken nicht vorhanden sind. Sie erstrecken sich auf verschiedene Gebiete der Philosophie, der klassischen Philologie, der Geschichte, der arabischen Sprache und Literatur. Der religionsphilosophische und ethische Aspekt bleibt aber dominant. Er bleibt es auch insbesonders bei der Darstellung der geschichtlichen Ereignisse und der Beschreibung der bedeutenden Persönlichkeiten. Bei der Interpretation koranischer Stellen habe ich mich auf das Wesentliche beschränkt. Meinungsverschiedenheiten unter den islamischen juristischen Schulen und Glaubensrichtungen wurden wenig berücksichtigt, oder es werden nur kurze Hinweise gegeben. Wer weiteren Aufschluß sucht, mag die Stellen bei einem der Kommentatoren, wie ar-Ra¯zı¯ und anderen, nachschlagen. Für den Nichtfachmann mögen die abgekürzten Kommentare und Hinweise ausreichen. An manchen Stellen habe ich mehr als einen Kommentar benutzt, entweder um eine Meinung zu festigen oder eine Neuigkeit hinzuzufügen. Ferner habe ich bei dieser wichtigen Arbeit, die mehrere Fachrichtungen berücksichtigt, griechische neben deutsche und arabische Terminologien an den passenden Stellen angegeben. Das ist besonders für den Fachmann und den Studierenden der Philosophie und der philologischen Wissenschaften eine zusätzliche Hilfe. Es ist ganz gewiß, daß unser Autor die Schriften der griechischen Philosophen, wie Platon und Aristoteles, in den arabischen Übersetzungen gelesen hat, die bereits im neunten Jahrhundert in Umlauf unter den gebildeten Muslimen waren, s. Einleitung, III. Auch wenn sie nicht namentlich erwähnt werden, so sind sie und ihre islamischen Anhänger wie Avicenna, al-Fa¯ra¯bı¯ und andere gemeint. Möglicherweise will Gh. sein Werk nicht an eine bestimmte Epoche anbinden und sich nicht auf diese berühmten Philosophen allein beschränken. Denn das Werk richtet sich – wie der Leser selbst feststellen kann – gegen die Alleinherrschaft der Vernunft in praktischer Hinsicht und gegen den Versuch, die Metaphysik aus der Ethik zu verbannen. Gegen solche Versuche richtet sich der Autor, indem er darauf hinweist, daß beide, Vernunft und Religion, die Quellen für die Moral sind. Die Vernunft kann nicht Gott und seine Offenbarung ersetzen. Das ist das Ziel des Werkes von al-Ghaza¯lı¯. Bei der Anwendung von EDV war ich auf die Hilfe der Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung in Göttingen (GWDG) angewiesen. Ich danke allen Mitgliedern dieser Gesellschaft, die mich bei der Durchführung meines Plans, sei es bei der Beratung, sei es bei der Benuzung ihrer Geräte untersützt haben. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Professor Dr. Hartmut Koke, der mir bei der Beratung zur Beschaffung von EDV-Geräten behilflich war. Ebenso gilt mein au-

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Vorwort

ßerordentlicher Dank Herrn Günter Koch, der mich bei der Durchführung meines Arbeitsplans anfänglich auf Geräte der GWDG unterstützte. Unentbehrliche Hilfe leisteten mir Herr Manfred Eyßell, Herr Norbert Weisser und Herr Alı¯ Pilehwar. Für ihren persönlichen Einsatz bei der Lösung von Problemen, die bei der Arbeit an meinem eigenen Gerät aufgetreten sind, danke ich sehr herzlich. Bei der Erledigung meiner Wünsche auf diesem Gebiet half mir weiter schnell und fachkundig die Fa. IMA in Kassel und Herr Ralf Dittmann, Herr Professor Dr. Rüdiger Lohlker, Dr. Martin Meyer und Wilhelm Habermann. Ihnen allen und den arabischen Fachleuten 2Abba¯s Sebehı¯ und Herrn 2Amr Sadek gilt mein aufrichtiger Dank. Herrn Dr. Ralf Ohlhof ˙gilt mein herzlicher ˙Dank dafür, daß er zusammen mit mir meine Einleitung zu dem Werk von Gh. gelesen hat, wodurch Druckfehler beseitigt werden konnten. Herzlichen Dank richte ich an die Wissenschaftliche Buchgesellschaft, an die Programmleitung und Herrn Dr. Dirk Palm sowie an das Lektorat und Herrn Dr. Bernd Villhauer für ihre Entscheidung, das Werk von al-Ghaza¯lı¯ zu veröffentlichen, wodurch das kritische Denken al-Ghaza¯lı¯s besonders dem Leserkreis der WBG vermittelt werden kann. Ebenso danke ich der Herstellungsabteilung der WBG und Frau Myriam Nothacker und Herrn Henning Uhrhan sowie der Setzerei Fa. Satzweise und Herrn Dr. Jean Urban Andres für ihre Geduld und Achtsamkeit bei der Durchführung aller Arbeiten, der Transkription der arabischen Sprache, der griechischen und hebräischen Texte. Es bleibt die Hoffnung, daß der Leser den höchstmöglichen Nutzen aus meinen Arbeiten zieht. 2Abd-Elsamad 2Abd-Elhamı¯d Elschazlı¯ ˙ ˙

Göttingen, im August 2004

Zur Umschrift Die Umschrift der arabischen Wörter und Eigennamen erfolgt nach den von der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft ausgearbeiteten Regeln, welche von C. Brockelmann, „Geschichte der arabischen Literatur, Supplementband 1, Leiden 1937, S. 1“ mit folgenden lateinischen Buchstaben wiedergegeben werden. Zwecks einer besseren Bezeichnung der Aussprache habe ich die Buchstaben gelegentlich auch mit Beispielen aus dem Englischen verdeutlicht: ‫ﺍ‬

alif

a

‫ﺏ‬ ‫ﺕ‬ ‫ﺙ‬

‫ﺡ‬ ‫ﺥ‬ ‫ﺩ‬ ‫ﺫ‬ ‫ﺭ‬ ‫ﺯ‬ ‫ﺱ‬ ‫ﺵ‬ ‫ﺹ‬ ‫ﺽ‬ ‫ﻁ‬ ‫ﻅ‬ ‫ﻉ‬

ba¯3 ta¯3 ta¯3 ˇg¯ ı¯m ha¯3 h˙ a¯3 ˘ ¯l da da¯l ¯¯3 ra za¯y sı¯n ˇsı¯n sa¯d ˙ a¯d d t˙a¯3 ˙ ¯3 za 2ain

b t t ˇg¯ h h˙ d˘ d r¯ z s ˇs s ˙ d t˙ z˙ 2˙

‫ﻍ‬ ‫ﻑ‬

g˙ain fa¯3

g˙ f

‫ﻕ‬

qa¯f

q

‫ﻙ‬ ‫ﻝ‬ ‫ﻡ‬ ‫ﻥ‬ ‫ﻩ‬ ‫ﻭ‬ ‫ﻯ‬

ka¯f la¯m mı¯m nu¯n ha¯3 wa¯w ya¯3

k l m n h w y

‫ﺝ‬

im In- und Auslaut durch 3 dargestellt. Bei der Verlängerung der Aussprache tritt ein Dehnungszeichen hinzu: a¯ wie in Bach, Birke, bunt wie in Tag, Titel, Turm wie im Englischen thank wie im Englischen George stimmloses, tief in der Kehle zusammengepreßtes h wie in Buch wie in Dach, Diele wie im Englischen that, the wie in Rolf, Reim wie in Sand, Sache, Sinn wie im Englischen Sam, Saloon wie in schmal, Schule ein emphatisches, stimmloses s ein dumpfes stimmhaftes d ein dumpfes stimmloses t ein dumpfes stimmhaftes s eingepreßter, ganz weit hinten gebildeter a-haltiger Kehllaut ein stimmhafter, dem Gaumen-r ähnlicher Reibelaut wie im Deutschen f, ein stimmloser labiodentaler Reibelaut wie in finden, fand stimmloser Verschlußlaut; ein hinten am Gaumensegel gesprochenes k wie in Kapitel, Kanne wie in Laut, Lesen wie in malen, Metall wie in nach, nicht wie in Hand, Hund wie im Englischen with wie in jung, Jura

Zur Umschrift

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In der Vokalisation arabischer Texte bin ich im Prinzip den Regeln von Ewald Wagner gefolgt, vgl. „Regeln für die alphabetische Katalogisierung von Druckschriften in den islamischen Sprachen‘‘, Wiesbaden, Otto Harrassowitz 1961. An einigen Stellen bin ich von diesen Regeln abgewichen. Die Betonung liegt in der Regel dann auf der letzten Silbe eines Wortes, wenn sie aus einem langen Vokal oder Diphthong und mit schließendem Konsonanten besteht, wie z. B. 2ulu¯m (Wissenschaften), ma2qu¯l (begreiflich); anderenfalls auf der vorletzten Silbe, wenn sie einen langen Vokal oder einen Diphthong hat oder mit einem Konsonanten endet, wie qarrara (beschließen).

Siglen und Abkürzungen 1. Allgemeines

arab. d. h. ebd. Gh. hrsg. ih. ˙ ¯za¯n mı n. H. jh. s. f. u. vergl. wört.

arabisch das heißt ebenda al-Ghaza¯lı¯ herausgegeben von ihja¯3 2ulu¯m ad-dı¯n (Wiederbelebung der Religionswissenschaften) ˙ ¯za¯n al-2amal (Das Kriterium des Handelns) mı ˇ ra (islamische Zeitrechnung) nach al-Hig Jahrhundert siehe ferner und vergleiche wörtlich

2. Die Handschriften

Sie werden nach ihrer Bedeutung aufgereiht und zitiert: S Sulaima¯nı¯ya E El Escorial Ae ägyptische

3. Ausgaben zum mı¯za¯n al-2amal (Das Kriterium des Handelns)

A B D K

ˇ indı¯ 1973. Muhammad Mustafa¯ Abu-3l-2Ala¯3, arab., Kairo: al-G ˙ ˙ ˙ ¯n, arab., Bairut: da¯r al-kutub al-2ilmı¯ya 1989. Ahmad Šams-ad-Dı ˙ Sulaima ¯ n Dunya¯, arab., Kairo: da¯r al-ma2a¯rif al-misrı¯ya 1964. ˙ ¯mi 3l-Kurdı¯ und Muhyi-3d-Dı¯n Sabri 3l-Kurdı¯, Muhammad Husain Na2ı ˙ ˙ ˙ ˙ 2Abdel-Qa¯dir Ma2ru¯f, arab., Kairo: Kurdistan al-2ilmı¯ya 1328 n. H./ 1910.

Diese Ausgabe ist vergriffen, sie wird aber in den Fußnoten erwähnt, wo dies erforderlich ist. Im Text ist am Seitenrand der jeweilige Seitenbeginn der arab. Ausgaben und die genaue Stellenbezogenheit durch Unterstreichen der ersten zwei Buchstaben

Siglen und Abkürzungen

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des betreffenden Wortes angegeben. Dem Kenner der arab. Sprache wird dadurch ein Vergleich des übersetzten Textes mit dem Text der Ausgaben erleichtert.

Die Koranübersetzungen

H P

Henning, Max, Der Koran. Übersetzung mit Anmerkungen von Annemarie Schimmel, Stuttgart: Reclam 1960. Paret, Rudi, Der Koran. Übersetzung, Stuttgart: W. Kohlhammer 1979.

Korankommentare

1. ibn-2Arabı¯, Muhyi-3d-Dı¯n (gest. 638 n. H./1240 n. Chr.), tafsı¯r al-Qur3a¯n (Koran˙ kommentar), arab., 2 Bde., Bairut: da¯r al-yaqaza 3l-2arabı¯ya 1387 n. H./1968 ˙ n. Chr. 2. al-Alu¯sı¯, Šiha¯b ad-Dı¯n Mahmu¯d (gest. 1270 n. H./1853 n. Chr.), tafsı¯r al-Qur3a¯n ˙ al-2azı¯m (Kommentar des heiligen Qurans …), arab., 30 Bde., Bairut: da¯r ihya¯3 ˙ ˙ at-tura¯t al-2arabı¯ o. J. 3. ibn-Kat˙ ı¯r, 2Ima¯d ad-Dı¯n Abu-3l-Fida¯3 Isma¯2ı¯l (gest. 774 n. H./1372 n. Chr.), tafsı¯r ¯¯ n al-2azı¯m (Kommentar des heiligen Qurans), arab., 4 Bde., Kairo: 2I¯sa al-Qur3a 3l-Halabı¯ o. J. ˙ ˙ 4. an-Nasafı ¯, Abu-3l-Baraka¯t 2Abdalla¯h ibn-Ahmad ibn-Mahmu¯d (gest. 710 n. H./ ˙ von …), arab., ˙ 4 Bde., Kairo: … 1310 n. Chr.), tafsı¯r an- … (Korankommentar al-Halabı¯ o. J. ˙ ¯ zı¯, Fahr ad-Dı¯n Abu¯-2Abdalla¯h Muhammad ibn-Husain, at-tafsı¯r al-kabı¯r 5. ar-Ra ˙ ¯ r al-kutub al-2ilmı¯ya, ˙ Teheran: da (Der große˘ Kommentar), arab., 32 Bde., 2. Aufl. o. J. An wenigen Stellen wird die 1. Aufl. benutzt. Darauf wird an Ort und Stelle verwiesen. 6. as-Sa¯bu¯nı¯, Muh. 2Alı¯, safwat at-tafa¯sı¯r (Auszug aus den Qurankommentaren), ˙ ˙ ˙ 20 Bde., Bairut: ˙ ¯ r al-Qur3a¯n al-karı¯m 1401 n. H./1981 n. Chr. arab., da 7. at-Tabarı¯, Abu¯-Jarı¯r Muhammad (gest. 310 n. H./922 n. Chr.), ja¯mi2 al-baya¯n fı¯ ˙ ˙ ¯l 3a¯yi 3l-Qur3a¯n (Das ˙Umfassende in der Erklärung der Koranverse), arab., ta3wı 30 Bde., Kairo: Muh. Mahmu¯d al-Halabı¯, 3. Aufl. 1388 n. H./1968 n. Chr. ˙ 8. Qutb, S., fı¯ zila¯l al-Qur3a ¯˙n (Unter˙ den Auspizien des Korans), arab., 30 Bde., ˙ ˙ Kairo: 2I¯sa 3l-Halabı¯, 2. Aufl. o. J. ˙ ¯ -2Abdalla¯h Muhammad ibn-Ahmad, al-g ˇ a¯mi2 li ahka¯m al9. al-Qurtubı¯, Abu ˙ ˙ ˙ Qur3a¯n (Die umfassenden Grundsätze des Korans), arab., 20 Bde.,˙ hrsg. v. Ahmad 2Abdel-2Alı¯m al-Bardu¯nı¯ u. a., Kairo: da¯r al-ka¯tib al-2arabı¯ li-3t-tiba¯2a ˙ ˙˙ ˇ r, 3. Aufl. 1387/1967. wa-3n-nas 9. ibn-Taymı¯ya, Taqı¯y 3d-Dı¯n Ahmad ibn-2Abdel-Halı¯m, at-tafsı¯r al-kabı¯r (Der ˙ ˙ 7 Bde., hrsg. v. 2Abd-ar-Rah große Korankommentar), arab., ma¯n 2Umaira, Bai˙ rut: da¯r al-kutub al-2ilmı¯ya 1988.

Einführung von 2Abd-Elsamad 2Abd-Elhamı¯d Elschazlı¯ ˙ ˙ I. Die Bedeutung der vorhandenen Schrift und ihre Stellung innerhalb des Gesamtwerkes von al-Ghaza¯lı¯ Das Kriterium des Handelns (mı¯za¯n al-2amal) ist eines der wichtigsten Werke über die Ethik, das al-Ghaza¯lı¯ geschrieben hat 1 . C. Brockelmann ist der Meinung, daß dieses Werk zu der letzten Phase der schriftstellerischen Tätigkeit des islamischen Denkers gehört, welche von 495 bis 505 n. H. (1101–1111 n. Chr.) dauerte und zu der auch die beiden Schriften „Die Nische der Lichter“ (misˇka¯t al-anwa¯r) und „Der Erretter aus dem Irrtum“ (almunqid min ad-dala¯l) gehören 2 . ¯ ˙ordnet ˙ M. Beuyges hingegen das Kriterium mit zahlreichen anderen wichtigen philosophischen und juristischen Schriften einer früheren Epoche zu, welche zwischen den Jahren 478 und 488 n. H. (1085 und 1095 n. Chr.) liegt, mit der Bemerkung, daß mı¯za¯n al-2amal ein „ouvrage de morale“ ist, „qui peut déja être rangé dans la serie religieuse; …“ 3 . Die Schwierigkeit, diese These zu bejahen, besteht darin, daß die in dieser Epoche erwähnten Schriften mit Ausnahme von „taha¯fut al-fala¯sifa“ (Die Widersprüchlichkeit der Philosophen) sich thematisch wie inhaltlich auf andere Gebiete beziehen als „mı¯za¯n al-2amal“ (Das Kriterium des Handelns), welches den praktischen ethischen Wissenschaften angehört, während die anderen entweder dem Gebiete der theoretischen oder juristischen Wissenschaften zugeordnet werden können. Es kommt ferner hinzu, daß das Kriterium des Wissens, wie es eine Handschrift der taha¯fut, welche im Jahre 1095 n. Chr. geschrieben worden ist, beweist, daß „mi2ya¯ al-2ilm“ (Das Kriterium des Wissens) um die Zeit der Verfassung der „Widersprüchlichkeit der Philosophen“ geschrieben wurde. Es ist aber sicher, daß das „Kriterium des Handelns“ später als „Das Kriterium des Wissens“ geschrieben wurde, wie es aus einem Hinweis in diesem Werk hervorgeht, daß er später ein Werk unter dem Titel „Kriterium des Handelns“ schreiben werde 4. Der mystische Charakter ist ein Bindeglied zwischen den drei Schriften „misˇka¯t al-anwa¯r“ (Die Nische der Lichter), „al-munqid min ad-dala¯l“ (Der Erretter aus ¯ ˙ ˙ führt zu der Annahme, dem Irrtum) und „mı¯za¯n al-2amal“. Diese Gemeinsamkeit daß „mı¯za¯n al-2amal“ (Das Kriterium des Handelns) in derselben Epoche wie die beiden erwähnten Schriften geschrieben worden ist. Dort, in „al-munqid …“ (Der Erretter …) und in „misˇka¯t …“ (Die Nische …), ¯

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Einführung

spricht Gh. über die Bedeutung der Mystik für die Erkenntnis Gottes. Hier, in „miza¯n al-2amal“ (Das Kriterium …), wird diese Bedeutung im Zusammenhang der Ethik im allgemeinen und der Glückseligkeit des Menschen im besonderen hervorgehoben 5 . Man sollte daher (Das Kriterium …) in dieselbe Phase einordnen, wie (Der Erretter …), welche von 499 bis 503 n. H. (1105–1111 n. Chr.) dauerte. In diesem Zusammenhang stimme ich mit H. Hachem darin überein, der die Bedeutung des „mı¯za¯n …“ und seine Einordnung innerhalb des Denkens Ghs mit folgenden Worten beschreibt: „L’on voit ainsi que l’ouvrage dont nous donnons ici la traduction est l’un des derniers que Ghazzali ait écrit au crépuscule de sa vie. À ce titre, il offre à la psychologie religieuse vécue, à l’éthologie comparée et à l’histoire de la pensée islamique en général un document de tout premier ordre, puisqu’il marque dans les conceptions d’une des ses figures grandioses, presque le point final“ 6 . Die Echtheit des mı¯za¯n al-2amal

Die Echtheit des „mı¯za¯n …“ wird von niemandem bestritten. Lediglich W. M. Watt bestreitet seine Authentizität und führt einige Argumente dafür an, um zu belegen, daß dieses Werk nicht von Gh. stammen kann 7 . Die Argumentationen, auf die sich Watt stützt, können wie folgt zusammengefaßt werden: 1. In großen Teilen des Werkes wird die Autorität der Vernunft ohne Einschränkung betont, während Gh. die prophetische Erkenntnis als die höchste ansieht 8 . 2. Die Argumentationen von Gh. in diesem Werk sind verwirrend, wie etwa seine Argumente über die Bedeutsamkeit der Glückseligkeit, über das Verhältnis von Wissen und Handeln etc. 3. Ferner meint Watt, daß die Durchführung der Arbeiten in diesem Werk dem Plan nicht entspricht, den der Autor in seiner Einleitung entworfen hat. Beispiele dafür bieten die Kapitel: 1, 3, 9 und 14 9 , außerdem das Kapitel „Über die Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens“. 4. Die Interpretation der Symbole 10 scheint Watt ungeschickt oder, wie er selber sagt, „clumsy“ 11 , da im Unterschied zu dem Text in ihya¯3 2ulu¯m ad-dı¯n (Die Wiederbelebung der Religionswissenschaften), der diese ˙Symbole mit fast denselben Worten erwähnt, hier keine Unterscheidung zwischen der Erlangung des Heils und dem Wohlstand gemacht wird 12 . Watt gelangt zu einem merkwürdigen Schluß, daß es nicht möglich sei, daß dieses Werk in diesem Umfang von Gh. stammt: „I have no doubt that this interpretation is spurious, the Work of a forger who objected to something in the interpretation of the allegory in the ihya¯3; the passage must there˙ das Watt in diesem fore be subsequent to the ihya¯3“ 13 . 5. Ein weiteres Argument, ˙ Zusammenhang erwähnt, ist die Stellungnahme Gh.s zu der Mystik in „mı¯za¯n …“ und „ihya¯3 …“ (Das Kriterium des Handelns und Die Wiederbelebung der Religi˙ onswissenschaften). Er beruft sich auf eine Stelle in „mı¯za¯n …“, welche auch in der „ihya¯3 …“ vorkommt. Sie lautet: „Wer auf Gottes Seite steht, auf dessen Seite steht ˙ Gott …“ 14 . Dabei behauptet Watt, daß Gh. in „mı¯za¯n …“ die Praktiken der auch Mystiker gutheißt, in „ihya¯3 …“ aber mißbilligt. Daraus folgert Watt, daß dieser ˙

I. Die Bedeutung der vorhandenen Schriften

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Teil später als der in „ihya¯3 …“ geschrieben wurde, wenn man seine Echtheit voraussetzt 15 . 6. Schließlich˙ stellt Watt die Frage nach der Einheit des Werkes und meint dazu, daß Gh. möglicherweise ein Werk unter diesem Titel geschrieben hat, das jedoch viel kürzer ist als das vorliegende. In einem Appendix versucht Watt, das „genuine“ Werk zu rekonstruieren. Wichtige Teile des vorliegenden Werkes werden dabei außer acht gelassen 16 . Er gelangt weiter zu der Meinung, daß die aristotelische Tugendauffassung als der richtige Mittelweg dargelegt und gerechtfertigt wird 17 . Später wird gezeigt, wie auch diese Meinung über das Werk von Gh. unstichhaltig ist. Im Gegenteil beabsichtigt Gh. mit diesem Werk der aristotelischen Ethik zu widerlegen. Die Ansichten von W. M. Watt, daß das vorliegende Werk nicht authentisch sei, sind abzulehnen. Nicht etwa, weil er mit dieser Auffassung allein steht, sondern weil die Argumente, auf die er sich stützt, keineswegs ausreichend sind. Die Autorität der Vernunft wird von Gh., sei es in dieser, sei es in anderen Schriften, nicht angezweifelt. Hierbei genügt ein Hinweis auf die Schrift „ihya¯3 …“ (Die Wiederbelebung …), in der Gh. diejenigen Menschen der Ignoranz ˙bezichtigt, die die Vernunft aus dem Bereich der Religionswissenschaften ausweisen. Den anderen, die sich nur mit Vernunfterkenntnis begnügen, wirft er Eitelkeit vor 18. Gh. spricht im „Erretter …“ von Stadien der Erkenntnis, wobei die Vernunft auf Gebieten der Naturwissenschaften selbständig tätig ist. Auf dem Gebiete der Metaphysik begeht sie viele Irrtümer. Deshalb braucht sie die Hilfe der Offenbarung. Es kann also keinen Widerspruch zwischen Vernunft und Offenbarung geben, weil die Tätigkeitsfelder beider grundsätzlich unterschiedlich sind 19 . Vernunft und Offenbarung ergänzen sich gegenseitig beim Streben des Menschen nach Erkenntnis. Einen Beweis für die systematische Einheit des Werkes bilden gerade die Teile, die von Watt als unecht bezeichnet werden. Die Frage nach den Eigenschaften der Seele und deren Kräften hat Gh. ausführlich in einem großen Teil dieses Werkes behandelt. Dies führt im Zusammenhang von Erkennen, Lernen, Lehren und verschiedenen anderen Tätigkeiten, zur Beantwortung der Frage nach der Bedeutung der Vernunft 20 . Es wäre ferner sonderbar, wenn ein Autor in einem umfassenden Werk über die Ethik nicht über Rolle und Bedeutung der Vernunft spräche. Zu der Symbolik des Pilgerns in „mı¯za¯n …“ und „ihya¯3 …“, die sich in den bei˙ den Schriften dem Wortlaut nach kaum voneinander unterscheidet, sollte die Symbolik als ein Ganzes und nicht in Bezug auf einen konkreten Teil verstanden werden. Die Symbolik in den beiden Schriften hat ihre Funktion erfüllt. Der gemeinsame Sinn besteht darin, daß durch die Anstrengung des Menschen bei Verzicht auf materielle Genüsse sowie durch seine Hinwendung zu Gott und zum Jenseits vor allem die Glückseligkeit erreicht werden kann 21 . Die Symbolik, die Gh. in den beiden erwähnten Schriften verwendet, stimmt auch im einzelnen mit der Grundbedeutung überein. Gh. erweist sich dabei als Meister der Verwendung von Symbolen. Dabei unterscheidet sich die Sulaima¯nı¯ya-Handschrift von den übrigen angegebenen Ausgaben dadurch, daß der Reichtum gar nicht mehr erwähnt wird. Dort heißt es: „Das Symbol dessen, was

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hier zur Führung führt, ist der Tod, welcher den Vorhang zwischen dem Menschen und dem Anschauen seiner eigenen Seele, ihrer Vollkommenheit und Schönheit enthüllt“, während es in den übrigen Ausgaben lautet: „Das Analogon des Reichtums, der hier eine Führungsstelle ermöglicht, ist der Tod, …“ 22 . Leider fehlen in der Escorial-Handschrift genau die zwei Seiten, die dieses Thema behandeln, aber die Stelle aus der Sulaima¯nı¯ya-Handschrift, die viel älter ist als die der Escorial, ist ein eindeutiger Beweis gegen die Auffassung von Watt. Zum Schluß seiner Betrachtung der Pilgersymbolik nimmt Gh. Stellung zur Mystik. Auch in „ihya¯3 …“ geht er auf dieses Thema ein. Im Gegensatz zu der Annahme von Watt˙ wird hier keine Diskrepanz zwischen den beiden Schriften „mı¯za¯n …“ und „ihya¯3 …“ hinsichtlich dieses Themas deutlich. Nicht gegen die ˙ Mystik selbst, sondern gegen das Verhalten einiger Mystiker richtet sich diese Kritik. Dies ist in verschiedenen Schriften des Autors zu lesen, wie zum Beispiel im „Erretter …“, wo Gh. nach einer langen Stellungnahme zur Mystik sagt: „Allgemein gesagt führt die Sache zu einer Nähe Gottes, die sich die eine Gruppe annäherend als Innewohnen, die andere als Vereinigung und noch eine andere als Erlangung vorstellt. All dies ist falsch …“ 23 , und in „mı¯za¯n …“: „Wie oft lebt ein Su¯fı¯ zehn Jahre lang mit einer Vision, bis er sich davon befreien konnte …“ 24 Die˙ selbe Kritik taucht mit fast den gleichen Worten in „ihya¯3 …“ (Wiederbelebung …) ˙ auf, wo anstelle von zehn von zwanzig Jahren die Rede ist 25 . Er kritisiert ferner ihre Haltung gegenüber den übrigen Wissenschaften 26 . Die Haltung Gh.s gegenüber der Mystik und ihren Anhängern in den beiden Schriften und hiervon abgesehen in den bekannten Schriften, wie etwa in „Erretter …“ und „Nische …“ ist kohärent. Ein wichtiger Teil dieses Werkes „mı¯za¯n …“ bezieht sich auf die Lehre der Mystik 27 . Über das Verhältnis der Mystik zur Ethik drückt sich Gh. in „mı¯za¯n …“ folgendermaßen aus: „Das ist die Methode der Su¯fı¯s. Sie führen die Lösung des ˙ Problems auf eine absolute Reinigung deiner selbst, auf Läuterung und Klärung, und dann auf Bereitschaft und Erwartung zurück …“ 28 . In diesem Zusammenhang schildert Gh. seine eigene Methode zur Erlangung mystischer Erfahrung, indem er sagt: „An erster Stelle sollte man sich, indem man das Kriterium des Wissens erkennt, mit dem Studium der Wissenschaften beschäftigen und sich deren ausführliche Beweisführungen aneignen. Denn dies führt auf eine genauso sichere Weise zum Ziel wie die Selbstanstrengung, durch die man die Läuterung der Seele erlangt …“ 29 . Ähnliche Ermahnung richtet er an die Mystiker in seinem Werk „ihya¯3 …“, in dem er meint, daß die Beschäftigung mit dem Lernen sicherer und eher˙ zum Ziel führt: „Einige behaupten, daß die Unterlassung der Beschäftigung mit dem Lernen etwa dem Unterlassen der Beschäftigung mit dem islamischen Recht ähnlich sei, wobei der Prophet Muhammad selbst kein solches ˙ und Vergeudung des LeStudium betrieben hat. Dies ist eine Selbstschädigung 30 bens.“ . Die mystische Erfahrung setzt also nach Auffassung von Gh. intensive Beschäftigung mit den Wissenschaften voraus; dies ist sogar eine ihrer Bedingungen. Es wird nicht nur eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden Schriften „ihya¯3 …“ und „mı¯za¯n …“ deutlich, wie etwa an den Stellen der Pilgersymbolik, ˙

I. Die Bedeutung der vorhandenen Schriften

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der Kritik am Verhalten der Mystiker und den Voraussetzungen für die mystische Erfahrung, sondern auch an anderen Stellen. Diese Ähnlichkeit darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die beiden Schriften methodisch und auch inhaltlich voneinander unterscheiden. Koranische Zitate und muhammedanische ˙ argumentatiÜberlieferungen spielen in „ihya¯3 …“ eine bedeutende Rolle für die ˙ ve Schilderung der ethischen und religiösen Fragen, während sie in „mı¯za¯n …“ von sekundärer Bedeutung sind. Rationale Begründung hingegen sind in „mı¯za¯n …“ von großer Wichtigkeit; sie sind vordergründig. Die ethischen Fragen tauchen in „ihya¯3 …“ vermischt mit anderen Themen auch, die als typisch islamisch gelten wie ˙ die Auseinandersetzung mit anderen islamischen Schulen. Als Beispiel dafür etwa wird auf die Auseinandersetzung mit den Ba¯tinı¯ten verwiesen, die im Zusammen˙ hang mit der Erklärung von Innerem und Äußerem und des Verhältnisses beider zueinander noch einmal an dieser Stelle angesprochen werden 31 . Ferner wird auf die Unterschiede in der Darstellung der offenbarten Kenntnisse verwiesen, die besonders in „ihya¯3 …“ ausführlich dargestellt werden 32 . ˙ des Lernenden werden in „ihya¯3 …“ zum Teil ausführlich, zum Die Aufgaben ˙ Teil in Hinsicht auf einen anderen Aspekt dargestellt, wie etwa die Hervorhebung 33 der Rolle der praktischen Erfahrung . Die ausführliche Darstellung der Wissenschaften, ihrer Rangordnungen und ihrer Verhältnisse zueinander wird in „mı¯za¯n …“ hingegen konkreter, straffer und rationaler beschrieben 34 . Nicht nur in den beiden erwähnten Fragen präsentieren „ihya¯3 …“ und „mı¯za¯n …“ gemein˙ same Themen, wenn auch unterschiedlich dargestellt, sondern auch an anderen Stellen wie etwa in dem Kapitel „Erklärung der wundersamen Dinge des Herzens“. Hier fallen besonders die Analogien der Seele 35 und die Beispiele auf, die Gh. für die enge Verbindung der Seelenkräfte miteinander erwähnt 36 . Im Gegensatz zu „mı¯za¯n …“ kann man also sagen, daß „ihya¯3 …“ (Die Wieder˙ belebung …) eine ausführliche Darstellung der Ethik der islamischen Religion ist, wo die religiösen und dogmatischen Argumente im Vordergrund stehen. Hingegen bilden die rational-philosophischen Argumente die Grundlage der Darlegung des „mı¯za¯n …“, was zu der Annahme führt, daß der Gesprächskreis dieses Werkes in erster Linie aus den philosophisch Gebildeten im islamischen Kulturbereich besteht. Ausgangspunkt dieser ethischen Darstellung ist eine Kernfrage als thematischer Unterschied zu der „Wiederbelebung …“ gewählt; das ist die Frage nach der Glückseligkeit, die hier in „mı¯za¯n …“ und mit ihr ausführlich die relevanten Fragen behandelt werden. An wen Gh. sein Werk richtet, wird später beantwortet. In diesem Zusammenhang ist die These von Richard Gramlich, daß „mı¯za¯n …“ vor „ihya¯3 …“ und ganz unmittelbar nach „mi2ya¯r al-2ilm“ (Das Kriterium des Wis˙ sens) einzuordnen ist, nicht überzeugend. Denn es ist eher anzunehmen, daß Gh. einige Themen seiner früheren großen Ethik „ihya¯3 …“ hier in „mı¯za¯n …“ wieder˙ aufgreift, ohne die rein religiösen und historischen Teile intensiv zu bearbeiten. Ferner kann man aus dem Hinweis Gh.s am Ende seines Werkes „mi2ya¯r al-2ilm“ (Das Kriterium des Wissens): „fa-3l-nusannif kita¯ban fı¯ mı¯za¯n al-2amal“ (Wir sollen ˙ ein Buch über das Kriterium des Handelns verfassen) nicht schließen, daß dies 37 unmittelbar folgt .

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Thematische Zusammenhänge, methodisches Vorgehen und nicht zuletzt intensive Beschäftigung mit den Texten – all dies führt unter anderem zu der Annahme, daß „mı¯za¯n al-2amal“ (Das Kriterium des Handelns) zu den Spätwerken Gh.s gehört und nach „ihya¯3 …“ einzuordnen ist. Ebensowenig überzeugend ist die Be˙ hauptung von Gramlich, daß Gh. sich Teile seines Werkes von ar-Ra¯g˙ib al-Isfaha¯nı¯ ˙ ˙ (nach Brockelmann gest. 502 n. H./1108 n. Chr.) angeeignet hat. Die Ausgangspunkte beider Autoren, ihre Tätigkeiten und Interessen sind unterschiedlich. Man braucht einen Blick auf die Werke beider Gelehrter, in al-mı¯za¯n von Gh. und in ad-darı¯2a ila¯ maka¯rim asˇ-sˇarı¯2a (Der Weg zur Aneignung der Tugenden des ¯ ¯ar-Ra¯g˙ib zu werfen, um die Unterschiede zwischen den beiden Autoren Islam) von festzustellen. Gh. behandelt die Seele, ihre Kräfte und die Charaktereigenschaften, die aus ihr entstehen, systematisch und ausführlich. Ferner behandelt er mit großer Scharfsicht die Kardinaltugenden und die Auflistung der verschiedenen Charaktereigenschaften und ihre Gegensätze. Dies ist nicht der Fall bei ar-Ra¯g˙ib, s. z. B.: Gh., mı¯za¯n …, D 262 ff.; ar-Ra¯g˙ib, ad-darı¯2a …, S. 187 ff. Ein weiteres Thema ¯ ¯ ist ebenfalls sehr wichtig. Das ist die ausführliche Abhandlung der Bedeutung der Vernunft und der damit verbundenen Themen wie Lernen, Lehren und die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers etc. Gh. geht darauf in diesem Werk sehr ausführlich ein, um die Rolle der Vernunft beim Erkennen und Handeln zu zeigen, was für die Wissenschaft der Ethik sehr wichtig ist. ar-Ra¯g˙ib hingegen widmet sich dieser Thematik kaum mit derselben Ausführlichkeit und Achtsamkeit, s. D 328 ff.; ad-darı¯2a …, S. 102 ff. Man kann also sagen, daß ad-darı¯2a … von ar-Ra¯g˙ib ¯ Fortsetzung seiner Koranforschung ist, hier ¯ aber ¯ al-Isfaha¯nı¯ ¯eine auf dem Gebiete ˙ der Ethik, wie auch der Titel seines Werkes besagt. Aus diesen Gründen kann die Meinung, daß Gh. von ihm abgeschrieben habe, nicht aufrechterhalten werden. Man hat lange Zeit geglaubt, daß das Werk von ar-Ra¯g˙ib von Gh. abstamme, s. ˇ amı¯, ad-darı¯2a …, arab., Kairo: da¯r as-shwa 1985, S. 38 ff. mit Abu 3l-Yazı¯d al-2Ag ¯ ¯ ˙˙ Quellenangabe. Die außerordentliche Tätigkeit Gh.s auf ˙verschiedenen Gebieten der islamischen Wissenschaften, wie Religion, Recht, Überlieferung, Ethik, Philosophie und Mystik, veranlasst uns, zu glauben, daß ar-Ra¯g˙ib al-Isfaha¯nı¯ von Gh. ˙ ˙ beeinflusst ist und nicht umgekehrt 38 .

Handschriften zu mı¯za¯n al-2amal

Weder bei W. M. Watt noch bei einem der arabischen Herausgeber des Mı¯za¯ntextes gibt es ein Anzeichen für die Benutzung einer Handschrift, die den Text dokumentiert. Auch dies fehlt bei H. Hachem in seiner französischen Übersetzung. Daher stellt sich für die vorliegende Arbeit die Aufgabe, den Text von Gh. aufgrund von Handschriften zu übersetzen. Von den Handschriften, die A. Badawı¯ in seinem Werk mu3allafa¯t al-Ghaza¯lı¯ (Die Werke Gh.s) erwähnt, standen mir zwei zur Verfügung, die, ihrer Entstehungszeit nach zu urteilen, wichtig scheinen: 1. Die Handschrift aus der Sulaima¯nı¯ya-Bibliothek in Istanbul, welche aus dem

I. Die Bedeutung der vorhandenen Schriften

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Jahre 546 n. H. (1151 n. Chr.) stammt. Sie ist in großer Nashschrift geschrieben mit ˘ umfangreich. Sie wird zehn Zeilen pro Seite. Deswegen ist sie mit 348 Seiten sehr in der erwähnten Bibliothek unter der Nummer 1759 aufbewahrt. Diese Handschrift geriet in die Hände mehrerer Besitzer aus Ägypten, Jerusalem und Mekka, bevor sie in der Sulaima¯nı¯ya-Bibliothek aufbewahrt wurde, wie sich dies aus den Namen und Ortschaften ergibt, die handschriftlich auf der Titelseite erscheinen. Sie ist deshalb ein wichtiges Dokument für die Authentizität der Schrift „mı¯za¯n …“, weil sie nur einundvierzig Jahre nach dem Tode des Autors im Jahre 505 n. H. (1111 n. Chr.) entstanden ist. Der Schreiber, dessen Name in der Handschrift unerwähnt bleibt, muß ein Zeitgenosse von Gh. oder sogar einer seiner Schüler gewesen sein. Für die Zusendung einer Photokopie von dieser Handschrift danke ich der Sulaima¯nı¯ya-Bibliothek in Istanbul, und Herrn Professor Dr. Cihad Tunç, Erciyes Universitesi, ila¯hı¯ya¯t Fakültesi, sowie Herrn Dr. Metin Yurdagür, Marmara Universitesi, Istanbul, sehr herzlich. 2. Die zweite wichtige Handschrift stammt aus dem Jahre 611 n. H. (1214 n. Chr.) und ist in der Bibliothek von El Escorial bei Madrid unter der Signatur Gasiri 1125 aufbewahrt. Sie ist sehr klein, in maghrebinischer Nashschrift geschrieben und fast ˘ nur mit einer Lupe zu entziffern. Sie besteht aus 33 Seiten mit 44 Zeilen pro Seite. Auch der Schreiber dieser Handschrift bleibt unbekannt. Bedauerlicherweise fehlen aus der ganzen Handschrift zwei Seiten. Darauf wird an Ort und Stelle verwiesen. Für die Zusendung einer Photokopie aus dieser Handschrift bin ich dem Escorial und Herrn Arturo Parada sehr zu Dank verpflichtet. Der arabische Text dieser beiden Handschriften bildet die Grundlage für die vorliegende Übersetzung. 3. Eine dritte Handschrift ist relativ jung und deshalb wenig bedeutend. Ihr Datum geht auf den 13. Rabı¯2 II aus dem Jahre 1138 n. H. (1725 n. Chr.) zurück, deren Schreiber zu seiner Zeit der Leiter des ägyptischen Rechnungshofes, Ibra¯hı¯m Khalı¯fa, war. Sie wurde in Nash geschrieben und besteht aus 134 Seiten ˘ mit 32 Zeilen pro Seite. Wahrscheinlich beruhen die Ausgaben A, B, D, und K auf dieser Handschrift. Vermutlich bildet sie auch die Grundlage für die französische Übersetzung von H. Hachem. Wichtige Abweichungen dieser Ausgaben voneinander sowie von den Handschriften werden an passender Stelle erwähnt. Für die Zusendung eines Exemplars von der Ausgabe D danke ich an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Mahmu¯d Zakzu¯k, dem Dekan der theologischen Fakultät der Uni˙ Kairo, sehr herzlich. versität al-Azhar in

Die Ausgaben des mı¯za¯n al-2amal

Die älteste Ausgabe ist die von al-Ku¯rdı¯, welche aus dem Jahre 1328 n. H. (1910 n. Chr.) stammt. Sie wurde von Muhyi-3d-Dı¯n Sabri 3l-Kurdı¯, dessen Bruder 2Abdel˙ ˙ Na2ı¯mı¯ in Kairo herausgegeben, ist Qa¯dir Ma2ru¯f al-Kurdı¯ und Muhammad Husain ˙ ˙ aber vergriffen. In der Staatsbibliothek von Kairo wird sie unter der Signatur B über 21058 und 486 über 1939 aufbewahrt. Für die Überreichung einer Fotokopie von dieser Ausgabe während ihres kurzen Aufenthalts in Göttingen danke ich

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Herrn Professor Dr. 2Omar Schiha¯ta und Fr. Dr. N. Metwallı¯ von der medizi˙ nischen Fakultät der al-Azhar-Universität in Kairo sehr herzlich. Eine zweite Ausgabe wurde von meinem damaligen Lehrer für islamische Philosophie an der al-Azhar-Universität in Kairo, Sulaima¯n Dunya¯, im Jahre 1964 veröffentlicht. Sie ist an deutschen Seminaren und Bibliotheken bekannt. Eine dritte Ausgabe wurde von Muhammad Mustafa¯ Abu-3l-2Ala¯3 ebenfalls in ˙ ˙˙ Kairo im Jahre 1973 und eine vierte Ausgabe im Jahre 1409 n. H. (1989 n. Chr.) von Ahmad Šams ad-Dı¯n in Bairut herausgegeben. Für seine Veranlassung, ein ˙ von dieser Ausgabe aus Marokko an mich zu übersenden, bin ich Herrn Exemplar Dr. Ahmad Mazza¯hı¯ zu Dank verpflichtet. ˙ dieser Ausgaben voneinander und von den Handschriften Die ˙Abweichungen sowie die interessanten Varianten zu dem Text des „mı¯za¯n …“ werden an Ort und Stelle in den Fußnoten erwähnt.

Übersetzungen

H. Hachem übersetzte das Werk Ghs „mı¯za¯n“ ins Französische und hat es mit einer Einleitung und Anmerkungen unter dem Titel „Critère de l’action“ bei der Librairie Orientale et Américaine, G. P. Maison neuve, in Paris im Jahre 1945 herausgegeben. Die erste Übersetzung entstand im Mittelalter durch Abraham ibn-Chisdai (b. Samuel) ha-Lévi aus Barcelona, der das Werk unter dem Titel „sdR jngam“ (Die richtige Waage) um 1235/40 n. Chr. übersetzte. J. Goldental veröffentlichte diese Übersetzung in Leipzig bei Gebhardt und Reisland und in Paris bei Brockhaus und Avenarius im Jahre 1839.

II. Die Bedeutung Gh.s für das jüdische Denken Ibn-Chisdai bemerkte in seiner Einleitung zu Leben und Werk Gh.s, daß das Werk „mı¯za¯n …“ „die erste prächtige Zusammenstellung der zerstreuten ethischen Ideen sei, nachdem Aristoteles sie in seiner wissenschaftlichen Weise zu behandeln begonnen hat“ 39 . Nach Meinung von M. Steinschneider besaß der hebräische Übersetzer wenig Kenntnisse von der islamischen Theologie 40. Außerdem versuchte er in seiner Übersetzung, das Denken von Gh. dem jüdischen Denken anzupassen, indem er koranische Verse durch biblische Zitate, arabische Namen durch jüdische und arabische Gedichte durch Verse von jüdischen Dichtern ersetzte 41. Demnach ist die Arbeit von ibn-Chisdai keine Übersetzung im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern eher eine Untersuchung zum jüdischen Denken, zur jüdischen Literatur und Tradition 42 . Nach Ansichten von Ahmad Šahla¯n interessierten sich die Juden für ein solches ˙ humanistischen ˙ Werk, weil sie in Gh. einen Denker sehen, dessen Denken in der Auseinandersetzung zwischen den Rabbinern und den Anhängern von Moses benMaimonides verwendet werden könnte 43. Das jüdische Denken des Mittelalters wird einerseits von dem arabischen Aristotelismus, vertreten von al-Fa¯ra¯bı¯ (870–950 n. Chr.), Avicenna (980–1037 n. Chr.) und Averroes (1126–1198 n. Chr.), und der islamischen Scholastik (2ilm al-kala¯m), vor allem die Mu 2tazilı¯ten, andererseits stark beeinflußt. Zahlreiche jüdische Denker finden in den Lehren der arabischen Aristoteliker und der islamischen Scholastiker Grundlagen für ihr Philosophieren, darunter zum Beispiel Moses benMaimon (529–601 n. H./1135–1204 n. Chr.), der als großer Anhänger des arabischen Aristotelismus gilt, und Sadja 3l-Fayyu¯mı¯ sowie Josef ibn-Zaddik, die von der islamischen Scholastik beeinflußt sind. Die Bedeutung der islamischen Scholastik zum Beispiel für die beiden letzten wird besonders in ihren Beweisführungen über die Existenz Gottes und seine Attribute sowie über die Entstehung der Welt deutlich 44 . Der arabische Aristotelismus ist für ben-Maimon ein Leitbild in der Vorstellung von Gott, Welt und Menschen. Moses ben-Maimon versucht, die jüdische Ethik mit der aristotelischen zu verbinden, wobei er Belege für seine Darstellung aus der Bibel und aus den Überlieferungen anführt. Er übernimmt die aristotelische Seelen- und Tugendlehre, wie dies durch die erwähnten islamischen Philosophen überliefert wird und verwendet sie in seiner Ethik. Man darf sich darüber nicht wundern, denn zahlreiche Werke berühmter griechischer Autoren wurden schon im neunten Jahrhundert n. Chr. ins Arabische übertragen, wie „Die Metaphysik“, „Die Nikomachische Ethik“ und „Über die Seele“ usw. von Aristoteles. Wie schon vor ihm al-Fa¯ra¯bı¯ gründet ben-Maimon

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Einführung

seine Tugendlehre auf die Einteilung der Seele in ernährende, empfindende, vorstellende, begehrende und rationale 45. Aufgrund dieser Denkweise teilt er die Tugend in eine intellektuelle und eine ethische, wobei die Tugend als die Befolgung der Mitte zwischen zwei Extremen bestimmt wird. Die Bestimmung der Tugend durch ben-Maimon entspricht nicht nur der aristotelischen Lehre, sondern auch der jüdischen Gesetzesüberlieferung und der prophetischen Aufforderung, das rechte Maß einzuhalten. Man kommt sogar Gott näher und wird die Glückseligkeit erlangen, wenn man sich an das mittlere Maß hält 46 . Dies ist auch die Meinung von al-Fa¯ra¯bı¯, wie später gezeigt wird. Man sieht darin, wie ben-Maimon die aristotelische Tugendlehre durch den arabischen Aristotelismus in das jüdische Denken einverleibt und wie er darüber philosophiert. Ein Blick auf die Tätigkeit der jüdischen Gelehrten im Mittelalter bei ihrer Beschäftigung mit Gh.s Werken in Übersetzung und Kommentar weist auf eine dritte Richtung hin, von der das jüdische Denken ebenso beeinflußt wird, und zeigt, welches Ansehen Gh. bei den Juden genießt.

Die Werke Gh.s in hebräischer Sprache

1. maqa¯sid al-fala¯sifa (Die Ziele der Philosophen) wurde im 13. Jahrhundert von ˙ Isak Albalag unter dem Titel „mjqfofljqh xfsjv“ übersetzt. Die Übersetzung von Albalag enthält die Logik, Metaphysik und einen Teil der Physik, welcher von Isak ibn-Polgar vollendet wurde. In seinen Anmerkungen zu dem Werk Gh.s greift Albalag die Philosophie Gh.s an, indem er die aristotelische Philosophie averroischer Prägung befürwortet 47 . Vor allem richten sich die Ansichten des Übersetzers gegen die Kabbalisten, „welche die Bibel auf verschiedene Weise ohne rationelle oder traditionelle Grundlage auslegten“. Ferner richtet sich Albalag gegen die Mystiker und wirft ihnen Ignoranz vor: „Wenn du einer der Mystiker unseres Landes bist, so bist du weder ein Mann der Wissenschaft noch ein Mann des Glaubens“ 48 . Ganz anders war das Motiv der Übersetzung dieses Werks für Jehuda Natan, ein Arzt aus der Provinz, der in der Übersetzung von den Zielen der Philosophen einen großen Nutzen für die Studierenden des Talmuds sah, um mit den Lehren von Gh. den Glauben zu verteidigen. Natan übersetzte das Werk unter dem Titel „wjqfofljqh vfnffk“ um 1352/8 n. Chr. 49 Es gibt noch eine dritte Übersetzung eines anonymen Übersetzers, die dem arabischen Text nähersteht 50 . „Die Ziele der Philosophen“ wurde von einem sehr bedeutenden jüdischen Gelehrten, das ist Moses Narboni, in den Jahren 1342–1349 n. Chr. kommentiert, der sich auch mit der Kommentierung der Schriften von Maimonides, Averroes und ibn-Badja (Avempace) beschäftigte 51. Narboni selbst vertrat den averroischen Aristotelismus und hielt nichts von Gh.s Haltung der Philosophie und den Philosophen gegenüber 52. Außer Narboni gibt es andere Kommentatoren, die sich mit diesem Werk Ghs ganz oder teilweise beschäftigt haben, wie Moses da Rieti, Isak ben-Schemtob um 1459, Eli Habillo zu Monzon um 1470, Abraham Bali ben-Jakob um 1510 und Moses Almosnino um 1569 n. Chr., um nur einige zu nennen 53 .

II. Die Bedeutung Gh.s für das jüdische Denken

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2. Die einzige hebräische Übersetzung von Gh.s berühmtem Werk „taha¯fut alfala¯sifa“ (Die Widersprüchlichkeit der Philosophen) lieferte Serachja ha-Levi für den Sohn des „Fürsten“ Salomo ibn-Labi, Don Benvenist (gest. am 30. Nov. 1411 n. Chr.), unter dem Titel „wjqfofljqh vlqh“ 54 . Der Anlaß für die Übersetzung des Werkes war, daß der Autor Gh. bewiesen hat, daß „die intellektuelle Forschung ohne prophetische Überlieferung nicht zu einem wirklichen Verständnis der Dinge genüge“. Daher bat der erwähnte „Fürst“ Serachja, das Buch zu übersetzen, und dieser tat es ohne Rücksicht auf sein ungenügendes Wissen, damit das Buch seiner Nation als „Schild diene“ 55 . Hinzu kommen die hebräischen Übersetzungen, die in der Antwort Averroes’ auf diese Schrift Gh.s enthalten sind, welche unter dem Titel „Die Widerlegung der Widersprüchlichkeit der Philosophen“ bekannt sind. Eine dieser Übersetzungen wurde von Kalonymos b. David b. Todros oder Todrosi kurz vor 1328 n. Chr. angefertigt 56 . 3. Steinschneider erwähnt eine kleine Schrift, in der Gh. philosophische Fragen beantwortet und die von Isak b. Natan aus Cordoba oder Xativa um 1347 n. Chr. ins Hebräische übersetzt wurde unter dem Titel „vflau vfbfuvb tmam“, gekürzt unter dem Titel „vflau vfbfuv“ 57 . Gh behandelt in dieser Schrift verschiedene Themen: a) die himmlischen Sphären, b) ihre Bewegungen, c) ihre Seelen, d) den ersten Beweger, e) seine Attribute, f) die menschliche Seele. Er erwähnt ferner, daß diese Schrift den arabischen Bibliographen unbekannt war. Nach Meinung von Moses Narboni wurde sie einem kleinen Kreis von Auserwählten anvertraut. Möglicherweise genoß diese Schrift wenig Achtung von seiten arabischer Bibliographen, weil man aufgrund ihres konzilianten Charakters den Philosophen gegenüber an ihrer Echtheit zweifelte 58. 4. al-qista¯s al-mustaqı¯m (Die Waage der Spekulation) wurde von Jacob b. Machir (gest. ˙um 1308 n. Chr.) unter dem Titel „wjnfjph jngaw“ übersetzt 59 . 5. misˇka¯t al-anwa¯r (Die Nische der Lichter) wurde neben einer anonymen Übersetzung von Isak b. Jusef al-Fa¯sı¯ im dreizehnten Jh. ins Hebräische unter dem Titel „vftfah vjkum“ übersetzt. Das Werk stieß bei den Juden auf großes Interesse, da sie es im Vergleich zu den Kabbalalehren verwendeten. Durch sein Werk genoß Gh. bei jüdischen Autoren verschiedentlicher Richtungen wie bei Moses ben-Chalib, Jochanan Alemanno und Isak Abravanel große Achtung 60. 6. kita¯b al-qiya¯s (Über den Syllogismus) wurde von Isak ben-Mas2u¯d im 15. Jh. ins Hebräische übertragen. Die Autorschaft Gh.s wird von Steinschneider angezweifelt, jedoch meint Boyges, dieses Werk sei ein Teil der Schrift „Das Kriterium des Wissens“ 61 . 7. qul li-ihwa¯n (Sag zu den Brüdern!), ein Gedicht, das von Abraham Gavison ˘ Chr. in Telemsen) ins Hebräische übertragen wurde und in seinem (geb. 1547 n. Kommentar zu dem Buch der Sprüche verwendet, das im Jahre 1748 n. Chr. gedruckt wurde. Später wurde das Gedicht von L. Dukes im „hmlu jtju“ (Gesang Salma) aufgenommen. Für den Übersetzer des Gedichts ins Französische J. Pedersen sind zwölf Handschriften ausreichend, um die Autorschaft Gh.s zu belegen 62 . ˇ rı¯d at-tauhı¯d (Die Reinigung des Monotheismus), ein Werk, dessen Über8. Tag ˙ setzer in die hebräische Sprache Moses Narboni war 63. Das Denken von Gh. war – wie man sieht – für viele jüdische Gelehrte Leitfaden

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Einführung

und Richtschnur, wie auch bei dem großen Denker Jehuda ha-Lévi, der in Kastilien im Jahre 1085 n. Chr. geboren und ca. 1140 n. Chr. in Jerusalem gestorben ist. Wie Gh. war Jehuda ein Gegner der griechischen Philosophie, besonders ein Gegner der Ansichten des Aristoteles 64. Eines der Hauptwerke von Jehuda ha-Lévi ist ˇ ˇga „Das Buch Kusari“, das in arabischer Sprache unter dem Titel „kita¯b al-hug ˙ wa3d-dalı¯l fı¯ nasr ad-dı¯n ad-dalı¯l“ (Buch des Beweises und der Argumentation zur ¯ ¯ ˙ geschmähten Verteidigung der Religion) geschrieben und im Jahre 1167 n. Chr. von dem berühmten Jehuda ben-Tibbon aus Granada zum ersten Mal ins Hebräische übertragen wurde. Es spiegelt wichtige Ansichten des Autors gegen die griechische Philosophie, Ansichten der jüdischen Religion und der mystischen Erfahrung wider 65. In diesem Werk richtet sich der jüdische Denker gegen die Ansichten der Philosophen, daß Gott etwa eine Idee oder ein unbewegter Beweger ist, der gegenüber der Welt untätig ist und nichts von ihr zu wissen braucht, daß die Welt unerschaffen und keiner fremden Ursache bedarf, und gegen die aristotelische Darlegung der Verhältnisse zwischen den verschiedenen Daseinskategorien (die Sphärenlehre). Auch die spekulative Methode der Philosophen, mit deren Hilfe sie alles in der Metaphysik durch Argumentation nachweisen wollen, wird in diesem Werk abgelehnt 66 . Nach der Ablehnung der spekulativen argumentativen Methode in der Metaphysik, insofern sie nach Ansichten des Autors zur Gottesleugnung und zu falschen Ansichten führt 67 , bleiben die anderen Möglichkeiten, nämlich die prophetische Überlieferung und die geistige Anschauung, die wirksamen Quellen für die Erlangung des Wissens 68 . Diese beiden Quellen stehen bei ha-Lévi und Gh. höher als die bloße rationale Methode. Dabei beschreitet ha-Lévi denselben Weg, den Gh. vor ihm beschritten hat 69 . Verblüffend ist die Ähnlichkeit zwischen den beiden Denkern bei verschiedenen Themen außer im Hinblick auf ihre Kritik an den Philosophen, wie zum Beispiel in der Begründung der Prophetie, der Bedeutung der religiösen Gebote zur Erlangung der Glückseligkeit und der geistigen Anschauung 70. Nachdem beide, Gh. und ha-Lévi, die philosophischen Ansichten abgelehnt haben, weisen sie auf die heiligen Schriften hin, Gh. auf den Koran und ha-Lévi auf die Psalmen, aus denen man die richtigen Ansichten über die erwähnten Fragen gewinnen kann 71 . In zehn Lehrsätzen faßt ha-Lévi die Grundsätze, die dem Gläubigen obliegen, und die sich vor allem auf die Erschaffung der Welt und die Ewigkeit Gottes sowie auf seine Tätigkeit als Schöpfer beziehen, zusammen, die uns an Gh.s Darlegung in seiner berühmten Schrift: „taha¯fut al-fala¯sifa“ (Die Widersprüchlichkeit der Philosophen) erinnern 72 . David Kaufmann beschreibt das Verhältnis von Jehuda ha-Lévi zu Gh., der einige seiner Werke, wie „taha¯fut al-fala¯sifa“ (Die Widersprüchlichkeit der Philosophen) und „ihya¯3 2ulu¯m ad-dı¯n“ (Die Wiederbelebung der Religionswissenschaften), kannte, ˙ mit den Worten: „Es waren dies zwei gleichgestimmte Seelen, verwandte Geister, die auch unabhängig voneinander die gleichen Blüthen zu treiben wohl geeignet sind, sich aber dennoch fördern, wenn sie sich kennenlernen“ 73 . In dieselbe Richtung verfährt ein anderer Denker, der, wie viele seiner Zeit, seine Hauptschriften in arabischer Sprache verfaßte, das ist Abraham ben-David,

II. Die Bedeutung Gh.s für das jüdische Denken

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der im Jahre 1110 n. Chr. bei Toledo geboren wurde. In seinem Werkt „hmth hnfmah“, welches von Simon Weil unter dem Titel „Der erhabene Glaube“ übersetzt wurde, versucht der große jüdische Denker Grundfragen der Religion und der Philosophie zu behandeln, um nachzuweisen, daß die Offenbarung eine wichtige und unverzichtbare Hilfe für den Verstand ist 74 . Fragen der Ethik, des Guten und Bösen, des menschlichen Zusammenlebens in der Familie und im Staat, vor allem der menschlichen Freiheit sind Hauptgründe für den Autor, sein Werk zu verfassen 75 . Diese Fragen führen zum Nachdenken über Gott, seine Eigenschaften, die Existenz der Engel, der Propheten und so weiter. In der Ausführung solcher Themen kann man den Einfluß von Gh. merken. Besonders im dritten Teil seiner oben erwähnten Schrift steht der jüdische Denker Gh. nahe, dessen Hauptthema dasselbe ist wie das im „Kriterium des Handelns“, nämlich die Glückseligkeit des Menschen 76 . Auch die Methode ist bei den beiden Denkern in dem „Emunah Ramah“ und dem „mı¯za¯n …“ dieselbe. Während Gh. die entsprechenden Stellen aus dem Koran und der mohammedanischen Überlieferung inmitten seiner Ausführung er˙ wähnt, stellt Abraham ben-David Halevi die biblischen Texte in einem Sonderkapitel zusammen 77 . Beide Denker haben ein und dasselbe Ziel, nämlich die Widerlegung der griechischen Philosophie, insbesondere der aristotelischen. Die religiösen Quellen des Islam, Koran und Sunna bei dem einen, die Bibel und die jüdische Überlieferung bei dem anderen sind Richtschnur für den Menschen nicht nur hinsichtlich des Glaubens, sondern in fast allen Fragen, die sich sowohl auf das Diesseits als auch auf das Jenseits beziehen.

III. Der Aristotelismus in der islamischen Ethik ¯ mirı¯, Avicenna und ibn-Miskawaih über die Glückseligkeit al-Fa¯ra¯bı¯, al-2A

Um die Meinung von Gh. über dieses Thema genauer zu verstehen, wird im Folgenden auf die Ansichten der genannten Philosophen in ihren Hauptwerken und relevanten Schriften eingegangen, da sie Hauptwerke über dieses Thema geschrieben haben. Denn es ist kein Zufall, daß Gh. sein Werk „mı¯za¯n …“, mit dem Satz anfängt: „Unsere Aufgabe (…) ist, das zur Glückseligkeit führende Handeln zu erkennen und es von jenem zu unterscheiden, das zum Verderben führt, da das Glück, nach dem die Früheren und Späteren streben, nicht anders als durch Wissen und Handeln erlangt werden kann, …“ 78 . Denn vor Gh. haben sich bedeutende Schriftsteller, vor allem aber Philosophen mit dem Thema „Glück“ und „Glückseligkeit“ beschäftigt, wie Aristoteles in seinem bedeutenden Werk „Die Nikomachische Ethik“ und seine Anhänger im islamischen Kulturbereich wie alFa¯ra¯bı¯ (295–339 n. H./870–950 n. Chr.) 79 in seinen Werken, Muhammad ibn-Jusuf ˙ ¯ mirı¯ (gest. 381 n. H./992 n. Chr.) in seinem Hauptwerk „as-sa al-2A 2a¯da wa-3l-is 2a¯d …“ (Über die Glückseligkeit und über das, was glückselig macht) und andere. Drei wichtige Schriften beinhalten die Ansichten von al-Fa¯ra¯bı¯ über die Glückseligkeit. Es sind: tahsı¯l as-sa 2a¯da (Über die Aneignung der Glückseligkeit), ˙ 2. al-madı¯na 3l-fa¯dila (Der Musterstaat) und 3. as-siya¯sa¯t al-madanı¯ya (Die Staats˙ 80 führung) . al-Fa¯ra¯bı¯ beginnt seine Abhandlung über die Aneignung der Glückseligkeit mit der Aufteilung der Tugend in: Vernunft- und Verstandesgemäße, ethische und praktische Tugenden 81 . Die Vernunftgemäßen Tugenden sind die Wissenschaften, die sich aufteilen in apriorische, bei deren Aneignung der Mensch sich keine Mühe zu geben braucht, insofern ihm deren Grundlagen gegeben sind, und nicht apriorische, deren Aneignung in vielfältiger Weise stattfindet wie durch Nachdenken, Forschen und Folgern oder durch Unterricht und Lernen. Mit Hilfe dieser Wissenschaften gewinnen wir Kenntnisse über die existierenden Dinge auf verschiedene Wege mit der Absicht, die Wahrheit darüber zu erlangen 82 . Die Beschäftigung mit der Erkenntnis der Dinge ist zugleich eine Beschäftigung mit den Grundlagen oder mit den Prinzipien, das heißt die Ursachen ihrer Existenz ˝rcai. Deswegen bietet eine solche Beschäftigung die Antwort auf die Frage, warum ein Ding existiert, außerdem auf die Frage, ob ein Ding vorhanden ist oder ob ein Ding existiert, wenn sich die Prinzipien auf unser Wissen, nicht aber auf die Existenz der Dinge selbst beziehen 83 . Denn die Prinzipien der Dinge werden in den Fragen nach dem Was und dem Wodurch zusammengefaßt, wobei die letzte Frage sich entweder auf das Subjekt, das ein Ding hervorbringt, oder auf die

III. Der Aristotelismus in der islamischen Ethik

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Elemente seiner Existenz bezieht 84 . In der Absicht, die Gewißheit zu erlangen, begnügt sich die Vernunft nicht mit einer einfachen Antwort auf diese Fragen, sondern sie beschäftigt sich weiter mit den Prinzipien, indem die Ergebnisse, die aus einem Urteil hervorgehen, das sie als Antwort auf solche Fragen fällt, wiederum als Voraussetzungen für weitere Fragen nach dem Was, Warum und Wodurch mit Gewißheit beantwortet werden können85 . Im Allgemeinen geht man beim Fortschreiten von deren ersten Prinzipien zu den höheren, von den materiellen Körpern aus, bis man Erkenntnisse von immateriellen Prinzipien gewinnt, welche vollkommener sind als die materiellen Prinzipien. Somit geht man von der Physik in die Metaphysik über auf der Suche nach dem vollkommenen Prinzip, welches keine Ursache für seine Existenz mehr hat. Auf dem Wege, die Frage nach der Glückseligkeit zu beantworten, weist alFa¯ra¯bı¯ auf die Bedeutung physischer und metaphysischer Grundlagenkenntnisse hin, die dem Nachdenken über das Ziel menschlicher Existenz vorausgehen 86 . Daraus folgt die Wissenschaft vom Menschen, seinen Fähigkeiten, seinen Tätigkeiten und den Zielen seiner Handlungen. Das Nachdenken über die Vollkommenheit, die er erlangen soll, ist die unvermeidliche Folge der Beschäftigung mit dieser Wissenschaft 87 . Auch die Art und Weise seiner Tätigkeit sowie die Güter, die zu einer solchen Vollkommenheit führen, sind Gegenstand der Erforschung des Menschen. Die Verstandestugenden beziehen sich hauptsächlich auf die Ziele der Handlungen und die Unterscheidung zwischen den verstandsmäßig tugendhaften Mitteln und anderen. Sie verhelfen dem Menschen dazu, die guten Ziele zu erreichen, böse Ziele aber werden durch sie nicht erlangt, sondern durch andere Fähigkeiten 88 . al-Fa¯ra¯bı¯ macht keinen Unterschied zwischen einem nützlich-schönen Ziel und einem nützlich-tugendhaften, insofern das nützlich-schöne notwendigerweise mit einem tugendhaften Ziel verbunden ist 89 . Die Ziele sind entweder allgemein oder bestimmt. Die ersten, die sich auf das allgemeine Schöne in einem Land oder einer Stadt beziehen oder von langer Dauer sind, sind Resultate einer politischen Verstandestugend. Anders geartete Ziele entstehen eher aus einer Fähigkeit dazu, Gesetze zu erlassen 90 . Alle Haupttugenden der Vernunft, mit deren Hilfe man sich die Wissenschaften aneignen kann, des Verstandes, welche dem Menschen dazu verhelfen, sich selbst und die Ziele seiner Handlung zu erkennen, des Ethos, mit Hilfe dessen der Mensch das Schöne begreifen und in die Praxis umsetzen kann, und alle Haupttätigkeiten des Menschen sind miteinander verbunden 91 . Die Verstandestugenden ermöglichen die ethischen Tugenden (al-fada¯3il al-huluqı¯ya), sie scheiden sie von˘ ˙ einander und bestimmen ihre näheren Merkmale. Zwar ist die ethische Gesinnung (al-huluq) ein selbständiges Vermögen, jedoch ist es dem Verstand untergeordnet 92˘ . Wenn beide Vermögen, Verstand und Ethos (al-2aql wa-3l-huluq), vonein˘ ander getrennt wären, könnte der Mensch die ethischen Tugenden nicht erfassen 93 . Unterricht und Erziehung haben das Ziel, die im Menschen vorhandenen Fähigkeiten und Naturanlagen durch freiwillige Entscheidung verfügbar zu machen und zu verbessern. Wenn dies erreicht wird, beherrscht der Mensch seine Handlungen und steuert sie zum Guten hin, was ein großes Ziel der Tugend ist 94 . Jedoch macht

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al-Fa¯ra¯bı¯ zwischen Unterricht und Erziehung einen Unterschied: Durch Unterricht zielt man darauf, die Vernunfttugenden zu vertiefen, durch Erziehung aber die ethischen und die praktischen Tätigkeiten zu erwerben und auszubilden 95 . Praktische Tugenden und Tätigkeiten können ferner durch Gewohnheit angeeignet werden. Durch überzeugende, aber auch scharfe Reden können Menschen dazu gebracht werden, gute Handlungen auszuüben, bis dies für sie Gewohnheit wird. Widerspenstige Menschen können auch durch Zwangsmaßnahmen dazu gebracht werden 96 . Auf die Aufgaben des Herrschers in diesem Zusammenhang geht al-Fa¯ra¯bı¯ ein. Er und seine guten Mitarbeiter erziehen die Bürger zur tugendhaften Verhaltensweise. Dabei sollen sie von den Prinzipien und Grundsätzen ausgehen, die bei den Völkern allgemeine Anerkennung finden 97 . Eine der wichtigsten Aufgaben des Erziehers besteht darin, daß er studieren soll, was alle beziehungsweise die meisten Nationen an Begabungen und Fähigkeiten besitzen, und das, was alle miteinander verbindet, das heißt die menschliche Natur. Ferner soll er die Eigenschaften studieren, die die eine Nation von der anderen unterscheidet, und die ihr zum Erfolg beim Erreichen des Glücks verholfen haben98 . al-Fa¯ra¯bı¯, der mehrere Schriften von Platon, darunter „Die Politeia“, „Die Gesetze“, und von Aristoteles, so „Die Physik“, „Die Metaphysik“ und „Die Nikomachische Ethik“, kommentierte, setzt seinen Gedanken über die Bedeutung der Erziehung des Menschen bei der Erlangung des Glücks fort, wobei er auf die Bestimmung der Philosophie und die Stellung des Philosophen im Staat eingeht, indem er auf die beiden erwähnten platonischen Werke Bezug nimmt 99 . Wichtig dabei ist es, daß er die Philosophie an die Spitze aller Wissenschaften setzt, durch die man den höchsten Grad des Glücks erlangen kann 100 . Denn sie ist die Weisheit schlechthin. Der Philosoph soll an der Spitze des Staates sein, insofern er die größten Fähigkeiten in theoretischer und praktischer Hinsicht besitzt. Er ist zugleich ein Gesetzgeber, da er über gutes Wissen verfügt 101 . Er ist selbst der König, der erste Vorsitzende im Staat und der Ima¯m, weil er die Voraussetzungen besitzt, die ihn zur Machtausübung und zur Gesetzgebung befähigen. Vor allem besitzt er die Vernunft und die praktischen Tugenden in vollständiger Weise 102. Von diesen Tugenden sind zu erwähnen: a) das gute Vermögen zum Begreifen der Dinge, b) die gute Erinnerungsgabe, c) die Geduld beim Studieren der Dinge, d) die Liebe für die Aufrichtigkeit, für die Gerechtigkeit und deren Anhänger 103 . Die erwähnte Schrift von al-Fa¯ra¯bı¯ endet mit der Bestimmung des wahrhaftigen Philosophen im Gegensatz zu dem falschen, dem schwindlerischen und dem bedeutungslosen 104 . Eine ausführliche Bestimmung des Glücks wird nicht in dieser Schrift erwähnt. Sie enthält lediglich eine Analyse der menschlichen Kräfte wie Vernunft, Verstand und Seele in ihrem Verhältnis zueinander und zu den existierenden Dingen in individueller wie auch in sozialer Hinsicht. In dieser Schrift spricht al-Fa¯ra¯bı¯ in erster Linie von einigen Bedingungen, die die Erlangung der Glückseligkeit ermöglichen, als von der Glückseligkeit selbst. Andere Schriften wie „at-tanbı¯h 2ala¯ sabı¯l as-sa2a¯da‘‘ (Das Aufmerksammachen darauf, wie das Glück erlangt werden kann), „ara¯3 ahl al-madı¯na 3l-fa¯dila“ (Der Musterstaat) und ˙ Systeme) können uns be„as-siya¯sa¯t al-madanı¯ya‘‘ (Die Staatsführung/Politische

III. Der Aristotelismus in der islamischen Ethik

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hilflich sein, dieses wichtige Thema besser zu verstehen. Deswegen wird auf diese Schriften hier näher eingegangen. Die wichtigsten Inhalte seiner Schrift „at-tanbı¯h …“ (Das Aufmerksammachen darauf, wie das Glück erlangt werden kann) können wie folgt zusammengefaßt werden: Glückseligkeit ist das vollkommenste Ziel menschlichen Handelns, welches für sich allein zu jeder Zeit erstrebt wird 105 . Das Wissen kann manchmal als Selbstzweck erstrebt werden, die Glückseligkeit aber immer. Dies braucht keinen Beleg. Das Glück ist für sich allein genügend in dem Sinne, daß wir nichts mehr darüber hinaus bedürfen, wenn dieses Ziel einmal erreicht ist 106 . Ein Mensch kann glückselig sein durch alle seine Handlungen, die Gegenstand des Lobes und des Tadels sind. Dies sind die Handlungen, die von dem Verstand bestimmt werden. Es scheiden also aufgrund dieser Bestimmung Handlungen aus, die durch die Körperteile hervorgerufen werden, und die seelischen Vorgänge wie Freude und Genuß, weil sie von kurzer Dauer sind. Nicht nur verlangt al-Fa¯ra¯bı¯, daß solche Handlungen durch die Verstandestugenden bestimmt werden, sondern durch eine freie Wahl: „tau2an wa-bi-3htiya¯rihi, proafflresi@“ 107 . ˘ ˙ Mensch bezeichnet, Als glückselig wird ein der während seines ganzen Lebens immer das Schöne unter diesen verstandesmäßigen Handlungen als Ziel wählt: ˇ amı¯l fı¯ kull ma¯ yaf 2aluhu“ 108 . Fehlt eine solche Bedingung wie etwa „an yahta¯ra 3l-g ˘ Entscheidung oder die Verstandestätigkeit bei der Bestimmung der die freie Handlung oder ist das Ziel nicht sittlich-schön, so fehlt dem Menschen das Glück 109 . Unglück tritt hervor, wenn ein Mensch während seines ganzen Lebens durch ein schlechtes Unterscheidungsvermögen und durch freie Wahl böse Handlungen ausführt 110 . Gute ethische Gesinnung (huluq ˇgamı¯l) und gutes Unterscheidungsvermögen ˘ ˇ audat at-tamyı¯z) bilden zusammen (g die Quelle für die menschliche Tugend, die dem Menschen Vorzüglichkeit und Vollkommenheit verleiht. Dadurch werden wir edle, gute und tugendhafte Menschen werden, unser Leben tugendhaft und unsere Handlungen lobenswert 111 . Unter Vermögen versteht der Arzt und Philosoph al-Fa¯ra¯bı¯ diejenige Fähigkeit, die uns von Natur aus gegeben ist, nicht zu erwerben und nicht (von außen) zerstörbar, es sei denn mit Schwierigkeit 112 . Die ethischen Charaktere sind insgesamt erworben. Der Mensch kann sowohl gute wie auch böse Charaktereigenschaften durch Erziehung, Gewohnheit und Beharrlichkeit erwerben113 . Dabei weist al-Fa¯ra¯bı¯ auf den Erwerb und die Beherrschung von Berufen und Tätigkeiten hin. So wie man einen Beruf erwirbt und ihn beherrscht, verhält es sich auch mit den ethischen Eigenschaften. Ein Mensch wird für einen guten Schriftsteller gehalten, wenn er die ihm angeborene Fähigkeit zur schriftstellerischen Betätigung entwickelt und sie beherrscht. Ein Mensch handelt gut aufgrund der ihm angeborenen Fähigkeit zum Guten und er beharrt auf der Ausübung der guten Handlungen, bis dies ihm eine Gewohnheit wird. Genauso verhält es sich mit den schlechten Charaktereigenschaften 114 . Die Vollkommenheit liegt in der Einhaltung des mittleren Maßes, mesth@, welches zwischen den beiden Extremen Übermaß, ¢perbolffi und Mangel, ˛lleivi@

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liegt. Aber wie können wir das mittlere Maß erkennen? Wir versuchen zu erkennen, ob die Handlung in Hinblick auf die beiden Extreme, Übermaß und Mangel, leicht auszuführen ist, ob sie in dieser Hinsicht unterschiedlichen Grades ist, ob wir keine Nachteile oder einen Genuß durch das eine, aber keinen Schmerz durch das andere erleiden oder wir mit einem sehr leichten Schmerz zu rechnen haben115 . Somit erfahren wir durch die Analyse der Handlung in bezug auf die beiden Extreme, ob sie die gleiche Bedeutung für uns haben, das heißt, ob beide Extreme sich gegenseitig neutralisieren. Dadurch, daß die beiden Extreme in bezug auf ihre Ausführlichkeit gleich bedeutend sind, verlieren sie ihre Bedeutung für uns 116 . Die Analyse geht auf gewisse Eigenschaften und Handlungen ein, um das mittlere Maß und dessen Bedeutung zu demonstrieren. Die Befolgung der Mitte in all diesen Handlungen führt zur Glückseligkeit. So ist die Befolgung der Mitte zwischen Übermut und Feigheit die Tapferkeit, zwischen Verschwendungssucht und Geiz die Großzügigkeit, zwischen Gier und Apathie die Enthaltsamkeit. Bei manchen Handlungen neigen wir von Natur aus zum einen oder zum anderen Extrem, wie zum Beispiel beim Geben, wo wir zu Zurückhaltung und Knauserei oder beim Scherzen, wo wir zur Übertreibung neigen. Man glaubt, daß der Genuß das Ziel jeder Handlung ist. Deswegen tut man leicht das Schlechte wegen des damit verbundenen Genusses. Die Genüße teilen sich in materielle, sinnlich-wahrnehmbare und geistige wie etwa die Liebe zum Herrschen und zum Siegen. Beide treten entweder sofort oder später als Folge einer Handlung auf. Eine Handlung kann sowohl mit Genuß wie auch mit Leiden verbunden sein, wie etwa bei dem Ehebruch, welcher mit einem Genuß durch den Beischlaf und mit einer Strafe verbunden ist. Eine gute Handlung kann mit einem sofortigen Leiden, jedoch mit einem späteren Genuß verbunden werden. Eine schlechte kann mit einem sofortigen Genuß, jedoch mit einem späteren Leiden ausgehen. Deswegen soll man die Handlung vermeiden, die mit einem sofortigen Genuß, jedoch mit einem späteren Leiden verbunden ist. Indem man die andere Art von Handlungen, die mit einem späteren Genuß endet, inmitten seiner Überlegung stellt, handelt man vernunftgemäß. Je mehr man imstande ist, sich von den materiellen Genüssen zu entfernen, desto mehr nähert man sich den guten Charaktereigenschaften 117 . Der Mensch, der sich gegenüber den Genüssen mit guter Überlegung und entˇ audat ar-rawı¯ya wa-quwat al-2azı¯ma), ist sprechender Entschlossenheit verhält (g wirklich ein freier Mensch. Ein anderer, der keines von beiden besitzt, handelt tierisch. Wer aber ein gutes Überlegungsvermögen besitzt, jedoch entscheidungsunfähig ist, ist von Natur aus ein Sklave 118. Ein dritter besitzt zwar einen starken Willen, jedoch keine gute Überlegung. Möglicherweise zieht er jemanden anderen zu Rate, der von guter Überlegung ist. Wenn er dessen Ratschlag folgt, ist er auch ein freier Mensch. Eine gute Handlung setzt also gute Überlegung und Entscheidungsfreiheit voraus, auch wenn sie von jemandem anderen durch gute Ratschläge beeinflußt ist. Ein gutes Unterscheidungsvermögen, das ist ein guter Verstand, bedeutet, daß wir mit dessen Hilfe Kenntnisse über die Dinge gewinnen können. Diese Kenntnisse sind: a) theoretische, das ist das, was man zwar weiß, jedoch nicht in die

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Praxis umzusetzen braucht, wie zum Beispiel die metaphysische Erkenntnis; b) praktische, das heißt, daß man das, was man theoretisch erfahren hat, in die Tat umsetzt, wie zum Beispiel die Erfahrung, daß die Gerechtigkeit und die Liebe zu den Eltern gut sind. Ein Wissen, das erfahrbar und durchführbar ist, wird erst als vollkommen angesehen, wenn es in die Praxis umgesetzt wird. Das Ziel menschlicher Tätigkeit ist entweder köstlich (ladı¯d), gut (oder schön: ¯ ¯ es sich sowohl auf ˇgamı¯l) oder nützlich (na¯fi2). Das Nützliche überwiegt, insofern das Köstliche wie auch auf das Gute und Schöne beziehen kann. Tätigkeiten, die in den Städten ausgeübt werden, haben das Nützliche zum Ziel. Die anderen, die sich auf das Verhalten und den Umgang der Menschen untereinander beziehen, bezwecken das Gute, insofern man durch ihre Ausübung Wissen und Gewißheit erlangt, die gut sind. Hinsichtlich ihres Zieles teilen sich die Tätigkeiten in: a) gute (auch schöne: ˇgamı¯la) und b) nützliche (na¯fi2a). Die Tätigkeit, deren Ziel nur die Aneignung des Guten und des Schönen ist, ist die Philosophie, welche auch Weisheit (hikma) ˙ genannt wird 119 . Das Gute und das Schöne teilt sich in: a) theoretisches Wissen allein und b) theoretisches Wissen und praktisches Verhalten. Aufgrund dieser Unterscheidung wird die Philosophie aufgeteilt in: 1. theoretische, wodurch man die Erkenntnis der existierenden Dinge erwirbt, die nicht vom Menschen erschaffen werden, 2. praktische, wodurch man die Erkenntnis der vom Menschen durchführbaren Handlungen und die Fähigkeit dazu erwirbt. Die theoretische Philosophie umfaßt: 1. Mathematik, Physik und Metaphysik, welche sich alle mit den existierenden Dingen befassen. 2. Staatsphilosophie, welche sich mit dem Erwerb und dem Vermögen der schönen-guten Dinge beschäftigt. Das ist die ethische Tätigkeit in bezug auf das Individuum. Auf staatlicher Ebene wird sie politische Philosophie genannt. Da das Glück nur durch den Erwerb der schönen-guten Dinge möglich ist, diese aber durch die Philosophie realisierbar sind, so ist die Philosophie der Weg zur Erlangung der Glückseligkeit. Denn durch sie gewinnen wir ein gutes Unterscheidungsvermögen 120 . Durch die Fähigkeit zum Denken und zum Erkennen des Richtigen kann das Unterscheidungsvermögen um so mehr das Wahre als wahr und das Falsche als falsch erkennen. Eine solche Tätigkeit wird Logik genannt. Durch sie erkennt man, was wahr und was falsch ist. Ferner erkennt man durch die Logik die Mittel, durch welche man das Falsche von seinem eigenen Denken sowie von dem eines anderen ausschließt. Auch die Scheinargumente, die den Menschen dazu veranlassen, das Falsche als wahr zu erkennen, werden durch die Logik aufgedeckt. Durch die Logik wird der Zweifel am Wahren beseitigt und die Gewißheit erlangt 121 . Wenn eine solche Tätigkeit so vorteilhaft ist, so sollte man sich ihrer widmen 122 . Sie bezieht sich auf das höchste im Menschen vorhandene Gut, nämlich auf die Vernunft, durch welche der Mensch erst Mensch ist. Sie hilft ihm dabei, das Richtige in seinem Denken zu erfassen. Damit ist für al-Fa¯ra¯bı¯ die Antwort auf die Frage, wie man die Glückseligkeit erlangen kann, geklärt. Durch philosophisches und logisches Denken kann man zur Glückseligkeit gelangen 123 . In seiner Schrift „as-siya¯sa¯t al-madanı¯ya“ (Die Staatsführung/Politische Systeme) geht al-Fa¯ra¯bı¯ von verschiedenen Aspekten

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des Verstandes aus, die er weiter in seinem Werk „3a¯ra¯3 ahl al-madı¯na 3l-fa¯dila“ ˙ (Der Musterstaat) beschreibt. Wichtig ist dabei die Rolle des aktiven Verstandes für unser Thema. Der aktive Verstand verleiht dem Menschen Kraft und Prinzipien, mit denen er zur Vollkommenheit gelangen kann. Diese Prinzipien sind die Wissenschaften und die Begriffe, die als erste im Menschen entstehen. Nachdem sich Sinnes- und Denkvermögen entwickelt haben, kann er von diesen Wissenschaften Gebrauch machen. Er besitzt dann einen herangereiften Willen, welcher sich auf das Denkvermögen gründet. Dieser Wille ist ein freier Wille. Im Gegensatz dazu ist der Wille, der sich von den Sinnes- und Empfindungsorganen leiten läßt, unfrei. Der freidenkende Wille ist ein Spezifikum des Menschen. Durch diesen Willen ist der Mensch imstande, lobenswerte, gute und böse Handlungen zu verrichten, welche dann Gegenstand der Belohnung und der Bestrafung sind 124 . Glückseligkeit ist das Gute schlechthin und alles, was dem Menschen dazu verhilft, ist auch gut. Im Gegensatz dazu ist alles, was den Menschen davon abhält, schlechthin böse 125. Ein Unglück heißt es aber, wenn sich der Mensch um den Genuß und andere Ziele außer dem der Glückseligkeit bemüht, wofür er die theoretisch vernünftige Fähigkeit einsetzt. Ferner ist es ein Unglück, wenn er die Bedeutung der Glückseligkeit erkennt, sie jedoch nicht zu seinem Hauptziel macht 126 . Denn ein Streben nach der Glückseligkeit ist zugleich ein Streben nach der Vollkommenheit. Sieht der Mensch von diesem Ziel ab, so geschieht ein Unglück 127 . al-Fa¯ra¯bı¯ hebt die Bedeutung des aktiven Verstandes für die Glückseligkeit hervor, wie dargelegt wird. Jedoch sind die Menschen nicht gleich bei der Verarbeitung der Erfahrungen und der Wissenschaften, die ihnen der aktive Verstand vermittelt. Wer unter ihnen aufnahmefähig und vom guten Verstand ist, der kann durch solche Kenntnisse die Glückseligkeit erlangen 128 . Viele besitzen aber eine solche Fähigkeit nicht, sondern benötigen dazu Lehrer und Ratgeber, die ihnen zur Erfüllung ihres Bestrebens verhelfen. Jeder, der eine solche Aufgabe übernimmt und in der Lage ist, sie durchzusetzen, ist ein Vorsitzender, der seine Ratschläge auf verschiedenen Gebieten der menschlichen Tätigkeiten erteilen kann 129 . Derjenige, der nicht auf fremde Hilfe angewiesen ist, Wissenschaften und Erfahrungen besitzt, ist wahrhaftig ein König. Diejenigen, die von einem solchen Menschen geführt werden, sind die tugendhaften, die guten und die glücklichen. Wenn sie sich zu einem Staat zusammenschließen und miteinander leben, ist ein solcher Staat ein tugendhafter, ein Musterstaat 130 . Die Frage nach dem Glück, sei es in individueller, sei es in sozialer Hinsicht, führt al-Fa¯ra¯bı¯ zur Untersuchung des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Sozialgruppen und der Aufgaben des Staatsoberhaupts. Dies legt er in den Schriften „as-siya¯sa 3l-madanı¯ya“ (Die Staatsführung) und „3a¯ra¯3 ahl al-madı¯na 3l-fa¯dila“ ˙ (Der Musterstaat) ausführlich dar. Sicherlich besteht ein enger Zusammenhang zwischen all diesen Themen. Denn das Glück des einen Menschen kann nicht für sich betrachtet und isoliert werden von den sozialen und politischen Umständen, unter denen ein Mensch lebt. al-Fa¯ra¯bı¯ geht davon aus, daß das Glück mit der beruflichen Tätigkeit des Men-

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schen eng verbunden ist. Je unabhängiger und wissenschaftlicher die Tätigkeit ist, um so größer sind die Chancen eines Menschen, der eine solche Tätigkeit ausübt, im Hinblick auf den Erwerb des Glückes 131 . Aus den niederen und höheren Tätigkeiten ergeben sich Widersprüche und Konflikte, die von seiten des Staatsoberhauptes beseitigt beziehungsweise gelindert werden müssen. Denn seine Hauptaufgabe besteht darin, die Rangstufen der Tätigkeiten einzuordnen und ihre Verhältnisse zueinander zu bestimmen. Ferner ist für al-Fa¯ra¯bı¯ die Harmonie zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen zu verwirklichen, eine der wichtigsten Aufgaben des Staatsoberhauptes. Diese Harmonie ist eine wesentliche Bedingung für den Zusammenhalt der sozialen Gruppen132 . Denn nach Ansichten des islamischen Philosophen ähnelt der Staat einem Naturphänomen, in dem das Staatsoberhaupt der ersten Ursache entspricht 133 . Die Mehrheit der Menschen hat von Natur aus oder durch Gewohnheit keinerlei richtige Vorstellung von der Glückseligkeit. Deswegen ist es eine Aufgabe des Staates, ihnen die Grundlagen der existierenden Dinge, ihre Rangstufen, den aktiven Verstand, die Bedeutung der Staatsführung des Musterstaates, die Glückseligkeit und ähnliches in einer Weise, zu erklären, die ihnen bekannt ist 134 . Die Frage nach der Glückseligkeit führt al-Fa¯ra¯bı¯ zur Sozialanalyse der Gründe, die die Verwirklichung der Glückseligkeit beziehungsweise der sozialen Eintracht verhindern. Es gibt vielerlei Gründe, die diese Verwirklichung erschweren. Ignoranz, Freveltaten, Irreführung sowie die Veranlagung zum tierischen Verhalten bei manchen Menschen gefährden dieses Ziel. Solche Menschen bilden keine wirkliche Gesellschaft, sondern leben entweder vereinzelt wie wilde Tiere oder gemeinsam in der Nähe der Städte 135. Die Menschen hingegen, die von der Ignoranz beherrscht werden, sind zwar zivilisiert und leben zusammen in Gesellschaften, jedoch sind sie von bestimmten sozialen Krankheiten wie Verworfenheit, Gemeinheit sowie von einer falschen Vorstellung von der Freiheit befallen 136 . Letztere führt dazu, daß Gesetze geschaffen werden müssen, die das Zusammenleben sichern 137 . Gesellschaften, die von der Verworfenheit beherrscht werden, haben sich den Reichtum zum Ziel gesetzt. Ihre Mitglieder arbeiten zusammen, um dieses Ziel zu verwirklichen und die nötigen Güter anzuhäufen, die über das erforderliche Maß hinausgehen. Der beste Mensch unter ihnen ist der reichste, das heißt derjenige, der beim Anhäufen des Reichtums am geschicktesten ist 138 . Die Gesellschaft, die von der Gemeinheit beherrscht wird, kennzeichnet sich durch materielle Genüsse, wie zum Beispiel Essen und Trinken, Sexualität und anderes, was nicht für die Erhaltung des Körpers erforderlich, jedoch für den Genuß geeignet ist. Auch die Gesellschaften, die auf geistige Werte, wie Ruhm, Sieg und Freiheit gegründet sind, stehen im Widerspruch zu dem glückseligen Staat. Zwar stehen solche Gesellschaften dem Idealstaat nah, aber sie streben nach dem Nützlichen, weshalb sie das Endziel, die Glückseligkeit, verfehlen. Durch Eigennutz, Krieg, Mord und Torheit sind solche Gesellschaften gekennzeichnet. Sie stehen dann dem Staat nah, der von der Ignoranz dominiert wird 139 . Ferner steht der Staat, der auf Gemeinschaftlichkeit gegründet ist, im Widerspruch zur Glückseligkeit, denn da seine Bürger von dem Prinzip der Freiheit

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und der Gleichberechtigung ausgehen, entstehen viele Normen, unzählige Gruppierungen und Widersprüchlichkeiten. Die Bürger eines solchen Staates bestimmen ihre Führer, und wenn dies schwer ist, so werden diejenigen für Führer gehalten, die von ihnen gelobt werden 140 . Jeder dieser Staaten versucht, nur denjenigen zum Anführer zu ernennen, der für die Bürger den höchsten Erfolg bei ihren Handelsgeschäften erlangen kann, ihre Wünsche verwirklicht, ihnen dabei behilflich ist und ihre Ziele bewahrt. Sie lehnen die Leitung durch einen tugendhaften Führer ab. Diejenigen Bürger, die aus Sieg und Gewaltanwendung Nutzen ziehen, bewahren ihre Errungenschaften durch Verteidigung und Zwangsmaßnahmen. Sie brauchen für die Umsetzung ihrer Ziele die Stärke ihrer Körper, die Härte im Hinblick auf die ethische Gesinnung, Rauheit und Rücksichtslosigkeit, und sie sind dem Tode gegenüber gleichgültig 141 . al-Fa¯ra¯bı¯ setzt seine Sozialanalyse hinsichtlich der Gründe, die von der Verwirklichung der Glückseligkeit abhalten, fort, indem er auf die Haltung der Menschen eingeht: a) Einige Menschen benehmen sich wie Bewohner eines von Ignoranz beherrschten Staates, jedoch werden sie durch Gesetze und Traditionen von dieser abgehalten. Sie versuchen dann, die Gesetze und die Traditionen zu ihren Gunsten zu interpretieren und ihren Zielen entsprechend umzudeuten. Sie sind Verfälscher der Tradition. b) Andere setzen sich die Verfälschung zwar nicht zum Ziel, jedoch haben sie die Traditionen und die Gesetze des Staates falsch verstanden und sie zu ihrem vermeintlichen Glück uminterpretiert. Sie stehen damit im Widerspruch zu dem wahrhaftigen Glück und zum Idealstaat. Sie sind die Irregeführten. c) Andere Menschen haben keine vollständige Vorstellung von einer wahrhaftigen Glückseligkeit. Deswegen geraten sie in Mißverständnisse und Ungereimtheiten, wobei sie glauben, daß die Mehrheit der Menschen sich in all ihren Glaubensmaximen täuscht. Auf der Suche nach Sieg, Macht, Ansehen und Ehrung verfehlen sie das eigentliche Glück. Indem sie das Wissen über die Dinge beanspruchen, halten sie andere Menschen für unwissend und armselig und werfen ihnen Lügen vor, wenn sie etwa über ihr Wissen reden 142 . al-Fa¯ra¯bı¯’s Ansichten über die Glückseligkeit kann im Folgenden zusammengefaßt werden: 1. Glückseligkeit ist das höchste Ziel, dessen Erlangung man erstreben soll. Seine Unterlassung bedeutet Unglück. 2. Glückseligkeit beruht auf einem tugendhaften Verhalten, welches allein nach rationalen Gesetzen der Tugend vollzogen wird. Die Befolgung der Mitte zwischen den beiden Extremen, Mangel und Übermaß, bildet die Grundlage dieser Rationalität. 3. Glückseligkeit ist nicht nur ein individuelles Streben, sondern ein soziales und staatliches Ziel 143 , auf das die gesellschaftlichen Klassen und staatlichen Organe hinarbeiten sollen. Nicht in der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen, indem jede Gruppe für sich allein die Glückseligkeit beansprucht, sondern in der Linderung der Kluft zwischen diesen Klassen und der Erwirkung der Harmonie wird dieses großartige Ziel verwirklicht. Dies ist eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. 4. Freier Wille, al-ira¯da¯, proafflresi@ und gute Überlegung, ar-rawı¯ya, met€ lgou

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kaffl dianoffla@ sind die Bedingungen, die eine Handlung zur Glückseligkeit führen. 5. Nur der Staat kann das höchste Gut und die höchste Vollkommenheit ermöglichen 144 . Der Staat, der das höchste mögliche Gut und die Glückseligkeit ermöglicht, ist ein tugendhafter Staat und die Nation, deren Mitglieder zur Verwirklichung dieses Ziels zusammenarbeiten, ist eine tugendhafte Nation.

Die Bedeutung der Nikomachischen Ethik für das islamische Denken

Man kann den aristotelischen Einfluß auf al-Fa¯ra¯bı¯ besonders durch seine Schrift „Die Nikomachische Ethik“ sofort erkennen, die al-Fa¯ra¯bı¯ kommentiert. Aristoteles geht in dieser Schrift ausführlich auf die Bestimmung der Glückseligkeit ein. Auf die Frage, ob die Glückseligkeit um ihrer selbst willen oder wegen eines anderen Zieles erstrebt wird, antwortet er, daß die Glückseligkeit immer um ihrer selbst willen und niemals wegen einer anderen Sache das Endziel menschlichen Handelns ist: „teleiteron dþ lffgomen t kaq3 a¢t diwktn to‰ di3 teron ka½ t mhdffpote di3 ˝llo aretn t n hka½i kaq3 a¢tÞ ka½ di3 a't aret n, ka½ pl @ d¼ tffleion t kaq3 a¢t aretn ⁄e½ ka½ mhdffpote di3 ˝llo“ 145 . Sie ist ferner das, was selbstgenügsam ist, und dasjenige, was das Leben für sich allein erstrebenswert macht und mitnichten einer anderen Sache bedürftig ist: „t d3 a tarke@ tfflqemen ˚ monoÐmenon aretn poie… tn bfflon ka½ mhden@ ¥nde”‡ toio‰ton dþ t¼n e'daimonfflan o§meqa e nai“ 146 . Sie scheint etwas Vollkommenes und Selbstgenügsames zu sein, daß sie das oberste Ziel aller Handlungen ist: „tffleion dffi ti fafflnetai ka½ a tarke@ e'daimonffla, t n prakt n oªsa tfflo@“ 147 . Glückseligkeit ist durch tugendhaftes Verhalten zu erlangen. Wie später bei al-Fa¯ra¯bı¯, betrachtet Aristoteles die Glückseligkeit als das Beste, das Schönste und das Angenehmste: „˝riston ˝ra ka½ k€lliston ka½ `diston e'daimonffla“ 148 . Glückseligkeit ist kein Gottesgeschenk, sondern sie ist durch die Tugend erreichbar, sei es mit oder ohne Freude: „meq3 don»@ ˇ o'k ˝neu don»@“ 149 . Die tugendhaften Handlungen aber sind meistens mit Freude verbunden, und es gibt keinen guten Menschen, der sich nicht über die schönen und tugendhaften Handlungen freut: „toia‰tai d3 a kat3 ⁄ret¼n pr€xei@, ¯ste ka½ toÐtoi@ e§s½n

de…ai ka½ kaq3 a¢t€@. o'dþn d¼ prosde…tai t»@ don»@ ¡ bfflo@ a't n ¯sper peri€ptou tin@, ⁄ll3 ˛cei t¼n don¼n ¥n aut† . pr@ to…@ e§rhmffnoi@ gÞr o'd3 ¥st½n ⁄gaq@ ¡ m¼ cafflrwn ta…@ kala…@ pr€xesin“ 150 . Denn Glückseligkeit setzt, wie auch später bei al-Fa¯ra¯bı¯, Handlungen aus freiem Willen und guter Überlegung voraus. Denn es gibt keine Entscheidung, die nicht mit Vernunft und Überlegung geschieht: „ gÞr proafflresi@ metÞ lgou ka½ dianoffla@“ 151 . Eine Handlung aus freiem Willen und guter Überlegung ist weder bei Kindern noch bei anderen Lebewesen möglich: „o te bo‰n o te ´ppon o te ˝llo t n z†ðwn o'dþn e daimon lffgomen“ 152 .

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Demnach ist Glückseligkeit dann möglich, wenn ein verantwortetes, vernunftgemäßes und tugendhaftes Handeln vollzogen wird. Denn Entscheidung und gute Überlegung sind Merkmale eines reifen, vernünftigen Menschen, wie dies auch al-Fa¯ra¯bı¯ darlegt. Die Bestimmung der Tugend bei al-Fa¯ra¯bı¯ als die Mitte zwischen zwei Extremen, Übermaß und Mangel „ifra¯t wa-tafrı¯t“ beruht auf der aristotelischen Bestim˙ ˙ meint Aristoteles, daß die Tugend die mung in der „Nikomachischen Ethik“. Dort Mitte zwischen diesen beiden Extremen bildet. Übermaß, Mangel und Mitte beziehen sich auf Handlungen, die Tugend auf Leidenschaften, bei denen das Übermaß ein Fehler ist, der Mangel getadelt wird und die Mitte gelobt und für richtig gehalten wird: „ d3 ⁄ret¼ per½ p€qh ka½ pr€xei@ ¥stffln, ¥n o@ mþn ¢perbol¼

mart€netai ka½ ˛lleivi@, t dþ mffson ¥paine…tai ka½ katorqo‰tai‡ ta‰ta d3 ˝mfw t»@ ⁄ret»@. mesth@ ti@ ˝ra ¥st½n ⁄retffi, stocastikffi ge oªsa to‰ mffsou“ 153 . Die Beispiele, die al-Fa¯ra¯bı¯ zur Verdeutlichung der erwähnten Bestimmung der Tugend verwendet, ähneln solchen, die von Aristoteles erwähnt werden, wie zum Beispiel die Tapferkeit, die Großzügigkeit und so weiter 154 . Auch in der Aufteilung der Tugenden in verstandesmäßige und erlernbare folgt al-Fa¯ra¯bı¯ Aristoteles, fügt aber in diesem Zusammenhang die theoretischen Tugenden hinzu, welche die Wissenschaften sind, die zum Teil gegeben, zum anderen erworben sind: „ditt»@ d¼ t»@ ⁄ret»@ o sh@, t»@ mþn dianotik»@ t»@ dþ ƒqik»@, ƒ mþn dianohtik¼ t ple…on ¥k didaskalffla@ ˛cei ka½ t¼n gffnesin ka½ t¼n a xhsin.“ 155 Zwar besitzen wir als vernünftige Wesen die Anlage zur Tugend, jedoch sind die ganzen ethischen Charaktereigenschaften durch Erlernen und Gewohnheit zu erwerben. Darin stimmen beide Philosophen überein. Dies sind die wichtigsten Punkte der Übereinstimmung zwischen al-Fa¯ra¯bı¯ und Aristoteles, welche uns verdeutlichen, wie eng die Beziehung zwischen den beiden Philosophen ist. Jedoch unterscheiden sich beide Philosophen im wesentlichen dadurch, daß al-Fa¯ra¯bı¯ als islamischer Philosoph seine Ethik und damit sein Verständnis von der Glückseligkeit von der Notwendigkeit eines ersten Existierenden ableitet, der als Quelle für den aktiven Verstand gilt und von dem alles andere ausgeht 156 : „Seine (des Ersten) Substanz ist aber eine solche, daß von ihr alles Sein, wie es auch sei, vollkommen oder mangelhaft, ausströmt“ 157 . So ist das Thema des Ersten das wichtigste, mit dem al-Fa¯ra¯bı¯ seine Abhandlung über die Glückseligkeit und den Musterstaat beginnt 158 . Im Gegensatz dazu fängt Aristoteles seine „Nikomachische Ethik“ mit dem Thema über die menschlichen Tätigkeiten und deren Ziele an 159 . Ferner gewinnt der soziale und politische Aspekt bei al-Fa¯ra¯bı¯ an Bedeutung in der Weise, daß das individuelle und das soziale Element in seiner Lehre eng miteinander verbunden ist. In seiner Emanationstheorie unterscheidet sich auch al-Fa¯ra¯bı¯ von Aristoteles und Plotin hinsichtlich der Anzahl der nus, wie dies F. Dieterici feststellt: „Es ist nicht richtig, daß die Araber ganz sclavisch nur diesen beiden (Aristoteles und Plotin) gefolgt wären, denn Alexander von Afrodisias kennt nur drei nus, al-Kindı¯ aber sowie al-Fa¯ra¯bı¯ kennen deren vier, den potentiellen, actuellen, erworbenen, thaetigen …“ 160 . Obwohl man den Einfluß von Aristoteles auf al-Fa¯ra¯bı¯ deutlich

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erkennt, sind ihre Ausgangspunkte unterschiedlich. Bei al-Fa¯ra¯bı¯ mündet die Frage nach der Glückseligkeit in: a) die Seinslehre, b) die Lehre vom Menschen und c) die Staatslehre, während sie in der platonisch-aristotelischen Philosophie in: a) Individualethik b) Ökonomie, und c) Staatslehre aufgeht 161 . Die beiden philosophischen Richtungen, die islamische, vertreten in diesem Zusammenhang durch al-Fa¯ra¯bı¯, und die platonisch-aristotelische, stimmen darin überein, daß die Stadt als wichtige Trägerin der Kultur, wie zum Beispiel Bag˙da¯d und Athen, die Gesellschaft ist, in der die Glückseligkeit am ehesten zu verwirklichen ist. Jedoch ist die Motivation für die beiden Richtungen zur Verwirklichung des Idealstaates unterschiedlich: Bei Platon und Aristoteles bezieht sich dies auf die griechische Polis und bei al-Fa¯ra¯bı¯ auf das islamische Kalifat zu seiner Lebzeiten. Der Idealstaat in den beiden philosophischen Richtungen weist auf eine reformbedürftige Gesellschaft hin, die zur Zeit von Platon, Aristoteles und al-Fa¯ra¯bı¯ weit entfernt ist von den wichtigsten Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens und der Gerechtigkeit. al-Fa¯ra¯bı¯’s philosophische Tätigkeit findet in einer Zeit statt, als sich das islamische Kalifat zur Zeit der Abbasidenherrschaft, ein großer Vielvölkerstaat, aufzulösen beginnt. Vor allem nationale Bewegungen persischer oder türkischer Herkunft formierten sich mit dem Ziel, sich von Bag˙da¯d zu trennen. Bürgerkriegsähnliche Zustände zwischen den Bewohnern von Hura¯sa¯n und Bag˙da¯d, zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen im Islam,˘ der rationalen (Mu2tazilı¯ten), welche von den 2Abbası¯denherrschern unterstützt wird, und der traditionellen (sunnı¯tischen), religiöse Streitigkeiten, wie etwa der Streit zwischen den Vertretern der beiden Richtungen darüber, ob der Koran erschaffen oder als Gotteswort ewig ist, und nicht zuletzt soziale Ungerechtigkeit und Unruhen durch die Vergabe von großen Lehen an das Militärkorps der 2Abbası¯denherrscher kennzeichnen diese Epoche. Dies sind die Umstände, unter denen al-Fa¯ra¯bı¯ lebt und als Philosoph tätig ist 162 . Die Stadt, von der al-Fa¯ra¯bı¯ spricht, ist in erster Linie Bag˙da¯d mit ihrer Vielfältigkeit auf kulturellem und politischem Gebiet und als Vielvölkerstadt mit ihren Widersprüchen. Auch der Staat, den al-Fa¯ra¯bı¯ meint, ist vor allem das islamische Kalifat, dessen politische Einheit durch den Nationalismus zugrunde zu gehen droht. In den Schriften griechischer Autoren, vor allem Platon und Aristoteles, weist ihr Durst nach sozialer Gerechtigkeit, ihre Achtung vor dem Gesetz, gerechte Verteilung der Macht und genaue Beschreibung der Aufgaben, die den Menschen verschiedener Klassen zukommt, sowie die Sehnsucht nach der Überwindung ethnischer Zugehörigkeit darauf hin, wie schwer die sozialen und politischen Umstände zu ihrer Zeit sind. Auch dies kann man bei den islamischen Autoren feststellen. Jedoch kennzeichnen unterschiedliche Umstände die eine und die andere Gesellschaft. Der Zerfall des islamischen Kalifat in viele ethnische Gruppen wäre ein Rückfall in solche Umstände, von denen Platon und Aristoteles die Griechen befreien wollen entsprechend ihrer Vorstellung vom Idealstaat. c) Wie Platon zieht al-Fa¯ra¯bı¯ eine Analogie zwischen dem Staat und der menschlichen Seele 163. In den politischen Schriften Platons und Aristoteles sind die Auf-

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gaben der Bürger und die Arbeitsaufteilung sehr genau beschrieben. Das Privateigentum und die Ehe werden nicht den Angehörigen des „Herrenstandes“ zugesprochen. Die Stellung der Frau ist ein weiterer wesentlicher Unterschied zu dem, was der Islam und die islamischen Philosophen bejahen. Während vor allem bei Platon die Ehe lediglich auf die niedere Schicht beschränkt ist, was bedeutet, daß die Zeugung von Kindern außerhalb der ehelichen Beziehung zugelassen wird, ist dies im Islam nicht gestattet. Ehelose Kinderzeugung und Gleichstellung von Mann und Frau, all dies dient in den Händen der Regenten zur Festigung ihrer Macht. Dies steht im Widerspruch zum Islam und dessen Kultur und auch zum Denken der hier erwähnten islamischen Philosophen und zu al-Fa¯ra¯bı¯, der nirgends von einer Zuchtwahl nach Wunsch und Bestimmung der Herrscherelite spricht. U. von Wilamowitz-Moellendorff kritisiert diese Haltung Platos mit den Worten: „Denn auf das Leben hat er (Platon) keine Rücksicht genommen, und gerade indem er sie (die Frau) dem Mann gleichstellte, hat er bewiesen, daß er die Frau nicht zu würdigen wußte …“ 164 In starker Anlehnung vor allem an Platon und Aristoteles teilt Abu-3l-Hasan ˙ ¯ mirı¯ (gest. 991 n. Chr.) in seinem großen Werk „as-sa2a¯da wa-3l-is2a¯d“ (Über al-2A die Glückseligkeit und über das, was glückselig macht) die Glückseligkeit in absolute und relative. Absolute Glückseligkeit bedeutet, daß man das Beste von den körperlichen, geistigen und äußeren Gütern erlangt. Ferner soll man das Beste verrichten, und zwar während des ganzen Lebens und unter allen Umständen 165 . Die relative Glückseligkeit bedeutet dies alles nur in bezug auf bestimmte Zeiten und Umstände. Im allgemeinen bedeutet Glückseligkeit die Vollkommenheit der Form, die sich in zweierlei Hinsicht auf den rationalen Teil der Seele bezieht: 1. nämlich einerseits auf die Überlegung, die eine Tätigkeit des Verstandes ist, und 2. auf die Vollkommenheit der theoretischen Vernunft 166 . Demnach bezieht sich Glückseligkeit auf den theoretisch denkenden Teil der Seele, welcher bestrebt ist, zu wissen, was die Seele nicht weiß, um darüber zu reflektieren, nicht aber wegen irgendeiner anderen Sache als wegen des Nachdenkens über das, was gewußt wird 167 . Glückseligkeit ist für sich selbst erstrebbares Ziel, während alle anderen Handlungen wegen anderer Ziele erstrebt werden 168 . Die erste Stufe zur Erlangung des Guten ist die Vermeidung des Bösen, das erstens vom Menschen selbst verursacht und zweitens durch eine fremde Ursache hervorgerufen wird 169 . ¯ mirı¯ die Gründe für Bezugnehmend auf Platon und Aristoteles analysiert al-2A böse Handlungen, die vor allem in schlechter Entscheidung und Überlegung sowie Unwissenheit liegen. Bösartigkeit ist entweder tierisch oder krankhaft bedingt. Ferner treibe eine böse Erziehung den Menschen dazu, böse zu werden. Auch der Glaube daran, daß der materielle Genuß gut sei, könnte ein Grund für böse ¯ mirı¯ auf zwei Gründe zuHandlungen sein 170 . Die bösen Handlungen führt al-2A 171 rück, nämlich auf Unwissenheit und Ungerechtigkeit . Die bösen Handlungen, die ausschließlich auf Unwissenheit zurückgeführt werden, entstehen entweder wenn der vernünftige Teil der Seele durch den begehrenden und erzürnenden beherrscht wird oder wenn diese beiden letzten den Körper

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leiten. Denn weder der begehrende Teil der Seele noch der erzürnende verfügt über Wissen oder Überlegung. Auch die Angewöhnung von schlechten Handlungen wird auf Unwissenheit zurückgeführt. Falsche Hoffnungen sind weitere Gründe für die Ausübung von schlechten Handlungen, wie zum Beispiel die Hoffnung darauf, daß das Schlechte und das Häßliche niemandem schaden beziehungsweise in Verruf bringen würden 172 . Durch Wissen und rechtes Tun gelangt man zur Glückseligkeit 173 . ¯ mirı¯ darauf hin, daß die Solidarität und das Genauso wie al-Fa¯ra¯bı¯ weist al-2A Zusammenwirken der Menschen notwendig sind, um die Glückseligkeit zu erreichen 174 . Mit anderen Worten reichen nicht die individuellen Fähigkeiten aus, um die Glückseligkeit für sich selbst zu realisieren, sondern man ist auf das Mitwirken anderer angewiesen. Das ist der Sinn des Satzes: „Der Mensch ist ein soziales Wesen“, ein „homo sociologicus“ 175 . In Anlehnung an Aristoteles bestimmt er das Schlechte als das, wodurch ein Schaden für eine andere Person entsteht, sei es verbunden mit einem Nutzen für den Urheber selbst oder nicht. Es bedeutet ferner, daß eine Handlung zugunsten von jemandem verrichtet wird, jedoch einen Schaden für einen Dritten hervorrufen könnte 176. Er stimmt mit Aristoteles darin überein, daß das Schöne (auch das Gute genannt) nicht des Lobes, sondern um seiner selbst willen getan werden soll 177 . Die meisten Menschen aber streben in ihren Handlungen nach dem Guten und Nützlichen; sie haben keine Geduld, das Schöne und Tugendhafte zu verwirklichen 178 . In der Bestimmung der Leidenschaften und der Genüsse folgt er vor allem Aristoteles 179 . Der Genuß ist ein seelischer Vorgang, der sich eventuell körperlich ausdrückt. Er gehört also zum wahrnehmenden Teil der Seele und äußert sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich, und je nach den Umständen, unter denen er lebt 180 . Was als eigentlicher Genuß für den Menschen gilt, ist der geistige, welcher sich auf das Wissen bezieht 181 . Der Genuß des Wissens überragt sogar den des ¯ miri ausdrücklich Bezug auf Sieges und der Machtausübung182 . Dabei nimmt al-2A 183 Platon und Aristoteles . Medizinisch-philosophisch interpretiert er den Schmerz, indem er Bezug auf Galenos nimmt, das heißt als einen Zustand, in dem sich der Körper außerhalb des Rahmens seines natürlichen Zustandes befindet. Gesundheit ist die Rückkehr des Körpers zu seinem natürlichen Zustand184 . Darin stimmen nach Meinung al¯ mirı¯’s Aristoteles, Galenos und Porphyrios überein. Lediglich unterscheiden sie 2A sich in der Ausdrucksweise. Demnach ist Glückseligkeit der Ausdruck einer Harmonie von Leib und Seele, die von jeglicher Störung frei ist 185 . Sie ist eine vollendete Haltung, xi@. Die Vollendung seiner selbst geschieht durch die Beschäftigung mit den Wissenschaften, an deren Spitze die mathematischen Wissenschaften sowie die Musik stehen und deren Ende die Dialektik bildet 186 . Durch die Beschäftigung mit diesen Wissenschaften beseitigt man Gemeinheit, Niedrigkeit, Trauer und Kummer. Man wird dann sanft und ruhig, indem die Liebe zum Geld, zur Macht, zur Gewinnsucht und zu allen übrigen negativen Eigenschaften aus dem Herzen verbannt wird 187 . ¯ mirı¯’s gilt als ein Kompendium der griechischen Ethik auf islaDas Werk al-2A

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mischem Boden. Es werden aber nicht nur die Meinungen von Platon und Aristoteles, sondern auch die von Galenos, Zenon, Porphyrios und Themistios erwähnt, analysiert und beurteilt. Der aristotelische Einfluß, vor allem der durch die „Nikomachische Ethik“ (EN), ist besonders deutlich. Auch von anderen Schriften Aristoteles’ wie „Über die Seele“ und „Über den Syllogismus“, die er kommentiert, ist der islamische Philosoph beeinflußt 188 . ¯ mirı¯ unter anderem auf die BestimIm zweiten Teil seines Werkes geht al-2A mung der Tugend, des tugendhaften Menschen und der guten Charaktereigenschaften wie Tapferkeit, Selbstbeherrschung und Gerechtigkeit ein. Nach seiner Ansicht werden die Tugenden in vier Arten zusammengefaßt: Weisheit, Tapferkeit, Enthaltsamkeit und Gerechtigkeit. Dies kommt auch bei Platon und Aristoteles vor. Die Gerechtigkeit schließt alle diese Tugenden in sich ein. Sie bedeutet im Hinblick auf die Tätigkeit des Menschen, daß die Kräfte, die sein Verhalten dirigieren, nämlich die begehrende, die erzürnende und die denkende, in dem Sinne zueinander harmonisch stehen, daß jede dieser Kräfte auf ihrem Bereich wirkt, wie es sein soll. Die Denkkraft soll die Oberhand über die beiden übrigen haben, ihnen Gebote und Verbote erteilen und sie beide zum Guten hin motivieren 189 . Das mittlere Maß bleibt auch bei diesem Philosophen die Grundlage für das Erkennen eines tugendhaften Verhaltens. Das ganze Übel entsteht, wenn das mitt¯ mirı¯ auf die Bestimmung der lere Maß aufgehoben wird 190 . Hiernach geht al-2A oben erwähnten Kardinaltugenden ein, wobei das mittlere Maß, wie bei Aristoteles und al-Fa¯ra¯bı¯, die Grundlage dieser Bestimmung bildet. ¯ mirı¯’s ein selbständiges Kapitel gewidmet. Der Selbstachtung wird im Werk al-2A Sie bezieht sich auf beide Teile des Menschen, Leib und Seele. Die Selbstachtung für eine krankhafte und niedrige Seele besteht darin, daß man sie von den Leidenschaften und von schlechten Handlungen fernhält. Durch Verrichtung der Gottesdienste, Aneignung der guten Charaktereigenschaften, des Wissens und der Weisheitsregeln, das sind die Gebote der Vernunft, wird eine solche Seele von ihrer Krankheit befreit und zur Glückseligkeit geführt. Für eine tugendhafte Seele hingegen bedeutet die Selbstachtung, sie zu schätzen, harmonisch mit ihr zu leben und sie bei der Verrichtung tugendhafter Handlungen zu unterstützen. Mit Recht soll die Selbstliebe getadelt werden, wenn man nach den Genüssen und der materiellen Befriedigung strebt 191 . ¯ mirı¯ auf die Politik ein. Wie al-Fa¯ra¯bı¯ Im dritten Teil seines Werkes geht al-2A sieht er als eine der Hauptaufgaben der Staatsführung, daß sie die Bürger zu dem verhilft, worin ihr Glück besteht. Nicht nur das allgemeine Wohl (as-sa¯lih al˙ ˙ ˙ gerich2a¯mm), das manchmal gegen die Interessen einzelner Bürger oder Gruppen tet ist, sondern das Wohl jedes einzelnen Bürgers soll das Ziel der Politik sein, soweit dies in seiner Zeit möglich ist: sala¯h al-ha¯l li-kull wa¯hid min an-na¯s bi-qadr ˙ ˙ ˙ ˙ ma¯ yumkinu fı¯hi fı¯ waqtihi. Eine der primären Aufgaben der Staatsführung ist die Aneignung der materiellen (wörtl. bahı¯mı¯ya: tierisch) Güter, wie Gesundheit, Schönheit, Macht und Wohlstand, der nicht in der Anhäufung von Reichtum, sondern in dessen Verwendung besteht. Darauf soll sie sich um die Verwirklichung der geistigen Güter be-

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mühen, wie Enthaltsamkeit, Tapferkeit, Weisheit und Gerechtigkeit. Ferner soll die Staatsführung das Böse abwenden. Das sind die Hauptaufgaben der Staatsführung. Darin ist der islamische Philosoph mit Platon und Aristoteles einig. Die ersten Güter führen zu den zweiten, diese wiederum zu den göttlichen, welche in der Vollkommenheit der zurechtweisenden Vernunft liegen 192 . Aristote¯ mirı¯ in diesem Zusammenhang auch, daß jedes Lebelisch beeinflußt, erklärt al-2A wesen und auch jedes Werk nach Maßstäben der Vollkommenheit strebt beziehungsweise getan wird. Beim Menschen besteht die Vollkommenheit in bezug auf seine Vernunft, durch die er sich von den übrigen Lebewesen unterscheidet 193 . Diese Fähigkeit ist nicht nur im Menschen der Möglichkeit, sondern auch der Wirklichkeit nach gelegt. Deshalb muß er sich selbst und andere leiten. Denn er kann nur in der Praxis, das heißt im Handeln nachweisen, daß er vernünftig ist. Der Begriff „sa¯sa“ heißt „zurechtweisen“, „bändigen“, „regulieren“. Politik „assiya¯sa“ bedeutet demnach im Arabischen, die Lage der Bürger zu verbessern und in Ordnung zu bringen. Darin stimmt der philosophische mit dem sprachlichen Gebrauch überein 194 , s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 6, S. 108 f. su¯s: Gesinnung oder ˙ Charaktereigenschaft wird aus demselben Stamm abgeleitet, s. a. a. O. Daraus geht hervor, daß die Staatsführung eine große Verantwortung für das übernimmt, was die Bürger glückselig macht. Der Weg dorthin sind die Gesetze, die auf der Vernunft beruhen. Die Grundlage dafür lautet: „alles, was die Vernunft gut heißt, ist gut, und alles, was sie mißbilligt, ist schlecht“. In Anlehnung an Platon und Aristoteles weist der islamische Philosoph außerdem auf die Bedeutung der überlieferten Sitten und Gebräuche hin, wenn sie allgemeingültig sind 195 . Es muß also allgemein geltende Gesetze im Staat geben, an die sich die Bürger gebunden fühlen. Denn die Meinungsverschiedenheit unter den Bürgern eines ¯ mirı¯ die Ansicht, und desselben Landes führt zum Abgrund 196 . Ferner vertritt al-2A daß die Vernunft nicht nur der Grund der Weisheit und des Rechts, die Quelle jedes Wissens, sondern auch das Gesetz der Seele ist, die ihr dient. Durch ihre Stellung als Dienerin der Vernunft brennt ihr Licht und nimmt zu. Wenn sie aber ihren Dienst für die Vernunft unterläßt, senkt sich ihr Licht und ihre Ehre verringert sich, wodurch sie unter Unwissenheit leidet. Mit Platon und Aristoteles stimmt der islamische Philosoph weiter hin darin überein, daß das Gesetz höher steht als der Herrscher, der seine Macht von diesem ableitet. Dabei nimmt er Bezug auf Aristoteles, der der Ansicht ist, daß das Gesetz Herrscher aller Herrscher ist. Das Gesetz erteilt allgemeine Grundsätze, durch welche die einzelnen Fälle beurteilt werden 197 . Ferner erkennt man durch das Gesetz der Vernunft das Schädliche, das Nützliche, das Schöne und das Häßliche 198. Das Gesetz wird sich, wie auch Aristoteles meint, erst in der Praxis bewehren. Dies kommt zustande, wenn es einen Staatsmann gibt, der die Bürger dazu ver¯ mirı¯ die Notwendigkeit anlaßt, die Gesetze zu respektieren 199 . Daraus leitet al-2A der Existenz des Staates als ein natürliches Phänomen ab, weil sich der Mensch nicht ohne Teilnahme an gesellschaftlichen Geschehnissen tugendhaft verhalten kann. Tugendhaftes Verhalten setzt also soziales, nach Gesetzen geordnetes menschliches Zusammenleben voraus 200. ¯ mirı¯ die Eigenschaften des StaatsIn diesem Zusammenhang beschreibt al-2A

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mannes, die für die Verwirklichung des Glückes erforderlich sind. Er soll nicht nur weise, sondern in der Weisheit fest verankert sein. Ferner soll er Zurückhaltung ausüben, damit er sich Klarheit über die Dinge verschafft, bevor er ein Urteil fällt. Er muß im Besitz des Wissens über die Geschichte der Nationen und der vergangenen Völker sein. Nicht nur über Geschichtserkenntnisse, sondern auch über die Kenntnisse der mathematischen Wissenschaften, wie Arithmetik und Geometrie, sowie Musik muß er verfügen, insofern solche Wissenschaften die Führungskraft stärken 201 . Tapferkeit und Bescheidenheit sollen weitere wichtige Eigenschaften des Staatsmannes sein, damit er nicht vor großen Taten zurückschreckt und die Schwachen sich bei ihm kein Gehör verschaffen können 202 . Er darf ferner weder ein Greis, dessen Geduld schnell zu Ende geht, noch ein sehr junger Mensch, dem es an Erfahrung mangelt, sondern er sollte zwischen fünfunddreißig und fünfzig Jahre alt sein, das heißt nicht nur über die Tugenden Bescheid wissen, sondern sie tatsächlich in seinem Leben praktiziert haben203 . Der islamische Philosoph übernimmt den Vergleich, den Aristoteles macht, daß nämlich der Staatsmann in seinem Verhältnis zu den Bürgern dem Geist in seinem Verhältnis zum Körper und dem Haupt zu den Gliedern ähnlich ist 204 . Wie kann das Glück erreicht werden? Das ist die Frage nach der Art und Weise wie man von seiten des Staates Politik macht und wie man regiert. Ferner ist diese Frage mit dem Sinn und den Zielen der ¯ mirı¯ beschreibt diesen Weg nach seiner Vorstellung von Politik verbunden. al-2A einer erfolgreichen politischen Führung in einer einfachen Weise, die kaum von der Vorstellung eines gegenwärtigen Bürgers abweicht. Man fängt mit den primären, den materiellen Zielen an, welche sich auf Gesundheit, Schönheit und Macht beziehen. Die Aufgabe der Staatsführung besteht darin, den Menschen bei ihrem Streben nach Glück zu helfen, indem sie fähige Leute damit beauftragt, solche Ziele in der bestmöglichen Weise zu verwirklichen. ¯ mirı¯ – ist nicht nur zu regieren, sonDenn das Ziel des Politikers – so meint al-2A dern in der bestmöglichen Weise „husn at-tasarruf“ zu regieren, insofern die Auf˙ ˙ gabe der Staatsführung darin besteht, die gesunden Körper zu bilden und sie zu erziehen, damit unter anderem mit deren Hilfe die Macht erlangt werden kann. Darauf folgen die geistigen Ziele, nämlich die Ausbildung der Seelen, ihre Förderung durch die Berufe, die Wissenschaften und die Künste 205. Ferner soll der Staatsmann die Menschen dazu auffordern, freundlich miteinander umzugehen, Neid, Eifer, Streit und Uneinigkeit zu unterlassen 206 . ¯ mirı¯ vertritt die Ansicht, daß es Form und Materie für die Glückseligkeit al-2A gibt. In bezug auf die Bildung sind die Körper die Materie, die Gesundheit, die Schönheit und Kraft bilden die Form. Das Instrument dafür ist die Nahrung. In bezug auf die Erziehung bilden die Seelen die Materie, die Tugend ist die Form. Die geistige Bildung und die Gewohnheit sind das Instrument. Die Materie im Hinblick auf das Regieren und die Verpflichtung (der Bürger) sind die Umstände und die Haltungen, die Formen sind die erworbenen Güter und das Instrument sind Anreiz, Ermahnung, Zwang und Strenge 207. Die politischen Regeln als Mittel zur Verwirklichung des Glücks unterscheiden

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sich je nach Gruppe, Beruf und Geschlecht und hängen davon ab, ob sich der Staat im Friedens – oder Kriegszustand befindet 208 . ¯ mirı¯ vor allem der ErzieIn den letzten Teilen seiner Schrift widmet sich al-2A hung von Kindern und Jugendlichen, indem er arabische und islamische Sitten mit der griechischen Ethik verbindet. Grundlagen dieser Erziehung bestehen darin, die Jugendlichen dazu zu veranlassen, sich das Gute und die guten Eigenschaften anzueignen, die schlechten Charakterzüge wie Lüge, Gier, Untreue, Feigheit und Unwissenheit zu verachten, und die Sitten, die Tradition und die Politik (als die Wissenschaft von der Staatsführung) zu lieben. Es soll ihnen ferner dargelegt werden, daß das ganze Übel in der Widerspenstigkeit und dem Ungehorsam liegt. Sie müssen ferner an Schwierigkeiten und Mühsal bei der Aneignung der guten Eigenschaften, des Schönen und des Nüzlichen gewöhnt werden. Sogar Regeln und Sitten, die zum Schlafen, Essen und Trinken und überhaupt solche, die zum gesun¯ mirı¯ bei der Erziehung von Kindern und Jugendden Leben führen, erwähnt al-2A 209 . lichen Der Unterschied zwischen Erziehung und Politik scheint nach Ansicht al¯ mirı¯’s darin zu liegen, daß die Erziehung dem einzelnen Menschen dazu verhilft, 2A die guten Charaktereigenschaften und Handlungen als Dauerzustand und Gewohnheit anzusehen, wohingegen sich die Politik hauptsächlich auf das Verhalten der Staatsführung bezieht, um den Menschen glückselig zu machen 210 . ¯ mirı¯’s über die Glückseligkeit verschiedene DenkZwar fließen in das Werk al-2A strömungen neben der griechischen ein, jedoch bleibt das griechische Denken in seiner Philosophie bestimmend. Wichtige Themen, die in diesem Zusammenhang noch dazu erwähnt werden, wie die freie Wahl, die Überlegung und die Beratung, werden mit persischem und islamischem Gedankengut untermauert 211 . Der Gerechtigkeit und ihrer Bedeutung im Islam in der prophetischen Überlieferung und ¯ mirı¯ ein ganzes Kapitel 212 . im Verhalten der islamischen Kalifen widmet al-2A Unter den griechischen Autoren ist das aristotelische Denken in dem Werk von ¯ mirı¯ von großer Bedeutung. Fast auf jeder Seite wird Aristoteles erwähnt, wie al-2A dies auch der Herausgeber der Schrift Mojtaba Minovi feststellt 213 . ¯ mirı¯’s war, vertrat ibn-Sı¯na¯ (Avicenna), 980–1037 n. Chr., der Zeitgenosse al-2A kaum andere Ansichten über die Glückseligkeit im Hinblick auf ihre Bestimmung, die Voraussetzung ihrer Verwirklichung und die Tugendbestimmung als die beiden ¯ mirı¯ 214 . In erwähnten Philosophen und Aristotelesanhänger al-Fa¯ra¯bı¯ und al-2A diesem Zusammenhang wird lediglich der jenseitige Aspekt erwähnt, der der Glückseligkeit ein wahrhaftiges Merkmal verleiht. Man kann hoffen, die jenseitige Glückseligkeit durch Gottesdienste und Seelenreinigung zu erlangen. Eine solche Reinigung kann durch Ablegen von körperbedingten Charaktereigenschaften und die Aneignung von Charaktereigenschaften, entstanden durch Handlungen, die die Seele von der Dominanz des Körpers befreien und sie an ihre göttliche Herkunft erinnern, erreicht werden. Aus dem Kapitel „Über die Bedeutung der Gottesdienste und ihre Nützlichkeit für das Dies- und Jenseits“ sind zweierlei festzuhalten: a) Avicenna hebt im allgemeinen zwar die Bedeutung der Gottesdienste hervor, aber nur für die Masse

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der Menschen, nicht jedoch für die Gebildeten. b) Mit den praktischen Übungen und durch die Aneignung von Charaktereigenschaften kann jeder, der allgemein an Gott glaubt, die jenseitige Glückseligkeit erlangen, auch dann, wenn er nicht an den Islam glaubt. Lediglich kommt ein Muslim eher zum Ziel als ein anderer 215. Platonische und aristotelische Denkelemente verbunden mit den islamischen bestimmen Avicennas Denken über die Tugend als das mittlere Maß, welches sich auf Handlungen bezieht, die vom Verstand, von dem Willen und von der Begierde ausgehen. Die guten Charaktereigenschaften, die daraus entstehen, sind insgesamt praktisch und der Gerechtigkeit unterzuordnen. Wer zusätzlich prophetische Charakterzüge und theoretische Weisheit besitzt, verdient ferner angebetet und als Stellvertreter Gottes angesehen zu werden 216 . Der Gedanke, daß ein so beschaffener Mensch ein Stellvertreter Gottes ist, stammt aus dem Koran 217 . Im ersten Korantext aus Sure zwei ist nicht nur Adam, sondern die Menschengattung im allgemeinen gemeint, die hier durch Adam vertreten ist. In seiner Antwort auf die Engel verweist Gott auf seine Weisheit, als er den Engeln befahl, sich vor Adam aus Ehrerbietung niederzuwerfen. Denn nach dem Schöpfungsplan Gottes verkörpert diese Gattung in sich auch gute Charaktereigenschaften wie vor allem Wissen, Gottesfurcht und Gerechtigkeit. In dem anderen Text aus Sure achtunddreißig ist der Befehl Gottes an die Herrscher enthalten, nach Gerechtigkeit zu regieren, ansonsten bekommen sie eine harte Strafe 218. Durch diese Gedanken, nämlich durch den Glauben an die Prophetie, durch die Ablehnung der Gemeinschaft in bezug auf Frauen und Kinder 219 , durch die Ablehnung der Beseitigung von Mißgeborenen, um die Reinheit des Geschlechts zu erhalten 220 , durch die Bejahung des Privateigentums, durch ihre Bildungsideale und nicht zuletzt durch das Solidaritätsprinzip, das das politische Denken im Islam beherrscht, unterscheiden sich die islamischen Philosophen in ihrer Vorstellung vom Idealstaat der griechischen Philosophen. Es liegt darin nichts verwunderliches, insofern ihr Humanismus im Unterschied zu dem griechischen ein Humanismus ist, der auf dem monotheistischen Glauben beruht. Was heißt Gebet und was bedeutet Gottesdienst bei Avicenna? Gebet bedeutet nach seiner Ansicht, daß die vernünftige menschliche Seele sich den himmlichen Sphären annähert. Der Gottesdienst bedeutet nach seiner Ansicht die Erkenntnis des an sich notwendig Existenten, und das Gebet als Stütze der Religion, wie der Prophet Muhammad sagt, bedeutet Reinigung der mensch˙ lichen Seele von den satanischen Betrübnissen und den menschlichen Neigungen sowie das Sich-Abwenden von den diesseitigen Beschäftigungen, um sich der ersten Ursache zuzuwenden. Darin liegt die religiöse und ethische Funktion des Gebets. In dem koranischen Vers „Und ich habe die Dschinn und Menschen nur dazu geschaffen, daß sie mir dienen“ bedeutet „dienen“ „um mich zu erkennen“. Gottesdienst bedeutet nach Avicenna das Erkennen des an sich notwendig Existenten, nämlich Gottes und die Huldigung seiner Eigenschaften 221 . In der Aufteilung des Gebetes in einen äußeren Teil, das sind die Bewegungen des Körpers, und einen inneren, das ist das innere Betrachten und Anschauen des Göttlichen, liegt eine Abwertung des ersten rituellen und überlieferten Teils gegenüber dem rationalen Schauen 222 . Denn wie könnte man nach seiner Meinung

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mit Gott eine vertrauliche Unterhaltung (muna¯ˇga¯t) durch äußere Körperbewegung haben? Das ist das Unmögliche aller Unmöglichkeiten 223 . Eine vertrauliche Unterhaltung mit Gott kann man nur durch intellektuelle Anstrengung erlangen. Also bedeutet ein wahrhaftiges Gebet die Anschauung des Göttlichen und des Wahren. Der reine Gottesdienst bedeutet die Liebe zu Gott und das Schauen der geistigen Dinge (ar-ru’ya 3r-ru¯ha¯nı¯ya) 224 . Wer ein solches Gebet führt, das auf der ˙ Göttlichen beruht, rettet sich von seinen tieriintellektuellen Anschauung des schen Leidenschaften und erlangt die höheren Stufen der Vernunft. Ein solcher Mensch ist in der Lage, von dem ewigen Wissen zu schöpfen 225 . Als Beleg für diese philosophisch-ethische Interpretation führt Avicenna den koranischen Vers: „Und verrichte das Gebet! Das Gebet verbietet (zu tun), was abscheulich und verwerflich ist“ 226 . Auf den ersten Seiten seines Hauptwerkes über die Ethik „tahdı¯b al-ahla¯q“ (Die ˘ ¯ Erziehung der Charaktereigenschaften) bestimmt ibn-Miskawaih (gest. 1030 n. Chr.), ein älterer Zeitgenosse von Avicenna und einer seiner Gesprächspartner, die menschliche Tätigkeit durch ihre wichtigen Unterscheidungsmerkmale: Vernunft, Verstand und freie Wahl 227 . Das Ziel der menschlichen Existenz ist die Aneignung des Guten, wodurch man glückselig sein kann. Der Mensch unterscheidet sich von allen übrigen Kreaturen durch ein bestimmtes Verhalten, das auf Unterscheidungsvermögen, Überlegung und freier Wahl beruht. Wer also über ein gutes und gesundes Unterscheidungsvermögen verfügt, treffende Überlegungen anstellt und durch seine freie Wahl das beste trifft, ist vollkommen in seiner Menschlichkeit. Wer sich aber in bezug auf alle diese drei schlecht verhält, gerät auf die Stufe der Tierheit ähnlich einem Pferd, das der Fähigkeit zum Rennen beraubt und zu einem Lasttier heruntergestuft wird 228 . In dieser Beschreibunng der menschlichen Tätigkeit und deren Ziel ist der aristotelische Einfluß unverkennbar, wie schon dargelegt worden ist. Wie al-Fa¯ra¯bı¯ legt ibn-Miskawaih großen Wert auf die Solidarität der Menschen, um das höchste Ziel menschlicher Tätigkeit, das ist die Glückseligkeit, zu erlangen. Der Mensch soll also seine Vollkommenheit in der Vollkommenheit eines jeden anderen sehen. Dies ähnelt den Gliedmaßen, deren Vollkommenheit in der des ganzen Körpers, nicht aber in der einzelnen Vollkommenheit besteht. ibn-Miskawaih, der sich gleichzeitig mit Medizin und Pharmakologie beschäftigte, der als Begründer der philosophischen Ethik im Islam gilt, bestimmt den Gegenstand der ethischen Wissenschaften als die Beschäftigung mit den Fähigkeiten des Menschen: 1. als vernünftiges Wesen, 2. als ein Wesen, das mit der Begierde behaftet ist und 3. als ein Wesen, dessen Handlungen zum Teil aus Wut geschehen. Kopf, Leber und Herz sind die Sitze dieser Fähigkeiten. Auch die Handlungen, die von diesen Fähigkeiten ausgehen, seien sie gut oder schlecht, sind Gegenstand der philosophischen Ethik 229 . Aus der Mäßigung dieser Fähigkeiten entstehen Tugenden, die in vier Haupttugenden zusammengefaßt werden. Es sind: Weisheit, Enthaltsamkeit, Tapferkeit und Gerechtigkeit. Ihre Gegenteile sind: Unwissenheit, Gier, Feigheit und Unrecht 230 . Aus den schlechten Charaktereigenschaften können seelische Krankhei-

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ten entstehen, wie Furcht, Trauer und Wut. Wie die bereits erwähnten Aristoteliker bestimmt ibn-Miskawaih die Tugend als das mittlere Maß zwischen zwei Extremen. Denn die Extreme sind schlecht und beziehen sich auf schlechte Handlungen, Umstände und Motivationen. Deswegen sollen wir nach dem mittleren Maß streben, was eine der größten Schwierigkeiten ausmacht. Es folgt die Bestimmung des mittleren Maßes für die erwähnten Tugenden und der Unterordnung der daraus entstandenen Tugenden unter jeder dieser Haupttugenden. Die ethische Gesinnung ist nach Ansicht von ibn-Miskawaih nicht angeboren, sondern die Summe des Zusammenwirkens vor allem von Erziehung und Ratschlägen. Der Mensch hat von Natur aus lediglich die Fähigkeit dazu, sie anzunehmen. Die Meinung, daß die ethische Gesinnung angeboren ist, hebt die Bedeutung dieser Zusammenhänge sowie die des Unterscheidungsvermögens auf. Nach einer historischen Betrachtung der ethischen Gesinnung bei den Epikureern, Galenos und Aristoteles kommt der islamische Philosoph zu einer Bestimmung der ethischen Gesinnung in Form eines aristotelischen Syllogismus, der folgendermaßen lautet: Jede Charaktereigenschaft ist veränderbar, und alles, was veränderbar ist, kann nicht angeboren sein. Also ist keine der Charaktereigenschaften angeboren 231 . Auf die Bedeutung der Gesetzgebung (asˇ-sˇarı¯2a), der Erziehung und die Befolgung ihrer Regeln weist ibn-Miskawaih hin. Bei der Erziehung der Fähigkeiten des Menschen geht er auf die Bedeutung der Nahrung und Bekleidung sowie auf Umgangsregeln ein, die besonders für die Erziehung von Kindern und jungen Menschen wichtig sind. Die Nahrung ähnelt einem Medikament. Man sollte sich mit dem begnügen, was die Gesundheit und den Hunger vertreibt. Denn man kann die Medikamente nicht aus Genuß oder Leidenschaft einnehmen, und so verhält es sich auch mit der Nahrung 232 . Glückseligkeit liegt in der Vollkommenheit des Menschen, welche in der Einheit von theoretischem und praktischem Wissen besteht. Keineswegs liegt Glückseligkeit nur in der Befriedigung materieller Bedürfnisse. Denn darin hat der Mensch eine Gemeinsamkeit nicht nur mit den Tieren, sondern auch mit den niedrigsten aller Kreaturen, wie mit den Würmern 233 . ibn-Miskawaih widmet einen wichtigen Teil seines Werkes der Analyse und Erziehung der Fähigkeiten des Menschen zum Denken, zum Begehren und zur Wut. Dabei werden vor allem aristotelische und islamische Denkelemente miteinander verbunden. Ausdrücklich erwähnt er, daß er in seinem Werk die aristotelische Philosophie, insbesondere „Die Nikomachische Ethik“ und deren Interpretation, vor allem durch Porphyrios, als Grundlage für sein Philosophieren aufnimmt 234 . In der Bestimmung des höchsten Gutes, der Glückseligkeit und der einzelnen Tugenden erscheint der Einfluß von Aristoteles sehr deutlich. Jedoch behandelt der islamische Philosoph an verschiedenen Stellen islamische Themen, wie etwa die Bedeutung des Kalifen und seine Aufgaben 235 , die Pflichten des Menschen seinem Schöpfer gegenüber 236 und die Gründe für die Abwendung des Menschen von Gott 237 sowie der Aufruf des islamischen Gesetzes zur Liebe und zum freundlichen Umgang der Menschen miteinander 238 .

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Die Nikomachische Ethik (EN) in arabischer Übersetzung

Vor mehr als tausend Jahren kannten islamische Philosophen unter anderem die drei ethischen Hauptwerke von Aristoteles: die Eudämische Ethik, die Magna Moralia und die Nikomachische Ethik. Die ersten zwei Schriften wurden von Hunain-ibn-Isha¯q und die letzte vielleicht auch von ihm, aber wahrscheinlich von ˙ ˙ a¯q ins Arabische übersetzt 239 . seinem Sohn Ish ˙ ibn-Rusˇd (Averroes, gest. 595 n. H./1198 n. Chr.) schrieb einen kurzen Kommentar zu der arabischen Übersetzung, der von Hermanus Alemannus (gest. 1272 n. Chr.) ins Lateinische übersetzt wurde. Gemeinsam mit anderen Kommentaren von Averroes zu den Werken Aristoteles’ wurde dieser Kommentar in Venedig im Jahre 1560 n. Chr. unter dem Titel: „Opera omnia Aristoteles Averroes Cordobensis … Commentaria, t. III ff., 180–1318 v. Venise, 1560“ gedruckt 240 . Eine Summa Alexandrinorum wurde ferner von ihm im Jahre 1243 n. Chr. aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt 241 . Die lateinische Übersetzung des Kommentars von Averroes zu der Nikomachischen Ethik ist nach den Angaben von Steinschneider ohne Namen des Übersetzers seit 1483 n. Chr. in den Ausgaben des Aristoteles vorhanden 242 . Sie wurde von Roger Bacon (1214–1294) verwendet, wie dies aus einer seiner Bemerkungen hervorgeht. Ferner beeinflußte sie die Arbeiten von Albertus Magnus (1193/ 1207–1280) 243 . Derselbe Kommentar von Averroes wurde ferner von Samuel ben Jehuda aus Marseille ins Hebräische im Jahre 1321 n. Chr. übersetzt 244 . Von den griechischen Handschriften zu der EN sind nach Angaben von Badawı¯ neunundneunzig vollständige erhalten, und zwanzig Handschriften überlieferten teilweise vollständige Aufsätze, teilweise Bruchstücke des Textes 245. Die arabische Übersetzung beruht nach Badawı¯ auf einer der ältesten und genauesten griechischen Handschriften. Die Handschrift dieser Übersetzung wurde in Fez (Marokko) entdeckt. Sie befand sich in der Qarawiyı¯n Library in zwei Teilen. Der zweite Teil wurde zuerst von A. J. Arberry aus Cambridge im Jahre 1951/52 aufgefunden. Darüber schrieb er selbst, daß dieser Teil, welcher das siebte bis zehnte Buch enthält, im guten Zustand war 246 . Einen Ausschnitt aus dem neunten Buch bietet Arberry in Verbindung mit dem arabischen Text und einer englischen Übersetzung, die er selbst anfertigte, sowie einem kleinen griechisch-arabischen Glossar 247 . Den anderen Teil der Handschrift entdeckt D. M. Dunlop im Jahre 1959 während eines Aufenthalts in Fez in derselben Bibliothek. Er enthält die Bücher I–VI der aristotelischen Schrift. Die beiden Professoren aus Cambridge identifizierten die Handschrift als die erste arabische Übersetzung der aristotelischen Schrift: die Nikomachische Ethik, die im neunten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung von Hunain ibn-Isha¯q oder dessen Sohn Isha¯q angefertigt wurde. ˙ von 1136a: „˛peita ka½˙ tde diaporffisein ˝n Ein kleiner Teil des˙fünften Buches, ti@, …“ bis zum Ende dieses Buches sowie ein großer Teil des sechsten Buches bis Ende des Satzes: „Swkr€th@ mffn o n lgou@ tÞ@ ⁄retÞ@ †¯eto e—nai …,“ 1144b, sind verlorengegangen. Es ist ein Verdienst von Abdurrahma¯n Badawı¯, daß er die ˙ fehlenden Texte durch Übersetzungen ins Arabische vervollständigte und mit zwei Appendices in Kuwait im Jahre 1979 herausgab. Der erste Appendix ist eine Ein-

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leitung zur Ethik von einem unbekannten Autor, vermutlich Nikolaos von Damaskos (um 60 v. Chr.), und er wurde von Abu¯-2Alı¯ 2Isa 3bn-Zura2a ins Arabische übertragen. Er enthält auch Bruchstücke der EN. Was die Autorschaft von Nikolaos von Damaskos strittig macht, ist die Tatsache, daß die Schrift einen Teil von Plotins Enneaden enthält 248 . Sie wurde als Anhang zu der arabischen Handschrift aufgefunden, und ihre Niederschrift geht auf dasselbe Jahr zurück, in dem die arabische Handschrift der EN in Fez geschrieben wurde, auf das Jahr 629 n. H. (1232 n. Chr.). Der zweite Appendix ist eine von Hermanus Alemannus gefertigte lateinische Übersetzung einer Abkürzung der EN (translatio Alexandrina). Sie wurde von den Alexandrinern, einer Gruppe von Ärzten, die sich mit dem Kommentieren und Abkürzen von Galenos Schriften beschäftigt, verfaßt 249 . Auf die griechischen Handschriften der EN ist D. M. Dunlop in seinem oben erwähnten Artikel eingegangen. Die älteste Handschrift, die Laurentianus LXXXI. II, stammt aus dem 10. Jahrhundert. Die nächst älteste, die Parisiensis, stammt aus dem 12. Jahrhundert, und die lateinische Übersetzung geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Der Text, den Bywater herausgegeben hat, stützt sich ebenfalls auf eine Handschrift aus dem 13. Jahrhundert. Diese Handschrift ist nach H. Rackham eine der besten unter den Manuskripten. Die griechische Handschrift, auf der die arabische Übersetzung beruht, muß älter als alle diese Handschriften sein, denn ihr Übersetzer, höchstwahrscheinlich Isha¯q ibn-Hunain, starb ˙Übersetzung ˙ im Rabı¯2 II, 398 n. H. (Nov. 910 n. Chr.). Somit liefert die arabische eine der ältesten griechischen Handschriften des aristotelischen Werkes 250. Der Übersetzer der EN ins Arabische wird nicht erwähnt. Es handelt sich wahrscheinlich um Isha¯q ibn-Hunain, der mehrere Schriften von Aristoteles, darunter ˙ ˙ ins Arabische „Über die Seele“, übertragen hat. Aufgrund der Ähnlichkeit des Stils der beiden Schriften nimmt man an, daß er auch der Übersetzer der EN ist, nicht sein Vater Hunain ibn-Isha¯q. Beide, Vater und Sohn, beschäftigten sich neben ihrem Beruf ˙als Ärzte der˙ 2Abba¯sı¯den-Kalifen mit der Übersetzung griechischer und assyrischer Schriften ins Arabische. Der Vater Abu¯-Zaid Hunein ibn˙ Isha¯q al-2Abba¯dı¯ war ein Arzt des Kalifen al-Mutawakkil (er herrschte von ˙ 232–247 n. H./842–860 n. Chr.) und bereiste viele Länder in Kleinasien auf der Suche nach griechischen Manuskripten, die er ins Arabische übersetzen wollte. Von dem Kalifen al-Mutawakkil wurde er mit der Leitung des von dem Kalifen alMa3mu¯n (er herrschte von 813–833 n. Chr.) im Jahre 215 n. H./830 n. Chr. errichteten beit al-hikma (Hauses der Wissenschaften) in Bag˙da¯d beauftragt. Er übersetz˙ platonischen Schriften, darunter „Die Politeia“ und „Die Gesetze“, te einige der und einige von Aristoteles, darunter „Die Kategorien“. Ins Assyrische übersetzte Hunain zahlreiche Werke, darunter „Über die Seele“ und das Buch „l“ der Meta˙ physik von Aristoteles 251 . Über das Schicksal der zwei Bücher der „Magna Moralia“, die zusammen mit der EN wahrscheinlich von demselben Übersetzer ins Arabische übertragen wurden, ist nichts bekannt. Möglicherweise sind sie verlorengegangen, oder sie warten noch auf das Licht der Veröffentlichung, wie die EN. Die arabischsprechenden Gelehrten des Mittelalters zählten sie zu den zehn Büchern der EN und nannten die zwölf Traktate „kita¯b al-ahla¯q“ (Das Buch der Sitten). ˘

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Die arabische Handschrift von der alten Übersetzung der EN, die Badawı¯ herausgegeben hat, enthält elf Traktate. Ursprünglich war das elfte Traktat nach dem sechsten Buch eingeschoben. Nach Badawı¯’s Feststellung ist es lediglich eine Zusammenfassung des vierten und fünften Buches der EN. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Themen und des Stils ist es problematisch, dieses Traktat als der MM zuzurechnen; denn die Themen dieses Traktates sind die Einzeltugenden, die schon einmal in den vorigen Büchern der EN behandelt worden sind. Möglicherweise ist es eine Zusammenfassung, die von Aristoteles selbst oder einem der islamischen Gelehrten wie al-Fa¯ra¯bı¯ stammt. A. Badawı¯ veröffentlicht es als Anhang zu der EN, s. S. 363 ff. Die Bemerkung von A. Badawı¯, daß die arabische Übersetzung ausdrucksvoll und dem Wortlaut des griechischen Textes adäquat ist, ist zutreffend 252 . D. M. Dunlop beschäftigt sich mit dieser Frage und bringt ausführliche Textproben der arabischen Übersetzung in Verbindung mit den entsprechenden griechischen Textstellen 253 . Der Vergleich der arabischen Übersetzung mit dem griechischen Text, der erstmals von I. Bywater in Oxford im Jahre 1894 herausgegeben wurde, stand im Mittelpunkt einer ausführlichen Studie, die mich beschäftigte. Zu diesem Vergleich wurden auch die beiden deutschen Übersetzungen von Franz Dirlmeier (WBG, Darmstadt 1960) und Olof Gigon (DTV, München 6 1986) als Hilfsmittel herangezogen. Unbedeutende Auslassungen und an ganz wenigen Stellen unterschiedliche Varianten weisen daraufhin, daß der griechische Text, der der arabischen Übersetzung zugrunde liegt, ein anderer und älterer Text ist, wie schon in der Feststellung von Badawı¯ erwähnt wurde; er stimmt jedoch wesentlich mit dem Text von I. Bywater überein 254 . An dieser Stelle danke ich meinen Mitarbeitern sehr herzlich, die mir bei der Bearbeitung des griechischen Textes der EN behilflich waren, dem Ehepaar Ilona und Henning Seeberg-Mangold, Herrn Heiner Koller, Herrn Stephan Giesecke und Herrn Jens Michners, die beide mir bei der Bearbeitung der letzten zwei Bücher der EN behilflich waren. Herrn Dr. G. Kloss, dem wissenschaftlichen Assistenten am Seminar für klassische Philologie an der Universität Göttingen, und Herrn Koller gilt mein aufrichtiger Dank für ihren persönlichen Einsatz bei der Beschaffung von Materialien zur aristotelischen Philosophie, besonders der EN. Sie alle, die über eine ausgezeichnete Kenntnis der Philologie der griechischen Sprache verfügen, besonders der von Aristoteles, wissen sehr gut, wie man den schwierigen Zusammenhang des griechischen Textes sachkundig erklären kann. Es war eine unentbehrliche und fruchtbare Zusammenarbeit.

