Das Dritte Reich [7., durchges. Aufl.] 9783486598841, 9783486592009

Das seit Jahrzehnten bewährte Standardwerk zur Geschichte des "Dritten Reiches" liegt nun bereits in 7. Auflag

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Das Dritte Reich [7., durchges. Aufl.]
 9783486598841, 9783486592009

Table of contents :
Vorwort
Vorwort zur 3., überarbeiteten und ergänzten Auflage
Vorwort zur 6., neubearbeiteten Auflage
I. Darstellung
A. „Machtergreifung“ und „Gleichschaltung“ (1933-1935)
1. Die Errichtung der totalitären Diktatur
2. Die Anfangsphase der nationalsozialistischen Außenpolitik
Zusammenfassung
B. Die Vorbereitung des Krieges (1936-1939)
1. Deutsche Außenpolitik zwischen Revision und Expansion
2. Politische Herrschaft, gesellschaftliche Mobilisierung und wirtschaftliche Militarisierung
Zusammenfassung
C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939–1942)
1. Hitlers Außenpolitik und Kriegführung
2. Staat und Gesellschaft, Besatzungs- und Rassenpolitik des „Dritten Reiches“
Zusammenfassung
D. „Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)
1. „Endsieg“ - Hoffnungen im „Totalen Krieg“
2. Nationalsozialistischer Terror und deutscher Widerstand
Zusammenfassung
Schlußbetrachtung: Das „Dritte Reich“ in der deutschen und europäischen Geschichte
II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus und die Renaissance des Totalitarismusbegriffs
2. Das „Phänomen Hitler“, der europäische Faschismus und die Ambivalenz der Moderne
3. Wirtschaft, NSDAP und „Drittes Reich“
4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen
5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft
6. Die Außen- und Rassenpolitik des „Dritten Reiches“
7. Der deutsche Widerstand
8. Das „Dritte Reich“ im Urteil der Geschichtswissenschaft
III. Quellen und Literatur
A. Quellen
1. Aktenwerke
2. Editionen und Dokumentationen
3. Selbstzeugnisse, Reden und - in beschränkter Auswahl – Memoiren
B. Literatur
1. Gesamtdarstellungen und Grundsätzliches
2. Hitler
3. Nationalsozialismus, Faschismus, Totalitarismus
4. Innenpolitik
5. Außenpolitik und Kriegführung
6. Rassenfrage
7. Militär (Heer, Marine, Luftwaffe)
8. Wirtschaft und Rüstung
9. Widerstand und Emigration
10. Deutungen
Anhang
Abkürzungsverzeichnis der wichtigsten Zeitschriften
Zeittafel
Karte
Register
Personenregister
Sachregister

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OLDENBOURG GRUNDRISS DER GESCHICHTE

OLDENBOURG GRUNDRISS DER GESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON LOTHAR GALL KARL−JOACHIM HÖLKESKAMP HERMANN JAKOBS BAND 17

DAS DRITTE REICH VON KLAUS HILDEBRAND

7., durchgesehene Auflage

R. OLDENBOURG VERLAG MÜNCHEN 2009

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio− nalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über abrufbar.

 2009 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D−81671 München Internet: oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Dieter Vollendorf Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Satz: primustype Robert Hurler GmbH, Notzingen Druck: Grafik + Druck, München Bindung: Buchbinderei Kolibri, Schwabmünchen ISBN 978−3−486−59200−9

VORWORT DER HERAUSGEBER Die Reihe verfolgt mehrere Ziele, unter ihnen auch solche, die von vergleichbaren Unternehmungen inDeutschland bislangnicht angestrebt wurden.Einmal will sie– und dies teilt sie mit anderen Reihen – eine gut lesbare Darstellung des historischen Geschehens liefern, die, von qualifizierten Fachgelehrten geschrieben, gleichzeitig eine Summe des heutigen Forschungsstandes bietet. Die Reihe umfaßt die alte, mittlere und neuere Geschichte und behandelt durchgängig nicht nur die deutsche Geschichte,obwohlsiesinngemäßinmanchemBandimVordergrundsteht,schließt vielmehr den europäischen und, in den späteren Bänden, den weltpolitischen Vergleich immer ein. In einer Reihe von Zusatzbänden wird die Geschichte einiger außereuropäischer Länder behandelt. Weitere Zusatzbände erweitern die Ge− schichte Europas und des Nahen Ostens um Byzanz und die Islamische Welt und die ältere Geschichte, die in der Grundreihe nur die griechisch−römische Zeit umfaßt, um den Alten Orient und die Europäische Bronzezeit. Unsere Reihe hebt sich von andern jedoch vor allem dadurch ab, daß sie in gesonderten Abschnitten, die in der Regel ein Drittel des Gesamtumfangs ausmachen, den Forschungsstand ausführlich bespricht. Die Herausgeber gingen davon aus, daß dem nacharbeitenden Historiker, insbesondere dem Studenten und Lehrer, ein Hilfsmittel fehlt, das ihn unmittelbar an die Forschungsprobleme heranführt. Diesem Mangel kann in einem zusammenfassenden Werk, das sich an einen breiten Leserkreis wendet, weder durch erläuternde Anmerkungen noch durch eine kommentierende Bibliographie abgeholfen werden, sondern nur durch eine Dar− stellung und Erörterung der Forschungslage. Es versteht sich, daß dabei – schon um der wünschenswerten Vertiefung willen – jeweils nur die wichtigsten Probleme vorgestellt werden können, weniger bedeutsame Fragen hintangestellt werden müssen. Schließlich erschien es den Herausgebern sinnvoll und erforderlich, dem Leser ein nicht zu knapp bemessenes Literaturverzeichnis an die Hand zu geben, durch das er, von dem Forschungsteil geleitet, tiefer in die Materie eindringen kann. Mit ihrem Ziel, sowohl Wissen zu vermitteln als auch zu selbständigen Studien und zu eigenen Arbeiten anzuleiten, wendet sich die Reihe in erster Linie an Studenten und Lehrer der Geschichte. Die Autoren der Bände haben sich darüber hinaus bemüht, ihre Darstellung so zu gestalten, daß auch der Nichtfachmann, etwa der Germanist, Jurist oder Wirtschaftswissenschaftler, sie mit Gewinn benutzen kann. Die Herausgeber beabsichtigen, die Reihe stets auf dem laufenden Forschungs− stand zu halten und so die Brauchbarkeit als Arbeitsinstrument über eine längere Zeit zu sichern. Deshalb sollen die einzelnen Bände von ihrem Autor oder einem anderen Fachgelehrten in gewissen Abständen überarbeitet werden. Der Zeit− punkt der Überarbeitung hängt davon ab, in welchem Ausmaß sich die allgemeine Situation der Forschung gewandelt hat. Lothar Gall Karl−Joachim Hölkeskamp Hermann Jakobs

Für Daniel

INHALT

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Vorwort zur 3., überarbeiteten und ergänzten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . XI Vorwort zur 6., neubearbeiteten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII I.

Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935) . . . . . . .

1

1. Die Errichtung der totalitären Diktatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anfangsphase der nationalsozialistischen Außenpolitik . .

1 18

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Deutsche Außenpolitik zwischen Revision und Expansion . . 2. Politische Herrschaft, gesellschaftliche Mobilisierung und wirtschaftliche Militarisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 49

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942) . . . . . . . . . . . .

66

1. Hitlers Außenpolitik und Kriegführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Staat und Gesellschaft, Besatzungs− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 83

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Endsieg“ – Hoffnungen im Totalen Krieg“ . . . . . . . . . . . . . 105 2. Nationalsozialistischer Terror und deutscher Widerstand . . . . 114 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Schlußbetrachtung: Das Dritte Reich“ in der deutschen und europäischen Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus und die Renaissance des Totalitarismusbegriffs . . . . . . . . . . . . . 2. Das Phänomen Hitler“, der europäische Faschismus und die Ambivalenz der Moderne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“ . . . . . . . . . . . . . . 4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen . . . . . . . . . . 5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“ . . . . 7. Der deutsche Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Das Dritte Reich“ im Urteil der Geschichtswissenschaft .

. . 152 .. .. .. .. .. .. ..

166 193 221 242 253 291 309

VIII

Inhalt

III. Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327

A. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327

1. Aktenwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Editionen und Dokumentationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Selbstzeugnisse, Reden und – in beschränkter Auswahl – Memoiren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327 328

B. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

336

1. Gesamtdarstellungen und Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . .

336

a) Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

336

b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hitler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nationalsozialismus, Faschismus, Totalitarismus . 4. Innenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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330

. 336 . 341 . 344 . 350

a) Allgemeine Geschichte und grundlegende Probleme . . . . .

350

b) Geschichte der NSDAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

352

c) Ideologie und Herrschaftssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

354

d) Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

361

e) Alltag, Regionales, Lokales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

367

f) Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

370

g) Kirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

372

h) Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

374

i) Kunst, Kultur und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 5. Außenpolitik und Kriegführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 a) Allgemeine Darstellungen, Überblicke und prinzipielle Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

383

b) 1933–1939 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

387

c) 1939–1945 . . . . . . . . . . . . . . . . Rassenfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . Militär (Heer, Marine, Luftwaffe) Wirtschaft und Rüstung . . . . . . . . Widerstand und Emigration . . . . . Deutungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

395 406 417 420 430 441

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis der wichtigsten Zeitschriften . . Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. 445 . 445 . 446 . 457 . 458 . 458 . 469

6. 7. 8. 9. 10.

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VORWORT

Die Geschichte des Dritten Reiches“ auf denkbar knappstem Raum darzustellen, birgt zweifellos ein Wagnis. Die Schwierigkeit des Gegenstandes und die Vielfalt seiner Probleme, von einer überaus produktiven Forschung erörtert und ab− gehandelt, machen die gebotene Beschränkung nicht leicht. Das Unternehmen erfordert also Auswahl, die zu einem nicht geringen Teil persönlich begründet ist, im Prinzip aber durch den Rahmen begrenzt wird, den die Diskussion der internationalen Geschichtswissenschaft steckt. Mithin werden in erster Linie jene Sachverhalte und Probleme der Geschichte des Dritten Reiches“ Beach− tung finden, die vor dem Hintergrund einer gut dreißigjährigen For− schungstradition als maßgeblich gelten. In diesem Sinne werden die Probleme der politischen Geschichte der na− tionalsozialistischen Zeit im Mittelpunkt der Darstellung stehen. Selbst− verständlich berücksichtigt sie dabei auch die wirtschaftliche und soziale Di− mension, so weit sie zu ihrem Verständnis notwendig ist. Je nach den spezi− fischen Bedingungen des historischen Verlaufs rücken zum einen eher die innenpolitischen und zum anderen stärker die außenpolitischen Vorgänge in den Mittelpunkt der Betrachtung. Daß beide aber in einem sich gegenseitig be− dingenden Wechselverhältnis zueinander stehen und als die beiden aufeinander bezogenen Seiten der Geschichte des Dritten Reiches“ anzusehen sind, be− schreibt den Ausgangspunkt unseres Vorhabens, Entstehung, Entwicklung und Ende der totalitären Diktatur Hitlers möglichst umfassend darzustellen. Wenn davon die Rede war, daß es nicht einfach sein würde, eine angemessene Auswahl der zu behandelnden Gegenstände zu treffen, so sei darüber hinaus auf eine gewiß noch größere Schwierigkeit des Buches zumindest kursorisch ver− wiesen. Sie liegt darin, daß die auf die Benutzung der Verstehenskategorie an− gewiesene Geschichtswissenschaft in der Begegnung mit dem Ungeheuerlichen des Dritten Reiches“ an ihre methodischen Grenzen stößt. Denn es fällt ihr schwer, der nationalsozialistischen Herrschaft gegenüber jene Objektivität zu entwickeln, die nach der klassischen Lehre der deutschen Geschichts− wissenschaft ihre unabdingbare Voraussetzung in der Sympathie findet. Daher wurden in der Historiographie für lange Zeit vornehmlich zwei Wege beschritten, um sich dem widrigen Gegenstand“ (G. Mann) zu nähern bzw. um ihn zu meiden. Zum einen dominierte eine verurteilende“ Sicht der Dinge, die zu einer negativen Dämonisierung jenes Zeitraums deutscher Geschichte beitrug. Gewiß erfüllte sie ein individuell oftmals verständliches und allgemein wohl auch notwendiges Bedürfnis der Nachkriegszeit. Mögen ihre politischen Funktionen daher zweifellos Gewicht haben, in wissenschaftlicher Hinsicht kann sie uns heute insgesamt doch nicht mehr befriedigen. Zum anderen folgten viele Zeitgenossen und Historiker dem Beispiel Benedetto Croces, der 1950 sinngemäß äußerte, er werde niemals die Geschichte des italienischen Faschismus schreiben, da er ihn zu

X

Vorwort

sehr hasse, um die nötige Objektivität aufbringen zu können. Auch diese durchaus zu respektierende Tendenz, vor dem Schrecken des Dritten Reiches“ in ruhigere Gefilde der Geschichte zu flüchten, neigt sich schon seit einiger Zeit, wohl auch durch den Generationenwechsel bedingt, dem Ende zu. Heute geht es unter wissenschaftlichem und politischem Gesichtspunkt nicht mehr darum, über Moral und Unmoral des Dritten Reiches“ zu streiten – diese Frage ist ent− schieden! Unsere Aufgabe ist es vielmehr, auch die Geschichte des natio− nalsozialistischen Deutschland mit Hilfe der Methoden der gegenwärtigen Ge− schichtswissenschaft so weit wie eben möglich darzustellen – nicht um zu moralisieren, sondern um auch diese Zeit historisch, d. h. in ihren geschichtlichen Wurzeln und epochalen Bezügen zu verstehen und von da her über sie zu urteilen. In diesem Sinne wird selbst Hitlers Diktatur erst einmal an ihrem eigenen Wesen und [am] Ideal ihrer selbst“ zu messen sein, um sodann freilich diesen fremden Geist mit dem des eigenen Zusammenhangs zu vergleichen“ (E. Troeltsch). Denn die einzige Art, dem Abgrund zu entgehen, so hat Cesare Pavese einmal geäußert, sei die, ihn zu betrachten, zu messen, auszuloten und hinabzusteigen. Bei der Aufgabe, diese Geschichte des Dritten Reiches“ zu verfassen, hat mir besonders Professor Dr. Andreas Hillgruber (Köln) mit Rat und Kritik geholfen. Ihm gilt mein herzlicher Dank, in den ich auch Dr. Jost Dülffer (Köln), Stefan Martens (Münster i. W.), Dr. Wolfgang Michalka (Frankfurt am Main) und Dr. Gregor Schöllgen (Münster i. W.) einschließen darf. Sie scheuten nicht die Mühe, mein Manuskript zu lesen und sachkundig zu kommentieren. Dem Mither− ausgeber der Reihe, in der dieses Buch erscheint, Professor Dr. Lothar Gall (Frankfurt am Main), möchte ich dafür danken, daß er die Darstellung angeregt und ihren ersten Entwurf einer eingehenden Durchsicht unterzogen hat. Zum Schluß möchte ich nicht versäumen, Frau M. Hopmann, die das Manu− skript rasch und zuverlässig in eine lesbare Form übertrug, herzlich zu danken. Münster i. W., im Juni 1978 K.H.

VORWORT zur 3., überarbeiteten und ergänzten Auflage

Die hiermit vorgelegte 3., überarbeitete und ergänzte Auflage ist darum bemüht, die während der Jahre von 1978 bis 1986 mächtig vorangeschrittene Entwicklung der Forschung über die Geschichte des Dritten Reiches“ angemessen zu spiegeln, das heißt: Sie möchte die vorwaltenden Tendenzen ebenso wie bemerkenswerte Einzelheiten des Untersuchungsgegenstandes sichtbar machen, die in den zu− rückliegenden acht Jahren maßgeblich hervorgetreten sind. In diesem Sinne eine Bilanz der wissenschaftlichen Arbeit zu ziehen, schlägt sich in der neu prä− sentierten Fassung des Buches in zweierlei Hinsicht nieder: Zum einen ist die Darstellung“, in freilich begrenztem Ausmaß, ergänzt und präzisiert, korrigiert und revidiert worden, soweit die Resultate der Ge− schichtsschreibung bereits als gesichert gelten dürfen oder sich in Zusam− menhängen verdichtet haben, die eine Anpassung des ursprünglich vorgelegten Textes an eine inzwischen gewandelte Sachlage erforderlich machen. Zum anderen ist der Abschnitt Grundprobleme und Tendenzen der For− schung“ (und damit eng zusammenhängend derjenige über Quellen und Lite− ratur“) in ganz erheblichem Umfang, der teilweise einer Neufassung der Studie gleichkommt, überarbeitet worden, da es der Sinn dieses zweiten Teils der Mono− graphie ist, den Stand der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Dritten Reich“ möglichst umfassend und aktuell vorzustellen. Die Tatsache, daß das Pendel der Diskussion in vielen Bereichen der Forschung noch heftig ausschlägt und daß neu bestellte Felder, beispielsweise der Alltags−, Regional− und Lokalgeschichte des Dritten Reiches“, durchaus schon ihre Früchte tragen, über deren Gehalt jedoch noch kein gültiges Urteil möglich ist, bringt es mit sich, daß die erheblichen Überarbeitungen im Hinblick auf die Grundprobleme und Tendenzen der Forschung“ nicht notwendig eine grundlegende Veränderung der Darstellung“ nach sich ziehen. Thesen müssen eben zuerst der Prüfung durch die kritische und kontroverse Erörterung im Rahmen der internationalen Geschichtswissenschaft standhalten, ehe sie als Er− träge eine so allgemeine Anerkennung erfahren, daß sie bis dahin gültige Tatbe− stände und Deutungen ablösen können oder ersetzen müssen. In solcher Perspektive gehört das von Martin Broszat vorgetragene Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus“ gewiß zu den nicht unum− strittenen und im folgenden intensiv erörterten Anstößen, die der Forschung, ohne darüber Grenzen und Risiken einer solchen Betrachtungsweise zu ver− kennen, neue Perspektiven und weitreichende Impulse zu verleihen vermögen bzw. schon verliehen haben. Sie sind dazu geeignet, selbst einem sich gegenüber diesem Vorgang immer wieder sperrenden Untersuchungsgegenstand wie dem Dritten Reich“ seine spezifische Historizität zu verleihen: also seinen Aus−

XII

Vorwort

nahmecharakter im Rahmen der deutschen, europäischen und globalen Ent− wicklung ebenso zu betonen, wie seine Zugehörigkeit zu diesen Zusammen− hängen der Geschichte zu erkennen; sein verbrecherisches Telos zu konstatieren und seine normalen Züge nicht zu übersehen; Hitlers Diktatur somit jenseits von Dämonisierung und Trivialisierung als ein Objekt der Wissenschaft zu betrachten, das innerhalb der Menschheitsgeschichte ebenso existiert hat, wie es danach strebte, eben diese Bedingungen historischer Existenz in einer biologischen Utopie außer Kraft zu setzen und zu überwinden. Eine so verstandene Historisierung der Hitler−Zeit, die sich aus ganz un− terschiedlichen Motiven und mit ebenso unterschiedlichen Zielen im Hinblick auf die Geschichte des Nationalsozialismus vollzieht, sei es, daß sie bewußt intendiert wird, sei es, daß sie sich im Zuge differenzierter bzw. erweiterter Forschungsanstrengungen als Ergebnis gleichsam einstellt, redet keineswegs einer Verharmlosung der nationalsozialistischen Vergangenheit das Wort, ver− mag aber zu ihrem geschichtlichen Verständnis und zu historischen Einsichten über ihr Wesen und ihre Erscheinung beizutragen. Denn selbst das Dritte Reich“ und der Totalitarismus des 20. Jahrhunderts, die die scheinbare Absurdität menschlicher Existenz so grausam versinnbildlichen, brauchen nicht als Schicksal blind hingenommen zu werden. Davon befreit nicht zuletzt die er− kennende und darstellende Sisyphusarbeit“ des Historikers, dessen Suche nach Wahrhaftigkeit die Herrschaft des Schreckens bekämpft, dessen Bewußtsein von der Vorläufigkeit und Unfreiheit des Menschen die Voraussetzung seiner Transzendenz und Freiheit bildet und dessen wissenschaftliches Handeln, auch noch in der Gewißheit des Scheiterns, individuellen und allgemeinen Sinn stiftet – zumal wir uns heute, anders als in der Antike, Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen“ (A. Camus) können. Doch erfolgreiche Therapie setzt erst einmal die umfassende Diagnose voraus, die diese neue Ausgabe der Geschichte des Dritten Reiches“ zu liefern versucht. Bei der Aufgabe, eine 3., überarbeitete und ergänzte Auflage zu verfassen, hat mir Professor Dr. Andreas Hillgruber (Köln) wieder einmal mit Rat und Kritik geholfen. Ihm gilt mein herzlicher Dank, in den ich auch den verantwortlichen Mitherausgeber der Reihe, in der dieses Buch erscheint, Professor Dr. Lothar Gall (Frankfurt am Main), einbeziehen darf, der meine Überarbeitungen und Ergän− zungen einer eingehenden Durchsicht unterzog. Nicht versäumen möchte ich, Herrn Rainer Lahme (Bonn), vor allem aber Herrn Christoph Studt M.A. (Bonn), die mir bei der oftmals schwierigen Mate− rialbeschaffung umsichtig geholfen und die die Transkription meiner hand− schriftlichen Fassung in einen für die Drucklegung lesbaren Text übernommen haben, herzlich zu danken. Bonn, im September 1986 K.H.

VORWORT zur 6., neubearbeiteten Auflage

Wohl auf kaum einem anderen Gebiet der Geschichtswissenschaft schreitet die Forschung so zügig und intensiv voran wie auf dem der Geschichte des Dritten Reiches“. Daher ist es erforderlich, daß ein Handbuch, dessen erste Auflage 1979 erschienen ist und das 1986 in einer überarbeiteten und ergänzten Fassung publi− ziert wurde, nunmehr in einer neuen Bearbeitung vorgelegt wird. In diesem Zusammenhang ist der I. Teil, die Darstellung“ des Untersuchungs− gegenstandes, der Entwicklung der Forschung angepaßt worden und hat vor allem zahlreiche Revisionen sowie Ergänzungen erfahren, die den Text auf den gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Kenntnis bringen. Im II. Teil, der der Auseinandersetzung mit den Grundproblemen und Ten− denzen der Forschung“ gewidmet ist, sind diejenigen Teile fortgefallen, die durch die Entwicklung der Geschichtswissenschaft gleichsam als erledigt anzusehen sind, während, in beträchtlich größerem Umfang, dem Manuskript andere Teile hinzugefügt wurden, die angesichts neuer Erkenntnisinteressen, neuer For− schungsergebnisse und neuer Einsichten wissenschaftliche Berücksichtigung ver− langen. Daß sich diese Tendenz der Geschichtswissenschaft auch in den wenigen Auslassungen und den zahlreichen Ergänzungen des III. Teils, in dem Quellen und Literatur“ zusammengestellt sind, niedergeschlagen hat, versteht sich von selbst. Ohne in einem Vorwort“ Resultate der Monographie vorab zu benennen, sei gleichwohl auf eine Tatsache verwiesen, die bemerkenswert erscheint: Ungeachtet der wissenschaftlichen Kontroversen und Debatten über den Charakter und die Probleme des Dritten Reiches“ existiert in einem kaum hoch genug zu veran− schlagenden Maße eine breite und große Übereinstimmung in der nationalen und internationalen Forschung, wenn es darum geht, die Geschichte des Dritten Reiches“ insgesamt zu beurteilen. Anders als aufgeregt inszenierte bzw. so verlaufende Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit, wie der so genannte Historikerstreit“ oder die Goldhagen−Debatte“, es zuweilen erscheinen las− sen, gibt es über das Ablehnenswerte der Diktatur Hitlers keinen ernst zu nehmenden Dissens. Weil aber über die Moral des Gesamten längst entschieden ist, vermag der Historiker – anders als derjenige, der die Vergangenheit zu Zwek− ken der Aktualität instrumentalisiert – jene Distanz zum Untersuchungsobjekt zu gewinnen, die ihm der Aufgabe seines Berufs zu folgen erlaubt, nämlich auch diesen Zeitraum der deutschen und europäischen Geschichte im Sinne der Forderung von Martin Broszat zu historisieren“. Zunehmend entschieden hat die Geschichtswissenschaft diesen Weg eingeschlagen, dessen Entwicklungen und Stationen, Ergebnisse und Erträge im vorliegenden Handbuch dargestellt werden.

XIV

Vorwort

Bei der Aufgabe, die Geschichte des Dritten Reiches“ neu zu bearbeiten, habe ich mannigfache Hilfen erfahren: Allen voran danke ich dem Mitherausgeber der Reihe, in der das Buch erscheint, Professor Dr. Lothar Gall (Frankfurt am Main), der diese Darstellung vor einem Vierteljahrhundert angeregt und der auch diese Neufassung des Manuskripts einer eingehenden Sichtung und weiterführenden Kritik unterzogen hat. Herzlich danke ich meinem Mitarbeiter Dr. Christoph Studt (Bonn), dessen gediegene Sachkenntnis und wissenschaftliche Beratung der Darstellung zugute gekommen ist. Daß er zudem die beileibe nicht zu unter− schätzende Mühe der redaktionellen Bearbeitung und Vereinheitlichung des Textes, vor allem seines II. Teils, nicht gescheut hat, erwähne ich ganz beson− ders. Unter denen, die mir bei meiner Arbeit zur Hand gegangen sind, fühle ich mich besonders Herrn Riccardo Bavaj M.A. (Bonn) verbunden, dem das umfang− reiche Quellen− und Literaturverzeichnis zur Überprüfung der Titel anvertraut werden konnte. Abschließend möchte ich Frau Bärbel Hockwien und Frau Edith Nadolny herzlich danken, die das Manuskript in die Druckfassung übertragen haben. Bonn, im Dezember 2001 K.H.

I. Darstellung

A. MACHTERGREIFUNG“ UND GLEICHSCHALTUNG“ (1933–1935)

1. Die Errichtung der totalitären Diktatur Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Kanzler ernannt wurde, trat er an die Spitze einer Koalitionsregierung der so genannten nationalen Konzentration“. In ihr besaßen die konservativen Vertreter scheinbar eindeutig das Übergewicht. Denn vorerst bekleideten neben Hitler nur zwei weitere Nationalsozialisten Regierungsämter. Das Innenministerium übernahm Wilhelm Frick, der als Legalist des Unrechtsstaates“ [534: G. Ne− liba] amtieren sollte. Und Hermann Göring, der durch Machtgier und Eitelkeit“ [538: R. J. Overy] charakterisiert war, wurde zunächst Minister ohne Portefeuille und Anfang Mai Minister für Luftfahrt, stand gleichzeitig in kommissarischer Funktion dem preußischen Innenministerium vor und wurde am 11. April Mi− nisterpräsident dieses größten Landes im Reich. Selbst als am 13. März Joseph Goebbels, der seiner weltanschaulichen Orientierung nach zeitlebens Ein na− tionaler Sozialist“ [500: U. Höver] blieb, an die Spitze des neugeschaffenen Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda“ trat und die natio− nalsozialistische Fraktion im Kabinett verstärkte, verschoben sich – rein äußer− lich gesehen – die Gewichte kaum. Denn neben den scheinbar starken Männern der Regierung, dem Wirtschafts− und Landwirtschaftsminister Alfred Hugenberg, dem Vizekanzler und Reichskommissar für Preußen, Franz von Papen, standen mit Außenminister Konstantin Freiherr von Neurath, Finanzminister Lutz Graf Schwerin von Krosigk, Justizminister Franz Gürtner und Post− und Verkehrsminister Paul Freiherr von Eltz−Rübenach vier Mitglieder des Papenschen Kabinetts der Barone“ bereit, die zusammen mit Reichswehrminister Werner von Blomberg und dem mit dem Amt des Arbeitsministers betrauten Stahlhelm−Führer Franz Seldte Gewähr dafür bieten sollten, die Nationalsozialisten in der Regierung einzurahmen und in konservativem Sinne zu kontrollieren. Das Zähmungs− konzept von Papens schien aufzugehen. Wir haben ihn uns engagiert“ – mit

Regierung der nationalen Kon− zentration“

Zähmungskonzept von Papens

2

Machtergreifung“ als Machtüber− tragung

Reichstagsauflösung

National− sozialistischer Terror

I. Darstellung

diesen Worten gab er seiner Einschätzung der Lage Ausdruck und wies von konservativer Seite aus vorgebrachte Bedenken gegenüber Hitler und dem Na− tionalsozialismus selbstsicher und für die meisten in− und ausländischen Be− obachter durchaus glaubhaft zurück: In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, daß er quietscht“. Das Gegenteil davon sollte sich einstellen: Der scheinbar überlegene Schachzug der Konservativen entpuppte sich schon bald als Auslieferung der Macht an die Nationalsozialisten“ [195: B. J. Wendt, Deutschland 1933–1945, 57]. Fol− genreich stellte das mißlungene Experiment einmal mehr unter Beweis, daß politische Extremisten bevorzugt dann zu reüssieren vermögen, wenn etablierte Kräfte ihnen dazu die Hand reichen. Über das zerstörerische Zusammenwirken von Kommunisten und Nationalsozialisten hinaus, dem die Republik von Weimar zum Opfer gefallen war, repräsentierte die nationalsozialistische Machter− greifung“ also auch einen Akt der Machtübertragung“ [163: U. v. Hehl, Na− tionalsozialistische Herrschaft,1], mit dem maßgebliche Vertreter des kon− servativen Deutschland den von Ulrich von Hassell einmal mit bitterbösem Spott als Proletheus“ charakterisierten Hitler selber entfesselten. In der Tat: Schon am Tage der Machtergreifung“ hatte der national− sozialistische Parteiführer, unmittelbar vor der Vereidigung der Regierung durch Hindenburg, einen ganz entscheidenden Sieg über seine konservativen Minister und insbesondere über Hugenberg, den Führer der Deutschnationalen Volks− partei, errungen. Bereits jetzt vermochte er zu demonstrieren, daß er keineswegs eine Marionette der Gewaltigen aus Reichswehr und Großagrariertum, Büro− kratie und Wirtschaft war. Entgegen einer zwischen der DNVP und der NSDAP in den Koalitionsverhandlungen getroffenen Vereinbarung erhob Hitler nunmehr die Forderung, nach der Bestellung der neuen Regierung den im November 1932 gewählten Reichstag aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben. Mit Recht fürchtete Hugenberg, daß solche Neuwahlen nicht eben zugunsten seiner Partei ausgehen würden. Hinzu kam, daß er grundsätzlich weiteren Wahlen ablehnend gegenüberstand, vielmehr für einen Ausbau der präsidialen Gewalt eintrat. Zudem lag angesichts der Tatsache, daß NSDAP und DNVP seit den letzten Reichs− tagswahlen zusammen über 42 Prozent der Stimmen verfügten und das Zentrum der Regierung seine tolerierende bzw. aktive Mitarbeit in Aussicht stellte, kein zwingender Grund für Neuwahlen vor. Hitler forderte diese jedoch in der Hoffnung, im Besitz der Regierungsgewalt die Mehrheit zu gewinnen. Er setzte sich gegen Hugenberg durch, da ansonsten die Regierungsbildung gefährdet erschien und man den für die Zeremonie der Amtsübergabe bereit stehenden greisen Hindenburg nicht länger warten lassen wollte. Am 1. Februar 1933, zwei Tage nach Hitlers Ernennung zum Kanzler, wurde der Reichstag aufgelöst. In dem bis zur Neuwahl am 5. März 1933 andauernden Wahlkampf richtete sich der nunmehr staatlich gedeckte Terror der Natio− nalsozialisten offen gegen alle politischen Gegner, in erster Linie gegen Kom− munisten und Sozialdemokraten. Entscheidend für die jetzt einsetzende und sich

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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stufenweise vollziehende Eroberung der Macht, bei der terroristische und legale Maßnahmen oft nur schwer unterscheidbar ineinander übergingen, war die Tat− sache, daß dem totalitären Rezept des modernen Staatsstreiches gemäß die Nationalsozialisten im Reich und in Preußen das Innenministerium besaßen und damit über die Polizeigewalt verfügten. Mehr noch: An der Spitze des preußischen Polizeiapparates stehend, ließ Göring sogar eine Hilfspolizei von 50 000 Mann aufstellen, unter denen sich 40 000 SA− und SS−Angehörige befanden. Die Schlägerbanden der nationalsozialistischen Bewegung“ erhielten damit polizeiliche Befugnisse. Am 17. Februar 1933 forderte Göring sodann in seinem berüchtigten Schießbefehl“ an die preußische Polizei die Beamten zum fleißigen Gebrauch der Schußwaffe“ [167: W. Hofer, Die Diktatur Hitlers, 17] auf: Von polizeilichen Beschränkungen und Auflagen darf insoweit nur in dringendsten Fällen Gebrauch gemacht werden“. Schon in den ersten Februartagen des Jahres 1933 begannen die neuen Macht− haber anhand von Notverordnungen, die noch auf den Artikel 48 der Weimarer Verfassung gegründet waren, damit, die Tätigkeit der anderen Parteien zu be− hindern, die Pressefreiheit einzuschränken und sich den Beamtenapparat durch Säuberungen“ verfügbar zu machen. Der Prozeß der Unterwerfung und Umge− staltung der bestehenden Bürokratien, der einerseits durch äußere Eingriffe der Partei und andererseits durch innere, politisch bedingte Anpassung der Beamten bewirkt wurde, mündete in das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufs− beamtentums“ vom 7. April 1933 ein. Es gab der Partei und dem Staat die vollkommene Macht über mißliebige Beamte, da nunmehr jeder vergleichsweise willkürlich entlassen werden konnte, dessen berufliche Eignung angezweifelt wurde, der nicht arischer Abstammung“ war und der aufgrund seiner bis− herigen Vergangenheit Anlaß zu Bedenken darüber gab, ob er jederzeit rück− haltlos für den nationalen Staat“ eintreten werde. Eine analoge Regelung für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst folgte am 4. Mai 1933. Den wohl entscheidenden Schritt auf den Stufen zur nahezu uneingeschränkten Macht nahm Hitler jedoch nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933. In diesem Zusammenhang ist nicht in erster Linie die umstrittene Frage nach der Täterschaft wesentlich [vgl. II., S. 223, und III., Nr. 452, 453, 454, 488, 501, 507, 531, 532, 558, 570]. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie dieses Ereignis von den Nationalsozialisten genutzt wurde, um die Macht zu erobern und zu festigen. Die einen Tag nach dem Reichstagsbrand, der die Bevölkerung zutiefst erschüttert hatte, von Reichspräsident von Hindenburg auf Kabinettsbeschluß hin erlassene Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ setzte praktisch die politischen Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft, die ja während der zwölf− jährigen Dauer des Dritten Reiches“ formell weiterexistierte. Im Prinzip war damit der permanente Ausnahmezustand erklärt, und die Verfolgung sowie Terrorisierung politischer Gegner durch die Regierung erhielten damit den Schein des Legalen. Die jetzt um sich greifende Verdrängung rechtsstaatlicher Verfahren durch willkürlichen Polizeiterror“ [148: M. Burleigh, Zeit des Na−

Gesetz zur Wie− derherstellung des Berufsbe− amtentums“

Reichstagsbrand und Brandverordnung“

Demokratischer Rechtsstaat und totalitärer Un− rechtsstaat

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Wählerverhalten

Politische Religion

Märzwahlen 1933

Ermächti− gungsgesetz“

I. Darstellung

tionalsozialismus, 188] markiert den wesentlichen Bruch zwischen der Demo− kratie von Weimar und der Diktatur des Dritten Reiches“. Weil im totalitären Unrechtsstaat, diametral verschieden zum demokratischen Rechtsstaat, auch nicht annähernd abzusehen war, was einen bei abweichendem, oppositionellem, gar widerständigem Verhalten erwartete – unter Umständen nichts Ernstes, aber mit gleicher Ungewißheit auch das Schlimmste –, weil tyrannische Willkür bere− chenbare Verfahren verdrängte, wurden Bürger, weil sie nun einmal Menschen sind, leicht zu Feiglingen aus Instinkt“. In diesem Klima der gesetzmäßigen Rechtsunsicherheit und des offenen Ter− rors, der sich erst einmal vornehmlich gegen die KPD richtete, aber auch bereits gegen die SPD und – freilich nicht mit gleicher Schärfe – gegen das Zentrum zielte, fanden die letzten halbfreien“ Wahlen in Deutschland statt. An ihnen konnten die beiden Parteien der politischen Linken, KPD und SPD, allerdings schon nicht mehr regulär teilnehmen. Selbst in diesen im Vergleich mit der Praxis der par− lamentarischen Demokratien Europas illegalen Wahlen gewann die NSDAP nur 43,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Sie ist also niemals von der Mehrheit des deutschen Volkes gewählt worden. Denn die Plebiszite während des Dritten Reiches“, die dem Führer“ regelmäßig mit über 90prozentiger Zustimmung akklamierten, fanden unter den spezifischen politischen und psychologischen Bedingungen einer weit vorangeschrittenen bzw. etablierten totalitären Diktatur statt, in der solche Ergebnisse normal sind. Nicht zu verkennen ist darüber freilich die historische Tatsache, daß Hitler im Unterschied zu Lenin, Mussolini oder gar Franco seinen Aufstieg wirklich den Wählern zu verdanken hatte, welche seine Partei (die NSDAP) zur mächtigsten Partei des Reichstags machten“ [2053: P. Stadler, Weltgeschichte und Staatstraditionen, 377]. Opportunisten und Überzeugte trugen gemeinsam dazu bei, daß die amtierende Koalitionsregierung ihre scheinbare Legitimität erhielt, mehr noch: Zunehmend erschien das, was Carl Zuckmayer im Zusammenhang mit den Märzereignissen“ wie der Auftakt zu einem Hexensabbat des Pöbels“ vorkam, einer großen Zahl der auf Veränderung und Erlösung erpichten Deut− schen wie die Inkarnation einer säkularisierten Religion, der sie sich, bereitwillig und ängstlich in einem, hingaben, gleichsam freudeschlotternd“, wie Karl Kraus zutreffend spottete. Durch die Neuwahlen vom 5. März 1933 hatte die Koalitionsregierung von NSDAP und DNVP 51,9 Prozent der Stimmen erhalten. Demgemäß hätte sie im Sinne verfassungsmäßiger Zustände unter der Aufsicht des Reichstages regieren können. Doch über jene am 21. März 1933 von Reichspräsident von Hindenburg erlassene, die Brandverordnung“ vom 28. Februar 1933 ergänzende Verordnung zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Er− hebung“ (abgelöst am 20. Dezember 1934 durch das so genannte Heimtük− kegesetz“) hinaus strebte Hitler mit Hilfe des nun vorgelegten Ermächti− gungsgesetzes“ danach, das Parlament und die verfassungsmäßigen Kon− trollorgane endgültig auszuschalten. Denn das dem Reichstag am 23. März 1933

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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vorgelegte Gesetz, das der Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit der Parla− mentarier bedurfte, sah vor, der Regierung vier Jahre lang das Recht ein− zuräumen, Gesetze ohne die Mitwirkung des Reichstages und des Reichsrates zu erlassen. Das Parlament wurde damit zu einer Pseudo−Volksvertretung“ und fristete von nun an zwölf Jahre lang als uniformierter Reichstag“ [503: P. Hubert] eine alibihafte Existenz. Die Parteien von der DNVP über das Zentrum bis hin zu den bürgerlichen Mittelparteien standen vor der Frage, ob sie ihrer Selbstentmachtung zustimmen sollten. Trotz vielfältiger Bedenken willigten sie letztlich in den als unvermeidlich empfundenen Gang der Dinge ein. Dabei leitete sie die Überlegung, daß man nicht durch Ablehnung und Verweigerung, sondern nur durch Zustimmung und Mit− arbeit Einfluß auf die Regierung nehmen und Schlimmeres verhüten könne. Auf diese Weise hofften sie, die Regierung auf die Legalität zu verpflichten, auf die Durchführung des Ermächtigungsgesetzes einzuwirken, durch Anpassung den eigenen Parteiapparat zu retten und persönliche Schäden von Parteiführern, −funktionären und −mitgliedern abzuwenden. Im Grunde entsprangen diese Er− wartungen einem an den Kategorien des Rechtsstaates orientierten Denken, das die autoritären Kabinette Brüning, von Papen und von Schleicher prinzipiell nicht verletzt hatten und das sich von der Praxis der nationalsozialistischen Diktatur ganz wesentlich abhob. Daß es gegenüber einem totalitären Regime keine Mit− gestaltung, sondern lediglich Unterwerfung oder Widerstand geben kann, ver− mochten sie auf Grund fehlender Erfahrung nicht zu wissen. Allein die SPD unter ihrem Parteivorsitzenden Otto Wels stimmte mutig gegen das Ermächti− gungsgesetz“, das schließlich mit der nötigen Zweidrittelmehrheit verabschiedet wurde. Damit schloß, wie es der SPD−Abgeordnete Wilhelm Hoegner einmal ausdrückte, die Sitzung eines Reichstags, der aus Furcht vor dem Tode Selbstmord beging“. Das Nein“ der Sozialdemokraten bestätigte dem bürgerlichen und kon− servativen Deutschland wiederum, daß man nach wie vor auf der richtigen Seite der Front aller nichtmarxistischen“ Kräfte unter Führung der NSDAP stehe. Der Gegner befand sich offensichtlich auf der politischen Linken, zumal am 21. März 1933, zwei Tage vor der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz“, dieser Eindruck durch eine große Demonstration der Einheit zwischen Hitlers neuem Deutschland und der althergebrachten Tradition Preußens bestätigt worden war. Während eines feierlich inszenierten Festaktes in der Potsdamer Garnisonskirche hatte dabei der nationalsozialistische Reichskanzler Adolf Hitler dem greisen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, einer Sym− bolfigur für die Mehrheit der Deutschen, die Reverenz erwiesen. Die Versöhnung des alten Preußen mit der jungen Bewegung“ schien vollzogen zu sein, das konservative und bürgerliche Deutschland vereinigte sich mit der Partei des Reichskanzlers und ahnte nicht, daß alles von Goebbels bewußt als Rührko− mödie“ geplant und organisiert worden war, um die konservativen Partner Hitlers in Sicherheit zu wiegen und die Seriosität des Führers“ zu unterstreichen.

Uniformierter Reichtstag“

Anfang vom Ende der Parteien“

Festakt in der Potsdamer Gar− nisonskirche

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Anfänge des Doppelstaates“

Die totalitäre Perspektive

Judenboykott“

I. Darstellung

Dabei war Hitler schon längst nicht mehr das Roß, das die konservativen Herrenreiter gehorsam und rasch an das von ihnen bestimmte Ziel trug. Inzwi− schen waren die Rollen bereits vertauscht, ohne daß dies im sich etablierenden Doppelstaat“ [156: E. Fraenkel] so ohne weiteres erkennbar geworden wäre. Denn für die Mehrheit der Bürger war die von Hans Maier einmal so genannte Maskerade des Bösen“ schwer durchschaubar, zumal das Leben normal weiter zu gehen schien und nicht selten ungehinderter ablief als in den stürmischen Zeiten am Ende der Republik. Freilich war der Preis für Ruhe und Ordnung unver− hältnismäßig hoch, da im politischen Bereich der Terror an die Stelle des Rechts getreten war. Die NSDAP begann ihrerseits damit, die Gesellschaft mit einem Netz von Parteigliederungen und −verbänden zu überziehen, die vorerst noch zu be− stehenden Einrichtungen in Konkurrenz traten, sich dann aber mehr und mehr durchsetzten und vorhandene Organisationen aufsaugten bzw. verdrängten. Als SA und SS, als HJ und NS−Frauenschaft, als NS−Deutscher Studentenbund und NS−Deutscher Dozentenbund, als NS−Deutscher Ärztebund und NS−Leh− rerbund, als Reichsbund der Deutschen Beamten und als NS−Bund Deutscher Technik etc. dienten sie der totalen Organisation und Kontrolle der deutschen Bevölkerung durch die Partei. Dies alles vermittelte erst einmal den Eindruck der so lange vermißten Ordnung, es vollzog sich im Gleichschritt auf einer Ein− bahnstraße in die Diktatur, es vermied die Unbequemlichkeiten und Unüber− sichtlichkeiten parlamentarischer Prozedur und war nicht zuletzt deshalb einem großen Teil der Deutschen vertraut und nicht unwillkommen. Die von den Zeitgenossen noch nicht sogleich erkannte Konsequenz dieser Entwicklung faßte Robert Ley, der Leiter der Deutschen Arbeitsfront“, später einmal in der Feststellung zusammen, daß es in Deutschland . . . keine Privatsache mehr [gebe]! Wenn du schläfst, ist das deine Privatsache, sobald du aber wach bist . . . mußt du eingedenk sein, daß du ein Soldat Adolf Hitlers bist und nach einem Reglement zu leben und zu exerzieren hast, ob Unternehmer, ob Arbeiter, ob Bürger, Bauer oder Beamter. Privatleute haben wir nicht mehr. Die Zeit, wo jeder tun und lassen konnte, was er wollte, ist vorbei“. Auch der Judenboykott“ vom 1. April 1933, der sich am sichtbarsten gegen jüdische Geschäfte richtete und in der Bevölkerung eine insgesamt gemischte Reaktion hervorrief, konnte teilweise an jene Aversionen appellieren, die auch in anderen europäischen Ländern seit langem als Normalantisemitismus“ vorhanden und aktivierbar waren. Während der letzten Jahre der Weimarer Republik hatte sich die NSDAP mit antisemitischer Agitation eher zurück− gehalten und den Kampf gegen den Kommunismus als für die konservative Seite überzeugendere Parole betont. Mit anderen Worten: Was Hitler zwischen 1930 und 1933 öffentlich verkündete, ließ den Kern seiner Überzeugungen kaum erkennen – und das war einer der Gründe des Massenzulaufs zu den Natio− nalsozialisten“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 5]. Jetzt aber brach die antisemitische Komponente der Weltanschauung des Dik−

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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tators hervor: Der zivilisatorische Firnis wurde brüchig, Antisemitismus avancierte zur Staatsdoktrin“ und stand nunmehr als Staatsantisemitismus des Dritten Reiches“ [1567: E. Wolgast, Der deutsche Antisemitismus, 36] an der Spitze einer pervertierten Werteordnung. Während die rassische Hetze in ihrer Funktion als Sündenbockantisemitismus“ dazu geeignet war, beispielsweise integrierend auf die unzufrieden und unruhig ihre Bestimmung in Hitlers Staat suchende SA zu wirken, verwies sie darüber hinaus bereits auf das Bewe− gungsgesetz des nationalsozialistischen Regimes und auf die radikale Ziel− setzung seines Führers“. Denn gleich nach der Machtergreifung“ wurden auch die ersten eugenischen Maßnahmen der Nationalsozialisten eingeleitet. Diese sahen durch das am 1. Januar 1934 in Kraft tretende Gesetz zur Verhütung erbkranken Nach− wuchses“ vom 14. Juli 1933 für Personen, die an Erbkrankheiten wie 1. an− geborenem Schwachsinn, 2. Schizophrenie, 3. zirkulärem (manisch−depressivem) Irresein, 4. erblicher Fallsucht, 5. erblichem Veitstanz (Huntingtonsche Chorea), 6. erblicher Blindheit, 7. erblicher Taubheit, 8. schwerer körperlicher Mißbildung“ sowie schwerem Alkoholismus“ litten, die Zwangssterilisation vor, über die von den am 25. Juli 1933 neu eingerichteten Erbgesundheitsgerichten“ zu entscheiden war. Zusammen mit den Nürnberger Gesetzen“ vom 15. September 1935, die mit dem Reichsbürgergesetz“ und dem Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ die jüdische Bevölkerung als bloße Staatsangehörige“ zu Bürgern minderen Rechts herabwürdigten und sie insgesamt diskriminierten bzw. entrechteten, wird damit schon vergleichsweise früh die national− sozialistische Rassenpolitik Hitlers sichtbar. Mit ihren Forderungen nach Vernichtung so genannten unwerten Lebens“, einer Vorstufe zur ,Endlösung der Judenfrage‘“ [1544: H.−W. Schmuhl, Ras− senhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie, 364], und der Züchtung einer überlegenen Rasse, dem noch utopisch fernen Ziel des Diktators, beschrieb sie den historischen Auftrag und die ideologische Richtung, kurzum: die negative Räson des Dritten Reiches“: Der Weg zum NS−Genozid“ [1430: H. Fried− lander] jedenfalls war beschritten, ohne daß sich die Mehrheit der Bevölkerung darüber im entfernten klar gewesen wäre. Ja, das Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die Juden stieß in der Bevölkerung einerseits zwar durchaus auf Bedenken, andererseits aber war der Antisemitismus bis zu einem gewissen Maße sogar populär. Auch die nun einsetzende Emigration aus Deutschland und die Hetze gegen dem Regime mißliebige Intellektuelle, Schriftsteller und Wissenschaftler, die in der von Goebbels organisierten öffentlichen Verbrennung undeutschen Schrifttums“ durch die nationalsozialistische Studentenführung auf dem Berliner Opernplatz und in vielen anderen Universitätsstädten am 10. Mai 1933 einen ersten Höhe− punkt fand, wurden von der Bevölkerung hingenommen und kaum als der Verlust im geistigen Leben der Nation erkannt, als der er sich rückblickend herausstellte. Das kulturelle Leben wurde vom September 1933 an über die am 22. September

Staatsanti− semitismus“

Gesetz zur Verhü− tung erbkranken Nachwuchses“

Nürnberger Gesetze“

Weg zum NS− Genozid“

Verbrennung undeutschen Schrifttums“

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Gleichschaltung“ der Länder

Gleichschaltung“ der Gewerkschaften

I. Darstellung

1933 neugeschaffene Reichskulturkammer weitgehend von Goebbels im Dienste des nationalsozialistischen Staates gesteuert. Bedenken gegenüber dem sich immer deutlicher dokumentierenden Mono− polanspruch der neuen Machthaber entstanden auch auf konservativer Seite, als auf einer nächsten Stufe der Machtergreifung“ zwischen dem 31. März und dem 7. April 1933 die Gleichschaltung“ der Länder betrieben wurde. Appelle an vorhandene Ressentiments gegenüber dem Partikularismus begleiteten das Vor− haben der Nationalsozialisten, das als Akt der Vereinheitlichung des Reiches propagiert wurde. Daß an die Stelle der Eigenständigkeit der Länder längst schon der Parti− kularismus wild wuchernder Ressorts im dualistischen System von Partei und Staat getreten war, spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle. Er gehörte ebenso wie eine eigentümlich anmutende Strukturlosigkeit“ des natio− nalsozialistischen Herrschaftssystems [167: W. Hofer, Die Diktatur Hitlers, 22 f.] als Kennzeichen zur Diktatur Hitlers. Gerade das Kompetenzenchaos der mannigfachen und der einander befehdenden Institutionen erforderte und er− möglichte die jeweils notwendige Führerentscheidung und ist somit in gewisser Hinsicht als Basis der Macht Hitlers einzuschätzen. Die Länder, auf deren Seiten zuletzt der bayerische Ministerpräsident Held bis zum Sturz seiner Regierung am 9. März 1933 dem Nationalsozialismus ent− schieden Paroli zu bieten versucht hatte, leisteten auch jetzt Widerstand gegen das Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 31. März 1933. Letztlich blieb er jedoch deshalb erfolglos, weil die Länder be− reits vorher während des soeben vorübergegangenen Wahlkampfes durch den nationalsozialistischen Zugriff auf ihre jeweilige Polizeigewalt einen we− sentlichen Teil ihrer Selbständigkeit eingebüßt hatten. Die Gleichschaltung“ erstreckte sich bald auch, wie die Deutsche Gemeindeordnung“ vom 30. Januar 1935 zeigte, auf die kommunale Ebene, fand in der Einsetzung der Reichs− statthalter durch die Gesetze vom 7. April 1933 und vom 30. Januar 1935 ihren Ausdruck und wurde durch das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 sowie die Aufhebung des Reichsrates am 14. Februar 1934 ver− vollständigt. Mochte die Gleichschaltung“ der Länder auch in manchen Kreisen der konservativen Partner Hitlers Ernüchterung bewirkt haben, so fanden die am 2. Mai 1933 gegen die Gewerkschaften durchgeführten Aktionen der Natio− nalsozialisten, die einen weiteren entscheidenden Schritt zur Errichtung der totalitären Diktatur markierten, in den traditionellen Führungsschichten und im Bürgertum Zustimmung. Offensichtlich hatte die NSDAP die Macht der Ge− werkschaften gefürchtet, deren Einfluß sie auch bei den im März 1933 stattfindenden Betriebsratswahlen nicht brechen konnte. Daher vermied sie die Konfrontation mit dem ADGB und der Arbeiterschaft und wählte vorerst eine doppelte Strategie, in der freundschaftliche Gesten der Verfolgung und Gewalt vorausgingen. In diesem Sinne wurde der 1. Mai zum Tag der nationalen Arbeit“

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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erklärt und im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften in riesigen Massen− veranstaltungen begangen. Wie es zuvor schon die Parteien versucht hatten, war jetzt auch der ADGB unter seinem Vorsitzenden Leipart weiterhin darum bemüht, trotz Übergriffen der SA gegen die Gewerkschaften durch Anpassung zu überleben und vor allem das Organisationsgefüge der Gewerkschaften zu retten. In diesem Sinne versicherte der Vorstand der Freien Gewerkschaften, sich aus politischen Fragen völlig heraushalten und sich, gleichviel welcher Art das Staatsregime ist“, allein auf den sozialen Bereich beschränken zu wollen. Geleitet wurden die Gewerk− schaftsführer dabei von der Hoffnung, die Nationalsozialisten würden eine Ein− heitsgewerkschaft zulassen. Diese Erwartung schien am 1. Mai tatsächlich noch Aussicht auf Erfolg zu haben und erwies sich doch schon einen Tag darauf als Illusion. Auf die Feiern des 1. Mai folgte nämlich einem geheimen und längst festliegenden Plan zufolge am 2. Mai die gewaltsame Besetzung der Gewerk− schaftshäuser und die Verhaftung führender Gewerkschaftsvertreter. Überführt wurden die Gewerkschaften nunmehr jedoch nicht in die bestehende und entsprechende Organisation der NSDAP, die Nationalsozialistische Be− triebszellenorganisation“, sondern in die Deutsche Arbeitsfront“ (DAF), die zu diesem Zweck am 10. Mai gegründet wurde und an deren Spitze der Stabs− leiter der Politischen Organisation der NSDAP, Robert Ley, trat. Die DAF war eine – zwar nicht gesetzlich verordnete, aber praktisch existierende – Zwangsvereinigung, in der Unternehmer, Angestellte und Arbeiter, kurzum: alle im Arbeitsleben stehenden Menschen ohne Unterschied ihrer wirt− schaftlichen und sozialen Stellung“ (Aufruf vom 27. November 1933) zusam− mengefaßt waren. Mit der Zerschlagung der Gewerkschaften wurde zugleich die Tarifhoheit der Sozialpartner beseitigt. Sie fiel zukünftig der mit dem Gesetz vom 19. Mai 1933 neu geschaffenen Institution des staatlichen Treuhänders der Ar− beit“ zu. Diese Entwicklung zeigt beispielhaft, daß das Dritte Reich“ trotz seiner unternehmerfreundlichen Politik nicht allein und auch nicht in erster Linie als ein Instrument der Gegenrevolution zu begreifen ist. Zum einen sind gerade im Bereich der Arbeits− und Sozialpolitik gewisse Standesunterschiede einebnende Züge nicht zu übersehen, die ihm politische Qualität sui generis verliehen und die es nicht primär als arbeitgeberfreundlich oder arbeitnehmerfeindlich erscheinen lassen. Zum anderen begannen Staat und Partei bereits 1933 damit, ihre Macht auch in den Betrieben den Unternehmern gegenüber darzustellen. Denn trotz aller Begünstigungen der Arbeitgeber in Lohnfragen durch das neue Regime war unübersehbar, daß mit der Einrichtung des staatlichen Treuhänders der Ar− beit“, durch die Gewährung von Kündigungsschutz und von bezahltem Urlaub für die Arbeitnehmer und durch die Verpflichtung der Betriebe zu verbesserten sozialen Leistungen der traditionelle Herr im Haus“−Standpunkt der Unter− nehmer teilweise entscheidender eingeschränkt wurde als durch die Tätigkeit der Gewerkschaften in den Jahren der Weimarer Republik.

Deutsche Arbeitsfront“

Egalisierende Tendenzen

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Reichsar− beitsdienst“

Volksge− meinschaft“

Wirtschaftliche Entwicklung 1933/34

Rückgang der Arbeitslosigkeit

I. Darstellung

Zudem führte die am 27. November 1933 gegründete Freizeitorganisation Kraft durch Freude“ (KdF) der Deutschen Arbeitsfront“ sozial fortschrittlich empfundene Neuerungen beispielsweise in bezug auf die Freizeit− und Ur− laubsgestaltung breiterer Schichten (bis hin zur KdF−Sparaktion für den Volkswagen) ein, die dazu geeignet waren, die Bevölkerung auf das Regime zu verpflichten. In gesellschaftlicher Hinsicht wirkten sie dazu in gewissem Maße egalisierend und beabsichtigten – wie der zunächst noch freiwillige, aber schon bald für alle Jugendlichen verpflichtende Reichsarbeitsdienst“ – schichten− und klassenbedingte Differenzen in der Volksgemeinschaft“ zu überwinden. Dieser geläufige Begriff markierte ein populäres Ziel, dem sich seit den Tagen des Ersten Weltkrieges alle politischen Richtungen mit Ausnahme der erklärten Marxisten verpflichtet fühlten: Konservative und Liberale bedienten sich des Wortes ebenso wie Gewerkschaftsführer und sozialdemokratische Reformisten“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 6]. Diese sozialen Umgestaltungen zeitigten über den politischen Bereich hinaus wirtschaftliche und gesellschaftliche Wirkungen, deren modernisierende Effekte teilweise erst später erkennbar wurden, wenn sie auch ohne Zweifel insgesamt dazu dienten, das Volk in allen seinen Schichten zu beherrschen und auf die Ziele der Kriegs−, Expansions− und Rassenpolitik festzulegen. Dabei war allerdings erst einmal gar nicht zu verkennen, daß Hitlers weitgehend von Hjalmar Schacht, dem Reichsbankpräsidenten (seit dem 17. März 1933) und seit dem 2. August 1934 auch – zunächst kommissarischem – Reichswirtschafts− minister und preußischem Wirtschaftsminister, gestaltete Wirtschaftspolitik den Unternehmern weit entgegenkam. So wurden etwa die Löhne auf dem Niveau der Weltwirtschaftskrise vom Jahre 1932 eingefroren. Daran änderte sich auch nicht allzu viel, als in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre Facharbeiter rar wurden und sich ein grauer Markt“ herausbildete, auf dem die Unternehmer die verbotenen direkten Lohnerhöhungen umgingen und durch verschleierte Leistungen und indirekte Zuwendungen Arbeitskräfte zu gewinnen und zu halten versuchten. Nach der Machtergreifung“ entwickelte sich die deutsche Wirtschaft nach dem vorwaltenden Eindruck der Zeitgenossen, denen das Negative des Gesamten im allgemeinen und der wirtschaftlichen Verhältnisse im besonderen zunächst verschlossen blieb, scheinbar positiv: Was in diesem Zusammenhang vor allem zählte, war die Tatsache, daß die Arbeitslosenzahlen zurückgingen. Vor dem Hintergrund einer sich langsam erholenden Weltwirtschaft knüpfte die neue Regierung tatkräftig an jene Arbeitsbeschaffungsprogramme an, die bereits un− ter den vorhergehenden Regierungen angelaufen waren. Mit der Forderung, den Rationalisierungswahnsinn“ zu bekämpfen und auf den Einsatz maschineller Hilfsmittel“ zu verzichten, betrieb sie Beschäftigungspolitik. Die Gesetze zur Verminderung der Arbeitslosigkeit“ vom 1. Juni 1933 und 21. September 1933, Ehestandsdarlehen und ein steuerbegünstigtes Instandsetzungsprogramm“ für die private und kommerzielle Bautätigkeit sowie der am 27. Juni 1933 gesetzlich geregelte Bau der Reichsautobahn schufen ebenso Voraussetzungen zur Linde−

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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rung der Arbeitslosigkeit wie der noch freiwillige“ Arbeitsdienst, die Be− schäftigung von Arbeitslosen als gering bezahlte Landhelfer oder ihre Heran− ziehung zu schlecht entlohnten Notstandsarbeiten“ [167: W. Hofer, Die Dik− tatur Hitlers, 117]. Zusammen mit den Auswirkungen der am 16. März 1935 eingeführten Wehr− pflicht, dem vom 26. Juni 1935 an verpflichtenden Reichsarbeitsdienst“ und mit den sich seit der Jahreswende 1933/34 aus der Aufrüstung ergebenden wirt− schaftlichen Konsequenzen halfen sie maßgeblich dabei mit, die Zahl der Ar− beitslosen vom Januar 1933 bis zum Juli 1933 um über 1 Million auf unter 5 Millionen Menschen zu senken, sie sodann beständig und rasch auf 1 Million im Herbst 1936 fallen zu lassen. Es waren stets Leistung und Terror, Verführung und Gewalt“ [191: H.−U. Thamer], Lockung und Zwang“ [635: A. Kranig], welche die Zustimmung zum Regime erklären und seine Dynamik verständlich machen. Diese geschichtsmächtige Tendenz ergriff auch weite Teile der ehedem so− zialistischen Arbeiterschaft, die sich – wie der mit dem Zentrum oder der BVP verbundene katholische Bevölkerungsteil – bis zur letzten halbwegs freien Wahl der Weimarer Republik als erheblich resistenter gegenüber dem National− sozialismus erwiesen als der Rest der Bevölkerung“ [427: J. W. Falter/D. Hä− nisch, Die Anfälligkeit von Arbeitern, 215]. Im Zeichen der etablierten Diktatur aber arrangierte sich auch der von den Nationalsozialisten auf bevorzugte Art und Weise umworbene Stand“ [616: E. Heuel], so daß Hitler mehr und mehr gerade unter den Arbeitern breite Sympathie“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 41] genoß. Während die Gewerkschaften zwangsweise in der Deutschen Arbeitsfront“ aufgegangen waren, wurden alle agrarischen Interessenverbände in den (durch das Gesetz vom 13. September 1933 gegründeten) Reichsnährstand“ der Bauern übergeleitet. Diese wurden aufgrund der angestrebten landwirtschaftlichen Au− tarkie und der durch Devisenknappheit beschränkten Lebensmitteleinfuhren zu Lasten der Verbraucher gefördert. Um eine möglichst rasche Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung zu erreichen, verzichtete die neue Regierung auf die Aufteilung des Großgrundbesitzes. Im Sinne der von Richard Walter Darr, dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und preußischen Landwirtschaftsminister, vertretenen nationalsozialistischen Agrarpolitik, die auf der Blut und Boden“−Ideologie basierte und das Bauerntum als Lebensquell der nordischen Rasse“ (R. W. Darr) zu sichern plante, wurde indes am 29. September 1933 das Reichserbhofgesetz“ erlassen, which was often applied less rigorously than it might have been“ [598: J. E. Farquharson, The Plough and the Swastika, 252]. Dadurch wurden Bauernhöfe von mehr als 7,5 und (in der Regel) weniger als 125 Hektar unter der Voraussetzung, daß die Blutreinheit“ der Besitzer bis zum 1. Januar 1800 nachgewiesen war, zu Erbhöfen“ erklärt. Zwar konnten sie von nun an nur noch ungeteilt vererbt werden und waren grundsätzlich unver− äußerlich und unbelastbar“. Doch damit wurden sie auch der Kommerzia− lisierung von Grund und Boden entzogen.

Arbeiterschaft – der umworbene Stand“

Landwirtschaft

Reichserb− hofgesetz“

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Großindustrie (1933–1936)

Wirt− schaftspolitische Konzeptionen

I. Darstellung

Anders als die Arbeitnehmer− und die Bauernschaft blieb die Großindustrie vom Zugriff der Partei erst einmal verschont. Im Widerspruch zur mittel− ständischen Ideologie der NSDAP hatten die Großunternehmen, Kaufhäuser und Banken, welche die Existenz des selbständigen Mittelstandes bedrohten, vorläufig nicht mit staatlichen Eingriffen zu rechnen. Ihre Tendenz zur Konzen− tration kam vielmehr auch im Dritten Reich“ weiter voran, und sie konnten sich einer in anderen gesellschaftlichen Bereichen durchgeführten Gleichschaltung“ vorläufig entziehen. Zwar hieß der Reichsverband der Deutschen Industrie“ in terminologischem Zugeständnis an die weitgehend auf die Propaganda be− schränkte Ständeideologie des Dritten Reiches“ vom 19. Juni 1933 an Reichsstand der Deutschen Industrie“, wahrte aber unter der Leitung von Krupp von Bohlen und Halbach vergleichsweise seine Selbständigkeit. Daran änderte auch das am 27. Februar 1934 verkündete Gesetz zur Vorbe− reitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft“, das im Grundsatz darauf zielte, die Eigenständigkeit der Wirtschaft zugunsten des Staates erheblich einzuschränken, ebensowenig wie die 1934 vollzogene Neuorganisation der industriellen Verbände in der Reichsgruppe Industrie“. Das Dritte Reich“ war auf die Mitarbeit dieses nach wie vor mächtigen Partners angewiesen und hat ihm eine gewisse Autonomie auch nach der für das Verhältnis von Wirtschaft und Politik entscheidenden Wende im Jahre 1936 belassen. Freilich dokumentierte sie den Primat der Politik gegenüber der Ökonomie deutlich und bezeugte die in politischer Hinsicht die Unternehmer und Arbeiter grundsätzlich gleichermaßen treffende Entrechtung im Zeichen des full fascism“ [1761: A. Schweitzer, Big Business in the Third Reich, 33]. Noch war Hitler auf die freiwillige Mitwirkung der Wirtschaft ebenso wie auf die der Reichswehr in hohem und entscheidendem Maße angewiesen, um seine ebenso ehrgeizigen wie utopischen außen− und rassenpolitischen Ziele ansteuern zu können. Fälschlicherweise glaubte der in den Anfangsjahren des Dritten Reiches“ so allmächtig scheinende Wirtschaftsdiktator“ Schacht, als er mit riskanten Mitteln der Kreditbeschaffung (sogenannte Mefo−Wechsel, die von den Lieferanten des Staates auf eine mit geringem Kapital ausgestattete Metall− Forschungs−GmbH“ gezogen werden konnten, die vom Staat gegenüber der Reichsbank garantiert wurden und zu deren Diskontierung die Reichsbank sich verpflichtete) die Aufrüstung ermöglichte, er könne diese Entwicklung zu dem Zeitpunkt souverän und rationell anhalten, wenn die Volkswirtschaft in ge− nügendem Maße angekurbelt und eine sozialpolitische Konsolidierung erfolgt sei. Erst spät, zu spät, erkannte er, daß sich seine Vorstellungen über Aufrü− stung, Wirtschaft und Politik grundsätzlich von denen Hitlers unterschieden, der nicht daran dachte, die Rüstung zu drosseln, als die Wirtschaft sich erholt hatte. Ihm ging es vielmehr darum weiterzurüsten, um Krieg führen zu können, entstehende Schulden durch Beute atavistisch zu decken und endlich die existierende Sozialordnung in nationaler und internationaler Perspektive zu zerstören.

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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Schacht ahnte nicht, daß er Hitlers Spiel spielte. Sein Neuer Plan“, der seine gesetzliche Grundlage in der am 24. September 1934 in Kraft getretenen Ver− ordnung über den Warenverkehr“ vom 4. September 1934 fand, sah im Kern die Bilateralisierung des Außenhandels vor, regelte quantitative Importbe− schränkungen und Einfuhrplanung nach einer nationalwirtschaftlichen Dringlichkeitsskala“ [H. Flaig] und förderte die Ausfuhr auf der Grundlage von Austausch− und Kompensationsgeschäften. Er leitete eine außen− wirtschaftliche Exportoffensive ein, die nicht zuletzt auch inneren Motiven der als notwendig erachteten sozialen Konsolidierung diente, dabei außenpolitische Konflikte beispielsweise mit den USA in sich überschneidenden Zonen ökono− mischer Expansion (Südosteuropa; Lateinamerika) durchaus riskierte und eine realistischere politische Alternative zu Hitlers weltanschaulichen und krie− gerischen Zielen darstellte. Vorläufig lebte das Dritte Reich“ im Hinblick auf sein Verhältnis zur Wirt− schaft in jener Phase des partial fascism“ [1761: A. Schweitzer, Big Business in the Third Reich, 504], in der Hitler gar kein Interesse daran haben konnte, gegenüber der mächtigen Industrie auf Kollisionskurs zu gehen, da sich die Interessen teilweise deckten und die Konservativen durch Mitwirkung in ihrem Bereich die Machtzunahme des Regimes förderten, ja damit ihre eigene Ent− machtung betrieben. Wenn die Kompetenzen der verschiedenen Reichsgruppen der gewerblichen Wirtschaft“ beispielsweise durch das seit dem Sommer 1934 entwickelte System von Überwachungs− und Prüfungsstellen für die Devisen− und Rohstoffzuteilung sowie die Preisgestaltung auch staatlich reglementiert wurden und der Vorwurf der Wirtschaftssabotage stets drohend erhoben werden konnte, so schienen Wirtschaft und Politik, Industrie und NSDAP, die erst in den letzten Wochen der untergehenden Republik zueinander gefunden hatten, doch alles in allem miteinander auszukommen. Denn es war ja keineswegs so, daß die Großindustrie und das Kapital“ Hitler in entscheidendem Maße an die Macht gebracht hätten. Sie unterstützten ihn vielmehr erst in finanziell erheblicher Weise, als es nach der Machtergreifung“ darum ging, die Kosten der Märzwahlen des Jahres 1933 zu bestreiten. Jetzt flossen den die Regierung unterstützenden Parteien, an der Spitze Hitlers Bewegung“, Mittel in Höhe von 3 Millionen Reichsmark von seiten der Großindustrie zu, nachdem die NSDAP der politisch entscheidende Faktor geworden war und nachdem Göring den Vertretern aus der Industrie− und Finanzwelt am 20. Fe− bruar 1933 anläßlich der Rede des Führers“ vor einem ausgewählten Kreis von Repräsentanten der deutschen Wirtschaft im Reichspräsidenten−Palais ver− sprochen hatte, daß dies für zehn, vielleicht sogar für hundert Jahre die letzten Wahlen sein würden. Am Ende der Weimarer Republik aber, der sie gewiß ablehnend gegenüberstanden, unterstützten die maßgeblichen Vertreter der deutschen Wirtschaft durchweg nicht Hitlers NSDAP, sondern von Papens Modell eines neuen Staates“ und versuchten sich generell mit allen politischen

Schachts Neuer Plan“

Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft

NSDAP und Groß− unternehmertum am Ende der Weimarer Republik

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Selbst− gleichschaltung“ der Parteien

Zentrum und Konkordat

Stimmungswechsel der Bevölkerung und Machtgrundlage des Regimes

Kirchen und Drittes Reich“

I. Darstellung

Kräften zu arrangieren, so lange diese nicht die Abschaffung des Privateigentums propagierten. Vor dem Hintergrund einer im wesentlichen bereits errichteten totalitären Diktatur vollzog sich im Juni und Juli 1933 auch die Selbstgleichschaltung“ der Parteien, die vor der Allmacht und dem Terror der NSDAP resignierten und kapitulierten. Nach dem Verbot der SPD am 22. Juni 1933 – ein förmliches Verbot der KPD hat es dagegen nicht gegeben, doch waren ihre Funktionäre bereits inhaftiert, und ihr Vermögen wurde am 26. Mai 1933 eingezogen – un− terwarf sich als letzte der demokratischen Parteien am 5. Juli 1933 das Zentrum dem Monopolanspruch des von den neuen Machthabern bereits am 14. April 1933 proklamierten Einparteistaates“. Einer allerdings umstrittenen wissen− schaftlichen These (vgl. III. B.4g, S. 373 f.) zufolge soll dieser Schritt nicht zu− letzt durch die Aussicht auf das der katholischen Kirche günstig erscheinende Konkordat vom 20. Juli 1933 mit veranlaßt worden sein, dessen Garantien für den deutschen Katholizismus eine Rechtsbasis für seinen Widerstand gegen das Dritte Reich“ schufen. Das problematische Arrangement mit dem totalitären Staat sollte nach dem Kalkül des Kardinalstaatssekretärs Pacelli gerade dazu dienen, dessen totalitärer Ideologie widerstehen zu können. Das eigentlich Bemerkenswerte im Hinblick auf das Ende der Parteien“ [395: E. Matthias/R. Morsey] aber liegt vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse der Zeit darin, daß sie, mit Ausnahme von KPD und SPD, tat− sächlich, wie Sebastian Haffners einfühlsame Diagnose lautet, nicht mehr mitspielen wollten, daß sie zufrieden waren, sich sozusagen ins politische Nichts zurückziehen zu dürfen. Das hängt mit dem zusammen, was man damals die ,nationale Erhebung‘ oder die ,nationalsozialistische Revolution‘ nannte, nämlich einem vollkommenen Stimmungswechsel, der sich zwischen den Reichstagswahlen vom 5. März und dem Sommer 1933 in Deutschland vollzog. Das ist etwas, das schwer zu erforschen ist, woran sich aber jeder, der es miterlebt hat, erinnert. Stimmungen lassen sich nun einmal nicht definieren, abgrenzen und festhalten; sie sind atmosphärischer, sozusagen ,gasförmiger‘ Natur – aber sie sind sehr wichtig. Genau wie die Stimmung des August 1914 war die des Jahres 1933 von großer Bedeutung. Denn dieser Stimmungsumschwung bildete die eigentliche Machtgrundlage für den kommenden Führerstaat. Es war – man kann es nicht anders nennen – ein sehr weit verbreitetes Gefühl der Erlösung und Befreiung von der Demokratie. Was macht eine Demokratie, wenn eine Mehrheit des Volkes sie nicht mehr will? Damals zogen die meisten demokratischen Politiker den Schluß: Wir danken ab, wir ziehen uns aus dem politischen Leben zurück. Es soll uns nicht mehr geben“ [2010: S. Haffner, Von Bismarck zu Hitler, 218 f.]. Während die katholische Kirche die Auseinandersetzung mit dem natio− nalsozialistischen Staat als Kampf um die Nicht−Anpassung an das Regime vergleichsweise geschlossen aufnehmen konnte, war innerhalb der evangelischen Kirche der Konflikt zwischen den verschiedenen älteren und neueren Richtungen, den Anhängern der liberalen Theologie und des religiösen Sozialismus einerseits,

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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den Jungreformatoren“ und den Evangelischen Nationalsozialisten“, die als Deutsche Christen“ auftraten, bereits in vollem Gange, bevor Hitler sich am 25. April 1933 öffentlich hinter die Bewegung der Deutschen Christen“ stellte und den Königsberger Wehrkreispfarrer Ludwig Müller zu seinem Bevoll− mächtigten für die Angelegenheiten der evangelischen Kirchen“ ernannte. Über die Frage, wer Reichsbischof der geplanten deutschen Reichskirche werden sollte, kam es zwischen Deutschen Christen“, die für Müller eintraten und ihn zum Reichsbischof ausriefen, und dagegen opponierenden Vertretern der evan− gelischen Landeskirchen, die den Pastor Fritz von Bodelschwingh wählten, zum Konflikt. Nach staatlichen und parteipolitischen Eingriffen in kirchliche Fragen, die sich nicht zuletzt in der massiven Unterstützung der Deutschen Christen“ durch die NSDAP im Wahlkampf für die Kirchenwahlen vom 23. Juli 1933 niederschlugen, wählte eine von den aus diesen Wahlen siegreich hervorgegangenen Deutschen Christen“ beherrschte Nationalsynode Müller am 27. September 1933 zum Reichsbischof. Der Kirchenkampf in Deutschland, der die Geschichte des Dritten Reiches“ durchzieht, begann damit erst recht. Der Nationalso− zialismus, dessen säkularisierter Totalitarismus die eschatologischen und li− turgischen Elemente religiöser Heilslehren nachahmte und zugleich eine fun− damental antikirchliche Botschaft verkündete“, sah die Kirchen als mächtige Konkurrenten im Kampf um die Herrschaft über die Herzen und Köpfe der Menschen“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 830]. Gegen die neuen Kirchenbehörden und die Deutschen Christen“ organisierte sich der kirchliche Widerstand im Rahmen des von Pfarrer Martin Niemöller am 21. September 1933 in Berlin−Dahlem gegründeten Pfarrernotbundes“, aus dem zu Anfang des Jahres 1934 – als ihm bereits fast die Hälfte der evangelischen Geistlichkeit angehört – die am 22. April in Ulm erstmals gemeinsam auftretende Bekennende Kirche“ hervorging, ebenso wie in Gestalt der Barmer Be− kenntnissynode vom 29.−31. Mai 1934, deren Protest für die Entwicklung des Kirchenkampfes bedeutsam wurde. Doch ungeachtet der Tatsache, daß sich erste oppositionelle Stimmen aus dem Lager des konservativen und bürgerlichen Deutschland regten und die grundsätzliche, im Sinne ihrer eigenen absoluten Weltanschauung und totalitären Praxis motivierte Widerstandshaltung der Kom− munisten vom Standpunkt verletzter Interessen und mißachteter Sachkenntnis aus ergänzten und variierten, ist nicht zu verkennen, daß sie insgesamt mit ihren Vorhaltungen nicht sehr erfolgreich waren (vgl. beispielsweise Franz von Papens Marburger Rede vom 17. Juni 1934). Nachdem Hitler und Frick bei verschiedenen Gelegenheiten vom Juli 1933 an die Revolution für beendet erklärt hatten, mußte der Führer“ noch mit einem ihn herausfordernden Machtfaktor im Lager seiner eigenen Bewegung“ fer− tigwerden. Es stellte sich nämlich immer drängender die Frage, was mit jener Sturmabteilung“ (SA) werden sollte, die als eine ihrem Führer“ ergebene Bürgerkriegstruppe erheblich dabei mitgeholfen hatte, die Weimarer Republik

Kirchenkampf und Totalitätsanspruch

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SA und zweite Revolution

Röhm−Putsch“ und Aufstieg der SS

Reichswehr und Röhm−Putsch“

I. Darstellung

zu zerstören, politische Gegner auf den Straßen zu bekämpfen und die Macht− ergreifung“ zu ermöglichen. Jetzt verlangten diese braunen Bataillone“ [521: P. Longerich] ihren Tribut. Dumpf drang aus den Reihen der SA−Männer der Ruf nach einer zweiten, einer sozialen Revolution, der, so unartikuliert er sich auch ausnahm, insgesamt doch an die Tradition jener 1930 aus der NSDAP ausgetretenen bzw. aus ihr entfernten linken“ Nationalsozialisten erinnerte. Die Führer der SA, vor allem ihr Stabschef Ernst Röhm, forderten den Oberbefehl über eine aus revolutionärer SA und konservativem Heer zu bildende Volksmiliz. Dabei sollte der graue Fels“ der Reichswehr in der braunen Flut“ der Parteitruppe untergehen. Diesem Verlangen stand das Offizierkorps unter von Blomberg selbstverständlich mißtrauisch und ablehnend gegenüber. Im Hinblick auf die angestrebte möglichst frühzeitige Kriegsbereitschaft des Deutschen Reiches entschied sich Hitler für die Zusam− menarbeit mit den konservativen Offizieren und gegen die sozialromantischen Ideen der SA. Angebliche Putschpläne Röhms wurden zum Vorwand genommen, um die Führung der SA unter Mithilfe und Begünstigung durch die Reichswehr zu beseitigen, Hitlers Macht zu festigen, der konservativen Forderung vom Ende der Revolution nachzukommen, dem Militär die Sorge vor einem lästigen Kon− kurrenten zu nehmen und den Aufstieg der Schutzstaffel“ (SS) einzuleiten. Sie wurde nicht nur Hitlers Prätorianergarde, sondern mehr und mehr auch ideologische Vorhut und weltanschaulicher Orden für die nationalsozialistische Rassenpolitik. Ja, schon innerhalb des ersten auf die Machtergreifung“ folgenden Jahres gelang es der SS unter Heinrich Himmler, in allen Ländern die Politische Polizei der Kontrolle der SA zu entwinden und sich anzueignen. Selbst in Preußen, wo Hermann Göring Ende April 1933 das Geheime Staatspolizeiamt“ (Gestapa) als ein Willkürinstrument des terroristischen Maßnahmestaates“ [E. Fraenkel] geschaffen und die Gestapo“ unter anderem mit der Errichtung von Konzen− trationslagern beauftragt hatte, erlangte die SS den entscheidenden Einfluß auf die Politische Polizei. Im April 1934 mußte der durch Gesetz erst im November 1933 zum Chef der Gestapo“ in Preußen ernannte Göring zulassen, daß Himmler Inspekteur der Preußischen Geheimen Staatspolizei wurde, der seinerseits Reinhard Heydrich an die Spitze des Geheimen Staatspolizeiamtes in Berlin stellte. Die Politische Polizei unterstand damit der Führung der SS unter Himm− ler und Heydrich. Um den Preis, von nun an unumstrittener Waffenträger der Nation zu sein, aber nahmen es die Reichswehr und ihr Offizierkorps hin, dabei zum Gehilfen zu werden, als im Zuge der sich an den so genannten Röhm−Putsch“ anschließenden, teilweise wahllosen Morde an Regimegegnern durch Görings und Himmlers Schergen die Generäle Kurt von Schleicher und Ferdinand von Bredow umge− bracht wurden. Aus den Begebenheiten des so genannten Röhm−Putsches“ ist die Reichswehr zwar äußerlich gestärkt, moralisch jedoch stark korrumpiert her− vorgegangen.

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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Über die Morde innerhalb der SA−Führerschaft hinaus wurden auch mißliebige konservative Regimegegner und −kritiker wie Edgar Jung und Herbert von Bose, zwei der engsten Mitarbeiter von Papens, sowie der ehemalige Staatskommissar Gustav Ritter von Kahr und der Leiter der Katholischen Aktion in Berlin, Erich Klausener, getötet. Hitlers Begründung für die Erschießungen der SA−Führer, er habe damit gegen die in diesen Kreisen grassierende Homosexualität einschreiten wollen, war nicht mehr als eine fadenscheinige Schutzbehauptung zur Bemän− telung einer politischen Machtfrage. Diese Tatsache war innerhalb der Bevöl− kerung nur wenigen klar, und die politisch Verantwortlichen wie beispielsweise von Papen hießen Hitlers Vorgehen gut, das von dem damals führenden deutschen Staatsrechtslehrer Carl Schmitt in einem Artikel mit der Überschrift gerechtfertigt wurde: Der Führer schützt das Recht“. Darin wurde dem wahren Führer“ die Aufgabe des Richtertums zugesprochen und ihm zugestanden, in Augenblicken der Gefahr kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schaffen“ zu können und zu müssen. Die Willkür des Diktators wurde damit als Recht im Unrecht“ [843: M. Stolleis] zum Gesetz erhoben. Anpassung und Unterwerfung“ wurden für die Ent− wicklung der Justiz im Dritten Reich“ [822: L. Gruchmann] kennzeichnend. Die Existenz eines Entarteten Rechts“ [837: B. Rüthers] bot dem totalitären Regime die willkommene Chance, die Grenzen zwischen gut und böse zu öffnen, selbst das Gute für böse und das Böse für gut zu erklären und die Gemüter der Menschen in einem buchstäblich diabolischen Sinn zu verwirren. Hitlers Macht aber war nunmehr im Grundsatz als unumschränkt anerkannt. Als kurz darauf am 2. August 1934 Reichspräsident von Hindenburg starb und Hitler die Ämter des Reichskanzlers und Reichspräsidenten in Personalunion übernahm, gab es neben ihm im politischen Bereich, was Macht oder Prestige angeht, keine konkurrierende Institution oder Persönlichkeit mehr. Die Machtergreifung“ war abgeschlossen. Noch am 2. August 1934 wurde die Reichswehr auf Hitlers Person vereidigt – eine Maßnahme, die durch den Reichskriegsminister von Blomberg übereilig angeordnet wurde, um der Armee und seiner Person Hitlers Gunst zu sichern. In diesem Zusammenhang war es die Bindung des Eides an die Person des Führers und Reichskanzlers“ und nicht an das Vaterland oder an die Verfassung, die später den Offizieren des Widerstandes so schwere Gewissenskonflikte bereiten sollte. Hitlers Regime aber erschien im Sommer 1934 gefestigt, seine Diktatur über Deutschland war errichtet, und in weitgehend noch traditionellen Formen schritt die braune Revolution“ der Nationalsozialisten voran. Tradition und Revolution gehörten dabei glei− chermaßen zum Profil des Dritten Reiches“. Sie waren auch für die Anfänge seiner Außenpolitik kennzeichnend.

Der Führer schützt das Recht“

Diabolik des Regimes

Abschluß der Machtergreifung“

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I. Darstellung

2. Die Anfangsphase der nationalsozialistischen Außenpolitik Neue Akzente der Außenpolitik

Hitler und Aus− wärtiges Amt

Hitlers Rede vom 3. 2.1933

Im außenpolitischen Bereich knüpfte die neue Regierung einerseits an die Revi− sionsforderungen der Weimarer Kabinette an und verließ deren Linie andererseits in Zielsetzung und Methode doch unübersehbar. Das gilt nicht nur im Vergleich zu Stresemanns nationaler Revisions− und Großmachtpolitik, die stets auf das eu− ropäische Zusammenwirken Wert legte und den völkerrechtlichen Rahmen nicht verließ. Vielmehr hob sich Hitlers nationalsozialistische Außenpolitik auch ge− genüber der Revisionspolitik der autoritären Kabinette ab, die sich von Stre− semanns Kurs bereits so deutlich unterschieden hatte. Im Zeichen der welt− wirtschaftlichen Krise waren diese unverkennbar rigoroser als zuvor aufgetreten und hatten im nationalstaatlichen Alleingang die Revision der Versailler Be− stimmungen zu erreichen gesucht. Insofern repräsentiert die äußere Politik der Regierungen Brüning, von Papen und von Schleicher, die nationalistisch, aber nicht nationalsozialistisch ausgerichtet war, eine eigenständige Stufe im Verlauf der Geschichte der preußisch−deutschen Außenpolitik. Ihren Platz fand sie zwischen Stresemanns national bestimmtem, stark außenwirtschaftlich pro− zedierendem und friedlich orientiertem Vorgehen sowie Hitlers rassisch fun− dierter, expansionistisch ausgerichteter und kriegerisch entworfener Strategie. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, daß der konservative Reichsaußenminister von Neurath auch nach dem 30. Januar 1933 an der Spitze des Auswärtigen Amts blieb, erhielten die ausländischen Politiker und Diplomaten den Eindruck einer Kontinuität in der deutschen Außenpolitik über das Datum der Machter− greifung“ hinweg. Die deutsche Diplomatie trug also, wenngleich weitgehend unfreiwillig, dazu bei, den Bruch zwischen der revisionistischen Großmacht− politik und der nationalsozialistischen Eroberungs− und Rassenpolitik schwerer erkennbar zu machen. Wenn die Beamten des Auswärtigen Amts teilweise auch durchaus darum bemüht waren, einen eigenständigen Kurs zu verfolgen, war doch unübersehbar, daß ihre Übereinstimmung im revisionistischen Bereich mit Teilzielen der Außenpolitik Hitlers einerseits zu groß war, um sich von ihm vorläufig wesentlich unterscheiden zu können und daß der Diktator auf der anderen Seite schon vergleichsweise früh in entscheidenden Fragen – wie der Neuorientierung der deutschen Ostpolitik gegenüber der Sowjetunion und Po− len – das Steuer resolut in die Hand nahm. Die neuen Akzente der nationalsozialistischen Außenpolitik wurden bereits am 3. Februar 1933 erkennbar, als Hitler in einer Ansprache vor den ranghöchsten Offizieren der Reichswehr ausführte, das Ziel der Außenpolitik des Dritten Reiches“ müsse es sein, neuen Lebensraum im Osten“ zu erobern und diesen rücksichtslos“ zu germanisieren“. Daß diese programmatische Forderung einherging mit der von ihm scheinbar gleichberechtigt als außenpolitische Al− ternative vorgetragenen Überlegung, die so genannte Raumfrage des deutschen Volkes vielleicht [durch] Erkämpfung neuer Exportmöglichkeiten“ zu lösen, steht im Einklang mit entsprechenden Bemühungen Hjalmar Schachts, durch

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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eine außenwirtschaftliche Offensive innen− und außenpolitische, soziale und nationale Probleme des Deutschen Reiches zu lösen (siehe oben S. 13). Hitler unterstützte diese Bemühungen Schachts und ließ ihn so lange gewähren, wie dieser damit seine politischen Pläne, insbesondere der Aufrüstung und der dafür nötigen Devisenbeschaffung, unterstützte. Ferner diente eine solche auf wirtschaftliche Expansionsmöglichkeiten deutscher Außen− und Außen− wirtschaftspolitik abhebende Scheinalternative dazu, die Zuhörer neben der Bekanntmachung seiner kriegerischen Absichten immer wieder seiner an− geblichen Friedensliebe zu versichern, die er gerade am Anfang seiner Regie− rungszeit zu wiederholten Malen, beispielsweise aus Anlaß des von Mussolini am 17. März 1933 unterbreiteten Viererpaktvorschlages in seiner Reichstagsrede am 23. März 1933, besonders aber in seiner großen Friedensrede“ vom 17. Mai 1933, vor aller Welt unterstrich. Dabei knüpfte er im außenpolitischen Bereich, in dem er nahezu absolut ein persönliches Regiment“ führte, sogleich an sein in Mein Kampf“ und im sogenannten Zweiten Buch“ entworfenes außen− und rassenpolitisches Pro− gramm“ an. In universaler Perspektive zielte es darauf ab, durch das siegreiche Schwert eines die Welt in den Dienst einer höheren Kultur nehmenden Her− renvolkes“ eine globale Pax Germanica“ zu errichten. Auf den weltan− schaulichen Triebkräften des Antisemitismus, des Antibolschewismus und der Lebensraum“−Eroberung basierend, erschien darin die Sowjetunion als ent− scheidender machtpolitischer sowie ideologischer Feind des Deutschen Reiches. Der ins Auge gefaßte Krieg gegen Rußland sollte den Bolschewismus zerschlagen, damit einhergehend zu einer Lösung der Judenfrage“ führen und dem deutschen Volk den notwendigen Lebensraum“ zur Verfügung stellen. Anders als seine konservativen Partner in der Regierung der nationalen Konzentration“ wollte Hitler sich nicht mit der Wiedergewinnung der Grenzen von 1914 und der Wiederherstellung der deutschen Großmachtposition in Europa begnügen. Er strebte vielmehr danach, in Etappen über die Ziele der Revision hinaus die deutsche Vorherrschaft in Mittel− und Ostmitteleuropa zu gewinnen und end− lich nach der Eroberung der Sowjetunion an der Spitze eines europäischen Kontinentalimperiums zu stehen, in dem das bislang hegemoniale Frankreich entweder besiegt oder zur Rolle eines machtlosen Juniorpartners degradiert sein würde. In säkularer Perspektive ließ Hitler bereits in den zwanziger Jahren erkennen, wohin ihn seine politische Gedankenbildung trieb: An der Spitze eines rassisch höhergezüchteten Europa sollte das deutsche Volk in seinen künftigen Gene− rationen endlich auch dazu fähig sein, selbst den damals von Hitler noch hoch eingeschätzten Vereinigten Staaten von Amerika die Stirne zu bieten“ und in Übersee als Welt− und Flottenmacht aufzutreten. Daß sich Hitlers hypertrophe Ziele gegen die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Amerika richteten, hatte im allgemeinen Zusammenhang der Zeit nicht zuletzt damit zu tun, daß sich das alte Europa von Osten und Westen her mit zwei Modernisierungsangeboten

Hitlers Programm“

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Kampf der Kulturen

Angst und Attacke

I. Darstellung

konfrontiert sah, die dem Adressaten nicht als Chance vorkamen, sondern von dem sich herausgefordert Fühlenden als Attacken auf seine Existenz wahr− genommen wurden. Das gilt für die westeuropäischen Status quo−Mächte, die sich allem Widerstreben zum Trotz schließlich mit den Protagonisten der liberalen und der kommunistischen Zivilisationsidee arrangierten; das gilt für die revi− sionistischen Staaten, die sich, mit Hitlers Deutschland an der Spitze, über Ideologie, Machtpolitik und Ökonomie hinaus auch auf einen kulturellen Zwei− frontenkrieg gegen die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Amerika einließen. Europa drohte, so hatte Gustav Stresemann schon im Sommer 1929 gewarnt, eine Kolonie derjenigen zu werden, die glücklicher gewesen sind als wir“. In der Tat: Die alte Welt sah sich mit der sowjetischen Verheißung konfrontiert, die Menschheit über den Kampf der Klassen ins Paradies zu führen; in dieser Perspektive waren Menschenglück und Sowjetexpansion deckungsgleich. Und sie hatte sich mit dem amerikanischen Traum auseinanderzusetzen, die Menschheit über den Wettbewerb der Märkte ihr Glück finden zu lassen: Wenn der Krieg vorbei ist“, hatte Präsident Wilson im April 1917 erklärt, können wir sie [die Europäer K. H.] zwingen, sich unserer Denkungsweise anzuschließen, denn bis dahin werden sie nicht nur in finanzieller Hinsicht von uns abhängig sein“. Von zwei Seiten also wurde die alte Welt in ihrer Existenz, in ihrem Kern, in ihrem Wesen angegriffen. Eine grande peur“ griff als verständliche Folge um sich, aus der Adolf Hitler, selbst von abgrundtiefer Existenzangst getrieben, seine perversen Schlüsse zog und das erforderliche Kapital schlug. Europas Angst vor den sowjetischen und amerikanischen Modernisierungsoffensiven erklärt nicht zuletzt, warum Hitler über eine so lange Zeit hinweg frevelhaft handeln konnte, bis im Zweiten Weltkrieg unverkennbar wurde, was der neue Attila“ eigentlich wollte. Gegen die große Koalition aus Ost und West, gegen die kulturellen Attacken von seiten der Mächte, die sich im Zeichen der Klasse und des Marktes die Welt zu erlösen anschickten, setzte er sich mit seiner ahistorischen Vision der Rassenherrschaft zur Wehr. Mit Waffenkrieg“ und Rassenkrieg“ wollte er den modernen Herausforderungen der Zeit ein für alle Mal entkommen. Ein biologischer Finalzustand sollte an das Ende der Ge− schichte führen – nicht durch den Kampf der Klassen oder der Märkte, sondern durch den der Rassen. Die eigene Angst trieb den Diktator, die Angst der Deutschen trug ihn, die Angst Europas förderte ihn – so lange jedenfalls, bis klar wurde, was seine radikale Antwort auf die Herausforderungen der Sowjets und Amerikaner bedeutete. Bis dahin aber instrumentalisierte Hitler die allgemeinen Verhältnisse der Zwi− schenkriegsära für seine spezifischen Zwecke: Der Schlüssel zum Weltmarkt“, hatte er auf einer Veranstaltung seiner Partei am 17. April 1929 verkündet, als er die mehr als 2000 Teilnehmer mit seiner Warnung vor der steigenden kapitalistischen Industrieinvasion aus Amerika“ einschüchterte – der Schlüssel zum Weltmarkt

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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hat die Gestalt des Schwertes“. Mit anderen Worten: Kampf und Krieg be− schrieben Mittel und Zweck der hybriden Existenz des neuen Diktators. Um sein außenpolitisches Programm“ zu verwirklichen, strebte er nach einem Bündnis mit Großbritannien, das er für die zentrale Phase der in erster Linie gegen die Sowjetunion gerichteten kontinentalen Eroberungspolitik als Eckpfeiler seiner Bündniskonstellation ansah und zäh zu erreichen suchte. Aus ideo− logischen und machtpolitischen Überlegungen, wie er sie anstellte, schien ihm England der geeignete Partner für seine zukünftige Außenpolitik und Krieg− führung zu sein. Angesichts der Tatsache, daß Großbritanniens imperiale Stel− lung in wirtschaftlicher, militärpolitischer und ideologischer Hinsicht durch die Flügelmächte der Staatenwelt, die USA und die UdSSR bedroht wurde, glaubte Hitler fest daran, England werde seine überlieferte europäische Gleichge− wichtspolitik aufgeben, einer von ihm vorgeschlagenen Teilung der gegen− seitigen Einflußsphären zustimmen und in das Bündnis mit dem natio− nalsozialistischen Deutschland einlenken. Das Deutsche Reich sollte dabei freie Hand“ im Osten Europas erhalten, während England sich, durch Flotten− und Kolonialforderungen wilhelminischer Art von seiten Deutschlands un− behelligt, seinem Weltreich zuwenden könnte. Der Gedanke, mit England zu− sammenzugehen, übertraf die gleichfalls vorgesehene Annäherung an Mussolinis Italien stets an Bedeutung. Die Idee des englischen Bündnisses trug Hitler bereits vor der Machter− greifung“ Besuchern aus Großbritannien immer wieder vor und suchte sie nach dem 30. Januar 1933 durch diplomatische, zu Anfang vor allem aber auch durch recht unorthodox erscheinende Initiativen einiger seiner engeren Mitarbeiter zu verwirklichen. Wenn auch die entsprechenden Englandmissionen dieser in− offiziellen Gesandten Joachim von Ribbentrop und Alfred Rosenberg erst ein− mal fehlschlugen, so sah er doch in der britischen Außenpolitik, die ver− ständnisvoll Deutschlands Revisionsforderungen als berechtigt anerkannte, scheinbar Anzeichen dafür, daß sein Grundplan aufgehen könne. Daß Motive und Ziele der britischen Appeasementpolitik sich von Hitlers Bündnisvorhaben grundsätzlich verschieden ausnahmen, wollte er jedoch auch nach dem Besuch des britischen Außenministers Simon am 25./26. März 1935 in Berlin immer noch nicht wahrhaben. Während Hitler darauf spekulierte, England durch ein bilaterales Abkommen an seine Seite zu ziehen, um Krieg gegen die Sowjetunion führen zu können, planten die Briten, Deutschland durch die ent− gegenkommende Behandlung revisionistischer Forderungen zu multilateralen Vereinbarungen zu bewegen, mit völkerrechtlich verbindlichen Abmachungen festzulegen und auf diesem Weg Europas Frieden zu sichern. Doch im Vertrauen auf das Einlenken der Briten trieb Hitler erst einmal die für seine Zukunftspläne wichtige Aufrüstung voran, indem er nicht zuletzt auf Drängen seiner konservativen Regierungspartner die Abrüstungskonferenz am 14. Oktober 1933 verließ und gleichzeitig den Austritt aus dem Völkerbund ankündigte, so daß das Reich von den der Aufrüstung angelegten Fesseln befreit

Idee des englischen Bündnisses

Ziele und Methoden deutscher und britischer Außen− politik

Aufrüstung und allgemeine Wehr− pflicht

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Haltung gegenüber Italien

Verhältnis zu Frankreich

I. Darstellung

wurde. Diese streifte der Diktator dann endgültig ab, als er am 16. März 1935 die militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages beiseite schob und die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland wieder einführte. Während der Anfangsphase der nationalsozialistischen Außenpolitik war Hit− ler im Zusammenwirken mit den konservativen Repräsentanten seiner Regierung zunächst bestrebt, zwei Ziele zu verfolgen, nämlich auf der einen Seite der drohenden Isolierung des Deutschen Reiches zu entgehen und seinem Konzept der zwanziger Jahre gemäß Bündnispartner zu finden und auf der anderen Seite die seit dem japanischen Ausgriff auf das chinesische Festland im Jahre 1931 die Staatenwelt erschütternden Bewegungen zu forcieren und für seine Ziele aus− zunützen. Wie er es in Mein Kampf“ entworfen hatte, versuchte er nunmehr, sich Italien zu nähern, was ihm vorläufig jedoch nicht gelang. Denn Mussolini neigte eher dazu, mit den Westmächten zusammenzugehen und zwischen den Status quo−Mächten und dem Reich das Zünglein an der Waage“ im europäischen Mächtegleichgewicht zu spielen. Anders als Hitler es in Mein Kampf“ vorgesehen hatte, wo er Frankreichs Niederwerfung als Voraussetzung für die Eroberung des Lebensraumes“ im Osten angesehen hatte, begann er nun damit, sich neben seinem Werben um Großbritannien auch um ein gutes Einvernehmen mit Frankreich zu bemühen. Wenn der Wille zu einer begrenzten Zusammenarbeit mit Paris auch niemals den bündnispolitischen Stellenwert seiner Werbungen um Großbritannien besaß, dem für die Verwirklichung seines Programms“ zentrale Bedeutung zukam, erschien ihm ein Zusammengehen mit Frankreich doch aus verschiedenen Motiven heraus willkommen und opportun. Zum einen minderte es die für das Dritte Reich“ bestehenden Gefahren in jener Risikozone“, von der Hitler am 3. Februar 1933 sprach, als er darauf hinwies, daß die Zeit der Aufrüstung insofern gefährlich sei, als in ihr Frankreich mit seinen ostmitteleuropäischen Satelliten über das Reich herfallen könne. Zum anderen schwächte er durch seine Angebote zu friedlicher Zusammenarbeit den französischen Wehr− und Widerstandswillen und verstärkte die in den westlichen Staaten ohnehin stark ausgeprägte Neigung zum Pazifismus. Letztlich dürfte er wohl die Macht Frankreichs zu Anfang der dreißiger Jahre nicht mehr so hoch eingeschätzt haben, wie er dies noch in den zwanziger Jahren getan hatte. Damals hielt er es für unumgänglich, zuerst Frankreich zu besiegen, um sich den Rücken für den Krieg gegen die Sowjetunion freizukämpfen. Nun− mehr scheint er angesichts der innenpolitischen Krisen, die das Land mit Re− gelmäßigkeit plagten, davon ausgegangen zu sein, daß er – im Einvernehmen mit England – ohne einen Krieg gegen Frankreich, sondern vielmehr nach einer entsprechenden Vereinbarung mit Paris Rußland angreifen könne. Sodann aber würde er als Herr über Osteuropa so mächtig sein, daß die anderen Staaten Kontinentaleuropas die Hegemonie des Reiches anzuerkennen hatten. Innerhalb seiner programmatischen außenpolitischen Vorstellungen, die im Hinblick auf den Lebensraum“−Krieg im Osten, das rassische Dogma, die Errichtung eines Kon− tinentalimperiums und eines sich später anschließenden Aufbaus einer Welt−

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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machtstellung feststanden, entwickelte Hitler eine hohe Flexibilität des Vorge− hens. In diesem Sinne wurde von seiten des Reiches der am 24. Juni 1931 von der Regierung Brüning verlängerte Berliner Vertrag vom 24. April 1926 mit der Sowjetunion am 5. Mai 1933 ratifiziert und das Konkordat mit dem Vatikan am 20. Juli 1933 abgeschlossen. Weltanschaulich einander so entgegengesetzte und zum Nationalsozialismus konträre Vertragspartner arbeiteten also mit dem Dritten Reich“ politisch zusammen. Die außenpolitische Zielsetzung seines Regimes aber wurde schon deutlich erkennbar, als Hitler Anfang des Jahres 1934 einen diplomatischen und poli− tischen Schachzug vollführte, der ihn vor der drohenden Isolierung durch die europäischen Mächte bewahrte, das Risiko der zu durchmessenden außen− politischen Gefahrenzone minderte und den Blick auf seine neue Ostpolitik freigab. Am 26. Januar 1934 schloß er mit dem Polen des autoritär regierenden Marschall Pilsudski einen Nichtangriffspakt ab, der sensationell wirkte, da Hitler mit ihm das Einmaleins“ deutscher Ostpolitik umgekehrt hatte. Denn es war – grob gesagt – bis dahin die Linie der Weimarer Kabinette und des Auswärtigen Amts gewesen, zusammen mit der Sowjetunion antipolnische Politik zu betreiben. Nunmehr wechselte Hitler die Partner und drehte die Stoßrichtung der deutschen Ostpolitik radikal um. Der Pakt mit Pilsudski half ihm, die französische Umklammerung des Reiches zu durchbrechen und koordinierte Übergriffe Frankreichs zusammen mit seinem ostmitteleuropäischen Ententepartner Polen unmöglich zu machen. Hitlers Ent− scheidung rief bei den Konservativen Kopfschütteln und Kritik hervor, da sie Polen nach wie vor als Gegner deutscher Ansprüche an der Ostgrenze des Reiches einschätzten. Der Diktator aber leitete damit bereits vergleichsweise deutlich sichtbar seine gegen Rußland gerichtete, weltanschaulich motivierte Expan− sionspolitik ein. Einen großen außenpolitischen Erfolg, dessen innenpolitisch das Regime stabilisierende Wirkungen auf der Hand lagen, erzielte Hitler am 13. Januar 1935, als sich 91 Prozent der abstimmenden Saarländer für die Rück− kehr ihrer Heimat in das Reich aussprachen. Gleichzeitig ging sein Bestreben in verstärktem Maße dahin, nach ersten Fehlschlägen und Erfahrungen mit England zu einem Übereinkommen mit den Briten zu gelangen. Schon im November 1934 hatte er gegenüber dem britischen Botschafter in Berlin, Sir Eric Phipps, verlauten lassen, daß das Deutsche Reich England im Hinblick auf eine freiwillig akzeptierte Beschränkung seiner Flottenrüstung entgegenzukommen bereit sei. Großbri− tannien nahm dieses Angebot auf. Es erschien den Briten im nationalen Inter− esse günstig zu sein, da es die Gefahr eines erneuten Wettrüstens zur See, die für die internationale Situation vor dem Ersten Weltkrieg so charakteristisch und ruinös gewesen war, vermeiden konnte. In diesem speziellen Fall gelang es Hitler tat− sächlich, Großbritannien vom Prinzip multilateraler Vereinbarungen abzubringen und ein bilaterales Abkommen mit England zu schließen. Darin verpflichtete sich das Deutsche Reich im wesentlichen darauf, nur bis zu 35 Prozent des Bestandes der britischen Seestreitkräfte aufzurüsten und in bezug

Deutsch− sowjetischer Vertrag und Konkordat mit dem Vatikan

Deutsch−polnischer Nichtangriffspakt

Volksabstimmung an der Saar

Deutsch−englisches Flottenabkommen

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Stresafront“

Ämtervielfalt in der deutschen Außen− politik

Putschversuch der Nationalsozialisten in Österreich

I. Darstellung

auf die U−Boot−Stärken vorerst ein Verhältnis von 45 Prozent zu akzeptieren. Englands Vorteile lagen angesichts der globalen Überforderung des Landes auf der Hand. Ja, es bemühte sich bereits seit 1934 darum, ein ähnliches Abkommen für die Aufrüstung der Luftwaffen beider Nationen zu erreichen – ein Vorschlag, auf den Hitler bezeichnenderweise nie ernsthaft einging. Während der Vertrag vom 18. Juni 1935 die Briten über die getroffenen Abmachungen im engeren Sinne hinaus zu nichts verpflichtete, glaubten Hitler und sein Sonderbevollmächtigter von Ribbentrop, trotz aller Rückschläge im einzelnen, daß man auch zu jenem großen Interessenausgleich in weiterem Sinne kommen werde, der Hitler stets vorschwebte. Es schien zuweilen so, als habe Hitlers außenpolitisches Programm“ Chancen verwirklicht zu werden, da es weder auf konservativer Seite in Deutschland noch bei den verantwortlichen Staatsmännern im Ausland in seinen weitreichenden Zielsetzungen erkannt wurde, in vielem auch nicht erkannt werden konnte. Zwar wurden die innenpolitischen Auswüchse des Dritten Reiches“ im westlichen Ausland mit Abscheu betrachtet, und auf die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland am 16. März 1935 reagierten die Westmächte, wenn letztlich auch wirkungslos, mit der Bildung der so genannten Stresafront“ im April 1935 (Konferenz der Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich und Italien in Stresa vom 11.−14. April 1935), die das deutsche Vorgehen in dieser Frage verurteilte und sich gegen die einseitige Aufkündigung von Verträgen wandte. Doch die auswärtigen Mächte wurden immer wieder dadurch beruhigt, daß alle Schritte des neuen Regimes von den Friedensbeteuerungen des Diktators und seiner Diplomatie begleitet waren. Ohne es zu wollen, verhalfen die konservativen Repräsentanten des Auswär− tigen Amts Hitlers Strategie grandioser Selbstverharmlosung“ [1109: H.−A. Jacobsen, Nationalsozialistische Außenpolitik, 328] zum Erfolg. Daß die rassistischen Exzesse in der Innenpolitik des Regimes sozusagen schon auf die andere, die ideologische Seite nationalsozialistischer Außenpolitik verwiesen und den Blick auf das Bewegungsgesetz der Diktatur Hitlers freigaben, wurde noch kaum irgendeinem Beobachter so recht klar, der die verwirrende Szene deutscher Außenpolitik damals betrachtete. Denn neben Hitler und dem Auswärtigen Amt betrieben die Dienststelle Ribbentrop“ und das Amt Rosenberg“ sowie bald auch Dienststellen der SS und das Propagandaministerium quasi ihre eigene Außenpolitik. Diese Aktivitäten liefen ohne Zweifel oftmals durcheinander, entwickelten eine teilweise recht ungezügelte Beschleunigung und provozierten Begebenheiten, die etwa im nationalsozialistischen Putsch in Wien vom 25. Juli 1934 ihren Ausdruck fanden und die Hitler zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht erwünscht waren. Mag die vom nationalsozialistischen Ämterchaos im außen− politischen Bereich freigesetzte Dynamik den Diktator manchmal auch fort− gerissen haben, im Prinzip mündete sie immer wieder in die von ihm gesteuerte Richtung der großen Politik“.

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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Zusammenfassung Aus der Darstellung der Geschichte des Dritten Reiches“ während der Jahre 1933–1935 ergeben sich folgende Resultate und Schlußfolgerungen: Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 markierte das Ende der Weimarer Republik und leitete eine neue Periode der deutschen Geschichte ein. Daß sie darüber hinaus den Auftakt zum Untergang des 1871 gegründeten preußisch−deutschen Nationalstaates legte, war damals nur wenigen Zeitgenossen so klar wie uns heute. Wohl keiner der Miterlebenden hatte das katastrophale Ende des Deutschen Reiches vor Augen, als die nationalsozialistische Führung der neuen Regierung der nationalen Konzentration“ im Zuge einer gleitenden, scheinbar legal ablaufenden Revolution, unter Verwendung der in erster Linie antimarxistisch verstandenen Einigungsparole von der nationalen Erhebung“ des deutschen Volkes und auf dem Wege der Gleichschaltung“ des politischen, gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens im Deutschen Reich daran ging, nach und nach alle Macht zu erobern, Deutschland tiefgreifend umzugestalten und diese alle Bereiche einbeziehende Machtergreifung“ im großen und ganzen mit erstaunlicher Schnelligkeit vollendete. In den Begriffen Gleichschaltung“ und Machtergreifung“, die uns heute durchweg negativ und abstoßend vorkommen, und die zeitgenössisch doch so weitgehend positiven und gewinnenden Klang besaßen, fand der Macht− und Monopolanspruch der NSDAP und ihres Führers“ Adolf Hitler seinen Aus− druck. Unmittelbar im Anschluß an den Regierungswechsel vom 30. Januar 1933 setzte ein Prozeß zur Durchsetzung dieser Zielvorstellungen ein. In ver− gleichsweise kurzer Zeit unterwarf er das Deutsche Reich dem Willen seiner neuen Herren. In seinem Verlauf wurden mißliebige Persönlichkeiten des alten Staates entweder durch terroristische Mittel aus ihren Positionen vertrieben, oder die nationalsozialistischen Machthaber machten sich diese traditionellen Kräfte verfügbar. Der Vorgang der Machtergreifung“ war im Prinzip schon am 2. August 1934 abgeschlossen, als Hitler nach Hindenburgs Tod neben dem Amt des Kanzlers auch das des Reichspräsidenten übernahm. Zumindest vorläufig konnten sich aber, von den Kirchen einmal abgesehen, noch zwei große und wesentliche gesellschaftliche und politische Kräfte, die Wirtschaft und das Militär, dem im Grundsatz totalitären Machtanspruch der Regierung entziehen, ehe auch sie 1936 bzw. 1938 das Diktat der natio− nalsozialistischen Partei und des Führerstaates“ stärker zu spüren bekamen. Solange allerdings die unübersehbare Teilidentität der Interessen zwischen den Belangen der Wirtschaft und des Militärs einerseits und den Zielen Hitlers andererseits die erst später klarer zutage tretenden Gegensätze verdeckte, ver− mochte sich die wirtschaftliche wie die militärische Elite eine vergleichsweise hohe Selbständigkeit zu bewahren. Das Regime hatte mit ihnen als Machtfaktoren nach wie vor zu rechnen und respektierte sie in gewissem Maße bis auf weiteres, um mit ihnen zusammenarbeiten zu können.

Umfang und Technik der Macht− ergreifung“

Teilidentität der Interessen

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Partei und Staat

Tradition und Revolution

Das Neuartige der Machtergreifung“

I. Darstellung

Der im August 1934 im wesentlichen abgeschlossene Prozeß der Macht− ergreifung“ und Gleichschaltung“ fand danach allerdings in zweifacher Weise seine charakteristische Fortsetzung: Zum einen war das Regime grundsätzlich weiter darum bemüht, bislang mehr oder minder unbehelligt fortbestehende Bereiche, Institutionen, Verbände und Vereine in Staat und Gesellschaft zu er− fassen und sich willfährig zu machen. Zum anderen schritt der unmittelbar 1933 eingeleitete Vorgang beständig voran, das gesamte Land mit national− sozialistischen Organisationen zu überziehen, die nicht zuletzt in Konkurrenz zu bestehenden Einrichtungen des Staates traten. Trotz propagandistischer Be− teuerungen von der Geschlossenheit des Dritten Reiches“ ließen sie den Dua− lismus zwischen Partei und Staat zum Kennzeichen nationalsozialistischer Herrschaft werden und dienten dem weltanschaulichen Führungsanspruch der Partei im neuen Staat. Das Spezifische der legalen Revolution“ Hitlers lag allerdings nicht allein darin, daß vorhandene Bürokratien durchdrungen, umorientiert und benutzt wurden, allerdings dabei auch noch für geraume Zeit Freiräume bargen, die zumindest in begrenztem Maße Gelegenheit für eigenständige, sich dem Regime entziehende und verweigernde Aktivitäten beließen. Charakteristisch für den am 14. Juli 1933 proklamierten Einparteistaat“, in dem das Ämterchaos die Grundlage und das Mittel des stets in maßgeblichen Fragen dominierenden Führerwillens“ bildete, war vielmehr die Tatsache, daß sich das Revolutionäre der Machtergreifung“ im Gewande der Tradition vollzog. Das Nebeneinander von überkommenen und neuen Elementen, von Überlieferung und Revolution, von Legalität und Terror kennzeichnete die nationale Erhebung“ der Natio− nalsozialisten. In diesem Sinne wurden Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ 1. durch die Nutzung legaler Mittel, 2. durch ständiges Ausweiten der legalen Möglich− keiten, 3. durch Schaffung neuer Instanzen und 4. durch organisierte und durch spontane Aktionen von unten, von der Straße her unter Anleitung natio− nalsozialistischer Führer“ [182: G. Schulz, Deutschland seit dem Ersten Welt− krieg, 117 (1. Aufl.)] langfristig entworfen und improvisiert verwirklicht. Insofern handelte es sich bei Hitlers Machtergreifung“ um einen tiefgreifenden, in seinen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen teilweise erst Jahre später erkennbar werdenden Vorgang der innen− und außenpolitischen Umge− staltung eines Verfassungs− und Rechtsstaates zu einem totalitären Doppelstaat“. Er bewahrte die Werkzeuge des hergebrachten Normenstaates“ so weit, wie sie ihm für die Erreichung seiner nicht zuletzt weltanschaulich entworfenen Ziele dienlich und als Maske willkommen waren. Dahinter aber verbarg sich die andere, für die Geschichte des Dritten Reiches“ bestimmende Seite des terroristischen Maßnahmestaates“ und blieb doch genügend deutlich erkennbar, um stets drohend gegenwärtig zu sein. Alles in allem handelte es sich bei der nationalsozialistischen Machtergreifung“ um einen jener revolutionäre[n] Vorgänge des 20. Jahrhunderts, die bewußt und

A. Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ (1933–1935)

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betont mit neuartigen Mitteln des Terrors, der Massensuggestion und −kom− munikation, der Kontrolle und des Zwanges arbeiteten“ [134: K. D. Bracher, Die Krise Europas, 132]. Daß es sich bei dem, was sich seit dem 30. Januar 1933 in Deutschland vollzog, ungeachtet der traditionellen Verhältnisse, welche die Exi− stenz und Entwicklung des Dritten Reiches“ begleiteten, im Kern tatsächlich um eine Revolution, die nationalsozialistische Revolution, gehandelt hat, war über den entsprechenden Eigenanspruch der braunen Bewegung“ hinaus bereits den zeitgenössischen Betrachtern klar, welche die sich überschlagenden Ereignisse distanziert beurteilten: Ich gehörte zu jenen“, schreibt etwa Raymond Aron im Rückblick auf seine Zeitzeugenschaft im Berlin des Jahres 1933, die die These der Revolution . . . vertraten. Ein plötzlicher, von mehr oder weniger Gewalt begleiteter Wandel, die Ersetzung einer politischen Klasse, einer Ideologie, einer Form des Regierens durch eine andere wird Revolution genannt. Von März 1933 und besonders von Juni 1934 an vollzog der an der Macht befindliche Natio− nalsozialismus eine Revolution, und sicherlich keine Restauration“ [127: R. Aron, Über Deutschland und den Nationalsozialismus, 295]. Vor diesem Hintergrund versprach die Parole von der nationalen Erhebung“ der Bevölkerung und ihren Führungsschichten Befreiung von jener Frie− densordnung von Versailles, die allgemein als außenpolitische Schmach und Demütigung empfunden wurde. Und der Tatbestand einer sich scheinbar legal vollziehenden Revolution vermied es, gerade einem damals den Werten von Ordnung und Gesetz so anhängenden Volk wie dem deutschen als Rechtsbruch verdächtig zu werden. Dadurch, daß Recht im Namen des Gesetzes gebrochen wurde, erhielt die Machtergreifung“ den Verwirrung stiftenden und Vertrauen heischenden Schein der Legalität, hinter dem Hitlers totalitäre Diktatur errichtet wurde. Als es darum ging, den parlamentarischen Verfassungsstaat zu über− winden, bestand das Rezept des nationalsozialistischen Erfolges darin, mit dem Terror zu drohen und ihn auch tatsächlich dort einzusetzen, wo die bis zum äußersten ausgedehnten Mittel der Legalität nicht mehr ausreichten. Ebenso entscheidend aber wurde auch die unverkennbare Sehnsucht vieler Deutscher nach Erlösung vom Vergangenen, die sich im ersten Halbjahr 1933 zu einer mächtigen, Hitlers Bewegung“ weit in die Zukunft hinein tragenden Stim− mungswoge auftürmte. Daß in diesem Zusammenhang die weitgehend antiparlamentarische Orien− tierung der deutschen Eliten den Vorgang der Machtergreifung“ erleichterte, begünstigte und förderte, liegt ebenso auf der Hand, wie ein nicht zuletzt auch von der weltwirtschaftlichen Entwicklung mitgetragener Aufschwung der Volkswirtschaft der nationalsozialistischen Politik in der Anfangsphase des Dritten Reiches“ zugute kam. Die Tatsache, daß dabei eine wirtschaftliche Konjunktur entfacht wurde, die, wie sich in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre zeigte, in hohem Maße von der Rüstungswirtschaft mit ihren verhäng− nisvollen Begünstigungen der Kriegspolitik Hitlers abhängig war, wollten die− jenigen, die sie nach der Machtergreifung“ in Gang setzten und souverän zu

National− sozialistische Re− volution

Repression und Emotion

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Rassistische Ziel− setzung

Planung und Improvisation

I. Darstellung

steuern glaubten, lange Zeit nicht sehen. Und daß der Zustand der trügerischen Ruhe, der in Deutschland einkehrte, damit erkauft wurde, daß der terroristische Ausnahmezustand an die Stelle des bürgerlichen Rechtsstaates trat, haben viele der konservativen Förderer und Partner Hitlers, die ihm zur Macht verhalfen und danach mit ihm zusammenarbeiteten, später mit dem Tode bezahlen müssen. Noch bestanden indes die nicht zu übersehenden konservativen Bastionen im Führerstaat“ Hitlers, der mit der Aktion des so genannten Judenboykotts“ am 1. April 1933, dem Erlaß des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ am 14. Juli 1933 und der so genannten Nürnberger Gesetze“ am 15. September 1935 schon weit über die Gegenwart hinausweisend seine rassistische Zielsetzung als Triebkraft und Bewegungsgesetz des Dritten Reiches“ zu erkennen gab. Während Vertreter der alten Führungsschichten noch davon ausgingen, Hitler und seine Bewegung“ in sozialkonservativem Sinne zur Bewahrung der über− lieferten Ordnung benutzen zu können, hatten er und seine Partei den Spieß bereits umgedreht und bedienten sich der traditionellen Eliten, ihres Sach− verstandes und ihres Einflusses, so lange, wie sie ihnen nützlich sein konnten und wie man auf sie angewiesen war. Charakteristisch für die Anfangsphase der Geschichte des Dritten Reiches“ war eine sich aus unübersehbarer Inter− essenidentität ergebende Kooperation zwischen Nationalsozialisten und Kon− servativen, deren Zusammengehen letztlich das Schicksal der von beiden Part− nern abgelehnten Weimarer Demokratie besiegelt hatte. Neben allgemeinen Voraussetzungen der deutschen politischen Kultur (vgl. Schlußbetrachtung) und den planenden Absichten Hitlers kamen den Natio− nalsozialisten in den stürmischen Monaten der Machtergreifung“ und Gleichschaltung“ ohne Zweifel auch unvorhergesehene Situationen und hi− storische Zufälle zu Hilfe. Sie wurden von der auf die Eroberung der Macht gerichteten Partei zwar improvisiert, aber doch gezielt genutzt. Mit der festen, wenn auch inhaltlich kaum klar umrissenen Absicht vor Augen, Deutschland grundsätzlich umzugestalten, der Partei und ihrem Führer“ im Inneren das unbestrittene Machtmonopol zu verschaffen und in außenpolitischer Hinsicht den internationalen Status quo weit über die revisionistischen Zielsetzungen des Weimarer Staates und des konservativen Deutschland hinaus zu revolutionieren, um endlich – in weiter Ferne – unter innen− und außenpolitschem Gesichtspunkt das utopische Ziel einer Rassendiktatur in globalem Maßstab zu verwirklichen, wurde aus sich jeweils ergebenden Gelegenheiten Kapital geschlagen und mit diabolischer Meisterschaft das Zufällige mit dem Beabsichtigten vereinbart.

B. DIE VORBEREITUNG DES KRIEGES (1936–1939)

1. Deutsche Außenpolitik zwischen Revision und Expansion Vier weltpolitisch wirksame Faktoren trugen während der dreißiger Jahre in entscheidendem Maße dazu bei, daß Hitler seine revisionistisch erscheinende Expansionspolitik eine geraume Zeitlang, zweifellos erfolgreich und ver− gleichsweise ungestört, verfolgen konnte: 1. Die Aufmerksamkeit der Mächte, insbesondere Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika, wurde immer wieder auf die ostasiatische Dauerkrise gelenkt. Sie war im September 1931 durch Japans kriegerisches Vor− gehen gegen China in der Mandschurei zum Ausbruch gekommen und steigerte sich durch den japanischen Überfall auf Luk’ou−tchio vom 7. Juli 1937 zur bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Japan und China. 2. Der Mittelmeerraum war durch den Krieg Italiens gegen Abessinien (Ok− tober 1935 – Juli 1936) und durch den Spanischen Bürgerkrieg (Juli 1936 – März 1939), der alle Großmächte Europas ebenso wie die UdSSR und die USA mehr oder minder intensiv einbezog, zumindest aber in ihrer Aufmerksamkeit be− schäftigte, zu einem weltpolitischen Krisenzentrum geworden: Neben dem ostasiatischen und dem kontinentaleuropäischen Schauplatz war es vor allem für die Wahrung der britischen Weltmachtinteressen maßgebend und beanspruchte Englands Engagement durchgehend. 3. In den dreißiger Jahren erwies sich zunehmend mehr, wie problematisch und künstlich“ [R. Aron] sich das Pariser Friedenswerk (1919/20) ausnahm, da es zu viele Konflikte zwischen etablierten Siegern, zu kurz gekommenen Siegern und Besiegten“ [994: A. Hillgruber, Grundzüge der nationalsozialistischen Außen− politik, 329] ungelöst gelassen bzw. geschaffen hatte. 4. Der britisch−sowjetische Weltgegensatz, der sich in Ostasien, im Mit− telmeerraum und in Kontinentaleuropa auswirkte, begünstigte die revi− sionistische und expansionistische Politik des deutschen Diktators. Im Grunde konnte er erst im Jahre 1941 notdürftig überbrückt und vorläufig vertagt werden, als sich Hitlers kriegerische Herausforderung gleichzeitig gegen Großbritannien und die Sowjetunion richtete und die ideologischen sowie machtpolitischen Rivalen der Staatenwelt in eine Partnerschaft zwang. Unter Ausnutzung und im Windschatten dieser Spannungen, Krisen und Kriege verfolgte das Dritte Reich“ in den Jahren von 1936 bis 1939, zielstrebig und elastisch zugleich, die programmatische Politik seines Diktators. Um sie zu verwirklichen, bemühte es sich in erster Linie darum, Großbritannien und an− gesichts des englischen Zögerns mehr und mehr auch Italien und Japan für seine Strategie zu gewinnen, die bevorzugt gegen die Sowjetunion zielte. Dabei unternahm Hitler nach der ersten (1933–1935) erfolglos verlaufenen Phase des Werbens um Großbritannien zwischen 1935 und 1937 den Versuch,

Weltpolitische Be− dingungen deutscher Außenpolitik

Methoden der Eng− landpolitik

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Deutsch−öster− reichisches Abkommen

I. Darstellung

England auch durch Drohungen gefügig zu machen, indem er beispielsweise am 7. März 1936 zum ersten Mal offiziell für das Deutsche Reich koloniale Revision verlangte. Als mögliches Sanktionsmittel sollte diese Forderung Großbritannien zum Einlenken in Hitlers Bündnisplan bewegen, während sie als Fernziel der Politik des Dritten Reiches“ erst nach der Verwirklichung der konti− nentaleuropäischen Eroberungen Aktualität gewinnen sollte. Vom Jahresende 1937 an steuerte Hitler gegenüber Großbritannien einen ambivalenten Kurs, den er in gewisser Hinsicht sogar noch nach dem 3. September 1939 weiter verfolgte. Einerseits arbeitete der Diktator nach wie vor auf die Ideallösung eines Bünd− nisses mit England hin, andererseits gewöhnte er sich nicht zuletzt auch unter dem Einfluß seines außenpolitischen Beraters von Ribbentrop mehr und mehr an den Gedanken, seine politischen Ziele möglicherweise an England vorbei bzw. sogar gegen Großbritannien durchsetzen zu müssen. Im Zuge seines Planes, zwischen der See− und Kolonialmacht England und der Land− und Hegemonialmacht Deutschland machtpolitische Interessensphären aufzuteilen, erachtete Hitler es als selbstverständlich, daß Großbritannien sich seiner Forderung nach Revision des Versailler Vertrages und seinen mittel− sowie osteuropäischen Expansi− onsvorhaben nicht entgegenstellen werde. Sein Bemühen um Englands Freundschaft, das im Zentrum seiner Bündnispolitik stand, konnte Hitlers Selbstverständnis gemäß nicht damit erkauft werden, daß er im kontinental− und osteuropäischen Bereich stillhielt. In diesem Sinne bewertete er jeden Schritt, den er nunmehr in der aktiven Phase seiner Außenpolitik unternahm, als einen Test auf Englands Haltung gegenüber seinen außenpolitischen Plänen, über deren End− ziele die Briten lange Zeit im dunkeln tappten. Schon anläßlich seines Besuches am 25./26. März 1935 in Berlin hatte Außen− minister Simon erkennen lassen, daß Großbritannien in Mittel− und Ostmit− teleuropa den deutschen Forderungen entgegenzukommen bereit sein würde. Als Mussolini dann am 6. Januar 1936 dem deutschen Botschafter in Rom, Ulrich von Hassell, erklärte, Italien habe nichts dagegen einzuwenden, daß Österreich ein Satellit“ des Reiches werde, war eine Entwicklungslinie in− ternationaler Politik vorgezeichnet. Zwar kam es aufgrund des deutsch−öster− reichischen Abkommens über die Wiederherstellung freundschaftlicher Bezie− hungen vom 11. Juli 1936 scheinbar zu einer diplomatischen Normalisierung zwischen Wien und Berlin. Doch das, was zwischen den ungleichen Partnern nunmehr geregelt wurde, stellte nach dem entlarvenden Urteil von Joseph Goeb− bels nur die Voraussetzung für einen 30. Jänner 1933 in Österreich“ dar. Denn es ist gar nicht zu übersehen, daß sich die österreichische Regierung im öffentlichen Teil des Juli−Abkommens“ dazu verpflichtete, in ihrer Politik der Tatsache Rechnung zu tragen, daß Österreich sich als deutscher Staat bekennt“. Und im vertraulichen Teil der Abmachungen hatte sie zudem zu versprechen, ihre Außen− politik unter Bedachtnahme auf die friedlichen Bestrebungen der Außenpolitik der deutschen Reichsregierung zu führen“. Mit dem Anschluß“ Österreichs an

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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das Deutsche Reich im März 1938 fand diese Politik ihren Endpunkt. Die Konzession Mussolinis war nicht zuletzt auch das Resultat eines von Hitler raffiniert betriebenen Doppelspiels, mit dem er im Abessinienkrieg agierte. Einerseits bestärkte er den Duce“ in seinem militärischen Vorgehen gegen Äthiopien und lieferte andererseits dem abessinischen Negus für seinen Kampf gegen die Italiener heimlich Waffen. Auf diesem Weg gedachte Hitler, den afrikanischen Konflikt möglichst zu verlängern, das Interesse der beiden West− mächte auf den mittelmeerisch−afrikanischen Bereich zu lenken, Mussolinis nicht zuletzt wehrwirtschaftlich bedingte Abhängigkeit vom Dritten Reich“ zu vergrößern und Rom dadurch an die Seite Berlins zu ziehen. Kaum nennenswerten Widerstand leisteten die Briten, als Hitler im Schatten des abessinischen Krieges in einem Überraschungscoup am 7. März 1936 die ent− militarisierte Zone des Rheinlandes wiederbesetzen ließ, da dieser Schritt die Interessen der englischen Weltmacht kaum wesentlich zu berühren schien. Nachdrücklich wurde der Diktator bei diesem Unternehmen von seinen kon− servativen Regierungspartnern bestärkt, als er die Unterzeichnung des franzö− sisch−sowjetischen Beistandspaktes vom 2. Mai 1935 zum Anlaß nahm, sich im Westen die für seine Ostpolitik notwendige Rückenfreiheit zu schaffen. Frank− reichs Reaktionsvermögen war aus innen− und militärpolitischen Gründen ge− lähmt, und Großbritannien demonstrierte sein Desinteresse gegenüber einer Aktion der Deutschen, deren gewaltsame Methode es zwar verurteilte, dessen Ziel es jedoch im Grunde billigte. Insgesamt vermochte diese Begebenheit Eng− land jedenfalls nicht an dem Versuch zu hindern, mit Hitler doch noch zu einem friedlichen settlement“ zu kommen. Der Diktator aber hatte ein entscheidendes Revisionsziel erreicht, das seine Popularität in der Bevölkerung steigerte. Wenn die Spitzen der Wehrmacht und des Auswärtigen Amts auch wichtige Rollen im Zusammenhang mit der Rheinlandbesetzung gespielt hatten, so war doch unübersehbar, daß Hitler zunehmend souverän über die Außenpolitik des Reiches bestimmte, deren antisowjetische Ausrichtung gerade im Verlauf des Jahres 1936 immer deutlicher hervortrat. In Gegenwart von Goebbels’, von Papens und von Ribbentrops reflektierte er am 8. Juni 1936 auf einen im Fer− nen Osten“ heraufziehenden Konflikt. In seinem Verlauf werde Japan . . . Ruß− land verdreschen“, so daß dieser Koloß“ daraufhin ins Wanken kommen“ werde. Und dann ist unsere große Stunde da“, hielt der Reichspropa− gandaminister dasjenige fest, worauf Hitler fanatisch hoffte: Dann müssen wir uns für 100 Jahre an Land eindecken“. Und dementsprechend äußerte der Diktator fünf Tage nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Spanien gegenüber dem japanischen Militärattach General Oshima am 22. Juli 1936 in Bayreuth seine programmatisch festliegende Ab− sicht, wonach der Riesenblock Rußland wieder in seine ursprünglichen hi− storischen Teile zerlegt“ werden müsse. Im Zusammenhang damit ist auch die im August und September 1936 forcierte Propaganda des nationalsozialistischen Regimes gegen den Weltkommunismus und die Sowjetunion zu sehen. Einerseits

Deutschland, Italien und der Abessi− nienkrieg

Einmarsch in die entmilitarisierte Zone des Rhein− landes

Antisowjetische Ausrichtung der deutschen Außen− politik 1936

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Achse Berlin – Rom“ und Anti− komintern−Pakt“

Von Ribbentrops außenpolitische Konzeption

Eingreifen in den Spanischen Bür− gerkrieg

I. Darstellung

war sie Ausdruck der ideologischen Ziele Hitlers, und andererseits sollte sie die Funktion erfüllen, das Deutsche Reich als Garanten einer großangelegten an− tibolschewistischen Politik in erster Linie für die Westmächte, insbesondere für Großbritannien, und im Falle eines Mißerfolgs in dieser Beziehung ersatzweise auch für Japan und Italien als den einzig in Frage kommenden Bündnispartner erscheinen zu lassen. Das erhoffte Einvernehmen mit Großbritannien stellte sich jedoch vorläufig nicht ein. Daher wählte Hitler mit der von Mussolini in seiner Mailänder Rede am 1. November 1936 proklamierten Achse Berlin – Rom“ und mit dem am 25. November 1936 mit Japan abgeschlossenen Antikomintern−Pakt“ vor− läufige Aushilfslösungen, die folgenden Zielen dienen sollten: Zum einen sahen die Geheimklauseln des Vertrages mit Japan vor, gegenseitig wohlwollende Neu− tralität zu wahren, falls einer der vertragschließenden Partner in einen Krieg mit der Sowjetunion gerate. Zum anderen gewann die Annäherung an Japan und Italien in Hitlers Gedankenbildung gewissermaßen Ersatzfunktion für den Fall, daß sich England nicht zum Bündnis bewegen lassen werde. Damit einhergehend erhielt insbesondere die deutsche Japanpolitik in von Ribbentrops Überlegungen jetzt bereits die Bedeutung einer alternativ ent− worfenen Konzeption zu Hitlers Programm“. Sie war ausgesprochen anti− englisch orientiert und spekulierte auf eine kontinentale Machtzusam− menballung gegen Großbritannien (und die Vereinigten Staaten von Amerika), die sich von Japan bis Spanien erstrecken sollte. Während Hitlers Politik an− tisowjetisch und probritisch orientiert war, steuerte von Ribbentrop (ab 1938/39 deutlicher sichtbar als zuvor) längerfristig einen eher auf die Bewahrung der sowjetischen Neutralität gerichteten und antienglisch bestimmten Kurs in der deutschen Außenpolitik. Die Verfolgung dieser Vorstellungen hinderte von Rib− bentrop freilich nicht daran, als Botschafter des Deutschen Reiches in London von 1936 bis 1938 ganz im Sinne Hitlers um Verständnis für Deutschlands Ostpolitik zu werben. Denn diesen Auftrag, ihm endlich das englische Bündnis zu bringen, hatte Hitler von Ribbentrop erteilt, als er ihn im August 1936 zum Nachfolger Leo− pold von Hoeschs auf den Londoner Botschafterposten berief. Seinen Wunsch nach freier Hand“ im Osten Europas bekräftigte Hitler auch im Gespräch mit dem neu ins Amt gekommenen italienischen Außenminister Graf Ciano, als dieser ihn am 24. Oktober 1936 auf dem Berghof besuchte und als im Verlauf der Unterredung der Mittelmeerraum, der Balkan und der Nahe Osten zum ita− lienischen Einflußgebiet gezählt wurden. Hitlers antikommunistische und antisowjetische Orientierung zeigte sich er− neut deutlich, als er am 25. Juli 1936 dem Hilfeersuchen von General Franco nachkam und sich dazu entschloß, auf seiten der Rebellen in den Spanischen Bürgerkrieg einzugreifen – ein Schritt, der für den Sieg Francos wesentlich werden sollte. Erst nachdem Hitler sich aus politischen Gründen für diese Intervention entschieden hatte, wurde Spanien das Betätigungsfeld mannigfacher,

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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vornehmlich von Hermann Göring betriebener wirtschaftlicher Aktivitäten, die jedoch für den Entschluß des Diktators sekundär blieben. Maßgeblich für die Entscheidung Hitlers war in erster Linie die politische Überlegung, angesichts der seit dem Juni 1936 in Frankreich amtierenden Volksfrontregierung zu verhindern, daß möglicherweise auch Spanien einen innenpolitischen Weg einschlagen würde, der das Land eher an die Sowjetunion als an das Deutsche Reich heranführen und der Deutschland seiner Rückenfreiheit für den beabsichtigten Schlag gegen die UdSSR berauben könne. Gelingt es wirklich, ein kommunistisches Spanien zu schaffen“, begründete der Diktator seinen Interventionsentschluß, so ist bei der derzeitigen Lage in Frankreich die Bolschewisierung auch dieses Landes nur eine Frage kurzer Zeit und dann kann Deutschland ,einpacken‘. Eingekeilt zwischen dem gewaltigen Sowjetblock im Osten und einem starken kommunistischen französisch−spanischen Block im Westen könnten wir kaum noch etwas aus− richten, falls es Moskau gefällt, gegen Deutschland vorzugehen“. In ideologischer und machtpolitischer Hinsicht ist die Intervention des Dritten Reiches“ in Spanien daher unter dem programmatischen Gesichtspunkt der gegen die Sowjetunion ausgerichteten Politik Hitlers zu beurteilen. Hinzu kam, daß sich Mussolini mit seinem Eingreifen auf der iberischen Halbinsel in wehr− wirtschaftlicher Hinsicht übernahm und sich für Hitler daraus erneut die Chance ergab, das auf deutsche Unterstützung angewiesene Italien stärker an die Seite des Reiches zu ziehen. Mit Interesse wurde in Berlin darüber hinaus Englands Haltung zum Spanischen Bürgerkrieg beobachtet und auch im Hinblick auf diesen Testfall festgestellt, daß Großbritannien vor allen Dingen darauf be− dacht war, einen großen Krieg in Europa zu vermeiden und Hitler ebenso wie Mussolini, aber auch Stalin in Spanien gewähren ließ. Im übrigen diente der sich hinziehende spanische Konflikt dazu, die Aufmerksamkeit der europäischen Großmächte zu fesseln und sie möglicherweise sogar militärisch zu bean− spruchen. Die deutsche Hilfe für Franco stellt sich mithin als eine Funktion der Außenpolitik Hitlers dar, die gegen die Sowjetunion gerichtet und für die Rea− lisierung der kontinentaleuropäischen Blitzfeldzüge“ Voraussetzungen zu schaffen bestrebt war. Ihr Ziel wurde auch in jener Denkschrift zum Vierjahresplan“ deutlich, in der Hitler Ende August 1936 forderte: Die deutsche Armee muß in vier Jahren einsatzfähig, die deutsche Wirtschaft in vier Jahren kriegsfähig sein“. Noch glaubte er daran, daß es ihm gelingen werde, Großbritannien für seinen Bünd− nisplan zu gewinnen – eine Annahme, in der er beispielsweise durch den aus seiner Sicht erfolgreich verlaufenen Besuch des ehemaligen britischen Premierministers Lloyd George am 4. September 1936 auf dem Obersalzberg bestätigt wurde. Allein, bereits im Herbst des Jahres zeigte er sich über das spröde England enttäuscht: Es will und will nicht“, hielt Goebbels die Klage Hitlers fest: Seine Führung hat keinen Instinkt“. Daß die im Mai 1937 ins Amt gekommene konservative Regierung Großbri− tanniens unter Neville Chamberlain durch eine systematisch betriebene Politik

Primat des außenpolitischen Motivs

Denkschrift zum Vierjahresplan“ (August 1936)

Englische Allianz oder europäische Friedensordnung

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Berlin – Rom – Tokio

Wendejahr“ 1937

Dynamik der Weltpolitik

Entscheidung zugunsten Japans

I. Darstellung

des Appeasement“ auf friedlichem Weg zu einem European settlement“ kom− men wollte, das sich grundsätzlich von Hitlers kriegerischer Methode und ex− pansiven Plänen unterschied, erkannte und verstand er niemals. Klarer wurde ihm jedoch im Verlaufe des Jahres 1937, daß England seinen Vorhaben Schwierigkeiten machte und Frankreich gleichzeitig mehr und mehr in die Abhängigkeit der britischen Politik geriet. Daher schloß Hitler seit Ende des Jahres 1937 nicht mehr länger aus, im Notfall an England vorbei oder ohne England“ handeln zu müssen. Ja, im Hinblick auf die Ersatzlösung“ [994: A. Hillgruber, Grundzüge der nationalsozialistischen Außenpolitik, 333] des von von Ribbentrop kon− struierten weltpolitischen Dreiecks“ Berlin – Rom – Tokio wurde jetzt auch die Möglichkeit erwogen, sogar eine gegen England gerichtete Politik zu ver− folgen, wenn der Diktator auch weiterhin durch Interviews, Gespräche und Kontakte darum bemüht war, das Bündnis mit Großbritannien doch noch zu erreichen. Das Jahr 1937, das zwischen den Überraschungen“ in der Anfangszeit des Dritten Reiches“ und den Krisen während der Zeit unmittelbar vor dem Kriegsausbruch lag, wurde für Hitler in gewissem Maße zu einem Wendejahr“. Zwar hielt er programmatisch an der Idee des Lebensraum“−Krieges fest, über− dachte jedoch unter dem Eindruck der ihn befallenden Zeitnot die bündnis− politischen Voraussetzungen und veränderte sie schließlich notgedrungen. Insgesamt zeichnete sich damals im Rahmen des internationalen Systems eine den Gang der Weltpolitik beschleunigende Dynamik ab, die für Hitlers revi− sionistisch aussehende Expansionspolitik vorteilhaft war, und die durchaus nicht allein auf Europa beschränkt blieb. Denn nicht nur der italienische Überfall auf Abessinien und der Spanische Bürgerkrieg hatten die internationale Ordnung erheblich erschüttert. Die Schwäche Frankreichs als europäische Vormacht und kontinentale Garantiemacht der Friedensverträge von 1919/20 war inzwischen auffällig enthüllt worden, der von Paris aus in erster Linie gegen Deutschland in Ostmitteleuropa errichtete Cordon sanitaire“ hatte sich nicht zuletzt angesichts des alles überlagernden britisch−sowjetischen Gegensatzes als recht fragwürdiges Abwehrinstrument erwiesen. Und in ebenso unverkennbarem wie ent− scheidendem Maße war Englands attentistische Haltung gegenüber allen Fragen der internationalen Politik hervorgetreten, die militärische Konsequenzen nach sich ziehen konnten. Darüber hinaus war seit der japanischen Invasion in der Mandschurei vom 18. September 1931 von Ostasien aus der globale Status quo schwerwiegend beeinträchtigt worden, und seit dem 7. Juli 1937 rückte der japanisch−chinesische Kriegsschauplatz durch den Zwischenfall an der Pekinger Marco−Polo−Brücke erneut ins Blickfeld. In kaum zu unterschätzender Weise band er die Aufmerksamkeit Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika. Im andauernden ostasiatischen Konflikt entschied Hitler – entgegen der traditionellen Linie des Auswärtigen Amts – am 18. Oktober 1937, nicht mehr länger China zu unterstützen und im japanisch−chinesischen Konflikt zu ver−

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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mitteln, sondern künftig eindeutig zugunsten Japans Stellung zu nehmen. Ebenso wie im Falle des italienischen Beitritts zum Antikomintern−Pakt“ vom 6. No− vember 1937 war dabei neben den Möglichkeiten antisowjetisch orientierter Politik nicht zu übersehen, daß nach Englands Zögern, auf das angebotene Bünd− nis einzugehen, eine antibritische Ausrichtung deutscher Außenpolitik erkennbar wurde. Hitlers Selbstverständnis zufolge – und anders als von Ribbentrop es damals schon plante – vermochte sie allerdings niemals das eigentliche ideo− logische und machtpolitische Ziel des Dritten Reiches“, die Eroberung von Lebensraum“ im Osten des europäischen Kontinents und die Zerstörung der Sowjetunion, zu verdrängen. In diesem Sinne wurde der Kampf gegen den Kommunismus auch weiterhin lautstark propagiert und politisch verfolgt. In seiner Rede auf dem Reichs− parteitag der Arbeit“ am 7. September 1937 sprach Hitler vom germanischen Reich“, das die deutsche Nation bekommen habe und das Bolschewismus und Judentum trotzen werde. Es waren mithin die ideologischen Triebkräfte des Antibolschewismus, der Lebensraum“−Eroberung und des Rassismus, die für die Gestaltung der Außenpolitik des Deutschen Reiches letztlich ausschlaggebend waren. Sie bestimmten Hitler dazu, einen Waffenstaat“ aufzubauen, um das Raumproblem zu lösen, wie er es anläßlich der Einweihung der Ordensburg Sonthofen am 23. November 1937 in einer Geheimrede programmatisch ver− kündete. Als eines der Grundmotive nationalsozialistischer Außenpolitik klang die Lebensraum“−Frage auch in Hitlers geheimer Ansprache vor Reichsau− ßenminister von Neurath und den Oberbefehlshabern der drei Wehrmachtteile am 5. November 1937 an. In dieser Rede, deren von Oberst Friedrich Hoßbach, dem Wehrmachtadjutanten Hitlers, angefertigte Niederschrift quellenkritisch nicht unproblematisch ist, inhaltlich allerdings mit zahlreichen anderen Schlüsseldokumenten“ zur nationalsozialistischen Außenpolitik überein− stimmt, nahm Hitler Ziele seiner geplanten Expansionspolitik in Ostmit− teleuropa, insbesondere im Hinblick auf Österreich und die Tschechoslowakei, ins Visier, die er möglichst im Verlauf des Sommers 1938 verwirklichen wollte. Darüber hinaus sprach er jedoch generell davon, daß die Raumfrage“ bis zum Zeitpunkt der Jahre 1943/45 gelöst sein müsse, da dann der Höhepunkt der militärischen Macht Deutschlands erreicht sein werde. Hitler fühlte sich unter Zeitdruck. Das entsprang Überlegungen persönlich−biographischer Natur, hing aber auch mit der zukünftig für das Reich wahrscheinlich ungünstigen Ent− wicklung der Weltpolitik zusammen. Denn einen Monat vor Hitlers grundsätzlichen Ausführungen vom 5. No− vember 1937 über den forciert zu verfolgenden Expansionskurs des Deutschen Reiches in den kommenden Jahren hatte der amerikanische Präsident Roosevelt in seiner Quarantäne−Rede“ in Chicago am 5. Oktober 1937 eine Warnung an die revisionistischen Staaten der Welt ausgesprochen, den Zusammenschluß aller friedlichen Nationen gefordert, mit dem Ausschluß der Rechtsbrecher aus der

Hitlers Ansprache vom 5. 11. 1937 (Hoßbach−Nie− derschrift“)

Verhältnis zu den USA, der UdSSR und Großbritannien

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Lord Halifax auf dem Berghof

Von Ribbentrop und England

Umgestaltungen in Wirtschaft, Wehr− macht und Aus− wärtigem Amt – Auftakt zur Expansion

I. Darstellung

Völkerfamilie gedroht und zumindest versuchsweise seine Entschlossenheit de− monstriert, die Vereinigten Staaten von Amerika aus ihrer politischen Abstinenz gegenüber den globalen Konflikten herauszuführen und Amerikas weltpolitische Rolle zu aktivieren. Doch entscheidender als die vorläufig fern und dumpf drohende amerikanische Union und die gegenwärtig nicht zuletzt aufgrund der blutigen Säuberungen“ Stalins in der Roten Armee militärisch gering ein− geschätzte Sowjetunion war für Hitler der Faktor Großbritannien“. England aber mußte der Diktator erst einmal unter die möglichen Gegner des Reiches rechnen. Nach wie vor war Großbritannien der Schlüssel zu Hitlers Außenpolitik. Mittlerweile hatte er sich dazu entschlossen, die nicht zur Annäherung bereiten Briten durch eine Politik des Druckes zumindest im Windschatten der in− ternationalen Politik zu halten, um seine Pläne verwirklichen zu können. Als am 19. November 1937 Lord Halifax als Emissär der Regierung Cham− berlain auf den Berghof kam und den Führer“ des Deutschen Reiches mit der vom neuen britischen Kabinett konzipierten Appeasementpolitik in Umrissen be− kanntmachte, waren die territorialen Veränderungsmöglichkeiten (Regelung der österreichischen, tschechischen und Danziger Frage in deutschem Sinne), die er Hitler als Konzessionen Londons in Ostmitteleuropa in Aussicht stellte, um das Deutsche Reich dafür in eine dauerhafte europäische Friedensordnung ein− zubinden, für den Diktator kaum noch interessant, da er Ostmitteleuropa oh− nehin schon als Einfluß− und Hegemonialbereich Deutschlands ansah. Hitler verlangte Alles oder Nichts“. Er erstrebte das englische Bündnis sowie freie Hand“ im Osten, er scheute aber auch nicht länger davor zurück, gegebenenfalls im Konflikt mit Großbritannien seine programmatischen Ziele zu ver− wirklichen. Zum Einlenken in das Bündnis bzw. zur stillschweigenden Tolerierung seiner geplanten Ostpolitik war die Regierung Chamberlain auf gar keinen Fall bereit, und Hitlers Skepsis gegenüber England wuchs. Bestärkt wurde er in dieser Haltung durch von Ribbentrops großen Bericht über die außenpolitische Lage und über Deutschlands Verhältnis zu England, den dieser als Fazit seiner Lon− doner Botschaftertätigkeit im Dezember 1937 verfaßte. Darin sprach von Rib− bentrop über die Aussichtslosigkeit, in deutschem Sinne mit Großbritannien ein Übereinkommen zu finden. Vielmehr empfahl er, sich darauf einzurichten, gegen England Front machen zu müssen. Hitlers bündnispolitischer Plan wankte be− denklich, wurde durch politische Ersatzlösungen (Italien und Japan) unzulänglich substituiert und im Hinblick auf Großbritannien vom Diktator auch zukünftig versuchsweise immer wieder verfolgt. Nach den Umgestaltungen im Bereich der Wirtschaft, der Wehrmacht und des Auswärtigen Amts Ende 1937/Anfang 1938, mit der Entlassung Schachts als Reichswirtschaftsminister am 26. November 1937, mit den Veränderungen in der Wehrmacht im Zuge der so genannten Blomberg−Fritsch−Krise“ im Januar/ Februar 1938 sowie mit der gleichzeitig damit einhergehenden Ersetzung von Neuraths als Außenminister durch von Ribbentrop waren die internen Vor−

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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aussetzungen für die gewaltsame Verwirklichung der Politik territorialer Verän− derungen in Ostmitteleuropa geschaffen. Daneben dienten diese spektakulären Aktionen jedoch auch dazu, die 1937/38 immer wieder aufbrechenden Span− nungen in der deutschen Führungsspitze über den innen−, außen− und wirt− schaftspolitischen Kurs des Deutschen Reiches zu verdecken und die Autorität des Führers“ zu stärken. Der erste außenpolitische Schlag des Dritten Reiches“ richtete sich sodann gegen Österreich, mit dem erst am 11. Juli 1936 ein die beiderseitigen Beziehungen regelndes Abkommen geschlossen worden war. Noch Ende Dezember 1937 hatte Hitler in bezug auf die österreichische Frage geäußert, keine Brachiallösung“ herbeiführen zu wollen. Offenbar schwebte ihm vor, in Österreich den Natio− nalsozialisten zu einer ähnlich angelegten Machtergreifung“ zu verhelfen, wie sie in Deutschland stattgefunden hatte. Zur Regelung des mittlerweile gespannten Verhältnisses zwischen den beiden Staaten gelang es dem deutschen Botschafter in Wien, von Papen, ein Treffen zwischen Hitler und dem österreichischen Bun− deskanzler Kurt von Schuschnigg auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden zu arrangieren, das am 12. Februar 1938 stattfand. In äußerst rüdem Ton sprang der deutsche Diktator dabei mit von Schuschnigg um und oktroyierte ihm eine einseitig abgefaßte Vereinbarung. Sie sah vor, die österreichischen Nationalsozialisten an der Regierung zu beteiligen, ihnen mit der Übernahme des Innenministeriums die Polizeigewalt zu übergeben und der Partei freie Betätigung zu erlauben. Um eine nationalsozialistische Machtübernahme zu verhindern, ergriff der österreichische Bundeskanzler am 9. März 1938 die Flucht nach vorn und beraumte für den 12. März 1938 eine Volksabstimmung an. In ihr sollten die Österreicher sich Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich!“ entscheiden. Das Wahlalter der Bevölkerung wurde auf 24 Jahre heraufgesetzt, um die zu großen Teilen vom Deutschen Reich und vom Nationalsozialismus begeisterte Jugend an der Stimmabgabe zu hindern. Improvisationen in der mangelhaften Wahlvor− bereitung waren unübersehbar, und sie gaben Hitler endlich den Vorwand, von Schuschnigg zu einem Verzicht auf die Volksabstimmung zu zwingen. Inzwischen drängten Göring und von Ribbentrop auf einen militärischen Einmarsch in Österreich. Mussolini erklärte Hitler, er werde anders als 1934 dieses Mal in die österreichischen Angelegenheiten nicht eingreifen. Die Achse Berlin – Rom“ erwies sich also tatsächlich, wie der Schweizer Historiker J. R. von Salis es bildhaft umschrieben hat, als der Spieß, an dem die Alpenrepublik so lange braun gebraten“ wurde, bis sie von Hitlers Deutschland verspeist werden konnte: Am 11. März wich der österreichische Bundeskanzler dem Druck eines deutschen Ultimatums, das mit dem Einsatz von Truppen für den Fall drohte, daß er nicht zurücktreten und dem Nationalsozialisten Arthur Seyß−Inquart sein Amt über− geben werde. Schuschniggs verzweifelter Appell an die europäischen Mächte verhallte ergebnislos, und Seyß−Inquart trat an seine Stelle. Als nun aber der österreichische Bundespräsident Wilhelm Miklas sich weigerte, den Natio−

Verhältnis zu Österreich

Österreichische Krise

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Anschluß“ Österreichs

Tschecho− slowakische Krise

I. Darstellung

nalsozialisten zum Bundeskanzler zu ernennen, gab Hitler am 11. März 1938 den Befehl zum Einmarsch. Selbst ein spätes Einlenken des österreichischen Bun− despräsidenten in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 konnte die mili− tärische Lösung nicht mehr verhindern. Den Vorwand lieferte ein von Göring veranlaßtes Telegramm, in dem der zur neuen österreichischen Regierung ent− sandte SS−Obergruppenführer Wilhelm Keppler einen unautorisierten Hilferuf der österreichischen Regierung an das Reich nach Berlin abgab. Am 12. März 1938 marschierten Verbände der deutschen Wehrmacht nach Österreich ein, nachdem von Ribbentrop aus London Göring telefonisch ver− sichert hatte, England werde nicht intervenieren. Während Hitler bei Beginn des Einmarsches noch vorhatte, Österreich im Zuge einer Union mit Deutschland zu verbinden, entschloß er sich angesichts des ihn und die deutschen Truppen empfangenden Jubels der Bevölkerung spontan, Österreich durch einen völligen Anschluß“ mit dem Deutschen Reich zu vereinigen. Im Prinzip war es aus seiner Sicht nicht entscheidend, in welcher Form Österreich dem Dritten Reich“ angeschlossen wurde, wenn es der deutschen Großmacht nur zur strategischen Umklammerung der Tschechoslowakei und als Satellit für die kommenden Aus− einandersetzungen zur Verfügung stand. Nunmehr dominierte das Deutsche Reich in Kontinentaleuropa ganz un− übersehbar und schien zusammen mit Italien und Japan die Geschicke der Welt souverän zu steuern. Zwar verurteilte Großbritannien die Art und Weise des deutschen Vorgehens, erkannte jedoch den Anschluß“ innerhalb von vierzehn Tagen an. Hitler hatte erfahren, daß er auf Mussolini zu zählen vermochte und daß England offensichtlich zu kämpfen nicht bereit war. Krieg zu führen, so lautete die damals in Großbritannien allgemein vorwaltende Überzeugung, würde selbst im Fall eines militärischen Erfolges so viel kosten“, hatte sogar der schärfste Kritiker der Appeasementpolitik, Winston Churchill, im März 1937 eingeräumt, daß der Sieg wie eine Niederlage aussehen würde“. Mehr noch: Hitler konnte auch darauf vertrauen, daß Japan, dessen Satellitenregime in Mandschukuo er am 17. Februar 1938 anzuerkennen bereit war, an seiner Seite stand und daß Amerikas Aufmerksamkeit durch Japan von Europa auf Ostasien gelenkt schien. Vor diesem weltpolitischen Hintergrund faßte er am 28. März 1938 den Ent− schluß, die tschechoslowakische Frage in nicht allzu langer Zeit zu lösen“. Europa stand eine weitere Krise bevor, und Hitlers nächstes Ziel in Ostmit− teleuropa rückte in Reichweite, während in Deutschland die Rüstung auf Hoch− touren lief, die flotten− und kolonialpolitischen Vorbereitungen bereits auf die überseeische Stufe deutscher Weltmachtpolitik verwiesen und die rassen− politischen Maßnahmen“ des Regimes auf das Bewegungsgesetz der Politik des Dritten Reiches“ hindeuteten. Und an eben jenem 28. März 1938 empfing Hitler den Führer der Sude− tendeutschen Partei, Konrad Henlein, empfahl ihm, stets höhere Forderungen zu stellen, als die Tschechen erfüllen könnten, und plante, die vom tsche−

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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choslowakischen Staat benachteiligten Sudetendeutschen als Sprengsatz seiner expansiven Politik zu benutzen. Die so genannte Sudetenkrise“ nahm ihren von Deutschland aus gesteuerten Verlauf. Nachdem die Tschechen am 20. Mai 1938 in der unzutreffenden Annahme, ein deutscher Angriff stehe unmittelbar bevor, mobilisiert hatten, gleichzeitig England unter der Bedingung, daß auch Frankreich die Tschechoslowakei unterstützen werde, in Berlin Entschlossenheit zum Kampf bekundet hatte – während es ansonsten alles tat, das ohnehin schon zurückhaltende Frankreich zum Stillhalten zu bewegen – und alles in allem die europäische Öffentlichkeit den Eindruck gewonnen hatte, Hitler sei vor den Tschechen und Briten zurückgewichen, forcierte der Diktator das Tempo der Krise. Am 30. Mai erging seine Weisung an die Wehrmacht, daß es sein un− abänderlicher Entschluß“ sei, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen“. Dazu ließ er die Wehrmacht für den 1. Oktober 1938 in Bereitschaft versetzen. Im gleichzeitig anlaufenden Propa− gandafeldzug wurde immer wieder beteuert, die Abtretung des Sudetenlandes sei die letzte territoriale Forderung des Deutschen Reiches. Die Krise spitzte sich zu, und alle Welt blickte auf England, dessen Regierung kühle Zurückhaltung wahrte gegenüber den gleichzeitig an sie herangetragenen Bitten des sich formierenden konservativen Widerstandes in Deutschland, Hitler dieses Mal entschiedener entgegenzutreten, um ihm eine außenpolitische Nie− derlage zu bereiten und um dadurch die Voraussetzung für einen innenpolitischen Umsturz in Deutschland zu schaffen. Neville Chamberlain war aus außen− und innenpolitischen Gründen nach wie vor eher daran interessiert, Europas Frieden offiziell im Zusammenwirken mit der deutschen Regierung und nicht konspirativ mit den oppositionellen Jakobiten am Hof von Frankreich“, als die ihm die Sendboten der Verschwörer vorkamen, zu bewahren. Er war dazu bereit, Deutschlands Wünschen nach Veränderungen des Status quo in Mittel− und Ostmitteleuropa großzügig entgegenzukommen sowie über wirtschaftliche Ver− günstigungen und koloniale Entschädigungen für das Reich zu verhandeln, um den europäischen und globalen Status quo im großen und ganzen zu sichern und um vor allem der für England und das Empire als tödlich angesehenen Kriegsgefahr zu entgehen. Daher flog der britische Premierminister auf dem Höhepunkt der Krise, nachdem Hitler auf dem Nürnberger Parteitag mit dem Einmarsch in die Tschechoslowakei gedroht hatte, am 15. September 1938 zu dem deutschen Diktator, um ihm auf dem Obersalzberg in persönlichen Verhandlungen die Übergabe der sudetendeutschen Territorien anzubieten, um damit zu ver− hindern, daß das Deutsche Reich sich den tschechoslowakischen Staat insgesamt einverleibte, und um den Führer“ vor allem von kriegerischen Schritten fernzuhalten. Als er nach Beratungen mit seinem Kabinett am 22. September 1938 wiederum in Deutschland, diesmal in Bad Godesberg, mit Hitler zusammentraf und die eine Woche zuvor ausgehandelte Anerkennung auf das Selbstbestimmungsrecht der

Mobilmachung der Tschechoslowakei (Wochenendkrise“)

Weisung an die Wehrmacht zur Zerschlagung der Tschechoslowakei

Chamberlain und Hitler

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Münchener Konferenz

Deutsch−britische Konsulta− tionserklärung

I. Darstellung

Sudetendeutschen und die Abtretung der Region nunmehr auch offiziell von seiten des britischen Kabinetts gebilligt worden waren, verlangte Hitler von den Regierungen der beiden Westmächte darüber hinaus den unmittelbaren Einmarsch der Wehrmacht und eine Abstimmung in einem nicht genau fixierten Territorium; ferner ermunterte er Polen und Ungarn dazu, ihrerseits Gebietsforderungen gegenüber der tschechoslowakischen Republik zu erheben. Wenn es auch so schien, daß nach dem Scheitern der Godesberger Konferenz (22.–24. 9.1938) Europa der Krieg nicht länger erspart bleiben würde, so hatte sich doch faktisch für die englische Seite kaum etwas geändert: Britische Interessen schienen nicht wesentlich verletzt und mithin war kein neuer Grund zum Krieg gegen Deutschland entstanden. Vor dem Hintergrund eines auf den 28. September befristeten Ultimatums des Deutschen Reiches und der Kriegsvorbereitungen der Westmächte bat die britische Regierung den italienischen Diktator Mussolini um Vermittlung. Das Ergebnis war die Münchener Konferenz vom 29. September 1938. Dort unterbreitete der Duce“ Großbritannien, Frankreich und dem Deut− schen Reich einen Vorschlag, der von deutscher Seite aus vorbereitet worden war. Er kam aus jenen Kreisen im Auswärtigen Amt um Staatssekretär Ernst Freiherr von Weizsäcker und in den Stäben des Vierjahresplanes“ um Hermann Göring, die ein Interesse daran hatten, den Krieg zu vermeiden. Anders als Hitler, der nunmehr unter Einsatz militärischer Mittel dazu übergehen wollte, die zentraleuropäischen Bedingungen für seinen Eroberungs− und Rassenkrieg gegen die Sowjetunion zu schaffen, waren sie die Vertreter einer eher tra− ditionell ausgerichteten Großmachtpolitik. Sie strebten durchaus nach eu− ropäischer Vorherrschaft und kolonialen Ergänzungsräumen für das Deutsche Reich, aber sie rechneten damit, daß ihnen Großbritannien auch ohne und vielleicht gerade für den Fall des Verzichts auf kriegerische Lösungen ange− messen entgegenkommen werde. In einem gar nicht zu übersehenden Gegensatz zu Hitlers Kriegskurs übermittelten sie ihre alternativen Pläne dem gleichfalls auf Friedensbewahrung bedachten Mussolini, der sie sodann als Vermittler vorlegte. Den Tschechen wurde im wesentlichen auferlegt, im Zeitraum vom 1. bis zum 10. Oktober 1938 das Sudetengebiet an das Deutsche Reich zu übergeben und sich mit weiteren Gebietsabtretungen an Polen und Ungarn abzufinden. Dafür sollten sie von den Großmächten eine Garantie auf die Existenz ihres Reststaates erhalten. Der Friede Europas und der Welt war noch einmal gerettet worden, und die am 30. September 1938 von Chamberlain und Hitler unterzeichnete zusätzliche deutsch−britische Konsultationserklärung bestärkte den englischen Pre− mierminister in seinem festen Glauben, der deutsche Diktator werde letztlich doch noch in ein general and European settlement“ einwilligen und sich durch Angebote des economic“ und colonial appeasement“ befrieden lassen. Welch ein Trick“, vertraute Thomas Mann im Zusammenhang mit den dramatischen

