Das Flughafenasylverfahren nach § 18a AsylVfG in rechtsvergleichender Perspektive [1 ed.] 9783428497027, 9783428097029

Die Autorin befaßt sich empirisch und rechtsvergleichend mit dem Asylverfahren an Flughäfen. Der Schwerpunkt liegt auf d

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German Pages 287 Year 1999

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Das Flughafenasylverfahren nach § 18a AsylVfG in rechtsvergleichender Perspektive [1 ed.]
 9783428497027, 9783428097029

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 793

Das Flughafenasylverfahren nach § 18a AsylVfG in rechtsvergleichender Perspektive

Von

Tanja Laier

Duncker & Humblot · Berlin

TANJA LAIER

Das Flughafenasylverfahren nach § 18a Asy /fG in rechtsvergleichender Perspektive

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 793

Das Flughafenasylverfahren nach § 18a AsylVfG in rechtsvergleichender Perspektive

Von

Tanja Laier

Duncker & Humblot • Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Laier, Tanja:

Das Flughafenasylverfahren nach § 18a AsylVfG in rechts vergleichender Perspektive / von Tanja Laier. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum öffentlichen Recht; Bd. 793) Zugl.: Frankfurt/Main, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09702-5

Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09702-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706©

Vorwort

Dafür, daß diese Arbeit entstehen konnte, habe ich vielen Menschen zu danken: An erster Stelle meinen Eltern, die mir das Studium ermöglichten. Ebenso den Kollegen des Flughafensozialdienstes und all den Personen und Institutionen, die mir Informationen zur Verfügung stellten und mir ihre Erfahrungen mitteilten, meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Michael Bothe für die Begleitung des Vorhabens, dem Zweitkorrektor, Herrn Prof. Dr. Zuleeg, für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens, und den Kollegen aus dem „7. Stock" für die angenehme Arbeitsatmosphäre. Nicht zuletzt auch meinen Freunden und meinem Partner, die mich in allen Phasen der Arbeit unterstützt und bei der Korrektur mitgeholfen haben. Literatur und Rechtsprechung sind im Text bis Februar 1998 berücksichtigt, für die Zeit danach z. T. noch in den Fußnoten. Tanja Laier

Inhaltsverzeichnis Einleitung

19

1. Problemstellung

19

2. Fragestellung, Gliederung und Methode der Arbeit

23

3. Stand der Forschung

24

4. Was diese Arbeit nicht behandelt

24

Teil 1 Grundlagen A. Historische Entwicklung I. Zusammenhang mit der Asylrechtsneuregelung 1993 II. Weiterer Kontext: Flughafenverfahren als Zugangsbeschränkung

26 26 27

1. Die Grenzrichterdebatte Anfang der 80er Jahre

27

2. Sichtvermerkspflicht und Sanktionen gegen Fluggesellschaften

27

3. Schließung des „Berliner Transitlochs"

28

4. Extensive Interpretation des § 9 AsylVfG ('82)

29

III. § 18a AsylVfG im Gesetzgebungsverfahren

30

IV. Statistik

34

V. Bewertung B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens nach § 18a AsylVfG I. Skizze des Verfahrensablaufs II. Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens

34 35 35 36

1. Keine Zurückweisung nach § 18 II AsylVfG

37

2. Sicherer Herkunftsstaat oder fehlendes Identitätsdokument

38

3. Keine Vollendung der Einreise

39

nsverzeichnis 4. Möglichkeit zur Unterbringung auf dem Flughafengelände

40

5. Sonderfall unbegleitete Minderjährige

40

a) Definition

40

b) Anwendbarkeit des Verfahrens nach § 18a AsylVfG

42

6. Sonderfall Folgeantragsteller

45

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

47

I. Die Asylbewerber

47

II. Die Grenzbehörde

51

III. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge

53

IV. Der Flughafensozialdienst

55

V. Die Kosten der Unterbringung im Transitbereich

D. Der rechtliche Status der Transitzone - die Theorie der „internationalen Zonen". ... I. Definition

58

60 60

II. Zugehörigkeit zum Staatsgebiet

61

III. Völkerrechtliche Zulässigkeit der Fiktion der Exterritorialität

62

IV. Der Status der Transitzone im innerstaatlichen Recht

64

Teil 2 Einschränkungen der Freiheit der Person i. S. von Art. 2,104 GG und Art. 5 EMRK

A. Rechtsvergleichung: Niederlande I. Normative Grundlagen des niederländischen Asylrechts und -Verfahrens II. Die Frage der Freiheitsentziehung im Flughafenverfahren

66 66 69

1. Die Rechtsprechung vor dem 9. 12. 88

69

2. Die vorherrschende Ansicht in der Literatur

71

3. Das Urteil des Hooge Raad vom 9. Dezember 1988

73

4. Die weitere Entwicklung bzgl. der Freiheitsentziehung bei Asylsuchenden ..

74

nsverzeichnis

9

III. Der gegenwärtige Ablauf des Schiphol-Verfahrens

76

IV. Die Rechtsberatung

80

B. Rechtsvergleichung: Frankreich I. Normative Grundlagen des französischen Asylrechts und -Verfahrens

83 83

1. Materielles Asylrecht

83

2. Verfahren

85

3. Rechtsquellen

85

II. Die Entwicklung des Flughafenverfahrens

86

III. Das Gesetz vom 26. Februar 1992

89

IV. Die Entscheidung des Conseil Constitutionnel vom 25. Februar 1992

91

V. Die Entscheidungen des TGI Paris und des TGI Créteil VI. Das Gesetz vom 6. Juli 1992

92 95

VII. Die Praxis des Flughafen Verfahrens

96

1. Das Verwaltungsverfahren

96

2. Der gerichtliche Rechtsschutz

98

3. Die Rolle des OMI und der Zugang des UNHCR sowie humanitärer Organisationen zu der Wartezone

C. Zusammenfassung

101

103

D. Entscheidungen der europäischen Kommission für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte 104 I. Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 10. Januar 1995 (Anträge No. 19776/92; Amuur vs. Frankreich) 104 II. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 25. Juni 1996 107

E. Die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland I. Unterbringung der Asylbewerber auf dem Flughafengelände 1. Übersicht

110 110 110

nsverzeichnis 2. Flughafen Frankfurt/M

110

a) Ort und Bedingungen der Unterbringung

110

b) Dauer der Unterbringung

111

II. Streitstand zur Frage der Freiheitsentziehung 1. Die Literatur

113 113

2. Die untergerichtliche Rechtsprechung vor der Entscheidung des ECHR und des BVerfG 3. Das Bundesverfassungsgericht

114 116

4. Untergerichtliche Rspr. nach der Entscheidung des BVerfG und des ECHR .. 117 5. Analyse der Rechtsprechung

119

III. Theoretische Abgrenzung zwischen Freiheitsentziehung und Freiheitsbeschränkung nach Art. 2 , 104 GG und Art. 5 EMRK

120

IV. Eigener Ansatz: Fallbezogener Vergleich

121

1. Umfang der räumlichen Bewegungsfreiheit

122

a) Maßstab

122

b) Tatsächlicher Bewegungsspielraum

125

2. Art und Weise der Unterbringung

126

3. Dauer

127

4. Freiwilligkeit

127

5. Staatlicher Eingriff

129

6. Zweck

130

V. Ergebnis VI. Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung

133 133

1. Freiheitsentziehung von der Ankunft bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes 133 a) Formell-gesetzliche Ermächtigungsgrundlage

133

b) Verhältnismäßigkeit

135

c) Richterliche Kontrolle

136

2. Freiheitsentziehung nach Abschluß des Verfahrens

137

a) Formell-gesetzliche Ermächtigungsgrundlage

137

b) Kriterien für eine eventuelle Neuregelung

139

Inhaltsverzeichnis

11

Teil 3 Probleme eines grundrechtsangemessenen Verfahrens

A. Problemaufriß

143

B. Der Ablauf des Verfahrens

144

I. Das Anerkennungsverfahren vor dem Bundesamt

144

1. Das Flughafen verfahren in Zahlen

144

2. Das grenzpolizeiliche Verfahren

145

3. Die Antragstellung vor dem Bundesamt

146

4. Die Anhörung vor dem Bundesamt a) Bedeutung

147 147

b) Psychische und kulturelle Einflüsse auf das Aussageverhalten aa) Psychische Auswirkungen der Fluchtsituation

149 149

bb) Kulturell bedingte Mißverständnisse

151

cc) Gesprächsmittlung durch Dolmetscher

153

dd) Extrem traumatisierte Flüchtlinge

154

c) Verhältnis von Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflichten

155

5. Präklusionsmöglichkeit nach der Bundesamtsanhörung gem. § 25 III AsylVfG 6. Entscheidungsalternativen und Prüfungsmaßstab des Bundesamtes

158 159

a) Entscheidungsalternativen

159

b) Prüfungsmaßstab

161

7. Möglichkeiten der Beratung im Verwaltungsverfahren vor Grenzbehörde und Bundesamt 163 a) Information durch die beteiligten Behörden aa) Spezielle Informationspflichten nach dem AsylVfG

163 163

bb) Informationspflichten aus § 25 VwVfG

164

cc) Information durch die Behörden über § 25 VwVfG hinaus

167

dd) Zusammenfassende Beurteilung

167

b) Information durch den Sozialdienst aa) Tatsächlicher Umfang der Information

168 168

bb) Befugnis des Sozialdienstes zur Beratung

170

cc) Keine Pflicht des Sozialdienstes zur Beratung

172

nsverzeichnis c) Betreuung durch Rechtsanwälte

172

aa) Zugang zu anwaltlicher Vertretung: der organisatorische Aspekt ....

172

bb) Anspruch auf Beratungshilfe und seine Realisierbarkeit

174

II. Ablauf des gerichtlichen Verfahrens

178

1. Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Einreiseverweigerung

178

2. Antragsart

180

3. Möglichkeit der Wiedereinsetzung

180

4. Rahmenbedingungen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens

181

5. Ergehen der Entscheidung und Zeitpunkt der möglichen Zurückweisung ....

182

6. Konsequenzen aus der Entscheidung

183

7. Rechtsbehelfe

184

8. Verhältnis zur Hauptsache

186

9. Beiziehung eines Anwalts im Rahmen der Prozeßkostenhilfe

186

III. Zusammenfassung

C. Verfassungsrechtliche Maßstäbe der Verfahrensgerechtigkeit I. Rechtsstaatsprinzip

190

191 192

II. Art. 19 IV GG

193

III. Art. 1031 GG

193

IV. Die verfahrensrechtlichen Auswirkungen der „materiellen" Grundrechte

194

1. Allgemein

194

2. Die Rspr. des BVerfG zum verfahrensrechtlichen Schutz des Asylgrundrechtes

196

V. Exkurs: Das rechtliche Gehör im Verwaltungsverfahren 1. Inhalt des Gehörsrechts im Gerichts- und Verwaltungsverfahren

197 198

2. Einfachgesetzliche Umsetzung des Rechts auf Gehör im Bundesamtsverfahren 200 3. Der Grundsatz der „substantiellen" Anhörung VI. Zusammenfassung

202 202

nsverzeichnis D. Die Entscheidung des BVerfG vom 14. Mai 1996 zum Flughafen verfahren I. Zu Art. 16 IV GG II. Zu den einfachgesetzlichen Vorschriften zum Flughafen verfahren

13 203 203 204

1. Zum Verwaltungsverfahren

205

2. Gerichtlicher Rechtsschutz

206

E. Verfassungsrechtliche Analyse des Flughafenverfahrens I. Das Bundesamtsverfahren

209 209

1. Der Zeitpunkt der Anhörung gem. § 18a I 3, 4 AsylVfG

209

2. Die Präklusionsvorschrift des § 25 III 1 AsylVfG

214

3. Der Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes

216

4. Der Zugang zu rechtlicher Beratung im Bundesamtsverfahren

217

a) Auffassung des BVerfG

217

b) Das Asylgrundrecht (Art. 16a IGG)

218

c) Das Recht auf faires Verfahren (Art. 21 i.V.m. 20 III GG)

219

d) Umsetzung der Beratungsmöglichkeit

220

II. Das gerichtliche Verfahren 1. Auswirkungen des Urteils des BVerfG vom 14. Mai 1996 a) Korrekturansätze des BVerfG

221 221 221

b) Überlegungen zur Sicherung rechtlicher Beratung und Betreuung im Transitbereich 222 2. Die Dreitagefrist für den Zugang zum verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren 223 a) Auswirkungen der Dreitagefrist

223

b) Bisherige Rspr. des BVerfG zur Zumutbarkeit einer Frist

224

c) Vereinbarkeit der Dreitagefrist mit Artt. 19IV, 103 GG

225

3. Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO .. 230 a) Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

230

b) Bleiberecht während des Wiedereinsetzungsverfahrens

231

c) Möglichkeit verfassungskonformer Auslegung?

233

4. Die Sachprüfung im gerichtlichen Verfahren gem. §§ 18a IV 6 i.V.m. § 36IV AsylVfG 233 a) Einfluß der Grundgesetzänderung auf die verfassungsrechtliche Beurteilung 233

nsverzeichnis b) Bedeutung des Art. 16aIVGG

234

aa) Anwendungsbereich

234

bb) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme

234

(1) Bezugspunkt der Zweifel

234

(2) Ernstlicher Zweifel

235

cc) Prüfungsumfang

238

dd) Präklusion

238

c) Bedeutung der §§ 18a IV 6 i.V.m. § 36IV AsylVfG

239

aa) Einschränkung des Prüfungsumfangs

239

bb) Präklusion verspäteten Vorbringens

242

4. Regelausschluß der mündlichen Verhandlung, § 18a IV 5 AsylVfG

245

a) Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 103 I GG

247

b) Vereinbarkeit mit Art. 16a I G G

248

5. Ergehen der gerichtlichen Entscheidung: Zeitpunkt der Zurückweisung

249

a) Die Entscheidung des BVerfG vom 14. 5. 96 und das Sondervotum

249

b) Die Begründung als qualitätssicherndes Element

249

c) Die Möglichkeit einer Abänderung gem. § 80 VII VwGO analog

250

6. Einleitung des Hauptsacheverfahrens

252

7. Gewährung von Prozeßkostenhilfe im verwaltungsgerichtlichen Eil verfahren 253

F. Völkerrechtliche Verträge und „soft law" I. Völkerrechtliche Verträge 1. Die Genfer Flüchtlingskonvention i.V.m. dem Protokoll von 1967

255 255 255

2. Die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) 256 a) Art. 13 i.V.m. Art. 3 EMRK

256

b) Art. 6 EMRK

257

II. „Soft law"

258

1. Die Beschlüsse des Exekutivkomitees für das Programm des UNHCR und das Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft 258 a) Rechtsnatur

258

b) Aussagen in bezug auf das Verfahren

259

nsverzeichnis

15

2. Entschließungen des Europäischen Parlaments

261

3. Empfehlung Nr. 1163 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 23. 9. 91

263

III. Bewertung

264

Teil 4 Flughafenverfahren: abschaffen oder verbessern? A. Bilanz

265

B. Ausblick

267

Anhang Anhang 1

268

Anhang 2 - Statistik

269

Literaturverzeichnis

274

Abkürzungsverzeichnis Soweit die im Text verwendeten Abkürzungen nicht im folgenden erklärt sind, richten sie sich nach Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Aufl. 1993. AA

Ars Aequi

AB

Administratiefrechtelijke Beslissingen

AJDA

L'Actualité juridique - Droit administratif

AJP

Aktuelle juristische Praxis

ANAFE

Association nationale d'assistance aux frontières pour les étrangers

Ass. Nat.

Assamblée Nationale

C. Cass.

Cour de Cassation

CC

Cour Constitutionnel

CE

Conseil d'Etat

Déc.

Décisions

DPDE

Dictionnaire permanent - Droit des étrangers

ECRE

European Consultation on Refugees and Exiles

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Gaz.Pal.

Gazette du Palais

HR

Höge Raad

IJRL

International Journal of Refugee Law

IND

Immigratie en Naturalisatiedienst

IZA

Informationsdienst zur Ausländerarbeit

JDI

Journal du droit international

JO

Journal Officiel de la République Française

KG

Kort geding

MvT

Memorie van toelichting

NAV

Nieuwsbrief asiel- en vluchtelingenrecht

NJ

Nederlandse Jurisprudentie

NJB

Nederlands Juristenblad

NJCM

NJCM-Bulletin

N YIL

Netherlands Yearbook of International Law

OFPRA

Office français de protection des réfugiés et apatrides

OMI

Office des migrations internationales

Publ.

Publications de la Cour Européenne des Droits de l'Homme /Publications of the European Court of Human Rights

Rb

Rechtbank

Ree.

Recueil

Abkürzungsverzeichnis Rev. dr. publ.

Revue du droit public et de la science politique en France et à l'étranger

RFDA

Revue française du droit administratif

RIAA

Reports of International Arbitral Awards

RV

Rechtspraak Vreemdelingenrecht

RvdW

Rechtspraak van de Week

Stb

Staatsblad

Stct

Staatscourant

TGI

Tribunal de Grande Instance

TK

Tweede Kamer

Trb

Tractatenblad

Vb

Vreemdelingenbesluit

Vc

Vreemdelingencirculaire

VfGH

(österreichischer) Verfassungsgerichtshof

VJIL

Virginia Journal of International Law

VR

Verwaltungsrundschau

VV

Voorschrift Vreemdelingen

2 Laier

17

Einleitung 1. Problemstellung „Die Einrichtung des Asyls ist in einem schmalen Grenzstreifen beheimatet, in dem sich mancherlei stößt: nationales und internationales Recht, Mitgefühl und egoistisches Interesse, Staatsräson und das dem Menschen eigene Vermögen, Scham zu empfinden. Obgleich ihr damit enge Grenzen gezogen sind, hat diese Einrichtung mit dem Schrumpfen der Entfernungen zwischen den Ländern der Erde an Bedeutung gewonnen. ( . . . ) Für das Asylrechtsproblem sind infolgedessen Resolutionen internationaler Juristentagungen, gesetzgeberische Kodifizierungsentwürfe und die neuerdings beliebten nationalen und internationalen Menschenrechtserklärungen, auch wenn rechtskräftige zwischenstaatliche Abkommen sie untermauern, von geringerer Tragweite als die jeweilige Haltung der herrschenden politischen Systeme und die durch politische Machtverschiebungen bedingte Veränderung in der Zusammensetzung der Masse derer, die auf Asyl angewiesen sind". (Otto Kirchheimer) Diesen Worten ist auch 30 Jahre, nach denen sie geschrieben wurden, nichts hinzuzufügen. Ob das Asyl in ihren Zufluchtsstaaten als von der Regierung gewährtes Privileg oder als Anspruch des Verfolgten aus gestaltet war, die Flüchtlinge 2 hat das kaum jemals gekümmert: Die Kräfte, die die Menschen zum Verlassen ihrer Heimat bewegten - Krieg, Bürgerkrieg, wirtschaftliches Chaos, ökologische Zerstörung, politische, religiöse oder rassische Verfolgung oder mehrere dieser Faktoren - waren stets stärker: A l l diese Menschen hatten gute Gründe, nicht dort zu bleiben, wo sie waren. Die Globalisierung der Kommunikations- und Transportmittel, von der andernorts so viel die Rede ist, zeigte auch hier Wirkung und führte dazu, daß immer mehr Menschen aus den Ländern der Dritten Welt die Länder Europas und Nordamerikas erreichten. Weil mangels Bedarfs nicht in entsprechendem Ausmaß Visa zum Zweck der Arbeitsmigration erteilt wurden, konzentrierte sich der Migrationsdruck zunehmend auf das Asylrecht 3 , das die meisten dieser Länder in der einen 1

Politische Justiz, Hamburg 1993, deutsche Erstausgabe Frankfurt 1965. Damit sind im Kontext dieser Arbeit Menschen gemeint, die sich auf der Flucht befinden, vor wem oder was auch immer. Wird der Begriff im Sinne eines Konventionsflüchtlings nach der GFK verwendet, so geht das aus der Bezeichnung oder dem Kontext eindeutig hervor. 2