Die islamischen Aristoteliker und der Islam

Der Leser erkennt aufgrund der vorliegenden Studie über die Ansichten von al¯ mirı¯, Avicenna und ibn-Miskawaih über die Glückseligkeit, wie wenig Fa¯ra¯bı¯, al-2A sich die islamischen Aristoteliker auf den Islam, den Koran und die prophetische Überlieferung (as-sunna) berufen. al-Fa¯ra¯bı¯ tut dies fast überhaupt nicht und al-

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¯ mirı¯ ganz selten. Avicennas Philosophieren über die islamischen Kulthandlun2A gen und über das Gebet ist, wie man sieht, kaum mit dem tradierten Verständnis des Islam vereinbar. ibn-Miskawaih betont, wie dargestellt wird, daß er Aristoteles als Vorbild für seine Ethik genommen hat. Unter philosophischem Standpunkt behandelten die islamischen Aristoteliker wichtige Fragen der islamischen Religion, und sie empfanden dabei keinen Widerspruch zum eigenen Glauben an die Richtigkeit der Botschaft des Propheten Muhammad. Im Gegenteil betonen sie in ihren Werken, daß sie keinen Widerspruch˙ zwischen der islamischen Religion und der Philosophie sehen. al-Fa¯ra¯bı¯, zum Beispiel, beteuert dies in seinem Werk „kita¯b al-milla“ (Über die Religion). In diesem Werk vertritt er die Ansicht, daß eine Harmonie zwischen Religion und Philosophie besteht, so daß der theoretische Teil der Religion mit den allgemeinen Regeln der Philosophie übereinstimmt. Ebenso verhält es sich mit dem praktischen Teil der (islamischen) Religion. Er ist der praktischen Philosophie unterzuordnen. Das islamische Recht in seinen beiden Teilen, dem theoretischen wie dem praktischen, kann als ein Bestandteil der theoretischen wie auch der praktischen Philosophie angesehen werden, insofern es allgemeine beziehungsweise spezielle Regeln umfaßt, die sich auf das soziale Verhalten des Menschen beziehen, was auch ein Gegenstand der Philosophie ist 255 . Bedeutet dieser Versuch nicht die Aufhebung der Selbständigkeit des islamischen Rechts, wenn es der Philosophie untergeordnet wird? Auf eine noch wichtigere Frage geht alFa¯ra¯bı¯ ein, nämlich auf das islamische Kalifat (die Staatsführung), wo die Philosophie das islamische Recht und die Tradition zurückdrängt oder zumindest relativiert. Denn hinsichtlich der Staatsführung ist der islamische Philosoph der Ansicht, daß das Staatsoberhaupt die theoretische Philosophie vollständig beherrschen muß. Denn „es ist unmöglich, daß er von der Verwaltung der Welt durch Gott etwas erfährt, es sei denn durch sie“ (nämlich durch die Philosophie) 256 . Man braucht nur „al-ahka¯m as-sulta¯nı¯ya“ (Die Grundlagen der Staatsführung) von ˙ ¯wardı¯ (364–450 ˙ Abu-3l-Hasan al-Ma n. H./974–1058 n. Chr.) zu lesen, um zu dem ˙ Ergebnis zu gelangen, daß nirgendwo in der islamischen Überlieferung die Philosophie eine Voraussetzung bei der Herrscherwahl oder bei der Übernahme eines der Staatsämter sein soll. Der Kalif als Nachfolger des Propheten soll nach dem Gesetz des Islam, dem Koran und den muhammedanischen Überlieferung re˙ gieren. ¯ mirı¯. Einen ähnlichen Versuch unternahm Abu-l3-Hasan al-2A ˙ Er schrieb ein Sonderwerk über „mana¯qib al-Islam“ (Die Vorzüge des Islam), in dem er die Vereinbarkeit der islamischen Religion mit der Vernunft und deren Vorzüge besonders gegenüber dem Judentum und Christentum betont. Ein Beispiel dafür ist der Gottesdienst im Islam, der hinsichtlich des Gebets in Zahl und Art gegenüber anderen Religionen weder Mangel noch Übertreibung kennt, sondern angemessen ist 257 . Die Erziehung des Individuums zu Ehrlichkeit und Geduld haben zwar alle Religionen gemeinsam, aber dies tritt im Islam am deutlichsten durch das Fasten hervor 258. Es ist hinsichtlich der Dauer und der Art, wie es verrichtet wird, sehr

III. Der Aristotelismus in der islamischen Ethik

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angemessen. Denn weder verbietet der Islam während des Fastens bestimmte Nahrung zu sich zu nehmen, die für den Körperbau und ähnliches wichtig sind, wie zum Beispiel das Verzehren von Fleisch, noch ist das Fasten auf das ganze Jahr verteilt, wie das bei anderen Religionen der Fall ist. In der Armensteuer sieht al¯ mirı¯ einen weiteren Vorzug des Islam, weil darin eine Übung zur Güte, gegen 2A Geiz und Habgier liegt 259 . ¯ mirı¯ nicht im Widerspruch zur Der heilige Kampf (al-g˘iha¯d) steht nach al-2A Vernunft, denn er gründet sich auf das Selbstverteidigungsrecht. Obwohl – so der islamische Philosoph – die Christen die Aussage Jesu predigen: „Ihr habt gehört, daß da gesagt ist: ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn.‘ Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern, wenn dir jemand einen gibt auf deine rechte Backe, dem biete die andere auch dar“ 260 , so werden sie nicht zögern, wie auch die Angehörigen der anderen Religionen, ihre Heiligtümer zu verteidigen, wenn diese geschändet oder ihre heiligen Bücher verbrannt werden 261 . Der Islam verpflichtet sich, denjenigen zu schützen, der mit Kriegsführung gegen die Muslime aufhört, die Existenz des einen Gott anerkennt und die Botschaft Muhammads ˙ bezeugt 262 . ¯ Wie al-Fa¯ra¯bı¯ geht auch al-2Amirı¯ auf die Politik im Islam ein, indem er versucht, die Grundlage des Kalifats rational zu begründen. Nach seiner Ansicht beruht die Regierungsgrundlage im Islam auf einem Vorzug, nämlich auf der Gleichheit aller Bürger hinsichtlich ihrer Pflichten und Rechte. So gibt es im Islam keine Herrscherklasse und keinen Klerus, die die Privilegien der Machtausübung und das Ansehen für sich beanspruchen. Die anderen Religionen stehen hierzu im Gegensatz. Die Kopfsteuer, die der Islam von Angehörigen anderer Religionen abver¯ mirı¯’s eine staatspolitische und keine religiöse Anlangt, ist nach Ansichten al-2A gelegenheit. Der islamische Staat bietet dafür den Angehörigen dieser Religionen als Gegenleistung Schutz und Sicherheit und befreit sie von der Einschränkung ihrer Tätigkeit auf die Ausübung niedriger Berufe, wie Leichenbestattung, Straßenkehren und ähnlichem, die sie unter dem Joch anderer Herrscher, zum Beispiel unter den Sassaniden, ausüben mußten 263 . ¯ mirı¯’s unterstützt der Islam die Wissenschaften und förNach Ansichten al-2A dert ihre Entwicklung und ihre Orientierung an anderen Kulturen. Kein Hindernis, sei es religiöser, sei es politischer Natur, haben der Islam und die islamischen Kalifen den Wissenschaften entgegengestellt. Im Gegensatz dazu stehen Christen und Juden, die stark an ihre Bücher, ihre Traditionen und ihre Synagogen gebunden sind. Bei der Übertragung der antiken Wissenschaften der Griechen, Römer, Perser und Inder hat der Islam großartige Leistungen erbracht. Zwar waren viele Übersetzer keine Muslime, sie haben aber im Namen der islamischen Kalifen und mit ihrer Unterstützung ihre Arbeiten durchführen können 264 . Trotzdem darf man nicht den politischen Hintergrund für die Abfassung dieses Werkes „mana¯qib …“ (Die Vorzüge …) unberücksichtigt lassen. Denn nachdem ¯ mirı¯ aufgrund seiner von ihm verbreiteten Ansichten über die Philosophie al-2A des Unglaubens und des Atheismus bezichtigt wurde, schrieb er dieses Werk und widmete es Abu¯-Nasr ibn-Abı¯-Zaid, einem Minister der Samaniden-Herrscher ˙

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(819–1005 n. Chr.), um von ihm Schutz und Sicherheit zu erhalten, und in der Hoffnung, daß dieser ihn in den Staatsdienst aufnehmen würde (s. S. 74, 208). Auch der ganze Versuch islamischer Philosophen, die über das Verhältnis des Islam zur Philosophie geschrieben haben, darf nicht überbewertet werden. Sie alle ¯ mirı¯ schrieben oder die meisten von ihnen wie al-Kindı¯, al-Fa¯ra¯bı¯, Avicenna, al-2A darüber nur sporadisch oder beiläufig. In bezug auf ihr Gesamtwerk ist dieses Thema kein Hauptthema in ihrem Denkplan. Sie sind in erster Linie Philosophen und Mediziner oder Naturwissenschaftler, deren Vorliebe eben diesen Wissenschaften gilt. al-Kindı¯ (gest. 873 n. Chr.), Philosoph der Araber genannt und Gründer dieser Schule, kümmerte sich kaum um dieses Thema. al-Fa¯ra¯bı¯ schrieb zahlreiche Werke über die Philosophie – allein mehr als fünfundzwanzig Werke über die Logik, darunter elf Kommentare zur Logik von Aristoteles. Avicennas Haupttätigkeit galt vor allem der Philosophie und der Medizin. Was für einen Stellenwert nimmt eine einzige Schrift über dieses Thema innerhalb des Gesamtwerkes eines Autors wie ibn-Rusˇd (Averroes) ein, dessen Hauptarbeiten aus Kommentaren und Zusammenfassungen der Schriften von Aristoteles besteht?! Das mag der Grund dafür sein, daß ihre Arbeiten über dieses Thema, so interessant sie sind, von vielen – vor allem Theologen, Juristen und Traditionalisten – nicht anerkannt werden und die Autoren so vom Vorwurf des Atheismus befreit werden 265 . Wie widersprüchlich die Philosophen in Fragen der theoretischen Philosophie, insbesondere der Metaphysik, denken, hat Gh in zahlreichen seiner Schriften besonders in seinem Werk „taha¯fut al-fala¯sifa, Widerlegung der Philosophen“ gezeigt. Hier in diesem Werk will er zeigen, daß die rational-praktische Ethik, die sie vertreten, nicht ausreichend ist, dem Menschen bei seinem Bestreben zu verhelfen, die Glückseligkeit zu verwirklichen.

IV. Zweck und Inhalt des mı¯za¯n al-2amal Die Adressaten des mı¯za¯n al-2amal (Das Kriterium des Handelns) sind bekannt, und ihre Meinungen genau beschrieben. Es sind die islamischen Aristoteliker, die vor allem die aristotelische Ethik als Grundlage ihres Philosophierens ansehen. Gh. will daher zeigen, wie unannehmbar und grundlos der Versuch ist, die islamische Ethik mit der griechischen zu verbinden, denn ein wichtiges Merkmal der islamischen Ethik, im Gegensatz zur griechischen, ist der Glaube an Gott und an das Jenseits mit allen Verpflichtungen, die damit verbunden sind. Weder Platon und Aristoteles sprechen von einer solchen Beziehung noch die islamischen Philosophen. Daher ist es verständlich, daß Gh. in seinem Werk „mı¯za¯n …“ die Bedeutung des Glaubens an das Jenseits im Zusammenhang mit der Erlangung der Glückseligkeit an den Anfang seines Werkes stellt. Ein zentraler Gedanke in der Darlegung von Gh. ist der Tod, während die Philosophen, vor allem Platon und Aristoteles kaum an ein Leben nach dem Tod denken, wie es der Islam beschreibt. Auch die islamischen Aristoteliker erwähnen kaum diesen Gedanken in ihren Konzeptionen über die Glückseligkeit 266 . Auf die Bedeutung des Todes im Leben des Menschen geht Gh. am Ende seines Werkes noch einmal ein 267 . Glaubt man an ein Leben nach dem Tod, so kann die Glückseligkeit nicht auf das Diesseits beschränkt werden. Ist es eine Sache der Vernunft oder eine des Glaubens, daß man an ein zukünftiges Leben glauben soll? Gh. versucht, dies rational zu begründen, und legt einen historischen Überblick über die Haltung der Menschen hinsichtlich dieser Frage dar 268 . Der Weg zur Erlangung des Glücks wird durch Wissen und Handeln ermöglicht. Aber was für eine Art von Wissen und Handeln wird hier verlangt? Durch taqlı¯d, Nachahmung ist kein Wissen möglich, sondern durch Prüfung und Erfahrung der Wirklichkeiten der Dinge, durch Reflexion und Nachdenken beim Studium des Königreichs des Himmels und der Erde, „ja sogar beim Studium des eigenen Selbst und dessen, was darin an wunderbaren Dingen geschaffen wurde“ 269 . Aus den Niederungen der Nachahmung (taqlı¯d) und des Gehorsams erhebt man sich durch Reflexion und selbständiges Denken. Dabei hebt Gh. die Bedeutung der Mystik hervor270 . Handelt es sich hierbei um eine weitere Absage an die griechische Philosophie? Ganz gewiß. Denn keiner unter ihren Anhängern unter den Muslimen sieht, wie die erwähnten Philosophen, einen solchen Weg. Zwar gibt es im Neuplatonismus, von dem al-Fa¯ra¯bı¯ und Avicenna ebenfalls beeinflußt sind, durch die Verbindung zur Religion eine Tendenz zur Mystik, jedoch ist dies von allgemeinem Charakter und ohne Bedeutung für unser Thema. Vielmehr schreibt al-Fa¯ra¯bı¯ zu Beginn seiner Schrift über „tahsı¯l as-sa2a¯da“ (Die Aneignung der ˙˙ Glückseligkeit), worin die Bedeutung der Ratio hervorgehoben wird, daß auf-

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grund seiner Konzeption nicht nur die Glückseligkeit im Diesseits, sondern auch im Jenseits erlangt wird 271 . Die Glückseligkeit ist ein Zustand der Vollkommenheit. Darüber sind sich Gh. und die Philosophen einig. Die Vollkommenheit besteht darin, die geistigen Dinge zu erkennen und sich von der Herrschaft der Begierde zu befreien 272 . An der Spitze der Wahrheiten, die man erkennen soll, steht die des Todes. Man soll dabei erkennen, daß der Tod „zwar die Organe außer Kraft setzt, nicht aber der Verfall des Handlungsvermögens (nämlich der Seele) ist“ 273 . Im Gegensatz zu seiner Auffassung im „taha¯fut al-fala¯sifa“ (Die Widerlegung …), daß die Seele mit dem Körper stirbt und am Jüngsten Tag mit ihm wiederaufersteht, macht er hier im „mı¯za¯n …“ eine Kehrtwendung, indem er sich der Auffassung der Mehrheit der Muslime anschließt, daß die Seele unsterblich ist 274 . Wie unannehmbar der Versuch ist, die Ethik des Islam mit der der Griechen zu verbinden, zeigt Gh. anhand eines wichtigen Gedankens dieser Ethik, nämlich der Notwendigkeit, das mittlere Maß einzuhalten, das den Kern der Ethik von Aristoteles und seinen islamischen Anhängern ausmacht. Denn das mittlere Maß ist eine wichtige Grundlage des islamischen Glaubens. Es ist so, wie es in der islamischen Überlieferung beschrieben wird: „feiner als ein Härchen und schärfer als die Klinge des Schwertes“. Darum bittet der Muslim Gott um Beistand auf der Suche nach dem mittleren Maß. Vor jeder Verbeugung (rak2a) liest er die Koraneröffnung, welche folgendes enthält: „Führe uns auf den geraden Weg“ 275 . Das mittlere Maß im Islam ist auf Gott bezogen, aus dem Koran entnommen, und erkennt die Grenzen unserer Vernunft an, weshalb wir als Menschen und als Muslime im Streben nach dem Glück auf Gottes Beistand angewiesen sind. Man kann also „mı¯za¯n al-2amal“ (Das Kriterium des Handelns) als eine weitere Auseinandersetzung Gh.s mit der griechischen Philosophie und deren Anhängern auf islamischem Boden betrachten. Gh. wählt dafür eine der wichtigsten Themen der Ethik, nämlich die Glückseligkeit. Es wird nicht übertrieben, wenn hier behauptet wird, daß das Werk: mı¯za¯n al-2amal „Kriterium des Handelns“ die gleiche Bedeutung auf dem Gebiete der praktischen Philosophie hat, wie taha¯fut al-fala¯sifa (Die Widerlegung der Philosophen) auf dem Gebiete der theoretischen Philosophie. Diese These wird im Laufe dieser Arbeit und im Kommentar zu dem Text von Gh. weiter belegt. Das System der aristotelischen Ethik beruht auf rationaler Grundlage, wobei Begriffe, wie zum Beispiel Wissen, Arete, Freude, Lernen, Lehren und die Beschreibung der Seelenkräfte die Elemente dieses Systems ausmachen. Diese Begriffe sind auch Gegenstand der Untersuchung der rational-religiösen Ethik Gh.s. Während die erwähnten Philosophen davon ausgehen, daß die Vernunft allein als Bestimmungsgrund für das menschliche Verhalten und Zusammenleben ausreicht, weist Gh. darauf hin, daß sie allein nicht genügend ist, um das höchste Gut, die Glückseligkeit, zu verwirklichen. In seinen Werken wie in „taha¯fut al-fala¯sifa“ (Die Widerlegung …), „al-munqid …“ (Der Erretter …) und „misˇka¯t al-anwa¯r“ ¯ (Die Nische …) kritisiert Gh. die Haltung der Philosophen in Fragen der theoretischen Philosophie und der Metaphysik. Hierin in „mı¯za¯n …“ setzt er diese Auseinandersetzung in bezug auf Fragen der Ethik fort. Dabei weist er auf die Bedeutung

IV. Zweck und Inhalt des mı¯za¯n al-2amal

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der Offenbarung hin sowie auf das Mitwirken Gottes bei Aneignung des höchsten Gutes, der Glückseligkeit 276 . Das bedeutet in bezug auf unser Thema, daß der Mensch in keiner Situation den von Gott erhaltenen Erfolg entbehren kann. Darin liegt der Unterschied zu der bloßen rationalen Ethik 277 . Das Mitwirken Gottes aber setzt voraus, daß sich der Mensch zuerst um die Reinigung seiner Seele und den Sieg über seine Begierde bemühen soll. Das ist der Sinn des Handelns: „Also bedeutet Handeln, die Begierde zu besiegen, indem das Bewußtsein der Seele zu der höheren göttlichen Stufe geführt wird …“ 278 . Die Bedeutung der Mystik im Zusammenhang von Wissen und Handeln wird in diesem Werk besonders hervorgehoben. Das Handeln hat den Vorrang auch dann, wenn man sich um den Erwerb theoretischer Wissenschaften bemüht. Hinsichtlich dieser Frage regen die Mystiker nicht zur Aneignung der Wissenschaften an, sondern sie setzen als Vorbedingung zur Aneignung des Wissens die Reinigung der Seele von den bösen Eigenschaften und die Hinwendung zu Gott voraus 279 . Die Besonderheit der Mystik gegenüber allen anderen Methoden drückt Gh. im folgenden Satz aus: „Sie (die Mystiker) führen die Lösung des Problems auf eine absolute Reinigung deinerseits, auf Läuterung und Klärung, und dann auf Bereitschaft und Erwartung zurück“ 280 . Von seiten der Spekulativen Denker erwähnt Gh. einige Einwände gegen diese Methode und beantwortet sie in Form einer Parabel, die von einer Wette zwischen Chinesen und Römern um das beste Zeichnen und Malen handelt 281 . Daraus folgert Gh., daß es zwei Möglichkeiten beim Erwerb der Wissenschaften gibt: a) die Aneignung des Zeichnens selbst, das heißt die rationale Methode, und b) die Bereitschaft, die Zeichnung von „außen“ aufzunehmen. „Mit ‚außen‘ sind die aufbewahrte Tafel (al-lauh al-mahfu¯z) und die ˙ ˙ ˙ Seelen der Engel gemeint“ 282 . Das ist der Weg der Mystik. Er lehnt also die erste Methode, die rationale, nicht ab, sondern er meint, daß die Befolgung der einen oder der anderen von der Bereitschaft jedes Menschen abhängig ist. Jedoch geht es Gh. in diesem Werk darum, den Weg und die Methode der Mystiker hinsichtlich der Aneignung der Glückseligkeit zu zeigen und, im Unterschied zu der bloß rationalen Ethik, die Besonderheiten ihrer praktischen Seite darzulegen 283 . Das ist Inhalt und Zweck dieses Werkes. Im Kapitel „Über die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers …“ 284 schreibt Gh., daß der Zweck, dieses Werkes zu schreiben, darin liegt, die Lehrmeinung der Mystiker hinsichtlich der Erlangung der Glückseligkeit darzulegen, und daß er dieses Werk nicht verfaßt, „um die Wahrheit und die Falschheit dieser Dinge durch Beweisführung klarzumachen, sondern es (dieses Werk) enthält Ratschläge, die auf die Unachtsamkeit hinweisen und zu Lehrfragen leiten, damit man nicht außer acht läßt, was sie (die Mystiker) gesagt haben. Denn die Möglichkeit dessen, was sie gesagt haben, ist von Anfang an nicht weit entfernt von der Wahrheit“ 285 . Das ist eine klare Antwort an die Adressaten, an die Philosophen. Ihre Arbeiten reichen nicht dafür aus, die Lösungen für die dargestellten Probleme darzubieten, die von jedem erstrebt werden. Auch ihre Methode, die rationale, ist ungenügend

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und einseitig, weil sie nicht die übrigen Kräfte im Menschen und seine innere Intuition berücksichtigt. Eine Kardinalfrage bestimmt den Inhalt dieses Werkes, das ist die Frage nach der Glückseligkeit. Der Autor selbst geht auf diese Frage zu Beginn seiner Abhandlung ein, indem er sowohl das diesseitige als auch das jenseitige Glück wie folgt bestimmt: „Das höchste des diesseitigen Glücks ist: Macht, Edelmut, Würde, Handlungsfähigkeit, die Gewißheit, frei von Kummer und Trauer zu sein und dauerhafte (innere) Ruhe und Freude“. Die jenseitige Glückseligkeit ist für ihn „Ewigkeit ohne 286 Ende, Freude ohne Kummer, Wissen ohne eine Spur von Unwissenheit, Reichtum ohne Verarmung“ 287 . Wahrhaftiges Glück ist nach Ansichten Gh.s das jenseitige. Nur im metaphorischen Sinne kann man das erste, das diesseitige als ein Glück bezeichnen oder im eigentlichen Sinne des Begriffes, wenn es zum jenseitigen führt 288 . Alles, was zu diesem wahrhaftigen Glück führt, ist selbst Glück, „denn das, was zum Guten und zum Glück führt, kann auch Gutes und Glück genannt werden“ 289 . In seiner Beschreibung der Mittel, die zur Glückseligkeit führen, merkt man, daß manche unter ihnen sowohl zum wahrhaftigen jenseitigen als auch zum metaphorischen diesseitigen Glück führen. Die ersten von diesen Mitteln beziehen sich auf Charaktereigenschaften des Menschen und führen auf jeden Fall zum Glück, sowohl zum jenseitigen als auch zum diesseitigen. Dies sind die seelischen Vorzüge: a) Vernunft, b) Enthaltsamkeit, c) Tapferkeit und d) Gerechtigkeit 290 , die durch körperliche Eigenschaften wie Gesundheit, Kraft, Schönheit und lange Lebensdauer ergänzt werden. Diese wiederum benötigen die sozialen Vorzüge und verschiedene Arten des göttlichen Beistandes. Gh. erkennt die Beziehung dieser Vorzüge zueinander und betrachtet sie als Voraussetzung für die Erlangung des Glücks. Im folgenden Satz drückt er diesen Gedanken aus: „Die einen brauchen die anderen entweder notwendigerweise wie die seelischen Vorzüge, ohne die die jenseitige Glückseligkeit nicht erreicht werden kann, und wie die Gesundheit des Körpers, ohne die die seelischen Vorzüge nicht erlangt werden können; oder nützlicherweise wie etwa das Bedürfnis nach den sozialen Vorzügen …“ 291 Beide Arten des Glücks, diesseitiges und jenseitiges, sind miteinander eng verbunden: „Was im Diesseits zur Erfüllung von Wünschen beiträgt, trägt auch im Jenseits dazu bei. Denn man erlangt das Jenseits durch die Mittel des Diesseits“ 292 . In dieser Theorie über die Glückseligkeit berücksichtigt Gh. sowohl geistige wie auch körperliche und soziale Umstände, die insgesamt die Voraussetzungen für die Erlangung des Glücks ausmachen. Nicht jedes Gut führt zum höchsten Glück. Ein solches Gut muß drei Elemente in sich vereinigen: Es muß nützlich, schön und köstlich sein. Das ist die Weisheit. Das relative Gut umfaßt lediglich einige dieser Eigenschaften 293 . Auch nicht jeder Genuß führt zur erhofften Glückseligkeit, der den Fähigkeiten des Menschen als Menschen entspricht. Lediglich Wissen und Weisheit sind Bestandteile des geistigen Genusses 294 . Die geistigen Genüsse sind deshalb ruhmreich, „weil sie dauerhaft, unveränderlich, beständig und ewig sind und weil ihre Früchte unzählig sind“ 295 . Die übrigen Genüsse sind Menschen und Tieren entweder gänzlich oder zum Teil gemeinsam 296 . Die Frage ist nun, wie das Glück erreicht werden kann. Gh. meint, daß man nur

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durch Wissen und Handeln das Glück im Jenseits wie auch im Diesseits erreichen kann. Darin gibt es seiner Meinung nach eine Übereinstimmung zwischen Philosophen, Theologen und Mystikern. Sie unterscheiden sich aber in ihren Interpretationen der Begriffe, vor allem was Wissen und Handeln anbetrifft 297 . Was bedeutet nun Wissen und Handeln, welche die Voraussetzungen für die Erlangung der Glückseligkeit sind? Ghs Ansichten über das Handeln sind oben dargelegt worden. Das Wissen teilt Gh. in ein theoretisches, die Metaphysik, deren Ziel die Erkenntnis Gottes, seiner Eigenschaften und seiner Gesandten ist, und ein praktisches Wissen, welches sich in drei Arten aufteilt: 1. Die Wissenschaft der Seele und deren Charaktereigenˇ a¯hada) um den Sieg über die Leidenschaften sowie des inneren Kampfes (mug schaften, 2. die Wissenschaft über die Verwaltung der Familie (oikonomia) und 3. die Wissenschaft über den Staat und dessen Führung (politeia) 298 . Die wichtigsten unter diesen Wissenschaften sind die Erziehung der Seele, die Beherrschung der seelischen und körperlichen Kräfte und die Verwirklichung der Gerechtigkeit. Dabei hebt Gh. die Bedeutung des islamischen Rechts hervor, ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zum Aristotelismus299 . Die seelischen Kräfte, die erzogen werden müssen, sind drei: 1. Das Denkvermögen, 2. die Fähigkeit zu begehren und 3. die Fähigkeit zum Zorn. Das Ziel der Erziehung des Denkvermögens ist, zwischen dem Rechten und dem Unrechten hinsichtlich des Glaubens, zwischen dem Wahren und dem Falschen der Aussage und zwischen dem Guten und dem Bösen in den Handlungen zu unterscheiden. Die Erziehung der Fähigkeit zum Begehren hat das Ziel, sich die Enthaltsamkeit anzueignen. Die Erziehung der Fähigkeit zum Zorn hat den Zweck, die Sanftmut zu erlangen und die Seele von der Rachsüchtigkeit abzuhalten. Dadurch wird man tapfer, das bedeutet die Überwindung der Angst und der Übervorsicht. Die islamische Überlieferung unterstützt diese Ansichten. Man erkennt den Unterschied zwischen theoretischem und praktischem Wissen und die Bedeutung des letzteren in der Aussage des Propheten Muhammad ledig˙ metaphysilich an den Hinweisen und Andeutungen, die er bei der Betrachtung scher Fragen macht. Das bedeutet, daß Gott und seine Eigenschaften wie auch die übrigen Fragen der Metaphysik niemals Gegenstand des theoretischen Wissens sein können, sondern der Offenbarung, die die entscheidende Antwort erteilen kann. Diesen Gedanken drückt Gh. im Folgenden aus: „In den Fällen, in denen er (der Prophet Muhammad) auf theoretisches Wissen einging, stellte er es zusammenfassend dar und˙ führte es nicht im einzelnen aus. Er erwähnte von den Eigenschaften Gottes nur folgendes ‚Es gibt nichts, was ihm gleichkommen würde. Er ist der, der (alles) hört und sieht!‘“ 300 . Den Inhalt des praktischen Wissens aber hat er ausführlich dargestellt, da ein solches Wissen für die Mehrheit der Menschen anschaubar, lehrbar und faßbar ist 301 . Das Ziel des theoretischen Wissens ist nach Meinung von Gh praktisch, insofern es auf die Vollkommenheit der Seele zielt, „damit sie dadurch glücklich wird und sich ewig dessen erfreut, was sie an Pracht und Schönheit besitzt“ 302 . Damit erteilt Gh eine weitere Absage an den Aristotelismus, dessen Anhänger dem praktischen Wissen keine solche Bedeutung verlei-

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hen. Ob Aristoteles selbst an eine praktische Vernunft dachte, ist umstritten. Deutlicher aber ist bei ihm und seinen muslimischen Anhängern die Rede von Haltungen, xi@ und Gewohnheiten, ˛jo@, s. W. K. C. Guthrie, Die griechischen Philosophen …, s. u. a. S. 118 ff. Durch das Wissen gelangt man zur Vollkommenheit der Seele, und durch die Anstrengung beim Erziehen des Denkvermögens wird das Vermögen zum Zorn und zum Begehren beherrscht, wodurch man eine gute, lobenswerte Gesinnung erlangen kann. Dies ist auch das Ziel der islamischen Gesetzgebung 303. Was bedeutet nun eine gute und lobenswerte Gesinnung, was bedeutet überhaupt Gesinnung? Eine gute, lobenswerte Gesinnung entsteht nach Ansichten von Gh. dadurch, daß die drei Vermögen, nämlich das Denkvermögen, das Vermögen zum Begehren und das Vermögen zum Zorn, gut erzogen werden, und die zwei letzteren dem Denkvermögen unterstellt werden. Dadurch wird die Gerechtigkeit erlangt, durch welche Himmel und Erde aufrechterhalten werden. Damit stimmt Gh. grundsätzlich mit der Vorstellung Aristoteles’ von der Gerechtigkeit überein, der die Gerechtigkeit nicht nur als eine vollendete Tugend, sondern auch als die vortrefflichste aller Tugenden ansieht; denn sie demonstriert sich vor allem im Verhalten der Menschen gegeneinander 304 . Die Gerechtigkeit im islamischen Sinne, die Gh. hier meint, geht über die aristotelische Verwendung des Begriffs hinaus, da sie gegenüber den Feinden wie den Verwandten durchgeführt werden soll. Der Koran fordert die Muslime dazu auf, sich gegenüber einem Feind oder einem Verwandten gerecht zu verhalten. Dazu sagt er: „O ihr, die ihr glaubt, steht fest in Gerechtigkeit, wenn ihr vor Alla¯h Zeugen seid, und nicht verführe euch Haß gegen Leute zur Ungerechtigkeit. Seid gerecht, das ist näher der Gottesfurcht …“ und ferner: „Und im Spruch seid gerecht, wäre es auch gegen einen Anverwandten …“ 305 . Dabei hebt Gh. nicht nur die Bedeutung des islamischen Gesetzes, sondern auch die der Vernunft hervor. Beim Kampf gegen die Leidenschaften wird dies besonders deutlich, denn der „Maßstab, nach dem man sich im Falle der Ratlosigkeit richtet, ist das Wissen darüber, daß die Vernunft in den meisten Fällen zu den besten aller Handlungen hinsichtlich der Folgen auffordert, auch dann, wenn dies momentan Mühe und Anstrengung verlangt. Die Leidenschaft aber empfiehlt, bequem zu sein und Anstrengungen zu vermeiden“ 306 . Das Vertrauen in die Vernunft erreicht noch einen höheren Grad im Denken von Gh., wenn er schreibt: „Die Vernunft leitet dich mit wahrhaftigen Argumenten.“ 307 In dem ganzen Werk merkt der Leser, welche Bedeutung Gh. der Vernunft beimißt. Diese Vernunft benötigt jedoch das Gotteslicht, um den Menschen zu den wahrhaftigen Zielen leiten zu können 308 . Ist es möglich, die ethische Gesinnung zu verbessern? Was ist der Gegenstand der moralischen Beurteilung? Zwei Kapitel widmet Gh. der Antwort auf die erste Frage, Denn: „Wäre dies nicht möglich, …, wären die Empfehlungen, die Predigten, der Anreiz (zu guten Handlungen) und das Ermahnen sinnlos 309. Gegenstand der moralischen Beurteilung, ob eine Handlung gut oder schlecht ist, sind nicht die Handlungen selbst, sondern die Gesinnung, die zu diesem oder jenem Verhalten führt: „Denn die Handlungen sind Folgen der Gesinnung (al-

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huluq), wie auch der Fall in die Tiefe eine Folge der natürlichen Schwerkraft ˘ …“ 310 . Deshalb ist die Verbesserung der Gesinnung nicht nur eine Möglichkeit, ist sondern eine Notwendigkeit. Der Begriff Gesinnung „huluq“ ist ein wichtiger Begriff in diesem Werk Gh.s. ˘ „Ausdruck der Seele“, „eine handelnde Fähigkeit“ Er bedeutet „Vermögen“ und oder auch „praktische Vernunft“ 311 . Sie wird zwar von der theoretischen Vernunft durch Wissen geleitet, beherrscht aber selbst alle übrigen menschlichen Fähigkeiten, um zu handeln. Deswegen ist sie Gegenstand der moralischen Beurteilung. Wenn sie dank der Erziehung dominiert, besiegt der Mensch den Zorn und die Begierde. Dadurch entstehen gute, lobenswerte Handlungen. Wenn sie aber von einem der letzterwähnten Zorn oder Begierde oder von beiden besiegt wird, entstehen schlechte Haltungen, von denen wiederum schlechte Handlungen ausgehen 312 . Bei Aristoteles hingegen stehen die Handlungen im Mittelpunkt der moralischen Beurteilung. Maßgeblich sind bei der Entstehung der Handlungen die Gewohnheit, ˛jo@ und die daraus entstandenen Haltungen, xi@. Aristoteles denkt dabei ganz konsequent. Auf den ersten Seiten seines bedeutenden Werkes „ Nikomachische Ethik‘‘ (EN) verleiht er den Tätigkeiten des Menschen und ihren Zielen große Bedeutung. Dies ist auch die Meinung seiner Anhänger unter den Muslimen 313 . Einige Jahrhunderte später stellt Immanuel Kant die Gesinnung selbst in den Mittelpunkt seiner ethischen Philosophie. Sie wird von ihm als der erste subjektive Grund der Annahme der Maxime und als deren erstes Prinzip definiert. Deswegen ist sie die Grundlage für gute und böse Handlungen. Denn es kommt nicht – so schreibt I. Kant – auf die Handlungen an, „die man sieht, sondern auf jene innere Prinzipien derselben, die man nicht sieht“ 314 . Vernunft und islamisches Gesetz sind bei Gh. die Quellen für die Ethik. Das ist auch die Bedeutung des „Kriteriums“. Denn „Kriterium“ bedeutet, daß die Handlungen an den Maßstäben der Vernunft und des islamischen Gesetzes gemessen werden. Auch bei der Hervorhebung der Rolle und Bedeutung der Vernunft weist Gh. auf islamische Überlieferungen hin 315 . Mit der islamischen Gesetzgebung sind der Koran sowie die Aussagen und Handlungen des Propheten Muhammad ge˙ meint. Das islamische Recht bildet ferner einen wichtigen Bestandteil dieser Quellen für die Beurteilung einer Handlung, ob sie gut oder schlecht ist 316 . Interessant aber ist, daß Gh. dies von der Notwendigkeit des menschlichen Zusammenlebens ableitet. Denn: „Es ist notwendig, wenn sie (die Menschen) eine Gesellschaft bilden, daß bei ihnen eine Gerechtigkeit und Gesetze herrschen, um ihre (menschlichen) Beziehungen zu regeln …“ 317 . Die Menschen teilen sich in bezug auf die Tugend in drei Kategorien: 1. Diejenigen, die durch Veranlagung tugendhaft sind und an deren Spitze die Propheten, wie Jesus und Johannes stehen, aber auch einfach begabte Menschen. Ohne es an dieser Stelle auszuführen, weist Gh. darauf hin, daß manches Wissen und sittliche Eigenschaften in der menschlichen Natur veranlagt sind 318 . 2. Diejenigen, die durch menschliches Lernen und freiwillige Anstrengung tugendhaft sind, „wozu man Zeit, Übung und Praxis braucht“ 319 . 3. Durch Gewöhnung an tugendhafte Handlungen. Dies setzt aber voraus, daß die Handlung bereitwillig und freiwillig

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ausgeübt wird „2an tau2 wa-3htiya¯r“, „…, so daß man ihnen den Vorzug gibt und bei ˘ ˙ ihrer Ausübung Freude empfindet, …“ 320 . Dabei beruft sich Gh. auf die Aussage des Propheten Muhammad, der die Glückseligkeit folgendermaßen bestimmt: ˙ „Sie (die Glückseligkeit) ist ein langes Leben im Gehorsam gegenüber Gott“ 321 . Auch hierin unterscheidet sich Gh. von Aristoteles und seinen Anhängern, bei denen von der göttlichen Eingebung bei der Erlangung der Tugend keine Rede ist. Vielmehr leiten sie die Tugend hauptsächlich von den letzten zwei, nämlich Haltung, xi@, und Gewohnheit, ˛jo@, ab. In den letzten Kapiteln seines Werkes geht Gh. auf zwei wichtige Themen ein, nämlich auf die Möglichkeit, die Gründe des Kummers und die Angst vor dem Tod zu überwinden 322 . Aus der Analyse der Gründe für den Kummer und die Trauer über verpaßtes Glück oder dessen Verlust geht hervor, daß Unwissenheit, Neid und Eifer die Gründe dafür sind. Man sollte danach streben, sie zu beseitigen. Wenn man aber denjenigen betrachtet, der weniger Erfolg hat in bezug auf die diesseitigen Angelegenheiten, und denjenigen, der sich in religiösen Angelegenheiten mehr Frömmigkeit angeeignet hat, ist man erleichtert, und man wird sich darum bemühen, nur denjenigen nachzuahmen, der mehr Tugend und Frömmigkeit besitzt. Ein wichtiger Gedanke in diesem Kapitel ist der Versuch Ghs, den Kummer über zukünftige Fragen für unsinnig zu erklären. Für veränderbare Zustände genügt es vollkommen, wenn man unangenehme Zustände verändert oder vermeidet. Somit hat man seine Pflicht erfüllt. Dann gibt es keinen Grund mehr für Kummer. Der Kummer über Unveränderbares, wie etwa über den Tod, ist sinnlos, insofern man nichts dagegen tun kann. Bei dieser Analyse erweist sich die Meinung von Gh. als nicht schicksalhaft bedingt, denn er sagt: „Wenn man alles unternimmt, bleibt man ruhigen Herzens …“ 323 . Freude und Kummer unterscheiden sich von sinnlich wahrnehmbaren Empfindungen, wie etwa die Freude beim Verzehren einer begehrten Speise, dadurch, daß sie seelische oder geistige Zustände sind, wie Gh. meint, deren Vorgänge sich vor allem im Inneren des Menschen vollziehen 324 . Eitelkeit, falsche Hoffnungen und das Vertrauen auf den eigenen Erfolg sind Gründe für Unglück, Kummer und Trauer. Im Anschluß an die Verse des großen Sprachwissenschaftlers und Historikers at-Ta2a¯libı¯, der das Diesseits mit knappen, aber treffenden Worten beschreibt, ¯ ¯ Gh. die Gründe des Kummers in den immer stärker werdenden Bindungen sieht an das Diesseits an. Je mehr Abstand man davon nimmt, desto freier wird man von Trauer und Ängsten. Auch wenn der Erfolg des Menschen beim Erlangen des Glücks hoch ist, darf der Vernünftige keineswegs sicher sein, daß dies ein dauerhafter Zustand ist. Damit versucht Gh. den Wert des Folgezustandes des erlangten Glücks zu relativieren, indem er auf die Rolle der Vernunft und der Besonnenheit hinweist. Gh. ist ein Occasionalist, der an keinerlei notwendige Verknüpfung von Ursache und Wirkung glaubt 325 . Das heißt, daß Freude und Kummer keine notwendigen Folgen einer Handlung sein sollen. Sein Occasionalismus aber ist keineswegs absolut, wie man im Laufe dieser Darstellung gesehen hat.

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Dies ist zwar die Meinung von Aristoteles, jedoch ist Gh. in diesem Zusammenhang weitgehend von dem Koran beeinflußt 326 . So lautet der koranische Vers: „…, damit ihr wegen dessen, was euch (…) entgangen ist, nicht (…) Kummer macht und (damit ihr) euch über das, was er euch gegeben hat, nicht (…) freut (…)! Gott liebt keinen, der eingebildet und prahlerisch ist“ 327 . Zu diesem Vers schreibt der Korankommentator ibn-Katı¯r: „Die Freude soll in Dank für Gott und die Trauer in Geduld umgewandelt ¯ werden“ 328 . Zu derselben Stelle urteilt der islamische Denker S. Qutb in seinem Korankommentar: „Das ist das mittlere ˙ Maß im Islam“ 329 . Zu der Glückseligkeitskonzeption gehört auch der Tod, ein wichtiges Merkmal, das Gh. von seinen Vorgängern unterscheidet. Der Tod bedeutet bei Gh., daß die Organe außer Kraft gesetzt werden, nicht aber den Verfall des Handlungsvermögens, nämlich der Seele 330. Tod bedeutet Erlöschen der Betäubung, in der sich der Mensch im diesseitigen Leben befindet 331 . Der Körper ist nach Ansicht von Gh. ein Instrument für die Seele und ihr Vehikel, durch das sie mit Hilfe der Sinne die Grundsätze des Wissens wahrnimmt 332 . Seele und Körper bilden demnach eine Einheit, die durch den Tod aufgelöst wird. Tod, das heißt Erlöschen des Lebens, bedeutet Erwachen. Dies entspricht dem koranischen Vers: „Wahrlich, du warst dessen achtlos, und wir nahmen deinen Schleier von dir, und dein Blick ist heute scharf“ 333 . Nach Ansicht von Gh. ist der Tod eine zweite Geburt, durch welche man eine Vervollkommnung erlangt, die es vorher nicht gab. Der Glaube an die Botschaft des Islam ist die Voraussetzung zur Erlangung des Heils im Jenseits. Deswegen soll der Muslim den Todesengel 2Izra¯3ı¯l preisen und ihm Dank erweisen genauso wie den übrigen Engeln, Gabriel, Michael und Seraphim, insofern er uns vom Diesseits befreit und unsere Rettung im Jenseits ermöglicht 334 . Dies ist lediglich ein Versuch, den Tod zu beschreiben. Denn eine Bestimmung seines Wesens ist ausgeschlossen, insofern dies voraussetzt, daß man die Wesenheit des Geistes und der Seele erfährt, was jedoch ausgeschlossen ist. Trotz der Leistung der modernen Hirnforschung auf diesem Gebiet hat sie keine überzeugende Antwort auf die hier gestellten Fragen. Denn sie erklärt lediglich, was phänomenal geschieht. Der Koran bietet Gh eine Stütze für seine Ansicht. Denn dort heißt es: „Und sie werden dich über den Geist befragen. Sprich: Der Geist ist auf den Befehl meines Herrn (erschaffen); euch aber ist nur wenig Wissen (hiervon) gegeben“ 335 . Deswegen ist er (der Geist oder die Seele) kein Gegenstand der Theologieforschung, und die Theologen dürfen sich aufgrund des erwähnten Verses nicht mit einem solchen Thema beschäftigen 336 . Damit grenzt sich Gh. von den islamischen Philosophen, den Anhängern von Platon und Aristoteles, ab, die sich, wie zum Beispiel Avicenna, mit der Wesensbestimmung der Seele beschäftigen sowie mit der philosophischen Auffassung des Todes. Auch „Den Lauteren Brüdern“ 337 , einem Autorenkollektiv, die sich mit philosophischen Themen beschäftigten, steht die Meinung Gh.s entgegen. Bei Platon und Aristoteles bedeutet der Tod Befreiung der Seele vom Körper, Ruhe und Genesung für die Seele. Angst vor dem Tod hat man zwar, aber nicht, wenn man im Kampf mit dem Feind sterben muß. Stolz über Heldentaten und

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Einführung

besessen vom Rausch des Ruhms, tapfer zu sterben, ist eine Eigenart dieser Auffassung. Berühmtestes Beispiel dafür ist Sokrates, der nicht vor dem Tod fliehen wollte und eher Unrecht erlitt als Unrecht zu tun, indem man gegen die Gesetze und die Interessen des Staates verstößt 338 . Die Achtung vor dem Selbst und vor dem Leben überhaupt zeigt sich demnach, wenn man die Gesetze und das allgemeine Wohl im Staat beachtet 339 . Der Tod bedeutet nach diesen Philosophen eine Trennung der Seele vom Leib in der Weise, daß beide, Leib und Seele, auseinandergehen: „Tritt also der Tod den Menschen an: so stirbt, wie es scheint, das Sterbliche an ihm, das Unsterbliche aber und Unvergängliche zieht wohlbehalten ab, dem Tod aus dem Weg“ 340 . Der Leib ist ein Kerker für die Seele. Solange sie in ihm innewohnt, kann sie die Wahrheit nicht erkennen. Denn alles, was man durch die Sinne (durch den Leib) erkennt, ist Betrug. Die Philosophie ist eine Reinigung und Erlösung für die Seele in diesem Kerkerleben, bis sie die volle Wahrheit durch den Tod erkennt 341 . Allein der Philosoph fürchtet deshalb nicht den Tod, insofern er für ihn ein Übergang zur Erfahrung der Wahrheit bedeutet. Deswegen trachten die richtigen Philosophen danach zu sterben 342 . In einem Gedicht von zwanzig Versen resumiert Avicenna seine Ansichten über die Seele und ihr Verhältnis zum Tod, die im wesentlichen mit den griechischen Philosophen, vor allem Sokrates und Platon übereinstimmen. Die Seele existiert bevor sie dem Leib innewohnt. Dieses Innewohnen ist „hubu¯t“ Abstieg und ihre ˙ Verbindung zum Körper eine Erniedrigung. Sobald sie ihren Kerker, nämlich den Leib, durch den Tod verläßt, erfährt sie die Wahrheit. Im Unterschied zu den erwähnten Philosophen glaubt Avicenna an ein seeliges beziehungsweise unseeliges Leben nach dem Tode in Anlehnung an den Koran, woraus man folgern kann, daß er die Seelenwanderung ablehnt 343 . Altiranische und vor allem platonische Einflüsse bestimmen die Vorstellung der ihwa¯n as-safa¯3 (Die Lauteren Brüder) vom Tod. Das Diesseits ist nicht nur die Welt ˘ Vergänglichkeit, ˙ der des Sterbens, sondern auch die des Bösen. Der Tod bedeutet bei ihnen Erlösung von einem solchen Reich des Bösen und der Eintritt ins Reich des Guten. Körper und Seele verhalten sich zueinander wie die „Werkstatt für den Handwerker“. Solange das Werkzeug, das sind die Glieder des Körpers, abgenutzt sind, kann der Handwerker, das ist die Seele, sein Werk nicht ausführen 344 . ˇ inn)“ wird das In ihrer Schrift „Tier und Mensch vor dem König der Genien (G Diesseits von den Lauteren Brüdern mit einer Insel, ihre Bewohner, das sind die Menschen, mit Affen, der Tod mit einem Vogel und das Jenseits mit einer Stadt, zu der die Insulaner einmal zurückkehren, verglichen 345 . Diese Analogie, die kaum mit dem Koran zu vereinbaren ist, weist auf naturhafte und zufällige Elemente hin. Wie der Koran berichtet, ist für jede Seele eine bestimmte Frist eingesetzt, die sie nicht verpassen kann. So lautet es: „Aber er (Gott) gewährt ihnen (den Menschen) auf eine bestimmte Frist Aufschub. Und wenn dann ihre Frist kommt, bleiben sie nicht eine Stunde (hinter ihr) zurück, noch gehen sie (ihr) voraus“ 346 . Ferner sagt der Koran in diesem Zusammenhang: „Jede (den einzelnen Menschen oder ganzen Völker gesetzte) Frist hat eine Bestimmung …“ 347 , und ferner: „Wenn aber die von Gott gesetzte Frist (einmal) gekommen ist, wird sie nicht (weiter) aufgescho-

IV. Zweck und Inhalt des mı¯za¯n al-2amal

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ben“ 348 . Die Zufälligkeit, die beim Ergreifen des Menschen durch den Vogel (den Tod) in der Analogie der Lauteren Brüder zu verstehen ist, wird dadurch zurückgewiesen. Außerdem spricht der Koran von den Gesandten Gottes, das sind die Engel, die die Menschenseelen zu Gott zurückbringen: „Wenn dann schließlich der Tod zu einem von euch kommt, berufen ihn unsere Gesandten (d. h. die Todesengel) ab. Und sie übergehen nichts“ 349 . Gott selbst ist der Urheber von Leben und Tod: „Wir (allein) machen lebendig und lassen sterben. Und bei uns wird es (schließlich alles) enden“ 350 . Zwar wird der Tod im Koran als ein Unglück bezeichnet, jedoch nicht als Strafe für die begangene „Ursünde von seiten Adams“ verstanden, weil es kein Erbsündendogma im Islam gibt, sondern er ist ein Faktum, eine Realität und ein Schicksal aller Lebenden. Eine Erklärung des Todes im Zusammenhang von Sünde und Schuld existiert also nicht im Islam 351 . Der Tod selbst ist nicht als Gericht zu verstehen, sondern als erste Phase zum Gericht nach der Auferstehung der Menschen am Jüngsten Tag. Der Sinn von Leben und Tod im Islam ist die Rechenschaft, die der Mensch am Jüngsten Tag vor Gott ablegen soll. Eine Beschreibung dieses Gedankens sowie des Verhältnisses vom Diesseits zum Jenseits tritt im folgenden Vers auf: „Ein jeder wird (einmal) den Tod erleiden. Und erst am Tag der Auferstehung werdet ihr (für eure Taten) euren vollen Lohn bekommen. Wer dann vom Höllenfeuer ferngehalten wird und ins Paradies eingehen darf, dem ist (großes) Glück zuteil geworden. Das diesseitige Leben ist nichts als eine Nutznießung, durch die man sich (allzu leicht) betören läßt. Ihr werdet sicherlich in eurem Vermögen und in eurer eigenen Person Prüfungen auszustehen haben“ 352 . Ein Trost für uns Menschen, daß dieses ˇ inn, treffen wird, kommentiert ibnSchicksal alle Lebenden, sogar Engel und G Katı¯r, während S. Qutb den Gedanken hervorhebt, wie unwahr das diesseitige ˙ ist, das auf Täuschung ˙ Glück beruht gegenüber dem Jenseitigen 353 . Demnach ist die Vorstellung der „Lauteren Brüder“ vom Tod abzulehnen, die auf Zufälligkeit beruht. Auch die Ansichten von ibn-Sı¯na¯ (Avicenna) über die Seele sind zurückzuweisen, da sie auf eine materialistische Wertvorstellung, nämlich auf dem selbständigen Agieren, Entstehen und Vergehen des Lebens beruht. Heißt dann Glück Verdrängung des Todes? Vortrefflich beschreibt S. Freud das Verhältnis des Menschen zum Tode nach den Ansichten der psychoanalytischen Schule mit den Worten: „… im Grunde glaube niemand an seinen eigenen Tod oder, was dasselbe ist: im Unbewußten sei jeder von uns von seiner Unsterblichkeit überzeugt“ 354 . Nach seiner Ansicht kennt unsere Seele überhaupt nichts Negatives und keine Verneinung, und deshalb kennt sie nicht den eigenen Tod 355 . Zwar entstehen durch Verdrängung Abwehrmechanismen für das Ich (ego defense), durch welche man glaubt, sich vor unangenehmen und emotionalen Zuständen zu schützen 356 . Motiv und Zweck der Verdrängung ist einfach die Vermeidung von Schmerzen. Im Falle des Todes wäre die Verdrängung erfolgreich, wenn dadurch die Angst vermieden würde 357. Dies aber ist ein allgemeines Verständnis von der Verdrängung, die nicht ausreicht, um die Angst vor dem Tod zu überwinden. Tatsache aber ist, daß wir Menschen den Tod in bezug auf andere als lebensvernichtend anerkennen, ihn aber in bezug auf uns selbst als Individuen verleugnen, und

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Einführung

dies führt dazu, daß wir mit Konflikten und in Situationen leben, durch die Neurosen entstehen 358 . Freud schließt seine Analyse mit einer sinnvollen Frage, die lautet: „Wäre es nicht besser, dem Tod den Platz in der Wirklichkeit und in unseren Gedanken einzuräumen, der ihm gebührt, und unsere unbewußte Einstellung zum Tode, die wir bisher so sorgfältig unterdrückt haben, ein wenig mehr hervorzukehren? … Wenn du das Leben aushalten willst, richte dich auf den Tod ein“ 359 . Diese Antwort von seiten des großen Psychoanalytikers S. Freud stimmt mit der Haltung von Gh. überein, der von Anfang an den Tod in sein Konzept vom Glück integriert. Seine Meinung beruht auf einer islamischen Überlieferung, wonach der Mensch immer an den Tod denken soll: „Gedenkt häufig des Bezwingers der Genüsse …“ 360 . Denn ein wahrhaft törichter Mensch ist derjenige, der kaum an den Tod und an das, was nach ihm kommt, denkt. Der Vernünftige hingegen besinnt sich öfter darüber. Denn: „Es gibt keinen Augenblick, in dem der Tod nicht möglich ist“ 361 . Das Ersinnen des Todes hat eine positive Wirkung auf das Leben des Menschen, nämlich die Vertreibung übertriebener Hoffnungen und die Hemmung seltsamer Wünsche. Tugendhaftes Verhalten, Genügsamkeit, Unterlassung des gegenseitigen Neides sowie die Bereitschaft, Buße zu tun, sind wichtige Folgen. Gh.s Integrierung des Todes in seine Konzeption über die Glückseligkeit füllt eine Lücke aus, die im Denken seiner Vorgänger vorhanden war. An der Spitze der Dreikategorienaufteilung steht ein scharfsinniger Mensch, „der weiß, daß das Leben ihn versklavt, der Tod ihn aber befreit und daß der Mensch auch dann, wenn dessen Verbleib im Diesseits lange dauert, einem blendenden Blitz ähnelt …“ 362 . Ein solcher Mensch hat keine Angst vor dem Tod; er hat sie durch den Glauben an Gott und die Sehnsucht nach ihm überwunden. Gh. ist es gelungen, in diesem Werk sowohl Anhängern der Tradition wie auch denen der Vernunft, Philosophen, Mystiker, Sunnı¯ten und Mu2tazilı¯ten, ohne sie mit Namen zu nennen, ein Konzept von der praktischen Ethik des Islam bei der Beantwortung der Frage „Was heißt Glück?“ zu bieten, wodurch sie sich zum Nachdenken veranlaßt fühlen. Im Mittelpunkt der Beantwortung dieser Frage steht das islamische mittlere Maß mit allen erwähnten Merkmalen im Gegensatz zum aristotelischen. Er zeigt, wie lückenhaft das aristotelische Denksystem ist und daß es bei näherer Betrachtung keine überzeugende Lösung der erwähnten Probleme bieten kann. Sowohl Anhänger wie auch Gegner dieses Konzepts werden aufgefordert, darüber nachzudenken. Sie werden ferner aufgefordert, ihre fanatische Parteinahme zu dieser oder jener Doktrin aufzugeben und sich lediglich auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben. Gh. schließt das letzte Kapitel seines Werkes „Über den Sinn der Lehrmeinung und den Streit der Menschen darüber“ mit dem Aufruf, über den eigenen überlieferten Glauben nachzudenken, ja sogar daran zu zweifeln. Denn: „Wer also nicht zweifelt, denkt nicht nach, und wer nicht nachdenkt, sieht nicht, und wer nicht sieht, bleibt in Blindheit und Irrtum“.

V. Anmerkungen und Quellenangaben zur Einleitung des Herausgebers 1

Über seine Biographie s. Einleitung des Herausgebers in: al-Ghaza¯lı¯, Der Erretter aus dem Irrtum, Hamburg: Felix Meiner Vlg. 1988, PhB, Bd. 389, S. XIff. 2 C. Brockelmann, Geschichte der arabischen Literatur, erster Supplementband, E. J. Brill, Leiden 1937, S. 745, 749. 3 Maurice Bouyges, Essai de chronologie des œuvres de al-Ghaza ¯ lı¯, S. 28 f. 4 s. Kriterium, D 347, 349; H. Hachem, Critère de l’action, Librairie Orientale et Américaine, Paris 1945, S. XII; mi2ya¯r al-2ilm (Das Kriterium des Wissens), S. 348 5 Der Erretter …, A 43 ff.; Das Kriterium …, D 221 ff., 341 ff., 378 ff. u. a.; ih …, Bd. I, S. 73 ff. ˙ 6 H. Hachem, Critère …, S. XV. 7 W. M. Watt, The Authenticity of the Works attributed to al-Ghaza ¯ lı¯, in: Journal of the Royal Asiatic Society, London 1952, S. 24 ff., besonders S. 38. 8 W. M. Watt, The Authenticity …, S. 38. 9 Die Kapitelangaben bei Watt beziehen sich auf die französische Übersetzung. 10 mı¯za¯n …, D 357. 11 W. M. Watt, The Authenticity …, S. 39. 12 a. a. O. 13 a. a. O. 14 Gh., Das Kriterium …, D 222 ff.; ih …, Bd. III, S. 16 f. ˙ 40. 15 W. M. Watt, The Authenticity …, S. 16 W. M. Watt, a. a. O., S. 45. 17 W. M. Watt, a. a. O. 18 ih … (Die Wiederbelebung der Religionswissenschaften), Bd. III, S. 15. ˙ Der Erretter …, B 33 ff. 19 Gh., 20 Diese Themen gewinnen auch bei anderen islamischen Philosophen vor Gh., wie zum Beispiel al-Fa¯ra¯bı¯ und ibn-Sı¯na (Avicenna), eine große Bedeutung, s. zum Beispiel: Die menschliche Seele bei Avicenna, Texte zusammengestellt und hrsg. von Alber Nasrı¯ Na¯dir, arab., da¯r al-masˇriq, Bai˙ rut 1968; Gh., al-ma2a¯rif al-2aqlı¯ya (Die rationalen Erkenntnisse), arab., hrsg. von 2A. al-2Utma¯n, ¯ Damaskus: da¯r al-fikr 1963. 21 ih …, Bd. I, S. 47; Das Kriterium … (mı¯za ¯ n …), D 356 ff. ˙ ¯za¯n …, D 357. 22 mı 23 al-munqid … (Der Erretter …) A 50. 24 mı¯za ¯ n …,¯ D 224. 25 ih …, Bd. III, S. 17. ˙ ¯za¯n …, D 358 ff.; s. f. ih …, Bd. III, S. 17. 26 mı ˙ 27 a. a. O. 28 a. a. O., D 223; ih …, Bd. III, S. 16 f. 29 mı¯za ¯ n …, D 224.˙ 30 ih …, Bd. III, S. 17. ˙ …, Bd. II, S. 43 ff. 31 ih ˙ a. O., S. 46 ff. 32 a. 33 ih …, Bd. I, S. 43. ˙ a. O., Bd. I, S. 47 ff.; mı¯za¯n …, D 351 ff. 34 a.

72 35

V. Anmerkungen und Quellenangaben

ih …, Bd. III, S. 3 ff.; mı¯za¯n …, D 235 ff. ih˙ …, Bd. III, S. 7 ff.; mı¯za¯n …, D 209 ff. ˙ ¯ r al-2ilm (Das Kriterium des Wissens), S. 348; mı¯za¯n …, D 179, 347. 37 mi2ya 38 Richard Gramlich, ar-Ra ¯ g˙ib al-Isfaha¯nı¯ und die Ethik al-Gaza¯lı¯’s, in: Religious Schools and ˙ Sects in Medieval Islam, Variorum Reprints, London 1985, S. 152 ff. 39 Moritz Steinschneider, Die hebräischen Übersetzungen des Mittelalters …, S. 342, § 195. 40 a. a. O., S. 344. 41 Steinschneider, S. 343 f. 42 Ahmad Šahla ¯ n, Die hebräische Übersetzung des mı¯za¯n al-2amal von Gh., der mı¯za¯n zwischen ˙ ˙ Begriffsbestimmungen und der jüdischen Tradition, in: Ghaza¯lı¯, La raison et le den islamischen miracle, Table Ronde Unisco 9–10 décembre 1985, arab., Paris: Édition Maisonneuve et Larose 1987, S. 98 f. 43 A. Šahla¯n, a. a. O. 44 David˙ Kaufmann, Geschichte der Attributenlehre in der jüdischen Religionsphilosophie des Mittelalters von Saadja bis Maimoni, Nachdruck von G. Olms, Hildesheim 1982, S. 3, Anm. 259 ff., 276 ff.; über den Begriff „islamische Scholastik“ s. Der Erretter …, PhB 389, Anm. 9, S. 74 ff. 45 Moses ben-Maimon, Acht Kapitel, S. 2 ff.; Aristoteles, Über die Seele, 414a29 ff.; Das Buch über die Genesung der Seele, in: Die menschliche Seele bei Avicenna, hrsg. von Alber Nasrı¯ Na¯dir, ˙ S. 55 ff.; al-Fa¯ra¯bı¯, 3a¯ra¯3 ahl al-madı¯na 3l-fa¯dila (Der Musterstaat), übers. von Fr. Dieterici, XX, ˙ S. 54 ff. 46 M. ben-Maimon, Acht Kapitel, S. 33. 47 M. Steinschneider, a. a. O., S. 303 f. 48 Steinschneider, S. 305; H. und M. Simon, Geschichte der jüdischen Philosophie, S. 160 ff. 49 Steinschneider, S. 306 ff. 50 Steinschneider, S. 310. 51 Steinschneider, S. 314 ff.; H. und M. Simon, Geschichte der jüdischen Philosophie, S. 164 f. 52 Steinschneider, S. 316. 53 Steinschneider, S. 319 ff. 54 Steinschneider, 327 ff. 55 Steinschneider, S. 328. 56 Steinschneider, S. 332 ff. 57 Steinschneider, S. 338 f. 58 a. a. O.; Es wurde mit einer deutschen Übersetzung von H. Malter unter dem Titel: Die Abhandlung des Abu¯-Ha¯mid al-Ghaza¯lı¯, Antworten auf Fragen …, hrsg. und übers., Frankfurt a. M. 1896. Carra de Vaux,˙Gairdner, D. B. Macdonald und W. M. Watt zweifeln an der Echtheit dieser Schrift, s. 2A. Badawı¯, Die Werke Gh.s, S. 347 ff. 59 Steinschneider, S. 340. 60 Steinschneider, S. 346. 61 Steinschneider, Schriften der Araber in hebräischen Handschriften, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländichen Gesellschaft, Leipzig, F. A. Brockhaus 1893, Bd. 47, S. 378; Bouyges, Essai de chronologie …, S. 109 f.; 2A. Badawı¯, Les œuvres d’al-Ghaza¯lı¯, 328 f. 62 Steinschneider, Die hebräischen Übersetzungen, S. 347 f.; A. Badawı¯, mu’allafa ¯ t (Les œuvres …), S. 371 ff.; Ahmad Šahla¯n, Ghaza¯lı¯, S. 97 f. ˙ Polemische ˙ 63 M. Steinschneider, und apologetische Literatur in arabischer Sprache, S. 49; ˇ A. Sahla¯n, al-mı¯za¯n …, S. 97, jedoch wird die Autorschaft Gh.s von Steinschneider bestritten, s. a. a. O.˙ 64 Gh., Der Erretter …, S. A. 20 f. 65 Das Buch Kusari des Jehuda ha-Lévi; H. u. M. Simon, Geschichte der jüdischen Philosophie, S. 108 ff. 66 Kusari, S. 301 f. 67 a. a. O. 68 a. a. O. 36

V. Anmerkungen und Quellenangaben 69

73

Gh., Die Nische der Lichter, S. A 60 f., 68; ha-Lévi, Kusari, S. 302 ff. Kusari, S. 288 ff.; Gh., mı¯za¯n …, S. D 216 ff., 221, 293 usw. 71 Gh., Der Erretter …, a. a. O.; ha-Levi, Kusari, besonders S. 358 ff.usw. 72 Kusari, S. 409 ff. 73 David Kaufmann, Jehuda Halevi, Versuch einer Charakteristik, S. 26. 74 D. Kaufmann, Jehuda Halevi …, S. 133 f. 75 D. Kaufmann, S. 118. 76 D. Kaufmann, S. 29, 40 ff., 58 f., 84 f., 88 f.; Gh., Der Erretter …, A 28, 50 ff.; Die Nische der Lichter, S. A 59, 65 ff., 71 f., 76 ff., 92 f.; Die Widersprüchlichkeit der Philosophen, S. 86 ff., 122 ff., 204 ff. usw.; Antwort auf Fragen …, S. 13 ff., 18 ff., usw.; vgl. auch in diesem Zusammenhang Aristoteles, Metaphysik, XI, 1067 ff., XII, 1069 ff., 1072 ff. 77 Abraham ben-David Halevi, Emunah Ramah, S. 126 ff. 78 mı¯za¯n …, D 179. 79 Über seine Biographie, s. Der Erretter …, PhB 389, Anm. 68, S. 98 ff. 80 Über seine Schriften s. den Bericht von al-Qiftı¯, in: al-Fa ¯ ra¯bı¯’s Philosophische Abhandlungen, ˙ aus dem Arabischen übersetzt von Fr. Dieterici, Leiden: E. J. Brill 1892, S. 190 ff. 81 al-Fa¯ra¯ba¯, Abhandlung über die Aneignung der Glückseligkeit, arab., Haideraba¯d-ad-Dakan, ˙ Kultusministerium, 1345 n. H. (1926 n. Chr.), S. 2 ff. 82 s. S. 4 f. 83 s. S. 5. 84 a. a. O. 85 s. S. 8 ff. 86 s. S. 15 f. 87 a. a. O. 88 s. S. 20 f. 89 s. S. 21. 90 a. a. O. 91 s. S. 26 ff. 92 a. a. O. 93 s. S. 27. 94 s. S. 28 f. 95 s. S. 29. 96 s. S. 31 ff. 97 s. S. 34. 98 a. a. O. 99 s. S. 44 ff. 100 s. S. 38 ff. 101 s. S. 42 ff. 102 a. a. O. 103 s. S. 44 ff.; Platon, Politeia 67aff., 82aff., 84aff. 104 s. S. 44 ff. 105 s. at-tanbı¯h 2ala ¯ saba¯l as-sa2a¯da (Das Aufmerksammachen, wie das Glück erlangt werden kann), arab., Haideraba¯d-ad-Dakan, Kultusministerium, 1346 n. H. (1927 n. Chr.), S. 2 f.; s. f. a¯ra¯’ ahl almadı¯na˙ ’l-fa¯dila (Der Musterstaat), arab., hrsg. von Alber Nasrı¯ Na¯dir, Bairut: al-maktba ’l-katho˙ likı¯ya 1959, übers. von Fr. Dieterici, Leiden: E. J. Brill 1900, Kapitel XXIII. 106 a. a. O. 107 at-tanbı¯h … (Das Aufmerksammachen …), S. 4. 108 s. S. 5 f. 109 a. a. O. 110 s. S. 5. 111 s. S. 7 ff. 112 s. S. 5 ff. 70

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V. Anmerkungen und Quellenangaben

113

s. S. 7 ff. s. S. 8 f. 115 s. S. 13 ff. 116 a. a. O. 117 s. S. 16 ff. 118 a. a. O. 119 s. S. 19 ff. 120 s. S. 20 f. 121 s. S. 21 ff. 122 a. a. O. 123 s. S. 22 ff. 124 s. tahsı¯l as-sa2a ¯ da (Aneignung der Glückseligkeit), S. 42; s. f. ’a¯ra¯’ … (Der Musterstaat), K. 22, ˙˙ 23. 114

125

s. Der Musterstaat, K. 23. s. K. 23. 127 a. a. O. 128 as-siya¯sa¯t … (Die Staatsführung/Politische Systeme), arab., Haideraba¯d-ad-Dakan, Kultus˙ Najja¯r, Bairut 1964, s. S. 75. ministerium 1346 n. H. (1927 n. Chr.), S. 44; in der Ausgabe von F. M. 129 s. S. 49 bzw. 79 ff. 130 a. a. O. 131 s. S. 53 bzw. 83 ff.; Der Musterstaat, K. 116. 132 a. a. O. 133 s. S. 54 bzw. 84 ff. 134 a. a. O. 135 s. S. 57 bzw. 87; Der Musterstaat, K. 29. 136 a. a. O. 137 a. a. O. 138 as-siya ¯ sa¯t … (Die Staatsführung), S. 59 bzw. 89; 3a¯ra¯3 … (Der Musterstaat), K. 32. 139 as-siya ¯ sa¯t … (Die Staatsführung), S. 63 bzw. 93; 3a¯ra¯3 … (Der Musterstaat), a. a. O. 140 as-siya ¯ sa¯t …, S. 69 bzw. 99; (Der Musterstaat), a. a. O. 141 as-siya¯sa¯t …, S. 72 bzw. 102 ff. 142 s. S. 76 bzw. 106 f.; (Der Musterstaat), K. 32, 33. 143 „Es kann daher unmöglich der Mensch die Vollkommenheit erreichen, auf die hier seine natürliche Anlage gesetzt ward, es sei denn, daß viele Gemeinschaften sich einander beistehen …“ Der Musterstaat, K. XXVI, Dieterici, S. 84. 144 Der Musterstaat, K. XXVI. 145 EN, 1097a30, 34. 146 1097b13, 15. 147 1097b20, 21. 148 1099a24 ff. 149 1098b25. 150 1099a13 ff. 151 1112a17 f. 152 1099b32 ff. 153 1106b23 ff. 154 1109a1 ff. 155 1103a14 ff.; al-Fa ¯ ra¯bı¯ „tahsı¯l as-sa2a¯da (Aneignung der Glückseligkeit), S. 2. ˙ ˙ K. 1, 6, 8. 156 s. S. 15 f.; Der Musterstaat, 157 Der Musterstaat, K, VIII, übers. von Fr. Dieterici. 158 s. zum Beispiel, Der Musterstaat, K. 1, 2 ff., K. V, welche in wesentlichen Zügen mit der islamischen Gottesauffassung übereinstimmen. 159 Aristoteles, EN, 1094. 126

V. Anmerkungen und Quellenangaben 160

75

s. Dieterici, Der Musterstaat, Einleitung, LVf.; Max Horten, Die Philosophie des Islam, S. 82; s. f. R. Walzer: „… The stages of the emanation of different layers of reality in a descending order of eminence are different in al-Fa¯ra¯bı¯ and Plotin …“, in: al-Fa¯ra¯bı¯, On the perfect State …, S. 11 f. 161 Max Horten, Die Philosophie des Islam, S. 213; s. ferner: Islamische Philosophie, in: Das Fischer Lexikon, Philosophie, S. 137. 162 Über diese Umstände s. T. Nagel, Das Kalifat der Abbasiden, in: Geschichte der arabischen Welt, hrsg. von U. Haarmann, München: C. H. Beck 1987, S. 101 ff.; Gh., Der Erretter …, PhB, Bd. 389, S. 124, Anm. 105. R. Walzer bemerkt in diesem Zusammenhang mit Recht, daß einige der Kapitel des Musterstaates in Zusammenhang mit dem Leben in Bag˙da¯d um das 9. Jahrhundert interpretiert werden können, s. S. 4. 163 s. „Der Musterstaat“, K. XXVI, XXVII. 164 s. U. von Wilamowitz-Moellendorff, Platon, S. 313 mit Belegen aus Platons Schriften. 165 ¯ mirı¯, as-sa2a¯da wa-3l-is2a¯d (Über die Glückseligkeit und über das, was glückselig A. al-2A macht), S. 5. 166 a. a. O. 167 s. S. 6. 168 s. S. 8. 169 s. S. 10. 170 s. S. 19. 171 s. S. 21. 172 a. a. O. 173 s. S. 22. 174 s. S. 23, 218 ff. 175 ˇ a¯hiz s. S. 219 f. mit Hinweisen auf Aristoteles und auf den arabischen Schriftsteller al-G ˙ ˙ (775–868 n. Chr.): „Gott hat die einen Menschen zu Dienern der anderen gemacht, d. h., sie sind aufeinander angewiesen“, s. S. 220. 176 s. S. 23 ff. 177 s. S. 24 f. 178 a. a. O. 179 s. S. 39 ff. 180 s. S. 42 ff. 181 a. a. O. 182 s. S. 46 ff. 183 a. a. O. 184 s. S. 49. 185 s. S. 52, 55. 186 s. S. 56. 187 a. a. O. 188 Über das Leben al-2A ¯ mirı¯’s s. Ahmad 2Abdel-Hamı¯d al-Ghura¯b, in: A. al-2A ¯ mirı¯, kita¯b al-i2la¯m ˙ arab., Kairo: da¯r al-ka¯tib al-2arabı¯ 1967, S. 5 ff. ˙ bi-mana¯qib al-Islam (Über die Vorzüge des Islam), 189 s. 164 ff. 190 a. a. O. 191 s. S. 159. 192 s. S. 174 ff. 193 a. a. O. 194 s. S. 175. 195 s. S. 177, wo unter anderem die Bedeutung der Politik und der Staatsführung besonders hervorgehoben wird. 196 s. S. 179 ff. 197 a. a. O. 198 a. a. O. 199 s. S. 185 ff.

76 200

V. Anmerkungen und Quellenangaben

a. a. O. s. S. 190. 202 s. S. 191. 203 s. S. 193 f. 204 a. a. O. 205 s. S. 202 f. 206 a. a. O. 207 s. S. 211 f. 208 s. S. 366. 209 Die Bedeutung der Erziehung für unser Thema sowie die Aufgaben des Herrschers den Bür¯ mirı¯ sehr ausführlich in den letzten Teilen seines Werkes, vgl. gern gegenüber beschreibt al-2A S. 355–454. 210 s. S. 350. Dort heißt es: „wa-la¯kinnaha¯ (d. h. as-siya¯sa) yaqtadı¯ fi 3s-sa¯3is bi-ma¯ yas2adu bihi 3l-masu¯s.“ 211 s. S. 414, 421 ff. 212 s. S. 242 ff. 213 s. S. 455. 214 ibn-Sina, Abu ˇ ag ˇ al-2asˇra (Abhandlung ¯ -2Ali 3l-Husein (Avicenna), risa¯la fi 3s-sa2a¯da wa-3l-hug ˙ ˙ über die Glückseligkeit …), arab., Haidaraba¯d-ad-Dakan: Kultusministerium 1353 n. H. (1934 ˙ n. Chr.), S. 4, 18 ff. 215 ibn-Sı¯na, fi-3l-2iba ¯ da¯t wa-mana¯fi 2iha¯ … (Über die Gottesdienste und ihre Nützlichkeit im Diesund Jenseits), in: Moh. Jusuf Mu¯sa¯, La Sociologie et la Politique dans la Philosophie d’Avicenne, ˙ de l’Institut Français d’Archéologie Orientale du Caire 1952, S. 14 f. arab., Kairo: Publication 216 s. S. 27. 217 Sure 2, Vers P. 30, H. 28; 38, P. 26, H. 25. 218 ibn-Katı¯r, Korankommentar, Bd. I, S. 69 f., Bd. IV, S. 32. 219 Platon,¯ Politeia, 449cff., 457cff., 464bff. 220 Politeia, 460bff. 221 Avicenna, fı¯ ma ¯ hı¯yat as-sala¯t (Über das Wesen des Gebets), in: rasa¯3il (Traités Mystiques ˙ ˙ hrsg. von M. A. F. Mehren, Leiden: E. J. Brill 1899, S. 34 f.; Sure 51, d’Abou 2Alı¯ …,), arab. u. franz., P. u. H. 56. 222 Avicenna, Über das Wesen des Gebets, S. 38 f. 223 a. a. O. 224 a. a. O. 225 s. S. 39. 226 a. a. O., Sure 29, Vers P. 45, H. 44. 227 ibn-Miskawaih, Abu¯-2Alı¯-Ahmad ibn-Muhammad, tahdı¯b al-ahla¯q (Die Erziehung der Cha˘ (1908 n. Chr.), S. 10 f. ¯ ˙ von 2Abdel-2Alı ˙ ¯m Sa¯lih, Kairo raktereigenschaften), arab., hrsg. 1326 ˙ ˙ ¯wanat al-g 228 s. S. 13. Dort heißt es: „wa-yatimmu li-3l-g ˇ am2 bi-mu2a ˇ amı¯2 al-kama¯l al-insı¯ …“ (Die menschliche Vollkommenheit wird mit Hilfe aller für alle erreichbar), 229 s. S. 14 ff. 229 s. S. 14 ff. 230 a. a. O. 231 Der Satz heißt auf Arabisch: „kull huluq yumkinu tag ˙ ayyuruhu, wa-la¯ ˇsai3a mimma¯ yumkinu tag˙ayyuruhu huwa bi-3t-tab2. fa-3idan la¯ h˘ uluqa wa-la¯ wahida minhu bi- 3t-tab2“, s. S. 28. ˘ ¯ ˙˙ ˙ ˙˙ 232 s. S. 50 f. 233 s. S. 37 f. 234 s. S. 62. 235 s. S. 98, 118. 236 s. S. 101 ff. 237 s. S. 103 ff. 238 s. S. 117. 239 s. M. Steinschneider, Die arabischen Übersetzungen aus dem Griechischen, S. 69 f. 201

V. Anmerkungen und Quellenangaben

77

2A. Badawı¯, Aristoteles, Ethica Nicomachia, S. 364; M. Steinschneider, Die hebräischen Übersetzungen, S. 215 ff. 241 s. M. Steinschneider, a. a. O. 242 Steinschneider, Die hebräischen Übersetzungen …, S. 216. 243 Steinschneider, a. a. O.; 2A. Badawı¯, Aristoteles, Ethica Nikomachia, S. 37. 244 Steinschneider, S. 217. 245 2A. Badawı¯ S. 11. 246 The Nicomachean Ethics in Arabic, in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies, Vol. XVII: Part 1, London 1955, S. 1–9. 247 a. a. O. 248 2A. Badawı¯, S. 393. 249 2A. Badawı¯, S. 437. 250 D. M. Dunlop, S. 21. 251 s. 2A. Badawı¯, Enzyklopädie der Philosophie, Bd. I, S. 146, 463. 252 s. 2A. Badawı¯, Aristoteles, Ethica Nicomachia, S. 45. 253 D. M. Dunlop, S. 22 ff. 254 al-Fa¯ra¯bı¯, kita¯b al-milla (Über die Religion), S. 47, 52. 255 s. S. 66. 256 A. al-2A ¯ mirı¯, mana¯qib al-Islam (Die Vorzüge des Islam), S. 140 f. 257 s. S. 143 f. 258 s. S. 145 ff. 259 Matthäus 5, 38 ff. 260 mana ¯ qib … (Die Vorzüge …), S. 147 ff. 261 s. S. 147 ff., 156 ff. 262 s. S. 175 ff., 179 ff. usw. 263 s. S. 180 ff. 264 s. Abu¯-Hayya¯n at-Tauhı¯dı¯, al-imta2 wa-3l-mu3a¯nasa (Geistiger Genuß und Geselligkeit, Abend˙ Bd. II, S. 3 ff.;˙ T. Nagel, Staat und Glaubensgemeinschaft im Islam, Bd. II, S. 36 ff.; zu vorträge …), Leben und Werken islamischer Philosophen s. u. a. 2A. Badawı¯, mausu¯2at al-falsafa (Phil. Enzyklopädie), arab., Bairut: al-mu3assasa 3l-2arabı¯ya … 1984. 265 s. mı¯za¯n … (Das Kriterium …), S. 185 f., 195 f. 266 s. S. 393 ff. 267 s. S. 182 ff. 268 s. S. 196. 269 s. S. 195 ff. 270 s. al-Fa ¯ ra¯bı¯, tahsil as-sa2a¯da (Die Aneignung der Glückseligkeit), S. 2; zum Neuplatonismus, s. ˙˙ H. Meinhardt, Neuplatonismus, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Darmstadt: WBG 1984, Bd. 6, S. 754 ff.; F. Brentano, Geschichte der griechischen Philosophie, S. 343 ff.; Fr. Dieterici, al-Fa¯ra¯bı¯, Der Musterstaat, Einleitung, S. XXI. 271 mı¯za ¯ n …, S. 195 f. 272 a. a. O. 273 s. S. 268 ff. 274 a. a. O. 275 s. S. 301. 276 Zur Kritik der rationalen Ethik aus jüdischer Sicht durch Jehuda Halevi s. Julius Guttmann, Die Philosophie des Judentums, S. 138 ff. Zur Rezeption der aristotelischen Glückslehre bei Thomas von Aquin s. Wolfgang Kluxen, Glück und Glücksteilhabe, in: Günther Bien (Hrsg.), Die Frage nach dem Glück, S. 77 ff. 277 mı¯za ¯ n … (Das Kriterium des Handelns), S. 218 ff. 278 s. S. 221 ff. 279 s. S. 223 f. 280 s. S. 225 f. 240

78 281

V. Anmerkungen und Quellenangaben

a. a. O. s. S. 221 ff. 283 s. S. 341 ff. 284 s. S. 358; s. ferner „tasawwuf“, in: F. Jabre, Essai …, S. 147 mit weiteren Quellenangaben. 285 s. mı¯za ¯ n …, S. 190. ˙ 286 s. S. 294. 287 s. S. 304 f. 288 a. a. O. 289 s. S. 294. 290 s. S. 296 ff. 291 s. S. 299. 292 s. S. 306. 293 s. S. 307 f. 294 a. a. O. 295 a. a. O. 296 s. S. 195. 297 s. S. 231 ff. 298 a. a. O. 299 s. S. 230. 300 a. a. O. 301 s. S. 230. 302 s. S. 234 f.; zu Aristoteles, s. D. J. Allan, Aristoteles’ Auffassung vom Ursprung moralischer Prinzipien, in: Ethik und Politik des Aristoteles, S. 275 ff.; W. K. Guthrie, Die griechischen Philosophen von Thales bis Aristoteles, S. 120 ff. 303 Aristoteles, EN 1129; Gh, mı¯za ¯ n …, D. 272, 286. 304 mı¯za ¯ n …, S. 234; Koran, Sure 5, Vers H 11, P 8; 6, H 153, P 15. 305 s. S. 243 f. 306 s. S. 244. Die Meinung von Arkoun, Gh sei ein Feind der Vernunft und des Humanismus ist grundlos, s. ibn-Miskawaih, Traité d’Éthique tahdı¯b al-ahla¯q …, traduction française avec introduction et notes par Mohammed Arkoun, Damas¯1969, S.˘ XII Anm. ˙ 307 a. a. O. 308 s. S. 247. 309 a. a. O. 310 s. S. 203 f. 311 a. a. O. 312 EN, 1094a1 ff.; über das Verhältnis von Denken, Handeln, Entscheidung und Zweck s. 1139a20 f. 313 I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 407; Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, S. 6. 314 s. mı¯za ¯ n …, S. 331 ff. 315 s. S. 262, 270. 316 s. S. 359. 317 s. S. 257. 318 a. a. O., 331 ff. 319 s. S. 255. 320 s. S. 256; ih … (Die Wiederbelebung …), Bd. III, S. 51. 321 s. S. 388 ff.˙ 322 s. S. 391. 323 s. ih …, Bd. IV, S. 22 f., 312 ff.; faisal at-tafriqa bein al-Islam wa-3z-zandaqa, S. 120 ff. ˙ al-munqid … (Der Erretter ˙…), Anm. 83, S. 113. 324 Gh., ¯ 1153b7 ff. 325 Aristoteles, EN, 326 Sure 57, Vers P. u. H. 23. 282

V. Anmerkungen und Quellenangaben 327

79

ibn-Katir, Korankommentar, Bd. 4, S. 314. S. Qutb,¯ fı¯ zila¯l al-Qur3a¯n (Unter den Auspizien des Korans), Bd. 27, S. 176. ˙¯ n …,˙ D. 195. 329 s. mı¯za 330 s. S. 196. 331 s. S. 211. 332 Sure 50, H 21, P 22; s. f. al-munqid … (Der Erretter …), S. A 10. ¯ 333 mı¯za ¯ n …, S. 398 f. 334 Sure 17, Vers P u. H 87. Jedoch scheint der Vers besser wie folgt zu übersetzen: „Der Geist aber gehört zu den Angelegenheiten meines Herrn.“ 335 Gh., ih …, Bd. IV, S. 422 ff. ˙ 336 Gh., al-munqid … (Der Erretter …), Anm. 69, S. 103 ff. ¯ 44a, 50aff.; Aristoteles, EN, 1115a11 ff. 337 Platon, Kriton, 338 Platon, Kriton, 53 f. 339 Phaidon, 106e. 340 Phaidon, 82dff. 341 Phaidon, 67eff., 68aff., 68b. 342 Avicenna, Über die menschliche Seele, hrsg. von A. N. Na¯dir, S. 33 ff., 113 f.; Koran, Sure 56, Vers 7 ff.; 89, 27; Über die Glückseligkeit, hrsg. von Zain ad-Dı¯n al-Mu¯sawı¯, S. 15 ff.; s. f. die Art und Weise der Belohnung und Bestrafung der gerechten und ungerechten Seelen bei Platon, Phaidon, 81eff. 343 Susanne Diwald, Arabische Philosophie und Wissenschaft …, S. 315 ff., 348 ff., 377 ff. 344 Ihwa ¯ n as-safa¯3 …, Mensch und Tier, aus dem Arabischen übers. von Alma Giese, PhB 433, ˘ ˙ ˙ S. IXff. 345 Sure 16, Vers P 61, H 63. 346 Sure 13, Vers P u. H 38, wobei die Übersetzung von P dem Text näher steht. 347 Sure 71, Vers P u. H 4. 348 Sure 6, P u. H 67; ferner Sure 32, vers P. u. H. 11. 349 Sure 50, P 43, H 42. 350 Sure 5, Vers P 106, H 105; 56, Vers P u. H 60. 351 Sure 3, Vers P 185 f., H 182 f.; Otto Kaiser, Eduard Lohse, Tod und Leben, S. 82 ff. 352 ibn-Katir, Korankommentar, Bd. 1, S. 434; S. Qutb, Korankommentar, Bd. 4, S. 67. ˙ Religion, II, Unser Verhältnis zum Tode, ¯ Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der 353 S. Freud, S. 49. 354 s. S. 58. 355 R. A. Bobbitt, Untersuchung über die Verdrängungshypothese …, in: Die Motivation menschlichen Handelns, S. 316 ff. 356 a. a. O. 357 Freud, Fragen der Gesellschaft …, S. 58. 358 s. S. 59 f. 359 s. mı¯za ¯ n …, S. 393 f. 360 a. a. O. 361 s. S. 396. 362 s. S. 182, 185, 195 ff., 221 ff., 405. 328

Abu¯-Ha¯mid al-Ghaza¯lı¯ ˙ Das Kriterium des Handelns

Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmers

Einleitung Unsere Aufgabe 1 (in diesem Werk) ist, das zur Glückseligkeit führende Handeln zu erkennen und es von jenem zu unterscheiden, das zum Verderben führt, da das Glück, nach dem die Früheren und Späteren streben, nicht anders als durch Wissen und Handeln erlangt werden kann, und da jedes einzelne dieser beiden die Erkenntnis seiner Wahrheit und seines Kriteriums verlangt, da schließlich die Erfahrung des Wissens und die Unterscheidung zwischen diesem und dem, was anders ist, durch ein Kriterium notwendig ist – eine Aufgabe, die wir bereits erfüllt haben –, so müssen wir das zur Glückseligkeit führende Handeln erkennen und es von jenem unterscheiden, das zum Unheil führt. Dies (eine solche Erkenntnis) benötigt wiederum ein Kriterium. Wir wollen darauf eingehen und darlegen, inwiefern die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glück eine Torheit 2 ist. Im folgenden wollen wir aufzeigen, daß die Glückseligkeit nur durch Wissen und Handeln zu erreichen ist. Dann wollen wir das Wissen und die Mittel 3 , durch die es zu erlangen ist, darlegen und schließlich das zum Glück führende Handeln und seinen Weg erläutern. All dies soll in einer Methode geschehen, die über den Rahmen der blinden Nachahmung 4 hinausgeht, um zu einem Grade der Klarheit zu gelangen, welche – erforschte man deren Wahrheit und redete man ausführlich darüber – zu einer Art Beweis führen würde nach eben jenen Prinzipien und Gesetzen, die wir in (unserem Buch) „Das Kriterium des Wissens“ 5 erwähnt haben. Hier aber wollen wir sie nicht näher erörtern, sondern lediglich auf sie hinweisen.

A 11 B 07 D 179

A 12 B 08 D 180

I. Die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glück ist eine Torheit

Das jenseitige Glück, das wir meinen, ist Verweilen ohne Ende, Genuß ohne Plage, Freude ohne Trauer, Reichtum ohne Armut, Vollkommenheit ohne Mangel und Würde 6 ohne Erniedrigung. Kurz gesagt ist alles, was jeder Suchende sich als Ziel und jeder Wünschende sich als Wunsch vorstellt, die Ewigkeit aller Ewigkeiten in der Weise, daß der Lauf der Epochen und Zeiten ihr nichts anhaben kann. Würden wir uns aber vorstellen, daß die Welt mit kleinen Teilchen ausgefüllt sei, und dächten wir uns einen Vogel, der alle tausend Jahre von diesen ein einziges wegschnappte, so würden diese kleinsten Teilchen verschwinden, ohne daß die Ewigkeit aller Ewigkeiten irgendeinen Verlust erleiden würde. Glaubte man erst einmal an die Existenz der Ewigkeit, wäre dann im Falle der Nachlässigkeit zum Streben nach der Glückseligkeit noch ein Ansporn oder gar ein Tadel notwendig? 7 Denn eilt nicht (ohnehin) jeder Mensch auf ein Ziel zu, das geringer ist als diese Glückseligkeit? Von ihr sollte man sich auch dadurch nicht abbringen lassen, daß der Weg dahin beschwerlich ist und Verzicht auf Genüsse des Diesseits als auch verschiedene (andere) Mühen verlangt. Denn die Zeit, in der man Mühsale ertragen muß, ist begrenzt, und was der Mensch dabei (an Genüssen) versäumt, ist gering, sind doch die diesseitigen Genüsse vergänglich und endlich. Dem Weisen fällt es leicht, im Augenblick auf das Geringe zu verzichten, um später dessen Vielfaches zu erreichen. Deshalb siehst du, wie alle Menschen im geschäftlichen Leben, bei handwerklichen Tätigkeiten, ja sogar im Streben nach D 181 dem Wissen in einem hohen Maße Erniedrigung, Einbuße, Mühsal 8 und Anstrengungen erdulden in der Hoffnung zukünftigen Genusses, welcher jedoch nur begrenzt über den gegenwärtig erlittenen Verlust hinausgeht. Wie kommt es, daß diese Menschen nicht auf gegenwärtige (Genüsse) verzichten können, um (später) unschätzbare und unbegrenzte Vorteile zu erlangen? Es gibt in der Welt keinen auf Reichtum bedachten klugen Menschen, der nicht einen Dinar ausgeben und auf die Rückzahlung einen Monat lang warten würde, erhielte er nicht nach Ablauf A 13 dieses Monats reines Gold als Ersatz, selbst wenn er im Augenblick dafür einen Verlust in Kauf nähme. Derjenige, der sogar den Schmerz des Hungers während einer solchen Zeit nicht ertragen kann, um zu solch einem großartigen Gewinn zu gelangen, kann nicht als vernünftig angesehen werden. Dies können sich die Menschen vielleicht nicht vorstellen, obwohl der Tod ihnen auflauert und das Gold dem Menschen im Jenseits nichts nützt. Es ist möglich, daß er während des Monats oder einen Tag nach dessen Ablauf stirbt, so daß er keinen Nutzen aus diesem Gold zieht. Dies alles hält den Menschen (aber) nicht davon ab, sich anzustrengen, B 09 in der Hoffnung, diesen Ausgleich zu gewinnen. Wie kann der Vernünftige sich trotz aller Mühsal blenden lassen von Genüssen, die auf die Dauer seines Lebens begrenzt sind, das doch höchstens hundert Jahre

Nachlässigkeit im Streben nach Glück

85

zählt, die Entschädigung (für dieses mühselige Leben) aber ein endloses Glück ist? Daß die Menschen aber im Beschreiten des Weges zur Glückseligkeit nachlässig sind, beruht auf der Schwäche ihres Glaubens an den Jüngsten Tag. Ansonsten verlangt die unvollkommene Vernunft, von der vollkommenen ganz zu schweigen, sich zu bemühen, den Weg der Glückseligkeit zu beschreiten.

II.

A 14 B 10 D 182

Die Nachlässigkeit im Streben nach dem Glauben (an den Jüngsten Tag) ist auch eine Torheit

Ich sage: Auch die Nachlässigkeit im Glauben würde, obwohl sie eine Torheit ist, nicht notwendig zur Nachlässigkeit im Beschreiten des Weges zur Glückseligkeit führen, wenn die Sorglosigkeit nicht wäre. Denn im Hinblick auf das Jenseits teilen sich die Menschen in vier Schulen: Eine Schule glaubt an die Auferstehung und an den Jüngsten Tag, an das Paradies und an die Hölle, wie die Religionen es verkündet haben und wie der Koran es deutlich beschrieben hat. Diese Schule bejaht die sinnlichen Genüsse (im Jenseits), welche auf das Sexuelle zurückgehen und auf das, was man essen, riechen, tasten, anziehen und sehen kann. Sie erkennen an, daß verschiedene Arten von Freuden und Genüssen hinzukommen, welche sich jeder Beschreibung entziehen, da sie von einer Art sind, die kein Auge je gesehen, kein Ohr je gehört und kein menschliches Herz je ersonnen hat 9 . Diese Arten von Freuden und Genüssen sind ewig und ohne Unterbrechung. Sie werden nur durch Wissen und Handeln erreicht. Zu dieser Gruppe gehören sämtliche Muslime, sogar mehrheitlich die Anhänger der Propheten, darunter Juden und Christen. Eine zweite Schule umfaßt einige Theisten unter den Philosophena . Sie erkennen eine Art Genuß an, den sie den geistigen nennen und dessen Art und Weise D 183/ ein Mensch nie hat erfassen können. Was aber die sinnlichen Genüsse betrifft, so B 11 lehnen sie deren Existenz außerhalb der subjektiven Vorstellungskraft des Menschen ab, wohl aber bejahen sie die sinnlichen Genüsse, sofern sie durch die Einbildungskraft vermittelt werden, wie zum Beispiel im Zustand des Schlafes. Der Schlaf aber wird durch das Wachwerden gestört, dieser jedoch (der geistige Genuß) nicht, denn er ist ewig. Sie behaupten, daß die sinnlichen Genüsse von leidenschaftlichen Anhängern der Sinnlichkeit bejaht werden, die sich ausschließlich auf die Sinnlichkeit beschränken und die sich nicht zu geistigen Genüssen10 erheben. Eine solche Haltung führt aber nicht notwendig zu einer Nachlässigkeit im Streben nach der Glückseligkeit, denn das Genießen geschieht in der Seele des Menschen durch die Wirkung dessen, was getastet, gesehen und gegessen wird und dergleichen mehr. Das äußere Objekt ist Ursache für das Entstehen der Wirkung. Der Genuß (aber) entsteht als ein seelischer Vorgang, der nicht (nur) durch die A 15 äußere Wirkung, sondern (unter anderem) durch die Wirkung, die beim Vorhandensein des äußeren Objekts entsteht, hervorgerufen wird. Wenn es möglich ist, daß die Wirkung in der Seele ohne das äußere Objekt entsteht, wie im Zustand des Schlafes, so hat das äußere Objekt keinen Nutzen. Eine dritte Schule lehnt alle sinnlichen Genüsse in der Wirklichkeit und in der a

Bei S u. E. Bei den übrigen: „… einige Theisten unter den islamischen Philosophen.“

Nachlässigkeit im Streben nach Glauben

87

Einbildung ab. Sie behauptet, daß die Einbildung nur durch die Organe des Körpers geschieht. Der Tod löst die Verbindung zwischen Körper und Seele auf; dieser dient ihr als Instrument bei der Einbildung und bei allen Sinneswahrnehmungen. Die Seele wird niemals wieder die Leitung des Körpers übernehmen, nachdem sie sich seiner entledigt hat. Es bleiben ihr nur Schmerzen und Genüsse, die nicht sinnlich sind, jedoch großartiger. Denn auch in dieser Welt ist die Neigung des Menschen zu geistigen Genüssen stark, noch stärker jedoch ist seine Abneigung gegenüber den geistigen (seelischen) Leiden 11 . Deshalb bevorzugen es die Menschen, ihre Selbstachtung zu bewahren, wenn sie um etwas bitten. Sie ziehen es vor, Zurückhaltung zu üben, anstatt bloßgestellt zu werden, wie auch bei der Befriedigung der sexuellen Begierde verborgen zu bleiben. Sie ertragen dabei Schmerzen und Beschwerlichkeita . So ist es auch möglich, daß der Mensch es sogar vorzieht, einen oder zwei Tage nichts zu essen, um dadurch in den Genuß eines Sieges im Schachspiel zu kommen, obwohl es (das Essen) ein sinnlicher, der Sieg jedoch ein geistiger Genuß ist. Oder aber er greift eine große Zahl von Kämpfern an, um getötet zu werden. Der Lohn für seinen Tod sind die von ihm hoch geschätzten geistigen Genüsse wie Ehre und Lobpreisung seiner Tapferkeit. Sie behaupten ferner, daß sich die sinnlichen Genüsse verglichen mit den jenseitigen auf der niedrigsten Stufe befinden. Ihr Verhältnis zueinander gleicht jenem zwischen der Geruchserfahrung einer schmackhaften Speise und ihrem Verzehr als auch jenem zwischen dem Blick auf das Antlitz des geliebten Wesens und dem Beischlaf mit ihm. Aber höher als dieser steht jener (der Blick, also der geistige Genuß). Sie behaupten, daß die geistigen Genüsse, da sie dem Verständnis der Massen entzogen sind, beschrieben werden müssen in Analogie zu jenen sinnlichen Genüssen, die ihnen (den Massen) zugänglich sind. So werden zum Beispiel dem Knaben, der mit dem Ziel lernt, Richter oder Minister zu werden, der jedoch in seiner Kindheit den (mit dieser Tätigkeit verbundenen) Genuß nicht erfassen kann, Dinge versprochen, aus denen er (augenblicklich) viel Genuß zieht, wie etwa ein Zepter, mit dem er spielen, oder ein Vogel, mit dem er sich amüsieren kann. Doch was ist der Genuß des Spiels mit dem Vogel im Vergleich zu dem Genuß, Minister zu sein oder wie ein König zu herrschen! Weil aber sein Verstand unfähig ist, das Höchste zu begreifen, gibt man ihm etwas Niedrigeresb und regt ihn dazu (zum Spiel) an, um seine Neigung zu dem zu erwecken, worin sein (späteres) Glück besteht, (nämlich das Lernen). Auch wenn diese Denkweise richtig wäre, würde sie nicht zu einer Nachlässigkeit (im Streben nach dem jenseitigen Glück führen), sondern vielmehr um so mehr Anstrengung verlangen. Zu dieser Meinung tendieren die Su¯fı¯s (die Mystiker) und die Theisten unter ˙ a Bei S u. E. Bei den übrigen: „Deshalb verabscheuen es die Menschen, ihre Selbstachtung zu opfern, wenn sie um etwas bitten. Um weder Not noch Leid ertragen zu müssen, ziehen sie es vor, Zurückhaltung zu üben, anstatt bloßgestellt zu werden, wie auch bei der sexuellen Begierde verborgen zu bleiben.“ b „Niedrigeres“ bei S, E, A u. B. Bei D u. K: „anderes“.

D 184 B 12

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den späteren Philosophen, so daß die Häupter der Su¯fı¯s vorbehaltlosa folgendes ˙ Furcht vor der Hölle dient, erklären: „Wer Gott um des Paradieses willen oder aus ist niederträchtig. Das Ziel derjenigen, die Gott suchen, ist ehrenhafter.“ Wer ihre geistigen Häupter sieht, ihre Meinung kennt, ihre Lehren überprüft, die Bücher ihrer Autoren liest und ihren Lebenswandel beobachtet, läßt sich mit Gewißheit von diesem Glauben überzeugen. Eine vierte Schule besteht aus einer Masse von Toren, die man weder mit Namen kennt, noch zu den Denkern zählt. Sie glauben, daß der Tod ein absolutes Nichts sei und daß weder Gehorsam noch Ungehorsam gegenüber Gott Folgen hätten. Der Mensch kehre nach seinem Tode zu dem Nichts zurück, das er selbst zuvor gewesen sei. Diese Gruppe darf man (eigentlich) nicht als Schule bezeichnen, denn „Schule“ ist ein Ausdruck für eine Schar Gleichgesinnter. Dies aber ist weder die Lehrmeinung einer Gruppeb (Gleichgesinnter), noch ist sie auf einen bekannten Denker rückführbar, sondern der Glaube eines leichtsinnigen Toren, der so sehr von seinen Leidenschaften besiegt und von seinem Satan beherrscht wird, daß er seine Begierde nicht im Zaum halten kann. Seine Leichtfertigkeit erlaubt ihm nicht, zuzugeben, daß er seiner Leidenschaft keinen Widerstand leisten kann. Zur Rechtfertigung seiner Unzulänglichkeit sucht er Scheinargumente dafür, daß seine Meinung notwendig und wahr sei. Dann möchte er, daß andere ihn darin bestärken, indem er die Menschen dazu auffordert, ihm zu glauben. Die Torheit und das, was der Seele von Natur aus eigen ist, nämlich die Befolgung der Leidenschaften, treiben den Törichten dazu, ihm unbedacht zu glaubenc . Besonders benötigen manche Frevler den Bezug eines solchen Glaubens auf einen bekannten, mit den Besonderheiten der Wissenschaften vertrauten Kenner wie Aristoteles oder Platon oder (sogar) auf eine Gruppe wie die der Philosophen. Er bringt den Zuhörer allmählich dahin zu glauben, daß sein Wissen nicht über das ihrige hinausgeht und daß diese (Philosophen) eine Zeitlang geforscht und dabei nichts erreicht hätten. Der armselige (Zuhörer ) spürt nicht, daß er getäuscht worden ist, und so glaubt er ihm, weil dies seiner Natur entspricht. So verlangt er (der Zuhörer) von ihm bei dessen Überlieferung der Lehre keinen Nachweis, auf wen er sie zurückführt. Wenn er ihm (dem Zuhörer) aber mitteilen würde, daß er einen Dirham verlieren wird, dann würde dieser ihm nur glauben, sofern er ihm einen Beweis erbringen könnte. Wenn er ihm erzählen würde: „Dein Vater hat jemandem zehn Dirhamd zugestanden, die er (eigentlich) dir hinterlassen hat; dieser besitzt darüber ein Schriftstück, das die Unterschrift von Zeugen trägt“, so würde er fragen: „Worin besteht die Beweiskraft? Wo ist der lebende Zeuge, der den Inhalt beglaubigt? Was für eine Mitteilung ist in dem Schriftstück enthalten?“ Er a

„vorbehaltlos“ bei Ae, A, B, D u. K. „Gruppe“ fehlt in E. c Bei S u. E. Bei den übrigen: „Er prädigt Leichtsinn und das, was der Seele von Natur aus eigen ist, nämlich den Leidenschaften nachzugehen. Dies wiederum verlockt den Törichten, ihm allzu unbedacht zu glauben.“ d Bei allen übrigen außer S u. E: „ein Zehntel seines Hauses …“ b

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würde ihn weiterhin nach der Echtheit des Schriftstückes fragen. Wie aber kann er ihm andererseits die Übertragung der Lehre eines dieser genannten Philosophen glauben, ohne von ihm zu verlangen, zum Beispiel zwei Zeugen vorzuweisen, die ihm bestätigen, daß dieser (der Tor) von dem genannten Philosophen (tatsächlich) gehört hat? Warum besteht er nicht darauf, daß ihm die Schrift der Genannten oder eine ihrer Abfassungen vorgelegt wird, und sei sie auch von anderer Hand 12 ? Wenn er aber mit eigenen Ohren hören würde, wie der Betreffende die Lehre erklärt, so sollte er davon Abstand nehmen mit der Begründung, es gäbe dafür keinen Beweis. Sollte er aber in blinder Nachahmung die Lehre annehmen, so wäre demgegenüber vorzuziehen, daß er (selbst) blindlings den Propheten, den Vertrauten Gottes, den Gelehrten, ja sogar den Massen und dem Pöbel folgte, als einem einzelnen, der nicht unfehlbar ist. Für dich, der du jetzt einen Rat suchst, nachdem du Kenntnis von diesen Lehren erlangt hast, bleibt im Verhältnis zum Glauben der irregeleiteten Schulen eine der viera folgenden Möglichkeiten: 1. Entweder glaubst du entschieden an seine Unrichtigkeit, 2. oder du vermutest, daß er nicht richtig sei, 3. oder du vermutest eher, daß er richtig sei, jedoch hältst du seine Unrichtigkeit für eine entfernte Möglichkeit, 4. oder du glaubst entschieden an seine Richtigkeit. 1. Wie deine Meinung auch immer sein mag, deine Vernunft verlangt, daß du dich mit Wissen und Handeln beschäftigst und von den Genüssen des Diesseits Abstand nimmst, vorausgesetzt, deine Vernunft ist unversehrt und daß deine Natur(anlagen) gesund sindb . Dies bleibt dir nicht verborgen, wenn du diesen Glauben entschieden ablehnst. 2. Wenn du eher vermutest, daß er unrichtig sei, so fordert deine Vernunft, daß du dich um seine Aneignung bemühst; so wie sie auch das Ertragen der Schwierigkeiten verlangt z. B. beim Überqueren des Meeres zwecks Gewinn oder beim Wissenserwerb in den Anfängen der Jugend zwecks Führung des Staates oder eines Ministeriums – sofern man danach strebt – oder zu einem anderen ehrenhaften Zweck durch das Erleiden von Anstrengungen, die vorausgehen. Die Folgen dieser (erstrebten) Ziele können nur vermutet werden, aber man ist sich ihrer nicht gewiß. Wenn derjenge, der auf das Diesseits bedacht ist, sowohl die Existenz als auch die Nichtexistenz der Chemie für wahrscheinlich hält, und wenn er wüßte – ihre Existenz voraussetzend –, daß Anstrengungen für die Dauer eines Monats zu ihr führen würden und daß er danach den weniger oder mehr als einen Monat umfassenden Rest seines Lebens genießen könnte, so würde seine Vernunft verlangen, daß er die Anstrengungen einen Monat lang erträgt und sie verachtet, selbst wenn sie ihm gewisser und gegenwärtiger sind als das, was er vermutet, auch dann, wenn es erst später eintritt und ungewiß ist. 3. Wenn du seine Richtigkeit eher für wahrscheinlich hältst, jedoch in deinem Inneren die – auch entfernte – Möglichkeit bleibt, den Propheten, den Vertrauten a b

„vier“ fehlt lediglich bei D. Bei S u. E. Bei den übrigen: „deine Erfahrung richtig.“

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Gottes und den Scharen der Gelehrten zu glauben, so verlangt auch hier deine Vernunf, daß du den Propheten Glauben schenksta , indem du den Weg der Sicherheit beschreitest und eine solch ungeheure Gefahr vermeidest. Denn wenn du dich an dem Hofe eines Herrschers befändest und du in der Lage wärest, eine Aufgabe zu erfüllen, die diesem vorbehalten ist, (eine Aufgabe jedoch,) von der du eher vermutest, daß sie ihn zufrieden stellen könnte, und er dir eine Auszeichnung zuteil werden läßt und einen Dinar gibtb , du zugleich aber damit rechnen mußt, daß dies entgegen deiner Vermutung bei ihm Zorn hervorruft, so daß er dich zurückweist, bloßstellt und für den Rest deines Lebens bestraft, so würde deine Vernunft A 19 empfehlen, diese Gefahren zu vermeiden. Wenn du handelst und das Richtige triffst, so ist der Vorteil eines Dinars für dich nicht von Dauer. Wenn du aber das Falsche triffst, so ist die Bestrafung durch den König ungeheuer und begleitet dich dein Leben lang. So kannst du also nicht den Erfolg des richtigen Handelns mit dem Mißerfolg des falschen gleichsetzen. Ebenso: Wenn du ein Essen vorfindest, von dem dir einige Menschen oder nur eine einzige Person, die eine niedrigere D 189 Stellung einnimmt als die Propheten, geschweige denn sich durch Wunder glaubhaft machen kann, mitteilt, daß es vergiftet sei, und wenn du diese Person – wie jetzt auch alle Propheten – eher für einen Lügner hältst, zugleich aber die Wahrhaftigkeit (dieser Person) für möglich erachtest, und wenn du weißt, daß du beim Essen nur den Genuß und den angenehmen Geschmack im Augenblick des Verzehrs empfindest und daß darin trotzdem, sofern es vergiftet ist, das Verderben liegt, so empfiehlt dir deine Vernunft, die Gefahr zu meiden, wenn du zu den Vernünftigen gehörst. Deshalb sagt 2Alı¯ 13 – Gott möge Wohlgefallen an ihm haben – demjenigen, der mit ihm über die Angelegenheiten des Jenseits stritt und sie für zweifelhaft hielt: „Wenn die Sache so ist, wie du behauptest, so werden wir alle gerettet werden. Wenn sie aber so ist, wie ich meine, so wirst du verloren sein und ich werde gerettet werden.“ Du sollst aber nicht denken, daß er (2Alı¯) Zweifel am Jüngsten Tag hegt, vielmehrc soll es eine Ermahnung für den unwissenden Gesprächspartner sein, der unfähig ist, durch den Beweis zur Erkenntnis (über den Jüngsten Tag) zu gelangen. Dies hat uns ermutigt, diese Methode (die einem Beweis nahekommt) anzuwenden. Damit soll jenen geholfen werden, darüber nachzudenken, die in ihrem Gehorsam gegenüber dem erhabenen Gott untätig und unachtsam sind. Es ist sicherlich klar geworden, daß das Große und Ungeheure, sofern es unbekannt ist, möglichst jenem vorzuziehen ist, das mit Gewißheit als gering angesehen werden kann; denn eine Sache ist gering oder großartig nur im Verhältnis zu einer anderen. Blicken wir nun auf das Ende des Lebens, auf das diesseitige Glück der WohlB 16 a

„… daß du den Propheten Glauben schenkst“ lediglich bei S u. E. Bei S: „… und er dir einen Dinar gibt, der nicht lange bei dir bleibt, und wenn du das Falsche triffst, so ist die Bestrafung durch den König ungeheuer und begleitet dich dein Leben lang, so kannst du also nicht den Erfolg des richtigen Handelns mit dem Mißerfolg des falschen gleichsetzen. Genauso verhält es sich, wenn du ein Essen vorfindest, …“ c S u. E: „Vielmehr hat er (2Alı¯) dies dem wissenden Gesprächspartner mitgeteilt, …“ b

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habenden und auf das, was wir vom Glauben der drei Gruppen an die Vollkommenheit des jenseitigen Glücks und dessen Dauerhaftigkeit annehmen können. Du sollst von selbst erkennen, wie gering dasjenige einzuschätzen ist, auf das man im Diesseits verzichtet, wenn man es mit dem großartigen Ersatz vergleicht, den man dafür im Jenseits erhält. Denn, wenn du dich der Meinung der vierten Gruppe anschließt, das heißt dem Glauben an die Richtigkeita ihrer Lehre, so richten wir – gemäß dem Grad deiner Unwissenheit und Unfähigkeit – die Rede an dich. Sie betrifft zwei Aspekte: 1. Du hast diesen Glauben nicht durch einen wahrhaftigen und notwendigen Beweis erworben, der jeden Fehler ausschließt, so daß man sagen kann: du richtest deine Aufmerksamkeit auf einen Beweis, auf den weder Propheten noch Gottesvertraute, weder Weise noch alle Vernünftigen gekommen sind. Wenn diese aber trotz ihrer großen Zahl, der Fülle ihres Wissens, ihres Weitblicks und der vielen Wunder ihrer Propheten irren können, wie kannst du sicher sein, daß dein Glaube ohne Fehler ist, und was macht dich unfehlbar? Das Mindeste ist, daß bei dir die Möglichkeit eines Irrtums besteht. Wenn nach deiner Meinung die Möglichkeit besteht, daß die Massen recht haben und du dich irrst, so gehörst du zu der dritten Schule. Wenn du dies nicht für möglich hältst und behauptest, daß du weißt, der Glaube der Massen sei untauglich, und die Seele eine den Tod überdauernde Substanz sei oder daß sie durch die Auferstehung am Tage des Jüngsten Gerichts zurückkehre – so wie du weißt, daß zwei mehr als eins ist und daß Schwarz und Weiß niemals zusammentreffen können –, so zeugt dies von schlechter Gesinnung und geringer Vernunft. Ein solcher Tor ist weit entfernt von seiner Heilung. Auf ihn trifft der koranische Vers zu: „Sie sind (stumpfsinnig) wie Vieh. Nein, sie irren noch eher (vom Weg) ab. Die geben (überhaupt) nicht acht.“ 14 2. Auch wenn diese Gruppe das jenseitige Glück leugnet, so doch nicht das dieseitige. Das höchste des diesseitigen Glücks ist: Macht, Edelmut, Würde, Handlungsfähigkeit, die Gewissheit, frei von Kummer und Trauer zu sein, und dauerhafte (innere) Ruhe und Freude. Diese Arten von Glück kann man nur durch Wissen und Handeln erreichen. Was das Wissenb anbetrifft, so ist klar, daß man damit dauerhaft Macht erlangen kann. Denn man kann es nicht absetzen und abschaffen wie einen König. Ferner ist deutlich, daß der Gelehrte sein Wissen genießt und das, was er an Problemen durchschaut – insbesondere jene, die sich auf das Königreich des Himmels und der Erde und die göttlichen Angelegenheiten beziehen. Dies ist demjenigen fremd, der sich nicht an dem Genuß der Lösung von Problemen ergötzen kann. Dieser Genuß ist unendlich, weil es auch die Wissenschaften sind. Dabei darf es keine Konkurrenz geben, denn die Wissenschaften bieten allen Lernenden Raum, sei deren Zahl auch noch so groß. Darüber hinaus ist ein Gelehrter um so vertrauenswürdiger, je mehr Gefährten er hat und je mehr er sich in die Wissenschaften vertieft – unter der Bedingung, daß er sie sich als solche zum Ziel setzt, nicht aber a

„die Richtigkeit …“ fehlt bei S u. E. Bei S u. E: „Was das Handeln …“ Es handelt sich aber um einen Schreibfehler, wie der Zusammenhang deutlich zeigt. b

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die vergänglichen Güter und die Macht dieser Welt. Denn diese werden durch Konkurrenz angeeignet, (dem Wissenschaftler) aber eröffnet sich eine um so größere Fülle von Möglichkeiten, je mehr Schüler er hat. Dieser Genuß (des Wissens) ist nicht nur der vollkommenste aller Genüsse für denjenigen, der mit ihm vertraut ist, sondern auch der dauerhafteste unter ihnen, denn diejenigen, die ihn gewähren, sind Gott und seine Engel; dies aber nur dann, wenn jener (der Wissenschaftler) sich mit dem Studium beschäftigt und sich von allen (weltlichen) Dingen freimacht. Weil dies so ist, siehst du keinen Führer oder Herrscher, der sich nicht vor seiner Absetzung fürchtet. Sie wünschen sich die (unendliche) Macht der Gelehrten. D 192 Mit dem Begriff „Handeln“ meinen wir die Zähmung der seelischen Begierden, die Zügelung des Zorns und die Beherrschung dieser Leidenschaften, damit sie der Vernunft untertan bleiben und diese nicht beherrschen oder sie als Mittel benutzen, um mit List die Erfüllung der Wünsche zu erlangen. Denn derjenige, der seine Begierde besiegt, ist der wirklich Freie, ja der König. Deswegen sprach einer der Frommen zu einem König: „Mein Königreich ist größer als deines …“ Der König erwiderte: „Wieso?“ Der Fromme antwortete: „Derjenige, dessen Sklave du bist, ist mein Sklave.“ Er meinte, daß der König ein Sklave seiner Begierden sei, während er selbst diese besiegt habe. Der Sklave der Begierden, der unfähig ist, sie zu beherrschen und zu besiegen, ist von Natur aus ein Sklave und ein Gefangener. Er hört nicht auf, in dauerhafter Anstrengung und beständiger Anspannung zu verharren. Wenn er sein Anliegen eines Tages verwirklicht, so ist er unfähig, dies für mehrere Tage zu tun. Überdies ist die Erreichung seines Zieles nicht frei von A 22 Gefahren,Verstrickungen und Hindernissen, die er überwinden muß. Die Begierde zu vermindern bedeutet zugleich, die Ursachen des Kummers zu verringern. Es gibt keinen anderen Weg zu ihrer Beseitigung als den der Zähmung und des inneren Kampfes. Das ist das, was mit Handeln gemeint ist. Für denjenigen, der das Glück auf das Diesseits beschränkt, ist unter diesen Umständen der Handelnde und Wissende der glücklichste unter den Menschen. Denn das angenehme Leben im Diesseits ist für niemanden dauerhaft ungetrübt. Seine Vorteile können seine Mühen nicht ausgleichen. Derjenige, der sich von Begierden völlig leiten läßt und sich weigert, über die D 193/B 18 Vernunftgegebenheiten nachzudenken, ist im Diesseits nach übereinstimmender Meinung unglücklich. Nach Ansicht der drei (schon erwähnten) Schulen ist er auch im Jenseits ein Elender außer in den Augen eines Häufleins von Törichten, das man weder beachten noch berücksichtigen oder jemals zu den Vernünftigen zählen soll. Es ist klar geworden, daß es eine notwendige Gegebenheit der Vernunft ist, sich durch Wissen und Handeln auf das Jenseits vorzubereiten. Derjenige, der sich darin als nachlässig erweist, ist unwissend. Wenn du aber sagst: Warum sind angesichts eines solchen Zieles die meisten Menschen nachlässig, obwohl sie an Gotta und an das Jenseits glauben, so wisse, daß die Ursache dafür in der Sorglosigkeit beim Nachdenken über die Dinge liegt, die wir erwähnt haben. Denn diese Sorglosigkeit a

„Gott“ bei S u. E.

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tritt bei ihnen gehäuft auf und beansprucht ihre Zeit. Sie können sie so lange nicht vermeiden, wie die Begierden ununterbrochen aufeinanderfolgen, und so ist es auch tatsächlich. Nur ein Prediger, der einen lauteren Lebenswandel führt, kann die Menschen aufrütteln. Ein solcher aber existiert im Lande nicht. Wenn man seine Existenz, so selten sie ist, voraussetzt, so beachten sie ihn doch nicht. Sollten sie auf ihn hören, sich ihm jetzt zuwenden und sollte ihr Wille auf den zukünftigen Gehorsam (Gott gegenüber) vorbereitet werden, so folgt darauf unmittelbar ihre Überwältigung durch eine der Begierden, welche die Wirkung der Wachsamkeit beseitigt und den Schleier der Sorglosigkeit wieder ausbreitet. Auf diese Weise fällt der Vernünftigea wieder in Unvernunft und kehrt zu dem zurück, was man ihm verboten hat. So verhält es sich mit jedem einzelnen bis zum Tode. Daher bleibt ihm (nur) die Reue, welche aber zu spät kommt. Sie wird ihm nichts nützen. Zu Gott nehmen wir unsere Zuflucht vor der Sorglosigkeit, die die Quelle allen Unglücks ist.

a

„der Sorglose“ bei S u. E.

A 23 B 19 D 194

III. Der Weg zur Glückseligkeit ist durch Wissen und Handeln möglich

Wenn du sagst: Es ist mir klar geworden, daß die Beschreitung des Weges zur Glückseligkeit der Tatkraft der Vernünftigen entspricht, seine Vernachlässigung aber der Sorglosigkeit der Unwissenden. Wie kann man diesen Weg beschreiten, wenn man ihn nicht kennt? Wodurch erkenne ich, daß Wissen und Handeln der Weg (zur Glückseligkeit) sind, damit ich mich ihm widme? Dann antworte ich dir: Um ihn zu erkennen, gibt es zwei Möglichkeiten: l. Die eine von beiden ist allgemein und entspricht der eben erwähnten Methode, die darin besteht, daß du deine Aufmerksamkeit auf das richtest, worin die drei Schulen einig sind. Sie stimmen darin überein, daß Erfolg und Heil nicht anders zu erreichen sind als durch Wissen und Handeln gemeinsam, obwohl sie (die drei Schulen) darin einig sind, daß das Wissen erhabener als das Handeln ist – so, als ob das Handeln das Wissen ergänzt und von diesem geleitet wird, damit es (das Handeln) sich in der richtigen Weise verwirklicht. Deswegen sagt Gott der Erhabene: „Zu ihm steigt das gute Wort auf, und die rechtschaffene Tat hebt er (zu sich) empor …“ 15 Bei einer Prüfung dieses Verses läßt sich das „gute Wort“ auf das Wissen zurückführen. Denn es ist das, was hinaufsteigt (zu Gott) und bei ihm die rechte Annahme findet. Das Handeln ist für das Wissen wie ein Diener, das es hebt und trägt. Das ist ein Hinweis auf den hohen Rang des Wissens. D 195 Der Lehrmeinung der ersten Schule, die an der esoterischen Bedeutung des offenbarten Gesetzes festhält und die auch von der Mehrheit (der Muslime) vertreten wird, ist der Hinweis der islamischen Gesetzgebung nicht unbekannta , die die Rettung in der Verbindung von Wissen und Handeln vorsieht. 2. Die Su¯fı¯ und die Philosophen, die an Gott und an den Jüngsten Tag glauben, ˙ allgemeinen darin einig, daß das Glück im Wissen und im Dienst an sind sich im Gott liege, obwohl sie über seine Beschaffenheit uneinig sind. Ihre Überlegungen beziehen sich auf die nähere Beschreibung von Wissen und Handeln. Angesichts dieser Einstimmigkeit ist es eine Torheit, sich des Weges zur Glückseligkeit zu enthalten. Denn wenn jemand von einer Krankheit befallen wird und die Schriften und Aussagen der Ärzte selbst verschiedener Fachrichtungen darin übereinstimmen, daß gegen diese Krankheit nur bestimmte Linderungsmittel Heilung bringen, so ist der Kranke ein Tor, wenn er zögert, dieses Heilmittel anzuwenden. Ja seine Vernunft verlangt sogar, es schnell anzuwenden. Vielleicht findet er danach A 24 einen Weg, seine Heilung zu erlangen. Dies gelingt ihm nicht durch blinde Nacha Nach S u. E. Nach den übrigen: „ist demjenigen nicht unbekannt, der seine Rettung in Verbindung von Wissen und Handeln sieht.“

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ahmung der Massen, sondern durch Prüfung der wirklichen Krankheitsgründe und der entsprechenden Heilungsmittel zu deren Beseitigung, so daß er sich, scharfsinnig geworden, vom Krankenbett erhebt, sofern er selbständig denkt und aus den Niederungen der Nachahmung und des Gehorsams zu den Höhen der Reflexion emporsteigt. Deshalb behaupten die Su¯fı¯s und andere Schulen, daß man zu ˙ gelangen kann und dies, /indem du ihnen durch Scharfsinn und prüfenden Blick das Wesen der Seele erkennst, dann erkennst du, daß sie weiterbesteht, nachdem der Körper durch den Tod untätig wurde./a Dies geschieht, indem du die Wirklichkeit des Todes erkennst, der zwar die Organe außer Kraft setzt, die nicht mehr genutzt werden können, nicht aber der Verfall des Handlungsvermögens (nämlich der Seele) ist. Dann erkennst du, daß das Glück jeder Sache, der (mit ihr verbundene) Genuß und Friede darauf beruhen, in dieser Sache zu der ihr eigenen Vollkommenheit zu gelangen. Dann erkennst du, daß die Vollkommenheit für den Menschen darin besteht, die Wahrheit der geistigen Dinge zu erkennen, so, wie sie sind – frei von Begierdenb und sinnlich wahrnehmbaren Dingen, an denen auch die Tiere, neben den Menschen, teilhaben. Dann erkennst du, daß die Seele aus sich selbst heraus nach dieser Vollkommenheit dürstet und von Natur aus dazu bereit ist. Was sie davon abbringt, ist zufällig ihre Beschäftigung mit den Begierden des Körpers und seinen Veränderungen, wann auch immer er von den Begierden beherrscht wird. In dem Maße, indem der Mensch die Begierde zügelt, sie bewältigt, und die Vernunftc sich von ihrer Versklavung und Unterjochung befreit und sich reuig zu Gott wendet und sich der Reflexion und dem Nachdenken beim Studium des Königreichs des Himmels und der Erde, ja sogar beim Studium des eigenen Selbst und dessen, was darin an wunderbaren Dingen geschaffen wurde, widmet, erlangt er die ihm entsprechende Vollkommenheit. Er ist auch im Diesseits glücklich; denn die Glückseligkeit hat keinen Sinn, es sei denn die Seele erlangt die für sie mögliche Vollkommenheit, obwohl die Stufen der Vollkommenheit unbegrenzt sind. Er spürt diesen Genuß nicht, solange er durch die Sinneswahrnehmung, die Phantasie und den jeweiligen Zustand der Seele gehindert wird, wie derjenige, dem die Möglichkeit gegeben wird, eines der schmackhaftesten Nahrungsmittel zu kosten, dessen Geschmackssinn aber betäubt ist. Er wird den höchsten Grad an Genuß spüren, sobald die Betäubung beseitigt wird. Der Tod ist wie das Erlöschen der Betäubung. Ich habe einen geachteten Vertreter der Su¯fı¯s erklären hören, daß derjenige, der sich auf den Weg des erhabenen ˙ Gottes begibt, schon in dieser Welt das Paradies erschaue. Das höchste Paradies aber liege in seinem Herzen, wenn es ihm gelänge, es zu erreichen. Dazu kann man nur gelangen, indem man sich von den Bindungen an Diesseitiges befreit und dadurch, daß man sehr eifrig über die göttlichen Fragen nachdenkt, bis sich deren Klarheit durch göttliche Inspiration bei der Läuterung der Seele von ihren Betrübnissen enthüllt. Dies zu erreichen ist das Glück. a b c

/…/ fehlt bei allen außer S u. E. Bei S u. E. Bei den übrigen: „Phantasiegebilden“. „die Vernunft“ fehlt lediglich bei D. „sich reuig zu Gott wendet“ lediglich bei S u. E.

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Das Handeln ermöglicht dessen Erlangung. Dies ist eine Schule, die behauptet zu wissen, daß Wissen und Handeln für die Erlangung der Glückseligkeit erforderlich sind; und dies ist die zweite Möglichkeita . Die Erlangung der Gewissheit hinsichtlich dessen, was sie gesagt hat, ist mühseligb . Nach ihrer Behauptung wird dies B 21 nur durch inneren Kampf und geistige Übung erreicht – wie auch der erhabene Gott sagt: „Diejenigen aber, die sich um unseretwillen abmühen, werden wir unsere Wege führen …“ 16 So sollst du dir Mühe geben und dich für das Ziel deines Strebens von allen anderen Dingen freimachen. Vielleicht erhellt sich dir die Wirklichkeit deines Seelenzustandes in negativer oder positiver Weise. Um mit Wissen und Handeln zu beginnen, genügt dir die Übereinkunft der drei Schulen, sofern das Ziel deines Fragens nicht Polemik 17 , sondern das Streben nach Erfolg ist – wie bei dem Kranken, der die Heilung will, nicht aber den Streit, denn sein Wunsch ist die Übereinstimmung der Vertreter aller ärztlichen Fachrichtungen über seine Heilung.

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„und dies ist die zweite Möglichkeit“ fehlt lediglich bei D. Bei S u. E. Bei den übrigen: „Die Erlangung der Gewißheit hinsichtlich dessen, was sie gesagt haben, ist zutreffend.“ b

IV. Über die Läuterung der Seele, ihre Kräfte 18 und der Unterscheidungsmerkmale in Beispielen und im allgemeinena

D 198 A 26 B 22

Wenn du sagst: Es ist mir klar geworden, daß die Beschäftigung mit dem Wissen und dem Handeln eine Pflicht ist, daß aber die Wissenschaften und Handlungen zahlreich sind, denn sie sind in Quantität und Qualität verschieden, und daß es nicht genügt, daß für die Krankheit ein entsprechendes Linderungsmittel besorgt wird, solange man dessen Art, Quantität und Qualität, die Dauer und die Regelnb seiner Anwendung, nämlich ob es kontinuierlich angewendet werden muß oder unterbrochen werden kann, und andere Einzelheiten, die erforderlich sind, nicht kennt. Man muß also Art, Quantität und Qualität des Linderungsmittels darlegen, mit dem man sich beschäftigt – So wisse, daß sich die Menschen in bezug auf diese Frage in zwei Gruppen teilen: Eine Gruppe begnügt sich ohne Prüfung mit der blinden Nachahmung. Sie beschreitet den Weg, den ihr ihr Vorbild gezeigt hat. Eine andere ahmt nicht nach – wie der Patient den Arzt –, sondern strebt danach, selber den Rang der Ärzte zu erlangen. Die Angelegenheit ist schwierig, der Weg lang, und ihre Bedingungen ergeben sich im Laufe der Jahrhunderte nur für ein einziges, außergewöhnliches Individuum. Aber wir unterrichten dich in dem, was dich aus den Niederungen der Nachahmung emporhebt und dich auf den rechten Weg führt. Wenn dir Glück zuteil wird und in dir die Motivation zur VervollD 199 kommnung entsteht, so erreichst du diese durch den inneren Kampf. Zu der Erkenntnis dessen, wonach du strebst, kannst du nur gelangen, wenn du zuerst deine Seele, ihre Kräfte und ihre spezifischen Merkmale erkennst. Denn wer kann mit Zaid 19 Umgang haben, wenn er Zaid nicht kennt? Der innere Kampf ˇ a¯hada) ist eine Behandlung der Seele durch Reinigung, damit es ihr wohl(mug ergeht – wie der erhabene Gott sagt: „Selig ist, wer die Seele von ihrer Sündhaftigkeit reinigt. Scheitern wird, wer sie verkommen läßt.“ 20 Wer das Gewand nicht kennt, von dem erwartet man nicht, daß er den Schmutz des Gewandes beseitigt. Weil die höchste Errungenschaft die Erkenntnis der Seele ist, hat Gott sie ver- A 27 herrlicht und, indem er sie auf sich bezog, erhöht und ehrenvoll ausgezeichnet. Deshalb sagt der Erhabene: „(Damals,) als dein Herr zu den Engeln sagte: ‚Ich werde einen Menschen aus Lehm schaffen. Wenn ich ihn dann geformt und ihm meinen Geist eingehaucht habe, dann fallt (ehrfürchtig) vor ihm nieder‘“ 21 , so macht er darauf aufmerksam, daß der Mensch aus einem Körper besteht, der mit a „… und deren Unterscheidungsmerkmale …“ bei S u. E. Bei Ae: „Über die Läuterung der Seele, ihre Wesensbestimmung und ihre moralischen Grundlagen …“ Bei den übrigen: „Über …, ihre Kräfte und ihre moralischen Grundlagen …“ b „und die Regeln …“ lediglich bei S u. E.

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Läuterung der Seele, ihre Kräfte und Unterscheidungsmerkmale in Beispielen

dem Sehvermögen wahrnehmbar ist, und aus einer Seele, welche durch Vernunft und Scharfsichtigkeit, nicht aber durch die Sinne, erfaßt wird. Er führt den Körper des Menschen auf den Lehm zurück und dessen Geist auf sich selbst. Er meint mit dem Geist, was wir mit der Seele meinen, wobei er die Scharfsichtigen darauf verweist, daß die menschliche Seele zu den göttlichen Angelegenheiten gehört und daß sie schätzenswerter und erhabener ist als die niedrigen irdischen Körper. Deshalb sagt der erhabene Gott: „Man fragt dich nach dem Geist. Sag: Der Geist ist Logos von meinem Herrn.“ 22 Es wird ferner gesagt, daß in den offenbarten Büchern Gottes zu lesen sei: „0 Mensch! Erkenne dich selbst, so erkennst du deinen Gott“. Der Gesandte Gottes (Muhammd) sagt: „Wer sich selbst am besten kennt, kennt seinen Gott am besten.“ 23 ˙Und der erhabene Gott sagt: „Und seid nicht gleich Jenen, die Gott vergessen haben und die er daraufhin sich selbst vergessen ließ.“ 24 Damit verweist er auf die Unzertrennlichkeit beider (Gottes und der Seele) und darauf, daß das Vergessen des einen das des anderen bedeutet. Deshalb sagt der Erhabene: „Wir werden sie, (draußen) in der weiten Welt und in ihnen selbst unsere Zeichen sehen lassen, bis ihnen klar wird, daß es wahr ist; (was ihnen verkündet wird).“ 25 Und ferner sagt der Erhabene: „Und auf der Erde gibt es für diejenigen, die (von der Wahrheit) überzeugt sind, (allerlei) Zeichen (von Gottes Allmacht und Güte), (und dies nicht nur auf der Erde, sondern) ebenso in euch selbst. Wollt ihr denn nicht sehen?“ 26 Er meint damit nicht den äußeren Körper, denn diesen erblickt das Vieh und außer diesem auch die Menschen. Kurz gesagt, ist derjenige, der sich selbst nicht kennt, in bezug auf einen anderen umso unwissender. Es gehört zur Barmherzigkeit Gottes gegenüber seinen Dienern, daß er in der Person des Menschen trotz der Winzigkeit von dessen Körper Wunder vereinigt, die, würden sie beschriebena , den Wundern der ganzen Welt beinahe gleichkommen; so, als sei diese Zusammenfügung ein abgekürztes Abbild der gesamten Schöpfung, damit der Mensch durch das Nachdenken darüber zu der Erkenntnis des allmächtigen und erhabenen Gottes gelangen kann. Wenn du sagst: Solltest du nicht in der Lage sein, umfangreiche Ausführungen aus Angst vor deren Länge zu machen, so gib mir von den Angelegenheiten der Seele eine zusammenfassende Beschreibung, die mich verlockt, die Einzelheiten erfahren zu wollen, – so wisse, daß die tierische Seele im allgemeinen zwei Kräfte besitzt, eine bewegende und eine wahrnehmende. Die bewegende teilt sich in zwei: eine motivierende und eine bewegungsausführende Kraft. Die bewegungsausführende ist diejenige Kraft, die in die Nerven und Muskeln strömtb . Ihre Tätigkeit besteht im Anspannen der Muskeln, wobei sie die Sehnen und Bänder, die mit den Nerven verbunden sind, an ihrem Ausgangspunkt zusammenzieht oderc lokert, d. h. die Nerven und Bänder gehen in entgegengesetzter Richtung zurück. Sie dient der zur Bewegung motivierenden Kraft. Mit der letztgenannten ist die verlangende und begehrende Kraft gemeint, die zur Bewegung veranlaßt. Wenn nämlich in der Einbildung ein Bild von einer bea b c

„würden sie beschrieben“ fehlt bei S u. E. Bei E: „ist eine Kraft in den Nerven und Muskeln.“ S u. E: „und lockert“

Läuterung der Seele, ihre Kräfte und Unterscheidungsmerkmale in Beispielen

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gehrenswerten oder verabscheuungswürdigen Sache entsteht, so veranlaßt sie die bewegungsausübende Kraft, sich zu bewegen. Diese motivierende Kraft teilt sich in zwei Fähigkeiten: Eine wird die begehrende genannt. Sie löst (beim Menschen) eine Bewegung aus, die ihn nahe an diejenigen Dinge heranbringt, von denen er glaubt, daß sie zum Zweck des Genusses schädlicha oder nützlich seien; die andere wird die zornige genannt. Sie löst beim Menschen eine Bewegung aus, durch die er um des Sieges willen Dinge abwehrt, von denen er glaubt, sie seien schädlich oder verderblich. Die wahrnehmende Kraft unterteilt sich in eine äußere und eine innere. Die äußere Kraft umfaßt die fünf Sinne, die wir nicht überprüfen wollen, da es zu weit führen würde, über die Erkenntnis ihrer Wahrheiten zu reden. Unser Ziel ist hier aber, eine Zusammenfassung zu geben. Die innere Kraft beinhaltet auch fünf Fähigkeiten: Erstens die Einbildungskraft. Sie bewahrt die Bilder der sinnlich wahrnehmbaren Dinge, nachdem sie von den Sinnen verschwunden sindb ; denn das Bild des Gesehenen bleibt in der Einbildungskraft auch dann, wenn man die Augen geschlossen hat. Das Vermögen, sich das Bild des Gesehenen einprägen zu können, wird Einbildungskraft oder auch gemeinsamer Sinn genannt 27 , da ihm Spuren der Erfahrungen aller fünf Sinnec innewohnen. Die zweite ist die (diese Spuren) bewahrende (Kraft). Denn das, wodurch die Sache das Bild einer anderen festhältd , ist etwas anderes als das, wodurch es aufgenommen wird. Das Wachs z. B. behält den Abdruck durch seine Trockenheit, nimmt ihn aber (nur) durch seine Feuchtigkeit auf. Das Wasser nimmt ihn (nur) auf, hält ihn aber nicht fest. Diese Kräfte – ich meine die die Erfahrung der fünf Sinne aufnehmende und die sie bewahrende – befinden sich in der ersten Höhlung des vorderen Gehirns. Dies ist ihre Behausung. Wenn diese von einer Krankheite befallen wird, werden ihre Kräfte gestört. Dies ist ein Gegenstand der Medizin. Die dritte Kraft ist die Phantasie. Sie befindet sich am Ende der mittleren Höhlung des Gehirns. Durch sie erfaßt man Begriffe, die durch die sinnlich-instinktiven Kräfte hervorgerufen werden wie etwa jene Kraft, welche im Lamm bestimmt, daß es vor dem Wolf fliehen soll, und die beim Erwachsenen dazu führt, für das Kind Sorge zu tragen. Ähnlich wie die zweite, die die Bilder in sich verwahrt, ist die vierte die bewahrende (Kraft) für alle nichtsinnlichen Begriffe und wird Gedächtnis genannt. Sie befindet sich im inneren Teil des Gehirns. Es bleibt (nun noch) der mittlere Teil des Gehirnsf , der die denkende Kraft birgt. Sie nimmt den Platz zwischen der Schatzkammer der Bilder und der Begriffe eing . Ihre Tätigkeit besteht darin, einiges von dem miteinander zu verbinden, was in der Einbildungskraft vorhanden ist, oder es – je nach Wahl des Menschen – a

Bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „notwendig oder …“ „nachdem sie von den Sinnen verschwunden sind“ lediglich bei E. c „aller fünf Sinne“ lediglich bei S u. E. d „wodurch die Sache das Bild einer anderen Sache festhält“ bei S u. E. Bei den übrigen: „wodurch man das Bild einer anderen Sache festhält, …, wodurch man es aufnimmt.“ e „Krankheit“ fehlt bei E. f S u. E: „die mittlere Höhlung, die …“ g S lediglich: „der Begriffe“. b

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voneinander zu trennen. Gewöhnlich erwähnt man dies im Zusammenhang mit den denkenden Kräften. Es wäre aber angemessen, es bei den bewegenden Kräften anzuführen. Denn ein Ding, das in der Einbildung vorhanden ist, kann nur durch irgendeine Bewegung wahrgenommen werden, so durch Auseinandernehmen von Zusammengesetztem oder durch Zusammenfügung von Getrenntem. Man kann nicht etwas hinzufügen, was nicht schon in irgendeiner Weise in der Einbildung vorhanden ist, es sei denn durch detaillierte Gliederung oder Zusammenfügung. Alle diese Kräfte, die wir erwähnt haben, sind Tier und Mensch gemeinsam, außer dem Denkvermögen. Im Tier existiert etwas, das ihm nahekommt und das man vorstellende Kraft nennt. Sie reicht in ihrer Stärke nicht an die denkende Kraft 28 im Menschen heran. Die menschliche Seele – betrachtet unter dem Aspekt ihrer Menschlichkeit – besteht aus einer wissenden und einer handelnden Kraft. Jede von den beiden könnte „Vernunft“ genannt werden, aber nur insofern, als diese von beiden der A 30 gemeinsame Nenner ist. Die handelnde Kraft wird deshalb „Vernunft“ 29 genannt, weil sie der „wissenden“ eine Dienerin ist und dem gehorcht, was jene ihr vorschreibt. Sie ist „Vermögen“ und Ausdruck der Seele, der Beginn der Bewegung des menschlichen Körpers zu den einzelnen und bestimmten Handlungen, die D 204 durch Denken und Überlegen bestimmt werden – gemäß dem Vorhabena des theoretischen, wissenden Vermögens, das wir später erörtern wollen. Alle diese Kräfte des Körpers sollen von diesem praktischen Vermögen in der Weise beherrscht und gemeistert werden, daß sie nicht ohne dieses reagieren können. Sie ruhen und bewegen sich gemäß der Erziehung und den Anweisungen des praktischen Vermögens. Wenn dieses besiegt wird, entstehen Handlungen, die von den B 27 Begierden geleitet werden und deshalb als moralisch schlecht bezeichnet werden. Wenn es siegt, entsteht eine die Begierden dominierende Haltung 30, welche Tugend 31 und gute Gesinnung genannt wird. Es liegt nahe, daß diese (ethische) Gesinnung (oder der ethische Charakter) eine Bezeichnung für die Zähmung und Wohlerzogenheit aller Begierden und Kräfte ist oder für die Dominanz und Wohlerzogenheit dieses (praktischen) Vermögensb . Kurz gesagt, ist es nicht unmöglich, daß die Gesinnung zwar eine einzige ist, jedoch zwei Bezugspunkte hat: denn die Dominanz des (moralischen) Vermögens ist mit der Gehorsamkeit aller übrigen Kräfte eng verbunden. Genau dies ist mit der guten ethischen Gesinnung gemeint. Im allgemeinen ist die Seele eine edle und göttliche Angelegenheitc und zu erhaben, um durch die fünf Sinne erfaßt zu werden. Vielmehr wird sie durch die Vernunft erkannt oder durch ihre Wirkungen und Handlungen nachgewiesen. Sie hat zwei Bezugspunkte: eine Sphäre, die unter, und eine andere, die über ihr steht. Für jede dieser Sphären hat sie ein Vermögen, das die Beziehung zwischen ihr und dieser Sphäre ordnet. Das praktische Vermögen ist jene Fähigkeit, die sie im Vera

„gemäß dem Vorhaben“ lediglich bei S u. E. „oder für die Dominanz …“ fehlt lediglich bei D. Ae: „Denn diesem (dem praktischen Vermögen) gehören Dominanz und Wohlerzogenheit.“ c „eine edle und göttliche Angelegenheit“ lediglich bei S u. E. b

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hältnis zu der Sphäre besitzt, die unter ihr steht, nämlich dem Körper, den sie reguliert und führt. Das wissende – theoretische Vermögen, auf das wir eingehen werden, ist im Verhältnis zur Seele die höhere Sphäre, aus der diese Nutzen zieht und von der sie beeinflußt wird. Mit dieser Sphäre meine ich die Engel, die sich mit den menschlichen Seelen befassen, um über diese Wissen auszugießen. Denn das Wissen gelangt durch Vermittlung vom erhabenen Gott in die menschlichen Seelen. Der erhabene Gott sagt: „Und es steht keinem Menschen an, daß Gott mit ihm spricht, es sei denn durch Eingebung, oder hinter einem Vorhang, oder indem er einen Boten sendet, der (ihm) dann mit seiner Erlaubnis eingibt, was er will. Er ist erhaben und weise.“ 32 So hat die Seele jedes einzelnen von uns zwei Seiten: Eine ist dem Körper zugewandt und muß in dem Sinne dominierend sein, daß sie in keiner Weise von ihm beeinflußt werden kann und nicht unter dessen Begierden oder seinen (wechselnden) Zuständen leiden muß. Die andere Seite neigt sich der erhabenen und edlen Sphäre zu. Diese Seite muß immer aufnahmefähig sein für all das, was dort geschieht, und sich von dort beeinflussen lassen, weil diese Sphäre die Quelle der Glückseligkeit ist. Dieses wissende theoretische Vermögen empfängt die universellen, von allen Akzidenzien freien Begriffe, die durch jene konkret und sinnlich wahrnehmbar gemacht werden, ganz so, wie wir die Bedeutung des Universellen in unserem Buch „Das Kriterium des Wissens“ 33 dargelegt haben. Das theoretische Vermögen teilt sich gemäß dem Wissen, das es beinhaltet, in drei Stufen: Die erste ist wie das Verhältnis des Kindes zum Schreiben; denn das Kind besitzt dazu zwar die Fähigkeit, diese ist aber von der Umsetzung in die Tat (des Schreibens) weit entfernt. So verhält es sich beim Kind auch mit dem Vermögen zum Wissen. Auf der zweiten Stufe tritt in der Vernunft ein Komplex elementarer und notwendiger Kenntnisse (Intelligibilia) auf, wie es etwa dem Zustand des unterscheidungsfähigen Knaben in der Pubertät entspricht. Ein Beispiel für diese Fähigkeit des Knabens zeigt sich in seinem Verhältnis zum Schreiben, nachdem er das Tintenfaß, den Bleistift und die einzelnen Buchstaben, nicht aber ihre Zusammensetzung (zu Wörtern) kennengelernt hat. In der Wiege war er noch nicht so weit, denn er besaß nur eine allgemeine Fähigkeit zum Schreiben, die aber von der Umsetzung in die Tat weit entfernt war. Auf der dritten Stufe entstehen in der Vernunft rationale Kenntnisse, die alle durch Handeln angeeignet werden. Sie sind so beschaffen, daß sie in ihm (dem Jugendlichen) aufbewahrt werden können. Wenn er will, kann er auf sie zurückgreifen. Und wann immer er dies tut, beherrscht er sie. Sein Wissensstand ähnelt dem eines zuverlässigen Schreibers, der seinen Beruf noch nicht ausübt. Er besitzt die Fähigkeit, unverzüglich anzufangen, in einer vollkommenen Weise zu schreiben. Das ist der Höhepunkt menschlicher Fähigkeiten. Diese Stufe teilt sich in unzählige Grade auf, die sich unterscheiden nach der Menge der Erkenntnisse – ob viele oder wenige –, nach ihrer Größe oder Unbedeutsamkeit und nach dem Weg ihrer Aneignung – ob durch göttliche Inspiration oder durch Lernen und Selbstaneignung, die schnell oder langsam vonstatten gehen kann. Nach diesem Wissen unterscheiden

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sich die Gelehrten in der Wissenschaft nach Weisen, Gottesvertrauten und Propheten. Sie sind verschieden in ihrem Rang je nach ihrer Stellung in dem Wissen. Die Stufen des Aufstiegs sind unbegrenzt und unzählbar. Die höchste Stufe ist die des Propheten, dem sich alle oder die Mehrheit der Wahrheiten ohne Selbstaneignug und Anstrengung, sondern durch göttliche Offenbarunga sofort enthüllen. Das ist die Glückseligkeit, die dem Menschen zuteil wird und ihn in die Nähe des erhabenen Gottes rückt – eine Nähe, die weder in bezug auf den Ort noch auf die Distanz, sondern im geistigen und wahrhaftigen Sinne gemeint ist. Der Anstand fordert, sich zu hüten, darüber zu reden. Denn sonst endet die Sache wie folgt: Eine Gruppe kam dahin, nach der Nähe zu Gott auch die Identität (mit Ihm), zu behaupten, so daß einer (aus der Gruppe) sagte: „Wie erhaben ich bin! Wie großartig ich bin!‘‘b Ein anderer sagte: „Ich bin das Wahre!“ 34 Wieder ein anderer beschrieb seinen Zustand als Inkarnation. Die Christen gehen in ihrem Glauben an Gott von der Identität zwischen Göttlichem und Menschlichem aus, so daß sie von Jesus – Gottes Friede sei mit ihm – sagen, er sei ein halber Gott! Wie erhaben ist Gott über die Reden der Ungerechten, wie sehr! Friede sei mit Muhammad, mit ˙ Jesus und mit allen Propheten!c Kurz gesagt: Die Etappen sind für diejenigen, die den Weg des erhabenen Gottes beschreiten, zahllos. Nur derjenige, der diesen Weg geht, erkennt in seinem eigenen Verhalten die Etappe, die er erreicht hat – und so auch jene, die er hinter sich gelassen hat. Die Wahrheit dessen, was noch vor ihm liegt, kann er nur allgemein und im Verlaß auf den Glauben an das Unsichtbare erfassen. Denn keiner, außer den Propheten selbst, kann die Wahrheit der Prophetie erkennen. So wie der Embryo nichts vom Zustand des Kindes ahnt und dieses wiederum weder den Zustand des unterscheidungsfähigen Knaben kennt noch das, was sich diesem an notwendigem Wissen erschließt, und so wie der unterscheidungsfähige Knabe weder den Zustand des Erwachsenen kennt noch das, was dieser an theoretischem Wissen erlangt, so erfaßt kein vernunftbegabter Mensch das, was sich den Vertrauten und Propheten Gottes von der Gunst seiner Güte und Barmherzigkeit erschließt: „Was Gott den Menschen an Barmherzigkeit zufließen läßt, kann niemand aufhalten.“ 35 Diese Barmherzigkeit wird gemäß der göttlichen Güte gewährt und niemandem vorenthalten. Aber um sie aufnehmen zu können, muß man sich durch die Läuterung der Seele, durch die Reinigung von ihrer Befleckung und von allem Übel vorbereiten. So wie das farbige Bild in sich kein Hindernis birgt, auf einem oxidierten Eisen abgedruckt zu werden – es sei denn, das Eisen enthält ein Hindernis, d. h., es ist durch Rost und Oxidation verunreinigt und bedarf eines Menschen, der es putzt, den Rost beseitigt und es poliert –, so sollst du glauben, daß alle Hindernisse von deiner Seite und nichtd von seiten der göttlichen Barmherzigkeit kommen. Desa

E: „durch seinen prophetischen Rang“. „Wie großartig ich bin!“ fehlt lediglich bei S u. E. c „Friede sei mit Muhammad“ lediglich bei S. ˙ d Bei den drei Handschriften S, E u. Ae fehlt die Verneinung, diese aber vermittelt eine verständlichere Variante. b

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halb sagt der Gesandte (Muhammad) – Gottes Friede sei mit ihm –: „An bestimm˙ Gott seine Gaben ausströmen. Begebt euch in sie ten Tagen eures Lebens läßt 36 hinein.“ In Worten, die der Sehnsucht und dem Wunsch eigen sind, gibt er (der Prophet) deshalb dem höchsten Grade göttlicher Gnade und Freigebigkeit Ausdruck, wenn er sagt: „Bevor das letzte Drittel jeder Nacht anbrichta , begibt sich Gott in den ersten Himmel dieser Welt und spricht: ‚O! Gibt es einen Betenden, auf daß ich ihn erhöre? Gibt es einen, der um Erbarmen bittet, auf daß ich mich seiner erbarme?‘“ 37 ; und er sagt ferner: „Die Sehnsucht der Frommen, mir zu be- D 209 gegnen, ist groß. Und ich bin um so sehnsüchtiger, ihnen zu begegnen.“ 38 Ferner sprach er: „Wer sich mir um einen Zoll nähert, dem nähere ich mich um eine Elle. Wer zu mir gelaufen kommt, dem eile ich entgegen.“ 39 Du sollst im Koran und den Überlieferungen Parallelstellen zu diesen Texten suchen, denn diese sind unbeschränkt und unzählbar.

a „Bevor … anbricht“ fehlt bei S u. E. Die Überlieferung beginnt dort mit den Worten: „Der erhabene Gott begibt sich jede Nacht in den ersten Himmel dieser Welt und spricht: …‘“

V.

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Über das Verhältnis der Seelenkräfte zueinander Wisse, daß diese Kräfte hierarchisch aufgebaut sind; denn einige sind für sich selbst, einige für andere Organe geschaffen. Einige dienen, andere werden bedient. An oberster Stelle stehen diejenigen Kräfte, die um ihrer selbst willen erstrebt werden, während die anderen nur wegen dieser gesucht werden. Dies bezieht sich nur auf die höchste Stufe des theoretischen Vermögensa , welche die Quelle der Enthüllung der göttlichen Wahrheiten ist, in der sich die Rangordnung der Gottesvertrauten und Propheten mehr oder weniger voneinander unterscheidet. Denn der Mensch ist nur für das geschaffen, was für ihn (als Menschen) charakteristisch ist. Außer denjenigen Kräften, die als spezifische Merkmale der menschlichen Seele gelten, hat er alle anderen mit den Tieren gemeinsam. Denn der Mensch wurde auf einer Stufe zwischen Tier und Engel geschaffen. Er besitzt eine Summe von Kräften und Eigenschaften. Bezüglich Ernährung und FortpflanD 210 zung ist er eine Pflanze, bezüglich Empfindung und Bewegung ein Tier. Von seiner Gestalt und geraden Haltung her ähnelt er einem in eine Mauer geritzten Bild. Nur die Vernunft (das Denkvermögen) und die Fähigkeit dazub , die Wahrheiten der Dinge zu erfassen, machen jenes spezifische Merkmal aus, das seine Schöpfung rechtfertigt. Wer alle seine Kräfte nutzt, um zu Wissen und Handeln zu gelangen, ähnelt den Engeln. Er verdient, diesen anzugehören sowie Engel und göttlichc genannt zu werden. So sagt er: „Das ist nichts (anderes) als ein edler Engel.“ 40 Wer seinen Eifer darauf richtet, den körperlichen Genüssen zu folgen, so daß er wie das Vieh ißt, der steigt auf die Stufe des Viehs hinab und wird entweder zu einem Herdenwesen wie der Stier, oder gierig wie das Schwein, oder wütend wie der Hund, oder B 32 nachtragend wie das Kamel, oder hochmütig wie der Tiger, oder hinterlistig wie der Fuchs, oder er vereinigt all dies in sich, wie ein verfluchterd widerspenstiger Teufel. Kurz gesagt erfährt derjenige, der nach den eben erwähnten Kräften forscht, daß die Anforderungen der Vernunft höher und erhabener sind als diese Kräfte. Deshalb sieht sein erstauntes Auge, wie die einen den anderen notwendige Dienste leisten, was ihrer Natur gemäß ist und der Fügung des erhabenen Gottes nicht A 35/D 211 widersprechen kann; denn die Vernunft ist der oberste Herr, dem gedient werden muß. Sein Wesir, der ihm von allen Kräften am nächsten steht, ist die praktische Vernunft, die ihm dient, die wir gemäß den Vorschriften der (theoretischen) Vera b c d

„des theoretischen Vermögens“ lediglich bei S u. E. „und die Fähigkeit dazu“ lediglich bei S. „sowie göttlicher Engel …“ lediglich bei D. „verfluchter“ lediglich bei S.

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nunft Handlungsvermögen genannt haben. Denn die praktische Vernunft ist dazu da, den Körper zu führen. Der Körper aber ist ein Instrument der Seele und ihr Vehikel 41 , durch das sie mit Hilfe der Sinne die Grundsätze des Wissens wahrnimmt, aus denen sie die Wahrheiten der Dinge erschließen kann. Die praktische Vernunft wird dann von der Phantasie und diese wiederum von zwei Kräften bedient, wovon die eine vor, die andere hinter ihr steht. Diejenige, die hinter ihr steht, ist deren Instrument und zugleich bewahrende Kraft für das, was diese wahrnimmt. Diejenige, die vor ihr steht, umfaßt alle tierischen Kräfte in der Reihenfolge, wie wir sie darlegen werden. Zu diesen Kräften gehört das Vorstellungsvermögen, mit dem ich (beim Menschen) das denkende meine. Es wird von zwei Kräften verschiedener Art versorgt. Das begehrende und verlangende Vermögen dient ihm, weil es dieses durch Vorstellung und Denken zur Bewegung motiviert. Das bilderbewahrende Vermögen, das im Gemeinsinn 42 beheimatet ist, dient ihm, indem es die Bilder zusammensetzt oder zerlegt. Diese (das begehrende und verlangende sowie das bilderbewahrende Vermögen) sind wiederum Hauptorgane zweier Gruppen. Das bilderbewahrende Vermögen wird vom Gemeinsinn versorgt, indem er zu ihm Bilder aufsteigen läßt, damit sie bewahrt werden. Das begehrende Vermögen wird von Begierde und Zorn bedient, und diese werden wiederum von jener Kraft bedient, die den Muskel bewegt. An diesem Punkt enden die tierischen Kräfte. Die tierischen Kräfte werden im allgemeinen von pflanzlichen versorgt. Diese teilen sich in drei Kräfte: die zeugende, die erziehende und die ernährende – wobei die zeugende an der Spitze steht, von der erziehenden bedient wird und diese wiederum von der ernährenden. Der letzten sind vier Kräfte dienlich. Es sind: die anziehende, die erhaltende, die verdauende und die abstoßende. Denn für die Pflanzen muß es eine Kraft geben, mit der sie die Nahrung zu sich ziehen; dann eine erhaltende und eine verdauende, die das verarbeiten, was die erhaltende festhält; dann eine abstoßende, die den Abfall hinausstößt. Diese ist diejenige Dienerin, die ihrerseits keinen Dienstboten mehr hat. Sie ähnelt dem Sraßenfeger bei dem Reinigungsdienst einer Stadt. Ferner dienen Wärme, Kältea , Feuchtigkeit und Trockenheit den Kräften der Verdauung, der Anziehung, der Erhaltung und des Abstoßens. Dies sind die letzten Stufen der Körperkräfte. Es soll ein Beispiel für alle erwähnten Kräfte gegeben werden, das sie dem Verständnis der Massen näherbringt. So wird gesagt, daß das Denkvermögen, das in der Mitte des Gehirns wohnt, einem König ähnlich sei, der inmitten des Königreiches thront. Die Einbildungskraft, welche im vorderen Teil des Gehirns wohnt, ähnelt dem Postbeauftragten des Königs, bei dem alle Nachrichten zusammenfließen. Die bewahrende Kraft, welche sich im hinteren Teil des Gehirns befindet, ähnelt seinem Schatzmeisterb , das Sprachvermögen seinem Dolmetscher, die handelnde Kraft seinem Schreiber, die Sinne seinen Spionen und den Boten, die in all a b

„Kälte“ bei allen außer S. „Schatzmeister“ lediglich bei S u. E. Bei allen übrigen: „Diener“.

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dem aufrichtig sind, was sie ihm (dem König) an Nachrichten überbringen. So nimmt jeder von ihnen aus seinem speziellen Aufgabenbereich Nachrichten auf; zum Beispiel wird das Sehvermögen mit der Farbenwelt, das Gehör mit den Tönen beauftragt, und so verhält es sich mit allen anderen Sinnen. Sie überbringen dem Postbeauftragten diese Nachrichten, der sie von allem Unwichtigen säubert und so gereinigt seiner Majestät dem König überbringt. Der König, der weiß, welche Vorund Nachteile man aus ihnen ziehen kann, sortiert (nochmals) aus und gibt sie seinem Diener. Bei Bedarf bietet der Diener sie ihm (dem König) an. Wie die Arbeiten, die der König selbst übernimmt, edler als diejenigen sind, mit denen er andere beauftragt, so ist das, was die Seele (selbst), die in Wahrheit der König ist, vermittels des Denkvermögensa – das heißt durch Reflexion, Nachdenken, Analogie, Scharfsinn, Erschließung des Unbekannten durch das Bekannte und die Enthüllung der Geheimnisse durch die Wahrheitb – vollbringt, ruhmreicher als das, wofür sie Dienstboten braucht. Dieses Beispiel ähnelt dem, das von Ka2b al-Ahba¯r 43 überliefert wurde. Er sagte: ¯ 3isˇa 44 eintrat, sagte sie: ‚Die Augen˙ des Menschen sind Tiefen, seine „Als ich bei 2A Ohren Trichter, seine Zunge ein Dolmetscher, seine Hände Flügel und seine Beine Boten. Das Herz ist ein König. Wenn es ihm gutgeht, so geht es auch seinen Sol¯ 3isˇa sagte, sie habe den Gesandten Gottes (Muhammad) so sprechen daten gut. 2A ˙ hören.‘“ Was wir dir kurz vorgetragen haben, sind einige der Zustände der Seele, einige ihrer Geheimnisse. Wenn du aber einen Blick auf die Anatomie der Organe werfen würdest und der Anzahl der Adern, Nerven, Muskelnc , Knochen, Arterien und Venen, dann den selbständig arbeitenden Organe nachforschen würdest, die für den Atem, die Aufnahme der Nahrung, ihre Verdauung, ihr Abstoßen und für die Fortpflanzung geschaffen sind, und du die Wunder erblicken würdest, die sie notwendigerweise im gegenseitigen Dienst vollbringen, und wenn du dann, nachdem du die Beschäftigung mit der Anatomie der Körper beendet hast, in die Einzelheiten der Kräfte dieser Körper hineinblicken und dich – indem du die Wahrheiten der Naturwissenschaftend erkennst – in sie vertiefen würdest, so gelangtest du zum höchsten Grad der Verwunderung. Unglücklich sei der, der vom Glauben an Gott abfällt und seine Aussagen mißachtet: „Und auf der Erde gibt es für diejenigen, die (von der Wahrheit) überzeugt sind, (allerlei) Zeichen (von Gottes Allmacht und Güte), (und dies nicht nur auf der Erde, sondern) ebenso in euch selbst. Wollt ihr denn nicht sehen?“ 45 Ja, es gibt sogar in jedem Ding einen Beweis, daß Er einzig ist. Wer überhaupt nicht an Gott glaubt, gehört nicht zu den Vernünftigen. Er ist zu niedrig, als daß man ihn mit solchen Worten anreden könnte. Unsere Rede richtet sich hier nur an a

S u. Ae: „des Gedankens“; E: „des Denkens“. „durch das Bekannte … Wahrheit“ bei S. „durch die Wahrheit“ fehlt bei E. „und die Enthüllung …“ fehlt bei den übrigen. c „Muskeln“ fehlt bei D. d S u. E: „der Wissenschaften der Medizin“. b

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denjenigen, der grundsätzlich an Gott glaubt. Wir laden ihn ein zur Suche nach dem Werk Gottes, um dadurch seinen Glaubena und seine Überzeugung zu stärken, seine Ehrerbietung und Hochschätzung (ihm gegenüber) zu vertiefen. Alles, was nicht durch die Sinne, sondern nur vermittels seiner Wirkungen durch den Verstand erfaßt wird, kann nur durch das ausschöpfende Nachdenken über diese Wirkungen erkannt werden 46 . Wir geben hierfür ein Beispiel, das dies dem Verständnis aller Menschen nahebringt. Es gibt keinen Juristen, der nicht an den großartigen Rang der berühmten Gelehrten – wie zum Beispiel Abu¯-Hanı¯fa 47 , asˇˇSa¯fi2ı¯ 48 und andere – glaubt. Diese Meinung teilen alle Menschen 49 . ˙ Wenn man die Schrift eines Autors liest und die Wunder seines Werkes sowie die erstaunlichen Leistungen seiner Geschicklichkeit sieht, so bleibt die Verehrung für den Autor niemals die gleiche wie zu der Zeit, als sein Leser ihn noch nicht gekannt hatte. Vielmehr hört man nicht auf, eine besondere Charaktereigenschaft in seiner Aussage, seiner Schrift oder in seinem Gedicht zu erblicken, und so mehren sich Achtung, Respekt und Vertrauenb . Wer also weiß, daß Gott der Schöpfer der Welt ist, ähnelt dem, der weiß, daß Zaid sich von den anderen dadurch unterscheidet, daß er Dichter eines Diwans und Verfasser eines Buches ist; was für ein Unterschied aber besteht zwischen diesem und dem Glauben desjenigen, der das Gedicht eines Dichters liest und dessen Besonderheit erkennt, der eingeweiht in dessen Werk ist und dessen Einzigartigkeit erfaßt. Nach scharfsinniger Prüfung glaubt dieser fest an des Autors Großartigkeit und hohen Rang, während jener einen allgemeinen und schwachen Glauben besitzt, der weder durch Scharfsinn noch Prüfung entstanden ist. In dieser Hinsicht zeigt sich der Rangunterschied zwischen den Volksmassen und den Scharfsichtigen. Die Welt mit all ihren Wundern ist ein Werk Gottes, sein Gebilde, seine Schöpfung und Erfindung. Die Seele ist ein Teil dieser Welt. Jeder Teil der Welt ist voller Wunder. Wer nach ihnen sucht, gewinnt in seinem Glauben Stärke und Gewißheit. Deswegen spornt Gott die Menschen an, über die Seele, über das Universum und über das Königreich des Himmels (arab. Pl.) und der Erde nachzudenken.

a b

„seinen Glauben“ fehlt bei E. „Vertrauen“ fehlt bei E.

