Das babylonische Weltschöpfungsepos Enūma elîš [Enuma elis] 3868350365, 9783868350364

The Babylonian Epic of Creation, Enuma elish, tells the story of primordial divine struggles among the gods and the succ

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Das babylonische Weltschöpfungsepos Enūma elîš [Enuma elis]
 3868350365, 9783868350364

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Das babylonische Weltschöpfungsepos Enüma elis

Herausgegeben von Thomas R. Kämmerer und Kai A. Metzler

Alter Orient und Altes Testament Veröffentlichungen zur Kultur und Geschichte des Alten Orients und des Alten Testaments

Band 375

Herausgeber Manfried Dietrich• Oswald Loretz• Hans Neumann

Lektor

Kai A. Metzler

Beratergremium Rainer Albertz• Joachim Bretschneider Stefan Maul• Udo Rüterswörden• Walther SaUaberger Gebhard Selz • Michael P. Streck• Wolfgang Zwickel

2012 Ugarit-Verlag Münster

Das babylonische Weltschöpfungsepos Enüma elis

Herausgegeben von Thomas R. Kämmerer und Kai A. Metzler

2012 Ugarit-Verlag Münster

Das babylonische Weltschöpfungsepos Enüma elfS. Herausgegeben von Thomas R. Kämmerer und Kai A. Metzler Alter Orient und Altes Testament, Band

375

© 201 2 Ugarit-Verlag, Münster www.ugarit-verlag.de Alle Rechte vorbehalten All rights preserved. No part of this publication may be reproduced, stored

in a retrieval system, or transmitted, in any form or by any means,

electronic, mechanical, photo-copying, recording, or otherwise, without the prior perrnission of the publisher. Herstellung: Hubert & Co, Göttingen Printed in Germany ISBN

978-3-86835-036-4

Printed on acid-free paper

Diese Edition hätte nicht zustande kommen können, hätten wir nicht Hilfe und Unterstüt­ zung von Menschen und Institutionen erhalten. Manfried Dietrich hat nach Photographien die Keilschriftkopien des Tafelteils gezeichnet. Die vorliegende Edition böte ohne sie nicht diesen Ertrag. Ihm gilt unser besonderer Dank, vor allem auch fiir seine stete Bereitschaft zum hilfreichen Gespräch. Die großzügige Publikationspolitik der Trustees des British Museum (London) ermöglichte uns, bislang noch nicht edierte Texte zu untersuchen und hier zu publizieren. Die Publikation eines weiteren Texts gestattete uns das Vorderasiatische Museum (Berlin); fiir die Vermittlung sei besonders Joachim Marzahn gedankt.

Der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts danken wir, Photographien von Texten der Uruk-Sammlung publizieren zu dürfen. Karl Hecker hat uns nicht nur Einsicht gewährt in sein unvollendetes Manuskript einer Edi­ tion des Epos, sondern auch eine Kopie unbekannter Hand aus seinem Besitz zur Publika­ tion überlassen, wofür wir ihm zu Dank verpflichtet sind. Hans Neumann sprechen wir fiir die Möglichkeit, diese Edition in der Bibliothek des Alt­ orientalischen Instituts in Münster erarbeiten zu können, unseren Dank aus. Florentina Geiler danken wir, daß sie uns Photographien von Texten des British Museum angefertigt und uns gestattet hat, diese hier zu publizieren. Christopher Walker war uns hilfreich bei Überlegungen zu möglichen Tafel-Joins. Der Ugarit-Verlag finanzierte großzügigerweise eine Reise zum British Museum. Den Herausgebern der Serie Alter Orient und Altes Testament danken wir fiir die Aufnah­ me des Bandes in dieselbe. Der Estnische Wissenschaftsfonds half uns, über das Stipendium ETF7712 Fördergelder bekommen zu haben. Horst Metzler danken wir fiir den unermüdlichen Kampf gegen die Heerschar der Fehler­ teufel. Thomas Balke und Susanne Paulus unterstützten uns mit Gesprächen und Anregungen.

1

Am Anfang.

. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 1 .. . . . .. .. . . . . I 1.1 "Das babylonische Weltschöpfungsepos Enüma elf§" 1.2 Übersicht über die Handlung des Epos .................................................................... 7 1.3 Hintergrund und Entstehung des Epos ................................................................... 13 1.3.1 Motivgeschichtlicher Hintergrund .............................................................. 13 1.3.2 Entstehung des Epos ................................................................................... 16 1.4 Überlieferung und Versionen ................................................................................. 23 1.4.1 Babylonische Standardversion .................................................................... 24 1.4.1.1 Texte der babylonischen Standardversion in neu-/spätbabylonischer Schrift ................................................. 25 1.4.1.2 Texte der babylonischen Standardversion in neuassyrischer Schrift .............................................................. 25 1.4.2 Assyrische Modifikationen der babylonischen Standardversion ................. 26 1.4.2.1 Assur-Version ............................................................................... 26 1.4.2.2 Enüma elf§ in den Texten des sogenannten Mardukordals 33 1.5 Rezeption und Nachleben in der Antike ................................................................ 36 1.5.1 Durch Kolophone charakterisierte Texte .................................................... 36 1.5.2 Schultexte .................................................................................................... 37 1.5.3 Kommentare ................................................................................................ 37 1.5.4 Lexikalische Listen ..................................................................................... 40 1.5.5 Anspielungen auf Enüma eliS in Königsinschriften .................................... 40 1.5.6 Rezitation im Akitu-Fest ............................................................................. 42 1.5.7 Altorientalische Bilder ................................................................................ 45 1.6 Editionen des Epos................................................................................................. 49 1.7 Poetik, Verse, Verseinheiten, poetische Struktur und Parallelismus membrorum 55 1.8 Tafeln und Tontafeln, Texte und Textvertreter, Partitur und Komposittext... ........ 72 1.9 Hinweise zur Umschrift und zur Übersetzung ....................................................... 76 1.9.1 Edition (Kapitel 3) ...................................................................................... 76 1.9.2 Übersetzung (Kapitel 4) ................................................................; ............. 78 .. ..... ... .. ....

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Texte 81 Tafel I . . . . 81 Tafel II . 88 Tafel III 91 Tafel IV . . 93 Tafel V ........................................................................................................................... 96 Tafel VI .......................................................................................................................... 99 Tafel VII . . . . I 02 ...................................................................................... . . . . ....................................

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3

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Edition . . . . . 109 Tafel I........................................................................................................................... 109 Tafel II . . . .. . . .. . . . . . .. . . ... .. .. . . . 152 Tafel III . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . .. . 180 Tafel IV . . . .. . .. .. .. . .... .. . . . . . . .. . . .. . . . .. . . 200 Tafel V . .. .. .. .. .. ... .. .. . . .. . . . . .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . 228 Tafel VI .... .... ... . .. . . . . . .. . .. . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . .. . . .. . 247 ........... .............................. . . . . . . . . . . ....................... ............... ..................... .. . . . .

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Tafel VII 4

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Übersetzung

Tafel I Tafel II . Tafel III Tafel IV Tafel V Tafel VI Tafel VII .

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Appendix: Texte der Assur-Version 5

Verzeichnisse

5.1 5.2 5.3 5.4

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281 315 315 322 327 332 337 342 348 355

361 Verzeichnis der Museums- und Ausgrabungsnummern der Texte ...................... 361 Verzeichnis der Publikationsorte der Texte . 365 Konkordanz der Textsiglen verschiedener Editionen 371 Inventar der Figuren und Orte 379 5.4.1 Figuren 379 5.4.2 Orte und andere Teile des Kosmos 390 . . 396 5.4.3 Verschiedenes Literaturverzeichnis . . 398 5.5.1 Abkürzungen . 398 5.5.2 Literatur 401 Abbildungsverzeichnis . . . 416 ..............................................................................................................

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5.5

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5.6

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Zeichnungen und Photographien

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Tafeln

1 AmAnfang 1.1

"Das babylonische Weltschöpfungsepos Enüma elis"

"Weltschöpfungsepos"- so schlicht die Feststellung klingt, daß sich dieser Begriff aus den beiden Teilen "Weltschöpfung" und "Epos" zusammensetzt, so geeignet ist sie, mit ihr eine Einleitung zu einer Edition dieses Werkes beginnen zu lassen, denn diese beiden Wörter charakterisieren sehr präzise das hier edierte Werk. Das im jungbabylonischen A.kkadisch verfaßte Epos um die Schöpfung der Welt wurde im Alten Orient nach den ersten beiden Wörtern des ersten Verses benannt: enüma elis "als oben" 1. Es erzählt von der Schöpfung der Welt, einschließlich der Errichtung und Konsoli­ dierung der Herrschaft des Gottes Marduk als König der Götter. Welt ist hierbei als Kosmos im Sinne von "Weltsystem"/"Weltall" zu verstehen- vor dem Hintergrund der grundlegenden Bedeutung des Wortes Kosmos als "Ordnung"2. Die Schöpfung wird als ein komplexes Geschehen erzählt, das sich wesentlich zusammensetzt aus den beiden Kom­ ponenten Entstehung und Herstellung des Kosmos (im Sinne von " Welt") und Organisation von Kosmos (im Sinne von " Ordnung''). Oder anders gewendet: Das Thema des Epos sind die Errichtung und die Einrichtung des Kosmos. Am Anfang stehen zwei Gewässer, Apsü und Tiamtu 3, "Grundwasser" und "Ozean", die religionshistorisch als "ur-" bzw. "unanfangliche" Materie zu verstehen sind. Zugleich bilden sie in der Erzählung ein Paar, das vor allen und vor allem anderen da ist und als erste Generation von Göttern die nachfolgenden Generationen entstehen läßt4• Der Gott der