3 In diesem Kapitel ist der Einfachheit halber oft zusammmenfassend von Asylrecht, Asylverfahren, Asylbewerber, usw. die Rede, obwohl es sich in den verschiedenen Staaten um

i

l

Einleitung

20

oder anderen Form kennen. Zumindest sind sie als Vertragsstaaten der GFK an das Refoulmentverbot nach Art. 33 GFK gebunden, was mangels aufnahmebereiter Drittstaaten oft auf eine Pflicht zur vorläufigen Aufnahme hinausläuft. Die westeuropäischen Länder gingen - nicht zuletzt unter dem Druck populistischer Parolen - „das Boot ist voll"- zu Gegenmaßnahmen über 4. Zu diesen gehörten neben dem Entzug sozialer Rechte von Asylbewerbern und Verfahrensverkürzungen von Anfang an auch Zugangsbeschränkungen. Die derzeit am weitesten verbreiteten sind: Listen sicherer Herkunfts- und Drittstaaten; das Ausfiltern „offensichtlich unbegründeter" Asylanträge möglichst schon an den Grenzen; Visumspflicht für Bürger „flüchtlingsproduzierender" Staaten verbunden mit Sanktionen gegenüber Transportgesellschaften, die Passagiere ohne die erforderlichen Einreisepapiere befördern. Letzteres ist nunmehr in Art. 26 Abs. 2 des Schengener Durchführungsabkommens für alle seine Vertragsstaaten sogar zwingend vorgesehen. Die Erfahrung zeigte jedoch, daß das Recht allein die unerwünschte Zuwanderung nicht verhindern konnte: Visumsbestimmungen wurden durch illegale Einreisen umgangen und eine Abschiebung durch Vernichtung der Identitätspapiere erschwert. Arbeitsverbote und soziale Härten erwiesen sich als ebensowenig geeignet, Asylbewerber abzuschrecken wie Verfahrensverkürzungen. Der eng mit der Vorstellung nationalstaatlicher Souveränität verbundene Grundsatz, daß jeder Staat über die Aufnahme oder Abweisung von Ausländern an seinen Grenzen frei bestimmen kann, ließ sich immer weniger durchsetzen. In diesem Zusammenhang sind die Flughafenasylverfahren zu sehen, die in zahlreichen europäischen Ländern wie z. B. Frankreich 5, den Niederlanden6, Belgien7, Dänemark 8, Spanien9 und seit 1993 nunmehr auch in Deutschland existie,.10 ren . Trotz der durch das nationale Recht bedingten Unterschiede ist ihnen gemeinsam, daß sie durchgeführt werden, während der Asylbewerber als noch nicht einsehr unterschiedliche Rechtsstellungen handeln kann, z. B. oft den Status eines Flüchtlings nach der GFK verbunden mit einem wie auch immer gearteten Aufenthaltstitel nach nationalem Recht. 4 Mutatis mutandis gilt das auch für die anderen Industriestaaten - USA, Kanada, Japan, Australien. Die Konzepte von Asylgewährung und Einwanderung haben sich dort jedoch in einem anderen politisch-historischen Kontext entwickelt als in Europa und sind daher nur bedingt vergleichbar. 5 Vgl. dazu die Literatur in dem rechts vergleichenden Teil dieser Arbeit. 6

Vgl. dazu die Literatur in dem rechtsvergleichenden Teil dieser Arbeit. 7 Carlier, in: ANAFE, Frontières . . . , S. 131 ff. 8 Vedsted-Hansen, in: ANAFE, Frontières . . . , S. 143 ff. ^ El Pais, 29. 8. 94; Niemeyer, ZAR 95, 187, 188, 10

Ein Überblick über mehrere Länder findet sich in: Council of Europe, ADOC 6490 v. 12. 9. 91 sowie in ANAFE, Frontières ...

Einleitung

gereist gilt. Von den Verfahren erfaßt werden in aller Regel diejenigen Asylbewerber, die bei der Einreisekontrolle wegen fehlender oder gefälschter Einreisepapiere auffallen 11. Es fungiert somit gewissermaßen als „zweite Verteidigungslinie" gegen diejenigen Asylbewerber, denen es gelungen ist, ohne das erforderliche Einreisevisum ein Flugzeug nach Europa zu besteigen12. Die Verfahren zielen in erster Linie auf eine Entscheidung über die Einreise des Ausländers, die mangels anderweitigen Aufenthaltstitels von den Erfolgschancen seines Asylantrages abhängig ist. Unabhängig davon, ob ein vollständiges oder nur ein summarisches Asylverfahren durchgeführt wird, wird die Einreise in der Regel gestattet, wenn der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet angesehen wird. Flughafenasylverfahren entwickeln sich quasi naturwüchsig aus der normalen Einreisekontrolle heraus, in dem Moment, wo die Berufung auf das Asylrecht allein nach dem nationalen Recht nicht mehr ausreicht, um dem Ausländer einen Anspruch auf Einreise zu verschaffen. Sie entstehen also im Zusammenhang mit Zugangsbeschränkungen. Eine besondere, von der reinen Einreisekontrolle abgelöste Qualität bekommen diese Verfahren in dem Augenblick, wo über die inhaltliche Begründetheit des Asylgesuchs ganz oder teilweise schon an der Grenze entschieden wird. Damit werden die Verfahren länger, institutionalisierter und komplexer. Es treten in besonderem Maße ihre charakteristischen Vor- und Nachteile zutage, auf die unten noch näher einzugehen ist. Warum aber ein Flughafenverfahrenl An der Gesamtzahl der Asylbewerber stellen die auf dem Luftweg einreisenden nicht nur in Deutschland einen sehr geringen Anteil. Zudem sind mit der Durchführung dieses SpezialVerfahrens erhebliche Kosten verbunden. Internationale Flughäfen sind im Gegensatz zu der nur punktuell kontrollierbaren Landgrenze sicherheitstechnisch ausgeklügelt gebaut und hervorragend überwacht. Hier ist also eine nahezu lückenlose administrative Erfassung der Passagiere möglich. Zudem sind Räumlichkeiten für Büros und Unterkünfte vor Ort vorhanden. Ähnliches gilt übrigens für Seehäfen, weshalb in vielen Ländern dort ein ähnliches Verfahren eingerichtet ist. Hinzu kommt, daß dort traditionell mit der Transitzone ein Ort zur Verfügung steht, der zwar dem Zugriff der nationalen Behörden unterliegt, in dem der Ausländer aber als noch nicht eingereist gilt und somit auch dann, wenn er keinen Paß besitzt, relativ problemlos wieder in den letzten Abflugstaat zurückbefördert werden kann. Aus innenpolitischer Sicht sind die 11

Daß jemand trotz gültiger vollständiger Einreisepapiere in das Flughafenverfahren geraten kann, ist, wie der Fall der „sicheren Herkunftsländer" in § 18a AsylVfG zeigt, zwar theoretisch möglich, aber in der Praxis nicht sonderlich häufig, weil diese Personen sich meist entschließen, zuerst einzureisen und dann vom Inland aus Asyl zu beantragen. 12 Im deutschen Flughafenverfahren ist dies streng genommen nicht der Fall, weil § 18a wörtlich nur auf den Paß abstellt, also auf das Identitätsdokument. Praktisch geht es aber um dieselben Personengruppen, da häufig gefälschte Pässe und/oder Visa benutzt werden, um das Personal der Fluglinien zu täuschen und an Bord zu gelangen und diese Dokumente auf Weisung der Schleuser später zerstört werden.

22

Einleitung

Flughafenverfahren schließlich für die verantwortlichen Politiker attraktiv, weil damit ein Bereich besteht, in dem die Einreise von Asylbewerbern anders als an den Landgrenzen, effektiv steuerbar ist und den Wählern so Handlungsfähigkeit demonstriert werden kann. Neben diesen evidenten politischen Vorteilen weist diese Art des Verfahrens aber eine Reihe struktureller Probleme auf, die, wenn sie nicht kompensiert werden, die Menschenrechte der betroffenen Asylbewerber gefährden und die Aufgabe des Verfahrens, Verfolgte zu schützen, vereiteln können. Diese sind, kurz zusammengefaßt: Freiheitsentziehung, Kontrolldefizit, Abhängigkeit. Sie müssen nicht in jedem Flughafenverfahren im selben Maße vorhanden sein, sind aber tendenziell angelegt, wie gleich zu zeigen sein wird: Freiheitsentziehung: Dem Asylbewerber kann naturgemäß nicht erlaubt werden, sich frei zu bewegen, denn sonst könnte er ja einreisen. Aus administrativen Gründen wird seine Bewegungsfreiheit meist auf ein Gebäude oder einen Teil davon begrenzt. Da er sich im Transitbereich befindet, bleibt ihm jedenfalls theoretisch die Freiheit, in ein anderes Land auszureisen. Seine Situation wird daher rechtlich oft nicht als Freiheitsentziehung eingestuft, obwohl sie der eines Häftlings sehr nahe kommen kann, wenn er mangels Visums nicht in ein anderes Land ausreisen kann. Folge ist, daß Flughafenasylbewerbern die vom nationalen (Verfassungs-)Recht und internationalen Menschenrechtskonventionen bei Freiheitsentziehung vorgesehenen richterlichen Kontrollen häufig nicht zugestanden werden. Kontrolldefizit: Der Transitbereich ist nicht für jedermann zugänglich. Der Kontakt der Asylbewerber zur Außenwelt ist beschränkt. Da Zurückweisungen meist einfach sind, ist es machbar, die Situation „wo kein Kläger, da kein Richter" herbeizuführen. Das Handeln der in der Transitzone agierenden Behörden ist daher tendenziell weniger kontrollierbar als außerhalb. Dies begünstigt die menschliche Neigung zur Vertuschung von Fehlern, die Erleichterung der Verwaltungsarbeit auf Kosten der Verwalteten, schlimmstenfalls sogar die offene Gesetzesverletzung im Rahmen administrativer Sonderpolitik. Abhängigkeit: Die Antragsteller im Flughafenasyl verfahren sind Ausländer, die das Land, seine Sprache und Rechtskultur meist nicht kennen. Ihr Kontakt zur Außenwelt ist begrenzt. Häufig sind die Verfahren sehr kurz, um die Aufenthaltsdauer im Transitbereich zu minimieren. Wo die Chancen, sich selbst Information und Beistand zu verschaffen, solchermaßen limitiert sind, kann es geschehen, daß Asylbewerber, vom Tempo des ihnen unbekannten Verfahrens überrollt, ihre Rechte nicht wahrnehmen können, wenn keine Vorsorge getroffen wird. Aus all diesen Gründen besteht in den Flughafenverfahren tendenziell die Gefahr, daß der Flüchtling seine Rechte nicht wahrnehmen kann, zu einem passiven Objekt des Verfahrens wird und dieses seinen erklärten Zweck, politisch Verfolgte zu schützen, verfehlt.

Einleitung

2. Fragestellung, Gliederung und Methode der Arbeit Die Bundesrepublik hat seit dem Inkrafttreten der Folgegesetze zur Grundgesetzänderung, also seit dem 1. 7. 93, mit § 18a AsylVfG ebenfalls ein Flughafenverfahren. Gegenstand dieser Arbeit ist in erster Linie das deutsche Flughafenverfahren nach § 18a AsylVfG, und zwar in der Form, wie es am Rhein-Main-Flughafen Frankfurt durchgeführt wird. Es soll untersucht werden, inwieweit die oben genannten Strukturprobleme der Flughafenverfahren dort vorhanden sind und wie sie rechtlich zu bewerten sind. Nach einem Überblick über die Entstehung und die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen des Verfahrens (Teil I), wird in Teil I I der Frage nachgegangen, inwieweit die Unterbringung im Transitbereich als Freiheitsentziehung einzuordnen ist und welche Konsequenzen dies für die Anwendbarkeit der richterlichen Garantien in diesem Bereich hat. Dabei soll auch auf die mögliche Rolle von Nichtregierungsorganisationen bei der Sicherung der Verfahrensrechte der Asylbewerber eingegangen werden und auf die Frage, inwieweit ihre Präsenz zum Zweck einer besseren öffentlichen Kontrolle der Vorgänge im Transitbereich erforderlich oder wünschenswert ist. Da diese Problemstellung in anderen Ländern im wesentlichen identisch ist und andere Länder bereits länger als die Bundesrepublik ein Flughafenverfahren haben, wird hier rechtsvergleichend gearbeitet. Als Vergleichsländer dienen Frankreich und die Niederlande, weil sie auch im Gesetzgebungsverfahren als Vorbilder für die deutsche Regelung genannt wurden 13. Im Teil III wird der Ablauf des Verfahrens am Frankfurter Flughafen im einzelnen analysiert. Ziel dieses Teils der Arbeit ist es, zu zeigen, wie sich die Abhängigkeit des Asylbewerbers und die Beschleunigung des Verfahrens auf die Wahrnehmbarkeit von Verfahrensrechten auswirken. Dem werden die Anforderungen gegenübergestellt, die das deutsche Verfassungsrecht an ein faires (Asyl-)Verfahren stellt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Rolle von Information und Beratung zu thematisieren. In diesem Teil wird auch das Urteil des BVerfG 14 vom 14. 5. 96 kommentiert. Soweit sich auf völkerrechtlicher Ebene konkrete Aussagen zu den Verfahrensrechten von Asylbewerbern finden (was vor allem im soft-lawBereich der Fall ist), werden diese Texte ebenfalls als Vergleichsmaßstab herangezogen. Da dieser Teil sehr auf die Spezifika des deutschen Flughafenverfahrens zugeschnitten ist, ist es hier nicht möglich, rechtsvergleichend zu arbeiten. Teil IV enthält eine Zusammenfassung der Ergebnisse und einen Ausblick. Hier stellt sich die grundsätzliche Frage nach dem Sinn des Flughafenverfahrens.

13 BT-Plen.Prot. 12/143 v. 4. März 93, S. 12297.

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Einleitung

3. Stand der Forschung Das deutsche Flughafenverfahren hat bisher vor allem durch zahlreiche Presseberichte über aufsehenerregende Einzelfälle von sich reden gemacht und war ein wichtiger Gegenstand der vor dem Bundesverfassungsgericht zu dem neuen Asylrecht entschiedenen Verfassungsbeschwerden 15. In der deutschen wissenschaftlichen Literatur ist das Verfahren außer in den Kommentierungen zu Art. 18a GG nur in wenigen Aufsätzen 16 eigenständig behandelt. Im übrigen taucht es in zusammenfassenden Darstellungen zum neuen Asylrecht nur kurz auf. Neuere rechtsvergleichende Literatur fehlt. Einige bekannte ausländische Darstellungen 17 sind im Hinblick auf die deutsche Situation veraltet. Insbesondere das Problem der Freiheitsentziehung findet erst in jüngster Zeit vermehrte Aufmerksamkeit 18. Die Rechtsprechung befaßt sich naturgemäß mit Detailproblemen des Verfahrens. Darüber hinaus gibt es von humanitären Organisationen mehr oder weniger öffentlich zugängliche Papiere über Einzelaspekte des Verfahrens. Mit einer umfassenderen Darstellung, als sie bisher vorliegt, möchte diese Arbeit auch eine Lücke schließen und damit einen Beitrag zum besseren Verständnis dieser Verfahrensart leisten.

4. Was diese Arbeit nicht behandelt Bis auf einige Randbemerkungen vollständig ausgeklammert wurden die Themen „europäische Vereinheitlichung des Asylrechts" und „Drittstaatenregelung". Dies sind so umfassende Gebiete, daß ihre Einbeziehung den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte. Sie sind zum Verständnis des Flughafenverfahrens nicht unbedingt erforderlich, wenngleich sich natürlich auch Berührungspunkte ergeben. Eine weitere Beschränkung wurde dahingehend gewählt, daß von den fünf Flughäfen, an denen das Verfahren nach § 18a AsylVfG derzeit durchgeführt wird, nur der konkrete Ablauf in Frankfurt ausführlich dargestellt wird. Dafür sprechen mehrere Gründe: Erstens ist der Rhein-Main-Flughafen der einzige, an dem das Verfahren überhaupt in nennenswerten Umfang durchgeführt wird: Über 90% der Bundesamtsentscheidungen im § 18a-Verfahren 19 und fast alle publizierten Gerichtsentscheidungen betreffen den Frankfurter Flughafen. Zweitens kenne ich das Verfahren an diesem Flughafen aus eigener praktischer Anschauung, da ich im w EuGRZ 96, 271 ff. 15 Die drei Entscheidungen vom 14. Mai 1996 sind abgedruckt in EuGRZ 96, S. 237 ff. 16 Marx, ZAR 93, 160 ff.; Kugelmann, ZAR 94, 158 ff. 17 Council of Europe, ADOC 6490 v. 12. 9. 91 sowie in ANAFE, Frontières ... 18 De Wyl, ZAR 97, 82 ff. Vgl. die Nachweise im 2. Teil Kapitel D II 1. 19 Zahlen nur für das 2. HJ. 1993 verfügbar, Asyl-Erfahrungsbericht 1993 des BMI, S. 32: Es ergingen insgesamt 209 Sachentscheidungen des Bundesamts, davon 200 am Frankfurter Flughafen. Neuere Zahlen waren auf Anfrage bei dem BMI nicht erhältlich.

Einleitung

zweiten Halbjahr 1993 ständig und aushilfsweise auch später Mitarbeiterin des dortigen Flughafensozialdienstes war. Die dabei gesammelten Erfahrungen haben diese Arbeit geprägt.

Teil 1

Grundlagen A. Historische Entwicklung I. Zusammenhang mit der Asylrechtsneuregelung 1993 Die Geschichte des Flughafenasylverfahrens in Deutschland ist auf den ersten Blick kurz: § 18a AsylVfG wurde durch das am 1. 7. 93 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften 1 vom 26. 5. 93 in das Asylverfahrensrecht eingefügt. Damit wird erstmals für bestimmte Kategorien von Asylbewerbern das gesamte Anerkennungsverfahren vor der Einreise durchgeführt. Die Flughafenregelung muß im Zusammenhang mit dem Kernbestandteil der Asylrechtsneuregelung von 1993, der Vorschrift über die „sicheren Drittstaaten" (Art. 16a I I GG, § 26a AsylVfG), gesehen werden: In diesem Kontext ist sie Teil eines Konzeptes, das auf eine radikale Reduzierung von Einreise und Aufenthalt von Asylbewerbern im Bundesgebiet abzielt2: Nach der Vorstellung des Gesetzgebers3 sollte durch die Schaffung eines „cordon sanitaire" von sicheren Drittstaaten nahezu4 sämtlichen auf dem Landweg ankommenden Asylbewerbern gem. § 18 II Nr. 1 AsylVfG die Einreise verweigert werden bzw. gem. § 34a die sofortige Wiederausreise durchgesetzt werden können. Da als Folge der Drittstaatenregelung eine stärkere Verlagerung der Einreisewege auf die Flughäfen befürchtet wurde, hielt man dort ein Verfahren für erforderlich, das den Zugang über den Luftweg kontrollieren und begrenzen sollte, kurz gesagt: eine Art „Vorsortieranlage" für offensichtlich unbegründete Asylanträge. Um die Betroffenen ggf. problemlos wieder in die Abflugländer zurückbefördern zu können, wird das Verfahren vor der Einreise durchgeführt.

1 BGBl. I, S. 1062 2 Classen, DVB1. 93, 700 ff. 3 In der Praxis bestehen jedoch erhebliche Vollzugsdefizite, vgl. Renner, NVwZ 94, 452 ff.; BMI-Asylerfahrungsbericht 1994 S. 12. 4 Ausnahmen sind in § 18 IV AsylVfG normiert. Nr. 1 bezieht sich auf die Zuständigkeitsregelung des Schengener Durchführungsabkommen vom 19. 6. 90 und des Zuständigkeitsabkommens von Dublin vom 15. 6. 90.

A. Historische Entwicklung

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II. Weiterer Kontext: Flughafenverfahren als Zugangsbeschränkung In einem weiteren Kontext betrachtet, ist das Flughafenverfahren der vorläufige Endpunkt einer langen Reihe von Versuchen, Asylbewerber gar nicht erst ins Inland gelangen zu lassen. In der Flut von Novellierungen seit dem ersten Gesetz zur Beschleunigung des Asylverfahrens vom 25 . 7. 19785 bis zur Grundgesetzänderung 1993 war die Reduzierung der Zahl der Asylsuchenden das stets verfolgte, jedoch nie dauerhaft erreichte Ziel. Neben Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung und der Beschneidung der sozialen Rechte der Asylbewerber, die der Abschreckung von „Wirtschaftsflüchtlingen" dienen sollten6, gab es von Anfang an Bestrebungen, Asylbewerber gar nicht erst nach Deutschland gelangen zu lassen.