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VI. Über das Verhältnis des Wissens zum Handeln und über das durch das Wissen erlangte Glück, in dem alle Forscher unter den Su¯fı¯s einig sind und worin sie von anderen Gruppen ˙ spekulativer Denker unterstützt werden

Die Wirkung des Handelns besteht darin, das zu beseitigen, was nicht sein soll, das Streben nach Wissen darin, das zu erlangen, was sein soll. Die Beseitigung dessen, was nicht sein soll, bedingt, daß Platz gemacht wird für das, was sein soll. Das Bedingte ist das Ziel; es ist edler als die Bedingung. Ein Beispiel dafür: Wer ein Kind von einer Frau haben will, die eine Krankheit hat, welche die Empfängnis verhindert, soll zweierlei Aufgaben erfüllen. Erstens: die Beseitigung der Krankheit, welche die Schwangerschaft vereitelt und die Empfängnis verhindert. Zweitens: die Befruchtung, nachdem die hindernde Krankheit beseitigt ist. Die erste ist eine Bedingung für die zweite Aufgabe, die das erstrebte Ziel ist. Wenn du dir ein Haus vorstellst, welches für einen König gebaut und für diesen als Unterkunft vorbereitet wird, das sich jedoch Affen und Schweine widerrechtlich angeeignet haben, so ist die Schönheit des Hauses und seine Vollkommenheit von zweierlei abhängig. Erstens: dem Hinaustreiben der Affen (und der Schweine), welche sich unerlaubterweise dort aufhalten. Zweitens: dem Einzug des rechtmäßigen Besitzers. Wenn wir uns einen oxidierten Spiegel vorstellen, dessen Reinheit von Rost D 218 getrübt wird, der uns wiederum nicht erlaubt, unser Spiegelbild zu sehen, so wäre der Spiegel vollkommen, würde er für die Aufnahme der Bilder vorbereitet, so daß er sie wiedergeben könnte, wie sie sind. Zu dieser Vervollkommnung gehören zweierlei Aufgaben. Erstens: die Reinigung und das Polieren des Spiegels, das heißt die Beseitigung des Rosts, der nicht sein soll. Zweitens: Man sollte ihn so A 41 hinstellen, daß er das Bild wiedergibt. So verhält es sich auch mit der Seele des Menschen. Sie ist fähig, ein Spiegel zu werden, den man in jedem Fall in Richtung des Wahren jedes Dinges aufstellen kann. Wie bei dem Bild und dem Spiegel, so prägt sich auch der Seele der Abdruck B 37 des Wahren ein, als ob sie mit einer ihrer Seiten mit diesem identisch ist, sich mit ihrer anderen Seite aber von diesem unterscheidet. Die Vollkommenheit der Seele besteht darin, eine solche Stufe (nämlich die Identität mit dem Wahren) zu erlangen. Das ist das Spezifikum, durch das sie sich von den Tieren, die unter ihr stehen, unterscheidet. Denn abgesehen vom Menschen entbehren alle Lebewesen dieser Fähigkeit – in potentia et in actu. So entbehren auch Staub und Holz der Fähigkeit, sich den Bildern anzugleichen und Spiegel für sich zu sein, während sie (diese Fähigkeit) in der Tat unzertrennlich mit dem Wesen der Engel verbunden ist. Ähn-

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lich verhält es sich auch mit dem Wasser, denn es reflektiert von Natur aus das Bild in einer bestimmten Weise. So besitzt auch der Mensch diese Fähigkeit in potentia, nicht aber in actu. Wenn der Mensch gegen sich selbst ankämpft, bis er das, was er der Möglichkeit nach besitzt, in actu herausbringt, so wird seine Seele vollkommena , und so erreicht er den Horizont der Engel. Wenn er aber seinen Begierden nachgibt, die zur Anhäufung des Rosts auf dem Spiegel der Seele führen, so verfinstert sich sein Herz, seine Dunkelheit verstärkt sich, und seine Fähigkeit (zum Guten) erlahmt gänzlich. Er steigt dann auf die Stufe des Viehs hinab und wird von seinem Glück und seiner Vollkommenheit auf ewig ausgeschlossen, so daß es keine Rückkehr mehr gibt. Also bedeutet Handeln, die Begierde zu besiegen, indem das Bewußtsein der Seele zu der höheren göttlichen Stufe geführt wird, um die bösen Haltungen und die schlechten Bande zu tilgen, die sie an die niedrigste Stufe binden. Erst wenn diese Verhältnisse beseitigt oder abgeschwächt werden, wendet sich die Seele dem Nachdenken über die göttlichen Wahrheiten zu. Von der Seite des erhabenen Gottes her strömen alsdann dem Menschen diese edlen Dinge zu, genauso wie sie den Gottesvertrauten, den Propheten und den Aufrichtigen zufließen. Das ist eine ertragreiche Jagd, je nachdem, wie man von Gott beschenkt wird. Je besser man die Grundlagen dafür beherrscht, um so größer wird die Gabe Gottes. Je mehr man zusätzliche Mittel dazu besitzt, um so erfolgreicher wird das Jagen. So verhält es sich auch beim Jagen nach einem höheren Gewinn im Handel und beim Erjagen der Erkenntnis der eigenen Seele. Denn derjenige, der sich (beim Nachdenken) ein wenig anstrengt, kann vielleicht mit Hilfe natürlicher Klugheit den Horizont der selbständig denkenden ˇ tahid) überschreiten. Rechtsgelehrten (mug So ist in der ursprünglichen Natur 50 des Menschen die Reinigung der Seele von diesen (materiellen) Verstrickungen sehr unterschiedlich, wie auch der Grad der Bemühungen. Dadurch entstehen unzählige Unterschiede. So ist es mit der jenseitigen Glückseligkeit. Daß diese Barmherzigkeit vom erhabenen und allmächtigen Gott in die Seele einströmt, ist der Gipfel allen Strebens. Es ist die eigentliche Glückseligkeit, die die Seele nach dem Tode erlangen kann, welche jedoch von der Bedingung abhängig ist, daß die (materiellen) Bindungen beseitigt und die schlechten Eigenschaften getilgt werden, die sich in der Seele – dadurch, daß sie den Begierden folgt – festgesetzt haben. Das Handeln bezieht sich also auf den inneren Kampf gegen die eigene Seele durch die Beseitigung dessen, was nicht sein soll. Wenn es darum geht, gegen das Nachgeben gegenüber den Begierden anzukämpfen, so zeigt sich die Tugend dieses Kampfes. Wenn man ihn mit dem Erlangen dessen, was sein soll, vergleicht, so ähnelt das Verhältnis der Stufe dieses Kampfes zum Handeln dem Verhältnis der Bedingung zum Bedingten, dem des Dieners zum Dienstherrn und dem Verhältnis dessen, was zu anderen Zwecken verfolgt wird, zu dem, was um seiner selbst willen erstrebt wird. Darauf verweist der Prophet – Friede und Gottes Segen seien mit a

„bis er das, was er der Möglichkeit nach besitzt …, … vollkommen“ lediglich bei S u. E.

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ihm –, wenn er sagt: „Der Glaube läßt sich in siebzig und mehr Tätigkeitsbereiche einteilen. Das niedrigste ist das Räumen des Weges von Ärgernissen.“ 51 Der innere Kampf durch die Verrichtung religiöser Pflichten zielt meistens darauf, Ärgernisse aus dem Weg zu räumen. Einer könnte sagen, daß damit gemeint ist, Glas, Knochen und Steine vom Weg zu entfernen. Dies ist für viele das Naheliegendste. Ein anderer könnte sagen, daß sich hier das Verständnis der Menschen je nach ihrer Rangordnung unterscheidet. Deshalb sagt der Gesandte – Friede sei mit ihm –: „Gott möge denjenigen beglücken, der meine Rede hört und sie begreift. Dann verhält er sich ihr entsprechend. Möglicherweise gibt es einen (islamischen) Rechtsgelehrten, der jemandem die Rechtswissenschaft beibringt, der keine Ahnung von dieser Wissenschaft hata . Möglicherweise gibt es aber auch einen (islamischen) Rechtsgelehrten, dessen Zuhörer mehr Wissen über die Rechtswissenschaft haben als er selbst.“ 52 Wenn es nicht etwas in seinen Worten gäbe, was sich dem Verständnis eines Nichtjuristen spontan anders erschließt als dem eines Juristen, so hätte er seine Empfehlungen nicht so bekräftigt. Wenn die Masse berücksichtigt wird, wüßte ich doch gern, ob sie auf Seite des Juristen oder auf Seite desjenigen, der noch mehr weiß, oder auf der Seite eines anderen steht. Dies aber ist sehr selten (daß die Masse auf Seite des Juristen steht). Oft aber steht sie gegen (die Meinung des) Juristenb . Denn das, was sich dem Verständnis der Massen spontan öffnet, steht beinahe jenseits des Wahren und liegt im Verständnisbereich des Rechtsgelehrten und desjenigen, der noch mehr als er davon versteht – und dies insbesondere dann, wenn es sich um einen Begriff handelt, der keine ausdrückliche Spezifikation enthält. Denn der Begriff „Ärgernis“ ist von allgemeiner Bedeutung; so auch der Ausdruck „Weg“. Wenn etwas Spezifisches gemeint wäre, so würden „Glas“ oder „Unrat“ erwähnt, und damit würde auf die Dinge, die ihnen ähnlich sind, verwiesen. Diese äußere Bedeutung (Beseitigung des Unrats) fällt auch unter den allgemeinen Ausdruck. Denn durch dieses Handeln (die Beseitigung von Ärgernissen) bessert sich der Mensch auch selbst, erzieht seine Gesinnung und reinigt seine Seele von den Untugenden der Sorglosigkeit, der Härte und des Mangels an Mitleid, wie wir sie ausführlich im Kapitel über die böse und die gute Gesinnung darlegen werden. So weißt du (nun), daß die Glückseligkeit der Seele in ihrer Vollkommenheit liegt, und daß ihre Vollkommenheit darin besteht, daß sie von den Wahrheiten der göttlichen Dinge geprägt wird und sich mit diesen vereinigt, als ob sie mit ihnen identisch seic . Dies kann durch nichts anderes erreicht werden als durch die Reinigung der Seele von den bösen Haltungen, die durch Begierde und Zorn hervorgerufen werden.

a „…, der jemandem die Rechtswissenschaft …, der keine Ahnung … hat“ bei S u. E. Bei den übrigen: „der eigentlich kein Rechtsgelehrter ist.“ b „Dies aber ist sehr selten …“ fehlt lediglich bei D. c Bei S u. E. Bei allen übrigen: „…, daß die Glückseligkeit der Seele und ihre Vollkommenheit, …“

Verhältnis des Wissens zum Handeln

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Diese Reinigung erlangt man durch inneren Kampf und Handeln. Das Handeln führt zur Reinheit, und diese ist Bedingung für die Erlangung der Vollkommenheit. Deshalb sagt der Prophet – Friede sei mit ihm –: „Die Religion (des Islam) beruht auf der Reinheit.“ 53

VII.

A 45 B 40

Über den Unterschied zwischen dem Weg der Su¯fı¯s zum Wissen und dem der anderen 54 ˙

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Wisse, daß in bezug auf das Handeln bei allen (Su¯fı¯s und Nicht-Su¯fı¯s) Überein˙ als Ziel erstrebt ˙ wird, um die stimmung herrscht, so auch darüber, daß es selbst schlechten Charaktereigenschaften zu tilgen /und die Seele von der bösen Gesinnung zu reinigen. Aber was das Wissen anbetrifft, so sind sie uneinig. Darin unterscheiden sich die Wege der Su¯fı¯s von denen der Denker anderer Wissenschaftsrichtungen. Denn die ˙ nicht zur Aneignung der Wissenschaften an, zu deren Studium oder Su¯fı¯s spornen ˙zum Erlernen dessen, was auf der Suche nach den Wahrheiten der Dinge geschrieben wurde, sondern sie sagen: Der Weg (zum wahrhaftigen Wissen) besteht zuallererst darin, sich zu bemühen, die bösen Eigenschaften zu beseitigen/a , alle weltlichen Verstrickungen aufzulösen und sich mit aller Entschlossenheit dem erhabenen Gott zuzuwenden. Wann immer dies geschieht, strömt dem Menschen die Barmherzigkeit Gottes entgegen, enthüllt sich ihm das Geheimnis des Königreichs (Gottes) und offenbaren sich ihm die Wahrheiten. Nur durch völlige Läuterung, innere Bereitschaft, aufrichtigen Willen und brennenden Durst sollte man sich für die Erwartung dessen, was der erhabene Gott an Barmherzigkeit verleiht, vorbereiten. Denn den Propheten und den Gottesvertrauten sind die Dinge offenbar, und ihre Seelen sind glücklich, weil sie die für sie mögliche Vollkommenheit nicht durch Erlernen erlangen, sondern durch Weltentsagung, Abwendung und Lossagung von den Bindungen an die Welt und durch entschlossene Hinwendung zum erhabenen Gott. Wer auf Gottes Seite steht, auf dessen Seite steht auch Gott. Als ich mich entschlossen hatte, mit aufrichtigem Willen diesen Weg zu beschreiten, zog ich einen führenden Su¯fı¯ über das regelmäßige Koranlesen zu Rate. Er hielt mich davon ab ˙ und sagte: „Der Weg dazu ist, daß du deine Bindungen an das Diesseits völlig löst, so daß dein Herz weder Angehörige noch Kinder, weder Reichtum noch Vaterland, weder Wissenschaft noch Macht beachtet. Vielmehr sollst du in einen Zustand geraten, in dem dir die Existenz oder Nichtexistenz solcher Dinge gleichgültig ist. Dann sollst du dich, mit dir selbst alleingelassen, in eine kleine Moschee begeben und dich nur auf den Gottesdienst, das heißt auf die religiösen und die zusätzlichen Pflichten (Sunna) beschränken; dort sollst du mit unbekümmertem Herzen sitzen und mit der gesamten Entschlossenheit deines Willens dich der Anrufung des Namens des erhabenen Gottes (dikr) 55 widmen. Dies geschieht anfangs, indem du mit deiner Zunge regelmäßig den¯ Namen des erhabenen Gottes rufst, so daß du mit wachem, erkennendem Herz „Alla¯h“, „Alla¯h“ wiederholst, bis du in a

/…/ fehlt lediglich bei S. „und die Seele von der bösen Gesinnung zu reinigen“ fehlt bei E.

Weg der Su¯fı¯s und der anderen ˙

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einen Zustand gelangst, in dem dir, solltest du mit dem Bewegen der Zunge aufhören, das Wort wegen starker Gewöhnung wie von selbst von deiner Zunge fließt. Dann wiederholst du regelmäßig das Schlagen der Zunge, bis dessen Wirkung nicht mehr spürbar ist und du – ohne deine Zunge zu bewegen – dich selbst und dein Herz unablässig in der Anrufung des göttlichen Namens wiederfindest. Du fährst damit fort, bis es in deinem Herzen nichts mehr außer dem Sinn des Namens gibt und dir weder die Buchstaben des Ausdrucks noch die Formen des Wortes ins Bewußtsein kommen. Vielmehr bleibt der reine Begriff notwendig gegenwärtig und beständig in deinem Herzen. Bis zu dieser Stufe bist du in deinem Handeln frei. Danach hast du keine Wahl mehr, es sei denn, du verharrst fortwährend auf dieser Stufe, um Versuchungen zurückzuweisen, die dich davon abbringen könnten. Danach ist dein Handeln nicht mehr freiwillig, und es bleibt dir nur die Erwartung dessen, was sich den Propheten und den Gottesvertrautena an Erleuchtungen eröffnet. Diese sind ein Teil von dem, was den Propheten offenbart wirdb . Es kann sein, daß diese Offenbarungen wie ein blendender Blitz nicht von Dauer sind, sich aber wiederholen. Möglicherweise kommen sie erst spät. Kehren sie zurück, so kann es sein, daß sie bleiben; möglicherweise werden sie aber auch wieder zurückgenommen. Sind sie erst da, können sie von Dauer sein, möglicher- B 42 weise aber auch nicht. Es kann sein, daß sie in regelmäßigen Abständen aufeinanderfolgen. Es kann auch sein, daß die Erleuchtungen sichc auf eine Erscheinungsform beschränken. Die Aufnahmefähigkeit der Gottesvertrauten variiert, und ihre Rangstufen sind unzählig, weil ihre Gesinnung und ihre Charaktereigenschaften unterschiedlich sind. Das ist die Methode der Su¯fı¯s. Sie führen die Lösung des Problems auf eine absolute˙ Reinigung deinerseits, auf Läuterung und Klärung, und dann auf Bereitschaft und Erwartung zurück. Die spekulativen Denker aber bestritten nicht, daß ein solcher Weg vorhanden ist, und auch nicht, daß er zum Ziel führt, welches das höchste Erlebnis der Gottes- D 224 vertrauten und der Propheten ist. Aber sie empfanden diesen Weg als schwer, und sie hielten es für unwahrscheinlich, daß er zum Ziel führen würde. Sie behaupten nämlich, daß es beinahe unmöglich sei, allein durch Selbstanstrengung bis zu diesem Grad alle Bindungen (an das Weltliche) zu tilgen. Wenn es aber in einem Falle A 47 doch erreichbar wäre, so wäre es um so ungewisser, ob dieser Zustand andauern würde. Dennd die kleinste Versuchung und der geringste Gedanke würden stören. Bei dieser Anstrengung könnte das Gemüt Schaden erleiden, der Verstand wirr werden, der Körper erkranken und dies schließlich zur Melancholie führen. Wenn die Seele sich nicht an den wahrhaftigen Wissenschaften schulte, so könnten durch das Gemüt Visionen auf sie kommen, die sie für wahr hielten. Wie oft lebt ein Su¯fı¯ zehn Jahre lang mit einer Vision, bis er sich davon befreien ˙ zuerst die Wissenschaften beherrscht, so hätte er sich ihrer kann. Hätte er aber unverzüglich entledigt. An erster Stelle sollte man sich, indem man das Kriterium a b c d

„den Gottesvertrauten“ lediglich bei S. „Diese sind ein Teil …“ fehlt lediglich bei S. Bei S, E und Ae. Bei den übrigen: „…, daß die Erleuchtung sich nicht …“ „Denn“ lediglich bei S u. E.

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Weg der Su¯fı¯s und der anderen ˙

des Wissens erkennt, mit dem Studium der Wissenschaften beschäftigen und sich deren ausführliche Beweisführungen aneignen. Denn dies führt auf eine genauso sichere Weise zum Ziel wie die Selbstanstrengung, durch die man die Läuterung der Seele erlangt. Der Gesandte Gottes – Friede sei mit ihm – war von geläuterter Seele ohne Selbstanstrengung. Möchte man aber die gleiche Stufe allein durch einfache Exerzitien erlangen, so geht diese Erwartung zu weit. In der Seelea selbst muß man sein Möglichstes tun und die wahrhaftigen Wissenschaften 56 durch zielstrebiges Suchen und beharrliches Nachdenken erwerben. Dies geschieht, indem man zuerst das erreicht, was schon die Früheren erlangt haben. Danach ist nichts dagegen einzuwenden, auf das zu warten, was den Forschern unter den Gelehrtenb noch nicht offenbart wurde. Denn das, was den Menschen von den göttlichen Dingenc noch nicht offenbart wird, ist viel mehr als das, was ihnen offenbart wurde. Darin liegt der Unterschied zwischen den beiden Zuständend . Dazu fällt mir ein Beispiel ein, bei dem nicht ausgeschlossen ist, daß es die Menschen mit begrenztem Verstand, die der sinnlich wahrnehmbaren Beispiele bedürfen, anregt, die Vernunftwahrheiten zu begreifen. Außerdem verdeutlicht es den Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Man erzählt, daß Chinesen und Römer vor einem König um die beste Fertigkeit im Zeichnen und Malen wetteiferten. Der König entschloß sich, ihnen einen Steinquader zu geben, dessen eine Seite die Chinesen, dessen andere die Römer bemalen sollten. Zwischen ihnen sollte ein Vorhang heruntergelassen werden, um die Gruppen daran zu hindern, einander zu beobachten. Sobald sie fertig wären, sollte der Vorhang gelüftet, beide Seiten betrachtet und festgestellt werden, welche der beiden Gruppen gewonnen habe. Dies geschah. Die Römer sammelten unzählig viele seltene Farben, während die Chinesen hinter dem Vorhang, ohne Farben zu benutzen, ihre Seite polierten und glänzend machten, wobei sie (die Zuschauer) sich darüber wunderten, daß sie keine Farben verlangten. Als die Römer fertig waren, behaupteten die Chinesen, daß auch sie fertig wären. Man fragte sie (die Chinesen): „Wie könnt ihr fertig sein, wenn ihr weder einen Farbstoff benutzt noch gemalt habt!“ Sie erwiderten: „Seid unbesorgt! Lüftet den Vorhang, und wir beweisen unsere Behauptung.“ Sie lüfteten den Vorhang. Alsdann fand man ihre Seite strahlend und voller seltsamer römischere Farben. Denn sie wirkte wie ein Spiegel in ihrer Reinheit und Klarheit. Die Seite (der Chinesen) zeichnete sich durch mehr Reinheit aus; auf ihr erschien, um was sich auch die Römer bemüht hatten. So verhält es sich mit der Seele in bezug auf das Aufzeichnen des göttlichen Wissensf . Du hast zwei Möglichkeiten, dir diese Prägung selbst zu verschaffen: a

„In der Seele“ fehlt lediglich bei E. Nach S u. E. Nach A, Ae, B u. K: „was den Gelehrten (D: den Menschen), die nach den göttlichen Dingen suchen, noch nicht offenbart wurde.“ c „von den göttlichen Dingen“ lediglich bei S u. E. d Bei S u. E. Bei den übrigen: „Gruppen“. e „römischer“ fehlt bei D. f Bei S. Bei allen übrigen: „Betrachte die Seele als jene Stelle, in die sich das göttliche Wissen einzeichnet.“ b

Weg der Su¯fı¯s und der anderen ˙

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Die erste ist die Aneignung des Zeichnens selbst (das heißt die Kunst) wie bei den Römern. Die zweite ist die Bereitschaft, die Zeichnung von außen aufzunehmen. Mit „außen“ sind die aufbewahrte Tafel (al-lauh al-mahfu¯z˙) 57 und die Seelen ˙ ˙ der Engel gemeint. Auf sie ist das wahrhaftige Wissen tatsächlich dauerhaft gemalt, ebenso wie in deinem Kopf der gesamte Koran aufgezeichnet ist, wenn du ihn – wie auch alle deine Kenntnisse – auswendig gelernt hast. Damit ist aber nicht ein sinnlich wahrnehmbares und sichtbares Zeichnen gemeint, sondern ein geistiges, dessen Existenz von demjenigen geleugnet wird, dessen Empfindung auf die sinnlich wahrnehmbaren Dinge beschränkt ist und sich darüber nicht erhebta .

a Bei S. Bei den übrigen: „der sich nicht durch die Niedrigkeit seiner Seele auf die sinnlich wahrnehmbaren Dinge beschränkt und sich darüber nicht erhebt.“

VIII.

A 49 B 46

Über den besten dieser beiden Wege Wenn du sagst: Du hast zwei verschiedene Wege bereitet, die zur Glückseligkeit führen; welchen Weg hältst du für den besseren? So wisse, daß die Beurteilung solcher Dinge sich nach der Anstrengung richtet, die von der Lage und der Situation des selbständig Denkenden abhängig ist. Was mir richtig erscheint und bei Gott ist das Wissen darübera , ist die Tatsache, daß ein absolut bejahendes oder verneinendes Urteil falsch ist; vielmehr hängt ein Urteil von den jeweiligen Personen und Fällen ab. Jeder also, der im Erwachsenenalter einen solchen Weg beschreiten möchte, D 227 sollte sich eher auf den Weg der Mystiker (Su¯fı¯) beschränkenb , der Ausdauer in ˙ den religiösen Pflichten und Lösung von allen (weltlichen) Bindungen fordert. Denn die Suche nach den erlernbaren Wissenschaften, um fundierte geistige Fähigkeiten 58 in der Seele zu verankern, ist schwer. Dies ist nur in der Blüte der Jugend möglich, denn das Lernen in der Jugend ist wie das Zeichnen auf dem Stein. Für den Greis ist es mühselig, sich in den Wissenschaften zu üben. Einer wurde gefragt, der einen Greisen unterrichtet, was machst du? Er erwiderte: „Ich wasche einen alten verschlissenen Wollstoff aus; es ist möglich, daß er weiß wird!‘‘c . Daraus geht hervor, daß es für die meisten Menschen angemessener ist, sich mit dem Handeln zu beschäftigen und sich auf jenes Wissen zu beschränken, mit dessen Hilfe man das (richtige) Handeln erkennt. Denn die Mehrheit der Menschen achtet in der Blüte ihrer Jugend nicht darauf. Beherzigt man dies in der Blüte der Jugend, so sollte man die eigene Natur und die eigene Intelligenz berücksichtigen. Wenn sich herausstellt, daß man unfähig ist, die subtilen rationalen Wahrheiten zu begreifen, so muß man sich eher dem Handeln widmen, da es keinen Sinn hat, sich dann mit den theoretischen wahrhaftigend Wissenschaften zu beschäftigen. Dies betrifft die Mehrheit jener wenigen Menschen, die wir untersucht haben. Wenn man zwar klug und für die Wissenschaften aufnahmefähig ist, es im eigenen Lande oder Zeitalter aber keinen selbständigen theoretischen und wahrhaftigene Wissenschaftler gibt, der sich über die Stufe der Nachahmung seiner Vorgänger erhebt, so ist es angemessener, sich mit dem Handeln zu beschäftigen, insofern a

Bei D lediglich: „und was bei Gott wahr ist …“ Bei S. Bei E: „so ist ihm der Weg der Mystiker passender.“ Bei A, Ae, B u. K: „erhöht sich, und er sollte sich mit dem Weg der Mystiker begnügen.“ D: „sollte sich von dem Weg der Su¯fı¯s über˙ zeugen lassen.“ c Nach S u. E. Nach D: „Eine angesehene Person wurde gefragt: ‚Wenn man im greisen Alter lernen möchte, was soll man tun?‘ Er erwiderte: ‚Wasche einen alten …‘“ Nach den übrigen: „Ein Greiser wurde gefragt: ,Wenn man im greisen Alter lernen möchte …‘“ d „wahrhaftigen“ lediglich bei S. e „wahrhaftigen …“ lediglich bei S u. E. b

Der beste der beiden Wege

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als die theoretischen Wissenschaften nur durch einen Lehrer erlernbar sind. Denn es liegt nicht in der Fähigkeit einer einzelnen Person, zu diesen Wissenschaften zu gelangen, es sei denn, nur zu wenigen in einem langen Zeitraum. Deshalb würde der klügste Mensch ein langes Leben brauchen, um ein Heilmittel gegen eine einzige Krankheit zu finden, geschweige denn gegen alle, wenn nicht zum Beispiel die Wissenschaft der Medizin präzisiert, systematisiert und durch sich gegenseitig stützende Gedanken abgesichert und über lange Zeiten vorangetrieben worden wäre. Meistens fehlt in den Ländern ein solcher selbständiger Wissenschaftler. Es bleiben also nur wenige von Wenigen. (Einer von diesen zeichnet sich durch folgende Charakteristika aus:) Es handelt sich um einen klugen Menschen, der in der Blüte seiner Jugend darauf aufmerksam wurde, indem er bereit war, die Wissenschaften zu verstehen, und zufällig einem Gelehrten begegnete, einem wahrhaftigen und nicht nur dem Namen nach selbständigen Wissenschaftler, der sich bemühte, verantwortungsbewußt nicht nur der äußeren Form zu genügen, wie du es bei den meisten Gelehrten siehst. Denn diese sind entweder Nachahmer der Hauptlehrmeinungen oder der Hauptlehrmeinungen und ihrer Argumentationen, so wie sie sie von deren Urheber übernommen haben. Jeder, der nachahmt, ist blind. Es gibt also nichts Gutes in der Nachahmung 59 der Blinden und ihrer Anhängera . Oder es handelt sich um einen jungen Menschen, der im Streben nach den Wissenschaften aufgewachsen und klug geworden ist, indem er, nachdem er sich in die verschiedenen Wissenschaften eingeübt hatte, innerhalb seiner speziellen Wissenschaft auf das bloße Nachahmen aufmerksam geworden ist. Ein solcher Mensch ist bereit, beide Wege zu gehen. Deshalb sollte für ihn der Weg des Lernens Priorität haben, um von den wahrhaftigenb Wissenschaften, die auf Argumentationen beruhen, das zu erlangen, was menschliches Vermögen durch Anstrengung und Lernen erfassen kann. Denn hierfür genügen die Anstrengungen der Vorgänger. Wenn er dies gemäß seinen Fähigkeiten erworben hat, so daß von den Wissenschaften dieser Art nichts mehr übrigbleibt, was er nicht schon erlangt hat – so wäre nichts einzuwenden gegen den Rückzug von den Menschen, die Abkehr vom Diesseits, die völlige Hingabe an Gott und die Erwartung dessen, was sich ihm möglicherweise auf diesem Weg offenbart und was dem Beschreiter dieses Weges (der Mystik) zweifelhaft war. So sehe ich es. Das Wissen aber liegt allein bei Gott. Es könnte daraus gefolgert werden, daß es für die meisten Menschen richtig ist, sich mit dem Handeln zu beschäftigen. Zum Handelnc gehört das praktische Wissen. Ich meine damit das Wissen über die Art des Handelns. Denn das praktische Wissen ist nicht edler als das Handeln. Vielmehr steht es eine Stufe tiefer, da es um des Handelns willen erworben wird, nicht wie dasjenige Wissen, das um seines Inhalts selbst willen erstrebt wird – wie das Wissen um Gott, seine Eigenschaften, seine Engel, seine Bücher und seine Gesandten, wie das Wissen über die Seele und ihre Eigenschaften und wie das a Nach S u. E. Bei den übrigen: „Wer einen Blinden nachahmt, der findet nichts Gutes in der Nachahmung der Blinden und ihrer Anhänger.“ b „wahrhaftigen“ lediglich bei S u. E. c Bei den Handschriften: „Zum Wissen …“, jedoch spricht der Zusammenhang mehr für die oben erwähnte Variante.

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Der beste der beiden Wege

Wissen über die Königreiche von Himmel und Erde und anderes. Diese Wissenschaften sind theoretisch und nicht praktisch, auch dann nicht, wenn man zufällig und unbeabsichtigt aus ihnen Nutzen für das Handeln ziehen kann. Weil für die meisten Menschen das Handeln der richtige Weg ist, hat der Prophet – Friede sei mit ihm – diesen ausführlich und genau untersucht, bis hin zur Unterweisung der Menschen in der (rituellen) Reinigung und in den Arten ihres Gebrauchs. In den Fällen, in denen er auf theoretisches Wissen einging, stellte er es zusammenfassend dar und führte es nicht im einzelnen aus. Er erwähnte von den Eigenschaften Gottes nur folgendes: „Es gibt nichts, was ihm gleichkommen würde. Er ist der, der B 48 (alles) hört und sieht.“ 60 Dennoch hat er das Wissen, nachdem er es zusammenfassend dargelegt hatte, unzählige Male gepriesen und gerühmt und in den Vordergrund gestellt, zum Beispiel durch seine Worte: „Eine Stunde lang zu meditieren ist besser als siebziga Jahre Gottesdienst“ 61 , und durch seine Worte: „Der Vorzug des Gelehrten gegenüber dem Frommen entspricht dem Vorzug des Vollmondes gegenüber allen Gestirnen“ 62 – und anderes, was überliefert worden ist. Dieses dem Handeln vorangestellte Wissen bezieht sich entweder auf die Art des Handelns, das ist die Wissenschaft vom islamischen Recht und von den Gottesdiensten, oder es bezieht sich auf ein anderes Wissen. Aus zweierlei Gründen kann nicht das erste gemeint sein: Erstens hat der Prophet dem Gelehrten den Vorzug vor dem Frommen gegeben, D 230 welcher das Wissen über den Gottesdienst beherrscht. Wenn er ignorant ist, so ist er boshaft und sündhaftb . Zweitens kann das Wissen über das Handeln nicht edler als das Handeln selbst sein, weil das praktische Wissen nicht für sich, sondernc zum Zweck des Handelns erstrebt wird. Was aber zum Zweck einer anderen Sache erstrebt wird, kann nicht edler als diese sein.

a

Bei S u. E. Bei A, Ae und K: „ein Jahr …“ und bei D: „sechzig …“ Nach S u. E. Bei Ae: „ansonsten ist er schimpflich und frevelhaft …“ Bei A u. B: „ansonsten ist er ein frevelhafter Gottesdiener …“ Bei D: „ansonsten ist er aber boshaft und sündhaft.“ c „nicht für sich, sondern …“ fehlt lediglich bei S u. E. b

IX.

A 52 B 49

Über die Arten jenes Wissens und Handelns, welche zum Paradies führen Wenn du sagst, daß es viele Arten von Wissenschaften gibt und ebenso viele Formen des Handelns und nicht alle erstrebt werden, was ist dann die sinnvollste Art, sich damit zu beschäftigen? Darauf sage ich, daß das Wissen sich in ein praktisches und ein theoretisches aufteilt. Das theoretische ist umfangreich. Aber jede Wissenschaft, die man sich je nach Zeiten, Städten und Nationen als veränderbar vorstellt, verleiht der Seele keine Vollkommenheita . Wir verlangen von dieser Wissenschaft, daß sie der Seele dazu verhilft, die Vollkommenheit zu erreichen, damit sie dadurch glücklich wird und sich ewig dessen erfreut, was sie an Pracht und Schönheit besitzt. So fallen nach dieser Definition das Wissen über die Sprachen und die Phonetik nicht unter diese Bestimmung, wie etwa das Wissen über die Lexikographie, die Vokalisation, die Grammatik, die Dichtung, die Kunst des Briefschreibens, die Etymologie und die Semantik.Wenn man eine dieser Wissenschaften braucht, so erlernt man sie nicht um ihrer selbst willen, sondern als Mittel zum Zweck, dem erwünschtenWissen. Wir sind aber jetzt bei der Darlegung des erwünschten Wissens als Ziel. ˇ ˇg)b bestimmen wollen, so müssen wir D 231 Denn wenn wir die Pilgerfahrt (al-hag ˙ nicht auf Sandalen und Feldflasche eingehen, auch dann nicht, wenn man sie braucht, um überhaupt pilgern zu können. Aber wir ziehen alsoc diejenigen Wissenschaften vor, deren Inhalt immer und ewig bleibt, die weder vergehen noch sich verändern. Eine solche Wissenschaft, wie zum Beispiel die Wissenschaft von Gott und seinen Eigenschaften, seinen Engeln, seinen Büchern und seinen Gesandten, den Königreichen von Himmel und Erde, den Wundern der menschlichen und tierischen Seelen, kann sich nicht durch den Ablauf von Epochen und das Vergehen von Nationen verändern, insofern als sie nicht von sich selbst, sondern von dem göttlichen Willen abhängigd ist. Denn das höchste Ziel ist das Wissen über Gott. Es ist notwendig, etwas über die Engel Gottes zu wissen, weil sie Vermittler zwischen Gott und dem Propheten sind. Auch das Wissen über die Prophetie und den Propheten ist erforderlich, weil der Prophet ein Vermittler zwischen den Menschen und den Engeln ist, wie der Engel ein Vermittler zwischen Gott und dem A 53 Propheten; und so verhält es sich fortwährend bis zum Schluß der theoretischen B 50 Wissenschaften, deren Ziel und Ende das Wissen über Gott, den Erhabenen und a „verleiht der Seele …“ bei S u. E. Bei den übrigen: „ist nicht überlieferbar und bleibt auch nicht ewig in der Seele.“ b Bei S u. E. Bei den übrigen: „wenn wir das Wesen der Pilgerfahrt …“ c „also“ lediglich bei S u. E. d Bei allen außer D: „insofern sie durch den göttlichen Willen eingerichtet worden sind, …“

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B 51

Wissen und Handeln, das zum Paradies führt

Allmächtigen, ist. Aber dazu müßte man hier zu sehr ins Detail gehen, da die einen dieser Wissenschaften zu den anderen führena . Daher würde eine Darlegung sehr umfangreich sein. Der zweite Bereich ist das praktische Wissen, welches aus drei Wissenschaften besteht: 1. Die erste behandelt die Tätigkeit der Seeleb , ihre Eigenschaften und ihre ethische Gesinnung, das heißt die geistige Übung und den Kampf gegen die Leidenschaft. Dies ist der wichtigste Gegenstand dieses Buches. 2. Eine weitere behandelt das Wissen über die Art des Lebens mit der Ehefrau, den Kindern, den Dienern und Sklaven. Denn auch sie sind deine Diener, vergleichbar mit deinen Gliedmaßen, Charaktereigenschaftenc und den Kräften (deines Körpers). Wie Begierde, Zorn und ähnliches Verhaltensmaßregeln brauchen, so muß es auch Verhaltensmaßregeln für jene geben. 3. Für das Regieren sowie für die Verwaltung der Einwohner eines Landes und seiner Bezirke bildet die Wissenschaft des islamischen Rechts die Hauptgrundlage 63. Ausgenommen ist jener Bereich der Kulthandlungen aus der Gesamtheit aller Kulthandlungen, der sich auf die Seele bezieht, wozu auch die Verhaltensregeln im Bereich des Rechtswesens zählen. Diese Wissenschaft ist nur dann vollständig, wenn man die Bereiche, die sich auf Heiraten, Verkaufen und Grundsteuern beziehen, kennt. Die wichtigsten aller dieser Wissenschaften sind die Erziehung der Seele, die Beherrschung des Körpers und die Bewahrung des Ausgleichs dieser Charaktereigenschaften. Wenn diese Charaktereigenschaften ausgeglichen sind, führt das zur Gerechtigkeit gegenüber Frau und Kind und darüber hinaus gegenüber allen Einwohnern des Landes. Denn: „Ihr seid alle Hirten und jeder Hirt ist für seine Schutzbefohlenen verantwortlich.“ 64 Alles andere verhält sich zum Erwähnten wie die Armensteuer zum Grundbesitz, das Licht zur Sonne und der Schatten zur Persond . Wie kannst du erwarten, daß der Schatten gerade ist, obwohl der Gegenstand, der den Schatten wirft, krumm ist? Wenn der Mensch nicht in der Lage ist, sich selbst zu lenken und zu zügeln, wie kann er dann andere führen? Das ist die Summe aller praktischen Wissenschaften. Wir gehen jetzt auf die Grundlagen einer besonderen dieser politischen Wissenschaften ein, denn diese ist das Ziel der Erörterung. Die Gesamtheit derjenigen Kräfte, die erzogen werden müssen, umfaßt drei: die Fähigkeit zum Denken, die Veranlagung zum Begehren und zum Zorn. Wann immer das Denkvermögen erzogen und gefördert wird, wie es sein soll, erreicht man damit die Weisheit 65 , über die Gott sagt: „Wem Weisheit zuteil wird, dem wird viel Gutes zuteil …“ 66 Der Gewinn (des geförderten Denkvermögens) besteht darin, daß (diesem a

E: „da die einen dieser Wissenschaften notwendige Folgen der anderen sind.“ „die Tätigkeit der Seele“ bei S u. Ae. „der Seele“ fehlt bei den übrigen. c „Charaktereigenschaften …“ nach allen drei Handschriften S, E u. Ae. Bei den übrigen: „deinen Teilen …“ d „zur Person.“ bei S u. E. Bei den übrigen: „zum Baum.“ b

Wissen und Handeln, das zum Paradies führt

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Menschen) die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht in den Glaubensarten, zwischen Wahrem und Falschem in der Aussage und zwischen Gutem und Bösem in den Handlungen leichterfällt, so daß ihm im Gegensatz zu den meisten Menschen nichts zweideutig bleibt. Zur Verbesserung dieser Fähigkeit und ihrer Erziehung trägt bei, was wir in unserem Buch „Das Kriterium des Wissens“ 67 dargelegt haben. Die zweite Veranlagung ist die der Begierde. Durch ihre Besserung entsteht die Enthaltsamkeit, so daß die Seele von Freveltaten sich abwendet und dem Mitleid und dem lobenswerten Altruismus zugeführt wird, soweit dies möglich ist. Die dritte Anlage ist die des zornigen Eifersa . Durch seine Überwindung und Besserung wird die Sanftmut hervorgebracht, das heißt die Unterdrückung des Zorns und die Zügelung der Seele in bezug auf die Ungerechtigkeit und die Rachsuchtb . Dadurch entsteht die Tapferkeit, das ist die Überwindung der Angst und Übervorsicht in der Seele, die in der Schrift des erhabenen Gottes getadelt werden. Wann immer diese drei Fähigkeiten in der bestmöglichen Weise und bis zum D 234 höchstmöglichen Grad – wie es sein soll – verbessert und gemeistert werden und Begierde und Eifer der dritten, nämlich der rational denkenden Fähigkeitc , untergeordnet werden, erlangt man die Gerechtigkeit. Himmel und Erde lassen sich aufrechterhalten durch eine solche Gerechtigkeit, die die Summe aller Tugenden des islamischen Gesetzes ist. Sie ist die Reinheit der Seele und eine gute lobens- B 52 werted (ethische) Gesinnung gemäß der Aussage des Gepriesenen (Muhammad) – ˙ Friede sei mit ihm –: „Derjenige unter den Gläubigen, der einen vollkommenen Glauben besitzt, ist der, der eine gute Gesinnung hat und am sanftesten mit seiner Familie umgeht“ 68 , ferner in seiner Aussage: „Diejenigen sind mir am liebsten unter euch, die die beste und die sanftmütigste Gesinnung besitzen, die ihren Mitmenschen Vertrauen schenken und denen man sich anvertraut.“ 69 Im islamischen Gesetz ist die Lobpreisung der guten Gesinnung ohne Ende, das heißt die Besserung dieser drei Fähigkeiten. Der erhabene Gott hat dies in seiner Aussage zusammengefaßt: „Die (wahren) Gläubigen sind diejenigen, die an Gott und an seinen Gesandten glauben und hierin nicht mehr zweifeln, und diejenigen, die mit ihrer Habe und ihrer eigenen Person um die Sache Gottes eifern. Sie sind die wahrhaftigen.“ 70 Mit dem Glauben an Gott und an seinen Gesandten und der Verneinung jegli- A 55 chen Zweifels verweist er auf das sichere Wissen und die wahrhaftige Weisheit, deren Erlangung nicht vorstellbar ist, ohne daß die Fähigkeit zum Denken verbessert wird. Mit dem Kampf unter Einsatz des eigenen Besitzes verweist er auf die Enthaltsamkeit und die Großzügigkeit, die notwendige aus der Zähmung des Eifersf folgen. a

E: „ist die der zornigen Seele.“ „in bezug auf die Ungerechtigkeit und …“ bei S. Bei E: „… der Seele vor dem Übergriff.“ Bei den übrigen: „in bezug auf die Rachsucht.“ c S: „der rational und …“ E: „der praktischen rationalen Fähigkeit“. d „lobenswert“ fehlt lediglich bei E. e „notwendig“ fehlt bei S. f „des Eifers“ bei S. Bei den übrigen: „der Begierde“. b

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Wissen und Handeln, das zum Paradies führt

Mit dem Kampf unter Einsatz der eigenen Person verweist er auf Tapferkeit und Sanftmut, die aus der Besserung des Eifers folgen und ihn der Religion und der Vernunft insofern gefügig machen, als der (gebesserte) Eifer von diesen erweckt wird, sobald von seiten der Religion und der Vernunft Anlaß besteht, und ruht, wann immer dieser Anlaß entfällt. Darauf verweist der erhabene Gott in seiner Aussage: „Übe Nachsicht (und Verzeihung), gebiete das Rechte und meide die Unwissenden.“ 71 In seiner Erörterung dazu sagt der Gepriesene: „Das bedeutet, daß du dem verzeihst, der dir Unrecht zufügt, dem gibst, der dir etwas vorenthält, Verbindung zu dem hältst, der mit dir bricht, und dem gegenüber gütig bist, der dich schlecht behandelt.“ 72 Demjenigen zu vergeben, der dir Unrecht tut, ist der höchste Grad der /Sanftmut und der/a Tapferkeit. Demjenigen zu geben, der dir etwas vorenthält, ist der höchste Grad der Güte (und Großzügigkeit), und mit demjenigen in Verbindung zu bleiben, der mit dir bricht, ist die höchste aller Wohltaten.

a

/…/ fehlt bei S.

X.

A 56 B 53

Über Analogien zur Stellung der Seele zu den mit ihr streitenden Kräften Die Stellung der Seele des Menschen in seinem Körper ist analog zu der des Herrschers in seiner Stadt und in seinem Königreich. Die Kräfte und die Glieder, die dem Körper dienen, entsprechen in ihrer Stellung derjenigen der Handwerker und Arbeiter. Das rational denkende Vermögen verhält sich zum Menschen wie ein aufrichtiger Ratgeber und kluger Wesir. Die Begierde ist wie ein Sklave des Bösen, der dem König Vorräte und Nahrung D 236 bringt. Der Eifer ähnelt dem Leiter der Polizeikräfte des Königs. Der Sklave, der Vorräte bringt, ist listig, betrügerisch, schlecht und sät Zweifel. Er gibt sich den Schein eines Ratgebers. Hinter seinem Ratschlag verstecken sich jedoch die unheilbare Krankheit und das große Böse. Sein Prinzip ist, sich mit dem Minister über die Verwaltung (des Königreichs) zu streiten, so daß keine einzige Stunde vergeht, in der er nicht versäumt, sich den Ansichten des Ministers zu widersetzen und mit ihm aneinanderzugeraten. Es herrscht Ordnung im Königreich durch die Wahrung der Gerechtigkeit, wenn der Herrscher den Wesir (die Vernunft) zu Rate zieht, wobei er die Meinung dieses listigen Sklaven (also der Begierde) nicht beachtet und indem er dessen Meinung als Hinweis darauf nimmt, daß das Gegenteil das Richtige ist. Diese Ordnung wird weiter herrschen, wenn er dem Befehlshaber seiner Polizeikräfte (dem Eifer) Anweisungen gibt, ihn seinem Wesir (also der Vernunft) gefügig macht und ihn dessen Befehlen unterstellt, indem er ihn seinerseits gegen diesen listigen Sklaven (die Begierde), seine Anhänger und Helfer einsetzt, damit der Sklave beherrscht wird und nicht selbst herrscht, den Befehlen und der Führung unterstellt ist und nicht selbst Befehlshaber und Verwaltera wird. Genauso verhält es sich mit der Seele. Wenn sie die Vernunft zu Hilfe ruft, den zornigen Eifer erzieht, ihn gegen die Begierde einsetzt und die Hilfe der einen gegen die andereb in Anspruch nimmt, zum einen dadurch, daß sie den Hochmut des Zorns und dessen Übermaß verringert, indem sie die Begierde im Zaum hält und besiegt, und zum anderen dadurch, daß sie Zorn und Eifer gegen sie einsetzt, ihre Beweggründe für abscheulich erklärt und sich darüber erzürnt. Dann werden die Kräfte des Menschen ausgeglichen, und seine ethische Gesinnung wird besser sein. Wer A 57 sich von diesem Weg abwendet, verhält sich so wie der erhabene Gott sagt: „Was D 237 meinst du wohl von einem, der seine (persönliche) Neigung zu seinem Gott gemacht hat und den Gott mit Bedacht irregeführt hat …“ 73 , und er sagt: „(Er) folgte a b

„und Verwalter“ fehlt bei S. Nach S u. E. Bei den übrigen: „und die Hilfe der Vernunft gegen die übrigen Kräfte …“

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Über Analogien zur Stellung der Seele zu den mit ihr streitenden Kräften

seinen (persönlichen) Neigungen. Er ist mit einem Hund zu vergleichen.“ 74 Der B 54 Gepriesene – Friede sei mit ihm – sagt: „Der feindseligste aller deiner Feinde ist deine Seele, die in deinem Inneren ist.“ 75 Ferner sagt der Erhabene zu dem, der seine Leidenschaft überwunden hat: „Wenn aber einer den Rang seines Herrn gefürchtet hat und die Seele davon abgehalten hat, (persönlichen) Neigungen nachzugehen, so ist das Paradies (für ihn) der Ort der Einkehr.“ 76 Die Sache ist nicht so, wie manche vermuten. Sie behaupten nämlich, daß es notwendig sei, den Zorn zu überwinden und ihn niederzukämpfen und die Begierde zu unterdrücken und sie völlig abzutöten. Die Pflicht aber besteht vielmehr darin, sie zu zügeln und zu erziehen. Denn die Vernunft ist nicht in der Lage, ohne den zornigen Eifer ihrer erzieherischen Funktion nachzugehen. Sie hat keine andere Funktion als das Richtige zu empfehlen. Dies ist die edelste aller Fähigkeiten, die den Menschen zu einem Stellvertreter Gottes auf Erden macht; sie ist wie ein Arzt, der Ratschläge für die Heilung (des Menschen) gibt. Der Ratschlag der Vernunft ist unnütz, wenn diese die Hilfe des Zorns und des Eifers nicht in Anspruch nimmt, welche die Begierde zum Gehorsam drängen und sie durch Ermahnung und Zähmung zur Dienerin der Vernunft machen. Deshalb erweist sich die Tugend der Vernunft demjenigen nicht, der keinen Eifer besitzt. Er sollte ihn (den Eifer) aber in der Weise erziehen, daß er nicht ohne die Aufforderung der Vernunft entflammen kann. Ebenso verhält es sich auch mit der Begierde. D 238 Das Abtöten des Bedürfnisses nach geschlechtlichem Verkehr führt zur Impotenza und verhindert die Fortpflanzung, durch welche die Art erhalten wird. Das Abtöten des Verlangens nach Nahrung führt zur Schwäche, wodurch das Individuum aufhört zu existierenb . Man sollte aber die Gier nach Nahrung brechen, so daß der Zweck der Nahrung nicht der Genuß bei der Nahrungsaufnahme ist, sondern die Vervollkommnung der Kraft, um dadurch zu Wissen und Handeln zu gelangen. Die Nahrung soll für den Menschen den gleichen Zweck erfüllen, den er auch mit der Fütterung seines Reittiers verfolgt. Wenn er sich zum heiligen Kampf erhebt, so sollte sein alleiniger Wunsch die Erlangung des Sieges sein. Er wünschte dann, auf die Nahrung verzichten zu können und seine Kraft (ausschließlich) auf das Wissen und Handeln zu konzentrieren 77 . Eine andere Analogie: Der Mensch wird seiner Seele nach groß wie ein Kosmos, seiner Gestalt nach aber klein geschaffen 78 . Sein Körper ähnelt einer Stadt und seine Vernunft einem König, der sie verwaltet. Seine äußeren und inneren Sinne A 58 ähneln den Soldaten, seine Helfer und seine Glieder den Untertanen. Der zum Bösen antreibende Teil der Seele, Begierde und Zorn, ähnelt einem Feind, welcher dem König das Königreich streitig macht und es darauf abgesehen hat, dessen Untertanen zu vernichten. So ist der Körper des Menschen wie eine Heimstätte und ein Hafen, seine Seele wie eine Garnison, in der sich ein Soldat aufhält. Wenn er sich gegen seinen Feind erhebt, ihn gefangennimmt und ihn besiegt, wie es sein soll, so wird sein Handeln bei seiner Rückkehr zu dem erhabenen Gott gepriesen a b

„führt zur Impotenz …“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „ist schwierig …“ Bei S u. E. Bei den übrigen: „ist schwierig …“

Über Analogien zur Stellung der Seele zu den mit ihr streitenden Kräften

125

werden, wie Gott selbst sagt: „Gott hat diejenigen, die mit ihrem Vermögen und mit ihrer eigenen Person den heiligen Kampf führen, gegenüber denjenigen, die daheim bleiben, um eine Stufe höher bewertet. Aber einem jeden hat Gott das Beste versprochen.“ 79 Wenn er aber seine Hafenstadt und seine Landsleute zugrunde gehen läßt, so wird er für sein Handeln getadelt und bei seiner Begegnung mit dem erhabenen Gott bestraft. Am Jüngsten Tag wird Gott sagen wie es überliefert wird: „O Hirte des Bösen! Du hast das Fleisch gegessen, die Milch getrunken, die verirrten Schafe aber hast du nicht zurückgebracht; diejenigen, die gebrochene Gliedmaßen hatten, hast du nicht geheilt. Heute nehme ich Rache an dir.“ Mit der Zungea diesen Kampf zu ersinnen, ist Freude und Nahrung für den Geist. Aber diesen Kampf wahrhaftig zu verwirklichen, wäre wie ein Todeskampf. Dies weiß nur derjenige, der es sich selbst abverlangt, auf die Begierde zu verzichten. Deshalb sagten die Gefährten des Propheten: „Wir sind von dem kleinen ˇgiha¯d (dem heiligen Kampf) zu dem großen zurückgekehrt.“ 80 Sie nannten die Bekämpfung der Ungläubigen mit dem Schwert den kleinen Kampf. Der Gesandte Gottes (Muhammad) – Friede sei mit ihm – wurde auch gefragt: „Welcher Kampf ˙ ˇ iha¯d) gegen deine ist besser, o Gesandter Gottes?!“ Er antwortete: „Der Kampf (g Leidenschaft.“ 81 Deshalb sagt er auch: „Der Starke ist nicht derjenige, der im Ringen siegt. Vielmehr ist der wahrhaft Starke der, der sich im Zorn beherrscht.“ 82 Eine andere Analogie. Die Vernunft ähnelt einem Reiter auf der Jagd. Die Begierde ist sein Pferd, der Zorn sein Hund. Wenn der Reiter geschickt, sein Pferd trainiert und sein Hund erzogen, dressiert und gehorsam ist, so ist der Reiter des Sieges würdig. Aber wenn er selbst töricht, das Pferd widerspenstig und der Hund bissig ist – so daß sich weder das Pferd vom Reiter willig antreiben läßt noch der Hund gehorsam seine Befehle befolgt –, so verfehlt er sein Ziel und kann nicht das erbeuten, was er beabsichtigt hatte.

a

Bei allen, bei D: „Seele …“

D 239 B 55

D 240 B 56

XI.

A 59 B 57

Über die Rangstufen des Kampfes der Seele gegen die Leidenschaft und über den Unterschied zwischen den Anweisungen der Leidenschaft und denen der Vernunft Wisse, daß es für den Menschen bei der Bekämpfung der Leidenschaft drei Rangstufen gibt: Auf der ersten wird er von der Leidenschaft beherrscht, so daß sie sich seiner (ganz) bemächtigt und er ihr nicht mehr widerstehen kann. Das ist der Zustand der meisten Menschen, über welche der erhabene Gott sagt: „Was meinst du wohl von einem, der seine (persönliche) Neigung sich zu seinem Gott gemacht hat?“ 83 Denn der Sinn „Ila¯h“ (Gott) besteht allein darin, daß man ihn verehrt 84 . Derjenige, der verehrt wird, ist der, dessen Befehle befolgt werden. Wer unter allen Umständen seinen körperlichen Wünschen und Gelüsten folgt, macht seine Leidenschaft zu seinem Gott. D 241 Auf der zweiten Rangstufe findet mit wechselndem Erfolg zwischen dem Menschen und seiner Leidenschaft ein Kampf statt. Einmal fällt die Entscheidung für, ˇ a¯hid ein anderes Mal gegen die Leidenschaft aus. Ein solcher Mensch ist ein mug (das heißt Kämpfer für göttliche Angelegenheiten). Wenn er bei diesem Kampf fällt, gehört er zu den Märtyrern, weil er sich gemäß dem Befehl des Gesandten – Friede sei mit ihm – verhält: „Bekämpft eure Leidenschaften, wie ihr eure eigenen Feinde bekämpft.“ 85 Abgesehen von den Propheten und Gottesvertrauten ist dies die höchste Stufe für die Menschen. Auf der dritten Rangstufe überwindet der Mensch seine Leidenschaft, so daß er sie beherrscht und sie ihn auf keinen Fall überwältigen kann. Das ist das größte Königreich, die vergegenwärtigte Glückseligkeit, die vollkommene Freiheit und die Rettung von der Sklaverei. Deshalb sagt der Prophet – Friede sei mit ihm –: „Jeder Mensch hat einen Satana . Gott hat mir gegen meinen Satan geholfen, bis ich ihn beherrschen konnte.“ 86 Über 2Umar sagt er: „Jedesmal wenn 2Umar einen B 58 Weg beschreitet, flieht der Satan zu einem anderen.“ 87 An dieser Stelle könnte man auch einen Fehltritt begehen. Denn wie viele gibt es, die glauben, diese Stufe erreicht zu haben; in Wirklichkeit aber sind sie widerspenstige Dämonen, denn sie handeln nur gemäß ihrem eigenen Nutzen, rechtfertigen dies aber dahingehend, daß ihr Handeln auf der Religion beruhe und daß ihr Streben nach diesen Zielen nur um der Religion willen geschehe. Ich habe sogar Menschen gesehen, die preA 60 digen, lehren, richten, die Kunst der Rede pflegen oder die verschiedenen Staatsämter innehaben, wobei sie aber jeweils ihren eigenen Leidenschaften folgen und behaupten, ihr Beweggrund sei die Religion, ihr Motiv das Streben nach Lohn (im

a

Bei A, Ae, B, u. K: „…, und auch ich habe einen.“

Rangstufen des Kampfes gegen die Leidenschaft

127

Jenseits) und ihre Rivalität untereinander sei religiös begründet. Das ist der höchste Grad an Torheit und Verblendung. Die Wahrhaftigkeit (im Handeln) erkennt man nur an folgendem Zeichen: Der Gott wohlgefällige Prediger, wenn er um Gottes willen predigt, nicht aber um Wohlgefallen zu finden, und wenn sein Ziel das Hinführen der Menschen zu Gott ist, freut sich darüber, wenn ein anderer Prediger an seinen Platz tritt, der sich durch eine bessere Lebensweise auszeichnet, mehr Wissen besitzt, über eine beredsamere Sprache verfügt und doppelt soviel wohlgefällige Aufnahme bei den Menschen findet. Er dankt Gott dafür, daß er ihn durch einen anderen Fähigeren von dieser Aufgabe entbunden hat. Ähnlich verhält es sich mit demjenigen, dem auferlegt wird, in den heiligen Kampf gegen einen Ungläubigen zu ziehen und ihn wegen seiner Abwendung vom Islam zu töten. Wenn der Ungläubige aber von einem Blitz getroffen wird und verbrennt, ist die Aufgabe bereits erfüllt. Der Lohn des heiligen Kampfes ist dem Gläubigen dennoch sicher. In diesem Fall freut er sich und dankt dem erhabenen Gott. In diese Situation kommen nur die Gottesvertrauten. Daraus könnte man für sich jederzeit den Schluß ziehen, sich möglichst immer vor dem Fehler der Überheblichkeit zu hüten und zu sagen: „Setzt mich (von meinem Amt) ab!a Denn ich bin nicht der beste unter euch“, wie es von Abu¯-Bakr as-Seddı¯q 88 (dem Aufrichtigen) – Gott ˙ ˙ wird. Wenn man sagt: Wenn wir möge Wohlgefallen an ihm haben – überliefert vor einer solchen Verschleierung und Täuschung durch den Satan und dem Festhalten an der Verblendung – wie es von den Menschen, von denen wir gerade sprachen, überliefert ist – nicht sicher sein können, wodurch können wir dann zwischen den Anweisungen der Vernunft und denen der Leidenschaft unterscheiden? So wisse, daß dies ein schwieriges Vorhaben ist. Man kann es nur durch die wahrhaftigen Wissenschaften bewältigen. Es gibt keine bessere Antwort außer der, die wir in unserem Buch „Das Kriterium des Wissens“ 89 dargelegt haben. Denn dadurch kann das Wahre vom Falschen unterschieden werden. Der Maßstab, nach dem man sich im Falle der Ratlosigkeit richtet, ist das Wissen darüber, daß die Vernunft in den meisten Fällen zu den besten aller Handlungen hinsichtlich der Folgen auffordert, auch dann wenn dies momentan Mühe und Anstrengung verlangt. Die Leidenschaft aber empfiehlt, bequem zu sein und Anstrengungen zu vermeiden. Wann immer du dich zwei Aufgaben gegenübersiehst und du nicht weißt, welche richtig ist, so sollst du das tun, was du verabscheust, nicht aber das, was du als angenehm empfindest. Denn das Gute liegt größtenteils darinb , unangenehme Aufgaben zu erfüllen. Der Gepriesene (Muhammad) – Friede sei mit ihm – sagt: „Der Weg ins Paradies führt über unan˙ genehme Dinge, der in die Hölle aber über die Begierden.“ 90 Der Erhabene (Gott) sagt: „Eine Sache ist euch vielleicht zuwider, während Gott (aber) viel Gutes in sie hineinlegt“ 91 ; und: „Aber vielleicht ist euch etwas zuwider, während es gut für euch ist, und vielleicht liebt ihr etwas, während es schlecht für euch ist.“c 92 Alles, was dir a b c

Nach S, E und B. Bei den übrigen: „Tötet mich!‘‘ Nach S, E, A u. B. Bei den übrigen: „Denn der Großteil der ethischen Gesinnung liegt darin, …“ Dieser Vers fehlt bei S u. E, während er von den übrigen zitiert wird.

D 242

D 243

B 59

A 61

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D 244

B 60

D 245 A 62

Rangstufen des Kampfes gegen die Leidenschaft

Ruhe, Bequemlichkeit, Vermeidung von Anstrengung und Bevorzugung augenblicklicher Erholung nahelegt, sollte dir verdächtig sein. Denn deine Liebe für eine Sache macht (dich) blind und taub! Kurz gesagt: Bei allem, was dir die Vernunft in ihrer Krafta zu tun rät, sollst du zum Gottesdienst eilen und Gott um die richtige Eingebung bitten, bis sich dein Herz dafür öffnet, und du sollst ferner deine Eingebung durch den Ratschlag derer bekräftigen lassen, die dazu fähig sind. Meist verführt die Leidenschaft durch ausgeschmückte Scheinargumenteb . Die Vernunft leitet dich mit wahrhaftigen Argumenten. Derjenige, der eine häßliche Person liebt oder eine abscheuliche Speise zu sich nimmt, an der er aus Gewohnheit Geschmack gefunden hat, schmückte sich, spräche man ihn darauf an, mit fadenscheinigen Gründen. Die Vernunft aber überführt ihn einer künstlichen und unechten Argumentation. Kurz gesagt: Diese Wahrheit kann nur durch göttliches Licht und himmlische Hilfe erfahren werden. Deshalb sollte man in Situationen der Ratlosigkeit Zuflucht zu Gott nehmen 93 . Denn einige der Gelehrten sagen: „Wenn die Vernunft dem zuneigt, was im Augenblick schmerzlich, später jedoch nützlich ist, und die Leidenschaft dem Gegenteil, nämlich dem, was im Augenblick angenehm, dessen Ende jedoch schlimm ist, und sich Vernunft und Leidenschaft darüber streiten und das leitende und denkende Vermögen als Schiedsrichter berufen, dann eilt das Licht des erhabenen Gottes der Vernunft zu Hilfe, während die Einflüsterungen des Satans und seiner Anhänger der Leidenschaft zu Hilfe kommen. Beide stehen sich zur Schlacht gegenüber. Ist das leitende Vermögen auf seiten des Satans und seiner Anhänger, so wird es vom Lichte des Wahren abgelenkt, für den Nutzen des Späteren blind gemacht, von dem augenblicklich Angenehmen getäuscht, es wird sich diesem Letzten zuneigen, und die Gottesvertrauten werden besiegt. Ist das leitende Vermögen auf seiten Gottes und seiner Vertrauten, so wird es durch das Licht Gottes rechtgeleitet, es verachtet das Diesseits und strebt nach dem Jenseits. Der erhabene Gott sagt: „Gott ist der Freund derer, die gläubig sind. Er bringt sie aus der Finsternis hinaus ins Licht. Die Ungläubigen aber haben die Götzen zu Freunden. Die(se) bringen sie aus dem Licht hinaus in die Finsternis.“ 94 Gott vergleicht die Vernunft mit einem guten und die Leidenschaft mit einem schlechten Baum. So sagt er: „Hast du nicht gesehen, wie Gott ein Gleichnis von einem guten Wort geprägt hat? Es ist wie ein guter Baum, dessen Wurzel fest (in der Erde) sitzt, dessen Krone in den Himmel ragt und der mit der Erlaubnis seines Herrn zu jeder Zeit Früchte trägt. Gott prägt den Menschen die Gleichnisse. Vielleicht würden sie sich mahnen lassen. Und ein schlechtes Wort ist gleichsam wie ein schlechter Baum, der oberhalb des Erdenbodens abgerissen ist und (im Erdenreich) keinen festen Halt hat. Gott festigt diejenigen, die glauben, im diesseitigen Leben und im Jenseits durch die feste Aussage.“ 95 Ist die Schlachtordnung aufgestellt und entbrennt der Kampf zwischen jenen Soldaten, von denen die einen zu den Feinden, die anderen zu den Vertrauten Gottes gehören, so gibt es keinen a b

„in ihrer Kraft“ fehlt lediglich bei S, ist aber bei allen übrigen vorhanden. „Meist verführt …“ fehlt lediglich bei D.

Rangstufen des Kampfes gegen die Leidenschaft

129

Ausweg, es sei denn die Zuflucht zu dem erhabenen Gott und die Bitte an ihn um Schutz vor dem verfluchten Satan – wie der erhabene Gott selbst sagt: „und wenn du von seiten des Satans (zu Bosheit und Gehässigkeit) aufgestachelt wirst, dann such Zuflucht bei Gott! Er hört und weiß (alles).“ Und er sagta : „Wenn über diejenigen, die gottesfürchtig sind, eine Erscheinung von seiten des Satans kommt, lassen sie sich mahnen und gleich sehen sie (wieder klar).“ 96 Wenn du aber fragst: Gibt es einen Unterschied zwischen der Leidenschaft und der Begierde, so sagen wir, daß es keine Einschränkung im Gebrauch der Ausdrücke gibt. Jedoch meinen wir mit dem Begriff „Leidenschaft“ aus der Summe D 246 aller Begierden diejenigen, die getadelt, nicht aber diejenigen, die gelobt werden. Das, was an dem Werk des erhabenen Gottes gepriesen wird, ist eine in den Menschen hineingelegte Fähigkeit, durch welche die Seele veranlaßt wird, das zu tun, was gut für die Erhaltung des Körpers, der Art oder beider zusammen ist 97 . Das, was an den Handlungen der Seele getadelt wird, ist der Antrieb zum Bösen, der sie dazu verleitet, die körperlichen Genüsse zu bevorzugen. Wenn diese Begierde vorherrschend ist, dann wird sie Leidenschaft genannt. Denn die Leidenschaft verführt und unterwirft das Denken, um ohne Unterlaß ihren Unterweisungen zu gehorchen. Das Denken (auch der Gedanke) schwankt zwischen der Leidenschaft und der Vernunft. Die Vernunft, die über ihm steht, dient ihm (dem Denken ebenso) wie die Leidenschaft, die sich unter ihm befindet. Wenn das Denken der Vernunft zuneigt, wird es erhöht, gewinnt an Ehre und erzeugt vortreffliche Handlungen. Wenn es aber der Leidenschaft zuneigt, erniedrigt es sich in die Tiefsten aller Tiefen und erzeugt böse Handlungen.

a

„und er sagt“ lediglich bei S u. E.

XII.

A 63 B 61 D 247

Über die Möglichkeit, die ethische Gesinnung zu ändern

Einige, die zur Untätigkeit neigen, glauben, daß die Gesinnung (des Menschen) wie seine Gestalt unveränderbar sei. Dabei berufen sie sich auf die Aussage des Propheten – Friede sei mit ihm –: „Gott hat die Schöpfung und die Schicksalsbestimmunga vollendet.“ 98 Sie glauben nämlich, daß das Streben nach Veränderung der Gesinnung gleichzeitig eines nach Veränderung der Schöpfung des erhabenen und allmächtigen Gottes bedeute. Dabei übersehen sie die Aussage des Gepriesenen (Muhammad): „Verbessert eure Gesinnung!“ 99 Wäre dies nicht mög˙ den Menschen eine solche Veränderung nicht gefordert. Zulich, so hätte er von dem wären die Empfehlungen, die Predigten, der Anreiz (zu guten Handlungen) und das Ermahnen sinnlos. Denn die Handlungen sind Folgen der Gesinnung, wie auch der Fall in die Tiefe eine Folge der natürlichen Schwerkraft ist. Deshalb kann der Tadel sich nicht gegen das eine richten, nämlich die Handlung, ohne ebenfalls das andere zu rügen, nämlich die Gesinnung. Wie kann man – obwohl man die Macht der Vernunft anerkennt – die Erziehbarkeit des Menschen leugnen, wo doch selbst die Veränderung des Tierverhaltens möglich ist. Denn das (auf der Jagd) erbeutete Tier entwickelt sich von der Wildheit zur Zahmheit, der Hund von der Gefräßigkeit zur Disziplin, das Pferd von der Widerspenstigkeit zur Fügsamkeit. Dies alles sind Änderungen des Verhaltens. Die sinnvollste Erklärung besteht darin, daß alles, was Gott geschaffen hat, aus D 248 zwei Teilen zusammengesetzt ist: Ein Teil ist unserem Zugriff entzogen, wie zum Beispiel der Himmel und die Gestirne, ja sogar die Glieder unseres Körpers und ihre einzelnen Teile. Dies ist uns schon gegeben. Der zweite Teil wird so erschaffen, daß er die Anlage enthält, sich später zur Vollkommenheit zu entwickeln, vorausgesetzt eine Erziehung findet statt. Die Erziehung (dieses Teils) hängt davon ab, ob der freie Wille dazu vorhanden ist. Denn der Kern (zum Beispiel einer Dattel) ist weder Apfelbaum noch Palme, aber er hat die Fähigkeit, durch Züchtung zwar kein Apfelbaum, so doch eine Palme zu werB 62 den. Er kann nur dann eine Palme werden, wenn der Wille des Menschen seine Aufzucht ermöglicht. Wenn wir den Zorn und die Begierde völlig aus uns herausreißen wollten, so wären wir dazu nicht fähig, solange wir noch in dieser Welt weilen. Aber wenn wir ihre Überwindung und Zügelung durch geistige Übung A 64 und inneren Kampf verwirklichen wollten, so wären wir dazu fähig. Dies ist unser Auftrag und eine Bedingung für unsere Glückseligkeit und unser Heil. Freilich sind die Veranlagungen verschieden. Einige Menschen haben eine schnelle Auffassungsgabe, andere eine langsame. Für diesen Unterschied gibt es zwei Gründe: Der eine bezieht sich auf das Angeborensein der Begierde. Denn die Veranlagungen des Menschen zum Begehren, zum Zorn und zum Denken sind in ihm vorhana

„und die Schicksalsbestimmung“ lediglich bei S, E und Ae.

Die Möglichkeit, die ethische Gesinnung zu ändern

131

den. Für den Menschen ist die am schwierigsten zu verändernde und die widerspenstigste Veranlagung die Begierde, weil sie die ursprünglichste aller (menschlichen) Veranlagungen ist. Sie ist am tiefsten in ihm verwurzelt und haftet ihm am stärksten an, denn sie begleitet ihn von Anbeginn seiner Existenz. Sie existiert sogar im Tier, dem auch die Gattung des Menschen angehört. Später entsteht die Fähigkeit zu Eifer und Zorn. Das Denkvermögen aber entsteht am Schluß. Der zweite Grund ist, daß die ethische Gesinnung durch das ihr selbst gemäße Handeln, durch den Gehorsam ihr gegenüber und durch den Glauben, sie sei gut und zufriedenstellend, bestärkt wird. In diesem Zusammenhang lassen sich die Menschen in vier Kategorien aufteilen: Die erste umfaßt den sorglosen Menschen, der das Wahre vom Falschen und das Gute vom Bösen nicht trennen kann. Ein solcher Mensch besitzt weder einen Glauben, noch ist er zum Kampf gegen seine Leidenschaft fähig, denn er folgt allein seinen Gelüsten. Ein Mensch dieser Kategorie ist im Vergleich zu den Menschen der anderen Kategorien am besten für die Heilung geeignet. Es bedarf nur eines anleitendena Unterrichts sowie einer inneren Motivation, die ihn zur Befolgung eines solchen Unterrichts anspornt. Seine Gesinnung bessert sich sodann in kürzester Zeit. Zur zweiten Kategorie wird jener Mensch gezählt, der zwar das Böse als Böses erkennt, sich jedoch nicht an das gute Handeln gewöhnt. Vielmehr hält er sein böses Handeln für gut. Er handelt böse, weil er seinen Begierden folgt und seine eigene richtige Meinung ablehnt. Seine Lage ist viel schwieriger als die eines Menschen der ersten Kategorie, denn seine Krankheit ist doppeltb . Ihm stellen sich daher zweierlei Aufgaben: erstens die Tilgung des Bösen, das in ihm durch Gewohnheit am tiefsten verwurzelt ist; zweitens: die Abwendung der Seele von dem Bösen hin zu dessen Gegenteil. Zusammenfassend läßt sich daher sagen, daß ein solcher Mensch zu einer geistigen Anstrengung in der Lage ist, wenn er seinen ganzen Eifer darauf richtet. /In der dritten Kategorie befindet sich der Mensch, der an die böse Gesinnung glaubt, sie für nötig, gut, richtig und schön hält und/c demgemäß erzogen wird. Die Heilung eines solchen Menschen ist nahezu unmöglich. Die Hoffnung auf Besserung kann nur gering sein, weil die Ursachen seines Irrtums sich vervielfachen. Bei der vierten Kategorie handelt es sich um einen Menschen, der während seines Heranwachsens im falschen Glauben und während seiner Erziehung zum entsprechenden Verhalten seinen Verdienst darin sieht, viel Böses zu stiften und die Menschen ins Verderbnis zu stürtzen. Er rühmt sich dessen und glaubt, daß dies seinen Stand erhöhe. Dies ist die am schwersten zu verändernde Kategorie. Darüber wird gesagt: Es ist eine Qual, den Wolf zu zähmen, um ihn zu erziehen, so wie es eine Qual wäre, einen verschlissenen Wollstoff auswaschen zu wollen, damit er weiß werde. a

Bei E: „leichten … von einem Lehrer“. „…, denn seine Krankheit ist doppelt.“ bei allen außer S u. E. c /…/ fehlt nur bei S wahrscheinlich durch ein Versehen des Schreibers, muß aber hier sinnvollerweise ergänzt werden. b

D 249

B 63

D 250 A 65

132

Die Möglichkeit, die ethische Gesinnung zu ändern

Der erste dieser Menschen wird unwissend genannt, der zweite unwissend und irregeleitet, der dritte unwissend, irregeleitet und sündhaft, der vierte unwissend, irregeleitet, sündhaft und bösea .

a

E: „abtrünnig“.

XIII. Über die allgemeine Methode, die Charaktereigenschaften zu verändern und mit der Leidenschaft umzugehen

A 66 B 61 D 251

Wisse, daß das Ziel des inneren Kampfes und der geistigen Übungen durch gute Werke die Vervollkommnung der Seele ist, ihre Läuterung und Reinigung, um ihre Charaktereigenschaften zu erziehen. Zwischen der Seele und diesen Fähigkeiten besteht ein Verhältnis, das in Worten schwer zu fassen ista , wie es sich in der Vorstellung bietet, weil dieses Verhältnis nicht sinnlich, sondern geistig ist. Es gehört auch nicht zu unseren Zielen, dieses Verhältnis zu erklären. Beide, Körper und Seele, werden voneinander beeinflußt. Denn wenn die Seele vollkommen und rein ist, so sind die Handlungen des Körpers gut und schönb . Andererseits entstehen, wenn die Handlungen des Körpers gut sind, in der Seele gute Haltungen und löbliche Charaktereigenschaften. Der Weg zur Läuterung der Seele ist also die Gewöhnung an diejenigen Handlungen, die aus reinen und vollkommenen Seelen hervorgehen. Wenn diese durch Wiederholung in kurzen Zeitabständen zu einer Gewohnheit wird, so festigt sich in der Seele die gute Haltung. Sie verlangt diese Handlungen und motiviert sie, so daß die Handlungen, die aus Gewohnheit getan werden, wie aus Veranlagung geschehen. So fällt es dem Menschen leicht, das Gute zu tun, was ihm vorher schwerfiel. Derjenige, der sich die Charaktereigenschaft der Großzügigkeit aneignen möchte, muß folgenden Weg beschreiten. Er sollte sich dazu zwingen, großzügig zu D 252 handeln, das heißt, freigebig mit seinem Besitz umzugehen. Er sollte nicht aufhören, dies regelmäßig zu tun, bis es ihm leichtfällt und er aus sich selbst heraus großzügig wird. So verhält es sich auch mit demjenigen, der sich die Charaktereigenschaft der Demut aneignen möchte, wobei er aber von Hochmut beherrscht wird. Er muß folgenden Weg beschreiten: In seinem Bemühen sollte er unablässig und regelmäßig die Handlungen der Demütigen in der Weise vollziehen, daß sie sich in kurzen Zeitabständen wiederholen. Es ist erstaunlich, daß sich Seele und Körper wechselseitig beeinflussen. Denn durch die Handlungen, die man sich selbst auferlegt, entsteht in der Seele eine bestimmte Eigenschaft. Wenn diese entstanden ist, wirkt sie auf den Körper und verursacht so veranlagungsgemäß die Handlung, an die er sich gewöhnt, nachdem er sich zuvor dazu am Anfangc hatte zwingen müssen. So verhält es sich auch bei A 67 allen anderen Tätigkeiten. Wer zum Beispiel die Geschicklichkeit in der Kalligra- B 65 phie als fest verankerte seelische Eigenschaft erreichen will, sollte das tun, was ein a b c

Bei S u. E. Bei den übrigen: „so nicht zu fassen ist, wie …“ „und schön“ fehlt bei S u. E. „am Anfang“ bei den drei Handschriften.

134

Die Methode, die Charaktereigenschaften zu verändern

ausgezeichneter Schreiber tut, nämlich die gute Schrift so lange künstlich nachzuahmen und nicht aufzuhören, die gute Schrift in dieser künstlichena Weise auszuüben, bis daraus für ihn eine feste Begabung und die Geschicklichkeit zu einer seelischen Eigenschaft wirdb . So gelingt es ihm schließlich, aus Veranlagung das zu tun, wozu er sich anfangs künstlich hatte zwingen müssen, und zwar so, als sei die Eigenschaft der Kalligraphie diejenige, die seine Schrift schön macht. Die erste Handlung ist erzwungen, die zweite entsteht aus Veranlagung. Dies aber geschieht durch die Beeinflussung der Seele. Genauso verhält es sich mit demjenigen, der Rechtsgelehrter werden möchte. Es bleibt ihm kein anderer Weg, als sich mit dem (islamischen) Recht zu beschäftigen, es auswendig zu lernen und zu wiederholen. Am Anfang muß er sich dazu D 253 zwingen, bis der Charakter des Gesetzes auf ihn wirkt und seine Seele das Gesetz so begreift, daß in ihr eine Haltung entsteht, die ihn dazu befähigt, das Gesetz auszulegen. Die Auslegung des Gesetzes wird zu einer Veranlagung, so daß sie ihm (dem Juristen) gelingt, wann immer er dies tun möchte. So verhält es sich mit allen Charaktereigenschaften der Seele. So wie zum Beispiel demjenigen, der Rechtsgelehrsamkeit erstrebt, deren höchste Stufe weder durch Untätigkeit während einer Nacht versagt bleibt, noch durch die Arbeit einer zusätzlichen Nacht erreichbar wird, so verhält es sich mit demjenigen, der nach der Vollkommenheit der Seele strebt. Er erlangt sie weder durch den Gottesdienst an einem Tag, noch wird sie ihm entzogen, wenn er sich (ihm) einen Tag weniger widmet. Aber der Müßiggang eines Tages führt zur Untätigkeit an anderen Tagen, und so nimmt die Untätigkeit langsam zu, bis sich die Seele daran gewöhnt und von dem Studium des Rechts Abstand nimmt. So entgeht ihm die Tugend der Rechtsgelehrsamkeit. Genauso ist es mit den kleinen Sünden; die einen ziehen die anderen nach sich. So wie die Wiederholung des Studiums der Gesetze während einer einzigen Nacht sich nicht auf die Läuterung der Seele (spürbar) auswirkt, denn die Wirkung stellt sich erst allmählich ein, wie das Wachsen des Körpers und die Entwicklung des aufrechten Gangs (des Menschen), so verhält es sich mit einer einzigen frommen Handlung. Es ist möglich, daß man die Wirkung dieser Handlung auf die Seele und deren Vervollkommnung nicht sofort spürt. Man darf dieses eine Mal dennoch nicht geringschätzen, denn erst die Summe (aller gottesdienstlichen Handlungen) ist wirksam. Sie besteht aber aus einzelnen Handlungen, wobei jede fromme Handlung eine Wirkung für sich hat. Es gibt also keine fromme Handlung, die nicht irgendeine Wirkung hat, auch wenn diese verborgen bleibt. Genauso ist es auch mit der Sünde. Wie oft gibt es einen Rechtsgelehrten, der seine Arbeit hinauszögert, der die Untätigkeit während eines einzigen Tages und einer einzigen Nacht für bedeutungslos hält und in diesem Sinne fortfährt; so entgeht ihm die Vollkommenheit a

„künstlich“ lediglich bei S. Bei allen außer D. Dort heißt es verkürzt: „…, nämlich die gute Schrift so lange nachzuahmen, bis daraus für ihn eine feste Begabung und die Geschicklichkeit zu einer seelischen Eigenschaft wird.“ b

Die Methode, die Charaktereigenschaften zu verändern

135

des Wissens. Mit demjenigen, der über die kleinen Sünden hinwegsieht, ist es ähnlich. Sein Verhalten führt dazu, daß ihm die Glückseligkeit versagt bleibt. Wie oft gibt es einen von Gott geleiteten Rechtsgelehrten, dem die Untätigkeit D 254 während eines einzigen Tages und einer einzigen Nacht schwerfällt, der sich von diesem Gefühl nicht lösen kann und so die Vollkommenheit der Seele und des Wissens erlangt. Ähnlich ist es mit demjenigen, der die kleinen Sünden nicht für bedeutunglos hält; dies führt ihn zu den Stufen der Glückseligkeit. Denn das Wenige führt zum Vielen. Deshalb sagt der Fürst der Gläubigen 2Ali 3bn-Abı¯ Ta¯lib – Gott möge Wohlgefal˙ des Menschen als leuchtenlen an ihm haben –: „Der Glaube erscheint im Herzen der Fleck. Je mehr sich dieser Glaube verstärkt, desto mehr nimmt auch das Leuchten zu. Wenn der Mensch den Glauben vervollkommnet, wird sein ganzes Herz hell. Die Heuchelei beginnt im Herzen des Menschen wie ein dunkler Flecka . Je mehr sich die Heuchelei vermehrt, desto mehr breitet sich das Finstere aus. Wenn der Mensch den höchsten Grad der Heuchelei erreicht hat, so wird das ganze Herz finster.“ 100

a

S u. E: „Schimmer“.

XIV.

A 69 B 67

Über die Summe aller Tugenden, durch deren Aneignung die Glückseligkeit erlangt wird Wenn man weiß, daß die Glückseligkeit durch Läuterung und Vervollkommnung der Seele erlangt wird und daß die Vervollkommnung durch Aneignung aller Tugenden möglich ist, deren Aneignung Glückseligkeit bedeuteta , so ist es erforderlich, die Tugenden insgesamt und im einzelnen zu erkennen. Ferner sollst du erkennen, /daß sie insgesamt und einzeln angeeignet werden können, sowie den Weg ihrer Aneignung/b . Was die Tugenden in ihrer Gesamtheit betrifft, so lassen sie sich auf zwei Begriffe zurückführen: zum einen gutes Denk- und Unterscheidungsvermögen D 255 (ein guter Verstand) 101 , zum anderen gute ethische Gesinnung (ein guter Wille). Was das gute Denkvermögen (den Verstand) anbetrifft, so dient es zur Unterscheidung des Weges der Glückseligkeit von dem der Verdammnis, um den Forderungen des Verstandes entsprechend handeln zu können. Es dient ferner dazu, die Wahrheit der Dinge, wie sie sind, zu erkennen; dies soll weder durch schwache Nachahmungen (taqlı¯da¯t) 102 noch durch wenig überzeugende und unbegründete Ansichten 103 , sondern durch entscheidende und Gewißheit vermittelnde Beweise 104 geschehen. Was die gute ethische Gesinnung (den Willen) anbetrifft, so dient sie dazu, alle schlechten Gewohnheiten zu beseitigen, die das islamische Gesetz (asˇ-sˇar2) ausführlich aufzeigt. Sie veranlaßt (den Menschen) dazu, die schlechten Gewohnheiten zu verabscheuen, um sie zu vermeiden, wie man den Schmutz meidet. Man eignet sich dann die guten Gewohnheiten an und verlangt nach ihnen, so daß man ihnen den Vorzug gibt und bei ihrer Ausübung Freude empfindet, wie der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Ich bin freien Mutes im Gebet.“ 105 ˙ Durchführung der religiösen Pflichten und die Unterlassung Wann immer die der verbotenen Dinge mit Verdruß und Abscheu verbunden sind, weist dies auf einen Mangel (in der Haltung des Menschen) hin, der die Erlangung der vollkommenen Glückseligkeit verhindert. Gewiß ist die Regelmäßigkeit durch innere Anstrengung bei der Verrichtung der religiösen Pflichten und das Unterlassen der verbotenen Dinge ein hohes Gut, aber nicht vergleichbar mit einer Praxis aus Freiwilligkeit und Verlangen. Deshalb wird gesagt: „Die Wahrheit ist bitter.“ Dies gilt für denjenigen, der sich nicht gebessert hat, weil in ihm Beweggründe fortbestehen, die ihn von ihr fernhalten. Darum sagt der Erhabene: „Und suchet Hilfe in der Geduld und im Gebet. Es ist zwar schwer (was man von euch verlangt), aber B 68 nicht für die Demütigen.“ 106 Deshalb sagt der Gepriesene: „Wenn du handeln a b

„deren Aneignung Glückseligkeit bedeutet“ lediglich bei S u. E. Lediglich bei S.

Die Summe aller Tugenden

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kannst, um die Wohlgefälligkeit Gottes zu erlangen, so handele. Ansonsten liegt in der Geduld mit dem, was du verabscheust, viel Gutes.“ 107 Zur Erlangung der Glückseligkeit genügt es nicht, Genuß in der Verrichtung der frommen Handlungen zu empfinden und die Sünde zeitweilig zu verabscheuen. Vielmehr sollte dies regelmäßig und das ganze Leben lang geschehen. Je länger das Leben ist, desto fester und vollkommener ist die Tugend. Deshalb sagte der Gepriesene (Muhammad), als er nach der Glückseligkeit gefragt wurde: „Sie ist ein langes Leben ˙im Gehorsam gegenüber Gott.“ 108 Darum verabscheuen die Propheten und die Gottesvertrauten den Tod. Denn im Diesseits bestellen wir den Acker für das Jenseits. Je zahlreicher die religiösen Handlungen mit zunehmendem Lebensalter werden, desto größer ist der Lohn, desto geläuterter, reiner und vollkommener ist die Seele, an deren Schönheit sich der Mensch bei der Loslösung von körperlichen Bindungen um so stärker und intensiver erfreut. Dies geschieht, wenn der Mensch aus dem Schlaf erwacht, der ihn an der inneren seelischen Wahrnehmung hinderte, sei es im Hinblick auf eine Schönheit, über die er sich freut, oder eine Schande und Verwirrung, durch die er bloßgestellt wird. Dieses Erwachen erfolgt durch Aufgabe aller (diesseitigen) Beschäftigungen. „Denn die Menschen befinden sich im Schlaf; wenn sie sterben, werden sie wach.“ 109 Das ist die Summe der Tugenden. Sie sind auf ihrem Höhepunkt, wenn sie aus dem Menschen immer (spontan) ohne Überlegung, Zögern und Mühe herausströmen, wodurch er ohne große Anstrengung die Wahrheit erkennt, so daß er sogar ohne Nachdenken ihr gemäß handelt, so wie auch der geschickte Handwerker beim Nähen und Schreiben verfährt. Ebenso ist es das größte der Laster, daß diese dem Menschen ohne Anstrengung, Überlegung und Zögern entweichen. Wisse, daß alle diese Tugenden, die sich in theoretische und praktische Wissenschaftsdisziplinen aufteilen lassen, jeweils auf zweierlei Weise angeeignet werden können: Erstens durch menschliches Lernen und freiwillige Anstrengung, wozu man Zeit, Übung und Praxis braucht. Durch (kontinuierliche) allmähliche Verstärkung der Tugend schwindet das Allmähliche, wie beim Heranwachsen des Menschen, wobei es unter den Menschen einige geben kann, denen die minimalste Praxis genügt, je nach Klugheit oder Einfalt. Zweitens kann die Aneignung der Tugend durch göttliche Güte geschehen. So wird ein Mensch geboren und ohne Lehrer ein Gelehrter wie Jesus, der Sohn von Maria, oder Johannes, der Sohn des Zacharias. Ebenso verhält es sich mit allen Propheten, denen von der Wahrheit der Dinge eine Erkenntnis zuteil geworden ist, die die Studierenden der Wissenschaft durch Unterricht nicht erlangen können. Es wird gesagt, daß dies auch Nicht-Propheten zuteil werden kann, welche man als „Gottesvertraute“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Gabe Gottes, die man nicht durch Anstrengung erreichen kann. Wer davon ausgeschlossen bleibt, sollte danach streben, zu der ersten Gruppe zu gehören. Er sollte aber wissen, daß seine Rangordnung niedriger ist als die der zweiten Gruppe 110.

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Die Summe aller Tugenden

„Denn das Schminken der Augen mit Antimon (kuhl) ˙ 111 entspricht nicht der natürlichen Schwärze der Augen.“ Du sollst nicht ausschließen, daß es Erkenntnisse in den Wissenschaften wie in der Ethik gibt, die der Mensch gemäß seiner Veranlagung durch Mühe und den Erwerb von Kenntnissen realisieren kann. Möglicherweise gibt es einen aufrichtiD 258 gen, großzügigen und mutigen Knaben, der vielleicht aber nicht im Sinne dieser Charaktereigenschaften erzogen wird. Dies hängt von Erziehung und Bildung ab. Die Tugend kann also entweder durch Veranlagung, durch Gewöhnung oder durch Lernen zustande kommen. Derjenige, bei dem diese drei Wege miteinander verflochten sind, so daß er durch Veranlagung, Gewöhnung und Lernen tugendhaft wird, hat den höchsten Grad an Tugend erreicht. Wer aber in bezug auf diese drei Wege lasterhaft handelt, befindet sich auf dem Gipfel der Untugend. Zwischen ihnen beiden, Tugend und Laster, liegt die Stufe desjenigen, der zwischen den drei Wegen schwankt 112 .

XV.

A 72 B 70

Ausführliche Darstellung der Wege zur Verbesserung der Charaktereigenschaften Du sollst wissen, daß die Heilung der Seele durch die Beseitigung der Laster und die Aneignung der Tugenden erreicht werden kann. Eine Analogie dazu ist die Heilung der Körper durch die Beseitigung der Krankheiten und den Erwerb der Gesundheit. So wie die Ausgeglichenheit meist das Temperament beherrscht, die Krankheit aber jene durch wechselnde Ernährungsbedingungen und anderes angreift, „so wird jedes Kind mit einer ursprünglichen Beschaffenheit (fitra) gebo˙ Magier ren. Es sind seine Eltern, die es zum Juden, zum Christen oder zu einem machen.“ Daraus geht hervor, daß auch die Laster durch Lernen und Gewöhnung erworben werden können. Ebenso wie der Körper ursprünglich unvollkommen geschaffen ist, durch Heranwachsen und Ernährung aber volkommen wird, so verhält es sich auch mit der Seele. Sie wird zunächst unvollkommen geschaffen, wird aber durch Läuterung, Besserung der ethischen Charaktereigenschaften und Ernährung durch Wissen vollkommen. Wenn der Körper gesund ist, so ist es die Aufgabe des Arztes, Verhaltensregeln aufzustellen, durch die die Gesundheit bewahrt wird; wenn er krank ist, so besteht seine Aufgabe darin, für die Gesundheit Sorge zu tragen. Genauso verhält es sich mit deiner Seele. Wenn sie lauter und rein ist und ihre Charaktereigenschaften gebildet worden sind, so sollst du ihre Gesundheit bewahren und ihre Kraft und Lauterkeit vermehren. Wenn sie aber keine Vollkommenheit und Lauterkeit besitzt, so sollst du dich darum bemühen, ihr Vollkommenheit und Lauterkeit zu verschaffen. Ebenso wie das Übel, das die Ausgeglichenheit angreift und notwendigerweise zur Krankheit führt, kaum anders heilbar ist als durch sein Gegenteil, die Erhitzung durch Abkühlung und umgekehrt, so verhält es sich mit dem Laster, das notwendigerweise die Unvollkommenheit der Seele verursacht. Es wird, wie erwähnt, durch sein Gegenteil geheilt. Die Unwissenheit wird durch den Unterricht geheilt, Geiz, Hochmut und Gier durch Zwang zu Freigebigkeit, Demut und Abstinenz von allem Begehrenswerten. So wie jedes Abkühlungsmittel nur dann wirksam ist, das durch die Erhitzung veranlaßte Übel zu beseitigen, wenn es auf eine bestimmte Weise verabreicht wird, die je nach Stärke oder Schwäche, Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit (der Einnahme), Häufigkeit oder Seltenheit variiert, und so wie es einen Maßstab geben muß, der die nützliche Menge bestimmt, derart daß, beachtet man diese Dosis nicht, das Übel sich vermehrt, so muß das Gegenmittel, mit dem die ethischen Charaktereigenschaften behandelt werden, eine Dosis haben. Wie das Maß des Heilmittels von dem Grad der Krankheit abhängt, so daß der Arzt nicht heilen kann, wenn er nicht weiß, ob es sich bei der Krankheit um Fieber oder Unterküh-

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Wege zur Verbesserung der Charaktereigenschaften

lung handelt, und wenn es sich um Fieber handelt, um wieviel Grad, ob es niedrig oder hoch ist, und wie der Arzt, wenn er dies weiß, sich dann um den Zustand des Körpers, die Lebensbedingungen und um den vom Kranken ausgeübten Beruf kümmert und ihn dementsprechend behandelta , so verhält es sich mit dem Meister, der Anhänger hat und der die Seelen seiner Anhänger und derer heilen will, die sich an ihm orientieren. Er sollte sie nicht mit der geistigen Übung und den Verpflichtungen einer bestimmten Fachrichtung bestürmen, sofern er ihre ethischen Charaktereigenschaften nicht kennt. Wenn er aber von seinem Jünger weiß, welche schlechte ethische Gesinnung ihn beherrscht und ihren Grad und Berufb kennt, wenn er ferner den Zustand seines Jüngers und dessen Alter kennt und weiß, welche Behandlung er verträgt, so kann er für ihn den Weg (seiner Besserung) bestimmen. Deshalb siehst du, daß der Meister einem seiner Jünger empfiehlt, auf den Markt zu gehen, um dort zu arbeiten, wenn er bei ihm ein Bedürfnis nach Herrschaft und Hochmut bemerkt. So heilt er ihn mit dem Mittel, von dem er weiß, daß es für ihn (den Jünger) eine Erniedrigung bedeutet, nämlich mit dem, was seinem Charakter widerspricht, damit dadurch sein Hochmut gebrochen wird. Ferner fordert er einen anderen auf, sich um die Wartung des Aborts und der Reinigungsmittel zu kümmern, wenn er bei ihm einen Sauberkeitswahn feststellt. Wenn er (der Meister) weiß, daß es sich um einen jungen Menschen mit starker Begierde handelt, der sich leidenschaftlich mit der Befriedigung seines Magens und seiner Geschlechtsorgane beschäftigt, so könnte er ihm das Fasten empfehlen, jedoch befiehlt er ihm nicht, es in der Weise fortzusetzen, daß die Grenze des verbotenen Fastens überschritten wird. Es gibt viele andere Methoden der Verbesserung. Es wird erzählt, daß jemand (ein Weiser) die Heftigkeit seines Zorns dadurch behandelte, daß er sich die Eigenschaft der Sanftmut auferlegte. Deshalb gab er unverschämten Menschen Geld, die ihn bei feierlichen Anlässen mit Beschimpfungen empfangen sollten, damit er sich daran gewöhne, die Beschimpfungen zu ertragen. So wurde er ein erwähnenswertes Beispiel für die Sanftmut. Ein anderer gelangte allmählich zur Tapferkeit, indem er im Winter das Meer befuhr. Wieder ein anderer bereitete ein Festessen vor und ließ andere in seiner Anwesenheit essen, während er sich auf Gerstenbrot beschränkte, um die Begierde zu besiegen. Die Frommen Indiens gehen gegen die Faulheit in der Verehrung Gottes dadurch vor, daß sie während der ganzen Nacht auf einem Bein stehen, ohne das Bein zu wechseln. Ein anderer behandelte die Geldgier dadurch, daß er seinen ganzen Besitz verkaufte und den Ertrag ins Meer warf. Das ist zusammenfassend die Methode zur Verbesserung der ethischen Charaktereigenschaften. Eine ausführlichere Darstellung würde zu weit führen. Das Ziel (unserer Darstellung) ist, daß du, der du danach trachtest, deine Seele zu läutern, deine Charaktereigenschaften überprüfst. Wenn sie gut erzogen sind, so bewahre sie! Wenn sie unaufrichtig sind, so sollst du sie erziehen, indem du sie zum mittleren Maß zurückführst, wie wir dies im einzelnen erklären werden. a b

„und ihn dementsprechend behandelt, …“ fehlt lediglich bei D. „und Beruf …“ lediglich bei S u. E.

Wege zur Verbesserung der Charaktereigenschaften

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Das Ziel der Erlangung des mittleren Maßes ist die Aufhebung der beiden Extreme (Übermaß und Mangel). Denn der Zweck ist die Reinigung der Seele von den Eigenschaften, die ihr durch die Akzidenzien des Körpers anhaften. Dies geschieht, damit sie (die Seele) nach ihrer Trennung (vom Körper) nicht mehr auf sie (diese Eigenschaften) achtet und weder Leidenschaft für sie noch Bedauern über deren Verlust noch Glück oder Schmerz durch die Beschäftigung mit ihnen empfindet, die sie von der (eigentlichen) Glückseligkeit abhalten, die ihrem Wesen entspricht. Wann immer wir auch wollen, daß das Wasser weder heiß noch kalt ist, streben wir nach dem mittleren Maß. Das lauwarme Wasser ist weder heiß noch kalt. So verhält es sich mit diesen Eigenschaften. Wenn du sagst, wodurch kann ich wissen, daß das, was ich erlangt habe, eine gute Charaktereigenschaft ist, das heißt das mittlere Maß, das zwischen zwei Extremen, nämlich dem Übermaß und dem Mangel liegt, so soll deine Methode die folgende sein: Du sollst die Handlungen betrachten, die das Ergebnis der Charaktereigenschaft sind, auf die sich deine Anstrengung gerichtet hat. Wenn du Freude an der Handlung empfindest, so wisse, daß diese Charaktereigenschaft, die deine Handlung hervorbringt, /in deiner Seele verankert ist. Ist die Handlung böse, so wisse, daß die Charaktereigenschaft (auch)/a böse ist, wie zum Beispiel wenn du Freude am Einbehalten des Geldes und an dessen Anhäufung empfindest, so führt dies unabdinglich zur Charaktereigenschaft des Geizes. In diesem Fall gewöhne dich an dessen Gegenteil. Die guten und die bösen Charakterzüge hat das islamische Gesetz ausführlich dargelegt. Sie sind in den Verhaltensregeln des Propheten – Friede sei mit ihm – zusammengestellt; sie sind bekannt. Wir werden auf das Wesentliche verweisen. Mit dem „mittleren Maß“ meinen wir folgendes: Wenn du Freude an der Geld- D 263 verschwendung hättest, so solltest du wissen, daß dies auch tadelnswert ist. Das ist das, was man mit dem Ausdruck „Vergeudung“ bezeichnet. Das lobenswerte Mittlere ist die Großzügigkeit, welche in der Mitte zwischen verbissenem Geiz und Vergeudung steht. Das bedeutet, daß es dir leicht fällt, auszugeben und zu behal- B 73 ten, was das islamische Gesetz und die Vernunft von dir verlangen, so daß deine A 75 Handlung folgsam und bereitwillig geschieht. So verhält es sich mit allen Eigenschaften. Ein einziges Beispiel zu erwähnen, reicht aus. Wenn du weißt, daß das Kriterium der Handlungen von der Bedeutung der Eigenschaften und von den Charakterzügen abhängt, so bleibt es dir nicht verborgen, daß der Weg dazu sowohl in bezug auf mehrere Personen als auch bei einer einzigen je nach den Umständen unterschiedlich ist. Wem Scharfsinn gegeben ist, der geht dem Übel auf den Grund, um es nach der ihm angemessenen Methode zu behandeln. Weil die meisten Menschen unfähig sind, so zu handeln, und da es für das islamische Gesetz schwierig ist, für alle Fälle eine Darstellung im einzelnen zu bieten, die alle Menschen in allen Zeiten betrifft, beschränkt sich das islamische Gesetz in seiner Ausführung auf die allgemeinen Gesetze, deren Sinn in der Ausübung der religiösen Pflichten und der Unterlassung der verbotenen Sünden liegt, vor denen a

/…/ fehlt lediglich bei S.

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Wege zur Verbesserung der Charaktereigenschaften

es warnt. Des weiteren rät es von erlaubten Handlungen ab, die durch angenehme Dinge um des Genusses willen ausgeführt werden, indem es sagt: „Die Liebe zum Diesseits ist die Hauptsünde“ 113 und ähnliches. So haben die Fachleute (unter den Gläubigen) den Zweck des Gebotes und das Mittel, es zu erreichen, wie auch den D 264 Sinn des Verbotenen und die Weise, es zu vermeiden, bestimmt. Sie haben dies im Detail dargestellt und leiteten diejenigen recht, denen es gelungen ist, ihnen zu folgen. Somit wurden sie Vertretera der Propheten in der Auslegung dessen, was sie (die Propheten) zusammengefaßt, und in der Erläuterung dessen, was sie eingeführt haben. Deshalb sagt der Prophet – Friede sei mit ihm –: „Die Gelehrten sind die Erben der Propheten.“ 114

a

„Erben“ bei S.

XVI.

A 76 B 74

Über die Kardinaltugenden 115 Obwohl die Tugenden zahlreich sind, umfassen vier von ihnen ihre Verzweigungen und Arten. Es sind: die Weisheit, die Tapferkeit, die Enthaltsamkeit und die Gerechtigkeit. Die Weisheit ist die Tugend des Denkvermögens. Die Tapferkeit ist die Tugend des Zorns. Die Enthaltsamkeit ist die Tugend der Begierde. Die Gerechtigkeit ist ein Ausdruck dafür, daß diese Fähigkeiten in der erforderlichen Rangfolge stehen; denn durch die Gerechtigkeit werden alle Dinge vollständig. Deshalb wird gesagt: Durch das Rechte werden Himmel und Erde erhalten. Wir wollen nun diese Kardinaltugenden einzeln erklären und darlegen, welche Arten von Tugenden ihnen untergeordnet sind. Mit Weisheit meinen wir das, was Gott mit seiner Aussage gepriesen hat: „und wem da Weisheit gegeben ward, dem ward hohes Gut gegeben; …“ 116 und was D 265 der Gesandte Gottes – Friede sei mit ihm – mit der Aussage gemeint hat: „Die Weisheit ist ein Gegenstand beharrlicher Suche des Gläubigen.“ 117 Sie läßt sich auf das Denkvermögen zurückführen. Du hast bereits erfahren, daß die Seele zwei Kräfte besitzt: Die eine richtet sich nach oben, wodurch sie die Wahrheiten der universellen, notwendigen und theoretischen Wissenschaften von den höheren Scharen der Engel empfängt. Dies sind die sicheren, immer und ewiga wahrhaftigen Wissenschaften, die sich niemals durch den Wandel der Zeiten und der Völker ändern können, wie zum Beispiel das Wissen über den erhabenen Gott, seine Eigenschaften, seine Engel, seine Bücher, seine Gesandten und die Art seiner Geschöpfe in der Welt. B 75 Darüber hinaus gehört zu der Summe der Wissenschaftenb , daß Verneinung und Bejahung über ein und dieselbe Sache niemals gleichzeitig wahr sein können. So verhält es sich in den wahrhaftigen Wissenschaften; denn sie sind wahrhaftige Weisheit. Die zweite Kraft richtet sich nach unten, ich meine in Richtung des Körpers, den sie lenkt und führt, wodurch die Seele unter den Handlungen die guten erfaßt. Sie wird „die praktische Vernunft“ genannt, mit der der Mensch seine eigenen Fähig- A 77 keiten, die Bewohner seines Landes und seine Familie leitet. Sie als Weisheit zu bezeichnen, trifft im uneigentlichen Sinne wie eine Metapher zu, weil ihre Erkenntnisse wie Quecksilber veränderlich und nicht von Dauer sind. Zu ihren Erkenntnissen gehört, daß die Freigebigkeit eine Tugend ist, die unter bestimmten Umständen und gegenüber einigen Personen auch zu einem Laster werden kann. a b

„immer und ewig“ fehlt bei E. „gehört zu der Summe der Wissenschaften“ fehlt bei E.

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Die Kardinaltugenden

Deshalb kommt der ersten Kraft der Begriff „Weisheit“ eher zu. Die zweite ist eine Vervollkommnung und Ergänzung für die erste. Das ist die ethische Weisheit. Die erste ist die theoretisch-praktische Weisheit. Wir meinen mit der ethischen Weisheit eine Haltung und eine Tugend der vernünftigen Seele, durch welche sie die Fähigkeit des Menschen zum Zorn und zur Begierde lenkt und deren Bewegung nach dem erforderlichen Maß von Anspannung und Entspannung bestimmt. Das ist das Wissen um die Richtigkeit der Handlungen. Diese charakterbildendea Tugend ist von zwei Lastern umgeben: List und Dummheit. Beide stellen die Extreme dieser Tugend dar, nämlich das Zuviel und das Zuwenig. Die List bildet das eine Extrem, das Zuviel. Es ist ein Zustand, in dem der Mensch verschlagen und betrügerisch handelt, indem er der zornigen und begehrenden Fähigkeit in Richtung auf das Ziel freien Lauf läßt in einer Weise, die über das notwendige Maß hinausgeht. Die Dummheit bildet das andere Extrem, das Zuwenig und das Fehlen des mittleren Maßes. Das ist eine Haltung der Seele, in der die zornigen und begehrenden Fähigkeiten hinter dem erforderlichen Maß zurückbleiben. Die Ursache für die Dummheit ist langsame Auffassungsgabe und geringe Erkenntnis über die Richtigkeit der Handlungen. Die Tapferkeit ist eine Tugend der Fähigkeit zum Zorn, weil er mächtig ist. Trotz der Heftigkeit des Eifers gehorcht sie bei seinem Voranschreiten und Zurückgehen der Vernunft, die durch die islamische Gesetzgebung erzogen wird. Sie (die Tapferkeit) ist ein Mittleres zwischen zwei Lastern, die sie umkreisen: 1. Tollkühnheit und 2. Feigheit. Die Tollkühnheit ist eine Bezeichnung für das Überschreiten des mittleren Maßes. Es ist ein Zustand, in dem der Mensch wagt, die Verbote zu übertreten, vor denen die Vernunft ihn hätte zurückschrecken müssen. Die Feigheit ist eine Bezeichnung für das Extrem des Zuwenig. Es ist ein Zustand, in dem die Bewegung der zornigen Fähigkeit hinter dem erforderlichen Maß zurückbleibt. So bringt sie den Menschen davon ab, kühn voranzuschreiten, wo dies sein sollte. Wann immer diese Charaktereigenschaft entsteht, gehen aus ihr diese Handlungen hervor; /das bedeutet, daß aus der Charaktereigenschaft der Feigheit das Zurückschrecken entsteht, wo dies nicht sein soll. Diese beiden (das Voranschreiten und das Zurückschrecken) sind gleich. Aus der Tapferkeit entstehen das Voranschreiten und das Zurückschrecken, wo und wie es sein muß/b . Das ist die gute lobenswerte Charaktereigenschaft, die Gott im Koran mit seiner Aussage meint: „Sie (das sind die Gläubigen) sind den Ungläubigen gegenüber heftig, unter sich aber barmherzig.“ 118 a

„charakterbildende“ lediglich bei S u. E. /…/ nach S u. Ae. Bei E: „das bedeutet, daß aus der Charaktereigenschaft der Feigheit das Zurückschrecken entsteht, wo und wie es sein muß.“ Nach B: „…, … der Tapferkeit das Voranschreiten und das Zurückschrecken entstehen, wo …“ Bei den übrigen: „…, aus der Tapferkeit die Kühnheit entsteht, wo …“ b

Die Kardinaltugenden

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Die Heftigkeit ist nicht in jeder Situation lobenswert, vielmehr ist das Lobenswerte das, was den Kriterien der Vernunft und der islamischen Gesetzgebung entspricht. Wer diese Charaktereigenschaft erlangt, sollte sie durch regelmäßige Handlungen bewahren. Wer sie aber nicht erreicht, sollte folgendes überprüfen: Wenn seine Natur zu dem Zuwenig neigt, welche die Feigheit ist, sollte er sich dazu zwingen, regelmäßig die Handlungsweise der Tapferen zu üben, damit die Gewöhnung ihm zur Veranlagung und zur Charaktereigenschaft wird. So strömen aus ihm veranlagungsgemäß die gleichen Handlungen wie die der Tapferen. Wenn er aber zum Extrem des Zuviel neigt, nämlich zur Tollkühnheit, so sollte er sich die Folgen seiner Handlungen bewußtmachen, ihre Gefahren für groß halten und sich bemühen, sich zurückzuhalten, um zum mittleren Maß oder zu dessen Nähe zurückzufindena . Denn es ist schwierig, die genaue Bestimmung des mittleren Maßes zu erfahren. Wenn dies möglich wäre, so verließe die Seele den Körper, ohne irgendeine Bindung zu ihm zu haben, und empfände dabei keinerlei Schmerz im Bedauern darüber, die Erkenntnis des mittleren Maßes verfehlt zu haben. Ferner bliebe die Freude, die ihr Schönheit und Herrlichkeit des Wahren offenbart haben, für sie ungetrübtb . Weil dies aber schwer ist, wird im Koran gesagt: „Und es gibt keinen D 268 von euch, der nicht zu ihr (der Hölle) hinunterkommen würde.“ 119 Ein Scheich träumte von dem Gesandten Gottes – Friede sei mit ihm –; er fragte ihn: „Was meinst du mit deiner Aussage: ‚Hu¯d und ihre Schwester haben meine Haare weiß gemacht‘“? Er erwiderte: „Gottes Aussage: ‚Gehe nun einen geraden Weg, wie dir befohlen worden ist.‘“ 120 Das bedeutet, daß das Fortsetzen des Verhaltens auf dem geraden Weg und das Streben nach der Mitte zwischen diesen Extremen schwer ist. Denn er ist feiner als ein Härchen und „schärfer als die Klinge des Schwertes“ 121 , wie man ihn im Jenseits beschrieben hat. Wer sich an den geraden Weg im Diesseits hält, hält sich auch im Jenseits daran. Um so mehr geschieht dies im Jenseitsc . Denn der Mensch stirbt in den Lebensgrundsätzen, nach denen er gelebt hat, und wird wieder auferstehen in dem Zustand, in dem er sich befand, als er starb. Deshalb muß man vor jeder Verbeugung (rak2a) im Gebet die A 79/B 78 Koraneröffnung lesen, welche folgendes enthält: „Führe uns auf den geraden Weg.“ 122 Danach zu leben ist das komplizierteste und schwierigste aller Dinge für denjenigen, der danach strebt. Wenn man in bezug auf eine einzige Charaktereigenschaft dazu aufgefordert würde, so wäre die Mühe sehr groß. Wir sind aber in allen unseren Charaktereigenschaften dazu aufgefordert, obwohl sie unzählig sind, wie wir später erklären D 269 werden. Es gibt keine Befreiung von diesen Verboten, es sei denn durch den Erfolg, den Gott den Menschen gewährt, und durch seine Barmherzigkeit. Darum sagt der Gepriesene (Muhammad): „Alle Menschen sind tot außer denen, die das ˙ Wissen besitzen; alle Wissenden sind tot außer denen, die es ausüben; alle Handelnden sind tot außer denen, die aufrichtig sind. Die Aufrichtigen befinden sich in a

Bei S u. E. „zurückzufinden“ fehlt bei den übrigen. Bei S u. Ae werden die Personalpronomen in diesem Satz im Maskulinum verwendet. Der Mensch ist in diesem Fall gemeint. c „um so mehr …“ lediglich bei S u. E. b

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Die Kardinaltugenden

großer Gefahr.“ 123 Deshalb flehen wir den erhabenen Gott an, uns Erfolg zu bescheren, damit wir im Diesseits die Gefahren überwinden und uns nicht durch die (verschiedenen) Ursachen der Versuchung täuschen lassen. Die Enthaltsamkeit ist die Tugend der Begierde. Das bedeutet, daß die Begierde dem Denkvermögen leicht und mühelos gehorcht, damit ihre An- und Entspannung sich nach der Anweisung des Denkvermögens richten. Die Enthaltsamkeit ist von zwei Lastern umgeben, nämlich der Gier und der Apathie. Die Gier ist das Übermaß der Begierde, in übertriebener Weise die Genüsse zu erlangen, die das Denkvermögen verabscheut und verbietet. Die Apathie ist das Ermatten der Begierde in der Wendung zu dem, was die Vernunft zu erwirken und zu erreichen verlangt. Beide, sowohl die Gier als auch die Apathie, sind tadelnswert. Die Enthaltsamkeit aber, das mittlere Maß, ist lobenswert. B 79 Es ist die Pflicht des Menschen, seine Begierde zu beobachten, die meistenteils vom Übermaß beherrscht wird, insbesondere was die Befriedigung des Geschlechtstriebs, des Magens, des Strebens nach Reichtum, nach Herrschaft und nach Eigenlob betrifft. Das Zuviel wie auch das Zuwenig in all diesen Dingen D 270 stellen einen Mangel dar. Die Vollkommenheit liegt nur im mittleren Maß. Die Kriterien des mittleren Maßes sind die Vernunft und das islamische Gesetz. Das bedeutet, daß man das erstrebenswerte Ziel in der Schöpfung der Begierde und des Zornes kennt, zum Beispiel daß man weiß, daß der Appetit auf Essen dazu geschaffen wurde, die Nahrungsaufnahme anzuregen, die dafür sorgt, den Mangel an körperlicher Energie durch den Abbau der (physischen) Kräfte auszugleichen, A 80 damit der Körper am Leben erhalten wird und die (fünf) Sinne funktionstüchtig bleiben. Denn durch den (gesunden) Körper kann der Mensch die Wissenschaften erlangen, die Wahrheiten der Dinge erkennen und sich einem höheren Rang im Verhältnis zu sich selbst angleichen, das ist der Rang der Engel, welche (durch die Erlangung des Wissens und die Erfahrung der Wahrheiten der Dinge) vollkommen und glückselig sind. Für denjenigen, der dies kennt, ist der Zweck der Nahrung die Stärkung dafür, die Gottesdienste zu verrichten, nicht aber das Essen zu genießen. Darum schränkt er sich ohne Zweifel beim Essen ein und begnügt sich mit dem Notwendigen, und sein Appetit auf das Essen wird nicht heftig. Man sollte wissen, daß die sexuelle Begierde dazu geschaffen wurde, um die Lust auf den Beischlaf zu motivieren, welcher die Ursache für die Erhaltung und das Fortbestehen der Art ist. Deshalb sollte die Ehe wegen der Nachkommen und der Keuschheit, nicht aber zum Spiel und zum Genuß angestrebt werden. Wenn man dabei genießt und spielt, so sollte dies dem Zweck dienen, die Ehepartner aneinander zu gewöhnen, und ein Beweggrund zum guten Zusammenleben und Fortbestehen der Ehe sein. Man sollte sich auf jenes Maß von Ehen beschränken, das den Menschen nicht unfähig macht, seinen Verpflichtungen nachzugehen. Wer dies weiß, dem fällt es leicht, sich mit dieser Einschränkung zu begnügen. Alsdann darf man sich nicht mit dem Urheber der islamischen Gesetzgebung – Friede sei mit ihm – vergleichen, insofern ihn die Vielzahl seiner Ehen nicht von der Anbetung des erhabenen Gottes abbrachte und er nicht wegen der Ehefrauen nach dem Diesseits streben

Die Kardinaltugenden

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mußte 124. Wer glaubt, daß das, was dem Urheber der islamischen Gesetzgebung nicht geschadet hat, ihm (auch) nicht schaden würde, verhält sich genauso wie derjenige, der meint, daß Verunreinigungen, die ein riesiges Meer nicht verändern, (auch) eine Kanne Wasser aus diesem Meer nicht verändern können und daß das, was einem Menschen von starkem aufrechtem Körperbau an köstlichen Nahrungsmitteln nicht schadet, auch einem Jüngling von schwachem Körperbau nicht schaden würde. Wie oft gibt es Toren, die sich für Gelehrte halten und sich an dem Urheber der islamischen Gesetzgebung (dem Propheten Muhammad) messen, so als ob sich ˙ sich ins Verderben, ohne es zu Grobschmiede an Engeln messen. So begeben sie wissen. Wir nehmen unsere Zuflucht zu Gott vor dem Unvermögen zur Scharfsichtigkeit. Denn dies könnte wohl schlimmer sein als die Blindheit selbst. Ein Blinder glaubt nämlich an seine Behinderung, ahmt (anderen) nach, und (so) wird er von einem anderen geleitet. Bei dem Kurzsichtigen aber öffnet sich der Scharfblick bis zu dem Grade, an dem er es ablehnt, jemandem zu folgen, aber sein Licht reicht nicht in der Weise aus, daß er den Marsch auf dem geraden Weg fortsetzen könnte. Wer in diesem Zustand ist, der hat keine Achtung vor Gott, unter welchen Umständen auch immer er sich in den Tod begibt. Ich begegnete einer Gruppe von gewöhnlichen und törichten Menschen, welche ihre Meinungen auf dem Gebiete der Mystik für scharfsinnig hielten. Sie fragten, warum diese Begierden erschaffen wurden, wenn ihre Befolgung doch tadelnswert und verderblich sei. Sie wußten nicht, daß hinter der Schöpfung der beiden Begierden – ich meine die der Geschlechtsorgane und die des Magens – zwei große Weisheiten liegen: Die eine betrifft die Erhaltung des Individuums durch Ernährung und die der Art durch den Geschlechtsverkehr. Denn beides ist in diesem Dasein notwendig gemäß dem göttlichen Ratschluß nach Gottes ewigem Willen, den wir weder ändern noch übergehen können. Die andere besteht darin, in den Menschen den Wunsch nach der jenseitigen Glückseligkeit zu erwecken. Denn wenn die Menschen diese Genüsse und Schmerzen nicht empfänden, begehrten sie auch nicht das Paradies und hüteten sich nicht vor der Hölle. Auch wenn ihnen versprochen worden wäre, was kein Auge je gesehen, kein Ohr je gehört, kein Herz eines Menschen je ersonnen hat, so hätte dies allein auf sie keinen Einfluß gehabt. Das ist die Definition der Enthaltsamkeit 125 . Die Gerechtigkeit ist ein Zustand aller drei Fähigkeiten in ihrer harmonischen Anordnung entsprechend der erforderlichen Rangfolge im Hinblick auf Dominanz und Gehorsamkeit 126 . Denn sie ist nicht ein Teil der Tugend, sondern sie ist die Summe aller Tugenden. Wann immer eine lobenswerte Rangordnung zwischen dem König, den Soldaten und den Untertanen besteht, wonach der König scharfsinnig und mächtig ist, die Soldaten Macht und Befehlsgewalt besitzen und die Untertanen fügsam und leicht zu führen sind, dann wird gesagt, daß die Gerechtigkeit im Lande herrscht. Sie wird aber nicht aufrechterhalten, wenn nur einige, nicht aber alle diese Eigenschaften besitzen. So verhält es sich mit der Gerechtigkeit zwischen all diesen Eigenschaften im Königreich des Körpers. Der Gerechtigkeit als seelische Eigenschaft

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Die Kardinaltugenden

folgt unabdingbar die Gerechtigkeit im Umgang der Menschen untereinander und in der Politik, als ob das letzte ein Zweig des ersten wäre. Gerechtigkeit bedeutet die Einhaltung der wünschenswerten Rangfolge, sowohl in der Ethik als auch im Zivilrecht und in denjenigen Bereichen, durch welche das B 81 Land funktionsfähig ist. Gerechtigkeit im Umgang der Menschen untereinander ist ein Mittleres zwischen zwei Lastern: dem Betrug und dem Zustand des BetroD 273 gen-Werdens. Dies bedeutet für die Gerechtigkeit, daß man das nimmt, was einem (rechtmäßig) zusteht, und das gibt, was man zu geben hat. Der Betrug beruht darauf zu nehmen, was einem nicht gehört; der Zustand des Betrogenen, im UmA 92 gang miteinander zu geben, ohne Dank noch Lohn zu erhalten. Gerechtigkeit in der Politik bedeutet, daß die Teile des Staates genauso wie die Teile der Seele angeordnet sind, so daß der Staat in Eintracht und Harmonie seiner Teile und in der Zusammenarbeit seiner Hauptvertreter gemäß dem Ziel des Zusammenlebens wie eine einzige Person handelt. So wird jede Sache an die ihr entsprechende Stelle gesetzt. Die Einwohner des Staates lassen sich in Dienstherren, die nicht dienen, Diener, denen nicht gedient wird, und in eine Klasse einteilen, die in einer bestimmten Weise dient, der in einer anderen aber gedient wird, wie wir es in dem Kapitel über die Fähigkeiten der Seele dargestellt haben, /bis man zu dem Straßenfeger gelangt, welcher lediglich ein Diener ist, ähnlich wie die Stoßkraft, welche unter den Seelenkräften diejenige ist, die den Abfall abstößt/a . Die Gerechtigkeit wird nicht von zwei Lastern umgeben, sondern ihr Antipode ist das Laster der Ungerechtigkeit. Denn zwischen Ordnung und Unordnung gibt es kein Mittleres. Durch diese Ordnung und Gerechtigkeit werden Himmel und Erde aufrechterhalten, so daß die gesamte Welt vergleichbar ist mit einer einzigen Person, deren Fähigkeiten und Teile zusammenarbeiten. Nachdem wir diese Kardinaltugenden dargelegt haben, wollen wir nun die Einzelheiten ausführen, die sich unter die jeweilige Kardinaltugend und das jeweilige Hauptlaster einordnen lassen. Beginnen wir zunächst mit dem Denkvermögen, dann fahren wir fort mit der Veranlagung zum Zorn und der zur Begierde. Damit hoffen wir, in der besten Weise den Zweck unserer Darlegung zu erreichen.

a

/…/ bei S u. E, fehlt aber bei den übrigen.

XVII. Über das, was der Tugend der Weisheit und ihren Lastern, List und Dummheit, zugeordnet wird 127 Was die Tugend der Weisheit anbetrifft, so werden ihr folgende Eigenschaften zugeordnet: Gewandtheit, klarer Intellekt, Scharfsinn und genaues Voraussehen. Gewandtheit bedeutet gute Überlegung beim Herausfinden der richtigen und besten Mittel zur Aneignung größter Güter und edelster Ziele, /sowohl auf dich selbst bezogen als auch beim Erteilen von Ratschlägen bei der Verwaltung eines Hauses, einer Stadt, im Widerstand gegen einen Feind oder in der Abwendung eines Unheils/a ; kurz gesagt, für das, was ernst und bedeutend ist. Wenn die Angelegenheit unbedeutend und gering ist, wird sie Schlauheit und nicht Gewandtheit genannt. Der klare Intellekt ist die Fähigkeit, ein richtiges Urteil bei konfusen Meinungen und daraus entstandenen Streitigkeiten zu fällen. Der Scharfsinn bedeutet ein rasches Erfassen der Mittel, die in der betreffenden Angelegenheit zu einem guten Ende führen. Genaues Voraussehen besagt, daß es mit dem Wahren gemäß den Anforderungen der Erscheinungen übereinstimmt, ohne sich der Reflexion über die Beweise zu bedienen. Unter das Laster der List fallen Schlauheit und Schwindelei. Die Schlauheit ist ein gutes Erschließen des wirksamsten Mittels, um zu verwirklichen, was man für gut hält, was aber in Wirklichkeit nicht gut ist, sondern lediglich einen beachtlichen Gewinn verspricht. Wenn der Gewinn gering ist, wird dies Schwindelei genannt. Der Unterschied zwischen Schlauheit und Schwindelei geht also zurück auf Geringfügigkeit oder Bedeutsamkeit im Hinblick auf den Profit. Unter das Laster der Dummheit fallen: Naivität, Unbedachtheitb , Torheit und Wahnsinn. Naivität bedeutet im allgemeinen wenig Erfahrung in praktischen Angelegenheiten bei gesundem Vorstellungsvermögen. Es ist möglich, daß man in einer Sache naiv ist, in einer anderen aber nicht, je nach Erfahrung. Im allgemeinen ist der naive Mensch derjenige, der weder Erfahrung besitzt, noch durch Erfahrung reif geworden istc . Torheit bedeutet Untauglichkeit zur anfänglichen Betrachtung dessen, was zum gewünschten Ziel führt, so daß man den richtigen Weg verfehlt. Wenn dies eine Veranlagung ist, wird sie Schwachsinnigkeit genannt; diese ist unheilbar. Möglicherweise entsteht sie durch eine Krankheit, geht aber vorüber, sobald die Krankheit beseitigt wird. Der Wahnsinn ist die Unfähigkeit des Vorstellungsvermögens bei der Wahl desa b c

/…/ fehlt nur bei E. „Unbedachtheit“ lediglich bei S u. E. Lediglich bei S. Bei den übrigen: „…, der nicht duch Erfahrung reif geworden ist.“

A 83 B 84 D 274

D 275

B 83

A 84

D 276

150

Was der Tugend der Weisheit und ihren Lastern zugeordnet wird

sen, was man bevorzugen soll, so daß man anderes vorzieht, was nicht dazu geeignet ist. Das Untaugliche beim Wahnsinnigen bezieht sich auf sein Ziel, /beim Schwachsinnigen aber auf sein Verhalten. Denn sein Ziel ist/a wie das des Vernünftigen. Deshalb erkennt man ihn nicht sofort, sondern erst durch sein Verhalten bei der Erlangung des Zieles. Der Wahnsinn bedeutet die Unfähigkeit im Hinblick auf die Wahl des Zieles. Deshalb kann er von vornherein erkannt werden.

a

/…/ fehlt lediglich bei S.

XVIII.

A 85 B 84

Über das, was der Tugend der Tapferkeit zugeordnet wird 128 Es sind folgende Eigenschaften: Großzügigkeit, Mannhaftigkeit, Großherzigkeit, Ausdauer, Sanftmuta , Standhaftigkeit, Großmut, Edelsinn und Würde. Die Großzügigkeit ist das Mittlere zwischen Verschwendungssucht und verbis- D 277 senem Geiz. Das bedeutet, daß man guten Mutes notwendigeb Ausgaben für bedeutende Angelegenheiten macht, die von großem Nutzen sind. Dies kann als Freigebigkeit bezeichnet werden. Die Mannhaftigkeit ist ein Mittleres zwischen Unerschrockenheit und Verzagtheit. Das bedeutet Selbstvertrauen in der Begegnung mit dem Tod ohne Furcht, wann immer dies erforderlich ist. Die Großherzigkeit ist ein Mittleres zwischen Hochmut und Unterwürfigkeit. Sie ist eine Tugend, durch welche man sich große Taten zutraut, indem man sie für gering hält und sie nicht aus Freude an der eigenen Wertschätzung und ihrer Größe besonders beachtet. Dies hat zur Folge, daß man seine Freude an der großen Ehrung durch die Gelehrten (wegen eigener Heldentaten) geringschätzt, sich weder über die Ehrung durch den Pöbel noch über unbedeutende Taten oder über das freut, was schicksalhaft und zufällig an Glücksfällen geschieht. Die Ausdauer ist ein Mittleres zwischen Kühnheit und Schreckhaftigkeit. Das ist die Zurückhaltung, die darin besteht, bei schmerzlichen Ereignissen seinen Gefühlen keinen freien Lauf zu lassen. Die Sanftmut ist ein Mittleres zwischen Raserei und Ermattung. Das ist ein Zustand, in dem die Seele an Würde gewinnt. Die Standhaftigkeit ist die Widerstandskraft der Seele und ihre Ungebrochen- B 85 heit. Die Großmut ist das Bemühen um Handlungen wegen ihrer Schönheit. Der Edelsinn ist die Freude der Seele an großen Taten. Die Würde ist ein Mittleres zwischen Stolz und Bescheidenheit. Das bedeutet, D 278 daß man die Stellung einnimmt, die man verdientc . Den beiden Lastern der Tapferkeit, das sind Tollkühnheit und Feigheit, wird folgendes zugeordnet: Verschwendungssucht, verbissener Geiz, Kühnheit, Versagen, Prahlereid , Unterwürfigkeit, Schreckhaftigkeit, Raserei, Ermattung, Hochmut, Selbsterniedrigung, Selbstgefälligkeit und Selbstverachtung. Was von diesen a b c d

„Sanftmut“ fehlt lediglich bei S. „notwendige“ lediglich bei S, E u. Ae. Bei Ae, A, B u. D: „…, weil man seinen eigenen Wert kennt.“ „Prahlerei“ fehlt an dieser Stelle bei S, wird aber später erwähnt.

152

Was der Tugend der Tapferkeit zugeordnet wird

Eigenschaften zur Seite des Zuviel neigt, wird dem Wagemut zugewiesen. Was von ihnen zur Seite des Zuwenig tendiert, das ist die Feigheit. Verschwendungssucht bedeutet Ausgaben für unnötige Dinge, wie etwa für Luxusgüter und ähnliche Dinge, um zu prahlen. Verbissener Geiz ist eine niedrige Haltung. Er besteht in der Unterlassung der erforderlichen Ausgaben sowie dem Stolz auf Kleinigkeiten. Kühnheit ist die Geringschätzung des Todes da, wo man dies nicht tun sollte. D 279 Versagen ist das Zurückweichen aus Furcht vor dem Untergang, wo Zurückweichen nicht angebracht ist. Prahlerei beruht darauf, sich unverdienterweise großer Taten zu rühmen. Unterwürfigkeit ist die Bereitschaft der Seele zu Handlungen, die unter ihrer Würde sind. Kühnheit bedeutet, daß man den Gründen des Untergangs wenig Beachtung zumißt, ohne daß dieses einem höheren Ziel entspräche. Schreckhaftigkeit bedeutet, Schmerzen und Leiden schlecht zu ertragen. Raserei ist jäher und heftiger Zorn. Ermattung ist die Langsamkeit und Trägheit des Zorns. Hochmut ist die Selbsterhebung über den eigentlichen Rang. Selbsterniedrigung ist die Herabsetzung der Seele unter ihren eigentlichen Rang (Selbstunterschätzung) in Hinblick auf Ehre und Würde. Geschähe dies in der richtigen Weise, spräche man von lobenswerter Demut. Selbstgefälligkeit ist Ursache des Hochmuts; dies bedeutet die Unkenntnis des Menschen über seinen eigenen Wert und sein Glaube, auf einem höheren Rang zu stehen, ohne daß dies den Tatsachen entspricht. Der Tadel der Menschen richtet sich heftiger gegen Hochmut und Geiz als gegen Selbsterniedrigung und Verschwendung. Denn beide (Hochmut und Geiz) sind im höchsten Grade abscheulich. Obwohl die letzteren (Selbsterniedrigung und Verschwendung) verwerflich sind, haben sie Ähnlichkeit mit Demut und Großzügigkeit. Möglicherweise ist der Unterschied so fein, daß man sie für lobenswert halten könnte, während sie in der Tat Laster sind, die vom mittleren Maß abweichen. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad): „Selig ist derjenige, der ˙ sich demütig gibt ohne Minderwertigkeit und sich bescheidet ohne Unterwürfigkeit.“ 129 A 86

XIX. Über das, was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird 130

A 87 B 87 D 280

Die Tugenden der Enthaltsamkeit sind: Scham, Verlegenheit, Nachsicht, Selbstbeherrschung, Großzügigkeita , wirtschaftliches Haushalten, Zufriedenheit, Zurückhaltung, Maßhalten, Gepflegtheit, Genügsamkeit, Gemütsruhe, Frömmigkeit, Heiterkeit, Hilfsbereitschaft, (gerechte) Empörungb und Freundlichkeit. Scham D 281 ist ein Mittleres zwischen Unverschämtheit und Schüchternheit. /Sie wird definiert als ein Schmerz, den die Seele im Erschrecken über fehlerhaftes Verhalten empfindet/c . Ferner wird gesagt, daß Scham die Angst des Menschen ist, unter den Augen eines Überlegenen einen Fehltritt zu begehen. /Des weiteren wird sie definiert als Gesichtsausdruck beim Begehen von Missetaten und als Sich-Hüten der Seele vor tadelnswerten Handlungen, deretwegen der Mensch zur Rechenschaft gezogen würde. Kurz, Scham wird für das Gefühl der Beklemmung (des Menschen) angesichts eines Lasters verwendet und ebenso für die Vermutung einer lasterhaften Handlung/d . Diese letztere geziemt sich für Knaben und Frauen, wird aber bei den Männern getadelt. In ihrer ersten Bedeutung ist Scham für jeden Menschen gut. Die Bedeutung der Aussage (des Propheten Muhammad): „Gott schämt sich, denjeni˙ gen, der im Islam Greis geworden ist, zu bestrafen“, ist, daß Gott seine Bestrafung 131 unterläßt . Verlegenheit ist die Ermattung der Seele aufgrund eines Übermaßes an Scham; sie ist lobenswert für Knaben und Frauen, nicht aber für Männer. Denn man verhält sich nur scheu gegenüber sich selbst und gegenüber allem, was man für überlegen hält. /Dies ist so, weil man sich vor den Menschen, vor sich selbst oder vor Gott schämt/e . Wer sich nicht vor sich selbst schämt, jedoch vor den Menschen, hält sich ihnen gegenüber für unterlegenf . Wer sich nicht vor Gott schämt, der hat seine Erhabenheit nicht erkannt. Darum sagt der Prophet – Friede sei mit ihm –: „Ihr sollt eine wahrhaftige Scham vor Gott haben“ 132 , und der erhabene Gott sagt: „Weiß er denn nicht, daß Gott sieht (was er B 88/D 282 a

„Großzügigkeit“ (as-saha¯3) fehlt bei S an dieser Stelle, wird aber später erwähnt und bestimmt. ˘ „gerechte Empörung“ (at-tasah hut) fehlt bei S an dieser Stelle, wird aber später bei der Bestimmung der Begriffe berücksichtigt.˘ ˘ ˙ c /…/ fehlt bei S u. E. d /…/ Bei S verkürzt: „Es wird (über Scham) gesagt, daß sie der Gesichtsausdruck beim Begehen von Missetaten, oder das Gefühl der Beklemmung (des Menschen) angesichts eines Lasters und ebenso für die Vermutung einer lasterhaften Handlung ist.“ e /…/ lediglich bei S. f /…/ bei S u. E. Bei den übrigen: „Wenn man sich vor Menschen schämt, so bedeutet dies, daß man sich ihnen gegenüber für unterlegen hält.“ b

154

Was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird

tut)?“ 133 Wann immer der Mensch merkt, daß Gott ihn sieht, empfindet er ohne Zweifel Scham, wenn er gottesfürchtig und fromm ist, wie der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Wer keine Scham empfindet, der hat auch keinen Glauben.“˙ 134 Denn Scham ist für den Menschen das erste Anzeichen der Vernunft, der Glaube aber ist ihre höchste Stufe. Wie könnte man die höchste Stufe erlangen, wenn man nicht über die erste hinausgewachsen ist? Nachsicht bedeutet Verzicht in freier Wahl und in Güte auf einen Teil des Rechtsanspruchs. Sie ist ein Mittleres zwischen Streitlust und Gleichgültigkeit. Selbstbeherrschung ist der Widerstand der Seele gegen die Leidenschaft. Sie schützt jene vor verwerflichen Genüssen. Großzügigkeit ist ein Mittleres zwischen Verschwendung und verbissenem Geiz. Sie bedeutet, freizügig Geld auszugeben und unerlaubten Gewinn zu vermeiden. Wirtschaftliches Haushalten ist ein Mittleres im Geldausgeben, um beiden Extremen, nämlich dem verbissenen Geiz und der Verschwendung, fernzubleiben. Die Zurückhaltung ist die schöne Haltung der begehrenden Seele im Verlangen nach dem Begehrenswerten. Maßhalten ist eine Eigenschaft der Seele, die es ihr ermöglicht, über nützliche Dinge nachzudenken, damit sie miteinander im Einklang stehen. Gepflegtheit bedeutet die Vorliebe dafür, sich angemessen zu schmücken, ohne töricht zu sein. Genügsamkeit bedeutet, daß man seinen Lebensunterhalt gut und ohne Betrug verwaltet. Gemütsruhe ist das stille Verharren der Seele bei der Erlangung angenehmer Genüsse. Frömmigkeit ist ein Mittleres zwischen Heuchelei und Schamlosigkeit. Sie ist B 89 das Schmücken der Seele beim Erlangen der guten Genüssea mit guten und tuD 283 gendhaften Handlungen im Streben nach Vollkommenheit und Gottesnähe ohne Scheinheiligkeit und Bemühen um Ansehen. Die Heiterkeit bedeutet, mit Höflichkeit zu scherzen, ohne dabei unanständig oder verleumderisch zu werden. Sie ist ein Mittleres zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig in bezug auf Ernsthaftigkeit und Scherzhaftigkeit. Freundlichkeit ist ein Mittleres zwischen Mürrischkeit, welche ein Übermaß an Abneigung ist, und übertriebener Scherzhaftigkeit. Sie bedeutet, daß man die Rangordnung seiner Tischgenossen kennt, auf die Augenblicke der Geselligkeit achtet und mit jedem im richtigen Moment und entsprechend seiner Person scherzt. Weil der Mensch notwendigerweise Ruhe braucht, um sich zu erholen, ist eine bestimmte Art menschlichen Zusammenlebens unumgänglich. Der Spaß ist angeA 89 nehm, wenn er sich nicht zur Scherzhaftigkeit entwickelt, sondern in dem Maß, in dem man von Roheit und Ungeselligkeit abläßt und den Spott beim Scherzen vermeidet. Es wurde darüber von dem Gesandten Gottes und seinen Gefährten einiges überliefert, worauf hingewiesen wird, wir wollen es jedoch nicht ausführen. a

„beim Erlangen …“ lediglich bei S.

Was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird

155

Die Verzeihunga ist ein Mittleres zwischen Streitlust und Schmeichelei. Das bedeutet die Vermeidung von Streitigkeit und Mißbilligung bei den gewöhnlichen Handlungen der Gefährten, um dem Genuß des Beisammenseins und der Vertrautheit den Vorzug zu geben. Die (gerechte) Empörung ist ein Mittleres zwischen Neid und Schadenfreude. Sie bedeutet sowohl die Traurigkeit darüber, daß jemand Gutes erhält, was er nicht verdient, als auch darüber, daß jemandem Böses widerfährt, das ihm nicht zugefügt werden darf. Die Untugenden, die unter die beiden (Haupt-)Laster der Enthaltsamkeit, die Gier und die Ermattung der Begierde (Lustlosigkeit), fallen, sindb : Unverschämtheit, Weichlichkeitc ,Verschwendung, verbissener Geiz, Heuchelei, Schamlosigkeit, Strenge, Narrheit, übertriebene Geselligkeit, Schroffheit, Streitlust, Schmeichelei, Neid und Schadenfreude. Die Unverschämtheit ist die Beharrlichkeit der Seele im Begehen böser Handlungen, ohne sich vor Tadel in acht zu nehmen. Die Weichlichkeit ist ein Zustand, der sich der Seele durch ein Übermaß an Scham bemächtigt, so daß sie sich weder in Worten noch in Taten entfalten kann. Die Verschwendung bedeutet Vergeudung des Geldes für unnötige Dinge zu unpassender Zeit und mehr, als erforderlich ist. Verbissener Geiz bedeutet, sich notwendiger Ausgaben zu enthalten. Die Ursache dafür sind Sparsucht, Knauserei und Knickrigkeit. Diese drei Laster stehen in einer Rangordnung zueinander. Der Sparsüchtige ist derjenige, der das Maß überschreitet und die Ausgaben aus Furcht davor einschränkt, daß die Armut ihn zum Bittgang und zur Erniedrigung vor den Feinden zwingen könnte; bei genauer Betrachtung könnte der Grund der Sparsucht Feigheit sein. Der Knauserer ist derjenige, der zusätzlich zu dem, was wir bereits erwähnt haben, jedem anderen mißgönnt, gut zu leben, in der Hoffnung, daß die Not jenen dazu zwingen wird, um Geld zu bitten, und daß er dadurch Ruhm und Würde erlangt. Die Ursache dafür ist eine Art Unwissenheit. Der Knickrige ist derjenige, der zusätzlich zu allen bereits genannten Eigenschaften für eine geringfügige Sache die Schande hinnimmt 135 . Die Ursache dafür ist eine Art Böswilligkeit wie bei einem Dieb oder einem Kupplerd . Die Heuchelei bedeutet das Streben nach Ähnlichkeit mit tugendhaften Menschen, um Berühmtheit und Ansehen zu erlangen. Die Schamlosigkeit bedeutet, es abzulehnen, sich mit guten Taten zu schmükken, und bewußt das Gegenteil (der tugendhaften Werke) zu demonstrieren. Die Strenge ist das Übermaß an Ernst. a

Bei A, B, D u. K. Bei S u. E: „Die Hilfsbereitschaft, arab.: musa¯2ada“. „die unter die beiden Laster …“ lediglich bei S u. E. Bei den übrigen fallen Gier und Ermattung zu den anderen Lastern, was ihnen eine sekundäre Bedeutung verleiht. c Bei E u. Ae: „Bosheit, hubt“. Bei S ist es unklar, ob es sich um „at-tahannut, Weichlichkeit“ oder ˘ Der ¯ weitere Zusammenhang weist jedoch ˘darauf¯ hin, daß es sich hier„al-hubt, Bosheit“ handelt. ˘ ¯ bei um „Weichlichkeit“ handelt. d Alle diese drei Adjektive: sparsüchtig (bahı¯l), knauserig (sˇahı¯h) und knickrig (la3ı¯m) unterschei˘ geringfügig voneinander, ˙ ˙ den sich im Arabischen wie auch im Deutschen s. Anm. 135. b

D 284

B 90

D 285

A 90

156

Was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird

Die Narrheit ist das Übermaß an Scherzhaftigkeit. Übertriebene Geselligkeit ist das Übermaß an Bewunderung für den Tischgesellen und Vertrauten. Die Schroffheit ist das Übermaß an Verstimmung im Beisammensein mit den Tischgesellen. Die Streitlust bedeutet, sich den Bedingungen der Geselligkeit mit seinen Gefährten zu widersetzen. Die Schmeichelei bedeutet, sich bei den Gefährten beliebt zu machen, ohne D 286 Rücksicht auf die Schmach der Geringschätzung zu nehmen. Der Neid bedeutet, sich über das verdientea Glück eines Bekannten zu grämen. Die Schadenfreude ist die Freude über das unverdiente Böse, das einen Bekannten trifft. Das ist das, was wir über die Tugenden dieser drei Charaktereigenschaften und ihre Laster sagen wollenb . Die Gerechtigkeit umfaßt alle Tugenden, die Ungerechtigkeit ihre Gegensätze, nämlich alle Laster 136 . Über jede dieser Charaktereigenschaften sind Überlieferungen erhalten, die zu ihrer Erlangung anspornen und vor ihren lasterhaften Seiten warnen. Damit wollen wir das Buch nicht noch länger machen. Deshalb sollte man sie in der Sittenlehre des Propheten (Muhammad) – Friede sei mit ihm – und ˙ anderen Büchern studieren. Unser Ziel ist darzulegen, daß der Mensch durch diese drei Eigenschaften (Weisheit, Tapferkeit und Enthaltsamkeit) alle diese Charaktereigenschaften erwerben kann; jede von diesen hat zwei Extreme und ein Mittleres. Man ist dazu aufgefordert, das Mittlere in all diesen zu suchen und zwischen den beiden Extremen des Zuviel und des Zuwenig rechtschaffen zu handeln. Wenn man all dies erworben hat, erlangt man einen Grad an Vollkommenheit, der Nähe zum erhabenen Gott bringt. Es ist keine örtliche Nähe, sondern eine Nähe, die durch den Rang erreicht wird, ähnlich der Nähe der auserwählten Engel A 91 zu Gott, dem Allmächtigen und dem Erhabenen. Gott gehört die größte Pracht und die vollständige Vollkommenheit. Alles, was existiert, sehnt sich nach der ihm zustehenden möglichen Vollkommenheit. Dies ist das höchste zu erstrebende Ziel. Wenn es erreicht wird, gelangt D 287 der Mensch zu derjenigen Sphäre der Welt, die sich über ihm befindet. Wenn es ihm untersagt bleibt, sinkt er in die Niedrigkeit herab. Also kann der Mensch entweder die Vollkommenheit erlangen und dadurch die Nähe Gottes, das ist die Sphäre der Engel, erreichen, worin seine Glückseligkeit liegt, oder durch die Laster der Begierde und des Zorns auf die Ebene der Tiere herabstürzen, wodurch er auf die Stufe des Viehs herabsteigt und auf ewig ins Verderben gerät, worin sein Unglück liegt. Er ähnelt dabei einem Rassepferd, dessen Vollkommenheit in der Schnelligkeit seines Laufes liegt. Ist es aber unfähig, diese zu erreichen, sinkt es auf eine niedrigere Stufe und wird zum Last- und Schlachttier. Die Stufen der Vollkommenheit des Menschen in bezug auf Ethik und Wissena S: „unverdiente …“ Ob es sich dabei um ein verdientes oder unverdientes Glück handelt, ist eine Einschränkung von Gh., die über die sprachliche Anwendung des Begriffs hinausgeht, s. lisa¯n …, Bd. 3, S. 148; ta¯ˇg al-2aru¯s, Bd. 8, S. 25. b „Das ist das …“ lediglich bei S u. E.

Was der Tugend der Enthaltsamkeit und ihren Lastern zugeordnet wird

157

schaften sind zahlreich. Deshalb unterscheidet sich die Rangordnung der Menschen im Jenseits, wie sie sich (auch) im Diesseits in der körperlichen Konstitution, in der ethischen Gesinnung, in Reichtum und Wohlstand sowie in allen Lebensumständen unterscheidet.

XX.

A 92 B 92

Über die Motive, die zur Suche nach den diesseitigen Gütern veranlassen, und die, die davon abhalten Was die diesseitigen Güter anbetrifft, so teilen sich ihre Motive (zu ihrem Erwerb) in drei Arten: Erstens sind es derAnreiz und die Einschüchterung in bezug auf das, was sofort und später geschehen wird und was man fürchtet. Zweitens sind es die Hoffnung auf Lob und die Furcht vor Tadel von seiten desjenigen, dessen Lob und Tadel geachtet werden 137 . Drittens ist es das Streben nach Tugend und Vollkommenheit der Seele, weil dies eine Vollkommenheit und Tugend (an sich) ist, und nicht wegen eines anderen, dahinterstehenden Zweckes geschieht. Die erste Art (der Motive) wird durch die Begierde veranlaßt. Das ist die Stufe der gemeinen Menschen. D 288 Die zweite Art ist eine Folge des Anstandes und der Prinzipien des unfähigen Verstandes. Sie bezieht sich auf die Taten der Herrscher, der Vornehmen in dieser Welt und der Schlauen unter den Weisen im Verhältnis zu den gewöhnlichen Menschen. Die dritte Art entspricht der vollkommenen Vernunft; sie erzeugt die Handlungen der Gottesvertrauten, der Weisen und der Scharfsinnigen unter den Vernünftigen. Weil diese Stufen voneinander abweichen, wurde gesagt: „Das Beste, was dem Menschen gegeben wird, ist eine Vernunft, die ihn (von den Missetaten) zurückhält; ansonsten eine Scham, die ihn davon abhält; ansonsten eine Angst, die ihn im Zaum hälta ; trifft dies auch nicht zu, so ist es ein Reichtum, der ihn schützt; wenn auch dies nicht der Fall ist, so wäre das Beste für ihn ein Blitzschlag, der ihn verbrennt, so daß Menschen und Länder Ruhe vor ihm haben.“ Diesem ist jeder Mensch von seiner Kindheit an bis ins hohe Alter ausgesetzt. Denn in den Anfängen der Kindheit kann man ihn durch Lob und Tadel weder ermahnen noch motivieren, sondern nur durch das Angebot an (guter) Nahrung oder durch wirksame Schläge, die er spürt. Wenn er das Alter der Geschlechtsreife erreicht und unterscheidungsfähig wird, so kann man ihn durch Lob und Tadel ermahnen oder anspornen. Der Weg ihn zu ermahnen, ist, das zu tadeln, wovor er zurückschrecken soll, und die Verabscheuung desjenigen, der es dennoch tut. Der Weg, ihn anzuspornen, die Höflichkeit und anderes zu lernen, ist das häufige Loben desjenigen, der sich so verhält, und das Tadeln desjenigen, der dies nicht tut, so daß dies einen eindeutigen Einfluß auf ihn bewirkt. Die Mehrheit der Menschen gelangt nicht über diese beiden Stufen hinaus zu der dritten, so daß ihr Vor-

a

„im Zaum hält“ bei S u. E. Bei den übrigen: „abschreckt“.

Suche nach den diesseitigen Gütern

159

wärtsschreiten und ihr Zurückweichen von diesen Beweg- und Abschreckungsgründen bestimmt werden. Die dritte Stufe ist schwer zu erreichen. Genauso verhält es sich mit den jenseitigen Gütern. Darin unterscheiden sich die Menschen. Denn der Unterschied zwischen jenseitigen und diesseitigen Gütern ist durch Gegenwärtiges und Späteres bestimmt. Ansonsten ist das Gute das erstrebenswerte Ziel jedes Vernünftigen, sei es sofort oder später. Die Motive für das Streben nach dem Guten gehen nicht über diese drei Aufteilungen hinaus. Wer Gott gehorcht und die Sünden gegen ihn unterläßt, befindet sich auf einer der folgenden drei Stufen: Die erste bezieht sich auf denjenigen, der nach dem trachtet, was ihm als Belohnung im Paradies beschrieben worden ist, oder der sich vor der Bestrafung in der Hölle fürchtet, die ihm angedroht worden ist. Das ist die Stufe des Pöbels, aus welchem die Mehrheit der Menschen bestehta . Die zweite betrifft denjenigen, der das Lob Gottes erhofft und sich vor seinem Tadel fürchtet. Ich meine Lob und Tadel aufgrund des islamischen Gesetzes in der Gegenwart. Das ist die Stufe der Frommen. Diese Stufe erlangen viel weniger Menschen als die erste. Die dritte, die als selten und einzigartig gilt, ist die Stufe desjenigen, der nur nach der Nähe des erhabenen Gottes und seinem Wohlgefallen strebt, sein Antlitz sucht und sich der Schar der in Gottes Nähe befindlichen und auserwählten Engel anschließen möchte. Das ist die Stufe der Aufrichtigen (siddı¯qı¯n) und der Prophe˙ mit denen, die morgens ten. Deshalb sagt der erhabene Gott: „Und gedulde dich und abends zu ihrem Herrn beten, indem sie nur sein Antlitz (sehen) wollen.“ 138 Ra¯bi 2a 3l-2Adawı¯ya 139 wurde einmal gefragt: „Bittest du Gott nicht um das Paradies?!“ Sie erwiderte: „Ich bitte ihn zuerst um seine Nähe, dann um die Wohnstätte.“ Ein anderer Mystiker sagt: „Wer Gott einer Gegenleistung wegen anbetet, ist niederträchtig.“ Weil die schwache Vernunft das Wesentliche an dieser Auffassung nicht erfassen kann und die Vernunft vieler Menschen mittelmäßig ist, hat Gott Paradies und Hölle geschaffen, sie den Menschen als Ansporn und Tadel versprochen und beide ausführlich beschrieben. Er ist nur symbolisch auf diese Bedeutungen eingegangen, wie zum Beispiel in seiner Aussage: „…, indem sie sein Antlitz (sehen) wollen“ 140 , und: „Ich habe für meine aufrichtigen Diener vorbereitet, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, noch das Herz eines Menschen jemals ersonnen hat.“ 141 Die Gründe, die den Menschen von diesem Verhalten abbringen, sind entweder Unzulänglichkeit oder Nachlässigkeit. Was die Unzulänglichkeit angeht, so bezieht sie sich auf eine bewegungshemmende Krankheit und auf eine notwendige Betätigung zur Selbsterhaltung, die Ernährung der Familie oder eine ähnliche Tätigkeit. Das ist zu entschuldigen und nicht zu tadeln, jedoch ist ein solcher Mensch der Erlangung der höchsten Vollkommenheit beraubt. Es gibt für ihn kein Heilmittel außer der Zuflucht zu dem erhabenen Gott, um durch seine Güte die Hinderungsgründe zu beseitigen.

a

„Das ist die Stufe des Pöbels“ fehlt lediglich bei D.

A 93 B 93 D 289

D 290

B 94

A 94

160

D 291

B 95

D 292 A 95

Suche nach den diesseitigen Gütern

Die Nachlässigkeit stellt sich in zweierlei Hinsicht dar: Unwissenheit oder übermächtige Begierde. Die Unwissenheit (in diesem Zusammenhang) bedeutet, daß man die jenseitigen Güter, ihren hohen Rang und die Winzigkeit der diesseitigen Genüsse im Verhältnis dazu nicht kennt. Die Unwissenheit hat zwei Stufen: Die erste beruht sowohl auf Sorglosigkeit als auch darauf, keinen belehrenden Ratgeber gefunden zu haben. Die Heilung eines solchen Menschen ist leicht. Dazu bedarf es in jedem Lande einer Gruppe von Gelehrten und Predigern, die die Menschen aus ihrer Sorglosigkeit wecken, sie zur Abkehr vom Diesseits und zur Hinwendung zum Jenseits bewegen, nicht aber in der Weise, die sie von den derzeitigen Predigern gewöhnt sind. Denn diese Weise zu predigen ermutigt die Menschen zur Sünde oder macht ihnen die Religion verächtlich. Die zweite Stufe (dieser Unwissenheit) beruht auf dem Glauben, daß die Glückseligkeit in der Erfüllung der diesseitigen Genüsse und der gegenwärtigen Vorrangstellung liegt. Sie beruht ferner darauf, daß es keinen Grund für den Glauben an das Jenseits gibt, weil der Glaube allein genügt, der jedem Gläubigen, wie auch immer sein Handeln sein mag, verfügbar ist, odera in der Vermutung, daß man nur gerettet wird, indem man sich auf die göttliche Vergebung verläßt und daß Gott großzügig und barmherzig ist und keinen Mangel durch die Sünde der Sündiger erleidet. Deshalb obliegt es ihm (Gott), sich ihrer zu erbarmen. Dies sind verschiedene Arten von Torheiten, die die Menschen von der Anbetung Gottes abhalten und sie ermutigen zu sündigen. Wer aber vermutet, daß das Jenseits nicht existiert, gerät in den reinen Unglauben und bloßen Irrtum. Wann immer dieser Glaube fest verankert ist, verringert sich die Menschlichkeit seiner Anhänger, und sie gehören mit Sicherheit zu den Verdammten. Derjenige aber, der meint, daß der bloße Glaube genüge, ist in bezug auf die Wahrheit des Glaubens unwissend und läßt folgende Aussage des Propheten außer acht: „Wer aufrichtig sagt: ‚Es gibt keinen Gott außer Gott, kommt ins Paradies.‘“ 142 Er berücksichtigt ferner nicht, daß die Bedeutung der Aufrichtigkeit darin liegt, daß Glaube und Handeln seiner (eigenen) Rede entsprechen sollen, damit er kein Heuchler ist. Die unterste Stufe der Aufrichtigkeit ist, daß man seine Leidenschaft nicht zu seinem Gott macht. Denn wer seiner Leidenschaft folgt, wird deren Sklave, und sie wird zu seinem Gott. Dieses Verhalten macht die Aussage des Propheten (Muhammad): „Es gibt keinen Gott außer Gott“ zunichte, und es ist unvereinbar ˙ Aufrichtigkeit. mit der Wer glaubt, daß die jenseitige Glückseligkeit durch die bloße Aussage: „Es gibt keinen Gott außer Gott“ erreicht werden kann, ohne dies durch das Handeln zu bestätigen, der ähnelt demjenigen, der glaubt, daß die Speise allein durch seine Aussage: „Ich habe Zucker hineingetan“ süß werde, ohne dies wirklich getan zu haben, oder er ähnelt demjenigen, der glaubt, daß das Kind durch die bloße Aussage: „Ich habe mit der Frau einen Beischlaf gehabt“ entstehe, ohne (wirklich)

a

Bei S u. E: „und“. Bei allen anderen „oder“.