2 3

4

So heißt es z.B. in der Beschreibung des Rituals zum Akitu-Fest des Gottes Marduk in der Stadt Babyion im ersten Monat des Jahres, im Nissan, der Oberpriester "erhöbe" (i. e. "rezitiere") den Text Enii.ma elis von Anfang bis Ende für Marduk (der im konkreten Text als bel "Herr/HERR" bezeichnet wird); W. Farber, TUAT 2, S. 217; s.u. 1.5.6. Auch in dem als Marduk-Ordal bezeichneten Textkomplex, welcher von einem Prozeß des Gottes Assur gegen Marduk erzählt, wird auf das Weltschöpfungsepos mit der Bezeichnung emima elis Bezug genommen; A. Living­ stone, SAA 3, Nr. 34 (Assur-Version),Z. 34. 54, Nr. 35 (Niniveh-Version),Z. [II]. [28].44; s.u. 1.4.2.2. M. Gatzemeier, Kosmos, I. Antike, HWPh 4, Sp. 1167-1173. Der Name der Göttin wird sonst zumeist Tiämat bzw. Tiamat gelesen.Zur Form Tiamtu siehe 5.4.1 s. v. Mittels der häufigsten Schreibung ti-amtu(GEME) wird Tiamtu durch die Schreibung pseudoetymologisch als amtu(GEME) "Magd, Sklavin" verunglimpft. Im Prinzip sind Apsü und Tiamtu zwar Götter, doch ist zu berücksichtigen, daß sie in den Texten des Epos nur selten mit dem Gottesdeterminativ explizit als solche ausgewiesen sind; Tiamtu z.B. Ee I 32 (Text I C), 108 (Text I BB). Sie sind im Rahmen der Handlung anthropomorphe Figuren, doch zugleich auch Materie(n), eben Wasser; das Nichtverwenden des Gottesdeterminativs unter­ scheidet sie von den anderen Figuren, die eindeutiger als Götter ausgewiesen sind und bei denen etwaige kosmologische Aspekte (z. B. bei Ansar und Kisar) innerhalb des Epos weniger zum Tragen kommen. In diesem Zusammenbang ist auch zu berücksichtigen, daß die Namen Apsü und Tiamtu im Epos fast stets mit Kasusendungen geschrieben werden. Es handelt sich nicht um Eigennamen im Status absolutus in Abgrenzung zu Substantiven im Status rectus wie etwa im Falle von Samas als Name des Sonnengottes zu samsu "Sonne" als Substantiv. -Zu Apsü und Ti­ amtu als Urrnaterie (,;primordial elements") siehe W. Horowitz, ORA 5, S. 31. 33-38. Seines Er­ achtens ist in Enüma elis neben dem Wasser auch der Wind als Urrnaterie konzipiert; dieser

2

Kapitell

fünften Generation, Ea, gestaltet aus der Leiche von Apsü den gleichnamigen "unterirdi­ schen" Ozean. Der Gott der sechsten Generation, Marduk, gestaltet aus der Leiche von Ti­ amtu den Himmel und die Erde und aus der Leiche des neuen Gefährten Tiamtus, des Got­ tes Kingu, den ersten Menschen und damit dann auch die Menschen. Die Weltschöpfung findet ih:i-en Abschluß mit der Konsolidierung der Herrschaft Marduks, die im Sinne von Kosmos als "Welt(all)" und "Ordnung" Teil der Weltschöpfung ist. Unser Beharren auf den Wörtern "Epos" einerseits und "Welt" und "Schöpfung" vor dem Hintergrund des Wortes "Kosmos" andererseits resultiert daraus, daß in der Altorienta­ listik wohl keine andere Bezeichnung für eines der großen, umfangreichen und in zahlrei­ chen einzelnen Texten bezeugten Werke so umstritten ist wie "We!tschöpfungsepos" für

Enuma e/fs. Sowohl die Charakterisierung als Epos als auch die Charakterisierung des in­ haltlichen Schwergewichts als Weltschöpfung sind nicht Konsens. "Epos" versus "Mythos" Das literarische Werk1 Enuma elfs ist in formaler Hinsicht ein Epos und in inhaltlicher Hin­ sicht ein Mythos. Der Begriff Epos bezeichnet ein mehr oder weniger langes aus Versen zu­ sammengesetztes Werk erzählenden, narrativen Charakters.2 Der Begriff Mythos bezeichnet eine besondere Form des narrativen Textes, der, zumal als ätiologischer, dazu dient, die Welt zu erklären und für den Erzählenden bzw. Verfassenden und seine Hörer- und Leser­ schaft signifikanten Charakter hat.3 Insofern das Werk Enuma e/fs ein vergleichsweise lan­ ger aus Versen zusammengesetzter Text ist, der von sogenannten uranfänglichen Götter­ kämpfen und der daraus resultierenden oder anschließenden Schöpfung bzw. Gestaltung des Kosmos erzählt, handelt es sich sowohl um ein Epos als auch um einen Mythos.

Ansatz ist problematisch, da der Wind in Gestalt der vier Winde, die Anu Marduk schenkt und der sieben Winde, die Marduk sich selbst schafft

(IV 45-48),

(I I 05),

relativ spät im Epos auftaucht.

Wind ist in Enüma elfSein Element unter vielen, bedeutend weniger ursprünglich als das Wasser.

In der Schilderung

der Entstehung der Göttergenerationen sind drei an sich verschiedene oder

zumindest unterscheidbare Schöpfungsmodalitäten miteinander verknüpft worden. 1.) Schöp­ fung durch geschlechtliche Fortpflanzung: Tiarntu wird als "Gebärende von allen" (mu'al/idat gimrz-sun, Ee I 4) geschildert, Apsü als "Säer von ihnen" (zäru-sun, Ee I 3; bzw., da zeru neben "Saat/ Same" auch "Sperma" bezeichnet: "Samenspender, ,Erzeuger"' (im altorientalischen Weltbild)). 2.) Wasser als uranfängliche Materie: Wenn es im anschließenden Vers

I5

heißt,

Apsü und Tiarntu "mischen ihre Wasser zusammen", so handelt es sich bei diesen Wassem nicht ausschließlich um die zur Zeugung zu vermischenden Körperflüssigkeiten, sondern vor dem Hin­ tergrund, daß diese beiden Wesen arn Anfang stehen und Apsü auch explizit als "der Erste"

tu, Ee I 3,

(res­

"der vom Anfang", cf. Gen. 1,1) ausgewiesen ist, um die Wasser, die die beiden selbst

sind. 3.) Schöpfung als pflanzenhaftes, autogenetisches Entfalten/Hervorbrechen, Emersio (cf.

J. van

Dijk, Acür(SODNS) 28 (196411965) 23, und Handbuch der Religionsgeschichte 1,

S. 457-458; G. Pettinato, Menschenbild, S. 29-46; M. Dietrich, FS Koch, S. 70-71, MARG 20 (2010) 39, u. ö.): Von den nachfolgenden Generationen wird gesagt, sie seien "hervorgebracht", wobei impliziert ist, daß sie "(pflanzenhaft aus der Erde) sichtbar hervortreten". Zur Literarizität mesopotarnischer literarischer Texte K.A. Metzler, Tempora, S. 6-11, mit weite­ rer Literatur. 2 3

Zur akkadischen Epik nach wie vor grundlegend K. Hecker, Epik, v. a. S. 1-24. Zum hier zugrundegelegten Verständnis von siehe K.A. Metzler, Tempora, S. 304-309.

Mythos, das wesentlich auf dem M. Eliades aufbaut,

Am Anfang

3

In die Erzählung von Götterkampf und Kosmosgestaltung eingebaut ist eine lange Pas­ sage, die in sich nicht narrativen, sondern hymnischen Charakters ist. Von VI 1 0 1 bis VII 142 preisen die Götter Marduk, indem sie seine Namen nennen und erklären. Aller­ dings sind diese hymnischen Preisungen als Reden von innerhalb der Erzählung handeln­ den Figuren gestaltet und gelegentlich durch kurze Einschübe des Erzählers unterbrochen, so daß sich letztlich auch diese auf den ersten Blick hymnische Passage als konstitutiver Teil des grundlegend narrativen Epos erweist. Neben der hier verwendeten Differenzierung zwischen "Mythos" und "Epos" als Be­ zeichnungen für den Inhalt ("Mythos") gegenüber der Form ("Epos") werden die beiden Begriffe zumindest in der deutschsprachigen Altorientalistik auch verwendet, um in rein in­ haltlicher Betrachtung zwischen Geschichten um Götter ("Mythos") und Menschen ("Epos") zu unterscheiden1. Vermutlich hierdurch bedingt wird der eigentlich naheliegende und bereits 1 896 von Fr. Delitzsch im Buchtitel Das babylonische Weltschöpfungsepos ver­ wendete Begriff Epos vermieden oder umgangen. So spricht zum Beispiel A. Ungnad von "Weltschöpfungsgedicht"\ E. Ebeling und L. Matous von "Weltschöpfungslied'.:J, C. Be­ zold und H. Winckler von "Schöpfungslegende"4, B. Pongratz-Leisten und M. Dietrich von "Lehrgedicht"5, St. Maul von "Lied"6, W. G. Lambert (in der Übersetzung von K. Hecker) von "Poem"7 bzw. R. Labat von "poeme"8• Im englischsprachigen Raum wird der Begriff "Epic of Creation" umstandsloser verwendet - hierbei sind neben W. G. Lamberf u. a. St. Langdon, St. Dalley, B. R. Foster und E. Frahm zu nennen10 -, sofern das Werk nicht wie bei L. W. King ("Legends"t und A. Heide! ("Story of Creation")12 im Lichte bibli­ scher Schöpfung betrachtet wird. Statt "epic" wird eher der Begriff "myth" von W. G. Lambert verwendet, wenn die inhaltliche Betrachtung stärker in den Fokus genommen wird13• Der Untertitel Standard Babylonian Creation Myth der vor einigen Jahren von Ph.