1. Die Grenzrichterdebatte Anfang der 80er Jahre Bereits 1979 schlug die Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz vor, die Grenzbehörden zur Zurückweisung von Asylbewerbern zu ermächtigen, wenn ihr Asylantrag nach der Feststellung der Grenzbehörde offensichtlich rechtsmißbräuchlich oder aus anderen Gründen unbeachtlich war 7. Um die von der Bundesregierung dagegen erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken auszuräumen, wurde in der Literatur erwogen, sogenannte „Grenzrichter" zu etablieren, die die Entscheidung der Grenzbehörde in einer kurzfristig anzuberaumenden mündlichen Verhandlung überprüfen und ggf. den Weg für die sofortige Zurückweisung öffnen sollten8. Ein Bundesamtsverfahren war nicht vorgesehen. Das Projekt wurde letztlich fallengelassen. Die Überlegungen zur Infrastruktur wiesen mit der heutigen Flughafenregelung jedoch gewisse Ähnlichkeiten auf 9.

2. Sichtvermerkspflicht und Sanktionen gegen Fluggesellschaften „Um den Zustrom von Asylanten zu kanalisieren" 10 wurde seit Mitte/Ende der siebziger Jahre nach und nach die Sichtvermerkspflicht 11 für „flüchtlingsproduzie5 BGBl. I, S. 1108 f. 6

Übersicht über die diversen Reformprojekte in GK-AsylVfG, Abschn. II (Entstehungsgeschichte); Kilian, in: Grundrechtsschutz . . . , S. 87 ff. 7 BT-Drucks. 8/2946, S. 10. 8 Zur Grenzrichterdebatte vgl.: Henkel, ZRP 80, 67, 68; Schilling, DÖV 80, 39 ff.; ders. DÖV 80, 561 ff.; v. Pollern, DÖV 80,557 ff.; Schenk, DÖV 81, 212, 215. 9 Dazu Henkel, ZPR 80,67, 68. !0 Antwort der Bundesregierung vom 20. 6. 80 auf die Große Anfrage der CDU/CSUFraktion, BT-Drucks. 8/4279, S. 2.

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Teil 1 : Grundlagen

rende" Länder eingeführt. Die kurz darauf verhängten Sanktionen gegen die Transportgesellschaften 12 (früher § 18 V AuslG, heute § 74 AuslG sowie die mit Bußgeld bis zu 20.000 DM bewehrte Ordnungswidrigkeit gem. § 93 II 2 b AuslG und die Rücktransportverpflichtung des § 73 I I AuslG) 13 sollten diese zwingen, die Einreisedokumente ihrer Passagiere zu kontrollieren und die illegale Einreise (auch) Asylsuchender auf dem Luft- oder Seeweg zu unterbinden. In vielen Ländern führen Beamte des Bundesgrenzschutzes Schulungen für das Personal der Fluglinien durch, um dieses in die Lage zu versetzen, Passagiere mit falschen Papieren zu erkennen 14. Diese Maßnahmen haben wesentlich zu dem signifikanten Rückgang der Asylbewerberzahlen aus bestimmten Staaten beigetragen 15. Ebenso wie ein großer Teil der Literatur 16 hat das BVerwG 17 das Beförderungsverbot für unvereinbar mit dem objektiven Wertgehalt des Asylgrundrechtes gehalten18. Zur Einführung von Visumspflichten und Verhängung von Sanktionen kam es auch in anderen europäischen Ländern 19. In Art. 26 des Schengener Durchführungsabkommens vom 19. 6. 1990 20 ist die Einführung von Sanktionen - vorbehaltlich der völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten sogar zwingend vorgeschrieben.

3. Schließung des „Berliner Transitlochs" Diese Zugangsrestriktionen hatten zum einen die Folge, daß Flüchtlinge vermehrt gefälschte Dokumente benutzten und sich Schlepperorganisationen anvertrauten 21, eine Entwicklung, die durch die Flughafenregelung nach dem Willen ihrer Befürworter wieder konterkariert werden soll 22 . Zum anderen wählten immer mehr Asyln Dazu ausführlich: Marx, in: ANAFE, Frontières..., S. 156 ff. Pfaff, in: World Council of Churches..., Anhang 6.; Zur Verfassungsmäßigkeit der Visumspflicht: BVerfG v. 16. 6. 87, NVwZ 87, 1068: Auferlegung der Sichtvermerkspflicht ist mit Art. 16 II 2 GG vereinbar, soweit dem Betroffenen die Erüllung der Verpflichtung möglich und zumutbar ist. 12 Ges. v. 15. 12. 81, BGBl. I, 1390. 13 Marx, Asylrecht, S. 1584; Cruz, ZAR 91, 178 ff.; Kanein/Renner, § 74 m.w.N. 14 Marx, in: ANAFE, Frontières..., S. 157; Hellenthal, Die Polizei 94, 1,9 f. 15 BVerwG EZAR 220 Nr. 3. Vgl. auch v. Pollern, ZAR 82, 93; ders. ZAR 83, 84; ders. ZAR 89,23, 24; Hellenthal, Die Polizei 94, 1, 9 f. 16 Kanein/Renner, § 74 AuslG Rz. 5; Marx/Strate/Pfaff, § 9 AsylVfG Rz. 28; Denninger/Rachor, ZAR 88, 51, 60; vgl. zum Streitstand auch Pott, ZAR 89,45 f. 17 BVerwG EZAR 220 Nr. 3. 18 Das BVerfG hielt die Vorlage gem. Art. 100 a GG jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit für unzulässig, Beschluß v. 2. 12. 97, EuGRZ 98, 159. 19 Dazu Cruz, ZAR 91, 178 ff. 20 BT-Drucks. 12/2453 21 Cruz, ZAR 91, 178. 22 Begründung des Innenausschusses in der Beschlußempfehlung, BT-Drucks. 12/ 4984 S. 48.

A. Historische Entwicklung

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bewerber die Einreise über das Schlupfloch Ost-Berlin: 1983 kam rund ein Viertel von ihnen auf diesem Weg 23 . Im Oktober 1986 gelang es der Bundesregierung jedoch nach Verhandlungen mit der DDR, das sogenannte „Transitloch" zu schließen 24 . Der Rückgang der außereuropäischen Asylsuchenden von 74.486 im Jahre 1986 auf 20.750 im Jahre 198725 dürfte wesentlich darauf zurückzuführen sein 26 . Die „Entlastungswirkung" war jedoch vorübergehend: In den folgenden Jahren stieg mit dem zunehmenden Zerfall des Ostblocks und dem Beginn des Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien die Zahl der europäischen Asylbewerber sowohl real als auch prozentual erheblich an. Während 1987 etwa 37.000 (rd. 63%) der Antragsteller aus Europa stammten, waren es 1992 310.529 Personen (rd. 71 %) 2 7 , davon über 120.000 aus Ex-Jugoslawien28.

4. Extensive Interpretation des § 9 AsylVfG ('82) Nach der ständigen Rspr. des BVerfG 29 ergab sich als Vorwirkung des Asylgrundrechtes aus Art. 16 I I 2 GG für Asylbewerber ein Recht auf Einreise und Aufenthalt während des Verfahrens 30. Eine Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze war daher nur möglich, wenn der Betreffende den Schutz des Asylrechts offensichtlich nicht benötigte. Dementsprechend erlaubte § 9 I 2 AsylVfG in der Fassung vor dem 15. 1. 1987 die Zurückweisung eines Asylsuchenden an der Grenze nur, wenn er bereits in einem anderen Staat „Schutz vor Verfolgung" gefunden hatte. In der gängigen Auslegung war diese Bestimmung kein Hindernis für die Einreise von Asylsuchenden: Es wurde vorausgesetzt, daß der Ausländer in dem Drittstaat auch Schutz gesucht hatte und eine Existenzgrundlage nach Maßgabe der dort herrschenden Lebensumstände finden konnte 31 . Nur wenn aus den Ausweispapieren eindeutig erkennbar war, daß der Asylbewerber eine nicht vorübergehende Aufenthaltserlaubnis in einem Drittstaat besaß, wurde ihm die Einreise verweigert 32. 23 pfaff, Anhang 6 zu: World Council of Churches..., S. 8. Nach GK-AsylVfG Abschn. II Rz. 50 waren es 1983 fast ein Drittel. 24 GK-AsylVfG, Abschn. II Rz. 74 ff. 25 Zahlen: v. Pollern, ZAR 89, 23. 26 v. Pollern, ZAR 89, 23 f. 27 Zahlen aus: V. Pollern, ZAR 93, 26, 28. 28 Statistik des BMI, Referat A 5. 29 BVerfGE 67,43, 59; E 78,7,18; E 80, 68, 73 f; E 80, 182, 187. 30 Verfassungsrechtlich zwiflgend war diese Lösung nicht. Das damit verfolgte Ziel, den möglicherweise Asylberechtigten einstweilen dem Zugriff des Verfolgerstaates zu entziehen, kann prinzipiell auch durch ein Verfahren im Transitbereich eines deutschen Flughafens erreicht werden. 31 VGH Kassel, NVwZ 1988, 274, 276.

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Teil 1 : Grundlagen

Nach der zum 15. 1. 87 in Kraft getretenen Neuformulierung der Norm 33 war die Einreise zu verweigern, wenn der Betreffende offensichtlich bereits in einem anderen Staat „vor Verfolgung sicher war" (§ 9 I 2 Nr. 1 AsylVfG). Das Kriterium des Verfolgungsschutzes sollte damit objektiviert und nicht mehr von dem - bei Weiterreise in die Bundesrepublik evident nicht vorhandenen - Willen des Flüchtlings abhängig gemacht werden, in dem Drittstaat auch Schutz zu suchen. Folge dieser Änderung war eine extensive Auslegung der Vorschrift durch das Bundesinnenministerium 34, die am Frankfurter Flughafen zu zahlreichen Zurückweisungen führte 35 . In den Fällen, wo Rechtsmittel eingelegt wurden, hoben die Verwaltungsgerichte bzw. der VGH Kassel die Entscheidungen des BGS regelmäßig auf 36 : Die Sicherheit im Drittland sei nicht offensichtlich. Als Reaktion auf diese Rspr. erging der Erlaß des BMI vom 15. 6. 87, wonach am Flughafen Frankfurt aufgrund des § 9 I 2 Nr. 1 keine Asylbewerber mehr zurückgewiesen werden durften 37. Im übrigen hielt das BMI jedoch an seiner Rechtsauffassung fest. Nach § 9 I 2 Nr. 2, 3 AsylVfG in der Fassung nach dem 15. 1. 87 wurde anderweitige Sicherheit ferner widerlegbar vermutet, wenn der Asylbewerber sich länger als 3 Monate in einem westeuropäischen Land aufgehalten hatte und unwiderlegbar, wenn er im Besitz eines Reiseausweises nach der Genfer Flüchtlingskonvention war. Auch in diesen Fällen war er zurückzuweisen. Diese Regelung wurde im wesentlichen unverändert in § 18 des AsylVfG ('92) 3 8 übernommen. 1988 wurden von insgesamt 20.592 Ausländern, die bei der Grenzbehörde um Asyl nachsuchten, 473 nach § 912 AuslG zurückgewiesen39.

I I I . § 18a AsylVfG im Gesetzgebungsverfahren Seit Ende der 80er Jahre waren die Asylbewerberzahlen sprunghaft gestiegen, während sich die Anerkennungszahlen seit 1987 im einstelligen Prozentbereich bewegten40. Ein Ende dieses Trends war nicht absehbar. Bundesamt und Verwal32 Jahresbericht FSD 1987 S. 18. 33 Ges. v. 6. 1. 87, BGBl. I (1987), S. 89. 34 Nach den Ausführungsbestimmungen zum AsylVfG hatte der BGS Asylbewerber, die über ein Drittland eingereist waren, dem Lagezentrum des BMI zu melden, das die Entscheidung über die Zurückweisung traf, vgl. Jahresbericht FSD 1987, S. 19. 35 Dazu Jahresbericht FSD 87, S. 18 ff.; Marx, in: ANAFE, Frontières..., S. 158 f; 36 VGH Kassel, Entsch. v. 21. 2. 87, ESVHG Bd. 38 S. 76; VGH Kassel, NVwZ 88, 274 ff. 37 Erlaß des BMI vom 15. 6. 87, P I 4 - 645 359 - 60/3.0. 38 BGBl. I, S. 1733 (1992) und BGBl. I, S. 1126 (1993). 39 Hailbronner, Reform..., S. 20. 40 Geflissentlich übersehen wurde in der öffentlichen Diskussion, daß diese Zahlen nur die Asylanerkennungen durch das Bundesamt berücksichtigen, aber weder die vor den Verwaltungsgerichten anerkannten Asylbewerber noch die Konventionsflüchtlinge nach § 51 I

A. Historische Entwicklung

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tungsgerichte waren trotz (oder wegen?) der immer rascher aufeinanderfolgenden Vereinfachungs- und Beschleunigungsnovellen des Asylverfahrensrechts chronisch überlastet. Die Verfahren zogen sich über Jahre hin. Innerhalb der EU- und EFTAStaaten hatte Deutschland mit 65,4% (1992) der Asylbewerber die Hauptlast zu tragen 41 - eine Situation, für die weniger das Asylgrundrecht als vielmehr die offenen Ostgrenzen und der deutsche Wohlstand verantwortlich gewesen sein dürften. In der öffentlichen Diskussion wurde die Asylproblematik zur Schicksalsfrage der Nation aufgebauscht, zunehmend war von Asylmißbrauch und Scheinasylanten die Rede. Eine Welle von ausländerfeindlichen Gewalttaten erschütterte zwischen 1991 und 1993 das Land. Die traurigen Höhepunkte davon waren die Ausschreitungen von Hoyerswerda (September 1991) und Rostock (August 1992) und die Morde von Mölln (November 1992) und Solingen (Pfingsten 1993). Die Asyldebatte spitzte sich unter dem Druck dieser Umstände zunehmend auf eine Lösung, die Grundgesetzänderung, zu. Sie wurde als einziges Mittel zur Begrenzung des Asylbewerberzugangs dargestellt und nicht zuletzt deshalb für wünschenswert gehalten, um die volle Teilnahme am Schengener Zuständigkeitssystem zu ermöglichen 42. Ein entsprechender Gesetzesentwurf 43 der CDU / CSU wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren zum AsylVfG von 1992 eingebracht, konnte sich aber noch nicht durchsetzen. Man einigte sich vielmehr auf ein Paket von Maßnahmen, die das Verfahren beschleunigen und Verwaltung und Gerichten beim Abbau der Überlast behilflich sein sollten 44 . 1992 schnellte die Zahl der Asylbewerber - nicht zuletzt wegen des Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien - um rund ein Drittel auf 438.19146 hoch. Die Diskussion über das Asylrecht ging unter dem Druck rassistischer Gewalttaten unvermindert weiter. Bereits am 6. 12. 92, noch vor dem Inkrafttreten wichtiger Teile des neuen AsylVfG im April 1993, einigten sich die Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD in dem sogenannten ,,Nikolauspapier" 47 auf ein Bündel von Änderungen im AuslG noch die zahlreichen de-facto-Flüchtlinge, die nach § 53, 54 AuslG nicht abgeschoben werden dürfen. 41 Quelle: UNHCR-Regionalbüro Brüssel. Vollständige Statistiken abgedruckt in Drüke/ Weigelt, S. 336. 42 Dazu: Gerlach, ZRP 1993, 164 ff.; Weber, ZRP 1993, 170 ff. 43 BT-Drucks. 12/2112. 44 Dazu siehe Huber, NVwZ 92, 749 ff.; Marx, InfAuslR 92, 109 ff.; Renner, ZAR 92, 59 ff. 45 Davon kamen 122.666 aus dem ehemaligen Jugoslawien, 103.787 aus Rumänien. Die Zahl der Asylbewerber aus diesen beiden Ländern hatte sich innerhalb eines Jahres annähernd verdoppelt. Quelle: Bundesinnenministerium. 46 Quelle: Bundesinnenministerium. 47 Text abgedruckt in FAZ v. 8. 12. 92; zur Umsetzung vgl. Haberland, ZAR 94,3 ff.

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Teil 1: Grundlagen

Asyl- und Ausländerrecht, deren wichtigster Bestandteil die Änderung der Art. 16 und 18 des GG und die Einführung der Drittstaatenregelung war. Der Verhandlungsführer der CSU, Stoiber, interpretierte das Verhandlungsergebnis so, daß damit „jeder, ob er nun asylberechtigt ist oder nicht, an der Grenze abgewiesen werden kann" und im Prinzip nur noch der Luftweg für Asylbewerber als Einreisemöglichkeit bleibe 48 . Ein spezielles Flughafenverfahren war jedoch weder in dem „Nikolauspapier" enthalten noch in dem gemeinsamen Gesetzesentwurf 49 der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD und FDP zur Änderung der Asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften vom 02. 03. 93, der die einfachgesetzliche Umsetzung des Asylkompromisses beinhaltete. Sie war zwar Gegenstand der Verhandlungen gewesen, aber für die SPD in der von der Union gewünschen Fassung nicht akzeptabel50. Daher taucht sie erst im allgemeinen Teil der Begründung zu dem Gesetzesentwurf auf, zusammen mit anderen „Nachbesserungswünschen" der Fraktionen. Die CDU /CSU bringt dort zum Ausdruck, sie halte eine Regelung für notwendig, wonach bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten bei der Einreise auf dem Luftwege das Asylverfahren vor der Einreise durchzuführen sei, da im Falle der Ablehnung des Asylantrages zumindest die Rückführung in den Staat des Abflughafens problemlos gesichert sei 51 . Für diese Gruppe von Asylbewerbern schien ein verkürztes Verfahren vertretbar, weil nur zu prüfen ist, ob sie entgegen der gesetzlichen Vermutung doch verfolgt werden 52. Im Anschluß fand sich ein detaillierter Formulierungsvorschlag, der bereits die wesentlichen Elemente des heutigen § 18a enthielt. Noch nicht enthalten war die Einbeziehung der Asylbewerber ohne gültige Identitätsdokumente. Als Frist für die Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes waren lediglich 48 Stunden ab Zustellung der Bundesamtsentscheidung vorgesehen, und eine Zurückweisung sollte bereits möglich sein, wenn das Verwaltungsgericht über den Eilantrag nicht innerhalb von 7 Tagen entschieden hatte. In der ersten Lesung des Gesetzesentwurfs 53 am 4. 3. 93 betonten die Befürworter der Flughafenregelung noch einmal deren Notwendigkeit zur Ergänzung der Drittstaatenregelung und zur raschen Rückbeförderung abgelehnter Asylbewerber. Es werde ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet, wie auch die Anwendung in Frankreich und den Niederlanden zeige. Eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten des Verfahrens fand in der Debatte nicht statt, was möglicherweise auch 48 FR vom 8. 12. 92, S. 7 49 BT-Drucks. 12/4450. so MdB Wiefelspütz (SPD), BT-Pl.Prot. 12/143, S. 12301; MdB de With (SPD), BTPl.Prot. 12/160 S. 13552. 51 BT-Drucks. 12/4450, S. 16. 52 So die amtliche Begründung zur Änderung des Art. 16 GG, BT-Drucks. 12/4152, S. 3; Vgl. GK-Liebetanz, § 18a Rz. 24. 53 BT-Plenarprotokoll 12/143, S. 12280 (4. 3. 93).