Suche nach den diesseitigen Gütern

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einen Beischlaf mit ihr gehabt zu haben, oder demjenigen, der glaubt, daß die Pflanze durch seine Aussage: „Ich habe Samen gestreut“ heranwüchse, ohne ihn (wirklich) gestreut zu haben. Ebenso wie diese Wirkungen im Diesseits ohne das Vorhandensein ihrer Ursachen nicht erreicht werden können, so verhält es sich auch mit der Angelegenheit des Jenseits. Die Angelegenheit beider, Diesseits und Jenseits, ist ein und dieselbe. Der Begriff „Jenseits“ wird hier spezifisch auf die Angelegenheit des Jenseits bezogen, weil es ein späteres Stadium bezeichnet. Der Eintritt in die Welt durch die Geburt ist ein Jenseits im Verhältnis zum Dasein im Mutterleib; das Erreichen des verantwortungsfähigen Alters ist ein Jenseits im Verhältnis zu der vorherigen Altersstufe, und das Erreichen der Stufe des erwachsenen Alters ist ebenfalls ein Jenseits im Verhältnis zu dem vorherigen Alter. Dies sind aufeinanderfolgende Stufen der Schöpfung. Der Tod ist eine andere Form von Entwicklung und eine andere Art von Fortschritt sowie eine andere Weise von Geburt und Übergang von einer Welt in eine andere, wie der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Das Grab ist entweder eine der ˙ Gruben der Hölle oder einer der Gärten des Paradieses“ 143 , das heißt, daß der Tod B 96 nur ein Austausch der Wohnstätten ist. Wie derjenige, der sich auf die Barmherzigkeit und die Güte Gottes verläßt, D 293 durstig und hungrig verharrt und den Weg zum Trinken des Wassers und Einnehmen des Brotes nicht beschreitet, ins Verderben geht, und wie derjenige, der sich auf ihn im Streben nach Reichtum verläßt und keine Geschäfte betreibt, den Reichtum nicht erhält und törichta wird, so verhält es sich mit denjenigen Menschen, die mit dem folgenden koranischen Vers gemeint sind: „Diejenigen, die das Jenseits haben möchten und sich mit dem entsprechenden Eifer darum bemühen und dabei gläubig sind, finden für ihren Eifer (dereinst bei Gott) Dank (und Anerkennung).“ 144 Deswegen macht Gott darauf aufmerksam, indem er sagt: „Und daß dem Menschen (dereinst) nichts anderes zuteil wird als das, wonach er (in seinem Erdenleben) strebt, …“ 145 Wenn man erkennt, daß Gott die vollkommene Herrlichkeit hat, daß die höchste Glückseligkeit in der Nähe zu ihm liegt, daß die Nähe zu ihm nicht räumlich ist, sondern in der größtmöglichen Aneignung der Vollkommenheit besteht, und daß die Vollkommenheit der Seele durch Wissen und Handeln sowie durch die Erkenntnis der Wahrheit der Dinge beim Vorhandensein einer guten ethischen Gesinnung erlangt wird – wie kann man sich dem erhabenen Gott nähern, wenn man nicht vollkommen ist? Wenn jemand, der beim König einen höheren Rang durch eine Art Wissen er- A 96 langen möchte, im Verlaß auf die Großzügigkeit des Königs in seinem Hause untätig bleiben und in seiner Mangelhaftigkeit verharren würde und während der Nacht im Vertrauen auf Gottes Güte nicht fleißig wäre im Streben nach dem Wissen, um so der Beste seiner Zeitgenossen zu werden – denn die Güte des allmächtigen und erhabenen Gottes ist allumfassend und seine Allmacht um so größer –, diesem Menschen würde gesagt: Das ist ein Verhalten angefüllt mit Absurdität

a

„töricht“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „unglücklich“.

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und Torheit, lediglich äußerlich mit einer Rede geschmückt, die man für lobenswert hält. So verhält es sich mit demjenigen, der durch Untätigkeit und Trägheit die Glückseligkeit im Jenseits erlangen will.

XXI. Über die verschiedenen Arten des Glücks und der Glückseligkeit 146 Die Güter des erhabenen Gottes, auch wenn sie im einzelnen nicht aufzuzählen sind, lassen sich in ihrer Gesamtheit zu fünf Arten zusammenfassen. Die erste ist die jenseitige Glückseligkeit, welche Ewigkeit ohne Ende, Freude ohne Kummer, Wissen ohne eine Spur von Unwissenheit, Reichtum ohne Verarmung bedeutet. Man kann diese nur durch die zweite Art der Güter Gottes erreichena , welche die seelischen Vorzüge umfaßt, die wir vorher zu vier Arten zusammengefaßt haben. Die Vernunft, deren Vollkommenheit das Wissen ist, die Enthaltsamkeit, deren Vollkommenheit die Gottesfurcht ist, die Tapferkeit, deren Vollkommenheit der innere Kampf ist, die Gerechtigkeit, deren Vollkommenheit in der gerechten Behandlung anderer liegt: Dies sind wahrhaftig die Gründe der Religion. Diese Vorzüge werden durch die dritte Art vervollkommnet. Es sind die körperlichen, die sich auf vier Bereiche beziehen: Gesundheit, Kraft, Schönheit und lange Lebensdauer. Sie werden durch die vierte Art vervollkommnet, die sich auf den sozialen Bereich des Menschen bezieht. Sie gliedern sich in vier Bereiche: Reichtum, Verwandtschaft, Macht und edle Herkunft. Der vollständige Nutzen dieser Vorzüge wird erst durch die fünfte Art ermöglicht. Sie umfaßt die Vorzüge, die man durch die göttliche Hilfe erlangen kann. Es sind vier: die rechte Leitung, seine Unterweisung (zur richtigen Einsicht), seine Führung (zum Ziel) und sein Beistand. Außer der jenseitigen Glückseligkeit sind dies sechzehn Arten von Glück. Es gibt keine Möglichkeit, eine dieser Arten von Glück durch Anstrengung zu erwerben, außer den seelischen Vorzügen in der Weise, wie wir es zuvor dargestellt haben. Du weißt (nun), daß diese Arten von Glück fünf an der Zahl sind: jenseitige, seelische, körperliche, soziale und die, die auf göttlicher Hilfe beruhen. Die einen brauchen die anderen entweder notwendigerweise wie die seelischen Vorzüge, ohne die die jenseitige Glückseligkeit nicht erreicht werden kann, und wie die Gesundheit des Körpers, ohne die die seelischen Vorzüge nicht erlangt werden können; oder nützlicherweise wie etwa das Bedürfnis nach den sozialen Vorzügen, denn wenn Reichtum, Familie und edle Herkunft nicht vorhanden sind, so fehlen die Bedingungen für die Erlangung dieser Arten von Vorzügen. Wenn du fragst: Wozu braucht man die sozialen Vorzüge wie Reichtum,Ver-

a „Man kann diese nur …“ nach S u. E, nach den übrigen: „Man kann diese nur durch Gott erreichen und ohne die zweite Art nicht vervollkommnen, welche …“

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Verschiedene Arten des Glücks

wandtschaft, Macht und edle Herkunfta ?, so wisse, daß diese Dinge einem Flügel ähneln und wie ein Instrument sind, das leicht zum Ziel führt. Der Reichtum ist deshalb erforderlich, weil der Arme, der nach Vollkommenheit strebt, wie derjenige ist, der ohne Waffen in den Krieg zieht, und wie ein Falke, der auf der Jagd ist und keine Flügel hat. Darum sagt der Gepriesene (Muham˙ 147 mad): „Welch vortrefflicher Reichtum ist das für den aufrichtigen Menschen.“ Ferner sagt er: „Welch vortreffliche Hilfe ist der Reichtum für die Anbetung Gottes!“ 148 Wie kann dies der Fall sein? Wer kein Geld hat, dessen Suche nach Essen, Kleidung, Wohnung und anderen D 297 Lebensnotwendigkeiten beansprucht viel Zeit, so daß er keine Möglichkeit mehr hat, sich dem Erwerb des Wissens zu widmen, das die ruhmreichste aller Tugenden ist. Durch das Fehlen von Geld kann er die tugendhaften Handlungen der Pilgerfahrt, des Entrichtens von Armensteuern und des Spendens sowie der Ausbreitung von gütigen Handlungen nicht durchführen. Was die Familie und die aufrichtige Nachkommenschaft anbetrifft, so ist das Bedürfnis nach ihnen offensichtlich. Die aufrichtige Frau ist ein Acker für den Mann und Schutz für seine Religion. Der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Welch vortrefflicher Beistand für die ReligiB 99 on ist die aufrichtige ˙Frau!“ 149 Über die Nachkommenschaft sagt er: „Wenn der Mensch stirbt, hört seine Tätigkeit auf, und nichts nützt ihm außer einem der drei folgenden Dinge: dauerhafte Spende, ein Wissen, das für andere nützlich ist, oderb ein aufrichtiges Kind, das für ihn betet.“ 150 Wann auch immer ein Mensch zahlreiche Familienangehörige und Verwandte hat, die ihm helfen, so sind sie für ihn wie Ohren, Augen und Hände, so daß er durch ihre Hilfe vieles von den diesseitigen Angelegenheiten leichter erledigen kann, für die er lange Zeit benötigen würde, wenn er sie allein durchführen müßte. Je leichter die diesseitigen Lebensnotwendigkeiten zu erfüllen sind, desto besser kann sich das Herz konzentriert dem Gottesdienst und der Wissenschaft widmen. Dies ist für die Erfüllung der religiösen Pflichten hilfreich. Was die Macht anbetrifft, so kann sich der Mensch mit ihrer Hilfe gegen Unrecht wehren. Denn es wird immer einen Feind für den Muslim geben, der ihm Schaden zufügt und Unrecht tut, ihn stört und sein Denken beschäftigt. Deshalb sagt man: „Religion und Herrschaft gehören zusammen wie Zwillinge“, ferner: A 99/D 298 „Die Religion ist die Grundlage, und der Herrscher ist ein Wächter.“ Was aber keine Grundlage besitzt, verfällt, und was keinen Wächter hat, geht verloren. Deshalb sagt der Erhabene (Gott): „Und wenn Gott nicht die einen Menschen durch die anderen zurückgehalten hätte (indem er ihnen aus ihren eigenen Reihen Widersacher entstehen ließ), wäre die Erde dem Unheil verfallen.“ 151 Kurz gesagt, /ist die Abwehr des Unheils erforderlich, damit die Menschen sich auf die Gottesanbetung konzentrieren können. Dies kann nur durch eine Art

a „Macht und edle“ fehlt bei S, E u. Ae, jedoch scheint es sich um eine unabsichtliche Auslassung zu handeln, da sie oben mitaufgezählt werden. b „oder“ bei allen außer S. Bei E: „und“.

Verschiedene Arten des Glücks

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Macht erlangt werden. Was zum Guten führt, ist auch gut;/a genauso ist alles, was die Abwendung vom Guten verhindert, auch gut. Was die edle Herkunft und die angesehenen Väter anbetrifft, so könnte man dies geringschätzen, indem man sagt: Der Mensch zählt durch sich selbst; die Menschen sind Kinder ihrer guten Handlungen, und die Wertschätzung jedes Einzelnen beruht auf dem, was er gut kann. Gewiß, wenn die edle Herkunft /ohne/ edle Seele der edlen Seele ohne edle Herkunft gegenübergestellt wird, so ist /die edle Herkunft/b zu verachten. Wenn aber zur edlen Seele die edle Herkunft hinzukommt, kann deren Hochschätzung nicht geleugnet werden: „Unter den Menschen suche einen, der Edelmut mit Demut kann vereinen. Dann suche seinen Sohn, der, edler noch, sitzt auf dem höchsten Thron.“ 152 Eine der Bedingungen der Staatsführung ist die edle Herkunft; es wird gesagt, daß alle Herrscher aus dem Stamm Qureisch kommen sollen. Wie könnte es auch anders sein, wo doch die ethische Gesinnung vom Gemüt abhängt und von den Wurzeln aus zu den Zweigen geht. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad): „Wählt für euren Samen (die richtigen Frauen)“ 153 , und er sagt: „Hütet˙ euch vor einer grünen Pflanze inmitten von Mist“ 154 , das heißt vor der schönen Frau von schlechter Herkunft. Dies gehört auch zu den Arten des Glücks. Wir meinen damit nicht die Zugehörigkeit zu einer edlen Familie, zu den Herrschern und Fürsten, sondern die Zugehörigkeit zu den reinen und geläuterten Seelen, die mit Wissenschaft, Gottesanbetung und Vernunft geschmückt sind. Wenn du aber sagst: Was nützen die körperlichen Vorzüge?, so antworten wir: Das Bedürfnis nach Gesundheit, Kraft und langem Leben kann nicht bezweifelt werden. Die Schönheit aber ist geringzuschätzen. Deshalb wird gesagt, es genüge, daß der Körper frei von Krankheiten ist, die von der Suche nach Tugenden abhalten. Gewiß nützt die Schönheit allein wenig, jedoch gehört sie zum Glück und zur Glückseligkeit im allgemeinen. Was das Diesseits anbetrifft, so ist dies einleuchtend. Im Jenseits gehört sie zur Glückseligkeit und zum Glück in zweierlei Hinsicht: 1. Die Häßlichkeit ist tadelnswert, und die Menschen zeigen ihr gegenüber von Natur aus eine Abneigung. Die Wünsche eines schönen Menschen werden meistens erfüllt. Die Schönheit ist also, wie der Reichtum, ein Flügel, der zum Ziel führt. Was im Diesseits zur Erfüllung von Wünschen beiträgt, trägt auch im Jenseits dazu bei. Denn man erlangt das Jenseits durch die Mittel des Diesseits. 2. Die Schönheit weist meistens auf die Tugend der Seele hin; denn wenn das Licht der Seele vollkommen ist, gelangt es auch zum Körper. Oft stehen Äußeres und Inneres in engem Zusammenhang. Deshalb achten die Physiologen auf die Haltung des Körpers und schließen daraus auf die innere ethische Gesinnung. Das Auge und das Gesicht sind ein Spiegel des Inneren. Deshalb werden in ihnen a b

/…/ fehlt lediglich bei S. /…/ Auslassung nur bei S.

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Verschiedene Arten des Glücks

Zeichen des Zorns, der Trauer, und der Freude sichtbara . Es wird gesagt: „Die Fröhlichkeit des Gesichts ist ein Zeichen für das, was die Seele verbirgt, und auf der Erde gibt es kein häßliches Lebewesen, es sei denn, daß sein Gesicht noch häßlicher ist.“ Eines Tages nahm al-M3mu¯n 155 eine Parade ab. Ein häßlicher Mann wurde ihm vorgeführt. Er wollte ihn befragen, jener aber stotterte. Der Kalif entfernte ihn (aus der Truppe) und sagt: „Wenn der Geist auf das Äußere ausstrahlt, so ist er erklärend, und wenn er auf das Innere ausstrahlt, so ist er entblößend. Jener (Soldat) aber hat weder Inneres noch Äußeres.“b In diesem Zusammenhang sagt der Gepriesene (Muhammad): „Strebt nach Erledigung eurer Anliegen bei den ˙ Gesichter haben“ 156 , und ferner sagt er: „Wenn ihr einen Menschen, die schöne Gesandten schicken wollt, so wählt den, der sowohl ein schönes Gesicht als auch einen schönen Namen hat.“ 157 Islamische Juristen sagen darüber: „Wenn die Betenden gleichrangig sind, so hat derjenige mit dem schönsten Gesicht die Priorität, Vorbeter zu werden.“ 158 Der erhabene Gott sagt gnädig: „Gott hat ihn (den Saul) vor euch auserwählt und ihm ein Übermaß an Wissen und Körper(größe) verliehen.“ 159 Wir meinen mit Schönheit also nicht das, was Begierde hervorruft, denn dies ist eine weibliche Eigenschaft. Wir meinen damit die Größe und die gerade Haltung mit einem angemessenen Körpergewicht, mit wohlproportionierten KörD 301 perteilen und harmonischen Gesichtszügen, so daß niemand es verabscheut, diese anzuschauen. Wenn du nach dem Sinn der auf göttlicher Hilfe beruhenden Tugenden fragst, welche die rechte Leitung, die Unterweisung, zur richtigen Einsicht, die Führung A 101 (zum Ziel) und der Beistand Gottes sind, so wisse, daß der Mensch niemals und in keiner Situation den von Gott erhaltenen Erfolg entbehren kann. Das bedeutet also, daß der Wille und das Handeln des Menschen mit Gottes Entscheidung und seiner Vorherbestimmung in Einklang sein müssen. Die Hilfe Gottes kann sowohl bei Gutem als auch bei Bösem gebraucht werden. Sie ist aber bei guten und glückbringenden Dingen bekannt geworden. Das Bedürfnis nach Erfolg durch göttliche Hilfe ist einleuchtend. Deshalb wird gesagt: „Des Menschen Geist und Kraft erschlafft, wenn Gott ihm keinen Beistand schafft.“ 160 Was die rechte Leitung anbetrifft, so kann der Mensch nur mit ihrer Hilfe nach den Tugenden streben. Denn sie ist der Anfang alles Guten, wie der Erhabene selbst sagt: „Unser Herr ist der, der einem jeden Ding seine kreatürliche Art (oder seine Existenz) gegeben und hierauf (die Menschen) rechtgeleitet hat“ 161 , und auB 102 ßerdem: „Und wenn nicht Gott seine Huld und Barmherzigkeit über euch würde walten lassen, wäre keiner von euch jemals (von Sünden) rein. Aber Gott erklärt für rein, wen er will.“ 162 In diesem Zusammenhang sagt der Gepriesene (Muham˙ mad): „Keiner kommt ins Paradies ohne Gottes Barmherzigkeit“, das heißt ohne seine rechte Leitung. Man fragte: „Sogar du nicht, Gesandter Gottes?“ Er antwortete: „Sogar ich nicht.“ 163 a

Bei S. „der Freude“ fehlt bei E. Bei den übrigen: „… Zeichen des Zorns und des Bösen“. Bei S u. E. Bei den übrigen: „Wenn der Geist auf das Äußere ausstrahlt, so enthüllt er das Innere.“ b

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Die rechte Leitung hat drei Stufen: Die erste besteht darin, den Weg zum Guten und zum Bösen zu zeigen, worauf in folgendem koranischem Vers verwiesen wird: „… und haben wir ihm (dem Menschen) die beiden Wege gezeigt?“ 164 Der erhabene Gott hat dieses als Gabe all seinen Dienern geschenkt, den einen durch die Vernunft, den anderen durch die Gesandten. Deshalb sagt er: „Und was die Tamu¯d ¯ angeht, so leiteten wir sie (wohl) recht. Aber sie zogen die Blindheit der Rechtleitung vor.“ 165 Auf der zweiten Stufe versorgt Gott den Menschen mit seinen Gaben von Zeit zu Zeit je nach seiner Fortentwicklung in den Wissenschaften und der Zunahme seiner guten Taten. Das ist das, was mit der Aussage des Erhabenen gemeint ist: „Diejenigen aber, die recht geleitet sind, bestärkt er noch in ihrer rechten Leitung und macht sie (erst recht) gottesfürchtig.“ 166 Die dritte Stufe ist das Licht, welches in der Welt der Vertrauten Gottes und der Propheten leuchtet, durch dessen rechte Leitung man mehr erlangen kann als durch die Tätigkeit der Vernunft, durch welche die religiösen Pflichten auferlegt werden und die Fähigkeit zum Lernen ermöglicht wird. Das ist es, was mit der Aussage des Erhabenen gemeint ist: „Sag: Die rechte Leitung ist (allein) die von Gott.“ 167 Also weist er es (das Licht ) sich selbst zu und nennt es die absolute rechte Leitung. Das ist das, was in seiner Aussage „Leben“ genannt wird: „Ist denn einer, der tot war und den wir dann zum Leben erweckt und dem wir Licht gegeben haben, in dem er unter den Menschen umhergeht, (gleich) wie einer, der in der Finsternis ist und nicht aus ihr herauskommen kann?“ 168 , und in seiner Aussage: „Ist denn einer, dem Gott die Brust für den Islam geweitet hat, so daß er (nunmehr) von seinem Herrn erleuchtet ist (gleich einem, der verstockt ist und im Finstern tappt)?“ 169 Mit der Unterweisung zur richtigen Einsicht meinen wir die göttliche Vorsehung, die dem Menschen bei der Verwirklichung seiner Ziele hilft, ihn bei der Erlangung des Guten unterstützt und ihn von dem abhält, was sein Verderben bewirken könnte. Dies geht vom Inneren (des Menschen) aus, wie der Erhabene sagt: „Und schon früher haben wir doch dem Abra¯ha¯m die rechte Leitung gegeben. Wir wußten über ihn Bescheid.“ 170 Erfolgreiche Führung (zum Ziel) bedeutet, daß Gott den Willen des Menschen und seine Bewegung zum gewünschten Ziel lenkt, um es in kurzer Zeit erreichen zu können. Die rechte Leitung geschieht durch eine Unterrichtung (mit Hilfe göttlicher Eingebung). Die erfolgreiche Führung zum Ziel bedeutet Hilfe und Beistand dadurch, daß Gott den Menschen zum Ziel hin in Bewegung setzt. Gottes Beistand bedeutet die Stärkung des Menschen, innerlich durch die Scharfsinnigkeit, äußerlich durch die Kampfbereitschaft. Das ist das, was mit der Aussage des Erhabenen (Gott) gemeint ist: „Jesus, Sohn der Maria! Gedenke meiner Gnade, die ich dir und deiner Mutter erwiesen habe, als ich dich mit dem Heiligen Geist stärkte, so daß du (schon als Kind) in der Wiege zu den Leuten sprachst …“ 171 Dies steht der Unfehlbarkeit nahe, welche eine göttliche Ausströmung (Emanation) ist, durch die der Mensch bestärkt wird, das Gute zu suchen und das Böse zu

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Verschiedene Arten des Glücks

vermeiden, bis man in seinem Inneren in unbewußter Weise ein Hindernis gegen das Böse bildeta . Das ist mit seiner Aussage gemeint: „Und sie verlangte nach ihm (Joseph); und auch er hätte nach ihr verlangt, wenn er nicht ein Zeichen von seinem Herrn gesehen hätte.“ 172 Diese Dinge könnten sich nicht ereignen, es sei denn, daß Gott den Menschen mit einem scharfen und klaren Verstand, einem feinen und aufmerksamen Gehör, einem scharfsichtigen und wachsamen Herz, einem vertrauenswürdigen Lehrer und einem Reichtum versorgt, der das Lebensnotwendige übersteigt, weil das Wenige nicht ausreicht, zu viel aber den Menschen von der Religion abwenden würde; außerdem sind eine Sippe und eine Macht nötig, durch die der Mensch vor der Torheit der Törichten bewahrt und vor dem Unrecht der Feinde geschützt wird. Durch diese Mittel wird die Glückseligkeit vollkommen.

a

„bis man …“ bei allen außer D: „bis diese in unbewußter Weise von seinem Inneren ausgeht.“

XXII.

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Über Ziele und Bedeutungen der verschiedenen Arten des Glücks 173 Wisse, daß die wahrhaftige Glückseligkeit die jenseitige ist. Außer in bezug auf das Jenseits wird der Begriff entweder im metaphorischen Sinne oder falsch verwendet, wie etwa das diesseitige Glück, welches nicht zur Erreichung der jenseitigen Glückseligkeit beiträgt, oder im eigentlichen Sinne, wobei jedoch die Anwendung des Begriffs auf das Jenseits richtiger ist. Er beinhaltet alles, was zur jenseitigen Glückseligkeit führt und zu ihrer Erlangung verhilft; denn das, was zum Guten und zum Glück führt, kann auch Gutes und Glück genannt werden. Die hierzu hilfreichen und nützlichen Mittel können in vier Abschnitten erklärt werden. Der erste Abschnitt: a) was in jeder Situation nützlich ist, das sind die seelischen Vorzüge; b) was in manchen Situationen nützlich ist, in anderen nicht, wobei der Nutzen aber überwiegt, wie zum Beispiel ein bescheidenes Vermögen; c) was für die meisten Menschen schädlich ist, wie ein großes Vermögena und wie manche Wissenschaften und Künste. Weil dies bei vielen Menschen Verwirrung hervorruft, muß der Vernünftige Schutz in der Erkenntnis der Wahrheit dieser Dinge suchen, damit das Schädliche das Nützliche, das Niedrige das Erhabene und das Unedle das Edle und Wichtige nicht beeinflußtb , und so wird dem Menschen der Weg zur Glückseligkeit zu lang. Denn wie oft gibt es jemanden, der etwas Angeschwollenes für Fett hält 174 , oder jemanden, der einen Gürtel sucht, um ihn sich umzubinden, jedoch eine Schlange nimmt, die er für einen Gürtel hält, und so von ihr gebissen wird. Die wahrhaftige Wissenschaft deckt diese Dinge auf. Der zweite Abschnitt: Die Güter lassen sich unter einem anderen Aspekt folgendermaßen aufteilen: a) das, was um seiner selbst willen begehrt wird; b) das, was wegen anderer Güter begehrt wird; c) das, was einmal um seiner selbst willen, ein anderes Mal wegen anderer Güter begehrt wird. Man sollte deren Rangordnung erkennen, damit man den Wert einer jeden Rangstufe richtig einschätzt. a) Das, was um seiner selbst willen begehrt wird, ist die jenseitige Glückseligkeit. Denn über dieses Ziel hinaus gibt es kein höheres. b) Das, was wegen anderer Güter begehrt wird, ist zum Beispiel der Reichtum, den man um anderer Güter willen begehrt, wie etwa Dirhams und Dinare. Wenn die Bedürfnisse der Menschen mit deren Hilfe nicht befriedigt werden könnten, so wären sie (diese Gelder) wie Kiesel und andere wertlose Steine. c) Das, was einmal um seiner selbst willen, a

„… wie ein großes Vermögen“ lediglich bei S u. E. Bei S u. E. Bei allen übrigen: „damit das Schädliche das Nützliche nicht beeinflußt, sondern das Nützliche das Erhabene und das Erhabene das Wertvolle und Wichtige.“ „Das Wichtige“ fehlt bei E. b

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Ziele und Bedeutung des Glücks

ein anderes Mal wegen anderer Güter begehrt wird, ist zum Beispiel die Gesundheit des Körpers. Selbst wenn der Mensch auf das Laufen, wofür die Gesundheit des Beines erforderlich ist, verzichtet, so möchte er doch das gesunde Bein um der Gesundheit selbst willen. Der dritte Abschnitt: Die Güter lassen sich unter einem anderen Aspekt folgendermaßen aufteilen: a) nützlich, b) schön, c) köstlich. Das Böse läßt sich ebenfalls in dreierlei Hinsicht aufteilen: a) schädlich, b) häßlich, c) schmerzlich. Jedes der beiden (Gutes und Böses) ist entweder absolut oder relativ. Das absolute Gute umfaßt alle drei Eigenschaften, die zum Guten gehören, wie etwa die Weisheit. Sie ist nützlich, schön und köstlich. In bezug auf das Böse läßt sich die Unwissenheit als Beispiel nennen. Sie ist schädlich, häßlich und schmerzhaft. Das relative Gute enthält einige dieser Eigenschaften. Denn es ist möglich, daß es etwas Nützliches gibt, welches schmerzhaft ist, wie etwa die Amputation eines überzähligen Fingers oder einer hervorstehenden Geschwulst. b) Möglicherweise gibt es etwas Nützliches, das häßlich ist, wie die Torheit, denn sie bedeutet Ruhe. Man sagt: „Wer keinen Verstand hat, ruht“, das heißt, er sorgt sich nicht um die Folgen seiner D 307 Handlungen, so daß er sofort zur Ruhe kommt. c) Vielleicht gibt es etwas, das einerseits nützlich, andererseits schädlich ist, wie etwa, wenn man aus Angst vor dem Untergang des Schiffes den Reichtum ins Meer wirft, denn dies schadet dem Reichtum, ist aber für das Überleben nützlich. Das Nützliche läßt sich in zweierlei Hinsicht aufteilen: a) das, was notwendig ist, wie etwa die seelischen Tugenden, die zur Erlangung der jenseitigen Glückseligkeit beitragen, und b) das, was nicht notwendig ist, weil es ersetzbar ist, wie der Sauerhonig, welcher zur Beruhigung der Galle angewandt wird. Der vierte Abschnitt: Die Genüsse lassen sich gemäß den drei Fähigkeiten und den drei Formen der begehrten Dinge in drei Arten aufteilen; denn der Genuß besteht in der Wahrnehmung des Begehrten, und die Begierde ist die Motivierung der Seele zur Erlangung dessen, was diese begehrt. Der Genuß ist a) ein geistiger, b) ein körperlicher, den Mensch und Tier teilen, c) ein körperlichera , den nur einige Tiere mit den Menschen gemein haben. Die geistigen Genüsse sind wie die des Wissens und der Weisheit, letztere sind sehr selten und ruhmreich. Sie (die Weisheit) ist deshalb selten, weil sie nur von A 105 einem Weisen genossen wird. Die Unfähigkeit des Säuglings, den Genuß des Honigs, der köstlichen Vögel und der vortrefflichen Süßigkeiten wahrzunehmen, beweist nicht, daß diese Dinge nicht köstlich sind. Die Tatsache, daß der Säugling Genuß an B 106 der Milch findet, beweist ebenfalls nicht, daß sie das köstlichste aller Dinge ist. Alle Menschen, bis auf sehr wenige, sind durch die Macht der Unwissenheit in der Unfähigkeit gefangen, die Stufen der Wissenschaften zu erreichen. Deshalb genießen sie die Wissenschaften nichtb : „Bei Bitterkeit und Seelenqual schmeckt selbst das klare Wasser schal.“ 175 a „c) ein körperlicher, …“ fehlt nur bei S an dieser Stelle, es wird aber später auf diesen Punkt eingegangen. b Bei S u. E. Bei den übrigen: „deshalb genießen sie die Unwissenheit …“

Ziele und Bedeutung des Glücks

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Sie (die geistigen Genüsse) sind deshalb ruhmreich, weil sie dauerhaft, unveränderlich, beständig und ewig sind und weil ihre Früchte auch im Jenseits unzählig sind. Wenn derjenige, der über das Edle und Ewige verfügt, sich mit dem Niedrigen und Vergänglichen zufriedengibt, so ist er von krankhaftem Verstand und gefangen in Elend und Feigheit. Das mindeste, was sich hierzu sagen läßt, ist, daß die seelischen Tugenden, insbesondere das Wissen und die Vernunft, keine Helfer und Bewacher brauchen im Gegensatz zum Reichtum. Denn das Wissen beschützt dich, und du beschützt den Reichtum. Das Wissen vermehrt sich, wenn man es weitergibt, der Reichtum aber verringert sich. Das Wissen ist uneingeschränkt und in jeder Situation nützlich, der Reichtum aber führt das eine Mal zum Laster, das andere Mal zur Tugend. Deshalb wird er an manchen Stellen im Koran getadelt, obwohl er an anderen als gut bezeichnet wird. b) Die zweite Art von Genuß ist Mensch und Tier gemeinsam, wie der Genuß der Speisen, der Getränke und des Sexuellen. Diese Genüsse sind am weitesten verbreitet. c) Die dritte Art von Genuß, an denen der Mensch und einige Tiere teilhaben, ist der Genuß des Herrschens und des Siegens, der bei Vernunftbegabten am stärksten ausgeprägt ist, wenn sie nicht die Stufe der Gottvertrauten erreicht haben. Dies ähnelt dem Genuß der Sexualität, des Essens und des Trinkens, nach dem die breite Masse, die nicht die Stufe der Vernünftigen erreicht hat, heftiges Verlangen verspürta . Deshalb wird gesagt: „Das letzte, was aus den Köpfen der aufrichtigen Menschen verschwindet, ist ihre Liebe zur Herrschaft.“ Wie kann der Genuß des Beischlafs und des Essens ein absoluter Genuß sein, wo er doch einerseits ein Schmerzb , andererseits die Aufhebung eines Leidens ist? In diesem Zusammenhang sagt al-Hasan 176 : „Der Mensch wird durch den Hunger ˙ zu Boden geworfen und durch die Sattheit getötet.“ Es gibt in der Welt insgesamt sieben Genüsse: Essen und Trinken, Heiraten, Sichkleiden, Wohnen, Riechen, Hören und Sehen. Alle insgesamt sind niedrig, wie es von (dem Kalifen) 2Alı¯ 177 – möge Gott Wohlgefallen an ihm haben – überliefert wird. Denn er sagte zu 2Amma¯r ibn-Ja¯sir 178 , als er ihn traurig und tief seufzend sah: „O 2Amma¯r! Wenn du über das Jenseits seufzt, so hast du gewonnen; wenn du aber über das Diesseits seufzt, dann hast du verloren. Denn die Genüsse des Diesseits beschränken sich auf die Speisen, die Getränke, das Sexuelle, die Kleider, die Wohnungen, die Düfte, die Töne und die sichtbaren Dinge. Von den Speisen ist der Honig die beste, obwohl er ein Produkt von Bienen ist. Was die Getränke anbetrifft, so ist das Wasser das Beste unter ihnen; es ist eine gewöhnliche Sache, solange es einem zur Verfügung steht, aber das Teuerste, wenn es fehlt. Was die sexuellen Genüsse anbetrifft, so beziehen sie sich auf die Vereinigung von Organen, die dem Urinieren dienen. Es sollte dir als Beweis doch genügen, a „der bei Vernunftbegabten …“ lediglich bei S u. E. Bei den übrigen heißt es sehr verkürzt: „der beim Menschen am stärksten ausgeprägt ist.“ b „einerseits ein Schmerz …“ lediglich bei S u. E. Bei den übrigen: „wo er doch in mancher Hinsicht die Aufhebung eines Leidens ist?“

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daß die Frau ihr Schönstes (das Gesicht) schminkt und man von ihr das Häßlichste (den Schoß) will. Der beste der Stoffe ist die Seide, obwohl sie das Produkt eines Wurmes ist. Der beste unter den Düften ist der Moschus, welcher dem Blut einer Ratte entnommen wird. Die Töne sind ein Wind, der durch die Luft weht. Die sichtbaren Dinge sind Schatten, die vergänglich sind.“ Das sind seine Worte. D 310 Das Übel liegt darin, daß man von diesen Genüssen angewidert ist, sobald man sie befriedigt hat. Man sollte den Vergleich ziehen zwischen dem Zustand nach dem Beischlaf und dem Essen und dem Zustand, der der Befriedigung vorhergeht. Ferner sollte man darüber nachdenken, wie das erstrebte Ziel nach seiner Erfüllung zu einer Sache wird, vor der man sofort fliehen möchte. Wie kann dies mit dem verglichen werden, dessen Genuß immerwährend ist und dessen Ruhea niemals vergeht. Das ist die Freude an der Vollkommenheit der Seele durch die seelischen Vorzüge, insbesondere die Freude daran, sich dieser Genüsse durch Wissen und Vernunft zu bemächtigen.

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„und dessen Ruhe …“ fehlt lediglich bei S u. E.

XXIII.

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Über lobens- und tadelnswerte Handlungen, die durch das Verlangen nach Nahrung, sexuelle Begierde und Veranlagung zum Zorn hervorgerufen werden 179 Die Begierde nach Nahrung veranlaßt zum Essen. Es gibt notwendiges und nicht notwendiges Essen. Das notwendige Essen ist für die Erhaltung des Körpers unentbehrlich, wie das Essen, durch das man sich ernährt, und das Wasser, durch das man seinen Durst stillt. Das notwendige Essen ist: a) lobenswert, b) verwerflich, und c) verbotena . a) Lobenswerte Ernährung bedeutet, sich ausschließlich auf jenes Essen zu beschränken, durch welches man stark wird, um sich mit Wissen und Handeln zu beschäftigen. Würde man darauf verzichten, verlöre der Körper an Kraft und wäre funktionsunfähig. Wenn man diese Menge von der Quelle nimmt, die man selbst auswählt, und wenn man sich so ernährt, wie man möchte, so ist das zu entschuldigen, ja man wird sogar gelobt und belohnt; denn der Körper ist ein Vehikel der Seele, mit dem sie die Rangstufen zum erhabenen Gott erlangen kann. Wie der heilige Kampf ein Gottesdienst ist, so ist die Versorgung des Kampfpferdes mit dem, was zum Aufmarsch in den Kampf befähigt, auch ein Gottesdienst. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad): „Wenn die Aufrichtigen essen, steigt die Barmherzigkeit Gottes herab.“˙180 Dies geschieht, wenn man es in der Weise desjenigen tut, der sich gezwungen sieht, etwas zu sich zu nehmen, jedoch gerne darauf verzichten würde, wie man sich gezwungen sieht, auf den Abort zu gehen, wünscht er sich, darauf verzichten zu könnenb . Die Aufnahme der Nahrung und die Ausscheidung hängen zusammen. Deshalb sagt man: „Derjenige, dessen Hauptbeschäftigung das ist, was er aufnimmt, muß sich um das kümmern, was er ausscheidet.“ Der Essende soll wissen, daß er beim (übermäßigen) Essen der Rückstände von Bäumen und Pflanzen einem Schwein ähnelt, welches die Ausscheidungen und Abfälle des Menschen frißt, und einem Mistkäfer, der die Ausscheidungen der Tiere aufnimmt. Wenn Bäume sprechen könnten, so würden sie demjenigen, der ihre Rückstände ißt, sagen, daß er demjenigen ähnelt, der die Rückstände des Tieres frißt. b) Das Verwerfliche ist die Verschwendung und die völlige Hingabe beim Genießen des Erlaubten und der Überfluß an dem Nötigen für den Lebensunterhalt. In diesem Zusammenhang sagt der Gepriesene: „Es gibt keinen Topf, der für den erhabenen Gott abscheulicher ist als ein Magen, der von einem rechtmäßigen (Gut) überfüllt ist.“ 181 Von seiten der Medizin ist dies auch schädlich; und er sagt weiter: „Die Übersättigung ist die Ursache der Krankheit; die Diät ist die Grunda b

Bei S u. E. Bei den übrigen: „c) tadelnswert und verboten.“ „wie man …“ lediglich bei S u. E.

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lage der Heilung und führt jeden Körper auf das zurück, woran er sich gewöhnt hat.“ 182 Die hervorragenden Ärzte sagen: „Der Gepriesene – Friede sei mit ihm – hat nichts von der Medizin übriggelassen bis auf das, was er in diesen drei Wörtern zusammengefaßt hat.“ Derjenige, der nach Glückseligkeit strebt, darf dieses Übermaß nicht geringschätzen auch dann nicht, wenn wir es als verwerflich, nicht aber als verboten ansehen, denn es ist ein Abscheuliches, das zu dem Verbotenen, ja zu den meisten verbotenen Dingen führta . Dies ist so, weil die Quelle des Bösen die Stärke der Begierde und das, was die Begierde bestärkt, die Nahrung ist. Das Füllen des Magens bestärkt also die Begierde, und die Stärkung der Begierdeb ist ein Beweggrund dafür, der Leidenschaft zu folgen. Die Leidenschaft ist das größte Heer des Satans. Wenn sie den Menschen beherrscht, wendetc er sich von seinem Herrn weg und weist ihn vor dessen Tür ab. Die Versorgung der feindlichen Soldaten mit Proviant muß fast mit der Feindseligkeit selbst gleichgesetzt werden. In diesem Zusammenhang kann das Verwerfliche beinahe dem Verbotenen gleich sein. Jemand wurde gefragt: „Warum kümmerst du dich in deinem hohen Alter nicht um deinen eigenen Körper, der so schwach D 313 ist?“ Darauf antwortete dieser: „Weil mein Körper schnell von der Freude erfaßt wird und zu maßlosem Übermut neigt, fürchte ich mich davor, daß er zügellos wird und mich in Schwierigkeiten bringt. Es ist mir deshalb lieber, ihn an Anstrengungen zu gewöhnen, als daß er mich zu Schandtaten veranlaßt.“ Wenn du fragst: Was ist das lobenswerte Maß (beim Essen)? So wisse, daß der Gepriesene (Muhammad) in zwei Überlieferungen darauf aufmerksam macht. ˙ Aussage: „Der Mensch soll sich mit einigen Häppchen begnüZum einen mit der gen, die ihn am Leben erhalten. Wenn es nötig ist, (mehr zu essen,) so sollte er ein Drittel seines Magens für die Nahrung, ein Drittel für die Getränke und ein Drittel für den Atem vorsehen.“ 183 Was die einzelnen Bissen anbetrifft, so sind sie weniger als zehn. Was dieser Überlieferung ferner ähnelt, ist seine Aussage: „Der B 110 Gläubige ißt mit einem einzigen Magen, der Heuchlerd mit sieben.“ 184 Das Essen mit einem Siebtel des Magens ist zu bevorzugen. Wenn man (aber) Heißhunger hat, so kann man bis zu einem Drittel dessen, was der Magen vertragen kann, essen. Ich bin der Auffassung, daß das Essen bis zu einem Drittel die Grenze für die meisten Menschen sein sollte, wenn dies auch von einem zum anderen verschieden sein kann. Kurz gesagt, ist es notwendig, daß die Menge des Essens nicht zur Sattheit führt, A 109 damit der Körper leicht für den Gottesdienst und für das Nachtgebet wird und diejenigen Kräfte schwach werden, die zur Auflösung der verschiedenen Begierden führen. a „…, denn es ist ein Abscheuliches, …“ ist ein Zusatz, der bei allen außer bei S u. E vorhanden ist. b Bei allen außer bei S. Dort heißt es: „… und die Stärkung der Begierde und der Leidenschaft ist das größte Heer des Satans.“ c Nach S u. E. Bei den übrigen: „beraubt sie ihn seines Herrn …“ d Bei allen außer E: „der Ungläubige“.

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c) Die verbotene Nahrung ist diejenige, die der allmächtige und erhabene Gott verboten hat, die entweder dem Reichtum des anderen oder den verbotenen Speisen und Getränken zuzurechnen ist. Das Frevelhafteste von allem ist das Zusichnehmen von Rauschmitteln. Denn dies ist das wirksamste Mittel, um den Verstand zu betäuben, welcher von der Partei Gottes und seiner Vertrauten ist, und um die Begierde und die wilden Kräfte (im Menschen) anzuspornen, welche den Parteien des Satans und seinen Vertrauten angehören. Das ist unsere Ansicht über das Essen. Niemand darf hoffen, den Weg der Glückseligkeit zu beschreiten, bevor er nicht zwei Aspekte in bezug auf die Nahrungsmittel berücksichtigt hat, nämlich ihre Menge und ihre Zulässigkeit. Denn der Magen ist die Quelle aller Kräfte. Er ähnelt einer Tür und einem Schlüssel zu beidem, zum Guten wie auch zum Bösen. Deshalb wird das Fasten im Islam hochgeschätzt, insofern es besonders auf die Unterwerfung der Feinde Gottes gerichtet ist, wie überliefert wird: „Das Fasten ist für mich (für Gott), und ich bin derjenige, der dafür belohnt.“ 185 Es gibt weitere ähnliche Überlieferungen. Was die sexuelle Begierde anbetrifft, so sind ihre Handlungen ebenfalls: a) lobenswert, b) verwerflich und c) verbotena . a) Das Lobenswerte besteht in dem notwendigen Maße für die Erhaltung der Art. Denn die Ehe ist für die Erhaltung der Art des Menschen durch die kontinuierliche Folge der Nachkommenschaft notwendig, so wie das Essen für die Erhaltung des Individuums erforderlich ist, bis der Tod kommt. Die Begierde ist so beschaffen, daß sie durch Begattung die Erhaltung der Nachkommenschaft motiviert, wie der Hunger so geartet ist, daß er die Erhaltung des Individuums durch das Essen veranlaßt. Deshalb sagt er (der Prophet Muhammad): „Heiratet, pflanzt ˙ euch fort, vermehrt euch; ich werde den Völkern gegenüber am Jüngsten Tag auf 186 euch stolz sein.“ Das Ziel der Ehe umfaßt zwei Aspekte: zum einen die Nachkommenschaft, um (auf die große Anzahl von Kindern) stolz sein zu können und um ein aufrichtiges Kind als Nachfolger zu haben, das für die Eltern (nach ihrem Ableben) betet; zum anderen um das Übermaß an Samen auszustoßen, welcher wie die Galle und das Blut von großem Übel ist, wenn er sich staut, hinsichtlich des Körpers, indem er Krankheiten hervorruft, und hinsichtlich der Religion, indem er zur Unsittlichkeit führt. Diese Form der Ehe ist lobenswert, entspricht den Lebensgewonheiten des Propheten (Muhammad) und ist seiner Aussage unterzuordnen: „Wer mich liebt, der ˙ meinem Gesetz richten“ 187 , und: „Wer heiratet, bewahrt die Hälfte soll sich nach seiner Religion.“ 188 Es ist nichts dagegen einzuwenden, die Ehe mit einem dritten Ziel zu führen, nämlich um in seinem Hause jemanden zu haben, der es verwaltet, damit man sich ausschließlich der Wissenschaft und dem Gottesdienst widmen kann. In dieser Weise gehört auch die Ehe zu der Summe aller Gottesdienste: „denn die Handlungen werden nach ihren Intentionen beurteilt.“ 189 Ein Beleg dafür ist, daß man a

„verboten“ fehlt an dieser Stelle lediglich bei S, wird aber später bestimmt.

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von einer Frau (folgendes) erwartet: die Schönheit, der Keuschheit wegen (damit man nicht in die Nebenbuhlerei verfällt), gute ethische Gesinnung, um das Haus zu verwalten, Religiosität, um die Familie zu beschützen. Die edle Herkunfta der Eltern ist erstrebenswert, denn sie ist das Zeichen der Religiosität und der guten ethischen Gesinnung. „Denn in unseren Adern wirken die Erbanlagen der Vorfahren.“ 190 Deswegen sagt der Gepriesene: „Wähle die religiöse Frau, Gott möge dich niemals arm machen“ 191 , ferner: „Hütet euch vor einer grünen Pflanze inmitten von Mist“ 192 und: „Wählet für euren Samen die richtigen Frauen.“ 193 Man sollte von der Frau außerdem einen gesunden Körper und Fruchtbarkeit wegen der Nachkommenschaft verlangen, denn das ist das Ziel der Ehe. Deswegen sind der Samenerguß außerhalb der Vagina und der Analverkehr für die Frau verwerflich, denn dies ist eine Vernachlässigung der Beackerung (der ehelichen Pflichten): „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld.“ 194 Es ist wünschenswert, daß man eine Jungfrau heiratet, um die Liebe zu festigen. Das islamische Gesetz hat dazu aufgefordert. b) Verwerflich ist es, wenn man nur den sexuellen Genuß und die Befriedigung der Begierde sucht, sich in diese Dinge vertieft und sich ihnen eifrig widmet. Möglicherweise nimmt man stimulierende Mittel ein, um die Begierde anzuregen. Das ist aus der Sicht der Religion schädlich, an sich aber ist es nicht abscheulich, denn es ist erlaubt, jedoch führt es dazu, daß man sich von Gott abwendet, der eigenen Leidenschaft folgt und darin den Böckenb und Eseln ähnelt. Die Anregung der Begierde durch kräftige Speisen und stimulierende Mittel ähnelt der Anstachelung wilder Raubtiere. Danach erhebt man sich, um sich davon zu befreien. c) Das Verbotene umfaßt zwei Vorgehensweisen: Erstens, wenn man die Begierde zwar in dem dafür vorgesehenen Ort (in der Vagina) befriedigt, jedoch ohne gesetzlichen Vertrag und nicht in der (von der Religion) vorgeschriebenen Form; das ist Unzucht. Diese Handlungsweise hat Gott mit dem Glauben an die Vielgötterei in Zusammenhang gebracht, indem er im Koran sagt: „Und ein Mann, der Unzucht begangen hat, kann nur eine ebensolche oder eine heidnische Frau heiraten.“ 195 Zweitens, daß man die Begierde nicht an dem dafür vorgeschriebenen Ort befriedigt; das ist noch schlimmer als die Unzucht, denn der Unzüchtige läßt den Samen nicht verlorengehen, sondern legt ihn, zwar in unerlaubter Weise, aber an dem dafür vorgesehenen Ort ab, dieser aber läßt ihn verlorengehen. Deswegen trifft ihn die Aussage des erhabenen Gottes: „… er ist eifrig darauf bedacht, auf der Erde Unheil anzurichten und Saat und Nachkommenschaft zu vernichten.“ 196 Deshalb wird die Homosexualität als Maßlosigkeit bezeichnet, denn der Erhabene sagt: „Ihr gebt euch in eurer Sinnenlust wahrhaftig mit Männern ab, statt mit Frauen. Nein, ihr seid ein maßloses Volk.“ 197 Das sind die Rangordnungen der Menschen in bezug auf die sexuelle Begierde. Einige Verirrte enden in der Leidenschaft; das ist die Torheit selbst und die Spitze der Unwissenheit über den Zweck des Beischlafs. Man begibt sich auf das a b

Bei S u. E. Bei allen übrigen: „Frömmigkeit der Eltern“. „Böcken“ lediglich bei S u. E.

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Niveau der Tiere hinsichtlich der Selbstbeherrschung und Selbstzucht. Denn der leidenschaftlich Verliebte begnügt sich nicht mit dem Wunsch nach Befriedigung der sexuellen Begierde, welche die häßlichste aller Begierden ist und deren er sich eher schämen sollte. Er geht soweit, daß er glaubt, sie nur an einem bestimmtena Ort befriedigen zu können. Das Tier befriedigt die Begierde bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Es begnügt sich damit, während er (der Leidenschaftliche) sich allein mit seiner Geliebten begnügt, so daß er Erniedrigung auf Erniedrigung und Versklavung auf Versklavung ansammelt. Er stellt die Vernunft in den Dienst der Begierde, während sie eigentlich dazu geschaffen ist, Befehle zu erteilen, die befolgt werden, nicht jedoch, um der Begierde zu dienen und für deren Zwecke Listen zu ersinnen. Das ist die Krankheit einer nutzlosen Seele, die keine Willenskraft besitzt. Man sollte sich vor den Anfängen (der Herrschaft der Begierde) hüten, indem man wiederholt nachdenkt und überlegt, denn nachdem sie sich gefestigt hat, fällt es schwer, sich von ihr zu lösen. So verhält es sich, wenn man Ruhm, Reichtum, Ackerland und Kinder, ja sogar das Spiel mit Vögeln, Tricktrack und Schach begehrt. Denn diese Dinge beherrschen eine Gruppe von Menschen, die ihnen nicht widerstehen können, ja sogar dann nicht, wenn sie ihnen dadurch Religion und Diesseits verhaßt machen und sie darauf nicht verzichten könnenb . Die Abwehrc der Begierde in ihrem Anfangsstadium ähnelt dem Abwehren eines Reittieres, das sich auf die Tür eines Hauses zubewegt, welches es betreten will. Was es begehrt, daran hindert man es und treibt es fort. Die Heilung der Begierde, die sich gefestigt hat, ähnelt der Tatsache, daß man das Tier hereintreten und die Schwelle überschreiten läßt, dann erst faßt man es am Schwanz und zieht es hinaus. Was für ein großer Unterschied besteht zwischen den beiden Verhaltensweisen! Deshalb muß man am Anfang vorsichtig sein; denn am Ende ist meistens keine Heilung mehr möglich, es sei denn durch große Anstrengung, die einem Todeskampf gleichkommt. A 112 Die Handlungen, die durch den Zorn ausgelöst werden, sind gegliedert in: a) lo- D 319 benswerte, b) verwerfliche und c) verbotene 198. a) Das Lobenswerte bezieht sich auf zwei Gegebenheiten: Zum einen auf die Eifersucht desjenigen, dessen Ehefrau ein anderer hofiert und belästigt. Der Zorn über eine solche Verhaltensweise und ihre Abwehr sind lobenswert. Steht man einem solchen Verhalten unbekümmert gegenüber, so ist dies Weichlichkeit und Schwäche. Deshalb sagt der Gepriesene: „Sa2d ist eifersüchtig und Gott ist eifersüchtiger, /ich bin eifersüchtiger als er und Gott ist eifersüchtiger als ich 199 ./“d Gott hat die Eifersucht in das Bewußtsein der Männer hineingelegt, um die Verwandtschaft zu sichern. Denn wenn man die Rivalität im Umgang mit den Frauen tolerieren würde, würde die Verwandtschaft durcheinandergebracht. Deshalb sagt a

Nur bei S. Bei den übrigen „einzigen …“. Bei S u. E. Bei den übrigen: „wenn sie dadurch Religion und Diesseits verlieren“; „und sie nicht darauf verzichten können“ fehlt lediglich bei S. c S u. E: „Das Brechen …“ d /…/ lediglich bei E. b

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man: „Jede Nation, die die Eifersucht in die Männer hineingelegt hat, hat (auch) die Keuschheit in die Frauen hineingelegt.“ Die zweite Gegebenheit ist der Zorn, den man beim Wahrnehmen verwerflicher Handlungen und Schandtaten aus Eifersucht für die Religion verspürt und um sie zu rächen. Gläubige mit dieser Verhaltensweise werden im Koran folgendermaßen gelobt: „Muhammad ist der Gesandte Gottes. Und diejenigen, die mit ihm (gläu˙ den Ungläubigen gegenüber heftig, unter sich aber mitfühlend.“ 200 big sind), sind Deshalb sagt der Gepriesene: „Die besten meiner Gemeinde sind die Eifrigsten.“ 201 Gemeint ist der Eifer zum Schutz der Religiona . Darum sagt der Erhabene (Gott): „Wenn eine Frau und ein Mann Unzucht begehen, dann verabreicht jedem von ihnen hundert (Peitschen-)Hiebe! Und laßt euch im Hinblick darauf, daß es (bei dieser Strafverordnung) um die Religion Gottes geht, nicht von Mitleid mit ihnen erfassen, …“ 202 Trotzdem sollte ein Herrscher, wenn er wegen eines Verbrechens zürnt, ihn (den Täter) zuerst in Gewahrsam nehmen und den Fall erneut überprüfen, um ihn nicht voreilig zu bestrafen. Denn der (verwerfliche) Zorn ist das größte Unheil für die Vernunft. Vielleicht kann er (der Zorn) ihn dazu führen, das notwendige Maß der Bestrafung zu überschreiten. b) Der verwerfliche Zorn bezieht sich auf versäumte Handlungen, die man hätte erwarten können, so etwa der Zorn auf den Diener und Sklaven, der das Geschirr zerbricht oder in vermeidbarer Nachlässigkeitb seinen Dienst ausübt. Dieser Zorn erreicht nicht den Grad des Tadelnswerten, jedoch sind Verzeihung und Vergebung angemessen und wünschenswerterc . Deshalb wurde einem Weisend gesagt: „Warum schlägst du deinen Diener nichte , wenn er in seinem Dienst nachlässig ist, sonst wird er durch die Geduld untauglich?“ Er erwiderte: „Sicherlich ist es besser, daß mein Sklave sich verschlechtert, während ich mich bessere, als daß ich schlecht werde, während ich meinen Sklaven bessere; denn dies (nämlich die Missetaten des Dieners) zu ertragen, ist eine Besserung für die eigene Seele, die Strafe aber ist eine Besserung für den Sklaven.“ c) Das Verwerfliche ist das Entflammen des Zorns aus Stolz, Hochmut, Prahlerei, Wetteifer, Groll und Neid sowie aufgrund vergangenerf Dinge, die sich auf körperliche Eigenschaften beziehen, ohne daraus in der Zukunft in religiöser oder weltlicher Hinsicht einen Nutzen zu ziehen. Dies ist die häufigste Art von Zorn, bei dem sich die Menschen von einer Gesinnung leiten lassen, die im Gegensatz zu Sanftmut und Selbstbeherrschung steht. Denn die Sanftmut ist ein Ausdruck für die Zurückhaltung der Seele, die nicht in Zorn entflammen soll. Die Selbstbeherrschung bedeutet, daß man die Seele davon abhält, gezielte Handlungen (bedingt durch den Zorn) durchzuführen, wenn man zornig wird. a b c d e f

„zum Schutz der Religion“ fehlt nur bei S. „vermeidbarer Nachlässigkeit“ fehlt bei S. „und wünschenswerter“ fehlt bei S. „Weisen“ fehlt bei S u. E. Bei S u. E. Bei den übrigen: „Vergib deinem Diener nicht, …“ Bei S u. E. Bei den übrigen: „unbedeutender“.

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Die Vollkommenheit liegt in der Sanftmut, die Selbstbeherrschung aber ist die Geduld gegenüber dem, was man verabscheut, und darin liegt auch viel Gutes. Dies sind die Stufen der Handlungen, die aus dem Zorn hervorgehen. Die Menschen verhalten sich hinsichtlich des Zorns unterschiedlich: Einige sind wie eine Steppe, sie entflammen schnell, und ihr Zorn verlischt rasch; andere sind wie Tamariskena , sie entflammen langsam, und ihr Zorn verlischt auch langsam; andere wiederum entflammen langsam und erlöschen schnellb . Letzteres ist das Lobenswerteste, wenn dieser Zustand nicht zu einer Ermattung des Eifers und des Ehrgefühls führt. Die Gründe des Zorns: Von seiten des Gemüts sind dies Hitze und Trockenheit; darauf verweist die Bestimmung des Zorns. Denn Zorn bedeutet das Aufwallen des Blutes im Herzen. Wenn er (der Zorn) gegen denjenigen gerichtet ist, der stärker ist als du, so fließt das Blut bei der Unfähigkeit, Rache zu nehmen, von D 322 der äußeren Haut zum Herzen zurückc , und man wird traurig, deshalb erblaßt das Gesicht. Wenn er aber gegen denjenigen gerichtet ist, der schwächer ist, so beginnt das Blut zwar aufzuwallen, strömt aber nicht zum Herzen zurück, was erst zu tatsächlichem Zorn und zur Suche nach Rache führen würde. Wenn der Zorn gegen jemanden gerichtet ist, der ebenfalls fähig ist, Rache zu nehmen, so wechselt das Blut zwischen der Zusammenziehung und der Ausdehnung, und die Erregung spiegelt sich im Gesicht wider, wodurch die Farbe des Gesichts von rot zu blaß wechselt und eine Unruhe zu erkennen gibt. Kurz gesagt, die Veranlagung zum Zorn geht vom Herzen aus; sie bedeutet das Pulsieren und Aufwallen des Blutes. Zu den Gründen für den Zorn, die über das Temperament hinausgehen, zählt die Gewöhnung. Denn wer mit Menschen zusammenlebt, die mit Zornd und wilden Charakterzügen prahlen, wird durch sie geprägt. Wer (hingegen) mit ruhigen und würdevollen Menschen umgeht, wird ebenfalls von der Gewohnheit beeinflußt. Die Gründe, die den Zorn von der Möglichkeit zur Handlung führen, sind: Eitelkeit, Prahlerei, Streitsucht, Unnachgiebigkeit, (verletzender) Scherz, Stolz, A 114 Spott, Unrecht, Wetteifer, gegenseitiger Neid und Rachsucht. All dies ist tadelnswert. Der vom Zorn Befallene sollte über das nachdenken, was ein Weiser einmal einem Herrscher gesagt hat, als dieser ihn fragte, wie er den Zorn überwinden könne. Der Weise erwiderte: „Erinnere dich daran, daß du gehorchen und nicht D 323 nur herrschen, dienen und nicht nur bedient werden, erdulden und nicht nur geduldet werden sollst, und wisse, daß Gott dich immer sieht. Wenn du so handelst, wirst du niemals zornig sein.“ a Bei Ae u. D: „wie al-g˙ada¯“ (Euphorbienart); bei K: „wie al-qata¯“ (Flughuhn). Vielleicht handelt ˙ es sich um einen Schreibfehler, so daß q statt g˙ geschrieben wird;˙bei A u. B: „wie Baumwolle“, was aber aus bekannten Gründen ein schlechter Vergleich an dieser Stelle ist, der nicht den Sinn in diesem Vergleich wiedergeben kann. b Nach S u. E heißt es lediglich: „Einige sind wie eine Steppe, sie entflammen schnell, und ihr Zorn verlischt rasch. Das ist das Lobenswerteste …“ c Nach S, E u. Ae. Bei den übrigen heißt es: „…, dessen Fähigkeit zur Rache stärker ist, so fließt das Blut von der äußeren Haut …“ d Bei E: „mit fanatischen Ansichten …“

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Wisse, daß der Zorn, wie bereits erwähnt, verwandte Eigenschaften hat. /Dazu gehören: Tapferkeit, Tollkühnheit, Wetteifer, Wohlwollen und Neid/a . Wir wollen dies nun vertiefen. Die Tapferkeit ist ein Charakterzug, der in der Mitte zwischen Tollkühnheit und Feigheit steht. In bezug auf die Seele bedeutet sie die Entschlossenheit des Herzens in Augenblicken der Bedrängnis und die Unerschrockenheit in angsterregenden Situationen.Wenn man sie (die Tapferkeit) im Verhältnis zur Tat betrachtet, bedeutet dies, daß man sich mutig an die gegebene Gelegenheit heranwagt. Sie entsteht durch den Zorn und die gute Hoffnung. Durch sie (die Tapferkeit) bleibt man in schwierigen Situationen standhaft. Darüber hinaus hält sie von sündhaftem Verhalten ab. Denn wenn der Zorn gegen die Begierde eingesetzt wird, hält er sie ab. Weil die Religion zur Hälfte eine Ermutigung zum Guten, zur anderen Hälfte eine Unterlassung des Bösen ist, sagt der Gepriesene (Muhammad) – Gottes Frie˙ 203 de sei mit ihm –: „Die Geduld ist die Hälfte des Glaubens.“ Weil einige böse Handlungen von den Begierden der Sexualität und des Magens, andere aber von anderen (Begierden ) ausgehen, sagt er: „Das Fasten ist die Hälfte der Geduld.“ 204 Die Geduld läßt sich in zweierlei Hinsicht bestimmen: Zum einen die körperliche, das bedeutet das Ertragen von Anstrengungen durch den Körper, entweder in der Praxis bei Handlungen wie der Übernahme von anstrengenden Tätigkeiten oder beim Ertragen heftiger Schläge und schwerer Krankheiten. Die zweite Art ist die seelische Geduld, welche gänzlichb lobenswert ist. Wenn man sich der begehrten Dinge enthält, so heißt sie (die Geduld) Enthaltsamkeit. Erträgt man aber unangenehme Dinge, so variieren die Namen der Geduld je nach der Art des Unangenehmen: Im Unglück beschränkt man sich einfach auf den Namen Geduld; das Gegenteil heißt Unruhe und Schrecken. Wenn man die Möglichkeit hat, reich zu werden (und sich nicht auf das Geld stürzt), so wird sie (die Geduld) Selbstbeherrschung genannt, das Gegenteil ist der Übermut. Im Krieg heißt die Geduld Tapferkeit; das Gegenteil ist Feigheit. Beim Unterdrücken von Wut und Zorn wird sie Sanftmut genannt; das Gegenteil heißt Murren. In einer unangenehmen Notlage spricht man von Langmut; das Gegenteil sind Verdruß, Mißvergnügen und Unduldsamkeit. Wenn man Worte für sich behält, heißt dies Verschwiegenheit. Im Hinblick auf Wohlstand spricht man von Enthaltsamkeit und Genügsamkeit; das Gegenteil sind Habsucht und Gier. Deshalb sagt der erhabene Gott: „Diejenigen, die in Unglück“, das heißt in mißlicher Lage, „und Not“, das heißt bei Armut, „und in Drangsal“, das heißt „bei kriegerischen Auseinandersetzungen“, „geduldig sind, sie sind’s, die da lauter sind, und sie sind die Gottesfürchtigen.“ 205 Was das Wohlwollen, den Wetteifer und den Neid betrifft, die auch zum Eifer gehörenc , so ist das Wohlwollen lobenswert und der Neid tadelnswert, denn der Gepriesene sagt: „Der Gläubige ist wohlwollend, der Heuchler (der Ungläubige) neidisch.“ 206 Der Wetteifer ist lobenswert. Darüber sagt der Erhabene (Gott): a b c

/…/ fehlt lediglich bei S. „gänzlich“ fehlt lediglich bei S. Bei S. Bei den übrigen: „zu den verwandten Eigenschaften“.

Verlangen nach Nahrung, sexuelle Begierde und Zorn

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„Die Glückseligkeit der Wonne (in der sie sich befinden) sieht man ihnen am Gesicht an. Sie erhalten versiegelten edlen Wein zu trinken, dessen Siegel aus Moschus besteht, so etwas würde sich jeder wünschen, darum sollen die Strebenden wetteifern.“ 207 Wohlwollen bedeutet, daß der Mensch für sich wünscht, alles zu erreichen, was seinesgleichen erreicht hat, ohne darüber zu trauern, was jener erlangt hat. Wenn Fleiß und Anstrengung hinzukommen, um ein gleiches oder höheres Ziel zu erlangen, so ist dies Wetteifer. Neid bedeutet, daß man wünscht, daß das Glück eines anderen, der es verdient, verschwinde. Vielleicht bemüht man sich sogar darum, daß es verschwindet. Der vollkommena niederträchtige Neid ist, daß man sich um das Verschwinden des Glücks (eines anderen) bemüht, ohne es für sich selbst zu erstreben. Der Neid ist der Gipfel des Geizes. Der Geizige enthält seinen eigenen Reichtum anderen vor, während der Neider anderen gegenüber mit dem Reichtum Gottes geizt. Man sagt, daß Neid und Geiz der Ursprung aller Sünden sind. Als Beispiel hier- D 326 für wird die Geschichte von Adam und Iblı¯s (Satan) erwähnt. Iblı¯s hat Adam beneidet. Deshalb wurde er verflucht. Adam war bestrebt, das zu erlangen, was ihm verboten war. Deshalb wurde er aus dem Paradies vertrieben. Neid und Geiz sind zwei Bäume, deren Früchte Sorge, Trauer und Verlust sind. Wer ihnen die Wurzeln abschneidet, wird gerettet. Kurz gesagt, der Neid ist die Torheit selbst. Denn wer nicht über das Glück A 116 trauert, das den Bewohnern des Maghrebs beschert wird, obwohl ihm nichts davon zukommt, warum sollte der über das Glück trauern, das seinen Verwandten, Gefährten, Nachbarn und Landsleuten zukommt, obwohl er möglicherweise einen Teil davon erhält. Mit der Aussage des Propheten – Gottes Friede sei mit ihm –: „Es gibt nur zwei Arten von Menschen, die man beneidet. Die eine Art von Menschen, denen Gott Reichtum gibt, den diese rechtmäßig ausgeben, und die andere Art, denen Gott Weisheit gibt, gemäß welcher sie sich verhalten“ 208 , kann er nur das Wohlwollen meinen, denn (der Begriff) Neid kann auch in diesem Sinn verwendet werden. Das ist die Rede darüber, wie man die Handlungen unter Kontrolle bringt, die von diesen Charakterzügen ausgehen. Wenn du einwendest: „Ist derjenige enthaltsam, der die Handlungen dieser Fähigkeiten unter Kontrolle bringt, bis sich durch diese Handlungen eine ethische Gesinnung bei ihm gefestigt hat, die solche Handlungen leichter macht?“, so wisse, daß die Enthaltsamkeit nicht allein dadurch vervollkommnet wird, wenn nicht die Enthaltsamkeit der Hand, der Zunge, des Gehörs und des Sehens hinzukommen. Ihre Bestimmung hinsichtlich der Zunge D 327 ist, daß man sich des Spotts, der Verleumdung, der üblen Nachrede, der Lüge, der Stichelei und der gegenseitigen Beschimpfung enthält. Beim Hören bedeutet die Enthaltsamkeit, daß man weghört, wenn von der Zunge Häßlichkeiten erwähnt werden, zum Beispiel Verleumdungen und anderes, sowie bei allenb verbotenen Tönen. So verhält es sich mit allen Gliedmaßen und Fähigkeiten. a b

„vollkommen“ lediglich bei S u. E. „allen“ lediglich bei den drei Handschriften S, E u. Ae.

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Verlangen nach Nahrung, sexuelle Begierde und Zorn

/Grundlage der Enthaltsamkeit aller Gliedmaßen ist,/a daß man sie in dem für sie bestimmten Bereich nur dann und in der Weise benutzt, wie es die Vernunft und die islamische Gesetzgebung erlauben. Sie kann dadurch nicht vervollkommnet werden, solange der Mensch bei seinem Tun und Lassen die Suche nach der Tugend, das Streben nach der Nähe zum allmächtigen Gott und die Erlangung seiner Wohlgefälligkeit nicht anstrebt. Wenn er aber durch seine Enthaltsamkeit einen größeren Gewinn erzielen will, das Ziel der Enthaltsamkeit nicht seinem Gemüt entspricht, seine Begierde erschlafft ist oder er die Folgen seines Verhaltens fürchtet, wie etwa den Verlust seiner Würde, oder wenn es ihm verboten ist, eine Sache zu verbrauchen, so ist dies alles keine Enthaltsamkeit, sondern ein Handeln und der Tausch eines Vorteils gegen einen anderen. Man sollte wissen, daß all dies nicht ausreicht, um die Enthaltsamkeit zu erlangen. Nun wollen wir auf die Bestimmung des Lernens, des Lehrens und der Erziehung der geistigen Kräfte eingehen.

a

/…/ Auslassung lediglich bei S.

XXIV. Über die Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens 209

A 117 B 119 D 328

Du hast bereits erfahren, daß beide, Wissen und Handeln, Mittel zur Glückseligkeit sind und daß man sich das Handeln nur vorstellen kann, wenn man die Art und Weise des Handelns kennt. Ferner hast du erfahren, daß das nicht-praktische Wissen (das theoretische Wissen), wie etwa das Wissen über Gott, seine Eigenschaften und seine Engel, ein Wissen in der Vorstellung ist (d. h., es gibt für ein solches Wissen kein adäqates Beispiel in der Erfahrung)a , und daraus hast du gefolgert, daß dieses Wissen die Grundlage aller Grundlagen ist. Nun ist es erforderlich, daß wir dir den Weg des Lernensb und des Lehrens zeigen. Zuerst müssen wir ihre Bedeutsamkeit hervorheben und sie erläutern, indem wir sagen: Was das Lehren anbetrifft, so ist es die edelste aller Tätigkeiten. Es gibt drei Arten von Berufen: I. Grundtätigkeiten, ohne die die Welt nicht bestehen kann. Diese sind vier: 1. die Landwirtschaft, 2. das Weben, 3. das Bauen und 4. die Politik. II. Hilfstätigkeiten, die die genannten Berufe vorbereiten und ihnen dienlich sind, wie etwa das Schmiedehandwerk für die Landwirtschaft und das Wollkämmen und Spinnen für das Weben. III. Ergänzende und verschönernde Tätigkeiten wie zum Beispiel das Mahlen D 329 und Backen für die Landwirtschaft oder das Bleichen und Nähen für das Weben. Diese Tätigkeiten stehen in (engem) Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung des diesseitigen Lebens, wie die Teile des Menschen im Verhältnis zu seinem Organismus, denn diese bilden drei Kategorien: 1. Hauptorgane wie Herz, Leber und Gehirn. 2. Organe, die diesen Hauptorganen helfen und dienen wie Magen, Venen und Arterien. 3. Schmückende und ergänzende Körperteile wie Augenwimpernc und Augenlider. Die bedeutsamste aller Grundtätigkeiten ist die Politik, denn ohne sie kann die Welt nicht existieren. Sie läßt sich in vier Bereiche aufteilen: 1. Die Politik der Propheten. Ihr Machtbereich betrifft die Gebildeten und die Massen, /sowohl in bezug auf deren Inneres als auch auf deren Äußeres. 2. Die Politik der Kalifen, Herrscher und Sultane. Ihr Machtbereich betrifft beide, die Gebildeten und die Massen,/d jedoch nur im Hinblick auf ihr äußeres Verhalten und nicht in bezug auf ihr Inneres. a „ein Wissen in der Vorstellung“ bei den drei Handschriften. Bei den übrigen: „ein Zweck an sich“. b Bei S u. E: „des Wissens“. c S, E u. Ae: „wie die Hand“, jedoch scheint „Augenwimpern“ in diesem Zusammenhang passender zu sein. d /…/ fehlt nur bei S.

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Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens

3. Die Politik der Gelehrten und der Weisen. Ihr Machtbeich umfaßt allein das Innere der Gebildeten. 4. Die Politik der Theologen und der Rechtsgelehrten. Sie bezieht sich nur auf das Innere der Massen. B 120 Der bedeutsamste dieser vier politischen Bereiche ist nach der Prophetie das Lehren und die Erziehung der menschlichen Seele. Ein Beweis dafür ist, daß die D 330 Bedeutsamkeit eines Berufes von seinem Verhältnis zu der Fähigkeit abhängt, die ihn sichtbar macht und hervorhebt, wie etwa der Vorzug der Kenntnis der Weisheit (Philosophie) gegenüber der Kenntnis der Sprachen; denn erstere (die Weisheit) bezieht sich auf die geistige Fähigkeit, welche die edelste aller Fähigkeiten ist, letztere (die Kenntnis der Sprachen) bezieht sich auf die wahrnehmende Fähigkeit, das ist das Gehör. Oder sie (die Bedeutsamkeit) hängt von dem allgemeinen Nutzen ab, wie etwa der Vorzug der Landwirtschaft gegenüber dem Goldschmiedehandwerka , und ferner von der Bedeutsamkeit des Gegenstandes, auf den sich die Arbeit bezieht, wie etwa der Vorzug des Goldeschmiedehandwerkes gegenüber dem Gerben. Es ist offensichtlich, daß die Geisteswissenschaften durch die Vernunft erfaßt werden, welche die bedeutsamste aller Fähigkeiten ist, durch die man in das ewige Paradies gelangen kann, und das ist der beachtenswerteste und umfassendste Vorteil. Der Gegenstand, auf den die Vernunft einwirkt, ist die menschliche Seeleb , welche die edelste aller Gegenstände ist, ja sogar das Edelste, was überhaupt in der Welt existiert. Die Vermittlung des Wissens ist einerseits ein Beruf, andererseits ein Dienst für den erhabenen Gott /und außerdem eine Vertretung Gottes (Kalifat) auf Erden/c , welche die bedeutsamste in ihrer Art ist. Denn der erhabene Gott offenbart dem Herzen des Gelehrten das Wissen, welches die eigentümlichste aller seiner Eigenschaften ist. Der Gelehrte ähnelt einem Schatzmeister für den edelsten aller seiner (Gottes-)Schätze. Ihm ist es erlaubt, jedem das zu geben, was er nötig hat. Welche Rangstufe könnte ruhmreicher sein als die, auf der der Mensch zwischen Gott und seinen Geschöpfen vermittelt, sie ihm nahebringt und ins ewige Paradies führt! Was die Bedeutsamkeit des Wissens und der Vernunft anbetrifft, so werden sie in D 331 notwendiger Weise durch die Vernunft, das islamische Gesetz und die Sinne erfaßt. Was die Religion anbetrifft, so sagt der Gepriesene (Muhammad): „Das erste, was Gott schuf, war die Vernunft. Daraufhin sagte er zu ihr˙ (der Vernunft): ‚Tritt vor!‘ Sie trat vor. ‚Tritt zurück!‘ Sie trat zurück. Dann sagte Gott: ,Bei meiner Erhabenheitd und Allmacht, ich habe unter meinen Geschöpfen nichts Edleres geschaffen als dich. Durch dich nehme ich, durch dich gebe ich, durch dich entziehe iche , durch dich belohne ich, und durch dich bestrafe ich.‘“ 210 A 118

a b c d e

Bei E: „Handwerk“. Bei S: „der menschliche Körper“. /…/ fehlt lediglich bei S. „Erhabenheit, ˇgala¯lı¯“ fehlt bei S. „durch dich entziehe ich“ lediglich bei S.

Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens

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Diese Vernunft, durch die der Mensch die Dinge erfaßt, verhält sich zu der ersten Vernunft, die der erhabene und allmächtige Gott geschaffen hat, wie das Licht zur Sonne; denn diese Arten von Vernunft gelten nur in bezug auf Personen. Jene (die erste Vernunft) ist absolut und ohne Verbindung (zu irgendeiner Person). Von seiten der Vernunft liegt der Beweis für ihre Bedeutsamkeit darin, daß durch sie allein diesseitiges und jenseitiges Glück erreicht werden können. Wie könnte sie nicht das Bedeutsamste aller Dinge sein? Durch die Vernunft wurde der Mensch ein Stellvertreter Gottes, mit ihrer Hilfe nähert er sich ihm und vervollkommnet seine Religion. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad): „Es gibt keine Religion für den, der keinen Verstand hat“ 211 , und ferner˙ sagt er: „Bewundert nicht den islamischen Glauben eines Menschen, bevor ihr nicht seinen Verstand kennt.“ 212 Deswegen wird gesagt: „Wenn der Verstand eines Menschen nicht die Haupteigenschaft aller seiner guten Eigenschaften ist, dann besteht sein Ende in dem Sieg der Eigenschaften des Guten.“ Abgesehen davon soll es dir genügen, daß der erhabene Gott die Vernunft mit dem Licht vergleicht, wenn er sagt: „Gott ist das Licht von Himmmel und Erde …“ 213 , das heißt, er erleuchtet sie. Oft werden Licht und Finsternis im Koran für Wissen und Unwissenheit verwendet, wie zum Beispiel in der Aussage des Erhabenen: „Gott ist der Freund derer, die gläubig sind. Er bringt sie aus der Finsternis hinaus ins Licht.“ 214 All dies geschieht nur durch die Vernunft. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad) zu 2Alı¯ ˙ Nähe Gottes – möge Gott Wohlgefallen an ihm haben –: „Wenn die Menschen die durch verschiedene Wohltaten suchen, so suche du sie (diese Nähe) durch deine Vernunft, dann genießt du höhere Rangstufen, die Gunst der Menschen im Diesseits und die Gottes im Jenseits.“ 215 /Später werden wir auf die Suche nach der Nähe (Gottes) durch die Vernunft eingehen./a Die Sinne allein genügen, um die Bedeutsamkeit der Vernunft und des Wissens zu erfahren, so daß selbst das größte und mächtigste Tier irgendwie vor dem Menschen zurückschreckt, sobald es ihn sieht, und Angst verspürt, weil es instinktiv merkt, daß er es besiegen kann. Die dem Tier am nächsten stehenden Menschen sind die ungebildeten Araber und Türken und die Viehhirten unter ihnen. Wenn es unter ihnen einen Hirten gibt, der mehr an Vernunft und beruflicher Erfahrung als sie besitzt, so respektieren sie ihn von Natur aus. Deshalb siehst du, daß die Türken von Natur aus ihre Gelehrten in übertriebener Weise achten, weil die Erfahrung sie (die Gelehrten) durch mehr Wissen kennzeichnet. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad) allgemein: „Der Gelehrte in seinem Volk ähnelt dem Propheten in ˙ Gemeinde.“ 216 Der Prophet wird in seiner Gemeinde deshalb geachtet, weil seiner er Wissen und Vernunft besitzt, nicht aber wegen der Stärke seiner Persönlichkeit, der Schönheit seines Körpers, wegen seines übermäßigen Reichtums oder seiner Macht. Deshalb wollten viele der hartnäckigen Gegner den Gesandten Gottes (Muhammad) – Friede sei mit ihm – töten. Als sie ihn erblickten, empfanden sie ˙ Ehrfurcht vor ihm und sahen das Licht Gottes auf seinem Gesicht, das ihn von den anderen unterschied und seinen Widersachern Angst machte. a

/…/ fehlt bei S.

B 121 A 119

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Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens

Der erhabene und allmächtige Gott nennt das Wissen einen Geist. Darüber sagt er: „Und so haben wir dir durch unsere Fügung einen Geist eingegeben.“ 217 Ferner nennt er es (das Wissen) Leben, wenn er sagt: „Läßt sich denn einer, der tot war und den wir dann zum Leben erweckt und dem wir Licht gegeben haben, mit dem er unter den Menschen umhergeht, mit einem vergleichen, der in der Finsternis ist und nicht aus ihr herauskommen kann?“ 218 Der Gepriesene (Muhammad) sagt (in ˙ diesem Zusammenhang): „Gott hat nichts Ruhmreicheres geschaffen als die Vernunft.“ 219 Wenn hier die Überlieferungen erwähnt würden, die die Menschen zur Aneignung des Wissens auffordern, so zöge sich die Rede in die Länge. Gibt es noch eine größere Ehrung als die, die in der Aussage des Propheten deutlich ist: „Die Engel umgeben denjenigen mit ihren Flügeln, der nach dem Wissen sucht, aus Wohlgefallen an dem, was er tut.“ 220 ?

XXV. Über die Notwendigkeit des Lernens, um die Bedeutsamkeit der Vernunft darzutun221

A 121 B 124 D 334

Wisse, daß die Bedeutsamkeit der Vernunft daher kommt, daß sie der Ort ist, wo sich Wissen und Weisheit befinden, und daß sie deren Instrument ist. Die Seele des Menschen aber ist der Ursprung des Wissens und der Weisheit und ihre Quelle. Sie ist als Fähigkeit schon von Anfang der Schöpfung an, nicht aber per actionem in ihr verwurzelt wie das Feuer im Stein, das Wasser in der Erde und die Palme im Kern. Man muß sich darum bemühen, sie tatsächlich zum Vorschein zu bringen, wie man sich darum bemüht, Brunnen zu graben, um Wasser zu schöpfen. Aber wie es ein Wasser gibt, das ohne menschliches Zutun heraussprudelt, und ein anderes, das verborgen bleibt und dessen Erschließung Graben und angestrengtes Graben erfordert, und ein anderes, das wenig Mühe benötigt, so verhält es sich auch mit dem Wissen in den menschlichen Seelen: Eine Art von Wissen geht von der Fähigkeit in die Wirklichkeit über, ohne menschliches Erlernen, wie es bei den Propheten der Fall ist – Friede sei mit ihnen –; denn sie erlangen ihr Wissen durch die höheren Scharen (die Engel) ohne menschliche Vermittlung. Ein anderes Wissen benötigt große Anstrengung, wie es bei den gemeinen Menschen der Fall ist, besonders bei den Dummen, welche in Sorglosigkeit und Unwissenheit alt geworden sind und in ihrer Jugend nicht gelernt haben. Ein anderes Wissen erfordert nur wenig Mühe, wie es bei den klugen Kindern D 335 der Fall ist. Weil die Wissenschaften in den Seelen verankert sind, sagt der erhabene Gott: „Und als dein Herr aus dem Rücken der Kinder Adams deren Nachkommenschaft nahm und sie gegen sich selbst zeugen ließ und sagte: ‚Bin ich nicht euer Herr?‘, sagten sie: ‚Jawohl, wir bezeugen es …‘“ 222 Das Bezeugen hat die Bedeutung, auf die wir hingewiesen haben, nämlich daß sie (die Wissenschaften) der Möglichkeit nach in ihnen (in den Menschen) vorhanden sind, nicht aber mit Hilfe eines wörtlichen Bekenntnisses; denn es (das Bezeugen) ereignet sich nicht bei allen nach ihrer Geburt, sondern nur bei einigen (unter ihnen). So auch in der B 125 Aussage Gottes: „Wenn du sie (die Ungläubigen) fragst, wer sie geschaffen hat, sagen sie: ‚Gott‘ …“ 223 Das bedeutet, wenn du ihre Eigenschaften in Betracht ziehst, so bezeugen es ihre Seele und ihr Inneres, daß es nur einen Gott gibt: „Das A 122 ist die natürliche Art, in der Gott die Menschen erschaffen hat.“ 224 In der Tat wird jeder Mensch mit der Anlage zum Glauben erschaffen. Die Propheten brachten nichts anderes als den Monotheismus hervor. Deshalb sagt Gott: „Sag: (Er ist mein Herr) Es gibt keinen Gott außer ihm.“ 225 Dies betrifft nur denjenigen, der zwar an Gott glaubt, der sich aber in dessen Wesen oder dessen Eigenschaft geirrt hat. Weil der Glaube an Gott in den Seelen von Natur aus verwurzelt ist, teilen sich die Menschen in solche, die sich von ihm abwandten und ihn vergaßen – dies sind

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Die Notwendigkeit des Lernens

die Ungläubigen –, und in solche, die sich darüber Gedanken machten und sich daran (an die Gottheit) erinnerten, ähnlich wie jemand, der sich verpflichtete, D 336 Zeugnis abzulegen, es durch Sorglosigkeit vergaß und sich dann wieder daran erinnerte. Deshalb sagt der erhabene Gott: „Vielleicht würden sie sich mahnen lassen“ 226 , und: „Die Verständigen sollen es bedenken“ 227 , und: „Und gedenkt der Gnade, die Gott euch erwiesen, und der Verpflichtung, die er euch auferlegt hat“ 228 , und ferner: „Und wir haben doch den Koran leicht (verständlich) gemacht, so daß er jedermann zur Mahnung (dienen kann). Aber gibt es überhaupt jemand, der sich erinnern läßt?“ 229 Das Wiedererinnern ist das, was hiermit am häufigsten gemeint ist. Die Benennung dieser Art von Rede als „Wiedererinnerung“ ist naheliegend, und das Wiedererinnern kann in zweierlei Hinsicht geschehen: a) Bei der einen erinnert man sich an ein Bild, das man in seinem Herzen wirklicha gewonnen hatte und das dann verschwand. b) Bei der anderen erinnert man sich an ein Bild, das von Natur aus dem Menschen innewohnt. Deshalb sagen die wahrhaftigen Denker 230 : „Das Lernen bringt dem Menschen nichts Neues von außen her, sondern es enthüllt lediglich das, was den Seelen der Menschen von Natur aus (fitra) innewohnt, wie im Fall desjenigen, der das Wasser aus der Erde hervorholt, und˙ desjenigen, der die Bilder im Spiegel durch Polieren klar macht.“ Dies sind sichtbare Wahrheiten für diejenigen, die mit dem Auge der Vernunft nachdenken, schwer aber für den, der durch seine Unfähigkeitb auf der ersten Stufe der Grundschule (al-maktab) stehenbleibt, auf der seine Natur sich an erste Vorstellungen der äußeren Begriffe hängt, ohne diese zu prüfen.

a „wirklich“ bei S, E und D. Bei A, Ae, B u. K: „durch die Vernunft“. Wahrscheinlich lesen sie bi-3l-fi2l als bi-3l-2aql. b Bei E: „der durch seine Unfähigkeit, die Stufen der Vollkommenheit zu erlangen, …“

XXVI. Über die Arten der Vernunft

A 123 B 126 D 337

Wisse, daß die Vernunft angeboren und erworben ist. Die angeborene ist die Fähigkeit, die geeignet ist, das Wissen aufzunehmen. Sie ist im Kind vorhanden, ähnlich wie die Palme im Kern. Die erworbene und erlangte Vernunft ist diejenige, die durch die Beschäftigung mit den Wissenschaften entsteht, entweder in unbewußter Weise, /wie etwa das Ausströmen der/ notwendigen /Erkenntnisse/a (zum Beispiel der apriorischen) nach dem Erlangen des unterscheidungsfähigen Alters ohne Lernen, oder man erkennt die Quelle in bewußter Weise, und das ist das Lernen. Weil sich die Vernunft in zwei Arten gliedert, sagt 2Alı¯ – Gott möge Wohlgefallen an ihm haben –: „Ich erblickte unsere Vernunft in Doppelgestalt, angeboren zum einen, zum anderen erworbener Gehalt. Doch die erworbene nützt uns Menschen nicht sehr viel, wäre da nicht die an- B 127 geborene mit im Spiel. So wie das Licht der Sonne – Es nützt den Menschen nicht, wäre da nicht vorhanden das sehende Augenlicht.“b Die erste ist die, die mit der Rede (des Propheten) gemeint ist: „Gott hat nichts Edleres geschaffen als die Vernunft.“ 231 Die zweite ist die, die mit den Worten des Gepriesenen (Muhammad) an 2Alı¯ gemeint ist: „Wenn die Menschen durch verschiedene Arten von˙ frommen Taten sich (Gott) nähern, dann suche du diese Nähe durch deine Vernunft …“ 232 Die erste verhält sich wie das Sehvermögen zum Körper, die zweite wie das Sonnenlicht. Keinen Nutzen hat das Licht bei Blindheit, ebensowenig wie das Sehver- D 338 mögen bei fehlendem Licht. So verhält es sich auch mit dem inneren Sehvermögen, das ist die Vernunft, welche edler ist als das äußere Sehvermögen. Denn die Seele ist einem Reiter ähnlich, der Körper einem Pferd. Die Blindheit des Reiters ist gefährlicher als die des Pferdes. Wegen der Ähnlichkeit zwischen dem inneren und dem äußeren Sehvermögen des Menschen sagt der erhabene (Gott): „Das Herz hat nichts erlogen, was es gesehen hat …“ 233 , außerdem: „Und so zeigten wir dem Abra¯ha¯m die Herrschaft (Gottes) über Himmel und Erde …“ 234 Das A 124 Gegenteil nennt er Blindheit. Der Erhabene sagt: „Nicht die Augen sind (bei ihnen) blind. Blind sind vielmehr die Herzen, die sie in der Brust haben …“ 235 , ferner sagt er: „Und wenn einer hier (im Diesseits) blind ist, ist er im Jenseits erst recht blind und vollständig vom Weg abgeirrt …“ 236 Kurz, derjenige, dessen Vernunft keine durchdringende Scharfsichtigkeit besitzt, der haftet nur an der Schale der Religion, ja sogar nur an ihren Vorstellungen a b

/…/ Auslassungen bei S. Bei E: „Wäre da nicht das Sonnenlicht“, was aber keinen neuen Sinn ergibt.

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Die Arten der Vernunft

und Bildern, nicht aber ihrem Kern und ihrer Wahrheit. Denn die religiösen Wissenschaften werden nur durch die rationalen Wissenschaften erfahren, weil die D 339 letzteren wie die Heilmittel für die Gesundheit sind, die religiösen aber wie Nahrung. Die Tradition beruht aber auf der Vernunft und nicht umgekehrta . Der kranken Seele, der das Heilmittel vorenthalten wird, schaden die Speisen, und sie nützen ihr nicht. Deshalb sagt der Erhabene: „In ihrem Herzen haben sie eine Krankheit …“ 237 , weil sie keinen Nutzen aus dem Koran zogen. Dem unkritischen und blinden Nachahmer (muqallid) erscheinen Widersprüchlichkeiten, wenn er sich über Themen des religiösen Gesetzes (des Islam) Gedanken macht. Im Verhältnis zu dem, was er verstanden hat, sind sie auch wirklich widersprüchlich. Denn es ist möglich, daß er wegen seines schwachen Verstandes und seiner kraftlosen Natur zu feige ist, darüber (über diese Themen) nachzudenken. Er heuB 128 chelt die Sorglosigkeit aus Angst, daß seine Nachahmung zusammenbricht. Möglicherweise erkennt er seinen eigenen Widerspruch, dann gerät er in Verlegenheit, er verliert seine Gewißheit. Wenn er aber mit scharfsichtigem Auge geschaut hätte, so wäre der Widerspruch aufgehobenb , und er hätte jede Sache an ihrem Ort richtig gesehen. Er ähnelt einem Blinden, der in ein Haus eintritt und über Waschschüssel, Kanne und Hauseinrichtungen stolpert. Dazu sagt er: Weshalb habt ihr (mir) all dies in den Weg gelegt? Weshalb stellt ihr nicht jede Sache an ihren Ort? Man erwidert ihm: Jede Sache steht doch an ihrem Platz, der Fehler aber liegt im Sehvermögen. Das ist eine Erörterung des Wissens, das durch die Vernunft erworben wird. A 125 D 340

Wisse, daß die Wissenschaften, die man durch die Vernunft erwirbt, in diesseitige und jenseitige Erkenntnisse aufgeteilt werden, deren Wege verschieden sind. Wer seine Aufmerksamkeit ausschließlich dem einen widmet, dessen Scharfsichtigkeit wird auf dem anderen oft unzulänglich sein. Deshalb gab 2Alı¯ drei Gleichnisse für das Verhältnis des Diesseits zum Jenseits, indem er sagte: „Das Verhältnis zwischen Diesseits und Jenseits ist wie das Verhältnis der beiden Waagschalen, wie Ost und West und wie die beiden Nebenfrauen; wenn du die eine zufriedenstellst, erzürnst du die andere.“ Deshalb findest du die Klugen in den Angelegenheiten des Diesseits unwissend über das Jenseits und umgekehrt. Darum sagt der Gepriesene (Muhammad): ˙ für das „Klug ist derjenige, der Verantwortung für sich selbst übernimmt; und Leben nach dem Tode handelt.“ 238 Als man manche Frommen für dumm hielt, entgegnete er: „Die meisten der Paradiesbewohner sind einfältig“ 239 , das heißt in bezug auf das Diesseits. In diesem Sinne sagt auch al-Hasan al-Basrı¯c : „Wir haben Leute erlebt, wenn ihr ˙ ˙ sie gesehen hättet, so hättet ihr gesagt, sie seien verrückt, und wenn sie euch sehen würden, so würden sie sagen, ihr seid Satane.“ 240 a

„Die Tradition beruht aber auf der Vernunft und nicht umgekehrt“ bei allen außer bei S u. E. „aufgehoben“ Auslassung bei Ae. c „al-Basrı¯“ fehlt lediglich bei S u. E. Es kann sein, daß die Schreiber der beiden Handschriften al-Hasan˙ ibn-2Alı¯ (624–670 n. Chr.) meinen. ˙ b

Die Arten der Vernunft

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Wann auch immer du etwas über eine befremdliche Angelegenheit der Religiona hörst, so soll dich das nicht davon abhalten, es anzunehmen, nur weil du meinst, daß, wenn es wahr wäre, die klugen Menschen es erfahren hätten, die sich mit dem Diesseits beschäftigen, sich den Feinheiten der technischen Berufe oder anderen Berufen widmen. Denn es ist unmöglich, daß derjenige, der sich auf den Weg des Ostens begibt, das gewinnt, was sich im Westen befindet. So verhält es sich mit den Angelegenheiten des Diesseits und des Jenseits. Darum sagt der Er- B 129 habene: „Diejenigen, die nicht hoffen, uns zu begegnen, die mit dem diesseitigen Leben zufrieden sind und darin Ruhe finden und die nicht auf unsere Zeichen D 341 achten, die werden ihre Wohnstätte im Höllenfeuer finden für das, was sie begangen haben. Diejenigen, die glauben und tun, was recht ist, die leitet ihr Herr durch ihren Glauben recht. Unter ihnen werden Bäche fließen, in den Gärten der Wonne“ 241 , und ferner: „Sie wissen, was vom diesseitigen Leben äußerlich sichtbar ist. Auf das Jenseits achten sie nicht.“ 242 Kaum einer kann beide haben außer demjenigen, den Gott für geeignet hielt, die Menschen in ihrem Diesseits und Jenseits zu leiten. Dies sind die Propheten, die durch den Heiligen Geist unterstützt werden und welche über eine Fähigkeit verfügen, die alle Angelegenheiten umfaßt und die nicht beschränkt ist. Was die schwachen Seelen anbetrifft: Wenn sie sich mit einer Sache beschäftigen, wenden sie sich von der anderen ab, und sie können nicht beide Sachen gleichzeitig vervollkommnen.

a

Bei E u. Ae: „des Diesseits“; wahrscheinlich handelt es sich um einen Schreibfehler.

XXVII.

A 126 B 130

Über die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers in den religiösena Wissenschaften, die zur Glückseligkeit führen 243 Die Aufgaben des Lernenden sind zahlreich. Ihre Einzelheiten werden in zehn Grundsätzen dargestellt: Die erste Aufgabe besteht darin, die Reinigung der Seele von der schlechten ethischen Gesinnung in den Vordergrund zu stellen. Der Gottesdienst mit den Körperteilen kann für das Gebet nur durch ein Reinigungsritual gültig sein. So ist D 342 das Wissen ein Gottesdienst der Seele, im Sprachgebrauch des islamischen Gesetzes aber ein Gottesdienst des Herzens und nur so wird das Wissen durch die Reinigung des Herzens von den Schlechtigkeiten der ethischen Gesinnung und den schlechten Charaktereigenschaften gültig sein. Der Gepriesene (Muhammad) ˙ Innere sagt: „Die Religion beruht auf der Reinheit.“ 244 Dies trifft sowohl auf das als auch auf das Äußere zu, und der Erhabene sagt: „Die Heiden sind ausgesprochen unrein.“ 245 Dadurch macht er darauf aufmerksam, daß Reinheit und Unreinheit nicht auf das Äußere beschränkt sind. Darüber sagt der Gepriesene (Muham˙ mad): „Die Engel betreten kein Haus, in dem sich ein Hund befindet.“ 246 Das Herz ist das Haus der Engel, ihr Blickpunkt und das Ziel ihrer Wirkungen; die schlechten Eigenschaften sind wie bellende Hundeb , die dies alles verhindern. Wenn du glaubst, daß es ein Haus aus Lehm gibt und ein Tier, das Hund genannt wird, welches allen übrigen Tieren ähnelt, so ist auch naheliegend, daß du an ein Haus der Religion glaubst und an Eigenschaften, welche alle lobenswerten Eigenschaften überragen. Das Haus der Religion ist das Herz, dessen sich einmal die Hunde, ein anderes Mal die Engel bemächtigen. Wenn du aber sagst: „Wie oft gibt es einen Studierenden, der sich die Wissenschaften angeeignet hat, jedoch von A 127/D 343 schlechter Gesinnung ist!“, wie weit bist du von dem Verständnis des wahren religiösen Wissens entfernt, welches die Glückseligkeit herbeibringt! Das, was der Studierende an schlechter Gesinnung (von den Wissenschaften) erwirbt, ist bloß eine Rede, die er einmal mit seiner Zunge, ein anderes Mal mitc seinem Herzen ordnet, und ein Gerede, das er wiederholt. Wenn das Licht des Wissens in sein Herz schiene, so besserte sich seine Gesinnung. Denn die unterste Stufe des Wissens ist, daß man erkennt, daß die Sünden tödliche Gifte sind, die das ewige Leben zunichte machen; denn ihr Ursprung sind die B 131 schlechten Charaktereigenschaften. Hast du jemals jemanden gesehen, der das Gift als solches erkennt und es dennoch einnimmt? Darum sagt der Gepriesene a b c

„religiösen“ nur bei allen drei Handschriften. „bellend“ lediglich bei S u. E; „… die dies alles verhindern“ fehlt bei E. Arab. bei S u. E: „fı¯-qalbihi“. Bei den übrigen: „bi-qalbihi“.

Die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers

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(Muhammad): „Wer sein Wissen vermehrt, jedoch an rechter Leitung nichts hin˙ zugewinnt, wird um so mehr von Gott entfernt.“ 247 In diesem Zusammenhang sagen die wahrhaftigen Forscher (unter den Wissenschaftlern) über den Sinn des Spruchsa : „Wir haben das Wissen für einen anderen Zweck außer für Gott erlernt, das Wissen aber lehnte es ab, für etwas anderes als für Gott da zu sein“, das heißt, daß das Wissen sich weigerte und ablehnte, sich aneignen zu lassen. Was aber angeeignet wurde, war oberflächlich und kein wahrhaftiges Wissen. Wenn du sagst: Ich sehe eine Gruppe von hervorragenden Rechtsgelehrten (fuqaha¯3), die sich darein (in die Rechtswissenschaften) vertieft haben, obwohl sie von schlechter ethischer Gesinnung sind, so wird dir erwidert: Wenn du die Rangordnung der Wissenschaften erkennst, sie mit der Erlangung der Glückseligkeit zu verbinden trachtest, so wirst du wissen, daß das, was diese Rechtsgelehrten gelernt haben, im Hinblick auf dieses Ziel wenig nützlich ist, auch dann, wenn ihr Wissen etwas Nützliches für den Interessierten enthält, der damit auf ein solches Ziel hinarbeitet. Die zweite Aufgabe ist, daß er seine Bindungen zu den diesseitigen Beschäftigungen verringert und sich von Familie, Kindern und Vaterland entfernt; denn die Bindungen beschäftigen die Herzen und lenken sie ab: „Gott hat keinem Men- D 344 schen zwei Herzen in seinem Inneren gegeben.“ 248 Je mehr sich das Denken verzettelt, desto unfähiger wird es, die Wahrheiten der Dinge zu erkennen. Darum wird gesagt: „Das Wissen gibt dir keinen Teil von sich, bis du dich selbst ihm völlig widmest. Wenn du dich ihm völlig widmest, so besteht die Gefahr, daß es dir nur einen Teil davon gibt.“ Wann immer das Denken sich auf verschiedene Dinge verteilt, ähnelt es einem Bach, dessen Wasser spärlich istb und der so durch Luft und Erdec austrocknet, und so bleibt von ihm nichts übrig, was sich sammelt und den Ackerboden erreicht und somit Nutzen bringt. Die dritte Aufgabe bedeutet, daß er (der Studierende) sich nicht hochmütig gegenüber der Wissenschaft und deren Anhängernd verhält und dem Lehrer keine Befehle erteilen darf, vielmehr sollte er ihm die Leitung in bezug auf die Einzelheiten im Bereich des Unterrichtse überlassen und seinen Ratschlägen Folge leisten, wie der Kranke dem Arzt gegenüber. Der Hochmut gegenüber der Wissenschaft bedeutet, daß er (der Studierende) sich weigert, aus dem Wissen desjenigen Nutzen zu ziehen, der es besitzt. Das ist die Torheit selbst. Die Weisheit ist A 128 vielmehr Gegenstand beharrlicher Suche eines jeden Gläubigenf ; er soll sie ergreifen, wo immer er sie findet, aus ihr Nutzen ziehen und sich damit schmücken. Denn: a „über den Sinn des Spruchs“ fehlt bei S u. E. In diesem Fall stammt der Spruch von den Forschern selbst. b „dessen Wasser …“ bei S u. E. Bei den übrigen: „dessen Wasser durchsichtig und flach ist, …“ c Bei A u. B: „… durch Luft auf dem Boden …“ d „… und deren Anhängern“ fehlt bei S u. E. e „des Unterrichts“ bei S u. E. Bei den übrigen: „des Lernens“. f Bei S u. E. Bei den übrigen: „des Weisen“.

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B 132

D 345

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Die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers

„Wissenschaft kämpft gegen den jungen Menschen, dem Hochmut eigen, Wie Wasserfluten, die stetig gegen das Hochland steigen.“ 249 Deshalb ist Demut nötig. Darum sagt der Erhabene: „Darin liegt eine Mahnung für jemanden, der ein Herz hat oder (aufmerksam) zuhört und die Sache bezeugt …“ 250 , das heißt, daß er sich mit der Wissenschaft beschäftigt. Das ist mit „der ein Herz hat“ gemeint, oder wer genügend Verstand besitzt, um zuzuhören, aufmerksam und demütiga zu sein. /Wann immer der Lernende gegenüber seinem Lehrer nicht wie ein trockener Boden, auf den ein starker Regen gefallen ist/b , diesen ohne Widerstand aufnimmt, so kann er von ihm (dem Lehrer) keinen Nutzen ziehen. Wann immer auch der Lehrer etwas sagt, was der Lernende mit Gewißheit für falsch hält, so sollte er (der Lernende) sich selbst gegenüber mißtrauisch werden, sich gedulden und seinem Lehrer folgen. Denn selbst der Fehler seines Lehrers ist besser als die Richtigkeit seiner eigenen Meinung (sofern er im Anfangsstadium ist), wie der Wegbeschreiter (der Mystiker), der aus der Erfahrung gelernt hat, worüber sich derjenige, der noch als Anfänger gilt, wundert. Darauf verweist der erhabene Gott in der Geschichte des al-Hidr mit Moses, indem er sagt: „Darf ich ˘ ˙lehrst, den du gelehrt worden bist?“ 251 dir folgen, damit du mich den rechten Weg c Er erwiderte : „Frage mich nach nichts, solange ich dir nicht von mir aus etwas darüber sage.“ 252 Moses hat sich nicht geduldet, ihn kritisiert und ihm Widerstand geleistet, bis jener sagte: „Das ist die Trennung zwischen mir und dir.“ 253 Dann belehrte er ihn über die Geheimnisse, die Moses für unmöglich hielt, wie es im Koran erwähnt wird. Dadurch erfuhr Mosesd , daß der Lehrer über ein Wissen verfügt, zu dem weder der Verstand noch die Phantasie des Lernenden gelangen können. Kurz gesagt: Jeder Lernende, der nicht der Anweisung seines Lehrers in bezug auf das Lernen Folge leistet, ist zum Scheitern und zum Mißerfolg verurteilt. Wenn du sagst: Der erhabene Gott spricht: „Fragt doch die Leute der Mahnung, wenn ihr nicht Bescheid wißt“ 254 , so wisse, daß dieses (nämlich Fragen zu stellen) weder im Widerspruch dazu steht, Moses zu untersagen, Fragen zu stellen, /noch zu dem, was wir vorher erwähnt haben. Denn das Verbot untersagt das Fragen nach dem, was sein Auffassungsvermögen überschreitet, (nicht aber, was er nicht wissen kann). Wenn der Lehrer ihm also das Fragen in diesem Sinne verbietet, so sollte dieser es unterlassen./e Der Imperativ ist ein Ansporn der Erkenntnis eines Details, je nachdem, wie die Rangordnung des Lernenden in der Wissenschaft ist. Die vierte Aufgabe: Derjenige, der sich in eine Disziplin der theoretischen Wissenschaftenf vertiefen will, soll nicht zuerstg auf die zwischen den Schulen herrschende Verschiedenheit und auf Scheinargumente achten, die zu Zweifel und a b c d e f g

„demütig“ fehlt bei S; E: „geduldig“. /…/ Auslassung bei S. „Er erwiderte“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „bis zu der Aussage Gottes“. Bei S u. E. Bei den übrigen: „Dadurch ließ Gott Moses erkennen, …“ /…/ fehlt lediglich bei S. „in eine Disziplin …“ bei S u. E. Bei den übrigen: „in die theoretischen Wissenschaften …“ Bei S u. E: „soll zuerst nur auf …“, jedoch spricht der Zusammenhang gegen die Bejahung.

Die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers

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Verwirrung führen, solange er nicht mit den Grundlagen dieser Wissenschaften vertraut ist. Denn dies führt sonst zum Nachlassen seiner Entschlossenheit im Streben nach der Erkenntnis der Grundlagen dieser Wissenschaften sowie zur Hoffnungslosigkeit in bezug auf das wahre Verständnis aus Gründen, die wir in unserem Buch: „Das Kriterium des Wissens“ 255 erwähnt haben. Der Lernende muß also die Grundlagen (der Wissenschaften) beherrschen sowie die Meinung und die Methode, die sein Lehrer bevorzugt. Dann soll er sich auf die Scheinargumente einlassen, um sie zu prüfen und zu klären. Deshalb verbietet der erhabene Gott demjenigen, dessen (islamischer) Glaube nicht stark genug ist, zum Beispiel der gerade erst zum Islam bekehrte Mensch, mit den Ungläubigen zu verkehren. Man erwähnt sogar, daß dies einer der Gründe ist, das Schweinefleisch zu verbieten, denn es ist Bestandteil der meisten Speisen der Ungläubigen. Es wird verboten, damit die Muslime davon abgehalten werden, mit ihnen gemeinsam zu speisen, welches ein Grund des Beisammenseins ist. Darum muß man die gemeinen Menschen vor dem Umgang mit den Abtrünnigen schützen wie man die Ehefrauen vor dem Umgang mit den Frevlern schützen soll. Wessen Glaube im Islam stark geworden ist und wer dessen Beweise und Argumente in seinem Herzen festgesetzt hat, der darf einen solchen Umgang haben. Ja, es ist sogar empfehlenswert, mit ihnen zu verkehren, den Scheinargumenten zuzuhören, sich mit deren Lösungen zu beschäftigen und dadurch wie einer zu werden, der sich im heiligen Kampf befindet. Denn dem Fähigen ist es erlaubt, die Reihe der Ungläubigen anzugreifen. Dem Unfähigena aber ist dies nicht zu empfehlen. Von diesem Prinzip aus gesehen irrt sich derjenige, der meint, daß die Aufgaben der Schwachen die gleichen sind wie die der Starken in der Religion, so daß einer der Su¯fı¯häupter sagt: „Wer mich am Anfang meiner mystischen Tätigkeit sieht, sagt,˙ich sei ein Aufrichtiger. Wer mich aber an ihrem Ende sieht, sagt, ich sei ein Häretikerb “, das heißt, der Anfang verlangt, daß der Kampf gegen das eigene Ich mit Hilfe der Verrichtung vieler Gottesdienste durch das bloße Auge sichtbar wird. Am Ende aber wendet sich die Tätigkeit dem Inneren zu, so daß das Herz ständig im reinen Schauen und in der Gegenwart bleibt, wobei die äußeren Körperteile ruhen. Deshalb vermutet man, es sei eine Nachlässigkeit der Gottesdienste. Welch ein Irrtum! Denn dies ist eine Versenkung in das Wesen der Gottesdienste, in ihren Kern und ihre Ziele. Aber die Augen der Fledermäuse sind unfähig, das Sonnenlicht wahrzunehmen. Die fünfte Aufgabe: Der Lernende darf keine Disziplin der Wissenschaften und keinen ihrer Zweige unbeachtet lassen, ohne in dieser Wissenschaft genau den Zweck, das Ziel und die Methode erkannt zu haben. Wenn die Lebensdauer es erlaubt und er über die Mittel verfügt, dann soll er danach streben, sich in die a

Von hier ab: arab.: „wa-3l-2a¯giz …“ bis „Sie sagen: „Wenn Gott …“, arab.: „wa-innahum yaqu¯lu¯n: laula ira¯dat Alla¯h …“, s. D 359 fehlt bei E. Es wird später an der entsprechenden Stelle auf die Fortsetzung der E-Handschrift verwiesen. b Bei S: „Wer mich … sieht, wird selbst zu einem Aufrichtigen, Wer mich aber … sieht, wird selbst zu einem Häretiker.“

D 347 B 133

D 348 A 130

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Die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers

Wissenschaften zu vertiefen, denn alle Wissenschaften unterstützen sich gegenseitig und sind miteinander verbunden. Er soll sofort daraus Nutzen ziehen, damit er nicht aufgrund seiner Unwissenheit ein Feind der Wissenschafta wird; denn die Menschen sind Feinde dessen, was sie nicht wissen. Der erhabene Gott sagt: „Und wenn sie sich durch den Koran nicht recht leiten lassen, werden sie sagen: ,Das ist ein alter Schwindel …‘“ 256 Der Dichter sagt: B 134 „Bei Bitterkeit und Seelenqual schmeckt dir selbst klares Wasser schal.“ 257 Deshalb soll erb keinen einzigen Zweig der Wissenschaften geringschätzen, vielmehr soll er sich jede Wissenschaft aneignen und sich ihr in der erforderlichen Weise und ihrem Rang entsprechend widmen. Denn bei all ihrer Vielfalt gibt es zwei Kategorien von Wissenschaften. Entweder führen sie den Menschen direkt zu Gott, oder sie helfen ihm, sich auf diesen Weg zu begeben. Sie bilden zueinander eine Rangordnung entsprechend ihrer Nähe oder Entfernung vom Ziel. Diejenigen, die für diese Wissenschaften Verantwortung tragen, ähneln Wächtern von ˇ iha¯d (des heiligen Kampfes) und den Festungen und Häfen auf dem Weg des al-g Pilgerfahrten. Jede von ihnen hat ihren Rang. Die sechste Aufgabe: Der Lernende soll sich nicht in alle Wissenschaften auf D 349 einmal vertiefen, sondern er soll die Reihenfolge berücksichtigen, so daß er mit der wichtigsten beginnt, dann zu der wichtigsten der übrigen und nicht auf einen anderen Zweig der Wissenschaften übergeht, bevor er die vorherige vervollständigt hat. Denn die Wissenschaften stehen in einer notwendigen Reihenfolge (zueinander), und die einen führen zu den anderen. Der erfolgreiche Studierende berücksichtigt diese Reihenfolge und Abstufung. Der erhabene Gott sagt: „Diejenigen, denen wir das Buch gegeben haben, lesen es so, wie es ihm angemessen ist“ 258 , das heißt, sie gehen nicht von einer Wissenschaft zur anderen über, bevor sie sie theoretisch und praktisch völlig beherrschen. Sein Ziel beim Erforschen einer jeden Wissenschaft soll sein, daß er nach der höheren strebt. Du sollst keine Wissenschaft als nutzlos beurteilen, weder wegen der Meinungsverschiedenheiten unter ihren Anhängern, noch wegen der Fehler eines einzelnen oder mehrerer von ihnen, noch weil sie sich anders verhalten, als es die WissenA 131 schaft von ihnen verlangt. Denn man kann eine Gruppe von Menschen sehen, die das Nachdenken über die rationalen und juristischen Wissenschaften mit der Begründung unterlassen: Wenn diese Wissenschaften eine Grundlage hätten, so hätten ihre Anhänger sie erkannt. Wir haben dieses Scheinargument in unserem Buch „Das Kriterium des Wissens“ dargelegt. /Ich sehe eine Gruppe (von Menschen), die an die Unrichtigkeit der Medizin glaubt wegen eines Fehlers, den ein Arzt gemacht hat/c , eine andere glaubt an die Richtigkeit der Astrologie, weil ein einzelner sie zufälligerweise richtig gedeutet hat, andere an ihre Untauglichkeit, weil jemand sie zufälligerweise falsch ausgelegt a b c

Bei B: „dieses Lehrers“. S: „der Vernünftige“. /…/ fehlt bei allen außer S.

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hat. All dies ist falsch. Vielmehr soll man die Sache an sich erkennen. Denn kein Mensch kann die Last der Wissenschaft allein tragen. Darum sagt 2Alı¯ – Gott möge Wohlgefallen an ihm haben –: „Erkenne nicht das Wahre durch die Menschen, sondern erkenne zuerst das Wahre, dann wirst du seine Anhänger erkennen.“ Die siebte Aufgabe: Da die Lebensdauer nicht für alle Zweige der Wissenschaften ausreicht, muß man das Beste von allem aussuchen. Man sollte sich also mit dem Minimum einer jeden Wissenschaft begnügen und sich den Rest des Lebens mit der Vervollkommnunga der Wissenschaft beschäftigen, die der Grund für die Rettung und die Glückseligkeit ist, das ist das Ziel aller Wissenschaften, nämlich die Erkenntnis Gottes in Wahrheit und Aufrichtigkeit. Denn alle Wissenschaften dienen dieser Wissenschaft, während sie unabhängig ist und keiner anderen dientb . Deshalb spricht der Erhabene (Gott): „Sag: ‚Gott.‘ Alsdann laß sie in ihrem Geschwätz weiter ihr Spiel treiben!“ 259 Es ist nicht gemeint, daß man die Muskeln der Zunge mit diesen Buchstaben bewegt. Deshalb sagt der Prophet Muhammad: ˙ Gott‘, „Wer aufrichtig und aus seinem Herzenc sagt: ‚Es gibt keinen Gott außer 260 tritt ins Paradies ein.“ Denn die Bewegung der Körperteile nützt kaum, wenn sie keinen Einfluß auf das Herz ausübt undd wenn sie nicht von einer Überlieferung ausgeht, welche im Herzen fest verankert ist, oder wenn sie nicht von einer Überzeugung hervorgeht, welche man „Glaube“ nennt. Dann könnte der Glaube die Stufe des Glaubens von Abu¯-Bakr erreichen, der, wenn er gegen den Glauben aller Menschen aufgewogen würde, diesen überragen würde, obwohl ausdrücklich erklärt wurde, daß er euch gegenüber nicht durch mehr Fasten und Gebete den Vorzug hat, sondern durch ein Geheimnis, das in seinem Herzen feststeht. Wenn die höchste Erkenntnis über Gott irgendein Glaube wäre wie der, an den der blinde Nachahmer, der Scholastiker und der Angehörige der Unterrichtsschule durch einen niedergeschriebenen Beweis glauben, wären meiner Meinung nach 2Umar, 2Alı¯e und 2Utma¯n und alle übrigen Gefährten des Propheten zu einem solchen Glauben nicht ¯unfähig, so daß Abu¯-Bakr sie überragen würde. Dem Aufrichtigen wird dadurch klar, daß der Weg der Su¯fı¯s (Mystiker) durch starke religiöse Belege von seiten des Islam bezeugt wird, ˙auch wenn er von den meisten üblichen Erscheinungen der Religion abzuweichen scheint. Deswegen darf der Unwissende diesem Weg der Mystik nicht feindlich gegenüberstehen, nur weil er unwissend und unfähig ist, ihn zu begreifen. Kurz, die Erkenntnis Gottes ist das Ziel jeder Erkenntnis und das Ergebnis jeder Wissenschaft nach allen Lehrmeinungen. Man erzählte, daß ein Bild von zwei Weisen gesehen wurde, die Gott in einer Moschee anbeteten. Der eine hielt ein Stück Pergament in der Hand, auf dem geschrieben stand: „Wenn du jede Sache beherrschst, so glaube nicht, daß du sie tatsächlich beherrschst, bis du den erhabea b c d e

„Vervollkommnung“ lediglich bei S. „unabhängig, arab. hurr“ fehlt bei S. ˙ „und aus seinem Herzen“ lediglich bei S. „und“ bei S. Bei den übrigen: „oder“. „2Umar, 2Alı¯ …“ bei S und Ae. Bei den übrigen: „2Umar und 2Utma¯n“. ¯

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nen Gott erkennst und erfährst, daß er Urheber aller Ursachen und der Schöpfer aller Dinge ist“, während auf dem Pergament in der Hand des anderen zu lesen war: „Bevor ich Gott erfahren hatte, trank ich und wurde durstig. Nachdem ich Ihn aber erfahren habe, stillte ich meinen Durst, ohne zu trinken.“ Die achte Aufgabe: Du sollst wissen, daß manche Wissenschaften edler als andere sind und daß man die Vornehmheit einer Wissenschaft an zwei Dingen erkennta : a) durch die Bedeutsamkeit ihres Zieles und b) durch die Sicherheit ihrer Beweise wie zum Beispiel die Wissenschaft der Religion und der Medizin. Denn das Ziel der Wissenschaft der Religion ist das ewige Leben, welches ohne Ende ist. Deshalb ist sie bedeutsamer als die Wissenschaft der Medizin, deren Ziel das Leben des Körpers bis zum Todeb ist. Wenn du die Arithmetik mit der Medizin vergleichst, so ist sie (die Arithmetik) in bezug auf die Sicherheit ihrer Beweise bedeutsamer. Denn ihre Erkenntnisse sind notwendig (a priori) und von keinem Experiment abhängig im Gegensatz zur Medizin, während die Medizin von ihrem Ziel her bedeutsamer (als die Arithmetik) ist. Denn die Gesundheit des Körpers ist bedeutsamer als die Erkenntnis der Verhältnissec aller Mengen. Es liegt näher, die Bedeutsamkeit des Zieles zu betrachten als die Sicherheit des Beweises. Die edelste aller Wissenschaften hinsichtlich ihres Zieles ist die Wissenschaft D 352/A 133 von Gott, seinen Engeln, seinen Büchern, seinen Gesandten und was dazu beiträgt. Denn ihr Ziel ist die ewige Glückseligkeit. Die neunte Aufgabe: Du sollst die Arten der Wissenschaften im allgemeinen erkennen. Dies sind drei: 1. Eine Wissenschaft, die sich auf den Ausdruck bezieht, insofern er auf die Bedeutung hinweist. 2. Eine Wissenschaft, die sich auf die bloßed Bedeutung bezieht, /insofern der Ausdruck darauf verweist/e . 3. Eine Wissenschaft, die sich auf die bloße Bedeutung bezieht. /Die Wissenschaft, die sich auf den Ausdruck bezieht/f , ist diejenige, durch die man die Bedeutung mit Hilfe der Sinne erkennen kann. Ich möchte, daß du die Ausdrücke erkennst, die durch Konvention festgesetzt werden, um auf die Bedeutungen hinzuweisen. Sie teilen sich in zwei Bereiche: a) die Wissenschaftg der Sprachen und b) die Wissenschaften, die von ihnen abhängen, wie Etymologie, Wort- und Satzanalyse, Grammatik, Morphologie, die Wissenschaft vom Versmaß und die Reimlehre. Vielleicht gelangt man zur Wissenschaft der Phonetik und zu dem, was von ihr abhängt. Was die Bedeutung anbetrifft, auf die man durch den Ausdruck hinweist, so ist dies die Wissenschaft von der Dialektik, der Disputation, der Beweisführung und a b c d e f g

Bei S. Bei den übrigen: „Denn man erkennt den Ruhm einer Wissenschaft …“ „bis zum Tode“ fehlt bei S. „Verhältnisse“ bei S. Bei den übrigen: „Summe“. „bloße“ nur bei S. /…/ fehlt bei S. /…/ fehlt bei S. „die Wissenschaft“ fehlt bei S.

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der Redekunst. Derjenige, der sich mit diesen Wissenschaften beschäftigt, ist ein Fachmann der Lexikographie, der Ausdrücke und der Bedeutungen. Er ist ein Gelehrter in bezug auf die Anordnung ihrer Anwendungsmöglichkeiten und auf die Art, wie man sie zusammenstellt, so daß man zu einem sicheren Wissen gelangt – dies ist ein Beweis – oder um den Gegner zum Schweigen zu bringen – dies ist eine Dialektik – oder zu einer Überzeugung, durch die man den Gegner zu einer bestimmten Meinung verleitet und ihn in die Enge treibt, um seine Meinung zu ändern, was Rede- und Predigerkunst heißt und auch Beweis genannt werden kann. Denn diese Kunst leitet die Zuhörer zu Zielen und Glaubensdogmen hin, in denen ihr Heil besteht. Darauf beziehen sich die meisten Hinweise der Überlieferungen und die Indizien, die man gegen die Ungläubigen als Beweis anführt. Das ist die nützlichste Art aller Beweise und in bezug auf die Massen die wirksamste. Nur die großen unda wahrhaftigen Forscher, von denen die Epochen kaum einen einzigen hervorbringen, sind in der Lage, den unbestreitbaren und sicheren Beweis zu verstehen und zu begreifen. Was die Dialektik angeht, so ist sie unter diesen Bereichen am wenigsten nützlich in Hinblick auf die rechte Leitung der Menschen. Denn der Forscher begnügt sich nicht mit dem Beweis, der nur auf die Zustimmung des Gegners ausgerichtet, nicht aber an sich überzeugend ist. Der Ungebildete begreift den Beweis nicht; sein Verstand ist dazu unfähig. Der streitlustige Gesprächspartner beharrt meistens auf seinem Glauben, wenn er zum Schweigen gebracht wird. Er führt (in diesem Fall) die Unfähigkeit (in der Überzeugung) auf sich selbst zurück (nicht aber auf den Beweis) und sagt dazu: „Wenn der Begründer meiner Doktrin noch am Leben und anwesend wäre, so hätte er sich von diesem Beweis distanziert.“ Die meisten Argumente, die die Theologen in ihren Auseinandersetzungen mit den (anderen) Schulen angeführt haben, gehören zur Dialektik. Ähnlich ist es mit den juristischen Streitigkeiten. Deshalb endet keine Diskussion damit, daß ein Gesprächspartner aufmerksam wird, seine Meinung aufgibt und zu einer anderen überwechselt. Der dritte Teil, der sich auf die Bedeutung bezieht, gliedert sich in zwei Teile, die reine theoretische und die praktische Wissenschaft. Die reine theoretische Wissenschaft bezieht sich auf die Erkenntnis des erhabenen Gottes, der Engel und der Propheten, das heißt die Erkenntnis der Prophetie und ihrer Rangstufen und die der Engel sowie die Erkenntnis der Königreiche von Himmel und Erdeb , die Wunderwerke in der Schöpfung und in den Lebewesen und was von ihnen auf Erden verbreitet wurde; auf die Erkenntnis der himmlischen Gestirnec und der höheren Sphären, aller Teile der existierenden Dinge, wie man sie nacheinander einreiht, die Art und Weise, wie man sie miteinander verbindet und wie man sie mit dem Einzigend und Wahrhaftigen verknüpft, der darüber erhaben ist, sich mit anderen verbinden zu lassen, sowie auf die Erkenntnis der Auferstehung, der Versamma b c d

„und“ lediglich bei S. „Erde“ fehlt bei S. S: „der Wandergestirne“. Nach S. Bei den übrigen: „dem Ersten“.

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ˇ inn (Geister) lung, des Paradieses und der Hölle, des Pfades, des Gerichtes, der G und der Satane (bösen Geister). Man soll prüfen, ob das wahr ist, was von der äußeren Bedeutung dieser Begriffe leicht eingedrungen ist in den Verstand der Ungebildeten, die sich vorgestellt haben, daß Gott, der Erhabene, räumlich oberhalb der Welt auf einem Thron sitzt und vor der Entstehung der Welt zeitlich existiert, und man soll prüfen, was sie über die Glaubenssätze der Engel und Satane und über die Umstände des Jenseits, zum Beispiel des Paradieses und der Hölle, vermutet haben. Man sollte (weiterhin) prüfen, ob diese Dinge ohne Abweichung sind, wie sie geglaubt haben, oder ob sie Symbole und Vorstellungen sind, die eine andere als ihre äußere Bedeutung haben. Es ergibt sich somit, daß die Prüfung dieser Dinge mit Aufrichtigkeit und anhand der reinena Wahrheit vollzogen werden kann, welche über jeden Zweifel, jede Vermutung und vage Vorstellung erhaben ist; dies sind die theoretischen Wissenschaften, die von der Praxis unabhängig sind. Die praktischen Wissenschaften sind: die religiösen Vorschrifen, die Rechtswissenschaften und die prophetischen Überlieferungen (des Propheten Muhammad). ˙ Das ist das Wissen um die Steuerung der Seelen(-Kräfte) in Zusammenhang mit der Ethik, wie erwähnt wurde, das Wissen um die Verwaltung der Angelegenheiten der Angehörigen, der Kinder, des Essens, der Kleidung sowie um die Weise des Lebens und des Benehmens. Das sind die (islamischen) Rechtswissenschaften, welche Privat-, Zivil- und Strafrecht beinhalten. Wenn man ihre Bereiche (der praktischen Wissenschaften) kennt, so sollte man (auch) ihre Rangstufen erkennen, damit man sein Leben nur der Erlangung des erstrebten Zieles oder dem widmet, was ihm nahesteht. Wer sich aber mit der ersten Art begnügt, die sich auf die Wissenschaft des Ausdrucks bezieht, der beschränkt sich allein auf die Oberfläche, und wer sich mit Grammatik, Wort- und Satzanalyse, mit der Wissenschaft von den Versmaßen und der Phonetik begnügt, der beschränkt sich auch auf die Oberfläche in ihren verschiedenen Aspekten. Derjenige, der sich in die Verfahrensweise vertieft, durch die sich der wahrhaftige sichere Beweis auszeichnet, der sich über die Dialektik und das bloße Überzeugen erhebtb , beschäftigt sich zunächst mit einer wichtigen Angelegenheit. Wenn er sich (aber) damit begnügt, so beschränkt er sich (bloß) auf das Instrument und das Mittel, ähnlich wie einer, dessen Ziel eine Pilgerfahrt ist und der so ein Kamel kauft, für Proviant und Ausstattung sorgt, dann aber (untätig) zu Hause bleibt. Dies (seine Vorbereitung) ist wichtig und notwendig, weil es ein unerläßliches Instrument ist, jedoch nutzlosc , wenn es nicht zu diesem Zweck verwendet wird. Denn die Waffe allein nützt nicht, wenn sie nicht im Kampf eingesetzt wird. Wer sich in die praktischen Wissenschaften vertieft und es dabei beläßt – ich meine die Rechtswissenschaften, ihre Überprüfungd und ausführliche Darlegung a

„reinen“ fehlt bei S. Bei S. Bei den übrigen: „durch die sich der wahrhaftige Beweis vom (bloßen) Überzeugen unterscheidet, …“ c „jedoch nutzlos“ fehlt bei S u. Ae. d „Überprüfung“ lediglich bei S. b

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(der Probleme) –, der steht demjenigen nahe, der sich auf die Sprachen beschränkt. Im Verhältnis zu diesem ist er großartig. Die Beschäftigung mit den Sprachen ist wiederum großartig im Verhältnis zum Wissen um Tanzen und Flöten. Wenn man sie aber im Verhältnis zum Ziel (das man sich in der Wissenschaft gesetzt hat) betrachtet, so ist sie davon weit entfernt. Dies soll durch ein Beispiel verdeutlicht werden. Wenn der Herr die Freilassung seines Sklaven davon abhängig macht, daß er die Pilgerfahrt unternimmt und ihm danach ein Kapitala verspricht, mit dem er eine Führungsstelle erlangen kann, so gibt es dreierlei Stufen zur Erlangung des Glücks A 136 der Freiheit und ihrer Folgen. Erstens: Die Bereitstellung der Mittel dafür durch den Kauf des Kamels, die Befestigung der Wasserflasche und die Vorbereitung des Reiseproviants. Zweitens: Die Abreise aus der Heimat und die schrittweise Hinwendung zum gewünschten Ziel. Drittens: Die Erfüllung der Pilgerpflichten eine nach der anderen. Danach folgt die Freilassung (des Sklaven), und er kann Anspruch auf das Geld erheben, das ihn zum Glück führt. Für jedes Ziel gibt es Stufen vom Beginn der Vorbereitung der Mittel an bis zu B 140 ihrem Ende und vom ersten Schritt bis zum letzten und von der Durchführung der ersten Pilgerpflichten bis zum Schlußb . Derjenige, der mit den Pilgerpflichten beginnt, steht der Glückseligkeit näher /als derjenige, der mit den Vorbereitungen erst beginnt, und/c als derjenige, der im Auf- D 357 bruch begriffen ist. Der Pilgerfahrt entspricht in bezug auf unser Thema die Vervollkommnung der Seele durch die Reinigung der Gesinnung und die völlige Trennung von allen Lastern. Durch die Enthüllung der Wahrheiten wird die Vervollkommnung der Seele erreicht. Das Analogon, das hier eine Führungsstelle ermöglichtd , ist der Tod, welcher den Schleier aufdeckt, der ihn und das Schauen der Seele selbst und dasjenige ihrer Vollkommenheit und Schönheit hindert, damit er die Vollkommenheit seiner selbst an allerhöchster Stelle sieht. Somit ist er glücklich und hat ewiglich große Freude. Das Analogon der Beschreitung des Weges (der Mystik), eine Etappe nach der anderen, ist das Verhalten dessen, der seine eigene ethische Gesinnung verbessert, indem er die bösen Charaktereigenschaften eine nach der anderen tilgt, und des Studierenden der theoretischen Wissenschaften, die wir erwähnt haben, nicht aber aller übrigen Wissenschaften, eine nach der anderen. Das Analogon zur Vorbereitung durch die Befestigung des Wasserschlauchs, den Kauf von Proviant und des Kamels sind alle Wissenschaften, die den theoretischen Wissenschaften dienen, wie die Rechts- und die Sprachwissenschaften. a

„ein Kapital“ bei S. Bei den übrigen: „die Mittel“. „und von der Durchführung der ersten Pilgerpflichten …“ lediglich bei S. c /…/ fehlt lediglich bei S. d Bei S. Bei den übrigen: „Das Analogon des Reichtums, der hier eine Führungsstelle ermöglicht, ist der Tod, …“ b

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Wer die Rechtswissenschaft studiert, ist demjenigen ähnlich, der den Wasserschlauch aufbewahrt; und wer es dabei beläßt, ähnelt demjenigen, der sich mit der Wasserflasche begnügt. Wer sich auf die Sprache beschränkt, ähnelt einem, der sich mit dem Gerben des Leders begnügt, aus dem der Wasserschlauch gemacht wird. Denn der Pilger zum Beispiel kann den Gerber nicht entbehren, wie auch den Sattler nicht (der den Wasserschlauch näht), jedoch ist der Sattler dem Ziel näher als der Gerbera . Wer seine Zeit mit der Erkenntnis der Detailsb der Rechtswissenschaften verbringt, wobei diese die Streitigkeiten dieser Zeitepoche beinhalten, was niemals zur Zeit der Gefährten des Propheten bekannt war, ähnelt einem, der seine Zeit A 137/D 358 mit der Befestigung des Wasserschlauchs verbringt, nachdem er die Nadel eingefädelt und die Nähte verbessert hat. Wenn du sagst: Sofern du dies aus Überzeugung aussprichst, so steht dies im Gegensatz zu dem Konsensus aller Rechtsgelehrten. Wenn du dies aber als Überlieferung erwähnst, wer glaubt dann an eine solche Lehrmeinung? Ich sage dir dies nur als Erwähnung dieser Lehrmeinung, die in diesem Buch hauptsächlich dargelegt wird, das ist die Lehrmeinung der Mystik. Die Mystiker stimmen mit der Bedeutung dieses Gleichnisses überein, auch wenn es selbst nicht von ihnen stammt. B 141 Wenn du sagst: Ist ihre Aussage richtig oder nicht? So antworte ich: Dieses Buch ist nicht geschrieben worden, um die Wahrheit und die Falschheit dieser Dinge durch Beweisführung klarzumachen, sondern es enthält Ratschläge, die auf die Unachtsamkeit hinweisen und zu Lehrfragen leiten, damit man nicht außer acht läßt, was sie (die Mystiker) gesagt haben. Denn die Möglichkeit dessen, was sie gesagt haben, ist von Anfang an nicht weit entfernt von der Wahrheit. Deshalb soll der Lernende, der solche Fragen stellt, ihre Lehrmeinung erforschen, damit er ihr Geheimnis und ihre Gefahr erkennt. Wenn du sagst: Wenn ich auch nicht an die Lehre der Mystik glaube, so erlaube ich mir nicht, mich auf diese niedrige Stufe der Mystik zu begeben, um mit ihrem Auge die Dinge zu sehen, nachdem ich mich mein Leben lang mit der Rechtswissenschaft, ihren Lehrmeinungen und Streitigkeiten beschäftigt habe. Warum also hast du gesagt, daß ihre Lehrmeinung notwendigerweise dazu führt? So wisse, /daß du dich der Ursache vergewissern kannst/c , wenn du die Einzelheiten dessen erfährst, was wir vorher über die Bindung der Glückseligkeit an die Beseitigung der schlechten Charaktereigenschaften von der Seele und die Festigung der guten erwähnt haben. Die Beseitigung dessen, was nicht sein darf, ist eine Reinigung für die Seele, und die Festigung bezieht sich auf das, was sein soll als Vervollkommnung für sie, indem sich die Wahrheiten in ihr enthüllen. Dies kann nur geschehen durch ErzieD 359 hung der ethischen Gesinnung, das Nachdenken über die Wohltaten Gottesd und a b c d

„wie auch den Sattler nicht …“ lediglich bei S u. Ae. Lediglich bei S: „Forschungen“. /…/ fehlt bei S u. Ae. S: „über Gott“.

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die Königsherrschaft des Himmels und der Erdea , damit die Geheimnisse der Seele enthüllt werden. Die Rechtswissenschaft ist deshalb notwendig, weil der Körper ihrer bedarf. Der Körper kann nur durch die Wissenschaft vom Körper erhalten werden, das ist die Medizin, und durch die Wissenschaft der Religion, das ist die Wissenschaft von dem (islamischen) Recht. Denn der Mensch ist so beschaffen, daß er nicht allein leben kann wie ein wildes Tier. Vielmehr benötigt er eine Schar A 138 (von Menschen), die für viele Beschäftigungen in der Vorbereitung der Nahrung, der Bekleidung und ihrer Instrumente zusammenarbeiten. Es ist notwendig, wenn sie (die Menschen) eine Gesellschaft bilden, daß bei ihnen Gerechtigkeit und Gesetz herrschen, um ihren Lebensunterhaltb und ihre (menschlichen) Beziehungen zu regeln, ohne die sie miteinander streiten, sich töten und sich vernichten würden. B 142 Die Rechtswissenschaft ist eine Darlegung dieses Gesetzes. Seine Einzelheiten sind in den Abschnitten über das Zivil-, das Privat- und das Strafrecht zu finden. Der Körper ist im Verhältnis zu denjenigen, die sich auf dem Weg des erhabenen Gottes begeben, dem Kamel und der Wasserflasche auf dem Weg der Pilgerfahrt ähnlich. Die Bedürfnisse der Körper ähneln den Bedürfnissen des Kamels. Die Wasserflasche und das Wissen über die Bedürfnisse des Körpers sind dem Beruf ähnlich, der sich mit der Befestigung der Wasserflasche, der Abschätzung der Wassermenge und ihrer Reinigung beschäftigt. Seine Bedeutung (des Körpers) im Hinblick auf dieses Ziel ähnelt der Bedeutung dieser erwähnten Dinge für das Endziel (nämlich der Pilgerfahrt), wenn das, was sie (die Mystiker) erwähnt haben, über die Beschreitung (des Weges der Mystik), die Vorbereitung dazu und die Erlangung des Ziels, sich bewahrheitet. Sie sagenc : „Wenn Gott die Bebauung der Welt nicht gewollt hätte, so wären die Vorhänge aufgehoben worden, die Sorglosigkeit wäre verschwunden, alle Menschen hätten sich auf den Weg Gottes begeben und jede Gruppe hätte unterlassen, was vom Ziel weit entfernt ist.“ Jedoch „freut sich jede Gruppe über das, was sie gerade hat“ 261 , und dadurch D 360 wird die Welt aufrechterhalten. Ja sogar, wenn das nicht so wäre, so wären alle Berufe aufgehoben. Denn wenn der Schneider, der Weber und der Schröpfer an ihren Berufen nichts fänden, was ihre Neigung zu ihren Berufen rechtfertigen würde, so hätten sie sie aufgehoben, und alle hätten sich den edelsten Berufen zugewandt, und die edelstend Berufe wären (in diesem Fall) nichtig. Das Engagement der Fachleute für ihre Berufe ist also erforderlich, um die Voraussetzungen zur Ergreifung dieser Berufe zu schaffen. Ihre Sorglosigkeit hinsichtlich der Nachteile ihrer Berufe entspringt der Barmherzigkeit Gottes. In diesem Sinne haben einige die Aussage des Propheten – Friede sei mit ihm –: „Die Unterschiedlichkeit meiner Gemeinde ist (ein Zeichen der) Barmherzigkeit (Gottes)“ 262 , verstanden, das heißt die Unterschiedlichkeit ihrer Interessen. Wenn der Straßenfeger erfahren würde, welche Nachteile sein Beruf beinhaltet, a b c d

„und der Erde“ fehlt bei S. „Lebensunterhalt“ lediglich bei S. „Sie sagen …“ Fortsetzung der E-Handschrift. Bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „meisten“.

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würde er ihn aufgeben. Dann sähen sich Gelehrte, Kalifen und Herrscher gezwungen, selbst diesen Beruf auszuüben. So verhält es sich mit der Gerberei, dem Eisenschmiedehandwerk, der Landwirtschaft und allen anderen Berufen. Wenn der erhabene Gott die Sprachwissenschaft, die Grammatik, die Phonetik und die Medizina den Herzen vieler Menschen nicht liebgemacht hätte, so wären diese Wissenschaften lahmgelegt und das universelle System (des Lebens) gestört. Daraus folgt nicht notwendigerweise, daß derjenige, der sich einer Wissenschaft oder einem Beruf widmet, seinen Rang an dem orientiert, der über ihm steht, sondern er soll auf den schauen, der unter ihm ist. Wer einen Überblick über die gesamten Wissenschaften hat, der trägt die Verantwortung für alle Wissenschaften, und er ist ein Weiser, dem Gott die Dinge gezeigt hat, wie sie sind. Dies ist die Antwort der Mystiker auf solche Fragen. Dir ist es nachher überlassen zu entscheiden, ob du dich mit dem begnügst, was du hast, oder den Weg solcher Leute (der Mystik) beschreitest undb diese Wissenschaft erforschst, damit du die Wahrheit darüber erkennst. Die zehnte Aufgabe des Lernenden: Das Ziel dessen, was der Lernende im Diesseits erwirbt, ist, sich selbst zu vervollkommnen und tugendhaft zu werden. Im Hinblick auf das Jenseits ist das Ziel die Nähe zum erhabenen und allmächtigen Gott, nicht aber Ansehen, Reichtum, Wetteifern mit den Toren und Streit mit den Gelehrten. Denn der Prophet sagt: „Wer das Wissen erwirbt, um mit den Toren zu wetteifern und mit den Gelehrten zu streiten, der kommt in die Hölle.“ 263 Es wurde schon früher darauf verwiesen, daß die Wissenschaften eine Rangordnung haben, mit deren Hilfe man zum erhabenen und allmächtigen Gott gelangen kann. Diejenigen, die diese Wissenschaften vertreten, ähneln Wächtern von Häfenc und Festungen auf dem Wege des heiligen Kampfes. Wenn jeder seine Stellung in der Wissenschaft kennt, seine Verpflichtungen genau erfüllt und dadurch die Wohlgefälligkeit des erhabenen Gottes bezweckt, wird Gott ihm seinen Lohn nicht vorenthalten. Denn Gott erhebt ihn je nach dem Grad seines Wissens sowohl im Diesseits als auch im Jenseits. Der erhabene Gott sagt: „Gott wird diejenigen von euch um Stufen erhöhen, die glauben und denen das Wissen gegeben ward“ 264 , und „sie (die Menschen) stehen in verschiedenem Rang bei Gott“ 265 . Deine Meinung über die Wissenschaften soll nicht durch das entkräftet werden, was wir von den Su¯fı¯ (Mystikern) erwähnt haben. Denn sie denken nicht verächt˙ lich über die Wissenschaften, sondern jeder Muslim glaubt an ihre Heiligkeit und Erhabenheit. Was sie erwähnt haben, gilt nur in bezug auf die Rangstufen der Gottesvertrauten und der Propheten. Dies (wenn du dich so verhalten würdest) entspräche deiner Geringschätzung der Kassierer, wenn sie mit Herrschern und Ministern verglichen werden. Sie haben immer den Vorzugd , wann immer du sie a Bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „… die Rechtswissenschaft, die Grammatik, die Phonetik und die Medizin“. b Bei E: „oder“. c „Häfen“ lediglich bei S u. E. d Bei S. Bei E: „Es ist eine Herabwürdigung (für sie), wann immer …“; bei den übrigen: „Dies bedeutet nicht, daß du sie verachten mußt, wann immer …“

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auch mit Straßenfegern und Gerbern vergleichst. Du sollst nicht glauben, daß der- A 140 jenige, der die höchste Stufe nicht erreicht hat, kein Ansehen genießta . Denn der höchste Rang steht den Propheten zu, dann den Gottvertrauten, dann B 145/D 362 den Gelehrten ihrer Rangordnung entsprechend, dann denjenigen, die in ihren Handlungen aufrichtig sind. Zusammenfassend: „Wenn einer das Gewicht eines Stäubchens an Gutem getan hat, wird er es sehen.“ 266 Wer die Nähe Gottes durch die Beschäftigung mit den Wissenschaften sucht, dem nützt und den erhöht Gott sicherlich. Dies sind die zehnb Aufgaben des Lernenden. Die Aufgaben des Lehrers und geistigen Führers sind acht an der Zahl.Vor allem sollst du wissen, daß es für den Menschen in bezug auf das Wissen vier Zustände gibt, wie im Falle des Erwerbs von Reichtümern. Denn für den Besitzer von Reichtümern gibt es: a) einen Zustand des Erwerbs, wobei er ein Verdiener ist; b) einen Zustand des Sparens dessen, /was er verdient hat/c , wodurch er nicht darauf angewiesen ist, (andere) um Geld zu bitten; c) einen Zustand, in dem er für sich selbst sorgt, und somit aus seinem Reichtum Nutzen zieht; d ) einen Zustand, in dem er jemandem anderend durch Ausgabe nützt, und somit großzügig und wohltätig ist. Das ist der edelste dieser Zustände. So verhält es sich auch mit dem Wissen. Denn für denjenigen, der nach Wissen strebte , gibt es: a) einen Zustand des Erwerbs; b) einen anderen der Aneignung (des Wissens), wobei er selbst eifrig danach strebt und niemanden fragt; c ) einen Zustand des Nachdenkens, in dem er über das erworbene Wissen reflektiert; d) einen anderen des Belehrens und des Unterrichts. Das ist der edelste aller seiner Zustände. Wer also ein Wissen erwirbt, Nutzen daraus zieht und es (anderen) vermittelt, ähnelt der Sonne, leuchtet für D 363 sichf und andere, während sie selbst leuchtet, und er ähnelt dem Moschus, welcher andere duften läßt und selbst wohlriechend ist. Wenn er jemandem nützt, aber selbst dann keinen Nutzen zieht, so ähnelt er einem Heft, das anderen durch das Wisseng nützt, selbst aber von jedem Nutzen frei ist, und einem Schleifstein, der andere schärft, selbst nicht schneidet. Der Docht einer Leuchte beleuchtet andere, während er selbst brennt. Die erste Aufgabe des Lehrers ist, daß er dieh Lernenden wie eines seiner Kinder aufnimmt gemäß der Aussage des Propheten – Friede sei mit ihm –: „Wahrlich, ich bin für euch das, was der Vater und die Mutteri für ihr Kind sind.“ 267 Der a „Du sollst nicht glauben, …“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „Du sollst nicht von demjenigen, der von der höchsten Rangstufe abgefallen ist, verlangen, daß er sich zu ihr erhebt.“ Ha (Hachem) geht in dieselbe Richtung, s. S. 117. b „zehn“ lediglich bei S, E u. Ae. c /…/ fehlt bei S. d „jemandem anderen“ fehlt bei S. e Nach S, E u. Ae. Bei den übrigen: „für den Wissenden“. f „für sich“ fehlt bei S u. E. g „durchs Wissen“ lediglich bei S u. E. h Bei S u. E. Bei den übrigen: „den“. i „und die Mutter“ lediglich bei S.

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Die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers

Lernende soll wissen, daß das Recht des Lehrers größer ist als das des Vaters. Denn er (der Lehrer) ist der Grund seines unvergänglichen Lebens (als geistiger Vater), während der (leibliche) Vater der Grund seines vergänglichen Lebens ist. Ähnlich antwortete Alexander (der Große), als er gefragt wurde: „Ist dein Lehrer für dich ehrenhafter oder dein Vater?“ Er erwiderte: „Sicherlich mein Lehrer!“ Wie es die Pflicht der Kinder eines und desselben Vaters ist, sich gegenseitig zu lieben und nicht zu hassen, so verhält es sich auch mit Schülern eines und desselbena Lehrers, ja sogar mit den Anhängern einer und derselben Religion. Denn die Gelehrten sind alle Reisende und Beschreiter des Weges zu dem erhabenen Gott. Die Gemeinschaft auf der Reise fordert die Vertiefung der Freundschaft, insofern die Bruderschaft der Tugend höher als die leibliche steht. Der Grund ihres gegenseitigen Hasses liegt darin, daß sie mit Hilfe der Wissenschaft Reichtum und Führung(sstellen) anstreben, wodurch sie von dem Weg Gottes abweichen und sich gegen die Aussage des erhabenen Gottes verhalten: „Die Gläubigen sind doch Brüder.“ 268 Sie fallen unter seine Aussage: „Die Freunde sind an jenem Tag (des Gerichts) einander feind außer den Gottesfürchtigen.“ 269 Die zweite Aufgabe: Er soll den Stifter des offenbarten Gesetzes (des Islam) nachahmen. Er darf deshalb weder Lohn noch Belohnung für die Mitteilung seines Wissens verlangen. Denn der Erhabene sagt: „Sag: ‚Ich verlange von euch keinen Lohn hierfür (für die Verkündigung der Offenbarung).‘“ 270 Denn wer nach Reichtum und diesseitigen Zielen durch das Wissen strebt, ähnelt einem, der die untere Seite seiner Schuhsohle mit seinem Gesicht und seinen Vorzügen sauber macht, insofern er den „Bedienten“ (das Wissen) zu einem „Diener“ und den Diener zu einem Bedientenb gemacht hat. Denn Gott schuf die Kleider und die Nahrung dazu, um dem Körper zu dienen. Er schuf den Körper als Diener und Vehikel für die Seele und macht die Seele zur Dienerin des Wissens. Das Wissen wird bedient und dient nicht, der Reichtum aber dient und wird nicht bedient. Der Irrtum liegt nur in der Umkehrung dieses Verhältnisses. Das Seltsame liegt darin, daß die Sache durch den Rückstand und das Fehlen von Religionsgelehrten in diesen Zeiten einen Grad erreicht, an dem der Lernende seinen Lehrer nachahmt, um von ihm Nutzen zu ziehen. Er setzt sich vor ihm nieder, während er nach diesseitigen Zielen strebt, anstatt von ihm zu profitieren. Das ist der Gipfel des Rückstandes. Der Grund dafür liegt darin, daß die Lehrenden nach Führung(sstellen) streben und mit der Masse der (bei ihnen) Studierenden prahlen. Sie tun dies, weil ihr Wissen beschränkt ist und sie keine Freude an der Vollständigkeit ihrer eigenen Wissenschaften haben. Dies führt die Lernenden dazu, sie geringzuschätzen. Die dritte Aufgabe besteht darin, daß der Lehrende es sich niemals ersparen soll, dem Lernenden Ratschläge zu erteilen oderc ihn vor den bösen Charaktereigenschaften zu warnen, sei es in offenen Worten, sei es mit Anspielungen. Ferner soll er ihn daran hindern, einen höheren Rang zu erlangen als der, den er verdient, ihn davon abhalten, sich mit dem zu beschäftigen, was seine Fähigkeiten übera b c

„und desselben“ lediglich bei S u. E. „und den Diener zu einem Bedienten“ lediglich bei S u. E. „oder“ bei S. Bei den übrigen: „und“.

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steigt, und ihn auf das Ziel der Wissenschaften aufmerksam machen, welches die jenseitige Glückseligkeit ist, nicht aber auf die Ziele des Diesseits. Wenn er denjenigen sieht, der nach einer Führungsstelle strebt und mit den Gelehrten wetteifert, so darf er ihn nicht vom Lernen abhalten. Denn sein Lernen ist trotz dieses Zieles besser, als daß er sich völlig vom Lernen abwendet. Denn wie auch immer er das Wissen erwirbt, er wird letzten Endes auf die Wahrheiten der Dinge achten und merkena , daß derjenige, der durch das Wissen die diesseitigen Ziele erreichen will, getäuscht wird. Das ist das, was mit ihrer Aussage gemeint wirdb : „Wir strebten nach dem Wissen für einen anderen Zweck als für den Gottes. Das Wissen aber lehnte es ab, für einen anderen Zweck als für den Gottes da zu sein.“ Außerdem sage ich: Wenn die Menschen nicht wegen Gott lernen wollen, so sollte der Lehrer sie zu einer Art von Wissen motivieren, durch das sie eine Führungsstelle erlangen können, damit er sie danach zum Wahren leitet. Deshalb ist es anfangs erlaubt, miteinander über die islamischen Rechtswissenschaften zu diskutieren, insofern solche Diskussionen zum ständigen Wetteifern dienen. Später erklärt er ihnen, wie untauglich ein solches Verhalten (das Wetteifern) ist, und bringt sie davon ab, um ihnen die richtige Methode nahezubringen. Ebenso verfahren wir, wenn wir den Knaben zum Lernen drängen, wobei wir ihm vorrangige Stellungen versprechen und indem wir ihn durch ein Zepter, den Ankauf von Vögeln und anderes Spielzeug anlocken. Wir lassen ihn dabei für einige Zeit, damit seine Motive zum Lernen zuerst geweckt werden, dann lenken wir ihn allmählich von dem ab, womit wir ihn zuletzt angelockt habenc . Der erhabene Gott macht die Erlangung der vorrangigen Stellung durch den Erwerb von Wissend , um das offenbarte Gesetz und die Wissenschaft zu bewahren. Die Motivierung der Lernenden zum Wissen, indem man sie durch vorrangige Stellung und guten Ruf anlockt, ähnelt der Verteilung von Getreide um eine Tierfallee oder der Befestigung eines Brettes über einem Netz. Dies ähnelt ferner dem Nahrungs- und Sexualtrieb, die Gott in uns schuf und die zum Handeln antreiben, wodurch das Individuum und die Nachkommenschaftf erhalten bleiben. Ohne ein solches Interesse an der wissenschaftlichen Diskussion (wie zum Beispiel in den Rechtswissenschaften) wäre dieselbe keineswegs erlaubt. Denn sie führt dann nicht dazu, die Lehrmeinung zu ändern und den Glauben aufzugeben (sie wäre sinnlos). Die vierte Aufgabe: Was verboten werden soll, soll der Lehrer nicht direkt, sondern durch Anspielung verbieten. Denn die Anspielung wirkt begünstigend auf das Verbot, wohingegen das Verbot dazu verführt, das Verbotene zu tun. Der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Wenn man den Menschen verbieten würde, den ˙ a

„und merken“ lediglich bei S u. E. Nach S u. E. Die übrigen: „Die Gelehrten legten diese Bedeutung durch ihre Aussage dar“. c „dann lenken wir ihn …“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „… zuerst geweckt werden in der Hoffnung, daß das, was wir anfänglich bezweckten, allmählich eintrifft.“ d Bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „von Wissen zum Ziel, …“ e „um eine Tierfalle“ lediglich bei S u. E. f Bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „die Art“. b

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Mist eines Kamels als Brotsuppe zu zerbröckeln, so würden sie ihn trotzdem zerbröckeln, wobei sie sagen würden: ‚Es wäre uns nicht verboten, wenn es nicht etwas Vorteilhaftes enthalten würde.‘“ 271 Dabei wird auf die Geschichte von Adam und Eva aufmerksam gemacht und auf das, was den beiden verboten wurde. In diesem Zusammenhang wird gesagt: „Vielleicht ist eine Anspielung viel wirksamer als eine (klare) Aussage.“ Denn wegen ihrer Neigung zum Schlußfolgern und ihres Interesses für verborgene Dinge bevorzugen die tugendhaften Seelen Anspielungen, weil sie leidenschaftlich daran interessiert sind, deren Sinn durch Nachdenken herauszufinden. Die Anspielung verletzt nicht die Würde. Die (klare) Aussage zerstört sie völlig, so daß derjenige, dem das Verbot gilt, mehr Mut besitzt, das Verbotene zu begehen, wenn er sich ein anderes Mal dazu genötigt sieht. Die fünfte Aufgabe: Derjenige, der sich mit einigen Wissenschaften beschäftigt, darf dem Lernenden den Wissenschaftszweig nicht schlechtmachen, den er nichta kennt, wie es die Gewohnheit der Lehrer der (arabischen) Sprache ist, die das Studium des (islamischen) Rechts vor den Lernenden geringschätzig behandeln und sie davon abhalten und wie es ferner die Gewohnheit der islamischen Juristen ist, die Geisteswissenschaften abzuwerten und die Lernenden von deren Studium abzuhalten. Statt dessen sollte der Lehrer auf die Bedeutung jenes Teils der Wissenschaft hinweisen, der darauf folgt, damit sich der Lernende ihm widmet, wenn er das Studium dessen vollendet hat, mit dem er sich gerade beschäftigt. Wenn der Lernende sich aber mit zwei voneinander abhängenden Wissenschaften beschäftigt, so sollte er die Reihenfolge beachten und den Lernenden stufenweise zu der darauffolgenden führen, sobald er die erste abgeschlossen hat. Die sechste Aufgabe: Der Lehrende sollte auf die Aufnahmefähigkeit der Lernenden Rücksicht nehmen, so daß er sie nicht vom Offensichtlichen zum Besonderen und vom Klaren zum Verborgenen blitzartig und vom ersten Schritt an hinüberführt, sondern je nach ihrer Fähigkeit, indem er dem Lehrer und Führer aller Menschen folgt, der sagt: „Uns, der Schar der Propheten, wurde befohlen, daß wir die Menschen je nach ihrem Rang behandeln und sie je nach ihrer Verstandesfähigkeit ansprechen.“ 272 Ferner sagt er: „Keiner spricht mit den Menschen in einer Weise, die nicht ihrem Verstandesniveau entspricht, es sei denn er stiftet Unruhe unter einigen von ihnen.“ 273 2Alı¯ – möge Gott an ihm Wohlgefallen haben – sagt, indem er auf seine Brust weist: „Hierin gibt es sehr viel Wissen, hätte es dafür Träger gegeben!“ Darüber sagt der Prophet: „Sprecht mit den Menschen in der Sprache, die sie verstehen, und unterlaßt das, was ihnen fremdartig erscheint. Wollt ihr, daß Gott und sein Gesandter für Lügner gehalten werden?“ 274 Ferner sagt der Erhabene: „Und hätte Alla¯h Gutes in ihnen gekannt, wahrlich, er hätte sie hören lassen.“ 275 Einer der zuverlässigen Wissenschaftler wurde von jemandem gefragt, wandte sich aber (von ihm) ab. Jener sagte zu ihm: „Hast du jemals die Aussage des Gepriesenen (Muhmmad) gehört: ,Wer ein nützliches Wissen vorenthält, wird am Jüngsten Tag mit ˙einem Zaum aus Feuer gebändigt.‘“? 276 Dieser erwiderte: „Laß den Zaum und verschwinde. Wenn jemand zu mir kommt, der etwas von a

„nicht“ fehlt bei S u. Ae, der Zusammenhang jedoch spricht für die Verneinung.

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der Sache versteht und ich es ihm vorenthalte, soll Gott mich damit bändigen.“ Als Gott der Erhabene sagte: „Und gebt nicht euer Geld, das Gott euch zum Unterhalt gegeben hat, den Schwachsinnigen“ 277 , verwies er darauf, daß man das Wissen lieber aufbewahren und es dem vorenthalten sollte, der durch das Wissen irregeleitet wird. Als der Erhabene (Gott) sagte: „Und prüft die Waisen (ob sie reif genug sind)! Wenn sie schließlich das Heiratsalter erreicht haben, dann händigt ihnen ihr Vermögen aus!“ 278 , verwies er darauf, daß demjenigen, der in der Wissenschaft reif geworden ist, die Wahrheiten der Wissenschaften mitgeteilt werden sollen und er vom Klaren und Deutlichen (in den Wissenschaften) zum Besonderen und Unklarena geleitet werden soll. Denn das Unrecht, jemandem Wissen vorzuenthalten, der es verdient, ist nicht weniger ein Unrecht als jemandem Wissen mitzuteilen, der es nicht verdient. Einer der Früheren sagte in diesem Zusammenhang: „Denn wer den Toren Wissen schenkt, verwendet es schlecht. Und wer es jenen versagt, die es verdienen, ist nicht gerecht.“ 279 Die Zurückhaltung bei der Mitteilung der Wahrheiten der Wissenschaften gegenüber jemandem, der sie verdient, ist eine große Schande. Der erhabene Gott sagt: „Und (damals) als Gott die Verpflichtung derer, die die Schrift erhalten haben, entgegennahm (des Inhalts): Ihr müßt sie den Leuten klarmachen und dürft sie nicht (vor ihnen) verborgen halten! Hierauf warfen sie sie achtlos hinter sich und verschacherten sie.“ 280 Die siebente Aufgabe: Der Lehrer sollte dem unreifen Lernenden das mitteilen, wozu sein Verstand fähig ist. Außerdem darf man ihm nicht sagen, daß hinter dem, was erwähnt wird, Wahrheiten verborgen sind, die man noch überprüfen und genauer studieren muß, die man ihm aber vorenthält. Das würde ihn davon abbringen, den vermittelten Stoff aufzunehmen.Vielmehr sollte man ihn glauben lassen, daß dies das höchste Ziel des Lernens ist. Wenn er diese Wissenschaft begriffen hat, dann kann man ihn allmählich zu Höherem hinführen. Daraus ergibt sich, daß der Ungebildete, der sich mit dem offenbarten Gesetz des Islam verbunden fühlt, an die exoterische Bedeutung (der Texte) glaubt und eine gute Lebensführung hat, nicht in seinem Glauben verwirrt werden darf, indem man ihn auf exoterische Mehrdeutigkeiten (der Texte) verweist. Denn dadurch löst sich das Band, das ihn an die offenbarten Gesetze bindet. Dann kann er nicht mehr durch eine genaue Überprüfung, wie es die Gebildeten tun, daran gebunden werden. Der Zaun, der ihn von den bösen Taten trennt, wird niedergerissen, und somit wird er ein Dämon und bösartig. Man sollte ihn vielmehr zu den bekannten (wörtl.: sichtbaren) Gottesdiensten leiten und zur Redlichkeit in dem Beruf, den er gerade ausübt. Ferner sollte er seine Seele (des Lernenden) mit Begehren und Ehrfurcht (vor Gott) in der Weise erfüllen, wie der Koran sich darüber äußert, und bei ihm keinen Zweifel wecken. Wenn bei ihm (jedoch) ein Zweifel entsteht und er dessen Klärung anstrebt, so a

Bei S u. E. Bei den übrigen: „und Allegorischen“.