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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Begebenheiten der tschechoslowakischen Krise seinem Tagebuch an, ein Groß− Reich aufzurichten durch Erpressung des pazifistischen Reifezustandes der an− deren!“ Daß Hitler aber nach wie vor seinen Kurs verfolgte, der gegen die Sowjetunion gerichtet war und auf Lebensraum“−Eroberung im Osten Europas zielte, zeigte sich schon sehr bald in den Verhandlungen zwischen von Ribbentrop und dem französischen Außenminister Bonnet, die in gewisser Parallelität zu der zwischen Hitler und Chamberlain am 30. September 1938 in München ausgetauschten deutsch−britischen Erklärung am 6. Dezember 1938 zu einer deutsch−franzö− sischen Erklärung führten. In diesem Zusammenhang bestand der deutsche Außenminister hartnäckig und, wie er subjektiv fälschlicherweise annahm, auch erfolgreich auf dem französischen Einverständnis zu einer deutschen Politik der freien Hand“ in Osteuropa. Die übergreifenden Ergebnisse und Konsequenzen der Münchener Konferenz lassen sich im Hinblick auf die deutsche und europäische Politik am Vorabend des Zweiten Weltkrieges so zusammenfassen: 1. Die Ereignisse der tschechoslowakischen Krise hatten Hitlers Kriegswillen deutlich werden lassen. Der Diktator gedachte, im Vertrauen auf Englands Neu− tralität die europäischen Etappen als Voraussetzungen seiner gegen Rußland gerichteten Politik mit militärischen Mitteln zu erreichen. Großbritannien sollte dabei auf den maritimen und überseeischen Bereich beschränkt werden. Daneben versuchte er, mit Frankreich ein Einvernehmen herzustellen, glaubte dann wieder daran, dieses unverkennbar geschwächte Land einfach ignorieren zu können, und erwog auch die zuvor schon einmal überlegte Möglichkeit aufs neue, den Nach− barn im Westen noch vor seinem Ausgreifen nach dem Osten Europas zu über− fallen. Gleichzeitig ließ er bereits auf kolonial−, flotten− und rassenpolitischem Sektor Instrumentarien bereitstellen und Lösungen erörtern, um im Sinne der Reali− sierung seines Programms“ gerüstet zu sein. Denn es wurde immer deutlicher, daß sich der außen− und rassenpolitische Grundplan des Diktators in zeitlicher Perspektive beträchtlich zusammenziehen würde. Die ursprünglich viel langfristiger entworfenen überseeischen Weltmachtpläne des Deutschen Reiches rückten schon für die zweite Hälfte der vierziger Jahre, nachdem die Eroberung des Kontinentalimperiums im Osten Europas Hitlers Vorstellungen gemäß vollendet sein würde, ins Blickfeld der deutschen Führung. Darüber hinaus aber hatten die Ereignisse vom Herbst 1938 gezeigt, daß es auf deutscher Seite im außenpolitischen Feld unterschiedliche Strömungen gab. Über einige von ihnen konnte man zeitgenössisch kaum unterscheidend sagen, ob sie Hitlers Plänen dienten und zur Dynamik seines Vorgehens beitrugen oder ob sie als Alternativen einer auf Friedensbewahrung angelegten, für die übrigen Mächte akzeptableren Großmachtpolitik anzusehen waren und vor allem der radikalen und utopischen, der globalen und rassischen Züge der Hitlerschen Gedan− kenbildung entbehrten. Heute wissen wir, daß auch sie letztlich, wenn freilich

Deutsch−franzö− sische Erklärung

Ergebnisse der Mün− chener Konferenz

Hitler unter Zeit− druck

Unterschiedliche Strömungen in der deutschen Außen− politik

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Sowjetunion und Münchener Konferenz

Appeasement“

Japan und die Neue Ordnung Ostasiens“

I. Darstellung

zuweilen wider den Willen oder ohne das Wissen ihrer Träger, mithalfen, das Programm“ des Diktators zu verfolgen. 2. Für den Fortgang der europäischen Großmachtpolitik entscheidend wurde die Tatsache, daß die Sowjetunion nicht an der Münchener Konferenz beteiligt worden war. Der englische Premierminister Chamberlain war bestrebt, sowohl die Vereinigten Staaten von Amerika als auch die Sowjetunion vom Geschehen in Europa fernzuhalten, das er nach wie vor als Zentrum der Welt ansah. Er wollte es vermeiden, dem wirtschaftlichen und imperialen Konkurrenzdruck der USA unmittelbar ausgesetzt zu sein, die sich anschickten, Großbritannien als Welt− macht abzulösen. Und er wollte dem ideologischen und machtpolitischen Aus− greifen der Sowjetunion, die er stets in höchstem Maße mißtrauisch und ablehnend beobachtete, nach Zentraleuropa hinein vorbeugen. Stalin seinerseits zog aus dieser Auskreisung“ seines Landes aus dem Konzert der europäischen Mächte die Konsequenz, die seit 1934/35 von der Sowjetunion betriebene Politik der kollektiven Sicherheit“ als gescheitert zu betrachten. Er argwöhnte ein Zusammengehen der kapitalistisch−revisionistischen mit den kapitalistisch−nichtrevisionistischen Staaten gegen die kommunistische So− wjetunion. Daher folgerte er, es sei nunmehr dringend notwendig, eine von ihm auch bereits zuvor in den dreißiger Jahren gegenüber Deutschland in Erwägung gezogene und versuchsweise angedeutete Neuorientierung der so− wjetischen Außenpolitik einzuleiten. Sie führte endlich dazu, sich aus einem subjektiv begreiflichen Sicherheitsbedürfnis heraus Hitlers Deutschland zu nä− hern, um der Gefahr einer gegen die Sowjetunion gerichteten Einheitsfront“ der kapitalistischen Staaten zu entgehen und um diese vielmehr ihrerseits un− tereinander in einen Krieg zu verwickeln. In München wurden mithin Grund− lagen für den Abschluß des deutsch−sowjetischen Nichtangriffspaktes vom 23. August 1939 gelegt. 3. Durch die Beschlüsse der Münchener Konferenz war deutlich geworden, daß Chamberlain und sein inneres Kabinett“ um nahezu keinen Preis, gewiß aber nicht um den territorialer Zugeständnisse an das Reich in Mittel− und Ostmit− teleuropa sowie der mehr oder minder offenen Hegemonie Deutschlands in dieser Region, von ihrem Konzept des Appeasement“ als einer systematisch verfolgten und durch elementare Interessen englischer Außen− und Innenpolitik bestimmten Strategie abzubringen waren. Offensichtlich hatte der Premierminister die drohende Kriegsgefahr im September 1938 erfolgreich beigelegt, und es kam seinem Verständnis nach jetzt darauf an, die noch zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien stehenden Probleme auf kolonial−, wirtschafts− und rüstungspolitischem Sektor vernünftig und unter Vermeidung schwerer Konflikte zu regeln. 4. Japan, dessen ostasiatische Expansion nicht nur die Aufmerksamkeit der Sowjetunion band, sondern auch Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika beschäftigte, verkündete im Gefolge des in München sichtbar gewordenen Zurückweichens der Westmächte vor Hitlers Deutschland am

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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22. Dezember 1938 die Neue Ordnung Ostasiens“: Von China, das vom Kai− serreich seit dem Sommer 1937 mit Krieg überzogen wurde, wollte der neue Hegemon nicht mehr lassen. Dennoch: Insgesamt war es das Dritte Reich“, welches das europäische Zentrum der Weltpolitik weit gefährlicher her− ausforderte, als Japan das ostasiatische Teilsystem bedrohte. Hitler stand im Herbst 1938 auf einem Höhepunkt seiner Macht und Popu− larität. Auf revisionistischem Gebiet hatte er erreicht, wovon die Mehrzahl der Politiker und der Bevölkerung in Deutschland seit 1919 geträumt hatte, und er hatte es ohne Krieg erreicht. Allzu leicht ging im Rausch des Erfolges freilich die Einsicht verloren, daß sich das Dritte Reich“, selbst in seiner großdeutsch gedehnten Gestalt und ungeachtet eines triumphalen Machtzuwachses, zwi− schen dem Block der Angelsachsen und der Sowjets wie ein mit gefährlicher Künstlichkeit zu unnatürlicher Stärke gelangter Zwerg ausnahm, eingepfercht, hochgerüstet und angriffslustig. Daß der Diktator die friedliche Lösung von München nicht eben schätzte, wußten damals freilich nur wenige Eingeweihte in Berlin. Doch die Triebkräfte der nationalsozialistischen Außenpolitik strebten über die revisionistische Dimension hinaus zur Verwirklichung der pro− grammatischen Ziele Hitlers. 1938 begann die Marine damit, sich mit den Problemen einer Seekriegführung gegen England zu beschäftigen und über die kontinentalen Vorhaben deutscher Außenpolitik hinaus den Blick auf die in Hitlers Gedankenbildung vorläufig noch nicht aktuelle überseeische Weltmachtpolitik zu richten: Wenn Deutschland nach dem Willen des Führers eine in sich gesicherte Weltmacht−Stellung erwerben soll“, so heißt es in der Stellungnahme von Admiral Rolf Carls zur Entwurfsstudie Seekriegführung gegen England“ vom September 1938, bedarf es neben ge− nügendem Kolonialbesitz gesicherter Seeverbindungen und gesicherten Zugangs zum freien Ozean“. Es ist nicht bekannt, ob Carls von Hitlers Vorstellungen, eine Welt− machtstellung durch Unterwerfung Europas (einschließlich der Sowjetunion) und durch ein anschließendes Ausgreifen nach Übersee zu schaffen, im ein− zelnen wußte. Wahrscheinlich war dies nicht der Fall. Wichtig ist aber, daß er mit seinen Gedanken Hitlers um den Globus schweifenden Fernzielvorstellungen durchaus entgegenkam und empfahl, sie in die Planungen der Marine ein− zubeziehen. Der Diktator selbst gab kurz darauf mit seiner Entscheidung für den Bau einer großen Überwasserflotte, dem sogenannten Z−Plan“ der Marineführung, Ende Januar 1939 zu erkennen, daß er – anders als er es ursprünglich in den zwanziger Jahren entworfen hatte – noch mit den Vorbereitungen für die Verwirklichung der kontinentaleuropäischen Stufe seines Programms“ beschäftigt, dessen über− seeische Etappe bereits ins Auge nahm. Dem Entschluß, den Aufbau der deutschen Flotte bis zur Mitte der vierziger Jahre zu vollenden, lagen sowohl defensive als auch offensive Motive zugrunde. Gewiß sollte dieses militärische Instrument dazu dienen, den nach wie vor nicht erwünschten, möglicherweise

Hitler und Mün− chen“

Marineplanungen

Z−Plan“ der Marine

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Kolonialpolitische Aktivitäten

Großgermanisches Imperium

I. Darstellung

aber unvermeidbaren Krieg gegen England, falls sich dieses den konti− nentaleuropäischen Zielen Hitlers widersetzen würde, zu führen bzw. durch seine Existenz Großbritannien von einem Eingreifen gegen das Reich abzu− schrecken. Neben dieser eher traditionellen Funktion war im Zusammenhang mit anderen, gleichzeitig anlaufenden Planungen des Dritten Reiches“ jedoch nicht zu übersehen, daß Deutschland sich für die Zukunft als Führungsmacht des europäischen Kontinentalimperiums auf die als sicher erwartete globale Aus− einandersetzung mit der Weltmacht Amerika einrichtete. In diesem Rahmen sind auch die verstärkten Aktivitäten des Kolonial− politischen Amtes zu beachten, das als Kern des zukünftigen Kolonial− ministeriums fungierte. Im Zuge der kolonialen Propaganda und Forderungen, die einerseits ein taktisches Mittel der deutschen Außenpolitik gegenüber England darstellten, um Großbritannien zur Akzeptierung der kontinentaleuropäischen Ziele Hitlers zu veranlassen, und die andererseits auf die außenpolitische Stoß− richtung der deutschen Kontinentalmacht für die Zeit nach einem Feldzug gegen die Sowjetunion verwiesen, wurden die überseeischen Ziele des Dritten Reiches“ erkennbar. Im Auftrag Hitlers erhielt der designierte Kolonialminister Franz Xaver Ritter von Epp vom Chef der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers, am 9. März 1939 die Weisung, die Arbeiten für eine koloniale Landnahme“ in Afrika zügig voranzutreiben. Die Umrisse des großdeutschen Weltreiches“ zeichneten sich ab, wenn Goebbels nach der Einnahme Prags am 15. März 1939 die Presse auch ermahnte, den Gebrauch dieses Begriffs späteren Gelegenheiten vorzubehalten. Gleichfalls von Weltmachtvorstellungen sprach der Reichsführer−SS, Himmler, gegenüber seinen lieben Männern“ in einer Rede, die er am 8. November 1938, also zu dem Zeitpunkt hielt, als Hitler in seiner traditionellen Ansprache im Münchener Bürgerbräukeller die Wehrmacht als das Vehikel seiner Groß− machtpolitik pries. Himmler verkündete seinen SS−Führern, die Zukunft werde für Deutschland entweder das großgermanische Imperium oder das Nichts bringen – eine Alternative, die verblüffend an Hitlers Maxime in Mein Kampf“ erinnerte, Deutschland werde entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein. Himmler versprach bei dieser Gelegenheit, der Führer“ werde das größte Reich“ schaffen, das von dieser Menschheit errichtet wurde und das die Erde je gesehen hat“. Der Reichsführer−SS, Vorkämpfer jener im letzten das rationale Kalkül der Machtpolitik des nationalsozialistischen Staates dominierenden und zugleich unterlaufenden Ideologie vom neuen, rassisch höherstehenden Menschen, spielte mit diesen Worten, seinem rassischen Dogma gemäß, wohl auf Welt− herrschaftsideen eines zukünftig rassereinen germanischen Reiches an. Ob Himmler den weitgehend traditionell−machtpolitisch orientierten Stufenplan“ [1238: A. Hillgruber] Hitlers kannte, der praktisch kaum Züge einer biologisch− revolutionären Politik zu erkennen gab, ist ungewiß. Mit den außenpolitischen Vorstellungen Himmlers und der SS aber wurden neben den Planungen der eher

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konservativen Marine und des Auswärtigen Amts jene für den Verlauf des Dritten Reiches“ so typischen sowohl revolutionären als auch traditionellen Elemente seiner Außenpolitik deutlich, die zu ihrer Dynamik beitrugen, vor− läufig einander noch ergänzten und Hitlers Politik und Kriegführung trugen. Der Diktator aber forderte am Tag nach dem zeitgenössisch als Reichs− kristallnacht“ charakterisierten Pogrom vom 9. November 1938 in einer Ge− heimrede vor Vertretern der deutschen Presse, von der Friedenspropaganda abzugehen und von nun an den Krieg auch psychologisch vorzubereiten. Die gelenkten antijüdischen Ausschreitungen dieser so genannten Reichs− kristallnacht“ (siehe S. 52), die als Folge der Ermordung des deutschen Diplo− maten Ernst vom Rath in Paris durch den Juden Herschel Grynszpan po− gromartige Ausmaße erhielten, verwiesen auf die maßgebliche Triebkraft in der Politik des Dritten Reiches“. Denn für das nationalsozialistische Deutschland Hitlers war der Antise− mitismus, anders als in der bisherigen Geschichte Europas, weit mehr als nur ein gesellschaftliches und politisches Integrationsinstrument. Er erwies sich vielmehr als das zentrale Bewegungsgesetz und Ziel der Außenpolitik des Diktators und seines Regimes. Noch konkurrierten zwar divergierende Überlegungen und Pläne, die innerhalb der traditionellen und der nationalsozialistischen Elite im Doppelstaat“ Hitlers erörtert wurden, über verschiedene Lösungsmöglichkeiten der Judenfrage“ miteinander. Sie erstreckten sich von Auswanderungs− und Deportationsplänen, die Hermann Göring unter dem Gesichtspunkt der für das Reich so entscheidenden Devisenfrage behandelte, bis zu dem Vorhaben des Chefs des Sicherheitsdienstes und der Geheimen Staatspolizei, Reinhard Heydrich, die jüdische Bevölkerung aus dem Reich zu verdrängen und im Zusammenwirken mit zionistischen Organisationen die Auswanderung nach Palästina zu fördern. Im Rückblick stellen sie Zwischenstufen auf dem Weg zu der prinzipiell in Hitlers Gedankenbildung stets vorhandenen und bereits angelegten Endlösung“ dar, die er als die radikale rassenideologische Zielsetzung des kommenden Krieges“ [A. Hillgruber] vor dem Reichstag am 30. Januar 1939 zu erkennen gab (siehe auch S. 95). Dunkel drohte er damals, der zukünftige Krieg werde die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ zur Folge haben. Es war der öffentlich bekundete und ständig wirkende Wille Hitlers, die Judenfrage“ mög− lichst total zu lösen, der entscheidend dafür war, daß später in den Jahren des Zweiten Weltkrieges ganz unterschiedliche Gelegenheiten und Anlässe dazu benutzt werden konnten, die jüdische Frage“ in ständiger Steigerung ihrer Vernichtungsintensität zu lösen“. Aber noch lagen die machtpolitisch zu verwirklichenden Aufgaben vor Hitler, die seinem Ausgriff nach Osten vorangehen sollten und die immer wieder das Problem der englischen Reaktion aufwarfen. Denn der Diktator jagte weiterhin territorialen Zielen nach, die selbst mit Chamberlains Politik des Appeasement“ immer schwerer vereinbar wurden. Mißtrauisch beobachteten die Briten zudem die Flottenrüstung und die kolonialpolitischen Vorbereitungen des Reiches,

Antisemitismus als Triebkraft

Erörterungen über die Lösung der Ju− denfrage“

Hitlers Rede vom 30. 1. 1939

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Verhältnis zu Polen 1938/39

Deutschland – Polen – Sowjetunion

Griff nach Prag“

Appeasement“ vor dem Ende

Englische Garan− tieerklärung für Polen

I. Darstellung

während Hitler seinen Blick auf die Zerschlagung der Resttschechei“ richtete und die Lösung“ der polnischen Frage bereits anvisierte. Seit dem 24. Oktober 1938 bemühte sich das Deutsche Reich, erneut und intensiver als zuvor, bis zur polnischen Ablehnung des deutschen Angebotes vom 21. März 1939 am 26. März 1939 darum, Polen in eine gegen die Sowjet− union gerichtete Bündniskonstellation einzubeziehen, und stellte Warschau dafür territoriale Gewinne auf Kosten der Sowjetunion in der Ukraine in Aussicht. Zu Anfang des Jahres 1939 zeichnete sich für die deutsche Seite immer klarer die Alternative ab, entweder zusammen mit Polen gegen die Sowjetunion Krieg zu führen oder aber in einer lokalisierten Aktion Polen niederzuwerfen und danach die Sowjetunion anzugreifen. Während die polnische Führung immer noch versuchte, zwischen beiden Großmächten in Ost und West einen unabhängigen Kurs zu verfolgen, ließ Hitler, über revisionistische und ethnische Forderungen erstmals eindeutig hinausgehend, den tschechoslowakischen Reststaat erobern. Am 15. März 1939 marschierten deutsche Truppen in Prag ein, es wurde das Protektorat Böhmen und Mähren errichtet, und die Slowakei trat mit dem Abschluß des Vertrages über das Schutzverhältnis zwischen dem Deutschen Reich und dem Slowakischen Staat“ vom 23. März 1939 in ein Vasallenverhältnis zu Hitlers Deutschland. Die Tschechoslowakei, von der nationalsozialistischen Propaganda stets als das Flugzeugmutterschiff der Sowjetunion“ angegriffen, war zerstört. Hitlers Vorgehen stellte einen offenen Vertragsbruch dar und wurde von der Weltöffentlichkeit, insbesondere von den westlichen Demokratien, verurteilt. Doch trotz der Rede Chamberlains vom 17. März 1939 in Bir− mingham, deren improvisierte Passagen durchaus entschieden, ja hart ausfielen, änderte sich im Prinzip nichts an dem Bemühen des englischen Premierministers, mit dem Reich zu einer umfassenden Verständigung zu kommen. Gewiß, es war die Grenze des für Großbritannien Zumutbaren erreicht, und stärker noch als bisher wurde in der englischen Regierung nunmehr auch die Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit Deutschland in Betracht gezogen. Das Foreign Office hatte mit seiner Hitlers Deutschland gegenüber insgesamt skeptischen Haltung recht behalten und wurde in seinem unübersehbaren Oppo− sitionskurs gegen Chamberlains Appeasementpolitik bestärkt. Die öffentliche Meinung des Landes begann sich von dem Premierminister und seiner Be− schwichtigungspolitik abzuwenden, und der Kreis derjenigen, die ihn im Kabi− nett und im Parlament unterstützten, wurde im Laufe des Jahres 1939 zunehmend kleiner. Grundsätzlich aber gab es zumindest bis zum Beginn des Krieges im September 1939 für die britische Regierung keine Alternative zur weiterhin zäh verfolgten Appeasementpolitik. Freilich war England dazu entschlossen, sich nicht gewaltsam weitere, als untragbar eingeschätzte Konzessionen abtrotzen zu lassen. Auch im Sinne dieser Haltung garantierte Großbritannien am 31. März 1939 Polens Unabhängigkeit. Dieser Schritt ist nicht als ein Zeichen unbedingter Entschlossenheit der Briten zum Krieg mit Deutschland zu verstehen, sondern

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als allerletztes Warnsignal, um Hitler von weiteren kriegerischen Schritten ab− zuhalten, um ihn für Verhandlungen zu gewinnen und um das Reich doch noch in eine allgemeine Friedensordnung einzufügen. Das Hauptziel unserer Garantie an Polen lag darin“, faßte Unterstaatssekretär Cadogan die Motive seiner Regierung zusammen, Deutschland von weiteren Aggressionsakten abzuschrecken und durch die Erlangung einer umgekehrten Garantie von Polen sicherzustellen, daß Deutschland, falls es doch zum Krieg kommen sollte, an zwei Fronten zu kämpfen hätte.“ Während der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ungeachtet des nach wie vor andauernden Isolationismus seines Landes im Vorfeld des in der alten Welt heraufziehenden Krieges die Partei der Westmächte ergriff, bemühten sich Großbritannien und die Sowjetunion jeweils auf ihre eigene Art darum, mit Hitlers Deutschland zu einer ihnen vorteilhaften Regelung zu kommen. Wäh− rend Versuche, die alte Vorkriegsallianz zwischen England und Rußland wie− derzubeleben, im Verlauf des Sommers 1939 scheiterten, war Hitler nach wie vor dazu bereit, sich im Sinne seiner Vorstellungen eines Ausgleichs“ mit Großbritannien zu verbünden. Im Hinblick auf die nunmehr für Deutschland zur Disposition stehende polnische Frage schien jedoch ein Zusammengehen mit der Sowjetunion günstiger zu sein. Denn anders als die englische Regierung, die sich dazu verpflichtet hatte, für den Bestand Polens, falls er eindeutig bedroht sein sollte, einzutreten, näherte sich Stalin dem bislang als Todfeind propagierten nationalsozialistischen Deutschland. Schon am 10. März 1939 hatte er auf dem 18. Parteitag einen entsprechenden Fühler ausgestreckt, als er betonte, die Ukraine fühle sich vom Deutschen Reich keineswegs bedroht. Mit den Sondierungen von sowjetischer Seite, die vom 17. April 1939 an begannen, wurde die Chance eines befristeten Arrangements zwischen Hitler und Stalin nach und nach wahrscheinlicher. Obwohl deutsch−englische Aus− gleichsbemühungen auf verschiedenen Ebenen weitergingen, die teilweise im Umkreis Görings als eine friedliche Alternative im Gegensatz zu dem im Zu− sammenwirken mit der Sowjetunion verfolgten Kriegskurs Hitlers gefördert, teilweise vom Führer“ selbst als Versuche, doch noch in seinem Sinne zum Übereinkommen mit England zu gelangen, betrieben wurden, erschien dem deutschen Diktator die Option für ein Übereinkommen mit Stalin immer ver− lockender. Daher wurde der Abschluß des durch von Ribbentrop lancierten großen Bünd− nisplanes zwischen Deutschland, Italien und Japan, über den seit dem Sommer 1938 verhandelt wurde, erst einmal zugunsten des sich abzeichnenden Paktes mit der UdSSR zurückgestellt. Die Sowjetunion und Japan standen sich in Ostasien in einem kriegerischen Konflikt als Gegner gegenüber. Daher beschränkte sich das Deutsche Reich darauf, am 22. Mai 1939 jenes für Hitlers Politik vorerst nicht allzu wertvolle Militärbündnis, den Stahlpakt“, mit Italien abzuschließen, das bei dieser Gelegenheit erklärte, nicht vor dem Jahre 1942 kriegsbreit zu sein. Das Arrangement mit der Sowjetunion dagegen eröffnete dem Dritten Reich“ die

Haltung der USA

Deutschland – Groß− britannien – Sowjetunion

Sowjetisch−deutsche Annäherung

Deutsch− italienischer Stahlpakt“

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Besetzung des Memelgebiets

Deutsch− sowjetischer Nichtangriffspakt

Hitlers Angebot an England

I. Darstellung

Möglichkeit, Krieg gegen Polen zu führen, ohne fürchten zu müssen, von der Sowjetunion und den Westmächten zugleich in die Zange genommen zu werden. Es legte ferner die Hoffnung nahe, der Pakt zwischen Berlin und Moskau werde England und Frankreich doch noch von einem Kriegseintritt abhalten, und es bot Hitler endlich die Chance, Rohstoffe, die für seine Rüstungsproduktion und Kriegführung notwendig waren, durch Lieferungen aus der Sowjetunion zu erhalten. Auf dem Weg zum deutschen Blitzkrieg“ gegen Polen, der die vierte Teilung“ des Landes und die Aufteilung Ostmitteleuropas in eine deutsche und eine so− wjetische Einflußsphäre einleitete, besetzten deutsche Truppen am 23. März 1939 das Memelgebiet Am gleichen Tag schloß das Deutsche Reich einen Wirt− schaftsvertrag mit Rumänien ab, der in Hitlers Selbstverständnis, anders als es für Göring und Repräsentanten aus dessen Umgebung der Fall gewesen sein mag, nicht eine friedliche Alternative zum Kriegskurs des Dritten Reiches“ darstellte, sondern die wehrwirtschaftlichen Bedingungen für die ins Auge genommenen Blitzfeldzüge“ verbesserte. Am 27. März 1939 trat Spanien dem Antikomintern− Pakt“ bei. Eindrucksvoll und furchterregend demonstrierte das Deutsche Reich vor aller Welt, daß das Gesetz des Handelns in Europa offensichtlich bei den Achsenmächten“ lag. Am 23. Mai 1939 erklärte Hitler vor den Oberbefehlshabern der Wehrmacht seinen Entschluß, Polen militärisch niederwerfen zu wollen. Die Verhandlungen mit der Sowjetunion, die am 23. August 1939 zum Abschluß des deutsch−so− wjetischen Nichtangriffspakts führten, schufen dafür die notwendigen Vor− aussetzungen. In einem geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler−Stalin−Pakt“ erklärte das Deutsche Reich, daß Estland, Lettland, Finnland, Bessarabien und Polen östlich der Flüsse Narew, Weichsel und San außerhalb seiner Inter− essensphäre lägen. Die Sowjetunion bestätigte dafür ihr Desinteresse an dem polnischen Territorium westlich dieser Linie sowie an Litauen. Hitlers machtpolitische Option zugunsten der Sowjetunion war keineswegs gleichbedeutend mit einer grundsätzlichen Revision seiner nach wie vor an− tisowjetischen Haltung. Die Überzeugung einer niemals zu überbrückenden Weltentfernung“ (A. Hitler) zwischen Nationalsozialismus und Kommu− nismus trat lediglich zeitweise zurück, wich aber keineswegs auf Dauer. Nach dem Abschluß des Nichtangriffsvertrages sprach der Diktator denn auch be− zeichnenderweise davon, er habe einen Pakt mit [dem] Satan“ geschlossen, um [den] Teufel auszutreiben“. Daß Hitler an seiner Lieblingsidee eines Zusammengehens mit England nach wie vor festhielt, demonstrierte sein an Großbritannien gerichtetes umfassendes“ Angebot vom 25. August 1939. In ihm stellte er den Briten für die Zeit nach der Niederwerfung Polens erneut eine den europäischen Kontinent und die über− seeische Welt in eine deutsche und eine englische Interessensphäre aufteilende Zusammenarbeit in Aussicht. Nach dem Paktabschluß mit Stalin scheint Hitler in gewissem Maße darauf gehofft zu haben, England werde seine gegen Polen

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gerichtete Politik und Kriegführung letztlich doch tolerieren. Diese vage Hoff− nung trog ebenso, wie die von Göring geförderten Friedensinitiativen des schwedischen Industriellen Birger Dahlerus fehlschlugen, der sogar über den Kriegsausbruch hinaus zwischen Berlin und London zu vermitteln bemüht blieb. Als England und wenige Stunden darauf auch Frankreich am 3. September 1939 auf Hitlers militärischen Angriff gegen Polen vom 1. September 1939 mit ihren Kriegserklärungen an das Deutsche Reich reagierten, befand sich Hitler – ge− messen an seinem ursprünglich entworfenen Bündniskonzept – in einer politisch verkehrten“ Frontstellung. Sie brachte es mit sich, daß Stalin in Europa eine Schlüsselposition einnahm, die er bereits seit den zwanziger Jahren erstrebt hatte. Die imperialistischen“ Staaten lagen nunmehr miteinander im Krieg, und die Sowjetunion konnte die Entwicklung als tertius gaudens abwarten. Der Feldzug gegen Polen, der den Auftakt zum Zweiten Weltkrieg bildete, war, durch Stalins Partnerschaft mit dem Dritten Reich“ unmittelbar ermöglicht, auf Hitlers Kriegswillen zurückzuführen. Mit dem Abschluß des deutsch−so− wjetischen Nichtangriffspaktes vom 23. August 1939 hatte Stalin seine Absicht bekundet, den sich im Sommer 1939 deutlich abzeichnenden Krieg nicht zu verhindern, sondern ihn indirekt auszulösen, mit Hitler als Handelndem, der die ,Entfesselung‘ besorgte“ [1100: A. Hillgruber, Hitler−Stalin−Pakt, 351], weil Krieg das Programm des deutschen Diktators war. Als Hitlers maßgebliche Motive und Ziele für den Beginn des Krieges sind dabei seine außen− und rassenpolitischen Vorstellungen zu werten. Dagegen sind wirtschaftspolitische Gründe, auf die er in seiner Ansprache vor den Oberbefehlshabern der Wehr− macht am 23. August 1939 als scheinbar objektive, zum Krieg treibende Motive hinwies und die doch lediglich als Folgen der mehr und mehr forcierten und sich bald schon überschlagenden Rüstungskonjunktur anzusehen sind, ihrer ab− geleiteten Natur gemäß kaum als wesentlich für den Beginn des Feldzuges gegen Polen einzuschätzen. Hitlers kriegerische Politik und die in diesem Zu− sammenhang von ihm initiierte Rüstungswirtschaft des Dritten Reiches“ be− wirkten jene im folgenden noch näher zu betrachtenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen, die den vom Diktator eingeschlagenen und gesteuerten Kurs zwar verschärften, ohne ihn jedoch verursacht zu haben und ohne ihn wesentlich verändern zu können.

Deutscher Angriff auf Polen und Kriegserklärungen der Westmächte

Stalins Schlüs− selposition

Hitlers Motive

2. Politische Herrschaft, gesellschaftliche Mobilisierung und wirt− schaftliche Militarisierung Die innenpolitische Entwicklung des Dritten Reiches“ stand während der Phase der Kriegsvorbereitung zwischen 1936 und 1939 im Zeichen der außen− und rassenpolitischen Zielsetzungen des Regimes. Trotz aller Wechselwirkungen zwischen der inneren und äußeren Politik des nationalsozialistischen

Im Banne der Außenpolitik

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Terror und Ver− folgung, Gestapo, Denunziation und Konzentrationslager

Regime und katholische Kirche

Kampf der Bekennenden Kirche“

I. Darstellung

Deutschland waren und blieben die politische Herrschaft, die gesellschaftliche Mobilisierung und die wirtschaftliche Militarisierung sowohl eine Funktion als auch eine Folge der kriegerischen Außenpolitik Hitlers. In diesem Sinne sind auch die Vorgänge im Zusammenhang mit der natio− nalsozialistischen Einflußnahme auf die Wirtschaft, die Wehrmacht und das Auswärtige Amt in der Zeit zwischen dem Sommer 1936 und dem Winter 1937/ 38 zu beurteilen. Der Herrschaftsausbau der nationalsozialistischen Diktatur gegenüber diesen drei Bereichen und Institutionen des gesellschaftlichen und politischen Lebens ging in diesen Jahren einher mit parallelen Bestrebungen des Dritten Reiches“ gegenüber beiden christlichen Kirchen, mit den sich stei− gernden Angriffen gegen die jüdische Bevölkerung des Reiches und mit der wachsenden Beeinflussung der Bevölkerung. Zunehmend mehr gehörten Terror und Verfolgung zum Alltag der Diktatur, verkamen Justiz und Polizei zu Instrumenten des Unrechtsstaates, arbeiteten die Geheime Staatspolizei des Regimes und das Denunziantentum der Untertanen Hand in Hand: Die kleine Niedertracht der Regierten begünstigte das große Verbrechen der Regierenden, die, vor allem vom Jahre 1935 an, auf Hitlers ausdrücklichen Willen“ hin das System der deutschen Konzentrationslager“ [571: J. Tuchel, Konzentrationslager, 359] auf− und ausbauten. In der Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche hielt sich der na− tionalsozialistische Staat nicht an die Vereinbarungen des Konkordats vom 20. Juli 1933. Beispiel hierfür ist das Vorgehen gegen die katholische Be− kenntnisschule seit 1935. Schon von September 1933 an mußte der Vatikan laufend Beschwerde führen über Verletzungen des Konkordats durch das Dritte Reich“. Durch die Enzyklika Mit brennender Sorge“, in welcher der Papst am 14. März 1937 die Lage der Katholischen Kirche im Deutschen Reich“ mit steigendem Befremden“ beobachtete, den Leidensweg“ der Kirche beklagte und das antichristliche Regime angriff, erreichte der im Winter 1933/34 ein− setzende Kampf zwischen katholischer Kirche und Drittem Reich“, zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus einen Höhepunkt. Zunehmend deutlich trat insgesamt die Unvereinbarkeit zwischen nationalsozialistischer Rassenpolitik und katholischer Wertewelt zutage. Durch die Haltung der Widerstandsgruppen der evangelischen Kirche, die auf der zweiten Dahlemer Bekenntnissynode vom 19./20. Oktober 1934 ein Kirchliches Notrecht“ in der Auseinandersetzung mit dem totalitären Staat für sich in Anspruch nahm, war die Kluft zwischen den verschiedenen, sich nach und nach in der Bekennenden Kirche“ sammelnden Protestanten und der na− tionalsozialistischen Diktatur, zwischen dem Rat der Evangelischen Kirche“, der sich als Vorläufige Kirchenleitung“ konstituierte, und der Reichs− kirchenregierung unüberbrückbar geworden. Besonders scharf wurde die na− tionalsozialistische Weltanschauung als Wahnglaube und Antichristentum durch ein Wort der Bekenntnissynode der evangelischen Kirche der Altpreußischen Union an ihre Gemeinden vom 4./5. März 1935 gegeißelt und dabei insgesamt

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schon auf die Grenzen des Gehorsams des Christen gegenüber dem Staat hin− gewiesen. In diesem Zusammenhang hieß es, auch der Eid finde seine Grenze darin, daß allein Gottes Wort unbedingt bindend sei. Um zwischen den kirchlichen Widerstandsgruppen und dem Regime zu vermitteln und die kirchliche Opposition unter anderem durch Verordnungen mit rechtsverbindlicher Kraft“ zu bändigen, wurde am 16. Juli 1935 Hanns Kerrl als Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten“ eingesetzt. Erfolg war dem neuen Reichskirchenminister allerdings nur teilweise beschieden. Ein Teil der Bekennenden Kirche“ war zwar in gewissem Maße zur Zusammenarbeit in den zahlreichen, von Kerrl eingesetzten Kirchenausschüssen bereit, doch ein anderer Teil versagte sich vom Februar 1936 an dieser Mitarbeit entschieden. Einen Gipfel erreichte der Kampf zwischen der protestantischen Kirchen− opposition und dem Dritten Reich“ gleichfalls im Jahre 1937. Zahlreiche Er− lasse des Regimes höhlten die Autonomie der Kirchen aus, und eine Verhaf− tungswelle erfaßte im Laufe des Jahres an die 800 Mitglieder der Bekennenden Kirche“. Der kirchenfeindliche Kurs des Dritten Reiches“ wurde, ohne daß sich in dieser Beziehung eine echte Liberalisierung abgezeichnet hätte, erst mit Beginn und in manchen Phasen des Krieges zumindest äußerlich kaschiert, um Span− nungen in der Volksgemeinschaft“ abzubauen, während er tatsächlich wei− terverfolgt wurde, um für die Zeit nach dem Sieg darauf vorbereitet zu sein, die Kirchen endgültig zu beseitigen. Mit umgekehrter Intensität verlief die Judenpolitik“ des Regimes. Sie erreichte erst im Krieg ihre grausamste Ausformung. Bis zum Kriegsbeginn 1939 wurden in Ausführung und Weiterverfolgung der Nürnberger Gesetze“ vom 15. September 1935 in einer Flut von Gesetzen, Verordnungen, Verfügungen, Erlassen und Anordnungen die Juden aus zahlreichen Berufssparten gedrängt sowie des Rechtsschutzes beraubt. Vom Jahre 1938 an wurde unter dem Druck der ra− dikalen Antisemiten in der Führungsspitze der NSDAP (Goebbels, Ley) nun− mehr auch die Stellung der Juden in der deutschen Wirtschaft mehr und mehr beeinträchtigt, indem ihnen viele Tätigkeitsbereiche entzogen wurden und jü− dische Geschäftsleute aus Industrie, Bankwesen und Handel auszuscheiden hatten. Verfolgung aus rassischen und weltanschaulichen Gründen grassierte : Über die jüdische Bevölkerung hinaus wurden Zigeuner, Sorben und Kaschuben, Rheinlandbastarde“, Homosexuelle und Erbkranke“, Asoziale“, Ge− wohnheitsverbrecher“ und Gemeinschaftsfremde“ mit voranschreitender Ra− dikalisierung der nationalsozialistischen Diktatur aus der Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt. Als Opfergruppen wurden sie rechtlichen Diskriminierungen und eugenischen Maßnahmen“ des Regimes unterworfen, die sich, vor allem im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, bis hin zu ihrer Ermordung im Zuge der verharmlosend so genannten Euthanasie“ und der Endlösung“ steigerten.

Reichskirchen− minister Kerrl

Maßnahmen“ na− tionalsozialistischer Judenpolitik“ 1935–1938

Opfergruppen des Regimes

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Reichkristallnacht“

Gewalt und Ver− führung

Arbeit und Freizeit

I. Darstellung

Trotz Benachteiligung, Ausgrenzung und Verfolgung wanderten bis zum Po− grom der Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 (siehe auch S. 45) nur etwa 170 000 Juden, d. h. rund ein Drittel des jüdischen Anteils der deutschen Bevöl− kerung aus. Im Rahmen der Ausschreitungen in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, die Goebbels nach ausdrücklichen Weisungen Hitlers steuerte, wurden nahe an 100 jüdische Deutsche ermordet, über 26000 Männer in Konzentrationslager verschleppt, Hunderte von Synagogen in Brand gesetzt und Tausende von Ge− schäften und Wohnungen geplündert und zerstört“ [163: U. v. Hehl, Natio− nalsozialistische Herrschaft, 24]. Der Sachschaden belief sich auf mehrere hun− dert Millionen Reichsmark. Im Anschluß an das Pogrom wurden innerhalb der nationalsozialistischen Führungsgruppe und Regierung verschiedene Möglichkeiten erörtert, die Ju− denfrage“ im Zuge der Auswanderung zu lösen (siehe S. 45). Schon vor Kriegsausbruch lebte die überwiegende Mehrheit des jüdischen Bevölke− rungsanteils im Großdeutschen Reich“ ohne Rechtsschutz, ohne Möglichkeit der Berufsausübung und daher auf Zwangsarbeit angewiesen, in einem Ghetto ohne Mauern“ [167: W. Hofer, Die Diktatur Hitlers, 97]. Das fand seinen nicht nur organisatorischen Ausdruck in der Umbenennung der Reichsvertretung der deutschen Juden“ in Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ und ihrer Unterstellung unter das Reichsinnenministerium resp. den Chef des Sicher− heitsdienstes, Heydrich, am 4. Juli 1939. Repression und Gewalt beschreiben die eine Seite der etablierten Diktatur, die sich durch indoktrinierende Einflußnahme und werbende Verführung auf der anderen Seite ihre massenwirksame Zustimmung sicherte. Mobilisiert wurde die Gesellschaft des Dritten Reiches“ in allen öffentlichen, kulturellen und le− bensweltlichen Bereichen, die der Lenkung des Staates und der Partei unter− worfen waren. Das erstreckte sich von der vor allem durch Goebbels erfolgreich gesteuerten Kulturpolitik über die grandiosen Selbstinszenierungen des na− tionalsozialistischen Bewegungsregimes“ [348: P. Reichel, Der schöne Schein des Dritten Reiches, 116] auf Reichsparteitagen und in der Propagierung des Führermythos bis hin zur manipulierten Propaganda und Unterhaltung durch Presse, Rundfunk und Film. Arbeitswelt und Freizeitgestaltung, in deren Rahmen die Schönheit der Ar− beit“ an die Stelle der Idee vom Klassenkampf gerückt wurde und die Organisation Kraft durch Freude“ als ein Instrument der Wohlfahrtspolitik im NS−Staat“ [610: E. Hansen] auf die Anfänge der Freizeitgesellschaft verwies, unterwarfen sich die braunen“ Machthaber gleichermaßen wie das Bauen und Wohnen mit den verlockenden Angeboten der Reichsautobahnen, mit einer sowohl monu− mentalen als auch volkstümlichen Architektur und mit den modernen Pro− duktangeboten vom Volksempfänger bis zum Volkswagen. Dichtung und Schauspiel, Musik und bildende Kunst dienten dem Führerstaat“ als miß− brauchte Musen“ [909: M. Kater].

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Herrschaft und Magie, Überlebenswille und Totenkult, gesellschaftliche Dy− namik und politische Utopie wurden eins: Über die systematische Indienstnahme aller Massenkommunikationsmittel hinaus läßt die Omnipräsenz natio− nalsozialistischer Parolen in Öffentlichkeit und Alltagswelt . . . den totalitären weltanschaulichen Formungsanspruch eines Regimes erkennen, das sich als quasi−religiöse Heilsbewegung verstand“ [163: U. v. Hehl, Nationalso− zialistische Herrschaft, 30]. Für die unmittelbare Verwirklichung der außen− politischen und kriegerischen Ziele des Dritten Reiches“ im Zeitraum zwi− schen 1936 und 1939 aber wurde maßgeblich, daß Staat und Partei im natio− nalsozialistischen Regime ihre Herrschaft vor allem dadurch festigten und ausbauten, daß sie nunmehr darangingen, die konservativen Bastionen in der Wirtschaft, in der Wehrmacht und im Auswärtigen Amt anzugreifen und sich zumindest gefügiger zu machen, als diese es zuvor waren. Die innerhalb der NSDAP im Rahmen der neuen nationalsozialistischen Elite und in der politischen Führungsspitze des Dritten Reiches“ immer wieder aufbrechenden Differenzen über die eher traditionelle oder stärker revo− lutionäre Orientierung der Politik des Regimes, nicht zuletzt auch über den Kriegs− oder Friedenskurs des Deutschen Reiches, entschied Hitler jeweils zu seinen Gunsten. Das gilt in einem besonderen Maße für die kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges getroffenen Entscheidungen des Diktators. Denn nunmehr verstand er es, die bereits seit 1936/37 eher für ein Konzept friedlicher Groß− machtpolitik eintretenden Kräfte um Hermann Göring, die allerdings niemals zur offenen Opposition gegen den Führer“ aufstanden, sondern ihn durch alternative Überlegungen von seiner Kriegsentschlossenheit abzubringen versuchten, auf seinen außenpolitischen Kurs festzulegen und seinen Zielen dienstbar zu machen. In den für ihn entscheidenden außenpolitischen Belan− gen übte Hitler seine Autorität vergleichsweise uneingeschränkt aus – eine Tatsache, die es gebietet, Außenpolitik und Kriegführung des Dritten Rei− ches“ wesentlich unter dem Blickwinkel seiner Überlegungen und Ent− scheidungen zu betrachten. Mit dem Inkrafttreten des Vierjahresplanes“ begann im August 1936 eine stärkere Einflußnahme des Staates und der Partei auf die Wirtschaft. Um die kriegerischen Vorhaben des Regimes und seines Führers“ verwirklichen zu können, wurde dem Deutschen Reich das Ziel gesetzt, nach einer – unter den gegebenen Bedingungen auch sektoral wohl kaum oder nur schwer zu er− reichenden – wirtschaftlichen Autarkie zu streben, Vorräte bestimmter Rohma− terialien anzulegen und ergänzend dazu beispielsweise synthetisch hergestellte Treibstoffe zu produzieren. Zur Beschaffung der für die laufende Aufrüstung notwendigen Devisen gingen die schon ab 1934 maßgeblich von Hjalmar Schacht initiierten Exportoffensiven auf den Märkten in Südamerika und Süd− osteuropa weiter. Sie wurden von den verantwortlichen Wirtschaftsfachleuten in gewissem Maße wohl auch als ein alternatives außenhandelspolitisches Konzept zur Autarkiepolitik und zum Kriegskurs des Regimes verstanden, wenn sie vorerst

Herrschaft und Magie

Verschiedene Kon− zeptionen

Primat der Politik

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Wirtschaft zwischen Gleichschaltung“ und Privilegierung

Regimebejahung und Regimeskepsis

I. Darstellung

auch außenpolitische Konflikte nicht nur mit den Vereinigten Staaten von Ame− rika und Großbritannien, sondern auch mit dem italienischen Partner des na− tionalsozialistischen Deutschland schufen. Im Hinblick auf das Verhältnis von Staat bzw. Partei und Wirtschaft begann 1936 eine neue Phase der Entwicklung. Die relative Selbständigkeit der Wirtschaft wurde durch Zielsetzungen und Eingriffe der politischen Führung eingeschränkt, ohne daß man das Wirtschaftssystem im damaligen Deutschland als eine staatliche Planwirtschaft charakterisieren könnte. Trotz der Unterwerfung der Industrie unter den Willen des Diktators blieb die kapitalistische Grundlage der Wirt− schaft im nationalsozialistischen Staat erst einmal bestehen: Dabei nahm die Industrie in der besonderen Art ihrer Verklammerung mit staatlichen Interessen eine Form an, die völlig verschieden war von dem Bild der Wirtschaftsordnung, wie es sich in verschwommenen Umrissen in der nationalsozialistischen Stän− deideologie findet“ [153: K. D. Erdmann, Deutschland unter der Herrschaft, 142 f.]. Als Staatskapitalismus läßt sich diese Verbindung von Wirtschaft und Staat allerdings auch nicht angemessen beschreiben. Denn oftmals war kaum mehr zu unterscheiden, wo die interessenpolitische Selbstverwaltung aufhörte und die staatliche Auftragsverwaltung anfing“ [380: M. Broszat, Der Staat Hitlers, 228]. Die Übergänge zwischen staatlicher Lenkung und privater Initiative, zwischen Regime und Wirtschaft wurden im Zeichen der von Hitler verordneten Rü− stungsproduktion fließend. Das Nebeneinander von wirtschaftlicher und politischer Macht war allerdings jetzt nicht mehr gleichrangig. Staat und Partei rissen vielmehr 1936 die wirt− schaftliche und 1938 auch die militärische Führung eindeutig an sich und er− niedrigten die früheren Teilhaber zu zweitrangigen Machtträgern“ [A. Schweit− zer]. Als Folge dieser Entwicklung stellte sich über die auch in Kreisen der Wirtschaft weit verbreitete Haltung einer grundsätzlichen Regimebejahung“ [1665: A. Gehrig, Nationalsozialistische Rüstungspolitik, 328] hinaus zuneh− mende Skepsis gegenüber den neuen Machthabern ein: Auch wenn viele An− zeichen auf das Gegenteil deuten“, urteilt der Historiker Marc Spoerer [1767: Von Scheingewinnen zum Rüstungsboom, 170], kann nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, daß viele Unternehmer die ,gute alte Zeit‘ vor 1914 dem mächtigen und interventionistischen NS−Regime vorgezogen hätten“. Denn von nun an lebten vor allem die Vertreter der Industrie mit jener ständigen Drohung, der Hitler bereits in seiner Denkschrift zum Vierjahresplan“ vom August 1936 unmißverständlich Ausdruck gegeben hatte: Das Wirtschaftsministerium hat nur die nationalwirtschaftlichen Aufgaben zu stellen und die Privatwirtschaft hat sie zu erfüllen. Wenn aber die Privatwirtschaft glaubt, dazu nicht fähig zu sein, dann wird der nationalsozialistische Staat aus sich heraus diese Aufgabe zu lösen wissen“. Die politische Gleichschaltung“ der mächtigen Repräsentanten der Wirtschaft wurde nunmehr vollzogen, während ihre ökonomische Privilegierung zwar unter Vorbehalt, aber immerhin bis zum Ende des Dritten Reiches“ fortbestand.

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Die antikapitalistische, ja die antimoderne Seite des Nationalsozialismus trat in diesem Zusammenhang auch durch Tendenzen hervor, die noch ganz in ihren Anfängen standen und sich nur marginal entwickeln konnten: Immerhin machten Eiferer der Bewegung“ Front gegen die schädlichen Folgen des Rauchens und favorisierten den Verzehr von Brot aus biologisch−dynamisch angebautem Ge− treide. Die Heilkräuterpflanzungen im Konzentrationslager Dachau und die Monopolisierung der Mineralwasserabfüllung durch die SS verwiesen auf die Fähigkeit des Nationalsozialismus, sich die Methoden der homöopathischen und ganzheitlichen Medizin mühelos anzueignen: Das war nicht nur der Aus− druck eines allgemeineren und weit weniger gutartigen Interesses an Authentizität und Reinheit, sondern auch eines Denkens, das der kapitalistischen Nah− rungsmittelindustrie ablehnend gegenüberstand“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 401]. Alles in allem wurde die Industrie zunehmend in den Dienst der Kriegs− vorbereitungen gestellt. Dabei sollte auf das Prinzip kapitalistischen Wirt− schaftens, mit minimalem Einsatz maximalen Profit zu erzielen, zugunsten der politischen und kriegerischen Zielsetzung des Dritten Reiches“ verzichtet werden. In Aussicht gestellt wurde, daß entstehende Schulden und wirt− schaftlicher Raubbau durch die in einigen Jahren zu erwartende kriegerische Beute gedeckt würden. Angesichts dieser von ihm scharf mißbilligten Entwicklung schied der in den Anfangsjahren der Geschichte des Dritten Reiches“ als allmächtig geltende Wirtschaftsdiktator“ Hjalmar Schacht am 26. November 1937 als Reichs− wirtschaftsminister aus der politischen Führung des Staates aus. Vergeblich versuchte er, in seinem bis zum 20. Januar 1939 noch beibehaltenen Amt als Reichsbankpräsident den Verlauf der Ereignisse im Sinne seiner sich vom Kurs des nationalsozialistischen Regimes mehr und mehr abhebenden wirtschaftlichen und politischen Vorstellungen zu beeinflussen. Weniger der offizielle Nachfolger Schachts in seinen Ämtern als Reichs− wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident, Walther Funk, als vielmehr Her− mann Göring wurde die im wirtschaftlichen Bereich entscheidende Persön− lichkeit. Göring unterstützte den alle ökonomischen Notwendigkeiten kraß mißachtenden Rüstungs− und Kriegskurs Hitlers auf der einen Seite vorbe− haltlos. Dennoch vertrat er auf der anderen Seite nicht zuletzt wohl unter dem Einfluß ihn beratender Fachleute aus dem Stab des Vierjahressplanes“ wie Ministerialdirektor Helmuth Wohlthat in mehr oder minder bewußter Anknüp− fung an Schachts Wirtschafts− und Außenhandelspolitik alternative Vorstellungen im ökonomischen und außenpolitischen Feld. Nicht zuletzt aufgrund dieser Tatsache galt er während der Jahre 1938/39 im In− und Ausland vielen Zeit− genossen als Repräsentant einer traditionellen Großmachtpolitik, die sich von Hitlers Politik der ideologisch begründeten Kriegsentschlossenheit unterscheide, stark an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientiert und um Friedensbewahrung bemüht sei.

Antikapitalismus und Gesundheit

Industrie im Dienst der Kriegs− vorbereitung

Görings Rolle

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Ziviler Konsum und militärische Aufrüstung

Vorbereitung des Krieges im Frieden

I. Darstellung

Doch erst einmal wurde die deutsche Industrie ohne Rücksicht auf ihre von Schacht letztlich doch immer beachteten volkswirtschaftlichen Möglichkeiten und Grenzen weiterhin mit Nachdruck auf die Produktion von Rüstungs− material festgelegt. Darüber durften freilich nicht die Erfordernisse des zivilen Konsums, der für die Erhaltung der innenpolitischen Machtstellung der Diktatur wesentlich war, dem ausdrücklichen Wunsch Hitlers zufolge allzu rigoros re− duziert werden. Dennoch stiegen beispielsweise die Rüstungsausgaben im Deutschland der dreißiger Jahre zu Lasten des Wohnungsbaus beständig an und wuchsen im Vergleich mit den entsprechenden Posten in den Haushalten der westlichen Demokratien überproportional. Unüberhörbar und nicht ohne Folgen wurde im Zug der Verwirklichung des Vierjahresplanes“ an die Bereitschaft der Bevölkerung appelliert, im Ernäh− rungssektor zugunsten der Rüstung Beschränkungen in Kauf zu nehmen, über deren gegenwärtige Härten die Aussicht auf zukünftigen Kriegsgewinn, auf Beute und auf Lebensraum“ hinwegsehen lassen sollte. Im Vergleich mit der Rü− stungsindustrie schrumpfte die Verbrauchsgüterindustrie in den dreißiger Jahren tatsächlich beträchtlich. Entfielen auf sie im Jahresdurchschnitt 1928/29 noch 32 Prozent der industriellen Gesamtinvestitionen, so sank dieser Anteil 1934/35 auf 25 Prozent und 1937/38 sogar auf 17 Prozent ab. Unter bewußt in Kauf ge− nommener Mißachtung wirtschaftlicher Rentabilitätsgesetze wurden im Sinne des Primats der Rüstung durch kostspielige Verfahren neue Rohstoffe wie bei− spielsweise Buna entwickelt, und durch Kohlehydrierung sollte zusätzlich Brennstoff gewonnen werden. Trotz nicht zu verkennender Deckungsungleichheiten zwischen der na− tionalsozialistischen Propaganda und der Wirklichkeit des Dritten Reiches“ wurde alles in allem doch die Forderung Hitlers in seiner Denkschrift zum Vierjahresplan“ realisiert, nämlich den Krieg im Frieden vorzubereiten“. Der neue Beauftragte für den Vierjahresplan“, Hermann Göring, machte in einer Rede am 17. Dezember 1936 vor führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft und Industrie unmißverständlich klar, daß von nun an die Wirtschaft den Vorrang der von Hitler verfolgten Politik ohne Einschränkung anzuerkennen habe. Die sich daraus für kapitalistisches Wirtschaften ergebenden ungewöhnlichen und lästigen, ja letztlich – so schien es bereits kritischen Zeitgenossen – sytem− zerstörerischen Konsequenzen der Aufrüstung seien im Hinblick auf die po− litischen und kriegerischen Erfolgsaussichten der Zukunft erst einmal hinzu− nehmen: Die Auseinandersetzung, der wir entgegengehen, verlangt ein riesiges Ausmaß an Leistungsfähigkeit. Es ist kein Ende der Aufrüstung abzusehen. Allein entscheidend ist hier der Sieg oder Untergang. Wenn wir siegen, wird die Wirt− schaft genug entschädigt werden. Man kann sich hier nicht richten nach buch− mäßiger Gewinnrechnung, sondern nur nach den Bedürfnissen der Politik. Es darf nicht kalkuliert werden, was kostet es. Ich verlange, daß Sie alles tun und beweisen, daß Ihnen ein Teil des Volksvermögens anvertraut ist. Ob sich in jedem Fall die Neuanlagen abschreiben lassen, ist völlig gleichgültig. Wir spielen jetzt um den

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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höchsten Einsatz. Was würde sich wohl mehr lohnen als Aufträge für die Auf− rüstung?“ Das Nebeneinander einer zwar zugunsten der Aufrüstung eingeschränkt, aber nach wie vor für den privaten Bedarf produzierenden Wirtschaft und einer hemmungslos expandierenden Rüstungswirtschaft brachte mancherlei kri− senhafte Erscheinungen, Spannungen und Widersprüche im Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft hervor, die nicht zuletzt aus der immer empfindlicher werdenden Knappheit an Rohstoffen, Devisen und Arbeitskräften resultierten. Dabei bereitete sich die sowohl für die Bedürfnisse des Krieges als auch des Friedens arbeitende Wirtschaft des Dritten Reiches“ in diesen Jahren nicht einmal auf einen lang andauernden Abnutzungskrieg vor, der eine dement− sprechend entworfene Tiefenrüstung“ vorausgesetzt hätte. Auch im wehr− wirtschaftlichen Bereich wurde für kurze, zeitlich voneinander getrennt zu führende Blitzfeldzüge“ geplant, die in erster Linie eine angemessene Brei− tenrüstung“ erforderten. Hitlers Blitzkrieg−Konzept“ entsprang mithin einerseits der politischen Überlegung des Diktators, mit zeitlich und lokal begrenzten Schlägen einen diplomatisch isolierten Gegner überfallartig zu vernichten. Andererseits ist gar nicht zu übersehen, daß das beschränkte wirtschaftliche Potential des Dritten Reiches“ eine solche Form der Kriegführung nahelegte, falls der private Konsum nicht in einem die inneren Grundlagen der Diktatur möglicherweise gefährdenden und von Hitler niemals erwogenen Ausmaß gedrosselt werden sollte. Angesichts dieser Entwicklung zu einer maßlos überzogenen Aufrüstung spitzte sich die wirtschaftliche Lage in gewissem Maße zu einer für das Regime ernsten Herausforderung zu. Aus den Unvereinbarkeiten zwischen Zah− lungsbilanz und Devisenmangel ergaben sich zunehmend ernste Zwangslagen. Letztlich sollten sie durch Krieg, der unter diesem Blickwinkel auch als eine Flucht nach vorn zu verstehen ist, d. h. durch Verwertung des Rüstungsmaterials in Feldzügen und durch in Eroberungen eingebrachte Beute gemeistert werden. Hitler war sich der Tatsache wohl bewußt, daß durch seine politischen Ent− scheidungen zur Kriegführung und Aufrüstung ein wirtschaftlicher und sozialer Kurs beschritten und forciert wurde, der seinerseits den Entschluß zum Krieg als ultima ratio der Politik des Dritten Reiches“ gleichsam notwendig nahelegen mußte. Diesen Sachverhalt sprach der Diktator noch einmal kurz vor Kriegsbeginn in seiner Rede vor den Oberbefehlshabern der Wehrmacht am 22. August 1939 an. Diese Politik der ständigen wirtschaftlichen Krise, die von ihm politisch initiiert und bewußt in Kauf genommen wurde, die seinem Willen gemäß zum Krieg führen mußte und die auch widerstrebenden Gruppen und Repräsentanten seines Staates gar keine andere Wahl mehr lassen würde, als das Risiko krie− gerischer Abenteuer zu wagen, sah Hitler, Hoßbachs Niederschrift zufolge, bereits in seiner Ansprache vom 5. November 1937 in klar beschriebener Per− spektive als die Zukunft seines Regimes vor sich: Auf der einen Seite die große

Breitenrüstung“ – Tiefenrüstung“ – Blitzkrieg“

Zahlungsbilanz und Devisenmangel: Krise des Regimes?

58

Autarkiegedanke, Agrarpro− tektionismus und Bauerntum

Mangel an Arbeitskräften

Alltag

I. Darstellung

Wehrmacht mit der Notwendigkeit der Sicherstellung ihrer Unterhaltung, auf der anderen Seite die Aussicht auf Senkung des Lebensstandards und Geburten− einschränkung ließen keine andere Wahl als zu handeln . . . Entschluß: spätestens 1943/45 die deutsche Raumfrage zu lösen“. Selbst gewisse Erfolge in der Handelspolitik des Deutschen Reiches konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Rüstungsproduktion des Dritten Rei− ches“, die den Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit grob mißachtete, zunehmend krisenhaft auf die Alternative von Bankrott oder Krieg zulief. Und daran ver− mochte auch der vom Regime bevorzugt geförderte Agrarprotektionismus grundsätzlich nichts zu ändern, der Die Ernährungswirtschaft in Deutschland“ [1644: G. Corni/H. Gies] mit dem Prinzip des wehrwirtschaftlichen Autar− kiegedankens und des Zukunftsmythos des rassetragenden Bauerntums zu vereinbaren suchte. Seine Existenz trug freilich in maßgeblicher Art und Weise dazu bei, daß die Loyalität der Landbevölkerung zur Diktatur Hitlers bis zum Ende des Dritten Reiches“ andauerte. Zwischen 1936 und 1939 machten sich in nahezu allen Sektoren der natio− nalsozialistischen Volkswirtschaft unverkennbare Schwierigkeiten, ja Kri− sensymptome bemerkbar. An die Stelle der während der Anfangsphase des Dritten Reiches“ herrschenden Arbeitslosigkeit war beispielsweise bald schon ein vornehmlich durch den Arbeitskräftebedarf der Rüstungsindustrie un− überwindlicher Engpaß getreten. Er wurde nicht zuletzt auch durch die Her− aufsetzung der allgemeinen Wehrpflichtdienstzeit auf zwei Jahre am 24. August 1936, durch die militärisch bedingten Bauvorhaben an der Westgrenze des Reiches (Westwall“) sowie durch die neben Heer und Luftwaffe vom Jahre 1938/39 an spürbar einsetzende Aufrüstung der Marine verschärft und führte endlich zur Menschenbewirtschaftung“ der Arbeitskraft. Insgesamt ist aber gar nicht zu verkennen, daß es der Masse der Arbeiter gegenüber den Jahren des Elends und der Arbeitslosigkeit zwischen 1929 und 1933 jetzt besser ging. Mehr noch: Trotz aller Einschränkungen der individuellen Freiheit war der Alltag der Deutschen während der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre von den zivilen Errungenschaften des Regimes geprägt . . .: der zuneh− menden Sicherheit des Arbeitsplatzes, einer Reihe von sozialen Verbesserungen, vor allem zugunsten von Frauen und Familien, und den Freizeitangeboten . . . der Deutschen Arbeitsfront“. Daher konnten die populären Parolen des Regimes, mit denen sich das als sozial, ja als sozialistisch charakterisierte Deutschland vom kapitalistischen, ja als plutokratisch abgeurteilten England positiv absetzte, dank der inzwischen erreichten Vollbeschäftigung“ sowie des Ausbaus des Wohl− fahrtsstaates“ [2055: H. A. Winkler, Der lange nach Westen, Bd. 2, 72] durchaus verfangen. Die Mehrzahl der Deutschen hatte sich mit dem Regime arrangiert und versuchte, die Vorzüge des Dritten Reiches“ zu genießen, die sich, bis hin zur Mode unterm Hakenkreuz“ [678: G. Sultano], zwar bescheiden ausnahmen, sich von den Entbehrungen während der Endjahre der Weimarer Republik gleichwohl vorteilhaft abhoben.

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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Dennoch kam es im Zeitraum der forcierten wirtschaftlichen Kriegs− vorbereitung zu Unzufriedenheiten, ja teilweise sogar zu Unruhen vor allem unter den in der Rüstungsproduktion überbeanspruchten Arbeitern, die sich gegen ihre physische Überforderung zu wehren versuchten. Dieser Sachverhalt verweist auf einen Grundwiderspruch im nationalsozialistischen Regime, der zwischen Propaganda und Wirklichkeit klaffte. Dem Volk ohne Raum“ fehlten bereits im angeblich zu klein gewordenen Territorium des Deutschen Reiches die für seine ehrgeizigen Rüstungs− und Kriegspläne notwendigen Menschen. Wenn dieser Mangel auch im Zuge der territorialen Eroberungspolitik in den kom− menden Jahren durch ausländische Zwangsarbeiter teilweise gelindert wurde, so stellte sich doch immer deutlicher heraus, daß Hitler schließlich über einen riesigen Raum ohne Volk“ gebot, nicht aber der Führer“ eines Volkes ohne Raum“ war. Doch auch die mannigfachen Schwierigkeiten wirtschaftlicher Art, die Rich− tungskämpfe zwischen den verschiedenen ökonomischen Interessenträgern wie die Auseinandersetzung der ursprünglich im nationalsozialistischen Staat do− minierenden Schwerindustrie mit der ab 1936 mehr und mehr hervortretenden Großchemie und die bisweilen auftretenden Konflikte zwischen dem Regime und Teilen der Industrie−, Werft− und Bauarbeiterschaft wurden letztlich durch die Person des Führers“ und die Hitler eigene Integrationskraft überwunden. Sie vermochten endlich immer wieder dem politischen Willen des Diktators un− tergeordnet und in jene auf den Krieg drängende politische und gesellschaftliche Dynamik des Regimes gelenkt bzw. von ihr absorbiert zu werden, die Hitler bewußt ausgelöst hatte und die ihn jetzt zunehmend mehr vorantrieb. Dagegen war dem arbeitenden deutschen Volk, so ist einmal zutreffend geurteilt worden, die Möglichkeit fast gänzlich genommen, sich dagegen zu wehren, in einen Produktionsprozeß eingespannt zu werden, der auf die Herbeiführung eines von seiner Mehrheit nicht gewünschten Eroberungskrieges angelegt war“ [153: K. D. Erdmann, Deutschland unter der Herrschaft, 147]. Unterdessen wurde auch die Jugendarbeit mehr und mehr im natio− nalsozialistischen Sinne organisiert. Neben der entsprechenden weltan− schaulichen Einflußnahme auf den Unterricht in den hergebrachten Schulen und der versuchsweisen Umorganisation der klassischen Universitäten zu völkisch− politischen“ Hochschulen wurde in den eher antiintellektuell und im natio− nalsozialistischen Sinne elitär ausgerichteten Nationalpolitischen Erzie− hungsanstalten“, Adolf−Hitler−Schulen“ und Ordensburgen“ sowie in der am 1. Dezember 1936 von der Partei− zur Staatsjugend formierten Hitlerjugend“, die als Pflichtorganisation für alle Jugendlichen zwischen zehn und achtzehn Jahren 1939 ungefähr acht Millionen Mitglieder zählte, die neue Führungsschicht und Gefolgschaft“ des Dritten Reiches“ herangebildet. Diese Erziehungs− einrichtungen und Massenorganisationen dienten nicht zuletzt dazu, über− lieferte Werte und Privilegien der traditionellen Eliten zu beseitigen und unter dem politischen Vormachtanspruch der Diktatur gesellschaftliche sowie men−

Volk ohne Raum“ – Raum ohne Volk“

Hitlers Inte− grationskraft

Nationalsozialismus und Jugend

Schulen und Uni− versitäten

Hitlerjugend“

60

Egalisierung der Gesellschaft

Frauen im Dritten Reich“

Der neue Mensch

Wurzeln des kon− servativen Wider− standes

Blomberg−Fritsch− Krise“

I. Darstellung

talitätsmäßige Unterschiede zwischen den sozialen Schichten verschwinden zu lassen. Zusammen mit der vom 26. Juni 1935 an zunächst für Jungen, dann auch für Mädchen obligatorischen halbjährigen Arbeitsdienstpflicht, die im Zeichen des Arbeitskräftemangels zwischen 1936 und 1939 längst nicht mehr die Funktion der Arbeitslosenbekämpfung wahrnahm, sondern im ideologischen Sinne des Regi− mes die Gleichrangigkeit der körperlichen Arbeit mit intellektuellen Tätigkeiten demonstrieren und verwirklichen sollte, waren die nationalsozialistischen Erzie− hungseinrichtungen Instrumente in einem gesellschaftlichen Egalisie− rungsvorgang, den Hitler’s social revolution“ [665: D. Schoenbaum] bewußt und folgenreich in Gang setzte. Angehalten werden sollte der damit eingeleitete Modernisierungsvorgang freilich, wenn das nationalsozialistische Regime daranging, die Rolle der Frau im Dritten Reich“ zu bestimmen: Zeitgenössisches Ideal war und blieb, der weiblichen Bevölkerung die traditionellen Aufgaben der Familie und des Haus− halts zuzuweisen. Doppelverdienertum und Erwerbsarbeit von verheirateten Frauen, die, nicht zuletzt durch die Umstände des Zweiten Weltkrieges bedingt, alles in allem während des Dritten Reiches“ anstieg, wurden staatlicherseits zu unterbinden versucht. Zwischen Mutterkreuz und Arbeitseinsatz“ [195: B. J. Wendt, Deutschland 1933–1945, 247] hin− und hergerissen, stellt sich die Lage der Frauen im Dritten Reich“ zwiespältig dar, weil das Bild der traditionellen Stilisierung von den Erfordernissen der Rüstungs− und Kriegswirtschaft gestört wurde. Alles in allem: Jenseits aller herkömmlichen Klassen− und Schichten− unterschiede, die dem politisch allmächtigen Willen der Diktatur zu opfern waren, sollte eine letztlich rassisch geprägte Elite entstehen, sollte der so ge− nannte deutsche Mensch die – in dieser Perspektive ohne Einschränkung – totalitäre Diktatur tragen. Umgehend verfiel dieses biologische Ideal dem zeit− genössischen Spott, den Samuel Beckett, der sich während der dreißiger Jahre in Deutschland aufhielt, überliefert hat: Der echte Arier muß blond sein wie Hitler, schlank wie Göring, schön wie Goebbels, männlich wie Röhm – und er muß Rosenberg heißen“. Nicht zuletzt angesichts des immer drückender empfundenen natio− nalsozialistischen Weltanschauungsmonopols begann sich in den traditionellen Führungsschichten des Deutschen Reiches Widerstand zu regen. Nach und nach erreichte er, zumeist von sachlicher Opposition im Hinblick auf Detailfragen ausgehend, die ursprünglichen Partner Hitlers im Lager des konservativen Deutschland. Nach der verstärkten Einflußnahme von Staat und Partei auf ihre wirtschaftliche Bastion im Sommer 1936 erfuhren sie um die Jahreswende 1937/38 die Macht des nationalsozialistischen Zugriffs in den ihnen bis dahin weitgehend bzw. teilweise verbliebenen Bereichen der Wehrmacht und des Auswärtigen Amts. Eine als unehrenhaft angesehene Heirat des Reichskriegsministers und Ober− befehlshabers der Wehrmacht, Werner von Blomberg, der in der Anfangsphase des Dritten Reiches“ die Anpassung des Heeres an den nationalsozialistischen Staat

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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mit allen Mitteln betrieben hatte, führte – von Himmler und von dem auf die Nachfolge des Generalfeldmarschalls erpichten Göring intrigant genutzt – zu Blombergs Rücktritt am 27. Januar 1938. Um gleichzeitig den Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst Werner Freiherr von Fritsch, als möglichen Mitbe− werber um den Oberbefehl der Wehrmacht auszuschalten, beschuldigte Göring ihn Hitler gegenüber homosexueller Verfehlungen. Der Diktator, der sich wäh− rend der Krise entschloß, den Oberbefehl über die Wehrmacht selbst zu über− nehmen, ergriff die ihm gebotene Gelegenheit bedenkenlos, um den seinen Kriegsplänen ohnehin im Wege stehenden Fritsch los zu werden. Unter un− würdigen Begleitumständen wurde der zu Unrecht beschuldigte Offizier am 4. Februar 1938 entlassen und später in ebenso verlogener wie unzureichender Weise rehabilitiert. Sein Nachfolger wurde der von Hitler leichter zu beein− flussende Generaloberst Walther von Brauchitsch. Inzwischen hatte der Führer“ als Oberbefehlshaber“ die Wehrmacht seinem Befehl unmittelbar unterstellt. Das neu eingerichtete Oberkommando der Wehr− macht verwaltete der dem Diktator völlig ergebene Generaloberst Wilhelm Keitel. An die Spitze der dem Oberkommando zugeordneten operativen Planungsstelle des Wehrmachtführungsamtes trat im August 1939 Generalmajor Alfred Jodl, der im Krieg Hitlers erster operativer Berater werden sollte. Der Diktator hatte die umorganisierte Wehrmachtführung seinem Willen unterworfen und trug damit zu einer Verwirrung der Kompetenzen zwischen den nicht zureichend koordinierten Behörden des Oberkommandos der Wehrmacht, des Oberkommandos des Heeres und dessen Generalstabes sowie der Marine, der Luftwaffe und später im Krieg auch der SS bei, die für die Kriegführung belastend waren, seine Herrschaft jedoch durch das nach Führerentscheidungen verlangende Kompetenzenchaos insgesamt stärkten. Nach der untätigen Hinnahme der Ermordung seiner Kameraden Kurt von Schleicher und Kurt von Bredow im Jahre 1934 hatte das Offizierkorps durch sein passives Verhalten in der Blomberg−Fritsch−Krise“ seine bis dahin wenigstens teilweise noch vorhandene politische und gesellschaftliche Macht Hitler weitgehend überantwortet. Für diese Kapitulation verantwortlich war ohne Zweifel die durch innen− und außenpolitische Erfolge unbestreitbar hohe Popu− larität des Führers“, auf dessen Person die Wehrmacht zudem geschworen hatte. Dazu trug aber auch die zunehmende Identifizierung jüngerer Offiziere mit dem nationalsozialistischen Regime erheblich bei. Vor allem aber sind ihre Gründe in der mangelhaften Information über die Einzelheiten der Diffamierungen und Ehrabschneidungen im Zusammenhang mit der Blomberg−Fritsch−Krise“ zu suchen, die für die Gedankenwelt vieler Offi− ziere einfach unvorstellbar waren. Sicherlich spielte aber auch das Motiv kar− rierebedingter Anpassung für die kleinmütige Hinnahme der Ungeheuer− lichkeiten eine nicht zu unterschätzende Rolle, die sich mit der von ihrem einst lebendigen Wertegefüge längst losgelösten preußischen Tradition von Befehl und Gehorsam verband. Nur wenige Offiziere der nun mehr und mehr gleich−

Hitler – Ober− befehlshaber der Wehrmacht“

Machtverlust des Offizierkorps

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Becks Rücktritt

Von Ribbentrop Reichsaußenminister

Rationierung von Konsumgütern

I. Darstellung

geschalteten Wehrmacht waren es, die sich von jetzt an mit allerdings letztlich wenig erfolgreichen Widerstandsabsichten trugen. Allein der Generalstabschef des Heeres, Ludwig Beck, trat am 18. August 1938 vornehmlich aus moralischem Protest gegen Hitlers Kriegskurs von seinem Amt zurück. Zusammen mit der Neuformierung und Umbesetzung an der Wehrmachtspitze wurde auch das Auswärtige Amt in institutioneller und personeller Hinsicht noch stärker als zuvor dem nationalsozialistischen Zugriff unterworfen. Am 4. Februar 1938 wurde der bisherige Botschafter in London, Joachim von Ribbentrop, Nachfolger des konservativen Reichsaußenministers von Neurath. Abgesehen von der Tatsache, daß die großen Linien deutscher Außenpolitik längst souverän von Hitler selber bestimmt wurden, setzte nunmehr eine stärkere natio− nalsozialistische Durchdringung der bislang als konservatives Reservat gel− tenden Behörde ein. Diese nach der Machtergreifung“ des Jahres 1933 und nach der Ausschaltung rivalisierender Parteigliederungen im Sommer 1934 zwischen 1936 und 1938 in zwei weiteren Schüben vollzogene Gleichschaltung“ traditioneller ge− sellschaftlicher Gruppen und politischer Institutionen diente Hitler als Vor− aussetzung für die geplante kriegerische Expansion des Dritten Reiches“. Der bevorstehende militärische Konflikt aber zeichnete sich für die Bevölkerung nicht zuletzt dadurch ab, daß am 27. August 1939 die Bewirtschaftung der Konsumgüter im Deutschen Reich in Kraft trat. Zusammenfassung

Außenpolitik im Vordergrund

Kommandogewalt des Regimes

Blickt man auf die innen− und außenpolitische Entwicklung der Jahre 1936 – 1939 zurück, so läßt sich folgendes feststellen: Während die ersten Jahre der Geschichte des Dritten Reiches“ vornehmlich im Zeichen tiefgreifender innenpolitischer Veränderungen standen, traten im Zeit− raum von 1936 bis 1939 die außenpolitischen Ereignisse in das Zentrum des Geschehens. Vor dem Hintergrund einer zutiefst widersprüchlichen Zeit, in der Krieg im Frieden und Frieden im Krieg“ [990: K. Hildebrand] nebeneinander existierten, war Hitlers Deutschland die Kraft in der europäischen Politik, die den Gang der internationalen Entwicklung weitgehend bestimmte und vorantrieb. Gewiß ist darüber die innenpolitische Seite der konsolidierten national− sozialistischen Diktatur nicht zu übersehen, deren ambivalente Entwicklung sich zwischen Führerwille“ und bürokratischem Vollzug, zwischen Charisma und der Veralltäglichung des Außergewöhnlichen vollzog. Insgesamt gilt: Der Ausbau der politischen Herrschaft, die Beschleunigung der gesellschaftlichen Mobilisierung und die Verstärkung der wirtschaftlichen Militarisierung schritten weiter voran. Weil aber die Grenzen zwischen ganz unterschiedlichen Bereichen und Segmenten in Staat, Wirtschaft und Ge− sellschaft im Zeichen der Kommandogewalt des Regimes aufgehoben und verwischt wurden, verloren sie zunehmend ihre Eigengesetzlichkeiten und

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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Entwicklungschancen: Produktivitätsverluste waren daher auf Dauer kaum zu vermeiden. Der ideologische und machtpolitische Anspruch des Dritten Reiches“ schlug sich nicht zuletzt in den Auseinandersetzungen des Regimes mit beiden christlichen Kirchen ebenso wie in den Maßnahmen“ auf dem Gebiet der Judenpolitik“ nieder. Mit dem Inkrafttreten des Vierjahresplanes“ im August 1936 unterwarfen Staat und Partei auch die Wirtschaft einer stärkeren Kontrolle. Durch die Umbildung der Wehrmachtführung zu Anfang des Jahres 1938 wurde eine weitere konservative Bastion im Sinne der Führerdiktatur mediatisiert, und mit dem Wechsel an der Spitze des Auswärtigen Amts im Februar 1938 wuchs auch in diesem Bereich der nationalsozialistische Einfluß. Alle diese Vorgänge auf dem Feld der Innenpolitik des Dritten Reiches“ sind jedoch ebenso wie die von Hitler ausgelöste, immer schwerer kontrollierbare Entwicklung auf dem Rüstungssektor, deren Konsequenzen sich zuweilen zu verselbständigen schienen, im Dienste jener ehrgeizigen und letztlich utopischen außenpolitischen, kriegerischen und rassischen Ziele zu sehen, denen der Diktator nachjagte. Geraume Zeit waren sie nur schwer von den populären Forderungen des überkommenen außenpolitischen Revisionismus zu unterscheiden und ließen erst kurz vor Kriegsausbruch ihre wahre expansionistische Qualität sichtbar werden, die sich direkt aus Hitlers programmatischer Außen− und Rassenpolitik ableitete. Heute sind wir zu erkennen imstande, daß sich hinter der Folie der Revi− sionspolitik des nationalsozialistischen Deutschland von Anfang an die ras− sische Utopie der Lebensraum“−Politik Adolf Hitlers verbarg. Über die Betrachtung der politischen Krisen und diplomatischen Konferenzen jener Jahre hinaus ist nämlich nicht zu verkennen, daß – an Überlegungen, Ankün− digungen und Aktionen aus den ersten Jahren nach der Machtergreifung“ anknüpfend – Pläne geschmiedet und auch Schritte unternommen wurden, die auf die Ziele der Rassen− und Weltmachtpolitik des Regimes und seines Führers“ hinwiesen. Vorstellungen, wenn auch einander noch widersprechender Natur, über die Lösung der so genannten Judenfrage“, über die Vernichtung rassisch als min− derwertig angesehenen Lebens und über die Heranbildung einer natio− nalsozialistischen Elite, die den im Prinzip global und total orientierten Herr− schaftsanspruch des Dritten Reiches“ durchsetzen und verkörpern sollten, wurden erarbeitet. Dabei verdeckten die Hektik, aber auch die Normalität der im Vordergrund stehenden außenpolitischen Ereignisse oftmals die eigentlichen Triebkräfte der programmatisch gespeisten Politik Hitlers. Ihre erst für wesentlich spätere Zeiten entworfenen Weltmachtplanungen wurden beispielsweise auf kolonial− und marinepolitischem Sektor bereits zeitgenössisch von einzelnen Ämtern und Ressorts des Staates und der Partei teilweise ohne Auftrag der Führungsspitze und auf eigene Faust vorbereitet und verfolgt und standen letztlich doch im Einklang mit den Endzielen der nationalsozialistischen Diktatur.

Hitlers utopische Ziele

64

Verselbständigung der Mittel – Dominanz des Programms“

Wirtschaft zwischen Rüstung und Konsum

Hitlers verkehrte“ Frontstellung

I. Darstellung

Für die Janusköpfigkeit des Dritten Reiches“ bezeichnend, ist gerade in diesem Zusammenhang zu beobachten, wie Hitler sich aller Instrumente der Technik bediente, um mit ihrer Hilfe in ferner Zukunft die Vision seiner rassischen Utopie zu verwirklichen, ja wie er die Erfahrungen der Geschichte zu nutzen suchte, um dieser endlich ein für alle Mal zu entfliehen. Daß sich im Verlauf einer so paradoxen Politik im wirtschaftlichen und technischen Bereich Eigengesetzlichkeiten entwickelten, die Hitlers Weltanschauung und der nationalsozialistischen Pro− paganda widersprachen, ihr auch entgegenwirkten und dann insgesamt doch wieder mit den Zielen des Diktators vereinbart wurden, seinen politischen Kurs aber zumindest nicht wesentlich zu verändern vermochten, darf nicht dazu führen zu übersehen, sondern verweist vielmehr nachdrücklich darauf, daß Hitlers Vor− stellungen den gewiß vielschichtigen und oft widerspruchsvollen Verlauf des Dritten Reiches“ jederzeit bestimmten. Gewiß lief manche Entwicklung in der gesellschaftlichen Praxis des Regimes vorläufig und scheinbar dem weltan− schaulichen Anspruch entgegen. Sicherlich sah es zuweilen so aus, als sollten die Instrumente der modernen Welt Eigenmacht gewinnen und Übergewicht erlangen über Hitlers ideologische Ziele. Doch letztlich setzten die nationalsozialistische Weltanschauung und Hitlers Programm“ der Wirtschafts− und Gesellschafts−, der Innen− und Außenpolitik des Dritten Reiches“ Maß und Ziel, die sich im Rückblick als spezifische Maß− und Ziellosigkeit darstellen. In diesem Sinne gehört es zu den Kennzeichen der nationalsozialistischen Diktatur, daß sie in wirtschaftlicher Hinsicht zugunsten der Aufrüstung zwar auf einen – an den westlichen Demokratien gemessen – hohen, im Vergleich mit der – ihre Industrialisierung rapide forcierenden – stalinistischen Sowjetunion jedoch niemals rigorosen Konsumverzicht drängte. Denn seine zweifellos große Popu− larität in der deutschen Bevölkerung, die, was die Person des Diktators angeht, auch in der Arbeiterschaft existierte, wollte Hitler keineswegs aufs Spiel setzen. Zudem hatte er nicht vor, eine große Auseinandersetzung im Stile des Ersten Weltkrieges zu führen, die eine auf Jahre funktionierende Rüstungs− und Kriegswirtschaft zur Voraussetzung gehabt hätte. Vielmehr ging er davon aus, auf eine die Bedürfnisse der Kriegsvorbereitung und des Konsums gleichermaßen befriedigende Wirtschaft gestützt, in kleinen, zeitlich getrennt ablaufenden Blitzkriegen“ zum Herren Kontinentaleuropas aufsteigen zu können. Dabei rechnete er zunächst damit, für seinen Feldzug gegen die Sowjetunion die Un− terstützung, zumindest jedoch die Tolerierung seines Vorhabens durch die West− mächte zu finden. Diese Hoffnung erwies sich als unzutreffend. Durch den Nichtangriffspakt mit Stalin vom 23. August 1939 abgeschirmt, vermochte Hit− ler den Waffengang gegen Polen zu entfesseln, der allerdings zum Kriegseintritt der europäischen Westmächte führte und den Diktator in eine von ihm als verkehrt“ empfundene Frontstellung zwang. Im Verlauf der sich am Jahres− ende 1941 zum Weltkrieg steigernden europäischen Auseinandersetzung aber bestimmte der für das Dritte Reich“ charakteristische Gegensatz von welt− anschaulich−rassischem Dogma und strategisch−politischem Kalkül sowohl Hit−

B. Die Vorbereitung des Krieges (1936–1939)

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lers Außenpolitik und Kriegführung als auch die innere Entwicklung des Staates und der Gesellschaft sowie der Rassen− und Besatzungspolitik des Dritten Reiches“.

C. DEUTSCHLAND IM ZWEITEN WELTKRIEG (1939 – 1942)

1. Hitlers Außenpolitik und Kriegführung Ziel des Krieges

Lage des Deutschen Reiches

Vierte Teilung“ Polens

Hitler und Stalin – Britische Befürchtungen

In dem am 1. September 1939 von Hitler gegen Polen begonnenen Krieg war – anders als die nationalsozialistische Propaganda es darstellte – Danzig einer Äußerung des Führers“ vor den militärischen Befehlshabern am 23. Mai 1939 zufolge gar nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um die Erweiterung des Lebensraumes im Osten und Sicherstellung der Ernährung sowie die Lösung des Baltikum−Problems. Lebensmittelversorgung ist nur dort möglich, wo geringe Besiedelung herrscht“. Mit dem Eintritt in den Krieg und durch die damit hervorgerufene Kriegserklärung der Westmächte vom 3. September 1939 hatte sich die Lage des Deutschen Reiches im Rahmen der Staatenwelt jedoch vorerst und im Vergleich mit den außenpolitischen Erfolgen Hitlers während der Jahre 1938/39 deutlich verschlechtert. Selbst der innerhalb von fünf Wochen über Polen errungene Sieg konnte über diese Tatsache nicht hinwegtäuschen. Sein ursprüngliches Bündniskonzept war nicht aufgegangen: Der Diktator kämpfte gegen England, das er sich als Allianzpartner gewünscht hatte. Dagegen war aufgrund des am 23. August 1939 abgeschlossenen deutsch− sowjetischen Nichtangriffspaktes der UdSSR, die eigentlich nach wie vor als machtpolitischer und ideologischer Feind des Dritten Reiches“ galt, im Zuge einer internationalen Konstellation, die Stalin ungemein begünstigte, die Rolle des lachenden Dritten zwischen den sich bekämpfenden Staaten des impe− rialistischen Lagers“ zugefallen. Für Hitlers Kriegführung waren zudem die sowjetischen Rohstofflieferungen an das Deutsche Reich nicht zu unter− schätzen. Stalin, der die Rote Armee – unmittelbar nach der Beilegung des sowjetisch− japanischen Konflikts im Fernen Osten – am 17. September 1939 in Ostpolen einmarschieren ließ und zusammen mit Hitler die im geheimen Zusatzabkommen zum Vertrag vom 23. August von 1939 bereits beschlossene vierte Teilung“ Polens besiegelte, trat jedoch nicht an der Seite des Dritten Reiches“ in den Krieg gegen die Westmächte ein. Ein solcher Schachzug, der damals alles andere als ausgeschlossen war, und durch den die mit dem Abschluß des Hitler−Stalin− Paktes“ vollzogene taktische außenpolitische Wendung des Deutschen Reiches in großem Rahmen fortgeführt und erweitert worden wäre, hätte dem deutschen Diktator die Möglichkeit gegeben, auf England weltweiten Druck auszuüben, um es zum Einlenken in die deutschen Bedingungen zu bewegen. Die Furcht der britischen Regierung vor einer solchen – von Hitler und Stalin durchaus er− wogenen, letztlich aber nicht realisierten – Entwicklung spiegelt sich in einem Tagebucheintrag des britischen Diplomaten Harold Nicolson unter dem Datum des denkwürdigen 17. September 1939: Vielleicht werden wir in wenigen Tagen Deutschland, Rußland und Japan gegen uns haben.“

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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In der Tat: Dem deutschen Diktator hätte sich auf diesem Umweg die Gele− genheit geboten, die verkehrte“ Frontstellung gegenüber Großbritannien zu berichtigen, um sich sodann möglicherweise doch noch gemeinsam mit den Engländern gegen die Sowjetunion zu wenden. Allein, es kam zu nicht mehr als einer deutsch−sowjetischen Erklärung im Zusammenhang mit der Vereinbarung des Grenz− und Freundschaftsvertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion am 28. September 1939. Aus Hitlers Sicht begünstigte er die Sowjets noch einmal wie schon im Abkommen vom 23. August 1939 durch Zugeständnisse der deutschen Seite. Denn einen Tag nach der Kapitulation Warschaus wurde in Modifizierung des geheimen Zusatzprotokolls zum Vertrag vom 23. August 1939 (siehe S. 48) folgende Regelung in Moskau unterzeichnet: Die Demarkationslinie zwischen der deutschen und sowjetischen Interessensphäre wurde an den Bug zurück− verlegt. Die Sowjetunion überließ dem Deutschen Reich damit die polnischen Woiwodschaften Warschau und Lublin, dazu einen Gebietszipfel bei Suwalki. Dafür kam Litauen mit Ausnahme seines Südwestzipfels nunmehr in den so− wjetischen Interessenbereich. Deutschland wurde insgesamt ein Territorium von ca. 118 000, der UdSSR ein Gebiet von 200 000 Quadratkilometern zugesprochen. Im westlichen Polen begann damit die Herrschaft der SS, des SD und der Gestapo, die umgehend und auf grausame Weise deutlich machte, daß der polnische Feldzug von vornherein als Weltanschauungs− und Rassenkrieg wütete. Über die künftige politische Gestalt des eroberten Gebietes herrschte dagegen vorerst Unklarheit. Für kurze Zeit wurde am 25. September 1939 eine deutsche Militärverwaltung unter Generaloberst Gerd von Rundstedt errichtet. Ziviler Oberverwaltungschef dieses Provisoriums war Hans Frank, bis er nach Auf− lösung der Militärverwaltung am 12. Oktober 1939 zum Generalgouverneur für das von Deutschland eroberte Polen ernannt wurde. Aus dessen Bestand wurden umgehend die Freie Stadt Danzig, die 1919 durch den Versailler Vertrag an Polen abgetretenen Territorien, das Gebiet um Ldz, das nach Osten vergrößerte Oberschlesien und der Bezirk von Ciechanw dem Reich eingegliedert. In einer Verlautbarung der beiden Vertragspartner, Deutsches Reich und So− wjetunion, wurden die Westmächte angeklagt, für die Verlängerung des Kampfes verantwortlich zu sein. Für den Fall einer Fortdauer des Krieges“ kündigten die beiden Regierungen an, sich gegenseitig über die erforderlichen Maßnahmen [zu] konsultieren“. Die von Großbritannien und Frankreich bis zum 22. Juni 1941 immer wieder gehegten Befürchtungen, sich eines Tages der geschlossenen mi− litärischen Front der beiden totalitären Regime Hitlers und Stalins gegen− überzusehen, kamen der Realität durchaus nahe. Gleichwohl nahm sich die Lage des Dritten Reiches“ in innen− und außen− politischer Hinsicht nicht gerade vorteilhaft aus: Auch nach dem Waffenerfolg über Polen hielt die schlechte Stimmung der Bevölkerung“ an, weil die Mehrheit der Deutschen nach dem Urteil des Generalobersten Wilhelm Ritter von Leeb, das Unnötige des Krieges“ spürte. Und in der Staatenwelt drohte ganz un−

Weltanschauungs− und Rassenkrieg

General− gouvernement“

Deutsch−sowjetische Zusammenarbeit

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Gefahr der Iso− lierung

Plan zur Offensive im Westen

Zwischen USA und UdSSR

I. Darstellung

übersehbar die Gefahr der Isolierung: Mit Großbritannien und Frankreich befand sich das Deutsche Reich im Krieg; die Vereinigten Staaten von Amerika hegten, nicht nur was ihren Präsidenten angeht, eher für die Westmächte als für das Dritte Reich“ Sympathien; die Neutralität des stalinistischen Rußland erschien in vielerlei Hinsicht als problematisch; enttäuschend verharrte der italienische Bun− desgenosse in einer abwartenden Position der Nichtkriegführung“; und ge− genüber dem japanischen Antikominternpakt“−Partner war durch die – nach dem Urteil des japanischen Innenministers Kido Koichi – verräterische Tat Deutschlands“, ohne Konsultation des fernöstlichen Verbündeten den Hitler− Stalin−Pakt“ abzuschließen, der Japan einen Schlag“ versetzte und China eine Hilfe“ (Mao Tse−tung) bot, über Nacht eine Vereisung“ [1119: G. Krebs, Japans Deutschlandpolitik, 337] der Beziehungen eingetreten. Eine militärisch unzu− reichende Vorbereitung auf einen großen Krieg, für den Deutschland frühestens vom Jahre 1942 an gewappnet sein würde, und eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Reiches von ausländischen Lieferungen, die ungeachtet der im Rahmen des Vierjahresplanes“ unternommenen Anstrengungen nach wie vor bestand, kamen erschwerend hinzu: Hitler blieb seinem eigenen Verständnis zufolge nichts an− deres übrig, als zur militärischen Offensive überzugehen, also die Flucht nach vorn anzutreten. Dabei ging er davon aus, daß die Zeit mit größerer Wahrscheinlichkeit als Verbündeter der Westmächte denn als Verbündeter von uns“ angesehen werden mußte. Mithin kam es für ihn darauf an, durch einen möglichst noch im November 1939 begonnenen, siegreich geführten Krieg gegen Frankreich Großbritanniens Einfluß vom europäischen Kontinent zu verdrängen. Danach, so glaubte er, würde es ihm gelingen, sich mit einer zur Einsicht in ihre wahren“ Interessen ge− kommenen britischen Regierung im Sinne seines Grundplans der zwanziger Jahre zu verständigen. Seine Idee einer Aufteilung weltpolitischer Interes− sensphären zwischen Großbritannien als der führenden See− und Kolonialmacht und dem Deutschen Reich als der Vormacht Kontinentaleuropas würde nach seinen Überlegungen England davor bewahren, früher oder später von den Vereinigten Staaten von Amerika in seiner Rolle als Weltmacht beerbt und ab− gelöst sowie durch die Sowjetunion ideologisch und machtpolitisch weiterhin herausgefordert und bedroht zu werden. Denn über die Auseinandersetzung mit den europäischen Westmächten hinaus sah Hitler bereits im Oktober 1939 die eigentliche Gefahr für sein Vorhaben, ein europäisches Kontinentalreich unter deutscher Führung zu er− richten, auf Seiten der amerikanischen und sowjetischen Flügelmächte der Staatenwelt. Sie vermochten in erster Linie das geostrategisch und wehr− wirtschaftlich eingeengt zwischen ihnen liegende Deutschland während einer vergleichsweise frühen Etappe seiner Expansion aufzuhalten: Durch keinen Vertrag und durch keine Abmachung“, umschrieb Hitler am 9. Oktober 1939 diese Befürchtung, kann mit Bestimmtheit eine dauernde Neutralität Sowjet− Rußlands sichergestellt werden . . . Die größte Sicherheit vor irgendeinem

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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russischen Eingreifen liegt in der klaren Herausstellung der deutschen Über− legenheit bzw. in der raschen Demonstration der deutschen Kraft . . . Der Versuch gewisser Kreise der USA, den Kontinent in eine deutschfeindliche Richtung zu führen, ist im Augenblick sicher ergebnislos, kann aber in Zu− kunft doch noch zu dem gewünschten Ergebnis führen. Auch hier ist die Zeit als gegen Deutschland arbeitend anzusehen“. Nicht zuletzt im Banne dieses weltpolitischen Zugzwanges hatte Hitler sich gegen die Opposition durchgesetzt, die seinen Plan, Frankreich anzugreifen, vereiteln wollte. Er war dazu entschlossen, den kontinentalen Ententepartner Großbritanniens zu besiegen. Charakteristischerweise hatte er schon am 27. September 1939 über die Absicht des geplanten Feldzuges im Westen ge− äußert, das Ziel sei es, Frankreich zu zerschlagen“. England dagegen beab− sichtigte er lediglich gefügig zu machen und auf die Knie zu zwingen“. Auf diesem Wege kehrte Hitler zu seinen Ideen der zwanziger Jahre zurück. Als machtpolitische Voraussetzung für ein deutsches Ausgreifen nach Osten war Frankreich auszuschalten und gleichzeitig damit England seinen Angeboten gegenüber willfährig zu machen. In diesem Sinne betrachtete der Diktator den ins Auge genommenen Feldzug als eine Möglichkeit, die für die Verwirklichung seines Programms“ wesentliche Bündniskonstellation auf militärischem Wege doch noch zu erreichen. Aus verschiedenen Gründen wurde der Angriffstermin gegen Frankreich immer wieder verschoben, während Hitler seinen Paktpartner Stalin in dessen am 30. November 1939 begonnenem Krieg gegen Finnland bezeichnenderweise gewähren ließ. Noch kurz vor dem Beginn des deutschen Angriffs im Westen ließ er sodann am 9. April 1940 Dänemark und Norwegen militärisch besetzen, um einem entsprechenden Schritt der Westmächte zuvorzukommen und um sich die über Norwegen laufende, für Deutschland lebenswichtige Erzzufuhr aus Schweden nicht abschneiden zu lassen. Mit diesem Schritt hatte Hitler zugleich – in Übernahme entsprechender Marineplanungen – die Enge des durch Ostsee, Nordsee und Ärmelkanal begrenzten Operationsgebietes der deutschen See− streitkräfte großzügig erweitert und eine für die Atlantikkriegführung ange− messene, in defensiver wie in offensiver Hinsicht zu nutzende Basis für die überseeische Strategie einer künftigen deutschen Welt−, Flotten− und Kolo− nialmacht erworben. Am 10. Mai 1940 begann der deutsche Angriff gegen die Niederlande, Belgien und Frankreich. Entgegen den Erwartungen der militärischen Experten wurde der Feldzug im Westen Europas ein Triumph der Kriegführung Hitlers: Der Diktator stand auf dem Gipfel seiner Popularität in Deutschland. Ja, er hatte nun auch die oppositionellen Strömungen im Offizierkorps besiegt und war für eine Vielzahl der Vertreter des alten Deutschland ebenso wie für die über den außen− und wirtschaftspolitischen Kurs des Dritten Reiches“ nach Kriegsausbruch 1939 weiterhin uneinige Elite des nationalsozialistischen Staates zur unumschränkten Autorität geworden.

Ziele des West− feldzuges

Angriff auf Däne− mark und Norwegen

Kriegsbeginn im Westen

Hitler auf dem Höhe− punkt seiner Macht

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Offenheit der historischen Kon− stellation

Das englische Problem 1940

Italiens Kriegs− eintritt

Der vorsichtige Franco

I. Darstellung

Zeitgenössisch war der Ausgang des Völkerringens, der sich im Rückblick oftmals als so eindeutig darstellt, mehr als offen, ja in diesem historischen Augenblick schien das Dritte Reich“ dem Sieg sogar näher zu sein als das im Kampf allein ausharrende Großbritannien. In dem für den weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges entscheidenden Jahr zwischen dem 22. Juni 1940, an dem der Waffenstillstand zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich abgeschlossen wurde, und dem 22. Juni 1941, an dem Hitler die Sowjetunion überfiel, war der Primat der Politik . . . in einem selten hohen Maße gesichert“ [994: A. Hillgruber, Grundzüge der nationalsozialistischen Außenpolitik, 338]. Die innenpolitischen Bedingungen für Hitlers außenpolitische Entscheidungen der kommenden Wo− chen und Monate sind in diesem Zusammenhang zutreffend so umschrieben worden: Der stufenweise vollzogene Prozeß der Konzentration der Macht in Deutschland bei Hitler und der nicht immer parallel dazu verlaufende Vorgang der Anerkennung seiner Führung durch die traditionellen Repräsentanten im Heer, in der Diplomatie und der Wirtschaft waren mit dem Sieg über Frankreich zusam− mengekommen. Hitler steckte in den nächsten Monaten – so ,frei‘ wie nie zuvor und wie nie mehr in der Folgezeit – den großen Rahmen ab, in dem sich die Planungen und Erwägungen der wirtschaftlichen Organisation, der militärischen Führung und der Diplomatie vollzogen. Die noch vorhandenen Wider− standszentren, die sich in den Krisen 1938 und im Winter 1939/40 auf ver− breitete Stimmungen aus der Bevölkerung hatten stützen können, waren nun− mehr geschrumpft und gesellschaftlich von der geschlossener denn je der Führung Hitlers akklamierenden Nation weitestgehend isoliert“ [994: A. Hillgruber, Grundzüge der nationalsozialistischen Außenpolitik, 338]. Das außenpolitisch und strategisch entscheidende Problem blieb indes auch nach dem Triumph über Frankreich ungelöst. Bohrend quälte Hitler die Frage, warum England noch immer nicht auf seinen Vorschlag einer Teilung der Welt“ eingehe bzw. wann es sich endlich zur Annahme seiner Vorschläge entschließen werde. Im Vergleich damit verblaßten für ihn alle anderen Entwicklungen und Ereignisse, die das siegreich vom Atlantik bis zur russischen Grenze über Europa gebietende Reich durchweg begünstigten. Souverän vermochte Deutschland sich nunmehr die Ressourcen des mitteleuropäischen Großwirtschaftsraumes“ nutzbar zu machen. Die Planungen der verschiedenen Ämter und Stäbe in Par− tei und Staat erstreckten sich darüber hinaus bereits auf die dazu als komplementär angesehenen kolonialen Ergänzungsräume in Übersee und nahmen damit eine noch in der Zukunft liegende Etappe in Hitlers Stufenplan“ vorweg, ohne diese für Hitlers Strategie verbindliche Denkfigur wohl genauer zu kennen. Das militärpolitische Prestige ließ die Anziehungskraft des Deutschen Reiches beträchtlich steigen. Am 10. Juni 1940 verließ Italien den im September 1939 für Hitler damals enttäuschend verkündeten Zustand der Nichtkriegführung“ und beteiligte sich jetzt – dem Diktator gar nicht willkommen – an der Liquidation des bereits geschlagenen Frankreich. Sogar der vorsichtige Franco rückte zu Anfang des Monats Juni 1940 mit dem Angebot eines Kriegseintritts Spaniens auf

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deutscher Seite an das Reich heran. Doch die prohibitiv hohen territorialen und wirtschaftlichen Forderungen des Caudillo“ machten es Hitler unmöglich, auf dieses Angebot wirklich einzugehen. Von der Mitte des Monats Juni an näherte sich auch Japan erneut dem Deutschen Reich. Dadurch wurden von Ribbentrops Vorstellungen von einem gegen England (und die Vereinigten Staaten von Amerika) gerichteten, sich von Ostasien bis Spanien erstreckenden Kontinentalblock“ bestärkt. Aber auch Hitlers vor− sichtig planende Erwägungen bestätigten sich: Sie schätzten Japan in Ostasien in erster Linie als ein politisches und militärisches Instrument ein, das dazu geeignet erschien, die Vereinigten Staaten von Amerika im Pazifik zu binden und vom europäischen Schauplatz fernzuhalten. Denn trotz aller Macht, über die das Deutsche Reich in Europa verfügte, und trotz aller Reverenzen, die ihm in der Staatenwelt nunmehr auch von seiten der Neutralen zuteil wurden, war un− übersehbar, daß das seit dem 10. Mai 1940 von Winston Churchill als Pre− mierminister geführte Großbritannien in seinem entschlossenen Widerstand gegen Hitlers Deutschland ausharrte. Dem Urteil des Führers“ zufolge stand England im Grunde vor der Wahl, entweder mit dem Deutschen Reich oder mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu einem Ausgleich“ zu kommen und sein Überleben als Juniorpartner an der Seite der einen oder der anderen zukünftig in der Welt führenden Macht zu suchen. Daß Großbritannien dabei im Rahmen der künftigen Pax Germanica“ oder Pax Americana“ eine der jeweils dominierenden Führungsmacht nur noch nach− geordnete, kaum mehr gleichberechtigte Rolle spielen würde, stand für den Diktator bereits während des noch andauernden Frankreichfeldzuges fest, als er sicher mit einem von ihm machtpolitisch erzwungenen Einlenken der Briten rechnete. Angesichts des als gewiß erwarteten Nachgebens der Engländer richtete er schon am 2. Juni 1940 im Stabsquartier der Heeresgruppe A in Charleville wäh− rend der Schlacht um Dünkirchen“ (27. Mai – 4. Juni 1940) und bei anderer Gelegenheit noch einmal am 30. Juni 1940 den Blick auf das ihn eigentlich be− schäftigende machtpolitische und ideologische Ziel seiner Außenpolitik und Kriegführung, nämlich auf die Sowjetunion. Dabei gab er seiner festen Über− zeugung Ausdruck, daß er den ihm gegen seinen Willen aufgezwungenen Krieg mit England in absehbarer Zeit beenden könne, um sodann, den Aufzeichnungen des Chefs des Generalstabes Franz Halder zufolge, programmgemäß den Rük− ken . . . für den Osten“ endlich frei zu haben. So bald wie möglich und ohne längere Unterbrechung, die dem Kriegswillen des deutschen Volkes nur abträglich sein konnte, sollte sich der Lebensraum“−Krieg gegen Rußland anschließen. Auf diesem Weg gedachte er nicht zuletzt auch einem trotz japanischer Präsenz im Pazifik stets befürchteten Eingreifen der Vereinigten Staaten von Amerika, wo der Kampf zwischen Isolationisten und Interventionisten damals noch hin− und herging, in Europa zuvorzukommen. Mit anderen Worten: Daß seine Lage ungeachtet der militärischen Siege prekär war, hat der Diktator selber richtig

Japans Annäherung

Großbritannien zwischen Deutschland und Amerika

Kriegsziel Sowjetunion

Der Faktor Amerika 1940

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Der gefesselte Sieger

Raeders Konzeption

Koloniale Kriegsziele

I. Darstellung

eingeschätzt, als er Ende Juni 1940 feststellte: Wir können die Erfolge dieses Feldzuges nur mit den Kräften erhalten, mit denen sie errungen wurden, also mit militärischer Gewalt“. Zutreffend kommentierte Staatssekretär Ernst von Weiz− säcker: Die Schwierigkeiten liegen weniger in der augenblicklichen Lage, als in der künftigen Entwicklung. Denn die Erhaltung unseres Erfolges durch mi− litärische Machtmittel muß zur Überanstrengung führen.“ Im Grunde stand Hitler im Sommer 1940 wie ein gefesselter Sieger da: Über die von ihm direkt oder indirekt abhängige Staatenwelt Kontinentaleuropas vermochte er beinahe nach Belieben zu verfügen; die Entscheidungen in den weltpolitischen Zentren von London, Moskau und Washington dagegen entzogen sich seinem Einfluß stärker, als er selber wahrhaben wollte. Im Unterschied zu seinen Überlegungen während der zwanziger Jahre (Er− wartung einer eher defensiv vorgestellten Auseinandersetzung zwischen dem in Europa rassisch und machtpolitisch führenden Reich und den Vereinigten Staaten von Amerika um die Weltvorherrschaft als Aufgabe von ihm später einmal nachfolgenden Generationen) rechnete Hitler jetzt mehr und mehr mit der Möglichkeit eines Kampfes gegen die USA noch zu seinen Lebzeiten. Auch unter diesem Gesichtspunkt mag er die ihm von Großadmiral Erich Raeder am 11. Juli 1940 nahegelegte verstärkte Wiederaufnahme des bei Kriegsbeginn zu− rückgestellten Baus der großen Überwasserflotte gebilligt haben. Dennoch befahl er der deutschen Marine, nachdem er sich seit Ende Juni/Anfang Juli 1940 dem Gedanken zunehmend genähert hatte, den für Deutschland als notwendig er− achteten Lebensraum“ durch Krieg gegen Rußland zu erobern, vorerst selbst angesichts der von Roosevelt in der zweiten Julihälfte 1940 durchgesetzten und sodann praktizierten short−of−war“−Politik der Amerikaner im Atlantik äußerste Zurückhaltung gegenüber den sich häufenden amerikanischen Provokationen zu üben. In einer Mischung freilich von defensiven und offensiven Elementen, die sich an Entwicklungsmöglichkeiten des andauernden Krieges ebenso wie an den Ziel− vorstellungen seines Programms“ orientierten, ließ er die Vorbereitungen der Marine im Hinblick auf eine offensive Atlantikkriegführung, die Etablierung eines überseeischen Stützpunktsystems und den Bau einer Großflotte vorantreiben. Damit übernahm Hitler jedoch keineswegs Raeders strategische Konzeption, die eher auf einen Ausgleich mit Rußland abhob, gegen Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika gerichtet war und in einigen entscheidenden Merkmalen durchaus von Ribbentrops außenpolitischen Überlegungen glich. Unverrückbar stand für den Diktator nach wie vor die Eroberung der Sowjet− union im Mittelpunkt seines Programms“. Dennoch ließ er zur gleichen Zeit in Ergänzung seines Erlasses vom März 1939 im Juni 1940 verfügen, die kolonialen Vorarbeiten zu dem schleunigen Abschluß“ zu bringen, den die heutige Lage“ erfordere, damit Deutschland in absehbarer Zeit dazu bereit sei, ein Kolonialreich in Afrika zu übernehmen und zu verwalten. Zu keiner Zeit des Jahres 1940 allerdings – von den kolonialen Forderungen

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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während des Westfeldzuges über den Wunsch nach einem zusammenhän− gende[n] West−Ost−Afrikanische[n] [Kolonialgebiet]“ vom August 1940 bis hin zu von Ribbentrops Plan der Südexpansion“ der großen Mächte Japan, Rußland, Italien und eben auch Deutschland – war das ins Auge gefaßte Ausgreifen nach Übersee eine Alternative zu Hitlers programmatisch festliegendem Ziel im Osten. Immerhin scheint der Diktator 1940 daran gedacht zu haben, im Zuge des bis zum Ende des Monats Juni 1940 als sicher erwarteten Sonderfriedens mit Großbri− tannien Kolonialgebiete im Vorausgriff auf später anzuvisierende Ziele seiner Weltmachtpolitik zu erwerben. Aber vorläufig harrte England, das schon als friedensbereit angesehen und für die Zukunft eher als Juniorpartner denn als gleichberechtigte Macht eingeschätzt wurde, in seinem Kampf aus. Werbungen und Sanktionen, Friedensangebote und −fühler vermochten ebenso wenig wie die Drohung mit der Invasion, die Hitler nur unter inneren Vorbehalten am 16. Juli 1940 vorzubereiten befahl, oder die am 13. August 1940 eröffnete Luftoffensive das Inselreich auf den – in Hitlers Urteil – Weg des Klügeren“, wie der Generalquartiermeister Eduard Wagner es einmal umschrieb, zu führen. Denn seit der zweiten Julihälfte des Jahres 1940 stand der amerikanische Präsident unmißverständlich hinter Churchills sich Hitlers Erwartungen ent− schieden widersetzendem Kurs: Roosevelt war dazu bereit, die als unaus− weichlich eingeschätzte Herausforderung der Vereinigten Staaten von Amerika durch Deutschland und Japan anzunehmen. Daher ging es für das Deutsche Reich darum, in der verbleibenden Zeit, in der die USA rüstungstechnisch noch nicht zureichend gewappnet waren und durch Japan in Ostasien einigermaßen ge− bunden erschienen, die Sowjetunion zu besiegen, das deutsche Kontinen− talimperium für die Angelsachsen uneinnehmbar zu machen und das angesichts der zunehmenden amerikanischen Dominanz im weltpolitischen, imperialen und außenhandelswirtschaftlichen Bereich vom Absinken in die Zweitrangigkeit bedrohte England von den USA abzuziehen und zum Frieden zu bewegen. Hitler mußte seinem Selbstverständnis und Programm“ zufolge erneut, wie bereits im Anschluß an den Feldzug gegen Polen, dieses Mal freilich in globalem Rahmen offensiv werden und die letzte verbliebene Kontinentalmacht in Europa überrennen, um für den als sicher erwarteten Angriff der Angelsachsen gerüstet zu sein bzw. um die überseeische Stufe des Programms“ verwirklichen und zur außereuropäischen Weltmacht aufsteigen zu können. Unterdessen ging die So− wjetunion ihrerseits systematisch daran, durch Besetzung der baltischen Staaten am 15./17. Juni 1940 und Bessarabiens sowie der nördlichen Bukowina am 28. Juni 1940 das strategische Vorfeld gegenüber dem deutschen Vertragspartner aus− zubauen. Am 31. Juli 1940 entwickelte Hitler vor den Spitzen des Oberkommandos der Wehrmacht und des Oberkommandos des Heeres seine weltpolitische Lage− beurteilung und folgerte daraus: Wenn [in England] [die] Hoffnung auf Ruß− land wegfällt, fällt auch Amerika weg, weil [dem] Wegfall Rußlands eine Auf−

Invasionsdrohung und Luftoffensive gegen England

Churchill und Roosevelt

Der Faktor Rußland

Besprechung vom 31. 7. 1940

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Improvisierter Gesamtkriegsplan vom Herbst 1940

Mittel–Ziel− Strategem

I. Darstellung

wertung Japans in Ostasien in ungeheurem Maß folgt“. Vor dem Hintergrund dieser prinzipiell formulierten Überlegungen wurde sodann im Herbst 1940 jener improvisierte Gesamtkriegsplan konzipiert, der vorsah, die Sowjetunion in einem weiteren Blitzfeldzug“ anzugreifen und zu zerschlagen. Auf diesem Wege ge− dachte der Diktator das zentrale Ziel seines macht− und rassenpolitischen Programms“ zu verwirklichen und gleichzeitig damit England, das – entgegen den während des noch andauernden Krieges in Westeuropa bzw. unmittelbar nach dem Ende des siegreichen Feldzuges gegen Frankreich gehegten Erwartungen Hitlers auf ein Einlenken der Briten – ausgeharrt hatte, den russischen Fest− landsdegen“ als Kriegsmittel aus der Hand zu schlagen, um es friedensbreit zu machen. Sollte die englische Neutralität bzw. das Bündnis mit England ursprünglich die Voraussetzung dafür bieten, um Rußland angreifen zu können, und sah der Führer“ diese für ihn grundlegende Bedingung des britischen Nachgebens unter dem Eindruck seines Triumphes über Frankreich, noch bis zur Mitte des Monats Juli, als gegeben an, so verquickten sich danach in einem politisch− militärischen Hazardspiel Mittel und Ziel miteinander. Der Sieg über Rußland sollte ihn sowohl zur Verwirklichung seiner zentralen weltanschaulichen Idee vordringen lassen als auch Großbritannien zum Frieden zwingen. Danach würde er für weitere, sich entweder unmittelbar an den russischen Feldzug anschließende oder aber nach einer zeitlichen Unterbrechung drohende bzw. sich einstellende Auseinandersetzungen mit den Vereinigten Staaten von Ame− rika bereit sein. In der bereits erwähnten Besprechung auf dem Berghof am 31. Juli 1940, in der im Prinzip der als Mittel−Ziel−Strategem vorgesehene Krieg gegen Rußland ins Auge genommen wurde, wies Hitler deutlich auf die von den USA ausgehende Gefahr hin, der er vorläufig nur auf indirektem Wege und in der Hoffnung auf die durch Japan garantierte Neutralität der Vereinigten Staaten von Amerika be− gegnen konnte. Im Augenblick dieser Überlegungen, das heißt im Sommer und Herbst 1940, rechnete Hitler mit dem Eingreifen der Amerikaner aufgrund ihrer mangelnden Kriegsbereitschaft erst für 1941/42. Der bereits im Ersten Weltkrieg auf seiten aller am Kampf beteiligten Staaten auftauchende Gedanke, sich noch während des andauernden Ringens bereits auf den folgenden zweiten“ Krieg vorzubereiten, verdichtete sich auch in Hitlers Gedankenbildung im Hinblick auf den Faktor Amerika“ mehr und mehr und verkürzte das diese Stufe grundsätzlich bereits antizipierende Programm“ unter zeitlichem Aspekt erheblich. Jedenfalls näherte sich der Diktator im Sommer 1940 immer stärker dem Gedanken, in einer Auseinandersetzung um Alles oder Nichts“, das heißt in der militärischen Ostlösung die politische und strategische Initiative zu behalten. Der Krieg gegen Rußland erschien Hitler und der Mehrzahl der deutschen Offiziere nach der siegreichen Schlacht gegen Frankreich fatalerweise kaum mehr als ein Sandkastenspiel“ zu sein. Nach dem in wenigen Wochen zu er− ringenden Sieg aber würde Großbritannien endlich Frieden schließen. Aus einem

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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autarken Europa heraus konnten ihm dann sogar die Vereinigten Staaten von Amerika gestohlen“ bleiben. Noch einmal vor Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion schien sich mit der durch von Ribbentrop entworfenen und von Hitler zeitweilig von Mitte September bis spätestens Ende Oktober widerwillig akzeptierten Konti− nentalblock“−Konzeption eine Alternative zu den Überlegungen des Füh− rers“ anzubieten. Einige Wochen lang trat sie in der Vordergrund, als Hitler eingesehen hatte, daß England weder durch die Luftoffensive noch durch die Invasionsdrohung zum Einlenken zu bewegen war, daß die Unterstützung Großbritanniens von seiten der Vereinigten Staaten zunahm und daß der Feldzug gegen die Sowjetunion nicht mehr im Jahre 1940 durchgeführt wer− den konnte. Doch trotz des mit großem propagandistischem Aufwand verkündeten Ab− schlusses des Dreimächtepaktes“ zwischen Deutschland, Italien und Japan am 27. September 1940, der in der Substanz das deutsch−japanische Verhältnis nur locker, ja unzulänglich regelte, scheiterte der durch von Ribbentrop gegen die angelsächsischen Mächte konzipierte, auf Beibehaltung der russischen Neutralität beruhende Plan am Widerstand der als potentielle Satelliten angesehenen Spanier und Franzosen, an Japans eigenständigen Kriegsplänen, an Stalins territorialen Forderungen und nicht zuletzt an Hitlers Option für die als Kriegsmittel und Kriegsziel gleichermaßen eingeschätzte militärische Ostlösung“. Daher betrachtete der Diktator den negativen Ausgang seiner mit Franco und Ptain in Hendaye und Montoire am 23. und 24. Oktober 1940 geführten Ver− handlungen über einen Kriegseintritt Spaniens und Frankreichs an der Seite des Reiches im Grunde als eine Bestätigung für die Richtigkeit des von ihm schon lange zuvor gefaßten Entschlusses zum Krieg gegen die Sowjetunion. Auch Mussolinis vier Tage darauf eigenmächtig und für Deutschland überraschend begonnener Feldzug gegen Griechenland mußte seine Zweifel an der Möglich− keit einer sich von Ostasien bis Südeuropa erstreckenden Bündniskonstellation bestärken. Nunmehr war über die kaum miteinander zu vereinbarenden ter− ritorialen Forderungen Spaniens, Frankreichs und Italiens hinaus auch noch durch Mussolinis ehrgeizigen Schritt der Balkan in militärischer Hinsicht zu einer akuten Konfliktzone geworden. Bereits eine Woche vor Molotows Besuch in Berlin am 12./13. November 1940 erklärte Hitler daher, es müsse alles getan werden, um bereit zu sein zur großen Abrechnung“ mit der Sowjetunion, die das ganze Problem“ Europas bleibe. Die Russen waren ihrerseits ungeachtet vieler neuer Erfolge“, die sich aus dem Zusammengehen mit Hitlers Deutschland inzwischen bereits ergeben hatten, nicht bereit, wie ihr Regierungschef und Außenminister am 1. August 1940 angekündigt hatte, sich mit dem zufriedenzugeben, was wir erreicht haben“. Die Besprechungen mit Molotow boten Hitler eine letzte Gelegenheit, her− auszufinden, ob das Reich und die Sowjetunion Rücken an Rücken oder Brust gegen Brust“ stünden.

Kontinentalblock“− Konzeption

Dreimächtepakt“

Hitler – Franco – Ptain

Italienischer Angriff auf Griechenland

Molotow in Berlin

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Sowjetische Forderungen

Weisung Nr. 21“

Balkanfeldzug

I. Darstellung

Der sowjetische Gesprächspartner, dessen Verhandlungsspielraum durch Sta− lins Direktiven eng umrissen war, ließ sich dabei keineswegs durch von Rib− bentrops nur schwer realisierbare Pläne täuschen, die vorsahen, die gigantische Weltkonkursmasse“ des nach wie vor unbesiegten britischen Empire großzügig zu verteilen: In diesem Sinne wurde durch von Ribbentrop vorgeschlagen, Deutschland über Europa hinaus nach Mittelafrika ausgreifen zu lassen, Italien den Mittelmeerraum und Nordostafrika zuzuweisen, Japan unter Einschluß von China den Pazifik und Südostasien als Einflußsphäre zuzuerkennen und der Sowjetunion im Zuge einer Südexpansion“ der gemeinsam handelnden Groß− mächte Südasien und Indien zu überlassen. Dagegen gab Molotow die so− wjetischen Territorialforderungen in Ostmitteleuropa und in Finnland, auf dem Balkan und in der Türkei deutlich zu erkennen, die in den von Deutschland beanspruchten Machtbereich hineinragten, das Deutsche Reich in seinen In− teressen empfindlich beeinträchtigen mußten und für den deutschen Diktator als den Herrn über Kontinentaleuropa unannehmbar waren. Stalin hat seine ,starke Position‘ offensichtlich überschätzt“, urteilt der russische Historiker Lew Bezymenskij in diesem Zusammenhang: Im Unterschied zum August 1939 brauchte ihn Hitler zur Realisierung seiner Programme nicht mehr. Die Situation hatte sich geändert: eher brauchte Stalin Hitler, um die friedliche Atempause zu verlängern“ [1179: L. Bezymenskij, Der Berlin−Besuch Molo− tovs, 211 f.]. Hitler wurde in der Richtigkeit seines schon lange gehegten Vorhabens, die Sowjetunion anzugreifen, nur noch einmal bestätigt. Hinzu kam, daß das am 11. März 1941 in den USA in Kraft getretene Leih− und Pachtgesetz die Unter− stützung der Vereinigten Staaten von Amerika für England erneut verstärkte. Mißtrauisch beobachtete Hitler darüber hinaus die sowjetischen und britischen Aktivitäten auf dem Balkan, insbesondere in Jugoslawien. Offensichtlich arbeitete die Zeit an allen Fronten gegen ihn. Nur der Sieg über die Sowjetunion – so schien es – vermochte ihm gegenwärtig Handlungsfreiheit zu erhalten und zukünftig Sicherheit zu bieten. In diesem Sinne erging bereits am 18. Dezember 1940 die Weisung Nr. 21“ für den Fall Barbarossa“, in der Hitler den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten befahl und seine Zielsetzung erläuterte: Die deutsche Wehrmacht muß darauf vorbereitet sein, auch vor Beendigung des Krieges gegen England Sowjetrußland in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen“. Daß Ruß− land in wenigen Wochen niedergerungen sein würde, bestätigten die militärischen Experten dem Diktator fast ohne Ausnahme, und ihr Urteil wurde auch vom amerikanischen und englischen Generalstab geteilt. Während die Vorbereitungen für das Unternehmen Barbarossa“ liefen, wurden Jugoslawien und Griechenland während des April 1941 im Balkanfeldzug besiegt. Er war zu dem Zweck improvisiert worden, den vorgesehenen Krieg gegen die Sowjetunion militärstrategisch zu flankieren und die Möglichkeit einer alliierten Front in Südosteuropa auszuschließen. Hitlers Gedanken aber schweiften nicht zuletzt angesichts der drohenden amerikanischen Gefahr bereits weit in die

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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Zukunft voraus. Schon am 17. Dezember 1940 hatte er dem Chef des Wehr− machtführungsstabes, General Jodl, gegenüber bekannt: Daß wir 1941 alle kontinentalen Probleme lösen müßten, da ab 1942 [die] USA in der Lage wären einzugreifen“. Angesichts der sich daraus ergebenden Notwendigkeit einer ge− genüber den Angelsachsen defensiven Kriegführung, die jedoch möglicherweise auch offensiv genutzt werden und dabei ursprünglich einmal visionär anvisierte Ziele unmittelbar ins Auge nehmen konnte, plante Hitler schon jetzt für die Zeit nach Beendigung des Feldzuges gegen die Sowjetunion. Als Herr über ein bis zum Ostwall“, der Linie Archangelsk – Kaspisches Meer, erobertes Kontinentalimperium gedachte er, die strategisch wichtigen Räume in der östlichen Hemisphäre von den Dreierpaktmächten“ gegen die Angelsachsen absichern zu lassen und durch Bastionen im Nahen bzw. Mittleren Osten und in Nordwestafrika sein kontinentales Großreich abzuschirmen. Dazu sollte bereits im August und September 1941 der Großteil der Infanterie−, Panzer− und Luft− waffenverbände aus Rußland abgezogen und der Schwerpunkt der Rüstung danach auf Marine− und Luftstreitkräfte gelegt werden. Den russischen Raum hatten 50–60 Divisionen zu sichern und sich darüber hinaus für eine militärische Operation über den Kaukasus in Richtung Iran−Irak bereitzuhalten. Zusammen mit geplanten Vorstößen von Libyen aus auf Ägypten und von Bulgarien und der Türkei aus auf Syrien würde die englische Nahoststellung in die Zange genommen und aufgebrochen werden, während Indien von Afghanistan aus bedroht werden konnte, wo Hitlers Anweisungen vom 17. Februar 1941 zufolge eine deutsche Operationsbasis zu errichten war. Daneben wurde für den Herbst 1941 die Eroberung Gibraltars geplant, um sodann in Nordwestafrika und auf den Azoren Stellung gegen die USA zu beziehen, wodurch die Vereinigten Staaten von Amerika in den Einflußbereich der deutschen Luftwaffe rücken würden. Das Fazit aller Überlegungen Hitlers am Vorabend des Feldzuges gegen die Sowjetunion, die sich in seinen Äußerungen und in Ausarbeitungen des Wehr− machtführungsstabes vom 9. Januar, 17. Februar und 11. Juni 1941 niederschlugen, lautete, nach der Niederringung der UdSSR über den blockadefesten und autarken Raum Kontinentaleuropas hinausgreifen zu können. Im Zuge eines Welt− blitzkrieges“ [1238: A. Hillgruber, Hitlers Strategie, 317] galt es dann, eine strategische Stellung aufzubauen, die durch Basen in Nordwestafrika und auf den atlantischen Inseln abgesichert, durch eine erheblich vergrößerte Flotte und Luftwaffe geschützt und für die mit Gewißheit erwartete Auseinandersetzung mit den USA gewappnet war. Aus der Defensive heraus würde damit zugleich das Sprungbrett errichtet, das zur Verteidigung oder zum Angriff gegen die Ver− einigten Staaten von Amerika jederzeit benutzt werden konnte, um Roosevelts Amerika Paroli zu bieten. Nachdem auch der letzte Versuch, England doch noch zur Einwilligung in das Bündnis zu bewegen und damit die Belastung eines Zweifrontenkrieges zu vermeiden, nämlich die nach wie vor geheimnisumwitterte, in bezug auf ihre

Hitlers Pläne für die Zeit nach Barbarossa“

Weltblitzkrieg“

Heß−Mission“

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Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion

Offensive gegen USA

I. Darstellung

Motive und Anlässe umrätselte Mission“ des Stellvertreters des Führers“, Rudolf Heß (siehe S. 260 f.), dessen Flug nach Schottland von Hitler zwar nicht befohlen, möglicherweise aber doch gebilligt oder zumindest toleriert worden ist, am 10. Mai 1941 fehlgeschlagen war, begann am 22. Juni 1941 der Krieg gegen die Sowjetunion. In seinem lange gehegten Entschluß, Rußland anzugreifen, wurde Hitler unmittelbar vor Beginn des Feldzuges noch einmal durch Informationen bestärkt, die er aus abgefangenen Telegrammen der Sowjetführung an ihre Mis− sionen im Fernen Osten“ erhielt. Darin war (11. Mai 1941) nicht nur von der Absicht die Rede, mit Deutschland neue Interessensphären abstecken, sondern auch davon, das Dritte Reich“ zum Kampf gegen die angelsächsischen Mächte benutzen“ zu wollen (21. Mai 1941). Trotz des am 12. Juli 1941 abgeschlossenen britisch−sowjetischen Bei− standspaktes gab es in der deutschen Führung während der Monate Juni/Juli 1941 kaum einen Zweifel darüber, daß, wie Halder es am 3. Juli 1941 umschrieb, der Feldzug gegen Rußland innerhalb von 14 Tagen gewonnen“ sein würde. Die weiteren Aufgaben der Kriegführung gegen England“ konnten wieder in den Vordergrund treten und eingeleitet werden“. In diesem Sinne verfügte Hitler am 14. Juli 1941, den Schwerpunkt der Rüstung vom Heer auf die für die Krieg− führung gegen die Seemächte Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika entscheidenden Waffenteile der See− und Luftstreitkräfte zu legen. Angesichts des erfolgreich verlaufenden Krieges gegen die Sowjetunion gingen Hitlers Überlegungen nunmehr sogar über die Grenzen seines improvisierten Gesamtkriegsplanes vom Herbst 1940 hinaus. Dem japanischen Botschafter, General Oshima, schlug er am 14. Juli 1941 vor, im Zuge eines umfassenden Offensivbündnisses zwischen Deutschland und Japan gemeinsam die bereits als besiegt eingeschätzte Sowjetunion zu besetzen. Dabei sollten, wie es Außenmi− nister von Ribbentrop zur gleichen Zeit vorschwebte, die Japaner von Wladi− wostok aus bis nach Omsk vorrücken und die eroberten Territorien Sibiriens als ihr Einflußgebiet betrachten. Dann aber, so ließ sich Hitler dem japanischen Botschafter gegenüber ganz überraschend ein, würden sich Deutschland und Japan zusammen gegen die andere Flügelmacht der Staatenwelt, die Vereinigten Staaten von Amerika, wenden: Amerika drücke in seinem imperialistischen Geist ’mal auf den europäischen ’mal auf den asiatischen Lebensraum. Von uns aus gesehen drohe im Osten Rußland, im Westen Amerika. Daher sei er der Meinung, daß wir sie gemeinsam vernichten müßten. Es gebe im Völkerleben Aufgaben, die hart seien. Man könne diese Aufgaben nicht dadurch lösen, daß man sich ihnen verschließt oder sich auf einen späteren Zeitpunkt verläßt“. In der Regel tendierte Hitler im Gegensatz zu seinem Außenminister von Ribbentrop dazu, Japan auf den ostasiatischen Bereich zu beschränken. Dort schien es ihm die Gewähr dafür zu bieten, daß die Vereinigten Staaten von Amerika im Pazifik gebunden blieben und sich nicht primär und vorzeitig gegen Europa wenden könnten. Den Feldzug gegen die Sowjetunion betrachtete er dagegen als seinen ureigenen Krieg, den er bevorzugt und ohne die rassisch stets

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als minderwertig und unzuverlässig beurteilten Gelben“ zu gewinnen gedachte. Das wurde – bis zum Umschwung im Winter 1943 – auch bald wieder seine Maxime, als sich vom August 1941 an die ersten Verzögerungen im Ablauf des Rußlandfeldzuges bemerkbar machten und sich die im Gespräch mit Oshima anvisierte Offensive gegen Amerika, das sich seit dem 27. März 1941 für den Fall seines Kriegseintrittes auf die Germany first“−Strategie festgelegt und zusammen mit Großbritannien in der Atlantik−Charta vom 14. August 1941 selbstbewußt seinen Führungsanspruch für die Nachkriegszeit dokumentiert hatte, wieder in die weitere Zukunft verschob. Während Hitler noch am 25. Juli 1941 ein scharfes Vorgehen auch gegen die USA“ nach Abschluß des Feldzuges gegen Rußland in Aussicht nahm, äußerte er am 10. September 1941 vor der Tafelrunde im Führerhauptquartier erneut die seit den zwanziger Jahren bekannte Ansicht, der Entscheidungskampf gegen die amerikanische Union bleibe künftigen Generationen vorbehalten: Ich werde es nicht mehr erleben, aber ich freue mich für das deutsche Volk, daß es eines Tages mit ansehen wird, wie England und Deutschland vereint gegen Amerika antreten. Deutschland und England werden wissen, was eines vom anderen zu erwarten hat. Wir haben dann den rechten Bundesgenossen gefunden“. Am 25. Oktober 1941 bekräftigte er gegenüber dem italienischen Außenminister Ciano: Eine spätere Generation würde sich mit dem Problem Europa−Amerika auseinanderzusetzen haben. Es würde sich [dann K.H.] nicht mehr um Deutschland oder England, um Faschismus, Nationalsozialismus oder entgegengesetzte Systeme handeln, sondern um die gemeinsamen Interessen Gesamteuropas innerhalb des euro− päischen Wirtschaftsgebietes mit seinen afrikanischen Ergänzungen“. Einen Monat später wurde dem Diktator klar, daß der russische Krieg nicht programmgemäß zu Ende zu führen sein würde, und am 19. November 1941 sprach er erstmals davon, er erwarte daß die Erkenntnis, daß die beiden Feindgruppen sich nicht vernichten können, zu einem Verhandlungsfrieden führt“. Angesichts des in der zweiten Novemberhälfte eingestandenen Schei− terns seines improvisierten Gesamtkriegsplanes vom Herbst 1940 äußerte Hitler am 27. November 1941 im Sinne der sozialdarwinistischen Logik seiner Politik des Alles oder Nichts“, falls das deutsche Volk versage, müsse es untergehen: Wenn das deutsche Volk einmal nicht mehr stark und opferbereit genug sei, sein eigenes Blut für seine Existenz einzusetzen, so soll es vergehen und von einer anderen, stärkeren Macht vernichtet werden. Es verdiente dann nicht diesen Platz, den es sich heute errungen habe“. Damit war für die kommenden Jahre die rigorose Losung für Hitlers Kriegführung und Politik ausgegeben. Vor dem Hintergrund der vom November 1941 an durch Resignation cha− rakterisierten sowie durch Krisen und Spannungen in der militärischen Führung gekennzeichneten Lage erscheint Hitlers Kriegserklärung vom 11. Dezember 1941 an die USA eher als erzwungene Reaktion denn als freier Entschluß im Sinne der Verwirklichung seines Programms“. Die stolze Geste, die diesen Schritt drei Tage nach der Kriegserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika

Verzögerungen im Rußlandfeldzug

Atlantik−Charta

Amerika−Pläne

Stagnation des Rußlandfeldzuges

Sieg oder Untergang

Kriegserklärung an USA – Faktor Japan

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Siegeshoffnungen 1942

I. Darstellung

an Japan, vier Tage nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor und zehn Tage nach dem Scheitern des deutschen Vormarsches vor Moskau begleitete, täuschte über ihre eher zwanghaften Motive hinweg. Hitler – der im Zuge der großen Führungskrise an der Spitze der Wehrmacht kurz darauf am 19. Dezember 1941 den Oberbefehl über das Heer persönlich übernahm – hatte in Fortsetzung seiner den Japanern im März und April 1941 im Hinblick auf Rußland und Amerika zugesagten Doppelgarantie am 21. November 1941 Tokio gegenüber erneut auf die japanische Anfrage hin, ob man für den Fall eines Krieges gegen die USA auf deutsche Unterstützung zu zählen vermöge, durch seinen Außenminister von Ribbentrop mitteilen lassen, Japan könne auch außerhalb der im Dreimäch− tepakt ins Auge gefaßten Fälle“ mit deutscher Hilfe rechnen. Als das Deutsche Reich Japan diesen Blankoscheck“ ausstellte, waren die Folgen noch kaum genauer zu übersehen, und über die hinter dem Rücken des deutschen Bünd− nispartners geführten Geheimverhandlungen zwischen Japan und den Vereinigten Staaten von Amerika um einen Ausgleich in China und im Pazifik war man in Berlin nicht informiert. Mit seiner Zusage hatte Hitler, der sich in den Tagen zwischen dem 28. No− vember und dem 4. Dezember 1941 zum Krieg gegen Roosevelts Amerika ent− schlossen hatte, nach seinem Verständnis gerade die Gefahr einer japanisch− amerikanischen Annäherung zumindest vorläufig gebannt. Denn Berlin und Tokio vereinbarten, daß Japan sich gegen den Preis des deutschen Kriegs− eintritts verpflichtete, keinen Sonderfrieden zu schließen“ [1248: E. Jäckel, Die deutsche Kriegserklärung, 137]. Zudem beabsichtigte Hitler, die USA nach ihrem Kriegseintritt gegen Japan unverzüglich mit einer zweiten Front zu belasten, um zu verhindern, daß sie Japan rasch besiegen und dann vergleichsweise ungehindert gegen Deutschland vorgehen könnten. Seine Sorge aber, daß Japan den angelsächsischen Mächten unterliegen könne, kam bereits am 3. Januar 1942 Oshima gegenüber zum Ausdruck ebenso wie seine Ratlosigkeit über die zukünftige Kriegführung gegen die USA, über die er äußerte, wie man die USA besiege, wisse er noch nicht“. Worauf er in seinem ver− zweifelten Wettlauf gegen die Zeit hoffte, war 1. die Vereinigten Staaten von Amerika durch seine militärische Hilfe für Japan möglichst lange in Ostasien zu binden, 2. im Sommer 1942 zusammen mit Japan die östliche Hemisphäre gegen die Vereinigten Staaten von Amerika abzusichern und 3. durch militärischen Druck auf Indien im Zuge eines Vorstoßes über den Kaukasus nach Süden Großbritannien zu einem Sonderfrieden zu zwingen und die große unna− türliche Koalition“ der Gegner zu sprengen. Tatsächlich keimten im Verlauf der ersten Hälfte des Jahres 1942 die deutschen Siegeshoffnungen noch einmal auf. Fast unaufhaltsam stürmten Hitlers Armeen im Sommer des Jahres 1942 sowohl in Rußland als auch in Nordafrika voran. Dagegen erreichte der mit der deutschen Kriegführung nicht koordinierte ja− panische Vormarsch nach dem spektakulären Fall Singapurs am 15. Februar 1942 bereits im März dieses Jahres seinen Höhepunkt, und vom Beginn des

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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Monats August an wurde der Rückzug der Japaner bereits deutlich erkennbar. Am 6. Januar 1942 hatte der amerikanische Präsident Roosevelt, seit langem der erbitterte Feind der Aggressoren, wiederum unmißverständlich bekundet, deren Herausforderung beantworten zu wollen, und am 14. Januar 1942, dem letzten Tag der Arcadia−Konferenz, hatten Churchill und Roosevelt dieGermany first“− Strategie bestätigt. Während Japan auf dem Höhepunkt seiner Ausdehnung angelangt war und Hitler am 15. März 1942 die Vernichtung der bolschewistischen Horden . . . in dem kommenden Sommer“ voraussagte, begannen in den Monaten März und April dieses Jahres – nicht zuletzt auf Drängen Stalins hin – die angelsächsischen Überlegungen, in Frankreich und Nordwestafrika eine zweite Front zu errichten, um der Achse“ in den Rücken fallen zu können. Daß mit der deutschen Sommeroffensive in Rußland die letzte Karte gezogen wurde, um das Spiel aus eigenem Vermögen zu gewinnen, wurde Hitler in einer Denkschrift der Abteilung Fremde Heere Ost des Generalstabes des Heeres“ am 28. Juni drohend vor Augen geführt. Eben an dem Tag, als der deutsche Vormarsch im Süden Ruß− lands wieder aufgenommen wurde, mußte der Diktator sich an die bittere Einsicht gewöhnen: Für eine dritte Offensive im Jahre 1943 würden die Kräfte nicht mehr ausreichen. Deutlich arbeitete die Zeit gegen Hitlers Politik und Kriegführung. Trotzdem wies er die schon Ende 1941 begonnenen und bis in das Jahr 1944 andauernden Versuche der Japaner, einen Frieden mit der Sowjetunion zu ver− mitteln, entschieden zurück. Seinem Verständnis nach mußte er sein zentrales Ziel, die den Sowjets noch verbliebene lebendige Wehrkraft endgültig zu vernichten und ihnen die wichtigsten kriegswirtschaftlichen Kraftquellen so weit wie möglich zu entziehen“, erreichen, weil damit die Kriegführung und sein Programm“ standen und fielen. Noch einmal schien es so, als sollte seine Rechnung auf− gehen: Während Japan im Frühsommer dieses Jahres (Midway−Schlacht vom 3.– 7. 6. 1942) und immer klarer nach der Landung der Amerikaner auf Guadalcanal am 7./8. August 1942 in die Defensive gedrängt wurde, erkämpften die deutschen Truppen Sieg auf Sieg, stießen bis zum Kaukasus und in Richtung auf Alexandria vor. Doch zur gleichen Zeit, als der deutsche Angriff in Rußland im Spätsommer 1942 zum Stehen kam, am 3. November 1942 der britische Durchbruch bei El Alamein Rommels Afrikakorps“ zum Rückzug zwang und am 19. November 1942 die sowjetische Gegenoffensive bei Stalingrad einsetzte, begannen die An− gelsachsen damit, sich an den Rändern des Machtbereichs der Japaner, Italiener und Deutschen Stützpunkte zu sichern. Die Amerikaner landeten – wie erwähnt – in Guadalcanal, und die Briten besetzen Madagaskar, während die dem franzö− sischen Vichy−Regime unterstehenden afrikanischen Überseebesitzungen vollzählig erst nach der alliierten Landung in Nordwestafrika im November 1942 zu de Gaulles freiem Frankreich“ überwechselten. Hitler sah sich nunmehr in die strategische Defensive gedrängt: In diesem Sinne wurde Großadmiral Raeder am 26. August 1942 durch den Führer“ mit der neuen

Germany first“

Keine dritte Of− fensive

Die Alliierten in der Offensive

Hitlers strategische Defensive

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Zweite Front

Macht− und Rassenpolitik

I. Darstellung

Priorität der Kriegführung bekannt gemacht. Sie lag darin, einen möglichst blockadefesten, nach außen hin sicher zu verteidigenden Lebensraum“ zu er− obern, von dem aus der Krieg noch auf Jahre weitergeführt werden kann“. Seine Existenz würde die unabdingbare Voraussetzung dafür sein, den Kampf gegen die angelsächsischen Seemächte“ zu bestehen, den er für Ausgang und Dauer“ des Weltkrieges als entscheidend ansah. Allein, die erforderliche Basis dafür, der Sieg über Rußland, war dahin. Als er die grundsätzlichen Aufgaben der Verteidigung“ am 8. September 1942 umriß, verglich Hitler die Kriegslage, in die er inzwischen geraten war, mit der Material− und Abnutzungsschlacht an der Westfront zwischen Ende 1914 und 1918. Churchill und Roosevelt diskutierten unterdessen, seit Juni 1942, über die Möglichkeit, in absehbarer Zeit eine zweite Front in Europa zur Entlastung der UdSSR zu schaffen. Hitler hätte dieser Bedrohung nur entgehen können, wenn der Rußlandkrieg bald beendet worden wäre. Doch als Mussolini dem Führer“ am 1. Dezember 1942 riet, die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion mit einem Sonderfrieden abzuschließen, hielt Hitler diese Forderung für unannehmbar. Obwohl er unter strategischem Gesichtspunkt ja schon davon gesprochen hatte, das Ringen der Feindgruppen könne wohl von keiner Seite siegreich beendet werden, hatte er während des gesamten Jahres 1942 immer wieder versucht und gehofft, sein Programm“ doch noch zu verwirklichen, nämlich Rußland zu unterwerfen und Großbritannien für sich zu gewinnen. Nicht zuletzt das für Politik und Kriegführung des Dritten Reiches“ kon− stitutive Rassendogma hatte in seinen Auswirkungen längst dazu beigetragen, über die davon eigenständig existierenden, weit ausgreifenden Kriegsziel− programme der Alliierten, insbesondere der Sowjetunion, hinaus, die ohnehin gewaltige Widerstandskraft der Gegner anzufachen und das Machtkalkül der deutschen Strategie systematisch zu unterlaufen. Denn in ihrer Radikalität und Ungeheuerlichkeit übertraf Hitlers Rassenpolitik noch bei weitem seine auf Er− richtung einer Weltmachtstellung bzw. Weltvorherrschaft zielenden strategischen Planungen und Vorhaben. Im Verlauf des Krieges wurde in der mit der Macht− politik des Dritten Reiches“ untrennbar verwobenen, diese mehr und mehr behindernden und endlich die Überhand gewinnenden Rassen− und Besat− zungspolitik die eigentliche Triebkraft des nationalsozialistischen Regimes sichtbar. Mit universalem Anspruch strebte sie nach rassischer Herrschaft und betrieb damit im Grunde die Zerstörung von Staat und Gesellschaft des Dritten Reiches“.

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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2. Staat und Gesellschaft, Besatzungs− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“ Der Kriegsausbruch im September 1939 ließ im deutschen Volk eine gedrückte Stimmung aufkommen, die in keiner Weise mit der Begeisterung im August 1914 vergleichbar war. Preis und Fragwürdigkeit der bis dahin auf wirtschaftlichem und militärischem, politischem und teilweise auch gesellschaftlichem Gebiet be− wunderten Leistungen Hitlers wurden schlagartig deutlich. Zwar trug die Ra− tionierung der Lebensmittel dazu bei, die Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgütern – teilweise zu Lasten der besetzten Gebiete – bis 1944 zu ga− rantieren; insgesamt wurden jedoch der weltanschauliche Herrschaftsanspruch und die terroristische Kontrolle des Regimes im Zeichen der kriegerischen Belastung fordernder und stärker. Vor allem die Macht der SS wuchs beständig. Seit Kriegsbeginn verfügte sie über einen institutionellen Apparat, der alle staatlichen und militärischen Macht− instanzen in den Schatten stellte“ [133: K. D. Bracher, Die deutsche Diktatur, 590 (TB 1997)]. Im September 1939 wurde die Verschmelzung zwischen SS und Polizei weiter vervollkommnet: Die bereits seit 1936 auf höchster Ebene be− stehende Personalunion beider Bereiche durch Himmler, der Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei“ war, wurde nunmehr auf die mittleren Instanzen ausgedehnt und der jeweils dienstälteste SS−Führer in den einzelnen Wehrkreisen zum Höheren SS− und Polizeiführer“ ernannt. Gleichzeitig faßte man die Tätigkeit der Sicherheitspolizei (Sipo), die sich aus der Gestapo und der Krimi− nalpolizei zusammensetzte, mit dem Sicherheitsdienst (SD) der SS, einer Par− teiorganisation, verwaltungsmäßig in dem am 27. September 1939 gegründeten Reichssicherheitshauptamt zusammen, das insbesondere auch die Rassenfrage bearbeitete. Gegnerbekämpfung“ und Herrschaftssicherung, Rassenpolitik und Errichtung eines Wirtschaftsimperiums“ [1760: J. E. Schulte] gingen Hand in Hand. Ja, mit dem Aufbau der Waffen−SS“, die am Ende des Zweiten Weltkrieges knapp eine Million Mann umfaßte, entwickelte sich Himmlers Machtfülle, die über ihre umfassenden innenpolitischen Kompetenzen hinaus damit zugleich den äußeren Schutz des Staates als ihre Aufgabe beanspruchte, auch in dieser spe− zifischen Perspektive zu einer gefährlichen Konkurrenz für die Wehrmacht wurde. Vor allem die Konzentrationslager standen unter der Aufsicht der SS. Ihre Entwicklung vom improvisierten Terror der Anfangsjahre zum riesigen KZ− System der Vernichtungsperiode“ [133: K. D. Bracher, Die deutsche Diktatur, 510 (TB 1997)] läßt den Ausbau des SS−Staates erkennen. Seit 1936 von der SS kontrolliert, gab es bei Kriegsbeginn sechs Konzentrationslager, die sodann in einem weit verzweigten System mit Außenkommandos (Nebenlagern) zuneh− mend vermehrt wurden. Ohne richterliches Urteil wurden dorthin anfangs in erster Linie politische und religiöse Gegner“ des Nationalsozialismus deportiert und aus Sicherheits−, erzieherischen oder vorbeugenden Gründen“, wie das

Stimmung in der Be− völkerung

Aufbau des SS− Staates

Waffen−SS

KZ−System

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Nacht und Nebel− Erlaß“

Außernormative Verfolgung

Kriegsverordnungen

Führerdiktatur und Kompetenzenchaos

I. Darstellung

Regime es offiziell nannte, eingesperrt. Neben solcher Art von Schutzhaft“ in den Konzentrationslagern gab es eine Vielzahl von Arbeitslagern, in denen die Häft− linge als Sklaven für die Belange der Kriegswirtschaft und der SS arbeiten mußten. Mehr und mehr, insbesondere seit dem Frühjahr 1942, waren die Konzen− trationslager für die deutsche Rüstungsindustrie ein maßgeblicher Faktor. Zu den Häftlingen, deren Zahl von etwa 21 000 im Jahr 1939 auf annähernd 800 000 bei Kriegsende anstieg, zählten nunmehr auch Kriminelle und Kriegsgefangene sowie Geiseln aus den besetzten Gebieten. Diese wurden nicht zuletzt aufgrund von Hitlers so genanntem Nacht und Nebel−Erlaß“ vom 7. Dezember 1941 verschleppt. Dieser erlaubte, Personen, die des Widerstandes verdächtigt wur− den, in die Konzentrationslager zu schaffen, ohne daß die Angehörigen etwas über ihr Schicksal erfuhren. Im Vernichtungssystem der KZ−Lager besaß die SS all− mächtige Exekutivgewalt. Hatten Deportierte beispielsweise ihre Strafe verbüßt oder waren sie durch Sondergerichte freigesprochen worden, so konnten sie aufgrund anderer Erlasse der Gestapo übergeben werden und verblieben somit in Himmlers Machtbereich. Zunehmend verschärften (Politische) Polizei und SS, deren Tun seit dem Oktober 1939 von der allgemeinen Gerichtsbarkeit aus− genommen war, im Verlauf des Krieges ihre außernormative Verfol− gungspraxis“, die bis zur außergerichtlichen Anordnung und Durchführung von Exekutionen“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 21] reichte. Gegenüber der deutschen Bevölkerung wachte, durch Spitzel und Denun− zianten mit Informationen versorgt, ein beständig perfektionierter und aus− gebauter Polizeiapparat darüber, daß die für den Bestand der national− sozialistischen Diktatur wichtigen inneren Kriegsmaßnahmen“ [167: H. Mi− chaelis, Der Zweite Weltkrieg, 298], die Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, befolgt wurden. Nicht nur Verstöße gegen die Lebens− mittelrationierung und Verbrauchsregelungsverordnungen, die dazu beitrugen, Hungersnöte wie im Ersten Weltkrieg zu vermeiden, wurden hart, vielfach sogar mit dem Tode bestraft. Vielmehr wurde auch die geistige Ausrichtung“ der Bevölkerung nicht zuletzt vom Sicherheitsdienst der SS kontrolliert. Die Kriegssonderstrafrechtsverordnung“ gab in ihrem § 5 1 über die Zersetzung der Wehrkraft“ dem Regime die Handhabe, jede kritische Bemerkung über das Kriegsgeschehen als todeswürdiges Verbrechen zu behandeln. Diese erst am 26. August 1939 im Reichsgesetzblatt veröffentlichte Verordnung war bereits am 17. August 1938 verabschiedet worden! Die Rundfunkverordnung“ untersagte das Hören ausländischer Sender und bedrohte das Verbreiten dort gehörter Nachrichten mit der Todesstrafe. Straftaten, die im Schutze der kriegs− notwendigen Verdunkelung begangen wurden, konnten mit Hilfe der Volks− schädlingsverordnung“ mit dem Tode bestraft werden. Ungeachtet dieser Machtkonzentration bestand das Ämter− und Kompe− tenzenchaos des Dritten Reiches“ im Krieg nach wie vor weiter. Es konnte auch nicht gemindert werden durch die am 30. August 1939 gegründete Koor−

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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dinationsstelle des Reichsverteidigungsrates, in dem unter Görings Vorsitz alle politischen Bereiche des Regimes – mit Ausnahme der Außenpolitik und Kriegführung, die Hitler sich ausdrücklich persönlich vorbehielt – vertreten waren. Zwischen den Polen von Führerstaat und Verwaltung“ [406: D. Reben− tisch] wurde die Existenz des alten Staates zugunsten neuer Gewalten fort− schreitend abgebaut, umgeformt und ausgehöhlt: Längst war das Reichskabinett entmachtet, die oberste Reichsführung zersplittert. An ihre Stelle traten Füh− rergesetzgebung“ und Sondergewalten, welche die wachsende Tendenz einer zunehmenden Verklammerung von Partei− und Staatsapparat zu erkennen gaben. Mit Ausnahme der allerletzten Phase des Krieges, in der Hitler unter dem Eindruck der militärischen Niederlagen Entscheidungen mehr und mehr aus− wich, diente bis dahin die Existenz der autoritären Anarchie“ im Dritten Reich“ der Entfaltung des absoluten Führerwillens, der dem Diktator am 26. April 1942 in der letzten Sitzung des Großdeutschen Reichstages“ von den Volksvertretern“ auch formell testiert wurde: Der Führer muß daher – ohne an stehende Rechtsvorschriften gebunden zu sein – in seiner Eigenschaft als Führer der Nation, als Oberster Befehlshaber der Wehrmacht, als Regierungschef und oberster Inhaber vollziehender Gewalt, als oberster Gerichtsherr und als Führer der Partei jederzeit in der Lage sein, nötigenfalls jeden Deutschen . . . mit allen ihm geeignet erscheinenden Mitteln zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten“. Der Politisierung der Justiz, die, eine Zeitlang zumindest, gegenüber der Aufwei− chung rechtsstaatlicher Normen ein gewisses Beharrungsvermögen“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 21] gezeigt hatte, war damit der ver− hängnisvolle Weg geebnet. Der uneingeschränkten Diktatur Hitlers diente somit der Terror eines Justizapparates, der mit dem jetzt begonnenen Aufbau einer nationalsozialistischen Rechtspflege“ in seine letzte und blutigste Phase eintrat, als am 20. August 1942 Roland Freisler, den Hitler bezeichnender Weise als den Wyschinskij seines Regimes apostrophierte, das Präsidium des Volksgerichtshofes übernahm. Insgesamt bestimmte der Diktator, ganz abgesehen von der informellen und mittelbaren Prägekraft des ,Führerwillens‘“ und ungeachtet eines gänzlich un− orthodoxen Stils der Regierungsführung und der Machtausübung“, die den nationalsozialistischen Führerstaat keineswegs als bloße Fortsetzung des Ob− rigkeitsstaates oder eine besonders brutale Variante des autoritären Verfas− sungsstaates“, sondern vielmehr als einenauf Hitlers Willkürherrschaft zen− trierte[n] atavistische[n] Personenverband“ [406: D. Rebentisch, Führerstaat und Verwaltung, 553] erscheinen läßt, selbst während des Zweiten Weltkrieges im weitesten Sinne die Richtlinien der inneren Politik des Dritten Reiches“. Die wirtschaftliche Ausbeutung der eroberten Territorien war für die deutsche Kriegswirtschaft von maßgeblicher Bedeutung. Abgesehen von den Kriegs− zielentwürfen, für die Zukunft des Großgermanischen Reiches“ einen Autarkie garantierenden europäischen Großwirtschaftsraum“ unter deutscher Führung zu organisieren und durch ein sich von der Atlantik− bis zur Pazifikküste er−

Alter Staat und neue Gewalten

Politisierung der Justiz

Hitlers Will− kürherrschaft“ und atavistischer Per− sonenverband“

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Wirtschaftliche Lage im Krieg

Ausbeutung eroberter Territorien – Deportierung von Fremdarbeitern

I. Darstellung

streckendes Kolonialreich in Mittelafrika zu ergänzen, die bereits während des Feldzuges gegen Frankreich im Auswärtigen Amt am 30. Mai und 1. Juni 1940 vorgelegt wurden, spielte der Zusammenhang von der militärischen Eroberung fremder Gebiete und ihrer wirtschaftlichen Nutzung für Hitlers Kriegsplanungen von Beginn an eine entscheidende Rolle. Im Gegensatz zu einem Experten im Wehrwirtschafts− und Rüstungsamt des Oberkommandos der Wehrmacht wie Generalmajor Georg Thomas ging Hitler davon aus, daß es genüge, für seine – in der Propaganda später mythisierten – Blitzkriege“, nicht aber für einen langen Krieg gerüstet zu sein. Denn jede territoriale Eroberung, die im Zuge der improvisierten Blitzkrieg“−Führung gemacht wurde, sollte zugleich auch die wehrwirtschaftliche Lage des Reiches verbessern. Erst als die Zeit der Blitzfeldzüge“ zu Ende ging und Deutschland sich wider Willen auf einen langen Abnutzungskrieg mit einem an Menschen, Material und Rohstoffen sowie Wirtschaftskraft weit überlegenen Gegner ein− richten mußte, wurde die deutsche Industrie vom Jahre 1942 an, also mit der Ära Speer“ einsetzend, auf umfassendere und intensivere Kriegsanstrengungen ausgerichtet und war den Alliierten allein schon aufgrund ihrer ungenügenden Voraussetzungen in diesem Bereich hoffnungslos unterlegen. Dennoch diente gerade die Ausbeutung der eroberten Länder Europas und der Territorien der Sowjetunion dazu, die Ernährungs− und Rohstofflage sowohl im Zeichen der Blitzfeldzüge“ als auch während des sich anschließenden Ermat− tungskrieges nicht zusammenbrechen zu lassen, sondern vergleichsweise lei− stungsfähig zu gestalten. Die landwirtschaftliche und industrielle Produktion des kriegführenden Deutschland konnte nicht zuletzt durch Kriegsgefangene und aus allen Teilen Europas ins Reich deportierte Fremdarbeiter auf− rechterhalten werden, deren Zahl insgesamt auf fast 10 Millionen Menschen anwuchs. Trotz des stets spürbarer werdenden Arbeitskräftemangels, der die so genannte Menschenbewirtschaftung“ der Kriegsjahre nach sich zog, war die Partei ihrer weltanschaulichen Überzeugung gemäß nur mit großen ideo− logischen Vorbehalten dazu bereit, Frauen in einem gewissen Umfang zur Ar− beit in der Rüstungsindustrie heranzuziehen, wie dies gleichzeitig in Großbri− tannien geschah und wie es während des Ersten Weltkrieges in Deutschland schon in höherem Maße als in den Jahren zwischen 1939 und 1945 praktiziert worden war. Bevölkerung und Wehrmacht, also die Angehörigen der so genannten Volksgemeinschaft“, konnten – anders als davon Ausgegrenzte – alles in allem bis in das Jahr 1944 hinein zureichend ernährt werden. Dazu trug, wie erwähnt, die bereits am 27. August 1939 eingeführte – die Erfahrungen aus der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges verarbeitende – umfassende Bewirtschaftung vornehmlich der Konsumgüter, aber auch aller anderen Produkte ebenso bei, wie die schon vor dem Krieg erzielte Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die jetzt durch Zufuhr von Nahrungsmitteln aus den besetzten Gebieten, vor allem aus der Ukraine, ganz wesentlich ergänzt wurde.

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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Auch die stets schwierige Rohstofflage des Reiches wurde neben den im Zuge des Vierjahresplanes“ eingeleiteten, recht kostspieligen Maßnahmen zur Her− stellung beispielsweise von Buna, von synthetischem Treibstoff und von Stahl, der aus minderwertigen deutschen Erzen gewonnen wurde, vor allem durch die Ausbeutung der Rohstoffvorräte in den eroberten Territorien verbessert. Dabei ist freilich nicht zu übersehen, daß die besetzten Gebiete einen beträchtlichen Eigenbedarf entwickelten, um überhaupt weiterhin fördern und arbeiten zu können. Zu verkennen ist auch nicht, daß die Produktivität unter den Bedin− gungen der Besatzungsherrschaft teilweise beträchtlich nachließ. Dennoch wurde beispielsweise die Treibstofflage erst kritisch, als es bei sich ständig erhöhendem Bedarf aller drei Waffenteile im Sommerfeldzug 1942 nicht gelang, an das kau− kasische Öl zu kommen, so daß man auf die deutsche Produktion und die rumänischen Ölvorräte angewiesen blieb. Als sodann die systematischen Bom− benangriffe der Westalliierten auf diesem Sektor erhebliche Schäden anrichteten und die sowjetischen Truppen am 30. August 1944 das Ölgebiet von Ploesti in Rumänien besetzten, war der Krieg unter wehrwirtschaftlichem Gesichtspunkt für Deutschland verloren. Für die nationalsozialistische Diktatur ist insgesamt kennzeichnend, daß Hitler nur sehr zögernd und widerwillig vom Jahre 1942 an darin einwilligte, die Ver− brauchsgüterherstellung zugunsten der Rüstungsproduktion einzuschränken. Großbritannien vollzog diesen Schritt sogleich bei Kriegsausbruch und führte beträchtlich eher und intensiver einen totalen Krieg“, als das Deutsche Reich dies tat. Der parlamentarisch verfaßte Rechtsstaat konnte in der Gewißheit seiner kaum in Zweifel gezogenen demokratischen Legimitation und angesichts seiner von der Bevölkerung geteilten moralischen Überzeugung, eine gerechte Sache zu verteidigen, vom Land größte Opfer verlangen. Hitler war dagegen ständig darauf bedacht, den zivilen Konsumbedürfnissen der Deutschen Rechnung zu tragen, um nicht zuletzt auf diesem Weg die ihn stets begleitende und belastende Furcht vor einer inneren Revolution zu bannen. Der totale Krieg“ fand in dieser Hinsicht auch nach Goebbels entsprechender Proklamation vom 18. Februar 1943, mit der in psychologischer Hinsicht der Schock der Katastrophe von Stalingrad aufgefangen werden sollte (siehe S. 116), nur bedingt statt. Die Rücksichtnahme des Diktators auf die Stimmung im deutschen Volk, das er gleichzeitig durch Terror und Konzentrationslager in Schach hielt und zum Endziel der Weltmachtstellung bzw. in den Abgrund des Unterganges treiben wollte, ließ ihn im Hinblick auf die Herstellung von Kon− sumgütern durchweg einen vergleichsweise nachgiebigen Kurs verfolgen. Ebenso beschritt er im Bereich der Kriegsfinanzierung nur ungern den Weg der Steuererhöhungen bzw. der Kriegszuschläge auf Verbrauchsgüter. Bevorzugt wurde vielmehr eine unter Inkaufnahme hoher Inflationsraten erreichte in− direkte Mittelbeschaffung, die der Bevölkerung vorläufig nicht wehtat. Weit entfernt vom propagandistisch proklamierten Ideal des totalen Krieges“ lebte ein großer Teil der neuen Elite des nationalsozialistischen Staates zudem in einem

Rohstofflage

Verbrauchsgüter− und Rüstungs− produktion

Kriegsfinanzierung

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Ära Speer“ (1942– 1944)

Neue Macht− zentren“

Bormanns Machtstellung

Kriegswirtschaft, parlamentarischer Staat“ und Rüstungswunder“

I. Darstellung

unverhältnismäßigen Luxus, so daß sich die Korruption der großen und kleinen Parvenüs und Profiteure“ [455: F. Bajohr] geradezu als Strukturmerkmal“ des Dritten Reiches“ darstellt. Erst unter dem Eindruck des großen Rückschlages der Wehrmacht im Winter 1941/42 traten auch die Mängel der deutschen Rüstungs− und Kriegswirtschaft deutlich zutage. Daher erhielten der Leiter des am 17. März 1940 geschaffenen Reichsministeriums für Bewaffnung und Munition, Fritz Todt, und der nach dessen Tode am 9. Februar 1942 zu seinem Nachfolger bestellte Albert Speer den Auftrag, die Wirtschaft des Dritten Reiches“ mit Entschiedenheit auf die Erfordernisse der Kriegführung umzustellen. In diesem Sinne steigerte Speer zwischen 1942 und der Mitte des Jahres 1944 die Organisation und Effizienz der deutschen Rüstungsproduktion und modernisierte zusammen mit den neuen Managern der Kriegswirtschaft“ [1721: R.−D. Müller], an der Spitze mit seinem Planungschef Hans Kehrl, die Kriegswirtschaft, ohne freilich das auch für diesen Bereich des Dritten Reiches“ charakteristische Chaos beseitigen zu können. Überlieferte Kompetenzen konkurrierten jetzt mit Neuen Machtzentren“ [1722: W. Naasner]. Das Wehrwirtschafts− und Rüstungsamt unter Thomas wachte nach wie vor eifersüchtig über seine Belange, obwohl Speer diese Dienststelle seinem Ministerium einzugliedern verstand. Formell war er selbst als Generalbevollmächtigter für Rüstungsaufgaben im Vierjahresplan“ dem an Einfluß mehr und mehr verlierenden Wirtschaftszaren“ des Dritten Reiches“, Hermann Göring, unterstellt, der sich als Oberbefehlshaber der Luftwaffe im Bereich der Luftrüstung der Speer von Hitler erteilten Generalvollmacht immer wieder zu entziehen verstand. Entsprechendes galt für den Sektor der Marine− rüstung, zumindest solange Raeder Oberbefehlshaber war (bis 30. Januar 1943). Der von Hitler am 21. März 1942 zum Generalbevollmächtigten für den Ar− beitseinsatz“ ernannte und für die Beschaffung der Fremdarbeiter zuständige Gauleiter von Thüringen, Fritz Sauckel, entwickelte sich immer mehr zum Gegenspieler Speers, bis er zusammen mit dem nach Heß’ Englandflug (10. Mai 1941) zum Leiter der Parteikanzlei ernannten, in der Innenpolitik des krieg− führenden Deutschland immer mächtiger werdenden Martin Bormann diesen 1944/45 in den Hintergrund drängte. Speer favorisierte vor allem in der Großindustrie ein organisatorisches Prinzip weitgehender wirtschaftlicher Selbstverwaltung. Schließlich ging der damit er− folgreiche Minister sogar so weit, daß er sich im Rüstungsstab, den er im August 1944 einsetzte, zu der Notwendigkeit bekannte, zumindest bei den internen Entscheidungsprozessen, den ,parlamentarischen Staat‘ wieder einzuführen, weil sich nicht alles nach militärischen Prinzipien regeln lasse und Ventile ge− schaffen werden müßten, um Fehler, die der Führerstaat produziere, wieder zu eliminieren“ [1202: B. R. Kroener/R.−D. Müller/H. Umbreit, Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 5/II, 402]. Alles in allem gelang dem neuen Favoriten Hitlers, ein Rüstungswunder“ zu inszenieren, nämlich zwischen 1942

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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und 1944 trotz der Zerstörungen durch Fliegerangriffe die Produktion an Rüstungsgütern ständig zu steigern. Dennoch hielt diese keinen Vergleich mit derjenigen der alliierten Mächte aus und war in Deutschland und Japan zusammen im Jahre 1942 zweieinhalbmal geringer als im Lager der unnatürlichen Allianz“. Insgesamt war Speer bestrebt, nicht kriegswirtschaftlich genutzte Zweige der deutschen Wirtschaft aufzusaugen und für die Notwendigkeiten der totalen“ Kriegführung bereitzustellen. Nach seiner sich schleichend vollziehenden Entmachtung nahm dann jedoch in den letzten Monaten des Krieges – im Zusammenhang mit einer während dieser Schlußphase des Dritten Reiches“ allgemein einhergehenden Wiederbelebung der nationalsozialistischen Parteiorganisation, die sich nicht zuletzt in der Zusammenarbeit von Partei und Wehrmacht“ (Erlaß Hitlers vom 13. Juli 1944) bei den Vorbereitungen für die Verteidigung des Reiches“ (Keitel am 19. Juli 1944) niederschlug und vor allem die Position der in den bedrohten Ost− und Westprovinzen Deutschlands zu Reichsverteidigungskommissaren“ ernannten Gauleiter stärkte – die NSDAP erneut, wie bereits zwischen 1936 und 1939/41, stärkeren Einfluß auf die Wirtschaft. Die effizienter und industriefreundlicher orientierte Ära Speer“, die mit der Einführung eines Mindestmaßes an rationellem Wirtschaften die Kriegführung im Zeichen des Abnutzungskrieges zu ermöglichen half, ging zu Ende, und die Drohung der Partei mit Verstaatlichung von Wirtschaftzweigen nahm wiederum zu. Die Existenz und Planungen derNationalsozialistischen Sozialpolitik im Zweiten Weltkrieg“ [658: M.−L. Recker] verweisen auf die – vom Regime in− itiierten, geförderten und ausgehenden – gesellschaftlichen Tendenzen und Ziele der wohlfahrtsstaatlichen Diktatur, die den klassischen Individualkapitalismus vergangener Jahrzehnte zu überwinden trachtete. Die Tendenz einer Bevormundung der Wirtschaft durch NSDAP und Staat, welche die Geschichte des Dritten Reiches“ begleitete, im antikapitalistischen“ Flügel der Bewegung“ frühzeitig sichtbar geworden war und sich mit Aus− nahme der Ära Speer“ mehr und mehr durchsetzte, kann rückblickend ebenso wenig übersehen werden, wie nicht zu verkennen ist, daß der Krieg im Gegensatz zur nationalsozialistischen Ideologie dazu beitrug, den Konzentrationsprozeß innerhalb der Industrie zu Lasten mittelständischer Unternehmen zu ver− stärken. In diesem Bereich wurde den Erfordernissen der Kriegsproduktion die Welt− anschauung vorläufig geopfert. Dies festzustellen, darf indessen nicht darüber hinwegtäuschen zu erkennen, daß die Großindustrie trotz hoher Gewinne nicht mehr als ein der Kommandogewalt des Regimes unterworfenes Instrument darstellte, um auf militärischem Wege eine Sozial− und Herrschaftsordnung etablieren zu helfen, die letztlich auch ihre eigene Existenz prinzipiell in Frage gestellt hätte. Damit sind die politischen Ziele des Dritten Reiches“ erneut in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt, die sich nicht zuletzt in der Besatzungs− und Rassenpolitik des Regimes zusammenzogen.