A. Historische Entwicklung

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mit der Tatsache zusammenhing, daß die ca. 150 Seiten umfassenden Drucksachen erst am Tag zuvor verteilt wurden 54 . Seine endgültige Form erhielt § 18a in den Beratungen des Innenausschusses. Der Vorschlag, Asylbewerber, die über ihre Identität täuschen, ohne Verfahren zurückzuweisen 55, konnte sich ebenso wenig durchsetzen wie die Einschränkung des Prüfungsumfangs bereits im Verwaltungsverfahren 56. Die extrem kurzen Antragsund Entscheidungsfristen für das gerichtliche Eilverfahren wurden in der Expertenanhörung als verfassungsrechtlich bedenkliche Erschwerung des Rechtsschutzes kritisiert und daraufhin verlängert 57. In der Beschlußempfehlung des Innenausschusses58 vom 18. 5. 93 wurde die Aufnahme der Vorschrift mit der Möglichkeit begründet, von „Schlepperbanden" illegal nach Deutschland geschleuste Asylbewerber rasch wieder zurückzubefördern. Am 26. 5. 93 wurden die Grundgesetzänderung und die Begleitgesetze in 2. und 3. Lesung in einem emotional geführten 10-stündigen Debattenmarathon im Bundestag beraten und beschlossen59, ohne daß dabei die Flughafenregelung Gegenstand von Kontroversen gewesen wäre. Am 28. 5. 93 stimmte der Bundesrat zu. In der Debatte kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem hessischen Ministerpräsidenten Eichel und Bundesinnenminister Seiters. Eichel befürwortete ein Flughafenverfahren zwar grundsätzlich, lehnte jedoch die in § 18a AsylVfG gefundene Lösung ab, da sie gesetzestechnisch mangelhaft sei und den Ländern eine Fülle von Vollzugsproblemen aufbürde. Wegen der unzulänglichen Abstimmung mit der Kostenregelung des § 74a AuslG sei ein endloser Streit um die Zuständigkeiten zur Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Asylbewerber vorprogrammiert 60. Minister Seiters wies die Vorwürfe zurück und sah eine eindeutige Länderkompetenz für diese Bereiche 61. Nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt traten die Grundgesetzänderung 62 am 30. Juni 1993, die Begleitgesetze63, darunter auch § 18a AsylVfG, am 1. Juli 1993 in Kraft. 54

Dies hatte die PDS-Abgeordnete Lederer als Versuch moniert, die kritische Diskussion der Entwürfe zu behindern, BT-Pl.Prot. 12/143, S. 12280 f. 55 Protokoll der 56. Sitzung des Innenausschusses am 24. 3. 93, insbesondere die schriftliche Stellungnahme von Severin (Leiter des Grenzschutzamtes Frankfurt/M.), S. 525 ff. 56 Bundesinnenminister Seiters, BT-Pl.Prot. 12/160, S. 13522. 57 Protokoll der 56. Sitzung des Innenausschusses vom 24. 3. 93, schriftliche Stellungnahme Hailbronners (IA-Protokoll S. 363); schriftliche Stellungnahme des Bundesfachausschusses ,Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte4 in der ÖTV (IA-Protokoll S. 509 f.). 58 BT-Drucks. 12/4984, S. 48. 59 BT-Pl.Prot. 12/160, S. 13502 ff. 60 Bundesrat, Protokoll der 657. Sitzung, 28. 5. 93, S. 202 f. 61 Bundesrat, Protokoll der 657. Sitzung, 28. 5. 93, S. 208. 62 BGBl. I, S. 1002. 3 Laier

Teil 1: Grundlagen

34

IV. Statistik 450.000 j 400.000 -350.000 - • x: 300.000 - •

| 1

250.000 - -

200.000 - • >> 5 150.000 •• 100.000 •• 50.000 • 0

1 Asylbewerberzahl

- % Europäer

Diagramm l 6 4 : Anzahl der Asylbewerber insgesamt und prozentualer Anteil der Europäer

V. Bewertung Visumszwang und Sanktionen gegen die Transportgesellschaften in zahlreichen europäischen Ländern haben dazu geführt, daß es Flüchtlingen aus Ländern der dritten Welt in geringerem Maße gelingt, Europa zu erreichen. Art. 26 des Schengener Durchführungsabkommens sorgt dafür, daß dies auch nach dem Abbau der innereuropäischen Grenzkontrollen so bleibt. Der starke Zugang an Asylbewerbern seit Ende der 80er Jahre in Deutschland ist vor allem auf den Zusammenbruch des Ostblocks zurückzuführen. Vor allem die Asylbewerber aus diesen Ländern sollten durch die Drittstaatenregelung an der Einreise gehindert werden. Wie die Zahlen für 1994 und 1995 zeigen, ist dies trotz aller Vollzugsdefizite 65 der Drittstaatenregelung in gewissem Maße erreicht worden. Als Konsequenz dieser Politik nimmt allerdings die Tendenz zur Verheimlichung der Fluchtwege zu und Asylbewerber vertrauen sich verstärkt kommerziell agierenden Schleppern an, um dennoch in die Bundesrepublik zu gelangen. Soweit es die Einreise auf dem Luftweg betrifft, soll die Flughafenregelung diese Folgen neutralisieren. 63 BGBl. I, S. 1062 64

Siehe zu den exakten Zahlen und Quellenangaben die Tabelle 1 im Anhang. Zahlen für 1997: 104.353 Asylbewerber, davon ca. 40% Europäer. w Renner, NVwZ 94, 452 ff.; BMI-Asylerfahrungsbericht 1994 S. 12.

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens

35

Nach der derzeitigen Konzeption des Gesetzgebers gelangen also nur diejenigen Flüchtlinge in Deutschland noch in ein unverkürztes Verfahren, denen es möglich ist, auf ein deutsches Visum zu warten (und es auch zu bekommen66), um dann mit dem eigenen Paß durch die Kontrollen zu gehen, um ins Flugzeug Richtung Deutschland zu steigen. Diese Umstände werden oft schon gegen eine Verfolgung sprechen, jedenfalls belegen sie aber, daß der Betroffene in der Lage ist, zu seinem Schutz ein beträchtliches Maß an Geld und Einfluß zu mobilisieren und daher kaum zu der Gruppe gehört, die die Zuflucht im Ausland am dringendsten benötigt. Die Beteuerung des Gesetzgebers, nur die „Scheinasylanten" abwehren, die wirklich Verfolgten aber weiterhin schützen zu wollen 67 , läßt sich angesichts dessen nicht aufrechterhalten.

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens nach § 18a AsylVfG I. Skizze des Verfahrensablaufs

Weiterleitung an das BAF1

66 Ob einem Ausländer wegen einer ihm drohenden Verfolgung ein Visum ausgestellt werden muß, ist umstritten, vgl. Göbel-Zimmermann, in: Huber, Rz. 139 m.w.N. 67 BT-Drucks. 12/4984 S. 2.

3'

36

Teil 1: Grundlagen

Ablehnung

VG: Antrag nach § 80 VII analog

Stattgabe

Verfassungsbeschwerde nichtangenommen; keine einstweilige Anordnung

BVerfG: Verf.-Beschwerde, Antrag nach § 32 BVerfGG

Erlaß der Anordnung gem. § 32 BVerfGG; Stattgabe der Verfassungsbeschwerde durch Kammerbeschluß gem. § 93 b BVerfGG

II. Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens § 18a I AsylVfG normiert folgende formelle Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein auf dem Luftweg ankommender Asylbewerber überhaupt in das Sonderverfahren gelangen kann: 1. Keine Zurückweisung nach § 18 II AsylVfG 2. Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat gem. Anlage zu § 29a AsylVfG oder Fehlen eines gültigen Identitätsdokuments 3. Keine Vollendung der Einreise 4. Möglichkeit der Unterbringung auf dem Flughafengelände. Über das Vorliegen dieser Voraussetzungen entscheidet die Grenzbehörde. Stellt sich nachträglich heraus, daß eine oder mehrere dieser Bedingungen entweder nie gegeben waren oder nachträglich weggefallen sind (3 und 4), ist dem Asylbewerber die Einreise zu gestatten und das Verfahren vom Inland aus weiterzuführen. Dies ergibt sich im Umkehrschluß aus § 18a I AsylVfG.

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens

37

1. Keine Zurückweisung nach § 18 I I AsylVfG Ungeklärt ist auch nach der Entscheidung des BVerfG das Verhältnis zwischen Drittstaaten- und Flughafenregelung 68: Wie ist der Fall zu behandeln, daß ein Asylbewerber über einen „sicheren Drittstaat" einreist und gleichzeitig Staatsangehöriger eines „sicheren Herkunftslandes" ist oder keinen gültigen Paß besitzt? Gem. § 18 I I Nr. 1 AsylVfG ist ihm die Einreise zu verweigern. Die Einreiseverweigerung hindert jedoch nicht die Durchführung des Flughafenverfahrens, dessen Voraussetzungen in diesen Fällen ihrem Wortlaut nach ebenfalls gegeben sind. Es stellt sich daher die Frage nach der Bedeutung von § 18a I 6, wonach § 18 I I unberührt bleibt. Richtigerweise sind zwei Fälle zu unterscheiden: Bei einem bloßen Transitaufenthalt in dem sicheren Drittstaat legt zwar der Sinn der Drittstaatenregelung nahe, § 18 I I anzuwenden, da der Betreffende die Möglichkeit gehabt hätte, am Flughafen des Drittlandes um Asyl zu bitten 69 . Die gegenteilige Ansicht läßt sich einerseits mit dem eher formalen Argument begründen, daß ein Fall des § 18 I I Nr. 1 AsylVfG seinem Wortlaut nach nicht vorliegt, da nur der „aus einem sicheren Drittstaat einreist", der zuvor in den Drittstaat eingereist ist. Dies sei aber bei einem Verbleib in der Transitzone nicht der Fall 70 . Für diese Auffassung sprechen jedoch handfeste praktische Gründe, da die Situation von „refugees in orbit" entstehen kann, wenn die Bundesrepublik der ersten, der Drittstaat jedoch der zweiten Rechtsauffassung folgt 71 . Ist § 18 II Nr. 1 eindeutig gegeben, weil sich der Aufenthalt in dem Drittstaat nicht auf den Transitraum beschränkte, so steht dem Asylbewerber nach der derzeitigen Konzeption des Asylrechts kein Anspruch mehr auf Prüfung seines Asylantrages in der Bundesrepublik zu. Es wird die Auffassung vertreten, z. T. beschränkt auf Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die Grenzbehörde habe entweder ein Wahlrecht zwischen Zurückweisung und Weiterleitung an das BAFl 72 oder gar eine Verpflichtung zur Durchführung des Flughafenverfahrens 73. « Das BVerfG hat in seinem „Drittstaaten-Urteil" (BVerfG EuGRZ 96, 237,250) lediglich festgestellt, daß es für die Frage, ob ein Ausländer „aus" einem sicheren Drittstaat eingereist ist, darauf ankommt, ob sein konkreter Reiseverlauf ihm die Möglichkeit bot, in dem Drittstaat Schutz zu suchen. Daher ist bei Durchquerung des Drittstaats ohne Halt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel keine Einreise „aus" dem Drittstaat anzunehmen. Hatte der Ausländer dagegen die Möglichkeit, seine Reise im Drittstaat zu unterbrechen, so muß er das auch tun. Vgl. dazu auch Renner, ZAR 96, 103, 105; Tomuschat, EuGRZ 96, 381, 382; Hailbronner, NVwZ 96, 625, 627; Frowein/Zimmermann, JZ 96, 753, 757. 69 Henkel, NJW 93, 2705, 2706. 70 Marx, AsylVfG § 26a Rz. 8; Kanein/Renner, § 18 Rz 18; Kugelmann, ZAR 94, 158, 159. Unklar Henkel, NJW 93, 2705,2706; Schoch, DVB1. 93, 1161, 1163. 71 Mündlichen Berichten zufolge besteht beim Bundesgrenzschutz Weisung, Asylbewerber im Fall eines Transitaufenthaltes in einem „sicheren Drittstaat" zurückzuweisen, wenn der Betreffende das Flugzeug verlassen und die Möglichkeit zur Asylantragstellung gehabt hat. 72 Kanein/Renner, § 18a AsylVfG Rz. 6.

38

Teil 1: Grundlagen

Letzteres läßt sich wohl damit begründen, daß eine Einreisevenveigerung gem. § 18 II im Fall des § 18a nicht zur Zurückweisung vor Verfahrensabschluß führe 74 . Allerdings müßte dies auch für die anderen Fälle des § 18 I I gelten, was jedoch in diesem Zusammenhang nicht erwähnt wird. Diese Auffassung verträgt sich nicht mit der Logik der Drittstaatenregelung. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Ausländer besser gestellt werden soll, wenn er zusätzlich noch aus einem „sicheren Herkunftsland" kommt oder nicht über einen gültigen Paß verfügt 75 . Dem entspricht die Praxis des BGS, solche Asylbewerber nicht an das Bundesamt weiterzuleiten, sondern zurückzuweisen 76. An dieser Stelle ist noch auf die Auswirkungen hinzuweisen, die das Inkrafttreten des Schengener Durchführungsabkommens am 26. 3. 95 auf das Flughafen verfahren hat: Intra-Schengen-Flüge werden seit diesem Zeitpunkt wie Inlandsflüge behandelt und bei der Ankunft grenzpolizeilich nicht mehr kontrolliert. Die Drittstaatenregelung findet daher im Verkehr mit den Schengenstaaten keine Anwendung mehr: Die Ausländer reisen vielmehr direkt ein. Stellen sie später beim Bundesamt einen Asylantrag, so klärt dort die „Koordinierungsstelle Schengen-Dublin / Internationale Aufgaben" (KSD/IA), welcher Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und überstellt den Asylbewerber ggf. nach dort 77 . Wegen des Wegfalls der grenzpolizeilichen Kontrolle werden Passagiere ohne gültige Identitätsdokumente (soweit diese nicht bereits an der Außengrenze der Schengenstaaten aufgefallen sind) und aus „sicheren Herkunftsstaaten" ebenfalls nicht an der Einreise gehindert. Daher findet für diesen Personenkreis auch das Flughafenverfahren faktisch nicht statt 78 .

2. Sicherer Herkunftsstaat oder fehlendes Identitätsdokument Ob ein Asylbewerber Staatsangehöriger eines „sicheren Herkunftsstaates" gem. der Anlage zu § 29a AsylVfG ist, ist aus seinen (echten) Identitätsdokumenten ersichtlich. Besitzt er solche nicht, fällt er ohnehin nach S. 2 unter das Flughafen verfahren. 73 Kugelmann, ZAR 94, 158, 159; VG Frankfurt, Beschl. v. 20. 8. 93, NVwZ-Beil. 2/93, S. 16. 74 VG Frankfurt, Beschl. v. 20. 8. 93, NVwZ-Beil. 2/93, S. 16. 75 Im Ergebnis ebenso: VG Frankfurt, Beschl. v. 7. 9. 93, NVwZ-Beil. 2/93, S. 15 f; Kloesel /Christ/Häußer, § 18a AsylVfG Rz. 4; Huber, NVwZ 93, 736, 742; GK-Liebetanz, § 18a Rz. 18 ff.; ebenso Marx, AsylVfG § 18a Rz. 12, der aber diese Gesetzeslage unter Hinweis auf die UNHCR-ExComm-Empfehlung Nr. 8 (XXVIII) für bedenklich hält. 76 Asyl-Erfahrungsbericht des BMI v. 25. 20. 94 S. 31; vgl. auch Marx, AsylVfG § 18a Rz. 12. 77 Asylerfahrungsbericht des BMI 1994, S. 33 ff. 78 Meist wird bei der Ankunft über einen anderen Schengen-Staat aber ohnehin dessen Zuständigkeit gegeben sein.

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens

39

Ein Asylbewerber ohne gültigen Paß ist derjenige, dessen Paß entweder nicht vorhanden, abgelaufen oder gefälscht ist. Fraglich ist, ob auch ein fehlendes oder gefälschtes Visum in einem ansonsten echten Paß diesen ungültig macht. In der Literatur wird dies, soweit das Problem erwähnt wird, verneint 79. Dieser Auffassung ist beizutreten, da sie auch von der Definition der Ungültigkeit in § 11 PaßG80 gedeckt wird. Danach ist ein Paß ungültig, wenn er eine einwandfreie Feststellung der Identität des Paßinhabers nicht zuläßt oder er verändert worden ist. Damit ist eine Veränderung bei den personenbezogenen Daten gemeint, nicht aber die unbefugte Eintragung oder Änderung eines Visums, da sie die Brauchbarkeit des Passes zur Identitätsfeststellung nicht beeinträchtigt. Auch wenn sich die Unechtheit des Passes nicht kurzfristig feststellen läßt, ist dem Asylbewerber die Einreise zu gestatten81. Führt der Ausländer lediglich einen echten Personalausweis seines Heimatstaates mit, so kommt es darauf an, ob dieser gem. § 14 DVAuslG als Paßersatzpapier zugelassen ist. Nicht anzuwenden ist das Flughafenverfahren, wenn der Asylbewerber seinen echten Paß mitführt, diesen aber nicht vorzeigt, sondern er z. B. erst bei der Durchsuchung durch den BGS entdeckt wird 8 2 . Denn das Problem, daß abgelehnte Asylbewerber ohne Identitätspapiere schwer abzuschieben sind, entsteht dann nicht. Diese Überlegung war ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien maßgeblich für die Einbeziehung der undokumentierten Asylbewerber in das § 18a-Verfahren; es ist nicht als Sanktion für mangelnde Mitwirkung gedacht.

3. Keine Vollendung der Einreise Aus den Formulierungen „einreisen wollen" und „Asylverfahren vor der Entscheidung über die Einreise durchzuführen" in § 18a I 1 ergibt sich, daß das Sonderverfahren nur auf diejenigen Asylsuchenden Anwendung findet, die noch nicht gem. § 59 I I AuslG eingereist sind. Gelingt einem Ausländer, der die Voraussetzungen des § 18a erfüllt (sicheres Herkunftsland bzw. kein gültiger Paß) dennoch die Einreise, ist das Flughafenverfahren nicht mehr anwendbar 83. Auf den Begriff der Einreise ist unten noch näher einzugehen.

79 Marx, AsylVfG § 18a Rz. 15; Kanein/Renner, § 18a Rz. 10; Liebetanz, GK-AsylVfG § 18a Rz. 28. so Ges. v. 19. 4. 1986, BGBl. I S. 537, geändert durch Ges. v. 12. 9. 90, BGBl. I, S. 2002. Vgl. Kommentierung von Medert/Süßmuth § 11 Rz. 2 ff. « BVerfG EuGRZ 96, 271, 280. 82 Ebenso Marx, AsylVfG § 18a Rz. 14; a.A. GK-Liebetanz, § 18a Rz. 29; VG München E. v. 29. 3. 94, Az. M 24 ES 94.60198 83 Kloesel/Christ/Häußer, § 18a Rz. 5; Marx, AsylVfG § 18a Rz. 11.

Teil 1: Grundlagen

40

4. Möglichkeit zur Unterbringung auf dem Flughafengelände Dieser Terminus umfaßt verschiedene Ausschlußgründe: Zum einen ist der Fall gemeint, daß an bestimmten Flughäfen keine organisatorischen Vorkehrungen zur Durchführung des § 18a-Verfahrens geschaffen wurden: Derzeit wird das Verfahren nur an fünf deutschen Flughäfen praktiziert, und zwar in Frankfurt/M., Berlin-Schönefeld, Hamburg, Düsseldorf und München 84 . Auf diesen Flughäfen kamen im 2. Halbjahr 1993 rd. 97% der auf dem Luftweg einreisenden Asylbewerber an 85 . Zweitens steht die Durchführung des Flughafenverfahrens unter dem Vorbehalt ausreichender Infrastruktur und ausreichender Kapazitäten. Ist also (wegen von vornherein prekärer Bedingungen oder wegen Überfüllung) eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung nicht gewährleistet, ist die Unterbringung auf dem Flughafengelände unmöglich und damit das Verfahren vor der Einreise unanwendbar 86 Schließlich sind hier Umstände in der Person des Asylbewerbers zu beachten, z. B. wenn eine Krankheit oder psychische Labilität eine besondere Betreuung erfordert, die am Flughafen nicht gewährleistet werden kann. Die vorübergehende Einweisung in ein Krankenhaus bewirkt seit einer entsprechenden Änderung des § 18a I 1 AsylVfG und des § 59 I I AuslG nicht mehr die Einreise, das Flughafenverfahren kann daher nach Beendigung des Klinikaufenthalts fortgesetzt werden 87. Auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gehören wegen ihrer besonderen Betreuungsbedürftigkeit nicht in das Flughafenverfahren, wie unten noch näher zu erläutern sein wird. 5. Sonderfall unbegleitete Minderjährige a) Definition Unbegleitete Minderjährige sind Kinder und Jugendliche, die ohne Begleitung Erziehungsberechtigter die Grenzen der Bundesrepublik erreichen. Sie kommen häufig aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten, werden als Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten diskriminiert oder als Opfer von Sippenhaft für die politische Betätigung ihrer Angehörigen bestraft. Kinder, die in Kriegswirren ihre Eltern verloren haben oder auf der Flucht von ihnen getrennt wurden, versuchen, sich zu Verwandten in Deutschland durchzuschlagen. Oft werden sie auch aus ökonomischer Not und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Deutschland geschickt88. w 85 86 87

Asyl-Erfahrungsbericht des BMI v. 25. 2. 94, S. 26. Asyl-Erfahrungsbericht des BMI v. 25. 2. 94, S. 30. Marx, AsylVfG § 18a Rz. 11; Kanein / Renner, § 18aRz. 12. Ges. v. 29. 10. 97 (BGBl. I, S. 2584).