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sollte man ihn durch eine in üblicher Sprache geführte überzeugende Rede aufheben, auch wenn dies nicht in der Form einer strengen Beweisführung geschieht. Ferner sollte er ihm nicht die Tür zu Forschung und Studium öffnen. Denn dies hält ihn vom Ausüben der Berufe ab, durch die die Erde bewohnbar gemacht wird und aus denen die Menschen Nutzen ziehen. Dann wird der Verstand eines solchen Menschen unfähig sein, die Wissenschaften zu begreifen. Wenn er ihn aber klug findet und er zur Aufnahme der rationalen Wahrheiten fähig ist, so darf er ihm beim Lernen helfen, bis die Probleme gelöst werden können. Es wurde von einigen der früheren Nationen erzählt, daß die ethische Gesinnung des Lernenden geprüft wird. Wenn sie bei ihm eine schlechte Charaktereigenschaft feststellen, schließen sie ihn ganz und gar vom weiteren Lernen aus mit der Behauptung, daß er mit Hilfe des Wissens gemäß seiner schlechten ethischen Gesinnung handeln wird, und so wird das Wissen für ihn ein Instrument des Bösen sein. Wenn sie bei ihm eine gute ethische Gesinnung bemerken, halten sie ihn in einer wissenschaftlichen Einrichtung fest und unterrichten ihn. Sie lassen ihn aber nicht frei, bevor er sein Studium vervollständigt hat, aus Angst, daß er sich auf das eine beschränkt, wodurch seine Seele nicht vollkommen wird, und sein Glaube und der Glaube anderer verdorben wird. Mit dieser Prüfung wird gesagt, daß wir unsere Zuflucht bei Gott suchen vor einem Halbtheologen und einem Halbarzt, denn der erste verdirbt den Glauben und der zweite das Leben. Die achte Aufgabe: Der Lehrer der praktischen Wissenschaften – ich meine die religiösen – soll gemäß seinem Wissen handeln. Seine Lehre darf nicht im Widerspruch zu seinem Handeln stehen, denn das könnte die Menschen davon abhalten, sich von ihm unterrichten zu lassen oder gute Leitung bei ihm zu finden. Denn das Handeln ist erfahrbar durch das Sehvermögen und das Wissen durch die Scharfsichtigkeit. Die Leute, die über das Sehvermögen verfügen, sind zahlreicher als die der Scharfsichtigkeit. Deshalb sollte seine Aufmerksamkeit eher auf die Läuterung seines Handelns als auf die Verbesserung seines Wissens und dessen Verbreitung gerichtet sein. Jeder Arzt, der ein Mittel einnimmt, die Menschen aber davon abhält, indem er sagt, sie dürfen es nicht einnehmen, weil es ein Gift sei, wird verspottet, für töricht gehalten und verdächtigt. Sie glauben, daß das Verbotene das Nützlichste aller Dinge ist und daß er ein solches Mittel für sich allein beanspruchen will. So wird das Verbot zur Verlockung und zur Aufstachelung, das Verbotene zu tun. Das Verhältnis zwischen dem Gläubigen und dem Prediger ähnelt dem zwischen Lehm und Formung oder zwischen Schatten und Stange. Wie läßt sich der Lehm formen durch etwas, das keine Form besitzt, und wie kann der Schatten gerade sein, während die Stange krumm ist? Deshalb wird gesagt: „In eine große Schande du gerietest, tät’st du eine Handlung, die du selbst verbietest.“ 281 Darüber sagt der erhabene Gott: „Wollt ihr den Leuten gebieten und euch selber vergessen, fromm zu sein, …“ 282 Deshalb wird gesagt, daß „die Verantwortung des Gelehrten für seine Missetaten viel größer ist als die eines anderen, weil der gewöhnliche Mensch ihn nachahmt, und deswegen trägt er (der Gelehrte) die Last

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(dieser Sünden) und seine eigenen“. In diesem Sinne sagt der Prophet (Muham˙ mad): „Wer eine schlechte Tat begeht, ist verantwortlich für seine eigene Sünde a 283 und für die Sünde desjenigen, der ihm als Beispiel folgt .“ Dem Sünder obliegt die Pflicht, sich von der Sünde zu entfernen. Wenn er sie öffentlich begeht, unterläßt er eine Pflicht. Dem Gelehrten aber obliegen zwei Pflichten: die Sünde zu unterlassen und sie nicht öffentlich zu begehen, damit ihn keiner nachahmt. Wenn er sie öffentlich begeht, unterläßt er zwei Pflichten, und wenn er sie heimlich begeht, nur eineb . Deshalb sagt (der Kalif) 2Alı¯ – Gott möge Wohlgefallen an ihm haben –: „Zwei Arten von Menschen brechen mir das Ge- D 372 nick: ein frommer Unwissender und ein schamloser Gelehrter. Denn der Unwissende verführt die Menschen durch seine Frömmigkeit und der Gelehrte durch seine Schamlosigkeit.“

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Bei S u. E. Bei den übrigen: „…, bis zum Jüngsten Tag.“ Bei S u. E. Bei den übrigen: „Dem Sünder obliegt die Pflicht, sich von der Sünde zu entfernen und sie nicht öffentlich zu begehen, damit keiner ihn nachahmt. Wenn er sie öffentlich begeht, unterläßt er zwei Pflichten, und wenn er sie heimlich begeht, nur eine.“ b

XXVIII.

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Über die Aufgaben bei der Einnahme von Geldern und deren Erwerb 284 Wisse, daß die Liebe zum Diesseits das Haupt jeder Sünde ist und das Diesseits ein Acker für das Jenseits ist. In ihm liegt das Gute, Nützliche sowie auch das tödliche Gift. Ihr Symbol ist das einer Schlange. Der Schlangenbeschwörer faßt sie an, um ihr das Gegengift zu entnehmen. Der Unachtsame aber faßt sie an, und so tötet ihn ihr Gift ohne sein Wissen. Es wird gesagt: Das Geld gehört zu den mittelmäßigen Gütern. Denn einerseits nützt es, andererseits schadet es. Deshalb ist es erforderlich, sich auf das Nützliche D 373 zu beschränken /und sich vor dem Verderblichen in acht zu nehmen. Der Grund hierfür liegt in der Erkenntnis des Stellenwertes des Geldes im Hinblick auf die Ziele./a Denn das Prinzip allerb Dinge ist die Erkenntnis ihrer Wahrheiten. Darüber sagen wir: Für die Erlangung der jenseitigen Glückseligkeit gibt es Aufgaben, die sich auf das Geld beziehen, einmal in bezug auf die Einnahmen, ein anderes Mal in bezug auf die Ausgaben; schließlich in bezug auf die erforderliche Absicht desjenigen, der darüber verfügt. Die erste Aufgabe bezieht sich auf die Erfahrung seines Stellenwertes (des Geldes). Denn es wurde erwähnt, daß die Dinge, nach denen man streben soll, in drei Klassen aufgeteilt sind: a) psychisch, b) physisch, c) sozial. Die sozialen Ausgaben stehen auf der niedrigsten dieser drei Stufen. Das Geld gehört zu dieser Summe des sozialen Bereichs. Das niedrigste (aller Gelder) sind Dirhams und Dinare. Denn sie sind Diener, haben aber selbst keinen Diener. Denn die Seele dient dem Wissen und den seelischen Tugenden, um sie sich anzueignen. Der Körper dient der Seele, indem er ein Instrument und ein Vehikelc für sie ist. Speisen und Kleider dienen dem Körper, Dirhams und Dinare den Speisen und Getränken. Es wurde erklärt, daß das Ziel der Speisen die Erhaltung des Körpers ist, das der Ehe die Erhaltung der Nachkommenschaftd und das des Körpers die Vervollkommnung der Seele. Wer diese Reihenfolge erkennt und beachtete , erkennt die BedeuD 374 tung des Geldes und dessen Stellenwert. Ferner erkennt er den Grund seines B 153 Ruhms, insofern dieses /(das Geld) für die Nahrung, die Ehe und die Bekleidung erforderlich ist, welche für die Erhaltung des Körpers notwendig sind, welcher wie-

a b c d e

/…/ fehlt bei S u. E. „aller“ fehlt bei S. „und ein Vehikel“ nur bei S u. E. „das der Ehe …“ nur bei S u. E. „und beachtet“ fehlt bei S u. E.

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derum/a für die Vervollkommnungb der Seele notwendig ist. Wer das Ziel eines Dinges erkennt und es demgemäß gebraucht, leistet diesem Zielc einen guten Dienst. Man beschränkt sich auf diejenigen Mittel, die erforderlich sind, um zum Ziel zu gelangen. Alsdann vertraut man nicht auf das Ziel und gibt sich ihm nicht A 148 völlig hin. Durch diese Betrachtung wird dird der Verdacht beseitigt, daß Gott das Geld an einigen Stellen (des Korans) tadelt, wenn er sagt: „Euer Vermögen und eure Kinder sind euch eine Versuchung (fitna) …“ 285 Andererseits lobt er es und betrachtet es als eine seiner Gaben, indem er sagt: „(dann wird er) euch reichlich mit Vermögen und Söhnen versorgen und euch Gärten geben …“ 286 Denn wo es (lediglich) als ein Mittel zum Jenseits benutzt wird, wird es gelobt, getadelt aber, wenn es den Menschen davon abwendet. Deshalb sagt der Gepriesene (Muhammad) – Friede sei mit ihm –: „Welch vortrefflicher Reichtum ist das ˙ für den aufrichtigen Menschene “ 287 , und der Erhabene (Gott) sagt: „Ihr Gläubigen! Laßt euch nicht durch euer Vermögen und eure Kinder davon ablenken, Gottes zu gedenken. Diejenigen, die das tun, das sind die Verlorenen.“ 288 Wie kann denn derjenige nicht verlorengehen, der Gerste für sein Reittier sammelt, sich kaum um das Tier kümmert und sich mit der Säuberung der Gerste und mit dem Zahlen seiner Körnchen beschäftigt und einen Zaun (um die Gerste) bautf , bis das Tier aus Hunger stirbt? Das Symbol desjenigen, der das Jenseits durch die Verlockung des Diesseits vernachlässigt, wobei er der großeg Verlierer ist, ja sogar das Symbol aller Men- D 375 schen in ihrer Verblendung durch den Glanz des Diesseits und die (ständige) Be- B 154 schäftigung mit ihren Genüssen ähnelt den Fahrgästen eines Schiffes, die zum besten Lande gelangen wollen, in dem man die höchste Stufe des Erfolges erreichen kann, jedoch gelangt das Schiff zu einer Insel, auf der Löwen und Drachen leben. Ihnen wurde befohlen, das Schiff zu verlassen, um sich auf die Reinigung vorzubereiten, wobei sie sich vor den Gefahren der Insel in acht nehmen sollen. Sie sehen Edelsteine, herrlicheh Blumen und prächtiges helles Lichti . All dies gefällt ihnen, und sie lieben es leidenschaftlich. Sie entfernen sich vom Schiff, und sie vergessen das Schiff und das Ziel. Sie bleiben bei ihrem Vergnügen, bis das Schiff in See sticht und die Nacht hereinbricht. Dann wüten die Löwen gegen sie, um sie zu fressen, und die Drachen zerreißen sie. Weder ihre Edelsteine noch ihre Blumen nützen ihnen jetzt etwas. Der eine von ihnen sagt dann: „Oh daß ich doch Staub wäre!“ 289 , der andere: „Was habe ich (jetzt) von meinem Vermögen? Ich habe meine Machtvollkommena b c d e f g h i

/…/ lediglich bei S u. E. E: „Erhaltung“. „diesem Ziel“ fehlt bei S u. E. Bei S u. E. Bei allen übrigen: „ihm“. „ist das …“ lediglich bei S u. E. „und einen Zaun …“ fehlt bei E. „große“ lediglich bei S u. E. „herrliche“ fehlt bei S. „und prächtiges helles Licht“ nur bei S.

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heit eingebüßt“ 290 , ein anderer: „Wie sehr bedauere ich, Gott gegenüber Mißachtung gezeigt zu haben.“ 291 Es bleiben ihnen nur unendlicher Jammer, Reue und die Nachbarschaft der Schlangen und der Löwen, wobei sie Erniedrigung und exemplarische Bestrafung erleiden. Das ist eigentlich das Symbol derjenigen, die sich vom Genuß des Diesseits verführen lassen. Wegen dieser großen Gefahr nimmt Abra¯ha¯m – Friede sei mit ihma – seine Zuflucht bei Gott und sagt: „Mein Herr … wende mich und meine Kinder von der Anbetung der Götzen ab.“ 292 Er meint damit diese beiden Steine, nämlich Gold und Silber. Denn die Rangordnung der Prophetie (in der sich Abra¯ha¯m befindet) hält ihn davon ab zu glauben, daß die Gottheit in einem der Steine liegt (die als Götzen verehrt werden). In diesem Sinne sagt 2Alı¯: „Oh Rötlein (das Gold)! verführe einen anderen, und oh Weißlein (das Silber)! verführe einen anderen.“ Deshalb zog der Gepriesene (Muhammad) eine Analogie zwischen denjenigen, die nach dem Erwerb von Dirham ˙und Dinaren streben und sich in sie verlieben, und den Götzendienern, indem er sagt: „Unglückselig ist der Sklave der Dirhams, unglückselig ist der Sklave der Dinare. Er möge sich niemals erheben, (wenn er dabei zu Boden fällt) und wenn ein Stachel in seinen Körper eintritt, möge er ihn niemals herausziehen können.“ 293 Die zweite Aufgabe bezieht sich auf die Überprüfunug der Einnahmenb . Die Einnahmen erhält man entweder durch Erwerb oder durch das Glück. Das Glück ist entweder eine Erbschaft, das Finden eines Schatzes oder eine unerbetene Gabe. Der Erwerb bezieht sich auf eine bestimmte Quelle. Etwas aus irgendeiner Quelle zu nehmen, ist tadelnswert; denn man darf nur aus bestimmten Quellen Geld nehmen. Die guten Quellen sind nach dem religiösen Gesetz des Islam bekannt: a) Wenn sie (die Quelle) erlaubt und gut ist, darf man daraus nehmen. b) Wenn sie gänzlich verboten ist, soll man sie völlig unterlassen. c) Wenn sie aber zweifelhaft ist und man annimmt, daß sie meistens verboten ist, dann soll man davon Abstand halten. d) Wenn man aber annimmt, daß sie meistens erlaubt ist, soll man es dann unterlassen, daraus zu nehmen, wenn man in der Lage ist, das absolut Erlaubte ohne Anstrengung zu gewinnen. Denn wer den geheiligten Bezirk umkreist, kann ihn leicht betreten. e) Wenn das absolut Erlaubte nicht verfügbar ist, dann darf man von dem Erlaubten (aus zweifelhaften Quellen) seinen Bedürfnissen entsprechend nehmen. f) Wenn man aber in der Lage ist, das absolut Erlaubte zu erwerben, jedoch nach großer Anstrengung und langer Zeit, so verhält es sich wie folgt: 1. Wenn man zu den Menschen zählt, die eine der körperlichen Tätigkeiten ausführen, wobei sie den festen Glauben eines Ungebildeten haben (das ist der nüchterne, unreflektierte Glaube), so soll man sich mit der Suche nach dem Erlaubten beschäftigen; denn die Anstrengung bei der Suche nach dem Erlaubten ist, wie die Anstrengung bei allen Gottesdiensten, ein Gottesdienst. 2. Wenn man aber zu den Gottesfürchtigen (asha¯b al-qulu¯b) und den Menschen ˙ ˙ seine Zeit mit der Suche nach der Wissenschaften zählt, wobei man, wenn man a b

„Friede sei mit ihm“ bei S u. E. Bei den übrigen: „der Freund Gottes“. Bei S u. E. Bei allen übrigen: „und Ausgaben“.

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dem absolut Erlaubten verbringen würde, das niederlegen müßte, womit man sich gerade beschäftigt, so soll man seinen Bedürfnissen entsprechend von dem nehmen, was einem gerade zur Verfügung steht, denn das absolut Verbotene wird A 150 erlaubt aus Furcht vor einem anderen Verbotenen mit noch schlimmeren Folgen. Denn wer sich verschluckt, darf Wein trinken aus Furcht, sonst den Erstickungstod zu erleiden. Das Wissen bei Herztätigkeit wird von nichts überragt, denn alles dient ihm. Wie es erlaubt ist, in einer Notlage fremdes Eigentum zu vernichten, ja sogar Schweinefleisch zu essen, um sich zu retten, so verhält es sich in einem zweifelhaften Fall. Man sollte nachsichtig beim Ansporn zum Erwerb des Wissens sein. Dabei kann der Ungebildete in Aufruhr geraten. Wann immer der Gelehrte etwas unternimmt, was dem Ungebildeten verboten wird, wird dieser wütend. Denn der Ungebildete erkennt den Unterschied nicht zwischen diesen beiden Besonderheiten. Der Gelehrte soll sich dabei zurückhalten, damit er die Ketten des Satans nicht löst. Die dritte Aufgabe bezieht sich auf den Betrag, den man von dem Geld nimmt. Wenn du erfahren hast, warum man das Geld haben willa , so ist dessen Maß die Summe der erwähnten Bedürfnisse. Denn du brauchst Kleider, Wohnung und Nahrung. Jedes von diesen hat drei Niveaus: a) das niedrigste, b) das mittlere und c) das höchste. a) Das niedrigste Niveau einer Wohnung ist das, was dichb am Bo- D 378 den hält wie eine Herberge, eine Moschee oder ein Stift, wie es immer sein mag. b) Das mittlere ist ein Eigentum, in das sich kein anderer drängt. Dann kannst du mit dir selbst allein sein, und es bleibt für dich dein ganzes Leben lang, wobei es den Mindestgrad eines schönen Baues hat und außerdem viele Nutzräume. c) Das höchste Niveau ist ein großes und bequemes Haus, schön gebaut mit vielen Nutzräumen und unzähligen zusätzlichen Nebengebäuden, wie man es bei den Reichen dieser Welt und den Einflußreichen sieht. Das erste ist das Notwendige. Denn der Zweck einer Wohnung ist ein Boden, der dich trägt, umgeben von einer Mauer, die dir Sicherheit vor Raubtieren gibt, und ein Dach, das dich vor Regen und vor der Hitze der Sonne schützt. Damit begnügen sich nur die Gottesvertrauten. Das mittlere Niveau ist die Grenze dessen, womit man sich zufriedengibt. Was darüber hinausgeht, überschreitet den Rahmen der Religion und ist ein Versinken in das Diesseits; ich meine die Beschäftigung mit dessen Verzierungen. Wenn man darin sitzt, ohne besonders auf es zu achten, ohne sich daran zu erfreuen und ohne sich auf es zu verlassen, so ist das (aus religiöser Sicht) erlaubt. Wenn man aber seine Zeit mit dessen Ausschmückung verbringt, so ist dies für die Ungebildeten A 151 nach islamischem Recht erlaubt, welches dies als eine Notwendigkeit ansieht wegen der Unwissenheit der Ungebildeten /und weil sie unfähig dazu sind/c , das Verbotene (diese übertriebene Freiheit vorzuenthalten) zu verstehen. Nach der Lehre der Mystik aber ist es verboten. a b c

Bei S u. E. Bei den übrigen: „warum das Geld zirkuliert, so kennst du …“ „dich“ lediglich bei S u. E. /…/ fehlt bei S, E u. Ae.

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Mit der Mystik meine ich, wofür der Mensch geschaffen ist, nämlich die Beschreitung des Weges zur Annäherung an den erhabenen Gott. Die Gottesdienste werden nicht in Frage gestellt. Deshalb wird gesagt: Die erlaubten Dinge (im Rahmen der Kulthandlungen) sehen die Su¯fı¯s (die Mystiker) als Pflicht an und ihre Pflichten als erlaubt. Das heißt, daß ˙ sie sich auf das Notwendige von den erlaubtena (Dingen) beschränken. Sie erfüllen ihre Pflichten (aber) regelmäßig so wie sie die erlaubten Dinge regelmäßig verrichten, denn diese Pflichten sind für sie wie die erlaubten Dinge. Was die Nahrung anbetrifft, so ist sie eine wichtige Grundlage. Denn der Magen ist ein Schlüssel für Gutes und Böses. Es gibt hier auch drei Stufen: Die niedrigste ist die des Notwendigen. Das ist das, was satt macht, den Körper erhält und die Fähigkeit zum Gottesdienst bewahrt. Diese Stufe erreicht man einerseits durch Veränderung der Gewohnheit, indem man die Anzahl der Mahlzeiten (zum Beispiel von vier am Tag auf drei) herabsetzt, bis man selbst das Gewicht eines Dirhams erreicht hatb , andererseits durch die allmähliche Reduzierung der Nahrungsmengen selbst während zehn oder zwanzig Tagen, bis man sich des Essens entwöhnt hat. Die Asketen erreichten (bei ihrer Bemühung, die Menge der Nahrung zu reduzieren) eine Kichererbse pro Tag, hinsichtlich der Zeit (eine Dauer von) zwanzig und nach einer anderen Aussage von vierzig Tagen. Das ist eine großartige Haltung, die von wenigen Menschen erreicht wird. Wenn man sie aber nicht erreichen kann, so wäre die mittlere Stufe passend, das heißt, nur ein Drittel des Magens auszufüllen, wie wir es vorhin erwähnt haben. Man darf über dieses Maß, welches von der islamischen Gesetzgebung bestimmt wird, nicht hinausgehen, denn die Überschreitung dieses Maßes ist Völlerei. Dann beschränkt man sich hinsichtlich der Qualität auf ein mittleres Maß, wie man es vorher in bezug auf die Quantität getan hat. Denn glückselig ist derjenige, der sich bei alldem auf die Genügsamkeit beschränkt. Die Menschen unterscheiden sich aber voneinander hinsichtlich des (richtigen) Maßes, wenn man die Zeit in Betracht zieht. Denn möglicherweise gibt es einen Menschen, der nicht um seinen heutigen Lebensunterhalt besorgt ist, sondern um das, was später kommt. Seine Gier führt ihn letzten Endes dazu, sein Leben als ein langes einzuschätzen und seinen Lebensunterhalt deshalb übermäßig abzusichern. Dann könnten Bedürfnisse entstehen, so daß er Unterstützung durch Gelder sucht. Das ist der reine Irrtum. Die Ersparnisse teilen sich im Verhältnis zu der Zukunft in drei Stufen: a) Die niedrigste Stufe umfaßt den Lebensunterhalt für einen Tag und eine Nacht. b) Die mittlere für ein Jahr. c) Die höchste für mehr als ein Jahr. Die höchste aller dieser Stufen ist die desjenigen, der sich gar nichtc um den morgigen Lebensunterhalt kümmert und seinen Eifer auf den heutigen Tag und vom heutigen Tag auf die (jetzige) Stunde und dabei auf sich selbst konzentriert und der sich vom Diesseits jeden Augenblick verabschieden könnte und sich für diese Reise als a b c

S: „… und das Erlaubte“. „bis man …“ lediglich bei S u. E. „nicht“ fehlt bei Ae, A u. K.

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bereit betrachtet. Wer sich nicht damit beschäftigt und sich keinen Kummer um seinen Lebensunterhalt für ein Jahr macht, sondern sich mit dem beschäftigt, was darüber hinausgeht, zählt zu den Verstoßenen, die Gott mit seiner Aussage meint: „Wehe jedem Stichler und Nörgler, der (…) Geld und Gut zusammenbringt und es (…) zählt und meint, sein Besitz würde ihn unsterblich machen.“ 294 Was die Kleidung anbetrifft, so ist sie in drei Kategorien aufgeteilt: a) Das mindeste ist in bezug auf das Maß, das die Schamteile bedeckt unda das, was gewöhnlicherweise bedeckt wird, aus den schlichtesten und rauhesten Stoffen. Was die Zeit anbetrifft, so ist das, was einen Tag und eine Nacht hält, wie es von (dem Kalifen) 2Umar – möge Gott Wohlgefallen an ihm haben – überliefert wurde, daß er sein Hemd mit Baumblättern flickte. Als er dann angesprochen wurde, daß dies nicht lange halten werde, erwiderte er: „Werde ich so lange am Leben bleiben, bis das Hemd abgenutzt sein wird?“ b) Die mittlere Stufe in bezug auf die Kleidung ist die, die dem (sozialen) Stand des Menschen entspricht, ohne Genuß und Bequemlichkeit. Ferner darf sie (bei Männern) nicht aus verbotenen Stoffen sein, bei denen der Anteil an Naturseide überwiegt. c) Die höchste Stufe ist die Anhäufung von Kleidern, wodurch Behaglichkeit erstrebt wird, wie die Mehrheit (der Menschen) auf dieser Welt tut. Was das Sexuelle anbetrifft, so erhöht sich (dessen Grad) je nachdem, wie sehr man sich nach dem Beischlaf sehnt, und dadurch erhöht sich der Grad des Bedürfnisses. Wir haben das Lobenswerte und das Verwerfliche des Sexuellen dargelegt, und wir meinen, es sei überzeugend (s. D 314). Wer von diesen Dingen das Notwendige erlangt hat und sich darüber hinaus noch sorgt, ist verloren, ja er ist sogar verflucht. Der Gepriesene (Muhammad) sagt in diesem Zusammenhang: „Derjenige, der in seinem Haus sicher˙ lebt, in seinem Körper gesund ist und seinen täglichen Lebensunterhalt hat, dem ist, als wäre die ganze Welt in seinem Besitz.“ 295 Denn das Diesseits ist eine Brücke zum Jenseits. Dieser Grad ist für die Erlangung des Zieles genügend. Der Rest ist über das Notwendige hinaus ein Überfluß und noch mehr, dessen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein dem Vernünftigen gleich ist. Die vierte Aufgabe bezieht sich auf Abgaben und Ausgaben. Wie es für die Einnahmen eine bestimmte Weise gibt, so auch für die Ausgaben. Man sollte dabei auf die Reihenfolge achten. Denn bei den Ausgaben gibt es wie bei den Einnahmenb lobens- und tadelnswerte. Die lobenswerte Ausgabe ist die, durch die man Gerechtigkeit erlangt, das sind die gesetzliche Armensteuer und die Ausgaben für die Familie. Bei den Ausgaben gibt es auch solche, durch die man Freiheit und Tugend gewinnt, das ist die Bevorzugung des anderen vor sich selbst, wie es von dem (islamischen) Gesetz als lobenswert angesehen wird. Die tadelnswerten Ausgaben teilen sich in das Zuviel und das Zuwenig. Das a b

„und“ lediglich bei S. Bei den übrigen: „oder“. „wie bei den Einnahmen“ fehlt bei E.

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Zuviel bedeutet, daß man für Dinge, die nicht nötig sind, mehr ausgibt, als es der eigene (finanzielle) Zustand erlaubt. Dabei beachtet man nicht das Wichtigste, sondern gibt für unwichtige Dinge Geld aus. Das Unzureichende bedeutet, daß man sich der notwendigen Ausgaben entzieht unda daß man weniger ausgibt, als erforderlich ist. Wann auch immer ein Mensch das Geld in der berechtigten Weise einnimmt und in der richtigen Weise ausgibt, so ist er lobenswert und wird dafür belohnt. Wenn du aber fragst, ob derjenige, dem Gott reichlich Geld schenkt, es lieber nehmen und in der lobenswerten Weise ausgeben oder davon Abstand halten sollte, so wisse, daß die Menschen darüber in Streit geraten sind. Sie sagen, daß sie in drei Kategorien eingeteilt sind: a) Eine Gruppe versenkt sich in das Diesseits, ohne Rücksicht auf das Ende, es sei denn durch Reden und Selbstgespräche. So verhalten sich die meisten, welche Gott in seinem Buch als „Götzendiener“ 296 und als „die schlimmsten Tiere“ 297 und ähnliches beschrieben hat. b) Eine andere Gruppe ist völlig anders als diese; sie beschäftigt sich mit dem Ende, und sie kümmert sich überhaupt nicht um das Diesseits. Dies sind die Frommen. c) Eine dritte Gruppe ist die der Ausgewogenen. Sie erfüllen die Erfordernisse sowohl des Diesseits als auch des Jenseits. Sie sind diejenigen, welche von den zuverlässigen Gelehrten als die Bevorzugten angesehen werden, weil durch sie die Aufrechterhaltung sowohl des Diesseits als auch des Jenseits möglich wird. Aus dieser Gruppe entstammt die Mehrheit der Propheten – der Friede Gottes sei mit ihnen. Denn Gott der Allmächtige und Erhabene hat sie geschickt, um die Interessen der Menschen sowohl im Diesseits als auch im Jenseits zu wahren. Es wird gesagt, daß dieseb Gruppen diejenigen sind, die der Erhabene mit seiner Aussage meint: „… und ihr Menschen seid drei Gattungen: Die Gefährten der Rechten – was sind die Gefährten der Rechten? (selig!). Und die Gefährten der Linken – was sind die Gefährten der Linken(?) (unselig!). Und die Vordersten … die Vordersten (auch im Paradies).“ 298 Wer sich also sowohl um das Diesseits als auch um die Religion kümmert und sie (miteinander) wie es sein muß und in der erforderlichen Weise vereint, ist der Stellvertreter Gottes auf seiner Erde. Nach Meinung mancher (Fachleute) gehört er zu den Auserwählten. ˇ inn (die Geister) und Wenn du sagst: Der erhabene Gott sagt: „Ich habe die G die Menschen nur geschaffen, damit sie mir dienen“ 299 , so wisse, daß die Berücksichtigung der Interessen der Menschen zu der Summe aller Gottesdienste gehört, ja sogar einer der besten aller Gottesdienste ist. In diesem Zusammenhang sagt der Gepriesene (Muhammad): „Alle Menschen sind Kinder Gottes. Das beliebte˙ ist dasjenige, welches (den übrigen von) meinen Kindern ste unter ihnen bei Gott den besten Nutzen bringt.“ 300 Wenn du sagst: Einige der zuverlässigen Gelehrten sagen: „Die Menschen seien a b

Bei E: „oder“. Bei S u. E. Bei den übrigen: „drei“.

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in drei Gruppen aufgeteilt: a) Ein Mensch, der sich mit seinem künftigen Leben viel mehr beschäftigt als mit seinem Lebensunterhalt, gehört zu den Erfolgreichen. b) Ein anderer, der sich viel mehr um seinen Lebensunterhalt kümmert als um sein künftiges Leben, gehört zu den Verlorenena . c) Ein (dritter) Mensch beschäftigt sich mit beidem. Er gehört zu den Wagemutigen. Der Erfolgreiche ist in einem besseren Zustand als der Wagemutige“, so wisse, daß darin ein Geheimnis enthalten ist, nämlich die höheren Rangordnungen können nicht erreicht werden, es sei denn durch die Erstürmung der Gefahren. Diese Rede wird nur erwähnt, um auf die Bedeutung der Stellvertretung des erhabenen Gottes in der Angelegenheit seiner Diener zu verweisen, damit keiner dafür kandidiert, der nicht dazu geeignet ist. Es wurde erzählt, daß einer der gerechten Königssöhne einen hohen Grad an Wissen und Weisheit erlangt hatte. Er zog sich dann von den Menschen zurück und entsagte der Welt. Einer der Könige schrieb an ihn: „Du hast dich isoliert von dem, womit wir uns beschäftigen. Wenn du aber weißt, daß das, was du bevorzugt hast, besser ist, so lasse uns dies wissen, damit wir Abstand nehmen von dem Umfeld, in dem wir uns befinden. Und glaube nicht, daß ich von dir eine unbegründete Aussage annehmen werde.“ Er antwortete ihm: „Wisse: Wir sind Sklaven eines barmherzigen Königsb , der uns in den Krieg gegen einen Feind geschickt hat. Er hat uns wissen lassen, daß dessen Ziel die Überwindung (dieses Feindes) oder die Sicherheit vor ihm ist. Als wir uns dem Vormarsch näherten, teilten wir uns in drei Gruppen: a) Ein Abweichlerc strebt nach Sicherheit vor dem Feind und zieht sich zurück. Er erreicht dadurch, daß er nicht getadelt wird, auch wenn er kein Lob B 160 gewinnt. b) Ein Waghalsiger marschiert ohne Überlegung voran. Deshalb verletzt und besiegt ihn der Feind. Somit ruft er die Ungnade seines Herrn hervor. c) Ein Tapferer tritt nach gründlicher Überlegung zum Kampf an. Er kämpft dann, be- D 385 währt sich dabei und strengt sich an. Er erringt einen vollständigen Sieg. Als ich mich schwach fand, begnügte ich mich mit dem bescheidensten Vorhabend und der niedrigsten Rangstufe. Sei, oh König!, von der besten Gruppe, so wirst du zu denen gehören, die Gott bevorzugt hat.“ Diese Rede enthüllt die Wahrheit (über diese Angelegenheit). Die folgende Aussage des erhabenen Gottes weist auf ihre Richtigkeit: „Trachte mit dem, was Gott dir (an Reichtum) gegeben hat, nach der Behausung des Jenseits, aber vergiß nicht deinen Anteil am Diesseits! Und tue Gutes, A 155 so wie Gott dir Gutes getan hat! Und sinne nicht (überall) im Land auf Unheil!“ 301 Zwar kann die Güte erreicht werden, indem man die Herzen der Muslime durch Geld zu erfreuen versucht, aber die Gefahr dabei ist sehr groß. Denn möglicherweise beschäftigt sich damit jemand, dessen Scharfsichtigkeit, ohne zu wissen, schwach iste . Wegen dieser Gefahr muß man mit Entschiedenheit davor warnen. a Bei A ist der Text an dieser Stelle verwirrend. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Druckfehler, da eine Verwechslung der Begriffe vorliegt. b „Königs“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „Herrn“. c „Abweichler“ nach den drei Handschriften. Bei den übrigen: „Ängstlicher“. d S u. E: „Stellung“. e Bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „weshalb er sich selbst ohne sein Wissen schadet.“

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Die fünfte Aufgabe: Seine (innere) Intention muß in bezug auf Nehmen und Unterlassen aufrichtig sein. Deshalb soll er nehmen, was ihm bei der Verrichtung der Gottesdienste behilflich ist, und essen, was ihn kräftigt. Er soll das unterlassen, was er aus Askese und Verachtung zu unterlassen hat. Denn der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Wer sich um seinen Lebensunterhalt (entsprechend den reli˙ Vorschriften) bemüht, der führt einen heiligen Kampf (g ˇ iha¯d)a .“ 302 Ferner giösen sagt er zu ibn-Mas2u¯d 303 : „Wahrhaftig wird der Gläubige für jede (gute) Handlung, sogar für den Bissen, den er seiner Frau in den Mund legt, belohnt.“ 304 Mit dem Gläubigen meint er denjenigen, der die Wahrheiten der Dinge kennt, so daß er mit dem, was er unternimmt, das Angesicht Gottes und dessen Beistand bei der Beschreitung seines Weges erzielt. Dabei wird es ihm klar sein, daß der Asket nicht derjenige ist, /der kein Geld hat, sondern derjenige/b , der sich mit Geld nicht beschäftigt, auch dann nicht, wenn er die Reichtümer der (ganzen) Welt besitzen würde. Deshalb sagt 2Alı¯ – Gott möge Wohlgefallen an ihm haben –: „Wenn jemand alle Reichtümer der Erde besitzen würde, wobei er die Wohlgefälligkeit Gottes erlangen möchte, so ist er ein Asket, und wenn er alles unterlassen würde, ohne dabei die Wohlgefälligkeit Gottes zu beachten, so ist er kein Asket.“c Deswegen sollen deine Bewegungen und Ruhezustände für Gott sein, indem sich deine Bewegung auf seinen Dienst beschränkt oder auf das, was dir dazu beihilft und was man beim Gottesdienstd nicht entbehren kann, wie zum Beispiel das Essen und die Erledigung von Bedürfnissen. Denn diese beiden Tätigkeiten helfen beim Gottesdienst, während sie selbst als Handlungen von den Gottesdiensten am weitesten entfernt sind. Dann wird derjenige, dessen Seele vollkommen ist, in seiner Betrachtung der Welt wie ein ausgezeichneter Schlangenbeschwörer bei seiner Berührung der Schlange sein, der sich vor ihrem Gift hütet und ihre Substanz aus ihr herauszieht. Wenn der Ungebildete dem Schlangenbeschwörer zuschaut und ihn nachahmt, so wird er glauben, daß dieser die Schlange anfaßt, weil er ihre Form und ihre Gestalt schön findet und weil ihr Körper weich ist und daß er sie deshalb bei sich behält. Wenn er dies vermutet, nimmt er sie, legt sie sich um seinen Hals und daraufhin wird sie ihn töten. Das Diesseits wird mit einer Schlange verglichen. So wird gesagt: „Das Diesseits ist wie eine Schlange, die tödliches Gift speit, auch dann wenn sie beim Anfassen anschmiegsam ist.“ Wie es unmöglich ist, daß der Blinde dem Sehenden bei der Überwindung der Gipfel der Gebirge, der Meeresküsten und der stacheligen Wege ähnelt, so ist es unmöglich, daß der Ungebildete dem Vollkommenen in seiner Betrachtung der Welt ähnelt. Wenn man das Königreich Salomos betrachtet und das, was ihm gegeben wurde, dazu die Eigenschaft der Prophetie, wird man erfahren, daß die Askese die der a

S: „Er ist ein Kämpfer für die Sache Gottes.“ /…/ fehlt lediglich bei S, ist aber für die Vervollständigung des Gedankens erforderlich. c Bei S u. E. Bei den übrigen: „Wenn jemand alle Reichtümer der Erde …, würde er kein Asket sein“; „und wenn er alles unterlassen würde …“ lediglich bei S u. E. d „was man beim Gottesdienst …“ bei S, E u. Ae. Bei den übrigen: „und was die Menschen nicht entbehren können.“ b

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Seele, nicht aber die Leere der Hand ist. Wie kann das Diesseits den Propheten und den Gottesvertrauten schaden, welche doch Nachteile und Vorteile der Welt sowie ihre Bedeutung im Dasein kennen und wissen, daß es für den Menschen drei Existenzstufen gibt: 1. im Leibe seiner Mutter, 2. in der weiten Welt und 3. nach dem Tode? Das Diesseits ist wie eine Herberge errichtet, die der Reisende auf der mittleren Strecke erreicht (das ist das Leben) und wo sich Geräte, Geschirr und Proviant befinden, damit der Reisende sie als Hilfsmittel benutzt, wie man einen geliehenen Gegenstand oder eine Gabe benutzt und sie für den Nachfolgenden hinterläßt, welcher sie mit Dankbarkeit entgegennimmt und mit Freude weitergibt. Einige der Törichten gelangen zu dieser Herberge. Sie vermuten, daß dieses Haus eine Heimstätte sei und daß diese Mittel nicht geliehen, sondern für immer geschenkt seien. Deshalb geben sie sie nicht aus der Hand, es sei denn, man bricht ihnen die Hand und nimmt ihnen das Leben. Man sagt, daß die Lage der Menschen im Verhältnis zu dem, was ihnen vom Diesseits gegeben wird, einem Menschen ähnelt, der ein Haus eingerichtet hat. Er lädt die Menschen einen nach dem anderen in sein Haus ein. Einen von ihnen läßt er eintreten, bietet ihm ein goldenes Tablett /mit Weihrauch und wohlriechenden Blumen an, nicht damit dieser sie behält, sondern um sie dem nächsten weiterzugeben. Der Besucher beachtet diesen Brauch nicht und vermutet, daß ihm das Tablett geschenkt worden ist/a . Als es ihm wieder abgenommen wird, ist er empört und betrübt. Wer aber den Brauch kennt, dankt dem Eigentümer und gibt es ihm mit Freude zurück. Dies sind die Aufgaben, die sich auf den Umgang mit den Reichtümern dieser Welt beziehen.

a

/…/ fehlt lediglich bei S, ist aber wichtig zur Vervollständigung des Bildes.

XXIX.

A 157 B 162 D 388

Der Weg zur Vermeidung des Kummers im Diesseits

Wenn der Mensch im Augenblicka in seinem Heim sicher lebt, körperlich gesund ist und über seinen täglichen Lebensunterhalt verfügt, so sind seine Trauer und sein Kummer aufgrund der Angelegenheiten im Diesseits Zeichen seiner Mangelhaftigkeit und Torheit. Denn sein Kummer bezieht sich entweder: 1. auf das Bedauern über etwas Vergangenes, 2. oder auf die Angst vor etwas Zukünftigem oder 3. auf die Trauer über etwas im jetzigen Augenblick Vorhandenes. Wenn er wegen einer vergangenen Sache trauert, so ist es dem Vernünftigen einsichtig, daß die Trauer niemals etwas wieder in Ordnung bringt, was vergangen ist, oder etwas repariert, was zerbrochen ist. Das Trauern über etwas, gegen das man nichts tun kann, ist die reine Torheit. Deswegen sagt der Erhabene (Gott): „(Laßt euch gesagt sein, daß alles, was geschieht, von Gott vorherbestimmt ist) damit ihr euch wegen dessen, was euch (an Glücksgütern) entgangen ist, nicht (unnötig) Kummer macht und (damit ihr) euch über das, was er euch gegeben hat, nicht (zu sehr) freut.“b 305 Darüber sagt der Dichter: „Hätte Trauer überhaupt einen Sinn, gäbe ich mich der Trauer über mich selber hin.“ 306 Wenn man wegen einer gegenwärtigen Sache trauert, so entsteht diese Trauer entweder aus Neid über den Erfolg, den ein Bekannter erlangt hat, oder aus Armut oder Verlust an Reichtum, Ruhm und diesseitigen Mitteln. Der Grund dafür ist die Unwissenheit über die Gefahren des Diesseits und ihrer Gifte. Wenn der Mensch sie richtigc erkennen würde, so würde er dem erhabenen Gott dafür danken, daß er ihn leicht, nicht schwer geprüft hat. Wenn der Verliebte über die Vergänglichkeit der Schönheit derjenigen nachD 389 denken würde, in die er verliebt ist, so hätte er sich gar nicht in sie verliebt. Denn er wüßte, daß das Diesseits viele Unglücksfälle bringt, daß seine Wasserstellen trübe sind, daß es den Menschen verschiedene Arten von Unheil bringt und bei jedem Bissen eine Erstickungsgefahr. Es gibt keinen Menschen, der (im Diesseits) lebt, es sei denn er wird die Zielscheibe für drei Pfeile: a) einen Strafpfeild , b) einen Unglückspfeil und c) einen Todespfeil. (In diesem Zusammenhang sagt der Dichter): „Es widerstreben dem Menschen die Zeiten, bekämpfen ihn von allen Seiten. Wie das Schicksal ihn einmal verfehlen mag, trifft ein anderes Mal ihn heftig sein Schlag.“ 307 a b c d

„im Augenblick“ lediglich bei S u. E. Bei S u. E unvollständig: „und ihr sollt nicht … trauern.“ „richtig“ lediglich bei S u. E. „einen Strafpfeil“ fehlt bei Ae.

Die Vermeidung des Kummers im Diesseits

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Denn wer die Lehre aus dem zieht, was sich jeden Tag ereignet, nämlich daß die Annehmlichkeiten den Menschen entrissen werden, daß sie von Unglücksfällen heimgesucht werden und daß sie um den Verlust von Annehmlichkeiten heftig trauern, der wird kein Bedauern darüber empfinden, daß er sie verpaßt hat. Als ein Su¯fı¯ (Mystiker) gefragt wurde: Warum bist du nicht bekümmert?, antwortete er:˙ Weil ich nichts besitze, dessen Verlust mir Kummer bereitet. Wann immer ein Mensch über die Sorglosigkeit der Herren dieser Welt gegenüber dem Jenseits und die (dadurch hervorgerufenen) Unglücksfälle nachdenkt, tröstet er sich, und es fällt ihm leicht, sich davon (von den Gütern dieser Welt) zu trennen. Einer der Su¯fı¯ nahm sich vor, jeden Tag ein Krankenhaus zu besuchen, um ˙ und ihre Krankheiten und Leiden zu betrachten. Ferner besuchte Kranke zu sehen er das Staatsgefängnis, um Verbrecher zu beobachten und bei ihrer Vorführung und Bestrafung dabei zu sein. Er besuchte auch Friedhöfe, um Trauernde anzuschauen sowie ihren Schmerz mitzuerleben, der nichts nutzt, da sich die Toten mit ihrem, jenseitigen Zustand beschäftigen. Dann kehrte er nach Hause zurück, wobei er Gott dafür dankte, daß er ihm diese Unglücksfälle erspart hatte. Der Mensch tut recht, wenn er im Diesseitsa denjenigen immer anschaut, der unter ihm steht, damit er Gott dankbar ist, aber im Hinblick auf die Religion denjenigen, der höher als er steht, damit er sich (im Hinblick auf die Gottesdienste) anstrengt. Wenn der Satan dominiert, kehrt er dieses Verhältnis um und errichtet es in umgekehrter Weise. Wenn man ihm sagt: Warum unternimmst du diese abscheuliche Handlung?, entschuldigt er sich damit, daß ein anderer noch schlimmeres als er selbst tut, /obwohl es keinen Wetteifer weder in der Sünde noch im Unglauben gibt/b . Wenn man ihn weiter fragt: Warum begnügst du dich nicht mit dem Vorhandenen?, erwidert er: Dieser ist reicher als ich. Warum soll ich dulden, was nicht zu dulden ist? Das ist der Irrtum selbst /und die reine Unwissenheit/c . Wann auch immer der Eifer auf dieses Hindernis stößt, wird der Kummer aus Neid nichtig. Wenn Gott jemandem eine Wohltat beschert, die er verdient, dann sollte dies niemandem Kummer bereiten. Wenn er sie aber nicht verdient, so bringt sie ihm mehr Unheil als Nutzen. Wenn sich der Kummer auf Zukünftiges bezieht sowie auf etwas, dessen Existenz unrealisierbar oder notwendig ist wie zum Beispiel der Tod, so ist es absurd, darüber zu trauern. (Denn die Veränderung eines solchen Zustandes ist ausgeschlossen.) Wenn er sich aber auf Mögliches bezieht, so ist es zu überlegen: 1. Wenn dessen Beseitigung nicht möglich ist, wie der Tod bevor man altert, so ist die Trauer darüber eine Torheit. 2. Wenn er (der Grund des Kummers) zu beseitigen ist, so hat es (auch) keinen Sinn, darüber zu trauern, und man soll versuchen, ihn (diesen Grund) mit unbekümmertem Verstand zu beseitigen. Wenn man alles unternimmt, was in der eigenen Macht steht, um ihn zu überwinden, bleibt man ruhigen Herzens, indem man den Beschluß Gottes abwartet a b c

Bei S u. E. Bei den übrigen: „– solange er lebt –“. /…/ fehlt bei S u. E. /…/ fehlt bei S u. E.

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und indem man weiß, daß man diese Entscheidung nicht zurückweisen kann. So empfängt man sie geduldig, wenn sie nicht zurückzuweisen ist und sich bewahrheitet, daß sein Wille (notwendigerweise) geschehen wird. Er wird dann an die Aussage des Erhabenen erinnern: „Kein Unglück trifft ein, weder (irgendwo) auf B 164 der Erde noch bei euch selber, ohne daß es in einer Schrift (verzeichnet) wäre, noch ehe wir es erschaffen.“ 308 Das Begehren der Menschen, sich die Gegenstände des Diesseits anzueignen, rührt von der Einbildung und ihrer Hoffnung her, daß die verschiedenen Arten des Unglücks vergehen und die glücklichen Zeiten wiederkehren. Welch ein Irrtum! Welch ein Irrtum! 2Alı¯ – möge Gott Wohlgefallen an ihm haben – sagt: „Niemals sagen die Menschen anderen: ‚Glücklich seid ihr, es sei denn, daß das Schicksal ein anderes Unglück für sie vorsieht.‘“ Der Dichter spricht wahrhaftig, indem er sagt: „Nicht Gutes nur bringt dir das Schicksal, auf Frohsinn folgt gar leicht die Trübsal.“ 309 Abu¯-Mansu¯r at-Ta 2a¯libı¯ 310 verfehlt die Wahrheit nicht in seiner Beschreibung ¯ ¯ der Welt, als˙ er sagt: „Bescheide dich im Diesseits, ohne es zu begehren, laß dich auch nicht vom Streit mit ihm verzehren. Denn der zu erheischende Genuß gleicht nicht dem, was man befürchten muß. Was du zu bedenken hast, das Unheil ist eine schwere Last. Viele haben es beschrieben und sich darüber ausgelassen, ich werde anders es für dich in Worte fassen: Es ist die Auslese eines Weines, dessen Neige tödlicher Saft; es ist ein gefälliges Reittier, das, besteigst du es, unzähmbar ist in seiner Kraft; eine Person voller Anmut und von schöner Gestalt, ein häßliches Geheimnis ist ihr Gehalt.“ Wenn der Vernünftige über diese Dinge nachdenkt, fällt seinem Herzen der D 392 Kummer leichter, es sei denn, daß sich seine Beziehung zu einem geliebten Menschen, zu Reichtum, Grundbesitz, Beruf, Vorrangstellung, Herrschaft oder zu etwas anderem vertieft. So kann er sich von seinem Kummer nicht befreien, es sei denn, er hat seine Bindungen an all das gelöst. Dies geschieht nur, wenn er allmählich Abstand nimmt und sich mit anderen Dingen beschäftigt, auch dann wenn dieses andere von derselben Art ist wie das, von dem man sich entfernen muß, A 160 jedoch ist nichts dagegen einzuwenden, Blut mit Blut zu waschen, wenn das erste stärker haftet und klebt (als das zweite). Dies sind einige von den besonderen geistigen Anstrengungen. Denn das plötzliche Abstandnehmen von dem, woran man gewöhnt ist, fällt schwer, ja ist sogar unmöglich. Deswegen fördert man den Knaben, der in gutem Benehmen unterrichtet wird, indem man in ihm die Lust zum Spiel mit Zepter und Vögeln erweckt. Dann hört er mit dem Spielen auf, indem man in ihm das Interesse an Reichtum, Geld und am Tragen von schönen Kleidern und ähnlichen Dingen weckt. Dann erhöht man ihn aus diesem Zustand, indem man ihn begierig macht auf Lebens-

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wertes und Lobpreisung, Erlangung von Würde und Vorrang. Dann wird in ihm der Wunsch nach der jenseitigen Glückseligkeit erweckt. Die Vorrangstellung (im B 165 Diesseits) ist das Letzte, das die Köpfea der Aufrichtigen verläßt. Diese Behandlung wird mit Hilfe von Dingen durchgeführt, die in sich selbst gefährlich, jedoch im Verhältnis zu noch schlimmeren Dingen notwendig sind. Sie sind wie Phasen und Entwicklungsstufen des Menschen, die er eine nach der anderen hinaufsteigt, wobei die Erlösung nur durch diese allmähliche Entwicklung erreicht werden kann. So sollte dies in allen Eigenschaften berücksichtigt werden, die die Seele beherrschen, deren Bindung sich (an eines dieser erwähnten Dinge) verfestigt hat. Durch das Lösen der Bindungen wird der Kummer getilgt.

a

„Herzen“ bei D.

XXX.

D 393 A 161 B 166

Über die Verbannung der Angst vor dem Tod

Für den Menschen gibt es (im Verhältnis zum Tod) zwei Zustände: a) einen vor dem Tod und b) einen währenda des Todes. Was seinen Zustand vor dem Tod anbetrifft, so soll der Mensch immer an den Tod denken, wie der Gepriesene (Muhammad) sagt: „Gedenkt häufig des Bezwingers der Genüsse. Denn wenn man ˙sich seiner in der Bedrängnis erinnert, erleichtert er einem das Leben, und wenn man im Wohlstand an ihn denkt, wird man von ihm beängstigt.“ 311 Dabei teilen sich die Menschen in zwei Gruppen: a) Die Sorglosen, das sind die wahrhaft Törichten, die kaum an den Tod und das, was dahinter liegt, denken, es sei denn, sie denken an die Lage ihrer Kinder und ihre Hinterlassenschaften. Oder sie überlegen sich ihre eigene Lage und bedenken sie, jedoch denken sieb nur daran, wenn sie einen Leichenzug sehen. Alsdann sagen sie mit der Zunge: „Wir gehören Gott, und zu ihm kehren wir zurück.“ 312 Sie kehren zu dem erhabenen und allmächtigen Gott nicht durch ihre Taten, sondern durch ihre Worte zurück. So lügen sie wahrhaftig in ihren Aussagen. b) Die Vernünftigen und die Geschickten werden immer vom Nachdenken über den Tod begleitet, wie Reisende zu einem (bestimmten) Ziel, zum Beispiel die Pilgerer. Denn sie trennen sich (in Gedanken) niemals von ihrem Ziel, und trotz der Beschäftigung mit den Etappen des Rastens und Wiederaufbrechens vergessen sie nicht ihr Ziel. Kurz gesagt, das Denken an den Tod vertreibt übertriebene Hoffnungen und hemmt seltsame Wünsche, und somit erträgt der Mensch die Unglücksfälle leichter, und er wird an Übertretungen gehindert. Durch das Gedenken des Todes entsteht die Genügsamkeit mit dem, was man D 394 hat, die Bereitschaft, sofort Buße zu tun, die Unterlassung des gegenseitigen Neides und des Begehrens der diesseitigen Dinge und die Tüchtigkeit im Gottesdienst. Derjenige, der in Gottesdienstenc träge ist, sollte den Tod im Auge behalten; er sollte jeden Tag beim Aufwachen daran denken, daß er bald sterben wird, weil es möglich ist, daß der Tod sofort eintritt. Wann immer er annimmt, daß der Tod erst nach Jahren eintritt, wird er auf den Gottesdienst nicht begierig sein und niemals müde, seine Leidenschaften nach dem Diesseits zu verwirklichen. Vielmehr sollte er sich selbst nichtd einmal für mehr als einen Tag vernachlässigen, so B 167/A 162 daß er jeden Tag bereit ist, die Abreise tagsüber anzutreten. Denn jeder, der eine Einladung von einem der Könige in jedem Augenblick erwartet, soll für ihre Annahme bereit sein. Möglicherweise erscheint bei ihm der Gesandte während er a

„während“ bei S, E, A u. B. Bei den übrigen: „nach“. Nach S, E u. Ae. Nach den übrigen: „Weder überlegen sie sich ihre eigene Lage, noch bedenken sie, sondern sie denken nur daran, wenn …“ c „in Gottesdiensten“ fehlt bei S u. E. d Die Verneinung fehlt lediglich bei D. b

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sorglos ist, und so wird er der Glückseligkeit beraubt. Es gibt keinen Augenblick, in dem der Tod nicht möglich ist. Wenn du sagst: „Der plötzliche Tod seia unwahrscheinlich, /so sage ich:/b Wenn die Krankheit auftritt, so ist der Tod nicht unwahrscheinlich. Dies kann an weniger als einem Tag geschehen, ohne daß dies unwahrscheinlich ist. Es ist ferner unvernünftig, wegen des Todes bekümmert zu sein. Denn dieser Kummer kann unter einem der folgenden vier Aspekte dargestellt werden: a) wegen des Verlustesc an Appetit auf Nahrung und sexueller Begierde, b) wegen des Reichtums, den man hinterläßt, c) wegen der Unwissenheit über den Zustand nach dem Tod und über das, was darauffolgt, d) aus Furcht vor der Bestrafung begangener Sünden. Wenn man Kummer wegen des Verlustes an Appetit auf Essen und sexueller Begierde hat, so ähnelt man einem, der eine Krankheit mit einer anderen bekämpfen will. Denn der Sinn des Nahrungsgenusses liegt in der Beseitigung des Hungerleidens. Wenn der Hunger gestillt und der Magen gefüllt ist, dann verabscheut D 395 man das, was man vorher begehrt hat. Man ähnelt demjenigen, der sich in die Sonne setzt, um sich zu wärmen, damit er den Schatten wieder genießen kann, oder demjenigen, der ein heißes Bad begehrtd , um danach das kalte Wasser, das er später trinkt, zu genießen. Das ist die Torheit /und die Dummheit selbst/e . Wenn man Angst vor dem Tod hat wegen des Reichtums, den man hinterläßt, so zeugt dies von einer Unwissenheit über die Niedrigkeit und Geringfügigkeit des Diesseits im Vergleich zu dem großen Königreich und dem ewigen Paradies, welches den Frommen versprochen wird. Wenn man wegen der Unwissenheit über das, was nach dem Tod folgt, bekümmert ist, so soll man nach dem wahren Wissen streben, welches die Lage des Menschen nach seinem Tod enthüllt. Eines Tages sagte Ha¯rita 313 dem Propheten ˙ als ˙ ob ich den Thron (Muhammad) – Friede sei mit ihm –: „Mir kommt es vor, ˙ meines Herrn vor meinen Augen emporragen sehe und als ob ich den Bewohnern des Paradieses zuschaue, während sie miteinander freundlich umgehen und die Insassen der Hölle miteinander verfeindet sind“f . Dieses Wissen entsteht durch die Suche nach der Wahrheit der Seele und ihrer Wesenheit, der Art und Weise ihrer Verbindung mit dem Körper, dem Aspekt ihrer Bestimmung, für die sie geschaffen ist, der Weise, wie der Mensch die Besonderheit (des Körpers) und dessen Vollkommenheit genießt, während er die Laster erkennt, die ihn an der Erlangung A 163 dieser Vollkommenheit hindern. Das offenbarte Gesetz des Islam hat darauf an verschiedenen Stellen aufmerksam gemacht und befiehlt, über die Seele wie auch über das Königreich von Himmel und Erdeg nachzudenken. Wenn man Kummer wegen der schon begangenen Sünden hat, so nützt dem B 168

a b c d e f g

Bei S lediglich: „sei nicht …“ /…/ fehlt bei S, E u. Ae. „Verlustes“ lediglich bei den drei Handschriften S, E u. Ae. Bei E: „ein heißes Wasser schluckt, …“ /…/ fehlt bei S u. E. „miteinander …“ nach S, E u. Ae. Nach den übrigen: „sich gegenseitig verfluchen“. „Erde“ fehlt bei E.

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Menschen kein Kummer, sondern die Heilung, indem man sofort Buße tut und die Wiedergutmachung dessen anstrebt, was man an guten Werken vernachlässigt hat. Man kann diesen Kummer und die Unterlassung der Wiedergutmachung mit dem Öffnen einer seiner Adern vergleichen, aus der Blut strömt, obwohl er in der Lage ist, sie zu verbinden und seinen Lebensodem zu bewahren. Jedoch vernachlässigt er dies und setzt sich nieder, indem er bedauert, was an Blut aus ihm herausströmt. Dies ist auch eine der Torheiten, insofern das Versäumte nicht nachgeholt werden kann und es nichts nützt, es zu bedauern. Vielmehr soll man sich mit der Zukunft befassen. Der zweite Fall bezieht sich auf den Zustand des Menschen beim Tode. Die Menschen teilen sich dabei in drei Kategorien: a) Der erste ist ein scharfsichtiger von Gott rechtgeleitetera Mensch, der weiß, daß das Leben ihn versklavt, der Tod ihn aber befreit und daß der Mensch auch dann, wenn dessen Verbleib im Diesseits lange dauert, einem blendenden Blitz ähnelt, der in den Weiten des Himmels glänzt, dann wieder verschwindet. Deshalb fällt ihm das Verlassen des Diesseits nicht schwer, es sei denn in dem Maße, in dem er versäumt, Gott dem Allmächtigen und Erhabenen zu dienen, sich ihm mehr und mehr zu nähern und sich zu sorgen um das, was er vor Gott sagen wird undb was ihm (von seiten Gottes) gesagt wird, wie einer, der gefragt wurde: Warum bist du beunruhigt? antwortete: Weil ich einen Weg beschreite, den ich vorher nicht kannte, und vor den Herrn trete, den ich vorher nicht gesehen hatte. Ich weiß nicht, was ich ihm sagen werde und was mir (von seiner Seite) gesagt werden wird. Ein solcher Mensch scheut niemals den Tod, sondern, wenn er unfähig ist, Gott mehr zu dienen, sehnt er sich möglicherweise nach ihm. Einer sprach in seinem Gebet folgendes: „Mein Gott, wenn ich dich darum bitte, mich im Diesseits (wörtlich: im Hause der Toten) am Leben zu erhalten, so bedeutet dies, daß ich mich von dir entfernen und deiner Nähe entsagen möchte. Denn dein Gesandter und Auserwählter (Muhammad) – Friede sei mit ihm – sagt: ‚Wer die Begegnung mit Gott begehrt, dem˙ möchte auch Gott begegnen. /Wer aber die Begegnung mit Gott verabscheut, dessen Begegnung verabscheut auch Gott.‘“ 314 /c Der zweite ist ein Mensch, der unter dem Mangel seiner Scharfsichtigkeit leidet, dessen Inneres befleckt ist, der sich intensiv mit dem Diesseits beschäftigt, sich völlig an es bindet, dabei Zufriedenheit und Ruhe empfindet und keine Hoffnung hat, im Jenseits erlöst zu werden, „so wie die Ungläubigen es aufgegeben haben, sich wegen derer, die in den Gräbern sind, (irgendwelche) Hoffnung (auf eine Wiederbelebung) zu machen.“ 315 Wenn ein solcher Mensch ins Jenseits eintritt, wird ihm Schaden zugefügt, so wie der Rosenduft den Mistkäfern Schaden zufügt. Wenn er sich von den Unreinheiten des Diesseits befreit, wird er nicht mehr in die höhere Welt und ins Licht der höheren Scharen (der Engel) hineinpassen. Somit trifft ihn die Aussage des erhabenen Gottes: „Und wenn einer hier (im Diesseits) blind ist, ist er im Jenseits erst a b c

„von Gott rechtgeleiteter“ lediglich bei S u. E. Bei S u. E. Bei den übrigen: „oder“. /…/ fehlt nur bei S.

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recht blind und vollständig vom Weg abgeirrt.“ 316 Denn das Diesseits ist ein Kerker für den Menschen der ersten Kategorie und ein Paradies für den der zweiten. Der erste ist wie ein Sklave, der von seinem Herrn gerufen wird, ihm daraufhin gutwillig antwortet und ihm mit Freude entgegentritt, sich seinem Dienst zu widmen. Der zweite ähnelt einem entlaufenen Sklaven, der gefangen zu seinem Herrn zurückgebracht und ihm in Ketten vorgeführt wird. Er steht mit gesenktem Kopf vor seinem Herrn und schämt sicha für sein Verbrechen. Was für ein Unterschied zwischen den beiden Kategorien! Die dritte Kategorie von Menschen bildet eine Stufe zwischen den beiden ersten. Das ist ein Mensch, der die Unglücksfälle dieser Welt erkennt, seine Verbundenheit zu ihr verabscheut, sich jedoch mit ihr vertraut macht und sich an sie gewöhnt. Dabei ähnelt er einem, der sich an ein dunkles, schmutziges Haus gewöhnt und nie ein anderes gesehen hat. Deswegen mißfällt es ihm, das Haus zu verlassen, auch wenn er verabscheut, es überhaupt betreten zu haben. Wenn er es verläßt und sieht, was Gott für die Frommen vorgesehen hat, bedauert er nicht, das Haus verlassen zu haben, sondern sagt: „Lob sei Gott, der bewirkt hat, daß D 398 wir nicht mehr traurig zu sein brauchen! Unser Herr ist bereit zu vergeben und weiß zu danken, der uns durch seine Huld in die Behausung des (ewigen) Aufenthaltes versetzt hat, in der wir weder Mühsal noch Ermüdung auszustehen haben.“ 317 Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Mensch es verabscheut, sich von einer Sache zu trennen. Wenn er sich dann von ihr trennt, bedauert er das aber nicht. Denn der Säugling weint zur Zeit der Geburt wegen des Schmerzes, den er durch den Übergang in eine andere Welt empfindet. Wenn er unterscheidungsfähig wird, wünscht er nicht mehr, dahin zurückzukehren. Der Tod ist eine zweite Geburt, durch welche man eine Vervollkommnung erlangt, die es vorher nicht gab, unter der Voraussetzung, daß es vor dieser Vollkommenheit keine Leiden und Vorfälle gibt, die die Aufnahme dieser Vollkommenheit (durch den Menschen) verhindert. Wie die Geburt eine Bedingung für die Erlangung einer glücklichen Vollkommenheit ist, die unfreiwillig geschiehtb , vorausgesetzt, daß keine Gründe, Krankheiten und Vorfälle im Mutterleib vorhanden sind, die die Aufnahme der Voll- A 165 kommenheit verhindern, /so daß die Kräfte zerfallen, Schwäche und Krankheiten herrschen und die Voraussetzung für die Vollkommenheit zunichte gemacht werden/c , so verhält es sich mit dem Tod. Weil der Tod ein Grund für die Vollkommenheit ist, sagen manche: „Unser Gebet für 2Izra¯3ı¯l (Todesengel) und unser Dank für ihn sollen genauso wie unser Gebet für Gabriel und Michael und Seraphimd sein. /Deswegen wird im Gebet folgendes überliefert: „Gott segne Muhammad, Gabriel, Michael und den Todes˙ a

Nach S: „fürchtet sich“. Bei den drei Handschriften S, E u. Ae. Bei den übrigen: „…, die während der Schwangerschaft nicht vorhanden war, …“ c /…/ lediglich bei S u. E. d „und Seraphim“ bei allen außer S u. E. b

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Die Verbannung der Angst vor dem Tod

engel.“/a Denn Gabriel und Michael vermitteln uns Kenntnisse über das, was unB 170 sere Befreiung vom Diesseits und unsere Rettung im Jenseits durch (den GottesGesandten) Muhammad – Friede sei mit ihm – ermöglicht. Der Todesengel ist der ˙ Aufbruch in jene Welt. Deswegen genießt er große Achtung Grund für unseren und man muß ihm danken.“ Es wird erzählt, daß eine Gruppe von Weisen aus alten Völkern einen Menschen D 399 lobpreisten und ihn huldigten, weil sie glaubten, daß er ihnen bei dem vorübergehenden Leben (Diesseits) keine Hilfe leistete, sondern daß er der Grund des Verderbens war, das die Befreiung aus diesem niedrigen Diesseits ermöglichte.

a

/…/ lediglich bei S.

XXXI.

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Über das Kennzeichen der ersten Etappe derjenigen, die sich auf den Weg des erhabenen Gottes begeben Wisse, daß diejenigen, die den Weg des erhabenen Gottes beschreiten, wenige sind, diejenigen aber, die das behaupten, zahlreich. Wir machen dich mit zwei Kennzeichen bekannt, die du im Auge behalten sollst und auf die du selbst, wie auch andere, achten sollst. Das erste Kennzeichen: Die freiwilligen Handlungen sollen nach dem Maßstab der gesetzlichen Offenbarung (des Islam) beurteilt werden und von seinen Bestimmungen abhängig sein, sei es beim Agieren oder Reagieren, bei der Durchführung einer Handlung oder ihrer Unterlassung. Denn man kann diesen Weg nicht beschreiten, ohne sich vorher mit allen edlen Eigenschaften des offenbarten Gesetzes bekleidet zu haben. Man kann dies nur erreichen, wenn man vorher die ethische Gesinnung geformt hat, wie wir dies oben beschrieben haben. Dies ist nur dann möglich, /wenn man auf eine Summe von erlaubten (Dingen) verzichtet. Wie kann derjenige, der die verbotenen Dinge nicht unterläßt, dies erlangen?/a Er kann dies nur erlangen, wenn er eine Summe von freiwilligen Gottesdiensten regelmäßig ausübt. Wie kann dann derjenige dies erreichen, der die Pflichthandlungen vernachlässigt? In der allgemeinen Auferlegung der Pflichtenb beschränkt sich das offenbarte Gesetz auf Pflichtübungen und Verbote, die für gewöhnliche Menschen in der Weise gelten, daß deren Befolgung nicht zur Vernachlässigung des Lebens (wörtl. Zerstörung der Welt) führt. Derjenige, der den Weg Gottes beschreitet, nimmt Abstand vom Diesseits in der Weise, daß die Welt zugrunde gerichtet würde, wenn alle Menschen handeln würden wie er. Denn wie könnte dies durch bloße Verrichtung von Pflichten und Aufgaben und ohne freiwillige Gottesdienste erlangt werden? Darum sagt der Erhabene (Gott): „Mein Sklave hört nicht auf, sich mir durch freiwillige Handlungen zu nähern, /bis ich ihn liebe. Wenn ich ihn liebe/c , dann werde ich für ihn ein Gehör und ein Sehvermögen, durch mich hört er und durch mich sieht er.“ 318 Im allgemeinen führt nur starke Faulheit oder eine herrschende Leidenschaft zur Vernachlässigung der (religiösen) Pflichten und zur Übertretung der Verbote. Wie kann einer den Weg Gottes beschreiten, der zu den Gefangenen der Faulheit und der Leidenschaft zählt? Wenn du sagst: Derjenige, der sich auf den Weg Gottes begibt, läßt sich auf den Kampf gegen Faulheit und Leidenschaft ein, wer sie aber beide überwunden hat, der ist schon angelangt und nicht mehr unterwegs. Dann wird darauf geantwortet: a b c

/…/ fehlt lediglich bei S. „der Welt“ bei allen außer S u. E. /…/ fehlt lediglich bei S u. E.

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Das ist reine Täuschung und Unwissenheit in bezug auf beide, nämlich den Weg und das Ziel. Vielmehr wenn ein Mensch alle seine schlechten Eigenschaften beseitigen würde, so wäre sein Verhältnis zum Ziel wie das Verhältnis desjenigen, der sich entschlossen hat zu pilgern, während er Gläubiger hat, die sich an seine Kleider klammern. Er begleicht dann seine Schulden und bricht seine Beziehungen zu ihnen ab. Denn die körperlichen Eigenschaften, die den Menschen beherrschen, ähneln Gläubigern, die ihn bei der Kehle packen, und reißenden Raubtieren, die nach ihrer Nahrung suchen. Wenn er sie tilgt und zurückwirft, so bricht er mit (allen) Bindungen. Danach bereitet er sich vor, die Beschreitung des Weges zu beginnen. Ferner ähnelt er dabei einer Frau, die während der gesetzlichen Wartezeit hofft, daß der Kalif sie heiraten wird. Wenn sie aber ihre Wartezeit abgeschlossen hat, die ein Hindernis der Ehe ist, so glaubt sie, daß die Dinge so vollendet sind. Welch ein Irrtum! Von ihrer Seite gab es nur die Bereitschaft für die Aufnahme der Ehe durch die Beseitigung des Hindernisses, jedoch bleibt übrig, daß der Kalif sich ihr zuwendet und ihr seine Gunst erweist, indem er ihr seinen Heiratswunsch vorträgt. Dies ist eine göttliche Gabe. Denn nicht jeder, der sich reinigt, erreicht das Freitagsgebet, und nicht jede, die ihre Wartezeit verbracht hat, kann alle ihre Wünsche verwirklichen. Wenn du fragst: Läuft die Stellung desjenigen, der den Weg Gottes beschreitet, darauf hinaus, daß er weniger Pflichten der Gottesdienste verrichtet und daß ihm D 401 Übertretungen einiger Verbote nicht schaden, wie es von einigen Scheichs (Meister der Mystiker) überliefert wird, die eine solche Laschheit in diesen Dingen B 174 duldeten? So wisse, daß dies die Torheit selbst ist und daß die zuverlässigen Wissenschaftler dazu sagen: „Wenn du einen Menschen sehen würdest, der über das Wasser läuft, während er ein religiöses Gebot mißachtet, so wisse, daß er ein Satan ist. Das ist die Wahrheit. Denn das offenbarte Gesetz des Islam ist wahrhaft und tolerant. Wie es auch immer sein mag, daß sich ein Bedürfnis oder eine Notwendigkeit ergibt, so erteilt das offenbarte Gesetz eine Erlaubnis (als Erleichterung). Wer aber diese Erlaubnis überschreitet, handelt nicht aus Not, sondern aus Leidenschaft und Begierde. Solange der Mensch in dieser Welt lebt, kann er sich nicht davor hüten, daß er von der Leidenschaft beherrscht wird und daß diese nach ihrer Niederlage erneut als Siegerin auftritt. Darum soll er sich vor ihr in acht nehmen. Man kann sich nicht vorstellen, daß es einen Anlaß gibt, gegen das offenbarte Gesetz zu verstoßen, A 168 außer das Streben nach Komfort, nach Ruhe oder irgendeine Art Begierde oder Faulheit. Dies alles weist auf eine Beschmutzung mit schlechten Charaktereigenschaften hin, die dazu führen. Wer sich aber reinigt und sich mit den wahrhaftigen Wissenschaften ernährt, wird stark in der regelmäßigen Durchführung des Gottesdienstes. Außerdem wird das Gebet die Freude seines Herzens sein und das nächtliche Gebet das angenehmste aller Dinge, um mit seinem Herrn ins Gespräch zu treten. Dieses Kennzeichen ist am Anfang der Etappen erforderlich, und es bleibt bis zu ihrem Ende, auch wenn die Etappen, die zu Gott führen, kein Ende haben. Nur der Tod bricht diesen Weg ab, und somit bleibt jeder Mensch danach bei der Etap-

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pe, die er während seiner Lebzeiten erlangt hatte. Denn der Mensch stirbt, wie er gelebt hat. Das zweite Kennzeichen ist, daß er unter allen Umständen mit dem Herzen bei Gott gegenwärtig sein soll, das heißt eine Gegenwart ohne jeglichen Zwang, eine solche, die er intensiv genießen kann. Diese Gegenwart soll Unterwerfung, Flehen und Gehorsamkeit sein wegen dem, was sich ihm von der Erhabenheit Gottes und seiner Herrlichkeit enthüllt. Er darf dies niemals in seinen Entwicklungsphasen und seelischen Erlebnissen unterlassen, auch dann nicht, wenn er sich mit den körperlichen Bedürfnissen, wie etwa Nahrungsaufnahme, Notdurft, Kleiderwaschen und so weiter, beschäftigt. Sein Beispiel in allen diesen Umständen ist das eines Verliebten, der nachts schlaflos wacht, indem er eine gewisse Zeit lang auf seine Geliebte wartet und viele Anstrengungen auf sich nimmt. Dann tritt seine Geliebte an ihn heran, und er freut sich darüber. Alsdann überwältigt ihn ein Bedürfnis, so daß er sich von ihr trennen muß und seine Notdurft verrichtet. Er verläßt sie notwendigerweise mit dem Körper, jedoch ist er mit dem Herzen in der Weise gegenwärtig, daß er nicht hören würde, wenn er angesprochen würde, weil er intensiv an seine Verliebte denkt. Dieser Umstand wird ihn nichta von der Freude seines Herzens abbringen; denn er ist dazu gezwungen. So soll derjenige, der den Weg zu Gott beschreitet, in all seinen diesseitigen Beschäftigungen sein. Darüber hinaus soll er sich nur mit den Bedürfnissen seines Körpers beschäftigen, während er das Herz an Gott, den Allmächtigen und Erhabenen, mit höchster Verehrung und Demut richtet. Wenn die sexuelle Begierde bei einem Menschen entflammt und bei demjenigen, der von ihr beherrscht wird und dem die Schönheit einer menschlichen Gestalt gefällt, die aus einem unreinenb Samentropfen geschaffen worden ist und bald ein stinkender Leichnahm sein wird und zwischendurch eine Befleckung ist, wie könnte es dann schwer sein, die unendliche Pracht und Schönheit Gottes zu erfahren? Kurz gesagt, dieser Weg wird nur durch große Vorsicht, entschlossenen Willen und intensive Suche beschritten. Der Beweggrund für die Vorsicht und die Suche ist die Wahrnehmung der Schönheit Gottes, nach der man strebt und welche Sehnsucht und Liebe fordert. Das Prinzip der Wahrnehmung der Schönheit, zu der man gelangen will, ist, daß man sie anblickt und seinen Blick fest auf sie richtet, indem man sich von allen übrigen sichtbaren Dingen abwendet. In dem Maße, wie dir etwas von der Herrlichkeit des allmächtigen Gottes erscheint, auf die dein Eifer und deine Neigung sich richten, werden deine Sehnsucht und dein Bestreben geweckt. Die Verliebtheit kann sich durch lange Freundschaft vertiefen, wenn während dieser Zeit gute Charaktereigenschaften in Erscheinung treten, die vorher verborgen waren. Somit vervielfacht sich die Liebe. So verhält es sich anfänglich mit dem, was aus der Pracht der göttlichen Präsenz und deren Herrlichkeit erscheint. Sie a „nicht“ fehlt bei allen drei Handschriften, jedoch der Zusammenhang ist ein Beleg für die Verneinung. b Bei S u. E. Bei den übrigen: „aus einem schmutzigen und …“

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kann schwach in Erscheinung treten wegen der Schwäche des Anhängers, der noch Anfänger ist, jedoch gehen von ihm Streben und Sehnsucht aus, und so hört er nicht auf, über diese Schönheit nachzudenken. Er erblickt dann Vorzüge, so daß seine Verliebtheit sich jeden Augenblick vervielfacht. Wie der Verliebte die Nähe seiner Geliebten sucht, so strebt der Anhänger nach der Nähe des erhabenen Gottes, nicht aber nach der räumlichen Nähe oder nach der Nähe durch Berührung der Körperflächen oder nach der vollkommenen Schönheit eines Bildes dadurch, daß das Bild (der göttlichen Herrlichkeit) sichtbar und im Sehvermögen (des Anhängers) gegenwärtig ist. Mit der Nähe ist also die Nähe der Vollkommenheit, nicht aber die räumliche gemeint. Man kann sich von diesen Gedanken nur eine entfernte Vorstellung machen. Der Vergleich aber mit der Liebe des Schülers für seinen Lehrer und sein Streben danach, sich seiner Vollkommenheit zu nähern, ist die vortrefflichste Vorstellung. A 170 Denn er nähert sich ihm durch sein Fortschreiten im Lernen. Er entwickelt sich langsam, wobei das Ziel die Erlangung seines Ranges ist. Dies kann manchmal möglich, manchmal schwierig sein. Aber der Aufstieg von der Stufe aus, die von derjenigen seines Lehrers entfernt ist, ist möglich, so daß er sich ihm verhältnismäßig nähert; hier aber ist die Erlangung unmöglich. Aber der Aufstiega von der niedrigsten Stufe in Richtung der Höhe ist möglich. Es kann sein, daß dem Schüler eine bestimmte Rangordnung vorschwebt, nicht aber daß er der Bindung an die D 404 Rangstufe seines Lehrers nachstrebt, jedoch sehnt er sich nach dem schrittweisen B 176 und nicht nach einem plötzlichen Aufstieg zu der höchsten Stufe. Wenn er diese Rangstufe erreicht hat, dann begehrt sein Herz eine höhere. So verhält es sich mit einem, der kein Gelehrter ist. Er soll die Gelehrten nachahmen, welche die Erben der Propheten sind, die Gelehrten ihrerseits sollen die Gottesvertrauten, die Propheten und die Engel nachahmen, bis ihre menschlichen Eigenschaften völlig ausgelöscht werden, und so werden sie zu Engeln in menschlicher Gestalt verwandelt. Die Engel ihrerseits haben Rangstufen. Die höchste ist Gegenstand des Begehrens und das Ziel des niederen Engels. Zwischen den auserwählten Engeln und dem Ersten und Wahren (Gott) gibt es keine Zwischenstufe. Sie besitzen die reine Schönheit und die vollkommene Pracht im Verhältnis zu den vollkommenen und prachtvollen Wesen, die unter ihnen stehen. Jede Vollkommenheit und Schönheit ist dann im Verhältnis zu der Schönheit der göttlichen Präsenz geringzuschätzen. So soll man daran glauben, daß die Nähe zu dem allmächtigen und erhabenen Gott in diesem Sinne verstanden wird. Weder darfst du ihn dir in einem Hause im Paradies vorstellen, dessen Tür du dich näherst, so daß deine Nähe zu ihm räumlich verstanden wird. Gott der Herr der Herren ist darüber erhaben. Noch wird dadurch deine Annäherung zu Gott erzielt, daß du ihm durch deinen Dienst ein Geschenk präsentierst, worüber er sich freut und bewegt ist, so daß er dir wohlgefällig ist, ähnlich wie man sich den Königen durch das Streben nach ihrer Zufriedenheit und die Erfüllung ihrer Wünsche annähert. Dies könnte man eine Annäherung nennen. Gott möge geheiligt sein und erhaben über die Charakterzüge, die die Könige haben in Form von Ungnade, a

Bei S u. E. Bei den übrigen: „die Reise“.

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Zufriedenheit und Freude bei den Diensten, Munterkeit bei dem Gehorsam und Fügsamkeit und Wonne bei der Gefolgschaft. Der Glaube an all dies ist eine Un- A 171 wissenheit. Wenn du aber sagst: Die Mehrheit der Ungebildeten glaubt daran. So antworte ich: Wie weit ist derjenige von der Erlangung des Zieles entfernt, welcher den Ambra im Laden des Gerbers aufsucht. Wie kannst du nach einer Rangordnung D 405 trachten, während du das Wahre durch den Menschen erkennst, nicht aber den Menschen durch das Wahrea , ja sogar durch den Esel, insofern es keinen Unterschied zwischen den Ungebildeten, die die Wissenschaften nicht praktizieren, und „den aufgeschreckten Eseln“ gibt, „die vor einem Löwen flüchten“ 319 . Siehst du nicht, daß sich diese Menschen Gott auf einem Thron unter einem grünen Schirm sitzend vorstellen und daß sie eine Fülle von anthropomorphistischen Vorstellungen haben? Denn die Mehrheit der Menschen sind Anthropomorphisten, und der Anthropomorphismus hat (verschiedene) Stufen. Es gibt (zum Beispiel) unter ihnen diejenigen, die in bezug auf die Gestalt (Gottes) anthropomorphistische Vorstellungen vertreten, und so bejahen sie, daß Gott Hand und Auge besitzt, Abstieg und Ortswechsel vollzieht. Andere bejahen Groll, Zufriedenheit und Freude, wobei Gott über all dies erhaben ist. Diese Ausdrücke werden in dem islamischen offenbarten Gesetz (asˇ-sˇar2) in B 177 einer bestimmten (allegorischen) Weise und in einem bestimmten Sinne verwendet. Sie werden von manchen verstanden, von anderen abgelehnt. Es versteht sie, wer sie verstehen kann, und es verkennt sie, wer sie nicht zu begreifen vermag. Wenn alle Menschen im Verstehen gleich wären, wäre die Aussage des Propheten – Friede sei mit ihm – ungültig: „Vielleicht gibt es einen, der jemandem Wissen beibringt, der nichts weiß, und möglicherweise gibt es einen Wissenden, der jemandem Wissen beibringt, der über mehr Wissen als er selbst verfügt.“b 320 Wir überspringen diese Rede, weil sie Äußerungen von Verrückten beinhaltet, (zu nichts führt) und den Satan entfesselt. Wir sollen Gott, dem Erhabenen, für seine verliehenen Gaben und erwiesenen Wohltaten dankbar seinc .

a

„nicht aber …“ lediglich bei S, E u. Ae. Bei S u. E. Bei den übrigen: „Vielleicht gibt es einen, der jemandem Wissen beibringt, der über mehr Wissen als er selbst verfügt, und möglicherweise gibt es einen Wissenden, der (in der Tat) überhaupt nichts weiß.“ c „Wir sollen Gott, …“ ein Zusatz, der nur bei E steht. b

XXXII.

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Über den Sinn der Lehrmeinung und den Streit der Menschen darüber Vielleicht könntest du einwenden: Deine Rede in diesem Buch teile sich in eine, die mit der Lehrmeinung der Su¯fı¯a , und eine (andere), die mit derjenigen der Za¯hirı¯tenb 321, der Asˇ2arı¯ten 322 ˙und einiger (islamischer) Scholastiker überein˙ stimmt. Die Rede ist nur dann verständlich, wenn sie sich auf eine einzige Lehrmeinung stützt. Was ist das Wahre innerhalb dieser Lehrmeinungen?“ Wenn alle wahr sind, wie läßt sich dies denken? Wenn ein Teil davon wahr ist, D 406 was ist dieses Wahre? Man wird dir antworten: Wenn du die Wahrheit der Lehrmeinung kennst, wirst du wissen, daß die Frage nach der Lehrmeinung dir kaum nützlich istc . Denn die Menschen teilen sich in bezug auf die Lehrmeinung in zwei Gruppnen: Eine Gruppe sagt: Die Lehrmeinung ist ein Oberbegriff für drei Bedeutungen: a) Etwas, wofür man im Wettstreit und in Streitgesprächen Partei ergreift; b) das, was man durch Unterricht und Ermahnung befolgt; c) das, was man an Lehrsätzen, die einem einleuchten, in seinem Inneren glaubt. Für jeden Menschen gibt es in dieser Hinsicht drei Lehrmeinungen: a) Was die Lehrmeinung in der ersten Bedeutung anbetrifft, so ist sie die Tradition der Väter und der Ahnen, die Lehrmeinung des Lehrers und der Bewohner des Landes, von denen man abstammt. Dies ist je nach Ländern, Regionen und Lehrern unterschiedlich. Wer also in dem Lande der Mu2tazilı¯ten 323 , der Asˇ2arı¯ten, ˇSafi2ı¯tend 324 oder der Hanafı¯ten 325 geboren ist, wird von Kindheit an für diese Lehre Partei ergreifen, sie˙ verteidigen und alles übrige tadeln. Deshalb wird gesagt, er ist hinsichtlich der Lehrmeinung ein Asˇ2arı¯t, Mu2tazilı¯t, ˇSafi2ı¯te oder Hanafı¯t. Das bedeutet, daß er Partei ergreift, indem er die Schar der Anhänger ˙durch seine Gefolgschaft unterstützt. Dies ähnelt der gegenseitigen Unterstützung der Mitglieder eines Stammes füreinander. Der Grund für diese Parteinahme besteht darin, daß eine Gruppe eifrig nach der Führung strebt, indem sie den Pöbel in ihre Gefolgschaft zu gewinnen trachtet. Die Motive des Pöbels werden nur durch eine Gemeinsamkeit entfaltet, die zu der (demonstrativen) Unterstützung dieser Partei führt. Die Auslegung der Religionen ist eine gemeinsame Grundlage für diese Lehrmeinungen, und so teilen a

„der Su¯fı¯“ fehlt lediglich bei B. ˙ a¯hirı¯ten“ lediglich bei S u. E. „der Z c Nach ˙S u. E. Nach den übrigen: „Es nützt dir überhaupt nichts, daß du die Wahrheit einer Lehrmeinung kennst, wenn du sie erfährst.“ d Nach S: „der ˇSu2u¯bı¯ya“. e Bei S: „(Anhänger der) ˇSu2u¯bı¯ya“. b

Sinn der Lehrmeinung und der Streit der Menschen

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sich die Menschen in Gruppen (Religionsgemeinschaften). Die Motive für Neid und Wetteifer nehmen zu, so daß ihre Parteinahme heftiger und ihre gegenseitige Unterstützung stärker wird. Nachdem die Lehrmeinung in manchen Ländern eine einheitliche geworden ist und diejenigen, die nach der Führung streben, unfähig wurden, eine Anhängerschaft zu erzielen, schufen sie Probleme und gaben an, daß man darüber eine entgegengesetzte Meinung haben sollte und daß man für sie (diese Lehrmeinung) Partei ergreifen müßte wie etwa in bezug auf die Fahne, eine schwarze oder eine rote. Einige sagten, das Wahre sei das Schwarze, andere das Rote. Das Ziel der Führer hinsichtlich der Gewinnung des Pöbels bezog sich auf dieses Maß von Ablehnung. Der Pöbel aber glaubte, daß dies wichtig sei, wobei die Führer erkannten, was sie damit erreichen wollten. b) Die Lehrmeinung in der zweiten Bedeutung läßt sich auf Anweisungen im Unterricht und bei Ermahnungen auf denjenigen anwenden, der sich orientieren und Nutzen daraus ziehen will. Dies geschieht nicht in einer einheitlichen Weise, sondern unterscheidet sich, je nach der Fähigkeit des Ratsuchenden. So könnte der Vertreter einer Lehrmeinung mit dem Ratsuchenden diskutieren wie sein Verstand dies zuläßt. Wenn der Vertreter der Lehrmeinung einen türkischen, indischen oder einen einfältigen und rauhen Ratsuchenden trifft, und er weiß, wenn er diesem erklären würde, daß das Wesen des erhabenen Gottes weder im Raum noch in der Welt noch außerhalb von ihr, weder in Verbindung mit ihr noch getrennt von ihr existiert, der Ratsuchende die Existenz des erhabenen Gottes verleugnen und sie für unwahr erklären würde, so sollte der Vertreter der Lehrmeinung ihm darlegen, daß der erhabene Gott auf dem Thron sitzt und daß er durch den Dienst seiner Geschöpfe wohlgefällig wird und sich darüber freut, so daß er sie dafür belohnt und das Paradies als Ersatz und Lohnstätte dafür eintreten läßt. Wenn der Verstand des Ratsuchenden fähig ist, die bloße Wahrheit zu verstehen, die ihm der Vertreter der Lehrmeinung darlegt, so sollte er sie ihm enthüllen. Die Lehrmeinung ist in diesem Sinne veränderlich und unterschiedlich, je nachdem, was das Auffassungsvermögen des einzelnen verträgt. c) Die Lehrmeinung in der dritten Bedeutung ist das, was der Mensch glaubt und als Geheimnis zwischen sich und dem allmächtigen und erhabenen Gott bewahrt in der Weise, daß kein anderer als der erhabene Gott davon Kenntnis hat und daß er die Lehrmeinung nur vor einem Gleichgesinnten erwähnt, der genauso wie er davon Kenntnis hat oder eine Stufe erlangt, die ihm ermöglicht, diese Lehrmeinung zu erfahren und zu verstehen. Dies geschieht, wenn der Ratsuchende klug ist und in seinem Bewußtsein kein überlieferter Glaube sich verfestigt hat, mit dem er aufgewachsen ist und für den er Partei ergriffen hat und wenn sein Herz nicht davon geprägt ist, so daß er es nicht tilgen kann, wie bei einem Papier, in das das Geschriebene so tief eingedrungen ist, daß es nur zu tilgen ist, indem man es verbrennt oder zerreißt. Das ist ein Mensch, dessen Gemüt verdorben ist und bei dem man es für hoffnungslos hält, ihn zu verbessern. Denn alles, was man ihm erklärt und was im Gegensatz zu dem steht, was er früher gehört hat, überzeugt ihn nicht. Vielmehr

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Sinn der Lehrmeinung und der Streit der Menschen

beharrt er darauf, sich nicht überzeugen zu lassen, und versucht, solche Erklärung zurückzuweisen. Wenn er genau zuhörte und dabei fest entschlossen wäre zu verstehen, so hätte era an seinem eigenen Verständnis gezweifelt. Wie hätte er dies tun können, wenn sein Ziel ist, das zurückzuweisen und es nicht zu verstehen? Die Methode bei einem solchen Menschen ist, daß man ihn ignoriert und ihn bei seiner Meinung beläßt, denn er ist nicht der erste Blinde, der durch seinen Irrtum zugrunde geht. Das ist der Weg, den einige Menschen beschreiten. Die zweite Gruppe, welche die Mehrheit ist, sagt, daß es eine einzige Lehrmeinung gibt. Das ist das, woran man glaubt und wodurch man sich im Unterricht und in Anweisungen gegenüber jedem Menschen äußert, welche Haltung er immer haben mag. Das ist die Lehrmeinung, für die man Partei ergreift und die entweder die Lehre der Asˇ2arı¯ten, der Mu2tazilı¯ten, der Karramı¯ten 326 ist oder irgendeine andere Lehrmeinung. Die erste Gruppe stimmt mit dieser zweiten in der Grundbedeutung überein. Jedoch, wenn sie (die zweite) gefragt würde, ob die Lehrmeinung in einer einzigen oder in dreierlei Hinsicht zu verstehen sei, hätte sie geantwortet, daß sie nicht in drei Aspekten, sondern nur in einem Sinne verstanden werden darf. Durch diese Antwort wird deine Mühe bei der Frage nach der Lehrmeinung hinfällig, wenn du darüber nachdenkst. Denn die Menschen sind sich darüber einig, daß sie eine einzige ist, wenn sie darüber reden. Ferner stimmen sie miteinander darin überein, daß sie Partei für die Lehrmeinung ihrer Väter, Lehrer oder ihrer Landsleute ergreifen. Wenn jemand seine Lehrmeinung darlegt, was für einen Nutzen wirst du daraus ziehen, wenn eine andere Lehrmeinung ihr Gegenteil ist, während keiner über ein Wunder (als Beleg) verfügt, durch welches seine Meinung überwiegen würde? Vermeide es also, auf die Lehrmeinungen zu achten, und suche das Wahre durch die Reflexion, damit du selbst Vertreter einer eigenen Lehrmeinung wirst. Sei nicht wie ein Blinder, der einen Führer nachahmt, der dir einen Weg weist (ohne Widerspruch), während tausende wie dein Führer dir entgegenschreien, daß er dich verdirbt und vom richtigen Weg abbringt. Am Ende wirst du das Unrecht deines Führers erfahren. Deswegen liegt das Heil nur in der Unabhängigkeit (von den Lehrmeinungen): „Erfasse, was Du siehst, vertraue nicht dem Ohr. Wo sich das Sonnenlicht ergießt, da stirbt der Sterne Chor.“ 327 Wenn diese Worte keine andere Auswirkung hätten, als dich dazu zu veranlassen, an deinem überlieferten Glauben zu zweifeln, damit du selbst (über die Wahrheit) nachdenkst, so wäre dies für dich sehr nützlich; denn der Zweifel führt zur Wahrheit. Wer also nicht zweifelt, denkt nicht nach, und wer nicht nachdenkt, sieht nicht, und wer nicht sieht, bleibt in Blindheit und Irrtum. Wir nehmen vor all diesem unsere Zuflucht zu Gott. Friede und Segen seien mit unserem Herrn Muhammad, ˙ seiner Familie und seinen Gefährten. a

Nur bei E: „nicht“.

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers 1

Der Text fängt in den Handschriften und in den Ausgaben mit dem Satz an: „Der Scheich, der Ima¯m, der Tüchtige, die Autorität und die Zierde des Islam, Abu¯-Ha¯mid Muhammad ibn-Muham˙ – sagt“.˙ Ein Zusatz von˙ den mad al-Ghaza¯lı¯ aus Tu¯s – möge Gott Wohlgefallen an ihm haben ˙ Kopisten. 2 Gh meint an dieser Stelle, daß die Menschen, die im Streben nach der (wahrhaftigen) Glückseligkeit nachläßig sind, vernunftwidrig handeln. „humq“ und „hama¯qa“ bedeuten: gegen die Ver˙ ˙ nunft handeln, s. lisa¯n, Bd. 10, S. 67. 3 „tarı¯q“ hat im Arabischen mehrere Bedeutungen: „Weg“, „Pfad“, „Methode“, „Mittel“. Gh ˙ verwendet hier den Plural, da das Wissen durch verschiedene Wege und Mittel erlangt werden kann, s. „Der Erretter …“, PhB, Bd. 389, Anm. 138, S. 143. 4 „blinde Nachahmung“, arab. „taqlı¯d“, s. „Der Erretter …“, Anm. 7, S. 74. 5 „Das Kriterium des Wissens“, s. „Die Nische …“, PhB, Bd. 390, Anm. 25, S. 68. 6 „Würde“, arab. „2izz“ hat mehrere Bedeutungen im Deutschen wie: „Macht“, „Ansehen“, „Einfluß“, „Kraft“, „Ehre“, „hoher Rang“, „Berühmtheit“, s. H. Wehr, Arabisches Wörterbuch, S. 548. In diesem Zusammenhang scheint der Begriff „Würde“ passender zu sein. 7 Der Herausgeber der Ausgabe D S. Dunya ¯ versteht den Satz als interrogativ-negativen und hat ihn mit Fragezeichen versehen. Dadurch wird die Antwort betont, als ob sie selbstverständlich wäre. Ich habe ihm dabei gefolgt. 8 „Mühsal“, arab. „ta2ab“. Damit sind hier die verschiedenen Arten von Belastungen gemeint, denen man durch den Verzicht auf die materiellen Genüsse des Lebens ausgesetzt ist, nicht unbedingt große schwere Schicksalsschläge. Gh stellt die materiellen Genüsse den geistigen und jenseitigen in der Weise gegenüber, daß es für den Vernünftigen keine andere bessere Alternative übrig bleibt, als sich für die zweite Art zu entscheiden. 9 Dies wird zum Beispiel in der Beschreibung des Paradieses durch folgenden Wortlaut deutlich: „Das ist (denn) die große Huld (die Gott ihnen gewährt), (nämlich) die Gärten von Eden, in die sie eingehen werden, und in denen sie (dann) mit Armringen aus Gold und mit Perlen geschmückt sind und Seidenkleider tragen … etc.“ (Sure 35, Vers P 33, H 30). Mit Recht stellt I. Kant fest, daß im Islam ein geistiger Sinn der sinnlichen Beschreibung des Paradieses unterliegt, s. I. Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, A 160. Dieser geistige Sinn hat verschiedene Inhalte, wie etwa Sicherheit und Friede (Sure 6, Vers P u. H 127; Sure 15, Vers P u. H 46), schöne Einkehr zu Gott (Sure 38, Vers P u. H 49 ), und Gottesnähe (Sure 56, Vers P u. H 11). Wie man am Beispiel dieser Verse sieht, sind Geistiges und Sinnliches in der Beschreibung des Paradieses wie auch in der der Hölle eng miteinander verbunden. Avicenna verleiht in diesem Zusammenhang dem geistigen Sinn einen höheren Wert, s. Avicenna, Das Buch der Genesung der Seele, übers. Von Max Horten, S. 638 ff. 10 Zu dieser Schule können vor allem einige islamische Philosophen gerechnet werden, wie zum Beispiel Avicenna in seinem Verständnis von dem geistigen Genuß (s. Anm. 9) und die Lauteren Brüder, zu ihren ausführlichen Ansichten, s. Der Erretter …, PhB, Bd. 389, Anm. 67 und 69, S. 95 ff. und 103 ff. 11 Gh meint allgemein, daß die seelischen Leiden wie etwa Mißerfolg und Niederlage normalerweise schlimmere Folgen haben können als die physischen. Das geistige Element ist von größer Bedeutung für den Menschen, sei es beim Erfolg, sei es beim Mißerfolg hinsichtlich der Erlangung des Glücks. 12 Gh will mit diesem Beispiel veranschaulichen, wie genau, ja pedantisch, die Menschen in Fra-

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

gen des Diesseits im Vergleich zu denen des Jenseits sind. Ferner geht es aus dem Beispiel hervor, welche Maßstäbe Gh bei der Übertragung einer Lehrmeinung anlegt. 13 2Alı¯, gemeint ist 2Ali 3bn-Abı¯-Ta¯lib, der Kalif, Neffe und Schwiegersohn des Propheten Muham˙ mad, herrschte von 656 bis 661 n.˙ Chr., s. „Der Erretter …“, Anm. 97, S. 122. 14 „Sie sind (stumpfsinnig) wie Vieh. Nein, sie irren noch eher (vom Weg) ab. Die geben (überhaupt) nicht acht …“ Teil eines Verses, dessen Wortlaut: „Wir haben ja viele von den Dschinn und Menschen für die Hölle geschaffen. Sie haben ein Herz, mit dem sie nicht verstehen, Augen, mit denen sie nicht sehen, und Ohren, mit denen sie nicht hören. Sie sind …“ Sure 7, Vers P 179, H 178. Solche Menschen sind schlimmer in ihrem Benehmen als die Tiere, insofern diese kein Unterscheidungsvermögen besitzen, sondern sie verhalten sich lediglich instinktiv. Sie fliehen vor den Gefahren durch den Instinkt, während sich die Menschen in Gefahren begeben, obwohl sie das Unterscheidungsvermögen, den Verstand besitzen. Die höchsten Gefahren bestehen darin, daß die Menschen das Nützliche für sie in Bezug auf das diesseitige und jenseitige Leben unterlassen, sich aber für das Schädliche meistens entscheiden, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 9, S. 133. ˙ ˙welcher lautet: „Wenn einer Macht haben 15 „Zu ihm steigt das gute Wort …“ ist Teil eines Verses, will (…). Alle Macht kommt (nur) Gott zu. Zu ihm …“ Sure 35, Vers P 10, H 11. Auf die enge Verbindung zwichen Reden und Handeln weisen die Korankommentatoren hin, obwohl sie unter den beiden Begriffen „gutes Wort“ und „rechtschaffene Tat“ mehrere Bedeutungen vertreten. Unter „gutes Wort“ versteht at-Tabarı¯ die ständige Erwähnung des heiligen Namen Gottes und ˙ ihm Dank erweisen und unter˙ „rechtschaffene Tat“ die Ausübung seiner Gebote, s. at-Tabarı¯, ˙ ˙ „das Korankommentar, Bd. 22, S. 120 f. Ethisch-dogmatisch interpretiert al-Alu¯sı¯ den Vers. Unter gute Wort“ versteht er den Glauben an Gott, während er meint, daß die Anstrengung des Menschen, Gott wohlgefällig zu sein, „die rechtschaffene Tat“ bedeutet. Wegen dieser Anstrengung ˇ iha¯d)“, s. al-Alu¯sı¯, befindet sich der Mensch nach seiner Meinung im „großen heiligen Kampf (g Korankommentar, Bd. 22, S. 175. Gh hebt in diesem Kapitel die enge Verbindung zwischen Reden und Handeln, Theorie und Praxis im ethischen Verhalten hervor. 16 „Diejenigen aber, die sich um unseretwillen abmühen, …“ Sure 29, Vers P u. H 69. Unter „sich abmühen“ versteht at-Tabarı¯ den heiligen Kampf gegen die heidnischen Quraisˇı¯ten, während bei ˙ ˙ Denken bei der Interpretation des Verses im Vordergrund steht. Das ibn-2Arabı¯ das mystsche Pronomen im Vers bezieht sich auf die Menschen, die sich auf dem Wege der Mystik befinden und die sich mit der Aneignung göttlicher Eigenschaften beschäftigen, s. ibn-2Arabı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 253. 17 Zur Bestimmung des Begriffes „g ˇ ida¯l“ u. „g ˇ adal“, s. „Der Erretter …“, PhB, Bd. 389, Anm. 23, S. 82. 18 „qu ¯ wa, pl. quwan“ kann im Deutschen mit „Kraft“, „Vermögen“ und „Fähigkeit“ wiedergegeben werden. Ich habe mich nicht auf eine dieser Bedeutungen beschränken wollen, sondern jeweils die dem Kontext angemessene Übersetzung gewählt, s. lisa¯n …, Bd. 15, S. 206 f.; H. Wehr, ˇ urg ˇ a¯nı¯, kita¯b at-ta2rı¯fa¯t (Buch der Begriffsbestimmungen), Arabisches Wörterbuch, S. 715 f.; al-G ˇ ˇ S. 19, 187 ff. Dort bei al-Gurga¯nı¯ heißt es: qu¯wa ist eine Eigenschaft, durch die der Mensch eine Handlung hervorbringen oder unterlassen kann, s. S. 19. Im Unteschied zu Platon und Aristoteles gebraucht Gh den Ausdruck „Kräfte“ anstatt von „Teilen“. Denn was Teile hat, läßt sich zusammensetzen und genauer bestimmen. Dies aber ist nicht möglich und steht außerdem im Widerspruch zu dem Koran (Sure 17, P 85, H 87). Deswegen vermeidet Gh den Ausdruck „Teil“ arab. „qism, pl. aqsa¯m, mffro@“, stimmt aber mit Aristoteles darin überein, daß das Ziel dieser Kräfte im allgemeinen die Tätigkeit der Vernunft näher zu bestimmen ist, s. D 210. Ferner stimmt er mit ihm darin überein, daß die Seele auf den Körper als ein Ganzes und als ihr Instrument einwirkt, s. Aristoteles, De anima 413 ff.; Gh, a. a. O. Sowohl Seele als auch Vernunft werden durch ihre Tätigkeiten bestimmt, wobei man annäherend erkennen kann, was die beiden sind. In diesem Zusammenhang meint G. Gadamer mit Hinweis auf Aristoteles EN A 1, 1095, daß es bei einer Definition nicht darauf ankommt, wie die wahre Wirklichkeit von der Tugend bestehen könne, sondern darauf woraus sie zustande komme, s. G. Gadamer, Griechische Philosophie, Bd. II (in der Gesamtausgabe, Bd. 6), S. 177. Noch deutlicher drückt sich G. Picht in diesem Zusammenhang aus. Er

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gebraucht dabei den Begriff „Region“, was hier auch bei Gh der Fall ist. Denn – so meint Picht-, erst wenn wir die innere Einheit aller Vermögen der Seele und damit zugleich aller Modifikationen des Seelischen sichtbar wird, können wir sagen, wir hätten eine Bestimmung (arab. ta2rı¯f, ¡rism@) entdeckt, der das Wesen der Seele „o'sffla t»@ vuc»@, ˇgauhar an-nafs“ umreißt, s. Georg Picht, Aristoteles, de Anima, S. 264 f. So ist hier die Intention von Gh wahrzunehmen. Durch die Gesamtdarstellung der Seelenkräfte wie hier und der Beschreibung der Tätigkeit der Vernunft (s. D 331 ff.), kann man etwa verstehen, was solche Begriffe besagen. Der Unterschied zwischen Aristoteles und Gh ist eindeutig. Während bei Gh diese Intention klar zu verstehen ist, bleibt es bei Aristoteles als eine Frage der Interpretation, wie Gadamar und Picht dies tun. 19 „Zaid“ ist ein arabischer Eigenname, der vor allem von arabischen Grammatikern häufig entsprechend dem Eigennamen „Hans“ im Deutschen verwendet wird. 20 „Selig ist, wer die Seele von ihrer Sündhaftigkeit reinigt …“ Sure 81, Vers P u. H 9 u. 10. at-Tabarı¯ versteht darunter: 1. Selig ist derjenige, dessen Seele Gott gereinigt hat, oder 2. Derje˙ ˙ der seine eigene Seele durch gute Taten geläutert hat. Das Subjekt im zweiten Fall bezieht nige, sich auf den Menschen als Urheber seiner eigenen Handlungen, die Irreführung aber ist von Gott, s. Korankommentar, Bd. 30, S. 211 ff. Ähnlich denkt ar-Ra¯sı¯, jedoch erwähnt er eine andere Meinung, daß der Urheber von guten und bösen Handlungen, sowie von der Irreführung der Mensch selbst ist, s. Korankommentar, Bd. 31, S. 194. Gh ist auch dieser Meinung, wie es aus dem Text hervorgeht. 21 „(Damals) als dein Herr zu den Engeln sagte …“ Sure 38, Vers P u. H 71 f. Gemeint ist es hier die Schöpfung des Menschen aus Lehm, dann durch die Allmacht Gottes in dieser Gestalt geformt ist. Dies enthält eine Ermahnung an die Gottesleugner. Deshalb weist Gh daraufhin, daß in der Schöpfung des Menschen durch Gott eine Ehrung für den Menschen liegt, jedoch besteht darin ein Geheimnis, das ist das Geheimnis der Seele, das unerschlossen bleibt. 22 „Man fragt dich nach dem Geist …“ Sure 17, Vers P 85, H 87. Die Fragesteller waren jüdische Gelehrte, die dem Propheten Muhammad einige Fragen, darunter die Frage nach dem Wesen des ˙ Geistes (od. der Seele) gestellt haben, um die Echtheit seiner Prophetie gemäß der biblischen Tradition zu prüfen. Der Prophet antwortete, daß eine Erfahrung über das Wesen der Seele für uns Menschen ausgeschlossen ist, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 15, S. 156. ar-Ra¯sı¯ führt diese Antwort ausführlicher, indem er die Fragen über das Wesen der Seele „o'sffla t»@ vuc»@, ˇgauhar an-nafs“ des Menschen darlegt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Meinung, daß die Vernunft nicht in der Lage ist, Fragen über die Wesenheit des Geistes, ob er räumlich oder unräumlich, ewig oder unewig, glückselig oder unglückselig etc. ist, zu beantworten. Ferner ist die Vernunft nicht in der Lage, wahrhaftige Aussagen darüber zu erteilen, ob der Geist eine Materie, eine Mischung aus verschiedenen Säften und Naturbeschaffenheiten, eine einfache Substanz oder eine Akzidenz sei. Laut des Korans ist es darüber wenig bekannt. Denn „ihr habt nur wenig Wissen erhalten.“, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 36 ff. 23 „Wer sich selbst am besten kennt, …“ ist eine Überlieferung, die weder in den großen Sammˇ auzı¯, lungen nach der Concordance von Wensinck noch in den Werken von ibn-Fourak, ibn-al-G ˇ auzı¯ya zu finden ist. Gh selbst ist die Quelle. oder ibn-Qayyim al-G 24 „Und seid nicht gleich Jenen, …“ Sure 59, Vers P u. H 19. Es sind die Frevler, die die Rechte Gottes, Gebote und Verbote mißachten, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 28, S. 52 f. Sie verges˙ ˙ Zusammenhang im Sinne von „mißachten“, das sen dabei sich selbst. „Vergessen“ wird in diesem heißt, daß sie nicht seine Gebote und Verbote beachten. Indem sie dies tun, mißachten sie sich selbst, s. auch al-Alu¯sı¯, Korankommentar, Bd. 28, S. 60. Die Achtung der Rechte Gottes ist zugleich eine Selbstachtung. Durch die Beschäftigung mit dem Diesseits und das Sich-Vertiefen in die materiellen Genüsse des Lebens verliert man diese Achtung und in Folge dessen die Selbstachtung, s. ferner ibn-2Arabı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 625 f. 25 „Wir werden sie, (draußen) in der weiten Welt und in ihnen selbst unsere Zeichen sehen lassen …“ Sure 41, Vers P u. H 53. Mit den „Zeichen“ sind die Schöpfungsphänomenen im Himmel, zum Beispiel die Planeten, und auf der Erde, zum Beispiel die Flüsse und die Gebirge, aber vor allem in uns selbst Menschen gemeint. Alle diese Zeichen veranlassen die Menschen zum Nach-

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denken über den Schöpfer und dann zum Glauben an ihn, an seine Gerechtigkeit und an die Prophetie Muhammads. Trotz dieser klaren Zeichen bleiben die Menschen jedoch im Zweifel ˙ große Einwände gegen die Auferstehung. ar-Ra¯sı¯ vertritt die Ansicht, daß diese und sie erwägen Schöpfungsphänomene die Menschen nicht nur zum Glauben an irgendeinen Gott, sondern zum Glauben an den einzigen Gott als den Schöpfer hätten führen sollen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 27, S. 139 f. Vom Hintergrund der Mystik her versucht ibn-2Arabı¯ den Vers zu interpretieren. Durch sichere Beweise kann der Mensch erkennen, daß es einen Gott gibt, das heißt, daß er anwesend ist: „Genügt es denn nicht, daß dein Herr über alles Zeuge ist? …“, das heißt anwesend und allwissend, um Beweise für seine Existenz zu suchen. Diejenigen Menschen, die sich seine Existenz vergegenwärtigen, oder in der Sprache von ibn-2Arabı¯ anschauen, brauchen nicht solche Beweise. Das ist der Zustand der in Gott „verliebten“ Menschen. Der Zustand derer, die nach sicheren Beweisen streben, ist der Zustand der Gott Liebenden und derer, die sich um seiner Nähe bemühen, s. ibn2Arabı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 422 f. 26 „Und auf der Erde gibt es für diejenigen, die (von der Wahrheit) überzeugt sind, allerlei Zeichen …“ Sure 51, Vers P u. H 20. Die Zeichen, die Gott in den Menschen selbst hineingelegt hat, sind genügend, um an seine Existenz zu glauben. Deswegen wendet sich der Koran unmittelbar an die Menschen (in euch selbst) zu, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 28, S. 208. Unter „Zeichen“ versteht ibn-2Arabı¯ Gottes Namen und Eigenschaften, die von den Schöpfungsphänomenen getragen werden. Diese erkennen diejenigen, die die Lichter ihrer Erscheinung anschauen. Unter „Lebensunterhalt“ im darauffolgenden Vers versteht er den geistigen, der sich vor allem auf das Wissen bezieht, s. ibn-2Arabı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 543. 27 „gemeinsamer Sinn, sensus communis, arab. al-hiss al-mus ˇ urg ˇ tarak“. al-G ˇ a¯nı¯ bestimmt diesen als ein Vermögen, in dem alle Bilder der einzelnen ˙wahrnehmbaren Dinge aufgezeichnet werden. Er stimmt wesentlich mit Gh darin überein. Nach ihm sind die fünf Sinne seine Spione; er ist einer ˇ urg ˇ a¯nı¯, S. 91. Deshalb heißt er „GemeinQuelle ähnlich, der fünf Flüsse entspringen, s. al-G samer …“ oder „Gemeinsinn“. Bis zu Beginn des 19. Jhs. hatte der Begriff: „sensus communis“ keinen adäquaten Terminus im Deutschen. Zur geschichtlichen Anwendung des Begriffs, s. A. v. Meydell/R. Wiehl, Gemeinsinn, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 3, S. 243 ff. 28 s. „Die Nische …“, A 76 ff., wo Gh ausführlich auf die Beschreibung der menschlichen Kräfte eingeht. 29 „Vernunft, no‰@, arab. al-2aql“. Im Arabischen werden „Vernunft“ u. „Verstand“ manchmal synonym verwendet. An dieser Stelle aber ist der Begriff „Vernunft“ zu bevorzugen, da er den theoretischen u. praktischen Aspekt umfaßt und deshalb dem philosophischen Sprachgebrauch angemessen ist. Zur Verwendung des Begriffs „2aql, Vernunft“ in der islamischen Tradition, s. „Die Nische …“, Anm. 9, S. 65 f. 30 „Haltung, xi@, arab. hai3a, pl. hai3a¯t“ heißt sprachlich der Zustand einer Sache (oder einer Person) und ihre Eigenart. „ha¯3a, yaha¯3u“ heißt in diesem Zusammenhang einen bestimmten Zustand annehmen, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 1, S. 188. ˙ Bei Aristoteles entstehen Haltungen aus Einzelhandlungen, die bei Wiederholung zu festen Grundhaltungen werden, s. EN 1103b; 1114 a. Durch die Erziehung von der frühen Jugend an wird man zu guten oder schlechten Haltungen gelenkt, s. EN 1104 b. Haltungen werden durch ihre Gegensätze erkannt und bestimmt, s. EN 1129 a. Das Tätigsein ist eine vollendete Haltung. Diese vollendete Haltung „¥nffrgeia“ energeia ist eine Tugend, s. EN 1106a, 20 ff. Sie ist eine Mitte „wasat“ zwischen zwei Extremen „az-ziya¯da wa 3n-nuqsa¯n“: „t d3 —son mffson ti ¢perbol»@ ka½ ˙ ˙ ¥llefflvew@“, s. EN 1106 a, 28 f. So ist zum Beispiel die Tapferkeit als Haltung eine Tugend; sie ist eine Mitte, s. EN 1154 a; Dirlmeier, Anm. 166, 9. Haltungen bekommen ihre scharfen Umrisse durch die „Endakte“ und durch die Gegenstände, auf die bezogen sind, s. EN 1122b; 1153b; 1154a; 1157b; Dirlmeier, Anm. 95, 3; 166, 4, 9. Die Anhänger von Aristoteles unter den Muslimen gehen in dieselbe Richtung. So geht al-Fa¯ra¯bı¯ von den Handlungen aus, indem er schreibt, daß die Handlungen zu guten oder schlechten Haltungen führen, s. as-siya¯sa¯t al-madanı¯ya (Politische Systeme), S. 82 f. Auch in seiner Schrift al-

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madı¯na 3l-fa¯dila (Der Musterstaat) vertritt er diese Meinung und fügt hinzu, daß Haltungen durch ˙ freie Wahl „proafflresi@“ entstehen, s. al-madina 3l-fa¯dila, arab. XX 111, 86; Diterici, Der Muster˙ staat, S. 73 f., wobei er Haltungen mit „sifa¯t“ Eigenschaften übersetzt; s. f. XXVI, arab., S. 98. Diterici gibt den Begriff wieder mit: „in ˙freiwillig erworbenen Beschaffenheiten“, s. S. 87; s. f. al¯ merı¯, as-sa2a¯da wa-3l-is2a¯d (Über die Glückseligkeit …), arab. S. 77 ff. Gh unterscheidet sich von 2A Aristoteles und seinen islamischen Anhängern dadurch, daß er den Bezug der „Haltung, hai3a“ zu dem praktischen Vermögen hier in seiner Schrift besonders hervorhebt. Dieser Bezug fehlt bei diesen Philosophen ganz und zwar nicht nur an den erwähnten Stellen. Dirlmeier ist der Meinung, daß K. 12, B VI der EN keine Besonderheit für eine praktische Vernunft bei Aristoteles liefert, s. 135, 2; 135, 5 und die darauffolgenden Anmerkungen. Zu dem Streit über dieses Thema unter den Interpreten von Aistoteles, s. D. J. Allan, Arist. Auffassung vom Ursprung moralischer Prinzipien, in: Ethik und Politik des Aristoteles, S. 275 ff. 31 „Tugend, ⁄retffi, arab. fadı¯la, pl. fada¯3il“. Gh Begriffsbestimmung beruht zuerst auf der sprach˙ von fadl abgeleitet, das heißt: „Zunahme“, „Überschuß“, lichen Analyse des Begriffs.˙ fadı¯la wird ˙ den wichtigsten ˙ Bedeutungen zu begnügen, s. f. lisa¯n …, Bd. 11, „Vermehrung“ u. a., um sich mit S. 524. Wenn zwei Dinge etwas gemeinsames haben, das eine jedoch das andere in einem gewissen Punkt überragt, dann spricht man von einem „Vorzug“, wie etwa, wenn man sagt, das Pferd überragt den Esel. Das heißt, beide Tiere haben etwas Gemeinsames, das ist zum Beispiel die Stärke. Beide Tiere sind stark beim Tragen von Lasten, jedoch überragt das Pferd den Esel zum Beispiel an Schönheit und Schnelligkeit auch dann, wenn es einen Esel gibt, der an Körpergröße das Pferd überragen könnte. Denn die geistigen Charaktereigenschaften, nicht aber die materiellen, sind maßgeblich bei einer solchen Beurteilung. Wenn man diese sprachliche Bedeutung voraussetzt, dann ist es klar, weshalb das Wissen eine Tugend an sich ist. Denn durch das Wissen überragt der Mensch alle übrigen Lebewesen, s. ih., ˙ Bd. 1, S. 11 ff. Auch die Tugend ist etwas Wertvolles; sie ist ein Charakteristicum für die Menschengattung. Denn die Menschen, nicht aber andere Lebewesen, streben danach, tugendhaft zu sein. Sie ist auch die Grundlage für die Erlangung der Gottesnähe im Jenseits, Ansehen und Würde im Diesseits, s. ih. (Wiederbelebung der Religionswiss.), Bd. III, S. 8. ˙ Dinge teilen sich in: a) wertvolles an sich wie das Wissen, b) in bezug auf etwas Die wertvollen anderes wie Gold und Silber. Sie sind nicht an sich wertvoll. Sie besitzen lediglich einen relativen Wert. Denn man kann durch sie die Lebensnotwendigkeiten erledigen. c) Was sowohl an sich als auch im Verhältnis zu anderen Dingen wertvoll ist wie die Gesundheit. Sie ist sowohl an sich als auch in bezug auf andere Dinge wertvoll. Gh berücksichtigt in dieser Aufteilung sowohl die geistigen als auch die materiellen Charaktereigenschaften des Menschen, seine geistigen und körperlichen Tätigkeiten und Bestrebungen, s. ih., a. a. O. ˙ anthropologischen Bestimmung aus geht Gh zu der Von dieser allgemeinen sprachlichen und ethischen Analyse des Begriffs über. fadı¯la ist eine feste Haltung in der Seele, „hai3a ra¯siha fi ˘ ˙ und ohne große Anstrengung ausgehen. „fadı¯la“ heißt 3n-nafs“, von der aus die Handlungen leicht ˙ „huluq hasan, gute Gesinnung“, wenn solche Charaktereigenschaften im Menschen dominieren ˘ seine ˙ Handlungen bestimmen, s. ih., Bd. III, S. 46. und Drei Bedingungen müssen vorhanden˙ sein, um eine Handlung als tugendhaft zu bezeichnen: 1. Für die tugendhafte Gesinnung muß die Handlung, al-fi2l selbst gemäß der Vernunft und dem islamischen Gesetz geschehen. 2. Für den Menschen, der diese Handlung durchführt, muß er die Kenntnis „al-ma2rifa“ über das Gute und Böse besitzen. 3. Die gute Gesinnung muß als „hai3a ra¯siha fi 3n-nafs“ eine feste Haltung in der Seele sein, s. ih., Bd. III, S. 46 f.; mı¯za¯n …, D 262 ff.; ˘ EN 1139a 22 ff. ˙ Arist. Im Gegensatz zu Aristoteles identifiziert Gh nicht die Handlung mit der Gesinnung. Er erwähnt in diesem Zusammenhang einige Beispiele, die seine Meinung in verständlicher Weise belegen. Die Güte z. B. kann nicht als Charaktereigenschaft von der Handlung eines Menschen abgeleitet werden. Denn man kann, ohne Geld auszugeben, gütig sein, weil man gerade nicht über die Mittel verfügt. Man kann andererseits geizig sein und trotzdem vorgeben, durch Ausgaben gütig zu sein,

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s. ih., Bd. III, S. 46. Deswegen betont Gh, daß die Handlung kein Gegenstand der moralischen ˙ Beurteilung sein kann, sondern die Gesinnung, von der aus das Verhalten ausgeht, s. f. Einl. LXIII. Voraussetzung für das tugendhafte Verhalen und „die gute ethische Gesinnung ist der Ausgleich zwischen vier Fähigkeiten: a) Wissen, b) Zorn, c) Leidenschaft, d) Gerechtigkeit, s. ih., III, S. 47 ff.; mı¯za¯n …, D 232 ff. Wenn der Ausgleich zwischen all diesen Fähigkeiten erreicht wird,˙ dann verhält man sich tugendhaft, s. a. a. O. Aus dem Verhalten des Propheten Muhammad leitet Gh sein Ideal für ein solches Verhalten ab. ˙ Ausgleich. Muhammad wurde den Menschen zugesandt, Denn es verkörpert in sich einen solchen ˙ S. 46. In diesem Zusammenhang nimmt „um die guten Sitten zu vervollkommnen.“, s. ih., Bd. III, ˙ Gh Bezug auf den koranischen Vers: „Die (wahren) Gläubigen sind diejenigen, die an Gott und seinen Gesandten glauben und hierauf nicht (wieder unsicher werden und) Zweifel hegen, und die mit ihrem Vermögen und in eigener Person auf Gottes Weg gestritten haben, die sind die Aufrichtigen.“ (F. Rückert, der Koran, Sure 49, Vers 15; s. f. P u. H 15). Zu diesem Vers meint at-Taba˙ ˙ s. rı¯, daß die Aufrichtigen diejenigen sind, deren Handlungen mit ihrem Glauben übereinstimmen, at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 26, S. 144. ˙ ˙ Erreichung des Ausgleichsideals zwischen all diesen Fähigkeiten ist durch den Glauben an Die Gott und seine Engel ohne jeglichen Zweifel möglich. Gh sieht in diesem Zusammenhang keinen Widerspruch zwischen dem Glauben und der Forderung der Vernunft, insofern ein solcher Glaube die Fruch der Vernunft und die Spitze des wahrhaftigen Wissens und der Weisheit ist, s. ih., Bd. III, ˙ S. 48; mı¯za¯n … D 234. Dieser religiöse Aspekt im Betrachten der Tugend und des tugendhaften Verhaltens ist ein wesentliches Merkmal, durch welches sich Gh von dem Aristotelismus unterscheidet. Weitere Belege für seine Ansicht erwähnt Gh aus der islamischen Religion und Mystik. Das Fasten z. B. ist eine Tugend, insofern man dadurch die Enthaltsamkeit und die Beherrschung der eigenen Begierde und Leidenschaften erreichen kann, ih., III, S. 68 ff.; mı¯za¯n …, D 310 ff. Auch die islamische Mystik ˙ bietet Gh einen reichlichen Stoff für tugendhaftes Verhalten, wie z. B. die Schweigsamkeit. Durch die Schweigsamkeit werden Fehltritte der Zunge, Verleumdung und üble Nachrede vermieden, s. ih., Bd. III, S. 93 ff. Gh unterstreicht ferner die Bedeutung des Nachdenkens über sich selbst, über ˙ Leben, eigene Tätigkeit und Person, und nicht zuletzt über die Schöpfung als wichtiges Mittel das zur Erlangung des tugendhaften Verhaltens, s. ih., Bd. IV, S. 361 ff.; mı¯za¯n …, D 334 ff. Die Gewissenserforschung nimmt eine besondere Stellung˙ im Denken von Gh ein, welche in der Offenbarung und in der Mystik ihr Fundament hat, s. ih., Bd. IV, S. 345; Sure 75, Vers P u. H 2 ff., at-Tabarı¯, ˙ ˙ ˙ Bd. 29, S. 172 ff. 32

„Und es steht keinem Menschen an, …“ Sure 42, Vers P 51, H 50. Die Kommunikation zwischen Gott und den Menschen kann nach diesem Vers durch eine von drei Möglichkeiten: 1. Durch Offenbarung, welche durch Eingebung, Hineinströmen-lassen der Mitteilungen ins Herz oder durch Träume stattfinden. Letzteres war der Fall mit Abra¯ha¯m bezüglich der Aufopferung seines Sohnes und Mosesmutter. Oder 2. Indem er mit ihm hinter einem Vorhang spricht. 3. Durch einen Boten, indem er einen Engel zuschickt, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 27, S. 186 ff. Dieser Vers ist ein Beleg dafür, daß Gott eine Sprache hat, die aus den bekannten Buchstaben besteht. Abu -3l-Hasan al-Asˇ2arı¯ (874–936 n. Chr.) und seine Anhänger sind der Meinung, daß Gottes Sprache ewig˙ ist, die Buchstaben aber sind lediglich ihre Ausdrucksweise, s. ar-Ra¯sı¯, a. a. O. Gh möchte dadurch belegen, daß die Kommunikation mit Gott nur durch den menschlichen Geist stattfinden kann, und daß diese Verbindung auf diese drei Weisen möglich ist. 33 s. „Die Nische …“, PhB, Bd. 390, Anm. 25, S. 68. 34 vgl. zu dieser Stelle: „Der Erretter …“, PhB 389, A. 50 und die entsprechenden Anm.; s. f.: „Die Nische …“, A 57, sowie die entsprechenden Anm. Ganz eindeutig steht Gh all diesen Gruppen kritisch gegenüber. 35 „Was Gott den Menschen an Barmherzigkeit zufließen läßt …“ Sure 35, Vers P u. H 2. Hierbei weiche ich geringfügig von den beiden Übersetzungen ab. Gh ist aufgrund dieses Textes des „mı¯za¯n …“ der Meinung, daß die Barmherzigkeit Gottes jedem Menschen ohne Unterschied zusteht. Aufgrund seiner Güte strömt sie auf die Menschen zu, jedoch muß man sich dafür durch

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Läuterung und Reinigung der eigenen Seele vorbereiten. ar-Ra¯sı¯ sieht darin einen Beleg dafür, daß die Barmherzigkeit Gottes seiner Ungnade vorangeht. Ferner trifft sie jemandem zu, dann wird sie nicht aufgehoben werden, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 26, S. 3 f. 36 „An bestimmten Tagen eures Lebens läßt Gott seine Gaben ausströmen …“, s. „al-munqid …“ ¯ (Der Erretter …), PhB, Bd. 389, A 11 und die entsprechende Anm. 37 „Bevor das letzte Drittel jeder Nacht anbricht …“ ist eine Überlieferung, die sich lediglich bei al-Bucha¯rı¯ befindet, s. Wensinck, Concordance, T. 6, S. 414, 420 f. ˇ ˇgud“ (Nachtal-Bucha¯rı¯ erwähnt sie in voller Länge, wie sie hier im Text steht, im Kapitel: „tahag ˇ ar erwähnt sie mit geringfügigem veränderten Wortlaut. Über die gebet), Bd. 2, S. 47. ibn-Hag ˙ Bedeutung von „herabsteigen“ stellt er verschiedene Meinungen dar. In zweierlei Bedeutung kann man nach seiner Ansicht den Begriff „herabsteigen“ verstehen: 1. in dem Sinne, daß Gott selbst nicht herabsteigt, sondern sein Engel als Bote für die Menschen; 2. im metaphorischen ˇ ar, Bd. 3, S. 25 ff. Gh geht auf diesen GeSinne, in der Bedeutung von Barmherzigkeit, s. ibn-Hag ˙ relativ ausführlich ein, s. „Die Nische der danken des Gottesabstiegs in der „Nische der Lichter“ Lichter“, PhB, Bd. 390, A 61, S. 27 ff. 38 „Die Sehnsucht der Frommen …“ Nach Wensinck befindet sich keine Überlieferung mit diesem Wortlaut in den großen Sammlungen. Jedoch erwähnt er eine ähnliche Überlieferung mit einem veränderten Wortlaut, die die Liebe von und zu Gott beinhaltet, s. Concordance, T. VI, S. 140. Gh selbst ist bei diesen und ähnlichen Überlieferungen die Quelle. 39 „Wer sich mir um einen Zoll nähert, …“ befindet sich nach Wensinck in den großen Sammlungen, s. Concordance, Bd. 3, S. 58. al-Bucha¯rı¯ erwähnt sie im Kapitel: „tauhı¯d“ (Monotheismus), ˙ ˇ ar soll die Annäherung metaphorisch verstanden s. Bd. 8, S. 171. Nach ibn-Hag werden, da die örtliche im Widerspruch zu˙ der Vollkommenheit Gottes steht. „al-qurb, die Annäherung“ bedeutet von seiten des Menschen, daß er sich durch Pflicht-und freiwillige Kulthandlungen um die Wohlgefälligkeit Gottes bemühen soll. Von seiten Gottes bedeutet „qurb“ Gnade, Erfolg und ˇ ar, Bd. 13, S. 427 ff. nicht zuletzt gute Leitung, s. ibn-Hag ˙ edler Engel …“ Sure 12, Vers P u. H 31. Zu diesem Vers er40 „Das ist nichts (anderes) als ein wähnt ar-Ra¯sı¯ zwei Ansichten: 1. Der Prophet Jusuf wird mit einem Engel verglichen, insofen dieser alle guten Eigenschaften, darunter auch die Schönheit, in sich verkörpert. Im Gegensatz dazu ist der Satan derjenige, der alle Schlechtigkeiten, darunter auch die Häßlichkeit, in sich verkörpert. 2. Die Erhabenheit über jede Art von Sinnlichkeit. Jusuf hat die Ehefrau von Ägyptens Pharao nicht angeschaut und ließ er sich von ihr gar nicht hinreißen lassen. Dabei hat er die menschliche Schwäche überwunden, die in solchen Situationen die herrschende Eigenschaft ist, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 18, S. 128. Deswegen verdient er als „malakan“ engelgleich und „rabba¯nı¯yan“ göttlich genannt zu werden. 41 „Vehikel, arab. markab“ ist ein Bild für das Innewohnen der Seele im Körper, wie auch für das vorläufige Verhältnis beider zueinander. Über den Begriff „markab“, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, ˙ Bd. 1, S. 431; Einleitung LXVI. 42 „Gemeinsinn“, s. Anm. 27. 43 Ka2b al-Ahba ˇ an al-Himyarı¯, einer der großen jüdischen ¯ r, Abu¯-Isha¯q Ka2b ibn-Matı¯ 2 ibn-Dı¯-Hag ˙ zum Islam ˙übergetreten ist, gest. 652/54 ¯ Rabbiner, der n. Chr. ˙in Jemen. Sein Übertritt zum Islam geschah zur Zeit des Kalifen Abu¯-Bakr (s. Anm. 88). Seine Bedeutung für die Muslime besteht darin, daß er eine zuverlässige Quelle für das Judentum war. Zahlreiche Überlieferungen, wie z. B. diese gehen auf ihn zurück, s. az-Zarkali, al-a2la¯m …, Bd. 6, S. 85. 44 2A ¯ 3isˇa, umm al-mu3minı¯n (Mutter der Gläubigen) die Ehefrau des Propheten Muhammad, wur˙ 2Atı¯q ibnˇ ra (613 n. Chr.) in Mekka geboren. Ihr Vater Abu¯-Bakr de im Jahre 9 vor al-Hig Abı¯-Quha¯fa (573–634 n. Chr.) in Mekka geboren. Ihre Mutter war umm-Roma¯n bint-al-Ha¯rit. ˙ Bezie˙ Abu¯-Bakr stand im engen Verhältnis zu dem Propheten Muhammad, der diese ¯ Ihr Vater ˙ hung mit folgendem Wortlaut beschreibt: „Wenn ich unter den Menschen einen Freund hätte, so hätte ich Abu¯-Bakr zu meinem Freund. Meine Beziehung zu ihm aber ist kameradschaftlich, brüderlich und gemäß dem Glauben, bis Gott uns bei sich vereint.“, s. ibn-Hisˇa¯m, as-sı¯ra 3n-nabawı¯ya (Die Biographie des Propheten …), Bd. 3/4, S. 650. Während seiner Todeserkrankung beauftragt

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

der Prophet Abu¯-Bakr als Vorbeter zu wirken. Dieser Auftrag fand in Anwesenheit der beiden späteren Kalifen 2Umar und 2Alı¯ statt, die dafür ihre Zustimmung gaben, und hinter ihm beteten, s. at-Tabarı¯, ta¯rı¯h …, Bd. 2, S. 439. Auch dieses Verhalten gab vielen Muslimen den Anlaß dafür, daß ˘ ˙ ˙ religiöse und politische Führung miteinander eng verbunden sind. ¯ 3isˇa mit dem Propheten Muhammad fand in Mekka statt, als sie 6 oder 7 Jahre alt Die Verlobung 2A ˇ˙ra, im ˇSawwa¯l (April 622 n. Chr.) vollzogen. war. Die Ehe wurde im ersten Jahr der al-Hig ¯ 2A3isˇa genoß aus verschiedenen Gründen eine Sonderstellung unter den Ehefrauen des Propheten, wie die Überlieferungen berichten: 1. Ihre Verlobung mit dem Propheten fand, wie die Muslime glauben, aufgrund einer Gottesverheißung statt. So sollte der Erzengel Gabriel dem Propheten ¯ 3isˇa als Ehefrau genannat haben, s. ibn-Hisˇa¯m, as-sı¯ra 3n-namehrmals erschienen sein und ihm 2A bawı¯ya (Die Lebensbiographie des Propheten Muhammad), Bd. 1/2, S. 139 f. 2. Sie ist die einzige ˙ Jungfrau, die der Prophet geheiratet hat. 3. Sie wurde im Koran von jeglicher Schuld freigesprochen. 4. Wie sie von sich selbst berichtet, sah sie als einzige unter den Ehefrauen des Propheten den Erzengel Gabriel, s. at-Tabarı¯ …, ta¯rı¯h … (Geschichte), Bd. 2, S. 118. ˙ ˙ Ein besonderes Ereignis kennzeichnet das˘ Leben der Ehefrau des Propheten, worüber die Muslime eine Offenbarungsentscheidung von Gott erwarteten. Das ist die Geschichte ihrer Verläumdung, hauptsächlich von seiten der Ungläubigen, die das Privatleben des Propheten angreifen wollten. Nach der Rückkehr des Propheten aus einem Feldzug gegen Bani-3l-Mustalaq im Jahre 6 ˙ sich für eine n. H. (627 n. Chr.) kampierte er mit den Muslimen in der Nähe von Medina, wo˙ sie ¯ ˇ Weile ausruhen wollten. 2A3isa ging nachts aus dem Kamp, um ein Bedürfnis zu erledigen, wobei sie ihre Halskette verlor. Nachdem sie auf der Suche nach ihrer Halskette zu dem kamp zurückgekehrt war, fand sie nicht die Muslime, die währenddessen das Kamp aufgelöst hatten und ohne ¯ 3isˇa zu bemerken ihren Aufmarsch nach Medina fortsetzten. 2A ¯ 3isˇa blieb die Abwesenheit von 2A dort, wo das Kamp war in der Hoffnung, daß die Muslime sie abholen würden, sobald sie ihre Abwesenheit entdecken würden. Währenddessen kam Safwa¯n ibn-al-Mu2attil as-Sulamı¯ vorbei, ˙˙ ¯ 3isˇa von Kindheit an kannte, und stieß auf sie, die˙ im Schlummer zusammenkauerte, der 2A holte sie ab und ging mit ihr zusammen im Morgengrauen zu dem Propheten und seinen Kameraden ¯ 3isˇa zu verläumden und das Privatleben des nach Medina. Dies gab den Ungläubigen Anlaß dazu 2A ¯ 3isˇa, Prophten zu verunglimpfen. Aber auch einige Muslime fanden Anstoß am Verhalten von 2A darunter Hassa¯n ibn-Ta¯bit, Dichter des Propheten genannt, und der spätere Kalif 2Alı¯ 3bn¯ Abı¯-Ta¯lib, ˙der dem Propheten sogar die Scheidung von ihr empfahl, s. at-Tabarı¯, ta¯rı¯h …, Bd. II, ˘ ˙ ˙ S. 264˙ ff. ¯ 3isˇa erkrankte und blieb bei ihren Eltern, bis Über einen Monat lang dauerte diese Krise an. 2A Gott im Koran ihre Unschuld bestätigte, s. Koran, Sure 24, Vers, P u. H 11 ff. Danach gilt die Verläumdung mit Unzucht als Großsünde, deren Sühne achtzig Hiebe ist, falls der Verläumder seine Aussage nicht durch vier aufrichtige Zeugen beweisen kann, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 23, 179 ff. Ferner werden auch in diesem Fall seine Zeugenaussagen auf allen Gebieten des Rechts sein Leben lang zurückgewiesen, es sei denn, er zeigt eine aufrichtige Reue. Dies ist egal, ob die Verläumdung gegen Muslime oder nach der hanbalitischen Rechsschule auch gegen Nicht˙ die bisheute noch in manchen islamischen Muslime gerichtet ist. Durch diese harte Bestrafung, Ländern verhängt wird, will der Islam das Privatleben der Menschen schützen, das durch solches Fehlverhalten das Privatleben der Menschen belasten und möglicherweise zerstört werden könnte, s. Ahmad ibn-Taimı¯ya, at-tafsı¯r al-kabı¯r (Der große Korankommentar), Bd. 5, S. 395; Sayyid ˙ Qutb, Korankommentar, Bd. 18, S. 62. ˙ ¯ 3isˇa nicht abseits Als Ehefrau des Propheten und Tochter des ersten Kalifen Abu¯-Bakr konnte 2A von den politischen Ereignissen ihrer Zeit stehen. Um die Gegnerschaft unter den Muslimen nicht zu vertiefen, wollte sie unparteiisch sein, was ihrer Eigenschaft als „Mutter der Gläubigen“ entspricht. Die beiden Kontrahenten 2Ali 3bn-Abı¯-Ta¯lib (gest. 40 n. H. /661 n. Chr.) und Mu2a¯wiya 3bn˙ diese Haltung, bemühten sich um ihre Gunst und Abı¯-Sufya¯n (gest. 60 n. H./ 680 n. Chr. verstanden zollten ihr Achtung und Respekt. Sie nahm an der sogenannten Kamelschlacht gegen 2Alı¯ Mitte ˇ uma¯da¯ II. 36 n. H./ 656 n. Chr. teil, der von den Gläubigen zum Kalifen ernannt wurde, weil er bei G ˇ ˇga 36 der Verfolgung der Mörder seines Vorgängers 2Utma¯n ibn-2Affa¯n (ermordet am 18. Du 3l-Hig ˙ ¯ ¯

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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n. H./ 17. Juni 656 n. Chr.) angeblich nachlässig war. Gleichzeitig gehörte sie zu den Kritikern von dem Kalifen 2Utma¯n, wenn nicht zu den Leuten, die auf seine Entmachtung hinarbeiteten, s. at-Tabarı¯ …, Bd.˙ 3, S. 415, 476. Gründe dafür können hier nicht erörtert werden, s. dazu G. Levi ˙ ˙ Vida, 2Utma¯n, in: Handwörterbuch des Islam, S. 777 f. della ¯ Gegnern des Kalifen 2Alı¯, war sie aber gleichzeitig keine entschiedene BefürwörSie zählte zu den terin seines Kontrahenten Mu2a¯wiya. Nachdem dieser das Kalifat bemächtigt hatte, fand sie nichts dabei, ihn zu empfangen, ihm Ratschläge zu erteilen und von ihm sogar Geschenke anzunehmen, und dies trotz der Tatsache, daß sie ihn der Ermordung ihres Bruders Muhammad bezichtigte, s. ˙ ¯ kir (Abkürzung der Muhammad ibn-Mukarram ibn-Manzu¯r, muhtasar ta¯rı¯h Dimasˇq li-3bn-2Asa ˘ da¯r al-fikr 1989, S. 44, 63 f. ˙ ˙ ˙ arab.,˘ Damaskus: Geschichte Damaskus von ibn-2Asa¯kir), Die Rolle der Ehefrau des Propheten war es, Frieden unter den Muslimen zu stiften, wie sie und die Führer ihrer Partei betonten. Jedoch führte ihr Verhalten zur Vertiefung der Kluft zwischen den streitenden Parteien, s. at-Tabarı¯ …, Bd. 3, S. 481 ff., 543. Ihr Aufmarsch nach al-Ku¯fa, um die Er˙ mordung von 2Utma¯n zu ˙rächen, endete mit einer Niederlage. Diese Niederlage hielt den Kalifen ¯ sie zu ehren und ihr die Rückkehr nach Mekka Anfang Rag ˇ ab 36 n. H./ Dez. 656 2Alı¯ nicht davon ab, n. Chr. mit vierzig ausgewählten und bekannten Frauen aus al-Basra, die sie hofierten, zu gestatten. ˙ Der Prophet Muhammad emp¯ 3isˇa für die Islamwissenschaft ist sehr groß. Die Bedeutung von 2A ˙ fiehlt den Muslimen sogar, die Hälfte ihrer Religion von ihr zu lernen. Sie überlieferte insgesamt 5965 hadı¯te nach sahr hadı¯tprogramm, die von den großen neun Überlieferern wie al-Bucha¯rı¯, ˙ u.¯a. überliefert ˙ ˘ ˙ werden. ¯ Muslim Allein 849 hadı¯te erwähnt von ihr al-Bucha¯rı¯. Auch juristische Gutachten erteilt die Ehefrau des Propheten ˙zur ¯Zeit der Herrschaft von ihrem Vater Abu¯-Bakr, 2Umar und 2Utma¯n bis zu ihrem Tode, s. al-Bala¯durı¯, Ahmad ibn-Yahya¯, ansa¯b al-asˇra¯f (Biogra¯ ¯ h, Bd.˙1, S. 415. Auch ˙ für die Koranexegese und ¯ hrsg. von Muhammad Hamı¯d-Alla phien der Adel), ˙ ˙ die arabische Literatur war sie sehr wichtig, so z. B. für den Dichter Labı¯d ibn-Rabı¯2a (um 560–661 ¯ 3isˇa starb in Medina am 13. od. n. Chr.), von dem sie tausend Verse überlieferte, s. a. a. O., S. 416. 2A 17. Ramada¯n 58 n. H./ Juni 678 n. Chr. ˙ der Erde gibt es für diejenigen, die (von der Wahrheit) überzeugt sind, (allerlei) 45 „Und auf Zeichen …“ Sure 51, Vers P u. H 20. Das bedeutet, daß die Menschen aus ihrer eigenen Erschaffenheit die Lehre über die Existenz Gottes und seine Einzigartigkeit ziehen. Denn keiner ist in der Lage außer Gott, die Erschaffung des Menschen in dieser Form hervorzubringen. „Wollt ihr denn nicht sehen?“ „sehen“ heißt in diesem Zusammenhang „denken und dann erfährt ihr die Wahrhaftigkeit der Einzigartigkeit eures Schöpfers“, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 26, S. 205. ˙ ˙ betont Gh die Schöpfertätigkeit Gottes als 46 Auf den ersten Seiten seines Werkes: „mı¯za ¯ n …“ eine seiner wichtigsten Eigenschaften. Die Weisheit Gottes, seine Fürsorge für die Schöpfung, vor allem in die des Menschen hineinlegte, sind Beweise seiner Existenz. Die Schöpfung ist das Werk seiner Tätigkeit und die Zweckmäßigkeit eines seiner Weisheit. Diesen Gedanken legt er in mehreren seiner Werke dar, wie im „Erretter …“, s. z. B. B 85 ff.; „Elixier der Glückseligkeit, S. 533 ff. Die Welt, die Materie ist entstanden und sie ist keineswegs ewig, wie die griechischen Philosophen, vor allem Aristoteles und seine islamischen Anhänger wie Avicenna meinen, die von der Ewigkeit der Materie und der Existenz eines ‚unbewegten Bewegers‘ überzeugt sind, s. Avicenna, Met., übers. von Max Horten, S. 547. Gegen diese Lehre richtet sich Gh in seiner Schrift: Die Nische der Lichter, s. z. B. A 91 ff. In seiner Abhandlung, die mehr als achzig Seiten Dina 4 umfaßt: „al-hikma fı¯ mahlu¯qa¯t Alla¯h“ (Die Weisheit Gottes in der Schöp˘ ˙ fung), oder (Über die Zweckmäßigkeit …) beschreibt Gh die Zweckmäßigkeit in der Schöpfung im allgemeinen und im einzelnen die Schöpfungsphänomene, wie etwa in der Schöpfung des Himmels, der Luft, der Sonne, des Mondes, der Gestirne, des Feuers etc. … Der Zweckmäßigkeit in der Schöpfung des Menschen widmet er mehr als zwanzig Seiten, wobei er die Unterscheidungsmerkmale in der Schöpfung des Menschen betont wie Vernunft, Sprechen und Schreiben, s. al-hikma ˇ indı¯ 1328 n. H./˙ 1910 …, in: ar-rasa¯3il al-fara¯3id, hrsg. von Mustafa¯ Abu¯-3l-2Ala¯3, arab., Kairo: al-G ˙ ˙˙ n. Chr. Kaum hat ein mittelalterlicher Philosoph dieses Thema so ausführlich behandelt wie Gh. 47 Abu ¯ -Hanı¯fa, an-Nu2ma¯n ibn-Ta¯bit ibn-Zuta (80–150 n. H./ 699–767 n. Chr.), über seine Biogra˙ phie, s. „Der Erretter …“, Anm.¯114, S. 134. ˙

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

ˇ a¯fi2ı¯, Abu¯-2Abdalla¯h Muhammad ibn-Idrı¯s (150–204 n. H./ 767–820 n. Chr.), über seine Bioasˇ-S ˙ graphie, s. „Der Erretter …“, Anm. 115, S. 135. 49 Oft treten im Koran „Glaube“ und „Handeln“ eng miteinander verbunden, wie in den Suren 19, 60; 5, 69; 20, 75; 67, 28; 40, 40. at-Tabarı¯ versteht unter dem Begriff „Handeln“ die Verrichtung ˙ ˙ religiöser Gebote und die Vermeidung der Verbote, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 16, S. 101. ˙ ˙ Unter „gute Taten“ versteht er die Befehle Gottes, zu verrichten, vorausgesetzt, daß man gläubig ist, s. S. 190; s. f. Bd. 24, S. 67. Das ist auch die sunnı¯tische Haltung, die die Verbindung zwischen „Glauben“ und „Handeln“ vorsieht, s. al-Asˇ2arı¯, maqa¯la¯t …, Bd. 1, S. 293. Der Begriff „Handeln“, den Gh in diesem Kapitel ausführlich behandelt, geht über das religiöse Verständnis hinaus, insofern er sich nicht nur auf die religiöse Bedeutung bezieht, sondern auch die ethische Forderung nach Überwindung der Begierde umfaßt, welche die Voraussetzung zur Erlangung der göttlichen Güte ausmacht, s. D 218. 50 „ursprüngliche Natur“, arab. „fitra“, s. „Der Erretter …“, Anm. 25, S. 83. 51 „Der Glaube läßt sich in siebzig˙ und mehr Tätigkeitsbereiche einteilen …“ befindet sich nach Wensinck in verschiedenen großen Sammlungen, wie z. B. al-Bucha¯rı¯ und Muslim (s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 51). Mit diesem Wortlaut kommt diese Überlieferung bei at-Termidı¯ vor, s. ¯ Sammlungen, Bd. 10, K. „ı¯ma¯n“ (Glaube), S. 86. al-Bucha¯rı¯ erwähnt sie mit anderem Wortlaut: ˇ „… und die Scham ist ein Teil des Glaubens“, s. Sammlung, Bd. 1, „ı¯ma¯n“, S. 8. ibn-Hagar erwähnt den Text, der von Gh angegeben wird mit der Zahl „einige und siebzig“ wieder. Die˙ Zahl hat, wie an dieser Stelle, eine relative Bedeutung. Wichtig aber ist in diesem Zusammenhang das, was dieser Kommentator dazu schreibt, daß mit der angegebenen Zahl die Summe aller Handlungen und Tätigkeiten des Menschen gemeint ist, wie z. B. die Handlungen durch das Herz (innere Entˇ ar al-2Asscheidung), 2. Durch die Zunge (gute, üble Rede), 3. Durch die Gliedmaßen, s. ibn-Hag ˙ qalla¯nı¯, Kommentar zu al-Bucha¯rı¯’s Sammlung, Bd. 1, S. 49 f. 52 „Gott möge denjenigen beglücken, …“ befindet sich in zwei Großsammlungen von ibn-Ma ¯ ˇga und ibn-Hanbal, s. Wensinck, Concordance, T. V, S. 483. ˙ 53 „Die Religion des Islam beruht auf der Reinheit.“ Eine andere Überlieferung mit anderem Wortlaut stimmt mit dem Inhalt dieser Überlieferung überein, s. at-Termidı¯, K. „Über die guten ¯ Sitten“, Bd. 10, S. 240. 54 Über die Bedeutung der mystischen Erfahrung im Leben von Gh, s. „Der Erretter …“ B 68 ff. Im Hinblick auf den Weg der Mystik zur Erlangung der Erkenntnis stimmen beide Werke miteinander überein, s. D 223; Der Erretter …, C 36. In diesem Zusammenhang sieht Gh keinen Widerspruch zwischen der Mystik und dem spekulativen Denken. Die praktische Erfahrung (das Handeln) steht im Vordergrund bei der Mystik, wird aber durch das Studium unterstützt, das die Grundlage des spekulativen Denkens ist. Diesen Gedanken zieht Gh in diesem Kapitel durch. 55 „dikr“, s. „Der Erretter …“, PhB, Bd. 389, Anm. 94, S. 122. ¯ 56 „2ilm, pl. 2ulu¯m“ kann im Deutschen vielerlei heißen: „Wissen“, als auch „Wissenschaft“, ˇ urg ˇ arı¯f al-G ˇ a¯nı¯ „Kenntnis“ und „Erkenntnis“, s. Hans Wehr, Arabisches Wörterbuch, S. 571. asˇ-S (740–816 n. H./ 1340–1413 n. Chr.) bestimmt den Begriff wie folgt: 1. Wissen bedeutet: eine feste Überzeugung, die mit dem Tatbestand eines Dinges übereinstimmt. 2. Die Entstehung des Bildes einer Sache im Verstand (auf der Stufe der Vorstellung). 3. Die Erfahrung dessen, was ist (durch die Sinneswahrnehmung). 4. Eine feste Eigenschaft im Menschen, durch welche man die universalia und die singularia erfahren kann (also als das Vermögen selbst: Vernunft oder Verstand), s. kita¯b at-ta2rı¯fa¯t, S. 160 f. mit weiteren Begriffsbestimmungen und Aufteilungen in die verschiedenen Arten des Wissens; s. f. „Der Erretter …“, Anm. 30, S. 84 f. 57 „al-lauh al-mahfu ¯ z“, s. „Die Nische …“ A 70, S. 40 und dazu die Anm. 126, S. 80 f. ˙ Fähigkeit, ˙ ˙ arab. malaka, pl. malaka¯t“ kann auch „Charaktereigenschaft“, „Naturanla58 „geistige ˇ urg ˇ a¯nı¯ bestimmt ge“, „Begabung“, „Talent“ bedeuten, s. H. Wehr, Arab. Wörterbuch, S. 822. al-G den Begriff als eine fest verankerte Eigenschaft in der Seele, s. at-ta2rı¯fa¯t, S. 247. Charaktereigenschaft bezieht sich bei Gh auf die Tugend und ist kaum durch Kulthandlungen bedingt wie etwa bei Augustin und später Thomas v. Aquin, die den Begriff im Zusammenhang mit christlichen Kulthandlungen verstanden haben, s. Ch. Seidel, Charakter, in: Historisches Wörterbuch der Philoso48

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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phie, Bd. 1, S. 984 ff., mit weiterer Ausführung des Begriffes bei Kant, Hegel und anderen; s. f. Einleitung, LVIIIf. 59 Zu dem Begriff „Nachahmung“ (arab. taqlı¯d), s. „Der Erretter …“ Anm. 7, S. 74. 60 „Es gibt nichts, was ihm gleichkommen würde …“ Sure 42, Vers P u. H 11. Zu dem Kommentar dieses Verses wird die Ähnlichkeit Gottes mit seinen Geschöpfen völlig verneint. Die Ähnlichkeit bezieht sich entweder auf sein Wesen, auf seine Eigenschaften oder auf seine Handlungen. All dies wird durch diesen Vers u. ä. verneint: „Die Veneinung jeglicher Ähnlichkeit ist hier in jder Hinsicht gemeint“, schreibt al-Alu¯sı¯ in seinem Korankommentar zu diesem Vers, s. Korankommentar, Bd. 25, S. 17 ff. mit ausführlicher Darstellung der verschiedenen Ansichten der islamischen Schulen. ibn-2Arabı¯ bezieht die Unähnlichkeit ausdrücklich auf die Eigenart seines Daseines und die Unvergänglichkeit seines Wesens, s. Korankommentar, Bd. 2, S. 428. 61 „Eine Stunde lang zu meditieren ist besser …“ wird nicht in den großen Sammlungen erwähnt, s. Wensinck, Concordance, T. III, S. 2 ff.; 25 ff.; IV, 103 ff., V, 193. Gh selbs gilt in diesem Fall und in den ähnlichen Fällen als Quelle. 62 „Der Vorzug des Gelehrten gegenüber dem Frommen …“ wird nach Wensinck lediglich in der Großsammlung von Abu¯-Da¯wu¯d erwähnt, s. Wensinck, Concordance, T. IV, S. 106; Abu¯-Da¯wu¯d, Bd. 2, S. 285. 63 Die Politik, die Kunst des Regierens und Verwaltens als selbständige Wissenschaft hat hohen Wert bei vielen islamischen Denkern des Mittelalters wie Avicenna, s. z. B. seine praktische Philosophie, al-Fa¯ra¯bı¯, z. B. in seinem Werk: Der Musterstaat“, bei al-Ma¯wardı¯, besonders in seinem Werk „al-ahka¯m as-sulta¯nı¯ya“ (Über die Grundlagen der Herrschaft) und nicht zuletzt bei unserem Autor,˙ der u. a. ein˙ Werk unter dem Titel: „Ratschläge an die Herrscher“ geschrieben hat. Alle diese Autoren waren auch selbst politisch tätig. Über die Politik von Gh, s. Henri Laoust, La ˙ aza¯lı¯, Librairie Orientaliste Paul Geuthner, Paris 1970. Politique de G 64 „Ihr seid alle Hirten …“ ist eine Überlieferung, die sich in mehreren Großsammlungen befindet, s. Wensinck, Concordance, T. II, S. 273. Sie wird z. B. von al-Bucha¯rı¯ an mehreren Stellen erwähnt, s. K. „Eheschließung“, in Bd. 6, S. 146. 65 In diesem Abschnitt wird das Verhältnis des praktischen Wissens zum Handeln erörtert: 1. Das Handeln ist ruhmreicher als das praktische Wissen, 2. das praktische Wissen dient dem Handeln, 3. das Handeln ist selbstzweck, 4. Demnach steht es höher als das bloße theoretische Wissen. 66 „Wem Weisheit zuteil wird …“ Sure 2, Vers P 269, H 272. An zwanzig Stellen im Koran tritt der Begriff „hikma“ vor, s. M. F. 2Abdel-Ba¯qı¯“, Koranconcordance, S. 213 f. Darunter versteht at-Taba˙ ˙ ˙ rı¯: 1. die Vortrefflichkeit im Sprechen und Handeln. 2. Das Begreifen schlichthin, s. Korankommentar, Bd. 3, S. 90 f. Unter dem Begriff „Weisheit, swfrosÐnh, hikma“ versteht ar-Ra¯sı¯ das trif˙ tige und wahrhaftige Wissen sowie das richtige Handeln. Er erwähnt mehrere Bedeutungen für den Begriff, die alle von den großen Traditionalisten des Islam herstammen. „hikma“ bedeutet: ˙ 1. Die Ermahnung des Korans, 2. Das Verstehen und das Wissen, 3. Die Prophetie, und 4. Der Koran selbst, s. Korankommentar, Bd. 7, S. 67. al-Qurtubı¯ versteht darunter: 1. Das Nachdenken über den Ratschluß Gottes, 2. Das Sich-Vertiefen in das˙ islamische Recht, 3. Die Ehrfurcht gegenüber Gott, 4. Das asketische Leben bzw. die Entsagung der Welt, s. Korankommentar, Bd. 3, S. 330 f. Somit enthält der Begriff „hikma“ philosophische, juristische und nicht zuletzt mystische ˙ von Denken und Handeln umfassen. al-Alu¯sı¯ erwähnt in Bedeutungen, die den Gesamtbereich diesem Zusammenhang eine weitere Meinung: Weisheit „hikma“ ist ein Licht, durch welches man zwischen Argwohn und Inspiration unterscheiden kann, s.˙ Korankommentar, Bd. 3, S. 41, mit Belegen aus der Überlieferung über die Bedeutung des Begriffs „Weisheit“ im Islam. Gh Begriffsbestimmung beruht auf der islamischen Tradition. Über die platonische Anwendung des Begriffs und im Unterschied zu Gh, s. Anm. 115. 67 „Das Kriterium des Wissens“, s. „Die Nische …“, Anm. 25, S. 68. 68 „Derjenige unter den Gläubigen …“ ist eine Überlieferung, die sich nach Wensinck in den Großsammlungen von Abu¯-Da¯wu¯d und Ahmad ibn-Hanbal befindet, s. Wensinck, Concordance, ˙ T. II, S. 75, ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 6, S.˙ 47. ˙ 69 „Diejenigen sind mir am liebsten …“ befindet sich nach Wensinck in mehreren Großsammlun-

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

gen, wie z. B. die von al-Bucha¯rı¯, s. Wensinck, Concordance, T. II, S. 57. ibn-Hanbal erwähnt diese ˙ Überlieferung mit einem anderen Wortlaut, s. Sammlung, Bd. 4, S. 193. 70 „Die (wahren) Gläubigen sind diejenigen, die an Gott und an seinen Gesandten glauben …“ Sure 49, Vers P u. H 15. Hierin handelt es sich um eine eigene Interpretation von Gh, die im Zusammenhang mit seiner ethischen Schilderung steht. 71 „Übe Nachsicht …“ Sure 7, Vers P 199, H 198. Das bedeutet: Die Unterlassung jeglicher Art von hartem Benehmen im Umgang mit den Menschen bezüglich der verschiedenen Arten von Rechts. Bei Sunnı¯ten und Schi2ı¯ten enthält der Vers die Summe aller ethischen Verhaltensregeln, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 15, S. 95 ff. 72 „Das bedeutet, daß du dem verzeihst, …“ ist eine Überlieferung, die es mit diesem Wortlaut in den großen Sammlungen nicht gibt. Wensinck erwähnt jedoch zahlreiche andere Überlieferungen, die die Bedeutung von „Verzeihung“, „Güte“ und „Sanftmut“ hervorheben, s. Wensinck, Concordance, T. III, S. 12 ff., Bd. IV, S. 263 ff. Mit diesem Wortlaut erwähnt sie at-Tabarı¯ in seinem Koran˙ kommentar bei seiner Auslegung zu diesem oben erwähnten Vers, s. ˙Korankommentar, Bd. 9, S. 155; s. f. al-Alu¯sı¯, Korankommentar, Bd. 9, S. 147; ar-Ra¯sı¯, Bd. 15, S. 96; ih. (Wiederbelebung …), ˙ Bd. 3, S. 153. 73

„Was meinst du wohl …“ Sure 45, Vers P 23, H 22. Bei dem Kommentar zu diesem Vers erwähnt al-Alu¯sı¯ eine Überlieferung von dem Mystiker Sahl at-Tusturı¯ (gest. 283 n. H./ 896 n. Chr.), die lautet: „In der Befolgung deiner Neigung liegt die Krankheit und in ihrem Widerstreben deine Heilung.“, s. al-Alu¯sı¯, Korankommentar, Bd. 25, S. 152. at-Tabarı¯ beschreibt denjenigen, der seiner ˙ ˙ Religion Neigung nachgeht, wie folgt: „Er ist ein Mensch, der seine mit seiner Neigung umtauscht, der lediglich verwirklicht, was ihm die Neigung dektiert, deshalb weil er keinen Glauben an Gott besitzt, er befolgt nicht die Verbote Gottes. Ferner denkt er nicht an die Ermahnung Gottes, so daß er die Lehre zieht, nachdenkt und sich von dem Licht Gottes leiten läßt.“, s. at-Tabarı¯, Koran˙ ˙ kommentar, Bd. 25, S. 150 f. 74 „(Er) folgte seinen (persönlichen) Neigungen …“ Sure 7, Vers P 176, H 175. Der Vers bei den Korankommentatoren at-Tabarı¯ u. al-Alu¯sı¯ beschreibt den Zustand eines Menschen, der in sein ˙ ˙ ist. Ob er ermahnt wird oder nicht: sein Zustand bleibt unverändermaterielles Leben versunken lich, ähnlich wie der eines Hundes: „Der hängt seine Zunge heraus, du magst auf ihn losgehen oder ihn (in Ruhe) lassen.“, so geht die Beschreibung weier, um die Unbekümmertheit eines solchen Menschen zu schildern, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 9, S. 127 ff.; al-Alu¯sı¯, Bd. 9, S. 130 ff. ˙ ˙ Feinde …“ ist eine Überlieferung, deren Quelle Gh selbst ist. Sie 75 „Der feindseligste aller deiner befindet sich nicht in einer der Großsammlungen, s. Wensinck, Concordance, T. IV, S. 157 ff., VI, S. 507. Jedoch erwähnt Wensinck einige Überlieferungen, die mit dieser übereinstimmen, wie: „Ich nehme meine Zuflucht bei Gott vor dem Bösen jeder Seele.“ u. „Wir nehmen unsere Zuflucht bei Gott vor den bösen Taten unserer selbst.“, s. Wensinck, Concordance, T. I, S. 507. Im Koran befinden sich zahlreiche Stellen, die dazu auffordern, die Übermacht der eigenen Leidenschaft zu bekämpfen, s. z. B. Sure 4, P 135, H 134; 38, P 26, H 25; 79, P u. H 40; 28, P u. H 50 usw. 76 „Wenn aber einer den Rang seines Herrn gefürchtet hat …“ Sure 79, Vers P u. H 40. Dazu meint der Korankommentator at-Tabarı¯: Mit Ehrfurcht ist die Verantwortung vor Gott am Jüngsten Tag ˙ ˙ den Menschen dazu, seine Leidenschaften zu zügeln, und durch ihre gemeint. Die Ehrfurcht treibt Erziehung mit Geduld und Askese zu zähmen, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 30, S. 48; s. f. ˙ ˙ al-Alu¯sı¯, Bd. 30, S. 36. 77 In diesem Abschnitt wie auch in den nächsten Kapiteln versucht Gh zu zeigen, daß der Mensch ein erziehbares Wesen ist, so daß er seinen Trieben gegenüber Herr werden kann. Ziel der Erziehung ist die Mäßigkeit, welche die Voraussetzung für die Erlangung der „Weisheit“ ist. Der Mensch, sofern er Mensch ist, ist er mit Veranlagungen ausgestattet, die jeder in seiner eigenen Person erkennt und zugibt. Diese Veranlagungen sind Merkmale des Menschseins, das heißt, sie können nicht ignoriert und in der Weise unterdrückt werden, daß sie schließlich getilgt werden. Lediglich können solche Antriebe in der Weise erzogen werden, daß die Vernunft sie leiten kann. 78 Die Analogie zwischen Mensch „mikrokosmos“ und Welt „makrokosmos“ wird von islamischen Denkern im Mittelalter gezogen, wie hier an dieser Stelle bei Gh der Fall ist. Hier be-

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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zeichnet er den Menschen als „makrokosmos“ (2a¯lam kabı¯r), auch wenn er der Gestalt nach klein geschaffen ist, da er über viele Fähigkeiten verfügt. Über diese Fähigkeiten in diesem Zusammenˇ urg ˇ arı¯f al-G ¯ li 3bn-Muhammad asˇ-S ˇ a¯nı¯ (1339–1413 n. Chr.) in seinem Werk: athang reflektiert 2A ˙ ta2rı¯fa¯t (Buch der Begriffsbestimmungen), indem er den Menschen seinen Fähigkeiten nach wie folgt bestimmt: 1. Von seinem Geist und seiner Vernunft her ist der Mensch ein geistiges Werk (wört. ein Buch), welche die Hauptschrift „um al-kita¯b“ genannt wird. 2. Vom Herzen her ist er eine aufbewahrte Tafel (arab. al-lauh al-mahfu¯z), worin das niedergeschriebene und aufgehobene ˙ vornehme ˙ ˙ Blätter, welche nur die Menschen auffassen, um festgehalten wird. Der Mensch ist wie ihre Geheimnisse zu erkunden. Das ist der vollkommene Mensch. Das Verhältnis der ersten Vernunft zu der großen Welt und ihrer Wahrheit ist wie das Verhältnis der menschlichen Seele zu dem Körper und seinen Kräften, s. Gh, al-ma2a¯rif al-2aqlı¯ya (Die rationalen Erkenntnisse), arab., hrsg. v. 2Abdel-Karı¯m al-2Utma¯n, Damaskus, da¯r al-fikr, 1963, S. 36. Die menschliche Seele ist das Herz ¯ der großen Welt, ebenso wie die Vernunft der Kern des Menschen ist. Deswegen wird die Welt der ˇ urg ˇ a¯nı¯, at-ta2rı¯fa¯t, Kairo: da¯r ar-rasˇa¯d, 1991, S. 39 f. große Mensch genannt, s. al-G Diese teils realistische, teils idealistische Vorstellung von dem Menschen beruht zum Teil auf dem Koran, in dem die Analogie zwischen dem Menschen einerseits und den übrigen Lebewesen, Tieren und Vögeln andererseits vollzogen wird. So spricht der Koran wie folgt darüber: „Und es gibt kein Tier auf der Erde und keinen Vogel, der mit seinen Flügeln fliegt, ohne daß es Gemeinschaften (umma) wären gleich euch (Menschen) …“ Sure 6, P u. H 38. Die Gattung oder die Art der Lebewesen sind wie die Gattung Mensch mit besonderen Eigenschaften und Merkmalen ausgestattet. Mit der Schrift oder „die aufbewahrte Tafel“ ist das Gesetz der Schöpfung gemeint, s. S. Qutb, Korankommentar, Bd. 7, S. 60; as-Sa¯bu¯nı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 60. ˙ wie al-G ˙ ˇ urg ˇ a¯nı¯ denkt N. v. Kues ˙(1401–1464 Ähnlich n. Chr.). Bei ihm weisen Mensch und Universum eine gemeinsame Struktur auf, s. H. Holzhey, Makrokosmos/Mikrokosmos II, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Darmstadt, Wiss. Buchgesellschaft 1980, Bd. 5, S. 643 ff.; s. f. Gh, mi2ra¯ˇg as-sa¯likı¯n (Der Aufstieg der Frommen), Bairut: da¯r al-kutub al-2ilmı¯ya 1986, S. 103. 79 „Gott hat diejenigen, die mit ihrem Vermögen …“ Sure 4, Vers P 95, H 97. Unzählige Stufen von Belohnungen im Jenseits verspricht Gott im Koran demjenigen, der Opfer auf seinem Wege und der Erhöhung seiner Befehle aufbringt, sei es durch seine eigene Person, sei es durch eigenen Reichtum. Die Gläubigen, die dies tun, sind bevorzugt als diejenigen, die gar nichts tun oder aus irgendeinem Grund verhindert sind, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 5, S. 229 ff. ˙ diesem Wortlaut existiert diese Überlieferung nach 80 „Wir sind von dem kleinen ˇgiha ¯ d …“˙ Mit Wensinck nicht in den Großsammlungen. Eine andere Überlieferung von gleicher Bedeutung ˇ a¯hid) ist derjenige, der gegen seine eigene Person kämpft.“, lautet: „Der (wirkliche) Kämpfer (mug s. Wensinck, Concordance, T. I, S. 389; at-Termidı¯, Bd. 7, S. 123; ibn-Hanbal, Bd. 6, S. 20, 22; Gh, ¯ ˙ ih., Bd. III, S. 57. 81˙ „Welcher Kampf ist besser, …“ befindet sich mit diesem Wortlaut in keiner der Großsammlungen. Stattdessen werden von Wensinck mehrere andere Überlieferungen erwähnt, die diese Bedeutung ausdrücken, wie z. B.: „Derjenige, der (wahrhaftig) für die Angelegenheit Gottes kämpft, ist der, welcher gegen seine eigene Seele kämpft.“, s. Wensinck, Concordance, T. I, S. 389; s. f. ibn-Han˙ bal, Sammlung, Bd. 6, S. 20, 22, wo diese und ähnliche Überlieferungen erwähnt werden. 82 „Der Starke ist nicht derjenige, der im Ringen siegt, …“ wird in mehreren Großsammlungen erwähnt, wie z. B. in al-Bucha¯rı¯’s Sammlung, s. Bd. VII, S. 99; Wensinck, Concordance, T. III, S. 79. Drei Analogien führt Gh in diesem Kapitel an, um das Verhältnis zwischen „Seele, an-nafs“, „Körper, al-badan“, „Begierde, asˇ-sˇahwa“, „Eifer, al-hamı¯ya“ und „Vernunft, al-2aql“ zu klären. ˙ oberste Organ ist, das die übrigen Kräfte Aus diesen Analogien geht hervor, daß die Vernunft das beherrschen soll. Diese Rolle ist der Vernunft zugeschrieben, um die Harmonie zwischen den übrigen Kräften wie Begierde und Eifer zu erwirken. Dieses Ziel ist so anstrengend, daß es dem heiligen Kampf auf dem Schlachtfeld nahekommt. Belege aus dem Koran und der Überlieferung verdeutlichen weiterhin die Bedeutung und die Notwendigkeit der Rolle der Vernunft in dieser Beziehung und besonders in seiner Beherrschung der übrigen Kräfte. Die Bedeutung und die Rolle der Vernunft setzt Gh in den nächsten Kapiteln fort.