2 3 4 5

6 7

8 9 10 11 12 13

So spricht z. B. W. von Soden, Einfiihrung, S. 201, vom "Atrarnchasis-Mythos" und vom "Gilga­ meschepos". A. Ungnad, ATBAT l , S. l . E.Ebeling, ATAT2, S . 108, ebd. auch "Gedicht[]" ; ders., AOTU 2/4, Titel; L. Matou�. ArOr 29 (1961) 30, ebd. allerdings auch "Weltschöpfungsepos". C. Bezold, Die Schöpfungslegende ; H. Winclder, Keilinschriftliches Textbuch, S. 94. B. Pongratz-Leisten, ina sulmi lntb, S. 16 und öfters ebd.; M. Dietrich, FARG 40, S. 136 und öfters ebd.; ebd. wird das Werk auch als "mythologische Dichtung" bezeichnet und distanzierend auf "die häufige Bezeichnung , Babylonisches Weltschöpfungsepos' " hingewiesen. St. Maul, Enüma e!Is, DNP 3, Sp. 1052-1053. W. G. Lambert, TUAT 3, S. 565. R. Labat, Le poeme babylonien de Ia cn\ation. Zum Beispiel L. Matous, AnOr 29 (1961) 33 (Brief von W. G. Lambert an L. Matous); W. G. Lambert, unter anderem JSS 13 (1968) 106. St. Langdon, Babylonian Epic of Creation; St. Dalley, Myths from Mesopotarnia, S. 228; B.R. Foster, Before the Muses, S. 350; E. Frahm, Orient 45 (2010) 3. L. W. King, Seven Tablets of Creation, Untertitel : "or the Babylonian and Assyrian Legends Con­ ceming the Creation ofthe World and ofMankind". A. Heide!, Babylonian Genesis, Untertitel: "The Story of Creation". Eine ursprünglich wohl nur als Edition von Enuma e/is konzipierte Studie ist über viele Jahre hinweg als "new critical edition" des "Epic of Creation" angekündigt worden (z. B. W. G. Lam­ bert, JSS 13 (1 968) 106), später dann z.B. als "full critical edition of Sumerian and Babylonian

4

Kapitell

Talon vorgelegten Edition kombiniert die eher philologisch-editorische Perspektive ("Stan­ dard Babylonian") mit der eher inhaltlichen Perspektive (,,Myth")1• "Weltschöpfung" versus "Aufstieg Marduks" Uneinigkeit herrscht in der Forschung auch bei der Antwort auf die Frage nach dem inhalt­ lichen Schwerpunkt des Werkes. Da man das Neue, noch Unbekannte stets nur vor dem Hintergrund des Alten, schon Bekannten verstehen kann bzw. das Neue stets zunächst in­ nerhalb der älteren Kategorien zu verstehen versucht, las man die allmählich zahlreicher werdenden Keilschrifttafeln von Enuma elfS

am

Anfang der Editionsgeschichte vor dem

Hintergrund der jüngeren, westlicheren, bekannteren und verständlicheren biblischen Schöpfungsgeschichte der hebräischen Bibel. Dies führte dazu, daß in Titeln von Studien und Editionen und in Bezeichnungen für das Werk zunächst "Schöpfung" und "creation" vorherrschend waren. Doch bereits recht früh setzte sich die Erkenntnis durch, daß das Stichwort "Schöpfung" der Komplexität des Werkes nicht gerecht wird. Nach

L. W.

King

"[t]he poem ernborlies the beliefs of the Babylonians and Assyrians conceming the origin of the universe; it describes the coming forth of the gods from chaos, and teils the story of how the forces of disorder, represented by the primeval water-gods Apsü and Tiamat, were overthrown by Ea and Marduk respectively, and howMarduk, af­ ter completing the triumph of the gods over chaos, proceeded to create the world and man."2 Nur wenig später verschiebt A. Ungnad den Akzent von der Schöpfung zur HerrschaftMar­ duks noch stärker:

"In der uns vorliegenden Gestalt beabsichtigt das Gedicht zu zeigen, wie Marduk, der Gott von Babylon, zum Herrn (bab. bei) der Götter ersehen wurde. Hiermit soll dann auch die Berechtigung des Anspruchs Babylons, als Hauptstadt der Welt zu gelten, begründet werden. Das Gedicht erweist sich aber als eine Überarbeitung älte­ rer Mythen. Die Grundlage dürfte eine Schöpfungslegende gebildet haben, deren Held der Gott Ellil (früher Bel gelesen) von Nippurin Zentralbabylonien war. Seine 3 Taten wurden einfach aufMarduk übertragen." Die Schöpfungsthematik ist in dieser Darlegung degradiert zum überlagerten Hintergrund. Doch noch wird nicht explizit gesagt, daß der Aufstieg Marduks das zentrale Thema sei. Das Werk habe lediglich das Ziel, den Aufstieg zu zeigen. Über die Vermittlung dieses Zwischenschritts gelangt man dann zu der Darstellung, daß der Aufstieg Marduks das eigentliche Hauptthema des Werkes sei. Diese Ansicht wird nicht unbedingt in jedem Falle explizit ausgesprochen, weil die Forschungstradition, Enuma elfs mit dem Stichwort "Schöpfung" zu verknüpfen, sehr mächtig ist; man spürt sie aber deutlich in jedem "soge­ nannt" oder "so-called", mit dem das Stichwort "Weltschöpfung" in diesem Zusammen-

2 3

creation myths" (y.l.G. Lambert, HSA06, S. 78). Ph. Talon, Eniima Elis. L. W. King, STC I, S. XXV. A. Ungnad, ATBAT I, S. 2.

Am Anfang bang verwoben wird. So legt

zum

5

Beispiel W. G. Larnbert dar:

Das Werk "wurde aber in der modernen [Welt] oft als »Das (babylonische) Welt­ schöpfungsepos« bezeichnet. Dieser moderne Titel ist aber nicht ganz gerechtfertigt, da die Schöpfung nur einen kleinen Teil der Gesamtkornposition ausmacht und zu­ dem einem bestimmten Hauptthema untergeordnet ist, nämlich dem, den Aufstieg Marduks, des Stadtgottes von Babylon, von einem ursprünglich niederen Gott des babylonischen Pantheons

zu

dessen Anfiihrer zu erklären und zu rechtfertigen."1

Mit ähnlichen Worten gewichtet er die Thematik auch jüngst: "The so-called Babylonian Epic of Creation is a narrative myth composed to assert and justify the status of Marduk as head of the pantheon, when previously even his limited prornotion under Harnmurabi had not in any way underrnined the status as head ofthe pantheon ofsuch Surnerian gods as Enlil and An."2 Ähnlich gewichtet auch M. Dietrich, wenn er drei Gründe fiir die breite Akzeptanz des Epos auflistet: "I. Das Verständnis des Enuma elis als Suprematie-Hymnus auf Marduk von Baby­ Ion anläßlich seiner Erhebung zum Herrn über das traditionelle sumero-babyloni­ sche Pantheon;

2.

das Verständnis des Enuma elis als Lehrgedicht für die Entfaltung der Macht

Marduks über ganz Babylonien als ,Reichsgott' und die hier beheimatete Kultur und

3. das Verständnis des Enuma eliS und seiner Kosmogonie als Lehrgedicht zur Er­ klärung der Gegebenheiten auf Erden- daher rührt die häufige Bezeichnung ,Baby­ Ionisches Weltschöpfungsepos'. "3 In diese Tradition stellt sich auch A. Seri: "The creation story was thus the rneans to convey, proclairn, and justify the en­ thronement of Marduk as Babylon's main deity. The glorification of Marduk is so forceful that the poet has him take over Enlil's roJe as head of the pantheon. This was achieved progressively throughout the text, first by suggesting Marduk's righteous genealogy, then by presenting hirn as the hero who defeated Tiämat and fashioned the universe, and finally by granting Marduk fifty narnes. "4 Einen eigentümlichen Weg schlägt hierbei

J.

Bottero ein, wenn er in einer Sammlung von

Übersetzungen altorientalischer Werke Enuma elfs unter der Rubrik "La glorification de Marduk" als "L'Epoee de Ia Creation" vorstellt und so die beiden Themen formal auf unter­ schiedliche Überschriftsebenen verteilt, wenngleich in der Rubrik kein anderer Text vor­ gestellt wird5.

2

3 4 5

W.G. Lambert, TUAT 3, S. 565. W. G. Lambert, S tJ 5, S. 17. Allerdings wird in derselben Studie in einem Appendix eine Überset­ zung des Werkes eben unter dem Titel "The Babylonian Epic of Creation" geboten- ohne "so­ called" (S. 37). M. Dietrich, FARG 40, S. 1 36. A. Seri, JANES 126 (2006) 507. J. Bottero in J. Bottero I S.N. Kramer, Lorsque les dieux, S. 602.

Kapitel l

6

Die Liste der Charakterisierungen von der Art "traditionell Schöpfung, aber eigentlich Aufstieg Marduks" ließe sich fortsetzen. Sie sind unseres Erachtens jedoch problematisch, denn sie legen den Akzent allzu stark auf nur ein Thema und treiben einen Keil zwischen die beiden Komponenten Kosmoserrichtung und Kosmoseinrichtung auf Kosten der Schöp­ fung. Im Rahmen der monarchisch konzipierten Welt des Alten Orients muß ein Gott an der Spitze des Kosmos stehen (bzw. auf dem Thron sitzen). Und fiir das Epos ist es Mar­ duk, weil nur er Tiarntu bezwingen, nach den Vorarbeiten seiner Väter den Kosmos fertig­ stellen und seinen Vätern und den übrigen Göttern Sicherheit bieten kann. Seine Herr­ schaft ist Garant fiir die Bewahrung der Schöpfung. Im Rahmen der Konzeption des Epos vor dem Hintergrund des altorientalischen Weltbilds ist die Herrschaft Marduks über den Kosmos nicht ein zweites Thema neben oder gar vorrangig gegenüber der Schöpfung, son­ dern vielmehr- um im Wortfeld zu bleiben- krönender Abschluß der Schöpfung. In die­ 1 sem Sinne ist Enüma e/is das "Babylonian Epic of Creation" - ohne einschränkende Zu­ sätze. Exkurs: Reminiszenzen einer Mythologie aufeinanderfolgender und aufeinander aufbauender Weltperioden Allerdings ist ein einschränkender Zusatz zu machen im Hinblick auf die Frage, was das fiir

eine Welt beziehungsweise welche Welt es ist, die Marduk schafft, wenn gesagt wird, Mar­ duk schaffe die Welt.