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens

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Anders als nach der allgemeinen Regel des internationalen Privatrechts, wonach sich die Volljährigkeit nach dem Heimatrecht richtet (§7 1 EGBGB), wird diese für den Bereich des Ausländer- und Asylrechts auf 18 Jahre festgelegt. Ist der Ausländer nach seinem Heimatrecht bereits früher volljährig, verliert er seine Geschäfts- und Handlungsfähigkeit jedoch nicht (§§ 68 III AuslG bzw. § 12 II AsylVfG, jeweils i.V.m. § 2 BGB). Von der Volljährigkeit zu unterscheiden ist die Handlungsfähigkeit in ausländerund asylrechtlichen Angelegenheiten. Diese ist in § 68 I AuslG und § 12 AsylVfG auf 16 Jahre festgelegt, d. h. für sämtliche Verfahrenshandlungen in diesen Rechtsbereichen ist die Intervention eines gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Im Anwendungsbereich des Flughafenverfahrens ist oft die Feststellung der Handlungsfähigkeit problematisch, wenn die Altersangaben des Betroffenen nicht durch (echte) Identitätsdokumente belegt werden können. Die Altersfeststellung anhand der durch Röntgenaufnahmen sichtbar gemachten Wachstumsfugen der Handwurzelknochen ist methodisch fragwürdig und mangels einer Ermächtigungsgrundlage ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 I I 1 GG) 8 9 . Diese Methode wird am Frankfurter Flughafen seit dem Frühjahr 1995 nicht mehr angewandt, nachdem die städtischen Kliniken die Ausführung verweigert und der 98. Deutsche Ärztetag das Verfahren aus methodischen und ethischen Gründen verurteilt hatte 90 . Daß sie nicht - wie bisweilen geschehen - durch eine Altersbestimmung per Augenschein der diensthabenden BGS-Beamten ersetzt werden darf, versteht sich von selbst91. Die Grenzbehörde muß zunächst die zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Alters unternehmen. Dazu kann die Befragung des Jugendlichen oder ggf. in Deutschland lebender Verwandter dienen, gegen den Willen der Asylsuchenden jedoch keinesfalls die Einschaltung der Heimatbehörden. Im Zweifelsfall gebietet der Grundsatz des Minderjährigenschutzes es, vom spätest möglichen Geburtszeitpunkt auszugehen92. Hinsichtlich Einreise und Zurückweisungen unbegleiteter Minderjähriger werden für die vergangenen Jahre von den Grenzbehörden folgende Zahlen genannt93: Einreise Zurückweisung oder -Schiebung

1990 450 57

1991 225 34

1992 130 4

1993 165 5

1994 141 57

88 Zu den Fluchtursachen Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166; BT-Drucks. 13/11073. 89 Dazu ausführlich Laier, DVJJ-Joumal 95, 317 ff. m.w.N. 90 Punkt 62 des Beschlußprotokolls des 98. Deutschen Ärztetages vom 23.-27. 5. 95 in Stuttgart. 91 So auch GK-Liebetanz, § 18a Rz. 41. 92 GK-Liebetanz, § 18a Rz. 41; BVerwG DÖV 85,407. 93 BT-Drucks. 12/6075; 13/11073; 13/1872; Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166.

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Teil 1: Grundlagen

Zwischen Januar und September 1995 wurden am Frankfurter Flughafen nach Angaben des Grenzschutzamtes 63 Schutzersuchen von unbegleiteten Minderjährigen registriert und 65 Minderjährige zurückgewiesen94. Wesentlich höhere Zahlen als die Grenzbehörden nennen dagegen die Jugendämter der Haupteinreiseorte: Allein im Bezirk des Jugendamtes Frankfurt wären danach 1993 329 unbegleitete Minderjährige eingereist 95.

b) Anwendbarkeit des Verfahrens

nach § 18a AsylVfG

Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 18a ist keine Altersbegrenzung für die Durchführung des Flughafenverfahrens zu entnehmen96. Ob es auf Minderjährige anwendbar ist, entscheidet sich daher nach den allgemeinen Regeln, insbesondere danach, ob die Unterbringung auf dem Flughafengelände möglich ist und die Fristen des Abs. 6 eingehalten werden können. Auf 16 - 18jährige wird es derzeit ohne weiteres angewandt. Das Überwachungsorgan für die Einhaltung der UN-Kinderkonvention, der Ausschuß für die Rechte des Kindes, äußerte jedoch in seiner Kommentierung vom 17. 11. 95 zu dem Bericht der Bundesrepublik gem. Art. 44 der Konvention Zweifel daran, ob die Anwendung des Flughafenverfahrens auf Jugendliche im Alter von 16-18 Jahren u. a. mit Artt. 2, 3, 22 und 37 (d) der Konvention vereinbar sei und empfahl eine Reform 97 . Dennoch gestattete am Frankfurter Flughafen der Bundesgrenzschutz den unbegleiteten Minderjährigen unter 16 Jahren bis zum Sommer 1994 regelmäßig die Einreise. Sie wurden an das Kinderheim Kronberg als Clearingstelle des Jugendamtes Frankfurt/M. weitergeleitet. Dessen Mitarbeiter klärten im Gespräch mit den Jugendlichen die Personalien, ihre psychische und physische Situation und die Hintergründe der Flucht. Danach wurden die weiteren Entscheidungen hinsichtlich Unterbringung, rechtlicher Vertretung und evtl. Stellung eines Asylantrages getroffen 98 . Dies änderte sich mit dem Erlaß des Bundesinnenministers vom 6. Juli 1994". Die Grenzbehörden wurden angewiesen, in Zukunft das Flughafenverfahren auch 94

Quelle: Grenzschutzamt Ffm. Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166 weist auf diese Diskrepanz hin, ohne sie zu erklären. Möglicherweise spielen unterschiedliche Auffassungen über die Glaubwürdigkeit der Altersangaben eine Rolle. Denkbar ist auch, daß die Grenzbehörden nur die unter 16-jährigen erfassen und deshalb auf niedrigere Zahlen kommen. 96 So auch GK-Liebetanz, § 18a Rz. 39. 97 Committee on the Rights of the Child, Dokument CRC/C/15/Add. 43, vom 17. November 1995. 95

98 Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166; vgl. auch den von der Arbeiterwohlfahrt herausgegebenen Arbeitsbericht des Kinderheims Kronberg, „Migration und Jugendhilfe". 99 Erlaß des BMI v. 6. 7. 94, P III 1- 645 548/0, abgedruckt in InfAuslR 95, 384.

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens

43

bei Minderjährigen durchzuführen. Wenn eine Unterbringung auf dem Flughafen in besonders gelagerten Einzelfällen aus humanitären Gründen unvertretbar erscheine, so der Erlaß, solle Weisung eingeholt werden. Diese Rechtsauffassung bekräftigte der Innenminister im April 1995 in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage 100 . Die Einbeziehung Minderjähriger in das Flughafenverfahren ist jedoch problematisch. Zunächst stellt sich die Frage, ob die Unterkunft am Flughafen den Anforderungen genügt, die an die Unterbringung von alleinreisenden, oft durch Flucht, Trennung oder Kriegserlebnisse traumatisierten Kindern und Jugendlichen zu stellen sind. In der Unterkunft gibt es kaum Spielmaterial, das Personal des Flughafensozialdienstes ist zeitlich nicht in der Lage, über die Versorgung mit den materiell lebensnotwendigen Gütern hinaus eine Betreuung zu gewährleisten, nachts ist außer der (meist nur Deutsch und Englisch sprechenden) BGS-Wache keine Betreuungsperson erreichbar. Die anderen Flüchtlinge in dem Gebäude sind häufig selbst psychisch stark belastet, von ihnen kann nicht nur keine Betreuung erwartet werden, sondern es ist zu befürchten, daß sich ihre Anspannung und Angst auf die Kinder überträgt. Der Flughafensozialdienst hält daher die Unterbringung von Kindern unter 16 Jahren in der Unterkunft für unzumutbar und verweigert die Aufnahme. Der BGS hat daraufhin bei dem Grenzschutzamt ein „Kinderzimmer" eingerichtet. Das VG Frankfurt hält die Unterbringung dort aber nur für die Dauer von höchstens zwei Übernachtungen für tragbar: Die Umgebung entspreche der einer stark frequentierten Polizeiwache. Der Jugendliche sei von Gleichaltrigen isoliert und eine sprachliche Verständigung mangels Erreichbarkeit von Dolmetschern schwierig 101 . Unter den derzeitigen Verhältnissen ist eine Unterbringung am Flughafen daher nicht möglich i.S. des § 18a I AsylVfG 1 0 2 . Aufgrund dieser Rspr. leitet der BGS derzeit asylsuchende Minderjährige innerhalb von 2 Tagen an das Kinderheim Kronberg weiter.

100 BT-Drucks. 13/1076 v. 05. 04. 95. 101 VG Frankfurt, Entsch. v. 27. 3. 95, NVwZ-Beil. 8/95, S. 60 f. 102 Eine Betriebsgenehmigung nach § 45 SGB VIII (KJHG) ist allerdings entgegen der Ansicht von Göbel-Zimmermann (InfAuslR 95, 166, 170) für die Unterkunft nicht erforderlich. Zwar sind die im Transitbereich untergebrachten Jugendlichen gem. § 6 I SGB 8 vom Geltungsbereich des Gesetzes erfaßt, weil sie ihren tatsächlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik haben. Nur der Bezug von „Leistungen" nach § 2 II SGB VIII ist bei Ausländern von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland abhängig. Von den „anderen Aufgaben" der Jugendhilfe nach § 2 III SGB VIII profitieren alle Jugendlichen, die sich auf dem Territorium der Bundesrepublik befinden. (Jans/Happe/Saurbier, KJHG § 6 Rz. 6; Schellhorn/Wienand, § 6 Rz. 8; dies übersieht Liebetanz, GK-AsylVfG § 18a Rz. 16). Zu letzteren gehört auch die Sicherstellung jugendgerechter Unterbringung durch die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Einrichtungen, in denen sich Jugendliche aufhalten, § 2 III Nr. 4. Da die Unterkunft am Flughafen keine Aufnahmeeinrichtung i.S. des § 44 AsylVfG ist, greift die Ausnahmeregelung des § 44 III AsylVfG nicht. Allerdings setzt die Genehmigungsbedürftigkeit eine gewisse Dauer der Unterbringung bzw. Betreuung in der Einrichtung voraus, weshalb z. B. Ferieneinrichtungen nicht genehmigungsbedürftig sind (Gernert, S. 149; Krug/Grüner/

44

Teil 1: Grundlagen

Ein weiteres Problem ist, daß die Durchführung des gesamten Verfahrens am Flughafen bei handlungsunfähigen unbegleiteten Minderjährigen länger dauert als bei Erwachsenen, da zuerst ein Pfleger bestellt werden muß. Da unter 16jährige rechtlich nicht handlungsfähig sind, können sie keinen Asylantrag stellen. Andererseits kennen weder das Asylgrundrecht noch das Refoulmentverbot nach Art. 33 GFK eine Altersgrenze. Als Staatenverpflichtung ist der angemessene Schutz für minderjährige Asylbewerber auch in Art. 22 der UN-Kinderkonvention 103 enthalten. Für das Asylgrundrecht ist seit langem anerkannt, daß zu seiner Durchsetzung ein geeignetes Verfahren zur Verfügung stehen muß 1 0 4 . Dasselbe gilt für Art. 33 GFK 1 0 5 . Beide Normen verbieten es daher, das Schutzersuchen eines Handlungsunfähigen einfach als unzulässig einzustufen und ihn gem. § 68 I I AuslG zurückzuweisen 106. Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Grenzbehörde oder spätestens des Bundesamtes, von Amts wegen für eine gesetzliche Vertretung zu sorgen 107 . Das Vormundschaftsgericht bestellt nach Ermittlung von Amts wegen (§ 12 FGG) ggf. gem. § 1909 i.V.m. 1693 BGB einen Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis „ausländer- und asylrechtliches Verfahren". Nach Auffassung der Bundesregierung ist damit innerhalb von einem bis zwei Tagen die rechtliche Vertretung gesichert 108 . Andere Einschätzungen gibt es innerhalb der Richterschaft: Danach ist eine Pflegschaft innerhalb von zwei bis drei Tagen nur in unproblematischen Fällen mit geringem Ermittlungsaufwand möglich 109 . Der Präsident des AG Frankfurt geht davon aus, daß die Entscheidung „mit Sicherheit nicht innerhalb der in § 18a AsylVfG vorgesehenen Fristen (zu) bewerkstelligen" sei 110 . In den häufigen Fällen, in denen mangels echter Identitätspapiere Unklarheit über das Alter besteht, vergehen über die Klärung dieser Frage ebenfalls Tage. Daraus folgt, daß bei unbegleiteten Minderjährigen meist mit Verzögerungen von mehreren Tagen zu rechnen ist, bevor auch nur der Asylantrag gestellt werden kann. Dalichau, KJHG, § 45 S. 11). Die vergleichbar kurze Dauer des Flughafenverfahrens steht daher der Genehmigungsbedürftigkeit entgegen. 103 Übereinkommen über die Rechte des Kindes, BGBl. II 1992, S. 122 ff. Für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten am 5. 4. 92, BGBl. II, S. 990. 104 BVerfGE 56, 216, 240. 105 Vgl. unten III. Teil, Kapitel F I 1 . 106 Problematisch ist häufig schon die Frage, ob ein Schutzersuchen vorliegt. Dies darf die Grenzbehörde nicht ohne weitere Nachforschungen schon dann verneinen, wenn der Jugendliche z. B. angibt, er wolle hier Verwandte besuchen oder zur Schule gehen. Die Eltern können ihren Kindern diese Perspektiven in Aussicht stellen, um ihnen die Trennung zu erleichtern. Es kann auch sein, daß der Jugendliche aufgrund seiner mangelnden Reife nicht in der Lage ist, sein Asylbegehren entsprechend zu artikulieren. 107 Mit ähnlicher Begründung GK-Liebetanz, § 18a Rz. 40; Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166, 168; Kanein/Renner, § 12 AsylVfG Rz. 8; Marx, AsylVfG § 12 Rz. 12. 108 Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, BT-Drucks. 13/1873 v. 29.6. 95. 109 Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166, 170. HO Schreiben vom 2. 8. 94, Az. 140 E -1.29/94 an das Jugendamt der Stadt Frankfurt.

B. Anwendungsvoraussetzungen und Verlauf des Verfahrens

45

Das BMI weist in seinem Erlaß 111 zwar zu Recht darauf hin, daß die Entscheidungsfrist für das Bundesamt gem. § 18a VI Nr. 2 erst mit der Stellung des Asylantrages durch den Pfleger beginnt. Der Gesetzgeber wollte allerdings den Aufenthalt auf dem Flughafen - nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Einschränkungen für die Betroffenen - minimieren, wie § 18a I 3,4 („unverzüglich") und die Fristen des Abs. 6 zeigen. Das BVerfG ging in einigen Entscheidungen von einer Höchstdauer von 19 Tagen aus 112 . Wenn, wie hier, von vorneherein absehbar ist, daß die Erwachsenen maximal zugemutete Aufenthaltsdauer nicht eingehalten werden kann, ist den unter 16jährigen unbegleiteten Minderjährigen in analoger Anwendung von § 18a V I Nr. 1 AsylVfG die Einreise zu gestatten113. Dem Haager Minderjährigenschutzabkommen lassen sich keine über diesen Befund hinausgehenden Ansprüche entnehmen. Inwieweit sich aus der UN-Kinderkonvention, insbes. den nicht nur Staatenverpflichtungen normierenden Artt. 22 Abs. 2 S. 2 und 37 Abs. b S. 2, ein Recht auf Einreise ergeben kann, hängt davon ab, ob man die von der Bundesrepublik bei der Ratifikation abgegebene „Interpretationserklärung 114" als gültigen Vorbehalt akzeptiert. Hier ist nicht der Ort, darauf im einzelnen einzugehen115.

6. Sonderfall Folgeantragsteller Einer Weisung des BMI vom 6. 7. 9 4 1 1 6 zufolge soll das Verfahren nach § 18a AsylVfG bei Folgeantragstellern nicht anwendbar sein. Das Folgeantragsverfahren sei im 5. Abschnitt des AsylVfG als eigenständiges Verfahren geregelt, Abschnitt in Erlaß des BMI v. 6. 7. 94, P III 1- 645 548/0 112 BVerfGE 89, 98, 101; E 89, 101, 105; E 89, 106, 109; E 89, 109, 113. 113 So auch Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166, 170. Vgl. auch BayVG Ansbach, Entsch. v. 17. 7. 95, InfAuslR 95, 426, 427 : Die Verpflichtung zur Gestattung der Einreise gem. § 6 dürfe nicht dadurch umgangen werden, daß der Ausländer an der rechtzeitigen Antragstellung gehindert wird. Auf Hindernisse, die, wie im Fall der Handlungsunfähigen, nicht der Behörde angelastet werden können, dürfte dieser Satz zwar nicht schematisch übertragbar sein, weil die Formulierung „unverzüglich" Raum für unverschuldete Verzögerungen läßt. Die Aussage, daß Verzögerungen im Vorfeld der Antragstellung die Fristen des Abs. 6 nicht beliebig nach hinten verlängern können, dürfte aber auch im hier interessierenden Fall gelten. 114 BGBl. II 1992 S. 990 ff. 115 M.E. verdient die Ansicht den Vorzug, wonach der Erklärung keine rechtliche Bedeutung zukommt. Ein Vorbehalt dieses Inhalts dürfte wegen seiner Allgemeinheit zudem gegen Art. 51 Abs. 2 der Konvention verstoßen. Siehe zu dieser Frage Göbel-Zimmermann, InfAuslR 95, 166, 172 f; Liebetanz in GK-AsylVfG § 18a Rz. 43 ff.; Jockenhövel-Schiecke, ZAR 87, 171, 173; Schlung-Muntau, Gutachten... ; zur Bedeutung des „Ausländervorbehalts" der Kinderkonvention vgl. Stöcker, ZAR 92, 80 ff.; VG Frankfurt, NVwZ-Beil. 4/96, S. 29. Für die Herausnahme unbegleiteter Minderjähriger aus der Flughafenregelung aufrund der Kinderkonvention auch Menzel, ZAR 96, S. 22 ff. 116 Erlaß des BMI v. 6. 7. 94, P III 1- 645 548/0, mit krit. Anm. Rittstieg in InfAuslR 95, 384.