Wirtschaft und Partei bei Kriegsende

Der natio− nalsozialistische Wohlfahrtsstaat

Kommando− wirtschaft des Dritten Reiches“

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Besatzungspolitik in Polen

Wehrmacht, Zivilverwaltung und SS im gesetzlosen“ Osten

I. Darstellung

Als erstes erobertes Land bekam Polen, die harte Hand der deutschen Herr− schaft“ (Hans Frank) zu spüren. Das Ziel der nationalsozialistischen Volks− tumspolitik war es, vor allem die Eingegliederten Ostgebiete“ (siehe S. 67) einer rigorosen Germanisierungspolitik zu unterwerfen. Von Hitler mit dieser Aufgabe betraut wurde der am 7. Oktober 1939 zum Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums“ ernannte Himmler. Er ging daran, die rein polnischen Einwohner deportieren, vertreiben oder ausrotten zu lassen und die Eindeutschung“ des Territoriums durch Assimilation der deutsch−polnischen Mischbevölkerung sowie durch Einsiedelung“ von Deutschen aus den der So− wjetunion zufallenden baltischen Staaten zu betreiben. Die Polen wurden ihrer bürgerlichen Rechte fast gänzlich beraubt und zu so genannten Schutzan− gehörigen“ des Reiches gemacht. Während in den Eingegliederten Ostge− bieten“ ein Vernichtungskampf gegen das polnische Volk, namentlich gegen die Vertreter seiner Intelligenz und seiner Kultur, sofort eingeleitet wurde, der den polnischen Charakter dieser Gebiete auszulöschen suchte und in vielen Zügen bereits auf die spätere Besatzungspolitik in der Sowjetunion verwies, unterschied sich die Lage im Generalgouvernement“ (siehe S. 67) davon zumindest vorläufig. Gegenüber diesem polnischen Reststaat“ stand anfangs die wirtschaftliche Ausbeutung im Vordergrund der deutschen Besatzungspolitik. Aber auch hier begann die Himmler allein unterstehende Polizei schon recht bald damit, durch Terror und Mord die nationalsozialistische Volkstumspolitik“ zu verwirklichen. Die Ausrottung der polnischen Führungsschicht setzte hier ebenso ein wie die Verfolgung der polnischen Juden, die während des Zeitraumes von 1939 –1940 in großen Ghettos konzentriert wurden. Anders als im Westen des eroberten Kon− tinents wurde im besetzten Polen, was das Verhältnis von Wehrmacht und Zivilverwaltung auf der einen Seite sowie von SS und Sipo auf der anderen Seite angeht, ein Muster der Zusammenarbeit praktiziert, das sich vom Sommer 1941 an in den eroberten Territorien der Sowjetunion wiederholen und steigern sollte. Gewiß, vor Beginn des polnischen Feldzuges verfügte Hitler im Hinblick auf die vorgesehene Vernichtung der polnischen Eliten noch ausdrücklich er wolle. . .das Heer [nicht] mit den notwendigen Liquidationen belasten, sondern [sie]. . . durch die SS vornehmen lassen“. Allein, diese zweifelhafte Unschuld, die der Wehrmacht am Beginn des Rußlandfeldzugs nicht mehr gewährt wurde, hatte auch im unterworfenen Polen kaum Bestand und wich einer mehr oder minder intensiven Kooperation. Zweifellos wurde gerade von militärischer Seite ge− genüber dem unmenschlichen Vorgehen der Verbände Himmlers mutiger Pro− test vorgetragen, der jedoch nicht darüber hinwegsehen lassen kann, daß sich der Gegensatz zwischen den traditionellen und revolutionären Elementen in der Politik und Kriegführung des nationalsozialistischen Deutschland zunehmend verwischte: Der blutigrote Faden“ [J. Fest], der die Geschichte des Dritten Reiches“ durchzieht, band das Alte und das Neue so eng zusammen, daß Wehr− macht sowie vor allem Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement“ [1516: B. Musial] schließlich nicht mehr voneinander

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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zu trennen waren. Jenseits der alten deutsch−polnischen Grenze begann der Osten, ein gesetzloses Gebiet. . . wo der kleine Mann einmal Gott spielen konnte“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus,498 f.]. Damit hob sich die deutsche Besatzungspolitik in Polen erheblich von der in Skandinavien und in Westeuropa geübten Praxis ab. In Dänemark etwa blieb die Regierung bis Ende August 1943 im Amt. Als Reichsbevollmächtigter“ fungierte der deutsche Gesandte Ccil von Renthe− Fink, der auf diesem Posten am 5. November 1942 durch Werner Best abgelöst wurde. Als der Widerstand gegen das Besatzungsregime im dänischen Volk in den letzten Kriegsjahren zunahm, trat Best im August 1943 an die Spitze der Ver− waltung des Landes, und der deutsche Wehrmachtbefehlshaber, General Hermann von Hanneken, übernahm die vollziehende Gewalt. Am 29. August 1943 wurde der Ausnahmezustand erklärt, das dänische Heer wurde entwaffnet, während sich die Flotte selbst versenkte. Dagegen wichen die norwegische Regierung und König Haakon am 7. Juni 1940 nach England aus, bildeten dort eine Exilregierung und organisierten von London aus den Widerstand gegen die deutschen Okkupanten. Im Land selbst war nur eine Minderheit, die Nasjonal−Samling des ehemaligen Kriegsministers Vidkun Quisling, bereit, mit den Deutschen zusammenzuarbeiten. Trotz seiner Sympathien für den Nationalsozialismus hat Quisling niemals eine Zusage Hitlers erhalten, daß Norwegen in einem künftigen, vom Reich geführten Bund der germanischen Völker“ seine Unabhängigkeit würde bewahren kön− nen. Wenn Quisling auch am 1. Februar 1942 eine Regierung bildete und die norwegische Verfassung außer Kraft setzte, so war er doch niemals mehr als eine Marionette Josef Terbovens, des ehemaligen Gauleiters von Westfalen, den Hitler am 24. April 1940 zum Reichskommissar für die besetzten norwe− gischen Gebiete ernannt hatte. In seinem Bemühen, die nationalsozialistische Revolution in Norwegen“ [1264: H.−D. Loock] einzuleiten, hatte sich Terboven in einem chaotisch an− mutenden Kampf widerstreitender Institutionen und Ämter zu behaupten. Vor allem mußte er sich der Proteste erwehren, die der deutsche Wehrmacht− befehlshaber in Norwegen, Generaloberst Nikolaus von Falkenhorst, und der Kommandierende Admiral in Norwegen, Generaladmiral Hermann Boehm, gegen die Maßnahmen der Zivilregierung und der Polizei erhoben. Die Versu− che Großadmiral Raeders, Boehm zum Reichskommissar avancieren zu lassen und Norwegen in erster Linie dem Einfluß der Marine zu unterstellen, die sich teilweise mit den aus den dreißiger Jahren stammenden Plänen Alfred Rosen− bergs und seines Außenpolitischen Amtes trafen, Norwegen in eine nordische Schicksalsgemeinschaft“ einzufügen, blieben letztlich ergebnislos, da Hitler zu keiner eindeutigen und endgültigen Entscheidung über die Zukunft Norwegens zu bewegen war und Terboven trotz wachsender Kritik von seiten des Aus− wärtiges Amts, seit Ende 1941 aber auch von seiten des SD im Kompeten− zenkampf schließlich immer wieder die Oberhand behielt.

Besatzungspolitik in Dänemark

Besatzungspolitik in Norwegen

Vidkun Quisling

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Besatzungspolitik in den Niederlanden

Besatzungspolitik in Belgien

Besatzungspolitik in Luxemburg

Besatzungspolitik in Frankreich

Kollaboration

I. Darstellung

Auch in den Niederlanden amtierte nach einer kurzen Zeit der militärischen Verwaltung eine Zivilverwaltung, als der österreichische Nationalsozialist und ehemalige Reichsstatthalter der Ostmark“ (1938–1939), Arthur Seyß−Inquart, am 18. Mai 1940 als Reichskommissar eingesetzt worden war und sich bei seiner Regierung auf ein aus niederländischen Staatssekretären gebildetes Gremium stützte. Demgegenüber blieb Belgien unter einer Militärverwaltung mit General Alexander Freiherr von Falkenhausen an der Spitze, der auch die beiden franzö− sischen Departements Nord und Pas−de−Calais unterstanden. Der erst am 13. Juli 1944 ergangene Befehl zur Umwandlung der Militärverwaltung Belgien−Nord− frankreich in eine von der Partei abhängige Zivilverwaltung unter dem als Reichskommissar vorgesehenen Gauleiter Josef Groh wurde aufgrund des Zu− sammenbruchs der deutschen Front in Frankreich nicht mehr verwirklicht. In Luxemburg bemühte sich Gauleiter Gustav Simon als Hitler direkt unterstellter Chef der Zivilverwaltung darum, das alte Deutsche Reichsland“ zurückzu− gewinnen und geriet dabei in dauernden Konflikt mit den zuständigen Wehr− machtbehörden. Am 6. August 1940 wurde die Auflösung des Landes verfügt, das dem Gau Moselland angeschlossen und am 30. August 1942 de facto in das Reich eingegliedert wurde. Das mit Frankreich am 22. Juni 1940 vereinbarte Waffenstillstandsabkommen teilte das besiegte Land in eine Zone, die von der Wehrmacht besetzt wurde, und in eine andere, die bis zum 11. November 1942 unbesetzt blieb. Zum besetzten Frankreich gehörten unter Einschluß von Paris und des nordfranzösischen In− dustriegebietes zwei Drittel des französischen Territoriums. Es erstreckte sich vom Norden bis etwa zur Loire und zog sich als breiter Gebietsstreifen an der Kanal− und der Atlantikküste bis zur spanischen Grenze hin. Unterstellt war das besetzte Frankreich dem in Paris residierenden Militärbefehlshaber, General Otto von Stülpnagel (ab Februar 1942 dessen Vetter Karl Heinrich), während die Regierung des unbesetzten Frankreich unter Marschall Ptain ihren Sitz in den mittelfranzösischen Badeort Vichy verlegte. Das Deutsche Reich bemühte sich darum, Ptains autoritären Staat für ein Zusammengehen gegen Großbritannien zu gewinnen, zeigte ihm deshalb in gewissem Maße Entgegenkommen und ließ ihm die Hoheit über das franzö− sische Kolonialreich. Gefördert wurde damit auf französischer Seite die Ten− denz zum Zusammenwirken mit dem siegreichen Hegemon, den anfangs nicht wenige Franzosen in machtpolitischer und weltanschaulicher Perspektive als die führende Macht im zukünftigen Europa ansahen. Das bestärkte die Neigung zur Staatskollaboration“ [1352: B. Zielinski] ebenso wie zur ideologischen Annä− herung an den Nationalsozialismus, der unter anderem auch ehemalige Kommu− nisten bevorzugt anheimfielen – der lediglich rassistisch gewendete utopische Egalitarismus der Nazis erleichterte den Wechsel von der einen Partei der Neider und radikalen Umstürzler zur anderen“ [148: M. Burleigh, Zeit des Natio− nalsozialismus, 481]. Obwohl sich hier wie in anderen Territorien Europas die Kooperation mit den Okkupanten sogar bis zur Beteiligung am Holocaust er−

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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streckte, Kollaboration und Massenmord“ [1553: K. Stang] also ineinander übergingen, darf darüber nicht die unterschiedliche Qualität und Verantwortung der Besatzer und der Besetzten verkannt werden, die gleichwohl beim Vollzug dieser Untat zusammenwirkten. Einer dauerhaften Verständigung zwischen Frankreich und dem Dritten Reich“ standen allerdings jene deutschen Bemühungen kraß entgegen, die dar− auf zielten, auch das französische Wirtschafts−, Rüstungs− und Arbeits− kräftepotential so weit wie möglich für die deutsche Wehrwirtschaft verfügbar zu machen und vor allem in den verschiedenen Sauckel−Aktionen“, der zu− nehmenden unfreiwilligen Rekrutierung französischer Fremdarbeiter, ihren Nie− derschlag fanden. Mehr noch: Die De−facto−Rückführung von Elsaß−Lothringen in das Reich trug gleichfalls nicht dazu bei, Ptains attentistische Haltung zu− gunsten eines Kriegseintritts auf der Seite Deutschlands zu ändern. Bei der Neuordnung“ Südosteuropas überließ das Deutsche Reich seinem italienischen Juniorpartner in Griechenland bis auf wenige Reservate das Be− satzungsregime. Auf dem Territorium Jugoslawiens, dessen staatsrechtliches Ende von Deutschland und Italien gemeinsam am 8. Juli 1941 erklärt worden war, entstand der bereits am 10. April 1941 von dem kroatischen Ustascha− Führer Sladko Kvaternik ausgerufene Unabhängige Staat Kroatien“ unter dem Poglavnik“ (Staatsführer) Ante Pavelic. In Abhängigkeit von Mussolinis Italien nahm der autoritäre Ustascha−Staat einen grausamen Nationalitäten− und Reli− gionskampf auf, der vor allem gegen die auf kroatischem Gebiet lebenden or− thodoxen Serben zielte. Dagegen wurde in Serbien eine deutsche Militärverwaltung eingerichtet, wäh− rend die unter ihrer Aufsicht im August 1941 gebildete serbische Regierung unter dem früheren Kriegsminister General Nedic nur in sehr bescheidenem Maße Autorität besaß. Montenegro wurde unter italienischem Protektorat die Unab− hängigkeit“ gewährt und Slowenien zwischen Deutschland und Italien geteilt, wobei die Untersteiermark und Teile von Krain zum Reich kamen. In Skandinavien, in Westeuropa und in Südosteuropa ließen Tatsache und Praxis der Besatzungspolitik ebenso wie die seit 1942 das gesamte deutsch beherrschte bzw. beeinflußte Europa ergreifende Judenverfolgung nationale Wider− standsbewegungen entstehen, deren Bedeutung beständig wuchs und die die Kriegführung des Deutschen Reiches mehr und mehr belasteten. Während in Polen von Beginn der deutschen Herrschaft an der so genannte natio− nalsozialistische Volkstumskampf“ einsetzte, dominierte im Rahmen der deutschen Besatzungspolitik in Skandinavien und Westeuropa bis in das Jahr 1944 hinein noch die wirtschaftliche Ausbeutung über die spezifisch natio− nalsozialistische Rassenpolitik. Ihre Ideen, die für die Zukunft des Großgermanischen Reiches“ bestimmend werden sollten, waren jedoch stets vorhanden und wurden auch teilweise ver− wirklicht. Mit den Vorbereitungen und mit dem Beginn des Rußlandfeldzuges erreichte die deutsche Kriegführung und Besatzungspolitik – über die bekannten

Sauckel−Aktionen“

Neuordnung“ Süd− osteuropas

Unterschiede in der Besatzungspolitik

Rassischer Ver− nichtungskrieg

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Kommissarbefehl“

Entwurf zum Generalplan Ost“

Kontinent in Bewegung

I. Darstellung

Formen der beispielsweise in besonderem Ausmaß in der Ukraine praktizierten ökonomischen Ausbeutung hinaus – eine neue Qualität, die sich im Begriff vom rassischen Vernichtungskrieg“ niederschlug: Dieser Krieg ist nicht der zweite Weltkrieg“, umschrieb Hermann Göring die Doppelnatur der militärischen Aus− einandersetzung: Dieser Krieg ist der große Rassenkrieg“. Bereits Hitlers Ansprache vor über zweihundert höheren Offizieren am 30. März 1941 forderte als ein Kriegsziel für den Feldzug gegen die Sowjetunion die Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und der kommunistischen Intelligenz“. Ferner wurde in ihr verlangt, Kommissare und GPU−Leute, die Verbrecher“ seien, als solche“ zu behandeln. Insgesamt prognostizierte der Diktator, der bevorstehende Kampf werde sich unterscheiden vom Kampf im Westen. Im Osten sei Härte mild für die Zukunft.“ Dementsprechend wurden Befehle erlassen, die sich über geltendes Kriegsrecht und überlieferte Moral hinwegsetzten. Bekannt und berüchtigt wurden etwa die Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare, der so genannte Kommissarbefehl“ vom 6. Juni 1941, der vorschrieb, die politischen Kommissare der Roten Armee, wenn im Kampf oder Widerstand ergriffen, grundsätzlich sofort mit der Waffe zu erledigen“. Solche Weisungen, an deren Entstehung ranghohe Offiziere der Wehrmacht ihren Anteil hatten, machen klar, daß die im . . .Westkrieg noch durchgehaltene Trennung von Militär− und SS−Bereich nunmehr vollends zu einer Fiktion ge− worden und ihre wechselseitige Durchdringung mit dem Durchbruch zu den ,Endzielen‘ verbunden war“ [994: A. Hillgruber, Grundzüge der natio− nalsozialistischen Außenpolitik, 341]. Zusammen mit dem Angriff auf Rußland – sowohl im Zeichen des sich zwischen Juni und August/September scheinbar abzeichnenden Sieges als auch danach im Banne des drohenden Scheiterns des Unternehmens Barba− rossa“ – erreichte die nationalsozialistische Rassenpolitik ihren Höhepunkt. Einen Tag nachdem Hitler dem japanischen Botschafter Oshima am 14. Juli 1941 seine ausgreifenden machtpolitischen Pläne im Zenit der Siegeszuversicht offenbart hatte, legte der Leiter des Planungsamtes im Stabshauptamt des Reichskommissariats für die Festigung des deutschen Volkstums“, Konrad Meyer−Hetling, den Entwurf des Generalplans Ost“ vor, der am 24. Juni 1941 vom Reichsführer−SS“ in Auftrag gegeben worden war, verschiedene Entwicklungsstadien durchlief und am 12. Juni 1942 in modifizierter Form von Himmler schließlich gebilligt wurde. Meyer−Hetling schlug vor, Polen, das Baltikum, Weißruthenien und Teile der Ukraine innerhalb von 30 Jahren mit Deutschen zu besiedeln, während 31 Millionen der dort ansässigen Bevöl− kerung nach Westsibirien vertrieben werden und 14 Millionen so genannter Gutrassiger“ bleiben sollten: In einer kaum vorstellbaren Größenordnung setzte das nationalsozialistische Regime – teilweise in engem Zusammenspiel mit Stalin“ [195: B. J. Wendt, Deutschland 1933–1945, 613] – einen Kontinent und seine Menschen zwangsweise und gewaltsam in Bewegung.

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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Am 16. Juli 1941, einen Tag später also, entwickelte Hitler seine Vorstellung über die Errichtung der vier Reichskommissariate“ in Rußland: Ukraine, Ost− land, Moskowien und Kaukasien, von denen nur die beiden ersten eingerichtet wurden. Vor Göring, Keitel, Rosenberg, Bormann und Lammers, den mit Aus− nahme von Himmler versammelten Spitzen aus Wehrmacht, Partei und Staat, faßte er seine Vorstellungen über das künftige Schicksal der Sowjetunion so zusammen: Die Bildung einer militärischen Macht westlich des Ural darf nie wieder in Frage kommen“. Am 17. Juli 1941 erließ der Reichsminister für die besetzten Ost− gebiete“, Rosenberg, Richtlinien für die Verwaltung der neubesetzten Ostge− biete“. Viel entscheidender wurde aber, daß Himmler am gleichen Tag die polizeiliche Sicherung der neubesetzten Ostgebiete“ übertragen wurde und da− mit die Stellung der SS im eroberten Lebensraum“ Osteuropas von Anfang an dominierend war. Wiederum nur wenige Tage später, im sicheren Gefühl des Sieges über die Sowjetunion, äußerte sich Hitler im Gespräch mit dem kroatischen Ver− teidigungsminister Kvaternik über die Judenpolitik“ des national− sozialistischen Deutschland und sprach davon, die jüdische Bevölkerung aus Europa heraus nach Sibirien oder nach Madagaskar“ deportieren zu wollen: Denn, wenn auch nur ein Staat aus irgendwelchen Gründen eine jüdische Familie bei sich dulde, so würde diese der Bazillenherd für eine neue Zer− setzung werden. Gäbe es keine Juden mehr in Europa, so würde die Einigkeit der europäischen Staaten nicht mehr gestört werden“. Am 31. Juli 1941 be− auftragte sodann Göring im Namen des Führers“ Heydrich damit, unter Beteiligung der dafür in Frage kommenden deutschen Zentralinstanzen alle erforderlichen Vorbereitungen für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflußbereich in Europa zu treffen“. Sie sollte sich nunmehr über die bereits angelaufenen Tötungsaktionen der Einsatzgruppen des SD und der Sipo in der Sowjetunion hinaus nicht mehr allein auf Osteuropa, sondern auch auf den Westen des Kontinents erstrecken. Die Judenpolitik“ des Dritten Reiches“ vollzog sich mit zunehmender Radikalisierung in verschiedenen, zeitlich voneinander getrennten Phasen, die jedoch teilweise ineinander übergingen und mit ihren charakteristischen Er− scheinungsformen auch nebeneinander bestanden. Der ersten Phase natio− nalsozialistischer Judenpolitik“, die vom Jahre 1933 bis zum Kriegsausbruch andauerte und sich in ihren verschiedenen Stadien als rechtliche Diskrimi− nierung, wirtschaftliche Entmachtung und persönliche Bedrohung verwirklichte (siehe S. 6 f. und S. 51), folgte im Zeichen des siegreichen Krieges eine zweite Phase: Im besiegten Polen wurde die jüdische Bevölkerung in Großghettos eingesperrt und im Zeichen des siegreich verlaufenden Westfeldzuges der Ge− danke einer territorialen Endlösung“ ins Auge genommen. Dabei dominierte anfangs die Idee, die von Frankreich zur Verfügung zu stellende Insel Madagaskar für die Juden“ [1390: M. Brechtken] Europas im Zuge von Deportation und Gefangenschaft zu nutzen.

SS und neubesetzte Ostgebiete“

Entfernung der Ju− den aus Europa als Ziel

31. 7. 1941 im Namen des Führers“: Gö− rings Auftrag an Heydrich

Phasen natio− nalsozialistischer Ju− denpolitik

Großghettos und territoriale End− lösung“

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Madagaskar−Plan“

Vertreibung nach Sibirien

Physische Liquidation“

I. Darstellung

Der Madagaskar−Plan“ knüpfte in gewissem Sinne an Deportationsvorhaben an, die im Kreise der über die Behandlung der Judenfrage“ keineswegs einigen nationalsozialistischen Führungsspitze während der Jahre 1938/39 erwogen worden waren (siehe S. 45). Als Idee von Hitler am 18. und am 20. Juni 1940 in Gesprächen mit Mussolini und Raeder erwähnt, entstand er im Zuge der Vor− arbeiten für einen künftigen Friedensschluß als Aufzeichnung des Legati− onssekretärs Rademacher“ von der Abteilung Deutschland“ des Auswärtigen Amts. In diesem am 3. Juli 1940 als Lösung der Judenfrage“ entwickelten Plan schwang wesentlich noch die zweckrationale Überlegung mit, die nach Mada− gaskar deportierten Juden“, die dort unter SS−Bewachung gestellt werden sollten, als Faustpfand in deutscher Hand“ im Rahmen einer zukünftigen Welt− machtdiplomatie des Deutschen Reiches benutzen zu können. Die Aktualität des Madagaskar−Plans“ war angesichts der Niederlage Frankreichs und der damit in Reichweite gerückten Möglichkeit gegeben, die Insel von Frankreich für diesen Zweck zu erhalten. Er verlor völlig an Bedeu− tung, als sich für Hitler im Rußlandfeldzug machtpolitisches Kalkül und weltanschauliches Dogma in zeitlicher und räumlicher Kongruenz zu realisieren schienen. Formal wurde der Madagaskar−Plan“ zwar erst am 10. Februar 1942 ad acta gelegt, als den verantwortlichen Stellen im Auswärtigen Amt der Entschluß“ des Führers“ mitgeteilt wurde, daß die Juden nicht nach Madagaskar, sondern nach dem Osten abgeschoben werden sollen“, da der Krieg gegen die So− wjetunion. . . inzwischen die Möglichkeit gegeben“ habe, andere Territorien für die Endlösung zur Verfügung zu stellen“. Zwar sprach Hitler noch am 29. Mai 1942 im Kreise seiner Tafelrunde im Führerhauptquartier davon, es sei am besten, die Juden Westeuropas nach Afrika in ein für Europäer unverträgliches Klima zu transportieren und hatte den Madagaskar−Plan“ auch zuvor während des rassischen Vernichtungskrieges“ noch als eine Möglichkeit der Lösung“ der Judenfrage“ erwähnt. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß der Madagaskar−Plan“ mit dem Beginn des Rußlandkrieges, der in Hitlers Vorstellung stets aufs engste mit einer Ver− nichtung von Bolschewismus und Judentum zusammenhing, in den Hintergrund der Überlegungen der deutschen Führung geriet. Im Rahmen der territorialen Endlösung“ wurde nunmehr vage erwogen, Europas Juden nach Sibirien zu vertreiben. Dabei wurden schon vorab die hohen physischen Verluste in Rech− nung gestellt, die mit der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung in die un− wirtlichen Gebiete östlich des Ural einhergehen würden. Neben dieser Idee, die Hitler Kvaternik gegenüber am 22. Juli 1941 erwähnte, lief aber bereits eine dritte Phase nationalsozialistischer Judenpolitik“ an. Sie ging über die territoriale und letztlich auch bereits auf Liquidation“ großer Teile des europäischen Judentums abhebende Deportation nach Madagaskar oder Sibirien hinaus und leitete zur direkt und systematisch betriebenen physischen Endlös− ung“ über, die ihrerseits verschiedene Entwicklungsstadien der Radikalisierung und territorialen Ausweitung durchlief: von den Erschießungsaktionen, die sich

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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gegen das russische Judentum richteten, bis zur Ermordung durch Gas, die sich auf das Judentum ganz Europas erstreckte. Neben der gleichzeitig erwogenen und geplanten territorialen (Madagaskar−Sibirien) Lösung“ begannen unmittelbar am 22. Juni 1941 die Mordaktionen der Einsatzgruppen des SD und der Sipo im eroberten Rußland, an denen zukünftig auch – wie bereits in Polen – Ganz normale Männer“ [1400: Ch. R. Browning] aus Polizeikontingenten teil− nehmen sollten. Von nun an handelte es sich überhaupt nicht mehr darum, Juden beispielsweise von bestimmter Herkunft und aus gewissen Schichten zu verfolgen, sondern das Kriterium der systematischen Erschießungsaktionen war jetzt allein das Merkmal, Jude zu sein. Zur gleichen Zeit im Juni 1941 befahl Himmler unter Berufung auf Hitler dem Kommandanten des Konzentrationslagers von Auschwitz, für die Bereitstellung von Vergasungsanlagen mit vergleichsweise großer Kapazität zu sorgen. Damit erreichte die physische Endlösung“ ihre letzte Ausprägung, die endlich mit technischer Perfektion vom Dezember 1941 an dazu beitrug, daß etwa sechs Millionen europäischer Juden ermordet wurden. Diese letzte Steigerung der nationalsozialistischen Judenpolitik“ zur technisch durchgeführten phy− sischen Endlösung“, eine Radikalisierung der von Hitler möglicherweise schon im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion gefaßten Entscheidung zur physischen Liquidation“ des Judentums schlechthin, fiel in jenen Zeitabschnitt des Krieges im Osten, in dem ein Schei− tern der militärischen Pläne bereits abzusehen war. Die im Zuge des so genannten Euthanasieprogramms“ (siehe S. 101 f.), das insbesondere nach Protesten von kirchlicher Seite aus im August 1941 auf Befehl Hitlers erst einmal angehalten wurde, in wilder“ Form unter größter Geheimhaltung freilich seinen mörde− rischen Fortgang nahm, erprobten Einrichtungen der Gaskammern und ihr Be− dienungspersonal wurden jetzt dem dafür zuständigen SS−Brigadeführer Odilo Globocnik, dem früheren Gauleiter von Wien, zur Verfügung gestellt. Die ge− genüber den russischen Juden durch die Erschießungskommandos eingeleitete physische Endlösung“ wurde nunmehr auf die westeuropäischen Juden aus− gedehnt. Die Weisungen, die dazu schließlich auf der Wannsee−Konferenz“ am 20. Januar 1942 den Staatssekretären der wichtigsten deutschen Ministerien vom Chef des Reichssicherheitshauptamtes, Heydrich, erteilt wurden, und die das Mittel der so genannten Evakuierung“ der europäischen Juden in den Osten als Teil der bereits im wesentlichen überholten territorialen Endlösung“ noch immer erwähnten, ließen im übrigen gar keinen Zweifel daran, daß die Ankündigung anderer Maßnahmen“ und Formulierungen wie natürliche Verminderung“ oder entsprechende Behandlung“ der jüdischen Bevölkerung allein die rhetorische Verharmlosung der biologischen Vernichtung darstellten, die nunmehr anlief. Die Endlösung“ der Judenfrage“ ist mit ihrer vom Jahresende 1941 an verwirklichten Methode nicht direkt und schlüssig aus Hitlers Programmschrift Mein Kampf“ nachzuweisen. Dennoch ist sie auch in ihrer radikalen Form im

Mordaktionen in der Sowjetunion

Vergasung der Juden

Wannsee−Kon− ferenz“

Hitler und die Endlösung“

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Entscheidung des Diktators – Zwang der Verhältnisse

I. Darstellung

Keim in der Gedankenbildung des Diktators, in seiner Weltanschauung und in seinem Herrschaftsentwurf angelegt. Die Vernichtung der Juden Europas war das zentrale Ziel seiner Politik, das schon zu Beginn seiner Karriere feststand, als er am 16. September 1919 unverrückbar die Entfernung der Juden überhaupt“ forderte, und das ihn bis zum letzten Satz seines Testaments vom 29. April 1945 begleitete, in dem er seine Gefolgschaft . . . zum unbarmherzigen Widerstand gegen den Weltvergifter aller Völker, das internationale Judentum“ aufrief. Die Entscheidung, von den auf den Osten beschränkten Erschießungen der jüdischen Bevölkerung zur systematischen Ermordung der europäischen Juden überzugehen, hat Adolf Hitler getroffen, auch wenn ein schriftlicher Befehl dazu nicht vorzuliegen scheint. Ohne Zweifel haben ganz unterschiedliche Bedin− gungen im regionalen und lokalen Zusammenhang ebenso wie überschießender Judenhaß und vorauseilender Gehorsam nachgeordneter Personen und Instanzen nicht selten in maßgeblichem Ausmaß dazu beigetragen, daß sich die Dynamik des Holocaust zu verselbständigen schien. Ausschlaggebend war und blieb aber, daß die entscheidenden Impulse zum Judenmord . . . aus Berlin“ [1522: D. Pohl, Nationalsozialistische Judenverfolgung, 402] kamen: Hitlers Rolle war ent− scheidend und unverzichtbar auf dem Weg zur ,Endlösung‘“ [238: I. Kershaw, Hitler, Bd. 2, 656]. Gewiß hatten Entstehung und Entwicklung des Holocaust auch mit den spezifischen Bedingungen von Bevölkerungspolitik und Ernäh− rungsengpässen zu tun und wirkten in dieser Hinsicht als ein Mittel zur Rationalisierung der Wirtschaft“: Es ging darum, die ,toten Kosten‘ zu ver− ringern, die gesamtgesellschaftliche Produktivität zu steigern“ [1362: G. Aly/S. Heim, Vordenker der Vernichtung, 483]. Insofern mögen gewisse Zusammenhänge zwischen sozialen Heraus− forderungen und mörderischen Entschlüssen, zwischen situativen Zwängen und improvisierter Tötung bestanden haben, die das Gesamte als Kalkulierte Morde“ [1434: Ch. Gerlach], als Wirtschafts− und Vernichtungspolitik erscheinen lassen. Verursacht wurde das, was intendiert, in Gang gesetzt und eingeleitet worden ist, freilich nicht durch solche Umstände und Zwänge, die den Vorgang allerdings bis zur scheinbaren Autonomie radikalisiert haben. Der Entschluß aber, mit technischer Perfektion die letzte Stufe der systematischen Ermordung aller Juden Europas zu verwirklichen, geht ohne Zweifel auf Hitler selbst zurück, ja es ist fast undenkbar, daß das grüne Licht für das Anlaufen der ,Endlösung‘ nicht von ihm persönlich gekommen sein sollte“ [148: M. Burleigh, Zeit des Natio− nalsozialismus, 730]. Wann der Diktator sich freilich dazu entschieden hat, auch die westeu− ropäischen Juden, die er vor allem im Hinblick auf die Haltung der Vereinigten Staaten von Amerika bis in das Jahr 1941 hinein als Geiseln betrachtete, um die Amerikaner von einem Kriegseintritt abzuschrecken, der Vernichtung an− heimzugeben, der die osteuropäischen Juden längst zum Opfer fielen, ist schwer feststellbar. Der vom Herbst des Jahres 1941 an stockende Vormarsch der Wehr− macht verwies den Diktator ebenso auf die Priorität seines rassischen Endziels, wie

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

99

die Tatsache einer Koalition der Angelsachsen und der Sowjets, in der er die ideologische Verkörperung des Weltjudentums“ erblickte, ihn gleichfalls in seiner Entschlußbildung bestärkt hat. Insgesamt entscheidend wurde in diesem Zusammenhang das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika: In dem Maße, in dem Präsident Roosevelt Front gegen das Dritte Reich“ machte – von der Landung amerikanischer Truppen in Island am 7. Juli 1941 über die Atlantik−Charta vom 14. August 1941 und über den Schießbefehl des amerikanischen Präsidenten gegen Schiffe der Achsenmächte“ in den von den USA beanspruchten Seegebieten vom 11. September 1941 bis zum Kriegseintritt der USA am 8. Dezember 1941 – schwanden in Hitlers Gedan− kenbildung die bis dahin vorwaltenden Rücksichten, die Juden Westeuropas aus taktischen Gründen zu schonen. Im Dezember 1941 konnte er endlich den europäischen Juden gegenüber tun, was er schon seit langem tun wollte. . . Seit dem Kriegseintritt der USA waren alle Juden, deren Deutschland habhaft werden konnte, ebenso zu liquidieren, wie man dies bislang schon mit Hunderttausenden von Juden in der Sowjetunion getan hatte“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 93]. Für den Diktator gewann der Rassenkrieg“ gegenüber dem Waffenkrieg“ mehr und mehr an Bedeutung, beherrschte und störte das Rassendogma zuneh− mend die Politik und Kriegführung des Dritten Reiches“. Während des an− dauernden Weltkrieges bekannte der Diktator sich wiederholt und öffentlich zu dem in globalem Sinn nach Weltherrschaft strebenden Rassendogma seines Programms“, wenn er beispielsweise am 24. Februar 1942 ausführte:Meine Prophezeiung wird ihre Erfüllung finden, daß durch diesen Krieg nicht die arische Menschheit vernichtet, sondern der Jude ausgerottet werden wird. Was immer auch der Kampf mit sich bringen oder wie lange er dauern mag, dies wird sein endgültiges Resultat sein“. Und Joseph Goebbels notierte einen Monat später unter dem Datum des 27. März 1942: Die Prophezeiung, die der Führer ihnen [den Juden K.H.] für die Herbeiführung eines neuen Weltkrieges mit auf den Weg gegeben hat, beginnt sich in der furchtbarsten Weise zu verwirklichen“. Während das Dritte Reich“ in der zweiten Hälfte des Weltkrieges militärisch vor der Übermacht der gegnerischen Koalition beständig an allen Fronten zu− rückwich, wurde die so genannte Endlösung“ der Judenfrage“ weiter vor− angetrieben. Zuweilen gewinnt man tatsächlich den Eindruck, als korre− spondierten den militärischen Niederlagen der Wehrmacht die rassischen Siege“ Hitlers. Offensichtlich wollte der Diktator wenigstens eines seiner ruchlosen Ziele verwirklichen, nämlich das europäische Judentum als Vor− aussetzung einer rassischen Neugestaltung Deutschlands und Europas vernichten. Klar ausgesprochen wurde diese rassistische Zielsetzung des National− sozialismus, die das Geschehen in der zweiten Kriegshälfte maßgeblich be− stimmte, den Widerstand der kämpfenden und unterjochten Völker immer wieder anstachelte und die Aussicht auf Frieden mehr und mehr schwinden ließ, in Himmlers berüchtigter Rede vor den SS−Gruppenführern in Posen am

Hitler, die USA und der europäische Ju− denmord

Rassenkrieg“ und Waffenkrieg“

24. 2. 1942: Hitlers öffentliche“ Pro− phezeiung

Himmlers Posener Reden

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Holocaust und Bevölkerung

I. Darstellung

4. Oktober 1943, in der er in aller Offenheit. . . ein ganz schweres Kapitel“ er− wähnte, nämlich die Ausrottung des jüdischen Volkes“. Diese der SS zufallende und von ihr durchgeführte Aufgabe bezeichnete Himmler als ein niemals ge− schriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt ihrer Geschichte“. Und in der zwei Tage darauf, am 6. Oktober 1943, gehaltenen Ansprache vor den Reichs− und Gauleitern, nahm Himmler als der eigentliche Verwalter [der] innersten Idee“ [76: J. Fest, in: Himmler, Geheimreden, Einführung, 22] Hitlers und des Dritten Reiches“ erneut in diesem allerengsten Kreise“ zur Judenfrage“ Stellung. Auch was in diesem Zusammenhang zur Sprache kam und was in Himmler und in der SS zutage trat, war nie etwas anderes als der Vollzug dessen, was Hitler ausdrücklich gewollt oder was in der Konsequenz seines Willens lag“ [ebd.]. In diesem Sinne verkörperte die SS das Programm des Regimes, wenn Himmler über die Forderung: Die Juden müssen ausgerottet werden“ ausführte: Ich bitte Sie, das, was ich Ihnen in diesem Kreise sage, wirklich nur zu hören und nie darüber zu sprechen. Es trat an uns die Frage heran: Wie ist es mit den Frauen und Kindern? – Ich habe mich entschlossen, auch hier eine ganz klare Lösung zu finden. Ich hielt mich nämlich nicht für berechtigt, die Männer auszurotten – sprich also umzu− bringen (!) oder umbringen zu lassen – und die Rächer in Gestalt der Kinder für unsere Söhne und Enkel groß werden zu lassen. Es mußte der schwere Entschluß gefaßt werden, dieses Volk von der Erde verschwinden zu lassen. Für die Orga− nisation, die den Auftrag durchführen mußte, war es der schwerste, den wir bisher hatten. Er ist durchgeführt worden, ohne daß – wie ich glaube sagen zu können – unsere Männer und unsere Führer einen Schaden an Geist und Seele erlitten hätten. . . Damit möchte ich die Judenfrage abschließen. Sie wissen nun Bescheid, und Sie behalten es für sich. Man wird vielleicht in ganz später Zeit einmal überlegen können, ob man dem deutschen Volke etwas mehr darüber sagt. Ich glaube, es ist besser, wir – wir insgesamt – haben das für unser Volk getragen, haben die Verantwortung auf uns genommen (die Verantwortung für eine Tat, nicht nur für eine Idee) und nehmen dann das Geheimnis mit in unser Grab“. Mit diesem Triumph des Dogmas über das Kalkül hatten in der Tat Realität und Irrealität des Nationalsozialismus in der Judenvernichtung ihren furchtbaren Ausdruck er− reicht“ [133: K. D. Bracher, Die deutsche Diktatur, 610 (TB 1997)]. Auch im Hinblick auf den Mord an Europas Juden war der Zweite Weltkrieg, in dessen Gefolge sich der Holocaust vollzog, Nicht nur Hitlers Krieg“ [626:Ch. Klessmann, Hrsg.], sondern der Diktator war in direkter und indirekter Art und Weise auf zahlreiche Mitwirkung angewiesen, die sogar Ärzte als Hitlers Helfer“ [910: M. H. Kater] umfaßte. Neben überzeugten Schergen aus dem welt− anschaulichen Orden der SS und gewöhnlichen Soldaten, Polizisten und Beam− ten, die aktiv daran mitgewirkt haben, waren ein weit verbreiteter Antisemitismus und der tägliche Kampf um das Überleben im Zweiten Weltkrieg dafür ver− antwortlich, daß die sichtbaren Verfolgungen und Deportationen der Juden nicht selten mit Gleichgültigkeit und Distanz zur Kenntnis genommen wurden.

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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Angst vor Repressionen des Regimes und dessen strikte Geheimhaltungspolitik trugen in entscheidendem Maße dazu bei, daß die begrenzte, diffuse Kenntnis vom Holocaust nicht zu entschiedenen Reaktionen geführt hat. Anders als die Euthanasie−Morde“, beurteilt der Historiker Ulrich von Hehl den außerordentlich vielschichtigen Sachverhalt, löste die Verfolgung der Juden (und Zigeuner) keine allgemeine Unruhe in der deutschen Bevölke− rung aus. Freilich blieben Tatsache, Ausmaß und Einzelheiten der ,Endlösung‘ auch weitgehend unbekannt. Auch kam die Masse der Opfer nicht aus dem Gesichtskreis der Deutschen. Dennoch spielten sich die Deportationen vor aller Augen ab, und zahlreiche Fronturlauber müssen von Massenerschießungen oder anderen Verbrechen gewußt haben. So fehlte es nicht an Ahnungen und Gerüch− ten, doch besaßen nur wenige den Mut, den Geschehnissen fern im Osten nachzuspüren. Ohnehin waren die Juden so total und nachhaltig aus der deut− schen Gesellschaft ausgegrenzt, daß sie des Schutzes einer Solidargemeinschaft entbehrten. Und neben der Abstumpfung durch die psychischen und physischen Belastungen des Krieges sorgte ein allgegenwärtiger Terror des Regimes für angepaßtes Wohlverhalten. ,Auschwitz‘, so scheint es, wurde erst wahrge− nommen, als der Krieg zu Ende war“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 26]. Und die Notwendigkeit, erst einmal den Krieg gegen Hitlers Deutschland in militärischer Hinsicht zu gewinnen, hat die Kräfte der Alliierten derart gebunden und dazu beigetragen, daß – obwohl die Welt vom Holocaust erfuhr“ [1489: W. Laqueur/R. Breitman] – die Verbrechen der Nazis von den Alliierten toleriert“ [1393: R. Breitman] wurden (siehe S. 286 f.). Neben dem Völkermord an Europas Juden, der nicht mehr mit der Kategorie des gegen einen politischen Gegner gerichteten Terrors zu begreifen und auch nicht mit den auf allen Seiten im Weltkrieg begangenen Kriegsverbrechen zu vergleichen, sondern als Ausmerzung“ von lebensunwertem Leben“ und als dogmatischer Rassenkrieg im Zusammenhang mit der Züchtung eines neuen, biologisch höherstehenden germanischen“ Menschen zu sehen ist, liefen an− dere Maßnahmen“ des Regimes auf dem Gebiet der Rassenpolitik an, die insgesamt das hybride Experiment unternahm, Geschichte durch Rasse, hi− storischen Wandel durch biologische Dauerhaftigkeit zu ersetzen. Abgesehen von den nach wie vor zu wenig erforschten Bemühungen des national− sozialistischen Staates um die biologische Heranzüchtung einer neuen Elite, die sich beispielsweise in den Heiratsvorschriften für Angehörige der SS andeuteten oder sich in den blutsmäßigen Fischzüge[n] in der germanischen Bevölkerung Frankreichs“ [133: K. D. Bracher, Die deutsche Diktatur, 583 (TB 1997)] und deren vorgesehener Aufnordung“ niederschlugen, ist in diesem Rahmen auch auf das Programm der so genannten Euthanasie“ hinzuweisen, die zutreffender als Lebensvernichtung zu bezeichnen ist. Hitler ordnete in einem an den Leiter der Kanzlei des Führers“, Philipp Bouhler, und an seinen Begleitarzt, Karl Brandt, gerichteten Führererlaß vom Oktober 1939, der auf den Tag des Kriegsbeginns, den 1. September 1939, zu−

Alliierte und Ju− denmord

Völkermord und Kriegsverbrechen

Heranzüchtung einer rassischen Elite

Euthanasie− programm“

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I. Darstellung

rückdatiert war, an, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann“. Zu den Beurteilungsmerkmalen dieser das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ nunmehr im Krieg steigernden Aktion gehörten neben dem Krankheitsbild auch die Rasse“ und die Arbeitsleistung“ der betroffenen Men− schen. Die durch ausführende Tarnorganisationen verschleierten Maßnahmen“ wurden gerüchteweise in der deutschen Öffentlichkeit bekannt und riefen vor allem den ganz entschiedenen Widerstand von Vertretern beider Kirchen wie des Grafen von Galen, Bischof von Münster, und des Pastors von Bodelschwingh, Leiter der Anstalten der Evangelischen Inneren Mission in Bethel, hervor. Ihr Protest erreichte, daß die Nationalsozialisten ihr Vorhaben gegen Ende des Jahres 1941 zumindest wesentlich einschränkten. Gerade angesichts dieses Widerstandes gegen das so genannte Euthana− sieprogramm“ aus den Kreisen der Bevölkerung bemerkte Hitler erbost und resigniert zugleich, das deutsche Volk sei eben noch nicht reif für die von ihm entworfene Politik. Sein Mißmut über diese Haltung trug seit den Rückschlägen im Osten dazu bei, immer häufiger und haßerfüllt davon zu sprechen, wenn die Deutschen ihm auf dem Weg zum Sieg nicht zu folgen bereit seien, dann müßten sie eben untergehen. Zusammenfassung

Kalkül und Dogma

Faßt man zusammen, was über die Geschichte Deutschlands im Zweiten Welt− krieg während der Jahre von 1939 bis 1942 ausgeführt wurde, so ergeben sich folgende Befunde und Konsequenzen: Mit dem militärischen Angriff auf Polen am 1. September 1939 verwirklichte das Dritte Reich“ trotz der von Hitler als verkehrt“ empfundenen Frontstellung gegen die Westmächte, insbesondere gegen Großbritannien, eines der ihm vom Diktator gesetzten Ziele. Im Zuge kriegerischer Expansion strebte es nach der europäischen Hegemonie und trachtete danach, den als notwendig erachteten Lebensraum“ im Osten des Kontinents zu erobern. Mit Kriegsbeginn wurden aber auch die zerstörerischen Triebkräfte in der nationalsozialistischen Welt− anschauung und im Programm“ des Diktators in besonderem Maße wirksam. Sie hatten über lange Zeit in einer Symbiose mit den Mitteln und Vorstellungen der überlieferten Großmachtpolitik des Deutschen Reiches für die Dynamik und den Erfolg des nationalsozialistischen Staates gesorgt, verselbständigten sich sodann in zunehmendem Maße und trieben endlich mit einer gewissen Notwendigkeit die Zerstörung des Dritten Reiches“ voran. Durch die Entfaltung der ideologischen Komponente des Nationalsozialismus trat im Krieg das für die Geschichte des Dritten Reiches“ so charakteristische, einander bedingende und doch wi− dersprechende Verhältnis von Tradition und Revolution aufs neue und akzen− tuierter als in den zurückliegenden Jahren hervor.

C. Deutschland im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1942)

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Unter den spezifischen Bedingungen der sich im Dezember 1941 zum Weltkrieg erweiternden europäischen Auseinandersetzung schienen das politisch−stra− tegische Kalkül und das weltanschaulich−rassische Dogma in Hitlers Staat eine gewisse Zeitlang miteinander vereinbar zu sein, existierten nebeneinander und schlossen sich schließlich doch gegenseitig aus. Ihre zunehmend deutlicher werdende Unverträglichkeit blockierte schließlich Politik und Kriegführung des Reiches. Existenz und Entfaltung des weltanschaulichen Dogmas, das Eigenmacht entwickelte und dessen Dominanz über das politisch−militärische Kalkül sich abzeichnete, trugen zu einem weit über Deutschland hinausreichenden Wider− stand der europäischen Völker und der alliierten Staaten bei und wirkten mithin in internationalem Maßstab zerstörerisch auf das Deutsche Reich zurück. Während der Friedensjahre des Regimes hatten sich diese beiden Grundpfeiler des Dritten Reiches“ ergänzt, und ihre Gegensätze waren in der Dynamik des nationalsozialistischen Staates aufgegangen. Durch die wirtschafts− und in− nenpolitischen, nicht zuletzt aber auch durch die außenpolitischen Erfolge des nationalsozialistischen Regimes wurden sie überbrückt und durch den Terror als Drohung und Praxis der Diktatur immer wieder verdeckt. In diesem Sinne halfen die Repräsentanten des alten Deutschland, die Hitler zu Beginn seiner Herrschaft freiwillig unterstützt hatten und danach von den Nationalsozialisten Zug um Zug entmachtet worden waren, geraume Zeit mit, diese innen− und außenpolitischen Erfolge des Diktators zu ermöglichen. Auch in den ersten Kriegsjahren arbeiteten traditionelle Führungsschichten und die neue Elite des Regimes, Offizierkorps und Partei, erst einmal scheinbar reibungslos und sichtbar erfolgreich zusammen. Nach wie vor verkörperten sie das dynamische Miteinander der eher rationalen und prinzipiell dogmatischen, der strategischen und weltanschaulichen Seite des nationalsozialistischen Staates. Nach dem besonders in Kreisen der alten Elite kaum erwarteten militärischen Triumph des Deutschen Reiches über Frankreich avancierte Hitler sowohl für weiteste Teile der deutschen Bevölkerung als auch für viele Repräsentanten des traditionellen Deutschland, die ihm gegen Ende der dreißiger Jahre mit wach− sender Reserve, mit innerer Distanz und auch bereits mit politischer Opposition begegnet waren, zum anerkannten, unumstrittenen und bewunderten Führer“. Doch militärisch−politische Notwendigkeiten und weltanschaulich−rassische Zielsetzungen des Regimes brachen ungeachtet des gar nicht zu verkennenden Zusammenwirkens beim Judenmord zwischen SS und SD auf der einen, Wehr− macht, Polizei und Zivilverwaltung auf der anderen Seite gerade in dem Augen− blick auseinander und gaben das zutiefst abstoßende Wesen des natio− nalsozialistischen Regimes, das rassische Proprium seiner verwerflichen Exi− stenz, schonungslos zu erkennen, als Hitler seinem Selbstverständnis nach mit dem Beginn des Lebensraum“−Krieges in der Sowjetunion das Kernstück“ seines weitgespannten macht− und rassenpolitischen Programms“ ver− wirklichen wollte: Nicht zuletzt der Widerstand der Besiegten und Besetzten wurde dadurch, weil es für viele von ihnen buchstäblich um Leben und Tod

Alte und neue Eliten

Dominanz der Weltanschauung im Rußlandkrieg

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Bedeutung der Ras− senpolitik Hitlers

I. Darstellung

ging, immer wieder bis zum Äußersten angefacht. Die Übermacht des na− tionalsozialistischen Dogmas trug dazu bei, das Reich auf seinem – ihm von Hitler vorgezeichneten, in internationaler und innenpolitischer Perspektive letztlich zerstörerischen – Weg immer rascher voranzutreiben und in den Ab− grund zu stürzen. In diesem Zusammenhang ist daher – über die innenpolitische Entwicklung der nationalsozialistischen Diktatur und die europäische Besatzungspolitik des Dritten Reiches“ hinaus – Hitlers Rassenpolitik als das zentrale Element seines Regimes zu beurteilen, deren Qualität durchaus singuläre Züge aufwies: Sie wurde für den Verlauf der deutschen Entwicklung ebenso wie für den Gang der eu− ropäischen Geschichte in einem bis dahin weitgehend unbekannten und bis heute wirksamen Maße bestimmend und geschichtsmächtig. Ihre Existenz ist nicht vorstellbar ohne die Absicht und den Auftrag, ohne den Willen und die Ge− staltung, zumindest aber nicht ohne die Billigung und die Tolerierung des Dik− tators, der auch das deutsche Volk im Zeichen der heraufziehenden militärischen Niederlage in den Untergang zu führen beabsichtigte, da es seiner radikalen Überzeugung gemäß bei seinem Kampf um die Weltmacht versagt hatte.

D. WELTMACHT ODER UNTERGANG“ (1943–1945)

1. Endsieg“ – Hoffnungen im Totalen Krieg“ Von der Jahreswende 1942/43 an war das Deutsche Reich in der Kriegführung auf die Defensive zurückgeworfen. Hitler, der Gefangene seiner eigenen Doktrin und Aktionen, erklärte sich zum Verteidiger der Festung Europa“. Dabei war die europäische Akzentuierung, die das Dritte Reich“ seinem Kampf nunmehr verstärkt zu verleihen bemüht war, indem es behauptete, den alten Kontinent gegen die westlichen Plutokratien, vor allem aber gegen den sowjetischen Bol− schewismus zu verteidigen, kaum mehr als eine schlechte Tarnung seiner ei− gentlichen Eroberungsabsichten. Sie fand daher auch nur sehr beschränkten Widerhall in den von Deutschland besetzten Territorien Europas. Denn in den vorhergehenden Jahren war zu offenkundig geworden, daß es Hitler um nichts anderes als um die Errichtung einer brutalen Fremd− und Rassenherrschaft ging. In Rußland wurden die Möglichkeiten, nach der Invasion im Sommer 1941 bei− spielsweise die ukrainische Bevölkerung für sich zu gewinnen, die zu Anfang die deutschen Truppen als Befreier vom stalinistischen Joch begrüßt hatte, tö− richt und verbrecherisch zugleich vertan. Inzwischen war den Völkern der So− wjetunion längst klar geworden, daß die neuen Herren zumindest ebenso grausam, wenn nicht schlimmer herrschten als Stalins Schergen. Der angefachte Pa− triotismus ließ sie sodann in der Wahl zwischen zwei Übeln gegen den Ag− gressor, der kein Befreier war, im Großen Vaterländischen Krieg“ für die eigene Diktatur eintreten. Zunehmend stärker sahen sich die Völker Ost−, Ostmittel− und Südosteuropas in der zweiten Hälfte des Krieges – anders als im Westen Europas, wo die Sowjets nicht unmittelbar vor der Tür standen und sich die collaboration“ mit den Besatzern mehr und mehr zur rsistance“ gegen die Deutschen wandelte – vor die dilemmahafte Wahl gestellt, zwischen Hitler und Stalin entscheiden zu müssen, wirkten aus Angst vor der Roten Armee, teilweise wenigstens, noch widerwillig mit den deutschen Okkupanten zusammen und hatten sich schließlich, nicht weniger widerwillig, mit der sowjetischen Befreiung“, der neuen Okkupation, zu arrangieren. Fadenscheinig blieben die im Angesicht des militärischen Scheiterns zunehmenden Appelle der Deutschen, das andauernde Ringen im Sinne der antibolschewistischen Parole als eine europäische Aufgabe zu be− greifen. Denn es blieb nicht verborgen, daß die voll durchgesetzte Vor− machtstellung des Großdeutschen Reiches“ nach der am 5. April 1943 von Außenminister von Ribbentrop erhobenen Forderung dafür die unaufgebbare Voraussetzung bildete: Wer Europa besitzt“, bekannte Hitler in diesem Sinne am 8. Mai 1943, der wird damit die Führung der Welt an sich reißen“. Während die nationalsozialistische Europa−Propaganda mit wenig Erfolg darum bemüht war, Freiwilligenverbände aus allen Regionen des Kontinents für

National− sozialistische Europa−Propaganda

Zwischen Hitler und Stalin

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Selbstüberschätzung

Mißlungene Koalitions− kriegführung

Abfall der Verbün− deten

Strategische Grund− entscheidungen

I. Darstellung

die Auseinandersetzung im Osten zu gewinnen, zeigte sich insgesamt, daß die in der Politik und Kriegführung des Dritten Reiches“ stets vorhandene na− tionalsozialistische Doktrin mehr und mehr hervortrat. Das wurde nicht zuletzt darin sichtbar, daß Staat um Staat in Hitlers Europa aufgefordert wurde, sich am Völkermord gegen die Juden zu beteiligen. Zu keiner Zeit wurde das welt− anschauliche Dogma im Sinne europäischer Gemeinsamkeit und zur Steigerung der militärischen Schlagkraft rationellen Zweckmäßigkeitserwägungen in maß− geblicher Art und Weise zum Opfer gebracht. Hitlers Endziele waren in seiner Gedankenbildung und in der Räson des Regimes stets so dominant, daß sie letztlich die gesamte Welt herausforderten und unerreichbar bleiben mußten. Die Idee des Jahrhunderts“, über die das Dritte Reich“ scheinbar so vor− teilhaft verfügte und die man nach der Vorstellung von Repräsentanten des Aus− wärtigen Amts der Menschheit“ nur richtig ,verkaufen‘“ müsse, wirkte in− zwischen alles andere als werbend, sondern rundum abstoßend. Es war das Dogma von der Überlegenheit des deutschen Volkes und der germanischen Rasse, das Hitler und die deutsche Führung dazu bestimmte, die eigenen Möglichkeiten permanent zu überschätzen, die der anderen Nationen – vielleicht mit Ausnahme des als Partner ins Auge gefaßten England – aber stets gering zu achten. Die Überschätzung der eigenen und die Geringschätzung der gegnerischen Kräfte sowie die Fixierung auf die rassische Doktrin ließen Hitler und das deutsche Heer im Grund auch am Problem der Koalitionskriegführung scheitern. Erst zu später Zeit und in bedrängter Lage, mitten im Kampf um Stalingrad, war der Diktator am 21. Januar 1943 ebenso widerwillig wie er− folglos dazu bereit, den japanischen Alliierten um einen Entlastungsangriff in Rußland zu ersuchen. In dem Maße, in dem die Verbündeten des Dritten Reiches“ nach und nach von ihrer Vormacht abfielen, aus dem an der Seite Deutschlands geführten Krieg austraten oder zum Gegner übergingen, sah sich Hitler – wollte er die von ihm stets abgelehnte Alternative einer Kapitulation nicht doch ins Auge nehmen – gezwungen, seine Herrschaft auf weitere Territorien, wie beispielsweise im November 1942 auf Vichy−Frankreich (siehe S. 92), im September 1943 auf Ita− lien (siehe S. 111 f.) oder im März 1944 auf Ungarn (siehe S. 111) auszudehnen, um in hastiger Improvisation die Festung Europa“ vor Einbrüchen an ihrer Peri− pherie zu bewahren. Wie und wann [allerdings K.H.] das Ende des Krieges herbeigeführt werden könne“, bekannte er zu Anfang des Jahres 1943 gegenüber dem rumänischen Staatschef Antonescu, das wisse er noch nicht. Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Führung des Deutschen Reiches 1943 zu folgenden strategischen Grundentscheidungen gezwungen: 1. Alle Überlegungen Hitlers im Hinblick auf die zweite überseeisch−atlantische Stufe seines Programms“ wurden nach der Kriegs−Wende vor Moskau“ [1303: K. Reinhardt] zurückgestellt und 1942/43 endgültig aufgegeben. Kolonien und Stützpunkte als defensive und offensive Ausgangspositionen einer über Europa hinausgreifenden Weltpolitik lagen für das Reich, das im Osten des Kontinents der

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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Sowjetunion, im Westen Europas, in Afrika und im Atlantik Großbritannien und den USA gegenüberstand, in weiter Ferne. 2. Hitlers Kriegführung beschränkte sich (deutlich sichtbar nach dem Abbruch der Geleitzugbekämpfung durch die deutsche U−Boot−Waffe im Nordatlantik am 24. Mai 1943) allein noch auf die Festung Europa“, die der Diktator fanatisch“ bis zu dem der Bevölkerung von der Propaganda pausenlos verheißenen End− sieg“ zu halten gedachte. Dabei konnte er den riesigen Nachteil nur ohnmächtig hinnehmen, der darin bestand, daß diese so genannte Festung“ nach den Worten des amerikanischen Präsidenten Roosevelt kein Dach besaß, da die (west) alliierten Luftwaffen drückend überlegen waren. 3. Den erhofften Umschwung des Krieges erwartete Hitler von einem als sicher angesehenen Auseinanderbrechen derunnatürlichen Koalition“ zwischen der Sowjetunion und den Westmächten: Wenn Deutschland erledigt würde“, lautete, am 16. März 1944 vor den Mitgliedern des bulgarischen Regents− chaftsrates entworfen, Hitlers unrealistische Spekulation auf den britischen Frontwechsel, so würden die Engländer völlig unfähig sein, Widerstand gegen die Sowjetpläne zu leisten. Das gleiche gelte für Amerika. . . “. Realitätsverloren überschätzte der Diktator die machtpolitischen und ideologischen Spannungen zwischen Ost und West, die eben erst nach Kriegsende, als die Herausforderung des Dritten Reiches“ nicht mehr länger existierte, in den Kalten Krieg“ einmündeten. Mit seiner illusionären Hoffnung auf den Zerfall des gegnerischen Bündnisses stand Hitler freilich nicht allein: Diese Dissonanzen“ in der west−östlichen Allianz, äußerte der inzwischen als deutscher Botschafter beim Vatikan tätige Ernst von Weizsäcker am 11. Februar 1944, sind nicht nur deutsche Wunschträume. Nur eines ist unsicher, nämlich: wann sie zu Taten reifen. Das zu beschleunigen, ist wohl der politische Sinn der hinhaltenden Verteidigung der Festung Europa“. Die tollkühne Erwartung knüpfte im Prinzip an eine außenpolitische Tradition der jüngeren deutschen Geschichte an, die in der wilhelminischen Ära den machtpolitischen Gegensatz zwischen Großbritannien und Rußland stets zu hoch veranschlagt, die Eigenmacht des Deutschen Reiches im Urteil der übrigen Mächte dagegen als zu gering eingeschätzt und letztlich vergeblich auf den internationalen (nach 1917 dann auch ideologischen) Systemzwang gehofft hatte, der Ost und West zum deutschen Vorteil gegeneinander führen werde. Gewiß, der Streit zwischen den Alliierten über Stalins Forderungen nach der zweiten Front und die Auseinandersetzungen um die sowjetischen Ansprüche auf Bestätigung der 1939 von Rußland in Ostmitteleuropa eroberten Gebiete waren auch nach der Moskauer Konferenz zwischen Churchill, Harriman und Stalin vom 12.−16. August 1942 nicht ausgeräumt worden und spitzten sich seit der Teheraner Konferenz (28. November – 1. Dezember 1943) weiter zu. Doch selbst ein Ereignis, das die polnisch−sowjetisch−britischen bzw. die sowjetisch−ame− rikanischen Beziehungen erheblich belastete, wie die Entdeckung der Mas− sengräber mit den Leichen von über 4100 polnischen Offizieren bei Katyn am

Die unnatürliche Koalition“

Konflikte zwischen den Alliierten

Katyn

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Die deutsche Gefahr

Hitlers illusionäre Hoffnung

Separatfrieden mit Stalin?

I. Darstellung

13. April 1943, die dem Befund neutraler Sachverständiger zufolge im Frühjahr 1940, also vor dem deutschen Einmarsch in die UdSSR, von den Sowjets er− schossen worden waren, führte letztlich nicht zum Auseinanderbrechen der alliierten Koalition, das Hitler immer einseitiger als umfassende Lösung aller seiner Probleme ansah und zunehmend ungeduldig herbeiwünschte. Es waren nicht zuletzt die rassen−, besatzungs− und bevölkerungspolitischen Untaten des Dritten Reiches“, welche die übrige Welt zusammenhielten. Das Reich kam schon aufgrund seines machtpolitischen Anspruchs auf Hegemonie und Eroberung den Westalliierten stets gefährlicher vor als Stalins ausladende Territorialforderungen. Angesichts dieser deutschen Gefahr für Europa und die Welt wird unter anderem auch verständlich, warum Roosevelt und Churchill während der Konferenz von Jalta (4.−11. Februar 1945) und danach in gewissem Sinne auch Truman und Attlee während der Potsdamer Konferenz (17. Juli – 2. August 1945) bereit waren, dem sowjetischen Diktator Konzessionen zu ma− chen und auf Formelkompromisse einzugehen: Deutschland, das längst schon nicht mehr zu siegen imstande war, besaß eben auch nicht mehr die Freiheit, die noch kurz vor Kriegsende mit geradezu illusionärem Optimismus im Vatikan dem deutschen Botschafter von Weizsäcker gegenüber beschworen wurde, sich näm− lich seinen Besieger auswählen“ zu können. 4. Hitlers monomane Hoffnung auf einen Zerfall der gegnerischen Koalition, der Deutschland erneut Bewegungsspielraum verschaffen werde, ist auch im Zusammenhang mit seinen programmatischen Ideen zu beurteilen. In diesem Sinne äußerte er während der zweiten Hälfte des Krieges wiederholt, zukünftig doch noch zusammen mit England die Welt in die Schranken zu weisen. Insofern hielt er an seiner bündnispolitischen Grundidee fest, Großbritannien zu sich herüber zu ziehen und sozusagen in letzter Minute doch noch gemeinsam gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Neben dieser Lieblingsidee, die ihn nach wie vor beherrschte, wurde während der letzten Wochen des März und April 1945 in der unterweltlich entrückten Szenerie“ des Berliner Führerbunkers“ im Zuge der ins Chimärische hochgeredeten Siegeshoffnungen“ [210 a: J. Fest, Der Un− tergang, 19 u. 32] sogar auf die darüber hinausgehende Lösung spekuliert, näm− lich zusammen mit den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Rußland Krieg zu führen. Ja, in diesen letzten Tagen des Tausendjährigen Reiches“ näherte Adolf Hitler sich sogar – parallel zu den von Goebbels seit 1943 ventilierten Über− legungen und in einem inzwischen allerdings illusionären Eingehen auf frühere, von Stalin in taktischer und/oder ernsthafter Absicht ausgestreckte Frie− densfühler – der von ihm erstmals im März/April 1944 halbherzig erwogenen Möglichkeit, die freilich längst schon keine mehr war, sich nämlich mit seinem ideologischen und auch machtpolitischen Hauptfeind, der Sowjetunion, gleichsam in Wiederholung der dramatischen Wendung vom 23. August 1939 noch einmal zu arrangieren, um gegenüber den Westmächten auftrumpfen und überleben zu können.

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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Bis zum Jahr 1944 aber hatte Hitler alle Friedenssondierungen mit der So− wjetunion abgelehnt, weil er wie die Mehrheit der Deutschen davon überzeugt war, daß man mit Rußland irgendwie schon würde fertigwerden – hatte man dies nicht auch im Ersten Weltkrieg geschafft?“ [2049: M. Salewski, Der erste Welt− krieg, 184]. Dagegen waren die Versuche, einen Separatfrieden im Westen zu schließen, auf den beispielsweise im Januar 1943 Antonescu den italienischen Duce“ nachdrücklich hingewiesen hatte, ohne Erfolg geblieben. Immer mehr Repräsentanten des nationalsozialistischen Regimes schickten sich jetzt an zu retten, was noch zu retten war: Allein, ihre geheimen Friedensfühler blieben ohne Resonanz. Daß es die Existenz des Dritten Reiches“ an sich war, die den fortwährenden Grund für das Mißlingen aller dieser Bemühungen darstellte, entging ihnen einfach. Hinzu kam, daß Hitler immer wieder bremste und brüsk abwinkte, selbst dann noch, als Himmler, in ganz später Stunde, die deutsche Polenpolitik neu zu formieren und auf Kurs gegen die Sowjetunion zu bringen versuchte. Nachdem der Warschauer Aufstand niedergeschlagen worden war und die polnische Heimatarmee“ am 2. Oktober 1944 kapituliert hatte, wollte er deren Truppen für den Kampf gegen die Russen gewinnen: Hitler dagegen befahl die Zerstörung Warschaus. Angesichts der immer drückenderen alliierten Überlegenheit wurden die Friedenshoffnungen vom Jahre 1943 an zu Illusionen schlechthin: Das machte nicht zuletzt die auf der Konferenz von Casablanca (14.−26. Januar 1943) von Roosevelt verkündete Forderung nach bedingungsloser Kapitulation“ deutlich. Längst hatten die Amerikaner Verständnis gezeigt für Stalins ausladende For− derungen nach territorialen Gewinnen in Ost− und Ostmitteleuropa sowie ge− genüber dem Deutschen Reich, die der sowjetische Diktator den Westmächten seit dem Besuch Edens in Moskau im Dezember 1941 beständig vortrug. Insgesamt entsprangen sie der Existenz eines unabhängig von Hitlers Politik und Krieg− führung vom sowjetischen Diktator eigenständig entworfenen, durch den deutschen Angriff auf die Sowjetunion Plausibilität und Scheinlegitimation ge− winnenden, weit gespannten Kriegszielprogramms der stalinistischen Ära. Un− terdessen legten die Bomberflotten der Westmächte Deutschland in Schutt und Asche, und die Vergeltungsaktionen nationalsozialistischer Besatzungspolitik, die sich mit den Namen von Lidice (10. Juni 1942) und Oradour (10. Juni 1944) verbinden, sorgten immer wieder dafür, daß die betroffenen Völker das Motiv ihres Kampfes gegen den Nationalsozialismus und die Deutschen nicht vergaßen. Alles in allem wurde seit der anglo−amerikanischen Landung in Nordafrika (7./ 8. November 1942) und insbesondere seit der Kapitulation der 6. Armee in Sta− lingrad (31. Januar – 2. Februar 1943) auch der deutschen Bevölkerung trotz pausenloser Endsieg“−Propaganda und trotz eines erstaunlich festen Glaubens an die Führung des Reiches klarer, daß Deutschland den Krieg kaum noch gewinnen könne. Doch trotz ungeheurer Verluste, die sie insbesondere in Ruß− land erlitt, gelang es der deutschen Wehrmacht während des Jahres 1943, die Front im Osten nochmals einigermaßen zu konsolidieren.

Vergebliche Friedensfühler

Warschauer Aufstand

Konferenz von Casablanca: Bedingungslose Kapitulation“

Lidice – Oradour

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Unternehmen Zitadelle“

Rückeroberung der Ukraine durch die Rote Armee

West vor Ost

I. Darstellung

Hitler versuchte jetzt zum letzten Mal, die Initiative gegenüber der Sowjetunion wiederzugewinnen, als er am 5. Juli 1943 das mit großen Erwartungen begleitete Unternehmen Zitadelle“, den Sturm auf den Frontbogen bei Kursk, anlaufen ließ. Nachdem der Angriff innerhalb weniger Tage ins Stocken geraten war, plante er, die einmal gebildeten Frontverläufe um jeden Preis starr zu halten und sich in Rußland auf einen Abnutzungskrieg einzurichten. Dem Atlantikwall im Westen, in dessen Schutz die erwartete Invasion der Briten und Amerikaner abgewehrt werden sollte, vergleichbar, schwebte Hitler vor, einen Ostwall“ zu bauen, um sich in der Festung Europa“ mit ihren Tausende von Kilometern umfassenden Fronten einzuigeln, dem Feind. . .[die] Nutzlosigkeit seiner Angriffe“ vor Augen zu führen und den Westen zum Einlenken zu zwingen. Während die sowjetischen Armeen zwischen dem August 1943 und dem April 1944 die Ukraine zurückeroberten, entschloß sich Hitler, den Schwerpunkt seiner militärischen Abwehr vorerst auf den Westen zu verlagern. Der harte und verlustreiche Kampf der letzten zweieinhalb Jahre gegen den Bolschewismus“, begründete der Diktator diese weitreichende Entscheidung am 3. November 1943 in seiner Weisung Nr. 51“, hat die Masse unserer militärischen Kräfte und Anstrengungen aufs Äußerste beansprucht. Dies entsprach der Größe der Ge− fahr und der Gesamtlage. Diese hat sich inzwischen geändert. Die Gefahr im Osten ist geblieben, aber eine größere im Westen zeichnet sich ab: die angelsächsische Landung! Im Osten läßt die Größe des Raumes äußersten Falles einen Boden− verlust auch größeren Ausmaßes zu, ohne den deutschen Lebensnerv tödlich zu treffen. Anders der Westen! Gelingt dem Feinde hier ein Einbruch in unsere Verteidigung in breiter Front, so sind die Folgen in kurzer Zeit unabsehbar. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß der Feind spätestens im Frühjahr, vielleicht aber schon früher, zum Angriff gegen die Westfront Europas antreten wird. Ich kann es daher nicht mehr verantworten, daß der Westen zu Gunsten anderer Kriegs− schauplätze weiter geschwächt wird. Ich habe mich daher entschlossen, seine Abwehrkraft zu verstärken, insbesondere dort, von wo aus wir den Fernkampf gegen England beginnen werden.“ Durch Demonstration der deutschen Schlagkraft an der westlichen Front ging es ihm vor allen Dingen darum, die Briten für seinen ursprünglichen Bündnisplan zu gewinnen, sie zumindest aber von der großen Koalition mit den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion abzusprengen. Die Idee eines Separatfriedens im Westen fand sowohl im Heer als auch in Himmlers SS Zustimmung. Dagegen dachte Goebbels eher daran, sich mit Stalins – dem Herrschaftssystem des Nationalsozialismus so verwandter – totalitärer Diktatur zu arrangieren, während von Ribbentrop, seinem bekannten Konzept entsprechend, darauf spekulierte, mit Japans militärischer oder diplomatischer Hilfe dem Kampf in Rußland ein Ende zu setzen. Hitler sah die letzte ihm noch verbleibende Chance darin, im Westen – bei der Abwehr der erwarteten Invasion der Briten und Amerikaner – eindrucksvolle Erfolge zu erringen, um sich letztlich doch noch mit England arrangieren zu können.

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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Unter diesem Gesichtspunkt wird auch die prima vista unverständliche Reak− tion Hitlers auf die westalliierte Landung in der Normandie am 6. Juni 1944 verständlich, die er schon lange erwartet hatte: Sie wurde nämlich mit unver− kennbarer Erleichterung aufgenommen, sollte sie doch die Chance bieten, die Schlagkraft des Reiches vor allem gegenüber den Engländern noch einmal unter Beweis zu stellen. Eine angelsächsische Invasion abzuwehren, würde Deutschland zum Vorteil gereichen, erläuterte er seine neue Strategie, die auf altem Kalkül beruhte, dem rumänischen Staatschef Antonescu gegenüber am 26. Februar 1944: Die Schockwirkung eines fehlgeschlagenen Unternehmens dieser Art im Verein mit den bestimmt zu erwartenden riesigen Verlustzahlen auf die öffentliche Meinung in England und Amerika könnte gar nicht hoch genug veranschlagt werden und würde voraussichtlich einen Wendepunkt des Krieges bilden. Es würden dann mit einem Schlage größere Kräftegruppen frei werden, die im Osten nicht nur zu einer Stabilisierung der Front, sondern zur Aufnahme of− fensiven Vorgehens gegen die Russen eingesetzt werden könnten.“ In der sich immer aussichtsloser gestaltenden Gesamtkriegslage – in Ostasien waren im Juni 1944 die amerikanischen Truppen auf Saipan gelandet, und in Rußland setzte am 22. Juni 1944 die von einer bislang beispiellos vorbereiteten Partisanentätigkeit eingeleitete gewaltige Sommeroffensive der Roten Armee ein – klammerte sich der Diktator an die illusionäre Hoffnung, mit einem demon− strativen Schlag seiner konventionellen Streitkräfte gegen den Westen das Blatt doch noch in seinem Sinne wenden zu können. Dagegen hatte er schon an der Jahreswende 1941/42 die Entwicklung der Atombombe ebenso zurückstellen lassen, wie er nach den nur sehr begrenzt erfolgreichen Einsätzen der V1−Rake− ten auch den Bau der V2−Wunderwaffe“ nicht mehr weiter verfolgen ließ, auf deren angeblich kriegsentscheidende Wirkung die deutsche Bevölkerung gleichwohl ihre noch vorhandenen Endsieg“−Hoffnungen gründete. Zu diesem Zweck wurde auch die letzte große Offensive an der Westfront, die Ardennen−Offensive, von Hitler unternommen. Inzwischen waren Rumänien durch die von König Michael am 23. August 1944 befohlene Einstellung des Kampfes gegen die Rote Armee und Finnland durch den am 19. September 1944 unterzeichneten Waffenstillstand mit der Sowjetunion aus dem Krieg an der Seite Deutschlands ausgeschieden. Im gleichen Monat besetzten sowjetische Truppen Bulgarien, bis zum 2. November 1944 zog sich die deutsche Wehrmacht aus Grie− chenland (mit Ausnahme von Rhodos, Westkreta, Milos und einigen kleineren Inseln) zurück, und das am 19. März 1944 von deutschen Truppen besetzte Ungarn unternahm am 15. Oktober 1944 den freilich von den Deutschen vereitelten Versuch, einen Waffenstillstand mit der UdSSR zu erreichen, deren militärische Verbände am Jahresende 1944 in die Vorstädte von Budapest eindrangen. Nachdem in Nordafrika die letzten deutschen Truppen bereits am 13. Mai 1943 kapituliert hatten und die Alliierten am 10. Juli 1943 auf Sizilien gelandet waren, brach Mussolinis Regime am 25. Juli 1943 zusammen, und der neue Mini− sterpräsident Italiens, Marschall Badoglio, unterzeichnete am 3. September 1943

Westalliierte Landung in der Normandie

Atombombe und Raketen

Rückzug aus Finnland und Süd− osteuropa

Deutsche Kapi− tulation in Nord− afrika. Landung der Alliierten in Sizilien. Mussolinis Sturz

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Die Alliierten an den deutschen Grenzen

Ardennen−Offensive

Eroberung Deutschlands

I. Darstellung

einen allerdings erst fünf Tage später bekanntgegebenen Sonderwaffenstillstand mit den Alliierten. Daraufhin wurden die italienischen Streitkräfte von der deutschen Wehrmacht entwaffnet, die nunmehr in Italien die Aufgabe über− nahm, sich dem Vormarsch der Briten und Amerikaner entgegenzustellen. Am 4. Juni 1944 besetzten die Alliierten Rom und rückten nach Norditalien bis zur Apenninen−Stellung vor, wo die Kämpfe bis zum 29. April 1945 andauerten. Auch im Westen Europas war der Vormarsch der Alliierten nicht mehr auf− zuhalten, am 25. August 1944 zog General de Gaulle an der Spitze französischer Verbände in das von den Deutschen geräumte Paris ein, und bereits im September 1944 erreichten die Briten und Amerikaner die Westgrenze des Deutschen Rei− ches, während die Russen im Oktober 1944 in Ostpreußen eindrangen und Japan auf dem ostasiatischen Kriegsschauplatz in der bis dahin größte[n] Seeschlacht der Weltgeschichte“ [1202: H. Boog/G. Krebs/D. Vogel, Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 7, 723] im Golf von Leyte (22. – 25. Oktober 1944) entscheidend von den Vereinigten Staaten von Amerika geschlagen wurde. Hitler aber plante, wie bereits angedeutet, im Gegensatz zu den führenden Militärs der Westfront, die nur bis zur Maas vorzustoßen und dort abzuwarten vorschlugen, wie die Lage sich entwickeln werde, im Rahmen der vorgesehenen Ardennen−Offensive bis Antwerpen vorzudringen, um den Alliierten die nach wie vor scheinbar ungebrochene Kraft der deutschen Wehrmacht vor Augen zu führen und England zum Einlenken zu bewegen. Ist man selbst zur Abwehr, zur Defensive gezwungen“, erläuterte er die Motive seines Plans vor den Komman− deuren der Wehrmachtverbände, die für das militärische Unternehmen be− reitstanden, dann ist es erst recht die Aufgabe, von Zeit zu Zeit durch rück− sichtslose Schläge dem Gegner wieder klarzumachen, daß er trotzdem nichts gewonnen hat, sondern daß der Krieg unentwegt weitergeführt wird. Ebenso ist es wichtig, diese psychologischen Momente dadurch noch zu verstärken, daß man keinen Augenblick vorübergehen läßt, um [ohne ?] dem Gegner klarzumachen, daß, ganz gleich, was er auch tut, er nie auf eine Kapitulation rechnen kann, niemals, niemals. . . Wenn ihm das durch die Haltung eines Volkes, einer Wehr− macht und zusätzlich noch durch schwere Rückschläge, die er bekommt, klargemacht wird, dann wird er am Ende eines Tages einen Zusammenbruch seiner Nervenkraft erleben.“ Der am 16. Dezember 1944 begonnene Vormarsch kam jedoch schon vier Tage darauf zum Stehen. Nachdem der Diktator alle Mahnungen – nicht zuletzt auch die des von den Nationalsozialisten inzwischen am 14. Oktober 1944 zum Selbstmord gezwungenen Generalfeldmarschalls Erwin Rommel –, den ver− lorenen Krieg zu beenden, verworfen hatte, klammerte er sich an die immer illusionärer werdende Aussicht, als Spinne im Netz“ der Mächte für den Fall eines Auseinanderbrechens der alliierten Koalition die Initiative doch wieder zu gewinnen. Allein, der Vormarsch der Alliierten ging an allen Fronten, wenn auch schleppend und von Stockungen begleitet, etappenweise voran. Im Februar und

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März 1945 eroberten sie die linksrheinischen Gebiete Deutschlands. Nachdem amerikanische Truppen am 7. März bei Remagen und britische Einheiten am 24. März bei Wesel den Rhein überschritten hatten, rückten die Amerikaner (zusammen mit der 1. französischen Armee) nach Süddeutschland vor. Sie be− setzten auch Vorarlberg, Tirol bis zum Brenner, das Salzkammergut, Ober− österreich und den Westen Böhmens bis zur Linie Karlsbad−Budweis−Linz. Im Norden erreichten die Engländer am 19. April 1945 die Elbe bei Lauenburg, während amerikanische Verbände ins Zentrum des Reiches vorstießen und am 25. April 1945 mit den Sowjets bei Torgau zusammentrafen. Für Hitler, der jeden Bezug zur Wirklichkeit vollends verloren hatte, stellte sich die symbolische Vereinigung der triumphierenden Sieger in der Mitte des zerfallenden Reiches so dar, als lasse er die Sowjets und Angelsachsen gezielt aufeinanderprallen“ [999: A. Hillgruber, Der Zweite Weltkrieg, 146]. Wer von den beiden zuerst an mich gelangt“, hatte er einige Tage zuvor über den erwarteten Bruch der Allianz zwischen den Russen und den Angelsachsen“ phantasiert, mit dem werde ich mich gegen die anderen verbünden.“ Aus politischen und militärischen Gründen hatte der amerikanische Oberbefehlshaber General Eisenhower weiter− zumarschieren abgelehnt, da er sich mit der Masse seiner Streitkräfte der Er− oberung des deutschen Alpen−Reduit“, einem von den Alliierten ernst− genommenen Propagandaprodukt der Nationalsozialisten, zuwenden wollte. Der Osten des Reiches wurde im Zeitraum vom Januar bis zum Mai 1945 von der sowjetischen Armee erobert, vor der Millionen von Deutschen unter un− sagbaren Leiden nach Westen zu fliehen versuchten. Ja, von den deutschen Territorien einmal ganz abgesehen, ergoß sich aus dem Raum zwischen Ostsee und Karpaten eine riesige Menschenlawine“ [210: J. Fest, Hitler, 987 (1995)] flüchtend nach Westen; aus Angst vor Mord, Vergewaltigung und Deportation schwoll der große Treck zu einer neuen Völkerwanderung an; Millionen von Menschen aus den von der Roten Armee eroberten Ländern Ostmittel− und Südosteuropas sowie aus den Gebieten des deutschen Ostens suchten, zu Was− ser und zu Lande, dem gefürchteten Zugriff der Sowjets zu entkommen. Vor diesem Hintergrund schützten die Reste des deutschen Ostheeres in einem ganz elementaren Sinne die Menschen in [den] preußisch−deutschen Ostpro− vinzen“ [2020: A. Hillgruber, Zweierlei Untergang, 65] vor der furchtbaren Rache der heranrückenden Truppen der Sowjets und trugen, damit unauflöslich verbunden, doch gleichzeitig dazu bei, die Existenz des nationalsozialistischen Unrechtsregimes zu verlängern. In dieser Zeit wurde auch das mit schlesischen Flüchtlingen überfüllte Dresden am 13./14. Februar 1945 von alliierten Bombern grausam angegriffen und völlig zerstört. Die Zahl der Toten wurde nicht genau ermittelt. Manche Schätzungen gehen bis zu 245 000 Opfern, Berechnungen des Statistischen Bundesamtes nennen 60 000 Tote, während Götz Bergander in seiner 1977 veröffentlichten, sehr eingehenden Untersuchung über Dresden im Luftkrieg“ eine Größenord− nung“ von 35 000 Toten errechnet. Das Massaker von Dresden war der Höhe−

25. 4. 1945: Torgau

Alpen−Reduit“ Flucht der ost− deutschen Bevöl− kerung

Neue Völker− wanderung

Bombardierung Dresdens

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Hitlers Selbstmord. Kapitulation Berlins. Regierung Dönitz/ Schwerin von Krosigk

Deutsche Kapi− tulation

I. Darstellung

punkt jener zur Demoralisierung der deutschen Zivilbevölkerung unter− nommenen Bombenangriffe der Alliierten, die ihre Luftüberlegenheit de− monstrierten und damit der nationalsozialistischen Propaganda leichte und willkommene Handhabe boten, die so genannten Terrorangriffe“ der Englän− der und Amerikaner anzuprangern und an den Durchhaltewillen der Deutschen zu appellieren. Kurz nach dem Selbstmord Hitlers am 30. April 1945 kapitulierte am 2. Mai 1945 die Reichshauptstadt Berlin, und die nachfolgende Regierung Dönitz/ Schwerin von Krosigk bemühte sich vor allem darum, einer möglichst großen Zahl deutscher Soldaten den Übergang aus dem sowjetischen Bereich in den− jenigen der Westalliierten zu ermöglichen. Dabei war nicht zuletzt der gegen Ende des Krieges von Hitler ebenso wie von der Mehrzahl der führenden Reprä− sentanten und Schichten in Deutschland vertretene Gedanke, sich mit den West− mächten gegen die Sowjetunion zu verbünden, für die Regierung des Großad− mirals Dönitz maßgeblich. Sie bezeichnete es nach wie vor als europäische Mission des Reiches, die UdSSR aus Mitteleuropa fernzuhalten. Es ist klar“, entwarf Dönitz in seiner Abschiedsbotschaft an die Wehrmacht ein außenpolitisches Programm, das über die Kapitulation hinaus vom Streit der Sieger zu profitieren beabsichtigte, daß wir mit den Westmächten zusammengehen und mit ihnen in den besetzten Westgebieten zusammenarbeiten müssen, denn nur durch Zu− sammenarbeit mit ihnen können wir hoffen, später unser Land von den Russen wiederzuerlangen“. Aufgrund dieser entschiedenen Position von Dönitz und Schwerin von Krosigk gegenüber der Sowjetunion bezog Stalin verschärft Stel− lung gegen die neue Regierung, die sich geweigert hatte, ihren Sitz nach Berlin zu verlegen, sondern aus offensichtlichen Gründen im britischen Machtbereich blieb. Am 7. Mai 1945 unterzeichnete Generaloberst Jodl die Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht im Hauptquartier General Eisenhowers in Reims in An− wesenheit eines sowjetischen Vertreters. Sie trat am 9. Mai 1945 um 00.01 Uhr in Kraft. Wiederholt wurde der Akt am 9. Mai durch Generalfeldmarschall Keitel, Generaloberst Stumpff und Generaladmiral von Friedeburg im sowjetischen Hauptquartier in Berlin−Karlshorst um eine Minute nach Mitternacht. In Eu− ropa war der von Hitler entfesselte Krieg beendet. In seiner Rundfunkansprache vom 8. Mai 1945 umschrieb Großadmiral Dönitz die Lage des besetzten Deut− schen Reiches, die im Hinblick auf das Ausmaß der bedingungslosen Kapi− tulation“ in der neueren Geschichte einzigartig ist, mit folgenden Worten: Mit der Besetzung Deutschlands liegt die Macht bei den Besatzungsmächten“.

2. Nationalsozialistischer Terror und deutscher Widerstand Propaganda und Terror

Vor dem Hintergrund der militärischen Niederlagen nahmen während des Zeitraums von 1943 bis 1945 der nationalsozialistische Terror gegenüber der Bevölkerung und die Ideologisierung aller Bereiche des öffentlichen und pri−

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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vaten Lebens beständig zu. Um für den Endsieg“ alle Kräfte zur höchst− möglichen Entfaltung zu bringen“ hatte schon eine Verordnung vom 27. Januar 1943 den Arbeitseinsatz aller Männer vom vollendeten 16. bis zum vollendeten 65. Lebensjahr und aller Frauen vom 17. bis zum 45. Lebensjahr verfügt. Das gehörte zum Kriegsalltag, der durch Bombenalarm und Entbehrungen, durch Familientrennung, Kinderlandverschickung“ und Evakuierung, durch Flucht und Vertreibung gekennzeichnet war. Die Last des alltäglichen Überle− benskampfes an der so genannten Heimatfront“ trugen vor allem die Frauen: zwischen durchwachten Nächten im Luftschutzkeller und ständiger Sorge um ihre als Soldaten im Felde stehenden Ehemänner und Söhne, zwischen langen Warteschlagen vor den Geschäften, um die rationierten Lebensmittel zu ergattern, und möglichen Dienstverpflichtungen, deren Arbeitsplätze angesichts der Bom− bardierung von Verkehrsmitteln oft schwer erreichbar waren. Angesichts dieser Belastungen, die sich in der zweiten Kriegshälfte häuften, überzeugte die ohnehin fragwürdige Parole von der Volksgemeinschaft“ immer weniger, obwohl eine aus der ebenso allgemeinen wie alltäglichen Notlage re− sultierende Solidarität und Hilfsbereitschaft ausgeprägter waren als in normalen Zeiten. Allein, die unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den Großstädten und auf dem Land sorgten, teilweise noch stärker als die gleichfalls fortexistierenden Klassenschranken, die auch durch das gemeinsame Erlebnis der Bedrohung im Luftschutzkeller nicht eingeebnet wurden, für Unmut und Zerwürfnisse. Es war eben doch ein erheblicher Unterschied“, urteilt der Historiker Bernd Jürgen Wendt [195: Deutschland 1933–1945, 648], obwohl manche Gegenden Deutschlands, wie Bayern beispielsweise, gleichsam zum Luftschutzkeller des Reiches“ [625: K. Klee] für die bombengeplagten Großstädter wurden, über diesen nicht selten für Leben und Tod maßgeblichen Gegensatz zwischen Stadt und Land, ob die Familie des Industriearbeiters in den Ballungsräumen von den kargen Lebensmittelrationen satt werden mußte und Nacht für Nacht von den Sirenen in den Keller getrieben wurde oder ob eine Familie auf dem Lande entweder als ,Selbstversorger‘ vom eigenen Hof oder doch von einer ländlichen Nebenerwerbsstelle oder einem Garten leben konnte und die nächtlichen Bom− berpulks mit ihrer zerstörerischen Last nur Richtung Großstadt über sich hin− wegfliegen und sich ihren Weg durch die Leuchtspur von ,Tannenbäumen‘ markieren sah.“ Dagegen vermochte Joseph Goebbels, der ideologische Vorkämpfer eines nationalen Sozialismus, gerade dem Schrecken der alliierten Bombardierungen die von ihm erwünschten sozialrevolutionären Wirkungen abzugewinnen. Un− vorhergesehen schienen die alliierten Luftangriffe dem gesellschaftspolitischen Umsturzwillen des Nationalsozialismus Schubkraft zu verleihen, versprachen ihn geradezu wiederzubeleben. Weil der Bombenterror. . . weder die Wohn− stätten der Reichen noch die der Armen“ verschone, so lautete die perverse Philosophie des Reichspropagandaministers, müßten jetzt vor den Ar− beitsämtern des totalen Krieges. . . die letzten Klassenschranken fallen.“ Die um

Verordnung über den Arbeitseinsatz

Kriegsalltag

Stadt−Land− Gegensatz

Bombenterror und Klassenschranken: Destruktion als Ideologie

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Goebbels und der totale Krieg“

Aktion Gewitter“

I. Darstellung

sich greifende Zerstörung Deutschlands ging, wie Goebbels mit Genugtuung feststellte, in eine Abrechnung mit der verhaßten Bürgerwelt über: Unter den Trümmern unsrer verwüsteten Städte sind die letzten sogenannten Errun− genschaften des bürgerlichen neunzehnten Jahrhunderts endgültig begraben worden. . . Zusammen mit den Kulturdenkmälern fallen auch die letzten Hin− dernisse zur Erfüllung unserer revolutionären Aufgabe. Nun, da alles in Trüm− mern liegt, sind wir gezwungen, Europa wiederaufzubauen. In der Vergangenheit zwang uns Privatbesitz bürgerliche Zurückhaltung auf. Jetzt haben die Bomben, statt alle Europäer zu töten, nur die Gefängnismauern geschleift, die sie ein− gekerkert hatten. . . Dem Feind, der Europas Zukunft zu vernichten strebte, ist nur die Vernichtung der Vergangenheit gelungen, und damit ist es mit allem Alten und Verbrauchten vorbei“. Und in seiner Propaganda nahm Goebbels jetzt die Casablanca−Forderung Roosevelts und Churchills nach bedingungsloser Kapitulation“ auf, um ihr auf demagogische Art und Weise die Forderung nach dem totalen Krieg“ ent− gegenzusetzen. Bereits in seiner Rede am 30. Januar 1943, dem zehnten Jah− restag der nationalsozialistischen Machtergreifung“, hatte er, im Zeichen des Untergangs der 6. Armee in Stalingrad, jeden Gedanken an Kapitulation zu− rückgewiesen und den Fanatismus der Bevölkerung aufzustacheln versucht. In der berühmt−berüchtigten Berliner Sportpalast−Versammlung vom 18. Februar 1943 war er darum bemüht, dem Eindruck der Niederge− schlagenheit, der sich im deutschen Volk nach der Katastrophe in Stalingrad ausbreitete, entgegenzuwirken, indem er in propagandistische und rhetorische Steigerungen flüchtete, die in der Frage kulminierten: Wollt Ihr den totalen Krieg? Wollt Ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?“ Seine Fragen wurden mit frenetischem Jubel bejaht, und Goebbels benutzte die Versammlung als Quasi−Repräsentanz der Nation, indem er folgerte und fortfuhr: Ich habe euch gefragt, ihr habt mir eure Antwort gegeben. Ihr seid ein Stück Volk, durch euren Mund hat sich damit die Stellungnahme des deutschen Volkes manifestiert“. Wenn es Goebbels auch in erster Linie darum ging, den Schock der Kapitulation von Stalingrad propagandistisch zu überwinden, so mußten die Alliierten durch den Beifall der Sportpalast−Versammlung in der Richtigkeit ihres Verlangens nach bedin− gungsloser Kapitulation“ noch einmal bestärkt werden. In diesem Sinne wirkte aber nicht nur das Kampfinstrument der Propaganda in einem nicht zu unterschätzenden Maße kriegsverlängernd, sondern zumindest ebenso stark auch das Machtmittel des Terrors. Er richtete sich beispielsweise im Rahmen der Aktion Gewitter“ Mitte August 1944 gegen rund 5 000 ehemalige Minister, Bürgermeister, Parlamentarier, Parteifunktionäre und politische Beamte der Weimarer Republik, unter denen sich auch Konrad Adenauer und Kurt Schumacher befanden, die verhaftet und festgesetzt wurden. Offensichtlich ging es der nationalsozialistischen Führung im Zeichen der heraufziehenden Nie− derlage darum, die für einen Regierungswechsel möglicherweise zur Verfügung

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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stehende politische Reserve Deutschlands“ [215: S. Haffner, Anmerkungen zu Hitler, 172 (TB 1999)] auszuschalten, um bis fünf Minuten nach zwölf“ wei− terkämpfen zu können. Die inzwischen umfassende Kontrolle der SS über das Deutsche Reich schlug sich nunmehr auch in formaler Hinsicht darin nieder, daß ihr Reichsführer Himmler am 24. August 1943 gleichzeitig Reichsinnenminister wurde. Ange− sichts der militärischen Rückschläge galt jetzt bereits der vorsichtig geäußerte Zweifel am Endsieg“ als ein todeswürdiges Verbrechen, und im Berliner Witz fand diese bedrückende Stimmung nach einer Tagebucheintragung Ulrich von Hassells vom 13. März 1944 ihre makabre Ausprägung: Ick will lieber an den Sieg jlooben, als ohne Kopp rumloofen!“ Auch die allerletzten Reservate, beispielsweise in der Wehrmacht, wurden, wie die Einführung des NS−Führungsoffiziers“ am 22. Dezember 1943 zeigen mag, mehr und mehr beseitigt. Dadurch, daß die Gauleiter das Amt von Reichs− verteidigungskommissaren übernahmen (siehe S. 89), sollte der Vorrang der Par− tei gegenüber der Wehrmacht noch stärker zum Ausdruck kommen. Eine weitere Steigerung fand diese Entwicklung zur totalen Kriegführung, als im Oktober 1944 alle waffenfähigen deutschen Männer zwischen 16 und 60 Jahren zum Deutschen Volkssturm“ und am 12. Februar 1945 die deutschen Frauen und Mädchen“ zum Hilfsdienst für den Volkssturm aufgerufen wurden. Endlich wurde am 2. April 1945 noch die Bildung des Werwolfs“ proklamiert, der als Untergrundarmee in einem militärisch besiegten Deutschland bis zum Endsieg“ weiterkämpfen sollte. Dieser Plan wurde allerdings niemals verwirklicht und ebenso wie die Schimäre einer angeblich im Süden des Reiches ausgebauten Alpenfestung lediglich von den alliierten Gegnern (siehe S. 113) ernst genommen. Schließlich sahen Hitlers letzte Weisungen vom März 1945, insbesondere sein BefehlVerbrannte Erde“ (so genannter Nero−Befehl“), der am 19. März 1945 den militärischen und zivilen Stellen übermittelt wurde, vor, die für die Zukunft des deutschen Volkes lebensnotwendigen Grundlagen vor dem Rückzug der deutschen Truppen zu vernichten: Alle militärischen, Verkehrs−, Nachrichten−, Industrie− und Versorgungsanlagen sowie Sachwerte innerhalb des Reichs− gebietes, die sich der Feind für die Fortsetzung seines Kampfes irgendwie sofort oder in absehbarer Zeit nutzbar machen kann, sind zu zerstören“. Allein, sie wurden von der Wehrmacht im Einverständnis und Zusammenwirken mit verantwortungsbewußten Repräsentanten des Staates, der Partei und der Wirt− schaft nicht mehr ausgeführt. Wir haben kein Recht dazu“, hatte Speer in einer Denkschrift vom 15. März 1945, die den Zusammenbruch der deutschen Wirt− schaft binnen ein bis zwei Monaten prognostizierte, den Diktator beschworen, in diesem Stadium des Krieges von uns aus Zerstörungen vorzunehmen, die das Leben des Volkes treffen könnten“. Als die Gewißheit der Niederlage die Erwartung des Sieges verdrängt hatte, wurde vor allem in den Vorständen der Großunternehmen“ damit begonnen, sich mit den Nachkriegsproblemen zu befassen“. Deutlich wurde in diesem

Himmler Reichsinnenminister

Deutscher Volkssturm“

Werwolf“

Hitlers Nero− Befehl“

Vorsorge für die Nachkriegszeit

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Götterdämme− rung“ und Über− leben

I. Darstellung

Zusammenhang, so urteilt der Historiker Ludolf Herbst, daß man ohne Kooperation mit den Behörden Nachkriegsvorsorge nur unzureichend treffen kann. So fühlt Rohland bei Speer vor, wendet sich Stahl an das RWM [Reichs− wirtschaftsministerium] und an Ohlendorf. Die Reichsgruppe Industrie und andere Selbstverwaltungsorgane, deren führende Repräsentanten wie Zangen oder Stahl zugleich Konzernchefs sind, spielen die vermittelnde Rolle. Die zu− erst tastende Fühlungnahme stößt auf Behörden, die einerseits den totalen Krieg propagieren, aber andererseits meinen, der kommende Friede könne ohne sie nicht gestaltet werden. Die Kooperation gleitet allmählich, je aussichtsloser der Krieg wird, desto mehr, in eine stillschweigende Sabotage der sinnlosen Kriegs− anstrengungen über. Versteckt seit November 1944 und offen seit Januar/Fe− bruar 1945 durchkreuzen nennenswerte Teile der Industrie in enger Zusam− menarbeit mit Reichsministern wie Speer, Funk, Backe, Dorpmüller, Schwerin von Krosigk und mit der Mehrzahl der Gauleiter die Zerstörungswut Hitlers und der ihn umgebenden Führungsclique“ [1682: L. Herbst, Der Totale Krieg, 404]. Vor diesem historischen Hintergrund beschrieb Hitlers Götterdämme− rungspathetik“ für moderne“ Repräsentanten des Nationalsozialismus vom Schlage eines Speer oder Dönitz, die den Vernichtungsvorsatz“ und Unter− gangswillen“ [J. Fest] des Diktators ablehnten, nicht mehr uneingeschränkt die sich in gewisser Hinsicht augenscheinlich wandelnde Räson des Natio− nalsozialismus“, wie die ,jungen‘ Leute der ,Bewegung‘ ihn verstanden. Zwar dachten auch Speer und Dönitz in rassistischen Vorstellungen, sie gingen aber nicht so weit wie die Vertreter der ,alten Garde‘ in der Partei. Dönitz wußte, daß das deutsche Volk auch nach der Niederlage weiterexistieren würde, und wenn Speer schon im Spätherbst 1944 unauffällig, aber wirksam auf dem wirt− schaftlichen Sektor die Weichen für die Nachkriegszeit zu stellen begann, so sorgte Dönitz dafür, daß es nicht zu der von Hitler gewünschten demogra− phischen Katastrophe, eben nicht zu einem Holocaust an den Deutschen kam“ [1606: M. Salewski, Das maritime Dritte Reich, 128]. Der Diktator erreichte mithin keine der ihn programmatisch leitenden Alternativen ganz: Er führte Deutschland weder zur Weltmacht noch in den Untergang, doch verfehlte er beide Ziele in den Jahren 1940/41 bzw. 1944/45 nur knapp. Denn im Banne der sich abzeichnenden militärischen Niederlage stiegen er und sein Regime insbesondere in der Reaktion auf das mißlungene Attentat vom 20. Juli 1944, was die Intensität der innenpolitischen Herrschaft angeht, zu einer bis dahin niemals zuvor so ohne Maß und Grenze praktizierten Macht auf. Grausam dokumentierte sie sich in teilweise atavistischen Formen wie bei− spielsweise in der am 1. August 1944 verfügten und gegen die Familien der Männer des 20. Juli verhängten Sippenhaft. Gerade die Maßlosigkeit des na− tionalsozialistischen Terrors gegenüber den Mitgliedern des deutschen Wider− standes und ihren Angehörigen verweist auf die Bedeutung der Tat des 20. Juli 1944. Denn sie zog sowohl die Behauptungen des nationalsozialistischen Regimes als auch die der alliierten Propaganda, Hitler mit dem deutschen Volk zu

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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identifizieren, grundlegend und für die Zukunft Deutschlands wegweisend in Zweifel. Es gab im Dritten Reich“ keine einheitlich auftretende und handelnde deutsche Widerstandsbewegung. Nicht zuletzt deshalb bereitet es erhebliche methodische und sachliche Schwierigkeiten abzugrenzen, was Widerstand damals war, wo er anfing und in welchen Formen er sich vollzog. Nicht jeder, der den Organisationen der nationalsozialistischen Partei fernblieb, zählte zum Widerstand, und mancher, der in diesen Organisationen wirkte, fand allmählich zu ihm bzw. näherte sich der Partei überhaupt nur oder in erster Linie in der Absicht, im oppositionellen Sinn wirken zu können. Die Übergänge zwischen privatem Nonkonformismus, oppositioneller Gesinnung, aktivem Widerstand und direkter Verschwörung zum Sturz Hitlers“ [153: K. D. Erdmann, Der Zweite Weltkrieg, 141 (TB)] erscheinen gleitend. Das gilt beispielsweise für die Haltung der beiden großen Kirchen, deren Positionen zum Regime durch viel Anpassung, zunehmende Distanz und mutigen Widerstand gekennzeichnet waren. Den entschiedensten, freilich ganz spezifischen, nämlich nicht politischen Widerstand leisteten in diesem Zusammenhang jeweils diejenigen, die sich aus religiöser und weltanschaulicher Überzeugung dem totalitären Geltungsanspruch des Nationalsozialismus grundsätzlich verweigerten und dafür Verfolgung und Martyrium in Kauf nahmen – die Zeugen Jehovas sind dafür das charakteristische Beispiel. Inwieweit sich die Abwendung von der Diktatur und die Auflehnung gegen ihre Normen bei unterschiedlichen Gruppierungen nonkonformistischer Jugendlicher wie Edelweißpiraten“, Swings“ oder Junge Garde“ tatsächlich zum Widerstand entwickelt hat, bleibt dagegen der Beurteilung des Einzelfalls überlassen. Daß ziviler Ungehorsam auch in der Diktatur des Dritten Reiches“ Erfolg zu haben vermochte, demonstriert Der Aufstand der Berliner Frauen in der Ro− senstraße“ [1965: N. Stoltzfus], die als nichtjüdische Ehepartner ihre zur De− portation bereits eingesperrten jüdischen Männer im Kriegsjahr 1943 mitten in der Reichshauptstadt Berlin durch ihren mutigen Protest gerettet haben. Allein, diesen besonderen Fall zu verallgemeinern und ihn als die Norm für ein mögliches Verhalten im Widerstand gegen die braunen Machthaber zu begreifen, übersieht und mißversteht das Spezifische einer totalitären Diktatur, das in ihrer Unbe− rechenbarkeit liegt. Daher beschreibt Kollaboration eher die Regel des Verhaltens als Widerstand; verführen die verlockenden Gelegenheiten des Regimes zum Mitmachen; gilt alles in allem das, was ist, als das Richtige, das Zeitgemäße, ja als das Überlegene. Gewiß, von vorneherein zu aktivem Widerstand entschlossen waren die ih− rerseits vom totalen Herrschaftsanspruch der eigenen Ideologie geleiteten Kom− munisten, der totalitäre Zwilling des Nationalsozialismus. Wenn sie auch von der Machtergreifung“ Hitlers überrascht wurden und auf einen offen geführten Massenwiderstand ebenso wenig vorbereitet waren wie auf konspirative Tätig− keit im Untergrund, so gingen sie doch unmittelbar daran, vor allen Dingen gegen

Existenz und For− men des Wider− standes

Kirchen und Widerstand

Zeugen Jehovas

Jugendwiderstand

Die Frauen der Rosenstraße

Rechtsstaat und Un− rechtsstaat: Bere− chenbarkeit und Willkür

Kommunistischer Widerstand

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Rote Kapelle“

Nationalkomitee Freies Deutschland“

I. Darstellung

das Regime gerichtete agitatorische Aktivität zu entwickeln und konspirative Zellen und Gruppen aufzubauen. Gelenkt wurde ihre Arbeit weitgehend aus dem Ausland, und abhängig war die Führung der deutschen Kommunisten von den Weisungen des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Schwächend auf die Arbeit in Deutschland wirkten sich darüber hinaus die stalinistischen Säuberungen während der dreißiger Jahre aus. Ihnen sind, so wird geschätzt, mehr führende deutsche Kommunisten zum Opfer gefallen als dem nationalsozialistischen Terror. Ein entscheidender Rückschlag für die kommunistische Widerstandsarbeit trat durch den Abschluß des Hitler−Stalin−Paktes“ vom 23. August 1939 ein, der die Tätigkeit der Kommunisten vielfach lähmte. Erst mit dem Überfall des Deutschen Reiches auf die UdSSR gewannen machtpolitisches Interesse und ideologische Frontstellung der Sowjetunion und der deutschen Kommunisten erneut Über− einstimmung. Die in Deutschland gegen das nationalsozialistische Regime kämpfenden Kommunisten, die teilweise auch während der Zeit zwischen dem 23. August 1939 und dem 22. Juni 1941 Widerstand geleistet hatten, wurden nach Beginn des Rußlandfeldzuges mehr und mehr von ihren Kommandozentralen im Ausland abgeschnitten. Ihre mit ungefähr 20 000 Menschenopfern bezahlte Wi− derstandstätigkeit ließ sie gegenüber der Moskauer Zentrale des Weltkom− munismus zeitweise eine gewisse Selbständigkeit erlangen, die freilich nach Kriegsende von der aus der Sowjetunion zurückkehrenden deutschen Par− teileitung rasch wieder eingeebnet wurde. Mit den Kommunisten in Verbindung stand eine Widerstand leistende und Spionage treibende Gruppe um den Oberregierungsrat im Reichs− wirtschaftsministerium, Arvid von Harnack, und den Oberleutnant im Luft− fahrtministerium, Harro Schulze−Boysen, die sich mit sozialistischen Gedan− kenexperimenten für die Gestaltung der Zukunft beschäftigte. Teilweise hatten ihre Mitglieder Nachrichtenkontakt zur Sowjetunion, spekulierten auf ein künftiges Zusammengehen des Deutschen Reiches mit der UdSSR, verstanden sich aber, zumeist Künstler und Intellektuelle, keineswegs als orthodoxe Kom− munisten Moskauer Provenienz. Nach ihrer Aufdeckung im August 1942 wurde ihnen der Prozeß gemacht, dessen Verlauf sie als Rote Kapelle“ bekannt werden ließ. Dieser Prozeß endete für viele ihrer Mitglieder mit dem Todes− urteil. Zu den umstrittensten Manifestationen des Widerstands“ [1891: H. Meh− ringer, Widerstand und Emigration, 253] gehört neben der Roten Kapelle“ das Nationalkomitee ,Freies Deutschland‘“, das im Juli 1943 auf unmittelbare Initiative Stalins begründet wurde und sich damals aus 25 kriegsgefangenen deutschen Offizieren und Soldaten sowie 13 kommunistischen deutschen Emi− granten zusammensetzte, zu denen auch Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Wilhelm Florin gehörten. Ob die gegen das Dritte Reich“ gerichteten Akti− vitäten des NKFD zum deutschen Widerstand gegen Hitler gezählt werden können, ist umstritten; sicher ist dagegen, daß die Koalition auf Zeit“ zwischen

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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kriegsgefangenen Wehrmachtoffizieren und kommunistischen Emigranten sich schon vor Kriegsende als das erwies, was sie war: nur eines von vielen In− strumenten sowjetischer Deutschlandpolitik“ [ebd., 257]. Unter dem Eindruck der Enttarnung der Schulze−Boysen−Gruppe“ hat es zum ersten Mal seit den dreißiger Jahren wieder Bemühungen darum gegeben, zu einer Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und Sozialisten zu gelangen. Diese vorsichtige Annäherung in der zweiten Hälfte des Krieges markierte einen neuen Versuch, das seit den Jahren der Weimarer Republik stets schwierige und sich zwischen Ablehnung und Zusammenarbeit bewegende Verhältnis beider Parteien zueinander angesichts des übermächtigen nationalsozialistischen Fein− des neu zu ordnen. Ungeachtet ideologischer Gemeinsamkeiten waren bis dahin die Gegensätze zwischen denen, welche die Demokratie von Weimar verteidigt hatten, und denen, welche diese durch die Diktatur des Proletariats“ zu ersetzen versucht hatten, unüberbrückbar geblieben. Wenn auch die innerhalb Deutschlands arbeitende sozialistische Gruppe Neu Beginnen“, anders als die sozialdemokratische Parteileitung, mit den Kommu− nisten stets Kooperation suchte und wenn nunmehr in der zweiten Hälfte des Krieges aus dem Kreisauer Kreis heraus die Sozialdemokraten Julius Leber und Adolf Reichwein Kontakte zu Kommunisten knüpften, so ist für die Haltung der SPD insgesamt eher kennzeichnend, daß sie nicht wie die KPD konspirierte, agitierte oder die Gemeinsamkeit des Kampfes gegen das Dritte Reich“ mit den Kommunisten in den Vordergrund ihrer Tätigkeit stellte. Vielmehr pflegte sie einerseits den personellen Zusammenhalt ihrer Mitglieder, an den sie 1945 erfolgreich anknüpfen konnte. Zum anderen wirkte sie in Widerstandskreisen wie dem Kreisauer Kreis mit bürgerlichen und aristokratischen Gegnern des Regimes zusammen, um Hitler zu stürzen. Damit legte sie im innenpolitischen Bereich entscheidende Grundlagen für eine Zusammenarbeit der Parteien nach dem Ende des Dritten Reiches“ und bereitete sich nicht zuletzt durch die Erarbeitung von Grundsätzen, beispielsweise für eine Demokratische Außenpolitik für Deutschland“ [1804: R. Behring], auf die Zukunft nach Hitler vor. Neben dem geraume Zeit übersehenen liberalen Widerstand gegen Hitler“ [1948: J. Scholtyseck] gelten die Mitglieder der Goerdeler−Beck−von Hassell− Gruppe auf der einen und die Vertreter des Kreisauer Kreises um Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg, die sich auf dem schlesischen Gut Kreisau des Grafen Moltke zusammenfanden, auf der anderen Seite als führende Repräsentanten des deutschen Widerstandes. Seit der Jah− reswende 1941/42 rückten beide Gruppierungen, die eher konservativ orientierte der Honoratioren“ um Goerdeler und die weltanschaulich eher in christlich−sozialistischem Sinne ausgerichtete der Kreisauer näher zusammen. Es ist schwierig, ihre jeweiligen gemeinsamen oder unterschiedlichen Zielvor− stellungen für die Zukunft zu beschreiben. Denn keiner ihrer Entwürfe war definitiv, und nichts war letztlich verbindlich, was führende Vertreter des deutschen Widerstandes in ganz unterschiedlichen Situationen formulierten.

KPD und SPD

SPD und Widerstand

Liberaler Wi− derstand“

Goerdeler−Beck−von Hassell−Gruppe und Kreisauer Kreis

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Ideen der Kreisauer

Ideen der Kon− servativen

I. Darstellung

Zu konstatieren ist jedoch, daß die Kreisauer lange Zeit vor einer Gewalt− anwendung gegen den Tyrannen zurückschreckten, während Goerdeler von Anfang an die Beseitigung Hitlers als Voraussetzung für eine Neuorientierung ansah. Seiner Auffassung schlossen sich die Kreisauer später an. Diese Ent− scheidung hielt jedoch beispielsweise ihren führenden Kopf, den Grafen Moltke, nicht davon ab, auch weiterhin die völlige Niederlage des Deutschen Reiches als Bedingung für einen Neuanfang Europas anzusehen. Darüber hinaus wird erkennbar, daß maßgebliche Repräsentanten der Kreisauer in ihren in− nenpolitischen Vorstellungen einen von unten nach oben konstruierten Staatsaufbau bevorzugten und in wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Hin− sicht einem undogmatisch und christlich orientierten Sozialismus anhingen. Ihre Idee eines über allen Klassengegensätzen stehenden neuen Menschenbildes be− stimmte auch ihre außenpolitischen Vorstellungen von einem vereinigten, sich aus kleinen, gleichberechtigten Selbstverwaltungskörperschaften zusammen− setzenden Europa. Diese Friedensmacht sollte sich endlich von den Regeln des Jahrhunderte lang hin− und hergehenden Wettstreites um Hegemonie und Gleichgewicht befreien. In diesem Rahmen würde das Deutsche Reich den von ihm angegriffenen und unterjochten Völkern bußfertig entgegenkommen. Wie weit diese moralische Sicht der Welt mit ihren Realitäten vereinbar war, ist immer wieder und nicht zuletzt gerade von Goerdeler, der sich – für Vertreter des konservativen Deutschland nicht untypisch – vom Systemträger zum Sy− stemgegner“ [1921: I. Reich, Goerdeler, 275] entwickelte sowie von dem Di− plomaten Ulrich von Hassell und von dem preußischen Finanzminister Johan− nes Popitz, die zum Kreis des konservativen Widerstandes gehörten, als Frage aufgeworfen worden. Ihnen schwebte ein eher in der Tradition des Bis− marckreiches stehender starker, ja autoritärer Staat vor, der jedoch als Rechts− staat berechenbaren Schutz gewähren und soziale Verpflichtungen anerkennen sollte, der angesichts der Herkunft und Erziehung der Mitglieder dieses Kreises allerdings nicht die parlamentarische Demokratie als Ziel ihrer Wünsche an− visierte. In dem für ihr Bewußtsein entscheidenden außenpolitischen Bereich sahen die Konservativen das Reich wie selbstverständlich als Ordnungsmacht, ja als na− türliche Vormacht Europas. Angesichts des überschätzten englisch−sowjetischen Weltgegensatzes hofften sie darauf, Großbritannien werde es als in seinem In− teresse liegend betrachten, Deutschland die Führung Kontinentaleuropas zu überlassen, um sich auf diese Art und Weise gegen die aus dem Osten drohende sowjetische Gefahr schützen zu können. Dabei erkannten die Vertreter des konservativen Widerstandes nicht, daß es gerade ihre außenpolitischen Hege− monialziele und die sich allzu leicht ins Grenzenlose verlierende Idee vom Reich waren, durch die sie aus britischem Blickwinkel in die Nähe des objektiv weit von ihnen entfernten Hitler rückten und durch die sie den Engländern und Amerikanern damals gefährlicher als die stalinistische Sowjetunion erschienen. Das Gemeinsame zwischen Tyrannis und Widerstand zog sich in dem unab−

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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gegrenzten Anspruch des Imperiums zusammen: Seine Existenz stand zwischen Deutschland und Europa, weil der Reichsbegriff aus beiden eins zu machen drohte. Wie man rückblickend auch immer über Chancen und Scheitern der Pläne beider Widerstandsgruppen urteilen mag, ihre Legitimation bezogen sie nicht aus ihren diversen Planungen für die Zukunft. Sie bestand vielmehr in ihrem Eintreten gegen Hitler und in ihrem Opfer, das sie brachten und das über alle Zweckmäßigkeitsüberlegungen hinaus letztlich ethisch begründet war. Auch in den Erörterungen der konservativen Offiziere trat die anfangs stark im Vor− dergrund stehende Erwägung militärischer oder politischer Opportunität am Ende gegenüber der moralischen Aufgabe zurück. Einer der führenden Reprä− sentanten des militärischen Widerstandes, Henning von Tresckow, 1. Gene− ralstabsoffizier der Heeresgruppe Mitte und zuletzt Chef des Stabes der 2. Ar− mee, hat diese Einsicht im Sommer 1944 von der Ostfront aus an Graf Stauf− fenbergs Adresse so formuliert: Das Attentat muß erfolgen cote que cote. Sollte es nicht gelingen, so muß trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte den ent− scheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig“. Es war in erster Linie der militärische Widerstand, der aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Machtmittel das Regime in entscheidendem Maße bedrohen konnte. Dies festzustellen bedeutet keineswegs, die Opposition und den Wi− derstand anderer Personen oder Gruppen geringschätzen zu wollen, wie bei− spielsweise die mutige Tat von Georg Elser, der als Einzelgänger Hitler durch Zündung einer Zeitbombe im Münchener Bürgerbräukeller am 8. November 1939 zu töten plante, oder die bis in den Tod konsequente Haltung des Österreichers Franz Jägerstätter, der aus christlichen Motiven zu den Kriegsdienst− und Ei− desverweigerern des Regimes zählte, oder die Aktionen der Weißen Rose“, einer studentischen Widerstandsgruppe um Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und den Philosophieprofessor Kurt Huber aus bildungsbürgerlicher und jugendbewegter Tradition, die vornehmlich mit Flugblättern gegen den Nationalsozialismus kämpften und die 1943 fast alle hingerichtet wurden. Bezeichnenderweise war es jedoch das Attentat des Obersten Claus Graf Schenk von Stauffenberg, Chef des Stabes des Befehlshabers des Ersatzheeres, am 20. Juli 1944, welches das Regime am empfindlichsten traf. Ihm ging eine vergleichsweise lange Vorgeschichte voraus, die bis ins Jahr 1938 zurückreicht. Sie demonstriert, daß es sich bei Stauffenbergs Attentat nicht in erster Linie um einen Verzweiflungsakt weniger Offiziere im Angesicht der sich abzeichnenden militärischen Niederlage handelte. Schon im Jahre 1938 hatten hohe Offiziere zusammen mit Diplomaten und Staatsbeamten versucht, sich gegen Hitler zu erheben und den Diktator abzu− setzen. Als Motiv trieb sie die Erkenntnis, daß Hitlers außenpolitischer Kriegskurs

Legitimation des Widerstandes

Georg Elser

Franz Jägerstätter

Weiße Rose“

Vorgeschichte des 20. Juli 1944

124

Dilemma des deutschen Wider− standes

I. Darstellung

die ganze Welt gegen Deutschland aufbringen müsse und daher in einer ver− nichtenden Niederlage des Deutschen Reiches enden werde. Entsprechende Sondierungen bei der englischen Regierung, von seiten Londons aus Hitler entschieden entgegenzutreten und somit der deutschen Widerstandsbewegung für den Fall eines außenpolitischen Rückschlages des Diktators eine reelle Hand− lungschance einzuräumen, mußten angesichts der Interessen und Möglichkeiten englischer Politik erfolglos bleiben. Dem konservativen britischen Premierminister Neville Chamberlain er− schienen gerade die Vertreter des mißtrauisch angesehenen alten Preußen, aus denen sich der damalige konservative Widerstand weitgehend rekrutierte, in keiner Weise vertrauenswürdiger als Hitler, den er als legitimen Regierungschef anerkannte. Als dann die britische Regierung in das Münchener Abkommen vom 29. September 1938 einwilligte, war der erste Versuch eines Staatsstreiches zu− nächst einmal unmöglich geworden, da Hitler, Sieger und Friedensbewahrer in einem, in Deutschland von einer Welle der Popularität getragen wurde. Neue Versuche der militärischen Verschwörer, im Sommer 1939 den drohenden Krieg zu verhindern, scheiterten ebenso wie die Bemühungen im Winter 1939/40, den bevorstehenden Angriff auf Frankreich zu verhindern. Dabei schlug die vor− gesehene Verhaftung Hitlers im Zuge eines geplanten Besuches des Führers“ in einem der Armeehauptquartiere fehl, weil der Diktator sein Erscheinen in letzter Minute absagte. Es war wiederum eine jener zahlreichen Gelegenheiten in den Jahren zwischen 1939 und 1944, bei denen Hitler sich wie durch ein Wunder den gegen ihn gerichteten Plänen der Verschwörer entzog. Nach dem siegreichen Westfeldzug war an ein Losschlagen überhaupt nicht mehr zu denken. Diese Feststellung gilt ungeachtet der Tatsache, daß führende Vertreter des konservativen Widerstandes wie Beck und Goerdeler sich auch durch den Triumph über Frankreich nicht blenden ließen und ihre Distanz zum Na− tionalsozialismus zu keiner Zeit aufgaben. Ein aktives Vorgehen gegen Führer“ und Regime konnte erst wieder erwogen werden, wenn Hitlers Ansehen durch mögliche militärische Rückschläge in der Zukunft erschüttert sein würde. In eben dieser Überlegung wird aber das furchtbare Dilemma des deutschen Widerstandes deutlich, das ihn grundsätzlich von den übrigen europäischen Rsistancebewegungen abhob. Um das Vaterland retten zu können, mußten ihm die Verschwörer als notwendige Voraussetzung schwere Niederlagen wünschen. In diesem Sinne waren alle ihre Kontakte mit den alliierten Regierungen über die Schweiz, den Vatikan oder mit dem Bischof von Chichester stets umgeben von dem Odium, im Krieg mit dem Feind hinter dem Rücken der eigenen Führung zu konspirieren. Und selbst diese umstrittenen Bemühungen und die damit vage verknüpften Hoffnungen wurden hinfällig, nachdem die Alliierten in Casa− blanca die Formel von der bedingungslosen Kapitulation“ auf ihre Fahnen geschrieben hatten und damit, bis zu einem gewissen Grade jedenfalls, die ein− mal geäußerte Ansicht bestätigten, wonach Kriegführende ihre Eigenschaften austauschen.

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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Erst nach der auch für die Bevölkerung deutlich spürbaren Wende des Krieges im Jahre 1943 setzte die Tätigkeit des Widerstandes erneut verstärkt ein. Doch alle Attentatspläne und −versuche kamen nicht zur Ausführung oder scheiterten an einer manchmal nur schwer erklärbaren, Hitler begünstigenden Verkettung von Umständen. Dieser Sachverhalt trifft im Grunde auch auf den letzten Versuch zu, als Graf Stauffenberg es auf sich nahm, sowohl den Diktator in dessen ost− preußischem Hauptquartier zu töten als auch den Ablauf des Staatsstreiches in Berlin zu leiten. Stauffenberg war, nachdem er aufgrund seiner schweren Verwundungen als Chef des Stabes zum Befehlshaber des Ersatzheeres abkommandiert worden war, der Generalstabschef des Widerstandes“ geworden und hatte aufgrund seiner Funktion Zutritt zu den Lagebesprechungen in Hitlers Führer− hauptquartier in Rastenburg. Als durch die Verhaftungen von Leber und Reichwein sowie durch die Fahndung nach Goerdeler im Juli 1944 der Ver− schwörerkreis entdeckt zu werden drohte, mußte möglichst rasch gehandelt werden. Am 20. Juli 1944 zündete Stauffenberg die in seiner Aktentasche deponierte Bombe während einer Lagebesprechung im Hauptquartier. Doch wiederum verhinderten zwei kaum vorhersehbare Umstände den Tod Hitlers: Einmal fand die Besprechung nicht im Bunker des Führerhauptquartiers statt, sondern wurde in eine leicht gebaute, für ein erfolgreiches Bombenattentat nicht allzu geeignete Unterkunft verlegt, und zum anderen wurde die Aktentasche, nachdem Stauf− fenberg den Raum verlassen hatte, so verstellt, daß Hitler vor einem größeren Schaden durch die Explosion bewahrt wurde. Hinzu kam, daß wegen eines Mißverständnisses bzw. eines Fehlers in der Nachrichtenübertragung zwischen Ostpreußen und Berlin der Staatsstreich in der Reichshauptstadt erst anlief, als Stauffenberg dort bereits wieder eintraf. Das Führerhauptquartier und der nur leicht verletzte Hitler regierten inzwischen schon wieder, und das unter dem Kommando von Major Otto−Ernst Remer stehende Berliner Wachbataillon, welches das Regierungsviertel abriegeln und besetzen wollte, wurde durch ein von Goebbels mit Hitler hergestelltes Tele− fongespräch auf den Diktator verpflichtet. Nachdem in der Reichshauptstadt immer klarer wurde, daß Hitler lebte, brach der Putsch im Verlauf des Nach− mittags bis zum Abend des 20. Juli 1944 zusammen. Auch in Paris, wo die entschlossen handelnden Verschwörer unter Führung des Militärbefehlshabers Frankreich, General Karl Heinrich von Stülpnagel, rasch die Polizei−, Gestapo−, SS− und SD−Quartiere besetzt hatten, kam die erfolgreich angelaufene Aktion schließlich zum Erliegen. Denn als der stets schwankende Oberbefehlshaber West, Feldmarschall Günther von Kluge, erfuhr, daß Hitler noch lebte, verlangte er die Rücknahme aller gegen Partei und SS gerichteten Schritte. Auch diese Anordnung konnte ihn allerdings nicht vor der Anklage der Mitverschwörerschaft retten, der er sich am 18. August 1944 durch Selbstmord entzog.

Stauffenberg und das Attentat vom 20. Juli 1944

Staatsstreichversuch in Berlin

Staatsstreichversuch in Paris

126

Motive

Verfolgung

Vermächtnis

I. Darstellung

Für den inneren Kreis des Widerstandes zählte jedoch die Tat als solche, und die Gewißheit, das Richtige getan zu haben, nahmen sie auch im Scheitern und in den Tod mit: Ich halte Hitler nicht nur für den Erzfeind Deutschlands“, gab von Tresckow dieser Empfindung Ausdruck, sondern auch für den Erzfeind der Welt. Wenn ich in wenigen Stunden vor den Richterstuhl Gottes treten werde, um Rechenschaft abzulegen über mein Tun und Unterlassen, so glaube ich mit gutem Gewissen das vertreten zu können, was ich im Kampf gegen Hitler getan habe. Wenn einst Gott Abraham verheißen hat, er werde Sodom nicht verderben, wenn auch nur zehn Gerechte darin seien, so hoffe ich, daß Gott auch Deutschland um unseretwillen nicht vernichten wird. Niemand von uns kann über seinen Tod Klage führen. Wer in unseren Kreis getreten ist, hat damit das Nessushemd angezogen. Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben“. Gegen die Verschwörer und ihre Familien begann jetzt ein furchtbares Morden, das die SS sowie das Reichssicherheitshauptamt unter SS−Gruppenführer Ernst Kaltenbrunner organisierten. Einen hohen Blutzoll zahlte der in der Ver− schwörung führende Adel, allen voran die preußischen Aristokraten. Zusammen mit der im Zuge der nationalsozialistischen Revolution bereits eingeleiteten Egalisierung und mit der sich anschließenden Zerschlagung ihres Besitzes im Osten des Deutschen Reiches durch Stalins Rote Armee und die nachfolgende kommunistische Herrschaft trug ihr Tod im Angesicht der sich abzeichnenden Katastrophe mit zu der deutschen Revolution“ bei, die der Nationalsozialismus – teilweise beabsichtigt und zu einem noch größeren Teil wohl ungewollt – her− beiführte und die für die Entstehung und Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich werden sollte. Entscheidend wurde in diesem Zusammenhang, daß sich im Verlauf des Krieges Teile der Aristokratie, die sich zusammen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen 1933 daran beteiligt hatten, Hitler zur Macht zu verhelfen, ehe sie erkannten, daß sie im totalitären nationalsozialistischen Staat ebenso rechtlos waren wie bei− spielsweise der von ihnen zuvor bekämpfte Vierte Stand, dazu bereit fanden, Seite an Seite mit Repräsentanten aller Schichten, auch mit Sozialisten und Kom− munisten, deren Abseitsstehen bzw. deren Aktionen zum Untergang der Wei− marer Republik gleichfalls beigetragen hatten, gegen Hitler aufzustehen. Ange− sichts gemeinsamer Erfahrungen konservativer, bürgerlicher und sozialistischer Verschwörer im Kampf gegen den Nationalsozialismus bot die 1945 anbrechende neue Zeit, am Maßstab der im Dritten Reich“ geächteten Menschenwürde gemessen und über längst fragwürdig gewordene gesellschaftliche Schranken hinausweisend, in der Tat, wie Ernst Nolte [336] einmal sinngemäß formuliert hat, die Chance, das Bürgertum gegen totalitäre Überanstrengungen zu immu− nisieren und dem kommunistischen Gegner die Möglichkeit eines Wandels na− hezulegen. In der Bundesrepublik Deutschland, die als Resultat des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges entstand und durch die Ergebnisse der deutschen Katastrophe“ und der deutschen Revolution“ gleichermaßen ge−

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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formt wurde, hat sich die eine Erwartung längst erfüllt, und auf die Verwirklichung der anderen besteht seit der großen Zeitenwende des Jahres 1989 in nationaler und internationaler Perspektive eine freilich alles andere als ungefährdete Hoffnung. Zusammenfassung Als Resultate und Schlußfolgerungen unserer Darstellung über die Geschichte des Dritten Reiches“ im Zeitraum von 1943 bis 1945 seien festgehalten: Für den zeitgenössischen Beobachter schien die Kriegslage im Sommer 1942 erneut offen zu sein, als die deutschen Armeen in einem vorläufig siegreichen Wettlauf gegen die Zeit bis in den Kaukasus und nach Ägypten vorstießen. Die im Grunde schon im Dezember 1941 vor Moskau eingetretene Kriegswende konnte den Miterlebenden nicht so bewußt werden, wie wir sie heute rückblickend zu erkennen vermögen. Doch seit der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad zu Anfang des Jahres 1943 ging das Gespenst eines Kriegsverlusts“ [2049: M. Salewski, Der erste Weltkrieg, 184] um. Jetzt wurde auch der Bevölkerung allmählich klar, daß Hitler nicht mehr länger der Stärkere war, der die Schwä− cheren und Unvorbereiteten beinahe nach Belieben zu Boden warf“. Unun− terbrochene Niederlagen stellten in dieser sich lang hinziehenden Endphase des Krieges vielmehr eine Symmetrie zu den Jahren zwischen 1939 und 1941 her, die nicht mehr, wie Ernst Nolte [335: Der Faschismus in seiner Epoche, 441 (TB 1990)] es umschrieben hat, Ausgleich und Versöhnung, sondern totalen Un− tergang bedeutete“. Dazu trugen nicht nur die vorrückenden feindlichen Armeen bei, die sich, neben der eigenständigen Existenz ihrer Kriegsziele, zudem durch Hitlers kriegerische Überfälle und durch den Terror der nationalsozialistischen Besatzungs− und Rassenpolitik provoziert, ihrerseits gleichfalls zu teilweise grausamen Aus− schreitungen gegen deutsche Kriegsgefangene und gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere im Osten des Reiches, hinreißen ließen. Hitler selber sprach in diesen Jahren immer wieder davon, er werde für den Fall einer Niederlage dafür sorgen, daß das deutsche Volk diese Schmach nicht überleben wird“. In dem Augenblick, in dem seine ehrgeizigen macht− und rassenpolitischen Vorhaben scheiterten, richtete sich sein dem vulgär−darwinistischen Rassendogma entspringender Haß gegen das eigene Volk, das er nunmehr dem Untergang weihte. Dem Ende des Dritten Reiches“ ging eine Steigerung des Schreckens in der totalitären Diktatur voraus, der die Nation vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 fester als je zuvor in die Kontrolle der nationalsozialistischen Führung brachte. Je furchtbarer die Niederlagen an allen Fronten wurden, so hat ein Historiker die Einführung des so genannten Deutschen Grußes“ am 23. Juli 1944 in der Wehrmacht als Reaktion auf das mißlungene Attentat vom 20. Juli 1944 kommentiert – und diese Feststellung läßt sich verallgemeinernd auf die deutsche Geschichte jener Zeit übertragen –, desto siegreicher die Nazipartei“ [172: G. Mann, Deutsche Geschichte 1919–1945, 956]. Die Bevölkerung stöhnte

Wende des Krieges

Sieg oder Untergang

Lage der Bevöl− kerung

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Kenntnis vom Holocaust?

Haltung zum Widerstand

I. Darstellung

unter dem beständig zunehmenden Terror der Polizei, der SS und der Partei− formationen, deren abstoßendes Handeln durch Spitzel und Denunzianten ge− fördert wurde. Immer wieder wurden die Volksgenossen“ jedoch mit eiserner Klammer an das Regime gekettet – aus allgemein verbreiteter Angst vor einer ungewissen Zukunft, aus der im Osten des Reiches grassierenden Furcht vor der heranrückenden Roten Armee und aus ohnmächtiger Wut über die alliierten Bombenangriffe. Alles in allem: Hitlers Diktatur hatte von Anfang an eine populäre Basis, die im Krieg zwar bröckelte, jedoch zu keiner Zeit in die Brüche ging. Angsterfüllt hielt sich die Mehrzahl der Deutschen auch noch im Jahr 1945 an das, was war. Denn ihr waren die Alternativen unbekannt, unvertraut und vor allem unheimlich. Wo die durchaus breite Zustimmung zum Regime allerdings nicht ausreichte, drohte umgehend der Terror. Zudem wurde der teilweise wie ein Selbstzweck wirkende Schrecken der alliierten Bombardements von der nationalsozialistischen Pro− paganda dazu benutzt, den Widerstandswillen der Deutschen anzufachen, die Zustände im Inneren vergessen oder Gedanken an die rassenpolitischen Ver− nichtungsaktionen im Osten des nationalsozialistischen Machtbereichs im einzelnen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Über das mörderische Schicksal, das den deportierten Juden drohte, kursierten in der Bevölkerung, die unter den wachsenden Lasten des Kriegsalltags litt und in der ein nicht zu verkennender Antisemitismus grassierte, Gerüchte, die auf mehr oder weniger glaubwürdigen Informationen und ungewissen Ahnungen beruhten, ohne daß die große Mehrheit der Deutschen vom Verbrechen des Holocaust, dessen Existenz das Regime – soweit es irgend ging – geheimhielt, genau und zweifelsfrei, umfassend und verläßlich gewußt hätte. Und vor dem Hintergrund der Führerdiktatur war es für die Bevölkerung auch keineswegs von vorneherein selbstverständlich, den sich seit dem Jahre 1943 wieder regenden und aktiver werdenden deutschen Widerstand zu billigen oder zu unterstützen. Für seine Repräsentanten ging es im Zeichen der furchtbaren Doppelbelastung zwischen Krieg und Bürgerkrieg darum, über den äußeren Gegner hinaus die eigene Staatsführung als Feind betrachten und bekämpfen zu müssen: Die Europa zu terrorisieren schienen, lebten selber unter dem gleichen Terror“ [172: G. Mann, Deutsche Geschichte 1919–1945, 946]. Denn für die Zeitgenossen war der Widerstand keineswegs nur patriotische Erhebung, son− dern stand vielmehr im Geruch des Hoch− und Landesverrates. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung vermochte damals nicht mit der Klarheit zu sehen, was wir heute wissen, daß nämlich der alle Rechtsnormen in nationaler und internationaler Perspektive zerstörende Unrechtsstaat keinen legitimen Anspruch auf Gehorsam mehr erheben konnte und Widerstand längst zur moralischen Pflicht geworden war. Damals jedenfalls brachte es beinahe unüberwindlich große Schwierigkeiten mit sich, angesichts der die Grenzen des Reiches bedrohenden gegnerischen Koalition in der eigenen Staatsführung den Feind auszumachen. Während die Mitglieder der europäischen Rsistance−

D. Weltmacht oder Untergang“ (1943–1945)

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bewegungen in den besetzten Ländern jeweils in der Bevölkerung Rückhalt fanden und ihr Widerstand gegen die Besatzungsmacht als Ausweis ihres Pa− triotismus galt, war die Lage der Vertreter des deutschen Widerstandes weit weniger eindeutig: Sie gingen einsam zur Richtstätte. . ., beschimpft und aus− gestoßen aus der Volksgemeinschaft“ [ebd.]. Daher konnte ein großer Teil der Deutschen das Ende im Mai 1945 auch nicht nur als Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur empfinden, wie das für die vom Dritten Reich“ unterdrückten Völker selbstverständlich war, zumal die von der Sowjetunion eroberten Territorien Ostmittel− und Südosteuropas sowie der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands rasch die Fragwürdigkeit ihrer neuen, ihnen von der UdSSR oktroyierten volksdemokratischen“ Ordnung spürten. Gewiß herrschte in weiten Teilen aller Schichten des deutschen Volkes Er− leichterung über das Ende des inneren Terrors und der äußeren Bedrohung. Darin mischte sich bald Bestürzung über die zunehmend bekannt werdenden Untaten des Regimes, die im Namen des deutschen Volkes begangen worden waren. Genugtuung über die neu gewonnene Freiheit und Erschütterung über die Greuel des Nationalsozialismus konnten zudem nicht darüber hinwegsehen lassen, daß mit dem Untergang des Hitler−Staates gleichzeitig auch das Ende des 1871 von Bismarck gegründeten kleindeutschen Nationalstaates gekommen war. Friedrich Meinecke gab mit seinem Wort von der deutschen Katastrophe“ [2035] dem Empfinden weiter Kreise des deutschen Volkes über das Ende des Zweiten Weltkrieges Ausdruck, welche die Befreiung vom Joch der Diktatur dankbar begrüßten, die rassistischen Untaten des Regimes noch gar nicht voll begriffen und die Zerstörung des Nationalstaates erst einmal fassungslos kon− statierten.Erlöst und vernichtet in einem“, fand sich die Mehrheit der Deutschen, nach dem einfühlsamen Urteil von Theodor Heuß, im Jahr 1945 wieder, als Rausch und Alltag, Ekstase und Banalität der Diktatur in Verbrechen und Untergang geendet hatten. Daß mit der Zerstörung des Nationalstaates die zwölf Jahre lang entbehrte politische Freiheit zumindest in der auf dem Gebiet der westlichen Besat− zungszonen etablierten Bundesrepublik Deutschland wieder einkehrte und sich entwickeln konnte, dafür waren als Voraussetzungen nicht zuletzt jene un− freiwillig sich einstellenden Modernisierungsresultate der Geschichte des Dritten Reiches“ in nicht unbeträchtlichem Maße eine Ursache. In der Kata− strophe des Jahres 1945 wurden die Auswirkungen jener nationalsozialistischen Revolution nicht sofort sichtbar, die als Bedingungen für die Existenz der deutschen Demokratie relevant wurden. Sie bestanden, bis zu einem gewissen Maß jedenfalls, in der Tendenz zur Einebnung sozialer Unterschiede zwischen den verschiedenen Schichten durch die Volksgemeinschaft“ des Dritten Reiches“, und sie wurden vor allem erheblich in der Zerschlagung des Kernstaates des Deutschen Reiches, Preußen, in der physischen Dezimierung sowie politischen Entmachtung seiner Führungsschicht und in ihrer Vertreibung aus den für die

Die deutsche Katastrophe“

Erlöst und ver− nichtet in einem“

Modernisierende Wirkungen

130

I. Darstellung

Nachfolgestaaten des Deutschen Reiches teilweise verlorengegangenen Terri− torien östlich der Elbe. Gerade ihre – der Weimarer Republik gegenüber nicht eben gewogene – Haltung hatte dazu beigetragen, Hitler als vermeintlichem Büttel die Macht zu übertragen, um die eigene Position in politischer, gesellschaftlicher und wirt− schaftlicher Hinsicht noch einmal zu festigen. Daß der, den sie für ihren Knecht hielten, ihr Henker wurde und viele von ihren dann in der Widerstandsbewegung aktiven Repräsentanten hinrichten ließ, das Deutsche Reich und Preußen zerstörte und im nationalen sowie internationalen Maßstab zum Revolutionär par ex− cellence aufstieg, erkannten sie spät und erlitten die Folgen dieser Einsicht, ohne sie verhindern zu können. Hitler aber wurde tatsächlich zum revolutionären Beweger der deutschen (und der europäischen) Geschichte, indem er unter zweifellos unverhältnismäßig hohen Opfern wie dem Völkermord und der Zer− störung des kleindeutschen Nationalstaates eine politische und soziale Revolution einleitete bzw. verursachte, deren Wirkungen weit über Deutschland hinausgingen und die Geschichte der Welt nach der Zäsur des Jahres 1945 geprägt haben.

SCHLUSSBETRACHTUNG: DAS DRITTE REICH“ IN DER DEUTSCHEN UND EUROPÄISCHEN GESCHICHTE

Im Zuge einer letzten Steigerung europäischer Machtpolitik, die angesichts des unübersehbar gewachsenen Einflusses der Flügelmächte der Staatenwelt, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion, im Grunde bereits anachronistisch anmutete, versuchte Hitlers Deutschland, sich zum Herrn über den alten Kontinent aufzuwerfen. Es plante, Rußland zu überrennen und zu seiner Kolonie zu machen, um sodann für den als sicher erwarteten Kampf gegen die USA gewappnet zu sein. Insgesamt strebte das nationalsozialistische Deutschland danach, die Qualität der inneren und internationalen Politik durch eine – in universalem Maßstab zu verwirklichende – Rassenutopie zu verändern. In ihr sollten die Bedingungen des bislang bekannten Verlaufs der Geschichte ein für alle Mal außer Kraft gesetzt, gesellschaftliche Bewegung im biologischen Mythos der Rassenherrschaft zum Stillstand gebracht und das germanische Großreich zur Weltherrschaft geführt werden. Nicht zuletzt die Hybris dieses Entwurfs und die Radikalität seiner Praxis verurteilten den Grundplan Hitlers und seines Regimes zum Scheitern und ließen Die deutsche Diktatur“ [133: K. D. Bra− cher] zu einem der Prototypen jenes Zeitalters der Tyranneien“ [306: E. Halvy] werden, dessen allgemein verbreitete Gewalttätigkeit von den tota− litären Regimen ebenso ausging wie diese davon begünstigt wurden. Zuvor allerdings trug der Diktator durch seinen ehrgeizigen Versuch, sein Programm“ zu verwirklichen, wesentlich, wenn teilweise auch unbeabsichtigt und teilweise wider Willen, dazu bei, Entwicklungen zum Durchbruch zu ver− helfen, die für Deutschland, für Europa und für die Welt revolutionäre Folgen zeitigten. Hitler strebte danach, dem Deutschen Reich den Weg zur globalen Herrschaft zu bereiten, und zerstörte damit die Existenz einer im traditionellen Sinne voll souveränen deutschen Großmacht. Er wollte die Sowjetunion besiegen und den Vereinigten Staaten von Amerika die Stirne bieten und wirkte dadurch daran mit, ein bis an das Ende des zurückliegenden Jahrhunderts andauerndes Zeitalter der weltweiten amerikanisch−sowjetischen Vorherrschaft zu etablieren. Er betrachtete Europa nach wie vor als Regulator des Staatensystems und un− tergrub endgültig seine Vormacht in der Welt. Er sah die Erde im Prinzip als seine Kolonie an und förderte damit den Durchbruch der Dekolonisation. Er führte einen Vernichtungskampf gegen das Judentum, und am Ende stand die Gründung des Staates Israel. Die angeführten Beispiele verweisen auf die revolutionäre Paradoxie, die der Geschichte des Dritten Reiches“ und ihren weltweiten Folgen anhaftet. Zwar verfehlte Hitlers Staat in innen− und außenpolitischer Hinsicht das Ziel einer totalen und globalen Revolution, nach der er strebte. Oftmals stellte sich im Bemühen darum sogar das gerade Gegenteil vom ursprünglich Gewollten ein.

Hitlers Utopie

Zeitalter der Gewalt

Revolutionäre Kon− sequenzen

Paradoxe Resultate

132

Ambivalenz und Eigenmacht

Hitlers janusköpfige Diktatur

Ideologie und Sachzwänge

I. Darstellung

Und doch erscheinen und wirken die paradox anmutenden Resultate seiner Geschichte revolutionär. Insgesamt demonstrieren die Ergebnisse der letztlich gescheiterten Politik Hitlers und des Dritten Reiches“, daß und wie die Ge− schichte, die einer Verwirklichung der universal entworfenen national− sozialistischen Rassenutopie schlechthin zum Opfer gefallen und zum Stillstand gekommen wäre, das Tausendjährige Reich“ überdauerte, wenn auch die menschlichen, sozialen und politischen (Un)Kosten dieses weltweiten Über− lebens in einem bis dahin wohl kaum gekannten Ausmaß hoch waren. Die tiefgreifenden Konsequenzen der revolutionären Politik des natio− nalsozialistischen Deutschland illustrieren die Tatsache, daß Ambivalenz in vielerlei Hinsicht Kennzeichen und Ausweis der Autonomie des Dritten Rei− ches“ war, das zu manchen weltanschaulichen, gesellschaftlichen und politischen Kräften durchaus in Beziehung stand, aber keiner von ihnen diente. Denn es war im Grunde weder der politischen Linken noch der politischen Rechten zuzu− ordnen, es war weder eindeutig revolutionär noch eindeutig reaktionär orientiert, sondern stellte ein Phänomen sui generis dar, das historische Eigenmacht besaß.In diesem Sinne mag die Darstellung seiner Geschichte gezeigt haben, daß es nicht angemessen und möglich ist, das Dritte Reich“ bündig als traditionell oder revolutionär, konterrevolutionär oder modernistisch, improvisiert oder planvoll“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 76] zu cha− rakterisieren. Der Grundzug seiner historischen Existenz war vielmehr von Beginn an doppeldeutig. Die totalitäre Diktatur errichtete es im Gewande der legalen Revolution“ und im Rausch der nationalen Erhebung“. Dadurch wurden enorme Energien und Kräfte freigesetzt“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 45] und trugen zu einer für die nationalsozialistische Bewegung und das Dritte Reich“ charakteristischen Dynamik bei, die den herkömmlichen Staat zunehmend zer− störte. An seine Stelle trat ein verwirrendes Gemisch aus traditioneller Verwaltung und neuen Gewalten, das sich bereits den Zeitgenossen als eine autoritäre Anarchie“ [W. Petwaidic] darstellte. Die Existenz ihrer scheinbaren Polykratie war aber nichts anderes als die Voraussetzung, ja die Bedingung für Hitlers unumstrittene Monokratie. Lange Zeit verband das Dritte Reich“ kaum unterscheidbar globalen Ex− pansionismus mit überlieferter Revisionspolitik. Es trieb einen für die Zeit− genossen faszinierenden Aufwand an Technik und pflegte gleichzeitig, ja gerade unter Zuhilfenahme technischen Einsatzes die Idee bäuerlicher Sied− lungsromantik. Daß dabei das eine Mittel war und das andere Ziel, ließ sich nicht zuletzt deshalb schwer erkennen, weil die sich verselbständigenden In− strumente zuweilen die Oberhand zu gewinnen und die nationalsozialistische Weltanschauung unter der Übermacht technischer und wirtschaftlicher Sach− zwänge und Entwicklungen zu verschwinden schien. Überlegungen politischer Zweckmäßigkeit wurden mit der Grundidee seiner rassenpolitischen Doktrin zu einer über Jahre hinweg für sein Selbstverständnis und seine Einschätzung

Schlußbetrachtung: Das Dritte Reich“ in der deutschen und europäischen Geschichte

133

kennzeichnenden, bewunderten und gefürchteten Kraftentfaltung verwoben. Sie erlahmte erst vergleichsweise spät, als das Zusammenwirken von macht− politischem Kalkül und rassenpolitischem Dogma scheiterte und der Primat der Weltanschauung über sachliche Notwendigkeiten triumphierte. Durchgehend blieb die Führerdiktatur des Dritten Reiches“, weil cha− rismatische Herrschaft“ die Anerkennung der Beherrschten“ an die Bewäh− rung“ des Führers bindet [M. Weber], in eigentümlicher Instabilität auf den Zwang des Erfolgs angewiesen: Dies erklärt nach dem Urteil des Historikers Ulrich von Hehl den permanenten Drang des NS−Regimes nach akkla− matorischer Bestätigung wie öffentlicher Zelebrierung, ja kultischer Überhö− hung seines Herrschaftsvollzugs, während dissentierende oder aus rassischen Gründen stigmatisierte Bevölkerungsgruppen gleichzeitig mit Terror überzogen und ausgegrenzt wurden. Beide Gesichter des Nationalsozialismus, die nationale Verführung und die politische Gewalt, erweisen ihn als eine quasi−religiöse politische Heilslehre mit unbedingtem Unterwerfungsanspruch“ [163: Natio− nalsozialistische Herrschaft, 45]. Hitlers Diktatur gehört damit zur Gattung der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts, die, ohne völlig gleichartig zu sein, einander grundlegend ähnlich waren, die ihren Untertanen, ja der Menschheit den Himmel auf Erden zu bescheren vorgaben und ihnen schließlich die Hölle bereiteten. Das Dritte Reich“ lebte aus einer bis dahin in dieser Form nicht gekannten Verbindung von Tradition und Revolution, die seit den umwälzenden Verän− derungen des 18. Jahrhunderts, seit der Industriellen und der Französischen Revolution, als Gegensätze die europäische und deutsche Geschichte in Bewe− gung und Unruhe gehalten hatten. Im Widerstreit zwischen alte[r] Gesellschaft und . . . neuen Massen“ [2035: F. Meinecke, Die deutsche Katastrophe, 11] hatten sie soziale Verwerfungen und politische Spannungen ausgelöst, die sich der Kompromißfähigkeit des alten Staates ebenso wie der des liberalen Parla− mentarismus mehr und mehr zu entziehen drohten. Insbesondere für das Empfinden weiter Kreise der deutschen Bevölkerung versöhnte der Nationalsozialismus endlich die beiden mächtigen, sich immer wieder aneinander brechenden Strömungen der Geschichte des 19. Jahrhunderts miteinander, den Nationalstaat und den Sozialismus, und schien einen dritten, zukunftweisenden Weg zwischen kapitalistischem Liberalismus und marxi− stischem Kommunismus zu bahnen. Die von dem deutschen Experiment aus− gehende Anziehungskraft und seine sozial beabsichtigten, teilweise auch er− reichten Wirkungen, Standesunterschiede in der Volksgemeinschaft“ des Dritten Reiches“ zumindest in politischer und sozialpsychologischer Hinsicht zu überwinden, verdeckten dabei über geraume Zeit das eigentliche Bewe− gungsgesetz des Hitlerschen Nationalsozialismus, die Rassenidee. Gerade sie aber war, ganz abgesehen von ihrem zeitweise in doppelter Hinsicht wirksamen Charakter als Mittel politischer Integration und Ziel natio− nalsozialistischer Vernichtungspolitik, Kennzeichen für die präzedenzlose Ei−

Politische Heilslehre

Nationalsozialismus als dritter Weg

National− sozialistischer Ras− sismus – liberale Weltzivilisation – kommunistischer Klassenkampf

134

Anziehungskraft

I. Darstellung

genständigkeit der neuen Weltanschauung und Praxis des Dritten Reiches“. Diese unterschieden sich ebenso radikal vom liberalen Bekenntnis zur Idee der Weltzivilisation wie vom marxistischen Glauben an einen über den Klassenkampf zu erreichenden Zustand irdischer Erlösung, wie sie gleichzeitig gegenüber diesen beiden Phänomenen ihrer Zeit in historischer Tradition bzw. antagonistischer Verwandtschaft existierten und eben solche geschichtliche Verhaftetheit an das Überlieferte und Entgegengesetzte der eigenen Erscheinung total zu überwinden trachteten. Sie hatten darüber hinaus im Prinzip nichts mehr gemeinsam mit der Natio− nalstaatsidee der Moderne, welche die nationalsozialistische Diktatur mit ihrer Vision vom rassisch gestalteten und biologisch geordneten Reich radikal ver− neinte. Eben dieser Tatsache hat Generaloberst Ludwig Beck einmal in einem Gespräch mit Friedrich Meinecke zutreffenden Ausdruck verliehen, als er über Hitler feststellte: Dieser Mensch hat ja gar kein Vaterland“. Und intuitiv erkannte der Historiker Otto Hintze die jeden Glauben und alle Ideologien der Ge− schichte hinter sich lassende ungeheuerliche Eigenmacht des Dritten Reiches“, die sich in Hitlers archaischem Haß auf jede Art von Tradition zerstörerisch zusammenzog, als er äußerte: Dieser Mensch gehört ja eigentlich gar nicht zu unserer Rasse. Da ist etwas ganz Fremdes an ihm, etwas wie eine sonst aus− gestorbene Urrasse, die völlig amoralisch noch geartet ist“ [2035: F. Meinecke, Die deutsche Katastrophe, 89]. Erst spät, man ist geneigt zu sagen: in letzter Minute gelang es den radikal herausgeforderten Mächten, der liberalen Weltzivilisation der Angelsachsen und dem sowjetischen Kommunismus, den universalen Herrschaftsanspruch des Dritten Reiches“ zurückzuweisen und zu zerstören. Daß das national− sozialistische Deutschland zu solcher Macht aufsteigen und zu solchem Erfolg gelangen konnte, läßt sich nicht allein damit erklären, daß es in einem bis dahin nur selten bekannten Maße gewalttätig war, daß die Berechenbarkeit des Rechtsstaates in der Willkür des Unrechtsstaates vernichtet wurde und daß seine innen− und außenpolitischen Partner und Gegner sich unvermutet leicht überspielen ließen. Daneben ist vielmehr gar nicht zu übersehen, daß es mit seinen vorerst mehr propagierten als praktizierten Losungen von der Volksgemeinschaft“ und dem Adel der Arbeit“ sowie mit seiner Idealisierung rückwärts gewandter Bau− ernromantik und der Vermittlung des organisierten Massenerlebnisses für den Einzelnen weit verbreiteten Bedürfnissen im deutschen Volk entgegenkam. Mit anderen Worten: Neben unbestreitbaren Leistungen und Erfolgen, die der ver− brecherischen Räson des Regimes dienten, neben Unterdrückung und Terror, die zu keiner Zeit seiner Existenz zu übersehen waren, appellierte der Natio− nalsozialismus mit einem geraume Zeit überwältigenden Erfolg an die Emp− findungen der Deutschen, an ihre Sehnsüchte, an lange Vermißtes und Unaus− gesprochenes: Die Betonung des Gefühls“, faßt der englische Historiker Mi− chael Burleigh den schwer erklärbaren Sachverhalt zusammen, war vermutlich . . . der modernste Zug des Nationalsozialismus . . . In dieser Hinsicht

Schlußbetrachtung: Das Dritte Reich“ in der deutschen und europäischen Geschichte

135

war [er] seiner Zeit wahrhaft voraus. . . Er war Politik als Gefühl“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 250]. Im Grunde entsprang diese Stimmungslage vieler Menschen, ihre Anfälligkeit für Verlockung und Gewalt, für das Außeralltägliche und Rauschhafte einer dumpfen Angst vor den Herausforderungen der modernen Zeit. Hitlers Na− tionalsozialismus versprach davon Heilung, indem er die Moderne schlechthin abzuschaffen plante. Unter virtuoser und perfekter Zuhilfenahme ihrer In− strumente trat er die Flucht nach vorn an, um die Welt zu erobern und rassisch zu erneuern. Am Ende blieb von alledem nichts als das Gegenteil des Erstrebten: Die Geschichte des Dritten Reiches“, das in seinem Wesen und im Vergleich mit der Wertewelt der westlichen Zivilisation ebenso antiemanzipatorisch wie an− tidemokratisch war, beförderte eine politische, gesellschaftliche und wirt− schaftliche Modernisierung, die für die Entwicklung der parlamentarischen De− mokratie in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend wurde. Ohne Zweifel fällt das Dritte Reich“ durch die Beispiellosigkeit seiner Ver− brechen aus der deutschen und europäischen Geschichte heraus und bleibt doch gleichzeitig eingebettet in die säkularen Trends der modernen Indu− striegesellschaft, wurde durch sie erst ermöglicht und geprägt, hat sie teilweise beschleunigt, teilweise gebremst und umgebogen“ [196: B. J. Wendt, Das na− tionalsozialistische Deutschland, 195]. Insofern gehört der Nationalsozialismus ungeachtet aller Rückwärtsgewandtheit seiner Weltanschauung in einem spe− zifischen Sinne zur janusköpfigen Moderne, nämlich als eine ihrer patho− logischen Entwicklungsformen“ [D. Peukert]. Wie weit aber war die für das Dritte Reich“ in so vielfacher Hinsicht kenn− zeichnende Ambivalenz, die es als historische Erscheinung sui generis ausweist, ein Grundzug der Epoche des Faschismus“ überhaupt? Ist Hitlers National− sozialismus somit in erster Linie die deutsche Variante eines europäischen Fa− schismus, oder unterscheidet er sich vielmehr wesentlich von den übrigen Fa− schismen der Zwischenkriegsära? Das widersprüchliche Miteinander von Tra− dition und Revolution und die nichtidentische Identität“ von konservativen und faschistischen Elementen in vergleichbaren Bewegungen und Regimen zwi− schen 1919 und 1945 mögen als Antworten auf die Herausforderungen des Kom− munismus und die Krise des liberalen Systems“ [336: E. Nolte] einen ge− meinsamen Kern politischer Erscheinungsform beschreiben, der für die Ge− schichte des Faschismus“ [343: St. G. Payne] als eines dritten Weges zwischen Liberalismus und Marxismus konstitutiv werden konnte. Bei eingehender Be− trachtung überwiegen jedoch bei weitem die Unterschiede in den Voraus− setzungen und in der Entfaltung, in der Ideologie und in der Zielsetzung zwi− schen zahlreichen – phänomenologisch einander zwar gleichenden und dennoch oftmals arg generalisierend als faschistisch benannten – historischen Er− scheinungen der Zwischenkriegszeit. Dieser differenzierende Vorbehalt trifft auch auf die beiden am meisten ausgebildeten Typen des sogenannten Fa− schismus zu, auf Mussolinis Italien und Hitlers Deutschland.