In der indischen Mythologie des Vedisrnus/Hinduisrnus- mithin östlich des Vorderen Orients - ist der Mythos aufeinanderfolgender jeweils durch Zerstörung beendeter und durch anschließende Neuschöpfungen erneut geschaffener Welten überliefert, wobei die Dauer der einzelnen Weltperioden bzw. Welten fortlaufend abnimmt. Im Westen des Vor­ deren Orients ist dieser Mythos unter anderem prägnant im Rahmen der griechischen My­ thologie in Resiods Werke und Tage überliefert als Mythos von fünf Menschheitsepochen: aufeinander folgen eine goldene, silberne, erzene/bronzene, heroische und eiserne Mensch­ 3 heit. Dieser Mythos aufeinanderfolgender und kontinuierlich in zeitlicher und/oder quali­ tativer Hinsicht abnehmender Zeit- oder Menschheitsalter findet sich im Vorderen Orient unter anderem in der Konzeption der sumerischen Königsliste als Folge zeitlich kürzer wer­ dender Dynastien: Die Regierungsperioden schrumpfen von den Tausenden von Jahren der Könige der Zeit vor der Flut auf normalsterbliche Maße zusammen, je näher die Dynastien der Gegenwart des Textes kommen. Diese Bezüge zwischen diesen drei Kulturen hatjüngst M.-A. Ata" erneut in den Blick genommen und die Diskussion erweitert durch den Verweis auf J. van Dijks Konzeption der schaffenden und ordnenden Tätigkeit Ninurtas im An­ schluß an eine vernichtende Flut im Epos Lugal ud me-lam-bi nir-gal als "seconde crea­ 4 tion" zeitlich nach der "prerniere creation", die im Epos Enüma elf§ geschildert wird . Be­ trachtet man beide Epen zusammen, läßt sich die im Kampf zwischen Ninurta und "sei-

2 3

4

W. G. Lambert, SO 5, S. 37. Zum Beispiel V. Moeller, WM I I 5, S. 1 99f., s. v. Weltperioden. Hesiod, Werke und Tage, 106-200. M . L. West, East Face of Helicon, S. 312-319; ebd. auch zu Bezügen zum Vorderen Orient. - Zum Schöpfungsmythos der europäischen Vorzeit siehe M. Jan­ da, Musik nach dem Chaos. J. van Dijk, LUGAL, S. 8-19; M.-A. At�. Mythology ofKingship, S. 152-158, 1 84-189.

Am Anfang

7

nem" Monster Asakku untergegangene "Welt" als die zuvor von Marduk aus "seinem" Monster Tiarntu geschaffene "Welt" verstehen. Nimmt man nun jedoch vor dem Hintergrund dieses damit dann auch altorientalischen Weltaltermythos das Epos Enuma elis selbst in den Blick, so läßt sich das im Epos ge­ schilderte Geschehen als Folge von drei Weltaltem bzw. Welten verstehen, zwischen denen jeweils Kämpfe stattfinden, in denen es cum grano salis um alles oder nichts geht. Im ersten dieser drei Weltalter herrschen Apsfi und Tiamtu. Es geht im Kampf zwischen Apsii und Ea unter. Im zweiten konkurrieren die großen Götter, die zuvor in der ersten Welt entstanden sind, mit Tiamtu und ihrer Entourage. Diese Welt geht im Kampf zwischen Tiamtu und Marduk unter. Im dritten Weltalter herrscht Marduk. Von diesem dritten Welt­ alter aus rückwärts betrachtet erweisen sich die beiden ersten eigentümlich ortlos: Erst im zweiten schafft Ea aus Apsfi den Apsii und dann Marduk im dritten aus Tiamtu Himmel und Erde, so daß sich der bekannte dreiteilige Kosmos aus den drei Schichten Apsii, Erde und Himmel ergibt. - Die Frage, wo das erste Weltalter angesiedelt ist und wo das zweite, wenn Himmel und Erde erst im dritten geschaffen werden, stellt sich dem Epos nicht. Im Rahmen der so verstandenen Konzeption des Epos schafft Marduk gerade nicht die Welt schlechthin und zur Gänze, sondern lediglich Himmel und Erde als zusätzliche Schichten über dem Apsii und - auch wenn dies so innerhalb des Epos nicht explizit gesagt wird - inmitten der Wasser1• Und er ist auch nicht der einzige Schöpfergott. Vor ihm waren schon zunächst Apsii und Tiamtu und dann Ea weltarchitektonisch tätig. Aus kurzsichtiger menschlicher Perspektive mag sein Werk, die Schöpfung von Himmel und Erde, größer als das Werk vorangehender Schöpfungsakte erscheinen, und das Epos mag dies auch so prei­ sen, aber was wäre er ohne die Weisheit des Apsfi, thematisiert in den Plänen, die er seit seiner Geburt in der "Cella der Zeichnungen" (Ee I 79) um sich gehabt hat? 1.2

Übersicht über die Handlung des Epos

Das Epos erzählt die Geschichte der Welt von ihrem Anfang über den Kampf Eas mit Apsfi und die anschließende Umgestaltung des besiegten Apsfi zum Herrschaftsbereich Eas und den Kampf Marduks mit Tiamtu und die anschließende Umgestaltung der besiegten Tiamtu zu Himmel und Erdscheibe, die Schöpfung des Menschen und den Bau Babyions und der damit einhergehenden und aus diesen Taten resultierenden Ermächtigung Marduks zum Herrscher über die Welt. Der Erzähler schildert im sogenannten "Noch-nicht-Stil" den Anfang des Universums, eine Welt, in der nur die beiden Götter/Gewässer/Urmaterien Apsii und Tiamtu existieren. Diese sind sowohl als anthropomorphe Gottheiten konzipiert als auch als das, was ihre Na­ men besagen: verschiedene Wassermassen, nämlich der Apsfi, jene Wassermasse, die sich später unterhalb der erst noch zu schaffenden Erdscheibe befindet, und das liamtu I tlimtu " Meer". Durch Vermischung ihrer bzw. dieser Wassermassen werden sukzessive weitere

Ein logischer Sprung in der Weltschüssel zeigt sich darin, daß Tiamtu, die als " Meer, Ozean" ja eigentlich die Erdscheibe mit den Weltrandbergen und dem zentralen Weltberg in der Mitte freilich eben Welt!Erd'Omphalos-SchüsseVSchale - umgibt, zugleich das Ausgangsmaterial für die Erdscheibe und den Himmel bildet. -

8

Kapitel l

Götter geschaffen1: die Götterpaare Lagmu/La!Jämu und Ansar/Kisar, dann Anu und Ea, der zunächst noch Nudirnmud genannt wird. (I 1-20) Durch den Lärm der jüngeren Götter gestört und dann von seinem Diener Mummu auf­ gestachelt entschließt sich Apsii gegen den Willen Tiamtus, die jüngeren Götter wieder zu vernichten. Die jüngeren Götter hören jedoch davon; es gelingt Ea, Apsu und Mummu durch einschläfernde Beschwörungen zu besiegen . (I 2 1 -70) Ea gestaltet (die Wassermasse) Apsii als seinen Herrschaftsbereich, in der er mit seiner Gemahlin Damkina Marduk zeugt. (I 7 1 - 1 06) Dessen Treiben stört Tiamtu, die aufgestachelt von einer leider nicht näher spezifizier­ ten Gruppe von ihr ergebenen Göttern sich zum Kampf gegen die jungen Götter La!Jmu/ LalJämu bis hin zu Ea und Marduk rüstet. Sie schafft elf Ungeheuer und unterstellt sie ih­ rem neuen Gefabrten Kingu, dem sie auch die Tafel der Schicksale überantwortet. (I 107 II 3) Als die Götter um Ea von dem Plan erfahren, schickt Ansar nacheinander Ea und Anu gegen Tiamtu aus, die jedoch beide verängstigt umkehren. Schließlich überredet Ea Mar­ duk, der sich jedoch nur zum Kampf bereit erklärt, wenn man ihm dafür die Herrschaft über das Universum überträgt. Die Götter berufen eine Versammlung ein und beschließen, auf Marduks Forderung einzugehen. (II 4 - IV 34) Mit zahlreichen Waffen ausgestattet zieht Marduk gegen Tiamtu zu Felde und besiegt sie und ihre Anhänger. (IV 35- 134) Aus ihrem Leichnam gestaltet er den Himmel und die Erdscheibe. (IV 135 - V 76) In der sich anschließenden Versammlung ru fen die Götter Marduk endgültig zum König über sich aus. Marduk konzipiert den Bau von Babyion als sein Heiligtum und als Ver­ sammlungsstättefür die Götter. (V 77- 1 55) Vor dem Bau Babyions konzipiert Mardukjedoch noch die Schaffung des ersten Men­ schen, den er dann auf Vorschlag Eas (gemeinsam mit diesemi aus dem dafür eigens getöteten Gott Kingu schafft. (VI 1-38) Anschließend läßt sich Marduk von den dazu begeisterten Göttern seine Stadt Babyion bauen. Die Fertigstellung mündet in eine Götterversammlung, die mit einem Festmahl ein­ setzt und im Anschluß an eine nochmalige explizite Unterwerfung der Götter unter die Herrschaft Marduks in die glorifizierende Auflistung der Namen Marduks übergeht. (VI 39 - VII 144) Zum Abschluß fordert der Erzähler sein Auditorium zur Tradierung der Namen (und implizit wohl auch der Taten) Marduks auf. (VII 145-162)

2

Im Rahmen des altorientalischen Konzepts der Konzeption "gießt" (reyü) "der Mann" seinen "Samen" (zeru) "in" "die Frau"; eine Flüssigkeit "der Frau" spielt bei diesem Konzept keine Rol­ le; cf. M. Stol, Birth, S. 4-8. Daß hier die Schöpfung durch die Vermischung der Flüssigkeiten beider Figuren geschieht, ist dem Bild geschuldet, insofern die Figuren Wasser/Gewässer sind. Die einzelnen Texte sind sich in diesem Punkt uneinig.