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

„Was meinst du wohl von einem, …“ Sure 45, P 23, H 22. Gh hat diesen Vers im vorangegangenen Kapitel erwähnt, s. D 237 u. Anm. 73. 84 Zu diesem Begriff: „ila¯h“, s. D. B. Macdonald, in: Handwörterbuch des Islam, S. 202 f. Gh erklärt diesen Begriff und entwickelt dabei seine eigene Philosophie, s. „Die Nische …“, PhB, Bd. 390, A 60, S. 27 und die entsprechenden Anmerkungen. Zu dem Begriff „dienen“, s. „Die Nische …“, Anm. 56, S. 71 f. 85 „Bekämpft eure Leidenschaften …“ ist eine Überlieferung, die in keiner der Großsammlungen erwähnt wird. Stattdessen werden in der Concordance von Wensinck andere Überlieferungen erwähnt, die darauf hinweisen, wie die Leidenschaften den Menschen irreleiten und das Verderbnis desjenigen aussprechen, der sich von ihnen leiten läßt. Auch hier gilt die Auffassung, daß Gh selbst die Quelle für eine solche Überlieferung ist, s. Wensinck, Concordance, T. I, S. 389 ff., VII, S. 115 f., so wie Anm. 77. In diesem Zusammenhang lobt der Koran den Widerstand des Menschen gegen seine eigene Leidenschaft, indem er sagt: „Wenn aber einer den Stand seines Herrn gefürchtet und sich nicht erlaubt hat, (persönlichen) Neigungen nachzugehen, ist das Paradies (für ihn) der Ort der Einkehr.“ Sure 79, P u. H 40 f.; über die sprachliche Anwendung des Begriffs „Neigung“ (arab. hawan, pl. ahwa¯3), s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 15, S. 372 f. 86 „Jeder Mensch hat einen Satan …“ ist ˙eine Überlieferung, die nur von ibn-Hanbal in seiner ˙ einem Satan Sammlung erwähnt wird. Dort hat sie folgenden Wortlaut: „Jeder von euch wird von und einem Engel begleitet.‚Die Gläubigen erwiderten: Auch du, O! Prophet? Der Prophet erwiderte: Auch ich, jedoch half mir Gott gegen ihn, so daß er mir Wahres flüstert.‘“, s. Wensinck, Concordance, T. IV, S. 441; ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 1, S. 385; S. Dunya¯ ist der Meinung, daß ˙ mit dem „Satan“ hier die Heftigkeit der Neigung (Leidenschaft) im Menschen gemeint ist, s. D 241, Fußnote. 87 „Jedes Mal, wenn 2Umar …“ ist eine Überlieferung, die sich nach Wensinck bei al-Bucha¯rı¯ befindet, s. Concordance, T. II, S. 506; al-Bucha¯rı¯, Sammlung, Bd. 4, S. 199. Als Beispiel für den siegreichen Kampf gegen die eigene Begierde erwähnt Gh diese Überlieferung von dem Propheten Muhammad über den Kalifen 2Umar ibn-al-Khatta¯b, den zweiten Kalifen ˙ ˙ ˙ Leben dieses Kalifen (regierte von 13 n. H./634 n. Chr.-bis 23 n. H./644 n. Chr.). Tatsächlich war das sehr geprägt von Gerechtigkeit und Toleranz. Dies verdeutlicht sich in seinem Verhalten gegenüber den Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion, sowie zwischen ihnen und den Emiren in den Ländern, die unter seiner Herrschaft standen. Mehrere Beispiele belegen diese Eigenschaf, die kaum von einem Herrscher übertroffen wird. 1. Die Bestrafung seines eigenen Sohnes 2Abd-ar- Rahma¯n ist ein lebendiges Beispiel für eine ausgeübte Gerechtigkeit, auch dann wenn sie ˙ vielleicht übertrieben zu sein scheint, insofern als dieser bei der Ausführung der Strafe wegen Trunkenheit in Anwesenheit des Kalifen starb, die zum ersten Mal von dem Kalifen mit achzig Hieben verordnet wurde. Die Bestrafung wurde von dem Kalifen zum zweiten Mal verordnet, als ¯ s bei seiner Ausführung der Srafe in er erfuhr, daß der Herrscher von Ägypten 2Amr ibn-al-2A ˙ Ägypten gegen seinen Sohn und dessen Freund Abu¯-Sarwa2a Milde gezeigt haben soll. 2. Die ¯ s ist ein weiteres Bestrafung des Sohnes von dem ewähnten Herrscher von Ägypen 2Amr ibn-al-2A ˙ Beispiel. Der Sohn von diesem Herrscher Muhammad verlor gegen einen Ägypter bei einem ˙ Pferderennen die Wette. Muhammad schlug den Ägypter und schrie dabei: „Ich bin der Sohn der ˙ Kalifen in Medina beschwerte, rief er den Emir von Ägypten und Edlen.“ Als sich dieser vor dem dessen Sohn zu sich nach Medina, gab dem Ägypter eine Peitsche und befahl ihm, den Sohn des Emir ebenso zu schlagen. Dabei sprach er seinen berühmten Satz aus: „Wieso versklavt ihr die Menschen, obwohl sie frei geboren sind!“. Er begnügte sich nicht damit, sondern gab dem Kläger die Peitsche und befahl ihm, den Kopf des Emirs selbst damit zu streifen, da der Sohn ohne die ˇ auzı¯, sı¯ra …, S. 130. Der Macht des Vaters eine solche Tat nicht hätte begehen können, s. ibn-al-G Ägypter hielt sich zurück, wobei der Kalif beteuerte, er hätte ihn nicht verhindert, wenn er den Kopf des Emir mit der Peitsche gestreift hätte, s. a. a. O. Weder Rang noch Herkunft spielten bei ihm eine Rolle, wenn es sich um die Durchsetzung von Recht und Ordnung handelt. Insbesonders griff der Kalif hart ein, wenn sich einer seiner Heerführer oder Landesfürsten durch Privilegien auszeichnen wollte und sich über den übrigen Menschen erhebt. Sein Verhalten gegenüber den

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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beiden Heerführern und Besiegern des römischen und des persischen Reiches Kha¯lid ibn-al-Walı¯d und Sa2d ibn-Abı¯-Waqqa¯s liefert uns gutes Anschauungsmaterial. 3. Der erste Erlaß, den der Kalif ˙ kurz nach seiner Amtsübernahme unterschrieben hat, bezog sich auf die Absetzung der Heeresˇ arführung von Kha¯lid ibn-al-Walı¯d und die Enennung seines Stellvertreters Abu¯-2Ubaida 3bn-al-G ra¯h an seiner Stelle mit der Begründung, daß sich Kha¯lid bereichert haben soll. Es half dabei nicht, ˙ Kha¯lid an der Spitze seiner Armee kurz vor der Einnahme von Damaskus im Rag ˇ ab 14 n. H./ daß August 635 n. Chr. stand. Nicht nur enthält der Erlaß des Kalifen die Absetzung von Kha¯lid, sondern die Aufteilung seines Besitzes, seiner Kampfinstrumente, Pferde und sogar seiner Kampfˇ arra¯h. Als der spätere Kalif 2Ali 3bnstiefel mit seinem Stellvertreter Abu¯-2Ubaida 3bn-al-G ˙ Abı¯-Ta¯lib den Kalifen 2Umar nach den Gründen seines Verhaltens gegenüber einem so erfolg˙ reichen Heerführer wie Kha¯lid fragte, erwiderte ihm dieser: „wegen seiner Aufteilung von Geldern auf die Edlen und beredsamen Leute, während er sich aber den Armen vorenthält, s. ibn-Katı¯r, al-bida¯ya … (Die Geschichte …), Bd. 7, S. 117. Es mag sein, daß persönliche Gründe für die ˙Absetzung von Kha¯lid ibn-al-Walı¯d wie Rivalität u. ä. sprechen, jedoch war der Vorwurf der Bereicherung und Veruntreuung von Geldern der offizielle Grund von seiten des Kalifen, s. ebd., S. 115; at-Tabarı¯, ta¯rı¯h … (Geschichte …), Bd. 2, S. 623 ff. ˘ gleichem Rang, das ist der Oheim des Propheten Muhammad Sa2d ˙ ˙ Ein anderer Heerführer von ˙ 635 n. Chr. ibn-Abı¯-Waqqa¯s, der Bezwinger der Perser in der Schlacht von al-Qa¯disı¯ya 15 n. H./ wurde von dem˙ Kalifen heftig gemaßregelt, weil er zwischen ihm als der Herrscher vom Iraq und den Menschen in Ku¯fa Hindernisse baute, die sie von ihren Rechten beraubt haben sollen. Der Kalif erfuhr nämlich, daß Sa2d ein Schloß ähnlich wie eine Festung gebaut hat, das das Schloß von Sa2d genannt wurde. Als der Kalif dies erfuhr, schickte ihm einen Boten, das ist Muhammad ibn˙ der Kalif Maslama mit dem Auftrag, das Tor von Sa2d’s Schloß niederzubrennen. Ferner befahl Sa2d in einem Brief, das Schloß aufzugeben und inmitten der Bevölkerung zu leben, damit sie nicht von ihren Rechten beraubt werden, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 150 f. ˙ Über seine Toleranz im Umgang mit ˙Andersgläubigen wird hier auf zwei wichtige Ereignisse eingegangen: 1. Der Friedensvertrag mit dem christlichen Oberhaupt Safronius, dem Patriarch von Jerusalem, welcher ein Stück Toleranz darstellt, nachdem die Araber Jerusalem im Rabı¯2 II.16 n. H./Mai 639 n. Chr. eingenommen haben. Dieser Friedensvertrag sieht kurz zusammengefaßt folgendes vor: 1. Die Römer sollen sich von der Stadt abziehen. 2. Die Sicherheit wird denen gewährleistet, die mit den Römern die Stadt verlassen wollen. 3. Kirchen, Kreuze, und Besitztümer der Christen werden geschohnt. Ihre religiöse Freiheit wird garantiert. Wer von ihnen die Stadt verlassen will, wird nicht davon abgehalten, dessen Leben und Eigentum bis zum gewünschten Ziel geschützt, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 103 ff. Als der Kalif sich in die al-Aqsa¯ Moschee begab, ˙ jüdischer Rabbiner, der Muslim wurde (s. Anm. 43),˙ daß der Kalif den empfahl Ka2b al-Ahba¯r,˙ ein ˙ für die Muslime zu machen. Der Kalif lehnte diesen Vorschlag ab, und er Fels als Gebetsnische sagte dazu: „Uns wurde al-Ka2ba als Gebetsrichtung befohlen, nicht aber der Fels.“ Er bestimmte die Gebetsrichtung in dem Vorderteil der Moschee, wie sie heute liegt, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 106 f. ˙ ˙die Freiheit bei ihrer Er berücksichtigte den Glauben von Juden und Christen und sicherte ihnen Kulthandlungen. Von Juden und Christen erhielt er den Beinamen: „al-Fa¯ru¯q“, das heißt derjenige, der zwischen Rechtem und Unrechtem unterscheidet. Nach einer anderen Überlieferung erˇ auzı¯, hielt 2Umar diesen Titel von dem Propheten Muhammad, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 267; ibn-al-G ˙ ˙ sı¯ra …, 25 f., 38 f. 2. Seine Haltung gegenüber den˙persischen Bauern ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, auf die der erwähnte Heerführer Sa2d ibn-Abı¯-Waqqa¯s auf seinem Feldzug durch ˙ in ihren Dörfern und auf Persien in Tausenden zugestoßen ist. Auf Befehl des Kalifen ließ sie Sa2d ihren Feldern frei und unbehelligt leben und arbeiten, nachdem sie sich mit ihm vereinbart haben, die Kopfsteuer zu zahlen und dafür ihre Religion behalten zu dürfen, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 117. ˙ ˙ 3. Der Kalif 2Umar lebte in sichtbarer Armut und Askese. So wurde überliefert, daß er sein Hemd an mehreren Stellen flickte und bescheiden speiste, s. ibn-al-Atı¯r, Bd. 4, S. 62 f.; at-Tabarı¯, Bd. 3, ˙ ¯ -Bakr sagt S. 111. Über seine asketische Lebensweise auch im Vergleich zu ¯seinem Vorgänger ˙Abu der Gründer der Omayya¯den Herrschaft Mu2a¯wiya 3bn-Abı¯-Sufya¯n (herrschte zwischen 661–680 n. Chr.): „(Der Kalif) Abu¯-Bakr wollte das Diesseits nicht haben, ebensowenig das Diesseits ihn.

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

Das Diesseits hat sich 2Umar ergeben, er aber lehnte es ab. Wir hingegen versenken uns im Diesseits sowohl äußerlich wie auch innerlich.“, s. ibn-Katı¯r, al-bida¯ya …, Bd. 7, S. 134. 4. Die gegenseitige ¯ von 2Umar ibn-al-Hatta¯b. Dazu sagt er: „Es ist Beratung war das herrschende Prinzip im Kalifat ˘ ˙ ˙ dürfen. Dieses Prinzip Recht der Muslime, daß sie die gegenseitige Beratung (asˇ-sˇu¯ra¯) ausüben wurde besonders bei bedeutenden Entscheidungen verwendet. So rief der Kalif nicht nur bedeutende Persönlichkeiten seiner Zeit, um über den Feldzug gegen Persien zu beraten, sondern auch gewöhnliche Muslime (2a¯mma), bei der Vergabe von Gehältern, und nicht zuletzt bei der Entscheidung, Verwaltungsbüros einzurichten, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 2, 108, 111 f., 277 ff. Ferner bat der Kalif, ˙ angesehene Persönlichkeiten zu sich und ˙fragte, ob sie nach persischer oder römischer Datierung ˇ ra (der Auswanderung des Proschreiben sollen. Sie kamen darüber überein, daß das Jahr der Hig ˇ auzı¯, sı¯ra …, S. 85. Als die Muspheten) als Anfang des islamischen Kalenders zu setzen, s. ibn-al-G lime ihn darum baten, einen Nachfolger zu nennen, führte er die Antwort auf diese Frage auf ein Gremium zurück, das aus fünf bedeutenden Persönlichkeiten besteht. Es sind: 2Ali 3bn-Abı¯-Ta¯lib, ˙ ¯ m. 2Utma¯n ibn-2Affa¯n, Sa2d ibn-Abı¯-Waqqa¯s, 2Abd-ar-Rahma¯n ibn-2Auf und az-Zubair ibn-al-2Awwa ˙ ¯ h als Nachfolger von der Wahl aus mit der Er¯ schloß bei der Wahl seinen eigenen ˙Sohn 2Abdalla Begründung, „daß es der Familie 2Umar ein einziger ausreicht, der vor Gott Rechenschaft über (die Verwaltung der) Angelegenheiten der Gemeinde Muhammad’s ablegen soll, und (von Gott) darüber befragt wird ect.“, s. at-Tabarı¯, Bd. 3, S. 292 ff. Der˙ Kalif 2Umar versteht das Kalifat als Bürde ˙ ˙ Angelegeheit, um dadurch Ansehen und Reichtum für sich und und keineswegs als persönliche seine Familie zu gewinnen. Deshalb schloß er seinen Sohn als Nachfolger aus, s. a. a. O. Es wird sehr weit führen, über die ethischen Grundlagen seiner Herrschaft ins Detail zu sprechen. 88 Abu ¯ -Bakr as-Siddı¯q, 2Abdalla¯h ibn-2Utma¯n, erster Kalif, Nachfolger des Propheten Muhammad ˙ ˙ ¯ Namen 2Abdalla¯h möglicherweise von seinen˙ Eltern, und sein Schwiegervater. Er erhielt seinen aber vielleicht von dem Propheten. Vor seinem Übertritt zum Islam hieß er 2Abdel-Ka2ba. Über seine Bezeichnung „2Atı¯q“ gibt es mehrere Bedeutungen: 1. Sie geht auf den Propheten zurück und hat die Bedeutung „der vom Höllenfeuer freigesprochene“. 2. Sie bezieht sich auf die Schönheit seines Gesichts. 3. Sie ist eine Bezeichnung, die von seiner Mutter stammt, die in al-Ka2ba Gott darum gebeten hat, er möge ihren Sohn am Leben erhalten, da alle ihre Kinder vor ihm starben, s. ibn-al-Atı¯r, usdu 3l-g˙a¯ba …, (Biographien der Prophetengenossen) Bd. 3, S. 305 f. Er ¯ wurde as-Siddı¯q genannt, was bedeutet „der Aufrichtige“, „der Wahrheitsliebende“. Diese Be˙ ˙ geht auf den Erzengel Gabriel und den Propheten zurück, weil er dem Bericht des zeichnung Propheten über seine Nachtreise von Mekka nach Jerusalem und zurück in ihrer Einzelheit ohne jeglichen Zweifel geglaub hat, während andere vom Islam abgetreten, oder an diesem Bericht ˇ ar ordnen ihn unter 2Abdalla¯h gezweifelt haben, s. ibn-al-Atı¯r, Bd. 3, S. 216. ibn-al-Atı¯r und ibn-Hag ˙ ˙ ı¯r und at-Tabarı¯ ihn lediglich ¯ ibn-2Utma¯n, während ibn-Kat mit seinem Beinamen Abu¯-Bakr, wie ˙ ˙ ¯ auch europäische Autoren z.¯ B. Handwörterbuch des Islam, S. 6 ff., Khury u. a., Islamlexikon, S. 37 f.; The Encyclopaedia of Islam, Bd. 1, S. 109. Die ethischen Grundlagen seines Kalifats: 1. Abu¯-Bakr übernahm das Kalifat in einer turbulenten Zeit, während viele arabische Stämme den Islam als Glaube und soziales System ablehnten. Ein Blick in seine wichtigen Reden bei seinem Amtsantritt, die an die Muslime und an die Heerführer gerichtet sind, zeigt vor allem, wie Abu¯-Bakr von festem Glauben, Entschlossenheit und Einsicht war. Anläßlich des Aufstandes arabischer Stämme, kurz vor dem Ableben des Propheten, beschloß der Prophet ein Heer unter der Führung von Usama 3b-Zaid gegen die Römer in Syrien zu entsenden. Abu¯-Bakr setzte diesen Beschluß nach dem Ableben des Propheten in die Tat um trotz des Protests mancher Kameraden und hielt dabei folgende Rede ab: „Ich bin lediglich einer von euch, der mit der Verwaltung eurer Angelegenheit beauftragt wird, obwohl ich nicht der beste unter euch bin. Wenn ich dabei einen Aufrichtigen Umgang mit euch habe, dann folgt ihr mir. Ansonsten, wenn ich vom Koran und der Sunna (Überlieferungen) abweiche, dann berichtigt ihr mich.“ Der Anspruch des Kalifen auf Gehorsam ist nach dieser Rede keineswegs absolut, sondern bedingt durch seinen Gehorsam an Gott und an die Sunna. Weiterhin räumt der Kalif der islamischen Gemeinde das Recht auf Widerstand ein, um den Kalifen zu Recht zu weisen, s. at-Tabarı¯, ˙ ˙ Bd. 6, Bd. 2, S. 460 f.; ibn-Katı¯r, al-bida¯ya wa-3n-niha¯ya (Vom Anfang und Ende der Geschichte), ¯

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S. 301. 2. In derselben Rede betont der Kalif weiter, daß er vor nichts zurückschrecken werde, um das Recht besonders gegenüber dem Starken für den Schwachen durchzusetzen. ¯ s kämpften zur Elf Heere unter elf Persönlichkeiten wie Kha¯lid ibn-al-Walı¯d und 2Amr ibn-al-2A ˙ Unterwerfung des arabischen Widerstandes auf der arabischen Halbinsel, die jede Ecke erfaßte, s. ibn-Katı¯r, Bd. 6, S. 315 ff.; 331. In einer Rede an diese Heere bestimmt der Kalif ihre Aufgaben und ¯ legt Verhaltensregeln für ihr Vorgehen gegen die arabischen Abtrünnigen dar, die sie beachten sollen: „Ihr dürft keinen Verrat begehen, keinen Groll empfinden, keine Hinterlistigkeit, keine Verstümmelung begehen, weder Kinder noch alte Leute oder Frauen dürft ihr töten. Ihr dürft keine Palme abreißen, noch verbrennen, noch Obstbäume abschneiden, und kein Schaaf, noch Kühe oder Kamele abschlachten, es sei denn aus Hungersnot. Ihr werdet bei Menschen vorbeiziehen, die in Mönchszellen leben. Ihr sollt sie bei dem belassen, womit sie sich beschäftigen … etc.“ s. at-Tabarı¯, Bd. 2, S. 463. Achtung vor dem menschlichen Leben, Schutz des Schwachen und nicht ˙ ˙ Toleranz gegenüber Andersgläubigen, sind die Charakterzüge seiner kurzen Herrschaft. zuletzt Als man ihn mit dem Titel: „der Kalif Gottes auf Erden“ auszeichnen wollte, lehnte er dies ab, und sagte: „Ich bin lediglich der Nachfolger des Propheten“. Daraus folgert al-2Aqqa¯d (1889–1964), daß das Kalifat von Abu¯-Bakr weder theokratisch noch oligarchisch, sondern eine Art Demokratie war, s. al-2abqarı¯ya¯t (Die Genien des Islam), Abu¯-Bakr, S. 88. Dies ist ein kurzer Überblick über die Ethik des ersten Kalifen des Islam, dessen Regierungszeit sehr kurz war. Abu¯-Bakr starb ˇ uma¯da¯ II, 13 n. H./ August 634 n. Chr. Seine Kalifatszeit dauerte zwei Jahre, drei Monate und im G einige Tage, s. at-Tabarı¯, Bd. 2, S. 612; ibn-Hagˇar, al-isa¯ba …, Bd. 4, S. 175. ˙ ˙ ˙ des Wissens“, s. „Die Nische ˙ 89 „Das Kriterium der Lichter“, Anm. 25, S. 68. Der Herausgeber der D Ausgabe S. Dunya¯ bemerkt dazu, daß „mi2ya¯r al-2ilm“ (Das Kriterium des Wissens) früher als das „Kriterium des Handelns“ entstanden ist. Dies bedeutet, daß die Logik in jener Epoche verwendet wird, um das Dogma des Islam zu verteidigen oder zu berichtigen. Dies hat zur Folge, daß Gh Zielscheibe einer scharfen Kritik derer wurde, die die Logik als Teil der Philosophie betrachten und in die beiden eine Gefahr gegen das Dogma sehen, s. D 242, Fußnote. 90 „Der Weg ins Paradies …“ ist eine Überlieferung, die sich in mehreren großen Sammlungen befindet, wie z. B. in al-Bucha¯rı¯, s. Wensinck, Concordance, T. I, S. 376, al-Bucha¯rı¯, Bd. 7, S. 186. Dort heißt es mit anderem Wortlaut: „Der Weg zur Hölle wird mit Leidenschaften bedeckt, der des Paradieses mit unangenehmen Dingen.“ 91 „Eine Sache ist euch vielleicht zuwider …“ Sure 4, Vers P 19, H 23. Teil eines Verses, dessen Anfang den Wortlaut hat: „Ihr Gläubigen! Es ist euch nicht erlaubt, Frauen (nach dem Tode ihres Mannes) wider (ihren) Willen zu erben …“ Ursprünglich bezieht sich der Vers auf das Verhältnis zwischen den Eheleuten. Vor dem Islam war es möglich, daß ein Verwandter des verstorbenen Ehemannes das ehelische Leben des verstorbenen Verwandten an seiner Stelle weiterhin fortsetzt, auch ohne Zustimmung der Witwe. Die Witwe aber könnte ihren Willen frei durch Geld erkaufen. Der Islam hat diesen Brauch abgeschafft, und fordert im Koran die Muslime dazu auf, gütig mit den Frauen umzugehen, wie an dieser Stelle der Fall ist. Zwitracht, ja sogar Abneigung dürfen kein Grund für eine Scheidung sein. Denn: „so ist euch vielleicht etwas zuwider, …“ Gh erwähnt diese Stelle aus dem intimen Bereich des Menschen, um zu zeigen, daß nicht jede Abneigung mit unangenehmen Folgen verbunden sein soll. Das zweite Beispiel nimmt Gh aus dem sozial-politischen Bereich aus, das in der Erörterung des nächsten Verses dargelegt wird, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 10, S. 10 ff. 92 „Aber vielleicht ist euch etwas zuwider, …“ Sure 2, Vers P 216, H 213. Es ist ein Teilvers, dessen Anfang wie folgt lautet: „Euch ist vorgeschrieben, (gegen die Ungläubigen) zu kämpfen, obwohl es euch zuwider ist …“ Bei der Interpretation des Verses ewähnt at-Tabarı¯ die Meinung vieler ˙ ˙ Traditionalisten, daß die Pflicht zu kämpfen lediglich auf die Kameraden des Propheten beschränkt ist. Es ist also keine individuelle- (fard 2ain), sondern eine Kollektivpflicht (fard kifa¯ya), ˙ ˙ es sei denn, daß das Land der Muslime von Feinden überfallen ist, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, ˙ ˙darin, daß der Kampf mit Bd. 2, S. 344 ff.; s. f. ar-Ra¯sı¯, Bd. 6, S. 25 ff. Der gemeinsame Sinn besteht der möglichen Aufopferung der eigenen Person für den Menschen zuwider ist. Es kann aber mit guten Folgen wie Sieg oder Märtyrertod enden.

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Zwar leitet die Vernunft den Menschen durch wahrhaftige Argumente, jedoch ist die Wahrhaftigkeit der Vernunftargumente bedingt durch die göttliche Mitwirkung, durch das Licht Gottes, wie sich Gh ausdrückt, die einmal durch Selbstanstrengung (z. B. durch Gottesdienste), einandermal durch Beratung von seiten der Frommen. Gh weist der Vernunft eine fast unfehlbare Autorität zu, schränkt diese Autorität gleich durch göttliche Orientierung ein. Denn der Mensch befindet sich im ständigen Kampf zwischen Vernunft und Leidenschaft. In diesem Kampf braucht er „Verbündete“. Nichts besseres gibt es als „Verbündete“ außer Gott und seinen Vertrauten, wie Gh in diesem Teil dieses Kapitels und mit Belegen aus dem Koran darzustellen versucht. Dadurch erkennt man die Funktion der „gläubigen Vernunft“ in der Ethik von Gh. 94 „Gott ist der Freund derer, …“ Sure 2, Vers P 257, H 258. at-Tabarı¯ bezieht den Begriff „Fin˙ sternis“ hauptsächlich auf den „Unglauben“ und „Licht“ auf den˙ „Glauben“, wohingegen al-Alu¯sı¯ beide Begriffe erweitert. So bezieht sich bei ihm der Begriff „Finsternis“ auf die „Sünden“ und „Licht“ auf „die Gottesdienste“. Der „Unglaube“ und die „Sünden“ bedecken die Scharfsichtigkeit des Menschen, während der „Glaube“ und „die Gottesdienste“ heben diese Decke auf. Somit wird der Mensch durch das Licht Gottes geleitet, s. at-Tabarı¯, Bd. 5, S. 424; al-Alu¯sı¯, Bd. 3, S. 14. ˙ ˙ ar-Ra¯sı¯ erwähnt in diesem Zusammenhang eine interessante Meinung, daß die Liebe Gottes alle Menschen umfaßt, besonders aber die Gläubigen, s. Korankommentar, Bd. 7, S. 18. Er erwähnt ferner eine Auseinandersetzung zwischen den Sunnı¯ten und den Mu2tazilı¯ten über die Bedeutung der Mitwirkung Gottes bei der Leitung des Menschen zum Glauben, auf die hier nicht eingegangen werden kann, s. S. 18 ff. 95 „Hast du nicht gesehen, …“ Sure 14, Vers P 24 ff., H 29. Nach verschiedenen Überlieferungen ist mit dem guten Baum die Palme gemeint. Die Analogie besteht darin, daß der Gläubige durch seine Aufrichtigkeit, gute Worte und Handlungen wie die Palme, deren Wurzeln tief in den Boden hineingehen und ihre Krone in den Himmel ragt und jährlich oder halbjährlich gute Früchte (Datteln) auf den Boden wirft. Es kann auch der Feigenbaum, oder jeder Früchtetragende Baum gemeint sein. Die vielen Überlieferungen aber beziehen sich auf die Palme. Unter „gutem Wort“ verstehen die Korankommentatoren folgendes: 1. Das Bezeugen, daß es keinen Gott außer Gott gibt. 2. Der Koran. 3. Jedes gute Wort. 4. Die Lobpreisung Gottes. 5. Alle guten Handlungen. Unter „schlechtem Wort“ ist zu verstehen: 1. Jede Aussage, die den Unglauben beinhalten. 2. Die Lüge. 3. Jede Aussage, die gegen Gott gerichtet ist. Unter „schlechtem Baum“ führen die Koranexegeten mehrere Bedeutungen auf: 1. Kürbisgewächs. 2. Knoblauchbaum. 3. Dornbusch. 4. Jeder Baum, dessen Früchte schlecht sind. Die erste Bedeutung wird von vielen Überlieferungen belegt, s. al-Alu¯sı¯, Korankommentar, Bd. 13, S. 213 f.; 215; at-Tabarı¯, Bd. 13, S. 203 ff.; ar-Ra¯sı¯, Bd. 19, ˙ sprachliche Grundbedeutung. S. 116 ff. Damit behält die philosophische Bestimmung ˙die 96 „Wenn über diejenigen, die gottesfürchtig sind, …“ Sure 7, P 200 f., H 199 f. „Erscheinung für „ta¯3if“ und „taif“ heißt ursprünglich „Berührung“ mit dem Satan, das heißt „Besessenheit“ von ˙ s. ibn-Manz ˙ u¯r, lisa¯n …, Bd. 9, S. 228, im Sinne von umhergehen, – streifen; Hans Wehr, Araihm, ˙ bisches Wörterbuch, S. 518. Mit „ta¯3if“ und „taif“ wird der Vers überliefert, und sie haben beide die ˙ Begriff ˙für „Zorn“ verwendet, das heißt, wenn du von „Zorn“ gleiche Bedeutung. Dann wurde der überfallen wirst, dann suche die Zuflucht bei Gott. Nach einer anderen Überlieferung bedeutet der Begriff „Fehltritt“, s. at-Tabarı¯, Bd. 9, S. 157 f. F. Rückert gibt den Begriff im Deutschen mit ˙ ˙ Der Koran, S. 107. Ebenso der englische Übersetzer A. Arberry, „Reizung“ wieder, s. F. Rückert, der den Begriff mit „Provocation“ übersetzt, s. The Koran, the World Classics, Oxford: University Press 1985/86, S. 167. 97 „Leidenschaft, s ˇ ahwa, pl. sˇahawa¯t, asˇhiya u. sˇuhan“, sprachlich: ein heftiger Wunsch und eine seelische Kraft, welche verursacht, daß der Mensch für sich das wünscht, was von materiellen Genüssen vorhanden ist, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 14, S. 445; al-mu2gˇam al-wası¯t, Bd. 1, S. 498. ˙ ˇ urgˇa¯nı¯ bestimmt den Begriff als˙ eine seelische Bewegung, welche den Menschen al-G zu einem ˇ bestimmten Ziel hinbewegt, s. al-Gurgˇa¯nı¯, at-ta2rı¯fa¯t, S. 135. „Neigung, hawan, Pl. ahwa¯3“: eine Handlung, die gegen die Vernunft gerichtet ist oder sinnlos ausgeübt wird, wie ibn-Manzu¯r in seiner Interpretation des koranischen Verses P 43, H 44, Sure 14 meint: „mit leeren Herzen“,˙H „ödem Herzen“, daß die Frevler am Jüngsten Tag „ohne Verstand“

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vortreten, so daß sie aus Angst nicht begreifen, oder in ihrem Benehmen „herzlos“ sind, s. lisa¯n …, Bd. 15, S. 370. Im Sprachgebrauch des Korans wird der Begriff im Gegensatz zu „Rechtleitung“ im Zusammenhang des Glaubens, „arab. ı¯ma¯n“ und im Gegensatz zur „Gerechtigkeit“ in bezug auf das soziale Verhalten verwendet. So warnt der Koran davor, „persönlichen Neigungen“ zu folgen, weil sie zum „ungerechten Verhalten“ führen: „und folgt nicht der „persönlichen Neigung“, (anstatt) daß ihr gerecht seid …“ (Sure 4, Vers P 135, H 134). Im allgemeinen wird derjenige, der seinen Neigungen entsagt, mit dem Paradies belohnt: „Wenn aber einer den Stand seines Herrn gefürchtet, und sich nicht erlaubt hat, (persönlichen) Neigungen nachzugehen, ist das Paradies (für ihn) der Ort der Einkehr.“ Sure 79, Vers P u. H 40 f.; s. f. Sure 38, Vers P 26, H 25; 53, P u. H 3; 28, P u. H 50, um sich mit einigen wichtigen Stellen zu begnügen. 1. „Leidenschaft“ wird im Sprachgebrauch des Korans als ein heftiger Wunsch bestimmt, der sowohl körperlich wie auch geistig sein kann. Der Koran beschreibt die Ziele, die bei dem Menschen solchen heftigen Wunsch erwecken können, wie folgt: „Den Menschen erscheint es herrlich (all das) zu lieben, worauf man Lust hat, Frauen, Söhne, (ganze) Zentren von Gold und Silber, markierte Pferde. Das (alles) ist aber nur für den (kurzen) Gebrauch im diesseitigen Leben bestimmt. Doch bei Gott gibt es (dereinst) eine schöne Einkehr …“ Sure 3, Vers P 14, H 12. Gott ist nach einer Meinung der Urheber dieser Bewegung, insofern er dem Menschen bestimmte Antriebe mitgegeben hat, die ihn dazu hintreiben. Der Koran erwähnt verschiedene Aspekte, die fast den gesamten Lebensbereich des Menschen in individueller wie auch in sozialer Hinsicht umfassen. Jedoch weist er darauf hin, daß dies ein diesseitiger und vorläufiger Genuß ist, wohingegen der wahrhaftige Genuß derjenige ist, welcher mit Rücksichtnahme auf den Glauben an Gott und das Jenseits gebunden ist. Die Eigenschaft der Menschen, die einen solchen Glauben besitzen, hat der Koran im folgenden Vers beschrieben: „… die geduldig und wahrhaftig und (Gott) demütig ergeben sind, und die Spenden geben und in der Morgendämmerung (…) um Vergebung bitten.“ (Sure 3, Vers P 17, H 15). Als der Kalif 2Umar (s. Anm. 87) diesen Vers las, sagte er: „Wir können uns nur darüber freuen, was Gott für uns von Schmuck (des Diesseitigen Lebens) geschenkt hat. Gott möge uns dazu bewegen, ihn in seinem rechten Maß zu gebrauchen, s. al-Bucha¯rı¯, Bd. 7, S. 176. Der Koran verwirft also lediglich das Überschreiten des rechten Maßes beim Befriedigen menschlicher Antriebe, die auf Leidenschaften beruhen, s. ibn-Katı¯r, Korankommentar, Bd. 1, ¯ S. 51 ff.; S. Qutb, Korankommentar, Bd. 3, S. 57 ff. 2. In der muh˙ammedanischen Überlieferung wird „Leidenschaft“ arab. „sˇahwa“ auch in diesem ˙ seelischer Vorgang verstanden, der die körperorgane zu einem bestimmten Zweck Bereich als ein in Bewegung setzt. Sie kann den Menschen dazu bewegen, sich gegen die göttliche Bestimmung frevelhaft zu verhalten. Vor allem sexuelle Begierde führt bei übermäßiger Leidenschaft zur Unzucht. In diesem Zusammenhang sagt der Prophet Muhammad: „Gott weiß schon, wie sich der ˙ sexuell begehren. Die Zunge frevelt, Mensch frevelhaft verhält: Die Augen freveln, indem sie indem sie darüber spricht. Die Seele begehrt und verhält sich leidenschaftlich. Die sexuelle Leidenschaft bewegt sich dementsprechend, je nach dem, wie sich der Mensch entscheidet.“, s. alBucha¯rı¯, Bd. 7, S. 214. Der Vollzug der Handlung hängt von dem Grad des Begehrens ab, das heißt, wie heftig die Leidenschaft ist. Leidenschaft ist nicht nur materiell, sondern sie kann auch geistiger Natur sein. Der Prophet antwortet auf die Frage eines Bedwinen, der die Schönheit sogar in der Schlinge seiner Schuhe liebt, mit den Worten: „Gott ist schön, und er liebt die Schönheit.“, s. ibn-Hanbal, Bd. 4, S. 151. ˙ die Sehnsucht nach ihrer Der höchste Genuß ist das Anschauen der göttlichen Anwesenheit und Begegnung, s. ibn-Hanbal, Bd. 5, S. 191. Deswegen empfiehlt der Prophet die Erinnerung an den ˙ Tod, welcher uns dahinführt, und warnt seine Gemeinde vor den Übeln der Leidenschaften, besonders vor denjenigen, die sich auf den Magen und die Sexualität beziehen, s. ibn-Hanbal, Bd. 4, ˙ verbunden S. 430. Er betont ständig, daß der Hölleneingang mit leidenschaftlicher Verfehlungen ist, und der zum Paradies durch Enthaltsamkeit und Selbstanstrengung erreichbar ist, s. adDa¯ramı¯, Bd. 2, S. 245. Leidenschat ist demnach eine Befriedigung der in uns von Gott geschaffenen Antriebe und Kräfte,

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

welche zu einer Überschreitung der gesetzlichen Bestimmung des Islam führen könnte. Denn eine Befriedigung im Rahmen dieser Bestimmung ist gestattet. Für die Selbstbeherrschung bei Wut wird der Mensch durch Bestärkung des Glaubens belohnt, s. ibn-Hanbal, Bd. 1, S. 327. Besonders das Fasten und die Beschäftigung mit dem Koran tragen dazu ˙ Leidenschaften zu erziehen und ihre übermäßige Forderung in Schranken zu halten, s. bei, die al-Bucha¯rı¯, Bd. 2, S. 226; ibn-Hanbal, Bd. 9, S. 216. ˙ 3. „Leidenschaft“ bei Gh ist eine Fähigkeit im Menschen, welche als Aspekt der motivierenden Kraft den Menschen zu einer Handlung führt, von der er glaubt, sie sei zweck des Genusses notwendig oder nützlich, s. D 201. An zweiter Stelle nach der Denkfähigkeit steht die Fähigkeit zum Begehren, welche in der Weise erzogen werden soll, daß sie jener gehorscht, s. D 233. „Neigung, al-hawa¯“ und „Leidenschaft, asˇ-sˇahwa“ gehören zusammen, wie an dieser Stelle der Fall ist. Die Leidenschaft ist eine tadelnswerte Neigung. Die lobenswerte ist eine Fähigkeit, die Gott in den Menschen hineinlegte, um die Bedürfnisse seines Körpers in der erlaubten Weise zu befriedigen, wodurch entweder die Erhaltung des Individuums oder die der Gattung erreicht wird, s. D 246. Der Lob des Islam für die gute Gesinnung und für die Beherrschung der Leidenschaften ist an mehreren Stellen des Korans zu lesen, worauf Gh Bezug nimmt, s. D 234. In dieser Unterscheidung zwischen Leidenschaft und Neigung folgt Gh der koranischen Begriffsbestimmung, welche davor warnt, der Neigung nachzugehen: „und folgt nicht der Neigung „alhawa¯“, anstatt, daß ihr gerecht seid!“, s. Sure 4, Vers P 135, H 134, wobei H den Begriff „Leidenschaft“ verwendet. Im allgemeinen wird derjenige, der seinen Neigungen absagt, mit dem Paradies belohnt: „Wenn einer aber den Stand seines Herrn gefürchtet und sich nicht erlaubt hat, Neigungen nachzugehen, ist das Paradies der Ort der Einkehr“, s. Sure 79, Vers P u. H 40 f.; s. f. 28, P u. H 50, um sich lediglich mit einigen wichtigen Stellen zu begnügen. An diesen und ähnlichen Stellen wird derjenige, der seinen Neigungen (od. Leidenschaften) befolgt, verurteil, weil er ungerechterweise handelt. Die Befolgung der Neigung steht im Widerspruch zur „Rechtleitung“ in bezug auf den Glauben und gegen die „Gerechtigkeit“ in bezug auf das ethische Verhalten, wie es aus diesem Kapitel hervorgeht. „Enthaltsamkeit, al-2iffa“ ist die Tugend der Begierde, s. D 264 f. Die Erziehung der Begierde bedeutet, daß sie – wie bereits erwähnt – dem „Denkvermögen“ leicht und mühelos gehorcht, das heißt, daß ihre An-und Ausspannung sich nach der Anweisung des Denkvermögens richten, D 269 f. Die „Enthaltsamkeit, al-2iffa“ ist von zwei Lastern umgeben, nämlich der Gier, asˇ-sˇarah und der Apathie, humu¯d asˇ-sˇahwa“, welche Gh an dieser Stelle erörtert. ˘ „Die Vollkommenheit liegt nur im mittleren Maß, al- i2tida¯l, mesth@“, dessen Kriterium die Vernunft und das islamische Gesetz sind“, s. D 270. Diese beiden sind die Grundlagen der islamischen Ethik, wie sie sich Gh im Gegensatz zu der aristotelischen vorstellt, s. f. „Die Nische …“, A 85 ff. 98 „Gott hat die Schöpfung und die Schicksalsbestimmung vollendet.“ ist Teil einer Überlieferung, die nach Wensinck in der Sammlung von ibn-Hanbal vorhanden ist. Sie lautet dort in voller Länge: ˙ schrieb er auf seinen Thron: ‚Meine Barmherzig„Nachdem Gott die Schöpfung vollendet hatte, keit überwiegt meinen Zorn.‘“, s. Concordance, T. V, S. 122; ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 2, S. 466; ˙ die Auffassung, daß die Anaal-Bucha¯rı¯, Bd. 4, S. 73, mit verändertem Wortlaut. Gh vertritt hier logie zwischen „halq“ Schöpfung und „huluq“ der ethischen Gesinnung in Bezug auf die Unver˘ ist. Die Begründung˘ dafür führt er in diesem Kapitel aus. änderlichkeit falsch 99 „Verbessert eure Gesinnung …“ wahrscheinlich Teil einer Überlieferung, die, wie die vorherige nicht leicht zu finden ist. Zahlreiche Überlieferungen aber erwähnt Wensinck in seiner Concordance, die auf die Verbesserung der ethischen Gesinnung des Menschen hinweisen, wie z. B.: „Derjenige, der unter den Gläubigen einen vollkommenen Glauben besitzt, ist derjenige, der eine bessere ethische Gesinnung (arab. huluq) besitzt“, s. Abu¯-Da¯wu¯d, Sammlung, Bd. 2, S. 523. Und ˘ guter ethischer Gesinnung um.“, s. ibn-Hanbal, Sammlung, ferner: „Geht mit den Menschen mit ˙ ibn-Manzu¯r, liBd. 5, S. 153; Bd. 4, S. 278; Wensinck, Concordance, T. II, S. 74 f., 94 f. „huluq“; ˘ ˙ sa¯n …, Bd. 13, S. 114.

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1. Über die Heuchelei und das Verhalten der Heuchler gibt es zahlreiche Stellen im Koran, die dies beschreiben, wie Sure 4, P 142, H 141 ff.: „Wenn sie sich zum Gebet aufstellen, tun sie es nachläßig, wobei sie von den Leuten gesehen werden wollen. Ihre Gedanken sind kaum auf Gott eingestellt. Sie schwanken unentschieden zwischen den Parteien (…) weder zu diesen noch zu jenen (…).“ Ihr Verhalten in der Gemeinde steht im Gegensatz zur ethischen Gesinnung (huluq), wie es aus folgenden Stellen hervorgeht: „Sie gebieten, was verwerflich ist, und verbieten, ˘was recht ist, und halten ihre Hand geschlossen (als Symbol für ihren Geiz). Sie haben Gott vergessen, und nun hat (auch) er sie vergessen. Die Heuchler sind die (wahren) frevler …“ Sure 9, Vers P 67 ff., H 68 ff.; s. f. 3, P 167 ff., H 160 ff. Eine ganze Sure widmet der Koran dem Verhalten der Heuchler in dogmatischer und ethischer Weise, das ist Sure 63 (Die Heuchler), arab. „al-muna¯fiqu¯n“. 2. Zahlreiche muhammedanische Überlieferungen erwähnt Wensinck in seiner Concordance, s. ˙ ¯ fiq“. Von diesen Überlieferungen ist folgende zu erwähnen, die keine weiT. VI, S. 523 ff. „muna tere Interpretation braucht: „Wenn drei folgende Charaktereigenschaften im Menschen vorhanden sind, so ist er ein Heuchler: „1. Wenn er spricht, lügt er, 2. Wenn er etwas verspricht, hält er sein Versprechen nicht ein, 3. Wenn man bei ihm etwas deponiert, betrügt er denjenigen, der ihm etwas anvertraut.“, s. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 2, S. 200. ˙ Begriffe: „dihn“, und „tamyı¯z“ für ein und dasselbe Vermögen, wel101 Gh verwendet die beiden ¯ ches im Deutschen mit „Verstand“ wiedergegeben werden kann. Im Lateinischen wird es mit „mens“ und im Griechischen mit „no‰@“, arab. auch „2aql“ übertragen. Es kann hier die Gesamtfähigkeit des Menschen zum Denken, im Unterschied zu den Sinnen, gemeint sein. Zu der Anwendung des Begriffs „dihn“ bei Gh, s. F. Jabre, Essai …, S. 99. Unter „gute Gesinnung,¯ husn al-huluq“ versteht man das Vermögen zum ethischen Verhalten, was ˘ „ein guter Wille“ wiedergegeben werden kann. Beide sowohl ˙ im Griechischen mit „proafflresi@“ „Verstand“ als auch „ein guter Wille“ sind für das ethische Verhalten erforderlich. Auch hier in diesem Kapitel setzt Gh seine Darlegung über die Bedeutung der Gewohnheit „˛jo@, 2a¯da“ fort, die er im vorigen Kapitel behandelt hat. Sie ist für die Befestigung der guten Charaktereigenschaften von großer Bedeutung, s. „ihya¯3 …“, „Wiederbelebung …“, arab., Bd. 4, S. 218 ff. ˙ 102 „taqlı¯da ¯ t, Nachahmungen“, Sing. „taqlı¯d“ von „qallada“ heißt „nachahmen“. Gh meint, daß es eine Art von Erkenntnis gibt, die man durch Eltern, Lehrer und Gesellschaft gewinnen kann, jedoch für die Erlangung der Gewißheit im Glauben und Handeln ungeeignet ist. Für den Glauben sowie für das ethisch bewußte Handeln soll sich der Mensch selbst anstrengen, wobei ihm der klare Verstand hilft. „taqlı¯d“ bedeutet „Nachahmen“, sei es im Erkennen, sei es im Handeln. Es ist nicht geeignet für die Verantwortung des Menschen gegenüber Gott und dem eigenen Gewißen, s. F. Jabre, Essai …, S. 237; Der Erretter …, PhB, Bd. 389, Anm. 7, S. 74. 103 „noch durch wenig überzeugende und unbegründete Ansichten …“ für „tahayyula ¯ t“, von ˘ überzeugend „tahayyala“, was soviel heißt wie „Vorstellungen“, „Imaginationen“. Wenn sie wenig und˘ unbegründet sind, dann bieten sie kaum eine sinnvolle, geschweige denn eine sichere Erkenntnis. 104 „sondern durch entscheidende und Gewißheit vermittelnde Beweise …“ arab. „2an bara ¯ hı¯n qa¯ti2a mufı¯da li-3l-yaqı¯n …“ Das ist die Leistung des guten Denkvermögens. Ein solches Denkver˙ mögen ist in der Lage, zwischen Glückseligkeit und Verdammnis zu entscheiden. Diese Art von Vertrauen verleiht Gh dem menschlichen Verstand. Denn der Verstand (2aql auch Vernunft genannt) führt den Menschen zur sicheren Erkenntnis, und liefert ihm sogar verschiedene Beweise, die ihm von der Wahrheit überzeugen. Gh zeigt in seinem Werk „Der Erretter …“ wie die mathematischen und logischen Erkenntnisse auf solchen Beweisen beruhen, die von der Vernunft geleistet werden. Sie bieten die Grundlage der Überzeugung, s. „Der Erretter …, PhB, Bd. 389, A 23 ff.; „Die Nische …“, A 76 f., wo Gh über die Organe und die Stufen der Erkenntnis spricht. Aus dieser Darstellung ergeben sich drei Hauptquellen der Erkenntnis: 1. Eine sichere Erkenntnis, die auf sicheren Beweisen beruht, deren Quelle die Vernunft (oder der Verstand) ist. Dies ist die mathematische und logische Erkenntnis. 2. Eine Erkenntnis, die auf Nachahmungen beruht, wie die „Informationen“, die man von den Eltern und Lehrern erhält, und sie ohne Reflexion und undurchdacht aufnimmt. 3. Eine Erkenntnis, die subjektiver Natur ist, die auf unvollständigen und

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unklaren Vorstellungen „tahayyula¯t“ beruht, dessen adäquate Beispiele in der Außenwelt fehlen. ˘ Diese beiden Arten von Erkenntnissen vermitteln keine Gewißheit. Gh macht in seinen Werken oft Gebrauch von der ersten Typ der Erkenntnis, besonders der logischen, wie zum Beispiel seine Anwendung des Syllogismus in vielfältiger Weise, der hypothetischen, kategorischen, und disjunktiven etc., s. al-qista¯s al-mustaqı¯m, hrsg. v. Victor Chelhot, welcher es ins Französische unter dem ˙ Balance juste“, Damas 1958. Interessant in diesem Zusammenhang ist es, daß Titel übersetzte: „La Gh dabei keinen Widerspruch zwischen Vernunft und Offenbarung sieht. Im Gegenteil er leitet die fünf Syllogismen aus dem Koran, die unter der Equivalenz und dem hypothetischen Syllogismus fallen. Sogar die Propheten, an deren Spitze Abra¯ha¯m steht, haben sie in ihrem Dialog mit den Heiden verwendet, s. „al-qista¯s …“, arab., S. 46 ff., 67 f.; franz., S. 47 ff., 62; „Der Erretter …“, Anm. 51, S. 89 f.; „Die Nische …,˙A 77. 105 „Ich bin freien Mutes im Gebet“ ist Teil einer Überlieferung, die die Zuneigung des Propheten Muhammads zu den Frauen und zu den Wohlgerüchen ausdrückt, dessen Wortlaut ist: „Mir ist es von˙ eurem Diesseits Frauen und Wohlgerüche lieb gemacht.“, s. Wensinck, Concordance, T. I, S. 405; ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 3, S. 199; 6, 450. Der Sinn dieser Überlieferung besteht darin, ˙ im Vergleich zu den übrigen Dingen an höchster Stelle steht, darunter Frauen und daß das Gebet Wohlgerüche, die von den meisten Menschen bevorzugt werden, und an denen der Prophet auch als Mensch Freude hat. Diese Überlieferung weist ferner darauf hin, welchen Stellenwert das Gebet im Islam hat, s. Sure 14, Vers P 31, H 36; das Abra¯ha¯msgebet in Vers P 35 ff., H 38 ff. Die Bedeutung des Gebets wird im nächsten Vers weiterhin hervorgehoben. 106 „Und suchet Hilfe in der Geduld und im Gebet …“ Sure 2, Vers P 45, H 42. Der Vers enthält eine Aufforderung dazu, die Herrschaftssucht und den Egoismus zu überwinden, s. at-Tabarı¯, ˙ ˙ „das Korankommentar, Bd. 1, S. 259 f. Mit Geduld konnte „das Fasten“ gemeint sein, insofern Fasten“ Geduld bedeutet. Deswegen wird der Monat „Ramadan“ Monat der Geduld genannt, s. a. a. O. Durch die Beschäftigung mit dem Gebet liegt ein Trost für die Abwendung von diesseitigen Verlockungen vor. Es wird überliefert, daß der Prophet Muhammad zum Gebet eilt, wenn er eine ˙ wihtige Entscheidung treffen wollte. Das Gebet verhilft dem Menschen dazu, sich von den Sünden fernzuhalten: „Verrichte das Gebet! Das Gebet verbietet (zu tun), was abscheulich und verwirflich ist. Aber Gottes zu gedenken bedeutet (noch) mehr …“, s. Sure 29, Vers P 45, H 44. Über die erzieherische und ethische Bedeutung des Gebets im Koran, s. Sure 2, P 83, H 77; 14, P 31, H 36; 21, P u. H 73; 22, P 41, H 42; 24, P u. H 37, um sich lediglich mit einigen Stellen zu begnügen. 107 „Wenn du handeln kannst, um die Wohlgefälligkeit Gottes zu erlangen, …“ ist Teil einer relativ langen Überlieferung, die nach Wensinck lediglich bei ibn-Hanbal vorhanden ist, s. Wensinck, ˙ I, S. 307 f. Der Sinn dieser ÜberConcordance, T. III, S. 243; Ahmad ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. ˙ lieferung besteht darin, daß der˙ Weg zur Erreichung des guten Verhaltens und vor allem der Wohlgefälligkeit Gottes sehr lang und voller Schwierigkeiten ist, der vor allem Geduld und Opferbereitschaft verlangt. Diesen Gedanken versucht Gh mit Belegen aus der Überlieferung darzulegen. 108 „Sie ist ein langes Leben …“ ist ein Teil einer Überlieferung, dessen Wortlaut ist: „Wünscht euch nicht den Tod, insofern dessen Aufstieg sehr schwer ist. Denn es gehört zur Glückseligkeit, daß der Mensch lang lebt und sich reuig zu Gott zurückwendet.“ lediglich bei A. ibn-Hanbal, s. ˙ Sammlung, Bd. 3, S. 332; Wensinck, Concordance, T. II, S. 463. 109 „Denn die Menschen befinden sich im Schlaf …“ ist eine Überlieferung, die sich nicht nach Wensinck in den Großsammlungen befindet. Gh ist selbst die Quelle. Sie wird in seiner Schrift: „Der Erretter …“ erwähnt, s. A 10/D 93, Anm. 37, S. 87. 110 Hier in dieser Aufteilung der Tugend unterscheidet sich Gh von Aristoteles dadurch, daß die Einwirkung Gottes bedeutende Rolle beim Erwerb der Tugend hat, s. f. Einleitung, LXIVf. 111 „Denn das Schminken der Augen mit Antimon …“ ist Teil eines Gedichts von Abu-3t-Tayyib ˙ ¯˙, hrsg. al-Mutanabbi3 (915–965 n. Chr.), s. diwa¯n, mit dem Kommentar von Abu-3l-Baqa¯3 al-2Akbarı 2 1956, Bd. 3, S. 87; az-Zabı¯dı¯, ta ¯ gˇ al-2aru¯s (Die Brautvon M. as-Saqqa¯ u. a., arab., Kairo: al-Halabı¯ krone/Sprachlexikon), Bd. 30, S. 323. ˙

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In diesem Kapitel geht es Gh darum, besonders die Bedeutung der göttlichen Einwirkung beim Erwerb der Tugend hervorzuheben. Die Tugend wird nicht nur durch Gewöhnung und Erlernen möglich, sondern auch durch natürliche Veranlagung und göttliche Mitwirkung. Am Beispiel von Johannes und Jesus versucht Gh seinen Gedanken deutlich zu machen. In seiner Schrift: „ihya¯3 ˙ 2ulu¯m ad-dı¯n“ (Die Wiederbelebung der Religionswissenschaften) geht Gh auf dieses Thema ausfürhlich ein. Dort beschreibt er die Wege zur Erlangung der Wissenschaften wie folgt: 1. Durch Beweisführung, das ist der Weg der Gelehrten. 2. Durch Inspiration, ohne zu wissen, wie und woher das Wissen entsteht, das heißt durch Anschauung, das ist der Weg der Gottesvertrauten. 3. Durch das Wissen woher und wie ein solches Wissen zustandekommt, das sind die Propheten, s. ih., Bd. 3, S. 16 ff. Er beschreibt den praktischen Weg, der Weg der Inspiration, der Gottesvertrau˙ „der Su¯fı¯“ sowie im Unterschiede zu dem spekulativen Denken in der Weise, wie er in diesem ten Werk tut,˙ vgl. D 222 ff. 113 „Die Liebe zum Diesseits ist die Hauptsünde“ ist eine Überlieferung, die nicht in der Concordance von Wensink vorhanden ist. Sie wurde von Gh in seinem Werk: „ihya¯3 …“ (Wiederbele˙ Thema erwähnt, s. bung …) mit Quellenangaben und ähnlichen Überlieferungen zu demselben ih., Bd. 3, S. 175 ff. Der Koran enthält viele Stellen, die das Verhältnis des Diesseits zum Jenseits ˙ verdeutlichen, wie z. B.: „Das diesseitige Leben ist nichts als eine Nutznießung, durch die man sich (allzu leicht) betören läßt …“ (Sure 3, P 185, H 182.) „Die Nuznießung des Diesseits ist kurz bemessen. Und das Jenseits ist für die, die gottesfürchtig sind, besser …“ (Sure 4, Vers P 77, H 79.), s. f. Sure 16, Vers P 30, H 32; 18, P 46, H 44. usw. Trotzdem fördert der Koran den Muslim dazu auf, seinen Anteil im Diesseits nicht zu vergessen, wie es im folgenden Vers lautet: „Trachte mit dem, was Gott dir (an Reichtum) gegeben hat, nach der Behausung des Jenseits, aber vergiß (auch) nicht deinen Anteil am Diesseits! Und tu Gutes, so wie Gott dir Gutes getan hat …“ (Sure 28, Vers P u. H 77. 114 „Die Gelehrten sind die Erben der Propheten“ ist Teil einer langen Überlieferung, die man nach Wensinck lediglich bei Ahmad ibn-Hanbal findet, s. Wensinck, Concordance, T. IV, S. 321; A. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. ˙5, S. 196. ˙ Das ist ˙nicht nur ein Hinweis auf den Stellenwert der Gelehrten sondern auch auf ihre Verantwortung für ihre Mitmenschen. Wie die Propheten die Verantwortung für die Rechtleitung der Menschen durch die Offenbarung tragen, so tragen auch die Gelehrten die Verantwortung für ihre Mitmenschen durch ihr Wissen, welche parallel zu der Offenbarung ist. Es muß ein nützliches Wissen sein, das nicht im Widerspruch zu dem Glauben an Gott steht. Somit scheidet ein atheistisches Wissen mit allen damit verbundenen Resultaten sowie Gottlose Wissenschaftler von diesem Vergleich aus, s. in diesem Zusammenhang auch ihya¯3 …, Bd. 1, S. 5 ff., wo Gh über die Bedeutung ˙ des Wissens, den Stellenwert der Gelehrten, die Aufteilung der Wissenschaften usw. spricht. 115 „Kardinaltugenden“, arab. „ummaha ¯ t al-fada¯3il“. Der Begriff kommt erstmals bei Platon vor, s. ˙ Politeia, 427cff., während er bei Aristoteles überhaup nicht auftaucht, s. U. Klein, Kardinaltugenden, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4, S. 695 f. Nicht nur durch die Stoa, sondern auch durch die Übersetzungen arabischer Schriften könnte der Begriff in das Lateinische Mittelalter bei den Scholastikern gelangen, s. a. a. O. In diesem und in den darauffolgenden Kapiteln schildert Gh seine Meinung über die Haupttugenden, ihre Bedeutungen, ihre Gegensätze und ihre Problematik, bei ihrer praktischen Ausführung im Leben des Individuums, wie auch in der Gesellschaft. Die Kardinaltugenden sind nach der Aufzählung von Gh: Weisheit, Tapferkeit, Enthaltsamkeit und Gerechtigkeit. Dies entspricht vier Fähigkeiten im Menschen: Verstand, Wille, Wut und Begierde. Daraus folgt eine ausführliche Betrachtung des Menschen als: 1. Geisteswesen (D 328), 2. Naturwesen (D 310 ff.), 3. Sozialwesen (D 272 ff.), 4. An Gott gläubiges Wesen (D 291 ff.), 5. Daran schließt sich eine ausführliche Darstellung einer Güterlehre, was erlaubt und was nicht erlaubt ist (D 310 ff.), 6. Über die Bedeutung der Vernunft, des Wissens, des Unterrichts, der praktischen Tätigkeiten, Arten und Bedeutung der politischen Betätigung und der Wissenschaften (D 328 ff.; 341 ff.), 7. Über die Bedeutung des Geldes und der Erwerbstätigkeit „der Mensch als homo oeconomicus“ (D 372 ff.), 8. Über wichtige psychische Momente im Leben des Menschen, wie über die

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Gründe der Trauer und die Verneinung der Angst vor dem Tod „der Mensch als endliches Wesen“ (D 388 ff.), 9. Schließlich schildert Gh seine Meinung über die Haltung des Menschen den verschiedenen Lehren und Doktrinen gegenüber. Eigentlich sollte dieses Kapitel der geistigen Tätigkeit des Menschen untergeordnet werden. Gh bevorzugt hier aber, sein Werk damit abzuschließen. Darunter könnte verstanden werden, daß Gh als Warner vor der bloßen Nachahmung, der blinden und fanatischen Anhängerschaft zu dieser oder jener Lehrmeinung auftreten wollte (D 405). Bei einem solchen Aufbau beansprucht die Ethik von Gh ein vollständiges System zu sein. Nach der Analyse des Menschen, Körper und Seele, erfolgt die Analyse seiner Eigenschaften, seiner Neigungen und Antriebe, seiner verschiedenen Tätigkeiten und schließlich Gedanken über dessen Ende. An der Spitze der Kardinaltugenden steht die Weisheit (hikma). Sie ist das höchste Gut, woauf die ˙ hingelangt, s. D 264 ff. Dieses BestreSeele durch ihre Verbindung zu dem Göttlichen zum Guten ben im Menschen wird mit Argumenten der Vernunft und der Religion belegt, s. a. a. O. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Aufteilung der Weisheit durch Gh in mehrere Aspekte, wodurch der Begriff: „ethische Weisheit“, arab. „hikma huluqı¯ya“ hervorgeht, jene Fähigkeit, die sich mit ˘ s. D 266. Die „ethische Weisheit“ ist lediglich ˙ der Lenkung von Zorn und Begierde beschäftigt, eine Eigenschaft der „vernünftigen Seele, an-nafs al-2a¯qila“, wodurch der Mensch die Richtigkeit seiner Handlungen erkennen kann, s. a. a. O. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Versuch von Gh, die eigene Anstrengung des Menschen dabei hervorzuheben, die Kardinaltugenden „ummaha¯t al-fada¯3il“ im praktischen Leben zu verwirklichen und zu zeigen, wie ihre Gegenteile ver˙ mieden werden können, s. D 267 ff. Zum Schluß seiner Analyse der Enthaltsamkeit „al-2iffa“ geht Gh auf die sexuelle Begierde ein und übt dabei Kritik an manchen Mystikern, die die Bedeutung dieser Fähigkeit im Menschen ignorieren, s. D 271 f. Diese Kritik verdeutlicht die Haltung Gh der Mystik und der Mystiker gegenüber. Mystik bedeutet demnach keine Absage an die Welt sowie an das familiäre und gesellschaftliche Leben. Vielmehr steht Gh diesem Leben positiv gegenüber. Diese Haltung beruht auf Aussagen und praktischem Verhalten des Propheten Muhammad, von dem überliefert wird: „Ich ˙ bin unter euch derjenige, der Gott sehr fürchtet, und ehrerbeten, jedoch ich faste und breche mein Fasten, bete und schlafe, und ich heirate die Frauen. Wer sich von meinem Verhalten abkehrt, gehört nicht zu meiner Gemeinde.“, s. Wensinck, Concordance, T. II, S. 275. Dies war seine Antwort auf drei seiner Kameraden, denen die freiwilligen Kulthandlungen des Propheten wenig zu sein schienen. Daraufhin sagt der eine: „Ich werde mein Leben lang ohne Unterbrechung fasten. Der andere meinte, er werde die ganze Zeit beten, ohne zu schlafen. Der dritte beschloß, sein ganzes Leben ehelos zu verbringen.“, s. al-Bucha¯rı¯, Bd. 6, S. 116; Wensinck, Concordance, T. II, S. 275, mit weiteren Quellenangaben. Die oben erwähnte Überlieferung von dem Propheten Muhammad spricht gegen ein übermäßiges ˙ Verhalten bei der Ausführung von Kulthandlungen und weist daraufhin, daß solche Handlungen im Rahmen der Mäßigung und menschlicher Belastbarkeit durchgeführt werden sollen. Im Unterschied zu Platon enthält die Güterlehre bei Gh jenseitige Güter. Die intensive Beschäftigung mit den diesseitigen Gütern macht den Menschen unachtsam in bezug auf die diesseitigen Güter, s. D 291 f. Es gehören ferner zu der Güterlehre von Gh die seelischen Tugenden, die vervollständigt werden sollen, um die jenseitige Glückseligkeit zu erlangen, s. D 294 ff. Dabei werden die sozialen Güter besonders hervorgehoben, s. D 295. Auch die Analyse der göttlichen Güter weist auf einen weiteren Unterschied zu den griechischen Philosophen Platon und Aristoteles hin, s. D 295. Platon und Gh gehen von den Kardinaltugenden aus, die alle einzelnen Tugenden in sich umfassen, jedoch unterscheiden sich beide in ihrer Denkweise dadurch, daß Gh die einzelnen Tugenden auflistet und ihre Laster ebenso in der Weise ausführlich darlegt, daß die Meinung dabei entsteht, hinter dieser Auflistung könnten keine anderen Tugenden und Laster mehr geben, s. D 274 ff. Gh beansprucht damit die Vollständigkeit seiner Ethik, die auf Vernunft und Religion beruht, und deren Ziel die Glückseligkeit ist. Die Weisheit wird von beiden Philosophen Platon und Gh unterschiedlich bestimmt. So wird sie

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bei Gh als die Tugend der Vernunft definiert, und er erwähnt dabei seine Quellen: Koran und Überlieferungen, s. D 264. Platon hingegen bestimmt sie als die erste Erkenntnis, die sowohl zum Wohle der Stadt als auch in ihrem Verhältnis zu anderen Städten führen kann, s. Pol. 428eff. Das Feld dieser Tugend ist bei Gh umfangreicher als bei Platon, da es sowohl das ethische Verhalten des Menschen als Individuum wie auch als Mitglied einer Gesellschaft und als politisches Wesen sowie im Hinblick auf das Jenseits umfaßt, s. D 265 f. Ebenso verhält es sich mit der Besonnenheit (Enthaltsamkeit). Im Verhältnis zu Platon legt er sie ausführlich dar, s. D 269 ff.; Pol. 430cff. Als die Tugend, die auf die sexuelle und die Nahrungsbegierde einwirkt, ist ihre Befolgung das Mittlere zwischen Gier und Apathie. Gh führt im Gegensatz zu Platon die Vorteile des sexuellen Antriebs, um die Fortpflanzung des Individuums zu sichern und die Gattung zu erhalten. Dabei kritisiert er das Verhalten mancher Mystiker, die dies ablehnen, s. D 271. Die Besonnenheit als eine Staastugend bestimmt Platon als die Zusammenstimmung von Herrschern und Beherrschten. Wenn die beiden Schichten miteinander nach den Bedingungen der Besonnenheit zusammenleben, herrscht im Staat Eintracht, s. Pol., 431df. Für beide Denker ist die Gerechtigkeit ein Zustand aller drei Fähigkeiten in ihrer harmonischen Anordnung, entsprechend der erforderlichen Rangfolge auf Dominanz und Gehorsamkeit, s. D 272 f. Beide stimmen miteinander darin über Sinn und Bedeutung der Gerechtigkeit als die Harmonie zwischen den verschiedenen Seelenkräften, Verstand, Begierde und Eifer überein, s. Pol. 440a. Gh hebt aber auch die Bedeutung der Harmonie zwischen den verschiedenen Körperkräften und Instinkten hervor, s. D 272. Auch die Gerechtigkeit bezüglich der ethischen Gesinnung der Seele tritt hier als Merkmal im Konzept von Gh hervor, s. a. a. O. Nach Gh umfaßt die Gerechtigkeit: 1. Die Individualethik, 2. Verkehrsrecht, und 3. Landespolitik., s. D 272 f. Die Bestimmung der Gerechtigkeit als das, wodurch Himmel und Erde aufrechterhalten bleiben (s. D 264), sowie seine ausfühliche Auflistung der Tugenden und ihrer Laster, machen den deutlichen Unterschied zu Platon aus, s. Pol., 427 ff. bis zum Ende des vierten Buches; zur Güterlehre, s. Gh, D 265 ff.; 270 ff.; Platon, Nom., 631bff; G. Picht, Platons Nomoi u. Symposion, S. 117 ff. Auch in der Betrachtung der Herrschaftsstruktur im Staat unterscheiden sich beide Philosophen voneinander. Die Herrschaft des Besseren und Stärkeren kommt niemals bei Gh vor, s. G. Picht, a. a. O. 116 „… und wem da Weisheit gegeben ward, …“ ist Teil eines Verses, dessen Anfang lautet: „Er (Gott) gibt die Weisheit wem er will, …“ Sure 2, P 269, H 272, s. Anm. 66. 117 „Die Weisheit ist ein Gegenstand beharrlicher Suche …“ ist eine Überlieferung, die von mehreren Traditionalisten erwähnt wird, s. Wensinck, T. I, S. 491; at-Termidı¯, Sammlung, Bd. 10, S. 159. ¯ Mehrere Überlieferungen erwähnt Wensinck, die denselben Sinn haben, s. a. a. O. In einer dieser Überlieferungen tritt die Identifikation des Propheten Muhammad mit der Weisheit hervor: „Ich ˙ Somit sieht der Prophet Muhammad bin die Weisheit selbst.“, sagt er, s. at-Termidı¯, Bd. 13, S. 171. ¯ welche auf der Offenbarung beruht, und der ˙ Weiskeinen Widerspruch zwischen der Prophetie, heit, welche grundsätzlich auf die Vernunft gegründet ist, insofern die Prophetie eine der Bedeutungen der Weisheit ist, s. Anm. 115. 118 „Sie (das sind die Gläubigen) sind den Ungläubigen gegenüber heftig, …“ ist Teil eines Verses, dessen Anfang den folgenden Wortlaut hat: „Muhammad ist der Gesandte Gottes. Und diejenigen, die mit ihm (gläubig) sind, sind …“ Sure 48,˙ P u. H 29. Die Barmherzigkeit und die Milde sollen das Verhältnis zwischen den Gläubigen, Tapferkeit und Strenge aber den Ungläubigen gegenüber herrschen, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 26, S. 109 f.; an-Nasafı¯, Bd. 4, S. 164. Gh ˙ nimmt aus der islamischen˙ Geschichte ein lebendiges Beispiel für seine Darlegung der Tapferkeit. Die Sure spricht von dem Sieg der Muslime gegen die arabischen Heiden bei der Eroberung von Mekka im Jahre 8 n. H./629 n. Chr., wo die Tapferkeit der Muslime bei ihrer geringen Zahl die Heiden bei ihrer Mehrzahl jenen entscheidend zum Sieg verholfen hat. 119 „Und es gibt keinen von euch, der nicht zu ihr hinunterkommen würde.“ Sure 19, Vers P 71, H 72. Die Frage stellt sich, ob es mit dem Personalpronomen „euch“ auch Muslime gemeint sind, die mitsamt anderen Menschen in die Hölle „zu ihr hinunterkommen würden.“ Bei den Koranexegeten ist es umstritten, ob gläubige Muslime mit den Ungläubigen in die Hölle vorbeiziehen,

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nach der einen Meinung, oder hineintreten würden, nach der anderen Meinung, s. at-Tabarı¯, Ko˙ ˙ mehreren rankommentar, Bd. 16, S. 108 ff.; ar-Ra¯sı¯, Koankommentar, Bd. 21, S. 242 ff. Denn aus Überlieferungen geht hervor, daß „der gerade Weg, as-sira¯t al-mustaqı¯m, mesth@“ am Jüngsten ˙ ˙ ob ˙ gut oder böse, gehen werden. Je nach Tag über die Hölle aufgelegt wird, worauf alle Menschen, dem, was man in diesem Erdenleben an guten Taten versäumt oder Böses getan hat, fällt man als Strafe an der entsprechenden Stelle in die Hölle, s. at-Tabarı¯, Bd. 16, S. 108 ff., besonders 110 ff., ˙ ˙ 113, wo der Text ein Kernstück der islamischen Eschatologie ausmacht. In diesem Zusammenhang will Gh darauf verweisen, welche Bedeutung „der gerade Weg“, das „mittlere Maß“ im Leben des Muslims hat, und wie schwierig es ist, ihn im praktischen Verhalten zu befolgen, es sei denn durch göttlichen Beistand, s. Einleitung, S. LVIIIff. 120 „Gehe nun einen geraden Weg, wie dir befohlen worden ist …“ ist der Anfang eines Verses, deren Ergänzung lautet: „…, (du) und diejenigen, die mit dir umgekehrt sind (…)! Und seid ihr nicht aufsässig! Er durchschaut wohl, was ihr tut.“ Sure 11, P 112, H 114. An zwei Stellen im Koran kommt dieses Gebot vor. Die zweite Stelle lautet: „Darum ruf (die Menschen auf den Weg deines Herrn), und halte geraden Weg (P: geraden Kurs), wie dir befohlen worden ist, und folge nicht ihren (persönlichen) Neigungen, …“ Sure 42, Vers P 15, H 14. Im ersten Vers stehen die göttlichen Gebote im Mittelpunkt des Gebots. Entscheidend dabei ist das Verbot, sie zu überschreiten, s. at-Tabarı¯ Bd. 12, S. 126. Nach ar-Ra¯sı¯ umfaßt das Gebot: „Gehe nun einen geraden Weg …“ alles, ˙ ˙ dogmatisch ist, sowie das, was sich auf die Verhaltensregeln bezieht. Mit Verhaltensregeln was sind das islamische Recht und die ethischen Regeln gemeint, s. Korankommentar, Bd. 18, S. 70 ff. Nach seiner Ansicht ist dieser Vers eine wichtige Grundlage für die islamische Gesetzgebung, s. a. a. O. Aus der zweiten Stelle geht hervor, daß dem Prophet und seiner Gemeinde befohlen werden, an dem Monotheismus festzuhalten, 2. Er wurde ferner befohlen, der Befolgung der persönlichen Neigungen seiner Anhänger fernzubleiben, und 3. Die Gerechtigkeit auszuüben und seine Anhänger dazu zu ermahnen, sich gerecht zu verhalten, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 25, ˙ ˙ S. 17 f.; ar-Ra¯sı¯, Bd. 27, S. 158 f. 121 „schärfer als die Klinge des Schwertes …“ Diese Beschreibung des geraden Weges tritt in der Überlieferung auf, die at-Tabarı¯ ausführlich in diesem Zusammenhang erwähnt hat, s. Korankommentar, Bd. 16, S. 110. ˙ ˙ 122 „Führe uns auf den geraden Weg …“ Sure 1, Vers P u. H 6. An fünfundvierzig Stellen im Koran kommt der Begriff „der gerade Weg“, arab. „as-sira¯t al-mustaqı¯m“ vor, s. M. F. 2Abdel-Ba¯qı¯, Ko˙ ˙ folgende ˙ ranconcordance, S. 407. Von diesen Stellen sind zu erwähnen: 1. „Dies ist mein Weg „sira¯t“. (Er ist) gerade. Folgt ihm! Und folgt nicht den (verschiedenen anderen) Wegen „subul“, ˙ ˙6, P 153, H 154. 2. Im Zusammenhang mit der Darlegung der Charaktereigenschaften von Sure Abra¯ha¯m: „Gott hat ihn erwählt und auf einen geraden Weg geführt“, Sure 16, Vers P 120 f., H 121 f. „Der gerade Weg“ ist nach Meinung von at-Tabarı¯ (225–310 n. H./839–922 n. Chr.) die ˙ ˙s. Korankommentar, Bd. 1, S. 73 f. Für arRechtleitung Gottes. Das ist auch der Weg des Islam, Ra¯sı¯ (544–606 n. H./1150–1210 n. Chr.) ist der „gerade Weg“ von sehr umfassender Bedeutung. Er bezieht sich nicht nur auf das Dogma des Islam, sondern er umfaßt auch alle Handlungen des Menschen, die Gegenstand der moralischen Beurteilung sind, nähmlich solche aus Leidenschaft und Zorn, s. Korankommentar, Bd. 1, S. 255 ff. Diese ethische Variante entspricht der Meinung von Gh. 123 „Alle Menschen sind tot außer denen, die das Wissen besitzen …“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen nach Wensinck erwähnt wird. Gh gilt als eine Quelle für solche und ähnliche Überlieferungen. Gh erwähnt außerdem zahlreiche Überlieferungen, die die enge Verbindung zwischen Wissen und Handeln beinhalten. Von diesen wird folgendes erwähnt: „Wenn die Menschen das Wissen erwärben würden, vernachlässigen sie aber das Handeln demnach, sich mit bloßer Zunge freundlich begegnen, während sie sich mit dem Herzen hassen und ihre verwandschaftliche Beziehung zueinander brechen, werden sie von Gott verflucht, und er macht sie taub und blind.“, s. ih., Bd. 1, S. 42. Ferner: „Kein Gelehrter ist in Wirklichkeit so, es sei denn, er handelt ˙ gemäß seinem Wissen.“, s. ih., Bd. 1, S. 52; s. f. ih., Bd. 4, S. 322. ˙ ˙ 124 Gh verweist auf die Vielzahl der Ehen (Polygamie) des Propheten Muhammad, die ihn nicht ˙

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von der Anbetung Gottes abbrachte. Der Prophet schloß die Ehe mit dreizehn Frauen, vollzog aber die Ehe mit elf, und als er starb, hinterließ er neun Frauen, s. at-Tabarı¯, ta¯rı¯h … (Geschichte), ˘ ˙ ˙bei jemandem Bd. 2, S. 410. Diese vielen Ehen mit so vielen Verpflichtungen könnte den Verdacht erwecken, Muhammad könnte nicht seinen Verpflichtungen als Prophet nachgehen. Die Haltung ˙ der Muslime diesbezüglich erörtert Gh an dieser Stelle. Es kann nicht hier auf die Einzelehen des Propheten Muhammad und deren Hintergründe einge˙ gangen werden, s. dazu at-Tabarı¯, a. a. O. Man kann die Gründe der Mehrehen des Propheten von ˙ ˙ zusammenfassen: 1. Die Gesetzgebung, 2. Verbreitung und Stärkung islamischer Sicht wie folgt des Islam, 3. Fürsorge und Mitleid. ˇ ahsˇ, die früher die Ehefrau seines Von der ersten Art ist seine Ehe mit seiner Kusine Zainab bint-G ˙ Adoptivsohnes Zaid ibn-Ha¯rita war, um eine solche Ehe zu legitimieren. Ferner soll dadurch ˙ ¯ gezeigt werden, daß Adoptivsöhne und Sorgenkinder nicht die gleiche Stellung wie leibliche Kinder haben, deren Ehefrauen niemals Frauen ihrer Väter sein dürfen. Von der zweiten Art ist seine Ehe mit den Töchtern seiner beiden Gefährten Abu¯-Bakr und 2Umar, die völlig auf seiner Seite standen. Von der dritten Art ist seine Ehe mit Hind bint Abı¯-Umayya3 bn- al-Mug˙ı¯ra, deren Ehemann Abu¯-Salma 3bn-2Abdel-Asad bei Badr gefallen ist, s. at-Tabarı¯, ta¯rı¯h … (Geschichte …), ˘ ˙ ˙ Bd. 2, S. 414. Die Mehrehe des Propheten Muh. stand im Mittelpunk der Kritik. R. Paret meint dazu, daß es ˙ dafür gibt, daß sich der Prophet anders als seine Anhänger mit überhaupt keinen plausiblen Grund Privilegien bei der Überschreitung der Zahl von maximal vier Frauen (s. Sure 4, Vers P u. H 3) ausgezeichnet werden soll. Es gibt – nach Ansichten von Paret – überhaupt keinen Grund für ein derartiges Sonderrecht. So brauche seine erwähnte Eheschließung mit Zainab den Gläubigen von dem Propheten nicht persönlich vorexerziert zu werden, s. R. Paret, Muhammad und der Koran, ˙ Kohlhammer, Stuttgart, 1957, S. 145. Verglichen aber mit dem, was andere Religionsstifter vor dem Propheten Muh. in dieser Hinsicht ˙ an „Privilegien“ hatten, scheint die Zahl von dreizehn beziehungsweise neuen Ehefrauen und kaum eine handvolle Sklavinnen sehr bescheiden zu sein. Das frühe Judentum kannte die Polygamie, und wurde nicht verboten. Der Versuch, sie im zehnten Jahrhundert zu verbieten, fand kaum Beachtung, s. Die Lehren des Judentums, Bd. 1, S. 227 ff. Unbestritten aber ist es, daß die Ehe mit einer einzigen Frau die normale ist. Die Polygamie aber bleibt nach dem mosaischen Gesetz als „im Volksbewußtsein unanstößige Möglichkeit“, s. S. 229 f. Der Korankommentator an-Nasafı¯ (gest. 710 n. H./1310 n. Chr.) erwähnt, daß der König und Prophet David hundert Ehefrauen und dreihundert Sklavinnen besaß, während Salomo dreihundert Ehefrauen und siebenhundert Sklavinnen hatte, s. Korankommentar, Bd. 3, S. 305. Jedenfalls hatten beide Propheten mehr Ehefrauen als Muhammad, der lediglich die Ehe mit einer einzigen Jungfrau hatte, das ist ˙ ¯ -Bakr. Alle seiner anderen Ehefrauen waren verwitwet oder geschie¯ 3isˇa die Tochter von Abu 2A at -T abarı ¯ , ta ¯ rı ¯ h … (Geschichte …), Bd. 2, S. 412 ff. Wie Paret feststellt, spielt die erwähnte s. den, ˘ Zainab bint-G ˙ ˇ ahsˇ bei den islamischen Historikern und Biographen keine Ehe des ˙Propheten mit ˙ besondere Rolle. Der Grund hierfür könnte darin liegen, daß der Koran diese Geschichte in aller Deutlichkeit dargelegt hat, die kaum Fragen zulassen. Außerdem könnte man aus dem Koran entnehmen, daß die Eheschließung auf göttliche Verheißung stattgefunden hat, s. Sure 33, Vers P u. H 37 ff. Muhammad konnte also nicht der göttlichen Verheißung widersprechen, s. ibn-Hisˇa¯m, ˙¯ya (Biographie …), Bd. 4, S. 644. as-sı¯ra 3n-nbawı Gh richtet dabei seine Kritik an die Mystiker, die sich dem Verhalten des Propheten angleichen und versuchen, ihre natürliche Veranlagung zu unterdrücken. 125 „Das ist die Definition der Enthaltsamkeit.“ „Enthaltsamkeit, 2iffa, swfrosÐnh“, hat Gh lediglich in diesem Abschnitt definiert. Später greift er das Thema wieder auf, um die Eigenschaften zu bestimmen, die darunter fallen, s. D 280 ff. „al-2iffa“ wird definiert als die Tugend der Begierde: „fadı¯lat al-qu¯wa 3sˇ-sˇahwa¯nı¯ya, ⁄ret¼ to‰ ¥piqumhtiko‰“. Sie umfaßt in der Darstellung von Gh fast die ˙Gesamttätigkeit des Menschen, vor allem, die sich auf die Befriedigung der Forderungen des Magens und des sexuellen Triebes beziehen. Im Englischen wird sie wiedergegeben mit: „moderation in sensual desires, self-control, temperance“, s. H. G. Liddel & Scott, A Greek-English Lexi-

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con, S. 1751, mit Quellenangaben. „al-2iffa, die Tugend der Begierde, fadı¯lat al-qu¯wa 3sˇ-sˇahwa¯nı¯ya, ⁄ret¼ to‰ ¥piQumhtiko‰“ ist eine große Forderung an den Menschen˙ gestellt, insofern er seine Gesamttätigkeiten im individuellen wie auch im sozialen Bereich, „dem Denkvermögen, al-qu¯wa 3l-2aqlı¯ya, t† nohqik† “ unterstellen soll. Denn die Glückseligkeit besteht nicht darin, die natürlichen Antriebe zu befriedigen, sondern sie zu zügeln. Ziel dieser Zügelung ist die Vollkommenheit durch die Erreichung des mittleren Maßes, hadd al-i2tida¯l, mesth@ zu erreichen. Gh beschreibt ˙ zu erlangen und die Wahrheit der Dinge zu erfahren, näher dieses Ziel, nämlich die Wissenschaften bei dem einen Trieb, Nachkommenschaft und Keuschheit bei dem anderen, s. D 270. Platon geht auf diese Kardinaltugend ein, ohne deren Inhalt zu konkretisieren. Er bestimmt sie allgemein als Teil der Seele, deren Besseres das Schlechtere beherrscht und Herr seiner selbst ist: „…, ˛per o t ⁄meinon to‰ cefflrono@ ˝rcei s fron klhtffon kai kre…tton a¢to‰“, s. Pol. 432b6 ff. Gh gebraucht solche Begriffe nicht wie Schlechteres, Besseres und Stärkeres, um die Funktion dieser Kardinaltugend zu beschreiben. Der Ausgangspunkt beider Philosophen Platon und Gh ist unterschiedlich. Während Platon vom Staat, seinen Grundlagen und den Klassen seiner Bürgern ausgeht, steht der Mensch bei Gh im Mittelpunkt der Analyse, vor allem „al-qu¯wa 3l-2aqlı¯ya, t nohtikn, das Denkvermögen, al-qu¯wa 3l-g˙adabı¯ya, ¤rgffi, der Zorn, und asˇ-sˇahwa¯nı¯ya, ¥piqumhtikn, die Begierde“, s. D 273. Alle diese˙ Kräfte haben einzeln und im Verhältnis zueinander bestimmte Funktionen zu erfüllen, wie oben dargelegt wird. Deswegen meidet Gh ähnliche Begriffe wie Schleschtes und Besseres, die von Platon gebraucht werden. Dadurch hat er ferner die Frage beantwortet, wie verhalten sich die Kardinaltugenden zueinander, wohingegen dies bei Platon auf Schwierigkeiten stößt. Auf diese Schwierigkeiten und auf die Zuordnung der beiden ersteren Tugenden der Weisheit und der Tapferkeit zu den übrigen Tugenden verweist Schleiermacher, s. Über die Philosophie Platons, S. 352 f. Trotz dieses Unterschieds ist bei beiden die Gerechtigkeit das Ziel ihrer Untersuchung. 126 „Die Gerechtigkeit ist ein Zustand aller drei Fähigkeiten …“, D 272. Gh schreibt in diesem Zusammenhang, daß Gerechtigkeit die Bedingung für die Aufrechterhaltung der göttlichen Ordnung ist, so daß „Himmel und Erde aufrechterhalten werden.“, s. D 273. Bei der Interpretation dieses Satzes meint ar-Ra¯sı¯ (544–606 n. H./1150–1210 n. Chr.) in seinem großen Korankommentar, daß die Mischung der Elemente, woraus das Universum entstanden ist, proportional zueinander stehen müssen, damit keines dieser Elemente das andere oder die anderen beherrscht oder das eine oder die anderen unwirksam macht, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 20, S. 103. Ebenso verhält es sich mit den Planeten, ihrer Entfernung, Bewegung und Stillstand. All dies läuft nach exaktem Plan und unanfechtbaren Gesetzen, wodurch das Universum aufrechterhalten wird, s. S. 103; s. in diesem Zusammenhang Koran, Sure 36, Vers P u. H 37 ff. Gh betrachtet die Gerechtigkeit als die Summe aller Tugenden. Er teilt sie in: 1. Gerechtigkeit im politischen Sinne, das heißt im Staat, 2. Im Königreich des Körpers, das ist die Harmonie zwischen dem Denkvermögen, der Veranlagung zum Zorn und der zur Begierde; 3. Gerechtigkeit im Umgang mit den Menschen (als Bedingung für das soziale Zusammenlebn), s. D 272 f. Somit umfaßt der Begriff „al-2adl, Gerechtigkeit, dikaiosÐnh“ sowohl individuelle wie auch soziale und politische, körperbedingte und psychische Elemente. Ethische und politische sowie auch religiöse Wertvorstellungen bilden noch dazu die Grundlage für ein Gesamtbild vom Menschen sowohl als Individuum wie auch als ein soziales Wesen. Mit dieser Bestimmung der Gerechtigkeit geht Gh über die platonisch-aristotelische Begriffsbestimmung hinaus. Denn Platon bestimmt die Gerechtigkeit „dikaiosÐnh“ als: „das Tun des Seinigens … kai m¼n ˆti ge t tÞ a¢to‰ pr€ttein ka½ m¼ polupragmone…n dikaiosÐnh ¥stffl …“, Pol. 433a8 ff. Zu dieser Bestimmung bemerkt Schleiermacher, daß sie nicht stichhaltig ist, insofern die gewerbetreibende Klasse nicht eigentlich Geschäfte im Staat betreibe, sondern jeder strebe nur durch Verrichtung des Seinigen zunächst nach seinem eigenen Vorteil, s. F. D. E. Schleiermacher, Über die Philosophie Platons, Meiner, S. 352. Platon hält ferner einen Staat für gerecht, wenn drei Eigenschaften vorhanden sind: „…, sofern drei ihm einwohnende Arten und Naturen jede das ihrige verrichte, besonnen aber und tapfer und wei-

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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se …“, s. Pol. 435b. Dies beruht auf seinem Konzept von den Kardinaltugenden. Kritisch äußert sich Schleiermacher dazu, daß es überhaupt keinen Beweis dafür gibt, daß die vier Kardinaltugenden den Begriff des Guten ausmachen. Deswegen beruht die platonische Darstellung lediglich auf einer Voraussetzung, die lediglich durch Erklärung die Überzeugung erwecken kann, s. S. 349 f. Der Ausgangspunkt der beiden Philosophen Gh und Platon ist unterschiedlich, wie bereits oben dargelegt wird. Platon geht von einem Gedanken aus, wie ein Idealstaat aussehen soll, während Gh von dem Menschen und dessen Kräften ausgeht. Gemeinsammes Ziel aber ist die Beantwortung der Frage, wie die Menschen zusammenleben können, und das ist die Frage nach der Gerechtigkeit. Schleiermacher beschreibt den platonischen Standpunkt wie folgt: „…, daß er (Sokrates/ Platon) nämlich die Gerechtigkeit zuerst im Staate aufsuchen wolle, wo sie ja müsse in großen Zügen und also kenntlicher zu schauen sein, und dann erst werde er zur einzelnen Seele zurückkehren, um zu sehen, ob und inwiefern sie auch da und dasselbige sei wie dort.“, s. Über die Phil. Platons, S. 344. Jedoch scheint er die sokratisch-platonische Begründung der Kardinaltugenden in der Seele als „vorhanden und als voneinander verschieden als willkürlich, als einen allgemeinen Erfahrungssatz“, anzunehmen, s. S. 356. Da Gh von dem Menschen und dessen Kräften ausgeht, beschreibt er den Weg, wie sich der Mensch verhalten soll. Deswegen gewinnt bei ihm die Frage nach dem Verhältnis dieser Tugenden zueinander nicht die gleiche Bedeutung wie bei Platon. „Ungerechtigkeit“ entsteht, wenn die Bürger der drei Klassen, zum Beispiel die Krieger in die der Berater und Hüter ihre Stellung miteinander tauschen, so daß die Pflichten der Bürger ineinandergeraten können, s. Pol. 434. Ihre Folgen und Erscheinungsformen werden weiter nicht ausgeführt. Gh’s Bestimmung der Gerechtigkeit „al-2adl“ ist vom islamischen Glauben beeinflußt. Zahlreiche koranische Verse spornen zur Ausübung der Gerechtigkeit an. Von den vielen Stellen wird hier lediglich auf die wichtigsten eingegangen. „Und mir ist befohlen worden, ich solle Gerechtigkeit unter euch walten lassen …“, Sure 42, P 15, H 14. Dem Propheten Muhammad wurde befohlen, Gerechtigkeit nicht nur gegenüber seinen ˙ Anhängern, sondern auch gegenüber Andersgläubigen zu üben, bis er aus dem Leben scheidet, schreibt at-Tabarı¯ (gest. 310 n. H./923 n. Chr.) in seinem Korankommentar. Gerechtigkeit ist die ˙ ˙ auf Erden. Durch sie nimmt er das Rechte von dem Unrechttuenden für den SchwaWaage Gottes chen. Durch sie wird der Aufrichtige von Gott unterstützt, der Lügner für einen Lügner erklärt, und durch das Recht wird der Agressor zurückgewiesen, s. Korankommentar, Bd. 25, S. 18. Dieser Befehl als göttliche Verordnung umfaßt alle Menschen ohne religiöse oder rassische Vorbehalte. In dieselbe Richtung geht an-Nasafı¯ (gest. 1310 n. Chr.), s. Bd. 4, S. 103 f. ibn-2Arabı¯ interpretiert den Vers unter dem Gesichtspunkt der Mystik und schreibt dazu: „Wenn das Wissen und der Monotheismus den Geist beherrschen, die Liebe das Herz, die Gerechtigkeit die Seele, so wird man beinahe in Gott erlöschen und (damit) der großen Auferstehung nah sein …“, das heißt die Überwindung des Diesseits, s. Korankommentar, Bd. 2, S. 430. „Gott befiehlt (zu tun), was recht und billig ist, gut zu handeln und den Verwandten zu geben (, was ihnen zusteht) …“, Sure 16, P 90 ff., H 92 ff., wobei die Übersetzung von Henning dem arab. Original näher steht. Dort heißt es: „Siehe, Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und die Verwandten zu beschenken und verbietet das Schändliche und Schlechte und die Gewalttat. Er ermahnt euch, auf daß ihr es zu Herzen nehmt.“ Das Rechte interpretiert ar-Ra¯sı¯ als das mittlere Maß hinsichtlich des Glaubens, der islamischen Dogmen und der Handlungen, s. Korankommentar, Bd. 20, S. 102. Im folgenden wird über seine Ansicht über das mittlere Maß im Islam kurz eingegangen: Was das mittlere Maß in den Dogmen anbetrifft, erwähnt a-Ra¯sı¯ einige Beispiele aus den Dogmen des Islam, vor allem den Glauben an einen einzigen Gott, der weder in einem Ort, noch eine Substanz, noch ein Körper oder Teil eines Körpers ist, der ewige Eigenschaften wie Allwissenheit, und Allmacht besitzt. Die Leugnung seiner Existenz ist Nihilismus. Der Glaube an die Vielgötterei und daran, daß er menschenähnliche Eigenschaften besitzt, all das widerspricht der Vollkommenheit. Der Glaube an einen einzigen Gott mit ewigen Eigenschaften, wie oben dargelegt wird, ist das mittlere Maß, s. a. a. O. Denn sowohl Nihilismus als auch Anthropomorphismus bilden zwei Extreme, nämlich Mangel, ˛lleivi@ und ¢perbolffi, die beide abzulehnen sind.

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In bezug auf den Menschen: Die Auffassung, daß der Mensch keinen Willen besitzt, ist reine Vorherbestimmung „gˇabr mahd“. Das ist verwerflich. Ebenso verwerflich ist die Auffassung, daß er ˙˙ völlig frei ist. Das ist Fatalismus „qadar mahd“. Beide, sowohl Vorherbestimmung als auch Fata˙˙ lismus, sind abzulehnen. Das mittlere Maß besteht darin, daß der Mensch durch göttliche Mitwirkung frei ist und dadurch dazu befähigt, „freie Handlungen“ auszuüben, s. a. a. O. In bezug auf die Verantwortung des Menschen, seine Belohnung und Bestrafung im Jenseits: Die Meinung, daß Gott die Menschen nicht zur Verantwortung zieht und sie nicht für ihre Fehltritte zu bestrafen braucht, ist Leichtfertigkeit „istihta¯r“. Andererseits ist die Meinung, daß er mit dem Höllenfeuer auf Ewigkeit den Sünder bestraft, eine unglaubliche Härte „gˇabaru¯t, qaswa“. Das mittlere Maß besteht darin, daß Gott denjenigen von der ewigen Höllenstrafe befreit, der an seine Einzigartigkeit „wahda¯nı¯ya“ glaubt, s. Sure 4. P u. H 116. ˙ In bezug auf die Kulthandlungen: Die Auffassung, daß der Mensch nicht zu Kulthandlungen verpflichtet sein soll, ist verwerflich. Ebenso die Meinung, daß er mit sovielen Kulthandlungen belastet sein soll, um Gott wohlgefällig zu sein. So haben viele Menschen in der frühen Zeit gehandelt, wie indische und buddistische Mönche, welche sich die guten und angenehmen Genüssen bewußt vermieden haben, um dieses Ziel zu erreichen. Das mittlere Maß im Islam besteht darin, daß der Koran diese Genüsse nicht verbietet, wenn man dabei das mittlere Maß nicht überschreitet: „Sag: wer hat (etwa) den Schmuck Gottes verboten, den er für seine Diener hervorgebracht hat, und die guten Dinge, die (euch von Gott) beschert sind? Sag: Sie stehen im diesseitigen Leben denen zu, die glauben …“, Sure 7, Vers P 32, H 30. Sowohl eine völlige Absage an die Genüsse des Lebens wie auch ein völliges Versinken in der materialistischen Lebensweise ist nach dem Verständnis von ar-Ra¯sı¯ falsch. Er versucht, den Begriff „Gerechtigkeit, al-2adl“ so auf verschiedene Gebiete des Islam, dogmatisch wie anthropologisch, anzuwenden. Ziel dieser Anwendung ist es, zu zeigen, daß der Islam eine Religion der „Mitte, mesth@“ ist. Sowohl „¢perbolffi, ifra¯t“, als auch „˛lleivi@, ˙ tafrı¯t“ gehören nicht zum Islam. ˙ Aus dem erwähnten Vers „Gott befiehlt euch, was recht und billig ist …“, s. Sure 16, Vers P 90 ff. H 92 ff. sind drei Gebote angegeben, die miteinander verbunden sind: Gerechtigkeit auszuüben, Gutes zu tun und die Verwandten zu beschenken. Ihnen stehen drei Verbote gegenüber: das Schändliche, das Schlechte und die Gewalttat, zu tun. Die gute Tat wird von ar-Ra¯sı¯ als die Liebe zu den Menschen verstanden und zwar wie man sich selbst liebt, s. Bd. 20, S. 101. Wichtig in diesem Zusammenhang ist es ferner zu erwähnen, daß diese Gebote und die Verbote nicht nur gegenüber den Muslimen, sondern nach ar-Ra¯sı¯, der in der islamischen Welt ein großes Ansehen genießt, gegenüber jedem Menschen unabhängig von Religion und Rassen zu verrichten sind. Dieses Verständnis wird durch folgenden Vers unterstützt: „Ihr Gläubigen! Steht Gott gegenüber als Zeugen für die Gerechtigkeit ein! Und der Haß, den ihr gegen Leute hegt, soll euch ja nicht dazu bringen, daß ihr nicht gerecht seid. Seid gerecht! Das enspricht eher der Gottesfurcht.“, s. Sure 5, Vers P 8, H 11. Zu diesem Vers meint S. Qutb, daß es anstrengender ist, von dem all˙ gemeinen Verbot der Aggression zu dem Gebot überzugehen, Gerechtigkeit den Feinden gegenüber zu üben, s. Korankommentar, Bd. 6, S. 35. Die Achtung der vertraglichen Bindungen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, sei es im privaten Bereich, sei es zwischen den Staaten, ist durch diesen Vers u. ä. belegt. Ein Verstoß gegen solche Vereinbarungen ist zugleich ein Verstoß gegen den islamischen Glauben, s. Sure 5, Vers P u. H 1; 3, P 75 f. u. H 70 f.; 4, P 58. H 61. usw. Schleiermacher kritisiert an dem sokratisch-platonischen Staatskonzept, daß es keinen Platz für Gottesverehrung besitzt, insofern sich Platon weigert: „eine Gesetzgebung über die Gottesdienste(, zu erlassen), sondern diese dem vaterländischen Apollon überläßt.“, s. Über die Philosophie Platons, S. 348. Das heißt, daß die Gerechtigkeit, die allein durch Vernunftmaßstäbe – wie es im platonischen Idealstaat der Fall ist – nicht ausreicht, die Menschen nach Ansichten von Schleiermacher glückselig zu machen. Die Philosophie von Gh könnte dieses Modell darbieten, insofern es das religiöse Element enthäl, welches Schleiermacher vermißt. C. F. v. Weizsäcker. behandelt die universalistische Ethik in Verbindung mit dem kategorischen Imperativ, wobei er die Gründe der Ungleichheit in der Gesellschaft analysiert und zu dem Schluß gelangt, dass die Forderung nach Gleichheit bei der Behandlung der Mitmenschen nur erfüllt

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werden kann, wenn ich von mir selbst mehr verlange als von meinem Partner. Dies ist in dieser Form der Ethik möglich durch ihren religiösen Kern: Nicht die selbstgeleistete – und nie glükkende – eigene Gerechtigkeit ist die Basis moralischen Verhaltens, sondern die göttliche Gnade, welche die Lücken ausfüllt, die jedes Handeln, auch beim besten Willen, lassen muß (Der Garten …, S. 119). Das Kapitel über das moralische Problem der Linken endet mit dem Ergebnis, dass die Liebe und nicht die Moral der letzte Grund des menschlichen Zusammenlebens ist (S. 121). Ohne Zweifel stellt die Liebe eine höchst moralische Forderung an den Menschen. Sie hängt aber von der Einstellung der Menschen einandergegenüber und von ihrem Mitgefühl für andere ab. Sie unterliegt keinem Zwang oder Einfluß durch eine Autorität von außen. Gerechtigkeit im koranischen Sinne, die Gh hier vertritt, stellt die Forderung auf, den Feinden gegenüber auch gegenüber Ungläubigen auf Individueller, gesellschaftlicher oder auf staatlicher Ebene gerecht zu sein. Ein Muslim oder ein Staat, die dies nicht berücksichtigen, verstoßen gegen den Koran und damit verlassen sie den Boden des islamischen Glaubens, s. Koran, Sure 5, Vers 8, an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 1, S. 274; as-Sa¯bu¯nı¯, Bd. 3, S. 9; S. Qutb, Bd. 6, S. 35; Sure 16, 90 ff., dazu der Kommen˙ ˙ tar v. Qutb, Band 14, besonders S. 95 ff., über die˙ Beziehung zwischen islamischen und nicht isl. Staaten. ˙ Das religiös-idealistische Verständnis der Gerechtigkeit, wie auch das bloß rationale, welches die Metaphysik von vornherein ablehnt, bleibt hinter dem Modell von Gh zurück, insofern es: 1. einen konkreten Inhalt aufweist, das islamische Recht, und 2. Die Forderung beinhaltet, Gerechtigkeit gegenüber den Feinden zu üben, wie dies bereits erklärt wurde. 3. Verantwortung des Menschen gegenüber seinem eigenen Gewissen reicht bei Gh nicht aus, sondern der Mensch wird von Gott zur Rechenschaft gezogegn. 4. Beide Modelle, sowohl das von Gh wie auch das religiös-idealistische, haben etwas Gemeinsames, das ist die Angewiesenheit auf die Gnade Gottes und seine Mitwirkung bei der Verwirklichung der Gerechtigkeit. 5. Bei einer Ethik ohne Metaphysik muß man sich vorstellen können, daß es eine Metaphysik ohne Ethik geben kann, was nicht der Fall ist. Denn wo Metaphysik ist, ist auch Ethik, s. G. Patzig, Ethik ohne Metaphysik, Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 1971. 6. Rein subjektiv ist, die aristotelische Auffassung von der Glückseligkeit der transzendentalkritisch-idealistischen Auffassung zu bevorzugen, insofern sie die Freude am Leben nicht unberücksichtigt läßt und nicht auf zähneknirschender Pflichtausübung beharrt. Denn man kann nicht dem Transzendentalidealismus die Freude am Leben absprechen, welche bei Pflichtausübung als Gemütsruhe empfunden wird, s. Platon politische Ethik, S. 32 ff.; Lebensqualität in der antiken Philosophie, S. 230 ff., besonders S. 245 f. in: ders. Aufsätze zur antiken Philosophie, Gesammelte Schriften Bd. III, Wallstein Vlg. Göttingen 1996). Ausführlich auf diese Problematik einzugehen, sprengt den Rahmen einer Anmerkung, jedoch enthält die vorhandene Schrift „Kriterium …“ Inhaltspunkte, die Antwort auf die erwähnten Fragen geben. Sie zeigt ferner, welche Bedeutung der Metaphysik für die Ethik zukommt, s. Gh, D 310 ff.; 325 ff. usw. 6. Die Aufhebung der Metaphysik geschieht zu Gunsten eines Humanismus, der von einer veränderten, variablen und meist individuell gefärbten Wertvorstellung geprägt ist, die materialistisch und utilitaristisch orientiert ist. Eine solche Ethik verdrängt möglicherweise absichtlich den Tod und dessen Bedeutung für das Individuum und dessen Glück, was zu vielen psychischen Komplikationen führt, s. Einleitung, LXIIIff. Außerdem trägt eine solche Ethik zu einer Vertiefung des individuellen und des Klassenkampfes bei, s. S. 53 f., 71. 7. Es wird ferner zwischen Schrift, Überlieferung und Theologie verwechselt. Die Schriften der sog. Monotheistischen Religionen, nämlich Alt- und Neutestament und der Koran sprechen in der Regel den durchschnittlich klugen und aufnahmefähigen Menschen an, der z. B. keinen akademischen Abschluss hat. Man kann aus diesen Schriften ethische Normen ableiten, die jeden Menschen unabhängig von seiner Abstammung und Kultur ansprechen (z. B. die Zehn Gebote, s. Moses 19; Koran, Sure 6, Vers 151 ff. Die Mehrheit der Menschen glauben an diese Schriften und schätzen sehr ihre moralischen Forderungen. Der genaue Inhalt des Begriffs „Metaphysik“ wird aufgeopfert zwecks einer Verurteilung der religiös moralischen Normen, s. Ethik ohne Metaphysik, z. B. S. 94 ff. 9. Ethik ohne Metaphysik bedeutet Bruch mit dem überlieferten Glauben. Darin besteht die große Schwierigkeit, eine solche Ethik in die Praxis zu verwenden. 10. Am Beispiel der Geburtenkontrolle und der Todesstrafe wird das

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Scheitern einer Ethik ohne Metaphysik nachgewiesen. Ethik ohne Metaphysik, besonders S. 23 ff. a) Das Scheitern einer Familienpolitik und der Durchführung einer Geburtenkontrolle in vielen Entwicklungsländern wie zum Beispiel in Ägypten geht nicht nur auf den Widestand des einfachen Bürgers, sondern auf die intellektuelle Schicht zurück, die mehr von dem Vernunftgebrauch als sonstige macht, weil sich eine solche Schicht als Behüterin der Ttradition gibt und die Geburtenkontrolle als einen Widerspruch zu dieser Traditon betrachtet. b) Der Koran stimmt grundsätzlich mit dem Alten Testament hinsichtlich der Todesstrafe überein. Die bibliche Verordnung darüber ist für die Muslime verbindlich, s. Koran, Sure 5, Vers P 45, H 49. c) Die Durchführung des Vergeltungprinzips bedeutet Schutz und Achtuing vor dem Leben in individueller wie auch in gesellschaflicher Hinsicht: „Die Wiedervergeltung sichert euch das Leben“, Sure 2, Vers P 179, H 175 „Und in der Wiedervergeltung liegt Leben für euch“. c) Trotz ihrer Grausamkeit konnten christlich und islamisch geprägten Staaten diese Strafe nicht aufheben. d) Ihre Aufhebung bedeutet einen eindeutigen Bruch mit der Tradition der biblichen und islamischen Überlieferungen. e) Dies konnte bis jetzt nicht zu Gunsten eines Täters geschehen, der das Leben wehrloser Menschen durch eine vorsätzliche, durchdachte und zeitlich genau geplante Handlung zerstört, um in unberechtigterweise persönliche Interessen und Gefühle zu befriedigen. f) Allerdings sieht die islamische Strafverordnung zwei Alternativen vor, die nicht in der biblichen Tradition enthalten sind: 1. Die Vergebung (al-2afw) des Täters durch die unmittelbar betroffenen Angehörigen. 2. Die finanzielle Entschädigung (ad-diya), s. Sure 2, Vers P 178, H 173. Das islamische Recht beharrt also nicht auf der Todesstrafe, sondern überläßt den Angehörigen des Opfers die Wahl anderer Mögˇ ezerı¯, al-fiqh 2ala 3l-mada¯hib allichkeiten, die ferner das positive Recht nicht vorsieht, s. 2A. al-G ¯ arba2a (Das islamische Recht nach den vier Schulen), Bd. 5, S. 217 ff., an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 1, S. 91 f., as-Sa¯bu¯nı¯, Korankommentar, Bd. 1, S. 104. Diese beiden Alternativen betrachtet der ˙ ˙ Koran als Erleichterung und Barmherzigkeit von Gott „tahfı¯f min rabbikum wa-rahma“ s. a. a. O. ˘ 127 „Über das, was unter der Tugend der Weisheit …“ In diesem Abschnitt werden˙ die einzelnen Tugenden sowie ihre Laster dargelegt. Insgesamt sind zwölf Charakterzüge, die unter „frnhsi@, Weisheit, hikma“ fallen: vier positive und acht negative. Die graduellen Unterschiede, die sich auf ˙ Charakterzüge beziehen, werden genau bestimmt, wie „gˇaudat ad-dihn, klarer Indie einen der ¯ tellekt“, und „nuqa¯yat ar-ra3y, Scharfsinn“ auf der einen Seite der Tugenden und¯„Torheit, humq“ ˙ und „Wahnsinn, gˇunu¯n“ auf seiten der Lastern. frnhsi@, hikma wird von Platon und Aristoteles allgemein bestimmt, ohne ihren Inhalt näher darzulegen.˙ Platon begnügt sich mit einer Ausführung der praktischen Weisheit im Staat und dessen Geschäfte: „pol± dþ megfflsth, … ka½ kallfflsth t»@ fronffisew@ per½ tÞ t n pleðn te ka½ o§kffisewn dikaismhsi@, – d¼ nom€ ¥sti swfrosÐnh te ka½ dikaiosÐnh …“, s. Sym., 209a5 ff. Sie wird dabei von der Gerechtigkeit dikaiosÐnh begleitet, s. a. a. O. Ebenso verhält es sich bei Aristoteles in der EN, wo er bei der allgemeinen Bestimmung des Begriffs bleibt, s. EN 1140a24 ff.; 1141b23. Es gibt nicht viele Gegensätze zur Weisheit. Lediglich das unrichtige Handeln „⁄frosÐnh“ und diejenigen, die unrecht handeln, werden als Gegensatz zur Weisheit angegeben, Pro., 332b1 ff. In Menexenos spricht Platon von dem Gegensatz zur Weisheit. Jede Erkenntnis wird als List und Schlauheit betrachtet, wenn sie von der Gerechtigkeit und den übrigen Tugenden getrennt ist: „pas€ te ¥pistffimh cwrizomffnh dikaiosÐnh@, ka½ t»@ ˝llh@ ⁄ret»@ panourgffla, o' sofffla fafflnetai.“, s. 246e7 ff. Die beiden Begriffe „panourgffla“ und „o' sofffla“ treten nicht als Gegensatzpaar zu „sofffla“ vor und auch nicht in derselben Stärke und Eindeutigkeit wie dies bei Gh der Fall ist. Dies belegt auch der Gebrauch von „cwrfflzw“, welches die Bedeutung von „trennen“ hat. Aristoteles spricht im Zusammenhang von „frnhsi@, hikma“ darüber, daß die Handlung eines ˙ das Ziel gut, so ist es lobenswert „¥paiweisen Menschen ein Ziel „skop@, hadaf“ haben soll. Ist nffth, mahmu¯d“. Als Fähigkeit dazu, wird „deinth@ angegeben, Dirlmeier: intellektuelle Gewandtheit,˙ daha¯3“. Wenn es aber schlecht ist „fa‰lo@, sayyi3“, so spricht man von „panourgffla, Schlechtigkeit/Bosheit, Dirlmeier: Gerissenheit, makr/ su¯3“, s. EN, 1144a24 ff.; Dirlmeier, Anm. 138, 4, S. 469. Für Gh sind beide „Gewandtheit und List Gegensätze der Weisheit, s. D 274 f. Ferner taucht bei Arist. der Begriff „⁄frosÐnh, Unvernunft, Unbesonnenheit, at-taisˇ, al-la¯-hik˙˙ ˙

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ma“ im Zusammenhang der ⁄krasffla, Unmäßigkeit, ifra¯t, od. Unbeherrschtheit, asˇ-sˇatat“, s. EN ˙ ˙ 1146a27. Weitere Gegensätze werden nicht angegeben. ˙ Wir werden den methodischen und inhaltlichen Unterschied zwischnen Gh und den erwähnten griechischen Philosophen in den nächsten Kapiteln bezüglich der Kardinaltugenden weiter verfolgen, insofern dies für unsere Arbeit wichtig ist. 128 „Über das, was der Tapferkeit zugeordnet wird“. Es sind neun positive und fünfzehn negative Charakterzüge, die Gh unter der Tugend der Tapferkeit ⁄ndreffla, asˇ-sˇagˇa¯2a zuordnet und bestimmt. Zum Anwendungsbereich der Tapferkeit bei Platon, s. u. a. Laches, 190e. Bei Aristoteles wird sie als die Mitte zwischen Angst fbo@, hauf und j€rrh, Verwegenheit (Dirlmeier), Zuver˘ sicht (Gigon), at-tahawwur erwähnt, s. EN, 1115a6; s. f. Schleiermacher, Kommentar zu Laches, in: Vorlesungen …, S. 114 ff., besonders seine Meinung, daß die Tapferkeit nicht gegenüber den anderen Tugenden hervorzuheben ist. Dirlmeier hat sie bei diesen beiden Philosophen schematisch dargelegt, s. NE, Anm. 57, S. 337 ff. Dazu bemerkt er, daß der Gegensatz zu dieser Tugend ⁄nandreffla, Feigheit, al-gˇubn als „Wort der hohen Sprache“ von Platon gern gebraucht, von Aristoteles fast ganz vernachlässigt wird, s. NE, Anm. 57, S. 338. Wenn man versucht, andere Gegensätze zu dem Begriff „⁄ndreffla, asˇ-sˇagˇa¯2a“ zu finden, so stößt man auf Begriffe wie „deilffla, Feigheit, al-gˇubn“ und „jrasÐth@, at-tahawwur, Waghalsigkeit“, s. EN, 1115a4 ff.; O. Gigon, Arist., NE, Anm. dazu, S. 326; 1107a32 ff.; 1108b30, welche auch Anklänge an Platon aufweist, s. Laches, 190eff. Andere negative Eigenschaften findet man kaum, die der Tapferkeit zugeordnet werden können. 129 „Selig ist derjenige, der sich demütig gibt ohne Minderwertigkeit …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck nicht in den Großsammlungen erwähnt wird, s. Concordance, T. VII, S. 249: „wada¯2a“. Er erwähnt aber mehrere Überlieferungen, die denselben Sinn haben, wie zum Beispiel: „Wer˙ sich eine Stufe erniedrigt, den erhebt Gott auf eine höhere“ Ferner: „Verhaltet ihr euch gegenübereinander demütig, auf daß keiner den anderen prahlt.“, s. a. a. O. Dieselbe Überlieferung erwähnt Gh noch ausführlicher in ih., Bd. 3, S. 293 mit Quellenangaben. ˙ 130 „Über das, was die Tugend der Enthaltsamkeit …“ Auf die Schwierigkeit der Übersetzung der „swfrosÐnh“ in die modernen Sprachen verweist Dirlmeier, s. NE, Anm. 64,4, S. 347 ff. Die Begriffe: „Enthaltsamkeit“ und ihre Synonyme: „Entsagung, Verzicht, Mäßigkeit, Bescheidenheit“, s. Gerhard Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 1111; und im Englischen: soundness of mind, prudence, discretion, moderation in sensual desires, self-control, s. Liddel&Scott, S. 1751. Alle diese Übersetzungen passen im Arabischen, besonders: „Enthaltsamkeit“ und „Mäßigkeit“, „self-control“ und „soundness of mind“, insofern das arabische Verb: „2affa, ya2iffu“ diese Bedeutungen umfaßt. „Der gesunde Sinn“, der im Griechischen enthalten ist, von dem Dirlmeier in diesem Zusammenhang spricht, bleibt erhalten, insofern er die Voraussetzung für die Enthaltsamkeit ausmacht, die frei von schlechten und bösen Handlungen ist. In der islamischen Tradition bedeutet der Begriff: „Keuschheit“, „Genügsamkeit“ und „Geduld“, s. Koran, Sure 2, Vers P 273 „sich zurückhalten“, H 274 „Bescheidenheit“; 24, P u. H 33 „keusch leben“, P 60 „Enthaltsamkeit“, H 59 „keusch leben“; ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 9, S. 253 mit wei˙ teren Belegen; H. Wehr, Arab. Wörterbuch, S. 561 f. Es sind sieben positive und sechzehn negative Charakterzüge, die Gh dieser Kardinaltugend zuordnet und einzeln bestimmt. Platon erwähnt sie relativ ausführlich in Phaidros im Zusammenhang mit den in uns vorhandenen Anlagen: „Wenn nun die Gesinnung uns zum Besseren durch Vernunft führt und regiert, so heißt diese Regierung „Besonnenheit, swfrosÐnh, 2iffa“; wenn aber die Begierde „vernunftlos, ⁄lgw@, la¯-ma2qu¯l/ taisˇ“ hinzieht zur Lust und in uns herrscht, wird diese Herrschaft „Frevel, ˜bri@, itm“ genannt.“,˙s. Phdr. 237e2 ff. Auf diese enge Verbindung zwi¯ schen „swfrosÐnh und sofffla, al-2iffa und al-hikma“ wird in Protagoras verwiesen. Das Gegenteil ˙ „⁄frosÐnh“ wird kurz behandelt, s. Protagoras, von unrichtigem und unvernünftigem Verhalten 332aff. Hier wie auch in der vorangegangenen Analyse sieht man, wie Gh über die sokratischaristotelischen Begriffsbestimmung, sowie in der Auflistung der Gegensätze hinausgeht, s. Dirlmeier, NE, Anm. 64, 4, S. 347 ff.; D 280. Damit erreichen die positiven Tugenden, die unter diese drei Kardinaltugenden fallen, nämlich

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Weisheit, Tapferkeit und Enthaltsamkeit dreißig positive und neununddreißig negative Charakterzüge, die alle insgesamt entweder aus der rationalen Fähigkeit, al-qu¯wa 3l-2aqlı¯ya, di€noia, oder aus Wut, al-qu¯wa 3l-g˙adabı¯ya, ¤rgffi, oder aus Begierde, t ¥pijumhtikn, al-qu¯wa 3sˇ-sˇahwa¯nı¯ya, entstehen, s. D 273. ˙ Diese Darbietung der Tugenden von Gh ist kaum mit der griechischen Philosophie von Platon und Aristoteles vergleichbar. Sowohl methodisch wie auch inhaltlich unterscheidet sich Gh von diesen Philosophen. Der Katalog der Charakterzüge von Aristoteles, welcher auf sokratisch-platonischen Grundlagen beruht, beinhaltet lediglich dreizehn oder sechzehn Tugenden, wenn man die beiden anderen Schriften von Aristoteles, die Eudämische Ethik (EE) und die Magna Moralia (MG) hinzuzieht, s. Dirlmeier, EN, Anm. 38, 1, S. 312 ff. Was die Gerechtigkeit anbetrifft, so umfaßt sie alle Tugenden, die Ungerechtigkeit ihre Gegensätze, nämlich alle Laster, s. D 286. Zum Abschluß dieses Teils, der sehr umfangreich ist, erwähnt Gh, daß über jede dieser Charaktereigenschaften Überlieferungen erhalten sind, die zu ihrer Erlangung anspornen und von ihren Lastern warnen, s. a. a. O. Damit setzt Gh seinen Ansatz fort, daß Vernunft und Religion sich in der Ethik gegenseitig ergänzen. 131 „Gott schämt sich, …“ ist eine Überlieferung, deren Quelle Gh selbst gilt, insofern sie nach Wensinck in keiner der Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, T. I, S. 540 f. Auf ihre Bedeutung ist Gh eingegangen. 132 „Ihr sollt eine wahrhaftige Scham vor Gott haben.“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck von at-Termedı¯ und Ahmad ibn-Hanbal erwähnt wird, s. Wensinck, T. I, S. 540 f.; s. f. Ahmad ibn˙ ˙ Hanbal, Bd. 1,¯ S. 387. ˙ ˙ „Weiß er denn nicht, daß Gott sieht, …“, Sure 96, P u. H 14. ar-Ra¯sı¯ interpretiert das Verb 133 „sehen“ mit „wissen“, das heißt Gott weiß alles, was es im Himmel und auf Erden gibt. Darüber spricht ferner der Koran: „Deinem Herrn entgeht „auch“ nicht das Gewicht eines Stäubchens (weder) auf der Erde noch im Himmel …“, Sure 10, Vers P 61, H 62, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 32, S. 22 f.; at-Tabarı¯, Bd. 30, S. 254 f. Diese Stellen u. ä. sprechen gegen die Ansicht der Phi˙ ˙ losophen im Mittelalter, daß Gottes Wissen sich nicht auf singularia bezieht, s. Kurt Flasch, Das philosophische Denken im Mittelaler, S. 340. 134 „Wer keine Scham empfindet …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck nicht in den Großsammlungen erwähnt wird, s. Concordance, T. I, S. 540; Jedoch erwähnt er eine dem Inhalte nach ähnliche Überlieferung, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 111; s. f. al-Bucha¯rı¯, ı¯ma¯n, S. 8. In seiner Analyse dieser Charaktereigenschaft unterscheidet sich Gh grundsätzlich von der griechischen Ethik, besonders von Aristoteles, der sie aus seiner Tugendliste verbannt, s. EN, 1128b; Dirlmeier, NE, Anm. 94, 1, S. 394 ff. Im Gegensatz zu Aristoteles bezeichnet Gh die „Scham, alhaya¯3, a§do‰@“ als „das erste Anzeichen der Vernunft, der Glaube aber ist ihre letzte Stufe.“, s. ˙ 282. D 135 Alle drei Charaktereigenschften haben ein gemeinsames Gegenstück, das ist die Großzügigkeit, al-karam. Gh geht in ihrer Bestimmung über die sprachliche Grundbedeutung hinaus und erwähnt auch dabei ihre Ursachen. So wird al-buhl, Sparsüchtigkeit als die Beibehaltung oder Vorenthaltung der angeeigneten Dinge. Nach dem˘ islamischen Recht handelt es sich dabei um die Vorenthaltung des Notwendigen. Gh gibt den Grund hierfür an, das ist die Angst vor Armut und der Erniedrigung vor den Feinden, s. az-Zabı¯dı¯, ta¯gˇ al-2aru¯s, (Die Brautkrone/Sprachlexikon), Bd. 28, S. 62 ff.; D 285. Im Koran wird diese Charaktereigenschaft verurteilt, s. Sure 3, Vers P 180, H 175 f.; 57, Vers P u. H 24; 92, P u. H 8 ff. Die Knauserei ist eine heftige Sparsüchtigkeit. 2. Es wird ferner erwähnt, daß die Sparsucht auf einzelne Dinge, während die Knauserei allgemein ist und sich auf alles bezieht. 3. Die Sparsucht bezieht sich auf Geld, die Knauserei aber dazu auch auf die Güte. 3. Die Knauserei bezieht sich auf die Unterlassung der Armensteuer und den Verzehr des Verbotenen, s. ibn-Manz˙u¯r, lisa¯n …, Bd. 2, S. 495. Ebenso wird diese Charaktereigenschaft im Koran verurteilt, s. S. 59, P u. H 9. Beide Koranübersetzer verwenden den Begriff „sˇuhh“; s. f. Sure 33, Vers P u. H 19, P „knauserig“, H ˙ ˙ als eine Eigenschaft des Ungläubigen und des „Geiz“. Die Knauserei wird an all diesen Stellen Heuchlers bestimmt. Ebenso geht Gh dabei über die sprachliche und religiöse Bestimmung hinaus

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und entwickelt seine eigene anthropologische Analyse, die von höchster Bedeutung zum Verständnis des menschlichen Verhaltens ist. Der Knickrige, „al-la3ı¯m“ wird sprachlich bestimmt als derjenige, bei dem zu dem Knauser die Niedrigkeit seiner selbst und noch dazu seiner Herkunft auf sich vereinigt, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n ˙ …, Bd. 12, S. 530 f.; az-Zabı¯dı¯, Bd. 33, S. 391; Gh., ih., Bd. 3, S. 218 ff. ˙ 136 „Die Gerechtigkeit umfaßt alle Tugenden, …“ Nachdem Gh mehrmals auf die Bedeutung der Gerechtigkeit verwiesen hatte (s. z. B. D 272 f.; Anm. 126), geht er hier auf das Verhältnis dieser Kardinaltugend zu den übrigen Tugenden ein. Hier wird ein besonderes Merkmal dieser Tugend hervorgehoben, nämlich, daß sie der Inbegriff aller Tugenden ist, wie auch ihr Gegensatz der Inbegriff aller schlechten Charaktereigenschaften ist. Gerechtigkeit als Haltung, xi@ ergibt sich aus Erkenntnissen und Erfahrungen, die zum ethischen Verhalten motivieren, s. Dirlmeier, NE, Anm. 95, 3, S. 398. Gerecht handeln heißt, entsprechend den Gesetzen im Staat, pli@, al-madı¯na/ ad-daula zu leben. Ungerecht handeln heißt, gegen das Gesetz der Stadt/ des Staats handeln, s. Platon, Politeia, 338,e5; 539a3. Aristoteles interessiert sich nicht so sehr für die platonische Bestimmung der Gerechtigkeit als das Zusammenleben der Stände im Staat und für das, was der Einzelne tut. Vielmehr interessiert sich Aristoteles dafür, wie die Gerechtigkeit nach außen hin in der Gesellschaft, in der Beziehung der Bürger zueinander zu verwirklichen. Der soziale Charakter hebt ihn von Platon ab, da es bei Platon vielmehr auf den Menschen selbst und auf die Harmonie in seinem Inneren ankommt. ⁄retffi pr@ teron, tugendhaft im Verhältnis zu dem anderen bedeutet, in dem anderen das eigene Glück zu sehen, und somit entwickelt sich die aristotelische Auffassung von der Freundschaft, s. Aristoteles, EN, 1129b33 ff.; Dirlmeier, NE, Anm. 97, 5, S. 401 f.; 110, 1, S. 418; 111, 6, S. 421. Mit Gesetz, nmo@, na¯mu¯s, pl. nawa¯mı¯s/ al-qa¯nu¯n, pl. qawa¯nı¯n ist hier die gesamte Tradition der Stadt/ des Staates gemeint, s. Dirlmeier, NE, Anm. 97, 1, S. 400 f. Was diese Gesetze und Gebräuche besagen, erklärt Aristoteles hier in seiner Schrift, die EN, s. 1130b10 ff.; 1130b23, 30 ff. All diese Bestimmungen der Gerechtigkeit bei den beiden Philosophen reichen vielleicht dafür aus, einen Menschen im diesseitigen Leben glücklich oder zufrieden zu machen, nicht aber in seinem Verhältnis zu Gott und im Jenseits, s. EN, 1130b25 f.; Gh, A 42 ff.; Anm. 126. Der Begriff der Gerechtigkeit ist bei Gh umfangreicher, insofern er sowohl diesseitige als auch jenseitige, rationale und religiöse Glückseligkeitsbestrebungen des Menschen berücksichtigt, s. D 232 ff.; 234 f.; 254; 270. Der Mensch soll sich bei seinem Bestreben, gerecht zu sein, Gott nähern. Darin liegt seine Vollkommenheit: „… die höchste Glückseligkeit (liegt) in der Nähe zu ihm …“ Das religiöse Element bei der Aneignung der Glückseligkeit fehlt in der Philosophie von Platon und Aristoteles. Auch die Deutung des Gesetzes bei Gh ist anders als bei diesen Philosophen. Mit Gesetz ist das islamische Recht gemeint, dessen Quelle vor allem der Koran und die prophetische Überlieferung „as-sunna“ sind. 137 Anreiz, Einschüchterung, Ehrfurcht/Furcht, Hofnung, Hoffnungslosigkeit und Liebe: In diesem Kapitel geht es darum, einen Blick auf die Motivationen menschlichen Handelns zu werfen. Das Kapitel ist relativ kurz für die Abhandlung einer solchen Thematik. Es enthält lediglich Kerngedanken zu diesen Themen und beschränkt sich hauptsächlich auf die Erklärung des Zusammenhangs zwischen Anreiz, „at-targ˙ı¯b“ und Belohnung, „at-tawa¯b“, sowie Einschüchterung, „at¯ ¯ Diese Thematik wird in ihya¯3 2ulu¯m tarhı¯b“ und Tadel, „ad-damm“, und das, was daraus folgt. ¯ ¯ ad-dı¯n, „Die Wiederbelebung der Religionswissenschaften“ ausführlich, auf mehr als ˙ 40 Seiten Dina A 4 Format behandelt. Die Abkürzung der Abhandlung dieser wichtigen Themen hier im mı¯za¯n … bestärkt die Annahme, daß Gh in dieser Schrift die Antwort auf den Aristotelismus fortsetzt. Er knüpft dieses Kapitel an seine Abhandlung der Kardinaltungenden als Antwort auf die Frage an, was wohl den Menschen dazu veranlassen könnte, Gutes zu tun? Was sind denn die Charaktereigenschaften des vollkommenen Menschen? Bei der Beantwortung solcher Fragen stellt sich heraus: 1. Belohnung und Bestrafung finden im Islam hauptsächlich im Jenseits statt. 2. Der Glaube allein ohne die entsprechenden Handlungen ist nicht ausreichend, s. D 290 f. Die Beispiele und die Belege, die Gh in seiner Abhandlung der Themen dieses wichtigen Kapitels

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in ih. (Wiederbelebung …) anführt, sind umfangreich und vielschichtig. Sie umfassen Belege aus dem˙ Koran, prophetische Überlieferungen auch von den Propheten vor Muhammad und von ˙ Handeln, sowie berühmten Mystikern. 3. Die Vollkommenheit der Seele kann durch Wissen und durch die Aneignung von Erkenntnissen mit dem Ziel erreicht werden, sich Gott zu nähern, D 293. 4. Der Occasionalismus von Gh ist nicht absolut, insofern er hier die Meinung vertritt, daß sich der Mensch auf jeden Fall um die Ursache kümmern soll, wie z. B. die Begattung bei Kinderzeugung, und die Streuung von Samen etc., s. D 292. Ziel dieser Darstellung ist es zu zeigen, daß es sich in Sachen des Jenseits ebenso verhält, wie im Diesseits. Die Hoffnung auf Gottwohlgefälligkeit ohne Handeln reicht nicht aus, sondern man muß es mit dem Handeln verknüpfen, s. D 293. Anreiz, at-targ˙ı¯b, Einschüchterung, at-tarhı¯b, Lob, al-madh, Tadeln, ad-damm sind Hauptmotivationen zum Handeln. Furcht und Hoffnung, al-hauf wa-3r-ragˇa˙¯ 3 ˘ ¯ n …, Bd. 14, ¯ ¯ sind im arabischen Sprachgebrauch eng miteinander verbunden, s. ih., Bd. 4, S. 141; lisa ˙ S. 310. Ebenso verhält es sich im Griechischen. ˛lpi@ heißt Hoffnung wie auch Furcht und Besorgnis, s. W. Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, S. 266; s. f. R. Bulltmann, Der griechische Hoffnungsbegriff, in:Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 1935, Bd. 2, S. 515 ff. Die Hoffnung, ar-ragˇa¯3 ist lobenswert, mamdu¯h. Sie ist begründet, wenn man dabei ˙ unbegründet. Unbegründete Hoffdie göttlichen Gebote verrichtet, ansonsten ist sie leer, das heißt nung ist Torheit. Die Hoffnungslosigkeit, al-ya3s, ⁄nelpistffla ist tadelnswert, madmu¯m, insofern sie von den guten Taten abhält, s. ih., Bd. 4, S. 124 f. Vielmehr sie ist eine Sünde. ¯Zu diesem Thema ˙ dem Koran und den Überlieferungen, darunter ist folgendes hier erwähnt Gh zahlreiche Stellen aus zu erwähnen: „Sag: Ihr meine Diener, die ihr gegen euch selber nicht maßgehalten habt! Gebt nicht die Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes auf! Gott vergibt (euch) alle (eure) Schuld. Er ist es, der barmherzig ist und bereit zu vergeben.“, S. 39, Vers P 53, H 54. Der Abschluß bei H lautet: „…, er ist der Vergebende, der Barmherzige.“ In bezug auf die Hoffnungslosigkeit ist es hier mit folgender Stelle zu begnügen: „Ihr habt schlimme Mutmaßungen (H böse Gedanken) über Gott angestellt. Ihr seid ein unwissendes (H verdorben) Volk.“, s. Sure 48, P u. H 12. In der griechischen Philosophie vor allem bei Platon und Aristoteles ist der Mensch in seiner Hoffnung völlig auf sich selbst gestellt. Im Zusammenhang der Glückseligkeit wird die Hoffnung „¥lpffl@“ als Ansporn dazu angegeben: „diÞ t¼n ¥lpfflda makarfflzontai.“, Aristoteles, EN, 1100, a3 f.; s. f. 1156a30; 1159a20. Die Hoffnung ist schlechthin ein Bestimmungsgrund für das Verhalten des Menschen, s. f. EN, 1166a25; 1167a16 usw. Der Gerechte ist „jeofilffi@“, Gott wohlgefällig. Er hat nichts zu befürchten, weder in diesem Leben noch nach dem Tod. Dirlmeier ist auf diese Frage ausführlich eingegangen, s. NE, Anm. 20, S. 287 ff. Diese Auffassung reicht nach Ansicht von Gh nicht aus, um die Glückseligkeit zu erlangen. Denn „Hoffen“ heißt, auf die Barmherzigkeit Gottes zu warten und von ihm aufgenommen zu werden. Dies könnte durch Glauben und Handeln erreicht werden, wie Gh in diesem Kapitel darlegt. Der hoffnungsvolle Mensch ist derjenige, der auf die Barmherzigkeit Gottes wartet, damit er das Heil „swthrffla, an-nagˇa¯t“ von Gott erlangen kann. Die Hoffnung im Islam ist demnach keine kollektive Angelegenheit der islamischen Gemeinde und mit keiner messianischen Bestimmung geknüpft, sondern eine ganz individuelle Angelegenheit. Das Heil des Individuums hängt einzig und allein von seinen guten Handlungen ab. Trotzdem hängt das Heil der einzelnen Seele von Gottes Gnade, c€ri@, rahma/fadl/gˇu¯d ab. Die eigene „Leistung“, die dazu erforderlich ist, reicht also bei weitem nicht aus,˙ s. ih., ˙Bd. 4, S. 13 ff. ˙ der stattfindet, wenn man Die Ehrfurcht, ar-rahba/die Furcht, fbo@, al-hauf ist Herzensschmerz, ˘ ist ein Vorhang zwischen dem Menschen und unangenehmes „makru¯h“ erwartet, s. S. 135. Sie Gott. Ihr Entstehungsgrund ist das Nachdenken über Gott und seine Eigenschaften. Denn „wer Gott am besten fürchtet, erkennt er ihn auch am besten.“, s. a. a. O. Der Prophet Muhammad – so ˙ meint Gh – führt die Menschen durch Einschüchterung und Hoffnung. In dem Augenblick, wo er bemerkt, daß die Menschen durch Ehrfurcht und Furcht vor der Strafe hoffnungslos werden, erweckt er in ihnen die Hoffnung auf Gnade und Barmherzigkeit, s. S. 131. Denn sowohl Hoffnung als auch Einschüchterung sind wirksame Mittel, um die Menschen in ihrer Mehrheit zum Handeln anzuspornen. Er verwendet die Einschüchterung zu einem guten Zweck und die Furcht wird von der Hoffnung überwunden, s. S. 137.