Politik als Gefühl“

Pathologie der Moderne

Nationalsozialismus und Faschismus

136

Mussolinis Italien und Hitlers Deutschland

Kontinuitäten und Bruch

I. Darstellung

Gewiß, untersucht man in erster Linie Basis, (in begrenztem Sinne auch) Funktion und Gestalt der beiden Diktaturen, dann sind die Ähnlichkeiten auf manchen Feldern zwischen dem faschistischen Italien und dem natio− nalsozialistischen Deutschland unübersehbar. Fragt man allerdings nach den außen− und rassenpolitischen Zielen beider Regime, so sind grundsätzliche Un− terschiede kaum von der Hand zu weisen. Denn Mussolinis Politik der Re− stauration des römischen impero“ und seine Forderung nach dem mare no− stro“ sind kaum ernsthaft mit der Eroberungs− und Rassenpolitik Hitlers sowie mit seinem universalen Herrschaftsanspruch zu identifizieren. Dem historisch Bekannten kontrastiert dabei die auf Überwindung des geschichtlichen Verlaufs ausgerichtete Utopie, oder mit Friedrich Meineckes [2035: Die deutsche Katastrophe, 133] in anderem Zusammenhang benutzten Worten sinngemäß umschrieben: Aber nun kam durch Hitler etwas Neues, zwar nicht absolut, aber doch in seinen Konsequenzen und Zukunftsmöglichkeiten“. Über alle für die Epoche der Weltkriege und Revolutionen charakteristischen Gemeinsamkeiten der europäischen Geschichte hinaus, die dazu geeignet sind, die Entstehung der sogenannten Faschismen bis zu einem gewissen Maße zu erklären – Krise des liberalen Systems“ und Existenz des Kommunismus als prinzipielle Herausforderung an die Gesellschaftsordnung der Nationalstaaten sowie der Staatenwelt, wirtschaftliche Mißstände während der zwanziger und begin− nenden dreißiger Jahre und Angst vor den Herausforderungen der Moder− nisierung, Neigung zum Führerstaat und Hang zur Gewaltanwendung – sind wir im Grunde doch auf die Betrachtung der jeweils historischen Vorbe− dingungen der einzelnen Länder angewiesen, um begreifen zu können, warum beispielsweise das parlamentarische System in Großbritannien unter Wahrung seiner Identität auf die kommunistische und faschistische Herausforderung antwortete, die junge Republik von Weimar ihr hingegen erlag, das heißt: Es gilt einen Blick auf den Verlauf der preußisch−deutschen Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert zu werfen, um den historischen Ort des Dritten Reiches“ in der Geschichte des deutschen Nationalstaates bestimmen zu können. Angesichts des dominierenden Einflusses der großagrarischen Führungsschicht in Preußen−Deutschland, ihrer Verhaltensnormen auf den Verlauf der modernen deutschen Geschichte und die Entstehung des Dritten Reiches“ ist Hans Roth− fels’ Feststellung über den zwar verschlungenen, aber unleugbar vorhandenen Weg deutscher Geschichte, der von Bismarck zu Hitler geführt habe, in gewissem Sinne beizupflichten. Diesen Tatbestand zu konstatieren hat allerdings nur Sinn, wenn man an die – in nicht unwesentlichem Maße auch außenpolitisch geprägten – Bedingungen der Ermöglichung“ Hitlers denkt, nicht jedoch, wenn man den Blick auf die seit den zwanziger Jahren festliegenden Endziele seiner Herrschaft richtet, die ab 1936/37 immer bestimmender hervortraten. Für das Verhältnis von Innen− und Außenpolitik im Rahmen der modernen deutschen Geschichte zwischen 1862 und 1945 bedeutet diese Unterscheidung erst einmal, daß die Politik des Reiches nicht in erster Linie als sozialer Imperialismus,

Schlußbetrachtung: Das Dritte Reich“ in der deutschen und europäischen Geschichte

137

das heißt als eine in konservativem Sinne betriebene Strategie der Ableitung innenpolitischer Schwierigkeiten auf das Gebiet der äußeren Politik begriffen werden kann. Denn der qualitative Unterschied zwischen Bismarcks und Hit− lers Politik liegt gerade darin, daß der eine nach der Reichsgründung darum bemüht war, im Zeichen außenpolitischer Friedenserhaltung die bestehende innenpolitische Ordnung im großen und ganzen zu bewahren und der andere im Zuge eines kriegerischen Expansionismus daran ging, eben dieses Gesell− schafts− und Herrschaftsgefüge rigoros zu zerstören. Dabei wird die nationalsozialistische Machtergreifung“ als Bündnis zwischen alten Führungsschichten und nationalsozialistischer Bewegung“ plausibel, wenn die Revolution des Jahres 1933 vor dem Hintergrund der langen Vorherrschaft der großagrarischen Tradition und ihrer weitgehend antiparlamentarischen Politik in Deutschland betrachtet wird. Erst als der Terror des etablierten und sich ver− selbständigenden nationalsozialistischen Regimes integrierend“, nämlich als eiserne Klammer neben den zuvor wirksamen Nationalismus und den erst am Ende der Tyrannis verblassenden Führerkult getreten war, bemerkten die Mit− schöpfer der Diktatur im Lager des konservativen Deutschland, daß sie eigentlich zu den Opfern des Nationalsozialismus zählten bzw. wohl bald zählen würden. Zwar sollen in diesem Rahmen auf der einen Seite die Ansätze zu einer Parlamentarisierung in der Ära Bismarck“ oder im Wilhelminischen Reich keinesfalls übersehen werden. Und auf der anderen Seite dürfen auch nicht die ihrerseits gleichfalls durch spezifisch krisenhafte Erscheinungen begleiteten Ent− wicklungen in den westlichen Nationalstaaten allzu stark in normativem Sinn als Vorbilder idealisiert werden. Es ist beispielsweise kaum zu bestreiten, daß sich das Bismarckreich im Hinblick auf seine Industrialisierung außerordentlich lei− stungsfähig und in bezug auf die damit anfallenden Kosten im Vergleich mit den nationalen Industrialisierungsvorgängen im England des 18./19. Jahrhunderts oder in der Sowjetunion des 20. Jahrhunderts als relativ human erwies. Nun können an dieser Stelle nicht im einzelnen die Gründe für die lange, ja überlange Vorherrschaft der agrarischen Elite in Preußen−Deutschland erörtert werden, deren historische Berechtigung vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Exi− stenz, der gesellschaftlichen Position und der politischen Macht dieser Sozial− gruppe zu beurteilen ist. Dennoch kann festgestellt werden, daß der nicht zu unterschätzende, erhebliche Einfluß von Repräsentanten des Großagrariertums auf die politische und soziale Verhaltensweise der im Offizierkorps, in der Bürokratie und in der Wirtschaft führenden Schichten für den Weg deutscher Geschichte zu Hitler entscheidend gewesen ist. Im Hinblick auf die Entwicklung im 20. Jahrhundert freilich, als sie schon viel von ihrer Stärke eingebüßt hatten, ist dieser Befund in einem ganz spezifischen Sinn zu ergänzen: Denn jetzt war es auch ihre längst unübersehbare Schwäche, die Vertreter des konservativen Deutschland, weil sie sich ansonsten verloren glaubten, bei Hitler, dem Führer einer Massengefolgschaft, gleichsam Zuflucht suchen ließ.

Bismarck und Hitler

Antiparla− mentarische Tradition

Hitlers Macht− ergreifung“ – Stärke und Schwäche des Konservativismus

138

Faschismus und Kapitalismus“

Ermöglichung“ des Dritten Reiches“

I. Darstellung

Damit ist gleichzeitig festgestellt, daß die mitunter angenommene Verbindung kapitalistischer Interessen und nationalsozialistischer Machtergreifung“ als einer Indienstnahme der Politik durch die Wirtschaft nicht zutrifft: Es war keineswegs der Kapitalismus an sich, ja es war, zugespitzt formuliert, sogar der Mangel an Kapitalismus innerhalb eines in maßgeblichen Bereichen noch vormodernen Staates, der als Ursache für Hitlers Aufstieg und als Voraussetzung für den Erfolg des Nationalsozialismus unübersehbar ist. Fascism was not the ,last gasp of monopoly capitalism‘“, charakterisiert John Weiss diesen Aspekt der Faschismusdebatte und fährt fort: If anything, it was the ’last gasp of con− servatism‘“ [The Fascist Tradition. Radical Right−Wing Extremism in Modern Europe, New York 1967, 5]. Und Heinrich August Winkler [448: Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus, 162] konkretisiert diese Einsicht, wenn er sagt, daß nicht der Kapitalismus in abstracto, sondern seine Rückversi− cherungschancen bei vorindustriellen Stützschichten den Erfolg faschistischer Bewegungen“ ausmachten, was im Hinblick auf den Nationalsozialismus gewiß richtig ist. Am Ende zerstörte Hitlers als konservativ mißverstandene, im Prinzip re− volutionäre Politik, die danach strebte, einen neuen Menschen auf der Grund− lage globaler und rassischer Eroberung und Höherzüchtung im Rahmen eines agrarwirtschaftlich organisierten Großgermanischen Reiches“ zu schaffen, den gesellschaftlichen und politischen Einfluß gerade der Großagrarier innerhalb der deutschen Führungsschichten. Wider Willen gebar der spezifisch preußisch− deutsche Konservativismus jenen Revolutionär, der ihm nur scheinbar diente und ihn in Wirklichkeit vernichtete. Lange und erfolgreich wehrten sich maß− gebliche Repräsentanten der in Deutschland führenden Schichten gegen die Entscheidung zur politischen Anpassung an Konsequenzen, die beispielsweise die britische Elite im Rahmen des Parlaments und im Zuge einer zwar keineswegs unumstrittenen, jeweils nur behutsam praktizierten, aber niemals prinzipiell zu− rückgewiesenen Reformpolitik aus den Folgen der industriekapitalistischen Ent− wicklung ihres Landes gezogen hatte. Dagegen trug die antiparlamentarische Politik, die vor dem Hintergrund einer Neigung der Krone zum Absolutismus und einer Tendenz der Gesellschaft zur Demokratie praktiziert wurde, im Deutschen Reich zunehmend zu einer kri− senhaften Entwicklung bei, die sich in Bismarcks Deutschland bemerkbar machte und im Wilhelminischen Zeitalter verschärfte. Am Ende der Weimarer Republik schienen einflußreichen Repräsentanten der traditionellen Füh− rungsschichten nur noch Hitler und seine Bewegung“ die Gewähr dafür zu bieten, ihre – sei es tatsächlich, sei es vermeintlich – bedrohten politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Positionen zu retten. Am 30. Januar 1933 kulminierte und endete gleichzeitig diese konservative Politik spezifisch preußisch−deutscher Provenienz. Ihr – sich über Jahrzehnte hinziehender – Versuch, die Parlamentarisierung eher abzulehnen als zu ak− zeptieren, der bis zum Jahr 1933 angedauert und in diesem Sinne auch die

Schlußbetrachtung: Das Dritte Reich“ in der deutschen und europäischen Geschichte

139

Geschichte der Weimarer Republik als einer parlamentarischen Demokratie nachhaltig beeinflußt hat, mündete endlich, wenn auch keineswegs notwendig, in die nationalsozialistische Machtergreifung“: Damit ermöglichte dieses an− tiparlamentarische Experiment auf allerdings nur indirekte Art und Weise, für die Repräsentanten des konservativen Deutschland nicht vorhersehbar und im Grunde gegen ihren Willen, die Realisierung jenes von Hitler entworfenen rassen− und außenpolitischen Programms“ mit seiner totalitären und globalen Ziel− setzung. Die mit der Verwirklichung dieser Politik des Diktators verbundenen Dro− hungen einer rassischen Revolutionierung der Weltgeschichte und einer damit einhergehenden biologischen Veränderung der menschlichen Spezies können selbstverständlich kaum angemessen als historische Folgen der preußisch− deutschen Entwicklung auf ihrem Weg von Bismarck zu Hitler bewertet wer− den. Denn sie entstanden wider die Absicht und im Prinzip auch fernab von der Vorstellungswelt jener deutschen Führungsschichten, die sich über Gebühr lange und ohne Gespür für den politischen Kompromiß an inzwischen fragwürdige Positionen geklammert und dagegen gesträubt hatten, den im Rückblick an− scheinend unumgänglichen Tribut an den Gang der Geschichte in Form von politischen Reformen bzw. ihrer Akzeptierung zu entrichten. Am Ende dieses deutschen Experiments, mit den Bedingungen der modernen Welt fertig zu werden, nämlich: ihren Erfordernissen zu entfliehen, stand die Katastrophe des Jahres 1945. Entgegen dem Ziel und Willen des dafür verantwortlichen Diktators barg sie ihrerseits durchaus Bedingungen, die den parlamentarischen Neuanfang in der Bundesrepublik Deutschland gefördert haben. Über den Charakter des Ganzen der Geschichte des Dritten Reiches“ ent− scheidet zweifellos das Abscheulichste und Gemeinste seiner Untaten, dem die freundlicheren Seiten seiner Entwicklung stets untergeordnet waren. Daher repräsentiert das Dritte Reich“ in seiner historischen Eigenständigkeit ins− gesamt auch etwas anderes als nur die jakobinische Phase eines lang andau− ernden revolutionären Vorgangs in Deutschland, da es im Zeichen der Herr− schaft des Schreckens“ endete und Wandlungen seiner Gestalt, zumindest von geschichtsmächtiger Qualität, nicht erlebte. Das Dritte Reich“ ging aus Gewalt hervor, lebte von terroristischer Gewalt und wurde durch gerechtfertigte Gewalt vernichtet. Im Gegensatz zu anderen mit Waffengewalt errichteten Imperien, die der Menschheit Kunstwerke und Schriften hinterließen, die bis heute breite Bewunderung finden, oder wenigstens Ver− waltungsstrukturen, Verfahrensabläufe, Sprachen und Gesetzbücher, die von Europäern wie Nichteuropäern zwischen Irland und Indien bis heute gepflegt werden, hat die verschrobene Antikultur des Nationalsozialismus nichts hin− terlassen, das von bleibendem Wert wäre, abgesehen davon vielleicht, dass sein Name zu einem säkularen Synonym für das Böse, zu dem Menschen fähig sind, geworden ist“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 555]. In einem für die Beurteilung der nationalsozialistischen Diktatur entscheidenden Maße

Singularität der Politik Hitlers

Scheitern des Dritten Reiches“

140

I. Darstellung

haben wir also festzustellen, daß Hitlers Drittes Reich“ durch seine radikale Revolte gegen alles Bestehende gescheitert ist und sein totaler Protest ihm die Chance echten Überlebens als lebendige Erinnerung und politische Tradition verwehrt hat, weil keine historische Notwendigkeit Ziele und Mittel seiner Politik in ihrer Radikalität des Prinzipiellen und Praktischen zu rechtfertigen vermag.

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung Die wissenschaftliche Literatur über die Geschichte des Dritten Reiches“ ist auch für den Spezialisten kaum mehr überschaubar: 37 077 Titel umfaßt die im Jahr 2000 von Michael Ruck vorgelegte zweibändige Bibliographie zum Natio− nalsozialismus“ [126], die ein ausgezeichnetes Hilfsmittel an die Hand gibt, um die einschlägige Literatur zur Vorgeschichte, zur Herrschaft und zu den Nach− wirkungen des Dritten Reiches“ aufzufinden. Vor diesem Hintergrund mag einleuchten, daß der folgende Überblick über Entwicklungslinien der For− schung lediglich einige ihrer wesentlichen Grundprobleme und Tendenzen skizzieren und erörtern kann. Daß sich die Erforschung des Nationalsozialismus quantitativ ungewöhnlich reichhaltig und qualitativ alles in allem fruchtbar entwickelt hat, und daß dieser Zeitabschnitt deutscher Geschichte inzwischen als der wohl am intensivsten bearbeitete Untersuchungsgegenstand in der modernen Geschichte überhaupt angesehen werden kann, liegt sicherlich nicht allein, aber doch auf keinen Fall unterschätzbar, an den außerwissenschaftlichen Anstößen, Motiven und Be− dingungen der Zeitgeschichte. Sie bestimmten dazu, sich mit den zwölf Jahren der Herrschaft Hitlers, ihrer Entstehung und ihren Folgen besonders eingehend auseinanderzusetzen. Die Jahre zwischen 1933 und 1945 repräsentieren eine Vergangenheit, die nicht vergehen kann, und die Gegenwart immer wieder, geradezu leidenschaftlich, beschäftigt – beispielsweise im so genannten Hi− storikerstreit“ während der zweiten Hälfte der achtziger Jahre des 20. Jahr− hunderts, als es um das Problem der Vergleichbarkeit der Massenmorde von totalitären Regimen ging [vgl. dazu insgesamt 2052: P. Stadler, Rückblick auf einen Historikerstreit]. Nach wie vor ist das ,Dritte Reich‘. . . das entscheidende Thema der Zeitgeschichte“ [294: S. Friedländer, Kitsch und Tod, 9], dessen Bild sich beständig verändert. Insgesamt nahm die Geschichtswissenschaft den Weg von der Suche nach individueller sowie kollektiver Schuld für die deutsche Katastrophe“ über die Frage nach ihren geschichtlichen Ursachen zum historisch einordnenden Urteil über das Dritte Reich“. In diesem Sinne haben seine klassischen Untersu− chungsgegenstände einige Jahrzehnte lang dominiert: Innenpolitik, Außenpo− litik und Kriegführung, Ideologie, Wirtschaft und Gesellschaft, Hitler, Herr− schaft und Verfolgung, Judenmord, Kirchenkampf und Widerstand. Seit ge− raumer Zeit schieben sich, zumeist im Zusammenhang mit einer intensivierten

Intensität der For− schung

Entwicklung und Wandel der Er− kenntnisinteressen

142

Historisierung“

Archivlage

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Beschäftigung mit den bekannten Themen, neue Forschungsinteressen und – objekte in den Vordergrund, die beispielsweise in der großen Darstellung von Michael Burleigh Die Zeit des Nationalsozialismus“ [148] im Zentrum stehen: Neue Zeit, Neuer Mensch und säkulare Religion, Eugenik, Euthanasie“ und Züchtungsutopie, Besatzungspolitik, Rassenkrieg und Holocaust, Terror, Lagersystem und Zwangsarbeiter, Volksgemeinschaft“, Alltag und Aus− grenzung. Und man könnte, ohne irgendeinen Vollständigkeitsanspruch zu er− heben, die in Burleighs opus magnum nicht eigens berücksichtigten oder be− sonders akzentuierten Untersuchungsgegenstände wie beispielsweise Frauen im ,Dritten Reich‘“ und Der Nationalsozialismus und das Modernisie− rungsproblem“ als neuere Schwerpunkte der Forschung noch hinzufügen. Alle diese Initiativen und Tendenzen der Geschichtswissenschaft vollziehen sich im Zusammenhang mit dem in vielfacher Hinsicht außerordentlich schwierigen, alles andere als unumstrittenen Versuch einer Historisierung des Nationalsozialismus“ [145: M. Broszat/S. Friedländer, Um die Histo− risierung des Nationalsozialismus“. Ein Briefwechsel]. Das heißt: Jenseits von negativer Faszination durch die Tyrannei Hitlers und in deutlicher Distanz zu verwerflicher Verharmlosung seines Schreckensregiments ist sie darum bemüht, die Geschichte der braunen“ Diktatur als Geschichte der nationalsozialistischen Zeit zu verstehen, neben der totalitären Uniformität des Phänomens die Viel− fältigkeit seiner Erscheinungen in Politik und Lebenswelt zu erkennen und dabei stets das zusammenzusehen und gleichzeitig auseinanderzuhalten“, was für diesen Zeitraum deutscher Geschichte in seiner unauflösbaren Verbundenheit von Herrschaft, Verführung und Gewalt“, von Terror, Ekstase und Alltag kennzeichnend war: das Nebeneinander und die Interdependenz von Er− folgsfähigkeit und krimineller Energie, von Leistungsmobilisation und De− struktion, von Partizipation und Diktatur“ [141: M. Broszat, Historisierung, 379; vgl. dazu das abgewogene Urteil von 2011: U. v. Hehl, Kampf um die Deutung]. Für die Historiographie wirkte sich als außerordentlich vorteilhaft aus, daß der Geschichtswissenschaft gleichsam in zwei mächtigen Schüben, zum einen in den sechziger Jahren und zum anderen in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts einsetzend, einschlägige Archivalien zugänglich geworden sind: Seit Anfang der sechziger Jahre standen der Forschung die deutschen Archivbestände – zumindest soweit sie den angelsächsischen Alliierten als Beuteakten“ in die Hände gefallen waren – umfassend zur Verfügung [J. Henke, Das Schicksal deutscher zeit− geschichtlicher Quellen in Kriegs− und Nachkriegszeit. Beschlagnahme – Rück− führung – Verbleib, in: VfZ 30 (1982), 557–620; R. Thimme, Das Politische Archiv des Auswärtigen Amts. Rückgabeverhandlungen und Aktenedition 1945–1995, in: VfZ 49 (2001), 317–362; sowie zu einem speziellen Untersuchungsgegenstand und zeitgeschichtlichen Quellenproblemen J. Henke, Quellenschicksale und Bewertungsfragen. Archivische Probleme bei der Überlieferungsbildung zur Verfolgung der Sinti und Roma im Dritten Reich, in: VfZ 41 (1993), 61–77].

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

143

Auch aufgrund dieser Sachlage konnte die Auseinandersetzung mit der mo− dernen deutschen Geschichte zu einem der zentralen Forschungsschwerpunkte für die internationale Historiographie in der Nachkriegszeit ebenso wie in der Gegenwart avancieren. Dabei waren freilich, vornehmlich zu Anfang, aber durchaus auch später immer wiederkehrend, Verzerrungen in der Darstellung der Geschichte des Dritten Reiches“ und seiner Probleme fast unvermeidlich. Sie resultierten nicht nur aus der bis circa 1960 schmalen Quellenbasis, aus der zu großen Nähe des Betrachters und aus den Betroffenheit vermittelnden Nach− wirkungen. Vielmehr hatten sie auch mit außerwissenschaftlichen Motiven wie Befangenheit und Empörung der Autoren gegenüber ihrem sperrigen Thema zu tun. Die Fehler und Einseitigkeiten, die Korrektur− und Ergänzungsbedürftigkeit mancher Urteile hingen und hängen ferner in gewissem Maße mit der Tatsache zusammen, daß der Forschung die für vergleichende, abwägende und urteilende Betrachtung notwendigerweise heranzuziehenden Bestände aus den Archiven anderer Staaten, die das Geschehen in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts maßgeblich gestaltet oder doch zumindest daran mitgewirkt haben, bis heute nur teilweise zugänglich sind. Gewiß, die englischen und ame− rikanischen Archivalien wurden seit Anfang der sechziger Jahre fortlaufend freigegeben, was ein zunehmend umfassendes und einordnendes Verständnis der äußeren Politik des Dritten Reiches“ im internationalen Kontext gefördert hat (vgl. dazu S. 268 f.). Benutzbar sind inzwischen auch die französischen Archive [St. Martens, Saisir l’avenir et garder le pass. Die Pariser Archive, ihre Bestände und deren Schicksal, in: HZ 247 (1988), 357–368], während die ehemals sowjetischen Bestände im heutigen Rußland zwar offiziell für die Forschung geöffnet, tatsächlich aber nur sehr schwer zugänglich sind. Die Archive der ehemals zum Ostblock“ gehörigen Staaten und Territorien sind inzwischen, jedenfalls der Tendenz nach,für die Geschichtswissenschaft verfügbar [vgl. beispielsweise für Südosteuropa die auf einschlägigem Archivmaterial fußende Darstellung von 1223: G. Gorodetsky, Die große Täuschung]. Damit ist, was die neue Archivsituation in Ost−, Ostmittel− und Südosteuropa angeht, bereits gesagt, daß nach der Zeitenwende des Jahres 1989/90 bis dahin gesperrte Archivalien benutzbar geworden sind. Über die inzwischen wie− dervereinigten“ deutschen Archive hinaus, deren Zugänglichkeit in bezug auf die ehemals der DDR vorbehaltenen Materialien nunmehr problemlos gewährt ist [vgl. beispielsweise G. Dillgard, Der dornige Weg des Bundesarchivs nach Berlin−Lichterfelde, in: K. Oldenhage/H.Schreyer/W. Werner (Hrsg.), Archiv und Geschichte, Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg, Düsseldorf 2000, 314– 324], bietet beispielsweise das sogenannte Sonderarchiv“ in Moskau – man denke nur an eine Trouvaille wie den Dienstkalender Heinrich Himmlers 1941/42“ [siehe S. 145] – Archivmaterial, das für die Geschichte des Dritten Reiches“ relevant ist und neue Forschungen initiiert hat [G. Aly/S. Heim, Das Zentrale

Neue Archivalien

144

Quellenkritik

Editionen

Institut für Zeit− geschichte München

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Staatsarchiv in Moskau (Sonderarchiv“). Rekonstruktion und Bestands− verzeichnis verschollen geglaubten Schriftguts aus der NS−Zeit, Düsseldorf 1993; sowie: K. v. Jena, Die Rückführung deutscher Akten aus Rußland – eine unerledigte Aufgabe, in: K. Oldenhage u. a. (Hrsg.), Archiv und Geschichte, Düsseldorf 2000, 391–420]. Daß die Revisionsbedürftigkeit so manchen zeithistorischen Resultats aber auch mit einem zuweilen gar nicht zu übersehenden Mangel im Hinblick auf die Praxis der äußeren und inneren Quellenkritik der Disziplin zu tun hat, liegt, um ein spektakuläres Beispiel anzuführen, angesichts der Auseinandersetzung um die gefälschten Hitler−Tagebücher“ auf der Hand. Wohlgemerkt: Dieses Defizit zu benennen bedeutet nicht, einen allgemeinen Tatbestand zu reklamieren. Denn es wäre ungerecht, der deutschen Zeitgeschichtsforschung insgesamt unkritischen Umgang mit den Quellen vorzuwerfen“ [803: K. Repgen, Vom Fortleben na− tionalsozialistischer Propaganda in der Gegenwart, 473; vgl. beispielsweise im positiven Sinne 180: D. Rebentisch, Reichskanzlei und Partei−Kanzlei im Staat Hitlers. Anmerkungen zu zwei Editionsprojekten und zur Quellenkunde der nationalsozialistischen Epoche]. Zudem macht Quellenkritik allein . . . nicht Geschichtswissenschaft aus. Aber Zeitgeschichte ohne ständige und ein− dringliche Quellenkritik ist nicht Wissenschaft . . .“ [803: K. Repgen ebd.; wie fruchtbar die quellenkritische Arbeit, Bekanntes ergänzend und präsentierend, korrigierend und bestätigend, voranschreitet, demonstriert eine Dokumentation von 1046: A. Wirsching zu dem bekannten Tatbestand der Rede Hitlers vor den Spitzen der Reichswehr am 3. Februar 1933]. Daß in diesem Sinne lege artis aus den archivalischen Quellen des NS−Staates“ [vgl. 30: Inventar archivalischer Quellen des NS−Staates] publizierte Editionen, über deren Bestände die von Hans Günter Hockerts bearbeitete Quel− lenkunde zur deutschen Geschichte“ für den Zeitraum Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg (1919–1945)“ [125] hilfreich informiert, eine in den verschiedenen Möglichkeiten ihrer Präsentation von der klassischen Buchausgabe bis zu modernen Medienträgern für die Entwicklung der Ge− schichtsforschung unverzichtbare Erforderlichkeit darstellen, hat Horst Möl− ler [40: Wie sinnvoll sind zeitgeschichtliche Editionen] erst unlängst überzeugend klargemacht. Neben den Editionen und Dokumentationen“ (vgl. III A2), die der Ge− schichtswissenschaft seit längerem verfügbar sind, ist vor allem auf die vom Münchener Institut für Zeitgeschichte [zur Bedeutung des Instituts für Zeit− geschichte als einer weltweit führenden Einrichtung zur Erforschung der Ge− schichte des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ vgl. H. Möller/U. Wengst (Hrsg.), 50 Jahre Institut für Zeitgeschichte. Eine Bilanz, München 1999] vorbildlich besorgten großen Gesamteditionen der Reden, Schriften und An− ordnungen“ Hitlers zwischen Februar 1925 und Januar 1933 [92; vgl. dazu F.−L. Kroll, Die Edition von Hitlers Reden, Schriften und Anordnungen, in: H. Möller/U. Wengst (Hrsg.), 50 Jahre Institut für Zeitgeschichte. Eine Bilanz,

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

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München 1999, 237–247] und der Tagebücher von Joseph Goebbels“ [66; vgl. dazu H. Möller, Die Tagebücher von Joseph Goebbels – Quelle, Überlieferung, Edition, in: K. Oldenhage u. a. (Hrsg.) Archiv und Geschichte, Düsseldorf 2000, 673–683] zu verweisen, welche die bislang zur Verfügung stehenden Teileditionen bis hin zu der fünfbändigen Ausgabe von Ralf Georg Reuth [65] für die wissenschaftliche Benutzung ersetzen wird. Ohne die erfreulich große Anzahl neuer oder aufs neue in quellenkritisch verbesserter Form zur Verfügung stehenden Editionen im einzelnen benennen zu können [vgl. dazu vor allem Magnus Brechtken, Literaturbericht. Natio− nalsozialistisches Deutschland. Teil I, in: GWU 52 (2001), 757–776], sei zumindest auswahlweise auf zwei bemerkenswerte Editionen verwiesen, welche die For− schung in maßgeblicher Art und Weise vorangebracht haben: Das sind zum einen die von Martin Moll zusammengestellten Führer−Erlasse“ aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges [94]; sie dokumentieren das, was alles Hitler selbst in Schriftform entschieden hat“, und veranschaulichen, daß sich der Diktator selbst noch im Zweiten Weltkrieg mit einer erstaunlichen Vielzahl einzelner Sachfragen bis zur Entschlußfassung persönlich befaßt hat. Und das ist zum anderen der aus den Beständen des russischen Sonderarchivs“ (siehe S. 143) zugänglich gewordene Dienstkalender Heinrich Himmlers“ aus den Jahren 1941/42 [77], der zu erkennen gibt, daß der Reichsführer SS, wie Uwe Lohalm und Wolfgang Scheffler im Vorwort betonen, die prägende Kraft dessen, was den nationalsozialistischen Staat mit seinen Verbrechen aus der modernen Ge− schichte heraushebt“, gewesen ist. Angesichts des faktischen Endes des preußisch−deutschen Nationalstaates gingen im Jahre 1945 der deutschen Geschichtsschreibung die bis dahin ver− bindlichen Maßstäbe der nationalhistorischen Betrachtung verloren, die in vielen der übrigen Staaten Europas und der Welt, im Grunde bis heute, weiter existieren. Im Rückblick auf das Dritte Reich“ und die neuere deutsche Ge− schichte, teilweise aber auch weiter zurückgreifend im Urteil über das Alte Reich, die deutschen Territorien und ihre Fürsten und Stände, machte sich eine na− tionalgeschichtlich unvoreingenommenere Sicht der Dinge bemerkbar, die zu einer grundlegenden, ja radikalen Überprüfung überlieferter Geschichtsbilder drängte. Dieser Verlust des nationalhistorischen Maßstabes war für deutsche Historiker zumal der damals nach der Zäsur des Jahres 1945 älteren Generation ein oftmals schmerzhaft als politische und wissenschaftliche Orientierungslosigkeit emp− fundener Nachteil, dessen historiographische Vorteile jedoch nach und nach deutlicher wurden. Zwar hatte die deutsche Geschichtswissenschaft vertraute Urteile und Kategorien eingebüßt, doch begab sie sich dadurch notgedrungen auf die Suche nach neuen Methoden und Wegen der Darstellung, die sie zumindest über die als zu eng und nicht mehr angemessen empfundene nationalgeschichtliche Betrachtungsweise hinausführte. Daß die so mit der zugleich als Gefährdung und als Chance wirkenden, neu gewonnenen Freiheit konfrontierte historische Wis−

Probleme historischer Urteilsbildung

146

Problem der Atomisierung

Gesamtdar− stellungen

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

senschaft zuweilen auch zu sehr bestreitbaren Resultaten gelangte, wurde alles in allem durch eine bis heute lebhaft debattierende Forschung mit Regelmäßigkeit korrigiert und zurechtgerückt, indem stets auch die andere Seite“ eines jeden Ereignisses und Problems aufgeblättert wurde. Selbst wenn angesichts der üppigen Zahl von Neuerscheinungen zum Un− tersuchungsgegenstand hin und wieder der Eindruck nicht unterdrückt werden kann, daß kaum etwas die bisherigen Forschungsergebnisse Umstoßendes darunter ist“ [A. Hillgruber, Literaturbericht. Innen− und Außenpolitik Deutschlands 1933–1945, in: GWU 35 (1984), 401], so schreitet die Wissenschaft doch insgesamt zu einer immer genaueren und breiter ausgelegten Kenntnis der Dinge voran. Allein, die Gefahr einer Atomisierung des Gesamtbildes als Folge einer zunehmend kleinteiligen Untersuchungspraxis ist, seit geraumer Zeit bereits, nicht von der Hand zu weisen. Der Gang durch die Forschung wird zu erkennen geben, daß die wissenschaftlich erforderliche Differenzierung eine nicht un− problematische Tendenz zur Segmentierung an sich nicht voneinander zu trennender Zusammenhänge fördert, die einer zuweilen pointierten, aber nicht selten verfehlten Urteilsbildung zu dienen vermag. In dieser Perspektive bleibt die Anzahl übergreifender und einordnender Gesamtdarstellungen zum Untersuchungsgegenstand vergleichsweise klein. Zu− nehmend überwiegen, bis zu einem gewissen Maße ganz selbstverständlich, die gelehrten und unverzichtbaren Monographien bei weitem die großen zusam− menfassenden Werke der Geschichte des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“. Neben den Standardwerken aus der Feder von Karl Dietrich Bra− cher [133: Deutsche Diktatur], von Karl Dietrich Erdmann [153: Natio− nalsozialismus und Zweiter Weltkrieg – Gebhardts Handbuch] und Hans−Ul− rich Thamer [191: Verführung und Gewalt. Deutschland 1933–1945] hat Horst Möller unter dem Titel Europa zwischen den Weltkriegen“ [175] eine Dar− stellung in der Handbuchreihe Oldenbourg Grundriß der Geschichte“ vorgelegt, die den Verlauf der Geschichte und die einschlägige Entwicklung der Ge− schichtswissenschaft umfassend darstellt: Durch die vergleichende Dimension seiner historiographischen Betrachtung ordnet der Verfasser die deutsche Ge− schichte in ein europäisches Gesamtbild ein, so daß das, was einander ähnelt, gerade das, was vor allem die deutsche Zeitgeschichte zwischen 1933 und 1945 davon abhebt, umso deutlicher macht. Neben Gesamtdarstellungen aus der Feder von Klaus P. Fischer [155: Nazi Germany. A New History] und Karl−Joseph Hummel [168: Deutsche Ge− schichte 1933–1945] hat Karlheinz Weissmann unter dem Titel Der Weg in den Abgrund. Deutschland unter Hitler 1933 bis 1945“ [194] eine alle Aspekte des Untersuchungsgegenstandes berücksichtigende Synthese vorgelegt, die aufgrund der politischen Umstrittenheit des Autors eine aufgeregte Debatte entfacht hat: Allein, was den wissenschaftlichen Ertrag angeht, ist dem Urteil von Ulrich Herbert[Die Zeit Nr. 49 vom 1. 12. 1995] zuzustimmen, wonach es sich bei dem Buch ungeachtet einzelner Kritik, die in bezug auf die Urteilsbildung anzumelden

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

147

ist, um ein in der Hauptsache seriöses, über weite Strecken gut und anschaulich geschriebenes Buch“ handelt, das eine intensive kritische Auseinandersetzung verdient“ [ebd.]. Die von Ulrich von Hehl zur Geschichte der inneren [163] und von Marie− Luise Recker zur Geschichte der äußeren Politik [1026] des Dritten Reiches“ im Rahmen der Enzyklopädie deutscher Geschichte“ vorgelegten Bände bieten, dem Genus der Reihe entsprechend, in gedrängter Form, zuverlässig und wei− terführend, einen enzyklopädischen Überblick“ der Sache sowie die Grund− probleme und Tendenzen der Forschung“. Dagegen akzentuieren Jost Dülffer Deutsche Geschichte 1933–1945“ [151] und Ludolf Herbst Das natio− nalsozialistische Deutschland 1933–1945“ [164] spezifische Aspekte des Ge− samten: der eine die Geschichte des Vernichtungskrieges“ der Jahre zwischen 1939 und 1945, als der Rassenkrieg“ zunehmend stärker an die Seite des Waffenkrieges“ trat und diesen sogar überlagerte; und der andere neben der gleichfalls im Zentrum stehenden Rassenpolitik die Geschichte der Rüstungs− wirtschaft. Unter der Frage nach der Existenz eines deutschen Sonderweges legt Heinrich August Winkler [2055: Der lange Weg nach Westen, Bd. 2] eine ebenso um− fassende wie einordnende Betrachtung über das Dritte Reich“ vor, und Michael Burleigh unterbreitet eine in weiten Teilen brillante Darstellung über Die Zeit des Nationalsozialismus“ [148], die freilich keine klassische Synthese reprä− sentiert, sondern zu Lasten einer Aussparung oder Reduzierung der her− kömmlichen Themen der Innen− und Außenpolitik die neuen Untersu− chungsgegenstände der Geschichte des Dritten Reiches“ (siehe S. 142) in einer Form abhandelt, die weiterführende Forschungen anzuregen imstande ist. Bleibt, last but by no means least, auf das Handbuch“ von Bernd Jürgen Wendt unter dem Titel Deutschland 1933–1945. Das ,Dritte Reich‘“ [195] hinzuweisen, welches ungeachtet des einen oder anderen Urteils, das bestreitbar erscheint, eine rundum gelungene, alle klassischen und modernen Themen des vielfältigen Zusammenhangs berücksichtigende Darstellung bietet, welche die Summe der geschichtswissenschaftlichen Kenntnis in gut lesbarer Art und Weise präsentiert. Auch in dem die Entwicklung der Forschung reflektierenden Bereich gibt es eher Bibliographien als Darstellungen [nach wie vor unverzichtbar F. Herre/H. Auerbach, Bibliographie zur Zeitgeschichte und zum Zweiten Weltkrieg für die Jahre 1945–1950, München 1955; sowie die regelmäßig veröffentlichte Bi− bliographie zur Zeitgeschichte“; führend jetzt 126: Bibliographie zum Natio− nalsozialismus“ von M. Ruck] sowie fortlaufend publizierte, knapp kommentierte und dennoch aufschlußreiche Überblicke über das Schrifttum [GWU 1 (1950) ff.; HJb 70 (1951) ff.; NPL 2 (1957) ff.]. Darüber hinaus informieren immer wieder Forschungsberichte über Spe− zialprobleme der Geschichte des Dritten Reiches“ [vgl. beispielsweise zum Thema Hitler“ nach wie vor 223: A. Hillgruber, Tendenzen, Ergebnisse und Perspektiven der Hitler−Forschung; zum Thema Zweiter Weltkrieg“ 1313: G.

Michael Burleigh: Die Zeit des Na− tionalsozialismus“

Bibliographien, Li− teraturüberblicke und For− schungsberichte

148

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Schreiber, Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung; zum Thema Regional− und Lokalgeschichte 721: H. Kuss, Die Ausbreitung natio− nalsozialistischer Herrschaft im westlichen Teil des Deutschen Reiches; sowie 714: U. v. Hehl, Die nationalsozialistische Zeit in Handbüchern der Landes− geschichte; 715: Ders., Nationalsozialismus und Region, und den einschlägigen Forschungsstand insgesamt spiegelnd 727: H. Möller/A. Wirsching/W. Zieg− ler (Hrsg.), Nationalsozialismus in der Region; zum Thema Alltag“ 732: D. Peukert, Das ,Dritte Reich‘ aus der ,Alltags‘−Perspektive; zum Thema der Geschichte und Geschichtsschreibung des Dritten Reiches“ speziell 2010: W. Dierker, Der Nationalsozialismus in der französischen Geschichtsschreibung; sowie insgesamt 2022: W. Hofer, Fifty Years On Historians and the Third Reich]. Ferner bieten wissenschaftliche Monographien nicht selten ein einschlägiges, oftmals auch den engeren Untersuchungsrahmen überschreitendes Resümee der bis dato vorliegenden Ergebnisse der Forschung, um den Ort und das Anliegen der eigenen Untersuchung erkennbar zu machen [vgl. beispielsweise 1238: A. Hill− gruber, Hitlers Strategie, 581–594 und 717–734; 1346: G. L. Weinberg, Eine Welt in Waffen, 963–983]. Umfassende Darstellungen der Forschungsgeschichte des Dritten Reiches“ zählten für geraume Zeit zu den Raritäten der Geschichtsschreibung und wurden zuweilen an leider abgelegenerem Ort veröffentlicht. Das gilt freilich nicht für Hans Mommsens [176] die Forschung der damals zweigeteilten Welt in Ost und West vergleichenden Bericht über den Nationalsozialismus“ in der Enzyklopädie Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft“. Der Autor fühlt sich in der Gedankenführung und Aussage des Artikels unübersehbar einem wissen− schaftlichen Verständnis verpflichtet, dessen Repräsentanten seit den sechziger Jahren darum bemüht waren, die bis dahin erarbeiteten Urteile der Forschung über den Nationalsozialismus und das Dritte Reich“ einer gründlichen Revision zu unterziehen. Ihr Bemühen, Hitlers Diktatur als ein polykratisches Kompe− tenzenwirrwarr zu verstehen, erscheint mittlerweile, was die unermüdlich voranschreitende Praxis der Forschung zu demonstrieren geeignet ist, als Posi− tion der orthodoxe[n] historische[n] Literatur“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 187], die ihrerseits als korrekturbedürftig gilt. Zuerst im Informationsdienst für die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amts veröffentlicht, wurde der Bericht Zum Forschungsstand über die Ge− schichte des Nationalsozialismus“ aus der Feder von Andreas Hillgruber 1982 auch in allgemein zugänglicher Form publiziert [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Nationalsozialismus]. Im Prinzip ebenso wie Hans Momm− sen die Grundprobleme und Tendenzen der Forschung zum Nationalsozialismus verfolgend und abhandelnd, stellt er das Pendant zu Mommsens Ausführungen dar. Er ist dem traditionellen Verfahren der politischen Geschichtsschreibung stärker verbunden, während Mommsens Perspektive durch die Methoden und Ergebnisse der Sozialgeschichte sowie der so genannten Strukturgeschichte“ bestimmt wird. In diesem Sinne erscheinen Mommsens Überlegungen von dem

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

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Grundsatz geleitet, Hitlers Politik und Persönlichkeit weitgehend als Spiegelung und Funktion überpersönlicher Vorgänge oder einschlägiger: struktureller Pro− zesse“ zu verstehen, ohne damit einen unaufhebbaren Rest individuellen Handelns bestreiten zu wollen. Dagegen geht Hillgruber zentral von dem aus, was man das ,Problem Hitler‘ nennen kann“ [165: Endlich genug über Nationalsozialismus, 11], ohne dessen Ermöglichung“ [E. Deuerlein] im sozialhistorischen Zu− sammenhang zu übersehen. Speziell mit diesen beiden für den Stand der Forschung zum National− sozialismus und zum Dritten Reich“ bis heute kennzeichnenden kontroversen Interpretationsvorschlägen setzte sich Karl Dietrich Bracher [277: Zeit− geschichtliche Kontroversen] in verschiedenen Aufsätzen eingehend aus− einander, die souverän einige der wesentlichen Entwicklungslinien der For− schungsgeschichte nachzeichnen und abwägend beurteilen, ohne damit jedoch einen den Artikeln von Hans Mommsen oder Andreas Hillgruber ver− gleichbaren Überblick über Grundprobleme und Tendenzen der Forschung geben zu wollen. Wie er es bereits in seinen beiden großen Standardwerken Die Auflösung der Weimarer Republik“ [378] und (in den von ihm verfaßten Teilen) über Die nationalsozialistische Machtergreifung“ [379] getan hat, bemüht er sich darum, sowohl einem übertriebenen Strukturalismus“ als auch einer zu engen Hitlerzentrik“ der Betrachtungsweise zu entgehen. Allgemeine und persönliche, funktionale und intentionale Elemente der Herrschaft Hitlers be− zieht er dabei angemessen in sein Urteil ein und betont doch mit Recht, daß die Geschichte des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ ohne die Person Hitlers nicht denkbar sei: dieser Mann und seine Intentionen und Aktionen werden stets im Zentrum jeder NS−Geschichte stehen“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 86]. Der nicht einfach zu bewältigenden Aufgabe, einen einigermaßen reprä− sentativen Bericht über die Geschichte der Forschung zum vorliegenden Gegen− stand zu schreiben, haben sich Wolfgang Wippermann [197: ,Deutsche Kata− strophe‘ oder,DiktaturdesFinanzkapitals’]undWolfgangMichalka[243:Wege der Hitler−Forschung] unterzogen. Der eine nimmt zur Interpretationsgeschichte des Dritten Reiches im Nachkriegsdeutschland“ (aber aspekthaft darüber hinaus auch im internationalen Rahmen) unter dem in die während der sechziger und siebziger Jahre aktuelle wie bereits klassische Debatte über die Entstehung, den Verlauf und den Untergang des Dritten Reiches“ einführenden Titel ,Deutsche Katastrophe‘ oder ,Diktatur des Finanzkapitals‘“ Stellung. Von Betrachtungen über die allgemeinen Bedingungen deutscher und europäischer Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert ausgehend, stößt er dabei auch zu den Besonderheiten des Falles Hitler“ vor. Dagegen wählt der andere die umgekehrte Methode, indem er die Wege der Hitler−Forschung“ nachzeichnet und im Zuge dieser Zwi− schenbilanz“ auch die allgemeinen Voraussetzungen der Geschichte des Natio− nalsozialismus und des Dritten Reiches“ spiegelt [vgl. auch: H.−U. Thamer, Das Dritte Reich. Interpretationen, Kontroversen und Probleme, in: 140, 507–531].

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Monographien zum Forschungsstand

Disposition der folgenden Abhandlung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Auch in monographischer Form stehen verschiedene Studien zur Verfügung, welche die Entwicklung der Historiographie und der Deutungen über das Dritte Reich“, also den seinerzeit bereits von John Hiden und John Farquharson in ihrer Monographie über Historians and the Third Reich“ abgehandelten Vorgang des Explaining Hitler’s Germany“ [2013] umfassend spiegeln: Pierre Aycoberry [128: La question nazi] und Gerhard Schreiber [246: Hitler. Interpretationen] stellen, in jeweils aufschlußreicher Manier, nicht zuletzt die zeitgenössischen Interpretationen über Hitler und den Nationalsozialismus dar und lassen in weiterführender Art und Weise erkennen, daß die in der Gegenwart über den Untersuchungsgegenstand vorwaltenden Anschauungen und die sich an ihm entzündenden Kontroversen ihre historische Entsprechung in der Literatur der Zwischenkriegsära und des Zweiten Weltkrieges finden. Und von jeweils unterschiedlichem Standpunkt aus, der eine eher an der Person und Politik Hitlers und der andere stärker an sozialgeschichtlichen Befunden und funk− tionalen Handlungsabläufen interessiert, reflektieren Andreas Hillgruber [165: Endlich genug über Nationalsozialismus] und Ian Kershaw [169: Der NS−Staat], jeder um solide Information und wissenschaftliche Objektivität be− müht, Forschungsstand und Literatur“ sowie Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick“ zur Geschichte des Dritten Reiches“ [vgl. dazu auch: W. Wippermann, Umstrittene Vergangenheit. Fakten und Kontroversen zum Nationalsozialismus, Berlin 1998]. An das Genus dieser hier kurz vorgestellten Forschungsberichte anknüpfend, sie sachlich und gedanklich ergänzend und variierend, sollen im folgenden erst einmal zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus und die bemer− kenswerte Renaissance des Totalitarismusbegriffs betrachtet werden. Dem heute auf eine über fünfzigjährige Forschungstradition zurückblickenden Historiker bietet sich die oftmals erstaunliche Einsicht, wie im Grunde umfassend und hellsichtig sich bereits im Verständnis der den Untersuchungsgegenstand wi− dersprüchlich einschätzenden Miterlebenden die Probleme ihrer Zeit aus− nahmen. Denn es ist beispielsweise gar nicht zu übersehen, daß die bislang im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung stehenden und mit− einander ringenden Positionen historischer Interpretation, das Dritte Reich“ eher mit dem Begriff des Faschismus oder besser mit dem seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts erneut bevorzugten Begriff des Totalitarismus zu erfassen, in ihren Grundzügen und wesentlichen Merkmalen bereits in der Zwi− schenkriegszeit und während des Zweiten Weltkrieges ausgeprägt und formuliert wurden. Vergleichbares gilt auch für andere Abschnitte dieser die Forschungsgeschichte betrachtenden Abhandlung. In diesem Sinne wird die Entwicklung des bis heute unterschiedlich beantworteten Problems aufgenommen und verfolgt, das sich in der Frage zusammenzieht, ob in erster Linie das Phänomen Hitler“ oder vielmehr ein allgemein für Europas Geschichte in den Jahrzehnten zwischen den beiden Weltkriegen verbindlicher Faschismusbegriff für Entstehung und Verlauf des

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

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Dritten Reiches“ als konstitutiv zu bewerten sind, das seinerseits die Ambivalenz der Moderne in schrecklicher Widersprüchlichkeit spiegelt. Eng im Zusam− menhang damit verlangt das bereits seit den dreißiger (und im Zusammenhang mit dem Faschismus−Problem“ schon seit den zwanziger) Jahren umstrittene Verhältnis zwischen Wirtschaft, NSDAP und Hitlers Diktatur seine ent− sprechende Behandlung im Lichte einer auf diesem Gebiet immer noch vor− anschreitenden und nach wie vor Neuland erschließenden Entwicklung in der Forschung, die ungeachtet bemerkenswerter Fortschritte und gesicherter Re− sultate in gewissen Bereichen geradezu in den Anfängen zu stecken scheint. Ob das Herrschaftsgefüge des Dritten Reiches“ auf zentraler und regionaler Ebene stärker dem totalitären Willen seines Führers“ untergeordnet war oder einem polykratischen Chaos glich, ist im Rückblick eine ebenso alte wie bis heute kontrovers behandelte Frage, während der Alltag im Dritten Reich“, der mit einer gewissen Verzögerung ins Blickfeld der Historiographie geriet, inzwischen die bevorzugte Aufmerksamkeit der historischen Wissenschaft findet. In jüngster Zeit sind zudem die Probleme, welche die Existenz von Kunst, Kultur und Wissenschaft in der totalitären Diktatur des Dritten Reiches“ betreffen, ver− stärkt in das Zentrum des Interesses gerückt und regen zu grundsätzlichen Betrachtungen über das Verhältnis und Verständnis von Zivilisation und Bar− barei an, die weit über ihre zeitverhaftete Relevanz hinaus Gültigkeit haben. Das mit der Frage nach dem Wesenskern der Führerdiktatur eng verbundene Problem, ob Hitler die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“ ei− genmächtig, zudem geleitet von früh fixierten Grundsätzen und Zielvor− stellungen, führte oder sich von den diversen, miteinander konkurrierenden und zentrifugal wirkenden Kräften in der nationalsozialistischen Polykratie sowie der sich jeweils bietenden Gelegenheit zu letztendlich objektloser Expansion fortreißen ließ, schließt sich im Zuge der Betrachtung sodann sinngemäß an und wird im Grunde von den dreißiger Jahren an bis heute diskutiert. Die schon eingangs erwähnte, politisch motivierte Orientierungslosigkeit, deren wis− senschaftlich schöpferische Auswirkungen der historischen Disziplin freilich zugute kamen, spiegelt besonders ein Blick auf die Forschung zum deutschen Widerstand und auf die immer wieder unternommenen Versuche, das Dritte Reich“ in die moderne Geschichte einzuordnen bzw. die Hitler−Zeit zu hi− storisieren. Im Hinblick auf den Genozid und die bewußt entworfene sowie teilweise verwirklichte Rassenutopie des Nationalsozialismus hat über einen langen Zeitraum hinweg die Tatsache der historischen Singularität des Dritten Rei− ches“ den Blick auf die andere totalitäre Diktatur des 20. Jahrhunderts ein− geschränkt, die in ihrer Radikalität des Ideologischen und Praktischen glei− chermaßen verwerflich war. Mit voranschreitender Forschung erweitern sich unsere allerdings nach wie vor ungenügenden Kenntnisse über vergleichbare Vorgänge und die ihnen inhärente Vernichtungsqualität in der Geschichte des kommunistischen Rußland. Nach wie vor stellt sich daher die Aufgabe, im Zuge

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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

künftiger Darstellungen, bevorzugt durch intensiv und systematisch angelegte Vergleiche mit der stalinistischen Sowjetunion, die Frage nach einer historischen Einordnung der Geschichte des Dritten Reiches“, nach seiner Historisierung, auch in dieser Perspektive zu klären (vgl. dazu S. 268) Eine solche Aufgabe wird mit Gewißheit von furchtbaren wissenschaftlichen Befunden und von schmerzlichen menschlichen Erfahrungen begleitet sein. Den− noch führt kein Weg daran vorbei, den Sachverhalt mit eben der Tatkraft und Ausdauer zu untersuchen und abzuhandeln, mit der sich die Forschung bislang der Geschichte der nationalsozialistischen Diktatur gewidmet hat. Im Lichte des gegenwärtig verfügbaren Erkenntnisstandes aber soll nun im folgenden über Ergebnisse und Beurteilungen der mit der Entstehung, der Entwicklung und dem Ende des Dritten Reiches“ befaßten Geschichtswissenschaft berichtet werden.

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus und die Renaissance des Totalitarismusbegriffs

Orthodox− marxistischer Faschismusbegriff

Wie in der Einleitung zu diesem Überblick über die Grundprobleme und Ten− denzen der Forschung angedeutet wurde, sind maßgebliche, die wissenschaftliche Diskussion bis heute bestimmende Interpretationsansätze über den Natio− nalsozialismus und das Dritte Reich“ bereits in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg vorgelegt und erörtert worden. Die zentrale Auseinan− dersetzung darüber beispielsweise, ob der Nationalsozialismus und das Dritte Reich“ angemessener mit dem Begriff des Faschismus oder dem des Totalitarismus erfaßt werden können [289: K. D. Erdmann, Nationalsozialismus – Faschismus – Totalitarismus; 277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 13–33 und 34–62; 369: Totalitarismus und Faschismus, sowie 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus], reicht in diesen Zeitraum zurück. Damit verbunden, kreisten bereits die Debatten um das lange Zeit umstrittene Problem, ob der Natio− nalsozialismus und das Dritte Reich“ in erster Linie als von der bestehenden kapitalistischen Wirtschafts− und Gesellschaftsordnung abgeleitete Phänomene einzuschätzen sind oder ob sie nicht vielmehr als unabhängige historische Er− scheinungen politische Autonomie besitzen [271: D. Azuelos, Der Natio− nalsozialismus aus der Sicht der exilierten Philosophen, Sozial− und Wirt− schaftswissenschaftler]. In diesem Zusammenhang kann der orthodox−marxistische Faschismusbegriff als der älteste Erklärungsversuch des Nationalsozialismus angesehen werden. In ihm wurzelt das ursprünglich auf die Sowjetformel“ [K. D. Bracher] vom deutschen Faschismus“ zurückgehende Verständnis des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ als einer spezifisch nationalen Variante der für Euro− pas Geschichte in der Zwischenkriegsära als allgemein verbindlich unterstellten

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

153

Erscheinung des Faschismus. Diese Deutung des Nationalsozialismus als einer Spielart des europäischen Faschismus hat sich, sieht man von der kommu− nistischen Geschichtswissenschaft ab, in mehr oder minder weitgehendem Maße von ihrer orthodoxen Herkunft gelöst. Insgesamt trug sie, vor allem seit den sechziger Jahren, als im allgemeinen das marxistische Denken auch in der westlichen Welt eine Renaissance erfuhr und als im speziellen die bis dahin von der politischen Historiographie vorgelegten Resultate über die Geschichte der nationalsozialistischen Diktatur einer kritischen Revision durch eine stärker sozial− und wirtschaftsgeschichtlich sowie strukturhistorisch“ ausgerichtete Forschung unterzogen wurden, in erheblichem Maße zur Diskussion um den Begriff und die Qualität des Nationalsozialismus bei. Mit der isoliert gestellten und damit Antworten einseitig vorformenden Frage nach dem cui bono“ im Verhältnis zwischen Wirtschaft, Faschismus und Staat versuchten kommunistische Politiker und marxistische Denker bereits zeit− genössisch das Wesen des italienischen Faschismus und sodann des deutschen Nationalsozialismus zu entlarven, indem sie es auf seine angeblich gesell− schaftliche Funktion reduzierten. Ihrer Überzeugung gemäß bestand sie für die so genannten faschistischen Bewegungen darin, als Agenten (Agententheorie“) im Dienste kapitalistischer Wirtschaftsinteressen und ihrer traditionellen Trä− gerschichten in sozial konservativer bzw. reaktionärer Hinsicht zu wirken. Im Solde der etablierten Eliten bewahrten sie diese, dem orthodox−marxistischen Verständnis zufolge, vor den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen im Zeichen der krisenhaften Erschütterungen, welche die Welt− politik und Weltwirtschaft im Gefolge der russischen Oktoberrevolution und des Ersten Weltkrieges bestimmten. In diesem Sinne wurde die für die orthodox−marxistische Interpretation klassische und im Prinzip bis zur Zeitenwende 1989/90 für die Ge− schichtsschreibung in der Sowjetunion und im Ostblock weitgehend gültig gebliebene (wenn auch beispielsweise in Polen und in Ungarn zuvor bereits, versuchsweise und vorsichtig, modifizierte) Faschismusformel definiert [324: L. Luks, Entstehung der kommunistischen Faschismustheorie] und auf den Na− tionalsozialismus und das Dritte Reich“ angewendet, die das XIII. Plenum des Exekutivkomitees der Komintern 1933 verkündete und die den Faschismus monokausal an die Existenz des Kapitalismus bindet: Der Faschismus ist die offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ [Der Faschismus in Deutschland, XIII. Plenum des EKKI, Dezember 1933, 1934 Feltrinelli ND 1967, 277]. Ausgehend von diesem in den zwanziger und beginnenden dreißiger Jahren für die Sowjetunion und die kommunistische Weltbewegung im großen und ganzen verbindlichen Verständnis des italienischen Faschismus und des deutschen Na− tionalsozialismus lassen sich zeitgenössisch zwei damit zwar noch zusam− menhängende, aber sich doch unübersehbar davon unterscheidende Inter−

Agententheorie“

Faschismusformel der Komintern

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Sozialfaschis− mustheorie

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

pretationsmodelle des Nationalsozialismus beobachten, die zum einen in un− mittelbar politischer und zum anderen mit zeitlicher Verzögerung in wis− senschaftlicher Hinsicht erheblich wurden. Einmal handelt es sich dabei um die in wissenschaftlich unberechtigter Vergröberung von Sinowjew und Stalin propagierte Sozialfaschismustheorie, deren politische Folgen für die Geschichte der Zwischenkriegszeit und das annus terribilis 1933 von kaum zu über− schätzender, ja verhängnisvoller Auswirkung waren. Dagegen zeichnet sich auf der anderen Seite eine wissenschaftlich differenzierend vorgehende Erklä− rungsvariante des Faschismus ab. Anstelle der Agententheorie“ geht sie auf die relative Eigenständigkeit und die neue Qualität des faschistischen und na− tionalsozialistischen Staates und seiner Bewegungen“ ein und wird bei− spielsweise durch die vergleichsweise unabhängigen marxistischen Denker wie den deutschen Rechtskommunisten August Thalheimer oder den Theoretiker des Austromarxismus Otto Bauer repräsentiert. Absicht und Ziel der Sozialfaschismusideologie war es, im (damals so ver− standenen) Interesse der sowjetischen Führung, den Faschismus mit der So− zialdemokratie zu identifizieren und damit die Sozialdemokratie als einen Flügel des Faschismus“ zu denunzieren, wie Sinowjew auf dem V. Komin− tern−Kongreß im Juni/Juli 1924 behauptete [Protokoll, Fünfter Kongreß der Kommunistischen Internationale, Band 1, Erlangen 1973, 67]. Wenig später kennzeichnete Stalin Faschismus und Sozialdemokratie als Zwillingsbrüder“ [J. Stalin, Werke, Band 6, 253] und ließ die Theorie des so genannten Sozial− faschismus endlich 1928/29 – nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit der Übernahme der Kanzlerschaft im Deutschen Reich durch den der westlich orientierten SPD angehörenden Hermann Müller am 28. Juni 1928 – zur of− fiziellen Ideologie der von Moskau abhängigen kommunistischen Weltbe− wegung erheben. Bis zum Übergang der sowjetischen Politik zur Volks− fronttaktik im Jahre 1934/35 wurde die Sozialdemokratie in diesem Sinn als eine besonders gefährliche Variante der faschistischen Entwicklung“ diffamiert, und Hitlers Machtergreifung“ erschien demgemäß als Bestätigung der These vom sozialfaschistischen Charakter der Sozialdemokratie“ [354: W. Schieder, Fa− schismus, 457]. Ideologische Scheuklappen“ [Th. Weingartner] hinderten Stalin und die Komintern daran, den wesentlichen Unterschied zwischen der NSDAP und der SPD auszumachen, den selbständigen Charakter der braunen Bewegung“ und des Dritten Reiches“ zu erkennen und dabei die qualitative Differenz zwischen dem Weimarer Parlamentarismus, den autoritären Kabinetten Brüning, von Papen und von Schleicher und der totalitären Herrschaft Hitlers angemessen zu be− greifen. Die Konsequenzen dieser im Banne ökonomistischer Beurteilung zu− standegekommenen Fehleinschätzung des Nationalsozialismus wurden nicht nur für den Untergang der Weimarer Republik und die Errichtung der na− tionalsozialistischen Diktatur von erheblicher Bedeutung, sondern zeitigten in mittelbarem Sinn darüber hinaus auch für den Gang der Geschichte der in−

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

155

ternationalen Politik während der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts folgenschwere Wirkungen. Erheblich davon abweichend, entwickelten unabhängige Marxisten ein dif− ferenziertes Faschismusverständnis. Es war dadurch charakterisiert, daß es sich von der Agententheorie“ löste, die neuartige und autonome Substanz der fa− schistischen bzw. nationalsozialistischen Exekutive beachtete und dement− sprechend seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Zeichen einer Wie− derbelebung marxistischen Denkens in der westlichen Welt aufgenommen und fortentwickelt wurde [vgl. zusammenfassend 286: J.Dülffer, Bonapartism, Fas− cism and National Socialism, und 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus]. Kurz nach seinem Ausschluß aus der KPD ging August Thalheimer 1930 daran, den Faschismus des 20. Jahrhunderts mit jenem von Karl Marx in seiner Studie über den 18. Brumaire des Louis Bonaparte untersuchten Bonapartismus zu vergleichen. Dabei bewertete er die gewiß als gravierend einzuschätzenden Un− terschiede der jeweils ganz andersartigen historischen Epochen als im Grunde geringfügig, sah die für seine erstmalig dezidiert auf Marx zurückgreifende Faschismusinterpretation ausschlaggebende Gemeinsamkeit zwischen Fa− schismus und Bonapartismus vielmehr darin, beide als eine Form der offenen Diktatur des Kapitals“ [A. Thalheimer, Über den Faschismus, in 262: W. Abendroth (Hrsg.), Faschismus und Kapitalismus, 28] einzuschätzen, und sprach nicht mehr länger in dogmatischem Sinn vom Faschismus als der, son− dern als einer Form der offenen Diktatur der Bourgeoisie“ [ebd.]. Ja, im Zuge seiner vergleichsweise genauer beobachtenden Auseinandersetzung mit dem Faschismus lenkte er den Blick auf die zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft relativ autonom existierende Macht des Staates und beschrieb damit über die Beachtung der gesellschaftlichen Funktion der Exekutive hinaus ihre tendenziell eigenständige politische Rolle. Doch wie Thalheimer im Prinzip am marxistischen Grundmodell“ [W. Schieder] einer letztlich kausalen Zuordnung von Kapitalismus und Fa− schismus festhielt, so hat auch der von allen unorthodox marxistischen Fa− schismustheoretikern (neben Thalheimer und Bauer sind in diesem Zusam− menhang beispielsweise Franz borkenau, Daniel Gurin, Ignazio Silone und Max Horkheimer zu nennen) vielleicht am stärksten die Verselb− ständigungstendenzen der faschistischen Staatsmacht akzentuierende Otto Bauer den funktionalistischen Erklärungsansatz marxistischen Faschis− musverständnisses nie aufgegeben. Zu seinen dennoch weiterführenden Ein− sichten über die Tatsache einer gewissen Eigenmacht des Faschismus gelangte Bauer durch die Überlegung, den Faschismus als Ergebnis eines seinerzeit zu beobachtenden Gleichgewichts der Klassenkämpfe zwischen der Bourgeoisie und dem vierten Stand anzusehen. Die Schwäche beider Klassen“, erklärt er Ent− stehung und Entwicklung der relativen Eigenständigkeit des Faschismus, ist der Sieg des Faschismus, der die Arbeiterklasse im Dienste der Kapitalisten nie− derwirft, aber im Solde der Kapitalisten ihnen so über den Kopf wächst, daß sie

August Thalheimers Faschis− musverständnis

Otto Bauers Fa− schismusbegriff

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Das marxistische Grundmodell“

Eberhard Jäckels Deutung: Klas− sengleichgewicht und Führerab− solutismus

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

selbst ihn schließlich zum unbeschränkten Herren über das ganze Volk und damit auch über sich selbst machen müssen“ [O. Bauer, Zwischen zwei Weltkriegen? Die Krise der Weltwirtschaft und des Sozialismus, Bratislava 1936, 129]. Doch im Sinne des marxistischen Grundmodells“ heißt es dann weiter: Aber wenn die faschistische Diktatur auch über die Kapitalistenklasse herrscht, so wird sie dennoch unvermeidlich zum Vollzugsorgan der Bedürf− nisse, der Interessen, des Willens der Kapitalistenklasse“, das heißt: Bauer zufolge wird angesichts einer teilweisen Zertrümmerung der Bourgeoisie im Grunde nur mit Hilfe der faschistischen Konterrevolution“ der Übergang von der durch die demokratischen Institutionen beschränkten Klassenherrschaft der gesamten Bourgeoisie zu der unumschränkten Diktatur der Großkapi− talisten und Großgrundbesitzer“ forciert. Auch die unorthodoxen marxistischen Faschismustheoretiker der Zwi− schenkriegszeit (sowie die Mehrzahl ihrer Rezipienten in den Jahrzehnten nach 1945) vermochten in ihren Studien, die in gewissem Maße durchaus die Eigen− ständigkeit des Faschismus und des Nationalsozialismus hervorheben, niemals die funktionalistische Betrachtungsweise des letztlich überproportional und essentiell auf die ökonomische Dimension festgelegten marxistischen Grundmodells“ in ihren Interpretationen des Nationalsozialismus abzustreifen. Noch viel weniger waren sie dazu imstande, die für den Verlauf der deutschen und europäischen Geschichte so ausschlaggebende Wirkung der Politik und Persönlichkeit Hitlers verständlich zu machen, der für das orthodox−marxistische Verständnis niemals mehr als eine austauschbare Marionette im Dienste der etablierten wirt− schaftlichen und politischen Eliten darstellte, später auch unorthodox an Marx− schen Kategorien orientierten sowie nichtmarxistischen Historikern in der westlichen Welt als ein nur mehr oder weniger gewichtig angesehener Rest“ im strukturellen“ Zusammenhang der Geschichte des Nationalsozialismus er− scheint. Einen sich davon zwar abhebenden und dennoch damit zusammenhängenden – in verschiedenen, gedanklich ständig weiterentwickelten Variationen entworfenen – Versuch [229: E. Jäckel, Wie kam Hitler an die Macht?; 230: Ders., Hitler und die Deutschen; 231: Ders., Der Machtantritt Hitlers; bis zu 2027: Ders., Das deutsche Jahrhundert], Thalheimers Bonapartismustheorie mit der lange zuvor zwischen 1845 und 1847 von Engels und Marx erstellten Absolutismustheorie zu verbinden, in dem aus solcher Perspektive für die Endphase der Geschichte der Weimarer Republik beobachteten ungefähre[n] Gleichgewicht der führenden Klassen“ [231: E. Jäckel, Der Machtantritt Hitlers, 137] die grundlegende Bedingung“ einer sodann von den Klassen weithin gelöste[n] Alleinherrschaft“ [ebd.] Hitlers zu diagnostizieren und in schließlich eindeutiger Transzendierung des marxistischen Grundmodells“ und seiner differenzierenden Erklä− rungsmöglichkeiten die Autonomie der Politik Hitlers zu betonen, hat Eber− hard Jäckel unternommen [vgl. auch 233: E. Jäckel, Hitlers Herrschaft, 139– 146].

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

157

Seine in bezug auf die Interpretation der nationalsozialistischen Macht− ergreifung“ von ihm selbst als Hochseilakt – einer neuen Erklärung – ohne Netz und doppelten Boden“ [229: E. Jäckel, Wie kam Hitler an die Macht? – Diskussion, 313] charakterisierte Hypothese“ [ebd., 305], die nur im Zusam− menhang mit Jäckels Urteil über Hitlers Herrschaft ihren vom Autor beab− sichtigten Sinn gewinnt, ist darum bemüht, klassische, von Engels und Marx gelieferte Kategorien auf einen Untersuchungsgegenstand des 20. Jahrhunderts anzuwenden und zu benutzen, die freilich für das Verständnis des etablierten Dritten Reiches“ nicht mehr ausreichen und ersetzt werden. Ungeachtet dieses in methodischer Hinsicht interessanten Experiments ist Jäk− kels Einschätzung der Weimarer Republik und des Machtantritts Hitlers doch prinzipiell entgegengehalten worden, eine gesellschaftliche Gesamterklärung liefern zu wollen und dann darauf zu verzichten, etwa im Sinne der alten Klassentheorie präzise anzugeben, welches die Elemente dieser Erklärung sind“ [229: E. Jäckel, Wie kam Hitler an die Macht? – Diskussion, Beitrag von K. D. Bracher, 315]. Zudem habe es, wenn sie überhaupt jemals existierte“ [ebd.], in der Weimarer Republik eine klar abgegrenzte Klassengesellschaft schon nicht mehr gegeben. Es gelingt auch mit diesem am Grundmuster einer Klassen− herrschaft orientierten Modell nicht, die Neuartigkeit eines Phänomens wie das des Nationalsozialismus als einer totalitären Integrationspartei“ [ebd.] zu be− greifen: Es entsteht im sogenannten Bürgertum außerhalb des marxistischen Lagers eine Partei, die bestimmte Züge aufweist, die die marxistischen Parteien im 19. Jahrhundert ausgebildet haben, aber gleichzeitig den Anspruch erhebt, mehr zu sein als eine Klassenpartei“ [ebd.]. Was aber die Erhellung des für alle marxistischen Interpretationen gleich welcher Art sperrigen Phänomens Hitler“ angeht, das in Jäckels eigenwilliger Deutung seine durchaus angemessene Beachtung gefunden hat, so trug dazu auch die über die ökonomistische Interpretationsperspektive der marxistischen Kapi− talismuskritik hinausreichende, geistesgeschichtlich argumentierende und phä− nomenologisch ausgerichtete Faschismusdeutung kaum Wesentliches bei. Sie wurde erst 1963 mit Ernst Noltes Werk Der Faschismus in seiner Epoche“ [335] entwickelt und knüpfte doch in gewissem Maße an zeitgenössische Beob− achtungen und Überlegungen an, die beispielsweise Thomas Mann 1938 in seinem Aufsatz Dieser Friede“ über die massigen Zeit−Tendenzen“ anstellte, die man unter dem Namen des ,Faschismus‘ zusammenfaßt“ [Th. Mann, Ge− sammelte Werke, Frankfurt a.M. 1960, Bd. 12, 831]. Diese Zeitkrankheit“, die Thomas Mann wenig später in seinen Be− trachtungen über Schicksal und Aufgabe“ erwähnte, die überall zu Hause und von der kein Land frei ist“ [ebd., 930], schien sensiblen zeitgenössischen Beob− achtern auf eine den Nationalsozialismus zwar einschließende und doch weit über ihn hinausreichende politische und geistige Strömung in Europa hinzudeuten. Ihre Erscheinung, ihre Ideologie und ihr Lebensgefühl vermittelten den Eindruck einer epochal charakteristischen Gemeinsamkeit und ließen Thomas Mann − auch noch

Thomas Manns Beobachtungen

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Totalita− rismustheorie

Entstehung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – von der faschistischen Epoche des Abendlandes“ [ebd., Bd. 9, 702] sprechen. Vergleichsweise unergiebig blieb diese Interpretation freilich, wie gesagt, erst einmal für das Verständnis des Falles Hitler“, den die Miterlebenden bewunderten oder verachteten, von dem sie aber auf jeden Fall fasziniert waren und zu dem sie eine Erklärung verlangten. Die in maßgeblichen Elementen bereits von Zeitgenossen entwickelte, zu− nehmend differenzierte und bis heute entscheidende wissenschaftliche Gegen− position zum marxistischen und nichtmarxistischen Faschismusverständnis bildet die Totalitarismustheorie. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, daß sie seit einiger Zeit erneut und in entsprechendem Rückgriff auf zeitgenössische Deutungen, beispielsweise von Eric Voegelin (siehe S. 162), auch den quasi−religiösen Charakter der Tyranneien des 20. Jahrhunderts akzentuiert, hat sie an wis− senschaftlicher Erklärungskraft gewonnen und erweist sich im Hinblick auf die Deutung des modernen Diktaturphänomens im Vergleich mit den Faschis− mustheorien als überlegen (siehe S. 161). Was den Nationalsozialismus angeht, so galt er bereits dem zeitgenössischen Verständnis des Totalitarismus nicht in erster Linie als politische und soziale Konterrevolution gegen die Ideen und Konsequenzen der russischen Oktoberrevolution, sondern vielmehr als an− tidemokratische Revolution gegen den liberal−parlamentarischen Verfas− sungsstaat. Dabei erscheint ihr das für den Nationalsozialismus bestimmende Kennzeichen nicht in der Tatsache zu liegen, daß er – in gewissem Maße selbstverständlich auch – ein Kind des Kapitalismus war. Vielmehr akzentuiert sie seine Affinität, ja Identität mit der kommunistischen Diktatur in der So− wjetunion. Rote“ und braune“ Gewaltherrschaften werden dabei von der Warte der westlich−parlamentarischen Werteordnung aus, die sich mit der Ver− fassungsentwicklung in den liberalen Demokratien ausgebildet hat, gleichermaßen verurteilt und abgelehnt. Daß die Totalitarismustheorie nicht, wie oftmals fälschlicherweise behauptet wird, ein Kind des Kalten Krieges“ ist, sondern vielmehr als Sache und Begriff der Zwischenkriegsära des 20. Jahrhunderts entstammt, haben verschiedene Autoren nachgewiesen – von Jens Petersen in einer Abhandlung über Die Entstehung des Totalitarismusbegriffs in Italien“ [344] bis hin zu der unter dem Titel Totalitarismus und säkulare Religionen“ vorgelegten, sachlich und gedanklich ausgezeichneten Darstellung von Markus Huttner über die Frühgeschichte totalitarismuskritischer Begriffs− und Theoriebildung in Großbritannien“ [310] – wobei im übrigen die Erörterung, ob bzw. in welchem Grade der italienische Faschismus totalitär zu nennen ist, nach wie vor andauert [302: A. J. Gregor, Italian Fascism and Developmental Dictatorship; 331: M. Michaelis, Anmer− kungen zum italienischen Totalitarismusbegriff; 299: E. Gentile, The Sacra− lization of Politics in Fascist Italy; sowie den gegenwärtigen Stand der Debatte zusammenfassend 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus]. Auch von seiten des Vatikans wurde bereits am 26. April 1931, im Streit mit Mussolini, in einer die Vereinbarkeit eines Omnikompetenz“ beanspruchenden Stato totalitario“ mit

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

159

der anerkannten Lehre von der kirchlichen Äquidistanz gegenüber den ver− schiedenen Staatsformen“ [803: K. Repgen, Vom Fortleben national− sozialistischer Propaganda in der Gegenwart, 456–457] eingehend und dif− ferenzierend prüfenden Art und Weise zum Totalitarismus Stellung genommen. Ohne den Begriff zu benutzen, mit dieser Position aber unübersehbar verwandt und ihrem interpretatorischen Grundmuster sowie ihrer politischen Überzeugung durchaus verpflichtet, sprach bereits 1930 der deutsche Historiker Friedrich Meinecke davon, das demokratische Bürgertum in Deutschland sehe sich gleichzeitig dem bedrohlichen Ansturm von Bolschewismus und Natio− nalsozialismus ausgesetzt [F. Meinecke, Politische Schriften und Reden, Darm− stadt 1958, 444]. Unübersehbar forderten die Diktaturen Hitlers und Stalins die westliche Welt und den für sie konstitutiven Freiheitsbegriff grundsätzlich heraus, und ihre antagonistische Verwandtschaft umfaßte, wie der Forschung zunehmend deutlich geworden ist, auch die Existenz von Nationalsozialismus und Kommu− nismus [vgl. beispielsweise die aufschlußreiche Debatte zwischen Conan Fischer und Dick Geary: C. Fischer, Class Enemies or Class Brothers? Communist – Nazi Relations in Germany 1929–33, in: EHQ 14 (1985), 259–279; die Erwiderung von D. Geary, Nazis and Workers: A Response to Conan Fischer’s Class Enemies or Class Brothers?“, in: EHQ 15 (1985), 453–464, und die Antwort darauf von C. Fischer, The KPD and Nazism: A Reply to Dick Geary, in: EHQ 15 (1985), 465–471]. Vor diesem Hintergrund läßt sich heute mit dem englischen Historiker Michael Burleigh [148: Zeit des Nationalsozialismus, 30] im Hinblick auf die Gültigkeit des Totalitarismusbegriffs alles in allem feststellen: Trotz aller in den letzten dreißig Jahren unternommenen Versuche, den Begriff ,Totalitarismus‘ aus dem korrekten akademischen Sprachgebrauch zu verbannen, ist er doch ein brauchbares Analysewerkzeug geblieben, und zwar ebenso für jene, die nichts Anrüchiges dabei finden, den Nationalsozialismus in einem Atemzug mit dem Sowjetkommunismus zu erwähnen, wie für jene, die sich über oberflächliche Abläufe hinaus für psychologische Urgründe interessieren“. Unter dem zeitgenössischen Eindruck der Tatsache, daß das Dritte Reich“ und die Sowjetunion während des Zeitraums vom 23. August 1939 bis zum 22. Juni 1941 sogar miteinander paktierten und in dieser Zeit Polen zum vierten Mal in der neueren Geschichte teilten [991: K. Hildebrand, Das Ungewisse des Zukünf− tigen], fand im November 1939 in den Vereinigten Staaten von Amerika ein Symposium on the Totalitarian State“ statt. Es arbeitete Übereinstimmungen zwischen den Regimen Mussolinis, Hitlers und Stalins heraus und trug als wirkungsvolle Anregung zu der – in den folgenden Jahren bis heute allerdings noch manch unvermuteter, politisch bedingter Entwicklung unterworfenen – Fortbildung des Totalitarismusbegriffs bei. An diese zeitgenössischen Vorläufer knüpften in den fünfziger und sechziger Jahren die Studien aus der Feder von Hannah Arendt sowie von Carl J. Friedrich in Zusammenarbeit mit Zbigniew Brzezinski [268: H. Arendt, Elemente und Ursprünge; 295: C. J. Friedrich, Totalitäre Diktatur] über den

Gültigkeit

160

Carl Joachim Friedrichs Defi− nition: Die sechs Kennzeichen

Tragfähigkeit und Aktualität des Totalita− rismusbegriffs: Karl Dietrich Brachers Position

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

gegen den Nationalsozialismus und den Kommunismus gerichteten und für das Selbstverständnis des freien Teils der zweigeteilten Welt maßgeblichen Tota− litarismusbegriff an. Im Blick auf die markanten Realtypen totalitärer Herr− schaft entwickelte Friedrich [vgl. dazu: A. Stoll, Die Totalitaris− muskonzeption von C. J. Friedrich in Kritik und Gegenkritik, Diss. Bayreuth 1980; vgl. auch H. J. Lietzmann, Von der konstitutionellen zur totalitären Diktatur. Carl Joachim Friedrichs Totalitarismustheorie, in 361: A. Söllner/R. Walkenhaus/K. Wieland, Totalitarismus. Eine Ideengeschichte, 174–192; sowie A. Siegel, Der Funktionalismus als sozialphilosophische Konstante der Tota− litarismuskonzepte Carl Joachim Friedrichs, in: ZfP 43 (1996), 123–144] die Wesenszüge, die der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatur ge− meinsam waren und die somit in praktischer, ja in technischer Hinsicht den Begriff des Totalitären konstituieren. Es sind dies die sechs folgenden [Kennzeichen K.H.]: eine Ideologie, eine Partei, eine terroristische Geheimpolizei, ein Nach− richtenmonopol, ein Waffenmonopol und eine zentral gelenkte Wirtschaft. Aus ihnen setzt sich das Modell zusammen“ [295: C. J. Friedrichs, Totalitäre Dik− tatur, 80]. Trotz methodischer Vorbehalte, die gegenüber jedem Vergleich zweier letztlich in sich ruhender historischer Phänomene anzuführen sind, hält gerade die neuere Forschung im Bewußtsein der Tatsache, daß sich totalitäre Regime zwar grundlegend ähnlich“, aber nicht völlig gleichartig“ [M. Burleigh] sind, an der Sinnfälligkeit und Benutzbarkeit des Totalitarismusbegriffs fest [361: A. Söllner/R. Walkenhaus/K. Wieland, Totalitarismus. Eine Ideengeschichte; und 312: E. Jesse (Hrsg.), Totalitarismus im 20. Jahrhundert. Eine Bilanz der internationalen Forschung] – mit großem wissenschaftlichen Ertrag, wie nach wie vor Karl Dietrich Brachers inzwischen klassische Darstellung Die Krise Europas 1917–1975“ [134] überzeugend demonstriert. Maßgeblich für diese Renaissance [vergleichsweise früh, also lange vor der Zeitenwende der Jahre 1989/90, die den Totalitarismusbegriff rehabilitierte und von seiner po− litischen Stigmatisierung als einem Instrument des Kalten Krieges befreite, dazu 311: E. Jesse, Renaissance der Totalitarismuskonzeption?] ist nicht zuletzt die Tatsache, daß die Erkenntnisse über das Wesen des Sowjetregimes“ [1985: R. Aron, Die letzten Jahre, 124] und über die essentielle Affinität der verwandten Gegner Bolschewismus, Faschismus, Nationalsozialismus“ [325: L. Luks] schärfer ins Bewußtsein der Wissenschaft rücken und zuweilen sogar das na− tional−sozialistische Regime. . . wesentlich weniger“ totalitär erscheint als die Sowjetunion unter Stalin, ja sogar unter Breschnew“ [1985: R. Aron, Die letz− ten Jahre, 124]. Und die lange Zeit im Hinblick auf die Rassenutopie des Dritten Reiches“ übereinstimmend als Tatsache akzeptierte Einsicht in die Singularität der pro− grammatischen Politik Hitlers, die neuerdings durch die gedankenreichen, in einzelnen Befunden erwägenswerten, aufs Ganze gleichwohl höchst pro− blematischen Studien von Götz Aly und Susanne Heim (siehe S. 280) rela−

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

161

tiviert und bevorzugt aus den Entwicklungsbedingungen der kapitalistischen Ökonomie erklärt wird, wurde zunehmend mehr durch die Frage nach der Vergleichbarkeit mit den Zielen, den Wirkungen und der Vernichtungsqualität des Stalinismus [zur Vergleichbarkeit einzelner Einrichtungen und Instrumente der beiden Gewaltherrschaften vgl. 285: D. Dahlmann/G. Hirschfeld (Hrsg.), Lager, Zwangsarbeit, Vertreibung und Deportation. Dimensionen der Mas− senverbrechen in der Sowjetunion und in Deutschland 1933 – 1945] der Kritik unterzogen. Auch in dieser Perspektive wird sich die Tragfähigkeit des Tota− litarismusbegriffs zu bewähren haben oder zur wissenschaftlichen Diffe− renzierung seiner Plausibilität drängen, wenn es darum geht, die ebenso schrecklichen wie utopischen Phänomene des im Namen von Rasse oder Klasse systematisch betriebenen Massenmordes einerseits und der planmäßig angelegten Heranbildung oder −züchtung einer neuen Klasse oder Rasse andererseits ver− gleichend dazustellen (vgl. dazu S. 289). Bis dahin aber gilt es als Befund des gegenwärtigen Forschungsstandes über die Ähnlichkeiten und Unterschiede der beiden Prototypen des Totalitarismus, dessen eine, die nationalsozialistische Ideologie, für den Fall einer Niederlage im universalen Rassenkrieg die düstere Vision einer kosmischen Verwüstung pflegte, während der anderen, der kommunistischen Ideologie, weil sie das eherne Gesetz der Geschichte auf ihrer Seite wähnte, nichts anderes als der historische Endsieg vorstellbar erschien, festzuhalten, was unlängst so umschrieben worden ist: Im Vergleich mit dem sowjetischen Experiment der Schaffung eines neuen Menschen gingen die Nazis noch einen großen Schritt weiter, indem sie sich anschickten, nicht nur das Denken der Menschen, sondern auch ihre Physis zu manipulieren. In der Praxis bestand freilich oft kaum ein wahrnehmbarer Unterschied zwischen den unmenschlichen ,Idealen‘, die beide Regime ihren Völkern und namentlich ihrer jungen Generation einzuimpfen versuchten“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 19; zu den Tendenzen, in der Sowjetunion den neuen, sozialistischen Menschen biologisch zu züchten, vgl. K. Rossijanow, Gefähr− liche Beziehungen: Experimentelle Biologie und ihre Protektoren, in 856: D. Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht. Intellektuelle Professionen unter Stalin und Hitler, 340 – 359]. Insgesamt hat sich die Interpretationskraft des Totalitarismusbegriffs für die Beschreibung und Erklärung der modernen Geschichte im 20. Jahrhundert – vor allem angesichts der zwischen den verschiedenen europäischen Faschismen immer markanter hervortretenden fundamentalen Unterschiede [vgl. beispielsweise 370: H. A. Turner, Faschismus und Anti−Modernismus; 291: R. de Felice, Der Faschismus; 277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 13–33, und vor allem, ungeachtet der Tatsache, daß der Autor an einem unter Zuhilfenahme hoher Abstraktion gewonnenen Faschismusbegriff festhält, 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus] – im Hinblick auf die erforderliche Erklärungsmacht der Tyranneien Stalins und Hitlers bewährt [vgl. grundlegend zum Problem E. Wolfrum, Diktaturen des 20. Jahrhunderts, in: VfZ 40 (1992), 155–158; sowie 163:

Vergleich im Detail

162

Der religiöse Charakter des national− sozialistischen Totalitarismus

Eric Voegelin Raymond Aron

Hans Maier

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 144, der den von E. Nolte postulierten Kausalzusammenhang von nationalsozialistischen Rassen− und bolschewistischen Klassenmorden kritisch beurteilt]. In diesem Sinn erscheint Hitlers Nationalsozialismus im modernen, technische und psychologische Elemente bündelnden Verständnis des Totalitarismus als eine totalitäre politische Religion“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 1], mit anderen Worten: Der klassische Totalitarismusbegriff benennt bevorzugt die praktischen, politischen Elemente der Herr− schaftstechnik, der unter Rückgriff auf wegweisende Vorbilder erweiterte Tota− litarismusbegriff rückt ergänzend dazu vor allem die mentalen und säkular− religiösen Elemente der Geistes− und Religionsgeschichte ins Blickfeld [329: H. Maier/M. Schäfer (Hrsg.), Totalitarismus“ und Politische Religionen“. Kon− zepte des Diktaturvergleichs]. Erich (später Eric) Voegelin [372: Die politischen Religionen] sprach im Hinblick auf die modernen Diktaturen bereits 1938 von politischen Religionen“, und nur wenig später benutzte Raymond Aron, bei allen Unterschieden, die beide Autoren in diesem Zusammenhang charak− terisieren, den Begriff religion politique“ und später religion sculire“ [270: R. Aron, Les religions sculaires, 139–222]. Und in diesem Sinn wird in jüngster Zeit, über das Phänomen der kommunistischen Heils− und Gewaltherrschaft hinaus, die Tatsache zunehmend deutlich, daß der italienische Faschismus ebenso eine politische Religion“ [298: E. Gentile, Fascism as Political Reli− gion; und 259: Ders., The Sacralization of Politics in Fascist Italy] dargestellt hat, wie Der Nationalsozialismus als politische Religion“ [320: M. Ley/J. H. Schoeps (Hrsg.); und 274: C.−E. Bärsch, Die politische Religion des Nationalsozialismus] weitreichend erklärbar wird. Ganz unterschiedliche Autoren, zu denen neben den bereits genannten Hi− storikern auch Philippe Burrin [283: Political Religion], Saul Friedländer [1431: Das Dritte Reich und die Juden, Bd. 1] und Michael Burleigh [148, der seit dem Jahre 2000 eine dem in Rede stehenden Untersuchungsgegenstand gewidmete Zeitschrift mit dem Titel Totalitarian Movements and Political Religions“, zusammen mit Robert Mallett, herausgibt; vgl. ferner bei− spielsweise 360: J.−P. Sironneau, Scularisation et religions politiques] zählen, neigen dazu, den säkular religiösen, messianischen Charakter des Natio− nalsozialismus zu betonen. Allen voran ist es aber Hans Maier, der die Be− funde von Eric Voegelin und Raymond Aron, von Waldemar Gurian [304: Um des Reiches Zukunft; 305: Ders., Totalitarian Religions] und Jakob Talmon [363: Die Ursprünge der totalitären Demokratie; 364: Ders., Politischer Mes− sianismus; 365: Ders., Myth of the Nation and Vision of Revolution] schöpferisch weitergeführt und im umfassenden Vergleich die Existenz des National− sozialismus als eine säkulare Religion plausibel gemacht hat [329: Totali− tarismus“ und Politische Religionen“. Konzepte des Diktaturvergleichs; 327: Politische Religionen. Die totalitären Regime und das Christentum; 328: Wege in die Gewalt. Die modernen politischen Religionen]: Denn man mag die Ge−

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

163

schichte des Dritten Reiches“ mit rationalistischen Kategorien und Konzepten noch so oft aufwärmen“, so ist der Stand der Forschung unlängst zusammengefaßt worden, es fehlt darin ein Element, das nur durch den Rückgriff auf unbefriedigte religiöse Bedürfnisse zurückgewonnen werden kann. Denn was war der Führer anderes als ein Messias? Was waren auserwählte Rassen, führende Klassen und Avantgarde−Parteien anderes als privilegierte Werkzeuge des Schicksals? Was sonst lag der pseudowissenschaftlichen Überzeugung zugrunde, wenn erst einmal die dämonischen Klassen− oder Rassenfeinde überwunden seien, werde die Menschheit in einen Zustand der Vollkommenheit eintreten? Was war die ,Volksgemeinschaft‘ anderes als eine Rückkehr in Zeiten, die keine kategorische Trennung von Kirche und Staat gekannt hatten und in denen das eine mühelos in das andere übergegangen war?“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 249]. Immer wieder scheiterten freilich beide vergleichend gewonnenen und auf die Geschichte des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ applizierten Begriffe, der Faschismusbegriff ebenso wie der Totalitarismusbegriff, glei− chermaßen, wenn es darum geht, die mit hoher Autonomie ausgestattete und dementsprechend geschichtsmächtige Persönlichkeit Hitlers und seine Politik zu verstehen. Diese Feststellung gilt nicht zuletzt für den alles in allem nicht überzeugenden Versuch Alan Bullocks, durch die Darstellung der Parallelen Leben“ von Hitler und Stalin [206] im Zuge einer Doppelbiographie der beiden totalitären Führer zusätzlichen Aufschluß zu bieten: Selbst die Vita Hitlers, die insgesamt eingehender dargestellt wird als diejenige Stalins, wird im Vergleich mit dem einschlägigen Stand der Forschung (siehe S. 185 ff.) nicht eben besser ver− ständlich als zuvor. Auf die Erheblichkeit des Faktors Hitlers“ für die Entwicklung der na− tionalsozialistischen Bewegung“ und des Dritten Reiches“ verwiesen in zeit− genössischem Rahmen [vgl. dazu nach wie vor informativ 246: G. Schreiber, Hitler. Interpretationen, 17–156] beispielsweise schon früh Theodor Heuss mit seinem 1932 veröffentlichen Buch über Hitlers Weg“ [220] und sodann durch die Kühnheit der Fragestellungen und die Freiheit des Urteils noch heute bei− spielhaft“ [210: J. Fest, Hitler, 1045] der Journalist Konrad Heiden, der in den dreißiger Jahren eine nach wie vor beachtenswerte zweibändige Hitlerbiographie [219] vorlegte. Darin behandelt Heiden unter anderem bereits damals die bis heute kontrovers beantwortete Frage, ob Hitler eher improvisiert oder stärker zielgerichtet agiert habe. Während er den prinzipienlosen Opportunismus des Diktators als grundlegend für die Persönlichkeit Hitlers beurteilt, verkennt er doch nicht die systematischen Elemente in der Politik des größten Men− schenerschütterer[s] der Weltgeschichte“ [219: K. Heiden, Hitler, Bd. 1, 6] und stellt bereits 1937 zutreffend fest: So beruhen alle wirklichen politischen Hand− lungen Hitlers auf dem Programm von ,Mein Kampf‘“ [ebd., Bd. 2, 255]. Gegenüber Heidens eher zwiespältigem Urteil über die Gleichzeitigkeit von Zielgerichtetheit und Opportunismus in Hitlers Gedankenbildung und Politik

Fazit der Debatte

Faktor Hitler

Hitler in zeit− genössischen Urteilen

Konrad Heiden

164

Hermann Rauschning

Wegbereiter einer Struktur− geschichte“

Ernst Fraenkel

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

neigte ein anderer, sich mit dem Fall Hitler“ überaus intensiv beschäftigender Zeitgenosse, Hermann Rauschning, in seinem von konservativem Blickwinkel aus [vgl. dazu die neben Rauschning auch Plessner, von Hayek, Rüstow, Röpke und andere behandelnde Dissertation von W. Ender, Konservative und rechtsliberale Deuter des Nationalsozialismus 1933–1945. Eine historisch−po− litische Kritik, Frankfurt a.M. u. a. 1984; vgl. auch J. Solchany, Vom Anti− modernismus zum Antitotalitarismus. Konservative Interpretationen des Na− tionalsozialismus in Deutschland 1945 – 1949, in: VfZ 44 (1996), 373–394] ge− schriebenen, gedankenreichen und tiefschürfenden Werk über Die Revolution des Nihilismus“ [2045] stark dazu, Hitler als einen auf die Selbstzerstörung zueilenden schrankenlosen Machiavellisten einzuschätzen, obwohl seit Theo− dor Schieders 1972 publizierter Untersuchung über Hermann Rauschnings ,Gespräche mit Hitler‘ als Geschichtsquelle“ [1030] nicht mehr länger zu über− sehen ist, daß Rauschning in Hitlers Gedankenbildung und Politik durchaus bereits kontinuierliche Elemente diagnostiziert hat. Was im übrigen Theodor Schieders grundlegende Studie in sorgsam abwägender und dennoch prägnanter Form über den begrenzten Quellenwert dieses Dokuments ausgeführt hat, darf nach wie vor ungeachtet ganz unterschiedlicher Einwände als gültig angesehen werden [973: M. Broszat, Enthüllung? Die Rauschning−Kontroverse; vgl. auch E. Jesse, Hermann Rauschning. Der fragwürdige Kronzeuge, in 568: R. Smelser/ E. Syring/R. Zitelmann, Die braune Elite, Bd. 2, 95–107]. Auch die von der modernen Forschung stark betonte Janusköpfigkeit des Dritten Reiches“, dessen Charakter zugleich modern und antimodern, tra− ditionell und revolutionär, abgeleitet und eigenständig, ingeniös und impro− visiert, monolithisch und polykratisch war, entging dem zeitgenössischen Urteil keineswegs. In Ernst Fraenkels 1941 veröffentlichter Darstellung über den Dual State“ [156; vgl. auch H. Buchstein (Hrsg.), Vom Sozialismus zum Pluralismus. Beiträge zu Werk und Leben Ernst Fraenkels, Baden−Baden 2000] kommt diese Erkenntnis bereits im Titel des Buches zum Ausdruck, das die Kluft zwischen Staat und Partei im nationalsozialistischen Deutschland, zwischen herkömmlichem Normenstaat“ und terroristischem Maßnahmestaat“ bis heute wohl unübertroffen darstellt und dabei – der Überzeugung des Verfassers vom Doppelstaat gemäß – den fortschreitenden, ideologisch dirigierte[n], aber unkontrollierte[n] Normenzerfall im Maßnahmesystem“ [357: G. Schulz, Fa− schismus – Nationalsozialismus, 153] beschreibt. Der Befund über den Dualismus zwischen Staat und Partei, ja die Einsicht in den Widerspruch zwischen dem in seiner propagandistischen Selbstdarstellung postulierten und behaupteten To− talanspruch des Dritten Reiches“ und seiner tatsächlichen inneren Anarchie wurden unter anderem in Fortentwicklung der Ergebnisse Fraenkels zu einem Leitmotiv der in den sechziger Jahren einsetzenden Revisionsbemühungen im Hinblick auf das bis dahin über das Dritte Reich“ entworfene Geschichtsbild. Nunmehr wurden neben der Darstellung vom monolithisch organisierten Führerstaat, ja diese zum Teil ungerechtfertigterweise mehr und mehr ver−

1. Zeitgenössische Deutungen des Nationalsozialismus

165

drängend, die Kennzeichen der autoritären Anarchie“ [W. Petwaidic] und des institutionellen Kompetenzenchaos als Charakteristika der national− sozialistischen Diktatur in den Vordergrund des wissenschaftlichen Bewußtseins und Interesses gerückt. Das geschah in einer teilweise so überspitzten und ein− seitigen Art und Weise, daß der damit einhergehende Revisionismus vor allem in der angelsächsischen Literatur inzwischen als neue Orthodoxie eingeschätzt wird [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 187 und 227] (siehe S. 148). Dabei konnten sich die damaligen Revisionisten“ [vgl. zu dem in diesem Kontext seinerzeit ins Auge gefaßten Inhalt des Begriffs, der im Hinblick auf seine Repräsentanten mit voranschreitender Forschung natürlicherweise andau− erndem Wandel unterliegt 223: A. Hillgruber, Tendenzen, Ergebnisse und Perspektiven der Hitler−Forschung, 612; und 135: K. D. Bracher, Zeitge− schichte im Wandel, 640] neben Fraenkels Studie auf ein weiteres, 1944 ver− öffentlichtes Standardwerk über die innere Geschichte des Dritten Reiches“, nämlich auf Franz Neumanns Behemoth“ [403; vgl. dazu auch J. Bast, Tota− litärer Pluralismus. Zu Franz L. Neumanns Analysen der politischen und rechtlichen Struktur der NS−Herrschaft, Tübingen 1999] beziehen. Structure and Practice of National Socialism“, der dem Autor als das politische System eines totalitären Monopolkapitalismus“ gilt, wurden Neumann zufolge im vertikalen Pluralismus“ des nationalsozialistischen Staates von vier selb− ständigen Machtträgern, und zwar der Partei, der Armee, der Bürokratie und der Industrie, geprägt, und schließlich, so folgerte er, würden nur noch Partei und Armee die permanente Konkurrenz überleben. Beide Studien, die von Fraenkel und die von Neumann, verweisen bereits stark auf die Dimension der inneren Verfaßtheit und auf die Bedeutung der sozialökonomischen Grundlagen des Dritten Reiches“. Sie wurden erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung seit den sechziger Jahren rezipiert und in nicht selten überzogener Art und Weise zum Modell der angeblich polykratischen Herrschaft des Dritten Reiches“ weiterentwickelt: Mittlerweile, nicht zuletzt durch Dieter Rebentischs grundlegende Darstellung Führerstaat und Ver− waltung im Zweiten Weltkrieg. Verfassungsentwicklung und Verwaltungspolitik 1939–1945“ [406] sind die von diesen beiden zeitgenössischen Klassikern auf− geworfenen Fragen aufgenommen, gründlich erforscht und, was vor allem das Problem des monokratischen oder polykratischen Charakters des Dritten Rei− ches“ angeht, in differenzierter Form beantwortet worden (siehe S. 228 f.). Gleichfalls schon von Zeitgenossen wurde immer wieder der Versuch un− ternommen, das Dritte Reich“ in eine Kontinuität deutscher Geschichte ein− zuordnen. Ohne den uns heute politisch recht abwegig und wissenschaftlich unhaltbar vorkommenden Versuchen nationalsozialistischer Propaganda und nationalistischer Geschichtsschreibung im einzelnen nachgehen zu können, die Hitlers Drittes Reich“ beispielsweise als das legitime historische Erbe des Bismarckstaates und des friderizianischen Preußen verstanden und teilweise bis zu Luther und den mittelalterlichen Kaisern zurückführten [992: K. Hildebrand,

Franz Neumann

Kontinuitäts− probleme in zeit− genössischer Sicht

166

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Das vergangene Reich, 849–898], wurde dieser Stammbaum deutscher Größe“ [K. O. Frhr. von Aretin] zur gleichen Zeit bereits in negativem Licht betrachtet und als der Weg der Deutschen in die Kriege und Katastrophen Europas dar− gestellt. Diese den positiv verstandenen Kontinuitätsbegriff deutscher Geschichte spiegelbildlich verkehrende Konstruktion wurde im zeitgenössischen Zusam− menhang während des Krieges wohl am drastischsten in den 1941 als Black Record“ veröffentlichten Rundfunkansprachen Robert Vansittarts, des ehe− maligen englischen Ständigen Unterstaatssekretärs im Foreign Office, pro− pagiert. Die Absurdität dieser Geschichtsklitterung reflektiert bis zu einem ge− wissen Grad das Bemühen des Dritten Reiches“ um Ahnensuche und muß nicht zuletzt, wenn auch keineswegs ausschließlich, als kriegsbedingte Feind− propaganda verstanden werden. Vor dem Hintergrund solcher Verurteilung des Dritten Reiches“ als des angeblich kontinuierlich und logisch hervorgebrachten Ergebnisses der deut− schen Geschichte entzündete sich unmittelbar nach dem Krieg die bis heute unterschiedlich beantwortete [durch die so genannte Fischer−Kontroverse – vgl. dazu S. 313 f. – in den sechziger Jahren noch einmal besonders akzentuiert aufgeworfene – vgl. dazu K. Hildebrand, Von Erhard zur Großen Koalition 1963–1969 (Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 4) Stuttgart/ Wiesbaden 1984, 130–131 und passim] Frage nach der Existenz eines so ge− nannten Sonderweges der Deutschen und nach dem Ort des National− sozialismus in der modernen Geschichte Deutschlands und Europas (siehe S. 131 ff.). War Hitlers Drittes Reich“ in diesem Sinne ein notwendiges, wahrscheinliches oder zufälliges Ergebnis der deutschen Entwicklung auf ihrem Weg vornehmlich im 19. und 20. Jahrhundert, oder muß es nicht doch eher als eine übernationale, freilich radikale Ausprägung der europäischen Geschichte im Zeitalter der Tyranneien“ [306: E. Halvy] bzw. in der Epoche des Fa− schismus“ angesehen werden? Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund bewegen sich die Interpretationen über die Geschichte des Dritten Reiches“ in einem Zusammenhang, in dem versucht wird, den nationalsozialistischen Totali− tarismus durch die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Hitler“, durch die Beschäftigung mit der Existenz und dem Begriff des europäischen Faschismus und durch die Frage nach dem modernen oder unmodernen Charakter dieser Diktatur zu erklären.

2. Das Phänomen Hitler“, der europäische Faschismus und die Ambivalenz der Moderne Hitlerzentrik“ – Struktur− geschichte“

Lange Zeit waren zwei entgegengesetzte und doch aufeinander angewiesene Interpretationsmodelle für unser Verständnis der Geschichte des Dritten Rei− ches“ bestimmend. Wenn diese die Forschung intensiv beschäftigende Erörterung

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

167

zwischen Personalismus“ und Strukturalismus“ auch zunehmend durch einen sich auf neue Untersuchungsgegenstände konzentrierenden Themenwechsel (siehe S. 142) in gewisser Hinsicht relativiert und vielleicht gerade auf diesem Weg aus möglicherweise noch ganz unbekannten Perspektiven neue Aufschlüsse gewinnen wird, beschreibt sie natürlich nach wie vor ein zentrales Interesse der Disziplin. Was die miteinander ringenden Positionen der Wissenschaft angeht, so handelt es sich dabei zum einen um den traditionell, mit unbestreitbarem Erfolg praktizierten biographischen Ansatz der Historiographie. Ausgangspunkt des wissenschaftlichen Interesses, das auf diesem Weg auch zur allgemeinen Be− trachtung der Geschichte seiner Zeit vordringt, sind dabei die Persönlichkeit und die Politik Hitlers. Die Fruchtbarkeit biographischer Darstellungen über die Geschichte des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ empfand Waldemar Besson bereits 1961, als er seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, daß die für lange Zeit beste Gesamtdarstellung des Nationalsozialismus . . . in Gestalt einer Hitler−Biographie“ aus der Feder von Alan Bullock vorliege [W. Besson, Zeitgeschichte, in: Geschichte. Fischer Lexikon 24, Frankfurt a.M. 1961, 344]. Auch angesichts eines sodann unverkennbar hervortretenden Trends innerhalb der historischen Zunft zur Sozial−, Wirtschafts− und Struktur“−Geschichte sind Wert und Berechtigung des biographischen Zugangs zur Geschichte des Na− tionalsozialismus ernsthaft kaum zu bestreiten. Denn es war nun einmal Hitler, der seine Bewegung“ und seinen Staat in einem so außerordentlich hohen, ja ausschlaggebenden Maße repräsentiert und gestaltet hat, daß Raymond Aron 1981 einmal gesprächsweise bemerkte, es mute idiotisch“ an, das Dritte Reich“ ohne die oder unter Vernachlässigung der Person Hitlers interpretieren zu wollen [in: W. Scheel (Hrsg.), Die andere Deutsche Frage. Kultur und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland nach dreißig Jahren, Stuttgart 1981, 269]: Yet to write about National Socialism while omitting to confront Adolf Hitler who was at the heart of it“, umschreibt George Mosse diesen Tatbestand, means shirking a true confrontation with the past“ [333: G. L. Mosse, Introduction: Towards a General Theory of Fascism, 36]. Hitlers für die allgemeine Geschichte der Zwischenkriegsära maßgebliche Politik und Persönlichkeit wurde bislang noch von keiner allgemeinen Theorie über den Faschismus oder den Totalitarismus auch nur in annäherndem Maße befriedigend erklärt, weil sein historischer Beitrag“ für die moderne Geschichte nach dem vorwaltenden Urteil der Historiographie als einzigartig“ gelten darf [Die auf den speziellen Fall der Euthanasie“ bezogene Einschätzung von 148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 442, kann durchaus allgemeine Gültigkeit beanspruchen]. Zum anderen hat die für das biographische Genus konstitutive, aber auch monographische Untersuchungen zuweilen dominierende Hitlerzentrik“ in− sofern ein wissenschaftliches Unbehagen hinterlassen, als der personalistische“ Ansatz die allgemeinen Bedingungen vornehmlich wirtschaftlicher und ge− sellschaftlicher Art, die zweifellos zur Erklärung der Ermöglichung“ Hitlers

168

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

und zum Verständnis seiner Politik und Kriegführung zu beachten sind, manchmal nicht genügend berücksichtigt. Diesen Mangel hat eine eher strukturell“ orientierte Richtung in der zeitgeschichtlichen Forschung insbesondere seit den sechziger Jahren zu beheben versucht. Mehr und mehr wurde der Natio− nalsozialismus in eine übernationale und vergleichende Perspektive gerückt und als Teil eines vorher nur zuweilen“ [W. Besson, Zeitgeschichte, in: Geschichte. Fischer Lexikon 24, Frankfurt a.M. 1961, 340] so genannten europäischen Fa− schismus erklärt. Erst allmählich hat dann der Faktor Hitler“ in diesem Rahmen seine über geraume Zeit vernachlässigte Beachtung wiedergefunden (vgl. dazu S. 170 ff.). Denn die Strukturgeschichte“ neigt im Zuge einer Überpointierung ihres Ansatzes und einer Verabsolutierung mancher ihrer Resultate unübersehbar dazu, die Hitler zukommende, für die Geschichte des Dritten Reiches“ aus− schlaggebende und unverwechselbare Rolle im historischen Zusammenhang seiner Zeit allzu gering einzuschätzen, ihn in hohem Maße als austauschbar anzusehen und in mancher Hinsicht sogar als schwachen Diktator“ [176: H. Mommsen] mißzuverstehen. Freilich hat dieses extreme, ein grundlegend ver− ändertes Verständnis der nationalsozialistischen Zeit andeutende Urteil in− nerhalb der Wissenschaft eher Ablehnung als Zustimmung gefunden [vgl. dazu insgesamt 211: M. Funke, Starker oder schwacher Diktator?]. In dem Maße, in dem die Auffassung über das Dritte Reich“ als concept of a monolith“, wenn es denn so ohne weitere Einschränkung jemals in einer gewissen Periode ihrer Entwicklung die gültige Lehre der Zeitgeschichtsschreibung dargestellt haben sollte, zerstört erscheint, wird gleichzeitig festgestellt, that the idea of a ,weak dictatorship‘ is unsatisfactory as an overall explicatory model of the Third Reich“ [2013: J. Hiden/J. Farquharson, Explaining Hitler’s Germany, 80]. Beide Positionen der Zeitgeschichtsforschung und ihre davon ausgehenden verschiedenen Interpretationsvarianten verdanken einander wohl mehr und sind zweifellos stärker aufeinander angewiesen, als in der teilweise mit einem kräftigen Schuß von wissenschaftlicher Polemik geführten Debatte deutlich geworden sein mag [vgl. beispielsweise den Disput zwischen K. Hildebrand, National− sozialismus oder Hitlerismus? und H. Mommsen, Nationalsozialismus oder Hitlerismus?, in: M. Bosch (Hrsg.), Persönlichkeit und Struktur in der Ge− schichte, Düsseldorf 1977, 55–61 und 62–71; und zwischen K. Hildebrand, Nationalsozialismus ohne Hitler? Das Dritte Reich als Forschungsgegenstand der Geschichtswissenschaft, in: GWU 31 (1980), 289–304; sowie Ders., Die verfolgende Unschuld in: GWU 32 (1981) 742, und W. J. Mommsen, Die reine“ Wahrheit über das nationalsozialistische Herrschaftssystem?, in: GWU 32 (1981), 738–741; vgl. dazu insgesamt 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 62]. Beide Richtungen der Forschung, die mittlerweile durch andere Kontroversen der Zeitgeschichte, vor allem durch die Debatte über den modernen oder antimodernen Charakter des Dritten Reiches“ (siehe S. 175 ff.) überlagert worden sind, haben ihre Positionen intensiv und alles in allem ertragreich entfaltet und somit, von ganz unterschiedlichen Standpunkten aus, Wege zu einer sich

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

169

umrißhaft abzeichnenden Historisierung des Dritten Reiches“ sowie zu einer neuen Qualität in der Auseinandersetzung mit der Geschichte der natio− nalsozialistischen Zeit gebahnt (vgl. dazu S. 321 f.). Die Vertreter des faschismustheoretischen Ansatzes waren und sind darum bemüht, das Vorhandensein des Phänomens sowie die Schlüssigkeit des Begriffs vom Faschismus zu überprüfen, um damit einhergehend ihre Annahme über den Nationalsozialismus als einer dem europäischen Faschismus zugehörigen Spielart entweder zu bestätigen oder zu verwerfen. Die von Hitler als dem Bezugspunkt ihres Interesses ausgehende Forschung schickt sich, nicht zuletzt im Bereich der nationalsozialistischen Außenpolitik mehr und mehr an, die Aktivitäten des Führers“ im internationalen Kontext sowie im kulturellen Zusammenhang der Zeit (siehe S. 259 f.) zu betrachten und in bezug auf seine Handlungschancen zwischen den oftmals kaum zu unterscheidenden Alternativen von Offenheit und Zwang, von Intention und Reaktion noch stärker als bislang schon zu differenzieren (vgl. dazu S. 267). Darüber hinaus ist die Forschung zunehmend intensiv damit befaßt, die Geschichte der nationalsozialistischen Rassenpolitik Hitlers, das heißt nicht nur die der so genannten Judenfrage“ (vgl. Abschnitt 6), sondern auch die des so genannten Euthanasieprogramms“ und der Züch− tungsversuche des neuen Menschen“ im Dritten Reich“ zusammenhängend darzustellen, um dem für die europäische Geschichte bis dahin Neuartigen und Singulären, mithin: um dem Ausschlaggebenden und Essentiellen des Natio− nalsozialismus näher zu kommen und einordnend festzustellen, inwieweit das Dritte Reich“ auch in dieser Hinsicht als ein Teil der Menschheitsgeschichte“ zu begreifen ist, der nicht bloß Wesenszüge der Vergangenheit noch einmal in äußerster Konzentration zum Vorschein brachte, sondern der zugleich Zukünf− tiges vorwegnahm und in der Gegenwart Naheliegendes vollzog“ [E. Nolte]. Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß die Arbeiten beider Rich− tungen – ebenso wie diejenigen der erneut verstärkten Totalitarismusforschung – an sich und für einander gleich wichtig sind. Daher erscheinen kühne Behaup− tungen, denen zufolge es angeblich leichter falle, eine Biographie zu schreiben als Strukturgeschichte“ darzustellen, wenig plausibel geschweige denn richtig. Denn einerseits dürfte es innerhalb der Geistes− und Humanwissenschaften kaum ein schwierigeres Unternehmen geben, als der ungemein vielschichtigen, häufig verborgenen und oftmals gebrochenen Individualität eines Menschen nach− zuspüren, und zum anderen wird in dem für die Geschichtsschreibung nach wie vor klassischen biographischen Genus mit der Suche nach der Individualität stets auch diejenige überpersönlicher Art mitverstanden“ [W. Besson]. Gleichzeitig damit steht die Biographie in ihrem Bemühen darum, das Individuelle, in dem es tragenden und begrenzenden sowie von ihm repräsentierten und gestalteten historischen Rahmen des Allgemeinen sichtbar zu machen, beständig vor dem wohl diffizilsten Problem der Geschichtswissenschaft, nämlich das Inein− anderwirken von Freiheit und Notwendigkeit im politischen und persönlichen Handeln des Menschen zu erkennen und verständlich zu machen. Daher wird

Biographie als hi− storiographisches Genus

170

Stand der Faschismus− forschung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

auch die Legitimität der Biographie als eine der ganz maßgeblichen und spe− zifischen Darstellungsformen der Historiographie inzwischen kaum mehr be− stritten. Der vorwaltenden Tendenz nach wird die Bedeutung, die Hitler als dem Repräsentanten und Gestalter des Nationalsozialismus und des Dritten Rei− ches“ zukommt, von der Forschung insgesamt (vgl. Abschnitt 4) als überragend beurteilt. In diesem Sinne hat bereits vor geraumer Zeit einer der besten Sach− kenner der modernen deutschen Geschichte, Norman Rich, die Summe seiner Forschungen über die Geschichte der Außenpolitik des nationalsozialistischen Deutschland in der lapidar formulierten Einsicht zusammengefaßt: Hitler was master in the Third Reich“ [1027: N. Rich, Hitler’s War Aims, Bd. 1, 11]. Und bis heute ist gültig und stimmt mit Ergebnissen der jüngsten Hitler−Biographien aus der Feder von Ian Kershaw und Christian Graf von Krockow durchaus überein (siehe S. 190 f.), was Dieter Rebentisch vor dem Hintergrund seiner eingehenden Auseinandersetzung mit dem innenpolitischen Herrschaftsgefüge des Nationalsozialismus, gegenläufige Beispiele und Strömungen ausgiebig und ausgewogen berücksichtigend, ja selbst gleichsam über den hergebrachten Fron− ten zwischen Hitlerzentrik“ und Strukturalismus“ stehend, in einer Be− trachtung über das gebändigte Chaos“ des Führerstaates“ als Schlußfolgerung gezogen hat: Der nationalsozialistische Führerstaat war. . . ein auf Hitlers Willkürherrschaft zentrierter atavistischer Personenverband, nichts anderes als ,Hitlers Regime, Hitlers Politik, Hitlers Sieg und Hitlers Niederlage‘ [Hans Frank K.H.], in jedem Falle aber Hitlers eigene Schöpfung und insofern mehr als nur ein Fall totalitärer Herrschaft“ [406: D. Rebentisch, Führerstaat und Verwaltung, 553]. Solche Einschätzungen legen es nahe, die allgemeinen Interpretationen, die das Dritte Reich“ als eine Variante des europäischen Faschismus zu verstehen versuchen, nicht zuletzt auch daraufhin zu überprüfen, ob sie dazu imstande sind Hitler und sein Programm“ [153: K. D. Erdmann] angemessen zu interpretieren oder ob sie nicht weitgehend scheitern an dem sogenannten Rest“ Hitler, der eben für die Geschichte des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ au− genscheinlich so maßgeblich war. Die Tragfähigkeit des Faschismusbegriffs ist im Rahmen verschiedener Erklä− rungsmöglichkeiten und Theorien untersucht worden [vgl. dazu im einzelnen 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus, 535–605], von denen die folgenden für geraume Zeit bzw. bis heute bevorzugte Beachtung gefunden haben. Es sind dies: 1. die heteronomistische Interpretation der Marxisten verschiedenster Provenienz. Sie ist im Grunde so alt wie der Faschismus selbst, glaubt das Problem durch die Frage nach dem cui bono“ zu klären und geht von einer weitgehenden bzw. vollkommenen Identität von Wirtschaft und Politik aus; 2. Ernst Noltes Ver− such, den Faschismus als nicht identische Identität“ und als Aufstand gegen jede Art der dem Menschen zugehörenden Transzendenz zu begreifen; 3. die hier einmal so genannte strukturell−funktionale Theorie einer sich jenseits des Hi− storismus stellenden Historikerschule, die den Faschismus als eine politisch

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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relativ eigenständige Erscheinung vor dem Hintergrund spezifischer Verlaufs− und Organisationsformen des Industriekapitalismus interpretiert; 4. der Vorschlag, den Begriff des Faschismus im Zusammenhang mit dem Problem der Moder− nisierung zu erörtern; 5. die Deutung, das Phänomen des Faschismus in seinem Verhältnis zur Rassenpolitik und zum Vernichtungswillen des Dritten Reiches“ sowie anderer faschistischer Bewegungen und Regime zu bestimmen; und 6. das Unternehmen, aus der empirischen Darstellung der Geschichte des Begriffs und der Erscheinung(en) ein faschistisches Minimum zu abstrahieren. 1. Die marxistischen Faschismus−Interpretationen, so unterschiedlich sie sich im einzelnen auch ausnehmen mögen, scheitern allesamt daran, daß die Vielfalt politischer Artikulationsmöglichkeiten vor dem gemeinsamen Hintergrund ka− pitalistischer Wirtschaft eine Identifizierung von Kapitalismus und Faschismus ad absurdum führt. Sie vermögen durchweg nicht zu erklären, warum bei ver− gleichbaren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erschütterungen in der großen Weltwirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts beispielsweise Großbritannien an seiner politischen Kultur, dem Parlamentarismus, festhielt [vgl. dazu: Chri− stina Bussfeld, Democracy versus Dictatorship“: Die Herausforderung des Faschismus und Kommunismus in Großbritannien 1932–1937, Paderborn u. a. 2001], während die junge Weimarer Republik ihren Herausforderungen erlag, das heißt: Die letztlich für den Verlauf der europäischen und deutschen Geschichte ausschlaggebenden, eben über die ökonomische und soziale Dimension hin− ausreichenden historischen Vorbedingungen der je verschiedenen Natio− nalgeschichten bewerten sie im allgemeinen kaum angemessen (vgl. Abschnitt 3). Wenn sich die Reichweite marxistischer Interpretation auch von der orthodoxen Agententheorie“ bis hin zu Erklärungsversuchen erstreckt, die der ver− selbständigten Exekutive innerhalb eines konservativ−faschistischen Macht− kartells einen relativ höheren Rang beimessen, so sind sie doch mehr oder minder alle mit der Schwäche behaftet, den Faktor Hitler“ innerhalb des Nationalsozialismus, das heißt seine für die Geschichte der dreißiger und vierziger Jahre ausschlaggebende Politik nicht zuletzt im internationalen Feld, vollständig oder zumindest doch in gewissem Maße, als austauschbar anzusehen und seine Autonomie mithin zu unterschätzen. Auf diesen Sachverhalt hat mit Nachdruck Heinrich August Winkler bereits in seinen 1978 erschienenen Überlegungen [373: H. A. Winkler, Revolution, Staat, Faschismus] Zur Kritik neomarxistischer Theorien über den Nationalsozialismus“ hingewiesen: Eine direkte oder auch nur annähernde Zuordnung von Kapitalismus und Fa− schismus läßt die marxistischen Interpretationen die Multivalenz des Kapita− lismus in bezug auf seine politischen Gestaltungsmöglichkeiten verkennen. Mit− hin wird ihnen nur allzu leicht der Weg in die Einsicht verstellt, daß im Dritten Reich“ der absolute Primat der politischen Zielsetzungen“ [K. D. Bracher] dominierte. Ein vergleichsweise undogmatischer Marxist wie der englische So− zialhistoriker Timothy Mason hat diesen Sachverhalt einmal so umschrieben: Eine ideologisch bestimmte Politik siegte wieder über wirtschaftliche Kalku−

Marxistische In− terpretationen

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Ernst Noltes Phä− nomenologie

Strukturell− funktionale Theorie

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

lation“ [1707: T. Mason , Primat der Politik, 492]. Ja, es gibt sogar unübersehbare Anhaltspunkte dafür, daß der Nationalsozialismus in seinem fortgeschrittenen Stadium mehr und mehr in einen – mit Axel Kuhn zugespitzt formuliert – absoluten Gegensatz zum Kapitalismus“ [316: A. Kuhn, Das faschistische Herrschaftssystem, 31] geriet. Im Grunde war der Nationalsozialismus in nicht mehr und nicht weniger ausgeprägtem Maße ein Kind des kapitalistischen Systems“, so hat Henry A. Turner diesen Sachverhalt zutreffend erläutert, wie auch jede andere vom modernen Europa ausgehende politische Bewegung, die liberale Demokratie ebenso wie der Kommunismus dem gleichen kapitalistischen System“ [370: H. A. Turner, Faschismus und Kapitalismus, 32] entstammen. 2. Ernst Noltes phänomenologische Betrachtungen über den Faschismus in seiner Epoche“ [335] münden darin ein, Faschismus als transpolitisches Phänomen und als Aufstand gegen die Transzendenz zu verstehen. Der Janusköpfigkeit seiner Erscheinung entsprechend, begreift Nolte die Bewegung des europäischen Faschismus als eine Revolte gegen die beiden bis dato die europäische Ge− schichte beherrschenden Züge philosophischen Denkens und politischer Ak− tion. Nolte zufolge wendet er sich ebenso gegen die theoretische wie gegen die praktische Transzendenz des Menschen, das heißt: Er lehnt den Glauben einer theologisch oder philosophisch auf das Jenseits gerichteten Heilserwartung ebenso ab, wie er die Idee einer immanenten, nach irdischer Erlösung des Men− schen strebenden Emanzipation bekämpft. Konkreter gesagt, bestimmt Nolte den Faschismus als jenen dritten Weg europäischer Geschichte, der im weitesten Sinne sowohl als antitraditional wie auch als antimodern zu begreifen ist, oder enger gefaßt: Noltes Verständnis zufolge stellt der Faschismus die Existenz der bürgerlichen Gesellschaft ebenso in Frage, wie er antimarxistisch orientiert ist. Diese Überlegungen mögen die nichtidentische Identität“ und Autonomie des Faschismus durchaus belegen und Ambivalenz als Kennzeichen seiner Er− scheinung hervortreten lassen. Zurück aber bleibt als ungelöstes Problem, daß Nolte im Zuge seiner geistesgeschichtlichen Bestimmung über das Wesen des Faschismus von dessen epochal vorhandener und begrifflich faßbarer Existenz einfach ausgeht, die aber gerade umstritten ist und bleibt. Zwar vermag die phänomenologische Betrachtungsweise übereinstimmende Erscheinungsformen eines faschistisch genannten Typus politischer Herrschaft und Organisation von recht unterschiedlicher Identität innerhalb Europas zusammenzustellen und zu beschreiben. Damit belegt sie jedoch noch nicht den Bestand des Phänomens. Angesichts der gleichzeitig sowie gleichgewichtig vorhandenen Existenz des Parlamentarismus und des Kommunismus kann der mit dem von Nolte ent− worfenen Faschismusbegriff erhobene Anspruch auf epochale Signatur zudem nicht überzeugen und ist in diesem Sinne beispielsweise von Rudolf Lill [321: Italienischer Faschismus und deutscher Nationalsozialismus, 170] grundsätzlich bestritten worden. 3. Die hier als strukturell−funktional gekennzeichnete Theorie versteht Fa− schismus bzw. die Faschismen als eine besondere Form der Herrschaft in

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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Gesellschaften, die sich in einer kritischen Phase des gesellschaftlichen Trans− formationsprozesses zur Industriegesellschaft befinden und zugleich objektiv oder in den Augen der herrschenden Schichten von der Möglichkeit eines kom− munistischen Umsturzes bedroht sind“ [ W. J. Mommsen, Gesellschaftliche Bedingtheit und gesellschaftliche Relevanz historischer Aussagen, in: E. Jäckel/ E. Weymar, Die Funktion der Geschichte in unserer Zeit, Stuttgart 1975, 219]. Diese Interpretation ordnet dem Faschismus vor dem Hintergrund einer be− sonderen historischen Struktur“ eine spezifische politische Funktion zu. Sie begreift Faschismus mithin als eine bestimmte Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung im Übergang von der bürgerlichen zur pluralistischen Indu− striegesellschaft“ und leitet seine enorme politische Stoßkraft. . . in erster Linie aus dem Widerstand residualer Eliten gegen deren [der Industriegesellschaft K.H.] egalitäre Tendenzen“ [ebd., 220] ab. Vor allem zwei Einwände dürften diese in Rezeption der Forschungen von Ernst Nolte, Martin Broszat und Hans Mommsen weitgehend von der Betrachtung des Nationalsozialismus, der ihr als eine Form faschistischer Herrschaft“ [ebd., 219] gilt, abgeleitete Theorie beeinträchtigen und ihren In− terpretationswert begrenzen: a) Die enorme Stoßkraft“ des Faschismus wird primär auf den Widerstand residualer Eliten“ zurückgeführt. Eine solche Annahme vermag im deutschen Fall nur unzureichend das Wirken Hitlers zu erklären. Gewiß sind, wie in der Darstellung über die Geschichte des Dritten Reiches“ gezeigt wurde, Hitlers Ermöglichung“ und der gewaltsame Charakter des nationalsozialistischen Staates in einem gar nicht zu unterschätzenden Maße auch auf die ver− gleichsweise hartnäckige Ablehnung der Moderne durch die traditionell füh− renden Schichten in Preußen−Deutschland zurückzuführen. Was allerdings die spezifische Stoßkraft des etablierten Dritten Reiches“ mit Hitler an der Spitze angeht, so muß sie sicherlich aus ganz anderen historischen Zusammenhängen heraus erklärt werden. Denn ihre Dynamik entstand zu weiten Teilen gerade erst aufgrund des Zusammenwirkens der Nationalsozialisten mit den konservativen Eliten [J. Dülffer, Die Machtergreifung und die Rolle der alten Eliten im Dritten Reich, in 396: W. Michalka (Hrsg.), Die nationalsozialistische Machtergreifung, bes. 192–193; sowie 2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 1, bes. 550]. Darüber hinaus findet sie ihr Motiv und ihre Richtung, ihr(e) Maß(losigkeit) und ihr Ziel letztlich jedoch in Hitlers (den Einflüssen seiner Zeit einerseits verhafteter und sie andererseits radikalisierender) Desperado− Mentalität, auf deren schwer zu ergründende Bedeutung bereits relativ früh Alfred Weber sinngemäß hingewiesen hat [A. Weber, Der dritte oder der vierte Mensch. Vom Sinn des geschichtlichen Daseins, München 1963, 1. Aufl. 1953, 43]. Die sich daraus entwickelnden politischen Zielvorstellungen des Dritten Reiches“ aber besaßen ein so hohes Maß an geschichtlicher Autono− mie, daß sie als Phänomene sui generis zu beurteilen und, was vor allem ihre Entstehung angeht, längst noch nicht abschließend untersucht sind [zum Problem

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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

der Gleichheiten und Differenzen zwischen Nationalismus und National− sozialismus im Feld der äußeren Politik vgl. 992: K. Hildebrand, Das ver− gangene Reich, 557–559]. Diese politischen Absichten, mithin das Wesentliche des Dritten Reiches“, entziehen sich der Erklärung durch die strukturell− funktionale Theorie in entscheidendem Maß, weil ihre Intentionalität nur sehr bedingt mit den (ursprünglichen) Funktionen der Diktatur zusammenhängt und weil die in der Funktionalität des Regimes ohne Zweifel zutage tretenden und nicht vorhersehbaren Ergebnisse nationalsozialistischer Politik für den Gang der Geschichte in Hitlers Staat und in Hitlers Europa“ [A. Toynbee] maßgeblich wurden. b) Es erhebt sich die Frage, auf welche Staaten der Zwischenkriegszeit das Kriterium, sich im Übergang von der bürgerlichen zur pluralistischen Indu− striegesellschaft zu befinden, eigentlich angewendet werden kann. Für den Be− reich der deutschen Entwicklung mag diese Bedingung zutreffen. Doch kon− stituierte sich gerade hier nicht ein Normalfaschismus“, der strukturellen“ Erfordernissen gegenüber seine entsprechende politische Funktion erfüllt hätte, nämlich die überkommene Sozialstruktur zu bewahren und die Arbeiterschaft niederzuhalten [zur Ambivalenz im Verhalten großindustrieller Aktivitäten“, die von denen der alten großagrarischen Elite selbstverständlich abzuheben sind, aber ebenso natürlich im Rahmen einer strukturell−funktionalen Faschismustheorie Beachtung verdienen, gegenüber Hitlers Kanzlerschaft vgl. R. Neebe, Die Groß− industrie und die Machtergreifung, in 396: W. Michalka (Hrsg.), Die na− tionalsozialistische Machtergreifung, 121]. Im Gegenteil: der National− sozialismus streifte die ihm ursprünglich noch eigene Funktionalität bald schon ab und entwickelte eine bis dahin kaum bekannte Eigenmacht und −gesetzlichkeit, die das überlieferte Gesellschaftsgefüge in nationaler (und dann auch in in− ternationaler) Perspektive gerade zerstörte, es zumindest aber schwer er− schütterte und beispielsweise die deutsche Industrie und Wirtschaft im Grunde beständig mit der Drohung der Verstaatlichung bedrängte (vgl. Abschnitt 3). Während die Pläne der gegen Hitler in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre opponierenden konservativen Kreise, die den Kriegskurs und die Rüstungs− wirtschaft der Diktatur aus innen− (wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen) und außenpolitischen Gründen ablehnten und dagegen für die Errichtung einer aus konservativen Vertretern sowie gemäßigten Nationalsozialisten gebildeten, vielleicht als normalfaschistisch“ zu charakterisierenden Regierung (im Stile des italienischen Modells) möglicherweise unter Görings Führung [sowohl 527: St. Martens, Hermann Göring, 10; als auch 516: A. Kube, Pour le mrite und Hakenkreuz, 361, behandeln dieses Problem kaum erschöpfend] eintraten, durchaus im Erklärungsbereich der strukturell−funktionalen Theorie liegen, vermag sie die Geschichte des sich entfaltenden Dritten Reiches“ kaum an− gemessen zu begreifen. Welche europäischen Staaten, sei noch einmal gefragt, befanden sich überhaupt auf dem Weg von der bürgerlichen zur pluralistischen Industriegesellschaft [vgl. dazu auch 264: G. Allardyce, What Fascism is Not]?

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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Auf Italien könnte diese Voraussetzung mit gewissen Einschränkungen zutreffen und somit auch den Aufstieg des Faschismus als den sich jenseits von sta− linistischem Totalitarismus und westlichem Modell“ die Bahn brechenden italienischen Eigenweg in die Moderne erfassen [vgl. dazu 359: D. Settembrini, Fascismo Controrivoluzione Imperfetta]. Wie kann diese Bedingung jedoch auf die zumindest weitgehend noch agrarisch organisierten iberischen Staaten an− gewendet werden [vgl. dazu 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus, 172–193, sowie Ders., Fascism and Right Authoritarianism in the Iberian World – The Last Twenty Years, in: JCH 21 (1986), 163–178]? Faschismus in den Regionen Südost− und Osteuropas [vgl. dazu allgemein 318: S. U. Larsen/B. Hagtvet/J. P. Myklebust, Who were the Fascists, 350–416] zu erklären, dürfte anhand dieser Theorie sicherlich nicht möglich sein, da das Phänomen der Indu− striegesellschaft, in welchem Entwicklungsstadium auch immer, in diesen Re− gionen einfach fehlte [vgl. dazu insgesamt 368: H.−U. Thamer/W. Wipper− mann, Faschistische und neofaschistische Bewegungen; und 375: W. Wipper− mann, Europäischer Faschismus im Vergleich]. Und warum blieb – wohlgemerkt stets im Banne der strukturell−funktionalen Theorie gefragt – den skandinavischen Staaten [322: U. Lindström, Fascism in Scandinavia] und der Schweiz [375: W. Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, 164–168] der Faschismus erspart, obwohl sie sich teilweise gewiß schon in jenem Übergang zur Moderne befanden, der als Voraussetzung des Erklärungsmodells dient [vgl. dazu insgesamt vor dem Hintergrund des neuesten Forschungsstandes 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus, Teil I]? 4. In einer gewissen Verbindung mit der hier als strukturell−funktional cha− rakterisierten Theorie kann der Versuch angesehen werden, den Faschismus im Zusammenhang mit dem Prozeß der okzidentalen Modernisierung zu in− terpretieren. Ihm zufolge liegt der modernen Geschichte der eine Vorgang zugrunde: die Verdrängung der traditionellen Gesellschaftsgefüge durch einen beispiellos durchgreifenden und schnellen Wandlungsprozeß, der im Grunde überall gleich verläuft und Industrialisierung, Verstädterung, Verweltlichung und Rationalisierung einschließt“ [370: H. A. Turner, Faschismus und Kapi− talismus, 159]. Sieht man von den sich unbewußt einstellenden und nach dem Zusammenbruch des deutschen Nationalsozialismus und des italienischen Faschismus sich ab− zeichnenden Modernisierungsergebnissen einmal ab und folgt man dafür der methodischen Empfehlung, nach den Zielen der jeweiligen Führungsgruppen und Repräsentanten in faschistischen Staaten und Bewegungen zu fragen und festzustellen, ob sie den Vorgang der Modernisierung fortsetzen, aufhalten oder zurückdrängen wollten, so ergibt sich bei gebührender Berücksichtigung der gar nicht zu verkennenden Umstrittenheit des Zusammenhangs alles in allem dieser Befund: Ungeachtet der Tatsache, daß Historiker im Hinblick auf die Entwicklung des Dritten Reiches“ durchaus eine intendierte Modernisierung“ [655: M. Prinz/R. Zitelmann, Nationalsozialismus und Modernisierung] als Ziel(e)

Faschismus und Modernisierung

Varianten der Modernisierung

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Riccardo Bavajs Bilanz der For− schung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

nationalsozialistischer Politik konstatieren sowie ungeachtet der sich mehr und mehr durchsetzenden Einsicht, daß es durchaus pathologische Modernisierung“ [651: D. Peukert, Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde] zu geben vermag, Ambivalenz also das charakteristische Merkmal im Verhältnis von Drittem Reich“ und Modernisierung beschreibt, kann doch, der Tendenz nach und im Hinblick auf die Rassenutopie des Dritten Reiches“, festgestellt werden, daß der Nationalsozialismus, in Stil, Wahl der Mittel und Wirkungen hypermodern, eine Modernisierungsbewegung“ [2038: TH. Nipperdey, Nachdenken über die Ge− schichte, 57], insgesamt freilich eine Antimodernisierungsbewegung“ darstellte, weil sie letztlich den säkularen Prozeß der Geschichte, des historischen Wandels, der Moderne schlechthin in einer biologischen Utopie zu überwinden und im Grunde abzuschaffen vorhatte. Mit anderen Worten: Es können kaum Zweifel darüber bestehen, daß es das Ziel der Politik des Dritten Reiches“ war, mit den Mitteln der Moderne in eine vor− bzw. antimoderne Utopie zu steuern – un− abhängig, wie gesagt, von der Tatsache, daß sie im Banne ihres Antimode− rnismus, ja gerade um der Verwirklichung dieser ideologischen Aufgabe willen in manchen Bereichen und zeitweise eine allerdings nie Eigenständigkeit oder Dominanz erlangende partielle Modernisierung auslöste, die dann freilich nach dem Ende des Dritten Reiches“ für die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland Bedeutung gewann [vgl. dazu insgesamt die ausgezeichnete, alle einschlägigen Aspekte der Modernisierungsdiskussion im Zusammenhang mit der Geschichte des Dritten Reiches“ berücksichtigende Darstellung von 583: R. Bavaj, Das Dritte Reich“ zwischen Modernisierung und Modernität. Zur Ambivalenz der Moderne im Nationalsozialismus]. Die politische Zielsetzung der nationalsozialistischen Diktatur läßt sich also in diesem Sinne als Revolution gegen die Moderne verstehen. Mit dieser differenzierend getroffenen Feststellung soll keineswegs bestritten werden, daß es, wie bereits angedeutet, verschiedene Interpretationen gibt, wenn es darum geht, das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne zu be− stimmen: von den frühen und wegweisenden Deutungen Ralf Dahrendorfs [Demokratie und Sozialstruktur in Deutschland, in 1995: Ders., Gesellschaft und Freiheit; 1996: Ders., Gesellschaft und Demokratie] und David Schoenbaums [665: Die braune Revolution], die eine vom Dritten Reich“ im Grunde wider Willen hervorgebrachte Modernisierung beobachten, über Jeffrey Herfs These einer reaktionären Modernität“ [614: Reactionary Modernism], die auf den Widerspruch zwischen vormoderner Disposition und moderner Technik abhebt, über Horst Matzeraths und Heinrich Volkmanns Befund einer Pseu− domodernisierung“, die teilmodernisierende Effekte“ [2034: Moderni− sierungstheorie und Nationalsozialismus, 99 f.] als Bestandteile der Geschichte des Dritten Reiches“ einräumen, bis hin zu der strikten Ablehnung des Mythos von der Modernität“ als einer nichts als vorgetäuschten Modernisierung“ im Rahmen der Geschichte des Dritten Reiches durch Hans Mommsen [1718: Der Mythos von der Modernität, sowie 646: Nationalsozialismus als vorgetäuschte

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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Modernisierung], Neil Gregor [1671: Stern und Hakenkreuz, 375 ff.] und Christopher Kopper [634: Modernität oder Scheinmodernität natio− nalsozialistischer Herrschaft]. Daß die nach wie vor andauernde Kontroverse überhaupt entstehen konnte, ja vielleicht sogar entstehen mußte, hat, wie das oftmals in vergleichbaren wis− senschaftlichen Streitfällen anzutreffen ist, mit den Begriffen zu tun, die für den umstrittenen Gegenstand benutzt werden: Die einen, Hans Mommsen und Heinrich August Winkler [2055: Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 29] beispielsweise, binden das Projekt der Moderne, den Prozeß der Moderni− sierung und den Befund von Modernität in normativem Sinn an Demokra− tisierung, Emanzipation und Humanität; die anderen, Rainer Zitelmann und Michael Prinz [655] beispielsweise, lösen diesen positiv konnotierten Zusam− menhang auf und testieren selbst einer zutiefst verwerflichen Existenz wie dem Nationalsozialismus moderne Absichten und modernisierende Wirkungen; und eine dritte Tendenz der Geschichtswissenschaft mit einem Repräsentanten wie etwa Detlev Peukert [651: Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde] beurteilt die Moderne angesichts der Erfahrungen mit der totalitären Diktatur des Dritten Reiches“ skeptisch: Daher begreift Peukert den Nationalsozialismus nicht als Einbruch atavistischer Barbarei in eine moderne, humane Zivilisation. . ., sondern als eine mögliche Konsequenz der durch die Modernisierung hervorgebrachten Widersprüche und Gefährdungen“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 109]. Insofern erscheint das Dritte Reich“ zwar keineswegs als das folgerichtige Endziel der Modernisierung“, aber doch in unübersehbarer Distanz zu einem dem Modernisierungsprojekt ursprünglich inhärenten Fort− schrittsoptimismus als eine der möglichen pathologischen Entwick− lungsformen der Moderne“ [651: D. Peukert, Volksgenossen und Gemein− schaftsfremde, 296]. Die lebhafte Auseinandersetzung über den umstrittenen Sachverhalt, in deren Verlauf Michael Prinz und Rainer Zitelmann vor allem von Hans Momm− sen, Christof Dipper und Norbert Frei kritisiert wurden, spitzt sich letztlich auf die Frage zu, ob das Wesen des Nationalsozialismus, sein destruktiver Ras− sismus, im Interpretationsrahmen von Moderne, Modernisierung und Modernität angemessen zu deuten ist. Michael Prinz hat vor diesem Hintergrund seine und Rainer Zitelmanns Position in Reaktion auf entsprechende Einwände zu erklären versucht [655: M. Prinz, Nachwort, 335–361]. Er erläutert, daß ,mo− dern‘ und ,Modernisierung‘, wie auch immer gewendet, den Kern natio− nalsozialistischer Herrschaft, seine spezifische Vernichtungsqualität, bestenfalls streifen, aber nicht zentral erfassen“, Modernisierung“ also als allgemeiner Deutungsrahmen [nicht] überzeugt“ [ebd., 349]. Mehr noch: Der Soziologe Zygmunt Bauman interpretiert den Holocaust nicht als Betriebsunfall“, also gleichsam als Kontrapunkt zum Zivilisationsprozeß, sondern als eine der Mo− derne inhärente Möglichkeit“ [1380: Dialektik der Ordnung, 19 f.]. Ja, er bewertet das Experiment des Nationalsozialismus, das Projekt der perfekten Gesellschaft

Das Projekt Mo− derne“ zwischen Fortschritt und Pathologie

Moderne und Holocaust

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Ulrich von Hehls Position

Faschismus und antimoderne Utopie“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

mit den Mitteln eines ,Social Engineering‘“ zu realisieren, nämlich das menschliche Leben in wertvolle und wertlose Elemente“ [ebd., 82] zu sepa− rieren, als das Genuine der Weltanschauung und Praxis des Nationalsozialismus (siehe dazu auch die damit verwandten Thesen von G. Aly und S. Heim, S. 280). Vor dem Hintergrund des skizzenhaft entfalteten Standes dieser historischen Debatte über das Verhältnis zwischen Modernisierung und Nationalsozialismus ist der Schlußfolgerung zuzustimmen, die Ulrich von Hehl 1996 über den umstrittenen Sachverhalt und die geschichtswissenschaftlichen Positionen ge− zogen hat: Der Versuch, dem NS−Regime seinen Platz in der (deutschen) Modernisierungsgeschichte zuzuweisen, hat zu einem neuen und noch an− haltenden Forschungsstreit geführt, der gleichsam an die Stelle der Kontroverse zwischen ,Strukturalisten‘ und ,Intentionalisten‘ getreten ist. Freilich überkreuzen sich die ,alten‘ Frontlinien hier auf verwirrende Weise: Eine Zuordnung der Antipoden zu konträren politisch−weltanschaulichen Deutungskulturen, wie sie noch für den ,Historikerstreit‘ kennzeichnend war, ist nicht mehr möglich. ,Modernisten‘ wie ,Antimodernisten‘ finden sich hier wie dort, bei ,Struk− turalisten‘ wie ,Intentionalisten‘, bei ,Linken‘, ,Nicht−Linken‘ wie ,Rechten’. Einmal mehr zeigt sich, was im übrigen schon das bekannte Beispiel O. Hintzes lehrt, daß politische Einstellung und geschichtswissenschaftliches Metho− denverständnis zweierlei Dinge sind, ,Konservatives‘ und ,Fortschrittliches‘ also auf unterschiedlichen Bezugsebenen nebeneinander bestehen können. Man hat daher auch in der NS−Forschung Politik und Historie auseinanderzuhalten“ [163: Nationalsozialistische Herrschaft, 110]. Wenn aber, alles in allem jedenfalls, die von H. A. Turner so genannte antimoderne Utopie“ [370: Faschismus und Anti−Modernismus] als we− sentliches Merkmal des Nationalsozialismus sein eigentliches Telos, das negative Bewegungsgesetz und Zielprojekt des Dritten Reiches“ also, darstellt, dann ist die Ausgangsfrage nach dem Verhältnis von Faschismus als generischem Phäno− men und Modernität bzw. Antimodernismus als seinem konstitutiven Cha− rakteristikum nunmehr so zu stellen: In welchem Maße ist dieser antimoderne Zug als visionäres, in Teilen durchaus verwirklichtes Endziel der Diktatur Hitlers für andere, faschistisch genannte Regime und Staaten konstitutiv, so daß ein allgemein gültiger Faschismusbegriff im Zeichen des Antimodernismus zu de− finieren wäre? Läßt sich der utopische Antimodernismus beispielsweise auf Mussolinis Italien anwenden? Diese (implizit auch das alte Problem des Fa− schismus als einer Entwicklungsdiktatur erneut aufwerfende) Frage ist nach wie vor umstritten und unentschieden [vgl. auch 366: H.−U. Thamer, Ansichten des Faschismus, 19–35]. Einige Forscher (E. Nolte; W. Sauer; M. Michaelis) betonen eher den antimodernen Zug des italienischen Faschismus, andere (R. de Felice; R. Sarti; A. J. Gregor; E. R. Tannenbaum) verweisen dagegen stärker auf die faschistische Absicht der Modernisierung [vgl. dazu insgesamt 264: G. Allardyce, What Fascism is Not, 371–376; und 290: Der italienische Fa− schismus].

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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Im Hinblick auf weitere als faschistisch gekennzeichnete Staaten und Regime müßte im einzelnen festgestellt werden (vgl. S. 175), ob der Antimodernismus als Rassismus und Vernichtungsvorsatz das die Einheitlichkeit konstituierende Theoriemerkmal eines im europäischen Maßstab zu benutzenden Faschis− musbegriffs sein kann, auf welche dem deutschen und italienischen Herr− schaftstypus ähnliche Bewegungen und Regime, wie die kroatische Ustascha und die rumänische Eiserne Garde im Zweiten Weltkrieg beispielsweise, dieses Kriterium zutreffen kann und welche sich dieser Kategorisierung, wie das Spanien Francos und das Portugal Salazars beispielsweise, entziehen [vgl. im einzelnen dazu 343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus]. Über den Bereich der Modernisierungsproblematik hinaus läßt gerade der Vergleich zwischen dem deutschen Nationalsozialismus und dem italienischen Faschismus [vgl. dazu allgemein 355: W. Schieder, Faschismus als soziale Be− wegung; 362: M. Steinert, Fascisme et National−Socialisme] gar nicht zu über− sehende Bedenken aufkommen gegenüber dem Sinn und der Benutzbarkeit eines übernational dimensionierten Faschismusbegriffs, die vor allem Rudolf Lill [321: Italienischer Faschismus und deutscher Nationalsozialismus] überzeugend zusammengefaßt hat. Demgemäß war das faschistische Italien eher ein autoritärer als ein totalitärer Staat, der weder einen totalen Krieg geführt noch eine totale Niederlage erlitten hat und in dem die Resistenza“, der italienische Antifa− schismus, breiter verwurzelt gewesen ist, als oft angenommen wurde. Zentral weist Lill in diesem Zusammenhang, die Untersuchungen von Renzo de Felice über die italienische Außenpolitik Mussolinis und von Andreas Hillgruber über die nationalsozialistische Außenpolitik Hitlers in vergleichender Be− trachtung beurteilend, auf das gut erforschte Feld der auswärtigen Politik und der Rassenpolitik hin, auf dem der Faschismusbegriff im Zuge einer kompa− ratistischen Betrachtung zwischen Italien und Deutschland vor dem für die Geschichte der Epoche in ausschlaggebendem Maße bestimmenden Hinter− grund der internationalen Politik nach Lills Urteil scheitert. Sieht man beispielsweise die Komponenten des Antisemitismus und der rassischen Höherzüchtung, das rassenpolitische Dogma in Hitlers Gedan− kenbildung und Politik, als konstitutiv für die nationalsozialistische Außenpo− litik und ihre Ziele an, dann scheint im Hinblick auf Mussolinis italienischen Faschismus die gemeinsame Basis der Vergleichbarkeit zu entfallen. Mussolinis außenpolitische Forderungen nach einem faschistischen Impero Romano“, nach kolonialer Herrschaft, nach dem mare nostro“ sowie seine Diplomatie des peso determinante“ (Zünglein an der Waage“) sind letztlich nicht mit Hitlers Zielen zu vergleichen, die kriegerische Eroberung und rassische Herrschaft in globaler Dimension ins Auge faßten. Viel eher scheint hier die Differenz zwischen einer traditionell imperialistisch orientieren Außenpolitik und Hitlers neuartiger“ Kriegs− und Rassenpolitik hervorzutreten, deren qualitative Unterschiede mög− liche Gemeinsamkeiten verdrängen. Die Überlegungen des einen bewegten sich durchaus noch in historisch vertrauten Kategorien, die des anderen sprengten eben

Deutscher Nationalsozialismus und italienischer Faschismus

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Rassismus und Ver− nichtungswillen als Gemeinsamkeiten der Faschismen

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

diesen Rahmen, beabsichtigten, den historischen Verlauf zu überholen und in einer biologischen Utopie letztlich stillzulegen. Zumindest in dem für Europa und die Welt so geschichtsmächtig und entscheidend gewordenen Feld der internationalen Politik, läßt sich somit von einem für Deutschland und Italien konstitutiven und einheitlichen Faschismusbegriff kaum sprechen. Dieses Ergebnis ist jedoch im beständig voranschreitenden Forschungsprozeß nicht nur in Zweifel gezogen [315: M. Knox, Conquest, Foreign and Domestic in Fascist Italy and Nazi Germany], sondern eben im Hinblick auf die Konstituierung und Benutzbarkeit des Faschismusbegriffs in sein gerades Gegenteil verkehrt worden: Damit ist 5. ein Erklärungsmodell zugunsten der Existenz eines übergreifenden Fa− schismusverständnisses vorgeschlagen worden, das neben anderen überein− stimmenden Merkmalen in der Erscheinung und Funktion erklärtermaßen von einem für Italien und Deutschland gleichermaßen charakteristischen Rassismus und Vernichtungswillen ausgeht [345: J. Petersen, Il problema della violenza nel fascismo italiano]. Auf die in solcher Perspektive eben nicht vornehmlich als autoritär, sondern vielmehr als totalitär einzuschätzende Qualität des italienischen Faschismus haben neben Wolfgang Schieder, der in Anlehnung an Alberto Aquarone von einem unvollendeten totalitären Regime“ [W. Schieder in 290: Der ita− lienische Faschismus, 65] spricht, vor allem Adrian Lyttelton [A. Lyttelton in: ebd., 59] und Meir Michaelis [331: M. Michaelis, Anmerkungen zum italienischen Totalitarismusbegriff] hingewiesen. Während Stanley G. Payne [342] den Völkermord des Dritten Reiches“ mit von ihm als verwandt ein− geschätzten Exzessen des 20. Jahrhunderts vergleicht und in dieser Hinsicht Parallelen zwischen dem italienischen Faschismus und dem deutschen Natio− nalsozialismus entdeckt, haben Angelo Ara und wolfgang schieder in ei− nem im Ansatz unmittelbarer geführten Vergleich zwischen Italien und Deutschland die These, gerade aufgrund der beiden Regimen gemeinsamen Existenz ihres Vernichtungswillens einen übergreifenden Faschismusbegriff zu postulieren, exemplarisch anzureichern versucht. In diesem Sinne akzentuiert Ara die ideologischen und strukturellen Ähn− lichkeiten“ zwischen beiden Phänomenen und hebt besonders hervor, daß der Antisemitismus des Duce“ ohne direkte Beeinflussung durch den Natio− nalsozialismus, also autonom, entstanden sei [vgl. dazu im einzelnen 1511: M. Michaelis, Mussolini and the Jews], um dem faschistischen Menschen ein Rassebewußtsein zu geben und den ideologischen Gegensatz zu den westlichen Demokratien zu betonen“ [A. Ara, Faschismus und Nationalsozialismus. Mus− solini und Hitler, in 414: W. Treue /J. Schmädeke, Deutschland 1933, 137 und 151]. Und Wolfgang Schieder, dessen einschlägige Position durch die Dar− stellung von Gabriele Schneider [1546: Mussolini in Afrika. Die faschistische Rassenpolitik in den italienischen Kolonien 1936 – 1941] unterstützt wird, sieht ungeachtet deutlicher Unterschiede zwischen Mussolinis und Hitlers Herrschaft in dem sich in Entwicklung und Intensität freilich voneinander abhebenden

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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gemeinsamen Vernichtungswillen beider Regime ein übergreifendes Element ihrer Wesensverwandtschaft, das die Existenz des Faschismus als allgemeines Phäno− men und allgemeinen Begriff mit zu konstituieren scheint: In Abessinien ver− suchten die Faschisten nach der blutigen Eroberung des Landes ein regelrechtes Apartheid−System einzuführen. Gravierender noch ist, daß die amharische Füh− rungsschicht offensichtlich ausgerottet werden sollte . . . Es paßt dazu, daß Mus− solini sowohl in Libyen wie in Abessinien auch die Zivilbevölkerung mit Giftgas bekämpfen ließ. . . Zu einer organisierten Massenvernichtung der Juden ist es unter dem italienischen Faschismus allerdings nicht gekommen. . . Hierin besteht ein deutlicher Unterschied zwischen dem nur tendenziell totalitären Faschismus in Italien und dem in Deutschland. Er soll nicht verwischt werden. Angesichts der italienischen Vernichtungspolitik in Afrika sollte allerdings auch nicht auf jeden Vergleich des Vernichtungswillens der beiden faschistischen Regime verzichtet werden. Vielmehr ist festzuhalten, daß sich das Deutschland Hitlers und das Italien Mussolinis auch auf der Ebene der Verfolgung ihrer Opfer zwar in der Konsequenz und Unerbittlichkeit der Unterdrückung unterschieden, jedoch im Ansatz ähnlich waren“ [W. Schieder] [vgl. ausführlich dazu Ders., Das Deutschland Hitlers und das Italien Mussolinis, in 184: G. Schulz (Hrsg.), Die Große Krise, 44–71]. Über den deutsch−italienischen Vergleich hinaus erkennt Wolfgang Wipper− mann im Hinblick auf die Untaten der kroatischen Ustascha und der rumänischen Eisernen Garde keinen grundlegenden Unterschied zum nationalsozialistischen Genozid [375: W. Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, 200]. Wie gesagt: Der Vorschlag, die über längst bekannte Ähnlichkeiten der faschistischen Bewegungen und Regime hinaus das bisher als prinzipielles Merkmal der Tren− nung gegenüber Hitlers Nationalsozialismus verstandene Element des Ver− nichtungswillens als die für einen allgemeinen Faschismusbegriff gerade kon− stitutive Kategorie zu reklamieren, erscheint durchaus bedenkens− und prü− fenswert. Allerdings wird noch viel Detailforschung nötig sein, ehe der Vergleich vor allem zwischen Mussolinis Afrikapolitik und Hitlers Judenmord als das – neben anderen Kennzeichen – Gemeinsame ihrer Regime und des Faschismus“ wissenschaftliche Anerkennung finden kann. Ja, ob die Existenz des Vernichtungswillens und der Vernichtungspraxis des nationalsozialistischen Deutschland den Vergleich mit der stalinistischen Sowjetunion nicht viel eher als den mit Mussolinis Italien erforderlich macht und in solchem Zusammenhang nicht den Gebrauch des Totalitarismusbegriffs näherlegt als den des Fa− schismusbegriffs, ist bereits ausführlicher erörtert worden (vgl. S. 158 ff.): Der Nationalsozialismus war eben in vielerlei Hinsicht eher seinem Antipoden, dem Bolschewismus, ähnlich“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 2]. Nicht zuletzt angesichts dieser Tatsache, die sich im Hinblick auf die die diversen Faschismen voneinander trennenden Unterschiede sogar noch be− trächtlich untermauern läßt [264: G. Allardyce, What Fascism is Not], neigt

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Individualisierende Begriffsbildung

Generischer Faschismusbegriff

Problematik des Faschismusbegriffs

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

auf der einen Seite eine Reihe von Forschern (H. A. Turner, R. de Felice, K. D. Bracher) dazu, eine individualisierende Begriffsbildung zur Charakteristik der deutschen Diktatur in den dreißiger und vierziger Jahren zu benutzen. Karl Dietrich Brachers Urteil zufolge [277: Zeitgeschichtliche Kontroversen, 32 f.; sowie Ders., Nazionalsocialismo, in: Eredit del Novecento, Bd. 1, Milano u. a. 2000, 411–424] läßt sich der Nationalsozialismus, will man seine totalitäre Herr− schaft nicht verharmlosen und die kapitalistischen Wirtschafts− und Gesell− schaftsordnungen im damaligen Europa nicht dämonisieren, kaum als eine Spielart des europäischen Faschismus erklären und als deutscher Faschismus“ oder als Hitler−Faschismus“ kennzeichnen. Sieht man einmal von denjenigen ab, die den Faschismusbegriff als politische Waffe einsetzen, um das kapitalistische System zu bekämpfen und die mit der schillernden Formel vom Antifaschismus“ über die totalitäre Qualität des Kom− munismus in der ehemaligen Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten hin− wegtäuschen wollen, so ist auf der anderen Seite auch nicht zu übersehen, daß eine Reihe von Forschern mit sehr erwägenswerten Argumenten den Gebrauch des Faschismusbegriffs empfehlen. Im Sinne der Überlegungen, Studien und Anthologien von Ernst Nolte, Eugen Weber, Walter Laqueur, George L. Mosse, Stuart Woolf und Wolfgang Schieder haben beispielsweise Karl Dietrich Erdmann und Hans−Ulrich Thamer sowie Wolfgang Wipper− mann die Überzeugung geäußert, die Übereinstimmungen in den verschiedenen Faschismen reichten aus, um an einem generischen Faschismusbegriff sinnvoll festhalten zu können. Dabei ist es der Forschung nach wie vor als Aufgabe gestellt, die Tragfähigkeit des Begriffs in einem intensiv gezogenen Vergleich zwischen Deutschland und Italien zu überprüfen [vgl. in diesem Sinne die Darstellung von 347: W. Rauscher, Hitler und Mussolini. Macht, Krieg und Terror] – eine arbeitstechnisch durchaus verständliche Einschränkung des an sich viel weitergehenden Begriffs vom eu− ropäischen Faschismus. Möglicherweise wird damit in gewissem Maße der War− nung Karl Dietrich Brachers Rechnung getragen, der inflationäre Gebrauch des Faschismusbegriffs bedeute im Grunde eine Bagatellisierung totalitärer Diktatur, weil damit alles in einen Topf geworfen wird: ob es sich um Militär− regime, Entwicklungsdiktaturen, lateinamerikanische Oligarchien handelt oder ob gar westliche Demokratien an ihren Krisenpunkten als faschistisch beschimpft werden. Das läuft entweder auf eine Dämonisierung aller Diktaturtendenzen oder aber auf eine Bagatellisierung derjenigen Regime hinaus, die sich wie das na− tionalsozialistische Gewalt− und Vernichtungssystem auch vom italienischen Faschismus weit und prinzipiell unterscheiden“ [278: K. D. Bracher, Der Faschismus, 551]. Differenzen zwischen dem Nationalsozialismus und dem Faschismus sehen andere Forscher, die an der Sinnfälligkeit des Begriffs festhalten, durchaus. Karl Dietrich Erdmann beispielsweise erscheinen die festgestellten Un− terschiede [als] Modifikationen bzw. stärkere oder schwächere Intensitätsgrade

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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von beiden gemeinsamen Strukturelementen“; gleichwohl gelangt er zu der Schlußfolgerung: Die Modifikation und unterschiedliche Intensität be− stimmen die historische Individualität der beiden Bewegungen. Das hier wie dort kongruent angelegte Grundmuster erlaubt es jedoch, sie (abweichend von Bracher) dem gleichen Typus zuzurechnen und den Terminus ,Faschismus‘ trotz der genannten Vorbehalte als Gattungsbegriff zu verwenden“ [289: K. D. Erd− mann, Nationalsozialismus – Faschismus – Totalitarismus, 459]. In diesem Sinne erkennt auch Hans−Ulrich Thamer Unterschiede in den politischen und sozialen Voraussetzungen, in Ausprägung und Gewicht einzelner ideologischer Komponenten, in Tempo und Ausmaß der faschistischen Durchsetzungskraft bzw. Radikalität“. Allerdings wird seinem Urteil zufolge in der prinzipiellen Heterogenität, im Bündnischarakter und Herrschaftskompromiß, in der nicht identischen Identität von konservativ−autoritären und faschistischen Kräften sowie in der Ambivalenz von Tradition und Revolution des Faschismus als Antwort auf eine spezifische Krisensituation . . . der gemeinsame Kern aller seiner Erscheinungsformen“ sichtbar und damit die Legitimität eines gene− rischen Faschismusbegriffs“ [366: H.−U. Thamer, Ansichten des Faschismus, 35] plausibel. In dieser Perspektive hat Stanley G. Payne, der die Geschichte des Fa− schismus“ [343] als Geschichte der einzelnen Faschismen so detailliert und vergleichend wie kaum ein Forscher zuvor dargestellt hat, 6. ein so genanntes faschistisches Minimum definiert, das ihn ungeachtet aller Differenzen zwischen den von ihm untersuchten Bewegungen und Regimen unter Zuhilfenahme einer gehörigen Portion Abstraktion am Begriff des Faschismus festhalten läßt: Der Faschismus war eine epochale europäische revolutionäre Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts, von großer Komplexität, gefördert durch die neuen Ideen und Werte der Kulturkrise des Fin de sicle und der Ideologie des Hypernationalismus. Er besaß charakteristische politische und soziale Doktrinen sowie ökonomische Betrachtungsweisen, aber diese ent− stammten nicht einer einzigen Quelle und stellten keine absolut in sich abge− schlossene neue ökonomische Doktrin dar. Die faschistischen Bewegungen un− terschieden sich stärker voneinander, als es bei unterschiedlichen nationalen Bewegungen in anderen politischen Genres der Fall war. Der Faschismus war nicht der Agent einer anderen Kraft, Klasse oder Interessengruppe oder die bloße Widerspiegelung irgendeiner sozialen Klasse, sondern er wurde durch einen Komplex von historischen, politischen, nationalen und kulturellen Bedingungen hervorgerufen, die sich erhellen und bis zu einem gewissen Grad definieren lassen. Vor allem war der Faschismus die revolutionärste Form des Nationalismus, die es bis dahin gegeben hatte. Er war durch eine Kultur des philosophischen Idealismus, der Willenskraft, des Vitalismus und Mystizismus gekennzeichnet sowie durch ein moralistisches Konzept von therapeutischer Gewalt, das stark mit militärischen Werten, Aggressivität nach außen und Kolonialherrschaft assoziiert wurde“ [343: St. G. Payne, Geschichte des Faschismus, 592 f.].

Stanley G. Payne und das faschistische Mi− nimum

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Zur Bilanz der Faschismus− forschung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Selbst wenn Stanley G. Payne in diesem Zusammenhang der historischen Individualität des Nationalsozialismus innerhalb des europäischen Faschismus weit höhere Bedeutung beimißt, als sie in der sehr mißverständlichen Formel vom deutschen Faschismus“ zum Ausdruck kommt, und wenn Karl Dietrich Erdmann beispielsweise in deutlichem Gegensatz zu Ernst Noltes Anspruch, den Faschismusbegriff als Epochensignatur dezidiert abgelehnt hat, so muß gegenüber dem Vorschlag, an einem allgemein für die Zwischenkriegszeit in Europa verbindlichen Faschismusbegriff festzuhalten, doch der Einwand er− hoben werden, daß der Nationalsozialismus im Hinblick auf die program− matische Rassenutopie Hitlers und der SS gegenüber anderen faschistischen Bewegungen und Regimen vergleichsweise singulär erscheint und somit un− vergleichbar bleibt. Eben das rassische Dogma aber wurde gerade für das Dritte Reich“ nicht zuletzt in seinen geschichtlich verheerenden und bis heute nachwirkenden Folgen zum entscheidenden Kennzeichen. Mögen manche Be− reiche in den beiden Bewegungen einander auch ähneln, obwohl etwa Renzo de Felice in bezug auf Basis, Funktion und Ziele des italienischen Faschismus und des deutschen Nationalsozialismus eher die Unterschiede als die Gemein− samkeiten betont [291: R. De Felice, Der Faschismus, passim], so korre− spondiert das Wesen des Nationalsozialismus doch kaum mit dem der anderen Faschismen, und mithin bleibt die Einheitlichkeit des Begriffs zumindest pro− blematisch. Angesichts des Forschungsstandes dürften die von Henry A. Turner, Renzo de Felice und Karl Dietrich Bracher im wesentlichen vorgetragenen Be− denken, denen sich Bernd martin im Zuge eines über Deutschland und Italien hinaus auch Japan einbeziehenden und die Tauglichkeit eines übergreifenden Faschismus−Begriffs“ in Frage stellenden Vergleiches angeschlossen hat [330: B. Martin, Zur Tauglichkeit eines übergreifenden Faschismus−Begriffs, 48–73; freilich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die Massaker der kaiserlichen Armee Japans, beispielsweise in der zentralchinesischen Stadt Nan− king vom Jahre 1937/38, der eingehenden Untersuchung nach wie vor bedürfen, vgl. dazu 1084: J. A. Fogel, The Nanjing Massacre in History and Historiography. Zu klären bleibt vor allem, ob die Ausschreitungen der Soldateska spontan, improvisiert und zufällig waren oder ob es sich dabei um zentral geplante Aktionen gehandelt hat. Diese Position vertreten 1071: I. Chang, Die Verge− waltigung von Nanking, sowie 1128: U. Makino, Terrorgenozid Nanking 1937/ 38. Zum systematischen Charakter der japanischen Verbrechen], insofern be− rechtigt sein, als sie es nahelegen, im Hinblick auf Hitlers Bewegung“ und Staat nicht vom deutschen Faschismus“, sondern vom Nationalsozialismus zu sprechen. Denn so bedenkenswert und (beim Wort genommen) fragwürdig der Begriff eines übernational existierenden Faschismus erscheint, so singulär stellt sich Hitlers deutsche Diktatur gerade im Licht der neuesten Forschung dar, die der Rassenpolitik als Vernichtungspraxis und Züchtungsexperiment bevorzugte Auf− merksamkeit schenkt (siehe S. 279 f. u. 289).