9

Am Anfang Ausgangssituation und anfängliche Schöpfung

1

1-8

Schilderung der Zeit/Welt vor der Schöpfung, in der es nur Apsu Wld Tiamtu gibt.

9-20

Sukzessive Schöpfung bzw. Entstehung der beiden Götterpaare La!Jmu/La­ hämu und Ansar I Kisar und der beiden Götter Anu und Ea, der hier zunächst

�och Nudimmud genannt wird. 1 2 1-28

Die jüngeren Götter schließen sich zusammen und beWlfUhigen durch Spiel und Lärm die älteren Götter Apsu und Tiamtu. Erster Konßikt und Kampf unter den Göttern

29-40

Gemeinsam mit seinem WesirMummu plädiert Apsu gegenüber Tiamtu für die Vernichtung der jüngeren Götte�.

4 1-46 47-54 55-58 59-70

Tiamtu jedoch schmerzt diese Absicht und sie wird wütend. Murnmu unterstützt Apsus Pläne, worüber dieser sich freut. Entsetzt erfahren die jüngeren Götter von diesen Plänen. Ea, der jüngste der jüngeren Götter, ergreift die Initiative und tötet Apsu undMummu. Schöpfungswerk Eas und Geburt und Jugend Marduks

7 1-78

Ea gestaltet Apsil zu seiner Wohnstatt gleichen Namens um und läßt sich dort mit seiner Gemahlin Damkina nieder.

79-84 85-104 1 05- 106

Ea und Damkina zeugenMarduk. Schilderung der heldenhaften Wld wunderbaren GestaltMarduks. Marduks Großvater Anu schenkt seinem Enkel vier Winde zum Spielen. Zweiter Konßikt unter den Göttern

1 07- 108 I 09- 1 10 1 1 1 - 1 24

Mit diesen Winden Wld mit trübendem Schilfsumpf stört Marduk Tiamtu. Die Götter3 und Tiamtu fühlen sich gestört. Die Götter beklagen sich bei Tiamtu und fordern Rache für die ErmordWlg Apsus4•

125-126 127-132

Tiamtu stimmt ihrer Rede zu. Die Götter versammeln sich kampfentschlossen.

Zwar suggeriert der Text, daß die jeweils voranstehenden Götter die jeweils nachstehenden Götter hervorbringen/ gebären/zeugen, explizit wird dies jedoch nicht thematisiert; im Verlauf des Epos charakterisiert der Text die Beziehungen der Figuren untereinander öfters unscharf als "Vater"/ "Väter", "Mutter", "Sohn"/"Söhne".

2

Explizit spricht der Text nur von der "Vernichtung des Wandels"; doch wird dies von Tiamtu als

3

Welche Götter auf der Seite von Tiamtu stehen, bleibt unklar; abgesehen vom noch aufzutreten­

Vernichtung der Störenfuede selbst verstanden. den Gott Kingu stehen alle namentlich genannten Götter (La!Jmu, La!Jämu, Ansar, Kisar, Ea, Damkina, Eas Wesir Usmu, An§ars Wesir Kaka) aufMarduks Seite.

4

Die Götter behaupten, "er", vermutlichMarduk, habe Apsu getötet Winde geschaffen

(I 1 15) (und

(I 1 13) (und

nicht Ea) und die

nicht Anu); ob diese Diskrepanz zur vorangehenden Schilderung

der Ereignisse durch die notorische narrative Unschärfe bedingt ist oder ob der Text die Götter Marduk (bewußt) als Hauptgegner Tiamtus aufbauen läßt, sei dahingestellt.

10

Kapitel l

133-146 Tiamtu schafft elfUngeheuer fiir den bevorstehenden Kampf. 146-158 Tiarntu übergibt die Führung an Kingu, den sie zudem als ihren (neuen) Gemahl ansieht.

159-162 Kingu (oder Tiarntu) verleiht den Göttern vernichtende Fähigkeiten als Schicksal. II

1-3 Tiamtu versammelt ihre Anhängerschaft und arbeitet Pläne aus. 4-48 Ea erfährt davon, begibt sich zu Ansar und schildert ihm den Konflikt mit Tiarntu.

49-56 Anäar wirft Ea vor, Apsii getötet und dadurch den Zorn Tiamtus verursacht zu haben.

57-70 Ea beruhigt Anäar. 71-78 Anäar zeigt sich beruhigt und fordert Ea auf, Tiamtu mittels einer Beschwö­ rung zu beschwichtigen.

79-94 Ea begibt sich zu Tiarntu, erkennt ihre Überlegenheit, gibt auf, kehrt um und schlägt vor, einen anderen zu schicken.

95-102 Wütend fordert Anäar nun Anu auf, Tiamtu diesmal mittels Flehen zu be­ ruhigen.

103-118 Auch Anu begibt sich zu Tiamtu, erkennt ihre Überlegenheit, gibt auf, kehrt um und schlägt vor, einen anderen zu schicken.

119-126 127-134 135-148 149-152 153-162

Unter den Göttern macht sich Verzweiflung breit. Ea ruft seinen SohnMarduk herbei, um Anäar zu beruhigen. Marduk bietet sich an, gegen Tiarntu anzutreten. Anu fordertMarduk auf, Tiamtu mittels einer Beschwörung zu beruhigen. Marduk erklärt sich bereit, unter der Bedingung, daß die Götter ihm das Schicksal bestimmen und dann ebendiese Kompetenz ihm übertragen.

111

l-66 An§ar fordert seinen Wesir Kaka auf, zu Lagmu und Lagämu zu gehen und diese beiden Götter eine Versarnrnlung der Götter einberufen zu lassen, in der sieMarduk das Schicksal bestimmen sollen.

IV

67-70 71-124 125-128 129-1 32 133-137 138 l-18

Kaka begibt sich zu Labmu und Lagämu und trägt Anäars Rede vor. Labrnu, Lagäma und die Igigu schreien ob der Nachrichten entsetzt auf. Die Götter begeben sich zu Ansar zur Versammlung, veranstalten ein Festmahl und bestimmenMarduk das Schicksal, dergestalt, daß sie ihm einen Thronsockel errichten, ihm gegenüber sein Schicksal ohnegleichen und seine Befehle unabänderlich nennen, ihm die Herrschaft über das Universum übertragen und

zum

Kampf gegen die Fein­

de auffordern.

19-26 Die Götter stellenMarduk auf die Probe, indem sie ihn ein von ihnen extra dafiir errichtetes Sternbild vernichten und wiederherstellen lassen.

27-34 Erfreut über Marduks Fähigkeit huldigen sie ihm als König, verleihen ihm Herrschaftsinsignien, fordern ihn ihm einmal mehr das Schicksal.

zur

Tötung Tiarntus auf und bestimmen

Am Anfang

II

Kampf zwischen Marduk und Tiamtu

35-62 Marduk rüstet sich zum Kampf gegenTiamtu mit Bogen, Pfeil, Keule, Kö­

cher, Blitz, Netz, den vier Winden, die ihm Anu geschenkt hat, und zusätz­ lichen sieben Winden, die er sich selbst geschaffen hat, der Flut, seinem Streitwagen mit vier Pferden, Panzermantel, Schreckensglanz und einer Be­ schwörung auf den Lippen. 63-64 Aufgeregt laufen die Götter um ihn herum. 65-70 Er nähert sich Tiamtu, sondiert die Lage, gerät ins Straucheln und ver­ ängstigt dadurch die Seinen. 7 1 -74 Tiarntu eröffnet den Kampf mit einer Beschwörung gegen Marduk. 75-86 Marduk erhebt die Waffe, klagtTiamtu an, erbarmungslos gegen ihre Kin­ der anzugehen und Kingu protegiert zu haben, und fordert sie zum Zwei­ kampf auf. 87-92 Tiarntu rast vor Wut und spricht erneut eine Beschwörung; ihre "Götter der Schlacht" schärfen die Waffen. 93-104 Tiarntu und Marduk kämpfen miteinander; er läßt sie sich an Winden ver­ schlucken, tötet sie mittels eines Pfeilschusses in den Bauch und stellt sich siegreich auf sie. 105- 1 1 8 Marduk kämpft gegen Tiarntus Anhänger, die zu fliehen versuchen, jedoch besiegt, entwaffnet, mit einem Netz gefangen und mittels Seilen gefesselt werden. 1 1 9- 122 Marduk entmachtet K.ingu, indem er ihm die Schicksalstafel nimmt. 123- 1 32 Nachdem sich der Erzähler versichert hat, daß Marduk mit der Tötung Ti­ arntus den Wunsch seiner Vorfahren erfüllt hat, läßt er Marduk sich aufTi­ arntu stellen, ihren Schädel spalten und ihr Blut vorn Nordwind als Zeichen des Sieges urnhertragen. 1 33- 1 34 Darüber freuen sich seine Vorfahren und bringen Geschenke. Gestaltung/Einrichtung des Universums

1 35-136 Marduk meditiert über die Schaffung eines Kunstwerkes aus Tiarntus Lei­

che. 1 37 Er zerteilt sie in zwei Hälften. 1 38-140 Aus der ersten gestaltet er den Himmel und zieht eine "Haut" (i. e. Firma­

141-146

V

1-8

ment) (als Zwischendecke) ein, damit das Wasser nicht herunterfällt, und postiert zur Sicherheit Wächter. Er gleicht den Himmel an den schon existierenden Apsu Eas an, realisiert die Erdoberfläche und weist den Göttern Anu, Ellil und Ea Himmel, Erd­ oberfläche und Apsu zu. Er richtet den Himmel ein mit den Sternen und ihren Laufbahnen, über die die Zeitabläufe von Jahr, Monat undTag festgelegt werden. Er (be )festigt den Himmel. Er weist dem Mond(gott) Nanna seine Aufgaben zu. Er weist dem Sonnen(gott) Samas seine Aufgaben zu.