Teil 1: Grundlagen

46

2 regle nur das Erstantragsverfahren. Infolgedessen seien §§ 18, 18a auf Folgeanträge nicht anwendbar. Da im 5. Abschnitt ein besonderes Verfahren für die Behandlung von Folgeanträgen an der Grenze nicht vorgesehen sei, seien die Antragsteller ohne Prüfung durch das Bundesamt gem. § 60 AuslG zurückzuweisen. Zurückweisungshindernisse nach § 60 V AuslG seien dabei nicht zu prüfen. Eine Ausnahme könne nur gemacht werden, wenn nach dem Vortrag des Ausländers zweifelsfrei feststehe, daß dieser nach dem negativen Abschluß des Erstverfahrens politischer Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Diese Interpretation ist evident rechtswidrig 117 . Art. 16a I GG und Art. 33 GFK verbieten es, einen Asylsuchenden an der Grenze ohne jede Prüfung in den möglichen Verfolgerstaat zurückzuweisen. Davon geht auch § 60 V 2 AuslG aus, was auch immer der Aufenthaltsstatus des Asylbewerbers ist. Zwar führt ein Folgeantrag nicht zu einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG und eine Aufenthaltsbeendigung ist gem. § 71 V AsylVfG unter erleichterten Bedingungen möglich. Zumindest die Beachtlichkeit des Asylfolgeantrages muß aber vor der Zurückweisung geprüft werden, § 71 AsylVfG. Dafür ist gem. § 71 I I AsylVfG allein das Bundesamt zuständig, so daß auch dem Folgeantragsteller Gelegenheit zur Antragstellung beim Bundesamt zu geben ist. Die Tatsache, daß das Folgeantragsverfahren im 5. Abschnitt geregelt ist, schließt die Anwendung von §§ 18, 18a nicht aus. Gem. § 71 II 5 soll § 19 I keine Anwendung finden. Diese Vorschrift setzt voraus, daß die übrigen Normen des zweiten Abschnittes sehr wohl anzuwenden sind, denn sonst wäre sie überflüssig. Gesetzestechnisch sind § 71 und § 18a AsylVfG allerdings nicht aufeinander abgestimmt, so daß einige Anpassungen an das Flughafenverfahren nötig sind. Der Ort der Antragstellung bestimmt sich nicht nach § 71 II, sondern nach § 18a als lex specialis 118 . Würde man ihn aufgrund von § 71 II 1 einreisen lassen, stünde der Folgeantragsteller besser als der Erstantragsteller unter den gleichen Voraussetzungen. Ein Verweis auf schriftliche Antragstellung gem. § 71 II 2, 3 erscheint wegen der Präsenz des Bundesamts am Flughafen überflüssig. Prüfungsgegenstand des Bundesamtsverfahrens ist lediglich die Frage, ob die Voraussetzungen des § 51 I-III VwVfG vorliegen und somit ein weiteres Verfahren durchzuführen ist 1 1 9 . Die Prüfung schließt mit einem rechtsbehelfsfähigen Bescheid ab. Grundsätzlich dürfte auch im Flughafenverfahren analog § 71 V die erleichterte Aufenthaltsbeendigung möglich sein, wenn die Vollziehbarkeit der früheren Abschiebungsandrohung oder -anordnung weniger als zwei Jahre zurückliegt. Dies gilt allerdings nur, wenn entweder eine entsprechende Mitteilung des Bundesamtes an die Grenzbehörde vorliegt 120 oder eine Zurückweisung in den „siSo auch BayVG Ansbach, Entsch. v. 17. 7. 95, InfAuslR 95, 426 ff.; GK-Liebetanz, § 18a Rz. 32. Iis BayVG Ansbach, Entsch. v. 17. 7. 95, InfAuslR 95,426,427. 119

Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Prüfung vgl. BVerfG, Beschl. v. 4. 10. 94, NVwZ-Beil. 1 /95 S. 2 f. 12° Instruktiv zur Unterscheidung der Mitteilung von dem endgültigen Bescheid Bell/v. Nieding, ZAR 95, 119, 124. Darüber, ob diese Mitteilung als Verwaltungsakt einzustufen ist

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

47

cheren Drittstaat" in Betracht kommt - in letzterem Fall wäre die Zurückweisung ohnehin gem. § 18 I I Nr. 1 möglich gewesen. Abs. V S. 2 2. Alt., wonach die Ausländerbehörde bei offensichtlicher Unschlüssigkeit die Mitteilung des Bundesamtes nicht abzuwarten braucht, ist eine Durchbrechung der ansonsten im ganzen AsylVfG klar geregelten Sachentscheidungszuständigkeit des BAF1 121 . Als Ausnahmevorschrift ist sie eng auszulegen und nicht analog auf die Grenzbehörde übertragbar. Die Fristen des § 18a, die der Gesetzgeber wegen der besonderen Situation der Unterbringung am Flughafen festgelegt hat, gelten auch für das Folgeantragsverfahren 122. Wird die Durchführung eines weiteren Verfahrens abgelehnt, so ist dem Antragsteller die Einreise zu verweigern. Das weitere Verfahren richtet sich nach § 18a I I - V I analog, es sei denn, daß gem. § 71 Veine frühere Zurückweisung möglich ist 1 2 3 . Entscheidet das Bundesamt, daß ein neues Asylverfahren durchzuführen ist, so beginnt die Frist des § 18a V I Nr. 1,2 nicht erneut zu laufen. Ergeht also innerhalb von zwei Tagen nach Stellung des Folgeantrages keine Sachentscheidung, so ist dem Antragsteller die Einreise zu gestatten.

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten I . Die Asylbewerber Wer sind die Personen, die von dem Flughafenverfahren erfaßt werden? Zunächst ist festzuhalten, daß in der Vergangenheit nur ein kleiner Teil der Asylbewerber auf dem Luftweg eingereist ist und diese Zahl seit 1989 kontinuierlich sinkt, obwohl die Asylbewerberzahlen insgesamt bis 1993 stark anstiegen124. Die Asylrechtsneuregelung hat bisher nicht zu einer Umkehrung dieses Trends geführt. Die folgenden Zahlen beziehen sich mangels verfügbarer Statistiken für das gesamte Bundesgebiet nur auf den Rhein-Main-Flughafen Frankfurt. Der größte Teil der auf dem Luftweg eingereisten Asylbewerber kam aber über diesen Flughafen, so daß die Zahlen auch das Gesamtbild in etwa wiedergeben. Für den im Verhältnis oder bloß verwaltungsinternen Charakter hat, herrscht Streit. Die besseren Gründe dürften für ersteres sprechen, weil ihr Vorliegen die Vollziehbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme auslöst, also Außenwirkung entfaltet. Wie hier BayVG Ansbach, Entsch. v. 17. 7. 95, InfAuslR 95, 426 ff.; Kanein-Renner, § 71 AsylVfG Rz. 43; a.A. Bell/v. Nieding, ZAR 95, 119, 124. Folgt man der hier vertretenen Meinung, ist die Mitteilung dem Betroffenen bekanntzugeben. Sie stellt damit gleichzeitig den endgültigen Bescheid dar, ein weiterer wäre überflüssig. 121 Marx, AsylVfG § 71 Rz. 61. 122 BayVG Ansbach, Entsch. v. 17. 7. 95, InfAuslR 95,426,428. 123 BayVG Ansbach, Entsch. v. 17. 7. 95, InfAuslR 95,426,428. 124 Vgl. Diagramm 1.

Teil 1: Grundlagen

48

zu den bundesweiten Zahlen (Tabelle unten) stärkeren Abwärtstrend in den letzten beiden Jahren dürfte zum Teil die Konkurrenz des neueröffneten Münchener Flughafens verantwortlich sein, während die niedrigen Zahlen vor 1987/88 vermutlich darauf beruhen, daß ein großer Teil der Asylbewerber über den Ostberliner Flughafen Schönefeld einreiste.

fl 12.000 X 10.000 o

V) n

00

O)

00

O)

00

O

00

O)

00 O)

I Rhein-Main-Flughafen % Diagramm 2 1 2 5 : Anteil der Einreisen über den Rhein-Main-Flughafen an der Gesamtzahl der Asylbewerber

Für den starken Rückgang seit 1989 dürften in erster Linie die Einführung der Visumspflicht für eine Reihe von Ländern und die Sanktionen gegenüber den Transportgesellschaften verantwortlich sein. Von den 18.723 Asylbewerbern, die 1988 über Rhein-Main einreisten, waren fast die Hälfte (8.192) türkische Staatsangehörige 126 . Nachdem mit Wirkung zum 12. 5. 89 das Zwischenlandeprivileg für die Türkei und eine Reihe weiterer „flüchtlingsproduzierender" Länder aufgehoben worden war, gingen die Einreisen auf dem Luftweg erheblich zurück. Bundesweite Zahlen liegen mir nur für die letzten Jahre vor. Sie bestätigen jedoch die für Frankfurt beobachteten Trends 127 : 125

Siehe dazu Tabelle 2 im Anhang. 126 v. Pollern, ZAR 92, 24, 27. 127 Daher ist es zumindest eine Verkürzung der Wahrheit, wenn das BMI diese Zahlen damit kommentiert, die Zahl der Asylsuchenden an den Flughäfen sei seit dem 1. 7. 1993

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

49

Asylbewerber insgesamt

davon auf dem Luftweg eingereist

%

1992

438.191

6.990

1,60

1993

322.599

6.121

1,90

1994

127.210

5.402

4,25

1995

127.937

5.093

3,98

Der prozentuale Anteil der Einreisen auf dem Luftweg lag in den letzten Jahren kaum über 5%, bei sinkenden absoluten Zahlen. Gleichzeitig zeigen diese Zahlen, daß die Drittstaatenregelung sich längst nicht in dem Maße als funktionstüchtig erwiesen hat, wie ihre Befürworter erhofft und ihre Gegner befürchtet hatten. Der erwartete große Ansturm auf die Flughäfen, mit dem die Einführung des Flughafenverfahrens unter anderem gerechtfertigt wurde, ist jedenfalls ausgeblieben. Das BMI sieht darin einen Beleg für die abschreckende Wirkung des Flughafenverfahrens: Weil die Gewißheit, ein Asylverfahren in Deutschland betreiben zu können, entfallen sei, habe sich die Hemmschwelle erhöht, ohne die notwendigen Einreisepapiere die kostenträchtige Reise in die Bundesrepublik Deutschland anzutreten 1 2 8 . Dies kann eine Rolle spielen. Betrachtet man die Entwicklung der Zahlen über einen längeren Zeitraum, könnte es sich aber auch schlicht um die Fortsetzung des bisherigen Trends handeln. Auch in den europäischen Nachbarländern spielt die Einreise von Asylbewerbern auf dem Luftweg nur eine geringe Rolle. Die Zahlen 129 beziehen sich, soweit nichts anderes angegeben, auf das Jahr 1994:

Asylbewerberzahlen an europäischen Flughäfen Niederlande (Amsterdam Schiphol):

5957

Dänemark (Kopenhagen)

1488

Österreich (Wien Schwechat):

605

Frankreich:

520

Spanien (Madrid Barajas) Juni 94 - Sept. 95

519

Untersucht man die Zusammensetzung nach Nationalitäten (detaillierte Auflistung im Anhang), so fällt auf, daß zumindest am Frankfurter Flughafen 130 nahezu erheblich zurückgegangen, BMI-Asylerfahrungsbericht S. 22. Quelle für Zahlen Einreise auf dem Luftweg: BMI-Asylerfahrungsbericht 1994 S. 22 für die Jahre 1992 - 1994, für 1995 1997 v. Pollern, ZAR 97, 130. 128 BMI-Asylerfahrungsbericht 1994 S. 2. 129 Quelle: UNHCR Branch Office Bonn. Für andere Flughäfen stehen mir keine Zahlen zur Verfügung. 4 Laier

Teil 1: Grundlagen

50

alle Asylbewerber aus afrikanischen und asiatischen Ländern sowie der Türkei stammen. Die Europäer, deren Anteil bei den Asylbewerbern insgesamt in den vergangenen Jahren bei 50% - über 70% lag 1 3 1 , spielen dort kaum eine Rolle. Wegen der generell niedrigen Anerkennungsquoten der europäischen Asylbewerber liegt die Anerkennungsquote bei den 10 am Flughafen am häufigsten vertretenen Ländern im Durchschnitt höher als die Anerkennungsquote des Bundesamts insgesamt und für die insgesamt am häufigsten vertretenen 10 Länder. Erst in den letzten beiden Jahren haben sich die Zahlen angeglichen, was damit zusammenhängen dürfte, daß die Zahl der europäischen Asylbewerber seit 1994 insgesamt gesunken ist. Anerkennungsquoten:132 Jahr

Alle Länder

10 Hauptherkunftsl.

10 Hauptherkunftsl. Flughafen Ffm.

1990

3,4

5,46

9,33

1991

6,9

11,04

17,75

1992

4,3

1,63

13,58

1993

3,2

3,53

9,75

1994

7,3

11,05

10,91

1995

9

14,28

15,64

Wie oben bereits erwähnt, war das Flughafenverfahren ursprünglich nur für die Asylbewerber aus den „sicheren Herkunftsstaaten" gedacht, bevor im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auch diejenigen ohne (echte) Identitätsdokumente hinzugenommen wurden. Tatsächlich spielten die Asylbewerber aus „sicheren Herkunftsländern" mit Ausnahme von Ghana weder vor noch nach der Einführung des § 18a-Verfahrens eine größere Rolle. Das Flughafenverfahren ist damit de facto ein Verfahren für Asylbewerber ohne gültige Identitätsdokumente geworden. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß in den letzten Jahren die Zahl der auf dem Luftweg einreisenden Asylbewerber unter 5% betrug. Sie kommen fast ausschließlich aus afrikanischen und asiatischen Ländern. Die Anerkennungsquoten ihrer Hauptherkunftsländer liegen daher im Schnitt über denen der Hauptherkunftsländer im Inlandsverfahren. Die „sicheren Herkunftsländer" spielen fast keine Rolle. In das Flughafenverfahren gelangen daher faktisch fast ausschließlich Personen ohne gültige Identitätsdokumente. Bedenkt man, daß in der Rspr. die legale Ausreise mit gültigem Paß als ein gegen Verfolgung sprechendes Indiz gewertet wird 1 3 3 , läßt sich zusammenfassend feststellen, daß das Flughafenverfahren Personen trifft, bei denen die Chance, als asylberechtigt anerkannt zu werden, nicht 131

Zahlen in Diagramm 1 und der dazugehörigen Tabelle 1 im Anhang. Siehe dazu Tabelle 3 im Anhang. 133 OVG Lüneburg, E. v. 16. 5. 95, Az. 11 L 6012/91; VG Würzburg, 14. 11. 94, Az. W 8 K 93.32190; VG Wiesbaden, 13. 6. 89 Az. VI E 5351/88.

51

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

unter, sondern eher über dem Durchschnitt liegt. Es fragt sich, ob es angesichts der geringen Zahl sinnvoll ist, für diese Gruppe überhaupt ein aufwendiges und teures Sonderverfahren durchzuführen. Zahl der Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern 1991

1992

1994

1995

Bulgarien

*

4

*

*

0

0

Gambiaa)

*

10

*

*

1

0

Ghana

2095

681

408

23

15

Polen

*

0

*

*

0

0

Rumänien

*

6

*

*

2

0

Senegalb)

*

*

*

*

2

0

Slowak. Rep.

*

*

*

*

0

0

Tschech. Rep.

*

*

*

*

0

0

Ungarn

*

*

*

*

0

0

1. Hj. 1993 2. Hj. 1993

14

* nicht in der Statistik enthalten, da nicht unter den 20 wichtigsten Herkunftsländern. Quelle: 1991 und 1992: FSD-Jahresberichte. 1993 - 1995: Interne Statistik FSD. a) Nach dem Staatsstreich Mitte 1994 wurden Bundesamt und Grenzbehörde angewiesen, Gambia nicht mehr als sicheres Herkunftsland zu betrachten. Am 8. 4. 95 trat das Gesetz in Kraft, durch das Gambia aus der Anlage II zum AsylVfG gestrichen wurde (BGBl. I S. 430). Zum Verfahren der Streichung vgl. BMI-Asylerfahrungsbericht 1994, S. 20. b) Seit Dez. 95 haben Bundesamt und Grenzbehörde Weisung, Senegal nicht mehr als sicheres Herkunftsland zu betrachten. Auch Senegal soll von der Anlage II zum AsylVfG gestrichen werden, vgl. Pressebericht FR v. 29. 2. 96.

II. Die Grenzbehörde § 18a AsylVfG setzt voraus, daß der Ausländer bei der Grenzbehörde um Asyl nachsucht. Dies ist gem. der Legaldefinition in § 181 AsylVfG die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs betraute Behörde: normalerweise also der Bundesgrenzschutz (§ 2 I I Nr. 2 BGSG), soweit nicht ein Land diese Aufgabe selbst wahrnimmt ( § 2 1 BGSG), was gegenwärtig in Bayern, Hamburg und Bremen der Fall ist. Nach § 63IV AuslG obliegen der Grenzbehörde diverse ausländerrechtliche Maßnahmen an der Grenze wie z. B. Erteilung und Widerruf von Visa und Zurückweisung und -Schiebung. Sucht ein einreisewilliger Ausländer an der Grenze um Asyl nach, so fällt dem BGS nach § 18 AsylVfG zunächst eine Art „Sortierfunktion" zu: In den Fällen des § 18 I I ist dem Ausländer die Einreise zu verweigern, es sei denn, § 18 IV greift ein. Liegen die Voraussetzungen des Flughafenverfahrens gem. § 18a vor, so spricht die Grenzbehörde eine vorläufige Einreiseverweigerung aus und leitet den Ausländer zur Asylantragstellung an die Außenstelle des Bundesamts am Flughafen weiter. Je nach dem weiteren Verlauf des Verfahrens hat der BGS dem 4*

52

Teil 1: Grundlagen

Ausländer entweder die Einreise zu gestatten (§ 18a V I AsylVfG) oder endgültig zu verweigern (§ 18a IV AsylVfG) sowie nach dem rechtskräftigen negativen Abschluß des § 18a-Verfahrens für den Vollzug der Einreiseverweigerung zu sorgen. In allen anderen Fällen, d. h. wenn weder § 18 II noch § 18a AsylVfG anwendbar sind, hat der BGS dem Asylsuchenden die Einreise zu gestatten und ihn an die zuständige bzw. nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung weiterzuleiten (§ 18 I AsylVfG). Um zu ermitteln, ob überhaupt ein Asylbegehren 134 vorliegt bzw. in welche der drei oben genannten Kategorien es einzuordnen ist, führt der BGS mit dem Ausländer eine sog. „grenzpolizeiliche Befragung" durch, bei der nach den Fluchtgründen und dem Reiseweg gefragt wird 1 3 5 . Außerdem hat der BGS den Ausländer erkennungsdienstlich zu behandeln (§§ 16 1,18 V AsylVfG). Wie bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Normen erkennbar ist, hat der Gesetzgeber dem BGS bei der Entscheidung über Einreise oder Zurückweisung keinerlei Ermessen eingeräumt 136. Faktisch besteht jedenfalls in den Fällen des § 18 I I AsylVfG ein erheblicher Handlungsspielraum dadurch, daß die Grenzbehörde darüber zu entscheiden hat, ob die Tatbestandsseite der entsprechenden Norm erfüllt ist und dadurch, daß die vom BGS getroffene Auslegung nur selten der gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist, unter anderem, weil die Zurückweisung i.d.R. gem. § 80 I I Nr. 2 VwGO sofort vollzogen wird 1 3 7 . In dieser Situation gelingt es den Betroffenen nur in Ausnahmefällen, von der theoretisch bestehenden Möglichkeit einer Verpflichtungsklage gem. 42 VwGO bzw. des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO 1 3 8 Gebrauch zu machen 139 . Am Frankfurter Flughafen ist der BGS durch eine eigene Bundesunterbehörde, das Grenzschutzamt Frankfurt/Main, vertreten, das dem Grenzschutzpräsidium Mitte in Kassel untersteht 140. Das Grenzschutzamt Frankfurt verfügte im Juli 1993 über 709 Polizeibeamte sowie ca. 40 weitere, hauptsächlich in der Verwaltung tätige, Beamte und Angestellte 141 . Ca. 60 bis 70 von ihnen sind im Sachgebiet „Asyl" mit der grenzpolizeilichen Bearbeitung von Asylbegehren befaßt, für Zurückweisungen und Abschiebungen ist die ca. 30 Beamte umfassende „Schubstelle" zuZu unterscheiden von dem förmlichen, gem. § 14 beim BAF1 zu stellenden Asylantrag, vgl. Kanein/Renner § 18 Rz. 5. 135 Kanein/Renner § 18 AsylVfG Rz. 6 ff. 136 Vgl. für § 18a auch Kanein/Renner § 18a AsylVfG Rz. 21. 137 Korell, Bürgerrechte & Polizei 94,42,45; Kanein/Renner § 18 AsylVfG Rz. 35. 138 H.M, so auch Kanein/Renner, § 18 AsylVfG Rz. 37; OVG HH, EZAR 611 Nr. 3; Hess VGH EZAR 220 Nr. 1; für Anfechtungsklage und einstweiligen Rechtsschutz gem. § 80 V VwGO dagegen Marx, ZAR 93, 160, 165 f. 139 Korell, Bürgerrechte & Polizei 93,42, 44. 140 Organisationserlaß des Bundesministers des Innern vom 1. April 1992, abgedruckt in: Wir vom BGS - Zeitschrift des Bundesgrenzschutzes, Nr. 3/4 93, S. 11 ff. 141 GSP Mitte, Pressemitteilung; Korell, Bürgerrechte & Polizei 94,42.