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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Besonders in einem Zusammenhang, in dem die Deckungsgleichheit bzw. die Inkongruenz des Falles Hitler“ mit dem europäischen Faschismus erörtert wird, erinnert man sich im Blick auf die andauernde Faschismusdiskussion an Henry A. Turners Rat, für die Bestimmung des allgemeinen Phänomens des Faschismus nach den Vorhaben und Zielen der jeweils in Frage kommenden Führungsgruppen in Italien oder Deutschland zu fragen [370: H. A. Turner, Kapitalismus und Faschismus, 161]. Ohne dabei personalistisch“, wie der freilich oftmals allzu voreilig und lange Zeit modisch erhobene Vorwurf gelautet hat, Hitler zu dämo− nisieren, ist gar nicht zu übersehen, daß die Geschichtsmächtigkeit seiner Per− sönlichkeit und Politik generalisierende Theorien über den Nationalsozialismus bis dato hat scheitern lassen. Tatsächlich kann wohl nicht nachdrücklich genug unterstrichen werden, was Norman Rich wiederholt in seinem großen Werk über Hitlers Kriegsziele betont hat und wonach der Diktator undoubtedly possessed one of the most forceful leadership personalities in recorded history. . . and was indeed the Führer“ [1027: N. Rich, Hitler’s War Aims, Bd. 1, 76–77]. Nach allem, was wir über Hitlers Diktatur wissen, klingt dieser Befund, der durch die neuere Literatur zum Phänomen Hitler“ unterstützt wird (siehe S. 191), überzeugender als Hans Mommsens Urteil, der Hitler in mancher Hinsicht als schwachen Diktator“ [176: Nationalsozialismus, 702] einschätzt. Daher stellte Waldemar Besson bereits 1961 mit Recht fest, die größte, wichtigste . . . Aufgabe einer Geschichte des Nationalsozialismus ist die Biographie Hitlers“ [W. Besson, Neuere Literatur zur Geschichte des Nationalsozialismus, in: VfZ 9 (1961), 329]. Unerfüllt geblieben, wie Besson damals bemerkte, ist dieser Auftrag kei− neswegs. Unabhängig von vordergründig bedingtem politischem oder kom− merziellem Interesse, das gewiß auch zu den sich immer aufs neue auftür− menden und danach wieder abebbenden Hitler−Wellen“ mit beitrug, liegen nach wie vor zwei große, inzwischen bereits als klassisch einzuschätzende Dar− stellungen über Hitler vor, die jede auf ihre Art bis heute gültig sind. Die eine – Besson seinerzeit schon bekannte – wurde von Alan bullock [204: Hitler] verfaßt, die andere von Joachim Fest [210: Hitler]. Naturgemäß ist Fests 1973 publizierte Studie dadurch, daß sie sich auf die Ergebnisse langjähriger, intensiver Zeitgeschichtsforschung stützen konnte, dem erstmals 1952 veröffentlichten und 1964 in einer völlig überarbeiteten Neuausgabe herausgegebenen Werk Bullocks unverkennbar überlegen. Dennoch ist Bullocks Hitler−Biographie inzwischen keineswegs überflüssig geworden. Während Fest in stärker reflektierendem Verfahren den Umständen der Zeit und dem Außergewöhnlichen der Persön− lichkeit des Diktators nachspürt und es literarisch gekonnt darstellt, besticht Bullocks Studie über Tyrannei“ durch einen dichten und gediegenen Bericht über die Fakten, die vom Autor plausibel disponiert, in gewissem Maße für sich sprechen und erklären, wie es eigentlich gewesen ist. In Bullocks Urteil erschien Hitler ursprünglich als ein prinzipienloser Op− portunist, den niemals Plan und Entwurf einer politischen Herrschaft leiteten, sondern der jeweils um der Macht willen die ihm günstig vorkommende Situation

Bedeutung der Per− son Hitlers

Hitler−Biographien

Alan Bullock

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Brigitte Hamann: Hitlers Wien“

Joachim Fest

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

ergriff. Nicht zuletzt unter dem wissenschaftlichen Einfluß seines Landsmannes Trevor−Roper, der die Zielgerichtetheit in Hitlers programmatischer Politik betonte (vgl. Abschnitt 6), hat Bullock seine zentrale These mittlerweile mo− difiziert und war ungeachtet bzw. gerade aufgrund dieser Anpassung an die Entwicklung der Forschung bis zum Erscheinen des Buches von Fest ohne Konkurrenz. Denn Hitler−Biographien wie die von Heiber [Adolf Hitler. Eine Biographie, Berlin 1960], Gisevius [Adolf Hitler. Versuch einer Deutung, Mün− chen 1963] und Deuerlein [208: Hitler], um nur einige aus einer größeren Zahl anzuführen, reichten nach dem übereinstimmenden Urteil der Wissenschaft niemals an Bullocks opus magnum heran. Das gilt auch für Werner Masers Hitler−Biographie [241: Hitler], die im Grunde ihrem Aufbau nach gar keine Biographie ist. Ihr Verdienst liegt zwei− fellos in der neue Erkenntnisse vermittelnden Darstellung über die Jugendzeit Hitlers, während die politische Karriere des Diktators im eigentlichen Sinne nicht mehr chronologisch abgehandelt, sondern in systematisch angelegten Kapiteln dargestellt wird. Inzwischen sind die Kindheit und Jugend des späteren Führers“ in Brigitte Hamanns rundum gelungener Darstellung über Hitlers Wien“ [216] in sachlich gediegener und literarisch gekonnter Art und Weise erneut und alles in allem definitiv dargestellt worden: Die Kultur− und Sozialgeschichte der Hauptstadt des österreichischen Vielvölkerstaates in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg werden dabei aus dem Blickwinkel eines alleinstehenden jungen Gelegenheitsarbeiters aus der Provinz: Adolf Hitler“ [ebd., 7] ebenso souverän präsentiert wie die Biographie des diffus nach Aufgabe und Bestimmung su− chenden Protagonisten, der gerade die – von der Autorin anhand des umfassend erschlossenen und kritisch bearbeiteten Quellenmaterials entmythologisierten – Wiener Jahre in Mein Kampf“ zur Selbststilisierung benutzt hat. Und wie Brigitte Hamann Hitlers Wien“ untersucht hat, so hat David Clay Large Hitlers München“ zum Gegenstand einer informativen Darstellung gewählt [240]. Was in diesem Zusammenhang David Irvings Buch Hitler und seine Feld− herren“ bzw. Hitler’s War“ [224] angeht, handelt es sich um biographisch vorgehende Spezialuntersuchungen: Die zuerst 1975 in deutscher, danach 1977 in englischer Sprache veröffentlichten Ausgaben weichen voneinander ab, wor− über im einzelnen Eberhard Jäckels Rückblick auf die sogenannte Hitler− Welle“ [228] und Andreas Hillgrubers Artikel Tendenzen, Ergebnisse und Perspektiven der gegenwärtigen Hitler−Forschung“ [223] eingehend informieren. Die von Irving vertretene, prima vista sensationelle und am meisten beachtete These, wonach Hitler von den Judenmorden erst 1943 erfahren habe und Himmler als der eigentlich Verantwortliche für das nationalsozialistische Genozid anzu− sehen sei, ist von der internationalen Forschung einhellig zurückgewiesen worden (vgl. Abschnitt 6). Dagegen liegt – ungeachtet eines inzwischen vorangeschrittenen For− schungsstandes – die nach wie vor als definitiv anzusehende Hitler−Biographie

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aus der Feder von Joachim Fest [210: Hitler] vor. Insbesondere die den chronologischen Verlauf der Erzählung unterbrechenden Zwischen− betrachtungen“ zeichnen Hitler als den seiner Zeit verhafteten Repräsentanten und als ihren zugleich einzigartigen, autonomen, freilich negativen Gestalter. Gewiß ist hier und da an Fests pejorativ besetztem Revolutionsverständnis Anstoß genommen worden, und sicherlich bedürfen seine an Ralf Dahren− dorf [1995: Gesellschaft und Freiheit, 260–299] und David Schoenbaum [665: Die braune Revolution] orientierten Überlegungen über die modernisierenden Implikationen und Wirkungen des Nationalsozialismus vor dem Hintergrund der mittlerweile fortgeschrittenen Debatte zum Thema Nationalsozialismus und Modernisierung“ (siehe S. 176) inzwischen der vertiefenden und kritischen Erörterung bzw. Revision im Hinblick auf die These, ob und in welchem Maß Hitlers negative Größe“ um einen unverantwortlich hohen Preis auch positive Folgen gezeitigt hat. Im Gefolge des Buches von Fest, in Auseinandersetzung damit oder unab− hängig von ihm, erschienen in den siebziger und achtziger Jahren eine Reihe von Studien über Hitler, von denen hier nur auf das umfangreiche Porträt von John Toland [253] verwiesen sei und über die man sich im einzelnen in verschiedenen Literaturberichten eingehender informieren kann [205: A. Bullock, The Schicklgruber Story; 228: E. Jäckel, Rückblick auf die sogenannte Hitler−Welle; 221: K. Hildebrand, Hitler: Rassen− contra Weltpolitik; 223: A. Hillgruber, Tendenzen, Ergebnisse und Perspektiven der gegenwärtigen Hitler−Forschung; 243: W. Michalka, Wege der Hitler−Forschung; 222: K. Hildebrand, Hitler (Lexikon−Artikel), 1287–1291; 246: G. Schreiber, Hitler−Interpretationen; 201: P. Aycoberry, Sur Hitler. Avatars rcents du genre biographique; daß so manche Publikation, die zu diesem historischen Gegenstand vorgelegt wurde, schlicht überflüssig ist, sei mit Blick auf das Beispiel eines erst jüngst erschienenen Titels von John Lukacs, Hitler. Geschichte und Geschichtsschreibung, München 1997, gleichfalls vermerkt]. Mit seinen durchweg überzeugenden Anmerkungen zu Hitler“ hat Sebastian Haffner [215] in gewissem Sinne bereits 1978 ein vorläufiges Resümee aus den bis dahin verfügbaren Arbeiten gezogen, das – ohne eine Biographie en miniature vorlegen zu wollen – bis heute gültig ist. Außerordentlich gedankenreich erörtert der Autor in diesem Essay entscheidende Stationen und Probleme des Le− bensweges und der Politik Hitlers, die der Diktator nach den Maßstäben seiner persönlichen Biographie machte“ [ebd., 202]. Stets um geschichtliches Verstehen und historische Vergleiche bemüht, erliegt Haffner niemals der Gefahr einer comparative trivialization“ [Peter Gay] der Herrschaft Hitlers. Ja, gerade die komparatistische Perspektive in seinen Betrachtungen und Urteilen über Le− ben“, Leistungen“ und Erfolge“, Irrtümer“ und Fehler“, Verbrechen“ und Verrat“ Hitlers läßt ihn die negative Singularität des nationalsozialistischen Führers“ betonen. Insgesamt bieten Haffners Ausführungen über die Dar− legung anerkannter Ansichten der Forschung hinaus manch neuen und nach wie

Sebastian Haffner

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Eberhard Jäckel

Marlis Steinert

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

vor anregenden Interpretationsvorschlag, der die Geschichtswissenschaft bis heute beschäftigt (vgl. auch Abschnitt 4 und 6). Mit Haffners großem Essay in gewisser Hinsicht, was die intellektuelle Durchdringung des Untersuchungsgegenstandes angeht, verwandt, erscheinen Eberhard Jäckels unter dem Titel Hitler in History“ [232] zuerst 1984 her− ausgegebenen Studien über den Diktator und die Deutschen, die eine erweiterte und aktualisierte Form älterer Abhandlungen des Autors präsentieren sowie Jäk− kels Monographie über Hitlers Herrschaft“ [233], die sich folgerichtig an die von dem Autor erstmals 1969 publizierte Darstellung Hitlers Weltanschauung“ [227] anschließt. Dagegen bereichern die jeweils mit einem hohen Anspruch auf− tretenden, 1980 bzw. 1981 veröffentlichten Darstellungen von Werner Maser [242: Adolf Hitler. Das Ende der Führerlegende] und von Hans−Jürgen Eitner [209: Der Führer“. Hitlers Persönlichkeit und Charakter] unseren Kenntnisstand über Hitler kaum. Maser zeichnet in seinem Hitler−Buch das schon bei seinem Erscheinen nicht mehr originelle Bild vom führungsschwachen und ent− scheidungsscheuen Hitler und gibt dies als ein neues Ergebnis der Forschung aus. Dagegen unternimmt Eitner den leider nicht gelungenen Versuch, erstmals umfassend und präzise“ ein aus den Quellen, nämlich den Äußerun− gen Hitlers während der verschiedenen Phasen seines Lebens, geschöpftes, wie ein Mosaik zusammengesetztes Porträt zu entwerfen. Während die Vertrautheit des Autors mit manchem Detail hervorgehoben und seine Bemühungen, Hitler zu− gleich als Künstler und als Politiker zu verstehen, gewürdigt worden sind, hat sein Werk insgesamt nicht zu überzeugen vermocht. Hält sich die Darstellung“, so lautete Andreas Hillgrubers Kritik [Literaturbericht. Innen− und Außenpo− litik Deutschlands 1933–1945, in: GWU 34 (1983), 66], bis 1924 an die Etappen des Lebens und überzeugt damit weithin, so werden im folgenden Hauptteil die verschiedenen Lebensbereiche Hitlers einer nach dem anderen ohne rechte Be− ziehung zueinander abgehandelt. Hier herrscht schlicht eine Addition von Quellenaussagen, vermischt mit Zitaten aus der kontroversen Literatur, vor, ein Verfahren, das das anfangs Erhellende des Versuchs des Autors ins Gegenteil umschlagen läßt“. Während der neunziger Jahre des zurückliegenden Jahrhunderts sind ver− schiedene biographische Darstellungen über Hitler erschienen, die allesamt nicht geeignet sind, die Klassiker Bullock und Fest in Frage zu stellen. Das gilt für die umfangreiche Hitler−Biographie von Marlis Steinert [247], die ein ehrgeiziges Ziel verfolgt: Meine Absicht ist es, eine so umfassend wie möglich angelegte Interpretation des Phänomens Hitler vorzulegen, eine ,übergreifende Interpretation‘, wie Eduard Spranger es bezeichnet, oder, wie Walter Benjamin sagt, einen ,sozialen Charakter’: eine repräsentative Persönlichkeit der Epoche, die deren charakteristische Eigenschaften überdimensional verkörpert“ [ebd., 10]. Allein, das Vorhaben ist alles in allem nicht geglückt: Zu offensichtlich durchzieht ein nicht reflektierter, geschweige denn gelöster Grundwiderspruch die nicht eben gedankenreiche Darstellung. Auf der einen Seite konstatiert die

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Autorin, daß in dem Maße, wie sich die Spezialuntersuchungen zum Herr− schaftssystem des Reiches mehren, . . . die These vom ,schwachen Diktator‘ an Überzeugungskraft“ [ebd., 307] gewinne, während sie auf der anderen Seite feststellt, daß Hitler seine Position als letzte Instanz für viele wichtige Ent− scheidungen ebenso zu behaupten“ gewußt habe wie seine ausschlaggebende Rolle in zahlreichen Einzelfragen, und das bis in die letzten Tage des Reiches“ [ebd., 531]. Die 1995 von Kurt Pätzold und Manfred Weißbecker vorgelegte po− litische Biographie“ [245] ist vor dem Hintergrund der Zeitenwende des Jahres 1989/90 vor allem deshalb interessant, weil die konventionell gearbeitete Dar− stellung“ zeigt, welch überraschend hohes Eigengewicht zwei bekannte ost− deutsche Historiker heute einer historischen Einzelpersönlichkeit wie Hitler zumessen“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 64 f.]. Die Hit− lerstudien von Rainer Zitelmann [260: Hitler. Selbstverständnis eines Revo− lutionärs; und 261: Ders., Hitler. Eine politische Biographie] sowie von Enrico Syring [251: Hitler] untersuchen bevorzugt die bereits 1969 von Eberhard Jäk− kel vorbildlich rekonstruierte Weltanschauung“ [227] Hitlers: Zitelmann gelangt zu der Auffassung, die von der Forschung unterschiedlich aufge− nommen worden ist [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 65], daß die Lebensraumpolitik des Diktators bevorzugt ökonomisch bestimmt ge− wesen sei, daß Hitler also über die außen− und rassenpolitischen Ziele hinaus in gleichgewichtiger Art und Weise wirtschafts− und sozialpolitische Vorhaben verfolgt habe, die ihn – lange Zeit nicht angemessen beachtet – als intentionalen Modernisierer und Sozialrevolutionär erscheinen lassen. Im Zusammenhang mit dieser Interpretation Zitelmanns beansprucht Enrico Syring, Hitlers po− litische Utopie“ [251] zum erstenmal“ geschlossen abzuhandeln, ohne, einer stark paraphrasierenden Methode verpflichtet, über das Bekannte hinaus im ganzen und en dtail viel Neues mitzuteilen. Über geraume Zeit wurden psychohistorische Deutungen der Persönlichkeit und Politik Hitlers mit gewissen Erwartungen verfolgt. In dieser Perspektive hat vor allem Rudolph Binion unser Wissen über Hitler und den National− sozialismus ein gutes Stück vorangebracht. Nachdem die Geschichts− wissenschaft sich über längere Zeit und manchmal auch recht einseitig darauf konzentriert hatte, vornehmlich die allgemeinen gesellschaftlichen und damit verbunden: die sozialpsychologischen Voraussetzungen und Bedingungen des Nationalsozialismus zu erforschen, gewann sodann ergänzend und notwendig die Beschäftigung mit der persönlichen Psychologie Hitlers an Interesse, über die wir lange Zeit vergleichsweise wenig gewußt haben. Aus der Zahl einschlägig vorliegender Untersuchungen, über die Gerhard Schreiber in seiner Dar− stellung Hitler – Interpretationen“ [246: 316–327; vgl. auch 244: W. Michalka, Hitler im Spiegel der Psycho−History] ausführlich und eingehend informiert, sei besonders auf Rudolph Binions 1978 in deutscher Übersetzung publizierte Studie über Hitler und die Deutschen“ [203] hingewiesen. Sie versucht, eine

Psychohistorische Deutungen

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Geistes− und ideologie− geschichtliche Untersuchungen

Ein medizin− geschichtlicher Befund

Ian Kershaw

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Verbindung herzustellen zwischen Hitlers Judenhaß und dem Pasewalker Laza− rettaufenthalt im Herbst 1918, zwischen dem übermächtigen Eindruck seiner Gasvergiftung, der deutschen Niederlage und dem Trauma, das ihm anhaftete, seitdem der jüdische Arzt Dr. Bloch auf Hitlers Drängen 1907 mit einer Überdosis Jodoform den Brustkrebs der bald darauf verstorbenen Mutter Hitlers behandelt hatte. Hitler habe sich nunmehr, folgert Binion in seinem dicht dokumentierten Buch, beauftragt gefühlt, seine Mutter und Deutschland zu rächen. Gleichzeitig hätten auch die Deutschen seit 1918 unter einer Zwangsvorstellung gelitten, die sie dazu bewegt habe, Ludendorffs Ostraumexpansion in einem weiteren Krieg zu wiederholen. Insgesamt ist es der Psychohistorie nicht gelungen, Deutungen über die Person und Politik des Diktators zu unterbreiten, welche eine bei der zünftigen Geschichtswissenschaft nicht zu übersehende Skepsis gegenüber ihren Methoden und Resultaten hätte beseitigen können, der Alan Bullock 1977 in seinem Beitrag über die Schicklgruber Story“ [205] repräsentativen Ausdruck ver− liehen hat. Dagegen haben geistes− und ideologiegeschichtliche Untersuchungen wie die von Barbara Zehnpfennig über Hitlers ,Mein Kampf‘“ [258] oder von Frank− Lothar Kroll [171: Utopie als Ideologie; 239: Ders., Geschichte und Politik im Weltbild Hitlers] unsere Kenntnis über die Entstehung und Entwicklung der Gedankenbildung des Diktators in detaillierter Art und Weise vertieft. Und eine medizinhistorische Studie von Ellen Gibbels [213: Hitlers Parkinson−Krank− heit] diagnostiziert vor dem Hintergrund einer oftmals wild spekulierenden Literatur über die Krankheiten des Diktators zum einen den Befund der Par− kinsonschen Krankheit und stellt zum anderen im Hinblick auf Hitlers politische Handlungsfähigkeit fest: Insgesamt kann in zeitlichem Zusammenhang mit der Parkinson−Erkrankung damit allenfalls der Verdacht auf eine geringfügige ,or− ganische Persönlichkeitsveränderung‘ geäußert werden, wie sie als eine der leichtesten Formen hirnorganischer Psychosyndrome bei der Parkinson− Krankheit bekannt ist. Die politischen und militärischen Entscheidungen des Diktators dürften hierdurch kaum, keinesfalls aber wesentlich beeinflußt wor− den sein“ [ebd., 93]. Im Jahr 1998 bzw. im Jahr 2000 ist die große zweibändige Hitler−Biographie aus der Feder von Ian Kershaw [238: Hitler] erschienen, deren Entwurf der Autor einige Jahre zuvor in seiner Studie Hitlers Macht“ [237] umrissen hat. Das Werk zieht eine Summe der Forschung und ist an Detailgenauigkeit kaum zu über− treffen. Allein, der Widerspruch zwischen der Überzeugung des Autors, Hitlers Bedeutung maßgeblich auf die Funktion desjenigen reduzieren zu können, dem die Zeit entgegengearbeitet“ [238: Bd. 1, 663] habe, und der zentralen Rolle, die er dem omnipotenten Diktator dennoch einräumen muß, vermag in keiner Weise erklärt, geschweige denn aufgelöst zu werden, zumal der Autor einen zentral benutzten Begriff wie den der charismatischen Herrschaft, mit dem er das Phänomen Hitler“ zu deuten versucht, kaum zureichend im Hinblick auf Hitlers Herrschaft entfaltet und mit seiner Einschätzung des Dritten Reiches“

2. Das Phänomen Hitler und der europäische Faschismus

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als eines autoritären Regimes“ [ebd., Bd. 1, 17] angesichts des nationalsozia− listischen Totalitarismus nicht zu überzeugen vermag: Hitler war nicht der Durchführer, als den Kershaw ihn präsentieren möchte, sondern er war der Führer“, wie aus dem soliden Tatsachenbericht des Autors ein um das andere Mal hervorgeht [vgl. zum ersten Band der Biographie die Miszelle von: K. Hilde− brand, Nichts Neues über Hitler, in: HZ 270 (2000), 389–397]. Insgesamt läßt sich im Hinblick auf den Fall Hitler“ und den europäischen Faschismus vor dem Hintergrund der zutiefst ambivalenten Moderne, im Span− nungsfeld zwischen Fortschrittsglauben und Pathologie, feststellen, daß das Pendel der Wissenschaft eine geraume Zeit lang heftig ausgeschlagen hat zwi− schen den Polen von Hitlerzentrik“ und Faschismustheorie, zwischen dem Vorwurf der Personalisierung und dem Hang zur Entpersönlichung der Ge− schichte, zwischen Dämonisierung und Unterschätzung der Politik Hitlers und seines Dritten Reiches“. Wenn Adolf Hitler vor solchem Hintergrund bei− spielsweise als Opfer“ des ihm von der Propaganda und seinem Volk ange− dichteten Führer−Mythos“ [M. Broszat in seiner Einführung“ zu Problemen der Hitler−Forschung“, die dem Buch von 509: I. Kershaw, Hitler−Mythos, 14, vorangestellt ist (nur in der Ausgabe: Stuttgart 1980)] charakterisiert wurde, dann liegt mittlerweile auf der Hand, daß damit die Resultate der gewiß nicht zu unterschätzenden wirkungsgeschichtlichen Hitler−Forschung doch viel zu hoch veranschlagt wurden. Inzwischen bewegen sich die ursprünglich einmal konträren Positionen aufeinander zu und versuchen, den eine Zeitlang sehr scharf und schließlich erschöpfend ausgetragenen Streit zugunsten einer qualitativ neuen und überlegenen Sicht der Dinge zu überwinden. Vor diesem Hintergrund finden in Christian Graf von Krockows Darstellung Hitler und seine Deutschen“ [2031] die individuellen und die allgemeinen Verhältnisse, der Allesbeherrscher“, dem es nach der Einschätzung dieser neuesten Biographie um nichts als um die absolute Macht gegangen ist, und seine Gefolgschaft“, die ihm, freiwillig und gezwungen in einem, dazu verhalf, das biographische Ele− ment und die strukturellen Bedingungen angemessene Berücksichtigung. Eine Tatsache aber ist ungeachtet des bereits seit langem verpflichtenden, jetzt aber aufs neue akzentuierten Forschungsauftrags, Persönlichkeit und Gesellschaft als komplementäre Elemente zu begreifen, nach wie vor unstrittig: Die Persön− lichkeit des Diktators kann auf keinen Fall als austauschbar angesehen werden; diese Feststellung findet einzelnen gegenteilig geäußerten Spekulationen zum Trotz breite Zustimmung in der Forschung. In einer zuvor und später selten beobachteten Autonomie und Allmacht repräsentierte, prägte und überwand Hitler seine Zeit, ging niemals in ihrem allgemeinen Zusammenhang auf, entzog sich damit bis heute jedem Reduzierungsversuch aufs Funktionale und gestaltete seinerseits, freilich zerstörerisch, das Allgemeine, das ihn in vielerlei Beziehung lange und folgenreich trug. Die in diesem Rahmen immer wieder aufgeworfene Frage nach der historischen Größe Hitlers [217: R. Hansen, Hitler als historische Gestalt] mag, für den Stand

Christian Graf von Krockow

Hitlers Unver− wechselbarkeit

Hitlers historische Größe?

192

Zerstörung als Praxis und Prinzip

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

der gegenwärtigen Einschätzung immer noch repräsentativ, mit Karl Dietrich Erdmann so beantwortet werden: Kann man ihm, der das Gewissen für eine jüdische Erfindung hielt, historische Größe zusprechen? Daß die weltge− schichtliche Persönlichkeit nicht mit normalen Maßstäben gemessen werden könne, war eine Überzeugung Hegels, und Burckhardt stellt für die historische Größe eine Dispensation von dem gewöhnlichen Sittengesetz fest. Aber beiden stand hierbei nicht die Möglichkeit von baren Verbrechen vor Augen, wie sie Hitler gegenüber den Juden, gegenüber anderen Völkern und nicht zuletzt ge− genüber dem deutschen Volk selbst verübte. Diese Feststellung darf nun allerdings nicht den Blick dafür verstellen, daß in Hitler jenes erste Attribut, durch das Burckhardt die historische Größe bestimmt, gegeben ist, nämlich die ,in ein− zelnen Individuen konzentrierte Weltbewegung’. . . Die welthistorische Größe Hitlers, der das Denken verwirrte, um nach kurzen Jahren eines steilen Auf− stiegs seiner Macht die Welt in Flammen zu setzen und mit seinem Sturz sein Volk mit hinabzureißen, ist diabolisch“ [153: K. D. Erdmann, Zeit der Weltkriege, 340–341]. In diesem Sinne hat über die moralische sowie philosophische Dimension der Urteilsbildung hinaus Ian Kershaw die negative Größe des Phänomens Hitler“ im Spannungsfeld von Persönlichkeit und Struktur so beurteilt: Niemals in der Geschichte ist ein solches Ausmaß an Zerstörung materieller und sittlicher Art mit dem Namen eines einzigen Manns in Verbindung gebracht worden. Daß die Verderbnis weit tiefere Wurzeln und viel profundere Ursachen hatte als die Ziele und Handlungen dieses einen Menschen, ist in den vorangehenden Kapi− teln deutlich geworden. Daß bislang nicht gekannte Tiefen der Unmenschlichkeit, in die das nationalsozialistische Regime vorstieß, auf weitreichender Mittä− terschaft auf allen Ebenen der Gesellschaft beruhten, ist ebenfalls heraus− gearbeitet worden. Aber Hitlers Name steht zu Recht für alle Zeiten als der des obersten Anstifters des tiefreichendsten Zusammenbruchs der Zivilisation in der Moderne. Die extreme Form persönlicher Herrschaft, die ein ungebildeter Wirtshausdemagoge und rassistischer Fanatiker, ein narzißtischer, größen− wahnsinniger, selbsternannter nationaler Retter in einem modernen, wirt− schaftlich fortgeschrittenen, kultivierten Land, das berühmt war für seine Den− ker und Dichter, erwerben und ausüben konnte, war für den schrecklichen Lauf der Ereignisse jener schicksalshaften zwölf Jahre ganz entscheidend“ [238: I. Kershaw, Hitler, Bd. 2, 1081]. Die Relevanz des Individuellen und des Allgemeinen, des Intentionalen und des Funktionalen, des Geplanten und des Unbeabsichtigten in der Geschichte des Dritten Reiches“ aber wird uns in variierenden Zusammenhängen immer wieder begegnen, wenn es beispielsweise im folgenden darum gehen wird, die beständig vorangeschrittenen, gerade in den letzten Jahren in spezifischer Hinsicht neu belebten Forschungen zum Thema Wirtschaft, NSDAP und ,Drittes Reich‘“ zu betrachten.

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

193

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“ Das Verhältnis zwischen der Wirtschaft, der NSDAP und dem Dritten Reich“ hat bereits seit geraumer Zeit die bevorzugte Aufmerksamkeit der Forschung gefunden, die während der achtziger und neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts in einem – im Vergleich mit anderen Gegenständen der Geschichte des Dritten Reiches“ – ungewöhnlichen Maße auf spezifischen Untersuchungsfeldern wie beispielsweise dem der Unternehmensgeschichte oder der Zwangsarbeit in− tensiviert worden ist. Das hängt zum einen mit der in der Geschichts− wissenschaft allgemein beobachtbaren Tendenz zusammen, sich stärker als lange Zeit zuvor wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen der Geschichte zu widmen. Das liegt zum anderen daran, daß das Thema im Rahmen der in den sechziger Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts zu beobachtenden Re− naissance des marxistischen Denkens in der westlichen Welt auf die Beziehun− gen zwischen Kapitalismus und Faschismus“ konzentriert und auf das ein− gehendste erörtert wurde. Mit der Klärung dieses Problems ging es gleichzeitig auch um die Legitimität der freiheitlichen, politischen und gesellschaftlichen Ordnung des Westens: Kapi− talistische Wirtschaftsordnungen zu diskreditieren und repressive antika− pitalistische Regimes zu legitimieren“ [1784: H. A. Turner, Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, 423], war nicht das geringste, vordergründig ins Auge springende oder hintergründig beabsichtigte Interesse so mancher um die Zu− sammenkoppelung von Kapitalismus und Faschismus bemühten orthodoxen oder kritischen“ Theorie. Im Zeichen des Kalten Krieges war, wie Henry A. Turner schlicht feststellte, das Thema. . . wichtig: entspricht die weit verbreitete Ansicht, daß der Faschismus ein Produkt des modernen Kapitalismus ist, den Tatsachen, dann ist dieses System kaum zu verteidigen. Ist diese Meinung jedoch falsch, dann ist es auch die Voraussetzung, auf der die Einstellung vieler Menschen im Osten wie im Westen zur kapitalistischen Wirtschaftsordnung beruht“ [370: H. A. Turner, Faschismus und Kapitalismus, 7]. Und schließlich hat, wie bereits angedeutet, vor allem seit den achtziger Jahren – wie schon zuvor in einer Mischung von wissenschaftsimmanenten und außer− wissenschaftlichen Motiven – die mikrohistorische Erforschung von Unter− nehmen und Branchen, ihres Personals auf allen Ebenen der Hierarchie und ihrer sozialen Umfelder einen enormen Aufschwung erfahren. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, daß eine zunehmende Anzahl von Firmen ihre bis dahin verschlossenen Archive öffnet, so daß jetzt in deutlichem Unterschied zu den früher üblichen Jubiläumsgeschichten“ wissenschaftliche Unternehmens− geschichte zu schreiben möglich geworden ist. Hinzu kommt, daß seit der Zeitenwende des Jahres 1989/90 auch für diese Themen die Archive in den Staaten des ehemaligen Ostblocks“ im Prinzip verfügbar geworden sind, so daß wirkungsmächtige äußere Impulse mit einer internen Tendenz der Histo− riographie Hand in Hand gehen: Geschichtswissenschaft“, so ist zu der Frage,

Impulse der For− schung

Unternehmens− geschichte

194

Zwangsarbeiter

Ulrich Herberts Standardwerk

Mark Spoerers Synthese

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

warum die Unternehmensgeschichte gerade in jüngster Zeit stark an Bedeutung gewonnen hat, geäußert worden, hängt natürlich von den äußeren Verhältnissen ab, aber sie hat auch ganz einfach ihre immanenten Entwicklungen. Es ist so verlaufen, daß man sich erst mit dem Staat und dessen Akten, die . . . Anfang der sechziger Jahr zugänglich wurden, beschäftigt hat: mit der Außenpolitik, mit der Innenpolitik, mit der Wehrmacht, der Rassenpolitik, mit dem Versagen maß− geblicher Institutionen. Dann rückte der gesamte Bereich des Gesellschaftlichen ins Blickfeld, und jetzt sind wir bei der Wirtschaft. Natürlich nicht losgelöst von allem anderen, aber es sind auch einfach immanente Entwicklungen, welche den Gang der Forschung prägen. Und man braucht kein Prophet zu sein, um dies zu sagen: Die nächste Stufe wird eine Frage aufnehmen, die die Menschen unmittelbar nach 1945 – ich denke an Hayek oder Röpke – beschäftigt hat. Das wird diejenige nach den anthropologischen Bedingungen sein, die Frage nach der Gemeinheit der Menschennatur, um Röpke zu zitieren und den Fragen ihrer Ermöglichung des Schrecklichen. Also ich will sagen, daß die Fragen, die uns jetzt interessieren, nicht unbedingt diejenigen waren, die eine andere Historikergeneration . . . beschäftigt haben. So hat sich das auch vollzogen, ohne bestreiten zu wollen, daß die immanente Entwicklung in einem osmotischen Zusammenhang mit den Zeit− läuften steht“ [K. Hildebrand, Podiumsdiskussion, in 1663: L. Gall/M. Pohl (Hrsg.), Unternehmen im Nationalsozialismus, 128–129]. Vor diesem Hintergrund war es die seit geraumer Zeit geführte Diskussion über das Problem einer Wiedergutmachung“ für vom Dritten Reich“ zum Aus− ländereinsatz“ gezwungene Fremdarbeiter, deren Anstöße zu beachtlichen wissenschaftlichen Resultaten im einzelnen sowie zu vertieften Einsichten über den Charakter von Wirtschaft und Gesellschaft des Dritten Reiches“ geführt haben [vgl. für die Entwicklung der einschlägigen Forschung bis zum Ende der achtziger Jahre 1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 99, der auch auf die noch ganz von der These geprägten Arbeiten wie beispielsweise der von 1695: H. E. Kannapin, Wirtschaft unter Zwang, eingeht, die das Handeln der Industrie auch in dieser Perspektive im zwanghaften Bann der natio− nalsozialistischen Befehlswirtschaft begreifen; sowie 1704: H.−U. Ludewig, Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg: Forschungsstand und Ergebnisse re− gionaler und lokaler Fallstudien]. Das nach wie vor führende Werk zu diesem Untersuchungsgegenstand der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches“ hat Ul− rich Herbert [495: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des Ausländereinsatzes“ in der Kriegswirtschaft] vorgelegt, das alle relevanten Tatsachen und Aspekte des Themas, detailliert und gedankenreich, darstellt und die Forschung enorm an− geregt hat: Die inzwischen bereits schwer überschaubare Anzahl von Veröf− fentlichungen – von regionalen Untersuchungen [vgl. beispielsweise 1734: R. Peter, Rüstungspolitik in Baden] bis hin zu Studien über die Sklavenarbeit“ in den Konzentrationslagern [vgl. beispielsweise 574: J.−Ch. Wagner, Produktion des Todes] – hat neuerdings Mark Spoerer in seiner außerordentlich scharf− sinnigen Darstellung Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz“ [1770] resümiert.

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

195

Selbstverständlich stehen in diesem Rahmen die Fragen nach den Hand− lungsspielräumen der Unternehmensführungen im Spannungsfeld zwischen po− litischen Bedingungen, ökonomischen Interessen und moralischen Ver− pflichtungen im Zentrum der geschichtswissenschaftlichen Aufmerksamkeit [vgl. dazu auch für diesen Aspekt der Unternehmensgeschichte im Dritten Reich“ zusammenfassend 1663: L. Gall/M. Pohl (Hrsg.), Unternehmen im Nationalsozialismus]. Nicht zu unterschätzen sind darüber hinaus auch die− jenigen Erkenntnisse, die sich vor dem Hintergrund der einschlägigen Einzel− forschungen für die Sozialgeschichte der Betriebe, ja der deutschen Gesellschaft überhaupt ergeben. Ungeachtet aller Unterschiede im einzelnen, die von Un− ternehmen zu Unternehmen festzustellen sind, und ungeachtet aller Differenz, die das Verhältnis zwischen Deutschen und Fremdarbeitern im Bereich der Landwirtschaft von demjenigen in der Industrie abhebt [vgl. beispielsweise zum besseren Zusammenleben im bäuerlichen Rahmen 582: T. Bauer, Natio− nalsozialistische Agrarpolitik und bäuerliches Verhalten], hat der englische Hi− storiker Michael Burleigh ein für diesen sozialgeschichtlichen Zusammenhang insgesamt zutreffendes Resümee gezogen: Bei dem Thema Zwangsarbeit geraten automatisch die Direktoren und Aktionäre der deutschen Großkonzerne ins Blickfeld, die in den linken Geschichtsmythen zur Nazi−Zeit auf die Schur− kenrolle abonniert sind. Tatsächlich beschränkte sich die Komplizenschaft nie auf die Männer aus den Vorstandsetagen, zumal sie in der Regel auch nicht diejenigen waren, die widerspenstigen Fremdarbeitern mit der Schaufel ins Ge− sicht schlugen, so schwer auch ihre Verantwortung für die Schaffung der Be− dingungen, unter denen dies alles passieren konnte, wiegen mochte. Manche NS−Ideologen äußerten die Befürchtung, der vermehrte Einsatz von Fremd− arbeitern würde die Deutschen zu einem Volk von verwöhnten Müßiggängern machen und dazu führen, dass angestammtes deutsches Traditionswissen, etwa im Bereich der Forstwirtschaft oder des Bergbaus, verloren gehen würde; aus der Sicht gewöhnlicher deutscher Hausfrauen, Bauern oder Arbeiter war dies jedoch ein leicht zu verschmerzender Preis, denn für diese Menschen verkörperten ausländische Zwangsarbeiter die einzig handfeste Dividende des Sieges. Deut− sche Familien mit bescheidenem Einkommen konnten sich plötzlich eine Rück− kehr zum Dienstbotenhaushalt des neunzehnten Jahrhunderts leisten, nur dass jetzt statt eines deutschen Bauernmädchens eine folgsame polnische oder ukrainische Magd putzte oder sich um die Kinder kümmerte. Deutsche Klein− bauern konnten französische oder polnische Kriegsgefangene, die ihnen als Arbeitskräfte zugeteilt wurden, herumkommandieren. Deutsche Bergleute – die wohl unter allen Zivilisten den sichersten Arbeitsplatz hatten, da Bergleute so gut wie nie eingezogen wurden – konnten sich regenerieren, während ihre Förder− quoten von russischen Zwangsarbeitern erbracht wurden, denen man nicht un− bedingt etwas zu essen geben mußte und die man mit einer Schaufel traktieren konnte, wann immer sie in ihrer Leistung nachzulassen begannen. Von in− ternationaler Arbeitersolidarität war in den Kohlegruben wenig zu sehen. Nicht

Kritik und Fazit

196

Darstellungen zu relevanten Gegenständen

Gesamtdar− stellungen

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

ganz so klare Verhältnisse herrschten in den Fabriken, wo sich mit dem Einsatz ausländischer Zwangsarbeiter stets die Gefahr verband, dass Deutsche für den Kriegsdienst abkömmlich wurden. Daraus entstand ein gewisses Bemühen um Gemeinsamkeit, was jedoch an den grundlegenden Gegebenheiten nichts änderte“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 902–903]. So begrüßenswert die Intensivierung der Erforschung einzelner Untersu− chungsfelder auch ist, das Gesamte des Verhältnisses zwischen Wirtschaft und Drittem Reich“ darf darüber nicht aus dem Blick geraten. Die Ge− schichtswissenschaft hat dieser Forderung immer wieder entsprochen: mit großen Darstellungen zu relevanten Gegenständen wie Henry A. Turners Werk Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers“ [1784] oder Ludolf Herbsts unter dem Titel Der Totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft“ vorgelegter Untersuchung über Die Kriegswirtschaft im Spannungsfeld von Politik, Ideologie und Propaganda 1939–1945“ [1682]. Zu diesem Gegenstand unverzichtbar sind nicht zuletzt die entsprechenden Bände der vom Militär− geschichtlichen Forschungsamt Freiburg/Potsdam herausgegebenen Geschichte Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ [1202: vor allem die Bde. 5/1 und 5/2] sowie die in der DDR begonnene und nach der Zeitenwende abgeschlossene dreibändige Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939–1945“ von Diet− rich Eichholtz [1647; vgl. zum Untersuchungsgegenstand auch 1632: F. Blaich, Wirtschaft und Rüstung]. Und nicht vergessen werden dürfen darüber die von Beginn an immer wieder vorgelegten Gesamtdarstellungen, die, auch wenn es sich um ältere Arbeiten handelt, nach wie vor nützlich sind. Dazu zählen Wolfram Fischers Skizze über die Deutsche Wirtschaftspolitik 1918–1945“ [1657] und Charles Bet− telheims vom marxistischen Standpunkt aus verfaßte Deutung über Die deutsche Wirtschaft unter dem Nationalsozialismus“ [1626], die schon bald nach Kriegsende in französischer Sprache vorlag und sodann in einer deutschen Übersetzung publiziert worden ist. Dazu gehören Arthur Schweitzers Buch Big Business in the Third Reich“ [1761] und Dietmar Petzinas Monographie Die deutsche Wirtschaft in der Zwischenkriegszeit“ [1739] sowie das im Rahmen der Deutschen Wirtschaftsgeschichte“ [Bd. 2: Vom Ausgang des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, München 1981, 368–465] erschienene Werk von Hermann Kellenbenz und die bevorzugt den Interna des Reichswirtschaftsministeriums“ nachspürende Studie von Willi A. Boelcke Die deutsche Wirtschaft 1933–1945“ [1635] bis hin zu Avraham Barkais Untersuchung über Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus“ [1622] und Gerold Ambrosius knapper, 1990 verfaßter, im Hinblick auf die Ge− schichte des Dritten Reiches“ dicht argumentierender Abhandlung Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert“ [1620; vgl. auch 1655: W. Feldenkirchen, Die deutsche Wirtschaft im 20. Jahrhundert]. Im Grunde stehen sich im Hinblick auf die Beurteilung der Beziehungen zwischen Wirtschaft, NSDAP und Drittem Reich“ nach wie vor zwei ge−

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

197

gensätzliche Positionen gegenüber, die ungeachtet aller scharfsinnig vorge− tragenen Versuche zur Vermittlung und Überwindung im Kern bestehen bleiben. Denn so ungenügend beispielsweise Ian Kershaw das Urteil über den im Dritten Reich“ vorherrschenden Primat der Politik“ auch vorkommen mag und so wenig das Zusammenwirken von Staat, Politik und Wirtschaft im Rahmen der Rüstungs− und Kriegswirtschaft des nationalsozialistischen Regimes zu übersehen wäre, lautet auch Kershaws von der Überzeugung getragenes Urteil, Hitlers Staat eher als Polykratie denn als Monokratie zu betrachten: Die Be− hauptung, ,letztlich‘ seien wirtschaftliche Faktoren bestimmend, scheint – um es milde zu sagen – in der Tat eine recht unzulängliche Erklärung dafür zu liefern, warum der radikale Nihilismus des Nationalsozialismus gegenüber ,rationalen‘ Wirtschaftsinteressen ein immer stärkeres Übergewicht gewinnen konnte“ [169: I. Kershaw, Der NS−Staat, 110]. Lange Zeit beharrte dagegen die von der Dimi− troff−Definition des Faschismus bestimmte orthodox−marxistische Inter− pretation des Nationalsozialismus in ihrem Urteil über das Verhältnis der Wirt− schaft zur nationalsozialistischen Partei und zum Dritten Reich“ auf dem Dogma vom Primat der Ökonomie“, insbesondere der Großindustrie und des Groß− agrariertums. Mit unterschiedlich stark akzentuierten Modifikationen galt das auch für einen nicht geringen Teil der Beiträge im Rahmen der westlichen Faschismusdiskussion, die eine Reihe von Jahren bewußt oder unbewußt von einem unübersehbar antikapitalistisch ausgerichteten, gegen den demo− kratischen Parlamentarismus zielenden Affekt stark mit beherrscht wurde. Die These vom Primat der Politik“ beschreibt in diesem Zusammenhang die Gegenposition zum primär ökonomischen Verständnis des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches“ [vgl. dazu insgesamt 1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 89–92]. Ihre Vertreter haben das auch für die Beziehungen von wirtschaftlichen und politischen Faktoren kennzeichnende totalitarismustheoretische Konzept der Nachkriegszeit weiterentwickelt und differenziert, indem sie den Einfluß des wirtschaftlichen Bereichs auf die po− litische Gestaltung unvoreingenommen prüfen und kritisch berücksichtigen – obwohl nicht übersehen werden sollte, daß dies beispielsweise auch bereits die für das große Standardwerk von Bracher/Sauer/Schulz Die natio− nalsozialistische Machtergreifung“ [379] verpflichtende wissenschaftliche Praxis war. In der Einschätzung über das Verhältnis von Wirtschaft und National− sozialismus an der Priorität des Politischen festzuhalten, hat schon lange nichts mehr gemein mit mancher eher apologetischen Verteidigung der Industrie aus den vierziger und fünfziger Jahren [vgl. beispielsweise L. P. Lochner, Die Mächtigen und der Tyrann. Die deutsche Industrie von Hitler bis Adenauer, Darmstadt 1955]. In gewissem Sinn hat der Gang der Forschung im Hinblick auf die Darbietung von Material und die Intensität der Reflexion auch Studien wie Wilhelm Treues Betrachtungen über Die Einstellung einiger deutscher Großindustrieller zu Hitlers Außenpolitik“ [1778] hinter sich gelassen, die allerdings insofern nach wie vor zutreffend sind, weil sie mit Recht und Nachdruck die Auffassung von

Primat der Politik – Primat der Öko− nomie

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Differenzierung der Standpunkte

Bevorzugte Untersuchungsfelder

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

der ,Kommando’−Rolle Hitlers auch über die Wirtschaft“ [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Nationalsozialismus, 28] vertreten. Der sich in der Differenzierung des Urteils bemerkbar machende Er− kenntnisfortschritt ist wohl darauf zurückzuführen, daß die unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegen die Großindustrie vorgetragenen Anklagen aus noch näher zu erläuternden politischen und wissenschaftlichen Gründen bald verstummten. In ihrer simplifizierenden Form, böse Kapita− listen“ als Helfer oder Herren der nationalsozialistischen Diktatur dingfest zu machen, galt diese Auffassung auch für manche Werke der kommunistischen Geschichtswissenschaft der DDR bereits nicht mehr uneingeschränkt, wenn man beispielsweise an die ersten beiden 1969 und 1985 erschienenen Bände Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939–1945“ von Dietrich Eich− holtz [1647] denkt (siehe S. 196). Die im Hinblick auf beide Grundpositionen – Primat der Politik“ und Primat der Ökonomie“ – beobachtbare Tendenz zur Überprüfung und Verfeinerung der Standpunkte darf jedoch nicht zu der pauschalen und das Voranschreiten der Forschung möglicherweise gefährdenden Meinung führen, nunmehr ver− wischten“ sich die widersprüchlichen Befunde [H.−E. Volkmann, Einleitung zu 1659: F. Forstmeier/H.−E. Volkmann, Wirtschaft und Rüstung, 13] und könnten in der allgemeinen Formel gegenseitiger Abhängigkeit aufgehoben werden. Die ohnehin problematische Maxime, die Unterscheidung zwischen ,ökonomischen‘ und ,nichtökonomischen‘ Faktoren“ vom methodologischen Blickwinkel für ebenso nutzlos wie unsinnig“ [G. Myrdal] zu halten, wirkt in bezug auf das Dritte Reich“ geradezu deplaciert, da sie den Blick auf die für die deutsche und die europäische Geschichte wesentlichen politischen und ideologischen Triebkräfte und Ziele des Regimes und seines Führers“ eher verstellt als freigibt. Im Rückblick auf die Forschung der vergangenen Jahrzehnte und im Urteil über die andauernde Diskussion ziehen sich die beiden gegensätzlichen Thesen vom Primat der Politik“ bzw. vom Primat der Wirtschaft“ in zwei nach wie vor kontrovers erörterten Untersuchungsbereichen zusammen: 1. Der eine ist im Rahmen mit der übergreifend aufgeworfenen Frage danach zu behandeln, inwieweit die gesellschaftlichen Führungsschichten in Deutschland und in diesem Zusammenhang vor allem auch die Industrie Hitlers Macht− ergreifung“ beeinflußten und förderten, also für sie verantwortlich waren. Sie führt unmittelbar zum nächsten, damit verbundenen Problem, das zu fragen veranlaßt, ob es eine eventuelle Indienstnahme Hitlers und des Dritten Rei− ches“ für die Interessen des Großkapitals“ gegeben hat, die im Zuge inten− tionalen oder funktionalen Handelns das nationalsozialistische Regime für die wirtschaftlichen Bedürfnisse kapitalistischer Produktion verfügbar gemacht bzw. die Politik der Diktatur nach den ökonomischen Verwertungsbedingungen des Kapitalismus gestaltet hat: Gerade die nationalsozialistische Bevölkerungs− und Rassenpolitik, das Wesensmerkmal des Dritten Reiches“, die an sich als das Produkt der ideologischen Irrationalität Hitlers den prinzipiellen Gegensatz zur

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

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ökonomischen Rationalität kapitalistischen Wirtschaftens darstellt, ist in jüngster Zeit, vornehmlich durch die Arbeiten von Götz Aly und Susanne Heim (siehe S. 178 und 280), erneut einer ökonomischen Deutung unterworfen worden: Eben das, was par excellence den Primat der Politik“ repräsentiert, wird damit durch eine Interpretation im Banne des Primats der Ökonomie“ grundsätzlich zur Debatte gestellt. Wie sich die Tatsache einer eventuellen Affinität zwischen Hitler, NSDAP bzw. Drittem Reich“ und den Interessen der Großindustrie mit den sowohl gegen den anonymen Kapitalismus“ als auch gegen den gleichmacherischen Sozialismus“ gerichteten wirtschaftspolitischen Forde− rungen und Versprechungen der mittelständischen Bewegung“ des Führers“ vereinbaren läßt, wird gleichfalls nach wie vor erörtert. In enger Verbindung damit und bereits zum zweiten im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehenden Untersuchungsbereich überleitend, ist immer wieder danach gefragt worden, ob gewisse Zielvorstellungen wie Aufrüstung, Lebensraum und Autarkieprogramm . . . richtungweisend für die Regie− rungszeit“ [H.−E. Volkmann, Die NS−Wirtschaft in Vorbereitung des Krieges, in 1202: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 1, 210] Hitlers geblieben sind, ob darüber hinaus, vor allem in der Anfangszeit des Regimes, nicht ganz andere, konjunkturpolitische Motive und Maßnahmen als gleichrangig oder dominierend anzusehen sind, und ob nicht über Parolen des Natio− nalsozialismus und Absichten des Diktators hinaus, ja diese verdrängend, eine sich oftmals und weitgehend verselbständigende Entwicklung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Provenienz für die Geschichte des Dritten Reiches“ bestimmend gewesen ist. 2. Der zweite Untersuchungsbereich bezieht sich dementsprechend auf den Verlauf des Verhältnisses zwischen Politik und Wirtschaft im Dritten Reich“ und gewinnt in der den Zeitfaktor gebührend beachtenden Frage Bedeutung, wer in den Beziehungen zwischen den Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft wem zu welcher Zeit (in welchem Maße fordernd und erfolgreich) befahl. Zu 1: In der Stunde Null“ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges herrschte bei den Siegern, aber auch bei vielen der besiegten Deutschen große Einmütigkeit darüber, daß alle verantwortlichen Schichten in Deutschland, mithin auch und in ganz besonderem Maße das Geld der Kapitalisten, für Hitlers Machtergreifung“ verantwortlich zu machen seien. Diese Überzeugung fand ihren Niederschlag in den von den Alliierten geführten Kriegsverbrecherprozessen, in die die Reprä− sentanten der deutschen Wirtschaft einbezogen wurden. Ohnehin war sie das ideologische Credo der Sowjetunion und der Kommunisten, und sie cha− rakterisierte darüber hinaus das gefühlsmäßige Empfinden weiter Kreise in Deutschland. In diesem Bereich überdauerte einerseits, wie Ernst Nolte ein− mal bemerkte, die alliierte Siegerkoalition des Zweiten Weltkrieges für eine gewisse kurze Zeitspanne, und diese weit verbreitete Ansicht hatte andererseits wohl eng zu tun mit der antikapitalistischen Grundstimmung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

Aktualität der De− batte um den Primat von Politik und Ökonomie

Pauschalurteile

200

Erkenntnis− fortschritte und neue Ergebnisse

Der Fall Bosch – zwischen Koope− ration und Oppo− sition

Finanzieller Profit und politische Macht

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Sie entsprach aber auch dem nur allzu verständlichen Bedürfnis nach einer Erklärung der Geschichte der zurückliegenden zwölf Jahre. Schuldige bei den Reichen und Mächtigen in der Wirtschaft, in der Industrie und in der Bankwelt zu suchen, bot sich dabei allzu leicht an. Betroffenheit über die nach und nach erst erkennbar werdenden verbrecherischen Ungeheuerlichkeiten im nationalsozia− listischen Deutschland und ganz gewöhnlicher Neid spielten dabei ebenso eine Rolle, wie die noch lange wirksame nationalsozialistische Ideologie mit ihren antikapitalistischen Losungen das ihre dazu beitrug und darin vielleicht auch eine für die moderne deutsche Geschichte durchweg charakteristische Tendenz einer traditionellen Übermacht des Staates über die Wirtschaft jetzt wieder zum Vorschein kam. Es entsprach vielen scheinbar einleuchtenden und weit ver− breiteten Vorurteilen, damals daran zu glauben, die Kapitalisten hätten Hitler und seine Bewegung“ für ihre Zwecke gekauft. Doch von diesem pauschalen Urteil der Stunde Null“ nach dem Zweiten Weltkrieg löste sich die Forschung mit zunehmendem Erkenntnisfortschritt mehr und mehr. Ohne in diesem Zusammenhang zu übersehen, daß im nun bald heftig einsetzenden Kalten Krieg die Vereinigten Staaten von Amerika die Ent− nazifierung der Deutschen großzügiger behandelten und ihr Interesse an einer Verurteilung deutscher Wirtschaftsrepräsentanten schwand, da ihre Auf− merksamkeit und Kraft durch die neue totalitäre Herausforderung von seiten der kommunistischen Sowjetunion gebunden wurden, können doch nicht allein die oftmals übertrieben beschworenen Tendenzen zur Restauration in der Bun− desrepublik dafür verantwortlich gemacht werden, daß die Forschung sich in ihrem Urteil über die Beziehungen zwischen der Wirtschaft und dem Natio− nalsozialismus differenzierenderer Betrachtung zuwandte. Auf diversen Gebieten korrigierte die in die Bedingungen der natio− nalsozialistischen Diktatur eindringende Forschung zunehmend mehr die grassierenden Vorurteile der unmittelbaren Nachkriegszeit. Wilhelm Treues frühe Hinweise auf Oppositionsgruppen in deutschen Industriekreisen [1778: Einstellung einiger deutscher Großindustrieller, 504] beispielsweise haben sich mittlerweile durchaus bestätigt: Joachim Scholtyseck [1948] hat in seiner Karlsruher Habilitationsschrift eindrucksvoll gezeigt, daß sich im Schutze eines Unternehmens wie dem Bosch−Konzern, der in zentralen Belangen ein Bestandteil der nationalsozialistischen Rüstungs− und Kriegswirtschaft war und blieb, auf der obersten Führungsebene – in engem Kontakt zu Carl Goerdeler – der liberale Widerstand gegen Hitler“ ausgebildet hat (siehe S. 304). Und Ernst Nolte hat im Hinblick auf die politische Omnipotenz der na− tionalsozialistischen Diktatur und ihr Verhältnis zur deutschen Wirtschaft bereits vergleichsweise früh darauf hingewiesen, daß Staat und Partei des Dritten Reiches“ nicht nur die Arbeiter unterdrückten. In gewissem Maße vergleichbar entmachteten sie auch die Kapitalisten“ und unterwarfen ihren in privater Hand verbliebenen Besitz dem politischen Willen des Regimes [1729: E. Nolte, Hitlers Aufstieg und die Großindustrie, 193]: Finanzieller Profit, der den Unternehmern

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

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zufiel, und politische Macht, die den stillen Teilhabern des NS−Regimes“ [A. Barkai] entschwand, entwickelten sich mit voranschreitender Zeit im Dritten Reich“ zunehmend weiter auseinander. Zudem herrscht inzwischen in der For− schung weitgehende Einigkeit darüber, daß andere, vormodern orientierte Re− präsentanten der traditionellen deutschen Oberschichten eine größere, ja ent− scheidende Rolle bei der Ermöglichung“ Hitlers und dem Heraufkommen der nationalsozialistischen Machtergreifung“ spielten (siehe S. 13 f. und S. 138) als die in dieser Frage uneinigen, mehrheitlich für ein Verbleiben des amtierenden Reichskanzlers von Schleicher oder für ein neuerliches Kabinett von Papen ohne Hitler eintretenden Vertreter der Banken und der Schwerindustrie [vgl. auch 1724: R. Neebe, Großindustrie, Staat und NSDAP, 201]. Das zum 30. Januar 1933 führende Intrigenspiel der Herren von Papen, Hugenberg, Hitler und der Umgebung des Reichspräsidenten“ vollzog sich ohne zwingende Logik“ [K. Borchardt] einerseits vor dem Hintergrund der gar nicht zu übersehenden Tatsache, daß die Konjunkturdaten bereits wieder eine bessere Zukunft si− gnalisierten und Hitlers Stern im Sinken zu sein schien, und gewinnt seine historische Dimension andererseits im Hinblick auf den gar nicht zu über− schätzenden Sachverhalt, daß die Weimarer Republik lange vor dem Einbruch der sogenannten Großen Depression“ eine vielfältig angelegte, durch ein Leben über die Verhältnisse“ charakterisierte Krise vor der Krise“ erlebte und die Überlastung der. . .Parteien−Demokratie mit der Regelung von zu vielen und zu gewichtigen gesellschaftlichen Konflikten, vor allem Verteilungs−Konflikten“ [K. Borchardt] für ihren Bestand ruinös wirkte [vgl. zu der Borchardt−Kon− troverse“ zusammenfassend 170: E. Kolb, Die Weimarer Republik, 215–218]. Es ist der Verdienst des amerikanischen Historikers Henry A. Turner, in mühevoller Kleinarbeit die zahlreichen Behauptungen und Vermutungen über finanzielle Unterstützungen, die Hitler in den zwanziger Jahren und im Vorfeld der Machtergreifung“ angeblich gewährt worden seien und die durchweg als erheblich eingeschätzt worden waren, weitgehend widerlegt und relativiert zu haben [370: H. A. Turner, Faschismus und Kapitalismus; und vor allem 1784: Ders., Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers]. Pierre Aycoberrys 1979 getroffene Feststellung, wonach dieser Untersuchungsgegenstand ein Problem darstelle, qui reste longtemps le champ privilgi des accusations et des plai− doyers, puis des discussions rudites sur les contacts, les cotisations et les en− couragements de tel ou tel gros industriel“, und sein Befund, wonach le bilan de ces recherches reste mince“ [128: P. Aycoberry, La question nazie, 206], ist angesichts von Turners großer Darstellung (vgl. dazu S. 207 f.) revisionsbedürftig. Von empirischen Befunden geleitet, formulierte Turner seine generellen Zweifel an der These, daß Hitler vom Geld der Reichen gekauft worden sei, indem er nachwies, daß nicht Hitlers Bewegung“, sondern Vertreter autoritärer Staatsvorstellungen im Grunde bis 1933 die entscheidende Förderung aus Kreisen der Industrie− und der Bankwelt fanden: Hätte Geld politische Macht kaufen können, wäre auf die Republik Papens ,neuer Staat‘ gefolgt, und nicht Hitlers

Wirtschaft und Machtergreifung“

Henry A. Turners Werk

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NSDAP und Mittelstand

Jürgen W. Falter: Hitlers Wähler“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

,Drittes Reich‘“ [370: H. A. Turner, Faschismus und Kapitalismus, 19]. Alles in allem geriet Max Horkheimers oft zitierte Maxime, wer vom Kapitalismus nicht reden wolle, solle auch vom Faschismus schweigen, angesichts der sich immer vielschichtiger darstellenden Beziehungen zwischen Industrie und NSDAP im historischen Zusammenhang des Verhältnisses der sozialen Führungsschichten zur nationalsozialistischen Bewegung“ und zum Dritten Reich“ ins Zwielicht. Mittlerweile ist die Forschung über solche kaum aussagekräftigen und höchst bestreitbaren Gemeinplätze hinaus zu im einzelnen viel genaueren Erkennt− nissen über die Wirksamkeit politischer und ökonomischer Faktoren im Zuge der Machtergreifung“ gelangt [vgl. zu den wissenschaftlichen Auseinan− dersetzungen um Turners Position, insbesondere zu den Einwänden von Dirk Stegmann die Einschätzung von 1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 90; an der These, die NSDAP sei eine Partei gewesen, die zweifelsfrei die Interessen der ökonomisch Mächtigen in der kapitalistischen Gesellschaft vertreten“ habe, halten nach wie vor fest 443: K. Pätzold/M. Weissbecker, Geschichte der NSDAP, 515]. Dazu verhalf ein Interpretationsansatz, der das spezielle, lange Zeit aber dramatisch überschätzte Problem der Beziehungen zwischen Wirtschaft und Nationalsozialismus mit den Fragen nach der gesellschaftlichen Basis, der so− zialen Funktion und den politischen Zielen der Bewegung“ Hitlers verband. Daß in einem solchen Rahmen die nationalsozialistische Bewegung“ weitgehend als eine Partei des Mittelstandes galt, schlägt sich bereits in Theodor Geigers zeitgenössischen Untersuchungen nieder, wenn auch die von ihm eher als spontane Reaktion auf die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise gedeutete These von der Panik des Mittelstandes“ sodann durch neuere Untersuchungen ergänzend korrigiert wurde, welche die Verhaltensweisen des gewerblichen Mittelstandes in der Weimarer Republik als Resultat eines langwierigen historischen Prozesses“ [448: H. A. Winkler, Mittelstand und Nationalsozialismus, 17] erscheinen ließen. Von den Motiven einmal abgesehen, bestand lange Zeit in ganz unterschiedlichem Zusammenhang der Geschichtswissenschaft, nicht zuletzt auf marxistischer und nichtmarxistischer Seite, Konsens darüber, daß die NSDAP die Sammelpartei des Mittelstandes“ [K. D. Bracher] gewesen sei und die Parteien der bürgerlichen Mitte. . . ihren Wählerrückhalt beim Mittelstand und beim Landvolk zugunsten . . . der NSDAP verloren hätten“ [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Na− tionalsozialismus, 20, wo diese These bereits revidiert wird]. Einhergehend mit diesem Befund wurde gleichermaßen einhellig festgestellt, daß sich der Zulauf der NSDAP keinesfalls aus der Arbeiterschaft, dem Proletariat“ rekrutiert habe, welches vielmehr bis zum ,bitteren Ende‘ 1933 SPD bzw. KPD gewählt“ habe [ebd.]. Neuere Untersuchungen, allen voran das Standardwerk von Jürgen W. Falter Hitlers Wähler“ [426; vgl. ferner 422: Ders., Wer verhalf der NSDAP zum Sieg?; 423: Ders., Radikalisierung des Mittelstandes oder Mobilisierung der Unpo− litischen?; 429: Ders. u. a., Empirische Analyse des Beitrags der Massenar−

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

203

beitslosigkeit; sowie 436: M. H. Kater, Nazi−Party; und 431: R. Hamilton, Who Voted for Hitler?] haben diesen Befund vom Extremismus der Mittelschichten erheblich modifiziert, ja revidiert: Zwar ist ein vergleichsweise hoher Anteil der mittelständischen bzw. ,kleinbürgerlichen‘ Sozial− und Berufs−Gruppen“ [380: M. Broszat, Staat Hitlers, 50] für die NSDAP durchaus kennzeichnend, so daß auch die neuere Historische Wahlforschung die NSDAP noch teils (im Sinne der Mittelstandsthese)“ als Klassenpartei“ begreift [424: J. W. Falter, Erste mo− derne Integrationspartei, 33]. Darüber hinaus ist jedoch – seit längerem bekannt und durch die Forschungen von Jürgen W. Falter empirisch bestätigt – nicht zu vergessen, daß sie von allen nichtmarxistischen Parteien in der Weimarer Republik den relativ höchsten Anteil von Arbeitern“ [153: K. D. Erdmann, Zeit der Weltkriege, 354] besaß. Und seitdem wir auch durch die Studien von Michael H. Kater und Richard Hamilton wissen, daß mit wachsendem sozialem Status die Neigung zum Parteieintritt zunahm, ist die lange Zeit vertretene Mittel− standsthese“ sozusagen von oben“ und von unten“ erschüttert worden. Daher kann es als gesichertes Ergebnis angesehen werden, daß es sich bei der NSDAP nach ihrer Wiederbegründung im Jahre 1925 immer um eine sozial gemischte, sowohl für Arbeiter als auch für Mittel− und Oberschichtangehörige (wenn auch natürlich in unterschiedlichem Maße) attraktive Partei handelte“ [424: J. W. Falter, Erste moderne Integrationspartei, 33]. In diesem Sinne war sie eine die traditionellen Klassen− und Standesunterschiede sprengende, mithin moderne, freilich negative Volkspartei“ [H. Mommsen], in der beispielsweise, anders als lange Zeit angenommen, Angestellte als Mitglieder des Neue[n], das heißt unselbständigen Mittelstand[es]“, unter den Wählern und Mitgliedern der NSDAP sogar wohl unterrepräsentiert“ waren [424: J. W. Falter, Erste moderne Inte− grationspartei, 33]. Und diejenigen Mitglieder des neuen Mittelstandes, die zur NSDAP tendierten, taten dies in der Erwartung, mit Hilfe dieser Partei ihre Privilegien gegenüber den Arbeitern bewahren zu können. Darin wurden sie im Verlauf des Dritten Reiches“ deshalb mehr und mehr enttäuscht, weil der soziale Status der Angestellten“ in der Entwicklung vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen“ relativiert wurde [653: M. Prinz, Vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen]. Insgesamt aber konnte und wollte die NSDAP als eine offen antidemokratische. . . (im Sinne Sigmund Neumanns) ,absolutistische‘ oder ,to− talitäre‘ Volkspartei“ [688: H. A. Winkler, Mittelstandsbewegung oder Volks− partei, 112] bis hin zur (teilweisen) Herkunft ihrer Ideologie gerade aufgrund ihres Charakters als einer relativen Volkspartei“ [J. W. Falter] ihre mittelständische Prägung jedoch nicht abstreifen: Insofern leuchtet ein, daß Jürgen W. Falter sie als eine Volkspartei mit Mittelstandsbauch“ [426: Hitlers Wähler, 372] ge− kennzeichnet hat, deren Wähleranteil unter Frauen, zumal denen im katho− lischen Lager, im übrigen nicht so ausgeprägt war, wie lange Zeit angenommen wurde. Ohne Zweifel ist auch die bislang als nahezu sicher beurteilte Eindeutigkeit im Verhalten der Arbeiterschaft während der Endphase der Weimarer Republik

Totalitäre Volkspartei“

Mittelstand

Arbeiterschaft

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Negative Inte− grationspartei“

Heils− und Pro− testbewegung“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

inzwischen kräftig ins Wanken geraten [vgl. 427: J. W. Falter/D. Hänisch, Anfälligkeit; ferner 438: M. H. Kele, Nazis and Workers; C. Fischer, in 188: P. D. Stachura, Shaping of the Nazi State, 131–159; 435: M. Jamin, Zwischen den Klassen; siehe S. 11]. Schon 1933 gelang es der NSDAP, in ganz beträchtlichem Maße in das Wählerreservoir der Arbeiterschaft einzudringen und 32% der Arbeiter (mit Hausangestellten, aber ohne Landarbeiter) für sich zu gewin− nen. 31% ihrer Mitglieder kamen 1933 aus Arbeitermilieu“ [1755: G. Schildt, Die Arbeiterschaft im 19. und 20. Jahrhundert, 37]. Im Verlauf der Geschichte des Dritten Reiches“ setzte sich diese Entwicklung aus der Sicht des natio− nalsozialistischen Regimes erfolgreich fort: Die Arbeiterschaft als vom Dritten Reich“ umworbener Stand“ [616: E. Heuel, Der umworbene Stand] brachte vor allem dem Führer“ Adolf Hitler breite Sympathie“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 41] entgegen. Ohne daß die Deutsche Ar− beitsfront“ von der Mehrheit der Arbeiter wie ehedem die inzwischen zer− schlagenen Gewerkschaften als ihre Interessenvertretung anerkannt war [601: M. Frese, Betriebspolitik im Dritten Reich“, 454], trugen die von ihr ga− rantierten Vergünstigungen (siehe S. 9) sowie eine alles in allem an dem Treu− händer der Arbeit vorbei“ [1755: G. Schildt, Die Arbeiterschaft im 19. und 20. Jahrhundert, 101] sich vollziehende Lohnentwicklung neben den allge− meinen, nicht zuletzt außenpolitischen Erfolgen des Regimes dazu bei, daß sich eine – durch strukturelle, grundsätzlich in modernen industriekapitalistischen Gesellschaften angelegte Faktoren“ verursachte – ,Lähmung‘ der Indu− striearbeiterschaft“ [606: R. Hachtmann, Industriearbeit im Dritten Reich, 308] entwickelte, die bis weit in den Krieg hinein die Arbeiterschaft zum Dritten Reich“ stehen ließ, weil das nationalsozialistische Regime neben den Sanktionen des Zwangs und des Terrors eben auch für Arbeit und Brot“ [647: G. Morsch, Arbeit und Brot] sorgte. Insgesamt haben die empirischen Untersuchungen zur Geschichte der NSDAP das von Gerhard Schulz schon vor längerer Zeit unterbreitete Resultat in vielerlei Hinsicht bestätigt: Die Rekrutierungsreservoire der NSDAP−Mit− gliedschaft erlauben es jedenfalls nicht, sie nur als eine Partei des bürgerlichen Mittelstandes zu bezeichnen . . ., wohl aber als eine ,Integrationspartei‘ aller sozialen Schichten“ [412: G. Schulz, Aufstieg des Nationalsozialismus, 552]. Denn wenn man . . . im Auge behält, daß wahrscheinlich weniger als zehn Prozent der zehn Millionen Industriearbeiter – von 67 Millionen Deutschen – in politischen Parteien organisiert waren, dann bildete die NSDAP doch neben der SPD, der KPD und dem Zentrum – und mit größerer Erfassungskraft als die beiden letzten – eine der großen Parteien, die die deutsche Arbeiterschaft po− litisierte und organisierte“ [ebd., 551]. Und in mittlerweile notwendiger Ergän− zung dazu läßt sich die Partei Hitlers als eine Bewegung charakterisieren, die bis 1933 für viele Unterschiedliches bedeutet zu haben scheint: Bollwerk gegen eine damals wohl tatsächlich als real empfundene kommunistische Gefahr für die Oberschicht, Sammelpartei des sozialen und wirtschaftlichen Protestes für die

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Mittelschicht, nationale Alternative zu den beiden sozialistischen Parteien für Teile der Arbeiterschaft, Aufbruchsbewegung in eine bessere Zukunft für die Jugend (die zumindest unter den NSDAP−Mitgliedern eminent stark vertreten war) und Speerspitze für die völkisch−antisemitischen Gruppen, die zwar die Parteielite stellten, innerhalb der nationalsozialistischen Wählerschaft aber so wie zuvor im Kaiserreich und in der Weimarer Republik nur eine kleine Min− derheit ausgemacht haben dürften. Vor 1933 war die NSDAP sowohl eine Partei des Mittelstandsextremismus als auch der radikalisierten Unpolitischen aller Couleur und sozialen Herkunft, sowohl Heils− als auch Protestbewegung“ [424: J. W. Falter, Erste moderne Integrationspartei, 33]. Entscheidend für den Durchbruch der mittelständisch geprägten Volkspartei“ [H. A. Winkler] Hitlers, die Wolfgang Schieder treffend als universale Ersatzpartei“ charakterisiert hat, war aber, daß sie den für ihre Machter− greifung“ notwendigen Rückhalt bei Vertretern der vormodern orientierten Eliten Preußen−Deutschlands fand (vgl. S. 138). Es bestimmte, wie Heinrich August Winkler, vom Handeln einzelner Repräsentanten auf das ihrer Schicht schließend, gefolgert hat, in erster Linie nicht der Kapitalismus in abstracto“, sondern es bestimmten in einem gewissen Maße seine Rückversiche− rungschancen bei vorindustriellen Stützschichten den Erfolg faschistischer Be− wegungen“ [448: Mittelstand und Nationalsozialismus, 162]. Für die natio− nalsozialistische Machtergreifung“ zutreffend hat John Weiss diesen Sach− verhalt in allgemeiner Perspektive beschrieben, in der die oft hypostasierte Rolle des Kapitals“ angemessen relativiert wird [J. Weiss, The Fascist Tradition. Radical Right−wing Extremism in Modern Europe, New York u. a. 1967, 5]: Fascism was not the ,last gasp of monopoly capitalism‘. If anything, it was the last gasp of conservatism“ – eines Konservatismus spezifisch preußisch−deutscher Prägung, so sollte man ergänzen, dem die parlamentarisch reformerische Di− mension des englischen Toryismus eher abging (vgl. auch S. 138). Wenn auch manche der selbständigen ideologischen Ziele der militärischen Desperados“ des Dritten Reiches“ – über ihre antagonistische Verwandtschaft mit dem totalitären Kommunismus hinaus, die für das Zeitalter der Gewalt und der Tyranneien charakteristisch war – auch auf ihren mittelständischen Ursprung zurückgeführt werden [688: H. A. Winkler, Mittelstandsbewegung oder Volkspartei, 113], so erforderte Hitlers programmatische Politik in den dreißiger und vierziger Jahren (erst einmal), einen wirtschaftspolitischen Kurs einzu− schlagen, der den antikollektivistischen und antikapitalistischen, auf die Siche− rung der eigenen Existenz bedachten Wünschen des Alten Mittelstandes“ entgegenwirkte, der keineswegs geschlossen von Anfang an zu den Stützen des NS−Systems“ [661: A. von Saldern, Mittelstand, 241] gehörte, sich dann aber, alles in allem jedenfalls, bis zum Ende des Dritten Reiches“ davon nicht löste und auch in dessen Verlauf, in Übereinstimmung mit einer übergreifenden Tendenz der Moderne, zumindest in gewissen Bereichen seiner Existenz [vgl. dazu jedoch differenzierend 662: Dies., Alter Mittelstand“ im Dritten Reich“. Anmer−

Alte Eliten und Machtergreifung“

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Debatte um den entbehrlichen Stand“

Marxistische Deu− tungen der Machtergreifung“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

kungen zu einer Kontroverse, und auch bereits 661: Dies., Mittelstand, 236–238] mehr und mehr zum entbehrlichen Stand“ [690: H. A. Winkler, Der ent− behrliche Stand] wurde. Wie im Hinblick auf andere gesellschaftliche Gruppen und Institutionen, die, um zu überleben oder zu profitieren, zur braunen Bewegung“ übergingen, so handelte die NSDAP auch in bezug auf den mit− telständischen Teil ihrer Mitglieder und Wähler nicht im Dienste der Erwar− tungen derer, die sie trugen und unterstützten. Die für die Verwirklichung der Ziele Hitlers nötige funktionale Modernisierung verstärkte den bereits lange andauernden Vorgang der Zurückdrängung des Mittelstandes, wirkte seinen Interessen entgegen und förderte vorläufig und auf den wirtschaftlich−fi− nanziellen Bereich beschränkt, die Interessen der Industrie. Stand Hitler letztlich also doch, so ist lange und bis heute immer wieder gefragt worden, im Dienste der Wirtschaft und ihrer Repräsentanten, und sind diese mithin doch verantwortlich für seine Machtergreifung“? Von Fritz Kleins 1953 in der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ erschienenem Aufsatz Zur Vorbereitung der faschistischen Diktatur durch die deutsche Großbour− goisie 1929“ über Eberhard Czichons 1967 veröffentlichtes Buch über den Anteil der deutschen Industrie an der Zerstörung der Weimarer Republik“ [E. Czichon, Wer verhalf Hitler zur Macht? Zum Anteil der deutschen Industrie an der Zerstörung der Weimarer Republik, Köln 1967], über die von Wolfgang Schumann und Ludwig Nestler besorgte Dokumentation Weltherrschaft im Visier“ [1043] bis hin zu Lotte Zumpes Darstellung Wirtschaft und Staat in Deutschland 1933 bis 1945“ [1796] hat die orthodox−marxistische Forschung in der inzwischen untergegangenen DDR an der These festgehalten, eine Mehr− heitsgruppe deutscher Industrieller, Bankiers und Großagrarier [habe] Hitlers Kanzlerschaft gewollt und organisiert“ [E. Czichon, Wer verhalf Hitler zur Macht?, 54; vgl. zuletzt noch W. Ruge, Das Ende von Weimar. Monopolkapital und Hitler, 2. durchges. Aufl. Berlin 1989 (EA 1983)]. In einer gewissen Verwandtschaft mit der Monopolgruppentheorie der DDR− Geschichtswissenschaft, also zwischen einer fortschrittlich−exportorientierten und einer reaktionär−binnenmarktorientierten Fraktion der Industrie ver− suchsweise unterscheidend, hat auch der amerikanische Historiker David Abra− ham [The Collapse of the Weimar Republic. Political Economy and Crisis, Princeton 1981] im Zuge des Marxschen Bonapartismus−Modells und an neo− marxistischen Überlegungen von Gramsci, Poulantzas, Offe und Habermas orientiert, das Scheitern der Weimarer Republik und Hitlers Machtübernahme im Banne ökonomischer Zusammenhänge dargestellt. Die mit dem Erscheinen seines Buches verbundene Kontroverse [vgl. dazu vor allem T. Mason in: AHR 87 (1982), 1122–1123, sowie H. A. Turner, T. Mason und D. Abraham in: ebd. 88 (1983), 1143–1149; G. D. Feldman, D. Abraham und D. A. Unfug: CEH 17 (1984), 159–293; U. Nocken, in: VSWG 71 (1984), 505–527; D. Abraham in: ebd. 72 (1985), 329–352 sowie U. Nocken und D. Abraham, in: ebd. 73 (1986), 61–62. Siehe ferner C. Campbell, A Quarrel Over Weimar Book, in: The New

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

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York Times vom 23. 12. 1984, 1. u. 35] entzündete sich nicht in erster Linie an der Valenz dieser These als solcher, sondern vielmehr an der Tatsache, daß der Ver− fasser die dafür angeführten Zitate nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aus den Quellen gehoben hat, die sein Werk überhaupt hätte diskussionswürdig machen können. Inzwischen besteht allerdings ungeachtet aller Unterschiede in bezug auf die Urteilsbildung im einzelnen in der geschichtswissenschaftlichen Forschung Einigkeit darüber, daß Hitler nicht direkt vom Geld der Kapitalisten gekauft worden ist. Selbst ein marxistischer Sozialwissenschaftler wie Eike Hennig weist diese Interpretation zurück, wenn er sich gegen eine Vorstellung wendet, die sich die nationalsozialistische Machtergreifung“ als monokausalen Kaufakt“ [E. Hennig, Industrie und Faschismus. Anmerkungen zur sowjetmarxistischen Interpretation, in: NPL 14 (1969), 439] vorstellt. Dagegen schließt solche Einsicht die subtilere, in der Regel allerdings nur schwer belegbare marxistische Deutung nicht aus, sondern legt sie, um im Gehäuse marxistischen Denkens verweilen zu können, sogar nahe, aus der Wirksamkeit der sozioökonomischen Gesetz− mäßigkeiten des Klassenkonflikts“ [642: T. Mason, Sozialpolitik, 41] darauf zu schließen, hinter den handelnden Personen, durch sie und über sie hinaus, stifte der objektiv voranschreitende historische Prozeß, anonym und mächtig zugleich, die historische Verbindung zwischen Kapitalismus und Faschismus [vgl. in diesem Zusammenhang die neuen Thesen von Götz Aly und Susanne Heim, S. 280]. Dagegen hat Henry A. Turner, auf empirische Belege gestützt, darauf hin− gewiesen, daß die große Mehrheit der deutschen Großunternehmer Hitlers Triumph weder gewünscht noch materiell zu ihm beigetragen hat“ [370: H. A. Turner, Faschismus und Kapitalismus, 30]. Sein 1985 in amerikanischer Sprache und im gleichen Jahr in deutscher Übersetzung erschienenes opus magnum Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers“ weist überzeugend nach, daß die deutschen Großunternehmer und ihre Verbände für die nationalsozialistische Machtergreifung“ nicht verantwortlich waren und daß ihre Bedeutung im politischen Zusammenhang der Zeit kaum erheblich war, wenn man sie mit der der Politiker und Militärs vergleicht, deren grobe Fehler und falsche Kalku− lationen Hitlers Machtergreifung ermöglichten“ [ebd., 422; vgl. dazu auch Ders., Unternehmen unter dem Hakenkreuz, in 1663: L. Gall/M. Pohl (Hrsg.) Unternehmen im Nationalsozialismus, 15–23]. Vom Vorwurf eines das Großunternehmertum angeblich begünstigenden Umgangs mit den von Turner umfassend, intensiv und sorgsam ausgewerteten Quellen einmal abgesehen [V. Ullrich], ist Turner unter anderem vorgehalten worden, er unterschätze den mittelbar sehr wohl bedeutenden Beitrag der großen Unternehmen für Hitlers Aufstieg und reduziere in letztlich personalisierender Methode vielschichtig und problemreich, aber stets ökonomisch gebunden sich vollziehende Vorgänge auf die Frage nach der Parteienfinanzierung. Gerold Ambrosius hat das Für und Wider um Turners grundlegenden Beitrag zum Verhältnis von Wirtschaft und Na− tionalsozialismus unlängst so resümiert, daß Hitler zwar nicht nur durch das Geld des Großkapitals an die Macht kam, daß sich hinter den handelnden

Machtergreifung“ als monokausaler Kaufakt“

Großunter− nehmertum und Na− tionalsozialismus – Ergebnisse

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II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Personen aber Strukturen im Kapitalismus aufzeigen lassen, die über die so− zioökonomischen Gesetzmäßigkeiten des Klassenkonflikts eben doch eine enge Verbindung zwischen Kapitalismus und Faschismus erkennen lassen“ [1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 90]. Es bleibt mithin ab− zuwarten, ob und wie – beispielsweise in bezug auf das dazu erforderliche Quellenmaterial – der Nachweis für einen auf diese Art und Weise strukturell“ angenommenen Zusammenhang von wirtschaftlichen Interessen und na− tionalsozialistischer Bewegung“ tatsächlich zu führen ist. Turner selbst räumt übrigens durchaus ein, daß es viele legitime Gründe gibt, den organisierten industriellen Großkapitalismus des zwanzigsten Jahrhunderts zu tadeln“ – allein: die Verantwortung für das Dritte Reich ist ihm nicht anzulasten“ [1784: H. A. Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, 426]. Angesichts dieses Tatbestandes auf der einen Seite und einiger von Heinrich August Winkler im Zuge abwägender Kritik dazu geäußerter Ein− wände auf der anderen Seite dürfte nach wie vor gelten, was Karl Dietrich Erdmann schon vor geraumer Zeit, von der anklägerischen Agententheorie“ ebenso weit entfernt wie von apologetischer Mohrenwäsche, so zusammengefaßt hat: Es wäre falsch, die Unternehmerschaft als ganze oder auch nur in ihrem überwiegenden oder wirtschaftlich bedeutendsten Teil direkt dafür ver− antwortlich zu machen, daß Hitler Kanzler wurde. Es besteht jedoch eine in− direkte Verantwortung, und zwar darin, daß sie dem letzten Versuch, Hitler den Weg zur Macht zu versperren, ihre Unterstützung versagten“. Ja, daß es über− haupt zu einer Situation kommen konnte, in der das Schicksal Deutschlands in so entscheidendem Maße von den Hofintrigen um einen politisch seiner Aufgabe nicht gewachsenen Reichspräsidenten abhing, war das Ergebnis einer Ent− wicklung, in der das Großunternehmertum nicht neutral abwartend beiseite gestanden, sondern zu seinem Teil dazu beigetragen hatte, die Existenz− voraussetzungen der Weimarer Republik zu zerstören“ [153: K. D. Erdmann, Zeit der Weltkriege, 358]. Und in diesem Sinne hat Eberhard Kolb erst unlängst über diesen Sachverhalt so geurteilt: Die Industrie war nicht Urheber der Re− gierung Hitler, und der weitaus überwiegende Teil der Großindustriellen erstrebte bis Januar 1933 nicht die Errichtung einer nationalsozialistischen Herrschaft. Aber das Unternehmerlager hat durch die Ablehnung der parlamentarischen Demo− kratie und die Hinneigung zu einem autoritären System die Auflösung der Weimarer Republik vorangetrieben und der Diktatur vorgearbeitet. Daher trägt die Industrie im allgemeinen und die Großindustrie im besonderen ein hohes Maß an Mitverantwortung für die Ermöglichung Hitlers und der NS−Herrschaft“ [170: E. Kolb, Die Weimarer Republik, 230]. Den Industriellen in gewisser Hinsicht vergleichbar verhielten sich aus freilich ganz entgegengesetzten Motiven auf ihre Art und Weise auch die Gewerkschaften, so daß der für die parlamentarische Demokratie lebenswichtige Kompromiß zwischen den entscheidenden gesellschaftlichen Gruppen und politischen Par− teien seit dem Beginn des Jahres 1930 nicht mehr zustande kam [vgl. dazu A.

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

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Hillgruber, Die politischen Kräfte der Mitte und die Auflösung der Weimarer Republik, in: H. Bodensieck (Hrsg.), Preußen, Deutschland und der Westen, Göttingen/Zürich 1980, 155–175]. In diesem Sinne neigt die Forschung heute bei der Bestimmung des Verhältnisses von politischen und ökonomischen Faktoren im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtergreifung“ insgesamt dazu, in dem in sich vielfältigen historischen Umfeld der Zeit unter Gewichtung aller in Frage kommenden Faktoren allzu einsträngige Aussagen zu vermeiden, selbstverständlich stärker zu differenzieren, als dies in den Anfangsjahren der Beschäftigung mit dem Untersuchungsgegenstand möglich war, und vor dem Hintergrund eines sehr komplexen Untersuchungsgeflechts“ [170: E. Kolb, Die Weimarer Republik, 230] und seiner interaktiven Wirkungen den Primat einer ausschließlich ökonomischen Verursachung ebenso zu relativieren wie den einer allein politischen Kausalität. Zu 2: Eine Betrachtung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie im Verlauf der Geschichte des Dritten Reiches“ läßt erkennen, daß andere Bereiche der Wirtschaft stärker dem Zugriff des Regimes unterworfen waren als die Industrie, die in der wissenschaftlichen Diskussion lange Zeit bevorzugt behandelt wurde. In diesem Sinne hat beispielsweise Arthur Schweitzer darauf hingewiesen, daß sich aus ideologisch naheliegenden Gründen die Landwirtschaft, während die Industrie noch ein viel höheres Maß ihrer Selbständigkeit zu bewahren ver− mochte, bereits einem Bauernsozialismus“ näherte, dessen Vorzüge für die Landwirtschaft nicht zum geringsten die bis zum Kriegsende tendenziell an− dauernde Loyalität der Bauernschaft zum nationalsozialistischen Regime zu erklären vermögen [vgl. dazu insgesamt 1643: G. Corni, Hitler and the Pea− sants; sowie im speziellen Zusammenhang 1672: F. Grundmann, Agrarpolitik im Dritten Reich“; 582: T. Bauer, Die nationalsozialistische Agrarpolitik; und 649: D. Münkel, Nationalsozialistische Agrarpolitik und Bauernalltag; sowie im allgemeinen Zusammenhang 1644: G. Corni/H. Gies, Brot, Butter, Kanonen. Die Ernährungswirtschaft in Deutschland unter der Diktatur Hitlers; siehe in diesem Rahmen auch 1751: H. Rubner, Deutsche Forstgeschichte 1933–1945]. Um das sich im Verlauf der Geschichte des Dritten Reiches“ wandelnde Verhältnis zwischen Großindustrie und Staat beurteilen zu können, unter− scheidet die Forschung verschiedene Phasen [vgl. dazu auch 1620: G. Ambro− sius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 93; sowie 1655: W. Feldenkirchen, Die deutsche Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 75–76]. a) In den Jahren zwischen 1933 und 1936, während der Ära Schacht“ [vgl. dazu 1789: J. Weitz, Hitlers Bankier, sowie die den Stand der Schacht−Forschung seit 1945 umfassend bis hin zur Haltung Schachts gegenüber der Judenfrage“ spiegelnde Miszelle von 1758: J. Scholtyseck, Opportunistischer Weltgänger zwischen Nationalsozialismus und Widerstand, 38–46], vermochte die Industrie im Zeichen des partial fascism“ [A. Schweitzer] ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Regime in gewissem Sinne noch zu wahren, wenn auch nicht zu übersehen ist, daß sie vom Beginn des Dritten Reiches“ an im Dienste der festliegenden Ziele

Fünf Phasen

Relative Unab− hängigkeit der In− dustrie

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Arbeitsbeschaffung zwischen Kon− junkturpolitik und Aufrüstung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Hitlers handelte, daß ihre Umstellung auf das nationalsozialistische Wirt− schaftssystem im Frühjahr 1933. . . Ergebnis einer ,terroristischen Konsens− bildung‘“ [1724: R. Neebe, Großindustrie, Staat und NSDAP, 202] war und daß die Aufrüstung von einem sehr frühen Datum an – im Grunde seit der Machtergreifung – eindeutig Priorität genoß und der Außenhandel ebenso wie die gesamte Wirtschaftspolitik sich ihr unterzuordnen hatte“ [W. Fischer, in 1659: F. Forstmeier/H.−E. Volkmann (Hrsg.), Wirtschaft und Rüstung, 132]. Diese für die Forschung insgesamt kennzeichnende Position hat Hans Joachim Henning in seinem 1978 veröffentlichten Aufsatz Kraftfahrzeugindustrie und Auto− bahnbau in der Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus 1933 bis 1936“ [1679] zu differenzieren versucht. In diesem Sinne vermag er für die An− fangsphase des Dritten Reiches“ keine aufrüstungsrelevante Funktion dieses Industriezweiges zu entdecken, sondern gelangt vielmehr zu dem Resultat, daß es sich in diesem Bereich um eine vornehmlich volkswirtschaftlich beabsichtigte Initialzündung gehandelt habe, die den allgemeinen Aufschwung einleiten sollte. Bis heute kreist die entsprechende Debatte um die grundlegende Frage, ob die Politik der Arbeitsbeschaffung bereits eine getarnte Aufrüstung gewesen sei, daß es sich letztlich also nach 1933 von Anfang an um eine Rüstungskonjunktur gehandelt habe“ [1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 93; vgl. zu dieser grundsätzlichen Frage auch die Kontroverse zwischen W. Abelshauser, Kriegswirtschaft und Wirtschaftswunder. Deutschlands wirt− schaftliche Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg und die Folgen für die Nachkriegszeit, in: VfZ 47 (1999), 503–538, und Ch. buchheim, Die Wirt− schaftsentwicklung im Dritten Reich – mehr Desaster als Wunder. Eine Erwi− derung auf Werner Abelshauser, in: VfZ 49 (2001), 653–664]. Dem ist im Sinne von Henning [zum allgemeinen Zusammenhang von Beschäftigungs− und Kon− junkturpolitik im antizyklischen Sinne der Theorie von Keynes als der als maß− geblich angesehenen Tendenz während der Anfangsphase des Dritten Reiches“ vgl. bereits im Jahr 1958 1699: G. Kroll, Von der Weltwirtschaftskrise zur Staatskonjunktur] entgegengehalten worden, daß die Ankurbelung der Auto− mobilindustrie und der Bau der Autobahnen als Konjunkturmaßnahmen und nicht als Kriegsvorbereitungen einzuschätzen seien [1634: F. Blaich, Motori− sation in Germany Between the Wars; und 1632: Ders., Wirtschaft und Rüstung in Deutschland 1933–1939]. Daß – insbesondere während der frühen Entwicklung des Dritten Reiches“ – dogmatische“ und kalkulierende“, auf die Aufrüstung und den Aufschwung gerichtete Elemente in der deutschen Wirtschaftspolitik nebeneinander existiert haben [vgl. auch 1635: W. A. Boelcke, Deutsche Wirt− schaft, 72], entspricht der auch in anderen Zusammenhängen für Hitlers Staat charakteristischen Janusköpfigkeit seines Regimes, das die Normalität mit dem Ausnahmezustand permanent zu verbinden verstand – bis schließlich auch in diesem Rahmen die Finanzierung der Aufrüstung die destruktive Disposition des Gesamten zu erkennen gab [vgl. dazu zusammenfassend 1620: G. Ambro− sius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 97].

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

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b) Das von der Geschichtswissenschaft immer wieder erörterte Problem, ob die Wirtschaftsordnung des Dritten Reiches“ eher als Staats– oder als Privat− wirtschaft einzuschätzen sei, stellte sich im Rückblick während der Phase des von Arthur Schweitzer vom Jahre 1936 an datierten full fascism“, die in wirtschaftsgeschichtlicher Perspektive den Auftakt zur Ära Göring“ einleitete, einerseits klarer und andererseits schwieriger dar. Gewiß vollzog sich unter der Herrschaft des Vierjahresplans. . . ein ökonomischer Qualitätswechsel“ [1635: W. A. Boelcke, Deutsche Wirtschaft, IX], dessen Folgen, was das Ziel der wirt− schaftlichen Kriegsvorbereitung angeht, eindeutig, was freilich die Formen der sich neu organisierenden Rüstungswirtschaft betrifft, vielschichtig waren. Es ist nicht zuletzt der Studie von Dietmar Petzina über den Vierjahresplan [1737] und dem Aufsatz von Timothy Mason über den Primat der Politik [1707] zu verdanken, daß wir, bis zu einem gewissen Maß jedenfalls, recht deutlich er− kennen können, wie stark die Privatwirtschaft der staatlichen Rüstungs− wirtschaft unterworfen war. Zwar blieben die Betriebe in den privaten Händen der Unternehmer, ohne Zweifel stiegen auch deren finanzielle Erträge aus der Rüstungskonjunktur. Doch wurde das für eine kapitalistische Wirtschaft ver− bindliche Prinzip der Zweck−Mittel−Rationalität im Banne der Rüstungs− anforderungen und des Autarkieprinzips auf Befehl Hermann Görings mehr und mehr außer Kraft gesetzt. Ferner lebte die Wirtschaft beständig mit der Drohung der Staats− und Parteiführung, im Falle eines Versagens ihre ver− bliebenen Rechte zu verlieren. Alles in allem kann daher festgestellt werden, daß trotz rivalisierender Selbstverwaltungskörperschaften, unsystematisch aufgebauter Bürokratien, Machtkämpfe und Kompetenzkonflikte wichtige Um− schichtungen zugunsten der Rüstungsproduktion in der 30er Jahren vorge− nommen wurden. Bis 1939 war immerhin der Grundstein für den Übergang zu einer zentralen Planung und Lenkung gelegt worden“ [1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 94]. Daß darüber hinaus nicht nur Görings Streben, sondern auch das der SS darauf abzielte, in Konkurrenz zur Unternehmerschaft in eigener Regie Industrien aufzubauen, wissen wir beispielsweise durch Darstellungen wie die von Enno Georg Die wirtschaftlichen Unternehmungen der SS“ [1666; vgl. auch 117: A. Speer, Der Sklavenstaat. Meine Auseinandersetzungen mit der SS], von Jan Erik Schulte über Das Wirtschaftsimperium der SS“ [1760] und von August Meyer über Die Reichswerke ,Hermann Göring‘“ [1710: Hitlers Holding]: Sie ver− weisen auf Entwicklungen, die sich vor allem in der zweiten Kriegshälfte ent− falteten und ganz Neue Machtzentren“ [1722: W. Naasner] der Rüstungs− wirtschaft entstehen ließen, so daß sich das innere Gefüge des natio− nalsozialistischen Staates“ [ebd., 1] verschob. Wenn es auch zutrifft, daß der wirtschaftliche Einfluß der SS bis an das Ende des Dritten Reiches“ tatsächlich begrenzter blieb als ihr verbaler Anspruch, so ist doch gar nicht zu verkennen, daß mit den Wirtschaftsbestrebungen“ des Schwarzen Ordens, weit über die wirtschaftshistorische Seite der Geschichte des Dritten Reiches“ hinaus, bei−

Staats− oder Privatwirtschaft

Rivalisierende Machtzentren und zentrale Lenkung

SS−Industrie

212

Rüstungsboom“

Vierjahresplan“ und IG−Farben

Ein neuer Unter− nehmertyp

Diverse Bezie− hungen zwischen Staat, Partei und Wirtschaft

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

spielsweise schwerwiegende Auswirkungen auf die Existenzbedingungen der KZ−Gefangenen“ [1693: H. Kaienburg, Vernichtung durch Arbeit“; und 1694: Ders. (Hrsg.), Konzentrationslager und deutsche Wirtschaft] verbunden waren. Sie transzendieren die besonders in diesem Zusammenhang von Mark Spoerer mit großem Scharfsinn abgehandelten Fragen nach der Rentabilität des Rü− stungsbooms“ [1767: Vom Scheingewinn zum Rüstungsboom] bzw. nach der Profitträchtigkeit der KZ−Arbeit [1768: Ders., Profitierten Unternehmen von KZ−Arbeit?] und verweisen auf grundlegende Probleme der Gewalt− und Ver− nichtungsintensität der nationalsozialistischen Diktatur. Neben der gar nicht zu übersehenden Tendenz, daß sich das Verhältnis zwischen Regime und Wirtschaft zugunsten einer Kommandogewalt des Politischen über das Ökonomische entwickelte, ist nämlich, beispielsweise im Zusammenwirken zwischen der Organisation des Vierjahresplanes“ [M. Broszat] und den IG− Farben−Werken, ohne deren Sonderstellung innerhalb der nationalsozialistischen Rüstungswirtschaft damit freilich zu stark als repräsentativ auszugeben, eine Verflechtung zu erkennen, die es schwer macht, die Grenzen zwischen staatlicher und privater Sphäre festzulegen [vgl. dazu 1676: P. Hayes, Industry and Ideology; und 1742: G. Plumpe, Die IG Farbenindustrie; sowie deren Kontroverse um die Geschichte des Unternehmens im Dritten Reich“ 1674: P. Hayes, Zur umstrittenen Geschichte der I. G. Farbenindustrie AG; sowie 1743: G. Plumpe, Antwort auf Peter Hayes; und 1752: Th. Sandkühler/H.−W. Schmuhl, Noch einmal: Die I.G. Farben und Auschwitz; und vorläufig abschließend: P. Hayes, A. Barkai und A. Nicholls, in 1663: L. Gall/M. Pohl (Hrsg.), Unternehmen im Nationalsozialismus; vgl. ferner 1773: F. Stratmann, Chemi− sche Industrie unter Zwang?]. Denn in den entsprechenden Koordinierungs− und Planungsstäben halb staatlicher, halb privatwirtschaftlicher Natur verschmolz das der traditionellen Staatsorganisation aufoktroyierte führerstaatliche Prinzip mit den Führungs− und Koordinationsapparaturen der Großindustrie zu einer kaum noch unter− scheidbaren Einheit“ [380: M. Broszat, Staat Hitlers, 375] innerhalb der na− tionalsozialistischen Kriegswirtschaft in Friedenszeiten“ [1649: R. Erbe, Na− tionalsozialistische Wirtschaftspolitik, 177]: Im Spannungsfeld zwischen allgemeiner Wirtschaftsgeschichte, Elitengeschichte und Branchengeschichte“ trat jetzt ein neuer Unternehmertyp hervor, der wie Speers Generalstabschef“ Hans Kehrl, der – vor allem im Verlauf des Zweiten Weltkrieges – private Initiative und staatlichen Auftrag miteinander zu verbinden trachtete und als Manager der Kriegswirtschaft“ [1721: R.−D. Müller] die herkömmlichen Grenzen zwischen Ökonomie und Politik auflöste. Allerdings gab es neben dieser Form der partiellen Integration von Wirtschaftsunternehmen in das nationalsozialistische System auch diejenige einer eher lockeren Kooperation, die beispielsweise für die Bezie− hung zwischen dem Ruhrkohlebergbau und dem Regime kennzeichnend war [1668: J. Gillingham, Industry and Politics, 163]. In dieser Hinsicht existierten

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

213

also ganz unterschiedliche Beziehungsformen zwischen Staat, Partei und Wirt− schaft, die von distanzierter Zusammenarbeit bis zur völligen Gleichschaltung“ reichen konnten [1717: G. Th. Mollin, Montankonzerne und Drittes Reich“]. Vor diesem Hintergrund ist die zentrale Frage nach dem unternehmerischen Entscheidungsspielraum“ [1665: A. Gehrig, Nationalsozialistische Rü− stungspolitik] von Branche zu Branche und von Unternehmen zu Unternehmen nicht zuletzt im Hinblick auf die ausschlaggebende Bedeutung für Rüstung und Kriegführung einerseits sowie im Hinblick auf die sich wandelnden Bedingungen der Friedens− und Kriegszeit andererseits unterschiedlich. Unter diesen Ge− sichtspunkten hat die gerade in jüngster Zeit mächtig vorangeschrittene Unter− nehmensgeschichte (siehe S. 193) grundlegende Darstellungen präsentiert, die nur auswahlweise benannt werden können: Neben den bereits erwähnten Beiträgen zur Geschichte der chemischen Industrie sind dies vor allem solche zur Geschichte des Bankwesens [allen voran die Veröffentlichungen von H. James, Zur Ge− schichte der Deutschen Bank, in: 1664, 315–408; sowie 1691: Ders., Die Deut− sche Bank und die Arisierung“; vgl. in diesem Zusammenhang auch 1697: Ch. Kopper, Zwischen Marktwirtschaft und Dirigismus; sowie die Studie von L. Gall über Hermann Josef Abs, die unter Auswertung des Abs−Nachlasses der grundlegenden Frage nach der Vereinbarkeit von individueller Verantwortung und zweckrationalem Handeln in einer totalitären Diktatur mit kritischem Ver− ständnis nachgeht 1662: L. Gall, A man for all seasons? Hermann Josef Abs im Dritten Reich; vgl. in diesem Zusammenhang auch A. Barkai, Die deutschen Unternehmer und die Judenpolitik im Dritten Reich“, in: GG 15 (1989), 227– 247]; zur Geschichte der Automobilindustrie [hier vor allem 1744: H. Pohl/S. Habeth/B. Brüninghaus, Die Daimler−Benz AG in den Jahren 1933 bis 1945; und als Gegenschrift“ 1646: Das Daimler−Benz Buch. Ein Rüstungskonzern im Tausendjährigen Reich“; sowie die beide Werke miteinander vergleichende Mis− zelle von 1680: V. Hentschel: Daimler−Benz im Dritten Reich, die alles in allem die Ergebnisse der Arbeit von Pohl/Habeth/Brüninghaus bestätigt; vgl. zum Untersuchungsgegenstand ferner 1671: N. Gregor, Stern und Hakenkreuz. Daimler−Benz im Dritten Reich; zur Geschichte der Automobilindustrie vgl. auch 1719: H. Mommsen/M. Grieger, Das Volkswagenwerk]; zur Geschichte der Verkehrsunternehmen [1712: A. C. Mierzejewski, The Most Valuable Asset of the Reich, Bd. 2, 1670: A. B. Gottwald, Julius Dorpmüller; sowie 1685: K. Hildebrand, Die Deutsche Reichsbahn in der nationalsozialistischen Diktatur]; zur Geschichte des Versicherungswesens [1656: G. D. Feldman, Die Allianz und die deutsche Versicherungswirtschaft 1933–1945]; und zur Geschichte einer Zukunftsindustrie“ [1630: E. Black, IBM und der Holocaust]. Vor dem Hin− tergrund der Publikationen von Lothar Gall und Manfred Pohl [1663: Unternehmen im Nationalsozialismus], Paul Erker [1650: Industrieeliten in der NS−Zeit] sowie Paul Erker und Toni Pierenkemper [1651: Deutsche Unternehmer] läßt sich zusammenfassend feststellen, daß sowohl die Reprä− sentanten führender Großunternehmen als auch diejenigen von Firmen eher

Unternehmerischer Entschei− dungsspielraum“?

Darstellungen zu unterschiedlichen Branchen

Unternehmer und Regime

214

Offene Fragen

Desiderate der For− schung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

regionaler Dimension, durch Kalkül und Zweckrationalität geleitet, mehr oder minder eng bzw. distanziert mit dem nationalsozialistischen Regime zusam− mengearbeitet haben [1665: A. Gehrig, Nationalsozialistische Rüstungspolitik, 328]. Diese Feststellung beinhaltet freilich zugleich die von Mark Spoerer [1767: Von Scheingewinnen zum Rüstungsboom, 170] geltend gemachte Einschränkung: Dennoch kann zwar tendenziell, nicht jedoch zwingend vom Zieler− reichungsgrad unternehmerischen Gewinnstrebens auf Zustimmung zum Re− gime geschlossen werden. Auch wenn viele Anzeichen auf das Gegenteil deuten, kann nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, daß viele Unternehmer die ,gute alte Zeit‘ vor 1914 dem mächtigen und interventionistischen NS−Regime vor− gezogen hätten“ (siehe auch S. 54). Es bleibt alles in allem unter vielen offenen Fragen vor allem eine ungeklärt, der ein merkwürdiger Widerspruch zwischen professionellem und individuellem Verhalten zugrunde liegt: Repräsentanten von Unternehmen gehören einem Milieu an, in dem Tugenden wie Initiative, Wagemut und Freiheit vorwalten; dennoch hat es in diesem Zusammenhang, sieht man einmal vom Fall des Bosch−Konzerns ab, verhältnismäßig wenig Widerstand gegen das Regime ge− geben. Dieser regte sich dagegen bis hin zum offenen Aufstand bei Repräsentanten solcher Organisationen wie der Wehrmacht oder der Verwaltung, die per de− finitionem an das Dienen gewöhnt waren und wo Gehorsam das leitende Kar− riereprinzip beschreibt. Zu klären, wie es dazu gekommen ist, daß sich die dem Grundsatz der Freiheit Verpflichteten mit der Tyrannei augenscheinlich eher abgefunden haben als die an den Gehorsam Gewöhnten, sollte Aufgabe künf− tiger Forschungen sein. Dieses Desiderat der Historiographie verweist zugleich auf andere Lücken unseres Kenntnisstandes: Ungeachtet gar nicht zu überse− hender Fortschritte wissen wir beispielsweise nach wie vor viel zu wenig über die in Staat und Partei zum tatsächlich verfolgten Wirtschaftskurs erörterten möglichen Alternativen, auf deren Bedeutung Wolfram Fischer bereits vor geraumer Zeit hingewiesen hat [W. fischer, in 1659: F. Forstmeier/H.−E. Volkmann (Hrsg.), Wirtschaft und Rüstung, 135]. In diesem Rahmen verfolgt Willi A. Boelcke [1635: Deutsche Wirtschaft] beispielsweise Hjalmar Schachts Weg von der Mitwirkung im Regime über seine Kritik an dessen als wirtschaftspolitisch falsch und verhängnisvoll eingeschätzten Prinzipien und Praktiken zur Opposition gegen Hitler (siehe auch S. 209), wenn auch beileibe nicht erschöpfend und der in Anlehnung an Fischer entworfenen Fragestellung nicht primär verpflichtet. Und ebenfalls aufschlußreich erscheint, was Stefan Martens [527: Hermann Göring] und Alfred Kube [516: Pour le mrite und Hakenkreuz], wenn auch jeweils nur umrißhaft (vgl. S. 174), in dieser Perspektive über Hermann Görings politische und wirtschaftliche Vorstellungen und Aktivitäten zutage gefördert haben. Denn der Zweite Mann im Reich“ [St. Martens] gilt einerseits als Exponent der ruinösen Rüstungswirtschaft des nationalsozialistischen Staates, deren ultima ratio der Krieg und die in ata− vistischer Form vorgestellte Deckung von Schulden durch Beute war. Ande−

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

215

rerseits begegnete er in politischer Hinsicht Hitlers Kriegskurs durchaus skeptisch. Unter diesem Gesichtspunkt scheint er zuweilen, vielleicht ohne dies bewußt realisiert zu haben, den Erfordernissen einer vernünftigen Wirtschafts− und Außenpolitik gegenüber, für die auch sein Rivale Schacht eintrat, auf− geschlossen gewesen zu sein, die auch in den Stäben des Vierjahresplanes“ und in den Bürokratien verschiedener Ministerien als Alternativen zu Hitlers pro− grammatischem Kriegskurs erörtert wurden. Diese Tendenz, zu praktikablen, in mancher Hinsicht – in freilich grundsätzlich gewandeltem politischem Kontext – nach Kriegsende zum Zuge gekommenen Optionen zu gelangen, verstärkte sich vornehmlich während der zweiten Hälfte des Weltkrieges und vollzog sich, wie Ludolf Herbst [1682: Der Totale Krieg und die Wirtschaft, besonders 341–452] gezeigt hat, teilweise im Widerstand gegen das Regime und teilweise in Zusam− menarbeit mit ihm und verweist in seiner spezifischen Gemengelage aus alten und neuen Elementen, die sich in der Haltung von SS−Gruppenführer Otto Ohlendorf zum Neo−Liberalismus verdichten, auf die auch in anderem Zusammenhang (vgl. S. 118) zu beobachtende Möglichkeit einer sich schemenhaft andeutenden Meta− morphose des radikalen zu einem modernen Nationalsozialismus, auf deren im einzelnen noch zu prüfende Existenz Michael Salewski [1606: Das maritime Dritte Reich, besonders 147–148, Diskussion] aufmerksam gemacht hat. c) Der im Frieden vorbereitete Blitzkrieg“ [vgl. dazu H.−E. Volkmann, Die NS−Wirtschaft in Vorbereitung des Krieges, in 1202: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 1, 208–368] ist in der Forschung gerade auch unter wirtschaftspolitischem Gesichtspunkt interpretiert worden [zu den Problemen des umstrittenen Begriffs vgl. die eingehend Tatsächlichkeit und Grenze des Phänomens analysierende Studie von B. R. Kroener, Die personellen Res− sourcen des Dritten Reiches im Spannungsfeld zwischen Wehrmacht, Büro− kratie und Kriegswirtschaft 1939–1942, in 1202: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 5/I, besonders 693–697; sowie R.−D. Müller, Die Mobi− lisierung der deutschen Wirtschaft für Hitlers Kriegführung, in: ebd., 349–689; und 1732: R. J. Overy, War and Economy]. Schon vor geraumer Zeit hat Alan S. Milward gezeigt, warum im Streit um Breitenrüstung“ (Hitler) oder Tie− fenrüstung“ (Thomas) endlich die auf Breitenrüstung“ angelegte Form des Blitzkrieges“ als für das Dritte Reich“ angemessene Strategie gewählt wurde [vgl. auch 1620: G. Ambrosius, Staat und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, 97]. Über Hitlers politische Entscheidung für die Kriegführung gegen einen zuvor isolierten Gegner und über die beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten des Reiches hinaus entsprach sie, worauf Milward über das militärpolitische und ökono− mische Motiv hinaus gleichfalls hingewiesen hat, in einem ganz umfassenden Sinn der diplomatischen Lage der deutschen Regierung. Sie gehörte zu der politischen Lage des NS−Regimes. Sie gehörte zu der nationalsozialistischen Verwal− tungsmethode. Und schließlich gehörte sie zur Struktur der national− sozialistischen Gesellschaft“ [A. S. Milward, in 1659: F. Forstmeier/H.−E. Volkmann (Hrsg.), Wirtschaft und Rüstung, 191]. Aus allen diesen Gründen bot

Wirtschaftliche Be− dingungen der Blitzkriegs“−Kon− zeption

216

National− sozialistische Sozialpolitik

Albert Speer

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

sich die Konzeption des Blitzkrieges als eine begrenzte Einbeziehung der Wirtschaft in den Krieg“ für Hitler und sein Regime geradezu an [ebd., 194]. Sie erlaubte zudem, sogar noch im Zeichen des totalen Krieges“, die Existenz und Planung einer Nationalsozialistische[n] Sozialpolitik im Zweiten Welt− krieg“, deren Motive und Ziele, deren Entstehung, Entwicklung und Ende Ma− rie−Luise Recker [658] eingehend untersucht hat [vgl. dazu auch 617: H. G. Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit]. Daß soziale Lei− stungen und Entwürfe vor allem im andauernden Weltkrieg, der sie zugleich erforderlich machte und ermöglichte, integrierende Wirkung ausübten, tritt dabei ebenso deutlich zutage, wie die damit einhergehenden modernisierenden, nicht zuletzt eben gesellschaftlich egalisierenden Tendenzen auf eine mächtige säkulare Strömung der Moderne hindeuten, die sich bezeichnenderweise zur gleichen Zeit, wenn auch in einem grundlegend anders gestalteten politischen Rahmen, in dem im Dezember 1942 der Öffentlichkeit vorgestellten Beveridge− Bericht der britischen Regierung niederschlug. Freilich darf das Nebeneinander ,moderner‘ und ,traditionaler‘ Elemente in der nationalsozialistischen Sozial− politik. . . nicht darüber hinwegtäuschen, daß die politische Führung des Dritten Reiches darauf setzte, nach dem ,Endsieg‘ eine neue Entwicklung einzuleiten, die die überkommene Gesellschaft im Sinne der ,radikal−antimodernen Zielsetzung‘ des Nationalsozialismus umgestalten würde“, so resümiert die Verfasserin das Resultat ihrer Darstellung und zieht die zum Problem der damit verbundenen, entweder beabsichtigten oder sich einstellenden Modernisierung Stellung neh− mende Schlußfolgerung: Alle . . . Elemente einer partiellen Modernisierung waren insgesamt eher ein Mittel zur Steigerung der kriegswirtschaftlichen Lei− stungsfähigkeit und damit der militärischen Schlagkraft als ein eigenständiges Ziel nationalsozialistischer Politik, deren Blickrichtung in eine ganz andere Dimension wies. Der beabsichtigten Umgestaltung des eroberten ,Lebensraums‘ im Sinne einer rassischen Neuordnung hätten sich in Zukunft alle anderen Elemente unterordnen müssen, sie wäre zum Zielpunkt auch im sozialpo− litischen Bereich geworden“ [ebd., 300–301]. d) Als die Blitzkrieg“−Strategie im Jahre 1941/42 scheiterte, begann die Ära Speer“: Hitlers Favorit, dem die Effektivierung der Rüstungsindustrie anvertraut wurde, erhielt vergleichsweise freie Hand. In gewissem Sinne mit ähnlichen Methoden, wie sie in den westlichen Ländern eingesetzt wurden, ja mit gezielt eingesetzten Dosierungen partieller Liberalisierung (siehe S. 88), baute er eine Kriegs− und Rüstungswirtschaft auf, welche die Industrie an langer Leine führte, den privaten Konsum stärker einschränkte und auf den langen“ Krieg gerichtet war: Während der Zeit von 1942 bis zur Mitte des Jahres 1944 war der kometenhaft aufsteigende Rüstungsminister so erfolgreich, daß sich mit seinem Namen der Mythos eines Rüstungswunders“ verband [vgl. dazu die ausgezeichnete Studie von R.−D. Müller, Albert Speer und die Rüstungspolitik im totalen Krieg, in 1202: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 5/II, 275–773 und, diese ergänzend, die ebenso aufschlußreiche Abhandlung von B. R. Kroener, Men−

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

217

schenbewirtschaftung“, Bevölkerungsverteilung und personelle Rüstung in der zweiten Kriegshälfte (1942–1944), in: ebd., 777–1001]. Von der zweiten Hälfte des Jahres 1944 an ging die Ära Speer“ [vgl. dazu die freilich hyperkritische Darstellung von 1757: M. Schmidt, Albert Speer: Das Ende eines Mythos. Speers wahre Rolle im Dritten Reich; sowie die Studie von 564: G. Sereny, Das Ringen mit der Wahrheit. Albert Speer und das deutsche Trauma] zu Ende, als Speers ideologische Gegner, allen voran Gauleiter Fritz Sauckel, wieder für eine stärkere Reglementierung des wirtschaftlichen Bereichs durch Staat und Partei sorgten, welche die letzte Phase im Verhältnis zwischen nationalsozialistischem Regime und deutscher Industrie charakterisiert [vgl. dazu auch 148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 902]. e) Angesichts der Tatsache, daß die in diesem Zeitraum entworfenen Nach− kriegsplanungen der Industrie, die den Rahmen des autoritäre[n] Wirtschafts− und Sozialmodell[s] des sogenannten ,deutschen Sozialismus‘“ [1682: L. Herbst, Der Totale Krieg und die Wirtschaft, 458] zwar nicht sprengten und dennoch eine moderne wirtschaftliche Variante im Zusammenhang des nationalsozialistischen Deutschland darstellten, noch nicht zum Zuge zu kommen vermochten, ja durch die erneut an Einfluß zunehmende NSDAP sogar im Hinblick auf ihre Reali− sierungsmöglichkeiten Einbußen erlitten, erwies sich am Ende der Geschichte des Dritten Reiches“ verstärkt die prinzipielle Unvereinbarkeit der rassistischen und biologistischen Aspekte“ einer Weltanschauung mit den Anforderungen, die die moderne Industriewirtschaft an Rationalität und Effizienz stellt“ [ebd., 16]. Auch in dieser Perspektive triumphierte noch einmal der Primat der pro− grammatischen Politik Hitlers über die ökonomischen Erfordernisse der deutschen Industrie. Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Priorität von Politik oder Ökonomie als den jeweils bestimmenden Bedin− gungsfaktoren für die Geschichte des Dritten Reiches“ hat Timothy Mason in der Einleitung zu seinem Dokumentenband Arbeiterklasse und Volks− gemeinschaft“ [641] eine interessante Interpretation vorgelegt, deren Relevanz im historischen Rahmen des Jahres 1939, als eine wirtschaftliche Krise grassierte und Hitler den Krieg gegen Polen begann, nach wie vor zu erwägen ist. Seinem Selbstverständnis nach Marxist, hat Mason schon vergleichsweise früh in einer in der wissenschaftlichen Diskussion stark beachteten Kontroverse über das Ver− hältnis von Politik und Wirtschaft im Nationalsozialismus“ [1707: T. Mason, Primat der Politik; 1645: E. Czichon, Primat der Industrie; 1708: T. Mason, Erwiderung; 1648: D. Eichholtz/K. Gossweiler, Politik und Wirtschaft] vom Primat der Politik“ gesprochen. An dieser These hat er, sie durch Material anreichernd, festgehalten. Dabei geht er von der Beobachtung aus, daß die im Dienste der außenpolitischen und kriegerischen Ziele des Regimes betriebene Wirtschaftspolitik die Möglichkeiten des Dritten Reiches“ zunehmend mehr überfordert habe. Diese Situation sei jedoch noch zusätzlich und entscheidend dadurch verschärft worden, daß Hitler

Erneute Dominanz der Partei

Krisentheorie“ und Kriegsbeginn 1939

218

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

aus Furcht vor einer Wiederholung der Revolution von 1918 stets auch den zivilen Konsum gefördert habe, um die von Mason in ihrem Widerstandswillen und ihrer entsprechenden Aktivität mit Gewißheit überschätzte Arbeiterschaft bei der Stange zu halten. Die auf diese Art und Weise im Banne der politischen Ziel− setzung sich mehr und mehr zuspitzende ökonomische und soziale Krise habe das Regime dann im Spätsommer 1939 zur Flucht nach vorn“ und in den Krieg gegen Polen getrieben. Unbeschadet der Tatsache, daß wir durch Masons Buch (besonders in seinem dokumentarischen Teil) über viele bislang unbekannte Sachverhalte und Ein− zelheiten zur Wirtschafts− und Sozialgeschichte informiert werden, ist seine These von der Krisenanfälligkeit des Dritten Reiches“ und des daraus abge− leiteten Zwanges zur Flucht nach vorn“ in der Forschung zwar durchaus rezipiert, jedoch insgesamt ablehnend aufgenommen worden [vgl. dazu vor allem H. A. Winkler, Vom Mythos der Volksgemeinschaft, in: AfS 17 (1977), 488–489; sowie R. J. Overy, Germany, ,Domestic Crisis‘ and War in 1939. Reply, in: Past & Present 122 (1989), 221–240; und MacGregor Knox, Common Destiny, Dictatorship, Foreign Policy and War in Fascist Italy and Nazi Ger− many, Cambridge 2000, 105]. Zum einen blieben die so genannten wirtschaftlichen Zwänge gegenüber Hitlers politisch autonomen Zielen sekundär. Sie liefen der Politik und Kriegführung des Diktators nicht entgegen, sondern wurden von ihnen initiiert, forcierten sie, dienten ihnen und fanden im Blitzkrieg“−Konzept ihre politisch und wirtschaftlich entsprechende Strategie. Zum anderen über− schätzt Mason Ausmaß und Qualität der so genannten ökonomischen und sozialen Krise des Dritten Reiches“. Für ihre Beurteilung gilt, was Ernst Nolte in anderem Bezug einmal so formuliert hat: Eine Wirtschaftskrise kann Radi− kalisierung nur dann hervorbringen, wenn sie sich im Rahmen eines parla− mentarischen Systems vollzieht“ [1729: E. Nolte, Hitlers Aufstieg und die Großindustrie, 193]. Gewiß können die prekäre wirtschaftliche Lage, die Zerrüttung der Staatsfinanzen und die hiervon ausgehenden inflationären Tendenzen, die staatliche Organisation des Arbeitskräftepotentials und die damit im Zusam− menhang stehenden sozialpolitischen Probleme sowie die durch die Gesamtheit dieser Elemente nicht zu leugnende potentielle Gefährdung der innenpolitischen Basis des Regimes. . . bei einer Beurteilung der Kriegspolitik Hitlers zumindest ab 1936 nicht außer Betracht bleiben“ [W. Deist, Die Aufrüstung der Wehrmacht, in 1202: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 1, 530], und sicherlich befand sich die Wehrmacht, was Rüstungsbeschleunigung und Inflation“ [M. Geyer, Rüstungsbeschleunigung und Inflation. Zur Inflationsdenkschrift des Oberkommandos der Wehrmacht vom November 1938, in: MGM 30 (1981), 121–186] angeht, in der Kostenfalle“ [Ders., Die Wehrmacht in der Kosten− falle. Finanzierung und Struktur der NS−Rüstungswirtschaft, in: Journal für Geschichte 4 (1982), 12–18], die nach einer radikalen Lösung verlangte. Den− noch war die so genannte Krise, die der Diktator letztlich immer mit Gewalt

3. Wirtschaft, NSDAP und Drittes Reich“

219

und Terror hätte unterdrücken können, für Hitlers Gedankenbildung und Ent− scheidungen nicht ausschlaggebend. Ja, man kann in diesem Rahmen auch nicht übersehen, daß der Führer“ im Zeichen seiner politischen Erfolge bis zum Sommer 1939 in der deutschen Bevölkerung einschließlich der Arbeiterschaft Popularität besaß, die, zusammen mit materieller Privilegierung der deutschen Arbeiter und abschreckenden Drohungen für ihre Existenz, während des Zeit− raums von 1939 bis 1945 dazu beitrug, daß die Kriegswirtschaft des Dritten Reiches“ niemals von aktivem oder passivem Arbeiterwiderstand gefährdet wurde [684: W. F. Werner, Bleib übrig“, 363–364; 640: G. Mai, Warum steht der deutsche Arbeiter zu Hitler?“; und zusammenfassend 2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 41–42] (siehe auch S. 11 und S. 204). Gerade angesichts der außenpolitischen Erfolge Hitlers, so hat der Historiker Hermann Graml geurteilt, hätte wahrscheinlich schon der Triumph von Mün− chen“ ausgereicht, um in der Bewegung und [im] Herrschaftssystem. . . jahrelang für Zufriedenheit und Ruhe zu sorgen“ [1090: H. Graml, Europas Weg in den Krieg, 146]. Und in wirtschaftshistorischer Perspektive gelangt Albrecht Ritschl in bezug auf den Zeitpunkt einer möglichen Kriegsverursachung durch ökonomische Krisensymptome zu dem Ergebnis: Die Chronik des deutschen Devisenmangels und der Methoden seiner Überwindung wirft ein zusätzliches Licht auf die Diskussion um die innere Krise des NS−Systems als Auslöser für den Angriffskrieg. Daß es zumindest außenwirtschaftlich eine solche Krise geben konnte, steht nach den Zahlen zur Devisenlage außer Zweifel. Allerdings wird man sich verstärkt der Frage zuwenden müssen, wann diese Krise in welcher Intensität bestand. Will man den nationalsozialistischen Angriffskrieg primär als Bestandteil ökonomischen Krisenmanagements, d. h. als Raubkrieg ansehen, so müßte sein Beginn nach unseren Ergebnissen wohl an den Jahresbeginn 1938 verlegt werden, also kurz vor den Zeitpunkt des Einmarsches nach Österreich. Zu dieser Zeit schienen die Reserven im Devisenbereich erschöpft, und die verschlechterte Weltkonjunktur deutete auf die kommenden Exporteinbrüche hin. Hier besitzt demnach das Modell des ökonomisch erzwungenen Angriffs relativ gesehen am meisten Plausibilität“ [1750: A. Ritschl, Die deutsche Zah− lungsbilanz 1936–1941 und das Problem des Devisenmangels vor Kriegsbeginn, 122] (siehe auch S. 57). Alles in allem: Der Kriegsentschluß des Diktators entstammte allein politischen Motiven und orientierte sich, was den Zeitpunkt angeht, primär an den Bedin− gungen der internationalen Konstellation. Ökonomische und gesellschaftliche Faktoren blieben funktional und wurden von ihm nicht zuletzt auch als Argu− mentationshilfen benutzt, um mit dem Hinweis auf wirtschaftliche Notwen− digkeiten vor dem Kriegsentschluß zögernde Vertreter aus den konservativen Eliten zu überzeugen (siehe S. 49). Niemals bestimmten krisenhafte Eigen− gesetzlichkeiten im Dritten Reich“ den politischen Kurs des Regimes. Viel− mehr blieben sie mit Hitlers Politik vereinbar und waren nicht einmal für den Zeitpunkt der Kriegsauslösung in ausschlaggebendem Maße dominierend. Denn

Devisenmangel und Angriffskrieg

Jenseits von Wirt− schaft und Ge− sellschaft: Hitlers Kriegsentschluß

220

Ökonomie im Banne der Politik

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

der politischen Motiven entspringende Pakt mit Stalin war in diesem Zusam− menhang für den Termin des Kriegsbeginns mit Polen weit entscheidender [1100: A. Hillgruber, Hitler−Stalin−Pakt und Entfesselung des Zweiten Welt− krieges] als die von Mason scharfsinnig, aber überspitzt gezeichneten in− nenpolitischen und gesellschaftlichen Motive. Am eingehendsten hat wohl Heinrich August Winkler diese anfechtbaren Thesen“ Masons umsichtig kritisiert und zurückgewiesen: Mason differenziert nicht genug, wenn er der sinkenden Arbeitsdisziplin generell ein politisches Motiv zuspricht und sie auf die Ebene des bewußten antifaschistischen Kampfes hebt. In Wirklichkeit war vieles von dem, was sich unter den Vorzeichen der Vollbeschäftigung in Deutschland abspielte, gar kein spezifisch nationalsozialistisches Phänomen. Auch in England gab es nach Kriegsausbruch, als das Land erstmals eine Phase der Vollbe− schäftigung erlebte, zahlreiche Fälle von Leistungsverweigerung. Der ver− ständliche Wunsch, in der Arbeiterklasse den aktiven Widerpart von Faschismus und Krieg zu sehen, sollte nicht zu einem idealisierenden Bild ihres Bewußtseins und ihres Verhaltens in einem totalitären System verleiten. Wenn aber das na− tionalsozialistische Herrschaftssystem von den Arbeitern in seiner Existenz nicht unmittelbar bedroht war, dann wird nicht nur Masons Behauptung von der politischen Krise des ,Dritten Reiches‘ in den Jahren 1936 bis 1939 fragwürdig, sondern auch eine weitere These: Die soziale, wirtschaftliche und politische Krise habe der politischen Führung die Flucht nach vorn, den Entschluß zum Krieg nahezu aufgezwungen“. Damit ist der Stand der Forschung dargestellt, der Hitlers politische Entscheidungen für die Entfesselung“ [W. Hofer] des Zweiten Weltkrieges als verantwortlich beurteilt (siehe S. 49 und S. 268). Was aber den für die Entstehung der These von Timothy Mason verständlichen Wunsch“, in der Arbeiterklasse“ den unerschütterlichen Gegner der Diktatur Hitlers zu sehen, angeht, den Heinrich August Winkler einräumt, so hat der englische Historiker Michael Burleigh dazu vor kurzem nüchtern bemerkt: Die ,Struktur−Historiker‘, die uns so viel über die Mitwirkung der deutschen Eliten am Aufstieg Hitlers zur Macht in der Zeit vor dem 30. Januar 1933 erzählt haben, neigen auf der anderen Seite dazu, . . den nicht der Elite angehörenden Bevöl− kerungsgruppen eine geringere Schuld zuzumessen . . .“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 711]. Alle Versuche, Hitler und den deutschen Faschismus“ im weitesten Sinne als Exponenten und Derivate der Krisen und Verwertungsbedingungen des Kapi− talismus zu beurteilen und das Dritte Reich“ in irgendeiner Indienstnahme für ökonomische Ziele zu interpretieren, lassen im Prinzip, wie der Gang durch die Forschung gezeigt haben mag, durchgehend zwei Fragen ungelöst: Einmal die, warum es zu solcher Entwicklung gerade in Deutschland – und nicht in England oder in den Vereinigten Staaten von Amerika – gekommen ist. Damit wird über die ökonomische Sphäre hinaus wiederum, wie im Zusammenhang mit der Be− handlung der Machtergreifung“ (vgl. S. 136 ff.) erklärend auf den Bereich der politischen Kultur in historischer Perspektive verwiesen und möglicherweise

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

221

sogar eingeräumt, daß es angesichts seiner mächtigen Staatstradition und seiner vormodernen Führung ein spezifischer Mangel an Kapitalismus in Deutschland gewesen sein könnte, der für die Entwicklung des preußisch−deutschen Natio− nalstaates charakteristisch wurde, nicht aber eine Dominanz der Wirtschaft über den Staat oder auch nur eine Deckungsgleichheit von wirtschaftlichen und politischen Faktoren. Zum anderen lassen solche Interpretationen das Problem offen, wie die Zweckgerichtetheit kapitalistischen Wirtschaftens mit der Rassenidee des Na− tionalsozialismus zu vereinbaren ist (siehe dazu S. 95 und S. 280 f.). Ihre un− bestrittene Priorität in der Politik des Regimes beschreibt dessen Wesen und ist mit den Erfordernissen einer kapitalistischen Wirtschaft letztlich in allen Be− reichen eher unverträglich als kongruent, so daß insgesamt Norman Richs Urteil über das Verhältnis von Politik und Wirtschaft im Dritten Reich“, dessen Herrschaft und Alltag“ im folgenden Abschnitt dargestellt werden soll, Anerkennung finden kann: The Nazi use of economic assets was never cha− racterized by efficiency, however, for almost all Nazi leaders, if not to the same extent as Himmler, regarded the economy primarily as a means to an end. It was therefore hardly surprising that the Nazi operation of the economy was almost exclusively determinded by political and ideological considerations“ [1027: N. Rich, Hitler’s War Aims, Bd. 1, 58].

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stand die Mehrzahl der Zeitgenossen, besonders aber vom nationalsozialistischen Regime Verfolgte und Vertreter des Widerstandes gegen die Diktatur Hitlers, unter dem übermächtigen Eindruck, daß das Dritte Reich“ ein rational durchorganisiertes, perfektes System ter− roristischer Herrschaft dargestellt habe“ [176: H. Mommsen, National− sozialismus, 702]. Diese Vorstellung wurde durch die historische Forschung nach und nach differenziert. Im Hinblick auf die allmächtig und integrierend wirkende Führerpersönlichkeit Hitlers wurde dieses Bild zwar insgesamt be− stätigt, in bezug auf die unübersehbar vorhandene Existenz und Kompeten− zenvielfalt miteinander konkurrierender Ämter und Bürokratien im natio− nalsozialistischen Staat konnte es jedoch erheblich modifiziert und ergänzt werden. Repräsentativ und im Grunde nach wie vor gültig hat Karl Dietrich Bracher bereits 1956 und danach in seinen verschiedenen Werken zur Geschichte der nationalsozialistischen Zeit diese für das Gefüge des Dritten Reiches“ kenn− zeichnende Ambivalenz von monokratischen und polykratischen Elementen beschrieben, die ihre Orientierung im Prinzip stets in der Persönlichkeit und Politik Hitlers fanden: Der Antagonismus der Machtfunktionen ist einzig in der omnipotenten Schlüsselstellung des Führers aufgehoben. Gerade darin, nicht

Organisierte oder improvisierte Herrschaft?

Monokratie oder Po− lykratie?

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Hitler als gesellschaftliches Medium

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

im Funktionieren des Staates per se, liegt die tiefste Absicht der keineswegs perfekten Gleichschaltung. Denn die Schlüsselstellung des Diktators ist gerade in dem unübersichtlichen Neben− und Gegeneinander der Machtgruppen und persönlichen Bindungen begründet. Auf dieser Verflechtung beruht auch die steigende Wirksamkeit der Kontroll− und Zwangsinstanzen im totalen Poli− zeistaat“ [K. D. Bracher, Stufen totalitärer Gleichschaltung: Die Befestigung der nationalsozialistischen Herrschaft 1933/34, in: VfZ 4 (1956), 42]. Vor dem Hintergrund dieses umfassend alle charakteristischen Merkmale des Aufbaus und der Organisation der nationalsozialistischen Diktatur berück− sichtigenden Befundes ist die gegenüber dieser unter anderem eben von Bracher vertretenen Einsicht kritische Forschungsdiskussion der folgenden Jahre und Jahrzehnte zu betrachten. Lange andauernd, teilweise bis heute betont sie ge− genüber der monokratischen Dimension stärker die pluralistischen bzw. die polykratischen Faktoren in Hitlers Machtausübung“ [M. H. Kater], zieht das Moment der inneren Rationalität der Diktatur und die Planmäßigkeit im Handeln des Führers“ in Zweifel und beurteilt die Tendenz zur Selbstzerstörung des Dritten Reiches“ als systemimmanente Notwendigkeit der a priori krisenhaft und ruinös wirkenden nationalsozialistischen Diktatur. Vergleicht man beide Positionen miteinander, so ist vorab dies festzustellen: Die im Zeichen der Totalitarismustheorie stehende ältere“ Forschung hat durchaus angemessen und wissenschaftlich genau die Diskrepanz zwischen dem monolithischen Herrschaftsanspruch und den dualistischen oder polykratischen, vom anar− chischen Kompetenzenwirrwarr eines ,gelenkten Chaos‘ bestimmten Herr− schaftsstrukturen erkannt und analysiert“ [277: K. D. Bracher, Zeitge− schichtliche Kontroversen, 65]. Diese Tatsache ist später im Bemühen um einen ganz ,neuen‘ Ansatz“ [ebd.] – bis zu einem gewissen Grade vielleicht noch verständlich – zu häufig übersehen worden. Gerade die Arbeiten Karl Diet− rich Brachers, aber beispielsweise auch die von Gerhard Schulz, der den Begriff der Polykratie im Zusammenhang mit der Geschichte des Dritten Reiches“ ursprünglich einmal differenzierend in die wissenschaftliche Dis− kussion eingeführt hat [siehe dazu auch 183: G. Schulz, Neue Kontroversen in der Zeitgeschichte: Führerstaat und Führermythos“, bes. 269] kreisen gerade darum, staatliche Ineffizienz und Willkür des NS−Führersystems“ im Ver− hältnis zum totalitären Anspruch der Führerdiktatur“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 65] als Problem zu erkennen und zu the− matisieren, wenn sie freilich im Ergebnis auch alles in allem das Improvisierte und Chaotische eher als Voraussetzung und Bedingung des Führer−Absolutismus einschätzen, ohne damit jedoch der Gefahr einer Dämonisierung der Persön− lichkeit und Politik Hitlers zu erliegen. Doch nicht zuletzt unter dem Eindruck der in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeleiteten und der Forschung zugänglich gemachten Akten zur Geschichte des Nationalsozialismus wurde das bis dahin gültige Bild vom Dritten Reich“ mehr und mehr in Frage gestellt und im Sinne des bereits 1948 von Walter

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

223

Petwaidic gezeichneten Entwurfs einer autoritären Anarchie“ versuchsweise revidiert. Ihren Ausgang nahm diese Bemühung von empirischen Einzelbefunden, die jedoch keineswegs unumstritten sind, wie beispielsweise die seit dem Beginn der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts bis heute andauernde Kontroverse um die Täterschaft des Reichstagsbrandes zeigen mag. Nach wie vor stehen sich die Positionen derjenigen, die wie Fritz Tobias [570: Der Reichstagsbrand. Legende und Wirklichkeit], Hans Mommsen [531: Der Reichstagsbrand und seine Folgen; sowie 532: Ders., Nichts Neues in der Reichstagsbrandkontroverse. Anmerkungen zu einer Donquichotterie] und Eckart Jesse [507: Die Kontroverse zum Reichtagsbrand. Ein nicht endender Wissenschaftsskandal] die These der Alleintäterschaft des Holländers Marinus van der Lubbe vertreten [vgl. dazu zusammenfassend 452: U. Backes/K.−H. Janssen/ E. Jesse/H. Köhler/H. Mommsen/F. Tobias, Reichstagsbrand. Aufklärung einer historischen Legende], und derjenigen, die wie Walther Hofer [501: W. Hofer/ E. Calic/K. Stephan/F. Zipfel (Hrsg.), Der Reichstagsbrand. Eine wis− senschaftliche Dokumentation, Bd. 1, Berlin 1972 und Bd. 2, hrsg. von W. Hofer/E. Calic/C. Graf/F. Zipfel, München/New York u. a. 1978, jetzt als Neuausgabe] sowie Alexander Bahar, Wilfried Kugel und Jürgen Schmä− deke, teilweise unter Verwendung neuer, nach der Zeitenwende 1989/90 zu− gänglich gewordener Aktenfunde [453: A. Bahar/W. Kugel, Der Reichs− tagsbrand. Neue Aktenfunde entlarven die NS−Täter; 558: J. Schmädeke/A. Bahar/W. Kugel, Der Reichstagsbrand in neuem Licht; 454: A. Bahar/W. Kugel, Der Reichstagsbrand. Wie Geschichte gemacht wird] die These der nationalsozialistischen Täterschaft zu belegen versuchen, unversöhnt gegenüber: Für die Erwiderung der Historiker, welche die Einzeltäterschaft reklamieren, ist im Hinblick auf die teilweise umfangreichen Publikationen ihrer Kontrahenten zweierlei wünschenswert [zum Stil der seit Jahrzehnten alles andere als fair geführten Auseinandersetzung vgl. die Bemerkung der Redaktion der Vier− teljahrshefte für Zeitgeschichte“, die kürzlich zu einer frühen Stellungnahme von Hans Mommsen veröffentlicht worden ist: VfZ 49 (2001), 555]: Zum einen eine detaillierte, ausführliche Auseinandersetzung mit den vorlegten Materialien von Hofer einerseits und von Schmädeke, Bahar und Kugel andererseits; und zum zweiten eine so nüchterne, unpolemische Tonart, wie Ulrich von Hehl sie 1988 gewählt hat, als er Die Kontroverse um den Reichstagsbrand“ [488] auf das eingehendste untersucht hat und zu dem Ergebnis gelangt ist, wonach die These der Alleintäterschaft dem Autor wahrscheinlicher vorkommt als die einer na− tionalsozialistischen Brandstiftung. Vor dem Hintergrund seiner wissenschaftlichen Ergebnisse, mit der er der in den vierziger und fünfziger Jahren vorherrschenden Auffassung vom planvoll− manipulatorischen Charakter der nationalsozialistischen ,Machtergreifung‘“ [488: U. v. Hehl, Kontroverse um den Reichstagsbrand, 267] vehement entgegentrat, prangerte Hans Mommsen die Überrationalisierung im Hinblick auf die Beur− teilung des Dritten Reiches“ an. Ähnlich wie Martin Broszat [380] in seiner auf

Reichstagsbrand− Kontroverse

224

Hitler: Führer“ oder Durch− führer“?

Anarchische Züge

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

diesem Gebiet führenden Darstellung über die innere Verfassung des Hitler− Staates stellt Mommsen eine institutionelle Anarchie ohnegleichen und eine zunehmende Entsachlichung der Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen des Systems“ fest, das äußerlich durch den Führermythos zusammengehalten wurde“. Tatsächlich aber erscheint ihm Hitler als ein entschei− dungsunwillige[r], häufig unsichere[r], ausschließlich auf Wahrung seines Pre− stiges und seiner persönlichen Autorität bedachte[r], aufs stärkste von der je− weiligen Umgebung beeinflußte[r], in mancher Hinsicht schwache[r] Diktator“ [176: H. Mommsen, Nationalsozialismus, 702]. Damit waren The Limits of Hitler’s Power“ [E. N. Peterson] überdeutlich markiert, und das bis dahin geläufige Urteil über die nahezu unumschränkte Machtfülle des Diktators wurde mit dieser Behauptung grundsätzlich in Zweifel gezogen. Während einige Historiker dieses Ergebnis einer Relativierung der Position Hitlers in erster Linie auf den innenpolitischen Sektor des Dritten Reiches“ bezogen haben [462: R. Bollmus, Amt Rosenberg; 533: W. J. Mommsen, Das nationalsozialistische Herrschaftssystem], in der Außenpolitik dagegen nach wie vor von einem persönlichen Regiment“ [W. J. Mommsen] Hitlers ausgegangen sind, versuchten Hans Mommsen [beispielsweise 400: Ausnahmezustand als Herrschaftstechnik], Martin Broszat [beispielsweise 381: Soziale Motivation] und Wolfgang Schieder [1149: Spanischer Bürgerkrieg und Vierjahresplan] diese revidierte Sicht der nationalsozialistischen Diktatur auch auf die Außen− politik des Regimes anzuwenden (vgl. dazu ausführlicher Abschnitt 6). Im Rahmen dieser Interpretationen wurde aus dem Führer“ der Tendenz nach ein Durchführer“, erscheint Hitler als ein zwar mehr oder minder wichtiger, in erster Linie jedoch nicht autonom handelnder, sondern repräsentierender, ausführender, ja abhängiger Handlungsträger, der sich im Banne letztlich übermächtig wirkender Vorgänge bewegt. Demgemäß wird er vornehmlich nicht als politischer Gestalter, sondern weitgehend als gesellschaftliches Medium beurteilt. In diesem Sinne plädiert Hans Mommsen für eine Normalisierung“ des seines Erachtens dämo− nisierten Bildes vom Diktator. Ihm gilt Hitler lediglich als Repräsentant des Faschismus in Deutschland“ [398: H. Mommsen, Auflösung der Weimarer Republik, 1], dessen Entstehung er aus strukturellen“ Zusammenhängen der Spätphase der Weimarer Republik und der Machteroberungsphase“ zu er− klären versucht. Dieser sich seit der Mitte der sechziger Jahre mehr und mehr ausbreitenden Anschauung vom nationalsozialistischen Staat als einem im innen− und außen− politischen Bereich polykratischen Chaos ist unter anderem von Karl Dietrich Bracher [277: Zeitgeschichtliche Kontroversen, bes. 63–79] und Andreas Hillgruber [223: Tendenzen, Ergebnisse und Perspektiven der Hitler−For− schung] immer wieder entgegengehalten worden, der Hinweis auf den poly− kratischen, oft anarchisch anmutenden Charakter nationalsozialistischer In− nenpolitik“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 65] treffe im Grunde gar nicht das Wesentliche des Regimes. Er beziehe sich mehr auf Un−

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

225

vollkommenheiten der Durchführung“, ohne damit die auch auf diesem Gebiet beobachtbare Ambivalenz als das Kennzeichen des Nationalsozialismus zu be− streiten. Sie erscheint geradezu als das Wesen eines unverrückbar festgehaltenen Programms, oder besser einer ideologischen Fixierung, die durchaus Wider− sprüchliches einschloß, ohne von dem Ziel der radikalen Verwirklichung ab− zulassen“, und ist auch nicht nur im Sinne und als Folge eines geschickten Machiavellismus Hitlers“ zu verstehen [ebd., 66]. Eben diesen Aspekt im Verhältnis von Führerdiktatur und Polykratie hat Sebastian Haffner betont, indem er das Chaos im Dritten Reich“ als Hit− lers Schöpfung“ charakterisierte. Die Funktionsfähigkeit des Staates“ habe der Diktator nämlich zugunsten seiner persönlichen Allmacht und Unersetzlichkeit bewußt zerstört und zwar von Anfang an“. Absichtlich habe er einen Zustand hergestellt, in dem die verschiedenen eigenständigen Machtträger unabgegrenzt, miteinander konkurrierend und einander überschneidend, nebeneinander und gegeneinander standen, und nur er selbst an der Spitze von allen. . . Denn er hatte das vollkommen richtige Gefühl, daß. . . absolute Herrschaft nicht in einem in− takten Staatswesen möglich ist, sondern nur in einem gebändigten Chaos. Des− wegen ersetzte er von Anfang an den Staat durch ein Chaos – und man muß ihm zugestehen, daß er es, solange er lebte, zu bändigen verstand“ [215: S. Haffner, Anmerkungen zu Hitler, 58–59]. Während also die Revisionisten“ davon ausgehen, Hitler sei im Grunde von der Polykratie des nationalsozialistischen Regimes abhängig gewesen und habe keineswegs bewußt eine Taktik des divide et impera verfolgt, sondern habe vielmehr mit geschicktem Situationsopportunismus“ auf akute Heraus− forderungen reagiert und sei von diesen nicht selten getrieben worden, hat es immer wieder ganz andere Stimmen gegeben, nicht zuletzt diejenigen aus− ländischer Historiker wie beispielsweise von Milward, der in einer gewissen Parallele zu Haffners Ausführungen die genau umgekehrte These plausibel gemacht hat. Seinen Überlegungen und Beobachtungen zufolge waren es das Führerprinzip und der Primat der nationalsozialistischen Weltanschauung Hit− lers, die das Kompetenzenchaos in gewissem Maße erforderlich machten, und gerade die (scheinbare) Vielfalt politischer Herrschaft kennzeichnete demgemäß die (tatsächliche Eigen−)Macht der Diktatur Hitlers. Denn die NSDAP war äußerst mißtrauisch gegenüber jedem Verwaltungsapparat, der nicht ihrer ei− genen Aufsicht unterstand und nicht von ihrer eigenen Weltanschauung durchtränkt war. . . Deshalb wurde es eine normale Erscheinung in der NS− Verwaltungspraxis, wenn wichtige Verwaltungsaufgaben erledigt werden muß− ten, einen neuen Leiter mit eigenem Verwaltungsapparat zu ernennen. Das Führerprinzip lief darauf hinaus, die Entschlußlosigkeit und Langsamkeit der Weimarer Bürokraten abzustellen und natürlich auch darauf, die persönlichen Entscheidungen des Führers über die Stufen der Verwaltungshierarchie ohne Verzögerung weiter zu befördern. Normalerweise war der Leiter jedes neuen Apparates entweder einem sehr hohen Leiter oder sogar direkt dem Führer

Die neue−alte These: divide et impera

Hitlers Autonomie

226

Tendenz zur Unterschätzung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

selbst verantwortlich“ [A. S. Milward, in 1659: F. Forstmeier/H.−E. Volkmann (Hrsg.), Wirtschaft und Rüstung, 197]. Ungeachtet der Frage, ob die pointiert vorgetragene Interpretation Haffners über das Herrschaftsgefüge des Dritten Reiches“ nicht doch einer zu stark rationalisierenden Methode unterliegt, läßt sich, intentionale und funktionale Faktoren in Hitlers Staat gegeneinander abwägend, erst einmal feststellen: Im Nebeneinander von monokratischen und polykratischen Elementen im na− tionalsozialistischen Staat offene Gegensätzlichkeiten und nahezu Unver− einbares zu entdecken und zu beschreiben, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Existenz eines Kompetenzenchaos im nationalsozialistischen Regime nichts besagt gegen den definitiven und letztlich auch konsequenten Willen Hitlers und seiner Politik“ im Banne ihrer Endziele“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 66]. Am nachdrücklichsten ist die Kritik der Revisionisten“ (zur Vielschichtigkeit des Terminus vergleiche S. 165), die traditionelle Position stehe allzu leicht in Gefahr, das Dritte Reich“ überzurationalisieren und Hitler zu dämonisieren, von Karl Dietrich Bracher zurückgewiesen worden. Er lehnt sowohl die ,neu−linke‘ und marxistische Dogmatik einer pauschalen Faschismus−Inter− pretation“ als auch die neuere[n] revisionistische[n] Interpretationen“ ab, die sich gegen die ,altliberale‘ Totalitarismusforschung wenden und einer rela− tivierenden, die ,improvisatorische‘ Macht− und Herrschaftspolitik des Natio− nalsozialismus betonenden Deutung das Wort reden. Sie möchten die Schuld− und Verantwortungsfragen zugunsten einer angeblich moderneren, realistischen Analyse hinter sich lassen, geraten dabei aber in die Gefahr einer neuerlichen Unterschätzung und Bagatellisierung des Nationalsozialismus selbst, wie sie auf andere Weise auch das linke Allerweltsgerede von Faschismus und Reaktion mit sich bringt“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen, 63]. Ohne es zu beabsichtigen, könnten die Revisionisten“ tatsächlich Gefahr laufen, die ideologische und totalitäre Dimension des Nationalsozialismus zu verkleinern und möglicherweise zu verkennen, damit das Wesentliche der Ge− schichte des Dritten Reiches“ zu verfehlen und eine die totalitäre Diktatur verharmlosende, die freiheitlich westliche Verfassungs− und Gesell− schaftsordnung dagegen über Gebühr belastende Interpretation zu fördern. Im Zuge ihres Versuchs, das Bild vom Dritten Reich“ zu normalisieren und die eigenständige Ambivalenz des Nationalsozialismus vornehmlich aus dem Vor− handensein bzw. im Dienste traditionell überlieferter Strukturen“ zu erklären, verkennen die Revisionisten“ Autonomie und Geschichtsmächtigkeit der Dik− tatur Hitlers und ihrer Ziele. Eben diesen Befund hat unlängst der englische Historiker Michael Burleigh unterstrichen, als er davor warnte anzunehmen, die von der jüngeren Geschichtsschreibung gesammelten Erkenntnisse über Nazi−Deutschland und die Sowjetunion – über die zwangsläufigen Diskre− panzen zwischen Ideal und Realität, den konfliktträchtigen Dualismus zwischen Partei und Staat, die Rivalitäten zwischen Machtinstanzen mit einander über−

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

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schneidenden Kompetenzen. . ., hätten den Begriff des Totalitarismus für die Beschreibung eines allumfassenden politischen Beherrschungswillens irgendwie überflüssig oder obsolet gemacht“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 37]. Damit wird die Existenz von Kompetenzenanarchie und Ämterdarwinismus selbstverständlich nicht bestritten; und daß Korruption in der NS−Zeit“ an− gesichts der Vielzahl großer und kleiner Parvenüs und Profiteure“ sogar eine für das Herrschaftssystem konstitutive Praxis“ [455: F. Bajohr, 133; siehe S. 88] entwickelte, wird damit gleichfalls nicht verkannt. Allein, ob mit dem kürzlich so genannten Kompetenzen−Wirrwarr“ das ausschlaggebende Wesensmerkmal benannt ist, erscheint neueren Forschungen höchst fraglich. Die orthodoxe historische Literatur über das Dritte Reich“, also die Arbeiten derjenigen, die als Revisionisten“ angetreten sind (vgl. S. 165), heißt es in Michael Burleighs großem Werk Die Zeit des Nationalsozialismus“, schildert dessen Regie− rungsrealität als einen Kompetenzen−Wirrwarr, in dem jeder gegen jeden in− trigierte. Man sollte sich hierbei jedoch vor Überzeichnungen hüten. Auch demokratische Verwaltungen leiden unter persönlichen Rivalitäten und Ran− geleien zwischen den Mitgliedern unterschiedlicher Parteien und einer Über− schneidung von Aufgaben; sie sind auf Fachleute von außen angewiesen, um eine schwerfällige Bürokratie auf Trab zu bringen, und ihr Handlungsspielraum wird durch zahllose externe Faktoren eingeschränkt. Darüber hinaus verlassen sich viele moderne Unternehmen und Institutionen. . . auf einen Sozialdar− winismus auf der Führungsebene nach dem Grundsatz des ,Teile und herrsche‘, ohne daß dies negative Konsequenzen für die Produktivität hätte. Mit anderen Worten, was zunehmend als Schlüssel zur Erklärung der NS−Herrschaft herhalten musste, nämlich die sich gegenseitig radikalisierenden Effekte rivalisierender Behörden, war möglicherweise weniger spezifisch als vermutet und vermag zudem die Zielstrebigkeit nicht zu erklären, mit der die Nazis sich daran− machten, ihre ideologischen Ziele zu verwirklichen. Wenn das, was angeblich in einzigartiger Weise für die Nazis typisch war, auch viele andere moderne Ver− waltungen und Organisationen kennzeichnet, dann kann dies allein wohl kaum die außergewöhnliche Destruktivität des Regimes erklären“ [148: 187 f.]. Dagegen sollte nach dem Urteil des englischen Historikers ein Aspekt der Dikta− tur. . . allerdings stärker hervorgehoben werden, als es gegenwärtig vielleicht der Fall ist, nämlich die Verdrängung rechtsstaatlicher Verfahren durch willkürlichen Polizeiterror. Das war. . . der entscheidende Bruch mit dem fundamentalsten Merkmal freier Gesellschaften. Das war keine untergeordnete Frage, die einmal unerklärlicherweise eine ältere Historikergeneration bewegt hat und die man am besten den Rechtshistorikern überlässt, sondern es war die entscheidende Abkehr von zivilisierten Werten, die von der NS−Regierung in die Wege geleitet wurde“ [ebd., 188]. Eine neue Aufgipfelung erfuhr die Kontroverse über den monokratischen oder polykratischen Charakter der Führerdiktatur im Rahmen einer in Cumberland Lodge (Großbritannien) vom Deutschen Historischen Institut London im Mai

Korruption in der NS−Zeit“

Kompetenzen− Wirrwarr“ als Wesensmerkmal?