9-1 1 12-22 23-25 26-46 Von diesen Versen sind nur wenige Wörter erhalten. Sie deuten darauf hin, daß M-arduk sich mit Jahres- und Tageszeiten beschäftigt.

12

Kapitel l

47-52 Marduk gestaltet das Wetter. 53-63 Er gestaltet die Erdoberfläche aus Teilen von Tiamtu. 64-76 Nach Vollendung der Weltgestaltung wendet er sich gern Tiamtus

zu

den besiegten Anhän­

und verteilt sie als Beute unter sich und den Seinen, wobei

er die Tafel der Schicksale für sich reklamiert. (Zweite) Krönung Marduks 1

77-84

Die Götter freuen sich und bringen Geschenke; im Gegenzug überantwortet Marduk Usmfi das Amt des Wesirs des Apsfi.

85-88 Die Götter werfen sich nieder und heißen ihn König. 89- 1 05 Marduk präsentiert sich als König. 106-1 16 Die Götter unterwerfen sich ihm, verleihen ihm den

Titel Lugaldimmeran­

kia ( "König,-Gott-von-Himmel-und-Erde"), binden ihn jedoch an die Ver­ pflichtung, ihre Heiligtümer zu versorgen. Konzeption des Baus von Babyion

1 17- 1 30 Marduk plant den

Bau von Babylon, das als Versammlungskultstätte für die

Götter dienen soll.

1 3 1- 142 143- 148

Die Götter bekräftigen seinen Entschluß, was wiederum Marduk huldvoll in fragmentarisch erhaltener Rede kom­ mentiert,

149-155

woraufhin die Götter um die Baupläne bitten, um mit der Arbeit beginnen zu können. Konzeption und Schöpfung des Menschen

VI

1-1 0 Marduk konzipiert die Schaffung desMenschen. 1 1- 1 6 Ea schlägt vor, einen schuldigen Gott als Ausgangsmaterial zu verwenden. 17-26 Marduk fragt, welcher Gott Tiamtu aufstachelte. 27-32 Die Götter benennen, fesseln und töten Kingu. 33-38 Marduk bzw. Ea bzw. Ea undMarduk schaffen dieMenschheit. Bau der Stadt Babyion und des Tempels Esagil

39-46 Marduk verteilt die Götter auf Himmel und Erde. 47-54 Die Götter bekräftigen ihren Entschluß, Babyion zu bauen, 55-58 wozuMarduk sie dann auch explizit auffordert. 59-64 Innerhalb von zwei Jahren bauen sieMarduks Tempel Esagil. 65-66 Marduk nimmt Platz und in Besitz. 67-68 Anschließend gestalten sich die Götter ihre eigenen Heiligtümer.

Eine (erste) Krönung hat bereits

IV 27-34 stattgefunden;

ein drittesMal wird ihm VI

99-100 die

Königsherrschaft übertragen. Das genaue Verhältnis dieser Krönungen zueinander ist noch nicht einsichtig.

Am Anfang

13

Götterversammlung (inklusiv dritter Krönung) VI

69 -

VII

144

Auf Initiative Marduks versammeln sich die Götter und veranstalten ein

Festmahl, dessen Schilderung sich einschließlich der dabei gehaltenen Re­ den bis VII

144

VI 74-8 1 Im Anschluß

an

erstreckt. ein Mahl sprechen die Götter ein Gebet, weisen sich Plätze

im Himmel und auf Erden zu und bestimmen sieben Götter der Schicksale. Marduk läßt Bogen und Netz von den Göttern bewundern.

82-85 86-94

Anu preist den Bogen, benennt ihn mit drei Namen, belegt ihn mit Schick­

95-100

Die "großen Götter" unterwerfen sich Marduk und übertragen ihm die Herr­

salen und läßt ihn auf einem Thron Platz nehmen. schaft.

1 01-1 19

Diese Unterwerfung wird in einer Rede von Ansar detailreicher ausgeführt, in der er Marduk zugleich auf die Versorgung der Heiligtümer der Götter verpflichtet. Auflistung der Namen Marduks

120-122

Anschließend fordert Ansar dazu auf, fünfzig Namen von Marduk zu nen­

123- 136

und beginnt selbst mit den ersten drei Namen, die wie auch die übrigen von

nen ; erklärenden Epitheta begleitet sind.

137-146 147-156 1 57-1 66

Die zweiten drei Namen listet Labmu auf. Die dritten drei Namen listet Labämu auf. Anschließend fordern diese drei Götter die übrigen Götter auf, gleichfalls seine Namen zu nennen ; diesem nachzukommen, erklären jene sich bereit.

VII

1-144

Die Götter Iisten weitere Namen Marduks, gleichfalls von erklärenden Epitheta begleitet. Die Verse sind überwiegend als Reden von nicht näher spe­ zifizierten Göttern gestaltet. Einige wenige Verse sind als nicht-zitierende Rede des Erzählers gestaltet. Einzig die letzten beiden Namen werden wie­ der von namentlich spezifizierten Göttern genannt : Ellil nennt seinen eige­ nen Titel bel mätiiti "Herr der Länder" als Name Marduks, Ea seinen eige­ nen Namen Ea als Name Marduks. Einschließlich dieses letzten Namens umfaßt die Liste nicht fünfzig, sondern einundfünfzig Namen1.

145-162

Am Ende des Epos fordert eine Figur auf, die fünfzig Namen Marduks zu memorieren und zu tradieren. Vermutlich richtet der Erzähler diese Auffor­ derung an sein Auditorium.

1.3 1.3.1

Hintergrund und Entstehung des Epos Motivgeschichtlicher Hintergrund

Das Epos verarbeitet, bearbeitet und kombiniert verschiedene mythologische und narratolo­ gische Motive und Gruppen von Motiven, die in älteren, gleichzeitigen und jüngeren litera­ rischen Werken des Alten Orients begegnen und zum Teil auch mit anderen Figuren ver-

Siehe 5.4.3 I Zahlen I "5 1".

14

Kapitel l

bunden sind. 1 Von zentraler Bedeutung sind drei Themen bzw. Motivlcreise : a) Weltschöp­ fung (inklusive Menschenschöpfung), b) Chaoskampf und c) Stadt- und Tempelbau. Die Kombination dieser drei findet sich in Mesopotamien nur in Enuma elf§. Das Motiv des Kampfes des jugendlichen Helden gegen ein Vernichtung bringendes Ungeheuer, der sogenannte Chaoskampf 2, findet sich u. a. im schon angesprochenen Kampf Ninurtas gegen das Monster Asakku im sumerischen Epos Lugal ud me-!O.m-bi nir­ gal3, im Kampf Ninurtas gegen Anzil im akkadischen Anzil-Epos4, im Kampf eines leider unbekannten Gottes gegen ein als ,�"erru I-reru (MUS) "Schlange" und labbu "Löwe" be­ zeichnetes Ungeheuer im akkadischen Labbu-Epos-Fragmenf innerhalb mesopotam.ischer Mythen und u. a. im Kampf des Gottes Ba'al gegen (das "Meer") Yammu im ugaritischen Ba'al-Epos6• In einem altakkadischen Schultext findet sich eine Andeutung eines Kampfes zwischen dem Gott Tispak und dem Meer7. Und in einem der altbabylonischen Propheten­ briefe aus Märi wird eine Rede des Wettergottes Addu an den König Zirruilim, den Herr­ scher von Märi, zitiert: 2'gi!TUKUL.(MES] 3'sa it-ti te-ern-tim am-ta-ab--rit 4'ad-di-na-ak-kum "Die Waffe[n], mit (denen) ich mit dem Meer gekämpft hatte, gab ich dir."8 Das Motiv des Meeres als Gegner wird auf drei verschiedene Weisen in das Chaoskampf­ Mythologem eingebunden: als Ursprungsort des Ungeheuers (Labbu-Epos-Fragment), als explizit deifiziertes und anthropomorphisiertes Meer, also als Meeresgottheit (Yammu im Ba'al-Epos), und als nicht deifizierter und nicht anthropomorphisierter Gegner (aAK Schul­ text und aB Brief aus Märi).9 In Enuma elf§ ist Marduks Gegnerin Tiamtu zwar prinzipiell ein anthropomorph und vergöttlicht konzipiertes Meer. Doch durch die Verwendung der