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

53

ständig 142 . Die Schulung der im Asylbereich tätigen Beamten umfaßt zwar die rechtliche und administrative Abwicklung ihrer Arbeit, nicht aber Wissen über Herkunftsländer, Fluchtgründe oder kulturell bedingte Verhaltensweisen 143. Dies ist ein Defizit angesichts der Tatsache, daß der BGS darüber entscheidet, ob ein Flüchtling überhaupt in das Asyl verfahren gelangt 144 .

I I I . Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Dem Bundesamt obliegt gem. § 5 I, I I AsylVfG die Entscheidung über den Asylantrag einschließlich der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 AuslG. Dies schließt die Ermittlung des Sachverhalts, insbesondere die persönliche Anhörung, ein (§ 24 AsylVfG). Außerdem wurden dem Bundesamt mit Wirkung vom 1. 7. 1992 bestimmte ausländergesetzliche Maßnahmen und Entscheidungen übertragen, vor allem die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 24 I I AsylVfG) sowie der Erlaß der Abschiebungsandrohung (§ 34 AsylVfG) und - seit dem 1. 7.1993 - der Erlaß der Abschiebungsanordnung (§ 34a AsylVfG). Umstritten ist jedoch die Kompetenz der Außenstellen des Bundesamtes. Da das BAF1 eine Bundesoberbehörde ist 1 4 5 , ist die Errichtung eines Verwaltungsunterbaus nur unter den strengen Voraussetzungen des Art. 87 III 2 GG zulässig. Das VG Düsseldorf hält die Außenstellen zwar mangels regional abgegrenzter Eigenzuständigkeit nicht für selbständige Mittel- oder Unterbehörden. Die Praxis, in solchen Außenstellen Anträge aus einer bestimmten Region nicht nur gem. § 23 AsylVfG entgegenzunehmen, sondern auch einschließlich der asyl- und ausländerrechtlichen Entscheidungen abschließend zu bearbeiten, führe zu einer faktischen Dekonzentration der Verwaltungstätigkeit des Bundesamts und damit zu einer verfassungswidrigen Umgehung des Art. 87 III 2 GG 1 4 6 . Die h.M. in Rspr 147 . und Literatur 148 folgt dieser Auffassung zu Recht nicht: i « Korell, Bürgerrechte & Polizei 94,43 143 Marx in: ANAFE, Frontières . . . , 151,161; Korell, Bürgerrechte & Polizei 94,42,43 f. 144

in diesem Sinne auch der Berichterstatter des Europarats, Lord Mackie of Benshie, in: Council of Europe, Parliamentary Assembly, ADoc. 6490 v. 12. 9. 91, S. 13; ECRE, Working Paper on Airport Procedures in Europe, S. 3. 145 Allg. Ansicht, vgl. statt vieler: Kanein / Renner, § 5 AsylVfG Rz. 3; Jeserich/Pohl/v. Unruh, Bd. V S. 191, VG Düsseldorf, InfAuslR 92, 111, 112. VG Düsseldorf, Beschl. v. 10. 12. 92, InfAuslR 93, 111 ff. VG Frankfurt, Beschl. v. 15. 7. 93, NVwZ-Beilage 1/93, 4; VG Frankfurt, Beschl. v. 10. 9. 93, Az. 8 G 20205/ 93A. us Blümel, in: Isensee/Kirchhof Bd. IV (1990), § 101 Rz. 91; Lerche, in: Maunz/Dürig, Art. 87 Rz. 186; Kanein / Renner, § 5 AsylVfG Rz. 15 f.

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Teil 1: Grundlagen

Die Außenstellen wären selbständige Behörden nur, wenn sie eine regional abgegrenzte Eigenzuständigkeit besäßen149. Dies ist aber nicht der Fall: Sie haben keine eigene sachliche Zuständigkeit, sondern erfüllen die dem Bundesamt als Ganzem zugewiesenen Aufgaben. Eine eigene örtliche Zuständigkeit fehlt ihnen, weil sie Asylanträge nur im Rahmen ihrer Kapazität bearbeiten und je nach Auslastung Fälle an andere Außenstellen oder die Zentrale abgeben bzw. von diesen Stellen übernehmen 150. Daher sind die Außenstellen, wie das VG Düsseldorf im Ergebnis selbst anerkennt, keine Behörden 151 . Es ist schon vom Ansatz her zweifelhaft, ob allein die Vermehrung der Zahl der Außenstellen einen qualitativen Umschlag in Richtung auf die Entstehung eines verfassungswidrigen Verwaltungsunterbaus bewirken kann 152 . Jedenfalls würde dies voraussetzen, daß der Schutzzweck des Art. 87 I I 2 GG betroffen wäre, d. h. die Länder müßten durch die örtliche „Ausbreitung" der Bundesamtstätigkeit aus ihren bestehenden Verwaltungszuständigkeiten verdrängt werden 153 . Dies ist aber aus mehreren Gründen nicht der Fall: Würden die Außenstellen nicht existieren, so wären ihre Aufgaben nicht von den Ländern, sondern von der Bundesamtszentrale in Nürnberg wahrzunehmen. Soweit dem Bundesamt durch die Neuregelungen des AsylVfG zum 1. 7. 92 und 1. 7. 93 Aufgaben übertragen wurden, die vorher den Ausländerbehörden der Länder zugewiesen waren, haben diesen Gesetzen der Bundesrat und die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zugestimmt, die Länder haben diese Kompetenzen also selbst abgegeben. In demselben Verfahren haben sie auch § 5 AsylVfG zugestimmt, der die Errichtung von Außenstellen regelt 1 5 4 Abschließend ist zu bemerken, daß dem Bundesamt durch § 18a I 3 AsylVfG jedenfalls eine neue Aufgabe i.S. des Art. 87 III GG zugewachsen ist, da es jetzt am Flughafen Asylanträge entgegennehmen muß. Diese Aufgabe könnte die Zentrale in Nürnberg nicht wahrnehmen 155. Nach alledem kann von einem Eindringen in Landeszuständigkeiten und von einer Umgehung der Voraussetzungen des Art. 87 III 1 GG nicht die Rede sein. Die Außenstellen sind also verfassungsrechtlich zulässig. Sie dürfen als unselbständige Teile des Bundesamtes alle Aufgaben wahrnehmen, die dem BAF1 obliegen 156 . 149 BVerfGE 10, 20, 48; Jarras-Pieroth Art. 87 Rz. 9. 150 VG Frankfurt, Beschl. v. 10. 09. 93, Az. 8 G 20205/93.A 151 VG Düsseldorf, InfAuslR 92, 111, 112; ebenso Kanein/Renner, § 5 AsylVfG Rz. 16; VG Frankfurt, Beschl. v. 10. 9. 93, Az. 8 G 20205/93.A. 152 VG Frankfurt, Beschl. v. 10. 9. 93, Az. 8 G 20205/93.A.; im Erg. ebenso: Kanein/ Renner, § 5 AsylVfG Rz. 16. 153 BVerfGE 14, 197,211. 154 VG Frankfurt, Beschl. v. 10. 9. 93, Az. 8 G 20205/93. A; Blümel, in: Isensee/Kirchhof, Bd. IV, § 101 Rz. 91. 155 VG Frankfurt, Beschl. v. 15. 7. 93, NVwZ-Beilage 1 /93,4. 156 Kanein/Renner, § 5 AsylVfG Rz. 14.

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

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Im Transitbereich des Frankfurter Flughafens besteht seit dem 1. 7. 93 eine Außenstelle des Bundesamtes gem. § 5 IV 2 AsylVfG 1 5 7 . Sie ist keiner Aufnahmeeinrichtung zugeordnet 158, sondern bearbeitet ausschließlich die auf Rhein-Main anfallenden Verfahren nach § 18a AsylVfG. Die Außenstelle verfügt über 9 Einzelentscheider gem. § 5 I I AsylVfG, die in zwei Schichten arbeiten. Hinzu kommen etwa 15 weitere Bedienstete, die hauptsächlich in der Aktenbearbeitung und im Schreibdienst eingesetzt sind. Wenn die Zahl der Antragsteller anders nicht zu bewältigen ist, können kurzfristig Entscheider von anderen Außenstellen hinzugezogen werden. Im Gegensatz zu der gängigen Praxis an anderen Außenstellen159 sind die Entscheider nicht auf Asylanträge aus bestimmten Ländern spezialisiert. Dadurch gehen zwar die Vorteile der Spezialisierung verloren. Ein anderes Vorgehen wäre aber unzweckmäßig, da am Flughafen Flüchtlinge aus zahlreichen Ländern zu erwarten sind und zudem bei vielen Antragstellern wegen fehlender Pässe die Nationalität ungeklärt ist. Zur Sachverhaltsermittlung steht den Entscheidern mit der Informations- und Dokumentationsstelle der Bundesamtszentrale in Nürnberg die bundesweit vielleicht umfangreichste Sammlung von Asylrechtsprechung und Nachrichten aus den Herkunftsländern zur Verfügung 160 . Die Entscheider können bei Bedarf per Fax die benötigten Informationen anfordern. Außerdem steht in der Außenstelle ein kleiner Handapparat zur Verfügung.

IV. Der Flughafensozialdienst Der Flughafensozialdienst verwaltet die Unterkunft C 182 im Transitbereich und spielt eine wichtige Rolle bei der sozialen Beratung der Flüchtlinge sowie der Vermittlung von Rechtsbeistand. Er wurde 1975 als ökumenische soziale Einrichtung unter der Trägerschaft des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau und des Caritas-Verbandes Frankfurt e.V. gegründet. Am 1. 8. 1982 wechselte der evangelische Teil der Trägerschaft zum Evangelischen Regionalverband Frankfurt/M 161 . Der Flughafensozialdienst Soweit nicht anders gekennzeichnet, verdankt die Autorin alle Informationen über diese Außenstelle Auskünften ihres Leiters, Herrn Holger Habel. 158 Das Gebäude C 182/183, in dem die Asylbewerber untergebracht werden, gilt nicht als Aufnahmeeinrichtung im Sinne des § 44 AsylVfG. 159 Bell, NVwZ 92, 627. 160 Jannasch, ZAR 90,69, 72. 161 Zusammenschluß der evangelischen Kirchengemeinden in Frankfurt am Main in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, vgl. Präambel der Satzung des ERV vom 2. 7. 1973 i.d. F. vom 25. 9. 1985; abgedruckt in der Rechtsquellensammlung des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt/M. (Hrsg.)

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Teil 1: Grundlagen

besitzt im Unterschied zu seinen Trägern keine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Geschäftsführung obliegt dem Evangelischen Regionalverband, während ein von beiden Trägern besetztes Kuratorium die gemeinsamen Fragen des Dienstes regelt. Jeder Träger bezahlt das von ihm angestellte Personal und übernimmt die Hälfte der Sachkosten162. Für die Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung werden zusätzliche Finanzmittel von der Frankfurter Flughafen AG (FAG) und dem Land Hessen bereitgestellt. Nach seinem Selbstverständnis ist der Sozialdienst als kirchliche Einrichtung dem christlichen Auftrag und den humanitären Grundsätzen verpflichtet, auf die sich der Dienst von Diakonie und Caritas gründet. Er orientiert sich dabei an den Grundsatzerklärungen des Rates der Ev. Kirche in Deutschland und der Katholischen Bischofskonferenz 163. Im „Dienst am Menschen unterwegs" verfolgt der Sozialdienst einen ausschließlich humanitären Auftrag, der sowohl die Funktion als „verlängerter Arm" der am Flughafen tätigen Behörden als auch andere interessengebundene Abhängigkeiten ausschließt164. Ursprünglich war der Sozialdienst nach dem Vorbild der Bahnhofsmissionen" als Hilfsdienst für betreuungsbedürftige Passagiere konzipiert 165 . Als eigenständige Gruppe von Klienten traten Flüchtlinge erst ab Anfang der 80er Jahre in Erscheinung. Das zum 1. 1. 81 in Kraft getretene hessische Landesaufnahmegesetz 166 hatte zur Folge, daß Asylbewerber z.T. tagelang in der Transithalle warten mußten, bis sie nach der grenzpolizeilichen Befragung durch die Grenzbehörde an die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung in Schwalbach weitergeleitet wurden 167 . Da zwischen dem Bundesinnenministerium, der FAG und den Fluggesellschaften streitig blieb, wer für die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden in dieser Zeit einschließlich der Übernahme der damit verbundenen Kosten zuständig sein sollte 168 , sprang schließlich der Sozialdienst in die Bresche und organisierte 162 Vereinbarung zwischen der Diözese Limburg, dem Caritasverband Frankfurt e.V. und dem Evangelischen Regional verband Frankfurt über die Kirchlichen Dienste am Flughafen Frankfurt am Main vom 1.8. 1982; abgedruckt in der Rechtsquellensammlung des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt/M. (Hrsg.) !63 Eine zusammenfassende kirchliche Stellungnahme bietet „Flüchtlinge und Asylsuchende in unserem Land", von August 1986, EKD-Texte 16, und die Grundsatzerklärung „Sozialdienst der Caritas für ausländische Flüchtlinge - Rahmenorientierung", verabschiedet vom Zentralrat des Deutschen Caritasverbandes am 8. 5. 87 in Würzburg, veröffentlicht in „Unser Standpunkt" Nr. 20. Positionspapier des Dienstes, Abgedruckt als Anlage VII im Jahresbericht 1989 des FSD. 16 5 Vgl. zur Entwicklung des Dienstes das Papier des Fachbereichs Ökumene und Ausländerarbeit „Gedanken zur Struktur und Arbeitsweise des Flughafensozialdienstes", abgedruckt im FSD-Jahresbericht 1987. Gesetz über die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge v. 15. 10. 80, HessGVBl. I S. 384. 167 Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 1991 3,6 Tag, und 1992 2,5 Tage, mit Schwankungen zwischen wenigen Stunden und 10 Tagen, vgl. Jahresberichte des FSD 1991 S. 10 und 1992 S. 9.

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

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die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen sowie ein Minimum an psychosozialer Betreuung. Diese Rolle behielt er auch bei, als ab Ende 1988 die Asylsuchenden nicht mehr in der Transithalle, sondern in dem dafür umgebauten Gebäude C 183 untergebracht wurden. Ihm kam eine Mittlerrolle zwischen dem Asylsuchenden und Dienststellen innerhalb des Flughafens sowie der Außenwelt zu: Er stellt bei Bedarf Kontakt her mit dem BGS, der Flughafenklinik, dem Gepäcksuchdienst, aber auch zu in der Bundesrepublik lebenden Verwandten, dem UNHCR oder einem Rechtsanwalt169. Als zum 1. 7. 93 das Flughafenasylverfahren in Kraft trat, wuchs der Dienst in die Rolle eines „Verfahrensmanagers" hinein. Ihm kommt seither eine Schlüsselrolle bei der Wahrnehmung der Verfahrensrechte der Asylbewerber zu: Er klärt über das Verfahren auf, führt Akten, überwacht Rechtsmittelfristen, vermittelt auf Wunsch des Asylbewerbers einen Anwalt, klärt die Kostentragung für den Rechtsbeistand, läßt dem Anwalt die für das Verfahren nötigen Dokumente zukommen und befragt den Asylbewerber ggf. auf Bitte des Anwalts ergänzend zu seinen Fluchtgründen 170. Was vor dem 1. 7. 93 nur in Ausnahmefällen möglich und notwendig war, wird seit diesem Datum zur Standarddienstleistung. Die veränderte Rolle des Sozialdienstes zeigte sich auch darin, daß er seit dem Umzug der Unterkunft in das Nebengebäude C 182 im Sommer 1994 innerhalb der Unterkunft ein Büro bezogen hat. Zur gleichen Zeit fand eine organisatorische Trennung in Passagier- und Flüchtlingsdienst statt, wobei letzterer den Großteil des Personals beschäftigt. Seit der Zeit, als der Sozialdienst die Versorgung und Betreuung der Asylbewerber in der Transithalle übernommen hatte, bewegte sich dieses Engagement im rechtlich, finanziell, und institutionell völlig ungesicherten Rahmen und war von der mehr oder minder wohlwollenden Duldung durch den Bundesgrenzschutz und die FAG abhängig. Das Land Hessen ersetzte dem Sozialdienst die aus der Versorgung der Asylbewerber entstehenden Sachkosten, ohne jedoch eine rechtliche Verpflichtung hierzu anzuerkennen 171. Erst 1994 wurde die Rolle des FSD gewissermaßen offiziell, nachdem rückwirkend zum 1. 7. 93 zwischen den Trägern des FSD und dem Land eine Vereinbarung geschlossen wurde, wonach der Sozialdienst die Versorgung der Personen in der Einrichtung übernimmt. Den Trägern des Dienstes steht das Hausrecht in der Unterkunft zu, und sie haben die Pflicht, bei außergewöhnlichen Vorkommnissen das Regierungspräsidium Darmstadt, bei Fluchtversuchen auch den BGS, zu unterrichten. Das Land Hessen übernimmt, wiederum ohne gegenüber dem Bund eine

168 FSD-Jahresbericht 1990, S. 7; 169 § 3 d e s Mandatspapieres des FSD, abgedruckt als Anlage VII im Jahresbericht 1989; FSD-Jahresbericht 1989. 170 Vgl. Petasch, IZA 93, 35, 36. 171 Vgl. FSD-Jahresbericht 1990, S. 7.

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Teil 1: Grundlagen

Rechtspflicht anzuerkennen, die Sach- und einen Teil der Personalkosten. Die institutionalisierte Rolle des Sozialdienstes verschafft ihm mehr Einfluß, vermehrt aber auch die Gefahr, Sachzwängen und Vereinnahmungsversuchen von verschiedenen Seiten zu erliegen. Der Personalbestand des Sozialdienstes fluktuiert stark. Insgesamt umfaßt er etwa 45 Personen, von denen pro Schicht etwa 10 präsent sind (davon rund im Flüchtlingsdienst). Er setzt sich aus ca. 10 festangestellten Mitarbeitern, einigen Honorarkräften, Zivildienstleistenden, Praktikanten sowie ca. 30 ehrenamtlich Tätigen zusammen. Der Ausbildung nach sind die meisten der hauptamtlichen Mitarbeiter Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Viele Beschäftigte sind Ausländer, was die Verständigung mit den Klienten erleichtert 172 .