Rechtsstaat contra Willkürherrschaft als Urteilskategorie

Intentionalisten und Funktionalisten

228

Abhängigkeiten und Interdependenzen in Hitlers Führer− diktatur

Dieter Rebentischs neuer Befund

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

1979 veranstalteten wissenschaftlichen Tagung über Herrschaftsstruktur und Gesellschaft des Dritten Reiches“, deren Ergebnisse sich, leider nur unzu− reichend und teilweise dokumentiert [vgl. dazu 183: G. Schulz, Neue Kon− troversen in der Zeitgeschichte, 266], in einer Publikation niedergeschlagen haben [166: G. Hirschfeld/L. Kettenacker (Hrsg.), Der Führerstaat“; siehe dazu auch insgesamt 183: G. Schulz, Neue Kontroversen in der Zeitgeschichte]. In diesem Zusammenhang kennzeichnete Timothy Mason die stärker Hitlers Politik und Persönlichkeit als für die Entwicklung des Dritten Reiches“ we− sentlich beurteilenden Historiker verkürzend als Intentionalisten“, während er ihre Kontrahenten als Funktionalisten“ etikettierte, ohne daß diese sich rasch in die wissenschaftliche Umgangssprache einfressenden Pauschalbegriffe dem Er− kenntnisfortschritt der Forschung gedient hätten. Unversöhnlich standen sich die Lager gegenüber: Es schien zwei Wirklichkeiten und Geschichten des Dritten Reiches“ zwischen 1933 und 1945 gegeben zu haben. Doch von da an, durch neue Fragen angeregt und durch neue Quellen bestimmt, gelangte die Wissenschaft zu differenzierenden Einsichten über Ab− hängigkeiten und Interdependenzen in Hitlers Führerstaat, die dessen Geschichte, wie sie in ihrer widersprüchlichen Uniformität nun einmal existiert hat, aufs neue historisierend rekonstruierte. Daß Monokratie und Polykratie, daß Verfolgung durch Terror“ und Verführung durch Normalität“ [491: J. Henke, Verführung durch Normalität], daß Lockung und Zwang“ [635: A. Kranig, Lockung und Zwang], daß Menschenführung“ und Verwaltung“ [549: D. Rebentisch/K. Teppe (Hrsg.), Verwaltung contra Menschenführung] zwei Seiten einer Medaille in Hitlers Hand waren, ja daß der Ausnahmezustand nationalsozialistischer Herrschaft und die Normalität deutschen Alltags, die bürokratische Verall− täglichung des Charismatischen also in dieser Perspektive zusammengehören, deutete sich in repräsentativem Rahmen in den Beiträgen an, die auf einer 1983 in Berlin veranstalteten Internationalen Konferenz zur nationalsozialistischen Machtübernahme“ – deren revolutionären Charakter Horst Möller über− zeugend dargestellt hat [397: H. Möller, Nationalsozialistische Machter− greifung] – vorgetragen und publiziert wurden [384: M. Broszat u. a. (Hrsg.), Deutschlands Weg in die Diktatur]. Weit darüber hinausreichend und in gewisser Parallele zu den der Alltags− und Regionalgeschichte abgewonnenen neuartigen Ergebnissen Martin Broszats über Charakter und Erscheinung des Dritten Reiches“ ist es das Verdienst der Frankfurter Habilitationsschrift von Dieter Rebentisch [406: D. Rebentisch, Führerstaat und Verwaltung; und 405: Ders., Innere Verwaltung], durch in− tensives Quellenstudium die unfruchtbar gewordene Kontroverse über Mono− kratie und Polykratie, über Intention und Improvisation, über Planung und Zufall als gegensätzlich verstandene Wesenselemente des Dritten Reiches“ überwunden und der Forschung eine neue Qualität der Beurteilung gesichert zu haben, die der Autor so umschreibt: Zwar ist weder eine planmäßige, rational kalkulierende Vorausberechnung des verfassungspolitischen Handelns noch eine systematisch

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

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konzipierte Schrittfolge der verschiedenen Maßnahmen zu konstatieren, wohl aber eine ideologisch motivierte Zielstrebigkeit zur Vermehrung und Voll− endung der Führerherrschaft und eine generelle, von radikalisierenden Schüben zeitweise verschärfte Tendenz zur Durchsetzung und Verwirklichung welt− anschaulicher Programmpunkte des Nationalsozialismus. Dadurch erscheint der Prozeß der innerstaatlichen Strukturveränderungen wie eine zeitlich gestreckte Fortsetzung der Gleichschaltungsaktionen in der Machtergreifungsphase. . . Bei alledem sicherte sich Hitler, angesichts der formal und äußerlich betrachtet weitgehend erscheinenden Delegation der Rechtsetzungsbefugnis, die je− derzeitige Einflußmöglichkeit und das letztinstanzliche Entscheidungsrecht“ [406: D. Rebentisch, Führerstaat und Verwaltung, 535 u. 549; vgl. in diesem Zusammenhang auch 411: M. Ruck, Beharrung im Wandel“. Neuere For− schungen zur deutschen Verwaltung im 20. Jahrhundert; sowie auch 401: R. Morsey (Hrsg.), Das Ermächtigungsgesetz“ vom 24. März 1933. Quellen zur Geschichte und Interpretation des Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“] – ein Ergebnis, das durch die Studie von Peter Longerich über die Geschichte der Parteikanzlei unter Martin Bormann [522: Hitlers Stellvertreter] bestätigt wird, vermochte doch jede noch so beiläufige Äußerung Hitlers durch die Beflissenheit der Kanzleien gezielte Verwaltungsschritte bis auf die unterste Instanzenebene auszulösen. Alles in allem gilt somit nach wie vor H.−U. Tha− mers weithin akzeptierte Konsensformel“ [163: U. v. Hehl, National− sozialistische Herrschaft, 62] – die im übrigen an K. D. Brachers seit den fünfziger Jahren vertretene Position erinnert –, wonach das Dritte Reich“ eine starke monokratische Spitze und gleichzeitig polykratische Machtstrukturen“ besaß: Das eine bedingte das andere“ [191: H.−U. Thamer, Verführung und Gewalt, 340]. Vor diesem Hintergrund ist die Geschichtswissenschaft dabei, die ver− schiedenen Führungsebenen und Verwaltungsinstanzen der persönlichen und unumschränkten Diktatur Adolf Hitlers“ [406: D. Rebentisch, Führerstaat und Verwaltung, 533–553] zu erforschen: Allen voran ist in diesem Zusammenhang Peter Hüttenbergers früh vorgelegte Pionierstudie über Die Gauleiter“ [434] zu nennen, deren Bedeutung vor allem während der zweiten Hälfte des Welt− krieges für die Herrschaft und den Alltag des Dritten Reiches“ erneut maßgeblich wurde [vgl. dazu 579: W. Ziegler, Gaue und Gauleiter im Dritten Reich; sowie die Fallstudien von 698: F. Bajohr, Gauleiter in Hamburg. Zur Person und Tätigkeit Karl Kaufmanns; und von 515: G. Kratzsch, Gauwirtschaftsapparat der NSDAP; sowie die einordnende Abhandlung von 530: M. Moll, Steuerungsinstrument im Ämterchaos“? Die Tagungen der Reichs− und Gauleiter der NSDAP]. Inzwi− schen ist auch die Ebene der Kreisleitungen der NSDAP in das Blickfeld der Untersuchungen genommen worden. Claudia Roths Darstellung Parteikreis und Kreisleiter der NSDAP unter besonderer Berücksichtigung Bayerns“ [554] hat diese von Joseph Goebbels einmal mit kritischem Spott als kleine Herrgötter“ apostrophierten Repräsentanten der Partei porträtiert, die zwischen Ortsgruppe

Hans−Ulrich Thamers Konsensformel“

Gauleiter

Kreisleiter

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Blockwart“

Biographische Untersuchungen

Ulrich Herbert über Werner Best

Regionale Eliten

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

und Gau durchaus noch den Kontakt zum kleinen Mann“ hielten und im übrigen den Typus des nationalsozialistischen Funktionärs repräsentierten: selbstherrlich und skrupellos, intrigant, verwaltungsfeindlich und rechtsbrecherisch. Und un− längst sind auch die unteren Parteifunktionäre im nationalsozialistischen Terror− und Überwachungsapparat“ von Detlef Schmiechen−Ackermann unter dem Titel Der ,Blockwart‘“ [559] näher untersucht worden, denen zwar keine herausgehobene und spektakuläre, aber gleichwohl eine konstitutive Rolle“ [ebd., 602] im nationalsozialistischen Herrschaftssystem zugekommen ist. Willkommenen Aufschluß über die monokratischen und polykratischen Zu− sammenhänge der Führerdiktatur“ verdanken wir zahlreichen biographischen Arbeiten von ganz unterschiedlicher Provenienz: Zu erwähnen sind einmal die neueren biographischen Studien führender Repräsentanten des Dritten Reiches“ wie Göring [527: St. Martens, Zweiter Mann; und 516: A. Kube, Pour le mrite], Goebbels [552: R. Reuth, Goebbels; 500: U. Höver, Goebbels], Himmler [539: P. Padfield, Himmler], Frick [534: G. Neliba, Wilhelm Frick], Ley [565: R. Smelser, Robert Ley] oder Kaltenbrunner [461: P. Black, Ernst Kalten− brunner]. Aufschlußreich sind zum anderen zwei Bände mit biographischen Skizzen führender Vertreter der braunen Elite“ [567: R. Smelser/R. Zitel− mann (Hrsg.), Die braune Elite I; und 568: R. Smelser/E. Syring/R. Zitel− mann (Hrsg.), Die braune Elite II] sowie ein entsprechender Band über die Elite unter dem Totenkopf“, die SS [566: R. Smelser/E. Syring (Hrsg.)], und eine Darstellung über Heydrichs Elite. Das Führerkorps der Sicherheitspolizei und des SD 1936–1945“ [456: J. Banach]. Als bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die biographische Studie von Ulrich Herbert über Werner Best [496: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft] hervorzuheben, die den Juristen und Organisator des Reichssicherheitshauptamtes, den Verwaltungsleiter beim Militärbefehlshaber in Frankreich und Reichsbevollmächtigten im besetzten Dänemark als Repräsentanten einer politischen Generation der Sachlichkeit“ [ebd., 42] vorstellt, die vergleichsweise jung, akademisch gebildet, rational orientiert und professionell handelnd wenig zu tun hatte mit dem braunen Massenmob unterer und mittlerer Parteistrukturen“ [M. Brechtken, Lite− raturbericht. Nationalsozialistisches Deutschland, Teil II, in: GWU 53 (2002), 60], aber stattdessen, rund 300 Köpfe bei Kriegsbeginn, die Kerngruppe der nationalsozialistischen Verfolgungs− und Genozidpolitik“ [496: U. Herbert, Best, 13] repräsentiert hat. Mittlerweile haben sich die biographischen Forschungen auch den regionalen Eliten genähert, für Baden und Württemberg beispielsweise [735: C. Rauh− Kühne/M. Ruck (Hrsg.), Regionale Eliten]: In diesem Rahmen sind Die Führer der Provinz“ von Michael Kissener und Joachim Scholtyseck [717] präsentiert, und Wilhelm Murr, Hitlers Statthalter in Württemberg“, ist von Paul Sauer [740] dargestellt worden. Im Blick auf die unterschiedlichen biographischen Untersuchungen [vgl. auch M. Brechtken, Literaturbericht. Nationalsozialis−

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tisches Deutschland, Teil II, in: GWU 53 (2002), 54–62] hat Ulrich von Hehl resümierend festgestellt: Im Ergebnis tritt die absolute Dominanz des ,Führers‘ über seine engsten Paladine immer wieder deutlich zutage“ [163: National− sozialistische Herrschaft, 66], selbst wenn diese wie Göring eine zuweilen durchaus eigenständige, aber nie eigenmächtige Politik“ [211: M. Funke, Star− ker oder schwacher Diktator?, 51] verfolgten. Daß dieser Befund keineswegs dazu verleiten darf, Hitler Allwissenheit und Allkompetenz zu unterstellen, zeigt nicht zum geringsten die kürzlich vorgenommene Entmythologisierung der Blomberg− Fritsch−Affäre [1594: K.−H. Janssen/F. Tobias, Sturz der Generäle]. Die beiden Generäle waren nicht Opfer einer diabolisch eingefädelten Intrige, mit der zwei prominente Kritiker des Kriegskurses kaltgestellt werden sollten, sondern diese fielen einer trivialen Sittenaffäre“ und einer polizeilichen Panne“ zum Opfer, von denen Hitler augenscheinlich überrascht worden ist, die andere wie Hermann Göring beispielsweise zu manipulieren versuchten und die der Diktator sodann für sich zu nutzen verstand. Ob die Politik des Dritten Reiches“, was im Zusammenhang mit einer Be− stimmung seines Wesens stets eine Rolle spielt, zudem in jedem Fall mit innerer Notwendigkeit und ohne äußere Einwirkung zur Selbstzerstörung des Regimes führen mußte, ist eine von revisionistischer Seite immer wieder vorgetragene Annahme, die inzwischen als widerlegt gelten kann. Denn ungeachtet aller theoretischen Betrachtungen ist die schlichte Tatsache einfach nicht zu über− sehen, daß Hitlers Reich unter den Schlägen der alliierten Armeen zerbrach, also durch gerechtfertigte Gewalt vernichtet“ wurde [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 555]. Welche Rolle in diesem Kontext möglicherweise ein Zu viel“ oder, horribile dictu, ein Zu wenig“ an totalitärer Herrschafts− und Vernichtungsqualität, für sich genommen und vergleichend, gespielt hat, erscheint nach wie vor als offene und schwierig zu beantwortende Frage. Die Tendenz der Wissenschaft jedenfalls geht, wenn aus mannigfachen Motiven verständlicherweise auch nur zögerlich, dahin, wie Wolfram Fischer es vor geraumer Zeit in anderem Kontext be− schrieben hat, weniger unter dem Blickwinkel des tatsächlichen Verlaufs und Endes der nationalsozialistischen Diktatur, als vielmehr offener“ nach sy− stemimmanenten Alternativen außer den verwirklichten“ [W. Fischer, in 1659: F. Forstmeier/H.−E. Volkmann (Hrsg.), Wirtschaft und Rüstung, 135] zu fragen (vgl. dazu S. 214). In diesem Zusammenhang hat der amerikanische Historiker Norman Rich eine bemerkenswerte These aufzustellen gewagt, die davon ausgeht, daß es auch ohne Hitler möglicherweise zu einem europäischen Krieg gekommen wäre, der jedoch mit Sicherheit anders geführt worden und anders verlaufen wäre: Had Hitler died soon after naming Göring as his successor, German policy during the Second World War might have been very different“ [1027: N. Rich, Hitler’ War Aims, Bd. 1, 75]. Fern von jeder Apologie eines verbrecherischen Regimes und angesichts der Tatsache, daß die Frage nach der Moral oder Unmoral des Dritten Reiches“

Ulrich von Hehls Resümee

Entmytho− logisierung der Blomberg−Fritsch− Affäre

Systemimmanente Alternativen

232

Gegenwärtiger Forschungsstand

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

eindeutig geklärt ist, eröffnen sich der Forschung damit neue Wege, die prüfend abzuschreiten sind. Michael Salewskis Beobachtungen über die Entwicklung und Existenz einer neuen Generation von Protagonisten des Dritten Reiches“, die überzeugte Nationalsozialisten, gleichzeitig aber. . . keine Steinzeitfaschisten, keine Röhmtypen, sondern . . . Technokraten waren“, wie sie beispielsweise Speer und Dönitz repräsentierten, verweisen auf eine Aufgabe, die Salewski in Parallele zu Martin Broszats Bemühungen um eine recht verstandene Historisierung des Dritten Reiches“ so umschreibt: Wir als Historiker sind verpflichtet, auch den Nationalsozialismus so darzustellen, wie er gewesen ist, und wir haben uns redlich Mühe gegeben, den Nationalsozialismus in seiner Entsetzlichkeit zu entlarven. Wir können aber nicht sozusagen die Augen davor verschließen, daß es auch innerhalb des Nationalsozialismus bestimmte Dinge gegeben hat, die beden− kenswert waren, und daß es vor allem Persönlichkeiten gegeben hat, die bis in die höchsten Staatsstellungen aufstiegen, ohne zur Kategorie jener verbre− cherischen Typen zu gehören, die in der Frühphase des Nationalsozialismus tonangebend waren. Daraus ergibt sich das in der Historie bekannte Phänomen, daß revolutionäre Bewegungen sich abschwächen, sozusagen die verbrecherische Phase durchlaufen, um dann in ein etwas ruhigeres Fahrwasser zu geraten. Ich habe in meinem Vortrag zum Schluß angedeutet, wie das möglicherweise aus− gesehen hätte unter einem Führer Dönitz“ [1606: M. Salewski, Das maritime Dritte Reich, Diskussion, 147–148]. Wie immer man zu dieser These, dem Dritten Reich“ eine tatsächlich nicht zustande gekommene Entwicklungsmöglichkeit einzuräumen, stehen mag, festzuhalten ist dies: Es ist ein Verdienst der seit den sechziger Jahren unter− nommenen Differenzierungs− und Revisionsbemühungen in der Ge− schichtswissenschaft, im Hinblick auf die Beobachtungen der monolithischen oder pluralistischen, der monokratischen oder polykratischen Organisation der nationalsozialistischen Diktatur auf die Gefahren und Grenzen einer Hit− lerzentrik“ nachdrücklich hingewiesen und die andere Seite“ des natio− nalsozialistischen Doppelstaates“ näher betrachtet zu haben. Daß dabei teilweise erheblich über das Ziel hinausgeschossen wurde und die Forschung sich deshalb mit den dementsprechend einseitig anmutenden Ergebnissen der Revisionisten“ auseinanderzusetzen hatte, darauf verwies Andreas Hill− gruber in seinem großen Bericht [223] über den Stand der Hitler−Forschung bereits 1978. Hillgruber bemühte sich, den revisionistischen Beitrag zur Er− forschung der Geschichte des Dritten Reiches“ angemessen zu würdigen und einzuordnen, ohne allerdings über den von ihm als marginal, höchstens jedoch funktional beurteilten Stellenwert“ der Polykratie−These“ Unklarheit auf− kommen zu lassen. Damit befand er sich durchaus in Übereinstimmung mit einer repräsentativen Tendenz der internationalen Forschung, die bis heute [233: E. Jäckel, Hitlers Herrschaft] ihre Erheblichkeit behauptet hat. Stellvertretend für Historiker wie Alan Bullock, Norman Rich, Renzo de Felice, Eberhard Jäckel und

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

233

Michael Burleigh sei in diesem Sinne noch einmal das Urteil angeführt, das Hugh R. Trevor−Roper bereits vor Jahrzehnten abgegeben hat und das nach wie vor aktuell und zutreffend erscheint: Emigranten, marxistische Theoretiker und verzweifelte Reaktionäre haben vorgegeben oder sich selbst eingeredet, daß Hitler selbst nur eine Schachfigur in einem Spiel war, das nicht er spielte, sondern einige andere Politiker oder gewisse kosmische Kräfte. Das ist ein fundamentaler Irrtum. Welche unabhängigen Kräfte er immer benutzt, welch zufällige Unterstützung er sich geborgt haben mag, Hitler blieb bis zum Schluß der alleinige Herr und Meister der Bewegung, der er selbst Leben eingehaucht, die er selbst gegründet hatte und die er selbst, durch seine persönliche Führerschaft, vernichten sollte“ [254: H. R. Trevor−Roper, Hitlers letzte Tage, 70]. Inwieweit es in der sich vielfältig abzeichnenden und in manchen Bereichen voranschreitenden Entwicklung der Forschung, die sich um eine Historisierung des Dritten Reiches“ bemüht, gelingen wird, auch in dieser Hinsicht das Nebeneinander und die Interdependenz“ der für Hitlers janusköpfige Diktatur charakteristischen Antinomien zusammenzusehen und gleichzeitig aus− einanderzuhalten“ [141: M. Broszat, Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus, 379], also das – in negativem Sinne – Außergewöhnliche und Banale des Führers“, seine Erfolgsfähigkeit“ und seine kriminelle Ener− gie“ [ebd.], seine singulären und seine typischen Züge, sein Aus−der−Geschichte− Herausfallen“ und sein In−der−Geschichte−Verhaftetsein“ zu begreifen, gehört zu den zentralen und interessantesten Aufgaben derer, die Martin Broszats Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus“ [141] teilweise oder insgesamt für plausibel halten, ohne damit die verhängnisvoll falsche historische Antwort, die Hitler auf die Grundfragen der Zeit und der deutschen Entwicklung gab“ [ebd.], auch nur entfernt zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund sind die Wechselbeziehungen zwischen Herrschaft und Gesellschaft“ [1918: G. Plum, Widerstand und Resistenz, 264] auf ganz unterschiedlichen Themenfeldern zunehmend intensiv erforscht worden. Die nationalsozialistische Herrschaft“, so hat Ulrich von Hehl die damit ein− hergehende Tendenz der neueren Sozialgeschichte des Dritten Reiches“ um− schrieben, wird nicht mehr als gleichsam ,innere Fremdherrschaft‘, sondern als eine in einen sozialen Kontext eingebettete und durchaus zustimmungsbedürftige Größe analysiert“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 77]. Und um die in diesem Zusammenhang auffällige Ungleichförmigkeit der Herr− schaftsausübung vor Ort“ [1918: G. Plum, Widerstand und Resistenz, 264] angemessen erfassen zu können, wurde vor allem die Anzahl der lokal− und regionalgeschichtlichen Studien mit ihrer bevorzugt alltagsgeschichtlichen Orientierung gerade während der zurückliegenden beiden Jahrzehnte erheblich vermehrt. Es ist bemerkenswert, daß über den bekannten Rahmen traditionell vom nationalsozialistischen Regime Verfolgter, wie beispielsweise die Kommunisten, die Juden oder die Zigeuner hinaus, neuere Untersuchungen weitere Opfer−

Zwischen Herrschaft und Gesellschaft

Verfolgte und Verfolger

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SS und SA

Gestapo

Denunziation

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

gruppen dargestellt haben. Dazu gehören unter anderen die Homosexuellen [505: B. Jellonek, Homosexuelle unter dem Hakenkreuz; sowie 485: G. Grau (Hrsg.), Homosexualität in der NS−Zeit. Dokumente einer Diskriminierung und Ver− folgung], die so genannten Asozialen“ [451: W. Ayass], die Zeugen Jehovas [1852: H. Hesse (Hrsg.), Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas] und teilweise auch die Freimaurer [528: R. Melzer, Konflikt und Anpassung], in deren Reihen neben Selbstgleichschaltung und Anpassung an das Regime auch ent− schiedene Opposition anzutreffen war. Und was die Verfolger angeht, so stehen insbesondere neben der Geschichte der SS [vgl. dazu nach wie vor 499: H. Höhne, Orden unter dem Totenkopf; sowie weitere Literatur zur Anatomie des SS−Staates“ bei 163: U. v. Hehl, Natio− nalsozialistische Herrschaft, 82], die schon vergleichsweise früh Die braunen Bataillone“ der SA [521: P. Longerich] an Macht und Einfluß übertraf, die Aktivitäten der so genannten Gegnerbekämpfung“ des Sicherheitsdienstes der SS, des SD, im Mittelpunkt des Interesses [464: G. C. Browder, Formation of Sipo and SD; 1563: M. Wildt (Hrsg.), Judenpolitik des SD; 487: L. Hachmeister, Der Gegnerforscher; sowie 472: W. Dierker, Himmlers Glaubenskrieger]. Verstärkte Beachtung gefunden hat zudem im Rahmen der Untersuchungen zur Geschichte der politischen Polizei [484: Ch. Graf, Politische Polizei; sowie zur Geschichte der Polizei im allgemeinen 520: St. Linck, Deutsche Polizei], vor allem aber zur Geschichte der Gestapo [vgl. dazu die auf die Rassenpolitik der Stapo−Stelle Würzburg konzentrierte Darstellung von 482: R. Gellately, Die Gestapo und die deutsche Gesellschaft] das Problem der denunziatorischen Zuarbeit aus der Bevölkerung. Denn die Tatsache, daß die personell in der Regel nicht übermäßig stark besetzte Gestapo vor Ort keine detektivische Großorganisation“ war, so daß Mythos und Realität“ [542: G. Paul/K.−M. Mallmann (Hrsg.), Die Gestapo] nicht selten voneinander abwichen, wirft aufs neue die alte Frage auf, wie sich der jahrelange Herrschaftserfolg des nationalsozialistischen Regimes erklären läßt. Im Span− nungsfeld von Consent and Coercion in Nazi Germany“ [483: R. Gellately, Hingeschaut und Weggesehen] hat in diesem Kontext das Phänomen der De− nunziation, die kleine Macht der Volksgenossen“ [473: G. Diewald−Kerkmann, Politische Denunziation im NS−Regime], eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt, die in den unteren Bevölkerungskreisen alles in allem stärker verbreitet war als in anderen sozialen Schichten der Gesellschaft [vgl. allgemein dazu 480: S. Fitzpatrick/R. Gellately (Hrsg.), Accusatory Practics; sowie im einzelnen auf regionaler Basis 723: K.−M. Mallmann/G. Paul, Herrschaft und Alltag (im Industrierevier der Saar); 473: G. Diewald−Kerkmann, Politische Denunzia− tion im NS−Regime (im Raum Lippe); 474: K. Dördelmann, Macht der Worte (im Raum Köln); anhand der einschlägigen Polizei− und Gerichtsakten der Städte Köln, Krefeld und Bergheim vgl. auch 508: E. A. Johnson, Der natio− nalsozialistische Terror]. Die Tatsache einer Entmonumentalisierung der Ge− stapo“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 84] darf freilich

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

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nicht dazu verleiten, ihre Bedeutung für die Bevölkerung zu relativieren. Die Tatsache eines uns inzwischen bekannt gewordenen, vergleichsweise geringen Personalbestandes ändert nichts daran, daß die Deutschen vor der Gefähr− lichkeit der Gestapo zitterten: Nach dem Krieg“, hat Michael Burleigh das Verhältnis von Gestapo und Bevölkerung umschrieben, war die Vorstellung von einer allmächtigen Gestapo für viele Deutsche unterschiedlicher politischer Richtung ein bequemes Alibi. Obwohl die Gestapo bewusst eine Aura dro− hender Allwissenheit um sich verbreitete, war sie wie alle Polizeibehörden auf die Mitarbeit einzelner privater Individuen angewiesen, die freiwillig regelmäßige Berichte erstellten oder von Fall zu Fall Meldungen machten. Neuere eingehende Untersuchungen . . . haben unsere Kenntnisse dieses sozialen Aspekts der po− lizeilichen Überwachung wesentlich bereichert. Die Tatsache, dass die Gestapo viele zivile Helfer hatte, bedeutet auf der anderen Seite nicht, dass die über− kommene Ansicht, das Dritte Reich sei ein Polizeistaat gewesen, deshalb re− vidiert werden müsste. Und man darf nicht gänzlich übersehen, wie sehr eine Polizeibehörde ohne alle gesetzlichen Schranken im Verein mit einer lizenzierten Denunziation ein Klima der Angst erzeugte“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 351]. Abschreckende Gestalt nahm die verbrecherische Allmacht der verfolgenden Diktatur im System der nationalsozialistischen Konzentrationslager“ [536: K. Orth; vgl. auch 537: Dies., Die Konzentrationslager – SS] an, über deren Entwicklung und Struktur“ die beiden von Ulrich Herbert, Karin Orth und Christoph Dieckmann herausgegebenen Sammelbände über Die na− tionalsozialistischen Konzentrationslager“ [497] umfassend orientieren. Wäh− rend die einschlägige Studie von Gudrun Schwarz Die nationalsozialistischen Lager“ [561] die unterschiedlichen Typen dieser Einrichtung des natio− nalsozialistischen Regimes abhandelt und Johannes Tuchel die Organi− sationsgeschichte und Funktion der ,Inspektion der Konzentrationslager‘“ [571: Konzentrationslager; vergleiche auch K. Drobisch, Studien zur Geschichte der faschistischen Konzentrationslager 1933/34, Dissertation B, Akademie der Wis− senschaften der DDR, Berlin (Ost) 1987; sowie 475: Ders./G. Wieland, System der NS−Konzentrationslager, 1933–1939] mit dem Ergebnis untersucht, daß es im Jahr 1935 erst Hitlers Entscheidungen waren . . ., die den Ausbau der Lager zum System der Konzentrationslager ermöglichten“ [571: J. Tuchel, Konzentra− tionslager, 345], wirft Wolfgang Sofsky die allgemeine Frage auf, inwieweit das KZ als Inbegriff einer Ordnung des Terrors“ [569] ein spezifisch deutsches Phänomen gewesen ist oder in die Geschichte der modernen Gesellschaft“ [ebd., 315] gehört. Damit wird auch in dieser Perspektive das Problem erörtert, in− wieweit der Nationalsozialismus den Bezugsrahmen der sogenannten Moderne sprengt oder als ihr Bestandteil zu gelten hat (siehe S. 177). Daß der deutsche Henker und sein Gehilfe . . . keine besonderen Menschen“ waren und daß der moderne Terror keine großen Verbrecher“ braucht [ebd., 316 f.], benennt Er− kenntnisse und Einsichten, deren Überprüfung und Erörterung im Zusam−

Das national− sozialistische Lagersystem

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Recht und Justiz im Dritten Reich“

Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933–1940“

Wehrmacht

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

menhang totalitarismustheoretischer Untersuchungen geradezu zwingend er− forderlich erscheinen (siehe S. 152). Die Darstellung des Terrorapparates des nationalsozialistischen Un− rechtsstaates verweist über sich hinaus auf die Probleme des Rechts− und Ju− stizwesens im Dritten Reich“: Seine einschlägige Forschungsgeschichte hat sich von Darstellungen, die von Apologie nicht frei waren, wie Die deutsche Justiz und der Nationalsozialismus“ von Hermann Weinkauff und Albrecht Wagner [826; vgl. auch H. Schorn, Der Richter im Dritten Reich. Geschichte und Dokumente, Frankfurt am Main 1959] bis zu einer der Tendenz nach mehr als kritischen Orientierung entwickelt, die in Ingo Müllers Darstellung Furchtbare Juristen“ [833] ihren charakteristischen Niederschlag gefunden hat. Knapp, aber prägnant hat Ulrich von Hehl die entsprechenden Tendenzen der Forschung skizziert [163: Nationalsozialistische Herrschaft, 78–80]: Neben den nationalsozialistischen Umformungen des Rechts, die Bernd Rüthers [837a: Die unbegrenzte Auslegung], Michael Stolleis [842: Gemeinwohlformeln] und Klaus Anderbrügge [815: Völkisches Rechtsdenken] am Beispiel des Pri− vatrechts, der Gemeinwohlformeln und der völkischen Rechtslehre untersucht haben, über das öffentliche Recht [844: M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland], das Staatsrecht [817: E.−W. Böckenförde (Hrsg.), Staatsrecht und Staatsrechtslehre] und die höchst kontrovers beurteilte Wehr− machtsgesetzgebung, die in jeweils tendenziösen Darstellungen von Otto Peter Schweling und Erich Schwinge [840: Die deutsche Militärjustiz] einerseits und von Manfred Messerschmidt und Fritz Wüllner [832: Wehrmachtjustiz im Dienste des Nationalsozialismus] andererseits abgehandelt worden ist [vgl. auch 841: F. W. Seidler, Militärgerichtsbarkeit] und die nach wie vor einer nüchternen Darstellung harrt, hat insbesondere das rassische Sonderrecht des Dritten Rei− ches“ das Interesse der Forschung gefunden [829: D. Majer, Fremdvölkische“ im Dritten Reich; sowie 830: Dies., Grundlagen des nationalsozialistischen Rechtssystems]. Alles in allem wurde die Justiz, nicht zuletzt vor dem Hin− tergrund der Wirkungsmacht des so genannten Rasserechts“, ein willfähriges Instrument des nationalsozialistischen Regimes, obwohl sich in manchen Be− reichen ein unverändertes Bemühen um die traditionelle Wahrung von Recht im Unrecht“ [843: M. Stolleis, Recht im Unrecht], also eines gewissen Maßes von Rechtssicherheit beobachten läßt. In der umfangreichen Darstellung von Lothar Gruchmann Justiz im Dritten Reich 1933–1940“ [822] wird die Geschichte des Justizministeriums und der Justizverwaltung während der Ära Gürtner“ [vgl. dazu auch 70: M. Löffler, Das Diensttagebuch des Reichs− justizministers Gürtner 1934 bis 1938] dargestellt, und für die nachfolgende Ära Thierack“ wird die konsequent voranschreitende Auslieferung der Justiz an das nationalsozialistische Regime in der Untersuchung von Ralph Anger− mund über die Deutsche Richterschaft 1919–1945“ [816] abgehandelt. Zu den traditionell gut erforschten Problemen der Geschichtsschreibung ge− hören die Beziehungen der Wehrmacht zum nationalsozialistischen Regime: Über

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

237

die Standardwerke von Manfred Messerschmidt [1597: Wehrmacht im NS− Staat] und Klaus−Jürgen Müller [1598: Heer und Hitler; zu den Beck− Studien des Verfassers vergleiche unten Abschnitt 7 über den Widerstand; vgl. insgesamt auch das zwischen 1969 und 1995 erschienene Werk von 1576: R. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich] hinaus ist die Militärelite des Dritten Reiches“ [1610: R. Smelser/E. Syring (Hrsg.); vgl. dazu auch 1615: G. R. Ueberschär (Hrsg.), Hitlers militärische Elite] in biographischen Skizzen“ näher untersucht worden. Zweifellos im Mittelpunkt des Interesses der Ge− schichtswissenschaft steht die Frage nach der Beteiligung der Wehrmacht an den rassenpolitischen Vernichtungsaktionen der SS, der Sipo und des SD. Bereits die gewichtige Darstellung von Helmut Krausnick und Hans−Heinrich Wilhelm hat im Jahr 1981 auf die Rolle des Heeres, das teilweise zur Truppe des Welt− anschauungskrieges“ [1480] wurde, nachdrücklich hingewiesen. In der vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt vorgelegten Geschichte Deutschlands im Zweiten Weltkrieg [1202] sind unsere Kenntnisse darüber ebenso intensiviert worden wie durch Omer Bartovs entschieden kritische Darstellung über Hitlers Wehrmacht. Soldaten, Fanatismus und die Brutalisierung des Krieges“ [1577]. Bernd Wegner hat in seiner Untersuchung über die Waffen−SS in der Erscheinungsform“ des politischen Soldaten“ [1618] einen weit über Deutschland hinaus anzutreffenden Typus erkannt, und Christian Hart− manns biographische Studie über Hitlers Generalstabschef“ Franz Halder [1590] hat auf einen initiierenden, durchweg aktiven Grad von rassenpolitischer Mitwirkung dieses Repräsentanten des Offizierkorps im Sinne des Regimes verwiesen, der bis dahin unbekannt war und nicht vermutet wurde. Ohne den Ergebnissen eines umfassend angelegten, in Arbeit befindlichen Forschungsvorhabens des Instituts für Zeitgeschichte“ in München über die Rolle der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg vorzugreifen, läßt sich der ge− genwärtige Stand der Forschung insgesamt so resümieren: Das abwehrend be− schwörende Wort des Schriftstellers Peter Bamm über die Herrschaft der Anderen“ [Werke in zwei Bänden, Bd. 2, Zürich 1967, 612], das Soldatentum und Verbrechertum, Heer und Regime voneinander abzuheben bemüht war, trifft, was das Gesamte des Verhältnisses zwischen Heer und Hitler“ [K.−J. Müller] angeht, nicht zu. Gewiß gingen die im Ostkrieg begangenen Verbrechen vom Nationalsozialismus und von seinen Schergen aus. Doch im Vollzug dessen, was sich daraus entwickelte, wurden viele einzelne und ganze Institutionen, direkt oder indirekt, bewußt oder unbewußt, freiwillig oder gezwungen, zu Komplizen des Bösen, das heißt aber: Im Osten des Kontinents verwandelte sich die ur− sprüngliche Herrschaft der Anderen“ in die gegenüber dem europäischen Normalkrieg“ andere Herrschaft der Deutschen. Als ein vergleichsweise neues Thema der Historiographie, das allerdings seit mehr als zwei Jahrzehnten außerordentlich intensive Beachtung gefunden hat, kann die Geschichte der Frauen im Dritten Reich“ gelten. Die Probleme der weiblichen Erwerbstätigkeit [675: J. Stephenson, The Nazi Organization of

Waffen−SS Halder – Gene− ralstabschef Hitlers“

Herrschaft der An− deren“ – andere Herrschaft der Deutschen

Frauen

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Alltags−, Regional− und Lokalgeschichte

Chance und Gefahr der Alltags− geschichte

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Women; 687: D. Winkler, Frauenarbeit; 628: D. Klinksiek, Die Frau im NS− Staat] zwischen ideologischem Vorbild, das Frauen letztlich auf ihre über− kommene Rolle als Mutter [685: I. Weyrather, Muttertag und Mutterkreuz; sowie differenzierend zu der These vom so genannten Mutterkult“ 1388: G. Bock, Gleichheit und Differenz in der nationalsozialistischen Rassenpolitik] im Banne einer rassenpolitisch geplanten nationalsozialistische[n] Familienpolitik“ [648: C. Mühlfeld/F. Schönweiss, Nationalsozialistische Familienpolitik] fixierte, und den praktischen Erfordernissen, vor allem der Kriegswirtschaft, die nach Arbeitskräften verlangte, stehen unter der Frage nach der Modernität oder Rückwärtsgewandtheit des Dritten Reiches“ dabei im Vordergrund des In− teresses. Der gegensätzliche Befund einer keineswegs rückwärtsgewandten“ Frauenpolitik [M. Prinz, Die soziale Funktion moderner Elemente in der Ge− sellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in 655: Ders./R. Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 303] und eines von den Natio− nalsozialisten übernommenen bürgerlichen Antifeminismus [169: I. Kershaw, NS−Staat, 269] spricht für die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen. Wäh− rend sich dieser Widerspruch noch im vertrauten Rahmen einer Befürwortung oder Ablehnung von Emanzipation situieren läßt, verweisen Untersuchungen über die rassenpolitischen Elemente nationalsozialistischer Frauenpolitik [1386: G. Bock, Zwangssterilisation] auf die spezifisch nationalsozialistischen Elemente der Vernichtung und Züchtung von Leben im Dienste der biologischen Er− schaffung eines neuen Menschen. Vor dem Hintergrund der sich seit den siebziger und achtziger Jahren in− tensivierenden Hinwendung zur lokal− und regionalgeschichtlichen Erfor− schung des Dritten Reiches“, die sich teilweise des methodisch nicht unum− strittenen Mittels der Oral History“ bedient [731: L. Niethammer (Hrsg.), Die Jahre weiß man nicht . . .“], hat sich eine rasch an Popularität gewinnende Tendenz zur Beschäftigung mit der Alltagsgeschichte des Dritten Reiches“ entfaltet, die den einen als Königsweg zu neuen Ufern“ und den anderen als Irrgarten der Illusionen“ [H.−U. Wehler] vorkommt. Unbestreitbar erscheint, daß unsere Kenntnis über die Geschichte des Nationalsozialismus durch solche Miniaturbilder bereichert wird; ebenso unbestreitbar ist, daß darüber die Kon− turen der Gesamterscheinung des Untersuchungsgegenstandes verschwimmen können. Gewiß erfahren wir auf diesem Weg mehr und Genaueres über die Normalität des kleinen Mannes“; ebenso gewiß kann damit aber auch eine nicht unproblematische Stilisierung des Volkes“ als Subjekt und Objekt der Geschichte einhergehen. Nicht zu übersehen ist, daß sich gerade am Muster der Kritischen Theorie“ orientierte Gesellschaftshistoriker“ wie Hans−Ulrich Wehler [Königsweg zu neuen Ufern oder Irrgarten der Illusionen? Die westdeutsche Alltagsgeschichte: Geschichte von innen“ und von unten“, in: Geschichte von unten – Geschichte von innen“. Kontroversen um die All− tagsgeschichte, hrsg. von F. J. Brüggemeyer und J. Kocka, Hagen 1985, 14–47; vgl. auch A. Lüdtke (Hrsg.), Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

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Erfahrungen und Lebensweisen, Frankfurt a. M. 1989, sowie W. Schulze (Hrsg.), Sozialgeschichte, Alltagsgeschichte, Mikro−Historie. Eine Diskussion, Göttingen 1994] und Jürgen Kocka [Diskussionsbeitrag, in 695: Alltagsgeschichte der NS− Zeit, 50–53] scharf gegen eine solche Modewissenschaft . . . ohne theoretisches Fundament“ [H.−U. Wehler] ausgesprochen haben. Ihre entscheidenden Kri− tikpunkte“ gegenüber der einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive ent− behrenden Alltagsgeschichte lauten: Antibegrifflichkeit, antiquantifizierende Tendenz, antistruktur− und prozeßgeschichtliche Neigung, Neigung zur Hoch− stilisierung der Unterschichten, Aufgabe des Klassen− und Schichtenbegriffs“ [J. Kocka, Diskussionsbeitrag, in 695: Alltagsgeschichte der NS−Zeit, 53]. Gewiß ist es nicht von der Hand zu weisen, daß in der verstärkten Hinwendung zur kleinen Welt“ als möglicher Idylle eine Verweigerung zum Vorschein kommen mag, den mit dem säkularen Vorgang der Modernisierung ver− bundenen Preis rapiden Wandels in Kauf nehmen zu wollen. Es ist aber eben− sowenig zu verkennen, daß derlei ablehnende Urteile über die Beschäftigung mit der gemeinhin konservativen Lebens− und Wertewelt der kleinen Leute“ ihre Maßstäbe einer teleologischen Theorie entnehmen, die darüber entscheidet, was richtiges“ und falsches“ Bewußtsein ausmacht. Daß auch in diesem Zusam− menhang die überlieferte Kategorie des historischen Verstehens allen normativ geprägten Urteilsbildungen überlegen ist, gibt die einfühlsame, wirklichkeitsnahe Rekonstruktion des in Frage stehenden Untersuchungsgegenstandes aus der Feder des englischen Historikers Michael Burleigh zu erkennen, wenn er vor allem im Hinblick auf die zweite Hälfte des Weltkrieges die Lage und Empfindungen des kleinen Mannes“ folgendermaßen umschreibt: Das bizarre und vorsätzliche Roulettespiel der NS−Führung gegen das Schicksal zeitigte Auswirkungen auf Millionen von denen, die sich selbst zur Kategorie des ,kleinen Mannes‘ zählten, das heißt zu denen, die sich mit ihrer politischen Einflusslosigkeit abgefunden hatten . . . Eine Geschichte Nazi−Deutschlands zu schreiben, in der diese Leute nicht vorkämen – die Insassen von Lagern oder Gefängnissen, die vielen, die stillheimlich das Ende eines Regimes herbeibeteten, das sie nie unterstützt hat− ten, diejenigen, die durch Bombenangriffe ihr Zuhause, ihre Angehörigen oder ihre Gesundheit verloren, die Jugendlichen, die als letzte Reserve in einen nicht mehr gewinnbaren Krieg geworfen wurden, die Frauen, die von uniformierten feindlichen Eroberern vergewaltigt wurden – , hieße die menschliche Tragödie, die der Untergang des Dritten Reiches auch in sich barg, zu verzerren . . . Es ist natürlich auch nicht angebracht, alle deutschen Zivilisten unbesehen als ,Opfer‘ einzustufen, denn wie wir noch sehen werden, gab es unter ihnen welche, die andere zu ihren Opfern machten, eine ,Verschachtelung‘, die einen zu der Frage bewegen könnte, ob die Kategorisierung in Opfer, Täter und Zuschauer nicht vielleicht einer weiteren Ausdifferenzierung bedarf“ [148: Zeit des Natio− nalsozialismus, 879]. Wie auch immer: Einigkeit zwischen Befürwortern und Kritikern einer Beschäftigung mit dem Alltag des Dritten Reiches“ dürfte darin bestehen, daß der historische Alltag“ kaum als ein Erkenntnis−

Welt des kleinen Mannes“

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Martin Broszats Position

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

gegenstand von hinreichender Autonomie“ [K. Tenfelde, in 695: All− tagsgeschichte der NS−Zeit, 37] anzusehen ist, in dem die Geschichte des Dritten Reiches“ aufgehen könnte. Wenn. . . das Alltägliche nicht für sich genommen, sondern in Bezug gesetzt wird zur Politik als dem Außerall− täglichen“, so hat Heinrich August Winkler diese methodische Grundlage und Grenze einer Alltagsgeschichte des Dritten Reiches“ umschrieben, dann besteht nicht die Gefahr einer Trivialisierung, sondern die Chance vertiefter Erkenntnis“ [ebd., 29]. In der Tat: Die reichen Möglichkeiten der neuen Teildisziplin sind in dem maßgeblich von Martin Broszat betreuten sechsbändigen Werk Bayern in der NS−Zeit“ [704] in vielerlei Hinsicht überzeugend, wenn auch, wie könnte es anders sein, hier und da bestreitbar, zutage getreten. Denn die alltagsgeschichtliche Perspektive verhalf einerseits dazu, die Kluft zwischen der (weitgehend nur basis−empirisch) feststellbaren Realität gesellschaftlich−politischer Erfahrungen und den mehr oder weniger abstrakten Gesellschaftstheorien“ [703: M. Bros− zat, Plädoyer für Alltagsgeschichte. Eine Replik auf Jürgen Kocka, 1246] der Führung sichtbar zu machen, und sie trägt andererseits dazu bei, manche scheinbar diametral entgegengesetzten Begriffe bei der Beurteilung des hi− storischen Stellenwerts der NS−Zeit als durchaus interdependent besser zu verstehen“ [Ders., in 695: Alltagsgeschichte der NS−Zeit, 19]. Sicherlich liegt in der Erkenntnischance, die Stereotypen des bösen Nazis und des guten Anti− faschisten“ [J. Kocka] aufzulösen, die sorgfältig zu vermeidende Gefahr, in jene Zone eines getrübten Urteils zu geraten, in der alle Katzen grau erscheinen. Dennoch: Hautnahe alltagsgeschichtliche Betrachtung, die das sozial Kondi− tionierte wie das Menschlich Allzumenschliche beiderseits der durchaus flüs− sigen Trennlinie von Nationalsozialistisch und Nichtnationalsozialistisch in Po− litik und Gesellschaft des Dritten Reiches besser sichtbar macht“, stellt Martin Broszat fest, löst naturgemäß auch die überscharfen Konturen der Schwarz− Weiß−Beurteilung auf und verhilft zu größerer Gerechtigkeit und Diffe− renziertheit der politisch−moralischen Bewertung. . . Zu dieser Gerechtigkeit gehört auch. . ., daß es der historischen Darstellung dieser Zeit gelingt, trotz der nötigen Klarheit der Beurteilung genügend Verständnis zu vermitteln für die gewichtigen Gründe der Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und selbst des Zornes, die zahlreiche Menschen in Deutschland zu dem nicht allein von ihnen zu verantwortenden verhängnisvollen Irrtum der Hitlergläubigkeit trieben“. Und den engeren methodischen Rahmen überschreitend, entwirft Broszat eine ge− schichtswissenschaftliche Perspektive, die den Zusammenhang zwischen der Alltagsgeschichte des Dritten Reiches“ und der Historisierung des Natio− nalsozialismus erkennbar werden läßt: Das hilft vielleicht auch den Weg zu bahnen zu einer Historiographie dieser Zeit, die die nationalsozialistischen Sub− jekte dieses Geschehens nicht nur als monströse Figuren und Zerrbilder, sondern als verstehbare Menschen einsetzt. Ohne solche Voraussetzungen, die nichts mit Apologie zu tun haben, wird es jedenfalls schwer möglich sein, die problematische

4. Herrschaft und Alltag in Reich und Regionen

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,Verinselung‘ der NS−Zeit in unserem Geschichtsbewußtsein zu überwinden und die auf die Dauer immer weniger überzeugende nur moralische Beurteilung dieser Vergangenheit in historische Hermeneutik zu verwandeln“ [M. Broszat, in 695: Alltagsgeschichte der NS−Zeit, 20]. Die spezifischen Probleme, Chancen und Grenzen der mit der Erforschung des Alltags eng verbundenen Lokal− und Regionalgeschichte sind von Horst Möl− ler, Andreas Wirsching und Walter Ziegler [727: Nationalsozialismus in der Region] und Ulrich von Hehl [715: Nationalsozialismus und Region; 714: Ders., Die nationalsozialistische Zeit in Handbüchern der Landesgeschichte; sowie 163: Ders., Nationalsozialistische Herrschaft, 87–89] unter Auswertung der einschlägigen Literatur wegweisend dargestellt worden: Die städtege− schichtlichen Untersuchungen über Hamburg in der NS−Zeit“ [699: F. Ba− johr/J. Szodrzynski (Hrsg.)] und über München – ,Hauptstadt der Bewe− gung‘“ [700: R. Bauer/H. G. Hockerts/B. Schütz/W. Till/W. Ziegler (Hrsg.)], um lediglich zwei Beispiele anzuführen, markieren die methodische Richtung einer Lokal−, Regional− und Alltagsforschung, deren wachsende An− zahl – will man nicht der Gefahr qualitativ vergleichsweise wertloser und sich im Befund wiederholender Materialsammlungen erliegen – immer wieder nach der zusammenfassenden, einordnenden und urteilenden Darstellung verlangen. Im übrigen schreitet die Erforschung der gesellschaftlichen und individuellen Ar− beits− und Lebensverhältnisse zügig voran. Sie erstreckt sich von eher tra− ditionellen Themenfeldern wie der Sozial− und Arbeitspolitik im ,Dritten Reich‘“ [vgl. dazu 602: M. Frese; siehe auch 664: M. Schneider, Arbeiter und Arbeiterbewegung 1933 – 1939], der nationalsozialistischen Wohlfahrtspolitik [610: E. Hansen, Wohlfahrtspolitik im NS−Staat; 660: Ch. Sachsse/F. Tenn− stedt, Der Wohlfahrtsstaat im Nationalsozialismus; 594: D. F. Crew, Germans on Welfare; 608: P. Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände im NS−Staat; und 682: H. Vorländer , Die NSV], der kommunalen Wohnungspolitik im Dritten Reich“ [607: U. Haerendel] und der regimekonformen Organisation der Ju− gend [für die HJ 592: M. Buddrus, Nazis bis auf die Knochen? Zur Geschichte der Hitlerjugend; für den BDM 624: M. Klaus, Mädchen im 3. Reich; sowie 619: B. Jürgens, Zur Geschichte des BDM] bis hin zu den eher neuen“ Unter− suchungsgegenständen des Sports [762: D. Hart−Davis, Hitler’s Olympics; 490: P. Heimerzheim, Karl Ritter von Halt. Leben zwischen Sport und Politik] sowie der Mode [678: G. Sultano, Mode unterm Hakenkreuz]. Die Vielzahl und Heterogenität der Probleme bzw. der Forschungsobjekte, die vor allem während der Endphase des Zweiten Weltkrieges ungeachtet der Existenz eines nach wie vor erstaunlichen Maßes an Solidarität die sich auflösende Volksgemeinschaft“ mit ihren spezifischen Zersplitterungen und unter− schiedlichen Erlebniswelten zwischen Ausgebombten und Nichtausgebombten, zwischen Evakuierten aus der Stadt und Bevölkerung auf dem Land [718: K. Klee, Evakuierte in Bayern] charakterisiert haben, verlangten immer wieder nach einer Gesamtdarstellung der Gesellschaftsgeschichte des Dritten Reiches“, die der

Region und Stadt

Arbeits− und Le− bensverhältnisse

242

Kirchen

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

französische Historiker Pierre Aycoberry [581: La socit allemande sous le IIIe Reich] vor kurzem zu verfassen versucht hat. Daß über diesen neuen Untersuchungsgegenständen der Forschung die Be− handlung klassischer“ Themen kaum an Interesse eingebüßt hat, beweist nicht zuletzt ein Blick auf die Kirchengeschichte des Dritten Reiches“: Die lebhafte Resonanz, die Klaus Scholders Bände über das Verhältnis beider Kirchen zum Dritten Reich [809: Die Kirchen und das Dritte Reich; nach Scholders Tod hat G. Besier den dritten Band verfasst: 775] durchgehend gefunden hat [zum Stand der Forschung siehe 783: U. v. Hehl, Kirche und Nationalsozialismus; und 163: Ders., Nationalsozialistische Herrschaft, bes. 89–99; sowie 794: H. Maier, Das totalitäre Zeitalter und die Kirchen], gibt die Bedeutung und Aktualität dieses Untersuchungsgegenstandes zu erkennen (siehe dazu auch S. 14 f. u. 50 f. sowie 119 u. 303 zum Thema Widerstand): Das totalitäre Zeitalter und die Kirchen“ [794] stellt ein Thema dar, das über den engeren Gegenstand der Entwicklung der beiden christlichen Kirchen im Dritten Reich“ [vgl. zur Geschichte der Ka− tholiken im Dritten Reich“ 787: H. Hürten, Deutsche Katholiken 1918–1945; sowie zur Geschichte der evangelischen Kirche im Dritten Reich“ 795: K. Meier, Die evangelische Kirche im Dritten Reich] und über die im Sinne des natio− nalsozialistischen Regimes wenig erfolgreiche Geschichte der Deutschen Christen“ [773: D. L. Bergen, German Christian Movement; sowie 808: Th. M. Schneider, Reichsbischof Ludwig Müller; und 790: H. Kreutzer, Das Reichskirchenministerium] hinausweist auf allgemeine Tendenzen der Zeit: Sie haben nicht zuletzt auch Kunst, Kultur und Wissenschaft“ im Dritten Reich“ geprägt, deren Entwicklung im folgenden Abschnitt als Exkurs“ dargestellt werden soll.

5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft

Probleme des dichotomischen Modells

Die an sich zum Thema Herrschaft und Alltag“ zählenden Entwicklungen in der Kunst, Kultur und Wissenschaft des Dritten Reiches“ haben – zwar nicht gleichmäßig, aber doch der Tendenz nach – vor allem in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten eine so bevorzugte Aufmerksamkeit der Ge− schichtswissenschaft gefunden, daß eine eigenständige Darstellung erforderlich erscheint. Sie wird nicht in demselben Maße systematisch verfahren wie im Hinblick auf die Forschungsgeschichte anderer Untersuchungsgegenstände, sondern vielmehr, dem Genus eines Exkurses gemäß, Grundfragen aufwerfen, Grundprobleme erörtern und Grundmuster skizzieren, die für das Verhältnis der Kunst, Kultur und Wissenschaft sowie ihrer Repräsentanten zum natio− nalsozialistischen Regime charakteristisch gewesen sind. Dabei wird sich zum einen zeigen, wie Kunst, Kultur und Wissenschaft, für deren Existenz die Autonomie das Lebenselixier bedeutet und die nicht zuletzt seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auf dieser Voraussetzung geradezu

5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft

243

exzessiv und auch erfolgreich bestanden haben, mit der tendenziell totalen Ver− einnahmung und Indienststellung durch die Diktatur auszukommen verstanden haben, überlebten und untergingen, teilweise sogar florierten und sich nicht zuletzt dadurch auch zerstörten. Kurzum, das von der Geschichtsschreibung über das Dritte Reich“ eine geraume Zeitlang bevorzugte dichotomische Mo− dell ihrer Darstellung, Regierende und Regierte, Herrscher und Beherrschte, Mächtige und Abhängige, Täter und Opfer voneinander zu trennen, wirkt in diesem Bereich noch problematischer als in anderen. Denn den Kommandos und Verlockungen der Diktatur entsprachen viel Bereitschaft des kulturellen und intellektuellen Personals zur Mitwirkung, ja sogar eigenständige Angebote an das Regime: Daß die Wissenschaft nicht einfach warten könne, bis sie gefragt werde, war beispielsweise in der Historikerschaft eine verbreitete Überzeugung. Schließlich könne eine kämpfende Wissenschaft“ nicht leben (. . .) ohne Aussicht auf Veröffentlichung ihrer Arbeit“, wie es Hermann Aubin, einer jener die nationalsozialistische Volkstumspolitik“ fördernden Historiker, formulierte [886: I. Haar, Historiker im Nationalsozialismus, 216]. Damit ist eine bezeichnende Tendenz der Zeit beschrieben, welche die wis− senschaftlichen Untersuchungen zunehmend intensiv beschäftigt. Wohlgemerkt: Ohne den älteren Ansatz institutionengeschichtlicher Herkunft zu mißachten und terroristische Maßnahmen von der Peitsche bis zum Zuckerbrot zu übersehen, über die ein totalitäres Regime in ganz anderem Ausmaß verfügt als rechtsstaatliche Demokratien, um Vertreter der Kunst, Kultur und Wissenschaft bis zur Willfährigkeit verfügbar zu machen, tritt, einem allgemeinen Zug in der Erforschung des Dritten Reiches“ gemäß, zunehmend eine andere Tatsache hervor, nämlich die Geneigtheit, die Korrumpierbarkeit und den Opportu− nismus der Unterworfenen und Verführten zu betrachten. Das Zusammenspiel des einen mit dem anderen ergibt das Grundmuster für das Verhältnis zwischen den Repräsentanten der Diktatur, deren Ziel die Macht ist, und den Repräsen− tanten des Geistes, deren Telos die Unabhängigkeit ist. Die ungleiche Koexistenz zwischen beiden, in der nie in Frage stand, wer herrschte und wer sich unterwarf bzw. unterworfen wurde, zu untersuchen, hat sich die Geschichtswissenschaft gerade in den letzten beiden Dekaden angelegen sein lassen: Das große Handbuch zur Geschichte“ des Dritten Reiches“ aus der Feder von Bernd Jürgen Wendt [195] hat auch Bildung und Wissenschaft“ sowie Kunst und Kultur“ mit den maßgeblichen Tatsachen und Zusammenhängen, sachlich reichhaltig und ge− danklich weiterführend, umfassend dargestellt [ebd., 306–332]. In einem prinzipiellen Sinn gehören die kulturellen und wissenschaftlichen Themen, weil eine totalitäre Diktatur jeden und alles, vor allem auch die Gemü− ter und Gefühle, die Köpfe und Gedanken der Untertanen zu kontrollieren bemüht ist, in den auch für das Dritte Reich“ konstitutiven Rahmen einer staatlich propagierten Lenkung. Propaganda und Kultur“ bindet der Histo− riker Ulrich von Hehl in seiner Geschichte über die Nationalsozialistische Herrschaft“ folgerichtig eng aneinander [163: 131]. Von den Resultaten älterer

Kommando, Ver− lockung, Begei− sterung und Be− reitschaft

Propaganda

244

Presse, Rundfunk und Film

Massenkultur

Brauner Kult“

Ambivalenz national− sozialistscher Kul− turpolitik

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Standardwerke von Zbynek A. B. Zeman Nazi−Propaganda“ [771] oder Ernest K. Bramstedt, Goebbels und die nationalsozialistische Propaganda 1925–1945“ [751] ausgehend, hat die Geschichtswissenschaft die Medien− und Propa− gandageschichte“ [U. v. Hehl] auf dem Gebiet der Presse [vgl. beispielsweise 756: N. Frei/J. Schmitz, Journalismus im Dritten Reich], des Rundfunks [vgl. beispielsweise 752: A. Diller, Rundfunkpolitik im Dritten Reich] und des Films [vgl. beispielsweise 753: B. Drewniak, Der deutsche Film 1938–1945; 769: A. Winkler−Mayerhöfer, Studien zum Unterhaltungsfilm im Dritten Reich] un− tersucht: Von der Meinungslenkung und Propaganda“ [750: J. Bohse, Inszenierte Kriegsbegeisterung], also der gesteuerten NS−Pressepolitik“ [763: D. Kohl− mann−Viand, NS−Pressepolitik im Zweiten Weltkrieg; vgl. dazu auch 23: G. Toepser−Ziegert (Bearb.), NS−Presseanweisungen der Vorkriegszeit. Edition und Dokumentation] bis zur Selbstanpassung“ [755: N. Frei, National− sozialistische Eroberung der Provinzpresse] und kaschierten Opposition durch halb getarntes Schreiben“ [758: G. Gillessen, Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich, 9] erstreckten sich die alles in allem auf verlorenem Posten“ [G. Gillessen] stehenden Existenzmöglichkeiten der Presse. Und eben dies gilt für die beiden anderen Medien der Massenkultur als einem allgemeinen Phänomen des 20. Jahrhunderts im speziellen Rahmen der totalitären Diktatur noch stärker, die Indoktrination durch Zerstreuung, Unterhaltung und Kunstgenuß boten. Alles diente dazu, im ursprünglichen Sinn der Maxime de propaganda fide den rechten Glauben an den Volksgenossen“ zu bringen, die Omnipräsenz des Regimes zu suggerieren, seiner rituellen Selbstinszenierung zu dienen und den braunen Kult“ [H. J. Gamm] im Sinne einer Sakralisierung der Herrschaft zu einer politischen Religion (siehe S. 162 f.) zu propagieren [768: K. Vondung, Ideologischer Kult und politische Religion des Nationalsozialismus; H. G. Hok− kerts, Kult und Fest, in 700: Ders. u. a. (Hrsg.), München, Hauptstadt der Bewegung“, 331–341]. Peter Reichel hat im Sinne der zugespitzten Formel, wonach der Faschismus die Ästhetisierung des Politischen darstellte, alle kul− turellen Erscheinungen des Dritten Reiches“ als Kaschierung der eigentlichen, vor allem rassischen Ziele des Regimes interpretiert [348: Der schöne Schein]. Das dürfte in nicht unwesentlichen Zusammenhängen des Untersuchungsgegen− standes Probleme aufwerfen: Zum einen ist die Frage nach den Wirkungen und Grenzen der nationalsozialistischen Propaganda und Kulturpolitik im Hinblick auf die Volksmeinung [vgl. nach wie vor die Pionierstudie von 673: M. Steinert, Hitlers Krieg und die Deutschen] ungenügend erforscht. Nachgewiesen hat in dieser Perspektive Ian Kershaw eine dem propagierten Hitler−Mythos“ zu verdankende Systemstabilisierung [509], während die Propagierung der na− tionalsozialistischen Rassenlehre offenbar weit weniger erfolgreich gewesen ist. Zum anderen kann über den manipulativen Charakter, dem häßlichen Antlitz der Diktatur mit kultureller Schminke schönen Schein“ zu verleihen, nicht verkannt werden, daß gerade auf diesem Sektor die hohe und anspruchsvolle Kunst, vor allem des Theaters und der Oper, der Konzerte und der Museen über das

5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft

245

bildungsbürgerliche Publikum hinaus nach dem Motto Kunst dem Volk“ ebenso wie das Reisen der Volksgemeinschaft“ zugänglich wurde, ungeachtet seiner regimedienlichen Funktion eigenständige Entwicklungen ausbildete und sich in eine quasi−demokratische Tendenz des Jahrhunderts einfügte, welche die Ambi− valenz der Kulturpolitik in der nationalsozialistischen Diktatur unterstreicht. Auf diese antagonistische Koexistenz von kulturellem Fortschritt und po− litischer Herrschaft, von nationalsozialistischer Kulturideologie, Kulturpolitik, Kulturproduktion“ [924: R. Merker] hat Jeffrey Herf in seiner grundlegenden Studie Reactionary modernism“ [614] bereits 1984 hingewiesen und damit ein Muster der Interpretation entworfen, um disparate Phänomene einer Kultur und Kunst erfassen zu können, die letztlich, bewußt oder unbewußt, im Dienst von Volk und Rasse, um den Sprachgebrauch des Regimes aufzunehmen, gestanden haben. Unter Zuhilfenahme eben dieser diffusen Kategorien wurde darüber verfügt, was als Entartete Kunst“ zu gelten hatte, welche Künstler zu verfemen waren, was nationalsozialistische Kunst im Sinne der Blut− und Boden−Ideologie zu sein hatte etc. Dessenungeachtet vollzog sich aber der alltägliche Kultur− und Kunstbetrieb in weiten Bereichen dennoch wie eh und je so weiter, als habe im Jahr 1933 in dieser Hinsicht keine nationalsozialistische Revolution stattgefunden: Der Kunst− und Kulturbetrieb im ,Dritten Reich‘“, urteilt Bernd Jürgen Wendt, stellte sich ebenso wie die Kulturpolitik seiner Machthaber damals für die Zeitgenossen und stellt sich auch heute für uns im Rückblick als viel dif− ferenzierter und uneinheitlicher dar, als es so spektakuläre Ereignisse wie die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 oder die Vertreibung vieler namhafter Künstler nahelegen könnten. Auch hier scheut man sich, ihn als das zu be− zeichnen, was er in vielen Bereichen war: als normal und ausgesprochen tra− ditionell. Sonst wäre es kaum zu erklären, daß selbst die radikalen Auswüchse nationalsozialistischer Kulturpolitik oder besser Kulturverfolgung nicht nur nicht zu einer Einbuße an Loyalität in der Massenanhängerschaft geführt haben, sondern in breiten Kreisen bis ins kulturell interessierte Bürgertum hinein teilweise sogar ausgesprochen begrüßt wurden“ [195: Deutschland 1933–1945, 311]. Und was nicht wenige, wahrscheinlich sogar die Mehrheit der Künstlereliten im Dritten Reich“ [942: O. Rathkolb] angeht, die dem Einfluß der Goebbels unterstehenden Reichskulturkammer mit ihren sieben Einzelkammern für Bil− dende Künste, Schrifttum, Musik, Theater, Film, Rundfunk und Presse un− terstanden [951: A. E. Steinweis, Art, Ideology & Economics in Nazi Ger− many], so hatten sie zwar einerseits, in vielerlei Hinsicht jedenfalls, Kunst auf Befehl“ [863: B. Brock/A. Preiss (Hrsg.)] zu machen und waren doch zu weiten Teilen führertreu und gottbegnadet“ [942: O. Rathkolb]. Wie in anderen Bereichen gab es auch hier Begeisterte und Überzeugte, Opportunisten und Mitläufer, innere Emigranten“ und stillschweigende Abweichler sowie eine Mischung aller dieser Motive in einem – und nicht zuletzt die große Zahl derjenigen, die ins Exil gingen (siehe S. 7 und S. 246 f.).

Reactionary mo− dernism“

Bernd Jürgen Wendts Urteil

Künstlereliten im Dritten Reich“

Verhaltensweisen

246

Auswärtige Kul− turbeziehungen – Kunst und Kul− turgutraub

Rechtschreibreform

Literatur

Exodus der Kultur“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Daß sie allesamt, freiwillig oder gezwungen, absichtlich oder naiv, den Zielen des Regimes dienten, beschreibt die Räson einer totalitären Diktatur, die, will man überleben und wirken, zum graduell unterschiedlichen Schuldigwerden kaum Alternativen offenläßt. In diesem Sinne standen auch die auswärtigen Kultur− beziehungen [1278: E. Michels, Das Deutsche Institut in Paris 1940–1944] ebenso im Dienst der nationalsozialistischen Diktatur wie der von Kunst− experten vor allem im Dienste der SS und des SD besorgte Kunst und Kul− turgutraub“ in den während des Zweiten Weltkrieges besetzten Ländern [1236: A. Heuss]. Ja, selbst eine damals nicht zum Zuge gekommene Narretei wie die mit allerlei Geheimniskrämerei geplante Rechtschreibreform“ [858: H. Birken− Bertsch/R. Markner, Rechtschreibreform und Nationalsozialismus] hatte mit ideologischer Indienstnahme zu tun, die der Generalsekretär der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums“, Franz Thierfelder, so umschrieb: Dem völkischen Aufbruch muß ein Aufbruch der Sprache folgen“ [zit. ebd., 30]. Mit diesem eindeutigen Befund einer funktionalen Indienstnahme kann das Verhältnis zwischen der Literatur und dem nationalsozialistischen Regime freilich ebensowenig dargestellt werden wie das zwischen der Bildenden Kunst und Architektur zum Dritten Reich“. Vor dem Hintergrund der nach wie vor unverzichtbaren Dokumentationen von Joseph Wulf [964: Literatur und Dichtung im Dritten Reich; sowie 966: Theater und Film im Dritten Reich] aus den sechziger Jahren und der Untersuchungen von Dietrich Strothmann über die Nationalsozialistische Literaturpolitik“ [952], von Ernst Loewy über die Literatur unterm Hakenkreuz“ [918], von Klaus Vondung über Völkisch− nationale und nationalsozialistische Literaturtheorie“ [957] und von James Mac− Pherson Ritchie German Literature under National Socialism“ [943] stellt sich die Lage differenziert dar: Zum einen gab es mit unverkennbaren Übergängen vom Ernsten zum Trivialen in diesem Bereich eine spezifisch nationalsozialistische Literatur, die, an die volkhafte Dichtung“ aus den Jahrzehnten zuvor an− knüpfend, mit Heimat−, Bauern− und Historienromanen aus der Feder von Autoren wie beispielsweise Erwin Guido Kolbenheyer oder Will Vesper her− vortrat und in der heldischen Dichtung“ mit Verherrlichungen des Front− erlebnisses im Ersten Weltkrieg durch Autoren wie Werner Beumelburg oder Edwin Erich Dwinger ihre Entsprechung fand. Zum anderen gab es diejenigen Autoren wie Hermann Claudius, Marie−Luise Kaschnitz oder Reinhold Schneider, um nur einige zu nennen, die die Heimat nicht verließen, sich in einer schwierigen Koexistenz übten und nicht selten den Rückzug ins Schweigen“ antraten, während sich andere wie Gerhard Hauptmann vom Regime ver− einnahmen ließen oder sogar, wie Rudolf G. Binding, seiner Faszination vollkommen erlagen. Und schließlich gab es die große Zahl derjenigen, die von Hermann Broch bis Stefan Zweig das Land verlassen mußten und die Bitterkeit des Exils zu spüren bekamen [vergleiche dazu 927: H. Möller, Exodus der Kultur. Schriftsteller, Wissenschaftler und Künstler in der Emigration nach 1933]. Daß

5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft

247

dieser literarische, ja kulturelle Aderlaß von den Zeitgenossen oftmals übersehen worden ist, lag nicht zuletzt daran, daß mit mannigfachen Unterschieden der Zustimmung oder Ablehnung im einzelnen weltberühmte Repräsentanten des Kulturlebens wie Richard Strauss als erster Präsident der Reichsmusikkammer, Gustaf Gründgens als Generalintendant der Preußischen Staatstheater, Wilhelm Furtwängler als Chef der Berliner Philharmoniker und Karl Böhm als Direktor der Dresdener Staatsoper dem Regime im Spannungsfeld von Freiwilligkeit und Zwang, von Verlockung und Gewalt Glanz verliehen haben. In gewisser Hinsicht damit vergleichbar nimmt sich die Lage in den bildenden Künsten, in der Malerei, der Plastik und der Architektur aus, die gleichfalls recht früh von Joseph Wulf [963: Die bildenden Künste im Dritten Reich] doku− mentiert und in Darstellungen wie denen von Reinhard Merker [924: Die bildenden Künste], Hildegard Brenner [862: Kunstpolitik], Anna Teut [954: Architektur im Dritten Reich; vgl. auch 926: B. Miller Lane, Architektur und Politik; 953: R. R. Taylor, The Word in Stone; 852: D. Bartetzko, Zwischen Zucht und Ekstase] untersucht worden sind [vgl. auch insgesamt 849: P. Adam, Kunst im Dritten Reich]. Neben regimegeförderter Kunst, die in repräsentativen Ausstellungen im Haus der deutschen Kunst“ mit den bekannten Motiven der gegenständlichen und naturalistischen Genres ausgestellt wurde, sind die ver− femten Künstler nicht zu vergessen, deren Entartete Kunst“ in der gleichnamigen Münchener Ausstellung 1937 an den Pranger gestellt wurde. Es gab zudem die vom Regime präferierten Denkmäler, Plastiken und Porträtbüsten eines Arno Breker und Josef Thorak. Und neben im Heimatschutzstil“ er− richteten Wohnhäusern gab es funktional−moderne Industriebauten ebenso wie jene klassizistisch anmutende Monumentalarchitektur der Baumeister Paul Lud− wig Troost und Albert Speer, die im übrigen damals keineswegs auf Deutschland beschränkt war“ [195: B. J. Wendt, Deutschland 1933–1945, 314], sondern dem Geschmack des Zeitalters von Washington bis Paris, von Rom bis Moskau entsprach. Gleichwohl weisen bei allen formalen Gemeinsamkeiten mit Vor− bildern und parallelen Erscheinungen in anderen Ländern die Entwicklung und Planungen des Dritten Reiches“ in eine andere Richtung und deuten einen Bruch mit europäischen Traditionen an. Intensive Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaft hat die Musik im NS− Staat“ [939: F. K. Prieberg, Musik im NS−Staat; sowie 938: Ders., Kraftprobe. Wilhelm Furtwängler im Dritten Reich; vgl. auch 965: J. Wulf (Hrsg.), Musik im Dritten Reich] gerade in den letzten Jahren gefunden. Das ist nicht zuletzt das Verdienst des in Kanada lehrenden Historikers Michael Kater, der alle Bereiche des musikalischen Lebens von Carl Orff [908: Carl Orff im Dritten Reich] bis zum Jazz [907: Gewagtes Spiel] im Dritten Reich“ untersucht hat. In seiner Dar− stellung Die mißbrauchte Muse“ geht es vor allem um die Existenz der Musiker im Dritten Reich“ [909], die sich insgesamt nicht von dem abhob, was in anderen Künsten und in der Wissenschaft anzutreffen war. Der Autor betont zum einen, wie könnte es anders sein, den terroristischen Zugriff der Diktatur und verweist

Bildende Künste – Malerei, Plastik, Ar− chitektur

Haus der deutschen Kunst“ – Entartete Kunst“

Zeitgeschmack

Musik

Michael Katers Werk

248

Musiker und Kom− ponisten

Jazz im Natio− nalsozialismus“

Künstlerische Vielfalt

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

zum anderen auf die aus unterschiedlichen Motiven gespeiste Bereitschaft des künstlerischen Personals zur Mitwirkung, wobei er die Tatsache hervorhebt, daß die wirtschaftliche und soziale Lage für Musiker im Jahr 1933 nicht eben vor− teilhaft war. Er betont zudem die Verführung des Regimes, die damit zu tun hatte, daß die musikalische Klassik in vergleichsweise liberaler Manier und Spannbreite im offiziellen Repertoire verblieb, so daß die Künstler längst nicht den Ver− werfungen und Brüchen unterworfen waren wie beispielsweise in der sta− linistischen Diktatur, wo die Gegensätze zwischen der anfänglich geförderten Avantgarde und der sodann verordneten Trivialität schroff waren. Die einzelnen Schicksale von Musikern, die sich zwischen Überzeugung und Opportunismus, zwischen Mitmachen und Ablehnen vollzogen, lassen die Mehrzahl von ihnen weder schwarz noch weiß erscheinen, ohne darüber zu verkennen, daß beispielsweise ein Komponist wie Karl Amadeus Hartmann oder ein Dirigent wie Hermann Scherchen ohne Konzession an das Regime überlebten. Richard Strauss und Wilhelm Furtwängler, Carl Orff und Wolfgang Fortner dagegen übten sich jeder auf ganz verschiedene Weise und aus un− terschiedlichen Gründen im Lavieren zwischen Nähe und Distanz zur Diktatur, zwischen Anpassung und Opposition. Nicht zuletzt Wilhelm Furtwängler, so der Befund der kritischen Biographie“ von Berndt W. Wessling [961: Furtwängler], machte mit, war zugleich dagegen und stand doch alles in allem unverkennbar im Dienst des Regimes. Und während im Zweiten Weltkrieg auch auf dem Gebiet der Musik, der Instrumente und Dokumente, Organisierte Plünderungen“ [1340: W. De Vries, Sonderstab Musik] gang und gäbe waren, wurde der offiziell als Niggermusik“ verpönte Jazz in Deutschland nach wie vor gespielt. Gewiß war das zu tun, wie Michael Kater in seiner Darstellung Jazz im Nationalsozialismus“ in Deutschland [907] ausführt, ein Gewagtes Spiel“. Der Autor zeigt indes, daß ungeachtet einer Ausstellung wie Entartete Musik“ in Düsseldorf 1938 [859: D. Blasius, Die Ausstellung Entartete Musik“ von 1938], die Neger, Juden und Saxophone als Sinnbilder ablehnenswerter Musik verfemte, die Affinität vieler Musiker zur Synkope so stark war, daß unter Aussparung der diskreditierten Begriffe aus dem angelsächsischen Sprachbereich in großen Städten und mondänen Bädern Jazzmusik gespielt wurde. Es gab sogar unter überzeugten Nationalsozialisten Jazzanhänger, so daß die auch vertretene These, der Jazz habe zum geistigen Widerstand“ gegen das Dritte Reich“ gehört, fraglich erscheint. Mithin gilt für die Musik, was Bernd Jürgen Wendt insgesamt für die Lage der Kultur und Kunst im Dritten Reich“ so zusammengefaßt hat: Nichts wäre verfehlter, als im Rückblick in Schwarz−Weiß−Manier nur zwischen propa− gandistischer Selbstdarstellung des Regimes auf der einen und seinen Opfern auf der anderen Seite, zwischen dilettantischem und ideologisiertem Banausentum und künstlerischer Avantgarde zu scheiden. In der modernen Massengesellschaft mit ihrer hochgradigen sozialen Differenzierung wurden zwischen diesen Polen ebenso differenzierte Wünsche, Erwartungen und Geschmacksrichtungen in allen Bereichen von Kunst und Kultur formuliert und entwickelt. Auch unter na−

5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft

249

tionalsozialistischer Herrschaft konnten sie auf die eine oder andere Weise in relativ hohem Maße erfüllt werden“ [195: Deutschland 1933–1945, 318]. Mit dieser Feststellung ist auch bereits ein großer Teil der historischen Wirklichkeit erfaßt, wenn der Blick auf das Verhältnis der Wissenschaft zum Dritten Reich“ fällt. Bereits seit geraumer Zeit erfreut sich das Thema der deutschen Universitäten in der nationalsozialistischen Diktatur der intensiven Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaft. Die kaum mehr überschaubare Zahl von Veröffentlichungen dazu, die vor allem im Hinblick auf die ge− dankliche Durchdringung des Untersuchungsgegenstandes der Pionierstudie von Paul Egon Hübinger Thomas Mann, die Universität Bonn und die Zeitgeschichte“ [900] verpflichtet sein dürften, ist in den Betrachtungen von Manfred Funke über Universität und Zeitgeist im Dritten Reich“ [880] bereits 1986 plausibel nach sachlichen und thematischen Tendenzen dargestellt worden und inzwischen über das Literaturverzeichnis der neuen Studie Die Universität Bonn im Dritten Reich“ aus der Feder von Hans−Paul Höpfner [899] leicht zu erschließen. Während politisch aktive Teile der Studentenschaft schon sehr früh zur NSDAP stießen [884: M. Grüttner, Studenten im Dritten Reich], versuchte die Uni− versität unterm Hakenkreuz“ [892: H. Heiber] zwischen politischer Intervention des Regimes und herkömmlicher Tradition ihres Daseins, zwischen (Selbst)Gleichschaltung und Nischenexistenz weiterzuleben. Daß die Ordinarienuniversität dabei kaum Widerstand gegen die Diktatur geleistet hat, ist in diesem Rahmen ebensowenig zu übersehen wie die Tatsache, daß sie sich beileibe nicht leicht für das Regime instrumentalisieren ließ: Sie bewahrte vielmehr einen während der verschiedenen Phasen des Dritten Rei− ches“ unterschiedlich großen Rest an Eigenständigkeit [vgl. dazu 896: K. Hilde− brand, Universitäten im Dritten Reich; sowie 853: F. J. Bauer, Geschichte des Hochschulverbandes]. Der umfassende Zusammenhang der Bildungsgeschichte“, in dem auch die Universitätsgeschichte zu betrachten ist, hat für die Zeit des Dritten Reiches“ in dem von Dieter Langewiesche und Heinz−Elmar Tenorth herausgegebenen Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte“ systematische Berücksichtigung gefunden [916; vgl. auch die gut 500 Seiten umfassenden Anmerkungen zur Literatur“ von 669: H. Schreckenberg, Erziehung, Lebenswelt und Kriegs− einsatz der deutschen Jugend unter Hitler]. Die Lage der Pädagogik im Dritten Reich“ [895: U. Herrmann/J. Oelkers (Hrsg.), Pädagogik und National− sozialismus; 623: W. Keim, Erziehung unter der Nazi−Diktatur], die Existenz von Hitlers Pädagogen“ [883: H. Giesecke] und die im Dienste einer Ideo− logisierung von Bildung und Erziehung“ [B. Schneider] stehende Unter− richtungsplanung und −gestaltung [vgl. beispielsweise 882: H. Gies, Ge− schichtsunterricht unter der Diktatur Hitlers] ist in der großen Darstellung von Barbara Schneider Die Höhere Schule im Nationalsozialismus“ [946] ma− terial− und gedankenreich dargestellt worden.

Wissenschaft und Universitäten

Paul Egon Hübin− gers Standardwerk

Bildung und Pädagogik

250

Forschungs− organisationen

Intellektuelle Pro− fessionen im Dschungel der Macht“

Medizin, Natur− wissenschaft, Technik

Physik

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Während die Untersuchungsgegenstände Universität und Bildung, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die spezifisch nationalsozialistischen Erziehungs− einrichtungen [vgl. zusammenfassend dazu 195: B. J. Wendt, Deutschland 1933–1945, 290 f.] bereits seit längerem erforscht werden, erfreut sich die Aus− einandersetzung mit der Lage der Wissenschaften, der Natur− und der Gei− steswissenschaften, erst seit etwa zwei Jahrzehnten bevorzugter Aufmerk− samkeit [vgl. die relativ frühe Untersuchung von 855: A. D. Beyerchen, Wis− senschaftler unter Hitler], ja sogar ausgesprochener Konjunktur – zumal Großorganisationen der Forschung und der Forschungsförderung inzwischen darangehen, ihre Geschichte im Dritten Reich“ [vgl. allgemein dazu 920: P. Lundgreen (Hrsg.), Wissenschaft im Dritten Reich] erforschen zu lassen: Die große Darstellung von Notker Hammerstein über die Geschichte der Deut− schen Forschungsgemeinschaft im Dritten Reich“ liegt bereits vor [885; vgl. auch beispielsweise 876: W. Fischer (Hrsg.), Die Preußische Akademie der Wis− senschaften; 911: D. Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser−Wilhelm−Ge− sellschaft im Nationalsozialismus], während Untersuchungen über die Ge− schichte der Max Planck−Gesellschaft oder die Alexander von Humboldt−Stif− tung noch im Entstehen sind. Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses steht dabei die Im Dschungel der Macht“ oft orientierungslose Existenz intellektueller Professionen“ [856: D. Beyrau (Hrsg.), Intellektuelle Professionen unter Hitler und Stalin], die zwischen Selbstgleichschaltung und Selbstmobilisierung“ [K. Fischer], zwischen äußerem Zwang und eigener Initiative lebten und arbeiteten, als Anhänger und Partei− gänger, als Karrieristen und Opportunisten, als Denunzianten und Rufmörder, aber auch als Anständige und Unauffällige, als Distanzierte und Resistente. Die teilweise, vornehmlich zu Anfang des Regimes feststellbare Affinität zum Dritten Reich“ und die teilweise mit voranschreitender Entfaltung der Dikta− tur anzutreffende Distanz stehen im Mittelpunkt des Sammelbandes von Wolf− gang Bialas und Manfred Gangl [857: Intellektuelle im Nationalsozialismus]: Seine Beiträge, nicht zuletzt über Martin Heidegger, Arnold Gehlen und Carl Schmitt auf der einen, Hannah Arendt, Robert Musil und Thomas Mann auf der anderen Seite versuchen sich nicht zuletzt an konzeptionellen Ansätzen einer intellektuellen Geschichte des Nationalsozialismus“. Was das Verhältnis zwischen Medizin, Naturwissenschaft, Technik und Na− tionalsozialismus“ [923: Ch. Meinel /P. Vosswinckel (Hrsg.)] angeht, so stehen die Kollaborationsverhältnisse“ [H. Mehrtens, in: ebd., 13] im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. Von der paradoxen Tatsache einmal abgesehen, daß weltanschaulich bedingte Ablehnung moderner Wissenschaft und Technik durch den Nationalsozialismus und ihre praktische Erforderlichkeit für Politik und Kriegführung des Dritten Reiches“ nicht selten nebeneinander existiert haben [vgl. dazu 851: H. Adolf, Technikdiskurs und Technikideologie im Natio− nalsozialismus], zeigen die einschlägigen Darstellungen übereinstimmend, was Mark Walker, der im übrigen die Legenden um die deutsche Atombombe“

5. Exkurs: Kunst, Kultur und Wissenschaft

251

entlarvt hat, in seiner wegweisenden Darstellung Die Uranmaschine“ [958] so umschrieben hat, nachdem er zu dem Ergebnis gelangt war, daß Physiker wie Otto Hahn und Werner Heisenberg, Max von Laue und Max Planck dem Regime nicht mit der Haltung des Widerstandes, sondern bestenfalls mit einer Mischung aus Kollaboration und Kompromiß begegnet sind: Ein Historiker, der die Gene− rationen deutscher Physiker vom Kaiserreich bis zur Teilung Deutschlands nach dem Kriege verfolgt, erkennt, daß Wissenschaftler, wenn sie unter ideologischen oder politischen Druck gesetzt werden, bereit sind, sich den wechselnden kul− turellen Strömungen anzupassen, daß sie sich opportunistisch verhalten und beträchtliche Opfer zu bringen gewillt sind, um ihre berufliche Autonomie und ihre Selbstachtung zu wahren, sei sie nun wirklich oder nur eingebildet“ [ebd., 275]. Das heißt aber auch: Viele der unter den Bedingungen der natio− nalsozialistischen Diktatur arbeitenden Wissenschaftler waren weder Nazis noch Nazigegner, sondern vielmehr Menschen, die irgendwo dazwi− schenstanden wie die meisten Deutschen im Dritten Reich“ [ebd., 272]. Eben diese Feststellung gilt auch für die Biologen unter Hitler“ [869: U. Deichmann], deren Disziplin anders als andere Wissenschaften durch die ver− gleichsweise geringe Zahl von Exilanten keinen maßgeblichen Bedeutungsverlust hinnehmen mußte, aber auf vielfältige Art und Weise die rassenpolitischen Maßnahmen der Diktatur legitimierte und nationalsozialistische Pläne für eine Neuordnung Europas nach völkischen und biologischen Kriterien unterstützte. Dagegen war der Verlust durch die erzwungene Emigration in den Fächern Mathematik und Physik weit größer, und eben diesen Befund belegen auch die von Reinhard Siegmund−Schultze untersuchten und dokumentierten Schicksale der Mathematiker auf der Flucht vor Hitler“ [1957]. Allgemein ist die Emigration der Wissenschaften nach 1933“ [1966: H. A. Strauss u. a. (Hrsg.), Disziplingeschichtliche Studien] seit geraumer Zeit schon verstärkt in das Blickfeld der Geschichtswissenschaft gelangt [vgl. vor allem 1878: C.−D. Krohn, Wissenschaft im Exil; und 1882: P. Liebner, Paul Tillich, die in ihrer Einleitung den einschlägigen Forschungsstand spiegelt]. Die alltägliche Existenz der Wissenschaften im Dritten Reich“ ging indes ganz andere Wege. Am Beispiel der Professionalisierung der deutschen Psychologie im Nationalsozialismus“ zeigt Ulfried Geuter [881], daß die Fachleute, die nicht zuletzt auch in der Wehrmachtpsychologie ihre neuen Aufgaben fanden, wie eh und je mit den Problemen der Stellenbeschaffung und Planstellenvermehrung befaßt waren, ja daß ihre Normalität“, was im Nationalsozialismus gerade etwas Erschreckendes“ an sich hatte, dadurch geprägt war, daß sie nur auf die Rationalität der Prozeduren achteten“ [ebd., 447] – das beschreibt, oftmals in einem, den Reiz ihrer Tätigkeit, die Forschung als Ausweg und die Chance des Überlebens. Die Lage der Medizin im Nationalsozialismus“ [878] und der Ärzte im Dritten Reich“ [917: R. J. Lifton; sowie 914: F. Kudlien (Hrsg.), Ärzte im Nationalsozialismus], welche über die Normalität ihres Berufes hinaus auch in

Biologie

Mathematik

Emigration der Wissenschaften nach 1933“

Psychologie

Erschreckende Normalität“

Ärzte im Dritten Reich“

252

Nationalökonomie

Soziologie Geistes− wissenschaften

Aktion Rit− terbusch“ Romanistik

Philosophie Geschichts− wissenschaft

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

die Euthanasie“ des Regimes [1528: R. N. Proctor, Racial Hygiene. Medicine under the Nazis; vgl. auch 1474: E. Klee, Euthanasie“ im NS−Staat; und 1476: Ders. (Hrsg.), Dokumente zur Euthanasie“], ja sogar in die Komplizenschaft am nationalsozialistischen Massenmord [1477: E. Klee, Auschwitz, die NS−Medizin und ihre Opfer] verwickelt waren, wird zunehmend intensiv untersucht: Dar− stellungen über Ärzte als Hitlers Helfer“ [910: M. H. Kater; und 879: N. Frei (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik in der NS−Zeit] tragen dazu bei, die über geraume Zeit unbewältigte Medizingeschichte“ [906: M. H. Kater; Die un− bewältigte Medizingeschichte] des Dritten Reiches“ darzustellen [vgl. in die− sem Zusammenhang auch 947: G. Schröder, NS−Pharmazie]. Daß die voranschreitende Politisierung aller Lebensverhältnisse, deren Aus− wirkungen auf die Rechtswissenschaft und Justiz bereits dargestellt worden sind (siehe S. 236), gerade eine Wissenschaft wie Die deutsche Volkswirtschaftslehre in den dreißiger Jahren“ ergreifen mußte, hat Hauke Janssen in seiner Darstellung über das Verhältnis zwischen Nationalökonomie und Nationalsozialismus“ [902] abgehandelt. Unter einem Regime, das wirtschaftliche Handlungen zu politischen erklärte“ [H. James, Die Deutsche Bank und die Diktatur 1933– 1945, in 1664: L. Gall u. a., Die Deutsche Bank, 321], gab es nach 1933 keine Möglichkeit des Rückzugs ins rein Wirtschaftliche mehr“ [902: H. Janssen, Nationalökonomie und Nationalsozialismus, 506]. Im übrigen existierte auch kaum eine spezifisch nationalsozialistische Volkswirtschaftslehre, die Bedeutung gewonnen hätte, aber die grundlegende Neuorientierung der Disziplin während dieser Zeit, welche der Nationalsozialismus nicht auslöste, der er aber in ka− talytischer Wirkung als einer allgemeinen Tendenz zum Durchbruch verhalf, lag darin, daß die Existenz des Dritten Reiches“ zur Ausbildung eines umfassenden Lenkungs− und Planungssystems der Kriegswirtschaft drängte. Von der Normalität der Anpassung“ war die Deutsche Soziologie 1933– 1945“ [941: O. Rammstedt] ebenso geprägt, wie die Lage der Geistes− wissenschaften dadurch im allgemeinen gekennzeichnet war. Die breite Skala der davon abweichenden Verhaltensweisen hat Frank−Rutger Hausmann in seiner Darstellung ,Deutsche Geisteswissenschaft‘ im Zweiten Weltkrieg. Die ,Aktion Ritterbusch‘ (1940–1945)“ [889] sowie in seiner Auseinandersetzung mit der Geschichte der Deutsche[n] Romanistik im ,Dritten Reich‘“ [890] ein− drucksvoll untersucht. Daß auch Die besten Geister der Nation“ von der, horribile dictu, üblichen Verhaltensdisposition nicht abgewichen sind, zeigt der von Ilse Korotin herausgegebene Sammelband Philosophie und Natio− nalsozialismus“ [913]. Daß diese Feststellung auch für die gerade in letzter Zeit wieder verstärkt debattierte Lage der Geschichtswissenschaft im Dritten Reich“ [vgl. dazu 956: H.−E. Volkmann, Historiker im Banne der Vergangenheit] gilt, zeigen die einschlägigen Publikationen ebenfalls: Bereits früh, im Jahr 1967, hat beispielsweise der Mediävist Karl Ferdinand Werner in einer wegweisenden Studie Das NS−Geschichtsbild und die deutsche Geschichtswissenschaft“ [959] keinen Zweifel an der Verantwortung deutscher Historiker für Hitlers Erfolge“

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

253

[960: Ders., Karl der Große in der Ideologie des Nationalsozialismus] aufkommen lassen und im übrigen gezeigt, daß die Anfälligkeit, den ideologischen Angeboten des Nationalsozialismus zu erliegen, für die in den älteren Epochen [vgl. bei− spielsweise 929: B. Näf, Von Perikles zu Hitler?] der Antike und des Mittelalters arbeitenden Historiker vergleichsweise größer war, als das für Neuhistoriker der Fall gewesen ist. Wie intensiv die historische Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik“ [873: M. Fahlbusch, Die ,Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften’] tatsächlich gestanden hat, ob sie mit ihrer Tätigkeit, zusammen mit Geographen, Volkskundlern und Kunsthistorikern, vor allem die Ostforschung“ zwischen Volkstumskampf“ und Lebensraumeroberung“ durch ihre planungs− euphorischen Entwürfe [886: I. Haar, Historiker im Nationalsozialismus] konstituiert hat und ob ihre Repräsentanten mit ihren Denkschriften weitere Maßnahmen des NS−Staates“ antizipiert haben [ebd., 331], ist dagegen ungeklärt: Ungeachtet ihrer gar nicht zu verkennenden Beteiligung an den im Dienste des nationalsozialistischen Regimes stehenden Unternehmungen, beispielsweise im Rahmen der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften“ [873: M. Fahlbusch], ist das ausgeprägte Beharren entschiedener Thesen darauf, daß Teile und Vertreter einer Wissenschaft [vgl. in diesem Zusammenhang auch allgemein 931: W. Ober− krome, Volksgeschichte“] nicht nur im Vorhof der politischen Macht geblieben seien, sondern als Vordenker der Vernichtung“ [1362: G. Aly/S. Heim; siehe S. 280] im Völkermord geendet hätten, beileibe nicht schlüssig belegt [vgl. zum Untersuchungsgegenstand auch 864: M. Burleigh, Study of Ostforschung in the Third Reich; 865: G. Camphausen, Die wissenschaftliche historische Rußland− forschung im Dritten Reich; sowie 861: G. Botsch, Geheime Ostforschung“ im SD. Zur Entstehungsgeschichte und Tätigkeit des Wannsee−Instituts“]. Damit ist aber bereits das für die Geschichte des Dritten Reiches“ zentrale Thema der Außen− und Rassenpolitik“ benannt, das im folgenden Abschnitt abgehandelt werden soll.

Ostforschung“

Vordenker der Vernichtung“?

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“ Zu den ältesten Deutungen der nationalsozialistischen Außenpolitik gehört die marxistische Interpretation, die inzwischen weit weniger Beachtung findet als vor der Zeitenwende des Jahres 1989/90. Im Sinne ihrer Theorie vom staats− monopolistischen Charakter des Dritten Reiches“ interpretiert sie die Außen− politik und Kriegführung Hitlers und seines Regimes als Funktion der direkt oder indirekt wirkenden maßgeblichen Notwendigkeiten des kapitalistischen Wirt− schaftssystems und seiner ökonomisch sowie politisch bestimmenden Gruppen und Vertreter. Dieser repräsentativ beispielsweise im Jahr 1975 von der DDR− Forschung in ihrem Dokumentenband zu den Europa− und Weltherr− schaftsplänen des deutschen Imperialismus von der Jahrhundertwende bis zum

Marxistische Interpretationen

254

Primat der politischen Ziel− setzungen“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Mai 1945“ [1043: Weltherrschaft im Visier] vorgetragenen und im Grundsatz nicht veränderten Deutung [vgl. dazu den 1986 in dritter, durchgesehener Auflage erneut erschienenen ersten Band des sechsbändigen Werkes, das von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Wolfgang Schumann, Karl Drechsler und Gerhart Hass unter dem Titel [150] Deutschland im zweiten Weltkrieg“ herausgegeben worden ist, sowie den Bericht von O. Groehler, Die Erforschung der Geschichte des zweiten Weltkrieges. Stand und Aufgaben, in: ZfG 33 (1985), 316–322] ist von nichtmarxistischer Seite wiederholt entgegengehalten worden [vgl. dazu zusammenfassend 989: K. Hildebrand, Innenpolitische An− triebskräfte], sie verkenne ganz allgemein 1. den in Form einer so weitgehenden Autonomie etwa im wilhelminischen Deutschland nicht gegebenen Primat der Politik, der Hitlers Diktatur, insbesondere aber seine Außenpolitik und Krieg− führung, kennzeichnete. Darüber hinaus mißachte sie 2. die schon in anderem Zusammenhang (vgl. S. 171 f.) konstatierte Vielfalt politischer Gestaltungsmög− lichkeiten der verschiedenen politischen Kulturen vor dem gemeinsamen Hin− tergrund eines kapitalistischen Wirtschaftssystems. Im besonderen ist der marxistischen Interpretation gegenüber jedoch ein− gewendet worden, sie übersehe 1., daß Hitlers außen− und rassenpolitische Vor− stellungen, die sich prinzipiell in seinem Programm“ zusammenzogen, bereits lange vor der Machtergreifung“ und vor jedem Kontakt mit Vertretern der Wirtschaft entworfen wurden. Er entwickelte und verfolgte sein Programm“ von ökonomischen Motiven vergleichsweise unbeeinflußt. In diesem Sinne, so ist immer wieder argumentiert worden, gibt es 2. kein einziges Dokument, in dem aus Kreisen der Wirtschaft auf eigene Initiative hin außenpolitische Forderungen an Hitler herangetragen und sodann vom Führer“ – sein Programm“ verändernd oder ergänzend – berücksichtigt worden wären [vgl. dazu beispielsweise die Darstellung von 233: E. Jäckel, Hitlers Herrschaft, 66–88]. Sowohl in den Friedensjahren des Regimes als insbesondere auch im Rahmen der natio− nalsozialistischen Kriegszielpolitik während des Zweiten Weltkrieges gingen beispielsweise die Initiativen zur Verwirklichung wirtschaftlicher Vorhaben in den besetzten Territorien in der Regel von Stellen des Staates, der Partei und der Wehrmacht, nicht aber von wirtschaftlichen Interessengruppen aus. Auch darin unterscheidet sich die Geschichte des Dritten Reiches“ maßgeblich von der des wilhelminischen Deutschland, wo Reichskanzler von Bethmann Hollweg zu Beginn des Ersten Weltkrieges den Vorstellungen der verschiedenen Inter− essenverbände stärkere Beachtung zu schenken hatte, als Hitler dies jemals tat. Die programmatische Außenpolitik des Diktators ist – allein schon im Hinblick auf ihre Genese – in erster Linie nicht als Bündelung wirtschaftlicher Ziel− vorstellungen und ihrer Übertragung in die politische Sphäre anzusehen. Ihre Wurzeln reichen vielmehr in jene zweite Hälfte des Ersten Weltkrieges zurück, in der ein grundsätzlicher Wandel des politischen Denkens innerhalb der mi− litärischen Führungsspitzen Preußen−Deutschlands über die Probleme zukünf− tiger Kriegführung und Friedensorganisation festzustellen ist [vgl. dazu 993: A.

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

255

Hillgruber, Deutschlands Rolle, 58–67; sowie K. Hildebrand, Das deutsche Ostimperium 1918. Betrachtungen über eine historische Augen− blickserscheinung“, in: Gestaltungskraft des Politischen. Festschrift für Eber− hard Kolb, hrsg. von W. Pyta/L. Richter, Berlin 1998, 109–124]. Zieht man 3. endlich das für die Geschichte des Dritten Reiches“ ausschlaggebende und mit seiner Außenpolitik ursächlich verbundene Problem der im Prinzip kapi− talistischem Profitdenken diametral entgegenstehenden Judenfrage“ hinzu (vgl. S. 270 ff.) – die in der orthodox−marxistischen Geschichtswissenschaft nur in funktionaler Perspektive interpretiert und damit mißverstanden, ja in gewisser Hinsicht sogar verharmlost worden ist – so ist der absolute Primat der politischen Zielsetzungen“ [K. D. Bracher] kaum von der Hand zu weisen. Auch Interpretationsvorschläge, die sich von den Versuchen, wirtschaftliche Einflüsse auf die politische Gestaltung direkt und personell zu belegen, abheben, dafür aber von einem anonym und geschichtsmächtig wirkenden Prozeß aus− gehen, auf diese Weise eine angeblich grundsätzlich vorhandene, mehr oder minder weitgehende Identität von Politik und Ökonomie konstruieren und eine – sich gleichsam hinter dem Rücken der Handlungsträger vollziehende und diese notwendigerweise prägende – prinzipielle Indienstnahme jeder Politik durch eine nahezu omnipotent vorgestellte kapitalistische Struktur“ annehmen, versagen am Beispiel der Judenfrage“, welche die Dominanz einer rassischen Doktrin über ökonomische und rationale Erwägungen demonstriert (zu dem jüngsten Versuch von G. Aly und S. Heim, den nationalsozialistischen Judenmord und die ka− pitalistische Wirtschaftordnung als Funktionsverhältnis zu erklären, vgl. S. 280). Denn wirtschaftlicher Besitz und politische Macht fielen im Dritten Reich“ – deutlich sichtbar auf dem Sektor der Außenpolitik, der Kriegführung und der Rassenpolitik – zunehmend auseinander. Damit verstärkten sie im Grunde eine Tendenz, die sich, von den Jahren der Weimarer Republik abgesehen, in gewissem Maße als typisch für die moderne deutsche Geschichte erkennen läßt und mit zu der Erklärung beitragen kann, warum es in Preußen−Deutschland zu jenen Ver− werfungen im Gesellschafts− und Verfassungsgefüge kam, die zur Vorgeschichte des Dritten Reiches“ gehören. Als vorwaltende Tendenz der Geschichtswissenschaft ist daher festzustellen: Weder als intentionales Handeln aktenkundig belegbar noch als struktureller Prozeß“ empirisch erschließbar, hat es die – im marxistischen Verständnis un− terstellte – Instrumentalisierung der nationalsozialistischen Außenpolitik durch wirtschaftliche Belange und gesellschaftliche Bedürfnisse der traditionellen Füh− rungsschichten Preußen−Deutschlands gegeben. Daher werden der Primat und die hohe Eigenständigkeit der Außenpolitik Hitlers in der nichtmarxistischen For− schung, wenn freilich auch mit charakteristischen Unterschieden im Hinblick auf die Beurteilung des Grades ihrer Autonomie, durchgehend betont. Während die orthodox−marxistische Geschichtswissenschaft ihre Inter− pretation der nationalsozialistischen Außenpolitik im Verlauf der Jahrzehnte im Grunde nur nuancenhaft, nicht aber wesentlich veränderte, hat alles in allem auf

Ostimperium 1918

Instrumentalisierung der Außenpolitik?

256

Zum Stand der For− schung

Hitlers Krieg

Revisionismus und Expansionismus

Hitler: Opportunist oder Program− matiker?

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

diesem Gebiet in der Geschichtswissenschaft eine lebhafte Auseinandersetzung stattgefunden, deren Resultate sich in historiographischen Abhandlungen nie− dergeschlagen haben [vgl. beispielsweise K. Hildebrand, Die Geschichte der deutschen Außenpolitik (1933–1945) im Urteil der neueren Forschung: Ergeb− nisse, Kontroversen, Perspektiven. Nachwort zur vierten Auflage von 988: Ders., Deutsche Außenpolitik, 183–206; Ders., Die Außenpolitik des Dritten Reiches“. Tatsachen, Kontroversen, Perspektiven, in: Rivista di Studi Politici Internazionali 198 (1983), 241–246; B. J. Wendt, Außenpolitik, in 199: Lexikon des Dritten Reiches, 50–53; 1032: R. Schwok, Interprtations de la politique trangre de Hitler; und vor allem 1026: M.−L. Recker, Außenpolitik des Dritten Reiches, 51– 110]. Festzuhalten ist als Ertrag dieser Beiträge zur Historiographie und Ge− schichte der Außenpolitik des Dritten Reiches“, insbesondere zu dem zen− tralen Problem der Ursachen und des Beginns des Zweiten Weltkrieges, daß die am 1. September 1939 einsetzende militärische Auseinandersetzung beileibe nicht Der Krieg der Generäle“ gewesen ist, weil Hitler keineswegs als Werkzeug der Wehrmacht“ gedient hat [C. Dirks/K.−H. Janssen, Der Krieg der Generäle. Hitler als Werkzeug der Wehrmacht, Berlin 1999]: Hitler wills his War“, überschreibt Donald C. Watt 1989 in seinem Standardwerk How War Came. The Immediate Origins of the Second World War, 1938–1939“ [1165] das entscheidende Kapitel über den Beginn des Zweiten Weltkrieges und wird in diesem Urteil durch die 1990 erschienene definitive Darstellung von Hermann Graml Europas Weg in den Krieg. Hitler und die Mächte 1939“ [1090] vollauf bestätigt [vgl. in diesem Zusammenhang auch 1099: K. Hildebrand/J. Schmädeke/K. Zernack (Hrsg.), 1939. An der Schwelle zum Weltkrieg. Die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges und das internationale System; 1073: A. J. Crozier, The Causes of the Second World War; sowie für den asiatischen Schauplatz 1001: A. Iriye, The Origins of the Second World War in Asia and the Pacific]. Längst ist damit auch die im Gefolge der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse vertretene Auffassung überholt, wonach die nationalsozialistische Außenpolitik in eine bis zum Jahr 1937 andauernde revisionistische Phase und eine sodann einsetzende expansionistische Periode zerfalle: Von dem im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß vorgelegten Dokumentenmaterial ausgehend, in dem – dem juristischen Zweck entsprechend – bestimmte Schlüsseldokumente eine – unter historischen Aspekten – überbewertete Rolle erhalten hatten, war lange Zeit bis etwa 1960 die Hoßbach−Niederschrift über die Besprechung Hitlers mit den Oberbefehlshabern der Wehrmachtteile und dem Reichsaußenminister vom 5. 11. 1937, bei der Hitler seine zum Kriege entschlossene Politik enthüllt hatte, als Wendemarke zwischen einer im wesentlichen noch die Revisionspolitik der Weimarer Republik fortsetzenden quasi–,friedlichen‘ Phase zu einer kriegerischen Expansionspolitik großen Stils angesehen worden“ [165: A. Hill− gruber, Endlich genug über Nationalsozialismus, 33]. Auch die auf Alan Bullocks (ursprünglich entworfenes) Hitlerbild (vgl. S. 185 f.) zurückgehende, beispielsweise von dem Schweizer Historiker Wal−

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

257

ther Hofer vorgelegte, in ihrer neuesten Auflage durch einen den einschlägigen Forschungsstand reflektierenden Essay zu dem Problem Gibt es eine Kriegsschuldfrage 1939?“ ergänzte Deutung [1106: Entfesselung des Zweiten Weltkrieges], die in gewisser Hinsicht den Eindruck vermitteln konnte, wonach Hitler in seiner Außenpolitik und Kriegführung als machiavellistischer Oppor− tunist gehandelt habe, der den Krieg als Selbstzweck betrachtet und der ge− nommen habe, was immer die Gunst der Stunde ihm bot, ist vom Autor selber interpretierend verdeutlicht worden [2022: W. Hofer, Fifty Years On] und kann für den Stand der Forschung nicht mehr als typisch angesehen werden. In seinem für den Gang der Geschichtswissenschaft in diesem Bereich grundlegenden Auf− satz Hitlers Kriegsziele“ von 1960 betonte der englische Historiker Hugh R. Trevor−Roper [1040] die seit den zwanziger Jahren festliegende Zielgerichtetheit und Konsistenz in der Außenpolitik des Diktators. Ihr programmatisches Ziel sei die Gewinnung neuen Lebensraumes“ im europäischen Rußland gewesen. Diese von der Forschung mit wenigen Ausnahmen – beispielsweise von Diet− rich Aigner [968: Hitler und die Weltherrschaft, 48–49, wieder abgedruckt in: H. W. Koch (Hrsg.), Aspects of the Third Reich, London 1985, 251–266] – in− zwischen weitgehend akzeptierte These, die durch geschichtswissenschaftliche Quellenkritik regelmäßig überprüft und modifiziert wird [vgl. beispielsweise zur Hoßbach−Niederschrift“ vom 5. November 1937 (siehe S. 35) die Miszelle von 1158: B. F. Smith, Die Überlieferung der Hoßbach−Niederschrift im Lichte neuer Quellen; sowie insbesondere die Widerlegung der Authentizität des aller− merkwürdigsten Ausspruchs“, der Hitler für den 11. August 1939 von Carl J. Burckhardt im Hinblick auf den Hitler−Stalin−Pakt vom 23. August 1939 zu− geschrieben worden ist, bei 1160: P. Stauffer, Zwischen Hofmannsthal und Hitler, S. 178–201; vgl. auch 1161: Ders., Sechs furchtbare Jahre. . .“. Auf den Spuren Carl J. Burckhardts], ist sodann in zweifacher Hinsicht entwickelt worden: Eberhard Jäckel hat in seinem zuerst 1969 publizierten, 1981 in erweiterter und überarbeiteter Form neu herausgebrachten Buch Hitlers Weltanschauung“ [227] Trevor−Ropers Anstoß aufgenommen, im Prinzip bestätigt und im einzelnen ausgeführt. Hitlers außenpolitisches Konzept und der Bündnisentwurf des Dik− tators wurden in diesem Rahmen ebenso rekonstruiert, wie Jäckel vor allem auf die für Außenpolitik und Kriegführung des Führers“ konstitutive antisemitische Komponente seiner Weltanschauung eingegangen ist. Als letztes Ziel der Außen− politik Hitlers schätzt er die Lebensraum“−Eroberung im Osten Europas und die rassische Neugestaltung des nationalsozialistischen Reiches ein. Dagegen sehen andere Historiker weitergehende, über die kontinen− taleuropäischen Grenzen hinausgreifende Ziele als für Hitlers Außenpolitik verbindlich an, deren Ausmaß und Realitätsgehalt Milan Hauner 1978 vor dem Hintergrund seiner Darstellung India in the Axis Strategy. Germany, Japan and Indian Nationalists in the Second World War“ [1233] in einem zu− sammenfassenden Aufsatz [986: Did Hitler Want a World Dominion?] alles in allem zustimmend geprüft hat. Schon 1937 hatte Konrad Heiden davon ge−

Quellenkritik: Hit− lers aller− merkwürdigster Ausspruch“

Kontinentalisten“ und Globalisten“

258

Hitler und die USA

Andreas Hillgruber: Hitlers Stu− fenprogramm“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

sprochen, Hitlers letztes Ziel sei die Neubildung einer arischen Elite und deren Weltherrschaft“ [219: K. Heiden, Hitler, Bd. 2, 240]. 1961 hat Günther Molt− mann diesen Gedanken in seinem Aufsatz Weltherrschaftsideen Hitlers“ [1024] wegweisend aufgenommen. In seiner 1965 veröffentlichten, 1982 wieder auf− gelegten Marburger Habilitationsschrift Hitlers Strategie“ [1238; inzwischen 3. Auflage 1993], in deren Nachwort zur 2. Auflage“ über die ursprüngliche Fassung des Buches hinaus vor allem die Bedeutung der Vereinigten Staaten von Amerika für Hitlers Politik und Kriegführung sowohl in bezug auf die langfristige Perspektive der Gedankenbildung des Diktators als auch im Hinblick auf die Motive der deutschen Kriegserklärung an die USA vom 11. Dezember 1941 [zur Kontroverse über den Zeitpunkt des Entschlusses zu diesem Schritt vgl. 1248: E. Jäckel, Die deutsche Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten, wonach Hitler sich am 4. Dezember 1941 entschieden habe, an Japans Seite gegen die USA Krieg zu führen; und 1234: P. Herde, Italien, Deutschland und der Weg; sowie 1235: Ders., Japan, Deutschland und die Vereinigten Staaten im Jahre 1941, 51, wonach Hitler spätestens am 28. November 1941 diese Entscheidung getroffen habe; sowie zusammenfassend dazu 992: K. Hildebrand, Das vergangene Reich, 761–763] akzentuiert wird, zudem in weiteren Arbeiten wie in seinen Büchern Deutschlands Rolle in der Vorgeschichte der beiden Weltkriege“ [993] und Der Zweite Weltkrieg 1939–1945“ [999], oder wie in seinen Aufsätzen Der Faktor Amerika in Hitlers Strategie 1938–1941“ [997; vgl. dazu auch 1004: D. Junker, Hitler’s Perception of Franklin D. Roosevelt and the United States of America; sowie 982: Ph. Gassert, Amerika im Dritten Reich], Die ,Endlösung‘ und das deutsche Ostimperium als Kernstück des rassenideologischen Programms des Nationalsozialismus“ [1461] und Zweierlei Untergang“ [2020] hat Andreas Hillgruber in einem für die Ausbildung dieser wissenschaftlichen Position entscheidenden Maße vom Ansatz Trevor−Ropers ausgehend, jedoch die Per− spektive auf Grund des inzwischen verfügbar gewordenen weitaus umfang− reicheren Quellenmaterials ins Globale wendend . . . als Interpretationsmuster für die Außenpolitik Hitlers die Vorstellung eines ,Stufenprogramms‘“ [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Nationalsozialismus, 34] entwickelt: Dieses endete nicht . . . bei der projektierten Eroberung neuen ,Lebensraumes‘ im Osten, sondern war. . . weltweit angelegt. Auf die ,Stufe‘ der Eroberung eines europäischen Kontinentalimperiums mit Rückhalt im eroberten Rußland sollte in einer zweiten ,Stufe‘ imperialen Ausgreifens ein kolonialer ,Ergänzungsraum‘ in Mittelafrika sowie ein Stützpunktsystem im Atlantik und im Indischen Ozean gewonnen werden, das einer starken deutschen Überwasserflotte als Basis dienen sollte. Im Bunde mit Japan, nach Möglichkeit auch mit . . . Groß− britannien, sollten dabei die USA als weltpolitischer Hauptgegner zunächst auf dem amerikanischen Doppelkontinent isoliert und in der auf Hitler folgenden Generation – gleichsam in einem Kampf der Kontinente – gegen Amerika die Weltvorherrschaft des ,Germanischen Reiches deutscher Nation‘ erkämpft werden“ [ebd., 34–35].

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

259

Die einschlägige Diskussion der Forschung über die kontinentale oder globale Disposition der Außenpolitik und Kriegführung Hitlers geht indes weiter: 1986 hat Geoffrey Stoakes unter dem Titel Hitler and the Quest for World Domi− nion“ [1035] die These vertreten, der Eroberungsvorsatz des Diktators habe sich auf die Gewinnung von Lebensraum“ im Osten Europas beschränkt und sei nicht darüber hinausgegangen. Jürgen Müller hat diesen Befund in seinem Aufsatz Hitler, Lateinamerika und die Weltherrschaft“ [1025] 1992 bestätigt, indem er zu zeigen vermocht hat, daß Hitler keine unmittelbaren Absichten auf den la− teinamerikanischen Subkontinent zu erkennen gegeben habe. Dagegen haben in jüngster Zeit Norman J. W. Goda in seiner Untersuchung Tomorrow the World. Hitler, Northwest Africa and the Path toward America“ [984] und Katja−Maria Wächter in ihrer Dissertation Leben und Politik des Franz Xaver Ritter von Epp“ [573: Die Macht der Ohnmacht] erneut auf die globale Zielsetzung Hitlers und die damit einhergehenden politischen und organisatorischen Vorbereitungen unter der Leitung des designierten Kolonialministers von Epp für eine afrikanische Landnahme des Dritten Reiches“ hingewiesen. Gemeinsam ist beiden Positionen, der der Kontinentalisten“ und der der Globalisten“, daß sie die miteinander ursächlich verbundenen Elemente der Lebensraum“−Eroberung und Rassenherrschaft als für Hitlers Weltan− schauung“ programmatisch und als Kernstück seiner Politik ansehen [vgl. dazu auch durchgehend die Beiträge in dem von Eberhard Jäckel und Jürgen Rohwer herausgegebenen Band 1467: Der Mord an den Juden]. In diesem Sinne hat bereits Norman Rich in seinem großen Werk Hitler’s War Aims“ [1027] den Rassegedanken als the very rock on which the Nazi Church was built“ [Bd. 1, 4], charakterisiert, hat die von ihm als maßgeblich beurteilten kontinentalen Ziele, insbesondere im Osten Europas und in der Sowjetunion, eingehend dar− gestellt und hat auch auf die darüber hinaus erkennbar werdenden außenpo− litischen Vorstellungen Hitlers hingewiesen. Nach dem Erscheinen dieser für den Forschungsstand durchaus repräsentativen Synthese von Rich stellte Jo− chen Thies in seiner 1976 publizierten Dissertation Hitlers Endziele“ [1037: Architekt der Weltherrschaft] im Sinne der von Andreas Hillgruber ver− tretenen Position eine Vielzahl von teilweise bereits bekannten, teilweise aber auch neuen Belegen (nicht zuletzt aus dem Bereich der nationalsozialistischen Architekturpläne) zusammen, welche die These über Hitlers Weltherrschaftsziel plausibel erscheinen lassen. Die universale Disposition der Gedankenbildung Hitlers hat über die macht− und rassenpolitische Perspektive hinaus wahrscheinlich auch mit einem bis dato zu wenig beachteten Element zu tun, das für die Geschichte der Staatenwelt während der Zwischenkriegsära des 20. Jahrhunderts maßgeblich gewesen ist: Pauschal gesagt, ging ein Kampf der Kulturen hin und her zwischen den über− legenen Zivilisationen des kapitalistischen Westens, vornehmlich der Angel− sachsen, dem die Zukunft für sich beanspruchenden Geschichtsentwurf der kommunistischen Sowjetunion und den diesen beiden Großoffensiven der

Weltherrschaft – La− teinamerika – Afrika

Lebensraum“−Er− oberung und Ras− senherrschaft

Kampf der Zivi− lisationen und Ideologien

260

Hitlers Rede vom 17. 4. 1929

Zweiter Weltkrieg: Vielfalt der Ursachen und Hitlers Ver− antwortung

Neuere Forschungen und Ergebnisse

Kontroverse um den Heß−Flug vom 10. 5. 1941

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Weltideologien und Weltmächte ausgesetzten Völkern, vor allem den japanischen, italienischen und deutschen Habenichtsen“, welche sich gegen das Angebot, die Welt auf dem Weg einer Herrschaft der Klassenlosigkeit von ihren Übeln zu erlösen, ebenso entschieden ja radikal wehrten, wie gegen das Angebot, die Welt auf dem Weg einer Herrschaft des Marktes an das Ende der Geschichte gelangen zu lassen. Wie Hitler den Antikommunismus bekanntermaßen zu instrumentalisieren verstand, so hat er die modernen Attacken des wirtschaftlichen Fortschritts vornehmlich amerikanischer Provenienz gleichermaßen für seine damit zwar verbundenen, aber im Grundsatz autonomen außenpolitischen Ziele benutzt: Der Schlüssel zum Weltmarkt“, verkündete er, um den zentralen Sachverhalt noch einmal mit dem in anderem Zusammenhang bereits angeführten Zitat (siehe S. 20) einschlägig zu illustrieren, auf einer Veranstaltung seiner Partei am 17. April 1929, als er die mehr als 2000 Teilnehmer mit seiner Warnung vor der steigenden kapitalistischen Industrieinvasion aus Amerika“ einschüchterte – der Schlüssel zum Weltmarkt hat die Gestalt des Schwertes“. Mit anderen Worten: Hitlers kriegerische Obsession und sein rassischer Fanatismus fanden, solange sie hinter der Maske von herkömmlichem Revisionismus und zeitüblichem Nationalismus verschwanden, ihren fruchtbaren Nährboden in einem Kampf der Kulturen, über den ein Geschäftsmann aus der neutralen Schweiz im Juli 1940 so urteilte: Betrachten wir das gegenwärtige Ringen der Völker nüchtern und frei von allen Ideologien, so muß man zum Schluß kommen, daß seine wichtigste Ur− sache darin zu suchen ist, daß einzelne Völker aus geographischen, politischen und wirtschaftlichen Gründen. . . an der Entfaltung ihrer produktiven Kräfte ver− hindert wurden und daher nicht zur Entwicklung ihrer Kultur gelangen konn− ten“. Diese qualifizierende Gewichtung über die Ursachenvielfalt des Zweiten Weltkrieges, die Walter Boveri, Präsident der Schweizerischen BBC, damals vornahm, betrachtet freilich nur eine Seite der Geschichte, über die insgesamt festzustellen ist: Dem globalen Kulturkampf der Staaten und Völker, der sein Handeln so maßgeblich begünstigt hat, erteilte Hitler eine derart extreme, na− hezu mit Besessenheit zum Waffengang treibende Antwort, daß an seiner Ver− antwortung für den Beginn des Zweiten Weltkrieges kein Zweifel bestehen kann [vgl. dazu 1097: K. Hildebrand, Der Weg in den Zweiten Weltkrieg. Be− trachtungen über den Kampf der Kulturen in der Zwischenkriegsära des 20. Jahrhunderts] Über diesen für die Geschichtswissenschaft maßgeblichen Grundsatzdebatten sind die Erträge einer beständig voranschreitenden Forschung nicht zu übersehen, deren Detailergebnisse ihrerseits die prinzipiellen Fragen nach dem Wesen und den Zielen der nationalsozialistischen Außenpolitik zu beantworten ermöglichen: Dazu zählt die nach wie vor hin− und hergehende Kontroverse um die Motive und Ziele des von vielen Spekulationen umgebenen Heß−Fluges am 10. Mai 1941 nach Großbritannien: Während Ulrich Schlie in seiner Dissertation Kein Friede mit Deutschland“ [1311] die immer wieder vorgetragene Mutmaßung plausibel zu

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

261

machen versucht hat, der Stellvertreter des Führers“ sei mit Wissen, ja im Auftrag Hitlers als Emissär nach England geflogen, um die Briten im gleichsam allerletzten Augenblick vor dem Beginn des deutschen Krieges gegen die Sowjetunion zur Allianz mit dem Dritten Reich“ zu bewegen, hat Rainer F. Schmidt diesen Botengang eines Toren“ als ein vom britischen Geheimdienst und von Diplo− maten des Foreign Office eingefädeltes Manöver dargestellt, um Stalin mit der Fiktion eines deutsch−englischen Separatfriedens zu drohen und in ein Bündnis an der Seite des damals allein gegen Hitlers Deutschland weiterkämpfenden Groß− britannien zu lancieren [1312: R. F. Schmidt, Rudolf Heß; sowie Ders., Der Heß− Flug und das Kabinett Churchill. Hitlers Stellvertreter im Kalkül der britischen Kriegsdiplomatie Mai−Juni 1941, in: VfZ 42 (1994), S. 1–38]. Als Ergebnisse einer systematischen Erforschung der nationalsozialistischen Außenpolitik seien in diesem Zusammenhang auch erwähnt die Untersuchungen von Peter Hoffmann The Gulf Region in German Strategic Projections, 1940– 1942“ [1242], von Gerhard Krebs Zwischen Fürst und Führer. Liechtensteins Beziehungen zum ,Dritten Reich‘“ [1009], von Gerhard L. Weinberg, The Munich Crisis revisited [1167] mit den Kommentaren von William R. Rock und Anna M. Cienciala [1167] dazu und von Falk Lange über Lettland und seine baltischen Nachbarn in den Konzeptionen nationalsozialistischer Außen− politik“ [1013] sowie die Monographien von Lutz Klinkhammer Zwischen Bündnis und Besatzung. Das nationalsozialistische Deutschland und die Republik von Sal 1943–1945“ [1255] und von Ralf Gebel ,Heim ins Reich!‘ Konrad Henlein und der Reichsgau Sudetenland (1938–1945)“ [1220]. Die Kontroverse um die Frage, ob für Hitlers Gedankenbildung, Außenpolitik und Kriegführung ein programmatischer Stufenplan“ oder situationsgebundene Improvisation maßgeblich gewesen sind, wird regelmäßig aufs neue ausgetragen, wenn es um die Frage nach Hitlers Motiven und Zielen für den Überfall auf die Sowjetunion vom 22. Juni 1941 geht. Daß dazu noch manch unbekanntes Doku− ment in den russischen Archiven lagert, darf dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Diese Feststellung dürfte auch auf die Probleme eines deutsch−sowjetischen Sonderfriedens im Zweiten Weltkrieg zutreffen, die nach wie vor umstritten sind – zumal die Untersuchung von Ingeborg Fleischhauer Die Chance des Sonderfriedens. Deutsch−sowjetische Geheimgespräche 1941– 1945“ [1213] – in der Forschung mit großer Zurückhaltung aufgenommen wurde [vgl. zu neu gehobenen Archivalien aus Provenienzen südosteuropäischer Staaten 1223: G. Gorodetsky, Die große Täuschung. Hitler, Stalin und das Unternehmen ,Barbarossa‘]. 1982 hat beispielsweise Bernd Stegemann versucht, Hitlers Entschluß zum Unternehmen Barbarossa“ in erster Linie als ein militärstrategisches Mittel des Diktators zu begreifen, um dem im Sommer 1940 nach wie vor gegen Deutschland kriegführenden England den russischen Degen aus der Hand zu schlagen und die Briten in die Knie zu zwingen. Dagegen gelang es Andreas Hillgruber, durch Rekonstruktion der historischen Perspektive ebenso wie durch minutiösen

Probleme des deutsch−so− wjetischen Ver− hältnisses

Hitler und Rußland 1940

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Die Geheimen Zusatzprotokolle zum deutsch− sowjetischen Ver− tragswerk 1939

November 1940: Molotows Gespräche in Berlin

Präventivkrieg oder Überfall?

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Quellennachweis zu verdeutlichen, daß Hitler, der im Juni/Juli 1940 die mi− litärische Niederlage Großbritanniens als Tatsache erachtete, die Wendung gegen die Sowjetunion“ maßgeblich aus programmatischen Gründen vollzog [1328: B. Stegemann, Entschluß zum Unternehmen Barbarossa; und 1239: A. Hillgruber, Hitlers Wendung gegen die Sowjetunion, deren Argumentation gleichfalls als vorweggenommene Reaktion auf 1323: H. Schustereit, Vaban− que. Hitlers Angriff auf die Sowjetunion 1941, als Versuch, durch den Sieg im Osten den Westen zu bezwingen, gelten darf, während der Versuch von 1291: H.− M. Ottmer, Weserübung“. Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, die von diesem Autor so genannte Stufenplantheorie“ zu wi− derlegen, deshalb nicht zu überzeugen vermag, weil der improvisierte Sprung nach Norden“ mit den programmatischen Elementen des von Hillgruber rekonstruierten Stufenplans“ gar nicht in Verbindung steht, sondern bevorzugt als situatives Handeln Hitlers beurteilt worden ist]. Eine ausgesprochen intensive Beachtung in der Forschung hat alles das ge− funden, was das deutsch−sowjetische Verhältnis zwischen dem Sommer 1939 und dem Sommer 1941 angeht, also Das deutsch−sowjetische Vertragswerk von 1939 und seine Geheimen Zusatzprotokolle“ [1118: H. König; vgl. auch zur Geschichte des Geheimen Zusatzprotokolls zum deutsch−sowjetischen Nicht− angriffsvertrag vom 23. August 1939 die Dissertation von 1125: Jan Lipinsky, Das Geheime Zusatzprotokoll zum deutsch−sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 und seine Entstehungs− und Rezeptionsgeschichte von 1939–1999], Der Berlin−Besuch von V. M. Molotov im November 1940 im Lichte neuer Dokumente aus sowjetischen Geheimarchiven“ [1179: L. Bezymens− kij] (siehe S. 75) und die zentrale Frage nach dem Charakter des Kriegsbeginns vom 22. Juni 1941: Die Alternative Präventivkrieg oder Überfall“ [1296: A. Pfahl−Traughber] ist dabei immer wieder betrachtet worden [vgl. bei− spielsweise 1176: J. Barros/R. Gregor, Double Deception. Stalin, Hitler and the Invasion of Russia; 1335: G. R. Ueberschär/L. Bezymenskij (Hrsg.), Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präven− tivkriegsthese; 1297: B. Pietrow−Ennker (Hrsg.), Präventivkrieg? Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion; sowie auch 1215: R. G. Foerster (Hrsg.), Un− ternehmen Barbarossa“. Zum historischen Ort der deutsch−sowjetischen Bezie− hungen von 1933 bis Herbst 1941]. Im Sinne des differenzierenden Urteils, das Andreas Hillgruber 1982 vorgelegt hat [1239: Hitlers Wendung gegen die Sowjetunion] kann festgestellt werden, daß Hitlers Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 mit einem Präventivkrieg im völkerrechtlich anerkannten Sinne des Begriffs . . . nichts zu tun“ hatte [992: K. Hildebrand, Das vergangene Reich, 744]. Damit wird nicht bestritten, daß Stalin seinerseits eigenständige spezifische Ideen verfolgte, die Bernd Bonwetsch, der die These vom Präventivkrieg gleichfalls ablehnt, so umschrieben hat: Was die Quellen jedoch bestätigen, ist die Tatsache, daß Stalin sowjetische Machtinteressen skrupellos und keineswegs nur in defensiver Absicht wahrnahm und spätestens seit dem Frühjahr 1941 mit

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

263

Krieg gegen Deutschland rechnete. Für welchen Zeitpunkt, das steht nicht fest, obwohl die meisten Indizien für 1942 sprechen“ [B. Bonwetsch, Stalins Äuße− rungen zur Politik gegenüber Deutschland 1939–1941, in 1335: G. R. Ueber− schär/L. Bezymenskij, Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkriegsthese, 145–154, hier 152]. Alles in allem haben unter dem Eindruck der hier skizzierten Resultate der Historiographie die von A. J. P. Taylor [Die Ursprünge des Zweiten Weltkrieges, Gütersloh 1962, engl. 1961] und von David L. Hoggan [Der erzwungene Krieg. Die Ursachen und Urheber des 2. Weltkrieges, Tübingen 1961] vertretenen recht unorthodoxen bzw. apologetischen Interpretationen über Hitlers Außenpolitik in wissenschaftlicher Hinsicht ihre Wirksamkeit lange eingebüßt [zu Taylor vgl. differenzierend G. Martel (Hrsg.), The Origins of the Second World War“ reconsidered. The A. J. P. Taylor debate after twenty−five years, London 1986]. Wohl nicht zuletzt aus Opposition gegen die allgemein vorherrschende, Hitler belastende Meinung hatte Taylor in seinem Buch die These aufgestellt, der deutsche Diktator sei im Grunde ein Revisionspolitiker gewesen, der sich nicht grundsätzlich von Gustav Stresemann unterschieden habe. Den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beurteilte der most eccentric demythologizer of Hitler“ [986: M. Hauner, Did Hitler Want a World Dominion?, 17] dabei als einen von allen am Geschehen beteiligten Staaten verursachten Unfall in der langen Kette europäischer Kriege. Im Zuge solchen Verständnisses verkannte Taylor, wie ihm von der Forschung immer wieder entgegengehalten worden ist [vgl. beispielsweise 1003: G. Jasper, Ursachen des Zweiten Weltkrieges], die fun− damentalen Unterschiede zwischen der friedlichen Revisionspolitik Stre− semanns und dem kriegerischen Expansionismus Hitlers ebenso, wie ihm die rassenideologischen Motive als Triebkräfte nationalsozialistischer Außenpolitik entgingen: Inzwischen sind, vor allem durch die Darstellungen von Andreas Rödder Stresemanns Erbe: Julius Curtius und die deutsche Außenpolitik 1929–1931“ [Paderborn u. a. 1996] und von Hermann Graml Zwischen Stresemann und Hitler. Die Außenpolitik der Präsidialkabinette Brüning, Pa− pen und Schleicher“ [München 2001] die Unterschiede zwischen der repu− blikanischen Außenpolitik Stresemanns, der nationalistischen Außenpolitik der Kabinette Brüning, von Papen und von Schleicher sowie der natio− nalsozialistischen Außenpolitik Hitlers mehr als deutlich geworden, die an ein ganz und gar anderes Ziel [führte], als es Stresemann auf der einen und die präsidialen Kabinette auf der anderen Seite vor Augen gehabt hatten“ [992: K. Hildebrand, Das vergangene Reich, 558]. Insgesamt erscheint es unverständlich, daß Taylor im Rückblick auf seine Studien über den Kriegsbeginn 1939 im Jahr 1981 eine These aufgestellt hat, die Hitler als normalen“ Repräsentanten einer schlechthin verrückten“ Weltpolitik einschätzt: I do not think he was mad at all, except insofar as anyone pursuing foreign or world policy is mad“ [A. J. P. Taylor, 1939 Revisited. German Historical Institute London. The 1981 Annual Lecture, London o. J., 15].

Unkonventionelle und apologetische Interpretationen

Republikanische, nationalistische und national− sozialistische Außenpolitik

264

Struktur“ national− sozialistischer Außenpolitik“

Intervention in den Spanischen Bür− gerkrieg: Hitlers Entscheidung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Daß eine solche ebenso rigoristische wie undifferenzierte Sicht der Dinge die Natur und das Phänomen Hitlers verkennt, wie sie die Bewegungsgesetze und Erscheinungen der Weltpolitik mißversteht, liegt auf der Hand. David Hoggans vornehmlich politisch eingefärbte Interpretation in seinem Buch Der er− zwungene Krieg“, die in erster Linie den britischen Außenminister Lord Hali− fax für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges als verantwortlich anklagt, wurde von der seriösen Forschung nie ernstgenommen [vgl. 1003: G. Jasper, Ursachen des Zweiten Weltkrieges] und auch von dem aus anderen Motiven, als sie für Hoggan maßgeblich waren, geleiteten Taylor, dem es stets um eine Norma− lisierung“ des monströsen Diktators und eine Dämonisierung“ der normalen“ Geschichte ging, nicht akzeptiert [A. J. P. Taylor, 1939 Revisited. German Historical Institute London. The 1981 Annual Lecture, London o.J., 11]. Lange Zeit hat vielmehr eine andere Kontroverse im Vordergrund der wis− senschaftlichen Erörterung über die Probleme der nationalsozialistischen Außen− politik gestanden. Von der Überlegung getragen, daß es nicht ausreiche, die Außenpolitik des Dritten Reiches“ vornehmlich oder allein aus dem Blick− winkel Hitlers zu betrachten, hat 1968 Hans−Adolf Jacobsen in seinem gro− ßen Werk Nationalsozialistische Außenpolitik“ [1109] deren Struktur“ zu zeichnen versucht und in diesem Rahmen die Vielzahl der Ämter und Insti− tutionen dargestellt, die sich im Dritten Reich“ mit außenpolitischen Pro− blemen beschäftigten [vgl. dazu auch die um gewisse Korrekturen der von Jacobsen vorgenommenen Differenzierungen im Bereich der deutschen Volkstumskunde“ und Volkstumsarbeit“ bemühte Untersuchung von L. Steu− rer, Südtirol zwischen Rom und Berlin 1919–1939, Wien u. a. 1980]. An Hitlers letztlich ausschlaggebender und programmatisch fixierter Kompetenz und Ent− scheidungsgewalt hat er dabei jedoch keinen Zweifel gelassen. Davon abgehoben und einem so genannten Konzeptionen−Pluralismus“ als angeblichem We− sensmerkmal der Außenpolitik des Dritten Reiches“ nachspürend, haben Wolf− gang Michalka in seiner Studie über Ribbentrop und die deutsche Weltpolitik“ [1135] und Alfred Kube in seiner Monographie über Hermann Göring im Dritten Reich“ [516] das Urteil über Hitlers ausschlaggebende Rolle in der deutschen Außenpolitik während der Jahre von 1933 bis 1941 einzuschränken versucht, während Stefan Martens’ gleichfalls der Politik und Person Görings gewidmete Darstellung [527] ebenso wie die von Seppo Kuusisto vorgelegte Untersuchung Alfred Rosenberg in der nationalsozialistischen Außenpolitik 1933–39“ [1122] – bei allen Unterschieden ihrer Methoden und Resultate im einzelnen – gerade die Vergeblichkeit solcher außenpolitischen Alternativen dokumentiert und deren Abhängigkeit vom Kurs Hitlers betont haben (siehe dazu auch S. 290). Insgesamt versucht eine revisionistische Schule innerhalb der deutschen Zeit− geschichtsschreibung (vgl. S. 165 u. S. 224) seit geraumer Zeit, ohne bis heute eine einschlägige, zusammenhängende Darstellung über den zur Debatte stehenden Untersuchungsgegenstand vorgelegt zu haben, Hitlers nationalsozialistische Au−

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

265

ßenpolitik in ihren entscheidenden Elementen weitgehend als ideologische Überhöhung einer gesellschaftlichen Dynamik“ [1149: W. Schieder/Ch. Dip− per (Hrsg.), Spanischer Bürgerkrieg, 18] zu verstehen. In Auseinandersetzung mit den Programmologen“ [W. Schieder, ebd., 163] schlagen ihre Vertreter vor, Hitlers Omnipotenz auch im außenpolitischen Bereich zu relativieren und die polykratischen Machtstrukturen des sogenannten Führerstaates auch auf die Außenpolitik“ [ebd., 166] zu übertragen. Wolfgang Schieders dieser These verpflichteter Versuch freilich, die Entscheidung für die deutsche Intervention im Spanischen Bürgerkrieg [vgl. dazu allgemein P. Monteath, German Histo− riography and the Spanish Civil War: A Critical Survey in: European History Quarterly 20 (1990), 255–283; W. L. Bernecker, Krieg in Spanien 1936–1939, Darmstadt 2. Aufl. 1997; Ders., Neuere Tendenzen in der Erforschung des Spanischen Bürgerkriegs, in: GG 23 (1997), 446–474; sowie für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Hitlers Deutschland und Francos Spanien im Zweiten Weltkrieg 1307: M. Ruiz Holst, Neutralität oder Kriegsbeteiligung? Die deutsch− spanischen Verhandlungen im Jahre 1940] vor dem Hintergrund der angeblich dominanten Polykratie des Dritten Reiches“ nicht als Hitlers Entschluß, sondern als das Werk Görings zu verstehen, ist fehlgeschlagen: Anhand der zur Verfügung stehenden Quellen hat Hans−Henning Abendroth in einer Miszelle den Nachweis geführt, daß die deutsche Beteiligung am Spanischen Bürger− krieg . . .nicht auf dem Konto Görings, sondern auf Hitlers Konto zu ver− buchen“ [1050: H.−H. Abendroth, Deutsche Intervention, 129; vgl. dazu auch . Vias, Franco, Hitler y el estallido de la guerra civil. Antecedentes y Consecuencias, Madrid 2001] ist. Den in dieser Hinsicht wohl reflektiertesten Versuch zu zeigen, daß das polykratische Binnensystem des NS−Staates. . . sich auch auf die Außenpolitik auswirkte“ [W. Schieder in 1149: Ders./Ch. Dipper (Hrsg.), Spanischer Bür− gerkrieg, 169], hat Martin Broszat in seinem Aufsatz Soziale Motivation und Führer−Bindung des Nationalsozialismus“ [381] unternommen. Er möchte das nationalsozialistische Herrschaftssystem und Hitlers Außenpolitik im Begriff der ideologischen Metapher“ miteinander verrechnen. Dabei begreift er die Endziele Hitlers als Symbole zur Begründung immer neuer Aktivität des natio− nalsozialistischen Regimes, dessen Gesetz die im Grunde inhalts− und ziellose Bewegung gewesen sei. Diese Auffassung, Hitlers Außenpolitik und Kriegführung nicht in erster Linie als eigenständige Phänomene, sondern als Funktionen gesellschaftlicher Abläufe zu interpretieren, ist von der internationalen Forschung entweder nicht allzu lebhaft rezipiert oder beispielsweise von Norman Rich [1027: Hitler’s War Aims] in eher indirektem Verfahren zurückgewiesen worden. Die große zwei− bändige, zuerst 1970 bzw. 1980 veröffentlichte Darstellung von Gerhard L. Weinberg The Foreign Policy of Hitler’s Germany“ [1042] und die von dem− selben Autor im Jahr 1994 vorgelegte Geschichte des Zweiten Weltkrieges [1346: Eine Welt in Waffen. Die globale Geschichte des Zweiten Weltkriegs], die als

Polykratie und Außenpolitik

Eigenständigkeit der Außenpolitik Hitlers

Die Werke von Gerhard L. Wein− berg, Charles Bloch und Bernd Jürgen Wendt

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Außenpolitik als gesellschaftliche Funktion?

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Standardwerke gelten, nehmen von der revisionistischen Interpretation na− tionalsozialistischer Außenpolitik ebenso wenig Notiz wie das 1986 von dem französischen Historiker Charles Bloch publizierte, 1993 in deutscher Über− setzung erschienene große Werk Das Dritte Reich und die Welt“ [969; vgl. auch die jüngst unterbreiteten Zusammenfassungen von 1163: Ch. Studt Hitlers Außenpolitik“ und von 1231: Ch. Hartmann Der Zweite Weltkrieg. Ursa− chen und Verlauf“]. Und die methodischen Bemühungen von Bernd Jürgen Wendt, in seinen Darstellungen Großdeutschland. Außenpolitik und Kriegsvorbereitung des Hitler−Regimes“ [1045] und Deutschland 1933–1945. Das Dritte Reich“ [195] die polykratischen Verhältnisse und innenpolitischen Verwerfungen des Regimes zu seiner Außenpolitik und zum Kriegsbeginn in Beziehung zu setzen, verweisen ihrerseits gerade immer wieder auf die aus− schlaggebende Rolle Hitlers. Vor allem Weinberg, der in Differenz zur vorwaltenden Position der For− schung die Rolle Großbritanniens in Hitlers Politik nicht in erster Linie als die eines potentiellen Bündnispartners, sondern als die eines frühzeitig als Gegner eingeschätzten Faktors betrachtet, unterstreicht durchgehend die Bedeutung des Diktators für die Außenpolitik des Dritten Reiches“ [zur ausführlichen Ein− zelkritik an Weinbergs Werk über die deutsche Außenpolitik vgl. R. V. Luza, F. G. Campbell, A. M. Cienciala, Stages to War: An Examination of Gerhard Weinberg’s The Foreign Policy of Hitler’s Germany, in: JMH 57 (1985), 297–315, und G. L. Weinberg, Response, in: ebd., 316–320]. Charles Bloch geht von einem für Hitler verbindlichen, in fünf Etappen sich vollziehenden Plan global dimensionierter Eroberungspolitik aus, der sich vor dem Hintergrund der unumschränkten Machtstellung des Führers“ entfaltet: Da Hitler unterdessen seine persönliche Macht gefestigt hatte, war es seine Konzeption, die triumphierte. Fortan hatten Ungereimtheiten in der Außenpolitik ihren Ursprung im Verhalten des ,Führers‘ selbst, beispielsweise in seiner widersprüchlichen Haltung gegenüber England und seiner zwie− spältigen Einstellung zu Japan“ [969: Ch. Bloch, Das Dritte Reich und die Welt, 412]. Mit anderen Worten: Der revisionistische Versuch einer neuen Interpretation der deutschen Außenpolitik im Zeitraum zwischen 1933 und 1945 hat im Ge− gensatz zur internationalen Forschungsdiskussion vor allem in der Bundes− republik Deutschland Resonanz gefunden und zu einer inzwischen abge− klungenen Kontroverse geführt, in der die umfassende Synthese aus der Feder eines der Repräsentanten der neuen Richtung, wie nochmals zu betonen ist, nach wie vor aussteht und zu der ihre in diversen Zusammenhängen unterbreiteten Vorschläge einer Uminterpretation vor allem von Karl Dietrich Bracher, Andreas Hillgruber und vom Verfasser im wesentlichen mit folgenden Argumenten abgelehnt wurden [vgl. zusammenfassend 989: K. Hildebrand, Innenpolitische Antriebskräfte, 645–647; zum Stand der Forschung insgesamt 1026: M.−L. Recker, Die Außenpolitik des Dritten Reiches]:

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

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1. Die revisionistische Interpretation nationalsozialistischer Außenpolitik übersieht die relativ hohe Eigenständigkeit des Hitlerschen Programms“, dessen inhaltlich umrissene Ziele vom Diktator als Intentionen formuliert und verwirklicht wurden. Sie zu stark zu funktionalisieren, verkennt darüber hinaus, daß Hitler im Prinzip nach der Überwindung, nicht nach der Perpetuierung des bestehenden Herrschafts− und Gesellschaftssystems trachtete. 2. Hitlers weltanschaulich fixierte Ziele in erster Linie als ideologisches Derivat gesellschaftlicher Vorgänge zu begreifen, wird der Tatsache kaum gerecht, daß beispielsweise Antisemitismus und Antibolschewismus des Diktators nicht allein und auch nicht vornehmlich funktional, sondern primär und eigenmächtig als politische Ziele einzuschätzen sind. 3. In diesem Sinne erliegen die Revisionisten (vgl. zum Terminus S. 165) der Gefahr, unbestreitbare Wirkungen und Konsequenzen der Politik Hitlers zu deren primären Zwecken zu erheben und zwischen dem Abgeleiteten und dem Ur− sächlichen nicht mehr angemessen zu unterscheiden. 4. Denn die sich im Gefolge der Realisierung programmatischer Ziele, die konkret entworfen und autonom verfolgt wurden, einstellende Dynamik des Systems, die immer schwerer von Hitler kontrolliert werden konnte, riß den Diktator niemals zu grundsätzlichen Alternativen hin, für die er nicht offen war. Sie berührte letztlich nicht die Formulierung der Endziele, die der Diktator sich und seinem Volk gesetzt hatte, ja sie drängte vielmehr programmatisch in ihre Richtung, betraf allerdings – und das zum Teil gravierend – ihre Verwirklichung. Diese Kritik darf allerdings nicht dazu führen, die Verdienste und Möglich− keiten gering zu achten, die der revisionistischen Interpretation zukommen und die eine solche Sicht der Dinge vielleicht eröffnen kann: 1. Der neue Ansatz warnt eindringlich vor der früher auch schon erkannten Gefahr, Hitlers Außenpolitik zu stark im Sinne einer angenommenen Gesetz− mäßigkeit und Kohärenz zu verstehen und darüber die Betrachtung der Akti− vitäten anderer Institutionen und Personen zu vernachlässigen. Freilich entgeht ihm im Eifer des als ganz neuartig eingeschätzten Bemühens, daß sich die Beschreibung solcher Alternativen durchaus bereits in den Werken der Pro− grammologen“ und Traditionalisten“ finden. 2. Mit ihrer Kritik treffen die Revisionisten zweifellos einen Zug und Effekt in der Geschichte der Außenpolitik des Dritten Reiches“, die zu ihrer Darstellung gehören. Ihr Vorbehalt gegenüber einer zu starken Hitlerzentrik“ der Inter− pretation nationalsozialistischer Außenpolitik kann in dieser Hinsicht soweit überzeugend wirken, wie er nicht seinerseits zu dem Irrtum führt, den Diktator als einen bloßen Funktionär gesellschaftlicher Vorgänge mißzuverstehen. 3. Die so gewonnene Einsicht, den Diktator nicht allein als einen allmächtig handelnden, sondern auch als einen vom Geschehen Getriebenen zu begreifen, trifft sich, was die Geschichte der nationalsozialistischen Außenpolitik im Rah− men des internationalen Systems der Zeit angeht, mit der mehr und mehr zutage tretenden Tendenz, Hitlers Deutschland als Faktor im Zusammenhang der in−

Kritik der Forschung

Möglichkeiten der revisionistischen In− terpretation

Historisierung: Chance und Grenze

268

Hitlers Handeln und die Macht der Staatenwelt

1. 9. 1939: Hitlers Entschluß und Sta− lins Politik

Japan und die Schlacht von Smolensk

Roosevelt, Japan und Deutschland

Interpretationen der britischen und französischen Außenpolitik

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

ternationalen Politik darzustellen. Daß die allgemeinen Verhältnisse der Staa− tenwelt Ziele und Handeln des Diktators begünstigt haben, spielt ebenso eine gewichtige Rolle, wie die Grenze zwischen Historisierung und Relativierung dann überschritten wird, wenn Bogdan Musial [1284:Konterrevolutionäre Elemente sind zu erschießen“. Die Brutalisierung des deutsch−sowjetischen Krieges im Sommer 1941, 291] feststellt, daß die sowjetischen Verbrechen im Sommer 1941 die Brutalisierung des deutsch−sowjetischen Krieges nach sich zogen“: Zwischen dem, was langfristig Geplantes noch einmal verstärkt, und dem, was sich als schiere Reaktion spontan vollzieht, ist ungeachtet der Tatsache zu un− terscheiden, daß sich die Handlungen der Feinde in großen Kriegen immer ähnlicher zu werden pflegen. Nachdem es gelungen ist, die Absichten und Aktionen, die Weltanschauung“ und die Herrschaft“ Hitlers weitgehend zu erforschen, ist die Ge− schichtswissenschaft darum bemüht, die äußere Politik des Dritten Reiches“ historisierend in ihren europäischen und globalen Kontext einzuordnen. In− ternationales System und auswärtige Politik der Mächte“ [vgl. K. Hildebrand, Weltpolitik 1931–1941: Internationales System und Politik der Mächte, in: Bericht über die 31. Versammlung deutscher Historiker in Mannheim 22.−26. September 1976, Stuttgart 1977, 86–94] während der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts synoptisch zu betrachten, führt dazu, Autonomie und Abhän− gigkeit Hitlers, seine Intentionen und deren damit teilweise kongruenten, teilweise aber auch deckungsungleichen Resultate, die Freiheit seiner Entscheidungen ebenso wie das Zwanghafte im Handeln des Führers“ genauer zu erkennen [vgl. dazu allgemein 992: K. Hildebrand, Das vergangene Reich]. In diesem Sinne hat beispielsweise Andreas Hillgruber schon vor langer Zeit durch die Betrachtung verschiedenartiger Entscheidungskonstellationen der internationalen Politik zu zeigen vermocht, in welchem Maße Hitlers Ent− schluß, am 1. September 1939 den Krieg gegen Polen zu beginnen, durch Stalins Politik ermöglicht wurde [1100: Hillgruber, Hitler−Stalin−Pakt und Ent− fesselung des Zweiten Weltkrieges], daß das japanische Zögern bzw. der Tokio− ter Entschluß, keine zweite Front“ gegen die Sowjetunion im Verlaufe des Jahres 1941 zu eröffnen, mit der Tatsache des in der Schlacht von Smolensk“ während der zweiten Juli−Hälfte 1941 zeitweise stockenden deutschen Vormarsches in Rußland eng zusammenhing [A. Hillgruber, Die Bedeutung der Schlacht von Smolensk in der zweiten Juli−Hälfte 1941 für den Ausgang des Ostkrieges, in: Felder und Vorfelder russischer Geschichte. Studien zu Ehren von P. Scheibert, hrsg. von I. Auerbach u. a., Freiburg i.Br. 1985, 266–279], und wie der ame− rikanische Präsident Roosevelt im Verlauf der zweiten Hälfte des Jahres 1941 über den japanischen Bauern“ in das große Spiel“ gegen Hitlers Deutschland einzutreten versuchte [999: Ders., Der Zweite Weltkrieg, 68–87]. Diese Tendenz zu einer Historisierung der Außenpolitik Hitlers trifft sich mit einer wieder stärker in den Vordergrund gerückten neuen Bewertung der bri− tischen und französischen Außenpolitik jener Jahre, die in gewissem Sinne an alte

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

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Urteile erinnert. Nachdem über eine geraume Zeit hinweg die Unumgänglichkeit und Alternativlosigkeit westmächtlicher Politik betont worden ist, wird in Ar− beiten von Anthony P. Adamthwaite [1051: The Making of the Second World War], von Jean Baptiste Duroselle [152: La Dcadence, 1932–1939] und von Ernest R. May [1274: Strange Victory] – im Gegensatz zu der These von der gesellschaftlichen Dekadenz und moralischen Schwäche Frankreichs als den Ur− sachen für die Niederlage im Jahr 1940 hält letzterer Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen der militärischen Führung für ausschlaggebend –, an zeit− genössische Einschätzungen anknüpfend, wieder deutlicher auf deren Irrtümer und Versäumnisse hingewiesen, die sich in Churchills nach der Münchener Konferenz vom Jahre 1938 empört geäußertem Verdikt zusammenziehen: Ihr habt die Schande auf euch genommen, um den Frieden zu retten; ihr werdet die Schande behalten und den Krieg haben“. Die sich darüber hinaus mehr und mehr abzeichnende Tatsache, daß die Briten und Amerikaner sowie insbesondere die Sowjets ihre weit ausgreifenden Kriegszielvorstellungen nicht in erster Linie nur als eine Reaktion auf Hitlers Politik und Strategie, sondern in hohem Maße unabhängig davon entwarfen [2020: A. Hillgruber, Zweierlei Untergang, 48–65], deutet zusammen mit Beob− achtungen über die Vergleichbarkeit der nationalsozialistischen und stali− nistischen Vernichtungsintensität (siehe S. 151 f.) auf Wesensmerkmale eines Zeitalters hin, in dem Hitler, als Ausnahmeerscheinung und Repräsentant des Totalitären in einem, die Weltgeschichte herausforderte. Daß eine in dieser Perspektive sich abzeichnende Historisierung der na− tionalsozialistischen Außen− und Vernichtungspolitik nichts mit einer Rela− tivierung ihrer Verbrechen zu tun hat, liegt auf der Hand. Vielmehr dienen Hinweise auf ähnliche Phänomene bei anderen Völkern“ [K. D. Bracher] dazu, die Singularität und das Typische der Erscheinung Hitlers vor dem Hin− tergrund des Zeitalters der Tyranneien“ [E. Halvy] besser zu verstehen [vgl. dazu auch 2016: K. Hildebrand, Der deutsche Eigenweg, wo auf zeitgenössische Stimmen und frühe Urteile der Forschung verwiesen wird, die das Phänomen Hitler im Rahmen der übergreifenden Strömungen des Totalitarismus im 20. Jahrhundert interpretieren]. Denn die Diabolik dieses Saeculums liegt ja gerade, will man seine allgemeine Signatur kennzeichnend markieren, in der nur schwer entwirrbaren Gemengelage von Moral und Unmoral, von Tätern und Opfern, und sie entfaltet sich auf außenpolitischem und internationalem Feld eben in der Gleichzeitigkeit des an sich Unvereinbaren von Krieg im Frieden und Frieden im Krieg“ [990: K. Hildebrand]. Von derlei transzendierender Perspektive abgesehen, besteht in der in− ternationalen Forschung (von der Kritik der Revisionisten einmal abgesehen) weitgehend Einigkeit darüber, daß Hitler im außenpolitischen Bereich ein persönliches Regiment“ [W. J. Mommsen] praktizierte und daß seine Außen− politik nicht, wie Martin Broszat annahm, metaphorisch, also uneigentlich, sondern eigentlich, also auf Verwirklichung angelegt war. Sie zielte auch nicht

Autonomie der Kriegsziele

Krieg im Frieden und Frieden im Krieg“

Außenpolitischer Forschungsstand

270

Rassen− und Judenpolitik“

Relevanz und Relationen

Der Begriff Holocaust“

Wege der Forschung

Darstellungen über das Dritte Reich“ und die Juden

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

vornehmlich auf innenpolitische Integration, sondern auf außenpolitische Ex− pansion und Rassenherrschaft, und sie war keineswegs Produkt gesell− schaftlicher Dynamik, sondern besaß vergleichsweise hohe Autonomie, von der sich die (freilich oftmals zur Verselbständigung drängende) Dynamik des na− tionalsozialistischen Regimes ableitete. Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über den eher autonomen oder funktionalen Charakter der Außenpolitik des Dritten Reiches“ ist eine andere Kontroverse näher zu betrachten, die den Bereich der mit der Außenpolitik eng, ja ursächlich verknüpften Fragen der Rassenpolitik Hitlers betrifft. In den letzten beiden Jahrzehnten ist sie immer stärker in das Zentrum der ge− schichtswissenschaftlichen Forschung getreten. Das ist angesichts der Relevanz des Themas erforderlich und birgt doch insgesamt die Gefahr, daß über der Akzentuierung dieses Untersuchungsgegenstandes die Relationen der Ge− schichte aus dem Blick geraten: Eine ,Endlösung der Judenfrage‘ war ein we− sentlicher, aber nicht der einzige Zweck des Krieges gegen die Sowjetunion“ stellt beispielsweise Heinrich August Winkler in diesem Sinne zu Recht fest [2055: Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 87] Im Kern der Sache geht es bei den Auseinandersetzungen um die natio− nalsozialistische Rassen− und Judenpolitik“ um die Frage, welcher Stellenwert den ideologischen Obsessionen und konkreten Handlungsanweisungen Hitlers zukommt. Wenn gleichwohl die Frontlinien des interpretatorischen Rich− tungsstreits hier teilweise anders verlaufen sind, so ist dies der starken Betei− ligung israelischer bzw. angelsächsischer Historiker zuzuschreiben, denn gerade jüdische Autoren haben eine deutliche Präferenz für den intentionalistischen Ansatz erkennen lassen. In etlichen Deutungen erhielt der Genozid darüber hinaus eine heilsgeschichtlich−sakrale Dimension, wie an Termini wie ,Holo− caust‘ oder ,ha shoah‘ zu erkennen ist“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 66 f.; vgl. dazu auch 1569: U. Wyrwa, Holocaust“. Notizen zur Begriffsgeschichte]. Die zentrale Frage nach dem intentionalen oder impro− visatorischen Charakter der nationalsozialistischen Judenvernichtung [vgl. zum Stand der Forschung bis zum Beginn der achtziger Jahre 1483: O. D. Kulka, Deutsche Geschichtsschreibung und Endlösung“] ist auf unterschiedliche Art und Weise zu beantworten versucht worden – eine geraume Zeit lang durch die Intensivierung regionalgeschichtlicher Untersuchungen des Judenmords und seit jüngstem durch eine erneute Verbindung zwischen der nationalsozialistischen Judenpolitik“ und Hitlers Strategie“ [A. Hillgruber] (siehe S. 283 ff.) Immer wieder sind die einschlägigen Ergebnisse der Forschung, die mit einer Dichte und Zügigkeit wie auf kaum einem anderen Untersuchungsfeld der Historiographie vorgelegt werden, in zusammenfassenden Darstellungen prä− sentiert worden. Das inzwischen klassische Standardwerk hat bereits 1961 Raul Hilberg [1459: Die Vernichtung der europäischen Juden. Die Gesamtgeschichte des Holocaust] vorgelegt [vgl. auch 1458: Ders., Täter, Opfer, Zuschauer. Die Vernichtung der Juden 1933–1945]. Damit zusammen sind die Darstellungen von

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

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Saul Friedländer Das Dritte Reich und die Juden“ [1431], von Peter Lon− gerich Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der natio− nalsozialistischen Judenverfolgung“ [1494; vgl. auch 1493: Ders. (Hrsg.), Die Ermordung der europäischen Juden. Eine umfassende Dokumentation des Ho− locaust 1941–1945], von Leni Yahil Die Shoah. Überlebenskampf und Ver− nichtung der europäischen Juden“ [1570] und neuerdings von Dieter Pohl Holocaust. Die Ursachen, das Geschehen, die Folgen“ [1523] sowie die weit über die Geschichte der Reichskristallnacht“ hinaus Antisemitismus und Ju− denverfolgung im Dritten Reich“ darstellende Untersuchung von Hermann Graml zu nennen [1444; als Gegendarstellung“ zu Gramls Studie, welche die zentrale Rolle Hitlers betont, vgl. 1517: D. Obst, Reichskristallnacht“, der die ungeplante Radikalisierung des extremen Antisemitismus aus den unkoor− dinierten Herrschafts− und Entscheidungsstrukturen des Dritten Reiches“ zu erklären versucht]. Die in diesem Zusammenhang nach wie vor entscheidende Aufgabe der Forschung hat Wolfgang Benz so umschrieben: Den Historikern bleibt, trotz vieler Studien und Dokumentationen, die erst der Spurensicherung dienten und dann der Darstellung des Geschehenen, die Aufgabe, Ursachen und Ziel des Verbrechens zu erklären: War der Holocaust die logische und deshalb a priori verfolgte Konsequenz der Ideologie des Antisemitismus und der Über− legenheit des Germanentums, war er Bestandteil einer Machtpolitik aus ra− tionalem Kalkül, bei dem Bevölkerungsbewegungen in Kauf genommen [wur− den], die Vernichtung bestimmter Populationen Teil der Strategie war, stand am Anfang die Intention Hitlers oder war der Judenmord Folge der Radikalisierung nationalsozialistischer Herrschaft oder einfach Ergebnis der Möglichkeiten, die sich boten? An den Fakten des Holocaust sind Zweifel nicht möglich, die Suche nach Erklärung im Sinne menschlicher Moral und Vernunft dauert an“ [1382: W. Benz, Der Holocaust, 118]. Diesem Desiderat der Geschichtswissenschaft ist vor dem Hintergrund eines kaum mehr überschaubaren Forschungsstandes abzuhelfen, der immer wieder resümiert worden ist – allen voran in den einschlägigen Veröffentlichungen von Michael R. Marrus [1503: The History of the Holocaust: A Survey of Recent Literature; 1507: Ders., The Holocaust in History; 1504: Ders., (Hrsg.), The Nazi Holocaust. Historical Articles on the Destruction of European Jews; 1505: Ders., Reflections on the Historiography of the Holocaust]. Vor diesem Hintergrund bilden die bis in die achtziger Jahre des 20. Jahr− hunderts vorwaltenden Deutungen des nationalsozialistischen Judenmords ein Grundmuster der Interpretation, das zwar differenziert und erweitert worden ist, insgesamt gleichwohl bis heute Grundlinien der Entwicklung im Hinblick auf die unterschiedlichen, ja widersprüchlichen Deutungsmöglichkeiten spiegelt: An− gesichts der Tatsache, daß der Befehl Hitlers zum Mord an den Juden (bislang noch) nicht gefunden wurde und möglicherweise auch in schriftlicher Form gar nicht existiert, ging die Forschung ursprünglich davon aus, der Diktator habe einen entsprechenden, erst einmal auf die sowjetischen Territorien bezogenen,

Das Desiderat

Zum Stand der For− schung

Grundmuster der Interpretation

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Datierungsfragen

Staatsbürokratie und Endlösung“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

später – eventuell durch eine erneute Entscheidung – auf das gesamte Europa ausgeweiteten Geheimbefehl im Rahmen der Vorbereitungen zum Rußlandkrieg, dem Kernstück seines ideologischen und politischen Programms“, gegeben [A. Hillgruber, Der geschichtliche Ort der Judenvernichtung. Eine Zusam− menfassung, in 1467: E. Jäckel/J. Rohwer (Hrsg.), Der Mord an den Juden, 213–224; vgl. dazu auch 1478: St. Kley, Intention, Verkündung, Implemen− tierung. Hitlers Reichstagsrede vom 30. Januar 1933, der die wegweisende Be− deutung der öffentlichen Ankündigung des europäischen Judenmords durch Hit− ler betont]. Während Eberhard Jäckel diese Entscheidung des Führers“ zur Ermordung der sowjetischen Juden auf den Sommer 1940 datiert, Helmut Kraus− nick sie auf den März 1941 verlegt und Hans−Günther Seraphim annimmt, sie sei erst Anfang Juli 1941, also kurz nach dem Beginn des Unternehmens Barbarossa“ gefallen [vgl. 1462: A. Hillgruber, Gutachten zur Judenverfolgung, 35/Anm. 43], geht Andreas Hillgruber in einem 1978 erstellten Gutachten“ davon aus, daß Hitlers mündlich Himmler oder Heydrich erteilte Weisung zur Erschießung aller Juden in Rußland Ende Mai 1941, also einige Wochen vor Angriffsbeginn, in der Grenzpolizeischule in Pretzsch (bei Wittenberg) vom Chef des Reichs− sicherheitshauptamtes, zugleich Chef der Sicherheitspolizei und des SD, R. Heyd− rich mündlich den Führern der sog. ,Einsatzgruppen‘ und ,Einsatzkommandos‘ [vgl. dazu 1453: R. Headland, The Einsatzgruppen: The question of their initial operations; sowie 1518: R. Ogorreck, Die Einsatzgruppen und die Genesis der Endlösung“] übermittelt wurde“ [ebd., 9]. Christopher R. Browning hat, was die darüber hinausweisende europäische Perspektive angeht [1398: Zur Genesis der Endlösung], vor allem die kontroverse Position Martin Broszats kritisch würdigend, differenzierend davon ge− sprochen, Hitler habe sich im Sommer 1941 grundsätzlich zur Vernichtung der Juden Europas entschieden, habe den Vernichtungsplan“ jedoch erst nach einer Phase der Erprobung im Oktober oder November 1941 gebilligt. Auch nach dem Urteil von Wolfgang Scheffler [1540: Entstehungsgeschichte der Endlö− sung“] ziehen sich die Entscheidungen Hitlers und die Umstände der Krieg− führung, deren von der Forschung zunehmend stärker betonter Sinn nicht zu− letzt im Mord an den Juden gelegen hat, zu einem Prozeß zusammen, dessen Urheberschaft jedoch eindeutig auf Hitlers rassisches Dogma zurückgeführt wird. Den zeitlichen Beginn der Endlösung“ datiert Scheffler auf den März des Jahres 1941, als mit den Vorbereitungen für die Aufstellung der Einsatzgruppen des SD und der Sipo für den bevorstehenden Weltanschauungskrieg“ begonnen wurde. Der im Juli 1941 vorwaltenden Siegeserwartung Hitlers wird sodann eine beschleunigende Schubkraft für die Forcierung des Völkermordes (Ausdehnung des geplanten Massenmordes an den Juden auf das ganze von Deutschland beherrschte Kontinentaleuropa) beigemessen, während die in der zweiten Hälfte des Jahres 1941 nicht selten den Eindruck von Konzeptionslosigkeit vermittelnden Aktionen aus den Bemühungen einzelner Dienststellen erklärt werden [zu der Tatsache, daß auch die Staatsbürokratie zunehmend in den Zusammenhang der

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

273

nationalsozialistischen Endlösung“ geriet, vgl. 975: H.−J. Döscher, Das Aus− wärtige Amt im Dritten Reich. Diplomatie im Schatten der Endlösung“; sowie 1397: Ch. R. Browning, The Final Solution and the German Foreign Office], die sich unkoordiniert um eine Realisierung der jeweils von den Gegebenheiten des Kriegsverlaufs und der Besatzungspolitik abhängigen Endlösung“ bemühten. Die Erkenntnis, daß es auf diesem Weg zum NS−Genozid“ [1430: H. Friedlander] einen Zusammenhang des ,Euthanasie‘−Programms mit der ,Endlösung der Judenfrage‘“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 466] gegeben hat, ist den Ergebnissen neuerer Forschungen von Henry Fried− lander zu verdanken (siehe auch S. 7). Wenn auch die Frage nach der Existenz eines (schriftlich oder mündlich erteilten) Führerbefehls“ zur Endlösung“ ebenso unterschiedlich beantwortet wird – während die 1953 erschienene Pio− nierstudie über den Verlauf der Endlösung“ von Gerald Reitlinger [1532: Die Endlösung, inzwischen 7. Auflage 1992] gleichsam selbstverständlich vor− aussetzte, daß Hitler im Frühjahr 1941 einen Mordbefehl erteilt habe, neigt die Mehrzahl der Experten heute eher dazu, zumindest die Existenz eines schriftlichen Befehls des Diktators für unwahrscheinlich zu halten – wie das Problem ihres Beginns im Zeitraum zwischen dem Winter/Frühjahr 1941 und dem Herbst/ Winter 1941 umstritten ist, so läßt doch selbst ein bis zum Jahresende 1941 die Offenheit der Verwirklichungsmöglichkeiten betonender Forscher wie Hans− Heinrich Wilhelm [1480: Truppe des Weltanschauungskrieges, 633–634] keinen Zweifel an Hitlers maßgeblicher Rolle, an seinem ausschlaggebenden Eingriff, an seiner persönlichen Aktivität und an seiner direkten und vollen Verantwortung, die auch Gerald Fleming in seiner Darstellung Hitler und die Endlösung“ [1426] im Hinblick auf den Zeitraum der ersten Hälfte des Jahres 1941 überzeugend dokumentiert hat. Und eben dieser Befund der älteren Dar− stellungen ist durch die neuesten Forschungen – so unterschiedlich sich ihre Methoden und Resultate im einzelnen auch ausnehmen – von Dieter Pohl, von Michael Burleigh und von Philippe Burrin übereinstimmend bestätigt worden: Auf dem Gebiet der Vernichtung hatte Hitler das letzte Wort und war die eigentliche Triebkraft“ [1406: Ph. Burrin, Hitler und die Juden, 174]. Mögen auch viele“, so resümiert Christian Gerlach dieses zentrale Resultat der Geschichtswissenschaft, auf die Ermordung aller europäischen Juden hin [ge− wirkt haben K.H.], doch bevor sie damit systematisch beginnen konnten, bedurfte es im NS−System einer von Hitler gefällten Entscheidung“ [1436: Ch. Gerlach, Die Wannsee−Konferenz, das Schicksal der deutschen Juden und Hitlers politische Grundsatzentscheidung, alle Juden Europas zu ermorden, 166]. Während die 1975 erstmals vorgelegte Gesamtdarstellung zur Judenfrage“ im Dritten Reich“ aus der Feder von Lucy Dawidowicz [1415: Der Krieg gegen die Juden 1933–1945; vgl. dazu auch 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herr− schaft, 67] nicht in erster Linie The Twisted Road to Auschwitz“ [1545: K. A. Schleunes], sondern vor allem die Zielgerichtetheit nationalsozialistischer Ras− senpolitik nicht nur im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, sondern auch während

Euthanasie“ und Endlösung“

Hitlers zentrale Rolle

Judenvernichtung als Ergebnis un− kontrollierter Dy− namik

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Improvisierte Judenvernichtung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

der Friedensjahre betont, hat Uwe Dietrich Adam in seinem Buch Die Ju− denpolitik im Dritten Reich“ [1355] 1972 eine davon erheblich abweichende Meinung vorgetragen, die vor allen Dingen dadurch charakterisiert ist, daß Hitlers Rolle im Rahmen der Judenpolitik“ des Dritten Reiches“ insgesamt doch erheblich relativiert wird. Zwar veranschlagt auch Adam den Einfluß des Diktators auf die Behandlung der Judenfrage“ und auf den Prozeß der Ver− nichtung“ [ebd., 360] nicht eben gering. Doch sieht er in letztlich bestimmendem Maße das institutionelle Gefüge des Dritten Reiches“ als für die Entstehung des Vernichtungsbefehls verantwortlich an: Damit war der Forschung eine Richtung gewiesen, der sie in den kommenden Jahren intensiv gefolgt ist, als die Umstände der schubweisen Improvisationen des Judenmords, zu der lokale Gewalten der deutschen Besatzungsmacht vor allem im Osten Europas übergingen, in das Zentrum des wissenschaftlichen Interesses rückten. Bereits das durch die Judentransporte in die besetzten Territorien des Ostens dort entstandene Chaos habe die für den Nationalsozialismus spezifische Plan− losigkeit noch potenziert. Als dann im November/Dezember 1941 der deutsche Vormarsch in Rußland ins Stocken geriet, der für die Judendeportationen zur Verfügung stehende Raum mithin noch knapper wurde und Eroberungen neuer Territorien unwahrscheinlich erschienen, habe die organisatorische Unfähigkeit des Regimes Hitler dazu getrieben, improvisierend den Judenmord zu befehlen: Gewiß war der Befehl Hitlers zur Tötung von mehreren Millionen Menschen seine eigene, persönliche Entscheidung; doch letztlich ist die Dynamik und Entwicklung seines Staates nicht das Ergebnis eines ausgeklügelten Kalküls, sondern einer inneren Entwicklung, die auch Hitler zu einem nicht geringen Teil band“ [ebd. 360; vgl. dazu differenzierend H.−H. Wilhelm, in 1480: Truppe des Weltanschauungskrieges, 634]. Diesen Befund hat Hans Mommsen insgesamt zugespitzt und so umschrieben: Es ist beispielsweise nicht nachzuweisen, daß der Befehl zur Endlösung von Hitler selbst gegeben worden ist, was nicht heißt, daß diese Politik nicht seine Billigung gefunden hätte. Daß die Endlösung ins Werk gesetzt wurde, ist keineswegs allein auf Hitler zurückzuführen, sondern auf die komplexe Struktur des Entscheidungsprozesses im Dritten Reich, die zu einer fortschreitenden kumulativen Radikalisierung führte“ [H. Mommsen, Natio− nalsozialismus oder Hitlerismus? In: M. Bosch (Hrsg.), Persönlichkeit und Struktur in der Geschichte, Düsseldorf 1977, 66; erst in jüngster Zeit hat der Autor seine Radikalisierungsthese“ wiederholt in seinem Beitrag Der Weg zur Vernichtung der europäischen Juden“, in 1414: M. Dabag/K.Platt (Hrsg.) Genozid und Moderne, Bd. 1, 241–253]. Diese Auffassung Hans Mommsens, die Endlösung der Judenfrage“ als die Realisierung des Utopischen“ [1513] und als selbstinduzierten Automatismus zu verstehen, hat Martin Broszat in einem scharfsinnig durchdachten und er− wägenswert argumentierenden Aufsatz Hitler und die Genesis der ,Endlö− sung‘“ [1395] weiter entwickelt und auch in verschiedenen Beiträgen auf dem 1984 in Stuttgart veranstalteten Kongreß zum Thema Der Mord an den eu−

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

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ropäischen Juden im Zweiten Weltkrieg – Entschlußbildung und Verwirklichung“ [1467: E. Jäckel/J. Rohwer (Hrsg.), Der Mord an den Juden, 64–66, 179–184, 210–211, 239–242] vorgetragen. Nicht zuletzt hat er erst einmal – wie vor ihm Hugh R. Trevor−Roper, Alan Bullock und Eberhard Jäckel – David Irvings in dessen Buch Hitler’s War“ [224] vorgetragene These, Hitler habe von den Judenmorden erst im Jahre 1943 erfahren und es sei Himmler gewesen, der auf diesem Gebiet eigenmächtig gehandelt habe, überzeugend zurückgewiesen. Davon abgesehen geht Broszat im Zuge seiner Interpretation der natio− nalsozialistischen Judenpolitik“ davon aus, daß es wahrscheinlich keinen ein− schlägigen Befehl für den Genozid an den Juden gegeben habe. Vielmehr beurteilt er das Zusammenwirken von weltanschaulichem Dogma und pathologischer Improvisation als den entscheidenden Faktor für Hitlers Haltung zur Juden− frage“. Dabei schätzt er das Problem des Antisemitismus für die Außenpolitik des Führers“ so zentral ein, daß er die These wagt, der Diktator habe den Krieg im September 1939 auch deshalb riskiert, um auf diesem Wege das Judentum be− kämpfen zu können. Insgesamt aber bewertet er eben nicht die zielgerichtete Planung Hitlers, sondern die unkontrollierte, zur Improvisation drängende Dy− namik des Regimes und ihre sich daraus entwickelnde, beständig steigernde sowie endlich überschlagende Radikalisierung als entscheidend für die Vernichtung des europäischen Judentums. Zwar bestreitet er nicht die in der nationalsozialistischen Weltanschauung grundsätzlich vorhandene Bereitschaft zur radikalsten Lösung“ der Judenfrage“. Doch sieht er die konkrete historische Lage als ausschlaggebend an für die in einzelnen Etappen und unkoordinierten Schüben sich vollziehenden Aktionen der Judenpolitik“. Broszat zufolge waren es der ins Stocken geratene Vormarsch in Rußland, die Ausweglosigkeit der durch die Deportationen entstandenen Situation in den besetzten Gebieten des Ostens und die selbständigen Initiativen lokaler Stellen, welche die oberste Führung mehr und mehr unter Zugzwang setzten, die sie dann zur Flucht nach vorn“ fortrissen und die sich auf diesem Weg entwickelnde Denklösung“ endlich zum Programm erhoben: Der Plan der großen Evaku− ierung der Juden sollte – so sah Hitler es sehr wahrscheinlich – keinesfalls gestoppt werden, weil die militärischen Schwierigkeiten und Belastungen im Osten sich als größer erwiesen als im Sommer 1941 angenommen. Aus dieser Situation heraus scheint es im Herbst 1941 einerseits zu einer Verlangsamung und Reduzierung der ursprünglichen Deportationspläne, andererseits zu Entschlüssen gekommen zu sein, die darauf hinausliefen, zumindest Teile der deportierten Juden ,auf andere Weise‘, d. h. durch gezielte Tötungsaktionen aus der Welt zu schaffen. Die Judenvernichtung entstand, so scheint es, nicht nur aus vorgegebenem Ver− nichtungswillen, sondern auch als ,Ausweg‘ aus einer Sackgasse, in die man sich selbst manövriert hatte. Einmal begonnen und institutionalisiert, erhielt die Liquidierungspraxis jedoch dominierendes Gewicht und führte schließlich faktisch zu einem umfassenden ,Programm‘“ [1395: M. Broszat, Hitler und die Genesis der Endlösung“, 752–753]. Allerdings gibt diese neue Sicht der Dinge

Martin Broszats Deutung

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Programmatischer Antisemitismus

Christopher Brow− nings Position

Endlösung“ im Banne von Sieges− euphorie oder Untergangs− stimmung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Broszat nicht die geringste Veranlassung, an Hitlers Verantwortung zu zweifeln: Wenn unsere Interpretation davon ausgeht, daß die Judenvernichtung auf solche Weise ,improvisiert‘, nicht von langer Hand her geplant und durch einen ein− maligen Geheimbefehl in die Wege geleitet wurde, so schließt das ein, daß die Verantwortung und Initiative für die Tötungsaktionen nicht nur bei Hitler, Himmler oder Heydrich lagen. Es entlastet Hitler aber keineswegs“ [ebd., 756]. Klar tritt er jedoch der traditionellen Auffassung entgegen, die Hitlers Juden− politik“ als planvolle und früh fixierte Handlung deutet: . . . sicher ist, daß der dogmatische ideologische Antisemitismus Hitlers nicht zeit− und aktua− litätsunabhängig war. Er entfaltete sich nicht einfach ,programmatisch‘, sondern pathologisch, wurde mehr oder weniger aufgeladen, und diese ,Aufladungen‘ waren als Motiv der Entschlüsse und Handlungen mindestens ebenso wichtig wie das feststehende Dogma. Dem entspricht auch der Grundzug, der nicht gleichmäßig und planvoll, sondern eher improvisiert und sprunghaft, durch jeweils forcierte Ad−hoc−Aktionen, vorangetriebenen Judenpolitik und −ver− nichtung“ [ebd. 770]. Broszats Interpretationsvorschlag, Hitler. . . für den Gesamtvorgang der Judenvernichtung“ zwar als unentbehrlich . . ., aber nicht unbedingt als de[n] acting leader, sondern als die unerläßliche Legitimationsinstanz“ [in 1467: E. Jäk− kel/J. Rohwer (Hrsg.), Der Mord an den Juden, 211] einzuschätzen, hat Wi− derspruch gefunden, der sich unter anderem auf folgende Argumente stützt: 1. Daß bislang kein Befehl Hitlers zur Judenvernichtung aufgefunden wurde, schließt keineswegs aus, daß er nicht mündlich oder schriftlich gegeben worden ist. Christopher Browning hat in seiner Antwort an Martin Broszat“ [1398: Zur Genesis der Endlösung“] überzeugend darauf hingewiesen, daß von einer stück− und schubweise“, so hat Ulrich von Hehl Brownings differenzierende Beweisführung umschrieben, aus vereinzelten Tötungsaktionen hervor− gewachsenen Vernichtungslösung nicht gesprochen werden könne: Der ,quantitative Sprung in der NS−Judenpolitik‘ sei bereits mit den seit Ende Juni 1941 durchgeführten Massenerschießungen erfolgt, also lange vor der von Bros− zat postulierten militärischen ,Sackgasse‘“ [1398: 97 und 105; sowie 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 69–70]. Inzwischen hat Christopher Browning, der seine Ergebnisse immer wieder überprüft und differenziert hat, ein Grundmuster der Erklärung in bezug auf das Verhältnis zwischen Führerwille und Judenmord unterbreitet, das er so erläutert: Wie es scheint, ließ sich Hitler durch die Siegeseuphorie zu einer zunehmend drastischeren Politik ermuntern und verleiten“ [1399: Ch. R. Browning, Der Weg zur Endlösung“, 104]. Mit anderen Worten: Während manche Historiker in der Nachfolge von Uwe Diet− rich Adam und Martin Broszat davon ausgehen, daß der Diktator die ras− senpolitische Entscheidung zur Vernichtung des europäischen Judentums gefällt habe, als sich die militärpolitische Niederlage gegen Ende des Jahres 1941 ab− gezeichnet habe (siehe S. 272), diagnostiziert Browning einen engen Zusam− menhang zwischen Hitlers Siegesstimmungen und den Radikalisierungen der

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

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nationalsozialistischen Judenpolitik“. Nach dem militärischen Sieg über Polen habe Hitler 1939 den Anfangsplan zur völkischen Umstrukturierung Osteuropas und die Bildung jüdischer Großreservate, beispielsweise bei Lublin, gebilligt. Nach dem Sieg über Frankreich habe er im Mai/Juni 1940 Himmlers Über− legungen zur Behandlung der Fremdvölkischen im Osten“ und dem soge− nannten Madagaskar−Plan zugestimmt [vgl. dazu im einzelnen 1468: H. Jansen, Der Madagaskar−Plan. Die beabsichtigte Deportation der europäischen Juden nach Madagaskar; und 1390: M. Brechtken, Madagaskar für die Juden“. Anti− semitische Idee und politische Praxis 1885–1945]. Im Juli 1941 habe er sich für ein beschleunigtes Vorgehen der Einsatzgruppen entschieden und für die so genannte Endlösung“ ausgesprochen. Nach der Einnahme von Kiew Ende September 1941, und nach den großen Einkesselungserfolgen von Wjasma und Brjansk Anfang Oktober 1941 habe er die Judendeportationen aus dem Reich geneh− migt. Gleichzeitig sei mit dem Bau von Vernichtungslagern begonnen worden: Die Parallelität von militärischen Siegen und rassischer Radikalisierung erscheint Browning als ein konstitutives Merkmal der Gedankenbildung Hitlers im Hin− blick auf seine Entscheidungen für die so genannte Judenpolitik“, ein Resultat, das von der voranschreitenden Forschung mittlerweile schon wieder differenziert, ergänzt und revidiert worden ist (siehe S. 279 ff.). 2. Die mit dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion koordiniert an− laufenden Erschießungsaktionen von russischen Juden, die ohne Ansehen ihrer Person, ihres Standes oder ihres Berufes und allein aufgrund der Tatsache ihrer Rassenzugehörigkeit“ ermordet wurden, vermag Broszats stärker funktionale und situationsgebundene Interpretation nicht zureichend zu erklären. Sie wurden vielmehr von Hitler befohlen und dementsprechend planmäßig durchgeführt. Als Auftakt zur physischen Endlösung“ hoben sie sich von deren letzter Stufe, der auf technischem Weg grauenhaft perfekt durchgeführten Vergasungen, qualitativ im Prinzip nicht ab. 3. Selbst wenn man dazu bereit ist, der historischen Situation einen ver− gleichsweise hohen Stellenwert“ für die Verwirklichung der national− sozialistischen Judenpolitik“ einzuräumen, so ist doch nicht zu übersehen, daß die Genesis der Endlösung“ lange vorher in Hitlers programmatischen Über− legungen angelegt war und die Vernichtung der europäischen Juden auf das Vorhandensein des rassenideologischen Dogmas in der nationalsozialistischen Weltanschauung zurückgeht. Ohne deren Existenz hätte auch die angeblich so geschichtsmächtige Improvisation keinen Orientierungspunkt gehabt. Grund− legend für den nationalsozialistischen Genozid war Hitlers Rassendogma. Es mag Situationen geschaffen haben, die im Sinne seiner Erfüllung auf die a priori mögliche und langfristig anvisierte radikalste Lösung beschleunigend drängten. Mit anderen Worten: Das situative Element nationalsozialistischer Judenpolitik“ könnte in diesem Sinne sekundär zur Erfüllung des rassenpolitischen Dogmas beigetragen haben, keineswegs aber schuf es dieses neu, wesentlich und pro− grammatisch.