2

3 4

5

6

7 8 9

Motiv im Sinne von St. Thompson, Motiv-Index of Folk-Literature ; Gruppe von Motiven im Sin­ ne von H.-J. Uther, Types oflntemational Folktales. Zum Chaoskampf siehe u. a. N. Wyatt, Myths of Power, v. a. S. 1 1 7-2 1 8 ; A. Annus, Ninurta, v. a. S. 109-133 ; M. Bauks, "Chaos" ; Th. Podella, FS Bergerhof, S. 283-329 ; D. Schwemer, Wetter­ gottgestalten, S. 226-237. Der Ninurta-theologische Hintergrund des Epos ist von W. G. Lambert, BBVO 6, S. 55-60, herausgearbeitet worden. J. van Dijk, LUGAL. M.E. Vogelzang, Bin §ar dadme. Übersetzung (mit Nachträgen) K. Hecker, TUAT 3, S. 745-759, und B. R. Foster, Before the Muses, S. 458-48 1 ; neues Fragment : J. Lauinger, ZA 94 (2004) 80-84. CT 1 3, 33-34 ; Editio n : L.W. King, STC I, S. 1 1 7-1 2 1 ; Übersetzung: u.a. B.R. Foster, Before the Muses, S. 484-485 ; cf. T.J. Lewis, JAOS ( 1996) 28-32. Der Gott Tispak wird aufgefordert, das Ungeheuer zu bekämpfen, und ihm wird dafür die Herrschaft über das "weite Land" angebo­ ten; allerdings zögert er; ob das Ungeheuer letztlich von ihm besiegt wird, geht aus dem Text nicht sicher hervor. KTU 1 . 1-1.2; Ü berse1zung u. a. M. Dietrich I 0. Loretz, TUAT 3, S. 1091-1 1 98 (KTU 1.1-1.2: 1 103- 1 1 34), ebd., S. 1 096, zu den Bezügen zu Enuma elfS. Ebenso wie in Enuma elf§ ist auch hier der Kampf mit einem Bau (in diesem Fall einem Palast) verbunden. MAD I 1 92 ; A. Westenholz, AfD 25 (1 974-1977) 102 ; D. Schwemer, Wettergottgestalten, S. 229. J.-M. Durand, MAR1 7 (1993) 44; D. Schwemer, Wettergottgestalten, S. 226-237. Zu diesem Komplex ausführlich D. Schwemer, Wettergottgestalten, S. 226-237. Siehe auch CAD T, s. v. tiimtu 4a.

Am

Anfang

15

Kasusendung, dem fast völligen Fehlen des Gottesdeterminativs und durch die Schilderung in den ersten Versen des Epos bleibt der Materie-Charakter der Figur im Hintergrund sicht­ bar. 1 Innerhalb von Enüma elf§ selbst begegnet das Chaoskampfmotiv zweimal : Neben Mar­ duks Kampf gegen Tiamtu ist auch der vorangehende Kampf seines Vaters Ea gegen Ti­ amtus ursprünglichen Gemahl Apsii ein klassischer Chaoskampf. Und ebenso wie Marduks Chaoskampf ist auch der Eas implizit mit dem Motivkreisen der Weltschöpfung und des Stadt- bzw. Tempelbaus verbunden, insofern Ea aus Apsiis Leichnam seinen Herrschaftsbe­ reich gestaltet und dieser im Laufe des Epos dann sowohl neben den später von Marduk ge­ stalteten Himmel und Erde eine Schicht der Welt bildet als auch als Herrschersitz Eas dient wie später der Komplex Babylon/Esagil parallel als der Marduks. Die Welt wird in der altorientalischen Welt auf verschiedene Weisen geschaffen : v. a. durch Hervorsprießenlassen der Schöpfung (Emersio), und durch Formung von Materie (Formatio), seltener durch geschlechtliche Fort"pflanzung"? In Enüma elf§ kommen alle drei Modi zum Tragen, wenngleich das Hauptaugenmerk auf dem formenden Gestalten von Himmel und Erde aus der als Materie verwendeten Leiche Tiamtus durch Marduk liegt, erst recht bei der Schöpfung des ersten Menschen durch formendes Gestalten aus der als Mate­ rie verwendeten Leiche des Gottes Kingu. Die Menschenschöpfung ist in Eniima e/is eigentümlich eingezwängt zwischen die Konzeption und die Durchführung des Baus von Babyion plaziert. Insofern im Alten Orient die Menschen geschaffen werden, um die Götter von beschwerlicher Arbeit zu entlasten, besteht die Möglichkeit, daß in einer früheren Fassung die Menschen fiir den Bau von Ba­ bylon geschaffen wurden, es jedoch dann als opportuner angesehen wurde, Babyion doch von den Göttern selbst bauen zu lassen. Möglicherweise ist die Passage der Menschen­ schöpfung auch sekundär. Städte und Tempel - natürlich konzeptionell stets nur die eigenen - bilden im altorienta­ lischen Weltbild das Zentrum der Welr. Sie zu bauen ist eine der vornehmsten Aufgaben der irdischen Herrscher und der herrschenden Götter. Innerhalb von Enüma elf§ gestaltet

2

3

Ob die Verbindung von Chaoskampf und Meer(gottheit) in Syrien ihren Ausgang nahm und mit den Amurritem nach Mesopotamien gelangte, ist gegenwärtig noch ungewiß; zu dieser Frage­ stellung u.a. Tb. Jacobsen, JAOS 88 (1968) 107-108, und D. Schwemer, Wettergottgestalten, s. 229-230. Die ersten beiden Modi sind von J. van Dijk, Acür(SODNS) 28 (1 965/1965) 1-59, und Hand­ buch der Religionsgeschichte I , S.449-460, herausgearbeitet worden und v. a. von M. Dietrich, u.a. JARG 5 ( 1 984) 1 55-1 84, FS von Soden, S. 57-72, FS H.-P. Müller, S. 1 7-28, und von R. J. Clifford, Creation Accounts, und von M. Bauks, Welt am Anfang, aufgegriffen worden. Die hierbei gelegentlich geäußerte Annahme, daß das Hervorsprießenlassen der Schöpfimg ("Emer­ sio") mit dem Gott Ellil und seiner Stadt Nippur, das Fonnen der Schöpfung ("Formatio") mit dem Gott Enki /Ea und seiner Stadt Eridu verbunden sei, ist sehr problematisch und bedarf noch eingehenderer Studien - ganz zu schweigen von der zweifelhaften sumero-akkadischen Dichoto­ misierung von Emersio versus Formatio. Das Motiv der Schöpfung durch geschlechtliche Fort­ pflanzung ist in diesem Zusammenhang noch nicht umfassend herausgearbeitet worden. M. J. Boda I J. Novotny (Hrsg.), From the Foundations to the Crenellations ; S. Lackenbacher, Le roi batisseur ; CL Ambos, Mesopotantische Baurituale ; B. Janowski, FAT 32, S. 229-260 ; St. Maul, CDOG I, S. 1 09-124; A . R. George, CDOG I, S. 124-1 45 ; ders., CDOG 2, S. 67-86.

Kapitel l

16 sich Ea die Leiche Apsiis

zu

seinem ,,Heiligtum" und "Gotteswohnsitz" um (Ee I

76-77)

und läßt später Marduk Babyion und Esagil als seine Stadt und seinen Tempel errichten.

1.3.2

Entstehung des Epos

Vor dem Hintergrund dieser mythologischen und narratologischen Motive wurde

elf§ verfaßt

Eniima

Aber wir wissen nicht, wann dies geschah. Kein Jahr, kein Jahrhundert, noch

nicht einmal eine Epoche läßt sich mit Gewißheit benennen. Wir wissen auch nicht, wer

Enuma elis verfaßte.

Da die Handlung des Epos auf den Bau der Stadt Babyion samt ihrem zentralen Tem­

pelkomplex hinausläuft und das Epos in einem extensiven Lobpreis des Gottes von Baby­ Ion, Marduk, als Weltenherrscher den krönenden Abschluß findet, liegt es nahe anzuneh­ men, daß es im babylonischen Bereich im Umfeld von Babyion im Umfeld der Priester­ schaft Marduks verfaßt wurde. Bei der Erörterung der Entstehungsgeschichte des Epos muß deutlich unterschieden werden, wovon genau jeweils gesprochen wird : vorn Epos in seiner jetzigen textlichen Gestalt, so wie sie auf den materiellen Tonta­ feln schriftlich fixiert ist, bei denen es sich wohl stets um Abschriften handelt, oder von einer hypothetischen älteren und textlich weitgehend identischen Gestalt in älterer Orthographie oder von einer hypothetischen älteren und textlich etwaig stärker divergierenden Ge­ stalt in älterer Orthographie oder von einer hypothetischen älteren und sowohl textlich als auch inhaltlich stärker divergierenden Gestalt in älterer Orthographie. In der Forschung werden mitunter auch dergleichen hypothetische Vorstufen als

elf§

Enüma

bezeichnet, ohne daß explizit die Differenz zwischen der gegenwärtigen Textgestalt

und der hypothetischen Vorstufe thematisiert wird. Der Text �es Epos

in seiner jetzigen, einzig sicher greifbaren Gestalt ist im jungbabylo­

nischen Dialekt des ersten vorchristlichen Jahrtausends gehalten. Allerdings ist die Ent­ wicklung innerhalb des Jungbabylonischen noch

zu

wenig bekannt, als daß das Epos vor

diesem Hintergrund zeitlich präzise eingeordnet werden könnte. Hinzu kommt die bei viel­ fach überlieferten literarischen antiken Texten stets

zu

bedenkende Problematik, daß vor

dem Hintergrund der Würde des Alters neue Texte künstlich archaisiert wurden und um­ gekehrt vor dem Hintergrund des Bedürfnisses nach Aktualität alte Texte einer Modemisie­ rung unterzogen wurden. Antike rnesopotarnische Schreiber waren auch in der Lage, gänz­ lich neue Texte im alten Gewand zu schreiben1 . Als "wichtiges Kriterium fiir die Datierung von Enuma

ai-Endung

-is"

eliJ ist die Terrninativ-Adverbi­

angeführt worden, die im Epos zahlreich bezeugt ist, jedoch nie als Ver­

gleichskasus verwandt worden sei, eine Funktion, in der sie jedoch bereits um

1 300 v. Chr.

in Königsinschriften bezeugt sd. Angesichts dessen sprächen "[s]prachliche Gründe

[. . .]