V. Die Kosten der Unterbringung im Transitbereich Die Frage, wer die Kosten des Flughafenverfahrens zu tragen hat, ist nach wie vor umstritten 173 . Zu unterscheiden sind folgende Rechnungsposten: 1. Sach- und Personalkosten für die Verwaltungstätigkeit von Grenzbehörde und Bundesamt einschließlich Kosten für die benötigten Räume. 2. Personal- und Sachkosten für die materielle Versorgung und psychosoziale Betreuung der Asylbewerber. 3. Umbaukosten, Grundmiete und Betriebskosten für das Unterkunftsgebäude. Im wesentlichen unstreitig (bis auf den Anteil an den Umbaukosten) ist nur der erste Posten 174 : Die Verwaltungsausgaben, die dem Bundesamt und der Grenzbehörde für die Durchführung der grenzpolizeilichen Aufgaben (einschließlich der Verhinderung illegaler Einreisen) und des Bundesamtsverfahrens entstehen, werden nach der allgemeinen Regel des Art. 104a V GG vom Bund als Träger dieser Behörden übernommen. Dies deckt die Miete der benötigten Räume, die Personalkosten, Büromaterial, etc. Der Bund kann sich ggf. bei den Fluggesellschaften refinanzieren, § 82 m , § 83 I I Nr. 2 AuslG. Für die unter Punkt 2 genannten Kosten kommt derzeit das Land Hessen und z. T. die Träger des Flughafensozialdienstes auf, ohne hierfür jedoch eine rechtliche Verpflichtung anzuerkennen (s. o.). Die Kosten nach Punkt 3 trägt derzeit der Flughafenunternehmer. Der Versuch, diese als „Nutzungsentgelt für die Bereitstellung von Fluggasteinrichtungen" auf die Luftverkehrsgesellschaften umzulegen, scheiterte: Mit Urteil vom 17. 6. 93 172 Vgl. Jahresberichte des FSD 1990 - 1992. 173 BMI-Asylerfahrungsbericht 1994, S. 21 f. 174 Vgl. LG Frankfurt, Grund- und Teilurteil v. 4. 10. 95, Az. 2 / 4 0 183/94.

C. Die Akteure des Verfahrens und die Verteilung der Kosten

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stellte der BGH fest, die Unterbringung in dem Gebäude C 183 diene der grenzpolizeilichen Vorprüfung nach § 9 AsylVfG a.F. und damit der Sicherung des Asylgrundrechts. Kosten, die durch die Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe, dem Asylverfahren, entstünden, dürften nicht ohne gesetzliche Grundlage auf die Luftfahrtunternehmen umgewälzt werden 175 . Ein nicht rechtskräftig gewordenes Teilurteil des LG Frankfurt 176 hat nunmehr der Klage des Flughafenbetreibers gegen den Bund stattgegeben. Die vorhandenen gesetzlichen Kostenregelungen sind lückenhaft und nicht aufeinander abgestimmt. Dies hatte schon im Gesetzgebungsverfahren die heftige Kritik des hessischen Ministerpräsidenten an dem Flughafenverfahren nach § 18a AsylVfG hervorgerufen 177: § 74a AuslG verpflichtet den Flughafenunternehmer, Unterkünfte bereitzustellen, in denen Ausländer, die nicht im Besitz des erforderlichen Passes oder Visums sind, bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise untergebracht werden. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, daß diese Pflicht den Flughafenbetreibern auferlegt wurde, weil nur diese faktisch zur Schaffung der Unterkünfte in der Lage sind, daß die Kosten aber letztlich von den Luftverkehrsgesellschaften zu tragen seien 178 . § 74a normiert daher keine Kostentragungs-, sondern lediglich eine Bereitstellungspflicht. Nach § 82 I I I und § 83 I I Nr. 2 haftet die Fluggesellschaft, die den Ausländer ohne erforderlichen Paß oder Visum in die Bundesrepublik transportiert hat, neben diesem für alle Kosten, die von der Ankunft an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen. Dies umfaßt die Verwaltungskosten sowie die Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung des Ausländers. Allerdings ist die Kostenhaftung auf die Fälle beschränkt, wo der Ausländer zurückgewiesen oder innerhalb von 3 Jahren abgeschoben wird, während andernfalls weder der Ausländer selbst noch die Fluggesellschaft dafür aufkommen muß. Für die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung während des Flughafenverfahrens nach § 18a AsylVfG bedeutet dies: Die Fluggesellschaften haben sämtliche Kosten zu tragen für diejenigen Asylbewerber, die sie ohne erforderlichen Paß oder Visum in die Bundesrepublik transportiert haben und die innerhalb von 3 Jahren zurückgewiesen oder abgeschoben werden. Keine Kostenregelung existiert für alle diejenigen Asylbewerber, deren Verfahren letztlich in ein Bleiberecht mündet sowie für den eher theoretischen Fall, daß Personen aus einem „sicheren Herkunftsstaat" mit gültigen Einreisedokumenten im Flughafenverfahren landen. 175 BGH, Urteil v. 17. 6. 93, NVwZ 93, 915 f. 176 LG Frankfurt, Grund- und Teilurteil v. 4. 10. 95, Az. 2 / 4 0 183/94. Die Berufungsinstanz bestätigte das Urteil: OLG Frankfurt/M, Urt. v. 17. 7. 97, NVwZ-RR 98,138. 177 Stenographisches Protokoll der Sitzungen des Bundesrats, 657. Sitzung, 28. 5. 1993, S. 202 f. 178 BT-Drucks. 12/4450, S. 34

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Teil 1: Grundlagen

Die umstrittene Frage ist nun, an wen sich die tatsächlichen Erbringer der Leistungen - die Träger des Flughafensozialdienstes sowie der Flughafenunternehmer - halten können und wer für die nicht von den Fluggesellschaften zu tragenden Kosten aufkommen muß. Entgegen der Auffassung des B G H 1 7 9 sind hierfür nicht gem. § 44 AsylVfG die Länder zuständig: Aus dem Kontext der Norm geht hervor, daß die Länder nur im Rahmen ihrer Aufnahmequoten belastet werden sollen. Die Asylbewerber, die am Flughafen ankommen, werden aber nicht auf die Quote gem. § 45 AsylVfG angerechnet, weil in § 52 AsylvfG eine entsprechende Regelung nicht getroffen wurde. Die Länder mit internationalen Flughäfen würden daher mit den Kosten für die Asylbewerber im § 18a-Verfahren ungleich stärker belastet als andere. Mangels einer gesetzlichen Regelung bleibt somit nur der Rückgriff auf die allgemeine Regel des Art. 104a I GG: Die Einreisekontrolle ist Aufgabe des Bundesgrenzschutzes, soweit nicht - wie in Bremen, Hamburg und Bayern - im Einvernehmen mit dem Bund eine Sonderregelung zugunsten der Landespolizei gilt, § 1 I, 2 Nr. 2 BGSG, § 63 IV Nr. 1 AuslG. Die Asylbewerber befinden sich somit bis zum Vollzug der grenzpolizeilichen Entscheidung über die Einreise in der Obhut des Bundesgrenzschutzes. Daraus ergibt sich auch die Annexzuständigkeit des Bundes für die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber in dieser Zeit 1 8 0 . Jede andere Lösung würde auch das Finanzierungsrisiko unbillig verteilen: Weder die Länder noch die Flughafenbetreiber haben irgendeinen Einfluß auf Entstehung und Dauer der kostenpflichtigen Situation. Schließlich kann der Bund im Gegensatz zu ihnen sich teilweise gem. § 83 VI, § 63IV AuslG bei den Fluggesellschaften refinanzieren 181.

D. Der rechtliche Status der Transitzone die Theorie der „internationalen Zonen" I. Definition Im 1. Kapitel des Anhangs 9 des Chicagoer Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt von 1944 182 wird die Transitzone für die Zwecke der in dem Anhang 179 Urteil v. 25. 2. 99 - III ZR 155/97; Pressemitteilung des BGH in NJW 11/99, S. XVIII ff. Siehe auch Stenographisches Protokoll der Sitzungen des Bundesrats, 657. Sitzung, 28. 5. 1993, S. 208. 180 So auch Göbel-Zimmermann, in: Huber, SystDarst IV Rz. 156; GK-Liebermann, § 18a Rz. 13; Kloesel-Christ-Häußer, § 74a Rz. 14; Kanein-Renner, § 74a Rz. 6; LG Frankfurt, Grund- und Teilurteil v. 4. 10. 95, Az. 2 / 4 0 183/94. 181 So auch Göbel-Zimmermann, in: Huber, SystDarst IV Rz. 156. 182 Das Abkommen wurde gem. Zustimmungsges. vom 7. 4. 1956 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert, BGBl. II (1956), S. 411 ff. Der Anhang enthält Durchführungsbestimmungen.

D. Der rechtliche Status der Transitzone

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festgelegten internationalen Anwendungsempfehlungen definiert als „zone spéciale établie sur un aéroport international ou á proximité, approuvée par les pouvoirs publics compétents et placée sous leur surveillance directe, destinée á recevoir le trafic qui effectue un arrêt de courte durée lors de son passage dans le territoire de l'Etat contractant". Im innerstaatlichen deutschen Recht findet sich keine Definition. In Übereinstimmung mit der oben zitierten, die die international gebräuchliche Auffassung widerspiegelt, dürfte folgendes auch für die Bundesrepublik gelten: Die Transitzone wird von den Autoritäten des Staates, auf dessen Territorium sich der Flughafen befindet, eingerichtet und überwacht. Ihr Vorhandensein steht im inneren Zusammenhang mit dem Einreise- und Grenzkontrollvorgang, weshalb sie von ihrer Umwelt in einer Weise abgegrenzt ist, die eine Einreise unter Umgehung des Kontrollpostens verhindern soll 1 8 3 . Dieser inhaltliche Zusammenhang manifestiert sich in räumlicher Hinsicht dadurch, daß die Transitzone die Bereiche umfaßt, wo die Passagiere das Flugzeug verlassen und die Grenzkontrolle stattfindet. Dies geschieht typischerweise auf dem Betriebsgelände des Flughafens, kann aber auch über dieses hinausgehen. Die Asylbewerber, die dem Flughafenverfahren unterliegen, sind allerdings in einem Teil der Transitzone unterzubringen, der auf dem Flughafengelände liegt. Dies ergibt sich aus § 18a 11 AsylVfG.

II. Zugehörigkeit zum Staatsgebiet Hinsichtlich der rechtlichen Behandlung der Transitzone herrscht zumindest begriffliche Verwirrung: So wird z. T. vorgebracht, es handle sich um eine „exterritoriale" Zone 1 8 4 , oder der Ausländer befinde sich rechtlich noch im Staat des letzten Abflughafens 185 . Das Territorium eines Staates umfaßt nach den Regeln des Völkerrechts unstreitig mindestens die Landmasse innerhalb der Staatsgrenzen einschließlich des Raumes unter der Erde, die inneren Gewässer und das Küstenmeer sowie den Luftraum über dem Territorium bis zu der Höhe, wo dieser in den freien Weltraum übergeht 186 . Von dieser Definition gehen auch Art. 1, 2 der Chicagoer „Convention on International Civil Aviation" von 1944 187 aus, das wichtigste internationale Ab183

Insoweit übereinstimmend die Definition von Göbel-Zimmermann: „räumlich abgegrenzter Bereich auf dem Flughafengelände vor der Einreise", in: Huber, IV SystDarst. Rz. 157; ähnlich GK-Liebetanz, § 18a Rz. 9. im Korell, Bürgerrechte & Polizei 94,42,45; Der Spiegel Nr. 24/1993, S. 62. 185 Kanein/Renner, § 18a AsylVfG, Rz. 5. 186 Statt aller: Torres Bernárdez, in: Encyclopedia of Public International Law, vol. IOS. 488. 187 Gem. Zustimmungsges. vom 7. 4. 1956 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert, BGBl. II (1956), S. 411 ff.

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Teil 1 : Grundlagen

kommen im Bereich der Zivilluftfahrt. Eine Ausnahme für bestimmte Zonen von Flughäfen wird weder dort noch in der völkerrechtlichen Literatur erwähnt. Sie wird auch in der Praxis nicht gemacht: Es ist ein allgemeines Prinzip des Völkerrechts, daß ein Staat vorbehaltlich besonderer Abkommen nur innerhalb seines eigenen Staatsgebietes Hoheitsgewalt ausüben darf 188 . Würde die Transitzone des Flughafens vom Territorium des Staates ausgenommen, so wäre es den Beamten des betroffenen Staates in dieser Zone nicht ohne weiteres erlaubt, seine Einwanderungs-, Zoll-, Währungs- und Strafrechtsnormen durchzusetzen und im Luftraum über der Zone die Lufthoheit auszuüben. Dies alles wird aber selbstverständlich getan. Die Definition der Transitzone in Annex 9 der Konvention von Chicago setzt dies ihrem Wortlaut nach auch voraus. Daraus ergibt sich, daß die Staaten die Transitzone sehr wohl als Teil ihres Territoriums betrachten. Bei der ins Feld geführten „Exterritorialität" kann es sich also nur um eine juristische Fiktion handeln 189 , ähnlich einer zoll-, Steuer- oder devisenrechtlichen Freizone, wo der Staat in einem Gebiet innerhalb seiner Grenzen auf die Ausübung bestimmter Hoheitsrechte verzichtet. Diese Auffassung kommt auch in der oft gebrauchten Redewendung zum Ausdruck, der Ausländer befinde sich faktisch, nicht aber rechtlich auf dem Territorium eines bestimmten Landes 190 . Genau betrachtet ist diese Aussage unsinnig, weil das, was als Territorium eines bestimmten Landes gilt, ja erst durch das (Völker-) Recht definiert wird. Einen Raum, der faktisch Staatsgebiet ist, ohne es auch rechtlich zu sein (mit den daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen), kann es daher nicht geben 191 .

I I I . Völkerrechtliche Zulässigkeit der Fiktion der Exterritorialität Viele Staaten haben versucht, sich durch die Fiktion einer sog. „internationalen Zone" sämtlicher Bindungen des nationalen und internationalen Rechts zu entziehen. Das praktische Bedürfnis nach dieser Fiktion entstand an Rüg- und Seehäfen, weil in diesen Fällen ein ankommender Ausländer sich schon auf dem Staatsgebiet befindet, wenn er einen Fuß an Land setzt, und nicht mehr, wie an den Landgrenzen, daran gehindert werden kann, die Grenze überhaupt zu überschreiten. Der Staat sieht sich damit konfrontiert, daß ein Individuum (oder - gravierender: viele Individuen) ihm gegenüber alle Rechte geltend machen kann, die an die bloße Anwesenheit auf dem Territorium knüpfen, ohne daß der betroffene Staat eine realisti188 Vgl. statt vieler: StIGH, PCIJ Series A 10 (1927), 18 f. (Lotus-Fall); Dahm/Delbrück/ Wolfrum Bd. 1/1, S. 326. !89 Göbel-Zimmermann, in: Huber, Rz. 157. i*> z. B. Robert, Note de jurisprudence, Rev. dr. publ. 1984, 801, 805; US Supreme Court in: Leng May Ma v. Barber, 357 US 185 (1958). 191 So auch Torres Bernárdez, Encyclopedia of Public International Law, vol. 10 S. 488.

D. Der rechtliche Status der Transitzone

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sehe Möglichkeit gehabt hätte, vorher auszuwählen, ob dem Ausländer der Zugang zum Staatsgebiet gestattet wird 1 9 2 . In der Praxis betrifft dies oft das Refoulment-Verbot aus Art. 33 GFK. Ebenso die habeas-corpus-Garantien aus internationalen Abkommen und innerstaatlichem Recht, die dem Wunsch des Staates im Wege stehen, den Ausländer so lange festzuhalten, bis ihm entweder die Einreiseerlaubnis erteilt wird oder er zurückgewiesen werden kann. Der US-amerikanische Supreme Court rechtfertigte so 1953 im Fall Shaughnessy v. United States ex rel. Mezei die theoretisch unbegrenzte Internierung des Betroffenen auf Ellis Island damit, daß dieser sich nicht im territorialen Geltungsbereich der US-Verfassung befinde: „While the government might keep entrants by sea aboard the vessel pending determination of their admissibility, resulting hardships to the alien and invonvenience to the carrier persuaded Congress to adopt a more generous course ... such temporary harborage, an act of legislative grace, bestows no additional rights ... he is treated as if stopped at the border" 1 9 3 . Diese Haltung läuft darauf hinaus, daß der Staat zwar die aus der Gebietshoheit fließenden Rechte wahrnimmt (seine Einwanderungs-, Straf- und sonstigen Gesetze durchsetzt), sich seinen an die territoriale Souveränität anknüpfenden Pflichten, z. B. aus der GFK, aber entzieht. Im Völkerrecht sind aber die an die territoriale Souveränität nicht nur Rechte, sondern auch Verpflichtungen geknüpft, wie Huber im Island of Palmas-Schiedsspruch ausführt: „This right (territorial sovereignty; d. Vf.) has as corollary a duty: the obligation to protect within the territory the rights of other States... together with the rights which each State may claim for its nationals in foreign territory... Territorial sovereignty cannot limit itself to its negative side, i.e. to excluding the activities of other States; for it serves to divide between nations the space upon which human activities are employed, in order to assure them at all points the minimum of protection of which international law is the guardian" 194

Es ist zudem ein allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts, der auch in Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention 195 niedergelegt ist, daß Staaten ihr innerstaatliches Recht nicht dazu benutzen dürfen, ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen zu umgehen 196 .

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Oder der Auswahlprozeß mittels Visumsbestimmungen von dem einreisewilligen Ausländer erfolgreich umgangen worden ist. i» Shaughnessy v. United States ex rel. Mezei, 345 U.S. 206 (1953). 194 Island of Palmas-Fall, RIAA, vol. 2 (1949), S. 829, 839. 1 95 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, BGBL II (1985), 926. 196 Crawford / Hyndman, IJRL 89,155,176, m.w.N.

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Teil 1 : Grundlagen

Die Einrichtung einer „exterritorialen Zone" in dem beschriebenen Sinn ist daher völkerrechtswidrig, soweit sie dazu benutzt wird, sich den völkerrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen, die an die territoriale Souveränität eines Staates anknüpfen 197 . Im Hinblick auf die GFK bedeutet dies, daß das Refoulmentverbot aus Art. 33 GFK auf jeden Fall anwendbar ist, weil der Flüchtling sich bereits auf dem Territorium des Zufluchtsstaats befindet. Auf die strittige Frage, ob Art. 33 GFK erst eingreift, wenn der Flüchtling das Staatsgebiet betreten hat 1 9 8 oder bereits, wenn er die Grenze des Zufluchtsstaats erreicht 199 , kommt es daher nicht mehr an 2 0 0 . Auf die Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention 201 hätte die Konstruktion von „exterritorialen" Zonen dagegen keinen Einfluß, weil deren Anwendungsbereich nicht territorial definiert ist: Nach Art. 1 der Konvention sind die Vertragsstaaten verpflichtet, die dort niedergelegten Rechte und Freiheiten „allen ihrer Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen" 202 zu gewähren, oder, wie es im - authentischen - französischen Text heißt: „à tout personne relevant de leur juridiction". Die Kommission macht im Annahmebeschluß Cyprus vs. Turkey deutlich, daß dies sich nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt: „The Contracting Parties are bound to secure the rights and freedoms set forth in the Convention to all persons under their actual authority and responsibility, whether that authority is exercised within their own territory or abroad" 203 .

IV. Der Status der Transitzone im innerstaatlichen Recht Im Unterschied zu den USA hat in Frankreich 204 , den Niederlanden 205 und Großbritannien 206 die höchstrichterliche Rspr. die Schaffung eines rechtlichen Niemandslandes durch die Fiktion der Exterritorialität nicht akzeptiert. Stets stellten 197 Marx, ZAR 93, 160, 168; Lord Mackie of Benshie, Council of Europe Parliamentary Assembly, ADOC 6490.1403 - 12/9/91 - 4-E, S. 7; Hyndman, IJRL 94, 245, 249. 198 Grahl-Madsen, Bd. 2 § 199; US Supreme Court, Sale v. Haitian Centers Council, Inc. et al., 1993, IJRL 94,69 f. (vgl. auch die dissenting opinion v. Mr. Justice Blackmun, S. 71 ff., und die Anm. v. Goodwin-Gill, S. 103 ff.). 199 Kälin, S. 105 f; Gornig, S. 20 ff. Dieser Auffassung folgt auch die deutsche Rechtspraxis in § 18 AsylVfG und § 9 AsylVfG a.F. Vgl. auch BVerwG NVwZ 92, 682,683. 200

Zum Streitstand und zur Staatenpraxis vgl. Frowein/ Zimmermann, Gutachten, S. 17 ff. Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. 11. 1950, BGBl. II (1952), 686, 953; BGBl. II (1968), 1116, 1120. 202 Amtliche deutsche Übersetzung. 201

203

Cyprus vs. Turkey, European Commission of Human Rights, Decisions and Reports, vol. 2, Dec. 1975, S. 136. 2