Forschungen zum Madagaskar−Plan“

Genesis der End− lösung“

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Neuere Entwicklung der Forschung

Sebastian Haffners Interpretation

Czeslaw Madajczyks Befund

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

In diesem Sinne haben 4. historische Situationen möglicherweise verstärkend auf das ursprünglich Gewollte und planmäßig (wenn freilich auch pathologisch) in Gang Gesetzte eingewirkt. Als primär und verursachend, als Motiv und Ziel, als Vorsatz und Fluchtpunkt der Judenpolitik“ des Dritten Reiches“ aber sind nach wie vor Hitlers programmatische Ideen über Judenvernichtung und Rassen− herrschaft einzuschätzen. Sie stifteten jene Dynamik des Regimes, die Hitlers Planungen gewiß verändernd beschleunigte, ihn jedoch niemals zu Lösungen fortriß, die er nicht schon lange vorher anvisiert und gefordert hatte. Diese Grundpositionen der Forschung sind während der achtziger und neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts außerordentlich intensiv weiterentwickelt worden, ohne ihrerseits als obsolet zu erscheinen. Bezeichnend dafür, daß un− geachtet der zu begrüßenden Differenzierung und des unverkennbaren Er− kenntnisfortschritts auf dem Gebiet der sogenannten Holocaust−Forschung lange bekannte Interpretationen nach wie vor als beachtenswert zu gelten ha− ben, ist die bereits angedeutete Tatsache, daß die neueste Entwicklung, den nationalsozialistischen Judenmord in Abhängigkeit von Hitlers Amerikapolitik zu erklären, bereits 1978 von Sebastian Haffner vorgeschlagen worden ist. Er mißt in diesem Zusammenhang dem Kalkül Hitlers für Verursachung, Beginn, Entwicklung und Zeitplanung der Judenvernichtung die allein ausschlaggebende Bedeutung bei. Solange Hitler in Rußland noch auf einen ähnlich schnellen Sieg gehofft habe wie ein Jahr zuvor in Frankreich, sei für den Diktator damit die Hoffnung auf ein Einlenken Englands verbunden gewesen, das nach der russischen Niederlage ohne seinen letzten Festlandsdegen“ dagestanden hätte. Zu diesem Zweck aber habe er für die Briten verhandlungsfähig bleiben müssen. Daher sei der systematische Judenmord“ erst einmal auf Polen und Rußland beschränkt worden, und seine umständliche Methode waren Massenerschießungen. . . Was er in Polen und Rußland tat, mochte er hoffen, wenigstens solange der Krieg dauerte, vor der Außenwelt geheimhalten zu können; Massenmord in Frankreich, Holland, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Norwegen, auch in Deutschland selbst, mußte dagegen sofort in England bekannt werden und Hitler dort endgültig unmöglich machen, wie es ja auch geschah. . . Seinen lange gehegten Wunsch, die Juden ganz Europas auszurotten, durfte er sich erst erfüllen, wenn er jede Hoffnung auf einen Ausgleichsfrieden mit England (und die damit verbundene Hoffnung, den Kriegseintritt Amerikas zu vermeiden) aufgab. Und das tat er erst nach dem 5. Dezember 1941, dem Tag, an dem ihn die russische Offensive vor Moskau aus seinem russischen Siegestraum riß“ [215: S. Haffner, Anmerkungen, 178–179]. Allein, nach wie vor umstritten sind, wie eh und je, ist man zu sagen geneigt, auch in den neueren Forschungen zu dem schwierigen Untersuchungsgegenstand die eng miteinander zusammenhängenden Fragen nach der Datierung und der Situationsabhängigkeit der Entscheidungen Hitlers, also nach ihrem eher in− tentionalen oder funktionalen, prinzipiellen oder improvisierten Charakter. Da− bei zeichnet sich, jedenfalls der Tendenz nach, insgesamt ab, was Czeslaw

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

279

Madajczyk in seiner Abhandlung Hitler’s Direct Influence on Decisions Affecting Jews during World War II“ [1499] so resümiert hat: I hope that this study demonstrates the continuity in the Führer’s intervention in the fate of the Jews, and refutes the arguments of some historians claiming to demonstrate his allegedly passive role in the Final Solution“ [ebd., 68]. Doch von diesem tendenziell akzeptierten Befund abgesehen, differieren die Interpretationen erheblich: Arno J. Mayer, der die Ausrottung des europäischen Judentums als eine gleichsam zu Anfang nicht beabsichtigte Folge des vor allem antikommunistisch motivierten Unternehmens Barbarossa“, des Krieges als Kreuzzug“ gegen die Sowjetunion [1510] interpretiert, datiert den Beginn des systematischen Völkermordes auf den Zeitraum der Monate August/September 1941, als die militärischen Siegeshoffnungen Hitlers nach dem Eindruck des Autors zu schwinden begannen und mögliche Deportationspläne unwahr− scheinlich wurden. Auch die davon ganz unterschiedlich angelegte Darstellung von Philippe Burrin Hitler und die Juden. Die Entscheidung für den Völker− mord“ [1406] geht davon aus, daß Hitler diese Entscheidung im September 1941 getroffen habe, als der Rußlandfeldzug zu scheitern gedroht habe: Solange Hitler in Rußland siegreich gewesen sei, habe er sich auf die Tötung der russischen Juden beschränkt, während er gegen die übrigen europäischen Juden nichts unter− nommen habe. Dagegen verlegt Richard Breitman in seiner Studie Der Architekt der ,Endlösung‘: Himmler und die Vernichtung der europäischen Juden“ [1392], die Hitlers planende, von einzelnen Situationen unabhängige Rolle betont und die dem Führer“ zwar nachgeordneten, nichtsdestoweniger entscheidenden Ak− tionen Himmlers und Heydrichs akzentuiert, die Entscheidung für die End− lösung“ auf den März 1941. Mit anderen Worten: Die aktuelle Kontroverse erinnert an die ursprünglichen Positionen (vgl. S. 272 f.) und konnte auch in dem großen, von Wolfgang Benz herausgegebenen Werk Dimension des Völker− mords“ [1381], das Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus“ erstmals mit großer Zuverlässigkeit festgestellt und auf ca. 6 Millionen Men− schen berechnet hat, nicht geklärt werden. Inzwischen ist, teilweise an ältere Interpretationen anknüpfend, versucht worden, den nationalsozialistischen Judenmord in folgenden Zusammenhängen zu deuten: 1. Der Rassismus als zentrales Interpretament“ [163: U. v. Hehl, Natio− nalsozialistische Herrschaft, 72] legt es nahe, die Ermordung der Juden als Teil jener Vernichtung von Leben anzusehen, das nach dem blutigen Vorurteil der Nationalsozialisten als lebensunwert“ und biologisch schädlich“ angesehen wurde (siehe S. 7) und dem eine Züchtungsutopie (siehe S. 184) grausam kor− respondierte, die für die biologische Revolution“ [191: H.−U. Thamer, Ver− führung und Gewalt, 696], für die Aufzucht des Neuen Menschen (siehe S. 161) die inhumane Voraussetzung war: Ulrich von Hehl hat den einschlägigen Forschungsstand dieses Interpretationsvorschlags im einzelnen dargestellt [163:

Arno J. Mayer: Primat des Anti− kommunismus

Philippe Burrin: Entscheidung im September 1941

Richard Breitman: Entscheidung im März 1941

Dimension des Völ− kermords“

Rassismus: Vernichtung und Züchtung

280

Götz Aly und Susanne Heim: Holocaust, Kapi− talismus und Modernisierung

Rationalität, Öko− nomisierung und Expertentum

Judenmord und Bevölkerungs− verschiebung Forschungen zum Generalplan Ost“

Christian Gerlach: Kalkulierte Morde“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 72], der über die gewichtigen Probleme von Datierung und Situationsabhängigkeit freilich wenig besagt. 2. Die angeblichen bzw. tatsächlichen Zusammenhänge zwischen der Politik der Modernisierung und der Politik der Vernichtung“ [1362: G. Aly/S. Heim, Vordenker der Vernichtung, 9] lassen Götz Aly und Susanne Heim zu einem neuen Erklärungsversuch der ,Endlösung‘“ [1418: D. Diner, Rationalisierung und Methode. Zu einem neuen Erklärungsversuch der Endlösung“, 359] gelangen. Gibt es eine Ökonomie der Endlösung“? [1361: G. Aly/S. Heim, Sozialplanung und Völkermord. Thesen zur Herrschaftsrationalität der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, 13], lautet ihre erkenntnisführende Frage danach, ob es ökonomische und sozialpolitische Gründe für die Judenvernichtung gegeben hat“ [1456: S. Heim/G. Aly, Bevölkerungsstruktur und Massenmord. Neue Dokumente zur deutschen Politik der Jahre 1938–1945, 7]. Zur Beantwortung dieser Frage nehmen sie die am Rationalitäts− und Machbarkeitskalkül orientier− ten Repräsentanten der modernen Wissenschaften kritisch in den Blick. Mit dem Beginn des Krieges habe die Stunde dieser Experten geschlagen, seien sie zu Vordenkern der Vernichtung“ geworden. Vor dem Hintergrund der Pläne zu einer so genannten völkischen Flurbereinigung“, den gewaltsamen Massen− umsiedlungen und der damit verbundenen Dezimierung der osteuropäischen Bevölkerung in beinahe unvorstellbaren Größenordnungen von zweistelliger Millionenhöhe [vergleiche in diesem Zusammenhang vor allem 1515: R.−D. Müller, Hitlers Ostkrieg und deutsche Siedlungspolitik. Die Zusammenarbeit von Wehrmacht, Wirtschaft und SS; 1561: B. Wasser, Himmlers Raumplanung im Osten. Der Generalplan Ost in Polen 1940–1944; 1536: M. Rössler/S. Schleiermacher (Hrsg.), Der Generalplan Ost“. Hauptlinien der natio− nalsozialistischen Planungs− und Vernichtungspolitik; 1500: C. Madajczyk (Hrsg.), Vom Generalplan Ost zum Generalsiedlungsplan] postulieren sie die umstrittene These, daß eine gnadenlos instrumentalisierte Vernunft“ [1362: G. Aly/S. Heim, Vordenker der Vernichtung, 485] eine sozialpolitisch und ökono− misch ausgerichtete Rationalisierung und Modernisierung in einem von Deutschland beherrschten europäischen Großraum, nicht aber das rassische Dogma, eine biologistisch geprägte Ideologie, die Endlösung“ verursacht hät− ten [vgl. zu den Befunden von G. Aly und S. Heim auch 887: I. Haar, Deutsche Ostforschung“ und Antisemitismus]. Wie Christian Gerlach in seiner Dar− stellung Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts− und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944“ [1434] den Nachweis zu führen bemüht ist, daß nicht ein Primat der Weltanschauung die Endziele der Besatzungspolitik im Osten bestimmt habe, sondern daß dafür kriegswirtschaftliche Interessen aus− schlaggebend gewesen seien, Ökonomie also vor Ideologie rangiert habe, so stellen Götz Aly und Susanne Heim die These auf, daß die zu Massentötungen führende Bevölkerungspolitik als ein Resultat der wissenschaftlichen Aktivitäten von Fachleuten nicht um ihrer selbst willen betrieben, sondern als ein Mittel zur Rationalisierung der Wirtschaft begriffen“ worden sei. Es ging den beiden Au−

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

281

toren zufolge darum, die ,toten Kosten‘ zu verringern, die gesamtge− sellschaftliche Produktion zu steigern“ [1362: Vordenker der Vernichtung, 483]. Alys und Heims ökonomische Interpretation der Endlösung“, der eine fundamentale, über den Untersuchungsgegenstand hinausweisende Zivili− sationskritik der Moderne zugrundeliegt, hat umgehend entschiedenen Wider− spruch gefunden, allen voran durch Hermann Graml [1443: Irregeleitet und in die Irre führend] und Dan Diner [1418: Rationalisierung und Methode. Zu einem neuen Erklärungsversuch der Endlösung“; zur Diskussion der Thesen von Aly und Heim insgesamt vgl. 1547: W. Schneider (Hrsg.), Vernichtungspolitik“. Eine Debatte über den Zusammenhang von Sozialpolitik und Genozid im na− tionalsozialistischen Deutschland]. Vor dem Hintergrund dieser wissen− schaftlichen Debatte, welche die Reduktion der Endlösung“ auf einen an− geblich ökonomischen Zweck, die Gleichsetzung von Expertenphantasien“ mit den Aktionen der politischen Entscheidungsträger und die Entzeitlichung“ [D. Diner] der ereignisgeschichtlichen Zusammenhänge der Endlösung“ kritisiert hat, läßt sich die pointierte These, Völkermord [sei] hier die Form [gewesen], die soziale Frage zu lösen“ [1365: G. Aly u. a., Sozialpolitik und Judenvernichtung, 15], kaum mehr halten. Die Endlösung“ geht weder im speziellen und auch nicht teilweise auf eine interessenpolitische Intervention deutscher Handelshäuser und Konzerne“ [ebd., 8] zurück, noch ist sie im allgemeinen das Produkt kapi− talistischer Verwertungsbedingungen, sondern sie hat vielmehr in ursächlicher Art und Weise mit den ideologischen Motiven und politischen Zielen Hitlers zu tun. Ob die Endlösung“ damit, von dieser verfehlten Interpretation, sie als ökonomisches Produkt des modernen Kapitalismus zu begreifen, abgesehen, als Rückfall in die Barbarei, als ein Bruch mit der westlichen Zivilisation“ zu verstehen, oder als eine ihr innewohnende Möglichkeit“ [1362: G. Aly/S. Heim, Vordenker der Vernichtung, 491] einzuschätzen ist, verweist wiederum auf die hin− und hergehende Kontroverse über die Frage nach der Modernität des Dritten Reiches“ (siehe S. 177 f.). Alles in allem gilt, was Christopher Brow− ning als Ergebnis seiner Auseinandersetzung mit den auf jeden Fall überle− genswerten Thesen von Götz Aly und Susanne Heim festgestellt hat: Heim und Aly haben sowohl durch ihre sorgfältige Erforschung der unbekannten und bislang ignorierten unteren Ränge der sozial und ökonomisch planenden Büro− kratie der deutschen Besetzung Osteuropas eine wichtige Arbeit geleistet als auch durch ihre herausfordernden Thesen, die Anlaß geben, bedeutsame Themen− bereiche erneut zu untersuchen. Das schließlich ist Sinn und Zweck historischer Forschung. Ihren Schlußfolgerungen kann ich jedoch nicht zustimmen. Wo sie Kooperation und Konsens sehen, sehe ich Fraktionierung und Auseinan− dersetzungen zwischen rivalisierenden Gruppen, die ich als ,Arbeitsbeschaffer‘ und ,Aushungerer‘ bezeichnet habe. Wo sie langfristige Kontinuität und Ziel− strebigkeit ausmachen, sehe ich sich verändernde Bedingungen und unter− schiedliche Phasen. Wo sie meinen, daß lokale Initiative und Planung von unten letztendlich die entscheidenden Anweisungen von oben präformiert haben, stelle

Dan Diners Kritik

Christopher Brow− nings Fazit

282

Dieter Pohl: Debüro− kratisierung, Improvisation und Chaos

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

ich Signale und Impulse fest, die vom Zentrum ausgingen und in der Peripherie auf Zustimmung und Anpassungsbereitschaft trafen. Wo sie ein ökonomisches Kalkül für die ausschlaggebende Voraussetzung der ,Endlösung‘ halten, begreife ich die ,Endlösung‘ als eine Politik, die trotz ihrer ökonomischen Irrationalität durchgeführt wurde“ [Ch. R. Browning, Vernichtung und Arbeit. Zur Frak− tionierung der planenden deutschen Intelligenz im besetzten Polen, in 1547: W. Schneider (Hrsg.), Vernichtungspolitik“. Eine Debatte über den Zusam− menhang von Sozialpolitik und Genozid im nationalsozialistischen Deutschland, 50]. In seiner Publikation ’Endlösung’. Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden“ [1360] hat Götz Aly sodann stärker die Existenz selbsterzeugter Handlungszwänge der mit den Deportationen und Umsied− lungen im Osten Europas beschäftigten Bürokraten akzentuiert, die im Zuge einer sich kumulierenden Radikalisierung schließlich zur Endlösung“ geführt hätten. Dieser Vorschlag erinnert an die funktionale Interpretation Martin Broszats (siehe S. 275 f.), betont, wie Raul Hilberg das getan hat (siehe S. 270), den bürokratischen Vollzug der Endlösung“ und knüpft in seinen Betrachtungen über den monströsen Kreislauf“ [U. v. Hehl] der Ghetto− isierung der osteuropäischen Juden und der Deportationen europäischer Juden, der Zwangsumsiedlung von Polen und der Heimholung“ von so genannten Volksdeutschen in den eroberten Gebieten an Christopher Brownings Ana− lyse über die Die nationalsozialistische Umsiedlungspolitik und die Suche nach einer ,Lösung der Judenfrage‘ 1939–1941“ [1399: Ders., Der Weg zur Endlösung, 13–36] an. 3. Damit ist der in der Forschung seit Martin Broszat immer wieder un− tersuchte Deutungsrahmen bereits benannt, der die Endlösung“ in hohem, ja ausschlaggebendem Maß als ein Resultat aus verwaltungstechnischem Chaos, regionalen Unübersichtlichkeiten und bürokratischer Mitverantwortung, als grausamen Ausweg aus selbstverursachter Ausweglosigkeit, als Flucht nach vorn“ interpretiert. In außerordentlich eingehender, die einzelnen Elemente des intentionalen und funktionalen Handelns sorgfältig abwägender Art und Weise hat Dieter Pohl den Weg Von der ,Judenpolitik‘ zum Judenmord“ [1521], die Organisation und Durchführung eines staatlichen Massenverbrechens“ [1522: Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien 1941–1944] am Beispiel Ostgaliziens untersucht. Was die Verantwortungsanteile zwischen der Zentrale in Berlin und den Instanzen in der Region angeht, gelangt er zu dem Urteil: Alle diese Faktoren verdeutlichen, daß sich intentionale Einstellung und Be− fehlsgebung in ihrer regionalen Durchführung mit funktionalen Mechanismen der Besatzungsstruktur und −politik verbanden“ [ebd., 404]. Mit anderen Worten: Ohne das Entscheidungsmonopol“ [ebd., 402] Hitlers in Frage zu stellen, betont er die organisatorisch maßgebliche Rolle Himmlers und Heydrichs und ver− anschlagt die regionalen Intentionen und Aktionen des tödlichen Gemischs aus Debürokratisierung, Improvisation und Chaos hoch.

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

283

Den wissenschaftlichen Wert regionalgeschichtlicher Untersuchungen des Judenmords belegen besonders die Darstellungen von Thomas Sandkühler [1539: ,Endlösung‘ in Galizien. Der Judenmord in Ostpolen und die Ret− tungsinitiativen von Berthold Beitz 1941–1944] und Bogdan Musial [1516: Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement. Eine Fallstudie zum Distrikt Lublin 1939–1944], deren Ergebnisse insgesamt wichtige Bausteine liefern für eine zukünftige Gesamtdarstellung der End− lösung“. Eben dies gilt auch für die gerade in letzter Zeit vorgelegten bio− graphischen Studien über die bürokratischen Henker aus der zweiten Reihe: Eichmann und seine Gehilfen“ sind von Hans Safrian [1538] und Yaacov Lozowick [1496: Hitlers Bürokraten. Eichmann, seine willigen Vollstrecker und die Banalität des Bösen] porträtiert, Theodor Dannecker. Ein Funktionär der ,Endlösung‘“ [1556] ist von Claudia Steur, und Rudolf Höß, Komman− dant in Auschwitz“, ist von Jan−Holger Kirsch [1473] dargestellt worden. Und daß in diesem Zusammenhang, die bürokratische Umsetzung des Holo− caust zu untersuchen, der Wannsee−Konferenz vom 20. Januar 1942 mehr Be− deutung zuzumessen ist, als das eine Zeitlang von einer Reihe von Historikern getan worden ist, liegt nach Michael Burleighs Urteil inzwischen auf der Hand [148: Zeit des Nationalsozialismus, 751]. 4. Die ungeachtet ihrer Verdienste im einzelnen nicht unproblematische Kleinteiligkeit der regionalen Untersuchungen zur Endlösung“ hat die Ge− schichtswissenschaft mittlerweile wiederum verstärkt auf die Erforderlichkeit verwiesen, Die Interaktion von Kriegsverlauf und Judenvernichtung“ [1469: T. Jersak] aus der zentralen Perspektive Hitlers zu betrachten. Wie vor geraumer Zeit Sebastian Haffner (siehe S. 278) hat der niederländische Historiker Leen− dert Johan Hartog die nationalsozialistische Judenpolitik als Funktion der Amerikapolitik Hitlers [1452: Der Befehl zum Judenmord. Hitler, Amerika und die Juden] interpretiert. Die westeuropäischen Juden, die der Autor von den so genannten Barbarossa−Juden“ abhebt, hätten in Hitlers Gedankenbildung und Strategie eine Geiselfunktion gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika besessen. Während die Erschießungen im eroberten Rußland fern von der Auf− merksamkeit der übrigen Welt ihre mörderische Durchführung finden konnten, habe der Diktator das Schicksal der Juden im übrigen Europa als Druckmittel gegenüber den Amerikanern zu verwenden getrachtet, um deren Kriegseintritt gegen das Dritte Reich“ zu beeinflussen. Vor allem zwei Resultate der den Kriegsverlauf und die Judenpolitik“ sorgfältig zueinander in Parallele set− zenden Darstellung erscheinen bemerkenswert: a) Immer dann, wenn Hitler den Krieg für gewonnen hielt und sich in bezug auf die Vereinigten Staaten von Amerika und die befürchtete Ausweitung des Krieges zu einem Weltkrieg in keiner Form mehr bedroht fühlte, befahl er eine Radi− kalisierung der Judenvernichtung; wenn er dagegen die Weiterführung der mi− litärischen Auseinandersetzung zu gewärtigen hatte, zögerte sich eine ent− sprechende Entschließung hin.

Regional− geschichtliche Un− tersuchungen

Bürokratische Ge− hilfen des Holocaust

Bedeutung der Wannsee−Konferenz

Hitlers Strategie und die Endlösung“: Die Interaktion von Kriegsverlauf und Judenvernichtung“

Leendert Johan Hartog: USA, Gei− seltheorie und Ge− nozid

284

12. 12. 1941: Hitlers Grundsatz− entscheidung?

Tobias Jersak: Atlantik−Charta und Judenvernichtung

Gegenwärtiger Forschungsstand

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

b) Als nach dem amerikanischen Kriegseintritt gegen Japan am 7./8. Dezember 1941 und der deutschen Verpflichtung, nicht zuletzt im eigenen Interesse an Japans Seite gegen die USA zu kämpfen (siehe S. 258), jede Rücksichtnahme auf die Amerikaner entfallen war, ließ er nach Hartogs Urteil in eben diesen Tagen als mündliche Mitteilung den Befehl zur Endlösung“ ergehen und vollendete damit, was er schon lange geplant, aber im Hinblick auf die Vereinigten Staaten von Amerika sich noch versagt hatte: Erst hatte Hitler die Juden benutzen wollen, um einen Weltkrieg zu verhüten, jetzt benutzte er den Weltkrieg, um die Juden auszurotten“ [ebd., 85]. In diesem Rahmen gewinnt auch Christian Gerlachs Vorschlag, Hitler habe die entsprechende Grundsatzentscheidung zur Endlös− ung“ am 12. Dezember 1941 getroffen [1436: Die Wannsee−Konferenz, das Schicksal der deutschen Juden und Hitlers politische Grundsatzentscheidung, alle Juden Europas zu ermorden], insofern Plausibilität, als sich der Umschlag von dem bis dahin praktizierten Massenmord zum systematischen Genozid offenbar zwischen Mitte Dezember 1941 und Mitte Januar 1942 [U. Herbert, Eine ,Führerentscheidung‘ zur ,Endlösung‘? Neue Ansätze in einer alten Dis− kussion, in: Neue Zürcher Zeitung vom 14./15. März 1998, 53] vollzogen hat. Gleichfalls im Banne der Amerikapolitik Hitlers hat Tobias Jersak [1469: Die Interaktion von Kriegsverlauf und Judenvernichtung] die Entstehung der Ent− scheidung Hitlers zur Judenvernichtung rekonstruiert. Ihm erscheint die At− lantik−Charta vom 12./14. August 1941 als der Wendepunkt in Hitlers Gedan− kenbildung, von dem an der Weltherrschaftsanspruch“ hinter die Juden− vernichtung“ zurückgetreten sei: Nach der Verkündung der Atlantikcharta vollzog sich ein grundsätzlicher Wandel in der Judenpolitik: Die Juden sollten nun im Schatten eines unabsehbar gewordenen Weltkrieges physisch vernichtet werden, wozu Hitler deren baldiger Deportation aus dem Reich als erstem Schritt zustimmte“ [ebd., 352]. Ungeachtet der Tatsache, daß Hartogs Interpretation den Härtetest der wissenschaftlichen Debatte erst noch zu bestehen haben wird, und ungeachtet der Kommentierung, die Tobias Jersaks Thesen durch Klaus Jochen Arnold [1367: Hitlers Wandel im August 1941. Ein Kommentar zu den Thesen Tobias Jersaks] gefunden haben, ist die wissenschaftliche Bedeutung des von den beiden Autoren gewählten Ansatzes gar nicht zu bestreiten, das Zustandekommen und den Zeitpunkt der Entscheidung Hitlers zum Holocaust in engem Zusammenhang mit, ja in direkter Abhängigkeit von seiner Strategie, vor allem im Hinblick auf die Vereinigten Staaten von Amerika und die Ausweitung des Krieges zum Weltkrieg zu untersuchen. Insofern muß die resümierende Einschätzung von Heinrich August Winkler, wonach die lange umstrittene Frage, ob die Vernichtung der Juden ,intentional‘, aus Hitlers Absichten, oder ,funktional‘, aus der Eigen− dynamik der nationalsozialistischen Kriegs− und Rassenpolitik, zu erklären sei . . . weder im Sinne der einen noch der anderen ,Schule‘ [zu] beantworten“ sei, weil beides . . . zusammen“ gekommen sei [2055: Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 95], so präzisiert werden: Der Massenmord an den Juden war kein

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

285

Prozess, der einfach und linear ablief; er entwickelte sich aus und in Stauungen und Stockungen, versperrten und am Schopf gepackten Gelegenheiten“, urteilt Michael Burleigh und ergänzt seine Darstellung des historischen Ablaufs durch die Erklärung der intentionalen Verursachung, der zufolge es fast undenkbar“ erscheine, dass das grüne Licht für das Anlaufen der ,Endlös− ung‘ nicht von ihm [Hitler K. H.] persönlich gekommen sein sollte“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 657 und 730]. Angesichts der Entstehung, der Entwicklung und der Dimension der na− tionalsozialistischen Judenpolitik“, die eingehend erforscht worden ist, wurde damit einhergehend die bereits zuvor immer wieder gestellte Frage in intensivem Maße untersucht, wie es im Hinblick auf alle Beteiligten überhaupt dazu kommen konnte. Vor diesem Hintergrund haben vier Verhaltensweisen bzw. Reaktionen gegenüber dem Judenmord bevorzugte Beachtung gefunden: 1. ist die Haltung der deutschen Bevölkerung zur Judenpolitik“ des Dritten Reiches“ – über Großorganisationen wie die Wehrmacht [siehe S. 236 f.; vgl. insgesamt 1525: K. H. Pohl (Hrsg.), Wehrmacht und Vernichtungspolitik. Mi− litär im nationalsozialistischen System] oder die Polizei [vgl. dazu 1400: Ch. R. Browning, Ganz normale Männer. Das Reserve−Polizeibataillon 101 und die Endlösung“ in Polen] hinaus – untersucht worden. Die frühe Studie von Marlis Steinert [673: Hitlers Krieg und die Deutschen. Stimmung und Haltung der deutschen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg] und die Abhandlung von Otto Dov Kulka [1482: ,Public Opinion‘ in Nazi Germany and the ,Jewish Question‘], die Untersuchungen von David Bankier [1374: Die öffentliche Meinung im Hitler−Staat. Die Endlösung“ und die Deutschen] und von Bernd Stöver [677: Volksgemeinschaft im Dritten Reich. Die Konsensbereitschaft der Deut− schen aus der Sicht sozialistischer Exilberichte] sowie die von Ursula Büttner herausgegebenen Beiträge Die Deutschen und die Judenverfolgung im Dritten Reich“ [1407] lassen einen ganz unterschiedlichen Befund erkennen: Es gab latenten ebenso wie dynamischen Antisemitismus, der zur Erklärung des Unge− heuerlichen beitragen kann; es gab aber auch eine nicht zu übersehende Mißbil− ligung der Pogrome, die punktuell sogar in Widerstand gegen die Juden− verfolgung“ [1869: M. Kissener (Hrsg.)] überging. Mag das eine, der latente Antisemitismus, auch für eine Mehrheit, und das andere, die Ablehnung der rabiaten Judenpolitik“, nur für eine Minderheit zutreffend gewesen sein, wobei beide Elemente in identischen Bevölkerungsteilen auch mit− und nebeneinander existiert haben können, angesichts des gegenwärtigen Standes der Forschung kann dies festgestellt werden: Der unter dem Begriff der Endlösung“ praktizierte, systematisch und gleichsam industriell betriebene Massenmord im Stile eines Genozid wurde vom Regime der Bevölkerung gegenüber streng geheim− gehalten, so daß im Gegensatz zur Propaganda über die Konzentrationslager dieses Kapitel tabuisiert blieb [483: R. Gellately, Hingeschaut und Wegge− sehen. Hitler und sein Volk]. Untersuchungen über das, was über den Holocaust tatsächlich bekannt war und was verborgen blieb, was geahnt und was verdrängt

Reaktionen auf den Judenmord

Haltung der deutschen Bevöl− kerung

286

Probleme der Quellenlage

Haltung der Bevöl− kerung in den okkupierten Ter− ritorien

Auschwitz und die Alliierten“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

wurde, gehören nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Quellen zu den schwierigsten Aufgaben der Zeitgeschichtsschreibung [vgl. dazu 508: E. A. Johnson, Der nationalsozialistische Terror. Gestapo, Juden und gewöhnliche Deutsche – eine Darstellung, die allerdings im Hinblick auf die quellen− kritischen Erfordernisse zu wünschen übrig läßt]. Daher erscheint Walter Laqueurs Urteil aus dem Jahr 1980 auch eher als eine unbewiesene Mutma− ßung: Es ist zwar richtig, daß nur eine Handvoll Deutscher alles über die Endlösung wußte, aber nur sehr wenige wußten gar nichts“ [1488: Was niemand wissen wollte. Die Unterdrückung der Nachrichten über Hitlers Endlösung“, 26]. Sich auf diesem Feld der Forschung um wissenschaftliche Präzision zu bemühen, ist die Geschichtswissenschaft daher aufgerufen. 2. ist vor allem im zurückliegenden Jahrzehnt die Haltung der Bevölkerung in den vom Dritten Reich“ okkupierten Territorien gegenüber dem natio− nalsozialistischen Judenmord, also die rassenpolitische Kollaboration, näher untersucht worden. Das Phänomen läßt sich in unterschiedlicher Intensität und Radikalität quer durch Europa konstatieren, beispielsweise in Weißrußland [1197: B. Chiari, Alltag hinter der Front. Besatzung, Kollaboration und Widerstand in Weißrußland 1941–1944] und in Litauen [1553: K. Stang, Kollaboration und Massenmord. Die litauische Hilfspolizei, das Rollkommando Hamann und die Ermordung der litauischen Juden], ebenso in den Niederlanden [1571: N. van der Zee, Um Schlimmeres zu verhindern . . .“. Die Ermordung der niederländischen Juden. Kollaboration und Widerstand; und 1394: J. H. Brinks, The Dutch, the Germans & the Jews] und in Vichy−Frankreich [1509: M. R. Marrus/R. O. Paxton, Vichy France and the Jews]: Antisemitische Traditionen und Aktionen, antisemitische Gewalt und Initiativen der einheimischen Bevölkerungen zu be− nennen, darf allerdings nicht darüber hinwegsehen lassen, daß die primäre Ver− ursachung stets von der deutschen Okkupationsmacht ausgegangen ist, und daß im Gegensatz zum destruktiven Antisemitismus im Osten Europas für den französischen Antisemitismus beispielsweise gilt, was der Historiker Michael Burleigh differenzierend so umschrieben hat: Wir sollten uns allerdings davor hüten, den französischen und den deutschen Antisemitismus gleichzusetzen. Zielrichtung des Vichy−Antisemitismus war es, die ausländischen Juden, die sich in Frankreich aufhielten, loszuwerden und die französischen Juden so weit zu assimilieren, daß sie praktisch aufhörten, Juden im Sinne einer Gruppe mit einer spezifischen Identität und einem erkennbaren sozioökonomischen Profil zu sein“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 546]. 3. Bereits zu Anfang der achtziger Jahre haben sich Walter Laqueur [1488: Was niemand wissen wollte] und Martin Gilbert [1437: Auschwitz und die Alliierten] mit der bereits lange im Raum stehenden Frage auseinandergesetzt, warum die Alliierten nicht gegen den nationalsozialistischen Massenmord an den Juden vorgegangen seien. Nicht zuletzt weil es den einen oder anderen Deutschen gegeben hat, der das Schweigen brach“ [1489: W. Laqueur/R. D. Breitman, Der Mann, der das Schweigen brach. Wie die Welt vom Holocaust erfuhr], hat die Welt

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

287

vom Holocaust erfahren. Die Frage, die sich daraus ableitet und die vor allem auch im Hinblick auf das Verhältnis des Internationalen Roten Kreuzes zum Dritten Reich“ aufgeworfen worden ist [1424: J.−C. Favez/G. Billeter, Warum schwieg das Rote Kreuz?] lautet: War der Holocaust aufzuhalten? Die Gründe dafür, warum beispielsweise die Briten und Amerikaner die Verbrechen der Nazis“, die ihnen bekannt wurden, als Staatsgeheimnisse“ behandelt und toleriert“ haben, hat Richard Breitman im einzelnen untersucht [1393: Staatsge− heimnisse. Verbrechen der Nazis – von den Alliierten toleriert]: Zum einen nahm die Kriegführung die Alliierten vollauf in Anspruch; zum anderen waren für ihre ausgebliebenen Reaktionen, für ihre heute oft unverständlichen Unter− lassungen in erster Linie verantwortlich ein Mangel an Vorstellungsvermögen, Mangel an Reaktion, Mangel an nachrichtendienstlicher Aufklärung, an Fähigkeit, das bereits Bekannte zu einem Gesamtbild zusammenzufügen und Schlüsse daraus zu ziehen, Mangel an Koordination, an Initiative und zuweilen auch an Solidarität mit den Verfolgten und Ermordeten“ [1437: M. Gilbert, Auschwitz und die Alliierten, 400], die eine Rettung vor dem Holocaust verhinderten. Alles in allem deutet auch diese Haltung der westlichen Alliierten auf die nicht hoch genug zu veranschlagenden Verständnisschwierigkeiten hin, die den zeitge− nössischen Umgang mit einer totalitären Diktatur ebenso wie deren wis− senschaftliche Erklärung begleiten. 4. fällt der Blick auf ein inzwischen intensiv erforschtes Kapitel der Geschichte des Holocaust, und zwar das des Jewish Resistance to the Holocaust“ [1506], dessen Existenz im nationalsozialistisch beherrschten Europa und dessen wis− senschaftliche Darstellung Michael R. Marrus’ Abhandlung aus dem Jahr 1995 eingehend spiegelt [vgl. auch 1886: A. Lustiger, Zum Kampf auf Leben und Tod! Das Buch vom Widerstand der Juden 1933–1945; 1486: K. Kwiet/H. Eschwege, Selbstbehauptung und Widerstand; 1881: H. Langbein, . . . nicht wie die Schafe; 1877: F. Kroh, David kämpft]. Zum schrecklichen Symbol des nationalsozialistischen Holocaust als dem bürokratischen Vorgang des Industrial Killing“ [1377: O. Bartov, Murder in Our Midst. The Holocaust, Industrial Killing and Representation] ist der Name des Vernichtungslagers Auschwitz geworden, das in den letzten Jahren die verstärkte Aufmerksamkeit der Forschung gefunden hat: Die Anatomy of the Auschwitz Death Camp“ [1450: Y. Gutman/M. Berenbaum (Hrsg.)] steht im Zentrum verschiedener Studien zur Geschichte des Konzentrations− und Ver− nichtungslager Auschwitz“ [1419: W. Dlugoborski/F. Piper (Hrsg.), Auschwitz 1940–1945], während die Geschichte der Stadt Auschwitz von Debrah Dwork und Robert Jan van Pelt [1422: Auschwitz. Von 1270 bis heute] sowie von Sybille Steinbacher [1554: Musterstadt“ Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien] dargestellt worden ist, deren Dissertation als zweiter Band in einer neuen, vom Münchener Institut für Zeitgeschichte her− ausgegebenen Reihe Darstellungen und Quellen zur Geschichte von Auschwitz“ publiziert wurde: Ihr erster Band präsentiert die Standort− und Komman−

Jüdischer Wider− stand gegen den Holocaust

Forschungen zu Auschwitz

288

Rassismus als Kul− turrevolution

Euthanasie“ und Eugenik im Zeichen der Rasse

Zigeuner“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

danturbefehle des Konzentrationslagers Auschwitz 1940–1945“ [1429: N. Frei u. a. (Hrsg.)], ihr dritter Band aus der Feder von Bernd C. Wagner untersucht unter dem Titel IG Auschwitz“ die Zwangsarbeit und Vernichtung von Häft− lingen des Lagers Manowitz 1941–1945“ [1560], und ihr vierter Band legt Neue Studien zur nationalsozialistischen Lagerpolitik“ [1428: N. Frei u. a. (Hrsg.), Ausbeutung, Vernichtung, Öffentlichkeit] vor. Daß Hitlers Rassismus eine beispiellose Kulturrevolution“ [2055: H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, 108] zu initiieren plante und der Fixpunkt des Systems“ war [U. Herbert, Arbeit und Vernichtung. Ökono− misches Interesse und Primat der Weltanschauung“ im Nationalsozialismus, in 2002: D. Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, 236], hat die Aufmerksamkeit der Forschung zunehmend intensiv, um die Grundlagen, die Ziele und die Praxis des Racial State“ [149: M. Burleigh/W. Wippermann, The Racial State. Germany 1933–1945] zu rekonstruieren, auf den Zusam− menhang zwischen der Ermordung des europäischen Judentums und der dieser Untat vorausgehenden Vernichtung“ des so genannten lebensunwerten Le− bens“ im Rahmen des verschiedene Aktionen“ umfassenden Euthanasie−Pro− grammes“ [1474: E. Klee, Euthanasie“ im NS−Staat; und 1404: M. Burleigh, Death and Deliverance. Euthanasia“ in Germany c. 1900–1945] konzentriert, die über das teilweise gemeinsam benutzte Mordinstrumentarium der Verga− sungsanlagen hinaus [vgl. dazu 1479: E. Kogon/H. Langbein/A. Rückerl (Hrsg.), Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas] ihre gemeinsame Wurzel im Vernichtungswillen und in der Rassenutopie Hitlers finden. Die Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland“ [1562: P. Weingart/J. Kroll/K. Bayertz, Rasse, Blut und Gene; vgl. auch 1550: M. Schwartz, Euthanasie“−Debatten in Deutschland] hat dabei ebenso Beachtung gefunden wie der zwischen Ethics and Extermination“ [1405: M. Burleigh, Ethics and Extermination. Reflections on Nazi Genocide] oszillierende Irrweg von Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik in die (Massen)Vernichtung. In dieser Perspektive hat die Nationalsozialistische Vernichtungspolitik“ [1457: U. Herbert (Hrsg.), Nationalsozialistische Vernichtungspolitik 1939– 1945. Neue Forschungen und Kontroversen] die Zahl der Opfergruppen be− ständig erweitert: Behinderte und Asoziale, Homosexuelle und Lagerhäftlinge unterschiedlicher Provenienz zählen dazu ebenso, wie die nationalsozialistische ,Lösung der Zigeunerfrage‘“, die gleichfalls zum mörderischen Zusammenhang von Rassenutopie und Genozid“ [1573: M. Zimmermann] gehört [vgl. dazu auch 1566: W. Wippermann, Wie die Zigeuner“. Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich; 1501: G. Margalit, Rassismus zwischen Romantik und Völker− mord. Die Zigeunerfrage“ im Nationalsozialismus; sowie 1520: S. Peritore, Die Zigeunerfrage“ im Nationalsozialismus; und 1502: G. Margalit, Eine Antwort auf Silvio Peritore; ferner 1465: J. S. Hohmann, Robert Ritter und die Erben der Kriminalbiologie. Zigeunerforschung“ im Nationalsozialismus und in West− deutschland im Zeichen des Rassismus; und 1533: H. Riechert, Im Schatten

6. Die Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“

289

von Auschwitz. Die nationalsozialistische Sterilisationspolitik gegenüber Sinti und Roma]. Was dagegen das Züchtungselement der nationalsozialistischen Rassenpolitik angeht, so ist die Frage danach, ob die Einrichtungen des Lebensborn“ Ent− bindungs− oder Zuchtanstalten gewesen sind, nach wie vor offen, obwohl die Tendenz der einschlägigen Darstellungen eher entmythologisierender Natur ist [vgl. dazu 1492: G. Lilienthal, Lebensborn; sowie 1543: D. Schmitz−Köster, Deutsche Mutter, bist du bereit . . .“. Alltag im Lebensborn]. Nach wie vor fehlen Untersuchungen über das Problem der biologischen Züchtungsmaßnahmen“ des Regimes [vgl. dazu 1551: H. Seidler/A. Rett, Reichssippenamt; und 148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 397–441; sowie K. Rossijanow, Ge− fährliche Beziehungen: Experimentelle Biologie und ihre Protektoren, in 856: D. Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht. Intellektuelle Professionen unter Stalin und Hitler, 340–359, der über Kreuzungsexperimente zwischen Mensch und Affe in der Sowjetunion berichtet], die auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu Diktaturen von vergleichbarem Herrschafts−, Revolutions− und Totali− tätsanspruch verweisen könnten und die zusammen mit der Judenpolitik“ und der Euthanasiepolitik“ des Dritten Reiches“ als Teile der Weltanschauung“ und Herrschaft“ Hitlers zu begreifen sind und sich komplementär ergänzt haben. Insgesamt hat die Erforschung der nationalsozialistischen Außen− und Ras− senpolitik einen Punkt erreicht, an dem sich die alte Frage erneut stellt, inwieweit nämlich der Eroberungswille, die Vernichtungsqualität und die Rassenutopie Hitlers singulär oder vergleichbar erscheinen. Gerade weil Untersuchungen über die Politik des Dritten Reiches“ im Zweiten Weltkrieg [vgl. 1613: Ch. Streit, Keine Kameraden; 1612: A. Streim, Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener; 1602: R. Otto, Wehrmacht, Gestapo und so− wjetische Kriegsgefangene im deutschen Reichsgebiet 1941/42], nicht zuletzt seiner Besatzungspolitik [vgl. dazu insgesamt H. Umbreit, Auf dem Weg zur Kontinentalherrschaft, in 1202: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 5/I, 3–345; sowie Ders., Die deutsche Herrschaft in den besetzten Gebieten 1942–1945, in: ebd., Bd. 5/II, 3–272; sowie allgemein 1289: Okkupation und Kollaboration (1938–1945). Beiträge zu Konzepten und Praxis der Kollabo− ration in der deutschen Okkupationspolitik; sowie 1178: W. Benz/J. Houwink ten Cate/G. Otto (Hrsg.), Die Bürokratie der Okkupation. Strukturen der Herrschaft und Verwaltung im besetzten Europa; im speziellen vgl. unter an− derem die neuen Studien von 1267: C. Madajczyk, Die Okkupationspolitik Nazideutschlands in Polen; 1183: R. Bohn (Hrsg.), Die deutsche Herrschaft in den germanischen“ Ländern 1940–1945; 1243: O. K. Hoidal, Quisling. A Study in Treason; sowie 1199: H. F. Dahl, Quisling. A Study in Treachery; 1241: G. Hirschfeld, Fremdherrschaft und Kollaboration. Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940–1945; 1342: W. Warmbrunn, The German Occu− pation of Belgium 1940–1944; 1198: M. Conway, Collaboration in Belgium. Lon Degrelle and the Rexist Movement 1940–1944; 1204: P. Dostert, Luxem−

Lebensborn“

Züchtung der Besten?

Das Problem von Singularität und Vergleichbarkeit

Sowjetische Kriegsgefangene

Deutsche Besat− zungspolitik

290

Desiderate der Forschung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

burg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe. Die deutsche Besatzungspolitik und die Volksdeutsche Bewegung 1940–1945; 1205: Y. Du− rand, Le nouvelle ordre europen nazi. La collaboration dans l’Europe al− lemande (1938–1945); 1191: Ph. Burrin, Living with Defeat. France under the German Occupation, 1940–1944; 1190: M. Bunting, The Model Occupation. The Channel Islands under German Rule, 1940–1945; 1211: H. Fleischer, Im Kreuz− schatten der Mächte. Griechenland 1941–1944 (Okkupation−Rsistance−Kol− laboration); 1257: W. Kosyk, The Third Reich and the Ukraine] für die Be− stimmung seines verbrecherischen Charakters aufschlußreich sind, ist es an der Zeit, das Einzigartige des Nationalsozialismus in eine historische Perspektive zu rücken und auf seine Verwandtschaft hin zu befragen beispielsweise mit der zeitgleichen Praxis und Zielsetzung der stalinistischen Diktatur [vgl. 2016: K. Hildebrand, Der deutsche Eigenweg], um auch in dieser Hinsicht die Frage nach dem Singulären des Nationalsozialismus und dem Typischen seiner to− talitären Erscheinung beantworten zu können. Schließlich dürfte es im Rahmen einer historischen Einordnung der Außen− und Rassenpolitik des Dritten Reiches“ in den geschichtlichen Kontext der Staa− tenwelt und des Zeitalters, in die Geschichte des 20. Jahrhunderts also, sinnvoll sein, in Fortführung und Entwicklung der Studien von Andreas Hillgruber [1238: Hitlers Strategie], Bernd Martin [1272: Friedensinitiativen; vgl. dazu auch 1311: U. Schlie, Kein Friede mit Deutschland. Die geheimen Gespräche im Zweiten Weltkrieg 1939–1941], Wolfgang Michalka [1135: Ribbentrop und die deutsche Weltpolitik; 1059: M. Bloch, Ribbentrop; und 1114: St. Kley, Hitler, Ribbentrop und die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs], Stefan Martens [527: Hermann Göring] und Helmut Michels [1023: Die Rolle von Joseph Goebbels in der nationalsozialistischen Außenpolitik bis 1939] sowie von Yehuda Bauer, der nicht zuletzt auch Himmlers entsprechende Aktivitäten im Zusammenhang mit einem Freikauf von Juden“ untersucht [1379: Freikauf von Juden? Ver− handlungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und jüdischen Repräsentanten von 1933 bis 1945], auch zukünftig der Existenz außenpo− litischer (und außenhandelswirtschaftlicher) sowie rassenpolitischer Varianten in der Politik des Dritten Reiches“ Beachtung zu schenken und den entsprechenden Vorstellungen und Entwürfen einer zweiten Generation“ technokratisch orientierter Nationalsozialisten nachzuspüren, auf deren Bedeutung vor ge− raumer Zeit schon Michael Salewski [1606: Das maritime Dritte Reich] hin− gewiesen hat (siehe S. 215), und die möglicherweise als systemimmanente bzw. systemverändernde Alternativen zur Außen− und Rassenpolitik Hitlers ein− zuschätzen sind. Ihre Darstellung könnte nicht zuletzt auch Aufschluß geben über die Mög− lichkeiten und Grenzen der Tätigkeit oppositioneller Gruppen im Dritten Reich“ und deutlicher als bisher markieren, wie fließend in Hitlers natio− nalsozialistischer Diktatur nicht selten die Übergänge zwischen Mitarbeit und Widerstand tatsächlich waren.

7. Der deutsche Widerstand

291

7. Der deutsche Widerstand Sowohl in der alten Bundesrepublik als auch in der ehemaligen DDR hat die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte des deutschen Widerstandes im Dritten Reich“ in einem nicht zu übersehenden Maß auch politische Funk− tionen erfüllt. Diese Feststellung gilt für das wiedervereinigte Deutschland gleichermaßen. Darin unterscheidet sich die deutsche Entwicklung während der Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges freilich kaum von der Geschichte der Mehrzahl der anderen europäischen Nationen in West und Ost. Auch sie gewannen aus der Darstellung der unmittelbar zurückliegenden Zeit des Krieges, in der Patrioten aller Parteien und Schichten gegen die deutsche Be− satzungsmacht gekämpft hatten, ihren Teil für die Wiedergewinnung des na− tionalen Selbstbewußtseins und die Entwicklung der Europa−Idee, aber auch für den kommunistischen Helden− und Systemkult“ [134: K. D. Bracher, Krise Europas, 217]. Dabei sah sich die frühe Historiographie, die sich mit der Ge− schichte des Widerstandes auseinandersetzte, in der Bundesrepublik nicht selten einer doppelten Frontstellung gegenüber: zum einen der Verabsolutierung des kommunistischen Widerstandes in SBZ und DDR, zum anderen der generellen Verunglimpfung des Widerstandes durch nationalistische und rechtsradikale westdeutsche Kreise, die ihn mit dem Vorwurf des Hoch− und Landesverrats überzogen“ [163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 90]. Die Tendenz, den Widerstand gegen das Dritte Reich“ als legitimierende Folie zu verstehen und gegenwartsbezogen zu nutzen, hat sich bis heute fortgesetzt. Denn nicht selten dient gerade die Beschäftigung mit dem so genannten kleinen Widerstand“ [1833] dazu, Haltungen von Nonkonformismus und Verweigerung, Sachverhalte wie Protest und Gesetzesbruch, die im totalitären Unrechtsregime eine ganz andere, nämlich existentielle Bedeutung besaßen, als ihnen im par− lamentarischen Rechtsstaat zu eigen ist, aus ihrer Banalität und teilweisen Ille− galität in die historisch drapierte Dimension des Heroischen und Legitimen zu erheben. In ihrem Urteil über den deutschen Widerstand, der sich von den europäischen Rsistance−Bewegungen so maßgeblich, wenn nicht grundsätzlich unterschied (siehe S. 124) [vgl. dazu 1870 : M. Kissener/H.−H. Brandt/W. Altgeld (Hrsg.), Widerstand in Europa. Zeitgeschichtliche Erinnerungen und Studien], ging die orthodox−marxistische Geschichtswissenschaft davon aus, daß nur die kommunistische Widerstandsbewegung durchgängig von 1933 bis 1945 gegen die ,faschistische‘ Herrschaft kämpfte und dabei die meisten Opfer brachte“ [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Nationalsozialismus, 43]. Dagegen würdigte sie aus der Zahl der übrigen Widerstandskämpfer nur wenige Persönlichkeiten, beispielsweise den Grafen Stauffenberg, ohne daß die im Zusammenhang damit gelieferten Urteile über Stauffenbergs fortschrittlichen“ Patriotismus in der nichtmarxistischen Forschung Zustimmung gefunden hätten, wie man Chri− stian Müllers Biographie über diesen führenden Repräsentanten des deut−

Politische Funk− tionen der Ge− schichtsschreibung über den Widerstand

Wider− standsforschung zwischen extremen Positionen

Geschichts− wissenschaft der DDR

292

Peter Hoffmann: Claus Graf von Stauffenberg und seine Brüder“

Westliche Geschichts− wissenschaft

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

schen Widerstandes entnehmen kann [1902: Stauffenberg, 18–20]. Inzwischen hat die Persönlichkeit Stauffenbergs, der sich von einem Anhänger der Bewegung Hitlers zum Attentäter des Diktators entwickelt hat, in Peter Hoffmanns großem Werk [1863: Stauffenberg und seine Brüder] – nicht zuletzt auf der Grundlage neuen Quellenmaterials – eine kritische Würdigung erfahren, die als definitiv gelten darf. Was aber die ideologisch geprägte Interpretation des deutschen Widerstandes durch die Geschichtswissenschaft der DDR angeht, so diente sie dazu, das staatliche Selbstverständnis dieser sowjetischen Satrapie und ihre Legitimation aus der Legende des allein als maßgeblich ausgegebenen kommunistischen Wi− derstandes gegen das Dritte Reich“ abzuleiten [vgl. dazu insgesamt G. Ross− mann, Die Verfälschung des antifaschistischen Widerstandskampfes in der westdeutschen Geschichtsschreibung, in: ZfG 18 (1970), 5–22; K. Mammach, Der antifaschistische deutsche Widerstand 1933 – 139, Berlin−Ost 6. Auflage 1984; und in kritischer Reflexion dieser Versuche der DDR−Historiographie 1810: W. Bramke, Der antifaschistische Widerstand in der Geschichts− schreibung der DDR in den achtziger Jahren. Forschungsstand und Probleme]. Allmählich machte sich dann, beispielsweise mit Kurt Finkers zuerst 1978 erschienener Darstellung Graf Moltke und der Kreisauer Kreis“ [1829] ein− setzend, im Zusammenhang mit dem Bemühen der DDR um eine umfassender angelegte Aneignung der deutschen Geschichte eine neue Linie in ihrer Ge− schichtsschreibung über den deutschen Widerstand bemerkbar, die nicht zuletzt den in der Historiographie der Bundesrepublik als Untersuchungsgegenstand, zeitweise und teilweise jedenfalls, bewußt hintangestellten 20. Juli“ als die frühe Form einer Koalition der Vernunft“ zwischen Kräften des Bürgertums, des Adels und der militärischen Führung gegen Hitlers Regime darzustellen versucht hat. In der westlichen Geschichtswissenschaft verlief die Entwicklung der Er− forschung des deutschen Widerstandes weit weniger planvoll und geradlinig [vgl. zu den verschiedenen Entwicklungsphasen der Forschung, zu ihren do− minanten Tendenzen und zum Stand der Geschichtsschreibung auf diesem Feld den 1986 vorgelegten knappen und notwendigerweise holzschnittartig ver− fahrenden Überblick von Klaus−Jürgen Müller und Hans Mommsen, Zur Historiographie des Widerstandes, in 1907: K.−J. Müller (Hrsg.), Der deutsche Widerstand, 13–21, und die 1985 erschienene ausführlich und differenzierte Ab− handlung von 1959: P. Steinbach, Der Widerstand als Thema der politischen Zeitgeschichte, 11–74; siehe auch den 1983 publizierten Artikel von Günter Plum, Über Widerstand und Resistenz, in 146: M. Broszat/H. Möller (Hrsg.), Das Dritte Reich, 248–273, und den 1984 präsentierten ausführlichen Bericht von 1970: G. R. Ueberschär, Gegner des Nationalsozialismus, die beide in ihrer Urteilsbildung durch die jüngeren Strömungen der Geschichts− wissenschaft stärker beeinflußt erscheinen als der gleichfalls 1984 veröf− fentlichte, trotz seiner Kürze konventionelle und moderne Themen einordnend

7. Der deutsche Widerstand

293

und ausgewogen darstellende Aufsatz von Wolfgang Altgeld, Zur Geschichte der Widerstandsforschung, in 1884: R. Lill/H. Oberreuter (Hrsg.), 20. Juli, 377– 383; als beeindruckende Zwischenbilanz der in sich alles andere als einheitlich erscheinenden Forschung zum deutschen Widerstand bis zum Beginn der achtziger Jahre ist der von Jürgen Schmädeke und Peter Steinbach 1985 herausgegebene Sammelband 1943: Der Widerstand gegen den National− sozialismus, anzusehen, dessen Resümee über die Diskussionen zur Geschichte des Widerstandes“, 1119–1158, aufgrund seines umfassenden Informationsgehalts besondere Hervorhebung verdient; vgl. auch 1899: H. Mommsen, Die Geschichte des deutschen Widerstands im Lichte der neueren Forschung; 1800: K. O. von Aretin, Literaturbericht Widerstand; und 1803: D. Beck, Neuere Literatur zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus; die neueren Ergebnisse der For− schung aus den neunziger Jahren haben 1871: M. Kissener/J. Scholtyseck, Gedenkjahrnachlese. Monographien zum deutschen Widerstand gegen den Na− tionalsozialismus aus den Jahren 1993–1996, resümiert, während 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 77–100, einen souveränen Überblick über die Entwicklung und den Stand der Widerstandsforschung, einschließlich des Kir− chenkampfes, bietet, die vor allem aufgrund der gedanklichen Durchdringung des Untersuchungsgegenstandes überzeugt; hingewiesen sei auch auf das von 1807: W. Benz und W. H. Pehle herausgegebene Lexikon des deutschen Widerstandes“]. Indes: Auch im Rahmen der ehemals bundesrepublikanischen sowie der ge− genwärtigen deutschen Historiographie wird ein direktes oder indirektes Bemü− hen darum erkennbar, aus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des deutschen Widerstandes gegen Hitler historische Kontinuität und politische Integrationskraft für den westdeutschen bzw. gesamtdeutschen Staat zu gewinnen – nicht zuletzt im Hinblick auf die existierende Wirtschafts− und Sozialordnung [vgl. dazu 1903: E. Müller, Widerstand und Wirt− schaftsordnung. Die wirtschaftspolitischen Konzepte der Widerstandbewegung gegen das NS−Regime und ihr Einfluß auf die soziale Marktwirtschaft; sowie 1953: G. Schulz, Die Gesellschaftsordnung in den Staatsentwürfen des deutschen Widerstandes]. Zuerst dominierte allerdings – prima vista paradox und dennoch, wenn man sich Stephan Hermlins Bekenntnis vor Augen führt: Man konnte nicht für die Sowjetunion sein, ohne für Stalin zu sein“ [M. Reich−Ranicki, Und Stalin? Stephan Hermlin im Gespräch, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. 9. 1984, 25], im Hinblick auf das Räderwerk totalitärer Diktaturen ebenso charakteristisch wie für die sich in modernen Kriegen so leicht einstellende Symmetrie wechselseitiger Fehleinschätzungen kennzeichnend – in der Ge− schichtsschreibung der angelsächsischen Siegermächte die nationalsozialistische Propagandaformel: Hitler ist Deutschland und Deutschland ist Hitler“. Die berüchtigte Anklage des Diktators vom 20. Juli 1944, es sei im Grunde nur eine kleine Clique ehrgeiziger Offiziere“ gewesen, die gegen ihn geputscht habe, wurde gleichfalls übernommen. Bis in die sechziger Jahre hinein schätzten eng−

Zwischenbilanz 1985

Urteile der Na− tionalsozialisten und der Sieger

294

Befreiung 1945?

Grundlegende Dar− stellungen

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

lische Historiker wie John W. Wheeler−Bennett und Lewis Namier, in dieser Perspektive befangen, die Akteure des 20. Juli als vom Nationalsozialismus politisch nur graduell unterschiedene Militaristen“ ein, die durch Opferung eines Schuldigen einen Verhandlungsfrieden erreichen und den deutschen Mili− tarismus in der Katastrophe retten, damit aber die Alliierten um den vollen Sieg betrügen wollten“ [1917: G. Plum, Widerstandsbewegungen, 962]. Diese Auf− fassung ist ebenso einer angemesseneren Beurteilung des deutschen Widerstandes gewichen, wie die extreme Gegenposition, daß Deutschland das ,erste besetzte Land‘ der Nazis gewesen sei und folglich fast alle Deutschen mehr oder minder aktiv im Widerstand gegen eine kleine Clique von Usurpatoren gestanden hätten, in seriösen Arbeiten [keinen] Niederschlag“ fand [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Nationalsozialismus, 43–44]. Daß – damit im Zusammenhang stehend und dennoch weit darüber hin− ausreichend – das Ende des Zweiten Weltkrieges in und für Deutschland nicht einseitig als Befreiung“ zu verstehen ist, liegt angesichts der historischen Tat− sachen auf der Hand. Der Begriff ,Befreiung‘“, hat Andreas Hillgruber diesen vielschichtigen, ja von Tragik durchzogenen Sachverhalt einmal umschrieben, impliziert eine . . . Identifizierung mit den Siegern, und natürlich hat er seine volle Berechtigung für die aus den Konzentrationslagern und Gefängnissen be− freiten Opfer des nationalsozialistischen Regimes. Aber auf das Schicksal der deutschen Nation als Ganzes bezogen, ist er unangebracht. ,Befreiung‘ um− schreibt nicht die Realität des Frühjahrs 1945. Wollte man mit dieser Vokabel ernsthaft den Zusammenbruch des Reiches zu erfassen suchen, so setzte dies voraus, daß das Kriegsziel der Alliierten in West und Ost tatsächlich in nichts anderem bestanden hätte als in der Beseitigung des nationalsozialistischen Herr− schaftssystems“ [2020: A. Hillgruber, Zweierlei Untergang, 24; vgl. dazu auch K. Hildebrand, Integration und Souveränität. Die Außenpolitik der Bun− desrepublik Deutschland 1949–1982, Bonn 1991, 6]. Nach den ersten Bemühungen von seiten am Widerstand beteiligter Persön− lichkeiten wie Fabian von Schlabrendorff [Offiziere gegen Hitler, Zürich 1946], Hans Bernd Gisevius [Bis zum bitteren Ende, 2 Bde., Zürich 1946] und Rudolf Pechel [Deutscher Widerstand, Erlenbach−Zürich 1947], durch ihre 1946/47 in der Schweiz veröffentlichten Arbeiten ebenso wie durch die dort zuerst posthum publizierten Tagebücher Ulrich von Hassells [72: Die Has− sell−Tagebücher 1938–1944. Aufzeichnungen vom Andern Deutschland; sowie 73: Ders., Der Kreis schließt sich. Aufzeichnungen in der Haft 1944] Vorurteile zu korrigieren, war es dann besonders Hans Rothfels’ erstmals 1948 in englischer Sprache veröffentlichte Darstellung The German Opposition to Hitler“ [1933: Die deutsche Opposition], die in dieser Hinsicht erfolgreich wirkte. Sie trug wesentlich dazu bei, vor allen Dingen in den Vereinigten Staaten von Amerika, ein vergleichsweise umfassendes, wissenschaftlich zuverlässiges und ange− messenes Bild vom deutschen Widerstand zu zeichnen. Nicht zuletzt unter dem Einfluß dieses schon ein Jahr darauf in deutscher Sprache vorliegenden Buches

7. Der deutsche Widerstand

295

konzentrierte sich das Interesse der Forschung mit einer gewissen, nicht zu verkennenden Einseitigkeit auf die Tätigkeit der konservativen Wider− standskräfte und führte im Zeichen der Ära des Kalten Krieges im allgemeinen, angesichts der beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland starken Stellung von Universitäten und Kirchen im besonderen, zu dementsprechenden Über− zeichnungen und zu Weglassungen“ [A. Hillgruber]. Der damaligen Ein− schätzung gemäß waren es in erster Linie die konservativen und bürgerlichen Vertreter des deutschen Widerstandes, die in einem freilich stets betonten Zu− sammenwirken mit Sozialdemokraten und angesichts einer allerdings niemals näher beschriebenen Verankerung im deutschen Volk die Erhebung vom 20. Juli 1944 getragen hatten. Neben Hans Rothfels’ Darstellung war es nicht zuletzt auch die andere für den Gang der Erforschung des deutschen Widerstandes wegweisende, 1954 veröffentlichte und 1984 neu herausgegebene Studie aus der Feder von Gerhard Ritter über Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung“ [1926; zu einem Teil seiner Biographie und seinem Weg vom Systemträger zum Sy− stemgegner“ vgl. 1921: I. Reich, Carl Friedrich Goerdeler. Ein Oberbür− germeister gegen den NS−Staat, 9 u. 275], welche die Behandlung des kom− munistischen und des linkssozialistischen Widerstandes vernachlässigte bzw. die Tätigkeit der Roten Kapelle“ [vgl. dazu die Dokumentationen von 1937: H. Scheel, Die Rote Kapelle“ und der 20. Juli 1944; sowie von 1820: H. Coppi, Die Rote Kapelle“ im Spannungsfeld von Widerstand und nachrich− tendienstlicher Tätigkeit; sowie 1821: Ders./H. Danyel/J. Tuchel (Hrsg.), Die Rote Kapelle gegen den Nationalsozialismus] als Verrat ablehnte. Eben diese Einschätzung galt lange Zeit auch für das Nationalkomitee ,Freies Deutschland‘“ und den Bund deutscher Offiziere“, die Karl Dietrich Erd− mann im Jahr 1976 nicht zum deutschen Widerstand, sondern zur sowjetischen Kriegspropaganda“ [153: Zeit der Weltkriege, 573] gerechnet hat. In den neunziger Jahren bemühte sich eine auch publizistisch rührige Tendenz der Wider− standsforschung darum, das NKFD und den BDO als Teil des deutschen Wi− derstandes gegen Hitler zu begreifen. Das vollzog sich unter der politisch mo− tivierten, wissenschaftlich nicht unproblematischen Maxime, den Widerstand in seiner ganzen Breite und Vielfalt“ [1960: P. Steinbach, Plädoyer für die Erwäh− nung des Nationalkomitees Freies Deutschland“ in der Berliner Wider− standsausstellung; siehe dazu S. 120 f.] erfassen zu wollen. In dieser Perspektive gelangt beispielsweise Paul Heider zu der Feststellung: das Nationalkomitee ,Freies Deutschland‘ und die von ihm geleitete Bewegung in der Sowjetunion war Teil des Widerstandes gegen Hitler und das Naziregime“ [1846: Nationalkomitee ,Freies Deutschland‘ – Antihitlerbündnis oder Koalition für ein demokratisches Deutschland?, 29]. Die hin− und hergehende Debatte [vgl. dazu beispielsweise 1971: G. R. Ueberschär (Hrsg.), Das Nationalkomitee Freies Deutschland“ und der Bund Deutscher Offiziere; 1922: L. Rein, Feldmarschall Friedrich Paulus 1943–1953; sowie 1818: H. Bungert, Das Nationalkomitee und der Westen. Die

Konservativer Wi− derstand im Zentrum

Debatten um die Rote Kapelle“ und das Natio− nalkomitee ,Freies Deutschland‘“

296

Revision der Urteile

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Reaktion der Westalliierten auf das NKFD und die freien deutschen Bewegungen 1943–1948] ist sodann in der führenden Gesamtdarstellung über Widerstand und Emigration. Das NS−Regime und seine Gegner“ aus der Feder von Hartmut Mehringer zusammenfassend so beurteilt worden: Während der Autor die Rote Kapelle“ zu den bedeutendsten Gruppierungen des Widerstands“ [1891: 170] zählt, beurteilt er das Nationalkomitee ,Freies Deutschland‘“, die ,Koalition auf Zeit‘ zwischen kriegsgefangenen Wehrmachtoffizieren und kommunistischen Emigranten . . . als das, was sie war: nur eines von vielen Instrumenten sowje− tischer Deutschlandpolitik“ [ebd., 257]. Daß dieses eindeutige Ergebnis der Forschung bitter für jenen Teil der militärischen Mitglieder von NKFD und BDO ist, die nicht aus verständlichen Gründen wie Opportunismus oder Le− bensangst, sondern aus ehrenhaften Motiven und – angesichts ihrer besonderen Lage – mit sehr begrenzten Möglichkeiten versuchten, Widerstand hinter Stacheldraht“ [1831: A. Fischer, Die Bewegung Freies Deutschland“ in der Sowjetunion] zu leisten, sei zumindest erwähnt. Im unbewußten oder bewußten Bemühen darum, durch die Beschäftigung mit dem deutschen Widerstand staatliches Selbstverständnis durch Traditionslegung zu entwickeln, wurde versucht, die innenpolitischen Zukunftsentwürfe der Ver− schwörer als Vorläufer dessen zu qualifizieren, was in der Bundesrepublik Deutschland unter einer freiheitlichen Demokratie“ [1826: D. Ehlers, Technik und Moral einer Verschwörung, 16] verstanden wurde. Korrespondierend dazu gab es Versuche, in ihren außenpolitischen Planungen einen direkten Weg Vom ,Widerstand‘ zu den ,Vereinigten Staaten von Europa‘“ [W. Ritter von Schramm, Erhebung 1944, in: Politische Studien 1954, 170] nachzuweisen. Daneben blieben die Publikationen über den kommunistischen und links− sozialistischen Widerstand, die in den vierziger und fünfziger Jahren bei− spielsweise von Hermann Brill [Gegen den Strom, Offenbach 1946] und von Günther Weisenborn [1978: Der lautlose Aufstand] vorgelegt wurden, vor− läufig noch in der Minderzahl. Die von dem Wunsch nach Schaffung einer historischen Tradition und eines sich daraus ableitenden Selbstverständnisses für die junge Bundesrepublik mitgetragenen Urteile dieser Darstellungen, die sowohl im Sinne der Haltung der konservativen Verschwörer Goerdeler und Beck als auch der Repräsentanten des – von dem niederländischen Historiker Ger van Roon in seinem 1967 veröffentlichten Buch Neuordnung im Widerstand“ [1928; vgl. dazu auch 1932: Ders., Der Kreisauer Kreis. Neuordnung und Widerstand] ausführlich behandelten – Kreisauer Kreises [vgl. dazu auch 1901: H. Mommsen, Der Kreisauer Kreis und die künftige Neuordnung Deutschlands und Europas; so− wie 1867: U. Karpen/A. Schott (Hrsg.), Der Kreisauer Kreis. Zu den ver− fassungspolitischen Vorstellungen von Männern des Widerstandes um Helmuth James Graf von Moltke] stets maßgeblich die moralischen Motive der Wider− standskämpfer betonten, wurden vom Beginn der sechziger Jahre an zunehmend stärker in Frage gestellt. Eine wissenschaftliche Gegenbewegung innerhalb der Widerstandsforschung gewann an Bedeutung, die sich nicht zuletzt auch aus der

7. Der deutsche Widerstand

297

Opposition gegenüber gewissen als restaurativ empfundenen Tendenzen in der Bundesrepublik Deutschland speiste, und ihrerseits symptomatisch für den einsetzenden Wandel des geistigen (und politischen) Klimas in der Bundes− republik wurde. Die Revision der bis dahin gültigen Urteile über den deutschen Widerstand begann damit, daß Universitäten und Kirchen in ihrem Verhalten während des Dritten Reiches“ kritischer betrachtet wurden. Das Einverständnis darüber, sie hätten zumindest passiv Widerstand geleistet, schwand: Nun wurden Oppor− tunismus und Anpassung vieler Würdenträger an den Pranger gestellt“, hat Andreas Hillgruber die sich bemerkbar machende neue Tendenz der Ge− schichtsschreibung über den deutschen Widerstand einmal anschaulich um− schrieben, wobei sich die Stoßrichtung vielfach mehr gegen die kooperierenden Konservativen als gegen die Exponenten nationalsozialistischer Couleur, die es auch dort überall gegeben hatte, richtete“ [165: Endlich genug über Natio− nalsozialismus, 44]. In diesem Rahmen waren es zu einem sehr maßgeblichen Teil Hans Mommsen und Hermann Graml, die in zwei die Forschung stark beeinflussenden Auf− sätzen über Gesellschaftsbild und Verfassungspläne des deutschen Wider− standes“ und über Die außenpolitischen Vorstellungen des deutschen Wider− standes“ [in 1945: W. Schmitthenner/H. Buchheim (Hrsg.), Der deutsche Widerstand, 73–167 und 15–72] zu einem Überdenken der Tätigkeit und vor allem der Planungen der verschiedenen Gruppen des deutschen Widerstandes beitrugen und der Forschung neue, nachhaltig wirkende Anstöße gaben. In seinen freilich sehr pointierten Ausführungen zeigte Hans Mommsen, daß die innenpolitischen Zukunftsentwürfe der Vertreter des konservativen Widerstandes mit den Erfordernissen einer parlamentarischen Demokratie unter den Be− dingungen der technisch−industriellen Arbeitswelt“ wenig gemein hatten und eher im Hinblick auf den wilhelminischen Obrigkeitsstaat bzw. auf abso− lutistische Staatsvorbilder hin orientiert und mithin rückwärts gewandt er− scheinen. Dementsprechend wies Hermann Graml darauf hin, daß eben diese Repräsentanten des konservativen Widerstandes auch in außenpolitischer Hin− sicht über ihre nationalstaatliche Perspektive hinaus die Schaffung eines von Deutschland direkt oder indirekt beherrschten Mitteleuropa bzw. das Streben nach europäischer Hegemonie ganz im Sinne wilhelminischer Vorbilder als Orientierung und Ziel ihren Planungen zugrunde legten. Gerade auf diesem Sektor hat sich die Forschung differenziert und fruchtbar weiterentwickelt, wenn man sich vor Augen führt, daß Rainer Behrings große Darstellung Demokratische Außenpolitik für Deutschland“ in eingehender Art und Weise Die außenpolitischen Vorstellungen deutscher Sozialdemokraten im Exil 1933– 1945“ [1804] untersucht hat [vgl. in diesem Zusammenhang auch 1798: R. Al− brecht, Der militante Sozialdemokrat. Carlo Mierendorff 1897 bis 1943]. Damit einhergehend fand gegenüber der lange vorherrschenden Auffassung vom Widerstand ohne Volk“, wie Hans Mommsen die Ergebnisse der auf die

Hans Mommsens und Hermann Gramls Impulse

298

Der linke“ Widerstand im Zentrum

Kritik am kon− servativen Widerstand

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Behandlung der konservativen Repräsentanten des Widerstandes konzentrierten Geschichtsschreibung zugespitzt zusammengefaßt hat, verstärkt die Existenz sozialdemokratischer, kommunistischer und gewerkschaftlicher Wider− standstätigkeit Beachtung. Damit war ein mächtiger Impuls gegeben, der in der Forschung bis heute einflußreich wirkt, lange Zeit, zumindest der Tendenz nach, dominierte und sodann durch die bevorzugte Beschäftigung mit Phänomenen nonkonformen, resistenten und protestierenden Verhaltens, auf die der Wider− standsbegriff nur mit Vorbehalten zutrifft (siehe S. 305 ff.), seinerseits erneut relativiert wurde. Die herkömmliche Betrachtung der Widerstandstätigkeit von Angehörigen aus Kreisen der traditionellen Eliten trat jedenfalls für einige Zeit vergleichsweise zurück, und eine große Zahl von Regionalstudien und Dar− stellungen vornehmlich über den linken Widerstand entstand. Zusammen mit Untersuchungen des lokalen und betrieblichen Widerstandes, der in der DDR über weite Strecken hin zu den bevorzugten Untersuchungsgegenständen der Forschung gehörte, fügten sie sich zu einem neuen, die bis in die sechziger Jahre hinein verbindlichen Maßstäbe und Ergebnisse teilweise ergänzenden, teilweise aber auch überlagernden und verdrängenden Bild vom deutschen Widerstand, das freilich in den kommenden Dekaden neue Züge und andere Konturen erhielt. Die Vertreter des konservativen Widerstandes erschienen nicht mehr länger als das andere, bessere Deutschland, das gegen die Tyrannei Hitlers aufgestanden war. Vielmehr wurde das angeblich Ewiggestrige“ ihrer Gedankenwelt her− vorgehoben und die daraus abgeleitete innen− und außenpolitische Zu− kunftslosigkeit ihrer Entwürfe kritisiert – eine in der Bundesrepublik zwar nicht unwidersprochen akzeptierte, aber unverdrossen engagiert“ vertretene Position, die in der damaligen DDR im Hinblick auf die als zukunftweisend beurteilte Entscheidung dieser Repräsentanten zur Zusammenarbeit mit anderen ge− sellschaftlichen Kräften und zur Aktion gegen Hitler differenzierter einge− schätzt wurde. In solch einseitig ausfallendem Rückblick konnten die Reprä− sentanten des konservativen Widerstandes beileibe nicht als geeignet angesehen werden, jenen Modernisierungsvorgang innerhalb der deutschen Entwicklung nachzuholen bzw. einzuleiten, der als geschichtsnotwendig bewertet und als eine Anpassung politischer Institutionen und gesellschaftlicher Einrichtungen an die sogenannten Bedürfnisse einer Industriegesellschaft verstanden wird. Maßgebend für diese sich im Hinblick auf die Einschätzung des konservativen Widerstandes seit den sechziger Jahren vollziehende Neuorientierung wurde ohne Zweifel Ralf Dahrendorfs 1961 [1995: Demokratie und Sozialstruktur in Deutschland] vorgetragene Kritik gegenüber der vorindustriellen preußischen Oberschicht“ [ebd., 292], die von der Ära Bismarck bis 1933 Deutschlands Weg in die Modernität blockiert habe. In seiner für das damalige politische Empfinden wohl bestürzenden Interpretation stellte er seinem äußerst skeptischen Urteil über die politischen Ideen der preußisch−deutschen Konservativen einschließlich der Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944, deren moralische Qualität jedoch auch für ihn außer Zweifel stand, jene These von den unbeabsichtigten Konsequenzen“

7. Der deutsche Widerstand

299

entgegen, die das Hitler−Regime“ nicht zuletzt auch durch die nahezu völlige physische Beseitigung der alten preußischen Oberschicht“ [ebd., 293] her− vorbrachte und die für die Entwicklung der westdeutschen Nachkriegs− gesellschaft modernisierende Folgen zeitigte. Insgesamt nahm sich die Situation der Geschichtswissenschaft auf dem Gebiet der Erforschung des deutschen Widerstandes seit den siebziger Jahren fast genau umgekehrt zu der in den fünfziger Jahren aus. Lag damals der Akzent über− proportional stark auf der Betrachtung des konservativen Widerstandes, so stand, in der Mitte der sechziger Jahre beginnend, ganz bevorzugt die Beschäf− tigung mit dem nicht−elitären und linken Widerstand im Mittelpunkt des In− teresses. Mehr noch: Die Urteilsbildung über die unterschiedlichen Grup− pierungen des deutschen Widerstandes nahm und nimmt sich in diesem Zusam− menhang nicht selten alles andere aus als objektiv. ,Kritische Historiker‘“, urteilt Michael Burleigh über diesen auffällig hervortretenden Sachverhalt, neigen hin und wieder unersprießlicherweise dazu, die Verschwörung vom 20. Juli als einen ,typisch aristokratischen Husarenstreich‘ abzutun und im gleichen Atemzug die Selbstaufopferung der unterprivilegierten Kommunisten zu rühmen“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 818]. Mit anderen Worten: Dem geraume Zeit charakteristischen Mangel, den linkssozialistischen und kommunistischen Wi− derstand zu unterschätzen und zu übersehen, entspricht eine bis heute zumin− dest tendenziell vorherrschende Ablehnung der Repräsentanten des konservativen Widerstandes. Ihnen vorzuhalten, daß sie die innen− und außenpolitischen Maßstäbe, Werte und Ziele einer parlamentarischen Demokratie wie der Bundesrepublik Deutschland damals noch nicht als ihre eigenen betrachteten, heißt die poli− tische Gedankenwelt der Widerstandskämpfer mit den für sie nicht ver− bindlichen und insgesamt für die damalige politische Kultur in Deutschland wohl auch nicht zeitgemäßen Maßstäben zu messen. Auf diesen Tatbestand wurde beispielsweise vom Verfasser ebenso hingewiesen wie auf die damit verbundene Gefahr, fundamentale Unterschiede zwischen den innen− und au− ßenpolitischen Vorstellungen des konservativen Widerstandes und Hitlers to− talitärer Diktatur sowie ihrer rassistischen Expansionspolitik zu verwischen [1854: Ostpolitische Vorstellungen; vgl. auch 1855: Ders., Der Widerstand ge− gen den Nationalsozialismus – Das Vermächtnis des anderen Deutschland“]. Gewiß hatten die nationalkonservativen Repräsentanten des deutschen Wi− derstandes Eher Rechtsstaat als Demokratie“ vor Augen [1972: W. Graf von Vitzthum, Zu Zielvorstellungen im deutschen Widerstand; sowie 1973: Ders., Nation, Rechtsstaat, Menschenrecht“. Diskurse, Motive und Zielvorstellungen im nationalkonservativen“ Widerstand gegen den Nationalsozialismus; 1956: F. Graf von Schwerin, Helmuth James Graf von Moltke: Im Widerstand die Zukunft denken. Zielvorstellungen für ein neues Deutschland; 1925: G. Rings− hausen/R. von Voss (Hrsg.), Die Ordnung des Staates und die Freiheit des Menschen – Deutschlandpläne in Widerstand und Exil], wenn sie sich zu ihren

Entwicklung der Forschung

Um Rechtsstaat und Demokratie

300

Antisemitismus und konservativer Widerstand

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Zielvorstellungen“ äußerten. Daß sie mit ihrem Eintreten für den Rechtsstaat unter Einsatz ihres Lebens gegen den Unrechtsstaat aufbegehrten, darf darüber ebenso wenig verkannt werden wie die tendenzielle Zeitgemäßheit ihrer Maß− stäbe: Anstatt die Zukunftsvorstellungen der Oppositionellen ahistorisch an den Maßstäben des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zu messen, wird man ihnen gerechter, wenn man sie als Produkte konkreter geschichtlicher Er− fahrungen, Kompromisse und taktischer Anpassungen begreift und in Beziehung setzt zu der Frage, welche größeren Gruppen der Gesellschaft sie ansprechen und hinter sich versammeln wollten, wenn es ihnen gelingen sollte, Hitler aus dem Weg zu räumen. Es liegt eine gewisse Böswilligkeit darin, einem Mann wie Hassell retrospektiv einen Vorwurf daraus zu machen, dass seine Anschauungen sich nicht mit den Normen der modernen Nachkriegsdemokratie deckten; immerhin durchlief er seine prägenden Jahre noch in einer vorrepublikanischen Ära. Es mag hierfür achtenswerte politische Gründe geben, aber gute Geschichtsschrei− bung ist das nicht“ [148: M. Burleigh, Zeit des Nationalsozialismus, 807]. Eben in dieser Perspektive sind mittlerweile Versuche unternommen worden, Hitlers radikalen, auf umfassende Vernichtung angelegten Antisemitismus mit der davon grundsätzlich abgehobenen Existenz dieses Tatbestandes in der Gedan− kenbildung von konservativen Repräsentanten des Widerstandes in enge Bezie− hung zu setzen [1825: Ch. Dipper, Der deutsche Widerstand und die Juden; B. Martin, Das außenpolitische Versagen des Widerstandes, in 1943: J. Schmädeke/ P. Steinbach (Hrsg.), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, 1037– 1060; und Ders., Diskussionen zur Geschichte des Widerstandes, in: ebd., 115]. Der These, einen latenten oder gar rassischen Antisemitismus konservativer Widerstandskämpfer feststellen zu wollen und sie damit in eine gewisse Nähe zu Hitlers Rassenstaat“ zu lancieren, ist vor allem von Peter Hoffmann [1863: Stauffenberg und seine Brüder, 10–11] widersprochen worden. Mit ein− drucksvollen Belegen hat er jene Verdächtigungen zurückgewiesen, wonach die Widerstandskämpfer dem Antisemitismus gehuldigt hätten. Im Gegenteil: Sie erhoben sich, weil sie die Morde nicht erdulden wollten“, so hat er seine Sicht der Dinge zusammengefaßt [Ders., Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Juli 1994, 6]. Seine Position ist von der Forschung nicht uneingeschränkt geteilt worden. Im Hinblick auf Fritz−Dietlof Graf von der Schulenburg, Rudolf− Christoph Freiherr von Gersdorff und Henning von Tresckow beispielsweise scheint dem englischen Historiker Michael Burleigh das von Hoffmann betonte Motiv nicht so ausschlaggebend“ gewesen zu sein, wie es später dargestellt worden ist“ [148: Zeit des Nationalsozialismus, 824]: Auf die Gräu− eltaten, die an der Ostfront passierten“, so befindet Burleigh über diesen außerordentlich schwierigen Sachverhalt, reagierten die Angehörigen der mi− litärischen Opposition ebenso unterschiedlich wie auf die Kehrtwendungen des deutschen Kriegsglücks. Manche gaben ein schlechtes Bild ab, andere ein gutes“ [ebd., 823]. Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Debatte aber treten die Gefahren eindringlich zutage, die mit einer insgesamt ja vielfältig dimen−

7. Der deutsche Widerstand

301

sionierten Historisierung des Dritten Reiches“ einhergehen können und die allzu leicht Verfolger und Verfolgte, Täter und Opfer, Henker und Wider− standskämpfer, so verwirrend miteinander verstrickt sie auch zusammen han− deln mußten, in eine Reihe rücken. Die funktionalistisch allein auf die Bewertung der politischen Seite hin orientierte Interpretation der Opposition gegen Hitler und die damit ein− hergehende Geringschätzung der moralischen Antriebe und des ethischen Bei− spiels der Widerstandskämpfer, deren Leistung über alle Zweckmäßig− keitsüberlegungen hinaus erst einmal als Phänomen sui generis zu würdigen ist, wurde in der methodisch und sachlich aufschlußreichen Kontroverse über die historische Beurteilung des Generalobersten Beck zwischen Peter Hoffmann [1861: Generaloberst Becks militärpolitisches Denken] und Klaus−Jürgen Mül− ler [1906: Militärpolitik, nicht Militäropposition! Eine Erwiderung] unüber− sehbar deutlich. Dennoch gilt, was Karl Dietrich Erdmann, in einen alles in allem ausgewogenen Bezugsrahmen eingepaßt, über die politische und moralische Seite aller am Widerstand beteiligten Gruppen ausgeführt hat und was sich ungeachtet aller Unterschiede in der vorwaltenden Tendenz und in den wis− senschaftlichen Akzentuierungen auch mit Hans Mommsens Bilanz“ über Die Opposition gegen Hitler und die deutsche Gesellschaft 1933–1945“ [1900, 33–39] zu treffen vermag: Es ist das Vermächtnis des 20. Juli, daß in der Auf− lehnung gegen die Gewalthaber die konservativen, bürgerlichen und sozia− listischen Verschwörer ihr Leben opferten, um über die alten Gegensätze hin− weg, an denen die Weimarer Republik zugrunde gegangen war, in einer un− dogmatischen, neue Wege suchenden Staatsgesinnung in der politischen Ordnung den Maßstab der Menschenwürde wieder zur Geltung zu bringen“ [153: Zeit der Weltkriege, 578]. Daß die aus mannigfachen Gründen lange Zeit vernachlässigte Ausein− andersetzung mit dem 20. Juli“, der seine inzwischen als klassisch einzu− schätzende Darstellung durch Peter Hoffmann [1858: Widerstand, Staats− streich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler] gefunden hat, eben in diesem Sinn überragende Bedeutung verdient, weil sie dem historischen Augenblick ihre Beachtung schenkt, in dem von Menschen verschiedenster sozialer und politischer Herkunft gegenüber dem totalitären Regime . . . die vielen Scheidelinien überwunden wurden, an denen die Weimarer Republik noch zugrunde gegangen war“ [W. Altgeld, Zur Geschichte der Wider− standsforschung, in 1884: R. Lill/H. Oberreuter (Hrsg.), 20. Juli, 382], ist in diesem Rahmen wiederholt ebenso hervorgehoben worden wie die Tatsache, daß die forciert vorangetriebene Entheroisierung“ und Entmonumentalisierung“ des deutschen Widerstandes im Zusammenhang mit der Aktion vom 20. Juli 1944 gewisse – freilich selten anzutreffende, aber umso behutsamer zu be− handelnde – Tatsachen und Bedingungen historischer Existenz aus dem Auge verliert, auf die Dolf Sternberger nachdrücklich eingegangen ist: Die jün− gere Generation von Historikern . . . ist vielleicht nicht imstande, den seelischen

Kontroverse um Ludwig Beck

Würdigung des Widerstandes

Peter Hoffmanns Standardwerk

Heldentum und 20. Juli

302

Antifaschismus“− Formel

Neue Wege der Forschung

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Druck des totalen Krieges, die Anspannung des Gewissens nachzuvollziehen, welche die Stauffenberg, Beck, Witzleben, Stülpnagel, Goerdeler, Haubach, Moltke, Reichwein, Leuschner, Leber, Harnack erfuhren. Im äußersten Wagnis haben sie die ganze Existenz eingesetzt . . . Längst haben wir gewußt, daß diese Verschwörer unterschiedliche Vorstellungen von der künftigen Ordnung hatten, gewiß weithin andere als nachmals die Schöpfer der Verfassung von Bonn. Oft genug ist erörtert worden, welche technischen Fehler die Männer des zwanzigsten Juli begangen haben . . . Solche Erkenntnisse können jedoch den ethischen Rang ihres Unternehmens nicht mindern. Es gibt Augenblicke des Heldentums. Sie zu löschen hieße, Geschichte in einen Sumpf der Belanglosigkeit versinken zu lassen“ [D. Sternberger, Es gibt Helden. Gedanken zum 20.−Juli−Gedenken, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. Juli 1984, 19]. Angesichts der wissenschaftlichen Diskussion um die mit dem Phänomen des Widerstandes verbundenen, außerordentlich schwierigen Begriffsprobleme, auf die Peter Hüttenberger bereits früh, 1977, in einem grundlegenden, eine ebenso kontroverse wie weiterführende Erörterung auslösenden Beitrag Vorüber− legungen zum ,Widerstandsbegriff‘“ [1865] näher eingegangen ist, und ange− sichts einer verwirrenden Mannigfaltigkeit der Existenzformen des Wider− standes, wirkt die immer häufiger – teils bewußt lanciert, oft auch recht un− reflektiert – benutzte Formel vom Antifaschismus“ einigermaßen deplaciert. Sie neigt in einem Rückfall in das politische Kampfvokabular der Zwi− schenkriegszeit dazu, gravierende Differenzen zwischen politischen Systemen vor dem gemeinsamen Hintergrund ähnlicher wirtschaftlicher Organisations− und Verlaufsformen folgenreich zu unterschätzen, den als deutschen Fa− schismus“ grob verzeichneten Nationalsozialismus mit dem Bestand der ka− pitalistischen Wirtschaftsordnung tendenziell gleichzusetzen und ein Monopol bzw. eine Vorherrschaft des kommunistischen bzw. linkssozialistischen Wider− standes im Kampf gegen Hitlers Diktatur zu suggerieren. Dagegen bewegte sich die Forschung – entsprechend dem im Zusammenhang der europäischen Geschichte einerseits aufeinander bezogenen und andererseits sich voneinander abstoßenden Begriffspaar von Collaboration und Rsistance“ – dahin, Widerstand nicht als a priori feststehendes und ein für alle Mal vorgegebenes Phänomen zu verstehen. Vielmehr war sie darum bemüht, die dem Gefüge des nationalsozialistischen Regimes durchaus entsprechende Janusköpfigkeit auch dieses Phänomens zu erfassen, die sich zwischen der Anpassung an das Dritte Reich“ und dem Kampf gegen das Regime oszillierend darstellt. Daß ,Mit− machen‘ und Widerstand . . . nicht als absolut entgegengesetzte Größen“ anzu− sehen, sondern graduell und zeitlich sehr genau“ zu differenzieren sind [165: A. Hillgruber, Endlich genug über Nationalsozialismus, 47], demonstrieren beispielsweise die Studien von Saul Friedländer Kurt Gerstein oder die Zwiespältigkeit des Guten“ [1834] sowie von Pierre Joffroy Der Spion Got− tes. Kurt Gerstein – ein SS−Offizier im Widerstand? [1866; sowie 1936: J. Schäfer, Kurt Gerstein – Zeuge des Holocaust. Ein Leben zwischen Bibelkreisen und SS],

7. Der deutsche Widerstand

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die Edition der Papiere des Staatssekretärs Ernst von Weizsäcker durch Leonidas E. Hill [122] und die Darstellung von Marion Thielenhaus über die sich Zwischen Anpassung und Widerstand“ vollziehenden politischen Aktivitäten der Beamtengruppe um Ernst von Weizsäcker im Auswärtigen Amt“ [1968]. Vor diesem Hintergrund sind immer wieder die Auslandskontakte der kon− servativen Opposition gegen Hitler untersucht worden, die sich vor allem auf Großbritannien konzentrierten [vgl. dazu 1982: A. P. Young, Die ,X’−Doku− mente. Die geheimen Kontakte Carl Goerdelers mit der britischen Regierung 1938/1939; sowie 1908: K.−J. Müller/D. N. Dilks (Hrsg.), Großbritannien und der deutsche Widerstand 1933–1944]: Insgesamt war der deutsche Widerstand, waren Die verlassenen Verschwörer“ [1873: K. von Klemperer, Der deutsche Widerstand auf der Suche nach Verbündeten 1938–1945] für Briten und Ame− rikaner stets ein mehr als problematischer Partner, so daß man sich während der Vorkriegszeit eher an die amtierende Regierung als an die argwöhnisch betrachtete Opposition hielt. Ja, während des Krieges war der russische Bündnispartner entscheidender als die oppositionellen Konservativen im Dritten Reich“, deren Kontakte mit den Westalliierten (siehe auch S. 261) Stalin ohnehin mißtrauisch beäugte. Daß die sich in den siebziger und achtziger Jahren im Zuge eines Per− spektivwechsels“ [K.−J. Müller/H. Mommsen] neuen Problemen und neuen Untersuchungsgegenständen zuwendende Forschung in entscheidenden Be− langen, denkt man nur an den antagonistischen Zusammenhang von Kolla− boration und Widerstand [vgl. über den deutschen Rahmen hinausgehend für die im Dritten Reich“ besetzten oder abhängigen Staaten: N. Rich, Resistance and Collaboration: Dilemmas and Paradoxes, in: Deutsche Frage und euro− päisches Gleichgewicht. Festschrift für Andreas Hillgruber zum 60. Geburtstag, hrsg. von K. Hildebrand/R. Pommerin, Köln/Wien 1985, 241–251], oder zieht man die Erkenntnis über die Abhängigkeit der Existenz, der Form und der Intensität des Widerstandes vom historischen Entwicklungsverlauf des Dritten Reiches“ in Betracht, der einschlägigen Geschichtsschreibung vorhergehender Dekaden verpflichtet war, ist von Peter Steinbach [1959: Der Widerstand als Thema der politischen Zeitgeschichte, 19] zutreffenderweise betont worden. Der neben der intensivierten Beschäftigung mit dem Arbeiterwiderstand“ [vgl. dazu zusammenfassend D. Peukert, Der deutsche Arbeiterwiderstand 1933–1945, in 1907: K.−J. Müller (Hrsg.), Der deutsche Widerstand, 157–181; sowie 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 92–93], neben der vertieften Aus− einandersetzung mit dem Kampf der beiden Kirchen gegen das Regime [siehe dazu die alle einschlägigen Aspekte und Stadien der Forschungsgeschichte souverän reflektierende Zusammenfassung von 163: U. v. Hehl, National− sozialistische Herrschaft, 96–99], neben der nicht unproblematischen Ent− deckung von Verfolgung und Widerstand . . . christlicher Demokraten gegen Hitler“ [1817: G. Buchstab/B. Kaff/H.−O. Kleinmann, Verfolgung und Wi− derstand 1933–1945], neben der Beachtung des lange Zeit übersehenen liberalen

Auslandskontakte der konservativen Opposition

Perspektivwechsel“ und Wirkungs− geschichte

Arbeiterwiderstand

Widerstand der Kirchen

Christliche Demo− kraten gegen Hitler“

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Liberaler Widerstand“

Jüdischer Wider− stand

Biographische Studien

Alltäglicher Widerstand“ und begriffliche Pro− bleme

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Widerstandes gegen Hitler“ durch die Monographie von Joachim Scholtyseck über die entsprechenden Aktivitäten des Bosch−Konzerns zwischen 1933 und 1945 [1948; vgl. auch 1934: H. R. Sassin, Widerstand, Verfolgung und Emi− gration Liberaler; und 1935: Ders., Liberale im Widerstand. Die Robinsohn− Strassmann−Gruppe 1934–1942; sowie: W. Benz, Eine liberale Wider− standsgruppe und ihre Ziele. Hans Robinsohns Denkschrift aus dem Jahre 1939, in: VfZ 29 (1981), 437–471] und neben dem erneut durch Arno Lustiger [1886: Zum Kampf auf Leben und Tod! Das Buch vom Widerstand der Juden 1933–1945; vgl. auch 1486: K. Kwiet/H. Eschwege, Selbstbehauptung und Widerstand; 1881: H. Langbein, . . . nicht wie die Schafe; 1877: F. Kroh, David kämpft] in das Blickfeld gerückten jüdischen Widerstand (siehe auch S. 287) bleiben nicht nur die auf durchweg solider, erst jetzt nach und nach zugänglicher Quellengrundlage vorgelegten biographischen Einzelstudien [siehe dazu beispielsweise die bis zur Mitte der achtziger Jahre beachtenswerten Titel in der Annotierten Aus− wahlbibliographie“ bei 1907: K. J. Müller (Hrsg.), Der deutsche Widerstand, 216–217], sowie die neueren Darstellungen über Adam von Trott zu Solz aus der Feder von Henry O. Malone [1890], von Giles MacDonogh [1888] sowie von Silvia Daniel [1822]; über Karl Heinrich von Stülpnagel aus der Feder von Heinrich Bücheler [1815]; über Fritz−Dietlof Graf von der Schulenburg aus der Feder von Ulrich Heinemann [1847]; über Ulrich von Hassell aus der Feder von Gregor Schöllgen [1947]; über Die Jungen des 20. Juli 1944. Brücklmeier, Kessel, Schulenburg, Schwerin, Wussow, Yorck“ [1954] aus der Feder von Detlev Graf von Schwerin; über Friedrich Olbricht aus der Feder von Helena P. Page [1911]; sowie schließlich die Biographie und die Briefe von Helmuth James Graf von Moltke [1896: F. von Moltke/M. Balfour/J. Frisby; bzw. 105: B. Ruhm von Oppen (Hrsg.)] diesen Einsichten der traditionellen Forschung, ungeachtet aller neuen Erkenntnisse, unübersehbar verhaftet. Bilanziert worden ist das Wirken der Attentäter“ von Theodore S. Hamerow [1844] in einer Dar− stellung, die manches problematische Urteil enthält, und von Joachim Fest [1827: Staatsstreich], der den langen Weg zum 20. Juli“ in einer gedanklich und literarisch rundum gelungenen Monographie gewürdigt hat [vgl. auch in diesem Zusammenhang 1845: N. Hammersen, Politisches Denken im deutschen Wi− derstand; sowie 1848: U. Heinemann, Arbeit am Mythos? Neuere Literatur zum bürgerlich−aristokratischen Widerstand gegen Hitler und zum 20. Juli 1944 (Teil I); sowie 1849: Ders./M. Krüger−Charl, Arbeit am Mythos. Der 20. Juli 1944 in Publizistik und wissenschaftlicher Literatur des Jubiläumsjahres 1994 (Teil II)]. Selbst die Hinwendung zum alltäglichen Widerstand“ im national− sozialistischen Regime, eng verbunden mit der Untersuchung lokal− und re− gionalgeschichtlicher Phänomene [vgl. dazu beispielsweise 1883: R. Lill/M. Kissener (Hrsg.), 20. Juli 1944 in Baden und Württemberg; sowie 1944: D. Schmiechen−Ackermann, Nationalsozialistische Herrschaft und der Wider− stand gegen das NS−Regime in deutschen Großstädten. Eine Bilanz der lokal−

7. Der deutsche Widerstand

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und regionalgeschichtlichen Literatur in vergleichender Perspektive], bei− spielsweise auch des so genannten, vielerlei Erscheinungsformen umfassenden Jugendwiderstandes“ [vgl. dazu 1909: H. Muth, Jugendopposition; 1916: D. Peukert, Edelweißpiraten; sowie 1812: W. Breyvogel (Hrsg.), Piraten, Swings und Junge Garde. Jugendwiderstand im Nationalsozialismus; und P. Biddis− combe, ,The Enemy of our Enemy’: A View of the Edelweiss Piraten from the British and American Archives, in: JCH 30 (1995), 37–63], und das damit ein− hergehende Ringen um eine neue Terminologie des Widerstandes, das zu man− nigfachen Vorschlägen auf einer Begriffsskala vom aktiven Umsturz über die politische Opposition, die gesellschaftliche Verweigerung institutioneller und individueller Art bis zur weltanschaulichen Dissidenz [R. Löwenthal, Wi− derstand im totalen Staat, in 1885: Ders./P. von zur Mühlen (Hrsg.), Wider− stand und Verweigerung, 11–24] bzw. zur schlichten, möglicherweise aber für das Regime nicht tragbaren Selbstbehauptung oder zu einer unter rechtsstaatlichen und freiheitlichen Bedingungen normalen“, unter den Bedingungen einer to− talitären Diktatur jedoch gefährlichen Protesthaltung [vgl. dazu auch 1875: Ch. Klessmann/F. Pingel (Hrsg.), Gegner des Nationalsozialismus] führten, knüpften an Resultate an, die auch zuvor nicht unbekannt waren. Neu, in gewisser Hinsicht durchaus fruchtbar für den Gang der Forschung, wenn auch nicht ohne Risiko für die Klarheit der sachlichen und begrifflichen Erkenntnis wirkte dann jedoch der schon in anderem Zusammenhang erwähnte, vor allem von Martin Broszat im Rahmen des großen Forschungsprojekts des Instituts für Zeitgeschichte“ über Bayern in der NS−Zeit“ [vgl. vor allem die Einleitung von M. Broszat zu 704: Bayern in der NS−Zeit, Bd. 2] schöpferisch unterbreitete und materialreich entfaltete Vorschlag einer Neuorientierung der mit dem Widerstand als Untersuchungsobjekt beschäftigten Historiographie, den Günter Plum einmal so umschrieben hat: Mit der konzeptionellen Konzen− tration auf die Auswirkungen des Regimes auf das alltägliche Leben, das Agieren und Reagieren der Betroffenen, gewann man einen Blick auf die Wechsel− beziehungen zwischen Herrschaft und Gesellschaft, der Erkenntnisse ver− mittelte über die Ungleichförmigkeit der Herrschaftsausübung vor Ort, über den Zwang zur Anpassung nicht nur der Gesellschaft an die national− sozialistische Herrschaft, sondern oft genug auch der Herrschaft an vorge− gebene gesellschaftliche Bedingungen. Durch eine weitere Begrenzung der For− schungsperspektive auf die Konflikte und Konfliktfelder in den Wechsel− beziehungen, präziser den Konflikt zwischen dem Durchsetzungswillen des nationalsozialistischen Regimes und den wirksamen Gegenkräften in der Ge− sellschaft, blieb das Projekt an der Widerstandsproblematik orientiert. Mit dieser Definition des Konflikts wurde der Aspekt der Wirkung in die Wider− standsdiskussion eingebracht und mit dem aus der medizinischen Terminologie stammenden Begriff der ,Resistenz‘ gekennzeichnet“. Nach kritischen Bemer− kungen zu dieser dem naturwissenschaftlichen Bereich entlehnten Begriffswahl, auf die noch zurückzukommen sein wird, unterstreicht Plum noch einmal die

Resistenz“

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Milieu und Widerstand

Konrad Repgen: Stufen des Widerstandes

Kritik am Resi− stenz“−Begriff

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Methode des Forschungsvorhabens, wonach für die Subsumierung von Vor− gängen nicht Absichten, Motive oder Ziele, sondern – in gewisser Weise wertfrei – ausschließlich Wirkung, nämlich die Abwehr, Eindämmung oder Begrenzung von nationalsozialistischer Herrschaft oder Ideologie, maßgeblich sein sollte“ [G. Plum, Widerstand und Resistenz, in 146: M. Broszat/H. Möller (Hrsg.), Das Dritte Reich, 265]. Auf diese Art und Weise werden Aktivitäten und Verhal− tensweisen erfaßt, die erheblich unterhalb der Ebene des Systemumsturzes liegen“ [K.−J. Müller/H. Mommsen, Zur Historiographie des Widerstandes, in 1907: K.− J. Müller (Hrsg.), Der deutsche Widerstand, 18] und die in Begriffen wie dem der Resistenz, der Widerständigkeit, der Immunisierung oder Immunität ver− suchsweise Ausdruck finden sollen. Im Rückblick hat Ulrich von Hehl die damit eingeleitete Entwicklung der Widerstandsforschung so gewürdigt: Mit dieser sozialgeschichtlichen Ausweitung rückte ein breites Spektrum von Ver− haltensweisen und ,Teilwiderständen‘ in den Blick, die allesamt unterhalb der Schwelle konspirativer Verschwörung blieben, allerdings nicht ohne Risiko wa− ren. Darüber hinaus thematisierte die Forschung die strukturellen und so− zialgeschichtlichen Bedingungen für widerständiges Verhalten Einzelner oder gesellschaftlicher Gruppen. Damit eröffneten sich Einblicke in die Fortexistenz gesellschaftlicher Strukturen und sozialmoralischer Milieus unter dem NS−Re− gime, die sich für die ideologische Indoktrination als relativ undurchdringlich erwiesen“ [163: Nationalsozialistische Herrschaft, 94]. Abgesehen davon, daß dieses Vorgehen mannigfache, schattierende Er− kenntnisse über die sich zwischen Ausnahmezustand und Normalität, zwischen Revolution und Tradition vollziehende menschliche Existenz unter den Bedin− gungen einer totalitären Diktatur erbringen kann, abgesehen davon, daß solche Historisierung der Betrachtung zu der auch in ganz anderem Kontext geforderten Identifizierung mit dem Alltag“ des Kleinen Mannes“ führt [vgl. dazu 2020: A. Hillgruber, Zweierlei Untergang, 23–25] und somit Erkenntnischancen er− öffnet, und abgesehen davon, daß es die von Konrad Repgen, theoretisch und anschaulich zugleich, in vorbildlicher Klarheit herausgearbeiteten Stufen des Widerstandes gibt, die von punktuellen Dissonanzen wie Unzufriedenheit, Nicht−Anpassung und öffentlichem Protest bei im übrigen loyaler Haltung zum Regime bis hin zur allgemeinen Loyalitätsaufkündigung, also zum eigentlichen, generellen und aktiven Widerstand reichen können [K. Gotto/H. G. Hockerts/ K. Repgen, Nationalsozialistische Herausforderung und kirchliche Antwort. Eine Bilanz, in 781: K. Gotto/K. Repgen (Hrsg.), Katholiken und das Dritte Reich, 103–104] und die von Detlev Peukert zurückhaltend als Formen ab− weichenden Verhaltens im Dritten Reich“ [651: Volksgenossen und Gemein− schaftsfremde, 96–98] charakterisiert worden sind, ist der Begriff der Resi− stenz“, in dem sich Methode und Befunde der von Broszat verfolgten Sozial− geschichte des deutschen Widerstandes“ [1813] zusammenziehen, doch immer wieder mit einer Anzahl ganz unterschiedlicher Argumente kritisiert worden [vgl. beispielsweise die Kritik aus sozialhistorischer Sicht von I. Kershaw, Widerstand

7. Der deutsche Widerstand

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ohne Volk?“, in 1943: J. Schmädeke/P. Steinbach (Hrsg.), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, 785; sowie von 541: G. Paul/K.−M. Mallmann, Milieus und Widerstand. Eine Verhaltensgeschichte der Gesellschaft im National− sozialismus; und von 1889: Dies., Resistenz oder loyale Widerwilligkeit? An− merkungen zu einem umstrittenen Begriff]. Am entschiedensten hat der Schweizer Historiker Walther Hofer den Begriff der Resistenz“ zurückgewiesen und seine maßgeblichen Vorbehalte so zusam− mengefaßt: 1. Der Begriff der Resistenz . . . meint inhaltlich das Gegenteil von rsistance und resistenza, denen er zum Verwechseln gleicht. Während nämlich die französischen und italienischen Begriffe für den aktiven Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht stehen und in der Forschung dieser Länder über Deutschland besonders der aktive Widerstand gegen Hitler am 20. Juli als rsistance bezeichnet wird, steht es mit dem Begriff der Resistenz gerade um− gekehrt: Die in Deutschland damit umschriebenen Handlungsweisen werden nämlich in der französischen und italienischen Forschung teilweise schon als collaboration bezeichnet . . . 2. . . .Wie schon andernorts gegen einen erweiterten Widerstandsbegriff eingewendet wurde, führt der Begriff der Resistenz zu einer Nivellierung von grundsätzlichem Widerstand gegen das System einerseits und Aktionen, die mehr oder weniger zufällige, äußerliche Erscheinungsformen kritisierten, andererseits: Der Tyrannenmörder erscheint auf derselben Stufe wie der Schwarzschlächter. Ich kann mich in diesem Zusammenhang auch wenig befreunden mit der Tendenz, die die Betonung von sittlicher Qualität und politischem Gehalt des Widerstands als moralisierende Geschichtsbetrachtung abqualifiziert und dabei von der Notwendigkeit spricht, das Forschungsthema Widerstand und Verfolgung aus monumentalistischer Erstarrung zu lösen, eine Erstarrung, die ich nicht recht zu erkennen vermag. Indem moralisch−politische Urteile aus der Widerstandsdebatte ausgeschlossen werden, huldigt man einer falschen Objektivität. 3. Der Mangel eines den Widerstandsbegriff auflösenden Resistenzbegriffes tritt am deutlichsten zutage, wenn wir uns vergegenwärtigen, in welchem analytisch−theoretischen Zusammenhang letzterer steht. Es besteht nämlich die Gefahr, daß die Fehler, die die Gegner des Nationalsozialismus in ihrer Analyse der Situation vor 1933 gemacht haben, nun in der Wissenschaft ge− wissermaßen wiederholt werden, indem aus der wirkungsgeschichtlichen Per− spektive eine breite Skepsis und Verweigerung, ja eine effektive, relevante Machteinschränkung festgestellt und damit der totalitäre Charakter des Dritten Reiches abgestritten wird . . .“. Hofers empfehlende Schlußfolgerung, die sich der Beachtung der vielfältigen Formen eines riskanten zivilen Mutes keineswegs verschließt und auch die Schattierungen oppositioneller Tätigkeit durchaus differenzierend zur Kenntnis nimmt, den Qualitätssprung zum allgemeinen und intendierten, zum aktiv wagenden und bewußt existentiellen Widerstand davon jedoch klar und prinzipiell abhebt, lautet ebenso bündig wie überzeugend: Meines Erachtens würde man am besten zwischen aktivem Widerstand ei− nerseits und Opposition als weiter gefaßtem Begriff andererseits unterscheiden“

Walter Hofers Position

308

Integrativer“ oder differenzierender Widerstandsbegriff

Koexistenz des Gegensätzlichen als These: Chancen und Gefahren

Traditionelle The− men und neue Erträge

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

[W. Hofer, Diskussionen zur Geschichte des Widerstands, in 1943: J. Schmä− deke/P. Steinbach (Hrsg.), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, 1120–1122]. Diese Forderung trifft sich mit dem Plädoyer Klemens von Klemperers, den Begriff des Widerstandes dem aktiven Widerstand [Naturrecht und der deutsche Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Ein Beitrag zur Frage des deutschen Sonderwegs“, in: VfZ 40 (1992), 323–337] vorzubehalten. Das heißt aber auch: Der von Peter Steinbach [1961: Widerstand im Widerstreit. Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der Erinnerung der Deutschen] vorgeschlagene integrative“ Widerstandsbegriff, der die gesamte Breite und Vielfalt eines so genannten Widerstandes jeder Provenienz prinzipiell einbezieht, entspricht eher politischen Bedürfnissen als wissenschaftlichen Erfordernissen: Sich um Inte− gration zu bemühen, gehört zu den bevorzugten Aufgaben der Politik, nach Differenzierung zu streben, beschreibt dagegen die genuine Aufgabe der Wis− senschaft. Mit anderen Worten: Die vor allem von Martin Broszat verfolgte Absicht, über die grundlegende Abgrenzung von Verfolgung und Widerstand hinaus die Koexistenz des Gegensätzlichen als Wesensmerkmal der Diktatur Hitlers zu akzentuieren und in diesem Sinne alle Formen der Verweigerung sowie des Protests gegen weltanschauliche, disziplinäre und organisatorische Zumutungen des nationalsozialistischen Regimes zu erfassen, birgt Probleme: Denn ganz unübersehbar offenbaren sich dabei Chancen und Gefahren jener den Untersuchungsgegenstand des Dritten Reiches“ nach und nach umfassend ergreifenden Historisierung, die neben willkommener Differenzierung eines tatsächlich oftmals arg schwarz−weiß gemalten Bildes über diese Vergangenheit doch nicht die totalitäre Essenz des nationalsozialistischen Regimes verfehlen und die Trennungslinie zwischen aktivem Widerstand unter den Bedingungen einer Diktatur und verfassungsrechtlich garantiertem Protest im Rahmen einer Demo− kratie verwischen darf. Daß solche Risiken und Versuchungen vor allem im zeitlichen Abstand des Wechsels der Generationen heraufziehen können, hat schon Polybios zu einer Warnung veranlaßt, auf die Peter Steinbach uns eben im Zusammenhang mit der Geschichte des Widerstandes sinnfällig hingewiesen hat: Und solange noch welche da sind, die die Gewaltherrschaft der Oligarchen ausgekostet haben, sind sie mit dem augenblicklichen Zustand zufrieden und schätzen Gleichgewicht und Redefreiheit am höchsten. Wenn aber eine neue Generation heranwächst und die Demokratie den Enkeln übergeben wird, schätzen sie die Errungenschaften der Gleichheit und Redefreiheit nicht mehr hoch, da sie ihnen zur Gewohnheit geworden sind“ [zit. nach 1959: P. Steinbach, Der Widerstand als Thema der politischen Zeitgeschichte, 20]. Über die begriffsgeschichtlichen und methodischen Debatten hinaus aber ist die Erforschung der traditionellen Themen des Untersuchungsgegenstandes stetig vorangeschritten [vgl. dazu insgesamt 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 99], wenn man beispielsweise an neuere Untersuchungen zur Wei− ßen Rose“ denkt [vgl. dazu resümierend 1942: K. Schilde, Im Schatten der

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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,Weißen Rose’. Jugendopposition gegen den Nationalsozialismus im Spiegel der Forschung; sowie 1851: J. Henke, Wirkung und Bedeutung der ,Weißen Rose‘, in K. Oldenhage/H. Schreyer/W. Werner (Hrsg.), Archiv und Geschichte. Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg, Düsseldorf 2000, 739–753] oder an die Studie von Hellmut G. Haasis über Georg Elser [1843], dessen moralische Legitimation für das Attentat im Bürgerbräukeller am 8. November 1939 kürz− lich auf problematische Art und Weise von Lothar Fritze [Der Ehre zuviel – eine moralphilosophische Betrachtung zum Hitler−Attentat von Georg Elser, in: Jahrbuch Extremismus & Demokratie 12 (2000), 101–139] bestritten worden ist. Bleibt festzuhalten, daß nunmehr mit Hartmut Mehringers Darstellung Widerstand und Emigration. Das NS−Regime und seine Gegner“ [1891] eine Apologie und Verurteilung gleichermaßen vermeidende und alle Gruppen der Opposition gegen Hitler umfassend berücksichtigende Monographie über den deutschen Widerstand vorliegt, die Maßstäbe setzt [vgl. auch 195: B. J. Wendt, Deutschland 1933–1945, 658–689]: Sie bietet die gelungene Grundlage dafür, das Phänomen des deutschen Widerstandes verstehen zu können. Das wiederum vermag nur zu gelingen, wenn Widerstand als Gegensatz zur Diktatur Hitlers, aber auch als Teil des Dritten Reiches“ und seines Ortes innerhalb der modernen deutschen Geschichte behandelt wird.

Hartmut Mehringers Bilanz

8. Das Dritte Reich“ im Urteil der Geschichtswissenschaft Noch stärker als im zeitgenössischen Bedürfnis, den Nationalsozialismus und das Dritte Reich“ zu deuten, machte sich nach dem Ende der Diktatur Hitlers angesichts der nunmehr sichtbar werdenden deutschen Katastrophe“ das Ver− langen nach einer Erklärung des zurückliegenden Geschehens bemerkbar. Im Mittelpunkt der Erörterung stand dabei schon bald die Frage, ob das Dritte Reich“ als ein Ergebnis der deutschen Geschichte einzuschätzen oder als Bruch mit ihren Traditionen anzusehen sei. In gewisser Übereinstimmung mit den grobschlächtigen Parolen der alliierten Kriegspropaganda befanden sich damals jene Interpretationen aus der Feder ausländischer Autoren, die Hitlers Staat als ein mehr oder minder konsequentes Ergebnis einer deutschen (Fehl−)Entwicklung bewerteten. Deren Wurzeln reichten, den im Jahre 1946 veröffentlichten Ausführungen von William Mont− gomery McGovern zufolge From Luther to Hitler“ [The History of Fascist− Nazi Philosophy, London 1946]. Noch 1961 vertrat William L. Shirer [Aufstieg und Fall des Dritten Reiches, Köln/Berlin 1961] die Ansicht, der National− sozialismus sei im Grunde das unumgängliche Resultat der deutschen Ge− schichte im 19. und 20. Jahrhundert gewesen. Und zu Anfang der fünfziger Jahre hatte der französische Historiker Edmond Vermeil [L’Allemagne con− temporaine 1890–1950, 2 Bde., Paris 1953/54] in einem zweibändigen Werk über den Gang der deutschen Entwicklung zwischen 1890 und 1950 versucht, die für

Das Dritte Reich“ – Konsequenz oder Zufall deutscher Ge− schichte?

Fragwürdige Urteile

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Bruch mit der preußisch−deutschen Tradition: Gerhard Ritter

Interpretationen aus großdeutscher Sicht: Franz Schnabel und Heinrich Ritter von Srbik

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Entstehung und Entfaltung des nationalsozialistischen Deutschland als be− stimmend eingeschätzte obrigkeitsstaatliche und imperialistische Tradition bis auf den mittelalterlichen Reichsgedanken zurückzuführen. Aber nicht nur in den Arbeiten angelsächsischer und französischer Autoren wurde solch negative Ah− nensuche betrieben. Wolfgang Wippermann hat darauf aufmerksam gemacht, daß auch sowjetische und polnische Historiker – was damals unverkennbar im deutlichen Gegensatz zur marxistischen Auffassung“ [197: W. Wippermann, ,Deutsche Katastrophe‘ oder ,Diktatur des Finanzkapitals‘?, 13] ihrer Staats− ideologien stand – solche nationalgeschichtlich orientierten und nationalistisch eingefärbten Deutungen, vor allem in der unmittelbaren Nachkriegszeit, vor− trugen und darin den deutschen Drang nach Osten“ über die Phase jun− kerlich−imperialistischer Politik“ hinaus bis ins Mittelalter zurück verlängerten. Solche schon seit geraumer Zeit nicht mehr haltbar und diskussionswürdig erscheinenden Konstruktionen wurden aufgrund ihrer herausfordernden, ja provokativen Qualität innerhalb der deutschen Geschichtswissenschaft bis in die fünfziger Jahre intensiv diskutiert. Gegen die Vorstellung, deutsche Ge− schichte als einen direkt in die Katastrophe führenden Weg zu verstehen, pro− testierte am entschiedensten der damals wohl renommierteste deutsche Neuhi− storiker Gerhard Ritter [beispielsweise in 2047: Europa und die deutsche Frage], der als Konservativer zur Widerstandsbewegung Kontakt gehalten hatte und den Verfolgungen der Nationalsozialisten im Anschluß an das Attentat vom 20. Juli 1944 ausgesetzt gewesen war [vgl. zu Persönlichkeit und Werk von Gerhard Ritter die Darstellung von Ch. Cornelissen, Gerhard Ritter. Ge− schichtswissenschaft und Politik im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 2001]. Scharf trennte Ritter Hitlers Drittes Reich“ von der übrigen deutschen und preu− ßischen Geschichte ab, suchte die Wurzeln des Nationalsozialismus vielmehr im demokratischen Jakobinismus der europäischen Entwicklung seit der Franzö− sischen Revolution und betonte darüber hinaus immer wieder die ge− schichtsmächtig wirkende Dämonie der Persönlichkeit Hitlers als für den Gang der deutschen und internationalen Politik während der zwölf zurückliegenden Jahre bestimmend. Weit entfernt von den oberflächlich skizzierten Linien einer wie weit im einzelnen auch immer angeblich zurückreichenden Kontinuität deutscher Ge− schichte, aber doch im deutlichen Gegensatz zu Ritters Betrachtungsweise, die das Dritte Reich“ innerhalb der deutschen Entwicklung eher zu isolieren bestrebt war, interpretierten andere, in der großdeutschen Tradition der Historiographie stehende Repräsentanten des Faches wie Franz Schnabel 1949 [Das Problem Bismarck, in: L. Gall (Hrsg.), Das Bismarck−Problem in der Ge− schichtsschreibung nach 1945, Köln/Berlin 1971, 97–118; vgl. zu Persönlichkeit und Werk von Franz Schnabel die Darstellung von Th. Hertfelder, Franz Schnabel und die deutsche Geschichtswissenschaft. Geschichtsschreibung zwi− schen Historismus und Kulturkritik (1910–1945), Göttingen 1998] und Heinrich Ritter von Srbik 1950 [Die Bismarck−Kontroverse. Zur Revision des deutschen

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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Geschichtsbildes, in: L. Gall (Hrsg.), Das Bismarck−Problem in der Ge− schichtsschreibung nach 1945, Köln/Berlin 1971, 138–153; vgl. zu Persön− lichkeit und Werk von Heinrich Ritter von Srbik die Edition (mit biogra− phischer Einleitung) von J. Kämmerer (Hrsg.), Heinrich Ritter von Srbik. Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912–1945, Boppard a. Rh. 1988] in kritischer Perspektive die Gründung des kleindeutschen Natio− nalstaates. Denn sie erschien ihnen im Grunde als der Beginn eines insgesamt als verhängnisvoll eingeschätzten Weges der deutschen Geschichte, ohne daß damit Bismarck und Hitler unzulässig eng aneinandergerückt worden wären. Dennoch war diese Sicht der Dinge für die damals vorherrschende Tendenz innerhalb der deutschen Geschichtswissenschaft nicht akzeptabel, wie beispielsweise Gerhard Ritters entschiedener Widerspruch [Das Bismarckproblem; und: Zur groß− deutschen“ Frage, in: L. Gall (Hrsg.), Das Bismarck−Problem in der Ge− schichtsschreibung nach 1945, Köln/Berlin 1971, 119–137 und 154–156] er− kennen läßt. Einen außerordentlich nachhaltig wirkenden Deutungsversuch, der die Kon− tinuität der preußischen Geschichte stets auch in den europäischen Rahmen internationaler Machtpolitik projizierte, unternahm in seiner erstmals 1948 veröffentlichten Studie Gleichgewicht oder Hegemonie“ der Marburger Hi− storiker Ludwig Dehio [1998; vgl. zu Persönlichkeit und Werk von Ludwig Dehio das Nachwort“ von K. Hildebrand, in: ebd., 387–414], der diesen Weg zu einem kritischen Verständnis der nationalen Geschichte gedanklich nicht erst unter dem Eindruck des deutschen Zusammenbruchs, sondern bereits während seiner Jahre eines inneren Exils im Dritten Reich“ beschritten hatte. Angesichts aller für den Verlauf der preußisch−deutschen Geschichte charakteristischen Unterschiede in ihren verschiedenen Phasen zwischen Friedrich Wilhelm I. und Hitler und im Zuge einer für die Nationalgeschichte der Deutschen letztlich als ausschlaggebend eingeschätzten Würdigung der Vorgänge im Bereich der Staa− tenwelt diagnostizierte Dehio sowohl in seinen geistreichen Überlegungen über Gleichgewicht oder Hegemonie“ als auch in seiner 1961 veröffentlichten Arbeit über den Zusammenhang der preußisch−deutschen Geschichte 1640–1945“ [1999] Ähnlichkeiten und Kontinuitäten in der Entwicklung des preußischen und deutschen Machtstaates und unterstrich den ihm für die Geschichte Preu− ßens und des Deutschen Reiches insgesamt kennzeichnend vorkommenden Zug zum innenpolitischen Zwang und die Tendenz zur außenpolitischen Expansion. Wiederum war es vor allem Gerhard Ritter, der diese Deutung Dehios leidenschaftlich ablehnte [siehe beispielsweise: G. Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des Militarismus in Deutschland, Bd. 1, 3. Auf− lage 1965, 398]. Darin wurde er beispielsweise von Eberhard Kessel unterstützt, der mit einem 1962 veröffentlichten Aufsatz Adolf Hitler und der Verrat am Preußentum“ [2030] auf Dehios pointierte These antwortete und darin ganz besonders die Unterschiede und Brüche zwischen Altpreußen, dem Bismarck− und Wilhelminischen Reich sowie Hitlers Diktatur akzentuierte.

Europäische Machtpolitik – Preußisch−deutsche Kontinuität: Ludwig Dehio

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Deutsche und europäische Vor− aussetzungen: Friedrich Meinecke

Verbindung und Gegensatz zwischen Bismarck und Hitler: Hans Rothfels

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

Lange vor diesen Auseinandersetzungen der fünfziger und beginnenden sechziger Jahre hatte Friedrich Meinecke in seinen 1946 veröffentlichten Betrachtungen und Erinnerungen“ über Die deutsche Katastrophe“ [2035; vgl. zu Persönlichkeit und Werk von Friedrich Meinecke die Darstellung von St. Meineke, Friedrich Meinecke. Persönlichkeit und politisches Denken bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, Berlin 1995; sowie H. Klueting, Vernunft− republikanismus“ und Vertrauensdiktatur“: Friedrich Meinecke in der Wei− marer Republik, in: HZ 242(1986), 69–98] eine im Grunde bereits umfassende Sicht der zurückliegenden Begebenheiten entwickelt, welche die beiden später miteinander ringenden Positionen durchaus schon beachtete, dennoch kaum als kompromißhaft und harmonisierend zu kennzeichnen ist, sondern im Gegenteil erstaunlich kritisch ans Werk ging. Zwar betonte auch er die gesamteuropäischen Voraussetzungen des Nationalsozialismus im Zusammenhang mit dem im 19. Jahrhundert heraufziehenden Zeitalter der Massen und veranschlagte dar− über hinaus Hitlers negative Persönlichkeit als in verhängnisvollem Maße ge− schichtsmächtig. Dessenungeachtet verwies er im Rahmen der deutschen Hi− storiographie bemerkenswert früh und unmißverständlich auf Vorläufer des Nationalsozialismus im wilhelminischen Deutschland, als er urteilte: Im Inne− ren trat man damals mit harter Herrennatur allen Regungen und Möglichkeiten entgegen, die die bestehenden Machtverhältnisse zwischen Arbeiterschaft, Ar− beitgebern und Staatsbehörden, zwischen den Polen der Ostprovinzen, den Dänen Nordschleswigs und dem Staate in freiem humanem Geist umzubilden ver− suchten. Die Hakatisten in Polen und Westpreußen, die Scharfmacher der Groß− industrie, die junkerlichen Bureaukraten in den Ministerien und den Provin− zialregierungen, das waren die konkreten Träger dieses innenpolitischen Machtsystems, dessen Komplement nach außen nun jene alldeutsche Bewegung wurde. Man mag nun die Unterschiede des damaligen unsozialen Herrengeistes von dem späteren Nationalsozialismus Hitlers noch so stark betonen – im großen Zusammenhang war es doch eine Vorstufe zu ihm“ [ebd., 39]. In ähnlichem Sinne, wenn freilich zurückhaltender in Urteil und Formulierung, hat auch Hans Rothfels [vgl. zu Persönlichkeit und Werk von Hans Rothfels den Aufsatz von H. A. Winkler, Hans Rothfels – ein Lobredner Hitlers? Quel− lenkritische Bemerkungen zu Ingo Haars Buch Historiker im National− sozialismus“, in: VfZ 49 (2001), 643–652; sowie W. Neugebauer, Hans Rothfels als politischer Historiker der Zwischenkriegszeit, in: P. Drewek u. a. (Hrsg.), Ambivalenzen der Pädagogik. Zur Bildungsgeschichte der Aufklärung und des 20. Jahrhunderts, Weinheim 1995, 169–183] in einem erstmals 1947 in englischer Sprache veröffentlichten, den Worten seines Autors zufolge noch während des Krieges verfaßten Aufsatz über Probleme einer Bismarck−Biographie“ geurteilt: Wie weit und verschlungen auch der Weg ,von Bismarck zu Hitler‘ gewesen sein mag, der Reichsgründer erscheint als der Verantwortliche für eine ,Wendung‘, oder mindestens für die Legitimierung einer,Wendung‘, deren fatale Steigerung bis zum Gipfel in unseren Tagen nun allzu augenscheinlich geworden ist“ [H. Rothfels,

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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Bismarck. Vorträge und Abhandlungen, Stuttgart u. a. 1970, 21]. Wenn Rothfels’ Einschätzung indessen durchaus von Vorbehalten eingerahmt“ [ebd., 11] war und die Hauptlinie“ [ebd., 12] seiner Auffassung gerade dahin ging zu betonen, wie er seine Überlegungen im Jahre 1970 rückblickend interpretierte, daß das Bismarcksche Reich in scharfem Gegensatz stand zu allem, was das Dritte Reich getan oder gewollt hat“ [ebd.], so sind doch gerade sein hier angeführtes Urteil und das Zitat von Friedrich Meinecke in der Diskussion um die innen− und außenpolitische Kontinuität in der modernen deutschen Geschichte auf ihrem Weg von Bismarck zu Hitler immer wieder herangezogen und erörtert worden. Erneut angefacht und nachwirkend beeinflußt wurde diese Diskussion sodann durch das 1961 unter dem Titel Griff nach der Weltmacht“ veröffentlichte Werk des Hamburger Historikers Fritz Fischer Die Kriegszielpolitik des kai− serlichen Deutschland 1914/18“ [Düsseldorf 1961 u.ö.] Einleitend spricht Fi− scher in diesem Buch davon, es weise über sein Thema im engeren Sinne hinaus, indem es bestimmte Denkformen und Zielsetzungen für die deutsche Politik im Ersten Weltkrieg aufzeigt, die weiterhin wirksam geblieben sind. Von daher dürfte es auch ein Beitrag zu dem Problem der Kontinuität in der deutschen Geschichte vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg sein“ [2. Auflage 1962, 12]. Am Ende seiner gewichtigen Darstellung betont Fischer darüber hinaus die aus dem Kaiserreich über die Weimarer Republik in das Dritte Reich“ hineinreichende Identität der deutschen Führungsgruppen und die Ähnlichkeit ihrer politischen Zielvorstellungen. 1968 wies er in einem an der Universität Sussex in England gehaltenen Vortrag im Zuge eines Vergleichs zwischen den deutschen Kriegszielen in beiden Weltkriegen auf deren verblüffende Ähnlichkeit hin, ohne genügend stark die – allerdings beachteten – ideologischen Triebkräfte der Außenpolitik Hitlers von den politischen Motiven der deutschen Reichsleitung im Ersten Weltkrieg zu unterscheiden: the similarity in the directions, even if not in the essence of German aims in the world wars is striking“ [in 2048: J. Röhl (Hrsg.), From Bismarck to Hitler, 146; in deutscher Fassung, in: F. Fischer, Der Erste Weltkrieg und das deutsche Geschichtsbild. Beiträge zur Bewältigung eines historischen Tabus. Aufsätze und Vorträge aus drei Jahrzehnten, Düsseldorf 1977, 364; vgl. auch Ders., Bündnis der Eliten. Zur Kontinuität der Macht− strukturen in Deutschland 1871–1945, Düsseldorf 1979; sowie Ders., Hitler war kein Betriebsunfall, München 1992]. Durch diesen mächtigen Anstoß Fischers in Gang gebracht, entwickelte sich eine lebhafte, nicht immer emotionsfreie Erörterung über das Problem der historischen Kontinuität in der rund achtzigjährigen Geschichte der preußisch− deutschen Großmacht. Insgesamt gesehen, bewegte sich diese Debatte dabei in zwei Richtungen, die beide vorerst weniger die gesamteuropäischen Bezüge der deutschen Entwicklung als vielmehr ihre nationalhistorische Seite betrachteten. Andreas Hillgruber hat in Fortentwicklung der Überlegungen von Ludwig Dehio und in Auseinandersetzung mit Fritz Fischers Position die außen− politischen Zielvorstellungen in der preußisch−deutschen Geschichte in−

Eine neue Konti− nuitätsthese: Fritz Fischer

Kontinuität und Bruch in der Ge− schichte der deutschen Außen− politik“: Andreas Hillgruber

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Sozialer Impe− rialismus von Bis− marck bis Hitler: Hans−Ulrich Wehler

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

terpretiert und in seinen verschiedenen Studien, unter denen besonders seine mehrfach aufgelegte Freiburger Antrittsvorlesung Kontinuität und Bruch in der Geschichte der deutschen Außenpolitik“ aus dem Jahr 1969 hervorzuheben ist [2017], auf die Frage nach der Kontinuität in der deutschen Geschichte folgende Antwort gegeben, die der Autor rückblickend 1975 selber noch einmal so zu− sammengefaßt hat: Das ,letzte Ziel‘ Hitlers in seinem ,Programm‘ war ohne Zweifel ,revolutionär‘, die rassisch begründete Weltherrschaft ebenso wie der Entwurf eines neuen ,Herrenmenschen‘ als Glied einer biologisch gezüchteten Elite . . . Allerdings: Mochten in diesen ,letzten Zielen‘ Hitlers auch der deutschen Tradition völlig fremde Wesenselemente enthalten sein, so zeigt seine im engeren Sinne außenpolitische Zielsetzung (sozusagen kürzerer und mittlerer Reichweite) doch erstaunlich viele Züge, die mit Einschätzungen und Wunschvorstellungen der Wilhelminischen Ära übereinstimmen“ [A. Hillgruber, Zum For− schungsstand über die Geschichte des Nationalsozialismus, in: Auswärtiges Amt – Informationsdienst für die Auslandsvertretungen – 240–312 73. Beilage zum Blauen Dienst VII/Nr. 23, Nr. 87, 14]. Stärker an der innenpolitischen Entwicklung Preußen−Deutschlands in− teressiert und seine Außenpolitik eher als Derivat innenpolitischer Vorgänge einschätzend, hat Hans−Ulrich Wehler in seinen verschiedenen Publikationen gleichfalls die Kontinuität der preußisch−deutschen Geschichte betont. Von seiner Theorie des sozialen Imperialismus geleitet, in deren Bezugsrahmen Wehler auch den Gang der deutschen Entwicklung von der Ära Bismarck bis in das Dritte Reich“ interpretiert und dabei die Außenpolitik als innenpolitische Krisen− strategie zur Ablenkung gesellschaftlicher Spannungen sowie zur Konser− vierung bestehender Herrschaftsverhältnisse beurteilt, hat er die natio− nalsozialistische Politik in eine kontinuierliche Linie eingebettet, die von Bis− marck über Miquel, Bülow, Tirpitz bis hin“ zu Hitler verlaufe. Er begreift sie als Ausdruck eines extremen Sozialimperialismus . . ., der durch den Ausbruch nach ,Ostland‘ noch einmal den inneren Fortschritt aufzuhalten und von der inneren Unfreiheit abzulenken versucht hat – auch er wieder im Banne einer konservativen Utopie“ [H.−U. Wehler, Krisenherde des Kaiserreichs, 1871–1918. Studien zur deutschen Sozial− und Verfassungsgeschichte, Göttingen 1970, 161; Ders., Das Deutsche Kaiserreich. 1871–1918, Göttingen 1973 u. ö.; vgl. dazu auch die ungeachtet einer neuen Terminologie, die den Debatten um Modernisierung und charismatische Herrschaft entlehnt ist, diesem Grundmuster der Interpretation verpflichtete Deutung von Dems., Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Dritter Band. Von der Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Welt− krieges. 1849–1914, München 1995]. Auf die Schwächen einer solch funktionalistischen Betrachtungsweise ist im Hinblick auf Wehlers Interpretation der Politik Bismarcks von Theodor Schieder [2050: Das Deutsche Reich, 446] und in bezug auf die Geschichte der Außenpolitik des Dritten Reiches“ vom Verfasser [989: Innenpolitische An− triebskräfte, 640–641] hingewiesen worden [vgl. auch die Kritik von Th. Nip−

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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perdey, Wehlers Kaiserreich“. Eine kritische Auseinandersetzung, in: GG 1 (1975), 539–560]. Ein in gewissem Maße erstes und repräsentatives Resümee, das vor allem auch auf die Erörterungen über die Beurteilung der preußisch−deutschen Außenpolitik im Weltstaatensystem eingeht, hat in diesem Zusammenhang sodann 1970 Theo− dor Schieder in seinem Aufsatz Das Deutsche Reich in seinen nationalen und universalen Beziehungen 1871–1945“ [2050] gezogen, hat darin Kontinui− tätsstränge und −brüche innerhalb der preußisch−deutschen Geschichte vor− sichtig abwägend sichtbar werden lassen und hat insbesondere über den na− tionalen Bezugsrahmen hinausweisend daran erinnert, daß die Deutsche Frage“ stets als politisches, soziales und ideologisches Problem ein Teilproblem dieser Welt bleibt“. Einen weiteren Versuch, die Diskussion über das Kontinuitätsproblem in der deutschen Geschichte gewissermaßen zu bilanzieren, hat dann der Verfasser in seinem 1973 veröffentlichten Artikel Hitlers Ort in der Geschichte des preu− ßisch−deutschen Nationalstaates“ [2014] unternommen, der sich darum bemüht, innen− und außenpolitische Faktoren miteinander in Beziehung zu setzen und auch die vorliegenden sozialhistorischen Ergebnisse der Forschung einzu− beziehen. Dabei wird einerseits der für die Entstehung des Dritten Reiches“ entscheidende Bündnisabschluß zwischen alten Führungsschichten und na− tionalsozialistischer Bewegung“ betont, andererseits werden die neuartigen Mo− tive und Ziele in der Politik Hitlers als aus dem Rahmen der deutschen Tradition herausfallend eingeschätzt. Zwar wird der Neuanfang des Jahres 1933 her− vorgehoben, der vom Jahre 1936/37 an unübersehbar deutlich wurde, jedoch aus der langen Tradition einer antiparlamentarischen Politik im Deutschen Reich unter anderem herzuleiten ist. Auch das Problem der wohl mehr unfreiwillig als bewußt durch das Dritte Reich“ bewirkten Modernisierung, das für die Ge− schichte der Nachkriegszeit so erheblich wurde, wird in diesem Beitrag erörtert und dabei konstatiert, die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sei gerade durch Hitlers Politik und Kriegführung von mancher die Entwicklung Preußen− Deutschlands bis 1933 resp. 1945 belastenden Hypothek befreit worden“ und habe für den zweiten parlamentarischen Versuch der deutschen Geschichte neue Erfolgsmaßstäbe zur Verfügung“ gestellt. Vor allem in dreifacher Hinsicht ist gegenüber diesen Überlegungen und Resultaten Kritik vorgetragen worden, die dem Bemühen um Differenzierung und Kategorienbildung entspringt: 1. Mit seinen grundlegenden Betrachtungen über 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte“ hat Thomas Nipperdey [2038: Nachdenken über die deutsche Geschichte, 186–205] das Problem, ob und inwieweit 1933“ ein Er− gebnis der modernen deutschen Geschichte sei, auf eine methodisch und sachlich abgewogene, eminent historisch die Vieldeutigkeit geschichtlicher Verläufe und Erscheinungen abhandelnde Art und Weise beantwortet, die den bis dato vor− gelegten Deutungsversuchen überlegen ist. Daß die Frage nach der Kontinuität,

Nationaler und universaler Rahmen: Theodor Schieder

Hitlers Ort in der preußisch−deutschen Geschichte“

Thomas Nipperdeys Kritik an der Kon− tinuitätshistorie“: Die Offenheit der Geschichte

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Das vergangene Reich“: Normalität und Revolution

Modernisierung Deutschlands

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

mit der das Spätere aus dem Früheren erklärt werden kann, . . . notwendig und legitim“ ist, betont Nipperdey in seinem gedankenreichen Aufsatz ebenso, wie er die Richtung der Frage“ für nicht umkehrbar“ hält: Ich kann das Frühere vom Späteren her allein – als ob es eine Quasi−Teleologie gäbe – nicht erklären. Sonst verkürze, vereinseitige ich die vergangene Wirklichkeit, trimme sie auf ein Er− gebnis hin, das doch nur eines unter möglichen Ergebnissen ist“ [ebd., 204]. Vor solchem Hintergrund und mit diesen Differenzierungen können wir sagen“, faßt Nipperdey sein Nachdenken über die deutsche Geschichte“ und Hitlers Machtergreifung“ zusammen, daß 1933 sich zwar nicht aus ,der‘ Kontinuität der deutschen Geschichte ergibt, wohl aber, daß 1933 mit der Mehrzahl der dominanten (wenn auch unterschiedlichen) Kontinuitäten der deutschen Ge− schichte eng verknüpft ist und ohne den Rekurs auf diese Kontinuität keine historische Erklärung möglich ist“ [ebd., 197]. Freilich geht es Nipperdey darum, über der Frage danach, wie es zu 1933“ kommen konnte, nicht die− jenige zu verdrängen, wie es in den 1933“ vorangehenden Epochen deutscher Geschichte eigentlich gewesen ist: Vergangenheit ist mehr als Vorgeschichte. Jede Epoche vor 1933 ist mittelbar zu Hitler – manche mehr, manche weniger –, aber unmittelbar ist sie noch ganz anderes, ist sie sie selbst“ [ebd., 204]. In dieser Perspektive gelangte der Verfasser im Rückblick auf Das ver− gangene Reich“ [992] zu einem Urteil, das die wissenschaftliche Debatte um das Kontinuitätsproblem der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert so zusammenfaßt: So wesentlich sich das Handeln Bismarcks von dem Hitlers unterscheidet, so vielfältig gehören beide innerhalb der verschlungenen Ent− wicklung des deutschen Nationalstaates zusammen. Eine breite Spur, die aus der Ära Bismarck bis in die Hitlerzeit reicht, die ursprünglich auf ein akzeptables Ziel zulief und die später ins Fatale abirrte, zeichnet sich dauerhaft und grundlegend ab . . . [so] daß Deutschlands Geschichte [schließlich] in den nationalsozialistischen Sonderweg abirrte, der das Reich verhängnisvoll und nachhaltig von der zivi− lisierten Welt trennte“ [ebd., 852]. Das Plädoyer dafür, den Eigenwert der deutschen Geschichte vor 1933 von der Monstrosität der deutschen Geschichte nach 1933 differenzierend zu betonen, ohne darüber die von der Forschung seit langem entdeckten und nachgezeichneten Verbindungslinien zwischen der einen und der anderen insgesamt nicht teilbaren, aber auch nicht identischen deutschen Vergangenheit zu übersehen, berührt sich in gewisser Weise 2. mit der nach wie vor umstritten erörterten Frage danach, wieweit die von der Geschichte des Dritten Reiches“ ausgehende Modernisierung, auf die bereits 1961 Ralf Dahrendorf [1995: Demokratie und Sozialstruktur] aufmerksam gemacht hat und auf die 1966 David Schoenbaum [665: Die braune Revolu− tion] ausführlicher eingegangen ist, eher intentionale Qualität als Zielvorstellung nationalsozialistischer Politik besitzt oder doch im Grunde stärker funktionales und unfreiwilliges Ergebnis seiner historischen Auswirkungen und Folgen ist. Bereits früh hat Heinrich August Winkler auf die Notwendigkeit des ideologiekritischen Ansatzes gegenüber jenen Verlautbarungen und Propa−

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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gandaformeln des Dritten Reiches“ hingewiesen, die im modernisierenden Sinne auf den egalitären Charakter seiner revolutionären Politik verweisen: Die langsame Aushöhlung des Großgrundbesitzes und die Schließung lei− stungsschwacher Kleinbetriebe kann wohl als eine partielle Modernisierung der deutschen Gesellschaft verstanden werden“, räumt Winkler ein, aber kaum als soziale Revolution“. Und kritisch gegenüber der These, der Nationalsozialismus habe soziale Unterschiede eingeebnet, fährt der Autor sodann fort: Noch weniger angemessen ist dieser Ausdruck, wenn man an die sozialen Beziehungen im industriellen Bereich denkt. Die Klassengegensätze wurden durch den Natio− nalsozialismus nicht abgeschliffen, sondern nur zeitweise verhüllt“. Dagegen hebt auch Winkler stark auf die nicht beabsichtigten Wirkungen des Natio− nalsozialismus und ihre modernisierenden Folgen ab: Die größte soziale Zäsur, die der Nationalsozialismus gesetzt hat, ist sein Zusammenbruch. Ohne die militärische Niederlage Deutschlands wäre die wirtschaftliche Macht des Groß− grundbesitzes kaum so radikal gebrochen worden, wie das in der sowjetischen Besatzungszone geschah. Die Bevölkerungsbewegungen, die der Vormarsch der Roten Armee auslöste, waren auch ein Stück irreversiblen sozialen Wandels . . . die vorindustriellen Relikte, die die deutsche Gesellschaft bis 1945 entscheidend geprägt haben, gehören weitgehend der Vergangenheit an. Nichts von dem, was sich während der nationalsozialistischen Herrschaft in der deutschen Gesellschaft verändert hat, hat dieselbe historische Tragweite wie dieses Faktum“ [H. A. Winkler, Vom Mythos der Volksgemeinschaft, in: AfS 17 (1977), 490; zu den Problemen des revolutionierenden sowie modernisierenden Charakters des Dritten Reiches“ vgl. auch Th. Brackel−Hertenstein, Hitler und die Sinn− gebung der deutschen Geschichte. Essay über eine soziologische Deutung, in: MGM 44 (1988), 9–40]. Insgesamt hat Thomas Nipperdey sodann, im Jahre 1986, den Stand der Forschung über die gerade auch in dieser Hinsicht janusköpfige Gestalt des Dritten Reiches“ und über die nicht eindeutig identifizierbare Erscheinung des Nationalsozialismus treffend zusammengefaßt, der ja im Kern eine Revolution gegen die Revolution“ [K. Hildebrand] darstellte, ohne damit im überlieferten Begriff der Konterrevolution aufzugehen [vgl. dazu die anderslautende Ein− schätzung von H. A. Winkler, in 695: Alltagsgeschichte der NS−Zeit, 62]: Der Nationalsozialismus war eine Antwort auf die fundamentale Ambivalenz ge− genüber der Modernität. Er versprach einerseits Sicherheit vor Wandel, Kon− flikt, Entfremdung, und andererseits Produktivität, Effektivität und ein Stück Egalität als soziale Anerkennung“ [Th. Nipperdey, Probleme der Moderni− sierung in Deutschland, in 2038: Ders., Nachdenken über die deutsche Ge− schichte, 58]. 3. In einem letztlich entscheidenden Maße aber kreist die Diskussion nach wie vor um die Frage nach den Kategorien, an denen das Dritte Reich“ im Hinblick auf seine Entstehung und seinen Ort innerhalb des preußisch−deutschen Na− tionalstaates zu messen ist. Dabei wird mit überlegenswerten Argumenten jene

Ambivalenz des Na− tionalsozialismus

Probleme der Ka− tegorienbildung

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Sonderweg“ und Drittes Reich“ – eine andauernde Debatte

Angelsächsische Beiträge: David Calleo, David Blackbourn und Geoff Eley

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

latente oder offene Selbstverständlichkeit in der Wahl der Maßstäbe in Frage gestellt, mit der oftmals unbewußt die englische Entwicklung zum Parla− mentarismus und zum Industriestaat als Parameter an die deutsche Geschichte angelegt wird. In diesem Zusammenhang ist durchaus erwogen worden, die Urteile vom deutschen Sonderweg“ und von der verspäteten Nation“ umzu− kehren und dafür angesichts des durch kein historisches Beispiel beeinflußten Ablaufs der britischen Geschichte deren Ausnahmecharakter zu betonen [vgl. dazu insgesamt 2016: K. Hildebrand, Der deutsche Eigenweg]. Ja, es ist in diesem Rahmen nachdrücklich auf die Tatsache einer über weite Strecken des 19. und 20. Jahrhunderts hin zu beobachtenden europäischen Normalität deutscher Ge− schichte hingewiesen worden [Ders., Deutscher Sonderweg und Drittes Reich“. Betrachtungen über ein Grundproblem der deutschen und europäischen Ge− schichte im 19. und 20. Jahrhundert, in 396: W. Michalka (Hrsg.), Die na− tionalsozialistische Machtergreifung, 386–394]. Wie auch immer: Die Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre erneut geführte Debatte über die Existenz oder Nicht−Existenz eines deutschen Sonderweges“ hat ungeachtet aller wissenschaftlichen Differenzen im einzelnen die historische Urteilsbildung bereichert, wenn man sich auch immer wieder vor Augen führen muß, daß der Historiker im Zuge solcher Betrachtungen an die Grenzen seiner Wissenschaft stößt. Ausgelöst wurde die neue Sonderwegs−Debatte“ durch einen amerikanischen und zwei britische Historiker, welche die These über die Existenz eines für die Heraufkunft Hitlers als entscheidend angenommenen deutschen Sonderwegs“ mit seinen Mangelerscheinungen einer ausgebliebenen großen Revolution und einer coupierten parlamentarischen Tradition von ganz unterschiedlichen Posi− tionen aus radikal in Frage stellten. David Calleo [1994: Legende und Wirk− lichkeit der deutschen Gefahr] erblickt den Grund für gewisse Spezifika deutscher Innen− und Außenpolitik vielmehr in der vergleichsweise schwierigen geo− graphischen Mittellage des Deutschen Reiches und beurteilt die Geschichte des modernen Deutschland darüber hinaus als ebenso normale wie schreckliche Inkarnation jenes faustischen Verlangen[s] nach Unendlichkeit“, die ihm vor− kommt als vielleicht das Hauptmerkmal, das sich durch die modernen bür− gerlichen Gesellschaften zieht“ [ebd., 194]. Solche als zu grob beanstandeten Verallgemeinerungen sind in der Erörterung des Untersuchungsgegenstandes ebenso zurückgewiesen worden wie Chancen und Grenzen dieser teilweise sehr pointiert vorgetragenen Kritik gegenüber der Existenz vom deutschen Son− derweg“ in der Diskussion recht bald klarer zutage traten [vgl. zusammen− fassend dazu: K. Hildebrand, Staatskunst oder Systemzwang? Die Deutsche Frage“ als Problem der Weltpolitik, in: HZ 228 (1979), S. 624–644]. Von ganz anderen Kategorien sozialwissenschaftlicher, teilweise auch mar− xistischer Provenienz aus kritisieren David Blackbourn und Geoff Eley das Deutungsmuster vom deutschen Sonderweg“ [1987: Mythen deutscher Ge− schichtsschreibung]. Dessen Existenz als gedankliches Konstrukt ohne Ent−

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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sprechung in der historischen Wirklichkeit verdanke seine Entstehung in erster Linie der Tatsache, daß zumindest ein erheblicher Teil der deutschen Historiker immer nur danach frage, wie es eigentlich nicht gewesen ist“ und warum Deutschland nicht England war [D. Blackbourn, in: ebd., 71]. In diesem Sinne geht es David Blackbourn darum zu zeigen, daß, wenn überhaupt, der eng− lische Weg, nicht der deutsche, der eigentlich ungewöhnliche war“ [ebd., 80] und daß es – im Gegensatz zu einer der Kernaussagen der Sonderwegs−These“ – angebracht erscheine, eher von der Verbürgerlichung der deutschen Gesellschaft zu sprechen, als von der Feudalisierung der deutschen Bourgeoisie“ [ebd., 89]. In dieser Perspektive entdecken die beiden im Ziel ihrer Argumentation einigen, wenn auch im Stil der Auseinandersetzung unterschiedlichen Autoren in der Geschichte des modernen Deutschland durchgehend eine bürgerliche Hege− monie“. Der Vorstellung vom deutschen Sonderweg“ liege ein verfehlter Be− griff von bürgerlicher Revolution“ zugrunde, der von deutschen Historikern fälschlicherweise auf die Durchsetzung bestimmter verfassungsrechtlicher, li− beraler und demokratischer Herrschaftsformen bezogen worden sei. Dagegen komme es innerhalb der staatsbürgerlichen Gesellschaft“ vor allem auf die bürgerliche Vorherrschaft“ [ebd., 101 und 29] an, und in dieser Perspektive spiegele die deutsche Entwicklung durchaus die Logik des Monopolka− pitalismus“ [G. Eley, ebd., 48], der sodann anstelle der historischen Inter− pretationsfigur vom Sonderweg“ als probates Deutungsmuster für Hitlers Machtergreifung“ gelten darf. Die intensive und kritische Auseinandersetzung [vgl. die einschlägigen Titel der Literatur“ in dem Band 2000: Deutscher Sonderweg, 82–87; die Miszelle von D. Langewiesche, Entmythologisierung des deutschen Sonderweges“ oder auf dem Wege zu neuen Mythen?, in: AfS 21 (1981), 527–532; sowie vor allem 162: H. Grebing, Der deutsche Sonderweg“ in Europa 1806–1945. Eine Kritik; H.−U. Wehler, Deutsches Bildungsbürgertum in vergleichender Perspektive – Ele− mente eines Sonderwegs“?, in: Ders., Aus der Geschichte lernen? Essays, München 1988, 218–240; J. Kocka, Das europäische Muster und der deutsche Fall, in: Ders. (Hrsg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert, Bd. 1: Einheit und Vielfalt Europas, Göttingen 1995, 9–84; A. Wirsching, Krisenzeit der Klassischen Moderne“ oder deutscher Sonderweg“?, in: H. Möller/U. Wengst, (Hrsg.), 50 Jahre Institut für Zeitgeschichte. Eine Bilanz, München 1999, 365–381] mit den angelsächsischen Herausforderungen und Vorschlägen führte zu einem Über− denken und zu einer Differenzierung der Positionen. Während einerseits die Ideologie des deutschen Weges“ [2006: B. Faulenbach] nach wie vor im Sinne der Sonderwegs−These“ als wesentlich für die Entstehung des Dritten Reiches“ angesehen wird, hat Karl Dietrich Bracher unterscheidend vorgeschlagen, die ideologische Ausbildung eines deutschen Sonderbewußtseins“ abzuheben von der Theorie und der Betonung eines deutschen Sonderwegs“: Der deutsche Sonderweg ist auf die Epoche der NS−Herrschaft zu begrenzen, doch die Stärke des deutschen Sonderbewußtseins, das schon in der Auseinan−

Zwischenbilanz

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Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen“

Kritik an der These vom antiwestlichen Sonderweg

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

dersetzung mit der französischen Revolution entstanden, nach 1870 und 1918 vertieft worden war, ist zu betonen. Es machte aus überspannten Vorstellungen eine politische Kraft, aus einem Mythos furchtbare Realität. Der Weg von der Demokratie zur Diktatur war kein deutscher Sonderfall, wohl aber entsprach die Radikalität der NS−Diktatur jener Schärfe eines deutschen Sonderbewußtseins, das nun, 1933–1945, auch politisch voll und totalitär zur Geltung kam“ [K. D. Bracher, in 2000: Deutscher Sonderweg, 53]. In jüngster Zeit hat die Sonderwegs−These“ in Heinrich August Winklers zweibändigem opus magnum Der lange Weg nach Westen“ [2055] eine be− achtenswerte Renaissance gefunden, welche die Entstehung der natio− nalsozialistischen Diktatur – deren kulturellen Bruch mit der europäischen Ge− schichte der Autor entschieden betont – vor allem aus der problematischen Tradition eines überlange existierenden Reichsbegriffs sowie aus den gefähr− lichen Verwerfungen zwischen wirtschaftlicher, technischer und gesell− schaftlicher Modernität auf der einen und politischem Antiparlamentarismus auf der anderen Seite, im einzelnen sehr differenziert und gedankenreich, zu erklären bemüht ist: Die Sonderwegsthese“, so hat Winkler seine wis− senschaftliche Position unlängst noch einmal umschrieben, geht . . . nicht von der Annahme aus, irgendein Land, etwa England, sei einen Normalweg ge− gangen. Aber die klassischen Demokratien des Westens verfügten doch über ein gewisses Maß an gemeinsamen Grundüberzeugungen, die in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts alles andere als konsensfähig und am Ende der ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik, nicht einmal mehr mehrheitsfähig waren – Grundüberzeugungen, die Dolf Sternberger 1979 im Begriff des ,Verfassungspatriotismus‘ zusammengefaßt hat“ [H. A. Winkler, Adenauer und der deutsche Sonderweg, in 2003: A. Doering−Manteuffel/H.− P. Schwarz (Hrsg.), Adenauer und die deutsche Geschichte, 11]. Gegenüber Winklers These vom antiwestlichen Sonderweg Deutschlands“ [ebd., 17] in das Dritte Reich“ sind Bedenken zu erheben, die sich zum einen auf den Begriff des Sonderweges“ und zum anderen auf den des Westens“ beziehen: 1. Ohne Zweifel hat es spezifische Merkmale, Eigentümlichkeiten und Beson− derheiten der deutschen Geschichte gegeben, die vom hohen Mittelalter bis in das 20. Jahrhundert hinein gewirkt haben. Genannt seien nur die Tradition des Reichsbegriffs und sein schwieriges Verhältnis zur Nation und zum Natio− nalstaat; die Tradition der Reform von oben, die in einem Sonderstil der Auf− klärung“ die Revolution von unten mit Regelmäßigkeit überflüssig gemacht hat; die Tradition der geographischen und geistigen Mittellage zwischen West und Ost, welche die Neigung der Deutschen zur Unentschiedenheit und zum dritten Weg, zu den von den Nachbarn beklagten incertitudes allemandes“ befördert hat. Diese Traditionen zu benennen, beschreibt die Kennzeichen eines deutschen Eigenweges durch die europäische Geschichte, der jedoch – wie die Eigenwege anderer Völker und Nationen auch – zu Europa gehört hat und mit Europa verträglich gewesen ist. Er war im übrigen nicht nur antiwestlich, sondern auch

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antiöstlich ausgerichtet und suchte das Eigene, das Selbständige, das Autonome der nicht selten für gefährdet gehaltenen Existenz zu sichern. Daß diese Haltung, zusammen mit anderen Elementen, in Deutschland ein Sonderbewußtsein kultiviert hat, dessen Ausbildung die nationalsozialistische Machtergreifung“ schließlich begünstigte, wird rückblickend deutlicher, als das den Zeitgenossen vor Augen gestanden hat, die Hitler in die Nähe der Macht gewählt haben: Der Diktator aber repräsentierte den eigentlichen Sonderfall der deutschen Ge− schichte; denn er war es, von dem sich die Deutschen, gezwungen und hin− gebungsvoll in einem, auf den nationalsozialistischen Sonderweg führen ließen. Seine blutige, ruchlose Spur hat Deutschland sodann tatsächlich von der freiheitlichen Welt des Westens getrennt und hatte zudem mit der totalitären Welt des Ostens vieles gemeinsam. Der deutsche Eigenweg dagegen wurde, ungeachtet des lange Zeit problematischen Verhältnisses der Deutschen zu Par− lamentarismus und Demokratie, weil das Reich gleichwohl ein Rechtsstaat war, durch viel Gemeineuropäisches charakterisiert: Zwischen 1871 und 1933 war der deutsche Nationalstaat also beileibe kein abnormes Monstrum, wie das Raum− und Rassenkrieg führende Dritte Reich“; er hatte vielmehr teil an Europa, dessen Existenz Hitler dagegen nur als Beuteobjekt wahrzunehmen imstande gewesen ist. Der deutsche Eigenweg und das Sonderbewußtsein der Deutschen endeten, nicht notwendig, wenngleich auch nicht zufällig, im Dritten Reich“: Aber erst die braune Tyrannis schlug dann jenen nationalsozialistischen Sonderweg ein, der alles Ablehnenswerte der eigenen und der europäischen Geschichte maßlos übertraf und qualitativ übersteigerte und dessen verhängnisvoller Kurs die ei− gentliche Abkehr vom Westen markierte. 2. Was heißt eigentlich Westen“ und westlich“? Mit Recht benennt Winkler in diesem Zusammenhang die Ideen der Menschenrechte, der Freiheit und der Demokratie“ als konstitutive Merkmale. Zu fragen ist allerdings, ob diese allgemeine Trias nicht der Differenzierung und Ergänzung bedarf, damit der Begriff des Westens“ seine historische Dignität behält und nicht zu einer Waffe des politischen Kampfes wird. Mit anderen Worten: Wenn das Epitheton westlich“ für oder gegen irgend etwas reklamiert wird, ist erst einmal der zeitliche Rahmen zu berücksichtigen, in dem das Ge− meinte steht. Was westlich“ ist und was nicht, läßt sich in historischer Perspektive jeweils nur vergleichend, im nationalen wie im internationalen Kontext also, im Hinblick auf das feststellen, was in der Regel auf sehr unterschiedliche, auf widersprüchliche Art und Weise sogar, zeitgemäß, üblich und akzeptiert war. Das heißt aber: Wenn es um die ebenso grundsätzlichen wie umstrittenen Fra− gen staatlicher und gesellschaftlicher Existenz überhaupt, um Freiheit und Men− schen− bzw. Bürgerrechte, um Demokratie und Kapitalismus, um Krieg und Frieden beispielsweise, geht, dann definiert gerade die Koexistenz von Gegen− sätzen, das Neben− und Miteinander von Antagonismen, der schöpferische Streit zwischen der politischen Linken, der Mitte und der Rechten, die konkurrierende Auseinandersetzung zwischen progressiven und konservativen Ideen im Zuge schiedlich−friedlicher Konfliktaustragung die Existenzgrundlage des Gemein−

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Phänomenologie des 20. Jahrhunderts

Historisierung des National− sozialismus“

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

wesens [vgl. K. Hildebrand, Kommentar zu Heinrich August Winkler, Adenauer und der deutsche Sonderweg, in: ebd., 20–23; vgl. auch 992: Ders., Das vergangene Reich, Epilog, 849–898]. In einer ganz anderen Perspektive ist die extreme Vernichtungsqualität der zwischen 1933 und 1945 von ihrem Eigenweg“ auf einen Sonderweg“ ge− ratenen deutschen Geschichte auch mit den spezifischen Bedingungen des to− talitären 20. Jahrhunderts und der antagonistischen Verwandtschaft zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus begründet worden (vgl. S. 152 ff.). Und bereits vor geraumer Zeit hat Ernst Nolte einen zentralen Gesichtspunkt der dem Sonderwegs“−Deutungsmuster verpflichteten Historiker seiner aus dem europäischen und universalen Vergleich lebenden Kritik unterzogen: In man− chen der jüngeren Darstellungen der Geschichte des Bismarck−Reiches ist eine Art von Verdruß darüber spürbar, daß Bismarck die Macht der vorindustriellen Herrenschicht erhalten wollte und daß die Kräfte des status quo sich der Dyna− mik der industriellen Welt und den daraus resultierenden sozialen Veränderungen widersetzten. Doch man wird abermals die deutsche Perspektive mit ihren implizierten Grundannahmen überschreiten und sich fragen müssen: In wel− chem Lande Europas verzichtete die ,vorindustrielle Herrenschicht‘, d. h. der Adel, jeweils freiwillig und in toto auf seine Machtpositionen – in welchem Lande Europas konnte und wollte er die ,industrielle Dynamik‘ jemals un− terdrücken? . . . Die angemessene historische Fragestellung und Perspektive ist vielmehr die folgende: Hat die soziale Struktur des Bismarck−Reiches den ,In− dustrialisierungsprozeß‘, der in seiner fundamentalen Bedeutung und Uni− versalität damals noch nicht allgemein erkennbar war, wesentlich behindert, und hat sich dieser Prozeß mit vergleichsweise großen oder geringen Opfern vollzogen? . . . Wahrscheinlich hat sich in keinem Lande der Welt der (wie wir heute sagen müssen) frühe Industrialisierungsprozeß so erfolgreich und unter so geringen Opfern abgespielt wie im Deutschen Reich von 1871–1914 . . . Das humanitäre Argument schlägt also nicht durch, und man könnte unversehens zu der entgegengesetzten Folgerung getrieben werden: das Reich sei am Mangel ,industrieller Totalität (und Brutalität)‘ zugrunde gegangen“ [E. Nolte, Ideo− logie, Engagement, Perspektive, in 2042: Ders., Marxismus, Faschismus, Kalter Krieg, 271]. Es fällt nicht allzu schwer, gegenüber diesen notwendigerweise allgemein gehaltenen Überlegungen zum Verhältnis zwischen vorindustriellen Eliten und westlichem Modernisierungsprozeß Einwände vorzutragen. Dabei wäre bei− spielsweise auf die trotz unbestreitbarer Übereinstimmungen im Verlauf der politischen und sozialen Geschichte Englands und Deutschlands in ent− scheidendem Maße doch unterschiedlichen Verhaltensweisen der englischen und deutschen Eliten gegenüber den Herausforderungen der Moderne zu verweisen. Gar nicht zu bestreiten ist jedoch die Erstrangigkeit, die der Diskussion des Kategorienproblems in diesem Zusammenhang zukommt, die zudem weit über sich hinausweist und uns noch einmal die Aufgabe und das Problem, die Chancen

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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und die Risiken einer Historisierung des Nationalsozialismus“ [M. Broszat und S. Friedländer] vor Augen zu führen vermag. Alles in allem: Die Debatte darüber, mit welchen Begriffen und Methoden das historische Phänomen des Dritten Reiches“ angemessen erklärt werden kann und wie Der historische Ort des Nationalsozialismus“ zu bestimmen ist [2043: W. H. Pehle (Hrsg.)], dauert an: Dan Diner hat beispielsweise sogar die Frage auf− geworfen, ob es angesichts des singulären Ausnahmecharakters der Diktatur Hitlers einer besonderen Historik des Nationalsozialismus“ bedürfe [Per− spektivenwahl und Geschichtserfahrung, in: ebd., 94], Ludolf Herbst hat sich unter dem Begriff Entkoppelte Gewalt“ [2012] an einer chaostheoretischen Interpretation des NS−Herrschaftssystems“ versucht, und Günther Heyde− mann und Christopher Beckmann haben angesichts der totalitären Erfah− rung“ [K. D. Bracher] des Zeitalters nach dem Untergang des kommunistischen Imperiums, nach dem Ende der Illusion“ also, welche die Geschichte des Kommunismus im 20. Jahrhundert“ [2007: F. Furet] begleitet hat, erneut die Möglichkeiten und Grenzen des historischen Diktaturenvergleichs“ geprüft, um durch die komparatistische Betrachtung der Zwei Diktaturen in Deutschland“ [in: Deutschland Archiv 30 (1997), 12–40] Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Dritten Reiches“ und der DDR zu ergründen: Daß der Maßstab eines so angelegten Vergleichs, wenn er tatsächlich das Wesen, das Telos, das Spezifische des Dritten Reiches“ zu bestimmen imstande sein soll, nicht die DDR Ulbrichts und Honeckers, sondern vielmehr die Sowjetunion Lenins, Stalins und Bre− schnews sein muß, dürfte im Rahmen dieser Methode der Zeitge− schichtsforschung auf der Hand liegen. Unter ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und mit ganz unterschiedlichen Instrumentarien geht es immer wieder darum, die Geschichte des Natio− nalsozialismus in ihrer Kontur und Entgrenzung ebenso wie in ihrer Grun− dierung und ihren Schattierungen als einen der deutschen Geschichte selbstverständlich zugehörigen und doch aus ihr herausfallenden Teil der eu− ropäischen und universalen Entwicklung der Menschheit zu verstehen [zu ei− nem frühen Versuch einer solchen Ortsbestimmung der Diktatur Hitlers vgl. auch W. Röpke, Die Deutsche Frage, Erlenbach/Zürich, 3. veränderte und erw. Ausg. 1948]. Ohne das Verbrecherische des Dritten Reiches“ zu trivialisieren und das Banale seiner Erscheinung zu dämonisieren, ohne die Trennungslinie zwischen Herrschaft und Alltag, zwischen Verfolgung und Widerstand, zwischen Tätern und Opfern zu verwischen, ohne das Totalitäre des Nationalsozialismus im Normalen seiner Existenz zu übersehen, ohne die singulären Züge der Ras− senpolitik Hitlers angesichts vergleichbarer Phänomene des Schreckens im Zeitalter der Tyranneien“ [E. Halvy] zu verkennen, und ohne Diktatur und Demokratie auch nur im entfernten miteinander zu verwechseln, schlägt die Geschichtswissenschaft, nicht zuletzt angesichts ihrer sozial− und menta− litätshistorischen Erkenntnisgewinne über das Spannungsverhältnis von Coer−

Neue Deu− tungsversuche

Zwei Diktaturen in Deutschland“

Tendenzen der ge− genwärtigen For− schung

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Das Urteil der Geschichts− wissenschaft

Reich – Großmacht – Nationalstaat

II. Grundprobleme und Tendenzen der Forschung

cion and Consent“ [R. Gellately], zwischen Unterdrückern und Unterdrückten, einen neuen, schwierigen Weg ein, um die Geschichte des Dritten Reiches“ zu erklären: Sie versucht nämlich, eine weitere Verinselung der Hitler−Zeit“ zu vermeiden und diese stattdessen in den Gesamtverlauf der neueren deutschen Geschichte“ zu re−integrieren [M. Broszat, Eine Insel in der Geschichte?, in 142: Ders., Nach Hitler, 120], damit alles in allem die Gesamtheit des Dritten Reiches“ differenzierend zu erfassen und die Verschränkung des Gegensätz− lichen, die Koexistenz des Antagonistischen sowie die Vereinbarkeit des Un− vereinbaren, kurzum: das Zeitgenossen und Nachlebende so teuflisch Ver− wirrende, also die Diabolik dieser Tyrannis als Wesensmerkmal des modernen Totalitarismus im weltgeschichtlichen Zusammenhang einordnend zu entfalten [vgl. dazu zusammenfassend 163: U. v. Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 111–112; sowie E. Conze, Historisierung im Spannungsfeld von Verstehen, Erklären und Bewerten, in: HJb 118 (1998), 345–352]. Wenn die Erörterung über diese methodischen und sachlichen Fragen auch noch voll im Gange ist, so läßt sich der Forschungsstand zum Problem der historischen Urteilsbildung über Hitlers Drittes Reich“, das zwischen Tradition und Revo− lution, zwischen Rückständigkeit und Modernität in erster Linie als ein hi− storisches Phänomen sui generis einzuschätzen ist, doch einigermaßen reprä− sentativ mit Karl Dietrich Brachers Worten zusammenfassen: Obwohl die europäischen Voraussetzungen und Bedingungen seiner Diktatur stets zu be− achten sind, ist Hitler ein deutsches Phänomen . . . Es war die scharfe Diskre− panz zwischen Idee und Realität, zwischen intellektuellem Radikalismus und politischer Rückständigkeit im neueren Deutschland des 19. und 20. Jahr− hunderts, die in Hitlers doppelter Revolution, der des totalen Triumphes von 1933 und der totalen Widerlegung von 1945, endgültig ausgetragen wird. Die Brutstätte von Hitlers Denken lag im ,deutschen Problem‘ des 19. Jahrhunderts; Hitler war vor allem ein deutsches – und österreichisches – Phänomen, so weltweit die Auswirkungen gingen“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontro− versen, 100 f.]. Bündig hat Eberhard Jäckel diese Einsicht so umschrieben [233: E. Jäckel, Hitlers Herrschaft, 146]: Hitlers Weg kam aus der deutschen Geschichte und führte aus ihr heraus in Abgründe“, deren Dimension Andreas Hillgruber als Zweierlei Untergang“, nämlich des europäischen Judentums und des Deutschen Reiches interpretiert hat. Angesichts der Tatsache, daß das geteilte Deutschland seit 1990 in neuen Grenzen wiedervereinigt ist, läßt sich im Hinblick auf den Gang der neueren deutschen Geschichte feststellen, daß das Reich lange Zeit wie ein Mythos und eine Last gewirkt hat, die aus weit zurück− liegender Vergangenheit in die Moderne reichten, und daß zudem die Großmacht eine Chance und Versuchung dargestellt hat, mit deren Notwendigkeiten die Deutschen nicht zum Ausgleich fanden, während sich die Nation und der Nationalstaat – ungeachtet rigoristischer Kritik an seiner Existenz schlechthin [H.−U. Wehler, Nationalismus. Geschichte – Formen – Folgen, München 2001] – als etwas offenbar Unaufgebbares, als eine finalit de l’histoire“ [Ch. de Gaulle]

8. Das Dritte Reich” im Urteil der Geschichtswissenschaft

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präsentieren. Dagegen deutet der andere, mit dem Namen von Auschwitz ver− bundene Untergang auf eine der pathologischen Entwicklungsformen der Mo− derne“ hin, ja auf eine der Möglichkeiten moderner Zivilisation in der Krise“ [D. Peukert] (siehe dazu auch S. 177): Diese weisen ihrerseits weit über Deutschland hinaus und lassen die Vernichtungsqualität des Dritten Reiches“ als eine epochale Zäsur der Weltgeschichte erscheinen, deren Verlauf im 20. Jahrhundert durch die Existenz von Gewalt und die Aktivierung von Gewaltpotentialen schlechthin begleitet wurde. Gerade in dieser Hinsicht gilt, so folgert Karl Dietrich Bra− cher, den Untersuchungsgegenstand im engeren Sinne transzendierend, für alle Nationen und Politiker eine Erfahrung und Warnung . . . Es ist die Lehre, die nicht vergessen, nicht mißverstanden und nicht mißbraucht werden sollte: daß extreme politische Konzeptionen, die als ,Endlösung‘ für alle möglichen Probleme ver− heißen werden, niemals humanen Zielen dienen, sondern Menschen und ihre Werte erniedrigen zu bloßen Instrumenten eines destruktiven Machtwahns und barbarischen Regimes. Daß solche extremen Konzeptionen zum Scheitern verurteilt seien, woher sie kommen mögen, ist auch heute im Zeichen alter und neuer Extremismen die Hoffnung, die aus der Widerlegung und dem Untergang Hitlers gezogen werden kann“ [277: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kon− troversen, 101].