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Die Tugend der Furcht besteht darin, daß sie uns Gott näher bringt. Darin liegt auch unsere Glückseligkeit. Die Nähe zu ihm heißt Liebe, al-mahabba, ⁄gapffi. Dies kann nur durch den Versuch erreicht werden, ihn zu erkennen. „Erkennen“ ˙heißt hier in diesem Zusammenhang: dauerhaft an ihn denken, welches die Folge der Furcht ist. Denn Liebe und Furcht hängen von der Erkenntnis einer Sache bzw. einer Person ab. Der Koran unterstützt die Ansicht von Gh, der dabei den folgenden Vers erwähnt: „Gott fürchten nur diejenigen seiner Diener, die das wahre Wissen haben.“, s. Sure 35, Vers P 28, H 25. Die Furcht führt den Menschen zu einem wahrhaftigen Wissen über Gott durch Nachdenken über dessen Eigenschaften und über sein eigenes Schicksal. In der islamischen Tradition wird die Furcht vor Gott als Zeichen der Weisheit angegeben: „Wer Furcht vor Gott hat, vor dem hat alles Furcht. Wer aber keine Furcht vor Gott hat, der fürchtet alles.“, s. ih., Bd. 4, S. 141. Die Furcht vor Gott wird auch als Krone der Vernunft bestimmt, s. ˙ a. a. O. Die wirksame Furcht ist die, welche die Menschen von den Sünden abhält. Die unwirksame hingegen ist ein Selbstgespräch und eine Gemütsbewegung, die den Namen Furcht nicht verdient, s. 136 f. Eine dritte Art gibt es, wenn die Furcht stark ist und das Übermaß überschreitet bis hin zur Hoffnungslosigkeit, welche dann später zu Schwäche und Erkrankung führt, s. a. a. O. Auch die Menschen teilen sich in zwei Kategorien: 1. Diejenigen, die Furcht vor den Sünden haben; dies sind die frommen. 2. Diejenigen, die Furcht vor Gott selbst haben; dies sind diejenigen, die an seine Einzigartigkeit glauben. In ihrem Leben versuchen sie, aufrichtig zu sein und seine Nähe aufzusuchen. Sie stehen höher als die erste Gruppe, s. a. a. O. Gh bestimmt den Glauben als die „Liebe“ zu Gott und zu seinen Gesandten, s. ih., Bd. 4, S. 253. Er versucht dabei, die Liebe zu Gott rational zu begründen und als Veranlagung, ˙bi-3t-tab2 im Men˙ schen darzulegen. Von der Liebe zu den schönen Dingen entwickelt er den Begriff˙ und schildert Gott als den Prächtigsten und Schönsten. Aufgrund seiner sonstigen Eigenschaften hat der Mensch als vernünftiges Wesen die Neigung, ihn als seinen gütigen Schöpfer zu lieben. Diese Erfahrung macht der Mensch durch sein inneres Auge, durch die Scharfsichtigkeit, auch Verstand und Herz genannt, s. S. 255. Das ist die wahrhaftige Liebe, die Liebe zu Gott, s. S. 256. Das Nachdenken darüber und über die Ehrfurcht vor Gott bringen den Menschen Gott näher. Das ist der Sinn der Vollkommenheit, welche darin besteht, sich ihm zu nähern. Dies kann nur, wie Gh in diesem Kapitel darlegt, durch Denken, Handeln und Erfahrung der Wahrheiten bei guter Gesinnung erreicht werden, s. D 293. Darin besteht ein weiterer Unterschied zu dem griechischen Denken, das die Vollkommenheit nicht in diesem Zusammenhang sieht. Dieser Unterschied wird noch tiefer, als der islamische Glaube das Schauen Gottes am Jüngsten Tag bei den vorwiegenden Muslimen für möglich hält, s. ih., Bd. 4, S. 269. ˙ Die Liebe von und zu Gott erreicht ihren Höhepunkt dadurch, daß Gott den Gläubigen am Jüngsten Tag erscheint. Diese Erscheinung ist die Vervollkommnung der Vorstellung von ihm, die gemäß den Bedingungen des Jenseits über Zeit und Raum stattfinden wird. Als Belege dafür erwähnt Gh aus dem Koran besonders den Vers: „Ihr Licht eilt dann vor ihnen und in ihrer Rechten dahin, …“, Sure 66, P u. H 8. Die höchste Stufe ist die der Aufrichtigen und der Propheten, die ihm seinetwegen und seiner Herrlichkeit wegen begegnen wollen, s. D 289. Die Auffassung von Gh über die Gottesliebe übte einen großen Einfluß auf Ahmad ibn-Taymı¯ya (gest. 652 n. H./ 1254 ˙ 751 n. H./ 1350 n. Chr.) aus. ˇ auzı¯ya (gest. n. Chr.) und auf dessen Schüler ibn-Qayyim-al-G Die Bejahung der Freundschaft zwischen Gott und Abra¯ha¯m ist Bestandteil des islamischen Glaubens, ebenso sein Dialog mit Moses, deren Leugnung mit der Todesstrafe im Mittelalter geahndet wird, insofern eine solche Haltung im Widerspruch zum Koran steht, s. Sure 4, Vers P 125, H 124; 4, P 164, H 162. So bestrafte der Herrscher von Iraq Ha¯lid ibn-2Abdalla¯h al-Qasrı¯ (hingerichtet: 126 n. H./743 n. Chr.) auf Befehl des Kalifen Hisˇa¯m˘ ibn-2Abdel-Malik (71–125 n. H./690–743 ˇ a2d ibn-Dirham mit dem Tode, weil er eine solche Freundschaft leugnete. Er leugnete n. Chr.) G ferner, daß Gott mit Moses gesprochen habe, s. Hair-ad-Dı¯n az-Zarkalı¯, al-a2la¯m (Die Biogra˘ phien), Bd. 2, S. 114. I. Goldziher führt den Hintergrund für eine solche Leugnung auf Aristoteles zurück, insofern nach der Meinung von Aristoteles der Abstand zwischen Gott und seinen Geschöpfen (den Menschen) sehr groß ist und eine solche Freundschaft nicht gestattet, s. I. Gold-

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ziher, Die Gottesliebe in der islamischen Theologie, in: Der Islam, 1918, Bd. 9, S. 144 ff. besonders 156 Fußnote mit Quellenangaben bei Aristoteles. Wir verfolgen weiter in den nächsten Anmerkungen den Gedankengang von Gh über die Gottesliebe durch weitere Belege aus dem Koran und der isl. Mystik. 138 „Und gedulde dich mit denen, die morgens und abends zu ihrem Herrn beten, …“, Sure 18, Vers P 28, H 27. Einen Hinweis auf den tatsächlichen Wert und ein vortrefflicher Maßstab für diejenigen, deren Ziel im Jenseits ist das Wohlgefallen Gottes zu erlangen, bemerkt S. Qutb in ˙ seinem Korankommentar, s. Bd. 15, S. 90 f. Solche Menschen, mit denen der Prophet Muhammad ˙ geduldig umgehen sollte, lieben Gott seinetwegen und nicht des Paradieses wegen oder aus Furcht vor der Hölle. Aus diesem Grund lehnt der Prophet Muhammad die Aufforderung der Mekkaner ˙ ab, diese wegen ihrer Armut aus seiner Umgebung zu verbannen, und lediglich mit Leuten umzugehen, die vornehm und reich sind. Solche Aufforderung ist falsch, insofern Gottesliebe sich nicht nach Ansehen und Reichtum in diesem Diesseits richtet, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 22, S. 115. 139 Ra ¯ bi2a 3l-2Adawı¯y (ummu 3l-hair) wurde in Basra 95 n. H./713 n. Chr.- geboren und 185/801 ge˘ storben. Aus dem Leben der großen islamischen ˙Mystekerin führt den Beleg für ausgeübte Gottesliebe und deren Wirkung aus. Sie wurde sˇa¯2irat al-2isˇq al-ila¯hı¯2, Dichterin der Gottesliebe genannt. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend geriet sie in die Sklaverei. Dennoch konnte sie durch Gedichte und Gesänge ihren Herrn dazu bewegen, sie daraus zu befreien, s. 2Abdel-Mon2im alHifnı¯, al-mausu¯2a 3s-su¯fı¯ya, a2la¯m at-tasawwuf …, (Biographien berühmter Mystiker …), S. 172 ff. ˙ ˙ ˙ Mystikerin zog nach ˙ Diese naturbegabte sich einige Schüler, die später berühmt wurden, wie Sufya¯n at-Taurı¯ (97–161 n. H./716–775 n. Chr.) und Sˇaqı¯q al-Bala¯durı¯ (194 n. H./810 n. Chr.), s. ¯ ¯ 3l-2Adawı¯ya, in: Handwört. des Islam, S. 603 f., mit Quellenangaben M. Smith,˙ R. und Übersetzungen aus ihren Gedichten. Bekannt war sie durch ihre leidenschaftliche Liebe, al-2isˇq, zu Gott, die darin begründet ist, daß die menschliche Existenz in der Erscheinungswelt in Wahrheit keine reale Existenz besitzt. Eine solche Existenz hat dann Wert, wenn sie in Gott, dessen Existenz ewig ist, eingeht oder in der Sprache der Mystik erlöschen ist. Das ist al-fana¯3, der Zustand des Erlöschens. In diesem Zustand der Vereinigung mit Gott erlangt man die wahrhaftige Existenz. Die Liebe zu Gott ist ein onthologischer Bestimmungsgrund. In diese Richtung ging auch später al-Halla¯gˇ (244–309 n. H./ 855–922 ˙ im folgenden Text zum Ausn. Chr.) Das Verhältnis zu Gott, ihre furchtlose Liebe zu ihm, hat sie druck gebracht, worin sie auch das Verhältnis zwischen Furcht, Hoffnung und Liebe zur Sprache bringt: „Furcht ist ein erleuchtendes Feuer, Hoffnung ein erleuchtendes Licht und Liebe das Licht der Lichter.“, s. Annemarie Schimmel, Studien zum Begriff der mystischen Liebe in der frühislamischen Mystik, Diss., Marburg 1954, S. 20. In diesem Zusammenhang sagt Ra¯bi2a: „O mein Herr! Wenn ich dich anbete aus Furcht vor der Hölle, so verbrenne mich in ihr, und wenn ich Dich anbete in der Hoffnung auf das Paradies, so verbanne mich daraus, aber wenn ich Dich anbete um Deiner selbst willen, so verberge nicht vor mir Deine ewige Schönheit.“, s. Margerete Smith, Ra¯bi2a 3l-2Adawı¯ya, in: Handwörterbuch des Islam, S. 603 f. In ihrer Mystik versucht sie, al-mahabba, ⁄g€ph, die Liebe und die leidenschaftliche Liebe, al-2isˇq, ˙ bevorzugt das Zölibat, indem sie die Heiratswerbung, sogar ˛ro@ miteinander zu verbinden. Sie die des Emirs von Basra Muhammad ibn-Sulaima¯n al-Ha¯sˇimı¯ mit der Begründung ablehnt, daß sie ˙ ˙ in Gott verliebt sei. Durch diese Verliebtheit hat sie aufgehört, in der Erscheinungswelt zu existieren, s. A. Schimmel, Studien …, S. 51 f.; al-Hifnı¯, al-mausu¯2a … (Biographien), S. 173. „Ich existiere ˙ seinem Befehl …“, A. Schimmel, Studien …, S. 51f. in Ihm, und ich bin die Seine, ich stehe unter An dieser Stelle scheint die Übersetzung des Begriffs „fana¯3“ mit „Entwerden“ nicht ganz adäquat zu sein, da der Begriff im Deutschen: „aufhören, abgehen, untergehen“ bedeutet und bei M. Eckhart ist die Bedeutung dunkel verwendet. „Entwerden“ heißt das Ende, das alle Kreaturen betrifft. Bei Luther bezieht sich der Begriff auf die Gottlosen, die nicht in Gott eingehen können. Aus der Mystik von Meister Eckhart und Martin Luther hat A. Schimmel wahrscheinlich den Begriff „Entwerden“ entnommen, der nicht problemlos auf islamische Lehrmeinungen angewandt werden

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kann, s. J. u. W. Grimm, Deut. Wörterbuch, Bd. 3, S. 654 f. Dort heißt es: ⁄pogfflgnomai, aufhören zu sein, abhanden kommen, verloren gehen, sterben, s. W. Gemoll, Griechisch-Deutsch Schul- und Handwörterbuch, München u. Wien 1965, S. 98; H. G. Liddel Scott, A Greek-English Lexicon, S. 194. In Gott gehen oder sterben kann nicht der Sinn von fana¯3 in diesem Zusammenhang bedeuten, ansonsten hätte die Mystikerin dies ausdrücklich gesagt: Ich bin in Dir (Gott) untergegangen oder sogar gestorben … ! Der Begriff „faniya“ heißt: Greis werden, wenn der Tod einen verpaßt und man lang lebt. Das Leben bis zum Greisenalter ist die Bedeutung des Begriffs. Die Übersetzung mit „Erlöschen“ ist zu bevorzugen, insofern dieser Begriff die Bedeutung hat, daß die menschliche Existenz in Gott eingeht und in ihm weiterlebt, worauf es bei dieser Richtung von Mystik ankommt, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 15, S. 164 f.; az-Zabı¯dı¯, ta¯gˇ al-2aru¯s (Sprachlexi˙ Anwendung des Begriffes „Erlöschen“ im Deutschen, s. J. u. kon …), Bd. 39, S. 255 ff. Zu der W. Grimm, Deut. Wörterbuch, Bd. 3, S. 906. sbffnnumi im Sinne von ¥n saut† genno‰, gehe in dich, entspricht dem Zustand, in dem sich der Liebende befindet, s. F. Passow, Handwörterbuch der gr. Sprache, Bd. 2, 2. Abt., S. 1388. Diese enge Beziehung zwischen Mensch und Gott beruht auf freiem Entscheidungsgrund innerer Erfahrung. „fana¯3“ im Sinne von „Erlöschen“ bedeutet nicht nur die Überwindung des Ichs, sondern gleichzeitig die Überwindung des Todes durch die Liebe und die Vereinigung mit Gott. Die Überlieferung, die diesen Sinn treffend enthält, besteht in einem Dialog zwischen Abra¯ha¯m, dem Freund Gottes und dem Todesengel. Abra¯ha¯m soll dem Todesengel gesagt haben, als ihm der Tod nähertrat: „Hast du schon einmal gesehen, daß ein Freund seinen Freund sterben ließ?“ Darauf wurde es ihm offenbart: „Hast du schon einmal einen Liebenden gesehen, der seinen Geliebten nicht treffen wollte?“ Darauf sagt Abra¯ha¯m dem Todesengel: „Jetzt ergreife mich!“ Gh kommentiert diese Überlieferung so, daß man durch die Liebe zu Gott den Tod nicht zu fürchten braucht, sondern ihn sogar lieben soll, weil er den Weg zur Begegnung mit Gott bereitet, s. A. Schimml, Studien …, S. 53; Gh, ih. (Wiederbelebung …), Bd. 4, S. 253 f. ˙ 140 „… indem sie sein Antlitz (sehen) wollen …“, s. Anm. 138. 141 „Ich habe für meine aufrichtigen Diener vorbereitet, …“ ist eine Überlieferung, die sich in mehreren Großsammlungen befindet, s. Wensinck, Concordance, T. III, S. 337; z. B. ibn-Hanbal, ˙ Bd. 8, tauhı¯d, Monotheismus, S. 197. ˙ 142 „Wer aufrichtig sagt: ‚Es gibt keinen Gott außer Gott …‘“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsmmlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 79; Ahmad ibn-Hanbal ˙ von ˙ erwähnt sie in mehreren Versionen, s. Bd. 3, S. 467; Bd. 4, S. 103; Bd. 5, 391 im Zusammenhang ı¯ma¯n, des Glaubens, ihla¯s, der Aufrichtigkeit, at-taqwa¯, der Frömmigkeit, al-a2ma¯l at-tayyiba, der ˙ ¯ sı¯, Korankommentar, Bd. 27, S. 80 ff. ˙˙ guten Werke usw.; s. f.˘ar-Ra 143 „Das Grab ist entweder eine der Gruben …“ ist Teil einer langen Überlieferung, die lediglich bei at-Termidı¯ vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 480; at-Termidı¯, Sammlung, ¯ at-Ta¯sı¯, Bd. 9, S. 284. Die Auferstehung und das jenseitige Leben ¯fangen gleich arab., hrsg. von nach dem Tode an. Aus mehreren Überlieferungen kann man entnehmen, daß die Toten über andere Sinneswahrnehmungen verfügen als diejenigen, die sie im diesseitigen Leben hatten, mit denen sie Kenntnisse und Empfindungen haben können, s. Wensinck, Concordance …, T. V, S. 222 ff.; s. f. A. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 3, S. 346; Wensinck, T. I, S. 63 mit Quellenangaben, ˙ ¯ ma fi 3l-Qur3a¯n (Jenseitsphänomene im Koran), arab., Kairo: da¯r asˇ-sˇuru¯q S. Qutb, masˇa¯hid al-qiya ˙ 12 1993. 144 „Diejenigen, die das Jenseits haben möchten …“, Sure 17, Vers P 19, H 20. Nach ar-Ra ¯ sı¯ stellt der Koran folgende Bedingungen auf, um eine Handlung als gut zu beurteilen: 1. Das Ziel der Handlung soll auf das Jenseits gerichtet sein, um die Wohlgefälligkeit Gottes zu erlangen. 2. Man soll sich darum mit dem entsprechenden Eifer bemühen und sich dafür mit der ganzen Entschlossenheit „wa-sa2a¯ laha¯ sa2yaha¯“ einsetzen, sich durch die Handlung Gott zu nähern. 3. Der Glaube an Gott ist die Voraussetzung für die Erlangung einer solchen Wohlgefälligkeit. 4. Damit scheiden die guten Werke der Heiden, der Götzendiener, der Engelanbeter und derer, die sich Gottes wegen verbrennen oder töten und derer, die ähnliche Doktrinen haben, per definitionem aus. 5. Unter Dankbarkeit wird die Summe dreierlei Dinge verstanden: 1. Der Glaube an die Güte

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Gottes, 2. Und ihn lobpreisen, 3. Ihm durch die Handlung dienen, das heißt versuchen, ihn zu erkennen. Solchen Leuten wird für ihre guten Taten gedankt, das heißt, sie werden dafür belohnt, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 20, S. 179 f.; at-Tabarı¯, Bd. 15, S. 59 f. ˙ ˙zuteil wird …“, Sure 53, Vers P 39, H 40. Aus den 145 „Und daß dem Menschen (…) nichts anderes Korankommentaren geht hervor, daß der Mensch die Folgen seiner Handlung zu verantworten hat. Die Verantwortung geht nicht zu Lasten eines anderen. Sie ist persönlich, individuell und nicht übertragbar, s. in diesem Zusammenhang Sure 35, Vers P 18 f., H 19 f.; ar-Ra¯sı¯, Bd. 29, S. 15 ff.; at-Tabarı¯, Bd. 27, S. 70 ff.; ibn-Katı¯r, Bd. 4, S. 258. ˙ ˙115. ¯ 146 s. Anm. 147 „Welch vortrefflicher Reichtum …“ ist eine Überlieferung, die lediglich von A. ibn-Hanbal erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance, T. III, S. 335; A. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 4,˙ S. 187, ˙ 202. 148 „Welch vortreffliche Hilfe …“ ist Teil einer Überlieferung, die aber nicht leicht zu finden ist. Bei Wensinck gibt es keinen Hinweis darauf, daß sie in den Großsammlungen vorhanden ist. Gh gilt als Quelle für solche und ähnliche Überlieferungen. 149 „Welch vortrefflicher Beistand für die Religion …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck nicht in den Großsammlungen vorhanden ist, jedoch erwähnt er eine andere, die denselben Sinn zum Ausdruck bringt: „Nach Gottesfurcht hat der Gläubige keinen Gewinn außer einer aufrichtigen Frau.“, s. Wensinck, Concordance …, T. V, S. 214; ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. I, S. 596. 150 „Wenn der Mensch stirbt …“ ist eine Überlieferung, die in einigen Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. IV, S. 380, VII, S. 314; s. f. Muslim ibn-al-Hagˇgˇa¯gˇ, Samm˙ lung, Bd. 4, S. 345. Bei intellektueller Tätigkeit, stellen die Kommentatoren die Bedingung auf, daß eine solche Tätigkeit, die dem Verstorbenen Nutzen im Jenseits bringen würde, den Nachkommen effiziente Vorteile bringen könnte. Beim Bücherschreiben zum Beispiel, so meinen sie, muß eine solche Tätigkeit dem Leser mehr Nutzen an Wissen bringen als die vorangegangenen Bücher, ansonsten ist sie das Papier nicht wert, worauf solche Arbeiten geschrieben werden, s. a. a. O. 151 „Und wenn Gott nicht die einen Menschen durch die anderen zurückgehalten hätte …“, Sure 2, Teil des Verses P 251, H 252. Nach ar-Ra¯sı¯ können die Propheten, Imame und Könige die Rolle derer übernehmen, die die Exikutivmacht besitzen, um die Menschen zurückzuhalten, die das Unrecht in der Gesellschaft stiften. 2. Gott selbst ist derjenige, der diese Rolle übernimmt, indem er Gesetze durch seine Propheten erläßt, durch deren Verwirklichung dem Unrecht Halt geboten wird. Er kann ferner durch seine Allmacht einige, z. B. gute Gläubige dazu veranlassen, die diese Rolle zu übernehmen. Das Leben wird durch die Eindämmung des Schlechten möglich, indem die Alleinherrschaft des Schlechten gebrochen wird. Noch deutlicher drückt sich at-Tabarı¯ ˙ ˙s. Koaus: Durch die Taten aufrichtiger und gläubiger Menschen wird das Böse zurückgedrängt, rankommentar, Bd. 2, S. 633 f. mit Belegen über die Widerstandskraft des Guten gegen das Böse. Aus diesem Vers entnehmen einige Geleherte, daß der Fatalismus abzulehnen ist, insofern durch die Handlungen der einen Menschen die schlechten Taten der anderen zurückgedrängt werden, s. ar-Ra¯si, Korankommentar, Bd. 6, S. 192 f. 152 „Unter den Menschen …“ ist ein Gedicht von Maimu ¯ n ibn-Qais (gest. 8 n. H./ 629 n. Chr.), genannt al-A2sˇa 3l-Kabı¯r, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, faha¯ris (Indices), Bd. 2, S. 1174. ˙ Überlieferung, die lediglich von ibn-Ma¯gˇa erwähnt wird, s. 153 „Wählt für euren Samen …“ ist eine Wensinck, Concordance …, T. VI, S. 474; ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 633. 154 „Hütet euch vor einer grünen Pflanze …“ ist eine Überlieferung, die lediglich von ad-Da ¯ raqutnı¯ erwähnt wird. Gh erwähnt sie ferner in seiner ih. (Wiederbelebung der Religionswiss.). Die ˙ ˙ Kommentatoren meinen, daß sie zu den schwachen Überlieferungen gehört, die nicht mit Gewißheit auf den Propheten Muhammad zurückgeführt werden, s. Gh, ih. (Wiederbelebung …), Bd. 2, ˙ ˙ S. 38, Fußnote. 155 al-M3mu ¯ n, das ist der 2Abbası¯den Kalif 2Abdalla¯h al-Ma3mu¯n ibn-Ha¯ru¯n ar-Rasˇı¯d, geb. in Rabı¯2 I 170 n. H./ 786 n. Chr. Nachdem sein Bruder al-Amı¯n ihn seines Amtes als Fürst von Hura¯sa¯n ˘ enthoben und seinen eigenen Sohn Mu¯sa¯ als den legitimen Nachfolger im Amt des Kalifen er-

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nannt hatte, kam es zur militärischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Brüdern, in deren Verlauf al-Amı¯n besiegt und hingerichtet wurde. al-Ma3mu¯n übernahm das Amt des Kalifen im Muharram 198 n. H./ März 813 n. Chr. ˙ Religiös gesehen war er ein Anhänger der Sˇı¯2a, d. h. Anhänger des vierten Kalifen 2Alı¯, s. Erretter …, Anm. 97, S. 122 f. Er verordnet das Beten für ihn vor den früheren Kameraden und Nachfolger des Propheten Abu¯-Bakr, 2Umar und 2Utma¯n und dies entgegen der überwiegenden Meinung der ¯ sunnı¯tischen Lehre und der Überlieferungen, s. ibn-Kat¯ır, al-bida¯ya wa-3n-niha¯ya (Vom Anfang ¯ und Ende der Geschichte), Bd. 10, S. 225, mit kritscher Darstellung. Religionsphilosophisch stand er auf seiten der Mu2tazilı¯ten, besonders teilte er deren Meinung, daß der Koran als Gotteswort keineswegs ewig, sondern erschaffen sei. Er ging so weit, daß er daraus eine Staatsideologie machte, indem die Auffassungen der Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Amtsinhaber wie Richter, Leherer, Beamte und auch Traditionalisten durch seinen Polizeichef erforschen ließ. Wer der Meinung ist, daß der Koran erschaffen ist, wird in seinem Amt bestätigt, ansonsten soll er mit einer harten Strafe, sogar mit der Todesstrafe rechnen, da man dann an zwei ewige glaubt, nämlich Gott und seine Sprache, in diesem Zusammenhang den Koran, was gegen den absoluten Monotheismus des Islam ist. Unter den Befragten war der Traditionalist und Gründer der nach seinem Namen benannten juristischen Schule Ahmad ibn-Hanbal, der gegen ˙ ff.; Erretter …, die Kalifsmeinung war, schmerzliche Strafe auf sich zog, s. ibn-Katı¯r,˙Bd. 10, S. 330 ¯ Anm. 105, S. 124 ff. Sozialpolitisch strengt sich der Kalif an, die Gerechtigkeit als oberstes Prinzip seines Kalifats walten zu lassen, auch dann wenn es sich um Interessen seiner Familienmitglieder handelt. Er verordnet zum Beispiel eine Geldstrafe in Höhe von zehntausend Dirham gegen seinen eigenen Sohn al-2Abba¯s und die Rückgabe des Guts einer Frau, das ihr weggenommen hatte, s. ibn-Katı¯r, ¯ Bd. 10, S. 277. Auch gegen die Bereicherung seiner Fürsten in den Provinzen ging der Kalif vor und teilte ihnen mit: „Es ist kein Großmut, muru¯3a, daß dein Haus aus Gold und Silber gebaut wird, während dein Untertan aber nichts besitzt, dein Nachbar nichts hat und der Arme hungrig ist“, s. a. a. O. Gerechtigkeit ist eine der wichtigsten Säulen des Islam und der Mu2tazilı¯ten. Die Anhänger dieser Lehre nennen sich: ahl al-2adl wa-3t-tauhı¯d, Anhänger der Gerechtigkeit und des Mono˙ der langen Diskussion, mit denen sie sich diesen theismus wegen der besonderen Achtsamkeit und beiden Themen gewidmet haben. Er neigt mehr zur Vergebung, al-2afw, als zur Bestrafung, al-2uqu¯ba. Eindeutiges Beispiel dafür war die Freilassung von Ibra¯hı¯m al-Mahdı¯, der sich von den Bag˙da¯dern im Jahre 201 n. H. als Kalif ausrufen läßt, über seine Biographie s. ibn-Katı¯r, Bd. 10, S. 247. Als dieser den Kampf gegen den ¯ Kalif zu ihm: Ich habe mit all meinen VerwandKalifen verlor und ihm vorgeführt wurde, sagt der ten und Beratern über deinen Fall gesprochen. Alle gaben mir den Rat, dich zu töten. Wenn ich dich jetzt zum Tode verurteile, so befolge ich die Herrscher vor mir. Wenn ich dich aber freilasse, so bin ich ein vortreffliches Vorbild, s. al-Ya2qu¯bı¯, ta¯rı¯h (Geschichte), hrsg. von M. Th. Houtsma, ˘ arab., Leiden: Brill 1969, Bd. 2, S. 558. Der Kalif al-Ma3mu¯n führte mehrere Eroberungszüge gegen das römische Reich, in deren Verlauf er Ankara und mehrere Ortschaften in den Jahren 215/216 n. H.–830/831 n. Chr. erobern konnte. Der byzantinische Kaiser Theophilos und der 2Abbası¯dische Kalif al-Ma3mu¯n konnten trotz ihres gemeinsamen Interesses, nämlich die Liebe und Pflege der Kultur keinen Weg zum Frieden finden. Das Angebot von Theophilos an den Kalifen: auf fünf Jahre begrenztes Friedensabkommen, die Rückgabe der eroberten Länder und ein einmaliges Tribut in Höhe von hunderttausend Dirham reicht dem Kalifen nicht aus, und so blieb die Beziehung zwischen den beiden gespannt, s. al-Ya2qu¯bı¯, Bd. 2, S. 568; Allan Ducellier, Byzanz, Das Reich und die Stadt, S. u. a. 323. Im Jahre 217 n. H./ 832 n. Chr. Setzt der Kalif seine Feldzüge gegen Byzanz fort mit dem Ziel, Konstantinopel zu erobern, jedoch stirbt er bei dem Anmarsch, ohne sein Ziel zu erreichen. Der Kalif al-Ma3mu¯n, Sohn des arabischen Herrschers Ha¯ru¯n ar-Rasˇı¯d und einer persischen Mutter, widmet sich der Übertragung der fremden Kulturen, hauptsächlich persischer und griechischer Herkunft, in die arabische Sprache. Zu diesem Zweck errichtet er in Bag˙da¯d das Haus der Wissenschaften, bait al-hikma, in dem u. a. die Werke von Platon, Aristoteles und Galen ins Arabische ˙

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

übertragen wurden. Berühmte Übersetzer aus dem Griechischen waren zu dieser Zeit Hunain ˙ die ibn-Isha¯q und dessen Sohn Isha¯q ibn-Hunain, die hauptsächlich philosophische Werke, und ˙ ˙ ˙ Brüder Banu¯-Mu¯sa, die hauptsächlich mathematische, asthronomische und medizinische Werke übersetzt haben, s. Claude Cahen, Der Islam (aus dem Französichen), (Fischer Weltgeschichte Bd. 14), S. 130 ff. Der Einfluß der übersetzten Werke auf die muslimischen Intellektuellen ist erheblich, s. a. a. O.; Einleitung, LXI, s. f. K. Flasch, Das philosophische Denken …, S. 315 ff. Der Kalif al-Ma3mu¯n blieb in seiner mu2tazilı¯tischen Lehrmeinung bis zu seinem Tode, welche im folgenden zusammengefaßt werden kann: 1. Der Koran als Gotteswort sei nicht ewig, sondern erschaffen. 2. Die Gerechtigkeit ist die Grundtugend, besonders die der Herrschaft. 3. Auch Gerechtigkeit muß zwischen Gott und dem Menschen bestehen. Gott muß die Menschen nach Gerechtigkeit behandeln, nämlich den Guten mit dem Paradies belohnen und den Schlechten mit der Hölle bestrafen, was heißt, er darf nicht das Verhältnis nach seiner Güte und Allmacht umkehren, nämlich den Schlechten belohnen und den Guten bestrafen. 4. Der Mensch ist in seinem Verhalten frei und individuell verantwortlich. 5. Gott wird sich den Gläubigen am Jüngsten Tag nicht enthüllen, so daß sie ihn nicht schauen können, s. Abu-3l- Hasan 2Ali 3l-Asˇ2arı¯, Die dogmatischen ˙ 229 ff.; 234 ff.; 260 ff.; Bd. 2, S. 561 f.; Lehren der Anhänger des Islam, Bd. 1, S. 184 ff.; 193 ff.;216 ff.; 566 f.; 582 ff. usw. Der Kalif al-M3mu¯n bereiste die Provinzen und war in verschiedenen Ländern, in Ägypten, Syrien, Palästina, Persien, Armenien usw. und befragte selbst die Emire und die Richter in diesen Ländern, ob sie die Menschen nach Gerechtigkeit behandeln, s. al-Ya2qu¯bı¯, Bd. 2, u. a. S. 571. Der Kalif al-Ma3mu¯n starb in seinem achtundvierzigsten Lebnsjahr auf seinem Feldzug gegen Konstantinopel in Ragˇab 218 n. H./ Juli 833 n. Chr. bei Tarsos, wo er bestattet wird. Seine Herrschaft dauerte zwanzig Jahre, fünf Monate und fünfundzwanzig Tage, s. al-Ya2qu¯bı¯, Bd. 2, S. 568, 570, 574; ibn-Katı¯r, Bd. 10, 280. Gh als Sunnı¯t bescheinigt dem Kalifen Scharfsinn und ¯ Beobachtungsgabe. 156 „Strebt nach Erledigung eurer Anliegen …“ ist eine Überlieferung, deren Quelle von Wensinck nicht erwähnt wird, s. Concordance …, T. I, S. 85 f., 466 ff., 524 ff.; VII, S. 149 ff. Sie wird ˇ ala¯l ad-Dı¯n as-Suyu¯tı¯ in seinem Werk: ad-durar al-muntatira fi-3l-aha¯dı¯t al-musˇtalediglich von G ˙ ˙ ¯ wird alhara (Zerstreute Perlen in den berühmten Überlieferungen), S. 99. Statt ¯ha¯gˇa, Bedürfnis ˙ hair, das Gute erwähnt. ˘ „Wenn ihr einen Gesandten schicken wollt, …“ ist eine Überlieferung, die wie die vorangegan157 gene nicht bei Wensinck in den Großsammlungen zu finden ist, s. Concordance, T. II, S. 257 ff.; VII, S. 147. 158 „Wenn die Betenden gleichrangig sind …“ ist eine Überlieferung, die ebenso wie die zwei vorangegangenen nach Wensinck nicht in den Großsammlungen erwähnt wird, s. Concordance …, T. I, S. 85 ff. Bei asˇ-Sˇaiba¯nı¯ kommt eine solche Überlieferung in dem Kapitel: Über die Bedingungen des Vorbetens vor, s. 2Abd-ar-Rahma¯n ibn-2Ali 3bn-ar-Rabı¯2, taisı¯r al-wusu¯l ila¯ gˇa¯mi2 al-usu¯l … ˙ ˙ Erleichterung der Methode zur Erlangung des Verständnisses von den Überlieferungen des˙ Propheten“, Bd. 2, S. 322 ff. Die Voranstellung des Vorbeters wegen seiner schönen Gestalt wird nicht von allen juristischen Schulen, sondern lediglich von den schafi2ı¯tischen und hanafı¯tischen Schulen ˙ vertreten. Bei den übrigen bekannten Schulen, malikı¯tischen und hanbalı¯tischen Schulen kommt ˙ ˇ dies nicht vor, s. 2Abd-ar-Rahma¯n al-Geserı¯, kita¯b al-fiqh 2ala 3l-mada¯hib al-arba2a (Das islamische ˙ Bd. 1, S. 428 f. Unter den Bedingungen ¯ des Vorbeters erscheint die Recht nach den vier Schulen), Schönheit des Gesichts nicht in den Überlieferungen, s. S. Sa¯biq, fiqh as-sunna (Das islamische Recht eingeleitet von den Überlieferungen), Bd. 1, S. 199 f. 159 „Gott hat ihn (den Saul) vor euch auserwählt …“, Sure 2, Vers P 247, H 248. Die vornehmen Juden baten ihren Propheten darum, der bei at-Tabarı¯ mit dem Namen Sˇimu3ı¯l angegeben ist, ihnen einen König zu wählen. Als er ihnen Ta¯lu¯˙t ˙(Saul) nannte, lehnten sie ihn mit der Begrün˙ ˙ sondern aus dem Haus Benjamin. Die Nachdung ab, er stamme nicht aus einem Könighaus, kommen von Benjamin sind weder Propheten, noch Könige. Deswegen wird Saul abgelehnt, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 601 ff. Er wird also abgelehnt, weil er weder von edler ˙ ˙ Abstammung ist, noch im Besitz eines Reichtums, s. a. a. O.; s. f. ar-Ra¯sı¯, Bd. 6, S. 172 ff. Er ist trotzdem König der Juden bestimmt, wie dies aus dem Koran hervorgeht. ar-Ra¯sı¯ zieht daraus

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die Konsequenz, daß die Staatsführung keineswegs erblich ist. Denn die Begründung für Saul besteht darin, daß er über das Wissen und die körperliche Aneignung verfügt, was für den Schutz des Staates und den Kampf gegen die Feinde ausschlaggebend ist. Diese beiden Gründe, nicht die edle Abstammung und der Reichtum, sind unter anderem wahrhaftige Gründe für die Wahl des Staatsmannes, s. a. a. O. Das ist auch die Meinung von at-Tabarı¯ in seinem Korankommentar, ˙ ˙ s. Bd. 2, S. 605. Die Voranstellung des Wissens vor die körperliche Kraft und Stärke weist auf den Vorrang der geistigen Eigenschaften hin, s. a. a. O. Es handelt sich bei diesem Beleg darum, daß sich die körperlichen und die geistigen Kräfte gegenseitig ergänzen sollen, damit ein Höchst Maß an Glück erreicht werden kann. Diesen Gedanken verfolgt Gh besonders in diesem Kapitel weiter, wie wir noch sehen werden. 160 „Des Menschen Geist …“ ist ein Gedicht, dessen Dichter weder in den bekannten Quellen, noch in den Grammatikbüchern oder in den Lexika erwähnt wird. Es ist von Gh in seinem Werk „ih …, Wiederbelebung der Religionswiss.“ erwähnt, s. Bd. IV, S. 93. Dort wie hier ist der Dichter˙ name unerwähnt geblieben. ar-Ra¯g˙ib al-Isfaha¯nı¯ (gest. 502 n. H./1108 n. Chr.) erwähnt ebenfalls das Gedicht in seinem Werk: „ad-darı¯2a ila¯ ˙maka¯rim asˇ-sˇarı¯2a, Einführung in die islamische Ethik“, ohne den Dichtername, s. S. 76. ¯ ¯ 161 „Unser Herr ist der, der einem jeden Ding …“ ist Teil eines Verses, dessen Anfang lautet: „Er (Moses) sagte: ‚Unser Herr ist der, der …‘“, Sure 20, Vers P 50, H 52. Dies ist die Antwort Moses auf die Frage von Pharao: „Wer ist denn euer Herr, Moses? …“ im vorangegangenen Vers. Mit deutlichen Hinweisen auf die Schöpfungsphänomene antwortet Moses Pharao, wobei er eine Argumentation meidet, die auf die Wesensbestimmung des Schöpfers hinausläuft. Denn Pharao kann diese Phänomene nicht leugnen. Aus dem Vers folgert ar-Ra¯sı¯ folgendes: 1. Pharao wußte, daß es einen Schöpfer gibt, jedoch leugnet er ihn aus Hochmut und Arroganz. 2. Es ist möglich, daß Pharao ein materialistischer Atheist oder ein Anbeter der Gestirne ist. 3. Es könnte sein, daß er an eine agierende Ursache glaubt, die nicht näher bestimmt werden kann. Denn er war ein vernünftiger Mensch, der solche kluge Fragen an Moses stellt, und über einen hohen Grad von Wissen verfügt. Die Frage nach der Existenz eines Schöpfers kann ihm also nicht gleichgültig sein, s. Korankommentar, Bd. 22, S. 62 ff. Gegen die islamischen Schulen folgert ar-Ra¯sı¯, daß sich Moses mit der Aufnahme des Dialogs mit Pharao gegen die Nachahmung, at-taqlı¯d, stellt und den Pharao mit Argumenten über die Existenz Gottes auf friedliche Weise zu überzeugen versucht. 2. Gegen die Ba¯tinı¯ten, die behaupten, daß ˙ da Moses hier in seinem man über die Existenz Gottes lediglich von dem Propheten erfahren soll, Dialog mit Pharao mit rationalen Argumenten die Existenz des Schöpfers nachweisen wollte. Über die Lehre der Ba¯tinı¯ten s. „Der Erretter …, D 130, S. 30 ff.; s. f. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, ˙ hat, soll sich die Argumente des Gegners anhören. Denn Moses hat Bd. 22, S. 63. 3. Wer recht recht, und trotzdem läßt er sich auf einen Dialog mit Pharao ein, der nicht Recht hat. Diese Haltung wird im Koran gefördert, wie in seiner Aussage: „Ruf (die Menschen) mit Weisheit und einer guten Ermahnung auf den Weg deines Herrn und streite mit ihnen auf eine möglichst gute Art! …“, Sure 16, P 125, H 126. at-Tabarı¯ richtet sein Augenmerk darauf, daß jede der Gattungen bestimmten Gesetzen unterwor˙ ˙ ist, über die sie nicht hinausspringen kann, die ihre Existenz und ihr Fortbestehen, wie die fen Nahrungsbedingungen, und ihr sexual Verhalten usw. garantieren. Das ist das, was mit dem Begriff hada¯, recht leiten, gemeint ist, s. Korankommentar, Bd. 16, S. 171 ff. Es geht hier bei Gh darum, daß die Rechtleitung eine zusätzliche Handlung zu der Erschaffung nicht nur des Menschen ist, sondern auch der Kreaturen, durch welche sie ihren Erschaffungszweck erfüllen können. 162 „Und wenn nicht Gott seine Huld und Barmherzigkeit über euch würde walten lassen, …“ Sure 24, Vers P u. H 21. an-Nasafı¯ hebt die Bedeutung der Buße hervor, ohne die Gott den Menschen nicht reinigen, zakka¯, würde. Speziell bezieht sich der Vers auf diejenigen Personen, die die Ehefrau des Propheten verleumdet haben, s. Anm. 44; s. f. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 137; as-Sa¯bu¯nı¯, safwat at-tafa¯sı¯r (Auszug aus den Korankommentaren), Bd. 10, S. 13. ˙ ˙ durch˙ göttliche Orientierung. Sie hat die Wirkung, daß der Mensch die Reue Buße tun geschieht

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

empfindet und so bereit ist, sich von den schlechten Charaktereigenschaften zu befreien. Das ist die Reinigung, az-zaka¯t. Der Mensch soll sich aber für ein reuevolles Verhalten entscheiden, das heißt, er soll sich für diese Gabe empfänglich machen, s. ibn-Katı¯r, Korankommentar, Bd. 3, ¯ S. 275. Das ist eine Kern – und problematische Frage der religiösen Ethik, insofern die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen vor allem individuell ist und auf dem inneren Glauben beruht. Sie bleibt für einen fremden Beobachter unbegründet, unerforschlich und rätselhaft, insofern die Gabe Gottes sogar bei dem besten Menschen ausbleiben kann. Denn Gott reinigt, wen er will. Er ist allwissend und allhörend. Über seinen Willen können die Menschen nicht verfügen. 163 „Keiner kommt ins Paradies ohne Gottes Barmherzigkeit …“ ist eine Überlieferung, die von Gh mit einem einzigen Hinweis auf die Großsammlung von Muslim in seinem Werk ih. (Wieder˙ belebung …) erwähnt wird, s. Bd. 4, S. 93. Wensinck erwähnt aber mehrere Großsammlungen, in denen diese Überlieferung erwähnt wird, wie außer Muslim ibn-Hanbal, ibn-Ma¯gˇa, u. Abu¯-Dawu¯d, s. Wensinck, Concordance …, T. II, S. 240; s. f. zum Beispiel A.˙ ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 3, ˙ S. 52. rahma, Barmherzigkeit, hat mehrere Bedeutungen: 1. rahma bedeutet riqqa, Sanftmut, 2. ta2a¯tuf, ˙ ˙ gegenseitige Zuneigung. 3. hudan, Rechtleitung, 4. rizq, Lebensunterhalt, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n ˙…, Bd. 12, S. 230. Gh hebt die Bedeutung der Rechtleitung hervor, um zu zeigen, daß˙ hudan, die Rechtleitung mit rahma, der Barmherzigkeit, identisch ist. Denn seine Barmherzigkeit kennt kei˙ Vers P 156, H 155. Der Sinn dieser Überlieferung besteht darin, daß der ne Grenze, s. Sure 7, Prophet Muhammad, trotz seiner Eigenschaft als Prophet keine Sonderstellung Gott gegenüber ˙ daß Gott ihn mit seiner Barmherzigkeit umfangen wird. Er ist allen übrigen Menhat, es sei denn schen gleich, die auf die Gnade Gottes angewiesen sind. 164 „… und haben wir ihm (dem Menschen) die beiden Wege gezeigt?“ Sure 90, Vers P 10, H 11. Die Meinung von Gh, daß mit den beiden Wegen, dem einen, welcher zum Guten und dem anderen, welcher zum Bösen führt, wird von ar-Ra¯sı¯ unterstützt, s. Korankommentar, Bd. 31, S. 183; at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 30, S. 199 f. 2. Mit den beiden Wegen werden die Rechtleitung ˙ ˙ die Irreleitung gemeint, s. a. a. O. 3. Mit den beiden Wegen werden die Dankbarkeit (bei der und Annahme der Rechtleitung) und die Undankbarkeit gemeint, s. Sure 76, Vers P u. H 2. Gott schuf im Menschen die Anlage zum Guten und zum Bösen. Jedoch liegt die Entscheidung für das eine oder das andere beim Menschen, der für die Folgen seiner Entscheidung verantwortlich ist, s. Sure 89, Vers P 23 ff., H. 24 ff.; ibn-Katı¯r, Korankommentar, Bd. 4, S. 510 f. ¯ 165 „Und was die Tamu ¯ d angeht, so leiteten wir sie (…) recht …“, Sure 41, P 17, H 16. Dieses Volk ¯ ab, die zu ihm entsandt wurden. Es zog damit die Blindheit der Rechtleitung lehnt die Propheten vor. Es lehnt die Botschaft Gottes freiwillig ab und leugnet seine Existenz ab, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 27, S. 110 f. at-Tabarı¯ versteht unter dem Begriff „hada¯“: Wir haben ihnen die ˙ ˙ zum Guten und zum Bösen erklärt, jedoch sie bevorzogen die beiden Wege zum Glauben oder Blindheit, istahabu 3l-2ama¯, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 24, S. 104 f. ˙ aber, die rechtgeleitet ˙ ˙ 166 „Diejenigen sind, bestärkt er noch in ihrer rechten Leitung …“ Sure 47, Vers P 17, H 19. Die Frage stellt sich, was bedeutet „bestärken, za¯dahum hudan“. Es kann bedeuten: 1. Gott führt sie zum Erfolg, so daß ihre Handlung ihrem Wissen entspricht. 2. Nachdem sie in ihrer Rechtleitung befestigt sind, werden sie Vorbilder für andere. 3. Gott befestigt sie in ihrem Wissen, so daß sie kaum das Ziel verfehlen können, s.ar-Ra¯sı¯, Bd. 27, S. 58 f. 4. Je mehr sie in ihrem Wissen befestigt werden, desto mehr handeln sie gut. Das entspricht dem Verständnis von Gh. an dieser Stelle, s. D 302. Diese Festigung von seiten Gottes entspricht dem Bestreben des Menschen nach einer Vertiefung seines Wissens und Glaubens, ansonsten käme sie nicht zustande. Dies belegt der Zusammenhang und die darauf folgenden Verse, wie auch die Meinung von Gh bei der Interpretation des Verses der Fall ist. 167 „Sag: Die rechte Leitung ist (allein) die von Gott.“ Sure 6, Vers P 71, H 70. Das ist die vollständige Rechtleitung, die Gh als das Licht bezeichnet, s. D 302. Das ist die absolute (und nützliche) Rechtleitung. Sie umfaßt den Glauben an den Islam, den Gipfel der geistigen Gottesdienste, das Haupt der körperlichen Gottesdienste und die Handlungen, die zur Frömmigkeit führen. Das

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ist der Kern dessen, was unterlassen werden soll, der Verzicht auf das, was nicht getan werden darf, und die Aufforderung dazu, die guten Handlungen durchzuführen, s. ar-Ra¯sı¯, Bd. 13, S. 30. 168 „Ist denn einer, der tot war …“ Sure 6, Vers P u. H 122. Der Koran zieht eine Analogie zwischen dem Unglauben und dem Tod, dem Ungläubigen und dem Toten einerseits, und der Rechtleitung, hida¯ya, hudan und dem Leben, haya¯t andererseits. Unwissenheit bedeutet Verlegenheit, ˙ ¯ n, gˇumu¯d. Der Ungläubige ähnelt einem Toten hinhı¯ra, gˇahl und Unbeweglichkeit, ruku¯d, suku ˙sichtlich des Stillstandes und der Unbeweglichkeit. Der Tote wird ferner zu nichts geleitet, so verhält es sich mit dem Unwissenden. Rechtleitung heißt Wissen und Einsicht, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 13, S. 171 f. Diese Analogie kommt im Sprachgebrauch des Korans vor, wie: „Und du kannst nicht bewirken, daß die Toten (die Ungläubigen) hören …“ Sure 30, P u. H 52; s. f. Sure 27, P 80, H 82. „Sag: Ist etwa der Blinde dem Sehenden gleich (zu setzen), oder die Finsternis dem Licht?“ Sure 13, P 16, H 17. 169 „Ist denn einer, dem Gott die Brust für den Islam geweitet hat, …“ Sure 39, Vers P 22, H 23. Die Analogie wird hier zwischen zwei Menschen gezogen, zwischen einem, dessen Herz weich und ruhig ist, weil es von Gott geweitet wurde, und einem, dessen Herz hart und unruhig ist. Der erste wird von Gott aufgenommen und sein Leben und Handlungen dem gemäß werden ausgeführt. Hingegen ist der, der keine Rechtleitung von Gott hat, hartherzig und unruhig, s. at-Tabarı¯, Bd. 23, ˙ ˙ umfaßt das S. 209. ibn-2Arabı¯ kommentiert den Vers mystisch-philosophisch. Die Herzausweitung Wahre (Gott) und die Menschen, ohne das eine mit dem anderen zu vermischen. So erblickt der Mensch die Vielheit in der Einheit und die Einheit (den Monotheismus) in der Vielheit. Demnach bestimmt ibn-2Arabı¯ den Islam als das Erlöschen in Gott und die Hinwendung zu ihm. Die Verhärtung des Herzens kommt dadurch zustande, daß sich die Menschen zu den materiellen Genüssen neigen, s. ibn-2Arabı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 378. 170 „Und schon früher haben wir doch dem Abra¯ha¯m die rechte Leitung gegeben …“ Sure 21, Vers P 51, H 52. Mit der Rechtleitung ist hier die Prophetie gemeint, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 22, S. 180. Gh gebraucht den Begriff der Rechtleitung in einem umfassenden Sinne, nämlich die Unterstützung des Menschen bei seinem Bestreben, das Gute zu verwirklichen, s. D 303. at-Tabarı¯ meint zu dem Vers: Gott leitet Abra¯ha¯m schon in seinem frühen Alter recht, als er die ˙ ˙ Religion seines Volkes, den Götzendienst ablehnt, s. Korankommentar, Bd. 17, S. 36 ff. Die Zerstörung der Götzen war an sich gut, aber eine Herausforderung für sein Volk, die mit der Verbrennung Abra¯ha¯ms als Strafe beantwortet wird. Jedoch rettet Gott Abra¯ha¯m, und es wird ihm nichts Böses zustoßen, s. Sure 21, Vers P 52, H 53 ff. Es herrscht zwischen den Korankommentatoren die Meinung, daß Abra¯ha¯m zu dieser Zeit sechzehn Jahre alt war, s. at-Tabarı¯, Bd. 17, S. 45; ˙ ˙ ar-Ra¯sı¯, Bd. 12, S. 180; ibn-Katı¯r, Bd. 3, S. 184. ¯ Die Verbrennung mit dem Feuer ist eine der heftigsten und schmerzhaftesten Strafen. Das Volk Abra¯ha¯m baute für ihn ein Gebäude voller Stroh, in das es mit einem Katapult schleuderte. Er blieb im Feuer mehrere Tage, von sieben bis fünfzig Tage ist die Rede bei den Korankommentatoren, s. a. a. O. Das Wunder besteht darin, daß er trozdem von der Verbrennung verschont geblieben ist. Auf das Bild Abra¯ha¯ms im Koran einzugehen, ist hier nicht die geeignete Stelle. Jedoch wird hier auf die wichtigsten Stellen im Koran kurz verwiesen: 1. Er ist ein großes Vorbild im monotheistischen Glauben, umma, Sure 16, P 120, H 121 ff. 2. Er ist kein Heide, sondern ein hanı¯f, das heißt ˙ Monotheist, Sure 2, P 135, H 129. 3. Seine Prüfung durch Gott geschieht durch Gebote, Sure 2, P 124, H 118 ff. 4. Er ist weder Jude noch Christ, Sure 3, P 67, H 60. 4. Muhammad soll ihm folgen ˙ Freund Gottes, halı¯l und seinen Monotheismus übernehmen, Sure 4, P 125, H 124 ff. 5. Er ist der ˘ 4, Alla¯h, a. a. O. 6. Gott verleiht ihm die Schrift, die Weisheit und eine gewaltige Herrschaft, Sure P 54, H 57. 6. Der Prophet Muhammad und die Muslime sind diejenigen, die ihm am nächsten ˙ Dialog mit Gott über die Wiederbelebung der Toten, Sure 2, stehen, Sure 3, P 68, H 61. 7. Sein P 260, H 262. 8. Sein Gebet, Sure 14 (Abra¯ha¯m), P 35, H 38 ff. 171 „Jesus, Sohn der Maria! …“ Sure 5, P 110, H 109. Mit dem Heiligen Geist ist der Erzengel Gabriel gemeint, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 7, S. 126 f. Die Güte, die Gott Jesus (2I¯sa¯) ˙ ˙ und seiner Mutter (Mariam) verliehen hat, ist umfassend. Gh beschränkt sich hier auf das Rele-

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

vante, nämlich auf den göttlichen Beistand. Der Vers erwähnt mehrere göttliche Gaben: 1. Als Kind in der Wiege konnte er zu den Menschen sprechen. 2. Gott lehrt ihn die Schrift, die Weisheit, die Tora und das Evangelium. 3. Er konnte mit seinem Atem Leben einhauchen. 4. Er konnte Aussätzige und Blinde heilen. 5. Auch Tote konnte er mit seinem Hauch wieder lebendig machen. 6. Gott hielt seine Feinde von ihm fern, so daß er nicht zu Schaden kommt. Das ist der Inhalt dieses Verses, s. at-Tabarı¯, Bd. 7, S. 128. ˙ ˙ nach ihm (Joseph) …“, Sure 12, Vers P u. H 24, wobei die Übersetzung von 172 „Und sie verlangte H an dieser Stelle sehr passend ist. Es ist unter den islamischen Gelehrten umstritten, ob Jusuf tatsächlich Ehebruch mit der Ehefrau des Pharaos von Ägypten begehen wollte und sich damit ihrem Wunsch entsprechend verhält. Einige Gelehrten meinen, daß die Versuchung tatsächlich stattgefunden hat und der Ehebruch wäre zustande gekommen, wenn Jusuf nicht den „burha¯n, P: Erleuchtung, H: Zeichen, Rückert: die Mahnung“ seines Herrn (Gott) gesehen hätte. Um welches Zeichen handelt es sich hier, wird nicht weiter im Vers erwähnt. 1. Die Korankommentatoren, wie ibn-Katı¯r erwähnen die Meinung, in Übereinstimmung mit der späteren Haggada, daß Jusuf durch ¯ die Erscheinung des Jakobs Bildes von der Sünde abgehalten wird, s. ibn-Katı¯r, Bd. 2, S. 475; ar¯ Anm. Zu 12, 24, Ra¯sı¯, Bd. 18, S. 120; at-Tabarı¯, Bd. 12, 187; R. Paret, Der Koran, Kommentar, ˙ ˙ erschien das Verbot: „Und laßt euch nicht auf Unzucht ein! …“, Sure 17, S. 249; 2, 111, S. 25. 2. Ihm P 32, H 34. R. Paret verwendet den Begriff „Erleuchtung“ für „burha¯n“ mit dem Hinweis auf Brockelmann, daß das Wort ethiopäscher Herkunft sei, s. Paret, Kommentar, Anm. 2, 111, S. 25 f. Das Wort taucht an drei verschiedenen Stellen im Koran auf, s. 2Abdel-Ba¯qı¯, Koranconcordance, S. 118. In den großen arab. Lexika wird der arab. Herkunft des Worts nicht angezweifelt, s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 13, S. 51, az-Zabı¯dı¯, tagˇ al-2aru¯s (Die Brautkrone, Sprachlexikon), Bd. 34, S. 250 f.,˙ mit Belegen aus dem Koran und den Überlieferungen im Sinne von klarem und deutlichem Beweis. burha¯n ist der deutlichste und klarste Beweis und az-Zabı¯dı¯ erwähnt den arab. Stamm: „baraha“ und „abraha“, jedoch erwähnt er die Meinung, daß das Wort ein Lehnwort ist, ohne den Ursprung zu nennen, s. a. a. O. Ein klarer Beweis hat den Sinn der „Erleuchtung“ und der Klarheit, was auch die Bedeutung des Worts im arab. ist. Diejenigen Gelehrten, die meinen, daß die Versuchung überhaupt nicht stattgefunden hat, gehen von einem bestimmten Verständnis des Verses aus. Das Verb „hamma“ hat mehrere Bedeutungen: sich entscheiden, sich verlangen, wollen etc., s. ibn-Manzu¯r, lisa¯n …, Bd. 12, S. 620; H. Wehr Arab.˙ der Vertreter dieser Meinung. Er gründeutsches Wörterbuch, S. 917. ibn-Manzu¯r selbst ist einer ˙ det seine Meinung darauf, daß der Bedingungssatz vorangestellt werden soll. So wird der Vers gelesen: „Sie verlangte nach ihm, und wenn er nicht das Zeichen seines Herrn gesehen hätte, hätte es ihn nach ihr verlangt“, eine plausible Erklärung, welche mit Quellenangaben unterstützt wird, s. a. a. O.; s. f. ar-Ra¯sı¯, Bd. 18, S. 117 mit Belegen u. Gegenargumentationen. 2. „hamma“ im Sinne von wollen ist ein seelischer Vorgang, der überhaupt nicht unbedingt in actio durchgeführt werden muß. Das Verb drückt in diesem Zusammenhang den inneren Kampf zwischen Begierde und Vernunft aus. Die Vernunft siegt, und Jusuf hat die Handlung überhaupt nicht ausgeführt. 3. „hamma“ im Sinne von begehren drückt den Wunsch der Pharaofrau aus, während für Jusuf das Verb die Entschlossenheit ausdrückt, sich von ihr abzuwenden, s. ar-Ra¯sı¯, a. a. O. Wer von diesen Gelehrten die Prophetie Jusufs in den Vordergrund stellt, geht von der Auffassung aus, daß der Vorgang des Begehrens niemals in actio durchgeführt wird. Für die anderen, ist das Menschliche das Maßgebliche. Für beide ist es keine Frage, daß der Ehebruch überhaupt nicht stattgefunden hat, s. f. ibn-Katı¯r, Korankommentar, Bd. 2, S. 474 ff. 173 Gh fängt sein Werk mı¯za ¯ n¯ … nicht mit der Analyse der Handlungen und der Werke des Menschen, tffcnai kai ˛rga an, wie Aristoteles dies in seinem Werk: Die Nikomachische Ethik (EN) tut. Die Grundlagen für eine solche Analyse müssen zuerst geschaffen werden. Dann kann man über die Tätigkeiten und die Werke des Menschen sprechen. Das ist das, was Gh in seinem Werk macht. Er beginnt sein Werk mit dem Hinweis auf die Bedeutung der Glückseligkeit und meint dazu, 1. daß sowohl Vernunft als auch Offenbarung die Menschen dazu auffordern, glückselig zu sein. 2. Darauf folgt die Analyse des Menschen als Ausdruck einer Einheit von Leib und Seele.

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3. Dann wird ein Vergleich zwischen diesseitiger und jenseitiger Glückseligkeit vorgenommen, um darauf hinzuweisen, daß die diesseitige Glückseligkeit von kurzer Dauer ist. Deswegen muß die jenseitige Glückseligkeit um ihrer selbst willen erstrebt werden, weil sie von ewiger Dauer ist. 4. Die seelischen Vorzüge sind in jeder Hinsicht nützlich. Deswegen soll sich der Mensch um die Aneignung geistiger Genüsse viel mehr als um die materiellen bemühen. Diesen Gedanken zieht Gh besonders in diesem Kapitel durch und führt Belege aus Religion, Sprache und Kultur an, s. D 307 ff.; s. f. Die Analyse der Tätigkeiten des Menschen hinsichtlich ihres Zieles in: Einleitung, S. XXV. 174 „Denn wie oft gibt es jemanden, …“ ist Teil eines Gedichts, das von Ahmad Abu-3t-Tayyib ˙ ˙ al-Mutanabbı¯ (915–965 n. Chr.) für den Kalifen Saif ad-Daula (reg. 945–967 n. Chr.) verfaßt˙ wurde, s. Claude Cahen, Der Islam, Bd. 1, (Fischer Taschenbuch, Bd. 14, S. 254 f.). 175 „Bei Bitterkeit und Seelenqual …“ ist ebenfalls ein Gedicht von Ahmad ibn-al-Husain Abu-3t˙ Reise nach ˙ ˙ Tayyib al-Mutanabbı¯, geboren in Ku¯fa im Jhre 303 n. H./915 n. Chr. getötet auf einer ˙ ˙ da¯d im Jahre 354 n. H./ 965 n. Chr. Er ist einer der großen Dichter, lebte auf dem Hofe von dem Bag Emir von Aleppo Saif ad-Daula ibn-Hamda¯n, dann bei Kafu¯r, dem Ehsˇı¯den in Ägypten, und ˙ ibn-Boiyh in Sˇı¯ra¯z (Persien), s.˘ 2A. Ha¯ru¯n, Indices …, später bei dem Boiden 2Adud ad-Daula ˙ ¯ m (Die Bioraphien), Bd. 1, S. 110 f. mit Quellenangabe; s. f. Diwan Bd. 1, S. 270; az- Zarkalı¯, al-a2la mit dem Kommentar von A. al-2Akbarı¯, Bd. 3, S. 228. 176 al-Hasan. Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit al-Hasan ibn-2Alı¯, der älteste Sohn des Kalifen ˙ ˙ Propheten Muhammad, von Asˇ-sˇı¯2a der 2Ali 3bn-Abı ¯-Ta¯lib und seiner Ehefrau Fa¯tima, Tochter des ˙ a¯n im Jahre 3 n. H./Feb. 624 n.˙ Chr. Seine Benennung: zweite Ima¯m˙ genannt, geb. am 15. Ramad ˙ al-Hasan geht auf seinen Großvater den Propheten Muhammad zurück. Der Name ebenso wie der ˙ seines Bruders al-Husain war den Arabern in der˙ vorislamischen Zeit unbekannt. Nachdem Name sein Vater und Kalif 2Alı¯ ˙in Ku¯fa im Ramada¯n im Jahre 40 n. H./Jan. 660 n. Chr. ermordet wurde, ˙ wurde er als Kalif aufgerufen. In mehreren Briefwechseln zwischen ihm und Mu2a¯wiya 3bnAbı¯-Sufya¯n (20 v. H.- 60 n. H./ 603–680 n. Chr.), dem Herrscher von Syrien in Damaskus, fordert er diesen auf, ihm als Kalif und Nachfolger seines Vaters anzuerkennen. Jedoch verweigert Mu2a¯wiya die Gefolgschaft und beruft sich darauf, daß die Verwaltung der Angelegenheiten der Muslime Entschlossenheit und Erfahrung braucht, die er besäße, bestreitet ihm aber nicht seinen Ruhm und edle Herkunft. Er bietet ihm eine Friedensabkommen, welches aus bedeutenden Paragraphen besteht: 1. Die jährliche Einnahmen des Irak wird ihm durch seinen Vertreter übergeben. 2. Als Berater darf al- Hasan tätig sein und seinen Ratschlägen werden nicht widersprochen, so˙ Koran) und seinem Propheten (der Sunna) in Harmonie stehen. 3. Als fern sie sich mit Gott (dem sein Nachfolger im Amt des Kalifen nach dessen Tod wird er al-Hasan eingesetzt, s. Ima¯m Muhsin ˙ al-Amı¯n, a2ya¯n asˇ-Sˇı¯2a (Große Persönlichkeiten der Sˇı¯2a), 567 ff. ˙Wie die Überlieferungen berichten, waren die Anhänger von al-Hasan von Schi2ı¯ten, Hawa¯rigˇ und andere Gruppierungen über ˘ ˙ Heer unentschlossen und zerstritten. Sie versuchten sogar, den Kampf gegen Mu2a¯wiya und sein ihn zu töten. Auch Verrat durch die Führer seiner Amee, wie der Rückzug seines Cusin 2UbaidAlla¯h ibn-al-2Abba¯s mit ca. zwölftausend Soldaten aus dem Kampfgebiet bei Maskan nördlich von Bag˙da¯d, Bestechungen und falsche Nachrichten von seiten Mu2awiya und seinen Anhängern an die Soldaten von al-Hasan (psychologischer Krieg) sind maßgeblich für den Verzicht auf einen aussichtslosen Kampf˙ und die Annahme des Friedensabkommens von seiten al-Hasan, s. a. a. O. Man darf dabei auch nicht vergessen, daß Ima¯m al-Hasan das Angebot von Qais˙ ibn-Sa2d, dem ˙ Fürsten von Aderbaigˇa¯n, an der Spitze von ca. vierzigtausend Soldaten, gleich nach seiner Ernen¯ nung als Kalif nach Damaskus zu marschieren, abgelehnt hat. Aus seinen Reden ist es zu entnehmen, daß der Ima¯m prinzipiell nicht bereit war, Blutvergießen wegen der Herrschaft auf sich zu übernehmen. In diesem Zusammenhang sagt er vor seinen Anhängern in der Moschee von Ku¯fa: „Gott hat euch durch unseren Vorfahren (durch den Propheten Muhammad) rechtgeleitet, durch ˙ seinen Nachkommen (gem. durch sich selbst) euer Blut verschont.“, s. ibn-Katı¯r, al-bida¯ya wa-3n-niha¯ya (vom Anfang und Ende der Geschichte), Bd. 8, S. 18. Darin liegt die¯ Bestätigung der Prophezeiung seines Großvaters, daß Gott durch seinen liebsten Enkel das Blutvergießen zwischen zwei Großen Parteien der Muslime verhindern würde, s. a. a. O.

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Gemessen an seiner Bedeutung gewährt ein solches Abkommen bescheidene Vorteile für den Enkel des Propheten Muhammad. Denn der Hauptstreit zwischen den beiden Kontrahenten al˙ durch ein solches Abkommen beseitigt. Mu2a¯wiya beharrt auf seiner Hasan und Mu2a¯wiya ist nicht ˙ Meinung, daß 2Alı¯ zu der Ermordung seines Vorgängers 2Utma¯n beigetragen hat, s. M. al-Amı¯n, ¯ a2ya¯n … (Große Biographien …), Bd. 1, S. u. a. 568. Jedoch zeigt die Annahme eines solchen Abkommens die Friedensbereitschaft von al-Hasan und die Milde seines Charakters. Darin liegt die ˙ Gegnern mißverstanden wird. Ima¯m al-Hasan starb Stärke seiner Persönlichkeit, die von seinen ˙ Gegnern im Jahre 49 n. H./670 n. Chr. in Medina. Nach einer Überlieferung wurde er von seinen vergiftet, s.ibn- Katı¯r, Bd. 8, S. 43. ¯ s. „Erretter …“, Anm. 97, S. 122. 177 2Ali 3bn-Abı¯-Ta¯lib, ˙ 178 2Amma ¯ r ibn-Ya¯sir (564-657 n. Chr.) ist einer der bedeutenden Genossen des Propheten Muhammad. Er nahm an vielen wichtigen Kämpfen an seiner Seite teil. Er ist der erste, der eine ˙ Moschee gebaut hat, nämlich die Moschee von Qiba¯3. Der Kalif 2Umar ernannte ihn als Herrscher ¯ 3isˇa an von al-Ku¯fa, dann setzte er ihn später ab. Er nahm auf seiten der Ehefrau des Propheten 2A ˇ amal (36 n. H./656 n. Chr.) und später auf seiten von Ima¯m 2Alı¯ an der zweiten der Schlacht al-G Schlacht von Siffı¯n (37 n. H./ 657 n. Chr.) teil. Dabei wurde er im Jahre 37 n. H./ 657 n. Chr. getötet, ˙ s. ibn-Kaı¯tir, al-bida ¯ya …, Bd. 7, S. 267; az-Zarkalı¯, al-a2la¯m (Biographien …), Bd. 5, S. 191. ¯ Kapitel geht es darum, das mittlere Maß, mesth@ auf die Handlungen der Begierde 179 In diesem nach Nahrung, Sexualität und Zorn anzuwenden. Belege dafür werden aus Tradition, Sprache und Kultur vorgeführt. 180 „Wenn die Aufrichtigen essen, …“ ist eine Überlieferung, die in den Großsammlungen nach Wensinck nicht vorhanden ist, s. Wensinck …, Concordance …, T. I, S. 68 ff., II, S. 235 ff., 239; s. f. ˇ auzı¯, al-2ilal al-mutana¯hiya (über die schwachen Überlieferungen) Bd. 2, 2Abd-ar-Rahma¯n al- G ˙ S. 651. 181 „Es gibt keinen Topf, …“ ist eine Überlieferung, die sich mit diesem Wortlaut nicht in den Großsammlungen befindet, jedoch erwähnt Wensinck eine andere ähnlichen Inhalts. Sie lautet: „Der Mensch überfüllt kein anderes Gefäß schlimmer als seinen Bauch (Magen)“, s. Wensinck, Concordance …, T. VII, S. 262; ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 4, S. 132. ˙ der Krankheit, …“ wird von Wensinck in seiner Concor182 „Die Übersättigung ist die Ursache dance nicht erwähnt, Gh gilt dann als deren Quelle. 183 „Der Mensch soll sich mit einigen Häppschen begnügen, …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. VI, 138; s. f. zum Beispiel: ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 4, S. 132. 184 „Der Gläubige ißt˙ mit einem einzigen Magen, …“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 145; s. f. z. B. ibn-Hanbal, ˙ Sammlung, Bd. 3, S. 333. 185 „Das Fasten ist für mich (Gott), …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren Großsammlungen vorkommt, s. Wensinck, Concordance …, T. III, S. 460; s. f. Muslim, Sammlung, Bd. 3, S. 265 ff. 186 „Heiratet, pflanzt euch fort, …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren Großsammlungen auftaucht. ibn-Ma¯gˇa z. B. erwähnt sie im Kapitel „nika¯h, Eheschließung“ in einer ˙ Nach Meinung von M. F. kürzeren Version. Dort lautet es: „Heiratet! Ich werde den Völkern …“ 2Abdel-Ba¯qı¯, der Herausgeber von ibn-Ma¯gˇa’s Sammlung gehört sie zu den schwachen Überlieferungen, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 98; ibn-Ma¯gˇa, Bd. 1, S. 599, Nr. : 1863. 187 „Wer mich liebt, …“ ist eine Überlieferung, die sich nach Wensinck nicht in den Großsammlungen findet, ähnliche Überlieferungen aber sind vorhanden wie: „Das Heiraten gehört zu meiner Lebensweise (Sunna). Wer sich nicht danach (nach meiner Lebensweise) richtet, gehört nicht zu meiner Gemeinde.“, s. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 592, Nr. : 1846. Ebenso wie die vorangegangene gehört sie nach der Prüfung durch den Herausgeber M. F. 2Abdel-Ba¯qı¯ zu den schwachen Überlieferungen. 188 „wer heiratet, bewahrt die Hälfte seiner Religion.“ ist Teil einer Überlieferung, die sich nicht mit diesem Wortlaut in den Großsammlungen befindet, eine andere aber vom ähnlichen Inhalt

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wird in mehreren Großsammlungen erwähnt, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 474; s. f. A. ibnHanbal, Sammlung, Bd. 1, S. 58; ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 592, Nr. : 1845. ˙ „… denn die Handlungen werden nach ihren Intentionen beurteilt,“ ist Teil einer Überliefe189 rung, die in mehreren Großsmmlungen erscheint, s. Wensinck, Concordance …, T. IV, S. 385; s. f. al-Buharı¯, Sammlung, Bd. 1, S. 2. ˘ 190 „Denn in unseren Adern wirken die Erbanlagen der Vorfahren,“ ist Teil einer Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen vorkommt, s. Wensinck, Concordance …, T. VI, S. 198; ibnMa¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 645, N.: 2002 u. 2003. 191 „Wähle die religiöse Frau, …“ ist Teil einer Überlieferung, die von ibn-Ma ¯ gˇa erwähnt wird, s. Sammlung, Bd. 1, S. 597, Nr. : 1858; Wensinck, T. II, S. 198. Nach Ansich von Gh können aufgrund einer solchen Überlieferung die familiären Aufgaben besser einer religiösen Frau gelingen, insofern die Verantwortung vor Gott der höchste Grad für alle anderen Bereiche menschlicher Tätigkeiten ist. Weder Schönheit, noch Reichtum, noch edle Herkunft überwiegen solche Eigenschaft, wie die Überlieferung im vollen Text besagt, s. a. a. O. 192 „Hütet euch vor einer grünen Pflanze …“ wird nicht von Wensink in seiner Concordance erwähnt. Gh selbst gilt wie bei solchen Überlieferungen als deren Quelle. 193 „Wählet für euren Samen, …“ ist Teil einer Überlieferung, die lediglich von ibn-Ma¯gˇa erwähnt wird, s. Sammlung, Bd. 1, S. 633, Nr. : 1968. 194 „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld …“ Sure 2, Vers P u. H 223. In beiden Fällen: 1. Der Samenerguß außerhalb der Vagina ohne Zustimmung der Ehefrau und der Annalverkehr mit der Ehefrau ebenso der gleichgeschlechliche Verkehr sind im Islam verboten. Die Gründe dafür erwähnt Gh in seiner Interpretation des Verses. Seine Meinung ist für islamische Juristen verbindlich, s. f. ar-Ra¯sı¯, Koranommentar, Bd. 6, S. 70 ff. 195 „Und ein Mann, der Unzucht begeht (P: begangen hat), …“ Sure 24, Vers P u. H 3. Nach ¯ 3isˇa, der Kalifen 2Umar und 2Utma¯n Ansicht des Kalifen Abu¯-Bakr, der Ehefrau des Propheten 2A und 2Alı¯ ist die Eheschließung zwischen Leuten, die Unzucht begehen oder von denen einer¯ Unzucht begeht, verboten. Das Verbot wurde später aufgehoben. Die Aufhebung des Verbots wird durch den koranischen Vers: „… heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, …“ Sure 4, Vers P u. H 3, sowie durch den consensus omnium, al-igˇma¯2, die Übereinstimmung der Gelehrten. Es ist lediglich eine Empfehlung, daß man von einer solchen Beziehung absieht. Die Begründung dafür besteht darin, daß Ehre und Ansehen des Gläubigen dadurch Schaden erleiden könnten. Auch eine Veränderung der Charaktereigenschaften zum Schlechteren ist dadurch möglich. Gh neigt dazu, von einer solchen Beziehung abzuraten, s. f. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 23, S. 149 ff. 196 „… (er) ist eifrig darauf bedacht, auf der Erde Unheil anzurichten …“ Sure 2, Vers P 205, H 201. Der Koran beschreibt in mehreren Versen den Zustand eines Menschen, dessen Aussagen mit seiner inneren Einstellung zum Glauben, zum Leben und zu seinen Mitmenschen im Widerspruch steht. Der Anfang dieser Verse in dieser Sure lautet: „Unter den Menschen gibt es einen, dessen Aussage über das diesseitige Leben dir gefällt, und der Gott zum Zeugen anruft für das, was er im Herzen hat. Dabei ist er äußerst streitsüchtig …“ Vers P 204, H 200. In diesem Zusammenhang der Sexualethik des Islam meint Gh, daß die Unzucht schwerwiegende individuelle und soziale Folgen hat ähnlich wie die Vernichtung von Saat und Gut, die die Verbreitung von Sexualkrankheiten und Auflösung von Sozialbeziehungen nach sich ziehen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 5, S. 196 ff. 197 „Ihr gebt euch in (eurer) Sinnenlust wahrhaftig mit Männern ab, statt mit Frauen …“ Sure 7, Vers P 81, H 79. Man kann die Gründe für das Verbot der Homosexualität im Islam nach ar-Ra¯sı¯ wie folgt zusammenfassen: 1. Viele Menschen wünschen sich keine Kinder, da sie sich bei der Arbeit anstrengen müssen, um sie zu ernähren und sie zu erziehen. Gott hat aber in der Begattung mit einer Frau großen Genuß hineingelegt. Dies ist einer Falle ähnlich, wodurch Kinderzeugung unvermeidlich wird, die als natürliche Folge vorkommt, um die Nachkommenschaft abzusichern. 2. Wenn dieser Genuß auf eine andere Art und Weise erreicht wird, wird dieses Ziel der Absicherung von Nachkommenschaft vereitelt. Dies hat für die menschliche Gattung erhebliche Nachteile und steht im Widerspruch zu dem Schöpfungsplan Gottes. 3. Allein die Befriedigung der Sexual-

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triebes und die Beschäftigung mit dem Genuß der Sexualität auf eine andere Weise als die zwischen zwei Menschen verschiedentlichen Geschlechts führt zum Bruch in der Erhaltung des Menschengeschlechts. Dabei ähnelt der Mensch dem Tier, das allein den Förderungen seines Sexualtriebes folgt. 4. Die Befriedigung des Sexualtriebes zwischen den Eheleuten befestigt die Liebesbeziehung zwischen ihnen, wohingegen dies zwischen Gleichgeschlechtlichen zu Streitigkeiten und möglicherweise zur Feindschaft führt. Diesen Gedanken drückt der Koran im folgenden Vers aus: „Und zu seinen Zeichen gehört es, daß er euch aus euch selber Gattinnen geschaffen hat (…), damit ihr bei ihnen wohnet. Und er hat bewirkt, daß ihr einander in Liebe und Güte zugetan seid. Darin liegen Zeichen für Leute, die nachdenken.“, Sure 30, P 21, H 20. 5. Gott hat in den Muskeln der Vagina eine Anziehungskraft hineingelegt, die den Samen des Mannes bei der Begattung nach Innen kräftig hineinzieht, so daß nichts in den Harnwegen übrig bleibt. Bei sexueller Betätigung zwischen Gleichgeschlechtern geschieht dies nicht, so daß der Samenrest verfault und Tumore hervorruft. Schwere Krankheiten sind die Folgen, s. ar-Ra¯sı¯, Korakommentar, Bd. 14, S. 168 ff. 198 In diesem Abschnitt will Gh zeigen, wie bedeutend die Fähigkeit zum Zorn, al-quwa 3l-g˙adabı¯ya, im Leben des Menschen als Individuum und Mitglied einer Gesellschaft ist. Aristote˙ les ordnet den Zorn, ¤rgffi der irrationalen Regung ein, welche auch Angst, Neid, Freude usw einschließt, s. EN 1105b22. Irrationale Regungen sind weder Tugenden (Dirlmeier: sittliche Vorzüge; Gigon: Tugenden), noch Schlechtigkeiten (Dirlmeier: Fehler; Gigon: Schlechtigkeit für: a … kakfflai) wie es im folgenden Text lautet: „p€jh mþn oªn o'k e§s½n o j a ⁄reta½ o j a kakfflai …“ a. a. O.; s. f. Gigon, 1105b21–25, S. 319. Aufgrund von irrationalen Regungen können keine moralischen Urteile gefällt werden, sondern diese werden lediglich aufgrund von sittlichen Tugenden oder Schlechtigkeiten möglich, also von Charaktereigenschaften, die entweder gut oder schlecht sind, s. 1105b35, 1106a1 ff. Der Grund dafür liegt darin, daß solche Handlungen ohne Willensentscheidung, ⁄proairfftws, bi-la¯ ira¯da, zustandekommen. Sie sind Ausdruck einer Bewegung. Trotzdem ist der Zorn unter bestimmten Voraussetzungen gut, etwa beim Empfinden von Ungerechtigkeit. Ebenso wie bei allen anderen Handlungen teilt Aristoteles die Handlungen auf, die aus dieser Fähigkeit hervorgehen in: Übermaß, Mitte und Mangel. Das mittlere Maß heißt Milde, praotffi@ (Dirlmeier: vornehme Ruhe; Gigon: Sanftmut), s. Dirlmeier, NE, Anm. 86,4, S. 383; Gigon, Anm. zu 1125b26, S. 333. Als Charaktereigenschaft steht auf der Stufe des mittleren Maßes, pra@; Dirlmeier: vornehm-ruhiger Mensch, s. NE, Anm. 86,4, S. 383; Gigon: milde, s. 1125b20, arab.: halı¯m. Das Übermaß ist ¤rgil@, ¤rgilth@, jähzornig, Jähzorn; Dirlmeier: Der heftig erregbare˙ Mensch, heftige Erregbarkeit, s. EN, 1125b29 ff.; Gigon: zornmütig, Zornmütigkeit, a. a. O.; arab.: g˙adu¯b, mung˙a¯z. Der Mangel heißt: ⁄rghto@, ⁄orghsffla, Dirlmeier: phlegma˙ 86, 7, 9, S. 384; Gigon: zornlos, Zornlosigkeit, s. a. a. O.; arab. tisch, Phlegma, s. NE,˙ 1126a3, Anm. ha¯di3, 2adam al-g˙adab, hudu¯3. Arist. Verweist darauf, wie schwierig es ist, Namen für die erwähnten Eigenschaften zu ˙finden, s. EN 1125b. Auch die Beschreibung dieser Eigenschaften geschieht allgemein, unsystematisch und ohne genügende Beispiele, s. Gigon, 1125b26, S. 333. Die Aufteilung der dem Zorn entspringenden Handlungen sind bei Gh vom ethisch-religiösen Standpunkt bestimmt. Auch die Belege entstammen dem kulturellen und religiösen Bereich., s. D 319. Ein weiterer Unterschied besteht in der systematichen Analyse der Gründe für den Zorn, s. D 321; Gigon zu 1105b21–25, S. 319. Ähnlichkeit aber besteht zwischen den beiden Philosophen in der Beschreibung der Menschennatur in diesem Zusammenhang, s. D 319 ff.; Arist. EN, 1125bff. Zurückhaltend und abrupt schreibt Aristoteles kurz vor dem Abschluß seiner Betrachtung des Zorns: „ˆ dþ ka½ ¥n to…@ prteron e—rhtai, ka½ ¥k t n legomffnwn d»lon‡ o' gÞr r€dion diorfflsai t p @ ka½ tfflsi ka½ ¥p½ poffloi@ ka½ pson crnon ¤rgistffon, …“, EN, 1126a31 ff. Aus dem Gesagten wird bestätigt, wie schwierig es zu bestimmen ist, wie, wem, worüber und wie lange man zürnen soll, und die Grenzen zu ziehen zwischen dem richtigen und dem fehlerhaften Verhalten, s. EN, 1125, 33 ff. Jedoch ist die Empfindung des Unrechts ein wichtiger Grund für den Zorn: „¥p½ fainomffn–h gÞr ⁄dikffla ¤rgffi ¥stin.“, s. EN, 1135b28; Dirlmeier, NE, Anm. 114, 1 u. 2, S. 426 f.; Gigon, 1135a16–1136a9, S. 339; 1149b20 ff. Die juristischen Folgen interessieren Gh kaum in diesem Zusammenhang. Die Gründe des Zorns sind bei ihm sehr umfassend und vielschichtig, s. D 322. Er

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entwickelt seine Gedanken weiter über den Zorn und geht dazu über, von dem Verhältnis zwischen Zorn, Tapferkeit und Geduld, zu sprechen, s. D 323 ff. Eine wichtige Quelle für seine Abhandlung sind die Kultur und die Überlieferungen des Islam; über die Sanftmut, den sanftmütigen, pra@, prath@, halı¯m, hilm, s. f. U. Klein, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 5, ˙ ˙ S. 1391 ff. 199 „Sa2d ist eifersüchtig …“ ist Teil einer langen Überlieferung, die sich nach Ansicht von Wensinck in mehreren Großsammlungen findet, s. Wensinck, Concordance …, T. V, S. 35; s. f. al-Bucha¯rı¯, Bd. 8, S. 174. Sa2d, das ist Sa2d ibn-2Uba¯da (gest. 14 n. H./635 n. Chr.), ein Fürst des Stammes al-Chazragˇ und ein Genosse des Propheten Muhammad, zusammen mit dem er mehrere Kämpfe stritt. Nach dem Tode des Propheten begehrt er˙ das Kalifat, verfehlt er aber sein Ziel. Er weigert sich, den Kalifen Abu¯-Bakr zu unterstützen, und mit dessen Nachfolger 2Umar versteht er sich kaum. Deswegen verließ er Medina und ging nach Syrien, wo er in Hura¯n starb, s. az-Zarkalı¯, ˙ Begleitung meiner Frau al-A2la¯m, Bd. 3, S. 135. Er soll gesagt haben: „Wenn ich einen Mann in sehen würde, würde ich ihn mit meinem Schwert töten.“ Die Eifersucht bedeutet in bezug auf Gott, sich Freveltaten fernzuhalten und sie zu unterbinden. 200 „Muhammad ist der Gesandte Gottes …“ Sure 48, Vers P u. H 29. Es ist eine Beschreibung des ˙ der islamischen Gemeinde besonders wie sie sich in Krisensituationen verhalten soll. Zustandes Die Solidarität im Verhalten der islamischen Gemeinde gegenüber dem Unrecht und wie hier gegenüber der Ausbreitung von Freveltaten ist eine Pflicht. Dies veranlaßt sie zu einem gemeinsamen Handeln. Das ist die Bedeutung der beiden Begriffe: „sˇadı¯d, pl. asˇidda¯3, P: heftig, H: streng und rahı¯m, pl. ruhama¯3, P: mitfühlend, H: barmherzig“. at-Tabarı¯ interpretiert diese Charakter˙ ˙ ˙ barmherzig sein dürfen. Denn der eigenschaft: sˇadı¯d,˙ rauh, grob in dem Sinne, daß sie weniger Gläubige hat demnach immer Anteil an Barmherzigkeit. Nur in solchen Situationen darf er sich weniger barmherzig sein, s. Korankommentar, Bd. 26, S. 109. 201 „Die besten meiner Gemeinde …“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen nach Wensinck vorhanden ist. Gh selbst gilt als ihre Quelle. 202 „Wenn eine Frau und ein Mann Unzucht begehen, …“ Sure 24, Vers P u. H 2. Nach dem islamischen Recht gehört Unzucht zu den Großsünden, wie Polytheismus, Mordtat usw. Der Koran verabscheut an mehreren Stellen solche Handlung, wie in Sure 17, Vers P 32, H 34; 25, Vers P u. H 68. Die Strafe, die hier erwähnt wird, bezieht sich auf ledige Personen. Die Verheirateten werden mit der Todesstrafe durch Steinigung bestraft. Diese Strafe ist nicht im Koran belegt, sondern durch die Überlieferung und durch das Verhalten der Kalifen. Das islamische Recht stellt Bedingungen für die Ausübung der Strafe für Ledige, die sich sowohl auf (die) den Täter(in) als auch auf die Strafausübung, wie auch auf die Wetterbedingungen usw. beziehen, auf die ar-Ra¯sı¯ in seinem Kommentar eingegangen ist. Im folgenden werden diese Bedingungen zusammengefaßt: 1. Die Strafe darf nicht im Schwangerschaftszustand oder bei einer Krankheit durchgeführt werden. 2. Der Täter darf nicht entkleidet werden. Er darf nicht gefesselt werden, so daß er die Hiebe mit seinen Händen abwehren kann. 3. Falls er aus Altersgründen die hundert Hiebe nicht vertragen kann, so genügt ein einziger Hieb mit einem Dattelzweig, an dem Hundert Dattelbüchel hängen. 4. Empfindliche Körperteile wie Gesicht, Bauch und Schamorgane sollen gemieden werden. 5. Die Peitsche darf nicht neu sein, so daß ungeheure Schmerzen dem Täter oder der Täterin zugefügt werden. Im allgemeinen soll die Strafe eine Art Erziehung für den Täter oder die Täterin sein und keine Mißhandlung entwickelt werden. 6. Die Wetterbedingungen wie Kälte oder Hitze sollen berücksichtigt werden, insofern die Durchführung einer solchen Strafe bei sehr hoher oder sehr niedriger Temperatur mit erheblichen Schäden für den Bestraften verbunden ist, die über das Strafmaß hinaus gehen können. Die Vollstreckung der Strafe erfolgt nach einem einmaligen Eingeständnis, oder bei der hanafı¯tischen Rechtsschule nach viermaligen Ein˙ Zeugenaussagen. Im Falle eines Widerrufs des geständnis an verschiedenen Orten oder durch vier Eingeständnisses wird die Strafe sofort aufgehoben, egal ob es sich um Steinigung oder Auspeitschung handelt, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 23, S. besonders 131, 146 ff. Durch die strenge Bestrafung für Ledige und Verheiratete bei Unzucht oder Ehebruch erfährt man, daß die Sexualität nach dem Koran keine reine Angelegenheit zweier Menschen ist, etwa Verfügung über den

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eigenen Körper usw., sondern das Göttliche ist ein essentieller Bestandteil einer solchen Beziehung. Die Strafe in beiden Fällen wird heute nur noch in einigen islamischen Ländern durchgeführt, in den meisten wird die Tat als eine Angelegenheit des Bürgerlichen Rechts geahndet. Daß die hier erwähnten Bedingungen auch in solchen Ländern berücksichtigt werden, bleibt zu hoffen. Uns interessiert in diesem ethischen Zusammenhang, daß Gh den Zorn bei solchen strafbaren Handlungen als berechtigt betrachet, s. D 319 f. Denn Mitleid und Gnade können dabei entstehen, wenn jemand glauben würde, daß ein solches Strafmaß überflüssig ist und nicht vollzogen werden sollte, was aber im Widerspruch zum islamischen Glauben steht. 203 „Die Geduld ist die Hälfte des Glaubens.“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck nicht in den Großsammlungen vorhanden ist. Gh erwähnt sie in seinem Werk ih. (Wiederbelebung …), s. ˙ Thema der Geduld als Bd. 4, S. 53. Dort behandelt er in einem Sonderkapitel ausführlich das Tugend. Dieselbe Überlieferung tritt dort auf, wo angemerkt wird, daß sie zu den schwachen Überlieferungen gehört, das heißt, daß sie nicht mit Gewißheit von dem Propheten Muhammad ˙ stammt, s. a. a. O.; Wensinck, Concordance …, T. III, S. 241. Es werden dort mehrere Überlieferungen erwähnt, die die Bedeutung der Geduld hervorheben, wie z. B.: „Es könnte wohl so viel Gutes in der Geduld bei einer Sache liegen, die du verabscheust, und der Erfolg ist in der Geduld.“, s. A. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 3, S. u. a. 47. ˙ Fasten ist die Hälfte der Geduld.“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren 204 „Das Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. III, S. 242; s. f. A. ibn-Hanbal, ˙ Sammlung, Bd. 4, S. 260; ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 555, Nr. : 1745. 205 „Diejenigen, die in Unglück …“ ist Teil eines Verses, der über die Frömmigkeit spricht, s. Sure 2, P 177, H 172. Dort heißt es: „Die Frömmigkeit, birr (b. P u. H) besteht nicht darin, daß ihr euch (beim) Gebet mit dem Gesicht nach Osten oder Westen wendet …“ Mit der Anrede können alle Schriftbesitzer, nicht nur Muslime, sondern auch Juden und Christen, gemeint sein, die darauf bestehen, Jerusalem als Gebetsrichtung zu betrachten. Die Muslime werden dadurch angemahnt, nicht in der Veränderung der Gebetsrichtung von Jerusalem nach Mekka ein Privileg zu sehen. Vielmehr besteht Frömmigkeit in der Bewahrung der in dem Vers aufgezählten Dinge. Gh liefert in diesem Zusammenhang eine eigene Interpretation, die aber im allgemeinen von Koraninterpreten unterstützt wird, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 5, S. 45. 206 „Der Gläubige ist wohlwollend, …“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. IV, S. 459, VI, S. 523 ff. Gh gilt dann als ihre Quelle. 207 „Die Glückseligkeit der Wonne …“ Sure 83, Vers P u. H 26. Der Vers spricht über den Zustand der Frommen im Paradies. Diese Beschreibung fängt ab Vers 22 an. Gh erwänt lediglich den letzten Teil: „…, darum sollen die Strebenden wetteifern.“ Das heißt, daß der Wetteifer in bezug auf das Jenseits lobenswert ist, in bezug auf das Diesseits unerwünscht, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 31, S. 100. 208 „Es gibt nur zwei Arten von Menschen, …“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 465; al-Bucha¯rı¯, Sammlung, Bd. 8, S. 209, wo Koran statt hikma, Weisheit, vorkommt; ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 2, S. 1407, ˙ Nr. 4208, 4209. 209 Nachdem Gh über die Seele, deren Kräfte und deren Tätigkeitsbereiche ausführlich gesprochen hat, ist es nun passend, hier über die Vernunft und ihre Aktivität zu reden, die hier und in den nächsten Kapiteln beschrieben werden. Diese Kapitel sind stark an seine Abhandlung über dieselben Themen in ih., „Wiederbelebung der Religionswissenschaften“ angelehnt. Fast dieselben Belege aus Religion˙ und Kultur treten hier wie dort vor. Jedoch sind die Abhandlungen hier ganz gezielt und komprimiert, wobei der rationale Charakter in der Argumentationsweise dominiert. Ganz eindeutig erkennt man auch die Hervorhebung der Rolle der Vernunft bei der Interpretation der Korantexte, wie dies im folgenden zu verstehen ist, s. ih., Bd. 1, S. 12 ff.; D 328 f. 210 „Das erste, was Gott schuf …“ ist eine Überlieferung, die ˙nicht in den Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 134; II, S. 71 ff.; IV, S. 300 ff. Sie befindet sich auch ˇ auzı¯, nicht in: g˙arı¯b al-hadı¯t (Die seltenen Überlieferungen, von Abu-3l-Faragˇ ibn- 2Ali 3bn-al-G ˙ ˙

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auch nicht in seinem Werk: al-2ilal al-mutana¯hiya (Über die schwachen Überlieferungen). Sie wird ˇ a2far Muh. ibn-Ba¯bawaih (gest. 381 n. H./ 991 n. Chr.) in seinem aber sehr ausführlich von Abu¯-G ˙ Werk: ma2a¯ni 3l-ahba¯r genannt (Die Bedeutungen der Überlieferungen), Bd. 2, S. 297. Gh erwähnt ˘ in ihrem Wortlaut hier in seinem Werk ih. (Wiederbelebung …). In der Anm. diese Überlieferung ˙ dazu wird darauf hingewiesen, daß sie zu den schwachen Überlieferungen gehört, insofern in der Kette der Überlieferer es einen unzuverlässigen Überlieferer gibt, s. Bd. 1, S. 74; s. f. Die Nische der Lichter, PhB 390, Anm. 9, S. 65 f. mit weiteren Quellenangaben. 211 „Es gibt keine Religion für den, der keinen Verstand hat.“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordane …, T. II, S. 165 f.; T. IV, S. 300. 212 „Bewundert nicht den islamischen Glauben eines Menschen, …“ es handelt sich ebenso wie die vorangegangene um eine schwache Überlieferung; sie wird nicht in den Großsammlungen erwähnt, s. Wensinck, Concordance …, T. II, S. 519 ff.; IV, S. 131 ff. 213 „Gott ist das Licht von Himmel und Erde …“ Sure 24, Vers P u. H 35. an-Nasafı¯ (gest. 1310 n. Chr. ) versteht darunter, daß Gott als Besitzer des Lichts die Menschen vom Unrechten zum Rechten leitet. Die Analogie zwischen der Rechtleitung und dem Licht besteht in der Deutlichkeit und Klarheit, durch welche die Menschen die Dinge, vor allem was den Glauben anbetrifft, verstehen können, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 144 f. ibn-2Arabı¯ meint, daß das Licht ein Eigenname Gottes ist. Er interpretiert weitere Begriffe im Vers symbolisch, wie z. B. die Dunkelheit in bezug auf den Körper, die Lampe für die Seele usw., s. ibn-2Arabı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 139 f. ar-Ra¯sı¯ lehnt diese Meinung ab, die auch von Gh vertreten wird, und führt einige Belege dafür an, daß Gott Urheber des Lichts ist. Der Vers deutet darauf, daß das Licht nicht mit Gott identisch, sondern seine Schöpfung ist, durch welche er Himmel und Erde erleuchtet, s. Korankommentar, Bd. 23, S. 222 ff. Er geht auf die Meinung von Gh ein, daß Gott Licht der Lichter ist, ohne ein Urteil darüber zu fällen, s. a. a. O. Wahrscheinlich sieht er keinen Widerspruch zwischen einer dogmatischen Interpretation, welche auf der Tradition beruht, und einer rational philosophischen wie die, welche von Gh bearbeitet wird. Gh führt diese Stelle aus dem Koran als Beleg dafür an, daß die Vernunft wegen ihrer Tätigkeit bei der Aneignung der Erkenntnis Licht genannt wird, s. f. Die Nische der Lichter, A 44 ff. Die Behauptung, daß „misˇka¯t“ ein Lehnwort aus dem Äthiopischen ist, lehnt ar-Ra¯sı¯ ab und verweist auf die Meinung von Abu¯-Isha¯q Ibra¯hı¯m az-Zagˇgˇa¯gˇ (gest. 923 n. Chr.), der den arabischen ˙ Ursprung des Begriffs bejaht, s. Korankommentar, Bd. 23, S. 235; R. Paret, Korankommentar, Anm. zu dem Vers, S. 360. 214 „Gott ist der Freund derer, …“ Sure 2, Vers P 257, H 258. Nach Ansicht von ar-Ra ¯ sı¯ spricht der Vers gegen die Ansichten der Mu2tazilı¯ten, daß Gott der Freund aller Menschen ist, ob sie gläubig oder ungläubig sind. Denn der Vers spricht eindeutig davon, daß er der Freund „walı¯y“ der Gläubigen ist. Darauf antworten die Mu2tazilı¯ten, daß er lediglich mehr Liebe für die Gläubigen hat als andere, die nicht an ihn glauben. Mit Licht und Finsternis ist hier Glaube und Unglaube gemeint. Gh ist der Meinung, daß die Tätigkeit der Vernunft eine wichtige Rolle spielt, insofern wir dadurch die Unterscheidung zwischen Rechtleitung als gut und Irreführung als schlecht erkennen können, s. D 332; ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 7, S. 17 ff. 215 „Wenn die Menschen die Nähe Gottes durch verschiedene Wohltaten suchen, …“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. IV, S. 300 ff.; V, S. 351 ff. Gh gilt dann als ihre Quelle. 216 „Der Gelehrte in seinem Volk …“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 93 ff.; V, S. 483; VI, S. 354. Ebenso wie die vorangegangene und ähnliche Überlieferungen gilt Gh als deren Quelle. 217 „Und so haben wir dir durch unsere Fügung einen Geist eingegeben.“ Sure 42, P 51, H 52. Die Bezeichnung der Offenbarung als ru¯h, Geist tritt im Koran an vierzehn Stellen auf, darunter im Sinne von Offenbarung und Wissen, ˙wie an dieser Stelle, wo Offenbarung, das heißt der Koran, ru¯h genannt wird. Der Koran wird in diesem Zusammenhang ru¯h genannt, das heißt Geist oder ˙ weil er die Menschen zum monotheistischen Glauben auffordert, ˙ Seele, und dies für die damalige Zeit und Gesellschaft ein neues Erwachen bedeutet. Deshalb wird al-ı¯ma¯n, der Glaube, in diesem

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

Zusammenhang haya¯ht, Leben, während al-kufr, der Unglaube als maut, das heißt Tod, bezeich˙ net, s. M. F. 2Abdel-Ba ¯¯qı¯, Koranconcordance, S. 326; ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 27, S. 190 f. ibn-2Arabı¯ meint dazu: durch diesen Geist werden die toten Herzen lebendig gemacht, s. Korankommentar, Bd. 2, S. 190 f.; an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 112. Im darauffolgenden Vers wird er ferner nu¯r, Licht genannt. Gh geht es darum, daß das Wissen und vor allem die göttliche Offenbarung im Koran Geist und ru¯h genannt werden, was auf den hohen Wert des Wissens im ˙ Islam hinweist. 218 „Läßt sich denn einer, der tot war, …“ Sure 6, Vers P u. H 122. Als einen wichtigen Beleg für die hohe Stellung der Vernunft und den hohen Wert des Wissens erwähnt Gh diese koranische Stelle. Die Korankommentatoren unterstützen die Meinung von Gh. Ähnlich wie bei der vorangegangenen Stelle meinen sie, daß Glaube als haya¯t, Leben, und Unglaube als maut, Tod verstanden ˙ S. 171. ibn-2Arabı¯: tot durch Unwissenheit, al-gˇahl. werden, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 13, Durch das Wissen, al-2ilm und die Liebe zum Wahren, mahabbat al-haqq, wird man lebendig, s. ˙ ˙ Korankommentar, Bd. 1, S. 400. 219

„Gott hat nichts Ruhmreicheres geschaffen als die Vernunft.“ s. Anm. 210. „Die Engel umgeben denjenigen mit Ihren Flügeln, …“ ist Teil einer Überlieferung, die den Anfang hat: „Wer einen Weg zum Erwerb des Wissens beschreitet, dem bereitet Gott einen Weg ins Paradies. Die Engel …“ Die Überlieferung umfaßt folgende Ergänzung: „Die Bewohner von Himmel und Erde bitten Gott um Verzeihung für den Studierenden, ja sogar die Fische. Der Vorzug des Gelehrten dem Frommen gegenüber ist dem Vorzug des Vollmonds den Gestirnen gegenüber ähnlich. Die Gelehrten sind die Erben der Propheten. Diese hinterließen weder dirham noch dinare, sondern das Wissen. Wer sich daran beteiligt, hat einen großen Gewinn“, s. Wensinck, Concordance …, T. IV, S. 320; ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 223. Der erste Teil der Überlieferung wird von Gh in seinem Werk: ih. (Wiederbelebung …) erwähnt, s. Bd. 1, S. 8. Der Abschluß ˙¯ n al-2amal (Das Kriterium des Handelns) wichtige Themen dieses Kapitels verdeutlicht, wie mı¯za wie die Bedeutung der Vernunft und des Lernens unter anderem hervorhebt und sowohl rational wie auch mit Belegen aus der islamischen Kultur diese Bedeutung untermauert. Das zeigt uns weiter, wie eng die beiden Werke von Gh: mı¯za¯n und ih. vor allem thematisch miteinander ver˙ bunden sind. In den nächsten Kapiteln setzt Gh seinen Gedanken über diese Themen und ähnliche fort. 221 Nachdem Gh über die Bedeutung der Vernunft in der islamischen Tradition gesprochen hat, geht er hier in diesem Kapitel noch einmal darauf ein, indem er sie als Instrument der Erkenntnis näher beschreibt. Durch ihre Tätigkeit als Vermögen der Erkenntnis und der Weisheit ist sie ein Unterscheidungsmerkmal, das das Wesen des Menschen kennzeichnet. Über die Bedeutung der Vernunft in praktischer Hinsicht wurde früher bei Gh gesprochen, s. z. B. D 235 ff. Sie übt eine erzieherische Funktion aus, wobei die Wut ihr zur Zähmung der Begierde Hilfe leistet, s. D 237. Durch die Vernunft ist der Mensch Stellvertreter Gottes auf Erden, a. a. O. 222 „Und als dein Herr aus den Rücken der Kinder Adams deren Nachkommenschaft nahm …“ Sure 7, Vers P 172, H 171. Das bedeutet, daß Gott ihnen Beweise über seine Einzigartigkeit und Allmacht bietet, die ihr Verstand später annehmen sollte. Das ist der Inhalt des Bezeugens, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 84 f. In verschiedenem Wortlaut wird eine Überlieferung erwähnt, die in verschiedenen Variationen diesen Vers unterstützt und erklärt. Sie hat im wesentlichen folgenden Text: „Gott erschafft Adam. Dann reibt er mit seiner rechten Hand auf seinem Rücken ein. Da werden Nachkommen gezeugt. Da sagt er: Dies habe ich für das Paradies erschaffen, und sie werden handeln wie die Paradiesbewohner. Dann reibt er wieder mit seiner Hand. Da werden Leute gezeugt. Da sagt er: Dies habe ich für die Hölle erschaffen, und sie werden handeln wie die Höllenbewohner. Als dann erwidert ein Zuhörer: ‚Wozu denn das Handeln, O Prophet! Der Prophet antwortet: Wenn Gott einen Menschen erschafft, verwendet er ihn für Handlungen der Paradiesbewohner, bis er stirbt. Wenn er gestorben ist, führt er (Gott) ihn ins Paradies. Wenn er aber einen Menschen für die Hölle bestimmt, dann verwendet er ihn für Handlungen der Höllenbewohner, bis er stirbt. Wenn er gestorben ist, führt Gott ihn in die Hölle.‘ Dann bschließt er mit ihnen einen Bund, dessen Inhalt lautet: 1. Der Glaube an ihn. 2. Der Glaube an seine Einzig220

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artigkeit. 3. Der Glaube daran, daß ihr Lebensunterhalt von ihm bestimmt wird. 4. Er wird ihnen Gesandte zukommen lassen, die sie an diesen Bund erinnern. Sie bezeugten es“, s. at-Tabarı¯, ˙ ˙ die Korankommentar, Bd. 9, S. 113 ff.; 115. Das ist im wesentlichen der Text dieser Überlieferung, von verschiedenen Korankommentatoren wie auch ibn-Katı¯r und ar-Ra¯sı¯ zur Erklärung des Koranischen Verses erwähnt wird. Die Mu2tazilı¯ten lehnen den¯Gedanken des Bundes ab und meinen dazu: Wenn Gott tatsächlich einen Bund mit den Nachkommen Adams geschlossen haben sollte, dann müßten diese schon damals mit Vernunft begabt gewesen sein. Dies aber ist nicht der Fall. Denn wenn dies gewesen wäre, dann müßten wir uns daran erinnern. Denn es ist ausgeschlossen, daß wir Menschen uns an ein solches Ereignis nicht erinnern, falls es überhaupt stattgefunden haben sollte. 2. Der Rücken Adams kann nicht so viele Menschen umfassen, die der Zahl nach ungeheuer sind. 3. Jedes dieser Atome kann im Rücken Adams nicht mit Vernunft begabt sein, da ihm die körperliche Aneignung fehlt. 4. Ausgeschlossen ist es, daß der Rücken von Adam eine solche Anzahl von Menschen bis zum Jüngsten Tag umfassen kann. Dazu ist sein Rücken zu klein. 5. Wenn sich die Menschen nicht an ein solches Ereignis erinnern, wie kann dies ein Argument gegen sie am Jüngsten Tag sein? Außerdem ist mit dem Abschluß eines Bundes lediglich ein Mindestmaß an Glauben erreicht, der es nicht erlaubt, die Menschen zur Verantwortung zu ziehen. Das sind im wesentlichen ihre Argumente gegen die Traditionalisten und die Koranexegeten. Gegen diese Argumente gibt es Gegenargumente von seiten der Traditionalisten, die hier nicht weiter verfolgt werden können. Die Mu2tazilı¯ten verstehen unter dem Vers, daß Gott die Menschen in der bestmöglichen Weise erschaffen hat. Dank seiner Hinweise in der Schöpfung erfährt man durch Nachdenken, daß er einzig und allmächtig ist, auch dann wenn es Menschen gibt, die dies mit der Zunge ablehnen. Das ist der Sinn des Bezeugens, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 8, 1. Aufl., 1990, S. 39 ff. 223 „Wenn du sie (…) fragst, …“ Sure 43, P u. H 87. Die Bejahung der göttlichen Existenz ist im menschlichen Verstand so verankert, daß die Ungläubigen auf die Frage hin, wer sie erschaffen hat, sofort und ungezwungen antworten: Gott, Alla¯h, s. a-Ra¯sı¯, Korankommenetar, Bd. 27, S. 233. Das ist die Meinung von Gh, die er in diesem Kapitel entwickelt, in dem er sich auf den Koran beruft. 224 „Das ist die natürliche Art, …“ Sure 30, P 30, H 29. Die natürliche Beschaffenheit, fitra, führt ˙ dazu, die Existenz eines einzigen Schöpfers zu bejahen. Das ist die Behauptung, die mehrmals durch koranische Stellen belegt wird, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 272; s. f. at-Tabarı¯, ˙ Korankommentar, Bd. 21, S. 40 ff., mit Hinweis auf die Stelle: „Und als dein Herr aus den˙Rücken der Kinder Adams deren Nachkommenschaft nahm …“, s. Anm. 222 und „Die Menschen waren (…) eine einzige Gemeinschaft (umma wa¯hida) …“, Sure 2, Vers P 213, H 209. Zu dem Begriff ˙ „fitra“, s. Erretter …, Anm. 25, S. 83. 225 ˙ „Sag: (…) Es gibt keinen Gott außer ihm.“, s. Anm. 142; s. f. Die Nische …, A 60, S. 26 f. 226

„Vielleicht würden sie sich mahnen lassen.“ Sure 2, Vers P u. H 221. P: „sich mahnen lassen“, H: „sich zu Herzen nehmen“ für „yatadakkaru¯n“. Der Sinn des Sich-Erinnern besteht darin, daß sie ¯ dem Aufruf zum Paradies und dem zur Hölle unterscheiden die Lehre ziehen sollen und zwischen können, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 380. ˙ ˙ 227 „die Verständigen sollen es bedenken.“ Sure 14, Vers P u. H 52. P: „sich mahnen lassen“, H: „bedenken“ für: „li-yaddakkara“. Der Mensch unterscheidet sich von anderen Lebewesen durch seinen Verstand, durch¯ ¯welchen er sich ermahnen läßt und Schlußfolgerungen zieht, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 19, S. 149 f. 228 „Und gedenkt der Gnade, die Gott euch erwiesen, …“ Sure 5, Vers P 7, H 10. P: „Verpflichtung“, H: „Bund“ für „mı¯ta¯q“. Es handelt sich dabei um den Bund, den Gott mit den Nachkom˙ (s. Anm. 222). Nach einer anderen Meinung handelt es sich um einen men Adams geschlossen hat konkreten Bund, den der Prophet Muhammad zu Beginn seiner Verheißung mit bestimmten Leu˙ ten aus verschiedenen Stämmen, Männern und Frauen geschlossen hat, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 1, S. 274; at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 87 f. Der Gegenstand dieses Bundes ˙ ˙ kann im folgenden zusammengefaßt werden: 1. Niemanden neben Gott zum Genossen machen. 2. Nicht stehlen. 3. Keine Unzucht betreiben 4. Eigene Kinder nicht töten. 5. Keine Verleumdung

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begehen. 5. Dem Propheten bei Verrichtung von guten Taten keinen Widerstand leisten. Dies geschah ein Jahr vor al-higˇra, im 1. bai2at al-2Aqaba, Bund von … Im zweiten Bund von al-2Aqaba, ein Jahr darauf werden die gegenseitige Unterstützung und der Beistand bei kriegerischen Auseinandersetzungen vereinbart, s. ibn-al-Atı¯r, Abu-3l-Hasan 2Alı¯, al-ka¯mil (Das Vollständige in der ˙ ¯ Geschichte), Bd. 2, S. 69. 229 „Und wir haben doch den Koran leicht (…) gemacht, …“ Sure 54, P u. H 17. Verschiedene Eigenschaften des Korans werden hier erwähnt: 1. Er wird für denjenigen, der ihn auswendig lernen will, leicht gemacht. 2. Ebenso für jemanden, der sich ermahnen läßt, insofern er die Weisheit enthält. 3. Es ist ein Genuß, den Koran zu rezitieren oder ihn beim Rezitieren zu hören, auch dann, wenn man ihn nicht versteht, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 29, S. 42; s. f. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 203. 230 Mit den wahrhaftigen Denkern könnte Platon gemeint sein. Problematisch aber bleibt die Bezeichnung „wahrhaftig“, insofern Gh prinzipiell die griechische Philosophie ablehnt und deren Anhänger im islamischen Kulturbereich für ungläubig erklärt, s. Erretter …, A 22. Das hindert ihn aber nicht daran, in manchen Punkten Platon recht zu geben, und ihn für „wahrhaftig …“ zu erklären. Das gebietet einfach die Toleranz, speziell in wissenschaftlicher Hinsicht. Platon vertritt nämlich die Ansicht, daß at-ta2allum, das Lernen, ⁄n€mnhsi@, tadakkur, Wiedererinnern ist, s. Platon, Menon 81d; s. f. C. v. Bormann, Erinnerung, in: Historisches¯ Wörterbuch der Philosophie, Bd. 2, S. 636 ff. Wichtig aber ist es, daß Gh aus dem Koran sein Verständnis von den arabischen Begriffen: tadakkara, sich erinnern; tadakkur, das Wiedererinnern; muddakir, einer, der sich erinnern läßt, zu ¯belegen versucht, wie die ¯Tendenz seiner Interpretation der koranischen Verse zeigt. Dann schließt er dieses Kapitel mit dem Hinweis auf Platon, auch wenn er ihn nicht namentlich erwähnt. 231 „Gott hat nichts Edleres geschaffen als die Vernunft.“ s. Anm. 210. 232 „Wenn die Menschen durch verschiedene Arten von frommen Taten …“ s. Anm. 215. 233 „Das Herz hat nichts erlogen, … Sure 53, Vers P u. H 11. Das Herz schaut an, was dem Sehvermögen nicht zugänglich ist. Demnach können höhere Wesen wie der Erzengel Gabriel, ja sogar Gott angeschaut werden. Dies kann durch ein Wissen erreicht werden, das Gott ins Innere des Menschen hineinfließen läßt. Es wird überliefert, daß Muhammad seinen Gott und den Erzengel Gabriel gesehen haben soll. Es könnte wohl möglich sein,˙ daß Muhammad durch sein Herz die ˙ ¯, Korankommentar, Bd. 28, Fähigkeit von Gott erlangte, den Erzengel Gabriel zu sehen, s. ar-Rası S. 288 ff.; s. f. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 195. Muhammad hat den Erzengel Gabriel ˙ ihn mit dem Auge, erkannte ihn zwei Mal in seiner natürlichen Gestalt als Engel gesehen. Er sah aber mit dem Herzen, s. an-Nasafı¯, a. a. O. 234 „Und so zeigten wir dem Abra ¯ ha¯m …“ Sure 6, Vers P u. H 75. Ein solches Schauen geschieht durch ein Licht, das Gott ins Herz von Abra¯ha¯m hineinsendet. Gott hat ihm den Himmel in zwei Teile gespalten, so daß er den Thron und alles, was jenseits der materiellen Dinge liegt, sehen konnte. Ebenso geschieht es mit der Erde. Er konnte sehen, was in ihrem Inneren liegt. Gott hat ihm das Schauen aller seiner Geschöpfe in Himmel und Erde durch den Intellekt und durch das Auge seines Herzens ermöglicht. Der Sinn dieses Schauens besteht darin, daß Abra¯ha¯m die Gewißheit erlangt und in seinem Glauben sicher wird. Dies erreicht er nicht durch den Verstand, sondern duch das Herz. Das will Gh in diesem Kapitel belegen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 13, S. 43 ff. 235 „Nicht die Augen sind (bei ihnen) blind …“ Sure 22, Vers P 46, H 45. at-taddakkur, das Erin¯ nern als umfassende Erkenntnis geschieht durch al-qalb, das Herz, s. ar-Ra¯sı¯, ¯korankommentar, Bd. 23, S. 45. Jeder Mensch hat vier Augen, zwei in seinem Kopf und zwei in seinem Herzen. Wenn er nicht mit den Augen des Herzens schauen kann, ist der Schaden für ihn um so größer. Denn der Sitz des Wissens ist das Herz, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 105. 236 „Und wenn einer hier (im Diesseits) blind ist, …“ Sure 17, Vers P 72, H 74. 1. Wenn das Herz des Menschen nicht in der Lage ist, den Sinn der Schöpfung zu begreifen, dann wird es für ihn recht schwierig sein, die Angelegenheit des Jenseits zu verstehen. 2. Wer im Diesseits ungläubig ist, ist er im Jenseits um so hartnäckiger, da er nicht rechtzeitig während seines diesseitigen Lebens

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Buße getan hat. 3. Wer sich in Genüssen des diesseitigen Lebens verstrickt, ist dessen Reue im Jenseits über den Verlust solcher Genüsse um so größer. Er bleibt dann in tiefer Dunkelheit, weil er von dem Licht der göttlichen Erfahrung nichts erreicht. So beschreibt der Vers die Lage eines solchen Menschen, dessen Verstand lediglich auf materielle Dinge beschränkt ist. Er ist in seinem Verständnis der religiösen Angelegenheiten oberflächlich und kurzsichtig, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 18 f. 237 „In ihrem Herzen haben sie eine Krankheit …“ Sure 2, Vers P 10, H 9. Mit Krankheit sind Zweifel und Heuchelei gemeint. Der Kranke schwebt zwischen Leben und Tod, und die Verderbtheit schadet der Gesundheit. So wird die Verderbtheit, al-fasa¯d, für die Krankheit im analogen Sinne verwendet. Heuchelei und Zweifel sind Krankheiten, die das Herz und die Seele treffen. Die Menschen, die Zweifel an der Existenz Gottes haben, sind am Herzen krank. Sie seien nicht in der Lage, nach Meinung von Gh, von den Nahrungen zu profitieren, die ihnen die Religion bietet, s. f. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 1, S. 19. Die Krankheit bezieht sich auf ihr Verständnis von der Religion, s. as-Sa¯bu¯nı¯, safwat at-tafa¯sı¯r (Auszug aus den Korakommentaren), Bd. 1, S. 21. ˙ der Verantwortung für sich selbst übernimmt; …“ ist der erste Teil einer ˙ 238 „Klug ist ˙derjenige, Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. VI, S. 291; s. f. z. B. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 2., S. 1423, Nr. : 4260. 239 „Die meisten der Paradiesbewohner sind einfältig“ ist eine Überlieferung oder Teil einer Überlieferung, die in keiner der Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 5, 220; auch nicht in der Sammlung von asˇ-Sˇaiba¯nı¯, taisı¯r al-wusu¯l ila¯ gˇa¯mi2 al-usu¯l (Einlei˙ ˙ tung zum isl.-Recht), s. Bd. 4, S. 153 ff. Gh gilt als ihre Quelle. 240 al-Hasan al-Basrı¯. Das ist Abu ¯ -Sa2ı¯d al-Hasan ibn-Abu-3l-Hasan Yasa¯r geb. in Medina im Jahre ˙ 642 Chr. und ˙ lebte in Basra, wo er ˙im Jahre 110 n. H./˙ 728 n. Chr. starb. al-Hasan wuchs in 21 n. H./ ˙ und im islader Umgebung von dem Kalifen ˙2Alı¯ in Basra. Er war eine Quelle in der Tradition ˙ war der später Gründer der mu2tazilı¯tischen Glaumischen Recht. Einer seiner berühmten Schüler bensrichtung Wa¯sil ibn-2Ata¯3 (80–131 n. H./ 700–748 n. Chr.). Er wurde von den bedeutenden Grup˙ der Mu2tazilı ˙ pen der Sunnı¯ten, ¯ten, und der Su¯fı¯ geehrt. Er kritisiert öffentlich die strengen Herrscher wie al-Hagˇgˇa¯gˇ (40–95 n. H./ 660–714 ˙n. Chr.), der Herrscher von Iraq und al-Mutanna¯ ˙ (gest 110 n. H./ 728 n. Chr.), Herrscher von Chora¯sa¯n. Sie hatten große ¯Ach2Omar ibn-Hubaira tung vor ihm wegen seiner Frömmigkeit und Gelehrsamkeit und wegen seiner engen Beziehung zu den berühmten Traditionalisten seiner Zeit wie Anas ibn-Ma¯lik (gest. 179 n. H./ 795 n. Chr.), s. ibn-Katı¯r, al-bida¯ya …, Bd. 9, S. 266; s. f. H. Ritter, in: Handwörterbuch des Islam, S. 170. ¯ 241 „Diejenigen, die nicht hoffen, uns zu begegnen, …“ Sure 10, Vers P u. H 7 ff. I. „Diejenigen, die nicht hoffen …“ Das heißt, sie haben keine Furcht vor der Auferstehung und dem Jüngsten Tag. „nicht hoffen“ heißt in diesem spezifischen Sinne: „Furcht haben vor Gott“. 2. Sie legen keinen Wert auf die Belohnung Gottes im Jenseits. „Nicht hoffen“ heißt in diesem Zusammenhang „aufgeben“. Wer nicht glaubt, ist hoffnungslos. Derjenige aber, der an Gott und an den Jüngsten Tag glaubt, ist hoffnungsvoll. Er hofft auf die Belohnung Gottes und seine Wohlgefälligkeit. 3. Er hofft ferner auf seine Begegnung mit Gott und darauf, ihn zu schauen, welche den höchsten Grad der Glückseligkeit ausmachen. 4. Die Menschen, die die göttliche Existenz leugnen, fühlen sich in dem diesseitigen Leben sicherer, weil ihre Liebe für das Diesseits ihnen die Furcht vor Gott wegnimmt. Deswegen scheinen sie sorglos und ihre Herzen regungslos zu sein, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 17, S. 38 ff. „Diejenigen, die glauben und tun, …“ Die Lage der Ungläubigen wird vorher beschrieben. Hier handelt es sich um die Gläubigen. Die menschliche Seele hat zwei Aspekte: a) die theoretische Fähigkeit, deren Vollkommenheit in der Erkenntnis der Dinge besteht. b) Das praktische Vermögen, dessen Vollkommenheit in der Ausführurng von guten Taten, deren Spitze die Beschäftigung mit den Gottesdiensten ist. Die Gläubigen, die, Theorie mit der Praxis zu verbinden wissen, werden mit dem Paradies belohnt. Ihr Glaube ähnelt einem Licht, das sie in die höhere Welt des Göttlichen hineinführt, und sie verfügen über Charaktereigenschaften, die jeglichen Zweifel zerstreuen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 17, S. 42. Zusammenfassend: wenn der Mensch an Gott glaubt, strahlt seine Seele durch die Erkenntnis.

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Wenn er regelmäßig gute Werke tut, entsteht eine Begabung, die ihn zum Nachdenken über die Phänomene des Jenseits (Tod, Auferstehung, Gericht usw.) veranlassen und er nimmt Abschied vom Diesseits. Wenn diese Denkweise stärker wird, vertieft er sich in seine Kenntnisse über Gott und das Jenseits, s. ar-Ra¯sı¯, a. a. O. 242 „Sie wissen, was vom diesseitigen Leben äußerlich sichtbar ist …“ Sure 30, Vers P 7, H 6. Damit sind die Menschen gemeint, die vom diesseitigen Leben viel Wissen haben, vom Jenseitigen aber nichts wissen bzw. nichts wissen wollen. Für das Diesseits gibt es zwei Aspekte: ein Äußeres und ein Inneres. Das Innere bezieht sich auf das Diesseits als Mittel zum Jenseits, niemals aber als Zweck an sich, was von den Materialisten ignoriert wird. Sie sind unwissend, gˇuhha¯l, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 266. Die Unwissenden, al-gˇuhha¯l, beschränken sich auf den äußeren Sinn, nämlich auf die materiellen Genüsse, s. a. a. O. 243 Gh bestimmt in diesem Kapitel das Ziel des Lernens wie folgt: „Das Ziel dessen, was der Lernende im Diesseits erwirbt, ist, sich selbst zu vervollkommnen und tugendhaft zu werden. Im Hinblick auf das Jenseits ist das Ziel die Nähe zum erhabenen und allmächtigen Gott, nicht aber Ansehen, Reichtum, Wetteifern mit den Toren und Streit mit den Gelehrten.“, s. D 361. Damit grenzt sich Gh völlig von dem Ziel der Erziehung, paideffla, im griechischen Denken, vor allem bei Platon und Aristoteles ab, gleichzeitig legt er eine Ethik des Lernens und des Lehrens dar. In der Stadt sind Erziehung und Erziehungsziele von der Ganzheit, ˆlo@, al-gˇamı¯2, bestimmt. Diese Bestimmung bezieht sich auf die Lebensweise und die Stadtentwicklung in sozialer und politischer Hinsicht. Es ist eine Gesamtsituation des griechischen Geistes in seiner Vielfalt, welcher auf das ˆlon gerichtet ist, in wissenschaftlicher, künstlerischer, technischer und politischer Hinsicht. Dies alles bestimmt die Erziehung und deren Ziele, s. Ernst Hoffmann, Der Erziehungsgedanke der klassischen gr. Philosophie, in: Erziehung und Bildung in der Heidnischen und Christlichen Antike, S. 101 ff. Im Gegensatz dazu geht Gh in seinem Erziehungsideal von dem Menschen als Individuum aus, dessen Verantwortung vor Gott hauptsächlich im Jenseits liegt. Das ˆlon ist nicht der Bestimmungsgrund für Gh, auch wenn es in seinem Erziehungskonzept mitenthalten ist. Das Sittliche steht an der Spitze der Erziehung sowohl im theoretischen wie auch im praktischen Sinne. Darin stimmen beide Ideale miteinander überein. Dies verdeutlicht sich in der Vorstellung von dem Wissen und von dessen Erwerb in den beiden Konzepten, s. E. Hoffmann, Erziehungsgedanke …, a. a. O., Gh, D 343. Dort heißt es: „Wir haben das Wissen für einen anderen Zweck außer für Gott erlernt, das Wissen aber lehnt es ab, für etwas anderes als für Gott zu sein … etc.“ a. a. O. Der Glaube an einen einzigen Gott bestimmt die Handlungsweise, welcher auch das Sittliche umfaßt. Durch dieses Merkmal unterscheidet sich Gh von dem griechischen Erziehungsmodell. Ausführlich geht Gh auf die Bedeutsamkeit der Vernunft, des Wissens und des Lehrens, ebenso auf die Aufgaben des Lernenden und des Lehrers ein, s. D 328 ff., 338 ff. Wichtige Gedanken sind daraus zu entnehmen. Einige davon beziehen sich auf die lobenswerten Charaktereigenschaften, die durch die Wirkung der Erziehung stärker werden. Sie lassen sich besonders auf das Verhalten des Menschen beziehen, s. D 342 f. Beim Erwerb des Wissens geht Gh auf den Dialog zwischen al-Hidr und Moses aus dem Koran ˘ ˙ und Antworten das Wissen ausführlich ein, um zu zeigen, daß es nicht durch irgendwelche Fragen zu erwerben ist, sondern durch einen sinnvollen Dialog, s. D 3 44 ff. Darin steht eine Ethik des Dialogs zwischen dem Lernenden und dessen Lehrers. Denn der Zweck eines sinnvollen Wissens ist es, dem rational gläubigen Menschen zu helfen, glückselig dabei zu sein. In dem Erziehungsmodell der klassischen gr. Philosophen, vor allem bei Platon und Aristoteles, steht die Vernunft allein an der Spitze aller Tätigkeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Bei Aristoteles steht allerdings der soziale Aspekt mehr im Vordergrund als bei Platon, s. Ernst Hoffmann, Erziehungsgedanke …, S. 116 f.; Ernst Lichtenstein, Aristoteles: Über die Erziehung, ebd., S. 328 ff. Die Rolle und die Aufteilung der Wissenschaften, die zu lehren und zu lernen sind, spielt in den beiden Konzepten von Gh und den erwähnten Philosophen eine wichtige Rolle. Gh geht darauf sehr ausführlich ein und dabei bestimmt er die Beziehung zwischen den Wissenschaften, s. D 351 ff. Während vor allem bei den Sophisten Grammatik und Rethorik im Vordergrund stehen,

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erwähnt Gh ausführlich die Wissenschaften, die sich auf das Erlernen der arabischen Sprache beziehen, wie folgt: Nicht nur Grammatik und Rethorik, sondern auch Etymologie, Wort- und Satzanalyse, Morphologie, Dialektik, die Wissenschaft vom Versmaß und der Reimlehre, der Phonetik, der Disputation und der Beweisführung bilden das Grundstudium im islamischen Mittelalter. Nicht nur diese Wissenschaften, sondern auch die Arithmetik gehört dazu. Die Betrachtung der Bildung des Menschen als eine dauerhafte Entwicklung findet man bei Gh wie auch bei Aristoteles. Gh verbindet diese Entwicklung mit der stufenweise Erlangung der Glückseligkeit, das Hauptziel alles menschlichen Bemühens und Strebens ist, s. z. B. D 195 ff.; 205 f.; 207; E. Lichtenstein, Aristoteles: Über die Erziehung, S. 323 ff., mit Quellenangaben zu Aristoteles. Nach Meinung von Gh ist jeder Mensch erziehbar. Dies ist aber im Erziehungsmodell bei Platon und Aristoteles nicht der Fall. Bei Aristoteles zum Beispiel ist lediglich der „edle Mensch“ erziehbar, insofern „edle Menschen“ in der Lage sind, die Verbindung zwischen FÐsi@, natürliche Anlage, al-hilqa, m€jhsi@, Belehrung, at-ta2lı¯m, und ˝skhsi@, Übung, at-tamrı¯n, herzustellen. Die ˘ vielen Menschen, o Polloffl, können nicht eine solche Verbindung verknüpfen; dies ist eine Sache der Elite, s. E. Lichtenstein: Aristoteles, Über die Erziehung, S. 326 ff. in: Erziehung u. Bildung in der Heidnischen u. Christl. Antiken, mit Hinweisen auf Diogenes Laertius u. Aristoteles Schriften. Wir sehen ferner bei Gh die enge Verbindung zwischen Theorie, an-nazarı¯ya und Praxis, at-tatbı¯q, ˙ al˙ ¯ da/at-tatbı¯q, s. f. Gh, Wissen, al-2ilm, Handeln, al-2amal, Lernen, at-ta2allum und Üben, ar-riya ˙ ˙ adab fi 3d-dı¯n (Die Erziehung in der Religion), S. 152 ff. Der Lernende soll wissen, daß der Erwerb des Wissens sich nicht an diesseitige Ziele orientiert, sondern in erster Linie zur Wahrheitsfindung und Gottesgefälligkeit dienen soll, s. D 343. Das Sollen steht an der Spitze des Wissens als dessen Ziel und Bestimmungsgrund für das Erkennen und Handeln in den beiden Konzepten von Gh und dem Griechischen. Jedoch läßt sich die Frage nach dem Inhalt des Sollens stellen. Im griechischen Erziehungsideal wird es von der Vernunft und der griechischen Tradition, bei Gh von der Ratio und der Offenbarung bestimmt, s. E. Hoffmann, Erziehungsgedanke …, S. 114, Gh, D 343 f. Die Vorstellung von Gott unterscheidet die beiden Kulturen. Gott im Islam oder Alla¯h ist keine Idee, kein Produkt der menschlichen Vernunft in Form einer Idee, wie es bei Platon der Fall ist, sondern beruht auf der Offenbarung, und wird bestimmt als Einziger und Allschöpfer etc., s. z. B. Sure 112. Die Tradition im Islam beruht größtenteils ebenfalls auf offenbarten Grundrelgeln, die das Verhalten der Menschen als Individuum und als Mitglied der Gesellschaft bestimmen. 244 „Die Religion beruht auf der Reinheit.“, s. Anm. 53. 245 „Die Heiden sind ausgesprochen unrein.“ Sure 9, Vers P u. H 28. „unrein“ heißt, sie dürfen nicht die heilige Moschee in Mekka, al-Masgˇid al-Hara¯m, betreten. Die Hanafı¯ten (Anhänger ˙ von Abu¯-Hanı¯fa, s. Erretter …, Anm. 114, S. 134) meinen, daß sie nicht dem˙ Besuch der heiligen ˙ Mekka und von keiner anderen gehindert werden dürfen. Sie haben ihre eigene ArMoschee in gumente und Belege, die hier nicht weiter verfolgt werden können, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 15, S. 26; s. f. an-Nasafı¯, Bd. 2, S. 122. 246 „Die Engel betreten kein Haus, in dem sich ein Hund befindet.“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen vorkommt, s. Wensinck, Concordance …, T. VI, S. 52; s. f. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 2, S. 1203, Nr. : 3650; s. f. „Die Nische …“ A 73 und die Anm. 136, S. 82. 247 „Wer sein Wissen vermehrt …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck nicht in den Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. II, S. 373 f.; IV, S. 313 ff.; VII, S. 71 ff. Andere wichtige Überlieferungen werden in diesem Zusammenhang genannt, die ähnliche Bedeutung haben, s. T. IV, S. 313 ff. Gh erwähnt diese Überlieferung in seinem Werk ih. (Wiederbe˙ lebung …) mit Quellenangabe, s. Bd. 1, S. 52. 248 „Gott hat keinem Menschen zwei Herzen in seinem Inneren gegeben.“ Sure 33,Vers P u. H 4. Die Anrede richtet sich an bestimmte Leute, die als Heuchler bekannt waren und die meinen, daß der Prophet Muhammad zwei Herzen habe, eins mit den Muslimen und das andere mit den Ungläubigen. 2. Es ˙wird auch für jemanden verwendet, der unschlüssig ist zwischen Bejahung und Ablehnung der religiösen und der ethischen Gebote: Die eine Seele befiehlt, die andere lehnt ab, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 118 f.; an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 292 f. ¯ ˙

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

249 „Wissenschaft kämpft gegen den jungen Menschen …“ fa-3l2ilmu harbun li-3l-fata 3l-muta2a¯lı¯/ ˙ von Abu¯-Tamma¯m, das ka3s-saili harbun li-3l-maka¯ni 3l-2a¯lı¯. Der zweite Teil des Gedichts stammt ˙ ist Habı¯b ibn-Aus at-Ta¯3ı¯ (788–845 n. Chr.): fa(ka) 3s-sail …, s. dı¯wa¯n mit dem Kommentar von ˙ ¯zı¯, S. 77. Gh ˙erwähnt ˙ at-Tibrı dieses Gedicht in: ih. (Wiederbelebung …), Bd. 1, S. 45. Ich danke ˙ gereimten Übersetzung des erwähnten Gemeinem Freund A. Rahtgens für seine Hilfe bei der dichts, s. f. Anm. 257, 306. 250 „Darin liegt eine Mahnung für jemanden, der ein Herz hat, …“ Sure 50, P 37, H 36. Das bedeutet, daß die Ermahnung ihren Sinn für jemanden hat, der ein nachdenkliches Herz besitzt. Wer sich nicht ermahnen läßt, der hat überhaupt kein Herz. Darin liegt eine Mahnung für jemanden, der ein kluges Herz besitz, genau zuhört und die Lehre daraus zieht, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 28, S. 182 f. Wenn jemand keinen gegenwärtigen Verstand besitzt, ist er abwesend, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 180 f. Gh interpretiert den Vers im Zusammenhang des Lernens. Dabei wird auch im Sprachgebrauch der Korankommentatoren die Begriffe „Herz, qalb“ und „Verstand, 2aql“ synonym verwendet. 251 „Darf ich dir folgen, …“ Sure 18, Vers P 66, H 65. Die Person, die Moses lehrt, ist unbekannt. Möglicherweise handelt es sich um einen hochbegabten Weisen oder sogar um einen Propheten. Jedoch geht Gh hier von einer bestimmten Person namens al-Hidr aus. Aus dieser Geschichte geht ˘ ˙ hervor, daß es zwei Arten von Wissen gibt: 1. angeeignetes Wissen, das durch Lernen und Selbstanstrengung beim Verstehen erworben wird, und 2. ein Wissen, das durch Eingebung, das heißt ohne menschliche Wirkung erlangt wird. 3. Obwohl Moses über einen hohen Grad von Wissen verfügt, wird er angewiesen, von jemandem zu lernen, der eventuell weniger Erfahrung und Wissen besitzt. 4. Das Verhalten Moses’ ist vorbildlich. Denn er war sehr höflich und bescheiden. Er stellte sich als Schüler dem Lehrer zur Verfügung. Dies ist sehr wichtig für den Erwerb des Wissens. Indem sich Moses in die Gefolgschaft des Lehrers begab, gab er zu verstehen, daß er freiwillig Widersätzlichkeit, Streitlust und Widerstand aufgegeben hat, um von seinem Lehrer das erstrebte Wissen auszuschöpfen. 5. Denn wenn diese Dinge die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler beherrschen, wird der Lernprozeß gestört, und schließlich wird es abgebrochen. 6. Die Gefolgschaft wird zuerst erwähnt, dann das Lernen. Mit anderen Worten: Es soll zuerst die menschliche Beziehung zwischen Schüler und Lehrer auf Verständigungsbasis und Harmonie gestellt werden, dann folgt das Lernen. Wenn die Reihenolge stimmt, wird das Lernen erfolgreich. 7. Weil der Lehrer weiß, daß Moses in Sachen der Beweisführung, Widerlegung und Rethorik usw. begabt ist, erwidert er ihm: „Du wirst nicht fähig sein, mit mir durchzuhalten.“, weil das Wissen, daß er ihm vermittelt von besonderer Art ist, das nicht durch Dialog und Beweisführung entsteht. Der Schüler stellte weiter Fragen, die schließlich zum Abbruch der Beziehung zwischen Schüler und Lehrer führten, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 150 ff. 252 „Frage mich nach nichts, …“ Sure 18, Vers P 70, H 69. Das ist die Bedingung, die der Lehrer gestellt hat. Moses darf nicht nach Dingen fragen, die ihm unklar sind, auch wenn seine Fragen an sich richtig sind, bis sein Lehrer anfängt, ihm aufzuklären. Das ist die Höflichkeit des Schülers dem Lehrer gegenüber, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 20. 253 „Das ist die Trennung zwischen mir und dir.“ Sure 18, Vers P 78, H 77. Die Fragen, zu denen Moses sich durch seine Ungeduld hinreißen ließen, beziehen sich auf den Schutz des Lebens, auf das Privateigentum und das Ertragen von Anstrengung und Mühsal ohne Angaben von Gründen. Dies sind wichtige Fragen, besonders wenn der Lehrer in den Augen des Schülers ständig dagegen verstößt. Dieses Verhalten veranlaßt Moses, nach dem Sinn des widersprüchlichen Verhaltens seines Lehrers zu fragen. Dieser duldet keine Fragen mehr von seiten seines Schülers. Die Trennung war die Folge. Denn das Wissen, das al-Hidr Moses vermitteln wollte, war nicht von der Art, ˘ ˙ wird, sondern durch Reinigung des Inneren und die sich in Dialog und Beweisführung entwickelt Abwarten, bis die Erkenntnis von selbst entsteht. Das ist ein schwieriger und unüberprüfbarer Vorgang, jedoch möglich, s. an- Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 21 ff.; s. f. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 153 ff.; at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 15, S. 283. ˙ Mahnung …“ Sure 16, Vers P 43, H 45. Gh will trotzdem betonen, 254 „Fragt doch die Leute ˙der daß Fragen zu stellen prinzipiell erlaubt ist. Mit „Leute der Mahnung, ahl ad-dikr, ist gemeint: ¯ ¯

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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1. Die Leute, die über das Wissen vergangener Völker (Geschichte) Bescheid wissen. 2. Jeder, der in seinem Fach Wissen besitzt und tiefe Erkenntnis hat. 3. Mit „Mahnung“ ist das Wissen gemeint. Fragen zu stellen und Antworten darauf zu entwickeln, sollen im Rahmen des verfügbaren Wissens und mit Berücksichtigung des Schülernivaus stattfinden, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 20, S. 36. 255 „Das Kriterium des Wissens“, s. „Die Nische …“, PhB, Bd. 390, Anm. 25, S. 68. 256 „Und wenn sie sich dadurch (durch den Koran) nicht recht leiten lassen, …“ Sure 46, Vers P 11, H 10. Die Ungläubigen lehnen den Propheten und den Koran mit der Begründung ab, daß beide sie nicht überzeugen können, weil sie nichts Neues enthalten. Der Inhalt der Botschaft des Islam kommt bei den früheren Völkern vor, wie der Koran von dieser Haltung an einer anderen Stelle berichtet: „Und sie sagen ‚(es sind) die Schriften der früheren (Generationen), die er sich aufgeschrieben hat. Sie werden ihm morgens und abends diktiert.‘“, Sure 25, Vers P 5, H 6; s. f. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 26, S. 13. ˙ ˙„Bei Bitterkeit und Seelenqual …“ wa-man jaku da¯ famin murrin marı¯din/ yagˇid murran bihi 257 ˙ n. Chr.). Er ist einer 3l-ma¯3a 3z-zula¯l· Das ist ein Gedicht von Abu-3t-Tayyib¯al-Mutanabbı¯ (915–965 ˙ ˙ der großen arabischen Dichter, der bei Ku¯fa geboren ist, und sein Leben in Syrien verbrachte. In Umkreis von Herrschern und Emiren von Syrien, Iraq und Ägypten von Ihsˇı¯den und Buı¯den arbeitete er aber selbständig, betätigte sich als Dichter in ihren Höfen, s. C. ˘Brockelmann, Geschichte der arab. Litteratur, Bd. 1, S. 86 f.; s. dı¯wa¯n, mit dem Kommentar von A. al-2Akbarı¯, Bd. 3, S. 228. 258 „Diejenigen, denen wir das Buch gegeben haben, …“ Sure 2, Vers P 121, H 151. Es handelt sich um konvertierte Juden, die den Koran in der bestmöglichen Weise lesen, sich nach dessen Lehre verhalten, ohne ihn zu verfälschen oder zu entstellen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 32. 259 „Sag: ‚Gott.‘ Als dann laß sie in ihrem Geschwätz …“ Sure 6, Vers P u. H 91. P: „in Ihrem Geplauder ihr Spiel treiben“, H: „sie sich an ihrem Geschwätz weiter vergnügen“ für: „fı¯ haudihim yal2abu¯n“. Die Ungläubigen lehnen die Botschaft der Propheten ab. Deswegen ehren ˘sie ˙nicht Gott. Sie leugnen nicht nur die Allmacht Gottes, Propheten zu den Menschen zu senden, sondern sie sprechen ihm (Gott) auch die Weisheit ab. Denn gemäß seiner Weisheit schickte er den Menschen Gesandte, die die Menschen belehren, was ihr Diesseits und Jenseits anbetrifft. Wenn er dies nicht getan hätte, würde das bedeuten, daß er ihnen erlaubt, Unrechtes und Frevelhaftes zu tun. Ihre Haltung wird in dem erwähnten Vers beschrieben. Die Ablehnung bezieht sich auf die Botschaft Moses’, dann auf Gott als allmächtig und weise. In der kurzen Antwort: „Gott“ steckt das höchste Maß an Zutrefflichkeit, wo die wichtigsten Eigenschaften – Allmacht und Weisheit – zuerkannt werden. Dann folgt der Hinweis darauf, daß die Ungläubigen Unsinn treiben und Unwahres meinen, wenn sie über Gott sprechen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 13, S. 79. Gh bekräftigt seine Haltung, daß das Ziel aller Wissenschaften die Erkenntnis Gottes sein soll, s. D 350. 260 „Wer aufrichtig und aus seinem Herzen sagt …“ ist eine Überlieferung, die mit einem Zusatz von Wensinck in der Großsammlung von A. ibn-Hanbal erwähnt ist. Der Zusatz lautet: „verbietet ˙ Gott ihm die Hölle und spricht ihm das Paradies zu.“, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 79; s. f. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 3, S. 451. ˙ 261 Jedoch „freut sich jede Gruppe über das, was sie gerade hat“ Sure 30, Vers P 32, H 31. Jede Gruppe, hizb, die die wahre Meinung, das ist der Monotheismus, verläßt, glaubt trotzdem, daß die Wahrheit˙ auf ihrer Seite ist, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 42 ff.; s. f. an-Nasafı¯, Bd. 3, ˙ ˙ S. 272. 262 „Die Unterschiedlichkeit meiner Gemeinde …“ ist eine Überlieferung, die sich nicht in den Großsammlungen nach Wensinck befindet. Gh erwähnt sie in seinem Werk: ih. (Wiederbele˙ 1, S. 25. bung …). Dort wird sie mit der Anmerkung versehen, sie sei sehr schwach, s. ih., Bd. ˙ 263 „Wer das Wissen erwirbt, …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck lediglich von ibn-Ma¯gˇa in seiner Sammlung erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. IV, S. 327; s. f. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 93, Nr. 253, mit einem Zusatz: „… und um das Augenmerk der Menschen auf sich zu lenken, der …“ Diese Charaktereigenschaften: Wetteifer, Streitlust, Stolz, Prahlerei usw. sind Hindernisse für den Studierenden, wie die Überlieferungen besagen. Wer wahrhaftig

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

lernen will, der sollte sich von solchen negativen Haltungen befreien. Damit setzt sich Gh aufgrund der islamischen Übelieferungen Maßstäbe für den Erwerb der Wissenschaften. Man sollte sich anstrengen, diesem Ideal nahezukommen. Gh erwähnt diese Überlieferung in seinem Werk: ih. (Wiederbelebung …), s. Bd. 1, S. 52. Dort fängt sie mit dem Verneinungsartikel an: „la¯ ta2alla˙ 3l-2ilm li-tuba¯hu¯ bihi 3l-2ulama¯3 …“, das heißt: „Lernt nicht das Wissen, um sich mit den Gelehrmu ten zu rühmen …“. 264 „Gott wird diejenigen von euch um Stufen erhöhen, …“ Sure 58, Vers P u. H 12. P: „hoch aufsteigen“, H: „erhöhen“ für „yarfa2u“. Damit ist die Belohnung im Jenseits gemeint. Der Wissenschaftler, al-2a¯lim, genießt diese hohe Stellung, insofern er ein Vorbild für andere sein soll. Denn er versteht von den göttlichen Geboten und Verboten mehr als andere. Wie hoch seine Belohnung ist, so hoch ist auch seine Bestrafung für begangene Sünden, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 29, S. 270. 265 „sie (die Menschen) stehen in verschiedenem Rang bei Gott.“ Sure 3, Vers P 163, H 157. Die Menschen unterscheiden sich ihrem Wesen und ihren Chraktereigenschaften nach, die einen sind klug, die anderen nicht, manche sind fleißig, manche nicht usw. Ebenso unterscheiden sie sich voneinander hinsichtlich ihrer Stellung zu Gott und zum Jenseits. Die einen haben einen festen Glauben, die anderen weniger usw. So wird jeder nach dem Grade seiner Überzeugung eingestuft, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 9, S. 75, mit Belegen aus der islamischen Tradition. 266 „Wenn einer das Gewicht eines Stäubchens …“ Sure 99, Vers P u. H 7. Die Verallgemeinerung durch den Gebrauch des unbestimmten Relativpronomens „man“ ist ein Grund zu fragen, ob die guten Taten der Ungläubigen für diese sprechen würden. Die Meinungen darüber können im folgenden zusammengefaßt werden: 1. Auch die Ungläubigen werden für ihre guten Taten belohnt. 2. Sie werden lediglich im Diesseits dafür belohnt, im Jenseits werden sie aber wegen ihres Unglaubens bestraft. 3. Die guten Taten der Ungläubigen werden zurückgewiesen, und sie werden für ihre schlechten Taten bestraft. 4. Die guten Taten der Ungläubigen wirken darauf, daß sie wegen ihres Unglauben weniger bestraft werden, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 32, S. 61. 267 „Wahrlich ich bin für euch das, was der Vater …“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsamlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. VII, S. 317; s. f. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 114, Nr. : 313; ih. (Wiederbelebung …) 1, S. 49. 268 „Die Gläubigen sind˙ doch Brüder …“ Sure 49, Vers P u. H 10. Die Pluralform: ihwa wird normalerweise für die leiblichen Brüder verwendet, ihwa¯n aber für die Freunde. Beide˘ sind die Pluralform von „3ah“. So wird die Pluralform: „ihwa“ ˘für Freunde verwendet, als ob die Freunde auf ˘ ˘ dem Wege des Erwerbs der Wissenschaften leibliche Brüder wären. Diese enge Beziehung bleibt, solange sie mit Hilfe der Wissenschaft keinen Reichtum und keine Führungsstellen anstreben, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 28, S. 129; s. f. D 363. 269 „Die Freunde sind an jenem Tag (des Gerichts) einander feind …“ Sure 43, Vers P u. H 67. Die Freundschaft im Diesseits wird zu Feindschaft im Jenseits, wenn die Freundschaft zwecks Verübung von Sünden geschlossen wird. Jeder wird sich von seinem Freund lossagen. Hingegen bleibt die Freundschaft über den Tod hinaus bis zum Jüngsten Tag bestehen, wenn sie zu guten Zwecken geknüpft wird. Die Freundschaft der Gottesfürchtigen ist die ewige, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 27, S. 224; at-Tabarı¯, Bd. 25, S. 94. Gh meint, daß die Freunde auf dem Wege des Wissenserwerbs ˙ Jüngsten Tag werden, wenn sie den Zweck ihres Erwerbs in Herrschaftssucht ˙ am zu Feinden auch und andere materielle Zwecke umwandeln würden. Sie fallen dann unter den erwähnten Vers. 270 „Sag: ‚Ich verlange von euch keinen Lohn hierfür …‘“ Sure 6, Vers P u. H 90. Der Prophet Muhammad strebt bei der Vermittlung seiner Botschaft weder nach Reichtum noch nach Herr˙ oder Ansehen. Der Lehrer sollte die Propheten nachahmen und keinen Reichtum als schaft Hauptziel bei seiner Tätigkeit anstreben, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 13, S. 69 ff. s. f. at-Taba˙ ˙ rı¯, Korankommentar, Bd. 7, S. 266; s. f. Anm. 243. 271 „Wenn man den Menschen verbieten würde …“ ist eine Überlieferung, deren Quelle Gh selbst ist, insofern sie nicht in den Großsammlungen nach Wensinck erwähnt wird, s. Concordance …, T. I, S. 199 f.; T. V, S. 40; VII, S. 13. Sie wird in seinem Werk ih. (Wiederbelebung …), Bd. 1, S. 50, mit dem Hinweis erwähnt, daß es keine Quelle für eine solche˙ Überlieferung gibt.

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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„Uns, der Schar der Propheten …“ ist eine Überlieferung, deren Quelle wiederum Gh selbst ist. Sie wird nicht in den Großsammlungen erwähnt, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 98 ff., VI, S. 336, 412 ff.; s. ih. (Wiederbelebung …), Bd. 1, S. 51 mit Quellenangaben. ˙ mit den Menschen in einer Weise, …“ ist ebenso wie die vorangegangene; sie 273 „Keiner spricht wird nicht in den Großsammlungen erwähnt. Gh selbt gilt als deren Quelle, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 23 f., 435 f. Allerdings erwähnt Gh eine Überlieferung, dessen Inhalt lautet: „Sprecht mit den Leuten über das, was in ihrem Wissensbereich liegt. Wollt ihr sonst, daß Gott und seine Gesandte für Lügner erklärt werden!“, s. ih. (Wiederbelebung …), Bd. 1, S. 22 mit Hin˙ weis auf al-Buha¯rı¯. ˘ den Menschen …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck bei al-Buha¯rı¯ vor274 „Sprecht mit ˘ handen ist, s. Concordance …, T. I, S. 434; s. f. ih. (Wiederbelebung …), Bd. 1, S. 22 f. ebenso mit ˙ dem Hinweis auf al-Buha¯rı¯. ˘ 275 „Und hätte Alla¯h Gutes in ihnen gekannt …“ Sure 8, Vers P u. H 23. Das heißt, daß Gott ihnen nichts Gutes hören läßt, weil er wußte, daß sie nicht darauf reagieren und gläubig werden. Wenn er ihnen trotzdem Beweisführungen und Zeichen seiner Existenz und Allmacht zukommen lassen würde, so hätten sie daraus keinen Nutzen gezogen, und sie hätten die Existenz Gottes abgeleugnet. Sie verharren fest in ihrem Unglauben. Dies ergibt sich als Folge des Bedingungssatzes, welcher hier mit „lau“ eingeleitet wird, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 15, S. 144 f. 276 „Wer ein nützliches Wissen vorenthält …“ ist eine Überlieferung, die Gh auch in seinem ih. ˙ (Wiederbelebung …) erwähnt, s. Bd. 1, S. 10 mit Quellenangaben. 277 „Und gebt nicht euer Geld, …“ Sure 4, Vers P 5, H 4. Mit der Anrede sind Eltern und Vormunde gemeint, die daran gehalten werden, das Vermögen ihren unmündigen Kindern oder törichten Personen auszuhändigen. 2. Die Törichten, sufaha¯3, sind Kinder und Frauen gemeint, die nicht in der Lage sind, selbst ihr Vermögen zu verwalten. 3. Nach einer Meinung umfaßt der Begriff: safı¯h, töricht, alle Personen, die solche Eigenschaft haben. Leichtsinn, hiffat al-2aql, ist ˘ eine Eigenschaft in Bezug auf den Umgang mit dem Geld. Dies kann auch erwachsene Leute betreffen. Es ist unter den islamischen Juristen umstritten, ob in diesem Fall ein juristisches Verfahren eingeleitet werden sollte. Die Sˇafi2itische Schule ist der Meinung, daß ein juristisches Verfahren gegen Personen eingeleitet werde sollte, die mit Geld leichtsinnig umgehen. Sie berufen sich auf diesen Vers. Die Hanafı¯tische Schule lehnt diese Meinung ab, insofern als Leichtsinn keine ˙ Krankheit ist, die den Menschen in seinem Wesen trifft, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 9, S. 186 ff. 278 „Und prüft die Waisen (…)! …“ Sure 4, Vers P 6, H 5. Zwei Bedingungen für die Abgabe des Vermögens an die Waisen: 1. das Erreichen des Heiratsalters. 2. die Fähigkeit dazu, mit dem Geld vernünftig umzugehen. Die Hanafı¯ten sind der Meinung, daß die Handlungen der vernünftigen, aber noch nicht volljährigen ˙Waise richtig sind, wenn sie nach Anweisung seines Vormundes zustande gebracht werden. Der Vers ist ein Beleg für ihre Meinung. Die Sˇafi2ı¯ten lehnen diese Meinung ab, und meinen dazu, daß mit der Prüfung, ihtiba¯r, nicht die Handlungen selbst, sondern der ˘ Verstand gemeint ist. Mit „Prüfung“ ist gemeint, daß man die Waisen nicht überlisten kann. Dies kann nicht vor dem Erreichen des Heiratsalters zustande kommen. Gh verwendet diese Texte im Zusammenhang des Lernens. Vor dem Erreichen der Mündigkeit darf der Lehrer seinen Schüler beim Lernen nicht zu den schwierigen Fragen überführen, die für den Schüler unbegreiflich bleiben, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 9, S. 187 ff. 279 „Denn wer den Toren Wissen schenkt, …“ ist ein Gedicht, dessen Dichter nicht in den Indices erwähnt wird, s. 2Abdel-Sala¯m Ha¯ru¯n, Lexikon …, Bd. 1, S. 325 ff.; A. Fischer u. K., Indices …, S. 220 ff. Gh erwähnt es in seiner Nische der Licher, s. A 40. 280 „Und (…) als Gott die Verpflichtung derer, die die Schrift erhalten haben, entgegennahm …“ Sure 3, Vers P 187, H 184. Mit den Leuten, die die Schrift erhalten haben, sind Juden und Christen gemeint. ar-Ra¯sı¯ meint, daß Gott durch Moses und Jesus die Völker verpflichtet hat, den Inhalt ihrer Schriften zu erklären, worin auch die Verheißung Muhammad als Propheten vorkommt, und ˙ die ebenso eine Schrift erhalten hadanach zu leben. 2. Es könnten auch Muslime gemeint sein, ben, nämlich den Koran. Sie sind auch dazu verpflichtet. Die Verpflichtung bezieht sich dann auf

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

alle Schriftbesitzer, die gehalten sind, den Inhalt ihrer Schrift den Menschen deutlich und klar mitzuteilen. Belege dazu erwähnt ar-Ra¯sı¯ aus der islamischen Geschichte am Beispiel der Auseinandersetzung zwischen al-Hasan ibn-2Alı¯ (s. Anm. 176) und al-Hagˇgˇa¯gˇ (40–95 n. H./ 660–714 ˙ n. Chr.), dem Herrscher von˙Iraq. Im Laufe dieser Auseinandersetzung warf jener dem Herrscher Heuchelei vor. Als al-Hagˇgˇa¯gˇ al-Hasan zur Rechenschaft ziehen wollte, beruft sich dieser auf ˙ ˙ diesen Vers, s. ar-Ra¯sı¯ Korankommentar, Bd. 9, S. 130 f. 281 „In eine große Schande du gerietest, …“ ist ein Gedicht, dessen Dichter u. a. Abu-3l-Aswad ad-Du3alı¯ (1 v. H.–69 n. H./ 605–688 n. Chr.). Er ist auch einer der Gründer der arabischen Grammatik als Wissenschaft und wird zu den Universalgelehrten, u. a. auf dem Gebiete des isl. Rechts gezählt. Er war Dichter und Fürst. Der Kalif 2Alı¯ ernannte ihn als Herrscher von al-Basra. Er ist ˙ ˇ ama¯l ad-Dı¯n ibn-Hisˇa¯m, sˇudu¯r ad-dahab … (Goldparder erste, der den Koran punktiert hat, s. G ¯ tikel in der arab. Grammatik), S. 238 Fußnote, s. f. az-Zarkalı¯, al-a2la¯m …¯ (Die¯ Biographien), Bd. 3, S. 340. 282 „Wollt ihr den Leuten gebieten, …“ Sure 2, Vers P 44, H 41. Der Vers tadelt das Verhalten von Leuten, die andere zur Ausübung von guten Handlungen auffordern, sich selbst aber nicht danach richten. Die Frömmigkeit, al-birr, umfaßt alle guten Taten, seien sie religiöse Gebote oder rational-ethisch begründet, wie etwa die Treue, die Einhaltung eines Versprechens usw. Es ist abscheulich, wenn man sich weder an religiöse noch an ethische Gebote hält, andere aber tadelt, wenn sie sich nicht danach richten. Es ist umstritten, ob ein solcher Mensch, der widerspruchsvoll lebt, berechtigt ist, solche Forderung überhaupt zu stellen, insofern der Koran darüber sagt, indem er solches Verhalten verurteilt: „Bei Gott erregt es großen Abscheu, daß ihr sagt, was ihr nicht tut.“, s. Sure 61, P u. H 3. Auch viele Überlieferungen sprechen gegen ein solches Verhalten, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 3, S. 45 ff. 283 „Wer eine schlechte Tat begeht, …“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. II, S. 552; s. f. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 4, S. 357 ˙ usw. 284 In diesem Kapitel geht Gh auf den ethischen Wert des Gebrauchs von Geld sowohl in individueller als auch in gesellschaftlicher Hinsicht ein. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Hinweis von Gh darauf, daß man das Ziel von der Anhäufung des Geldes und dessen Anwendung genau erfassen soll, s. D 374. An mehreren Stellen dieses Kapitels warnt Gh davor, die Anhäufung von Reichtümern als das Hauptziel des Lebens zu betrachten und sich diesbezüglich zu widmen. Darin liegt das Unglück des Menschen, wenn man dies tut. Auch im Hinblick auf das Jenseits ist es ein Unglück, wenn man die legitimen Geldquellen im Diesseits mißachtet und das Jenseitige Ziel des Gebrauchs des Geldes nicht beachtet. Die Belege aus dem Koran und der islamischen Tradition verdeutlichen die Ansicht von Gh, auf die hier weiter eingegangen wird. Dabei kann man auch die Grundgedanken über die ethische Bedeutung dieses Themas im Islam und besonders im islamischen Mittelalter erfahren. 285 „Euer Vermögen und eure Kinder sind euch eine Versuchung (fitna) …“ Sure 64, Vers P u. H 15. Kinder und Vermögen sind deshalb eine Versuchung, fitna, insofern man ihretwegen sündigen kann. Wenn man diesen Zustand erreicht, dann sind sie sogar ein Fluch für den Menschen. In dem vorangegangenen Vers warnt der Koran davor, daß Ehefrauen und Kinder für den Menschen zu Feinden werden können, vor denen man sich in Acht nehmen soll, besonders wenn sie zu Freveltaten anstacheln, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 30, Vers 26 f.; an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 263. 286 „(dann wird er ) euch reichlich mit Vermögen und Söhnen versorgen …“ Sure 71, Vers P 12, H 11. Die Liebe zu Kindern und zum Reichtum ist instinktiv im Menschen vorhanden. Sie gehört zu seiner Natur. Ursprünglich beschreiben diese Verse das Verhältnis des Volkes von Nu¯h, Noah ˙ und zum Glauben, welches den Glauben an Gott und das Jenseits ablehnt. Dürre, Kinderlosigkeit viele andere Unglücksarten sind als Strafe die Folgen. Es flüchtet zu Noah, der es zur Rückkehr zum Glauben auffordert. Das materielle Leben beschert dem Ungläubigen kein Glück, sondern vielmehr Unglück. Die Rückkehr zum Glauben bringt ihm sowohl materielles als auch geistiges Vermögen, wie dieser Vers besagt, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 295.