Cf. u.a. H. Schaudig, FS Kienast, S. 447-497. 2

W. Sommerfeld, Aufstieg Marduks, S. 175. - Zu -is im Epos siehe auch W. von Soden, ZA 4 1 (1933) u . a . 90-92, 122-130 ; e r nimmt eine ,,Zusammengehörigkeit von En. EI. mit den alten

17

Am Anfang dafür, daß Enuma

elis während der Kassitenzeit verfaßt wurde,

wobei nicht ausgeschlossen

ist, daß einige Teile später überarbeitet bzw. hinzugefugt wurden"1• Dieser Argumentation W. Sommerfelds von

1982

in seiner Dissertation widersprach W. G. Lambert

1 984 in

einer

Rezension mit Verweis auf vereinzelte Terminativ-Adverbiai-Endungen in altbabyloni­ 2 schen Texten, die im Sinne eines Vergleichs verwendet worden seien , wenngleich auch er

I 986

ein "Middle Babylonian date" favorisierte3. Bereits zuvor dienten Besonderheiten bei

der Verwendung des Terrninativ-Adverbials auf

-is und des Lokativ-Adverbials auf -um 4 L. Matous als Argument für eine Datierung in die "ausgehende[] Kassitenepoche" . Die Konzentration der Datierung auf äußerst leicht

zu

-is

und -um ist problematisch, weil es sich hierbei um

ändernde Textbausteine handelt, die nachträglich im Rahmen einer Moder­

nisierung oder Archaisierung in den Text eingearbeitet worden sein könnten.5 In jüngeren akkadischen Texten wird das Tempus Perfekt anders als in älteren akkadi­ schen Texten als hauptsächliches Tempus in positiven Aussagesätzen

zur

Bezeichnung ver­

gangeuer (fientischer) Ereignisse verwendet6. In den jüngeren literarischen Texten konkur­ riert diese jüngere Gebrauchsweise mit der älteren, in der altbabylonischen Zeit gut bezeug­ ten Gebrauchsweise des Perfekts innerhalb der sogenannten Consecutio temporum7• In

Enurna elfs ist nun jedoch die jüngere Gebrauchsweise des Perfekts nicht bezeugt _s Wären die Gebrauchsweisen des Perfekts in anderen jungbabylonischen Epen eingehender unter­ sucht, könnte sich hieraus ein Argument bei der Erörterung der Datierung von Enuma

elfs

entwickeln, falls sich zeigen sollte, daß in dieser Hinsicht der Tempusgebrauch des Epos

signifikant altertümlicher ist als der vergleichbarer Epen. Allerdings stellte sich dann umge­ hend die kaum mit Gewißheit

zu

beantwortende Frage, ob ein solcher altbabylonischer

Tempusgebrauch von jungbabylonischen Schreibern bewußt imitiert werden konnte. Und dessen ungeachtet wäre die Modifikation der Tempora zwar im Rahmen einer Modemisie­ rung bzw. Archaisierung vermutlich etwas schwerer

zu

bewerkstelligen als die Modifika­

tion von Terminativ- und Lokativ-Adverbialen, doch letzten Endes auch denkbar und damit als Datierungskriterium mit Vorsicht zu genießen. In paläographischer Hinsicht sind die Tontafeln in neuassyrischer bzw. neu-/spät­ babylonischer Schrift verfaßt worden. Soweit bislang bezeugt, stammen die in assyrischer

I 2 4

5

6 7

Dialekthymnen an" (i. e. implizit aB). W. Sommerfeld, Aufstieg Marduks, S. 175. W. G. Lambert, BSOAS 47 (1 984) 5--{i. W. G. Lambert, BBVO 6, S. 56. L. Matou§, ArOr 29 ( 1 9 6 1 )30-34, Zitat S. 33. "Um dem Weltschöpfungslied einen feierlichen, alten Charakter zu verleihen, hat der Verfasser bewusst die Sprache der Dichtung künstlich ar­ chaisiert, wobei er unrichtige Formen angewandt hat" (ebd., S. 33). Aus demselben Grund ist auch beispielsweise die Annahme Th. Jacobsens, daß die unkontrahierte Form des Namens Tiamtu als Kriterium fiir eine Datierung des Textes in die altbabylonische Zeit in Anspruch genommen werden könnte, problematisch, da zum einen Namen oftmals älter sind und zum anderen leicht arehaisielt werden können ; Th. Jacobsen, JAOS 88 ( 1 968) I 04-108; cf. SI. Dalley, AoF 24 ( 1997) 1 68. Cf. W. von Soden, GAG § 80f. Für den Gebrauch des Perfekts im Rahmen der Consecutio temporum in altbabylonischen literari­ schen Texten cf. K. A. Metzler, Tempora, S. 875-876. K. A. Metzler, FS Dietrich, S. 435-495, bes. 493.

18

Kapitel l

Schrift geschriebenen Texte aus Assyrien, die in babylonischer Schrift geschriebenen aus Babylonien. Allerdings dürfte es zumindest in babylonischer Schrift geschriebene Texte auch in Assyrien gegeben haben ; zumindest in der Bibliothek Assurbanipals in Niniveh 1 dürften solche vorhanden gewesen sein • Ausgerechnet einige mit assyrischer Schrift beschriebene Tafeln werden paläographisch vergleichsweise früh datiert : "Die ältesten Stücke sind fünf Fragmente aus Assur, die paläographisch früher als 700, aber später als ca. 1 100 v. Chr. sind."2 Nach St. Maul ist der Text KAR 3 1 7 (hier Text I M) vor der "Wende 3 vom 2. zum I . Jt. v. Chr." geschrieben worden . Sollte dem so sein, würde dies bedeuten, daß das Epos zumindest am Ende des

2.

Jahrtausend v. Chr. in Assyrien bereits in

assyrischer Schrift überliefert und damit wohl zeitlich früher - zumindest etwas früher - in Babylonien verfaßt worden wäre. Allerdings ist eine so feinteilige paläographische Datie­ 4 rung mit Ungewißheiten behaftet • Auf etwas sichererem Boden für die Ermittlung eines Terminus ante quem für die Ent­ stehung bewegt man sich bei Zitaten aus

Enuma elfs

in anderen Texten, die erfreulicher­

weise klarer datiert werden können. Bereits in Inschriften von Sargon II. von Assyrien

(722-705 v. Chr.) und dann auch in denen seines Nachfolgers Sanherib von Assyrien (704681 v. Chr.) finden sich mehr oder weniger deutliche Anspielungen auf Enuma elfs (s. u. 1 .5.5), so daß der immerhin ja babylonische Text zwangsläufig vorher vorgelegen haben muß und wohl auch schon einige Zeit existiert haben dürfte, um so viel Gewicht gewonnen zu haben, daß er in Inschriften assyrischer Herrscher Eingang finden konnte - freilich nur unter der Prämisse, daß erstens eine Bezugnahme vorliegt und sich diese zweitens auf das Epos cum grano salis in der hier edierten Gestalt bezieht. In inhaltlicher Hinsicht ist die Entstehung des Epos zu betrachten vor dem Hintergrund 5 der Biographie Marduks . Marduk war der Gott der Stadt Babyion und spielte in der su­ mero-akkadischen Götterwelt in der Zeit vor dem altbabylonischen Reich tia=uräpis

( 1792-1750

v. Chr.) ebenso wenig eine nennenswerte Rolle wie Babyion selbst. Erst im

Kontext dieses Reiches gewann Marduk an Bedeutung und begann in der Hierarchie der Götterwelt allmählich aufzusteigen. Hieß es zunächst im Prolog des Codex tia=uräpi noch, die beiden mächtigsten Götter, An und Ellil, hätten ihm nur die Herrschaft über die 6 Menschen überantwortet, so mehren sich in der folgenden Zeit die Hinweise, daß ihm auch

Nach den Untersuchungen von J. C. Fincke zu den "Babylonian Texts of Niniveh" sind 4252 Fragmente der Kouyunjik-Bibliothek Assurbanipals aus Niniveh in babylonischer Schrift verfaßt (AfD 50 (2003/2004) 1 1 2) ; von diesen gehörten zwei Texte zu Enilma eliS : DT 1 84 und K 12582 (ebd., S. 144). Doch DT 1 84 lediglich "calls to mind the several texts which detail and explain rituals in which events of the Epic of creation [ . . ] were symbolized" (W.G. Lambert, JCS 10 ( 1 956) 100). Bei dem Fragment K 12582 handelt es sich möglicherweise um einen Kommentar zu Tafel VII (siehe 1.5.3). W. G. Lambert, TUAT 3, S. 569; ähnlich ders., HSAO 6, S. 77. Cf. J. Oelsner, OLZ 104 (2009) 464. Zitiert nach A.R. George, AfD 5 1 (2005/2006) 87. Cf. E. Frahm, Orient 45 (20I 0) 24, zu dieser Datierung : "there remains much uncertainty". W.G. Lambert, FS Meek, S. 3-1 1 ; ders., BSOAS 47 ( 1984) 1-9 ; W. Sommerfeld, Aufstieg Marduks ; ders., Sumer 41 (1985) 97-100; ders, RlA 7, S. 363-365. e/lilut kissat nisi (11EN.LiL-ut 12KJS ni-si, CH I 1 1-12). W.G. Lambert, FS Meek, S. 5-6; W. Somrnerfeld, Aufstieg Marduks, u . a. S. 70, 74. Cf. Th. Jacobsen, Treasures of Darkness, .

2

4

6

Am Anfang

19

die Herrschaft über die Götter un d die Welt verliehen werden. Laut einer Abi'esub (17111684 v. Chr.) zugeschriebenen Hymne auf Marduk übergibt Ellil ihm die Herrschaft über Himmel und Erde1 ; l