Auschwitz und die Krise der Zivilisation

Karl Dietrich Bracher: Die Lehre der Geschichte

III. Quellen und Literatur

A. QUELLEN

1. Aktenwerke 1. Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918–1945. Serie C 1933–1937, Bd. 1–6, Göttingen 1971–1981; Serie D 1937–1941, Bd. 1–13, Baden−Baden/ Frankfurt a.M. u. a. 1950–1970; Serie E 1941–1945, Bd. 1–8, Göttingen 1969–1979; Ergänzungsbd. zu den Serien A−E: Gesamtpersonen− verzeichnis, Portraitphotos u. Daten zur Dienstverwaltung, Anhänge, Göttingen 1995. 2. Documents on British Foreign Policy 1919–1939. 2. Serie 1929–1938, Bd. 1–21, London 1946–1984; 3. Serie 1938–1939, Bd. 1–10, London 1949–1961. 3. Documents diplomatiques franc ais 1932–1939. 1. Serie 1932–1935, Bd. 1– 13, Paris 1964–1984; 2. Serie 1936–1939, Bd. 1–19, Paris 1963–1986. 4. Documents diplomatiques suisses 1848–1945, Bd. 10–15: 1. Jan. 1930– 8. Mai 1945, Zürich 1982–1997. 5. Dokumenty vne nej politiki SSSR (amtl. russ. Dokumentenausgabe), Bd. 1–21: Nov. 1917 – Dez. 1938, Moskau 1957–1977; Fortsetzung unter dem Titel: Dokumenty vne nej politiki, bisher: Bd. 22–24: Jan. 1939 – Jan. 1942, Moskau 1992–2000. 6. Dokumente und Materialien aus der Vorgeschichte des Zweiten Welt− krieges 1937–1939, Bd. 1: Nov. 1937 – Dez. 1938, Bd. 2: Jan. – Aug. 1939, erw. Aufl. Moskau 1983 (EA 1948/49). 7. Foreign Relations of the United States, Diplomatic Papers, liegen für die Jahre 1933–1945 vollständig vor, Washington 1950–1969. 8. I documenti diplomatici Italiani, 8. Serie: 1935–1939, bisher Bd. 1–8: 15. April 1935 – 23. April 1938, Rom 1991–1999, Bd. 12–13: 23. März – 3. Sept. 1939, Rom 1952–1953; 9. Serie: 1939–1943, 10 Bde., Rom 1954– 1990; 10. Serie: 1943–1948, Bd. 1 u. 2: 9. Sept. 1943 – 9. Dez. 1945, Rom 1992. 9. Documents diplomatiques belges 1920–1940, bisher liegen die Bde. 3–5 für die Jahre 1931–1940 vor, Brüssel 1964–1966. 10. Documenten betreffende de buitenlandse politiek van Nederland 1919– 1945, Periode B: 1931–1940, bisher Bd. 1–4: 2. Jan. 1931 – 30. Juni 1935, ’s−

328

III. Quellen und Literatur

Gravenhage 1985–1996; Periode C: 1940–1945, bisher Bd. 1–6: 10. Mai 1940 – 30. Juni 1943, ’s−Gravenhage 1976–1996. 11. Actes et Documents du Saint Sige Relatifs la Seconde Guerre Mondiale, Bd. 1–11, teilweise 2. rev. u. erw. Aufl. Vatikanstadt 1970–1993 (EA 1965– 1981).

2. Editionen und Dokumentationen 12. Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933–1945, 6 Bde., bearb. von B. Stasiewski (Bd. 1–3) und L. Volk (Bd. 4–6), Mainz 1968– 1985. 13. Akten der Parteikanzlei der NSDAP. Rekonstruktion eines verlo− rengegangenen Bestandes. Sammlung der in anderen Provenienzen über− lieferten Korrespondenzen, Niederschriften von Besprechungen usw. mit dem Stellvertreter des Führers und seinem Stab bez. d. Partei−Kanzlei, ihren Ämtern, Referaten u. Unterabteilungen sowie mit Heß und Bormann persönlich, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte, bearb. von H. Heiber, Teil I, 2 Bde., Regesten, Register u. Mikrofiches, Teil II, 4 Bde., Regesten, Register u. Mikrofiches (Bd. 3 u. 4 bearb. von P. Longerich), München 1983–1992. 14. Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik. Das Kabinett von Schleicher 3. Dez. 1932 – 30. Jan. 1933, bearb. von A. Golecki, Boppard a.Rh. 1986. 15. Akten der Reichskanzlei. Regierung Hitler 1933–1938, hrsg. von K. Rep− gen u. H. Booms, Teil I: 1933/34, Bd. 1: 30. Jan. bis 31. Aug. 1933, Bd. 2: 12. Sept. 1933 bis 27. Aug. 1934, Boppard a.Rh. 1983; Teil II: 1934/35, Bd. 1: 1. Aug. 1934 – Mai 1935, Bd. 2: 2. Juni – Dez. 1935, Boppard a.Rh. 1999. 16. D. Albrecht (Bearb.), Der Notenwechsel zwischen dem Heiligen Stuhl und der deutschen Reichsregierung, 3 Bde., Mainz 1965–1980; Bd. 1: 2. Aufl. 1974. 17. Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, im Auftrage der Kom− mission der Evangelischen Kirche in Deutschland für die Geschichte des Kirchenkampfes“ in Verbindung mit H. Brunotte u. W. Wolf hrsg. von K. D. Schmidt, Bd. 1–30, 13 Erg.−Bde., Göttingen 1958–1986. 18. H. Boberach (Hrsg.), Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die ge− heimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS, 18 Bde., Neuausg. Herrsching 1984/85 (EA 1965). 19. Ders. (Hrsg.), Regimekritik, Widerstand und Verfolgung in Deutschland und den besetzten Gebieten. Meldungen und Berichte aus dem Geheimen Staatspolizeiamt, dem SD−Hauptamt der SS und dem Reichssi− cherheitshauptamt 1933–1944, 2 Teile, Mikrofiches, München 1999/2000. 20. W. A. Boelcke (Hrsg.), Kriegspropaganda 1939–1941. Geheime Mini− sterkonferenzen im Reichspropagandaministerium, Stuttgart 1966. 21. Ders. (Hrsg.), Wollt Ihr den totalen Krieg?“ Die geheimen Goebbels− Konferenzen 1939–1943, Stuttgart 1967 (TB 1989).

A. Quellen

329

22. Ders. (Hrsg.), Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg. Hitlers Kon− ferenzen mit Albert Speer 1942–1945, Frankfurt a.M. 1969. 23. H. Bohrmann (Hrsg.)/G. Toepser−Ziegert (Bearb.), NS−Presse− anweisungen der Vorkriegszeit. Edition und Dokumentation, bisher Bd. 1–7: 1933–1939, München 1984–2001. 24. H. Heiber (Hrsg.), Hitlers Lagebesprechungen. Die Protokollfragmente seiner militärischen Konferenzen 1942–1945, Stuttgart 1962. 25. G. Hentschel (Hrsg.), Die geheimen Konferenzen des General− luftzeugmeisters. Ausgewählte und kommentierte Dokumente zur Ge− schichte der deutschen Luftrüstung und des Luftkrieges 1942–1944, Ko− blenz 1989. 26. A. Hillgruber (Hrsg.), Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler. Ver− trauliche Aufzeichnungen über Unterredungen mit Vertretern des Aus− landes 1939–1944, 2 Bde., Frankfurt a.M. 1967–1970. 27. W. Hofer (Hrsg.), Der Nationalsozialismus. Dokumente 1933–1945, überarb. Neuausg. Frankfurt a.M. 1982 (TB 1994) (EA 1957). 28. J. u. K. Hohlfeld (Hrsg.), Dokumente der deutschen Politik und Ge− schichte von 1848 bis zur Gegenwart, Bde. 4 u. 5, München 1953. 29. W. Hubatsch (Hrsg.), Hitlers Weisungen für die Kriegführung 1939– 1945. Dokumente des Oberkommandos der Wehrmacht, Neuausg. der 2., durchges. u. erg. Aufl. 1983 Utting 2000 (EA 1962). 30. Inventar archivalischer Quellen des NS−Staates. Die Überlieferung von Behörden und Einrichtungen des Reichs, der Länder und der NSDAP, im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte bearb. von H. Boberach, 2 Bde., München u. a. 1991/95. 31. Inventar staatlicher Akten zum Verhältnis von Staat und Kirchen 1933– 1945, 2 Bde., bearb. von C. Abele u. H. Boberach unter Mitwirkung von H. Braun u. C. Nicolaisen, Kassel 1987. 32. H.−A. Jacobsen (Hrsg.), Der Weg zur Teilung der Welt. Politik und Strategie 1939–1945, 2. Aufl. Koblenz/Bonn 1979 (EA 1977). 33. Ders./W. Jochmann (Hrsg.), Ausgewählte Dokumente zur Geschichte des Nationalsozialismus 1933–1945. 8 Lieferungen. Loseblatt−Sammlung, Bielefeld 1961–1963, Kommentar 1966. 34. Die kirchliche Lage in Bayern nach den Regierungspräsidentenberichten 1933–1943, 7 Bde., Mainz 1966–1981. 35. Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmacht− führungsstab) 1940–1945, hrsg. von P. E. Schramm, 4 Bde., Frankfurt a.M. 1961–1965 (Studienausg. in 8 Bde. 1982). 36. Kriegstagebuch der Seekriegsleitung 1939–1945, hrsg. von W. Rahn u. G. Schreiber unter Mitwirkung von H. Maierhöfer, Teil A, Bd. 1–10: Aug. 1939 – Juni 1940, Herford 1988/89. 37. A. Kupper (Bearb.), Staatliche Akten datsverhandlungen 1933, Mainz 1969.

über

die

Reichskonkor−

330

III. Quellen und Literatur

38. W. Lipgens (Hrsg.), Europa−Föderationspläne der Widerstands− bewegungen 1940–1945. Eine Dokumentation, München 1968. 39. H. Michaelis/E. Schraepler (Hrsg.), Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuord− nung Deutschlands in der Gegenwart. Eine Urkunden− und Dokumen− tensammlung zur Zeitgeschichte, Bde. 9–23, Berlin 1964–1975. 40. H. Möller, Wie sinnvoll sind zeitgeschichtliche Editionen heute? Bei− spiele aus der Arbeit des Instituts für Zeitgeschichte, in: Quelleneditionen und kein Ende? Symposium der Monumenta Germaniae Historica und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissen− schaften, hrsg. von L. Gall/R. Schieffer, München 1999 (HZ Beiheft 28), 93–112. 41. Nürnberger Prozesse. Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg, 14. 11. 1945 – 1. 10. 1946, 42 Bde., Nürnberg 1947–1949 (Studienausg. d. Verhandlungsnieder− schriften, ND der 23bden. Originalausg. in 13 Bden. 1984). 42. W. Ruge/D. Fricke (Hrsg.), Dokumente zur deutschen Geschichte, Bd. 9– 12, Neuausg. Frankfurt a.M. 1977 (EA 1975). 43. Th. Schieder (Bearb.), Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost−Mitteleuropa, hrsg. vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge u. Kriegsgeschädigte in Verbindung mit W. Conze, A. Die− stelkamp, R. Laun, P. Rassow, H. Rothfels, 8 Bde., Sonderausg. Bonn 1994/95 (EA 1954–1963). 44. K. Scholder (Hrsg.), Die Mittwochs−Gesellschaft. Protokolle aus dem geistigen Deutschland 1932 bis 1944, Berlin 1982. 45. H. Schwan/R. Steininger (Hrsg.), Besiegt, besetzt, geteilt. Von der Invasion bis zur Spaltung Deutschlands. Eine historische Dokumen− tation, Oldenburg/München/Hamburg 1979. 46. L. Volk (Bearb.), Kirchliche Akten über die Reichskonkordatsver− handlungen 1933, Mainz 1969. 47. G. Wagner (Hrsg.), Lagevorträge des Oberbefehlshabers der Kriegs− marine vor Hitler 1939–1945, München 1972.

3. Selbstzeugnisse, Reden und – in beschränkter Auswahl – Memoiren Below 48. N. von Below, Als Hitlers Adjutant 1937–1945, Neuausg. Selent 1999 (EA 1980). Bock 49. F. von Bock, Zwischen Pflicht und Verweigerung. Das Kriegstagebuch, hrsg. von K. Gerbet, München/Berlin 1995.

A. Quellen

331

Burckhardt 50. C. J. Burckhardt, Meine Danziger Mission 1937–1939, 3., überarb. Aufl. 1980 (EA 1960). Dahlerus 51. B. Dahlerus, Der letzte Versuch. London−Berlin, Sommer 1939, 2. Aufl. München 1981 (EA 1948) (schwed. 1945). Dietrich 52. O. Dietrich, Zwölf Jahre mit Hitler, München 1955. Dönitz 53. K. Dönitz, Zehn Jahre und zwanzig Tage. Erinnerungen 1935–1945. Mit einem Nachwort: Die Schlacht im Atlantik in der historischen Forschung, 11. Aufl. Bonn 1997 (EA 1958). 54. K. Dönitz, Mein wechselvolles Leben, 2. verb. Aufl. Göttingen u. a. 1975 (EA 1968). Eichmann 55. A. Eichmann, Ich, Adolf Eichmann. Ein historischer Zeugenbericht, hrsg. von R. Aschenauer, Leoni am Starnberger See 1980. 56. J. von Lang (Hrsg.), Das Eichmann−Protokoll. Tonbandaufzeichnungen der israelischen Verhöre, Neuausg. Wien 1991 (TB 2001) (EA 1982). Engel 57. H. von Kotze (Hrsg.), Heeresadjutant bei Hitler, 1943. Aufzeichnungen des Majors Engel, Stuttgart 1974.

1938–

Frank 58. H. Frank, Im Angesicht des Galgens. Deutung Hitlers und seiner Zeit auf Grund eigener Erlebnisse und Erkenntnisse, 2. Aufl. Neuhaus bei Schliersee 1955 (EA 1953). 59. W. Präg/W. Jacobmeyer (Hrsg.), Das Diensttagebuch des deutschen Generalgouverneurs in Polen 1939–1945, Stuttgart 1975. Goebbels 60. J. Goebbels, Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei. Eine historische Dar− stellung in Tagebuchblättern, vom 1. Januar 1932 bis 1. Mai 1933, 42. Aufl. München 1944 (EA 1934). 61. J. Goebbels, Tagebücher aus den Jahren 1942 bis 1943, hrsg. von L. P. Lochner, Zürich 1948. 62. H. Heiber (Hrsg.), Das Tagebuch von Joseph Goebbels 1925/26, Stuttgart 1961 (TB 1991). 63. H. Heiber (Hrsg.), Goebbels Reden 1932–1945, 2 Bde., Düsseldorf 1971/ 72. 64. J. Goebbels, Tagebücher 1945. Die letzten Aufzeichnungen, Hamburg 1980. 65. J. Goebbels, Tagebücher 1924–1945, 5 Bde., hrsg. von R. G. Reuth, München 1992.

332

III. Quellen und Literatur

66. Die Tagebücher von Joseph Goebbels, hrsg. von E. Fröhlich, Teil 1: Aufzeichnungen 1923–1941, bisher Bd. 3/2–9: März 1936 – Juli 1941, München 1998–2001 (ursprüngl. ed. in 4 Bde. 1987); Teil 2: Diktate 1941– 1945, 15 Bde. u. Reg.−Bd., München 1993–1996. Göring 67. H. Göring, Aufbau einer Nation, Berlin 1934. 68. H. Göring, Reden und Aufsätze, hrsg. von E. Gritzbach, 6. Aufl. München 1942 (EA 1938). Groscurth 69. H. Groscurth, Die Tagebücher eines Abwehroffiziers 1938–1940. Mit weiteren Dokumenten zur Militäropposition gegen Hitler, hrsg. von H. Krausnick und H. C. Deutsch, Stuttgart 1970. Gürtner 70. M. Löffler, Das Diensttagebuch des Reichsjustizministers Gürtner 1934 bis 1938. Eine Quelle für die Untersuchung der Richterdisziplinierung“ während der Anfangsjahre des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. u. a. 1997. Halder 71. F. Halder, Kriegstagebuch. Tägliche Aufzeichnungen des Chefs des Ge− neralstabs des Heeres 1939–1942, bearb. von H.−A. Jacobsen, 3 Bde., Stuttgart 1962–1964. Hassell 72. U. von Hassell, Die Hassell−Tagebücher 1938–1944. Aufzeichnungen vom Andern Deutschland, hrsg. von F. Frhr. Hiller von Gaert− ringen, 2., durchges. Aufl. der nach der Handschrift rev. u. erw. Ausg. 1986 Berlin 1989 (EA 1946) (TB 1994). 73. U. von Hassell, Der Kreis schließt sich. Aufzeichnungen in der Haft 1944, hrsg. von M. von Hassell, Berlin 1994. Herwarth 74. H. von Herwarth, Zwischen Hitler und Stalin. Erlebte Zeitgeschichte 1931 bis 1945, ND der um ein Vorwort erw. Ausg. 1985 Frankfurt a.M./ Berlin/Wien 1989 (EA 1982). Himmler 75. H. Himmler, Reichsführer! . . . Briefe an und von Himmler, hrsg. von H. Heiber, Stuttgart 1968 (TB 1970). 76. H. Himmler, Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen, hrsg. von B. F. Smith und A. F. Peterson, mit einer Einführung von J. Fest, Berlin/Frankfurt a.M. 1974. 77. Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1941/42, hrsg. von der For− schungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, bearb., komm. u. eingel. von P. Witte u. a., mit einem Vorwort von U. Lohalm u. W. Scheffler, Hamburg 1999.

A. Quellen

333

Hitler 78. A. Hitler, Mein Kampf, 2 Bde., München 1925/27 (zahlreiche weitere Aufl. bis 1944). 79. G. L. Weinberg/Ch. Hartmann/K. A. Lankheit (Hrsg.), Außenpo− litische Standortbestimmung nach der Reichstagswahl Juni – Juli 1928, München 1995 (Neuedition von: G. L. Weinberg [Hrsg.], Hitlers Zwei− tes Buch, Stuttgart 1961; zugleich Bd. II A in: Nr. 92). 80. E. Boepple (Hrsg.), Adolf Hitlers Reden, o.O. 1933. 81. E. Deuerlein (Hrsg.), Hitlers Eintritt in die Politik und die Reichswehr. Dokumentation, in: VfZ 7 (1959), 177–227. 82. M. Domarus (Hrsg.), Hitler. Reden und Proklamationen 1932– 1945. Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen, 4 Bde., 4. Aufl. Leonberg 1988 (EA 1962/63). 83. E. Jäckel/A. Kuhn (Hrsg.), Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905–1924, Stuttgart 1980. 84. H. von Kotze/H. Krausnick (Hrsg.), Es spricht der Führer. 7 exem− plarische Hitler−Reden, Gütersloh 1966. 85. W. Treue, Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936, in: VfZ 3 (1955), 184–210. 86. H. R. Trevor−Roper (Hrsg.), Hitler’s Table Talks 1941–1944, London 1953 (am. 1953). 87. H. Rauschning, Gespräche mit Hitler, 2. Aufl. Wien 1988 (EA 1940). 88. A. Hitler, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941– 1942. Aufgezeichnet von H. Picker, hrsg. von P. E. Schramm in Zusam− menarbeit mit A. Hillgruber und M. Vogt, Neuausg. Frankfurt a.M. 1989 (EA 1963) (TB 1997). 89. A. Hitler, Libres propos sur la guerre et la paix, recueillis sur l’ordre de Martin Bormann, 2 Bde., Paris 1952–1954. 90. A. Hitler, Monologe im Führerhauptquartier 1941–1944, aufgezeichnet von H. Heims, hrsg. von W. Jochmann, Sonderausg. München 2000 (EA 1980). 91. A. Hitler, Hitlers politisches Testament. Die Bormann−Diktate vom Februar und April 1945. Mit einem Essay von H. R. Trevor−Roper und einem Nachwort von A. Francois−Poncet, Hamburg 1981. 92. A. Hitler, Reden, Schriften, Anordnungen. Februar 1925 bis Januar 1933, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte, 5 Bde. in 12 Teilbden., München 1992–1998. 93. Der Hitler−Prozeß 1924. Wortlaut der Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof München I, hrsg. u. komm. von L. Gruchmann u. R. Weber unter Mitarbeit von O. Gritschneder, 4 Teilbde., München 1997– 1999. 94. Führer−Erlasse“ 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Welt− krieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei,

334

III. Quellen und Literatur

Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung, zusammengest. u. eingel. von M. Moll, Stuttgart 1997. Hoess 95. R. Hoess, Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeich− nungen, eingel. und komm. von M. Broszat, 16. Aufl. München 1998 (EA 1958). Hoßbach 96. F. Hossbach, Zwischen Wehrmacht und Hitler 1934–1938, 2., durchges. Aufl. Göttingen 1965 (EA 1949). Kehrl 97. H. Kehrl, Krisenmanager im Dritten Reich. 6 Jahre Frieden – 6 Jahre Krieg. Erinnerungen, 2., korr. Aufl. Düsseldorf 1973 (EA 1973). Keitel 98. W. Keitel, Mein Leben. Pflichterfüllung bis zum Untergang. Hitlers Generalfeldmarschall und Chef des Oberkommandos der Wehrmacht in Selbstzeugnissen, hrsg. von W. Maser, Berlin 1998. Klemperer 99. V. Klemperer, Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933– 1945, hrsg. von W. Nowojski unter Mitarbeit von H. Klemperer, 2 Bde., 10. Aufl. Darmstadt 1998 (EA 1995) (TB in 8 Bden. 1999). Koller 100. K. Koller, Der letzte Monat. 14. April bis 27. Mai 1945: Tagebuch− aufzeichnungen des ehemaligen Chefs des Generalstabs der Deutschen Luftwaffe, Neuausg. Frankfurt a.M./Berlin 1995 (EA 1949). Kordt 101. E. Kordt, Nicht aus den Akten. Die Wilhelmstraße in Frieden und Krieg. Erlebnisse, Begegnungen und Eindrücke 1928–1945, Stuttgart 1950. Krosigk 102. L. Graf Schwerin von Krosigk, Es geschah in Deutschland. Men− schenbilder unseres Jahrhunderts, 3., überarb. Aufl. Tübingen/Stuttgart 1952 (EA 1951). 103. L. Graf Schwerin von Krosigk, Memoiren, Stuttgart 1977. Meissner 104. O. Meissner, Staatssekretär unter Ebert, Hindenburg, Hitler. Der Schicksalsweg des deutschen Volkes von 1918–1945, wie ich ihn erlebte, Hamburg 1950. Moltke 105. H. J. von Moltke, Briefe an Freya 1939–1945, hrsg. von B. Ruhm von Oppen, 2., erw. u. durchges. Aufl. München 1991 (EA 1988).

A. Quellen

335

Ribbentrop 106. J. von Ribbentrop, Zwischen London und Moskau. Erinnerungen und letzte Aufzeichnungen, hrsg. von A. von Ribbentrop, Neuausg. Leoni am Starnberger See 1961 (EA 1953). 107. A. von Ribbentrop, Die Kriegsschuld des Widerstandes. Aus britischen Geheimdokumenten 1938/39, aus dem Nachlaß hrsg. von R. von Ribben− trop, 2. Aufl. Leoni am Starnberger See 1975 (EA 1974). Riefenstahl 108. L. Riefenstahl, Memoiren. 1902–1945, 3. Aufl. Frankfurt a.M./Berlin 1996 (EA 1987) (TB 2000). Rosenberg 109. A. Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch−geistigen Gestaltungskämpfe unserer Zeit, München 1930 (zahlreiche weitere Aufl. bis 1943). 110. A. Rosenberg, Letzte Aufzeichnungen. Nürnberg 1945/46, 2. Aufl. Uel− zen 1996 (EA 1955). 111. H.−G. Seraphim (Hrsg.), Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs. Aus den Jahren 1934/35 und 1939/40, Göttingen 1956 (TB 1964). Schacht 112. H. Schacht, 76 Jahre meines Lebens, Bad Wörishofen 1953. Schellenberg 113. W. Schellenberg, Aufzeichnungen. Die Memoiren des letzten Ge− heimdienstchefs unter Hitler, hrsg. von G. Petersen, im Anhang unter Verwendung bislang unveröffentl. Dokumente neu kommentiert von G. Fleming, Wiesbaden/München 1979 (engl. 1956) (TB 1981). Schmidt 114. P. Schmidt, Statist auf diplomatischer Bühne 1923–1945. Erlebnisse des Chefdolmetschers im Auswärtigen Amt mit den Staatsmännern Europas, 14. Aufl. Wiesbaden 1986 (EA 1949). Speer 115. A. Speer, Erinnerungen, Neuausg. Frankfurt a.M. 1996 (EA 1969). 116. A. Speer, Spandauer Tagebücher, Neuausg. Frankfurt a.M. 1994 (EA 1975). 117. A. Speer, Der Sklavenstaat. Meine Auseinandersetzungen mit der SS, Stuttgart 1981 (TB 1984). 118. A. Speer, Alles, was ich weiß“. Aus unbekannten Geheim− dienstprotokollen vom Sommer 1945. Mit einem Bericht Frauen um Hitler“ von Karl Brandt, hrsg. von U. Schlie, München 1999. Stieff 119. H. Stieff, Briefe. Deutscher Widerstand 1933–1945, hrsg. u. eingel. von H. Mühleisen, Berlin 1991 (TB 1994).

336

III. Quellen und Literatur

Streicher 120. J. W. Baird, Das politische Testament Julius Streichers. Ein Dokument aus den Papieren des Hauptmanns Dolibois, in: VfZ 26 (1978), 660–693. Weizsäcker 121. E. von Weizsäcker, Erinnerungen, München/Leipzig/Freiburg i.Brsg. 1950. 122. L. E. Hill (Hrsg.), Die Weizsäcker−Papiere, Bd. 1: 1900–1932, Bd. 2: 1933– 1950, Berlin/Frankfurt a.M./Wien 1974/1982. Wiedemann 123. F. Wiedemann, Der Mann, der Feldherr werden wollte. Erlebnisse und Erfahrungen des Vorgesetzten Hitlers im Ersten Weltkrieg und seines späteren Persönlichen Adjutanten, Velbert 1964.

B. LITERATUR

1. Gesamtdarstellungen und Grundsätzliches a) Hilfsmittel 124. Ämter, Abkürzungen, Aktionen des NS−Staates. Handbuch für die Be− nutzung von Quellen der nationalsozialistischen Zeit. Amtsbe− zeichnungen, Ränge und Verwaltungsgliederungen, Abkürzungen und nichtmilitärische Tarnbezeichnungen, im Auftrag des Instituts für Zeit− geschichte bearb. von H. Boberach, R. Thommes u. H. Weiss, Mün− chen 1997. 125. H. G. Hockerts (Bearb.), Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg (1919–1945), Teil 1: Akten und Urkunden, Darmstadt 1996 (Quellenkunde zur deutschen Geschichte der Neuzeit von 1500 bis zur Gegenwart, Bd. 6). 126. M. Ruck, Bibliographie zum Nationalsozialismus, 2 Bde. mit CD−ROM, vollst. überarb. u. wesentl. erw. Ausg. Darmstadt 2000 (EA 1995). b) Literatur 127. R. Aron, Über Deutschland und den Nationalsozialismus. Frühe po− litische Schriften 1930–1939, hrsg. von J. Stark, Opladen 1993. 128. P. Aycoberry, La question nazi. Essai sur les interprtations du national− socialisme (1922–1975), Paris 1979 (engl. 1981).

B. Literatur

337

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B. Literatur

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III. Quellen und Literatur

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B. Literatur

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III. Quellen und Literatur

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B. Literatur

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III. Quellen und Literatur

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B. Literatur

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III. Quellen und Literatur

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B. Literatur

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B. Literatur

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Außenpolitik

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B. Literatur

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B. Literatur

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1918. Ders., Widerstand und Resistenz, in: Das Dritte Reich. Herr− schaftsstruktur und Geschichte. Vorträge aus dem Institut für Zeitge− schichte, hrsg. von M. Broszat/H. Möller, 2., verb. Aufl. München 1986 (EA 1983), 248–273. 1919. T. Prittie, Deutsche gegen Hitler. Eine Darstellung des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus während der Herrschaft Hitlers, Tübin− gen 1965 (engl. 1964). 1920. H. J. Ramm, Stets einem Höheren verantwortlich. Christliche Grund− überzeugungen im militärischen Widerstand gegen Hitler, Neuhausen u. a. 1996. 1921. I. Reich, Carl Friedrich Goerdeler. Ein Oberbürgermeister gegen den NS− Staat, Köln/Weimar/Wien 1997. 1922. L. Rein, Feldmarschall Friedrich Paulus im Kreuzverhör 1943–1953. Mit einem Vorwort von L. Besymenski, Neuausg. Augsburg 2000 (EA 1996). 1923. N. Reynolds, Beck. Gehorsam und Widerstand. Das Leben des deutschen Generalstabschefs 1935–1938, Wiesbaden/München 1977 (engl. 1976) (TB 1983). 1924. W. Rings, Leben mit dem Feind. Anpassung und Widerstand in Hitlers Europa 1939–1945, München 1979. 1925. G. Ringshausen/R. von Voss (Hrsg.), Die Ordnung des Staates und die Freiheit des Menschen. Deutschlandpläne im Widerstand und Exil, Bonn 2000. 1926. G. Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, 4. Aufl. Stuttgart 1984 (EA 1954). 1927. W. Röder, Deutscher Widerstand im Ausland. Zur Geschichte des po− litischen Exils 1933–1945, in: APuZ B 31/80, 2 8.1980, 3–22. 1928. G. van Roon, Neuordnung im Widerstand. Der Kreisauer Kreis innerhalb der deutschen Widerstandsbewegung, München 1967. 1929. Ders., Widerstand im Dritten Reich. Ein Überblick, 7., überarb. Aufl. München 1998 (EA 1979). 1930. Ders. (Hrsg.), Europäischer Widerstand im Vergleich. Die internationalen Konferenzen Amsterdam, Berlin 1985. 1931. Ders. (Hrsg.), Helmuth James Graf von Moltke. Völkerrecht im Dienste der Menschen. Dokumente, Berlin 1986. 1932. Ders., Der Kreisauer Kreis. Neuordnung und Widerstand, in: GWU 39 (1988), 142–153. 1933. H. Rothfels, Die deutsche Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung, Neuausg. Zürich 1994 (EA 1949) (am. 1948). 1934. H. R. Sassin, Widerstand, Verfolgung und Emigration Liberaler 1933– 1945, Bonn 1983. 1935. Ders., Liberale im Widerstand. Die Robinsohn−Strassmann−Gruppe 1934– 1942, Hamburg 1993.

438

III. Quellen und Literatur

1936. J. Schäfer, Kurt Gerstein. Zeuge des Holocaust. Ein Leben zwischen Bibelkreisen und SS, Bielefeld 1999. 1937. H. Scheel, Die Rote Kapelle“ und der 20. Juli 1944, in: ZfG 33 (1985), 325–337. 1938. B. Scheurig (Hrsg.), Deutscher Widerstand 1938–1944. Fortschritt oder Reaktion?, 2. Aufl. München 1984 (EA 1969). 1939. Ders., Ewald von Kleist−Schmenzin. Ein Konservativer gegen Hitler, Neuausg. Beltheim−Schnellbach 2001 (EA 1968). 1940. Ders., Henning von Tresckow. Eine Biographie, Neuausg. Beltheim− Schnellbach 2001 (EA 1973) (TB 1997). 1941. Ders., Freies Deutschland. Das Nationalkomitee und der Bund Deutscher Offiziere in der Sowjetunion 1943–1945, Neuausg. Köln 1984 (EA 1960). 1942. K. Schilde, Im Schatten der Weißen Rose“. Jugendopposition gegen den Nationalsozialismus im Spiegel der Forschung (1945 bis 1989), Frankfurt a.M. u. a. 1995. 1943. J. Schmädeke/P. Steinbach (Hrsg.), Der Widerstand gegen den Natio− nalsozialismus. Die deutsche Gesellschaft und der Widerstand gegen Hitler, 3. Aufl. München/Zürich 1994 (EA 1985). 1944. D. Schmiechen−Ackermann, Nationalsozialistische Herrschaft und der Widerstand gegen das NS−Regime in deutschen Großstädten. Eine Bilanz der lokal− und regionalgeschichtlichen Literatur in vergleichender Per− spektive, in: AfS 38 (1998), 488–554. 1945. W. Schmitthenner/H. Buchheim (Hrsg.), Der deutsche Widerstand gegen Hitler. Vier historisch−kritische Studien, Köln/Berlin 1966. 1946. M. C. Schneider, Keine Volksgenossen. Studentischer Widerstand der Weißen Rose, München 1993. 1947. G. Schöllgen, Ulrich von Hassell 1881–1944. Ein Konservativer in der Opposition, München 1990. 1948. J. Scholtyseck, Robert Bosch und der liberale Widerstand gegen Hitler 1933 bis 1945, München 1999. 1949. W. Ritter von Schramm (Hrsg.), Beck und Goerdeler. Gemein− schaftsdokumente für den Frieden 1941–1944, München 1965. 1950. H. J. Schultz (Hrsg.), Der zwanzigste Juli. Alternative zu Hitler?, Stuttgart 1974. 1951. G. Schulz (Hrsg.), Geheimdienste und Widerstandsbewegungen im Zweiten Weltkrieg, Göttingen 1982. 1952. Ders., Nationalpatriotismus im Widerstand. Ein Problem der euro− päischen Krise und des Zweiten Weltkrieges – nach vier Jahrzehnten Widerstandsgeschichte, in: VfZ 32 (1984), 331–372. 1953. Ders., Die Gesellschaftsordnung in den Staatsentwürfen des deutschen Widerstands, in: Soziales Denken in Deutschland zwischen Tradition und Innovation, hrsg. von J.−D. Gauger/K. Weigelt, Bonn 1990, 129–155.

B. Literatur

439

1954. D. Graf von Schwerin, Die Jungen des 20. Juli 1944. Brücklmeier, Kessel, Schulenburg, Schwerin, Wussow, Yorck, Berlin 1991. 1955. Ders., Dann sind’s die besten Köpfe, die man henkt“. Die junge Gene− ration im deutschen Widerstand, 2. Aufl. München/Zürich 1994 (EA 1991). 1956. F. Graf von Schwerin, Helmuth James Graf von Moltke. Im Widerstand die Zukunft denken. Zielvorstellungen für ein neues Deutschland, Pa− derborn u. a. 1999. 1957. R. Siegmund−Schultze, Mathematiker auf der Flucht vor Hitler. Quellen und Studien zur Emigration einer Wissenschaft, Braunschweig/Wiesbaden 1998. 1958. P. Steinbach, Widerstand. Ein Problem zwischen Recht und Geschichte, in: Recht und Politik 20 (1984), 57–67. 1959. Ders., Der Widerstand als Thema der politischen Zeitgeschichte. Ord− nungsversuche vergangener Wirklichkeit und politischer Reflexionen, in: Bekenntnis, Widerstand, Martyrium. Von Barmen 1934 bis Plötzensee 1944, hrsg. von G. Besier/G. Ringshausen, Göttingen 1986, 11–74. 1960. Ders., Der Widerstand in seiner ganzen Breite und Vielfalt. Plädoyer für die Erwähnung des Nationalkomitees Freies Deutschland“ in der Berliner Widerstandsausstellung, in: GWU 41 (1990), 302–307. 1961. Ders., Widerstand im Widerstreit. Der Widerstand gegen den Natio− nalsozialismus in der Erinnerung der Deutschen. Ausgewählte Schriften, 2., wesentl. erw. Aufl. Paderborn u. a. 2001 (EA 1996). 1962. Ders./J. Tuchel (Hrsg.), Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1994. 1963. Dies., Ich habe den Krieg verhindern wollen“. Georg Elser und das Attentat vom 8. November 1939. Eine Dokumentation, Berlin 1997. 1964. Dies. (Hrsg.), Widerstand in Deutschland 1933–1945. Ein historisches Lesebuch, 3., durchges. Aufl. München 2000 (EA 1994). 1965. N. Stoltzfus, Widerstand des Herzens. Der Aufstand der Berliner Frauen in der Rosenstraße 1943, ND Frankfurt a.M./Wien 2000 (EA 1999) (am. 1996). 1966. H. A. Strauss u. a. (Hrsg.), Die Emigration der Wissenschaften nach 1933. Disziplingeschichtliche Studien, München u. a. 1991. 1967. C. Sykes, Adam von Trott. Eine deutsche Tragödie, Düsseldorf 1969 (engl. 1968). 1968. M. Thielenhaus, Zwischen Anpassung und Widerstand. Deutsche Di− plomaten 1938–1941. Die politischen Aktivitäten der Beamtengruppe um Ernst von Weizsäcker im Auswärtigen Amt, 2., durchges. Aufl. Paderborn 1985 (EA 1984). 1969. R. G. Graf von Thun−Hohenstein, Der Verschwörer. General Oster und die Militäropposition, Berlin 1982 (TB 1994). 1970. G. R. Ueberschär, Gegner des Nationalsozialismus 1933–1945. Volks− opposition, individuelle Gewissensentscheidung und Rivalitätskampf konkurrierender Führungseliten als Aspekte der Literatur über Emi−

440

III. Quellen und Literatur

gration und Widerstand im Dritten Reich zwischen dem 35. und 40. Jahrestag des 20. Juli 1944, in: MGM 35 (1984), 141–196. 1971. Ders. (Hrsg.), Das Nationalkomitee Freies Deutschland“ und der Bund Deutscher Offiziere, Neuaufl. Frankfurt a.M. 1996 (EA 1995). 1972. W. Graf Vitzthum, Eher Rechtsstaat als Demokratie“. Zu Ziel− vorstellungen im deutschen Widerstand, in: Verfassungsstaatlichkeit. FS für K. Stern zum 65. Geburtstag, hrsg. von J. Burmeister, München 1997, 97–114. 1973. Ders., Nation, Rechtsstaat, Menschenrecht.“ Diskurse, Motive und Zielvorstellungen im nationalkonservativen“ Widerstand gegen den Na− tionalsozialismus, in: Neonationalismus, Neokonservatismus. Son− dierungen und Analysen, hrsg. von M. Kessler u. a., Tübingen 1997, 177–204. 1974. M. Voges, Klassenkampf in der Betriebsgemeinschaft“. Die Deutschland−Berichte“ der Sopade (1934–1940) als Quelle zum Wider− stand der Industriearbeiter im Dritten Reich, in: AfS 21 (1981), 329–383. 1975. Ders., Politische Opposition als Organisationsprozeß gesellschaftlicher Erfahrung. Zum Widerstandskonzept der Sopade im Dritten Reich, in: APuZ B 26/84, 30 6.1984, 13–24. 1976. Die Vollmacht des Gewissens. Probleme des militärischen Widerstandes gegen Hitler, 2 Bde., hrsg. von der Europäischen Publikation e. V., Frankfurt a.M./Berlin 1960–1965. 1977. S. Wegner−Korfes, Graf von der Schulenburg. Mitverschwörer des 20. Juli 1944. Zur außenpolitischen Konzeption des Botschafters des faschistischen Deutschlands in Moskau, in: ZfG 32 (1984), 681–699. 1978. G. Weisenborn (Hrsg.), Der lautlose Aufstand. Bericht über die Wider− standsbewegung des deutschen Volkes 1933–1945, ND der 4., verb. Aufl. 1974 Frankfurt a.M. 1981 (EA 1953). 1979. R. Werner, Der Jungdeutsche Orden im Widerstand 1933–1945, München 1980. 1980. Widerstand 1933–1945. Sozialdemokraten und Gewerkschafter gegen Hitler, hrsg. vom Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich−Ebert− Stiftung, 2. Aufl. Bonn/Bad Godesberg 1983 (EA 1980). 1981. Widerstand und Exil der deutschen Arbeiterbewegung 1933– 1945. Grundlagen und Materialien, hrsg. von der Friedrich−Ebert−Stif− tung, Bonn 1982. 1982. A. P. Young, Die X“−Dokumente. Die geheimen Kontakte Carl Goer− delers mit der britischen Regierung 1938/1939, hrsg. von S. Aster, Mün− chen/Zürich 1989 (engl. 1974). 1983. Zeitzeugen des Widerstands. Karl Anders, Wolf Graf von Baudissin, Willy Brandt, Max Diamant, Josef Felder, Fritz Hallerstede, Richard Löwenthal, Susanne Miller, Käthe Strobel u. a. Demokratische Sozialisten gegen Hitler. Über ein Symposium der Friedrich−Ebert−Stiftung berichtet A. Schlin− gensiepen, Bonn 1983.

B. Literatur

441

1984. E. Zeller, Geist der Freiheit. Der 20. Juli, 5., nochmals durchges. Aufl. München 1965 (EA 1952).

10. Deutungen 1985. R. Aron, Die letzten Jahre des Jahrhunderts, Stuttgart 1986 (franz. 1984). 1986. Ders., wie Nr. 127. 1987. D. Blackbourn/G. Eley, Mythen deutscher Geschichtsschreibung. Die gescheiterte bürgerliche Revolution von 1848, Frankfurt a.M./Berlin/Wien 1980. 1988. Dies., The Peculiarities of German History. Bourgeois Society and Politics in Nineteenth−century Germany, ND Oxford 1992 (EA 1984). 1989. K. D. Bracher, wie Nr. 135. 1990. Ders., wie Nr. 280. 1991. Ders., Zeit der Ideologien. Eine Geschichte politischen Denkens im 20. Jahrhundert., erw. Neuausg. Stuttgart 1984 (EA 1982). 1992. M. Broszat, wie Nr. 141. 1993. M. Burleigh (Hrsg.), Confronting the Nazi Past. New Debates on Modern German History, London 1996. 1994. D. P. Calleo, Legende und Wirklichkeit der deutschen Gefahr. Neue Aspekte zur Rolle Deutschlands in der Weltgeschichte von Bismarck bis heute, Bonn 1980 (am. 1978, engl. ND 1991). 1995. R. Dahrendorf, Demokratie und Sozialstruktur in Deutschland, in: Ders., Gesellschaft und Freiheit. Zur soziologischen Analyse der Ge− genwart, Neuaufl. München 1965 (EA 1961), 260–299. 1996. Ders., Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, 4. Aufl. München 1975 (EA 1965). 1997. E. Davidson, Wie war Hitler möglich? Der Nährboden einer Diktatur, Düsseldorf/Wien 1980 (am. 1978) (TB 1987). 1998. L. Dehio, Gleichgewicht oder Hegemonie. Betrachtungen über ein Grundproblem der neueren Staatengeschichte, hrsg. u. mit einem Nach− wort vers. von K. Hildebrand, Zürich 1996 (EA 1948). 1999. Ders., Der Zusammenhang der preußisch−deutschen Geschichte 1640– 1945, in: Gibt es ein deutsches Geschichtsbild?, hrsg. von K. Forster, Würzburg 1961, 65–91. 2000. Deutscher Sonderweg – Mythos oder Realität? Ein Kolloquium des In− stituts für Zeitgeschichte, München/Wien 1982. 2001. W. Dierker, Der Nationalsozialismus in der französischen Ge− schichtsschreibung, in: Francia 23 (1996), 155–180. 2002. D. Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte? Zu Histo− risierung und Historikerstreit, Neuaufl. Frankfurt a.M. 1993 (EA 1987).

442

III. Quellen und Literatur

2003. A. Doering−Manteuffel/H.−P. Schwarz (Hrsg.), Adenauer und die deutsche Geschichte, Bonn 2001. 2004. G. Eley, From Unification to Nazism. Reinterpreting the German Past, ND London 1992 (EA 1986). 2005. K. D. Erdmann/H. Schulze (Hrsg.), Weimar. Selbstpreisgabe einer De− mokratie. Eine Bilanz heute, Düsseldorf 1980 (TB 1984). 2006. B. Faulenbach, Ideologie des deutschen Weges. Die deutsche Geschichte in der Historiographie zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus, München 1980. 2007. F. Furet, Das Ende der Illusion. Der Kommunismus im 20. Jahrhundert, München/Zürich 1996 (franz. 1995). 2008. H. Gollwitzer, wie Nr. 160. 2009. H. Grebing, wie Nr. 162. 2010. S. Haffner, Von Bismarck zu Hitler. Ein Rückblick, München 1987 (TB 1989). 2011. U. von Hehl, Kampf um die Deutung. Der Nationalsozialismus zwischen Vergangenheitsbewältigung“, Historisierungspostulat und Neuer Un− befangenheit“, in: HJb 117 (1997), 414–436. 2012. L. Herbst, Entkoppelte Gewalt. Zur chaostheoretischen Interpretation des NS−Herrschaftssystems, in: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Ge− schichte 28 (1999), 117–158. 2013. J. Hiden/J. Farquharson, Explaining Hitler’s Germany. Historians and the Third Reich, ND der 2. Aufl. 1989 London 1990 (EA 1983). 2014. K. Hildebrand, Hitlers Ort in der Geschichte des preußisch−deutschen Nationalstaates, in: HZ 217 (1973), 584–632. 2015. Ders., Nationalsozialismus ohne Hitler? Das Dritte Reich als For− schungsgegenstand der Geschichtswissenschaft, in: GWU 31 (1980), 289– 304. 2016. Ders., Der deutsche Eigenweg. Über das Problem der Normalität in der modernen Geschichte Deutschlands und Europas, in: Demokratie und Diktatur. Geist und Gestalt politischer Herrschaft in Deutschland und Europa. FS für K. D. Bracher, hrsg. von M. Funke u. a., Düsseldorf 1987, 15–34. 2017. A. Hillgruber, Kontinuität und Diskontinuität in der deutschen Außen− politik von Bismarck bis Hitler, in: Ders., Großmachtpolitik und Mili− tarismus im 20. Jahrhundert. 3 Beiträge zum Kontinuitätsproblem, Düs− seldorf 1974, 11–36. 2018. Ders., Deutsche Großmacht− und Weltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert, 2. Aufl. Düsseldorf 1979 (EA 1977). 2019. Ders., Die gescheiterte Großmacht. Eine Skizze des Deutschen Reiches 1871–1945, 4. Aufl. Düsseldorf 1984 (EA 1980). 2020. Ders., Zweierlei Untergang. Die Zerschlagung des Deutschen Reiches und das Ende des europäischen Judentums, Berlin 1986.

B. Literatur

443

2021. Ders., Die Zerstörung Europas. Beiträge zur Weltkriegsepoche 1914–1945, 2. Aufl. Frankfurt a.M./Berlin 1989 (EA 1988). 2022. W. Hofer, Fifty Years On. Historians and the Third Reich, in: JCH 21 (1986), 225–251. 2023. E. Jäckel, wie Nr. 230. 2024. Ders., wie Nr. 229. 2025. Ders., wie Nr. 231. 2026. Ders., wie Nr. 233. 2027. Ders., Das deutsche Jahrhundert. Eine historische Bilanz, 2. Aufl. Frankfurt a.M. 2000 (EA 1996). 2028. M. H. Kater, Nazism and the Third Reich in Recent Historiography, in: Canadian Journal of History 20 (1985), 85–101. 2029. I. Kershaw, wie Nr. 169. 2030. E. Kessel, Adolf Hitler und der Verrat am Preußentum, in: APuZ B 46/61, 15 11 1961, 649–661. 2031. Ch. Graf von Krockow, Hitler und seine Deutschen, München 2001. 2032. H. Lübbe, Der Nationalsozialismus im deutschen Nachkriegsbewußtsein, in: HZ 236 (1983), 579–599. 2033. G. Luk cs, Die Zerstörung der Vernunft. Der Weg des Irrationalismus von Schelling zu Hitler, 4. Aufl., fotomechan. ND der 2. Aufl. 1955 Berlin/ Weimar 1988 (EA 1954). 2034. H. Matzerath/H. Volkmann, Modernisierungstheorie und Natio− nalsozialismus, in: Theorien in der Praxis des Historikers. For− schungsbeispiele und ihre Diskussion, hrsg. von J. Kocka, Göttingen 1977 (GG−Sonderheft 3), 86–102, Diskussion: 102–116. 2035. F. Meinecke, Die deutsche Katastrophe. Betrachtungen und Erinne− rungen, 6. Aufl. Wiesbaden 1965 (EA 1946). 2036. H. Möller, wie Nr. 397. 2037. H. Mommsen, Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Ausgewählte Aufsätze, zum 60. Geburtstag hrsg. von L. Niethammer, Reinbek bei Hamburg 1991. 2038. Th. Nipperdey, Nachdenken über die deutsche Geschichte. Essays, 2. Aufl. München 1986 (EA 1986) (TB 1991). 2039. E. Nolte, wie Nr. 335. 2040. Ders., Deutschland und der Kalte Krieg, 2., neu bearb. Aufl. Stuttgart 1985 (EA 1974). 2041. Ders., Marxismus und industrielle Revolution, Stuttgart 1983. 2042. Ders., Marxismus, Faschismus, kalter Krieg. Vorträge und Aufsätze 1964– 1976, Stuttgart 1977. 2043. W. H. Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus. Annä− herungen, Frankfurt a.M. 1990.

444

III. Quellen und Literatur

2044. H. Plessner, Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes, ND der 5. Aufl. 1994 Frankfurt a.M. 1998 (EA 1935). 2045. H. Rauschning, Die Revolution des Nihilismus, neu hrsg. von G. Mann, Zürich 1964 (EA 1938). 2046. J. M. Rhodes, wie Nr. 349. 2047. G. Ritter, Europa und die deutsche Frage. Betrachtungen über die ge− schichtliche Eigenart des deutschen Staatsdenkens, München 1948. 2048. J. C. G. Röhl (Hrsg.), From Bismarck to Hitler. The Problem of Con− tinuity in German History, 6. Aufl. London 1984 (EA 1970). 2049. M. Salewski, Der erste Weltkrieg. Ein deutsches Trauma, in: Revue internationale d’histoire militaire 63 (1985), 169–185. 2050. Th. Schieder, Das Deutsche Reich in seinen nationalen und universalen Beziehungen 1871 bis 1945, in: Reichsgründung 1870/71. Tatsachen, Kon− troversen, Interpretationen, hrsg. von dems./E. Deuerlein, Stuttgart 1970, 422–454. 2051. D. Schoenbaum, wie Nr. 665. 2052. P. Stadler, Rückblick auf einen Historikerstreit. Versuch einer Beurteilung aus nichtdeutscher Sicht, in: HZ 247 (1988), 15–26 (wiederabgedruckt in: Ders., Zwischen Mächten, Mächtigen und Ideologien. Aufsätze zur eu− ropäischen Geschichte, Zürich 1990, 357–366). 2053. Ders., Weltgeschichte und Staatstraditionen. Ein Rückblick gegen Ende des 20. Jahrhunderts, in: Ders., Zwischen Mächten, Mächtigen und Ideo− logien. Aufsätze zur europäischen Geschichte, Zürich 1990, 367–390. 2054. S. Suri, Nazism and Social Change in Germany, New Delhi 1959. 2055. H. A. Winkler, Der lange Weg nach Westen, 2 Bde., München 2000.

Anhang ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS DER WICHTIGSTEN ZEITSCHRIFTEN AfS AHR APuZ

= Archiv für Sozialgeschichte = American Historical Review = Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zu Das Parla− ment“ CEH = Central European History EHQ = European History Quarterly EHR = English Historical Review GWU = Geschichte in Wissenschaft und Unterricht GG = Geschichte und Gesellschaft HJb = Historisches Jahrbuch der Görres−Gesellschaft HJ = Historical Journal HZ = Historische Zeitschrift Int. Rev. Soc. Hist. = International Review of Social History JCH = Journal of Contemporary History JMH = Journal of Modern History MGM = Militärgeschichtliche Mitteilungen NPL = Neue Politische Literatur Rev. 2. guerre mond. = Revue d’histoire de la deuxime guerre mondiale VSWG = Vierteljahrschrift für Sozial− und Wirtschaftsgeschichte VfZ = Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ZfG = Zeitschrift für Geschichtswissenschaft ZUG = Zeitschrift für Unternehmensgeschichte

ZEITTAFEL

12. 11.

1933 Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Reichstagsbrand. Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat.“ Reichstagswahl (u. a.: NSDAP 43,9%; DNVP 8%; Zentrum 11,2%; SPD 18,3%; KPD 12,3%). Ernennung von Goebbels zum Reichsminister für Volks− aufklärung und Propaganda. Tag von Potsdam“. Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich (Ermäch− tigungsgesetz“). Vorläufiges Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich. Organisierter Boykott jüdischer Geschäfte. Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich: Einsatz von Reichsstatthaltern. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“. Auflösung der Gewerkschaften. Öffentliche Verbrennung undeutschen Schrifttums“ durch die nationalsozialistische Studentenführung (in Anwesenheit von Goebbels) auf dem Opernplatz in Berlin, aber auch in anderen Städten. (Selbst−)Auflösung aller Parteien mit Ausnahme der NSDAP. Gesetz gegen die Neubildung von Parteien. Gesetz zur Ver− hütung erbkranken Nachwuchses“. Konkordat zwischen dem Deutschen Reich und dem Vatikan. Errichtung der Reichskulturkammer. Reichserbhofgesetz. Schriftleitergesetz. Deutschland verläßt die Abrüstungskonferenz; Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund. Sog. Reichstagswahl und Volksabstimmung.

20. 01. 26. 01. 30. 01. 20. 04. 24. 04. 14./15. 06. 17. 06. 30. 06.−02. 07.

1934 Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“. Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und Polen. Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“. Ernennung Himmlers zum Chef der Gestapo in Preußen. Bildung des Volksgerichtshofes“. Erstes Treffen Hitlers und Mussolinis in Venedig. Rede von Papens in Marburg. Sog. Röhm−Revolte“.

30. 01. 27. 02. 28. 02. 05. 03. 13. 03. 21. 03. 24. 03. 31. 03. 01. 04. 07. 04.

02. 05. 10. 05.

Juni/Juli 14. 07. 20. 07. 22. 09. 29. 09. 04. 10. 14. 10.

Zeittafel

25. 07. 02. 08.

19. 08.

13. 01. 16. 03.

11.−14. 04. 21. 05. 18. 06. 26. 06. 15. 09.

447

Nationalsozialistischer Putsch in Österreich. Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß. Tod von Hindenburgs. Vereinigung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten durch den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler“, auf dessen Person als Oberster Befehlshaber“ die Wehrmacht am gleichen Tag vereidigt wird. Volksabstimmung zum Gesetz vom 2. 8. 1934. 1935 Volksabstimmung im Saargebiet: 91% der abgegebenen Stimmen für die Rückführung ins Reich. Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht. Aufhebung der militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages durch Hitler. Konferenz von Stresa (Beschluß, sich . . .jeder einseitigen Aufkündigung von Verträgen zu widersetzen“). Hitlers Reichstagsrede mit dem Friedensprogramm“ von dreizehn Punkten. Deutsch−englisches Flottenabkommen. Einführung der Arbeitsdienstpflicht. Die antisemitischen Nürnberger Gesetze“ (Gesetze zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ und Reichsbürgergesetz“) diskriminieren und entrechten die jü− dische Bevölkerung Deutschlands.

25. 10. 25. 11. 01. 12.

1936 Einmarsch deutscher Truppen in das durch den Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland. Verletzung des Locarno− Vertrages. In den Reichstagswahlen“ wird Hitlers Politik mit 99% der abgegebenen Stimmen gebilligt. Deutsch−österreichisches Abkommen (Juliabkommen“). Hitlers Entscheidung zum deutschen Eingreifen in den am 17./ 18. 07. 1936 begonnenen Spanischen Bürgerkrieg. Beginn der Olympischen Spiele in Berlin. Einführung der zweijährigen Wehrdienstpflicht. Verkündigung des Vierjahresplanes“ auf dem Nürnberger Reichsparteitag (8.−14. 9. 1936). Deutsch−italienischer Vertrag (Achse Berlin−Rom“). Antikomintern−Pakt zwischen Deutschland und Japan. Gesetz über die Hitlerjugend“ macht die HJ zur Staatsjugend.

30. 01. 14. 03. 25.−29. 09.

1937 Verlängerung des Ermächtigungsgesetzes“ um vier Jahre. Enzyklika von Papst Pius XI.: Mit brennender Sorge“. Besuch Mussolinis in Deutschland.

07. 03.

29. 03. 11. 07. 25./26. 07. 01. 08. 24. 08. 09. 09.

448

Anhang

05. 11.

06. 11. 19. 11. 26. 11.

04. 02.

12. 02. 12. 03. 13. 03. 10. 04. 24. 04. 20. 05. 30. 05. 18. 08. 15. 09. 22.−24. 09. 26. 09.

September

29. 09.

30. 09. 01. 10. 21. 10. 07. 11.

Hitlers Ansprache vor den Oberbefehlshabern der drei Wehr− machtteile, dem Reichskriegs− und dem Reichsaußenminister über seine außenpolitischen Ziele (Hoßbach−Niederschrift“). Italien tritt dem Antikominternpakt bei. Lord Halifax besucht Hitler auf dem Obersalzberg. Entlassung Schachts als Reichswirtschaftsminister. 1938 Entlassung des Reichskriegsministers von Blomberg und des Oberbefehlshabers des Heeres Frhr. von Fritsch. Hitler wird Oberbefehlshaber der Wehrmacht“. Schaffung des Ober− kommandos der Wehrmacht (Chef: General Keitel). Ersetzung des Reichsaußenministers von Neurath durch von Ribbentrop. Unterredung zwischen dem österreichischen Bundeskanzler von Schuschnigg und Hitler auf dem Obersalzberg. Einmarsch deutscher Truppen in Österreich. Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ (Anschluß“). Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich. Konrad Henleins Sudetendeutsche Partei fordert Autonomie für die sudetendeutschen Gebiete der Tschechoslowakei. Mobilmachung der Tschechoslowakei (Wochenendkrise“). Hitlers Weisung an die Wehrmacht zur Zerschlagung der Tschechoslowakei. Rücktritt des Chefs des Generalstabes des Heeres Beck. Unterredung des britischen Premierministers Neville Cham− berlain mit Hitler in Berchtesgaden über die Sudetenkrise“. Unterredung Neville Chamberlains mit Hitler in Bad Go− desberg zur Regelung der Sudetenkrise“. Hitlers Rede im Sportpalast. Versicherung, die Abtretung des Sudetenlandes sei seine letzte territoriale Revisionsforderung in Europa. Vorbereitung einer nicht zum Zuge kommenden Aktion der konservativen Opposition, insbesondere führender Militärs, gegen Hitler. Münchener Konferenz zwischen Hitler, Mussolini, Cham− berlain und Daladier beschließt unter anderem die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich. Gemeinsame Erklärung Hitlers und Chamberlains. Beginn des Einmarsches deutscher Truppen in die sude− tendeutschen Gebiete. Erste Weisung Hitlers zur Erledigung der Resttschechei“. Attentat des jüdischen Emigranten Herschel Grynszpan auf den Legationssekretär Ernst vom Rath in der deutschen Bot− schaft in Paris. Vom Rath stirbt am 9. 11.

Zeittafel

09. 11. 12. 11.−03. 12. 06. 12.

20. 01. 30. 01.

15. 03. 16. 03. 21. 03.

22./23. 03.

27. 03. 31. 03. 22. 05. 23. 08. 25. 08.

27. 08. 01. 09. 03. 09. 27. 09. 06. 10. 07. 10. 09. 10. 12. 10.

449

Organisierte Ausschreitungen gegen die deutschen Juden in der sog. Reichskristallnacht“. Kollektivbestrafung und Sonderverordnungen gegen die deutschen Juden. Unterzeichnung der deutsch−französischen Erklärung in Paris. 1939 Entlassung Schachts als Reichsbankpräsident. Hitlers Prophezeiung“ vor dem Großdeutschen Reichstag über die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ wäh− rend eines künftigen Weltkrieg[es]“. Einmarsch der deutschen Truppen in die Tschechoslowakei (Griff nach Prag“) Bildung des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren. Hitler fordert von Polen die Rückgabe Danzigs und den Bau einer exterritorialen Auto− und Eisenbahn durch den Korridor. Er bietet eine langfristige Garantie der deutsch−polnischen Grenze an. Die Slowakei stellt sich unter den Schutz“ des Deutschen Reiches. Unter politischem Druck gibt Litauen das Memelgebiet an das Deutsche Reich zurück. Einmarsch der deutschen Truppen. Deutsch−rumänisches Handelsabkommen. Spanien tritt dem Antikomintern−Pakt bei. Britische und französische Garantieerklärung für die Unab− hängigkeit Polens. Abschluß eines Militärbündnisses zwischen Italien und Deutschland (Stahlpakt“). Abschluß des deutsch−sowjetischen Nichtangriffspakts (mit geheimem Zusatzprotokoll), sog. Hitler−Stalin−Pakt“. Hitlers großes umfassendes“ Angebot an Großbritannien zur Zusammenarbeit für die Zeit nach Beilegung der Ausein− andersetzung mit Polen. Einführung der Rationierung von Lebensmitteln und anderen Waren in Deutschland. Beginn des deutschen Angriffs auf Polen. Großbritannien und Frankreich erklären dem Deutschen Reich den Krieg. Kapitulation von Warschau. Gründung des Reichssicherheitshauptamtes“. Hitlers Friedensappell“ an die Westmächte. Himmlers Bestellung zum Reichskommissar für die Fe− stigung deutschen Volkstums“. Hitlers erste Weisung zum Angriff im Westen. Ernennung Franks zum Generalgouverneur der besetzten polnischen Gebiete (Generalgouvernement“).

450

Anhang

Oktober 08. 11.

11. 02. 01. 03. 18. 03. 09. 04. 10. 05. 15. 05. 28. 05. 10. 06. 18. 06. 22. 06. 16. 07. 19. 07. 31. 07.

13. 08. 27. 09. 04. 10. 12. 10. 23. 10. 24. 10. 28. 10. 12./13. 11. 18. 12.

19./20. 01. 02. 03.

Auf den 1. 9. zurückdatierter Führererlaß zum sog. Eutha− nasieprogramm“. Georg Elsers Attentat auf Hitler im Münchner Bürger− bräukeller. 1940 Deutsch−sowjetisches Wirtschaftsabkommen. Erste operative Weisung Hitlers für die Besetzung Dänemarks und Norwegens (Unternehmen Weserübung“). Treffen Hitlers und Mussolinis am Brenner. Besetzung Dänemarks. Invasion in Norwegen. Deutscher Angriff gegen Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Frankreich. Kapitulation der niederländischen Streitkräfte. Kapitulation Belgiens. Kriegseintritt Italiens. Kapitulation der norwegischen Streitkräfte. Treffen Hitlers und Mussolinis in München. Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich in Compigne. Hitlers Weisung für die Vorbereitungen einer Landung in England (Unternehmen Seelöwe“). Reichstagsrede Hitlers: letzter Friedensappell“ an Groß− britannien. Besprechung Hitlers mit von Brauchitsch, Halder, Keitel, Jodl u. a. auf dem Berghof: Das Vorhaben, die Sowjetunion an− zugreifen, konkretisiert sich in der Gedankenbildung Hitlers. Beginn der Luftschlacht um England (Adlertag“). Dreimächte−Pakt zwischen Deutschland, Italien und Japan. Treffen Hitlers und Mussolinis am Brenner. Abbruch der Vorbereitungen für das geplante Unternehmen Seelöwe“. Treffen Hitlers und Francos in Hendaye. Treffen Hitlers mit Ptain und Laval in Montoire. Italienischer Angriff auf Griechenland. Treffen Hitlers und Mussolinis in Florenz. Besuch Molotows in Berlin. Unterzeichnung der Weisung Nr. 21 (Barbarossa“) durch Hitler, die die Vorbereitung für den Ostfeldzug bis zum 15. Mai 1941 abzuschließen“ befiehlt. 1941 Treffen Hitlers und Mussolinis auf dem Berghof. Einmarsch deutscher Truppen in Bulgarien.

Zeittafel

30. 03.

30./31. 03. 06. 04. 17. 04. 21./23. 04. 10. 05. 12. 05. 13. 05.

02. 06. 06. 06. 11. 06.

22. 06.

Juni

08. 07. 14. 07.

15. 07.

16. 07.

451

In Hitlers Ansprache vor über zweihundert führenden Offi− zieren werden Grundzüge des Kommissar−Befehls“ (6. 6. 1941) im Zuge des geplanten Vernichtungskrieges im Osten angekündigt. Angriff des deutschen Afrika−Korps“ unter Rommel in der Cyrenaika. Beginn des Feldzuges gegen Jugoslawien und Griechenland. Kapitulation Jugoslawiens. Kapitulation Griechenlands. Flug des Stellvertreters des Führers“, Rudolf Heß, nach Schottland. Martin Bormann wird Heß’ Nachfolger als Leiter der Partei− Kanzlei“. Erlaß Hitlers über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet des geplanten Unternehmens Barbarossa“ (Vorgehen gegen die sowjetische Zivilbevölkerung). Treffen Hitlers und Mussolinis am Brenner. Kommissar−Befehl“ des OKW enthält die Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“ der Roten Armee. Entwurf der Führerweisung Nr. 32“ durch den Wehr− machtführungsstab über die Strategie nach Beendigung des Unternehmens Barbarossa“. Von Hitler nicht unterzeichnet. Angriff gegen die Sowjetunion. Einsatzgruppen“ des SD und der Sipo beginnen mit der systematischen Vernichtung der in den eroberten Territorien im Osten lebenden Juden. Unter Berufung auf Hitler befiehlt Himmler dem Komman− danten des Lagers Auschwitz, Höß, die Schaffung von Ver− gasungsanlagen. Hitlers Entschluß, Leningrad und Moskau dem Erdboden gleichzumachen“. Weisung Hitlers, den Schwerpunkt der Rüstung vom Heer auf die Kriegsmarine und die Luftwaffe zu legen, um für den nach dem als sicher erwarteten Sieg über die Sowjetunion gegen die angelsächsischen Mächte zu führenden Krieg gerüstet zu sein. Hitler schlägt dem japanischen Botschafter Oshima ein um− fassendes Offensivbündnis zwischen Deutschland und Japan vor, um gemeinsam“ die UdSSR und die USA zu ver− nichten“. Der Leiter des Planungsamtes im Stabshauptamt des Reichskommissariats für die Festigung deutschen Volks− tums“, Meyer−Hetling, der dazu am 24. 6. 1941 von Himmler den Auftrag erhalten hatte, legt den Entwurf eines Gene− ralplans Ost“ vor. Hitler legt im Beisein von Rosenberg, Göring, Keitel, Lammers und Bormann die politischen Zukunftsziele im Osten fest (u. a. Aufteilung der UdSSR in vier Reichskommissariate).

452

Anhang

17. 07.

22. 07.

31. 07. August 19. 09. 19. 11.

01. 12.

07. 12. 11. 12.

19. 12. Dezember

06. 01. 14. 01.

18. 01. 20. 01.

09. 02.

23. 02.

Rosenberg wird Chef des neugebildeten Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete“. Himmler wird mit der polizeilichen Sicherung der neu− besetzten Ostgebiete“ beauftragt. Hitler eröffnet dem kroatischen Verteidigungsminister Kva− ternik gegenüber sein Vorhaben, die Juden aus Europa zu entfernen. Beauftragung Heydrichs mit den Vorbereitungen . . . für eine Gesamtlösung der Judenfrage in Europa“. Anhalten und Einschränkung des sog. Euthanasie− programms“. Einführung des Judensterns“ im Deutschen Reich. Hitlers Resignation über den stockenden Vormarsch im Osten findet ihren Ausdruck in der Erkenntnis, daß die beiden Feindgruppen sich nicht vernichten können“. Generalfeldmarschall von Bock, Oberbefehlshaber der Hee− resgruppe Mitte im Osten, meldet, daß der Zeitpunkt sehr nahe rückt. . ., in dem die Kraft der Truppe völlig erschöpft ist“. Der deutsche Vormarsch kommt vor Moskau zum Stehen. Nacht und Nebel−Erlaß“ Hitlers. Kriegserklärung Deutschlands (und Italiens) an die USA, nachdem die USA am 08. 12. Japan als Reaktion auf den ja− panischen Überfall auf Pearl Harbor am 07. 12. den Krieg erklärt hatten. Hitler übernimmt den Oberbefehl über das Heer. Beginn der Vernichtung von Juden durch Vergasung in Chel− mno. 1942 Präsident Roosevelt nennt die Zerschmetterung des deutschen Militarismus“ als Kriegsziel der USA. Ende der Arcadia“−Konferenz zwischen Churchill und Roo− sevelt: Konzentration der alliierten Kriegführung auf Europa und Deutschland. Deutsch−italienisch−japanische Militärabmachung mit der Ab− grenzung von Operationszonen“ (70. Längengrad Ost). Wannsee−Konferenz“ der Staatssekretäre der wichtigsten deutschen Ministerien unter Vorsitz des Chefs des Reichs− sicherheitshauptamtes Heydrich (Ankündigung der End− lösung der Judenfrage“ in ganz Europa durch Evakuierung“ in den Osten und andere Maßnahmen“). Nachfolger des tödlich verunglückten Reichsministers Fritz Todt (seit 17. 03. 1940 Reichsminister für Bewaffnung und Munition) wird Albert Speer. In seinem Befehl Nr. 55 erklärt Stalin: die Hitler kommen und gehen; das deutsche Volk, der deutsche Staat bleibt“.

Zeittafel

21. 03. 26. 04. 29./30. 04. 07. 05. 27. 05. 30./31. 05. 10. 06.

12. 06.

03. 07.

22./23. 07. 20. 08.

25. 08. 03. 11. 11. 11.

19./20. 11. 22. 11.

13. 01. 14.−26. 01.

27. 01.

31. 01.−02. 02. 11. 02.

453

Ernennung von Gauleiter Sauckel zum Generalbe− vollmächtigten für den Arbeitseinsatz“. Der Reichstag bestätigt Hitler als Obersten Gerichtsherrn“. Treffen Hitlers und Mussolinis auf dem Berghof. Erlaß Hitlers über die einheitliche Steuerung der Rüstungs− wirtschaft“. Attentat auf Heydrich in Prag. Britischer Großangriff auf Köln (erster Tausend−Bomber−An− griff auf eine deutsche Stadt). Zur Vergeltung“ für den am 4. 6. seinen Attentatsverletzungen erlegenen stellvertretenden Reichsprotektor für Böhmen und Mähren“, Reinhard Heydrich, wird das tschechische Dorf Lidice vernichtet. Himmler billigt den sog. Generalplan Ost“ (Plan einer Aus− siedlung der Polen, Tschechen, Ukrainer und Weißruthenen nach Sibirien). Deutsch−italienischer Vormarsch in Nordafrika kommt hundert Kilometer westlich von Alexandria (Enge von El Alamein) zum Stehen. Beginn der systematischen Deportierung der ca. 350 000 Juden des Warschauer Ghettos in das Vernichtungslager Treblinka. Roland Freisler wird Präsident des Volksgerichtshofes. Der bisherige Präsident Otto Thierack tritt die Nachfolge des am 29. 01. 1941 verstorbenen Reichsjustizministers Gürtner an. Befehl Hitlers für den Bau des Atlantik−Walles“. Britischer Durchbruch bei El Alamein. Beginn des Rückzuges des deutschen Afrika−Korps“. Deutscher Einmarsch in das bislang unbesetzte französische Gebiet als Reaktion auf die Landung der Alliierten in Nord− afrika (Operation Torch“) am 7.−8. 11. Sowjetische Gegenoffensive bei Stalingrad. Stalingrad von sowjetischen Truppen eingeschlossen. 1943 Erlaß Hitlers über den umfassenden Einsatz der Männer und Frauen für die Aufgaben der Reichsverteidigung. Konferenz von Casablanca zwischen Roosevelt und Churchill verkündet die Forderung nach bedingungsloser Kapitulation“ (unconditional surrender). Verordnung des Generalbevollmächtigten für den Ar− beitseinsatz“, Gauleiter Sauckel, zur Führung des totalen Krieges. Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad. Beginn der Einberufung von Schülern, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, zur Dienstleistung als Luftwaffenhelfer.

454

Anhang

18. 02.

27. 02. 13. 03. 21. 03. 08.−09. 04. 13. 04.

19. 04. 19. 05. 24. 05. 10. 06.

05. 07. 10. 07. 12./13. 07. 13. 07. 17. 07. 19. 07. 25. 07.−03. 08. 25. 07. 06. 08. 14.−24. 08. 24. 08. 02. 09.

08. 09.

In seiner Rede im Berliner Sportpalast verkündet Goebbels den totalen Krieg“. Widerstand der Münchener Studentengruppe Weiße Rose“ gegen das nationalsozialistische Regime. Verhaftung u.a. von Hans und Sophie Scholl. Deportation der in der Berliner Rüstungsindustrie arbeitenden Juden nach Auschwitz. Attentat der Widerstandsbewegung auf Hitler mißlingt. Attentatsvorhaben der Widerstandsbewegung auf Hitler in Berlin gescheitert. Treffen Hitlers und Mussolinis in Kleßheim. Bei Katyn (in der Nähe von Smolensk) werden Massengräber mit den Leichen von über 4100 polnischen Offizieren, die im Frühjahr 1940 von der sowjetischen NKWD ermordet wurden, entdeckt. Beginn des Aufstandes im Warschauer Ghetto, der bis zum 16. 05. blutig niedergeschlagen wird. Berlin wird für judenfrei“ erklärt. Abbruch der Geleitzugbekämpfung im Atlantik. Wende des U− Boot−Krieges. Beginn der in Casablanca (14.−26. 1. 1943) beschlossenen Combined Bomber Offensive“ der Engländer und Ameri− kaner gegen Deutschland. Beginn des Unternehmens Zitadelle“ (deutsche Offensive gegen den sowjetischen Frontbogen um Kursk). Alliierte Landung auf Sizilien. Gründung des Nationalkomitees ,Freies Deutschland‘“ in Krasnogorsk bei Moskau. Scheitern des Unternehmens Zitadelle“. Beginn der sowjetischen Sommeroffensiven. Treffen Hitlers und Mussolinis in Feltre. Zerstörung großer Teile von Hamburg durch Bombenangriffe. Sturz Mussolinis und Ende des faschistischen Regimes in Ita− lien. Goebbels’ Ankündigung einer Evakuierung der Berliner Be− völkerung. Treffen Roosevelts und Churchills in Quebec (u. a. Planung für die Invasion in Frankreich). Himmler wird Reichsinnenminister. Erlaß Hitlers über die Konzentration der Kriegswirtschaft (Umwandlung des Ministeriums für Bewaffnung und Muni− tion“ in das Reichsministerium für Rüstung und Kriegs− produktion“). Nach Veröffentlichung des am 3. 9. geschlossenen und zunächst noch geheimgehaltenen Waffenstillstandes zwischen Italien und den Alliierten beginnt die deutsche Besetzung Nord− und Mittelitaliens.

Zeittafel

19.−30. 10.

28. 11.−01. 12.

22. 12.

19. 03. 06. 06. 10. 06.

22. 06. Anfang Juli 20. 07. 23. 07. 28. 07.

01. 08.

23. 08. 08. 09. 11. 09. 11. 09.−16. 09.

25. 09.

02. 10. Oktober/ November 26. 11. 16.−24. 12.

455

MoskauerKonferenzzwischendenAußenministernderUdSSR (Molotow), Großbritannien (Eden), der USA (Hull) über die Nachkriegsplanungen. Teheraner Konferenz zwischen Roosevelt, Churchill und Sta− lin (u. a. Unterrichtung Stalins über den vorgesehenen Termin – 1. 5. 1944 – der alliierten Invasion in Frankreich; Kriegsziele und Zukunftsplanungen gegenüber Deutschland). Einführung des NS−Führungsoffiziers“ zur verstärkten ideologischen Indoktrination der Wehrmacht. 1944 Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen. Alliierte Invasion in Nordwestfrankreich. Zerstörung des französischen Dorfes Oradour−sur−Glane und Tötung seiner Einwohner als Vergeltung für Überfälle französischer Partisanen. Beginn der sowjetischen Sommeroffensive gegen die deutsche Heeresgruppe Mitte. Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten. Attentat von Stauffenbergs auf Hitler. Staatsstreichversuch in Berlin und Paris. Einführung des Deutschen Grußes“ in der Wehrmacht. Zweite Hydrier−Denkschrift“ Speers (erste Denkschrift am 30. 6. 1944) verdeutlicht Hitler die katastrophale Lage der synthetischen Treibstoffherstellung als Folge der verstärkten alliierten Luftoffensive gegen die Hydrierwerke seit dem 12. 5. 1944. Hitlers Verfügung über Sippenhaftung. Beginn des Warschauer Aufstandes der polnischen Hei− matarmee“. Umsturz in Rumänien. Kapitulation vor den sowjetischen Streitkräften. Kriegserklärung Bulgariens an das Deutsche Reich. Amerikaner erreichen die Reichsgrenze. Zweite Konferenz in Quebec zwischen Roosevelt und Chur− chill (u. a. Unterzeichnung des 1. Zonenprotokolls für Deutschland). (Am 18. 10. veröffentlichter) Erlaß Hitlers, alle waffenfähigen Männer zwischen sechzehn und sechzig Jahren zum Deut− schen Volkssturm“ einzuberufen. Ende des Warschauer Aufstandes. Einstellung der Vergasungen in Auschwitz. Himmlers Befehl zur Zerstörung der Auschwitzer Krema− torien. Hitlers Ardennen−Offensive.

456

Anhang

03. 01. 12. 01. 14. 01. 23. 01. 04.−11. 02. 12. 02. 13./14. 02. 07. 03. 19. 03.

02. 04. 12. 04. 25. 04. 30. 04. 01. 05. 05. 05. 07.−09. 05. 23. 05.

1945 Alliierte Gegenoffensive in den Ardennen. Sowjetische Offensive an der Weichsel. Sowjetische Offensive zur Eroberung Ostpreußens. Sowjetische Truppen erreichen die Oder in Schlesien. Konferenz von Jalta (u. a. Behandlung der Zukunftsplanungen für Deutschland). Frauen werden zum Hilfsdienst für den Volkssturm“ auf− gerufen. Alliierte Bombardierung Dresdens. Amerikanischer Rheinübergang bei Remagen. Hitlers Befehl Verbrannte Erde“ (Nero−Befehl“). Ausfüh− rungsbestimmungen des Oberkommandos der Wehrmacht vom 30. 3. und 4. 4. heben den Befehl praktisch auf. Aufruf zum Werwolf“. Harry S. Truman wird Nachfolger des plötzlich verstorbenen Präsidenten Roosevelt. Amerikanische und sowjetische Truppen treffen sich bei Tor− gau an der Elbe. Hitler begeht Selbstmord. Dönitz tritt als Reichspräsident“ die Nachfolge Hitlers an und verlegt am 2. 5. sein Hauptquartier nach Flensburg. Bildung einer Geschäftsführenden Reichsregierung“ unter Graf Schwerin von Krosigk. Unterzeichnung der deutschen Kapitulation in Reims und Berlin−Karlshorst. Waffenruhe in Europa. Verhaftung aller Mitglieder der Reichsregierung Dönitz und des Oberkommandos der Wehrmacht in Flensburg−Mürwik.

Zeittafel

457

REGISTER Personenregister Die Register für die 6., neu bearbeitete Auflage fertigte Herr Riccardo Bavaj M.A. an. Handelnde Personen sind normal, Autoren in Kapitälchen gesetzt. Nicht aufgenommen wurde der Name Hitler“. Abelshauser, W. 210 Abendroth, H.−H. 265 Abraham, D. 206 f. Abs, H. J. 213 Absolon, R. 237 Adam, P. 247 Adam, U. D. 274, 276 Adamthwaite, A. P. 269 Adenauer, K. 116 Adolf, H. 250 Aigner, D. 257 Albrecht, R. 297 Allardyce, G. 174, 178, 181 Altgeld, W. 291, 293, 301 Aly, G. 98, 143, 160 f., 178, 199, 207, 253, 255, 280 ff. Ambrosius, G. 194, 196 f., 202, 207 ff., 215 Anderbrügge, K. 236 Angermund, R. 236 Antonescu, I. 106, 109, 111 Aquarone, A. 180 Ara, A. 180 Arendt, H. 159, 250 Aretin, K. O. Frhr. von 166, 293 Arnold, K. J. 284 Aron, R. 27, 29, 160, 162, 167 Attlee, C. R. 108 Aubin, H. 243 Auerbach, H. 147 Ayass, W. 234 Aycoberry, P. 150, 187, 201, 242 Azuelos, D. 152 Backe, H. 118 Backes, U. 223 Badoglio, P. 111 Bahar, A. 223 Bajohr, F. 88, 227, 229, 241 Balfour, M. 304 Bamm, P. 237

Banach, J. 230 Bankier, D. 285 Barkai, A. 196, 201, 212 f. Barros, J. 262 Bärsch, C.−E. 162 Bartetzko, D. 247 Bartov, O. 237, 287 Bast, J. 165 Bauer, F. J. 249 Bauer, O. 154 ff. Bauer, R. 241 Bauer, T. 195, 209 Bauer, Y. 290 Bauman, Z. 177 f. Bavaj, R. 176 Bayertz, K. 288 Beck, D. 293 Beck, L. 62, 121, 124, 134, 237, 296, 301 f., 448 Beckett, S. 60 Beckmann, Ch. 323 Behring, R. 121, 297 Bell, G. K. A. (Bischof von Chiche− ster) 124 Benjamin, W. 188 Benz, W. 271, 279, 289, 293, 304 Berenbaum, M. 287 Bergander, G. 113 Bergen, D. L. 242 Bernecker, W. L. 265 Besier, G. 242 Besson, W. 167 ff., 185 Best, W. 91, 230 Bethmann Hollweg, Th. von 254 Bettelheim, Ch. 196 Beumelburg, W. 246 Beveridge, W. H. 216 Beyerchen, A. D. 250 Beyrau, D. 250 Bezymenskij, L. 76, 262 f. Bialas, W. 250

Personenregister

Biddiscombe, P. 305 Billeter, G. 287 Binding, R. G. 246 Binion, R. 189 f. Birken−Bertsch, H. 246 Bismarck, O. von 122, 136 ff., 298, 310 ff., 322 Black, E. 213 Black, P. 230 Blackbourn, D. 318 f. Blaich, F. 196, 210 Blasius, D. 248 Bloch, Ch. 265 f. Bloch, E. 190 Bloch, M. 290 Blomberg, W. von 1, 16 f., 36, 60 f., 231, 448 Bock, F. von 452 Bock, G. 238 Böckenförde, E.−W. 236 Bodelschwingh, F. von 15, 102 Boehm, H. 91 Boelcke, W. A. 196, 210 f., 214 Böhm, K. 247 Bohn, R. 289 Bohse, J. 244 Bollmus, R. 224 Bonaparte, L. 155 Bonnet, G. 41 Bonwetsch, B. 262 f. Borchardt, K. 201 Borkenau, F. 155 Bormann, M. 88, 95, 229, 451 Bosch, R. 200, 214, 304 Bose, H. von 17 Botsch, G. 253 Bouhler, Ph. 101 Boveri, W. 260 Bracher, K. D. 27, 83, 100 f., 131 f., 146, 149, 152, 157, 160 f., 165, 171, 182 ff., 197, 202, 221 f., 224 ff., 229, 255, 266, 269, 291, 319 f., 323 ff. Brackel−Hertenstein, Th. 317 Bramke, W. 292 Bramstedt, E. K. 244 Brandt, H.−H. 291 Brandt, K. 101 Brauchitsch, W. von 61, 450 Brechtken, M. 95, 145, 230, 277 Bredow, K. von 16, 61 Breitman, R. 101, 279, 286

459

Breker, A. 247 Brenner, H. 247 Breschnew, L. 323 Breyvogel, W. 305 Brill, H. 296 Brinks, J. H. 286 Broch, H. 246 Brock, B. 245 Broszat, M. XI, XIII, 54, 142, 164, 173, 191, 203, 212, 223, 228, 232 f., 240 f., 265, 269, 272, 274 ff., 282, 305 f., 308, 323 f. Browder, G. C. 234 Browning, Ch. R. 97, 272 f., 276 f., 281 f., 285 Brücklmeier, E. 304 Brüggemeyer, F. J. 238 Brüning, H. 5, 18, 23, 154, 263 Brüninghaus, B. 213 Brzezinski, Z. 159 Bücheler, H. 304 Buchheim, Ch. 210 Buchstab, G. 303 Buchstein, H. 164 Buddrus, M. 241 Bullock, A. 163, 167, 185 f., 187 f., 190, 232, 256, 275 Bülow, B. von 314 Bungert, H. 295 Bunting, M. 290 Burckhardt, C. J. 257 Burckhardt, J. 192 Burleigh, M. 3, 15, 55, 91 f., 98, 134 f., 139, 142, 147 f., 159 ff., 165, 167, 195 f., 217, 220, 226 f., 231, 233, 235, 239, 253, 273, 283, 285 ff., 299 f. Burrin, Ph. 162, 273, 279, 290 Bussfeld, Ch. 171 Büttner, U. 285 Cadogan, Sir A. 47 Calic, E. 223 Calleo, D. 318 Campbell, C. 206 Campbell, F. G. 266 Camphausen, G. 253 Camus, A. XII Carls, R. 43 Chamberlain, N. 34, 36, 39 ff., 45 f., 124, 448 Chang, I. 184 Chiari, B. 286

460

Register

Churchill, W. 38, 71, 81 f., 108, 116, 269, 452, 454 f. Ciano, G. Graf 32, 79 Cienciala, A. M. 261, 266 Claudius, H. 246 Conway, M. 289 Conze, E. 324 Coppi, H. 295 Cornelissen, Ch. 310 Corni, G. 58, 209 Crew, D. F. 241 Croce, B. IX Crozier, A. J. 256 Curtius, J. 263 Czichon, E. 206, 217 Dahl, H. F. 289 Dahlerus, B. 49 Dahlmann, D. 161 Dahrendorf, R. 176, 187, 298, 316 Daladier, E. 448 Daniel, S. 304 Dannecker, Th. 283 Danyel, H. 295 Darr, R. W. 11 Dawidowicz, L. 273 Degrelle, L. 289 Dehio, L. 311, 313 Deichmann, U. 251 Deist, W. 218 Deuerlein, E. 149, 186 Dieckmann, Ch. 235 Dierker, W. 148, 234 Diewald−Kerkmann, G. 234 f. Dilks, D. N. 303 Diller, A. 244 Dillgard, G. 143 Dimitroff, G. 197 Diner, D. 281, 323 Dipper, Ch. 177, 265, 300 Dirks, C. 256 Dlugoborski, W. 287 Dollfuß, E. 447 Dönitz, K. 114 f., 118 f., 232, 456 Dördelmann, K. 234 Dorpmüller, J. 118, 213 Döscher, H.−J. 273 Dostert, P. 289 Drechsler, K. 254 Drewniak, B. 244 Drobisch, K. 235

Dülffer, J. 147, 155, 173 Durand, Y. 290 Duroselle, J. B. 269 Dwinger, E. E. 246 Dwork, D. 287 Eden, A. 108, 455 Ehlers, D. 296 Eichholtz, D. 196, 198, 217 Eichmann, A. 283 Eisenhower, D. D. 113 f. Eitner, H.−J. 188 Eley, G. 318 f. Elser, G. 123, 309, 450 Eltz−Rübenach, P. Frhr. von 1 Ender, W. 164 Engels, F. 156 f. Epp, F. X. Ritter von 44, 259 Erbe, R. 212 Erdmann, K. D. 54, 59, 119, 146, 152, 170, 182 ff., 192, 203, 208, 295, 301 Erker, P. 213 Eschwege, H. 287, 304 Fahlbusch, M. 253 Falkenhausen, A. von 92 Falkenhorst, N. von 91 Falter, J. W. 11, 202 ff. Farquharson, J. E. 11, 150, 168 Faulenbach, B. 319 Favez, J.−C. 287 Feldenkirchen, W. 196, 209 Feldman, G. D. 206, 213 Felice, R. de 161, 178 f., 182, 184, 232 Fest, J. 90, 100, 108, 113, 118, 163, 185 ff., 304 Finker, K. 292 Fischer, A. 296 Fischer, C. 159, 204 Fischer, F. 166, 313 Fischer, K. 250 Fischer, K. P. 146 Fischer, W. 196, 210, 214, 231, 250 Fitzpatrick, S. 234 Flaig, H. 13 Fleischer, H. 290 Fleischhauer, I. 261 Fleming, G. 273 Florin, W. 120 Foerster, R. G. 262 Fogel, J. A. 184

Personenregister

Fortner, W. 248 Fraenkel, E. 6, 16, 164 f. Franco, F. 4, 32 f., 70 f., 75, 179, 265, 450 Frank, H. 67, 90, 170, 449 Frei, N. 177, 244, 252, 288 Freisler, R. 85, 453 Frese, M. 204, 241 Frick, W. 1, 15, 230 Friedeburg, H.−G. von 114 Friedlander, H. 7, 273 Friedländer, S. 141 f., 162, 271, 302, 323 Friedrich, C. J. 159 f. Friedrich Wilhelm I. 311 Frisby, J. 304 Fritsch, W. Frhr. von 36, 61, 231, 448 Fritze, L. 309 Funk, W. 55, 118 Funke, M. 168, 231, 249 Furet, F. 323 Furtwängler, W. 247 f. Galen, C. A. Graf von 102 Gall, L. 195, 213 Gamm, H. J. 244 Gangl, M. 250 Gassert, Ph. 258 Gaulle, Ch. de 81, 112, 324 Gay, P. 187 Geary, D. 159 Gebel, R. 261 Gehlen, A. 250 Gehrig, A. 54, 213 f. Geiger, Th. 202 Gellately, R. 234, 285, 324 Gentile, E. 158, 162 Georg, E. 211 Gerlach, Ch. 98, 273, 280, 284 Gersdorff, R.−Ch. Frhr. von 300 Gerstein, K. 302 Geuter, U. 251 Geyer, M. 218 Gibbels, E. 190 Gies, H. 58, 209, 249 Giesecke, H. 249 Gilbert, M. 286 Gillessen, G. 244 Gillingham, J. 212 Gisevius, H. B. 186, 294 Globocnik, O. 97 Goda, N. J. W. 259

461

Goebbels, J. 1, 5, 7 f., 30 f., 33, 44, 51 f., 60, 87, 108, 110, 115 f., 125, 144, 229, 244 f., 290, 446, 454 Goerdeler, C. F. 121, 124, 200, 295 f., 302 f. Göring, H. 1, 3, 16, 33, 37 f., 40, 45, 48 f., 53, 55 f., 60 f., 85, 88, 94 f., 99, 174, 211, 214 f., 230 f., 264 f., 290, 451 Gorodetsky, G. 143, 261 Gossweiler, K. 217 Gotto, K. 306 Gottwald, A. B. 213 Graf, C. 223 Graf, Ch. 234 Graf, W. 123 Graml, H. 219, 256, 263, 271, 281, 297 Gramsci, A. 206 Grau, G. 234 Grebing, H. 319 Gregor, A. J. 158, 178 Gregor, N. 177, 213 Gregor, R. 262 Grieger, M. 213 Groehler, O. 254 Groh, J. 92 Gruchmann, L. 17, 236 Gründgens, G. 247 Grundmann, F. 209 Grüttner, M. 249 Grynszpan, H. 45, 448 Gurin, D. 155 Gurian, W. 162 Gürtner, F. 1, 236, 453 Gutman, Y. 287 Haakon VII. 91 Haar, I. 243, 253, 280 f., 312 Haasis, H. G. 309 Habermas, J. 206 Habeth, S. 213 Hachtmann, R. 204 Hachtmeister, L. 234 Haerendel, U. 241 Haffner, S. 14, 117, 187 f., 225 f., 278, 283 Hagtvet, B. 175 Hahn, O. 251 Haile Selassie 31 Halder, F. 71, 78, 237, 450 Halvy, E. 131, 166, 269, 323 Halifax, E. F. Viscount 36, 264, 448

462

Register

Halt, K. Ritter von 241 Hamann, B. 186 Hamerow, Th. S. 304 Hamilton, R. 203 Hammerschmidt, P. 241 Hammersen, N. 304 Hammerstein, N. 250 Hänisch, D. 11, 203 Hanneken, H. von 91 Hansen, E. 52, 241 Hansen, R. 191 Harnack, A. von 120, 302 Harriman, A. 107 Hart−Davis, D. 241 Hartmann, Ch. 237, 266 Hartmann, K. A. 248 Hartog, L. J. 283 f. Hass, G. 254 Hassell, U. von 2, 30, 117, 121, 294, 300, 304 Haubach, Th. 302 Hauner, M. 257, 263 Hauptmann, G. 246 Hausmann, F.−R. 252 Hayek, F. A. von 164, 194 Hayes, P. 212 Headland, R. 272 Hegel, G. W. F. 192 Hehl, U. von 2, 52 f., 84 f., 101, 132 f., 142, 147 f., 162, 168, 177 f., 189, 223, 229, 231, 233 f., 241 ff., 270, 273, 276, 279 f., 282, 291, 293, 303, 306, 308, 324 Heiber, H. 186, 249 Heidegger, M. 250 Heiden, K. 163, 257 f. Heider, P. 295 Heim, S. 98, 143, 160 f., 178, 199, 207, 253, 255, 280 ff. Heimerzheim, P. 241 Heinemann, U. 304 Heisenberg, W. 251 Held, H. 8 Henke, J. 142, 228, 309 Henlein, K. 38, 261, 448 Hennig, E. 207 Henning, H. J. 210 Hentschel, V. 213 Herbert, U. 146, 194, 230, 235, 284, 288 Herbst, L. 118, 147, 196, 215, 217, 323 Herde, P. 258 Herf, J. 176, 245

Hermlin, St. 293 Herre, F. 147 Herrmann, U. 249 Hertfelder, Th. 310 Heß, R. 77 f., 88, 260 f., 451 Hesse, H. 234 Heuel, E. 11, 204 Heuss, A. 246 Heuss, Th. 129, 163 Heydemann, G. 323 Heydrich, R. 16, 45, 52, 95, 97, 230, 272, 279, 282, 452 f. Hiden, J. 150, 168 Hilberg, R. 270, 282 Hildebrand, K. 62, 159, 165 f., 168, 174, 187, 191, 194, 213, 249, 254 ff., 258, 260, 262 f., 266 ff., 290, 294, 299, 311, 314 ff., 322 Hill, L. E. 303 Hillgruber, A. 29, 34, 44 f., 49, 70, 77, 94, 113, 146 ff., 165, 179, 186 ff., 198, 202, 209, 220, 224, 232, 255, 257 ff., 261 f., 266 ff., 272, 290 f., 294 f., 297, 302, 306, 313 f., 324 Himmler, H. 16, 44, 83 f., 90, 94 f., 97, 100, 109 f., 117, 143, 145, 186, 230, 234, 272, 275, 277, 279 f., 282, 290, 447, 449, 451 ff. Hindenburg, P. von 1 ff., 17, 25, 201, 208, 447 Hintze, O. 134, 178 Hirschfeld, G. 161, 228, 289 Hockerts, H. G. 144, 216, 241, 244, 306 Hoegner, W. 5 Hoesch, L. von 32 Hofer, W. 3, 8, 11, 52, 148, 220, 223, 256 f., 307 f. Hoffmann, P. 261, 292, 300 f. Hoggan, D. L. 263 f. Hohmann, J. S. 288 Höhne, H. 234 Hoidal, O. K. 289 Honecker, E. 323 Höpfner, H.−P. 249 Horkheimer, M. 155, 202 Höß, R. 283, 451 Hoßbach, F. 35, 57, 256 f., 448 Houwink ten Cate, J. 289 Höver, U. 1, 230 Huber, K. 123 Hubert, P. 5 Hübinger, P. E. 249

Personenregister

Hugenberg, A. 1 f., 201 Hull, C. 455 Hummel, K.−J. 146 Hürten, H. 242 Hüttenberger, P. 229, 302 Huttner, M. 158 Iriye, A. 256 Irving, D. 186, 275 Jacobsen, H.−A. 24, 264 Jäckel, E. 80, 156 f., 186 ff., 232, 254, 257 ff., 272, 275 f., 324 Jägerstätter, F. 123 James, H. 213, 252 Jamin, M. 204 Jansen, H. 277 Janssen, H. 252 Janssen, K.−H. 223, 231, 256 Jasper, G. 263 f. Jellonek, B. 234 Jena, K. von 144 Jersak, T. 283 ff. Jesse, E. 160, 164, 223 Jodl, A. 61, 77, 114, 450 Joffroy, P. 302 Johnson, E. A. 234, 286 Jung, E. 17 Junker, D. 258 Jürgens, B. 241 Kaff, B. 303 Kahr, G. Ritter von 17 Kaienburg, H. 212 Kaltenbrunner, E. 126, 230 Kämmerer, J. 311 Kannapin, H. E. 194 Karpen, U. 296 Kaschnitz, M.−L. 246 Kater, M. H. 52, 100, 203, 222, 247 f., 252 Kaufmann, D. 250 Kaufmann, K. 229 Kehrl, H. 88, 212 Keim, W. 249 Keitel, W. 61, 89, 95, 114, 448, 450 Kele, M. H. 204 Kellenbenz, H. 196 Keppler, W. 38 Kerrl, H. 51

463

Kershaw, I. 98, 150, 170, 190 ff., 197, 238, 244, 306 Kessel, A. von 304 Kessel, E. 311 Kettenacker, L. 228 Keynes, J. M. 210 Kirsch, J.−H. 283 Kissener, M. 230, 285, 291, 293, 304 Klaus, M. 241 Klausener, E. 17 Klee, E. 252, 288 Klee, K. 115, 241 Klein, F. 206 Kleinmann, H.−O. 303 Klemperer, K. von 303, 308 Klessmann, Ch. 100, 305 Kley, St. 272, 290 Klinkhammer, L. 261 Klinksiek, D. 238 Klueting, H. 312 Kluge, G. von 125 Knox, M. 180, 218 Kocka, J. 238 f., 319 Köhler, H. 223 Kogon, E. 288 Kohlmann−Viand, D. 244 Koichi, K. 68 Kolb, E. 201, 208 f. Kolbenheyer, E. G. 246 König, H. 262 Kopper, Ch. 177, 213 Korotin, I. 252 Kosyk, W. 290 Kranig, A. 11, 228 Kratzsch, G. 229 Kraus, K. 4 Krausnick, H. 237, 272 Krebs, G. 68, 112, 261 Kreutzer, H. 242 Krockow, Ch. Graf von 170, 191 Kroener, B. R. 88, 215 f. Kroh, F. 287, 304 Krohn, C.−D. 251 Kroll, F.−L. 144, 190 Kroll, G. 210 Kroll, J. 288 Krüger−Charl, M. 304 Krupp von Bohlen und Halbach, G. 12 Kube, A. 174, 214, 230, 264 Kudlien, F. 251 Kugel, W. 223

464

Register

Kuhn, A. 172 Kulka, O. D. 270, 285 Kuss, H. 148 Kuusisto, S. 264 Kvaternik, S. 93, 95 f., 452 Kwiet, K. 287, 304 Lammers, H. H. 44, 95, 451 Langbein, H. 287 f., 304 Lange, F. 261 Langewiesche, D. 249, 319 Laqueur, W. 101, 182, 286 Large, D. C. 186 Larsen, S. U. 175 Laue, M. von 251 Laval, P. 450 Leber, J. 121, 125, 302 Leeb, W. Ritter von 67 Leipart, Th. 9 Lenin, W. I. 4, 323 Leuschner, W. 302 Ley, M. 162 Ley, R. 6, 9, 51, 230 Liebner, P. 251 Lietzmann, H. J. 160 Lifton, R. J. 251 Lilienthal, G. 289 Lill, R. 172, 179, 304 Linck, St. 234 Lindström, U. 175 Lipinsky, J. 262 Lloyd George, D. 33 Lochner, L. P. 197 Loewy, E. 246 Löffler, M. 236 Lohalm, U. 145 Longerich, P. 16, 229, 234, 271 Loock, H.−D. 91 Löwenthal, R. 305 Lozowick, Y. 283 Lubbe, M. van der 223 Ludendorff, E. 190 Ludewig, H.−U. 194 Lüdtke, A. 238 Lukacs, J. 187 Luks, L. 153, 160 Lundgreen, P. 250 Lustiger, A. 287, 304 Luther, M. 165, 309 Luza, R. V. 266 Lyttelton, A. 180

MacDonogh, G. 304 Madajczyk, C. 278 f., 289 Mai, G. 219 Maier, H. 6, 162, 242 Majer, D. 236 Makino, U. 184 Mallett, R. 162 Mallmann, K.−M. 234, 307 Malone, H. O. 304 Mammach, K. 292 Mann, G. IX, 127 f. Mann, Th. 40, 157 f., 249 f. Mao Tse−tung 68 Margalit, G. 288 Markner, R. 246 Marrus, M. R. 271, 286 f. Martel, G. 263 Martens, St. 143, 174, 214, 230, 264, 290 Martin, B. 184, 290, 300 Marx, K. 155 ff. Maser, W. 186, 188 Mason, T. 171 f., 206 f., 211, 217 f., 220, 228 Matthias, E. 14 Matzerath, H. 176 May, E. R. 269 Mayer, A. J. 279 McGovern, W. M. 309 Mehringer, H. 120, 296, 309 Mehrtens, H. 250 Meier, K. 242 Meinecke, F. 129, 133 f., 136, 159, 312 Meineke, St. 312 Meinel, Ch. 250 Melzer, R. 234 Merker, R. 245, 247 Messerschmidt, M. 236 f. Meyer, A. 211 Meyer−Hetling, K. 94, 451 Michael I. 111 Michaelis, H. 84 Michaelis, M. 158, 178, 180 Michalka, W. 149, 173, 187, 189, 264, 290 Michels, E. 246 Michels, H. 290 Mierendorff, C. 297 Mierzejewski, A. C. 213 Miklas, W. 38 Miller Lane, B. 247

Personenregister

Milward, A. S. 215 f., 225 f. Miquel, J. von 314 Moll, M. 145, 229 Möller, H. 144, 146, 148, 228, 241, 246 Mollin, G. Th. 213 Molotow, W. M. 75 f., 262, 450, 455 Moltke, F. von 304 Moltke, H. J. Graf von 121, 292, 296, 299, 302, 304 Moltmann, G. 258 Mommsen, H. 148 f., 168, 173, 176 f., 185, 203, 213, 221, 223 f., 274, 292 f., 296 f., 301, 303, 306 Mommsen, W. J. 168, 173, 224, 269 Monteath, P. 265 Morsch, G. 204 Morsey, R. 14, 229 Mosse, G. L. 167, 182 Mühlfeld, C. 238 Müller, Ch. 291 Müller, E. 293 Müller, H. 154 Müller, I. 236 Müller, J. 259 Müller, K.−J. 237, 292, 301, 303 f., 306 Müller, L. 15, 242 Müller, R.−D. 88, 212, 214, 216, 280 Münkel, D. 209 Murr, W. 230 Musial, B. 90, 268, 283 Musil, R. 250 Mussolini, B. 4, 19, 22, 30 ff., 37 f., 40, 75, 82, 93, 96, 109, 111, 135 f., 158 f., 179, 181 f., 447 f., 450, 453 f. Muth, H. 305 Myklebust, J. P. 175 Myrdal, G. 198 Naasner, W. 88, 211 Näf, B. 253 Namier, L. 294 Nedic, M. 93 Neebe, R. 174, 201, 210 Neliba, G. 1, 230 Nestler, L. 206 Neugebauer, W. 312 Neumann, F. 165 Neumann, S. 203 Neurath, K. Frhr. von 1, 18, 37, 62, 256, 448 Nicholls, A. 212

465

Nicolson, H. 66 Niemöller, M. 15 Niethammer, L. 238 Nipperdey, Th. 176, 315 ff. Nocken, U. 206 Nolte, E. 126, 135, 157, 162, 169 f., 172 f., 178, 182, 184, 199 ff., 218, 322 Oberkrome, W. 253 Obst, D. 271 Oelkers, J. 249 Offe, C. 206 Ogorreck, R. 272 Ohlendorf, O. 118, 215 Olbricht, F. 304 Orff, C. 247 Orth, K. 235 Oshima, H. 31, 78 ff., 451 Ottmer, H.−M. 262 Otto, G. 289 Otto, R. 289 Overy, R. J. 1, 215, 218 Pacelli, E. 14 Padfield, P. 230 Page, H. P. 304 Papen, F. von 1, 5, 13, 15, 17 f., 31, 37, 154, 201 f., 263, 446 Pätzold, K. 189, 202 Paul, G. 234, 307 Paulus, F. 295 Pavelic, A. 93 Pavese, C. X Payne, St. G. 135, 152, 155, 158, 161, 170, 175, 179 f., 183 f. Paxton, R. O. 286 Pechel, R. 294 Pehle, W. H. 293, 323 Pelt, R. J. van 287 Peritore, S. 288 Ptain, Ph. 75, 92 f., 450 Peter, R. 194 Petersen, J. 158, 180 Petersen, E. N. 224 Petwaidic, W. 132, 165, 222 f. Petzina, D. 196, 211 Peukert, D. 135, 148, 176 f., 303, 305 f., 325 Pfahl−Traughber, A. 262 Phipps, Sir E. 23 Pieck, W. 120

466

Register

Pierenkemper, T. 213 Pietrow−Ennker, B. 262 Pilsudski, J. 23 Pingel, F. 305 Piper, F. 287 Pius XI. 50, 158 f., 447 Planck, M. 250 f. Plessner, H. 164 Plum, G. 233, 292, 294, 305 f. Plumpe, G. 212 Pohl, D. 98, 271, 273, 282 Pohl, H. 213 Pohl, K. H. 285 Pohl, M. 195, 213 Polybios 308 Popitz, J. 122 Poulantzas, N. 206 Preiss, A. 245 Prieberg, F. K. 247 Prinz, M. 175, 177, 203, 238 Probst, Ch. 123 Proctor, R. N. 252 Quisling, V. 91, 289 Rademacher, F. 95 Raeder, E. 72, 81, 88, 91, 96 Rammstedt, O. 252 Rath, E. vom 45, 448 Rathkolb, O. 245 Rauh−Kühne, C. 230 Rauscher, W. 182 Rauschning, H. 164 Rebentisch, D. 85, 144, 165, 170, 228 f. Recker, M.−L. 89, 147, 216, 256, 266 Reich, I. 122, 295 Reich−Ranicki, M. 293 Reichel, P. 52, 244 Reichwein, A. 121, 125, 302 Reinhardt, K. 106 Reitlinger, G. 273 Remer, O.−E. 125 Renthe−Fink, C. von 91 Repgen, K. 144, 159, 306 Rein, L. 295 Rett, A. 289 Reuth, R. G. 145, 230 Ribbentrop, J. von 21, 24, 30 ff., 34 ff., 41, 47, 62, 71 f., 75 f., 78, 105, 110, 264, 290, 448

Rich, N. 170, 185, 221, 231 f., 259, 265, 303 Riechert, H. 288 Ringshausen, G. 299 Ritchie, J. M. 246 Ritschl, A. 219 Ritter, G. 295, 310 f. Ritter, R. 288 Robinsohn, H. 304 Rock, W. R. 261 Rödder, A. 263 Rohland, W. 118 Röhm, E. 16, 60, 232 Rohwer, J. 259, 272, 275 f. Rommel, E. 81, 112, 451 Roon, G. van 296 Roosevelt, F. D. 35, 72 f., 80 ff., 99, 107 ff., 116, 268, 452, 454 ff. Röpke, W. 164, 194, 323 Rosenberg, A. 21, 24, 60, 91, 95, 224, 264, 451 f. Rossijanow, K. 161, 289 Rössler, M. 280 Rossmann, G. 292 Roth, C. 229 Rothfels, H. 136, 294, 312 f. Rubner, H. 209 Ruck, M. 141, 147, 229 f. Rückerl, A. 288 Ruge, W. 206 Ruhm von Oppen, B. 304 Ruiz Holst, M. 265 Rundstedt, G. von 67 Rüstow, A. 164 Rüthers, B. 17, 236 Sachsse, Ch. 241 Safrian, H. 283 Salazar, A. de Oliveira 179 Saldern, A. von 205 f. Salewski, M. 109, 118, 127, 215, 232, 290 Salis, J. R. von 37 Sandkühler, Th. 212, 283 Sarti, R. 178 Sassin, H. R. 304 Sauckel, F. 88, 93, 217, 453 Sauer, P. 230 Sauer, W. 178, 197 Schacht, H. 10, 12 f., 18, 36, 55 f., 209 f., 214 f., 448 f. Schäfer, J. 302

Personenregister

Schäfer, M. 162 Scheel, H. 295 Scheffler, W. 145, 272 Scherchen, H. 248 Schieder, Th. 164, 314 f. Schieder, W. 154 f., 179 ff., 182, 205, 224, 265 Schilde, K. 308 Schildt, G. 204 Schlabrendorff, F. von 294 Schleicher, K. von 5, 16, 18, 61, 154, 201, 263 Schleiermacher, S. 280 Schleunes, K. A. 273 Schlie, U. 260, 290 Schmädeke, J. 223, 256, 293, 300 Schmidt, M. 217 Schmidt, R. F. 261 Schmiechen−Ackermann, D. 230, 304 Schmitt, C. 17, 250 Schmitz, J. 244 Schmitz−Köster, D. 289 Schmorell, A. 123 Schmuhl, H.−W. 7, 212 Schnabel, F. 310 Schneider, B. 249 Schneider, G. 180 Schneider, M. 241 Schneider, R. 246 Schneider, Th. M. 242 Schneider, W. 281 f. Schoenbaum, D. 60, 176, 187, 316 Schoeps, J. H. 162 Scholder, K. 242 Scholl, H. 123, 454 Scholl, S. 123, 454 Schöllgen, G. 304 Scholtyseck, J. 121, 200, 209, 230, 293, 304 Schönweiss, F. 238 Schorn, H. 236 Schott, A. 296 Schramm, W. Ritter von 296 Schreckenberg, H. 249 Schreiber, G. 147, 150, 163, 187, 189 Schröder, G. 252 Schulenburg, F.−D. Graf von der 300, 304 Schulte, J. E. 83, 211 Schulz, G. 26, 164, 197, 204, 222, 228, 293 Schulze, W. 239

467

Schulze−Boysen, H. 121 Schumacher, K. 116 Schumann, W. 206, 254 Schuschnigg, K. von 37, 448 Schustereit, H. 262 Schütz, B. 241 Schwartz, M. 288 Schwarz, G. 235 Schweitzer, A. 12 f., 54, 196, 209 ff. Schweling, O. P. 236 Schwerin, D. Graf von 304 Schwerin, F. Graf von 299 Schwerin von Krosigk, J. L. Graf 1, 114, 118, 304, 456 Schwinge, E. 236 Schwok, R. 256 Seidler, F. W. 236 Seidler, H. 289 Seldte, F. 1 Seraphim, H.−G. 272 Sereny, G. 217 Settembrini, D. 175 Seyß−Inquart, A. 37 f., 92 Shirer, W. L. 309 Siegel, A. 160 Siegmund−Schultze, R. 251 Silone, I. 155 Simon, G. 92 Simon, Sir J. 21, 30 Sinowjew, G. J. 154 Sironneau, J.−P. 162 Smelser, R. 230, 237 Smith, B. F. 257 Sofsky, W. 235 Solchany, J. 164 Söllner, A. 160 Speer, A. 86, 88 f., 117 f., 211 f., 216 f., 232, 247, 452, 455 Spoerer, M. 54, 194 f., 212, 214 Spranger, E. 188 Srbik, H. Ritter von 310 Stachura, P. D. 204 Stadler, P. 4, 141 Stahl, R. 118 Stalin, J. W. 33, 36, 42, 47 ff., 64 ff., 75 f., 81, 94, 105, 107 f., 110, 114, 120 f., 126, 154, 159, 163, 181, 220, 248, 250, 260 ff., 268 f., 290, 293, 303, 323, 449, 452, 455 Stang, K. 93, 286 Stauffenberg, C. Graf Schenk von 123 ff., 291 f., 302, 455

468

Register

Stauffer, P. 257 Stegemann, B. 261 Stegmann, D. 202 Steinbach, P. 292 f., 295, 300, 303, 308 Steinbacher, S. 287 Steinert, M. 179, 188 f., 244, 285 Steinweis, A. E. 245 Stephan, K. 223 Stephenson, J. 237 Sternberger, D. 301 f., 320 Steur, C. 283 Steurer, L. 264 Stoakes, G. 259 Stoll, A. 160 Stolleis, M. 17, 236 Stoltzfus, N. 119 Stöver, B. 285 Strassmann, E. 304 Stratmann, F. 212 Strauss, H. A. 251 Strauss, R. 247 f. Streim, A. 289 Streit, Ch. 289 Stresemann, G. 20, 263 Strothmann, D. 246 Studt, Ch. 266 Stülpnagel, K. H. von 92, 125, 302, 304 Stülpnagel, O. von 92 Stumpff, H.−J. 114 Sultano, G. 58, 241 Syring, E. 189, 230, 237 Szodrzynski, J. 241 Talmon, J. 162 Tannenbaum, E. R. 178 Taylor, A. J. P. 263 f. Taylor, R. R. 247 Tenfelde, K. 240 Tennstedt, F. 241 Tenorth, H.−E. 249 Teppe, K. 228 Terboven, J. 91 Teut, A. 247 Thalheimer, A. 154 ff. Thamer, H.−U. 11, 146, 149, 175, 178, 182 f., 229, 280 Thielenhaus, M. 303 Thierack, O. 236, 453 Thierfelder, F. 246 Thies, J. 259 Thimme, R. 142

Thomas, G. 86, 88, 215 Thorak, J. 247 Till, W. 241 Tillich, P. 251 Tirpitz, A. von 314 Tobias, F. 223, 231 Todt, F. 88, 452 Toepser−Ziegert, G. 244 Toland, J. 187 Toynbee, A. 174 Tresckow, H. von 123, 126, 300 Treue, W. 197, 200 Trevor−Roper, H. R. 186, 233, 257 f., 275 Troeltsch, E. X Troost, P. L. 247 Trott zu Solz, A. von 304 Truman, H. S. 108, 456 Tuchel, J. 50, 235, 295 Turner, H. A. 161, 172, 175, 178, 182, 184 f., 193, 196, 201 f., 206 ff. Ueberschär, G. R. 237, 262 f., 292, 295 Ulbricht, W. 120, 323 Ullrich, V. 207 Umbreit, H. 88, 289 Unfug, D. A. 206 Vansittart, R. 166 Vermeil, E. 309 Vesper, W. 246 Vias, . 265 Vitzthum, W. Graf von 299 Voegelin, E. 158, 162 Vogel, D. 112 Volkmann, H. 176 Volkmann, H.−E. 198 f., 215, 252 Vondung, K. 244, 246 Vorländer, H. 241 Voss, R. von 299 Vosswinckel, P. 250 Vries, W. de 248 Wächter, K.−M. 259 Wagner, A. 236 Wagner, B. C. 288 Wagner, E. 73 Wagner, J.−Ch. 194 Walkenhaus, R. 160 Walker, M. 250 Warmbrunn, W. 289

Sachregister

Wasser, B. 280 Watt, D. C. 256 Weber, A. 173 Weber, E. 182 Weber, M. 133 Wegner, B. 237 Wehler, H.−U. 238 f., 314 f., 319, 324 Weinberg, G. L. 148, 261, 265 f. Weingart, P. 288 Weingartner, Th. 154 Weinkauff, H. 236 Weisenborn, G. 296 Weiss, J. 138, 205 Weissbecker, M. 189, 202 Weissmann, K. 146 Weitz, J. 209 Weizsäcker, E. Frhr. von 40, 72, 107, 303 Wels, O. 5 Wendt, B. J. 2, 60, 94, 115, 135, 147, 243, 245, 247 ff., 256, 265 f., 309 Wengst, U. 144 Werner, K. F. 252 Werner, W. F. 219 Wessling, B. W. 248 Weyrather, I. 238 Wheeler−Bennett, J. W. 294 Wieland, G. 235 Wieland, K. 160 Wildt, M. 234 Wilhelm, H.−H. 237, 273 f. Wilson, W. 20 Winkler, D. 238 Winkler, H. A. 6, 10 f., 58, 99, 138, 147, 162, 171, 173, 177, 181, 202 ff., 208,

469

218 ff., 240, 270, 284, 288, 312, 316 f., 320 ff. Winkler−Mayerhöfer, A. 244 Wippermann, W. 149 f., 175, 181 f., 288, 310 Wirsching, A. 144, 148, 241, 319 Witzleben, E. von 302 Wohlthat, H. 55 Wolfrum, E. 161 Wolgast, E. 7 Woolf, St. 182 Wulf, J. 246 f. Wüllner, F. 236 Wussow, B. von 304 Wyrwa, U. 270 Wyschinskij, A. 85 Yahil, L. 271 Yorck von Wartenburg, P. Graf 121, 304 Young, A. P. 303 Zee, N. van der 286 Zehnpfennig, B. 190 Zeman, Z. A. B. 244 Zernack, K. 256 Ziegler, W. 148, 229, 241 Zielinski, B. 92 Zimmermann, M. 288 Zipfel, F. 223 Zitelmann, R. 175, 177, 189, 230 Zuckmayer, C. 4 Zumpe, L. 206 Zweig, St. 246

Sachregister Nicht aufgenommen wurden die Begriffe Drittes Reich“, Nationalsozialismus“ und Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)“. Abessinienkrieg 29, 31, 34, 181 Abrüstungskonferenz 21, 446 Achse Berlin – Rom“ 32, 37, 48, 82, 99, 447 Agententheorie“ 153 ff., 171, 208 (vgl. Marxistische Interpretationen des Dritten Reiches“)

Aktion Gewitter“ 116 f. Alliierte Landung in der Norman− die 110 f., 455 Alltag XI, 50, 52 f., 58, 114 f., 127 f., 129, 142, 148, 151, 221, 228 ff., 233 f., 238 ff., 251 f., 304 ff., 323 Alpen−Reduit“ 113, 117

470

Register

Alternativen zu Hitlers Politik 13, 18 f., 32, 41 f., 53, 72 f., 75 f., 108, 169, 231 f., 264 f., 290 Anschluß“ Österreichs 31, 37 f., 448 Antibolschewismus 4, 6, 19, 31 ff., 35, 48, 94, 96, 104 f., 110, 134, 267, 321 Antikomintern−Pakt“ 32, 35, 48, 68, 448 f. Antisemitismus s. Judenpolitik“/Rassen− politik Apologetische Interpretationen des Dritten Reiches“ 197, 263 f. Appeasement“ 21, 34, 36, 38, 40 ff., 45 f., 269 Arbeiterschaft 8 ff., 52, 58, 64, 115, 155, 194 ff., 200, 202 ff., 218 ff., 241, 303, 312 Arbeitskräfte 10 f., 57 ff., 86, 93, 115, 210, 218, 220, 238, 241 (vgl. Zwangsarbeit) Arbeitsdienst s. Reichsarbeitsdienst“ (RAD) Arcadia−Konferenz 81, 452 Archivlage 142 ff., 305 Ardennen−Offensive 111 f., 455 Attentat vom 20. Juli 1944 118, 123 ff., 292 ff., 298, 301 f., 304, 307, 310, 455 Aufrüstung/Rüstungspolitik/Rüstungsin− dustrie 11 f., 19, 21 ff., 27, 42 f., 48 ff., 54 ff., 63 f., 69, 78, 81, 84 ff., 93, 196, 199 f., 210 ff., 252, 451, 453 ff. Außenhandel 13, 18 ff., 53, 55, 73, 210 Auswärtiges Amt 18, 23 f., 31, 35 ff., 45, 50, 53, 60, 62 f., 70, 86, 96, 264, 273, 303, 448 Autarkiebestrebungen s. Rohstoffe Barbarossa“ s. Unternehmen Barba− rossa“ Befreiung 129 f., 294 Bekennende Kirche“ 15, 50 f. Besatzungspolitik, allgemein 66 f., 81 f., 87, 90 ff., 103 ff., 127 f., 142, 289 f., 451 ff. Bevölkerungspolitik 90 f., 94 ff., 98, 108, 198, 280 ff. (vgl. Judenpolitik“/Rassen− politik) Bildung/Erziehung 6 f., 59 f., 249 f., 297 Blitzkrieg“−Konzept 33, 48, 57, 64, 73, 77, 87, 215 f., 218 Blomberg−Fritsch−Krise“ 36 f., 60 f., 231, 448 Brandverordnung“ 4 Bücherverbrennung 7, 446

Bürokratie/Beamtenschaft 3, 6, 26, 100, 103, 116, 137, 165, 225, 282 f., 287, 312 Bundesrepublik Deutschland 126 f., 129, 135, 139, 176, 199 f., 223, 266, 291 ff., 315 Deutsche Demokratische Republik 196, 198, 206, 254, 291 f., 298, 323 Deutsch−englisches Flottenabkom− men 23 f., 447 Deutsch−französische Erklärung 41, 449 Deutsch−italienischer Stahlpakt“ 47, 449 Deutsch−österreichisches Juli−Abkom− men“ 30, 447 Deutsch−polnischer Nichtangriffs− pakt 23, 446 Deutsch−sowjetischer Nichtangriffspakt (Hitler−Stalin−Pakt“) 42, 47 ff., 64 ff., 120, 220, 262, 268, 449 Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) 6, 9 ff., 52, 58, 204 Deutsche Christen“ 15, 242 Deutscher Volkssturm“ 117, 455 Deutschnationale Volkspartei (DNVP) 2 ff., 446 Devisen 11 ff., 19, 45, 57, 87, 219 Diktaturenvergleich 161, 289 f., 323 (vgl. Totalitarismusbegriff und −theorie) Doppelstaat“ 3 f., 6, 8 f., 16, 25 ff., 45, 132, 164, 210 f., 217, 227, 232 Dreimächtepakt“ 75, 80, 450 Dresden (Bombardierung) 112, 456 Dualismus von Partei und Staat s. Dop− pelstaat“ Egalisierung 9 f., 59 f., 92, 115 f., 126, 129, 133, 216, 317 Einmarsch in die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes 31, 447 Elite, neue 16 f., 45, 53, 60, 63, 69, 87, 101, 103, 118, 205, 212, 214, 230 f., 237, 290 Eliten, traditionelle 1 ff., 8, 13, 15 ff., 22 ff., 28, 39, 44 f., 53, 57, 60 ff., 69, 103, 116, 121 ff., 137 ff., 173 f., 198 ff., 201, 220, 254 ff., 295 ff., 312 ff., 322, 448 Emigration 7, 91, 120, 245 f., 251, 296 Endlösung“ 7, 19, 45, 51, 94 ff., 258, 270, 272 ff., 325, 452, 455 Englische Garantieerklärung für Po− len 46 f., 449 Ermächtigungsgesetz“ 4 f., 229, 446, 447

Sachregister

Eugenik s. Züchtungselement nationalso− zialistischer Rassenpolitik Euthanasie(−Programm)“ 7, 28, 51, 97, 101 f., 169, 252, 273, 290, 450, 452 Expansion/Revisionismus 10, 18 ff., 23, 28 ff., 35 f., 42 f., 46, 62 f., 69, 102, 132, 136 f., 151, 190, 256 ff., 270, 299, 448 ff. Faschismus, italienischer 135 f., 153, 158, 174 f., 178 ff. Faschismusbegriff und −theorie 12 f., 135 f., 150 ff., 163, 169 ff., 178 ff., 191, 193, 197, 202, 205, 207 f., 210 f., 220, 224, 226, 302 Flotte(npolitik)/Marine 19, 21, 23 f., 38, 41, 43 ff., 61, 63, 68 f., 72, 76 f., 81, 87, 91, 107, 258, 451, 454 Frauen 6, 10, 58, 60, 115 ff., 119, 135, 142, 203, 237 f., 456 Fremdarbeiter s. Zwangsarbeit Funktionalisten“ s. Strukturell−funktio− nale Interpretationen . . . Geheime Staatspolizei (Gestapo) 16, 50, 67, 84, 125, 234 f., 446 Generalplan Ost“/Ostforschung“ 94, 253, 280 f., 451, 453 Gesetz über den Neuaufbau des Rei− ches“ 8, 446 Gesetz zur Wiederherstellung des Be− rufsbeamtentums“ 3, 446 Gewerkschaften 8 ff., 204, 208, 298, 446 Gleichschaltung“ 8 ff., 25 f., 28, 54, 62, 213, 234, 249 f. Goerdeler−Beck−von Hassell− Gruppe 121, 124, 294, 296, 300 ff. (vgl. Widerstand) Großgermanisches Imperium 18 f., 22, 35, 41, 44, 86, 131, 138, 258 f. Heimtückegesetz“ 4 Heß−Mission“ 77 f., 88, 260 f., 451 Historikerstreit“ XIII, 141 Historisierung XIff., 142, 152, 169, 232 f., 240 f., 267 f., 301, 306, 308, 322 f. Hitler−Stalin−Pakt“ s. Deutsch−sowjeti− scher Nichtangriffspakt Hitlerzentrik“/Biographischer An− satz 150 f., 156 ff., 163 f., 166 ff., 185 ff., 221 ff., 231 ff., 265 ff., 270 ff., 283 ff. Holocaust s. Judenpolitik“/Rassenpolitik

471

Hoßbach−Niederschrift“ 35, 57, 256 f., 448 Imperialismus, sozialer 136 f., 314 f. Industrie (einschl. Unternehmer, das Ka− pital“) 9 ff., 25, 51 ff., 86 ff., 118, 138, 153 ff., 161, 165, 171 f., 193 ff., 206 ff., 253 f., 312, 317, 319, 322 Intentionalisten“ s. Hitlerzentrik“/Bio− graphischer Ansatz Invasion 1944 s. Alliierte Landung in der Normandie Judenpolitik“/Rassenpolitik 3, 6 f., 10 ff., 18 ff., 24, 28, 35, 38, 41, 44 f., 49 ff., 60, 63 ff., 79, 81 f., 90 ff., 127 f., 131, 133, 136, 141 f., 151, 161, 169, 179 f., 184, 186, 189 f., 192, 198, 213, 216, 221, 230, 233, 236 ff., 244, 251 ff., 269 ff., 299, 304, 321, 323 ff., 446 f., 449 ff. Jugend 6, 59, 115, 119 f., 205, 239, 249 f., 305, 309, 447, 454 f. Justiz 17, 50, 84 f., 236, 252, 453 Kapital (das Kapital“) s. Industrie Kapitulation 106, 109 f., 111 ff., 124, 129 f., 453, 456 Kirchen 14 f., 17, 25, 50 f., 63, 97, 102, 204, 242, 293, 297, 303, 306 Kollaboration 91 ff., 105, 119, 250 f., 286, 302, 307 (vgl. Besatzungspolitik und Widerstand) Kolonialfrage 21, 30, 38, 40 ff., 44 f., 63, 68 ff., 72 f., 79, 86, 107 f., 131, 258 Kommissarbefehl“ 94, 451 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)/Kommunisten 2, 4, 14 f., 119 f., 126, 153 f., 202, 204, 233, 291, 295 f., 298 f., 302, 446 Kompetenzen− und Ämterchaos (einschl. Polykratie) 8, 24, 26, 84 f., 88, 91, 132, 148, 151, 165, 170, 197, 211, 221 ff., 232 f., 265 f., 271, 282 f. (vgl. Doppelstaat“) Konferenz von Casablanca 109, 116, 124, 454 Konferenz von Jalta 108, 456 Konferenz von Moskau 107, 455 Konferenz von Potsdam 108 Konferenz von Stresa (Stresafront“) 24, 447 Konferenz von Teheran 107, 455

472

Register

Konkordat 14, 23, 50, 446 Konsum, ziviler (einschl. Verbrauchsgü− terindustrie) 52, 55 ff., 62, 64, 83 f., 86 f., 115 f., 210 f., 216, 218 f., 449 Kontinuitätsproblem 5, 18, 23, 26, 35, 107, 136 ff., 165 f., 221, 233, 254 f., 263, 290, 293, 297 ff., 306, 309 ff. Konzentrationslager 16, 50, 55, 83 f., 87, 212, 235 f., 286 ff., 294 Kraft durch Freude“ (KdF) 10, 52 Kreisauer Kreis 121 f., 292, 296 Kriegführung s. Politik und Kriegfüh− rung . . . Kriegsverbrechen 101, 107 ff., 453 ff. Kriegsziele der Alliierten 81 f., 87, 101, 111 f., 286 f., 294, 452 ff. Kunst und Kultur 7 f., 52, 120, 139, 151, 242 ff., 446 Landwirtschaft 11 f., 58, 87, 115, 195, 209, 317 Lebensborn“ 289 Lebensraum“ s. Raumfrage Lokalgeschichte s. Region Luftoffensive gegen England 73, 75, 450 Luftwaffe 24, 58, 61, 78 f., 88, 107, 109, 451, 453 Machtergreifung“ 2 ff., 10, 13, 16 ff., 21, 25 ff., 37, 62 f., 116, 119, 137 ff., 154, 198, 201 f., 205 ff., 220, 223, 228 f., 254, 315 ff. Madagaskar−Plan“ 45, 94 ff., 277 Marine s. Flotte(npolitik)/Marine Marxistische Interpretationen des Dritten Reiches“ 152 ff., 170 ff., 196 f., 206 f., 226, 233, 253 ff., 291 f. Militär s. Reichswehr und Wehrmacht Mittelstand 12, 89, 202 ff. Moderne, Modernität und Modernisie− rung 9 f., 19 f., 55, 60, 64, 98, 115 f., 118, 129, 134 f., 138 f., 142, 151, 163 f., 166, 168, 171, 173, 175 ff., 187, 189, 191 f., 205, 216 f., 235, 238 f., 245, 247 f., 251, 260, 280 f., 298, 314 ff. Münchener Konferenz und Abkom− men 40 ff., 124, 269, 448 Nacht und Nebel−Erlaß“ 84, 452 Nationalkomitee ,Freies Deutsch− land‘“ 120 f., 295 f., 454 Nero−Befehl“ s. Verbrannte Erde“

Nürnberger Gesetze“ 7, 28, 51, 236, 447 Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse 199 f., 256 Okkupation s. Besatzungspolitik, Kollabo− ration und Widerstand Parteien, allgemein 2 ff., 11, 14, 201, 203, 209, 446 Phänomenologische Interpretationen des Dritten Reiches“ 172 Polykratie s. Kompetenzen− und Ämter− chaos Politik und Kriegführung gegen(über) bzw. in – Abessinien 29, 31, 181 – Belgien 69, 92, 278, 289, 450 – Bulgarien 107, 111, 450, 455 – China 22, 29, 34 f., 43, 69, 76, 80 – Dänemark 69, 91, 93, 262, 278, 450 – England 21 ff., 29 ff., 38 ff., 54, 58, 66 ff., 99, 102, 107 ff., 134, 258 ff., 264, 266, 268 f., 278, 287, 303, 449 ff. – Frankreich 19, 22 ff., 31, 33 f., 39 ff., 48 f., 67 ff., 74 f., 81 f., 86, 92 ff., 101, 103, 106, 124 f., 268 f., 277 f., 286 f., 290, 450, 453, 455 – Griechenland 76, 93, 111, 290, 450 f. – Italien 21 f., 24, 29 ff., 35 f., 38, 40, 47, 54, 70, 73, 75 f., 79, 82, 93, 106, 109, 111 f., 260 f., 448 ff. – Japan 22, 29, 31 f., 34 ff., 38, 42 f., 47, 66 ff., 71, 73 ff., 78 ff., 94, 106, 110 f., 258, 266, 268 f., 284, 447, 450 ff. – Jugoslawien 76 f., 93, 451 f. – Lateinamerika 13, 259 – Luxemburg 92, 278, 289 f., 450 – Nahost 32, 77, 261 – Niederlande 69, 92, 278, 286, 289, 450 – Nordafrika 31, 72 f., 76 f., 79 ff., 86, 96, 107, 109, 111, 259, 451, 453 – Norwegen 69, 91, 93, 262, 278, 289, 450 – Österreich 24, 30 f., 35 ff., 447 f. – Polen 18, 23, 40, 46 ff., 64 ff., 73, 90, 93 ff., 97, 102, 105, 107 f., 268, 277 f., 280, 282 f., 285, 289, 312, 446, 449 f. – Rumänien 48, 106, 109, 111, 449, 455 – Schweden 69 – Sowjetunion (UdSSR) 18 ff., 29, 31 ff., 35 f., 41 ff., 46 ff., 64 ff., 90, 93 ff., 103 ff.,

Sachregister

120 f., 129, 131, 259 ff., 268 f., 272, 274 ff., 283, 286, 290, 303, 449 ff. – Spanien 29, 31 ff., 70 f., 75, 264 f., 447, 449 – Südamerika 53 – Südosteuropa 13, 32, 53, 75 ff., 93, 105, 111, 113, 129 – Tschechoslowakei 35 f., 38 ff., 46, 448 f., 453 – Ungarn 40, 106, 111, 455 – Vereinigte Staaten von Amerika (USA) 13, 19 ff., 29, 32, 34 ff., 42, 44, 47, 53 f., 68 f., 71 ff., 98 f., 107 ff., 131, 134, 258 ff., 268 f., 278 f., 283 f., 287, 303, 451 f., 455 Programm“ (Dogma, Weltanschauung) Hitlers 7, 18 ff., 24, 32, 34 f., 41 ff., 49, 63 ff., 69, 71 ff., 79 f., 96 ff., 102 ff., 127, 131 ff., 136, 139, 170, 179, 184, 188 ff., 197 ff., 205, 217, 225, 254 f., 257 ff., 271 ff., 283 f., 288 f., 314 (vgl. Stufenplan“) Propaganda 1, 5, 12, 24, 26 f., 31 f., 39, 44 f., 52 f., 56, 59, 64 f., 84, 87, 105 ff., 113 ff., 128, 243 f., 285 Psychohistorische Interpretationen des Dritten Reiches“ 189 f. Rassenpolitik s. Judenpolitik“/Rassenpo− litik und Züchtungselement nationalso− zialistischer Rassenpolitik Raumfrage (Lebensraum“) 18 ff., 22, 34 f., 41, 56, 59, 63, 66, 71, 79, 82, 95, 102 f., 189, 199, 216, 253, 257 ff., 319 Region XI, 8, 115 f., 148, 228 ff., 233 ff., 238 ff., 270, 282 f., 298, 304 f. Reichsarbeitsdienst“ (RAD) 10 f., 60, 115, 447 Reichserbhofgesetz“ 11, 446 Reichskristallnacht“ 45, 52, 271, 449 Reichskulturkammer 8, 245, 247, 446 Reichsnährstand“ 11 Reichsrat 5 Reichssicherheitshauptamt 83, 97, 230, 272, 449, 452 Reichsstand der Deutschen Indu− strie“ 12 f. Reichstag 2 ff., 45, 85, 223, 446 f., 453 Reichstagsbrand 3, 223, 446 Reichstagswahl vom 5. März 1933 4, 14, 446 Reichswehr 12, 16 ff., 25 (vgl. Wehr− macht)

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Religion(en), politische 4, 15, 53, 133 ff., 142, 158 f., 162 f., 204 f., 244 Revisionismus s. Expansionismus/Revisio− nismus Revisionistische Interpretationen des Dritten Reiches“ s. Strukturell−funk− tionale Interpretationen . . . Revolution s. Tradition/Revolution Röhm−Putsch“ 16, 446 Rohstoffe 13, 48, 53, 55 ff., 66, 68, 77, 87 ff., 199, 211, 455 Rote Kapelle“ 120, 295 f. Rüstung s. Aufrüstung/Rüstungspolitik/ Rüstungsindustrie Schutzstaffel (SS) 3, 6, 16, 24, 38, 44, 55, 61, 67, 83 f., 90, 94 ff., 99 ff., 103, 110, 117, 125, 128, 211 f., 215, 230, 234, 237, 246, 280, 302 Seelöwe“ s. Unternehmen Seelöwe“ Sicherheitsdienst (SD) 52, 67, 83 f., 91, 95, 97, 103, 125, 230, 234, 237, 246, 253, 272, 451 Sicherheitspolizei (Sipo) 83, 90, 95, 97, 230, 234, 237, 272, 451 Sonderweg(sdebatte)“ s. Kontinuitätsproblem Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)/Sozialdemokraten 2, 4 f., 14, 121, 154, 202, 204, 297 f., 301 f., 446 Sozialfaschismustheorie 154 Sozialpolitik 9 f., 52, 58, 89, 189, 216 ff., 241, 280 f. Spanischer Bürgerkrieg 29, 31 ff., 264 f., 447 Stahlpakt“ s. Deutsch−italienischer Stahlpakt“ Stalingrad 81, 87, 106, 109, 116, 127, 453 Stresafront“ s. Konferenz von Stresa Strukturell−funktionale Interpretationen des Dritten Reiches“ 165, 168 ff., 191 f., 206 ff., 222 ff., 231 f., 265 ff., 269, 274 ff., 282, 314 f. Strukturgeschichte 148 f., 153, 166 ff., 220, 239 Stufenplan“ 19 f., 43 f., 70, 74, 258 f., 261 f., 266 (vgl. Programm“ [Dogma, Weltanschauung] Hitlers) Sturmabteilung (SA) 3, 6 f., 9, 15 f., 234

474

Register

Tag von Potsdam“ 5, 446 Terror 2 f., 6, 11, 16 f., 25 ff., 50, 52, 83 ff., 87, 90, 101, 103, 114, 116, 118 f., 128 f., 133 ff., 139, 142, 204, 210, 227 f., 230, 233 ff., 248, 323 f. Totaler Krieg“ 87, 89, 116 f., 216, 454 Totalitarismusbegriff und −theorie XII, 15, 119, 133, 150, 152, 158 ff., 175, 181 f., 191, 197, 205, 222, 226 f., 236, 246, 269, 287, 289 f., 293, 305 f., 308, 321 ff. Tradition/Revolution 5, 14 ff., 25 ff., 44 f., 53, 55, 60, 88, 90 f., 102, 107, 116, 126 f., 129 ff., 135, 138 ff., 158, 163 f., 179 f., 183, 187, 189, 191, 216, 228, 232, 245, 247, 249, 279, 288, 306, 309, 314 ff. Treuhänder der Arbeit“ 9 Unternehmen Barbarossa“ 76 ff., 90, 93 f., 96, 120, 261 ff., 272, 279, 451 Unternehmen Seelöwe“ 73 f., 450 Unternehmen Weserübung“ 69, 262, 450 Unternehmen Zitadelle“ 110, 454 Unternehmer s. Industrie Verbrannte Erde“ (Nero−Befehl“) 117, 456 Versailler Vertrag 18, 22, 27, 29 f., 34, 67, 447 Vierjahresplan“ 33, 40, 53 ff., 63, 68, 87 f., 212, 215, 447 Völkerbund 21, 446 Volksabstimmung an der Saar 23, 447 Volksgemeinschaft“ 10, 13, 51, 86, 115, 128 f., 133 f., 142, 163, 242, 245, 285 f., 306, 317 Volksgerichtshof 85, 447, 453 Volkssturm“ s. Deutscher Volkssturm“

Wannsee−Konferenz 97, 273, 283 f., 452 Wehrmacht (Militär, allgemein) 31, 35 ff., 49 f., 53 f., 57 f., 60 ff., 67 f., 69, 73, 76 f., 80 f., 83 ff., 98 ff., 103, 109 ff., 120 ff., 137, 214, 218 f., 236 f., 251, 254, 256, 280, 285, 289, 292 ff., 447 f., 451 ff. (vgl. Reichs− wehr) Wehrpflicht 11, 21 f., 24, 58, 447 Weimarer Republik und Verfassung 2 ff., 9, 11, 13, 16, 28, 58, 116, 121, 126, 130, 138 ff., 154, 156, 201 f., 205 f., 208, 301, 313, 320 Weiße Rose“ 123, 308 f., 454 Werwolf“ 117, 456 Weserübung“ s. Unternehmen Weser− übung“ Widerstand 5, 8, 14 f., 39, 50 f., 60, 62, 84, 91, 93 f., 99, 102 f., 105, 118 ff., 142, 200, 214, 219, 248 ff., 285, 287, 291 ff., 323, 448, 450, 454 f. Wirtschaft(spolitik)/Wirtschaftliche Ent− wicklung, allgemein 8 ff., 18 ff., 25, 27, 33, 36 f., 42, 48 ff., 62 ff., 70, 83 ff., 93 f., 98, 103, 115 ff., 138, 189, 193 ff., 205 ff., 238, 252, 260, 280 ff., 293, 317, 448, 454 Wissenschaft 6 f., 55, 100, 102, 123, 151, 242 f., 246, 249 ff., 280 ff., 288 f., 297 Wochenendkrise“ 39, 448 Zentrum 4 f., 11, 14, 204, 446 Zitadelle“ s. Unternehmen Zitadelle“ Züchtungselement nationalsozialistischer Rassenpolitik 7, 19, 28, 44, 51, 60, 101, 138 f., 142, 169, 179 f., 184, 238, 279, 288 f., 314, 446 Zwangsarbeit 59, 84, 86, 88, 93, 142, 193 ff., 212, 288 Zweite Front 80 ff., 107, 268

OLDENBOURG GRUNDRISS DER GESCHICHTE Herausgegeben von Lothar Gall, Karl−Joachim Hölkeskamp und Hermann Jakobs Band 1a: Wolfgang Schuller Griechische Geschichte 6., akt. Aufl. 2008. 275 S., 4 Karten ISBN 978−3−486−58715−9 Band 1b: Hans−Joachim Gehrke Geschichte des Hellenismus 4., durchges. Aufl. 2008. 328 S. ISBN 978−3−486−58785−2 Band 2: Jochen Bleicken Geschichte der Römischen Republik 6. Aufl. 2004. 342 S. ISBN 978−3−486−49666−6 Band 3: Werner Dahlheim Geschichte der Römischen Kaiserzeit 3., überarb. und erw. Aufl. 2003. 452 S., 3 Karten ISBN 978−3−486−49673−4 Band 4: Jochen Martin Spätantike und Völkerwanderung 4. Aufl. 2001. 336 S. ISBN 978−3−486−49684−0 Band 5: Reinhard Schneider Das Frankenreich 4., überarb. u. erw. Aufl. 2001. 224 S., 2 Karten ISBN 978−3−486−49694−9 Band 6: Johannes Fried Die Formierung Europas 840–1046 3., überarb. Aufl. 2008. 359 S. ISBN 978−3−486−49703−8 Band 7: Hermann Jakobs Kirchenreform und Hochmittelalter 1046–1215 4. Aufl. 1999. 380 S. ISBN 978−3−486−49714−4 Band 8: Ulf Dirlmeier/Gerhard Fouquet/ Bernd Fuhrmann Europa im Spätmittelalter 1215–1378 2009. 390 S. ISBN 978−3−486−58796−8

Band 9: Erich Meuthen Das 15. Jahrhundert 4. Aufl., überarb. v. Claudia Märtl 2006. 343 S. ISBN 978−3−486−49734−2 Band 10: Heinrich Lutz Reformation und Gegenreformation 5. Aufl., durchges. und erg. v. Alfred Kohler 2002. 288 S. ISBN 978−3−486−49585−0 Band 11: Heinz Duchhardt Barock und Aufklärung 4., überarb. u. erw. Aufl. des Bandes Das Zeitalter des Absolutismus“ 2007. 302 S. ISBN 978−3−486−49744−1 Band 12: Elisabeth Fehrenbach Vom Ancien Rgime zum Wiener Kongreß 5. Aufl. 2008. 323 S., 1 Karte ISBN 978−3−486−58587−2 Band 13: Dieter Langewiesche Europa zwischen Restauration und Revolution 1815–1849 5. Aufl. 2007. 260 S., 3 Karten ISBN 978−3−486−49765−6 Band 14: Lothar Gall Europa auf dem Weg in die Moderne 1850–1890 5. Aufl. 2009. 332 S., 4 Karten ISBN 978−3−486−58718−0 Band 15: Gregor Schöllgen/ Friedrich Kießling Das Zeitalter des Imperialismus 5., überarb. u. erw. Aufl. 2009. 277 S. ISBN 978−3−486−58868−2 Band 16: Eberhard Kolb Die Weimarer Republik 7., durchges. u. erw. Aufl. 2009. 343 S., 1 Karte ISBN 978−3−486−58870−5 Band 17: Klaus Hildebrand Das Dritte Reich 7., durchges. Aufl. 2009. 474 S., 1 Karte ISBN 978−3−486−59200−9

Band 18: Jost Dülffer Europa im Ost−West−Konflikt 1945–1991 2004. 304 S., 2 Karten ISBN 978−3−486−49105−0 Band 19: Rudolf Morsey Die Bundesrepublik Deutschland Entstehung und Entwicklung bis 1969 5., durchges. Aufl. 2007. 343 S. ISBN 978−3−486−58319−9 Band 19a: Andreas Rödder Die Bundesrepublik Deutschland 1969–1990 2003. 330 S., 2 Karten ISBN 978−3−486−56697−0 Band 20: Hermann Weber Die DDR 1945–1990 4., durchges. Aufl. 2006. 355 S. ISBN 978−3−486−57928−4 Band 21: Horst Möller Europa zwischen den Weltkriegen 1998. 278 S. ISBN 978−3−486−52321−8 Band 22: Peter Schreiner Byzanz 3., völlig überarb. Aufl. 2008. 340 S., 2 Karten ISBN 978−3−486−57750−1 Band 23: Hanns J. Prem Geschichte Altamerikas 2., völlig überarb. Aufl. 2008. 386 S., 5 Karten ISBN 978−3−486−53032−2

Band 28: Willi Paul Adams Die USA vor 1900 2. Aufl. 2009. 294 S. ISBN 978−3−486−58940−5 Band 29: Willi Paul Adams Die USA im 20. Jahrhundert 2. Aufl., aktual. u. erg. v. Manfred Berg 2008. 302 S. ISBN 978−3−486−56466−0 Band 30: Klaus Kreiser Der Osmanische Staat 1300–1922 2., aktual. Aufl. 2008. 262 S., 4 Karten ISBN 978−3−486−58588−9 Band 31: Manfred Hildermeier Die Sowjetunion 1917–1991 2. Aufl. 2007. 238 S., 2 Karten ISBN 978−3−486−58327−4 Band 32: Peter Wende Großbritannien 1500–2000 2001. 234 S., 1 Karte ISBN 978−3−486−56180−7 Band 33: Christoph Schmidt Russische Geschichte 1547–1917 2. Aufl. 2009. 261 S., 1 Karte ISBN 978−3−486−58721−0 Band 34: Hermann Kulke Indische Geschichte bis 1750 2005. 275 S., 12 Karten ISBN 978−3−486−55741−1 Band 35: Sabine Dabringhaus Geschichte Chinas 1279–1949 2. Aufl. 2009. 282 S., 1 Karte ISBN 978−3−486−59078−4

Band 24: Tilman Nagel Die islamische Welt bis 1500 1998. 312 S. ISBN 978−3−486−53011−7

Band 36: Gerhard Krebs Das moderne Japan 1868–1952 2009. 250 S. ISBN 978−3−486−55894−4

Band 25: Hans J. Nissen Geschichte Alt−Vorderasiens 1999. 276 S., 4 Karten ISBN 978−3−486−56374−0

Band 37: Manfred Clauss Geschichte des alten Israel 2009. 259 S., 6 Karten ISBN 978−3−486−55927−9

Band 26: Helwig Schmidt−Glintzer Geschichte Chinas bis zur mongolischen Eroberung 250 v. Chr.–1279 n. Chr. 1999. 235 S., 7 Karten ISBN 978−3−486−56402−0

Band 38: Joachim von Puttkamer Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert 2010. Ca. 300 S. ISBN 978−3−486−58169−0

Band 27: Leonhard Harding Geschichte Afrikas im 19. und 20. Jahrhundert 2., durchges. Aufl. 2006. 272 S., 4 Karten ISBN 978−3−486−57746−4