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers 287

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„Welch vortrefflicher Reichtum …“ s. Anm. 147. „Ihr Gläubigen! Laßt euch nicht durch euer Vermögen und eure Kinder davon abbringen, …“ Sure 63, Vers P u. H 9. Die Anrede richtet sich: 1. An die Heuschler, die mit der Zunge das Glaubensbekenntnis aussprechen, jedoch im praktischen Verhalten im Widerspruch dazu stehen. 2. Oder sie richtet sich an die Muslime, die die Forderungen des Islam in ihrem Leben mißachten. Beide Gruppen gehören zu den Verlorenen, weil sie sich lediglich mit materiellen Zielen des diesseitigen Lebens, mit ihren Kindern und ihrem Vermögen intensiv beschäftigen. Oder sie gehören deshalb zu den Verlorenen, weil sie den Monotheismus und die Auferstehung ablehnen. Sie tauschen die hohen geistigen und ewigen Ziele gegen die niedrigen (materiellen) und vergänglichen ein, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 30, S. 18. 289 „O daß ich doch Staub wäre!“ Sure 78, Vers P 40, H 41. 290 „Was habe ich von meinem Vermögen …“ Sure 69, Vers P u. H 28. 291 „Wie sehr bedaure Ich …“ Sure 39, Vers P 56, H 57. 292 „Mein Herr … wende mich …“ Sure 14, Vers P 35, H 38. Abra¯ha¯m (Ibra¯hı¯m) bat Gott unter anderem darum, Mekka und seine Einwohner gegen feindliche Angriffe sowie gegen wilde Tiere zu schützen. 2. Er bat ferner Gott darum, sich und seine Nachkommen gegen den Verfall in den Glauben an die Vielgötterei (Polytheismus) zu schützen. 3. Auch vor dem Verfall in den inneren Götzendienst, das ist die Verstrickung in die materiellen Verhältnisse des Diesseits, bat er Gott darum, sie zu bewahren. Die Sunı¯ten folgern aus Abra¯ha¯ms Gebet, daß Gott der Urheber von Glaube und Unglaube ist. Die Mu2tazilı¯ten sehen darin keinen Beleg, und meinen dazu, daß Gott lediglich dem Menschen dabei hilft, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 19, S. 131 ff. mit Fortsetzung des Gebetes von Abra¯ha¯m. Hierin betreibt Gh eine eigene Interpetation. 293 „Unglückselig ist der Sklave der Dirhams …“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. II, S. 124; s. f. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 2, S. 1386, Nr. : 4136. 294 Wehe jedem Stichler …“ Sure 104, Vers P u. H 3. Der Fluch richtet sich gegen denjenigen, der Gelder anhäuft, und sie aufzählt mit dem Glauben, dies könnte ihn ewig machen, und ihn vor dem Tod schützen. Er ist deswegen verflucht, weil er in seinen Reichtum verliebt ist, so daß er alles andere vergißt und sich gegenüber anderen Menschen überheblich verhält. Ein solcher Mensch ist in Wirklichkeit tot, auch wenn er noch lebt. Diese Beschreibung entspricht der folgenden Überlieferung, welche lautet: „Die Schatzmeister sind gestorben, obwohl sie noch am Leben sind, Die Gelehrten aber bleiben ewig.“, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 32, S. 93. „Der Reichtum hat niemanden verewigt.“, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 376. 295 „Derjenige, der in seinem Haus sicher lebt, …“ ist eine Überlieferung, die in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 106; s. f. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 2, S. 1387, Nr. 4141. Gh verweist auf das, was notwendigt ist, um ein sicheres und ehrenhaftes Leben zu verbringen. Was darüberhinaus liegt, dem steht der Vernünftige gleichgültig gegenüber. 296 „Götzendiener“ aus Vers P 60, H 65, Sure 5. P: „Götzendiener“, H: „Tha ¯ g˙u¯t“ für „ta¯g˙u¯t“. ˙ Sprachlich bedeutet der Begriff alles, was außer Gott verehrt wird. 2. Die Verehrung von˙ Wahrsagen und Satanen. 3. Die Verehrung bestimmter Personen bei den arabischen Heiden, wie Huyayi 3bn-Ahtal. 4. Götzendienst, s. ibn-Manz˙ u¯r, lisa¯n …, Bd. 15, S. 9, mit Belegen aus dem Ko˘ ˙ Tradition. an-Nasafı¯ versteht ˙unter dem Begriff „ta¯g˙u¯t“ das Kalb, das von den ˙ und der isl. ran ˙ Gh ˙ folgt in diesem ZusamJuden verehrt wird, oder den Satan, s. Korankommentar, Bd. 1, S. 290. menhang seiner eigenen Interpretation, insofern er den Begriff auf die Versunkenheit in den materiellen Genuß dieser Welt ausdehnt. So übt man in der Tat einen „Dienst“ statt eines „Gottesdienstes“ aus. Dies ist auch der Fall in bezug auf die nächste Stelle. 297 „die schlimmsten Tiere“ aus Vers P u. H 22, Sure 8. Sie werden so beschrieben, weil sie dem Ruf des Verstandes nicht folgen. Die Analogie zwischen Mensch und Tier besteht in diesem Zusammenhang darin, daß beide sehen und hören, aber nicht begreifen, was Gott in die Schöpfung hineingelegt hat. Die Menschen, die so sind, sind noch schlimmer als die Tiere, insofern sie den Verstand zwar besitzen, aber keinen Gebrauch davon machen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 15, S. 144; an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 2, S. 99. 288

304 298

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

„… und ihr Menschen seid drei Gattungen …“ Sure 56, P u. H 7 ff. Das sind die Stellungen der Menschen am Jüngsten Tag. Zwei Gruppen gehören zu dem Paradies und eine zur Hölle. Dies betrifft nicht nur die Muslime, sondern auch die vorangegangenen Völker. Diese Aufteilung ist rational-religiös begründet. Denn der Mensch wird von zwei Kräften beherrscht: dem Wissen, al-2ilm, und der Neigung, al-hawa¯· Wenn die Neigung die Oberhand gewinnt, dann wird das Wissen wirkungslos, das heißt, der Mensch handelt nicht gemäß seinem Wissen. Wenn das Wissen ihn beherrscht, dann ist er von Gott rechtgeleitet. Seine Stellung im Jenseits richtet sich nach dem Grade seines praktischen Wissens und wie er sich diesem entsprechend verhält. Die dritte Gruppe umfaßt einen, der überhaupt der Neigung keine Gelegenheit gibt, das Wissen zu beeinträchtigen. Er ist der Beste unter allen, s. at-Tabarı¯ Korankommentar, Bd. 27, S. 169 f.; ar-Ra¯sı¯, Korankom˙ sich völlig der Neigung hingibt, s. Bd. 29, S. 143 f. mentar. 4. Verloren ist derjenige, ˙der 299 „Ich habe die G ˇ inn (…) und die Menschen nur geschaffen, …“ Sure 51, Vers P u. H 56. „mir dienen“ heißt: 1. Mich verehren und mit meinen Geschöpfen gütig umgehen. 2. Damit sie mich erkennen. 3. Damit sie meine Einzigartigkeit bezeugen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 28, S. 233 f.; s. f. an-Nasafı¯ Korankommentar, Bd. 4, S. 188 f. 300 „Alle Menschen sind Kinder Gottes …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck lediglich bei Muslim in seiner Sammlung vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance, T. IV, S. 437. 301 „Trachte mit dem, was Gott dir (…) gegeben hat, …“ Sure 28, Vers P u. H 77. Aus den Korankommentaren geht hervor: 1. Im Diesseits soll man sich für das Jenseits vorbereiten. 2. Denn man findet im Jenseis das Ergebnis seiner Tätigkeit im Diesseits. 3. Beim Trachten nach dem Jenseits darf man seinen Anteil am Diesseits nicht vergessen, das heißt, daß man es nicht unterläßt, seinem Lebensunterhalt nachzugehen und dabei das Verbotene meidet. 4. Der Reichtum soll gut verwaltet werden, ohne Selbstgefälligkeit und Hybris, s. at-Tabarı¯, Korankommentar, Bd. 20, S. 112 f. ˙ Armen spenden, Verbindungen zu deian-Nasafı¯: Du sollst von deinem Anteil am Diesseits ˙den nen Verwandten pflegen und die sonstigen guten Handlungen verrichten, s. Korankommentar, Bd. 3, S. 245. 302 „Wer sich um seinen Lebensunterhalt (…) bemüht“ ist eine Überlieferung, die nicht in den Großsammlungen erwähnt wird. Gh gilt dann als deren Quelle. Wensinck erwähnt aber eine andere Überlieferung, wo die Versorgung einer Witve oder eines Bedürftigen dem heiligen Kampf „gˇiha¯d“ gleichkommt, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 389 mit Quellenangabe. 303 ˙ a¯fil oder ibn-Habı¯b alibn-Mas2u¯d. Das ist Abu¯-2Abd-ar-Rahma¯n 2Abdalla¯h ibn-Mas2u¯d ibn-G ˙ großen Hudailı¯, geboren in Mekka, gestorben in˙ Medina im Jahre 32 n. H./ 653 n. Chr., einer der ¯ Genossen des Propheten Muhammad und dessen Begleiter auf Reisen und bei Kämpfen. Der Prophet erlaubt ihm, jederzeit˙ bei ihm aufzutreten und ihn anzusprechen. Er ist sein Vertrauter und Entscheidungsträger, Wächter seines Gemachs, Träger seines siwa¯k (Zahnbürste), seiner Sandale und seines Stocks auf Reisen. Zur Zeit des Kalifen 2Umar und in den Anfängen der Herrschaft von 2Utma¯n war er Richter und Verwalter der Einkünfte von al-Ku¯fa. Dann kehrte er nach ¯ wo er sechzigjährig starb. In den Großsammlungen von al-Buha¯rı¯ und Muslim Medina zurück, wurden von ihm 848 Überlieferungen von dem Propheten Muhammad erwähnt.˘ Er ist der erste, ˙ Barmherzige (Sure 55). Dafür der den Koran öffentlich las. Er las aus der Sure ar-Rahma¯n, der ˙ wurde er von den Mekkanern mißhandelt, s. ibn-Katı¯r, al-bida¯ya … (Vom Anfang und Ende der ¯ fi 3t-ta¯rı¯h (Das Systematische in der Geˇ auzı¯, al-muntazam Geschichte), Bd. 7, S. 162 f. ibn-al-G ˘ Islam, S. 187 f. ˙ schichte), Bd. 5, S. 29 ff.; Wensinck: ders., in: Handwörterbuch des 304 „Wahrhaftig wird der Gläubige für jede gute Handlung, …, belohnt.“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. VI, S. 137; s. f. A. ibn-Hanbal, Sammlung, Bd. 1, S. 172 f. u. a. ˙ 305 „(Laßt euch gesagt sein …) …“ Sure 57, Vers P u. H 23. Die Sunnı¯ten sind der Meinung, daß alles, was geschieht, muß geschehen, und alles, was nicht geschieht, muß nicht stattfinden. Als Beleg verweisen sie auf diesen Vers. Sie verweisen ferner auf das Allwissen und die Allmacht Gottes. Er ist allwissend und allmächtig. Wenn es sich nicht so verhält, dann hat sein Allwissen und seine Allmacht keinerlei Bezug, beziehungsweise keinerlei Auswirkung. Die Mu2tazilı¯ten verstehen den Vers als Beleg für ihre Auffassung, daß der Mensch frei und handlungsfähig, mutamak-

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

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kin muhta¯r, ist, insofern die Handlungen, die bei Gott aufbewahrt sind, keinen Anlaß für Freude ˘ oder Trauer bieten. Wenn die Menschen nicht in der Lage sind, selbst diese Handlungen auszuüben, dann hätte das Verbot der Freude und der Trauer keinen Sinn. Freude und Trauer sind in dem Sinne verboten, wenn sie zur Hybris oder Selbstvernichtung führen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 29, S. 238 f.; s. f. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 228. 306 „Hätte Trauer darüber einen Sinn, …“ ist Teil eines Gedichts, das nicht in den Indices erwähnt wird, s. 2A. Ha¯ru¯n, mu2gˇam … (Indices …), Bd. 1. S. 208 ff.; Fischer u. K., Indices …, S. 145 ff. 307 „Es widerstreben dem Menschen die Zeiten, …“ ist ein Gedicht, das ebenso wie das Vorangegangene nicht in den Indices erwähnt wird, s.2Abdel-Sala¯m Ha¯ru¯n, mu2gˇam … (Indices …), Bd. 1, S. 413; Fischer u. K., Indices …, S. 214 f. 308 „Kein Unglück trifft ein, weder (…) auf der Erde, noch bei euch selber, …“ Sure 57, Vers P u. H 22. Mit „Unglück“ auf der Erde ist Dürre, Hungersnöte u. ä. gemeint. Mit „Unglück bei euch selber“ ist gemeint: Krankheiten, Armut, Verlust der eigenen Kinder u. ä. Alle Ereignisse sind auf der aufbewahrten Tafel aufgeschrieben. Der Vers verweist auf das Allwissen Gottes, das alles umfaßt, auch solche Ereignisse, die noch nicht stattgefunden haben, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 29, S. 236 ff.; an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 228; s. f. die aufbewahrte Tafel, in: Nische der Lichter, A 71, Anm 126, S. 80 f., mit Quellenangabe. 309 „Nichts Gutes bringt dir das Schicksal, …“ ist ein Gedicht, das nicht in den Indices erwähnt wird, s. 2A. Ha¯ru¯n, Indices …, S. 395 ff.; Ficher, Indices …, S. 262 ff. Ich danke Frau Gieseke für ihre Hilfe bei der gereimten Übersetzung des erwähnten Gedichts und der Verse von at-a2a¯libı¯. 310 Abu ¯ -Mansu¯r at-Ta2a¯libı¯, das ist 2Abdel-Malik ibn-Muhammad ibn-Isma¯2ı¯l, geb. ¯in Nı¯sa¯bu¯r und ˙ Sein Vater hat den Beruf eines Fachlebt zwischen˙ 350 ˙n.¯H./ 961 n. Chr. – 429 n. H./ 1038 n. Chr. mannes für Fuchsfällen, eines Schneiders und Händlers ausgeübt. Daher der Name at-Ta2a¯libı¯ (v. ¯ ¯ ausübte, ta2lab, Fuchs), das heißt derjenige, der mit Füchsen zu tun hat. Ob er selbst diesen Beruf ˙ umstritten. Zu den Herrschern seiner Zeit knüpft er Kontakte, die sich auf seinen Beruf als ist Literat, Philologe und Schriftsteller niederschlagen. Seine Beziehung zu dem Fürsten von Tabariˇ ı¯lı¯ (ges. 403 n. H./1012 n. Chr.) war Motivation dafür, daß er sein Werk al-mubhigˇ, stan Qa¯bu¯s al-G das Erfreuliche, geschrieben hat. Es ist ein Werk, in dem der Autor literarische Kuriositäten und Witze zusammenstellt. Sein Werk: fiqh al-lug˙a, Philologie der arabischen Sprache, wird auf Empfehlung von Abu-3l-Fadl 2Ubaidalla¯h al-Mı¯ka¯lı¯, einer vornehmen Persönlichkeit aus Nı¯sa¯bu¯r, ge˙ schrieben, s. Disere Saqqal: Einleitung zu seinem Werk: fiqh al-lug˙a (Philologie …), arab., Bairut: da¯r al-fikr al-2arabı¯ 1999, mit Auflistung seiner Werke. Trotz seiner fruchbaren Tätigkeit auf den Gebieten der Philologie und der Literatur beurteilt Brockelmann diese Tätigkeit als eine entartete Wissenschaft der Kompilation aus Büchern und Texten, s. Carl Brockelmann, Geschichte der arab. Literatur, Bd. 1, S. 337 ff. mit Quellenangabe; s. f. Supplement, Bd. 1, S. 499 ff.; über al-Mı¯ka¯lı¯, s. az-Zarkalı¯, al-a2la¯m … (Die Biographien …), Bd. 4, S. 344. Es ist ganz gewiß ein hartes Urteil von Brockelmann, insofern sein erwähntes Werk über die Philologie der arab. Sprache, das im elften Jahrhundert verfaßt wird, vom Sprachtalent von at–Ta2a¯libı¯ überzeugt. Dies zeigt sich in der Aus¯ ¯für deren Synonyme und ihre Etymologie. Es wahl der Begriffe und den Erklärungen und Belegen ist ein Werk, wie sich in den europäischen Sprachen kaum Ähnliches findet. 311 „Gedenkt häufig des Bezwingers der Genüsse …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren Großsammlungen vorhanden ist, s. Wensinck, Concordance …, T. VI, z. B. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, B. 2, S. 1422, Nr. 4258. 312 „Wir gehören Gott, …“ Teil des Verses bei P u. H 156 aus Sure 2. 1. Der wichtigste Inhalt dieses Verses ist die Hingabe an Gott sowie die innere Zustimmung zu seinen Beschlüssen, besonders bei Unglücksfällen wie bei dem Tod. Solche Menschen, die sich den göttlichen Beschlüssen hingeben, wird Barmherzigkeit versprochen. 2. „Asket sein“ bedeutet, daß man nicht in dieser Welt bleiben möchte, sondern bereit ist, sie jederzeit zu verlassen. 3. Der Gläubige darf nicht in der Art trauern, daß er sich selbst vernichten könnte. Denn für jedes Unglück erhält er eine Belohnung im Jenseits, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 154 ff. Gh kritisiert dabei das Verhalten mancher Menschen, die diese Hingabe ledidglich mit der Zunge bejahen, während ihr Verhalten das genaue Gegenteil ist. 313 Ha ¯ rita, das könnte al-Ha¯rit ibn-Naufal (ges. 35 n. H./ 655 n. Chr.) sein. Er ist ein Genosse des ˙ ¯ ˙ ¯

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

Propheten und leistet für ihn gewisse Arbeiten in Mekka, die nicht näher bestimmt sind. Er wird von dem Propheten über das Totengebet belehrt. Zur Zeit des Kalifen 2Utma¯n (47 v. H.–35 n. H./ ¯ ¯b at-tabaqa¯t al-kabı¯r 577–656 n. Chr.) ging er nach Basra, wo er starb, s. ibn-Sa2d, Muhammad, kita ˙ ˙ von Julius Lippert, ˙˙ (Die großen Klassen der Genossen des Propheten), arab., hrsg. Bd. 4, T. 1, S. 38; s. f. az-Zarkalı¯, al-a2la¯m (Die Biographien …), Bd. 2, S. 161. 314 „Wer die Begegnung mit Gott begehrt, …“ ist eine Überlieferung, die sich in mehreren Großsammlungen befindet, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 406; s. f. z. B. ibn-Hanbal, Sammlung, ˙ Bd. 3, S. 107. 315 „wie die Ungläubigen es aufgegeben haben, …“ Sure 60, Vers P u. H 13. 1. Die Bedeutung dieser Analogie besteht darin, daß diejenigen, die den Glauben an die Auferstehung aufgegeben haben, keine Hoffnung mehr auf Gottes Belohnung und Barmherzigkeit setzen. Ähnlich dazu ist die Hoffnungslosigkeit der Ungläubigen, die daran zweifeln, daß sie den toten Angehörigen begegnen. Denn die Rückkehr der Toten ist ausgeschlossen, s. an-Nasafı¯, Korankommentar, Bd. 4, S. 250 f. 2. Nach einer anderen Meinung bezieht sich der Vers auf die Ungläubigen, die die Anzeichen der Prophetie Muhammads erkennen, jedoch lehnen sie ihn ab. Die Hoffnungslosigkeit dieser Leute, die nicht auf˙ Gottes Gnade rechnen, ähnelt dem Fehlen aller Hoffnung, die Toten je wiederzusehen. In den beiden Fällen gilt es als unmöglich, das Ziel zu erreichen, s. at-Tabarı¯, ˙ ˙ Korankommentar, Bd. 28, S. 309. 316 „Und wenn einer hier (…) blind ist, …“ Sure 17, Vers P 72, H 74. 1. Mit Blindheit ist die des Herzens gemeint. 2. Die Blindheit bezieht sich auf die Erfahrung der Weisheit Gottes in der Schöpfung. 3. Wenn der Mensch diese Weisheit im Diesseits nicht erfährt, dann ist er in bezug auf das Jenseits um so blinder. 4. Die Blindheit entsteht durch die intensive Beschäftigung mit dem Diesseits. Diese Art von (geistiger) Blindheit gilt als Strafe für solche Menschen, die sich nicht rechtleiten lassen, s. ar-Ra¯sı¯, Korankommentar, Bd. 21, S. 18 f. 317 „Lob sei Gott, der bewirkt hat, …“ Sure 35, Vers P 34, H 31. Die Traurigkeit, die die Gläubigen am Jüngsten Tag heimsuchen könnte, bezieht sich auf die Angst vor der Hölle. 2. Die Angst vor dem Tod, wie dies aus dem Text von Gh entnommen wird. 3. Die Traurigkeit könnte durch das Nachdenken über die Anstrengung und die Mühe entstehen, die man in diesem Diesseits unternehmen müßte. 4. Die Traurigkeit entsteht, wenn man Unrecht tut. Die Einwohner des Paradieses sind von all diesem frei, weil Gott solche Kümmernisse von ihnen fernhält, s. at-Tabarı¯, Koran˙ ˙über den Tod: kommentar, Bd. 22, S. 138 ff. Wie man sieht, entwickelt Gh seine eigenen Gedanken 1. Der Tod kann jederzeit unabhängig von Alter und Gesundheitszustand eintreten. 2. Der Tod soll als Befreiung von den materiellen Fesseln dieser Welt verstanden werden. Traurigkeit steht deswegen im Widerspruch zur Vernunft. 3. Auf die Stellung des Menschen zum Tod ist Gh eingegangen. Wichtig dabei ist seine Meinung, der Mensch soll sich mit den wahrhaftigen Wissenschaften beschäftigen, welche die Lage des Menschen nach dem Tode enthüllen. Dieses Wissen entsteht durch die Suche nach der Wahrheit der Seele und ihrer Wesenheit etc., s. D 359; s. f. Einleitung, S. LXVIff. 318 „Mein Sklave hört nicht auf, …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck lediglich von alBucha¯rı¯ erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 406; s. f. al-Bucha¯rı¯, Sammlung, Bd. 7, S. 190. 319 „(…) wie aufgeschreckte (Wild-) esel, …“ Sure 74, Vers P 50, H 51. Die Analogie zwischen den Heiden und den Wildeseln besteht darin, daß beide Gruppen vor der Begegnung mit der Wirklichkeit fliehen wollen, die einen vor der klaren Wirklichkeit der göttlichen Existenz, die anderen vor den wilden Löwen oder den Jägern. Die Gemeinsamkeit bei beiden besteht in der Macht des Beweises oder der Verfolgung. Der Beweis hat auch diese Macht, insofern er den Menschen entweder bis zur Überzeugung oder zur völligen Ablehnung verfolgt, s. at-Tabarı¯, Ko˙ ˙ man aus rankommentar, Bd. 29, S. 168 f. Gh betreibt fernerhin eine eigene Interpretation, wie dem Text entnimmt. 320 „Vielleicht gibt es einen, der jemandem Wissen beibringt, …“ ist eine Überlieferung, die nach Wensinck in mehreren Großsammlungen erwähnt wird, s. Wensinck, Concordance …, T. I, S. 516; s. f. ibn-Ma¯gˇa, Sammlung, Bd. 1, S. 84, Nr. 230 mit Hinzufügungen.

Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers 321

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Za¯hirı¯t ist ein Anhäger einer juristischen Schule, die sich auf den äußeren Sinn der Überliefe˙ stützen. Berühmte Persönlichkeiten dieser Schule sind Dawu¯d ibn-Halaf (gest. 270 n. H./ rungen ˘ 883 n. Chr.) in Kleinasien und ibn-Hazm (gest. 456 n. H. / 1063 n. Chr.) in Spanien. Unter Ya2qu¯b ˙ n. H./ 1184–99 n. Chr.) war das zahiritische Recht das Staatsal-Mansu¯r (regierte zwischen 580–595 ˙ f. recht, s.˙ R. Strothmann, Za¯hirı¯ya, in: Handwörterbuch des Islam, S. 816 322 As ˇ 2arı¯t ist Anhänger ˙von Abu-3l-Hasan 2Ali 3bn-Isma¯2ı¯l al-Asˇ2arı¯, geb. in Basra 260 n. H./ 874 ˙ ˙ n. Chr. und gest. in Bag˙da¯d 324 n. H./936 n. Chr. Zuerst war er für lange Zeit mu2tazilı¯t (s. Anm. 323), dann gab er diese Lehrmeinung auf. Sein Werk maqa¯la¯t al-isla¯mı¯yı¯n (Aufsätze über die Lehrmeinungen der islamischen Schulen) gilt noch heute als ein Standardwerk, s. C. Brokkelmann, Supplement, Bd. 1, S. 345 mit Quellenangabe und Besprechung seiner Werke. Die Lehren der Asˇ2arı¯ten können im folgenden zusammengefaßt werden: 1. Gott allein ist der Schöpfer, s. Sure 35, P u. H 71 f. 2. Er hat Eigenschaften, wie Allmacht und Allwissen, die weder mit seinem Wesen identisch, noch außerhalb, das heißt über das Wesen hinaus vorgestellt werden können, s. asˇ-Sˇahrasta¯nı¯, al-milal …, (Geschichte der isl. Schulen), in der Übersetzung von Theodor Haarbrücker, S. 100 ff. 3. Der Mensch besitzt die Fähigkeit dazu, seine Handlungen frei hervorzubringen. Der Unterschied zwischen Zittern und freiwiller Handlung ist ein Beispiel dafür, s. al-Asˇ2arı¯, usu¯l ahl as-sunna … (Grundlagen der Anhänger der Sunna), arab., hrsg. von Muh. As-Sayyid al˙ Offenbarung ˇ ˙elinad, S. 86 f. 4. Das Verbotene, das Häßliche und das Gute sind das, was die G gebietet, s. ebd. S. 78. 5. Gott ist in seinen Beschlüssen frei und gerecht, gleichgültig, ob dies in unserem Interesse liegt oder nicht, s. S. 78. 6. Sofern der Mensch erwachsen und gesund ist, ist er verpflichtet, an Gott und an die Prophetie einschließlich der Prophetie Muhammad zu glauben, ˙ s. Sure 75, Vers P S. 79. 7. Die Gläubigen werden Gott am Jüngsten Tag mit bloßen Augen schauen, u. H 22 f.; s. f. usu¯l …, S. 76 f. 8. Gott bestimmt alle Handlungen der Menschen, ihren Lebensunterhalt, sowie ihr ˙Lebensende, s. Sure 54, Vers P u. H 52 f. 9. Die Güte Gottes ist unendlich. Er verleiht sie wem er will. Er beloht den einen mit dem Paradies und bestraft den anderen mit der Hölle, wie er will, Sure 21, Vers P u. H 23. 10. Der Glaube kann stärker und schwächer werden, je nach dem Grad unseres Wissens, s. usu¯l …, S. 93. 11. Die Großsünde bringt den Muslim nicht aus seinem ˙ Glauben heraus. 12. Die Belohnung und die Bestrafung fangen gleich nach dem Tode im Grab an, s. a. a. O. Das sind die wichtigsten Punkte der Asˇ2arı¯ten-Schule nach der Meinung ihres Gründers. Gh war einer ihrer Anhänger. 323 Mu2taziliten. Die Lehren dieser Gruppe können im folgenden zusammengefaßt werden: 1. Gott ist ewig, ebenso sind auch seine Eigenschaften, die mit seinem Wesen identisch sind. Name und Benennung, Charaktereigenschaft und Charakterisierung sind identisch. Denn in der Ewigkeit war Gott allein ohne Eigenschaften und ohne Namen. Diese sind Aussagen, die nicht in der Ewigkeit vorhanden waren, s. asˇ-Sˇahrasta¯nı¯, al-milal …, Bd. 1, S. 43 ff. 2. Gottesrede (der Koran) ist erschaffen. 3. Die Gläubigen werden Gott am Jüngsten Tag mit bloßen Augen nicht schauen. Man muß die koranischen Verse diesbezüglich interpretieren, wie etwa das geistige Schauen. 4. Der Mensch ist frei und ist in der Lage, seine eigenen Handlungen selbst hervorzubringen, ob sie gut oder schlecht sind. 5. Gott tut nur Gutes, niemals Böses oder Ungerechtes. 6. Durch Gottes Weisheit werden die Angelegenheiten der Menschen verwaltet. 7. Der Gläubige verdient die Belohnung, wenn er Gutes tut. Durch Gottes Gnade kann er noch mehr erhalten. Eine Umkehrung des Verhältnisses aber, das heißt die Guten zu bestrafen und die Bösen zu belohnen, ist ausgeschlossen. Denn diese Umkehrung wäre ungerecht, und liegt Gott fern. Das Gute und das Verbotene sind lediglich durch Vernunft zu begreifen. Die religiösen Gebote müssen rational begründbar sein, s. asˇ-Sˇahrasta¯nı¯, al-milal wa-3n-nihal (Die religiösen und philosophischen Schulen ˙ ff.; Haarbrücker, S. 43 f. Die berühmten Lehrer im Islam), arab., hrsg. v. 2A. Al-Wakı¯l, Bd. 1, S. 336 dieser Glaubensrichtung waren Wasil ibn-2Ata¯3 (80–131 n. H./ 699–748 n. Chr.) und al-Hudail al˙ s. f. C. Brockelmann, ˙ 2Alla¯f (135–226 n. H./ 752–840 n. Chr.); 1. Supplementband, S. 336 ff.˙ ¯ 324 S ˇ a¯fi2ı¯t, das ist der Anhänger von Abu¯-2Abdalla¯h Muhammad ibn-Idrı¯s asˇ-Sˇa¯fi2ı¯ (150–204 n. H./ ˙ 767–820 n. Chr.), Gründer der nach ihm benannten Rechtsschule, s. Erretter …, Anm. 115, S. 135; s. f. C. Brockelmann, 1. Supplementband, S. 303 ff. 325 Hanafı¯t, das ist der Anhänger der nach ihm benannten Rechtsschule Abu ¯ -Hanı¯fa an-Nu2ma¯n ˙ ˙

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Anmerkungen des Übersetzers und Herausgebers

ibn-Ta¯bit ibn-Zuta¯ (80–150 n. H./ 699–767 n. Chr.), s. Erretter …, Anm. 114, S. 134; s. f. C. Brok˙ ¯ kelmann, 1. Supplementband, S. 284 ff. 326 Karra¯mit, das ist der Anhänger von 2Abdalla¯h Muhammad ibn-Karra¯m (gest. 255 n. H./ 869 ˙ Gottes, bis zur „Verkörperung (Gottes) n. Chr.) Er geht so weit, in der Bejahung der Eigenschaften ˇ und Verähnlichung“, s. asˇ-Sahrasta¯nı¯, deut. Übers. Von Haarbrücker, S. 119 ff. 327 „Erfasse, was Du siehst, …“ ist ein Gedicht, dessen Reim in den Indices erwähnt wird, s. 2Abdel-Sala¯m Ha¯run, mu2gˇam sˇawa¯hid al-2arabı¯ya (Indices …), Bd. 1, S. 313; s. f. A. Fischer u. a., Indices …, S. 200, 319 mit Quellenangabe.

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Frau Dr. Stefanie Brinkmann und Herrn Dr. Klaus Hachmeier danke ich sehr herzlich dafür, daß sie eine erste Fassung dieses Verzeichnisses auf Computer gedruckt haben. Herrn Dr. Werner Schwartz, dem Leiter der Orientabteilung an der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, bin ich für seinen persönlichen Einsatz bei der Suche nach Literatur zu Dank verpflichtet.

Indices Die Ziffern in allen Indices beziehen sich auf die D Ausgabe des übersetzten Textes al-Ghaza¯li’s.

I. Personenregister Abra¯ha¯m (arab. Ibra¯hı¯m al-Halı¯l), der Freund ˘ Gottes, 303, 375. Abu¯-Bakr as-Siddı¯q (der Kalif) 242, 350. ˙ Abu¯-Hanı¯fa,˙ an-Nu2ma ¯ n ibn-Zu¯ta¯ 215. ˙ ˙ al-Hidr 345. ˘ ˙ Alexander der Große (arab. al-Iskandar al-Akbar) 363. Aristoteles (arab. Aristu¯ta¯lı¯s) 186. ˙ iddı ˙ ¯q (Die Ehefrau des ¯ 3isˇa bint abı¯-Bakr as-S 2A ˙ ˙ 214. Propheten Muhammad) 2Ali 3bn-Abı¯ Ta¯lib˙ 254, 189, 309, 337, 349, 386. ˙ ¯ sir 309. 2Amma¯r ibn-Ya

Ka2b al-Ahba¯r 214. ˙ al-Ma3mu¯n ibn-Ha¯ru¯n ar-Rasˇı¯d (Der Kalif) 300. ibn-Mas2u¯d, 2Abdalla¯h 385. Mı¯ka¯3ı¯l (Michael, der Engel) 398. Moses (Der Prophet) 345. Muhammad (der Prophet, der Gesandte) 398, ˙ usw. 409 Platon (arab. Afla¯tu¯n) 186. ˙ Ra¯bi2a 3l- 2Adawı¯ya 289, 319.

al-Basrı¯, al-Hasan 340. ˙ ˙ ˇ ibrı¯l, der Erzengel) 398. Gabriel (arab. G Isra¯fı¯l 398. 2Isa 3bn-Maryam (Jesus, der Sohn von Maria) 257. 2Izra¯3ı¯l (Der Todesengel) 398. Johannes (Yahya 3bn-Zakarı¯ya) 257. ˙

Sa2d (ibn-2Uba¯da) 319. Salomo (arab. Sulaima¯n) 387. asˇ-Sˇa¯fi2ı¯, Muhammad ibn-Idrı¯s 215. ˙ at-Ta2a¯libı¯, Abu¯-Mansu¯r 391. ˙ ¯ ¯ 2Utma¯n ibn-2Affa¯n (Der Kalif) 350. ¯ 2Umar ibn-al-Hatta¯b (Der Kalif) 241, 350, 381. ˘ ˙˙

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II. Termini und ihre Anwendungen

II. Termini und ihre Anwendungen A. Arabisch-deutsch Dieser Index enthält die wichtigsten Termini, die in dem Text al-Ghaza¯lı¯’s, unabhängig von ihrer sonstigen sprachlichen Anwendung, vorkommen. An manchen Stellen werden Sätze und Teilsätze erwähnt, weil dadurch die Anwendung des Begriffs innerhalb eines Textes deutlich wird. Die Ordnung folgt dem arabischen Alphabet, wobei die einzelnen Termini den arabischen Wurzeln zugeordnet werden. Die Ziffern beziehen sich auf die Ausgabe D. 3–b–d abad (Pl.3a¯ba¯d) Ewigkeit 180. – al-3a¯ba¯d Ewigkeit aller Ewigkeiten ebd. – ad-dahr ewig 230. a–t–r atar¯ (Pl. a¯ta¯r) Folge, Schluß 242. ¯ ı¯t¯a¯r Altruismus 233. ¯ – mahmu¯d lobenswert ebd., 382. – mu3t˙ ar begehrt 305. – li – g¯˙ airihi wegen anderer Güter ebd. muta3attir beeinflusst 251. a – gˇ – ¯r¯ ma3gˇu¯r belohnt 382. a–h–d ¯ ahad˘ a nehmen, erfassen 409. ˘ ¯ hud ma¯ tarahu erfasse, was du siehst 409. a˘ –¯d – b addaba erziehen 236. ta3addub Erziehung, Disziplin 247, 257 usw. a–d–y adan¯ Ärgernis 220, Unheil 298. ¯ al-ada¯ la¯-budda minhu die Abwehr des Undaf2 ¯ erforderlich a. a. O. heils ist a–s–f asifa bedauern 397. ta3assuf Bedauern 267, 388. a–s–l ˙ usu¯l) Grundlage, Fragen 294. asl (Pl. ˙ usu¯l ad-dı˙¯n Grundlagen der Religion a. a. O. a ˙– sˇ – r asˇar Übermut 313. fa¯hisˇ al- – maßloser – a. a. O. a –˙ k – l akala essen. akl die Gefräßigkeit 247. min al- – ila 3t-ta3addub von der – zur Disziplin ebd. a–l–f i3tila¯f Eintracht 273. a–l–h ila¯h (Pl. a¯liha) Gott 240. id la¯ ma2na¯ li-3l-ila¯h illa 3l-ma2bu¯d Denn der ¯

Sinn – besteht allein darin, dass man ihn verehrt ebd. sa¯ra ila¯huhu hawa¯hu seine (persön˙ liche) Neigung zu seinem Gott machen 240, 291. a–l–m mu3lim schmerzlich 244, schmerzhaft 306. a–m–r amara befehlen 268. a¯mir Befehlshaber 236. amr (Pl. umu¯r) Frage 196, Sache 189, Angelegenheit 199. umu¯r ila¯hiya göttliche Fragen a. a. O. a–m–l amal (Pl. a¯ma¯l) Hoffnung 323. husn al- – die gute – ebd. fudu¯l ˙ – übertriebene -304. ˙ ala–m–m umma (Pl. umam) Nation 319, Gemeinde 333. ima¯m Vorbeter, Herrscher 298. ima¯ma Staatsführung ebd. a–m–n a¯mana glauben 215. a¯min sicher 388. ı¯ma¯n Glaube 182, 220, 291. al- – wa¯hdahu ka¯fin der Glaube genügt allein ˙ 291. mu3min gläubig 291, 325, 386. al- -yag˙bit der – ist wohlwollend 325. al- -man ya2rifu˙ haqa¯3iq al-umu¯r – - ist derjenige, der die ˙ Wahrheiten der Dinge kennt, 386. a–n–t ta3annut¯ , Weiblichkeit Zahmheit 247. ¯ min at-tawahhusˇ- ila 3t – sich entwikyantaqilu ˙ ˙ zur Zahmheit 247. keln von der Wildheit a–n–s anisa sich gewöhnen 397. insa¯nı¯ya Menschlichkeit 291. ba2udat al- – die – verringert sich ebd. a–w–l ta3wı¯l (Pl. – a¯t) Auslegung, Mehrdeutigkeit 369. – az-za¯hir exoterische Bedeutung ebd. a – y˙ –˙ d ta3yı¯d Beistand, Hilfe – sama¯wı¯ himmlich 244, 295, 301, 303.

A. Arabisch-deutsch

b – gˇ – h ˙ a prahlen; tabagˇgˇuh Prahlerei 278. tabagˇgˇah ˙ b – h – t˙ ˙ a ¯erforschen 358. bahat bah˙ t ¯(Pl. buhu¯t) Forschung 370. ˙ ¯ b –˙ h¯ – t ˘ baht (Pl. buhu¯t) Glücksfall 277. ˘ b –˘ h – l ˘ bahila geizen 325. buhl Geiz 259. huluq al˘ ˘ des – 262. bah ˘ ı¯l (Pl. -Charaktereigenschaft ˘ buhala¯3) geizig, sparsüchtig, knickrig 285. b – d ˘– 3 mabda3 (Pl. maba¯di3) Prinzip 288, 402. maba¯di3 al-2aql -ien der Vernunft 288. ibtida¯3 Anfang ebd. b–d–n badan Körper (Pl. abda¯n) 235. ahwa¯l al- – Zustände des – 260. al-˙ – markab li-3n- nafs der- ist ein Vehikel der Seele 311. 2ilm al- – Wissenschaft vom – 359. badanı¯ physisch 373. b–d–h ˘ ¯ Verschwendungsucht 277. badah ˘ ¯ huwa 3l-infa¯q fı¯ ma¯ la¯ yagˇib Sie ist die Ausgabe für unnötige Dinge 278. b–d–r tabd¯¯ır Verschwendung 248. ¯ ¯ 3 al-ma¯l fı¯ ma¯ la¯ yagˇibu – bedeutet Ver– ifna geudung des Geldes für unnötige Dinge a. a. O. b–d–l badl¯ Ausgeben 263. bad¯ a¯la verbissener Geiz 277 f. ¯ – tark al-infa¯q fı¯ ma¯ yagˇib – besteht in der Unterlassung der erforderlichen Ausgaben 278. b–r–3 bur3 Heilung 237. b–r–d buru¯da Kälte 213, Abkühlung 259. mubarrid Abkühlungsmittel 195 f., 198. b–r–m tabarrum Missvergnügen 324. b–r–h–n barhana beweisen. burha¯n (Pl. bara¯hı¯n) Zeichen 304, Beweis 179, 190. – haqı¯qı¯ daru¯rı¯ wahrhaftiger u. notwendiger – ˙ 190, 255˙ usw. bara¯hı¯n qa¯ti2a mufı¯da bi-3l-yaqı¯n durch ent˙ und Gewissheit vermittelnde Bescheidende weise 255. – rabbihi Zeichen v. seinem Herrn 304,

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352. – al-haqı¯qı¯ 3l-yaqı¯nı¯ der unbestreitbare u. sichere ˙– 353. b–s–t inbisa¯t ˙Zufriedenheit 280. b – s –˙ r ˙ (basa¯3ir) Überlegung 384, basar ˙ ˙ Sehvermögen 338, 403. – al-ba¯tin das innere – 338. – az-za¯˙hir das äußere – ebd. bası¯˙ra˙ Scharfsichtigkeit 271, 370. ˙ ˇ al- – Unvermögen zur – ebd. 2amas mubsar sichtbar 403. istibs˙a¯r Nachdenken 362. b – t˙– l ˙ untätig sein 247. batala ba¯t˙il unbegründet, Absurdität 293. fi2l˙ masˇhu¯n bi-3l-ba¯til wa-3l-hama¯qa ein Verhal˙ ˙ u. Torheit 293. ten angefüllt mit˙Absurdität b–t–n ˙¯ tin (Pl. bawa¯tin) das Innere 304. al-ba bitna˙Völlerei 379,˙ Übersättigung 312. – ˙asl ad-da¯3 die – ist Ursache der Krankheit ˙ ebd. b–2–t inba2at¯a erweckt werden 235. ¯ ba2t Auferstehung 190. ¯ (Pl. bawa¯2it) Motiv 287, Motivation 249, – ba¯2it ¯ – 249. fı¯¯nafsihi innere inbi2a¯t Neigung 403. b – g˙ –¯ d taba¯g˙ad˙a sich gegenseitig hassen 363. taba¯g˙ud˙ Hass 363. b – g˙ – y˙ yanbag˙ı¯ man soll … 258 – an ta2lama du sollst wissen ebd. b–q–y baqa¯3 Verweilen 180 – bi-la¯ fana¯3 – ohne Ende a. a. O. Erhaltung 270, – an-nau3 – der Art ebd., 238 -asˇ-sˇahs – des Individuums 294. ˘˙ baqa¯3 Ewigkeit 294, – la¯ fana¯3a lahu Ewigkeit ohne Ende ebd. ibqa¯3 asˇ-sˇahs bi-3l-g˙ida¯3 wa-3n-nau2 ¯ ˙ Individuums durch Ernährung bi-3l-hart –˘ des ˙ ¯ und die der Art durch den Geschlechtsverkehr 271, 314 f. b–l–d bala¯da Einfalt 257. b – l – g˙ bulug˙ Erlangung 403. b–l–h balah Dummheit 266, mansˇa3uhu

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II. Termini und ihre Anwendungen

but3 al-fahm die Ursache für – - ist langsame ˙ Auffassungsgabe ebd. s. f. 274. b – h – gˇ ibtiha¯gˇ Freude 268, 310. al- – bi-kama¯l an-nafs bi-3l-fada¯3il ˙ an-nafsı¯ya – an der Vollkommenheit der Seele durch die seelischen Vorzüge 310. b–h–w ba¯ha¯ stolz sein 315. taba¯ha¯ sich rühmen 250. baha¯3 Pracht 230, 286. li-3lla¯h al-baha¯3 al-a2zam Gott gehört die größte ˙ Pracht 286. muba¯ha¯t Stolz 315; Wetteifern 361, – as-sufaha¯3 mit den Toren – ebd. b–w–h ˙ -a¯t) erlaubt 263. muba¯h (Pl. ˙ al-muba¯ha¯t die erlaubten Dinge ebd. – as-Su¯fı¯˙ya farı¯da die erlaubten Dinge sehen ˙ ˙Su¯fı¯ (die Mystiker) ˙ die als Pflicht an 379. b – y –˙ n bayyana darlegen, erörtern 179. baya¯n (Pl. baya¯na¯t) Erklärung, Darlegung 180 usw. t–b–2 muta¯ba2a Gefolgschaft 404. al-farah bi-3l- – Wonne bei der – ebd. t – r – k˙ taraka unterlassen 289, 385. tark Unterlassung, Unterlassen 255. – al-mahzu¯ra¯t – der ver˙ ˇ˙arr – des Bösen botenen Dinge ebd. – li-3sˇ-s 323. t–2–s ta2isa unglückselig sein 376. ta2isa 2abd ad-dana¯nı¯r, ta2isa 2abd ad-dirham unglückselig ist der Sklave der dirhams, unglückselig ist der Sklave der Dinare a. a. O. t–q–y taqı¯y (Pl. atqiya¯3) gottesfürchtig sein 245; fromm 395. t–w–b tauba Buße 394 f. al-muba¯dara ila-3t- – die Bereitschaft, sofort – zu tun ebd. t–y–h tı¯h Hochmut 236. – al-g˙adab – des Zorns ebd. t – b – t˙ t¯aba¯t Standhaftigkeit 276 f. ¯ ba¯t Bejahung 265. it t¯– q – l t¯iqal Schwerkraft 247. ¯

at- at-tabı¯2ı¯ die natürliche – ebd. t ¯– n ˙–˙w ¯ na¯ loben, tana¯3 Preisung 234. at –¯ asˇ-sˇar2 2ala¯ 3l-huluq al-hasan ha¯rigˇ ˘ ˘ ˙ Gesetz 2an al-hasr im islamischen ist die Lob˙ ˙ der guten Gesinnung ohne Ende preisung a. a. O. hubb at-tana¯3 Eigenlob 269, s. f. 392. t˙ – w – ¯b ¯ ¯ a¯ba belohnen 331, bi-ka utı¯bu durch dich (die at ¯ Vernunft) belohne ich a. a. ¯ O.; s. f. 407. tawa¯b Lohn 256. t¯ – w – r ¯ a¯ra Anregung 317. it -t¯ asˇ-sˇahwa – der Begierde a. a. O. gˇ – b – l gˇibilla Veranlagung (Pl. -a¯t) 248. – muhtalifa die – sind verschieden a. a. O.; In˘ 332, mustaulin 2alaihi bi-3l – instinktiv stinkt besiegen ebd. gˇ – b – n gˇubn Feigheit 266, 278, 324. amma 3l- – fa-li-taraf an-nuqsa¯n die – ist eine ˙ das Extreme ˙ Bezeichnung für des Zuwenig 266. gˇ – d – d gˇidd Ernsthaftigkeit 283; Eifer 249. gˇ – d – l gˇida¯l Dialektik 353, amma 3l- – fa-aqall alaqsa¯m fa¯3ida fi 3l-irsˇa¯d was die – anbetrifft, so ist sie in Hinblick auf die rechte Leitung am wenigsten nützlich a. a. O. gˇ – r – 3 gˇarra3a ermutigen 291, yugˇarri3u 3l-halq 2ala3l-ma2a¯sı¯ die Menschen zur Sünde –˘ebd. ˙ ˇ riya¯3) mutig 275. gˇarı¯3 (Pl. ag gˇ – r – b tagˇriba (Pl. tagˇa¯rib) Erfahrung 333, li-anna-3t-tagˇriba mayyazathum bi-mazı¯d 2ilm weil die – sie durch mehr Wissen kennzeichnet a. a. O. gˇ – h – d gˇa¯hada sich bemühen, einen heiligen Kampf führen, 241, gˇa¯hidu¯ ahwa¯3akum, Bekämpft eure Leidenschaften …“ ebd. gˇ – w – d gˇu¯d Großzügigkeit 251, huluq al- – Charaktereigenschaft der – ebd. ˘ gˇawa¯d großzügig 252.

A. Arabisch-deutsch

h–b–b ˙ abba lieben, begehren 396, 400. „man – liqa¯3 ah ˙ Alla¯h – Alla¯h liqa¯3ah, Wer die Begegnung mit Gott begehrt, dem möchte auch Gott begegnen“ 396. taha¯bba sich gegenseitig lieben 363. ˙ hubb Liebe 243, hubbuka 3sˇ-sˇai3 yu2mı¯ wa˙ yusimmu deine Liebe ˙ für eine Sache macht ˙ blind und taub ebd. ad-dunya¯ ra3s kull hatı¯3a die – zum Diesseits ist ˘ ˙ die Hauptsünde 263. h – gˇ – gˇ h˙ ugˇgˇa (Pl. hugˇagˇ) Argument 244. h˙ ugˇagˇ haqı¯˙qı¯ya wahrhaftige Argumente ebd. ˙ qaul bi-la ˙ ¯ – Unbegründete Aussage 384. h – gˇ – m ˙ gˇa¯m Zurückweichen 288. ih h˙ – d – d h˙ idda Eifer 320, – li-himyat /li- hima¯yat ad-dı¯n ˙ der – zum Schutz der ˙ Religion˙ a. a. O. hadı¯d (Pl. ahidda¯3) eifrig 319. ˙ h˙ – d – r ¯ sich hüten 271, h˙ adira ˙ ¯ yahdaru 3n-na¯r sie hüteten sich nicht vor lam ˙ ¯ a. a. O. der Hölle h–r–b h˙ arb Kampf, Krieg (Pl. huru¯b) 241. ˙ – sigˇa¯l – findet statt mit ˙ wechselndem Erfolg alebd. h–r–r h˙ urrı¯ya Freigebigkeit 277; Freiheit 382. hara¯ra ˙ Wärme 213; Hitze 321; Erhitzung 259; ˙Energie 270. – 3l-g˙arı¯zı¯ya körperliche Energie 270. h–r–s ˙ irs Übervorsicht ˙ al-h 233; Habsucht 325; Begeh˙ ˙391. ren al- -mansˇa3uhu 3l-g˙uru¯r – rührt von der Einbildung her 391. h–r–d ˙ rı¯d Aufstachelung ˙ tah 371; Ansporn 377 at- – ˙2ala˙ 3l-2ilm – zum Erwerb des Wissens a. a. O. h–r–k h˙ arraka bewegen, hervorrufen 300, ˙ ¯ yuharriku 3sˇ-sˇahwa was die Begierde – ma ˙ muharrik Motiv 241, yaz2umu¯n anna a. a. O. ˙ ba¯2itahum ad-dı ¯n sie behaupten, ihr Beweg¯ grund sei die Religion ebd. h–r–m h˙ arrama vorenthalten 235. hara¯m verboten ˙ 376, al- – das Verbotene ebd.˙ –al-mahd das völlige – ebd. ˙˙ hurma Ehefrau 347. ˙

325

h–z–q ˙ azzuq verbissener Geiz 263. tah h –˙ z – n h˙ uzn (Pl. ahza¯n) Trauer 180, 322, 388. ˙ ¯ -huzn ohne ˙ bi-la – 180. hazı¯n ˙traurig 309. h˙ – s – d ¯ dam Iblı¯s hat h˙ asada beneiden 326. – Iblı¯ A ˙ Adam beneidet ebd. hasad Neid 284. ˙ unu¯b – und Geiz sind al- – wa-3l-hirs rukna 3d-d ˙ ¯ ¯ ˙ der Ursprung aller Sünden 326. hasu¯d (Pl. hussa¯d) Neider 325, yabhalu bi-ma¯l ˙ Alla¯h 2ala˙¯ -g˙airihi – geizt anderen˘gegenüber mit dem Reichtum Gottes ebd. taha¯sud Ge˙ genseitiger Neid 322, 325, tark al-muh a¯sada Unterlassung des gegenseitigen Neides˙ ebd. h–s–s h˙ assa empfinden 271. h˙ a¯ssa (Pl. hawa¯ss) al-hawa¯ss die Sinne 199, ˙ 331 f. – hawa ˙ ¯ ss za¯hira˙ wa-ba¯tina äußere und ˙ – funktions˙ al- – salı¯ma innere –˙ 238, 270, tüchtig 270; hissı¯ sinnlich, Sinnlichkeit 184, ˙ sinnlichen (Genüsse) ebd. al-hissiya¯t die ˙ sinnlich wahrnehmbar 205. h–s–n h˙ assana verbessern, „hassinu¯ 3ahla¯qakum, ver˘ sin, tue Gu˙ bessert eure Gesinnung“ ˙ 247. „ah tes“ 385. al-ahsan das Beste 309.˙ ˙ 235. al-ihsa¯n die Güte ˙ h – sˇ – m ˙ tasˇama zurückschrecken 332. ih h˙ – sˇ – y ˙ a¯sˇin Abneigung 283. tah h –˙ s – n h˙ ass˙ana seine Religion bewahren 315. ˙ ˙as ˙ sun Keuschheit 270, 315. tah h –˙ d˙ ˙– r ˙¯ r Gegenwart 347, 403. Präsenz 403, baha¯3 h˙ udu ˙ al-h ˙ adra 3l-ila¯hı¯ya Pracht der göttlichen – a. a.˙ O.˙ h–z–r ˙ verbieten. mahzu¯r verboten 269, 312. h˙ azara ˙al-˙– al-mahd das absolut ˙ ˙ verbotene 377, 399. h–f–z ˙˙ ˙ h˙ ifz Erhaltung – an-nau2 – der Art 314. h˙ –˙q – d h˙ iqd (Pl. ahqa¯d) Groll 321. h˙ – q – r ˙ h˙ aqqara verächtlich machen 291. h˙ aqa¯ra Geringfügigkeit 275, Winzigkeit 290, – ˙ mata¯2 ad-dunya¯ – der diesseitigen Genüsse 290.

326

II. Termini und ihre Anwendungen

h–q–q h˙ aqqa recht tun 390. ˙ aqqaqa sich bewahrheiten 391, yatahaqqaqu tah ˙ma¯ quddira fa-huwa ka¯3in sich bewahrheitet, ˙ daß sein Wille (…) geschehen wird 391. haqq Recht 233, 236, usw. h˙ aqı¯qa (Pl. haqa¯3iq) Wahrheit 244, haqa¯3iq al˙ umu¯r – der˙ Dinge 257, al-iha¯ta bi-h ˙ aqa¯3iq al˙ ˙ 257, al˙ umu¯r Erkenntnis der – der Dinge haqa¯3iq al-2aqlı¯ya die rationalen Wahrheiten ˙ 370, 3asl al-umu¯r kulliha 3l-2ilm b-haqa¯3iq al˙ asˇya¯3 denn das Prinzip aller Dinge ˙ist die Erkenntnis ihrer Wahrheiten 373. muhaqqiq ˙ zuverlässiger Wissenschaftler 368. h–k–m ˙ ikma (Pl. hikam) die Weisheit 234, 264. – al-h ˙ aqı¯qı¯ya ˙wahrhaftige – 234, 265. – 3l-h ˙ 3l-2amalı ¯ya 3n-nazarı¯ya die theoretisch – praktische – 266. – da¯˙ llat al-mu3min – Gegenstand ˙ beharrlicher Suche des Gläubigen 265. – huluqı¯ya ethische – 265 f. h –˘ l – l ˙ ala¯l das Erlaubte 311 f. – - al-mutlaq das abal-h ˙ ˙ solut – 376. talab – - die Suche nach dem – ˙ 377. hulu¯l Inkarnation 207. h˙ – l – m h˙ ilm Sanftmut 233 ff., 261, 276, 321. – imsa¯k an˙ nafs 2an hayagˇa¯n al-g˙adab – die Zurückhaltung der Seele, die nicht˙ in Zorn entflammen soll 321. at-tahallum Selbstbeherrschung 321, – imsa¯kuha¯ ˙2an qada¯3i 3l-watar minhu ida¯ ˙ ¯ ˙ ha¯gˇa – (die Seele) davon abhalten, gezielt Handlungen durchzuführen, wenn man zornig wird 321. h–m–d h˙ amida preisen 238. hamd, mahmada Lob 287, ˙ ragˇa¯3 al- – die Hoffnung ˙ auf ˙– 287. mahmu¯d gepriesen werden 246, lobenswert 263. ˙ h–m–q h˙ ama¯qa, humq Torheit 242, 306, 344, innahu ˙ ra¯ha sie˙ bedeutet Ruhe 306. fasa¯d˙ awwal ar-ru3ya – Untauglichkeit zur anfänglichen Betrachtung dessen, was zum Ziel führt 275. humq tabı¯2ı¯ Schwachsinnigkeit 275. ˙ maq˙ töricht 240, 275 387. ah h ˙– m – l h˙ amala 2ala¯ veranlassen 313, – -3l-fawa¯hisˇ zu ˙ Schandtaten – ebd. ihtamala vertragen˙ 260, ˙ 407, hasbama¯ yahtamiluhu fahmuhu wie sein ˙ ˙ Verstand dies zuläßt 407, erdulden 323.

ihtima¯l Ausdauer 276; Ertragen 324. h˙ – m – y h˙ amı¯ya Eifer – g˙adabı¯ya der zornige – 233, 236. ˙ futu¯r al- – Ermattung ˙ des Eifers 321. himya ˙ die Diät 312, al- – 3asl ad-dawa¯3 die – ist ˙ Grundlage der Heilung ebd. h – w – gˇ h˙ a¯gˇa (Pl.-a¯t) Bedürfnis 306, 377. h˙ – w – l h˙ a¯l (Pl. ahwa¯l) Zustand 260, Haltung 266, Ei˙ genschaft ˙ 282, – li-3n-nafs – der Seele 282. h–y–r ˙ ayyur Ratlosigkeit 243. tah h –˙ y – y ˙ istah a¯ sich schämen 281. haya˙¯ 3 Scham ebd. ˙ h–b–b h˘ ibb List 266, 274 f. h˘ – b – t ¯ ahba¯t) Übel 208, tathı¯r (an-nafs) 2an h˘ abat (Pl. ˘ al-¯– die Läuterung ˘ ¯ ˙ … von allem (der Seele) Übel 208, Schlechtigkeit 342, haba¯3it al-ahla¯q -en der ethischen Gesinnung˘ a. a.¯O. h˘abı¯t ˘ ¯ (Pl. hubata¯3) schlecht 236. ˘ ¯ h–b–r h˘ abar Überlieferung 313. h˘ – gˇ – l h˘ agˇal Scham, Verlegenheit 280 f. h˘ adda¯2 betrügerisch 236. h˘ ida¯2 Täuschung 242. h˘ – d – m h˘ adama dienen 273, 324, tabaqa yahdumu¯n min ˘ a¯har eine ˘ wagˇh wa- yuhdamu¯n ˙min wagˇh ˘ ˘ dient, Klasse, die in einer bestimmten Weise der in einer anderen aber gedient wird 273. ha¯dim (Pl. hudda¯m) Diener 273. ˘ du¯m Dienstherr ˘ mah 273. ˘ h–d–l ˘ id ¯ a¯l Niedergeschlagenheit, Verzagtheit 277. inh ˘ h – r¯ – gˇ h˘ ara¯gˇ, hargˇ Abgabe 328. ˘ h˘ a¯rigˇı¯ sozial 373. h˘ – z – y h˘ aziya sich schämen 397. h˘ izy Erniedrigung 375. –˘ wa-3n-naka¯l – u. exemplarische Bestrafung 375. h–s–r h˘ usra¯n Verlust 326. h˘ – s – s h˘ issa niedrig, unbedeutend 206. ˘

A. Arabisch-deutsch

al-hası¯s das Niedrige 308. tah˘a¯sus Selbsterniedrigung 278 f. h –˘ s – s ˙ h˘ ass˙a auszeichnen, ha¯ssı¯ya (Pl. hasa¯3is) Merk˘ mal ˘ ˙˙ ˘ ˙ ˙ ˙˙ 210, Bestimmung, Besonderheit 395, wag˘h ha¯ssı¯yat an-nafs Aspekt der Bestim˘ ˙ ˙Seele ebd. mung der h–s–l h˘ isla˙ (Pl. hisa¯l) Eigenschaft 332, hisa¯l al-hair ˘ ˙Eigenschaften ˘ ˙ ˘ des Guten ebd. ˘ ˙ h–d–2 ˙¯ 2 Gehorsamkeit 401. h˘ udu h˘ –˙ t – 3 ˘ ta3a ˙ verfehlen 389. ah ˘ ˙ı¯3a (Pl. hata¯ya¯) Verfehlung, Sünde 372, hubb hat ˘¯ ra3s ˘ ad-dunya ˙ ˙ kull – Die Liebe zum Diesseits ˙ ist das Haupt jeder – ebd. h–t–b ˙ Redekunst 353. h˘ ata¯ba ˘muh ˙ a¯tab Zuhörer ebd. h – ˘t –˙ r ˙ sich erinnern 290. h˘ atara h˘ at˙ar (Pl. ahta¯r) Gefahr 384, iqtiha¯m al-ahta¯r ˘ Erstürmung ˘ ˙ der – a. a. O. ˘˙ ˙ ˙ muha¯tir wagemutig 384. h – ˘f –˙ y h˘ afı¯y verborgen al- – das Verborgene 367, un˘ klar 368, min al-gˇalı¯yi 3z-za¯hir ila-3d-daqı¯qi ˙ ˙ u. Deutlichen 3l-hafı¯yi 3l-ba¯tin vom klaren ˘ ˙ (…) zum Besonderen und Unklaren (u. Allegorischen) 368. h–l–s ˙ h˘ ala¯s Befreiung, Erlösung 392, 398, hala¯suna¯ ˘ min ˘ Dies˙ ad-dunya¯ unsere Befreiung vom ˙ seits 398. ihla¯s Aufrichtigkeit 291 f. h˘ – l˙ – t h˘ a¯lata ˙umgeben 322. ˘ ˙a¯lata Umgang 347, muh ˘ ˙ ¯ r – mit den Ungläubigen a. a. O. -t al-kuffa h–l–f h˘ alı¯fa Stellvertreter 237, 331, -t Alla¯h – Gottes ˘ 237. h–l–q h˘ alaqa schaffen 331. h˘ alq Schöpfung 247; Geschöpf 331; ˘ – die Menschen 228. alal-ha¯liq der Schöpfer, Gott 332. ˘ (Pl. ahla¯q) Charaktereigenschaft, Gesinhuluq ˘ nung 221, ˘su¯3 al-ahla¯q wa-husnuha¯ die böse u. die gute – a. a. O.,˘ s. f. 234,˙255.

327

h–l–w h˘ ala¯ allein sein. yahlu¯ bi-nafsihi mit sich allein ˘ sein 378. ˘ h–m–d h˘ umu¯d asˇ-sˇahwa Apathie 269. h˘ – n – t ˘ annut ¯ , hunu¯ta Weichlichkeit 284, 319. ifra¯t tah ˘al-haya ˘ ˙ ¯ ¯¯ 3 Übermaß an Scham 284. ˙ h–w–f h˘ auf Angst 233, 332, istasˇ2ara 3l-hauf Angst ver˘ spüren 332, Furcht 287, 394. ˘ kaff an-nafs 2an al- – Überwindung der Angst 233. mutahawwif ängstlich 384, – talaba 3s-sala¯ma – ˘ Sicherheit streben a. a.˙ O. nach h–y–r ˘ air das Gute 298, al-muwassil ila 2l- – - was al-h ˘ zum Guten führt, ist auch gut˙ ˙ a. a. O. tahayyara wählen 298, tahayyaru¯ li-nutafikum ˘wählt für euren Samen a. ˘ a. O. ˙ ihtiya¯r freier Wille 248. h˘ – y – l h˘ aya¯l (Pl. ahyila/ haya¯la¯t) Schatten 309. ˘ ˘ sichtbaren Dinge sind – al-mubs ara¯t˘ -a¯t die ˙ a. a. O. tahayyul Einbildung 183. ˘ mutah ayyila Vorstellungsvermögen 275 f. ˘ d–b–r dabbara verwalten, tadbı¯r Verwaltung 236, Beschluß ebd. husn at-tadbı¯r Gewandtheit 274. ˙ mudabbir Verwalter 236. d–h–l dahl˘ Einnahme 382. d –˘ r – k adraka wahrnehmen 306, erkennen 377, erfahren 338. dark haqa¯3iq al-umu¯r die Wahrheit der Dinge ˙ erkennen 270. al-idra¯k das Begreifen, Erfassen 184, Wahrnehmung 307, – al-musˇtaha¯ die Wahrnehmung des Begehrten ebd. mudrik wahrnehmend 201. d–2–b du2a¯ba Spaß 283. d–2–w da¯2in (Pl. dawa¯2in) Beweggrund 312. taqwiyat asˇ-sˇahwa da¯2iya li-3l-hawa¯ die Stärkung der Begierde ist ein – dafür, die Leidenschaft zu folgen ebd.

328

II. Termini und ihre Anwendungen

d–f–2 dafa2a zurückhalten, abstoßen, abwehren 298. daf2 Abwehr ebd., Abstoßkraft 212 f. d–l–l dalı¯l (Pl. adilla) Beweis 215, 274, haqa¯3iq al-adilla strenge Beweisführung 369. d˙ – m – t dama¯ta ¯ Zurückhaltung 280, 282, ad– husn ˙ ¯ an-nafs asˇ-sˇahwa¯nı¯ya die schöne Halhai3at tung der begehrenden Seele 282. d–n–w ad-dunya¯ das Diesseits 256. – mazra2a li-3l-a¯hira im – bestellen wir den ˘ Aker für das Jenseits 256. d–h–r dahr (Pl. duhu¯r) Zeit abad ad- – ewig, Ewigkeit 230. d–h–y daha¯3 Schlauheit 275, da¯hiya (Pl. duha¯t) schlau 288. d–w–3 da¯3 (Pl. adwa¯3) Krankheit 236, – 2uda¯l unheil˙ bare – 236. d–w–r da¯r, ad- – al-a¯hira das Jenseits 184 usw. ˘ d–w–m da¯ma immer während sein 310. dawa¯m Regelmäßigkeit 260. d–w–y dawa¯3 Heilmittel 290, la¯- – lahu illa 3l-faza2u ila 3lla¯h Es gibt für ihn kein – außer der Zuflucht zu dem erhabenen Gott ebd. d–y–n dı¯n (Pl. adya¯n) Religion 235, 315 f. ad- – wa-3s-sulta¯n tau3ama¯n Religion und Herr˙ zusammen 297 f. schaft gehören dı¯nı¯ fromm 315. diya¯na Religiösität 315. 2ilm al-adya¯n Wissenschaft der Religion (Religionswiss.) 359. fahm al-2ilm al-haqı¯qı¯ 3d-dı¯nı¯ Verständnis des ˙ wahren religiösen Wissens 343. d–r–r d¯ arra (Pl. darr) Atom 180. d¯ – k – r ¯ d¯ akara bemerken, sich erinnern 322. d¯ ikr Anrufung des Namens des erhabenen ¯ Gottes 222. tadakkara, bedenken, sich mahnen lassen 245, ¯336. tadakkur das Wiedererinnern 336. ¯

d–k–w d¯ aka¯3 Klugheit 257. d¯ – l – l d¯ alla sich bescheiden 279, dalla fı¯ nafsihi min ¯ g˙air manqasa sich demütig ¯ geben ohne Un˙ ebd. terwürfigkeit dull Erniedrigung 180, 260, 318, – ila¯ – - auf – ¯ 318. d–m–r ¯ ammur das Murren 324. tad d –¯ m – m d¯ amma tadeln, damm Tadel 279, ¯ mu¯m tadelnswert ¯ 246, 279, usw. mad d – ¯h- b ¯ hab (Pl. mada¯hib) Lehrmeinung 228, 358, mad ¯ ff. ¯ 405 a2ya¯n al-mada¯hib Hauptlehrmeinungen 228. ¯ a¯hib Urheber der – ebd. arba¯b al-mad adillat tilka ¯3l- – Argumentation aller dieser – ebd. d–h–l d¯ ahala abgelenkt werden 244, dahalat 2an nu¯r ¯ al-haqq vom Licht des Wahren ¯ abgelenkt ˙ werden ebd. d–h–n ¯dihn (Pl. adha¯n) Denkvermögen 254, gˇaudat ¯ ad- – klarer ¯ Intellekt 474. ¯ d–u–q d¯ auq (Pl. adwa¯q) Geschmak, Verspeisung 184. ¯ ¯ r–3–s ri3a¯sa Herrschaft 260, vorrangige Stellung 365. hubb ar- – die Liebe zur – 308, laddat ar- – Ge˙ nuß des Herrschens ebd. ¯¯ r–3–f ra3fa Mitleid 320. r–3–y ra3y (Pl. 3a¯ra¯3) Meinung 361. naqa¯yat ar- – Scharfsinn 274. isˇtiba¯h al-3a¯ra¯3 konfuse Meinungen 274. ri3a¯3 u. riya¯3 Heuchelei 282, 284. r–b–b rabb (Pl. arba¯b) Gott, Herr, arba¯b ad-dunya¯ die Reichen dieser Welt 378, 389, s. f. 396, 404. r–b–h ˙ ribh Gewinn 275, – hatı¯r beachtlich ebd. – hası¯s ˘ ˙ geringfügig ebd. ˘ ˙ r–b–w tarbiya Bildung 258, Ernährung 259. r–t–b rattaba anordnen 273, rutba (Pl. rutab) Rang, Rangstufe, 241, 270, rut-

A. Arabisch-deutsch

bat al-mala¯3ika Rang der Engel 270, Stellenwert 373. tartı¯b (Pl. -a¯t) Ordnung 273. r – gˇ – w ragˇa¯ erhoffen 289. ragˇa¯3 Hoffnung, ragˇa¯3 al-mahmada das Lob ˙ Gottes erhoffen ebd. r–h–m ˙ Barmherzigkeit 293. rahma rah˙ ı¯m barmherzig 384, mitfühlend 319. r –˙ d – 3 radı¯3 schlecht 341, – al-ahla¯q schlechte ethische ˘ Gesinnung ebd. r–d–d ridda Abtretung, Apostasie, Abwendung (v. Islam) 242. r–d–2 rada2a zurückhalten 288, 2aql yarda2uhu eine Vernunft, die ihn zurückhält ebd. r–d–l radı¯¯la (Pl. rada¯3il) Untugend 221, -t al-g˙afla, wa¯ ¯ 3l-qasa ¯wa wa-qillat asˇ-sˇafaqa -en der Sorglosigkeit, der Härte und des Mangels an Mitleid ebd. r–z–q rizq (Pl. arza¯q) Lebensunterhalt, Gabe 257, – ila¯hı¯ göttlicher – 400. r–s–h rasaha ˘verankert sein 262, ra¯sih fi 3n-nafs in der ˘ – - ebd. ˘ Seele r – sˇ – d arsˇada hinweisen 179, rechtleiten 264. rusˇd (Gottes) Unterweisung zur richtigen Einsicht 295, 303; gute Leitung 370, irsˇa¯d Anweisung 407 f. istarsˇada, istirsˇa¯d sich unterrichten lassen 370. mustarsˇid Ratsuchend 407. r–d–y ˙ wohlgefällig sein 404. radiya rid˙an Zufriedenheit ebd. r –˙ 2 – y ra¯2a¯ berücksichtigen 314. ra2ı¯ya (Pl. ra2a¯ya) Untertan(en) 238, 272. ra¯2in (Pl. ru2a¯t) Hirt 239, ya¯ ra¯2iya 3s-su¯3 O Hirte des Bösen! ebd. r – g˙ – b rag˙iba begehren 271, rag˙ba (Pl. rag˙aba¯t) Wunsch, Verlangen, Ermutigung 323, – fi 3l-hair – zum Guten ebd., – targ˙ı¯b Anreiz 247, ˘ – den Wunsch erwecken 270 f., 278, 392, begierig machen 392.

329

r–f–2 rafa2a erheben, abschaffen, erhöhen, schützen 304, 361, yarfa2u zulm al-a2da¯3 vor dem Un˙ recht der Feinde schützen 304. rafı¯2 erhaben 305. r–f–h rafa¯hiya Bequemlichkeit 243. taraffuh Konfort 381, Behaglichkeit ebd. r–q–q istaraqqa versklaven 396, al-haya¯t tastariqqu das Leben versklavt … ebd. ˙ r–k–n rakana bi-kunh al-himma sich völlig hingeben 374. r–h–b tarhı¯b Ermahnen 247, Einschüchterung 287. r–h–q arhaqa bedrängen, drängen 237, – ila 3t-ta¯2a zum ˙˙ Gehorsam – ebd. r–w–h istara¯ha˙ Ruhe haben 288. ˙ arwa¯h) Seele, Geist 239, g˙ida¯3 li-3r-ru¯h ru¯h (Pl. ¯ ˙ ˙ Nahrung für˙ den Geist ebd. naz2 ar-ru¯h Todeskampf 239, 318. ˙ ra¯ha Erholung 243, 310, la¯ tafna¯ abada 3l-3a¯ba¯d ˙ra¯hatuhu dessen Ruhe niemals vergeht 310. r – w˙ – d ara¯da wollen 230, la¯ yura¯du li-nafsihi nicht f. sich erstrebt werden ebd. ira¯da Wille 301, -t al-insa¯n – des Menschen ebd., – ta¯mma entschlossener Wille 402. murı¯d Su¯fı¯ (Mystiker) ebd. r – w – ˙d ˙ irta¯da sich üben, geistig schulen 231, -t bi-3l ˙ ¯ m al-haqı¯qı¯ya an den wahrhaftigen Wis2ulu ˙ senschaften schulen 224, riya¯da geistige ˙ Übung 248, 392. irtiya¯d Einüben 228. r – w –˙ y rawı¯ya Überlegen 203, muhtass bi-3l-fikr wa˘ ˙ ˙Überlegen be3r-rawı¯ya durch Denken und stimmt ebd., Reflexion 214, Zögern 256. r–y–3 riya¯3 Heuchelei 284. r–y–b irta¯ba, irtiya¯b, zweifeln, Zweifel 234. z – gˇ – r zagˇara abhalten 323. inzagˇara sich abwenden 233. zagˇr Ermahnung 237. az- – wa-3l-kasr Ermahnung und Zähmung ebd., s. f. 288.

330

II. Termini und ihre Anwendungen

az-zagˇr 2an al-fawa¯hisˇ sich von Freveltaten ab˙ wenden 233. mazgˇu¯r 2anhu wovon man zurückschrecken soll 288. z–2–m za2ama behaupten 241. z–k–w zaka¯ rein sein 301. tazkiya Läuterung 251, 254, 371. -t an-nafs – der Seele 251, -t a2ma¯lihi – seines Handelns 371. z–l–l zalla (Pl. -a¯t), mazallat qadam Fehltritt 241. z–m–n zama¯n (Pl. azmina) Zeit, zeitlich 354, qabla 3l-2a¯lam bi 3z- – vor der Weltentstehung ebd. z–n–d–q zindı¯q (Pl. zana¯diqa) Häretiker 347. z–n–y zinan Unzucht 317. za¯nin unzüchtig a. a. O. az-za¯nı¯ der – ebd. z–h–d zuhd Enthaltsamkeit 325, Askese 385, zuhdan aus – ebd. az-zuhd zuhd an-nafs die Askese ist die der Seele 387. za¯hid (Pl. zuhha¯d) Asket 379, 386. z–y–d ziya¯da Überfluß 311, – 2ala¯ qadr al-bulg˙a der – an dem Nötigen ebd. s–b–b sabab (Pl. asba¯b) Ursache, Grund 248, Mittel 305, al-asba¯b an-na¯fi2a 3l-mufı¯da die hilfreichen und nützlichen – ebd. s–h–r ˘ ¯ya Spott 327. suhrı ˘ al-kaff 2an as – sich des – enthalten ebd. s–h–t ˘ a ˙erzürnen 340, ashat suh˘ t ˙Ungnade 384, 404. ˘ ˙ hut (gerechte) Empörung 280. tasah s – h˘ –˘ y˙ saha˘¯ 3 Großzügigkeit 263, 279 f. sah˘ ı¯y (Pl. ashiya¯3) großzügig 279. ˘ s –˘ d – d at-tasdı¯d erfolgreiche Führung (Gottes) zum Ziel 295, 301, 303. s–r–r sarra sich freuen, suru¯r Freude 277, – la¯ g˙amma fı¯hi Freude ohne Trauer 180, 294.

sarı¯ra Inneres 397, mutalattih as- -ein Mensch, ˙ ˘a. a. O. dessen Inneres befleckt ˙ist s–r–f isra¯f Verschwendung 262, 311, Maßlosigkeit 317. musrif maßlos ebd. s–t–h ˙ sutu¯h) Fläche 403, sutu¯h al-agˇsa¯m die sath˙ (Pl. ˙ ˙Körperflächen ˙ ˙ ebd. ˙ ˙ s–2–d sa2a¯da Glück, Glückseligkeit 179, sabı¯l-as- – Weg der – ebd. – uhrawı¯ya jenseitiges – 180, sulu¯k sabı¯l as˘ ¯ da Beschreiten des Weges zur – 182. sa2a musa¯2ada Hilfsbereitschaft 280, 283. s–2–y sa2a¯ streben 293. sa2y Bestreben 403. s–f–l tasaffala sich erniedrigen 246. – asfala 3s-sa¯filı¯n – in die Tiefsten aller Tiefen ebd. s–f–h safah Torheit 304. safı¯h (Pl. sufaha¯3) töricht ebd. s–k–n sakana ruhen 235. maskana Unterwürfigkeit 279. s–l–s sala¯sa Fügsamkeit 247. isla¯s Zügelung ebd. s–l–k sa¯lik Beschreiter 228, – at-tarı¯q – des Weges ˙˙ (der Mystik) ebd. s. f. 402. s–l–m sala¯ma Sicherheit 384, talab as-sala¯ma nach – ˙ streben ebd. s–w–3 asa¯3a böses, unrecht tun 235, schlecht behandeln ebd. su¯3 (Pl. aswa¯3) das Böse 236, 239, 2abd – Sklave des – 239. s–w–s sa¯sa herrschen 236, leiten 265. siya¯sa Verhaltensregeln 232, Politik 328. sa¯3is (Pl. sa¯sa) Herrscher 236. masu¯s beherrscht werden ebd. s–y–r sı¯ra (Pl. siyar) Lebensweise 242.

A. Arabisch-deutsch

sˇ – b – 2 sˇiba2 Sattheit 308, qatı¯l – (der Mensch) wird durch – getötet a. a. O. s. f. 313. sˇ – b – h sˇabbaha vergleichen 332, sˇubha (Pl. sˇubuha¯t) zweifelhafter Fall 377, fı¯ mahall asˇ- – in einem – - ebd., Scheinargu˙ 346, asˇ-sˇubah al-musˇakkika 3l-muhayyiment ra die –, die zu Zweifel und Verwirrung˙ führen a. a. O., Verdacht 374, inkasˇafat asˇ- – der Verdacht wird beseitigt ebd. tasˇbı¯h Anthropomorphismus 405. tasˇabbuh Nachahmung 404. isˇtiba¯h zweifelhaft, – al-3a¯ra¯3 konfuse Meinungen 274. musˇabbih (Pl. musˇabbiha) Antropomorphist 405. sˇ – gˇ – 2 sˇagˇa¯2a Tapferkeit 233 f., 261, 264 usw., asˇ- – wakama¯luha¯ 3l-mugˇa¯hada die Tapferkeit, deren Vollkommenheit der innere Kampf ist 294. sˇ – h – h ˙ Knauserei ˙ 285. sˇuhh ˙ ˙ sˇahı¯h Knauser 284. sˇ –˙ h˙ – s ˙ asˇha¯s) Person 227, 263. sˇahs˘ (Pl. ˘˙ ˘ ˙ ibqa¯3 asˇ- – bi-3l-g˙ida¯3 Erhaltung Idividuum 238, ¯ des – durch Ernährung 271. sˇ – d – d sˇidda Stärke 259, Heftigkeit 267, fa-la-3sˇ-sˇidda fı¯ kull maqa¯m mahmu¯da die – ist nicht in jeder ˙ Situation lobenswert 267, Not, Anstrengung 313. sˇ – r – h ˙ tasˇrı¯h Anathomie 214, – al-a2da¯3 – der Organe ˙ O., – al-agˇsa¯m der Körper ˙ 215. a. a. insˇira¯h Freude 387, bi-3nsˇira¯h sadr mit – ebd. ˙ ˙ sˇ – r –˙r ˇsarr (Pl. asˇra¯r), asˇ- das Böse 236, – asˇ-sˇimmr das (unheilbare) – große – ebd., s. f. 306, 314, 379. al-ma2ida mifta¯h al-haira¯t wa-3sˇ-sˇuru¯r der Ma˘ ˙ gen ist der Schlüssel für Gutes und Böses 379. daf2 asˇ-sˇarr Abwendung eines Unheils 274. sˇirrı¯r böse 250, sˇ – r – t ˙ sˇuru¯t) Bedingung, Gesetz, Prinzip 179, sˇart (Pl. ˙ ˙ˇ uru¯t allatı¯ dakarna¯ha¯ nach eben 220, 2ala 3sˇ-s ¯ ˙ u. Gesetzen, jenen Prinzipien die wir erwähnt haben 179. masˇru¯t bedingt 220, martabat asˇ-sˇart min al˙ ˙

331

masˇru¯t das Verhältnis der Bedingung zum – ebd. ˙ sˇ – r – 2 sˇar2 islamisches Gesetz (Offenbarung) 234, 255, 263, gˇuma¯2 maka¯rim asˇ-sˇarı¯2a die Summe aller Tugenenden des – 234, asˇ-sˇarı¯2a hanı¯fı¯ya ˙ samha das offenbarte Gesetz des Islam ist ˙ wahrhaft und tolerant 401. sˇ – r – f sˇaraf Ehre, Bedeutsamkeit 275, 328. asˇ-sˇarı¯f das Edle 308, asˇraf al-a2ma¯l die edelste aller Tätigkeiten 328. – al-2aql die Bedeutsamkeit der Vernunft 328. sˇ – r – k sˇirk Vielgötterei 317. sˇarı¯k Teilhaber, – fi-3l-ittila¯2 gleichgesinnt 408. ˙ ˙ 317. musˇrik Polytheist, Heide ˇs – r – h sˇarah Gier 238, ifra¯t asˇ-sˇahwa – das Übermaß der Begierde 269,˙ 283, 325 usw. kasr asˇ – - fi 3t-ta2a¯m man soll die – nach Nahrung brechen ˙˙ ebd. sˇ – g˙ – f sˇag˙afa verlangen nach, leidenschaftlich lieben 375. sˇ – f – y tasˇaffin Rachsucht 233, kaff an-nafs 2an at-tasˇaffı¯ die Zurückhaltung der Seele in Bezug auf die – ebd. sˇ – q – w sˇaqa¯wa Verdammnis 255, Elend 308, Unglück, Verderben 255, mahru¯m bi-sˇaqa¯watihi waidba¯rihi in Elend und˙ Feigheit gefangen sein 308. musˇqin zum Verderben führen 179. sˇaqı¯y (Pl. asˇqiya¯3) unglücklich 293. sˇ – k – r sˇakara danken 242, – 3lla¯h Gott – ebd. sˇukr Dankbarkeit 387. sˇ – k – s sˇaka¯sa Streitlust 284. – muha¯lafat al-mu2a¯sˇirı¯n fı¯ sˇuru¯t al-uns – be˘ deutet, sich den Bedingungen˙ der Geselligkeit mit seinen Gefährten zu widersetzen 285. sˇ – k – k sˇakka zweifeln 409. sˇakk (Pl. sˇuku¯k) Zweifel 354. man lam yasˇukk lam yanzur wer nicht zweifelt, ˙ denkt nicht 409, asˇ-sˇuku¯k hiya-3l-muwassila ila-3l-haqq denn der ˙˙ ˙ Zweifel führt zur Wahrheit ebd.

332

II. Termini und ihre Anwendungen

sˇ – m – t sˇama¯ta Schadenfreude 284 ff. al-farah bi-3sˇ-sˇarr al-wa¯sil ila¯ g˙air al-mustahiqq ˙ mim˙ man ya2rifuhu 3sˇ˙-sˇa¯mit – ist die Freude über das unverdiente Böse, das einen Bekannten trifft 285. sˇ – h – d sˇahida bezeugen 335, -t nufu¯suhum wa-bawa¯tinuhum so bezeugen es ihre Seele und ihr˙Inneres ebd. sˇahı¯d (Pl. sˇuhada¯3) Märtyrer 241. sˇaha¯da Zeugnis 335, hamala – - ablegen 335 f. ˙ 357, -t nafsihi – - seiner musˇa¯hada das Schauen (eigenen) Seele 357, Erscheinung 274, li-ma¯ taqtadı¯ – - gemäß den Anforderungen der – ebd. ˙ sˇ – h – m sˇaha¯ma Großmut 277, hiya 3l-hirs 2ala 3l-a2ma¯l tawaqqu2an li-3l-gˇama¯l ˙ Bemühen um Handlungen wegen sie ist˙ das ihrer Schönheit a. a. O. sˇ – h – w isˇtaha¯ begehren 395. sˇahwa Begierde 184, 212, 221, 232 f., 236. -t alfargˇ (al-gˇima¯2) sexuelle – 270, qada¯3 asˇ- – Be˙ wa-3l-fargˇ friedigung der – 261, -t al-batn ˙ ˇ -sˇahwa um Nahrung u. sexuelle – 394, kasr as die – zu besiegen 261, Leidenschaft 246, 249, Trieb 366, tark asˇ-sˇahwa auf die – verzichten 239. kala¯l asˇ- – Ermattung der – 284. musˇtahan das Begehrenswerte 282, isˇtiya¯q annafs ila 3lmusˇtahaya¯t (das) Verlangen der Seele nach dem Begehrenswerten 282. sˇahwa¯nı¯ begehrend 282, an-nafs asˇ-sˇahwa¯nı¯ya die begehrende Seele ebd. sˇ – w – r isˇa¯ra Anweisung 242, -t al-2aql – der Vernunft ebd. – al-hawa¯ – der Leidenschaft ebd. sˇ – w – q tasˇawwaqa verlangen, streben nach 198, isˇta¯qa begehren, sich sehnen 396, 403. sˇauq (Pl. asˇwa¯q) Sehnsucht 209, 402, ta¯la sˇauqu 3l-abra¯r ila¯ liqa¯3ı¯ „Die – der From˙ men, mir zu begegnen, ist groß.“ 209. sˇ – y – 3 sˇa¯3a wollen 301. sˇai3 (Pl. asˇya¯3) Ding, Sache, Mittel, 366, 339, 371. masˇı¯3a Wille 271. masˇı¯3at Alla¯h al-azalı¯ya Gottes ewiger Wille ebd.

sˇ – y – t ˙ istisˇa¯ta Raserei 277 ff. istasˇa¯ta, ˙ ˙ ˙ adab wa- hiddatuhu – ist jäher – hiya sur2at al-g ˙ 279, das ˙ Entflammen des und heftiger Zorn Zorns 321. sˇ – y – t – n sˇayta¯n ˙(Pl. sˇaya¯tı¯n) Satan, Dämon 241, – ma¯rid ˙ ˙ ebd.- ragˇı¯m verfluchter 245, widerspenstiger waswasat asˇ- – Einflüsterungen des – 244, alhawa¯ a2zam gˇund asˇ- – die Leidenschaft ist ˙ Heer des – 312. das größte s–b–r s˙ abara sich gedulden, einer Sache widerstehen ˙ 318. sa¯bara standhaft bleiben 323. s˙ abr Geduld 255. fi 3s- – 2ala¯ ma¯ takrahu hair ˘ ˙ katı¯r in der Geduld ˙ mit dem, was du ver¯ abscheust, liegt viel Gutes ebd. Selbstbeherrschung 280, – gˇismı¯ körperliche – 324, – nafsı¯ seelische – ebd. sa¯bir geduldig 325. s˙ – b – g˙ ˙ abag˙a geprägt sein 408, – qalbuhu sein Herz ins ˙– - ebd. s–b–w s˙ iban Kindheit 288. s˙ – h – h ˙ s˙ ihh˙a Gesundheit 294, 306. –t al-badan – des ˙ ˙Körpers ˙ 296. sadr Brust 324, ˙ sa2at as- – Langmut ebd. dı¯q – -˙Unduldsamkeit ebd. s˙ – d – q s˙ adaqa Armensteuer 382. s˙ idq, as- – das Wahre 233. s˙ idqan˙im eigentlichen Sinne 304. s˙ iddı¯q aufrichtig 242, 257, 347. s˙ – r – t ˙ 268. s˙ ira¯t Weg ˙ - –˙ al-mustaqı¯m der gerade Weg ebd. as s ˙– r – f s˙ arf Abwendung 249, – an-nafs ila 3d-didd der ˙ Seele zum Gegenteil ebd. ˙ ˙ sa¯rif (Pl. sawa¯rif) Abwendungsgrund 288. s˙ – r – m s˙ ara¯ma Entschlossenheit 323, -t al-qalb fi 3l-ah˙ wa¯l – des Herzens in Augenblicken der Bedrängnis ebd. s – g˙ – r s˙ ig˙ar an-nafs Unterwürfigkeit 277 ff. ˙

A. Arabisch-deutsch

s–f–h s˙ afaha ˙vergeben 320. s˙ – f ˙– w ˙ fiya Läuterung 222, at- – 3l-mugˇarrada die tas ˙völlige – ebd. safa¯3 Lauterkeit 259. s˙ – l – h s˙ aluha ˙sich bessern 320. s˙ ala¯h˙ , isla¯h Besserung 233 ff., 320, – qu¯wat al˙ das ˙ fikr ˙ ˙Denkvermögen fördern 233. isla¯h an-nafs – für die eigene Seele 320, – asˇ˙ sˇahwa ˙ – der Begierde 234, – al-hamı¯ya – des ˙ Eifers ebd. s–l–w s˙ ala¯t (Pl. salawa¯t) Gebet 268. s˙ – w – b ˙ ˙ ı¯ba (Pl. masa¯3ib) missliche Lage 325, Unmus ˙ ˙ glücksfall 389, ad-dunya¯ hamma¯lat al˙ Unglücksfälmasa¯3ib das Diesseits bringt viel ˙ le 389. s–w–r ˙ awwara sich vorstellen 180, 230. tas s –˙ w – f ˙ awwuf, at- – die Mystik 271, 378. tas su¯˙fı¯ Mystiker 195, 221, tarı¯q as-su¯fı¯ya Weg der – ˙ 221. ˙ ˙ ˙ s–w–m s˙ a¯ma fasten, saum, as- – das Fasten 261, 314, ˙ – lı¯ wa-3ana˙ 3l-ladı¯ ˙agˇzı¯ bihi, – ist für mich, (f. “¯ derjenige, der dafür beGott) und ich bin lohnt“ 314. – nisf as-sabr – - ist die Hälfte der Geduld 324. s – w˙ – n˙ ˙ s˙ iya¯na Keuchheit 319. ˙ d–b–t d˙ abata ˙unter Kontrolle bringen 326. d˙ abt ˙Beherrschung 324, – an-nafs Selbstbeherr˙ schung ˙ ebd. d – gˇ – r d˙ agˇar Verdruß 324. d˙ – d – d d˙ idd (Pl. adda¯d) Gegenteil 259, 2ila¯gˇuhu bi-did˙ dihi durch ˙ seinen – heilen ebd. ˙ d–r–r d˙ arra, schaden 270, 372, ˙ – Schaden zufügen 397, 400. aad-darar das Schädliche 305, der Nachteil 387. ˙ ˙¯ ra Notwendigkeit 401, Not ebd. daru d˙ aru¯rı¯ notwendig, -ya¯t al-badan Bedürfnisse ˙ des Körpers 402, ad-daru¯rı¯ das Notwendige 234, 379, ˙ ˙

333

– fi 3l-2aql notwendige Gegebenheit der Vernunft 193. d–r–2 ˙ -dara¯2a das Flehen 401, ad d ˙– ˙2 – f d˙ a2f Schwäche 259. d˙ – l – l ˙ alla vom richtigen Weg abbringen 409, ad ˙ ¯ l Irrtum 250, 364, dala ˙ a¯2afat asba¯b ad-dala¯l die Ursachen des – vertad ˙vielfachen sich˙ 250, ˙ ad- – as-sirf der bloße – 291, ˙ ˙ d der reine – 380, 390. ad˙ - – al-mah ˙ ˙ 250. da˙¯ ll irregeleitet d˙ – y – m d˙ aim Unrecht 322. ˙ t–b–b ˙ -tibb die Medizin 312, min gˇihat von seiten at ˙ der ˙ – ebd. t–b–2 ˙ aba2a geprägt werden 322. int ˙ (Pl. tiba¯2) Veranlagung 251, 257, bi-3t-tab2 tab2 ˙ gemäß ˙der – 257, aus – 252. ˙˙ matbu¯2 angeboren 337. t – r˙ – f t˙araf (Pl. atra¯f) Extrem 262, 286, salb at-tara˙ fain Aufhebung ˙ ˙˙ der beiden Extreme 262. t–r–q t˙arı¯q (Pl. turuq) Weg, Methode 194, 221, 236, – ˙ as-sa2a¯da ˙ Der Weg zur Glückseligkeit 194. t–2–m ˙ 2am, ta2a¯m (Pl. at2ima) Nahrung 238, 379, almat ˙ ˙ ¯ m der Zweck der – 238. maqs u¯˙d min at-ta2a ˙ ˙˙ t – g˙ – w t˙ug˙ya¯n tyrannei, Übertretung 393, ˙ ikr al-maut yahu¯lu bain al-insa¯n wa-bain at- – d ¯ das Denken ˙an den Tod hindert den Men˙ schen an – ebd. t – g˙ – y t˙a¯g˙u¯t (Pl. tawa¯g˙ı¯t) Götz 244, ˙ ˙ at-˙ – die – zu Freunden haben, awliya ¯ 3uhum ˙ ebd. t–l–b t˙alaba streben 287. t˙alab, at- – das Streben, at-taqarrub ila 3lla¯h – ˙ nach ˙der Nähe Gottes 327, – al-fadı¯la wa-kama¯l an-nafs – nach Tugend ˙ und Vollkommenheit der Seele 287; Studium 370, ba¯b al-baht wa-3t – - Tür zu Forschung ˙¯ ˙ und – 370. – al-intiqa¯m sich rächen 319.

334

II. Termini und ihre Anwendungen

matlu¯b Ziel 180. t – l˙ – q t˙ala¯qa Heiterkeit 280, 283. ˙ laq absolut 331, – min g˙air ida¯fa ohne Vermut ˙ ˙ ebd. bindung (zu irgendeiner Person) t–m–h t˙amaha ˙begehren 404. ˙ Gegenstand des Begehrens ebd. ˙ mah mat ˙ t – h – r˙ t˙aha¯ra Reinheit 234, ˙ an-nafs – der Seele ebd., -t -t al-qalb Reinigung des Herzens 342, ta¯hir (Pl. atha¯r) rein 259. t˙ – w – r ˙ t˙aur (Pl. atwa¯r) Stadium, Zustand, ˙ wa¯r al-a¯˙ damı¯ Entwicklungsstufe des Menat ˙ schen 392. t–w–2 ˙ a2a gehorchen 289, 323. at ta¯˙2a Gehorsam 185, 240, 289. ˙ z–r–f z˙ arf Anmut, Freundlichkeit 281, – wasat bain ˙ at-taqtı¯b wa-3l-hazl – ist ein Mittleres˙ zwischen ˙Mürrigkeit und übertriebener Scherzhaftigkeit 283. z–l–m z˙ alama Unrecht tun, – zufügen 235. z˙ ulm Unrecht 409. z˙ ulma (Pl. zuluma¯t) Dunkelheit, ˙ ˙ 332. Finsternis 244, z–n–n z˙ anna glauben 241, 250, vermuten 387. zann (Pl. ˙ zunu¯n) Voraussicht 274, Vermutung ˙ 354, s˙awa¯b az-zann genaues Voraussehen 274. ˙ ˙¯ n Vermutungen 354. ragˇ˙ m az-zunu z – h – r˙ ˙ z˙ a¯hir (Pl. zawa¯hir) exoterisch 195, z˙ awa¯hir asˇ˙ -sˇar2 – die Bedeutung des offenbar˙ ten Gesetzes ebd., das Äußere 329, das Klare 367. istizha¯r Unterstützung suchen 380. ˙ 2–b–t ¯ 2abat übertriebene Geselligkeit 284. 2 – b¯– d 2abada dienen 383, 2abd (Pl. 2abı¯d) Sklave, 2abada 3t-ta¯g˙u¯t Götzendiener 382. ˙ ˙ 2iba¯da¯t) religiöse Pflicht 227, Gottes2iba¯da (Pl. verehrung 261, Gottesdienst 383. 2a¯bid (Pl. 2ubba¯d) fromm 261.

ma2bu¯d verehrt 240. id la¯ m2na¯ li-3l-ila¯h illa 3l-ma2bu¯d Denn der Sinn ¯ „Ila¯h“ (Gott) besteht allein darin, daß man ihn verehrt ebd. 2ubu¯dı¯ya Versklavung 318. 2–b–r i2tabara die Lehre ziehen 389. i2tiba¯r Rücksichtnahme 214. 2–b–s 2a¯bis boshaft 230. 2–t–q 2ataqa befreien 396, al-maut ya2tiqu der Tod befreit ebd. 2 – gˇ – b a2gˇaba bewundern 331. 2ugˇb Selbstgefälligkeit 278, Eitelkeit 322. 2 – gˇ – z 2agˇaza unfähig sein 248, 263. 2–d–l 2adala sich abwenden 236. 2adl Gerechtigkeit 234, gˇuma¯2 maka¯rim asˇ-sˇarı¯2a – die Summe aller Tugenden des islamischen Gesetzes ebd. gˇumlat al-fada¯3il – Summe aller Tugenden 272. ˙ 258, i2tida¯l Ausgeglichenheit hadd al- – das mittlere Maß 262, 294. 2˙ – d – m al-2adam das Nichts, das Nichtvorhandensein 381. 2–d–w 2adu¯w (Pl. a2da¯3) Feind 238, a2da¯3 Alla¯h die Feinde Gottes 245. 2ada¯wa Feindseligkeit 312. 2–d–b 2add¯ aba bestrafen 281. ¯ ¯ daba Schmerz empfinden 267. ta2ad 2 – d¯ –¯ r ¯ entschuldigen 290. 2adara ¯ i2tadara sich – 390. 2 – r¯ – d a2rada ˙sich abwenden 368. 2arad˙ (Pl. 2awa¯rid) Akzidenz 262, 2awa¯˙rid al-badan˙ -en des Körpers ebd. ˙ ta2rı¯d Anspielung 366. ˙ i2ra¯d Abkehr 228, – 2an ad-dunya¯- vom Dies˙ 228, – - 2an sawa¯b ar-ra3y die Richtigkeit seits ˙ einer Meinung ablehnen (Abkehr von- – -) 249. 2 – r – sˇ 2arsˇ Thron 395, – rabbı¯ – meines Herrn ebd.

A. Arabisch-deutsch

2–r–d ˙ a2ra¯d) Akzidenz 205, 2awa¯rid al-badan 2arad (Pl. ˙ ˙ Körpers ebd. ˙ Zustände des 2–r–f 2arafa erkennen 215, 242; kennen 290. ma2rifa (Pl. ma2a¯rif) Erkenntnis 199, Wissen 231. -t an-nubu¯wa das Wissen über die Prophetie 231.-t Alla¯h g˙a¯yat kull – die Erkenntnis Gottes ist das Ziel jeder Erkenntnis 351. 2–z–z 2izz Würde 180, Ansehen 190 f. usw. 2–s–b ˙ saba Partei nehmen 406 f., ta2as ta2as˙ s˙ ub Fanatismus, Parteinahme ebd. 2 – s˙–˙ m ˙ Unfehlbarkeit 303, – faid ila¯hı¯ göttliche 2isma ˙ ˙ Ausströmung ebd. 2–s–y ˙ iya (Pl. ma2a¯sin) Sünde 185, 252, 254, ma2s ˙ ¯ sı¯ 3s-sag˙ı¯ra˙ die kleinen – 254, 256. al-ma2a istikra¯h˙ al-˙ –˙ die – verabscheuen 256. tark al- – 3l-mahdu¯ra Unterlassung der verbotenen – 263. ˙ ¯ 2a¯sin (Pl. 2usa¯t) Sündiger, Sünder 291, 371, ˙ -t ˙al- 2usa¯t Sünde der – 291. 2 – sˇ – r ˙ 2isˇra Zusammenleben 283. mu2a¯sˇir Gefährte ebd. 2 – sˇ – q 2asˇiqa begehren 318. 2isˇq Verliebtheit 402. ma2sˇu¯q geliebt 318, 402. muta2asˇsˇiq leidenschaftlich verliebt 318. 2–d–w ˙ (Pl. a2da¯3) Körperglied 248, a2da¯3 abda¯nina 2udw ˙Glieder unserer ˙ ˙ Körper ebd. 2–t–l ta2t˙ı¯l Untätigkeit 253. 2 – ˙t – w a2ta¯˙ geben 235. 2at˙ı¯ya (Pl. 2ata¯ya) Gabe 376, – ˙min g˙air s˙u3a¯l unerbetene – ebd. ˙ 2–f–f 2iffa Enthaltsamkeit 233, 264 usw. al – - fadı¯lat al-qu¯wa 3sˇ-sˇahwa¯nı¯ya – Tugend der ˙ Begierde 264. al- – wa-kama¯luha¯ 3l-wara2 – –, deren Vollkommenheit die Gottesfurcht ist. 294, s. f. 269. 2–f–w 2afw Nachsicht 235, “hudi 3l-2afw, übe Nachsicht (u. Verzeihung)“ ˘ ebd. ¯

335

Verzeihung 320, al- – wa-3t-tagˇa¯wuz awla¯ wa-ahabb Verzeihung ˙ und Vergebung sind angemessen u. wünschenswerter ebd. 2–q–b 2a¯qaba bestrafen 331. 2uqu¯ba (Pl. 2uqu¯ba¯t) Strafe, Bestrafung 320, al2uqu¯ba¯t das Strafrecht 359. 2a¯qiba Ergebnis, Folge 243, 2awa¯qib mahmu¯da gutes Ende 274. ˙ 2–q–d i2taqada glauben 216, i2tiqa¯d Glaube ebd. – 2a¯mmı¯ musammim den festen – eines Unge˙ bildeten haben 377. mu2taqad (Pl. mu2taqada¯t) Meinung 185, Lehre 187, Vertrauen 215. 2–q–l 2aql (Pl. 2uqu¯l) Vernunft 235, 244, 246, 331 f. fadı¯lat al-2aql Tugend der – 237, – ˙wa-kama¯luhu 3l-2ilm – –, deren Vollkommenheit das Wissen ist 294, – - al-2amalı¯ – praktische – 265. 2a¯qil (Pl. 2uqala¯3) vernünftig, klug 235, fi2l muhaqqiqi 3l-2uqala¯3 Handlungen der Scharf˙ sinnigen unter den Vernünftigen 288. laisa min al- – Es ist unvernünftig 394. 2 – l – gˇ 2ila¯gˇ Heilung 249 f. – an nafs bi-mahwi 3r-rada¯3il 2anha¯ – der Seele ¯ der Laster 258, – al˙ durch die Beseitigung abda¯n bi-mahwi 3l-2ilal 2anha¯ – der Körper ˙ durch die Beseitigung der Krankheiten ebd. 2–l–q 2ala¯qa (Pl. -a¯t, 2ala¯3iq) Verstrickung 192, Bindung 196, at-tagˇarrud 2an 2ala¯3iq ad-dunya¯ sich von den -en an Diesseitiges befreien ebd. s. f. 392. laisat mahsu¯sa bal ma2qu¯la nicht sinnlich son˙ dern geistig 251, s. f. 343. 2–l–l 2illa Übel (Pl. 2ilal) 249, Krankheit 263, 389. 2–l–m 2ilm (Pl. 2ulu¯m) Wissen, Wissenschaft 179, 227 ff. 242. 2ulu¯m haqı¯qı¯ya wahrhaftiges Wissen 226, ˙ ¯ nı¯ya auf Argumentation beruhende – – burha (argumentative – ) 228, – nazarı¯ya theoretische – 227, 229, ˙ ¯ya praktische – ebd. – 2amalı – kasbı¯ya erlernbare – 227. 2a¯lam (Pl. 2awa¯lim) Welt 216,

336

II. Termini und ihre Anwendungen

– kabı¯r Kosmos 238, makrokosmos 238, – sag˙ı¯r mikrokosmos ebd. ˙¯m Unterricht 408. ta2lı ta2allum Lernen 258 usw. imka¯n at- – die Fähigkeit zum – 302. 2a¯lim (Pl. 2ulama¯3) Wissenschaftler 228, – mustaqill selbständig – ebd. – mutahattik schamlos – 372, al-2ulama¯3 waratat al-anbiya¯3 die Gelehrten sind die Erben der¯ Propheten 264. 2–l–w ta2a¯la¯ erhaben 404. isti2la¯3 Dominanz 272. 2–m–l 2amal Handeln 179, – al-qalb Herztätigkeit 377. al-mu2a¯mala¯t das Privatrecht 359. 2–m–m 2umu¯m allgemein 330, bi-hasab – an-naf2 vom – Nutzen abhängig sein ˙ ebd., umfassend ebd. 2a¯mmı¯ (Pl. 2awa¯mm) ungebildet 405, 407, istitba¯2 al-2awa¯mm Anhängerschaft der – erzielen 407. 2–n–d 2a¯nada sich widersetzen, mu2a¯nid Widersacher 333. 2–n–y 2ana¯ meinen 180. 2ana¯3 Plage 180, ladda bi-la¯ 2ana¯3 Genuß ohne – ¯¯ ebd. 2ina¯ya Vorsehung 303, al- – 3l-ila¯hı¯ya göttliche – ebd. ma2nan (Pl. ma2a¯nin) Begriff 254, Ausdruck 203, – li-3n-nafs Ausdruck der Seele 203. Sinn 240, Auffassung 290. 2–w–d ta2awwada, i2ta¯da sich gewöhnen 249, 379. 2a¯da Gewohnheit 244, 251, 379, – 2a¯da¯t sayyi3a schlechte – 255, – hasana gute – ebd. ˙ ¯ d Gewöhnung 258, 267. i2tiya al-ma2a¯d das künftige Leben 384. 2–w–d ista2a¯da¯ Zuflucht suchen 245. 2 – w –¯ m 2a¯mm (Pl. 2awa¯mm) ungebildet 378, 2a¯mma gewöhnliche, gemeine Menschen 334, 347, rutbat al- – Stufe der gemeinen Menschen 287.

2–w–n a2a¯na helfen 241. i2a¯na Hilfe 303. ta2a¯wun Zusammenarbeit 273. 2–y–r 2a¯r (Pl. a2ya¯r) Schande 371. 2iya¯r (Pl. -a¯t) Maß, -stab 260. mi2ya¯r (Pl. ma2a¯yı¯r) Kriterium 179, 263, – al-2ilm – des Wissens 179, – al-a2ma¯l – der Handlungen 263. 2–y–n 2ayyana bestimmen 260, – at-tarı¯q den Weg bestimmen ebd. 2 – y˙ –˙ sˇ 2aisˇ Leben, fudu¯l al- – Wohlstand 325. ˙ ma2a¯sˇ Lebensunterhalt 384. g˙ – b – t g˙abata ˙ wohlwollend, g˙ibta Wohlwollen 323, ˙ ˙ 325, al- – mahmu¯da das – ist lobenswert 325. g˙ – b – n˙ g˙abn Betrügerei 272 f. tag˙a¯bun Zustand des Betrogenen ebd. mag˙bu¯n betrogen 381. g˙ – d – w g˙ida¯¯3 (Pl. ag˙diya) Ernährung, 258 f., ¯ ¯ 2awa¯rid al-ag˙diya von der – ab312, Nahrung ˙ hängig 258, – muqawwi 2sˇ¯-sˇahawa¯t – ist eine Stärkung der Begierde 312, s. f. 314. g˙ – r – r ig˙tarra getäuscht werden 244, bi 3l-ladda¯t al-2a¯gˇila vom augenblicklichen An¯¯ genehmen ebd. g˙uru¯r Täusachung 400, 2ain al-g˙uru¯r reine – ebd. g˙ – r – z g˙arı¯zı¯ angeboren 337. g˙ – r – d ˙ ag˙ra¯d) Ziel 241, g˙arad (Pl. ˙ ta2allala li-ag˙ra¯˙dihi seine Ziele rechtfertigen ˙ ebd. g˙ – r – q istig˙ra¯q Versenkung 348. li-muh al-2iba¯da¯t – in das Wesen der Gottes˘ dienste ebd. g˙ – r – w g˙ara¯, ag˙ra¯ verführen 372, 376. ig˙ra¯3 Verführung, Verlockung 371, fa-yanqalibu 3n-nahy – so wird das Verbot zur – ebd.

A. Arabisch-deutsch

g˙ – s – b ig˙tas˙ aba widerrechtlich aneignen 217. g˙ – d˙ – b ˙ zürnen 320. g˙adiba ˙ g˙adab Zorn 236 ff. tı¯h˙al-g˙adab Hochmut des – ebd. ˙ g˙adabı¯ wütend 201, zornig 233, qu¯wa g˙adabı¯ya ˙ ˙ wütende Kraft ebd., 248, -t al- – die Heftigkeit des – 261, af2a¯l al- – die Handlungen, die durch den – ausgelöst werden 319, al- – g˙u¯l al-2aql der – ist das größte Unheil für die Vernunft 320. g˙ – f – l g˙afla Sorglosigkeit 182, radı¯lat al- – Untugend der – 221. ¯ (Pl. g˙uffa¯l) sorglos 249, 393, wa-huwa g˙a¯fil 3l-ahmaq al-haqı¯qı¯ die wahrhaft törichten ˙ 372. 393,˙ unachtsam g˙ – l – b g˙alaba beherrschen 240, g˙alabahu 3l-hawa¯ von der Leidenschaft beherrscht ebd. g˙ – l – w g˙ulawa¯3, g˙ulwa¯3 Übermaß 236. g˙ – l – y g˙alaya¯n Aufwallen 321, – damm al-qalb – des Blutes im Herzen ebd. g˙ – m – r g˙umr (Pl. g˙umu¯r) naif 275. g˙ama¯ra Naivität ebd. – qillat at-tagˇriba bi3l-gˇumla fi 3l-umu¯r al-2amalı¯ya sie bedeutet im allgemeinen wenig Erfahrung in praktischen Angelegenheiten ebd. g˙ – m – m ig˙tamma sich sorgen 306. g˙amm (Pl. g˙umu¯m) Trauer 326, Kummer 190, 388. nafy al- – Vermeidung des – 388. ig˙tima¯m Traurigkeit 283. g˙ – n – y istag˙na¯ verzichten 238, yawaddu lau istag˙na¯ 2an at-ta2a¯m wünschte, auf ˙ ˙ ebd. die Nahrung – zu können g˙inan Reichtum 180, – la¯ faqr ma2ahu Reichtum ohne Verarmung 294. g˙ – y – b g˙ı¯ba Verleumdung 327, (min) qaba¯3ih al-lisa¯n – ˙ ebd. gehört zu den Hässlichkeiten der Zunge al-kaff 2an al- – sich der – enthalten ebd.

337

g˙ – y – z ˙ 233, g˙aiz Zorn ˙ kazm al- – Unterdrückung des – ebd. g˙ –˙ y – y g˙a¯ya (Pl. -a¯t) Ziel 217, 374, al- – 3l-matlu¯ba das ˙ erstrebte – 217, -t asˇ-sˇai3 – - eines Dinges 374, Zweck 263, Sinn 264, -t al-mahzu¯r Sinn des Verbotenen 264. ˙˙ f–t–h infatah˙a sich offenbaren 228. f – t – ˙r fattara abhalten 303, tufattiruhu 2am-ma¯ fı¯hi fasa¯duhu ihn (den Menschen) von dem abhält, was sein Verderben bewirken könnte ebd. futu¯r Nachlässigkeit 179 ff. al- – 2an talab as-sa2a¯da die – im Streben nach ˙ der Glükseligkeit ebd. f–t–n fitna (Pl. fitan) Versuchung 374, „innama¯ amwa¯lukum wa-awla¯dukum –, Euer Vermögen und eure Kinder sind euch eine –“ ebd. f – gˇ – r fugˇu¯r Unsittlichkeit 315, ad-da2wa ila 3l- – zur – führen ebd. f – h – sˇ ˙ˇ (Pl. fawa¯hisˇ) Freveltat 233. fa¯his ˙ ˙ f–h–m ˙ afhama zum Schweigen bringen 352 f. ifh˙a¯m al-hasm den Gegner – - – ebd. f –˙ h – r ˘ ˙ fahr˘ Stolz 321. ˘ a¯r Prahlerei 322. iftih f – r˘ – t ˙ ifra¯t wa-tafrı ¯t das Zuviel und das Zuwenig 269, –˙kull da¯lik˙ nuqsa¯n – stellen in all diesen Din¯ Mangel ˙ dar ebd. gen einen f–d–l fadı¯˙la (Pl. fada¯3il) Tugend 219, ummaha¯t al˙fada¯3il die Kardinaltugenden ˙ 264. ˙ q–b–h qabbaha˙ schlecht machen 367, ˙ qubh Hässlichkeit 299, al- – madmu¯m – - ist ¯ ˙ tadelnswert ebd. al-qabı¯h das Böse 233, 249, das Hässliche 306. ˙ das Hässlichste 309. al-aqbah ˙ qaba¯3ih) böse Handlung 246. qabı¯ha (Pl. ˙ ˙ taqbı¯h Verabscheuung 288, Abwertung 367. ˙

338

II. Termini und ihre Anwendungen

q–b–d inqiba¯d˙ Anspannung, Beklemmung 266, 281, al- –˙ 2an al-qubh – die Beklämmung (des ˙ Menschen) angesichts eines Lasters 281. q–b–l qabu¯l Wohlgefallen 242. maqbu¯l wohlgefällig ebd. q–t–r taqtı¯r verbissener Geiz 284. q–d–r qadr Maß 267, al- – al-wa¯gˇib das erforderliche – ebd., Stand 250, Bedeutung 373. qudra (Pl. qudra¯t) Fähigkeit 274, al- – 2ala¯ sawa¯b al-hukm – –, ein richtiges Urteil ˙ ebd. ˙ zu fällen taqdı¯r Abschätzung, husn at- – Maßhalten 280, ˙ 282, Wirtschaftlichkeit 280, – al-i2tida¯l fi3n-nafaqa¯t – ein Mittleres im Geldausgeben 282. q–w–y qu¯wa (Pl. quwan) Kraft, Vermögen, Fähigkeit, – an-nafs Seelenkräfte 209, -t al-2aql das Denkvermögen 210 ff. k–b–r takabbara sich hochmütig verhalten 344. kibr, takabbur Hochmut 259, 277, huwa raf2 an-nafs fauqa qadriha¯ – ist die Selbsterhebung über den eigentlichen Rang 279. kibar hohes Alter 288. – an-nafs Großherzigkeit 276. k–t–m katm Geheimhaltung 324, – as-sirr Verschwiegenheit ebd. k–t–r ¯ Häufigkeit 260. katra k –¯ d – r kudu¯ra (Pl. -a¯t) Betrübnis 196, Befleckung 208. tasfiyat an-nafs 2an al- -a¯t die Läuterung der ˙Seele von den Betrübnissen 196. k–d–b kadd¯ aba für Lügner gehalten 368, ¯¯ in Widerspruch stehen 370. k–r–m kara¯ma Edelmut 190. k–r–h kariha hassen, verabscheuen 256. kara¯ha, kara¯hiya das Verwerfliche 312. makru¯h verhaßt, verwerflich 311. istikra¯h Verabscheuen 256, 397, – al-ma2siya die Sünde verabscheuen 256. ˙

k–z–z kaza¯za Strenge 284 f. al- – ifra¯t fi 3l-gˇidd das Übermaß an Ernst 285. k – s – b˙ iktasaba verdienen 362, kasb Erwerb 257, 372, – al-kama¯l 2ala¯ hasab al-imka¯n die größtmögli˙ der Vollkommenheit 293. che Aneignung muktasab erworben 337. k–s–l kasal Untätigkeit 253, Faulheit 261, 400, – la¯zib starke – 400. k – sˇ – f. kasˇafa aufdecken 357, 359. inkisˇa¯f Enthüllung 357, – al-hqa¯3iq – der Wahrheiten ebd. k – z –˙ m ˙ Unterdrücken 324, kazm ˙ ˙ aiz wa-3l-g˙adab – von Wut und Zorn ebd. – al-g ˙ k–f–r˙ kufr Unglaube 291, – al-mahd der reine – ebd. ˙˙ k–l–l kull universell, kullı¯ya, al- – (Pl. kullı¯ya¯t) die Universelle 205, al-ma2a¯ni 3l-kullı¯ya 3l-mugˇarrada 2an al-2awa¯rid die universellen, von allen ˙ Begriffe ebd. Akzidenzien freien l–3–m lu3m Knickrigkeit 284. la3ı¯m der Knickrige ebd. l–b–s iltabasa zweifelhaft, zweideutig sein 228. mulabbis Zweifel säen 236. talbı¯s Verschleierung, das Falsche 243. iltiba¯s Verwirrung 306. l – gˇ – gˇ lagˇa¯gˇ Unnachgiebigkeit 322. l–d–d ¯ d¯ a genießen 307. istalad ¯ ¯ la¯-yastaliduha¯ illa¯ 3l- hakı¯m die Weisal-hikma ˙ ¯ einem Weisen ˙ heit wird nur von genossen ladda (Pl. ladda¯t Genuß 182 ff., 307, ¯ ¯2an idra¯k¯ al-mus ¯ ˇ taha¯ der – besteht in der 2iba¯ra Wahrnehmung des Begehrten ebd. 2aqlı¯ya geistiger – 182, 307, hissı¯ya sinnlicher Genuß 183. –˙ badanı¯ya körperlich 246. – mutlaqa absolut 308. istilda¯˙d Genuß empfinden 256, – at¯-ta¯¯2a – in der Verrichtung der frommen ˙˙ Handlungen empfinden ebd.

A. Arabisch-deutsch

ha¯zim al-ladda¯t Bezwinger der Genüsse (der Tod) 393.¯ ¯ mulidd angenehm 244, fi 3l-ha¯l was im Augen¯ ¯ – ist ebd. ˙ blick ladı¯d köstlich 306. l –¯ t ¯– f ˙ tafa sich zurückhalten 377, talat ˙˙ li-yakun al-2a¯lim mutalattif der Gelehrte soll – ˙˙ ebd. l–2–n tala¯2ana sich gegenseitig verfluchen, verfeinden 395. la2ı¯n, mal2u¯n verflucht 326, 381. l–f–t iltafata sich kümmern 383, lam yaltafitu¯ aslan ila 3d-dunya¯ sie – - über˙ das Diesseits ebd. haupt nicht um iltifa¯t Rücksicht 382, bi-la 3ltifa¯t ila 3l-2uqba¯ ohne – auf das Ende ebd. l–f–z ˙ lafz (Pl. alfa¯z˙) Ausdruck, Aussprache 230, ˙mu¯gˇiba¯t al-alfaz˙ Phonethik 230, ˙ sˇarh al-alfaz Etymologie 230, ˙ ˙ tafsı¯l al-alfaz Semantik ebd. ˙ l – ˙h – m ilha¯m Inspiration 206, – ila¯hı¯ göttliche – ebd. l–w–h ˙ la¯ha erscheinen 403. l –˙ w – t ˙ liwa¯ta Homosexualität 317, ˙ ¯ f als Maßlosigkeit ebd. – isra l–w–m laum, mala¯m Tadel 247. m–t–l ¯ (Pl. amta¯l) Gleichnis 339 f., matal ¯ Analogie 235,¯ Symbol 354, 374 f. m – gˇ – n magˇa¯na Narrheit 284 f. m–h–w maha˙¯ tilgen, auslöschen 404. mah˙ w Beseitigung 258, ˙ – ar-rad a¯3il – der Laster ebd. – al-2ilal¯ – der Krankheiten ebd., irtiba¯t as-sa2a¯da bi- – wa-itba¯t die Bindung der ˙ Glückseligkeit an die¯ Beseitigung (der schlechten Charaktereigenschaften und die Festigung der guten) 358. m–r–h ˙ marah Freude 313, ˙ sarı¯2 al-marah von der – schnell erfaßt ebd. ˙

339

m–r–s muma¯rasa Praxis 257. m–r–y ma¯ra¯ streiten 361. mira¯3 Streitsucht 322. m – z – gˇ miza¯gˇ (Pl. amzigˇa) Temperament 258, 322 f., Gemüt 321, 408. m–z–h ˙ miza¯h Scherz 322. ˙ m–k–r makka¯r listig 236. m–k–n amkana möglich sein 392. imka¯n Möglichkeit 247. – tag˙yı¯r al-huluq –, die ethische Gesinnung zu ˘ ändern ebd. mumkin möglich ebd., s. f. 358, 394. m–l–q malaq Schmeichelei 285. – at-tahabbub ila-3l-mu2a¯sˇirı¯n ˙ – bedeutet, sich den Gefährten beliebt zu machen ebd. m–l–k malaka beherrschen 241. malak (Pl. mala¯3ika) Engel 231. mulk, malaku¯t Königreich 192, malaku¯t as-sama¯wa¯t wa-3l-ard Königreich des Himmels u. der Erde 216. ˙ malaka (Pl. malaka¯t) Begabung, Fähigkeit 227, – ta¯bita ra¯siha fi 3n-nafs fundierte geistige – in ¯ Seele ˘ der m–n–h ˙ minha Gabe 387. m – ˙n – w tamanna¯ wünschen 325. munya (Pl. munan) Wunsch 393, g˙urab al-muna¯ seltsame – ebd. m–h–n maha¯na Selbstverachtung 278. m–h–y ma¯hı¯ya Wesenheit 395, haqı¯qat an-nafs wa- -tuha¯ Wahrheit der Seele ˙ und ihre – ebd. m–w–t ma¯ta sterben 268, id yamu¯t al-mar3 2ala¯ ma¯ 2a¯sˇa 2alaih Denn der ¯ Mensch stirbt in den Lebensgrundsätzen, nach denen er gelebt hat, ebd. maut Tod 292, 395, baya¯n nafyi 3l-hauf min al- – ˘ vor dem – über die Verbannung der Angst

340

II. Termini und ihre Anwendungen

393, al- – taur a¯har min al-atwa¯r der – ist eine ˘ Entwicklung ˙ von ˙ 292. andere Form mayyit (Pl. amwa¯t) tot 390, 393 f. m–w–l ma¯l (Pl. amwa¯l) Reichtum 295, 308, 387, ta¯ra yagˇdibu ila 3r-radı¯la wa-ta¯ra yagˇdibu ila ¯ ¯ Mal 3l-fadı¯la¯ Der Reichtum führt das eine zum˙ Laster, das andere Mal zur Tugend 308. m–y–z mayyaza unterscheiden, sortieren 214, 242. tamyı¯z Unterscheidung 179, Untrerscheidungsvermögen 254. m–y–l ma¯la zuneigen 244. n–b–d tana¯bud¯ gegenseitige Beschämpfung 327. n – b – t¯ istinba¯t˙ 214, – al-magˇhu¯l Erschließung des be˙ kannten, ebd, Schlussfolgern 366. n–b–l nubl Edelsinn, Großmut, 277, suru¯r an-nafs bi-3l-af2a¯l al-2iza¯m – ist das Bemü˙ hen um Handlungen wegen ihrer Schönheit ebd. n–b–h nabbaha aufmerksam machen 293, 313, hinweisen 367. tanabbuh Erwachen 256. n–b–w nabı¯y (Pl. anbiya¯3) Prophet 231, 256 usw. nubu¯wa (Pl. -a¯t) Prophetie ebd. 231, 387. rutbat an – - Eigenschaft der – ebd. n – gˇ – d nagˇda Mnnhaftigkeit 276. n – gˇ – s nagˇis (Pl. angˇa¯s) unrein 342, ang˘a¯s as-sifa¯t – ˙ ˙ Charaktereigenschaften ebd. ˇ n–g–w nagˇa¯t Heil 194 f., 248, 353, Rettung 398. n–h–w ˙ Grammatik 230. nahw ˙ n–z–2 al-qu¯wa 3n-nuzu¯2ı¯ya die begehrende Kraft 201. n – z – g˙ nazag˙a Aufstacheln 245. n–z–l manzila (Pl. mana¯zil) Rangstufe 385. n–s–b nasab Nachkommenschaft, Verwandschaft 319, li-hifz al-ansa¯b um die – zu sichern ebd. ihta˘ ˙ ˙

latat al- – die – werden durcheinander ge˙ bracht ebd. nisba (Pl. nisab) Verhältnis, – ila¯ in Analogie zu 184. tana¯sub Harmonie 273. n–s–k na¯sik (Pl. nussa¯k) der Fromme 383. n–s–b ˙ Mühsal 398. nasab n –˙ s – h ˙ nasa¯3ih) Ratschlag 236. nush˙ (Pl. ˙ (Pl. nus ˙ sa¯˙h) Ratgeber 235. na¯s˙ih ˙˙ ˙ n –˙ s˙ – r tana¯˙sur gegenseitige Unterstützung 406. n – s˙– f insa¯˙f gerechte Handlung 294. n –˙ d – l ˙ bekämpfen 389. na¯dala n –˙ z – r ˙ fakkara überlegen, nachdenken 318. nazara, na¯z˙ ir (Pl. nuzza¯r) Denker, an-nuzza¯r die speku˙ ˙˙ ˙˙ lativen Denker 223 f. nazarı¯ theoretisch 227, 2ulu˙¯ m nazarı¯ya – Wissenschaften ebd., 229. ˙ mana¯zir) das Äußere 300, al- – wamanzar (Pl. ˙ ˙ das Innere ebd. 3l-mahbar – - und ˘ na¯zara diskutieren 407, ˙ ¯ zara Streit ebd., Auseinandersetzung 353. muna n – z –˙ f naza¯˙ fa Sauberkeit 261, ˙ ¯ na fi-3n-naza¯fa Sauberkeitswahn ebd. ar-ru2u ˙ n–z–m intiz˙a¯m Maßhalten 280, 282. n – ˙2 -. m an2ama als Gabe verschenken 302, eine Wohltat bescheren 390. tana22ama genießen, Freude empfinden 255. ni2ma (Pl. ni2am) Gabe 293, 302. tana22um Genuß 381. n–f–r nafra Abneigung 183. n–f–s muna¯fasa Rivalität 241. nafs (Pl. nufu¯s) Seele 190, 265 usw., gˇauhar ba¯qin überdauernde Substanz 190, ma2rifat an- – Erkenntnis der – 199, zagˇr an – - 2an al-fawa¯hisˇ die – - -wendet sich von Freveltaten 233, ˙ kaff an- – 2an at-tasˇaffı¯ die Zügelung der – in bezug auf Ungerechtigkeit und Rachsucht ebd. taha¯rat an- – Reinheit der – 234, ˙

A. Arabisch-deutsch

mugˇa¯hada fi 3n- – Kampf unter Einsatz der eigenen Person 235, an – - al- amma¯ra bi-3s-su¯3 der zum Bösen antreibende Teil der – 238, 2agˇa¯3ib an-nufu¯s al-insa¯nı¯ya wa-3l-hayawa¯nı¯ya ˙ Wunder der menschlichen und tierischen – 231, – 2a¯qila vernünftig 266, dabt an – - Selbstbeherrschung 324, ˙ ¯˙mul an – - wa-tazkiyatuha¯ wa-tasfiyatuha¯ taka ˙ Vervollkommnung der – ihre Läuterung und Reinigung 251, s. f. 254. nafsı¯ psychisch, seelisch 373, fada¯3il nafsı¯ya seelische Tugenden 308, 373, ˙ hadı¯t an- – Selbstgespräch 382. n˙ – f¯– 2 nafa2a Nutzen ziehen, nützen 362, 372. naf2 Nutzen 330, bi-hasab 2umu¯m an-naf2 von dem allgemeinen –˙ abhängig ebd. na¯fi2 nützlich, sinnvoll 230. n–f–q nifa¯q Heuchelei 254. muna¯fiq Heuchler 313. infa¯q Ausgabe 382. n–f–y nafy Verneinung 265, gehört zu der Summe der Wissenschaften ebd. n–q–s nuqsa¯n ˙Mangel 255, Mangelhaftigkeit 388. ˙ a Minderwertigkeit 279, min g˙air – ohmanqas ne – ˙ebd. na¯qis unvollkommen 259. n – q˙ – d tana¯qad˙a sich widersprechen, naqı¯d Gegenteil ˙ 236. ˙ tana¯qud (Pl. -a¯t) Widerspruch 339. ˙ n–q–m intiqa¯m Rache 322, sˇahwat al-intiqa¯m die Rachsucht ebd. n–k–h ˙ ankiha) Heirat, Ehe 270, sexuelle nika¯h (Pl. ˙ ˙ Betätigung ebd. rub2 an-nika¯h Zivilrecht (Familienrecht) 359. ˙ n–k–r ankara leugnen 247, verkennen 405, yunkiru wugˇu¯d Alla¯h ta2a¯la¯ die Existenz des erhabenen Gottes – 407. n–k–s intika¯s Rückstand 364. n–k–l nakala zurückweisen 188, naka¯l exemplarische Bestrafung 375,

341

nuku¯l Versagen 278 f. n–m–m namı¯ma üble Nachrede 327. n – h – gˇ manhagˇ (Pl. mana¯higˇ) Methode 365. al- – al-qawı¯m die richtige – ebd. n–h–m naham Heißhunger 313. n–h–y naha¯ verbieten 326. nahy Verbot 261, yahrugˇu 2an mu¯gˇib an- – die ˘ Grenzen des Verbotenen überschreiten ebd., s. f. 371. manhı¯y verboten ebd. n–w–r na¯r Hölle 290. nu¯r Licht 244, – ila¯hı¯ göttliches ebd, s. f. 271. n–w–l tana¯wul Einnahme 372, – al-ma¯l – v. Geldern ebd. n–w–y nı¯ya (Pl. -a¯t) Absicht, Intention 315, al-a2ma¯l bi-3n-nı¯ya¯t die Handlungen werden nach ihren – beurteilt ebd. n–y–l na¯la erlangen, erreichen 325, nail Erlangung 245, – as-sa2a¯da – der Glückseligkeit 256, – marda¯t Alla¯h – der Wohlgefälligkeit Gottes 327.˙ h–t–k hataka verletzen 366. hutka, tahattuk Schamlosigkeit 282, 284 f., 372, al-2a¯lim (yug˙rı¯ 3n-na¯s) bi-tahattukihi Der Gelehrte (verführt die Menschen) durch seine – 372. mutahattik schamlos ebd. h–d–3 hudu¯3 Gemütsruhe 280, suku¯n an-nafs fı¯ ma¯ tana¯luhu min al-ladda¯t al-gˇamı¯la – ist das stille ¯ ¯ bei der Erlangung angeVerharren der Seele nehmer Genüsse 282. h–d–y hada¯ führen 268, „ihdina 3s-sira¯t al-mustaqı¯m, ˙ ˙ Weg“ ˙ ebd., Führe uns auf den geraden rechtleiten 301. ihtada¯ rechtgeleitet 244, 302, ihtadat bi-nu¯rihi durch das Licht (Gottes) rechtgeleitet werden 244. huda¯, hida¯ya rechte Leitung 295. al-huda 3l-mutlaq die absolute – - 303. ˙

342

II. Termini und ihre Anwendungen

h–d–b tahd¯ı¯b Erziehung 232, an –¯ nafs – der Seele ebd., Erziehbarkeit 247, Verbesserung 258, tahdı¯b al¯ qu¯wa 3l-2aqlı¯ya Erziehung der geistigen Kräfte 327. h–m–m hamma sich entschließen, bi kull al-himma mit Entschlossenheit 222. h–w–y hawa¯ Neigung, Leidenschaft 231, Neigung 237, 245 f., 251, ittahada ila¯hahu hawa¯h seine – zu ˘ ¯ seinem Gott machen 237, 240. mugˇa¯hadat al- – Kampf gegen die – 240. ittaba2a hawa¯h persönlichen Neigungen folgen 237. isˇa¯rat al- – Anweisung der Leidenschaft 242, s. f. 245. ahl al-ahwa¯3 abtrünnig 347. h–y–3 hai3a (Pl. -a¯t) Form 223, -a¯t – der Wörter ebd. Haltung 251, -a¯t hasana gute Haltungen ebd. ˙ h–y–b haiba Würde 366. w–t–q ¯ vertrauenswürdig, siya¯sa mautu¯q biha¯ watiqa ¯ ¯ auf sichere Weise 224. w – gˇ – b wagˇaba müssen 179, – ma2rifat al-2amal almus2id (wir) müssen das zur Glückseligkeit führende Handeln erkennen ebd, notwendig sein 183, verlangen 183, yu¯gˇibu ziya¯dat algˇidd mehr Anstrengung – ebd., s. f. 205. w – gˇ – d wugˇida vorhanden sein, existieren 248. wugˇu¯d Existenz 248 f.

w–d–d wudd Zuneigung, Freundlichkeit 363. w–r–t ¯ warita erben 404. ¯ wa¯rit (Pl. warata) Erbe 404 „al-2ulama¯3 waratat ¯ ¯ Gelehrten sind die – der Pro¯ al-anbiya ¯ 3 Die pheten“ ebd. w–s–t ˙ das mittlere Maß 268, wasat, al˙ – – al-mah mu¯d das lobenswerte – - 269. w–s–f ˙ ˙ -a¯t) Eigenschaft, Charaktereigenschaft sifa (Pl. ˙ 262, -a¯t an-nafs -en der Seele 253, – Alla¯h Eigenschaften Gottes 229, – g˙arı¯ba besondere Charaktereigenschaft 215. wasf Beschreibung, Charakteristik, al- ˙– bi-3sˇ-sˇagˇa¯2a Lobpreisung seiner Tapferkeit 184. w–s–l ˙ gelangen 195, sa2a¯dat kull sˇai3 fı¯ wusu¯lihi wasala ˙ ¯ kama¯lihi 3l-ha¯ss bihi das Glück jeder ˙ Saila ˘ ˙ ˙ che (besteht darin), zu der ihr eigenen Vollkommenheit zu gelangen 195. w–s–y wası¯˙ya (Pl. wasa¯ya¯) Empfehlung 247. ˙ w –˙ d – 2 tawa¯˙da2a sich demütig geben 279. tawa¯d˙ u2 Demut 259, 277. w – q˙ – r waqqara respektieren 333. waqa¯r Respekt, 215, Würde 277. w–l–y walı¯y (Pl. awliya¯2) Gottesvertrauter 222, – Alla¯h die – ebd. w–h–m wahm Phantasie 211. w–q–2 tawaqqa2a, tawaqqu2 Erwartung 224.

B. Deutsch-arabisch

343

B. Deutsch-arabisch Dieser Index enthält die wichtigsten Begriffe, die in der Übersetzung des Textes al-Ghaza¯lı¯’s, unabhängig von ihrer sonstigen sprachlichen Bedeutung vorkommen. Der Nicht-Kenner der arabischen Sprache möge darin eine Hilfe finden, die ihm unter anderem die Suche nach dem Stamm der gewünschten Begriffe in arabischer Sprache erspart. Für den Kenner aber möge dieser Index eine zusätzliche Hilfe sein, indem er dann auf den ersten Index zurückgreifen und den gewünschten arabischen Terminus in seiner ausführlichen Anwendung mit Textbelegen leicht finden kann. Die Ziffern beziehen sich auf die Ausgabe D.

Abkehr i2ra¯d 228, – vom Diesseits – 2an ˙ ad-dunya¯ 228. Abneigung taha¯sˇin 283, nafra183. absolut mutlaq˙ 331. ˙ absurd, Absurdität ba¯til, al- 293. ˙ abstoßen dafa2a 298. abwehren, zurückhalten, Abwehr, Abstoßkraft daf2 212 f. s. abwenden a2rada 368. ˙ Akzidenz 2arad 262, – des Körpers 2awa¯rid al˙ badan 262. ˙ allein sein hala¯, – mit sich – bi-nafsihi 378. ˘ ¯ m 330. allgemein 2umu Altruismus ı¯ta¯r 233. ¯ ˇ rı¯h 224, Anathomie tas ˙ – der Organe – al-a2d a¯3 ebd., – der Körper – al˙ agˇsa¯m 215.

Ärgernis adan 220. Auffassung,¯ Begriff, ma2nan 254. aufrichtig siddı¯q 242, 257, 347. ˙ Aufrichtigkeit ihla¯s 291 f. ˙ Argument hugˇgˇ¯a 244. ˙ wahrhaftige – hugˇagˇ haqı¯qı¯ya 244, unbegründe˙ ˙ ¯ hugˇgˇa 384. te Aussage qaul bi-la Askese zuhd 385, – ist ˙die der Seele az-zuhd zuhd an-nafs 387. asket za¯hid 379, 386. Atom darra 180. ¯ Auferstehung ba2t 190. Aufstachelung tah¯ rı¯d 371, s. f. 245. ˙ Ausdauer ihtima¯l˙276. ˙ Ausgeglichenheit i2tida¯l 258, sie beherrscht meist das Temperament al-g˙a¯lib 2ala¯ 3asl al˙ miza¯g˘ al-i2tida¯l ebd. Auslegung ta3wı¯l 369.

Anfang ibtida¯3 288. angeboren matbu¯2 337, g˙arı¯zı¯ 337. Angelegenheit˙ amr 199. Angst hauf, – verspüren istasˇ2ara 3l- – 332, s. f. ¯ 287, 394. ängstlich mutahawwif 384, – nach Sicherheit ¯ 3s-sala¯ma ebd. streben – talaba ˙ Anhängerschaft Anmut, Freundlichkeit zarf 281. anordnen rattaba 273. ˙ Anregung ita¯ra 317. ¯ -t asˇ-sˇahwa ebd. – der Begierde Anreiz targ˙ı¯b 247, den Wunsch erwecken 270 f., 278, 392. Anrufung des Namens des erhabenen Gottes dikr Alla¯h ta2a¯la¯ 222. ¯ Anstrengung sˇidda 313. Anthropomorphismus tasˇbı¯h 405. Anthropomorphist musˇabbih ebd. Anspielung ta2rı¯d 366. Anweisung irsˇa¯d˙ 407 f., isˇa¯ra 242, – der Vernunft -t al-2aql 242, – der Leidenschaft -t alhawa¯ ebd. Apostasie, Abtretung Abwendung (v. Islam) ridda 242.

barmherzig rahı¯m 384. ˙ rahma 293. Barmherzigkeit bedauern asifa 397.˙ Bedauern asaf 267, 388. Bedingung, Prinzip sˇart 179, 220. bedingt masˇ˙ ru¯t ebd. ˙ Bedrängen, drängen arhaqa 237, zum Gehorsam arhaqa ila 3t-ta¯2a 237. ˙ ˙ 377. befehlen amara 268. Bedürfnis ha¯gˇa 306, ˙ beeinflusst muta3attir 251. ¯ ¯ Befehlshaber amı¯r 236. befehlen amara 260. befreien 2ataqa 396, der Tod – al-maut ya2tiqu ebd. begehren rag˙iba 271. begierig machen targ˙ı¯b 247, wegen anderer Güter – li-g˙airihi ebd. Begierde sˇahwa 184, 212, 221, sexuelle – -t alfarg˘ 270. begehrenswert musˇtahan 282, Befriedigung der Begierde qada¯3 asˇ-sˇahwa 261, ˙ ¯ l asˇ- – 284. s. f. 394, Ermattung der – kala begehrend sˇahwa¯nı¯ ebd. die begehrende Seele an-nafs asˇ-sˇahwa¯nı¯ya ebd. behaupten za2ama 241. beherrschen dabata, Beherrschung dabt 324, ˙ ˙ – an-nafs ebd. ˙ ˙ Selbstbeherrschung

344

II. Termini und ihre Anwendungen

Beistand ta3yı¯d 244. himmlich sama¯wı¯ ebd. Beja¯hung itba¯t 265. belohnen at¯ a¯ba 331. ¯ ˘ u¯r 382. belohnt ma3g bemerken dakara, s. erinnern 322. ¯ gˇa¯hada 241. sich bemühen Bequemlichkeit rafa¯hiya 243. berücksichtigen ra¯2a¯ 314. s. bescheiden dalla 279. s. demütig geben ohne ¯ dalla fı¯ nafsihi min g˙air manUnterwerfung ¯ qasa 279. ˙ s. bessern saluha 320. Besserung˙ sala¯˙h 233 ff., 320, – der Begierde – asˇ-sˇahwa˙234.˙ bestimmen 2arrafa, hassasa, Bestimmung, Be˙ ˙ ˙ Aspekt der Bestimsonderheit ha¯ssı¯ya˘ 395, ˘ ˙ ˙ wag˘h -t an-nafs ebd. mung der Seele bestrafen 2addaba 281. ¯ ¯ Religion- hassana dı¯nahu 315. bewahren, seine ˙ ˙ Begierde ˙ bewegt bewegen harraka 300, was die ˙ ma¯ yuharriku 3sˇ-sˇahwa ebd. ˙ Beweggrund muharrik da¯2in 312, die Stärkung der Begierde ist˙ ein – dafür, die Leidenschaft zu folgen taqwiyat asˇ-sˇahwa da¯2iya li-3l-hawa¯ 312. beweisen barhana, burha¯n 179, 190, – wahrhaftig und notwendig haqı¯qı¯ daru¯rı¯ 190, 255 usw. ˙ Beweisführung ˙ dalı¯l 215, 274. strenge haqa¯3iq ˙ al-adilla 369. bewundern a2g˘aba 331. Bildung tarbiya 258. böses tun, schlescht behandeln, unrecht tun asa¯3a 235. das Böse as-su¯3, asˇ-sˇarr 236, 239, Sklave des –, 2abd – 239. unheilbar asˇ-sˇimr 236, das große – 306, 314, 379. Buße tauba 394 f. die Bereitschaft, sofort – zu tun al-muba¯dara ila 3t-tauba ebd. Charaktereigenschaft, Gesinnung huluq 221, ˘ la¯q wadie bösen und die guten – su¯3 al-ah ˘ husnuha¯ ebd. ˙ danken sˇakara 242. Dankbarkeit sˇukr 387, 398. s. demütig geben tawa¯da2a 259, 277. ˙ Denk- und Unterscheidungsvermögen dihn ¯ 254. klarer Intellekt g˘audat ad- – 474. ¯ am wenigsten nützDialektik g˘adal, g˘ida¯l 353, lich … aqall … fa¯3i- da 353.

dienen hadama 273, 324, 2abada 383. ˘ a¯dim 273. Diener h ˘ mahdu¯m 273. Dienstherr ˘ ¯ 256, im – bestellen wir den Diesseits ad-dunya Acker f. das Jenseits ad- – mazra2a li-3l-a¯hira ˘ ebd. Dummheit balah 266. Edelmut kara¯ma 190. Edelsinn, Großmut nubl 277. Ehre sˇaraf 275, 328, das Edle asˇ-sˇarı¯f 308, die Bedeutsamkeit 328, – der Vernunft – - al-2aql 328. Eifer hidda 320, der zornige – -g˙adabı¯ya 233, ˙ 236.˙eifrig hadı¯d 319. Eigenschaft h˙ asla 332, -en des Guten hisa¯l al˘ ˙ hair ebd. ˘ ˙ ˘ Einbildung tahayyul 183. Eintracht i3tila¯˘f 237. empfinden hassa 271. ˙ hut 280. Empörung tasah ˘ ˘ ˙ körperliche – al– 3l-g˙arı¯zı¯ya Energie hara¯ra 270, ebd. ˙ Enthaltsamkeit zuhd 325, 385, – ist die der Seele az-zuhd zuhd an-nafs 387. Entschlossenheit sara¯ma 323. ˙ ara 390. s. entschuldigen i2tad erben warita 404. ¯ Erbe wa¯rit ¯ebd. „Die Gelehrten sind die Erben ¯ der Propheten, al-2ulma¯3 waratat al-anbiya¯3“ ¯ 264, 404 Erfahrung tag˘riba 333. erforschen, forschen bahata 358. ˙ ¯ erhaben rafı¯2 305. Erhaltung baqa¯3 – des Individuums – asˇ-sˇahs ˘˙ 271, – der Art an-nau2 270. Erhoffen, hoffen rag˘a¯ 289, Hoffnung rag˘a¯3, das Lob Gottes erhoffen rag˘a¯3a hamd Alla¯h 289. ˙ Erholung ra¯ha 243, 310. s. erinnern h˙atara 290. ˘ ˙ 2arafa 215, 242, 290. erkennen, kennen Erkenntnis, Wissen ma2rifa 199, 231. erlangen, erreichen na¯la 325. Erlangung nail 245, – der Glückseligkeit assa2a¯da 256. erlauben aba¯ha, erlaubt muba¯h 263, die erlaubten Dinge ˙al-muba¯ha¯t ebd.˙ das absolut er˙ die Suche nach dem laubte – al-mutlaq 376, ˙ – talab al- – ebd. ˙ Erlösung hala¯s 392. ˘ ˙tasaffala 246, s. erniedrigen

B. Deutsch-arabisch

in die Tiefsten aller Tiefen – asfala sa¯filı¯n ebd. Erniedrigung hizy 375. ˘ 291. ermutigen g˘arra3a die Menschen zur Sünde – yug˘arri3u 3l-halq 2ala ˘ 3l-ma2a¯sı¯ ebd. ˙ Ernsthaftigkeit g˘idd 283. erörtern bayyana179. Erscheinung musˇa¯hada 274. ertragen ihtamala, ihtima¯l 324. ˙ ˙ erziehen addaba 236. Erziehung ta3addub 247, 257, tahdı¯b 232. ¯ erzürnen ashata 340. ˘ ˙ existieren, vorhanden sein wug˘ida 248. Existenz wug˘u¯d 248 f. exoterisch za¯hir 195. ˙ 262, 286, Extrem taraf ˙ der beiden -e salb at-tarafain Aufhebung ˙˙ 262. Fasten, das – as-saum 261, 314. ˙ ˙ Fähigkeit qudra 274. Fehltritt zalla, mazallat qadam 241. Feigheit g˘ubn 266, 278, 324. Fläche sath 403, die Körperfläche sutu¯h al˙˙ ˙ ˙ ag˘sa¯m ebd. Feind 2adu¯w 238. Feindschaft 2ada¯wa 312. Frage amr 196. Freude ibtiha¯g˘ 268, 310, ohne Trauer – la¯ g˙amma fı¯hi 180, 294, mit – bi3nsˇira¯h sadr 387, marah 313. ˙ ˙erforschen bah˙ata 358. forschen, ˙ ¯ Forschung baht 370. ˙ ¯ 382. Freiheit hurrı¯ya ˙ Freigebigkeit karam 277. Freude marah 313. ˙ fromm 2a¯bid 261, na¯sik 383. Fügsamkeit sala¯sa 247. Führung, erfolgreiche – zum Ziel at-tasdı¯d 295, 301, 303. Gabe 2atı¯yya 376, minha 367. ˙ ˙ a¯ 235. geben a2t ˙ ¯ t 268. Gebet sala ˙ s. gedulden sabara 323. Geduld sabr˙ 255. geduldig˙ sa¯bir 325. ˙ ar 384, Erstürmung der -en iqtiha¯m Gefahr hat ˘ ˙ al-ahta¯r ˙ebd. ˘˙ Gefolgschaft muta¯ba2a 404. Gegenteil ad-didd 259, an-naqı¯d 236. ˙ ˙ ˙ da 307. genießen istalad ¯¯

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Genuß ladda 182 ff., 307, geistige- – 2aqlı¯ya ebd., ¯ ¯ hissı¯ya 183. – sinnlich ˙ Gesetz, islamisches, Offenbarung asˇ-sˇar2 234. Gegenwart, Präsens hudu¯r 403, ˙ ¯3 Pracht der göttlichen˙ – baha al-hadra 3l-ila¯hı¯ya ebd. ˙ ˙ gehorchen ata¯2a 289, 323. ˙ ta¯2a 185, 240, 289. Gehorsamkeit Geringfügigkeit˙ haqa¯ra 275. ˙ ˙ a 408. geprägt sein insabag ˙ Gerechtigkeit 2adl 234,- die Summe aller Tugenden g˘umlat al-fada¯3il 272. Geselligkeit 2abat 284. ˙ Gesinnung huluq¯ 234, 247, 255. s. gewöhnen ta2awwada˘ 249. Gewohnheit 2a¯da 244, 251, 379. Gewöhnung i2tiya¯d 258, 267. Gewinn ribh 275. ˙ 325. geizen bahila ˘ Geiz buhl 259. ˘ ı¯l 285. geizig bah ˘ 238. Gier sˇarah glauben i2taqada 216. Glaube i2tiqa¯d ebd. Glücksfall baht 277. ˘ Gott Alla¯h 240, gottesfürchtig, fromm taqı¯y 245, 395. Gottesdienst, religiöse Pflicht 2iba¯da 261, 227. Gottesvertrauter wally 222. Götz ta¯g˙u¯t 244, ˙ Götzendiener 2abada 3t-ta¯g˙u¯t 382. Glück, Glückseligkeit˙ ˙ as- sa2a¯da 179 f., Beschreiten des Weges zur – sulu¯k sabı¯l assa2a¯da 182. Groll hiqd 321. ˙ großzügig sahı¯y 279, g˘awa¯d 252. ˘ al-g˘u¯d 251, Großzügigkeit Charaktereigenschaft der – huluq al- – ebd. ˘ Großmut sˇaha¯ma 277. Grundlage asl 294, – der Religion usu¯l ad-dı¯n ˙ ˙ ebd. das Gute al-hair 298. ˘ sa¯n 235. die Güte al-ih ˙ Habsucht, Übervorsicht al-hirs 325. ˙ ˙ ¯ t hasana ebd. Haltung hai3a 251, gute -en hai3a ˙ Handeln al-2amal 179. Handlung, gerechte insa¯f 294. Harmonie tana¯sub 273.˙ hassen bag˙ada, gegenseitig – taba¯g˙ada 363. ˙ ˙ Hass, gegenseitig taba¯g˙ud ebd. ˙ Heftigkeit sˇidda 267.

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II. Termini und ihre Anwendungen

Heil, Rettung 194 f., 248 usw. Heilung al-bur3 237, 2ila¯g˘ 249 f. Heiterkeit tala¯qa 280, 283. Herrschaft ˙ri3a¯sa 260. Herrscher sa¯3is 236. beherrscht werden masu¯s ebd. Heuchelei riya¯3 282, 284. Hilfsbereitschaft musa¯2ada 280, 283. s. hingeben, völlig – rakana bi-kull al-himma 374. Hochmut tı¯h 236, – des Zorns – al- g˙adab ebd. ˙ s. hochmütig verhalten 344. Hoffnung amal 323. gute – husn – ebd. übertriebene fudu¯l al- – 304. ˙ ˙ Inkarnation hulu¯l 207. ˙ ¯ tin 304, sarı¯ra 397. das Innere al-ba Inspiration ilha¯m˙ 206, göttlich -ila¯hı¯ ebd. Instinkt g˘ibilla 332. Instinktiv besiegen mustaulin 2alaihi bi-3l- – ebd. Irrtum dala¯l 250, 364, der bloße – ad- – al-mahd ˙ ˙ ˙˙ 380, 390. Irregeleitet da¯ll 250. das Jenseits ˙al-a¯hira 184. ˘ Kampf harb 241, einen heiligen – führen g˘a¯ha˙ bekämpft eure Leidenschaft g˘a¯hidu¯ da ebd., ahwa¯3akum ebd. Keuschheit tahassun 270, 315. ˙˙ Körper badan,˙ Zustände des – ahwa¯l al- – 235, ˙ 260, Wissenschaft v. 2ilm al-abda¯n 359. Kosmos, Makrokosmos 2a¯lam kabı¯r 238, Mikrokosmos 2a¯lam sag˙ı¯r ebd. ˙ knauser sˇahı¯h 284. ˙ h 285. Knauserei s˙ˇ uh ˙˙ Konfort, Behaglichkeit taraffuh 381. Langmut si2at as-sadr 324. ˙ ˙ 247. laum, mala¯ma Tadel Lauterkeit safa¯3 259. Läuterung ˙tasfiya 222, tazkiya 251, 254, 371, – der Seele -t˙ an-nafs 251, – seines Handelns – al-a2ma¯l 371. Lebensunterhalt rizq 257, göttlich – ila¯hı¯ 400. Lebensweise sı¯ra 242. Lehrmeinung madhab 228, 358, 405 ff., ¯ Haupt-en a2ya¯n al-mad a¯hib 228, Argumentation aller ¯ dieser – adillat tilka 3l-mada¯hib 228. ¯ abba 396, 400. lieben, ah ˙

Liebe hubb 243. geliebt˙ ma2sˇu¯q 318, 402. List hibb 266, 274. Lob, ˘-preisung mahmada 234. ˙ usw. lobenswert mahmu¯d loben atna¯ 234, 287 ˙ 263. ¯ Lohn at-tawa¯b 256. ¯ ¯ hab 405. Lehre mad ¯ Mannhaftigkeit nag˘da 276. Maß, qadr das mittlere – hadd al-i2tida¯l 262, ˙ 267, 294. maßlos musrif 317. Maßlosigkeit isra¯f ebd. Märtyrer sˇahı¯d 241. Medizin at-tibb 312. ˙ ¯˙ 180. meinen 2ana Meinung ra3y 361. konfuse – isˇtiba¯h al-3a¯ra¯3 274. Menschlichkeit insa¯nı¯ya 291. Merkmal ha¯ssı¯ya 210. ˘ ˙ ˙ ˘ 365, die richtige – al-qawı¯m Methode manhag ebd. Minderwertigkeit manqasa 279. Missvergnügen tabarrum˙324. Mitleid ra3fa 320. Motiv, Motivation ba¯2it 249, 287. innere – - fı¯ nafsihi 249.¯ möglich sein amkana 392. Möglichkeit imka¯n 247, –, die ethische Gesinnung zu verändern – tag˙yı¯r al-huluq ebd. ˘ möglich mumkin 358, 394. müssen wag˘aba 179. Mystik tasawwuf 271, 378. Mystiker ˙ Murı¯d, Su¯fı¯ 402, Weg der – tarı¯q ˙ as-Su¯fı¯ya 221. ˙ ˙ ˙ nachdenken reflektieren 362, Nachdenken istibsa¯r ebd., fikr 318. ˙ ¯ma 327. Nachrede, üble namı Nachsicht, Verzeihung 2afw 235, 319. naiv g˙amr 275, Naivität g˙ama¯ra ebd. Nation, Gemeinde umma 333. nehmen, erfassen ahada 409, erfasse, was du siehst hud ma¯ tara¯˘hu¯ ebd. ¯ Neigung ˘al-hawa ¯ 231, 237, 245, usw. das Nichts, das Nicht-vorhanden- sein al-2adam 381. niedrig unbedeutend hası¯s 206, ˘ 308. das Niedrige al- – ebd., Erniedrigung, Selbst – taha¯sus 278 f. Niedergeschlagenheit inh˘ida¯l 277. ˘ ¯

B. Deutsch-arabisch

notwendig, das – ad-daru¯rı¯ 234, 379, -e Gege˙ ˙ – fi 3l-2aql 193. benheit der Vernunft die Notwendigkeit ad-daru¯ra 401. ˙ ˙ Parteinahme, Fanatismus ta2assub 406, – neh˙˙ men ta2assaba ebd. ˙ ˙ Person sˇahs 227, 263, Individuum 238. ˙ Phantasie˘wahm 211. physisch badanı¯ 373. Plage 2ana¯3 180. Polytheismus isˇra¯k bi-3lla¯h, polytheist musˇrik 317. Pracht baha¯3 230, 286. Gott gehört die größte – li-3lla¯h al-baha¯3u 3l-a2zam 286. ˙ tabag˘g˘aha 278. prahlen Prahlerei tabag˘g˘˙uh ebd. ˙ Praxis muma¯rasa 257. preisen hamada (Alla¯h) 238. ˙ Prinzip mabda3 288, 402, -ien der Vernunft maba¯di3 al-2aql 288. Prophet nabı¯y 231, 256. Prophetie nubu¯wa 231, 387. psychisch nafsı¯ 373. s. rächen intaqama, talaba 3l-intiqa¯m 319. ˙ Rachsucht tasˇaffin 233. Rang, -stufe rutba 241, 270. Raserei istisˇa¯ta 277 ff. ˙ ayyur 243. Ratlosigkeit tah ˙ ˇ id 407. Ratsuchend mustars recht tun haqqa 390. ˙ 233, 236. Recht haqq ˙ rechtleiten hada¯ 301, Rechtleitung hida¯ya 295. Redekunst hata¯ba 353. ˘ ¯ ˙301. rein sein zaka Reinheit taha¯ra 234. ˙ -t an-nafs ebd. – der Seele rein ta¯hir 259. ˙ Religion dı¯n 235. Religiösität diya¯na 315. Wissenschaft der Religion 2ilm al-adya¯n, Verständnis des wahren religiösen Wissens fahm al-2ilm al-haqı¯qı¯ ad-dı¯nı¯ 343. ˙ Respekt, Würde waqa¯r 215, 277. respektieren waqqara 333. Rivalität muna¯fasa 241. Rücksichtnahme i2tiba¯r 214. ruhen sakana 235. Sattheit sˇiba2 308. schaden darra 270, 372. ˙

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schädlich, das –e ad-durr 305. ˙ ˙ schaffen halaqa 231. ˘ Scham hag˘al 280, haya¯3 281. ˘ mutahattik, ˙ tahattuk 372, schamlos Schamlosigkeit hutka, tahattuk 282, 242, 372. Schande 2a¯r 371. Schöpfung, Geschöpf halq 331. ˘ 332. Schöpfer (Gott) al-ha¯liq ˘ Sanftmut hilm 233 ff., 261 usw. ˙ Schadenfreude asˇ-sˇama¯ta 384 ff. Scharfsichtigkeit al-bası¯ra 271, 370. ˙ ˇ al- – 271. Unvermögen zur – 2amas Schatten haya¯l 280 f., ˘ die sichhtbaren Dinge sind – al-mubsara¯t -a¯t ˙ ebd. Scheinargument sˇubha 346. schlecht habı¯t 236, radı¯3 341. ˘ ¯ habat 342. Schlechtigkeit ˘ ¯ 285. Schmeichelei malaq schmerzlich mu3lim 244. Schwäche ad-da2f 259. ˙ ˙ Schwachsinnigkeit humq 275. Seele, Geist ru¯h 293,˙ nafs 190, 265. Reinheit der – ˙taha¯tat an- – 234. ˙ ar 338, 403, das innere – - alSehvermögen bas ˙ ba¯tin 338, das äußere – - az-za¯hir ebd. ˙ ˙ ˙ Sehnsucht sˇauq 209, 402. Selbstbeherrschung dabt an-nafs 324. ˙ ˙ 2ug˘b 278, 322. Selbstgefälligkeit, Eitelkeit Selbstgespräch hadı¯t an-nafs 382. ˙ maha ¯ ¯ na 278. Selbstverachtung Sinn, die Sinne al-hawa¯ss 199, 331 f., äußere u. ˙ innere za¯hira wa-ba ¯ tina, funktionstüchtig ˙ ˙ salı¯ma 270. sinnlich, Sinnlichkeit hissı¯ 184. Sicherheit sala¯ma 384.˙ sollen inbag˙a¯ 258. sorglos g˙a¯fil 249, 393. Sorglosigkeit g˙afla 182. Spott suhrı¯ya 327. Stadium,˘ Zustand taur 392, Entwicklungsstufe˙ des Menschen atwa¯r al˙ a¯damı¯ ebd. Standhaftigkeit taba¯t 276 f. Stärke sˇidda 259.¯ Stellenwert rutba 373. Strafe, Bestrafung 2uqu¯ba 320, das Strafrecht al-2uqu¯ba¯t 359. streiten ma¯ra¯ 361. Streitlust sˇaka¯sa 284, mira¯3 322. streben sa2a¯ 293. stolz sein ba¯ha¯ 315.

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II. Termini und ihre Anwendungen

Stolz muba¯ha¯t ebd. Substanz g˘auhar 190, überdauerend – baqin ebd. Sünde ma2siya 185, 252, 254. ˙ Sündiger, Sünder 2a¯sin 291. ˙ Tadel damm, tadeln damma 279. ¯ tadelnswert madmu¯m¯ 245, 279. ¯ 233 f., 261, 264. Tapferkeit sˇag˘a¯2a getäuscht werden ig˙tarra 244. Täuschung hida¯2 242, g˙uru¯r 400. ˘ ˙ uru¯r ebd. reine – 2ain al-g theoretisch nazarı¯ 227, ˙ -e Wissenschaften 2ulu¯m nzarı¯ya 229. ˙ 408. Temperament miza¯g˘ 258, 321, Torheit hama¯qa 242, 306, 344, safah 304. ˙ maq 240, 275, 387, safı¯h 304. töricht ah ˙ ¯n 309. traurig hazı Trauer h˙ uzn 180, 322, 388. Tugend˙fadı¯la 219, ˙ die Kardinal-en ummaha¯t al-fada¯3il 219. ˙ Tyrannei, Übertretung (der Gesetze) tug˙ya¯n ˙ 393. üben, s. –, s. geistig schulen irta¯da 231, -an den wahrhaftigen Wissenschaften˙ – - bi-3l-2ulu¯m al-haqı¯qı¯ya 224. ˙ geistig riya¯da 248, 392. Übung, ˙ unglückselig sein, ta2isa 376. Übel habat 208, tathı¯r an-nafs 2an al- – die Läu˘ der ¯ Seele˙ von allem – ebd. terung Überfluß ziya¯da 311, – an dem Nötigen – 2ala¯ qadr al-bulg˙a ebd. Überlegen, Überlegung rawı¯ya 203. Überlieferung habar 313. Übermaß ifra¯t ˘269, 283, – der Begierde – asˇsˇahwa 269. ˙ Übermut asˇar 313. Übersättigung bitna 312, – Ursache der Krankheit – asl ad-da¯˙3 ebd. ˙ a¯lata 347, mit den Ungläubigen -t Umgang muh ˘ ˙ al-kuffa¯r 347. umgeben ha¯lata 322. ˘ ˙ dı¯q as-sadr 324. Unduldsamkeit ˙ 248, ˙ ˙ 263. unfähig sein 2ag˘aza Unfehlbarkeit 2isma 303. ˙ Unglaube kufr 291, der reine – al- – al-mahd ˙˙ ebd. unglücklich sˇaqı¯y 293. Unglücksfall musı¯ba 389. ˙ 404. Ungnade suht 384, ˘˙ Unnachgiebigkeit lag˘a¯g˘ 322.

Unrecht daim 322, zulm 409. ˙ ˙ 235. -tun, zufügen zalama ˙ unrein nag˘is 342. Unsittlichkeit fug˘u¯r 315. Untätigkeit, Faulheit ta2tı¯l 235, kasal 253, 261, ˙ 400. unterlassen taraka, Unterlassung tark 255, – der verbotenen Dinge – al-mahzu¯ra¯t ebd. ˙ ˙ ˇ a¯d 370. s. unterrichten lassen istarsˇada, istirs unterscheiden, sortieren mayyaza 214, 242, 254. Unterstützung suchen istizha¯r 380. Unterwür˙ an-nafs 277 ff. figkeit maskana 279, sig˙ar Untugend radı¯la 221. ˙ ¯ 317, unzüchtig za¯nin ebd. Unzucht zinan Veranlagung g˘ebilla 248. veranlassen hamala 2ala¯ 313, zu Schandtaten – ˙ 3l-fawa¯hisˇ ebd. ˙ hassana 247, „verbessert eure Geverbessern sinnung, h˙assinu¯ ahla¯qakum“ ebd. ˘ ˙ verbieten harrama 367. ˙ verborgen, das Verborgene al-hafı¯y 367. das Verbotene al-hara¯m 376, ˘ völlig verboten – -˙ al-mahd ebd. ˙ ˙ sˇaqa¯wa, 255, 308, Verdammnis, Elend, Unglück verfehlen ahta3a 389. Verfehlung ˘h˙atı¯3a Sünde 372. ˘ ˙ ag˙ra¯ 372, 376, verführen g˙arra, Verführung, Vrlockung ig˙ra¯3 371. vergeben safaha 320. ˙ sˇabbaha ˙ vergleichen 332. Verhaltensregeln, Politik siya¯sa 232, 328. verlangen, streben nach, leidenschaftlich lieben sˇag˙afa 375, tasˇawwaqa 198. Verleumdung g˙ı¯ba 327. verliebt muta2asˇsˇiq 318. Verliebtheit 2isˇq 402. Vermutung zann 354. Vernunft 2aql˙ 235, 244 usw. die praktische – al- – al-2amalı¯ 265. Tugend der – fadı¯lat al- – 237, ˙ vernünftig 2a¯qil 288. Verschwendung tabdı¯r 284, isra¯f 262, 311. Versenkung istig˙ra¯q¯348. Verschwendungssucht badah 277. versklaven istaraqqa 396, ¯ ˘ das Leben – al-haya¯h tastariqqu ebd. ˙¯ qa 192. Verstrickung 2ala Versuchung fitna 374. vertragen ihtamala 260, 407. verwalten ˙ dabbara, Verwaltung, Beschluß tadbı¯r 236.

B. Deutsch-arabisch

Verwalter mudabbir 236. Verweilen baqa¯3 180. Verwirrung iltiba¯s 306. verzichten istag˙na¯ 238. Vielgötterei, Polytheismus asˇ-sˇirk 317. vorenthalten harrama 235. ˙ na 379. die Völlerei al-bit ˙ 303, Vorsehung al-2ina¯ya göttliche – 3l-ila¯hı¯ya ebd. s. vorstellen tasawwara 180, 230. ˙ Vorstellungsvermögen mutahayyila 275 f. ˘ das Wahre al-haqq, as-sidq 233. ˙ ˙ usw. die Wahrheit h˙ aqı¯qa 244 wahrnehmen, ˙erkennen adraka 306, Wahrnehmung dark, idra¯k 307, die Wahrheit der Dinge erkennen dark haqa¯3iq ˙ al-umu¯r 270. ˇ des Begehrten – al-mustaha¯ ebd. ebd. wahrnehmend mudrik 201. wählen tahayyara 298. wagemutig˘ muha¯tir 384. ˘ ˙ Weiblichkeit, Weichlichkeit ta3annut 247. ¯ Weisheit hikma 234, 264, ˙ wahrhaftig haqı¯qı¯ya 234, praktisch tehoretisch ˙ arı¯ya 266. 2amalı¯ya naz ˙ 216. die Welt al-2a¯lam s. wenden inzag˘ara 233, s. von Freveltaten ab- – 2an al-fawa¯hisˇ 233. Wesenheit ma¯˙ hı¯ya 395. Wetteifern muba¯ha¯t 361, – mit den Toren as-sufaha¯3 ebd. s. widersetzen 2a¯nada, Widersacher mu2a¯nid 333.

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Winzigkeit haqa¯ra 290. ˙ Wissen, Wissenschaft 2ilm 368, wahrhaftige Wissenschaften 2ulu¯m haqı¯qı¯ya 226, argumentativ burha¯nı¯ya 228. ˙ Wissenschaftler, zuvewrläßig muhaqqiq 368. ˙ s. widererinnern, tadakkara, ¯ Wiedererinnern tadakkur 336. ¯ Menschen -t al-insa¯n ebd. Wille ira¯da 301, – des entschlossener – - ta¯mma 402, bi-3htiya¯r frei˘ er – 248. wollen ara¯da 230. Wunsch, Verlangen rag˙ba 323, zum Guten – fi 3l-hair ebd. ˘ wünschen tamanna¯ 325. Würde 2izz 180. Zeit dahr, ewig, Ewigkeit abad ad dahr 230. Ziel g˙arad 241; g˙a¯ya 217, 374. Zeugnis sˇ˙aha¯da 335, – ablegen hamala – 335 f. ziehen, die Lehre i2tabara 389. ˙ Zufriedenheit inbisa¯t 280, ridan 404. ˙¯ da 245.˙ Zuflucht suchen ista2a Zügelung isla¯s 247. ¯ zurückhalten rada2a 288, eine Vernunft, die den Menschen – 2aql yarda2uhu ebd. Zurückhaltung dama¯ta 280, 282. ¯ zurückschrecken zag˘ara, mazg˘u¯r 2anhu wovon man sich zurückschrecken soll 288. Zusammenarbeit ta2a¯wun 273. Zusammenleben 2isˇra 283. das Zuviel und das Zuwenig al-ifra¯t wa-3t-tafı¯t ˙ ˙ 269. zweifeln irta¯ba, Zweifel irtiya¯b 234. zweifelhaft isˇtiba¯h 274, konfuse Meinung – al3a¯ra¯3 ebd., sˇakka 409, sˇakk 354.